Die Landverteilung Im Josuabuch: Eine Literarhistorische Analyse Von Josua 13-19 9783161569449, 9783161569456, 316156944X

Die literarhistorische Verortung der Landverteilungstexte Jos 13-19 wurde bislang nur selten untersucht, obschon gerade

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte im Josuabuch (Jos 15–19)
3. „Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ (Jos 18,8). Redaktionsarbeit in Jos 18,1–10
4. Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte (Jos 14,1–5; Jos 19,49–51)
5. Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)
6. Das Stammesgebiet Manasses (Jos 17,1–13)
7. Die Erzählungen in den Landverteilungstexten (Jos 14,6–15; 15,13–19; 17,14–18)
8. „Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1). Das nicht zu verteilende Land in Jos 13
9. Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33
10. Ergebnisse und Folgerungen
Anhang I
Anhang II
Anhang III
Literaturverzeichnis
Stellenregister
Sachregister
Hebräische Lexeme
Namenregister
Ortsregister
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Die Landverteilung Im Josuabuch: Eine Literarhistorische Analyse Von Josua 13-19
 9783161569449, 9783161569456, 316156944X

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Forschungen zum Alten Testament Herausgegeben von

Konrad Schmid (Zürich) · Mark S. Smith (Princeton) Hermann Spieckermann (Göttingen) · Andrew Teeter (Harvard)

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Erasmus Gaß

Die Landverteilung im Josuabuch Eine literarhistorische Analyse von Josua 13–19

Mohr Siebeck

Erasmus Gaß, geboren 1971; 2001 Promotion; 2008 Habilitation; Lehrstuhlvertretungen in München, Graz, Dresden; Gastprofessur in Eichstätt; seit 2014 Professor für Biblische Ein­ leitung und Biblische Hilfswissenschaften an der Theologischen Fakultät Trier.

ISBN 978-3-16-156944-9 / eISBN 978-3-16-156945-6 DOI 10.1628/978-3-16-156945-6 ISSN 0940-4155 / eISSN 2568-8359 (Forschungen zum Alten Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio­nal­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Literarkritik und Redaktionsgeschichte haben derzeit einen schweren Stand, da beide Methodenschritte als subjektiv und spekulativ abgetan werden, weil meist mit inhaltlichen Vorentscheidungen argumentiert wird. Die literarhistorische Fragestellung ist aber schon insofern unerlässlich, da die biblischen Texte eine längere Entstehungsgeschichte hinter sich haben und nicht auf nur einen Autor zurückgeführt werden können. Um der Angreifbarkeit einer reinen Tendenzkritik zu entgehen, sollten daher bei literarkritischen Entscheidungen sprachliche Beobachtungen leitend sein. Darüber hinaus sollten textkritische Befunde berücksichtigt werden. Denn eine Lücke der Septuaginta könnte mitunter auf eine Vorform des hebräischen Textes hinweisen. Was zunächst als eine Abfolge von kleinen Aufsätzen zu den Landverteilungstexten in Jos 13–19 geplant war, entwickelte sich allmählich zu einem Buch, das seine Ursprünge noch erkennen lässt. Bei der Untersuchung der formelhaften Elemente in Jos 15–19 konnte ein bestimmter Idiolekt ermittelt werden, der lexematisch ins Numeribuch weist. Diese Spur wurde konsequent weiterverfolgt, sodass redaktionelle Schichtungen zutage traten, die ihre Verwandtschaft mit Texten des Numeribuches nicht leugnen lassen. Um den ursprünglichen Gedankengang nicht zu verwässern, sind die einzelnen Beiträge in der Abfolge ihrer Entstehung zusammengestellt worden. Auf diese Weise erhält die Studie eine gewisse argumentative Stringenz. Immer wieder konnte ich meine Arbeit an der Theologischen Fakultät Göttingen mit den geschätzten Mitgliedern des dortigen Doktorandenkolloquiums diskutieren, wofür ich sehr dankbar bin. Vor allem die Kollegen Prof. Dr. Reinhard Gregor Kratz, Prof. Dr. Hermann Spieckermann und Prof. Dr. Christoph Berner sowie Dr. Peter Porzig und Dr. Harald Samuel gaben wertvolle Hinweise und Denkanstöße. Herr Prof. Dr. Hermann Spieckermann regte zudem die Publikation in der renommierten Reihe „Forschungen zum Alten Testament“ an. Frau Katharina Gutekunst vom Verlag Mohr Siebeck betreute in kompetenter Weise die Drucklegung. Frau Jana Trispel und Herr Tobias Stäbler gaben immer wieder wertvolle Anregungen für die Erstellung des Layouts dieser Studie. Diese Studie hätte nicht ohne mein hervorragendes Lehrstuhlteam abgeschlossen werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Trierer Lehrstuhls für Biblische Einleitung ermöglichten jederzeit ein effektives Arbeiten, da Arbeitsgänge gut miteinander verzahnt waren. Meine beiden Projektassistenten apl. Prof. Dr. Detlef Jericke und Dr. Johannes Bremer haben die

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Vorwort

Arbeit kritisch gelesen und zahlreiche weiterführende fachliche Anregungen eingebracht. Herr Mag. Theol. Jonathan Tomczyk besorgte in hervorragender Weise das Lektorat. Herr Stud. Theol. Jakob Luz y Graf kontrollierte alle Bibelstellen und die Einheitlichkeit meiner Transkriptionen. Frau M. Ed. Maren Baumann kümmerte sich vorbildlich um weiterführende Literatur. Meine Sekretärin Frau Heike Mockenhaupt-Hardt sorgte für ein ansprechendes Layout und meisterte – wie immer höchst kompetent – alle computertechnischen Probleme. Ihnen allen sei herzlich für ihre vielfältige Unterstützung gedankt. In meinem Forschungssemester im Sommer 2018 hat mir meine Familie verständnisvoll den Rücken für die wissenschaftliche Arbeit freigeräumt. Zum Glück haben mich meine Frau Susanne und mein Sohn Josef immer wieder an die wirklich wichtigen Dinge im Leben erinnert, die sich abseits der Landnahme Israels abspielen. Trier, im Juni 2019 Erasmus Gaß

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Inhaltsverzeichnis Vorwort ....................................................................................................... V 1. Einleitung ............................................................................................. 1 2. Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte im Josuabuch (Jos 15–19) .................................................................... 22 3. „Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ (Jos 18,8). Redaktionsarbeit in Jos 18,1–10 ........................................................... 82 4. Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte (Jos 14,1–5; Jos 19,49–51) ......................... 118 5. Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10) ......................................... 152 6. Das Stammesgebiet Manasses (Jos 17,1–13) ...................................... 180 7. Die Erzählungen in den Landverteilungstexten (Jos 14,6–15; 15,13–19; 17,14–18) .................................................... 214 8. „Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1). Das nicht zu verteilende Land in Jos 13 ............................................. 298 9. Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 ..................... 331 10. Ergebnisse und Folgerungen .............................................................. 371 Anhang I ................................................................................................... 383 Anhang II ................................................................................................. 394 Anhang III ................................................................................................. 399 Literaturverzeichnis .................................................................................. 411 Stellenregister ........................................................................................... 427 Sachregister .............................................................................................. 432 Hebräische Lexeme .................................................................................. 433 Namenregister .......................................................................................... 435 Ortsregister ............................................................................................... 436

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Einleitung Einleitung

Die Analyse der Landverteilungstexte im Josuabuch wird in der wissenschaftlichen Literatur zum Josuabuch oft nur widerwillig und relativ unengagiert betrieben. Studien, die sich ausschließlich mit diesem Textkorpus befassen, sind in neuerer Zeit nur in geringer Zahl erschienen.1 Die Beobachtung, dass sich die Listen der Landverteilung nur geringer Beliebtheit erfreuen, gilt auch für die Kommentarliteratur.2 Offenbar beschäftigt man sich lieber mit den Erzählungen des ersten Teils des Josuabuches. Die Landverteilungslisten in Jos 13–19 werden hingegen kaum besprochen. Die Verortung der einzelnen Toponyme wird – wenn überhaupt – unreflektiert aus der Literatur übernommen, obschon in den letzten Jahrzehnten der Bestand an archäologischen Daten massiv angewachsen ist. Vor diesem Hintergrund wären manche Identifizierungsvorschläge kritisch zu beleuchten. Meist wird zudem das Hauptaugenmerk auf die eingeschobenen Erzählungen gelegt (Jos 14,6–15; Jos 15,13–19; Jos 17,4–6.14–18). Auch hier zeigt sich, dass sich der Ausleger des Josuabuches meist bestens auf die narrative Analyse dieser Erzähltexte versteht, aber die eher nüchterne Darstellung der Landverteilung unbeachtet lässt. Dabei wird die große Bedeutung der Landverteilungstexte für eine Redaktionsgeschichte des Josuabuches gänzlich übersehen, obschon dieser Teil des Josuabuches deutliche Signale für die literarische Uneinheitlichkeit und das redaktionelle Wachstum des Josuabuches setzt. Alles in allem wird der Erkenntnisstand zur Redaktionsgeschichte und zur historischen Topographie, den Martin Noth in seinem wichtigen Josuakommentar erreicht hat, meist unkritisch übernommen, auch wenn es seit jeher differenzierte Gegenpositionen gegeben hat, die sich bislang kaum gegen das starke Votum des einflussreichen Bonner Alttestamentlers durchsetzen konnten. Schon aus all diesen Gründen tut es not, sich intensiv mit dem Textkorpus Jos 13–19 auseinanderzusetzen. Bevor dies aber in mehreren Einzelstudien geleistet werden kann, sollen zunächst verschiedene diachrone und synchrone Auslegungen der Landverteilungstexte näher vorgestellt werden, vor deren 1

Vgl. CORTESE 1990; SVENSSON 1994; DE VOS 2003. Dies zeigt der Anteil von Jos 13–19 bei den neueren Kommentaren von KNAUF 2008 [27% der Kommentierung]; ZIESE 2008 [25% der Kommentierung]; HUBBARD 2009 [12% der Kommentierung]; RÖSEL 2011 [33% der Kommentierung]; MATTHEWS 2016 [15% der Kommentierung]; EDERER 2017 [30% der Kommentierung]. 2

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Einleitung

Hintergrund die weitere Arbeit besser abgesetzt werden kann. Dabei kann weitgehend auf die ältere Forschungsgeschichte verzichtet werden, da diese von Ed Noort in vorbildlicher Weise zusammengestellt und diskutiert wurde.3

1. Diachrone Ansätze Jede diachron orientierte Forschungsgeschichte zu den Landverteilungstexten muss vor allem die Arbeiten von Albrecht Alt und Martin Noth zum Ausgangspunkt nehmen. Insofern lohnt es sich, auf die Standardwerke dieser beiden Autoren in gebotener Kürze einzugehen.4 Martin Noth, der sich vor allem auf die Arbeiten von Albrecht Alt gestützt hat,5 ging davon aus,6 dass dem Abschnitt der Landverteilung in Jos 13–19 zwei Hauptquellen zugrunde lägen. Zum einen habe man auf ein „System der Stammesgrenzen“ zurückgegriffen, mit dessen Hilfe das Westjordanland restlos aufgeteilt worden sei.7 Dieses Verzeichnis sei bereits in vorstaatlicher Zeit entstanden.8 Es handele sich dabei um ein System von Grenzfixpunkten der Stämme Juda, Benjamin, Josef, Ascher, Issachar, Sebulon, Naftali und vielleicht noch Dan und Gad. Zum anderen habe es noch eine Liste der Orte des Staates Juda gegeben, die sich auf zwölf Gaue verteilen ließen. Diese Liste könne in die Zeit des judäischen Königs Joschija datiert werden.9 Mit diesen beiden Dokumenten wurde nach Noth der Besitzstand der zwölf Stämme im Verheißungsland skizziert. Die Grenzfixpunktreihen seien zudem bisweilen in ihrer Listenhaftigkeit beibehalten worden, sodass der Eindruck entstehe, dass auch bei den übrigen Stämmen Ortslisten mit Grenzlisten verwendet worden seien.10 Der für die Zusammenführung beider Listen verant3

Vgl. NOORT 1998, 181–197. Zur Forschungsgeschichte am Josuabuch vgl. auch die Übersicht von VEIJOLA 2002, 391–402 und zu den Landverteilungstexten in Jos 13–19 vgl. KASWALDER 2018, 158–162. 4 Vgl. auch die ausführliche und viel differenziertere Darstellung bei NOORT 1998, 181–188. 5 Vgl. ALT 1927, 13–24; ALT 1953b, 276–288. 6 Vgl. NOTH 1971b, 13–15. 7 Zur Konzeption des Westjordanlandes als Verheißungsland, das die Bücher Numeri bis Josua und Ezechiel durchzieht, vgl. auch HAVRELOCK 2007, 650–652. 8 So schon ALT 1927, 19–24. Vgl. hierzu auch NOTH 1971a, 229–241, der vermutet, dass es sich nur um eine Liste von Orten gehandelt habe, wobei die einzelnen Orte noch nicht in einem narrativen Kontext mit Verben verbunden gewesen seien. 9 So schon ALT 1953b, 279–284. 10 Dementsprechend lehnt NOTH 1971a, 251–262 die These ab, dass es auch eine galiläische Ortsliste gegeben habe. Die Beobachtung, dass das System der Grenzfixpunkte bei den nördlichen Stämmen nur unzureichend mit Verben aufgefüllt worden sei, lässt jedoch den Eindruck entstehen, dass auch hier Grenzbeschreibung und Ortsliste zusammengefügt worden sind.

1. Diachrone Ansätze

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wortliche „Bearbeiter“ habe mit Jos 14 und 19 einen Rahmen um die Landverteilung geschaffen, die noch nicht mit der erzählenden Josuaüberlieferung verbunden gewesen sei. Außerdem habe ursprünglich Benjamin vor Efraim gestanden, was die Ausführlichkeit der benjaminitischen Nordgrenze gegenüber der efraimitischen Südgrenze zeige. Vielleicht habe sogar die Liste der Levitenstädte in Jos 21 bereits zu diesem Grundbestand gehört. Die ostjordanischen Stämme seien schließlich in einem zweiten Schritt hinzugefügt worden, bei dem dann auch die Vorordnung von Juda und Josef stattgefunden habe. Außerdem seien Erzähltraditionen sowie die Tradition der Asylstädte in Jos 20 ebenfalls eingegliedert worden. Nach Martin Noth stammen folglich die Landverteilungstexte in Jos 13–19 aus vordtr. Quellen und sind seit jeher dtr. bearbeitet worden, während die priesterliche Bearbeitung erst viel später einsetzte. Es ist dementsprechend nur folgerichtig, wenn nach Noth die Priesterschrift als Quelle im Josuabuch völlig fehlt.11 Somit komme das Josuabuch ohne literarischen Zusammenhang zum Hexateuch aus und sei alleine als Teil des sogenannten Deuteronomistischen Geschichtswerks zu betrachten.12 Die beiden von Alt und Noth erkannten archivalischen Quellen wurden in der Folgezeit nahezu überhaupt nicht in Frage gestellt,13 auch wenn beide nur hypothetisch erschlossene Quellen darstellen. Lediglich deren Datierung war immer wieder Gegenstand lebhafter und kontroverser Debatten. Zunächst soll im Folgenden die abweichende Datierung der Grenzlisten besprochen werden. Yohanan Aharoni vermutet,14 dass das ursprüngliche Dokument der Grenzlisten in Jos 13–19 nur noch verkürzt aufgenommen worden sei. Auch seien lediglich die Grenzbeschreibungen von Benjamin, Efraim, Manasse, Ascher, Sebulon und Naftali verwendet worden, während Juda die Grenzen von Kanaan nach Num 34 übernommen habe. Vielleicht seien daher die Grenzlisten in einem Bundeskontext der nördlichen Stämme bereits während der Richterzeit entstanden. Demgegenüber seien nach Zecharia Kallai die Grenzlisten erst in der Zeit des Vereinten Königreiches entstanden, da die beschriebene Fläche den Grenzen von Davids Zensus und Salomons Distrikten entspreche.15 Nadav Naʾaman kann darüber hinaus keine Funktion der Grenzlisten in der vorstaatlichen Zeit erkennen, da die Stämme noch verstreut und fragmentiert nebeneinander gesiedelt hätten und es daher noch keine wirklichen Grenz-

11 Auch EDENBURG 2016, 809–812 bezweifelt, ob sich die Pentateuchquellen im Josuabuch überhaupt noch nachweisen lassen. 12 Vgl. NOTH 1967, 183–190. 13 Vgl. nur SOGGIN 1982, 11–13. 14 Vgl. AHARONI 1967, 227–239. 15 Vgl. KALLAI 1986a, 279.

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Einleitung

streitigkeiten gegeben habe.16 Dementsprechend vermutet Naʾaman wie Kallai die Zeit des Vereinten Königreiches für die Datierung der Grenzlisten.17 Allerdings muss eine derart frühe Datierung der Liste mit Grenzfixpunkten kritisch gesehen werden, da es im Vorderen Orient keine vergleichbaren Fälle von Grenzbestimmungen zwischen einzelnen Stämmen gegeben hat, die noch nicht zur Staatlichkeit übergegangen sind. Hinzu kommt, dass erst viel später die organisatorischen und administrativen Möglichkeiten gegeben waren, derartige Verzeichnisse anzulegen. Dementsprechend ist eine Datierung der verwendeten Listen in die vor- oder frühstaatliche Zeit eigentlich ausgeschlossen.18 Demnach kann dieses Dokument kaum vor dem 8. Jh. v. Chr. entstanden sein. Die zeitliche Verortung der Ortsliste, die Noth in die Joschijazeit datiert, wurde ebenfalls in der Folgezeit unterschiedlich bewertet. Aufgrund der Ähnlichkeit der Ortsliste Dans zum Zweiten Distrikt Salomos nach 1Kön 4 hat man gelegentlich an eine Entstehung in der Zeit des Vereinten Königreiches gedacht.19 Die Ortsliste Simeons wird bisweilen als älteste Liste gedeutet, da sie mit dem Zensus Davids verbunden werden kann.20 Darüber hinaus hat man auch die Regierungszeit von anderen judäischen Königen für die Verortung der Ortsliste vorgeschlagen, z.B. Abija,21 Joschafat,22 Usija23 oder Hiskija,24 wobei für die Datierung der einzelnen Ortslisten verstärkt auch archäologische Gründe angeführt wurden. Trotz der zahlreichen Gegenentwürfe hält sich ein Trend vor allem in der eher konservativen Exegese, wonach zumindest die in den Landverteilungstexten verwendete Ortsliste in die Zeit Joschijas und die Grenzlisten in die vorstaatliche Zeit datiert werden könnten.25 Freilich müssen die erschlossenen Grenzlisten nicht reale Gegebenheiten darstellen. Vielmehr könnten sie lediglich idealiter die Besitzansprüche der einzelnen Stämme skizzieren, auch wenn dies in dieser Weise nicht notwendigerweise realisiert sein musste. Auch die dtr. Prägung der Landverteilungstexte wird in der Nachfolge Noths meistens beibehalten. Nach Graeme Auld gab es bereits in der dtr. 16

Vgl. NAʾAMAN 1986, 84f. Kritisch hierzu schon MOWINCKEL 1946, 18–20. Vgl. NAʾAMAN 1986, 83f. 18 Vgl. LISSOVSKY/NAʾAMAN 2003, 292. 19 Vgl. KALLAI-KLEINMANN 1958, 147f. 20 Vgl. KALLAI-KLEINMANN 1958, 158–160. 21 Vgl. KALLAI-KLEINMANN 1958, 139f., der zumindest die Liste Benjamins in die Zeit Abijas datiert. 22 Vgl. CROSS/WRIGHT 1956, 224–226. 23 Vgl. AHARONI 1959, 239–246. 24 Vgl. zu dieser Datierung der Ortsliste Judas KALLAI-KLEINMANN 1958, 139. Zu derartigen Vorschlägen vgl. auch die Diskussion bei BOLING 1982, 65; SOGGIN 1982, 12. 25 Vgl. MILLER/TUCKER 1974, 9f.; HESS 1994a, 205; HUBBARD 2009, 33; PITKÄNEN 2010, 54f. Nach STRANGE 2002, 48 kann zumindest der Abschnitt Jos 13–21 nicht älter als die Joschijazeit sein. 17

1. Diachrone Ansätze

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Grundschicht des Josuabuches eine erste Version der Landverteilungstexte in Jos 15–19, wobei auf Jos 19,49a schon Jos 21,43 gefolgt sei. Nach kleineren Ergänzungen sei dann eine große Reorganisation des Materials erfolgt, indem die beiden Stämme Efraim und Manasse zu den Söhnen Josef zusammengefasst und der Prozess der Landverteilung mit Hilfe von Jos 18,2–10 in zwei Phasen verwandelt worden sei. Schließlich sei noch die Konzeption von Ostmanasse in die Texte eingeführt worden. Außerdem seien die beiden Anhänge der Asyl- und Levitenstädte (Jos 20–21) ergänzt worden. Nach Auld sind die Landverteilungstexte somit zunächst nicht vom dtr. Josuabuch zu trennen, sondern gemeinsam mit diesem redaktionell erweitert worden.26 In Weiterführung der Argumentation Noths geht Robert G. Boling von einer komplexen dtr. geprägten Redaktionsgeschichte aus, wobei die unterschiedlichsten Dokumente verwendet worden seien:27 eine vorstaatliche Grenzliste von Juda, Josef und Benjamin (Jos 15,1–12; 16,1–8; 17,7–11; 18,12–20), eine Städteliste von Juda und Benjamin aus der Zeit des Vereinten Königreichs (Jos 15,20–61; 18,21–28), eine galiläische Ortsliste (Jos 19) sowie die Beschreibung der ostjordanischen Stammesgebiete (Jos 13). Vielleicht hat ein dtr. Redaktor frühere priesterliche Texte verwendet, was in gewisser Weise zu einem Mischstil geführt haben könnte.28 Aber die dtr. Prägung dieses Textkorpus wird von Boling zumindest nicht in Frage gestellt. Während Noth noch von der literarischen Unabhängigkeit von Jos 13–19 vom umgebenden Josuabuch ausgegangen ist, vermutet Volkmar Fritz, dass dieser Abschnitt mit Jos 1–12 seit jeher eine unauflösbare Einheit gebildet habe, zumal Landnahme und Landgabe untrennbar zusammengehören würden.29 Darüber hinaus werden auch von Fritz – wie schon von Boling – mehrere verwendete Grunddokumente postuliert: eine Distriktliste Judas (Jos 15,20–63; 18,21–28), eine Grenzbeschreibung Judas (Jos 15,1–12// 18,15–19), Manasses (Jos 16,1–3//18,12–13; 17,7–10) und Efraims (Jos 16,4– 9) sowie eine galiläische Städteliste (Jos 19,10–39) und eine Ortsliste Dans (Jos 19,40–48). Darüber hinaus sucht Fritz den „Sitz im Leben“ der verwendeten Grunddokumente in der königlichen Verwaltung.30 Das Modell von Noth wird von Fritz im Grunde übernommen, aber gemäß dem „Göttinger

26

Zu diesem Erklärungsmodell vgl. AULD 1980, 66f.100. Vgl. BOLING 1982, 70f. 28 Vgl. hierzu BOLING 1982, 61–63, der zusätzlich darauf hinweist, dass es schon in früher Zeit sprachlich gemischte Texte gegeben haben könnte. Neuerdings vermutet PITKÄNEN 2016, 28, dass die priesterlichen Texte älter als die dtn/dtr. Abschnitte gewesen seien. 29 Vgl. FRITZ 1994, 7f. Auch WOUDSTRA 1981, 13–16 betont die Einheit des Josuabuches. 30 Vgl. FRITZ 1994, 8. Zu diesem literarhistorischen Entwurf vgl. VEIJOLA 2002, 392– 394. 27

6

Einleitung

Schichtenmodell“ modifiziert und um eine priesterliche Redaktion RedP erweitert.31 In den von Noth vorgespurten Bahnen verbleibt hingegen Jan Christian Gertz, dem zufolge dtr. Editoren für die Einarbeitung der Landverteilungstexte verantwortlich waren. Bei ihrer Arbeit hätten sie sich auf Listenmaterial der späten Königszeit gestützt, das sowohl Ortsnamen wie auch Grenzbeschreibungen umfasst habe.32 Dementsprechend wird nur das Alter der vom dtr. Redaktor verwendeten Dokumente den neuen sozialgeschichtlichen und archäologischen Erkenntnissen angepasst. Auch Erhard Blum folgt den Grunddaten der Analyse von Martin Noth und geht von einer Hauptschicht des DtrG innerhalb des Josuabuches aus, während es sich bei Jos 13–21 um einen sekundären und sukzessiv erweiterten Einschub mithilfe des Mittels der Vorwegnahme von Jos 23,1b in Jos 13,1 handele.33 Obschon vielleicht durchaus sehr alte Quellen verarbeitet worden sind, scheint die aktuelle Josuaforschung meist an eine späte Datierung des Abschnitts der Landverteilungstexte Jos 13–21 zu denken.34 Dies gilt zumindest für die literarhistorische Verortung der redaktionellen Verbindung von Jos 13–21 mit dem übrigen Josuabuch. Allerdings gibt es auch die konkurrierende Auffassung, dass die Landverteilungstexte Jos 13–19 bereits in einem joschianischen Josuabuch vorhanden waren. Nach Thomas Römer gehen die Landverteilungstexte auf administrative Quellen zurück, die bereits in eine erste Edition eines Josuabuches unter Joschija eingebaut worden seien, wobei der Abschluss des joschijanischen Josuabuches wohl erst in Jos 21,43–45 vermutet werden könne. Die hier eingearbeiteten Listen seien dann im 5./4. Jh. v. Chr. von priesterlichen Kreisen überarbeitet worden.35 Auf diese Weise würde sich zumindest die priesterliche Prägung der Texte erklären. Demnach habe es bereits ein vor-dtr. Josuabuch gegeben, das bereits die Landverteilung umfasst habe. Somit gehörten die Landverteilungstexte nach Römer seit jeher zum Josuabuch. Auch nach Walter Dietrich ist vermutlich schon proto-dtr. von einem joschijanischen „Buch von der Landnahme Israels“ als Propagandaschrift auszugehen. Außerdem lasse sich das in Jos 13–19 verwendete Listenmaterial in 31

Vgl. hierzu VEIJOLA 2002, 393. Vgl. GERTZ 2010, 292. 33 Vgl. BLUM 2012, 151 Anm. 57. 34 Vgl. zu diesem Forschungstrend RÖMER 2007a, 82. Vgl. zum Problem auch HENTSCHEL 2016, 260. STRANGE 1993, 138–141 datiert das Josuabuch sogar erst in die hasmonäische Zeit, da zu dieser Zeit die Restauration des Vereinten Königreiches am besten verortet werden könne. Dementsprechend hält STRANGE 2002, 50 das Josuabuch für das Bindeglied, das ein groß angelegtes hasmonäisches Manifest von Gen 11–2Kön 25 zusammenhält. 35 Vgl. hierzu RÖMER 2013, 311–314. 32

1. Diachrone Ansätze

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Grenz- und Ortslisten unterteilen. Die Ortslisten seien in joschijanischer Zeit zumindest für Juda und Benjamin zu einem flächendeckenden System ausgeweitet worden, während die Stammesgrenzen bereits aus der Zeit des Vereinten Königreiches stammen. Die Grenzbeschreibungen seien entworfen worden, um der fragilen Einheit der Doppelmonarchie eine Legitimation im vorstaatlichen Stammesverbund Israel zu geben. Darüber hinaus ist in dem Abschnitt Jos 13–19 mit sukzessiven Auffüllungen zu rechnen.36 Alles in allem bleibt festzuhalten, dass die von Martin Noth entwickelten Grunddaten in modifizierter Form bei den meisten Entwürfen weitgehend beibehalten wurden. Allerdings konnte seit Noth nicht definitiv geklärt werden, wann die Landverteilungslisten in das entstehende Josuabuch eingefügt wurden und wie die priesterliche Prägung der Texte zu erklären ist. Insofern verwundert es kaum, dass sich gegen den nicht immer befriedigenden Entwurf von Noth schon bald Widerspruch formiert hat, der sich aber kaum behaupten konnte. Gegen eine vorstaatliche Datierung der Listen hat sich bereits Sigmund Mowinckel positioniert. Im Gegensatz zu Noth ging Mowinckel überlieferungsgeschichtlich von einer langen mündlichen Vorgeschichte der Landverteilungstraditionen aus, die zudem erst in nachexilischer Zeit verschriftet worden seien.37 Für die Zusammenstellung dieser Listen sei entweder die Priesterschrift oder eine noch spätere nachexilische Redaktion verantwortlich gewesen. Auch wenn die Einwände Mowinckels von Noth und anderen energisch zurückgewiesen wurden,38 wird trotzdem immer wieder die Ansicht vertreten, dass gerade der zweite Teil des Josuabuches von priesterlicher Sprache geprägt sei, die eigentlich mit dem Numeribuch zusammenhänge.39 Hierzu muss im Folgenden eingehend Stellung bezogen werden. Im Gegensatz zu Noth ist nämlich ohnehin seit jeher in Jos 13–19 aufgrund von stilistischen und formalen Erwägungen eine priester(schriftliche) Entstehung vermutet worden.40 Denn die Erklärung Noths, dass es sich innerhalb von Jos 13–19 nur um priesterliche Zusätze handele, befriedigt schon deshalb nicht, weil man auf diese Weise den Text stark fragmentieren muss. Denn es 36

Vgl. DIETRICH 2014, 202–204. Vgl. MOWINCKEL 1946, 7–11; MOWINCKEL 1964, 61–76. 38 Vgl. nur NOTH 1950, 157–162; SOGGIN 1982, 12f. 39 Anders hingegen SEEBASS 2006a, 103f.; SEEBASS 2012, 251–257, der kaum Übereinstimmungen, aber viele Differenzen zwischen dem Numeri- und dem Josuabuch feststellt. Demgegenüber sieht FREVEL 2013b, 17 eine enge Verbindung von Num 25–36 zu Jos 13–21. ARTUS 2013, 376 sieht zwar ebenfalls Verbindungslinien ins Numeribuch, die aber nicht auf den gleichen Autor bzw. Redaktor schließen lassen müssen. Nach EDENBURG 2016, 797 muss ohnehin ganz allgemein ein bestimmter Sprachstil nicht notwendigerweise auf einen bestimmten Autor oder Redaktor hinweisen. 40 Dementsprechend könnten die verwendeten Listen vielleicht aus Archiven der Jerusalemer Priesterschaft stammen, vgl. BOLING 1982, 58. 37

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Einleitung

werden immer wieder bestimmte Einleitungs- und Schlussformeln verwendet, die priesterliche Prägung verraten.41 Sollte man diese Elemente als redaktionelle Zutat streichen, dann bekäme man bestenfalls einen listenartigen Text. Es verwundert daher nicht, dass entgegen Noth in zahlreichen Studien die priesterliche Prägung von Jos 14–19 immer wieder betont wurde, was im Folgenden gezeigt werden soll:42 1)

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Wüst (1975):43 Gerade der Landverteilungsbericht von Jos 14–19 setzt nach Manfried Wüst die Nachträge zur Priesterschrift im Numeribuch voraus. Die vorbereitende Anweisungen YHWHs in Num 33,50–34,13 hätten demnach einen sehr detaillierten Ausführungsbericht erfahren, der sich auf das Resultat der Verlosung des Verheißungslandes beziehe. Petersen (1980):44 Außerdem vermutet John E. Petersen mithilfe von linguistischen, thematischen, strukturalen und theologischen Beobachtungen, dass die Landverteilungstexte, die auf ältere Listen zurückgreifen, zunächst in der priesterschriftlichen Grundschrift des Pentateuch tradiert worden seien, bevor sie von einem dtr. Redaktor aus diesem Kontext genommen, zusätzlich bearbeitet und in das Josuabuch eingefügt worden seien. van Seters (1983):45 Auch nach John van Seters wurde die Landverteilung des Josuabuches bereits in priesterschriftlichen Texten des Numeribuches vorbereitet. Hinzu kommt, dass nach priesterlicher Theologie die einzelnen Stämme – und nicht Israel als Kollektiv wie bei Dtr – ihr Lehen erhalten. Görg (1991):46 Manfred Görg vermutet ebenfalls eine Redaktion, die die vorliegenden Grenzfixpunktreihen und Ortslisten in der Tradition der Priesterschrift verarbeitet und miteinander verbunden habe. Danach seien noch dtr. und nach-dtr. Redaktionen gefolgt, darunter auch eine priesterliche Rezeption. Svensson (1994):47 Nach Jan Svensson ist Jos 14–21 vor allem ein priesterlich geprägtes Dokument. Unter Joschija seien die Landverteilungstexte im Rahmen der Bemühungen um eine Restauration des Vereinten Königreiches aus alten Quellen zusammengestellt worden.

41 NOTH betont hingegen vor allem die dtr. Prägung der Texte und negiert den Bezug zu den Pentateuchquellen, was die Existenz eines Hexateuchs ausschließt, vgl. BOLING 1982, 66. 42 Vgl. schon CROSS/WRIGHT 1956, 202 Anm. 1. 43 Vgl. WÜST 1975, 210f. 44 Vgl. PETERSEN 1980, 144f. 45 Vgl. VAN SETERS 1983, 331–337. 46 Vgl. GÖRG 1991, 6. 47 Vgl. SVENSSON 1994, 97f.

1. Diachrone Ansätze

9

Rösel (2011):48 Für Hartmut Rösel ist der zweite Teil des Josuabuches vor allem durch priesterliche Sprache geprägt. Trotzdem müsse dieser Abschnitt nicht notwendigerweise zur Quelle der Priesterschrift gehören. Außerdem unterscheidet Rösel zwischen der Darstellung der verwendeten Listen und den Intentionen der Redaktoren, die eine möglichst flächendeckende Verteilung des Verheißungslandes für die zwölf Stämme angezielt hätten, wobei die Quellen dementsprechend hätten bearbeitet werden müssen. Artus (2013):49 Verschiedene Beobachtungen könnten nach Olivier Artus andeuten, dass der Abschnitt Jos 13–22 eine nachpriesterschriftliche Komposition ist. Die Organisation in neuneinhalb westjordanische und zweieinhalb ostjordanische Stämme, der Vorrang Eleasars (Num 27,18– 22), die Parallelen bei den geographischen Toponymen (Num 32,33–42 // Jos 13,15–32) sowie der Losentscheid weisen zumindest auf eine enge Verbindung der Landverteilungstexte in Jos 13–22 mit dem Numeribuch hin.

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Bisweilen wird sogar die ältere These aufgegriffen, dass die ursprüngliche Priesterschrift des Pentateuchs bis ins Josuabuch reiche.50 Dementsprechend sei das Ende der Priestergrundschrift entweder in Jos 18,1 (Losverteilung in 48

Vgl. RÖSEL 2011, 5–7. Vgl. ARTUS 2013, 377. 50 Vgl. hierzu schon SEEBASS 1985, 64. VAN SETERS 2015, 152 weist den Abschnitt der Landverteilung Jos 13–19.21 ebenfalls P zu. Nach BLENKINSOPP 1995, 104f. endet die Priesterschrift in Jos 18–19 mit der Errichtung des Heiligtums im Verheißungsland. Dagegen aber mit unterschiedlichen Gründen ZENGER 1983, 36–41; SCHMIDT 1993, 254f.; KÖCKERT 1995, 147f.; POLA 1995, 107f.; FREVEL 2000, 187–207; RÖMER 2007b, 424f.; WEIMAR 2008, 25f. Anm. 23; RÖMER 2010, 88f.; HENTSCHEL 2016, 260; RÖMER 2016, 821f. Nach SCHMID 2008, 147 sind zudem die entsprechenden Notizen in Jos 18,1; 19,51 nicht quellenhaft. Mit diesen Anmerkungen werde vielmehr die Priesterschrift in den Ablauf der Geschichtsbücher eingearbeitet. Da dies ohnehin nur fragmentarische Notizen sind, kann die Priesterschrift nach SKA 2006, 151; NOORT 2008, 119 nicht bis ins Josuabuch reichen. Zu anderen Abschlüssen der Priesterschrift im Josuabuch vgl. FREVEL 2000, 187–191.207–209; FREVEL 2013b, 6f. Auch BOORER 2011, 100–113 diskutiert verschiedene Ansätze zum Vorkommen der Priesterschrift in den Vorderen Propheten. Allerdings werden auch andere Endpunkte der Priesterschrift bestimmt: Ex 29, vgl. OTTO 1997, 36; Ex 40, vgl. POLA 1995, 213–298; BAUKS 2000, 30–37; KRATZ 2000, 105.113.117; BAUKS 2001, 345; KRATZ 2011, 37f. Anm. 20; Lev 9, vgl. ZENGER 1995, 95; SCHMID 2010, 127; Lev 16, vgl. NIHAN 2007, 379–382; RÖMER 2011b, 38; Num 10, vgl. KAISER 1992, 58f.; Num 27, vgl. NOORT 2008, 118f.; Dtn 34, vgl. SCHMIDT 1993, 251; FREVEL 2000, 372–376; WEIMAR 2001, 169; WEIMAR 2008, 23; SCHMIDT 2009, 492; FREVEL 2017, 24f. Zum umstrittenen Ende der Priesterschrift vgl. auch den Forschungsüberblick bei SKA 2008, 632–636; ZENGER/FREVEL 2016, 190–197. Nach AURELIUS 1988, 188 sind zumindest der Tod des Mose in Dtn 34 und die Nachfolgeregelung dtr. Themata, die nicht notwendigerweise mit der Priesterschrift zu verbinden sind. 49

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Einleitung

Schilo)51 oder Jos 19,51 (Vollendung der Landverteilung)52 oder Jos 24,29 (Tod Josuas)53 zu finden. Ein überzeugender Nachweis, dass die priesterschriftliche Grundschrift tatsächlich erst im Josuabuch ihr Ende findet, ist allerdings bislang nicht erbracht worden.54 Somit hat man wohl eher mit priesterlich geprägten Fortschreibungen und Redaktionen im Josuabuch zu rechnen. Hinzu kommt, dass in späterer Zeit priesterliche und dtr. Sprache kaum noch voneinander geschieden werden können.55 Flankierend wird zusätzlich die von Noth behauptete dtr. Prägung der Landverteilung angegriffen. Gegen die Annahme einer dtr. geprägten Landverteilung sprechen nämlich zahlreiche Argumente:56 1)

Eine Landverteilung ist in Dtn eigentlich nicht vorbereitet. Höchstens eine allgemeine Belehnung mit NḤL scheint in Jos 1,6 angedeutet zu sein. In Jos 11,23 findet zudem die Landeroberung einen vollmundigen Abschluss, was durch die Gabe der naḥalāh „Belehnung“ ausgedrückt wird. Insofern stellt sich zurecht die Frage, ob es danach noch zu einer expliziten Landverteilung kommen muss. Darüber hinaus ist das dtr. geprägte Josuabuch nur an Gesamtisrael, nicht aber an Einzelstämmen interessiert. Insofern würde dann im Abschnitt der Landverteilungstexte der Fokus von Israel auf einzelne Stämme verschoben werden, ohne dass es hierfür einen einsichtigen Grund gibt. Außerdem kommt der Verweis auf das hohe Alter Josuas in Jos 13,1 viel zu früh und ist eine Doppelung zu Jos 23,1. Die Vorwegnahme dieses Themas scheint darauf hinzuweisen, dass der Abschnitt sekundär eingeschoben wurde. Schließlich sind nur ganz wenige Passagen im Abschnitt der Landverteilung Jos 13–22 tatsächlich dtr. geprägt, was eine dtr. Deutung eher nicht anzeigt.

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Vgl. LOHFINK 2005, 291f. Vgl. LOHFINK 1978, 198 Anm. 29; BLENKINSOPP 1992, 237f.; GUILLAUME 2009, 157–162. Gegen eine Zuweisung von Jos 18,1 und Jos 19,51 zur Priesterschrift aber BOORER 2011, 117f. 53 Vgl. KNAUF 2000, 113–116; KNAUF 2008, 20. Nach VAN SETERS 1983, 331–337 reicht die Priesterschrift sogar bis Jos 24,33. Ähnlich schon BLENKINSOPP 1976, 287–291. 54 Nach KÖCKERT 1995, 158f. ist zwar der Sinai das Zentrum der Priesterschrift, das Land aber das eigentliche Ziel. Die priesterliche Prägung von Jos 13–19 wird auch von FRANKEL 2011, 191 angenommen. Nach NIHAN 2007, 20–30 könne die Priesterschrift nicht mehr bis ins Numeribuch reichen. 55 Vgl. NOORT 1998, 181. 56 Vgl. DE VOS 2003, 300. 52

1. Diachrone Ansätze

11

Aus diesen Gründen ist die dtr. Zuweisung der Landverteilungstexte kaum zutreffend, sodass durchaus nach anderen Erklärungsmodellen gesucht werden kann. Es verwundert daher nicht, dass in jüngster Zeit sehr differenzierte redaktionsgeschichtliche Analysen des Josuabuches vorgelegt worden sind, die vor allem für die Landverteilungstexte des Josuabuches relevant sind: Cortese (1990):57 Enzo Cortese geht von einem geographischen Urdokument hinter Jos 13–19 aus, das auf ein Verzeichnis der salomonischen Gaue und auf eine judäische Provinzliste zurückgegriffen habe und von PS bearbeitet worden sei. Diese Redaktion habe unabhängig vom dtr. Josuabuch gearbeitet. Außerdem sei von PS die Beschreibung der Stammesgebiete Benjamin, Simeon und Dan ergänzt sowie die knappe Darstellung von Efraim und Manasse durch zusätzliche Informationen erweitert worden. Eine spätere nachpriesterliche Redaktion PSS habe schließlich Tetrateuch und DtrG vereint, indem sie den Abschnitt Jos 13–21 vom Ende des Numeribuches hinter Jos 12 versetzt sowie zusätzliche Erzählungen, eigene Stücke sowie Glossen eingearbeitet habe. Nach Cortese ist somit zwischen dem dtr. Josuabuch und den priesterlichen Landverteilungstexten klar zu unterscheiden, da beide Abschnitte zunächst nicht miteinander verbunden waren. Kratz (2000):58 Vielleicht ist nach Reinhard Gregor Kratz bereits von einem vordtn. Hexateuch auszugehen, der bereits einen Grundbestand der Landnahmeerzählung Jos 2–12 umfasste. Erst die RichterbuchRedaktion habe dann den Anschluss der beiden Bücher Josua und Richter an das DtrG (1Sam–2Kön) geschaffen. Danach habe DtrS die Landverteilungstexte in Jos 13,1–23,1a eingetragen. Dementsprechend wäre der Abschnitt der Landverteilung seit jeher zunächst unabhängig vom übrigen Josuabuch gewesen. Allerdings bleibt fraglich, wie dieses Textkorpus entstanden und gewachsen ist, bevor es in das Josuabuch integriert wurde. de Vos (2003):59 Ein sehr differenziertes Bild des literarischen Werdegangs von Jos 13–21 in sechs Phasen entwirft Cornelis de Vos, der ähnlich wie Cortese die Landverteilungstexte in Jos 14–19 als geographischen redaktionellen Anhang zur Priesterschrift deutet. Die JosuaBearbeitung habe dann Jos 14–19 in das DtrG versetzt, wobei nun Josua

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Vgl. CORTESE 1990, 111–115. Vgl. KRATZ 2000, 215–218. 59 Vgl. DE VOS 2003, 301–307. Nach DE VOS 2009, 68f. gibt es zwar viele literarische Verbindungslinien zwischen Jos 13–19 und Num 26–36, aber eine grundsätzliche Zuweisung der Landverteilung zur Priesterschrift ist schon vor dem Hintergrund fraglich, dass die Priesterschrift Gott nicht ans Land gebunden sieht, was aber offenbar Jos 18,1 voraussetzt. Auch BIEBERSTEIN 2009, 167 geht nur von postpriesterschriftlichen Horizonten aus, da die Priesterschrift mit dem Tod des Mose ende. 58

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Einleitung

für die Landverteilung verantwortlich sei, und nicht mehr die Israeliten. Die Eleasar-Bearbeitung habe dafür gesorgt, dass nicht mehr der Heerführer Josua, sondern Eleasar, der Nachfolger Aarons, die Landverteilung durchführe. Eine weitere korrigierende Bearbeitung trage schließlich die Nichteroberungsnotizen ein, bevor die Leviten-Bearbeitung für eine zusätzliche Sakralisierung sorge. Die abschließende Los-Bearbeitung betone, dass die Landeinteilung gottgewollt und unzerstörbar sei.60 Nach de Vos sind dementsprechend die redaktionellen Bearbeitungen der Landverteilungstexte von priesterlichen Interessen geprägt, während dtr. Sprache und Intention kaum zu greifen sind. Die immer wieder behauptete Verantwortlichkeit dtr. Redaktoren für die Landverteilungstexte muss somit vor dem Hintergrund der von de Vos vorgelegten Befunde kritisch evaluiert werden. Achenbach (2007):61 Nach Reinhard Achenbach gehen die Bezüge des Josuabuches zum Numeribuch innerhalb der Landverteilungstexte nicht auf eine priesterschriftliche Quelle zurück, sondern auf eine theokratische Bearbeitung, die von einer Hexateuch-Redaktion abzuheben ist.62 Mithilfe der theokratischen Bearbeitung werden Vorschrift und Ausführung buchübergreifend redaktionell eingetragen. Dementsprechend seien die Verbindungslinien zwischen Numeri- und Josuabuch erst redaktionell entstanden, als diese Überarbeitung die idealen und exemplarischen Vorgaben des Numeribuches in das Josuabuch eingetragen habe. Offenbar habe es zwischen dem Numeribuch und den Landverteilungstexten demnach keine entstehungsgeschichtliche Verbindung gegeben. Otto (2007):63 Nach Eckart Otto habe eine exilische Moabredaktion die beiden Bücher Deuteronomium und Josua miteinander verbunden (Dtn 1–Jos 23). Erst die Hexateuchredaktion habe im 5. Jh. v. Chr. die Landverteilungstexte Jos 13–21 vor Jos 21,43 eingeschoben und Jos 24 hinter Jos 23 gesetzt. Auf diese Weise bekam Josua zusätzlich zur Aufgabe der Führung ins Verheißungsland auch noch die Funktion der Landverteilung zugewiesen. Knauf (2008):64 Während nach Ernst Axel Knauf weder die postulierte Exodus-Josua-Erzählung noch die D-Redaktion eine Landverteilung umfasste, findet die Priesterschrift in Jos 18,1 und 24,29 ihren Abschluss. Erst die sogenannte Hexateuchredaktion habe die D-Komposition und den priesterschriftlichen Stoff miteinander verbunden und die Grund-

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Nach DE VOS 2009, 71 ist Jos 13–19 eine späte Komposition, die P- und Dtr-Sprache und deren Konzepte verwende. 61 Vgl. ACHENBACH 2007, 235–237. 62 Zu dieser Hexateuch-Redaktion im Josuabuch neuerdings auch ALBERTZ 2015, 67– 71, dem zufolge diese aber nicht in die Landverteilungstexte eingegriffen habe. 63 Vgl. OTTO 2007, 194–199. 64 Vgl. KNAUF 2008, 17–22.

1. Diachrone Ansätze

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schicht des Landverteilungsberichtes in Jos 14–19* geschaffen.65 Demnach seien die Landverteilungstexte erst spät und in Anbindung an den Hexateuch entstanden. Die Propheten- oder Buchredaktion habe schließlich das Josuabuch zu einem eigenständigen Buch umgeformt, was aber kaum Spuren in den Landverteilungstexten hinterlassen habe, während die etwa gleichzeitige Josua-Richter-Redaktion für den Abschnitt Jos 18–19 verantwortlich sei. Eine abschließende Tora-Propheten-Redaktion habe schließlich das Josuabuch noch pro-hasmonäisch und antisamaritanisch bearbeitet. Nach Knauf gibt es somit offenbar die Landverteilungstexte immer nur in Verbindung mit dem bereits entstehenden Josuabuch. Wie in diesem Kontext die priesterliche Prägung des Abschnitts der Landverteilung zu erklären wäre, wird jedoch nicht gesagt. Frevel (2011):66 Zwar geht Christian Frevel aufgrund der zahlreichen kompositionellen und redaktionellen Zusammenhänge zwischen Numeriund Josuabuch von einem nachpriestergrundschriftlichen Hexateuch aus, aber ob darüber hinaus ein entstehungsgeschichtlicher Zusammenhang zwischen Num 32–36 und Jos 13–22 tatsächlich vorliegt, bleibt bestenfalls unentschieden. Allerdings ist trotz erkennbarem älteren Listenmaterial und zahlreicher dtr. Sprachelemente nach Frevel zumindest umstritten, ob es überhaupt jemals einen dtr. Grundtext der Landverteilung gegeben habe. Zumindest dieser Grundpfeiler, der seit Noth immer wieder stark gemacht wurde, wird von Frevel zurecht kritisch hinterfragt.

Aus alledem folgt, dass in der Forschungsgeschichte die priesterliche Prägung der Landverteilungstexte wieder stärker in den Fokus geraten ist.67 Die Beziehungen zum Numeribuch werden mittlerweile konsequent redaktionsgeschichtlich fruchtbar gemacht, auch wenn über die literarhistorische und entstehungsgeschichtliche Zuordnung von Jos 13–22 Uneinigkeit besteht. Dieser Abschnitt wird entweder als ursprünglicher Teil des Numeribuches verstanden (Cortese, de Vos) oder als redaktionelle Überarbeitung (Achenbach, Knauf, Frevel), die die Vorgaben des Numeribuches in das Josuabuch einträgt.68 Bei der zweiten Option könnten die priesterlich geprägten Texte des 65 Vgl. zur Einbindung der Landverteilungstexte hinter Jos 11,23 und vor dem Buchschluss Jos 21,43–45 auch KNAUF 2007, 220f. 66 Vgl. FREVEL 2011, 21–25. 67 SCHWARTZ 2016, 785 Anm. 11 vermutet, dass Abschnitte der Priesterschrift im Josuabuch eingebaut worden seien. Auch HARVEY 2004, 100 Anm. 5 rechnet die priesterlichen Teile im Josuabuch zu einem Tetrateuch. SCHMID 2011, 23f. geht hingegen von priesterlich inspirierten Texten in Jos 13–21 aus, die aber nicht Teil der Priesterschrift seien. Auch BOORER 2011, 119 denkt, dass die priesterlichen Passagen in Josua auf redaktionelle Arbeit zurückgingen. SAMUEL 2014, 318 hält die Landverteilungstexte für späte Nachträge, die in priesterschriftlichem Stil verfasst seien. 68 GERMANY 2017, 454f. weist neuerdings darauf hin, dass es zum einen schon vorpriesterlich einen Erzählzusammenhang von Exodus und Landnahme gegeben habe und

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Josuabuches auf einer redaktionellen Bearbeitungsschicht beruhen, die eine Art Hexateuch zur Grundlage hatte oder zumindest die beiden Bücher Numeri und Josua verband. Dementsprechend versuchen neuere Studien zu belegen, dass das Josuabuch die natürliche Fortsetzung des Numeribuches im Rahmen eines Hexateuchs wäre, wobei dieser Hexateuch wohl noch nicht die Bücher Genesis und Deuteronomium enthielt.69 Demnach müsste man gerade den Abschnitt der Landverteilung vor dem Hintergrund des Hexateuchs und nicht im Rahmen eines DtrG erklären.70 Vielleicht hängt die Redaktionsschicht, die sich über das Numeri- und Josuabuch erstreckt, damit zusammen, dass der Pentateuch zunehmend kanonische Autorität gewonnen hat und damit auch nachfolgende Texte beeinflussen konnte.71 Allerdings stellt sich dann die Frage, weshalb die Vorgaben des bereits abgeschlossenen Numeribuches nicht explizit in das noch werdende Josuabuch eingetragen worden sind. Denn es werden die schon im Numeribuch zu beobachtenden miteinander konkurrierenden Ansichten ebenfalls in die Landverteilungstexte des Josuabuches eingetragen, was eigentlich nur mit einem gemeinsamen Wachstum beider Textbereiche zu erklären ist. In jüngster Zeit vermutet Trent Butler, dass im Josuabuch verschiedenste Quellen von mehreren Bearbeitern mit unterschiedlicher Intention zusammengestellt wurden.72 Diese Sammlungstätigkeit habe schon in der Zeit des Vereinten Königreiches stattgefunden. Pitkänen denkt sogar aufgrund von außerbiblischen Parallelen an die vorstaatliche Zeit, wobei diese Listen in späterer Zeit an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst worden wären, was die Erwähnung von Orten erklären könnte, die in der frühen Eisenzeit noch nicht besiedelt gewesen seien.73 Die konservativen Ansätze von Butler

dass die priesterliche Überarbeitung schon viel früher stattgefunden haben müsse. Wie dies allerdings die diachrone Beurteilung der Landverteilungstexte beeinflusst hat, bleibt bei diesem Entwurf offen. Auch nach KRATZ 2002, 322 gab es einen vorpriesterschriftlichen Hexateuch im Umfang von Ex 1–Jos 12, der später durch dtr. und priesterliche Fortschreibungen erweitert wurde. 69 Vgl. hierzu BECKER 2006, 155f.; GERMANY 2018, 147. 70 Gegen ein DtrG spricht sich auch ROFÉ 2000a, 464–474 aus, der stattdessen neben einer dtr. Geschichtsdarstellung eine efraimitische Geschichte vorschlägt, die von Jos 24– 1Sam 12 reiche und ins 8. Jh. v. Chr. zu datieren sei. SCHMID 2006, 5–9 weist zusätzlich darauf hin, dass es materialiter sehr umfangreiche Schriftrollen gegeben habe, auf denen ein derartig großer Erzählzusammenhang wie ein Enneateuch hätte stehen können. 71 Vgl. HENTSCHEL 2016, 261. Ähnlich schon ALBERTZ 2007, 214f., dem zufolge alle priesterlichen Texte des Josuabuchs eine klare sachliche und literarische Abhängigkeit zum Pentateuch zeigten. Nach KRAUSE 2017, 201f. gibt es zwar einen hexateuchischen redaktionellen Horizont im Josuabuch, aber nicht den Hexateuch als literarisches Werk. 72 Vgl. BUTLER 2014a, 83f. 73 Vgl. PITKÄNEN 2010, 54f. Zu einer zeitnahen vorstaatlichen Entstehung des Josuabuches vgl. auch WOUDSTRA 1981, 10–13. Neuerdings liest PITKÄNEN 2015, 3–19 die Bü-

2. Synchrone Ansätze

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und Pitkänen berücksichtigen allerdings nicht die neueren sozialgeschichtlichen und archäologischen Erkenntnisse. Denn es ist kaum davon auszugehen, dass bereits in derart früher Zeit die organisatorischen und administrativen Möglichkeiten für groß angelegte Literaturwerke in Israel möglich waren.

2. Synchrone Ansätze Neben den diachronen Interpretationen der Landverteilungstexte, die den disparaten Befund dieses Textkorpus ernstnehmen, gibt es zahlreiche Kommentare, die vor allem den Endtext in den Blick nehmen und damit den kanonisch verbindlichen Text auslegen, ohne die komplizierten Wachstumsspuren detailliert nachzuzeichnen. Im Folgenden sollen nur die Arbeiten vorgestellt werden, die seit dem Forschungsbericht von Ed Noort vorgelegt worden sind. Es handelt sich hierbei vor allem um Ansätze, die strukturelle Erwägungen und theologische Profilierungen in den Blick nehmen. Hinter dem Abschnitt Jos 13–21 vermutet David Howard eine chiastische Struktur mit den Ereignissen von Schilo (Jos 18,1–10) als konzeptionelle Mitte. In den Landverteilungstexten werde Gott als der eigentliche Geber des Landes beschrieben, der damit die Zukunft Israels sicherstelle. Zunächst würden in Jos 15–17 die wichtigen Stämme Juda und Josef (Efraim-Manasse) vorgestellt, bevor dann die sieben übrigen Stämme folgten.74 Die gleiche Struktur wie Howard beschreibt auch Pekka Pitkänen, der zudem auf die Zentralität des Kultortes von Schilo hinweist, was eine Datierung der Listen in die vorstaatliche Zeit angeblich nahelegen würde.75 Die eigentliche Landverteilung Jos 14–19 wird auch von Daniel Hawk in zwei Teile gegliedert (Jos 14,1–17,18 und 18,1–19,51), wobei die Landverteilung an Juda/Josef sich noch einmal in zwei Abschnitte aufteile. Schon der erste Teil Jos 14,1–17,18 sei stark von dem Kontrast zwischen Juda und den Manassiten geprägt, die diese Einheit rahmten. Außerdem zeigt sich Gehorsam vor allem in der Person Kalebs und Ungehorsam bei der Nichteroberung des Verheißungslandes. Darüber hinaus werde mit Achsa und den ZelofhadTöchtern der hohe Stellenwert von Frauen im Rahmen der Landverteilung betont.76 Der zweite Abschnitt Jos 18,1–19,51 zeige ebenfalls, dass die Landnahme von Benjamin bis hin zu Dan zunehmend unvollständig vollzogen worden sei. Beide Teile skizzierten folglich zunächst einen Stamm, der als cherfolge Genesis-Josua als ein „settler colonial document“ aus vorstaatlicher Zeit, für das zwei Autoren zuständig gewesen seien (A1 für Gen-Num und AD für Dtn-Jos). 74 Vgl. HOWARD 1998, 292–295, der zudem diese Listen in die Zeit Josuas datiert. 75 Vgl. PITKÄNEN 2010, 248–250. Ähnlich auch KOOREVAAR 2012, 229, dem zufolge das Josuabuch aufgrund von Jos 18,1 vor dem Untergang Schilos entstanden sein müsse. 76 Vgl. HAWK 2000, 193.

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Vorbild dienen könnte (Juda oder Benjamin), und danach andere Stämme, die territoriale und tribale Inkohärenzen an den Tag legten.77 Nach Elie Assis spiegeln darüber hinaus die beiden Abschnitte Jos 15–17 und Jos 18–19 den zunehmenden Misserfolg der Israeliten in der Besiedlung des Verheißungslandes wider. Während Juda und zu einem geringen Grad auch die Josefstämme Efraim und Manasse der Verpflichtung zur Landnahme nachkämen, seien die anderen sieben Stämme zu nachlässig, sodass eine zweite Landverteilung nötig werde.78 Während der erste Teil des Josuabuches beschreibt, wie YHWH Israel ins Verheißungsland führt, zeigt der zweite Teil nach Mark Ziese, dass die Besiedlung ebenfalls mit sehr viel Aufwand verbunden ist. Dementsprechend sei auch die eigentliche Landnahme eine große Herausforderung, die Israel mit Gehorsam gegenüber YHWH meistern oder an der es scheitern könne. Der Anspruch des YHWH-Gehorsams dauere zudem während der Existenz Israels im Land stets an.79 Demnach wäre das Josuabuch vor allem um Toraobservanz bemüht.80 Mit Jos 13,1 beginnt nach Robert Hubbard ein neuer und wichtiger Teil des Josuabuches, zumal erst jetzt die Landverheißung an Abraham endlich eingelöst wird. Auf diese Weise würden die Landverteilungstexte zum eigentlichen Herzstück des Josuabuches. Die Landverteilung geschehe in zwei Teilen: In Jos 13 werde Josua explizit von YHWH zur Landverteilung aufgefordert, was schließlich in Jos 14–19 in zwei Abschnitten erzählt werde, die durch die unterschiedliche Lokalisierung auch voneinander differenziert werden könnten. Während Jos 14–17 in Gilgal verortet werden könne, spiele Jos 18–19 in Schilo. Trotz alledem würden aber bereits zwei Wermutstropfen verkündet: die Nichteroberung von einigen Gebieten und der Ausschluss der Leviten vom Verheißungsland, was wiederum den Anschluss von Jos 21 ermögliche.81 Auch wenn die Landverteilung auf den ersten Blick kaum theologische Züge enthält, zeigt zumindest der Endtext nach Jerome Creach, dass Gott allein für die Landzuteilung verantwortlich ist. Darüber hinaus würden beim Prozess der Landverteilung die persönlichen Begehrlichkeiten eines Königs ausgeblendet, da das Land von einer Landkommission verteilt werde. Außerdem werde die göttliche Initiative besonders betont, da die Landverteilung an zentralen Heiligtümern verortet und unter Verweis auf den göttlichen Befehl vollzogen werde. Zudem werde immer wieder die Heiligkeit des Landes und

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Vgl. HAWK 2000, 219. Vgl. ASSIS 2003, 7–25. 79 Vgl. hierzu ZIESE 2008, 255–257. 80 Vgl. ZIESE 2008, 26f. 81 Vgl. HUBBARD 2009, 396–398. 78

3. Zur Tradition der Landverteilung, der Grenzlisten und Städteverzeichnisse

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Israels hervorgehoben. Schließlich bilde die Landzuteilung eine gerechte Lebensgrundlage für die Stämme Israels.82 Auch Matthias Ederer vermutet hinter den Landverteilungstexten eine chiastische Struktur mit Schilo als kompositorische Mitte. Inhaltlich gehe es in Jos 13–21 zum einen um die Verteilung des Landes und zum anderen um die grundlegende Organisation des Lebens im Verheißungsland. Durch die Konzentration auf neuneinhalb Stämme im Mittelteil würden die zweieinhalb ostjordanischen Stämme und die Leviten als Sonderfälle ausgesondert und in den rahmenden Kapiteln (Jos 13 und Jos 21) eigens behandelt. Ein weiterer innerer Rahmen werde mit den Texten der Landzuteilung an Kaleb (Jos 14) und Josua (Jos 19) gebildet, die als exemplarische Einzelschicksale gedeutet werden.83

3. Zur Tradition der Landverteilung, der Grenzlisten und Städteverzeichnisse Die in den Landverteilungstexten verwendeten Quellen werden in der Forschungsgeschichte auf unterschiedliche Weise traditionsgeschichtlich verortet. Meist wird vermutet, dass die Ortslisten für die Erhebung von Steuern, Arbeitskraft und Heerbann geeignet waren.84 Vielleicht waren demgegenüber die Ortslisten – wie auch ansonsten im Vorderen Orient – pädagogische Schreibübungen gewesen, die die nationale Identität stärken und das Verheißungsland insgesamt bestimmen sollten.85 Für die Ortslisten gibt es zwar spätbronzezeitliche Parallelen in Ugarit und Alalach, aber die Unterschiede überwiegen: Denn in Jos 13–21 werden mit den einzelnen Städten keine Personen oder Sachangaben verbunden. Außerdem werden die biblischen Ortslisten mithilfe von Glossen auf einen narrativen Kontext bezogen. Schließlich werden die Ortslisten vollständig in die Landverteilung integriert und stehen damit offenbar zu keinem Zeitpunkt für sich allein.86 Außerdem wird daran gedacht, dass mithilfe der Grenzlisten Streitigkeiten zwischen einzelnen Stämmen geklärt werden sollten. Überlieferungsgeschichtlich könnte hierbei die Tradition verarbeitet sein, dass Josua nicht die einzelnen Stammesgebiete selbst verteilt hat, sondern bei Grenzstreitigkeiten

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Vgl. CREACH 2012, 156–163. Vgl. EDERER 2017, 196f. 84 Vgl. HESS 1994a, 204f.; NELSON 1997, 11: Während die Ortslisten Judas und Benjamins meist für administrative Listen gehalten wurden, wird die Zusammenstellung der Levitenstädte bisweilen als künstlicher Entwurf gedeutet. 85 Vgl. NELSON 1997, 11f. 86 Vgl. HESS 1996a, 65f. 83

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Einleitung

vermittelt habe.87 Vergleichbare Grenzlisten habe es zudem bereits in den spätbronzezeitlichen Verträgen aus Ugarit und Hattusa gegeben. Mit derartigen Verzeichnissen konnte eine rechtliche Verbindung zwischen den beteiligten Vertragsparteien geschlossen werden.88 Allerdings regeln derartige Grenzlisten die Landesgrenze zwischen zwei Ländern, aber nicht die Unterteilung eines einzelnen Staatswesens in kleinere Distrikte,89 wie dies aber in Jos 13–19 der Fall ist. Manchmal wird das Josuabuch insgesamt als ein Landzuweisungsdokument gedeutet,90 wofür es allerdings nur eine einzige Parallele in einem mittelbronzezeitlichen Text aus Alalach gibt. Bei einem Vergleich mit diesem Text ergeben sich folgende Ähnlichkeiten: In beiden Texten erklärt eine Erzählung die näheren Umstände für die Landzuteilung. Bei der Landzuteilung werden zudem spezifische Städte und deren Empfänger genannt. Mit der Landzuteilung wird die Loyalität der Empfänger eingefordert. Schließlich werden Zeugen erwähnt und ein Eid zwischen den beteiligten Parteien geschlossen, um die Vereinbarung zu stärken. Ob man allerdings eine traditionsgeschichtliche Verbindung zu einem mittelbronzezeitlichen Text annehmen darf, ist fraglich, zumal diese Parallele zeitlich und geographisch weit entfernt vom biblischen Text entstanden ist und es daher unwahrscheinlich ist, dass die biblischen Autoren diese Tradition gekannt haben. Ähnliche Vorbehalte sind auch bei einer Verbindung zu altbabylonischen Texten vorzubringen, auch wenn die Landzuweisung in Jos 18–19 mittels Losentscheid der altbabylonischen Praxis ähnelt, wie der Aufteilungstext des Nachlasses eines gewissen Imgûa aus Nippur oder ein anderer Erbtext aus Sippar zeigen. Allerdings ist schon ausweislich der geographischen und zeitlichen Entfernung fraglich, ob die Autoren der biblischen Landverteilungstexte mit der mesopotamischen Praxis überhaupt vertraut gewesen sein können.91 Auch die Verbindung des Siedlungsdokumentes Jos 13,7–21,45 mit der Grenzbeschreibung des von Ḫatti abhängigen Königreiches von Tarḫuntašša aus dem 13. Jh. v. Chr. ist zwar ausweislich typologischer und stilistischer Parallelen möglich,92 eine Abhängigkeit ist aber eher ausgeschlossen. Viel87 Diese historische Überlieferung wurde schließlich von einer dtr. Redaktion weiter ausgestaltet, vgl. GRAY 1986, 22f. Vgl. hierzu schon ALT 1953a, 189–191. Auch nach NOTH 1950, 164 besaß das System der Grenzbeschreibungen eine schiedsrichterliche Funktion im Stämmebund. 88 Vgl. HESS 1994a, 201–203; HESS 1996a, 64f., dem zufolge in Jos 13–21 Gott als Vertragspartner auftrete. Zu Grenzbeschreibungen aus Ugarit und Emar vgl. HESS 1994b, 128–134. 89 Vgl. hierzu auch LISSOVSKY/NAʾAMAN 2003, 298. 90 Vgl. HESS 2002, 505f. 91 So aber KITZ 2000b, 611–618. Zur Praxis und Terminologie des Losentscheids vgl. auch KITZ 2000a, 208–213. 92 Vgl. hierzu WAZANA 2003, 263–276.

3. Zur Tradition der Landverteilung, der Grenzlisten und Städteverzeichnisse

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leicht ist aber der „Sitz im Leben“ beider Dokumente vergleichbar. Dementsprechend wäre YHWH der Großkönig, der die Grenzen seiner von ihm abhängigen Untertanen festlegt. Gelegentlich wird vermutet, dass die Landverteilungstexte ihre nächsten Parallelen in den kulttopographischen Listen der ägyptischen Tempeltradition haben.93 Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, läge eine priesterliche Prägung dieses Textkorpus durchaus nahe, da hier eine Kulttopographie in den Blick genommen wird. Neuerdings wurde vorgeschlagen, dass die Grenzlisten in Jos 13–19 eigentlich zunächst auf Straßenverläufe zurückgehen würden, da hier wichtige Zentralorte der einzelnen Stämme nicht – wie eigentlich zu erwarten – in der Mitte des Gebietes, sondern auf der Grenzlinie liegen.94 Hinzu kommt, dass derartige Listen mit Itineraren im Alten Orient auch für königliche Inschriften verwendet wurden.95 Demnach wäre es nicht ungewöhnlich, wenn als Grundlage für die Landverteilungstexte Straßenverzeichnisse verwendet worden wären. Nach Nadav Naʾaman und Nurit Lissovsky geht das vorliegende System der Stammesgrenzen in Jos 13–19 auf einen Autor zurück, der am Ende des 7. Jh. v. Chr. in Jerusalem gewirkt hat. Ihm hätten verschiedene Listen vorgelegen, die er habe verwenden können, nämlich Ortslisten Judas, Dans und Simeons sowie der nördlichen und ostjordanischen Stämme. Möglicherweise seien auch Itinerare verwendet worden. Bei seiner literarisch-theologischen Arbeit habe dieser Autor zudem Gebiete von benachbarten Königreichen ebenfalls den Stämmen Israels zugeschlagen. Dementsprechend sei dieses System der Stammesterritorien kaum historisch zu verwerten. Das System der Grenzlisten diene somit nicht tribalen, administrativen oder ökonomischen Interessen, sondern sei eine religiös-ideologische Konzeption. Auch wenn der Autor bei seiner Skizze der religiös geprägten Landkarte Israels in der Verteilung der einzelnen Gebiete relativ frei gewesen sei, habe er sich doch weitgehend an geographischen Gegebenheiten orientiert.96 Aus alledem folgt, dass die traditionsgeschichtliche Verortung der Landverteilungstexte bislang noch nicht überzeugend gelungen ist, da die beigezogenen Parallelen zeitlich und geographisch zu weit von den biblischen Texten entfernt sind. Es ist zudem fraglich, ob eine traditionsgeschichtliche Deutung dieser in erster Linie religiös geprägten Texte überhaupt angemessen ist, da es sich wohl eher um eine späte religiöse Topographie handelt.

93

Vgl. GÖRG 1991, 8. Vgl. hierzu DORSEY 1991, 205f.; SELEZNEV 2006, 351f.; HUBBARD 2009, 33; WAZANA 2013, 275. 95 Vgl. LISSOVSKY/NAʾAMAN 2003, 298f. 96 Vgl. LISSOVSKY/NAʾAMAN 2003, 316–322. 94

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Einleitung

4. Zur Verwendung dieser Studie Zunächst werden in einem ersten Abschnitt diejenigen formalen Elemente bestimmt, die die Landverteilungstexte an die priesterlichen Texte des Numeribuches anbinden. Es wird sich zeigen, dass in Jos 15–19 ein ganz bestimmter Idiolekt verwendet wird, der bereits in der Skizze des Verheißungslandes in Num 34,2–12 und nur dort auftaucht. Aufgrund der formalen Beobachtungen wird ein Grunddokument bestimmt, dass das jeweilige Gebiet von sieben westjordanischen Stämmen umfasst. Außerdem wird gezeigt, dass es neben den formalen Elementen auch noch inhaltliche Gründe gibt, weshalb es durchaus naheliegt, die Landverteilungstexte eher als priesterlich geprägtes Textkorpus zu bezeichnen. Der Anteil an dtr. Sprache ist nämlich demgegenüber vernachlässigbar gering. In einem zweiten Beitrag wird der wichtige Text Jos 18,1–10 untersucht, der wie schon das Grunddokument ebenfalls noch eine Gliederung in sieben Stämme erkennen lässt. Allerdings ist dieser Text mehrfach redaktionell bearbeitet und von seinem eigentlichen Platz als Einleitung zum Grunddokument verdrängt worden. Ein dritter Abschnitt widmet sich den Rändern in Jos 14 und Jos 19, die von verschiedenen redaktionellen Händen bearbeitet worden sind. Gerade an diesen Außenstücken haben die einzelnen Redaktionsschichten ihre Spuren markant hinterlassen. Schließlich werden in zwei weiteren Kapiteln die schwierigen Texte zu Efraim und Manasse behandelt. Es wird sich zeigen, dass der Grundtext zu Efraim vor allem an den Rändern nachhaltig verändert worden ist. Außerdem geht der Text zu Manasse kaum auf eine ursprüngliche Tradition zurück. Zwei weitere Abschnitte befassen sich mit den beiden Textabschnitten in Jos 13, die sich als Vorgeschichte zur eigentlichen Landverteilung abheben lassen. Nur ein geringer Anteil von Jos 13 gehört zur ursprünglichen Tradition, während viele Teile auf späte Redaktionsarbeiten zurückzuführen sind. Schließlich sollen in einem abschließenden Beitrag die in die Landverteilungstexte von Jos 14–19 eingebetteten längeren Erzählungen besprochen werden (Jos 14,6–15; Jos 15,13–19; Jos 17,14–18), die teils dtr. geprägt sind, teils auf vorliegende Tradition zurückgehen und teils fortgeschrieben wurden, sodass hier Texte ganz unterschiedlicher Art eingebunden worden sind. Auch wenn die Anordnung der Themen auf den ersten Blick etwas willkürlich erscheint, ist gerade diese Aufstellung gewählt worden, weil sie die Stringenz der Argumentation besser dokumentieren kann als eine aufeinanderfolgende Besprechung der einzelnen Kapitel. Die für die Redaktionsgeschichte entscheidenden Textteile (Jos 18,1–10; Jos 14,1–5; Jos 19,49–51) mussten jeweils gesondert untersucht werden, bis erste Ergebnisse mit dem Befund in anderen Kapiteln (Jos 13; Jos 16; Jos 17) korreliert und besser profiliert werden konnten.

4. Zur Verwendung dieser Studie

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Die einzelnen Aufsätze dieser Studie können je für sich gelesen werden, sie bilden aber nichtsdestoweniger eine zusammenhängende Argumentation. Wenn man die einzelnen Beiträge in der hier vorgelegten Abfolge liest, kann man die diffizile Redaktionsgeschichte der Landverteilungstexte Jos 13–19 zusammenhängend nachverfolgen, da die Begründungen ineinandergreifen und erst zusammen gesehen ein schlüssiges Gesamtbild ergeben. In der Untersuchung der einzelnen Texte wird sich darüber hinaus zeigen, dass im Josuabuch Redaktionsschichten vorhanden sind, die im letzten Drittel des Numeribuches ebenfalls anzutreffen sind. Mitunter sind die zahlreichen beobachteten kleineren Glossen noch zusammenzuführen, was hier aber nicht mehr geleistet werden kann.

Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte im Josuabuch (Jos 15–19) Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Vorbemerkungen Der zweite Teil des Josuabuches nimmt in Jos 13–22 die Landverteilung in den Blick nimmt. Dieser Teil scheint unabhängig vom dtr. Bericht über die Landnahme in Jos 1–12 entstanden zu sein.1 Vermutlich ist Jos 13–22 erst sekundär an dieser Stelle eingefügt worden. Hierfür sprechen verschiedene Beobachtungen: 1)

2)

In Jos 13,1 wird Jos 23,1 wîhôšuaʿ zāqen bāʾ bayyāmîm wiederum aufgegriffen.2 Hier liegt die Technik der Wiederaufnahme vor, die gerne zur Einbindung von sekundären Texten verwendet wird. Offenbar ist der Abschnitt Jos 13–22 oder zumindest ein Teil erst sekundär im Josuabuch aufgenommen worden. Außerdem dient in Jos 13,1 das hohe Alter Josuas kaum als Motivation für die im Anschluss folgende Landverteilung.3 Ganz anders hingegen in Jos 23. Dort wird der zeitliche Abstand zwischen der in Jos 1–12 erfolgten Landnahme durch die Formel wayehî miyyāmîm rabbîm überbrückt, während in Jos 13 das hohe Alter Josuas unmittelbar nach der Eroberung des

1 Vgl. CORTESE 1990, 111f., der zwischen dem priesterlichen Abschnitt Jos 13–21 und dem dtr. Josuabuch Jos 1–12.23–24 unterscheidet. Nach RÖSEL 2009, 564 sind priesterliche Einträge in Jos 1–12 kaum vorhanden. Anders hingegen FRITZ 1994, 7, dem zufolge beide Teile eine „unauflösbare Einheit“ bilden. Ähnlich DOZEMAN 2015, 24. Nach KRATZ 2000, 200 ist Jos 13,1b–23,1a aufgrund der Wiederaufnahme ein sekundärer Einschub. 2 Vgl. hierzu auch MOWINCKEL 1964, 61; PETERSEN 1980, 144; VAN SETERS 1983, 333f.; FREVEL 2013a, 61. Auch LXX hat hier annähernd den gleichen Wortlaut. Jos 13,1: Καὶ ᾿Ιησοῦς πρεσβύτερος προβεβηκὼς τῶν ἡμερῶν und Jos 23,1: καὶ ᾿Ιησοῦς πρεσβύτερος προβεβηκὼς ταῖς ἡμέραις. Nach KASWALDER 2018, 166 Anm. 147 geht Jos 18,1-10 hingegen auf eine vordtr. Redaktion zurück. 3 Anders ZIESE 2008, 258, dem zufolge die Formel zāqen bāʾ bayyāmîm bei Abraham und David wichtige Handlungen einleitet. Nach HUBBARD 2009, 398 Anm. 12 wird durch diese Formel Jos 13–23 als Josuas „final years“ ausgewiesen. HAWK 2000, 183 vermutet, dass mit dem Verweis auf das hohe Alter Josuas zwischen der Phase der Landeroberung und der Landverteilung unterschieden werden soll, zumal die Eroberung eine lange Zeit nach Jos 11,18 andauerte (yāmîm rabbîm). Nach GÖRG 1991, 64 unterstreicht der Hinweis auf das ehrwürdige Alter Josuas die Bedeutung des Folgenden.

Vorbemerkungen

3)

4)

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Landes und der Liste der unterworfenen Könige irgendwie seltsam anmutet, zumal mit der Landverteilung an die westjordanischen Stämme noch viel Arbeit zu erledigen ist. Der Satz mit dem hohen Alter Josuas leitet in Jos 23,1 die bevorstehenden beiden Abschiedsreden in Jos 23 und Jos 24 ein. Insofern ist diese Notiz in Jos 23,1 durchaus motiviert, zumal Abschiedsreden immer kurz vor dem Tod des Hauptprotagonisten gehalten werden. Dementsprechend passt der Hinweis auf das Alter Josuas am besten vor die Abschiedsrede. Im Gegensatz dazu kommt das hohe Alter Josuas in Jos 13 eigentlich viel zu früh. Gelegentlich wird auf die formalen Ähnlichkeiten von Jos 13,1.7 zum Beginn des Josuabuches in Jos 1,1–2 hingewiesen.4 Beide Male wird zunächst die äußere Voraussetzung (Tod des Mose, Alter Josuas) genannt, die in der Gottesrede noch einmal wiederholt wird. Danach folgt der göttliche Befehl, der mit weʿattāh „und jetzt“ eingeleitet wird. Auch diese Beobachtung könnte dafür sprechen, dass Jos 13 zu einem späteren Zeitpunkt aus Jos 1 und Jos 23 geschöpft hat, was wiederum für die Priorität von Jos 23,1 gegenüber Jos 13,1 spricht.

Es hat folglich den Anschein, dass Jos 13,1 nachträglich eingetragen worden ist, um den Abschnitt der Landverteilung vor Jos 23 einzubinden. Denn die sekundäre Doppelung in Jos 23,1 ist eigentlich unnötig, sodass es keinen Grund für einen mit Jos 13,1 identischen Eintrag in Jos 23,1 gibt.5 Vermutlich ist darüber hinaus der Abschnitt Jos 13–22 für sich selbst über längere Zeit hinweg entstanden, überliefert und ergänzt worden, bevor er dann in das dtr. Josuabuch aufgenommen wurde.6 Hierfür sprechen sprachliche und stilistische 4 Vgl. SMEND 2002, 151f. Jos 13,1b–6 sind hingegen – wie noch zu zeigen ist – in weiten Teilen eine sekundäre Erweiterung, vgl. auch ACHENBACH 2008, 238, zumal hier ein größeres Verheißungsland in den Blick genommen wird. 5 Vgl. NOTH 1971b, 10: „Nun gehörte freilich dieser stämmegeographische Abschnitt anscheinend nicht zum ursprünglichen Bestande des deuteronomistischen Josuabuches. Das ergibt sich aus der Tatsache der Identität der deuteronomistischen Sätze 13 1a = 23 1b, die sich nur so verstehen läßt, daß 13 1a eine sekundäre Vorwegnahme von 23 1b darstellt, die dazu dienen sollte, den stämmegeographischen Abschnitt nachträglich literarisch einzuschalten“. Anders hingegen DE VOS 2003, 300, dem zufolge Jos 23,1 eine Wiederaufnahme von Jos 13,1 ist. SMEND 2002, 151 weist zusätzlich darauf hin, dass der Satz mit dem hohen Alter Josuas die bevorstehende Abschiedsrede einleitet. Insofern ist die spätere Wiederaufnahme in Jos 23,1 durchaus motiviert. Allerdings kommt die Notiz mit dem hohen Alter Josuas in Jos 13,1 eigentlich viel zu früh und ist dort fehl am Platz. Durch diesen redaktionellen Zusatz in Jos 13,1 konnte aber der Einschub mit den Landverteilungstexten durch das stilistische Mittel der Wiederaufnahme ermöglicht werden. 6 Vgl. schon NOTH 1971b, 10.15, der damit rechnet, dass der Abschnitt mit den Landverteilungstexten erst in einer zweiten dtr. Bearbeitung in das Josuabuch kam. Ähnlich auch CORTESE 1999, 46; FREVEL 2011, 21f. FREVEL 2013a, 67 vermutet, dass die Verbindungen von Jos 13 zum Grundtext Jos 23 andeuten, dass „Jos 13–21 später, aber nicht unabhängig

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Eigenheiten, wie noch zu zeigen sein wird. Die literarhistorische Vorgeschichte der Landverteilungstexte in Jos 13–22 ist jedoch umstritten.7 Entweder wird eine Verbindung zu den priesterlichen Texten des Numeribuches gesucht,8 oder es wird davon ausgegangen, dass dieser Textbereich unabhängig vom Tetrateuch entstanden ist.9 Außerdem ist fraglich, ob die priesterlichen Abschnitte im Josuabuch Teil einer priesterlichen Quelle oder späte redaktionelle Bearbeitungen sind.10 Umstritten ist zudem, inwieweit es Verbindungslinien vom Numeri- ins Josuabuch gibt und wie diese diachron bzw. redaktionsgeschichtlich zu erklären wären.11 Darüber hinaus erwecken die teils sehr genaue Beschreibung und Abgrenzung der einzelnen Grenzangaben den Eindruck,12 dass die Landverteilung nicht gänzlich erfunden sein kann. Dann liegt es aber nahe, dass die biblischen Texte historische Realitäten widerspiegeln, die man ausweislich der gegebenen Informationen vielleicht rekonstruieren könnte, auch wenn das betreffende Zeitfenster, in das man diesen Landverteilungsentwurf datiert, unsicher ist. Vielleicht dienten derartige Texte dem Zweck, aus irgendeinem Grund die Interessensphären der einzelnen Stämme gegenüber anderen Ansprüchen abzugrenzen. Dabei muss man freilich berücksichtigen, dass hier zwischen wirklichem Besitz und postuliertem Anspruch unterschieden werden muss.13 Von tatsächlichen Stammesgrenzen kann man folglich nicht notwendigerweise sprechen. Neben diesen allgemeinen Beobachtungen zur Literargeschichte des Josuabuches fällt auf, dass es innerhalb des Textbereichs Jos 13–22 noch zusätzliche Unterabschnitte gibt, die auf den ersten Blick andere Konzeptionen verfolgen. von Jos 23* entstanden ist“. Nach ARTUS 2012, 235 ist Jos 13–19 bzw. Jos 13–22 ein „supplément tardif“ im Josuabuch. 7 Nach BUTLER 2014b, 162 haben die einzelnen vom Redaktor verwendeten Quellen zudem eine Vorgeschichte innerhalb der politischen Geschichte Israels. Nach HESS 2002, 495– 506 könne ein mittelbronzezeitlicher Text aus Alalach (AT 456) darauf hinweisen, dass die Landverteilungstexte bereits früh entstanden sein können. 8 Vgl. DE VOS 2003, 306; CORTESE 2009, 28. CORTESE 1985, 349f. vermutet sogar, dass eine Form der Landverteilungstexte ursprünglich am Tetrateuch angeschlossen war. Nach WÜST 1975, 206–210 sind die Landverteilungstexte Jos 14–19 zumindest von den priesterlichen Texten des Numeribuches abhängig. 9 Vgl. NOTH 1971b, 16. Nach SEEBASS 2006a, 104 ist die Verbindung zwischen Numeriund Josuabuch, gerade was die Landthematik betrifft, meist nur durch redaktionelle Zusätze gegeben. Nach ALBERTZ 2007, 203 stammen darüber hinaus die priesterlichen Texte des Josuabuchs von einem anderen Autor als diejenigen des Numeribuches. 10 Für letztere Option plädiert ACHENBACH 2008, 237. 11 Nach SEEBASS 2008, 246 zeigen beide Bücher trotz des gemeinsamen Themas des Landes „erstaunlich wenig Gemeinsamkeiten“. Gegen eine Abhängigkeit des Abschnitts Num 32–35 von Jos 13–21 auch FREVEL 2011, 21f., zumal Jos 13–21 selbst schon ein sekundärer Zusatz zum dtr. Josuabuch ist. 12 Vgl. hierzu schon ALT 1927, 17. 13 Vgl. NOTH 1950, 164.

Vorbemerkungen

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Dies wird vor allem durch die beiden Einleitungen Jos 14,1–5 und Jos 18,1–10 angedeutet.14 Im ersten Teil wird den Stämmen Juda, Efraim und Manasse das Territorium zugeteilt, während die übrigen Stämme in Jos 18 durch Losentscheid ihr Erbteil erhalten. Diese Aufteilung des Landes scheint gegen den in Jos 13,7 geäußerten göttlichen Willen zu sprechen, wonach den neuneinhalb Stämmen im Folgenden das Land zugewiesen werden soll.15 Hinzu kommt, dass im ersten Teil Eleasar, Josua und die Oberhäupter der Väter die Landverteilung vornehmen,16 im zweiten Teil hingegen Josua und die Gemeinde der Söhne Israels.17 Darüber hinaus steht die Größe des Lehens in keinem realistischen Verhältnis zur Größenordnung des jeweiligen Stammes, wie diese in Num 1 skizziert wird.18 Außerdem wird nicht das gesamte Verheißungsland, wie es Num 34 beschreibt, an die Stämme weitergegeben. Denn gerade die nördlichen Gebiete werden nicht vollständig an die einzelnen Stämme als Lehen verteilt,19 was wiederum eigentlich gegen den göttlichen Befehl in Jos 13,7 spricht.20 Das Problem der doppelten Landverteilung Jos 14–17 und Jos 18–19 wird entweder auf die Verwendung von unterschiedlichen Quellen bzw. Redaktionen zurückgeführt, die ineinander gearbeitet worden sind, oder es könnte die historische Situation widerspiegeln, wonach die Landnahme und Landverteilung nicht in einem Schritt möglich war.21 Trotzdem erweckt der in Jos 18,3 geäußerte Tadel den Eindruck, dass das Land zwar prinzipiell schon verteilt worden ist, aber die Nordstämme ihr Verheißungsland noch nicht in Besitz genommen haben.22 Zumindest auf Endtextebene könnte angedeutet sein, dass die Nordstämme viel zu nachlässig mit ihrem Auftrag der Landnahme umgegangen sind. Hier könnte auf die Sünde der Verleumdung des Landes durch die israelitischen Stämme angespielt sein, die gerade für priesterliche Texte typisch ist.23 Allerdings sollte man diese synchronen Beobachtungen am 14

Vgl. ASSIS 2003, 2. Vgl. ASSIS 2003, 3. 16 Jos 14,1. 17 Jos 18,1. 18 Vgl. ASSIS 2003, 3 Anm. 8. 19 WÜST 1975, 209 weist jedoch darauf hin, dass die Nordgrenze bei den nördlichen Stämmen bewusst ausgelassen wird, da die Nordgrenze des Verheißungslandes von Num 34 ohnehin unrealistisch gewesen ist und die wirklichen Verhältnisse überzeichnet hat. 20 Anders hingegen AULD 1980, 75, dem zufolge die beiden beschriebenen Gebiete einander „almost if not exactly“ entsprechen würden. 21 Zu derartigen Lösungsansätzen vgl. ASSIS 2003, 4–7. Es verwundert daher nicht, dass KNAUF 2012, 191f.194 Jos 14–17 für einen Zusatz der Hexateuch-Redaktion und Jos 18–19 für eine Ergänzung der Josua-Richter-Redaktion hält. 22 Aus diesem Grund erwägt ASSIS 2003, 7–12, dass die doppelte Landverteilung auf die Nachlässigkeit der Nordstämme zurückzuführen ist, die ihr Land noch nicht in Besitz genommen haben. Deshalb werde das Land noch einmal neu durch den Losentscheid verteilt, was dazu führe, dass im Gegensatz zum Süden nicht das ganze Land zugesprochen wird. 23 Vgl. hierzu DE VOS 2003, 273. 15

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Endtext nicht historisch auswerten und damit missdeuten. Das Problem der beiden Abschnitte Jos 14–17 und Jos 18–19 sollte auf alle Fälle diachron geklärt werden. Es fällt außerdem auf, dass es einige sprachliche Indizien gibt, die auf einen gemeinsamen Idiolekt zwischen Jos 13–22 und dem Numeribuch hinweisen.24 Eine ganz bestimmte Idiomatik findet sich nur in diesen beiden Textbereichen.25 Besonders der Abschnitt Jos 15–19 zeigt lexematische Parallelen zu Num 34, wie im Folgenden gezeigt werden soll.26 Vielleicht handelt es sich bei einem Grundbestand der westjordanischen Landverteilungstexte in Jos 15–19 aufgrund sprachlicher Verbindungslinien sogar um die direkte Fortsetzung von Num 34.27 Interessanterweise wird nur das westjordanische Gebiet nach Num 34,2–12 als das von Gott zugesprochene Land betrachtet.28

24 Zu weiteren Zusammenhängen zwischen dem Numeri- und dem Josuabuch vgl. ACHENBACH 2008, 237; SEEBASS 2008, 245f.; ZENGER/FREVEL 2008, 69f.; FREVEL 2011, 23; ARTUS 2012, 237; SEEBASS 2012, 251–257. Die Beziehungen vom Numeribuch zum ersten Teil des Josuabuches Jos 1–12 sind marginal: Num 25,1 zu Jos 2,1; 3,1 (Schittim); Num 32 zu Jos 4,12–13 (Beteiligung der ostjordanischen Stämme an der Landnahme im Westjordanland). Keinen literarischen Zusammenhang zwischen beiden Büchern sieht hingegen SEEBASS 2006a, 103. Kritisch ebenfalls ALBERTZ 2007, 202. Nach ALBERTZ 2013, 227–230 ist Num 25–36 ein literarisch einheitlicher Text, der nicht auf einen priesterlichen Autor zurückgehen kann, worauf die unterschiedliche topographische Verortung und die eigenständige Idiomatik hinweise. Die beobachteten Widersprüche gehen traditionsgeschichtlich auf die Verwendung von verschiedenen Vorlagen zurück. Anders hingegen ZENGER/FREVEL 2008, 70, wonach Num 26–36 „ohne den Bezug zu Jos 13–22 nicht vollständig“ seien. Auch FREVEL 2004, 85 sieht enge Beziehungen zwischen dem letzten Teil des Numeribuches und den Landverteilungstexten des Josuabuches und deutet dies in einem Hexateuchzusammenhang. Kritisch gegenüber einem Hexateuch aber BLUM 1990, 225–228. 25 WAZANA 2013, 135 denkt an „technical language specific to border descriptions“. 26 Ähnliche Bezüge hat schon ACHENBACH 2003, 582 herausgearbeitet. RÖSEL 2009, 562 vermutet, dass es sich bei Jos 14–19 um späte priesterliche „Fortschreibung“ handelt, die den Erzählfaden des Numeribuches aufgenommen hat. Vor allem die Südgrenze Judas gemäß Jos 15,2–4 scheint von Num 34,3–5 abhängig zu sein, vgl. mit guten Gründen DE VOS 2003, 145–148. Vor allem der Jussiv ist in Jos 15,4 nicht gefordert. Außerdem weisen die genaueren Verben und die Ergänzungen in Jos 15,2–4 darauf hin, dass sekundär präzisiert und ergänzt worden ist. Anders hingegen NOTH 1966, 215; NOTH 1967, 192, was wohl damit zusammenhängt, dass in seinem Verständnis Jos 15 (Dtr) älter als Num 34 (P) sein muss. Ähnlich MITTMANN 1991, 43. Auch nach LEVIN 2006, 73f.; WAZANA 2013, 159 ist Num 34 von Jos 15 abhängig. Zur Südgrenze Judas vgl. auch SÆBØ 1974, 32f. 27 Im Kontext der Landvergabe Jos 13–19 scheint Jos 13 ohnehin späten Redaktionen anzugehören. Durch die Aufnahme der beiden ostjordanischen Stämme in den Landverteilungsabschnitt konnte zumindest die Zwölfzahl der Stämme erreicht werden. Darüber hinaus werden die Rahmenformulierungen aus Jos 14–19 in Jos 13 aufgegriffen, vgl. hierzu WÜST 1975, 187. 28 In diesem Sinne ist Jos 13–19 politisch orientiert. Denn Gott erobert, besitzt und vergibt das Land, vgl. CREACH 2012, 153f. Zur Konzeption des Jordans als Ostgrenze des

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

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Wie sich im Folgenden zeigen wird, hängt ein Urdokument der Landverteilungstexte Jos 15–19 zumindest mit Num 34 literarisch zusammen. Die historische Verortung von Num 34 hat demnach vermutlich Auswirkungen auf die Datierung der Urform der Landverteilungstexte in Jos 15–19.29 Fraglich ist freilich, ob die sprachlichen Bezüge stark genug für eine ursprüngliche literarische Verbindung beider Textbereiche sind. Ansonsten könnte im Numeribuch lediglich die Landnahmethematik des Josuabuches aufgegriffen und umgeprägt worden sein.30

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34 Zunächst fällt auf, dass die beiden Textbereiche Jos 15–19 und Num 34,2–1231 immer wieder Verbalsätze verwenden, um Grenzen zu beschreiben und Territorien möglichst genau abzustecken. Die Verbalsätze innerhalb der Landverteilungstexte verwenden Verben, die eine Ortsveränderung beschreiben, sodass hier nicht ein statisches Gebiet beschrieben wird, sondern nur der Verlauf einer Grenze. Es verwundert daher nicht, dass sich die Verben des öfteren mit dem Nomen gebûl verbinden, das hier nicht mit „Gebiet“, sondern nur mit „Grenze“ Verheißungslandes vgl. BIEBERSTEIN 1995, 323; SEEBASS 2004, 46; WAZANA 2013, 103f. Anm. 23. 29 LEVIN 2006; SCHIPPER 2011, 157 haben gezeigt, dass Num 34,2–12 geopolitische Verhältnisse des ausgehenden 7. Jh. v.Chr. widerspiegeln, als Ägypten dort die Nachfolge Assurs übernahm. Wenn dies stimmt, dann ist vermutlich auch ein Grundbestand der Landverteilungstexte in Jos 15–19 bereits spätvorexilisch zusammengestellt worden. Anders hingegen SCHMIDT 2004, 211, der in der Beschreibung von Num 34,2–12 die Grenzen der ägyptischen Provinz Kanaan vermutet. Ähnlich schon SÆBØ 1974, 35f. Nach LEVINE 2009, 540 wird auf diese Weise Israel als der legitime Nachfolger Ägyptens im Verheißungsland gesehen. Kritisch gegen eine Verbindung des Verheißungslandes mit der spätbronzezeitlichen ägyptischen Provinz Kanaan aber schon HUTCHENS 1993, 216–221; SELEZNEV 2005, 336. Ähnlich auch FISTILL 2007, 135, da zum einen in Num 34 jeglicher Hinweis auf Ägypten fehlt und zum anderen auch die territoriale Größe der ägyptischen Provinz sowie der biblische Grenzverlauf umstritten ist. Nach LEVIN 2006, 71 hat es die Orte Kadesch-Barnea und Ribla zudem erst in der Eisenzeit II gegeben, was eine frühere Datierung der Liste eigentlich ausschließt. 30 Nach ALBERTZ 2013, 230f. hat ein später Pentateuchredaktor den Abschnitt Num 25– 36 eingefügt und auf diese Weise die Landnahmethematik des Josuabuches ersetzt. 31 Nach DE VOS 2003, 233 ist Num 34,1–12 der früheste Abschnitt innerhalb von Num 34. Auf dieser Grundlage könnte dann Jos 15–19 aufgrund der sprachlichen Parallelen schon in einer relativ frühen Phase die Fortsetzung von Num 34,2–12 gewesen sein. Schon NOTH 1966, 215 hat darauf hingewiesen, dass der Stil der Grenzbeschreibungen in Num 34,2–12 dem System der Stammesgrenzen im Josuabuch entspricht. Nach NOTH 1967, 194f. sei folglich Num 34,3–12 aus seinem ursprünglichen Kontext Jos 13–19 an seine jetzige Stelle im Numeribuch versetzt worden. SEEBASS 2006a, 102 sieht hingegen keinerlei Bezüge zwischen dem Josuabuch und Num 34.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

wiedergegeben werden kann.32 Denn nur wenn man eine annähernd exakte Linie skizzieren will, ist eine so differenzierte Beschreibung mit Verbalsätzen nötig.33 Fraglich ist zudem, ob der Grenzverlauf sich am Straßennetz orientiert.34 Auffälligerweise finden sich Verben der Ortsveränderung in Verbindung mit dem Nomen gebûl nur in Num 34 und in Jos 15–19.35 Während in Num 34 nur eine recht begrenzte Auswahl an derartigen Verben verwendet wird (SBB, ʿBR, YṢʾ, YRD), sind in Jos 15–19 noch ʿLY, HLK, TʾR, PNY, ŠūB und PGʿ belegt.36 Es handelt sich hierbei meist um Bewegungsverben,37 die den Grenzverlauf bestens beschreiben können, da sich die Grenze von einem Punkt zum anderen bewegt. Auf diese Weise wird die Grenzliste zu einem Itinerar, das der Leser abschreitet.38 Denn die Grenze selbst kann sich ja nicht bewegen. Durch

32 Vgl. CORTESE 1990, 40f. Nach KALLAI 1986a, 100f. Anm. 5 werden keine exakten Grenzverläufe gezeichnet, sondern die Randgebiete aufgelistet, zumal hier nicht eine Grenzlinie, sondern die abgekürzte Form eines Konzepts der „edge of the border (territory)“ gegeben wird. Anders hingegen MITTMANN 1991, 41, der eher von „Grenze“ ausgeht, deren Verlauf als Linie beschrieben werden soll. Nach SCHIPPER 2011, 143 bezeichnet gebûl „sowohl die natürliche, z.B. durch einen Fluss oder Berg festgesetzte als auch die von Menschenhand bestimmte, künstlich festgelegte Grenze.“ WAZANA 2013, 12f. weist darauf hin, dass gebûl beide Bedeutungen „Gebiet“ und „Grenze“ trägt. Möglicherweise hat es auch eine semantische Entwicklung von „Gebirge“ über „Grenze“ zu „Gebiet“ gegeben. BÄCHLI 1973, 2 Anm. 10 vermutet, dass in Jos 13–19 nicht zwischen „Gebiet“ und „Grenze“ unterschieden werden könne. 33 Nach NOTH 1971a, 231 stammt der verbindende Grenzbeschreibungstext allerdings erst aus der Hand des Redaktors, der vorliegende Grenzfixpunktreihen dementsprechend bearbeitet hat. Hierfür spreche die Reihe von Orten an der Südgrenze Judas, die in Num 34 und Jos 15 nahezu identisch belegt sind, wobei aber die verwendeten Verben markant abweichen. Hier könnten vom Redaktor unterschiedliche Verben genommen worden sein, um die Grenzliste zu einem Text zu erweitern. Anders hingegen SELEZNEV 2005, 336f. Anm. 16, der darauf hinweist, dass auch ein Autor bewusst andere Verben für die Verbindung der einzelnen Toponyme wählen konnte. 34 Vgl. SELEZNEV 2005, 351f. 35 Vgl. schon DE VOS 2003, 113, der aber diese Beobachtung nicht weiter auswertet. Nach WAZANA 2013, 129 wird ein „place and verb“ System in Num 34,1–12 und in den Landverteilungstexten des Josuabuches verwendet. 36 Vgl. BÄCHLI 1973, 5–8; DE VOS 2003, 115. Zu dieser Redeweise vgl. auch WAZANA 2013, 131. 37 Vgl. auch SELEZNEV 2005, 349, der darauf hinweist, dass in außerbiblischen Grenzbeschreibungen mitunter Präpositionen, aber keine Bewegungsverben verwendet werden. 38 Vgl. SELEZNEV 2005, 349f.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

29

dieses „virtuelle“ Abschreiten der Grenze kann das Territorium auf symbolische Weise in Besitz genommen werden.39 Im Folgenden soll jeweils die Bedeutung dieser Verben erhoben werden, da dies für die Bestimmung der einzelnen Gebiete wichtig ist:40 Mit dem Verb SBB „umkreisen, umschließen, herumkreisen“41 wird ein Grenzverlauf beschrieben, bei dem sich die Grenze in einem Bogen oder einem Winkel bewegt, wobei in der Regel der Ausgangspunkt und die Bewegungsrichtung mit Angabe der entsprechenden Himmelsrichtung ergänzt wird.42 Das häufige Verb ʿBR „hinübergehen“43 wird im Kontext der Grenzbeschreibungen immer dann gebraucht, wenn ein Übergang durch ein WadiTal in den Blick genommen wird. Abgesehen davon kann auch der Durchgang durch hügeliges Gelände mit ʿBR beschrieben werden,44 während der Grenzverlauf über ein Gebirge anders dargestellt wird. Gelegentlich wird daher vermutet, dass mit dem Verb ʿBR ausgedrückt werden soll, dass die Grenze durch ein Tal oder ein Wadi und über dieses hinüber verläuft.45 Allerdings lässt sich eine solche semantische Engführung kaum stichhaltig beweisen. Vielleicht ist mit ʿBR gemeint, dass von einer geradlinigen Verbindung zwischen zwei Punkten abgewichen werden kann. Dementsprechend wäre der Grenzverlauf nicht exakt angegeben, sondern nur die beiden Orte, zwischen denen die Grenze irgendwie verläuft.46 Diese ungenaue Beschreibung mag darauf zurückzuführen sein, dass dem Autor zum einen keine besseren Daten zur Verfügung standen oder dass zum anderen die Mühen einer exakten Darstellung gescheut wurden. Die Grundbedeutung von ʿBR ist auf alle Fälle eine zielgerichtete Ortsveränderung, wobei der Kontext eine semantische Differenzierung ermöglichen kann.47 Das Verb YṢʾ „hinausgehen, sich erstrecken“48 ist vermutlich eine neutrale Bezeichnung des Grenzverlaufs, ohne dass hier eine Richtungsänderung, eine Höhenänderung, eine Überquerung eines Tals oder Flusses angedeutet wird. Die Grenze geht maximal bis zu dem genannten Ort, aber nie

1)

2)

3)

39

Vgl. SELEZNEV 2005, 350f. Eine Untersuchung dieser Verben im Landverteilungskontext wurde bislang nur selten unternommen, vgl. BÄCHLI 1973, 5–8; PARUNAK 1977, 39–95. 41 Jos 15,3.10; 16,6; 18,14; 19,14. 42 Vgl. BÄCHLI 1973, 6; PARUNAK 1977, 76. 43 Jos 15,3.4.6.7.10.11; 16,2.6; 18,13.18.19; 19,13. 44 Vgl. zur Verwendung von ʿBR BÄCHLI 1973, 6. 45 Vgl. BÄCHLI 1973, 6. Kritisch hierzu WAZANA 2013, 136. 46 Vgl. zum Problem PARUNAK 1977, 83f.; HOWARD 1998, 334 Anm. 99. 47 Vgl. hierzu FUHS 1986, 1020. 48 Jos 15,3.4.9.11; 16,2.6.7; 18,11.15.17; 19,12.13.27.34. 40

30

Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

weiter. Der Zielpunkt wird dabei nicht überschritten.49 Fraglich ist zudem, ob dieses Verb andeuten möchte, dass der Grenzverlauf von einem höheren zu einem niederen Bereich führt. Vielleicht ist mit YṢʾ ein Grenzverlauf in einem niedrig gelegenen Bereich, wie einem Wadi-Tal, im Blick.50 Die beiden Verben YRD „hinabgehen“51 und ʿLY „hinaufgehen“52 bezeichnen einen Grenzverlauf, der einen Höhenunterschied überwinden muss. Eine spezifische Himmelsrichtung, die mit diesen Verben angeblich verbunden wäre (YRD für „nach Süden gehen“ und ʿLY für „nach Norden gehen“) ist nicht zu erkennen.53 Vielmehr geht es immer um eine Ortsveränderung von oben nach unten bzw. umgekehrt.54 Fraglich ist zudem, ob die Autoren mit diesen Verben tatsächlich eine dreidimensionale Karte zeichnen wollten.55 Denn eigentlich folgen die beschriebenen Grenzen bestimmten Landmarken – wie Berge, Hügel, Täler –, die sich ganz natürlich auf unterschiedlicher Höhe befinden, ohne dass damit eine bestimmte Aussageabsicht verbunden sein muss. Das Allerweltswort HLK „gehen“56 findet sich bei den Grenzbeschreibungen nur selten, sodass eine spezifische Bedeutung für diesen Kontext kaum noch erhoben werden kann. Wahrscheinlich handelt es sich um einen topographisch neutralen Ausdruck, der über die natürlichen Gegebenheiten, in denen die Grenze anzusetzen ist, eigentlich nichts aussagt.57 Vielmehr wird aufgrund der topographischen Angaben lediglich eine Richtung der Grenze angeführt. Möglicherweise soll aber auch gar nicht der natürliche Geländeverlauf angegeben werden, sondern die Grenze springt von einem Hügel zum anderen.58 Das seltene Verb TʾR „sich drehen“59 bezieht sich auf eine deutliche Veränderung im Grenzverlauf in der Form eine Knicks oder eines Umbiegens. Hier wird offenbar die gerade Linie verlassen.60 Gelegentlich wird auch vermutet, dass TʾR ein Synonym zu SBB sein könnte.61 Das ist aber eher unwahrscheinlich, da beide Lexeme in den gleichen Textabschnitten verwendet werden.

4)

5)

6)

49

Vgl. hierzu auch BÄCHLI 1973, 5. Vgl. PARUNAK 1977, 60. 51 Jos 15,10; 16,3.7; 17,9; 18,13.16.17.18. 52 Jos 15,3.6.7.8; 18,12; 19,11.12. 53 Vgl. zum Problem PARUNAK 1977, 47–50. 54 Vgl. BÄCHLI 1973, 6f. 55 So aber EDERER 2017, 203. 56 Jos 16,8; 17,7. 57 Vgl. BÄCHLI 1973, 5. 58 Vgl. PARUNAK 1977, 94f. 59 Jos 15,9.11; 18,14.17. 60 Vgl. BÄCHLI 1973, 8. 61 Vgl. PARUNAK 1977, 79f. 50

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

7)

31

Nur einmal findet sich das Verb PNY „sich wenden“ in direkter Verbindung mit dem Lexem gebûl.62 Allerdings wurde im MT vermutlich fälschlicherweise ein Partizip anstelle einer qatal-Form gelesen. Vielleicht ist die Partizipialform in Jos 15,7 sekundär aus Jos 15,2 eingedrungen.63 Mit diesem Verb wird eine Richtungsänderung ausgehend von einem bestimmten Punkt ausgedrückt, wobei in Jos 15,7 mit ṣāfônāh „nach Norden“ auch eine Himmelsrichtung angegeben ist. Das Verb ŠūB „umkehren“64 ist vermutlich kein Modifikatorverb, mit dem der Grenzverlauf auf der begonnenen Linie nicht fortgeführt, sondern an einem anderen Ort weiterverfolgt werden soll.65 Dementsprechend würde dann ein Bruch in der Grenzbeschreibung vorliegen. Eine zusammenhängende Grenzlinie würde demnach nicht beschrieben werden. Vielmehr wird hier entsprechend der allgemeinen Bedeutung von ŠūB eine massive Richtungsänderung ausgedrückt, die jedoch in der vorliegenden Verwendung bei den Landverteilungstexten nicht wie sonst die Rückkehr zum Ausgangspunkt bezeichnet. Vermutlich ist eine wirklich einschneidende Richtungsänderung im Blick, die sicherlich weit über den rechten Winkel hinausgeht.66 Das Verb PGʿ „berühren“,67 bei dem es sich eigentlich nicht um ein richtiges Bewegungsverb handelt, wird bei den Grenzbeschreibungen immer dann verwendet, wenn die beschriebene Grenze entweder an ein anderes Stammesterritorium anstößt oder auf ein Toponym trifft, das außerhalb des abgesteckten Gebietes liegt.68 Mit einer Präpositionalverbindung mit b= wird derjenige Punkt markiert, bei dem die Grenze an ein anderes Toponym oder Territorium stößt.69

8)

9)

Insgesamt fällt auf, dass für die Beschreibung der einzelnen Stammesgrenzen eine Fülle von Verben zur Verfügung stand, mit deren Hilfe man gut die Stammesgebiete gegeneinander abgrenzen konnte. Eine flächendeckende Verteilung der einzelnen Stammesterritorien über das gesamte Verheißungsland ist vermutlich nicht angezielt. Zwar werden immer wieder bestimmte Grenzlinien gezeichnet, aber das ganze Verheißungsland wird nicht abgedeckt, da immer

62

Jos 15,7. Vgl. BÄCHLI 1973, 7. 64 Jos 19,12.27.29.34. 65 So aber NOTH 1971b, 110. Ähnlich auch NELSON 1997, 219; HOWARD 1998, 373. 66 Vgl. BÄCHLI 1973, 7; PARUNAK 1977, 68f. 67 Jos 16,7; 17,10; 19,11.22.26.27.34. 68 Vgl. hierzu PARUNAK 1977, 65–68. Nach BÄCHLI 1973, 7 nennt dieses Verb die „Grenzanstößer oder Grenznachbarn“. 69 Jos 16,7; 17,10; 19,22.26.27.34. Nur in Jos 19,11 werden die Präpositionen ʾæl und b= verwendet. 63

32

Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

wieder leere Flecken verbleiben, die von keiner Grenzlinie umfasst werden.70 Dies kann man dann vielleicht umgehen, wenn man jeweils all das Land dazuzählt, das zum Ort auf der Grenze gehört.71 Dementsprechend könnte man die entstandenen Leerstellen dem nächstgelegenen Stamm zuschlagen. Allerdings gibt es kaum ein methodisch kontrollierbares Verfahren, wie man die Leerstellen sinnvoll füllen könnte. Hinzu kommt als weiteres Problem, dass exakt festgelegte und definierte Grenzen, die über alle Zeiten konstant waren, nicht angegeben werden können.72 Denn es besteht die Möglichkeit, dass die Grenzen flexibel waren und sich je nach politischer Situation verschieben konnten. Insofern muss biblische Topographie diachron arbeiten. Die in den Landverteilungstexten angegebenen Grenzen dienen zudem der Differenzierung und Identitätsbildung der einzelnen Stämme innerhalb des Verheißungslandes,73 auch wenn die Bereiche nur fragmentarisch gegeneinander abgegrenzt werden. Die Beschreibungen der einzelnen Stammesgebiete, die in Jos 15–19 geboten werden, heben sich zudem von anderen Skizzierungen des Verheißungslandes ab, sodass hier nur eine Sichtweise der biblischen Topographie erhalten ist, die nicht von allen biblischen Autoren und Redaktoren geteilt wurde: 1)

2)

Der Abschnitt in Jos 15–19 verzichtet auf nähergehende Qualifizierungen über die Schönheit und Fruchtbarkeit des Landes,74 was im Buch Deuteronomium zusätzlich zum Befehl des Mose, dem Gehorsam des Volkes und der Vertreibung der Vorbewohner angegeben wird.75 Darüber hinaus werden keinerlei Maß- und Distanzangaben hinzugefügt, die ‒ wenn auch nicht notwendigerweise präzise ‒ weitere Auskünfte über den jeweiligen Grenzverlauf geben könnten.76 Dementsprechend ist auch keine exakte Kartographie zu erwarten, die über die einzelnen Stammesgebiete sachgerecht informiert. Da folglich kein fest definiertes Gebiet zugesprochen wird, können Rechtsansprüche kaum geltend gemacht werden. Es hat folglich den Anschein, dass die Erbteile, wie sie in Jos 15–19 skizziert werden, nicht einklagbare Größen sind, sondern eher administrative Einheiten.77

70 Vgl. zum Problem DE VOS 2003, 112. Nach ALT 1927, 16 ist hingegen kaum ein leerer Flecken verblieben. 71 Vgl. KALLAI 1986a, 100f. Anm. 5. 72 Vgl. hierzu die Kritik von EDERER 2017, 249–254, der aber die beobachtete Schwierigkeit zum Anlass nimmt, gänzlich auf historische Topographie zu verzichten. 73 Vgl. hierzu auch EDERER 2017, 204. 74 Zum „guten Land“ in Dtn vgl. Dtn 1,25.35; 3,25; 4,21.22; 6,18; 8,7.10; 9,6; 11,17. 75 Vgl. BÄCHLI 1973, 2. 76 Vgl. BÄCHLI 1973, 2f. Nach KNAUF 2008, 150 sind die Grenzbeschreibungen schon deshalb fiktiv, da in einer Stammesgesellschaft die Grenzen ohnehin nicht statisch festgelegt werden können. Vielmehr seien Stammesgrenzen von sich aus schon flexibel angelegt. 77 Vgl. hierzu auch BÄCHLI 1973, 3.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

3)

33

Als Kontrollkorpus für die eigenständige Idiomatik von Num 34 und Jos 15–19 könnte die Landverteilung im Ezechielbuch dienen, die ebenfalls auf priesterliche Kreise zurückgeführt werden kann.78 In der Grenzbeschreibung und Landverteilung von Ez 47,13–48,2979 wird auffälligerweise vollständig anders formuliert als in Num 34 und in Jos 15–19. Hinzu kommt, dass die geographische Liste in Ez 47 unpersönlich gehalten ist. Darüber hinaus unterscheidet sich die im Ezechielbuch beschriebene Nord- wie Ostgrenze stark von Num 34,80 sodass das in Ez 47 beschriebene Land anderen, vermutlich utopischen Konzeptionen folgt. Alles in allem beschreibt demgegenüber das Numeribuch die Verhältnisse realistischer wie Ez 47 und sucht einen Ausgleich mit anderen Traditionen.81 Im Gegensatz zur anderen Konzeption des Ezechielbuches wird das Erbland nicht auf egalitäre Weise an die einzelnen Stämme verteilt, sondern nach der jeweiligen Größe.82 Hinzu kommt, dass auch die Landverteilungstexte im Numeri- und Ezechielbuch kaum realistische, sondern eher fiktive und ideale Grenzbeschreibungen darstellen.83 Es handelt sich hierbei vor allem um gelehrte Literatur, die sogar selbst Gebiete zum Verheißungsland zählt, die nachweislich nie zu Israel oder Juda historisch gehört haben.84 Denn die Westgrenze des Verheißungslandes wird idealerweise durch das Mittelmeer bestimmt, auch wenn gerade in der Küstenebene andere Völker wie die Philister siedelten. Gerade die Küstenebene konnte von den Berglandbewohnern kaum beherrscht werden. Im Rahmen der Gebietsbeschreibung im Ezechielbuch werden überwiegend Nominalsätze verwendet. Vergleichbare weqatal-Formationen mit Aktionsverben zur Abgrenzung des jeweiligen Stammesgebietes wie in Jos 15–19 fehlen in Ez 47 völlig.85 Im Ezechielbuch wird anscheinend die utopische Aufteilung des Verheißungslandes bereits als Faktum konstatiert.

4)

5)

78

Zur Abhängigkeit Ezechiels von priesterlicher Sprache vgl. HARAN 2008, 211–218. Zu den Verbindungen zwischen Num 34 und Ez 47 sowie den literarhistorischen Abhängigkeiten, vgl. FISTILL 2007, 136–138; SCHIPPER 2011, 146f. WAZANA 2013, 56f. weist zudem darauf hin, dass es in der Alten Welt durchaus genaue Vorstellungen von exakten Grenzverläufen gegeben hat. 80 Vgl. SEEBASS 2007, 397f. 81 Vgl. FISTILL 2007, 137. 82 Vgl. FISTILL 2007, 138. 83 Vgl. FISTILL 2007, 138. Ähnlich auch WAZANA 2013, 166, die Num 34 als „literary and ideological composition“ deutet. Anders hingegen LEVIN 2006, 75f., der die Grenzbeschreibung in Num 34 durchaus für eine realistische Komposition hält. 84 Hierauf weist schon MOWINCKEL 1964, 74f. hin. 85 Zum abweichenden Stil des Ezechielbuches vgl. auch WAZANA 2013, 129. 79

34

Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Aus alledem folgt: Der Textbereich Jos 15–19 weist einige formale und inhaltliche Besonderheiten auf, die sich in anderen Grenzbeschreibungen und Gebietszuweisungen ‒ vor allem in den priesterlichen Texten des Ezechielbuchs ‒ nicht finden lassen. Auch wenn es sich bei den Landverteilungstexten in Jos 15–19 ebenfalls um priesterlich geprägte Texte handelt, heben sie sich formal und sprachlich stark vom Ezechielbuch ab. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hinweise auf einen Idiolekt, der sowohl in Jos 15–19 wie auch in Num 34,2–12 verwendet worden ist. Auf diesen spezifischen Sprachstil, der meist nicht beachtet wurde, muss im Folgenden eingegangen werden, zumal er nur für diese beiden Textbereiche typisch ist. Dementsprechend scheinen die Landverteilungstexte sprachlich mit Num 34 verbunden zu sein, was literarhistorisch gedeutet werden könnte. Das auffälligste formale Merkmal, das Num 34 und Jos 15–19 miteinander verbindet, ist die Verbformation weqatal, die allerdings schwierig zu deuten ist. Eine adäquate Deutung der Zeitstufe ist schon vor dem Hintergrund wichtig, ob hier vergangenheitliche Grenzziehungen, aktuelle Beschreibungen oder eine erst noch in der Zukunft stattfindende Landverteilung thematisiert werden soll.86 Meist wird diese Form als eine futurische Progressform gedeutet, was aber nicht ohne Probleme ist. Da die einzelnen weqatal-Formen in Jos 15–19 stets auf eine wayyiqtol-Form folgen, die auf einen perfektiven Sachverhalt der Vergangenheit zurückblickt, werden vermutlich auch die darauf folgenden weqatal-Formen ebenfalls eine vergangenheitliche Grenzziehung beschreiben. Diese Grenzziehung ist in den Landverteilungstexten bereits erfolgt und muss nicht erst noch durchgeführt werden. Anders verhält sich hingegen die Situation in Num 34. Hier wird durch xyiqtol in Num 34,2 verdeutlicht, dass das Land Kanaan erst noch Israel zufallen wird. Der Abschnitt der Grenzbeschreibung des Verheißungslandes in Num 34,2–12 stellt demnach Eigentumsverhältnisse dar, die in der Zukunft herrschen werden.87 Es geht folglich in Num 34,2–12 nicht um die gewaltsame Inbesitznahme des Landes, sondern es werden die Grenzen des für Israel bestimmten Landes genannt, auch wenn es von der Landnahmegeneration noch nicht eingenommen ist. Während folglich Num 34 von einer zukünftigen Beschreibung ausgeht, scheinen in Jos 15–19 vergangenheitliche Sachverhalte vorzuliegen. Im Folgenden sollen diejenigen Idiome untersucht werden, die sich auffälligerweise nur in Num 34 und in Jos 15–19 finden lassen und beide Textbereiche miteinander verbinden, wobei in Num 34 ein zukünftiges Programm entwickelt wurde, das in Jos 15–19 bereits vergangenheitlich eingelöst wurde. 86

Vgl. zum Problem DE VOS 2003, 116f. In Num 34 wird zu Beginn ein Gottesbefehl vorangestellt, vgl. hierzu SEEBASS 2007, 396. Bei Gottesbefehlen ist jedoch auch von Anordnungen und Regelungen die Rede. Vergleichbares fehlt in diesem Abschnitt. 87

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

35

1.1 wenāsab haggebûl Das Idiom wenāsab haggebûl findet sich mit einigen Varianten nur in Num 34 sowie in Jos 15–19.88 Der insgesamt 20mal belegte N-Stamm89 des Verbs SBB wird meist ähnlich wie der G-Stamm mit „sich wenden“ wiedergegeben, ohne dass ein Bedeutungsunterschied ersichtlich wäre. Allerdings könnte eine semantische Differenzierung vorliegen. In diesem Sinne könnte man den NStamm vielleicht als eine reflexive Form deuten. Der N-Stamm von SBB wäre dann mit „sich herumziehen“ zu übertragen. Es wäre demnach eine kreisförmige Bewegung im Blick,90 wobei ein Richtungswechsel des Grenzverlaufs ausgedrückt ist, sodass mit diesem Verb eine Änderung der Himmelsrichtung angedeutet wird.91 Im Numeribuch wird in Num 34,4 ein Ausgangspunkt für die Richtungsänderung genannt, wobei das Ziel durch ein direktives Adverbiale92 angegeben wird. In Num 34 wird die Beschreibung der Südgrenze, die im Osten vom Toten Meer ausgeht, zunächst zur Skorpionsteige geführt, von wo aus sie auf die Wüste Zin vermutlich nach Westen hin abbiegt. Dabei wird betont, dass sich die Grenze erst südlich (minnægæb) der Skorpionsteige nach Westen wendet. Der narrativen Logik zufolge macht der Grenzverlauf hier einen Knick nach Westen. Im folgenden Vers wird wiederum mit SBB-N ein Richtungswechsel angezeigt. Offenbar verläuft die Grenze nun nach Süden hin zum Bach Ägyptens, wobei hier ausweislich des he locale ein morphematisch markiertes direktives Syntagma steht.93 Die beiden Belege dieser Formel für eine Richtungsänderung werden im Numeribuch also durch Ausgangspunkt (min=)94 und Richtungsangabe (direktives Adverbiale oder he locale) näher bestimmt. Drei ähnliche Beschreibungen der Form wenāsab haggebûl findet man auch im Josuabuch: 1)

In Jos 15,10 macht die Grenze bei Baala (min=) einen Knick nach Westen (yāmmāh), wobei mit dem Berg Seir ein Zielpunkt der Nordgrenze Judas 88

Num 34,4.5 sowie in Jos 15,10; 16,6; 19,14. Vgl. GARCÍA LÓPEZ 1986, 732. 90 Nach GARCÍA LÓPEZ 1986, 734 drückt dieses Lexem eine „äußere Kreisbewegung“ aus. Mit dieser Bewegung ist zudem eine Veränderung verbunden. LEVINE 2009, 533 vermutet, dass die Grenze um bestimmte Städte herumgeht. 91 Vgl. BÄCHLI 1973, 6. Ähnlich WAZANA 2013, 136: „change direction“. 92 In den älteren Grammatiken findet sich der Ausdruck „adverbieller Akkusativ“. Da Hebräisch keine Kasussprache ist, soll auf die Bezeichnung Akkusativ verzichtet werden. 93 WAZANA 2013, 148 Anm. 60 weist zudem darauf hin, dass das he locale nicht nur direktiv, sondern auch lokal verstanden werden kann. Ähnlich schon PARUNAK 1977, 9f., dem zufolge he locale entweder direktiv oder lokal zu deuten ist. Bisweilen sei es sogar überflüssig. 94 Nach WAZANA 2013, 138 wird durch diese Präposition der terminus a quo angegeben. Gelegentlich könne diese Präposition aber auch als separativer Ablativ zu verstehen sein: „toward“, vgl. WAZANA 2013, 269. 89

36

Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

angegeben wird,95 wobei dann im Folgenden die Grenze zum Berg Jearim sowie zu den Städten Bet-Schemesch und Timna geführt wird. In Jos 16,6 fehlt bei diesem Idiom ein mit min= ausgedrückter Ausgangspunkt, der bestenfalls durch das zuvor angegebene Toponym ergänzt werden kann, vorausgesetzt freilich, dass die Grenzlinie nicht unterbrochen wurde. Nur die Richtung wird näher mit mizrāḥāh „nach Osten“ spezifiziert. Diesem direktiven Syntagma schließt sich appositionell noch der Ortsname Taanat-Schilo als direktives Adverbiale an. Einen Sonderfall bietet Jos 19,14, wo zusätzlich mit ʾotô auf einen Ort verwiesen wird, der im vorausgegangenen Vers genannt worden ist, zumal ansonsten kein Referenzpunkt für das enklitische Personalpronomen möglich ist.96 Abgesehen von dieser syntaktischen Schwierigkeit wird auch in Jos 19,14 zum einen ein Ausgangspunkt (min=) und zum anderen eine Richtungsangabe (direktives Adverbiale) genannt.97 Die Präpositionalverbindung ʾotô kann sich eigentlich nur auf das appositionell durch das Toponym Nea ergänzte Partizip maskulin Singular hammetoʾār in Jos 19,13 beziehen.98 Offenbar zog sich die Grenze Sebulons nördlich der hammetoʾār hanNeʿāh „Umgrenzung von Nea“ in Richtung auf Hannaton zu,99 auch wenn diese syntaktische Schwierigkeit kaum noch befriedigend aufgelöst werden kann.

2)

3)

Im Josuabuch wird der mit dem Verb SBB-N beschriebene Richtungswechsel zum einen durch eine bestimmte Himmelsrichtung (yāmmāh oder mizrāḥāh)100, zum anderen aber auch durch ein bestimmtes Toponym als direktives Adverbiale angegeben, während in den Numeristellen Num 34,4.5 ausschließlich Toponyme die direktive Bewegungsänderung anzeigen. Aber auch bei den Fällen im Numeribuch scheint sich die Himmelsrichtung ausweislich der genannten Toponyme definitiv zu ändern.

95

Nach PARUNAK 1977, 10f. sind die Fügungen mit he locale yāmmāh, ṣāfônāh, qedmāh, mizrāḥāh und nægbāh nicht lokal, sondern direktiv als Richtungsangabe zu verstehen. 96 POLA 1995, 129 weist darauf hin, dass bei priesterlicher Sprache suffigierte Verbalformen möglichst vermieden werden und dies durch suffigierte nota objecti ausgedrückt wird. 97 Eine min-ʿad Verbindung mit einem tatsächlichen Endpunkt ist nur in Jos 19,33 belegt, während ansonsten jeweils eine Richtungsangabe gegeben wird. 98 Meist wird ʾotô aus syntaktischen und textkritischen Gründen getilgt, vgl. SOGGIN 1982, 188. 99 Wenn das Toponym Nea mit dem fruchtbaren Tal der Sahl el-Baṭṭōf (180.250) zu identifizieren wäre, dann biegt die Grenze nördlich desselben nach Hannaton, Tell Badāwīye (1743.2434), ab. Zum schwierigen Begriff hammetoʾār hanNeʿāh vgl. auch WOUDSTRA 1981, 284. Gerne wird die Verbalform zu wetāʾar verändert, vgl. GÖRG 1991, 86. 100 Die disparate Befundlage zu mizraḥ lässt keine spezifische Zuweisung zu einem bestimmten Idiolekt erkennen, da dieses Wort in den unterschiedlichsten Textbereichen belegt ist.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

37

1.2 weyārad haggebûl Auch dieses Idiom wird nur in Num 34 und in den Landverteilungstexten Jos 15–19 verwendet,101 was wiederum auf einen bestimmten Idiolekt hinweist, der beide Textbereiche miteinander verbindet. Außerhalb der beiden Textbereiche wird das Verb YRD nirgendwo mit dem Nomen gebûl „Grenze“ verbunden, obwohl auch andernorts Erbteile besprochen werden und man daher dieses Idiom ohne Probleme hätte verwenden können. Das Verb YRD „hinabsteigen“ bezeichnet den Umstand, dass die Grenze an einen bestimmten Punkt hinabführt. Denn dieses Verbum drückt immer eine Abwärtsbewegung im Gelände aus.102 Nur selten wird der höhere Ausgangspunkt mit Hilfe einer separativen Präpositionalverbindung mit min ausgedrückt,103 während der niedrigere Zielpunkt mit he locale, direktivem Adverbiale oder einer direktiven Präpositionalverbindung angegeben werden kann. In diesem Sinne wird der Ausgangspunkt oft weggelassen und nur der Zielpunkt genannt,104 was bei einer Grenzbeschreibung, die schon einige Punkte beschrieben hat, durchaus angezeigt ist. Mitunter kann auch nur ein absteigender Grenzverlauf ohne feste Fixpunkte angegeben werden,105 zumal der Kontext eine solch abfallende Linie ohnehin schon bestimmt hat. Mit dem Antonym ʿLY „hinaufgehen“ wird eine aufsteigende Grenzlinie beschrieben.106 Alternativ wird auf haggebûl dann verzichtet, wenn dieser Begriff im Nahkontext im selben Vers bereits genannt worden ist. In Jos 15,10 wird der judäische Grenzverlauf vom Gebirge Jearim hinab nach Bet-Schemesch beschrieben, wobei nur der Zielpunkt mit einem direktiven Adverbiale ausgedrückt wird, während der Ausgangspunkt im vorausgegangenen Satz schon stand. In der Beschreibung des Stammesgebietes von Benjamin wird immer wieder die Verbalformation weyārad verwendet, wobei auf das Nomen haggebûl meist verzichtet werden kann,107 da es als kontextgetilgt beurteilt werden kann. Eine Ausnahme ist jedoch zu notieren: In Jos 16,3 wird das Gebiet der Josefsstämme in den Blick genommen, wobei das Nomen gebûl im Sinne von „Gebiet“ verwendet wird, wenn das Erbteil Josefs in Abgrenzung zu anderen

101

Num 34,11[2x].12; Jos 17,9; 18,13.16. Vgl. BÄCHLI 1973, 6; MAYER 1982, 896. Vgl. hierzu auch die instruktive Tabelle bei PARUNAK 1977, 48–50. Nach LEVINE 2009, 535 sei damit sogar verbunden, dass die Grenze nach Süden führt. Dies ist aber höchst umstritten. 103 Mit min und direktivem Adverbiale in Num 34,11. 104 Num 34,12 (he locale); Jos 17,9; 18,13 (direktives Adverbiale); Jos 18,16 (ʾæl). 105 Num 34,11. 106 Jos 15,3(2x).6(2x).7.8(2x); 18,12; 19,11.12. Vgl. hierzu BÄCHLI 1973, 6, dem zufolge ʿLY dafür gebraucht wird, „um eine natürliche Steigung des Geländes, einen Höhenunterschied zwischen zwei Orten oder Gegenden zu markieren“. 107 Jos 18,16 (2x).17.18. 102

38

Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Gebieten dargestellt wird.108 Hier wird zwar ebenfalls die Verbformation weyārad verwendet, aber der Begriff gôrāl „Losanteil“ aus Jos 16,1 ist hier das Subjekt des Satzes, während gebûl in einer direktiven Präpositionalverbindung mit ʾæl steht.109 Erst im zweiten Teil von Jos 16 wird ab v.5 offenbar eine echte Grenzbeschreibung angeführt, die eine vergleichbare Sprache wie in Num 34 verwendet. Denn hier wird das Nomen gebûl wiederum mit der Bedeutung „Grenze“ verwendet. Die Grenze Efraims nimmt nach Jos 16,7 ebenfalls einen absteigenden Verlauf, wobei der Ausgangspunkt und der Zielpunkt angegeben werden. 1.3 weyāṣāʾ haggebûl Auch das Idiom weyāṣāʾ haggebûl ist nur in Num 34 und Jos 15–19 zu finden.110 Das Verb YṢʾ „hinausgehen, sich erstrecken“ deutet hier den äußersten Grenzverlauf an. Auf diese Weise wird vermutlich der Endpunkt der Grenze beschrieben,111 der durch einen Ortsnamen, durch eine Himmelsrichtung mit he locale112 bzw. durch eine direktive Präpositionalverbindung mit ʾæl113 gebildet wird. Bei der Präposition ʾæl „in Richtung auf“ ist zudem zu vermuten, dass der Endpunkt nicht inklusiv zu verstehen ist.114 Die Grenze verläuft lediglich in die Richtung des Toponyms, umfasst aber nicht diesen Punkt. Zwei Ausnahmen zu diesem Idiom sind zu verzeichnen. Zweimal ist nämlich ein wayyiqtol in der Form wayyeṣeʾ + gebûl belegt,115 wobei hier keine besondere Regelmäßigkeit zu finden ist. Der Wechsel in die wayyiqtol-Form hängt in beiden Fällen vermutlich mit dem jeweiligen Nahkontext zusammen,

108 Nach CORTESE 1990, 29 ist das Wort gebûl im priesterlichen Kontext eher auf die Bedeutung „Grenze“ festgelegt. LXX hat in Jos 16,3 gebûl mit τὰ ὅρια wiedergegeben. 109 LXX hat offenbar diesen Schönheitsfehler des MT in Jos 16,1 behoben und stattdessen τὰ ὅρια gesetzt, die typische Übersetzung für gebûl. Vgl. hierzu auch Gray 1986, 145; NELSON 1997, 183. Nach SOGGIN 1982, 167 geht die unterschiedliche Lesart auf die Mischung von Gebiets- und Grenzbeschreibung zurück, wobei LXX die Grenzbeschreibung im Gegensatz zu MT stark macht. 110 Num 34,9 sowie Jos 15,11; 16,6; 18,15. BÄCHLI 1973, 5 notiert zu Recht auch Stellen, bei denen haggebûl das logische Subjekt des Satzes ist, auch wenn darauf verzichtet wird. 111 In diesem Sinne entspricht das Verb YṢʾ semantisch dem Abstraktum toṣeʾôt vgl. JENNI 1971, 758. Anders hingegen PARUNAK 1977, 60, dem zufolge YṢʾ einen Grenzverlauf in einem Wadi-Tal andeutet. 112 Num 34,9; Jos 16,6; 18,15. 113 Jos 15,11. 114 Vgl. ELLIGER 1930, 269–271. 115 Nur in den Landverteilungstexten in Jos 18,11; 19,47.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

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wo ebenfalls wayyiqtol verwendet wird.116 Für die Besonderheit dieser abweichenden Fügung mit wayyiqtol sprechen folgende semantische und inhaltliche Beobachtungen: Das Nomen gebûl wird in Jos 18,11 nicht als „Grenze“, sondern als „Gebiet“ verstanden, das sich zwischen dem Erbteil Judas im Süden und dem von Josef im Norden befindet. Dieser Vers könnte aufgrund seiner abweichenden Wortwahl ein sekundärer Zusatz sein, der als gelehrte Glosse die Lage des benjaminitischen Stammesgebietes mit Bezug auf die beiden Nachbarstämme Juda und Efraim/Manasse verorten wollte. Auch in Jos 19,47 ist gebûl mit „Gebiet“ wiederzugeben. Eine Grenzbeschreibung wird zudem in Jos 19,47 ebenfalls nicht mehr geboten. Hinzu kommt, dass in Jos 19,41–46 bestenfalls eine Städteliste angeführt wird, auch wenn dieser Text in Jos 19,41 als gebûl bezeichnet wird. Allerdings fehlen hier die typischen Verben und die direktiven Syntagmen. Insofern wird in Jos 19,41 das Lexem gebûl bereits als „Gebiet“ wiederzugeben sein, in das schließlich mehrere Orte hineingezeichnet werden. Im Abschnitt zum Erbteil Dans wird folglich eine Städteliste mit einer kurzen Geschichte kombiniert, die darüber aufklärt, weshalb der Stamm Dan nicht mehr im vorgesehenen Erbteil im Süden siedelt.117 Vermutlich soll ausgedrückt werden, dass das ursprüngliche Erbteil Dans verloren ging, sodass der Stamm nach Norden abgezogen ist und sich in Leschem niedergelassen hat. Die kurze Erzählung in Jos 19,47 soll zum einen erklären, weshalb der danitische Landbesitz im Süden nicht mehr bestand, und zum anderen, wieso die frühere Stadt Leschem nach den israelitischen Eroberern Dan heißt.

1)

2)

Die beiden Ausnahmen weichen somit nicht nur formal (wayyiqtol), sondern auch semantisch von der geprägten Formelhaftigkeit ab, da hier das Nomen gebûl mit „Gebiet“ wiedergegeben werden muss. In allen anderen Belegen ist demgegenüber eine Grenzziehung im Blick. Offenbar gehören die diskutierten Ausnahmen nicht zum Grundbestand an Landverteilungstexten. Bei den ersten drei Idiomen der Form weqatal haggebûl kann man freilich noch all diejenigen Belege hinzuziehen, bei denen das Subjekt haggebûl kontextgetilgt ist. Denn nicht in jedem Satz musste zwanghaft das Lexem haggebûl genannt werden. Aber auch diese zusätzlichen Belege verändern kaum das bisher ermittelte Bild der formalen Elemente, wie in Num 34 und Jos 15–19 der Grenzverlauf beschrieben wird.

116

Jos 18,9–12 und Jos 19,41–47. NOTH 1967, 192 vermutet, dass die Grenzbeschreibung zum nördlichen Dan in Num 34,7–11 zu finden ist. Dann erklärt sich auch die Beobachtung, dass in Jos 19 ursprünglich das Stammesgebiet von Dan nicht beschrieben werden musste. 117

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

1.4 weʿābar + direktives Objekt Das Verb ʿBR „hinübergehen“ wird ebenfalls nur in den beiden Textbereichen Num 34 und Jos 15–19 zur Beschreibung eines Grenzverlaufs von einem zum nächsten Punkt verwendet.118 Durch das Idiom weʿābar + direktives Objekt wird entweder der Ausgangspunkt des Grenzverlaufs119 oder der Zielpunkt in den Blick genommen. Die Richtungsangabe, die auf das Ziel der Grenze hinweist, wird meist mit he locale angezeigt.120 Daneben sind aber auch Konstruktionen mit der Präposition ʾæl oder direktives Adverbiale möglich.121 Nur selten werden bei der Fügung mit ʿBR beide Punkte genannt.122 Die Konzentration auf einen der Punkte mag damit zu verbinden sein, dass ein zusammenhängender Grenzverlauf gegeben werden soll und meist nur der Zielpunkt von Interesse ist, während der Ausgangspunkt in der Liste bereits vorgegeben war, sodass sich ein expliziter Rückverweis mittels miššām eigentlich erübrigt. Das Idiom weʿābar X-āh findet sich ausschließlich in den topographischen Listen von Num 34 und Jos 15–19, wobei es sich beim direktiven Syntagma immer um einen Ortsnamen handelt. Falls eine näher bestimmte geographische Kennzeichnung wie mê „Wasser“ oder kātef „Schulter“ folgt, dann tritt die Präposition ʾæl ein.123 Aber es gibt auch Ausnahmen von dieser Beobachtung, die sich ausschließlich in Jos 15 finden lassen: Nur in Jos 15,3.10 wird auf das he locale verzichtet und stattdessen ein direktives Adverbiale verwendet. In Jos 15,11 wird anstelle einer Präpositionalverbindung mit ʾæl ebenfalls direktives Adverbiale gesetzt. Das Verb ʿBR wird zwar im Josuabuch immer wieder für die Überschreitung des Jordans verwendet. Im Rahmen der Landbeschreibung und -verteilung ist dieses Verb aber nur in Jos 15–19 belegt. Außerdem wird ʿBR immer als weqatal-Form gesetzt, was diese Stellen zusätzlich miteinander verbindet. Dementsprechend liegt hier ein spezifischer Idiolekt vor, mit dem die priesterlich geprägte Landverteilung in Num 34 und Jos 15–19 sich von anderen Landkonzeptionen abhebt.

118 Num 34,4(2x) sowie 15,3(2x).4.6.7.10(2x).11; 16,6; 18,13.18.19. Vgl. auch FUHS 1986, 1020. In den priesterlichen Texten des Ezechielbuches werden hingegen andere Verben und Verbformationen verwendet. 119 Dies wird immer mit min= ausgedrückt, vgl. Jos 15,6; 18,13. 120 Num 34,4(2x) und Jos 15,3.4; 16,6; 18,13. 121 Mit ʾæl Jos 15,7.10; 16,2; 18,18.19. Mit direktivem Adverbiale in Jos 15,3.10.11. 122 Jos 16,6; 18,13. 123 Mit mê in Jos 15,7, mit kātef in Jos 15,10; 18,13.18.19.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

41

1.5 zæh yihyæh lākæm gebûl Die Landverteilung in Num 34,3–12 wird durch die Formel zæh yihyæh lākæm gebûl gegliedert,124 wobei diese Formel in Num 34,6.9 retrospektiv verwendet wird. In Num 34,7 wird diese Formel hingegen zur Einleitung der Nordgrenze eingesetzt. In Jos 15,4 wird diese Formel ebenfalls aufgegriffen, um die Südgrenze Judas abzuschließen. Somit handelt es sich bei diesem Idiom meist um eine Abschlussformel, die eine zuvor erfolgte Grenzbeschreibung beendet. Bei der Formel zæh yihyæh lākæm gebûl ist nicht eine Beschreibung einer bestehenden Realität im Blick, sondern die yiqtol-Form deutet an, dass es hier um eine modale Nuancierung geht. Es handelt sich folglich um eine Darstellung des Landes, wie es sein sollte, aber offenbar noch nicht ist. Da nach der Eroberung des Landes im Josuabuch diese modale Zuschreibung nicht mehr nötig ist, verwundert es, dass diese Formel in Jos 15,4 noch stehen geblieben ist. Insgesamt scheint es, dass in Jos 15,4 eine aus Num 34 übernommene Form nicht dem Kontext entsprechend geändert wurde. Im Unterschied zur langen gliedernden Formel zæh yihyæh lākæm gebûl steht im Ezechielbuch ein Nominalsatz zæh gebûl, wenn eine Beschreibung der Grenze eröffnet werden soll.125 Im Josuabuch dient ein solcher Nominalsatz lediglich dazu, die zuvor erfolgte Darstellung der Grenze abzuschließen, aber nie eigenständig zu eröffnen.126 Auch diese Beobachtung zeigt, dass beide Landkonzeptionen voneinander zu unterscheiden sind. 1.6 toṣeʾotāyw127 und toṣeʾôt haggebûl / gebûlām128 Bei der Fügung toṣeʾotāyw handelt es sich um die auffälligste Formulierung, die viermal in Num 34 und zehnmal in Jos 15–19 zu finden ist. Außerhalb dieser beiden Textbereiche fehlt dieses Idiom vollständig.129 Auch diese Beobachtung stützt die These, dass die beiden Landkonzeptionen in Num 34 und Jos 15–19 miteinander zu verbinden sind. Das Pluralwort toṣeʾôt lässt sich von der Wurzel YṢʾ „herausgehen“ ableiten, die ebenfalls bei den Landverteilungstexten in der Form weqatal gebraucht

124 Num 34,6.7.9. Nach DE VOS 2003, 113 bedeutet die Constructusverbindung gebûl + Himmelsrichtung immer eine Grenzziehung. Das Idiom zæh gebûl ist zudem nur in Num 34, Jos 15 und 18 sowie in Ez 47–48 belegt. 125 Ez 47,13.15, wobei in Ez 47,13 fälschlicherweise geh steht. 126 Jos 15,12; 18,19. 127 Num 34,4.5.9.12 sowie Jos 15,7; 16,3.8; 17,9.18; 18,12.14; 19,14.29.33. 128 Num 34,8 sowie Jos 15,4.11; 18,19; 19,22. Eigentlich steht im MT von Jos 18,19 e toṣ ʾotāyw haggebûl. Hier ist aber Qere toṣeʾôt haggebûl zu bevorzugen, vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 294. 129 Das Pluralwort toṣeʾôt findet sich mit und ohne enklitischem Personalpronomen 3. maskulin Plural nur noch in 1Chr 5,16; Ps 68,21; Spr 4,23.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

wird. In der Regel wird dieses Lexem mit „Ausläufer, Ausdehnung“ übersetzt.130 Anscheinend wird auf diese Weise der Endpunkt der Grenzlinie markiert.131 Die Verbalform, die sich mit dem Ausdruck toṣeʾotāyw verbindet, ist stets e w qatal. Im MT sind singularische und plurale Formen belegt, wobei wehāyāh als Ketiv oft durch wehāyû als Qere ersetzt wird, sodass die Pluralform von toṣeʾotāyw auch in der vorausgehenden Verbalform aufgegriffen wird,132 was eigentlich nicht zwingend gefordert ist. Denn eine Kongruenz im Numerus ist bei einem voranstehenden Verbum nicht nötig.133 Nur wenige Abweichungen zur ansonsten üblichen Idiomatik finden sich in Jos 17 und Jos 19. Derartige Ausnahmen sind vielleicht redaktionsgeschichtlich zu erklären, was hier noch nicht geleistet werden kann: 1)

2) 3)

In Jos 17,9 wird nach den vorausgegangenen beiden Nominalsätzen durch das wayehî die vergangenheitliche Zeitstufe bestätigt und damit präzisiert. Schon aus diesem Grund konnte nicht auf weqatal zurückgegriffen werden. In Jos 19,33 wird die zuvor verwendete Verbalform – ebenfalls wayehî – aufgegriffen, sodass hier eine Harmonisierung mit dem Kontext vorliegt. In Jos 17,18 liegt ein verbalisierter Nominalsatz vor, der Besitz anzeigt und damit semantisch von der übrigen Verwendung abweicht. Darüber hinaus bezieht sich das enklitische Personalpronomen 3. maskulin Singular bei toṣeʾotāyw entweder auf das Nomen har „Gebirge“ oder yaʿar „Wald“ und nicht auf die zu beschreibende Grenze.134 Schon vor diesem Hintergrund weicht Jos 17,18 von der ansonsten zu beobachtenden Idiomatik ab. Hinzu kommt, dass Jos 17,18 nicht zu einer Grenzbeschreibung gehört.

Die syntaktischen Ausnahmen des Idioms toṣeʾotāyw lassen sich somit allesamt gut erklären. Alternativ zum enklitischen Personalpronomen hinter toṣeʾôt kann gebûl als nomen rectum stehen, sodass es noch fünf weitere Belege für diese 130 Vgl. JENNI 1971, 758. WAZANA 2013, 136 betont, dass hier „the termination of the border“ im Blick ist. Es geht hierbei immer um den Endpunkt. PARUNAK 1977, 55f. vermutet hingegen, dass mit toṣeʾôt vor allem die Wadi-Täler im Blick sind. Nach LEVINE 2009, 533 sind hier die „concluding stretches“ gemeint. 131 Nach PREUSS 1981, 798 hat die Nominalform toṣeʾôt die folgenden Bedeutungen: „Ausgänge, Quellen, Endpunkt, aber auch Ausweg, Rettung“. BÄCHLI 1973, 6 vermutet, dass mit toṣeʾôt „ein abfallender Grenzverlauf gegen das Meer, das Tote Meer, den Jordan oder ein Bachteil hin gemeint“ sein könnte. 132 So in Num 34,4; Jos 15,4; 18,12.14.19. In Jos 19,29 wird das Ketiv weyihyû durch das formal korrektere Qere wehāyû ersetzt. 133 Vgl. BROCKELMANN 2004, 50 (§50a). 134 Die Bedeutung von toṣeʾôt ist in Jos 17,18 umstritten. Entweder bezeichnet es die äußersten Ränder des zuvor genannten Waldes, oder es ist das durch Rodung gewonnene Gebiet, das jetzt genutzt werden kann, vgl. NOTH 1971b, 102.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

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Redeweise gibt.135 Durch die gelegentliche Ersetzung des enklitischen Personalpronomens mit dem Nomen gebûl in diesen beiden Textbereichen wird verdeutlicht, dass sich das Grundwort toṣeʾôt eindeutig auf eine Grenzziehung beziehen muss. Es handelt sich somit um die toṣeʾôt der jeweiligen Grenze. Das Wort toṣeʾotāyw ist bei diesem Idiom stets das Subjekt des mit HYY verbalisierten Nominalsatz, während das dazugehörige nominale Prädikat unterschiedlich gebildet wird: In der Regel wird ein direktives Syntagma verwendet, indem man ein he locale hinter das Toponym oder die Himmelsrichtung anfügt.136 Nur bei den Landverteilungstexten des Josuabuches ist auch eine direktive Präpositionalverbindung mit ʾæl mit Toponym oder einer anderen geographischen Bezeichnung belegt.137 In den meisten Fällen liegt somit eine Richtungsangabe vor, die eine Erstreckung des Grenzverlaufs betont. Darüber hinaus kann bei diesem Idiom das nominale Prädikat in beiden Textbereichen Num 34 und Jos 15–19 von einem Toponym gebildet werden. Somit wird hier der exakte Endpunkt der Grenze mit der Nennung eines bestimmten Ortes genannt.138 Nur einmal findet sich bei diesem Idiom die Präpositionalverbindung minnægæb l= „südlich von“.139 Aus alledem folgt: Nur in den beiden Textbereichen Num 34 und Jos 15–19 wird – abgesehen von 1Chr 5,16 – das Abstraktnomen toṣeʾôt mit nomen rectum gebûl oder enklitischem Personalpronomen verwendet, sodass es sich hierbei um geprägten Sprachgebrauch handeln wird, der für Num 34 und Jos 15– 19 typisch ist. 1.7 minnægæb l= Die Präpositionalverbindung minnægæb l= ist ebenfalls fast nur in Num 34 und in den Landverteilungstexten Jos 15–19 zu finden.140 Auch wenn nægæb zunächst ein Toponym gewesen ist, das das regenarme Wüstengebiet südlich des Gebirges Juda beschreibt,141 löst sich dieses Wort von der geographisch klar festgelegten Bedeutung, sodass mit nægæb die Himmelsrichtung „Süden“ ganz allgemein bezeichnet werden kann.142 135

Num 34,8; Jos 15,4.11; 18,19; 19,22. Num 34,5.8; Jos 15,4.11; 16,3.8; 17,9; 18,12; 19,29. 137 Jos 15,7; 18,14.19. 138 Num 34,9.12; Jos 19,14.22.33. 139 Num 34,4. 140 Num 34,4(2x) und Jos 15,3(2x).7; 18,13. Sonst nur noch in Ez 47,1, wobei hier mit „Altar“ eigentlich kein Toponym im Blick ist. Die näheren Angaben zur Verortung von Schilo in Ri 21,19 werden ebenfalls mit minnægæb l= gebildet. 141 Nach BÄCHLI 1973, 7 ist zudem die Nordgrenze des regenarmen Gebietes des Negeb je nach Jahreszeit variabel. 142 Während in Jos 15–19 das Nomen nægæb in der Bedeutung „Süden“ verwendet wird, gibt es noch die ebenfalls gebräuchlichen Wörter têmān (Jos 13,4; 15,1) oder yāmîn (Jos 17,7), um die südliche Richtung auszudrücken. HESS 1994b, 136 weist darauf hin, dass 136

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Für die deutsche Konnotation „südlich von“ gibt es in der Bibel die unterschiedlichsten Idiome, die überwiegend das Nomen nægæb „Trockenland, Südland“ verwenden, wobei höchstens eine minimale Bedeutungsdifferenz zu erkennen ist: minnægæb l=, nægbāh l=143 oder nægbāh min=.144 Während die letzten beiden Begriffe ausschließlich im Josuabuch zu finden sind, ist das Idiom minnægæb l= nur in Num 34 und in den Landverteilungstexten belegt.145 Es hat den Anschein, dass das Idiom minnægæb l= aufgrund der Präposition min einen Ausgangspunkt in den Blick nimmt, der in einen Bezug zu einem weiteren Toponym gebracht wird – also „südlich von“, während die Konstruktion nægbāh mit he locale eine Richtungsangabe „nach Süden hin“ bietet, die dann mit einer topographischen Angabe verbunden wird. 1.8 gebûl qedmāh Nur in den beiden Textbereichen Num 34 und Jos 15–19146 wird der Begriff „Grenze nach Osten hin“ – freier übersetzt mit „Ostgrenze“ – mit dem Idiom gebûl qedmāh gebildet. Ein ähnlicher Terminus gebûl qādîmāh ist ansonsten nur im Ezechielbuch belegt.147 Da sowohl im Numeribuch wie auch im Ezechielbuch priesterliche Sprache verwendet wird, ist diese begriffliche Differenzierung signifikant, zumal sich beide Idiome semantisch nicht unterscheiden. Interessanterweise wird lediglich bei der Ostgrenze eine Verbindung mit he locale herangezogen, während bei der Südgrenze eine Constructusverbindung bevorzugt wird.148 Nur bei der Westgrenze finden sich im Kontext von geographischen Angaben beide Ausdrucksweisen mit he locale oder mit einer

auch in den Texten von Emar die Grenzbeschreibung mit der rechten Seite, also im Süden, beginnt. 143 Jos 17,9. 144 Jos 18,14. 145 Fraglich ist, ob bei diesem Idiom die Präposition min separativ oder partitiv zu verstehen ist. Denn die Grundbedeutung von min ist „Teil von“, wobei ein Teil auch getrennt von der eigentlichen Sache vorstellbar ist, vgl. BROCKELMANN 2004, 108 (§111a). Obschon die Präposition min= in der Regel den Ausgangspunkt einer Bewegung umschreibt, kann damit aber auch die Ruhe an einem Ort, der vom Standpunkt des Subjekts verschieden ist, ausgedrückt werden, vgl. BROCKELMANN 2004, 109 (§111d). Nach WAZANA 2013, 150 ist darüber hinaus noch eine direktive Bedeutung möglich: „in the direction of“. 146 Num 34,10 und Jos 15,5. 147 Ez 45,7; 48,21. 148 Vgl. gebûl nægæb in Num 34,4; Jos 15,2.4; 18,19.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

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Constructusverbindung.149 Die Nordgrenze wird in Num 34 mit gebûl ṣāfôn gebildet, während im Josuabuch das Idiom lifʾat ṣāfônāh150 den Umstand umschreibt, dass der nördliche Grenzbereich in den Blick kommen soll.151 Hierbei handelt es sich um eine präpositionale Näherbestimmung des Grenzverlaufs, da die Grenze auf der Seite nach Norden hin beschrieben wird.152 1.9 ligbûlotæ̂ hā sābîb Das Idiom ligbûlotæ̂ hā sābîb „bezüglich seiner Grenzen ringsum“ findet sich als Abschlussformel nur in Num 34,12 und am Schluss der Landzuweisung für den Stamm Benjamin.153 Allein schon die seltene Femininform gebûlotæ̂ hā ist auffällig. Das feminine Wort unterscheidet sich zudem kaum von der maskulinen Form. An diesen Stellen ist dieses Lexem ebenfalls mit „Grenzen“ und eher nicht mit „Gebiet“ zu übertragen.154 Außerdem ist eine solche Präpositionalverbindung ‒ abgesehen vom Moselied Dtn 32,8 ‒ gerade in Num 34 und Jos 15–19 zu finden.155 Auch das Adverb sābîb „ringsum“ deutet an, dass hier eine Grenzziehung um das Verheißungsland bzw. um das Erbteil des jeweiligen Stammes im Blick ist. Darüber hinaus findet sich die Verbindung von maskulinem gebûl und dem Adverb sābîb in Jos 15–19 nur noch am Abschluss der Grenzliste Judas in Jos 15,12.156 149 Mit gebûl yām Num 34,6(2x); Jos 15,12; Ez 45,7. Mit gebûl yāmmāh Ez 48,21. Bei anderen Fällen ist yāmmāh ein direktives Syntagma, vgl. Jos 15,4.11; 16,8; 18,15; 19,34. 150 Jos 15,5; 18,12. 151 Diese Differenzierung beachtet OTTOSSON 1973, 899 nicht. 152 Die Verwendung von peʾat + Richtungsangabe mit oder ohne he locale ist zudem typisch für priesterliche Literatur. Zu diesem priesterlichen Ausdruck vgl. WAZANA 2013, 150. Für peʾat ṣāfôn in Ex 26,20; 27,11; 36,25; 38,11; Num 35,5; Ez 47,17; 48,16.30 und peʾat ṣāfônāh Ez 47,15. Für peʾat qedmāh in Ex 27,13; 38,13; Num 35,5; Jos 18,20; Ez 45,7 Für peʾat yām Ex 27,12; 38,12; Num 35,5; Jos 18,14; Ez 45,7; 47,20 und peʾat yāmmāh Ez 48,2.3.4.5.6.7.8.16. 23.24.25.26.27.34. BÄCHLI 1973, 9 weist zusätzlich darauf hin, dass der Bearbeiter um der größeren Anschaulichkeit und Varianz willen die Verwendung der Himmelsrichtung „Westen“ nicht einheitlich angegeben hat. Für peʾat nægæb Ex 27,9; 36,23; 38,9; Num 34,3; 35,5; Ez 47,19; 48,16.28 und peʾat nægbāh Ex 26,18; Jos 18,15; Ez 48,33. 153 Num 34,12 sowie Jos 18,20. DE VOS 2003, 223 vermutet demgegenüber, dass Jos 18,20 nach Analogie von Jos 15,12 gebildet worden wäre. Die Unterschiede beider Formulierungen werden dabei kaum beachtet. 154 Gegen OTTOSSON 1973, 898. 155 Num 34,2.12; Jos 18,20; 19,49. Nach FRITZ 1994, 201 sei hingegen dieses Lexem in Jos 19,49 mit „Gebiet“ wiederzugeben. 156 Im Josuabuch ist sābîb sonst nur noch in Jos 19,8; 21,11.42.44; 23,1 belegt.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

1.10 Ergebnis Die Idiomatik von Num 34,2–12157 durchzieht immer wieder den Abschnitt der Landverteilung in Jos 15–19 und nur diesen, sodass davon auszugehen ist, dass eine literarische Beziehung zwischen beiden Textbereichen vorliegen wird. Vor allem die Beschreibung des Grenzverlaufs mit weqatal-Formen von Verben der Ortsveränderung durchzieht beide Textbereiche.158 Darüber hinaus finden sich nur hier bestimmte und auch inhaltlich genau festgelegte Lexeme wie toṣeʾôt159 oder Wortverbindungen wie minnægæb l=160, gebûl qedmāh161 oder ligbûlotæ̂ hā sābîb.162 Die syntaktischen und lexikalischen Bezugnahmen erstrecken sich vor allem auf genau eingegrenzte Bereiche, wie im Folgenden zu zeigen ist. Freilich ist damit noch lange nicht gesagt, dass diese klar abzugrenzenden Einheiten nicht auch noch redaktionelles Wachstum erfahren haben:163 1)

2) 3)

Jos 15,2–12: Die Grenzbeschreibung Judas ähnelt semantisch stark der Idiomatik des priesterlichen Textes Num 34. Selbst ausgefallene Konstruktionen wie gebûl qedmāh finden sich nur in diesen beiden Textbereichen, wenn eine Ostgrenze beschrieben werden soll. Jos 16,5–10: Auch zum Erbteil der Josefsstämme bestehen einige Bezüge, was ausweislich der Verwendung bestimmter Verben wie SBB, ʿBR oder YṢʾ sowie dem priesterlichen Ausdruck toṣeʾôt verdeutlicht wird. Jos 17,7–13: Die Grenzbeschreibung für den westjordanischen Teil des Stammes Manasse wird nur ganz am Rande mit der oben vorgestellten typischen Idiomatik wiedergegeben. Nur das Verb YRD wird in diesem Abschnitt verwendet,164 während ansonsten eine andere Begrifflichkeit gewählt wird. Die Beschreibung des westmanassitischen Stammesgebietes wird zudem nicht nur durch Grenzen bestimmt. Vielmehr wechseln Grenzverlauf, Gebietsbeschreibung und Ortslisten miteinander ab, ohne dass eine nachzuvollziehende Ordnung erkennbar wäre. Hier wird zudem der Begriff ûbenôtæ̂ hā hinter kanaanäischen Städtenamen verwendet, der ebenfalls nicht zur ansonsten verwendeten Idiomatik passt. In diesem Abschnitt scheint ein Mischstil vorzuliegen, bei dem priesterliche und dtr.

157 Nach WÜST 1975, 192f. ist Num 34,1–2a eine nachträgliche Verbindung zu Num 33,51. 158 Jos 15,3.4.7.10.11; Jos 16,2.6; Jos 17,9; Jos 18,13.15.16.18.19; Jos 19,14. 159 Jos 15,4.7.11; Jos 16,3.8; Jos 17,9.18; Jos 18,12.14.19; Jos 19,14.29.33. 160 Jos 15,3.7; Jos 18,13. 161 Jos 15,5. 162 Jos 18,20. 163 PETERSEN 1980, 136 sieht in folgenden Textabschnitten priesterliche Sprache vertreten: 15,1–12.20–63; 16,5–10; 17,1–2: 18,11–28; 19,1–48. In diesen Texten haben priesterliche Redaktoren möglicherweise ältere Listen verarbeitet. 164 Jos 17,9.

1. Bezüge von Jos 15–19 zu Num 34

47

Idiomatik miteinander vermengt wurden. Insofern gehört dieser Text wohl kaum zu einem ursprünglichen Text, der mit Num 34 zusammenhängen könnte. Darüber hinaus entspricht die Südgrenze Manasses nach Jos 17,7– 9 teilweise der Nordgrenze Efraims nach Jos 16,5–8, sodass sich in einem ursprünglichen Dokument diese Doppelung eigentlich erübrigt hätte. Erst um der Vollständigkeit willen und vermutlich mangels anderer Listen hat man die efraimitische Grenzziehung für Manasse ebenfalls herangezogen. Jos 18,11–20: Im Erbteil des Stammes Benjamin finden sich zahlreiche Bezugnahmen, die es nur in Num 34 gibt, sodass hier von einer sehr stark geprägten Sprache auszugehen ist. Dieser Abschnitt gehört wie Num 34,2–12 und Jos 15,2–12 zu den Grenzbeschreibungen, da hier das Wort gebûl mit einem Verb der Ortsveränderung verbunden wird.165 Jos 19,10–16.17–23.24–31.32–39: In der Beschreibung der Erbteile der übrigen Stämme ist nur bei Sebulon, Issachar, Ascher und Naftali eine sprachliche Verbindung zu Num 34 festzustellen,166 während bei den beiden Stämmen Simeon und Dan andere Idiome vorherrschen. Zu diesem Block von vier nordisraelitischen Stämmen, deren Gebiet mittels Grenzbeschreibungen abgesteckt wird, werden noch zwei weitere Stämme ergänzt (Simeon in Jos 19,1–9 und Dan in Jos 19,40–48), deren Territorium ursprünglich im Stammesgebiet von Juda lag,167 was ebenfalls darauf hinweist, dass diese Stammesterritorien erst sekundär gebildet worden sind. Es handelt sich bei den beiden Ergänzungen zudem nicht um Grenzbeschreibungen, sondern um reine Ortslisten. Die Beschreibung der Städte Simeons in Jos 19,2–7 geht vermutlich nicht auf ein selbstständiges Dokument zurück, da sie wohl ein Auszug aus Jos 15,21–32 ist.168 Wahrscheinlich hat der spätere Redaktor überhaupt keine andere Tradition zum Stammesgebiet Simeons zur Verfügung gehabt und sich daher aus Jos 15 bedient. Allerdings ist der diachrone und redaktionelle Sachverhalt ausgesprochen komplex, da nämlich neben Jos 15,26–32 noch Neh 11,26–29 und 1Chr 4,28–32 als Paralleltexte zur Verfügung standen und jede dieser Listen überdies noch Sondergut aufweist.169 Vermutlich hängt Jos 19,2–7

4)

5)

165

Vgl. DE VOS 2003, 114. SCHMIDT 2004, 211 weist darauf hin, dass die Abfolge der vier Nordstämme Sebulon ‒ Issachar ‒ Ascher ‒ Naftali der Reihenfolge in Num 34,25–28 entspricht, sodass der Verfasser von Num 34,16–29 von Jos 19,10–39 in irgendeiner Form abhängig sein könnte. Diese Beobachtung spricht ebenfalls für die Ursprünglichkeit einer Liste von Grenzbeschreibungen in Jos 15–19. 167 CORTESE 1990, 73–76 vermutet, dass Simeon ursprünglich zur Provinzliste von Juda gehört hat. Im Gegensatz dazu sei aufgrund der Abschlussformel die Ortsliste Dans redaktionell mit Hilfe von anderen geographischen Dokumenten entstanden (1Kön 4). 168 Vgl. zu den Ähnlichkeiten zur judäischen Städteliste FRITZ 1994, 186; HESS 1996a, 295; HAWK 2000, 217 Anm. 75; HUBBARD 2009, 408 Anm. 48; PITKÄNEN 2010, 285. 169 Vgl. zum Problem DE VOS 2003, 155–161. Vgl. hierzu auch MILLER/TUCKER 1974, 145; GÖRG 1991, 85, 166

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

mit 1Chr 4,28–32 zusammen, während Jos 15,26–32 Gemeinsamkeiten zu Neh 11,26–29 zeigt, auch wenn eine definitive Entscheidung schwerfällt. Auch der Abschnitt zum ehemaligen Stammesgebiet von Dan ist eine sekundäre Konstruktion, die eine gewisse Nähe zum zweiten Salomonischen Verwaltungsdistrikt nach 1Kön 4,7–19 aufweist, aber aufgrund der Erwähnung von Ekron sicher nicht vor der zweiten Hälfte des 7. Jh. v.Chr. entstanden sein kann. Erst zu diesem Zeitpunkt könnte Ekron möglicherweise von Juda beansprucht worden sein.170 Interessanterweise sind die sechs Stämme in Jos 19 von Süd nach Nord orientiert,171 auch wenn der Stamm Dan ursprünglich im judäischen Süden verortet worden ist. Es hat dementsprechend den Anschein, dass in Jos 19 die Grenzbeschreibungen von vier Stämmen sekundär mit Ortslisten ergänzt worden sind. Man hat folglich die vier abgegrenzten Stammesgebiete um weitere Ortslisten ergänzt. Eine ähnliche Beobachtung gilt für Jos 15 (Juda) und Jos 18 (Benjamin). Auch hier wurden Grenzlisten mit Ortslisten verbunden. Allerdings stimmt die am Schluss genannte Zahl nicht immer mit der Anzahl der jeweils aufgeführten Orte überein.172 Alles in allem scheinen die Grenzbeschreibungen in Jos 15–19 aufgrund ihrer priesterlichen Idiomatik und ihrer ähnlichen Sprache als Anhang zum Numeribuch anzuschließen.173 Dann sind aber diese Listen in ihrer jeweils erschlossenen Form diachron nicht vor dem priesterlichen Text Num 34,2–12 zu datieren.174

170

Vgl. FRITZ 1994, 198f. Anders hingegen LISSOVSKI/NAʾAMAN 2003, 316. Denn das Stammesgebiet von Dan entspricht dem Stadtkönigtum von Ekron, auf das in dieser Stammeszuschreibung Anspruch erhoben wird. Lediglich der östliche Teil hat gegen Ende des 8. Jh. v.Chr. zu Juda gehört. 171 Vgl. PITKÄNEN 2010, 322. 172 Nach RÖSEL 2011, 301 sind die Zahlen mit den Ortslisten, nicht mit den Grenzbeschreibungen zu verbinden, da letztere nur am Verlauf, nicht aber an der Anzahl der Grenzpunkte interessiert waren. Nach ASSIS 2003, 22 könnte dieser Unterschied darauf zurückzuführen sein, dass der Endredaktor bei den übrigen Stämmen ebenfalls eine Gesamtzahl von 112 Städten wie bei Juda erhalten wollte, auch wenn im Rahmen dieser Arbeit bei den Ortslisten einige Städte ‒ aus welchem Grund auch immer ‒ ausgefallen sind. 173 CORTESE 1999, 44f. vermutet, dass Jos 13–22 ein Appendix zum Numeribuch gewesen sei. Die Umstellung sei nötig geworden, nachdem in Dtn wiederum Mose das Wort ergriffen hat und außerdem die Landeroberung und -verteilung durch Josua erst später im Josuabuch anschließt. 174 Insofern ist zu Recht fraglich, ob diese Grenzverläufe bereits aus der Zeit Davids und Salomos stammen, so aber KALLAI 1986a, 479. Nach KALLAI 1986a, 100–102 sind darüber hinaus nicht verschiedene historische Verortungen hinter den Grenzverlaufslisten anzunehmen, sondern hier liege ein einheitliches Dokument vor. Nach FRITZ 1994, 8 sind die verwendeten Quellen frühestens in der Königszeit und damit nicht in vorstaatlicher Zeit entstanden. Anders HESS 1994a, 196–205; HESS 1996a, 61–66; PITKÄNEN 2010, 247–264, die

2. Rekonstruktion der Grenzlisten in Jos 15–19

49

2. Rekonstruktion der Grenzlisten in Jos 15–19 Die oben erarbeiteten Textbereiche werden von bestimmten Formeln eingeleitet und abgeschlossen.175 Aufgrund der formelhaften Elemente lässt sich eine Grenzliste von sieben Stämmen herausarbeiten, die ihren ursprünglichen Platz aufgrund der ähnlichen Idiomatik im Numeribuch, vielleicht sogar hinter Num 34,2–12, gehabt haben könnte und die priesterliche Landverheißung eingelöst hat, wofür auch der Wechsel in vergangenheitliche Verbformationen sprechen könnte. Das in Num 34,2–12 skizzierte ideale Land ist nun zumindest unter sieben Stämmen aufgeteilt, auch wenn nicht alle Gebiete ausgefüllt sind und mit einigen leeren Flecken zu rechnen ist. 2.1 Abschlussformel Die Formel zoʾt naḥalat [maṭṭeh] benê X lemišpeḥotām schließt jeweils die Grenzbeschreibung der einzelnen Stämme ab.176 Der priesterliche Terminus maṭṭeh wird nicht bei allen Belegen verwendet. Bei Benjamin und Sebulon wird auf diese zusätzliche Kennzeichnung verzichtet. Gelegentlich hat man offenbar bereits in dem ursprünglichen Dokument Jos 15–19* auf den priesterlichen Terminus maṭṭeh verzichtet.177 Ausweislich der Abschlussformel kann man folgende Textbereiche abheben:178

an eine vorstaatliche Entstehung der Listen denken. Kritisch hierzu aber LISSOVSKI/NAʾAMAN 2003, 292, denenzufolge eine zeitliche Ansetzung der Listen vor dem 8. Jh. v.Chr. aufgrund von den fehlenden infrastrukturellen Voraussetzungen nahezu ausgeschlossen sei. Schon MOWINCKEL 1964, 63–66 problematisiert den eher unwahrscheinlichen Umstand, dass eine angeblich vorstaatliche Liste ohne administrativen Zweck bis in die (nach)exilische Zeit aufbewahrt worden wäre. 175 Vgl. hierzu auch PETERSEN 1980, 139f. Ähnliche Eröffnungs- und Abschlusselemente sind mit gewissen Variationen in den späteren Texten aufgenommen worden, die eine von Num 34 abweichende Idiomatik aufweisen. 176 DE VOS 2003, 126 geht von einer theologischen Konzeption von zoʾt naḥalat aus, da diese Formel zwölfmal vorkommt und in Verbindung mit dem göttlichen Losentscheid steht. Die Zwölfzahl ergibt sich aber nur aufgrund der Doppelung bei Benjamin, während diese Formel bei Manasse fehlt. Außerdem wird der Losentscheid nur durch den größeren Kontext eingetragen. Ob der Losentscheid schon seit jeher mit dieser Formel verbunden ist, ist damit noch lange nicht gesagt. 177 Jos 18,20.28 (Benjamin); 19,16 (Sebulon). 178 Ein ähnliches Bild ergibt auch die Tradition der LXX, wobei auf die Ergänzung lemišpeḥotām bisweilen verzichtet wird, was andeuten könnte, dass hier redaktionell uneinheitlich ergänzt wurde, was sich schließlich auch in der LXX niedergeschlagen hat: Jos 15,20: αὕτη ἡ κληρονομία φυλῆς υἱῶν Ιουδα Jos 16,8: αὕτη ἡ κληρονομία φυλῆς Εφραιμ κατὰ δήμους αὐτῶν Jos 18,20: αὕτη ἡ κληρονομία υἱῶν Βενιαμιν, τὰ ὅρια αὐτῆς κύκλῳ κατὰ δήμους Jos 18,28: αὕτη ἡ κληρονομία υἱῶν Βενιαμιν κατὰ δήμους αὐτῶν

50 1)

2)

Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Juda (Jos 15,2–12.20): Die Abschlussformel wird erst nach der eingefügten Kaleberzählung angeschlossen (Jos 15,20).179 Bei der eingeschobenen Erzählung handelt es sich zudem um eine Parallele zu Ri 1,10–15. Die Abschlussformel nach der Kaleberzählung erscheint somit deplatziert zu sein, da man diese Formel eher nach v.12 vermuten würde. Efraim (Jos 16,5–8): Hinter der Grenzbeschreibung zu Efraim steht in Jos 16,8 ebenfalls die gleiche Abschlussformel. Auch der Umstand, dass Jos 16,5–8 viel ausführlicher den nördlichen Grenzverlauf schildet als die manassitische Südgrenze nach Jos 17,7–9,180 könnte für die Ursprünglichkeit der efraimitischen Grenzbeschreibung sprechen, auch wenn die diachronen Abhängigkeitsverhältnisse schwierig zu beurteilen sind.

Jos 19,16: αὕτη ἡ κληρονομία φυλῆς υἱῶν Ζαβουλων κατὰ δήμους αὐτῶν, πόλεις καὶ αἱ κῶμαι αὐτῶν Jos 19,23: αὕτη ἡ κληρονομία φυλῆς υἱῶν Ισσαχαρ κατὰ δήμους αὐτῶν, αἱ πόλεις καὶ αἱ κῶμαι αὐτῶν Jos 19,31: αὕτη ἡ κληρονομία φυλῆς υἱῶν Ασηρ κατὰ δήμους αὐτῶν, πόλεις καὶ αἱ κῶμαι αὐτῶν Jos 19,39: αὕτη ἡ κληρονομία φυλῆς υἱῶν Νεφθαλι 179 Nach FRITZ 1994, 164 ist Jos 15,20 hingegen die Überschrift der folgenden Ortsliste, auch wenn er hierfür die Begründung schuldig bleibt. Dagegen erkennt NOTH 1971b, 92 in diesem Vers zu Recht wie auch andernorts eine Schlussformel, die ursprünglich zum vorausgehenden Grenzbeschreibungsabschnitt gehört. Ähnlich RÖSEL 2011, 245. Die Argumente von DE VOS 2003, 124f. zu Jos 15,20 als Überschrift überzeugen nicht: Bei der Formel mit zoʾt handelt es sich andernorts stets um eine Abschlussformel. Die Gegenbeispiele von DE VOS haben stets das Demonstrativpronomen im Plural. Die Verlagerung der Schlussformel, die eigentlich nach V.12, dem Abschluss der Grenzbeschreibung, stehen müsste, ist auf den sekundären Einschub der Kaleberzählung zurückzuführen. Erst dadurch wurde diese Formel von dem listenartigen Material getrennt. Insofern sind die Einwände von DE VOS, dass die Grenzbeschreibung mit V.12 endet, dass diese Formel immer listenartiges Material abschließt und somit nicht nach V.13–19 stehen könne oder dass die Formel hier nicht genau wie andernorts als Abschluss verwendet wird, nicht zwingend. Parallelen von Jos 15,1 zu Jos 15,20.21aα lassen sich zwar feststellen. Aber eine bessere Entsprechung bieten V.1 und 21 (wayyiqtol + lemaṭṭeh benê Yehûdāh + ʾæl gebûl ʾædôm), sodass V.20 nicht als Überschrift mit V.21 verbunden werden muss. Die von DE VOS richtig erkannte Parallele zu Jos 18,20– 21 zeigt gegen DE VOS, dass Jos 15,20 in der Tat als Abschluss dient, der aber versetzt werden musste, als man die Kaleberzählung eingeschoben hat. Das Idiom hæʿārîm weḥaṣrêhæn ist zudem Zusatz zur Abschlussformel, der auf eine zuvor genannte Ortsliste zurückblickt, und deutet entgegen DE VOS nicht eine Weiterführung an. Insofern muss die Formel zoʾt naḥalat in v.20 nicht eine Überschrift sein, die dann ab V.21 von einer Ortsliste ergänzt wird. Auch KITZ 2000b, 615 Anm. 47 hält Jos 15,20 und Jos 16,8 für eine Einleitung zum Folgenden. EDERER 2017, 201 übersieht zum einen die Differenzierungen in der Abschlussformel und zum anderen einige Belege. 180 Vgl. FRITZ 1994, 172f.

2. Rekonstruktion der Grenzlisten in Jos 15–19

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Benjamin (Jos 18,12–20):181 Die Grenzbeschreibung von Benjamin endet in Jos 18,20 mit dieser leicht variierten Formel, wobei allerdings der Begriff maṭṭeh hier nicht eingefügt wird. Im Anschluss folgt in Jos 18,21–28 eine Ortsliste. Die in dieser Liste in zwei Durchgängen aufgezählten Orte stimmen mit den abschließenden Zahlenangaben in Jos 18,24.28 exakt überein (12 und 14 Städte), sodass hier offenbar die übernommene Tradition nicht verändert oder gekürzt worden ist.182 Die Ortsliste wiederholt zudem am Schluss in Jos 18,28 die Abschlussformel, wobei die eigenwillige Erweiterung ligbûlotæ̂ hā sābîb ausgelassen wird, die noch zuvor in Jos 18,20 stand. Weshalb hier allerdings der für Num 34 typische Sprachgebrauch gekürzt wurde, kann nicht geklärt werden. Die Wiederaufnahme der Abschlussformel könnte darauf hinweisen, dass die Ortsliste ohne Veränderung hier zu einem späteren Zeitpunkt eingepasst worden ist.183 Diese Beobachtung ist für die Redaktionsgeschichte der Landverteilungstexte von Interesse. Sebulon (Jos 19,10b–14.16*): Die ursprüngliche Grenzbeschreibung wird ab v.15 durch eine unvollständige Städteliste ergänzt, bei der ausweislich der abschließenden Zahlenangabe allerdings sieben der an sich geforderten zwölf Orte ausgefallen sind.184 Dass hier ein Grenzsystem offenbar mit einer Ortsliste sekundär verbunden worden ist, zeigt auch der Zusatz hæʿārîm hāʾellæh weḥaṣrêhæn, der die Abschlussformel erweitert und bei einer reinen Grenzbeschreibung nicht nötig gewesen wäre. Fraglich ist, weshalb es gerade bei den nördlichen Stämmen zu lückenhaften Beschreibungen gekommen ist. Vielleicht hängt dies damit zusammen, dass der Redaktor zum einen keine vollständig erhaltenen Listen zur Verfügung hatte, oder zum anderen als Judäer diese Gebiete nicht so gut kannte und

181 Nach HAWK 2000, 217 gleicht die Beschreibung Benjamins derjenigen von Juda hinsichtlich Fülle, Anordnung und Kohärenz. 182 Nach FRITZ 1994, 182 weist diese Zweiteilung „auf die Übernahme aus einer schriftlichen Vorlage“ hin. Ob dieses Dokument aus der Königszeit stammt und irgendwie mit der judäischen Städteliste verbunden war, ist hingegen nicht gesichert. ASSIS 2003, 22f. vermutet, dass Juda insgesamt elf Distrikte wie die übrigen neun Stämme umfasst, wobei die Stämme Benjamin und Simeon ausweislich ihrer Ortslisten jeweils zwei Distrikte gehabt hätten. 183 OSWALD 2009, 100 hält diese Ortsliste für älter als die umgebenden Landverteilungstexte. 184 Ähnlich HESS 1996a, 296, dem zufolge in dieser Liste Orte entfallen sind. Anders hingegen FRITZ 1994, 192, dem zufolge auch die Orte der Grenzbeschreibung aus einer ursprünglichen Liste genommen worden sind, sodass sich insgesamt 14 Orte ergeben, von denen zwei im Laufe der Überlieferung noch hinzugekommen seien. Weshalb dann aber die Anzahl der Orte in Jos 19,15 nicht auf 14 erhöht worden ist, ist fraglich. LXX hat offenbar den Widerspruch in der Zahlenangabe erkannt und bewusst darauf verzichtet, vgl. hierzu auch WOUDSTRA 1981, 285; ZIESE 2008, 329.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

möglicherweise kaum Interesse an einer genauen Darstellung der Nordstämme gehabt haben könnte.185 Vielleicht sind die Lücken textkritisch in dem Sinne zu erklären, dass im Laufe der Textweitergabe einzelne Orte ausgefallen sind. Mitunter werden aber nur idealisierte Zahlen angegeben, die keinen Anspruch auf Zuverlässigkeit erheben können. Issachar (Jos 19,18*.22*.23*): Die issacharitische Grenzbeschreibung ist ebenfalls mit einer unvollständigen Ortsliste vermischt.186 Da der Ort Jesreel mit he locale verbunden ist, wird das Lexem gebûl vermutlich als „Grenze“ wiederzugeben sein.187 Da die darauf folgenden Orte nicht direktiv zu fassen sind, beginnt ab Kesullot vermutlich eine Ortsliste, bei der von 16 Orten nur zwölf genannt werden.188 Hinzu kommt, dass der Ort Kesulot mit der Konjunktion w= klar vom Vorausgehenden abgetrennt wird. Außerdem kann das he locale im Gegensatz zu einer Präpositionalverbindung nicht auch noch auf die folgenden Orte auszuweiten sein.189 In Jos 19,13 sind im Gegensatz zu hier die einzelnen Orte jeweils mit he locale markiert, sodass ein Grenzverlauf abgebildet werden soll. Demgegenüber stehen in Jos 19,18 hinter Jesreel ausschließlich Orte, die jeweils kaum als direktives Adverbiale zu deuten sind. Erst ab v.22 wird der Grenzverlauf weiterhin mit Verben der Ortsveränderung geschildert,190 wobei die Präposition b= auch noch auf die folgenden Orte wirken kann, sodass die beiden Orte Schahazajim und Bet-Schemesch ebenfalls als Grenzorte dienen, an die die Grenze heranreichte. Abschließend wird die Zahl 16 genannt, die zwar zur Gesamtzahl der genannten Orte passt, aber eigentlich nur auf die Ortsliste 18–21* bezogen werden müsste. Somit werden in der vorliegenden Ortsliste eigentlich nur 14 Orte genannt. Denn der Ort Jesreel ist formal durch die verwendete Idiomatik klar als Grenzort ausgewiesen, während die auf Jesreel folgenden Orte nicht mehr zur Grenzbeschreibung gehören. Ähnlich wie bei Sebulon wird noch nach der

5)

185

Vgl. zum Problem auch MOWINCKEL 1964, 73. Es ist umstritten, ob hier ursprünglich nur eine Grenzbeschreibung oder nur eine Ortsliste vorgelegen hat, vgl. KALLAI 1986a, 111f. Es verwundert daher nicht, dass es sich nach FRITZ 1994, 193 ursprünglich um eine Ortsliste, nach NOTH 1971b, 116 hingegen um eine Grenzbeschreibung gehandelt habe. RÖSEL 2011, 308 weist jedoch darauf hin, dass geographisch auch Orte innerhalb des Stammesgebietes genannt werden, was für eine reine Grenzbeschreibung nicht möglich ist. 187 Vgl. zum Problem NELSON 1997, 222. Anders hingegen GRAY 1986, 157. 188 Vgl. hierzu auch GÖRG 1991, 86. HESS 1996a, 298 zählt hingegen die Orte der Grenzbeschreibung hinzu und vermutet, dass Schahazajim vielleicht in zwei Orte aufzuteilen wäre oder dass man textkritisch den in der LXX belegten Ort Beerot hinzuzählen müsse. Eine solche Anpassung ist aber dann unnötig, wenn von vorne herein von zwei Listen ausgegangen wird, bei denen einige Elemente entfallen sind. 189 Vgl. zum Problem auch RÖSEL 2011, 308. 190 Nach KNAUF 2008, 181 liegt hier eine Karikatur einer Grenzbeschreibung vor. 186

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ursprünglichen Abschlussformel mit dem Idiom hæʿārîm weḥaṣrêhæn ein Verweis auf eine eingearbeitete Ortsliste gegeben. Ascher (Jos 19,25*26*–28*.31): Die Grenzbeschreibung von Ascher enthält neben dem Grenzverlauf,191 der durch Verben der Ortsveränderung ausgedrückt wird, in v.25–26*, v.28* und v.30 Reste einer ursprünglichen Ortsliste, die aus 13 Orten besteht:192 zweimal drei Orte in v.25–26*, vier Orte in v.28 und drei Orte in v.30. Der Ort Helkat ist vermutlich als ein direktives Adverbiale zu deuten. Denn das Verb PGʿ in v.26 kann nicht für sich alleine stehen, sondern benötigt als Subjekt gebûl „Grenze“ aus v.25. Dementsprechend kann das Nomen gebûlām in v.25 nicht als „ihr Gebiet“ übertragen werden. Falls sich der Ausdruck wayehî gebûlām in v.25 auf eine Grenzbeschreibung bezieht, dann muss zumindest eine direktive Näherbestimmung folgen, sodass der darauffolgende Ort Helkat als direktives Adverbiale interpretiert werden muss: „und es war ihre Grenze nach Helkat“. Die in v.30 angegebene Anzahl von 22 Orten wird zudem noch weit übertroffen, wenn man alle Toponyme im Stammesgebiet von Ascher addiert (28 Orte). Insofern wird hier nicht die Anzahl der insgesamt in Grenzbeschreibung und Ortslisten genannten Orte angegeben. Insofern wird sich die Zahl 22 auf diejenigen Orte beziehen, die ursprünglich in der Ortsliste standen. Somit sollte man neben der Grenzbeschreibung noch eine aus 22 Orte bestehende Ortsliste vermuten, von der allerdings neun Toponyme ausgefallen sind.193 Auch hier wird bei der Abschlussformel das Idiom hæʿārîm hāʾellæh weḥaṣrêhæn ergänzt, das wohl auf die sekundäre Erweiterung der Grenzbeschreibung durch eine leider unvollständig erhaltene Ortsliste verweisen wird. Naftali (Jos 19,33–34.39): Die Grenzbeschreibung des Stammes Naftali wird in den vv.35–38 durch eine Ortsliste ergänzt,194 die aber ebenfalls im MT nicht vollständig erhalten ist. Denn bestenfalls 16 der 19 Städte werden hier genannt.195 Im Gegensatz zu den obigen Städtelisten wird die Ortsliste, die in Form eines Nominalsatzes gehalten ist, mit einem nomi-

191 NELSON 1997, 222f. kommt aufgrund von sprachlichen Beobachtungen zu einem ähnlichen Ergebnis. 192 Nach HUBBARD 2009, 419 ist in die Grenzbeschreibung an drei Stellen eine Ortsliste eingearbeitet. Anders hingegen NOTH 1971b, 117f., der keine Ortsliste, sondern eine Grenzfixpunktreihe vermutet. In v.25 werde folglich die Südgrenze Aschers bestimmt. Für eine ursprüngliche Ortsliste spricht sich FRITZ 1994, 194 aus. Nach RÖSEL 2011, 310 ist die Beschreibung des Stammesgebietes von Ascher zudem ganz oder größtenteils fiktiv. 193 Zum Problem der Anzahl der Orte vgl. RÖSEL 2011, 315. 194 Vgl. HESS 1996a, 300. 195 Vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 318. Nach HUBBARD 2009, 420 könnte die Diskrepanz in den Zahlenangaben darauf zurückzuführen sein, dass derartige Listen fließend sind oder dass die genannten Orte repräsentativ für die anderen Orte sind.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

nalem Subjekt weʿārê mibṣār eingeführt. Die mit maṭṭeh erweiterte Abschlussformel hat aufgrund der Kombination von Grenzverlauf und Ortsliste ebenfalls den Zusatz hæʿārîm weḥaṣrêhæn. Auf diese Weise wird deutlich gemacht, dass es hier nicht nur um eine Grenzziehung, sondern auch um Orte innerhalb des Stammesgebietes geht. Es hat folglich den Anschein, dass ein ursprüngliches Dokument mit Grenzverläufen von sieben Stämmen nachträglich und leider unvollständig mit Ortslisten angereichert worden ist.196 Zu diesem Zweck ist bei den vier Nordstämmen in Jos 19 bei der Abschlussformel die Apposition hæʿārîm weḥaṣrêhæn ergänzt worden,197 die bei Sebulon und Ascher zusätzlich durch das Demonstrativpronomen hāʾellæh erweitert wurde.198 Auch bei den anderen drei Stämmen sind Ortslisten vorhanden oder Hinweise auf derartige Listen. Während für den Stamm Juda in Jos 15,21–63 eine lange Ortsliste angefügt wurde, hat man sich für den Stamm Efraim mit einer kurzen Notiz kål hæʿārîm weḥaṣrêhæn in Jos 16,9 begnügt.199 Manchmal wird vermutet, dass die fehlende Ortsliste von Efraim auf antisamaritanische Tendenzen zurückgehen könnte.200 Dies könnte zumindest den Umstand erklären, dass es gerade bei diesem Stamm zu einer lückenhaften Beschreibung gekommen ist. Die Ortsliste von Benjamin wird in Jos 18,21–28 in zwei Durchläufen an die Grenzbeschreibung angefügt. Nur die Ortsliste von Benjamin scheint vollständig wiedergegeben zu sein, während die Ortslisten der nördlichen Stämme lückenhaft überliefert sind, was

196 KALLAI 1986a, 113 verweist ebenfalls auf ein System von Grenzbeschreibungen, zählt aber die ostjordanischen Grenzverläufe in Jos 13,7–12 und die Liste der Josefsstämme in Jos 16,1–3 ebenfalls hinzu. NOTH 1967, 185 geht sogar von einem nicht mehr entwirrbaren „Ineinander von Grenzbeschreibungs- und scheinbarem Ortslistenstil“ aus. Zu einer Verbindung von Grenzbeschreibungen und Ortslisten in Jos 18–19 vgl. auch BUTLER 2014b, 163f. 197 DE VOS 2003, 224 weist darauf hin, dass die Fügung hæʿārîm weḥaṣrêhæn vor allem in Jos 13–19 belegt ist. Nach CORTESE 1990, 66f. hat der Redaktor diese Abschlussformel bei den Stämmen Juda, Benjamin und Simeon nicht verwendet, da die dortigen Ortslisten bereits diese Formel verwendet haben. 198 Die Apposition mit den entsprechenden Zahlenangaben fehlt in Jos 19,15.22.30.38– LXX. Dies könnte auf einen sekundären Zuwachs des MT hinweisen, vgl. MAZOR 1994, 314–320. Allerdings ist dann fraglich, weshalb MT in allen Fällen eine falsche Anzahl angegeben hat. Für ein sekundäres Wachstum müsste man folglich auch einen anschließenden Ausfall von Orten annehmen, was das literarhistorische Wachstum noch zusätzlich kompliziert. Vielleicht ist es bei der Übernahme der Ortsliste oder danach zu Kürzungen gekommen, was die Übersetzer der LXX zum Anlass nahmen, diese Apposition ganz zu streichen. 199 Nach MOWINCKEL 1964, 73 hatte der Redaktor überhaupt kein Interesse an einer adäquaten Darstellung der Stämme Efraim und Manasse. Dies würde auch erklären, weshalb beim Stamm Efraim keine eigene Ortsliste angefügt wurde. 200 Vgl. KNAUF 2008, 169.

2. Rekonstruktion der Grenzlisten in Jos 15–19

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vom Redaktor offenbar durch die bisweilen recht seltsam anmutende Einarbeitung in die Grenzlisten kaschiert werden sollte.201 Während die Städtelisten bei Sebulon, Issachar und Naftali in einem Block nach der Grenzliste eingearbeitet worden sind, was dem Vorgehen bei Juda und Benjamin entspricht, wurden bei Ascher die einzelnen Orte in die vorliegende Grenzbeschreibung eingearbeitet.202 2.2 Eröffnungsformel Die Eröffnung der einzelnen Grenzbeschreibungen erfolgt jeweils mit einer wayyiqtol-Form von HYY + gebûl, wobei hier drei unterschiedliche Bildungen belegt sind:203 wayehî lāhæm gebûl / haggebûl (Juda, Benjamin)204 wayehî gebûl naḥalātām (Efraim, Sebulon)205 wayehî gebûlām (Issachar, Ascher, Naftali)206

1) 2) 3)

In allen drei Fällen wird mittels enklitischen Personalpronomens 3. maskulin Plural auf eine kollektive pluralische Größe verwiesen, die zuvor genannt werden muss. Allerdings gehören die jeweils vorausgegangenen Sätze ausweislich des Losverfahrens eigentlich nicht zur ursprünglichen Tradition, zumal das Lexem gôrāl vermutlich erst auf eine spätere priesterliche Bearbeitung zurückzuführen ist.207 Dementsprechend muss der jeweilige Stammesname aus dem vorausgegangenen Satz bzw. Vers zur ursprünglichen Tradition gehört haben. Auf das zuvor genannte Stammeskollektiv konnte dann das enklitische Personalpronomen verweisen.

201

Nach KALLAI 1986a, 479 stammen die Ortslisten wie die Grenzbeschreibungen größtenteils aus der Zeit Davids und Salomos. Lediglich die südlichen Ortslisten der Stämme Juda, Simeon, Benjamin und Dan könnten später erweitert worden sein. EDERER 2017, 202 vermutet, dass sich die angegebene Summenformel auf „die Gesamtzahl der im Stammesgebiet (bzw. in einem Teil desselben) gelegenen Städte“ beziehen würde. Die Summenformel gibt aber nur die Anzahl der Orte der jeweiligen Ortsliste an. 202 Vgl. zu dieser Beobachtung NELSON 1997, 219. 203 Vgl. hierzu DE VOS 2003, 222. Diese Differenzierungen blendet neuerdings EDERER 2017, 201 völlig aus. Selbst LXX übernimmt nahezu identisch diese Unterscheidungen: Jos 15,2: καὶ ἐγενήθη αὐτῶν τὰ ὅρια (Jos 15,2; 18,12) vs. καὶ ἐγενήθη τὰ ὅρια τῆς κληρονομίας αὐτῶν (Jos 16,5; 19,10: καὶ ἔσται τὰ ὅρια τῆς κληρονομίας αὐτῶν) vs. καὶ ἐγενήθη τὰ ὅρια αὐτῶν (Jos 19,18.25.33). 204 Jos 15,2 (Juda); Jos 18,12 (Benjamin). 205 Jos 16,5 (Efraim); Jos 19,10 (Sebulon). Nach RÖSEL 2011, 304 ist die syntaktische Konstruktion in Jos 19,10 mit ʿad problematisch, da es sich hier eigentlich um den Beginn einer Grenze handelt und nicht um den Endpunkt. 206 Jos 19,18 (Issachar); Jos 19,25 (Ascher); Jos 19,33 (Naftali). 207 Ähnlich auch DE VOS 2009, 65f.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Für eine literarkritische Fuge, die zwischen zwei verwendete Traditionen liegt, sprechen zudem folgende Gründe. Offenbar ist eine Tradition mit Grenzverläufen von einer gôrāl-Redaktion bearbeitet worden: 1)

2)

3)

4)

Die Landverteilung wird mit zwei unterschiedlichen Idiomen eingeführt, die auch noch inhaltlich unterschiedliche Sachverhalte betont. Während die erste Eröffnung mit dem Losentscheid operiert (gôrāl), hat die zweite Eröffnung eine Grenzangabe im Blick (gebûl).208 Beide Eröffnungen werden in der Regel mit wayyiqtol gebildet, während der Grenzverlauf dann mit weqatal formuliert wird.209 Es stellt sich folglich die Frage, weshalb nicht schon bei der Grenzangabe von wayyiqtol in weqatal gewechselt wurde. Offenbar liegt hier ausweislich der zweifachen Verwendung von wayyiqtol eine Doppelung vor. Nur bei Issachar in Jos 19,17 und bei Naftali Jos 19,32 wird x-qatal statt wayyiqtol gesetzt, ohne dass es hierfür einen nachvollziehbaren Grund gibt. Nur bei den oben genannten sieben Stämmen wird das Erbteil durch mehr oder minder exakte Grenzangaben beschrieben. Bei den anderen Stämmen, die ihr Land durch Losentscheid erhalten, fehlt eine Grenzliste. Auch diese Beobachtung spricht für zwei unterscheidbare Landverteilungskonzeptionen. Die beiden Stämme Simeon (Jos 19,1–9) und Dan (Jos 19,40– 48) sind nämlich reine Ortslisten, die noch mit narrativen Zusätzen geschmückt werden. Darüber hinaus wird das Gebiet des westjordanischen Teils von Manasse mit Ortslisten, Grenzbeschreibungen und Erzählungen abgesteckt. Nur bei Manasse werden einzelne Sippen erwähnt, auf die bei den anderen Stämmen lediglich die Fügung lemišpeḥotām hinweist. Die doppelte Einführung hat ihre Parallele in der Beschreibung des Stammesgebietes zum einen nach Grenzen und zum anderen nach Städten. In der sekundären Erweiterung hat man in die ursprüngliche Tradition der Grenzbeschreibung jeweils Ortslisten eingefügt (Jos 19) oder dem Grenzverlauf direkt angeschlossen (Jos 15 und Jos 18) oder durch eine knappe Notiz auf die Gesamtheit der Städte hingewiesen (Jos 16).

208 Juda (Jos 15,1 gôrāl und Jos 15,2 gebûl) Efraim (Jos 16,5 gebûl textkritisch zu ändern in gôrāl und Jos 16,5 gebûl) Benjamin (Jos 18,11 gôrāl und Jos 18,12 gebûl) Sebulon (Jos 19,10 gôrāl und Jos 19,10 gebûl) Issachar (Jos 19,17 gôrāl und Jos 19,18 gebûl) Ascher (Jos 19,24 gôrāl und Jos 19,25 gebûl) Naftali (Jos 19,32 gôrāl und Jos 19,33 gebûl) 209 Nach KNAUF 2008, 141f. entspricht diese Syntax nicht dem klassischen Hebräisch, sodass eine nachexilische Entstehung naheliegend ist. GROSS 1982, 69 weist darauf hin, dass weqatal für individuellen Sachverhalt der Vergangenheit „nach-althebräischer Syntax und aramäischer Ausdrucksweise“ entspricht.

2. Rekonstruktion der Grenzlisten in Jos 15–19

5)

6)

7)

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Die oben ermittelten Grenzbeschreibungstexte weisen viele sprachliche Parallelen zu Num 34,2–12 auf. Auch dort wird das Verheißungsland ausführlich beschrieben, wobei aber auf den Losentscheid verzichtet wird.210 Diese Vorstellung wird hingegen erst in Num 33,54 und Num 34,13 entwickelt, die literarhistorisch vermutlich später als Num 34,2–12 entstanden sind. Der redaktionelle Horizont des Losentscheids reicht darüber hinaus von Num 26,52–56 über Num 33,54 und Num 34,13 bis hin zu Jos 14,2 und Jos 19,51, wofür nicht nur das Losverfahren, sondern auch die Verteilung des Landes, ausgedrückt mit ḤLQ, spricht. Offenbar wird mit Num 26 ein Darstellungszusammenhang eingeleitet, der erst in den Landverteilungstexten des Josuabuches seinen Abschluss gefunden211 und vor allem die Landverteilung mithilfe des Losentscheids in den Blick genommen hat. In den Texten, die die Landverteilung an die ostjordanischen Stämme Ruben, Gad und Ostmanasse in Jos 13 thematisieren, steht ebenfalls eine doppelte Einführung, wobei aber das Losverfahren nicht angewendet werden kann, da die Stammesgebiete bereits in Num 32 verteilt worden sind. Aus diesem Grund steht hier retrospektives wayyitten.212 Die Redaktion, die das Losverfahren eingetragen hat, hat hier offenbar ebenfalls eine doppelte Erzähleröffnung nachgeahmt, obwohl bei den ostjordanischen Stämmen keine doppelte Überlieferung von Grenz- und Ortslisten zusammengearbeitet werden musste. Dass Jos 13,15–31 ursprünglich nicht mit den Grenzbeschreibungen verbunden war, zeigt schon die unterschiedliche Semantik von gebûl, das hier nicht mit einer direktiven Angabe ‒ im Unterschied zu den Grenzverläufen ‒ verbunden ist. Dass zwischen den Grenzbeschreibungen und den Ortslisten diachron zu trennen ist, zeigt auch die Beobachtung, dass in den später ergänzten Texten mit dem Losentscheid nur Ortslisten zu finden sind und eine eigentliche Grenzbeschreibung hier fehlt, während die Grenzbeschreibungen sekundär immer mit den bisweilen unvollständig erhaltenen Ortslisten durch die gôrāl-Redaktion verbunden worden sind. Selbst bei Efraim hat man einen kurzen solchen Hinweis auf efraimitische Orte gegeben, obwohl dem Redaktor hier offenbar eine entsprechende Ortsliste nicht vorlag. Möglicherweise hatte der Redaktor aber auch gar kein Interesse, eine solche efraimitische Ortsliste einzupassen.213 Der kleinere Grundbestand von

210 Die Vorstellung vom Losentscheid kann hier mit SCHMIDT 2004, 210 kaum eingetragen werden. Durch den Losentscheid würden nicht die Israeliten selbst ihren Erbbesitz bestimmen, sondern dieser wird ihnen von Gott „zufallen“. 211 Vgl. FREVEL 2011, 20f. 212 Jos 13,15 (Ruben); Jos 13,24 (Gad); Jos 13,29 (Ost-Manasse). 213 KALLAI 1986a, 329 weist jedoch darauf hin, dass der Grenzverlauf zwischen Efraim und Manasse sehr detailliert beschrieben sei, was gegen ein bewusstes Desinteresse des Redaktors an den Josefstämmen spricht. Allerdings sind Grenzverläufe und Ortslisten auf zwei

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

sieben Stämmen hat folglich nur Grenzbeschreibungen umfasst, während in der redaktionellen Erweiterung Ortslisten von insgesamt 9½ Stämmen ergänzt worden sind. Es ist eher unwahrscheinlich, dass man bei einem anderen Abhängigkeitsverhältnis nicht ebenfalls Grenzlisten zu den 9½ Stämmen ergänzt hätte oder darauf Hinweise gegeben hätte. Es sind somit zwei Systeme der Beschreibung des Erblandes für die einzelnen Stämme redaktionell miteinander verbunden worden: eine kleinere Liste von Grenzbeschreibungen von sieben Stämmen214 und Ortsliste von 9½ Stämmen,215 was durch minimale Eingriffe ermöglicht worden ist.216 Diese beiden Quellen scheinen ursprünglich unabhängig voneinander gewesen zu sein.217 Auf die beiden wayyiqtol-Formen (mit gôrāl und gebûl als Subjekt verbunden) folgen schließlich weqatal-Formen, die den Grenzverlauf der einzelnen Stammesgebiete skizzieren. Mit den weqatal-Formen wird eine bereits erfolgte Grenzziehung beschrieben, die nicht erst noch erfolgen muss. Damit entspricht diese Syntax priesterlicher Denkweise. Denn hier geht es um feststehende Ordnung, nicht um Aktion. Deshalb muss die Landeroberung auch nicht narrativ erzählt werden. Bereits durch die Listen mit den Landverteilungstexten des Josuabuches ist die priesterliche Landverheißung erfüllt.218 2.3 Die Überschrift Da die einzelnen enklitischen Personalpronomina 3. maskulin Plural bei der Formel wayehî + gebûl – wie schon gesehen – immer einen zuvor genannten Bezugspunkt benötigen, wird dieser im vorausgegangenen Satz vermutlich

Bearbeiter zurückzuführen, sodass durchaus unterschiedliche Motivationen vorliegen könnten. 214 Nach NOTH 1971b, 13f. besteht die Grundform der Grenzbeschreibungen aus einer Aufzählung von Grenzfixpunkten. Kritisch hierzu aber WAZANA 2013, 135 Anm. 20. Zu der Vorlage einer Grenzbeschreibungsliste, vgl. schon ALT 1927, 13–15. Zu den verwendeten Traditionen vgl. auch BUTLER 2014b, 111. Nach WAZANA 2013, 255f. kommen bestimmte Verben nur bei sieben Stämmen vor. 215 Vgl. ALT 1953b, 276–278, der von einer nördlichen nur teilweise erhaltenen Ortsliste und einer südlichen Ortsliste ausgeht, die verhältnismäßig gut rekonstruiert werden kann. Nach FRITZ 1994, 157 wird literarhistorisch oft nicht zwischen einer älteren, dem Redaktor vorliegenden Grenzbeschreibung und einer später redaktionell eingearbeiteten Ortsliste unterschieden. 216 Fraglich ist allerdings, ob es tatsächlich ein System von internen Grenzbeschreibungen einzelner Stämme gegeben hat, da es hierfür außerbiblisch keine Parallelen gibt, vgl. LISSOVSKI/NAʾAMAN 2003, 298. Nach LISSOVSKI/NAʾAMAN 2003, 318f. sei die Grenzbeschreibung in Jos 15–19 vom Redaktor selbst gebildet worden. Dann entfällt aber jegliche historische Verortung der Grenzlisten. 217 Vgl. hierzu schon NOTH 1967, 184. 218 Vgl. auch DE VOS 2003, 275.

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schon genannt. Insofern muss in den gôrāl-Sätzen nach den Überschriften der ursprünglichen Grenzlisten zu suchen sein. Inhaltlich scheinen die Angaben zu den einzelnen Stämmen die Überschrift über die Abschnitte der Grenzlisten zu sein. Für eine literarkritische Absonderung des jeweiligen Stammesnamens spricht die doppelte Präpositionalverbindung mit l=, die eigentlich unmotiviert ist. Die Doppelung der Präpositionalverbindung lässt sich somit am besten mit einer sekundären Erweiterung durch lemišpeḥotām erklären. Gerade in Jos 19 steht unmittelbar vor dem Satz mit wayehî + gebûl die stereotype Formel libnê X lemišpeḥotām219 bzw. lemaṭṭēh benê X lemišpeḥotām,220 wobei die erste Präpositionalverbindung als Überschrift für die folgende Grenzbeschreibung dienen kann, während lemišpeḥotām ein sekundärer Zusatz ist.221 Aber auch für die anderen drei Grenzverlaufslisten lässt sich eine derartige Überschrift finden: In Jos 15,1 wird die Überschrift lemaṭṭeh benê Yehûdāh lemišpeḥotām durch eine anschließend eingeschobene Grenzbeschreibung vom folgenden Vers getrennt, wobei es sich vermutlich um eine sekundäre Glosse handeln wird. Bei Efraim wird in Jos 16,5 das erste Element der Überschrift benê ʾæfrayim lemišpeḥotām als nomen rectum von gebûl umgedeutet, sodass aus libnê ʾæfrayim lemišpeḥotām schließlich gebûl benê ʾæfrayim lemišpeḥotām geworden ist. Aber auch hier ist die ursprüngliche Angabe eines Stammes gegeben. Ähnlich ist der Redaktor bei Benjamin in Jos 18,11 verfahren. Außerdem ist redaktionell noch ein Hinweis ergänzt worden, dass das Gebiet des benjaminitischen Erbteils zwischen Juda und Josef liegt, wobei die Bezeichnung der „Söhne Josef“ die Konzeption eines Doppelstammes bestehend aus Efraim und Manasse voraussetzt. Der Zusatz zeigt sich schon in der unterschiedlichen Verwendung des Lexems gebûl in 11b, das hier nicht mit „Grenze“ wie sonst in den Grenzbeschreibungen wiedergegeben werden kann, sondern mit „Gebiet“ übersetzt werden muss.

1)

2)

3)

Die Überschrift über die eigentliche Grenzliste, die in Form einer erweiterten Präpositionalverbindung mit l= ausgedrückt wird, ist folglich noch an allen Stellen zu finden und bildet mit lemišpeḥotām einen schönen Rahmen um die jeweilige Liste des Erblandes der einzelnen Stämme. Dass es sich bei le-

219

Jos 19,10 (Sebulon); Jos 19,17 (Issachar); Jos 19,32 (Naftali). Jos 19,24 (Ascher). 221 Für einen Zusatz spricht auch die Tradition der LXX, zumal nur bei Sebulon auf die „Sippen“ hingewiesen wird, vgl. Jos 19,10: τῷ Ζαβουλων κατὰ δήμους αὐτῶν, während ansonsten darauf verzichtet und nur der Stammesname genannt wird: τῷ Ισσαχαρ (Jos 19,17); Ασηρ (Jos 19,24); τῷ Νεφθαλι (Jos 19,32). 220

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

mišpeḥotām offenbar um einen sekundären Zusatz handelt, zeigt auch die Tradition der LXX, die desöfteren auf diese Ergänzung verzichtet und offenbar eine ältere Textform überliefert.222 Alles in allem bleibt festzuhalten: Das System der Grenzbeschreibungen verwendet nicht nur eigene Idiome, die mit Num 34,2–12 zu verbinden sind. Es wird auch durch formale Elemente an den jeweiligen Rändern als eigene Darstellungsform ausgewiesen. Auffälligerweise gilt dieser Befund nur für sieben westjordanische Stämme (Juda, Efraim, Benjamin, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali), wobei Westmanasse, Simeon und Dan noch nicht zu diesem System gehören. Ausweislich der verwendeten Idiomatik scheint hier eine priesterliche Redaktion gearbeitet zu haben, die eine eigene Vorstellung von einem „Idealen Israel“ bestehend aus nur sieben Stämme, verwirklicht und damit einen Konkurrenzentwurf zum klassischen Zwölfstämmebund vorlegt. Während Simeon und Dan ohnehin sekundär aus dem bereits verteilten Territorium abgespalten werden, ist das Fehlen von Westmanasse signifikant. Vielleicht wollte man das manassitische Gebirge schon vor dem Hintergrund, dass hier assyrische Deportierte nach 720 v.Chr. angesiedelt worden sind, nicht zum eigentlichen Verheißungsland zählen. Das Kernland der späteren Samaritaner kam offenbar für diese priesterliche Redaktion noch nicht in den Blick. Das Fehlen der ostjordanischen Gebiete fällt hingegen überhaupt nicht ins Gewicht, da das Verheißungsland zum einen nach Num 34,2–12 ohnehin nur das Westjordanland umfasste und zum anderen die ostjordanischen Stämme nach der Tradition ihr Land schon von Mose zugewiesen bekamen, worauf Jos 13 ausführlich hinweist.

3. Redaktionelle Bezüge von Jos 15–19 zu Num 33,50–56 In Num 33,50–56 ergeht in den Steppen Moabs der Befehl an Mose zur Landnahme und Landverteilung. In dem Abschnitt Num 33,50–56 werden durchwegs priesterliche und dtr. Terminologie verwendet,223 sodass es sich aufgrund des Mischstils vielleicht um einen relativ späten Text handeln könnte.224 Da die unterscheidbare Idiomatik bestens ineinander gearbeitet worden ist, fällt es schwer, einzelne redaktionelle Horizonte abzuheben, auch wenn dieser Abschnitt sicherlich nicht einheitlich ist.

222 Die Präpositionalverbindung lemišpeḥotām wird in Jos 15,20; 19,1.17.24.32.39.40 von LXX nicht übersetzt. Nach ZIESE 2008, 315 hat lemišpeḥotām quasi-distributive Bedeutung: „specifically to all its clans”. 223 Vgl. AULD 1980, 75; ACHENBACH 2003, 573 Anm. 64; FISTILL 2007, 134; SEEBASS 2007, 388; SCHIPPER 2011, 146. 224 Vgl. SEEBASS 2006a, 102.

3. Redaktionelle Bezüge von Jos 15–19 zu Num 33,50–56

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Priesterliche Sprache lässt sich zumindest in Num 33,50–51a und in Num 33,53b–54 finden,225 während die Wortwahl in v.52 hingegen typisch dtr. geprägt ist.226 Vor allem die vv.53–54 werden immer wieder als späterer Zusatz ausgeschieden,227 der die Landverteilung nachtrage und die paränetischen Forderungen aufsprenge. Gelegentlich wird nur v.54 als Ergänzung ausgesondert.228 Ein klares syntaktisches Merkmal für einen Zusatz ist jedoch weder in v.53 noch in v.54 zu erkennen. Denn die einzelnen weqatal-Formationen bilden eine Reihe von Geboten, die zu erfüllen sind, wenn Israel den Jordan überschreitet. Lediglich der kî-Satz in 53b könnte eine Zäsur bilden. Allerdings wäre es ebenso möglich, dass es sich bei dem kî-Satz in 53b wie bei v.51 um einen Temporalsatz handelt, von dem dann v.54 abhängt.229 Aus alledem folgt, dass eine literarkritische Aufteilung von Num 33,50–56 ausweislich der verwendeten Sprachform schwierig ist. Eine Redaktionsgeschichte dieser Einheit muss im Folgenden nicht geleistet werden, da es nur um sprachliche Verbindungslinien ins Josuabuch geht. Trotzdem sind vor allem die priesterlichen Bezüge von Num 33,54 über Num 34,13–15 bis in die Landverteilungstexte des Josuabuches interessant. Es hat nämlich den Anschein, dass Num 33,54 mit Num 34,13–15 zu verbinden ist, da nur an diesen beiden Stellen die Landverteilung durch den Losentscheid gefordert wird und die seltene Stammesmodifikation NḤL-tD für „Landbesitz erhalten“ gewählt wurde.230 In der Ergänzung Num 34,13–15 wird zudem bewusst betont, dass das Verheißungsland durch den Losentscheid an die westjordanischen Stämme verteilt werden soll. Die ostjordanischen Stämme hingegen haben bereits ihr Erbteil empfangen. Diese bewusste Hervorhebung der bereits erfolgten Landgabe an die ostjordanischen Stämme soll vermutlich unterstreichen, dass die Stämme im Ostjordanland nicht gegenüber den westjordanischen Stämmen benachteiligt sind.231 Denn auch das Ostjordanland wird als naḥalāh „Erbteil“ bezeichnet, das aber im Unterschied zum Westjordanland bereits eingenommen wurde. 225

Vgl. hierzu auch IBAÑEZ ARANA 1981, 82. Num 34,1.16 hat ähnliche Eröffnungen wie in Num 33,50a–51b. Die Ortsangabe „in den Steppen Moabs am Jordan von Jericho“ wird in Num 35,1 ebenfalls erwähnt. 226 Vgl. SEEBASS 2007, 388. Zwar ist die Formel NTN + lāræšæt typisch für Dtn, vgl. LEVINE 2009, 524, aber eine vergleichbare Formulierung findet sich ebenfalls in priesterlichem Zusammenhang in Lev 20,24. 227 Vgl. NOTH 1966, 215; WÜST 1975, 192; AULD 1980, 75. 228 Vgl. SCHMIDT 2004, 210; SEEBASS 2007, 387. 229 Anders SEEBASS 2007, 387. Nach LEVINE 2009, 522 ist zumindest der kî-Satz in Num 33,51 temporal zu übersetzen. 230 Vgl. SCHMIDT 2004, 210. 231 Vgl. SCHMIDT 2004, 211. Nach FISTILL 2007, 137 unterscheidet sich Num 34 in diesem Punkt von der Konzeption in Ez 47–48, wo ausschließlich das Westjordanland als Verheißungsland gilt. Aufgrund von Num 34,13–15 wird nämlich noch das Ostjordanland ebenfalls berücksichtigt.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Es verwundert auf den ersten Blick, dass dem Befehl zur Landverteilung in Num 33,50–56 zunächst noch keine Ausführung folgt.232 Während ansonsten immer die Korrespondenz von Befehl und Ausführung besonders betont wird, fehlt zunächst die Ausführung in den folgenden Texten. Erst im zweiten Teil des Josuabuches kommt es schließlich zu einer Verteilung des Verheißungslandes, wobei dies aber bereits vergangenheitlich geschildert wird. Die Landverteilung ist folglich schon geschehen, Fakten sind geschaffen. Im Folgenden sollen spezifische sprachliche Ausdrucksformen untersucht werden, die sich in Num 33,50–56 und in den Landverteilungstexten Jos 13– 19 finden lassen. Vor allem der priesterlich geprägte v.54 hat eine vergleichbare Idiomatik, weshalb wohl von einer literarischen Brücke zwischen diesen beiden Textbereichen auszugehen ist. 3.1 NḤL ʾæt hāʾāræṣ begôrāl Das Idiom NḤL ʾæt hāʾāræṣ begôrāl findet sich nur in Num 33–34 und in Jos 15–19.233 In Num 33,54 wird bereits die Vorstellung entwickelt, dass das Verheißungsland den einzelnen Stämmen durch das Los zugeteilt werden soll.234 Da zunächst aber in Num 34,2–12 die Grenzen des zugesprochenen Landes allgemein vorgestellt werden müssen, wird in Num 34,13 noch einmal auf die Landzuweisung durch das Losverfahren hingewiesen. Hierbei wird im Relativsatz auf das Objekt hāʾāræṣ mit ʾotāh hingewiesen. Erst am Abschluss der Landverteilung wird in Jos 19,51 die Landverteilung mittels Los abgeschlossen, wobei das Objekt hāʾāræṣ im folgenden Satz genannt wird. Nur an diesen drei Stellen findet sich das Idiom NḤL begôrāl, wobei als Objekt hāʾāræṣ implizit oder explizit genannt wird.235 Lediglich der Stamm bei NḤL unterscheidet die drei Verwendungsweisen. Während in Num 33,54 und 34,13 der reflexive tD-Stamm („sich zuteilen“)236 verwendet wird, ist in Jos 19,51 D-Stamm („zuteilen“) zu finden. Das Verb NḤL wird in priesterlichen Texten gerne im G-Stamm und in den Dopplungsstämmen gebraucht, während in dtr. Literatur der H-Stamm gesetzt wird, wobei 232

Nach PETERSEN 1980, 138 gehört es zum priesterlichen Stil, dass Befehl und Ausführung berichtet werden, wobei es naturgemäß zu Wiederholungen kommt. 233 Num 33,54; 34,13 sowie Jos 19,51. 234 Bei der Präpositionalverbindung begôrāl liegt wohl ein b instrumentalis vor, vgl. hierzu DE VOS 2003, 106. 235 Damit weichen diese drei Stellen von Num 26,55 ab, wo die Landverteilung mit dem Idiom ḤLQ begôrāl ausgedrückt wird. Die Vorstellung einer Verteilung des Landes (ḤLQ ʾæt hāʾāræṣ) ist jedoch ebenfalls in Jos 18,10 und 19,51 zu finden. Vermutlich ist an beiden Stellen Josua das Subjekt der Landverteilung. DE VOS 2003, 209 vermutet, dass Jos 19,51a eine „Korrektur und Spezifizierung“ des ursprünglichen Abschlusses der Landverteilung ist. NOTH 1971b, 123 nimmt ebenfalls an, dass es sich bei Jos 19,51a um einen sekundären Zusatz handelt. 236 Vgl. SEEBASS 2007, 386.

3. Redaktionelle Bezüge von Jos 15–19 zu Num 33,50–56

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meist Gott als Subjekt der Handlung firmiert.237 Es verwundert daher nicht, dass NḤL-H im Josuabuch nur in der dtr. überarbeiteten Eröffnung in Jos 1,6 zu finden ist, wo Josua das Land den Israeliten als Erbteil zuweist, das zuvor von Gott gegeben wurde.238 Ansonsten wird im dtr. Kontext das Verb YRŠ verwendet. Die wenigen Stellen mit YRŠ in Jos 15–19 gehen daher vermutlich auf eine dtr. Überarbeitung zurück.239 Allerdings darf man aus diesen Beobachtungen nicht zwangsläufig folgern, dass NḤL-G bzw. NḤL-D/tD ein Lexem ist, das ausschließlich im priesterlichen Kontext zu finden ist.240 Auch das Nomen naḥalāh „Lehen“ trägt im priesterlichen Kontext eine Sonderbedeutung. Während dieses Wort im Buch Deuteronomium für das gesamte Verheißungsland oder für das Volk als Erbteil YHWHs gebraucht wird, bezeichnet naḥalāh bei den meisten Belegen im Josuabuch das Lehen von einzelnen Stämmen oder sogar von Einzelpersonen wie Josua oder Kaleb.241 Es handelt sich bei naḥalāh um unveräußerlichen Besitz, der in der Familie bleiben muss. Da Gott der Eigentümer des Verheißungslandes ist, muss er das jeweilige Lehen dem einzelnen Stamm zuweisen. Dies kann durch den Losentscheid geschehen, sodass das Nomen naḥalāh auch mit der Präpositionalverbindung begôrāl verbunden werden kann.242 Auch wenn dieses Lexem meist mit erbund besitzrechtlichen Konnotationen versehen wird,243 ist naḥalāh letzten Endes eine göttliche Heilsgabe, die als Lehen von YHWH übergeben wird und von Generation zu Generation weitergegeben werden kann. Bei dem Nomen gôrāl „Los“ handelt es sich vermutlich um Lossteine oder Holzstücke, die man beim Losvorgang verwendet hat, was auch etymologisch naheliegend ist.244 Durch die Verwendung von Losen konnte man eine unparteiische Entscheidung treffen. Denn der Losentscheid war von Zufall und Glück geprägt, auch wenn man davon überzeugt war, dass die Entscheidung von Gott im rechten Sinne beeinflusst werden konnte.245 Durch das Los konnte 237

Vgl. CORTESE 1990, 26. Nach DE VOS 2003, 275 wird in priesterlichen Texten das Land von Gott gegeben. Subjekt der Landgabe ist folglich Gott selbst. Wie die Landeroberung oder -verteilung abläuft, wird nicht ausgeführt. 239 Vgl. CORTESE 1990, 27. Zum Lexem YRŠ, das einen legalen Transfer des Landes durch Gott beschreibt, HOWARD 1998, 300–302. 240 Vgl. die kritischen Bemerkungen bei DE VOS 2003, 264f., auch wenn diese Stammesmodifikation sicherlich kaum in explizit dtr. Kontext belegt ist. Nach HOWARD 1998, 303f. sind die beiden Lexeme YRŠ und NḤL fast identisch. 241 Vgl. DE VOS 2003, 126. Fraglich ist allerdings, ob sich naḥalāh primär auf Orte beziehe und daher immer mit Ortslisten verbunden wäre, so aber DE VOS 2003, 223. 242 Jos 14,2; 19,51. 243 Vgl. hierzu EDERER 2017, 204. 244 Vgl. zu diesem Lexem DOMMERSHAUSEN 1971, 197; DOMMERSHAUSEN 1973, 992; IBAÑEZ ARANA 1981, 91f.; DE VOS 2003, 103; ZIESE 2008, 299; LEVINE 2009, 325f. 245 Vgl. DOMMERSHAUSEN 1971, 195. Aus diesem Grunde musste der Losentscheid vor Gott durchgeführt werden, vgl. MATTHEWS 2016, 121. 238

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

somit der Wille Gottes bestimmt werden, auf den der Mensch keinen Einfluss hat. Gerade wenn es um die Verteilung von Sachen geht, konnte das Los den entscheidenden Ausschlag geben. Insofern bezeichnet gôrāl auch all das, was einem durch den Losentscheid zugesprochen wird.246 Das „Los“ ist aber nicht nur der eigentliche Losanteil, sondern auch das göttliche Mandat, das zugewiesene Land zu besiedeln und zu gestalten.247 Gerade die Verteilung des von Gott geschenkten Landes sollte allein von Gott durchgeführt werden, weshalb nach priesterlicher Vorstellung der Losentscheid in Jos 18–19 herangezogen wird. Auf diese Weise konnte die Landverteilung „Ausdruck der göttlichen Ordnung“ sein.248 Gerade in diesem Kontext wird immer wieder nachdrücklich betont, dass das Los „vor YHWH“ geworfen wird.249 Nicht umsonst muss in dieser Tradition der Losentscheid vor dem Zelt der Begegnung in Schilo geschehen.250 Die eigentliche Landverteilung wird demnach auf den Willen Gottes zurückgeführt. Nicht umsonst wird das Wort gôrāl immer wieder in priesterlichen Texten herangezogen, um die Landverteilung zu beschreiben.251 Dieses Wort findet sich nicht in der dtr. Literatur und kann folglich als sicheres Indiz für eine priesterliche Redaktion dienen.252 Im Gegensatz zum priesterlichen gôrāl wird nämlich in dtr. Kontext das Wort ḥæbæl „Los“ verwendet.253 In den Landverteilungstexten des Josuabuches wird das Nomen ḥæbæl dann eingesetzt, wenn es wie im Falle der Josefssöhne oder Simeons ein zweites Los gibt, mit dem das Gebiet neu verteilt werden soll.254 Hier hat offenbar eine dtr. Redaktion abweichende Vorstellungen eingetragen. Das erste Mal kommt gôrāl in Num 26,55–56 in Verbindung mit der künftigen Landverteilung vor.255 Vermutlich dient dieser Vers bereits als Einleitung zur Landverteilung, da hier die wichtigen Lexeme gôrāl, ḤLQ und NḤL stehen. Allerdings folgen danach andere Themen. Erst ab Num 32 schließt sich die Landverteilung an die ostjordanischen Stämme an, die allerdings nicht durch 246 Vgl. DE VOS 2003, 103. Für EDERER 2017, 202 bezeichnet gôrāl das jeweilige Stammesgebiet in seiner idealen Gesamtheit. Nach AULD 1980, 56 ist die Bedeutung „alloted portion/allotment“ für gôrāl nur in textkritisch umstrittenen Passagen im Josuabuch zu finden. 247 Vgl. hierzu EDERER 2017, 202. 248 Vgl. DE VOS 2003, 106. KITZ 2000b, 610–618 zeigt, dass es für die Landverteilung durch das Los auch außerbiblische Parallelen gibt. Kritisch hierzu HESS 2002, 498 Anm. 11. 249 In der Erzählung Jos 18,1–10 (Jos 18,6.8.10) und am Abschluss in Jos 19,51. 250 Vgl. DOMMERSHAUSEN 1971, 198. 251 Vgl. CORTESE 1990, 29. 252 Vgl. hierzu IBAÑEZ ARANA 1981, 92. 253 Vgl. CORTESE 1990, 30. 254 Jos 17,5.14; 19,9. Nach PARUNAK 1977, 20 ist in den Landverteilungstexten die Bedeutung von ḥæbæl jedoch „Region, Gebiet“, während gebûl mit „Grenze“ wiederzugeben wäre. 255 Davor kommt gôrāl im Pentateuch nur im Rahmen des Großen Versöhnungstages in Lev 16,8.9.10 vor.

3. Redaktionelle Bezüge von Jos 15–19 zu Num 33,50–56

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den Losentscheid erfolgt. Erst in Num 33,54 wird der Gottesbefehl aus Num 26,55–56 zur Landverteilung wiederholt und explizit auf das Land westlich des Jordans bezogen, das zusätzlich in Num 34 näher beschrieben wird, bevor dann in Jos 14–19 die eigentliche Landverteilung durch den Losentscheid folgt. Es hat den Anschein, dass die Konzeption der Landaufteilung mittels gôrāl erst sekundär in das Numeribuch eingetragen worden ist.256 Interessanterweise werden nur die Erbteile der sieben restlichen Stämme Benjamin, Simeon, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali und Dan durch Losentscheid in Schilo zugewiesen, während Juda und die beiden Josefstämme schon zuvor durch das Los ihr Stammesgebiet erhalten haben.257 Wenn man folglich diese drei Stämme hinzuzählt, die ebenfalls durch das Los ihr Erbteil zugesprochen bekamen, erhält man die Zehnzahl der westjordanischen Stämme.258 Aus dem ursprünglichen Dokument mit sieben Stämmen (Juda, Efraim, Benjamin, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali) wurde durch die Ergänzung von Simeon und Dan in Jos 19 und Manasse in Jos 17 sowie die redaktionelle Bearbeitung mit dem Losentscheid das Westjordanland an zehn Stämme aufgeteilt. Das Los wird folglich zur verbindenden Klammer, die die Landverteilung zusammenhält, auch wenn zwischen dem Losentscheid in Jos 18–19 in Schilo und der Vergabe durch das Los an Juda, Efraim und Manasse schon insofern unterschieden wird, als ab Jos 18 die einzelnen Lose durchgezählt werden. Ob diese Beobachtung literarhistorisch auszuwerten ist, ist fraglich. Eigentlich ist es nicht nötig, zwei redaktionelle Schichten der Landverteilung durch das Los anzunehmen. Das Idiom NḤL ʾæt hāʾāræṣ wird gelegentlich als verbindende Klammer zwischen Num 34,29, Jos 14,1 und Jos 19,49 gesehen. Die Landverteilung sei somit im Numeribuch befohlen und im Abschnitt der Landverteilung im Josuabuch begonnen und abgeschlossen worden.259 Allerdings sind die Bezüge nicht so eindeutig, wie dies auf den ersten Blick zu sein scheint. Denn nur NḤLG ist in Jos 14,1a und Jos 19,49a identisch, während in Jos 14,1a das Subjekt benê Yiśrāʾel, das dann in Jos 19,49a ebenfalls eingetragen werden könnte, steht und ein Präpositionalobjekt beʾæræṣ Kenāʿan folgt.260 Der Bezug zwischen Jos 14,1 und Num 34,29 ist hingegen deutlicher ausgeprägt (benê Yiśrāʾel und beʾæræṣ Kenāʿan). Nur die Stammesmodifikation von NḤL ist unterschiedlich. Neben den beobachteten Ähnlichkeiten gibt es folglich auch 256 Vgl. hierzu DE VOS 2003, 199–201. Möglicherweise hängt diese Vorstellung mit der Stadtverteilung durch das Los in Neh 11 zusammen, zumal es zwischen der Landverteilung durch den Losentscheid und Neh 11 zahlreiche Parallelen gibt, vgl. DE VOS 2003, 204. 257 Jos 15,1 (Juda); 16,1 (Efraim), 17,1 (Manasse). 258 Vgl. DE VOS 2003, 106. 259 Vgl. DE VOS 2003, 209. 260 Nach NOTH 1967, 186f. wird aber die vor-dtr. Fassung der Landverteilungstexte durch Jos 14,1a und Jos 19,49a gerahmt. Gemäß dieser Schicht hätten die Israeliten ihr Erbland in Besitz genommen.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

markante Unterschiede zwischen Num 34,29, Jos 14,1 und Jos 19,49, die man für redaktionsgeschichtliche Hypothesen berücksichtigen muss. 3.2 lemišpeḥot + ePP Gemäß Num 33,54 soll das Erbland nicht den Stämmen, sondern zunächst den Sippen lemišpeḥotêkæm über den Losentscheid zugeteilt werden. Diese Differenzierung muss nicht verwundern, da in Jos 18–19 den sieben restlichen Stämmen ebenfalls ihr Erbteil nach ihren Sippen lemišpeḥotām zugelost wird.261 Aber auch die anderen drei westjordanischen Stämme erhalten ihr Erbteil nach ihren Sippen.262 Selbst als das Erbland der ostjordanischen Stämme kurz wiederholt wird, wird das Erbteil den Stämmen nach ihren Sippen zugesprochen.263 Insgesamt fällt auf, dass die Formel lemišpeḥotām die einzelnen Landzuweisungen rahmt. Dies weist auf einen dezidierten Gestaltungswillen hin, der den Abschnitt der Landverteilung in eine gewisse Ordnung bringen wollte. Allerdings erwartet man ausweislich dieser Ausdrucksweise, dass nicht nur das Gebiet des Stammes vorgestellt wird, sondern auch die einzelnen Sippen angemessen berücksichtigt werden.264 Dies ist aber nirgendwo der Fall. Außer in den einleitenden und abschließenden Formeln spielt das Wort mišpeḥôt keine Rolle, auch wenn man die einzelnen Stammesgebiete nach jeweiligen Sippen hätte gliedern können.265 Die Zusammenstellung von Stamm und Sippe scheint auf Num 26 zurückzugehen. In dem dortigen Geschlechterverhältnis wird die Gliederung des jeweiligen Stammes nach Sippen durchgeführt. Das typisch priesterliche Wort mišpeḥôt „Sippen“ findet sich auffälligerweise ‒ abgesehen von Jos 6,23 und 7,14.17 ‒ erst wieder in den Landverteilungstexten in Jos 13– 21,266 während es fast völlig im Dtn fehlt.267 Die Verwendung dieses Wortes im Landverteilungskontext ist nachgerade ein schlagender Hinweis auf die priesterliche Prägung dieses Abschnitts, der vermutlich ältere Informationen verarbeitet hat und eine Brücke ins Numeribuch zu Num 26 und Num 33 schlägt.

261

Jos 18,11.20.28 (Benjamin); Jos 19,1.8 (Simeon); Jos 19,10.16 (Sebulon); Jos 19,17.23 (Issachar); Jos 19,24.31 (Ascher); Jos 19,32.39 (Naftali); Jos 19,40.48 (Dan). 262 Jos 15,1.12.20 (Juda); Jos 16,5.8 (Efraim); Jos 17,2 (West-Manasse). 263 Jos 13,15.23 (Ruben); Jos 13,24.28 (Gad); Jos 13,29.31 (Ost-Manasse). 264 Vgl. hierzu WÜST 1974, 210. 265 Vgl. DE VOS 2003, 221: „Vor allem die Ortsliste Judas hätte reichlich Gelegenheit gegeben, die Distrikte mit den Wohngebieten bestimmter Geschlechter zu verbinden“. 266 Vgl. CORTESE 1990, 25. Zu diesem priesterschriftlichen Wort auch CORTESE 1980, 73; IBAÑEZ ARANA 1981, 83; RÖSEL 2011, 271. 267 Einzige Ausnahme: Dtn 29,17.

3. Redaktionelle Bezüge von Jos 15–19 zu Num 33,50–56

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3.3 YṢʾ gôrāl Das Idiom YṢʾ gôrāl findet sich fast ausschließlich in den beiden Textbereichen Num 33 und Jos 15–19.268 Außerhalb dieser Textkomplexe ist diese Verbindung nur noch bei der chronistischen Aufteilung der Priesterschaft für die verschiedensten Aufgaben belegt.269 Die Vorstellung, dass das Los auf eine Person bzw. Personengruppe fällt, ist somit nur in diesen Texten anzutreffen. Hier wird vermutlich auf den tatsächlichen Vorgang des Losentscheides angespielt, wonach die einzelnen Lose aus einem Behälter „herauskommen“.270 Nur noch in Jos 21,4 wird dieses Idiom ebenfalls aufgegriffen, wenn es um die Zuweisung der Städte für die levitische Sippe der Kehatiter geht. Diese Verbindung wird nur am Anfang der Verteilung der Levitenstädte genannt, ist aber insgesamt nicht typisch für die Liste der Levitenstädte. Interessanterweise werden die einzelnen Städte „durch das Los gegeben“ (NTN baggôrāl),271 was diese Stelle mit der Parallele in 1Chr 6,50 verbindet. Im priesterlichen Textbereich der Landverteilung in Jos 15–19 ist von einer Zuteilung des Verheißungslandes durch das Los die Rede. Ganz anders verhält sich dies im dtn/dtr. Kontext, wonach das Land als Lehen gegeben wird. Es verwundert daher nicht, dass das Idiom NTN naḥalāh nur in vier Stellen der Landverteilung belegt ist, wobei es sich hierbei jeweils um nachweislich jüngere Belege handelt: in der späten Landzuteilung an Manasse, die einen Mischstil aufweist (Jos 17,4.14), in der Erzählung von der Arbeit der Landkommission, die im Gegensatz zum Losentscheid steht (Jos 18,7), und am Abschluss der Landverteilung (Jos 19,49). Auch diese Beobachtungen sind für eine literarhistorische Beurteilung von Jos 15–19 wichtig. 3.4 Ergebnis Während für die Grenzlisten aufgrund von sprachlichen Beobachtungen ein literarischer Horizont zu Num 34,2–12 aufgewiesen werden konnte, besteht ein zweites Bezugsystem über das Lexem gôrāl vor allem zu Num 33,54. Gerade 268 Num 33,54 sowie Jos 16,1; 19,1.17.24.32.40. Zur sprachlichen Verbindung zwischen Num 33,54 und Jos 19 vgl. SEEBASS 2007, 387. PITKÄNEN 2010, 298 weist darauf hin, dass LXX statt gôrāl offenbar das Lexem gebûl belegt. AULD 1980, 56 betont überdies, dass in allen drei Eröffnungsformeln in Jos 15–17 die LXX diese abweichende Lesart bietet. 269 1Chr 24,7; 25,9; 26,14. 270 Vgl. hierzu SCHMID 1971, 413; DOMMERSHAUSEN 1973, 992. Außerdem wird in Jos 18,11 und 19,10 noch das Verbum ʿLY „heraufkommen“ verwendet, eine Verbindung die ansonsten nur noch beim Losentscheid am Versöhnungstag in Lev 16,9–10 anzutreffen ist. Alternativ ist auch noch HYY + gôrāl in Jos 15,1; 17,1.17; 21,10; 1Chr 6,39 belegt, wobei diese Konstruktion nach SCHMID 1971, 414 nicht das eigentliche Losverfahren im Blick hat, sondern vielmehr metonymisch der „Landanteil eines Stammes oder einer Familie“ gemeint ist. Ähnlich auch DE VOS 2003, 104, dem zufolge gôrāl in dieser Verwendungsweise „Gebiet“ bedeutet. Zu Verben, die mit dem Losentscheid verbunden sind, vgl. KITZ 2000a, 208–213. 271 Jos 21,8.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

die Verwendung des Losentscheids zur Verteilung des Landes hat ihren Ursprung im Numeribuch. Ebenso wird die Gliederung nach Sippen bei den Landverteilungstexten zwar in den Rahmenformeln immer wieder betont. Aber die einzelnen Listen fassen den Stamm als Ganzes auf. Nach Sippen wird in den Listen nirgendwo unterschieden. Diese beiden Beobachtungen sprechen dafür, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein literarischer Horizont geschaffen worden ist, der zurück bis Num 26 reicht, wo bereits der Losentscheid eingeführt wird und Israel nach Sippen gegliedert ist. Diese Konzeption wird in Num 33,54 aufgegriffen und schließlich in Jos 15–19 durchgeführt, wobei offenbar schon in Jos 14 die Vorbereitungen für die Landverteilung geschildert werden. Ob die Rekapitulation der ostjordanischen Stammesgebiete in Jos 13 bereits in diesen literarischen Horizont gehört ‒ diese Stämme werden ebenfalls nach Sippen gegliedert ‒ ist zu Recht fraglich, zumal hier und in Num 32 der Losentscheid fehlt.

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19 Schon immer ist aufgefallen, dass gerade im zweiten Teil des Josuabuches eine gewisse Nähe zur sogenannten Priesterschrift festzustellen ist.272 Dies verwundert insofern nicht, da offenbar die Priesterschrift seit jeher ein Interesse am Verheißungsland gehabt hat. Außerdem ist gerade das Land die ideelle und materielle Basis für die Kultgemeinde Israel und daher von existentieller Bedeutung.273 Das Land ist für die priesterlichen Texte ohnehin wichtig, da es den Ort vorgibt, in dem der Kult erst möglich ist.274 Eine Landeroberung hat hingegen die Priesterschrift vermutlich nicht enthalten, da sie die vorliegenden Erzählungen immer wieder entmilitarisiert. Schon ausweislich dieser Beobachtung wird deutlich, dass die Priesterschrift an einer kriegerischen Landnahme 272

Vgl. VAN SETERS 1983, 335; CORTESE 1999, 44. Nach PETERSEN 1980, 136 haben aufgrund der Häufigkeit priesterlicher Idiomatik besonders Jos 13,15–32; 14,1–5; 17,3–6; 18,1; 19,51 „all the earmarks of priestly composition“. Nach OSWALD 2009, 186f. reichen die priesterlichen Texte der P-Komposition vom Pentateuch bis ins Josuabuch, zumal Num 32–35 mit Jos 13–22 verbunden werden kann. Anders hingegen NOTH 1971b, 10f., dem zufolge es sich nur um verstreute und nicht zusammenhängende priesterschriftliche Zusätze handelt. Ähnlich NOTH 1967, 184, der nur in Jos 14,1; Jos 18,1 und 19,51 von isolierten priesterschriftlichen Zutaten ausgeht. POLA 1995, 108 hält diese und ähnliche Passagen zudem für spätpriesterschriftlich. Auch BIEBERSTEIN 1995, 412f. geht bestenfalls von einer priesterschriftlichen Bearbeitungsschicht aus, aber nicht von einer Quellenschrift. 273 Vgl. LOHFINK 1978, 194f. Nach NOORT 2008, 118f. zeigt vor allem der priesterliche Text Num 27, dass die Priesterschrift durchaus am Land interessiert gewesen ist. Allerdings könne aufgrund des fragmentarischen Charakters der priesterlichen Texte nicht von einer fortlaufenden Priesterschrift im Josuabuch die Rede sein. 274 Vgl. RÖMER 2004, 296.

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19

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überhaupt nicht interessiert ist und eher pazifistische Züge zeigt.275 Eine kriegerische Landeroberung durch die Israeliten liegt somit nicht im Interesse der priesterschriftlichen Texte, da das Land ohnehin Gott gehört und Gott daher das Land den Israeliten lediglich zur Nutzung überlassen muss.276 Eine gewaltsame Eroberung passt folglich nicht in dieses Konzept. Nach der priesterlichen Vorstellung will der heilige Gott zudem mit seinem Volk im Land wohnen (Ex 29,45–46). Zu diesem Zweck sind die Vorbewohner bereits aus dem Land verschwunden, sodass Israel in ein leeres Land einziehen kann.277 Es gehört darüber hinaus zur priesterlichen Vorstellungswelt, Grenzen zwischen heilig und profan bzw. zwischen rein und unrein zu ziehen. Vor diesem Hintergrund war es wichtig, das Verheißungsland möglichst genau abzugrenzen. Denn die Verehrung Gottes im Land bedarf gewisser kultischer Voraussetzungen, damit der heilige Gott im Land mit seinem auserwählten Volk leben kann.278 Somit füllen die Landverteilungstexte im Josuabuch genau dieses wichtige Desiderat. Es verwundert daher nicht, dass eine Grenzziehung von priesterlichen Kreisen durchaus gefordert war, damit die Reinheit im Verheißungsland und ‒ damit verbunden ‒ die Präsenz Gottes gewährleistet werden konnte. Freilich muss die kultisch geforderte Grenzziehung nicht notwendigerweise auch der historischen Realität entsprechen. Es kann sich nämlich auch lediglich um ein Ideal handeln, das vielleicht nie erreicht wird.279 Dementsprechend dürfen die Landverteilungstexte nicht in wirklich historischem Sinne verstanden werden, auch wenn sie durchaus historische Sachverhalte widerspiegeln können. Da die Landverheißung in der Priesterschrift zentral ist,280 sollte man folglich auch erwarten, dass die Landverteilung ebenfalls irgendwann und irgendwo behandelt wird. Denn die Priesterschrift hat ein großes Interesse daran zu skizzieren, wie Verheißung und Erfüllung als zwei Seiten der einen Medaille zusammenhängen.281 Hinzu kommt, dass auch die priesterlichen Texte am Ende des Numeribuchs auf eine bevorstehende Landverteilung hinzielen,282

275

Vgl. LOHFINK 1978, 198f. Anm. 30; KNAUF 2000, 114. Kritisch hierzu aber DE VOS 2003, 275 Anm. 188, der auf Num 14,9 verweist. 276 Vgl. KÖCKERT 1995, 155f. Schon BLENKINSOPP 1976, 289 bezweifelt, dass die Priesterschrift eine militärische Landeroberung erzählt hat. 277 Vgl. KNAUF 2000, 114f. 278 Vgl. hierzu auch HUTCHENS 1993, 227–228. 279 Insofern konnte die priesterliche Landbeschreibung von politisch orientierten Grenzziehungen abweichen, vgl. HUTCHENS 1993, 229. 280 Vgl. PETERSEN 1980, 137. Die Landgabe durch Gott wird in dem priesterlichen Text Ex 6,2–8 besonders betont. 281 Vgl. hierzu LOHFINK 1978, 217: „Anders jedoch mit der Kategorie ‚Verheißung – Erfüllung‘. Sie spielt eine den gesamten erzählten Geschichtsverlauf übergreifende Rolle.“ 282 Vgl. MOWINCKEL 1964, 54–57.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

die dann aber auffälligerweise nicht erfolgt. Stattdessen wird im Buch Deuteronomium ein zweites Gesetz mitgeteilt und zu Beginn des Josuabuches das Verheißungsland militärisch erobert. Hinzu kommt, dass die Erfüllung der Landverheißung durch das Gespann Eleasar/Josua/Sippenoberhäupter in den priesterlichen Texten des Tetrateuch kaum vorbereitet wird.283 Nur in Num 34,17 werden Josua und Eleasar mit einer künftigen Landverteilung verbunden, während ansonsten Josua als Heerführer für die Landnahme und Eleasar als Priester für die Heiligung zuständig sind.284 Fraglich ist zudem, ob die ansonsten eher pazifistisch orientierte Priesterschrift eine kriegerische Landnahme überhaupt in den Blick nehmen wollte. Vor diesem Hintergrund wäre ebenso denkbar, dass die priesterlichen Texte mittels Listen das von Gott zugesprochene Land als Erbteil an die Stämme verteilt haben, ohne dass eine Eroberung erzählt werden musste. Denn das Land galt als leer, sodass es nur noch von den Israeliten besiedelt werden musste. Im Folgenden soll die Bezeichnung Priesterschrift bewusst vermieden werden,285 da damit forschungsgeschichtlich die unterschiedlichsten Konzeptionen verbunden und bestehende Vorstellungen eingetragen werden, die den beobachteten Befund mitunter nicht erklären können. Außerdem ist höchst umstritten, ob es eine Priesterschrift seit jeher als eigenständige Quellenschrift überhaupt gegeben hat. Darüber hinaus wird bisweilen zwischen PG, PS und weiteren priesterschriftlichen Redaktionen und Ergänzungen unterschieden, wobei das jeweils zugehörige Textkorpus immer wieder differiert und die Abgrenzungskriterien nicht immer klar sind.286 Schließlich ist auch der Umfang der Priesterschrift über den Tetrateuch bzw. Pentateuch hinaus287 und deren

283

Nach ALBERTZ 2007, 207f. wurde dieses Konzept, das ganz Israel unter der Leitung Eleasars und Josuas an der Landverteilung partizipieren solle, aus Num 34,16–18 entlehnt und in die priesterlichen Rahmentexte Jos 14,1–5 und Jos 19,51 eingetragen. 284 Vgl. zu diesem Einwand DE VOS 2003, 274. 285 Ähnlich auch OSWALD 2009, 185, der daher lieber von „P-Komposition“ als Bezeichnung für priesterliche Texte in ihrer Gesamtheit spricht. 286 Zu einer solchen Differenzierung vgl. BADEN 2009, 13–27. Zum literargeschichtlichen Problem der P-Überlieferung vgl. BLUM 2015, 50–55; LEVIN 2015, 24–29. 287 Nach BIEBERSTEIN 2011, 167 habe die Priesterschrift als Quelle mit Dtn 34 geschlossen. Ähnlich SEEBASS 2008, 237, dem zufolge es im Josuabuch nur priesterliche Fortschreibungen gebe. Gegen einen Abschluss der Priesterschrift in Dtn 34 aber RÖMER 2002, 216, da es in diesem Kapitel keine eindeutig priesterlichen Verse gebe. Außerdem erzähle die rekonstruierte Priesterschrift in Dtn 34,1*.7–8 nicht den Mosetod, vgl. zum Problem auch SEEBASS 2004, 56. Nach HECKL 2004, 458 gebe es in Dtn 34 lediglich eine priesterliche Redaktionsschicht (Pentateuchredaktor). Zum Problem des Umfangs der Priesterschrift vgl. RÖMER 2004, 292–295; BLUM 2009, 39–41. Nach ACHENBACH 2005, 123 reicht die Priesterschrift nur bis Lev 9, nicht aber bis ins Josuabuch. Anders hingegen OSWALD 2009, 187, dem zufolge seine P-Komposition erst

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19

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Datierung umstritten.288 Da somit die Konzeption der Priesterschrift als Quelle und deren Wachstumsstufen unklar sind, sollen im Folgenden nur typisch priesterliche Idiome und Vorstellungen dargestellt werden, die im dtr. Kontext kaum oder überhaupt nicht zu finden sind. Ob dann in diesen Texten bereits eine feste priesterschriftliche Quelle P vorliegt, soll nicht entschieden werden. Es ist zumindest auffällig, dass priesterliche Sprache gerade in den Landverteilungstexten besonders oft zu finden ist. 4.1 Priesterliche Bezeichnungen für einzelne Personengruppen Die einzelnen Stämme werden in den priesterlich geprägten Texten der Landverteilung gerne mit dem Bezugswort benê gebildet. Bei Überschrift und Abschluss der einzelnen Landverteilungstexte wird jeweils der Stammesname mit benê verbunden.289 Im Gegensatz dazu verbindet sich benê in Jos 1–12 fast ausschließlich mit Israel, und nicht mit einzelnen Stämmen.290 Bezeichnungen wie gibbôrê haḥayil291, ziqnê 292 oder kål Yiśrāʾel293 finden sich nur im ersten Teil des Josuabuches in Jos 1–12. Derartige Begriffe fehlen in den Texten der Landverteilung in Jos 13–19 völlig. In den priesterlichen Texten der Landverteilung wird vor allem das Wort maṭṭeh „Stamm“ verwendet, um die einzelnen Untergruppen Israels zu kennzeichnen. Dementsprechend wird in Jos 13–19 das Volk Israel stets nach Stämmen und Sippen eingeteilt,294 nicht aber als Kollektiv betrachtet. Auch einzelne Untergruppen wie die Ältesten oder die Kämpfer werden nicht differenziert. Das Land fällt folglich den einzelnen Stämmen zu, nicht aber dem ganzen Kollektiv oder einzelnen Gruppierungen innerhalb Israels. Die jeweiligen Stämme werden in Jos 15–19 ‒ abgesehen von Jos 18,2–10 ‒ zudem nirgendwo mit dem Wort

mit dem Tod Josuas und Eleasars endet. Zum Problem der Abgrenzung der Priesterschrift vgl. auch KNAUF 2000, 113–116; OTTO 2015, 164–166. 288 Vgl. zur Problematik DE VOS 2003, 254–256. Nach PETERSEN 1980, 142f. ist priesterliches Material durchaus schon vorexilisch zu datieren. 289 Vgl. DE VOS 2003, 220. Nach AULD 1980, 78 weicht jedoch die LXX von dieser Praxis ab und bietet nur bei vier von zehn Stämmen diesen Zusatz. MT verzichte nur bei Juda und Benjamin auf benê. 290 Ausnahmen hiervon bilden nur die ostjordanischen Stämme: Jos 4,12 (Ruben und Gad); 12,2 (Ammoniter). RÖSEL 2011, 236 vermutet, dass die Redeweise benê + X mit dem Abschluss in Jos 19,51 zusammenhängt, wo beide Begriffe „Stämme“ und „Söhne“ verbunden sind (maṭṭôt benê Yiśrāʾel). 291 Jos 1,14; 6,2; 8,3; 10,7. 292 Jos 7,6; 8,10.33; 9,11. 293 Jos 3,7.17; 4,14; 7,24.25; 8,15.21.24.33; 10,15.29.31.34.36.38.43. 294 Vgl. CORTESE 1990, 24.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

šebæṭ,295 sondern ausschließlich mit dem priesterlichen Wort maṭṭeh bezeichnet,296 ein Begriff, der schon in Num 33,54 verwendet wird. Es könnte sich zudem bei dem Wort maṭṭeh um den traditionellen Begriff von „Stamm“ handeln, der in (nach)exilischer Zeit gerne durch šebæṭ ersetzt wird. Das auffällige Fehlen von maṭṭeh im priesterlich geprägten Ezechielbuch könnte auf diese Weise erklärt werden. Jedoch lässt sich eine zeitliche oder regionale Unterscheidung bei der Verwendung der beiden Begriffe maṭṭeh und šebæṭ nicht sicher erkennen.297 Ausweislich der Streuung der einzelnen Belege kann man sicher davon ausgehen, dass es sich bei maṭṭeh um ein typisch priesterliches Wort handelt.298 Es wird vor allem in Listen verwendet, die die Landverteilung abbilden. Auf diese Weise soll die göttliche Ordnung hinter der Landzuweisung an die einzelnen Stämme abgebildet werden. Für priesterliche Terminologie in Jos 15–19 spricht auch die Verwendung des Idioms ʿadat benê Yiśrāʾel in Jos 18,1,299 während das Wort ʿam nur in Jos 17,14.15.17 vorkommt und dort allerdings nur die Josefstämme als großes Volk bezeichnet. Für die Israeliten im Allgemeinen wird somit das Wort ʿam bei den Landverteilungstexten nicht gebraucht. Der Begriff ʿedāh steht zudem immer für das gesamte Volk, nie aber für eine Untergruppe.300 Auffälligerweise 295

Jos 18,2.4.7. Zu diesem eher dtr. Wort vgl. RÖSEL 2011, 214f. Zur priesterlichen Prägung des Begriffs maṭṭeh vgl. CORTESE 1980, 73f.; IBAÑEZ ARANA 1981, 82f; CORTESE 1990, 25; RÖSEL 2011, 215. 297 Vgl. zur Verwendung des priesterlichen Lexems maṭṭeh DE VOS 2003, 107–111. 298 Vgl. MILGROM 1989, 76–79. 299 Vgl. auch NOTH 1971b, 10f., der zusätzlich auf den priesterschriftlichen Terminus ʾohæl môʿed „Zelt der Begegnung“ hinweist, vgl. Jos 18,1; 19,51. Zu diesem Begriff vgl. DE VOS 2009, 62. Auch die Verwendung der seltenen Wurzel KBŠ könnte der priesterschriftlichen Idiomatik zugehören, vgl. Gen 1,28. So wie die gesamte Menschheit zur Unterwerfung der Erde aufgerufen ist, hat nach Jos 18,1 Israel sein Verheißungsland bereits unterworfen, vgl. hierzu LOHFINK 1978, 219f. Nach GÖRG 1991, 82 wird hier der Schöpfungsauftrag aus Gen 1,28 verwirklicht. Von einer Bezugnahme beider Stellen gehen KNAUF 2000, 114; KNAUF 2007, 219; NOORT 2008, 119; NEUMANN-GORSOLKE 2009, 84f.; OSWALD 2009, 187; GUILLAUME 2009, 158-162; KASWALDER 2018, 166 aus. Allerdings ist eine Verbindung beider Stellen schon vor dem Hintergrund problematisch, da eine Einschränkung von ʾæræṣ auf das Verheißungsland in Gen 1,28 eigentlich nicht angezeigt ist. Zum Problem vgl. auch BLUM 1990, 295 Anm. 28; RÖMER 2002, 216f.; RÖMER 2004, 293. Vgl. die ausführliche Abweisung dieser These durch FREVEL 2000, 191–208. Nach AULD 1998, 66 ist Gen 1,28 zudem vor dem Hintergrund von Jos 18,1 bearbeitet worden. Zu der priesterschriftlichen Prägung von Jos 18,1 vgl. RÖSEL 2011, 288f., der darauf hinweist, dass Jos 18,1–10 spät entstanden sein muss, da priesterschriftliche und dtr. Idiome in diesem Text miteinander kombiniert werden, vgl. RÖSEL 2009, 563f. Nach DE VOS 2003, 207 stellt Jos 18,1–10 „die strukturelle und inhaltliche Mitte der Landverteilung“ dar. BÄCHLI 1973, 11–14 sieht in diesen Versen die Tradition von einer Flurkommission, die das Verheißungsland bestimmt hat. Nach SEEBASS 2006b, 374f. könne zudem der priesterschriftlich geprägte Vers Jos 18,1 nicht vom Übrigen getrennt werden. 300 Vgl. MILGROM 1989, 71. 296

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19

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findet sich dieser priesterliche Begriff für das Volk im Gegensatz zu qāhāl nie im Ezechielbuch.301 Dies könnte darauf hinweisen, dass in (nach)exilischer Zeit der Begriff ʿedāh durch qāhāl ersetzt worden ist. Dies könnte zudem den Umstand erklären, dass beide Worte in der priesterlichen Literatur zwar vorkommen, aber diachron voneinander zu scheiden wären. Das Kollegium, das neben dem Priester Eleasar und Josua für die Landverteilung zuständig ist, wird im Josuabuch nach Jos 14,1 als rāʾšê ʾabôt „Oberhäupter der Väter“ bezeichnet. Diese Constructusverbindung findet sich zum einen im priesterschriftlichen Stammbaum von Mose und Aaron302 und zum anderen in der chronistischen Tradition.303 Die Einleitungen zur Verteilung des Westjordanlandes und der Levitenstädte verwenden ebenfalls dieses Idiom,304 das im Numeribuch schon im Zusammenhang mit der Verteilung des Ostjordanlandes an Ruben, Gad und Halbmanasse eingeführt worden ist sowie im Gesetz für die Erbtöchter ebenfalls auftaucht.305 Es hat folglich den Anschein, dass Jos 14 und 21 ausweislich der verwendeten Terminologie zumindest auf einer redaktionellen Ebene mit den Texte Num 31, 32 und 36 liegen. Somit scheint es ausweislich der Verwendung von spezifischen Personengruppen noch einen weiteren literarischen Horizont zu geben, der wiederum bis ins Numeribuch reicht. 4.2 Priesterlich geprägte geographische Zusatzinformationen Ein weiterer Unterschied priesterlicher Terminologie mag vielleicht in der Verwendung des Idioms weḥaṣrêhæn „und ihre Gehöfte“ anstelle des Begriffs ûbenôtæ̂ hā „und ihre Töchter(städte)“ vorliegen.306 Auf diese Weise könnte ausgedrückt werden, dass zu den in den Städtelisten genannten Orten noch die dazugehörigen Gehöfte hinzukommen. Fraglich ist allerdings, ob diese Differenzierung als priesterlich oder dtr. zutrifft. Denn es ist keineswegs sicher, dass es sich bei dem Wort ḥāṣer tatsächlich um einen priesterlichen Ausdruck handelt. Denn mit diesem Nomen werden in priesterlichem Kontext meist der Vorhof des Tempels, aber nicht einzelne Gehöfte bezeichnet. Auch bei dem Ausdruck benôt für „Tochterstädte“ ist die literarhistorische Zuweisung zu einem dtr. Redaktor nicht über jeden 301

Vgl. MILGROM 1989, 73. GRAY 1986, 152 weist darauf hin, dass die Priesterschrift im Pentateuch bevorzugt qāhāl verwendet. 302 Ex 6,25. 303 1 Chr 7,7; 8,6.10.28; 9,9.33; 24,4.31. Vgl. noch Neh 12,22. Vgl. zu diesem Idiom IBAÑEZ ARANA 1981, 79f. 304 Jos 14,1; 21,1. 305 Num 32,28; 36,1. Die „Oberhäupter der Väter“ werden nach dem erfolgreichen Midianiterkrieg genannt, vgl. Num 31,26. 306 Vgl. hierzu CORTESE 1990, 30f. Nach MATTHEWS 2016, 128 seien die beiden Begriffe ḥāṣer („villages“) und benôt („towns“) parallele Ausdrücke.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Zweifel erhaben.307 Bei den benôt handelt es sich um Orte, die zum politischen und wirtschaftlichen Einflussbereich einer bestimmten Stadt gehören. Sie bilden die landwirtschaftlichen Orte, die von den großen Städten politisch abhängig sind. Es sind aber nicht nur kleine Dörfer, sondern durchaus um ansehnliche Ansiedlungen, die aber nicht notwendigerweise ummauert waren. Die benôt erfüllten offenbar subsidiäre administrative und wirtschaftliche Funktionen zum Zentralort.308 Möglicherweise unterscheiden sich benôt „Tochterstädte“ durch den Befestigungscharakter von den unbefestigten ḥāṣer „Gehöft“.309 Wenn das stimmen sollte, dann würde die differenzierte Verwendung dieser Begriffe nicht auf redaktionelle Vorlieben zurückgehen, sondern dem Umstand geschuldet sein, dass man unterschiedliche Besiedlungsformen in den Blick nimmt. Vielleicht sollte mit dem Begriff benôt ausgedrückt werden, dass die Israeliten über diese Städte nicht verfügen konnten.310 Die Beleglage des Idioms ûbenôtæ̂ hā ist auffällig. Denn diese Formulierung findet sich nur in Num 21 und 32, in Jos 15 und 17, in Ri 1 und 11 sowie in Ez 16.311 Die genannten Orte gelten gemeinhin als Kanaanäerstädte. In Jos 17,16 folgt der Ausdruck ûbenôtæ̂ hā auf die Kanaanäerstadt Bet-Schean, die offenbar für die Josefsstämme aufgrund ihrer überlegenen Waffen zu stark war. Auch die Orte in Jos 17,11 haben benôtæ̂ hā „Tochterstädte“. An dieser Stelle wird außerdem zwischen den Städten Bet-Schean und Ibleam auf der einen Seite und yošebê „Bewohnern“ von Dor, Endor, Taanach und Megiddo unterschieden. Eine literarische Zuweisung der beiden Begriffe zu einzelnen redaktionellen Schichten ist schon vor dem Hintergrund schwierig, als die Wörter ḥāṣer und benôt mitunter auch nebeneinander auftauchen. So wird bei der Liste mit den Philisterstädten Ekron, Aschdod und Gaza der Zusatz weḥaṣrêhæn bei Aschdod neben ḥāṣer ausweislich der Formulierung benôtæ̂ hā weḥaṣrêhā verwendet.312 Hinzu kommt, dass dieser Abschnitt aufgrund seiner Terminologie vermutlich einen Fremdkörper innerhalb der Ortsliste Judas bildet.313 Es hat den Anschein, dass in Jos 15,45–47 beide Idiome miteinander kombiniert werden, was wohl auf späte redaktionelle Arbeit zurückgeführt werden kann. Das Wort migrāš wird vor allem in Num 35, Jos 21 und 1Chr 6 verwendet, die aber voneinander abhängig sind. Abgesehen davon ist es vor allem in nachweislich späten Texten belegt.314 Das Lesen migrāš wird im Levitikus- und 307

Vgl. DE VOS 2003, 262. Vgl. HOPKINS 1980, 45. 309 Vgl. PARUNAK 1977, 21f.; HOWARD 1998, 313. 310 Vgl. MATTHEWS 2016, 129. 311 Vgl. DE VOS 2003, 129. 312 Jos 15,45–47. 313 Vgl. DE VOS 2003, 128. 314 Vgl. Lev 25,34; Jos 14,4; 1Chr 5,16; 13,2; 2Chr 11,14; 31,19; Ez 27,28; 45,2; 48,15.17. 308

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19

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Numeribuch sowie bei Ezechiel und in der chronistischen Tradition gebraucht, fehlt aber in dtr. Literatur.315 Das Lexem migraš „Weidefläche“ scheint demnach ein priesterlicher Ausdruck zu sein, der bei der Beschreibung der Levitenstädte in Jos 21 immer wieder verwendet wird.316 Im Josuabuch wird migraš stets mit bestimmten Städten genannt, die für die Leviten reserviert sind.317 Zumindest im Josuabuch scheint diese Redeweise auf eine bestimmte Redaktion zurückzugehen, die in Jos 14,4 und Jos 21 gearbeitet hat und vor allem den Landbesitz der Leviten im Blick hatte. Unter migrāš versteht man in der Regel das um eine Stadt liegende Land, das man landwirtschaftlich nutzen konnte, um die Bewohner der Stadt zu ernähren.318 Allerdings ist wohl zumindest im Fall der Levitenstädte nur an Weidewirtschaft gedacht, was schon die nähere Charakterisierung libhæmtenû nahelegt.319 Ackerbau ist daher eigentlich nicht im Blick. Allerdings gibt es für „Weideland“ andere eindeutige Wörter wie mirʿæh oder marʿît. Erst durch den Zusatz libhæmtenû wird migrāš zu einem Begriff für Weideland, was aber im Lexem selbst noch nicht explizit angelegt war. Vermutlich ist migrāš nicht von jeher Weideland gewesen, sondern vielmehr das um eine Stadt liegende, demarkierte Land, das freilich auch für Weidewirtschaft genutzt werden konnte.320 Vermutlich ist migrāš ein terminus technicus für das Tempelland bzw. Nutzland der Leviten, das der Versorgung dieser landbesitzlosen Kultbediensteten diente.321 Ob dieses Land auch für die Zucht von Opfertieren bestimmt war, kann vermutet werden, lässt sich aber nicht sicher nachweisen.322 Nach Num 35,4–5 soll die Fläche um die Stadt einen Radius von 2.000 Ellen betragen. Schon diese Angabe, die keine Rücksicht auf geographische Verhältnisse nimmt, zeigt, dass solche Anordnungen wahrscheinlich auf dem Schreibtisch entstanden sind, ohne dass sie in der Realität umsetzbar waren.323 Hinzu kommt, dass um die Siedlung normalerweise nicht Weideland, sondern Gartenund Ackerland liegt. Damit werden die realen Verhältnisse der israelitischen 315

Vgl. auch PETERSEN 1980, 133. Jos 21,2.3.8.11.13.14.15.16.17.18.19.21.22.23.24.25.26.28.29.30.31.32.33.34.35.36. 37.38.39.41.42. 317 Dies gilt auch für Jos 14,4. 318 Vgl. FRITZ 1994, 214. HESS 1996a, 309 deutet migrāš als Distrikt und vergleicht die Liste der Levitenstädte mit Texten aus Alalach. 319 Ob dies auch von der Etymologie des Wortes migrāš („Austrieb“) ebenfalls angedeutet wird, ist hingegen nicht gesichert. Vgl. zur Etymologie SPENCER 1980, 203f.; SCHMITT 1995, 28 Anm. 1. Kritisch hierzu BARR 1984, 21–25. 320 Vgl. BARR 1984, 25–27. 321 Vgl. ACHENBACH 2003, 596. 322 Nach BARTUSCH 2003, 99 Anm. 61 mag das Weideland aber auch für die Opfertiere bestimmt sein. 323 Vgl. schon WELLHAUSEN 1927, 153f. 316

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Wirtschaftsgeographie auf den Kopf gestellt.324 Der Umstand, dass hier nur Land für Weidewirtschaft, nicht aber Ackerland überlassen wird, stellt die Leviten als Nutznießer, nicht aber als Eigentümer des zugewiesenen Landes dar.325 Die Leviten haben vermutlich in der Stadt und im Umland ein Wohnund Nutzrecht, können aber keine Erbbesitzansprüche auf beide Dinge anmelden. Aufgrund der spezifischen Zuordnung von migrāš zur Weidewirtschaft soll die traditionelle Übersetzung „Weideplätze“ beibehalten werden, auch wenn dies im Lexem nicht explizit angelegt ist. Die beiden Begriffe ḥāṣer und migrāš scheinen vor allem priesterlich geprägt zu sein, auch wenn eine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Idiolekt nicht möglich ist. Trotz dieser vorsichtigen Beurteilung sollte man beide Begriffe aber für eine literarhistorische Beurteilung der einzelnen Texte nicht unbeachtet lassen. 4.3 Priesterliche Namen Außerdem finden sich nur in den priesterlich geprägten Texten des Josuabuchs bestimmte Namen,326 die außerhalb der priesterlichen Texttradition überhaupt nicht vorkommen. Es handelt sich hierbei sowohl um Toponyme wie um Eigennamen: 1)

Kirjat-Arba, der Alternativname für Hebron, findet sich neben dem priesterlichen Text von Saras Tod und Begräbnis (Gen 23,2), vor allem im Josuabuch, wobei stets angemerkt wird, dass es sich bei dieser Stadt eigentlich um Hebron handelt.327 Hier zeigt sich das antiquarische Interesse eines priesterlichen Glossators, der dem geneigten Leser auch den früheren Namen der wichtigen Stadt der Erzeltern nicht vorenthalten wollte. Außerdem taucht ‒ abgesehen von Dtn 32,51 ‒ die Bezeichnung midbar Ṣin „Wüste Zin“ nur in priesterlichen Texten und in Jos 15,1.3 auf.328 Allerdings gibt es für dieses Toponym nur wenige Belegstellen, sodass eine eindeutige Zuweisung zu priesterlichen Texten schwierig ist. Vielleicht ist es reiner Zufall, dass die Wüste Zin nur im priesterlich geprägten Textkorpus zu finden ist.

2)

324

Vgl. KNAUF 2008, 176f. Vgl. HERTZBERG 1985, 118. Nach KNAUF 2008, 176 gehört das beackerte Land zum abgabenpflichtigen Sippenbesitz, während das unbeackerte Land als Gemeinbesitz gilt. 326 PETERSEN 1980, 133 zählt noch weitere Namen auf, deren Beweiskraft aber nicht über jeden Zweifel erhaben ist. 327 Jos 14,15; 15,13.54; 20,7; 21,11. Außerdem noch in Ri 1,10. Kritisch hierzu DE VOS 2003, 260. 328 Num 13,21; 20,1; 27,14 (2x); 33,36; 34,3. Vgl. aber die Kritik von DE VOS 2003, 260. 325

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19

3)

4)

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Der Eigenname Eleasar ist typisch für priesterliche Texte.329 Er findet sich aber auch an wichtigen Texten im zweiten Abschnitt des Josuabuches, wo die Landverteilung behandelt wird, nicht aber in Jos 1–12.330 Dies verwundert insofern, als Eleasar bei der Landverteilung zusammen mit Josua eine besonders wichtige Rolle spielt,331 zuvor bei der Landeroberung aber offenbar überhaupt nicht beteiligt ist. Der Name Eleasar bindet Jos 14 jedoch an das Numeribuch an, wo Eleasar zusammen mit Mose genannt wird. Ohne Kenntnis des Numeribuches wäre die Nennung Eleasars für den Adressaten unverständlich.332 Hinzu kommt, dass die Doppelspitze Eleasar-Josua der dtr. Konzeption widerspricht, wonach Josua als Nachfolger des Mose die Aufgabe hat, das Verheißungsland zu verteilen. Eine solche Landverteilung wird nach der Landnahme nur ganz knapp geschildert (Jos 11,23), wobei hier die Formel NTN lenaḥalāh aus Dtn 29,7 aufgegriffen wird.333 Der Priester Eleasar gilt zudem als oberster Anführer der Leviten. Schon ausweislich dieser Beobachtung dient die Erwähnung Eleasars an der Seite von Josua priesterlichen Interessen.334 Darüber hinaus ist der Name Zelofhads, des Sohnes Hefers, im Tetrateuch nur in den priesterlichen Abschnitten Num 26–27 und Num 36 sowie in Jos 17,3 belegt.335 Vielleicht wird mit dieser Tradition von einem priesterlichen Redaktor eine Lücke innerhalb des Stammesgebietes Manasses gefüllt.336 Auf alle Fälle musste offenbar von priesterlicher Seite mithilfe der Zelofhad-Tradition das Problem geklärt werden, wie man erbrechtlich mit dem Verheißungsland umgeht, wenn keine Söhne als Erben zur Verfügung standen.

Die Verwendung von spezifischen Eigennamen und Ortsnamen, die nur in priesterlich geprägten Textbereichen auftauchen, zeigt, dass ein priesterlicher Redaktor seine eigenen Interessen in die Landverteilung eingetragen hat. Auch 329 Vgl. PETERSEN 1980, 133; DE VOS 2003, 265; KISLEV 2016, 625. Nach AULD 1980, 94 sind Priester Eleasar und Josua, Sohn Nuns, zudem nur in Num 32,28; 34,17; Jos 14,1; 17,4; 19,51 belegt. 330 Jos 14,1; 17,4; 19,51. 331 In Jos 14,1 und Jos 19,51 ist noch die Gruppe der rāʾšê ʾābôt „Oberhäupter der Väter“ genannt, die allerdings kaum mit den ʾanāšîm „Männern“ bzw. nāśîʾ „Fürst“ aus Num 34,17–18 gleichgesetzt werden dürfen, gegen NOTH 1966, 216. Nach ZENGER/FREVEL 2008, 70 werden mit Josua und Eleasar die Hauptprotagonisten der Landeroberung und -verteilung genannt, die zudem auf das Numeribuch zurückverweisen. Allerdings spielt Eleasar bei der Landeroberung überhaupt keine Rolle. Denn das ist allein Aufgabe Josuas. 332 Vgl. RÖSEL 2009, 560f. 333 Vgl. ALBERTZ 2007, 207, der darüber hinaus darauf hinweist, dass Josua auch in den anderen Passagen weitgehend die Landverteilung selbst durchführt. 334 Nach WOUDSTRA 1981, 225 muss die Vorordnung des Priesters Eleasar beim Losentscheid ohnehin nicht verwundern. 335 Num 26,33(2x); 27,1.7; 36,2.6.10.11. Zelofhad taucht sonst nur noch in 1Chr 7,15 auf. 336 Vgl. CORTESE 1990, 77.

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

die Namenstradition bindet den Abschnitt der Landverteilung im Josuabuch an die priesterlichen Texte des letzten Teils des Numeribuches Num 26–36 an, während die Unterschiede zur Landeroberung in Jos 1–12 auffällig sind. Es hat den Anschein, dass die beiden Teile des Josuabuches ‒ wie eingangs schon angedeutet ‒ ursprünglich wenig miteinander zu tun gehabt haben. 4.4 Priesterliche Vorliebe für Listen und Zahlen In priesterlich geprägten Texten wird die göttliche Ordnung durch ein ausgeklügeltes System von Listen und Zahlen ausgedrückt. Zunächst werden in den priesterlichen Listen sehr allgemeine Informationen gegeben, die dann immer detaillierter ausgeschmückt werden.337 Die Sachlichkeit der Beschreibung der einzelnen Stammesgebiete in Jos 13–19338 hebt sich von anderen Textbereichen des Alten Testaments ab und ist typisch für priesterliche Theologie, die die göttliche Struktur der Welt möglichst genau darstellen möchte. Eine damit vergleichbare Genauigkeit ist in den genealogischen Listen der Priesterschrift im Pentateuch zu finden. Um die Welt in eine adäquate Ordnung zu bringen, werden bestimmte ausgewählte Zahlen verwendet. Für die priesterliche Theologie sind vor allem die Zahlen zwei, sieben, zehn und zwölf wichtig. Auch im Abschnitt der Landverteilung des Josuabuches finden sich diese Zahlen, was ebenfalls die priesterliche Prägung dieses Textbereiches unterstreicht: 1)

Zwei: Immer wieder werden in der Priesterschrift Menschenpaare genannt. So dienen Noah und Abraham jeweils als Empfänger einer Bundeszusage. Außerdem empfangen Abraham und Jakob eine Gotteserscheinung. Darüber hinaus treten Mose und Aaron als Anführer der Befreiung und Wüstenwanderung auf. Auch bei den Landverteilungstexten des Josuabuches taucht mit Eleasar und Josua ein Paar auf. Dem Tod des Führungspaares Aaron und Mose entspricht somit die Einsetzung Eleasars und Josuas.339 Diese Doppelspitze ist nach priesterlicher Vorstellung schließlich für die Landverteilung verantwortlich. Aber auch inhaltlich werden immer wieder paarweise Themen gegenübergestellt. So sind Schöpfung und Flut die zwei wichtigen gegensätzlichen Themen der Urzeit. Auch das Josuabuch bewegt sich zwischen den beiden Polen Landverheißung und Landverteilung.340

337

Vgl. DE VOS 2003, 256. Vgl. hierzu BÄCHLI 1973, 4f. 339 Vgl. auch LOHFINK 1978, 207. 340 Zudem gibt es mit der Manna- und der Sinaiperikope zwei Kultstiftungsgeschichten. Schließlich sündigen die Israeliten zum einen im Rahmen der Kundschaftergeschichte, zum anderen am wasserspendenden Felsen. Zur priesterlichen Prägung dieser Erzählungen vgl. SCHMIDT 2008, 482–496. 338

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19

2)

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Sieben: Die Zahl sieben ist ebenfalls in priesterlichen Texten wichtig. Nach priesterlicher Vorstellung erstreckt sich die Schöpfung auf sieben Tage. Ein analoges Siebenerschema ist auf dem Berg Sinai ebenfalls anzutreffen, wo Gott sechs Tage zunächst schweigt, bis er sich am siebten Tag offenbart.341 Nach der Zuteilung des Verheißungslandes an die ostjordanischen Stämme (Ruben, Gad, Ostmanasse) und an die westjordanischen Stämme (Juda, Josefsstämme), verbleiben nach Jos 18,2 noch sieben weitere Stämme, die ihr Erbteil durch den Losentscheid zugesprochen bekommen.342 Außerdem wird das Lexem maṭṭeh siebenmal in den Abschlussformeln mit einem Stamm gebraucht.343 Auffälligerweise werden die Stämme Ruben, Gad, Benjamin und Zebulon nicht als maṭṭeh bezeichnet. Fraglich ist jedoch, ob diese differenzierte Verwendungsweise literarisch intendiert war und ob damit eine Kritik an den ostjordanischen Stämmen, Sebulon und Benjamin verbunden war, die diesen Titel nicht tragen sollten. Hier scheint keine Herabsetzung dieser Stämme und eine Bevorzugung der anderen Stämme vorzuliegen. Zehn: Auch das Zehnerschema strukturiert das Denken der priesterlichen Texte. So gibt es jeweils zehn Generationen zwischen der Schöpfung und der Flut und danach zwischen Noah und Abraham. Darüber hinaus ist die Ur- und Erzelternerzählung durch zehn Toledot-Überschriften gegliedert.344 Auch in den Landverteilungstexten des Josuabuches spielt die Zahl „zehn“ eine Rolle. So begegnet das Wort gôrāl in Verbindung mit der eigentlichen Landverteilung an einzelne Stämme zehnmal,345 wobei es sich hierbei nur um die westjordanischen Stämme handelt.346 Auch diese Beobachtung weist darauf hin, dass nur das Westjordanland mit dem Los an die Stämme in Gilgal und in Schilo verteilt worden ist, während die ostjordanischen Stämme von Mose bereits in Num 32 ihr Erbteil erhalten haben, worauf gleich zu Beginn in Jos 13 hingewiesen wird. Darüber hinaus ist das Lexem gôrāl innerhalb der Landverteilungstexte Jos 13–19 ansonsten nur noch in den redaktionellen Abschnitten zur Beschreibung der

3)

341

Vgl. zu diesen Siebenerschemata LOHFINK 1978, 207. Die Zahl sieben findet sich folglich erst in Jos 18,2.5.6.9. 343 Jos 15,20 (Juda); Jos 16,8 (Efraim); Jos 19,8 (Simeon); Jos 19,23 (Issachar); Jos 19,31 (Ascher); Jos 19,39 (Naftali); Jos 19,48 (Dan). 344 Vgl. LOHFINK 1978, 207. 345 Jos 15,1 (Juda); Jos 16,1 (Josef); Jos 17,1 (Manasse); Jos 18,11 (Benjamin); Jos 19,1 (Simeon); Jos 19,10 (Sebulon); Jos 19,17 (Issachar); Jos 19,24 (Ascher); Jos 19,32 (Naftali); Jos 19,40 (Dan). 346 Eigentlich sind es nur 9 ½ Stämme, da Ost-Manasse schon sein Erbteil erhalten hat. Nach RÖSEL 2011, 214 ist das Bild von 2 ½ und 9 ½ Stämmen ohnehin eine fiktive Konstruktion. 342

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Sprachliche Besonderheiten der Landverteilungstexte

Vorgehensweise des Losentscheids in Jos 14,2, in Jos 18 und in Jos 19,51 belegt.347 Zwölf: Die Zwölfzahl der Stämme soll betont werden, wie sich aus den Einleitungen zu den Gebietsbeschreibungen der Form wayehî + gebûl mit seinen Varianten348 und in den jeweiligen Abschlüssen zoʾt naḥalat349 zeigen lässt. Die Zwölfzahl wirkt allerdings reichlich konstruiert, da nämlich West- und Ostmanasse keine solche Abschlussformel erhalten, während Benjamin zwei Formeln in Jos 18,20.28 bekommt. Auch der Zusatz lemišpeḥotām wird bei allen zwölf Stämmen hinzugefügt. Bei jeder Überschrift und jedem Abschluss der einzelnen Landverteilungstexte wird der Stammesname darüber hinaus mit benê verbunden. Dies ist bei zwölf Stämmen der Fall.350 Dementsprechend durchzieht gerade die Zahl „zwölf“ den Endtext der Landverteilung.

4)

Die priesterlichen Texte zeigen eine gewisse Vorliebe für Zahlenspiele, die die vorliegende Ordnung abbilden. Durch Zahlenkonstruktionen können auch Listen und Traditionen eingebunden werden, die diesem Gestaltungswillen zunächst formal noch nicht entsprochen haben. Schon die ungleiche Verteilung der einzelnen Elemente zeigt an, dass erst eine priesterliche Redaktion für dieses Zahlensystem verantwortlich sein kann. 4.5 Ergebnis Dieser knappe Durchgang hat gezeigt, dass sich priesterliche Sprache und Theologie durch die Texte der Landverteilung im Josuabuch wie ein roter Faden zieht. Darüber hinaus sind die sprachlichen und inhaltlichen Anknüpfungspunkte an den letzten Teil des Numeribuches Num 26–36 besonders signifikant. Hier sind einige literarische Horizonte festzustellen, die auf verschiedene redaktionelle priesterlich geprägte Eingriffe hinweisen. Auch wenn der Nachweis der Priesterschrift als Quelle im Josuabuch nicht gelingt, hat es priesterliche Redaktionen gegeben, die vor allem die Landverteilungstexte in Jos 13–22 umfasst haben. Ein ursprüngliches Dokument der Grenzlisten von sieben Stämmen, das idiomatisch stark mit Num 34,2–12 verbunden ist, wurde nach und nach priesterlich erweitert, wobei unterschiedliche 347

Nach RÖSEL 2009, 561 bilden Jos 14,1–5 und Jos 19,49–51 einen priesterlichen Rahmen um die Landverteilungstexte. 348 Jos 13,16 (Ruben); Jos 13,25 (Gad); Jos 13,30 (Ost-Manasse); Jos 15,2 (Juda); Jos 16,5(2x) (Efraim); Jos 17,7 (West-Manasse); 18,12 (Benjamin); Jos 19,10 (Sebulon); Jos 19,18 (Issachar); Jos 19,25 (Ascher); Jos 19,33 (Naftali); Jos 19,41 (Dan). 349 Jos 13,23.28; 15,20; 16,8; 18,20.28; 19,8.16.23.31.39.48. 350 Jos 13,15.23 (Ruben); Jos 13,24.28 (Gad); Jos 13,29 (Ost-Manasse); Jos 15,1.20 (Juda); Jos 16,5.8 (Efraim); Jos 18,11.20.28 (Benjamin); Jos 19,1.8 (Simeon); Jos 19,10.16 (Sebulon); Jos 19,17.23 (Issachar); Jos 19,24.31 (Ascher); Jos 19,32.39 (Naftali); Jos 19,40.48 (Dan).

4. Späte priesterliche Elemente in Jos 15–19

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Terminologie eingetragen wurde. Auf diese Weise wurden die Landverteilungstexte sprachlich an andere Texte des Numeribuches wie Num 26 und Num 33 angebunden. Es hat den Anschein, dass diese priesterliche Redaktionsarbeit noch unabhängig vom ersten Teil des Josuabuches Jos 1–12 erfolgt ist. Insofern ist man geneigt, den zweiten Teil des Josuabuches als sukkzessiv gewachsenen Appendix des Numeribuches zu verstehen. Hierfür ist es aber nötig, dass Jos 1–12 zum einen auch ohne den Anschluss der Landverteilung ein sinnvolles Ganzes ist, und dass zum anderen die Landeroberung konzeptionell eng mit dem Buch Deuteronomium verbunden ist.

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ (Jos 18,8) Redaktionsarbeit in Jos 18,1–10 „Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“

Schon wer oberflächlich versucht, den logischen Gedankengang der Erzählung in Jos 18,1–10 nachzuvollziehen, merkt relativ schnell, dass dieser nur schwer zu erkennen ist, da er von Doppelungen, Spannungen und Redundanzen gänzlich überlagert wird.1 Somit weist Jos 18,1–10 all das auf, was man von einem redaktionell gewachsenen Text erwartet.2 Hinzu kommt, dass die Erzählung in Jos 18,1–10 unterschiedliche Idiome verwendet, die in der Regel spezifischen Trägerkreisen zugewiesen werden können. Denn es lassen sich priesterliche und dtr., aber auch sehr späte Formulierungen finden.3

1. Die Sonderstellung von Jos 18,1 Schon die Eröffnung in v.1 mit der Situierung der weiteren Ereignisse am „Zelt der Begegnung“ in Schilo verdankt sich ausweislich der Wortwahl einem priesterlich geprägten Redaktor.4 Hierfür spricht die Verwendung der Formel kol ʿadat benê Yiśrāʾel, die in priesterlichen Texten häufig, im Josuabuch nur noch in Jos 22,12 vorkommt.5 Zwei weitere Beobachtungen ver1 Mit diesen Schwierigkeiten hatte auch der LXX-Übersetzer zu kämpfen, vgl. MEER 2012, 103–105. Die abweichenden Lesarten helfen allerdings bei einer redaktionsgeschichtlichen Analyse kaum weiter. 2 Entgegen NELSON 1997, 208, der Jos 18,1–10 als literarisches Gebilde sieht. Nach CORTESE 1990, 99 sei Jos 18,1–10 hingegen sicherlich nicht aus einem Guss. Dementsprechend könne es sich bei Jos 18,1–10 auch nicht um ein spätes einheitliches Produkt handeln. 3 Vgl. hierzu RÖSEL 2011, 288, der deshalb allerdings an einen spät entstandenen Text denkt. Ganz anders BÄCHLI 1973, 12, der die Tradition der Flurkommission in Jos 18,1–10 für sehr alt hält. Auch GRAY 1986, 151 vermutet dahinter eine originäre Tradition. 4 Vgl. KRAUSE 2017, 200. Anders hingegen PITKÄNEN 2010, 313f., dem zufolge schon zur Landnahmezeit ein derartig ausgeprägter Kult aufgrund von außerbiblischen Parallelen möglich gewesen sei. Für BALLHORN 2011, 286 ist Schilo neben Gilgal und Sichem ein zentraler Handlungsort im Josuabuch. 5 Darüber hinaus aber in eindeutig priesterlichen Textbereichen in Ex 16,1.2.9.10; 17,1; 35,1.4.20; Lev 19,2; Num 1,2; 8,9; 13,26; 14,7; 15,25; 17,6; 25,6; 26,2; 27,20. Ansonsten ist noch kol ʿadat Yiśrāʾel in Jos 22,18.20 und Ex 12,3.47; Lev 4,13 belegt. Zu ʿedāh vgl.

 

1. Die Sonderstellung von Jos 18,1 

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binden v.1 mit Jos 22: Zum einen ist das Verb QHL-N ausschließlich in Jos 18,1 und Jos 22,12 belegt. Zum anderen werden die Ereignisse nur in Jos 18,1.8.9.10, in Jos 19,51 und in Jos 22,12 in Schilo verortet. Dementsprechend verweist Jos 18,1 bereits auf den Abschluss der Landverteilung in Jos 19,516 und schließlich auf Jos 22, wo am Altarbau im Ostjordanland Kritik geübt wird. Die Erzählung der Landverteilung in Jos 18–19 spielt zudem am „Zelt der Begegnung“ (ʾohæl môʿed), das in Schilo „wohnen gelassen“ (ŠKN-H) wird.7 Diese Formulierung, die nur hier auftaucht, weist wohl darauf hin, dass das transportable Heiligtum für die nächste Zeit eine längere Bleibe aufgeschlagen hat. Durch den priesterlichen Ausdruck ʾohæl môʿed (Jos 18,1 und 19,51)8 wird zudem der Abschnitt der Landverteilung gerahmt. Vermutlich ist für diese Rahmung um Jos 18–19 ein priesterlicher Redaktor ausweislich der verwendeten Idiomatik verantwortlich. Dieser Redaktor schuf darüber hinaus einen Bezug von Jos 18–19 zu Jos 22. Auffälligerweise ist das „Zelt der Begegnung“ offenbar im Militärlager der Israeliten aufgestellt worden.9 Allerdings reichen die Bezüge von Jos 18,1 auch zurück in das Numeribuch. Der Ausdruck hāʾāræṣ nikbešāh in Jos 18,1, der die Unterwerfung des Landes in den Blick nimmt, weist zurück auf Num 32. Gemäß Num 32,22 war das Land lifnê YHWH „vor dem Angesicht YHWHs“, gemäß Num 32,29 lifnêkæm „vor eurem Angesicht“ unterworfen.10 Somit ist eine Weiterentwicklung dieser Konzeption schon innerhalb von Num 32 zu beobachten. Während zunächst das Land nur vor YHWH unterworfen war (Num 32,22), ist dies dann für die Stämme ebenfalls der Fall (Num 32,29). In Jos 18,1 wird durch das Partizip nikbešāh somit eine Brücke zu Num 32,22.29 geschlagen,11 wo die Rückkehr der ostjordanischen Stämme an die Vollendung der UnterBUTLER 2014b, 171f. Zu ʿedāh in der Priesterschrift vgl. VAN SETERS 2015, 158. BLENKINSOPP 1996, 515f. bezweifelt zudem, ob ʿedāh jemals durch qāhāl ersetzt worden ist, da beide Begriffe auch nebeneinander verwendet werden können. 6 Nicht umsonst hält ZIESE 2008, 315 Jos 18,1–10 und Jos 19, 49–51 für den Rahmen dieser Einheit. Auch HAWK 2000, 213f. erwähnt weitere rahmende Elemente. 7 DE VOS 2003, 193f. sieht aufgrund dieses seltenen Ausdrucks eine indirekte Verbindung vom Zelt der Begegnung zum Namen Gottes und der Stiftshütte. Auch MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 74 sehen in diesem Verb einen Ausdruck für „God’s dwellingpresence“. Ähnlich EDERER 2017, 258. 8 Zur priester(schrift)lichen Prägung von ʾohæl môʿed vgl. NOTH 1971b, 108; MILLER/TUCKER 1974, 139; BOLING 1982, 423; CORTESE 1990, 97; GÖRG 1991, 82; NELSON 1997, 209; RÖSEL 2011, 289; PITKÄNEN 2016, 325. Kritisch hierzu aber FRITZ 1994, 180. 9 Vgl. hierzu auch MEER 2012, 88. 10 Nach KISLEV 2016, 625 handelt es sich bei KBŠ um einen priesterlichen Ausdruck. Als weitere Parallele wäre noch auf 1Chr 22,18 zu verweisen: „vor dem Angesicht YHWHs und seinem Volk unterworfen“. 11 Vgl. FREVEL 2000, 193. Nach HEPNER 2006, 167 beziehe sich ʾæræṣ bereits in Gen 1,28 auf das Verheißungsland.

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werfung des westjordanischen Verheißungslandes gebunden wird. Erst wenn sie ihren Brüdern im Westen geholfen haben, dann dürfen sie in ihr jeweiliges Lehen im Ostjordanland zurückkehren. Der für Jos 18,1 verantwortliche Redaktor verbindet Jos 18,1–10 über dieses redaktionelle Verweissystem somit auch mit den ostjordanischen Stämmen, die in der ursprünglichen Tradition vielleicht noch nicht anzutreffen waren. Aus alledem folgt: Redaktionell wird der Abschnitt Jos 18–19 durch Jos 18,1 an Num 32 und Jos 22 angebunden. Die Landverteilung im Westjordanland ist somit eng mit der ostjordanischen Landnahme verbunden. Beides ist offenbar nicht losgelöst von der anderen Seite zu betrachten. Gerne wird ein Bezug von Jos 18,1 zur priesterschriftlichen Schöpfungserzählung in Gen 1,28 erwogen. Dann würde die nach Gen 6,12 durch die Sünden der Gesamtheit der Lebewesen verdorbene Schöpfung durch die Landnahme Israels wieder restituiert werden.12 Ein Rückbezug zu Gen 1,28, wo ebenfalls die Wurzel KBŠ verwendet wird, ist aber aus folgenden Gründen problematisch:13 1) 2)

Wenn beide Stellen miteinander verbunden werden, dann müsste sich das Wort ʾæræṣ auch in Gen 1,28 auf das Verheißungsland Israel beziehen und kann dann nicht für die ganze Erde stehen.14 Außerdem ist eine kriegerische Landnahme, die durch das Wort KBŠ angedeutet wird,15 mit einer friedlichen Land-„Gabe“ durch Gott eigentlich nicht kompatibel, wie dies die priesterlichen Texte suggerieren. Eine Landeroberung hat die Priesterschrift vermutlich ohnehin nicht enthalten, da sie die vorliegenden Erzählungen entmilitarisiert. Schon ausweislich dieser Beobachtung wird deutlich, dass die Priesterschrift an einer kriegerischen Landnahme überhaupt nicht interessiert ist und eher pazi-

12 Vgl. KNAUF 2000, 114 Anm. 56, der von einer „restitutio in integrum der in Gen 5* gefallenen Schöpfung“ spricht. Nach KNAUF 2008, 154 gehe mit Jos 18,1 der Spannungsbogen, der in Gen 1,28 begonnen habe, zu Ende, zumal in Gen 9,1.7 von einer Unterwerfung noch nicht die Rede sei. Dies erfolge schließlich erst in Jos 18,1. Zu einem Rückbezug zu Gen 1,28 vgl. auch GÖRG 1991, 82; NELSON 1997, 209; HEPNER 2006, 165; NOORT 2008, 119; MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 75; EDERER 2017, 259. Zur formalen Parallele zu Gen 1,28 vgl. schon BLENKINSOPP 1976, 290f. 13 Vgl. hierzu die ausführliche Auseinandersetzung von ZENGER 1983, 38f.; FREVEL 2000, 195–198; SKA 2006, 150f. Gegen eine Verbindung der beiden Stellen mit dem Verb KBŠ BOORER 2011, 117f. 14 Dies ist aber vor dem Hintergrund problematisch, dass das Verheißungsland ansonsten gerade in priesterlich geprägten Texten gerne als „Land Kanaan“ bezeichnet wird, vgl. nur Num 32,30.32; 33,40.51; 34,2.29; 35,14. 15 HESS 1996a, 290 vermutet, dass Israel das Verheißungsland unter seine Kontrolle gebracht hat, damit die Flurkommission tätig werden konnte. Ähnlich auch HUBBARD 2009, 414; MATTHEWS 2016, 139, denen zufolge das Land jetzt unter der Kontrolle der Israeliten sei.

 

1. Die Sonderstellung von Jos 18,1 

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fistische Züge zeigt.16 Eine kriegerische Landeroberung durch die Israeliten liegt somit nicht im Interesse der priesterschriftlichen Texte, da das Land nach deren Konzeption ohnehin Gott gehöre und Gott daher das Land den Israeliten lediglich zur Nutzung überlasse.17 Überdies wolle der heilige Gott mit seinem Volk im Land wohnen (Ex 29,45–46). Zu diesem Zweck seien die Vorbewohner bereits aus dem Land verschwunden, sodass Israel in ein leeres Land einziehen könne.18 Vor diesem Hintergrund ist nach priesterlicher Vorstellung eine Landeroberung oder gar eine kriegerische Landnahme nicht denkbar.19 Darüber hinaus steht in Gen 1,28 KBŠ-G und nicht KBŠ-N wie in Jos 18,1 und Num 32,22.29. Außerdem fehlt die Zusatzinformation lifnêhæm in Gen 1,28. Dementsprechend unterscheiden sich beide Stellen sprachlich, sodass ein gegenseitiges Verweissystem zumindest fraglich erscheint. Vielleicht ist zudem das Lexem KBŠ erst in einem späten Stadium in Gen 1,28 eingedrungen, um die kriegerische Landnahme, wie sie im Josuabuch geschildert wird, schöpfungstheologisch zu legitimieren.20 Dann wäre dieses Verweissystem erst redaktionell entstanden, wobei die Abhängigkeiten in die entgegengesetzte Richtung verliefen.

3)

4)

Ob demnach Jos 18,1 den priesterschriftlichen Erzählfaden des immer wieder postulierten Hexateuchs schließt, ist somit nicht mit letzter Sicherheit zu sagen. Nur eines ist gewiss: In Jos 18,1 wird priesterliche Sprache verwendet, die zumindest in das Numeribuch, vielleicht aber auch noch weiter zurückverweist.21 Darüber hinaus wurde immer wieder beobachtet, dass v.1–2 gut miteinander verbunden sind.22 Denn der Hinweis auf die noch übriggebliebenen sieben Stämme, denen noch nicht das Land verteilt wurde (v.2), bedarf der zuvor genannten Unterwerfung des Landes (v.1), zumal beides dann den Vorwurf der Nachlässigkeit (v.3) motiviert. Denn eigentlich hätten auch die sieben verbliebenen Stämme ihr Lehen bereits in Besitz nehmen können. Die Rüge 16

Vgl. LOHFINK 1978, 198f. Anm. 30; KNAUF 2000, 114. Kritisch hierzu aber DE VOS 2003, 275 Anm. 188, der auf den textlich schwierigen Vers Num 14,9 verweist. 17 Vgl. KÖCKERT 1995, 155f. 18 Vgl. KNAUF 2000, 114f. 19 Vgl. KÖCKERT 1995, 156f. Nach NEUMANN-GORSOLKE 2009, 76–85 bezeichnet zudem die Wurzel KBŠ nicht eine militärisch gewaltsame Aktion, sondern eine Inbesitznahme des Landes. 20 Vgl. ZENGER 1983, 40f.; AULD 1998, 66; DE VOS 2003, 270 Anm. 157; WEIMAR 2008, 25f. Anm. 23. Nach BOORER 2011, 117 müssen Jos 18,1 und Gen 1,28 nicht literarisch zusammenhängen, sondern eine Stelle könnte die andere kopieren. 21 NOTH 1967, 188 weist zudem darauf hin, dass v.1 ohne v.2–10 unverständlich sei und die Existenz des Folgenden voraussetze. Somit seien v.2–10 älter als v.1. 22 Vgl. WÜST 1975, 230.

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

in v.3 ist allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn das Land erst noch unterworfen werden müsste. Somit bedarf sowohl die Differenzierung zwischen den „Söhnen Israels“ und den „sieben Stämmen“ (v.2) und der Vorwurf der Nachlässigkeit (v.3) der Unterwerfung des Landes (v.1). Aus alledem folgt, dass v.2 und weitgehend v.3 später als der priesterliche v.1 eingetragen worden sind und ebenfalls nicht zur Grundschicht gehören können.

2. Sprachliche und syntaktische Besonderheiten in Jos 18,2–3 Der Abschnitt beginnt in v.2 mit der Feststellung, dass sieben Stämme übriggeblieben sind, an die noch nicht das Lehen aufgeteilt worden ist. Die Aufteilung des Lehens (ḤLQ-G naḥalāh) wird in v.2 als Aktion der Israeliten gekennzeichnet. Ähnliches findet sich bereits in Num 26,53–56 (ḤLQ-N),23 wobei die Passivformulierung in Num 26 offen lässt, wer für die Verteilung zuständig ist. Diese offene Redeweise wird nun in v.2 präzisiert: Es sind die Israeliten, die für die Aufteilung des jeweiligen Lehens verantwortlich sind. Auf die Problemanzeige der noch übrig gebliebenen Stämme folgt die vorwurfsvolle Frage Josuas in Jos 18,3, weshalb man nachlässig ist, das von Gott schon geschenkte Land endlich zu besiedeln.24 Der Vorwurf der Nachlässigkeit der verbliebenen sieben Stämme ist vor dem Hintergrund, dass Juda und Josef im Gegensatz zu den sieben Stämmen bereits zusätzliches Siedlungsgebiet verlangt haben (Jos 14,6–15 und Jos 17,14–18), bemerkenswert.25 Außerdem verwundert der offenbar an alle Israeliten gerichtete Vorwurf der Nachlässigkeit im Endtext, zumal bereits zweieinhalb ostjordanische Stämme und zweieinhalb westjordanische Stämme ihr Lehen nach Jos 13–17 in Besitz genommen haben.26 In v.3 wird zudem der Anschein erweckt, dass die „Söhne Israels“ mit den „sieben Stämmen“ identisch sind. Von der Erzähllogik würde man darüber hinaus erwarten, dass die Lehen bereits verteilt sind, damit man diese in Besitz nehmen kann. Das ist aber nicht der Fall, da die Verteilung ja erst im Anschluss erzählt wird.27 Der Vorwurf der Nachlässig-

23 Num 26,53.55.56. Nach RÖSEL 2011, 290 sei die Verwendung eines anderen Stammes im Numeribuch ein Anzeichen dafür, dass dieses Verb original im Josuabuch sei und nicht aus dem Numeribuch eingetragen worden sei. 24 WOUDSTRA 1981, 272 sieht in der Nachlässigkeit der Israeliten einen Akt der Undankbarkeit. NELSON 1997, 210 hält die Frage Josuas hingegen weniger für eine Anklage, als vielmehr für eine Motivation an die verbliebenen sieben Stämme. Auch HUBBARD 2009, 414 betont, dass die sieben übrig gebliebenen Stämme noch kein früheres Mandat für die Landnahme bekommen haben. 25 Vgl. MILLER/TUCKER 1974, 139. 26 Vgl. SEEBASS 2006b, 371 Anm.5. 27 Vgl. ASSIS 2003, 4.

 

3. Mehrfachüberlieferungen in v.2–10 

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keit der Israeliten ist nur dann logisch verortet, wenn die Israeliten als „sieben Stämme“ betrachtet werden und die Verteilung bereits stattgefunden hat.

3. Mehrfachüberlieferungen in v.2–10 Der Befehl an die Flurkommission, das noch in Besitz zu nehmende Land auszukundschaften, wird mit ähnlicher Idiomatik mehrfach berichtet, was ebenfalls auf literarische Arbeit hinweisen wird. Denn es ist kaum anzunehmen, dass ein einziger Autor diese Anweisung in derart redundanter Weise und mit kaum nachzuvollziehenden Varianten immer wieder einträgt: 1)

Zunächst wird bereits in v.4 der Befehl gegeben, drei Männer aus jedem Stamm zu bestellen,28 die sich dann aufmachen (QūM), im Land herumziehen (HLK-tD), das Land verzeichnen (KTB) und dann wieder zurückkehren sollen (Bōʾ).29 Hier werden zum ersten Mal Männer (ʾanāšîm) genannt, die das Land verzeichnen sollen. Diese werden noch in v.8–9 erwähnt und sind folglich für die Erzählung unerlässlich. Dementsprechend muss v.4 dann zur ursprünglichen Erzählung gehört haben, wenn v.8–9 zum eigentlichen Erzählkern gehört haben. Denn ansonsten wären die Männer in v.8–9 überhaupt nicht erzählerisch vorbereitet. Interessanterweise sollen bereits die Männer selbst nach v.4 das Land „im Verhältnis zu ihrem Lehen“ (lefî naḥalātām) verzeichnen,30 sodass der Anschluss in v.5 mitunter problematisch ist, vor allem wenn hier die „Söhne Isra-

28 Vermutlich sind hier nur die sieben verbliebenen Stämme im Blick, vgl. MILLER/ TUCKER 1974, 139. Die Dreizahl pro Stamm wird nicht erklärt, obschon die Zweizahl bei Erkundungen wohl eher die Regel war, vgl. FRITZ 1994, 180. KNAUF 2008, 157 verweist auf eine redaktionsgeschichtliche Hierarchie: ein Kundschafter pro Stamm in Num 13–14, zwei Kundschafter in Jos 2 und drei Kundschafter pro Stamm in Jos 18. WÜST 1975, 229 weist darauf hin, dass alle israelitischen Stämme bei der Bestimmung der Kundschafter dann im Blick seien, wenn v.3–4 zusammengehörten. Nach WOUDSTRA 1981, 272 seien ebenfalls alle zwölf Stämme möglich. ZIESE 2008, 318 Anm.8 lässt die Frage offen, ob die Kundschafter nur von den sieben verbliebenen oder von allen Stämmen stammen. HOWARD 1998, 360; HUBBARD 2009, 414 vermuten insgesamt 21 Kundschafter. Anders hingegen EDERER 2017, 260, da hier die Gesamtheit Israels im Blick sei. 29 Nach NELSON 1997, 206 könne man hier und in v.9 wie in v.6 ebenfalls H-Stamm lesen, was allerdings eine Umvokalisierung erfordern würde. EDERER 2017, 260f. vermutet, dass die Landkommission die Aneignung des Landes durch das Durchqueren wie in Jos 1,3 erst vollzieht. Allerdings fehlt hier das dafür nötige Verb DRK „betreten“. 30 Nach NOTH 1971b, 109; WÜST 1975, 230 Anm. 718 könnte dies eine Glosse sein, zumal sich das enklitische Personalpronomen 3. maskulin Plural auf die Stämme, und nicht auf die Kundschafter bezieht. Darüber hinaus fehlt diese Angabe in der parallelen Formulierung in v.8. BOLING 1982, 421 schließt sich hingegen der Lesart von LXX an: „vor meinem Angesicht entsprechend ihrem Lehen“ (lefānay kenaḥalātām).

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2)

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els“ (benê Yiśrāʾel) aus v.3 und nicht die Kundschafter aus v.4 für die Aufteilung in sieben Anteile verantwortlich sind. Im Gegensatz dazu richtet sich in der Dublette v.6 der Befehl an das schon in v.3 erwähnte „ihr“ (ʾattæm), das sich dort auf die „Söhne Israels“ bezieht, in v.6 aber offenbar auf die zuvor eingeführten „Männer“, zumal die „Männer“ nach v.4 das Land „verzeichnen“ (KTB) und nicht die „Söhne Israels“. Allerdings müsste man dann voraussetzen, dass jetzt in v.6 die „Männer“ direkt mit „ihr“ angesprochen werden, was aber im Erzählverlauf nirgendwo angedeutet wird. Dementsprechend liegt hier eine syntaktische und inhaltliche Spannung vor. Syntaktisch sind die „Söhne Israels“ eigentlich das angesprochene „ihr“ wie in v.3, wobei diese Gruppe dann inhaltlich die Tätigkeit der „Männer“ wie in v.4 übernimmt. Wenn somit inhaltlich in v.6 die „Männer“ aus v.4 im Blick sind, dann setzt v.6 mindestens v.4 voraus.31 Die vierfache Anweisung in v.4 (QūM + HLK-tD + KTB + Bōʾ) wird schließlich noch in v.8 dreimal wiederholt, zunächst in der Ausführung des Befehls durch die Kundschafter (QūM + HLK), dann im Verweis auf die Kundschafter, die losziehen um aufzuzeichnen (HLK + KTB).32 Erst danach folgt der eigentliche Befehl mit HLK + HLK-tD + KTB + ŠūB,33 wobei hier besonders betont wird, dass die Kundschafter „zurückkehren“ (ŠūB) sollen. Im Anschluss an die Rückkehr der Kundschafter wird noch der Losentscheid erwähnt. Da also erst nach dem Wurf des Loses das Land in Besitz genommen werden kann, ist die Rückkehr der Kundschafter gut motiviert. Hinzu kommt schließlich noch die Abweichung vom Befehl in 8b bei der Ausführung in v.9 (HLK + ʿBR + KTB + Bōʾ). Hier werden nämlich zusätzlich Dinge erwähnt, die in der ursprünglichen Tradition nicht notwendig waren: es werden „Städte“ in „sieben Anteile“ verzeichnet. Der Verweis auf „Städte“ (ʿārîm) könnte sich dem Umstand verdanken,34 dass die ursprünglichen Grenzbeschreibungen später mit Ortslisten kom-

31 Diese Beobachtung spricht auch gegen die von FRITZ 1995, 177f. angenommene Grundschicht (Jos 18,2–3.6.9*.10*), die er seinem DtrH zuweist, da die „Männer“ in Jos 18,9 bei diesem Entwurf überhaupt nicht vorbereitet sind. Insofern kann v.4 nicht redaktionelle Dublette zu v.6 sein. NOTH 1971b, 104 umgeht dieses Problem, indem er „Männer“ in v.9 als redaktionelle Ergänzung streicht. Insofern verwundert es nicht, dass KNAUF 2008, 155 die Angabe der Bestellung von Männern in Jos 18,4a bei der Grundschicht belässt. Allerdings stellt sich dann die Frage, was dann nach der Bestellung erfolgt, zumal der Befehl an die Männer erst zu dem Zeitpunkt nachgereicht wird, als die Männer schon längst losgezogen sind (Jos 18,8). 32 Das „Verzeichnen“ fehlt in LXX, vgl. BUTLER 2014b, 152. 33 LXX streicht offenbar HLK-tD und verzichtet damit auf die Doppelung HLK + HLKtD vermutlich aufgrund von Haplographie, vgl. BOLING 1982, 421. Zum Problem vgl. auch NELSON 1997, 206. 34 GRAY 1986, 153 ist ʿārîm wahrscheinlich redaktionell ergänzt worden.

 

3. Mehrfachüberlieferungen in v.2–10 

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biniert wurden, wie dies dann in Jos 18,21 bei der Ortsliste Benjamins der Fall ist. Die „sieben Anteile“ (šibʿāh ḥalāqîm) verbindet v.9 mit v.5– 6. Die Angabe „sieben“ setzt auf der Ebene des Endtextes zudem den erzählerischen Kontext voraus, der von der Landgabe an neuneinhalb Stämmen in Jos 13,7 ausgeht, wobei die ersten zweieinhalb Stämme (Juda, Efraim und Halbmanasse) nach Jos 15–17 bereits versorgt sind.35 Somit könnte diese Zahlenangabe die Verbindung der Tradition hinter Jos 18–19 mit Jos 13–17 voraussetzen.36 Darüber hinaus wäre aber auch denkbar, dass die Siebenzahl zur ursprünglichen Tradition seit jeher gehört hat. Schließlich folgt in v.9 noch die Ortsangabe Schilo, die sich ansonsten nur in v.1.8.10 findet. Dieser Ort scheint in v.9 ebenfalls nachgetragen zu sein,37 sodass die Szene eigentlich zunächst ortlos war und aufgrund von Jos 14,6 vielleicht ebenfalls in Gilgal spielte, was zumindest die geographische Verortung in v.5 besser erklären könnte (Juda im Süden von Gilgal, Haus Josef im Norden davon).38 Allerdings wird in v.5 lediglich betont, dass Juda südlich in Bezug auf das Haus Josef und das Haus Josef nördlich in Bezug auf Juda liegt.39 Somit muss zum Verständnis von v.5 nicht der Ort der Landverteilung berücksichtigt werden, der zwischen Juda und Efraim liegen müsste, was zwar für Gilgal, nicht aber für Schilo gilt. Hinter der Konzeption von v.5 könnte zudem Ri 1 stehen, wonach die Landnahme durch Juda zunächst nach Süden und durch das Haus Josef nach Norden erfolgt ist.40 Trotz alledem ist nicht 35

Vgl. FRITZ 1994, 178f. Nach GÖRG 1991, 83 habe die Siebenzahl symbolische Funktion: „Ihre anerkannte Heiligkeit läßt die Landverteilung gerecht, d.h. richtig sein, wie auch immer die konkrete Grenzziehung ausfällt“. 36 Vgl. hierzu SEEBASS 2006b, 379, der die Siebenzahl an allen Stellen daher als sekundär beurteilt. Ähnlich DE VOS 2009, 70, der darauf hinweist, dass es sich bei der Zahl 21, die sich für die Landverteilungskommission errechnen lasse, um eine unelegante Zahl handele und die Siebenzahl im Widerspruch zu Gesamtisrael stehe, das als „Söhne Israels“ immer wieder genannt werde (v.1.2.3.10). Nach DE VOS 2003, 196 leitet sich die Siebenzahl von der Zwölfzahl nach Abzug der bereits versorgten Stämme ab. 37 Vgl. hierzu schon NOTH 1967, 188. Hinzu kommt, dass die Verortung „ins Lager nach Schilo“ in LXX fehlt, vgl. PITKÄNEN 2010, 310; BUTLER 2014b, 152. DE VOS 2003, 187 verweist zudem auf die Doppelung zu maḥanæh. 38 Nach FRITZ 1995, 178 sei die Erzählung zunächst nicht verortet gewesen. Erst eine Redaktion verlagere die Geschehnisse nach Schilo. Ähnlich schon NOTH 1971b, 108, der die Szene in Gilgal lokalisiert, worauf das „Lager“ in v.9 hindeute; BÄCHLI 1973, 11; MILLER/TUCKER 1974, 139; SOGGIN 1982, 189; HERTZBERG 1985, 108. Dagegen aber SEEBASS 2006b, 374 Anm. 18. Nach BUTLER 2014b, 159 könnte das Haus Josef sich auf Manasse beziehen, sodass Schilo tatsächlich zwischen den Gebieten von Juda und Josef liegen würde. 39 Vgl. BOLING 1982, 424. NELSON 1997, 210 vermutet zudem, dass sich hinter v.5 die allwissende Perspektive des Autors und des Lesers verberge. WOUDSTRA 1981, 271 sieht in dieser Angabe eine relative Verortung von Juda und dem Haus Josef. 40 Vgl. WÜST 1975, 231f.

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auszuschließen, dass die Ortsangabe „Schilo“ in v.9 wie auch in v.8.10 sekundär ergänzt wurde. Offenbar wurde v.9 durch die zwei Zusätze „Städte“ und „Schilo“ derart verändert, dass die übrigen redaktionellen Ergänzungen in Jos 18,1–10* besser eingepasst sind. Darüber hinaus wird in v.9 noch besonders betont, dass die Flurkommission ihre Ergebnisse in einem Buch zusammenfasst, wobei es sich vermutlich um ein Listenverzeichnis der wichtigsten Orte handelt.41 Fraglich ist freilich auch hier, ob diese Tradition ursprünglich oder sekundär ist. Alles in allem ist in v.9 zumindest mit einigen Nachträgen zu rechnen. Insgesamt ist die Erzählung in Jos 18,2–10 mit zu vielen und darüber hinaus noch unterschiedlichen Beschreibungen des Auftrags der Kundschafter überladen. Hier scheint redaktionell gearbeitet worden zu sein. Auch ist in v.6 nicht klar, wer eigentlich das Land zunächst verzeichnet (die „Männer“ oder die „Söhne Israels“) und dann im Anschluss diese Liste Josua zur Verteilung übergibt. Daneben werden in Jos 18,3–10 noch andere Dinge mehrfach und in unterschiedlicher Weise erwähnt: 1)

2)

Von Josua wird zweimal eine Rede berichtet. In v.3 „spricht“ Josua zu den „Söhnen Israels“ (ʾMR), während er in v.8 den Kundschaftern befiehlt (ṢWY). Auf diese Weise wird in v.8 die Dringlichkeit des Ansinnens Josua besonders unterstrichen, da nun die Kundschafter einen Befehl auszuführen haben.42 Allerdings steht der Befehl in v.8 in wayyiqtol und ist demnach nicht ein Rückblick zurück zu v.3, sondern setzt die Handlung mit einem Befehl fort, was aber nach dem Weggang der Kundschafter eigentlich problematisch ist. Insofern muss dieser Satz aus einer anderen Tradition stammen und innerhalb der Erzähllogik vor dem Weggang der Kundschafter eingeordnet werden. Darüber hinaus ist die Doppelung des Weggangs der Kundschafter schwierig zu erklären (v.8.9). Vermutlich bilden 8a und 9a über das Stichwort „die Männer“ (hāʾanāšîm) eine inclusio, die einen sekundären

41 Nach BÄCHLI 1973, 11 handele es sich hierbei um ein „Schriftstück, Dokument, Liste“. GÖRG 1991, 83 vergleicht dieses „Buch“ mit den topographischen Listen der innerägyptischen Gauadministration. Nach NELSON 1997, 208 sei die Flurkommission aus zwei Gründen unverzichtbar. Zum einen sorge sie für eine gleiche und gerechte Verteilung des Lehens, zum anderen werde durch diese Erzählung eine Ätiologie für das in v.9 erwähnte Landverteilungsdokument gegeben. HESS 1996a, 291 stellt dem Gesetzbuch das Buch der Flurkommission an die Seite, das die Stämme bei der Inbesitznahme des Verheißungslandes anleiten möchte. Nach MATTHEWS 2016, 140 ist dieses Buch nicht mit den Grenzlisten des Josuabuchs identisch, diente aber als Quelle für die biblische Landverteilung. 42 Nach HAWK 2000, 216 unterstreicht die wiederholende Sprache auch den unbedingten Gehorsam, den die Kundschafter zu leisten haben.

 

3. Mehrfachüberlieferungen in v.2–10 

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Nachtrag rahmt. Dementsprechend wären dann 8b und die ersten beiden Worte von 9a eine redaktionelle Ergänzung.43 Denn v.8 kann nicht als Ganzes literarkritisch gestrichen werden,44 da sonst die inclusio zerstört wird und eine sekundäre Voranstellung des Weggangs der Kundschafter logisch nicht zu erklären wäre. Auch lediglich die Streichung von 8a ist problematisch,45 da sich dann die Frage stellt, weshalb ein späterer Redaktor genau diese Verwirrung geschaffen haben sollte, indem er einen logisch schwer nachvollziehbaren Text geschaffen hat, bei dem die Kundschafter zunächst aufbrechen, dann aber noch einen Befehl erhalten. Somit muss 8a bereits an dieser Stelle in der verwendeten Tradition gestanden haben, da es keinen Grund dafür gibt, weshalb man sekundär den Weggang der Kundschafter in 8a vorangeschaltet haben sollte. Im Abschnitt Jos 18,2–10 werden darüber hinaus verschiedene Personen bzw. Gruppen genannt, die für die Landverteilung (ḤLQ) zuständig sind:46 1)

Die Söhne Israels: In v.2 kann sich die Verbalform von ḤLQ-G in 3. maskulin Plural nur auf die zuvor genannten benê Yiśrāʾel beziehen, die offenbar noch nicht allen Stämmen das Verheißungsland (naḥalāh) aufgeteilt haben (ḤLQ-G). Eine ähnliche Konzeption ist in Jos 14,5 zu finden, wo die benê Yiśrāʾel das Land aufteilen. Die Tradition, dass die Israeliten selbst die jeweiligen Lehen zuweisen, findet sich mit anderer Idiomatik und verbunden mit dem Losentscheid noch in Num 33,54 (NḤL-tD). In v.2 ist allerdings ein Unterschied zwischen den Israeliten als Ganzes, die für die Landverteilung verantwortlich sind, und sieben Stämmen zu machen, die noch kein Lehen erhalten haben. Dies widerspricht jedoch der Vorstellung in 10b, wonach Josua das Lehen an die Israeliten verteilt, wobei hier logisch nur die noch übriggebliebenen sieben Stämme gemeint sein können, sodass hier offenbar die sieben Stämme als Israel verstanden werden. Die Vorstellung von sieben Stämmen Israels ist jedoch auffällig, da ansonsten entweder die Zwölfzahl aller israelitischen Stämme oder die Zehnzahl der cisjordanischen Stämme stark 43

Vgl. WÜST 1975, 230f.; SEEBASS 2006b, 376. So aber NOTH 1971b, 104; FRITZ 1994, 178. 45 Entgegen DE VOS 2003, 187. 46 Man hat immer wieder angenommen, dass diese Differenzen aufgrund von einzelnen Redaktionen entstanden seien, vgl. ASSIS 2003, 5. Schon NOTH 1967, 186–188 hat die Beobachtung, dass unterschiedliche Personen/Gruppen für die Landverteilung verantwortlich sind, redaktionsgeschichtlich fruchtbar gemacht: 1) die Israeliten in Jos 14,1; 19,49, 2) Josua in Jos 13,1.7; 18,2–10, 3) die Flurkommission in Jos 14,1; 18,1; 19,51. Die Landverteilung kann zudem durch den Losentscheid geschehen (ḤLQ begôrāl: Num 26,55 bzw. ḤLQ ʿal pî haggôrāl: Num 26,56). BOLING 1982, 424 weist jedoch darauf hin, dass bislang Eleasar für den Losentscheid verantwortlich gewesen sei, und nicht Josua, vgl. Num 27,21, wo allerdings nicht gôrāl, sondern das Urim-Orakel befragt wird. 44

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

gemacht wird.47 Hinzu kommt, dass es sich bei den nachlässigen Israeliten in v.3 nur um die übriggebliebenen sieben Stämme handeln kann, die aber als „Söhne Israels“ verstanden werden. Aus alledem folgt, dass die Bezeichnung „Söhne Israels“ in v.3.10 eigentlich nur die sieben Stämme meinen kann.48 Dasselbe gilt auch für die Anrede der „Söhne Israels“ mit „ihr“ in v.3.6. Dann wird das Verheißungsland jedoch nicht von Gesamtisrael, sondern nur von den sieben übriggebliebenen Stämmen verteilt, was wiederum Num 33,54 und Jos 14,5 widerspricht. Dementsprechend können sich die „Söhne Israels“ in v.2 eigentlich nur auf Gesamtisrael beziehen, das das Verheißungsland an die Stämme verteilt, während die „Söhne Israels“ in v.3.10 lediglich die sieben übriggebliebenen Stämme sein können. Demnach kann v.3 nicht auf einer Ebene wie v.2 liegen. Die Kundschafter: Der Anschluss der Verbalform in Jos 18,5a an das Vorausgehende ist schwierig. Die Verbalform ist entweder w-qatal 3. Plural, das dann als Finalsatz an das Vorausgehende anschließt („damit sie [= die Kundschafter] es aufteilen“),49 oder ein Imperativ, der sich dann an die „Söhne Israels“ aus v.3 wendet („und teilt es auf“).50 Wenn man folglich in v.5 ein w-qatal 3. Plural von ḤLQ-tD liest, dann teilen die losgesandten Kundschafter selbst das Land auf.51 Zu dieser Konzeption könnte auch v.4 passen, wonach die Kundschafter „ihre Erbanteile“ (naḥalātām) festlegen sollen.52 Dies wäre zumindest eine Vorstellung, die nur an dieser Stelle erwogen wird, zumal ansonsten die Kundschafter nicht mit dieser Aufgabe betraut werden. Dementsprechend könnte der Ausdruck „im Verhältnis zu ihrem Lehen“ (lefî naḥalātām) in v.4 eine Glosse sein, die auf ein Missverständnis der doppeldeutigen Verbalform von v.5 zurückgeht. Demgegenüber wäre aber in v.5 ein Imperativ von ḤLQ-tD sinnvoller, sodass hier die „Söhne Israels“ die Landverteilung vornehmen sollen. Da eine vergleichbare Form in Num 33,54 vorliegt, soll in v.5 vermutlich ebenfalls ausgedrückt werden, dass die Landverteilung durch die Israeliten erfolgen soll.53 Dann würde v.5 auf derselben Ebene wie der Imperativ von v.4 liegen (hābû). Die Israeliten sollten folglich zunächst Kundschafter bestimmen (v.4: hābû) und danach das

2)

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Vgl. DE VOS 2009, 69f. Vgl. hierzu auch NOTH 1971b, 107. 49 Vgl. MEER 2012, 88. 50 NOTH 1971b, 104 liest hier „ihr sollt es unter euch teilen“, ohne dies zu begründen. Dies ist aber ausweislich der grammatischen Form nicht möglich. DE VOS 2003, 186 deutet die Verbalform als ein duratives Verteilen. 51 Vgl. RÖSEL 2011, 291. Nach DE VOS 2003, 187 findet sich die seltene syntaktische Konstruktion yiqtol w-qatal in v.4–5 und v.6, was darauf hinweisen könnte, dass v.5 und 6 eine redaktionelle Ergänzung sein könnten. 52 Vgl. auch SEEBASS 2006b, 372 Anm. 7. 53 Vgl. WÜST 1975, 232. 48

 

3. Mehrfachüberlieferungen in v.2–10 

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verzeichnete Land aufteilen (v.5: wehitḥalleqû).54 Dann wäre der Auftrag der Kundschafter lediglich, das noch verbliebene Land aufzuzeichnen, während die „Söhne Israels“ (= sieben Stämme) für die Aufteilung in sieben Anteile verantwortlich sind. Dies steht aber wiederum in Widerspruch zu Jos 18,6, wo offenbar die Kundschafter selbst das Land in je sieben Anteile verzeichnen und dann das Ergebnis für den Losentscheid zu Josua bringen. Von der Erzähllogik sind in v.6 die Kundschafter im Blick. Denn nach v.4 haben die Kundschafter das Land verzeichnet, sodass sich die Anrede „ihr“ in v.6 eigentlich nicht auf die „Söhne Israels“ beziehen kann. Daraus folgt, dass v.6 (Verzeichnung in sieben Anteile durch Kundschafter) eigentlich nicht auf der gleichen Ebene wie v.5 (Aufteilung in sieben Anteile durch „Söhne Israels“) liegen kann, zumal v.6 zusätzlich den Losentscheid anstelle der Landverteilung durch die Israeliten (v.5) betont. Fraglich ist, ob die Kundschafter das Land in gleiche Teile verteilt haben,55 sodass das Los lediglich über die Zuweisung des von den Kundschaftern bestimmten Teils an den jeweiligen Stamm entscheidet.56 Da der Losentscheid zudem dazu führen konnte, dass große Lehen an kleine Stämme fallen und umgekehrt, ist wohl eher davon auszugehen, dass man versucht hat, im Rahmen des Losentscheids gleiche Anteile zu schaffen. Diese Interpretation gilt freilich nur dann, wenn der Losentscheid seit jeher zu den Landverteilungstexten gehört hat. Falls dies nicht der Fall war, dann ist die Arbeit der „Landverteilungskommission“ tatsächlich notwendig. Denn es musste vorab das Land in unterschiedliche Teile entsprechend der Größe der Stämme eingeteilt werden, wobei dieser Vorschlag dann von Josua ratifiziert wurde. Hinzu kommt, dass bei der Formulierung von v.4 und v.5 ein gewisser Ermessensspielraum für Josua verbleiben könnte,57 auch wenn die Kundschafter schon eine Vorauswahl getroffen haben.

54 Nach DE VOS 2003, 197 werde hier aber durch den tD-Stamm betont, dass es nur um die Vorbereitung der Verteilung gehe. 55 Vgl. hierzu NELSON 1997, 207, dem zufolge die verbliebenen sieben Stämme von etwa gleicher Größe seien, sodass die Verteilung durch den Losentscheid nachvollziehbar werde. Auch WOUDSTRA 1981, 274 geht von gleichen Landanteilen aus. 56 Dann wird aber die Größe des jeweiligen Stammes nicht näher berücksichtigt. Vgl. zum Problem DE VOS 2003, 188. Zur unterschiedlichen Größe der Lehen, die nicht der zahlenmäßigen Stärke der einzelnen Stämme entsprechen, vgl. ASSIS 2003, 3. Ähnliche Ungerechtigkeiten bei der Landverteilung könnten zuvor schon zum Unmut der Manassiten nach Jos 17,14–18 geführt haben. 57 Vgl. hierzu DE VOS 2003, 197, dem zufolge die Kundschafter die Verteilung lediglich vorbereitet hätten, die dann schließlich in v.10 von Josua vollzogen wurde.

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

Josua: Schließlich teilt Josua selbst nach 10b das Land an die Israeliten aus, was mit ḤLQ-D formuliert wird.58 Eine solche Vorstellung – ebenfalls mit ḤLQ-D – findet sich noch in Jos 13,7, wo Josua den Befehl erhält, das Land an die verbleibenden Stämme (šebæṭ), und zwar als naḥalāh, aufzuteilen. In Jos 19,51 wird die Vollendung der Aufteilung des Landes bestätigt, wobei hier aber ḤLQ-D im Plural steht, sodass syntaktisch an die zuvor genannten Personen (Eleasar,59 Josua und die Ältesten) gedacht ist.60 Alles in allem scheint die Aufzeichnung des Landes in einzelne Anteile bzw. die Verteilung des Landes durch die Israeliten immer an Josua zurückgebunden zu sein, der ohnehin eine wichtige Aufgabe bei der Landverteilung spielt. Offenbar soll zumindest auf der Ebene der Endredaktion die Flurkommission in Jos 18,2–10 lediglich einen Vorschlag erarbeiten, der dann von Josua eigenständig (10b) oder durch das Los (v.6.8.10a) ratifiziert wird.61

Somit lassen sich mindestens drei unterschiedliche Konzeptionen der Landverteilung feststellen: Erstens teilen die Israeliten das Land auf (v.2–6), zweitens wird das Land durch Losentscheid zugewiesen (v.6.8b.10a) und drittens teilt Josua selbst das Land auf (10b). Die erste Konzeption weist zurück auf Jos 14,5, die zweite auf Num 26, 33, 34 und 36 sowie Jos 15–16 und Jos 18– 19,62 und die dritte auf Jos 13,7, sodass hier möglicherweise drei redaktionelle Schichten mit eigenen theologischen Intentionen auszumachen sind.

58

Nach WOUDSTRA 1981, 273 müsse dies aber nicht bedeuten, dass Josua ohne Beteiligung anderer das Land alleine verteile. Nach RÖSEL 2011, 290 weise die Verwendung von unterschiedlichen Stämmen bei ḤLQ darauf hin, dass in Jos 18,1–10 ein später Redaktor an der Arbeit sei. Allerdings können die verschiedenen Stammesmodifikationen genauso gut auf je unterschiedliche Redaktoren zurückzuführen sein. 59 Nach SEEBASS 2006a, 104 Anm. 38 sei Eleasar erst einer späten Redaktion zu verdanken, zumal ansonsten Josua die Rolle der Landverteilung übernehme (Jos 13,1; 14,7– 15; 15,13; 17,14–18; 18,1–10; 19,49 und 20,1). Nur in redaktionellen Texten werde Eleasar in Jos 14,1; 17,4; 19,51; 21,1 nachgetragen, wobei schon die Voranstellung Eleasars vor Josua auffällig sei und auf diese Weise die Position des Hauptprotagonisten Josua geschmälert werde. RÖSEL 2009, 560f. vermutet darüber hinaus, dass die Voranstellung Eleasars zurück ins Numeribuch verweise. 60 Darüber hinaus gibt es noch die Konzeption, dass Josua das Land als Lehen verteilt (NḤL-H), vgl. Dtn 3,28; Jos 1,6. 61 Vgl. hierzu auch SEEBASS 2006b, 375. Nach WÜST 1975, 232 habe erst der Losentscheid redaktionell zwischen beiden Konzeptionen (Landverteilung durch die Israeliten oder durch Josua) vermittelt. Denn nun würden beide Konzeptionen als zeitliches Nacheinander dargestellt: die Israeliten hätten zunächst die Landanteile ermittelt, die dann Josua durch den Losentscheid den einzelnen Stämmen zugesprochen habe. 62 Num 26,55f.; Num 33,54; 34,13; 36,2 und Jos 15,1; 16,1; 18,6.8.10; 19,1.10.17.24. 32.40.51.

 

4. Der Losentscheid – Priesterliche Redaktion und die Grundschicht 

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4. Der Losentscheid – Priesterliche Redaktion und die Grundschicht Vor allem die zweite Konzeption geht auf redaktionelle Arbeit zurück, die aus dem vorliegenden Material einen stringenten Text kreieren wollte. Demnach sollte die Verteilung des von Gott geschenkten Landes allein von Gott durchgeführt werden, weshalb hier nach priesterlicher Vorstellung der Losentscheid herangezogen wird.63 Gerade in diesem Kontext wird immer wieder nachdrücklich betont, dass das Los „vor dem Angesicht YHWHs“ geworfen wird.64 Die eigentliche Landverteilung wird demnach auf den Willen Gottes zurückgeführt. Nicht umsonst wird der Losentscheid noch zusätzlich in „Schilo“ (v.8.10a) und damit vermutlich vor dem „Zelt der Begegnung“ (v.1) lokalisiert,65 zumal die Präsenz YHWHs für den Losentscheid wichtig ist. Dementsprechend erklärt sich auch die redaktionelle Ergänzung von v.1, da auf diese Weise der Ausdruck „vor dem Angesicht YHWHs“ in v.8.10a erst richtig verständlich wird. Dementsprechend liegt v.1 auf einer redaktionellen Ebene mit v.8 und 10a. Zu dieser redaktionellen Schicht gehört vermutlich auch noch die Ergänzung „Schilo“ in v.9. Der Losentscheid macht darüber hinaus die Landverteilung durch Josua, durch die Kundschafter oder durch die Israeliten entbehrlich, da es eine Prärogative Gottes ist, das Verheißungsland zu verteilen.66 Daraus folgt, dass die Landverteilung ohne den göttlichen Losentscheid vermutlich der zugrundeliegenden Tradition zuzuordnen ist. Denn es ist kaum ersichtlich, weshalb eine spätere Ergänzung die göttliche Prärogative der Landverteilung nachträglich bestritten haben sollte. Der in Jos 18,2–10 anvisierte Losentscheid wird zudem eigenständig formuliert: YRY gôrāl (v.6) und ŠLK-H gôrāl (v.8.10). Ein Bezug zum „Lehen“ (naḥalāh) oder eine Verbindung mit dem Verb NḤL ist hier nicht erkennbar. Somit ist nicht deutlich, zu welchem Zweck der Losentscheid durchgeführt wird. Schon diese Beobachtung legt nahe, dass der Losentscheid in Jos 18,2– 10 sekundär in die ursprüngliche Kundschaftererzählung eingefügt worden ist,67 da er nur vor dem größeren erzählerischen Kontext verständlich ist, wo 63 Nach DE VOS 2003, 106 ist daher die Landverteilung „Ausdruck der göttlichen Ordnung“. KITZ 2000b, 610–618 zeigt, dass es für die Landverteilung durch das Los auch außerbiblische Parallelen gibt. Kritisch hierzu HESS 2002, 498 Anm. 11. 64 In der Erzählung Jos 18,1–10 (Jos 18,6.8.10) und am Abschluss in Jos 19,51, vgl. hierzu HESS 1996a, 290. Nach DE VOS 2009, 63 werde auf diese Weise betont, dass Gott indirekt für die Landverteilung verantwortlich sei. BOLING 1982, 424 vermutet, dass diese Ausdrucksweise darauf verweise, dass der Losentscheid vor der Bundeslade erfolge. 65 Vgl. DOMMERSHAUSEN 1971, 198. 66 HAWK 2000, 215 weist darauf hin, dass der Losentscheid zudem eine priesterliche Tätigkeit ist. 67 Anders RÖSEL 2011, 291, dem zufolge der Losentscheid zum ursprünglichen Text gehöre, der aber erst sehr spät entstanden sein könne.

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der Losentscheid explizit mit dem Lehen der Stämme verbunden wird. Erst vor dem Hintergrund des Numeribuches wird die vorgefundene Tradition in Jos 18,2–10 verständlich, da sie lexematisch an Num 33,54 und 34,13 angebunden wird (NḤL-tD begôrāl), wobei bei diesen beiden Stellen aufgrund des tD-Stammes nur der Empfang des Landes als Lehen betont wird, nicht aber derjenige, der für den Losentscheid verantwortlich ist. Erst in Num 36,2 wird diese Leerstelle gefüllt, wenn Josua auf YHWHs Befehl hin das Land als Lehen durch das Los geben soll (NTN benaḥalāh begôrāl). Offenbar eine spätere Redaktion ergänzt bei der Landverteilung neben Josua noch Eleasar und die Familienoberhäupter in Jos 14,1, wobei beide beim Losentscheid in Jos 14,2 auf dem ersten Blick noch nicht eingebunden sind (begôrāl naḥalātām in 2a),68 es sei denn, dass Jos 14,2 ein von Jos 14,1 abhängiges instrumentales Syntagma ist. Nur in diesem Fall verteilt die zuvor genannte Kommission das Land mit Hilfe des Losentscheides. Beim Abschluss der Landverteilung in Jos 19,51 (NḤL-D begôrāl) wird hingegen ausdrücklich betont, dass Eleasar, Josua und die Familienoberhäupter das Lehen durch das Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHS, am Eingang des Zeltes der Begegnung, ausgeteilt haben.69 Allerdings ist in beiden Fällen die Landkommission unter Eleasar erst später zum Losentscheid hinzugewachsen. Problematisch ist jedoch, dass sich „für euch“ (lākæm) offenbar auf unterschiedliche Personen bezieht (Jos 18,3.4.6.8): auf die Israeliten, die verbliebenen Stämme oder die Kundschafter. Zumindest in v.8 und 10a (nur hier in der Form lāhæm) bezieht sich das enklitische Personalpronomen auf die zuvor genannten Kundschafter. Offenbar hat ein Redaktor lākæm gedankenlos und mechanisch in v.8 platziert, ohne dass ihm aufgefallen wäre, dass er dadurch logische Inkohärenzen schafft, da er zuvor die Kundschafter anspricht und daher lākæm sich nicht auf die Israeliten bzw. sieben Stämme beziehen kann. Das Problem in v.8 ist somit erst redaktionell geschaffen worden. Nur durch Unachtsamkeit erzeugte der Redaktor die beobachteten Spannungen, da er übersah, dass sich der Bezugspunkt von lākæm/lāhæm streng logisch auf die Kundschafter verschob. Darüber hinaus richtet sich 8b und 10a nur an die Kundschafter (lākæm/lāhæm), für die Josua das Los wirft, während Josua in 10b das Land für die Israeliten verteilt (libnê Yiśrāʾel). Somit kann 8b und 10a nicht auf einer literarischen Ebene wie 10b liegen. Allerdings gibt es im Blick auf die anderen beiden Gruppen, auf die sich lākæm beziehen kann, weder einen nachvollziehbaren Grund noch eine erzählerische Intention für den Wechsel der Gruppe („Söhne Israels“, sieben Stäm68 Nach ASSIS 2003, 7–9 wurde das Land bereits in Jos 14,1–5 den israelitischen Stämmen zugeteilt, wobei aber sieben Stämme nachlässig hinsichtlich der Inbesitznahme gewesen sind. Diese Beobachtung gilt zumindest auf der Ebene des Endtextes. Dagegen aber HUBBARD 2009, 414 Anm.68. 69 Nach RÖSEL 2009, 561 entsprechen sich die beiden Rahmenstücke Jos 14,1–5 und Jos 19,49–51. Vgl. hierzu auch ASSIS 2003, 12f.

 

4. Der Losentscheid – Priesterliche Redaktion und die Grundschicht 

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me). Hinzu kommt, dass Josua in v.6 das Los für die „Söhne Israels“ wirft, obschon ein Teil der Israeliten bereits mit Lehen versorgt ist. Folglich muss der Losentscheid auf derjenigen redaktionellen Ebene anzusetzen zu sein, die die „sieben Stämme“ als „Söhne Israels“ versteht und damit das Konzept einer Landverteilung an 9 ½ Stämmen noch nicht kennt. Insgesamt hat es den Anschein, dass der Losentscheid erst redaktionell zu den Landverteilungstexten hinzugewachsen ist.70 Allerdings wurden durch diesen Zusatz im Verhältnis zu Num 26–36 und innerhalb von Jos 13–19 wietere Probleme erzeugt, die wohl auf eine komplizierte redaktionelle Wachstumsgeschichte hinter dem Numeri- und dem Josuabuch hinweisen: 1)

Zunächst soll das Lehen nach der jeweiligen Größe des einzelnen Stammes bemessen werden (Num 26,53–54). Danach folgt aber der Losentscheid (Num 26,55), sodass die vorige Einteilung in größere und kleinere Lehen offenbar keine Auswirkungen mehr haben kann. Hinzu kommt, dass in Num 26,55 die Lehen nach den Namen der Stämme der Väter verteilt werden sollen. Nach Num 26,56 wird durch das Los das Lehen ausgeteilt, und zwar offenbar unabhängig von der Größe des Stammes. Auch in Jos 18 scheint der Losentscheid nicht auf unterschiedlich große Landanteile zurückzugreifen, zumal hiervon nirgendwo die Rede ist. Ein ähnliches Problem stellt sich auch in Num 33,54.71 Das Lehen soll zwar durch das Los zugewiesen werden (NḤL-tD begôrāl), aber einem großen Stamm soll eigentlich auch ein großer Anteil zufallen, wobei dies im Nachsatz noch durch das „Herauskommen des Loses“ (YṢʾ haggôrāl) begründet wird. Auf den Losentscheid bei der Verteilung des Lehens verweisen allgemein noch Num 34,13 und 36,2–3. Auch in Jos 14,1–2 scheinen zunächst Eleasar, Josua und die Familienältesten das Land verteilt zu haben, auch wenn dann im Anschluss das Los entscheidet, wobei die letzte Option noch ausdrücklich mit dem Befehl YHWHs begründet wird. Hinzu kommt noch eine erste Option, derzufolge die Israeliten ihr Land offenbar in Jos 14,1 auf profane Weise erhalten haben (NḤL).72 Der Losentscheid ist somit nach Jos 14,1–2 wie schon in Num 26 nur eine von verschiedenen Optionen der Landverteilung. Bei den einzelnen Stämmen ist in Jos 15–19 der Hinweis auf das Los sicher sekundär zur Grundschicht hinzugewachsen.73 Darüber hinaus ist ausweislich der Formulierung HYY haggôrāl in Jos 15,1 und 17,1 nicht von einem richtigen durchgeführten Losentscheid auszugehen. Vielmehr wird hier der „Losanteil“ in der Form eines fest umgrenzten Gebietes be-

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Vgl. DE VOS 2009, 65f. Zum Problem dieses Verses vgl. SEEBASS 2006a, 102. 72 Vgl. DE VOS 2009, 68. 73 Vgl. GASS 2019, 232. 71

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schrieben.74 Da erst in Jos 18,2–10 der formelle Losentscheid berichtet wird, konnte zumindest auf redaktioneller Ebene zuvor das Land nicht durch das Los zugeteilt werden.75 Es verwundert nicht, dass der Losentscheid zu Ungerechtigkeiten führen kann, worauf die kurze Erzählung in Jos 17,14–18 hinweist. Denn der zahlenmäßig starke Stamme Manasse hat nur ein Los bekommen, das für ihn offenbar zu klein gewesen ist.

Aus alledem folgt, dass die Verbindung der Landverteilung mit dem Losentscheid vermutlich erst redaktionell hinzugewachsen ist, um die göttliche Beteiligung an der Landgabe zusätzlich zu unterstreichen, auch wenn es auf diese Weise zu Ungerechtigkeiten kommen konnte, da große Stämme mitunter zu kleine Lehen erhalten haben.

5. Weitere Spannungen und Glossen in Jos 18,1–10 Die zu verteilende Größe wird zudem unterschiedlich bezeichnet,76 zum einen ganz allgemein als „Land“ (ʾæræṣ)77, zum anderen aber als „sieben Anteile“ (šibʿāh ḥalāqîm),78 wobei beide Größen in Jos 18,6.9 miteinander verbunden werden, sodass das „Land“ offenbar in genau „sieben Anteile“ eingeteilt werden kann. Das setzt dann aber voraus, dass sich Israel aus sieben Stämmen zusammensetzt, für die das Verheißungsland folglich in sieben Anteile aufgeteilt werden muss. Nur wenn man die „sieben Anteile“ überall als redaktionell streicht, dann kann im Hintergrund der Grundschicht Gesamtisrael aus neuneinhalb bzw. zwölf Stämmen stehen. Darüber hinaus ist der Ort der Szene in Jos 18,1–10 umstritten. Zwar wird viermal auf den Ort Schilo verwiesen,79 aber abgesehen von dieser exakten 74 AULD 1980, 56 weist jedoch darauf hin, dass LXX hier gebûl anstelle von gôrāl belegt. Nach AULD 1978, 416f. könnte gôrāl in diesen Stellen erst einer sekundären Überarbeitung zuzuschreiben sein. 75 Vgl. DE VOS 2009, 67. Fraglich ist allerdings, ob sich der Losanteil von Juda und Josef in seiner höheren Heiligkeit von den übrigen durch Los zugeteilten Gebieten an die anderen Stämme tatsächlich unterscheidet: Dementsprechend stamme das Land von Juda und Josef als „Losanteil“ direkt von Gott, während die übrigen Gebiete nur indirekt von Gott durch das „Los“ an die übrigen Stämme vermittelt werden. 76 Vgl. hierzu auch WÜST 1975, 229. 77 Jos 18,1.3.4.6.8.9.10. 78 Jos 18,5.6.9. 79 Jos 18,1.8.9.10. Nach NOTH 1971b, 108 sei der Ort Schilo erst sekundär in v.8.9.10 eingedrungen, während das Lager ursprünglich in Gilgal zu verorten sei. Schon die häufige Betonung der Verortung in Schilo ist auffällig. Offenbar war die frühere Tradition noch ortlos, während durch die redaktionelle Überarbeitung Schilo besonders hervorgehoben werden sollte. Nach ZIESE 2008, 317 könnte die Verortung in Schilo aufgrund der Etymo-

 

5. Weitere Spannungen und Glossen in Jos 18,1–10 

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Verortung finden sich noch Angaben wie „Zelt der Begegnung“ (Jos 18,1), „hier“ (Jos 18,8), „Lager“ (Jos 18,9), „dort“ (Jos 18,10).80 Während das „Zelt der Begegnung“ im Josuabuch stets in Schilo lokalisiert wird (Jos 18,1 und 19,51), befindet sich das „Lager“ im Josuabuch bevorzugt in Gilgal (Jos 10,6. 15.43), sodass die ursprüngliche Tradition abhängig von ihrer jeweiligen Abgrenzung entweder in Schilo oder in Gilgal lokalisiert werden kann. Die Verortung in Gilgal in Jos 10 wirkt zudem fort in der Kaleberzählung (Jos 14,6) und könnte vielleicht auch in Jos 18 anzusetzen sein. Die beiden anderen Ortsdeiktika „hier“ (Jos 18,8) und „dort“ (Jos 18,10) beziehen sich auf Orte, die zuvor genannt worden sind. Je nachdem, wie man die einzelnen Textstufen rekonstruiert, können sich die einzelnen Ortsangaben auf die unterschiedlichsten Orte beziehen. Wie oben schon angedeutet, scheint zumindest der Ortsname Schilo nur über Jos 18,1 in den Abschnitt Jos 18,2–10 sekundär eingedrungen zu sein.81 Insofern könnte die ursprüngliche Szene entweder in Gilgal oder an einem anderen unbekannten Ort lokalisiert werden. Darüber hinaus finden sich in v.5 und v.7 Angaben, die eigentlich nur vom größeren Kontext gefordert werden und demnach noch nicht in der Grundschicht gestanden haben müssen: 1)

Der Hinweis auf die Gebiete von Juda und dem „Haus Josef“ in 5b ist vermutlich als redaktioneller Nachtrag zu beurteilen, der auf die bereits erfolgte Landzuweisung an diese Stämme in Jos 15–17 zurückverweist.82 Durch diesen Zusatz wird die Verortung von Jos 18 am gegebenen Platz

logie des Ortsnamens metaphorisch als „Erholung“ zu deuten sein. An diesem „Erholungs“-Ort, wo die „Söhne Israels“ zur Ruhe kommen konnten, fand schließlich die Landverteilung statt. 80 AULD 1980, 62f. weist darauf hin, dass 10b „dort“ sowie die beiden anderen Ortsangaben „hier“ und „Lager“ Überschüsse des MT seien, die der Erzählung ein einheitlicheres Aussehen verleihen sollten. 81 Kritisch hierzu allerdings SEEBASS 2006b, 374 Anm. 18, dessen Gegenargumente aber ebenfalls schwach sind: Richtig ist zwar, dass v.1 klar eine Ortsveränderung anzeigt. Das hat aber nur dann Auswirkungen auf das Folgende, wenn v.1 nicht ebenfalls ein sekundärer Zusatz ist. Zumindest in v.8 liegt es nahe, aufgrund der Doppelung von „hier“ und „in Schilo“ von einem sekundären Nachtrag zu sprechen. Da v.10 ebenfalls den Loswurf thematisiert, könnte das Toponym aufgrund der thematischen Ähnlichkeit eingedrungen sein und in v.9 sollte das ursprüngliche Wort „Lager“ präzisiert werden, damit man diese Erzählung nicht weiterhin in Gilgal verortet. Somit gibt es sehr gute Gründe für die sekundäre Ergänzung von Schilo in den jeweiligen Versen. 82 Anders hingegen KNAUF 2008, 156, dem zufolge diese Angabe auf die Redaktion hinweise, die betonen wolle, dass das Land Israel nicht nur aus Judäa und Samaria bestehe, sondern dass es darüber hinaus noch weitere Landesteile gebe, die Israel in Besitz nehmen müsse. Allerdings ist der textinterne redaktionelle Hinweis auf die bereits erfolgte Landnahme von Juda und dem Haus Josef in Jos 15–17 plausibler, zumal diese Gebiete ausweislich der Formulierung mit ʿMD bei der nun folgenden Landverteilung nicht mehr verhandelbar sind.

100 

„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

im Endtext durchaus verständlich,83 was freilich für die ursprüngliche Tradition nicht gelten muss (s.u.). Die Verwendung des Nomens gebûl im Sinne von „Gebiet“ ist in 5b ebenfalls auffällig, da dieses Wort in der verwendeten Grundschicht eigentlich „Grenze“ heißt. Auch dies weist darauf hin, dass 5b einer späteren Redaktion zuzuweisen ist. Die beiden Sätze sind zudem in x-yiqtol formuliert und vermutlich modal zu verstehen. Diese Stämme sollen auf ihrem Gebiet verbleiben und von dort auch nicht verdrängt werden.84 Darüber hinaus begründet dieser Nachtrag die Aufteilung des verbleibenden Landes an nur noch sieben Stämme,85 da Juda und das „Haus Josef“ (Efraim und Halbmanasse) bereits versorgt sind. Vermutlich schlägt zudem der erste Satz von v.6 bereits eine Brücke zu 5a, wofür auch die Texttradition der LXX spricht, die in 5a und v.6 denselben Ausdruck belegt (ἑπτὰ μερίδας).86 Durch diese inclusio konnte folglich der Zusatz 5b in den Grundtext perfekt eingeordnet werden. Hinzu kommt, dass viele hebräische Manuskripte auch in v.6 lešibʿāh ḥalāqîm lesen, wodurch die beobachtete inclusio noch zusätzlich gestärkt wird. Nachträge, die ebenfalls nichts mit der Auskundschaftung des Landes zu tun haben und den größeren Erzählkontext voraussetzen, sind schließlich noch in v.7 zu finden,87 wo zum einen auf das Priestertum der Leviten als Lehen verwiesen wird (7a), zum anderen auf die ostjordanischen Stämme (7b), die ebenfalls nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Der Versteil 7a steht auf den ersten Blick in Widerspruch zu Jos 21,1– 42, wo den Leviten zumindest einzelne Städte zugewiesen werden, erklärt sich aber vor dem Hintergrund von Jos 14,3–4, wo betont wird, dass die Leviten nur Städte, nicht aber einen eigenen Landanteil erhalten. Offenbar sollte bereits in Jos 14 und später noch in Jos 18 eingetragen werden, dass die Leviten keinen Anspruch auf Landbesitz erheben sollen. Der Versteil 7a ist so eigenständig formuliert, dass hier nur schwer eine literarische Verbindungslinie zu anderen Texten aufgewie-

2)

83

Vgl. RÖSEL 2011, 287f. Die einzig wirkliche Parallele für das Idiom ʿMD-G + ʿal gebûl findet sich 2Kön 3,21, wo sich Moab auf seinem Gebiet aufstellt, um sich gegen feindliche Invasoren zu verteidigen. Nach PARUNAK 1977, 19f. heißt das Idiom ʿMD-G + ʿal gebûl „an der Grenze stehen“. AULD 1980, 63 verweist noch auf Ex 8,18, wo das Land Goschen von der vierten Plage der Stechfliegen ausgenommen wird. 85 Vgl. NOTH 1971b, 108. AULD 1980, 62 dreht dieses Argument um und betont, dass gerade aufgrund von 5b Jos 18–19 den vorausgehenden Abschnitt benötigten. Das gilt aber nur für den Endtext, nicht für die ursprüngliche Tradition. 86 Vgl. hierzu BOLING 1982, 421. 87 AULD 1980, 63f. weist noch auf sprachliche Eigentümlichkeiten hin. WOUDSTRA 1981, 270f. hält v.7 allerdings nicht für redundante Informationen. Nach HAWK 2000, 215 ist auffällig, dass die Leviten im Kontext des Begegnungszeltes in Schilo und der Präsenz Gottes nicht genannt werden. 84

 

5. Weitere Spannungen und Glossen in Jos 18,1–10 

101

sen werden kann. Nur inhaltlich werden die Levitenstädte bereits in Num 35 vorbereitet, sodass zumindest Jos 14 und Jos 21 auf dieser redaktionellen Ebene liegen, die in das Numeribuch verweist. Allerdings begründet 7a den Verzicht der Leviten auf Erbbesitz eigenständig, sodass hier auch eine unabhängige Glosse vorliegen kann, die den Sachverhalt des fehlenden Landbesitzes der Leviten zu erklären versucht. Eine redaktionelle Verortung von 7a kann folglich nur im größeren Kontext geschehen. Versteil 7b hingegen verdankt sich der bereits zuvor erfolgten Landverteilung an die ostjordanischen Stämme und liegt am ehesten sprachlich auf einer Linie mit Num 32,19 (meʿebær hayyarden mizrāḥāh), während andere Stellen jeweils zusätzlich den Ort Jericho (Num 34,15; Jos 13,32; 20,8) eintragen oder bei mizrāḥāh noch šæmæš (Dtn 4,41.47 Jos 1,15; 12,1) ergänzen. Die letzte Beobachtung zeigt, dass die Landverteilung im Josuabuch eher mit dem Numeribuch zu verbinden ist als mit dem Bereich Dtn 1–Jos 12. Die Angabe über die ostjordanischen Stämme ist angesichts von Jos 13,8.32 redundant. Hier sollte offenbar eine Verbindungslinie über Jos 13,8.32 zurück in das Numeribuch gezeichnet werden. Auffälligerweise findet sich die Formulierung NTN lāhæm Mošæh ʿæbæd YHWH immer in Verbindung mit der durch Mose erfolgten Landgabe an die ostjordanischen Stämme.88 Offenbar hat eine Redaktion immer wieder darauf hinweisen wollen, dass die ostjordanischen Stämme bereits ihren Landbesitz erhalten haben und daher nicht mehr berücksichtigt werden müssen.89 Das Idiom „Lehen erhalten“ (LQḤ naḥalāh) bindet diese redaktionelle Ergänzung in v.7 zusätzlich an Num 34,14.15 und Jos 13,8 an. Diese Vorstellung unterscheidet sich zudem von dtn. Konzeptionen, wonach gemäß Dtn 29,7 das Land von den Israeliten zunächst genommen und den ostjordanischen Stämmen als Lehen gegeben wird (NTN). Wiederum zeigt sich, dass sprachlich und inhaltlich die Landverteilung in Jos 18–19 nur mit dem Numeribuch zusammenhängen kann. Allerdings zeigt die Verwendung von Mošæh ʿæbæd YHWH vielleicht an, dass hier eine späte Redaktion tätig wurde, die diesen Teil an die erste Hälfte des Josuabuches angeglichen haben könnte.90 Mitunter ist aber auch nur der Titel ʿæbæd YHWH oder der Relativsatz als dtr. Zusatz hinzugewachsen. Hier kommt man über Vermutungen nicht hinaus, zumal auch eine späte priesterliche Redaktion den dtr. Sprachstil nachgeahmt haben könnte.

3)

88

Jos 13,8; 18,7; 22,4. Es scheint, dass diese umgreifende Redaktion spät anzusetzen ist, da das Idiom Mošæh ʿæbæd YHWH auch noch am Anfang des Josuabuches in Jos 1,1 eingetragen ist. Zur Verwendung dieses Idioms im Josuabuch vgl. Jos 1,1.13.15; 8,31.33; 11,12; 12,6; 13,8; 14,7; 18,7; 22,2.4.5. 90 Nach RÖSEL 2011, 292 liegt hier ein dtr. Idiom vor. Ähnlich CORTESE 1990, 97. 89

102 

„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

In Jos 18,10 können ebenfalls Wachstumsspuren entdeckt werden. Zum einen wird das Subjekt „Josua“ unnötig in beiden Sätzen genannt.91 Zum anderen wird die Landverteilung in zwei Varianten geschildert: durch Losentscheid in 10a92 und durch Verteilung in 10b. Da 10b in LXX fehlt,93 gibt es gute Gründe, diese Doppelung literarkritisch zu streichen,94 zumal 10b aus dem ähnlichen Vers Jos 13,7 entwickelt werden konnte. Dementsprechend ist die Annahme nicht nötig, dass dem LXX-Übersetzer der Losentscheid bereits genügt hat, sodass er die Landverteilung durch Josua in 10b als theologisch störend tilgte. Der Bericht von der Flurkommission in Jos 18,2–10 weist zudem einige sprachliche Besonderheiten auf, die diesen Abschnitt vom Rest deutlich abheben. Diese auffälligen Idiome können entweder auf die ursprüngliche Tradition oder auf redaktionelle Arbeit zurückgeführt werden: 1)

Nur in Jos 18,2–10 werden die Stämme mit dem Wort šebæṭ bezeichnet.95 Im Gegensatz dazu werden die einzelnen Stämme in Jos 18–19 nirgendwo mit dem Wort šebæṭ, sondern ausschließlich mit maṭṭæh etikettiert, ein Begriff, der schon in Num 33,54 verwendet wird.96 In den Landverteilungstexten wird nämlich das Wort maṭṭæh „Stamm“ verwendet, um die einzelnen Untergruppen Israels zu kennzeichnen.97 In Jos 13–19 wird das Volk Israel zudem stets nach Stämmen und Sippen eingeteilt,98 nicht aber als Kollektiv betrachtet. Ausweislich der Streuung 91

Vgl. hierzu auch NOTH 1971b, 109, für den sich „dort“ auf das „Lager“ zurückbeziehe und hier ebenfalls die „Söhne Israels“ wie schon in v.3 genannt würden. 92 Entgegen NOTH 1971b, 109 ist ŠLK gôrāl keine geprägte Redensart, da diese Verbindung nur hier in Jos 18,8.10 erscheint. 93 Vgl. AULD 1980, 62. NELSON 1997, 206 vermutet, dass dieser MT-Zusatz verdeutlichen wolle, dass nicht nur der Losentscheid, sondern auch die Landverteilung in Schilo stattgefunden habe. 94 Zur Ursprünglichkeit von 10b vgl. SEEBASS 2006b, 373 Anm. 13. Nach MEER 2012, 105 war 10b aufgrund der anderen LXX-Lesart von v.4–5 überflüssig und konnte gestrichen werden. 95 šebæṭ nur in Jos 18,2.4.7. Zu diesem eher dtr. Wort vgl. CORTESE 1990, 97; RÖSEL 2011, 214f. Ansonsten maṭṭæh in Jos 18,11.21; 19,1.8.23.24.31.39.40.48.51. 96 Manchmal wird vorgeschlagen, dass es sich bei dem Wort maṭṭæh um den traditionellen Begriff von „Stamm“ handelt, der in (nach)exilischer Zeit durch šebæṭ ersetzt wird. Das auffällige Fehlen von maṭṭæh im priesterlich geprägten Ezechielbuch könnte auf diese Weise erklärt werden, vgl. MILGROM 1989, 76‒79. Anders hingegen NOTH 1967, 184, dem zufolge es sich „um eine in exilisch-nachexilischer Zeit aufgekommene allgemeinere Verwendung dieses Wortes“ handele. 97 Im Gegensatz dazu finden sich nur im Textbereich Jos 1‒12 Bezeichnungen wie gibbôrê haḥayil vgl. Jos 1,14; 6,2; 8,3; 10,7, ziqnê Yiśrāʾel vgl. Jos 7,6; 8,10.33 oder kol Yiśrāʾel vgl. Jos 3,7.17; 4,14; 7,24.25; 8,15.21.24.33; 10,15.29.31.34.36.38.43. Solche Bezeichnungen fehlen hingegen in den Texten der Landverteilung völlig. 98 Vgl. CORTESE 1990, 24.

 

2)

5. Weitere Spannungen und Glossen in Jos 18,1–10 

103

der einzelnen Belege kann man sicher davon ausgehen, dass es sich bei maṭṭæh um ein typisch priesterliches Wort handelt.99 Es wird vor allem in Listen verwendet, die die Landverteilung abbilden, und soll die göttliche Ordnung hinter der Landzuweisung an die einzelnen Stämme wiedergeben.100 Aus alledem folgt, dass Jos 18,2.4.7 ausweislich der Verwendung von šebæṭ nicht zu einer priesterlich geprägten Redaktion gehören kann, sondern entweder der ursprünglichen Tradition (v.4) zuzurechnen oder auf späte Redaktion (v.2.7) zurückzuführen ist. Auch der Vorwurf der Nachlässigkeit in v.3 hebt sich sprachlich sowohl von typisch dtr. wie priesterlicher Idiomatik ab. Denn die Nachlässigkeit wird mit der singulären Verwendung von RPY-tD formuliert, während im dtn/dtr. Kontext ansonsten RPY-H gebraucht wird.101 Demnach ist v.3 nicht notwendigerweise dtr. geprägt, auch wenn die Bezeichnung „YHWH, der Gott Eurer Väter“ vor allem in dtr. Kontext gebräuchlich ist und sich in späten Texten findet.102 Allerdings ist MT nicht über jeden Zweifel erhaben. LXX liest hier stattdessen wie in v.6 viel unspezifischer als MT: YHWH ʾælohênû. Anscheinend ist v.3 ein Rückverweis ins Numeribuch. So könnte hier auf den Befehl YHWHs, das Land in Besitz zu nehmen, das bereits von YHWH gegeben wurde, angespielt sein (Num 33,53: NTN + ʾæræṣ + lāræšæt). Dementsprechend greift v.3 in der Erzählung weiter zurück und ist trotz ähnlicher Idiomatik nicht die Erfüllung von Jos 1,11.103 Denn nur in Num 33,53 und Jos 18,3 wird die Landgabe mit qatal formuliert, sodass sie schon geschehen ist,104 während in Jos 1,11 aufgrund des Partizipialsatzes gerade in der Gegenwart

99 Zur priesterlichen Prägung des Begriffs maṭṭæh vgl. CORTESE 1980, 73f.; IBAÑEZ ARANA 1981, 82f; MILGROM 1989´, 76‒79; CORTESE 1990, 25; RÖSEL 2011, 215. 100 Eine zeitliche oder regionale Unterscheidung bei der Verwendung der beiden Begriffe maṭṭæh und šebæṭ lässt sich nicht erkennen. Vgl. zur Verwendung des priesterlichen Lexems maṭṭæh DE VOS 2003, 107‒111. 101 Dtn 4,31; 9,14; 31,6.8; Jos 1,5; 10,6. Falsch hingegen bei FRITZ 1994, 179, der von D-Stamm ausgeht. HERTZBERG 1985, 109 sieht in der Nachlässigkeit eine Art Sabotage des göttlichen Heilswillens. 102 Dtn 1,11 und Esr 8,28; 10,11; 2Chr 13,12; 28,9; 29,5, daneben noch in Ex 3,13. 15.16, vgl. hierzu RÖSEL 2011, 290. Zum textkritischen Problem von v.3 vgl. BUTLER 2014b, 152. Angesichts der Tatsache, dass dieser Ausdruck vor allem in der Erzelterntradition gebraucht werde, solle nach BUTLER 2014b, 173 hiermit ausgedrückt werden, dass YHWH der Gott der Väter ist, nicht aber der Gott eines ungehorsamen Volkes. Nach HOWARD 1998, 360 soll dieser Ausdruck an die Landverheißung an die Väter erinnern. Ähnlich MATTHEWS 2016, 139. 103 Nach BOLING 1982, 423 sei dies aber ein Echo auf Jos 1,11. ASSIS 2003, 17f. weist darauf hin, dass Jos 18,1–10 auf die Kundschaftererzählung Num 13–14 anspielten. 104 Dies entspricht auch der priesterlichen Konzeption, vgl. KÖCKERT 1995, 197, dem zufolge das Land bereits im Akt des Abschreitens durch die Repräsentanten Israels nach Num 13–14 den Israeliten zur Nutzung rechtlich übereignet worden sei.

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3)

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

das Land gegeben wird. Auch diese Beobachtung zeigt, dass der literarische Horizont der Landverteilung von Jos 18,2–10 in das Numeribuch weist und eigentlich nicht mit der dtr. geprägten Landeroberung in Jos 1–12 verbunden ist. Nur in dem Abschnitt Jos 18,2–10 geht es um ein „Verzeichnen des Landes“ (KTB-G ʾæræṣ).105 Diese Tätigkeit scheint folglich die Voraussetzung für die spätere Landverteilung zu sein, auch wenn im Anschluss nicht mehr auf das „Verzeichnen“ hingewiesen wird. Fraglich ist, weshalb dieser vorbereitende Schritt für die anderen zweieinhalb westjordanischen Stämme (Juda, Efraim und Halbmanasse) nicht nötig gewesen ist. Wahrscheinlicher wäre es, wenn die Flurkommission für alle „Söhne Israels“ tätig gewesen wäre. Das Idiom kemaḥleqotām in v.10 ist bislang in Jos 18,2–10 kaum vorbereitet, auch wenn es wiederholt um einen „Anteil“ (ḥelæq) der jeweiligen Stämme geht106 und Josua das Land in v.10 „verteilt“ (ḤLQ-D). Stattdessen ist in Jos 18,4 von „im Hinblick auf ihr Lehen“ (lefî naḥalātām) die Rede und die einzelnen Stammesgebiete werden in Jos 18–19 „nach ihren Sippen“ (lemišpeḥotām) verteilt.107 Darüber hinaus ist fraglich, was mit dem Ausdruck ḤLQ kemaḥleqotām überhaupt gemeint ist, der schließlich noch in Jos 11,23 und 12,7 belegt ist, wo es ebenfalls um eine Landgabe an Israel durch Josua geht.108 Vielleicht soll durch diesen Zusatz die Landverteilung an die Landeroberungstexte in Jos 1–12 angebunden werden.

6. Umstellungsentwürfe Vor dem Hintergrund, dass es im Josuabuch zwei Durchgänge gibt, die eine Landverteilung thematisieren, stellt sich ausdrücklich die Frage, ob nicht Jos 18,1 die eigentliche Einleitung zur Landverteilung sein könnte und daher

105 Jos 18,4.6.8.9. Das Motiv des „Verzeichnens“ wird noch gesteigert durch den Hinweis auf das Buch in v.9, vgl. BUTLER 2014b, 159. Nach HERTZBERG 1985, 109 bedeutet KTB hier „schriftlich aufnehmen“. 106 Jos 18,5.6.7.9. 107 ZIESE 2008, 315 Anm. 1 vermutet hier eine quasi-distributive Bedeutung „specifically to all its clans“. 108 Insofern ist eine Anspielung auf die Abteilungen der Leviten und Tempeldiener nach 1Chr 23–27, vgl. DE VOS 2003, 196; DE VOS 2009, 64f. nicht zwingend notwendig, auch wenn im chr. Kontext dieses Idiom des Öfteren verwendet wird und dort ebenfalls der Losentscheid vorkommt. Somit müssen die Landaufteilungen nicht wie die Diener am Tempel verstanden werden.

 

6. Umstellungsentwürfe 

105

ursprünglich vor Jos 14,1–5 stand. Auf diese Weise würde sich eine einzige Landverteilung ergeben, die nach Jos 18,1 in Schilo erfolgt sein könnte.109 Darüber hinaus wird auch erwogen, dass nicht nur Jos 18,1, sondern Jos 18,1–10 oder Teile davon vor Jos 14 zu platzieren sind.110 Dementsprechend wurde erwogen, dass ein Grundbestand von Jos 18,3–10 zwischen Jos 13,1.6b und Jos 14 stand, zumal im MT ein Bericht über die Ausführung des Auftrages von Jos 13,1.6b noch fehlt, was schließlich die Einsetzung der Flurkommission in Jos 18,3–10 eingelöst hätte. Außerdem seien die Anleihen in Num 26,52–54 aus Jos 18,3–10 nur dann zu erklären, wenn Jos 18,3–10 die ursprüngliche Einleitung für die Landverteilung an alle zwölf Stämme gewesen wäre, zumal im Kontext von Num 26 die Sippen des Zwölfstämmevolkes erwähnt werden.111 Die Versetzung von Jos 18,3–10 wäre zu dem Zeitpunkt erfolgt, als Jos 13,2–5 eingefügt wurde, weil dadurch der Vorwurf der Nachlässigkeit bezüglich der Inbesitznahme des bereits eroberten Landes verdeckt werde, zumal gemäß Jos 13,2–5 noch viel Land erobert werden muss.112 Bei derartigen Umstellungshypothesen muss allerdings geklärt werden, weshalb man die ursprüngliche Einleitung später nach hinten verlegt hat. Dies könnte dann der Fall gewesen sein, als man Juda und dem Haus Josef angesichts von Ri 1 nicht mehr vorwerfen konnte, dass diese Stämme die Landnahme nicht bereits ergriffen haben.113 Somit konnte man Jos 18,3–10 hinter Jos 15–17 einordnen, also nach dem Abschnitt, wo über das Lehen von Juda und dem Haus Josef berichtet wird. Dann konnte man die Erzählung von der Flurkommission in Jos 18,3–10 auf die noch verbliebenen sieben Stämme beziehen, weshalb man erst zu diesem Zeitpunkt die Aufteilung des Verheißungslandes in „sieben Anteile“ für die übriggebliebenen Stämme schuf und damit nachträglich die oben beobachtete Spannung erst erzeugte. Derartige Umstellungshypothesen haben zumindest richtig erkannt, dass der Text von Jos 18,1–10 am jetzigen Ort irgendwie nicht recht zu passen scheint. Eine Umstellung konnte zudem schon deshalb erfolgen, da die aus der Tradition übernommene Siebenzahl bestens auf die verbliebenen Stämme bezogen werden konnte, die nachlässiger mit dem göttlichen Befehl zur Inbe109 Vgl. WELLHAUSEN 1963, 128f. Allerdings stellt sich dann die Frage, weshalb im Anschluss in Jos 18,2–10 zwischen allen Israeliten und den sieben verbliebenen Stämmen zum einen unterschieden wird, zum anderen aber auch beide Größen offenbar derart miteinander identifiziert werden, dass es den Anschein hat, als wären die „Söhne Israels“ ein Siebenstämmevolk. 110 Vgl. hierzu AULD 1980, 61. 111 Vgl. WÜST 1975, 234f. 112 Vgl. WÜST 1975, 236f. 113 Vgl. WÜST 1975, 237f. Allerdings war nur Efraim vom Haus Josef wie schon Juda erfolgreich bei der Inbesitznahme des Verheißungslandes, während Manasse in Ri 1 kritisiert wird.

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

sitznahme des Verheißungslandes umgegangen sind. Erst durch die Umstellung entstand schließlich die Spannung zwischen den „Söhnen Israels“ und den „sieben Stämmen“, die in der ursprünglichen Tradition gleichgesetzt waren, nach der Umstellung aber verschiedene Größen sind.

7. Literarkritische Entwürfe der Forschungsgeschichte Die literarkritische Aufteilung der einzelnen Bestandteile von Jos 18,1–10 in verschiedene redaktionelle Schichten ist umstritten.114 Bislang konnte sich noch kein Entwurf durchsetzen. Oft wird die Frage der Literarkritik zusätzlich mit Umstellungen dieser Einheit oder Teilen davon überlagert, was aber die Frage aufwirft, weshalb in einem redaktionellen Schritt die jetzige Anordnung gewählt wurde. Dieses Problem muss unbedingt gelöst werden. Meist wird in Jos 18,1–10 von einer Grundschicht ausgegangen, die dann von Redaktionen erweitert wurde. Folgende Vorschläge wurden bislang erwogen, die aber angesichts des skizzierten literarkritischen Befundes mit seinen vielfachen Problemen und Spannungen nicht überzeugen können:115 Noth (1971):116 Noth vermutet die ursprüngliche Tradition in v.2–3.5– 6.9 (ohne „Männer“).10b, wobei es zu unterschiedlichen redaktionellen Ergänzungen gekommen sei. Unter anderem sei auch die priesterliche Überarbeitung in Jos 18,1 erst redaktionell ergänzt worden. Nach Abzug der sekundären Verortung der Szene in Schilo wird die ursprüngliche Tradition von Noth in Gilgal angesetzt, weshalb auch v.5 nicht als sekundär getilgt werden müsse. Denn vom Standpunkt Gilgal aus gesehen sei die Verortung von Juda im Süden und dem Haus Josef im Norden durchaus plausibel. Fraglich ist jedoch, ob sich v.5 tatsächlich auf eine reale Verortung der Szene an einem Ort zwischen den beiden Siedlungsgebieten Juda und des Hauses Josef beziehen muss. Außerdem müssen von Noth die „Männer“ aus v.9 gestrichen werden, da sie in der Grunderzählung zuvor unvorbereitet sind. Ein derartiges literarkritisches Vorgehen ist aber nicht zwingend gefordert. Darüber hinaus wird bei dieser Rekonstruktion der nachklappende Befehl in v.8 nicht geklärt. Wüst (1975):117 Vielleicht ist der Grundbestand der Einheit mit Wüst in v.3–4.8a.9(ohne „und es gingen die Männer“, „nach sieben Anteilen“

1)

2)

114

Nicht umsonst wird Jos 18,1–10 auch als literarische Einheit mit einer klaren erzählerischen Strategie gesehen, vgl. NELSON 1997, 208f., da man bei dieser Deutung die literarkritischen Probleme geschickt zu umschiffen weiß. 115 Zu verschiedenen, auch früheren literarkritischen Entwürfen vgl. MEER 2012, 93– 100. 116 Vgl. NOTH 1971b, 104.108. 117 Vgl. WÜST 1975, 230f.

 

7. Literarkritische Entwürfe der Forschungsgeschichte 

107

und „nach Schilo“).10b zu suchen. Demnach wäre die Siebenzahl in dieser Grundschicht noch nicht vorhanden gewesen. In v.9 ist die doppelte Präpositionalverbindung mit l= ohnehin auffällig, sodass man lešibʿāh ḥalāqîm mit gutem Grund streichen könnte. Die Siebenzahl wäre somit erst aufgrund der Positionierung von Jos 18,1–10 zwischen Jos 14–17 und Jos 18,11–19,51 eingedrungen. Allerdings ist fraglich, weshalb die Siebenzahl unbedingt gestrichen werden muss, zumal die Streichung in v.9 nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Denn man könnte genauso gut „nach Städten“ (læʿārîm) streichen, da dieser Zusatz in v.4 nicht vorbereitet ist. Boling (1982):118 Boling weist Jos 18,1–10 zwei dtr. Redaktionen zu, wobei Dtr1 für den Hauptteil verantwortlich gewesen (v.2–9) und Dtr2 den Rahmen gebildet habe. Während die Sprache von v.1 sicherlich priesterlich ist und sich vom Rest abhebt, ist v.10 eigentlich in der übrigen Erzählung gut verortet, da dieser Vers sowohl den Losentscheid wie auch die Landverteilung durch Josua in den Blick nimmt. Demnach gibt es keinen ersichtlichen Grund, diesen Vers insgesamt abzutrennen. Cortese (1990):119 Gelegentlich greift man wie Cortese stark in den Text von Jos 18,1–10 ein, um einen Grundtext zu rekonstruieren, der in v.2– 4*.8a.9 zu suchen sei, wobei der Vorwurf in v.3 noch gefehlt habe. Erst ein späterer Redaktor habe v.5–7.8b hinzugefügt und den Grundtext durch die Ergänzung von weiteren Verben verändert. Auf diese Weise sei die ursprüngliche Übereinstimmung von Befehl und Ausführung zerstört worden. Der ursprüngliche Befehl hätte nur aus den gleichen vier Verben QūM, HLK, KTB, Bōʾ bestanden. Auch wenn bei einer solchen Rekonstruktion ein spannungsfreier Text entsteht, bleibt erklärungsbedürftig, wie und mit welchem Grund die vielen Ergänzungen eingetragen worden sind. Dies bleibt geradezu die offene Flanke der Rekonstruktion von Cortese. Görg (1991):120 Zum Grundbestand von Jos 18,1–10 werden nach Görg hingegen gerne v.3–4.8a.9.10b gerechnet, wobei dieser Text vor Jos 14 platziert gewesen sei. Allerdings behebt diese Lösung nicht das Problem, dass die Ausführung durch die Kundschafter in 8a und v.9 doppelt berichtet wird. Auch die Verortung in „Schilo“ in v.9 ist in der Erzählung eigentlich unvorbereitet. Fritz (1994):121 Die Grundschicht, die nach Fritz zunächst noch ortlos sei, könne darüber hinaus aus v.2–3.6.9*(ohne „in das Lager nach Schilo“).10b bestehen und von DtrH stammen. Allerdings sind bei dieser Lö-

3)

4)

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6)

118

Vgl. BOLING 1982, 422. Vgl. CORTESE 1990, 99f. 120 Vgl. GÖRG 1991, 82. 121 Vgl. FRITZ 1994, 177f. 119

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

sung die „Männer“ in v.9 zuvor unvorbereitet, da der Befehl an die Verzeichnung des Landes an die Israeliten geht, die betont mit „ihr“ angeredet werden (v.6). Auch die Spannung zwischen den „Söhnen Israels“ in v.2 und den „sieben Stämmen“, die in v.6 und 10b offenbar mit den „Söhnen Israels“ identisch sind, kann nur gelöst werden, wenn die Problemanzeige in v.2 nicht zur Grundschicht gehört. De Vos (2003):122 Die ursprüngliche Tradition, die eine Aufnahme des Landes durch eine Flurkommission von je drei Männern aus einer nicht genannten Anzahl von Stämmen umschreibt, sei nur noch in v.3.4* (ohne „damit ich sie aussende“ und „im Verhältnis zu ihrem Lehen“). 8bα.9* (ohne „nach sieben Anteilen, in einer Schriftrolle“ und „nach Schilo“).10b* (ohne „entsprechend ihren Landanteilen“) zu greifen. Alles andere wird redaktionell ergänzt und geht auf priesterlich-levitisches Interesse zurück. Durch diese redaktionellen Einschübe werden das Heiligtum, die jeweilige Anzahl und der Losentscheid besonders betont. Zunächst wurde v.2 (ohne „sieben Stämme“) ergänzt, wobei hier dann aber das Fehlen des Subjekts des Satzes in der Grundschicht erklärt werden muss. Ob zudem dieser Einschub mit einer Schicht zu verbinden ist, die die Landverteilung durch eine Kommission behauptet, ist fraglich, da der Bezug des Verbs ḤLQ in der 3. maskulin Singular nicht deutlich ist. Eine zweite Hand habe dann neben der Siebenzahl und Schilo in v.2 und 9 noch v.1 sowie 5–6a.7–8a eingefügt. Allerdings stellt sich hier die Frage, weshalb ein Redaktor in 8a bereits vor dem Befehl Josuas das Aufbrechen der Kundschafter nachträglich einträgt, zumal man erwarten würde, dass ein späterer Redaktor die Ausführung nach dem Befehl folgen lässt. Ein dritter Redaktor ergänzte nach de Vos schließlich noch den Losentscheid in 6b.8bβ.10a sowie „damit ich sie aussende“ in v.4 und „entsprechend ihren Landanteilen“ in 10b. Eine derartige redaktionsgeschichtliche Genese ist aber nicht über jeden Zweifel erhaben, da einige Probleme nicht gelöst werden. Seebass (2006):123 Von Seebass wird selbst der priester(schrift)liche v.1, der bei allen anderen literarkritischen Entwürfen ausgeschieden wurde, der Grundschicht zugewiesen, sodass die ursprüngliche Tradition v.1.3– 4.8a.9*(ohne „und es gingen die Männer“ und „nach sieben Anteilen“).10 umfasst habe. Dieser Grundtext sei schließlich von zwei redaktionellen Ergänzungen erweitert worden. In dem Entwurf von Seebass ist es nur konsequent, dass die Siebenzahl aus der Grundschicht in v.9 herausgelöst worden sei, da sie bei der rekonstruierten Schicht nur hier vorkäme. Da die sieben Stämme nach dieser Hypothese zudem erst sekundär hinzu gewachsen seien, müsste 10b mit der Landverteilung an die Is-

7)

8)

122 123

Vgl. DE VOS 2003, 185–208.236–243. Vgl. SEEBASS 2006b, 379f.

 

7. Literarkritische Entwürfe der Forschungsgeschichte 

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raeliten zur Grundschicht gehören, die das Problem der sieben Stämme ja noch nicht kannte.124 Jedoch ist auch dieser literarkritische Entwurf nicht ohne Probleme. Denn die Verortung der Szene in Schilo ist nicht über jeden Zweifel erhaben, ebenso wie die Zuweisung des priester(schrift)lichen v.1 an die Grundschicht. Es stellt sich zudem die Frage, weshalb der Losentscheid zum einen bereits in der Grundschicht (v.10), zum anderen aber erst in der ersten redaktionellen Erweiterung (v.8b) steht und weshalb die unterschiedlichen Landverteilungskonzeptionen in v.10 nicht literarkritisch gelöst wurden. Darüber hinaus ist unklar, weshalb erst in einem redaktionellen Zusatz die Israeliten nach v.2 die Landverteilung vorgenommen haben. 9) Knauf (2008):125 Während v.1 zur Priesterschrift gerechnet wird, besteht nach Knauf die dtr. Grundschicht aus den v.2–4a.8–10. Allerdings wird bei dieser Lösung der Befehl an die Männer erst nach dem Weggang nachgetragen (8b). Außerdem wird die Doppelung der Verteilung des Landes durch Josua und durch den Losentscheid übergangen (v.10). Auch die Spannungen innerhalb der Fortschreibung v.4b–7 werden bei diesem Modell nicht berücksichtigt, vor allem die Verzeichnung des Landes durch die Männer (v.5) bzw. die „Söhne Israels“ (v.6). 10) Meer (2012):126 Die Grundschicht besteht aus v.2.3a.4–5.9, während v.3b.6–8.10 von einem dtr. Redaktor ergänzt wurden. Als priesterliche Korrektur wurde schließlich noch v.1 vorangestellt. Die schwierige Verbalform in v.5 wird zudem zu einer w-yiqtol-Form 2. Person maskulin Singular verändert (wetitḥalleqû). Die dtr. Ergänzungen sollten die Autorität Josuas verstärken (v.8.10) sowie die göttliche Gabe des Landes (3b.7b) durch den Losentscheid unterstreichen (6b.8b.10a). Außerdem wurde ausgehend von v.5 ein Hinweis auf den spezifischen Status der Leviten und der ostjordanischen Stämme ergänzt (v.7). Allerdings ist dieser redaktionsgeschichtliche Entwurf nicht unproblematisch. Denn der priesterliche Losentscheid passt eigentlich nicht zu einer dtr. Redaktionsschicht. Auch die Verortung der Erzählung in Schilo fällt vom Himmel und ist nirgendwo vorbereitet, wenn v.1 die letzte redaktionelle Korrektur sein sollte. Darüber hinaus wird in v.8 die unlogische Abfolge Weggang der Kundschafter – Befehl Josuas überhaupt nicht problematisiert. Schließlich werden bei diesem Entwurf die unterschiedlichen Landverteilungskonzeptionen in v.10 nicht berücksichtigt. 124 Das ist auch ein Einwand gegen jede Theorie, die innerhalb der ursprünglichen Tradition die Landverteilung an sieben Stämme kennt. In diesem Fall kann 10b mit der Landverteilung an die Israeliten nicht dazugehört haben, allerdings nur dann, wenn es sich bei den Israeliten in 10b tatsächlich um das Zwölfstämmevolk handelt. 125 Vgl. KNAUF 2008, 154–157. 126 Vgl. MEER 2012, 100–103.

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

Insgesamt kann kein literarkritisches oder redaktionsgeschichtliches Modell allen Doppelungen, Redundanzen, Spannungen und Widersprüchen gerecht werden, sodass im Folgenden nach einer neuen Lösung gesucht werden soll.

8. Literarkritischer und redaktionsgeschichtlicher Lösungsversuch Um es gleich vorwegzunehmen: Jos 18,1–10 geht vermutlich auf einen Grundtext zurück, der zwei Redaktionen und weitere Fortschreibungen erfahren hat. Das literarkritische und redaktionsgeschichtliche Problem von Jos 18,1–10 ist folglich mit dem Modell Grundschicht und redaktionelle Ergänzungen zu lösen. Zunächst haben sich vermutlich die „sieben Anteile“ (v.9) tatsächlich auf die „Söhne Israels“ bezogen, die nach dieser Tradition aus den Stämmen Juda, Efraim, Benjamin, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali bestanden. Die „sieben Anteile“ können durchaus im Grundtext gestanden haben, da in v.9 nicht beide Präpositionalverbindungen mit l= gestrichen werden müssen. Selbst wenn man neben „Städten“ auch noch die „sieben Anteile“ aus der priesterlichen Grundschicht streicht, ist eine Beschränkung auf sieben Stämme durchaus sinnvoll. Dass die ursprüngliche Konzeption tatsächlich nur aus sieben Stämmen bestand, zeigt nämlich ein Urdokument, das sich sprachlich aufgrund seiner Nähe zu Num 34,2–12 vom Kontext in Jos 15–19 abheben lässt und in der Tat nur die oben genannten Stämme aufweist.127 Somit hat es in der Grundschicht der Landverteilungstexte Jos 15–19 aufgrund der verwendeten Formeln nur sieben Stämme gegeben, sodass nichts dagegen spricht, auch hier eine Beschränkung auf sieben Stämme anzunehmen. Dementsprechend muss man die Zahl „sieben“ nicht überall in Jos 18,1–10 als redaktionell streichen. Außerdem gibt es keinen inhaltlichen Grund, die „sieben Anteile“ in v.9 als redaktionellen Zusatz zu bewerten. Es handelt sich bei der Grundschicht von Jos 18,1–10, die sich auf sieben Stämme beschränkt, offenbar um einen priesterlichen Gegenentwurf zum Zwölfstämmesystem. Bereits dieses Urdokument, das die Vision eines idealen Israel bestehend aus sieben Stämmen entwirft, geht sprachlich und inhaltlich auf eine priesterliche Redaktion zurück. Das ist schon vor dem Hintergrund plausibel, da die Zahl sieben in priesterlichen Texten besonders wichtig ist. Nach priesterlicher Vorstellung erstreckt sich die Schöpfung auf sieben Tage. Ein analoges Siebenerschema ist auf dem Berg Sinai anzutreffen, wo Gott sechs Tage schweigt, bis er sich am siebten Tag offenbart.128 Die priesterliche Redaktion, die hinter dem ursprünglichen Landverteilungsdokument steht, beschränkt sich auf die westjordanischen Stämme und 127 128

Vgl. GASS 2019, 234. Siehe auch Kapitel 2 dieser Studie. Vgl. zu diesen Siebenerschemata LOHFINK 1978, 207.

 

8. Literarkritischer und redaktionsgeschichtlicher Lösungsversuch 

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grenzt den Nordreichsstamm Manasse bewusst aus, vermutlich in antisamaritanischer Polemik. Zum wahren Israel, dem das Verheißungsland zufällt, gehören folglich nur im Süden Juda, Benjamin und Efraim sowie die vier galiläischen Stämme Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali. Programmatisch geht diese priesterliche Redaktion demgegenüber nur von sieben Stämmen aus. Auf diese Weise wird die ältere Konzeption des Zwölfstämmevolkes modifiziert. Der nachexilische Diskurs um das wahre Israel, das nicht notwendigerweise das Zwölfstämmevolk sein muss, erhält hier einen neuen Entwurf, bei dem die Samarier wie auch die ostjordanischen Stämme nicht berücksichtigt werden. Während die Samarier aus Sicht des priesterlichen Redaktors aufgrund ihrer Vermischung mit den fremden Eroberern aus dem Zweistromland den wahren YHWH-Glauben bereits aufgegeben haben, leben die ostjordanischen Stämme in der Diaspora und nicht im Verheißungsland, sodass sie ebenfalls nicht zum Verheißungsland gerechnet werden können. Die priesterliche Grundschicht passt zudem bestens vor die Liste mit Grenzbeschreibungen von sieben Stämmen. Um die genauen Gebiete überhaupt erst bestimmen zu können, muss das zu verteilende Land erkundet werden. Deshalb stellt Josua eine Landkommission zusammen, die sich um vorbereitende Schritte für die Landverteilung kümmern soll. Danach folgen Grenzlisten für sieben Stämme. Mit Hilfe dieser Listen werden im Anschluss die einzelnen Territorien der sieben Stämme bestimmt. Der priesterliche Grundtext von Jos 18,1–10* wurde schließlich von einer ersten priesterlichen Redaktion bearbeitet, was im Folgenden herausgearbeitet werden soll. Diese Redaktion übernahm die im Grundtext bereits vorhandene Konzeption des Siebenstämmevolkes. Als neues Element trug diese Redaktion den Losentscheid am Ort Schilo ein und verschob auf diese Weise den Fokus der Landverteilung auf die göttliche Ebene. Dementsprechend wurde die dezidierte göttliche Mitwirkung an der Verteilung des Verheißungslandes besonders betont. Von dieser ersten priesterlichen Redaktion wurden zwischen v.4 und v.8 die Passage 5a.6aβ.b („und teilt es auf in sieben Anteile…, damit ihr sie mir vorbeibringt und ich für euch ein Los werfe, hier vor dem Angesicht YHWHs, unseres Gottes“) eingeschoben und damit der ursprüngliche Befehl des Verzeichnens schon zu Beginn noch präzisiert, indem die Siebenzahl und der Losentscheid eingetragen wurden. Außerdem wurde 8b ergänzt („Und es befahl Josua denen, die gingen, um das Land zu verzeichnen, folgendermaßen: ‚Geht und streift im Land umher und verzeichnet es und kehrt zurück zu mir! Und hier werde ich schleudern für euch ein Los vor dem Angesicht YHWHs, in Schilo“). Um an den ursprünglichen Gedankengang anzuknüpfen, wurde 8a in v.9 wiederholt („Und es gingen die Männer“), wodurch eine inclusio entstand. Der Losentscheid wurde schließlich noch in 10a erwähnt. Da in der ersten priesterlichen Redaktion der Ortsname „Schilo“ verwendet wird, ist diese Verortung auch in v.9 eingetragen worden, obwohl mit der

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

Präpositionalverbindung „zu Josua“ schon ein Direktiv vorhanden war und das Ziel der Kundschafter bereits aus dem Kontext bekannt war. Der Zusatz „nach Städte“ in v.9 betont zudem den Sachverhalt, dass von dieser ersten priesterlichen Redaktion Grenzverlaufslisten mit Ortslisten verbunden worden sind. Aus inhaltlichen, sprachlichen und stilistischen Gründen ist die Eröffnung der Szene in v.1 ebenfalls der ersten priesterlichen Redaktion zuzuweisen, die den Losentscheid durchwegs am Zelt der Begegnung „vor dem Angesicht YHWHs“ in Schilo lokalisiert. Vielleicht gehört zu dieser Redaktion auch die Glosse „im Verhältnis zu ihrem Lehen“ in v.4, auch wenn dies unsicher bleiben muss. Somit gehen vermutlich folgende Ergänzungen auf die erste priesterliche Redaktion zurück: v.1.4 (nur „im Verhältnis zu ihrem Lehen“). 5a.6 (ohne „Und ihr sollt verzeichnen das Land als sieben Anteile“). 8b.9 (nur „Und es gingen die Männer“, „nach Städten“, „nach Schilo“). 10a. Durch diese Redaktion sollte die göttliche Beteiligung an der Landverteilung durch den Losentscheid, der in Schilo am Begegnungszelt stattgefunden hat, besonders unterstrichen werden. Erst die zweite Redaktion hat ein Zwölfstämmevolk rekonstruiert, indem mit den zweieinhalb ostjordanischen Stämmen (Ruben, Gad, Halbmanasse), die in Jos 13 vorangeschaltet wurden, und den zweieinhalb westjordanischen Stämmen (Simeon, Dan, Halbmanasse), die in Jos 17 und Jos 19 ergänzt wurden, die Zwölfzahl erreicht wurde. Im Gegensatz dazu kannte die Grundschicht hinter dem Ausdruck „Söhne Israels“ noch nicht die Konzeption des Zwölfstämmevolk. Vermutlich wurden Jos 18,1–10* von dieser zweiten Redaktion am jetzigen Ort platziert, sodass nun die „sieben Stämme“ mit den noch übrig gebliebenen Stämmen gleichgesetzt werden konnten, was die beobachtete Spannung zwischen „Söhne Israels“ und „sieben Stämme“ erst erzeugte. Nun mussten für die beiden Stämme Simeon und Dan, für die bislang keine eigene Tradition greifbar war, eigene Stammesgebiete in Jos 19,1– 9 und Jos 19,40–48 erfunden werden, wobei man unter anderem die umfangreiche judäische Ortsliste ausgeschlachtet hat. Die Gebiete von Simeon und Dan entstanden somit aufgrund des Systemdrucks, da man Israel nun als Zwölfstämmevolk verstehen wollte. Beide Stammesgebiete gehen aber nicht auf eine ältere Tradition zurück. Dieser zweiten Redaktion ist vermutlich v.7 zuzuweisen, da hier die Konzeption eines Zwölfstämmevolkes zusätzlich in Jos 18,1–10* eingetragen wurde. Hinzu kommt, dass v.7 mit der Betonung des Priestertums der Leviten inhaltlich gut hinter den Ausdruck „vor dem Angesicht YHWHs“ in 6b platziert werden konnte, sodass der Redaktor hier einen guten Anschluss gefunden hat. Außerdem passt diese Ergänzung als Erklärung gut vor der eigentlichen Handlung der Kundschafter, die im Folgenden das Land verzeichnen und kein weiteres Gebiet bestimmen müssen, das dann den Leviten zufallen könnte.

 

8. Literarkritischer und redaktionsgeschichtlicher Lösungsversuch 

113

Da in v.2 zwischen den „Söhnen Israels“ und den „sieben Stämmen“ differenziert wird, wird auch dieser Vers erst bei der Umstellung von Jos 18,1– 10* eingetragen worden sein. Auch der Vorwurf der Nachlässigkeit in v.3, der zum einen die Unterwerfung des Landes (v.1), zum anderen aber die Unterscheidung der sieben übrig gebliebenen Stämme kennt (v.2), ist vermutlich derselben Redaktion von Jos 18,1–10* zuzusprechen, die von einem Zwölfstämmevolk ausgeht. Dementsprechend wird v.3 (bis auf die Redeeröffnung) ebenfalls auf diese zweite Redaktion zurückgehen. Da laššābæṭ in v.4 eine Zusatzinformation zu den ausgesandten Männern liefert, könnte es sich bei dieser Präpositionalverbindung um eine Ergänzung der zweiten Redaktion handeln, die das Zusammenwirken der einzelnen Stämme bei der Landvermessung und -verteilung besonders hervorheben wollte. Hierfür spricht, dass das Wort šebæṭ offenbar in v.2 von derselben Redaktion verwendet wurde, sodass es einen guten Grund gibt, den Ausdruck laššābæṭ in v.4 der gleichen Redaktion zuzuweisen. Diese Präpositionalverbindung könnte folglich auf das Konto der zweiten Redaktion gehen, die in v.2 ebenfalls am Werk war. Aufgrund der eigenständigen Wortwahl der zweiten Redaktion in Jos 18,1–10, die – wie gesehen – sprachlich Idiome aus Num 32–35, aber auch aus Dtn 1–Jos 12 aufgreift, wird es sich weder um eine dtr., noch um eine ausschließlich priesterliche, sondern wohl eher um eine priesterlich-dtr. Redaktion gehandelt haben. Auf diese Redaktion gehen v.2.3b.4 (nur „aus jedem Stamm“).7 zurück. Durch diese Ergänzungen wurde zum einen die Umstellung von Jos 18,1–10 an seinen jetzigen Ort plausibilisiert, zum anderen aber auch der umgebende Kontext ausreichend berücksichtigt. Während folglich die großen Stämme Juda und das Haus Josef bereits ihre Aufgabe erfolgreich erfüllt hatten, mussten nun auf der Ebene des Endtextes die kleinen Stämme mit Hilfe Josuas, der Flurkommission und des Losentscheides endlich den göttlichen Befehl ausführen. Diese Redaktion ergänzte noch den zusätzlichen Aspekt, dass die „Söhne Israels“ das Verheißungsland aufteilten (v.2), was zum einen den Anspruch Josuas, zum anderen den Losentscheid modifizierte. Schon aufgrund dieser „säkularen“ Tendenz der Landverteilung kann es sich nicht um eine ausschließlich priesterliche Redaktion handeln. Hier geht es vielmehr um das Zwölfstämmevolk, das als Ganzes handelt und das Land verteilt, wobei der göttliche Losentscheid, der in der überkommenen Tradition bereits vorlag, nicht in Frage gestellt wurde. Aber die Akzente sind nun auf das Volk hin verschoben worden. Schon aus diesem Grund musste betont werden, dass die Männer der Landkommission aus den einzelnen Stämmen bestimmt wurden. Neben diesen beiden Redaktionen, die auch in anderen Texten ihre Spuren hinterlassen haben, lassen sich in Jos 18,1–10 weitere redaktionelle Ergänzungen abheben. Der Satz 10b geht vermutlich auf eine Redaktion zurück, die in Jos 13,7 und 10b die Landverteilung explizit Josua zuschreiben möchte

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

(ḤLQ-D). Dieser Zusatz betont folglich die besondere Aktivität Josuas bei der Landverteilung. Zu dieser Ergänzung gehört auch die Glosse „entsprechend ihren Landanteilen“, weil man betonen wollte, dass nur aus dem verbliebenen Land die sieben Stämme ihren Landanteil erhalten haben.129 Dementsprechend durfte man nicht auf das bereits vergebene Land zugreifen. Auch der Hinweis in v.4, dass Josua die Männer aussenden will, ist vermutlich eine redaktionelle Ergänzung, die die Initiative Josuas wie schon in 10b besonders betonen will. Für eine Streichung von weʾæšlāḥem spricht außerdem, dass LXX hierauf ebenfalls verzichtet. Vermutlich sind die beiden Ergänzungen in v.4 und 10b nicht im Text gestanden, den die Übersetzer der LXX vorfanden. Schließlich hat es noch zwei kleinere Glossen gegeben, die sich kaum redaktionsgeschichtlich verorten lassen. Eine vermutlich unabhängige Glosse, die auf einer Linie wie Jos 17,17 liegt, hat noch die Verortung der beiden Stämme Juda und „Haus Josef“ in 5b eingetragen, zumal ansonsten immer von den „Söhnen Josef“ die Rede ist. Um 5b zu ergänzen, schuf man mit der Wiederholung von „sieben Anteilen“ in 6a eine inclusio. Offenbar wollte hier der Glossator bewusst zum Ausdruck bringen, dass nur das Land außerhalb der beiden Stammesgebiete von Juda und Josef aufgeteilt werden sollte, zumal beide schon in Jos 15–17 versorgt worden sind. Ohne diesen Zusatz könnte es zu Überlappungen der einzelnen Stammesgebiete mit dem bereits vergebenen Territorium kommen. Außerdem wird dadurch unterstrichen, dass Juda und Josef bereits versorgt sind und im Folgenden nicht ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Außerdem wurde in v.9 nach dem Direktiv „zu Josua“ noch ein weiteres Direktiv „zum Lager“ eingeschoben, wodurch gerade dieser Vers aufgrund der drei Richtungsangaben deutlich überladen wirkt. Vielleicht wollte man die Bedeutung des Lagers, das im Josuabuch immer wieder als Ausgangs- und Endpunkt der einzelnen Aktionen der Landeroberung dient,130 gesondert erwähnen. Nach Abzug der beiden Redaktionsschichten, deren Motive und Intentionen deutlich geworden sind, und weiterer Glossen verbleibt ein Grundtext ohne Spannungen, der von einer Inspektion des Landes durch eine Flurkommission berichtet. Der rekonstruierte Grundtext lautete: 3

Und es sagte Josua zu den Söhnen Israels: 4„Bestimmt euch drei Männer . Und sie sollen sich aufmachen und umherstreifen im Land und es verzeichnen und kommen zu mir.“ 8Und es machten sich die Männer auf und gingen. Und sie gingen im Land hindurch und sie verzeichneten es , nach sieben Anteilen, in einer Schriftrolle und sie kamen zu Josua .

129 Nach NIHAN 2012, 104 Anm. 68 findet sich der Ausdruck „entsprechend ihren Landanteilen“ – abgesehen von den Chronikbüchern – nur in Jos 18,10 sowie in Jos 12,7 und könnte eine späte Ergänzung in Jos 11,23 sein. 130 Jos 1,11; 3,2; 5,8; 6,11.14.18.23; 8,13; 9,6; 10,5.6.15.21.43.

 

Postskript 

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Dieser Text wurde dann in einem ersten Schritt priesterlich bearbeitet, wobei ein Landverteilungsdokument entstand, das – wie schon die Grundschicht – nur sieben Stämme berücksichtigte und vor den Beschreibungen der einzelnen Lehen der sieben Stämme Juda, Efraim, Benjamin, Sebulon, Issachar, Ascher und Naftali stand. Diese Redaktion hat nicht nur den Losentscheid durch Josua in Jos 15–19* eingetragen (noch ohne Zählung), sondern auch vorliegende Ortslisten eingebunden und auf diese Weise die einzelnen Stammesgebiete mithilfe von Grenzlisten und Ortslisten skizziert. Eine priesterlich-dtr. Bearbeitung, die ein Zwölfstämmesystem im Blick hatte, verlagerte Jos 18,1–10 an seinen jetzigen Platz, ergänzte in Jos 17 und Jos 19 noch Halbmanasse, Simeon und Dan und schuf in Jos 14–19 ein Landverteilungsdokument für die neuneinhalb westjordanischen Stämme. Erst die Fortschreibung in 10b, die wiederum die besondere Aktivität Josuas betont, schafft den Anschluss an die Gottesrede in Jos 13,1–7.

Postskript Im Folgenden soll geprüft werden, inwieweit der Befund der LXX zum vorgelegten redaktionsgeschichtlichen Entwurf passt. Denn gerade der Text der Grundschicht sollte aufgrund seines höheren Alters von LXX belegt sein. Falls dies nicht der Fall sein sollte, müsste es für die Kürzung des älteren Textes durch LXX gute Gründe geben: In v.1, der redaktionell durch eine priesterliche Hand hinzugetreten ist, gibt es keine merklichen Abweichungen der LXX zur Lesart des MT. In v.2 wird auf die Präposition bei bibenê Yiśrāʾel verzichtet (οἱ υἱοὶ Ισραηλ), was aber nicht ins Gewicht fällt. Auch die Verbindung ḥāleqû naḥalātām in v.2 wird meist verkürzt durch ἐκληρονόμησαν wiedergegeben, während LXXA und LXXL das Objekt naḥalātām noch übersetzt haben.131 Während 3a von LXX wörtlich übertragen wird, weist 3b, der von der zweiten Redaktion ergänzt worden ist, einige Kürzungen durch die LXXÜbersetzer auf. In 3b wird auf lābôʾ verzichtet. Außerdem fehlt die Präpositionalverbindung lākæm. Darüber hinaus scheint das Gottesepithet ὁ θεὸς ἡμῶν anstelle von ʾælohê ʾabôtêkæm eine Angleichung des Septuaginta-Übersetzers an v.6 zu sein.132 Auch v.4 bietet in der LXX ein abweichendes Bild. Zum einen wird auf weʾæšlāḥem vollständig verzichtet,133 sodass es sich bei dem Satz „damit ich sie aussende“ um einen sekundären erklärenden Zusatz handeln könnte.134 131

Vgl. HOLZINGER 1901, 72. Vgl. BUTLER 2014b, 152. 133 Vgl. HOLZINGER 1901, 72. 134 Vgl. NELSON 1997, 206. 132

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„Geht, streift im Land umher und verzeichnet es“ 

Außerdem verliest LXX die Präpositionalverbindung lefî offenbar als lefānay (ἐναντίον μου). Darüber hinaus wird anstelle von naḥalātām die eigenwillige Lesart καθὰ δεήσει διελεῖν αὐτήν angestrengt. Es ist auffällig, dass gerade an der Stelle („im Verhältnis zu ihrem Lehen“), wo redaktionsgeschichtlich ein Zusatz vermutet wurde, die LXX durch eine eigenständige Lesart von MT abweicht. Darüber hinaus wird die in v.4 letzte und in v.5 erste weqatal-Form offenbar wie wayyiqtol und damit als vergangener Sachverhalt interpretiert.135 Dies könnte aber auf die Interpretation des Übersetzers zurückgehen, ohne dass man einen abweichenden Text postulieren muss. Im syntaktisch schwierigen Satz 5a, der von der ersten Redaktion ergänzt wurde, geht die Wiedergabe der LXX ebenfalls eigene Wege (καὶ διεῖλεν αὐτοῖς ἑπτὰ μερίδας), sodass weder die Verbalform wehitḥalleqû noch die Präpositionalverbindung ʾotāh angemessen berücksichtigt werden, da nun Josua für die Aufteilung des Landes an die Männer zuständig ist. Auch in der Glosse 5b gibt es in LXX markante Abweichungen: αὐτοῖς ὅριον anstelle von ʿal gebûlô; οἱ υἱοὶ Ιωσηφ anstelle von bêt Yôsef; αὐτοῖς anstelle von ʿal gebûlām, wobei LXXA ganz auf αὐτοῖς verzichtet.136 In v.6 ersetzt LXX das Verb KTB durch μερίσατε, sodass die Männer das Land in sieben Teile nicht nur aufschreiben, sondern aufteilen sollen. Darüber hinaus fehlt im letzten Satz von v.6 das Adverb poh in LXXA und LXXB, ist aber wohl als ὧδε in den vorausgegangenen Satz gewandert. In v.7 schreibt LXX anstelle des Gentiliz „Leviten“ den Ausdruck „Söhne Levis“ (τοῖς υἱοῖς Λευι), was wohl eine Angleichung an den Kontext ist, wo an keiner Stelle ein Gentiliz verwendet wird. Auch wenn hebräische Manuskripte in v.7 anstelle von naḥalātô aufgrund des pluralen Bezugswortes „Leviten“ ein plurales enklitisches Personalpronomen setzen (naḥalātām), wird die Singularform durch LXX gestützt (μερὶς αὐτοῦ). Auffälligerweise ist der Zusatz v.7, der auf die zweite, priesterlich-dtr. Redaktion zurückgeht, von der LXX nahezu wortgetreu überliefert worden.137 In v.8 wird von LXX anstelle von KTB der Ausdruck χωροβατῆσαι verwendet. Es geht somit nicht um das Aufschreiben, sondern um das Bewandern des Landes. Mitunter liegt hier eine relativ freie Übersetzung durch die LXX vor.138 Vielleicht hat die LXX bei der direkten Rede ein Verb aufgrund von Haplographie ausgelassen.139 Auffällig ist zumindest, dass bei LXX das Verzeichnen des Landes in v.8 nicht im Blick ist, obschon diese Tradition in v.9 durchaus bei LXX vorhanden ist. Ob LXX in v.8 allerdings einen abwei135

Vgl. BUTLER 2014b, 152. Vgl. HOLZINGER 1901, 72. 137 Nach SAMUEL 2014, 321 könnte hier ursprünglich „Stamm Levi“ anstelle von „Leviten“ gestanden haben. 138 Vgl. zum Problem auch GREENSPOON 1983, 107.191 Anm.301. 139 Vgl. NELSON 1997, 206. 136

 

Postskript 

117

chenden Text gehabt hat, ist fraglich. Das Adverb poh wird zudem von LXXA und der Peschitta zum vorausgegangenen Satz gezogen.140 Das handelnde Subjekt „Männer“ wird in v.9 von LXX getilgt. Allerdings wird noch ein Zusatz hinter bāʾāræṣ ergänzt (καὶ εἴδοσαν αὐτὴν), wodurch offenbar auf Jos 2,1 zurückgegriffen wird.141 Außerdem wird anstelle von læʿārîm, was als Ergänzung durch die erste priesterliche Redaktion bestimmt wurde, der Ausdruck κατὰ πόλεις αὐτῆς „nach ihren Städten“ gelesen. Darüber hinaus denkt LXX im letzten Satz bei yāboʾû offenbar an einen HStamm (ἤνεγκαν), obschon hier das Objekt des Bringens fehlt, das vielleicht aus dem vorausgehenden Satz ergänzt werden sollte. Die Verortung „zum Lager nach Schilo“ wird von LXX nicht übernommen. Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass diese zwei direktiven Angaben nicht im hebräischen Text der LXX standen. Der Satz 10b, der die Landverteilung durch Josua betont, fehlt in LXX. Auch nach dem obigen redaktionellen Entwurf hat 10b kaum zur ursprünglichen Tradition gehört, da hier eine Doppelung zu 10a vorliegt. Dementsprechend ist es nicht nötig, dass LXX diesen Satz gestrichen hätte. Vielmehr hat diese Angabe, die Jos 18,1–10 sekundär an Jos 13,1–7 angleicht, im hebräischen Text der LXX gefehlt Aus alledem folgt: Gerade in den Passagen, die als redaktionelle Überarbeitungen hinzugewachsen sind, hat LXX mit Ausnahme von v.7 einen anderen Text überliefert. Es scheint, dass der hebräische Text von Jos 18,1–10 im Rahmen der Textüberlieferung immer wieder eigene Wege gegangen ist und dass nicht jede redaktionelle Änderung Eingang in die LXX-Übersetzung gefunden hat. Dementsprechend scheint LXX noch eine Vorstufe des MT zu bezeugen, die auffälligerweise mit dem redaktionsgeschichtlich ermittelten Ergebnis bestens vereinbar ist.

140 141

Vgl. HOLZINGER 1901, 72. Vgl. BUTLER 2014b, 152.

118

Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument.

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte (Jos 14,1–5; Jos 19,49–51) Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

Der Abschnitt der Landverteilungstexte im Josuabuch (Jos 14–19), die die Landgabe an die westjordanischen Stämme Israels thematisieren, wird von zwei Texten gerahmt, die anerkanntermaßen Bezüge zueinander aufweisen (Jos 14,1–5 und Jos 19,49–51). Beide Texte sind jedoch nicht aus einem Guss, da in ihnen unterschiedliche Landverteilungskonzeptionen zur Sprache kommen. Dementsprechend stellt sich die Frage, ob das redaktionelle Wachstum an diesen Nahtstellen nachvollzogen werden kann, ob sich durchgehende redaktionelle Schichten ergeben oder ob es sich um redaktionelle Fortschreibungen handelt, die kaum aufeinander bezogen sind. Gelegentlich hat man bisweilen versucht, dem Endtext in Jos 14–19 einen gewissen Sinn abzuringen, indem man die Spannungen und Doppelungen großzügig überspielt hat. Ein solcher Zugang ist insofern gerechtfertigt, als ja auch der Endtext eine gewisse Intention verfolgt haben muss. Dementsprechend hat man bei synchroner Lesart den doppelten Horizont von Jos 19,49a.51 zu Jos 14 einerseits und Jos 18 anderseits dahingehend gedeutet, dass hier die beiden Landverteilungen Jos 14–17 und Jos 18–19 in den Blick genommen werden sollen.1 Die Doppelungen seien somit nicht literarkritisch zu lösen, sondern sollen bewusst zwei Phasen der Landverteilung herausarbeiten. Da der Verweis auf den Befehl YHWHs in Jos 19 im Gegensatz zu Jos 14 fehlt, sollte demnach darauf hingewiesen werden, dass die zweite Aufteilung in Jos 18–19 aufgrund der Nachlässigkeit von sieben Stämmen nötig war und eigentlich nicht dem göttlichen Willen entsprach. Allerdings wird bei einer synchronen Untersuchung nur der Sinn des spannungsreichen Endtextes erklärt, während die Vorstufen nicht beachtet werden. Demgegenüber kann aber gezeigt werden, dass diesem schwierigen Text eine nachvollziehbare redaktionsgeschichtliche Genese zugrunde liegt, die man herausarbeiten muss, um dem zwiespältigen Text vollumfänglich gerecht zu werden. Somit soll im Folgenden ein redaktionsgeschichtliches Modell entwickelt werden, das sich an den Rahmentexten zur Landverteilung in Jos 14–19 bewähren muss. Zunächst sollen beide Rahmentexte für sich sprachlich untersucht und die literarkritischen Probleme dargestellt werden. Da die LXX in 1

Vgl. ASSIS 2003, 12f.

1. Jos 14,1–5

119

beiden Rahmenstücken keine wirklich relevante Alternativlesung oder nicht erklärbare Lücke aufweist, müssen textkritische Beobachtungen nicht gesondert behandelt werden. Nachdem das redaktionelle Wachstum der Rahmentexte herausgearbeitet worden ist, kann nach verbindenden Redaktionslinien gesucht werden, was wiederum weiterführende Schlussfolgerungen für das Textwachstum von Jos 14–19 zulässt.

1. Jos 14,1–5 Die literarkritische und redaktionsgeschichtliche Beurteilung des kurzen Abschnittes Jos 14,1–5 ist schwierig, da es sich offenbar um ein Konglomerat von einzelnen Nachträgen handelt, die redaktionell miteinander verbunden worden sind.2 Nach einer ersten Phase der Landverteilung an die ostjordanischen Stämme Ruben, Gad und Halbmanasse, die nach Num 32,33–43 und Jos 13,8–31 ausschließlich durch Mose vorgenommen wurde, folgt ab Jos 14 die Landverteilung zunächst an die großen Stämme Juda und Josef (Jos 15– 17)3 und im Anschluss daran an die kleinen Stämme (Jos 18–19).4 Im Gegensatz zur Verteilung des Ostjordanlandes durch Mose tauchen erst beim Westjordanland verschiedene Konzeptionen der Landverteilung auf: durch eine Landkommission, durch die Israeliten, durch Josua, durch das Los. Diese unterschiedlichen Modelle sind sicherlich auf verschiedene Redaktoren zurückzuführen, die ihre je eigene Sicht der Dinge in die Texte eintrugen. 1. Sprachliche Beobachtungen Der syntaktische Beginn von Jos 14,1 ist schwierig.5 Vermutlich liegt hier – wie in Jos 13,32 und Jos 19,51 – ein Nominalsatz vor. Bei dem Nominalsatz 2 Vgl. WÜST 1975, 202–205; FRITZ 1994, 150. Nach HERTZBERG 1985, 93 entstehe jedoch durch das Nebeneinander unterschiedlicher Vorstellungen eine wirkungsvolle und theologisch bedeutsame Einheit, bei der kein Aspekt der Landverteilung fehlen dürfe. Auf diese Weise lässt sich zumindest der Endtext erklären. 3 Die Vorordnung von Juda und Josef im vorliegenden Endtext könnte zum einen an der Größe dieser Stämme, zum anderen aber auch an der Penetranz der großen Stämme und an der Nachlässigkeit der kleinen Stämme liegen, vgl. hierzu MILLER/TUCKER 1974, 114; RÖSEL 2011, 226. Zumindest im Endtext wird durch die Einschaltung von entsprechenden Erzählungen verdeutlicht, dass es in erster Linie die beiden Stämme Juda und Josef waren, die die Initiative zur Landverteilung ergriffen haben, vgl. NOTH 1967, 46. 4 Dementsprechend gehen MILLER/TUCKER 1974, 114 sogar von einem dreistufigen Prozess der Landverteilung aus, der an unterschiedlichen Orten lokalisiert werden könne: Ostjordanland, Gilgal und Schilo. Ähnlich auch KASWALDER 2018, 164. 5 Zu dieser eher unüblichen syntaktischen Konstruktion mit Parallelen, vgl. AULD 1980, 68 Anm. 23. IBAÑEZ ARANA 1981, 88 weist darauf hin, dass dies die einzige derartige Konstruktion mit zwei abhängigen Relativsätzen sei.

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

in v.1 bildet der nach weʾellæh folgende Relativsatz das Prädikat, während in Jos 19,51 noch das eigentliche Prädikat hanneḥālot zu finden ist.6 Demnach scheint Jos 19,51 die etwas holprige Syntax von Jos 14,1 bewusst verbessert zu haben.7 Auffällig ist in v.1 die Doppelung der beiden Relativsätze,8 die beide das Verb NḤL verwenden, allerdings in unterschiedlicher Stammesmodifikation: Während in 1a die „Söhne Israels“ ein Erbteil erhalten (NḤL-G),9 verteilt in 1b die Landkommission den Erbbesitz (NḤL-D).10 Dementsprechend ändert sich hier auch das Subjekt des Relativsatzes (Israeliten in 1a, Landkommission in 1b).11 Streng genommen müssen sich 1a und 1b jedoch nicht widersprechen. Denn auch in 1a könnte die Landkommission das Land an die Israeliten verteilen. Die Doppelung der beiden Relativsätze wird gelegentlich darauf zurückgeführt, dass hier nacheinander die beiden Personengruppen aus Num 34 aufgeführt werden sollen (Israeliten in Num 34,13 bzw. Eleasar, Josua und Landkommission in Num 34,16–29).12 Wenn bewusst dieser Bezug zu Num 34 geschaffen wurde, dann setzt 1b zumindest Num 34 in seiner jetzigen Form voraus und muss daher später als 1a ergänzt worden sein.13 Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass hier tatsächlich Num 34,13–29 eingespielt wurde, da die Israeliten in Num 34,13 Subjekt der Landverteilung und nicht bloß deren Nutznießer wie in 1a sind. Es bleibt somit dabei, dass in v.1 sprachlich zwei unterschiedliche Konzeptionen vorliegen, die sich aber nicht notwendigerweise widersprechen müssen (s.o.). 6

Angesichts dieser Parallele ergänzt FRITZ 1994, 150 in v.1 ebenfalls das Wort neḥālot. Zur syntaktischen Konstruktion, vgl. DE VOS 2003, 176. 7 Zu dieser Präzisierung in Jos 19,51 vgl. DE VOS 2003, 210. 8 Vgl. VON RAD 1934, 148. Deshalb vermutet FRITZ 1994, 151, dass einer der beiden ʾašær-Sätze kaum ursprünglich sein könne. Ähnlich schon NOTH 1967, 188. 9 Vgl. DE VOS 2003, 176. Gegen NOTH 1971b, 83, wonach die Israeliten selbst das Verheißungsland in Erbbesitz genommen und danach unter sich aufgeteilt hätten. Eine solche Verteilung des Erblands durch die „Söhne Israels“ könnte demnach in 1a und 5b angezielt sein, vgl. ASSIS 2003, 5. Allerdings ist NḤL-G – abgesehen von der textkritisch schwierigen Stelle Num 34,17 – nirgendwo mit „als Erbbesitz verteilen“ wiederzugeben, sodass die Israeliten kaum diejenigen sein können, die das Land selbst verteilen. Sie sind vielmehr Nutznießer der Landverteilung, wobei hier unklar ist, wer die Landverteilung vornimmt. Angesichts dieser inhaltlichen Problematik von NḤL-G geht AULD 1978, 416 hier ursprünglich von NḤL-D aus. Offenbar liest auch LXX hier NḤL-D (κατακληρονομήσαντες) vgl. HOLZINGER 1901, 54. 10 Nach RÖSEL 2009, 560 sei die Erwähnung einer Landkommission im Josuabuch ein klares Indiz für eine Verbindung der Landverteilungstexte in Jos 14–19 zum Numeribuch, wo bereits die Landkommission eingeführt worden sei. LXX ändert die Verbalform trotz des pluralen Subjekts in den Singular: κατεκληρονόμησεν. 11 Dies deute nach WÜST 1975, 202 die Uneinheitlichkeit von v.1 an. 12 Vgl. CORTESE 1990, 54. Anders IBAÑEZ ARANA 1981, 94f., der 1a der Priesterschrift und 1b einer spätpriesterlichen Ergänzung zuweist. 13 Vgl. WÜST 1975, 202.

1. Jos 14,1–5

121

Insgesamt lassen sich in Jos 14,1–2 unterschiedliche Vorstellungen der Landverteilung finden, die miteinander konkurrieren und vermutlich auf unterschiedliche Redaktionen zu verteilen sind:14 1)

2)

Anonyme Verteilung in 1a: In 1a erhielten die benê Yiśrāʾel im Land Kanaan ihre Erbteile.15 Die nächste Parallele zu 1a scheint auf den ersten Blick Num 34,29 zu bilden,16 wobei in 1a aber die syntaktischen Verhältnisse ganz anders anzusetzen sind. Denn in Num 34,29 bezieht sich ʾellæh auf die zuvor bereits genannten Mitglieder der Landverteilungskommission, die dann den „Söhnen Israels“ (= Objekt) im Land Kanaan ihr Erbteil zuteilen sollen (NḤL-D), während in Jos 14,1 ʾellæh nur die einzelnen Erbteile meinen kann, die dann die „Söhne Israels“ (= Subjekt) im Land Kanaan als Erbbesitz erhalten sollen (NḤL-G).17 Die „Söhne Israels“ werden folglich in Jos 14,1a zum Subjekt, wobei sie aber nicht selbst die Verteilung vornehmen. Das Idiom ʾæræṣ Kenāʿan ist zudem nicht im Buch Deuteronomium oder dem ersten Teil des Josuabuches belegt. Demnach wurde in 1a Vokabular aus dem Numeribuch übernommen. Auch diese Beobachtung zeigt, dass 1a auf einer Linie mit den priesterlichen Texten des Numeribuches liegt und mit Dtn 1–Jos 12 eigentlich nichts zu tun hat. Zuteilung durch Landkommission in 1b: Vor dem Hintergrund von Num 34,29 wird nach 1b das Land von einer Landkommission zugeteilt. Diese Kommission wird noch zusätzlich beschrieben, auch wenn die Zusammensetzung bereits in Num 34,16–29 ausführlich mitgeteilt worden ist.18 In 1b wird daher nur noch darauf hingewiesen, dass Eleasar,19 Jo-

14 Schon NOTH 1967, 186–188 hat daher verschiedene Schichten in Jos 14–19 vermutet: Die erste Schicht lasse die Israeliten das Land in Erbbesitz nehmen (Jos 14,1a und 19,49a), die zweite Schicht mache Josua für die Landverteilung verantwortlich (Jos 18,2–10), die dritte Schicht schließlich die Landkommission (Jos 14,1b; 18,1 und 19,51a). 15 Nach DE VOS 2003, 177 ist fraglich, ob mit den „Söhnen Israels“ lediglich die westjordanischen Stämme gemeint sind. Allerdings wird in v.2 deutlich darauf hingewiesen, dass es sich im Folgenden um die neuneinhalb westjordanischen Stämme handelt. 16 Vgl. DE VOS 2003, 179f. 17 Auf diesen Unterschied weist auch RÖSEL 2011, 226 hin, der noch Num 34,17 bemüht, wo das Prädikat des Nominalsatzes angeführt werde. 18 Nach WOUDSTRA 1981, 225 werde die dreigeteilte Landkommission schon in Num 34,16–29 beschrieben. Zu diesem klaren Bezug in das Numeribuch, vgl. ACHENBACH 2007, 237, der weitere Bezüge zwischen Jos 13–21 und Num 34–35 stark macht. Vgl. hierzu schon ACHENBACH 2003, 582. 19 Der Zusatz von Eleasar geht vermutlich auf priesterliche Interessen zurück, vgl. NELSON 1997, 176. Eleasar wird auf diese Weise zu einer wichtigen Person der Landverteilung und taucht im zweiten Teil des Josuabuches wiederholt auf: Jos 17,4; 19,51; 21,1; 24,13, vgl. auch ARTUS 2013, 30. Auf diese Weise wird Num 34,17 eingelöst, wonach Eleasar und Josua das Land verteilen sollen (NḤL), vgl. auch HESS 1996a, 263. GÖRG 1991, 70 betont, dass bei der Landverteilung dem Priester Eleasar ausweislich der Erstnennung vor

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

sua20 und die Familienoberhäupter das Verheißungsland den einzelnen Stämmen als Erbbesitz bereits zugeteilt hätten (Jos 14,1 NḤL-D in qatal). Die kurze Erwähnung der Landkommission unter Eleasar und Josua setzt deutlich die längere Erzählung in Num 34,16–29 für ihr Verständnis voraus.21 Die Vorordnung Eleasars vor Josua unterstreicht die besondere priesterliche Autorität über die Gemeinschaft der Söhne Israels und steht in Zusammenhang mit der Einsetzung Josuas in Num 27,15–23, wo Josua nach Num 27,21 dem Urteil des Priesters Eleasar untergeordnet wird.22 Das hier gebrauchte Verb NḤL-D ist nur selten belegt. Es findet sich noch in Jos 13,32, wo Mose alleine den ostjordanischen Stämmen ihr Erbteil zuweist. In Jos 13,32 wird zudem ebenfalls die Konstruktion ʾellæh ʾašær + NḤL-D verwendet, wobei hier aber keine Landkommission, sondern Mose selbst die Verteilung vornimmt. Ausweislich dieser klaren Bezüge werden beide Landverteilungen eng aneinandergebunden.23 Dementsprechend liegt 1b auf derjenigen redaktionellen Ebene, die bereits den gesamten Abschnitt Jos 13–19 vor Augen hat. Vor diesem Hintergrund tritt die Landkommission, die für das Westjordanland zuständig ist, in die direkten Fußstapfen Moses. In 1b verteilt nun die Landkommission das Erbteil offenbar an die benê Yiśrāʾel,24 zumal sich ʾôtām aufgrund des enklitischen Personalpronomens maskulin Plural vermutlich auf ʾellæh bezieht. Auffällig ist die Bezeichnung der Mitglieder der Landkommission, die in 1b rāʾšê ʾabôt hammaṭṭôt genannt werden, während sie im ausführlichen Numeri-Text entweder als ʾanāšîm (Num 34,17) oder näher als nāśîʾ (Num 34,18) beschrieben werden.25 In Josua der Vorrang zukomme. Nach RÖSEL 2011, 225 gehe die Vorordnung Eleasars darauf zurück, dass die Landverteilung ein heiliger Akt sei, der von einem Priester geleitet werden müsse. HUBBARD 2009, 403 betont, dass die priesterlich dominierte Landkommission und der Losentscheid die Landverteilung als sakralen Akt kennzeichnen. 20 Nach HESS 1996a, 263 werde bewusst die Filiation „Sohn Nuns“ ergänzt, um zu betonen, dass der Josua der Landeroberung auch der Josua der Landverteilung gewesen sei. Insgesamt kommt „Josua, Sohn Nuns“ zehnmal im Josuabuch vor: Jos 1,1; 2,1.23; 6,6; 14,1; 17,4; 19,49.51; 21,1; 24,29. 21 Vgl. WÜST 1975, 202. Nach EDERER 2017, 215 wird durch den Bezug auf Num 34,16–29 die Toragemäßheit des Vorgehens betont. 22 Vgl. auch ARTUS 2013, 33. 23 Vgl. hierzu RÖSEL 2011, 227. Nach CORTESE 1990, 55 ergänzten sich beide Texte gegenseitig, wobei Jos 13,32 die Verteilung des Ostjordanlandes abschließe. 24 Das unterscheidet 1b auch vom Befehl in Num 33,54. Demnach kann 1b keine Parallele zu Num 33,54 sein, wo sich der Befehl an die Israeliten richtet, so aber FRITZ 1994, 150. 25 Nach BOLING 1982, 354 sei mit den „Häuptern der Väter“ vermutlich ein größerer Personenkreis im Blick als in Num 34,18, wo nur jeweils ein einzelner Fürst pro Stamm bestimmt werde. NOTH 1967, 195 Anm. 5 hält die Redeweise von den Fürsten für ursprünglicher, auch wenn er die geographische Anordnung hinter Num 34,19–28 aus dem Josuabuch entlehnt sieht. Nach RÖSEL 2011, 226 sei diese Differenzierung auf unterschied-

1. Jos 14,1–5

123

Jos 19,51 werden stattdessen die übrigen Mitglieder der Landkommission als rāʾšê hāʾābôt bezeichnet und die Nutznießer der Landverteilung als „Stämme der Söhne Israels“ (maṭṭôt benê Yiśrāʾel). Vermutlich ist rāʾšê ʾabôt zudem eine Abkürzung für rāʾšê bêt ʾabôt,26 wobei es sich hierbei wohl um die Oberhäupter der Großfamilie handeln wird.27 Möglicherweise lässt sich dieser Ausdruck auch zeitgeschichtlich auf den Ältestenrat des nachexilischen judäischen Gemeinwesens beziehen.28 Dies gilt freilich nur, wenn der redaktionelle Zusatz 1b aus nachexilischer Zeit stammt. Die Präpositionalverbindung libnê Yiśrāʾel am Schluss von v.1 wird zudem kaum zu rāʾšê ʾabôt hammaṭṭôt zu ziehen sein,29 da man für den determinierten Ausdruck „die Häupter der Väter der Stämme der Söhne Israels“ die komplexe Constructusverbindung rāʾšê ʾabôt maṭṭôt benê Yiśrāʾel erwarten würde.30 Hinzu kommt, dass die Näherbestimmung libnê Yiśrāʾel bei einem Bezug zu rāʾšê ʾabôt hammaṭṭôt eigentlich nur dann verwendet wird, wenn Indetermination ausgedrückt werden soll, was hier aufgrund der Artikelsetzung bei hammaṭṭôt ohnehin nicht möglich ist. Auch wenn NḤL-D bisweilen mit einem direkten Objekt verbunden wird,31 handelt es sich bei libnê Yiśrāʾel vermutlich um das Objekt, das von der Landkommission seinen Erbteil erhält, während ʾôtām sich auf das Demonstrativpronomen ʾellæh bezieht. Insofern muss man libnê Yiśrāʾel nicht als Prädikat zu v.2 auffassen, wo zusätzlich das Erbteil durch Los verteilt wird.32 Der Ausdruck beʾæræṣ Kenāʿan verweist auf das Westjordanland,33 sodass hier die Verteilung des Verheißungslandes an die westjordanischen Stämme in den Blick genommen liche Autoren zurückzuführen. Da der Begriff nāśîʾ im Josuabuch nicht fällt, fehlt auf dem ersten Blick eine Erfüllungsnotiz, vgl. ACHENBACH 2003, 593. Trotzdem wird die Tradition der Landkommission in Jos 14 aufgegriffen. 26 Vgl. zu dieser Bezeichnung Ex 6,14; Num 7,2; 1Chr 5,24; 7,7.9. 27 Vgl. NOTH 1971b, 78. 28 Vgl. ALBERTZ 2007, 208. 29 So aber NOTH 1971b, 78. Nach MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 64 wird durch die Anwesenheit der Väterhäupter sichergestellt, dass die Landverteilung zur selben Zeit durchgeführt, bezeugt und von ganz Israel akzeptiert wurde. 30 LXX denkt offenbar an eine lange Genitivverbindung: οἱ ἄρχοντες πατριῶν φυλῶν τῶν υἱῶν Ισραηλ. 31 Vgl. hierzu auch WÜST 1975, 194 Anm. 615. Bei NḤL-D sind beide syntaktische Konstruktionen mit Präpositionalobjekt l= (Jos 19,51) und mit direktem Objekt (Num 34,29) sicher belegt. In 1b könnte das direkte Objekt bereits in ʾôtām gegeben sein, was dann mit benê Yiśrāʾel identisch wäre. 32 Die syntaktische Schwierigkeit von v.2 wird meist mit LXX dahingehend gelöst, dass man hier begôral niḥalû ʾôtām wie in 1b liest, vgl. NOTH 1971b, 78; GÖRG 1991, 70; FRITZ 1994, 150. 33 Vgl. Num 35,14, wo Cis- und Transjordanien sorgsam unterschieden werden. Vgl. hierzu auch NOTH 1971b, 83; HESS 1996a, 263; DE VOS 2003, 180; BUTLER 2014b, 91.

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

wird.34 Das Idiom ʾæræṣ Kenāʿan ist zudem nicht im Buch Deuteronomium oder dem ersten Teil des Josuabuches belegt. Demnach wurde in 1b Vokabular aus dem Numeribuch übernommen.35 Auch diese Beobachtung zeigt, dass 1b auf einer Linie mit den priesterlichen Texten des Numeribuches liegt und mit Dtn 1–Jos 12 nichts zu tun hat. Losentscheid in v.2: Schließlich wird das Land mithilfe eines Losentscheids als Erbteil verteilt, worauf v.2 hinweist.36 Für diese syntaktische Lösung muss jedoch MT anders punktiert werden (baggôrāl statt begôral),37 da MT in v.2 eine Constructusverbindung begôral naḥalātām liest, die dann offenbar noch zum vorausgehenden v.1 zu ziehen wäre.38 Vielleicht handelt es sich bei v.2 um die Kürzung des YHWH-Befehls aus Num 33,54, auf den sich dann der Vergleichssatz in 2b zurückbezieht.39 Der Losentscheid ist möglicherweise älter als die Konzeption einer Landverteilung durch die Landkommission.40 Denn beide Vorstellungen sind an sich nicht miteinander kompatibel. Während die Landkommissi-

3)

34

Fraglich ist allerdings, ob es sich bei den „Söhnen Israels“ nur um die westjordanischen Stämme handelt. Nach WÜST 1975, 203 seien hier aber auch die ostjordanischen Stämme aufgrund der sprachlichen Bezüge zu Num 33,50–34,29 im Blick. 35 Num 13,2.17; 26,19; 32,30; 33,40.51; 34,2.29; 35,10.14 im Vergleich zu Dtn 32,49 und Jos 5,12. In der zweiten Hälfte des Josuabuches findet sich der Ausdruck „Land Kanaan“ darüber hinaus noch in Jos 21,2; 22,9.10.11.32; 24,3, vgl. auch BOLING 1982, 353, der diese altertümliche Redeweise einem zweiten Dtr. zuschreibt. Zu „Land Kanaan“ vgl. auch DE VOS 2003, 180. Anders hingegen NOTH 1971b, 83, der im Ausdruck beʾæræṣ Kenāʿan eine priesterliche Ergänzung sieht. Zu diesem priesterlichen Ausdruck vgl. auch IBAÑEZ ARANA 1981, 89. 36 Nach KNAUF 2008, 137 gehe diese Vorstellung auf Num 26,55–56; 33,54; 34,13 zurück, wo der Losentscheid angeordnet werde. FRITZ 1994, 151 vermutet, dass die einzelnen Anteile bereits festlägen und nur noch durch das Los den jeweiligen Stämmen zugeordnet werden müssten. Wie dies allerdings angesichts der unterschiedlichen Größe der einzelnen Stämme gerecht verlaufen soll, ist fraglich. 37 Vgl. zu dieser Änderung schon DILLMANN 1886, 516; OETTLI 1893, 169; HOLZINGER 1901, 54; NOTH 1971b, 78; NELSON 1997, 175. Dagegen aber DE VOS 2003, 177. 38 Vgl. BUTLER 2014b, 83f. Gegen eine solche syntaktische Deutung aber WÜST 1975, 202f., da eine solche Erläuterung zum Modus der Landverteilung mittels Losentscheid zu weit von dem jeweiligen Bezugswort entfernt sei und isoliert für sich stehe. Kritisch hierzu auch OETTLI 1893, 169. 39 Vgl. WÜST 1975, 203. 40 Anders hingegen AULD 1980, 56, zumal in LXX der Losentscheid textkritisch sicher nur in Jos 14,2 nachzuweisen ist, sodass es den Anschein hat, dass erst die spätere hebräische Tradition den Losentscheid in den MT von Jos 13–17 eingetragen hat. ACHENBACH 2007, 236f. vermutet, dass der Losentscheid in den Landverteilungstexten Jos 14–19 die Stelle Neh 11,1–2 als Grundlage habe, wonach die Verlosung am Heiligtum unter priesterlicher Aufsicht stattgefunden haben müsse. Nach ASSIS 2003, 3 werde zudem der Losentscheid mithilfe von Urim und Tummin durchgeführt, was allerdings so nicht im Text behauptet wird. ZIESE 2008, 270 Anm. 1 verweist jedoch auf Num 27,21, wonach Eleasar über Urim verfügt.

1. Jos 14,1–5

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on eine gerechte Landverteilung gemäß der Größe der einzelnen Stämme garantieren sollte (Num 26,52–54), wofür der große Zensus in Num 26 wichtig war, wird alternativ die Verteilung durch Gott mittels Losentscheid durchgeführt (Num 26,55–56). Falls Gott durch das Los eine gerechte Landverteilung herbeiführt, dann benötigt man keine Landkommission mehr, die die einzelnen Parzellen bestimmt. Und umgekehrt ist der Losentscheid dann unnötig, wenn die Landkommission bereits eine gerechte Verteilung getroffen hat.41 Offenbar war der Losentscheid schon fest in der Tradition verankert,42 sodass man diese Konzeption lediglich durch zusätzliche Ergänzungen in Jos 14,1 und 19,51 hinsichtlich einer Landkommission unter Eleasar aufbrechen musste.43 Aus alledem folgt, dass in v.1–2 prinzipiell drei redaktionelle Schichten vorliegen könnten. Allerdings ist 1a unspezifisch formuliert, da hier nur vom Erhalt des Erbteils die Rede ist, sodass die Art und Weise der Landverteilung nicht explizit geklärt wird. Dementsprechend kann 1a problemlos zu 1b oder v.2 gezogen werden. Demgegenüber ist die Verteilung durch die Landkommission oder durch Losentscheid schwer miteinander vereinbar, sodass sich 1b von v.2 abheben lässt, wobei die Einsetzung der Landkommission später als der Losentscheid wäre, da eine nachträgliche Verteilung durch das Los die Arbeit einer Landkommission entbehrlich machte.44 Somit scheinen 1a und v.2 auf einer redaktionellen Ebene zu liegen, die 1b noch vorausgeht und vermutlich mit den Los-Texten des Numeribuches (Num 26,55–56; 33,54; 34,13) zu verbinden ist. Hierzu passt die Beobachtung, dass durch den kaʾašær-Nebensatz in v.2 vermutlich auf die YHWH-Rede in Num 33,54 verwiesen wird. Dort wird zudem noch befohlen, dass die Verteilung des Landes (NḤL-tD) durch das Los nach den Sippen (lemišpeḥotêkæm) geschehen solle. Der Zusatz lemišpeḥotām ist wahrscheinlich redaktionell – wie der Losentscheid – zu den Grundtexten der Landverteilung in Jos 15–19 hinzugesetzt worden.45 Vermutlich liegen daher 1a.2 auf derselben redaktionellen Ebene wie die entsprechenden Numeri-Texte, auch wenn in v.2 auf den Zusatz 41

Vgl. hierzu auch ALBERTZ 2007, 208f. Zum Problem dieser beiden widersprüchlichen Landverteilungskonzepte vgl. auch SOGGIN 1982, 169f. 42 Anders hingegen DE VOS 2009, 65f., zumal der Losentscheid in v.2 nachgetragen worden sei. 43 Zu diesem Rahmen mit seinen terminologischen Entsprechungen vgl. auch ASSIS 2003, 12f.; RÖSEL 2009, 561. 44 EDERER 2017, 216 sieht die Landkommission als „Verteilungsgremium“, das neben der Repräsentationsfunktion für ganz Israel auch noch praktische Aufgaben, wie die Organisation des Losentscheids oder eine Entscheidungsfunktion bei Problemfällen ausübt. Fraglich ist, ob die wenigen Angaben zur Landkommission in dieser Weise gedeutet werden dürfen. 45 PITKÄNEN 2010, 278 vermutet demgegenüber, dass der Losentscheid lediglich auf die sieben kleinen Stämme beschränkt geblieben sei.

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

„nach den Sippen“ verzichtet wird. Diese redaktionelle Ebene führt somit zurück auf Num 33,54 und löst das dort verzeichnete YHWH-Wort endlich ein. Die Präpositionalverbindung „durch Mose“ (beyad Mošæh)46 in 2b muss eigentlich nicht nach LXX zu „durch Josua“ (ἐν χειρὶ ᾿Ιησοῦ) geändert und zum Hauptsatz gezogen werden,47 sodass der Losentscheid „durch Josua“ vollzogen wird. Auf diese Weise würde diese Präpositionalverbindung aus dem Nebensatz herausgelöst, sodass sie den Gottesbefehl nicht wie im MT näher definiert. Allerdings kann man beyad Mošæh bestens als Ergänzung zum kaʾašær-Nebensatz verstehen, wie dies auch bei der vergleichbaren Stelle in Jos 21,8 der Fall ist, wo LXX Mose beibehält (ὃν τρόπον ἐνετείλατο κύριος τῷ Μωυσῇ). Dementsprechend muss man auch in v.2 keine Textänderung vornehmen.48 Auffälligerweise wird in Jos 14,1–5 zweimal die Anordnung YHWHs durch Mose betont (v.2 und v.5), wobei nicht deutlich wird, ob hier dieselbe Anordnung gemeint ist und ob hier unterschiedliche Redaktionen am Werk sind. Manchmal wird erwogen, dass ein literarischer Bezug von v.2 zu Num 34,13 auszumachen sei,49 wo explizit auf den YHWH-Befehl hingewiesen werde, das Land an die neuneinhalb Stämme zu geben (NTN). In Num 34,13 ist aber angesichts des Infinitivsatzes (lātet) die Syntax geschliffener als in v.2, sodass v.2 kaum aus Num 34,13 schöpfen kann, es sei denn, man rechnet mit einer Textverderbnis in v.2.50 Es bleibt somit festzuhalten: Die Landverteilung wird in Jos 14,1–2 unterschiedlich durchgeführt, wobei der Grad der Profanität im Endtext abnimmt. Während in v.1 den Israeliten ihr Erbteil entweder von einer unbekannten Gruppe (1a) oder von der priesterlich dominierten Landkommission (1b) zugeteilt wird, wird das Land nach v.2 durch den Losentscheid und damit unter göttlicher Entscheidungsgewalt verteilt.51

46

Vgl. zu diesem Ausdruck auch HOWARD 1998, 325 Anm. 75. So aber BOLING 1982, 352, der bei MT an eine Kontamination durch v.3 denkt. Zu dieser Änderung der LXX vgl. auch BUTLER 2014b, 84. Dagegen aber schon DILLMANN 1886, 516. 48 In der Parallele Jos 19,51 fehlt der Hinweis auf den Befehl des Mose. ASSIS 2003, 13 erklärt dies damit, dass in Jos 19,51 nicht mehr die erste Landverteilung, die auf Befehl des Mose durchgeführt wurde, sondern die zweite Aktion in Schilo im Blick sei, die auf die Nachlässigkeit der einzelnen Stämme hinweise. 49 Vgl. RÖSEL 2011, 227. 50 Vgl. auch BUTLER 2014b, 84. Schon STEUERNAGEL 1900, 205 vermutet, dass es sich bei den neuneinhalb Stämmen um einen Zusatz handelt, zumal die Konstruktion ohne den Infinitiv lātet problematisch ist, der dementsprechend von einigen Handschriften ergänzt wird. Nach BOLING 1982, 352 könnte der Infinitiv aufgrund von Haplographie entfallen sein. 51 Vgl. hierzu RÖSEL 2009, 68. 47

1. Jos 14,1–5

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Der Anschluss der „neuneinhalb Stämme“ in 2bβ mit Hilfe einer Präpositionalverbindung ist syntaktisch schwierig einzuordnen. Inhaltlich gehört dieser Satzteil wohl kaum noch zum kaʾašær-Nebensatz, sondern wohl eher zum Losentscheid aus 2a, wird aber von diesem Nominalsatz durch den kaʾašærNebensatz getrennt. Die Zahlenangabe der „neuneinhalb Stämme“ setzt die Vorstellung des Zwölfstämmevolkes voraus und wird hier erst später eingetragen worden sein, um die vorgegebene Tradition in das Koordinatensystem der zwölf Stämme Israels einzupassen. Ebenfalls zu dieser Konzeption gehören die Erklärungen in v.3, wonach Mose schon den zweieinhalb ostjordanischen Stämmen ihre jeweiligen Erbteile verteilt, die Leviten hierbei aber nicht berücksichtigt habe,52 was ja nur folgerichtig ist, da man mit den neuneinhalb westjordanischen und den zweieinhalb ostjordanischen Stämmen bereits die Zwölfzahl erreicht hat.53 Dementsprechend liegen 2bβ und v.3 auf einer redaktionellen Stufe, die das Zwölfstämmevolk bereits als Zielvorgabe kennt. Die Formulierung NTN naḥalāh in v.3 ist ansonsten typisch für das Buch Deuteronomium, wobei aber dort stets Gott das Erbteil gibt und dies fast immer mit dem Partizip noten ausgedrückt wird.54 Nach dem Buch Deuteronomium wird somit aufgrund der Partizipialkonstruktion betont, dass Gott aktuell das Erbteil gibt. Eine vorausgegangene Gabe des Landes durch einen menschlichen Akteur – ausgedrückt mit qatal – ist in den Stellen des Dtn nirgendwo im Blick, sodass Dtn als literarischer Horizont von v.3 trotz der semantischen Nähe ausscheidet. Demgegenüber blickt v.3 vermutlich auf Num 32,33–42 zurück, wo den ostjordanischen Stämmen bereits bestimmte Gebiete von Mose zugewiesen worden sind (NTN Num 32,33). Zuvor betonen die ostjordanischen Stämme, dass ihre naḥalāh im Ostjordanland bereits zu ihnen „gekommen“ (Bōʾ) ist (Num 32,19: qatal). Auch die Verortung meʿebær layYarden ist bereits in der Erzählung in Num 32,32 zu finden. Interessanterweise bezieht sich diese Lokalisierung in beiden Fällen auf das Ostjordanland,55 auch wenn sich die Israeliten im Numeribuch noch im Ostjordanland befinden, im Gegensatz zur Landverteilung im Josuabuch. Hier liegt 52 Dementsprechend sei v.3 mit FRITZ 1994, 150 eine Zusammenfassung von Jos 13, aber darüber hinaus auch von Num 32, wo die Leviten überhaupt nicht erwähnt werden. Nach NELSON 1997, 176 liege hier ein Rückblick mit anderen Agenten der Landverteilung, anderen Rezipienten und anderer Lokalisierung vor. WOUDSTRA 1981, 226 weist zudem darauf hin, dass im Rahmen der Konzeption des Zwölfstämmevolkes unbedingt betont werden sollte, dass die ostjordanischen Stämme ebenfalls zu Israel gehörten. 53 Die Konzeption der „neuneinhalb“ und „zweieinhalb“ Stämme ist nach DE VOS 2003, 182 nur sehr selten belegt. 54 Dtn 4,21.38; 12,9; 15,4; 19,10; 20,16; 21,23; 24,4; 25,19; 26,1; 29,7. 55 Eine Ausnahme wäre hierzu Num 32,19, wo die Formulierung meʿebær layYarden nur das Westjordanland meinen kann. Nach IBAÑEZ ARANA 1981, 78 handele es sich bei diesem Ausdruck zudem um priesterliche Redeweise.

128

Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

stets der Blickwinkel des Autors zugrunde. Auf die bereits erfolgte Landverteilung im Ostjordanland verweisen noch Jos 13,32 (NḤL) und Jos 18,7 (NTN), wobei sich die dortige Wortwahl von v.3 merklich unterscheidet. Alles in allem hat es den Anschein, dass v.3 bewusst die Idiomatik von Num 32 aufgriff, um darauf hinzuweisen, dass die zweieinhalb ostjordanischen Stämme bereits versorgt seien, da sich diese Stämme ihren Erbteil nach Num 34,15 bereits genommen hätten (LQḤ). Durch den Rückblick auf die Landverteilung durch Mose an die ostjordanischen Stämme wird die Autorität des Mose auch für die aktuelle Vergabeaktion bemüht.56 Für dieses Bezugssystem, das von Num 32 über Num 34,15 bis in Jos 14 reicht, spricht überdies die Beobachtung, dass sich nur noch in Num 34,15 die Zahlenangabe „zweieinhalb Stämme“ findet. Einschränkend muss jedoch zugegeben werden, dass in Num 32 die Formulierung NTN naḥalāh in Bezug auf die ostjordanischen Stämme nicht explizit belegt ist, auch wenn die einzelnen Worte im Verlauf von Num 32 fallen. Erst im Josuabuch tritt dieses verdichtete und wohl aus Num 32 geschöpfte Idiom zusammen mit Ruben, Gad und Halbmanasse bzw. den „zweieinhalb Stämmen“ auf.57 Inhaltlich ist v.3 zudem mit Jos 13,7–8 verbunden, auch wenn dort sprachlich anders formuliert wird als in v.3.58 Denn in Jos 13,7 wird Mose befohlen, das Land als Erbteil an die jeweiligen neuneinhalb Stämme aufzuteilen (ḤLQ-D benaḥalāh + l=). Darüber hinaus wird der westjordanische Stamm Halbmanasse in Jos 13,7 explizit genannt. Angesichts dieser Unterschiede ist es nicht sicher, ob Jos 14,3 tatsächlich auf einer redaktionellen Ebene wie Jos 13,7–8 liegt. Auch den Leviten wurde kein Erbteil gegeben (NTN naḥalāh), was v.3 auf den ersten Blick mit Num 26,62 und Jos 13,14.33 verbindet. In all diesen Fällen wird dezidiert verneint, dass man den Leviten einen Erbteil geben darf, wobei in Num 26,62 das Subjekt „Leviten“ nur aus dem Kontext zu erschließen ist und in Jos 13,14.33 sogar von einem „Stamm Levi“ (šebæṭ halLewî) die Rede ist, während in v.3 nur von den Lewiyyim gesprochen wird.59 Somit sind diese Stellen nur inhaltlich miteinander verbunden – sprachlich gibt es hingegen kleinere Differenzen. Alle Belege im Josuabuch zum Ausschluss der Leviten bei der Landverteilung im Westjordanland verweisen explizit 56

Vgl. hierzu auch GÖRG 1991, 70. Jos 13,8; 18,7. 58 Das übersieht RÖSEL 2011, 227, der als Unterschied zwischen beiden Stellen nur das dtr. Idiom šebæṭ in Jos 13,7 anstelle von maṭṭæh notiert. Fraglich ist zudem, ob das Wort maṭṭæh priesterlich ist. Nach NOTH 1967, 184 sei dieses Wort in exilisch-nachexilischer Zeit ganz allgemein verwendet worden, sodass eine Zuweisung zu einer bestimmten Gruppierung kaum statthaft wäre. 59 Vgl. auch DE VOS 2003, 182, dem zufolge das Attribut maṭṭæh fehlt, weil dieses Wort mit der Zwölfzahl verbunden ist und die Leviten nicht zu den zwölf Stämmen zählen. SAMUEL 2014, 320 vermutet hier deshalb eine Nähe zu postpriesterschriftlichen Texten. 57

1. Jos 14,1–5

129

oder implizit darauf, dass Mose zuvor den Leviten keinen Erbteil gegeben hat. Diese Verfahrensweise wird dann auch im Westjordanland befolgt, da sie mit dem Vorbild Mose gut legitimiert ist. In v.3 kann sich die Ortsangabe „in ihrer Mitte“ (betôkām) aufgrund des Nahkontextes eigentlich nur auf die ostjordanischen Stämme beziehen. Demnach haben die Leviten unter Mose kein Erbteil im Ostjordanland erhalten, was bestens mit Num 32 zusammenpasst, wo die Leviten bei der Landvergabe im Ostjordanland nicht eigens genannt werden. Die Konzeption von 4a, dass es sich bei den „Söhnen Josef“ um zwei Stämme handelt, wird selten explizit betont. Während Jos 17,14–18 zunächst den Eindruck erweckt, dass die „Söhne Josef“ ein einziger Stamm sind,60 wird in Jos 17,17 unterstrichen, dass es sich beim „Haus Josef“ um die beiden Stämme Efraim und Manasse handelt. Durch die Differenzierung der „Söhne Josef“ kann schließlich eine Tradition zu Manasse in Jos 17 nachgetragen werden, während die ursprüngliche Tradition im Numeri- und Josuabuch offenbar nur von Efraim ausgegangen ist. In Num 1,32 hat es zudem den Anschein, dass die Söhne Josef mit den Söhnen Efraim gleichzusetzen sind und als ein Stamm gelten, während die Söhne Manasse nach Num 1,34 ein weiterer Stamm sind, der nicht explizit ebenfalls zu den „Söhnen Josef“ gezählt wird. Ähnlich könnte Num 1,10 zu deuten sein, zumal Manasse hier nicht mit w= angeschlossen wird. Nur eine Konstruktion mit w= würde definitiv verdeutlichen, dass zu den „Söhnen Josef“ Efraim und Manasse gehören. Auch in Jos 16,1 ist von einer Zweiteilung der Söhne Josef in Manasse und Efraim nicht die Rede. Vielmehr scheint hier ausweislich der topographischen Daten nur das Gebiet Efraims im Blick zu sein,61 sodass hier die „Söhne Josef“ mit Efraim gleichgesetzt werden könnten. Diese Vorstellung wird schließlich in Jos 16,4 korrigiert, wenn ausdrücklich betont wird, dass die „Söhne Josef“ die beiden Stämme Manasse und Efraim bilden. Auffälligerweise folgt dann aber erst das Erbteil Efraims und erst in Jos 17 das Erbteil Manasses. Auch in Jos 18,11 ist mit den „Söhnen Josef“ in erster Linie geographisch Efraim im Blick, da Benjamin zwischen Efraim und Juda liegt. Neben der Bezeichnung „Söhne Josef“ gibt es in Jos 17,17 und 18,5 noch die alternative Formulierung „Haus Josef“ (bêt Yôsef).62 Aber auch bei bêt Yôsef ist im Landnahmekontext zunächst nach Ri 1,22–23 nur Efraim im Blick, zumal Ri 1,27–29 ausdrücklich Manasse und dann im Anschluss noch einmal Efraim nennt. Die Vorstellung der beiden Josefsöhne (Manasse und Efraim) könnte auf Num 26,28–29 zurückgehen, wo im Rahmen der Vorstellung der Sippen beide Stämme Manasse und Efraim als „Söhne Josef“ angeführt wer60

Vgl. MILLER/TUCKER 1974, 115. Vgl. Jos 16,1–3: Jordan, Jericho, Bet-El, Lus, Atarot, Bet-Horon, Geser. 62 Vielleicht handelt es sich bei bêt Yôsef um eine Bezeichnung für das Nordreich, vgl. 1Kön 11,28; Am 5,6; Sach 10,6. 61

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

den.63 Schließlich ist noch auf Num 34,23–24 zu verweisen, wo bei der Auflistung der Mitglieder der Landkommission die beiden Stämme Manasse und Efraim hintereinander genannt werden und den „Söhnen Josef“ zugerechnet werden. Offenbar setzt Jos 24,32 die Aufteilung der „Söhne Josef“ in Manasse und Efraim bereits voraus, da an dieser Stelle der Ort Sichem, der eigentlich in Manasse liegt, den „Söhnen Josef“ zugerechnet wird. Der Hinweis in 4a, dass es sich bei den „Söhnen Josef“ um zwei Stämme handelt, ist zusammen mit v.2–3 die Begründung dafür, dass die Leviten kein eigentliches Erbteil erhalten können, da mit den neuneinhalb westjordanischen Stämmen (v.2) und den zweieinhalb ostjordanischen Stämmen (v.3) die Zwölfzahl schon erreicht ist. Durch diese Informationen wird folglich 4b logisch begründet, weshalb die Leviten als „dreizehnter“ Stamm leer ausgehen müssen.64 Da man die Ausdrucksweise „Söhne Josef“ dahingehend missverstehen könnte, dass es sich hierbei nur um einen einzigen Stamm handelt, betont 4a ausdrücklich, dass mit diesem Begriff eigentlich die beiden Stämme Efraim und Manasse gemeint sind. Auffälligerweise werden in Num 26 und Num 34 wie in Jos 14,4 zuerst der Stamm Manasse und dann Efraim genannt, sodass Manasse meist der Vorrang gegenüber Efraim gebührt. In 4b wird die Vorstellung, dass die Leviten leer ausgegangen sind, ebenfalls aufgegriffen.65 Allerdings unterscheidet sich die Formulierung in 4b von v.3, sodass hier vielleicht eine andere redaktionelle Schicht anzusetzen wäre. Während in v.3 noch NTN naḥalāh verwendet wird, wird in v.4 den Leviten kein Anteil (ḥelæq) gegeben.66 Die Formulierung NTN ḥelæq ist im Landverteilungskontext ungebräuchlich, auch wenn es eine Tradition gibt, der zufolge ḥelæq verteilt werden soll67 bzw. die Landverteilung mit dem Verb ḤLQ ausgedrückt wird.68 Nur in Jos 15,13 wird betont, dass Josua Kaleb einen Anteil mitten unter den Judäern gegeben hat. Auffällig ist zudem, dass in v.4 die beiden Josefstämmen Manasse und Efraim die Landgabe an die Leviten verweigern, da im Nahkontext nur benê Yôsef (4a) als Subjekt der Verbalform 63 BUTLER 2014b, 93 weist noch auf die Adoption der beiden Josef-Söhne durch Jakob hin (Gen 48,5–6). 64 Vgl. auch NELSON 1997, 176; KNAUF 2008, 137. Nach PITKÄNEN 2010, 279 könne 4a ein späterer Einschub sein oder schon seit jeher die Zwölfzahl begründet haben. MILLER/TUCKER 1974, 115 weisen darauf hin, dass beim Stamm der Machiriten (Jos 13,31) und Kalebiten (Jos 14,6–15; 15,13–19) ein anderer Weg beschritten worden sei: Diese Gruppierungen würden jeweils einem der zwölf Stämme zugeordnet. 65 Nach DE VOS 2003, 178 erkläre 4b die Bemerkung in 3b und 4a die Notiz in 3a, sodass v.4 insgesamt eine Korrektur zu v.3 sei. 66 In Dtn 10,9; 12,12; 14,27.29; 18,1 sind die beiden Wörter ḥelæq und naḥalāh in Bezug auf die Leviten verbunden. Die Unterschiede zwischen v.3 und v.4 werden von FRITZ 1994, 150 hingegen nicht zur Kenntnis genommen. 67 Vgl. Num 18,20; Dtn 10,9; 12,12; 14,27.29; 18,1; Jos 14,4; 15,13; 18,6.7.9; 19,9. 68 Vgl. Num 26,53.55.56; Jos 13,7; 14,5; 18,2.5.10; 19,51.

1. Jos 14,1–5

131

nātenû in Frage kommen kann.69 Nur wenn man v.2–4a als literarischen Einschub versteht, könnte man 4b auf die Landkommission aus v.1 beziehen. Die Formulierung „Städte zum Wohnen“ (ʿārîm lāšābæt) ist neben 4b noch in Num 35,2 und Jos 21,2 belegt, wo es ebenfalls um die Gabe von Wohnstädten für die „Leviten“ (Lewiyyim) geht. In Num 35,2 wird mittels weqatal ein zukünftiger Sachverhalt in den Blick genommen, während der Befehl YHWHs schließlich in 4b in die Tat umgesetzt wird und in Jos 21,2 diese Gabe ausführlich vorgestellt wird. In Num 35,2 und Jos 21,2 werden den Leviten von den Israeliten Wohnstädte „gegeben“ (NTN), während in 4b als Subjekt der Städtegabe eigentlich die „Söhne Josef“ im Blick sind.70 In allen drei Fällen wird darüber hinaus noch „Weideland“ (migrāš) für das Vieh der Leviten gegeben, wobei dies unterschiedlich ausgedrückt wird. Trotz dieser Differenzen liegen alle drei Texte (Num 35,2; Jos 14,4; 21,2) auf einer Linie, wobei in 4b die ausführlichste Beschreibung zu verzeichnen ist. Dementsprechend ist es durchaus naheliegend, dass die Tradition der Versorgung der Leviten mit Städten und Weideland aus den beiden Verzeichnissen der Levitenstädte genommen und redaktionell in 4b zusätzlich eingetragen wurde. Zumindest wird bereits in 4b die Vergabe der Levitenstädte in Jos 21 vorbereitet,71 sodass beide Texte aufeinander bezogen sind. Hinzu kommt, dass gerade der Ausdruck migrāš bei der Verteilung der Levitenstädte in Jos 21 immer wieder genannt wird,72 sodass 4b bereits auf Jos 21 vorverweist. Das Weideland wird darüber hinaus in 4b dem Vieh und der Habe der Leviten (miqnæh weqinyān) zugeordnet.73 Die Gehorsamsformel „wie es YHWH dem Mose befohlen hatte“ in v.5 findet sich abgesehen von Dtn 34,9 und Jos 11,15.20 nur in priesterlich geprägtem Kontext.74 Nur wenn der Losentscheid im Blick ist wird bei dieser Formel in Jos 14,2 und 21,8 beyad Mošæh alternativ anstelle von ʾæt Mošæh gesetzt. Die Vorstellung, dass die „Söhne Israels“ selbst das Land aufteilen (ḤLQG), steht in Widerspruch zu 1a, wo das Land als Erbbesitz an Israel geht (NḤL-G), und zu 1b, wonach eine Landkommission für die Verteilung des 69

LXX umschifft dieses Problem, da hier eine passive Formulierung gewählt wird, vgl. AULD 2005, 176; BUTLER 2014b, 85. 70 Zu diesem Problem vgl. auch BUTLER 2014b, 85. NELSON 1997, 175 hingegen deutet die Verbalform als indefinit, sodass eine nicht näher bezeichnete Gruppe für die Gabe verantwortlich sei. 71 Vgl. ACHENBACH 2003, 594; RÖSEL 2011, 227. 72 Vgl. Jos 21,2.3.8.11.13; 19.21; 39.41.42. 73 Der Ausdruck miqnæh weqinyān, der zwei Nomina der Wurzel QNY miteinander verbindet, ist selten: Gen 34,23; Jos 14,4; Ez 38,12.13. Vgl. zu dieser paranomastischen Wortverbindung auch NOTH 1971b, 78. 74 41 Belege: Ex 12,28.50; 39,1.5.7.21.26.29.31; 40,19.21.23.25.27.29.32; Lev 8,9.13. 17.21.29; 9,10; 16,34; 24,23; Num 1,19; 2,33; 3,51; 8,3.22; 15,36; 26,4; 27,11; 31,7.31. 41.47; 36,10; Dtn 34,9; Jos 11,15.20; 14,5.

132

Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

Landes (NḤL-D) zuständig ist.75 Die Konzeption von v.5 liegt aber auf einer Ebene mit Jos 18,2 und ist wohl redaktionell auf dieser Stufe anzusetzen.76 Vielleicht ist die im Landverteilungskontext singuläre Stammesmodifikation (ḤLQ-G) eine Umsetzung der passivischen Form von Num 26,53 (ḤLQ-N),77 auch wenn die dortige Ergänzung „als Erbteil“ (benaḥalāh) in v.5 fehlt. Obschon die Wurzel ḤLQ in v.4 und v.5 verwendet wird, ist es schon aufgrund des unterschiedlichen Inhalts (keine Anteilgabe an die Leviten vs. Aufteilung des Landes) und der verschiedenartigen sprachlichen Form (Nomen vs. Verb) eher unwahrscheinlich, dass beide Verse auf einer redaktionellen Ebene zu verorten sind. 1.2 Literarkritik und Redaktionsgeschichte Die literarkritische und redaktionsgeschichtliche Aufteilung der Einheit ist schwierig, da hier offenbar immer wieder die unterschiedlichsten Ergänzungen vorgenommen worden sind, bis schließlich der Endtext Jos 14,1–5 vorlag. Es hat zumindest den Anschein, dass hinter Jos 14,1–5 verschiedene Redaktionen und redaktionelle Fortschreibungen stehen, die diesen Schlüsseltext zu Beginn der Landverteilung im Westjordanland mit ihren jeweiligen Intentionen bearbeitet haben. 1.2.1 Forschungsgeschichtlicher Überblick Insgesamt werden bisweilen sogar drei Schichten und sukzessive Ergänzungen vermutet, wie ein Blick in die Forschungsgeschichte offenbart: von Rad (1934)78: In Jos 14,1–5 seien nach von Rad zwei priesterschriftliche Schichten zu unterscheiden. Nach 1a.5 wird das Land von den Israeliten selbst verteilt, während nach 1b.2a hierfür die Landkommission unter Eleasar und Josua eintrete. Ob man aber aufgrund der Israeliten als Subjekt der Landverteilung die rahmenden Sätze 1a und v.5 einer

1)

75

NELSON 1997, 177 weist darauf hin, dass in Jos 14,1–5 die im Landverteilungskontext wichtige Wurzel NḤL fünfmal verwendet werde. Nach AULD 1978, 415 ist zudem zwischen NḤL und ḤLQ in Jos 14,1–5 zu differenzieren. Nach EDERER 2017, 217 beginnt erst mit der wayyiqtol-Form in 5b die Haupthandlung, während alles andere zuvor als Hintergrundschilderung zu verstehen wäre. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Haupthandlung zumindest schon mit w-x qatal in 5a beginnt, die dann die Progressform in 5b weiterführt. 76 WÜST 1975, 205 verweist zwar auf einen Bezug von v.5 zu Jos 18, verbindet v.5 aber fälschlicherweise mit Jos 18,10b, wo Josua und nicht die Israeliten das Land verteilt. Entgegen KNAUF 2008, 137 ist v.5 zudem kein Rückverweis auf Num 34,17, da es in v.5 um die „Söhne Israels“ geht und in Num 34,17 die Landkommission im Blick ist. 77 Vgl. WÜST 1975, 205; DE VOS 2003, 183. 78 Vgl. VON RAD 1934, 148f.

1. Jos 14,1–5

2)

3)

133

Schicht zuweisen darf, ist fraglich,79 zumal in 1a nicht sicher von einer Landverteilung durch die Israeliten die Rede ist. Auch 1b.2a mit ihrer unterschiedlichen Landverteilung (Landkommission vs. Losentscheid) können nicht auf derselben Ebene liegen. Noth (1967)80: 1a wird von Noth einer ersten redaktionellen Schicht zugewiesen, da es hier um den unpersönlichen Erhalt der Erbteile durch die Israeliten gehe und offenbar noch keine Kommission im Blick sei. Demgegenüber seien 2bβ.3a.5 einer zweiten Schicht zuzuordnen, die auf einer Linie mit der Landgabe durch Josua liege.81 Die Landverteilung durch eine Kommission in 1b sei im Rahmen der Ergänzung durch eine dritte Schicht eingetragen worden. Anschließend sei noch der Hinweis auf die Zahl der Stämme (3b.4a), der Losentscheid (2abα) und eine Ergänzung in Verbindung zu Jos 21 (4b) angefügt worden. Insgesamt ist die redaktionsgeschichtliche Entstehung somit nach Noth als sehr komplex zu bezeichnen. Allerdings ergibt die zweite Schicht keinen wirklich erkennbaren Zusammenhang, ganz abgesehen davon, dass hier nicht Josua das Land an die Stämme verteilt. Auch ist zwischen 3a und 3b eigentlich keine Spannung zu erkennen.82 Denn die „neuneinhalb Stämme“ sind bislang nicht näher erklärt worden, sodass die Informationen in 3b.4a folgen mussten, nämlich dass die Söhne Josef zwei Stämme sind und dementsprechend der Stamm Levi leer ausgehen musste. Wüst (1975)83: Nach Wüst sei gleich zu Beginn der Einheit von einem Grundtext in 1a und zwei Ergänzungen (1b und 2abα) auszugehen, die zum einen die Landkommission, zum anderen den Losentscheid nachtrügen. Eine weitere Bearbeitungsschicht ergänze in 2bβ.3 die zuvor

79 Kritisch hierzu WÜST 1975, 205 Anm. 640, für den v.5 lediglich den Charakter einer Zusammenfassung von v.1–4 habe. 80 Vgl. NOTH 1967, 188 Anm. 2. 81 Nach ALBERTZ 2007, 207 entspreche es dtr. Auffassung, dass Josua selbst die Landverteilung vorgenommen habe. Demgegenüber hätten priesterliche Kreise diese monarchische Verteilung abgelehnt. Allerdings gibt es in dtr. Texten auch die Vorstellung, dass YHWH selbst das Land verteilt: Dtn 12,10; 19,3 (NḤL-H). Richtig ist zumindest, dass im dtr. Kontext der Landverteilung stets NḤL-H verwendet wird: Dtn 1,38; 3,28; 31,7; Jos 1,6 (Landverteilung durch Josua). Die Vorstellung der Landverteilung durch Josua findet sich in Jos 18,6.8.10, wird dort aber lexematisch anders ausgedrückt (durch Losentscheid oder mit ḤLQ). 82 In LXX fehlt jedoch 3a, sodass es sich hierbei um eine spätere Ergänzung handeln könnte. Allerdings benötigt der Gedankengang die Vorstellung der zweieinhalb ostjordanischen Stämme, da ansonsten die neuneinhalb Stämme aus v.2 für sich isoliert und unbegründet dastehen. Nur in Verbindung mit 3a ergibt sich das ideale Zwölfstämmevolk. Hinzu kommt, das 3a aufgrund von Homoioteleuton bzw. Haplographie entfallen sein könnte, vgl. STEUERNAGEL 1900, 205; HOLZINGER 1901, 54; BOLING 1982, 352; NELSON 1997, 175; BUTLER 2014b, 84. 83 Vgl. WÜST 1975, 202–205.

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

noch nicht explizit ausgedrückte Vorstellung, dass es im Folgenden nur um die westjordanischen neuneinhalb Stämme gehen könne, zumal die Verteilung im Ostjordanland schon von Mose abgeschlossen worden sei. Hierzu passe auch der Hinweis, dass die Leviten keinen Erbteil erhielten (3b), wobei diesem Bearbeiter Jos 21 noch nicht bekannt gewesen sei, da ein dementsprechender Hinweis erst in einem weiteren Nachtrag in 4b nachgeschoben worden sei. Um Missverständnisse zu vermeiden, habe ein Redaktor angemerkt, dass die „Söhne Josef“ zwei Stämme gebildet hätten (4a), auch wenn dies bereits in der Zahlenangabe „neuneinhalb Stämme“ (2bβ) und dem Ausschluss der Leviten (3b) implizit ausgedrückt worden sei. Dieser Ergänzer habe vermutlich Jos 21 gekannt und sei daher auch für 4b verantwortlich sowie den Abschluss v.5, um diese komplexe und unübersichtliche Einheit abzurunden. Dementsprechend sei hier von einem fünfstufigen Redaktionsprozess auszugehen: 1a, 1b, 2abα, 2bβ.3, v.4–5. Allerdings gehört 4a als Erklärung zu 2bβ.3 und ist nur schwer vom Vorausgehenden literarkritisch abzutrennen. Darüber hinaus stößt sich die Landaufteilung durch die Israeliten in v.5 an der Nichtvergabe von Land durch die Josefssöhne an die Leviten in v.4, zumal hier der Eindruck erweckt wird, dass die Leviten nur in dem Bereich der Josefssöhne bestimmte Städte und das Weideland erhielten. Außerdem werden die Aussagen zu den Leviten in anderen Landverteilungstexten nicht mit dem Verb ḤLQ ausgedrückt. Auld (1980)84: Während 1a nach Auld auf eine erste redaktionelle Stufe zurückgehe, die die westjordanische Landverteilung einführe, seien in einem zweiten Schritt 1b–3 als Korrektur angefügt worden. Schließlich sei mit v.4–5 noch eine weitere Erklärung ergänzt worden. Die literarkritische Entscheidung wird von Auld durch stilistische und terminologische Beobachtungen zusätzlich begründet: Die erste Schicht (1a) diente demnach zusammen mit Jos 13,32 dazu, nach Einschub von Jos 13,15– 31 wieder zur westjordanischen Landverteilung überzuleiten. Allerdings können weder v.4–5 (s.o.) noch 1b–3 sinnvolle zusammenhängende Ergänzungen sein, zumal in 1b–3 neben der Landkommission noch der Losentscheid und die Verteilung an neuneinhalb Stämme zusammengebracht werden, was aber insofern problematisch ist, als der Losentscheid im späteren Verlauf sich eigentlich nur auf sieben Stämme bezieht. Cortese (1990)85: Vielleicht liege in Jos 14,1–5 insgesamt ein ausschließlich priesterlicher Text mit einer kunstvoll gestalteten Struktur vor, wobei die Israeliten den Rahmen bilden (1a.5), bevor die für die Landverteilung verantwortliche Kommission unter Eleasar und Josua (1b) eingeführt werde. Die Notiz mit der Verteilung des Ostjordanlandes

4)

5)

84 85

Vgl. AULD 1978, 415f.; AULD 1980, 55f. Vgl. CORTESE 1990, 53f.

1. Jos 14,1–5

135

unter Mose sei als Gegenstück zur westjordanischen Landverteilung profiliert (v.3). Der Gotteswille werde schließlich durch den Losentscheid und den Befehl Moses (v.2) besonders unterstrichen und in 4b durch die Vorwegnahme der Levitenstädte gemäß Jos 21 weitergeführt. Lediglich 4a könnte nach Cortese ein Zusatz sein, der auf die beiden Josefstämme gesondert hinweisen wolle. Bei diesem Modell werden die offensichtlichen Spannungen aber kaum beachtet. Richtig ist jedoch, dass der Endtext in der Tat eine gewisse formale Struktur ausbildet, aber die in diesem Entwurf stark gemachten Strukturelemente sind zu insignifikant, als dass sie Kohärenz stiften könnten. Fritz (1994)86: Lediglich v.1*(ohne den ersten Relativsatz) sei nach Fritz als nachpriesterschriftliche Überleitung zu erkennen, die die Landverteilung durch eine von Eleasar und Josua geleitete Kommission in den Blick nehme. Alles andere wird als redaktioneller Zusatz unterschiedlicher Art betrachtet, ohne dass hier eine eindeutige Bestimmung möglich wäre. Auf diese Weise wird aber die schwierige Frage nach dem redaktionsgeschichtlichen Wachstum der Einheit umschifft und nicht gelöst. de Vos (2003)87: de Vos geht von einer Grundschicht in 1a.5 aus, wonach die Israeliten das Land empfangen. Das Land wird schließlich in Übereinstimmung mit den Geboten YHWHs verteilt. Danach ergänzte eine Redaktion den Abschnitt 1b.2b–3 und betont auf diese Weise, dass die von einer Landkommission vollzogene Landverteilung nur die westjordanischen Stämme unter Ausschluss Levis im Blick hatte. Zwei weitere Korrekturen in 2a und 4 beziehen sich jeweils auf die redaktionelle Ergänzung. Weshalb aber die in diesem Entwurf postulierte Grundschicht unterschiedliche Verben verwendet hat, wird nicht eigens erklärt.

6)

7)

Insgesamt sind in der Forschungsgeschichte die unterschiedlichsten Modelle entwickelt worden, die aber nicht über jeden Zweifel erhaben sind. Im Folgenden soll daher versucht werden, die Spannungen und Doppelungen literarkritisch fruchtbar zu machen. 1.2.2 Eigenes Erklärungsmodell Da v.1 angesichts der Erwähnung der Landkommission zusammen mit Jos 19,51 einen Rahmen um den Abschnitt Jos 14–19 legt, scheint sich dieser Vers vom Übrigen abzuheben.88 Hier liegt sicherlich eine redaktionelle Ergänzung vor, die zusammen mit Jos 19,51 die Landverteilungstexte in Jos 14–19 rahmt. Aber auch innerhalb von v.1 kann man eine Grundschicht 86

Vgl. FRITZ 1994, 149–151. Vgl. DE VOS 2003, 176–179. 88 Dementsprechend deutet FRITZ 1994, 149f. v.1 als redaktionelle Ergänzung im Stil der Priesterschrift durch einen nachpriesterschriftlichen Redaktor (RedP), während v.2–5 redaktionelle Zusätze der unterschiedlichsten Art seien. 87

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

von einer sekundären Überarbeitung abheben, zumal die beiden ʾašær-Sätze auffällig sind.89 Wie bereits gesehen, lässt sich 1a mit 2abα verbinden, wonach die Israeliten ihren Erbbesitz erhalten (1a), und zwar durch den Losentscheid (2a), was ganz dem Befehl Gottes entspricht. Dieser redaktionell geschaffene Text liegt auf einer Ebene mit Numeri-Texten (Num 26,55–56; 33,54; 34,13), die den Losentscheid ebenfalls im Rahmen der Landverteilung betonen. Mit diesem Text wird ein Grundtext priesterlich eingeführt, der die Landverteilung an sieben westjordanischen Stämmen im Blick hat. Dieser knappe Text folgte vermutlich ursprünglich auf den redaktionell bearbeiteten Text von Jos 18,1–10*, dem es um den Losentscheid unter besonderer Beteiligung Josuas und die Verortung am Zelt der Begegnung in Schilo geht. Die Landverteilung ist demnach kein profaner Akt, sondern an den Gotteswillen gebunden. Eine zweite redaktionelle Schicht baut den vorliegenden Text ganz im Sinne der Konzeption eines Zwölfstämmevolkes um und muss daher die Erzählung Jos 18,1–10* an den jetzigen Ort versetzen, die sieben Stämme neu deuten, indem die Listen von Simeon und Dan aus vorliegendem Material neu geschaffen werden, und die eigenwillige Rede von den „neuneinhalb Stämmen“ entwickeln (2bβ). Darüber hinaus wird auf die zweieinhalb ostjordanischen Stämme verwiesen, die bereits von Mose mit Erbland versorgt sind (3a), und auf die Leviten, die von Mose keinen Anteil erhalten haben (3b), da sie nicht zum Zwölfstämmevolk gehören können. Um Missverständnisse zu vermeiden, hat man in 4a noch darauf hingewiesen, dass die „Söhne Josef“ die beiden Stämme Efraim und Manasse umfassten. Schließlich ist auch v.5 aufgrund des Bezugs zu Mose (3a) dieser Redaktion zuzuweisen. Die Landverteilung ist somit in dieser Schicht eine Sache der „Söhne Israels“. Die „Söhne Israels“ handeln dementsprechend in der Nachfolge Mose und führen den Befehl Gottes zur Landnahme aus. Dies schließt eine besondere Aktivität Josuas oder auch des Losentscheides zudem nicht prinzipiell aus. Die Betonung auf den „Söhnen Israels“ und Josua, die eine gewisse Profanität der Veranstaltung suggerieren könnte, wurde in einem dritten Schritt dadurch aufgebrochen, dass man nun eine Landkommission einsetzte, die der Priester Eleasar leitete. Diese redaktionelle Schicht hat nur im Rahmen ihre Spuren hinterlassen (1b). Sie wurde unmittelbar an den ersten ʾašær-Satz 89 Vgl. NOTH 1967, 188. NOTH 1971b, 78 sieht in 1a(ohne „im Land Kanaan“).4–5 die Grundschicht der Einheit, zumal zwischen der Landaufteilung durch die Israeliten (nach 1a mit NḤL-G als „in Erbbesitz nehmen“) und durch die Landkommission (1b) ein inhaltlicher Unterschied bestehe. Allerdings ist die Deutung von NḤL-G in diesem Sinne schwierig. Außerdem ist der Anschluss von v.4 hinter 1a holprig, sodass man eine Streichung der Erwähnung einer Zwölfzahl der Stämme vor v.4 vermuten muss. GÖRG 1991, 69 rechnet aufgrund von Spannungen zum Vorgang der Landvergabe, zur Tätigkeit des Mose und zum fehlenden Anteil der Leviten ebenfalls in 1b–3 mit redaktionellen Eingriffen, ohne dass er diese näher abzugrenzen versucht.

2. Jos 19,49–51

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angeschlossen, wo es bereits um NḤL ging. So konnte man durch einen zweiten ʾašær-Satz diese Stichwortassoziation nutzen, um einen passenden Anschluss zu finden und zugleich alles Folgende unter die Aktivität der Landkommission zu stellen. Dass der Losentscheid zu logischen Problemen führen könnte, erschien diesem Redaktor offensichtlich zweitrangig, zumal sein Hauptziel war, eine priesterlich geführte Kommission die Landverteilung vornehmen zu lassen. Auf diese Weise konnte der Losentscheid implizit von Josua auf den Priester Eleasar übertragen werden, auch wenn dies so nicht im Text steht. Als der Abschnitt der Landverteilung Jos 14–19 durch die Levitenstädte Jos 21 erweitert wurde, gab schließlich ein weiterer Redaktor bereits einen Verweis auf die Städte, die den Leviten zur Versorgung übergeben werden (4b).90 Logisch stringent ergänzt er diese Angabe hinter der Stelle, die bereits auf die Leviten eingegangen ist (3b). Da zudem der kî-Satz in 4a syntaktisch noch an 3b hängt, musste der Redaktor die jetzige Position hinter 4a für seinen Zusatz wählen. Mit diesem redaktionsgeschichtlichen Modell lassen sich alle Spannungen und Doppelungen gut erklären: die unterschiedliche Art der Landverteilung, die syntaktisch schwierigen Anschlüsse in 1b (doppelter ʾašær-Satz), 2a (schwieriger Nominalsatz),91 2bβ (Präpositionalverbindung) und 4b (Subjektwechsel von Josefssöhnen zu Israeliten, die in dem bereits vorliegenden v.5 explizit erwähnt werden und auf 4b zurückwirken), der doppelte Verweis auf den Befehl YHWHs (2bα.5a). Alle diese störenden Dinge können auf unterschiedliche redaktionelle Schichten verteilt werden. Außerdem kann so ein nachvollziehbares redaktionelles Wachstum erwiesen werden.

2. Jos 19,49–51 Auch der abschließende Teil des Rahmens um die Landverteilungstexte in Jos 14–19 bildet keinen einheitlichen Text, sondern lässt ein gewisses redaktionelles Wachstum erkennen. Wie schon Kaleb in Jos 14,6–15 ein Erbteil übergeben wird, wird in 49b–50 der Erbteil Josuas beschrieben.92 Möglicher-

90 Durch die Ausgliederung von 4b wird auch der Widerspruch zu v.3, vgl. BALLHORN 2011, 254f., ernstgenommen. 91 Für eine syntaktische Eigenständigkeit von 2a spricht auch LXX, die hier einen Verbalsatz liest (κατὰ κλήρους ἐκληρονόμησαν). 92 Vielleicht handelt es sich bei Jos 19,49b–50 um einen Nachtrag, der aufgrund von Jos 24,30 motiviert wurde, vgl. FRITZ 1994, 200; NELSON 1997, 226. Nach WOUDSTRA 1981, 296 würden durch derartige Erzählungen der Mut und der Glaube von Josua und Kaleb besonders hervorgehoben. Anders BUTLER 2014b, 187, dem zufolge auf diese Weise ausgedrückt werde, dass Gott den Anführer und das Volk für ihren Gehorsam gesegnet

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

weise handelt es sich bei beiden Erzählungen um Traditionsgut, das vom Redaktor am Anfang und am Ende eingepasst wurde. Auf diese Weise wird die eigentliche Landverteilung an die Stämme durch die individuelle Landgabe an Kaleb und Josua noch zusätzlich gerahmt.93 Beide Protagonisten haben sich bereits bei der Auskundschaftung des Verheißungslandes nach Num 13– 14 besondere Verdienste erworben.94 Bei Josua steht jedoch außer Frage, dass er ein Erbteil im Rahmen seines Stammes Efraim erhält, während die Zugehörigkeit Kalebs zu Juda umstritten ist. Denn der Kenisiter Kaleb hat nicht von seiner Abstammung her einen Anspruch auf ein Erbteil. Möglicherweise kontrastiert zudem in beiden Erzählungen die Bescheidenheit Josuas mit der Begehrlichkeit Kalebs. Während das Erbteil Kalebs ausführlich beschrieben werden muss, wird der Erbteil Josuas nur ganz knapp geschildert.95 Außerdem macht Josua erst am Schluss der Landverteilung seinen Anspruch geltend und missbraucht folglich seine Position als Anführer nicht für seine eigenen Zwecke.96 Allerdings stellt sich die Frage, weshalb für Josuas Erbteil am Ende der Landverteilung ein separater Text eingefügt werden musste, zumal er als Efraimit sicherlich bereits Erbland erhalten hat. Wenn Jos 19,49b–50 von Jos 24,30 motiviert ist,97 dann muss man erklären, weshalb in v.50 die zusätzliche Ortsangabe des „Berges Gaasch“ im Gegensatz zu Jos 24,30 gestrichen wurde. Darüber hinaus fehlt in v.50 der Ausdruck naḥalāh. Josua wird in der kurzen Notiz Jos 19,49b–50 lediglich eine Stadt gegeben, die er sich erbat (ŠʾL). In Jos 24,30 wird Josua hingegen in Timnat-Serach bestattet, und zwar auf dem „Gebiet seines Erbteils“ (gebûl naḥalātô), was andeuten könnte, dass der „Erbteil“ Josuas größer als das entsprechende Stadtgebiet gewesen ist, vor allem dann, wenn hier nicht beide Größen gleichzusetzen sind, sondern der Ort nur eine Teilmenge eines größeren Gebietes darstellte. Aus alledem folgt, dass Jos 19,49b–50 zwar Jos 24,30 ähnelt, dass aber in beiden Notizen andere Aspekte betont werden. Eine gegenseitige Abhängigkeit ist möglich, aber nicht zwingend gefordert.

habe, und dass weder Josua für seine Größe noch das Volk für seine Selbstlosigkeit gerühmt werde. 93 Nach HERTZBERG 1985, 113 erwecke der Abschnitt Jos 19,49–50 den Eindruck, dass das individuelle Erbteil Josuas wie dasjenige eines Stammes zu bewerten und vielleicht als exterritorial zu betrachten sei. 94 Vgl. HESS 1996a, 303f. 95 Vgl. KNAUF 2008, 169. 96 Vgl. HESS 1996a, 304. 97 Vgl. hierzu schon HOLZINGER 1901, 85; SOGGIN 1982, 195; GRAY 1986, 160.

2. Jos 19,49–51

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2.1 Sprachliche Beobachtungen Der Abschluss der Landverteilung wird in dem Rahmenstück Jos 19,49–51 zweimal auf ähnliche Weise mit einem Infinitivsatz berichtet (KLY-D).98 In beiden Fällen wird die Vollendung mit einer wayyiqtol-Form wayekallû eingeleitet, ohne dass ein handelndes Subjekt genannt wird. In v.49 haben wohl die „Söhne Israels“ aus 49b die Landverteilung in 49a erfolgreich abgeschlossen,99 während in v.51 aufgrund des Kontextes eher an die zuvor erwähnte Landkommission bestehend aus Eleasar, Josua und den Sippenoberhäuptern zu denken wäre.100 Demnach unterscheiden sich zumindest im Endtext in beiden Fällen die handelnden Personen, die die Landverteilung vollenden. Nach wayekallû folgt jeweils ein Infinitiv, der in v.49 mit der Präposition l=, in v.51 mit der Präposition min= eingeleitet wird, was beide Vollendungsnotizen zusätzlich unterscheidet. Hinzu kommt, dass ein Infinitivsatz mit min= hinter wayekallû wie in v.51 nur selten belegt ist.101 Allerdings muss man diese Differenz nicht textkritisch beheben, zumal es durchaus Fälle für eine Konstruktion mit min= gibt. Während in v.49 das Verb NḤL-G verwendet wird, steht in v.51 das Verb ḤLQ-D, wobei das Objekt jeweils ʾæt hāʾāræṣ ist. Ausweislich der Differenzierung des Landverteilungsverbs und der übrigen genannten Unterschiede liegt es nahe, dass man diese beiden Verse unterschiedlichen redaktionellen Schichten zuweisen kann:102 1)

Das Verb NḤL-G ist im Landverteilungskontext, wenn auch selten, in den unterschiedlichsten Konstruktionen belegt.103 Die Formulierung mit NḤL-G scheint spät zu sein, da sich diese Stammesmodifikation aus98

Anders hingegen LXX, die an beiden Stellen offenbar wayelekû statt wayekallû liest (Καὶ ἐπορεύθησαν ἐμβατεῦσαι τὴν γῆν), vgl. schon DILLMANN 1886, 567; STEUERNAGEL 1900, 231; HOLZINGER 1901, 77; AULD 2005, 200. Nach OETTLI 1893, 190 könnte die Lesart der LXX ein Schreibfehler sein, der aus Jos 19,47 eingedrungen ist. Vermutlich meint er aber Jos 19,48. Nach SAMUEL 2014, 317 Anm. 1426 könnte hier eine simple Buchstabenvertauschung oder eine bewusste Änderung angesichts der Verteilung der Asylund Levitenstädte in Jos 20–21 vorliegen. 99 Vgl. RÖSEL 2011, 322. 100 Vgl. auch GRAY 1986, 151. 101 Ex 34,33; Lev 16,20; Jos 19,51; 1Sam 10,13; 2Sam 6,18; 1Chr 16,2. KNAUF 2008, 169 vermutet einen „feierlichen Anklang“ an Gen 2,1–4, wofür es aber abgesehen von dem Verb KLY keinen sprachlichen Hinweis gibt. Ähnlich HEPNER 2006, 166. Vgl. hierzu auch DE VOS 2003, 270f. 102 BOLING 1982, 468 weist darauf hin, dass LXX bei beiden hebräischen Verben dasselbe Verb ἐμβατεῦσαι verwende. Dies mag aber eine sekundäre Angleichung sein. 103 RÖSEL 2009, 561 weist zusätzlich darauf hin, dass angesichts der Beobachtung, dass hier NḤL-G verwendet werde, eine Anbindung an priesterliche Texte aus dem Numeribuch erfolge.

140

Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

schließlich in späten redaktionellen Texten findet. So haben die „Söhne Israels“ nach Jos 14,1 im Land Kanaan Erbbesitz erhalten. Dementsprechend greift v.49 offenbar den Anfang des eröffnenden Rahmens Jos 14,1a auf. In Jos 16,4 wird auf den Erbbesitz der beiden Josefstämme Manasse und Efraim hingewiesen. Hier geht es also nur um einen spezifischen Erbteil, nicht aber um die Landverteilung als Ganzes. In Jos 17,6 wird die Aussage über den Erbbesitz der Töchter Manasses noch durch den Zusatz naḥalāh verstärkt. Gerade der letzte Beleg setzt die Tradition der Verteilung des Verheißungslandes durch eine Landkommission voraus, wobei in Jos 17,4 aber nicht die rāʾšê ʾabôt, sondern – wie in Num 34,18 – die neśîʾîm im Blick sind. Somit hebt sich auch Jos 17,6 wie schon Jos 16,4 von der Verwendung in Jos 14,1a und Jos 19,49a ab. Da der Erbteil des Stammes Simeon ebenfalls eine spätere Zutat ist, wird auch der Beleg in Jos 19,9 auf eine späte Redaktion zurückzuführen sein. Allen Fällen ist aber gemein, dass nicht explizit erwähnt wird, wer die Landverteilung durchführt. Vielmehr erhalten die einzelnen Stämme ihr Erbteil, ohne dass diese Aktion näher bestimmt würde. Es hat insgesamt den Anschein, dass sich nur Jos 14,1a und Jos 19,49a sprachlich und inhaltlich verbinden lassen, während bei den anderen Fällen spätere Redaktionsarbeit vorläge. Das Verb ḤLQ-D aus Jos 19,51b wird dreimal im Landverteilungskontext verwendet.104 Zunächst findet sich ḤLQ-D als Imperativ in Jos 13,7. Dieser Befehl YHWHs richtet sich an Josua, das Verheißungsland aufzuteilen, während in 51b eine Gruppe für den Abschluss der Landverteilung verantwortlich war.105 Darüber hinaus wird in Jos 18,10 betont, dass Josua das Land aufteilt (wayyiqtol).106 Gegenüber diesen Stellen, die von einer Aufteilung des Landes durch Josua ausgehen, ist in v.51 aufgrund des Kontextes eine Landverteilungskommission für die Vollendung der Landaufteilung zuständig (51a). Zumindest ist in 51b eine plurale Gruppe im Blick, sodass ein Anschluss an Jos 14,5 plausibel ist,107 auch wenn dort ḤLQ-G verwendet wird und die „Söhne Israels“ als Subjekt der Landverteilung eintreten.

2)

Vermutlich hat ein späterer Redaktor die im einleitenden Rahmenstück Jos 14,1–5 und in Jos 18,1–10 verwendeten Verben aufgegriffen und mit dem Modifikatorverb KLY-D zum Abschluss gebracht. Zumindest was das Verb 104

BOLING 1982, 469 verweist noch auf Jos 18,2, wo allerdings ḤLQ-G steht, was beide Stellen voneinander unterscheidet. 105 Diese Differenzierung blendet EDERER 2017, 279 aus. 106 Vgl. zu diesen Parallelstellen auch NOTH 1971b, 123. 107 Die unterschiedlichen Subjekte der Landaufteilung werden von RÖSEL 2011, 322 unterbewertet, wenn er in v.51 einen Rückbezug zu Jos 13,7 über Jos 14,5 sieht und daraus folgert, dass v.51 benötigt worden sei, um Jos 13 an Jos 14–19 anzubinden.

2. Jos 19,49–51

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ḤLQ-D in Jos 19,51b betrifft, hat der Redaktor sich nicht an die Vorgaben in Jos 14,5 gehalten, da er die Stammesmodifikation (G zu D) änderte. Auch das Subjekt der Handlung wechselte zumindest im Endtext (Israeliten zu Landkommission). Die letzte Änderung konnte durch den Einschub von 51a geschehen, da man nun das plurale Subjekt nicht mit den Söhnen Israels, sondern mit der nun genannten Landkommission identifizieren musste. Damit wurde die ursprüngliche Tradition einer Landausteilung durch die „Söhne Israels“ in 51b (ḤLQ) redaktionell durch den Zusatz von 51a umgebogen. Offenbar wollte man am Schluss des Abschnitts zusätzlich betonen, dass nicht die Israeliten, wie in der übernommenen Tradition (51b), sondern eine priesterlich geführte Landkommission für die Landverteilung zuständig war (51a). Auch diese Beobachtung zeigt, dass die eingesetzte Landkommission unter der Führung des Priesters Eleasar offenbar eine spätere Retusche der früheren Konzeptionen war, die die Verteilung des Landes als Aufgabe Gesamtisraels sah. Die Doppelung der Vollendung greift somit Jos 14,1a und Jos 14,5 auf, die jeweils auf unterschiedlichen redaktionellen Ebenen liegen. Somit gehen wohl auch Jos 19,49a und Jos 19,51b auf die gleichen Redaktoren zurück, d.h. Jos 19,49a liegt auf einer Ebene wie Jos 14,1a und Jos 19,51b wie Jos 14,5, auch wenn hier die Stammesmodifikation von G zu D verändert wurde. Aber die Änderung in den Intensivstamm verleiht der Landverteilung einen volltönenden abschließenden Klang.108 Gemäß 49a wird das Land als Erbteil „nach seinen Grenzen“ (ligebûlotæhā) in Besitz genommen. Eine ähnliche Formulierung findet sich nur noch in Jos 18,20,109 dort allerdings mit „ringsum“ (sābîb) verbunden. Der Ausdruck ligebûlotæhā sābîb gehört in Jos 18,20 zum Grundtext, wo es um eine Grenzbeschreibung geht. Aufgrund der lexematischen Unterschiede wird ligebûlotæhā in 49a aber vermutlich nicht mit „nach seinen Grenzen“ sondern mit „nach seinen Gebieten“ wiederzugeben sein,110 zumal gebûl in dieser Redaktionsschicht auch andernorts mit „Gebiet“ übertragen werden muss. Auf diese Weise wird zudem betont, dass die „Söhne Israels“ innerhalb des von Gott zugewiesenen Verheißungslandes geblieben sind und nicht über die abgesteckten Gebiete hinaus ausgegriffen haben.111 Ab 49b folgt eine eingeschaltete Tradition, die den Erbbesitz von Josua nachträgt. Immer wieder ist vermutet worden, dass hier Jos 24,30 aufgegriffen wird, wo es ebenfalls um die naḥalāh Josuas geht. Eine Verbindung zwischen beiden Stellen ist aber – wie gesehen – nicht sicher. Die Tradition vom 108

Anders STEUERNAGEL 1900, 231; HOLZINGER 1901, 85, die 51b als Vordersatz zu Jos 20,1 verstehen. Dafür sind aber die Verbindungen zu Jos 14–19 zu stark. 109 Vgl. zu diesem Bezug BOLING 1982, 468. Defektiv ist ligebulotæhā noch in Num 34,2.12 zu finden, vgl. hierzu DE VOS 2003, 209. 110 Vgl. FRITZ 1994, 201, der gebûl als Begriff für das Stammesgebiet versteht, obschon dieses Wort in Jos 13–19 ansonsten für „Grenze“ gebraucht wird. 111 Vgl. auch BOLING 1982, 468.

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

Erbteil Josuas in 49b–50 ist aufgrund von Stichwortassoziation direkt vor v.51 eingesetzt worden, wo es um die Erbteile geht (ʾellæh hanneḥālot).112 In 49b sind es die „Söhne Israels“, die eine bestimmte naḥalāh ihrem Anführer Josua „in ihrer Mitte“ geben (NTN). Während ansonsten der Ausdruck „in der Mitte von“ (betôk) im Rahmen der Landverteilungstexte durch nähere Angaben spezifiziert wird,113 steht nur in Jos 14,3 und Jos 19,49 die Angabe „in ihrer Mitte“ (betôkām), wobei sich das enklitische Personalpronomen auf die zuvor genannten „Söhne Israels“ beziehen muss. Die Formulierung NTN naḥalāh findet sich ebenfalls im vorderen Rahmenstück (Jos 14,3), wo es um die Verweigerung der Gabe eines Erbteils an die Leviten geht.114 Zumindest auf der Ebene des Endtextes wird eine Parallele zwischen dem Erbteil Josuas (49b) und dem verweigerten Erbteil der Leviten (Jos 14,3) gezogen. Erst in v.50 wird die Vergabe des Erbteils an Josua näher beschrieben. Offenbar hat sich Josua zuvor mit Timnat-Serach eine bestimmte Stadt auf dem Gebirge Efraim ausgesucht (ŠʾL – qatal).115 Dann wird das Votum YHWHs eingeholt, worauf schließlich die „Söhne Israels“ die gewünschte Stadt „gemäß des Spruches YHWHs“ (ʿal pî YHWH) an Josua übergeben. Josua bleibt daraufhin nicht untätig; er baut die Stadt auf (BNY)116 und wohnt darin (YŠB). Vermutlich ist v.50 eine ausführliche Erklärung zu 49b, wo zunächst nur von der Gabe eines Erbteils an Josua die Rede ist. Ähnlich wie bei den Leviten wird auch Josua nach v.50 nicht eine eigene naḥalāh, sondern eine „Stadt“ gegeben, die sich der Hauptprotagonist Josua allerdings selbst zuvor aussuchen konnte.117

112 Vgl. NOTH 1971b, 123. HOLZINGER 1901, 85 verweist vor allem auf die Zäsur zwischen 49a und 49b. 113 Jos 15,13; 16,9; 17,4.6.9; 19,1.9. 114 Jos 13,14.33; 14,3; 17,4.14. 115 HOWARD 1998, 378; HUBBARD 2009, 422 betonen, dass diese Stadt in der Beschreibung des efraimitischen Stammesterritoriums fehlt, sodass Timnat-Serach der persönliche Besitz Josuas wird. Nach HOLZINGER 1901, 85 passt v.50 aber nicht zur Bitte Josuas um eine bestimmte Stadt, da dies den Losentscheid entbehrlich mache. 116 FRITZ 1994, 201 weist auf den Aspekt hin, dass Josua den Ort Timnat-Serach offenbar selbst gegründet habe. Allerdings steht das in Widerspruch zu 50a, wonach die „Söhne Israels“ Josua bereits eine bestimmte Stadt gaben, sodass Timnat-Serach schon vorhanden gewesen sein muss. Ausweislich der Formulierung ist möglich, dass sich Josua maßgeblich um den Wiederaufbau bzw. die Renovierung einer bestehenden Stadt bemühte. 117 FRITZ 1994, 201 vermutet, dass im Rahmen von DtrH lediglich den Leviten eine Sonderregelung zukomme, sodass bei Josua ein biographisches Interesse nachgetragen werde. Nach HAWK 2000, 220 sucht sich Josua eine Stadt im weniger dicht besiedelten Gebiet Efraims aus.

2. Jos 19,49–51

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Die Redeweise ʿal pî YHWH findet sich vor allem in priesterlich geprägten Texten.118 Problematisch ist jedoch, dass nirgendwo zuvor ein Spruch YHWHs bezüglich des Erbteils Josuas erwähnt wird, sodass man den Ausdruck ʿal pî YHWH mitunter zu v.49 ziehen könnte.119 Dann würde das Verb nātenû aber asyndetisch einen neuen Satz einleiten, was syntaktisch zumindest auffällig wäre. Möglicherweise spielt der Verweis ʿal pî YHWH auf Num 14,30 an,120 wo Josua und Kaleb verheißen wird, dass sie in das Verheißungsland einziehen werden, während die Wüstengeneration zuvor sterben wird. Dann wäre der Abschnitt 49b–50 die Erfüllung der Verheißung YHWHs an Josua, einem der beiden Helden der Wüstengeneration. In 51a wird Jos 14,1b wiederholt und maßgeblich erweitert. Außerdem wird die schwierige Syntax von Jos 14,1b verbessert. Der einpolige Nominalsatz weʾellæh von Jos 14,1a wird in 51a durch das Prädikat hanneḥālot erweitert, sodass ein vollständiger Satz entsteht. Auf den doppelten Relativsatz wird in 51a verzichtet, zumal die Aussage mit NḤL-G bereits zu Beginn des zweiten Rahmenstückes in 49a aufgenommen wurde, wobei allerdings in 49a der Ausdruck „Land Kanaan“ verkürzt als hāʾāræṣ wiedergegeben ist. Während in Jos 14,1b mithilfe des rückbezüglichen ʾôtām auf das Demonstrativpronomen aus Jos 14,1a verwiesen werden musste, um die schwierige Syntax zu vereindeutigen, ist diese Konstruktion in v.51 nicht mehr nötig, da der Bezug zum Nominalsatz nicht durch einen weiteren Relativsatz gesperrt ist. Die anderen Ergänzungen in v.51 sind darüber hinaus syntaktisch sehr gut eingebunden. Die Constructusverbindung rāʾšê hāʾabôt in 51a ist dem schwierigen Ausdruck rāʾšê ʾabôt hammaṭṭôt in Jos 14,1b überlegen.121 Außerdem überrascht in Jos 14,1b die nähere Differenzierung der „Häupter der Väter“ durch „Sippen“ (hammaṭṭôt), während die Landgabe an die „Stämme der Söhne Israels“, wie es 51a behauptet, der tatsächlichen Handlung besser entspricht. Der Erbbesitz ist ja ganz differenziert den einzelnen Stämmen zugesprochen worden und nicht Israel als Kollektiv. Außerdem wird in 51a mit der Landkommission noch die Tradition vom Losentscheid in Schilo vor dem Angesicht YHWHs verbunden, die in Jos 18,1–10* zu finden ist. Allerdings wird in v.51 die Tradition aus Jos 18,1–10* durch die Ortsangabe „am Eingang des Zeltes der Begegnung“ zusätzlich differenziert und gesteigert. Während man im ersten Rahmenstück in Jos 14,1 die Landverteilung durch die Landkommission (Jos 14,1b) vom Losentscheid (Jos 14,2) differenzieren konnte, sind im zweiten Rahmenstück beide Institutionen miteinander ver118

Ex 17,1; Lev 24,12; Num 3,16.39.51; 4,37.41.45.49; 9,18.20.23; 10,13; 13,3; 33,2.38; 36,5; Dtn 34,5; Jos 19,50; 22,9; 2Kön 24,3. HAWK 2000, 220 Anm. 77 zieht noch eine Verbindung zu Jos 18,4, obschon beide Stellen inhaltlich verschieden sind. 119 Dagegen aber WOUDSTRA 1981, 296f. 120 Vgl. MATTHEWS 2016, 141. 121 BOLING 1982, 469 verweist noch auf Jos 21,1, wo der ähnliche Ausdruck rāʾšê ʾabôt haLewiyyim für die Leviten verwendet werde.

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Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

bunden und können syntaktisch eigentlich nicht voneinander getrennt werden, auch wenn sie nachklappen und zum Verständnis eigentlich nicht gefordert sind. Durch diese Zusatzdaten wird die Landkommission (Jos 14,1) mit der Verortung in Schilo (Jos 18,1.10) und dem Losentscheid (Jos 18,6) kongenial zusammengestellt.122 Es hat somit den Anschein, dass diese Zusatzdaten mit der ursprünglichen Tradition in Jos 18,1–10* zusammenhängen, die vermutlich vor Jos 14,1a platziert war, bevor sie an den jetzigen Ort versetzt wurde, als man die sieben Stämme auf neuneinhalb erweitern musste, um das Zwölfstämmevolk zu erreichen. Wenn dem so ist, dann erklärt sich auch, weshalb im zweiten Rahmenstück der Landverteilung sowohl Jos 14,1a in 49a (NḤL-G, ʾæræṣ) und Jos 18,10 in 51a* (gôrāl, beŠilōh lifnê YHWH) in chiastischer Abfolge aufgegriffen wurden. Demnach hatte schon die ursprüngliche Tradition, die von einer Landverteilung an sieben westjordanische Stämme ausging, einen perfekt gestalteten chiastischen Rahmen (Jos 18,1–10*; 14,1a – Jos 19,49a. 51a*), der erst durch weitere Redaktionsarbeit seine jetzige Form fand, indem Jos 18,1–10 nach hinten verlegt wurde. Trotzdem hat auch der redaktionell ergänzte Endtext von v.51 durchaus einen berechtigten Sinn. Denn in v.51 werden alle für den Redaktor wichtigen und entscheidenden Tatbestände zusammengefasst:123 Das Verheißungsland ist Erbteil (naḥalāh), die Verteilung erfolgte in Schilo an der Tür zum Zelt der Begegnung durch den Losentscheid vor einer Landkommission, bestehend aus dem Priester Eleasar, dem militärischen Anführer Josua und den Oberhäuptern der Familien.124 Gerade in dieser Deutlichkeit wird unterstrichen, dass Gott selbst das Land, das er verheißen und eingenommen hat, den „Söhnen Israels“ als Erbteil übergeben hat.125 2.2 Literarkritik und Redaktionsgeschichte Auch im zweiten Rahmenstück wurde immer wieder redaktionsgeschichtlich gearbeitet. Die bereits im ersten Rahmenstück herausgearbeiteten redaktio122

Nach FRITZ 1994, 201 nehme v.51 Jos 18,1 wiederum auf. Das trifft aber nur für die Verortung zu, während die anderen Aussagen sich hier nicht finden lassen. Die Verlegung nach Schilo ist zudem in Jos 14,1 noch nicht vorbereitet. Nach RÖSEL 2011, 322 könne der Autor von v.51 daran gedacht haben, dass die gesamte Landverteilung in Schilo trotz des Ortswechsels in Jos 18,1 stattgefunden habe. NELSON 1997, 226 betont, dass v.51 eine doppelte Funktion als Abschluss der Landverteilung der neuneinhalb Stämme (Jos 14–19) und der sieben Stämme (Jos 18–19) erfülle. 123 Vgl. hierzu auch HERTZBERG 1985, 113. 124 Nach ALBERTZ 2007, 207f. werde durch die Konzeption der Landkommission das monarchische Verteilungsprinzip durch Josua aufgebrochen, sodass ganz Israel hierfür verantwortlich sei. 125 Zum abschließenden Charakter von v.51, auch wenn noch die Asyl- und Levitenstädte angeführt werden müssen, vgl. PITKÄNEN 2010, 332.

2. Jos 19,49–51

145

nellen Schichten seien auch im zweiten Rahmenteil wiederum aufgegriffen worden. Folgende Vorschläge zur redaktionellen Genese von Jos 19,49–51 stehen zur Diskussion: von Rad (1934)126: von Rad trennt auch in Jos 19,49–51 zwei priesterliche Schriften voneinander, die denjenigen in Jos 14,1–5 entsprächen. Während 51bβ die eigentliche Unterschrift gewesen sei, bestehe die zweite Unterschrift aus 51abα.49a, wobei dann im MT die ursprüngliche Anordnung der zweiten Unterschrift umgestellt worden sei. Allerdings wird kein Grund dafür angegeben, weshalb MT die Sätze anders arrangiert und dabei die erste Vollendungsnotiz vor der Besitzzuweisung an Josua gefügt hat, die von Rad dem Elohisten zuschreibt, auch wenn dies nicht sicher sei. Noth (1967)127: Nach Noth sei ein vor-dtr. stämmegeographischer Abschnitt von Jos 14,1a und Jos 19,49a gerahmt worden. Dieser vor-dtr. Besitzstand der Stämme sei schließlich von einem dtr. Redaktor zu einer Inbesitznahme durch die zwölf Stämme Israels umgeformt worden, wobei Josua zum Hauptprotagonisten der Landverteilung avanciert sei. Zu dieser dtr. Schicht könne die Notiz vom Erbteil Josuas (Jos 19,49b–50) und der Abschluss in Jos 19,51b gehören. Ein priesterlicher Redaktor habe schließlich Jos 14,1b und Jos 19,51a ergänzt, sodass nun die priesterlich geführte Landkommission zum Subjekt der Landverteilung geworden sei. Es handele sich nach Noth hierbei nur um priesterliche Zusätze, aber nicht um eine priesterliche Quelle, da diese Zusätze ohne den bereits vorliegenden Kontext inhaltlich oder syntaktisch nicht auskämen. Allerdings werden in diesem Modell die Zusatzinformationen in Jos 19,51a, die mit Jos 18,1 zu verbinden sind, nicht erklärt, was aber insofern nötig ist, als Jos 19,51a die Traditionen der Landkommission und des Losentscheids miteinander verbindet, obschon sie sich aber inhaltlich widersprechen. Dementsprechend können Jos 14,1b und Jos 19,51a nicht auf einer redaktionellen Stufe angesiedelt werden. Hinzu kommt, dass Josua in Jos 19,51b nicht der Hauptprotagonist der Landverteilung ist. Auch ist die sprachliche Zuweisung von Jos 19,51b zu einem dtr. Redaktor schon ausweislich der Verwendung des Verbs ḤLQ fraglich. Wüst (1975)128: Angesichts der Parallelen zu Jos 14,1–5 vermutet Wüst, dass der Rahmen ursprünglich nur Jos 14,1a und Jos 19,49a umfasst habe. Redaktionell seien schließlich Jos 14,1b und Jos 19,51a ergänzt worden, wobei zuvor noch die Erzählung vom Erbteil Josuas Jos 19,49b–50 eingeschoben worden wäre. Der Abschluss in 51b versuche einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Landverteilungskonzepten zu er-

1)

2)

3)

126

Vgl. VON RAD 1934, 150. Vgl. NOTH 1967, 186–189. 128 Vgl. WÜST 1975, 206. 127

146

Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

zielen. Allerdings werden in diesem Modell weder die differenzierten Landverteilungskonzeptionen in Jos 19,51a angemessen gewürdigt, noch die Funktion von Jos 19,51b geklärt. Auld (1980)129: Offenbar lägen nach Auld in Jos 19,49a und Jos 19,51 zwei Abschlüsse vor, die zu unterschiedlicher Zeit entstanden seien. Die Notiz vom Erbteil Josuas sei sekundär hinter Jos 19,49a gestellt worden. Da LXX sowohl den ersten Schluss (Jos 19,49a) wie auch die Notiz vom Erbteil Josuas (Jos 19,49b–50) nach Jos 21,42-MT überliefere, nicht aber den zweiten Schluss, scheint nach Auld der zweite Schluss in Jos 19,51 redaktionell später als die Erweiterung der Landverteilung um die Levitenstädte gemäß Jos 21,1–42 zu sein. Darüber hinaus könne der MT-Redaktor den Zusatz von LXX vor Jos 21,1 (wayekal Yehôšuaʿ meḥalleq ʾæt hāʾāræṣ) hinter Jos 19,51a ergänzt haben. Ob man aber mithilfe der Textkritik literarkritische und redaktionsgeschichtliche Probleme lösen darf, ist umstritten. Zumindest deutet LXX an, dass es unterschiedliche Textformen gab, die vielleicht auf frühere Textstadien zurückgehen. Dass Lev 21 relativ spät ergänzt wurde, zeigt die Wiederaufnahme von Jos 19,49–50 nach Jos 21,42–LXX. Vielleicht könnte diese Beobachtung die These belegen, dass die Tradition vom Erbteil Josuas gemäß Jos 19,49–50 vielleicht bereits vor der Ergänzung von Jos 21 eingeschoben war. Es stellt sich dann aber die Frage, weshalb der Redaktor Jos 19,51b vor den Abschnitt der Levitenstädte gesetzt hat. Offenbar wollte der LXX-Übersetzer die Vergabe der Levitenstädte durch die Zusätze in Jos 21,1–LXX (//Jos 19,51b) und Jos 21,42–LXX (//Jos 19,49–50) besser an die übrigen Landverteilungstexte anbinden. Vielleicht hat er auf Jos 19,51a bewusst verzichtet, da er vermeiden wollte, mit der Landkommission und dem Losentscheid zusätzliche logische Schwierigkeiten zu erzeugen. Ibañez Arana (1981)130: Aufgrund der Erwähnung von ligbûlotæhā in Jos 19,49a scheine dieser Vers nicht zur ursprünglichen Priesterschrift zu gehören, sondern mit dem geographischen Dokument der Grenzbeschreibungen verbunden zu sein, das von einer priesterlichen Redaktion geschaffen worden sei. Jos 19,51a liege hingegen auf derselben redaktionellen Ebene wie Jos 14,1b und sei als spätpriesterlicher Zusatz zu deuten. Aber auch hier werden die Zusätze in Jos 19,51a zu wenig berücksichtigt. Die anderen Bausteine (Jos 19,49b–50 und Jos 19,51b) werden ebenfalls nicht redaktionsgeschichtlich eingeordnet. Boling (1982)131: Entsprechend der Theorie von zwei dtr. Redaktionen im Josuabuch verteilt Boling v.49–50 auf Dtr1 und v.51 auf Dtr2. Wäh-

4)

5)

6)

129

Vgl. AULD 1980, 65f. Vgl. IBAÑEZ ARANA 1981, 95. 131 Vgl. BOLING 1982, 469f. 130

2. Jos 19,49–51

7)

8)

9)

147

rend Josua in v.49–50 noch eine führende Position einnehme, trete er in v.51 deutlich hinter den Priester Eleasar zurück. Hier werden allerdings die vielen bereits notierten Schwierigkeiten überhaupt nicht berücksichtigt. Außerdem ist die Klassifizierung der beiden redaktionellen Schichten als dtr. beileibe nicht über jeden Zweifel erhaben. Cortese (1990)132: Nach Cortese seien Jos 19,49b–50 spätere redaktionelle Zusätze, um den Tod und die Bestattung Josuas bereits hier vorzubereiten, während Jos 19,49a.51 der ursprüngliche priesterliche Schluss des geographischen Dokuments der Landverteilung seien, wobei die Doppelung 49a//51b als Rahmen diene. Die Verortung in Schilo (Jos 19,51) sei hingegen sekundär hinzugewachsen. Auch die Bezeichnung rāʾšê ʾabôt habe später den ursprünglich priesterlichen Ausdruck nāśîʾ ersetzt. Bei dieser redaktionsgeschichtlichen Lösung werden weder die unterschiedlichen Landverteilungskonzeptionen, noch die doppelte Vollendungsnotiz ausreichend berücksichtigt. Dementsprechend erscheinen die Veränderungen in der Formulierung willkürlich und vor dem Hintergrund der ähnlichen Idiomatik im ersten Rahmenstück nicht gerechtfertigt. Görg (1991)133: Die Abschlussnotizen zur westjordanischen Landverteilung in Jos 19,49a.51 werden von Görg einer nachpriesterlichen Redaktion zugewiesen, die für den Rahmen Jos 14,1–2 und Jos 19,49a.51 verantwortlich zeichne und den sakralen Akt des Losentscheides betone. Die priesterliche Herkunft sei an der Vorordnung des Priesters Eleasar und dem „Zelt der Begegnung“ zu erkennen. Der Erbteil Josuas in 49b– 50 sei hingegen von Jos 24,30 abhängig. Hier wird jedoch nicht berücksichtigt, dass schon Jos 14,1–2 ein redaktionell gewachsener Text ist, was dann schließlich für das zweite Rahmenstück ebenso gilt. Außerdem ist die Abhängigkeit der Notiz des Erbteils Josuas in Jos 19,49b–50 von Jos 24,30 – wie gesehen – nicht gesichert. Fritz (1994)134: Nur Jos 19,49a wird von Fritz als ursprünglicher Text verstanden (DtrH). Die Tradition von Josuas Erbteil in Jos 19,49b–50 wird hingegen als Nachtrag beurteilt, der aufgrund von Jos 24,30 von einem Redaktor ergänzt worden sei. Die Verortung in Schilo, der Losentscheid durch die Landkommission und die Vollendung der Landverteilung in v.51 stammten hingegen von einer nachpriesterlichen Schicht, die bereits für Jos 18,1 verantwortlich gewesen sei. Allerdings wird in Jos 18,1 weder der Losentscheid noch die Aufteilung des Landes (ḤLQ-

132 Vgl. CORTESE 1990, 57f. CORTESE 2004, 451 vermutet, dass Jos 19,49a.51 zu PS gehört, während der Erbteil für Josua von PSS ergänzt wurde. 133 Vgl. GÖRG 1991, 89. 134 Vgl. FRITZ 1994, 200.

148

Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

D) beschrieben. Dementsprechend geht dieses Modell an den skizzierten Problemen vorbei. 10) de Vos (2003)135: Für de Vos ist 49a der ursprüngliche Abschluss, der die in Jos 14,1a.5 begonnene Verteilung abschließt und literarhistorisch auf einer Ebene wie Num 34 liegt, während 51a einer späteren korrigierenden Hand zuzuweisen ist, die die Kommission für die Landverteilung ergänzt, Ort und Modus derselben präzisiert und vielleicht auch für 51b (ohne gôrāl) verantwortlich zeichnet. Anschließend wurde noch der Losentscheid nachgetragen. Fraglich ist allerdings, ob 51a und 51b tatsächlich auf einer literarhistorischen Ebene liegen können. 11) Knauf (2008)136: Nach Knauf könne Jos 19,51 die Unterschrift zur Überschrift in Jos 14,1 sein. Jos 19,51 sei direkt auf Jos 18,1 gefolgt, wobei der Ortsname Schilo in v.51 erst sekundär ergänzt worden sei, als man den Teil Jos 18–19 eingeschoben habe. Dementsprechend sei nur der zweite Teil der Landverteilung in Schilo zu verorten. Allerdings ist fraglich, weshalb die Versammlung der Israeliten in Jos 18,1 direkt vor dem Abschluss der Landverteilung stand, zumal man erwarten würde, dass man sich zunächst in Schilo trifft und dort die Landverteilung durchführt. Darüber hinaus werden alle anderen Elemente des Rahmens in diesem Modell nicht redaktionsgeschichtlich eingeordnet. Alles in allem sind einige Grundlinien der Redaktionsgeschichte bereits in der Forschungsgeschichte herausgearbeitet worden, wobei die einzelnen Modelle bisweilen sehr komplex sind. 2.3 Eigener Entwurf Um das zweite Rahmenstück redaktionsgeschichtlich angemessen einordnen zu können, müssen die Bezüge zum ersten Rahmenstück klar herausgearbeitet werden. Zwischen Jos 14,1–5 und Jos 19,49–51 bestehen nämlich zahlreiche Entsprechungen, wodurch die rahmende Funktion beider Texte besonders deutlich wird:137 1)

Jos 14,1a und Jos 19,49a verwenden beide das Verb NḤL-G, wobei die „Söhne Israels“ das Subjekt des Erhalts des jeweiligen Erbteils bilden, auch wenn dies in Jos 19,49 nicht explizit erwähnt wird. Die beiden Sätze (Jos 14,1a und 19,49a) liegen demnach sicherlich auf derselben redaktionellen Ebene. Jos 14,1b und Jos 19,51a belegen beide das Verb NḤL-D mit der Landkommission aus dem Priester Eleasar, Josua und den Familienoberhäup-

2)

135

Vgl. DE VOS 2003, 208–211. Vgl. KNAUF 2008, 169. 137 Vgl. zu den Parallelen auch WÜST 1975, 188; IBAÑEZ ARANA 1981, 93f.; DE VOS 2009, 561. 136

2. Jos 19,49–51

149

tern als Subjekt der Landverteilung. Auch hier scheint derselbe redaktionelle Horizont anzusetzen zu sein. Am Ende der beiden Rahmenstücke wird in Jos 14,5 und Jos 19,51b jeweils das Verb ḤLQ gebraucht, wobei aber nur in Jos 14,5 die „Söhne Israels“ explizit die Aufteilung des Landes vorgenommen haben, während in Jos 19,51b ausweislich des Kontextes die Landkommission ebenfalls im Blick sein könnte,138 vor allem dann, wenn man Jos 19,51b nicht redaktionell vor Jos 19,51a ansetzt. Falls jedoch Jos 19,51a später ergänzt worden ist, dann wären in Jos 19,51b die „Söhne Israels“ ebenfalls denkbar. Folglich hätte man auch hier ein perfektes Bezugssystem zwischen beiden Rahmenelementen. Möglicherweise wurde in Jos 14,1–5 ähnlich wie in Jos 19,49a.51 ein äußerer Rahmen mit den beiden Verben NḤL und ḤLQ am Anfang und Schluss gebildet (Jos 14,1//Jos 19,49a und Jos 14,5//Jos 19,51b), wobei im Zentrum beider Rahmenstücke die Landkommission bestehend aus Eleasar, Josua und den Familienoberhäuptern steht.139 Zumindest auf der Ebene des Endtextes entsprechen sich die einzelnen Aussagen.

3)

4)

Aus alledem folgt: Der Rahmen hat derartig viele Parallelen, die sicherlich nicht zufällig entstanden sind, weshalb vermutlich auch die Redaktionsgeschichte der beiden Rahmenstücke analog zueinander verlief, d.h. die Abfolge der redaktionellen Erweiterungen scheint gleich zu sein. Im abschließenden Rahmenstück wird aber nicht nur Jos 14,1ab in Jos 19,49a.51a wiederholt, sondern die Ergänzungen in Jos 19,51a binden auch noch die Erzählung vom Losentscheid in Schilo (Jos 18,1–10*) ein, indem sie die dortigen Aussagen mit der Landkommission von Jos 14,1b verbinden:140 1)

Aus Jos 18,1–10 stammt vermutlich die Verortung der Ereignisse in Schilo (Jos 18,1.8.9.10), was in 51a betont wird. Auch der Losentscheid (Jos 18,6.8.10) ist in Jos 14,1 noch nicht vorbereitet. Erst Jos 14,2 beginnt programmatisch mit begôrāl. In Jos 19,51a beginnen auffälligerweise die vermutlich zusätzlich ergänzten Informationen ebenfalls mit begôrāl. Außerdem wird das Idiom gôrāl beŠilōh lifnê YHWH aus Jos 18,10a explizit in Jos 19,51a aufgenommen. Die Verortung am „Zelt der Begegnung“ (Jos 18,1) wird in 51a noch mit dem Wort pætaḥ als nomen regens spezifiziert. Man hat den Losent-

2)

3) 4)

138

Vgl. hierzu WÜST 1975, 188. Vgl. CORTESE 1990, 57. 140 Vgl. zum Folgenden WÜST 1975, 205f. Vgl. zu diesen Bezügen auch HOWARD 1998, 378f.; HUBBARD 2009, 422; EDERER 2017, 278f. 139

150

Redaktionsgeschichtliche Anmerkungen zum Rahmen der Landverteilungstexte

scheid folglich am Eingang zum Heiligen Zeit veranstaltet und damit auf der Schwelle zwischen Sakralem und Profanem. Angesichts der sprachlichen Verbindung von Jos 19,49a.51 zu Jos 14,1 auf der einen Seite und Jos 18,1–10* auf der anderen Seite liegt es eigentlich nahe, dass eine ursprüngliche Form von Jos 18,1–10 zusammen mit Jos 14,1 die Überschrift der Landverteilungstexte in Jos 14–19 bildete.141 Nur so sind die Zusätze in 51a erklärbar, vor allem vor dem Hintergrund, dass ansonsten Jos 14,1 im zweiten Rahmenstück aufgenommen wurde. Insofern sollte man erwarten, dass auch die zusätzlichen Informationen aus Jos 18,1–10* im ersten Rahmenstück ursprünglich vorhanden waren. Das ist aber nur der Fall, wenn Jos 18,1–10* ursprünglich vor Jos 14,1 platziert war. 2.3 Ergebnis Damit erhält man folgendes Ergebnis: Die erste Vollendungsnotiz in Jos 19,49a geht auf diejenige Redaktion zurück, die das priesterliche Dokument der Grenzverlaufsliste priesterlich bearbeitete und ein Landverteilungsdokument schuf, das von Jos 14 bis Jos 19 reicht. Zu dieser Redaktion gehört offenbar auch der Zusatz in 51a (ab begôrāl), da dieser im ersten Rahmenstück in Jos 14,2abα bereits vorbereitet ist, das – wie gesehen – redaktionell zu Jos 14,1a gehört. Da in den redaktionellen Ergänzungen in Jos 19,51a noch weitere Informationen aus Jos 18,1–10* stehen, muss man wohl davon ausgehen, dass eine ursprüngliche Textform von Jos 18,1–10* vor Jos 14,1 stand, wodurch die Landverteilung durch den Losentscheid eröffnet wurde. Nur auf diese Weise lassen sich die Bezüge von Jos 19,51a zu Jos 18,1–10* und Jos 14,1 am besten erklären. In einem weiteren Schritt hat eine priesterlich-dtr. Redaktion die zweite Vollendungsnotiz in Jos 19,51b ergänzt. Aufgrund der sprachlichen Bezüge ist diese Redaktion dafür verantwortlich, dass das ursprüngliche Landverteilungsdokument mit seiner Konzeption von sieben Stämmen nachträglich erweitert wurde, um Israel als Zwölfstämmevolk zu konstituieren. Von dieser Redaktion wurde die Vorstellung entwickelt, dass die „Söhne Israels“ für die Zuteilung des Landes verantwortlich zeichneten. Im Rahmen dieser Bearbeitung wurde Jos 18,1–10* redaktionell ergänzt und an seine jetzige Stelle versetzt. Auf diese Weise wurde die Anzahl der sieben Stämme (ursprünglich bezogen auf Juda, Efraim-Manasse, Benjamin, Sebulon, Issachar, Ascher und Naftali) auf die in Jos 18–19 folgenden Stämme angewendet. Nun bezog sich diese Zahl auf die kleinen Stämme (Benjamin, Simeon, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali, Dan), denen besondere Nachlässigkeit in der Inbesitznahme des Landes vorgeworfen wurde (Jos 18,2). Damit die Siebenzahl voll wird, hat man nach Abzug von Juda und Efraim-Manasse noch Simeon und Dan 141

Vgl. zu dieser Umstellungshypothese bereits WELLHAUSEN 1963, 128.

2. Jos 19,49–51

151

aus dem Stammesgebiet von Juda herausgeschält und in Jos 19 ergänzt. In seiner jetzigen abschließenden Position bezog sich das plurale Subjekt von Jos 19,51b vermutlich auf die „Söhne Israels“. Eine spätpriesterliche Redaktion ergänzte schließlich die Notiz von der Landkommission in 51a*, wobei man den ungeschickten Beginn von Jos 14,1a (weʾellæh) syntaktisch verbesserte (ʾellæh hanneḥālot) und die fast wörtlich identische redaktionelle Ergänzung in beiden Fällen vor begôrāl (Jos 14,2a und Jos 19,51a*) eintrug. Vermutlich hat man im Rahmen einer Kaleb-Josua-Redaktion die beiden Erzählungen vom Erbteil Kalebs bzw. Josuas in Jos 15,13–19 und Jos 19,49b– 50 eingeschoben. Hierbei konnte die naḥalāh Josuas aufgrund von Stichwortassoziation direkt vor v.51 eingesetzt werden. Ab v.51 ging es dann ganz allgemein um weitere Erbteile (ʾellæh hanneḥālot). Insgesamt hat sich gezeigt, dass die hier postulierten Redaktionen ihre jeweiligen Ergänzungen in analoger Weise in beiden Rahmenstücken eintrugen. Auch eine organische Entwicklung trotz der unterschiedlichen Akzentsetzung der einzelnen Redaktionen konnte herausgearbeitet werden. Die Intentionen für die Erweiterungen sind zudem nachvollziehbar und offen für eine historische Verortung des für die Redaktionen verantwortlichen Trägerkreises, was hier nicht geleistet werden kann.

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10) Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

Vorbemerkungen Die Darstellung des Stammesgebietes Efraims in Jos 16 kann eigentlich nur im größeren Gesamtkontext betrachtet werden. Zunächst fällt auf, dass die Gegenüberstellung von Juda in Jos 15 und den „Söhnen Josef“ in Jos 16–17, die in die Stämme Efraim und Manasse unterteilt werden, die beiden Reiche Juda und Israel reflektiert. Aus dem Blickwinkel eines projudäischen Autors verwundert es daher nicht, dass das Stammesgebiet von Juda viel detaillierter und genauer dargestellt wird als das Territorium der beiden „Söhne Josef“. Als erstes wird in Jos 16 das efraimitische Gebiet beschrieben, bei dem aufgrund der Idiomatik offenbar ein altes Grenzdokument verwendet worden ist, bevor dann in Jos 17 Manasse vorgestellt wird. Die Beschreibung des Gebietes, das Efraim in Jos 16 zugeteilt wird, geht vermutlich auf unterschiedliche Traditionen zurück. Dementsprechend ist Jos 16 eigentlich kein einheitlicher Text. Wahrscheinlich sind hier vorliegende Grenzbeschreibungen und das Thema des noch nicht eroberten Landes verwendet worden.1 Am Anfang wird in v.1–4 die Südgrenze für das Gebiet der beiden Josefssöhne angegeben,2 bis schließlich das Territorium Efraims in Form einer Grenzbeschreibung in v.5–8 folgt, wobei hier wiederum eine Südgrenze in 5b– 6aα abgeschritten wird, bevor dann die nördliche Grenze ergänzt wird. Hierbei fällt auf, dass die Nordgrenze vermutlich in zwei Abschnitten beschrieben wird

1 KALLAI 1986b, 70 sieht auch noch eine Parallele zu 1Chr 7,28–29. Nach FRANKEL 2011, 33f. spiegelt sich in der Idee vom nicht eroberten Land auch ein theologisches Interesse wider, da nämlich der Besitz des Landes immer von der Gesetzesobservanz abhängig sei. 2 Die Südgrenze betont, dass sich das Gebiet der beiden Josefstämme idealiter vom Jordan bis zum Mittelmeer erstreckt. Diese ideale Ausdehnung wird bei den Grenzlisten zu Efraim und Manasse in Jos 16–17 allerdings nicht immer erfüllt, vgl. zum Problem ELLIGER 1930, 301. In Jos 16,1–4 wird zudem nur die Südgrenze der „Söhne Josef“ wiedergegeben, während die Nordgrenze der „Söhne Josef“ dann erst in Jos 17,10–11 durch eine Zusammenstellung von Städten und Sippen folgt. Zur Struktur von Jos 16 vgl. auch MATTHEWS 2016, 132.

Vorbemerkungen

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(6b–7: Ost-West; 8a: West-Ost).3 Auf zwei Ausnahmen wird am Schluss hingewiesen: die efraimitischen Städte in Manasse (v.9) und die Kanaanäer, die noch in Geser übrigbleiben (v.10). Mit dem Hinweis auf die kanaanäische Enklave Geser werden die Efraimiter ähnlich wie die Judäer behandelt, die nach Jos 15,63 die Stadt Jerusalem nicht erobern konnten. In 1Kön 9,16 wird zudem betont, dass Geser in der Zeit des Vereinten Königreiches vom Pharao erobert worden sei. Erst danach sei das Gebiet von Geser als Mitgift dem Einflussbereich Salomos zugeschlagen worden. Allerdings habe bereits Josua den König von Geser nach Jos 10,33 vernichtet, sodass der in v.10 gegebene Hinweis auf in Geser noch lebende Kanaanäer auffällig ist. Allerdings wird in Jos 10,33 nicht die Eroberung der Stadt Geser berichtet, sodass dieser Widerspruch nicht zwingend ist.4 Interessanterweise fehlt beim Stammesgebiet von Efraim eine Ortsliste, was vielleicht damit zusammenhängen könnte, dass dieses Gebiet von derart starken Städten dominiert wurde, dass diese für Kleinzentren kaum Entwicklungsmöglichkeiten boten. Statt Ortslisten werden in Jos 16 nur zwei Ausnahmen zu einer Ortsliste (efraimitische Enklaven in Manasse und das kanaanäisch dominierte Geser) vorgestellt.5 Der Hinweis auf die Josefssöhne am Anfang betont zum einen, dass Josef der eigentliche Sohn von Jakob gewesen war, zum anderen, dass die „Söhne Josef“ in die beiden Stämme Efraim und Manasse aufzuteilen sind, wobei die Zusammengehörigkeit beider Josefsöhne zu keinem Zeitpunkt in Frage stand,6 was schon der Umstand betont, dass beide Stämme ein Los nach v.1 erhalten, das aber nach Jos 17,14–18 offenbar zu klein war. Während Manasse und Efraim explizit als Stämme (maṭṭeh) bezeichnet werden,7 fehlt diese Zuschreibung bei den „Söhnen Josef“ völlig.8 Fraglich ist allerdings, ob die Konzeption der „Söhne Josef“ erst sekundär zu den beiden Nordstämmen Efraim und Manasse hinzugefügt wurde, um mit dem Begriff „Söhne Josef“ das Nordreich Israel abzubilden, das im Kern die beiden Stämme Efraim und Manasse umfasst,9 oder ob die Bezeichnung 3 Vgl. HERTZBERG 1985, 102; PITKÄNEN 2010, 299. Anders hingegen NOTH 1971a, 248; NOTH 1971b, 105, dem zufolge in 6aβb.7 nicht der Ostteil der Nordgrenze, sondern die Ostgrenze Efraims beschrieben wird, die nicht mit dem Jordan zusammenfällt, sondern weiter westlich verläuft. Nach KAUFMANN 1985, 56 wird in der efraimitischen Grenzbeschreibung die Süd- und die Nordgrenze dargestellt, wobei beide Male ein Ort in der Mitte verwendet wird, von dem aus dann die Grenze nach Westen und nach Osten gezeichnet wird. 4 Vgl. RÖSEL 2011, 274. 5 Gegen EDERER 2017, 236 findet sich in v.9–10 keine Ortsliste. 6 Zur komplementären Zusammengehörigkeit der beiden Teilstämme Josef vgl. HERTZBERG 1985, 101; EDERER 2017, 236. 7 Jos 16,8; 17,1. 8 Vgl. HAWK 2000, 204. 9 Vgl. hierzu OTTO 1979, 233. KNAUF 2008, 150 geht bei den „Söhnen Josef“ ebenfalls von einer relativ jungen Konstruktion aus, um einen historischen Namen für die Samarier

154

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

„Söhne Josef“ bereits zur ursprünglichen Tradition gehört hat.10 Wenn die erste Option zutrifft, wird es sich bei dem vorliegenden Entwurf der „Söhne Josef“ wohl um eine spätere Bildung handeln.11 Für diese Option spricht zudem, dass der Abschnitt Jos 16–17 von den „Söhnen Josef“ gerahmt wird (Jos 16,1–4 und Jos 17,14–18). Auf diese Weise sind die eigentlichen Gebiete von Efraim und Manasse von Erzählungen eingeschlossen, die die „Söhne Josef“ stark machen. Hinzu kommt, dass die Bezeichnung „Söhne Josef“ artifiziell wirkt, während die beiden Stämme Efraim und Manasse wohl auf alte Tradition zurückzuführen wären. Außerdem ist die in Jos 18 erfolgte Nachordnung von Benjamin, das eigentlich zum Südreich Juda gehörte, nach den „Söhnen Josef“ (Jos 16– 17) ein weiterer Hinweis darauf, dass die Stämmevorstellung vermutlich älter ist als die Verteilung auf die beiden Königreiche Juda und „Söhne Josef“.12 Bei der zweiten Option geht man hingegen davon aus, dass die ursprüngliche Tradition bereits die Konzeption der „Söhne Josef“ gekannt habe, mit der das Gebiet zwischen Benjamin und Galiläa bezeichnet wird. Für ein hohes Alter der Vorstellung der „Söhne Josef“ könnte darüber hinaus der Umstand sprechen, dass alle anderen Quellen ansonsten von zwei Stämmen Manasse und Efraim ausgehen, während die hier verwendete Hauptquelle (Liste aus Grenzfixpunkten) dieses Gebiet zunächst als Einheit fasst. Außerdem wurden nach v.9 einige Städte aus dem Territorium von Manasse sekundär Efraim zugewiesen, sodass der Eindruck erweckt wird, dass die Zweiteilung des Gebietes der „Söhne Josef“ ursprünglich nicht vorgesehen war.13 Auch die Beobachtung, dass das Gebiet Efraims offenbar innerhalb des größeren Stammesgebiets der „Söhne Josef“ hinein gezeichnet wird und vielleicht nicht idealerweise bis an den Jordan reicht, spricht dafür, dass hier das Gebiet für Efraim sekundär aus dem Territorium der „Söhne Josef“ herausgeschnitten wurde.14 Eine Entscheidung in dieser Frage ist zugegebenermaßen schwierig zu treffen. Vermutlich gab es zunächst nur eine Beschreibung des Gebietes von Efraim, das dann aufgrund des Systemdrucks der Konzeption des Zwölfstämmevolkes um das Gebiet Manasses erweitert wurde. In einem letzten Schritt angeben zu können, zumal Samaria erst von Omri gegründet wurde und man in der Landnahmezeit diese Bezeichnung noch nicht verwenden konnte. Zunächst bezeichnete man die Bewohner nach dem gleichnamigen Gebirge als Efraim. Vgl. hierzu auch GEUS 1976, 79. 10 Vgl. SEEBASS 1984, 81. Nach ALT 1953c, 198 ist Josef erst sekundär in die beiden Stämme Efraim und Manasse aufgelöst worden. Auch BOLING 1982, 397 vermutet, dass die Aufteilung in Efraim und Manasse erst erfolgte, als man Levi ersetzen wollte. Kritisch hierzu AULD 1980, 60, der davon ausgeht, dass erst ein Redaktor für die geographische Zusammenführung des Gebietes der „Söhne Josef“ verantwortlich war. 11 Vgl. GEUS 1976, 79. 12 Vgl. hierzu RÖSEL 2011, 266f. 13 Vgl. NOTH 1971a, 242f. Kritisch hierzu aber KALLAI 1986a, 139, da sich v.9 nur auf die Grenzgebiete, nicht aber auf Efraim als Ganzes bezieht. Ähnlich KAUFMANN 1985, 54f., dem zufolge es sich hierbei lediglich um Orte im Gebiet von Tappuach handelt. 14 Vgl. NOTH 1971a, 248.

1. Textkritische Anmerkungen

155

könnte dann die Konzeption der „Söhne Josef“ eingetragen worden sein, die die beiden Stammesgebiete Efraim und Manasse verband. Letzte Sicherheit ist in dieser Frage jedoch nicht zu erreichen. Da die Stammesgebiete von Benjamin und Efraim sowie von Efraim und Manasse aneinanderstoßen, sind die Grenzbeschreibungen jeweils teilweise identisch. Es verwundert daher nicht, dass die Südgrenze der Söhne Efraim ihre Parallele in der Nordgrenze Benjamins in Jos 18,12–13 hat und diese Grenze mit der Südgrenze des Gebiets der „Söhne Josef“ zusammenfällt.15 Diese Grenze ist darüber hinaus mit einer wichtigen West-Ost-Verbindung zusammen zu sehen. Vermutlich befindet sich gerade hier die traditionelle Grenze zwischen Juda, das meist Benjamin beherrschte, und dem Nordreich Israel.16 Zumindest die Beobachtung, dass bei den „Söhnen Josef“ nur die Südgrenze explizit beschrieben wird, legt nahe, dass es sich hierbei tatsächlich um die wichtige Grenze zwischen Juda und Israel handelte. Die Nordgrenze Efraims in v.6–8 hat zudem eine Parallele in Jos 17,7–9, wo die Südgrenze Manasses angegeben wird. Beide Darstellungen derselben Grenze lassen sich vermutlich miteinander vereinen, sodass trotz Unsicherheiten eine relativ sichere Nordgrenze Efraims angegeben werden kann.17 Dabei kam es zu Überlappungen der beiden Stammesgebiete, zumal man kleinere Enklaven im Territorium des anderen Stammes noch halten konnte.

1. Textkritische Anmerkungen Insgesamt ist zu beobachten, dass die LXX-Version von Jos 16 einen kürzeren Text bietet,18 der einige Probleme des MT beseitigt. Vor diesem Hintergrund ist textkritisch wohl der längere MT beizubehalten, da es sich hierbei um die lectio difficilior handelt. Meist können gute Gründe für die Kürzungen der LXX angegeben werden. In v.1 bietet LXX wie schon in Jos 15,1 einen anderen Text, indem hier von den LXX-Übersetzern nicht gôrāl „Losentscheid“, sondern vermutlich gebûl „Grenze“ (ὅρια) übertragen wird.19 Vielleicht stand hier wie in v.6 zunächst 15 Nach AHARONI 1967, 236 gehen die drei Erwähnungen dieser Grenze in Jos 16,1–3.5 und Jos 18,12–13 auf eine einzige Liste zurück, die dann jeweils gekürzt wurde. MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 71 weisen auf die Bedeutung der genannten Orte Bet-El und Geser und innerbiblische Querbezüge hin. 16 Vgl. RÖSEL 2011, 267; BUTLER 2014b, 141. 17 Nach NAʾAMAN 1986, 147 ergänzen sich die beiden Beschreibungen in Jos 16,6–8 und Jos 17,7–9. 18 Vgl. NEEF 1995, 139, der in diesem Zusammenhang auf v.1–3 und v.6–8 hinweist. 19 Vgl. zur Lesart der LXX DILLMANN 1886, 538; OETTLI 1893, 177; STEUERNAGEL 1900, 216; HOLZINGER 1901, 65; GRAY 1986, 145; RÖSEL 2011, 267. Nach AULD 1978, 416f. ist erst zu einem späten Zeitpunkt der Losentscheid in Jos 13–17 eingetragen worden,

156

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

weyāṣāʾ haggebûl, was mit einer geringfügigen Umvokalisierung der eröffnenden wayyiqtol-Form zu erreichen wäre. Allerdings stellt sich die Frage, weshalb man die bessere Lesart gebûl geändert haben sollte. Eine sekundäre Veränderung zu gôrāl ist schon vor dem Hintergrund schwierig, dass der Losentscheid auf der Ebene des Endtextes erst ab Jos 18 eintritt und in Jos 16 noch nicht vorbereitet ist. Offenbar hat entweder erst LXX diese Schwierigkeit erkannt und den hebräischen Text verändert, indem sie den Losentscheid durch eine Grenzangabe ersetzt hat, oder die spätere hebräische Texttradition, auf die die LXX zurückgegriffen hat, hat v.1 an v.5 angleichen wollen.20 Aus alledem folgt, dass die Lesart gôrāl „Losentscheid“ die lectio difficilior ist, die man daher textkritisch nicht ändern sollte. LXX hat in 1a zudem vermutlich aufgrund von Haplographie den Ausdruck lemê Yerîḥô überlesen und ausgelassen.21 Abgesehen davon könnte LXX die mê Yerîḥô „Wasser von Jericho“ mit dem zuvor genannten Yarden Yerîḥô „Jordan bei Jericho“ identifiziert haben. Dann hätte LXX diese unnötige Doppelung bewusst gestrichen. Allerdings ist nicht sicher, ob man diese beiden Ortsangaben gleichsetzen darf. Dementsprechend besteht kein Anlass dazu, MT abzuändern. Die Richtungsangabe mizrāḥāh ist zwar nur schwerlich syntaktisch einzubinden, muss aber nicht mit LXX und Vulgata zu einer Präpositionalverbindung mimmizrāḥ verändert werden.22 Nach der masoretischen Akzentsetzung gehört mizrāḥāh zumindest noch zur ersten Satzeinheit und sollte daher mit den vorausgegangenen Ortsangaben verbunden werden. In 1b muss darüber hinaus die schwierige Partizipialform ʿolæh erklärt werden, zumal bei Grenz- und Gebietsbeschreibungen in Jos 13–19 ansonsten weqatal anstelle von Partizipialsätzen verwendet wird. Nach der Masora des MT bildet hammidbār das vorangestellte Subjekt des Partizipialsatzes.23 Gelegentlich wird entweder vor ʿolæh die Konjunktion w= gesetzt und das Partizip in eine qatal-Form verändert, wofür die LXX spricht,24 oder lediglich ein Artikel vor dem Partizip ergänzt. Im ersten Fall würde mit weʿālāh ein neuer Satz beginnen, wogegen aber das vorangestellte hammidbār spricht, im zweiten Fall weshalb hier der Text der LXX zu bevorzugen wäre. Zu einer ursprünglichen Lesung als gebûl vgl. noch CORTESE 1990, 70; FRITZ 1994, 170. Dagegen aber schon SIMONS 1948, 197 Anm. 2. Nach MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 70 sollte die Lesart gôrāl unbedingt beibehalten werden. 20 Vgl. zum Problem auch NEEF 1995, 138f. 21 Vgl. DILLMANN 1886, 538; STEUERNAGEL 1900, 216; HOLZINGER 1901, 65; BOLING 1982, 396; NEEF 1995, 139; NELSON 1997, 194. 22 Vgl. NEEF 1995, 139. 23 Nach RÖSEL 2011, 269 gehört hammidbār zur Vorlage, die der Redaktor verwendet hat, auch wenn dieser Ausdruck erst etwas später in Jos 18,12 steht. 24 Vgl. hierzu schon STEUERNAGEL 1900, 216; ELLIGER 1930, 266 Anm. 1; NOTH 1971b, 96; HERTZBERG 1985, 100; FRITZ 1994, 170. Dagegen aber NEEF 1995, 139, der MT für die lectio difficilior hält.

1. Textkritische Anmerkungen

157

bezieht sich das determinierte Partizip als Attribut auf hammidbār: „die hinaufsteigende Wüste“.25 Die LXX hat offenbar das Subjekt des Partizipialsatzes hammidbār nach hinten verschoben und auf diese Weise eine recht eigenwillige Appositionsverbindung εἰς τὴν ὀρεινὴν τὴν ἔρημον konstruiert. Falls in der hebräischen Vorlage der LXX hammidbār tatsächlich an dieser späteren Stelle gestanden hätte, würde man wohl eher eine Constructusverbindung har hammidbār „Wüstengebirge“ erwarten.26 Nach LXX ist zudem am Schluss von v.1 εἰς Βαιθηλ Λουζα zu lesen, was den Text unnötig verbessert und an den Kontext angleicht, wo in v.2 ebenfalls das zusammengesetzte Toponym Bet-El-Lusa steht. Für die vorangestellte Präposition vor Bet-El-Lusa gibt es darüber hinaus keinen Anhalt im MT. Alles in allem muss der schwierigere MT textkritisch nicht verbessert werden.27 Ohne Rückhalt in den Versionen bietet LXX in v.1–2 eine eigenwillige Zusammenstellung der einzelnen Textelemente, sodass hier vermutlich nicht der ursprüngliche Text vorliegen kann.28 Einige Handschriften der LXX verzichten in v.2 zudem auf Lûzāh,29 was damit zusammenhängen könnte, dass der Zielpunkt Lus hinter Bet-El gelöscht werden sollte, da in anderen Texten Lus und Bet-El gleichgesetzt worden sind und hier keine Distanz zwischen zwei Orten dargestellt werden konnte. Zumindest implizit setzt LXX auf diese Weise die beiden Orte Bet-El und Lus gleich.30 Vielleicht hat der Redaktor bei der Übernahme aus Jos 18,13 Bet-El und Lus als unterscheidbare Grenzpunkte missverstanden.31 Außerdem verzichtet LXX auf die Arkiter.32 Möglicherweise wussten die LXX-Übersetzer mit dieser Bevölkerungsgruppe nichts mehr anzufangen.33 Demgegenüber bewahrt MT die lectio difficilior und sollte daher nicht abgeändert werden. In v.2 ist der Zusatz Addar beim Ortsnamen Atarot vermutlich versehentlich ausgefallen. Denn ansonsten wird im Kontext der Grenze

25 Vgl. WOUDSTRA 1981, 258. Für die Lesart als Partizip spricht zudem die TargumTradition, die die Partizipien auch noch in v.2 weiterführt, vgl. NEEF 1995, 139. 26 Vgl. hierzu auch die eigenwillige Rekonstruktion von NAʾAMAN 1987, 15. Anders BOLING 1982, 396, dem zufolge im MT hammidbār aufgrund von Haplographie ausgefallen ist. Dann ist aber fraglich, weshalb dieses Wort trotzdem kurz zuvor in MT eingedrungen ist. Wahrscheinlicher ist daher, dass LXX dieses Wort versetzt hat. 27 Vgl. SOGGIN 1982, 167. 28 Vgl. hierzu auch NELSON 1997, 194; BUTLER 2014b, 108. Anders hingegen BOLING 1982, 396, der weitgehend der LXX-Tradition folgt. 29 Vgl. GRAY 1986, 145. Vgl. auch HOLZINGER 1901, 65f., der auf LXXA verweist und das Toponym Lusa als Glosse streicht. Ähnlich schon OETTLI 1893, 177; STEUERNAGEL 1900, 216. 30 Vgl. KALLAI 1991, 174; PITKÄNEN 2010, 298. 31 Vgl. NELSON 1997, 196. 32 Vgl. HOLZINGER 1901, 65, der auf LXXB verweist. 33 Vgl. NEEF 1995, 139.

158

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

zwischen Benjamin und Efraim durchweg Atarot-Addar verwendet.34 Allerdings wäre es auch möglich, dass diese begriffliche Differenzierung des Toponyms als Atarot und Atarot-Addar auf zwei unterschiedliche Hände zurückgehen könnte, obwohl beide Namen eigentlich denselben Ort meinen.35 Schließlich könnte der Namenszusatz Addar ergänzt worden sein, um dieses südliche Atarot von einem nördlichen Atarot zu differenzieren,36 das später in v.7 genannt wird. Bisweilen wird der Ortsname „Unteres Bet-Horon“ in v.3 entsprechend v.5 zu „Oberes Bet-Horon“ geändert. Auf diese Weise können beide Verse aneinander angeglichen werden.37 Außerdem transponiert LXX den Ausdruck weʿad Gāzær vom Ende von 3a an das Ende von v.5. Dementsprechend wird die Orstangabe Geser mit dem „Oberen Bet-Horon“ verbunden (ἕως Βαιθωρων τὴν ἄνω καὶ Γαζαρα). Die textkritisch und syntaktisch schwierige Verbindung in v.3 wehāyû toṣeʾotô yāmmāh ist wohl in wehāyû toṣeʾotayw hayyāmmāh zu ändern. Für ein derartiges Idiom gibt es zumindest drei Parallelen im Josuabuch.38 Probleme ergeben sich bei der Übersetzung von yāmmāh. Vermutlich ist mit LXX und Vulgata hier nicht „westwärts“, sondern „zum Meer“ anzusetzen,39 auch wenn dann die Grenzbeschreibung gänzlich unrealistisch wird,40 zumal die Küstenebene wahrscheinlich von den Philistern kontrolliert wurde und es dann zu einer Überlappung Efraims mit dem Stammesgebiet von Dan kommen konnte,41 als Dan noch im Süden angesiedelt war. Im Übergangsvers v.4 hat LXX die leichtere Lesart „Efraim und Manasse“ (Εφραιμ καὶ Μανασση), anstelle von „Manasse und Efraim“.42 Auf diese Weise wird wohl die vorliegende Anordnung des Textes berücksichtigt, zumal ab v.5 das Stammesgebiet von Efraim, und nicht dasjenige von Manasse geschildert wird. Möglicherweise soll aber auch an die Tradition erinnert werden, die sich

34

Jos 16,5; 18,13. Vgl. hierzu auch NOTH 1971b, 101. Vgl. zum Problem ELLIGER 1930, 304 Anm. 1; SIMONS 1959, 164f.; ZIESE 2008, 302 Anm. 15. 36 Vgl. KALLAI 1986a, 147f. 37 Vgl. BOLING 1982, 396. 38 Jos 16,8; 17,9; 19,29. BOLING 1982, 397 weist noch auf hebräische Handschriften für die Lesart hayyāmmāh hin. 39 Vgl. SOGGIN 1982, 168; KNAUF 2008, 147 Anm. 56. Hierauf deutet die Lesart mari magno der Vulgata hin, vgl. NEEF 1995, 139. Vgl. zum Problem ebenfalls HOLZINGER 1901, 65. 40 Vgl. GRAY 1986, 145; RÖSEL 2011, 272. Zum Problem vgl. auch WOUDSTRA 1981, 259. Nach EDERER 2017, 238 wird hier über die Ortsnamen eine „Sinn-Linie“ entworfen, die an bestimmte Eckpfeiler der Identität der Josefsstämme erinnert. Das gilt sicherlich für Jericho, Bet-El und Lus, versagt aber bei den ansonsten unbekannten Orten. 41 Vgl. BOLING 1982, 399. 42 Vgl. schon STEUERNAGEL 1900, 216; HOLZINGER 1901, 65. 35

1. Textkritische Anmerkungen

159

in Gen 48 und vergleichbaren Stellen findet und Efraim vor den Erstgeborenen Manasse setzt.43 Fraglich ist, ob man die Richtungsangabe mizrāḥāh in v.5 als Glosse streichen darf,44 zumal in der Peschitta dieser Ausdruck fehlt. Gelegentlich wird hier ein separativer Ausdruck mimmizrāḥāh gelesen,45 wobei dies aber den Text unnötigerweise vereinfacht, sodass man hier nicht textkritisch eingreifen muss. Anstelle von Atarot-Addar liest LXX darüber hinaus Αταρωθ καὶ Εροκ, wobei hier LXX den Ortsnamen Atarot mit den Arkitern verbindet. Dies könnte eine Angleichung an v.2-MT sein. Allerdings wäre auch denkbar, dass vom Zusatz ʾaddār die beiden leicht zu verwechselnden Buchstaben ‫ ד‬und ‫ ר‬zu ‫ר‬ und ‫ ך‬verlesen worden wären.46 Dann hätte LXX ʾaddār zu Εροκ verlesen. Auf alle Fälle belegt LXX zwei Toponyme, wobei der Ortsname Εροκ ansonsten unbekannt ist. Schließlich ergänzt LXX hinter Bet-Horon noch den Ort Geser.47 Während der erste Satz von v.6 vermutlich noch zur Beschreibung der Südgrenze Efraims gehört,48 setzt der determinierte Ortsname Michmetat abrupt ein. Demnach könnte hier möglicherweise eine Textverderbnis vorliegen. Verschiedene textkritische Lösungen widmen sich diesem Problem: Vielleicht ist ein Bezugswort (min + kætæf oder ʾæšæd) ausgefallen.49 Allerdings gibt es für diese Konjektur keinen Rückhalt in den Versionen. Lediglich die textkritisch umstrittene Stelle in Jos 17,7 könnte eine derartige Verbesserung motivieren, wobei dort im MT ʾæšæd erst rekonstruiert werden müsste. Darüber hinaus wird hier gelegentlich noch eine längere Konjektur „und es lief ihre Grenze nach“ eingetragen, die aber nicht textkritisch durch die Versionen belegt werden kann. Vielleicht ist vor Michmetat die Präposition min ausgefallen,50 was angesichts der Konsonantenfolge mh am Abschluss des vorausgegangenen Wortes durchaus denkbar wäre. Dann wäre der gleichlautende Anfang mh fälschlicherweise zu h gekürzt worden.

1)

2) 3)

43

Vgl. NEEF 1995, 140. So NOTH 1971b, 100; FRITZ 1994, 170. 45 Vgl. SEEBASS 1984, 74. Nach NEEF 1995, 140 handelt es sich hierbei um die lectio facilior. 46 Vgl. BARTHÉLEMY 1982, 44f.; NELSON 1997, 194. 47 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 216; HOLZINGER 1901, 65. 48 Anders hingegen SEEBASS 1984, 75, der hier eine kleine Konjektur ansetzt und die Nordgrenze Efraims bereits mit 6a beginnen lässt. 49 Vgl. NAʾAMAN 1986, 152f. 50 Vgl. SEEBASS 1984, 75. 44

160

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

Allerdings tragen alle Lösungsvorschläge ein gewisses Vorverständnis in den Text ein, was nicht unproblematisch ist. Insofern soll MT nicht verändert werden, zumal die Wortfolge hamMikmetāt miṣṣāfôn als Parenthese zum ersten Verbalsatz verstanden werden kann. Auch ein Vergleich mit Jos 17 hilft bei der Rekonstruktion der efraimitischen Nordgrenze kaum weiter. Gelegentlich wurde vorgeschlagen, dass vor Michmetat der Ortsname Tappuach entfallen sei.51 Allerdings gibt es hierfür keinen zwingenden Grund. Vielmehr liegt dieser Interpretation ein bestimmtes historisch-topographisches Verständnis zugrunde. Gegenüber der Lesart des MT bezeugt LXX einen ganz anderen Text: εἰς Ικασμων ἀπὸ βορρᾶ Θερμα,52 bei dem lediglich die Richtungsangabe miṣṣāpôn beibehalten worden ist.53 Nur an dieser Stelle wird Michmetat von LXX mit Ικασμων wiedergegeben. Manchmal wird angenommen, dass der Ortsname Θερμα die LXX-Wiedergabe von Tirza sein könnte.54 Dagegen spricht aber die fast durchgängige Transkription von Tirza als Θερσα. In v.6 wurde die zweite Nennung des Lexems gebûl von LXX gestrichen. Außerdem wurde der Doppelname Taanat-Schilo mit zwei Toponymen Θηνασα καὶ Σελλησα wiedergegeben. Der letzte Satz in v.6 wird zudem von LXX, Vulgata und Peschitta um ʾôtô gekürzt, wodurch die Syntax des schwierigeren MT vereinfacht wird.55 Allerdings muss man erklären, weshalb das problematische ʾôtô zusätzlich vom MT ergänzt worden ist,56 wenn MT nicht den ursprünglichen Text bietet. Auf alle Fälle ist die Lesart ʾôtô die lectio difficilior, die man nicht textgenetisch erklären kann. Darüber hinaus ist die Referenz des maskulinen enklitischen Personalpronomens problematisch, denn dieses Personalpronomen kann sich nicht auf Städte beziehen, da diese Wortart in der Regel feminin konstruiert wird. Dementsprechend wäre höchstens ein Landschaftsterminus hier denkbar,57 auf den das Personalpronomen verweist. Vom Kontext her könnte sich ʾôtô zudem entweder auf Taanat-Schilo oder Michmetat beziehen, sodass die Grenze diese Landmarke (ʾôtô) östlich (mimmizraḥ) durchquert.58 Dabei ist freilich vorausgesetzt, dass der Bezugspunkt 51

Vgl. ELLIGER 1930, 272. Zur LXX-Variante vgl. auch KALLAI 1986a, 157f. 53 DANELIUS 1957, 65 identifiziert den nur in der LXX erwähnten Ort Ικασμων mit dem assyrischen Ort al-Qaspuna, der mit dem modernen Tell Qasīle (1307.1676) gleichgesetzt werden könne. Ob allerdings die von ihr angenommenen Namenstransformationen tatsächlich stattgefunden haben, ist höchst fragwürdig. DANELIUS 1958, 143 sieht sogar einen Bezug zu einem Ortsnamen, der in Texten aus Ugarit belegt ist. 54 Vgl. NEEF 1995, 140. 55 Vgl. HOLZINGER 1901, 65; SIMONS 1948, 215 Anm. 1; SOGGIN 1982, 168; NEEF 1995, 140. Nach RÖSEL 2011, 273 Anm. 22 ist die nota objecti inhaltlich überflüssig und grammatisch schwierig. 56 Vgl. zum Problem NAʾAMAN 1986, 155f. Anm. 19. 57 Vgl. NELSON 1997, 194. 58 Vgl. hierzu die Überlegungen von KALLAI 1986a, 159; NAʾAMAN 1986, 155f. 52

1. Textkritische Anmerkungen

161

Taanat-Schilo oder Michmetat kein Ort, sondern eine geographische Bezeichnung wäre (Taanat-Schilo als Heiliger Baum bzw. Michmetat als Gebirgsschulter). Eine ähnliche Konstruktion findet sich in Jos 19,13–14, wo sich die Präpositionalverbindung ʾôtô ebenfalls nicht auf einen Ort, sondern das Tal von Nea bezieht. Angesichts dieser Parallele ist es nicht nötig, dass hier andere Erklärungsversuche angestellt werden müssen. Dementsprechend erübrigen sich die beiden folgenden Interpretationen. Manchmal wurde nämlich vermutet, dass das schwierige ʾôtô mit einer anderen Vokalisierung auch als reflexives ʾittô gelesen werden könne.59 Für reflexive Verhältnisse hätte sich demgegenüber aber ein Reflexivstamm angeboten. Darüber hinaus ist es nicht nötig, dass hier ein verderbter Ortsname vorliegen muss.60 Selbst LXX, die in der Ortsnamentradition zahlreiche Varianten bietet, liefert für einen ansonsten unbekannten Ortsnamen Oto oder Taanath-Oto keinen Hinweis. In v.7 fehlt das direktive he locale hinter dem Ortsnamen Atarot, während es fälschlicherweise bei Janoah steht, was wohl eine sekundäre Angleichung an v.6 ist, wo das he locale durchaus gefordert ist. Der Ortsname Yanôḥāh wird von LXX mit dem ansonsten unbekannten Ort Μαχω wiedergegeben. Hier zeigt sich wieder die Unsicherheit der LXX-Übersetzer in topographischen Fragen.61 Außerdem ist von LXX der Ortsname Naara, der hier mit he locale verbunden ist (Naʿarātāh), vielleicht als naʿarotæ̑ hā gelesen worden. Diese Lesart könnte ein Äquivalent von benôtæ̑ hā sein.62 Auf diese Weise wäre die eigenwillige LXX-Lesart καὶ αἱ κῶμαι αὐτῶν durchaus erklärbar. Dementsprechend wäre von LXX das Toponym Naara als „ihre Tochterstädte“ verlesen worden, wobei es für diesen Zusatz zu einem Ortsnamen keine weiteren Parallelen gibt. Vielleicht hat LXX hier weḥaṣrêhæn fälschlicherweise aus v.9 übernommen.63 Alles in allem bietet auch in v.7 die LXX zwar einen anderen, aber keinen besseren Text als MT. Der Zusatz benê vor Efraim fehlt bei LXX in v.8 (φυλῆς Εφραιμ), während LXX in v.9 die volle Form wie MT belegt (τοῖς υἱοῖς Εφραιμ). Dementsprechend könnte man die Kurzform der LXX dem MT vorziehen, zumal sekundär der Zusatz benê aus v.9 eingedrungen sein könnte, um beide Verse aneinander anzugleichen. Allerdings ist es nicht nötig, dass man in v.8 die Kurzform maṭṭeh ʾæfrayim anstelle von maṭṭeh benê ʾæfrayim lesen muss,64 zumal diese 59

Vgl. BOLING 1982, 402. Auch CAMPBELL 1984, 73 Anm. 14 denkt an eine reflexive Bedeutung. 60 Vgl. WALLIS 1961, 43, der an einen Ortsnamen Taanath-ʾôtô denkt, wobei Taanath im Überlieferungsprozess entfallen sei. Dagegen aber CAMPBELL 1984, 73 Anm. 14. Vgl. zum Problem schon KUSCHKE 1965, 106; NOTH 1971b, 100; SEEBASS 1984, 75 Anm. 28; FRITZ 1994, 170. 61 Vgl. NEEF 1995, 140. 62 Vgl. BOLING 1982, 402. 63 Vgl. NEEF 1995, 140f. 64 Anders BOLING 1982, 403.

162

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

Constructusverbindung keineswegs unüblich lang ist.65 Der in v.8 genannte Bach Kana wird von den Versionen unterschiedlich wiedergegeben.66 LXX denkt an ein Toponym Χελκανα, wobei hier hebräisch naḥal Qānāh transkribiert wird, während Vulgata das Wort qānāh wörtlich mit Harundineti „Röhricht, Schilfrohr“ übersetzt. Wenige Handschriften haben zudem die Lesart „am Salzmeer“ anstelle von hayyāmmāh.67 Offenbar hat ein Teil der Textzeugen die Änderung der Beschreibungsrichtung übersehen und daher fälschlicherweise anstelle des Mittelmeers das Tote Meer gesetzt.68 In v.10 wird von LXX noch zusätzlich das eigentliche Subjekt Efraim ergänzt, das im MT vermutlich kontextgetilgt fehlt. Außerdem wird noch ein längerer Hinweis auf die Eroberung durch den Pharao von Ägypten angeführt,69 die auch in 1Kön 9,16 behauptet wird.70 Hier liegt offenbar eine bücherübergreifende Harmonisierung vor, die nicht textkritisch zu einer Änderung des MT zwingt. In v.10 wurde von den LXX-Übersetzern zudem der hebräische Text von 1Kön 9,16 anders als die dortige LXX-Wiedergabe übertragen. Außerdem wurden in v.10 zusätzlich Perisiter eingetragen.71 Möglicherweise greift dieser Zusatz auf eine andere Form von 1Kön 9,16 zurück. Die unterschiedliche LXX-Lesart im Überschuss von v.10 ist daher lediglich für 1Kön 9,16 von textkritischem Interesse. Aufgrund dieses längeren Zusatzes wird in LXX auf den letzten Satz des MT, der die Fronarbeit behauptet, offenbar bewusst verzichtet. Schließlich bleibt festzuhalten, dass die Ortsnamensüberlieferung der LXX nicht stabil ist. Vielleicht deuten die Abweichungen der LXX gegenüber MT darauf hin, dass die Beschreibung des efraimitischen Stammesgebietes noch eine gewisse Zeit flexibel gewesen ist.72 Aus diesem Grund wären dann zur Beschreibung des Territoriums von Efraim die unterschiedlichsten Toponyme herangezogen worden. Methodenkritisch ist zudem anzumerken, dass die textkritische Frage nicht mit historisch-topographischen Problemen vermischt

65

Vgl. für maṭṭeh benê + X nur Jos 13,29; 15,20; 16,8; 18,11; 19,8.23.31.39.48. Zu den verschiedenen Möglichkeiten bei der Beschreibung der Stämme vgl. AULD 1979, 10f., der auch die Traditionen von MT und LXX unterscheidet. 66 STEUERNAGEL 1900, 217 weist auf den Anfangsbuchstaben Q hin, sodass naḥal Qānāh nicht mit dem Wādi Kāna gleichgesetzt werden muss. 67 Vgl. NEEF 1995, 141; KNAUF 2008, 148 Anm. 59. Vgl. auch HOLZINGER 1901, 65, der auf die Lesart der Vulgata in mare salsissimum (ins sehr gesalzene Meer) hinweist. 68 Vgl. KNAUF 2008, 150. 69 Vgl. HOLZINGER 1901, 65. Nach TOV 2012, 69 geht dieser griechische Zusatz aufgrund der tautologischen Redeweise auf eine hebräische Vorlage zurück. 70 Allerdings wird nach TOV 2012, 75 aufgrund der sprachlichen Unterschiede die Tradition der Eroberung Gesers durch den Pharao midraschartig in Jos 16,10 und nicht aus der Parallele 1Kön 5,14–LXX eingetragen. 71 Vgl. RÖSEL 2002, 12f. 72 Vgl. hierzu auch PITKÄNEN 2010, 299.

2. Sprachliche Beobachtungen

163

werden sollte. Vielmehr zeichnen die einzelnen Versionen bisweilen ein unterschiedliches Bild der territorialen Verhältnisse.

2. Sprachliche Beobachtungen Schon ein erster Blick auf Jos 16 zeigt, dass hier verschiedene Traditionen miteinander verbunden worden sind. Zunächst wird in v.1–4 das Stammesgebiet der benê Yôsef „Söhne Josef“ dargestellt, die in v.4 als Manasse und Efraim beschrieben werden. Diese Einleitung dient als Vorspann für die Beschreibung der Gebiete, die den beiden Josefstämmen Efraim und Manasse zugesprochen werden. Interessanterweise ist hier ausschließlich von Westmanasse die Rede, während das Gebiet von Ostmanasse bereits in Jos 13 abgehandelt worden ist. In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob in v.1–4 die Vorstellung einer Zweiteilung Manasses in West und Ost bereits vorlag oder ob die Konzeption eines ostjordanischen Manasse erst sekundär hinzu wuchs. Hinzu kommt, dass die Vorordnung von Efraim ab v.5 auffällig ist, zumal Manasse als der ältere Sohn gilt.73 Außerdem wird Manasse auch in Jos 14,4 vor Efraim genannt. Nach dem Konzept der Primogenitur würde man daher in Jos 16–17 stattdessen die Abfolge Manasse-Efraim erwarten, sodass man ganze Textpassagen umstellen müsste. In diesem Sinne wird gelegentlich vermutet, dass gemäß der ursprünglichen Abfolge der Abschnitt über Manasse Jos 17,1–13 ursprünglich nach Jos 16,1–3 und vor Jos 16,5–10 stand,74 während an den jetzigen Rändern redaktionell gearbeitet worden wäre. Für die Umstellung dieser Textpassagen spricht zum einen die Anordnung Manasse-Efraim in v.4,75 die Betonung der Erstgeburt Manasses sowie der Hinweis auf das Los in Jos 17,176 und darüber hinaus die ausführlichere Beschreibung der Nordgrenze Efraims als Südgrenze Manasses in Jos 17,7–9. Denn wenn man Jos 17,1–13 vor Jos 16,5–10 setzt, hätte man auf die überschüssigen Angaben bei der erneuten Erwähnung dieser Grenze verzichten können.77 Die Ungenau-

73

Vgl. HERTZBERG 1985, 102. Zum Konzept der Primogenitur vgl. ELLIGER 1930, 267; NOTH 1971b, 100f.; GÖRG 1991, 77; KALLAI 1997, 73. Dagegen aber FRITZ 1994, 171; RÖSEL 2011, 271. 75 Diese Anordnung wird von LXX umgestellt, da diese den späteren Text vor sich hatte, als Efraim vor Manasse stand. PHYTHIAN-ADAMS 1929, 231 vermutet, dass die Voranstellung Manasses das besondere Gewicht dieses Stammes gegenüber Efraim ausdrücken sollte, dem nur ein kleines Gebiet zufiel. 76 Nach SEEBASS 1984, 79 weist Jos 17,1 darauf hin, dass zunächst der gesamte Losanteil der Josefstämme Manasse zugefallen ist. 77 Zu dieser Argumentation vgl. ELLIGER 1930, 267; NOTH 1971b, 100f. Dagegen aber FRITZ 1994, 172f. Nach NEEF 1995, 144 könnte nur in einem früheren Textstadium Manasse 74

164

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

igkeit bei der kürzeren Beschreibung Efraims erklärt sich damit ohne Probleme, zumal man auf unnötige Doppelungen verzichten konnte. Gegen eine Umstellung der beiden Passagen sprechen aber gewichtige Gegenargumente, die von einer derartigen Operation eher abraten: 1)

2)

3)

4) 5)

6)

Es ist fraglich, ob es überhaupt eine derartige Konzeption der Primogenitur in Israel gab.78 Falls dieses rechtliche Institut nicht gebräuchlich war, kann man zumindest dieses Argument nicht für eine Texttransposition bemühen. Vielleicht hängt die vorliegende Stammesanordnung damit zusammen, dass im Vorspann v.1–4 die Südgrenze der „Söhne Josef“ beschrieben wird, die mit derjenigen Efraims in eins fällt.79 Dementsprechend hat man zunächst das Gebiet von Efraim beschreiben wollen, bevor dann zu Manasse gewechselt werden konnte. Außerdem könnte der Redaktor die Stammesgebiete der „Söhne Josef“ bewusst ausgehend von Jerusalem von Süd nach Nord dargestellt haben. Die vorliegende Anordnung könnte somit auf geographische Überlegungen zurückgeführt werden.80 Neben der Nähe Efraims zu Juda könnte auch die politische Bedeutung die Voranstellung Efraims vor Manasse bewirkt haben.81 Hinzu kommt, dass mit Manasse das Kerngebiet der Samaritaner im Blick ist. Darüber hinaus ist auch in Gen 48 der jüngere Efraim dem älteren Manasse vorgeordnet.82 Immer wieder zeigt sich zudem in den Erzelternerzählungen, dass die natürliche Abfolge durch das Wirken Gottes durchbrochen werden kann. Dementsprechend muss der Erstgeborene nicht automatisch vorgeordnet werden. Schließlich müsste noch erklärt werden, weshalb ein späterer Redaktor die an sich bessere Anordnung geändert und Efraim vor Manasse gestellt hat. Man müsste dann mit einer bewussten Abwertung Manasses rechnen.

vor Efraim gestanden haben, während der vorliegende Aufbau von Jos 16–17 die jetzige Abfolge unterstützt. 78 Kritisch hierzu WOUDSTRA 1981, 259 Anm. 14; KAUFMANN 1985, 54. 79 Da Efraim der südliche der beiden Josefstämme ist, ist die Südgrenze Efraims zugleich auch die Südgrenze der „Söhne Josef“, sodass diese Linie nicht gesondert Efraim zugewiesen werden muss. Insofern muss dieser Befund entgegen EDERER 2017, 237 nicht problematisiert werden. 80 NEEF 1995, 159 begründet die Voranstellung ebenfalls geographisch, da die Südgrenze Efraims die Südgrenze der Josefstämme ist. Außerdem wechselt die Abfolge Ascher-Issachar in Jos 17,10–11 ebenfalls. Ähnlich schon KAUFMANN 1985, 55. 81 Vgl. NELSON 1997, 195. 82 Vgl. hierzu auch HERTZBERG 1985, 102.

2. Sprachliche Beobachtungen

165

Alles in allem gibt es durchaus ernstzunehmende Gründe für die vorliegende Anordnung der beiden Stammesgebiete, sodass man hier nicht die Textpassagen umstellen muss. Demgegenüber ist die Abfolge Efraim-Manasse durchaus gut zu begründen. Im Folgenden soll Jos 16 mit Blick auf sprachliche Beobachtungen untersucht werden, um spätere redaktionelle Einträge besser begründen zu können. Das in v.1 verwendete Idiom wayyeṣeʾ haggôrāl l= findet sich im Josuabuch in den unterschiedlichsten Kontexten.83 Schon zu Beginn wird diese Ausdrucksweise in v.1 aufgegriffen, um bereits in Jos 16 den Losentscheid zu ergänzen, der aber erst in Jos 18 begründet wird. Dementsprechend scheint hier nachträglich der Losentscheid eingetragen zu sein, der mit der ursprünglichen Tradition nichts zu tun hatte. Das Lexem gôrāl ist jedoch an dieser Stelle – wie gesehen – nicht über jeden Zweifel erhaben, da in LXX hier ὅρια steht, was ansonsten die griechische Übersetzung von gebûl ist. In der Tat wäre gebûl das passendere Wort, an das die Verben in v.2–3 viel besser anknüpfen könnten.84 Allerdings ergibt sich dann die Schwierigkeit, dass gebûl in v.2 und v.3 wohl nicht „Grenze“, sondern „Gebiet“ heißt.85 Wenn man folglich in v.1 textkritisch gôrāl durch gebûl ersetzt, muss man v.1 und v.2–3 auf zwei unterschiedlichen redaktionellen Ebenen ansiedeln. Ohne Änderung können hingegen v.1–3 ein einheitlicher Text sein. Problematisch ist auch der Umstand, dass in v.1 den „Söhnen Josef“ – also Manasse und Efraim – nur ein einziges Los zugewiesen wird, während in Jos 17,1 Manasse offenbar ein eigenes Los zugeteilt wird. Hinzu kommt, dass sich in Jos 17,14 wiederum die benê Yôsef „Söhne Josef“ beschweren, dass man ihnen nur ein Los gegeben hat. Der Verweis auf den Losentscheid in v.1 erzeugt folglich zahlreiche Spannungen, die auch nicht textkritisch beseitigt werden können. Somit wird man hier wohl literarkritisch arbeiten müssen. Die Bezeichnung benê Yôsef „Söhne Josef“ in v.1 ist priesterlich geprägt und findet sich fast ausschließlich im Numeri- und Josuabuch.86 Das nomen regens benê bezieht sich dabei meist nicht wörtlich auf die expliziten Söhne Josefs Efraim und Manasse oder auf die beiden gleichnamigen Stämme, sondern beschreibt die Glieder des Stammesverbandes Josef als eine eigene Einheit.87 Nur in v.4 sind mit benê Yôsef tatsächlich die beiden Stämme Manasse und Efraim

83 Jos 16,1; 19,1.24; 21,4. Nach CAMPBELL 1984, 74 Anm. 17 wird das Verb YṢʾ dann gebraucht, wenn die Grenze dem Verlauf eines Baches folgt. 84 Vgl. zum Problem auch SIMONS 1959, 162 Anm. 134. 85 Vgl. hierzu auch KALLAI 1986a, 143, der gebûl als „extremity of the territory“ bzw. „edge of the border“ des entsprechenden Gebietes versteht. 86 Num 1,10.32; 26,28.37; 34,23; 36,1.5; Jos 14,4; 16,1.4; 17,14.16; 18,11; 24,32; 1Chr 5,1; 7,29. Zu einer Verbindung mit priesterlichen Texten vgl. CORTESE 1990, 70. 87 Vgl. hierzu auch RÖSEL 2011, 267.

166

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

gemeint,88 deren jeweiliges Gebiet dann in den folgenden Ausführungen beschrieben wird. Fraglich ist, ob die hier verwendete Konzeption der benê Yôsef „Söhne Josef“ auf die ursprüngliche Tradition zurückgeht. Dann wäre die Unterteilung in Manasse und Efraim erst später erfolgt.89 In diesem Fall müsste man aber davon ausgehen, dass ein Stammesgebiet – meist wird hierbei an Efraim gedacht – nachträglich aus dem Stammesverbund der „Söhne Josef“ ausgegliedert worden ist. Allerdings scheint die Zusammenfassung der beiden Nordreichstämme Efraim und Manasse als „Söhne Josef“ erst eine sekundäre Bildung zu sein. Dementsprechend sind v.1–3 bzw. v.1–4 mit der Erwähnung der „Söhne Josef“ vermutlich eine spätere Ergänzung. Demgegenüber begann die ursprüngliche Tradition erst ab v.5 mit den Grenzbeschreibungen des Stammes Efraim.90 Das Toponym Yarden Yerîḥô wird nur im Josuabuch verwendet und ansonsten mit mizrāḥāh zusammengestellt,91 während hier das Adverbiale mizrāḥāh durch die singulären mê Yerîḥô gesperrt wird.92 Dementsprechend könnte mê Yerîḥô sekundär als zusätzliche Beschreibung eingedrungen sein. Vermutlich ist Yarden Yerîḥô zudem eine Constructusverbindung „Jordan Jerichos“ bzw. „Jordan bei Jericho“93 und keine Appositionsverbindung.94 Fraglich ist außerdem, ob hammidbār als nomen rectum zu mizrāḥāh gezogen werden kann, sodass man den Ausdruck mizrāḥāh hammidbār mit „nach dem Osten der Wüste“ bzw. „östlich der Wüste“ übersetzen müsste.95 Dem widerspricht aber zum einen die Masora, die mit hammidbār einen neuen Satzteil eröffnet, und zum anderen das in den Landverteilungstexten belegte Idiom meʿebær leYarden Yerîhô mizrāḥāh,96 das ansonsten eine zusätzliche Ergänzung nicht kennt. Trotzdem ist es inhaltlich schwierig, hammidbār als Subjekt des Partizipialsatzes zu deuten, zumal es hier nicht um die Erstreckung der Wüste, sondern um das Los der „Söhne Josef“ geht. Die Verwendung der Toponyme in v.1 ist auffällig. Insgesamt wird in v.1 das Toponym Jericho dreimal in unterschiedlichen Wendungen gebraucht. Fraglich ist allerdings, ob diese Stadt angesichts der Häufigkeit der Nennung

88

Vgl. RÖSEL 2011, 271. Vgl. hierzu NOTH 1971a, 242f. 90 Vgl. GEUS 1976, 79. 91 Jos 13,32; 20,8. Nach SIMONS 1948, 213 Anm. 2 ist mizrāḥāh vor die gesamte Verbindung „vom Jordan bei Jericho zu den Wassern von Jericho“ zu ziehen. 92 Nach MITTMANN 1993, 15 könnte die Präpositionalverbindung mit l= relational im Sinne einer Apposition „nämlich“ zu verstehen sein. 93 Vgl. NEEF 1995, 142 Anm. 695. ZIESE 2008, 297 hält Yarden Yerîḥô für eine alte Namensform des Jordan. 94 So aber BOLING 1982, 397. 95 Vgl. MITTMANN 1993, 17. 96 Jos 13,32; 16,1; 20,8. 89

2. Sprachliche Beobachtungen

167

tatsächlich zum Gebiet der „Söhne Josef“ gehört.97 Dem ist entgegenzuhalten, dass zum einen Jericho mit dem Jordan und mit Wassern verbunden wird, was eher vom Ort ablenkt, und zum anderen die Präpositionalverbindung mîrîḥô nicht notwendigerweise den Ausgangspunkt Jericho inkludiert. Das Gebirge von Bet-El ist im Alten Testament nur zweimal belegt.98 Nach 1Sam 13,2 scheint dieses Gebirge in der näheren Umgebung von Bet-El zu liegen, wobei die eigentliche Ausdehnung nicht angegeben wird. Gelegentlich wird in v.2 ein einziges Toponym Bet-El-Lusa erwogen.99 Allerdings ist in v.2 anscheinend an zwei unterscheidbare Orte Bet-El und Lus gedacht, da hier angesichts der Präpositionalverbindung und des he locale offenbar eine direktive Verbindung von Bet-El zu Lus entworfen wird: mibBêtʾel Lûzāh.100 Da diese beiden Orte aber des Öfteren gleichgesetzt werden, scheinen sie nicht weit voneinander entfernt zu liegen.101 Vielleicht soll die Verwendung der unterschiedlichen Namen Bet-El, Lus und Bet-Aven (Jos 18,12) den Eindruck von detaillierter geographischer Information erwecken,102 was freilich nicht die historische Zuverlässigkeit der Angaben untermauern muss. In v.2–3 wird zweimal die Präpositionalverbindung ʾæl gebûl verwendet, die lediglich ausdrückt, dass die Südgrenze „in Richtung auf das Gebiet“ von bestimmten Bevölkerungsgruppen verläuft, aber offenbar deren Gebiet nicht einschließt.103 Hier wird die Beschreibung des Stammesgebietes der „Söhne Josef“ nicht durch Angabe von Grenzen geleistet, sondern durch Abgrenzung von anderen Gebieten: „Gebiet des Arkiters“, „Gebiet des Jafletiters“, „Gebiet des unteren Bet-Horon“, wobei diese Territorien nicht näher besprochen werden. Schon die unterschiedliche Verwendung des Wortes gebûl deutet an, dass in v.1–3 keine traditionelle Grenzbeschreibung angegeben wird. Das Ethnonym „Arkiter“ findet sich nur hier und in Verbindung mit Huschai, einem Freund Davids,104 der bei der Niederschlagung der Revolte Ab-

97 So GÖRG 1991, 77. RÖSEL 2011, 269 hingegen vermutet, dass in der zugrundeliegenden Vorlage nur einmal der Name Jericho stand. Nach MATTHEWS 2016, 132 deutet die wiederholte Nennung von Jericho die strategische Bedeutung an. Außerdem wird mit Jericho ein Rückverweis auf die in Jos 6 erzählte Eroberung gegeben. 98 Jos 16,1; 1Sam 13,2. 99 Vgl. KALLAI 1986a, 143; KALLAI 1991, 172–174, der die beiden Orte Bet-El und Lus gleichsetzt. Nach DILLMANN 1886, 539 könnte Lusa eine Glosse sein. 100 Vgl. zum Problem auch ELLIGER 1930, 304f. Anm. 3. WOUDSTRA 1981, 258 löst dieses Problem diachron: Zunächst wären beide Orte voneinander unterschieden worden. Erst in späterer Zeit habe man diese Orte gleichgesetzt. 101 Vgl. FRITZ 1994, 171; PITKÄNEN 2010, 300; RÖSEL 2011, 269. 102 Vgl. RÖSEL 2011, 270. 103 Zu dieser direktiven Bedeutung von ʾæl vgl. ELLIGER 1930, 270. 104 Jos 16,2; 2Sam 15,32; 16,16; 17,5.14; 1Chr 27,33. HOLZINGER 1901, 66 verbindet die Arkiter trotz des anderen Laryngals mit der ʿĒn ʿArīk (1637.1459). Ähnlich schon DILLMANN 1886, 539; OETTLI 1893, 177.

168

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

schaloms mithalf. Fraglich ist, ob es sich bei den Arkitern um einen benjaminitischen Stamm oder einen Überrest der indigenen Bevölkerung gehandelt hat.105 Jedenfalls sind die Arkiter (ʾarkî) aufgrund von orthographischen Differenzen von den Arqitern (ʿarqî) aus Gen 10,17 sorgsam zu unterscheiden.106 Auf die Jafletiter (Yafleṭî) könnte hingegen in der genealogischen Liste von 1Chr 7,30–33 hingewiesen sein, wo sie dem Stamm Ascher zugerechnet werden.107 Allerdings ergibt sich dann das Problem, dass eine ascheritische Sippe, die traditionell im Norden siedelt, derart weit im Süden verortet wird. Im Allgemeinen könnte es sich bei den Jafletitern entweder um eine versprengte Gruppe Aschers im Süden oder um eine indigene Bevölkerung handeln.108 Interessanterweise fehlt in der Paralleltradition von Jos 18 jeglicher Hinweis auf die Arkiter und Jafletiter,109 sodass es nicht sicher ist, ob diese Volksgruppen jemals zur ursprünglichen Tradition gehört haben. Vielleicht deutet der längere Text in Jos 16 an, dass in Jos 18,12–13 die ursprüngliche Tradition vorliegt, die in Jos 16,1–3 aufgegriffen und mit anderen Daten – wie den Arkitern und Jafletitern – erweitert wurde. Möglicherweise sollte durch die Gebiete der Arkiter und Jafletiter gezeigt werden, dass man durchaus friedlich mit der indigenen Fremdbevölkerung leben konnte.110 Trotz alledem lässt sich nicht eindeutig erklären, weshalb und mit welcher Intention diese fremden und unbekannten Ethnien sekundär in Jos 16 eingedrungen sind. Nur in v.3 wird das Verb YRD zweifach mit der Präposition ʿad verbunden: „bis zum Gebiet des unteren Bet-Horon“ und „bis Geser“. Nach Ausweis des Endtextes von Jos 16 wäre die Grenze bestenfalls bis zum Gebiet von Geser verlaufen, während die Stadt selbst nicht notwendigerweise beherrscht werden musste. Die doppelte Erwähnung eines Grenzpunktes (unteres Bet-Horon und Geser) könnte auf eine redaktionelle Erweiterung hinweisen. Dementsprechend könnte die Erwähnung von Geser in v.3 eine sekundäre Glosse aus v.10 sein,111 zumal mit dem Gebiet des unteren Bet-Horon bereits ein Grenzpunkt angegeben ist und der eigenwillige Knick von Bet-Horon nach Geser kaum zu 105

Vgl. zum Problem ZIESE 2008, 301f.; BUTLER 2014b, 142. Nach HERTZBERG 1985, 102 handelt es sich bei dem „Gebiet des Arkiters“ um eine kanaanäische Enklave. Ähnlich ELLIGER 1930, 302; SOGGIN 1982, 181; GÖRG 1991, 78. 106 Vgl. HESS 1996a, 283 Anm. 90; MATTHEWS 2016, 133. Diese orthographischen Unterschiede übersieht HOWARD 1998, 346. 107 Vgl. hierzu auch HESS 1996a, 283 Anm. 90; HOWARD 1998, 346; ZIESE 2008, 302. 108 Zum Problem vgl. HAWK 2000, 205. Gegen eine Verbindung der Jafletiter mit der ascheritischen Sippe Jaflet aber schon KNOBEL 1861, 442; PITKÄNEN 2010, 300. 109 Vgl. hierzu WOUDSTRA 1981, 257. Nach EDERER 2017, 238 bilden die Fremdvölker der Arkiter und Jafletiter angeblich eine Gefährdung israelitischer Identität. Weshalb aber ansonsten unbekannte Fremdvölker verwendet worden sind, um die Gefahren fremder Völker zu thematisieren, ist fraglich, zumal man besser bekannte und negativ konnotierte Volksgruppen zur Verfügung gehabt hätte. 110 Vgl. SEEBASS 1984, 82. 111 Vgl. zum Problem ELLIGER 1930, 305 Anm. 1; SEEBASS 1984, 77; CORTESE 1990, 17.

2. Sprachliche Beobachtungen

169

erklären ist.112 Hinzu kommt, dass in der Parallele in Jos 18,14 eine Erweiterung bis nach Geser und bis zum Mittelmeer nicht in den Blick genommen wird. Außerdem ist der kanaanäische Ort Geser erst später als Mitgift des Pharaos in den Besitz Salomos gekommen (1Kön 9,16), während Efraim zunächst die kanaanäischen Bewohner Gesers nach v.10 noch nicht vertreiben konnte. Anscheinend ist weʿad Gāzær aufgrund der Doppelung anscheinend ein sekundärer Zusatz. Auf diese Weise wird das Gebiet der Söhne Josef nach Westen über Geser bis ans Mittelmeer erweitert.113 Hier wird eine Ideallinie gezeichnet, die nicht auf einer historischen Tradition beruhen muss. Im Gegensatz dazu könnte hingegen die eigentliche Grenze nicht nach Westen, sondern nach Süden verlaufen sein. Die Form wayyinḥalû ist nur in v.4 und in Jos 19,9 belegt, wo die Simeoniter ebenfalls ein Lehen erhalten. Da die Gebietsbeschreibung der Simeoniter aufgrund von sprachlichen Beobachtungen nicht zur Grundschicht gehören kann, ist auch v.4 vermutlich erst sekundär hinzu gewachsen, als man bewusst darauf hinweisen wollte, dass es sich bei den „Söhnen Josef“ um Manasse und Efraim handelt, wobei man die kanonische Abfolge der beiden Josefsöhne beibehielt. Interessanterweise wird im Anschluss aber zunächst Efraim und erst dann in Jos 17 Manasse näher behandelt. Literarhistorisch setzt v.4 mindestens die literarische Ebene von Jos 14,1, wo die „Söhne Israels“ Lehen erhalten, oder von Jos 19,49 voraus, wo die Landverteilung abgeschlossen wird (NḤL-G).114 Ob hier schon die Konzeption eines Zwölfstämmevolkes im Blick ist, ist fraglich, zumal die „Söhne Josef“ als eigene Einheit dargestellt werden und nicht als zwei separate Stämme gewertet werden müssen. Die Südgrenze Efraims wird in v.5 nur in abgekürzter Form dargestellt, da diese wesentlich ausführlicher bereits in v.1–3 angegeben ist. Aufgrund dieser Doppelung war es nicht nötig alle Grenzpunkte noch einmal anzuführen.115 Entweder ist es in v.5 zu Kürzungen gekommen oder die Südgrenze der „Söhne Josef“ baut die in der Tradition vorgegebene Südgrenze Efraims sekundär aus. Ausweislich der Idiomatik scheint in v.5–8 ein altes Dokument vorzuliegen. Dementsprechend ist es wahrscheinlich, dass die knappe Grenzangabe in v.5 in einem redaktionellen Schritt in v.1–3 sekundär weiter ausgebaut wurde. Innerhalb der Grenzbeschreibung von Efraim fällt in v.5–6 die gehäufte Verwendung von mimmizraḥ bzw. mizrāḥāh auf, die an der Zuverlässigkeit der hier gegebenen Daten zweifeln lassen könnte.116 Diese Richtungsangaben werden meistens je nach Kontext unterschiedlich wiedergegeben: „im Osten“, 112

Vgl. ELLIGER 1930, 305 Anm. 1. Zu 3b als Zusatz, der eine Ideallinie beschreibt, vgl. SEEBASS 1984, 77. Dagegen aber CORTESE 1990, 70. 114 Zu einer Beziehung von v.4 mit Jos 14,1.4 vgl. auch NEEF 1995, 144. 115 Vgl. HOWARD 1998, 347. Nach EDERER 2017, 239 wird mit Hilfe von v.5 die in v.1–3 beschriebene Grenze der Josefsöhne als Grenze Efraims näher präzisiert. 116 Vgl. RÖSEL 2011, 268. 113

170

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

„nach Osten“ oder „östlich von“.117 Trotzdem spricht viel dafür, hier schon aufgrund der fehlenden sprachlichen Varianz eine verwendete alte Tradition zu vermuten. Während 6aα die Südgrenze Efraims nach Westen bis zum Mittelmeer erweitert, beginnt die Nordgrenze programmatisch mit dem Toponym Michmetat,118 von dem aus die Grenze zunächst nach Osten und dann ab v.8 nach Westen verläuft, obschon das Toponym Michmetat nur in der Paralleltradition in Jos 17,7–8 zur Beschreibung des westlichen Grenzverlaufes gebraucht wird. Auch bei den Nordstämmen Sebulon, Ascher und Naftali wird bei der Grenzbeschreibung ein früherer Ausgangspunkt wiederum eingenommen, um von dort aus die Grenze weiter zu zeichnen.119 Bei dem nur hier belegten Ausdruck Taʾanat Šiloh scheint es sich um eine Constructusverbindung zu handeln, sodass hier nur ein einziger Ort im Blick ist. Vermutlich verweist das Toponym Taanat-Schilo auf einen Ort, an dem sich eine Kultstätte befand, zumal der Namenszusatz Šiloh wahrscheinlich von der Wurzel ŠʾL „fragen“ hergeleitet werden kann.120 Dementsprechend kann das Toponym Taʾanat Šiloh mit „Feigenbaum des Orakels“ wiedergegeben werden. In 7b wird die Grenze von Jericho bis zum Jordan gezogen, sodass hier eigentlich kein Gebiet mehr abgesteckt werden kann, sondern eine Nulllinie beschrieben wird.121 Insofern könnte 7bβ ein sekundärer Zusatz sein, der die ideale Vorstellung eines Stammesgebietes im Blick gehabt hat, das bis zum Jordan als Ostgrenze reichen muss. Im Idealfall erstrecken sich nach dieser Konzeption die einzelnen Stammesgebiete jeweils vom Jordan bis ans Mittelmeer. Der Satz in 8a fällt aus der Grenzbeschreibung insofern heraus, als hier nicht in weqatal formuliert wird, sondern in x-yiqtol. Auf diese Weise wird der Ausgangspunkt Tappuach betont vorangestellt. Die Änderung der Verbformation könnte entweder mit dem abrupten Einsatz von v.8 zusammenhängen,122 auf redaktionelle Arbeit zurückzuführen sein123 oder aufgrund der Vorausnahme 117

Vgl. hierzu auch RÖSEL 2011, 273. Es ist fraglich, ob Michmetat tatsächlich eine Ortschaft bezeichnet, zumal der verwendete Artikel darauf hinweisen könnte, dass hier eine geographische Entität gemeint sein könnte (Berg, Tal), vgl. ELLIGER 1938, 7 Anm. 2; NAʾAMAN 1986, 152; ZIESE 2008, 302 Anm. 17; MATTHEWS 2016, 133. 119 Vgl. schon ELLIGER 1930, 268 Anm. 3; NAʾAMAN 1986, 148. Hier wäre auf Jos 19,10–12 (Sebulon), Jos 19,25–27 (Ascher) und Jos 19,33–34 (Naftali) hinzuweisen. Ähnlich schon KNOBEL 1861, 443. 120 Vgl. ZADOK 1977, 267. 121 Vgl. SEEBASS 1984, 75. Anders hingegen KALLAI 1986a, 165f., der davon ausgeht, dass das Gebiet von Naara bis an den Jordan reicht. 122 Vgl. NOTH 1971a, 249 Anm. 47. 123 Vgl. ELLIGER 1930, 271f., der die ersten beiden Worte von v.8 einer redaktionellen Hand zuschreibt. 118

2. Sprachliche Beobachtungen

171

des Ortes Tappuach begründet sein.124 Hinzu kommt, dass v.8 vielleicht die längeren Ausführungen in Jos 17,7–8 voraussetzen könnte.125 Allerdings ist es durchaus möglich, dass ein Redaktor seinerseits in Jos 17 die kryptische Grenzbeschreibung von Efraim ausgebaut hat. Denn schon in der Beschreibung der Südgrenze der „Söhne Josef“ sind noch zusätzliche Daten ergänzt worden. Hier könnte vielleicht der Grundsatz gelten, dass sich hinter der kürzeren Lesart die ursprüngliche Tradition verbirgt. Offenbar soll in 8a zunächst beschrieben werden, dass die Nordgrenze Efraims ausgehend von der Gegend um Sichem nach Südwesten verläuft.126 Es ist nicht nötig, dass man die Konjunktion w= zu Beginn von v.9 explikativ versteht und damit alle efraimitischen Städte eigentlich dem Stammesgebiet von Manasse zuweist.127 Denn dann hätte man hier den einzigartigen Fall im Josuabuch, dass aus einem zusammenhängenden Stammesgebiet Städte für einen anderen Stamm ausgesondert werden. Nur das Stammesgebiet Simeon wird sekundär ebenfalls in der Mitte des Lehens der Söhne Juda verortet. Der singuläre Ausdruck hæʿārîm hammibdālot ist ebenfalls schwierig, zumal man hammibdālot entweder als Nomen im Plural oder mit einer etwas veränderten Vokalisierung als determiniertes Partizip deuten könnte.128 Hier kommt man über Vermutungen kaum noch hinaus. Einige Städte Efraims werden gemäß v.9 im Lehensgebiet von Manasse verortet, was mit der Formel betôk naḥalat ausgedrückt wird. Auf die Tradition, dass in Manasse einige efraimitische Städte liegen, weist Jos 17,9 ebenfalls hin, wo dies mit betôk ʿārê Menaššæh ausgedrückt wird. Offenbar darf man sich die Grenzen zwischen den einzelnen Stammesgebieten nicht statisch vorstellen, vielmehr konnten sich Grenzen im Verlauf der Zeit immer wieder verschieben. In einem Stämmesystem ist zudem bisweilen von fluktuierenden Grenzen auszugehen.129 Zwar gibt es die in v.9 genannte Verbindung hæʿārîm weḥaṣrêhæn auch an anderen Stellen des Josuabuches,130 aber nie ist von einer „Gesamtheit“ der 124

Vgl. NEEF 1995, 145. Vgl. hierzu auch HERTZBERG 1985, 102. 126 Nach AHARONI 1967, 236 verbleibt folglich die Küstenebene und das Hügelland für Manasse. In v.8 wird zudem das Verb HLK verwendet, das hier offenbar eine Richtungsänderung des Grenzverlaufs beschreibt, vgl. NAʾAMAN 1986, 148. Nach CAMPBELL 1984, 74 Anm. 17 könnte das Verb HLK in Grenzbeschreibungen die Bedeutung „(von Berg zu Berg) springen“ besitzen. 127 Kritisch hierzu GEUS 1976, 76; WOUDSTRA 1981, 261 Anm. 8. SIMONS 1948, 194 überträgt die Konjunktion hingegen kopulativ mit „außerdem“. KALLAI 1986a, 153 geht hier von einem waw copulativum aus, das hier einen Nachtrag andeutet. 128 Zu dieser Mischform vgl. auch DILLMANN 1886, 541; STEUERNAGEL 1900, 217; NOTH 1971b, 100; BOLING 1982, 403. SIMONS 1948, 194 vermutet, dass diese Redeweise darauf zurückzuführen ist, dass es sich hier nur um eine relativ kleine Enklave handelt. 129 Vgl. KNAUF 2008, 150; RÖSEL 2011, 274. 130 Jos 13,23; 16,9; 19,23.39. 125

172

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

Städte und Gehöfte die Rede. Außerdem steht die Formel hæʿārîm weḥaṣrêhæn ansonsten in der Regel hinter der zuvor erwähnten Ortsliste. Bei der Darstellung des Stammesgebietes von Efraim wird jedoch auf eine genaue Ortsliste aus unbekannten Gründen verzichtet.131 Hinzu kommt, dass v.9 weder ein Prädikat noch eine Zahlenangabe aufweist. Stattdessen wird in 9a darauf verwiesen, dass es efraimitische Städte im Gebiet von Manasse gab, die aber nicht mit Namen genannt werden. Im vorliegenden Text bezieht sich der Ausdruck „Gesamtheit von Städten“ anscheinend auf die für Efraim ausgesonderten Städte in manassitischem Territorium und nicht auf eine efraimitische Ortsliste. Der Hinweis auf efraimitische Städte im Gebiet von Manasse führt zudem den Losentscheid ad absurdum. Denn durch das Los werden Gebiete für die einzelnen Stämme bestimmt. Enklaven, die von anderen Stämmen beansprucht werden, sind hier eigentlich nicht im Blick. Somit wird in v.9 die Konzeption eines klar abgegrenzten Gebietes aufgegeben. Der jeweilige Stammesbesitz scheint hier nicht deutlich voneinander geschieden zu sein. All diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass v.9 vermutlich erst sekundär hinzu gewachsen ist, als man dem Stamm Efraim noch Land in Manasse zuweisen wollte. Gelegentlich wird dieser Vers einer alten Tradition zugewiesen, wonach sich die Stämme bei der Besiedlung des Verheißungslandes nicht immer an Absprachen gehalten haben.132 Allerdings ist nicht sicher, ob man v.9 als historische Notiz verstehen darf.133 Außerdem widerspricht dies deutlich dem priesterlichen Ordnungsschema, das ansonsten für exakt definierte Grenzen zwischen den einzelnen Gebieten einsteht. In v.10 wird zudem darauf hingewiesen, dass man nicht in der Lage war, den Kanaanäer aus Geser zu vertreiben. Dies wird – wie auch bei anderen Nichtvertreibungsnotizen – mit dem Idiom loʾ hôrîšû ausgedrückt.134 Diese Aussage findet sich fast wortgleich in Ri 1,29 und könnte von dort entlehnt sein,135 wobei aber in Ri 1,29 der Verweis auf die Fronarbeit fehlt. Aufgrund der Verbindung zu Ri 1,29 könnte v.10 auf einen späten Redaktor zurückgehen,136 der diese Angleichung an das Richterbuch eingetragen hat und beide Bücher miteinander verbinden wollte. Ähnlich wie in Ri 1 blieb der Kanaanäer in der Mitte Efraims wohnen. Auch hierfür wird in v.10 ein bekannter Ausdruck (YŠB beqæræb) verwendet, der

131 Nach HOLZINGER 1901, 66; KAUFMANN 1985, 57; PITKÄNEN 2010, 301 könnte die Ortsliste entfallen sein. Dies gehe nach KNAUF 2008, 149 auf antisamaritanische Eingriffe zurück. 132 Vgl. BUTLER 2014b, 142. 133 So aber noch MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 71. 134 Jos 13,13; 16,10; 17,13; Ri 1,21.28.32. 135 Vgl. SEEBASS 1984, 77; GÖRG 1991, 78; NELSON 1997, 197. 136 Vgl. GRAY 1986, 147. Nach IBAÑEZ ARANA 1981, 91 ist v.10 ebenfalls sekundär zu v.1–9 hinzu gewachsen.

2. Sprachliche Beobachtungen

173

sich bei den meisten anderen Nichtvertreibungsnotizen ebenfalls findet.137 Darüber hinaus weist die zeitliche Näherbestimmung ʿad hayyôm hazzæh darauf hin, dass dieser Zustand noch zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen offenbar bestand. Die zeitliche Verortung ʿad hayyôm hazzæh wird bei anderen vergleichbaren Angaben ebenfalls verwendet.138 Diese gelehrte Notiz wird häufig im Josuabuch eingebracht, allerdings nie im Zusammenhang mit der eigentlichen Landverteilung.139 Die in v.10 verwendete Formulierung wayehî lemas ʿobed ist sprachlich holprig, da dies eigentlich eine Possessivaussage ist „Er gehörte der Fronarbeit“.140 Auch der Begriff mas ʿobed ist doppeldeutig, zumal hier ʿobed entweder Attribut oder nomen rectum sein könnte.141 Der Hinweis, dass die im Land lebenden Fremdvölker zur Fronarbeit herangezogen worden sind, ist in 1Kön 9,21 (lemas ʿobed) ebenso belegt und zwar als Salomo diese Bevölkerungsgruppe ausgebeutet hat. Allerdings hat der Pharao nach 1Kön 9,16 den Kanaanäer, der in Geser wohnt, bereits erschlagen. Der Begriff „Kanaanäer“ bezieht sich in 1Kön 9,16 auf ein Kollektiv und bezeichnet demnach die Gesamtbevölkerung, die vom Pharao getötet wird. Dementsprechend sind danach eigentlich keine Fronarbeiter mehr übrig,142 sodass nur noch die „Übriggebliebenen“ der indigenen Bevölkerung für die Fronarbeit in Frage gekommen sind. Der Begriff lemas ʿobed wird zudem im Jakobsegen mit dem Stamm Issachar verbunden (Gen 49,15), der ebenfalls zum fronpflichtigen Knecht wird. Allerdings wird nicht gesagt, wem sich Issachar unterordnet. Im Gegensatz dazu wird Fronarbeit fast immer der Fremdbevölkerung und nicht einem eigenen Stamm aufgelastet.143 Die Verpflichtung zur Fronarbeit wird zudem im Gesetz zur Eroberung von Fremdstädten angeordnet (Dtn 20,11) und im Fall von Gibeon in die Tat umgesetzt (Jos 9,27), auch wenn dort der Ausdruck mas nicht verwendet wird. Mit dem Begriff mas, der nach dtn. Konzeption Fremdvölkern aufzubürden ist (Dtn 20,11), wird hier offenbar dtr. Idiomatik übernommen. Dementsprechend wird v.10 wohl ein dtr. Zusatz sein, der eine Verbindung zum Richterbuch herstellt, auf die Nichteroberung bestimmter Bevölkerungsgruppen hinweist und die torakonforme Verpflichtung der indigenen Bevölkerung zur Zwangsarbeit durchsetzt. 137

Jos 13,13; 16,10; Ri 1,32.33. Jos 13,13; 16,10; Ri 1,21. 139 Jos 4,9; 5,9; 6,25; 7,26; 8,28.29; 9,27; 13,13; 14,14; 15,63; 16,10; 22,3.17; 23,8.9. 140 Vgl. KNAUF 2008, 151. 141 Vgl. FRITZ 1994, 175. 142 Zu diesem Widerspruch vgl. auch KNAUF 2008, 150f. 143 Jos 16,10; 17,13; Ri 1,28.30.33.35. Mitunter könnte der Hinweis auf die übriggebliebene Fremdbevölkerung auf ein Versagen Efraims hinweisen, da das geforderte Banngebot nicht rigoros befolgt wurde, vgl. zum Problem HOWARD 1998, 349; HUBBARD 2009, 410; BUTLER 2014b, 143. HESS 1996a, 284 weist auf EA 365,8–14 hin, wo auf ähnliche Weise der indigenen Bevölkerung Fronarbeit im Gebiet von Schunem aufgebürdet wird. 138

174

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

3. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe Auch zu Jos 16,1–10 sind unterschiedliche literarkritische und redaktionsgeschichtliche Perspektiven entwickelt worden, die teils aber den größeren Kontext Jos 16–17 berücksichtigen und daher nicht ohne eine adäquate Einbindung von Jos 17,1–13 in die jeweilige Hypothese verstanden werden können: Noth (1971):144 In Jos 16,1–10 sei von einem Bearbeiter die vorliegende Tradition eines Grenzbeschreibungsdokumentes verwendet und teils ergänzt worden. Als Glossen seien in v.1 die Richtungsangabe mizrāḥāh sowie hammidbār eingedrungen, auch wenn hierfür kein Grund angegeben wird. Es stellt sich hier die Frage, weshalb ein späterer Glossator einen gut verständlichen Text nachträglich entstellt haben sollte. Die Führung der Südgrenze Efraims bis ans Mittelmeer in 6a oder der Ostgrenze bis zum Jordan in 7bβ müsste sekundär ergänzt worden sein und hat keinen Anhalt in der ursprünglichen Grenzliste. Darüber hinaus sei v.9 vom Bearbeiter eingetragen worden, da im System der Grenzfixpunkte zunächst lediglich ein einziges zusammenhängendes Gebiet für die Josefstämme entworfen worden sei. Erst in einem zweiten Schritt sei dann ein eigenständiges Gebiet für Efraim abgegrenzt worden. Auf diese Weise sei das tatsächliche Nebeneinander der beiden Stämme Efraim und Manasse berücksichtigt worden. Der abschließende v.10 sei zudem ein erweitertes Zitat aus Ri 1,29, das ebenfalls sekundär hinzu gewachsen sei. Abgesehen von v.10 scheint bei diesem Entwurf alles – abgesehen von kleineren Glossen – auf die Hand eines Bearbeiters zurückzugehen, der eine ursprüngliche Grenzliste verwendet und erweitert hat. Allerdings werden weder die Glossen sachgemäß begründet, noch die Anbindung von v.4 in den größeren redaktionellen Kontext oder die syntaktische Problematik von v.9 adäquat eingeordnet. Otto (1979):145 V.1–3 seien ein eigenes Überlieferungsstück, das die Reichsgrenze zwischen Nord- und Südreich darstellen solle. Hierauf könnte die Bezeichnung der Söhne Josef hinweisen. Bei der efraimitischen Grenzbeschreibung lägen zudem gerade dort zuverlässige Daten vor, wo es um die Abgrenzung zu Manasse gehe.146 Außerdem sei v.10 eine Übernahme aus Ri 1,29. Darüber hinaus trage 8aβ noch die Konzeption ein, dass das gesamte Land an die Stämme verteilt worden sei, da hier die ideale Erstreckung bis zum Mittelmeer in den Blick genommen werde. Dass dies nicht zur ursprünglichen Tradition gehören könne, sei schon vor dem Hintergrund wahrscheinlich, dass eine Herrschaft Efraims über die Küstenebene historisch unwahrscheinlich sei. Dieser Einwand ist freilich

1)

2)

144

Vgl. NOTH 1971b, 100–107. Vgl. OTTO 1979, 233f. 146 Vgl. OTTO 1979, 244. 145

3. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

175

nur dann stichhaltig, wenn mit diesen Angaben ein tatsächlich existierender Grenzverlauf gezeichnet werden soll. Das ist bei der ursprünglichen Tradition aber nicht notwendigerweise erforderlich. Außerdem ist fraglich, ob es sich bei v.1–3 tatsächlich um ein altes Überlieferungsstück handelt. Darüber hinaus muss es sich ausweislich der Idiomatik bei 8aβ nicht um eine sekundäre Ergänzung handeln. Außerdem werden weder v.4 noch v.9 hinsichtlich ihrer literarhistorischen Zuordnung hinterfragt. Auld (1980):147 Die Grenzbeschreibung Efraims in v.5–8 gehe aufgrund von sprachlichen Kriterien auf eine ursprüngliche Tradition zurück, während die Darstellung der Südgrenze in v.1–3 auf eine spätere Hand zurückzuführen sei, die beide Stammesgebiete Manasse und Efraim unter der Konzeption der „Söhne Josef“ zusammengeführt habe. Außerdem sei v.10 mit seinem Hinweis auf die noch nicht eroberte Stadt Geser redaktionell ergänzt worden, wobei dieser Vers kein Zitat aus Ri 1,29 sei. Vielmehr habe Ri 1 die verstreuten Nichteroberungsnotizen gesammelt und miteinander verbunden.148 Schon die von Auld behauptete Priorität von v.10 gegenüber Ri 1,29 ist nicht unproblematisch, da v.10 der längere Text ist. Insofern scheint v.10 die Angaben von Ri 1,29 zusätzlich ergänzt zu haben. Dementsprechend wird in v.10 das Toponym Geser auf Efraim erweitert, zusätzlich die Zeitangabe „bis zum heutigen Tag“ ergänzt, und die torakonforme Verpflichtung zur Fronarbeit angeführt. Auch die Veränderung zu einer pluralen Verbalform setzt den Kontext der benê ʾæfrayim von v.9 voraus und lässt sich somit gut erklären. Problematisch ist ebenfalls, dass die inhaltlich und syntaktisch schwierigen v.4 und v.9 nicht in die vorliegende Hypothese eingebunden werden. Seebass (1984):149 In der ursprünglichen Tradition, die hier eingearbeitet worden sei, habe der Schwerpunkt auf Manasse gelegen, der nach Jos 17,1 den gesamten Losanteil der Josefstämme erhalten habe. Aus diesem seien dann kleine Teile für Efraim herausgelöst worden, was die genaueren Grenzangaben für Efraim erkläre. Die ursprüngliche Tradition habe zudem eine andere Anordnung besessen, die aus folgenden Versen bestanden habe: Jos 16,1–3a (ohne Geser).4; 17,1a.7–9a.10aβ–11(cj); 16,5b– 7bα.8–9. Schon der Grundbestand habe Gebiete für die beiden Stämme Manasse und Efraim vorgesehen, sei aber von einer zusammenhängenden Größe der „Söhne Josef“ ausgegangen. Erst in einem zweiten Schritt sei dann die jetzige Anordnung geschaffen worden: Jos 16,1–3a (ohne Geser).4.5b–9. Durch diese Umstellung sei der Stamm Efraim deutlich aufgewertet worden, zumal Efraim im Gegensatz zu Manasse ein geschlossenes Territorium erhalten habe, das keine Leerräume mehr aufweise. Die

3)

4)

147

Vgl. AULD 1980, 60.64–67. Vgl. hierzu auch AULD 1975, 279–284. 149 Vgl. SEEBASS 1984, 74–83. 148

176

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

doppelte Einführung der Grenzbeschreibung Efraims in 5a sei redaktionell ergänzt worden. Ebenfalls redaktionell sei Geser in 3a sowie 3b und v.10 eingetragen worden. In dieser Hypothese wird v.9 als Schlüssel dafür gesehen, dass das Stammesgebiet von Efraim sekundär aus dem Territorium der „Söhne Josef“ ausgegliedert wurde. Außerdem wird v.4 für eine Umordnung der vorliegenden Abfolge Efraim-Manasse gedeutet, was aber nicht zwingend ist. Es stellt sich zudem die Frage, weshalb ein späterer Redaktor die bessere Abfolge durchbrochen haben soll. Cortese (1990):150 Wie bei früheren Entwürfen habe der Abschnitt mit dem Stammesgebiet Efraims in v.5–10 zunächst hinter Jos 17,1–13 gestanden. Die jetzige Umstellung folge hingegen der Anordnung in Gen 48 und sei vor diesem Hintergrund verständlich. Außerdem habe Jos 16 einen doppelten Schluss (8b.9b und v.10), in dem sekundär noch die Notiz der efraimitischen Städte im Territorium von Manasse in 9a eingeschoben worden sei. Allerdings wird der doppelte Schluss, bei der neben der Abschlussformel in 8b noch auf nicht erobertes Gebiet hingewiesen wird, nicht literarhistorisch ausgewertet, zumal zuvor eine Ortsliste fehlen könnte und v.10 offenbar eine Übernahme aus Ri 1,29 ist. Das erklärungsbedürftige redaktionelle Eindringen von v.9a bleibt ebenfalls offen. Fritz (1994):151 In Jos 16 werde zunächst die Südgrenze der Josefstämme (v.1–3) und nach einer Überleitung (v.4) die Grenzbeschreibung von Efraim (v.5–9) geboten. Der Darstellung des efraimitischen Stammesgebietes lägen Grenzfixpunktreihen zugrunde. Zunächst sei ein zusammenhängendes Gebiet für die Josefstämme entworfen worden. Hierauf weise v.9 hin, dass nämlich Efraim Städte aus Manasse zugewiesen bekommen habe. Der abschließende v.10 sei hingegen als redaktionelles Einsprengsel mit Blick auf Ri 1,29 hinzu gewachsen. Eine Umstellung von Jos 17,1–13 vor Jos 16,5–9 sei hingegen nicht erforderlich, da die efraimitische Grenzbeschreibung erst spät von DtrH mit Blick auf die Darstellung des manassitischen Gebietes eingetragen worden sei. Dann stellt sich aber die Frage, weshalb v.4 nicht die Abfolge Efraim-Manasse belegt, zumal v.4 auf einer Ebene wie v.5–9 beurteilt wird. Außerdem werden die internen Spannungen und Doppelungen in v.1–9 kaum berücksichtigt und redaktionsgeschichtlich verwertet. Neef (1995):152 In der Beschreibung der Südgrenze der Josefsöhne (Jos 16,1–3) seien in v.3 Geser und der Verweis auf das Mittelmeer als Grenze sekundär ergänzt worden, da zum einen Geser erst unter Salomo an Israel gefallen sei und zum anderen das Mittelmeer als die ideale Westgrenze der Stammesgebiete konstruiert worden sei. Auch im Abschnitt der

5)

6)

7)

150

Vgl. CORTESE 1990, 17. Vgl. FRITZ 1994, 170–175. 152 Vgl. NEEF 1995, 143.145. 151

3. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

177

Grenzbeschreibung Efraims (Jos 16,5–8) sei der Abschluss, der die Grenzlinie bis zum Mittelmeer ziehe, sekundär eingedrungen. Darüber hinaus sei v.10, der das Verhältnis Efraims zu den Kanaanäern thematisiere, nachträglich aus Ri 1,29 übernommen worden. Wiederum werden die beiden problematischen v.4 und v.9 nicht thematisiert, obschon sie sprachlich und inhaltlich auffällig sind. Knauf (2008):153 Die ursprüngliche Tradition habe mit v.4 begonnen, während die jetzige Einleitung in v.1–3 erst in Verbindung mit Jos 17,14–18 hinzu gewachsen sei, dem gemäß sich die Josefsstämme über das eine Los beschwert hätten. Der abschließende v.10 gehe auf die Josua-Richter-Redaktion zurück, die eine flächendeckende Eroberung und Besiedlung des Verheißungslandes nicht habe mittragen wollen. Beim schwierigen v.9 wird zudem angenommen, dass es zu einem Ausfall von Text gekommen sei, was zumindest die syntaktische Leerstelle erklären könnte. Allerdings stellt sich die Frage, weshalb v.4 die Abfolge Manasse-Efraim belegt, während ab v.5 zunächst das Gebiet von Efraim besprochen wird. Diese Beobachtung spricht zumindest gegen die These, dass sich v.4 und v.5 auf einer literarischen Ebene befinden. Rösel (2011):154 In v.1–8 sei mit gelegentlichen Glossen und Überarbeitungen zu rechnen, die nicht in der Vorlage gestanden hätten, die vom Redaktor verwendet worden sei. So habe in v.1 nur ein Hinweis auf Jericho gestanden und die Ausweitung der Südgrenze in v.3 bis nach Geser und dem Mittelmeer sei ebenfalls erst später hinzu gewachsen. Außerdem sei 8b einem priesterlichen Redaktor zuzuweisen. Darüber hinaus sei v.9 ein späterer Zusatz, der auf einer Ebene mit Jos 17,9 liege, wo ebenfalls von efraimitischen Städten in Manasse ausgegangen werde. Schließlich folge in v.10 eine weitere eigenständige Tradition, die über die Unfähigkeit Efraims informiere, die kanaanäische Stadt Geser zu unterwerfen. Derartige Notizen, die in Ri 1 an einem Ort stünden, seien im Josuabuch an verschiedenen Stellen eingearbeitet worden, je nach kontextueller Kompatibilität. Fraglich ist, auf welcher literarhistorischen Ebene die beobachteten Glossen liegen und ob es seit jeher eine unabhängige Tradition der Grenzbeschreibung gab, die noch nicht priesterlich überarbeitet war. Problematisch ist zudem, dass v.4, der sprachlich mit der erst spät ergänzten Grenzbeschreibung Simeons in Jos 19 oder mit dem Rahmen um die Landverteilung in Jos 14 vergleichbar ist, keinem späteren Redaktor zugewiesen wird.

8)

9)

Alle bislang vorgeschlagenen literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Hypothesen haben gewisse Schwierigkeiten, sodass nach einer neuen Lösung 153 154

Vgl. KNAUF 2008, 150f. Vgl. RÖSEL 2011, 267–274.

178

Das Stammesgebiet Efraims (Jos 16,1–10)

zu suchen ist, die auf die sprachlichen und textkritischen Beobachtungen zurückgreift sowie die bisherigen Überlegungen zur Literargeschichte von Jos 13–19 aufgreift und weiterführt.

4. Eigener Entwurf Ausweislich der sprachlichen Idiomatik liegt in v.5–8 die ursprüngliche Grenzbeschreibung Efraims vor. In diesem priesterlich geprägten Text wird bereits ein ideales Stammesgebiet gezeichnet, das vom Jordan bis zum Mittelmeer reicht. Zwar sind in v.5–8 zahlreiche historisch-topographische Probleme versammelt, aber diese Beobachtung berechtigt nicht dazu, auf der Ebene der Literarkritik aufgrund von historisch-topographischen Spannungen bereits Glossen auszuscheiden. Die priesterliche Grundschicht in v.5–8, die sprachlich an Num 34 erinnert, wurde durch eine priesterliche Redaktionsschicht erweitert, die zusätzlich die doppelte Eröffnung und die Gliederung nach Sippen eingetragen hat. Außerdem scheint von dieser Redaktion in v.8 noch bei den benê ʾæfrayim der priesterliche Begriff maṭṭeh ergänzt worden zu sein, da in der Grundschicht nach v.5 nur benê ʾæfrayim stand und diese Form an sich auch in v.8 zu erwarten wäre. Im Allgemeinen entspricht die redaktionelle Arbeit in diesem Abschnitt der Verfahrensweise in den übrigen Beschreibungen zu den sieben Stämmen in Jos 15–19*, sodass hier durchaus mit einer einheitlichen und kapitelübergreifenden Redaktion zu rechnen ist. Darüber hinaus wird in v.1 die Vorstellung der beiden „Söhne Josef“ entworfen, die für das bereits existierende Siebenstämmesystem notwendig ist, weil man dadurch in Jos 17 ohne Probleme Westmanasse einbauen konnte. Diese Redaktion hat dementsprechend eine erste Version der Gebietsbeschreibung Manasses in Jos 17,1–13 angeschlossen und die beiden Stämme Efraim und Manasse durch die Bezeichnung „Söhne Josef“ als Einheit gesehen. Auf diese Weise kann die Einheit der beiden Nordstämme besonders betont und ein Siebenstämmevolk konstruiert werden, das sich ausschließlich auf das Westjordanland bezieht. Die folgenden Sätze in v.1*–4 weichen sprachlich von der priesterlichen Grundschicht in v.5–8 vor allem dadurch ab, dass hier gebûl im Sinne von „Gebiet“ verwendet wird.155 Diese Redaktion geht folglich von einem ganz anderen Verständnis des wesentlichen Begriffes gebûl aus. Aufgrund der sprachlichen Verbindung von v.4 zu Jos 19,9 und auch der unterschiedlichen Verwendung

155 Schon HOLZINGER 1901, 65f. weist darauf hin, dass die Beschreibung in v.1–3 eine Dublette zu v.5–6 ist. Ähnlich STEUERNAGEL 1900, 215. Nach DILLMANN 1886, 540 wurde in v.5 ein ursprüngliches gôrāl aus Rücksicht auf v.1 zu gebûl verändert.

4. Eigener Entwurf

179

von gebûl kann v.1*(ab „vom Jordan“).2–4 frühestens zur zweiten priesterlichen Redaktion gehören. Hierfür spricht die abweichende Anordnung Manasse-Efraim in v.4, die nicht zur Abfolge Efraim-Manasse in Jos 16–17 passt. Offenbar hat hier ein Redaktor die geographische Süd-Nord-Verteilung der Stammesgebiete nicht adäquat berücksichtigt. Die „falsche“ Abfolge ManasseEfraim in v.4 ist somit auf traditionelle Vorgaben zurückzuführen, denen zufolge Manasse der Erstgeborene ist, ohne dass daraus ein Vorrecht oder eine Vorrangstellung konstruiert wird. Aus den bereits vorliegenden Daten in v.5– 8 hat diese Redaktion die Südgrenze der „Söhne Josef“ und schließlich die Grenzen Manasses in Jos 17,1–13 rekonstruiert. Lediglich die zweite Präpositionalverbindung mit ʿad in v.3 scheint eine Glosse zu sein. Auf diese Weise wird bereits hier der Ortsname Geser eingetragen, der aufgrund des Nachtrags in v.10 benötigt wurde. Aus diesem Grund wird die Ortsangabe weʿad Gāzær wohl auf derselben redaktionellen Ebene wie v.10 liegen, wo es um die nicht eroberten Gebiete geht. Diese Redaktion stellte demnach einen Ausgleich mit dem negativen Besitzverzeichnis in Ri 1 her. Die literarhistorische Zuweisung von v.9 ist allerdings schwierig. Vermutlich ist v.9 mit Jos 17,9 zu verbinden, wo es um manassitische Enklaven in Efraim geht. Außerdem ist hier mindestens die redaktionelle Ebene anzusetzen, die das Siebenstämmevolk mit Manasse und Efraim als „Söhne Josef“ kennt. Zusätzlich wird aber das besondere Versäumnis der beiden Josefstämme eingetragen, die nicht in der Lage waren, das ihnen zugewiesene Gebiet zu besiedeln, da es immer noch Enklaven des Nachbarstammes im eigenen Gebiet gab. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass v.9 derselben redaktionellen Hand wie v.1 zuzuweisen ist. Schließlich ist v.10 ein redaktioneller Nachtrag, der die Tradition von Ri 1,29 bereits hier vorbereitet. Somit ist v.10 auf eine Redaktion zurückzuführen, die das Josuabuch mit dem Richterbuch verbindet und bereits bei der Landverteilung die nicht erfolgte Eroberung von bestimmten Gebieten einträgt.

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180 

Das Stammesgebiet Manasses (Jos 17,1–13) Das Stammesgebiet Manasses

In Jos 17 ist der Grenzbeschreibung Manasses (v.7–13), die mit Ausnahmen und Nichteroberungsnotizen erweitert ist, eine Landnahmeerzählung (v.2–6) vorgeschaltet. Der Abschnitt über das Stammesgebiet Manasses lässt zudem erkennen, dass Manasse nur ein Teil der „Söhne Josef“ ist, wenn schon zu Beginn in v.1 vom „Erstgeborenen Josefs“ die Rede ist. Außerdem wird Manasse als plurales Kollektiv in v.10 verstanden.1 Auch wenn Manasse der Erstgeborene Josefs ist, wird sein Stammesgebiet demjenigen von Efraim nachgeordnet.2 In Jos 17,1–13 sind wahrscheinlich drei Traditionen eingearbeitet worden: 1)

Zelofhad-Tradition (v.3–4): Diese Notizen haben vermutlich ihre Grundlage in Num 27,1–7.3 Nur in Jos 17,1–6 hat der Bearbeiter genealogische Notizen aus Num 26–27 verwendet, was wohl damit zusammenhängen könnte, dass gerade beim Stamm Manasse die Teilung in west- und in ostjordanische Gebiete erklärt werden musste. Grenzbeschreibungen (v.7–10):4 Insgesamt sind in v.7–10 wohl Grenzbeschreibungen (v.7.9aα*.b.10aβb) und die Gebietsverteilung zwischen Manasse und Efraim (v.8.9aα*–aγ.10aα) zusammengearbeitet worden. Nichteroberungsnotizen (v.12–13): Diese Informationen stellen eine Gegenerzählung zur Landeroberung des Josuabuches dar.5 Wahrscheinlich hängt dieser Abschnitt mit Ri 1,27 zusammen. Außerdem wird hier die Gebietsverteilung zwischen Manasse und Kanaan näher gefasst (v.11– 13).6

2) 3)

Schon dieser Befund legt nahe, dass es sich bei der manassitischen Gebietsbeschreibung in Jos 17,1–13 um einen künstlich zusammengestellten Text han-

1

Vgl. hierzu NELSON 1997, 201. Dies könnte mit der Bevorzugung Efraims in Gen 48 zusammenhängen, vgl. HOWARD 1998, 350; MATTHEWS 2016, 133. 3 Vgl. zu dieser Abhängigkeit WÜST 1975, 63. Zu dieser priesterlichen Tradition vgl. auch PITKÄNEN 2016, 325. 4 DANELIUS 1957, 56 betont die Genauigkeit der Grenzbeschreibung, die aufgrund der großen Sorgfalt der Tradenten wahrscheinlich nur in Ausnahmefällen Fehler aufweist. 5 Vgl. BUTLER 2014b, 111.122. Nach KNAUF 2008, 152 sind v.12–13 der Josua-RichterRedaktion zuzuweisen, die die Konzeption des nicht eroberten Landes hier einträgt. 6 Vgl. NEEF 1995, 156. 2

1. Textkritische Probleme

181

delt, der vermutlich nicht auf alten Traditionen beruht. Im Gegensatz dazu bietet Jos 16 die bessere Abfolge: Grenzbeschreibungen Efraims (v.5–8) und die Gebietsverteilung zwischen Efraim und Manasse (v.9) bzw. Kanaan (v.10), was wiederum nahelegt, dass es sich bei der Beschreibung des efraimitischen Stammesgebietes um eine alte Tradition handelt, die sukzessive ergänzt worden ist, während die Darstellung des Gebietes von Manasse dem efraimitischen Aufbau folgt.

1. Textkritische Probleme Ähnlich wie in Jos 16,1 bietet LXX in v.1 einen anderen Text, indem hier von den LXX-Übersetzern nicht gôrāl, sondern vermutlich gebûl (ὅρια) übertragen worden ist.7 Die abweichende LXX-Tradition könnte sich als Kontamination mit v.7 erklären lassen,8 wo es um die Grenzbeschreibung Manasses geht. Vermutlich ist die LXX-Lesart ὅρια eine Verbesserung durch die LXX. Auf diese Weise sollte offenbar betont werden, dass Manasse den Losentscheid im Gegensatz zu den anderen Stämmen, die ab Jos 18 folgen, nicht benötigt habe.9 Darüber hinaus könnte die abweichende LXX-Lesart eine Angleichung an Jos 16,5 und 17,7 sein,10 wo es in der Tat um Grenzbeschreibungen ging. Vielleicht stand in v.1 darüber hinaus ursprünglich weyāṣāʾ, worauf einige Handschriften hinweisen. Trotz alledem besteht kein zwingender Grund MT abzuändern, da sich die Änderungen durchaus gut erklären lassen. Im Gegensatz zu MT hat LXX in v.1 offenbar maṭṭeh benê Menaššæh gelesen (φυλῆς υἱῶν Μανασση).11 Diese Lesart ist vermutlich eine Erweiterung, da ein derart langer Stammesname ansonsten nur relativ selten belegt ist.12 Zudem hat LXX bei den Stammesbezeichnungen nicht immer die gleiche Form wie MT, wobei diese Beobachtung nicht notwendigerweise literarkritisch zu verwerten ist. Die Varianz bei den Stammesnamen kann vielmehr auch textkritisch als Angleichung an andere Stellen erklärt werden. In v.2–4 hat LXX einige Kürzungen vor allem bei den Genealogien vorgenommen.13 LXX stellt die Namen Hefer und Schemida um (καὶ τοῖς υἱοῖς Συμαριμ καὶ τοῖς υἱοῖς Οφερ), wobei es sich um eine Angleichung an

7

Vgl. auch RUDOLPH 1938, 222; PITKÄNEN 2010, 303. Vgl. BOLING 1982, 407. 9 Vgl. CORTESE 1990, 16. 10 Vgl. NEEF 1995, 151. 11 Vgl. hierzu auch BOLING 1982, 407. CORTESE 1990, 17 hält zudem LXX für die zuverlässigere Texttradition. Zu der wechselhaften Überlieferung der Stammesnamen im MT und LXX vgl. AULD 1979, 10f. 12 Vgl. für maṭṭeh benê + X nur Jos 13,29; 15,20; 16,8; 18,11; 19,8.23.31.39.48. 13 NEEF 1995, 151 vermutet, dass sich LXX an Num 26,37–38–LXX orientiert. 8

182

Das Stammesgebiet Manasses

Num 26,36–LXX handeln könnte. Außerdem liest LXX den letzten Namen offenbar als Schemira.14 Darüber hinaus fehlt in v.2 die Angabe „Söhne Manasses, des Sohnes Josef“. Da die längere Lesart des MT von 4QJoshb bestätigt wird,15 muss man MT textkritisch nicht verändern. In v.3 fehlt in LXX die Abfolge „des Sohnes Gileads, des Sohnes Machirs, des Sohnes Manasses“.16 Vielleicht liegt hier ein früherer Text vor, der von einem späteren Redaktor an Num 26,29 angeglichen wurde. Allerdings wird die vollständige Genealogie zumindest teilweise von 4QJoshb bestätigt,17 sodass diese Beobachtung nicht zwingend redaktionsgeschichtlich auszuwerten ist. Darüber hinaus präzisiert LXX in v.3 das enklitische Personalpronomen von benotāyw durch den Zusatz „Zelofhads“, was nicht von 4QJoshb gestützt wird, aber eine Angleichung an Num 26,37–LXX sein könnte.18 Offenbar haben die LXX-Übersetzer diesen Abschnitt an Num 26 angepasst und Unterschiede eingeebnet. Die Aufzählung der Töchter Zelofhads wird nur uneinheitlich mit der Konjunktion w= gegliedert, was auch die Varianten der Versionen zeigen.19 LXX verbindet hingegen alle Eigennamen konsequent mit der Konjunktion καὶ. Schließlich fehlt in v.4 in LXXB bei Josua der Zusatz „Sohn Nuns“.20 Der an sich verfügbare Platz von 4QJoshb würde zumindest die längere Lesart des MT gegenüber LXX durchaus erlauben,21 auch wenn in dieser Frage kein sicheres Urteil gefällt werden kann. In v.4 wird anstelle von ʾæt Mošæh von vielen Versionen das idiomatische beyad Mošæh gelesen.22 Die Lesart des MT ist zumindest die lectio difficilior, da hier ein direkter Befehl an Mose gegeben und nicht nur auf die Vermittlung des Mose verwiesen wird. Dementsprechend könnte die theologische Spitzenaussage von den Versionen abgeschwächt worden sein. Außerdem wird das Tetragramm YHWH von LXX nicht bestätigt. Darüber hinaus ist die maskuline Suffixform bei lāhæm nicht unproblematisch, da sich das enklitische Personalpronomen eigentlich auf die Töchter Zelofhads

14

Vgl. NEEF 1995, 151. Vgl. auch BOLING 1982, 407, der zudem noch von einem Textverlust am Ende von v.2 ausgeht. Nach NOTH 1971b, 96 lautet der ursprüngliche Name ausweislich der Samaria Ostraka wohl Schemjada. 15 Vgl. auch MEER 2004, 99. 16 Vgl. BOLING 1982, 407.411. 17 Vgl. MEER 2004, 99. 18 Vgl. auch NEEF 1995, 151; MEER 2004, 99. 19 Vgl. zu den unterschiedlichen Lesarten BOLING 1982, 407. 20 Vgl. HOLZINGER 1901, 68. 21 Vgl. hierzu auch BUTLER 2014b, 108. 22 Vgl. HOLZINGER 1901, 68; NEEF 1995, 151; BUTLER 2014b, 108, der auf hebräische Handschriften, LXX, Vulgata und Targum verweist. Dagegen aber NELSON 1997, 199, der hier mit MT ein nota objecti annimmt.

1. Textkritische Probleme

183

bezieht.23 Hier hat sich dem Bearbeiter wohl unbewusst ein Fehler eingeschlichen. In v.5 bezeugt LXX sogar einen ganz anderen Text, wobei MT aber von Targum und Vulgata gestützt wird,24 sodass man MT nicht abändern muss. Anstelle der Wortfolge Menaššæh ʿaśārāh lebad wird von LXX „von Anassa und zur Ebene von Labek“ (ἀπὸ Ανασσα καὶ πεδίον Λαβεκ) gelesen, wobei sich der erste Ortsname als fehlerhafte Abtrennung einer vermuteten Konjunktion min von Manasse und der letzte Ortsname als Verschreibung von lebad gut erklären lässt. Außerdem ist das Zahlwort ʿaśārāh vermutlich als mîšor verlesen worden,25 was das Eindringen von πεδίον ausgelöst haben kann. Darüber hinaus fehlt der Hinweis auf Baschan in LXX. Mitunter könnte dies damit zusammenhängen, dass LXX einen Text belegt, der die Ansetzung von Halbmanasse in Baschan, dem traditionellen Territorium des Amoriterkönigs Og, nicht kannte.26 Da LXX den Hinweis auf die Genealogie der Manassesöhne in v.3 getilgt hat, wird in v.6 zu benôt Menaššæh noch der Zusatz benê gegeben: „Töchter der Söhne Manasses“ (θυγατέρες υἱῶν Μανασση) und dementsprechend auch bānāyw zu ʾaḥêhæn „ihre Brüder“ (ἀδελφῶν αὐτῶν) geändert, um eine logisch stimmige Abfolge zu gewährleisten. In v.7 bietet LXX wiederum einen völlig anderen Text, der kaum aus MT abzuleiten ist. Die Abweichungen der LXX sollen im Folgenden nicht übernommen werden.27 Die Präpositionalverbindung meʾāšær, die offenbar den Stammesnamen Ascher hier einträgt, ist schwierig, weshalb hier gelegentlich meʾešæd „vom Hang“ gelesen wird, was zusammen mit dem Toponym Michmetat einen besseren Sinn ergeben könnte.28 Allerdings ist der Stammesname Ascher später in v.10 durchaus belegt, sodass er auch in v.7 nicht ausgeschlossen ist, zumal dann in v.7 ein geeigneter Anfangspunkt genannt worden wäre.29 23 Nach SOGGIN 1982, 168 ist der Wechsel zu maskulinen Suffixen aber nicht unüblich. Vgl. zum Problem BOLING 1982, 409; PITKÄNEN 2010, 303. Nach NOTH 1971b, 96 ist hier feminines lāhæn zu lesen. Nach PUECH 2015, 499 kann auch 4QJoshb dieses Problem nicht lösen. 24 Vgl. NEEF 1995, 151. 25 Vgl. auch BOLING 1982, 409. 26 BUTLER 2014b,108 vermutet hingegen traditionelle Verbindungen von Gilead in den Baschan, die von LXX hier berücksichtigt worden wären. 27 Offenbar streicht LXX den schwierigen Ausdruck meʾāšær und verliest Michmetat zu Δηλαναθ, vgl. auch BOLING 1982, 409. Außerdem wird statt Sichem „Söhne Anats“ (υἱῶν Αναθ) verwendet, was wohl mit der vorausgegangenen falschen Lesart zusammenhängt. Außerdem scheint LXX noch eine an sich überflüssige Präposition ʾæl vor gebûl gelesen zu haben (ἐπὶ τὰ ὅρια). Zum textkritischen Problem vgl. auch DANELIUS 1958, 32–43. 28 Vgl. ABEL 1936, 104f.; ELLIGER 1938, 7 Anm. 2; ELLIGER 1970, 98; OTTO 1979, 234; BOLING 1982, 409; CAMPBELL 1984, 73 Anm. 12; SEEBASS 1984, 71 Anm. 12; FRITZ 1994, 173. Auch HERTZBERG 1985, 104 geht von einem Textfehler aus. 29 Vgl. zum Problem NOTH 1971a, 250; KALLAI 1986a, 150.

184

Das Stammesgebiet Manasses

Außerdem haben die beiden Sätze in v.7 einen parallelen Aufbau, sodass mit Ascher der nördlichste und mit Tappuach der südlichste Punkt angegeben wäre.30 In v.7 gibt LXX hayyāmîn als Ortsname Ιαμιν wieder, der aber ansonsten unbekannt ist.31 Lediglich die LXX-Lesart von yošebê als Toponym Ιασσιβ (Jaschib oder Jaschub) wird meist akzeptiert.32 Offenbar ist es hier zu einer Metathese der letzten beiden Konsonanten gekommen,33 sodass yšyb zu yšby verlesen wurde. Vermutlich ist zudem die MT-Lesart eine sekundäre Angleichung an v.11, wo wiederholt yošebê „Bewohner“ einzelner Orte genannt werden.34 Bei einer Lesart Jaschib/Jaschub müsste man das folgende Toponym En-Tappuach allerdings mit einer Konjunktion anschließen oder mit einer Constructusverbindung „Jaschib bei der Quelle von Tappuach“ rechnen. Vielleicht ist der Ortsname Jaschib/Jaschub aber auch erst sekundär als Glosse in den Text geraten, als dieser Ort als Tochtersiedlung zu Tappuach entstanden ist. Problematisch ist darüber hinaus, dass der Ort Jaschib/Jaschub in der Parallelstelle Jos 16,8 fehlt.35 Insofern könnte die ursprüngliche Lesart durchaus yošebê „Bewohner“ gewesen sein, zumal sich die Veränderung zu Jaschib/Jaschub aufgrund der später entstandenen Tochtersiedlung zu Tappuach und aufgrund von Metathese leicht zu erklären wäre. Der Ausdruck yošebê könnte zudem vor dem Hintergrund verwendet worden sein, dass diese Stadt formell zu Efraim gehörte, während das Umland von Manassiten besiedelt war.36 Dementsprechend sind andere Erklärungsversuche nicht nötig. Manchmal hat man nämlich daran gedacht, hier eine Konjektur wayyāšôb ʾæl „und sie kehrte zurück zu“ anstelle von MT ʾæl yošebê anzusetzen. Dieser Vorschlag hätte zumindest in LXX eine Stütze, wo ebenfalls die Konjunktion καὶ und die Präposition ἐπὶ stehen.37 Die Veränderung des Verbes zu einem Toponym Ιασσιβ durch die Übersetzer der 30

Vgl. NEEF 1995, 152. Zu einer Lesart Ascher vgl. auch DANELIUS 1958, 32f.; SIMONS 1959, 160; KAUFMANN 1985, 53. 31 Vielleicht hat LXX an den Simeonsohn Jamin, vgl. Gen 46,10; Ex 6,15; Num 26,12; 1Chr 4,24, oder an den Aschersohn Jimna, vgl. Num 26,44, gedacht. Zum Problem schon DILLMANN 1886, 543. Zur Identifikation eines Ortes Jamin, vgl. KNOBEL 1861, 445. Gegen einen Ortsnamen aber schon OETTLI 1893, 179f. 32 Vgl. ABEL 1936, 106f.; ELLIGER 1938, 12f.; DANELIUS 1958, 125; JENNI 1958, 39f.; SIMONS 1959, 167; AHARONI 1967, 325; NOTH 1971b, 96; BARTHÉLEMY 1982, 46; SOGGIN 1982, 168; SEEBASS 1984, 72 Anm. 14; KALLAI 1986a, 152f.; GÖRG 1991, 79; FRITZ 1994, 170; NEEF 1995, 152; RÖSEL 2011, 280. 33 Vgl. NELSON 1997, 199. Dagegen aber HOWARD 1998, 352 Anm. 152, der darauf hinweist, dass yošebê in v. 11 dreimal verwendet wird. Ähnlich WOUDSTRA 1981, 265 Anm. 11. 34 Vgl. schon ELLIGER 1930, 270 Anm. 2; BARTHÉLEMY 1982, 46. Auch nach CAMPBELL 1984, 74 Anm. 16 könnte v.7 von anderen Stellen, die „Bewohner von X“ aufweisen, kontaminiert sein. 35 Vgl. JENNI 1958, 40; KUSCHKE 1965, 104. 36 Vgl. WOUDSTRA 1981, 265. 37 Vgl. BOLING 1982, 409.

1. Textkritische Probleme

185

LXX müsste dann aber irgendwie geklärt werden. Demgegenüber lässt sich die textkritische Entwicklung vom MT zu den abweichenden Lesarten sehr gut begründen. In v.8 fehlt bei der Übertragung durch LXX das Subjekt ʾæræṣ Tappûaḥ. Es hat folglich den Anschein, dass LXX die Quelle von Tappuach aus v.7 als Subjekt betrachtet und dementsprechend folgende Differenzierung vornimmt: Die Quelle von Tappuach gehört noch zu Manasse, die Stadt hingegen zu Efraim.38 Allerdings spricht der chiastische Aufbau von v.8 für die Lesart von MT: 8a als Präpositionalverbindung-Subjekt und 8b als Subjekt-Präpositionalverbindung.39 Zu Manasse gehört demnach das Umland von Tappuach (8a), während die Stadt Tappuach zu Efraim gerechnet wird. In v.9 ist vermutlich von Textverderbnis in LXX auszugehen. Anstelle von naḥal Qānāh liest LXX „Schlucht Karana“ (φάραγγα Καρανα), das Nomen ʿārîm als Toponym „Jariel“ (Ιαριηλ) und das Demonstrativpronomen hāʾellæh offenbar als Toponym „Tereminthos (Terebinthenort)“ (τερέμινθος).40 Manchmal wird vermutet, dass vor lannaḥal die Präpositionalverbindung miṣṣāfôn ausgefallen wäre.41 Allerdings gibt es für diese Konjektur keinen zwingenden Grund, es sei denn, diese Präpositionalverbindung wäre mit Blick auf 9b weggefallen, wo ebenfalls miṣṣāfôn lannaḥal „nördlich des Tals“ steht. Ein derartiger Ausfall ist zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht zwingend. Allerdings ist die Syntax des MT ebenfalls nicht über jeden Zweifel erhaben. Gelegentlich wird nämlich hāʾellæh als Glosse gestrichen,42 zumal dieses determinierte Demonstrativpronomen kaum hinter dem indeterminierten ʿārîm als Attribut stehen kann.43 Um einen syntaktisch korrekten Text zu erhalten, kommen eigentlich nur zwei Lösungen in Frage:44 1)

Zum einen könnte man das Demonstrativpronomen hāʾellæh als Glosse völlig streichen. Wenn man diese Tilgung vornimmt, dann könnte ʿārîm zu ʾæfrayim gezogen werden („Städte bezüglich Efraim“). Man erhält dann Städte, die nægbāh lannaḥal „südlich des Tals“ liegen.45 Allerdings 38

Vgl. hierzu auch BOLING 1982, 409. Vgl. NEEF 1995, 153. 40 Zu unterschiedlichen und unsicheren Rückübersetzungen aus der LXX vgl. NELSON 1997, 199. Zum textkritischen Problem vgl. auch DANELIUS 1958, 135f.; NEEF 1995, 153. Die ursprüngliche hebräische Variante könnte zudem mit Blick auf ʿārê Menaššæh am Schluss von 9a kurz darauf zu ʿārîm verändert worden sein, vgl. BOLING 1982, 409. Die Vulgata verzichtet auf das Demonstrativpronomen, vgl. HOLZINGER 1901, 68, und ist demnach die lectio facilior. 41 Vgl. SIMONS 1948, 211; SIMONS 1959, 158f. 42 Vgl. NOTH 1971b, 98; FRITZ 1994, 170. Nach RÖSEL 2011, 281 könnte es sich um ein Echo von v.11 und damit um eine späte Glosse handeln. 43 Vgl. zum Problem SOGGIN 1982, 168. 44 Vgl. hierzu GEUS 1976, 76f.; NEEF 1995, 153. 45 Vgl. zu dieser Lösung NOTH 1971b, 98. 39

186

Das Stammesgebiet Manasses

bestätigt LXX das Demonstrativpronomen des MT hāʾellæh, da LXX offenbar das Wort ʾellæh als Substantiv ʾelāh „Terebinthe“ deutet und als τερέμινθος transkribiert. Zum anderen könnte man einen Artikel vor ʿārîm ergänzen und das Demonstrativpronomen als Attribut zu hæʿārîm ziehen. Dann würde man einen syntaktisch korrekten Text erhalten, wobei aber die Referenz von hāʾellæh schwierig ist, zumal keine Ortsliste erhalten ist. Wie beim Stammesgebiet von Efraim werden auch hier Orte genannt, die als Enklaven im benachbarten Stammesterritorium liegen.

2)

Die zweite Option kommt mit nur einer geringfügigen Änderung des MT aus und soll im Folgenden übernommen werden. Aus diesem Grund ist eine Konjektur zu hālʾāh „weiterhin“46 nicht nötig. Dementsprechend müsste man nicht von einer Metathese zweier Konsonanten ausgehen, zumal dies schon am Befund der LXX scheitert.47 Darüber hinaus muss man hāʾellæh auch nicht als Satzfrage deuten.48 Denn dann würde das Lexem ʿārîm in der Luft schweben, da man es kaum zum vorausgegangenen Satz ziehen kann. Die syntaktisch schwierige wayyiqtol-Form wayehî in v.9 könnte mit einigen Handschriften zu wehāyû zu verbessern sein.49 Auch die LXX könnte eine derartige Veränderung der Verbalformation belegen (καὶ ἔσται).50 LXX liest in v.10 die beiden Richtungsangaben nægbāh als minnægæb (ἀπὸ λιβὸς) bzw. miṣṣāfôn als ʾæl ṣāfôn (ἐπὶ βορρᾶν), was aber bei den ansonsten zu beobachtenden Unsicherheiten der LXX-Übersetzer in geographischen Angaben nicht verwundern muss.51 Offenbar hat LXX zumindest die zweite Richtungsangabe mit der folgenden abgeglichen (beide Male: ἐπὶ βορρᾶν) und die Form von mimmizrāḥ nachgeahmt (ἀπ᾽ ἀνατολῶν). Da man die Abweichungen der LXX somit gut erklären kann, muss MT nicht geändert werden. Die wayyiqtol-Form wayehî in v.10 könnte mit LXX (καὶ ἔσται) zu wehāyāh verändert werden, um eine futurische Bedeutung zu erhalten.52 Außerdem könnte man zusätzlich yāmmāh hinter hayyām „Meer“ anfügen, um die fehlende Richtungsangabe zu ergänzen.53 Allerdings ist ein solcher Eintrag nicht nötig, da die Richtung schon aufgrund des Kontextes gegeben ist. Statt wie der MT gebûlô liest LXX offenbar gebûlām (ὅρια αὐτοῖς), was aber vermutlich nur 46

Vgl. SEEBASS 1984, 72. Vgl. auch RÖSEL 2011, 280f. Anm. 2. 48 Vgl. BOLING 1982, 412. 49 Vgl. NOTH 1971b, 98. 50 Auch andernorts wird toṣeʾotāyw fast durchwegs mit einer w-qatal-Form konstruiert, vgl. Num 34,4.5.9.12; Jos 15,7; 16,3.8; 17,18; 18,12.14.19; 19,14.29. Ausnahmen: Jos 17,9 und 19,33. 51 Vgl. NEEF 1995, 153. 52 Vgl. NOTH 1971b, 98; FRITZ 1994, 170. 53 Vgl. SOGGIN 1982, 168. 47

1. Textkritische Probleme

187

eine Angleichung an die folgende plurale Verbalform ist.54 Bei einer derartigen Änderung hätte man dann in v.10 die westliche (indirekt aufgrund des Kontextes), nördliche (miṣṣāfôn) und östliche Begrenzung (mimmizrāḥ) des Gebietes der beiden „Söhne Josef“. Denn das plurale enklitische Personalpronomen würde sich auf die beiden zuvor in v.10 genannten Stämme Efraim und Manasse beziehen. Ein solcher Satz würde zudem den Abschnitt Jos 16–17 gut abschließen. Allerdings ist gebûlô die lectio difficilior55 und sollte nicht vorschnell aus inhaltlichen Gründen verändert werden. Die Form gebûlô ist zudem nur schwer aus gebûlām ableitbar, es sei denn, dass man das enklitische Personalpronomen des MT als eine Dittographie der folgenden Konjunktion w= deutet,56 wodurch dann das ursprüngliche Personalpronomen verdrängt wurde. Wie schon in v.10 liest LXX (καὶ ἔσται) in v.11 wehāyû anstelle von wayehî. Offenbar sind die wayyiqtol-Formen in v.9–11 textkritisch nicht über jeden Zweifel erhaben, da hier die für Grenzbeschreibungen ansonsten gebräuchliche w-qatal-Form eingetragen wurde. Vielleicht zeigt dieser formale Wechsel an, dass es sich bei der Grenzbeschreibung von Manasse nicht um eine alte Tradition handelt, sondern dass hier ein späterer Ergänzer mit einer anderen Syntax eingegriffen hat. Dann erklären sich auch die Abweichungen der LXX, die die Zeitstufen dem Kontext in Jos 15–19 angeglichen hat, wo bei den Grenzbeschreibungen jeweils w-qatal-Formen verwendet werden. Die Liste an manassitischen Städten in Issachar und Ascher in v.11 bereitet zahlreiche Probleme. Da die parallele Stelle Ri 1,27 nur fünf Orte nennt, könnte man „En-Dor und seine Tochterstädte“ als Zuwachs streichen.57 Möglicherweise ist die Ergänzung von En-Dor als Dittographie zum vorausgegangenen Dor entstanden,58 sodass die Liste ursprünglich nur fünf Orte umfasste: Bet-Schean, Jibleam, Dor, Taanach und Megiddo. Allerdings wird der Ort EnDor von 4QJoshb bezeugt, sodass es eher unwahrscheinlich ist, dass dieses Toponym textkritisch eingedrungen wäre.

54

Zu dieser Konjektur vgl. SIMONS 1948, 201f.; SIMONS 1959, 158. Vgl. GEUS 1976, 78 Anm. 35; OTTO 1979, 232; NEEF 1995, 153. 56 Vgl. BOLING 1982, 409. 57 Vgl. KALLAI 1986a, 175; FRITZ 1994, 170, der zudem auf die Lesart von Peschitta und Targum verweist. Zum Problem vgl. auch WAZANA 2013, 247 Anm. 11. GRAY 1984, 149 tilgt En-Dor aus topographischen Gründen. Kritisch hierzu aber WOUDSTRA 1981, 266 Anm. 15. Zu den Unterschieden zwischen Jos 17,11 und Ri 1,27 vgl. auch RAKE 2006, 51f. 58 Vgl. zum Problem SIMONS 1959, 163 Anm. 138; SOGGIN 1982, 168; RÖSEL 2011, 281. 55

188

Das Stammesgebiet Manasses

Die nota objecti vor yošebê beim Eintrag zu Dor ist auffällig und passt eigentlich nur zur Syntax von Ri 1,27. Vermutlich ist der gesamte Ausdruck „Bewohner Dors und seiner Tochterstädte“ aus Ri 1,27 entnommen worden,59 wobei die Syntax nicht verbessert oder angeglichen wurde.60 Auf diese Weise erklärt sich die Fügung der nota objecti, die der Redaktor unbesehen aus Ri 1,27 übernommen hat. Offenbar hat LXX die nota objecti auch noch auf die folgenden drei Ortsnamen bezogen,61 zumal bei diesen Orten im Gegensatz zu BetSchean eine Akkusativform verwendet worden ist. Zumindest LXX hat bereits die Lesart des MT zu Dor übernommen, sodass das syntaktische Problem literarkritisch und redaktionsgeschichtlich, aber nicht textkritisch gelöst werden sollte. Wahrscheinlich ist der Eintrag zu Dor eine sekundäre Ergänzung aus Ri 1,27. Diese Redaktion ist vielleicht auch für die Ergänzung von yošebê bei den anderen Städten verantwortlich, wofür die Tradition der Peschitta sprechen könnte.62 Die Version von 4QJoshb belegt zudem eine andere Reihenfolge der Orte (En-Dor vor Jibleam und Dor)63 und liest hannāfôt.64 Die Unterschiede zwischen MT und 4QJoshb scheinen nicht auf redaktionelle Arbeit, sondern eher auf Abschreibfehler zurückzugehen.65 Dementsprechend muss man MT nicht notwendigerweise ändern. Der Schluss von v.11 šelošæt hannāfæt ist ebenfalls schwer zu verstehen.66 Verschiedene Deutungsvorschläge sind für diese schwierige Form entwickelt worden: 1)

Vielleicht soll die Zahlenangabe šelošæt lediglich andeuten, dass die ursprüngliche Liste nur drei Toponyme genannt hat. Dies könnte der Tradition der LXXA zugrunde liegen, die nur die Orte Bet-Schean, Dor und Megiddo kennt,67 dann aber den seltsamen Ausdruck šelošæt hannāfæt mit

59 Vgl. BARTHÉLEMY 1982, 47; SEEBASS 1984, 73 Anm. 21; RÖSEL 1988, 134f.; RÖSEL 2011, 282. Zum syntaktischen Problem vgl. auch RAKE 2006, 52. 60 Anders hingegen AULD 1975, 281, dem zufolge Ri 1,27 aus Jos 17 genommen sei, wo zwei Traditionen syntaktisch schlecht miteinander verbunden seien. Im Anschluss sei diese Passage verbessert worden. Gegen derartige Abhängigkeitsverhältnisse aber schon DAHL 1934, 320. 61 Vgl. AULD 1975, 281 Anm. 67. 62 Vgl. NELSON 1997, 200. Nach AULD 1975, 282 wird zudem der eher seltene Ausdruck yošebê + Ortsnamen in späten redaktionellen Texten verwendet. 63 Vgl. MEER 2004, 103f. 64 Vgl. PUECH 2015, 499. Dies ist kompatibel mit Jos 11,2, wobei dort aufgrund der Constructusverbindung mit Dor der Artikel fehlt. Vielleicht wurde hier eine Pluralform „drei Berggebiete“ konstruiert, wofür auch Targum Onqelos und Peschitta sprechen, vgl. MEER 2004, 104. 65 Vgl. MEER 2004, 104. 66 Nach FRITZ 1994, 170 sind diese beiden Worte unverständlich und gehören nicht zum ursprünglichen Text. Anders hingegen DILLMANN 1886, 545, der nur diesen Ausdruck als ursprünglich betrachtet („drei Hügelstädte“). 67 Vgl. hierzu SEEBASS 1984, 74.

1. Textkritische Probleme

189

„das Drittel von Napheta“ wiedergibt und zusätzlich noch die Tochterstädte (καὶ τὸ τρίτον τῆς Ναφετα καὶ τὰς κώμας αὐτῆς) ergänzt. Mit einer minimalen Umvokalisierung von šelošæt zu šelišit ist diese Lesart durchaus möglich, wobei aus der Kardinalzahl des MT eine Ordinalzahl wird. Außerdem hat LXX hinter dem Ortsnamen Napheta den Ausdruck ûbenôtæ̑ hā ergänzt. Darüber hinaus hätte LXX die abschließende Zahlenangabe einfach nur falsch als weiteres Toponym verstanden. Manchmal wird pittēhēn „ihre Distrikte“ anstelle von hannāfæt gelesen, wobei man aber von einer Metathese ausgehen muss. Allerdings könnte man sich auf die Tradition des Targum berufen.68 Ob allerdings derartige Eingriffe in MT nötig sind, ist fraglich. Gelegentlich wird šelošæt hannāfæt als „Dreihügelland“ übertragen, das sich dann auf die drei zuletzt genannten Orte En-Dor, Taanach und Megiddo beziehen würde.69 Man hätte hier folglich eine Constructusverbindung „eine Dreiheit der Hügel“. Während Taanach und Megiddo nahe beieinanderliegen, lässt sich En-Dor aufgrund seiner Entfernung eigentlich nicht zu dieser Ortsgruppe hinzurechnen. Insofern ist eine derartige Lösung ebenfalls unsicher. Vielleicht ist šelošæt hannāfæt aber nur eine marginale Erklärung, die den dritten Ort der Liste als Nafat-Dor verbessern will,70 damit dieser Ort von En-Dor unterschieden werden kann. Ursprünglich wäre folglich šelîšitāh nāfat „die dritte davon: Nafat-“ gestanden, was mit einer geringfügigen Umvokalisierung und einer Abtrennung des Artikels bereits möglich wäre. Der Glossator hatte demnach das Toponym Nafat-Dor im Blick, das zuvor bereits in Jos 12,23 genannt wird.71 Diese Lösung muss aber in den Textbestand eingreifen und ist daher nicht über jeden Zweifel erhaben.

2)

3)

4)

Alles in allem bereitet der Ausdruck šelošæt hannāfæt zahlreiche Schwierigkeiten. Eine sichere Lösung ist nicht möglich. Vermutlich handelt es sich hierbei um eine Glosse,72 deren Bedeutung kaum noch zu bestimmen ist. Insgesamt muss MT nur an zwei Stellen textkritisch verbessert werden: In v.4 sollte das syntaktisch problematische lāhæm zu lāhæn geändert werden und in v.9 kommt die bessere Lesart als Attributivverbindung hæʿārîm hāʾellæh mit nur einem minimalen Eingriff in den MT aus. 68

Vgl. auch SEEBASS 1984, 74. Vgl. WOUDSTRA 1981, 266. Schon KNOBEL 1861, 448 vermutet, dass die zuletzt genannten Orte auf Hügeln lagen. 70 Vgl. HOWARD 1998, 353f. 71 Vgl. DAHL 1934, 381f.; NEEF 1995, 155. Vielleicht ist der auf Dor folgende Ort EnDor bereits ein früher Versuch, mit dem topographischen Problem eines in dieser Gegend ansonsten unbekannten Toponyms Dor umzugehen, vgl. hierzu DAHL 1934, 383. 72 Vgl. NOTH 1971b, 98; BARTHÉLEMY 1982, 47f.; GÖRG 1991, 80; NELSON 1997, 200. Auch nach RAKE 2006, 54f. Anm. 192 lässt sich der Ausdruck šelošæt hannāfæt kaum noch sicher bestimmen. 69

190

Das Stammesgebiet Manasses

2. Sprachliche und syntaktische Beobachtungen Die Eröffnung wayehî haggôrāl in v.1 ist nur an zwei Stellen des Josuabuchs zu finden,73 wobei an beiden Stellen der Losentscheid textkritisch umstritten ist. Dementsprechend könnte der Losentscheid erst sekundär in MT eingetragen worden sein, zumal LXX hier noch gebûl belegt.74 Allerdings könnte in Jos 17 auch eine andere Bedeutung von gôrāl als „Losanteil“ anzusetzen sein, zumal ein späterer Redaktor sicher nicht bewusst den Losentscheid in Texte eingetragen hat, die Jos 18 vorausgehen, wo die Landverteilung mittels Los erst begründet wird. Die Verwendung von gôrāl noch vor der Einführung des Losentscheids in Jos 18,1–10 muss auf alle Fälle geklärt werden, entweder redaktionsgeschichtlich oder semantisch (s. u.). Die Spannung zu Jos 18 lässt sich redaktionsgeschichtlich erklären. Im Endtext kann man das beobachtete Problem semantisch lösen („Losanteil“ anstelle von „Los“). Überdies fällt auf, dass in dieser Einheit die einzelnen Abschnitte immer wieder mit der Verbformation wayehî gegliedert werden,75 was im Rahmen der Landverteilungstexte sehr ungewöhnlich ist. Auch das scheint ein Hinweis auf einen späten Text zu sein, der die ansonsten üblichen w-qatal-Formen nicht übernimmt.76 Fraglich ist, ob von 1a wayehî haggôrāl die Präpositionalverbindungen „Stamm Manasse“ und „Machir“ in v.1 sowie „übrigen Söhne Manasses“ in v.2 abhängig sind. Allerdings steht einer derartigen Konstruktion die Wiederholung von wayehî in v.2 entgegen, sodass zumindest ab v.2 ein neuer Satz anzusetzen ist. Der Begriff maṭṭeh Menaššæh für den Stamm Manasse, der vor allem im Zusammenhang mit den Levitenstädten zu finden ist, verdankt sich vermutlich einer redaktionellen Hand,77 zumal ansonsten in Jos 17 andere Bezeichnungen verwendet werden. Oft wird einfaches Menaššæh gebraucht,78 daneben aber auch benê Menaššæh.79 Vielleicht ist diese eigenwillige Verteilung redaktionsgeschichtlich zu erklären, sodass die nähere Qualifikation maṭṭeh als Glosse

73

Jos 15,1; 17,1. CORTESE 1990, 17 vermutet in v.1 und v.2 eine doppelte Einleitung. Allerdings sollte man schon aufgrund des Kontextes und der sprachlichen Form keine Verbindung zu den doppelten Einleitungsformeln bei anderen Stämmen in Jos 15–19 ziehen. 74 Vgl. AULD 1978, 416f. 75 Jos 17,1.2.7.10.11.13. Vgl. auch HAWK 2000, 209. 76 Diese Auffälligkeit hat LXX verbessert (s.o.). 77 Num 1,35; 2,20; 13,11; 34,14; Jos 17,1; 20,8; 21,5.6.25.27; 22,1; 1Chr 6,47.55.56; 12,32. 78 Jos 17,5.7.8.9.10.11.17. 79 Jos 17,2.6.12.

2. Sprachliche und syntaktische Beobachtungen

191

eingedrungen ist. Auf alle Fälle ist hier von der Vorstellung eines westjordanischen Halbstammes Manasse noch nichts zu spüren.80 Die Interpretation der beiden Partikel kî in v.1 ist umstritten. Entweder handelt es sich um eine kausale Konjunktion81 oder um ein emphatisches Adverb,82 wobei die Bedeutung von kî auch innerhalb von v.1 wechseln kann. Allerdings ist fraglich, ob man angesichts der chiastischen Struktur mit dem casus pendens als zentralem Element von einer Differenzierung der Bedeutung ausgehen sollte. Zwar ist der syntaktische Anschluss von 1b an 1a bisweilen umstritten,83 aber 1b ist wahrscheinlich als casus pendens zu deuten, der durch einen kîNebensatz vom Hauptsatz getrennt ist. Der Artikel vor Gilead hagGilʿād in v.1 könnte darauf hinweisen, dass hier nicht die Person, sondern die Landschaft Gilead im Blick ist.84 Wenn man hingegen einen Eigennamen Gilead annehmen möchte, müsste man den Artikel tilgen.85 Ähnlich verfahren die chronistischen Parallelstellen, die keinen Artikel belegen und allesamt genealogisch mit „Vater Gileads“ zu übertragen sind.86 Demgegenüber wäre ʾabî hagGilʿād in v.1 wohl keine genealogische Angabe, sondern müsste mit „Herr von Gilead“ wiedergegeben werden. Manchmal wird vermutet, dass ʾabî als Glosse zu streichen wäre.87 Dann würde bereits in diesem Satz betont werden, dass Gilead dem Stamm Machir gehört. Man hätte zudem einen vollständigen Nominalsatz mit Gilead als Subjekt und Machir als Prädikat und keinen casus pendens. Der Abschluss von v.1 mit wayehî lô muss nicht gestrichen werden,88 da hier der durch zwei Appositionen erweiterte casus pendens wiederum aufgegriffen wird.89 Außerdem wird v.1 durch zwei wayehî umrahmt und bildet ein chiastisches Gefüge, das den casus pendens in die Mitte stellt. Die Definition von Manasse als bekôr „Erstgeborener“ Josefs in 1aβ könnte auf Gen 41,51 verweisen,90 wo die Namensnennung Manasses nach der Geburt

80 Anders EDERER 2017, 240, der hier schon die Zweiteilung in eine ost- und westjordanische Hälfte einträgt. 81 Vgl. PITKÄNEN 2010, 303. 82 Vgl. zu letzterem NELSON 1997, 199; HOWARD 1998, 350. Nach SIMONS 1948, 195 ist das zweite kî eine affirmative Partikel. 83 Vgl. hierzu SEEBASS 1982, 497f. 84 Vgl. GRAY 1984, 148; HOWARD 1998, 350 Anm. 147. Nach WÜST 1975, 69 Anm. 228 scheint zwar hier noch die genealogische Abfolge durch, aber aufgrund der Artikelsetzung gehe es um den Besitz Machirs im Ostjordanland. 85 Vgl. auch FRITZ 1994, 170. 86 1Chr 2,21.23; 7,14. 87 Vgl. SEEBASS 1982, 498. 88 So aber BOLING 1982, 407, für den wayehî lô eine Angleichung an v.2 sei. EDERER 2017, 241 deutet die wayyiqtol-Form konsekutiv. 89 Vgl. SIMONS 1948, 195; OTTO 1979, 230. 90 Vgl. schon DILLMANN 1886, 542.

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Das Stammesgebiet Manasses

der beiden Josefsöhne in den Blick genommen wird. Angesichts dieser intertextuellen Verbindung könnte die vorliegende Notiz vielleicht eine Glosse sein, die die weiteren Anfügungen in 1b ausgelöst hat.91 Über Stichwortassoziation wird der bekôr „Erstgeborene“ Manasses in v.1 angeschlossen, der bereits im Ostjordanland versorgt worden ist, und die übrigen Söhne Manasses in v.2: Abieser, Helek, Asriel, Sichem, Hefer und Schemida. Auch wenn Machir nach Gen 50,23 offenbar der einzige Sohn Manasses war, wird er in v.1 als bekôr „Erstgeborener“ bezeichnet,92 was weitere Brüder nahelegt, die dann in v.2 folgen können. Nicht umsonst werden in Num 26,29–34 mehrere Nachkommen Manasses genannt: der Sohn Machir, der Enkel Gilead und die Urenkel Ieser, Helek, Asriel, Sichem, Schemida und Hefer, wobei diese Abfolge fast der Anordnung in v.2 entspricht. Vermutlich greift v.2 einen Abschnitt der Sippenliste Manasses auf (Num 26,30–32).93 Ein ähnliches Verständnis wie Num 26 entwickelt auch v.2, weil hier benê Menaššæh hannôtārîm die übrigen „Söhne Manasses“ genannt werden. Da in v.3 aber zu den weit entfernten Generationen gewechselt wird, scheint der Begriff benê in v.2 seine genealogische zugunsten einer tribalen Bedeutung verloren zu haben, zumal in v.2 die „Sippen“ genannt werden, die mit benê eingeführt werden, und nicht Einzelpersonen.94 Vielleicht ist diese Liste mit Sippen Manasses relativ alt, wobei die Sippenbezeichnungen die Landkreise als Verwaltungsebene in Manasse wiedergeben könnten.95 Da die Namen Abieser, Helek, Asriel und Schemida auch auf den Ostraka von Samaria erwähnt werden,96 scheinen hier Ortsnamen zu Sippen umfunktioniert worden zu sein. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um Namen von administrativen Distrikten.97 Möglicherweise ist Machir erst sekundär mit Gilead verbunden worden, und wäre vielleicht nach Ri 5,14 ursprünglich Nachbar Efraims im Westjordanland

91

Vgl. FRITZ 1994, 173. Vgl. zum Problem schon DILLMANN 1886, 542. 93 Vgl. auch DEMSKY 1982, 70–75, der die unterschiedlichen genealogischen Versionen der Zelofhad-Töchter untersucht. 94 Vgl. RÖSEL 2011, 278. 95 KNAUF 2008, 151 vermutet, dass diese Liste die Verwaltungsgliederung unter Jerobeam II. im 8. Jh. v. Chr. widerspiegeln könnte. 96 Vgl. schon PHYTHIAN-ADAMS 1929, 233f.; WÜST 1975, 66f.; GRAY 1984, 144; FRITZ 1994, 174; NELSON 1997, 201; PITKÄNEN 2010, 304; RÖSEL 2011, 278. Zu diesen Namen vgl. auch BEN-BARAK 2006, 53–55. 97 Nach NAʾAMAN 1986, 149 erklärt dies auch, weshalb bei den Samaria Ostraka Hefer fehlt, zumal es sich um ein Land handelt, das mehrere Distrikte umfasst. Nach BERGMAN 1938, 227 sind spätestens im 9. Jh. v. Chr. aus tribalen Untergruppen administrative Einheiten geworden. 92

2. Sprachliche und syntaktische Beobachtungen

193

gewesen.98 Erst redaktionell wäre dann Machir durch Manasse ersetzt worden.99 Allerdings ist es schwierig, nur aufgrund von genealogischen Konstruktionen historische Schlussfolgerungen zu ziehen und hier Andeutungen für eine Ostwanderung des Stammes Machir einzutragen. Es hat auf alle Fälle den Anschein, dass schon in v.1 betont werden soll, dass Machir bereits im Ostjordanland versorgt ist, sodass er im Folgenden nicht mehr berücksichtigt werden muss.100 Die Bezeichnung von Machir als ʾîš milḥāmāh könnte die Tradition von Num 32,39 aufgreifen,101 wonach die „Söhne Machirs“ Gilead erobert und die dort lebenden Amoriter vertrieben haben. Allerdings passt die Erwähnung des ostjordanischen Stammes Machir nicht in den Kontext der westjordanischen Landnahme, sodass diese Stelle wohl in irgendeiner Weise mit Jos 13,29–31 zusammenhängt. Der Erzählfaden von v.1 wird zudem erst in v.7 wiederaufgenommen.102 Allerdings erklärt v.1 den auffälligen Umstand, dass ein Teil des Stammes Manasse ins Ostjordanland abgewandert ist, während der Rest das Westjordanland besiedelt hat.103 Uneinheitlich ist zudem die Bezeichnung des Ostjordanlandes als hagGilʿād wehabBāšān in v.1, ʾæræṣ hagGilʿād wehabBāšān in v.5 und ʾæræṣ hagGilʿād in v.6, was auf literarische Uneinheitlichkeit hinweisen könnte.104 Während vielleicht in v.6 auf den Baschan verzichtet werden konnte, da er im Nahkontext bereits erwähnt wurde, könnte zumindest die uneinheitliche Verwendung von ʾæræṣ „Land“ in v.5 und v.6 gegenüber v.1 eine andere redaktionelle Hand vermuten lassen. Während beim Stamm Manasse ansonsten gerne von der „Hälfte Manasses“ die Rede ist,105 findet sich nur in v.2 und v.6 die Bezeichnung nôtārîm für eine 98 Dem widerspricht aber die genealogische Formulierung Mākîr ʾabî hagGilʿād in v.1, die Machir mit dem Ostjordanland verbindet, vgl. hierzu WÜST 1975, 63. Nach WILLI 2009, 100 wird die Patroziniumsformel X ʾabî Ortsname vor allem in chronistischen Texten verwendet, um Genealogie mit Geographie zu verbinden. 99 Vgl. GÖRG 1991, 78f. Zu einer Ostwanderung Machirs, der ursprünglich ebenfalls im Westjordanland ansässig gewesen sei, vgl. BOLING 1982, 410. Vgl. zum Problem schon LEMAIRE 1981, 47; RÖSEL 2011, 277. 100 Vgl. SIMONS 1948, 195f. Vgl. auch GEUS 1976, 77, dem zufolge erklärt werden musste, warum der westjordanische Teil Machirs hier leer ausgeht. 101 Vgl. WOUDSTRA 1981, 263; BUTLER 2014b, 143. RÖSEL 2011, 277 verweist noch zusätzlich auf die Landeroberungserzählungen in Num 32,41–42. Vgl. auch EDERER 2017, 241. Nach KNAUF 2008, 151 ist Manasse schon deshalb ein großer Krieger, da er das Erbe des Riesen Og von Baschan angetreten hat. 102 Vgl. hierzu SOGGIN 1982, 181. 103 Vgl. zu diesem Übergangsvers HOWARD 1998, 350. 104 Vgl. AULD 1980, 57. 105 Als ḥaṣî šebæṭ Menaššæh in Num 32,33; Jos 13,29; 22,13.15; 1Chr 5,18.23.26; 12,38; 27,20, als ḥaṣî šebæṭ hamMenaššæh in Dtn 3,13; Jos 1,12; 4,12; 12,6; 18,7; 22,7.9.10.11.21, als ḥaṣî maṭṭeh Menaššæh in Num 34,14; Jos 21,5.6.27; 22,1; 1Chr 6,56; 12,32.

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Das Stammesgebiet Manasses

Untergruppe dieses Stammes. Der Ausdruck benê Menaššæh hannôtārîm „die übrigen Söhne Manasses“ bezieht sich zudem in v.2 ausweislich der genannten Orte auf das Westjordanland, während die gleiche Gruppe in v.6 dem Land Gilead zugewiesen wird.106 Hier wird folglich mit dem gleichen Begriff eine Gruppe beschrieben, die an einem anderen Ort lokalisiert wird. Das Lexem zekārîm „männliche Nachkommen“ in v.2 ist fast nur in späten Texten belegt und kann daher wohl kaum zu einer alten Tradition gehören.107 Die ausdrückliche Bezeichnung der genannten Nachkommen Manasses in v.2 als zekārîm bereitet vermutlich die Diskussion über den Erbbesitz der Töchter Zelofhads vor.108 In Num 26,30 sind die in v.2 genannten westjordanischen Sippen Söhne Gileads, sodass Manasse vor diesem Hintergrund vielleicht mit Gilead gleichgesetzt wird. Allerdings sollte diese Beziehung zu Gilead in Jos 17 vermutlich nicht übernommen werden, zumal Gilead und Machir klar im Ostjordanland verortet worden sind109 und hier das Westjordanland im Blick ist. Da Gilead als Sohn Machirs gilt, wird somit Manasse in dieser intertextuellen genealogischen Konstruktion implizit auch zu einem Sohn Machirs.110 Die genealogischen Zuweisungen von v.2 und v.3 sind jedenfalls problematisch. Denn nach v.2 ist Hefer ein Sohn Manasses, nach v.3 hingegen ein Urenkel Manasses, ein Enkel Machirs und ein Sohn Gileads,111 wobei die genealogische Abfolge in v.3 den in Num 26 geschilderten Familienverhältnissen entspricht. Aus alledem folgt, dass zumindest die genealogischen Erwägungen in v.2 und v.3 nicht auf einer literarischen Ebene liegen können. Während die übrigen „Söhne Manasses“ in sechs Sippen aufgegliedert werden, erfolgt in v.3 noch eine Untergliederung der Sippe Hefer in weibliche Untergruppen. Insgesamt greift der Abschnitt v.3–6 auf Num 27 und Num 36 zurück und passt diese Tradition dem Kontext an. Es stellt sich in v.3–6 allerdings

106 Vgl. zum Problem AULD 1980, 57. Trotz dieser Differenz sieht BOLING 1982, 412 in diesem Ausdruck eine rahmende rhetorische Inklusion. 107 Ex 13,12.15; Jos 5,4; 17,2; 2Chr 31,16; Esr 8,3.4.5.6.7.8.9.10.11.12.13.14; Est 9,28; Jes 62,6. 108 Vgl. HOWARD 1998, 351. 109 Vgl. hierzu auch NEEF 1995, 154. 110 Vgl. zum Problem SOGGIN 1982, 181. Vielleicht ist Manasse erst dann in den Text eingedrungen, als man Machir ausschließlich mit den ostjordanischen Stämmen gleichgesetzt hat, vgl. SOGGIN 1982, 181f. Nach AHARONI 1967, 222 ist Machir nach Gilead gewandert, sodass der westjordanische Stammesteil Manasse genannt wurde. 111 Nach LEMAIRE 1981, 41 handelt es sich bei Hefer, Gilead, Machir und Manasse ursprünglich um bestimmte Gebiete. Fraglich ist jedoch, weshalb in v.3 eine lange Constructusverbindung gewählt wurde, wenn es sich um voneinander zu trennende Territorien handelt.

2. Sprachliche und syntaktische Beobachtungen

195

die Frage, weshalb die Ururenkelinnen Manasses gleich erbberechtigt sein sollten wie die Söhne Manasses.112 Ausweislich verschiedener Elemente wird jedoch die Berechtigung der Töchter Zelofhads zur Erbfolge besonders betont:113 1)

Die Genealogie Zelofhads wird exakt ausgehend von Manasse verzeichnet, sodass es zu keinen Verwechslungen kommen kann. Das geforderte Land wird folglich ganz genau bezeichneten Personen zugesprochen. Der Fall der Erbfolge wird vor den Priester Eleasar und den weltlichen Anführer Josua gebracht, die auch sonst für die Landverteilung zuständig sind. Auf diese Weise wird unterstrichen, dass das weitere Vorgehen durchaus rechtmäßig ist. Außerdem wird betont, dass die Landverteilung an die Töchter Zelofhads ausdrücklich dem Willen YHWHs entspricht, zumal YHWH direkt Mose befohlen hat (ʾæt Mošæh), sich um diese Angelegenheit zu kümmern. Der Ausdruck ʾāḥ in v.4 ist vermutlich nicht nur genealogisch zu verstehen, sondern auch im Sinne von Stammesverbindungen.114 Darüber hinaus wird das Prinzip stark gemacht, dass auch Töchter im Spezialfall und unter bestimmten Bedingungen Land erhalten können, vor allem dann, wenn die Gefahr besteht, dass das Stammesterritorium angesichts fehlender männlicher Erben verlustig gehen könnte.

2)

3) 4) 5)

Wie schon bei den „Söhnen Manasses“ werden auch bei dieser Tradition Toponyme als Töchternamen verwendet.115 Denn die Namen der Töchter Zelofhads gehen auf Orte zurück, die zum Teil auf den Ostraka von Samaria genannt werden.116 Offenbar hat ein Bearbeiter eine Liste von Ortsnamen bzw. Distrikten verwendet und diese aufgrund ihrer grammatischen Form in männliche und weibliche Vorfahren unterteilt.117 Durch die Gegenüberstellung der Töchter Zelofhads zu den Nachkommen Manasses werden diese Gruppen als sozial

112

Vgl. zum Problem HERTZBERG 1985, 103; KNAUF 2008, 151. Vgl. hierzu auch HOWARD 1998, 351f. Zur Rechtsprechung in Num 27.36, vgl. auch WEINGREEN 1966, 518–521. Zur rechtlichen Lage des Erbrechts der Töchter in Israel und der Umwelt vgl. BEN-BARAK 1980, 23–33. Nach BEN-BARAK 2006, 49 spiegelt Jos 17 ein späteres Stadium als Num 27 wider, da es hier außer Frage steht, dass die Töchter ebenfalls erbberechtigt sind. Nach MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 72 geht es in dieser Erzählung weniger um die Rechte von Frauen, als um die Sorge um den Erhalt des Lehens. 114 Vgl. WOUDSTRA 1981, 264. 115 Zu einer Interpretation der fünf Töchter Zelofhads vgl. LEMAIRE 1972, 16–18. Vielleicht hat die Tradition der Zelofhad-Töchter ätiologischen Charakter, vgl. HERTZBERG 1985, 103. Auf alle Fälle bietet Jos 17 nun die endgültige Erfüllung von Num 27, vgl. hierzu auch HAWK 2000, 208, der auf das Schema Verheißung-Erfüllung hinweist. 116 Hogla und Noa, vgl. WÜST 1975, 66; BEN-BARAK 1980, 27; CORTESE 1990, 77 Anm. 1; RÖSEL 2011, 278. Zu den Namen der Töchter vgl. auch BEN-BARAK 2006, 56f. 117 Vgl. WÜST 1975, 67. 113

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Das Stammesgebiet Manasses

gleichwertig dargestellt.118 In v.2–3 scheint offenbar das genealogische und topographische System zu überlappen. Anstelle von Ortslisten werden beim Stammesgebiet von Manasse Ortsnamen in der Form von genealogischen Zusammenhängen präsentiert.119 Das Fehlen einer Ortsliste für Manasse kann unterschiedliche Gründe haben. Vielleicht lagen den Schreibern keine passenden Daten vor oder sie haben bewusst darauf verzichtet.120 Bisweilen wird auch vermutet, dass die Ortslisten antisamaritanischen Eingriffen zum Opfer gefallen seien, zumal in v.9 auf bestimmte Städte hingewiesen wird, die im weiteren Verlauf nicht genannt werden.121 Hinzu kommt die Beobachtung, dass der Ausdruck hæʿārîm hāʾellæh eine zuvor genannte Ortsliste vielleicht abgeschlossen haben könnte.122 Die Bitte der Töchter Zelofhads wird in v.4 vor den Priester Eleasar, Josua und den Fürsten (neśîʾîm) gebracht. Nur hier wird die Trias Eleasar-Josua-Fürsten erwähnt, während im Numeribuch ansonsten Mose die Rolle Josuas eingenommen hat.123 Vor diesem intertextuellen Hintergrund wird Josua als der legitime Nachfolger des Mose präsentiert. Interessanterweise tritt nur in diesen Fällen zur Doppelspitze Eleasar-Josua noch neśîʾîm, was diese Stelle von der Landkommission unterscheidet, die für die Landverteilung in Jos 14–19 zuständig ist.124 Offenbar wollte der Redaktor das vorliegende Material möglichst ohne Abänderung übernehmen. Das Idiom NTN + naḥalāh ist im Buch Deuteronomium gebräuchlich.125 Allerdings wird schon im Numeribuch diese Formulierung in Bezug auf die Töchter Zelofhads eingesetzt.126 Insofern verwundert es nicht, dass diese Formulierung in v.4 ebenfalls verwendet wird. Der Ausdruck ʾæl pî YHWH „nach dem Befehl YHWHs“ ist nur im zweiten Teil des Josuabuches belegt. In allen Fällen

118

Vgl. HAWK 2000, 208f. ZIESE 2008, 310 zieht noch eine Parallele zur Achsa-Erzählung in Jos 15,13–19. Hier werden traditionelle soziale Verbindungen von Identität, Macht und Geschlecht durchbrochen. 119 Vgl. hierzu auch HESS 1996a, 284f., der zusätzlich darauf hinweist, dass vielleicht die Besiedlung des Stammesgebietes abseits der großen Städte zu schwierig war. 120 Dies vermutet RUDOLPH 1938, 225, da vielleicht die Grenzlisten im Widerspruch zu den Ortslisten standen. 121 Vgl. zum Problem KAUFMANN 1985, 58f.; KNAUF 2008, 149. Nach KAUFMANN 1985, 51 hätte man aber nicht den Anspruch auf Samarien aufgegeben, auch wenn man gegen die Samaritaner argumentiert. 122 Jos 19,8.16.31.48. Vgl. hierzu auch KAUFMANN 1985, 58. 123 Num 27,2; 31,13; 32,2. Dementsprechend nimmt nun Josua die Rolle des Mose als legitimer Nachfolger und Gesetzesausleger ein, vgl. hierzu auch ZIESE 2008, 310f. 124 Gegen WOUDSTRA 1981, 264, der die sprachlichen Unterschiede nicht berücksichtigt. Schon DILLMANN 1886, 542; STEUERNAGEL 1900, 218 sehen angeblich einen Zusammenhang zu Jos 14,1. 125 Dtn 4,21.38; 12,9; 15,4; 19,10; 20,16; 21,23; 24,4; 25,19; 26,1; 29,7. 126 Num 27,7.9.10.11.

2. Sprachliche und syntaktische Beobachtungen

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wird hier ein vorheriger expliziter Befehl YHWHs, der fast immer im Numeribuch zu finden ist, aufgegriffen und schließlich in die Tat umgesetzt.127 Der Befehl YHWHs zur Landverteilung an die Zelofhad-Töchter ist schon vor dem Hintergrund wichtig, dass das Erbrecht Israels ansonsten nur männliche Nachkommen berücksichtigt.128 Zwar wenden sich die Töchter Zelofhads an eine Landkommission, sodass sich das Verb wayyitten, das im Singular steht, eigentlich nicht auf Josua alleine beziehen kann. Demnach könnte man hier an Mose als Subjekt von wayyitten denken. Da aber lāhæn (im MT fälschlicherweise lāhæm) anstelle von lānû steht, wurde die wörtliche Rede der ZelofhadTöchter hier bereits verlassen. Dementsprechend kann es sich nicht mehr um Mose handeln,129 der den Töchtern Zelofhads bereits ihr Erbteil zugewiesen hat. Hier wird folglich eine Landgabe durch Josua bzw. der Landkommission an die Töchter Zelofhads in den Blick genommen, die dem zuvor ergangenen Befehl YHWHs entspricht.130 Das Idiom NPL ḥæbæl in v.5 ist selten und lässt keine literarhistorische Zuweisung erkennen.131 Die Verortung meʿebær layYarden ist fast nur im Numeri- und Josuabuch belegt.132 Gelegentlich wird dieser Ausdruck noch durch weitere Angaben, wie Jericho oder einer Richtungsangabe, ergänzt.133 Auffällig ist jedoch, dass sich diese Ausdrucksweise weder im Buch Deuteronomium noch im ersten Teil des Josuabuches findet. Auch dieser Befund spricht für eine literarische bzw. sprachliche Anbindung der Landverteilungstexte an das Numeribuch. Der Verweis auf zehn Anteile Manasses (ḥabelê Menaššæh ʿaśārāh) in v.5 passt weder zu den fünf Töchtern Zelofhads noch zu den anderen in v.2 genannten sechs Sippennamen.134 Da die Töchter Zelofhads aber zur Sippe Hefer gezählt werden, hätte man fünf männliche und fünf weibliche Sippen.135 Vielleicht soll hier zusammen mit den ostjordanischen Gebieten Gilead und Baschan, die bereits in v.1 dem Manassesohn Machir zugeschrieben wurden,

127

Jos 15,13 (Dtn 1,36); Jos 17,4 (Num 27,7); Jos 21,3 (Num 35,2). Vgl. zum Problem NELSON 1997, 202. 129 Vgl. auch RÖSEL 2011, 279. 130 Anders hingegen BOLING 1982, 409, dem zufolge Eleasar die Landverteilung vollziehe, da nur dieser die priesterliche Vollmacht zum Losentscheid habe. 131 Jos 17,5; Ps 16,6. Ps 78,55 mit NPL-H. 132 Num 32,19.32; 35,14; Jos 14,3; 17,5; Ri 7,25. 133 Num 22,1; 34,15; Jos 13,32; Jos 18,7; 1Chr 26,30. 134 Nach NAʾAMAN 1986, 160 dienen Hefer und Zelofhad nur dazu, die beiden Traditionen der Söhne Manasses und der Töchter Zelofhads miteinander zu verbinden. 135 Vgl. zur Zählweise auch KNOBEL 1861, 444f.; DILLMANN 1886, 543; WOUDSTRA 1981, 264; BOLING 1982, 412; HERTZBERG 1985, 103; BEN-BARAK 2006, 47; KNAUF 2008, 151; PITKÄNEN 2010, 307; MATTHEWS 2016, 134; EDERER 2017, 242–244. 128

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Das Stammesgebiet Manasses

idealtypischerweise die Zahl Zwölf erreicht werden.136 Die hier vorgenommene Aufteilung des Stammesgebietes Manasse ist allerdings eine literarische Konstruktion, da es nach 1Kön 4,10 ein eigenständiges ʾæræṣ Ḥefær „Land Hefer“ gibt, das nicht notwendigerweise mit den fünf Unterdistrikten identisch ist.137 Dieses offensichtliche Problem soll und kann im Folgenden nicht weiter thematisiert werden. Die Gegenüberstellung mit Gilead und Baschan und der Großkontext legen zumindest nahe, dass es in v.3–5 um Gebiete im Westjordanland geht, obschon die Einheit auf dem ersten Blick vom Toponym Gilead und den „übrigen Söhnen Manasses“ in v.2 und v.6 gerahmt wird.138 Fraglich ist jedoch, weshalb Zelofhad in v.3 mit Gilead und Machir verbunden wird, wo dessen Töchter lediglich westjordanische Gebiete erhalten, was zusätzlich in v.6 betont wird, wonach die „Töchter Manasses“,139 die offenbar mit den „Töchtern Zelofhads“ identisch sind, ein Lehen inmitten des westjordanischen Manasse erhalten. Zwar werden in der Grenzbeschreibung Manasses in v.7–10 ähnliche Formulierungen mit w=qatal wie in den Beschreibungen der sieben Stämme verwendet. Aber es wird demgegenüber auffälligerweise zusätzlich noch das determinierte Wort haggebûl hinzugefügt,140 was in den übrigen Grenzbeschreibungstexten nicht nötig war. Außerdem wird die Grenzbeschreibung durch drei wayehî gestört,141 sodass man bestenfalls von einer Nachahmung vorliegender Grenzbeschreibungstexte sprechen könnte. Aus alledem folgt, dass v.7–10 eigentlich nicht zu einer älteren Tradition von priesterlichen Grenzbeschreibungen gerechnet werden können. Es hat den Anschein, dass in v.7–10 zwei Beschreibungssysteme überlappen: eine Grenzbeschreibung mit w-qatal + haggebûl („die Grenze“) und eine Gebietsbeschreibung, die gebûl Menaššæh („Gebiet Manasses“) skizziert. Dies erklärt auch die unterschiedliche formale und semantische Konstruktion des an sich mehrdeutigen Wortes gebûl. 136 Vgl. GÖRG 1991, 79; HOWARD 1998, 352. EDERER 2017, 241 weist darauf hin, dass dem Erstgeborenen nach Dtn 21,17 auch der zweifache Anteil zusteht, was die Zuweisung der beiden Gebiete Gilead und Baschan erklären könnte. Ähnlich auch KNAUF 2008, 151. Nach SEEBASS 1982, 498 sollen v.1–2 darauf hinweisen, dass zum einen Manasse und zum anderen Machir ein doppeltes Erbe erhalten. Während dies für Machir mit Gilead und Baschan gegeben wäre, könnte man höchstens die Aufteilung von Manasse in West- und Ostmanasse als doppelten Anteil deuten. Von dieser Zweiteilung ist aber abgesehen von v.1 und v.5–6 nicht die Rede. 137 Vgl. RÖSEL 2011, 279. Anders aber NAʾAMAN 1986, 162, der das manassitische Stammesgebiet auf die fünf männlichen und fünf weiblichen Distrikte verteilt. Nach LEMAIRE 1972, 14 besteht das „Land Hefer“ zumindest aus den fünf genannten Distrikten. PHYTHIANADAMS 1929, 238 vermutet, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein manassitischer Clan das Land Hefer besetzt hat. 138 Vgl. hierzu auch HAWK 2000, 209. 139 Nach NOTH 1971b, 96 sind hier „Urenkelinnen“ im Blick. 140 Jos 17,7(wehālak haggebûl ).9(weyārad haggebûl). 141 Jos 17,7.9.10.

2. Sprachliche und syntaktische Beobachtungen

199

Die Angabe meʾāšer hamMikmetāt in v.7 ist schwierig zu deuten, vor allem da bei Michmetat ein eindeutiger direktiver Anzeiger fehlt. Die Determination von Michmetat könnte darauf hinweisen, dass hier kein Ort, sondern eine Landschaft gemeint ist.142 Falls es sich bei Ascher um den Stammesnamen handelt,143 dann würde hier ausgedrückt werden, dass sich das Gebiet vom Stammesgebiet Ascher bis zur Landschaft von Michmetat erstreckt.144 In diesem Fall müsste man gebûl nicht als „Grenze“, sondern als „Gebiet“ verstehen.145 Denn hier wird offenbar durch zwei entfernt liegende Gebiete eine Fläche abgesteckt. Eine wirkliche Nordgrenze von Manasse wird ohnehin nicht angegeben. Vielmehr ist wohl eher eine Fläche im Blick. Nach dieser Gebietsbeschreibung folgt offenbar eine Darstellung der Grenze von Manasse, da hier mit wehālak haggebûl eine geprägte Formel verwendet wird. Die direktive Präpositionalverbindung ʾæl hayyāmîn ist vermtulich mit „nach Süden“ zu übersetzen und steht nur in v.7 anstelle des in den Grenzlisten gebräuchlichen nægbāh,146 was darauf hinweisen könnte, dass in v.7 keine alte Quelle verwendet worden ist, auch wenn zu Beginn eine geprägte Eröffnungsformel zum Einsatz kam. Bereits nach 7b wird wieder die Grenzbeschreibung verlassen und es folgt eine Skizzierung des Stammesgebietes in v.8. Sprachlich weicht v.8 von den umgebenden Grenzbeschreibungen ab,147 sodass es eher unwahrscheinlich ist, dass die Grenzbeschreibung Manasses auf eine alte Tradition zurückgeht. Der Sonderfall in v.8, dass das Land von Tappuach den Manassiten zufiel, während der Ort Tappuach den „Söhnen Efraim“ gehörte, wird gelegentlich historisch ausgewertet, dass nämlich die israelitische Landnahme sich zunächst auf die ländlichen Gebiete bezogen habe.148 Allerdings muss man den Befund von hier beschriebenen überlappenden Stammesgebieten nicht notwendigerweise historisch deuten, zumal v.8 keinen Hinweis für diese Gebietsüberschneidung liefert.149 In v.8 wird nämlich mithilfe der Präposition ʾæl „in Richtung auf“ ausgedrückt, dass das Gebiet Manasses, und damit der genannte Zielpunkt dieser 142

Vgl. SEEBASS 1984, 72 Anm. 13; KALLAI 1986a, 151. ZIESE 2008, 311 Anm. 12 vermutet hier nicht den Stammesnamen Ascher, sondern einen gleichnamigen Ort. Ähnlich schon KNOBEL 1861, 445. 144 Vgl. WOUDSTRA 1981, 265. 145 Vgl. RÖSEL 2011, 280. 146 Vgl. zu dieser stilistischen Besonderheit NOTH 1971a, 249 Anm. 49. 147 ALT 1953c, 200 Anm. 1 denkt daher in v.8 an einen Exkurs des Autors. 148 Vgl. GRAY 1984, 148; NELSON 1997, 202. Schon ALT 1953c, 200 hat vermutet, dass zunächst Manasse das Umland von Tappuach eroberte, während zu einem späteren Zeitpunkt Efraim die Stadt Tappuach unterwerfen konnte. ELLIGER 1930, 299f. schlägt vor, dass Efraim die Stadt und Manasse das Umland von Tappuach erobert hat. Fraglich ist jedoch, ob dies gleichzeitig oder nacheinander geschehen ist. Nach PHYTHIAN-ADAMS 1929, 234 spiegelt die Bibel die unterschiedliche Situation der beiden Stämme Efraim und Manasse wider, wobei das zunächst stärkere Efraim später von Manasse übertroffen wurde. 149 Vgl. NEEF 1995, 154f. Kritisch auch SEEBASS 1984, 72 Anm. 17. 143

200

Das Stammesgebiet Manasses

Präposition, außerhalb des Stammesterritoriums Efraims liegt. Falls nämlich der Zielpunkt Teil des Gebietes gewesen wäre, hätte man einen Akkusativ der Richtung verwendet.150 Somit sind die beiden Stammesgebiete klar voneinander abgegrenzt. Ab v.9 setzt wieder, ausgedrückt mit einer geprägten Formel, eine Grenzbeschreibung ein (weyārad haggebûl). Gelegentlich wird vermutet, dass die schwierige topographische Beschreibung in v.9 andeuten könnte, dass die Grenze Manasses zunächst über den Bach Kana nach Süden hinauslief und dann wieder nach Norden zum Bach Kana abknickte, sodass in diesem eigentlich manassitischen Bereich efraimitische Orte liegen konnten.151 Falls hier tatsächlich die Grenze über den Bach Kana in einem kleinen Bereich nach Süden hinausgegangen wäre, dann würde sich der Gebietsentwurf von Jos 17 kaum mit Jos 16,8 verbinden lassen, wo eine derart differenzierte Grenzführung nicht angedeutet ist. Darüber hinaus scheint gerade nach v.10 der Bach Kana die Grenze zwischen Efraim im Süden und Manasse im Norden zu markieren. Möglicherweise ist in v.9 eine Ortsliste ausgefallen, worauf die syntaktisch schwierige Formel ʿārîm hāʾellæh hinweisen könnte, zumal es sich hierbei meist um eine Abschlussformel handelt.152 Zumindest weist v.9 darauf hin, dass es offenbar im nördlichen Stammesgebiet von Manasse efraimitische Orte gegeben haben wird, ohne dass diese mit Namen genannt worden sind. In v.10 wird das Gebiet von Manasse nach den Himmelsrichtungen abgegrenzt, wobei in 10aα Nominalsätze und in 10aβ.b Verbalsätze mit den Verben HYY und PGʿ gebraucht werden. Fraglich ist jedoch, ob sich in 10a die Beschreibungen nægbāh und ṣāfônāh auf den zuvor erwähnten Bach Kana beziehen, demnach also das manassitische Gebiet nördlich des Baches und das efraimitische Territorium südlich des Baches liege.153 Die Westgrenze Manasses ist zumindest nach dieser Darstellung idealiter das Mittelmeer. Als Nordgrenze wird zudem Ascher und als (Nord-)Ostgrenze Issachar angegeben.154 Die plurale Verbalform yifgeʿûn wird gelegentlich auf die beiden Stämme Efraim und Manasse bezogen, sodass hier vielleicht wieder die „Söhne Josef“ als Einheit gesehen werden.155 Dementsprechend werde hier die Nordgrenze

150

Vgl. hierzu ELLIGER 1930, 270f. Vgl. zu dieser Lesart NELSON 1997, 203. Ähnlich auch WOUDSTRA 1981, 265f. 152 Vgl. GEUS 1976, 77; GRAY 1984, 148; PITKÄNEN 2010, 303. Vgl. hierzu schon SIMONS 1959, 159 Anm. 123. 153 Vgl. zum Problem NELSON 1997, 203. Von dieser Trennlinie geht SIMONS 1948, 205 aus. 154 Vgl. AHARONI 1967, 237, der hier aber die Grenzen der „Söhne Josef“ vermutet. 155 Vgl. hierzu schon HOLZINGER 1901, 70; BOLING 1982, 413; KAUFMANN 1985, 55. Anders hingegen AULD 1980, 60, der hier die in LXX belegten benê Menaššæh aus v.7 als passendes plurales Subjekt einsetzt. 151

2. Sprachliche und syntaktische Beobachtungen

201

der „Söhne Josef“ beschrieben, die an die Stammesgebiete von Ascher und Issachar grenzt.156 Folglich erklärt sich die Pluralform angesichts der im Fernkontext erwähnten benê Menaššæh (v.2.6). Allerdings tauchen die „Söhne Josef“ erst wieder in v.14 auf, sodass es eher unwahrscheinlich ist, dass bereits in v.10 die „Söhne Josef“ im Blick sind. Das plurale Verb in 10b könnte man zudem unpersönlich mit „man“ übersetzen, zumal schon zuvor 10aβ sehr unbestimmt bleibt.157 Alles in allem fällt zumindest auf, dass das Gebiet von Manasse im Gegensatz zu den anderen Stammesterritorien nicht mit klaren Grenzlinien abgesteckt wird, sondern mit Verweis auf andere Stammesgebiete (Ascher, Efraim, Issachar).158 Die hier erfolgte Beschränkung auf die beiden Stämme Issachar und Ascher ist insofern nicht gerechtfertigt, als Manasse wohl auch noch eine gemeinsame Grenze mit Sebulon und Naftali hatte.159 Allerdings bildet gerade diese Verortung mit Verweis auf Ascher und Issachar den Grund für den Anschluss von v.11, wo Städte aus diesen beiden Stammesgebieten genannt werden. Schließlich listet der folgende v.11 noch diejenigen Städte in Issachar und Ascher auf,160 die ebenfalls Manasse zugerechnet werden können. Der Umstand, dass hier Städte in anderen Stammesgebieten mit Manasse verbunden werden, könnte darauf zurückzuführen sein, dass hier ein Ausgleich zwischen den unterschiedlichen vorliegenden Traditionen angestrengt worden ist. Die Redeweise von den benôtæ̑ hā „ihren Tochterstädten“ ist ausschließlich in späten Texten, im Josuabuch nur noch in Jos 15,45 im Zusammenhang mit den 156

Vgl. GEUS 1976, 78, der allerdings 10b für eine späte Glosse hält. Vgl. SEEBASS 1984, 73. 158 Vgl. auch HAWK 2000, 210. 159 Vgl. zum Problem FRITZ 1994, 173. SIMONS 1948, 197 Anm. 3 vermutet daher, dass Ascher und Issachar sich südlich von Sebulon berührt hätten. Nach NOTH 1971a, 246 ist dies folgendermaßen zu erklären, dass nämlich Sebulon keine direkte Grenze zu Manasse gehabt hätte, was wiederum Jos 19,10–16 entspräche, wo das Gebiet Sebulons in das untergaliläische Gebirge verlegt werde. Offenbar gibt es zwei konkurrierende Gebietsbeschreibungen, wonach die Jesreelebene zu Manasse bzw. zu Ascher und Issachar gezählt wurde, was wiederum durch Verzicht auf die in der Tradition vorgegebene Nordgrenze Manasses und die Übernahme von Ri 1,27–28 in v.11–13 auszugleichen versucht wurde. Vielleicht geht das Fehlen von Sebulon aber auch auf einen unvollständigen Text zurück, vgl. SIMONS 1959, 168f. Anm. 149; KALLAI 1986a, 176–178. 160 Nach BOLING 1982, 413 ist die Präposition b= im Sinne von „nahe“ wiederzugeben. Ob die Präpositionalverbindungen be + Stammesname mit „neben“ zu übersetzen ist, ist fraglich. So aber KAUFMANN 1985, 62, der auf diese Weise die manassitischen Enklaven im Gebiet von Ascher und Issachar beseitigt. Nach SIMONS 1948, 212 gehören diese Städte de iure zu Issachar und Ascher, wobei diese Stämme die Kanaanäer nicht vertreiben konnten. Erst Manasse hätte dies erreichen können. Von derartigen Dingen ist aber in v.11 und andernorts nirgendwo die Rede. Nach HUBBARD 2009, 410 ist der Hinweis auf Ascher und Issachar anachronistisch, da beide Stämme noch gar nicht ihr Lehen erhalten hätten. 157

202

Das Stammesgebiet Manasses

Philisterstädten belegt.161 Die Differenzierung in Städte und Bewohner von bestimmten Städten ist nur hier und in Ri 1,27 zu finden, wo es ebenfalls um die gleichen Städte ging – mit Ausnahme von En-Dor und der Umstellung von Jibleam mit Taanach. Die in v.11 genannten Städte werden bis auf Jibleam auch in der sogenannten Provinzeinteilung Salomos genannt: Dor wird der vierten Provinz (1Kön 4,11), Bet-Schean, Taanach und Megiddo der fünften Provinz (1Kön 4,12) zugerechnet. Offenbar waren die Grenzen der Stammesgebiete noch nicht starr, da manassitische Bevölkerung auch als Enklaven in anderen Gebieten möglich waren.162 Offenbar sollte in v.11 nachgetragen werden, dass diese Städte zu Manasse gehört haben, auch wenn sie nach v.12 nicht erobert werden konnten, zumal sich der Ausdruck hæʿārîm hazzoʾt auf die zuvor genannten sechs Städte beziehen wird.163 Die Korrespondenz zu Ri 1,27 wird noch dadurch verstärkt, dass 12b wörtlich mit Ri 1,27b identisch ist.164 Allerdings ist auch ein wichtiger Unterschied auszumachen: Während nach v.12 die „Söhne Manasse“ die Städte nicht erobern konnten, haben sie es nach Ri 1,27 nicht getan, was ein Unvermögen nicht einschließt und folglich auf ein schuldhaftes Versagen hinweist.165 In Jos 17 ist der Vorwurf des schuldhaften Nicht-Eroberns zumindest abgemildert, was auf eine spätere Hand hindeutet. Hinter v.12–13 könnte man eine chiastische Struktur vermutet. Die äußeren Glieder betonen, dass man die Kanaanäer nicht vertreiben konnte, die inneren Glieder verweisen auf die Existenz der Kanaanäer im Land. In der Mitte wird der Blick von den Manassiten zu den „Söhnen Israel“ gelenkt, die stark geworden sind.166 Außerdem fällt auf, dass v.13 mit Ri 1,28 fast wortgleich identisch ist. Allerdings steht in v.13 anstelle von Yiśrāʾel die Constructusverbindung benê Yiśrāʾel, wobei dann das Verb in den Plural gesetzt werden musste. Außerdem

161 Jos 15,45; 17,11.16; 1Chr 7,28.29; 8,12; 18,1; 2Chr 13,19; 28,18; Neh 11,25.27.30.31; Jer 49,2; Ez 30,18. Vgl. hierzu auch AULD 1975, 282f. 162 Vgl. hierzu HERTZBERG 1985, 103f. In v.11 könnte sich das mehrfach verwendete nomen regens yošebê auf die israelitische Bevölkerung in den jeweiligen Städten beziehen, vgl. SOGGIN 1982, 182. Nach RAKE 2006, 55 sind in v.11 zudem nur die vier Städte BetSchean, Jibleam, Taanach und Megiddo ursprünglich. 163 Nach KAUFMANN 1985, 62 dürfen v.11–12 nicht historisch oder ethnographisch gedeutet werden, etwa indem das Gebiet von Ascher/Issachar im Laufe der Geschichte an Manasse abgetreten wurde oder in den Tochterstädten Israeliten lebten, während in den Städten Kanaanäer siedelten. 164 GÖRG 1991, 80 geht von einer modifizierten Übernahme von Ri 1,27 aus. Zu einer Verbindung von v.11–13 zu Ri 1,27 vgl. auch RÖSEL 2011, 281. Nach RAKE 2006, 57 wird durch 12a der sekundäre Anschluss von Ri 1,27b.28 ermöglicht, wobei unter Eindruck von Jos 15,63 aus dem „nicht vernichten“ in v.12 ein „nicht vernichten können“ wird. 165 Vgl. hierzu RÖSEL 2011, 281. 166 Vgl. zu diesem formalen Aufbau HAWK 2000, 210f.

3. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

203

wurde anstelle von ŚīM das Verb NTN verwendet. Der Verweis auf den Frondienst der Kanaanäer in v.13 spielt zudem die eigene Knechtschaft ein,167 aber auch die Tradition von der Fronarbeit unter Salomon nach 1Kön 9,20–21.168

3. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe Angesichts der undurchsichtigen Darstellung des Stammesgebietes des westjordanischen Manasse sind zahlreiche literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe skizziert worden, die aber nicht immer überzeugen: Rudolph (1938):169 Aufgrund der traditionellen Abfolge Manasse-Efraim und den Angaben in Jos 16,4 bzw. Jos 17,1 sei der Abschnitt über das Gebiet Manasses Jos 17,1–13 bereits hinter Jos 16,4 zu stellen. In der ursprünglichen Tradition von Jos 17,1–13 habe zudem 9aβ gefehlt und nach v.10 sei eine ausführliche Grenzbeschreibung gefolgt. Darüber hinaus sei v.7 eine Wiederaufnahme von 1a, sodass 1b–6 eine sekundäre Parenthese wären, wobei aber 1b.2aα von einem ersten Bearbeiter stammten, während alles andere von einem priesterlichen Ergänzer eingetragen worden sei, der zudem auch für 10b und die Übernahme von Ri 1,27 in v.11 verantwortlich gewesen sei. Die abschließenden v.12–13 stammten aus dtn. Hand. Allerdings ist v.7 selbst bei einer Verbesserung von 1a nach LXX keine wirkliche Wiederaufnahme, sodass dieses Argument nicht stichhaltig ist. Auch die sekundäre Einfügung von 9aβ sollte erklärt werden. Schließlich ist die These, dass Text entfallen sein könnte, schwer zu begründen. Außerdem sollte erklärt werden, weshalb 10b–11 und v.12–13 auf unterschiedliche Hände zurückgehen sollen, obschon v.11 und 12b von Ri 1,27 und v.13 von Ri 1,28 abhängig sind. Noth (1971):170 Auch bei diesem Entwurf müsse man Jos 17,1–13 direkt nach der Einleitung Jos 16,1–4 platzieren, zumal die detaillierteren Angaben in Jos 17 im Vergleich zu Jos 16 verwundern. Bei einer Umstellung von Jos 17 vor Jos 16 stünden dann die ausführlichen Informationen bei der ersten Erwähnung. Beim weiteren Verlauf hätte man darauf verzichtet, was den kürzeren Text in Jos 16 erkläre. Als Quelle zur Beschreibung des Stammesgebietes Manasses könnte eine Grenzfixpunktreihe verwendet worden sein, die ursprünglich noch mit einem Gesamtgebiet für die

1)

2)

167

Vgl. GÖRG 1991, 80. Vgl. RÖSEL 2011, 282. RÖSEL 1988, 127 vermutet zudem, dass das sogenannte Negative Besitzverzeichnis in Ri 1 seine Wurzeln in davidisch-salomonischer Zeit hat. 169 Vgl. RUDOLPH 1938, 222–225. 170 Vgl. NOTH 1971b, 100–105. 168

204

3)

Das Stammesgebiet Manasses

„Söhne Josef“ gerechnet habe.171 Erst sekundär sei dann in das Territorium der „Söhne Josef“ das Gebiet für Efraim eingetragen worden,172 wobei dann alles andere dem Stamm Machir zugewiesen worden sei, der erst nachträglich zu Manasse umgewandelt worden sei. Die unmotivierte Erwähnung Machirs, der im Anschluss durch die übrigen Manassesöhne ersetzt werde, scheine die ursprüngliche Verbindung der Grenzfixpunktreihe mit Machir zu belegen. Aufgrund der Eroberung des Ostjordanlandes durch Machir hätten die westjordanischen Gebiete den übrigen manassitischen Clans zugewiesen werden können.173 Ein Bearbeiter habe dann 2aβ.b und „Vater des Landes Gilead“ in v.1 ergänzt. Eine priesterliche Redaktion habe sodann v.3–6 eingetragen, worauf die abweichende Genealogie in v.3 und die Einführung von Eleasar und den Stammesoberhäuptern in v.4 hinwiesen. In der bearbeiteten Grenzfixpunktreihe v.7–11 sei zudem 9aβbα sekundär ergänzt worden. Außerdem seien v.12–13 eine redaktionelle Interpolation, die mit Ri 1,27 zusammenhänge. Bei diesem Entwurf werden allerdings redaktionsgeschichtliche mit historischen Überlegungen vermischt und auf diese Weise wird der sprachliche Befund nicht immer angemessen berücksichtigt. So wird die abweichende Referenz der „übrigen Manassestämme“ in v.2 und v.6 nicht problematisiert. Auch werden die sprachlichen Abweichungen in der angeblichen Grenzbeschreibung in v.7–11 nicht zur Kenntnis genommen, zumal nur 7b und 9aα den formalen Kriterien einer Grenzbeschreibung genügen. Schließlich scheint bereits v.11 auf einer redaktionellen Ebene zumindest mit v.12 zu liegen, sodass v.12–13 nicht als eine redaktionelle Interpolation zu beurteilen sind. Otto (1979):174 Bei Jos 17,1–6 handele es sich um eine manassitische Geschlechterliste, die der Grenzbeschreibung vorangestellt worden sei. Darüber hinaus sei der Abschluss von v.9 ein sekundärer Zusatz zur manassitischen Südgrenze, die in v.7–9 beschrieben werde. Ursprünglich sei die Darstellung Manasses vor Efraim erfolgt, worauf Jos 16,4 und 17,1 hinwiesen, die die umgekehrte Reihenfolge belegten. Außerdem werde in Jos 16,8 Tappuach als bekannter Ort genannt, was nur möglich sei, weil er bereits bei der manassitischen Gebietsbeschreibung genannt worden sei. Allerdings ist v.1–6 kaum ein einheitlicher Text, da er zum einen in v.1 bereits knapp auf die ostjordanischen Gebiete von Machir eingeht, zum anderen in v.2–6 männliche und weibliche Sippennamen und dahinterstehende Traditionen kreativ miteinander verbunden werden. Darüber

171 Da die vom Bearbeiter verwendeten Quellen zwischen Efraim und Manasse unterschieden haben, lag die Größe „Söhne Josef“ offenbar bereits vor, vgl. NOTH 1971a, 243. 172 Hierauf weisen nach NOTH 1971a, 243 Jos 16,9 und 17,9 hin, wonach Städte aus dem Gebiet Manasses den Efraimiten zugewiesen worden sind. 173 Vgl. NOTH 1971a, 243. 174 Vgl. OTTO 1979, 229.234.244.

3. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

205

hinaus sind v.7–9 keine wirkliche Grenzbeschreibung, da hier Grenzen und Gebiete miteinander kombiniert werden. Auld (1980):175 Vielleicht sind in Jos 16–17 zwei Grenzbeschreibungen von Efraim und Manasse von einem Redaktor zu einem Abschnitt über die „Söhne Josef“ verbunden worden. Hierauf könnte die Verwendung von lemišpeḥotām in der Einleitung (Jos 16,5 und 17,2) sowie die Formulierung mit PGʿ (Jos 16,7 und 17,10) hinweisen. Außerdem habe der Abschnitt über Manasse ursprünglich vor Efraim gestanden. Die ursprüngliche Tradition von Jos 17, die zu einer Bearbeitung gehöre, die das Gebiet von zehn Stämmen schildere, liege in v.1–2* und v.7–10 vor. Zu diesem Dokument seien redaktionell noch v.11–13 ergänzt worden. Die Vorstellung eines ostjordanischen Halbmanasse ist schließlich noch in v.1–6 eingetragen worden. Fraglich ist jedoch, ob es eine ursprüngliche Tradition der Grenzbeschreibung Manasses in Jos 17 tatsächlich gegeben hat, zumal hier die unterschiedlichsten sprachlichen Idiome miteinander kombiniert worden sind. Auch die sehr differenzierte Beschreibung der „übrigen“ Stämme Manasses wird bei diesem Entwurf redaktionsgeschichtlich nicht ausgewertet. Ibañez Arana (1981):176 Die Liste der nicht eroberten Gebiete in v.11–13 sei sekundär hinzu gewachsen. Auch die genealogischen Überlegungen in v.1–6 seien redaktionelle Ergänzungen, sodass nur in v.7–10 die ursprüngliche Tradition des manassitischen Gebietes gefunden werden könne. Allerdings wird bei diesem Entwurf die jeweilige Wachstumsgeschichte der drei einzelnen Teile von Jos 17,1–13 nicht näher besprochen. Dies sollte aber berücksichtigt werden, da zumindest die ersten beiden Abschnitte nicht spannungsfrei sind und einige Wachstumsspuren aufweisen. Darüber hinaus wurden in diesen beiden Abschnitten offenbar mehrere vorliegende Traditionen eingearbeitet, während v.11–13 aus Ri 1,27–28 übernommen wurde. Boling (1982):177 Da in v.1 noch nichts von der späteren Konzeption eines Halbstammes Manasses zu spüren sei, sei die Grundschicht hinter Jos 17 noch Dtr1 zuzuweisen. Demgegenüber sei in 2b die Handschrift von Dtr2 zu erkennen. Auch in v.3–6 sei eine Dtr1-Kurzform, die noch in LXX erhalten sei, von Dtr2 ergänzt worden, indem die Genealogie Hefers und der Priester Eleasar eingearbeitet worden seien. Im zweiten Abschnitt v.7–13 seien kaum noch Überarbeitungsspuren von Dtr2 zu entdecken. Diesem Entwurf ist aber entgegenzuhalten, dass in v.1 mit Machir bereits der ostjordanische Halbstamm Manasse vorbereitet wird. Außerdem dient 2b als Unterschrift zur Auflistung der männlichen Nachkommen Westmanasses

4)

5)

6)

175

Vgl. AULD 1980, 60f.67. Vgl. IBAÑEZ ARANA 1981, 91. 177 Vgl. BOLING 1982, 410–415. 176

206

Das Stammesgebiet Manasses

und sollte daher nicht von dem Vorausgehenden abgetrennt werden. Darüber hinaus ist fraglich, ob LXX tatsächlich einen älteren Text bewahrt hat, zumal MT oft den schwierigeren Text bietet. Schließlich werden die vielen internen Spannungen sowie die sekundären Übernahmen aus Ri 1,27–28 redaktionsgeschichtlich kaum berücksichtigt. Seebass (1984):178 In der eigentlichen Gebietsbeschreibung Manasses (v.7–9a.10aβ–11*) seien 9b.10aα als Korrekturen eingefügt worden, wobei die Südgrenze bis ans Mittelmeer verlängert worden sei. Auf diese Weise sei auch das Gebiet Efraims erweitert worden. Während v.12–13 aus Ri 1,27–28 genommen worden seien, könnte v.11 aufgrund der inhaltlichen Unterschiede zu Ri 1,27 zur ursprünglichen Tradition gehört haben, der zufolge gewisse manassitische Städte eigentlich noch zum Stammesgebiet von Ascher und Issachar gehört hätten. Außerdem seien die genealogischen Ausführungen in v.1b–6 sekundär ergänzt worden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass angesichts der vielfältigen verwendeten sprachlichen Idiome in v.7–11 vermutlich keine ursprüngliche Tradition vorliegt, die dann noch erweitert worden wäre. Zwar gibt es in v.11 Abweichungen von Ri 1,27, die aber nicht zwingend nahelegen, dass v.11 zur alten Tradition gehört, zumal in v.12–13 ebenfalls Ri 1,27–28 übernommen wurde. Schließlich sind auch die Beschreibungen der Sippen nicht ganz spannungsfrei. Hertzberg (1985):179 Möglicherweise sei der Abschnitt 2aβ–6 nachträglich eingeschoben worden, da sich die Grenzbeschreibung ab v.7 gut an 2aα anschlösse. Durch den ostjordanischen Stammesteil Machir sei hier die Diskussion über die einzelnen westjordanischen Sippen Manasses angestoßen worden, die ihr Material aus Num 26 und 27 geschöpft hätten. Fraglich ist bei diesem Entwurf jedoch, auf welcher redaktionellen Ebene der Manassesohn Machir, der im Ostjordanland gesiedelt hat, in den Text gekommen ist. Nur wenn Machir schon im ursprünglichen Text stand, ist die Rede von den benê Menaššæh hannôtārîm „ursprünglichen Söhnen Manasses“ sinnvoll. Demgegenüber erklärt der Einschub 2aβ–6 die beiden unterschiedlichen Referenzen zu dieser Attributivverbindung, da bei einer derartigen Redaktionsgeschichte die beiden Erwähnungen nicht auf einer Ebene liegen. Allerdings stellen auch 2aβ–6 keinen einheitlichen Text dar, da hier unterschiedliche Traditionen miteinander verbunden worden sind. Gray (1986):180 Der Abschnitt mit der Beschreibung des Stammesgebietes Manasse sei sekundär durch bestimmte Zusätze ergänzt worden. In v.1 sei

7)

8)

9)

178

Vgl. SEEBASS 1984, 73f.78. Vgl. HERTZBERG 1985, 102–104. 180 Vgl. GRAY 1984, 143f. 179

3. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

207

redaktionell die Besiedlung des Ostjordanlandes durch Machir als Ausnahme von der Regel eingetragen worden, dass der Erstgeborene alleine erbe. Auch die Erwähnung der kleinen Sippen in v.3–4 sei wohl mit Blick auf Num 27 eingedrungen. Die Notiz mit den Städten der Jesreelebene in v.11 scheine ebenfalls ein Nachtrag zu sein. Bei diesem Entwurf bleiben aber viele Fragen offen. Unter anderem wird weder die Spannung der „übrigen Söhne Manasse“ in v.2 und v.6, noch die Abgrenzung von Ost- zu Westmanasse geklärt. Außerdem wird das Verhältnis von v.11 zu v.12– 13 nicht besprochen, obwohl es Bezüge zu Ri 1,27–28 gibt, die beide Passagen miteinander verbinden. 10) Cortese (1990):181 Nach diesem Entwurf fehle der Schluss der Grenzbeschreibung Manasses, während die doppelte Einleitung aus 1aα.2aα(nur lemišpeḥotām) und 7aα besteht. Das alte Grenzdokument sei folglich in 1aα.2aα (nur lemišpeḥotām).7–10 zu finden, während ein priesterlicher Redaktor die genealogischen Notizen in v.1–6 zusätzlich ergänzt habe. Möglicherweise seien v.11–13 redaktionelle Zusätze, die hier die Tradition des nicht eroberten Landes eintrügen. Dieser Abschnitt werde aus Ri 1,27 entnommen, zumal diese Sätze nur in Ri 1,27 in den dortigen erzählerischen Kontext adäquat verortet seien, während sie in Jos 17 eher ein Fremdkörper seien, zumal Israel das ganze Land zugesprochen werde und die einheimische Urbevölkerung keine Rolle mehr spielen sollte. Ursprünglich hätten in v.11 nur die beiden Städte Bet-Schean und Jibleam gestanden. Erst redaktionell seien die beiden Abschnitte zu Efraim und Manasse umgestellt worden. Fraglich ist aber bei dieser redaktionsgeschichtlichen Deutung, weshalb die auf drei Verse verteilte Eröffnungsformel derart ergänzt worden sein soll, zumal keine Gründe für die jeweiligen Einschübe zu erkennen sind. Darüber hinaus ist die Gebietsbeschreibung Manasses sprachlich von den übrigen Grenzlisten abzuheben, was gegen eine alte Tradition spricht. 11) Fritz (1994):182 Die Grundschicht der Grenzbeschreibung Manasses bestehe aus v.1–2aα.7–10. Sowohl die Nichteroberungsnotizen in v.11–13 wie auch die Einzelausführungen zur Aufteilung des manassitischen Gebietes in v.2aβ–6, die auf Num 26–27 zurückgreifen und wohl als nachpriesterschriftlicher Einschub zu bewerten seien, seien redaktionelle Zusätze. Zunächst sei mit einem Gesamtgebiet für die „Söhne Josef“ zu rechnen, aus dem dann ein Teil für Efraim ausgesondert worden sei. Außerdem wäre es möglich, in 1aβ-b und v.10 nachträgliche Glossen zu sehen, zumal diese Dinge nicht zu einer Grenzbeschreibung gehören. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich hannôtārîm in 2aα nur dann erklären lässt, wenn bereits der ostjordanische Stamm Machir eingeführt ist, was gegen 181 182

Vgl. CORTESE 1990, 17f.42.61f.77.90f. Vgl. FRITZ 1994, 170–173.

208

Das Stammesgebiet Manasses

eine spätere Glosse in 1aβ-b spricht. Zwar trägt die Beurteilung von v.10 als Glosse dem Umstand Rechnung, dass dieser Vers nur schwer im Kontext verständlich ist. Aber selbst bei einer Glosse sollte man erklären können, weshalb dieser Zusatz eingetragen worden ist. 12) Knauf (2008):183 Zum Grundtext gehörten v.1–6 und v.11, während v.7– 10 ein redaktioneller Eintrag und v.12–13 eine Fortschreibung seien. Darüber hinaus seien die beiden kî-Sätze in v.1 eine sekundäre erklärende Fortschreibung. Während die beiden kî-Sätze syntaktisch nicht einfach eingebunden sind und durchaus als Fortschreibungen gewertet werden können, ist schon die Zuweisung von v.11 zum Grundtext nicht über jeden Zweifel erhaben. Fraglich ist auch, weshalb nur v.12–13 eine Fortschreibung sein sollen, zumal v.11–13 auf Ri 1,27–28 zurückgehen. Hinzu kommt, dass der Anfang in v.1–6 selbst nach Abzug der kî-Sätze nicht spannungsfrei ist und v.11 thematisch von den Sippen zu Städten, Tochtersiedlungen und ihren Bewohnern wechselt. 13) Rösel (2011):184 Bereits im ersten Abschnitt v.1–6 hätten verschiedene Autoren und Redaktoren gearbeitet, deren Arbeiten aber nur schwer abgegrenzt werden könnten. Im zweiten Abschnitt v.7–13 sei zumindest v.8 ein redaktioneller Nachtrag, der die Grenzbeschreibung unterbreche und vielleicht mit Jos 16,8 zusammenhänge. Aber beide Verse verbindet lediglich die Nennung des Ortsnamens Tappuach, ohne dass eine klare sprachliche Abhängigkeit auszumachen ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob nicht auch v.7–13 wie schon v.1–6 von mehreren unterschiedlichen Händen zu verantworten wären, zumal die hier vorgenommene Gebietsbeschreibung Westmanasses einen eher kryptischen Eindruck erweckt. Alle bislang erarbeiteten literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Entwürfe können die beobachteten Probleme des MT nicht befriedigend lösen, sodass im Folgenden nach einer eigenständigen Lösung gesucht wird, die die bisherigen Ergebnisse zur Literargeschichte der Landverteilungstexte Jos 13–19 berücksichtigt.

4. Eigene Lösung Für eine befriedigende redaktionsgeschichtliche Lösung der Darstellung des manassitischen Stammesgebiets in Jos 17,1–13 müssen folgende Beobachtungen fruchtbar gemacht werden:

183 184

Vgl. KNAUF 2008, 148f. Vgl. RÖSEL 2011, 277–282.

4. Eigene Lösung

1)

209

In v.1–6 werden zum einen westmanassitische Sippen Manasses genannt, denen zum anderen aber auch die ostjordanische Sippe Machir gegenübergestellt wird, die sich in Gilead und dem Baschan niedergelassen hat. 2) Nur in v.1 steht vor dem Namen Manasse der Zusatz maṭṭeh, während ansonsten entweder einfaches Menaššæh oder benê Menaššæh steht. Dementsprechend könnte es sich bei dem Wort maṭṭeh um eine sekundäre Ergänzung handeln. 3) Die Notiz der Erstgeburt Manasses widerstrebt der Anordnung EfraimManasse in Jos 16–17. Dementsprechend wurden beide Passagen in der Forschungsgeschichte gerne miteinander vertauscht. 4) Die Vorstellung von Machir als kriegerischer Stamm, der sich mit Gewalt im Ostjordanland festgesetzt hat, liegt auf einer Ebene mit Num 32,39, während nach Jos 13,29–31 Gilead und Baschan von Mose zugewiesen wurde. 5) Ostmanasse hat sich nach v.1 und v.5 in Gilead und dem Baschan, nach v.6 hingegen nur in Gilead ausgebreitet. Hier scheinen zwei unterschiedliche Konzeptionen durchzuscheinen. 6) Die Formulierung benê Menaššæh hannôtārîm bezieht sich in v.2 auf die westjordanischen Sippen, während in v.6 die ostjordanische Stammeshälfte im Blick ist. Dementsprechend waren hier wohl zwei Hände am Werk. 7) Die Verbindung von Hefer mit Gilead und Machir widerspricht der Vorstellung, dass die Töchter Zelofhads, des Sohnes Hefers, Landbesitz im Westjordanland erhalten. Eine ähnliche Vorstellung von Hefer im Ostjordanland findet sich in Num 27,1, wo Hefer ebenfalls explizit ein Sohn Gileads und Enkelsohn Machirs ist. Dementsprechend handelt es sich hierbei um eine sekundäre Angleichung an Num 27,1. 8) Die Gebietsbeschreibung in v.7–10 verbindet die unterschiedlichsten sprachlichen Idiome. Während hier – wie schon in Jos 16 – das Wort gebûl in einer Constructusverbindung mit dem Stammesnamen Manasse die Bedeutung „Gebiet“ trägt, ist es in 7b und 9a als haggebûl „Grenze“ zu verstehen. 9) Darüber hinaus findet sich in 7b und 9a die Verbalformation w-qatal + haggebûl, die typisch für die Grenzbeschreibungen in Jos 15–19 ist. Diese Sätze scheinen den dort üblichen Sprachgebrauch nachgeahmt zu haben. 10) Die beiden an sich unmotivierten wayyiqtol-Formen in 9bβ und 10aβ scheinen ebenfalls Nachträge zu markieren, die das Stammesgebiet noch idealiter bis ans Mittelmeer erweitern. 11) Die Nichteroberungsnotizen in v.11–13 wurden vermutlich aus Ri 1,27– 28 entlehnt und angepasst. Wahrscheinlich hat die Erwähnung von Ascher und Issachar in v.10 diese Erweiterung ausgelöst.

210

Das Stammesgebiet Manasses

Diese sprachlichen Beobachtungen und Spannungen muss ein literarkritisches und redaktionsgeschichtliches Modell unbedingt berücksichtigen. Dementsprechend wird die folgende Redaktionsgeschichte entworfen: Von einer priesterlichen Redaktion ist hinter die vorliegende Beschreibung des efraimitischen Stammesgebietes die Darstellung Manasses angeschlossen worden. Durch die Vorschaltung der „Söhne Josef“ in Jos 16,1.4 konnte die Vorstellung eines idealen Israel bestehend aus sieben Stämmen erhalten werden, indem nun der Doppelstamm der „Söhne Josef“ die Stelle von Efraim alleine eingenommen hat. Auf diese Weise erklärt sich auch die jetzige Anordnung, zumal der Abschnitt über Efraim schon in einer Grundform vorlag und im Anschluss mit Manasse ergänzt wurde. Eine Umstellung der beiden Stammesgebiete ist somit nicht notwendig. Diese priesterliche Redaktion ist auch dafür verantwortlich, dass bei den anderen Stämmen noch Ortslisten und der Losentscheid eingetragen wurden. Da gemäß dieser Redaktion nur das Westjordanland als eigentliches Verheißungsland gilt, das von Josua verteilt werden musste, war die Ausweitung auf das Ostjordanland mit Hilfe der Sippe Machir noch nicht notwendig. Insofern sind derartige Hinweise wohl erst später ergänzt worden. Dementsprechend besteht die erste Redaktion nur aus 1aα.2*–6a, wo die westjordanischen Sippen vorgestellt werden, sowie der eigentlichen Gebietsbeschreibung in v.7–10*, wo das manassitische Gebiet im Westjordanland näher charakterisiert wird. Die verantwortliche redaktionelle Bearbeitung ist – wie auch andernorts – durch das Wort gôrāl und den Zusatz mišpeḥotām zu identifizieren. Diese Redaktion greift bei den männlichen Sippen in v.2 auf Num 26,30–32 zurück und formuliert eigenständig, wobei sie hier korrekterweise statt Ieser den Namen Abieser liest.185 Bei den Töchtern Zelofhads in v.3 wird Num 26,33 fast wörtlich zitiert, wobei aber der eher ungelenke Satz der Vorlage zur Einführung der Namen der Töchter syntaktisch verbessert wird. Auffälligerweise fehlt in der verwendeten Quelle Num 26,33 die weitere Genealogie Zelofhads als Sohn Gileads, Enkel Machirs und Urenkel Manasses.186 Dementsprechend sind diese beiden Angaben in v.3 wohl spätere Zusätze. Dies ist schon vor dem Hintergrund wahrscheinlich, dass der priesterliche Redaktor die Quelle fast wörtlich – selbst bei der Verwendung der Konjunktion w= im Rahmen der Aufzählung der Namen der einzelnen Zelofhad-Töchter – zitiert hat und das Fehlen der Patronyme Hefers auffällig ist. Danach folgt noch eine Kurzerzählung in v.4–6, wie die Zelofhad-Töchter ihren Erbbesitz einfordern und schließlich auch bekommen. Die zehn westjordanischen Anteile der männlichen und weiblichen Sippen Manasses in v.6 sind vor diesem Hintergrund gut zu erklären. Es gab nämlich in der Tat zunächst 185 186

Vgl. zum Problem auch OETTLI 1893, 179. Dementsprechend denkt schon STEUERNAGEL 1900, 218 hier an eine Ergänzung.

4. Eigene Lösung

211

nur diese zehn Anteile Manasses, während die Ausweitung auf das Ostjordanland offenbar erst später und in zwei Schüben erfolgte. Da nur in v.4 zur Doppelspitze Eleasar-Josua noch neśîʾîm tritt – ähnlich wie in Num 27,2; 31,13; 32,2 – kann dieser Einschub trotz der Nennung von Eleasar nicht auf dieselbe Schicht zurückgehen, die die Landverteilungstexte in Jos 14–19 mit der Landkommission gerahmt hat. Hier hat offenbar eine frühere priesterliche Redaktion derartige Angaben aus der vorliegenden Tradition des Numeribuches entnommen. Eine gelehrte Glosse hat in 6b offenbar die historisch zuverlässige Tradition eingetragen, dass Manasse auf Gilead ebenfalls zu verorten ist, was aber in gewisser Weise in Spannung zu Jos 13,30 steht, wonach Manasse nur den Baschan besiedelte, nachdem zuvor Gad in Gilead ansässig war (Jos 13,25). Da in 6b der Blick auf das Ostjordanland fällt, musste der Redaktor hier die „übrigen Söhne Manasses“ folgerichtig ergänzen, um diese Gebiete von den westjordanischen Stammesterritorien abzugrenzen. Vielleicht hat sich aus der Erwähnung von Gilead in 6b auch die spätere ausgleichende Redeweise entwickelt, dass Manasse in Gilead und Baschan anzusetzen ist (Jos 13,31; 17,1.5). Indem somit Manasse in Baschan und in Gilead verortet wird, konnte zumindest Jos 17,6b mit Jos 13,29 ausgeglichen werden. Darüber hinaus war es einer späteren Redaktion auf diese Weise möglich, die Tradition von Machir, der in Gilead ansässig war, einzubinden. Eine spätpriesterliche Redaktion legte schließlich das Hauptaugenmerk auf die ostjordanische Sippe Machir, die in Gilead und dem Baschan siedelte. Dies wird schon am Anfang ausgedrückt, damit deutlich wird, dass Ostmanasse bereits aufgrund seiner kriegerischen Landnahme versorgt ist und es im Folgenden um die westjordanischen Sippen geht. Diese Redaktion glich Jos 17 bewusst an Num 32,39 an und trug zum einen in v.3 zusätzliche Patronyme Hefers, zum anderen die Besiedlung von Gilead und dem Baschan in v.1 und v.5 ein. Auf diese Weise lassen sich die beobachteten Spannungen leicht erklären. Nachdem dieser Redaktor in v.1 die ostjordanische Sippe Machir erwähnt hat, musste er in v.2 das Attribut hannôtārîm „die übrigen“ ergänzen,187 da er jetzt wieder auf das Westjordanland überleiten musste. Die beiden hannôtārîm liegen demnach auf zwei unterschiedlichen redaktionellen Ebenen. Offenbar hat der spätere Redaktor bei dieser Ergänzung nicht gemerkt, dass er auf diese Weise eine Spannung zu 6b eingetragen hat. Eine gelehrte Glosse unbekannter Herkunft liegt in v.1 vor, wo noch die Erstgeburt Manasses ergänzt wurde. Vermutlich wollte der Glossator aufgrund von Stichwortassoziation mit bekôr, das er im Zusammenhang von Machir bereits gelesen hat, die korrekte Abfolge der Söhne Josefs ergänzen. Da dies dem-

187

Zu diesem Zusatz vgl. schon OETTLI 1893, 179; STEUERNAGEL 1900, 217.

212

Das Stammesgebiet Manasses

nach eine späte Zutat ist, erübrigt sich die These, dass aufgrund dieses Hinweises eine ursprüngliche Voranstellung des Abschnitts Manasses vor Efraim zu erwägen wäre. Die eigentliche Gebietsbeschreibung folgt schließlich im Abschnitt v.7–10. Hier sind verschiedene Informationen derart zusammengestellt, dass man sie kaum noch sinnvoll auf einzelne Hände verteilen kann. Hier werden auf alle Fälle unterschiedliche Idiome eingetragen, die wohl darauf hinweisen, dass hier entweder der Redaktor nicht einheitlich gearbeitet oder unterschiedliche Traditionen mit sehr differenzierter Idiomatik zusammengestellt hat. Auf alle Fälle ist es schwierig, anhand dieser kryptischen Daten ein einigermaßen zutreffendes Territorium für Manasse zu skizzieren. Außerdem lässt sich kaum noch eine befriedigende redaktionsgeschichtliche Erklärung zu diesem Abschnitt geben. Die folgenden Überlegungen gehen von einem redaktionellen Grundtext einer Gebietsbeschreibung aus, der sekundär von zwei nicht näher einzuordnenden Glossen mit Grenzbeschreibungen und mit weiteren Ergänzungen erweitert wurde. Vermutlich schon die priesterliche Redaktion verwendet die Wortverbindung gebûl Menaššæh im Sinne von „Gebiet Manasses“ und skizziert mithilfe von einzelnen Regionen relativ ungenau den manassitischen Stammesbesitz. Offenbar lagen entweder keine genaueren Angaben vor oder man wollte bewusst gewisse Leerstellen übriglassen und das Gebiet nur ungefähr verorten. Ein späterer Glossator, der die Formulierungen in den Grenzlisten offenbar kannte, ergänzte in 7b und 9a Informationen zu Tappuach und Bach Kana, die er in Jos 16,8 vorfand und modifizierte. Vermutlich motivierte die Erwähnung von Land und Stadt Tappuch in v.8 den Glossator dazu, den Satz 7b mit den „Bewohnern der Quelle von Tappuach“ voranzustellen und die Tradition vom Bach Kana als Grenzlinie in 9a nachzustellen. Da die Tradition von fremdstämmigen Enklaven im eigenen Stammesgebiet, wie v.8 zeigt, bereits auf die priesterliche Redaktion zurückgehen kann, gehörte vermutlich nur 9aβ zum Grundtext, während 9b von einem späteren Glossator ergänzt wurde, der dieses Mal den Begriff gebûl Menaššæh aus v.7.8 aufgriff. Dieser Glossator benötigte zudem inhaltlich den Bach Kana, da ansonsten die eigentliche Näherbestimmung zu lannaḥal fehlt, sodass die Ergänzung in 9b später als 9aα sein muss. Dementsprechend geht die Grenzbeschreibung in 9aα mit der Erwähnung des Baches Kana auf einen früheren Glossator zurück, während die Weiterführung in 9b auf eine spätere Hand zurückzuführen ist. Dieser spätere Glossator hat schließlich noch die ideale Ausweitung des Stammesgebietes Manasses bis zum Mittelmeer mithilfe von zwei wayyiqtol-Formen in 9b und 10b nachgetragen. Außerdem wird nun der Bach Kana als Grenze zwischen den beiden Stammesgebieten definiert. Vielleicht ist vor 9aβ irgendwann eine Ortsliste mit efraimitischen Toponymen im Gebiet von Manasse entfallen, zumal 9aβ ansonsten eine typische Abschlussformulierung ist. Allerdings kommt man hier über Spekulationen kaum noch hinaus.

4. Eigene Lösung

213

Im nächsten Abschnitt v.11–13 wird die Tradition der nicht eroberten Städte in Ri 1,27–28 aufgegriffen und leicht modifiziert. Durch die Erwähnung der Stämme Ascher und Issachar konnten die Städte der Jesreelebene, die man in Ri 1,27 vorfand, gut in v.11 anschließen, wobei man diese Liste noch geringfügig verändert hat. Bevor man in v.12 die Anwesenheit der Kanaanäer im Land aus Ri 1,27b wörtlich übernahm, hat der Redaktor noch darauf hingewiesen, dass die „Söhne Manasse“ nicht in der Lage waren die in v.11 genannten Städte zu erobern. Schließlich hat man in v.13 noch Ri 1,28 übernommen und leicht verändert eingearbeitet.188 Insgesamt ist in v.11–13 keine Spannung festzustellen. Während nach v.12 die „Söhne Manasse“ nicht die Kanaanäer vertreiben konnten, haben nach v.13 die „Söhne Israels“ als Kollektiv, nachdem man stark geworden war, die Kanaanäer zumindest zur Zwangsarbeit herangezogen.

188

Auch nach RAKE 2006, 56f. nehmen v.12–13 Ri 1,27b.28 auf.

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten (Jos 14,6–15; 15,13–19; 17,14–18) Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Im Josuabuch finden sich immer wieder an wichtigen Einschnitten Erzählungen, die die Landverteilung thematisieren. Hierzu gehören die Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15), die Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19), der Erbbesitz der Zelofhad-Töchter (Jos 17,3–6) und die Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18).1 In diesen Erzählungen werden verschiedene Themen und Probleme diskutiert. Es geht hier unter anderem auch um die Landgabe an Fremde und an Frauen. Auf diese Weise werden die traditionellen Konzepte von Stammeszugehörigkeit und Patriarchalität durchbrochen.2 Die genannten vier Erzählungen folgen stets einer bestimmten Form, sodass man wahrscheinlich von einer Gattung „Landzuweisungstext“ sprechen kann. In der Regel weisen sie folgende Elemente auf: Konfrontation, Fallschilderung mit Bitte, Rückblick auf Mose, Landgabe, Verweis auf einen Befehl YHWHs, Zusammenfassung mit Implikationen.3 Vielleicht sollten diese Landzuweisungstexte den Umstand unterstreichen, dass es selbst bei der Landverteilung um Landnahme im eigentlichen Sinne geht und dass die kriegerische Einnahme auch noch zu einem späteren Zeitpunkt fortgeführt werden musste,4 als die militärische Landnahme bereits abgeschlossen schien. Von den Landzuweisungstexten werden im Folgenden die Erzählung von den Töchtern Zelofhads nicht behandelt, da diese bestens im Kontext von Jos 17 eingegliedert ist und nur schwerlich aus diesem Bereich als eigenständiger Textteil ausgegliedert werden kann. Es scheint zudem, dass dieser Text nicht wie die übrigen Landzuweisungstexte erst nachträglich eingeschoben worden ist.

1

ASSIS 2003, 19f. erkennt zahlreiche Bezüge zwischen diesen Erzählungen. Nach HO1998, 327; PITKÄNEN 2010, 177; RÖSEL 2011, 228 könnte man noch die Erzählung von der Verteilung der Levitenstädte in Jos 21,1–3 hinzuzählen. NELSON 1997, 177 Anm. 3 rechnet auch Num 32 zu dieser Gattung. Nach ASSIS 2003, 2 sind diese Erzählungen im Josuabuch vermutlich unabhängig von den umgebenden Landverteilungstexten entstanden. 2 Vgl. auch HAWK 2000, 192. 3 Vgl. hierzu NELSON 1997, 177f.; HAWK 2000, 191f.; PITKÄNEN 2010, 277; RÖSEL 2011, 228; BUTLER 2014b, 88. 4 Vgl. ASSIS 2003, 8. WARD

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

215

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15) Bereits zu Beginn der Verteilung des Westjordanlandes in Jos 14–19 wird eine Sonderüberlieferung vorangestellt, die begründen soll, weshalb sich Kaleb bzw. die Kalebiter im Bereich um Hebron niedergelassen haben. Da Kaleb neben Josua der einzige war, der der negativen Schilderung des Verheißungslandes durch die Kundschafter in Num 14 massiv entgegengetreten ist, erhält er nun von Josua in Hebron Land zugesprochen. Der Anspruch Kalebs lässt sich innerbiblisch mit der priesterlich geprägten Gottesrede in Num 14,30 begründen.5 Darüber hinaus wird die erfolgreiche Landnahme Kalebs immer wieder besonders betont.6 Allerdings ist trotz des Hinweises auf die gefährlichen Anakiter vermutlich keine militärische Auseinandersetzung im Blick, zumal der in v.13 erteilte Segen und die folgende Landzuteilung eine Übertragung des Landes ohne kriegerisches Zutun andeuten.7 Demnach könnte man meinen, dass Hebron ohne militärische Eroberung zugesprochen werden konnte. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn die Eroberung Hebrons wird trotz alledem später in Jos 15,14–15 erzählt. Die biblische Darstellung wird noch dadurch verkompliziert, dass Hebron nach Jos 10,36–37 und Jos 12,10 bereits erobert gewesen ist,8 sodass sich zu Recht die Frage stellt, wer Hebron unterworfen hat und wann dies geschehen ist. Ausweislich der genannten Beobachtungen ist der Verweis auf Hebron in v.13–15 offenbar von Jos 10 unabhängig.9 Die Redaktion von Jos 14 kann demnach nicht auf einer Linie liegen wie diejenige von Jos 10.10 Es bleibt dabei: Die Frage, wann die Eroberung von Hebron stattgefunden hat (während der Landnahme oder während der Landverteilung),11 lässt sich kaum noch befriedigend beantworten. 5

Nach FRITZ 1994, 151 ist in der dtr. Parallele in Dtn 1,36 Josua sekundär nachgetragen, sodass die vorliegende Erzählung in v.6–15 offenbar auf die priesterliche Tradition in Num 13–14 zurückgreift. Darüber hinaus gebe es grundlegende inhaltliche Unterschiede zur dtr. Kalebtradition. 6 Zum positiven Bild Kalebs vgl. HESS 1996a, 265. Zum Motiv der Landvergabe an Kriegern vgl. auch WEINFELD 1993, 261f. 7 Vgl. GÖRG 1991, 71. Anders hingegen RÖSEL 2011, 229, da ausdrücklich auf die Anakiter und deren befestigte Städte verwiesen wird. 8 HOWARD 1998, 327 vermutet, dass zwischenzeitlich die Anakiter, die die Israeliten nach Jos 11,22 nicht endgültig hätten ausschalten können, wiederum Besitz von Hebron ergriffen hätten. Ähnlich schon WOUDSTRA 1981, 229f.; BUTLER 2014b, 86. Allerdings muss nach RUDOLPH 1938, 218 nicht notwendigerweise ein Widerspruch vorliegen, da die Eroberung von Hebron und die Vertreibung der Anakiter unterschiedliche Dinge sind und auf zwei Ereignisse verweisen könnten. 9 Vgl. SOGGIN 1982, 171. Nach ASSIS 2003, 16 Anm. 39 gehört jedoch die Kaleberzählung ebenso zu den Erzählungen über die Eroberung des Südens in Jos 10. 10 Vgl. auch CORTESE 1990, 88. 11 Vgl. zum Problem ROFÉ 2000b, 195.

216

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Auffälligerweise taucht Kaleb nach der Kundschaftererzählung in Dtn 1,26 bis in Jos 14 nicht mehr auf. Fraglich ist, ob das Fehlen Kalebs auf die besondere Geduld und Höflichkeit Kalebs hinweisen soll, der abwarten kann, bis sich Gottes Verheißung erfüllt.12 Allerdings könnte Kaleb auch ein „Höflichkeitsdefizit“ aufweisen, da er nicht wie Josua die Landverteilung abwartet, sondern schon vor der eigentlichen Zuteilung seine eigenen Ansprüche anmeldet.13 Die Kaleberzählung in Jos 14,6–15 bezieht sich zudem zurück auf Jos 11,21–22 und weist voraus auf Jos 15,13–14 // Ri 1,10–11,14 wo es schließlich um die Gabe Hebrons an Kaleb geht. Da es von dem Erzählstoff über Kaleb drei Erzählungen gibt, scheint Kaleb einen prominenten Status eingenommen zu haben.15 Offenbar wollte man an verschiedenen Stellen auf die Verdienste Kalebs hinweisen, was aber in gewisser Spannung zu anderen Erzähltraditionen steht. Denn während der Stamm Juda die Anakiter und die Gegend um Hebron nach Ri 1,10 eroberte, wird dieser Erfolg im Josuabuch allein Kaleb zugeschrieben (Jos 15,14). Anscheinend hat man später die früheren Leistungen Kalebs auf den Stamm Juda bezogen. Die ätiologisch geprägte Erzählung in v.6–15 versucht darüber hinaus zu erklären, weshalb die überaus wichtige Stadt Hebron zum Stammesbesitz des Kenasiters Kaleb gehört, der ausweislich seiner Stammeszugehörigkeit eigentlich mit den Edomitern verwandt ist und damit von fragwürdiger Herkunft ist.16 Durch die Aufnahme Kalebs unter die Judäer lässt sich jedoch die Spannung

12

Vgl. HESS 1996a, 265. Vgl. KNAUF 2008, 138. 14 Vgl. zu den Verbindungslinien zwischen den einzelnen Kaleberzählungen GRAY 1986, 130. Nach NAʾAMAN 1994, 263 hängt die in Jos 14 mitgeteilte Kalebtradition von Jos 15 ab. Zu den unterschiedlichen Varianten der Kaleberzählung vgl. auch GROSS 2009, 109f. Nach HERTZBERG 1985, 94 passt die Kaleberzählung zudem gut zu Jos 11. Außerdem deute v.6 die Einleitung einer verschwundenen Erzählung an. Dagegen aber RÖSEL 2011, 228, der auf Ri 1,12 verweist, wo ebenfalls Kaleb unvermittelt hinter Juda auftrete. FARBER 2016, 193 Anm. 342 weist darauf hin, dass in der Nacherzählung von LAB 20,10 die drei Erzählungen in Jos 14, 15 und Ri 1 in einem Vers zusammengefasst worden seien. In dieser späten Relecture habe man offenbar die einzelnen Erzählfäden zusammenführen wollen. Nach ROFÉ 2000b, 199 drückt die Kalebtradition noch kein nationales Stämmebewusstsein aus, sodass sie noch vor der Konsolidierung des Stämmebundes entstanden sein könnte. 15 Vgl. HOWARD 1998, 327. Nach NIDITCH 2008, 33 weisen die Erzählvarianten auf mündliche Traditionen hin. 16 Vgl. HAWK 2000, 192; MCKINLAY 2009, 3; MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 66. HUBBARD 2009, 404 Anm. 34 hält die Kenasiter entweder für eine vorisraelitische oder eine edomitische Bevölkerung. Zu den Kenasitern als Edomiter vgl. auch STONE 2009, 418. Nach SOGGIN 1982, 171 weist der Erzählzug in v.6.14 zurück auf Num 32,12 und steht damit in Spannung zu Num 13,6; 34,19, wo Kaleb eindeutig dem Stamm Juda zugewiesen wird. Ähnlich HOWARD 1998, 326f., der auf Num 13,6 hinweist, wo Kaleb explizit mit Juda verbunden werde. 13

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

217

zu Ri 1,10–11 beheben, wo der Stamm Juda für die Eroberung Hebrons verantwortlich ist. Auf diese Weise ist auch die Position dieser Erzählung vor der Landzuteilung an Juda in Jos 15 zu erklären. Zusammen mit Jos 19,49–50, wo Josua sein Erbteil zugewiesen bekommt, rahmt die Kaleberzählung in Jos 14,6–15 die Landverteilungstexte. Die beiden Überlebenden der Exodusgeneration Kaleb und Josua werden demnach eigens versorgt, wobei dies an den Rändern der Landverteilungstexte Jos 14–19 geschieht. Eine weitere Beobachtung spricht dafür, dass man diese Erzähltradition in den Abschnitt Jos 14–19 integrieren musste. Da nämlich die Kaleberzählung eine lokale Einzeltradition war, konnte man diese Überlieferung nicht in den ersten Teil des Josuabuchs unterbringen, wo es um gesamtisraelitische Eroberungen, aber nicht um die Taten Einzelner ging.17 1.1 Textkritische Anmerkungen In der Tradition des Targum wird der Titel Kalebs ʾîš hāʾælohîm „Gottesmann“ in v.6 mit „Prophet Gottes“ übertragen. Auf diese Weise wird der Erzählung eine prophetische Dimension zugewiesen.18 Ob man aber in diesem Text einen früheren „Sitz im Leben“ eintragen darf, ist fraglich, zumal die Versionen die Bezeichnung ʾîš hāʾælohîm ansonsten konventionell übertragen (z.B. LXX: ἄνθρωπον τοῦ θεοῦ). Der Ehrentitel ʿæbæd YHWH „Knecht YHWHs“ wird von LXX mit „Knecht Gottes“ wiedergegeben (ὁ παῖς τοῦ θεοῦ). In der Wiedergabe des Tetragramms ist LXX ohnehin nicht immer konsequent,19 sodass diese Differenz nicht problematisch ist. Anstelle des enklitischen Personalpronomens 1. Person Singular (lebābî) wird bisweilen in v.7 lebābô „sein Herz“ gelesen. Möglicherweise sind die beiden ähnlichen Konsonanten w und y miteinander versehentlich vertauscht worden.20 Vermutlich liegt der LXX die Lesart lebābô zugrunde (κατὰ τὸν νοῦν αὐτοῦ), die diesen Ausdruck nicht auf Kaleb, sondern auf Mose beziehen will.21 Dann hätte Kaleb aber nur das gesagt, was Mose hören wollte.22 Auf diese Weise würde Kaleb in ein schlechtes Licht gestellt werden, was aber im größeren Kontext schwierig ist. Die Vulgata hingegen bestätigt die Lesart des MT (quod mihi verum videbatur). Außerdem wird von einigen Handschriften 17

Vgl. DE VOS 2003, 296. Vgl. BUTLER 2014b, 85. 19 Zur unterschiedlichen Wiedergabe der Gottesbezeichnungen durch LXX vgl. AULD 1979, 12. 20 Vgl. BOLING 1982, 352. Gegen eine Änderung des MT im Sinne von LXX vgl. schon DILLMANN 1886, 517; OETTLI 1893, 169; NOTH 1971b, 80. Anders aber STEUERNAGEL 1900, 206. 21 Vgl. SOGGIN 1982, 165. 22 Vgl. BUTLER 2014b, 85. 18

218

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

beim abschließenden kaʾašær-Satz noch ein Verb hāyāh ergänzt.23 Aber auch diese Ergänzung ist eigentlich nicht nötig, da die Syntax des Nominalsatzes ebenfalls gut verständlich ist. In der griechischen Textüberlieferung fehlt in v.8 bei weʾaḥay bisweilen das enklitische Personalpronomen, was sich aber als Haplographie deuten lässt (ἀδελφοί μου οἱ).24 Offenbar ist der Abschreiber fälschlicherweise zum Artikel gesprungen, ohne zu merken, dass sich zwischen beiden οι ein Personalpronomen befindet. In v.8 wird gelegentlich hemassû (von MSS-H) anstelle von himsîw (von MSY-H) gelesen,25 wobei die Lesart des MT ein Aramaismus sein könnte.26 Vielleicht sollten dem Protagonisten Kaleb absichtlich aramäische Wörter zugeschrieben werden, um auf den Gebrauch von Aramäisch als Umgangssprache durch die Kalebiter im edomitischen Süden hinzuweisen.27 Auf diese Weise hätte man ein gewisses Lokalkolorit eingetragen; bei der alternativen Lesart als hemassû erhält man hingegen einen typisch dtr. Ausdruck für die Verzagtheit des Herzens.28 Demgegenüber scheint wohl die Deutung als aramaisierendes himsîw als lectio difficilior die größere Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen zu dürfen. Die Konjunktion des Schwursatzes ʾim loʾ in v.9 wird von LXX nicht wiedergegeben, was vielleicht auf Haplographie zurückgeführt werden kann, zumal im Nahkontext der Konsonant ʾ häufig belegt ist.29 Auf diese Weise wird aus dem Schwur ein ganz normaler Aussagesatz, der aufgrund der yiqtol-Form modal übersetzt werden kann. Dementsprechend wird die Aussage etwas abgeschwächt. Fraglich ist darüber hinaus, ob in v.9 mit LXX ein plurales enklitisches Personalpronomen ʾælohênû „unser Gott“ anstelle von MT ʾælohāy „mein Gott“ gelesen werden sollte (LXX: τοῦ θεοῦ ἡμῶν). Die Lesart von MT ʾælohāy könnte vom Ende in v.8 kontaminiert sein,30 wo in der Kalebrede zu Recht „mein Gott“ verwendet wird, während in v.9 die Engführung auf den Gott des Mose eigentlich nicht angezeigt ist. In der Tradition der hebräischen Handschriften ist in v.11 eine andere Präpositionalverbindung belegt (bekoḥî anstelle von MT kekoḥî).31 Vielleicht sind

23

Vgl. HOLZINGER 1901, 54. Vgl. GREENSPOON 1983, 37. 25 Vgl. FRITZ 1994, 150; OTTO 2000, 81 Anm. 293. 26 Vgl. schon DILLMANN 1886, 517; OETTLI 1893, 169; NOTH 1971b, 80; BOLING 1982, 357; SOGGIN 1982, 165; KNAUF 2008, 139; RÖSEL 2011, 229 Anm. 3; BUTLER 2014b, 85. 27 Vgl. KNAUF 2008, 138. 28 MSS-H: Dtn 1,28; MSS-N: Jos 2,11; 5,1; 7,5. 29 Vgl. BOLING 1982, 352. 30 Vgl. zum Problem GREENSPOON 1983, 140. 31 Vgl. BOLING 1982, 352. 24

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

219

hier die beiden ähnlichen hebräischen Konsonanten k und b miteinander verwechselt worden, da hier inhaltlich sicher von einem Vergleich auszugehen ist. Möglicherweise ist lammilḥāmāh in v.11 eine Glosse. Auf diese Weise versteht man die Bedeutung des darauf folgenden Merismus welāṣeʾt welābôʾ besser,32 da man die Bedeutung der beiden Infinitivsätze dann eindeutig auf die kriegerische Konnotation festlegt. Außerdem kann man den Satz besser mit v.12 verbinden,33 wo es um die gefährlichen Anakiter geht, die man nur gewaltsam vertreiben könnte. LXX hat zumindest den Ausdruck lammilḥāmāh nachgestellt (ἐξελθεῖν καὶ εἰσελθεῖν εἰς τὸν πόλεμον), was vielleicht die bessere Lesart darstellt, zumal die Voranstellung im MT syntaktisch schwierig ist. Dementsprechend könnte ein Schreiber das Wort lammilḥāmāh fälschlicherweise vorangestellt haben.34 Im Gegensatz zum MT hat LXX in v.12 ein zusätzliches haddābār hazzæh (τὸ ῥῆμα τοῦτο), das Josua damals gehört haben soll.35 Vermutlich hat hier der LXX-Übersetzer ein direktes Objekt vermisst, das aber durch den kî-Satz vertreten wird, sodass diese Ergänzung nicht notwendig ist. Die vermutlich fehlerhafte nota objecti ʾôtî in v.12 wird von vielen hebräischen Handschriften, LXX, Vulgata und Peschitta zu ʾittî geändert,36 da es hier um eine Beistandszusage YHWHs geht. Allerdings ist gerade im Jeremiabuch eine derartige, abweichende Vokalisation durchaus nicht ungewöhnlich.37 In v.13 wird von wenigen Handschriften das Gentiliz haqQenizzî „der Kenasiter“ hinter „Kaleb, der Sohn Jefunnes“ ergänzt. Hier könnte eine Verbesserung mit Blick auf v.6 und v.14 vorliegen, um alle drei Vorkommen von Kaleb aneinander anzugleichen. Interessanterweise ergänzt hier LXX nicht τοῦ Κενεζαίου wie in v.14, sondern setzt hier υἱοῦ Κενεζ „Sohn des Kenas“,38 was mitunter auf eine hebräische Lesart bæn Qenaz zurückgeführt werden könnte. Vielleicht hat LXX in v.15 aufgrund von Metathesis ʾarʿob anstelle von MT ʾarbaʿ gelesen, was dann zur Deutung als Toponym Argob geführt haben könnte.39 Inwieweit hier eine Verwechslung mit dem Ort Argob im Baschan

32

Vgl. SOGGIN 1982, 165. Zu diesem Merismus vgl. HONEYMAN 1952, 15f. Vgl. hierzu auch NOTH 1971b, 80. 34 Vgl. BOLING 1982, 353. 35 Vgl. BOLING 1982, 353. 36 Vgl. hierzu auch OETTLI 1893, 170; STEUERNAGEL 1900, 207; NOTH 1971b, 80; BOLING 1982, 353; SOGGIN 1982, 165; FRITZ 1994, 150; NELSON 1997, 176; BUTLER 2014b, 85. Der Prophetencodex von Cairo hingegen belegt die Lesart von MT. 37 Jer 20,11 (ʾôtî). Aber auch sonst gibt es im Jeremiabuch zahlreiche suffigierte Formen der Präposition ʾæt „mit“ in der Form ʾôt + enklitisches Personalpronomen, vgl. Jer 5,5; 12,1; 16,8; 19,10; 35,2. 38 Diese Beobachtung schwächt die Argumentation von BOLING 1982, 353, der von einem Abschreibefehler mit Blick auf den folgenden Vers ausgeht. 39 Vgl. BOLING 1982, 353. 33

220

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

vorliegen könnte,40 ist fraglich, auch wenn eine derartige Gleichsetzung wenig wahrscheinlich ist. In v.15 liest LXX offenbar hāʾem „die Mutter“ anstelle von hāʾādām des MT und deutet Kirjat-Arba als die „größte Stadt“ (μητρόπολις τῶν Ενακιμ), auch wenn man dann das attributive Adjektiv ins Femininum haggedôlāh setzen muss.41 Gelegentlich wird vermutet, dass LXX hier die feminine Verbindung hāʾadāmāh haggedôlāh „das große Land“ anstelle von hāʾādām haggādôl wiedergegeben habe.42 Allerdings bezieht sich μητρόπολις eigentlich kaum auf einen großen Landstrich. Auffälligerweise wird die wörtliche Wiederaufnahme von Jos 11,23 in 15b von LXX jeweils unterschiedlich wiedergegeben (καὶ ἡ γῆ ἐκόπασεν τοῦ πολέμου in 15b anstelle von καὶ ἡ γῆ κατέπαυσεν πολεμουμένη in Jos 11,23), ohne dass hierfür eine Erklärung gegeben werden kann. Vielleicht ist 15b erst in einem sekundären späten Schritt hinzu gewachsen, was dann auch die unterschiedliche Übersetzung der LXX erklären könnte. Alles in allem belegen die Versionen kaum einen merklich abweichenden Text in v.6–14. Es gibt auch keine wesentlichen Textlücken, die man bei einer literarkritischen Arbeit mitunter berücksichtigen müsste. Lediglich v.15 sticht etwas heraus, da zumindest in der LXX der schwierige Text des MT verändert wurde (Person zu Stadt) und der mit Jos 11,23 wortgleiche Satz 15b anders übersetzt worden ist. 1.2 Sprachliche und inhaltliche Anmerkungen Bevor nach literarkritischen Brüchen und redaktionsgeschichtlichen Verbindungslinien gesucht werden kann, soll die Verortung der sprachlichen Idiome in den Blick genommen werden, die mitunter weitere Aufschlüsse über ihre adäquate literarhistorische Einordnung liefern mögen. Vor allem die zahlreichen Temporalausdrücke43 geben der Erzählung eine gewisse Struktur und verweisen auf die Dringlichkeit der Bitte Kalebs.44 Das Verb NGŠ verbindet v.6 formal mit Jos 21,1, wo die Gruppe der Leviten an Josua herantritt und eine formale Bitte zur Landvergabe stellt.45 Allerdings wenden sich dort die Leviten an eine Landverteilungskommission, was hier nicht der Fall ist, sodass beide Verse nicht auf einer redaktionellen Ebene liegen müssen, zumal das häufige Verb NGŠ nicht signifikant ist. 40

Dtn 3,4.13.14 1Kön 4,13. Vgl. zum Problem SOGGIN 1982, 165; GRAY 1986, 132f.; NELSON 1997, 176. Nach MEER 2004, 83 könnte die Bezeichnung μητρόπολις das ägyptische Verwaltungssystem widerspiegeln. MILLER/TUCKER 1974, 118 bevorzugen hingegen die Lesart der LXX. Zur Leseweise als μητρόπολις vgl. auch PACE 1976, 112f. 42 Vgl. WOUDSTRA 1981, 232 Anm. 12. 43 ʿattāh in v.10.11.12; hayyôm hahûʾ in v.9.12 und hayyôm hazzæh in v.14. 44 Vgl. hierzu auch NELSON 1997, 179. 45 Vgl. zu dieser Verbindung HESS 1996a, 265. 41

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

221

In v.6 treten zunächst die „Söhne Juda“ auf, die zumindest im Endtext das Anliegen Kalebs offenbar unterstützen.46 Durch die Vorschaltung der „Söhne Juda“ wird zudem unterstrichen, dass es hier offenbar schon um die Landzuweisung an Juda geht. Außerdem wird der Kenasiter Kaleb durch diese Vorschaltung zu den „Söhnen Juda“ gerechnet,47 was nicht auf die ursprüngliche Tradition zurückgehen muss. Die Bezeichnung Kalebs als haqQenizzî „Kenasiter“ verbindet Jos 14,6.14 mit Num 32,12.48 Außerdem wird durch dieses Attribut die Erzählung mit einem Rahmen versehen, vor dessen Hintergrund die Landverteilung an Kaleb zu beurteilen ist. Kaleb gehört nämlich als Kenasiter eigentlich nicht notwendigerweise zu Juda. Durch Mut, Eigeninitiative, Gehorsam und Loyalität zu YHWH schafft er es aber, sich einen Platz im Verheißungsland zu sichern.49 Bei den Kenasitern handelt es sich nämlich um einen edomitischen Stamm, da das zugehörige Eponym Kenas ein Enkel Esaus ist.50 Damit wird Kaleb, dessen Name ohnehin im Alten Israel negative Konnotationen evoziert und den Kontrast noch zusätzlich erhöht (kælæb = „Hund“),51 an den Rand der ethnischen Gruppe Israel gedrängt. Es scheint, dass der verächtliche Name des Eponyms zumindest hinsichtlich seiner Vokalisation leicht geändert wurde, um derartige negative Assoziationen zunächst zu vermeiden.52

46 FARBER 2016, 61 folgert daraus, dass sich Kaleb zu einem bedeutenden Stammesführer entwickelt habe. Nach BUTLER 2014b, 87 tritt Kaleb als Wortführer der „Söhne Juda“ auf, auch wenn er nur ein persönliches Anliegen durchsetzt. 47 Vgl. auch STEUERNAGEL 1900, 206. 48 Vgl. hierzu schon DILLMANN 1886, 517; DE VOS 2003, 292f. BELTZ 1974, 73 deutet das Gentiliz offenbar fälschlicherweise als „Keniter“, da sich die Kalebiter nach Jos 14,14 als Verwandte der Keniter gefühlt hätten. 49 Vgl. hierzu auch HAWK 2000, 198. 50 Gen 36,10–11; 1Chr 1,35–36. Vgl. hierzu auch ZIESE 2008, 272; KUGLER 2017, 579. Zu der Flexibilität von Stammeszuweisungen vgl. KNAUF 2008, 139. Für verschiedene Lösungen zum Problem vgl. WOUDSTRA 1981, 227 Anm. 1. Nach BOLING 1982, 375 könnte es sich bei Kenas zudem um einen luwischen Eigennamen handeln. Für WRIGHT 2014, 169 ist Kaleb jedoch gar kein Ausländer, da er als „Fürst von Juda“ vollkommen integriert sei und eine israelitische Ethnie in der frühen Eisenzeit ohnehin anachronistisch sei. 51 Zu diesem Problem vgl. auch HAWK 2000, 198 Anm. 38. Nach SOGGIN 1982, 171 ist die Tierbezeichnung Kaleb mit den Namen von anderen ausländischen Fürsten wie Oreb oder Seeb vergleichbar. Nach BELTZ 1974, 116–133 ist jedoch der Hund im Alten Orient beileibe nicht so negativ gesehen worden wie im Alten Israel. Der Eigenname Kaleb „Hund“ kann zudem negativ oder auch positiv im Sinne von Ergebenheit bzw. Treue verstanden werden, vgl. THOMAS 1960, 414–426. Zur außerbiblischen Verwendung der Selbstbezeichnung des Vasallen als Hund vgl. BOLING 1982, 356; WRIGHT 2014, 168. MARGALITH 1983, 494 vermutet, dass es neben dem Wort kælæb für „Hund“ noch ein Homonym kælæb für „Sklave, Diener“ geben könnte. Im Akkadischen wird das Lexem kalbu zudem oft mit ardum „Diener“ verbunden, vgl. WRIGHT 2014, 251 Anm. 1. 52 Vgl. hierzu auch BELTZ 1974, 133f.

222

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Das Beispiel des Kenasiters Kaleb verdeutlicht wiederum: Nach dem Josuabuch können Fremde wie Kaleb, Rahab oder die Gibeoniter ebenfalls in Israel integriert werden.53 Dementsprechend ist die vorliegende Kaleberzählung eine Ätiologie, die die Zugehörigkeit des Edomiters Kalebs und der Kalebiter zu Juda begründen will.54 Trotz seiner edomitischen Herkunft wird Kaleb als Vorbild für Israel skizziert. Nicht ohne Grund wird ihm aufgrund seiner treuen YHWH-Gefolgschaft das Land zugesprochen.55 Manchmal wird ein Bezug Kalebs zur Fremdbevölkerung der Kenasiter ausgeschlossen, da das Gentiliz haqQenizzî „Kenasiter“ lediglich genealogisch, nicht aber tribal zu verstehen wäre und Kaleb familiär zu einem gewissen Vorfahren namens Kenas gehören würde.56 Genealogisch wird Kaleb zudem in anderen Texten als Bruder Otniels gefasst, der seinerseits ein „Sohn des Kenas“ und damit Kenasiter gewesen ist.57 Manchmal wird sogar vermutet, dass Kaleb der Sohn eines Judäers Kenas gewesen wäre. In diesem Fall wäre er nicht ein Angehöriger einer edomitischen Sippe. Allerdings wird Kaleb in den meisten Texten als „Sohn Jefunnes“ bezeichnet, sodass es sich bei Kenas nicht um den biologischen Vater handeln kann.58 Aus alledem folgt, dass es sich bei dem Ausdruck haqQenizzî „Kenasiter“ offenbar um eine Stammesbezeichnung handelt. Auf diese Weise vermeidet man die Spannung, dass Kaleb, der „Sohn Jefunnes“, zu einem Sohn eines gewissen Kenas gemacht werden soll. Die Verbindung Kalebs mit den Judäern geht vermutlich auf projudäische Kreise zurück, die den eigentlich edomitischen Stamm der Kalebiter zu Juda rechnen wollte. Dementsprechend ist auch nicht nötig, dass Kaleb eine Art doppelte 53 Vgl. HESS 1996a, 268; BUTLER 2014b, 97. Nach ZWICKEL 1993, 483 kam es im 7./6. Jh. v. Chr. im Rahmen der edomitischen Expansion zu einer Vermischung von Judäern und Edomitern, sodass die edomitischen Kenasiter schließlich zu Juda gerechnet werden konnten. Zu den edomitischen Kenasitern, die unter die Judäer aufgenommen worden sind, vgl. MILLER/TUCKER 1974, 117. Über Kaleb könnte nach KNAUF 2008, 138 der edomitische Süden in der Perserzeit kulturell und religiös weiterhin zu Juda gezählt werden. 54 Nach NELSON 1997, 178 ist diese Erzählung aber nicht nur eine Ätiologie, sondern auch eine Beispielerzählung für besondere YHWH-Treue. 55 Vgl. auch ZIESE 2008, 272f.; BUTLER 2014b, 97. 56 Vgl. hierzu WOUDSTRA 1981, 227; HOWARD 1998, 327f., der noch darauf hinweist, dass ein Nachfahre Kalebs ebenfalls Kenas heiße (1Chr 4,15). RÖSEL 2011, 229 betont darüber hinaus, dass in einem legalen Dokument wie die Landverteilungstexte der volle Name und die Herkunft hätten genannt werden müssen. 57 Diese genealogische Zuschreibung findet sich aber nur in Verbindung mit Otniel, vgl. Jos 15,17; Ri 1,13; 3,9. Nach 1Chr 4,13–15 ist zudem Kenas von Kaleb zu differenzieren. Zum umstrittenen Problem der Genealogie Kalebs vgl. FEWELL 1995, 131; ZIESE 2008, 272 Anm. 5. 58 Num 13,6; 14,6.30.38; 26,65; 32,12; 34,19; Dtn 1,36; Jos 14,6.13.14; 15,13; 21,12; 1Chr 4,15; 6,41. Die rabbinische Tradition vermutet, dass Kenas der Stiefvater Kalebs gewesen wäre, vgl. bSot 11b. SCHART 2014, 190 vermutet, dass das Patronym „Sohn Jefunnes“ erst sekundär mit Kenntnis der priesterschriftlichen Kundschaftererzählung ergänzt worden ist.

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

223

Staatsbürgerschaft gehabt habe.59 Auf alle Fälle weist die unterschiedliche Zuweisung der Kenasiter zu Juda und Edom darauf hin, dass hier offenbar ein zunächst fremder, nicht-israelitischer Stamm in den Stamm Juda assimiliert werden sollte. Das Idiom YDʿ-G + dābār findet sich fast ausschließlich in dtr. geprägten Texten.60 Vermutlich bezieht sich dieser Ausdruck auf das Wort YHWHs in Kadesch-Barnea.61 Am Ende der Kundschaftererzählung wird Josua und Kaleb verheißen, dass sie aufgrund ihrer ausgewiesenen Loyalität zu YHWH ins Verheißungsland kommen werden, im Gegensatz zur Exodusgeneration. Die Qualifizierung ʾîš hāʾælohîm „Gottesmann“ für Mose in v.6 ist selten und nur in späten Texten belegt.62 Offenbar soll Mose aufgrund dieses Titels wie ein wundertätiger, geistbegabter Charismatiker und Prophet stilisiert werden.63 Auf diese Weise wird darüber hinaus die besondere Autorität des Mose herausgestellt, vor deren Hintergrund Kaleb seine Bitte Josua vorträgt. Im folgenden Vers wird Mose hingegen als ʿæbæd YHWH „Diener YHWHs“ bezeichnet. Dieser Ehrentitel des Mose ist vor allem im ersten Teil des Josuabuchs zu finden und dtr. geprägt.64 Interessanterweise wird ebenfalls Kaleb in Num 14,24 als ʿabdî „mein Knecht“ und damit als Knecht YHWHs bezeichnet. Dieser Titel greift demnach auch die Terminologie der Kundschaftererzählung auf. Weshalb allerdings Mose als Gottesmann und als Diener YHWHs gleichermaßen von Kaleb bezeichnet wird, ist fraglich. Es gibt zudem keinen textkritischen Hinweis, dass es zu einer vereinheitlichenden Harmonisierung der beiden Titel irgendwann gekommen wäre. Die eher seltene zusammengesetzte Präposition ʿal ʾodôt „wegen“ lässt sich kaum einem spezifischen Autorenkreis zuschreiben.65 Trotzdem ist signifikant, dass sie im Rahmen der Kundschaftererzählung in Num 13,24 und hier anzutreffen ist. Nur in v.6 wird mit dem Begriff ʾodôtæ̂ kā auch die Beteiligung Jo-

59 So aber PITKÄNEN 2010, 280. Nach BALLHORN 2011, 257 wird mit Kaleb ein ethnischer Außenseiter zu einem Musterisraeliten stilisiert. 60 Dtn 18,21; Jos 14,6; 1Sam 20,39; 21,3; 22,15; 2Sam 15,11; Koh 8,5. 61 Num 14,24.30; Dtn 1,36.38. Vgl. DILLMANN 1886, 517. 62 Dtn 33,1; Jos 14,6; 1Chr 23,14; 2Chr 30,16; Esr 3,2; Ps 90,1. Nach RÖSEL 2011, 228 werden mit diesem Titel in späterer Zeit bedeutende Persönlichkeiten besonders ausgezeichnet. HOLSTEIN 1978, 80 vermutet hingegen, dass die Bezeichnung „Gottesmann“ für Mose in vor- und nachexilischen Texten verwendet worden sei. Vgl. zur Qualifizierung Mose als „Gottesmann“ auch HOLSTEIN 1978, 72f.; DE VOS 2003, 293, der zusätzlich die nicht-dtr. Verwendung dieses Titels betont. Denn in dtr. Texten wird Mose eigentlich als ʿæbæd YHWH „Diener YHWHs“ betrachtet. 63 Vgl. hierzu PACE 1976, 118f.; FRITZ 1994, 153f. Nach BUTLER 2014b, 94 steht dieser Titel in nordisraelitischer prophetischer Tradition. 64 Vgl. RÖSEL 2011, 228. Dtn 34,5; Jos 1,1.13.15; 8,31.33; 11,12; 12,6; 13,8; 14,7; 18,7; 22,2.4.5. 65 Gen 21,25; 26,32; Num 12,1; 13,24; Jos 14,6; Ri 6,7. Erweitert noch in Jer 3,8.

224

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

suas im Rahmen der Auskundschaftung des Verheißungslandes betont, während ansonsten Kaleb auf Josuas Anteil bei der Ausspähung verzichtet.66 Denn in v.8 schließt der Begriff „meine Brüder“ Josua aus und in v.12 wird dem Josua etwas vermittelt, was er aus eigener Anschauung als Kundschafter eigentlich wissen müsste. Auch in v.7 wird nur Kaleb von Mose ausgesandt, während Josua ausweislich von ʾotî nicht in den Blick genommen wird. Dementsprechend könnte ʿal ʾodôtæ̂ kā ein harmonisierender Zusatz sein, der Josua ebenfalls unter die Kundschafter zählt.67 Die zeitliche Datierung der Auskundschaftung des Verheißungslandes fand ausweislich der chronologischen Angaben in v.7 und v.11 vor 45 Jahren statt. Ob sich nach dem ersten Fehlschlag genau 40 Jahre der Wüstenwanderung angeschlossen haben, wird in Jos 14 nicht gesagt. Diese Lücke kann höchstens mit Hilfe von Num 32,13 geschlossen werden. Vielleicht weisen daher die Zeitangaben in v.7 und v.11 auf Num 32,13 zurück.68 Allerdings ist dies nicht zwingend, da es sich bei dem Zeitfenster von „vierzig Jahren“ um eine standardisierte Größe für eine Generation handelt, die nicht notwendigerweise historisch ausgewertet werden darf. Hinzu kommt, dass nach Dtn 2,14 die Wüstenwanderung nur 38 Jahre gedauert hat. Erst danach war die Wüstengeneration ausgestorben und die Landnahme konnte mit einer neuen Generation stattfinden.69 Ein bestimmter redaktioneller Hintergrund ist hier nicht zu erkennen. Hier zeigt sich lediglich ein gewisses Interesse für Zahlenangaben. Auffälligerweise ist nur in der priesterlich geprägten Kundschaftererzählung das Verb ŠLḤ mit dem Subjekt Mose zu finden, was v.7 und 11 mit diesem Textbereich eng verbindet.70 In der dtr. Tradition werden die Spione hingegen vom Volk ausgesendet.71 In v.7 wird die Aussendung der Kundschafter nach Kadesch-Barnea verlegt, was von Num 13–14 eigentlich nicht gedeckt wird.72 Erst in dtr. Tradition wird in Num 13,26 der Ort Kadesch nachgetragen, während ansonsten die Wüste Paran der Schauplatz der Ereignisse ist.73 Die Ortstradition Kadesch-Barnea in Verbindung mit der Kundschaftererzählung ist hingegen fast ausschließlich in

66

Vgl. BUTLER 2014b, 94. Nach KISLEV 2017, 55 sei Josua ohnehin erst sekundär in die priesterschriftliche Kundschaftererzählung eingedrungen. 67 Vgl. schon DILLMANN 1886, 517; STEUERNAGEL 1900, 206. 68 Anders DE VOS 2003, 293. 69 Vgl. zum Problem DILLMANN 1886, 518. 70 Num 13,3.16.17; 14,36. 71 Dtn 1,22. 72 Kadesch-Barnea findet sich in Num 32,8; 34,4; Dtn 1,2.19; 2,14; 9,23; Jos 10,41; 14,6.7; 15,3. 73 Num 10,12; 12,16; 13,3.26. Vgl. hierzu auch FRITZ 1994, 153; DE VOS 2003, 293.

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

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dtr. Texten zu finden,74 sodass dieser Ortsname wohl auf dtr. Redaktionsarbeit zurückgeht. Trotz der beobachteten priesterlichen Prägung durch die Verwendung des Verbums ŠLḤ, das mit Mose als Subjekt verbunden ist, sind der Titel Mose als „Diener YHWHs“ und die Ortsangabe Kadesch-Barnea dtr., sodass man in dem Infinitivsatz nicht sicher von einer bestimmten redaktionellen Hand ausgehen kann. Das Verb RGL-D „auskundschaften“ in v.7 findet sich mit einem gewissen Schwerpunkt in dtr. Texten,75 während in der priesterlich geprägten Kundschaftererzählung Num 13–14 das Verb TūR verwendet wird,76 sodass hier offenbar dtr. Idiomatik eingesetzt wird. Interessanterweise wird RGL-D nur in der dtr. Version der Kundschaftererzählung in Dtn 1,24 gebraucht, sodass die Verbindungslinien nicht nach Num 13–14, sondern nach Dtn 1 führen. Darüber hinaus wird das Verb RGL-D gerne wie hier mit dem Objekt hāʾāræṣ „das Land“ verbunden.77 Das in v.7 verwendete, relativ häufige Idiom ŠūB-H + dābār ist in den unterschiedlichsten Texten zu finden und lässt keine eindeutige redaktionelle Prägung erkennen.78 Es dient zudem als terminus technicus für die Übergabe von Nachrichten in beiden Versionen der Kundschaftererzählung.79 Dementsprechend könnte es als priesterlich oder als dtr. klassifiziert werden, wobei eine eindeutige Entscheidung nicht möglich ist. Die Wortverbindung dābār kaʾašær ʿim lebābî ist nur in v.7 zu finden.80 Lediglich Dtn 15,9 hat eine ähnliche Formulierung: dābār ʿim lebābkā. Es handelt sich hierbei offenbar um eine Angelegenheit, über die man mit dem Herzen bzw. mit dem Verstand nachgedacht hat.81 In v.7 soll der Ausdruck dābār kaʾašær ʿim lebābî vermutlich nahelegen, dass Kaleb hier genau das mitteilt, an das er sich aufgrund seiner Erfahrungen genauestens erinnert. Außerdem lässt

74

Nach SEEBASS 2003, 110 soll der Namenszusatz Barnea den Ort Kadesch von anderen gleichnamigen Orten differenzieren. 75 Vgl. zu RGL-D Gen 42,9.11.14.16.30.31.34; Num 21,32; Dtn 1,24; Jos 2,1; 6,22.23. 25; 7,2; 14,7; Ri 18,2.14.17; 1Sam 26,4; 2Sam 10,3; 15,10; 1Chr 19,3. 76 Vgl. hierzu FRITZ 1994, 152. 77 Jos 7,2; 14,7; Ri 18,2.14; 1Chr 19,3; als Partizip in Gen 42,30; Jos 6,22. 78 Gen 37,14; Ex 19,8; Num 13,26; 22,8; Dtn 1,22.25; Jos 14,7; 22,32; 1Sam 17,30; 2Sam 3,11; 24,13; 1Kön 2,30; 12,6.9.16; 20,9; 2Kön 22,9.20; Jes 41,28; Ez 9,11; Spr 18,13; 24,26; 27,11; Neh 2,20; 1Chr 21,12; 2Chr 10,6.9; 34,16.28. 79 Num 13,26 und Dtn 1,22.25. 80 Gegen HAWK 2000, 196 Anm. 35 liegt hier kein festes Idiom vor. 81 Vgl. hierzu auch BUTLER 2014b, 85. Nach EDERER 2017, 220 ist bei diesem Idiom die Aufrichtigkeit der Berichterstattung im Blick. Ähnlich schon DILLMANN 1886, 517: „seiner Überzeugung gemäss“; OETTLI 1893, 169 „nach bestem Wissen“; STEUERNAGEL 1900, 206: „meiner Überzeugung entsprechend“; HOLZINGER 1901, 56: „mit ruhiger Überlegung“.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

er sich dabei nicht beirren von den überaus negativen Aussagen der anderen Kundschafter.82 Offenbar denkt v.8 nur an Kaleb als einziges positives Beispiel in der Gruppe der durchweg negativ gestimmten Kundschafter, da sich der zu Beginn verwendete Ausdruck ʾaḥay „meine Brüder“ wohl auf die übrigen Kundschafter bezieht83 und Josua aller Wahrscheinlichkeit nach nicht berücksichtigt. Außerdem liegt v.12 auf einer Linie mit dieser Tradition, da Josua von den Ereignissen der Anakiter lediglich gehört hat, aber das offenbar nicht aus eigener Anschauung als Kundschafter weiß.84 In der Kaleberzählung stellt sich nur Kaleb als vorbildlicher Kundschafter heraus. Die möglichen Verdienste Josuas bleiben unerwähnt. Entweder ist Josua in der ursprünglichen Tradition kein Kundschafter gewesen, oder Kaleb versucht, nur seine eigenen Erfolge zu betonen und dabei das Engagement Josuas auszublenden, wobei er aber dann möglicherweise Josua beleidigen könnte. Die Wendung MSY-H + leb „Herz zerfließen lassen“ in v.8 verweist vor allem auf die Verzagtheit des Herzens.85 Es handelt sich bei MSY um eine seltene Nebenform von MSS, wobei hier eine aramaisierende Bildung vorliegt, was vielleicht auf eine verhältnismäßig späte Sprachstufe hinweist. Möglicherweise sollte dem Kenasiter Kaleb bewusst eine aramäische Form in den Mund gelegt werden. Ironischerweise wird der gebräuchlichere Ausdruck mit MSS-N auf die kanaanäische Urbevölkerung bezogen, die vor den Israeliten Angst hat.86 Außerdem könnte in v.8 ironisch auf die dtr. Kundschaftererzählung angespielt sein, wo die anderen Boten den Israeliten jeden Mut genommen haben. Allerdings müsste man hierfür textkritisch die Lesart hemassû (von MSS-H) eintragen,87 was nicht notwendigerweise gefordert ist. Das Idiom MLʾ-D + ʾaḥarê YHWH bezeichnet die vollkommene Nachfolge.88 Vermutlich liegt bei der Wendung MLʾ-D + ʾaḥarê YHWH eine elliptische For-

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Vgl. NOTH 1971b, 85. Vgl. zu diesem Problem schon KNOBEL 1861, 411; DILLMANN 1886, 517; STEUERNAGEL 1900, 206. Nach MATTHEWS 2016, 122 bezieht sich „meine Brüder“ auf die zehn Kundschafter, die einen negativen Bericht abgeliefert haben. 84 Vgl. KNOBEL 1861, 411. 85 Vgl. FRITZ 1994, 39, der zusätzlich Jos 2,11; 5,1; 7,5; Jes 13,7; 19,1; Ez 21,12; Nah 2,11; Ps 22,15 anführt, wo aber Formen von MSS-N belegt sind. MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 65 verweisen noch auf das Wortspiel zwischen Kaleb und leb „Herz“. 86 Jos 2,11; 5,1. Ähnlich MATTHEWS 2016, 122. 87 Ausgedrückt in Dtn 1,28 mit MSS-H. DE VOS 2003, 294 konjiziert hemassû anstelle von himsîw und denkt damit an eine Form von MSS-H. Auf diese Weise kann er eine Verbindung zu Dtn 1,28 ziehen. Dafür ist aber eine nicht gerechtfertigte textkritische Änderung nötig. Ähnlich OTTO 2000, 81 Anm. 293. 88 Vgl. FRITZ 1994, 152. BOLING 1982, 357 weist noch darauf hin, dass der D-Stamm hier iterativ bzw. durativ zu verstehen sei. 83

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

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mulierung vor, da hier das Objekt des „Angefüllt-Seins“ fehlt. Bei dem getilgten Objekt könnte es sich um „Eifer“ handeln.89 Die Wendung MLʾ-D + ʾaḥarê YHWH findet sich vor allem in Jos 14, wo diese Formel zunächst von Kaleb selbst gebraucht (v.8), dann von Mose in seinem Schwur bestätigt (v.9) und schließlich vom Redaktor ebenfalls angeführt wird (v.14). Diese Wendung wird zudem fast ausschließlich mit Kaleb verbunden.90 Neben Kaleb wird dieses Idiom nur noch auf Salomo bezogen, der nicht genauso treu YHWH nachfolgte wie sein Vater David. Angesichts dieser intertextuellen Verbindung wird hier das perfekte Beispiel Kalebs dem Beginn des schleichenden Abfalls von Gott gegenübergestellt. Gemäß dtr. Vorstellung ist das Handeln Gottes die Antwort auf die besondere Loyalität Kalebs.91 In Num 32 wird dieses Idiom negativ auf die Wüstengeneration bezogen (v.11), der man im folgenden Vers positiv Josua und Kaleb gegenüberstellt (v.12). Im vorliegenden Textzusammenhang greift dieses Idiom zum einen auf die YHWH-Rede in Num 14,24 (ʾaḥarāy anstelle von ʾaḥarê YHWH), zum anderen aber auch auf die Moserede in Dtn 1,36 zurück. Aus alledem folgt, dass sich diese Formel keiner spezifischen redaktionellen Hand sicher zuweisen lässt. Während YHWH im Kontext von MLʾ-D + ʾaḥarê in 8b als YHWH ʾælohāy „YHWH, mein Gott“ unmittelbar in Bezug zu Kaleb und in 9b ebenfalls als YHWH ʾælohāy in Bezug zu Mose gebracht wird, steht in 14b bei der gleichen Aussage YHWH ʾælohê Yiśrāʾel „YHWH, der Gott Israels“.92 Dies mag damit zusammenhängen, dass in v.14 die Redesituation verlassen worden ist. Die Verbindung YHWH ʾælohāy ist zumindest im Josuabuch auffällig, wo fast durchweg YHWH ʾælohê Yiśrāʾel verwendet wird.93 Vermutlich soll durch die Ausdrucksweise in 8b und 9b die besondere Beziehung Kalebs und Mose zu YHWH betont werden. Nach v.9 geht der Landanspruch Kalebs auf einen Schwur des Mose zurück. Dies ist auch die einzige Stelle, der zufolge Mose selbst schwört. Diese Aussage steht zudem in Spannung zu Num 14,24, wo YHWH selbst dem Kaleb und seinen Nachkommen verheißen hat, das ausgekundschaftete Land zu betreten 89 Nach KNAUF 2008, 139 könnte die elliptische Redeweise ein Zeichen für einen jungen Text sein. BUTLER 2014b, 95 denkt hingegen an einen militärischen Ausdruck: „to fill the ranks behind the commander“. HUBBARD 2009, 405 vermutet eine Abkürzung aus „to fill [one’s] heart to walk behind“. 90 Num 32,12; Dtn 1,36; Jos 14,8.9; 1Kön 11,6. Im Gegensatz zu Kaleb hat sich die Wüstengeneration nach Num 14,43 von YHWH abgewendet, vgl. HESS 1996a, 266. 91 Vgl. GÖRG 1991, 71. Nach HERTZBERG 1985, 95 könnte aber bei mangelnder Treue das Land wieder verlustig gehen, sodass die Verleihung des Landes keine Selbstverständlichkeit gewesen wäre. Allerdings wird die Gefahr des Landverlustes hier nicht explizit angedeutet. 92 Die besondere Loyalität Kalebs schreitet von Kalebs Gott (v.8) über Moses Gott (v.9) zu Israels Gott (v.14) voran, vgl. NELSON 1997, 178 Anm. 5. 93 Jos 7,13; 10,40.42; 13,14.33; 14,14; 24,2.23 Nur in Jos 18,3 wird YHWH ʾælohê a ʾ bôtêkæm verwendet, eine Formulierung die man ansonsten fast durchgängig im Dtn findet.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

und es in Besitz zu nehmen.94 Zunächst hat Gott selbst mit einem Schwur den Israeliten das Land verheißen, worauf dann aber die Rücknahme mit Ausnahme von Josua und Kaleb folgte. In v.9 wird offenbar der Erzählzusammenhang zusammengefasst und dieser Gottesschwur dem Mose zugeschrieben. In Num 14,24 wird zudem nur Kaleb genannt, was die Voranstellung der Landforderung Kalebs in Jos 14 vor der eigentlichen Landverteilung an Juda zusätzlich mit Verweis auf die Tora begründen könnte. Auffälligerweise wird Josua erst sekundär in die Liste der Kundschafter in Num 13,16 aufgenommen, wenn Hoschea, der Sohn Nuns, aus Efraim zu Josua umbenannt wird. Erst danach taucht Josua in Verbindung mit Kaleb in Num 14,6.30.38 auf. Darüber hinaus spielt das Idiom DRK + rægæl in v.9 die Zusage von Jos 1,3 ein,95 auch wenn in v.9 ein abgewandelter Ausdruck verwendet wird. Denn in v.9 findet sich als Subjekt raglekā und nicht kaf raglekæm und die Verbform ist in Jos 1,3 tidrok und nicht dārekāh.96 Vielleicht wird in v.9 auch die Formulierung von Dtn 1,36 – allerdings ohne raglekā – aufgegriffen.97 Da Josua nach Num 13,22 den Boden von Hebron betreten hat, verwundert es nicht, dass ihm genau dieses Land zufallen wird.98 Es hat zudem den Anschein, dass hier eine Verengung des Focus zu bemerken ist: zunächst von hāʾāræṣ (v.9) über hāhār hazzæh (v.12) bis hin zur Stadt Hebron (v.13–15).99 Der Anspruch Kalebs wird im weiteren Erzählverlauf schließlich noch einmal begrenzt, wenn die Stadt Hebron als Levitenstadt in Jos 21,11–12 ausgesondert wird.100 Der Schwur des Mose an Kaleb, das betretene Land auch in Besitz zu nehmen, wird damit immer weiter eingeengt. Vielleicht war ursprünglich im Blick, dass das ganze Land südlich von Hebron den Kalebitern zugesprochen war. Der Begriff naḥalāh „Lehen“ wird in dieser Erzählung dreimal eingespielt: in v.9 wird das Lehen mit einem Schwur zugesagt, in v.13 wird die Gabe des Lehens mit einem Segen verbunden und in v.14 wird der Gehorsam Kalebs als Begründung für das Lehen angeführt. Interessanterweise verbindet sich die Präpositionalverbindung lenaḥalāh in der Regel mit dem Verb NTN, fast nie

94

Vgl. zu diesem Problem auch DE VOS 2003, 291; KNAUF 2008, 139. Nach EDERER 2017, 220 wird Kaleb in Num 14,24 verheißen, dass er das Land, das er betreten hat, erben wird, aber ein bestimmtes Territorium, wie es Kaleb in Jos 14 verlangt, wird nicht gesondert abgesteckt. 95 Vgl. HAWK 2000, 196. Zu einem Bezug von v.9 zu Jos 1,3 vgl. auch NELSON 1997, 180. 96 Damit steht in Jos 1,3 zumindest die wörtlich identische Formulierung aus Dtn 11,24. 97 Vgl. DILLMANN 1886, 517. 98 Nach KNOBEL 1861, 411 ist aber das gesamte Gebiet südlich von Hebron ebenfalls dem Kaleb zugewiesen worden, da er dieses bei der Auskundschaftung bereits betreten hat, zumal die Kundschafter nach Num 13,22 bis Hebron gekommen sind. 99 Vgl. auch NELSON 1997, 179. Nach BUTLER 2014b, 88 könnte sich ein nordisraelitisches Vorurteil gegenüber Juda und den Kenasitern im Süden niedergeschlagen haben. 100 Vgl. hierzu auch PITKÄNEN 2010, 281.

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

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wie hier und in v.14 mit HYY.101 Hier wird offenbar der Terminus naḥalāh, der in priesterlichen und dtr. Kontexten gleichermaßen gebräuchlich ist, eigenständig eingesetzt, ohne dass man damit eine bestimmte Aussageabsicht verbinden kann. Das seltene Idiom ḤYY-H + ʾæt „am Leben erhalten“ in v.10 ist vor allem im Josuabuch belegt,102 wo beim Vernichtungsfeldzug bestimmte Personen am Leben gelassen werden. Eine dtr. Prägung ist nicht erkennbar. Der Satz kaʾašær dibber „wie er gesagt hat“ ist hingegen häufig im Buch Dtn belegt und scheint darüber hinaus gerne von dtr. Redaktoren verwendet worden zu sein.103 Dementsprechend wird hier wohl eine dtr. Hand gearbeitet haben, die die Geschehnisse mit einem Wort Gottes begründet. Die Zeitangabe der 45 Jahre in v.10 könnte von 40 Jahren der Wüstenwanderung104 und weiteren fünf Jahren der Eroberung ausgehen.105 Allerdings scheint Jos 13,1 eine viel längere Zeitspanne für die Eroberung vorauszusetzen, da Josua bereits als alt und hochbetagt beschrieben wird.106 Vielleicht hat die Eroberung aber auch sieben Jahre angedauert, zumal man nach Num 10,11 bereits zwei Jahre in der Wüste gewesen ist.107 Auf ähnliche Weise hat nach Dtn 2,14 die Wüstenwanderung insgesamt 38 Jahre gedauert.108 Das am Schluss angegebene Lebensalter Kalebs von 85 Jahren ist aus v.7 (40 Jahre bei der Erkundung des Verheißungslandes) und v.10 (45 Jahre nach der Kundschaftererzählung) errechnet. Alles in allem sind die chronologischen Angaben in Jos 14 kongruent. Der Zeitraum der Eroberung des Verheißungslandes lässt sich aber nicht mit anderen Stellen außerhalb des Josuabuches exakt errechnen. Trotz des hohen Alters betont Kaleb in v.11 seine körperliche Leistungsfähigkeit. Durch die verwendete Idiomatik wird zudem unterstrichen, dass zum einen Kaleb derselbe ist wie die frühere Person, die die Verheißungen erhalten hat, und zum anderen dass er immer noch in der Lage ist, seinen Landanteil in 101 Mit NTN Num 18,21.24; Dtn 29,7; Jos 11,23; 14,13; 1Kön 8,36; 2Chr 6,27; Ps 136,21; mit HYY Jos 14,9.14; 24,32; Ez 36,12; 44,28. 102 Num 22,33; Jos 2,13; 6,25; 9,20; 14,10; Ri 8,19. 103 Dtn 1,11.21; 2,1; 6,3.19; 9,3; 10,9; 11,25; 12,20; 15,6; 18,2; 26,18.19; 27,3; 29,12; 31,3; Jos 4,8.12; 13,14.33; 14,10.12; 22,4; 23,5.10. 104 Dtn 2,7; 8,2.4; 29,4; Jos 5,6. 105 Vgl. KNOBEL 1861, 412; HOLZINGER 1901, 56; NOTH 1971b, 85; GRAY 1986, 132; HESS 1996a, 266 Anm. 40; NELSON 1997, 179 Anm. 6; HAWK 2000, 197; KNAUF 2008, 139; MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 65; BUTLER 2014b, 95. 106 Dementsprechend vermutet PITKÄNEN 2010, 279f., dass die Kaleberzählung zeitlich früher anzusetzen sei. 107 Vgl. HOWARD 1998, 329. Ähnlich RÖSEL 2011, 229, der zusätzlich noch auf bSeb 118b verweist. 108 Vgl. DILLMANN 1886, 518. Auch OETTLI 1893, 170 vermutet sieben Jahre Eroberung. STEUERNAGEL 1900, 206f. geht von fünf (Num 14,33; 32,13) oder sieben Jahren (Dtn 2,14) aus. Ähnlich MATTHEWS 2016, 122.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Besitz zu nehmen.109 Neben seiner Treue zu YHWH betont Kaleb somit in v.11 zusätzlich seine ungebrochene Kraft und sein besonderes militärisches Vermögen. Die beiden Infinitivsätze in v.11 welāṣeʾt welābôʾ sind nur noch in Dtn 31,2 belegt, wo Mose betont, dass er aufgrund seines fortgeschrittenen Alters (120 Jahre) nicht mehr in den Krieg ziehen kann. Dieses Idiom war vermutlich zunächst mit dem bäuerlichen Leben des Ausziehens und Heimkehrens vom Feld verbunden. Mit diesem Merismus sei demnach die gesamte Arbeit zwischen diesen beiden Polen gemeint.110 Dieses Idiom drückt in jedem Fall Totalität aus, da die beiden extremen Gegensätze erwähnt werden.111 Gelegentlich wird erwogen, dass dieses Wortpaar eine administrative Vollmacht ausdrückt.112 In v.11 handelt es sich jedoch um einen terminus technicus für die Aufgaben des Militärführers.113 Die kriegerische Bedeutungsebene wird zudem von LXX unterstützt, die den Ausdruck lammilḥāmāh nachstellt. Inhaltlich ist zudem auffällig, dass v.11–12 die kriegerische Inbesitznahme des Landes durch Kaleb andeuten, während v.13–14 von einer Gabe durch Josua ausgeht.114 Aufgrund des Kontextes bezeichnet hāhār hazzæh „dieses Gebirge“ in v.12 nicht das judäische Gebirge insgesamt, sondern nur dessen südlichen Teil.115 Das Demonstrativpronomen deutet zudem an, dass diese Erzählung eigentlich nicht in Gilgal spielen kann,116 wie dies v.6 suggeriert, sondern wohl auf dem judäischen Gebirge in der Nähe von Hebron. Dementsprechend könnte v.6–15 die Fortsetzung von Jos 11,21–22 sein. Freilich ist nicht ausgeschlossen, dass

109

Vgl. HESS 1996a, 266. Vgl. HONEYMAN 1962, 15. Zu diesem Idiom vgl. auch BECKING 2009, 9f. 111 Vgl. SOGGIN 1982, 165; GRAY 1986, 132. 112 So GÖRG 1991, 71 mit Verweis auf 1Kön 3,7. WOUDSTRA 1981, 229 denkt an „daily duties“. Zu den unterschiedlichen Bedeutungen dieses Wortpaares vgl. auch HONEYMAN 1962, 15f.; BUTLER 2014b, 85; MATTHEWS 2016, 123. Nach NELSON 1997, 175 drückt sich in diesem Idiom Tatkraft in militärischen und gewöhnlichen Angelegenheiten aus. VAN DER LINGEN 1992, 65 vermutet, dass die ursprüngliche militärische Bedeutung des Wortpaares später auch auf andere Bereiche erweitert worden sei. 113 Vgl. KNAUF 2008, 138. Insofern sind beide Infinitive nicht eine Abschwächung der Aussage, wie HOLZINGER 1901, 56 meint. 114 Vgl. zum Problem DE VOS 2003, 291. 115 Vgl. FRITZ 1994, 153. Anders hingegen ZIESE 2008, 275, der an das gesamte westjordanische Gebirge denkt, zumal Kaleb zu einem neuen Typus für Israel geworden sei. 116 Vgl. zum Problem NOTH 1971b, 85; SOGGIN 1982, 171; GRAY 1986, 132; NELSON 1997, 178; DE VOS 2003, 291 Anm. 283; RÖSEL 2011, 229. Die Lokalisierung in Gilgal könnte nach PITKÄNEN 2010, 279 zudem darauf hindeuten, dass diese Erzählung chronologisch früher einzuordnen ist. HUBBARD 2009, 404 Anm. 33 hält Gilgal hingegen für den Ort der Szene vor allem aufgrund der früheren Bedeutung Gilgals in den Landeroberungserzählungen. 110

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

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ein späterer Bearbeiter keine ausreichenden Kenntnisse von der lokalen Geographie mehr hatte117 und auf diese Weise eine ungenaue Beschreibung entstanden ist. Darüber hinaus muss das Demonstrativpronomen keine direkte räumliche Nähe andeuten.118 Die beiden kî-Sätze können in v.12 unterschiedlich wiedergegeben werden.119 Offenbar ist hier eine gewisse Mehrdeutigkeit anzunehmen, ohne dass man syntaktisch sicher entscheiden könnte, welche Option am meisten Wahrscheinlichkeit besitzt: 1)

Der erste kî-Satz kann kausal verstanden werden, während der zweite kîSatz den Inhalt des Gehörten mit „dass“ weiterführt. Dann wäre die Präsenz der Anakiter die Motivation für die Bitte Kalebs. Offenbar fühlt sich nur Kaleb in der Lage, die Anakiter von seinem Landteil zu vertreiben. Darüber hinaus könnte der erste kî-Satz konzessiv gedeutet werden. Dann würde Kaleb trotz des Umstandes, dass sich im Land Anakiter befinden, mit der Hilfe Gottes erfolgreich zuschlagen können. Die Präsenz der gefährlichen Anakiter sollte kein Hindernis für die Landnahme sein. Außerdem könnte man den ersten Konjunktionalsatz zu YHWHs Versprechen ziehen („wie du selbst an jenem Tag gehört hast“) und das zweite kî als emphatischen Neueinsatz „wahrlich“ interpretieren.

2)

3)

Die Partikel ʾûlay „vielleicht“ drückt zudem nicht notwendigerweise Zweifel oder Furcht aus, sondern kann auch eine gewisse Hoffnung beinhalten,120 dass Kaleb aufgrund seiner Stärke die gefürchteten Anakiter beseitigen kann. Auch wenn die Anakiter vor dem Hintergrund des größeren Erzählkontextes bereits besiegt sind, scheint gerade diese Bevölkerungsgruppe die fortwährende Anwesenheit von Kanaanäern in bereits erobertem Gebiet anzudeuten.121 Die gefährlichen Anakiter werden sowohl am Ende der Landeroberungserzählungen in Jos 11,21–22 wie auch in der Kaleberzählung erwähnt. Gerade dieses Volk hat die Israeliten in der Wüste von der Eroberung des Verheißungslandes abgehalten. Trotz der besonderen Stärke der Anakiter traut sich Kaleb aber ihre Unterwerfung zu.

117

Vgl. SOGGIN 1982, 171. Vgl. WOUDSTRA 1981, 229. 119 Vgl. hierzu NELSON 1997, 176. 120 Vgl. WOUDSTRA 1981, 230; NELSON 1997, 176. 121 Vgl. WEBB 2012, 103. 118

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

In Jos 14,12.15 wird das plurale Gentiliz ʿanāqîm für die Anakiter gewählt.122 Die Bedeutung des Namens ʿanāq ist bislang nicht geklärt.123 Im Kontext sind die Anakiter als riesenhafte Völker belegt, sodass man dieses Wort gerne mit „Giganten“ übertragen hat. Allerdings ist das Attribut von besonderer Größe nur auf einzelne Anakiter angewendet, was einer Verallgemeinerung eigentlich entgegensteht. Von der Wortbedeutung her wird meistens erwogen, dass es sich bei den Anakitern um „Halskettenleute“ handeln könnte.124 Andere etymologische Ableitungen sind hingegen kaum überzeugend. So wird bisweilen eine Beziehung zum griechischen Lexem ἄναξ „Oberster, Herr, Befehlender, Verwalter“ gesucht.125 Dann wäre Anak nicht ein normaler Eigenname, vielmehr wären die Anakiter mit den Philistern zu verbinden. Darüber hinaus wird noch eine Verbindung zum arabischen Lexem aʿanāq gezogen und die Bezeichnung Anakiter mit „Langnackige“ wiedergegeben.126 Dann hätte eine physiognomische Besonderheit den Namen erzeugt. Manchmal wird daran gedacht, dass Anak ein Toponym und damit der alte Name von Hebron gewesen wäre.127 Aber auch diese Ableitung ist eher unwahrscheinlich. Über die geographische Verortung der Anakiter ist ebenfalls wenig bekannt. Nach Jos 11,22 verblieben Anakiter nach der Landeroberung noch in der südlichen Küstenebene.128 In v.12 wird die Tradition von Num 13,28 aufgegriffen, wonach die Anakiter in schwer befestigten Städten leben. Im Gegensatz zur Exodusgeneration lässt sich Kaleb selbst noch im hohen Alter nicht von der Stärke der Festungsstädte abschrecken, zumal er darauf vertraut, dass YHWH

122 Dies ist die übliche Bezeichnung in den beiden Büchern Dtn und Jos: Dtn 2,10.11.21; Jos 11,21.22; 14,12.15. Daneben gibt es noch die Fügung als benê ʿanāqîm in Dtn 1,28; 9,2 oder benê ʿanāq in Num 13,33; Dtn 9,2 oder benê hāʿanāq in Jos 15,14; Ri 1,20. In Num 13,22.28 und Jos 15,14 werden die Anakiter auch yelîdê hāʿanāq genannt. Zu den unterschiedlichen Bezeichnungen vgl. SEEBASS 2003, 107; RÖSEL 2011, 242 Anm. 17. Nach BOLING 1982, 374 könnte man mitunter die Differenzen in der Begrifflichkeit bestimmten Redaktionen zuweisen. Nach LIPIŃSKI 1974, 42 ist die Lesart mit Artikel hāʿanāq sicherlich sekundär, da die Determination im samaritanischen Pentateuch fehlt. 123 Vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 242. 124 Vgl. NOTH 1971b, 92; DE VOS 2003, 120f., der den determinierten Ausdruck hāʿanāq als Appellativum für die Gruppe der Anakiter hält; GROSS 2009, 128. 125 Vgl. MACLAURIN 1965, 471f.; WRIGHT 2014, 200. Kritisch hierzu GROSS 2009, 128. 126 Vgl. zu dieser Etymologie SEEBASS 2003, 108. 127 Vgl. hierzu LIPIŃSKI 1974, 47. 128 Nach ZWICKEL 1993, 484–486 seien die Anakiter auch in den ägyptischen Ächtungstexten mehrfach belegt. Dies ist aber nicht über jeden Zweifel erhaben. Nach der Ansiedlung der Philister wären die Anakiter in Gebiete Judas ausgewichen. HUBBARD 2009, 406 Anm. 43 vermutet, dass die Nachkommen der aus Hebron geflohenen Anakiter in späterer Zeit diese Stadt wiederum besiedelt hätten.

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mit ihm sein wird. Dementsprechend wird hier ironisch auf die vorangegangene Generation und deren Ungehorsam geblickt.129 Mit der Landgabe an Kaleb ist der Segen Josuas in v.13 verbunden, was der Handlung einen feierlichen Ton verleiht, da mit dem Landbesitz ein Zuspruch künftigen Wohlergehens einhergeht.130 Eine eigene Rede Josuas nach dem längeren Plädoyer Kalebs ist offenbar nicht mehr nötig.131 Die Formel ʿad hayyôm hazzæh „bis zu diesem Tag“ in v.14 wird meist als deutlicher Anzeiger für ätiologische Erzählungen im Josuabuch gehalten.132 Allerdings ist die ätiologische Funktion dieser Formel zur Begründung eines gegenwärtigen Sachverhaltes nicht über jeden Zweifel erhaben, sondern könnte auch ein persönliches Zeugnis des jeweiligen Redaktors für die Zuverlässigkeit einer übernommenen Tradition sein.133 Hinzu kommt, dass diese Formel nicht notwendigerweise zur ursprünglichen Erzählung gehören muss. Sie ist vermutlich eine redaktionelle Zutat,134 wodurch ein gegenwärtiger Zustand durch eine vorliegende Erzählung begründet wird. Gerade in v.14 ist zudem das ätiologische Interesse zugunsten der theologischen Aussage in den Hintergrund getreten,135 da es in dieser Erzählung vor allem um die YHWH-Treue Kalebs geht. Auf diese Weise wird der Schwur des Mose in v.9 bekräftigt, der die Landgabe an die Kalebiter „auf ewig“ festsetzt. Diese ewige Landgabe, die sich theologischen Gründen verdankt, wird in v.14 zumindest für die Zeit des Redaktors bestätigt. Die Begründung in 14b knüpft zwar an den Schwur des Mose in v.9 an, sie steht aber in Spannung zur kriegerischen Landnahme Kalebs, die aufgrund einer Verheißung YHWHs in v.12 gelingen wird. Denn in 14b wird die Landgabe an Kaleb ausschließlich mit der YHWH-Treue Kalebs verbunden, ohne dass eine eigenständige aktive Landnahme nötig ist. Offenbar bekommt Kaleb sein Lehen entweder aufgrund früherer Verheißung (v.9, in 14b aufgenommen) oder aufgrund von besonderen Verdiensten bei der Landeroberung und bei der Vertreibung der Vorbevölkerung (v.12). In Jos 14 werden folglich zwei inhalt-

129

Vgl. NELSON 1997, 178. Der Ausdruck ʿārîm beṣurôt steht für die mit einer Mauer befestigte und nur durch ein Tor zugängliche Stadt, vgl. Num 13,28; Dtn 3,5; Jos 14,12; 2Sam 20,6; 2Kön 19,25; Neh 9,25; Jes 37,26; Hos 8,14. Vgl. hierzu FRITZ 1994, 154. 130 Nach OETTLI 1893, 170 werde dem Unternehmen Kalebs der Beistand YHWHs zugesprochen. 131 Vgl. HOWARD 1998, 329f., der darauf hinweist, dass es im Josuabuch nur an wenigen Stellen einen Segen gegeben hat: Jos 8,33.34; 14,33; 15,19; 17,14; 22,6.7.33; 24,10. 132 Jos 4,9; 5,9; 6,25; 7,26; 8,28.29; 9,27; 13,13; 14,14; 15,63; 16,10; 22,3.17; 23,8.9. Vgl. zu dieser Formel auch GRAY 1986, 132. Nach WOUDSTRA 1981, 231 muss zudem der ätiologische Zug nicht gegen die historische Zuverlässigkeit des Berichteten sprechen. 133 Vgl. hierzu CHILDS 1963, 292. 134 Vgl. CHILDS 1963, 289f. 135 Vgl. zum Problem CHILDS 1963, 287; PACE 1976, 116f.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

liche Aussageebenen miteinander kongenial verschränkt, wobei die theologische Deutung (YHWH-Loyalität) die kriegerische Dimension (massive Gefährdung durch Anakiter) herunterspielt und sogar weitgehend ausblendet. Der Alternativname Qiryat ʾarbaʿ „Kirjat-Arba“ für Hebron verweist nach v.15 auf das Eponym Arba, den angeblich größten Mann unter den Anakitern.136 Fraglich ist, ob ʾarbaʿ als Zahlwort „vier“ oder als wirkliches Namenswort bzw. Eponym zu verstehen ist. Bei der Deutung als Numeral ergeben sich die unterschiedlichsten Interpretationen für diese „Vierstadt“,137 die aber allesamt spekulativ sind: 1) 2) 3)

Immer wieder hat man bei dieser „Stadt der Vier“ an vier herrschende Geschlechter in der Gegend von Hebron gedacht.138 Außerdem wären noch vier Distrikte oder konföderierte Städte (Tetrapolis) möglich.139 Demgegenüber wurde auch vermutet, dass sich aus dem Zahlwort ʾarbaʿ erst sekundär ein Eponym entwickelt habe.140 Gelegentlich hat man sogar daran gedacht, dass Arba vielleicht viermal so groß wie gewöhnliche Menschen gewesen sein könnte, was diesen außergewöhnlichen Namen veranlasst haben könnte.141

In 15aβ wird der zweite Namensteil von Kirjat-Arba zumindest eindeutig als Eponym gedeutet, wobei dieser Arba der größte Mensch unter den Anakitern gewesen sei. Da die riesenhaften Anakiter ohnehin schon durch ihre Größe imponieren, wirkt jedoch dieser Satz insofern ironisch, als Arba trotzdem ʾādām bleibt.142 Allerdings muss das Adjektiv haggādôl nicht zwingend mit der Körpergröße verbunden werden. Es könnte hier auch der „gewaltigste“ oder „berühmteste“ unter den Anakitern gemeint sein.143

136 Nach ZWICKEL 1993, 484 Anm. 66 ist hier das eigentliche Zahlwort Arba fälschlicherweise als Personenname missverstanden worden. 137 Vgl. NOTH 1971b, 85; SOGGIN 1982, 171; RÖSEL 2011, 230. 138 Vgl. GÖRG 1991, 71; KNAUF 2008, 140, der an die Kalebiter, Otnieliter, Jerachmeeliter und Keniter denkt. WOUDSTRA 1981, 231 Anm. 11 verweist noch auf die Deutung von Hieronymus, der an Adam, Abraham, Isaak und Jakob denke. Zur Bedeutung von KirjatArba vgl. auch SASSON 2014, 142. 139 Vgl. WOUDSTRA 1981, 231. BOLING 1982, 358 weist darauf hin, dass man gelegentlich an die vier miteinander verbündeten Siedlungen Hebron, Aner, Eschkol und Mamre gedacht habe. Ähnlich NIDITCH 2008, 40. Zum Problem vgl. LIPIŃSKI 1974, 48–55. 140 Vgl. HOLZINGER 1901, 56. Zu Arba als Eponym vgl. auch OETTLI 1893, 172. Zu einer hethitischen Etymologie von ʾarbaʿ vgl. ausführlich ARBEITMAN 1981, 900–1015. Dagegen aber SASSON 2014, 142. 141 Vgl. HERTZBERG 1985, 94. Dagegen jedoch SOGGIN 1982, 171. 142 PERLITT 1990, 37 geht von einer „unsinnigen Erklärung“ aus. 143 Vgl. KNOBEL 1861, 412; DILLMANN 1886, 518. Dagegen aber OETTLI 1893, 170, der hier von tatsächlicher Größe der Statur ausgeht.

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

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In 15b wird Jos 11,23 wiederholt. Während dieser Satz bestens zu Jos 11,23 passt, da er den Erzählzusammenhang in Jos 6–11 abschließt, wirkt er in 15b etwas deplatziert. Er ist zudem mit dem Kontext von Jos 14 nicht richtig verbunden,144 während dieser Satz bestens mit Jos 11 vereinbar ist. Denn in Jos 11,21–22 wird der erfolgreiche Kampf gegen die Anakiter dargestellt. Dementsprechend knüpft die Kaleberzählung besser an Jos 11 an, zumal das Thema der Anakiter beide Erzählungen ebenfalls miteinander verbindet. Die schwierige Lokalisierung von Jos 14,6–15 in Gilgal zeigt darüber hinaus an, dass die Kaleberzählung eigentlich besser zu Jos 11 passt. Das Idiom ŠQṬ + ʾæræṣ ist darüber hinaus vor allem im Josua- und Richterbuch belegt145 und scheint in diesem Textbereich eine redaktionelle Abschlussformel zu sein. Vermutlich sollte auf diese Weise ausgedrückt werden, dass die kriegerische Landnahme nun endlich beendet ist und das Land „Ruhe vom Krieg“ gehabt hat.146 Kaleb war demnach erfolgreich, die noch verbliebenen gefährlichen Feinde niederzuwerfen und seine Landnahme endgültig abzuschließen.147 Die Landvergabe in Jos 15–19 wird durch 15b zudem als friedliches Ereignis klassifiziert. Erst nachdem die Landeroberung abgeschlossen war, kann man in Ruhe das Land unter die Stämme verteilen.148 Durch dieses Abschlusssignal werden zudem die militärischen Auseinandersetzungen in Ri 1 besonders abgehoben und die Einmaligkeit der kriegerischen Landnahme unter Josua betont.149 Mit Jos 14,6–15 wird demnach die letzte kriegerische Erzählung nachgetragen, nachdem die Landverteilung bereits hätte beginnen sollen.150 Alles in allem bleibt festzuhalten: Jos 14,6–15 nimmt sprachlich in erster Linie die dtr. Wiederholung der Kundschaftererzählung in Dtn 1,19–46 auf und ist dementsprechend vermutlich als dtr. zu klassifizieren.151 Die hier verwendete Idiomatik ist demnach vor allem dtr. geprägt. Die Kaleberzählung weist 144

Vgl. BOLING 1982, 358. Jos 11,23; 14,15; Ri 3,11.30; 5,31; 8,28; 2Kön 11,20; 2Chr 13,23; 14,5; Jes 14,7. 146 BALLHORN 2011, 258 Anm. 598 weist auf den Umstand hin, dass das Land Subjekt des Nominalsatzes sei und damit erzählerisch eine eigene Identität besitze. 147 Vgl. HAWK 2000, 198. 148 Vgl. hierzu WOUDSTRA 1981, 232; BUTLER 2014b, 96. 149 Vgl. auch KNAUF 2008, 140. Nach EDERER 2017, 223 wird durch 15b ein Schlussstrich unter die Geschichte Kalebs gezogen. 150 Nach OETTLI 1893, 170 könne nun trotz weiterer möglicher kriegerischer Gefechte die Landverteilung bereits beginnen. Anders STEUERNAGEL 1900, 207, dem zufolge das, was für Hebron gilt, nicht auf das übrige Land zu übertragen wäre. 151 Vgl. hierzu schon DILLMANN 1886, 516; SOGGIN 1982, 171; BOORER 1992, 328 Anm. 4; DE VOS 2003, 292 Anm. 284; ZIESE 2008, 271; RÖSEL 2011, 228; KUGLER 2017, 574–576. Für eine stilistische und inhaltliche Verbindung mit Dtn 1 sprechen nach PACE 1976, 117f. auch die zahlreichen Reden und das Interesse am Heiligen Krieg. Zu weiteren Verbindungslinien von Jos 14,6–15 zu den Kundschaftererzählungen in Num 13–14 und Dtn 1, vgl. ASSIS 2003, 16f.; ROSKOP 2011, 201f. Nach RÖMER 2016, 818f. könnte Jos 14,6– 145

236

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

zudem zahlreiche Verbindungslinien zur dtr. Darstellung der Kundschaftererzählung auf: die Lexeme RGL-D (v.7 und Dtn 1,24) und ʿanāqîm (v.12.15 und Dtn 1,28), die Idiome ŠūB-H + dābār (v.7 und Dtn 1,22.25), MSY-H/MSS-H + leb (v.8 und Dtn 1,28) und MLʾ-D + ʾaḥarê YHWH (v.8.14 und Dtn 1,36) sowie der ähnliche Relativsatz mit dem Verb DRK (v.9 und Dtn 1,36). Vor diesem Hintergrund erscheint der Schluss naheliegend, dass der ältere Erzählstoff dtr. überformt worden ist.152 Allerdings gibt es auch sprachliche Verbindungslinien zur priesterlich geprägten Kundschaftererzählung in Num 13–14,153 was wiederum zeigt, dass Jos 14,6–15 erst verhältnismäßig spät redaktionell bearbeitet und in den vorliegenden Textzusammenhang eingefügt worden ist. 1.3 Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Überlegungen Mithilfe von zahlreichen Wiederholungen werden die wichtigsten inhaltlichen Leitlinien der Kaleberzählung immer wieder eingeschärft: Alter und Stärke Kalebs als Reflex des göttlichen Segens (v.7.10.11), der Gehorsam Kalebs gegenüber Mose und Gott (v.7.8.9.14) und die Landverheißung an Kaleb (v.9.10.12).154 Dementsprechend muss man die Wiederholungen nicht notwendigerweise literarkritisch oder redaktionsgeschichtlich auswerten, da diese von der Erzähllogik durchaus gefordert sein könnten. Auch wenn Jos 14,6–15 auf den ersten Blick einen geschlossenen Eindruck erweckt, ist es durchaus möglich, dass hier eine ältere Kaleberzählung redaktionell erweitert und bearbeitet worden ist. Verschiedene Entwürfe haben versucht, die literargeschichtliche Entstehung dieser Einheit aufzuhellen: 1)

Steuernagel (1900):155 Die Einheit v.6–15 sei vor allem an den Rändern redaktionell bearbeitet worden. In v.6 sei Kaleb durch die Vorschaltung der Söhne Juda zu einem Judäer umgestaltet worden. Außerdem sei v.15 eine redaktionelle Glosse. Darüber hinaus seien noch dtr. Zusätze auszumachen: „in Gilgal“ (v.6), „-Barnea“ (v.6.7), „Knecht YHWHs“ (v.7), „mein Gott“ (v.8.9), „Gott Israels“ (v.14). Die unterschiedliche Begründung für die Landzuteilung an den Kenasiter Kaleb (Loyalität Kalebs gegenüber YHWH vs. militärischer Erfolg gegen die Anakiter) wird jedoch

14 sowohl die Tradition in Num 14 wie in Dtn 1 voraussetzen. Vgl. zur Beeinflussung von Jos 14,6–15 durch Num 13–14 und Dtn 1 auch OTTO 2000, 78–84. Nach SCHART 2014, 189 kennt der Autor von Jos 14 die nichtpriesterliche Kundschaftererzählung in Num 13–14 und Dtn 1 sowie Num 32,8–13, aber nicht die priesterschriftliche Kundschaftererzählung. 152 Vgl. IBAÑEZ ARANA 1981, 91: „relato antiguo retocado dtr.“ Nach HERTZBERG 1985, 94 handelt es sich um „eine in Hebron bekannte Ortsüberlieferung“. 153 Num 13,24 ʿal ʾodôt; Num 13,26 ŠūB-H + dābār; Num 13,28 ʿārîm beṣurôt; Num 14,24 ʿabdî; MLʾ-D + ʾaḥarāy. Allerdings werden die meisten dieser Idiome auch in dtr. Kontext verwendet, sodass diese Beobachtungen eigentlich nicht signifikant sind. 154 Vgl. hierzu BUTLER 2014b, 88. 155 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 206f.

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

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zu wenig berücksichtigt. Fraglich ist auch, ob die inhaltlichen Spannungen erst durch derart kleine redaktionelle Ergänzungen erzeugt wurden und weshalb ein Redaktor überhaupt diese Retuschen durch bestimmte Ortsnamen und Ehrentitel vorgenommen haben soll. Rudolph (1938):156 Der weitgehend einheitliche Abschnitt v.6–15 habe ursprünglich vor Jos 13,4 gestanden. Da in der Kaleberzählung eine Landzuteilung vorgenommen werde, habe man v.6–15 an den jetzigen Platz hinter den eröffnenden Rahmen um die Landverteilung Jos 14–19 versetzt. Lediglich 14b–15 sei eine redaktionelle Ergänzung. Die unterschiedliche Volkszugehörigkeit Kalebs (Judäer-Kenasiter) deute auf die Verwendung unterschiedlicher Traditionen wie auch der harmonistische Zusatz in 6b (weʿal ʾodôtæ=kā), wonach die Beteiligung Josuas im Rahmen der Auskundschaftung des Verheißungslandes ebenfalls besonders betont werden solle. Fraglich ist jedoch, weshalb in v.8 und v.12 der Redaktor Josua nicht ebenso unter die Kundschafter gezählt und weshalb er dies nur in v.6 nachgetragen hat. Außerdem ist die Zuweisung von 14b zur Redaktion willkürlich, da das Thema der YHWH-Loyalität Kalebs zuvor schon des Öfteren eingetragen war und hier noch einmal betont wird. Darüber hinaus sind Umstellungen von Texten lediglich ausweislich von inhaltlichen Kriterien nicht unproblematisch. Noth (1971):157 Vielleicht deuteten die unterschiedlichen Subjekte in v.6 („Söhne Juda“ und „Kaleb“) darauf hin, dass ursprünglich auf 6aα eine judäische Sondererzählung gefolgt sei, die jetzt aber durch die Kaleberzählung ersetzt worden wäre. Möglicherweise habe man die judäische Sonderüberlieferung redaktionell gestrichen, da sie nicht zum ansonsten beschriebenen Bild der Landnahme in Jos 14–19 gepasst hätte. Hinzu komme, dass Kaleb eine Bevormundung durch die „Söhne Juda“, wie dies in 6aα suggeriert werde, nicht benötigt habe. Auch die Verortung in Gilgal, die in Spannung zu 12a stehe, gehöre nicht zur ursprünglichen Tradition. Erst durch die Umstellung sei die Szene in Gilgal lokalisiert worden. Der Satz 6b sei zudem ergänzt worden, um Josua ebenfalls in die Erzählung einzubinden. Die Verwendung des Ehrentitels ʾîš hāʾælohîm „Gottesmann“ im Gegensatz zu ʿæbæd Yhwh „Knecht YHWHs“ in v.7 deute ebenfalls an, dass es sich hier um einen redaktionellen Zusatz handele. Außerdem sei der mit meʾāz „seitdem“ eingeleitete Nebensatz in v.10 sekundär, da auf diese Weise der Relativsatz von seinem Bezugswort getrennt werde. Fraglich ist aber, weshalb ein Redaktor absichtlich diese syntaktische Spannung erst schaffen sollte. Hinzu kommt, dass der Relativsatz eigentlich nicht richtig ist, da mit den 45 Jahren nicht nur der Aufenthalt in der Wüste gemeint sein kann, sondern die gesamte Zeit, die seit

2)

3)

156 157

Vgl. RUDOLPH 1938, 218.280. Vgl. NOTH 1971b, 83–85.

238

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

der Kundschaftererzählung verstrichen ist. Wenn die Präpositionalverbindung lammilḥāmāh in v.11 ein Zusatz wäre, der in Hinblick auf v.12 entstanden wäre, stellt sich die Frage, weshalb man diesen Zusatz vor den beiden Infinitivsätzen angebracht hat und nicht danach, wie es die Textüberlieferung bisweilen nahelegt. Auch 12b sei redaktionell, da hier eine weitere kriegerische Landnahme in den Blick genommen werde, die sich aber nicht mit v.13–14 vertrage. Außerdem begründe die auf Dtn 1,28 zurückgehende Aussage in 12bα sachlich eigentlich nicht 12a, sondern vielleicht 12bβ. Durch diese Zusätze werde die Kaleberzählung an Jos 15,14 angeglichen, wo es um die Vertreibung der Anakiter durch Josua geht. Darüber hinaus sei 15a eine weitere Ergänzung, die das Toponym Kirjat-Arba von einem Eponym ableitet. Aufgrund der Wiederaufnahme von Jos 11,23 in 15b könne die Kaleberzählung ursprünglich an Jos 11,23a angeschlossen haben und erst sekundär an ihren jetzigen Platz gewandert sein, da es in dieser Erzählung bereits um eine Landgabe gehe und die Eroberung in 12b erst sekundär eingetragen worden sei. Dieser Entwurf vermag die meisten Spannungen zu erklären. Ob jedoch eine Umstellung der Kaleberzählung plausibel ist, ist fraglich und müsste mit weiteren Argumenten abgesichert werden. Auch weshalb die militärisch zu deutenden Infinitive in v.11, die den kriegerischen Akzent von 12b stützen, schon in der ursprünglichen Tradition gestanden haben sollen, sollte geklärt werden. Beltz (1974):158 Während in 6b–13 eine alte Tradition vorliegen könnte, scheinen die beiden abschließenden v.14–15 gelehrte Glossen zu sein, die den Besitzstand erklären wollen.159 Im Grunde wäre damit nur an den Rändern redaktionell gearbeitet worden, während die Erzählung an sich als einheitlicher Text gedeutet wird. Die internen kleineren Spannungen (YHWH-Loyalität Kalebs vs. kriegerische Eroberung bzw. Beteiligung vs. Nichtbeteiligung Josuas an der Auskundschaftung) werden bei diesem Entwurf nicht in den Blick genommen. Fritz (1994):160 Zwar mache die Erzählung Jos 14,6–15 einen sehr geschlossenen Eindruck. Sie sei aber um redaktionelle Rückverweise und Erweiterungen ergänzt worden. Hierzu gehörten die Erinnerung an das YHWH-Wort in 6b, das Lebensalter Kalebs verbunden mit der ungebrochenen Kraft in 10b–11, der Rückverweis in 12b, die Abschlussformel in v.14, die Erklärung zu Hebron in 15a sowie die Wiederaufnahme von Jos 11,23b in 15b. Dementsprechend liege der Grundtext in 6a.7–

4)

5)

158

Vgl. BELTZ 1974, 33. Nach BELTZ 1974, 35 nimmt Kaleb darüber hinaus eine Sonderstellung ein: zum einen geographisch, zum anderen theologisch aufgrund seiner Treue zu YHWH. 160 Vgl. FRITZ 1994, 151. 159

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

239

10a.12a.13 vor, der schließlich durch verschiedene Fortschreibungen erweitert worden sei. Auf diese Weise sei eine entkernte Erzählung entstanden, die die internen Spannungen weitgehend beseitige. Allerdings ist der unvermutete Wechsel von den Judäern zum Kenisiter Kaleb in 6a erklärungsbedürftig. Auch ist fraglich, weshalb in 10a singulär eine Wüstenwanderung von 45 Jahren in den Blick genommen wird. Darüber hinaus ist es nicht notwendig, dass man das hohe Alter Kalebs, das sich aus den übrigen Angaben gut errechnen lässt, aus der Erzählung streicht, zumal auf diese Weise die Dringlichkeit der Landzuteilung noch zusätzlich unterstrichen werden könnte. Seebass (2003):161 Der Grundbestand von v.6–15 könnte aus v.7–9.10b– 12a bestehen. Kennzeichnend für diese ursprüngliche Tradition sei die militärische Terminologie, die nicht als dtr. zu bezeichnen sei. Außerdem seien die Kalebanspielungen in Dtn 1 von Jos 14 eingedrungen. Dementsprechend werden die ansonsten in der Forschung behaupteten Abhängigkeitsverhältnisse umgedreht. Fraglich ist jedoch, ob ein Grundbestand mit direkter Rede in v.7 ohne Redeeinleitung beginnen kann. Darüber hinaus ist erklärungsbedürftig, weshalb gerade der eigentlich kriegerische Hinweis in 12b aus der ursprünglichen Tradition getilgt wurde. Ob dafür die Beobachtung genügt, dass hier mit den Anakitern ein neues, bislang unvorbereitetes Thema angeschnitten wurde, ist nicht sicher. Außerdem endet die auf diese Weise rekonstruierte Erzählung offen, ohne dass die Bitte Kalebs erfüllt wird. de Vos (2003):162 Vielleicht liege der Kaleberzählung eine alte Lokaltradition über die Eroberung Hebrons durch Kaleb zugrunde, die dtr. überarbeitet und an den Rändern in v.6 und v.15 von einem nicht-dtr. Redaktor in den Kontext eingebunden worden sei, worauf Spannungen und Sprache hinwiesen. Vermutlich sei 15b erst nach 15a ergänzt worden. Die Kaleberzählung sei im Rahmen der „Josua-Bearbeitung“ in den Abschnitt Jos 14–19 eingefügt worden. Erklärungsbedürftig sind jedoch die internen Spannungen, die nach Abzug des Rahmens stehen bleiben und unterschiedliche Motive für die Landgabe an Kaleb formulieren.

6)

7)

Insgesamt sind die vorgelegten Entwürfe nicht über jeden Zweifel erhaben, da inhärente Spannungen nicht immer konsequent erklärt werden. Auch wenn eine Lösung auf alle Probleme kaum noch möglich ist, soll ausweislich von sprachlichen Beobachtungen ein neuer literarkritischer Versuch gewagt werden. Auffällig ist, dass in v.6–15 immer wieder auf ein Wort verwiesen wird, auf das sich Kaleb in seiner Argumentation berufen kann. In v.6 ist es ein YHWHWort, das sich an Mose in Kadesch-Barnea gerichtet hat. Dieses Wort scheint 161 162

Vgl. SEEBASS 2003, 98. Vgl. DE VOS 2003, 295f.301.

240

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

beiden bekannt zu sein und muss hier folglich nicht mehr wiederholt werden. In v.7 wird ein Wort Kalebs genannt, das er nach der Auskundschaftung des Landes gewissenhaft übermittelt hat. In v.9 wird ein Schwur Moses angeführt, der dem Kaleb das Land verheißt, das er bereits betreten hat. In v.10 wird wiederum auf das zuvor in v.6 schon genannte YHWH-Wort an Mose verwiesen, wo es offenbar um den Erhalt von Kalebs Leben gegangen ist, wie 10a besonders betont. In v.12 wird auf ein YHWH-Wort angespielt, das dem Kaleb den Besitz des Gebirges zugesagt hat, was inhaltlich dem Mose-Schwur aus v.9 entspricht. In v.13 folgt schließlich noch ein Segenswort Josuas, der schließlich Hebron als Lehen an Kaleb übergibt. Es scheint, dass die Grundschicht immer wieder durch die Argumentation mit bereits ergangenen Worten vorangetrieben wird. Hierzu passt, dass die beiden letzten v.14–15 keine Wortthematik mehr aufweisen. Die Kaleberzählung hat darüber hinaus neben der immer wieder eingespielten Wortthematik einen repetitiven Wortschatz, mit dem zum einen eine innere Kohärenz erzielt wird und zum anderen Kaleb in redundanter Form auf seine Bitte aufmerksam macht: die Verortung in Kadesch-Barnea (v.6.7), das Aussenden mit dem Verb ŠLḤ (v.7.11), der Verweis auf bayyôm hahûʾ „an jenem Tag“ (v.9.12), das „vollständige Folgen hinter YHWH“ MLʾ-D + ʾaḥarê YHWH, (v.8.9), bei dem fast schon mechanisch noch der Zusatz „mein Gott“ folgt, auch wenn hier ein plurales enklitisches Personalpronomen besser gepasst hätte, oder auch die Bezeichnung des Landanteils als naḥalāh „Lehen“ (v.9.13). Schon zu Beginn der Einheit fällt auf, dass hier – abgesehen von den „Söhnen Juda“ in v.6 – ausschließlich Gentilizia verwendet werden. Dies könnte darauf hindeuten, dass hier ältere Quellen verwendet worden sind, in denen diese Stämme noch nicht als assimiliert galten.163 Wenn diese Beobachtung richtig ist, dann gehören v.6 und v.12 vielleicht zur ältesten Tradition, in der der Kenasiter Kaleb die Anakiter beseitigt hat. Die Spannung in v.6 zwischen den „Söhnen Juda“ und dem Kenasiter Kaleb lässt sich kaum noch beheben, da 6aα mit der Nennung von Josua den Adressaten der Kalebrede in 6aβ bereits nennt, auf den in 6aβ lediglich mit ʾelāyw zurückverwiesen wird. Mit 6aβ kann nur dann die Einheit beginnen, wenn im vorausgehenden Kontext bereits von Josua die Rede gewesen ist. Dies wäre bei einem Anschluss von 6aβ an Jos 11,23a durchaus gegeben. Erst als man die Kaleberzählung unter der Landzuweisung an Juda subsummieren wollte, musste man 6aα ergänzen, wodurch der Kenasiter Kaleb fast schon automatisch zu einem Judäer transformiert wurde. Bei einer solchen Lösung wäre die inhaltliche Spannung zwischen den beiden Stämmen und die formale Unausgeglichenheit zwischen der Formulierung benê + X und Gentiliz geschickt behoben. Falls 6aα nicht zur ursprünglichen Tradition gehörte, dann erübrigt sich auch die beobachtete Spannung von Gilgal zu hāhār hazzæh in 12a. 163

Vgl. BOLING 1982, 356.

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

241

Die Wiederaufnahme von Jos 11,23b in 15b könnte zudem andeuten, dass die Kaleberzählung ursprünglich hinter Jos 11,23a anschloss und Jos 11,23b das Ende dieser Einheit gewesen wäre.164 Hinzu kommt, dass diese Erzählung inhaltlich eher zum ersten Teil des Josuabuchs Jos 1–12 gehört, auch wenn hier bereits die Landverteilung beginnt.165 Gegen eine derartige Umstellung spricht höchstens die Beobachtung, dass Josua die Anakiter nach Jos 11,21 aus Hebron vertrieben hat, während wohl Kaleb nach v.12 hierfür verantwortlich gewesen sei. Allerdings sind – wie bereits gesehen – zwei inhaltliche Begründungsstrukturen für die Landgabe an Kaleb zu beobachten. Zum einen erhält Kaleb sein Lehen aufgrund seiner besonderen Loyalität zu YHWH (v.8.9). Zum anderen muss er erst noch die Anakiter von dort vertreiben (v.12). Falls 6aβ tatsächlich an Jos 11,23a anschloss, dann kann die Anakiter-Vertreibung in 12b nicht zur ursprünglichen Tradition gehört haben.166 In v.6 scheinen aber auch noch andere Dinge sekundär ergänzt zu sein. Die späte Ausdrucksweise ʾîš hāʾælohîm „Gottesmann“ in 6bβ, die nicht nur in Spannung zu ʿæbæd YHWH „Knecht YHWHs“ in v.7, sondern auch zum Subjekt YHWH steht, ist vermutlich eine späte Glosse, die aufgrund der beobachteten Wortthematik Mose als Propheten zeichnen wollte, dessen Vorhersagen an Kaleb sich endgültig erfüllt haben. Da Kaleb in v.7.8 vor allem seine positive Beteiligung an der Auskundschaftung des Landes herausstellen möchte, könnte ʿal ʾodôtæ=kā ein harmonisierender Zusatz sein, der Josua unter die Kundschafter zählt. Das ist ebenso unabhängig von der Frage, ob in der ursprünglichen Tradition tatsächlich nur Kaleb als Kundschafter aufgetreten ist. Denn in seiner Rede versucht Kaleb in erster Linie seine Verdienste zu betonen. Ob andere Personen ebenfalls ähnlich zuversichtlich wie Kaleb argumentiert haben, liegt außerhalb der Intention Kalebs, da er nur an seine eigene positive Außenwirkung interessiert ist. Der Relativsatz am Schluss von 10a passt inhaltlich nicht zur übrigen Tradition, die von einer vierzigjährigen Wanderschaft Israels in der Wüste ausgeht, zumal sich dieser Relativsatz nur auf die zuvor erwähnte Zeitangabe, aber nicht auf den mit meʾāz eröffneten Nebensatz beziehen kann. Hinzu kommt, dass das Ethnonym Israel in der angenommenen Grundschicht nicht auftaucht, was ebenfalls auf den Nachtragscharakter hinweisen könnte. Schließlich ist der Relativsatz syntaktisch unschön von seinem eigentlichen Anschluss gesperrt. Alles in allem scheint hier eine ungeschickte Glosse vorzuliegen, die das 164 Vgl. FARBER 2016, 119. Kritisch hierzu aber RÖSEL 2011, 230. Zu einer Platzierung von Jos 14,6b–15 hinter Jos 11,21–23 vgl. auch PACE 1976, 109f. Dort sei zudem in Jos 11,21 das Bergland und der Ort Hebron vorbereitet. Außerdem fehlt in Jos 11,21–23 ein Hinweis auf die „Söhne Juda“. 165 Vgl. RÖSEL 2011, 228. 166 Nach PACE 1976, 111 hat 12b offenbar nicht zur Tradition gehört, die ursprünglich hinter Jos 11,21–23 stand, da diese Erklärung erst nötig wurde, um Spannungen zu Jos 15,13–19 abzubauen, zumal die Anakiter nach Jos 11,21–23 bereits vertrieben waren.

242

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Thema der Wüstenwanderung nach der Kundschaftererzählung nachtragen wollte. Zwar könnte in v.11 mit dem Hinweis auf die Stärke Kalebs auf die immer noch vorhandene militärische Schlagkraft des Kenasiters angespielt werden. Aber der Merismus welāṣeʾt welābôʾ mit den beiden Infinitiven könnte auch dem bäuerlichen Leben abgelauscht sein, sodass Kaleb darauf hinweisen möchte, dass er immer noch in der Lage ist, ein zugeteiltes Land zu bewirtschaften, trotz seines schon hohen Alters. Erst die ungeschickt vorangestellte Präpositionalverbindung lammilḥāmāh schränkt die Bedeutung des Merismus auf das Militärische ein. Eine weitere Beobachtung stützt die These, dass lammilḥāmāh erst redaktionell eingedrungen ist, als man neben der Loyalität Kalebs gegenüber YHWH auch noch die militärische Tatkraft ergänzen wollte. Denn der Zusatz lammilḥāmāh findet sich in den Versionen entweder vor den beiden Infinitiven oder – syntaktisch besser – nach den beiden Infinitiven. Hier ist offenbar nicht immer auf dieselbe Weise ergänzt worden. Die Vertreibung der Anakiter in 12b schließt mit einem kî-Satz an. Auffälligerweise wird der vorausgehende Relativsatz ʾašær dibbær YHWH bayyôm hahûʾ in dem sekundären Eintrag wiederum aufgegriffen: im ersten kî-Satz als nachgestellte Zeitangabe bayyôm hahûʾ und im Vergleichssatz kaʾašær dibbær YHWH im letzten Satz der redaktionellen Ergänzung. Der Redaktor hat über derartige Wiederaufnahmen seine Nachträge offenbar gut einschalten können. Fraglich ist, ob der ätiologische Hinweis in v.14 bereits zur ursprünglichen Erzählung gehört hat.167 Die Entscheidung in dieser Frage hat dann mitunter auch Folgen für die Bestimmung des Textabschnittes Jos 14,6–15 als Ätiologie, die die Anwesenheit einer fremden Bevölkerungsgruppe in der wichtigen judäischen Stadt Hebron begründen möchte. Es hat außerdem den Anschein, dass v.14 bewusst die vorliegende Wortwahl aus v.9 (HYY lenaḥalāh und MLʾD + ʾaḥarê YHWH) nachgeahmt und an den neuen Kontext angepasst hat. Dementsprechend könnte v.14 mit seiner ätiologischen Formel ein Erzählerkommentar sein, der darauf hinweisen soll, dass Hebron noch bis in die Zeit des Erzählers im Besitz der kenasitischen Sippe Kalebs gewesen ist. Auf diese Weise wird darüber hinaus betont, dass die Zusage ʿad ʿôlām „auf ewig“ in v.9 sich tatsächlich erfüllt hat. Darüber hinaus informiert in 15a noch eine weitere gelehrte Glosse über Kirjat-Arba,168 den früheren Namen von Hebron. Der alte Name Kirjat-Arba verbindet Hebron über das Eponym Arba mit den Anakitern, wobei hier wie 167

Vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 229. Aufgrund der Identifikation von Hebron mit Kirjat-Arba ist 15a nach PACE 1976, 111f. sekundär ergänzt worden, zumal diese Gleichsetzung in Jos 1–11 fehlt und offenbar einen Bezug zu Jos 15,13–19 herstellen möchte. Für WRIGHT 2014, 185 ist diese Identifizierung in Jos 14,15, die Jos 15,13 voraussetzt, ein Anzeichen dafür, dass die Kalebtradition in Jos 14 später als in Jos 15 entstanden sei. 168

1. Vergabe Hebrons an Kaleb (Jos 14,6–15)

243

schon in der übernommenen Tradition ebenfalls das Gentiliz ʿanāqîm verwendet wird. Der abschließende Satz 15b passt eigentlich nicht zu der zuvor beschriebenen kriegerischen Vertreibung der Anakiter in 12b und 15a und diente wohl dem Anschluss der Kaleberzählung an Jos 11,23a durch das Mittel der Wiederaufnahme. Die Spannung im Nahkontext entstand vermutlich durch den sekundären Einschub der gelehrten Glosse von 15a. Insgesamt nehmen die obigen Erwägungen alle Beobachtungen zuvor auf, sodass im Folgenden eine stringente literarhistorische Entstehung der Einheit entwickelt werden kann. Eine vor allem dtr. geprägte Grundschicht ist überwiegend von der Wortthematik geprägt. Hier wird die besondere Loyalität Kalebs gegenüber YHWH betont, die die außergewöhnliche Gabe Hebrons motiviert. Diese Grundschicht befand sich ursprünglich im dtr. Josuabuch hinter Jos 11,23a, wo 6aβ bestens anschließt. Erst als man v.6–15 hinter Jos 11,23a gesetzt hat, wurde die Wiederaufnahme Jos 11,23b = 15b geschaffen. Vermutlich hat der Redaktor, der die Kaleberzählung aus Jos 11 genommen und nach Jos 14 versetzt hat,169 die eigentlich kenasitische Erzählung projudäisch deuten wollen, indem er 6aα vorgeschaltet und damit den Eindruck erweckt hat, dass Kaleb zur Gruppe der „Söhne Juda“ gehört. Die verwendete Grundschicht ist zudem ein Text ohne literarische Spannungen, der darüber hinaus einen geschlossenen Erzählverlauf von der Bitte Kalebs mit angehängter Begründung (YHWH-Loyalität und Tatkraft) und der Erfüllung der Bitte durch Josua bietet. Zur Grundschicht gehört 6aβ.b (ohne „Gottesmann“ und „wegen Dir“).7–9.10 (ohne „als umherzog Israel in der Wüste“).11 (ohne „zum Kampf“).12a.13. Die kleinen redaktionellen Zusätze lassen sich allesamt gut erklären. Schon zu Beginn wollte ein Glossator sicherstellen, dass es sich bei Mose um einen prophetischen Gottesmann handelt, dessen Worte in der Tat eingetroffen sind. Deshalb hat er nach der ersten Erwähnung des Mose bereits den Zusatz „Gottesmann“ eingetragen. Außerdem hat die Tradition, dass Kaleb mit Josua gemeinsam unter die Kundschafter gerechnet worden ist, gefehlt, was ebenfalls an der ersten möglichen Stelle mit ʿal ʾodôtæ=kā nachgetragen wurde. Diese harmonisierende Tendenz wurde dann aber nicht konsequent weiter verfolgt. Der Glossator wollte offenbar auch das Thema der Wüstenwanderung eintragen, was ihm in v.10 nur ungeschickt gelang. Darüber hinaus hat er damit eine

169 PACE 1976, 108f. notiert fünf Argumente, wieso die Kalebtradition sekundär eingefügt worden ist: a) Die „Söhne Juda“ aus 6a spielen im Folgenden keine Rolle. b) Erst nach der Kaleberzählung folgt die in 6a begonnene Landverteilung an Juda. c) Geographisch lässt sich die Verortung in Gilgal (6a) nicht mit dem Bergland von Hebron vereinbaren (v.12). d) Die Ruheaussage (v.15) passt nicht in der Mitte der Landverteilung. e) Die Doppelung der Kaleberzählung in Jos 15 lässt Jos 14,6–15 als sekundären Einschub erscheinen.

244

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

weitere Spannung eingetragen. Dies war aber schon vor dem Hintergrund unvermeidbar, als in der Grundschicht nur die Zeitangabe „45 Jahre“ vorlag, die man am besten mit der Wüstenwanderung verknüpfen konnte. Ein Redaktor hat zudem in v.11 das Thema der Vertreibung der Anakiter durch den ebenfalls ungeschickten Zusatz lammilḥāmāh vorbereitet, zumal man die beiden Infinitive welāṣeʾt welābôʾ durchaus im kriegerischen Kontext verstehen konnte. Auf diesen Redaktor geht vermutlich auch der Eintrag der Anakiter in 12b und in 15a zurück. Fraglich ist, wann die ätiologische Formulierung in v.14 in den Text geraten ist. Da sie sich sprachlich eng an v.9 orientiert, könnte sie entweder dann eingefügt worden sein, als man die Kaleberzählung von Jos 11,23a getrennt hat, oder sie hat seit jeher zur Grundschicht gehört. Eine eindeutige Lösung kann nicht mehr getroffen werden.

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19) Die beiden Erzählungen in Jos 14,6–15 und Jos 15,13–19 rahmen die Grenzliste Judas in Jos 15,1–12.170 Darüber hinaus findet sich die Kaleb-Achsa-Erzählung zwischen der Grenzliste und der Ortsliste Judas, sodass diese Positionierung ebenfalls den Umstand verdeutlicht, dass Kaleb einen Landanteil in der Mitte der Söhne Juda erhält (v.13).171 Vielleicht hat ein Redaktor bewusst die Kaleb-Achsa-Tradition vor der Ortsliste eingefügt. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die folgende Ortsliste ebenfalls diesen Bereich abdeckt.172 Meist wird angenommen, dass es sich bei der Kaleb-Achsa-Erzählung in Jos 15,13–19 um eine ätiologische Erzählung handelt, die die Landnahme zweier kenasitischer Sippen im Stammesgebiet von Juda begründen möchte:173 die Kalebiter in Hebron und die Otnieliter in Debir.174 Insgesamt sind in Jos 15,13–19 drei Erzählungen miteinander verbunden:175 die Vertreibung der Anakiter aus Hebron durch Kaleb (v.13–14), wodurch Jos 14,12b und 15a eingelöst werden, die Eroberung Debirs und damit verbunden die Verheiratung Achsas (v.15–17) sowie die zusätzliche Landgabe Kalebs 170

Vgl. WOUDSTRA 1981, 240. Vgl. auch KNAUF 2008, 143. 172 Vgl. CORTESE 1990, 89. 173 Vgl. SOGGIN 1982, 175f. Nach FRITZ 2004, 378 versucht das Traditionsstück der Achsaerzählung, das auf lokale Tradition zurückgeht, das Nutzungsrecht von bestimmten Wasserstellen mit der Landnahme und mit verwandtschaftlichen Beziehungen zu legitimieren. Nach PACE 1976, 133 ist Jos 15,14–19 eine ethnographische Ätiologie. 174 Vgl. hierzu auch GRAY 1986, 133. Gegen den Wortlaut von MT behauptet EDERER 2017, 231, dass Kaleb die Stadt Debir erobert habe. 175 Vgl. EDERER 2017, 229. 171

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

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an Achsa (v.18–19). Diese drei Erzählungen begründen den Umstand, dass im eigentlichen Machtbereich Judas kalebitische und damit indirekt auch edomitische Sippen gesiedelt haben,176 zumal der Protagonist Otniel mit einem gewissen Kenas genealogisch verbunden wird. Demnach handelt es sich bei der Otniel-Achsa-Erzählung in Jos 15,15–19 um eine ätiologische Erzählung,177 die den Landbesitz von kalebitischen Sippen in der Gegend um Debir begründen möchte. Die Achsa-Erzählung in v.18–19 erklärt darüber hinaus die Zugehörigkeit von zwei Wasserstellen zum Besitz der Sippe von Otniel, da die beiden Wasserquellen Achsa ebenfalls zugestanden werden.178 Die Kaleb-Achsa-Erzählung in v.13–19 unterscheidet sich markant von ihrem Kontext. Während das Land nach Jos 15,1 durch den Losentscheid vergeben wird, wird ab v.13 das Land durch Josua und Kaleb zugeteilt, auch wenn in v.13 das handelnde Subjekt nicht näher präzisiert wird. Darüber hinaus geht es in v.13–19 nicht nur um Landverteilung, sondern auch um Landeroberung, was wiederum diesen Abschnitt mit der Kaleberzählung in Jos 14,6–15 verbindet. Dort ist jedoch die kriegerische Landeroberungsthematik erst sekundär eingetragen worden. Die Kaleb-Achsa-Erzählung passt jedoch nicht spannungsfrei in den übrigen Kontext. Denn obwohl Debir bereits nach Jos 10,38–39 erobert und deren Bevölkerung aufgrund der Bannweihe ausgelöscht war, muss jetzt dieser Ort erneut erobert werden.179 An der Eroberung von Hebron und Debir zeigt sich offenbar, dass eine Tradition, die ursprünglich mit dem Kenasiter Kaleb verbunden war, später auf den Stamm Juda (Ri 1,10–11) und schließlich auf Gesamtisrael (Jos 10,36–39) übertragen werden konnte.180 Gelegentlich wurde auch daran gedacht, dass die Chronologie nicht strikt eingehalten worden ist und dass die Eroberung Hebrons vor der Bitte Kalebs

176 Vgl. GROSS 2009, 126; KUGLER 2017, 580. Nach JERICKE 1997, 322 handelte es sich bei den Kalebitern demgegenüber um die autochthone Landbevölkerung, die später mit den vordringenden Edomitern zusammengelebt hat. In späterer Zeit konnten folglich die Kalebiter als edomitische Sippe betrachtet werden. Zu Kaleb, Achsa und Otniel als Außenseiter, die in Juda integriert worden sind, vgl. auch HAVRELOCK 2013, 320. 177 Vgl. HERTZBERG 1985, 98. 178 Vgl. GÖRG 1991, 74; FRITZ 1994, 161. Nach GROSS 2009, 134 ist bereits das Negevland die Mitgift Achsas, die noch um ein weiteres Feld und Wasserstellen erweitert wurde. HESS 1999, 144 zieht in Erwägung, dass Otniel um die Mitgift bitte und Achsa zusätzliche Wasserstellen einfordere. 179 ZIESE 2008, 284 Anm. 34 vermutet, dass einige Bewohner von Debir geflohen und danach in die Stadt zurückgekehrt seien. Schon WOUDSTRA 1981, 241 geht von einem anschließenden Verlust dieses Ortes nach der ersten Eroberung aus. Ähnlich auch HOWARD 1998, 337. Für EDERER 2017, 229 handelt es sich nur um „(scheinbare) Widersprüche“, ohne dass er dies auf synchrone Weise auflösen kann. 180 Vgl. AHARONI 1967, 197 Anm. 64. Die Duplizierung der Eroberung hatte die Replik in Jos 11,21–22 nach KNAUF 2008, 143 zur Folge.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

bereits stattgefunden haben könnte.181 Darüber hinaus wurde in Jos 14,13–14 und 15,13 die Übergabe an Kaleb dem Hauptprotagonisten Josua selbst zugeschrieben, wodurch die beiden widersprüchlichen Erzählfäden miteinander verbunden werden konnten.182 Alles in allem zeigt sich, dass eine Erzähltradition in unterschiedlichen Versionen und Kontexten umlaufen und in unterschiedlicher Variation aufgenommen werden konnte. Möglicherweise ist Achsa das Eponym einer Untersippe der Kalebiter, die sich später mit den Otnielitern verbunden hat.183 Achsa, die Tochter Kalebs, wird zudem ihrem Vater ebenbürtig dargestellt. Wie Kaleb verlangt sie selbstbewusst nach einer weiteren Landgabe und erhält sogar mehr als von ihr erbeten.184 In dieser Erzählung wird folglich das patriarchalische Verständnis von Israel aufgebrochen, mit dem der Landbesitz meist verbunden ist.185 Aber auch Kaleb selbst wird positiv konnotiert, da er entgegen der Sitte keine wirkliche Gegenleistung in der Form eines Brautpreises für Achsa explizit verlangt.186 Dementsprechend erweckt dieser Abschnitt den Eindruck, dass alle handelnden Personen durchwegs positiv gezeichnet werden. Man sollte zudem nicht voreilig in die Leerstellen bereits eine negative Konnotation eintragen. 2.1 Textkritische Anmerkungen LXX übernimmt in v.13 vermutlich den entsprechenden Ausdruck aus Jos 14,15 (τὴν πόλιν Αρβοκ μητρόπολιν Ενακ).187 Vielleicht wurde aber auch ʾāb „Vater“ zu ʾem „Mutter“ im Sinne von Hauptstadt verlesen, zumal sich die beiden Konsonanten b und m ähneln.188 Egal wie man diese textkritische Beobachtung auch deuten mag, die schwierigere MT-Tradition von Arba, als Vater Anaks, wird durch LXX geglättet.

181

Vgl. WOUDSTRA 1981, 240. Vgl. RÖSEL 2011, 241. FARBER 2016, 97 weist noch darauf hin, dass Jos 15,13 formal und inhaltlich der Landgabe an Josua in Jos 19,49–50 ähnele: a) das Land wurde inmitten der Israeliten/Judäer gegeben, b) der Geber wird nicht explizit genannt, c) beide Landgaben wurden „nach dem Befehl YHWHs“ vergeben. Vielleicht sollten auf diese Weise die beiden Kundschafter ähnlich dargestellt werden. 183 Vgl. GRAY 1986, 137. 184 Vgl. hierzu ZIESE 2008, 284. 185 Nach HAWK 2000, 199 gehören nach der Kaleb-Achsa-Erzählung Frauen ganz fundamental zu Israel hinzu. 186 Vgl. HERTZBERG 1985, 98. Nach EDERER 2017, 233 werden Kaleb, Achsa und Otniel als Musterisraeliten gezeichnet, die ihr Leben nach der Tora gestalten. Ob diese Charakterisierung tatsächlich in v.13–19 gegeben wird, ist fraglich, zumal die Bezüge zur Tora minimal sind. 187 Nach SIMONS 1959, 79 könnte dies die bessere Lesart sein, die MT vorzuziehen wäre. Allerdings ist MT die lectio difficilior. 188 Vgl. NELSON 1997, 184. 182

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

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Gelegentlich wird vermutet, dass die Verbalform ursprünglich nittan „wurde gegeben“ gelautet haben könnte.189 Allerdings ist auch eine unpersönliche Lesart von nātan „man hat gegeben“ möglich. Vielleicht sollte das Subjekt des Satzes bewusst doppeldeutig und damit offengehalten werden. Die Lesart der LXX löst hingegen die beobachtete Doppeldeutigkeit des Subjekts auf, indem sie im zweiten Satz deutlich Josua als Handelnden ausweist. Möglicherweise ist die Präpositionalverbindung ʾæl pî YHWH lîhôšuaʿ, die das Objekt „Kirjat-Arba“ vom Hauptsatz sperrt, eine Glosse, die bewusst ein YHWHWort zur Begründung für die vielleicht in Juda umstrittene Landgabe an den Kenasiter Kaleb anführt. Mitunter ist in v.13 aufgrund von Haplographie ein Teil des ursprünglichen hebräischen Textes ausgefallen, wofür die längere Lesart der LXXB sprechen könnte. Dementsprechend wäre der ursprüngliche Text ʾæl pî YHWH lîhôšuaʿ wayyitten lô Yehôšuaʿ gewesen.190 Allerdings bezieht LXX – und damit von der angenommenen hebräischen Urform abweichend – das Gotteswort nicht mehr auf Josua wie MT (διὰ προστάγματος τοῦ θεοῦ, καὶ ἔδωκεν αὐτῷ ᾿Ιησοῦς), sondern verzichtet auf die doppelte Nennung von Josua. Vielleicht sollte auf diese Weise eine mögliche Spannung ausgeräumt werden, zumal es ansonsten keinen expliziten Befehl Gottes an Josua gegeben hat.191 Möglicherweise deutet die Konstruktion der LXX mit zwei koordinierten Sätzen, die beide von einer Landgabe sprechen, auf eine sekundäre Erweiterung hin.192 LXX gibt darüber hinaus das Tetragramm mit „Gott“ wieder, was für die LXX nicht unüblich ist.193 Insgesamt ist die Lesart des MT zwar schwierig, aber die Rekonstruktion von angeblich früheren Textformen mithilfe von LXX oder MT und eine Verquickung von text- und literarkritischen Fragen sind willkürlich. Dementsprechend soll die lectio difficilior des MT nicht abgeändert werden. Die Filiation bæn Yefunnæh „Sohn Jefunnes“ hinter Kaleb wird gelegentlich aufgrund der Lesart der LXX (Χαλεβ υἱὸς Ιεφοννη) zusätzlich in v.14 ergänzt.194 Dieser Zusatz ist aber schon vor dem Hintergrund nicht nötig, dass die Filiation auch bei den anderen Erwähnungen von Kaleb in v.16.17.18 nicht gesetzt wird. Hinzu kommt, dass diese genealogische Angabe erzähltechnisch ohnehin nicht gefordert ist. Die Aufzählung der drei Anakiter variiert in LXX. Anstelle von „Scheschai und Ahiman und Talmai“ im MT belegt LXX die Abfolge τὸν Σουσι καὶ τὸν Θολμι καὶ τὸν Αχιμα. In Num 13,22 wird noch die Reihenfolge „Ahiman und 189

Vgl. FARBER 2016, 97 Anm. 180. Vgl. BOLING 1982, 373. 191 Vgl. hierzu auch BUTLER 2014b, 106. RUDOLPH 1938, 221f. vermutet, dass der Redaktor den Befehl YHWHs aus Jos 14,13–14 herausgelesen habe. 192 Vgl. AULD 1980, 70 Anm. 70. 193 Vgl. zur Wiedergabe des Tetragramms durch LXX AULD 1979, 12f. 194 Vgl. HOLZINGER 1901, 57; BOLING 1982, 374. Zur unterschiedlichen Lesart von LXX vgl. BUTLER 2014b, 106. 190

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Scheschai und Talmai“ von MT und LXX gleichermaßen geboten, auch wenn sich die jeweiligen LXX-Transliterationen der Eigennamen unterscheiden. Auffälligerweise hat die Parallele in Ri 1,10 in LXX und MT die gleiche Abfolge wie Jos 15,14-MT. Bei dieser beobachteten Varianz verwundert es kaum, dass sich die Transliteration der drei Anakiternamen in Jos 15,14–LXX ebenfalls von Ri 1,10–LXX und Num 13,22–LXX unterscheidet. Gelegentlich wird vermutet, dass yelîdê hāʿanāq „Nachkommen Enaks“ darüber hinaus eine sekundäre Glosse sein könnte, zumal LXX darauf verzichtet.195 Mitunter ist diese zusätzliche Bestimmung aus Num 13,22 eingedrungen,196 wo diese Zusatzbezeichnung auch in LXX gut verankert ist. Während MT in v.15 das Subjekt nicht näher bestimmt, hat LXX noch den Namen Kaleb ergänzt, um die vordergründige Uneindeutigkeit des MT zu beseitigen. Die Ergänzung von Kaleb liegt schon vor dem Hintergrund nahe, als in v.14 die anderen Eigennamen im Plural stehen (benê hāʿanāq und yelîdê hāʿanāq), sodass man in v.15 bei einem Subjektwechsel an sich eine Pluralform erwarten würde. Gelegentlich wird in v.15 der Ortsname Kirjat-Sefer zu Qiryat Sofer geändert und damit der Lesart der LXX gefolgt (Πόλις γραμμάτων),197 während die Vulgata die Lesart des MT unterstützt (civitas Litterarum). Die Parallelstelle in Ri 1,11–LXX scheint aufgrund ihrer Transliteration eine derartige Veränderung zu bestätigen (Καριαθσωφαρ LXXA bzw. Καριασσωφαρ LXXB),198 während die Vulgata wiederum auf der Seite des MT steht. Da dieser Ortsname nur in diesen beiden Erzählungen belegt ist, lässt sich über die ursprüngliche Namensform keine eindeutige Lösung erzielen. Interessanterweise transliteriert die Vulgata diesen Ortsnamen in Jos 15,16//Ri 1,12 als Cariathsepher.

195

Vgl. HOLZINGER 1901, 57; NOTH 1971b, 86; GÖRG 1991, 74; FRITZ 1994,156; PIT2010, 284. Nach BOLING 1982, 374f. handelt es sich bei dem nomen regens um eine militärische Verbindung, die auf Adoption und Initiation basiert. 196 Vgl. schon STEUERNAGEL 1900, 210; NELSON 1997, 184. 197 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 210; RÖSEL 2011, 243. Nach FEWELL 1995, 125 trägt dieser Alternativname eine negative Assoziation ein, da eine „Stadt des Buches“ und damit eine zivilisierte Stadt von Otniel zerstört werde. JOST 1997, 119 weist jedoch darauf hin, dass Kirjat-Sefer aufgrund seines Namens auch eine „Kontrollstation“ gewesen sein könne, sodass hier die Übermacht der Kanaanäer im Blick sei. WEBB 2012, 103 vermutet, dass der Name Kirjat-Sefer andeuten könnte, dass es sich um eine Verwaltungsstadt handeln könnte. SASSON 2014, 144 hält Kirjat-Sefer für ein Dorf mit Inschriften. 198 Vgl. zum Problem NOTH 1971b, 86; SOGGIN 1982, 166. KÄNEN

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

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Die Verwandtschaftsbezeichnung ʾaḥî wird von LXXA als „Bruder“ von LXXB hingegen als „Neffe“ wiedergegeben.199 Möglicherweise geht diese Unterscheidung auf mündliche Überlieferung zurück,200 zumal sich die nachgestellte Apposition ʾaḥî Kāleb entweder auf Otniel oder Kenas beziehen kann, sodass entweder Otniel oder Kenas ein Bruder Kalebs wäre. Allerdings kann die Angabe ʾaḥî Kāleb auch bewusst eingetragen worden sein, da Kaleb als Sohn Jefunnes und nicht als Sohn des Kenas gilt.201 Dementsprechend hat man ʾaḥî auf Kenas bezogen und Kaleb zu einem Bruder des Kenas gemacht. Dann widerspricht diese Stelle nicht der ansonsten üblichen Genealogie Kalebs als Sohn Jefunnes. Auf diese Weise würde Otniel zudem nicht seine Nichte, sondern seine Cousine Achsa heiraten.202 Die schwierige Verbalform wattesîtehû des MT in v.18 wird von Vulgata und einigen Handschriften der LXX zu wayesîtehā „und er bedrängte sie“ verändert. Auf diese Weise werden die Verhältnisse umgedreht.203 Bei der Lesart des MT wattesîtehû „und sie bedrängte ihn“ bezieht sich hingegen das enklitische Personalpronomen vermutlich auf Otniel, der von Achsa bedrängt wird. Allerdings sind beide Lesarten vor dem Hintergrund einer patriarchalischen Gesellschaft nicht ohne Probleme. Denn sowohl die Vorstellung, dass der Held Otniel von seiner Braut dazu gebracht werden muss, noch ein weiteres Stück Land zu fordern, wie auch seine Initiative, Achsa zur Landforderung zu drängen, werfen ein schlechtes Licht auf Otniel.204 Auch eine Konjektur zu wattesîrehû „sie ließ ihn beiseitetreten“ ist sprachlich und sachlich nicht unproblematisch.205 Gelegentlich wurde sogar erwogen, dass Otniel diese Bitte Achsas gegenüber Kaleb nicht vortragen wollte, sodass Achsa selbst aktiv werden musste.206 Aber auch diese Deutung gibt der Text eigentlich nicht her. Ob man zudem das störende enklitische Personalpronomen streichen darf, ist fraglich,

199 Vgl. BOLING 1982, 375. Zum Problem der Verwandtschaftsbezeichnung vgl. auch SZPEK 2002, 245 Anm. 1. 200 Vgl. BUTLER 2009, 6. Zu der genealogischen Ambiguität der syntaktischen Konstruktion vgl. NIDITCH 2008, 33. 201 Jüdische Exegeten des Mittelalters haben hingegen vermutet, dass Kaleb und Otniel Halbbrüder von unterschiedlichen Vätern gewesen wären, vgl. WRIGHT 2014, 171. 202 Gegen eine solche Deutung aber schon DILLMANN 1886, 523; STEUERNAGEL 1900, 210. 203 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 210; HOLZINGER 1901, 57; MILLER/TUCKER 1974, 123; BOLING 1982, 374; HERTZBERG 1985, 96; MCKINLAY 2009, 2. Vgl. zum Problem SOGGIN 1982, 166. Für die Lesart des MT aber mit guten Gründen BARTHÉLEMY 1982, 35f.; HESS 1996a, 271 Anm. 52; JOST 1997, 112f.; NELSON 1997, 184; RÖSEL 2011, 243. Für Ri 1,14– MT plädieren auch HESS 1999, 144; GROSS 2009, 102; WEBB 2012, 101 Anm. 21; SASSON 2014, 146. 204 Vgl. STONE 2009, 413f.; WEBB 2012, 101 Anm. 21; WRIGHT 2014, 187. 205 Vgl. NOTH 1971b, 86. 206 Vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 244.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

auch wenn man dann die leichtere Lesart „da beschloss sie“ erhalten könnte.207 Manchmal wird vermutet, dass Achsa in Übereinstimmung mit ihrem Bräutigam Otniel ihre Bitte an Kaleb formuliert habe.208 Aber bei dieser Lesart trägt man zu viel in den vorliegenden Text ein. Alles in allem sollte der schwierigere MT-Text beibehalten werden, zumal die Veränderung der LXX ebenso nicht ohne Probleme ist. Bisweilen wird daran gedacht, dass sich das enklitische Personalpronomen bei wattesîtehû „und sie bedrängte ihn“ auf Kaleb, und nicht wie üblich auf Otniel beziehen würde, wobei dann die Infinitivkonstruktion lišʾôl gerundivisch mit „indem sie fragt/fragend“ übersetzt werden könne.209 Eine konsensfähige Lösung dieses textkritischen und syntaktischen Problems ist bislang noch nicht gefunden worden. LXX scheint zudem in v.18 einen anderen hebräischen Text zu belegen (λέγουσα Αἰτήσομαι τὸν πατέρα μου ἀγρόν von hebräisch leʾmor ʾæšʾal meʾet ʾābî śādæh).210 Dementsprechend wäre lišʾôl eine korrupte Lesart, die aus leʾmor ʾæšʾal entstanden sei. Die Parallele in Ri 1,14 kann aber eine derartige textkritische Veränderung nicht stützen. Das sprachliche Problem einer adäquaten Übersetzung von gullāh in v.19 umschifft LXX, indem sie zwei Toponyme „Golathmain“ liest (τὴν Γολαθμαιν τὴν ἄνω καὶ τὴν Γολαθμαιν τὴν κάτω).211 In der Parallelstelle Ri 1,15 übersetzt LXX dieses Wort (τὴν λύτρωσιν μετεώρων καὶ τὴν λύτρωσιν ταπεινῶν), wobei hier LXX vielleicht die Wurzel GʾL im Blick gehabt hat, sodass hier zusätzlich noch die Konnotation von Segen und Fruchtbarkeit eingetragen worden wäre.212 Da dies aber lediglich eine Interpretation des schwierigen Wortes ist, sollte mit dieser abweichenden Textüberlieferung in Ri 1,15 nicht argumentiert werden. Die unterschiedliche Konstruktion mit Attributen im Plural (v.19) oder im Singular (Ri 1,15) spiegelt sich auch in den Versionen wieder, die neben gullot auch gullāh belegen.213 Vielleicht ist in Ri 1,15 anstelle der Pluralform eine 207

Vgl. NOTH 1971b, 86. Vgl. HOWARD 1998, 338 Anm. 112; BUTLER 2014b, 106. Kritisch hierzu jedoch FLEISHMAN 2006, 370. 209 Vgl. hierzu MOSCA 1984, 20–22; DE VOS 2003, 122. Kritisch aber KLEIN 1999, 22f.; GROSS 2009, 132f., der darauf hinweist, dass eine derartige Konstruktion singulär wäre. 210 Vgl. auch AULD 1975, 271. 211 Vgl. ZIESE 2008, 285. Nach SASSON 2014, 150 könnten hier in der Tat zwei Toponyme im Blick sein. Zur abweichenden Lesart der LXX-Handschriften vgl. GREENSPOON 1983, 78f. Nach NOTH 1971c, 208 Anm. 42 könnte es sich bei gullāh um ein lokales Wort für „Quelle“ handeln. Möglicherweise kann dieses Wort mit „Quelle“ oder „Reservoir“ übersetzt werden, vgl. WEBB 2012, 102. Schon DILLMANN 1886, 524 denkt an „Rundung, Brunneneinfassung, ausgemauerter Wasserbehälter“. Ansonsten wird das Lexem gullāh in der Regel für „Schale“ gebraucht. Zum Lexem gullāh vgl. auch JOST 1997, 118; HALLO 2005, 331; SASSON 2014, 149; WRIGHT 2014, 188. 212 Vgl. NIDITCH 2008, 33; BUTLER 2009, 6. 213 Vgl. BOLING 1982, 384. 208

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

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Constructusverbindung gullat + ʿillît bzw. taḥtît anzusetzen, worauf LXX, Vulgata, Peschitta und Targum hinweisen könnten.214 Hier kommt man über Vermutungen kaum noch hinaus. Zumindest die MT-Lesart von v.19 ist gut verständlich und muss infolgedessen nicht geändert werden. Außerdem trägt LXX noch das Subjekt Kaleb ein (καὶ ἔδωκεν αὐτῇ Χαλεβ), was vielleicht eine Angleichung an Ri 1,15 sein könnte. Allerdings ist Kaleb als handelndes Subjekt des letzten Satzes durchaus naheliegend, sodass darauf verzichtet werden konnte. Alles in allem ist der MT von Jos 15,13–19 gut verständlich, auch wenn er gelegentlich eine schwierigere Lesart repräsentiert. Aber eine Veränderung des MT aufgrund abweichender Versionen oder der Parallele in Ri 1 ist nicht nötig. 2.2 Sprachliche und inhaltliche Anmerkungen Bereits der Anfang dieses Abschnitts nimmt in v.13 einige Gedankengänge von Jos 14,6–15 wieder auf.215 Zum einen wird mit NTN leKāleb bæn Yefunnæh an die Vergabe von Hebron an Kaleb in Jos 14,13 erinnert, wobei hier aber zunächst der Alternativname Kirjat-Arba genannt wird, der dann mithilfe eines Nominalsatzes mit Hebron identifiziert wird. Die Verwendung von Alternativnamen für eroberte Orte mag zwei Gründe haben:216 Zum einen könnte auf die gemischte Bevölkerung in diesen Orten angespielt sein. Zum anderen könnte auf diese Weise auch die strategische Bedeutung dieser Städte unterstrichen sein. Auf alle Fälle tragen die archaischen Namen der Städte Hebron und Debir (Kirjat-Arba und Kirjat-Sefer) wie auch der Verweis auf Anakiter zum exotischen und heroischen Flair der Erzählung bei.217 Auffälligerweise wird die Landgabe an Kaleb nicht wie in Jos 14,9.13 als naḥalāh sondern in v.13 als ḥelæq bezeichnet, was beide Erzählungen lexematisch voneinander differenziert.218 Vielleicht schließt v.13 an Jos 14,5 an, wo die „Söhne Israels“ das Land verteilten (ḤLQ-G), zumal nach dem Beleg in Jos 14,5 – abgesehen von der sekundär eingefügten Kaleberzählung in Jos 14,6–15 – keine Form der Wurzel NḤL mehr begegnet. In v.13 wird Kaleb mit der Filiation bæn Yefunnæh „Sohn Jefunnes“ versehen. Der Ausdruck Kāleb bæn Yefunnæh ist vor allem in priesterlich geprägten

214 Vgl. NOTH 1971b, 86. Nach KNOBEL 1861, 421; DILLMANN 1886, 525 kann man mit den oberen und unteren Wasserstellen höher und niedriger gelegene Felder bewässern. 215 Vgl. auch FRITZ 1994, 161. Nach AULD 1980, 65 sei auch eine Verbindung von v.13 zu Jos 21,1–3 festzustellen. Allerdings unterscheidet sich die Idiomatik von v.13 – abgesehen von ʾæl pî YHWH – markant von Jos 21,1–3. PACE 1976, 131 hält v.13 für einen Zusatz. 216 Vgl. HESS 1996a, 271. 217 Vgl. NELSON 1997, 188. 218 Vgl. auch WRIGHT 2014, 186.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Texten gebräuchlich.219 Ob Kaleb gleichzeitig ein Kenasiter gewesen ist, wird hier nicht explizit erwähnt.220 Erst in v.17 wird über Otniel diese genealogische bzw. ethnologische Beziehung offenbar auch bei Kaleb eingetragen. Auffälligerweise wird Kaleb nur in Num 32,12 und Jos 14,6.14 als haqQenizzî bezeichnet, aber nie als ben Qenaz. Die direkte genealogische Verbindung zwischen Kaleb und dem Eponym Kenas erfolgt wahrscheinlich nur sekundär und ist zunächst als solche noch nicht in der Kalebtradition angelegt. Selbst die späte genealogische Information in 1Chr 4,13 rechnet zu den Söhnen des Kenas nur Otniel und Seraja, nicht aber Kaleb. Die Verbindung von Otniel mit Kaleb liegt in v.17 ausweislich der nachklappenden Formel ʾaḥî Kāleb auf einer Linie mit Ri 1,13 und 3,9.221 Dementsprechend muss die familiäre Verbindung zwischen Otniel und Kaleb über das Eponym Kenas nicht ursprünglich gewesen sein. Hinzu kommt, dass die genealogische Bezeichnung ʾaḥî Kāleb auf Otniel oder Kenas bezogen werden kann, was die tatsächlichen Familienverhältnisse noch weiter verschleiert. Vielleicht ist diese ungenaue Ausdrucksweise bewusst gewählt worden. Erst der Zusatz haqqāṭon mimmænnû in Ri 1,13 hat die Familienverhältnisse aufgeklärt und Otniel als jüngeren Bruder Kalebs bestimmt.222 Die Verbformation w-x-qatal mit nātan kann zum einen Josua als Subjekt haben.223 Zum anderen könnte man nātan unpersönlich wiedergeben.224 Der Sachverhalt ist demnach doppeldeutig ausgedrückt.225 Erst die LXX disambiguiert – wie gesehen – die Subjektfrage, da in v.13 noch Josua als Subjekt des Gebens eingetragen wird.

219 Num 13,6; 14,6.30.38; 26,65; 32,12; 34,19; Dtn 1,36; Jos 14,6.13.14; 15,13; Jos 21,12; 1Chr 4,15; 6,41. 220 KLEIN 1999, 20 hält Kaleb für einen Keniter. Auch BEN-BARAK 2006, 79 betrachtet Kaleb, Otniel und Achsa als Keniter. Allerdings kann man Ri 1,16 nicht auf die KalebAchsa-Erzählung beziehen. 221 Allerdings weist schon BUDDE 1887, 100 darauf hin, dass Otniel nach v.17 ein Neffe, nicht ein Bruder Kalebs sein könnte. Ähnlich HUBBARD 2009, 407; SASSON 2014, 146; MATTHEWS 2016, 122. 222 So auch BEN-BARAK 2006, 77. Nach NAʾAMAN 1994, 264 spiegelt das Nebeneinander von kalebitischen und kenasitischen Traditionen und die genealogische Verbindung zwischen Otniel und seinem Bruder Kaleb die Nachbarschaft beider Gruppen im südlichen Gebirge Judas wider. 223 Vgl. schon HOLZINGER 1901, 61. Anders NELSON 1997, 187, dem zufolge hier gôrāl aus Jos 15,1 weiterwirken könnte. 224 Vgl. schon STEUERNAGEL 1900, 209, der aber genauso gut eine Umvokalisierung in nittan vorschlägt („wurde gegeben“). 225 Vgl. KNAUF 2008, 143. Nach BOLING 1982, 374 wäre auch das Subjekt Eleasar möglich, der als Priester den göttlichen Willen sicherstellt. Zum Problem vgl. darüber hinaus DE VOS 2003, 119f.

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

253

Die Formulierung NTN + ḥelæq ist im Rahmen der Landverteilung nur selten belegt und eigentlich nicht mit den Stämmen selbst verbunden.226 Offenbar werden mit diesem Ausdruck eher unübliche Landanteile bezeichnet, die nicht nach der allgemeinen Regel verteilt worden sind. Eine redaktionelle Zuweisung zu einer bestimmten Schicht kann angesichts der schütteren Beleglage nicht vorgenommen werden. Der Ausdruck betôk benê Yehûdāh ist nur in v.13 belegt, während ansonsten bei dieser Formel fast immer von den „Söhnen Israels“ die Rede ist.227 Es hat zudem den Anschein, dass Kaleb aufgrund dieser Idiomatik nicht zum Stamm Juda gehört.228 Nur hier und abgewandelt in Jos 19,49 (betôkām) wird ein Landanteil in der Mitte der „Söhne Juda“ herausgeschnitten. Auf diese Weise erhalten die beiden Kundschafter Kaleb und Josua eine privilegierte Position in Juda, wobei dem Kaleb ein ḥelæq, Josua hingegen eine naḥalāh gegeben wird. Lediglich den „Söhnen Simeon“ wird nach Jos 19,1.9 ebenfalls eine naḥalāh im Stammesterritorium von Juda zugesprochen. Nach Jos 19,9 war der ḥelæq von Juda zu groß für diesen Stamm, sodass man kleinere Teile ohne größere Probleme für andere Sippen bzw. Stämme abtrennen konnte. Der dem Kaleb zugewiesene ḥelæq wird schließlich durch die nachhinkende Apposition Kirjat-Arba näher bestimmt, die durch den Verweis auf den Auftrag YHWHs vom eigentlichen Bezugswort getrennt ist. In v.13 wird entweder der Schwur des Mose von Jos 14,9 als Befehl YHWHs an Josua gedeutet oder auf das YHWH-Wort aus Jos 14,6 verwiesen, das dort allerdings an Mose und nicht an Josua gerichtet ist.229 Offenbar sollte in v.13 besonders betont werden, dass die folgende Erzählung der Weisung YHWHs durchaus folgt.230 Auf diese Weise ist dann gewährleistet, dass die Landgabe an Kaleb und Otniel göttlichem Willen entspricht, auch wenn hier Teile aus dem Stammesgebiet Juda neu zugeteilt werden. Hinzu kommt inhaltlich, dass nirgendwo zuvor behauptet wird, dass Josua Land an Kaleb verteilen soll. Dies kann höchstens indirekt aus Jos 13,1.7 erschlossen werden.231 Möglicherweise wird hier sogar das Wort der Tora insgesamt bereits als Gotteswort interpretiert.232 Dann ist es auch unerheblich, ob YHWH oder Mose als Sprecher eintritt. Auffälligerweise wird nur in v.13 die Formel ʾæl pî mit einem Empfänger des Gotteswortes verbunden.233 Da Hebron bereits am Satzanfang an Kaleb 226

Jos 14,4: Kein Landanteil der Leviten; 15,13: Landanteil für Kaleb. Ex 29,45; Lev 22,32; 24,10; 25,33; Num 1,49; 2,33; 9,7; 18,20.24; 26,62; 35,34; Dtn 32,51; 1Kön 6,13; Ez 43,7; 44,9. 228 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 209. 229 Vgl. zum Problem WOUDSTRA 1981, 240. 230 Vgl. HERTZBERG 1985, 98; BUTLER 2014b, 135. 231 Vgl. DE VOS 2003, 296. 232 Vgl. KNAUF 2008, 143. 233 Zu dieser seltsamen Konstruktion vgl. auch AULD 1980, 70 Anm. 70, zumal ansonsten Mose der Rezipient eines Gotteswortes ist. 227

254

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

vergeben wird (leKāleb), kann lîhôšuaʿ nicht als Dativobjekt zu NTN gezogen werden. Demnach kann die Präpositionalverbindung lîhôšuaʿ nicht mit dem Vorausgegangenen verbunden werden. Die anderen beiden Belege in Jos 17,4 und 21,3 stehen absolut, wobei es offenbar von untergeordnetem Interesse ist, an wen das Gotteswort gerichtet ist. Gelegentlich wird vermutet, dass die Formel ʾæl pî zum wesentlich häufigeren Idiom ʿal pî geändert werden müsste, zumal in späterer Zeit die Präpositionen ʾæl und ʿal des Öfteren miteinander vertauscht worden seien.234 Da aber ʾæl pî auch an anderen Stellen des Josuabuches steht, kann man nicht von einem einmaligen Versehen bei der Wahl der Präposition ausgehen. Darüber hinaus wird das Lexem ʾarbaʿ in v.13 ähnlich wie in Jos 14,15 als Eigenname interpretiert, sodass beide Verse mitunter auf einer redaktionellen Ebene liegen könnten. Außerdem wird ʾarbaʿ wie in Jos 21,11 als ʾabî hāʿanāq bzw. hāʿanôq „Vater Enaks bzw. Enoks“ bezeichnet.235 In v.13 ergibt sich zudem eine Spannung zu Jos 14,15, wo Arba nicht Vater Enaks, sondern der größte bzw. bedeutendste der Anakiter ist. Darüber hinaus wäre es auch möglich, dass sich der Ausdruck ʾabî hāʿanāq als Apposition auf das Toponym Kirjat-Arba bezieht. In diesem Fall wäre die Stadt Kirjat-Arba der Vater einer Person oder einer anderen Stadt. Gerade die chronistische Tradition belegt zahlreiche vergleichbare Fälle mit dem nomen regens ʾabî.236 Dementsprechend hätte man hier ein spätes Idiom, wenn diese Ausdrucksweise tatsächlich erst in der Zeit der Chronik aufgekommen wäre. Die Bezeichnungen benê hāʿanāq237 und yelîdê hāʿanāq238 sind, wie schon die drei Anakiter Ahiman, Scheschai und Talmai, auch in der Kundschaftererzählung Num 13 belegt,239 sodass hier eine deutliche Verbindung und Angleichung naheliegt. Mittels dieses Rückbezugs wird zudem unterstrichen, dass mittlerweile die gefährlichen Anakiter ausgeschaltet worden sind, die zunächst die Israeliten vor einer Landnahme zurückschrecken ließen. Die ursprüngliche Gefahr ist folglich gebannt. Da die Apposition yelîdê hāʿanāq in der Parallele Ri 1,10 fehlt, scheint es sich um eine bewusste Harmonisierung mit Num 13,22 234

Vgl. zum Problem DE VOS 2003, 120. PERLITT 1990, 37 geht entweder von einer falschen Überlieferung oder von einer gelehrten Phantasie aus. 236 Vgl. DE VOS 2003, 120 Anm. 155. 237 Num 13,33, allerdings indeterminiert als benê ʿanāq. 238 Num 13,22.28. 239 FRITZ 1994, 161 vermutet, dass es sich hier um die Übernahme einer Lokalüberlieferung handele, die von der Vertreibung dieser drei Lokalpotentaten erzählt habe. Die Trias Ahiman, Scheschai und Talmai findet sich zudem nur in Num 13,22; Jos 15,14; Ri 1,10. Zu diesen Namen vgl. HESS 1996b, 210–213, der Scheschai und Talmai als hurritisch und Ahiman als nordwestsemitisch deutet. Ähnlich SEEBASS 2003, 108; GROSS 2009, 128. LIPIŃSKI 1974, 45 vermutet, dass es sich insgesamt um hurritische Eigennamen handelt. MACLAURIN 1965, 469 Anm. 4 verbindet demgegenüber Scheschai mit den Wašaša, Talmai mit Telemachus und Ahiman mit den Achäern. 235

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

255

zu handeln, die nur hier und in Ri 1,10–LXX eingetragen wurde, während dieser Ausdruck in Jos 15,14–LXX und Ri 1,10–MT fehlt. Vielleicht beziehen sich die drei Anakiternamen auf einzelne fremdländische Familien, die in Hebron und Umgebung gesiedelt haben.240 Bei diesen drei Anakitern muss es sich folglich nicht um Individuen handeln. Es könnten auch in Hebron einstmals ansässige Familiengeschlechter im Blick sein.241 Auf alle Fälle ist 14a identisch mit Ri 1,20 und ergänzt noch das Subjekt Kaleb, während 14b die Aufzählung der legendären drei Anakiter in derselben Reihenfolge wie Ri 1,10 belegt und zusätzlich noch die Bezeichnung yelîdê hāʿanāq ergänzt,242 die in der Kundschaftererzählung in Num 13,22 vorgegeben war. Es hat zudem den Anschein, dass in v.13–14 gerade Ri 1,20 aufgegriffen und ausführlicher dargestellt wird: Gabe Hebrons an Kaleb auf Weisung des Mose und Vertreibung der Anakiter durch Kaleb. Die übrigen Details sind wohl aus Num 13,22.28 entlehnt.243 Aus alledem folgt: Der erste Teil der Kaleb-Achsa-Erzählung in v.13–14 nimmt inhaltlich in v.13 weitgehend die Kaleberzählung in Jos 14,14–15 auf und ergänzt in v.14 die Vertreibung der drei Anakiter Scheschai, Achiman und Talmai, was in Ri 1,10.20 ebenfalls wortgleich belegt ist. Offenbar wurde die Kaleb-Achsa-Erzählung durch v.13–14 einerseits an Jos 14,6–15 angebunden und andererseits mit Ri 1,10.20 verknüpft.244 Fraglich ist allerdings, ob v.13– 14 bereits Ri 1,10.20 gekannt und daraus geschöpft haben, oder ob die Rahmung von Ri 1,11–15 aus dem Josuabuch als Vorlage genommen wurde. Der auf die Einleitung folgende Abschnitt Jos 15,15–19, der die Otniel- und Achsa-Tradition miteinander verbindet, ist weitgehend identisch mit Ri 1,11– 15. Meist wird angenommen, dass die Version in Ri 1 von derjenigen in Jos 15 abhängig ist.245 Für eine Abhängigkeit der Richter-Version von Jos 15 spricht 240

Vgl. zum Problem WOUDSTRA 1981, 240. Vgl. WEBB 2012, 102. 242 Nach PERLITT 1990, 38 ist yelîdê hāʿanāq eine Korrektur gemäß Num 13,22.28. DE VOS 2003, 121 vermutet, dass yelîd nicht nur eine biologische, sondern auch eine soziologische Bezeichnung im Sinne von Kriegertruppe sein könnte. Ähnlich schon NAʾAMAN 1994, 264, der hier von professionellen Elitekämpfern ausgeht. 243 Vgl. NELSON 1997, 188. 244 Vgl. NOTH 1971b, 90; CORTESE 1990, 89. Nach BECKER 1990, 41 wurde hingegen in umgekehrter Weise der vorangestellte Vers in Ri 1,10 aus v.13–14 gebildet. 245 Vgl. PACE 1976, 124f.; ZWICKEL 1993, 483; NAʾAMAN 1994, 263; JERICKE 1997, 320; JOST 1997, 110 Anm. 2; OTTO 2000, 85 Anm. 316; DE VOS 2003, 298; FRITZ 2004, 379; NELSON 2007, 14; BUTLER 2009, 23; GROSS 2009, 109–111, der in Ri 1,10–15 von einer projudäischen Bearbeitung von Jos 15,13–19 ausgeht; WRIGHT 2014, 188. ROFÉ 2000b, 195 hält Ri 1,10–15 für eine Übernahme der Kalebtradition, die mit dem Stamm Juda verbunden worden sei. Schon nach BUDDE 1887, 97 kann Jos 15,13–19 nicht aus Ri 1 abgeleitet werden. Anders hingegen IBAÑEZ ARANA 1981, 91, dem zufolge Jos 15,13–20 aus Ri 1,10–15 stamme. Ähnlich schon SMEND 1912, 326 Anm. 1; RUDOLPH 1938, 222; MILLER/TUCKER 1974, 117. 241

256

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

die Übernahme der Achsa-Erzählung in Ri 1,14–15, die im Richter-Kontext stört, aber in der Kaleberzählung des Josuabuches bestens verortet ist. Auch der abrupte Wechsel des Subjekts von Juda zu Kaleb in Ri 1,12 verdankt sich vermutlich der Übernahme aus der Josua-Tradition, zumal im projudäisch gefärbten Kontext in Ri 1 alles irgendwie mit Juda verbunden werden musste.246 Außerdem wird zum einen durch die Übernahme von v.15–19 in Ri 1 die chronologische Anordnung abgeändert. Denn die Eroberung von Hebron und Debir gehört eigentlich in den Bereich der Landnahme bzw. Landverteilung. Zum anderen wird über Otniel die Gründungszeit der Landnahme unter Josua und Kaleb mit der Regentenzeit verbunden,247 wobei Otniel in der Folgezeit als erster Regent auftritt. Schon allein die Beobachtung, dass ein und dieselbe Erzählung in zwei Büchern fast wortgleich belegt ist, legt nahe, dass die beiden Bücher Josua und Richter zu dem Zeitpunkt noch nicht miteinander verbunden waren, als die Otniel-Achsa-Tradition eingetragen wurde.248 Denn es ist kaum wahrscheinlich, dass eine fast identische Erzählung in einem Erzählverlauf zweimal und zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingefügt wurde. Dies schließt freilich nicht aus, dass die Redaktoren des Richterbuches diese Erzählung im Josua-Kontext vorgefunden und in ihre Erzählung eingebaut haben. Folgende kleinere Unterschiede zwischen beiden Erzähltraditionen sind festzustellen, wobei die Version im Richterbuch noch zusätzliche Informationen ergänzt,249 was ebenfalls den abhängigen Charakter des Abschnitts in Ri 1 von Jos 15 belegt: 1)

In Jos 15,15 steht eine wayyiqtol-Form von ʿLY + ʾæl, während in Ri 1,11 HLK + ʾæl verwendet wird. Die abweichende Form in Ri 1,11 mit dem Verb HLK könnte eine Angleichung an Ri 1,10 sein, wo ebenfalls das Idiom HLK + ʾæl verwendet wird.250 Hinzu kommt, dass in Ri 1,11–LXX die Verbalform in den Plural wechselt, sodass in der Paralleltradition nicht mehr Kaleb, sondern die „Söhne Juda“ im Blick sind.251 Dies ist auch die markanteste Änderung in Richter-LXX. Nun sind es nicht mehr Einzelpersonen wie Kaleb und Otniel, die für die Eroberung von Hebron und

246

Vgl. auch PACE 1976, 125f. Vgl. GROSS 2009, 126. 248 Vgl. RÖSEL 2011, 241. 249 Zu den Unterschieden vgl. auch JOST 1997, 110 Anm. 2; SZPEK 2002, 246 Anm. 4; HALLO 2005, 330; SASSON 2014, 144f. Nach AULD 1975, 270 entsprechen sich zudem Ri 1,11–15 und Jos 15,15–19–LXX. 250 Vgl. hierzu auch GROSS 2009, 220. 251 Vgl. AULD 1975, 270f. Nach LXXB ist hier ἀνέβησαν zu lesen, vgl. BUTLER 2009, 6, was wohl auf eine Wurzel ʿLY zurückgeht. Nach NIDITCH 2008, 33 wird hier bewusst das Lexem gewechselt, um einen traditionellen Ausdruck für einen Kriegszug zu verwenden. 247

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

257

Debir verantwortlich sind, sondern der Stamm Juda.252 Der vorgeschaltete Subjektwechsel dient der Einbindung dieser Tradition in die Übersicht der Erfolge Judas bei der Landnahme, wird aber im weiteren Erzählverlauf nicht mehr benötigt. Wäre die Richter-Version ursprünglicher, hätte man nur ein handelndes Subjekt verwendet. Auffälligerweise verwendet LXX in Jos 15,15 und Ri 1,11 eine Form des Verbs ἀναβαίνω, was darauf hindeutet, dass hier ʿLY + ʾæl übertragen wurde und die Änderung zu HLK + ʾæl erst sekundär erfolgt ist. In Jos 15,15 wird der Ortsname Debir zweimal defektiv geschrieben, während Ri 1,11 die Langform belegt. Dies könnte eine nachträgliche Verbesserung der Josua-Version sein, da durch die Pleneschreibung die Lesart als Toponym Debir zwingend ist. Interessanterweise wird im Folgenden von Debir zum Alternativnamen Kirjat-Sefer gewechselt, der offenbar in der verwendeten Tradition vorlag.253 In Ri 1,13 wird noch der erklärende Zusatz haqqāṭon mimmænnû „jünger als er“ hinter den Personennamen Kaleb gesetzt.254 Dies impliziert, dass Otniel offenbar der jüngere Bruder Kalebs ist. Allerdings wird dies auch schon im Erzählverlauf von Jos 14–15 vorausgesetzt, da Kaleb als alter Krieger gezeichnet wird, während Otniel anscheinend noch im jungen heiratsfähigen Alter beschrieben wird.255 Im Kontext des Richterbuchs ist aber das junge Alter Otniels schon vor dem Hintergrund gefordert, dass Otniel als erster Regent eintritt und nach Ri 3,11 40 Jahre lang über Israel herrscht. Der Zusatz haqqāṭon mimmænnû wird zudem in Ri 3,9 ebenfalls gesetzt.256 Auch das ist ein Indiz dafür, dass der Redaktor des Richterbuches bei der Übernahme von Jos 15 diese Altersqualifizierung in seine Version unbedingt eintragen wollte. Eine nachträgliche Streichung dieser Apposition, die die Familienverhältnisse klärt,257 lässt sich hingegen nicht begründen.

2)

3)

252

Vgl. hierzu auch BECKER 1990, 40; FRITZ 2004, 379. Nach FRITZ 2004, 378 Anm. 1 ist „Juda“ in Ri 1,10 zudem lectio difficilior und sollte daher nicht geändert werden. Ähnlich auch BUTLER 2009, 5, zumal das Stämmemotiv für die Erklärung von Ri 1 zentral ist. 253 MATTHEWS 2016, 128 vermutet, dass der archaische Name schon deshalb genommen wurde, um diesen Ort von anderen gleichnamigen Ortschaften zu differenzieren, die in Jos 13,26 und 15,7 genannt werden. 254 Auch Vulgata (frater Chaleb iunior) scheint in v.17 eine Angleichung an Ri 1,13 zu vollziehen, wo allerdings frater Chaleb minor steht. 255 Vgl. RÖSEL 2011, 243. Nach PACE 1976, 126 sei in Ri 1 Otniel der wirkliche Bruder Kalebs und stamme nicht nur von derselben Sippe. Vgl. zum Problem auch WRIGHT 2014, 170–172. 256 Vgl. AULD 1975, 271; BECKER 1990, 40. 257 Dies muss freilich nicht notwendigerweise der Fall sein, da man das enklitische Personalpronomen bei haqqāṭon mimmænnû auch auf Kenas beziehen kann. Dann wäre Kenas der jüngere Bruder Kalebs, was das Alter Otniels noch weiter von Kaleb entfernen würde.

258 4)

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Im Unterschied zu Jos 15,18 wird das gewünschte Feld in Ri 1,14 mit Artikel haśśādæh determiniert, ohne dass es zuvor schon eingeführt worden ist.258 Mitunter könnte diese Determination auf das zuvor in der vorliegenden Parallelstelle Jos 15,18 bereits genannte und daher bekannte „Feld“ verweisen. Außerdem könnte der Redaktor mit der Determination eine gewisse deiktische Wirkung verbunden und damit die Aussage von Jos 15,18 verstärkt haben. Dementsprechend könnte der Artikel andeuten, dass es sich um ein ganz bestimmtes Landstück handelt, das von Achsa gefordert wird.259 Darüber hinaus könnte der Artikel eine bislang noch unbekannte Größe meinen, die aber unter den gegebenen Umständen als bereits vorhanden in Betracht gezogen werden könnte.260 Vielleicht ist der Artikel aufgrund von Dittographie in den Text geraten.261 Dann könnte man diese Differenz textkritisch erklären. In Ri 1,15 wird auf den Angesprochenen durch die Präpositionalverbindung lô hingewiesen, worauf Jos 15,19 hinter wattoʾmær verzichtet, vermutlich weil die Redeverhältnisse ohnehin keine Schwierigkeiten bereiten. Durch die zusätzliche Ergänzung von lô wird zumindest der übernommene kürzere Text von Jos 15,19 leicht verbessert. In Ri 1,15 wird ein Imperativ der Wurzel YHB verwendet (hābāh lî), während in Jos 15,19 das geläufigere hebräische Verb NTN belegt ist (tenāh lî). Möglicherweise versucht der Aramaismus von Ri 1,15 die ansonsten im Josuabuch gebräuchliche Idiomatik für die Landgabe zu vermeiden. Es könnte sich aber auch um eine Varianz handeln, die für mündliche Weitergabe charakteristisch ist.262 Eine wirkliche Bedeutungsdifferenz ist jedenfalls kaum wahrnehmbar. Im letzten Satz von Ri 1,15 wird zudem das Subjekt Kaleb im Gegensatz zu Jos 15,19 eingetragen. Auf diese Weise wird verdeutlicht, dass Kaleb für die Gabe der beiden Wasserstellen verantwortlich ist. Eine nachträgliche Streichung dieser wertvollen Information in Jos 15,19 lässt sich hingegen nicht begründen. Demgegenüber sind mithilfe dieser Ergänzung die Abhängigkeitsverhältnisse klar herausgestellt worden. Manchmal wird zudem in Ri 1,15 aufgrund der Lesart der LXX noch zusätzlich kelibbāh

5)

6)

7)

258

LXX sieht vermutlich diese Schwierigkeit und verzichtet auf den Artikel, vgl. hierzu auch NIDITCH 2008, 33. Eine Angleichung an Jos 15,18 liegt wohl nicht vor, da sich Ri 1,14– LXX sprachlich von Jos 15,18–LXX unterscheidet. 259 Vgl. JERICKE 1997, 319 Anm. 277. 260 Vgl. GROSS 2009, 102. Der Artikel soll zumindest das „Feld“ sicherlich nicht mit Debir verbinden, so aber KNOBEL 1861, 420. 261 Vgl. GROSS 2009, 102; WEBB 2012, 101 Anm. 22. Nach BUTLER 2009, 6 fordere Achsa ein bestimmtes Stück Land. Der Redaktor habe hier vielleicht eine ironische Note eingetragen. 262 Vgl. BOLING 1982, 375.

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

259

„nach ihrem Herzen“ ergänzt (κατὰ τὴν καρδίαν αὐτῆς),263 was ein Wortspiel mit dem Eigennamen Kaleb darstellt. Ob jedoch kelibbāh jemals in einer hebräischen Vorform von Ri 1,15 oder Jos 15,19 stand, ist fraglich. Die näheren Qualifizierungen für die Quellen werden in Ri 1,15 als ʿillît und taḥtît anstelle von ʿilliyyôt und taḥtiyyôt in Jos 15,19 angegeben. Während Jos 15,19 die korrekte Syntax belegt (gullot und attributives Adjektiv im Plural), schwankt Ri 1,15 zwischen Bezugswort im Plural und Attribut im Singular (gullot im Plural und attributives Adjektiv im Singular). Vielleicht hat Ri 1,15–MT gullot entweder als Kollektivnomen verstanden oder als Eigennamen wiedergegeben.264 Außerdem könnten die beiden Lexeme ʿillît und taḥtît als Adverbialbestimmungen gedeutet werden, die adverbial eine Ortsbestimmung im Sinne von „oben“ und „unten“ in den Blick nehmen.265 Möglicherweise wollte der Redaktor auch die Vielzahl der Quellen, die in Jos 15,19 offenbar behauptet wird, wiederum eingrenzen, weshalb in Ri 1,15 Singularformen verwendet worden sind.

8)

Auffälligerweise belegt Jos 15,15–19-LXX einige Zusätze, die eher mit der Version im Richterbuch zusammenhängen: der Zusatz haqqāṭon mimmænnû in v.17, die Verdeutlichung lô in v.19, die Nennung des Subjekts Kaleb in v.19 sowie die Singularform der Quellen, die als Toponym wiedergegeben werden. Vielleicht hat LXX den Josuatext an die Parallele von Ri 1,11–15 angeglichen.266 Dementsprechend ist es nicht nötig, dass LXX einen anderen hebräischen Text übersetzt hat. Der sprachliche Befund der Otniel-Achsa-Erzählung in Jos 15,15–19 ist aufschlussreich. Die Formel šem + X lefānîm + Y ist interessanterweise nur im Josua- und Richterbuch belegt, um in gelehrter Weise die früheren Namen von Hebron, Debir und Bet-El ebenfalls anzugeben.267 In v.15 ist diese Angabe schon vor dem Hintergrund notwendig, dass die weitere Tradition nur den alten Namen Kirjat-Sefer kennt. Die Trias NKY, LKD und NTN, die in der Rede Kalebs in v.16 verwendet wird, ist auch ansonsten bei der Landeroberung vertreten. Möglicherweise deutet die Verwendung der beiden Verben LKD und NKY in Verbindung mit YRŠH in v.14 dtr. Vokabular an.268 In den meisten Fällen geht jedoch die Landgabe von YHWH aus,269 während hier Kaleb seine eigene Tochter Achsa als Beloh-

263

Vgl. HALLO 2005, 333; NIDITCH 2008, 34; GROSS 2009, 134f. Vgl. BUTLER 2009, 6. 265 Vgl. JERICKE 1997, 319 Anm. 277. 266 Vgl. hierzu BECKER 1990, 40f. 267 Jos 14,15; 15,15; Ri 1,10.11.23. Vgl. zu diesem Idiom auch AULD 1975, 271; DE VOS 2003, 295. 268 Vgl. CORTESE 1990, 89. 269 Vgl. hierzu ebenfalls HAWK 2000, 200f. Anm. 44. 264

260

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

nung für die Eroberung von Debir verspricht, was für alle Beteiligten ein Gewinn ist. Auf diese Weise erhält auf der einen Seite seine Tochter einen überaus fähigen Krieger, der ihr Sicherheit bieten kann.270 Auf der anderen Seite wird der Eroberer von Debir in die Großfamilie Kalebs aufgenommen,271 sodass der zusätzlich gewonnene Besitz in der Familie bleibt. Durch die Wortwahl (NKY, LKD und NTN) wird Kaleb darüber hinaus in eine besondere Beziehung zu YHWH gesetzt, zumal die Landgabe ansonsten mit YHWH verbunden wird. Die letzten beiden Verben werden schließlich in v.17 wiederum aufgegriffen. Auffälligerweise wird in den Landeroberungstexten die umgekehrte Reihenfolge der Verben LKD und NKY verwendet, was eigentlich die reguläre Abfolge der kriegerische Ereignisse ist: Zuerst wird die betroffene Stadt eingenommen und im Anschluss daran werden die dortigen Einwohner erschlagen.272 Die Erzähleröffnung wayehî bebôʾāh „Und es geschah bei ihrem Herbeikommen“ markiert in v.18 einen klaren Neuanfang, mit dem die eigentliche AchsaErzählung beginnt. Die Bitte Achsahs um zusätzlichen Besitz erinnert formal an Rebekkas Treffen mit Isaak (Gen 24,61–67), wo sich die Protagonistin ebenfalls auf einem Reittier nähert, absteigt, eine Bitte vorträgt, der schließlich entsprochen wird.273 Ob hier an die Ankunft Achsas zur Hochzeit mit Otniel oder an einen Wohnortwechsel Achsas nach Debir gedacht ist,274 lässt der Text bezeichnenderweise offen, zumal derartige Informationen für den weiteren Erzählverlauf von untergeordnetem Interesse sind. Darüber hinaus gibt es keinen ersichtlichen Grund, weshalb man das enklitische Personalpronomen bei bebôʾāh als direktional deuten und eine sexuelle Konnotation eintragen müsste.275 Ebenso fraglich ist, ob man das enklitische Personalpronomen als Präpositionalobjekt deuten darf („als er zu ihr kam“), wodurch Otniel zum Subjekt 270

EDERER 2017, 231 behauptet gar, dass Otniel hinsichtlich seiner Beziehung zu YHWH mit Kaleb vergleichbar wäre, wovon der Text aber nicht spricht, da es hier bestenfalls um die militärische Kraft Otniels geht, nicht aber um sein Gottesverhältnis. 271 Vgl. PITKÄNEN 2010, 289. Nach SZPEK 2002, 247 ist die Eroberung Debirs der für Achsa fällige Brautpreis. Von Otniel wird demnach die ansonsten geforderte Geldleistung durch eine kriegerische Leistung ersetzt. Vgl. auch PLAUTZ 1964, 303f. Kritisch hierzu aber GROSS 2009, 134, der darauf hinweist, dass das eroberte Debir weder Kaleb noch Achsa überantwortet wird und folglich kein eigentlicher Brautpreis sein kann. 272 Jos 8,21; 10,28.32.35.37.39; 11,10.12.17; 19,47; Ri 1,8. 273 Vgl. zu diesen Parallelen HESS 1996a, 271f. NELSON 2007, 17f. verweist noch auf die Parallele zu 1Sam 25 (Abigail und David). Nach GROSS 2009, 133 ist der in Jos 15 geschilderte Vorgang ein Zeichen der Ehrerbietung. Dementsprechend wäre auch in der AchsaErzählung ein höfliches Verhalten angedeutet. Ähnlich KNOBEL 1861, 421; KLEIN 1999, 24f. Anders aber DILLMANN 1886, 524, der nicht von einem demütigen Beweis ihrer Ehrfurcht ausgeht. 274 So EDERER 2017, 230. Nach STEUERNAGEL 1900, 210 kam sie in das Haus ihres Gatten. 275 So aber KLEIN 1999, 24. Vgl. hierzu die kritischen Bemerkungen von BUTLER 2009, 6.

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

261

gemacht werde.276 Ein derartiger Subjektwechsel ist zuvor und auch danach nicht angedeutet, zumal Achsa im Folgenden die Initiative ergreift. Das Verb SūT „überzeugen, bedrängen, verführen“ ist meist negativ konnotiert.277 Hinzu kommen Probleme im Erzählverlauf. Während nämlich Achsa ihren Mann Otniel bedrängt, ein zusätzliches Landstück von Kaleb zu verlangen, ist im Folgenden nur von Achsa und Kaleb die Rede. Dementsprechend führt dieser Handlungsstrang gänzlich ins Leere, zumal das angezielte śādæh ebenfalls keine Rolle mehr spielt.278 Außerdem ist unklar, worin die Unangemessenheit dieser Verführung liegt: entweder im überzogenen Wunsch, den Otniel äußern solle, oder im Umstand, dass Otniel und nicht Achsa diese Bitte vorbringen solle.279 Nur in späten Texten wird in Verbindung mit dem Verb SūT ein Infinitivsatz gesetzt,280 was darauf hindeuten könnte, dass hier ursprünglich nur ein direktes Objekt in der Form eines enklitischen Personalpronomens stand. Falls man folglich den Infinitivsatz streicht, dann könnte sich das enklitische Personalpronomen hinter SūT auch auf Kaleb beziehen,281 den Achsa bezirzen möchte, um noch zusätzliche Dinge herauszuhandeln. Das Idiom ŠʾL-G meʾet „von jmd. verlangen, fordern“ ist zudem verhältnismäßig selten belegt. In den hierzu vergleichbaren Stellen ist es in der Regel eine wichtige Bitte, die man nicht abschlagen sollte.282 Eine spezifische idiomatische Prägung ist kaum zu erkennen. Fraglich ist, weshalb Achsa von ihrem Vater lediglich ein Feldstück erbittet. Bei śādæh ist im Gegensatz zum Trockenland wahrscheinlich ein anbaufähiges Landstück im Blick.283 Möglicherweise ist mit dem Begriff śādæh nicht nur eine agrarisch zu nutzende Parzelle gemeint, sondern ein ländliches Dorf – ähnlich wie ʿārê haśśādæh in 1Sam 27,5. Darüber hinaus könnte es sich aber auch um eine allgemeine Bezeichnung für ein bestimmtes Grundstück handeln.

276

Vgl. zum Problem GROSS 2009, 132. Vgl. SOGGIN 1982, 166; SZPEK 2002, 248; FLEISHMAN 2006, 369f. Nach JOST 1997, 114 sei SūT aufgrund der beobachtbaren politischen Dimension mit „überreden“ zu übersetzen. 278 Anders hingegen HUBBARD 2009, 407; MATTHEWS 2016, 128, denen zufolge Otniel von Kaleb ein Feld erhält, was aber so im Text nicht steht. 279 Vgl. GROSS 2009, 132. 280 Mit direktem Objekt: Dtn 13,7, 1Kön 21,25; 2Kön 18,32; 2Chr 32,15; Ij 36,18; Jes 36,18; Jer 38,22; mit direktem Objekt + b=: 1Sam 26,19; 2Sam 24,1; Jer 43,3; mit direktem Objekt + min: 2Chr 18,31; Ij 36,16; mit Infinitivsatz: Jos 15,18; Ri 1,14; 1Chr 21,1; 2Chr 18,2; 32,11; Ij 2,3 (zusätzlich mit b=). 281 Vgl. OTTO 2000, 84 Anm. 312. 282 Ex 11,2; Jos 15,18; Ri 1,14; 2Sam 3,13; 1Kön 2,16.20; 2Kön 4,13.28; Ps 27,4; Spr 30,7. 283 Vgl. DILLMANN 1886, 524. Nach HOLZINGER 1901, 62 meint śādæh „bewässertes, anbaufähiges Land“. 277

262

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Dann wäre die zusätzliche Gabe von Wasserbecken durchaus der Bitte angemessen.284 Da sich Achsa an ihren Vater Kaleb direkt wendet, soll offenbar der zusätzliche Landbesitz nicht aus der Umgebung von Debir, sondern aus dem Sippeneigentum Kalebs und damit aus der Region um Hebron herausgeschnitten werden.285 Geographisch gehören die Wasserstellen offenbar zu Hebron, sie werden aber dem Umland von Debir zugewiesen, was wohl durch diese ätiologische Erzählung begründet werden soll.286 Das Verb ṢNḤ ist ebenfalls nur selten belegt.287 Trotz vielfacher Anstrengungen ist eine allseits befriedigende Bedeutung dieses Verbs bislang noch nicht gefunden worden. Meist wird angenommen, dass mit ṢNḤ das Absteigen Achsas vom Esel dargestellt werden soll.288 Auch die Versionen scheinen eine Übertragung mit „sich neigen, sich beugen“ nahezulegen.289 An ein Bewegungsverb lässt auch die Verbindung mit der Präposition meʿal denken, wobei der Esel der Ausgangspunkt der Bewegung von oben nach unten wäre. Allerdings wäre dann die Reaktion Kalebs auffällig, wenn Achsa lediglich vom Esel hinabgleitet.290 Dementsprechend wird vermutet, dass das Verb ṢNḤ noch die Konnotation von Missfallen tragen könnte. Darüber hinaus wird bisweilen mit diesem Verb wie im Fall von Jael in Ri 4,21 eine gewisse Gewalttätigkeit verbunden. Immer wieder wird die schwierige Bedeutung von ṢNḤ mithilfe von semitischen Kognaten ermittelt: 1)

Gelegentlich wird bei ṢNḤ an die Bedeutung „spucken“ gedacht, die sich auf das akkadische Kognat ṣanāḫu stützen könnte, zumal das Spucken zum einen eine Bewegung vom Esel herab – und zwar von oben nach unten – andeutet, zum anderen aber auch Verachtung ausdrückt. Außerdem

284

Vgl. zum Problem ZIESE 2008, 285 Anm. 39. Vgl. HAWK 2000, 201. 286 Vgl. hierzu auch NOTH 1971b, 90; HERTZBERG 1985, 98; NELSON 1997, 188. NOTH 1971c, 205 vermutet zudem, dass aufgrund der Achsa-Erzählung die Stadt Debir in der Nähe von Hebron liegen müsse. 287 Jos 15,18; Ri 1,14; 4,21. Zum Problem der Bedeutung von ṢNḤ vgl. GOSHEN-GOTTSTEIN 1956, 99f.; GIBSON 1976, 276–282; NICHOLSON 1977, 259–263; FEWELL 1995, 129f.; NIDITCH 2008, 33; MCKINLAY 2009, 9 Anm. 8; STONE 2009, 415f. 288 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 210; GIBSON 1976, 282f.; NICHOLSON 1977, 263–265; FEWELL 1995, 129f.; HESS 1996a, 271; RÖSEL 2011, 244; GROSS 2009, 103; WEBB 2012, 101 Anm. 23. 289 Vgl. NOTH 1971b, 86, der auf Peschitta und Targum verweist. Nach NIDITCH 2008, 33 könnten die Lesarten einiger Versionen zu Ri 1,14 eine andere Wurzel ṢRḤ oder ṢWḤ nahelegen. 290 GROSS 2009, 133 deutet das Absteigen als höfliches Verhalten auf Seiten Achsas mit dem Ziel, dass ihre Bitte von ihrem Vater gestattet wird. Ähnlich MATTHEWS 2016, 128. 285

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

2)

3)

263

passt diese Bedeutung zusätzlich zum Gegensatz „trocken-nass“, der in der Achsa-Erzählung in v.18–19 wieder eingespielt wird.291 Manchmal wird überlegt, ob man ṢNḤ eventuell mit ṢNʿ „demütig sein“ zusammenstellen darf.292 Dann würde auf ein ehrfurchtsvolles Hinabgleiten angespielt sein. Wie eine solch höfliche Bewegung allerdings aussehen soll, ist fraglich. Des Öfteren wird vermutet, dass das Verb ṢNḤ mit dem arabischem Lexem ṣaḥana zu verbinden und mit „(Hände)klatschen“ zu übersetzen sei,293 vielleicht um die Aufmerksamkeit von Kaleb zu erhalten. Wie sich diese Bedeutung aber mit Ri 4,21 verbinden lassen könnte, ist bislang ungeklärt.

Alles in allem lässt sich keine allseits überzeugende Lösung für dieses Lexem entwickeln. Die Deutung als Verb, das eine Bewegung von oben nach unten ausdrückt, ist zumindest am wahrscheinlichsten, sodass man ṢNḤ entweder mit „hinabgleiten“ oder mit „hinabspucken“ übersetzen könnte. Die Frage Kalebs mah lāk „was (ist) dir?“ kann entweder neutral oder vorwurfsvoll gemeint sein, im Sinne von „Was ist dein Problem?“,294 je nachdem welcher Inhalt auf der Beziehungsebene von Kaleb und Achsa mitschwingt. Vermutlich ist damit keine Frage nach einem Wunsch impliziert („Was wünscht du?“). Vielmehr soll geklärt werden, was Achsa zugestoßen sei.295 Da die Erzählung die Vater-Tochter-Beziehung nicht weiter thematisiert bzw. problematisiert, kann diese Frage nicht mehr adäquat qualifiziert werden. Jede Deutung trägt das Odium des Spekulativen in sich.296 Das Wort berākāh in v.19 wird in der Regel entweder mit „Segen“ oder mit „Geschenk“ wiedergegeben.297 Dem Segenswunsch ist zudem das Schenken als Begleithandlung zugeordnet.298 Vielleicht ist mit diesem Lexem auch explizit ein Hochzeitsgeschenk gemeint.299 Darüber hinaus verbindet dieses Wort die Bitte Achsas mit der Erzählung über Kaleb, der ebenfalls in Jos 14,13 einen Segen von Josua erhalten hat. Möglicherweise wird bei berākāh an das homographe und fast homonyme Wort

291 Vgl. hierzu DE VOS 2003, 123f., dem zufolge auch Ri 4,21 mit dieser Bedeutung verbunden werden kann, falls hier Jael das Subjekt von wattiṣnaḥ wäre. 292 Vgl. KNOBEL 1861, 421. 293 Vgl. GRAY 1986, 137; JOST 1997, 113. Nach NELSON 1997, 188 Anm. 9 geht diese Bedeutung auf ein aramäisches Kognat zurück. 294 Vgl. ZIESE 2008, 285 Anm. 38; SASSON 2014, 148. 295 Vgl. DILLMANN 1886, 524. 296 Zu den unterschiedlichsten Deutungen vgl. SASSON 2014, 147f. 297 Vgl. zu diesem Wort DILLMANN 1886, 524; GRAY 1986, 137; SASSON 2014, 149. 298 Vgl. NOTH 1971b, 86. 299 Vgl. WOUDSTRA 1981, 241; BUTLER 2014b, 136.

264

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

berekāh „Teich“ gedacht,300 sodass hier ein Wortspiel mit einem ähnlich lautenden Lexem im Blick ist. Die erhaltenen Wasserstellen sind zudem im trockenen Negev ein wirklicher Segen.301 Anscheinend gibt Kaleb zusätzliche Wasserstellen zum „Negevland“, auf das sich die erste Bitte nach śādæh beziehen könnte.302 Manchmal wird auch vermutet, dass in der ursprünglichen Tradition ein weiteres Element gestanden haben könnte, das sich zunächst auf die Bitte nach śādæh bezog, aber in der vorliegenden Erzählung gestrichen worden sei.303 Fraglich ist, wie man das Lexem nægæb adäquat wiedergeben kann. Denn es könnte zum einen eine Richtungsangabe „Süden“, eine Ortsangabe „Negev“ oder eine Qualifizierung „Trockenheit“ ausdrücken. Der Kontext mit den Wasserstellen scheint zumindest vor allem die letzte Bedeutung nahezulegen.304 Dementsprechend wird meist vermutet, dass Kaleb seiner Tochter ein Trockenland als Mitgift vermacht hat, sodass die Forderung nach Wasserstellen durchaus gerechtfertigt wäre.305 Demgegenüber wäre aber auch eine Richtungsangabe denkbar, da es sich um den südlichen Teil des Umlandes von Hebron handeln könnte.306 Ausweislich der Verwendung des Artikels könnte zudem die Bedeutung „Südland“ naheliegen, zumal „Land der Trockenheit“ eigentlich keinen Artikel benötigen würde.307 Manchmal wird eine metaphorische Bedeutung stark gemacht. In diesem Sinne würde sich Achsa beschweren, dass sie wie ein Trockenland, d.h. ohne zusätzliche Mitgift, an Otniel weitergegeben worden wäre.308 Eine adäquate Übersetzung des schwierigen Satzes hängt freilich mit der Verbvalenz von NTN zusammen.309 Denn man benötigt für NTN entweder ein direktes und dativisches Objekt oder man müsste das enklitische Personalpronomen als direktes Objekt und ʾæræṣ hannægæb als lokales Circumstantial oder als affiziertes Objekt ansetzen.310 Je nachdem wie man sich hier syntaktisch entscheidet, gibt 300 Vgl. KNAUF 2008, 143. Zu einem möglichen Wortspiel vgl. auch SZPEK 2002, 249 Anm. 20; DE VOS 2003, 122; HALLO 2005, 333. 301 Vgl. SOGGIN 1982, 166. Nach EDERER 2017, 232 ist das überlassene Land eine Segensgabe YHWHs und dementsprechend nicht eine besitzrechtliche, sondern eine theologische Größe. 302 Vgl. HOWARD 1998, 338; RÖSEL 2011, 244. 303 Vgl. NELSON 1997, 188f. 304 Vgl. SOGGIN 1982, 166f.; EDERER 2017, 230. 305 Vgl. FLEISHMAN 2006, 371. Zur Mitgift vgl. auch PLAUTZ 1964, 315f. 306 Vgl. BOLING 1982, 375; HOWARD 1998, 338 Anm. 113; SZPEK 2002, 250f. 307 Vgl. DILLMANN 1886, 524. 308 Vgl. hierzu NELSON 1997, 184. 309 Vgl. zum Problem NELSON 1997, 184; NELSON 2007, 19. JOST 1997, 114f. behält die Ambiguität bei: entweder die direktive Deutung „in das Negevland hast du mich gegeben“ oder die Gabe von Negevland an Achsa. 310 Die letzte Deutung „als Negevland hast du mich weggegeben“, vgl. neuerdings auch SASSON 2014, 149, scheitert aber schon am Fehlen des Adressaten, vgl. GROSS 2009, 134,

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

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es die unterschiedlichsten Interpretationsmöglichkeiten. Trotz dieser Schwierigkeit ist das enklitische Personalpronomen vermutlich als indirektes Objekt zu deuten, sodass hier vermutlich die allgemeine Bedeutung von NTN „jemanden etwas geben“ vorliegt.311 Die Gabe von zwei Quellen in v.19 übersteigt darüber hinaus die eigentliche Bitte Achsas, die nur um eine Segensgabe gebeten hat.312 Die wiederholte Verwendung der Präposition l= könnte zudem andeuten, dass die Gabe der Wasserstellen als persönliche Mitgift ausschließlich an Achsa und nicht an ihren Bräutigam geht.313 2.3 Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Überlegungen In Jos 15,13–19 fehlen priesterliche Terminologie und Theologie, sodass es sich bei diesem Abschnitt vermutlich um einen Fremdkörper innerhalb von Jos 13–19 handelt.314 Allerdings wurden demgegenüber insgesamt nur wenige typisch dtr. Lexeme verwendet, die zudem leicht abgeändert wurden. Hinzu kommt, dass die Eroberung von Debir in dtr. Textbereichen unterschiedlich geschildert wird. Nach Jos 10–11 wurde diese Stadt nämlich nicht von Otniel, sondern von Josua erobert. Dementsprechend könnte es sich bei dem Kern von Jos 15,13–19 um eine vor-dtr. Erzählung handeln.315 Verschiedene literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe wurden bislang vorgelegt, die sich vor allem mit der Frage nach der Herkunft der verarbeiteten Tradition und der redaktionellen Einfügung des weitgehend einheitlichen Textabschnittes beschäftigt haben: 1)

Rudolph (1938):316 Der Abschnitt v.13–19 gehe auf einen Redaktor zurück, der v.15–19 aus Ri 1,11–15 entnommen habe. Mit v.13 habe er zudem die Spannung beseitigt, dass der Kenasiter Kaleb einen Anteil im Stammesgebiet von Juda bekommen habe. Denn Hebron bleibe immer noch judäisch, da der Anteil Kalebs „inmitten der Söhne Juda“ liege. Außerdem werde die Landvergabe an den Kenasiter Kaleb auf einen Befehl

während die direktive Deutung „in ein Negevland hast du mich gegeben“ nicht ausgeschlossen ist, vgl. hierzu KNOBEL 1861, 421; DILLMANN 1886, 524; STEUERNAGEL 1900, 210. 311 Vgl. GROSS 2009, 134. Kritisch hierzu aber DILLMANN 1886, 524, der hierfür eine Präpositionalverbindung lî erwarten würde. 312 Vgl. EDERER 2017, 230. 313 Demnach würden die zusätzlichen Gaben zwar von Otniel verwaltet werden, aber das Erbrecht haben ausschließlich die Kinder Achsas, vgl. FLEISHMAN 2006, 371f. Vgl. auch WESTBROOK 1991, 152–155, dem zufolge die Mitgift zunächst in den Besitz des Bräutigams falle, nach dessen Tod aber der Witwe zugutekomme. Nach BEN-BARAK 2006, 79f hatte Kaleb zunächst keine Söhne, sodass Achsa das Erbe erhielt, das aber danach durch ein Negevland ersetzt wurde. Allerdings gibt es für eine derartige Rekonstruktion keinen belastbaren Anhalt im Text. 314 Vgl. CORTESE 1990, 89. 315 Vgl. CORTESE 1990, 89. 316 Vgl. RUDOLPH 1938, 221f.280.

266

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

YHWHs zurückgeführt. Darüber hinaus sei v.14 aus Ri 1,20 und Ri 1,10 gebildet worden. Da zudem Otniel ein naher Verwandter Kalebs sei, bleibe auch die Stadt Debir im Stammesgebiet Kalebs und damit auch Judas. Allerdings ist die behauptete Abhängigkeit von der Parallele in Ri 1 – wie gesehen – relativ unwahrscheinlich. Auch die Formulierung „inmitten der Söhne Juda“ muss nicht dahingehend gedeutet werden, dass das Gebiet der Kalebiter immer noch zu Juda gehört, da ja ein „Anteil“ gegeben wird, was mit einer Separation verbunden werden kann. Noth (1971):317 Da die Schlussformel der Grenzbeschreibung erst in v.20 zu finden sei, scheine der Abschnitt v.13–19 erst sekundär in den judäischen Landverteilungstext eingefügt worden zu sein, der zunächst eine Grenzliste und nach dem Einschub eine umfangreiche Ortsliste biete. Bis auf die Glosse „die Nachkommen Enaks“ in v.14 sei diese Erzählung einheitlich. Allerdings wird bei diesem Entwurf die unterschiedliche Bitte um śādæh bzw. berākāh nicht berücksichtigt. Auch im Hinblick auf die Schwierigkeit in v.18 wird ohne textkritische Begründung das enklitische Personalpronomen hinter SūT einfach ersatzlos gestrichen, um einen einfacheren Text zu erhalten. Darüber hinaus wird die Beziehung zwischen dem Negevland und Debir nicht näher erklärt, zumal beide Größen nicht notwendigerweise miteinander identisch sein müssen. Beltz (1974):318 Während v.13 eine sekundäre Glosse sei, finde sich in v.14–19 der eigentliche Anschluss an Jos 14,6–13. Auch wenn dtr. Formeln und Argumente verwendet würden, seien diese beiden Texte kalebitisches Eigengut, das in seiner historischen Bedeutung durchaus nicht entwertet werden dürfe. Fraglich ist allerdings, wann Jos 14,14–15 gebildet wurde und weshalb die Spannungen im Anakiterbild zwischen Jos 14 und 15 erst redaktionell gebildet worden sein sollen. Auch die Abschlussformel in Jos 14,15b, die mit Jos 11,23b identisch ist, sollte redaktionsgeschichtlich erklärt werden, vor allem angesichts der Frage, weshalb die angeblich zusammengehörige Kalebtradition auseinandergerissen und dann sekundär an dieser Stelle die „Ruheformel“ eingetragen worden sein soll. Die internen Schwierigkeiten von v.14–19 werden ebenfalls nicht näher problematisiert. Auld (1980):319 Da v.13 nicht in der Paralleltradition Ri 1,11–15 stehe, gehe dieser Vers auf einen Redaktor zurück, der sich sprachlich mit Jos 21,1–3 verbinden lasse. Dieser Redaktor sei vielleicht für den Einschub der Kalebtradition in den judäischen Abschnitt der Landverteilung verantwortlich. Allerdings sei es auch möglich, dass die ursprüngliche

2)

3)

4)

317

Vgl. NOTH 1971b, 86.92. Vgl. BELTZ 1974, 36f. 319 Vgl. AULD 1980, 65. 318

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

267

Einleitung zu dieser Erzählung in einem letzten Schritt noch einmal überschrieben wurde. Außerdem werde die Kalebtradition des Josuabuches im Richterbuch aufgegriffen. Bei diesem Entwurf werden jedoch die diachrone Entstehungsgeschichte sowie die damit verbundenen Probleme weitgehend ausgeblendet. Boling (1982):320 Vielleicht gingen v.13–14 auf einen ersten dtr. Redaktor zurück, während die hierzu parallele Erzählung in Jos 14,6–15 von einem zweiten dtr. Redaktor stamme, der zudem Gentilizia anstelle der Fügung benê + X verwendet habe. Außerdem habe der zweite dtr. Redaktor v.15– 19 fast wörtlich in Ri 1,11–15 eingearbeitet. Ob allerdings die Beobachtungen zu den Formen der einzelnen Völkernamen redaktionsgeschichtlich auf zwei unterscheidbare dtr. Redaktionen hinweisen, ist fraglich. Auch bei diesem Entwurf wird redaktionsgeschichtlich nur am Rand der Einheit gearbeitet. Interne Spannungen kommen nicht in den Blick. Fritz (1994):321 Die Sonderüberlieferung über Kaleb in Jos 15,13–19, deren Kern möglicherweise auf eine lokale mündliche Überlieferung zurückgehe und ätiologischen Charakter habe, scheine bis auf v.14 einheitlich konzipiert zu sein, wobei v.16–17 vom Redaktor stammen könnte, der eine mündliche Überlieferung in v.18–19 verarbeitet habe. Fraglich ist aber, auf welcher redaktionellen Ebene die Tradition der Vertreibung der drei Anakiter anzusetzen ist. Auch die Verlagerung des Erzählfokus in v.15 auf Debir bzw. Kirjat-Sefer wird nicht berücksichtigt. Insgesamt wird die Verbindung von drei Erzähltraditionen in Jos 15,13–19 nur unzureichend erklärt. de Vos (2003):322 Während 13aα als Überschrift über die Kaleb-AchsaErzählung gebildet worden sei, sei 13aβ.b vielleicht ein sekundär ergänzter redaktioneller Zusatz. In v.14–19 könne höchstens das Verb YRŠ-H auf eine dtr. Hand hinweisen. Außerdem sei v.15 ein redaktioneller Brückenvers, der zwei unterschiedliche Traditionen miteinander verbinde. Die alte Lokaltradition sei folglich in v.14.16–19 auszumachen. Wenn allerdings v.15 ein redaktioneller Vers ist, dann handelt es sich bei v.14.16– 19 um zwei Einzeltraditionen, nämlich Kalebs Vertreibung der Anakiter (v.14) und die Eroberung Kirjat-Sefers durch Otniel mit der damit verbundenen zusätzlichen Landgabe an Achsa (v.16–19). Darüber hinaus benötigt v.14 aufgrund von miššām die Ortsangabe von 13b, sodass 13b nicht erst sekundär zur Kaleb-Achsa-Erzählung ergänzt werden konnte.

5)

6)

7)

320

Vgl. BOLING 1982, 374f. Vgl. FRITZ 1994, 160f. 322 Vgl. DE VOS 2003, 296–298. 321

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Rösel (2011):323 Um die unterschiedlichen Traditionen bezüglich der Eroberung Hebrons auszugleichen, sei v.13 redaktionell vorangestellt worden, wonach Hebron aus dem eroberten Stammesgebiet Judas an Kaleb abgetreten worden sei. In v.16–17 würden zudem zwei Motive nebeneinander gestellt. Während Achsa als Brautpreis für den Eroberer von Debir ausgelobt werde, sei der jugendliche Held, der dies erreicht, nicht ein unerfahrener und rangniedriger Fremder, sondern ein jüngerer Bruder Kalebs. Außerdem stehe die Eigeninitiative Achsas in v.18–19 in Kontrast zu v.16–17, wo Achsa als Objekt betrachtet werde. Wie allerdings die beobachteten Spannungen redaktionsgeschichtlich erklärt werden können, bleibt fraglich.

8)

Die bislang erarbeiteten redaktionsgeschichtlichen Entwürfe haben einige Schwächen, sodass nach einer eigenen Lösung gesucht werden darf, die zudem in den Gesamtkontext der Entstehung der Landverteilungstexte des Josuabuches eingeordnet werden muss. Zunächst sollen die Spannungen innerhalb der Einheit herausgearbeitet werden, die für eine adäquate redaktionsgeschichtliche These fruchtbar gemacht werden können. In v.13 fällt auf, dass das direkte Objekt eigentlich zweimal ausgedrückt wird: ḥelæq und der Ortsname Kirjat-Arba. Da der Ortsname für den weiteren Argumentationsgang wichtig ist (miššām in v.14 und v.15), kann darauf nicht verzichtet werden. Dementsprechend müssen v.13 und v.14–15 auf einer redaktionellen Ebene liegen. Um nicht literarkritisch zu kleinteilig vorzugehen, muss man wohl die Ortsangabe als erklärende Apposition zu ḥelæq sehen. Da zudem die Landgabe an Kaleb und an Josua die Landverteilung in Jos 15–19 rahmen (Jos 15,13 und Jos 19,49b–50) und sprachlich ähnlich formuliert sind (NTN betôk, ʾæl bzw. ʿal pî YHWH) scheinen diese Anmerkungen auf die gleiche redaktionelle Hand zurückzugehen, die erst sehr spät die Landgabe an die beiden Kundschafter Kaleb und Josua nachgetragen hat. In diesem redaktionellen Stück könnte der Satz „jenes (ist) Hebron“ eine gelehrte Glosse sein, die erst nach ʾabî hāʿanāq folgt und damit nicht an dem eigentlichen Bezugswort Kirjat-Arba hängt. Da die genealogische Angabe ʾabî hāʿanāq die Vertreibung der Anakiter aus Kirjat-Arba motiviert, wird zumindest ʾabî hāʿanāq kaum ein sekundärer Nachtrag sein, während es sich bei „jenes (ist) Hebron“ um eine Glosse handelt.324 Die Apposition yelîdê hāʿanāq in v.14 scheint ebenfalls eine Harmonisierung mit Num 13,22 zu sein, worauf auch die uneinheitliche Textüberlieferung hinweist.

323

Vgl. RÖSEL 2011, 241.243. Allerdings muss auch der Satz „jenes (ist) Hebron“ nicht wirklich eine redaktionelle Ergänzung sein, da hier offenbar die Gleichsetzung Hebron = Kirjat-Arba aus Jos 14,15 aufgenommen und in umgekehrter Reihenfolge verwendet wird. 324

2. Kaleb-Achsa-Erzählung (Jos 15,13–19)

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Durch die Gleichsetzung von Debir mit dem vormaligen Namen Kirjat-Sefer konnte man die Otniel-Achsa-Tradition einbauen, die zwei vermutlich mündlich tradierte Erinnerungen miteinander verknüpft: die Einnahme von KirjatSefer durch einen gewissen Otniel und die Verhandlungen der Braut Achsa mit ihrem Vater Kaleb. Diese beiden Erinnerungen sind möglicherweise unabhängig voneinander überliefert worden. Fraglich ist zudem, ob Otniel, der Sohn des Kenas, seit jeher irgendwie mit Kaleb genealogisch verbunden war. Denn andere Stellen geben lediglich die Filiation „Sohn des Kenas“ an, nicht aber einen Bezug zu Kaleb.325 Dementsprechend wird ʾaḥî Kāleb in v.17 vermutlich eine sekundäre Glosse sein, die die beiden Sippen Kaleb und Otniel sekundär miteinander verbunden haben wird. Auch der schwer zu deutende Infinitivsatz lišʾôl meʾet ʾābîhā śādæh in v.18 ist vermutlich erst relativ spät angeschlossen worden, was das Motiv des ansonsten nicht berücksichtigten śādæh erklärt. Außerdem wird der im Infinitivsatz begonnene Erzählfaden nicht weiter verfolgt. Offenbar hat ein ungeschickter Glossator die Thematik eines für die Landwirtschaft geeigneten Feldes zusätzlich eintragen wollen, um die Dürftigkeit der Mitgift Achsas besonders zu unterstreichen. Aus alledem folgt: Die Kaleb-Josua-Redaktion hat ausschließlich in Jos 15 und Jos 19 die beiden erfolgreichen und positiv konnotierten Kundschafter Kaleb und Josua mit Landgewinnen bedacht, wobei in Jos 15,13–19 zusätzlich die bereits vorliegende Otniel-Achsa-Tradition aufgegriffen wurde. Da die Erzählung über Kaleb, Otniel und Achsa bereits im Abschnitt der priesterlich geprägten Landverteilung stand, konnte sie anschließend auch in das dtr. gestaltete Richterbuch fast wortgleich übernommen werden. Vermutlich war zu diesem Zeitpunkt das Josuabuch noch nicht mit dem Richterbuch verbunden, da es keinen Grund dafür gibt, weshalb ein wörtlich fast gleicher Abschnitt in einem fortlaufenden Erzählzusammenhang Josua-Richter zweimal erzählt werden sollte. Aufgrund der abweichenden Tendenz dieser Kalebtradition zu Jos 14 und dem dtr. Josuabuch, wird die Kaleb-Josua-Redaktion noch vor der Einarbeitung der priesterlich geprägten Landverteilungstexte gearbeitet haben.

325

Ri 3,11; 1Chr 4,13.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18) Die vorliegende Erzählung Jos 17,14–18 begründet die Besiedlung des Gebirges Manasse durch die „Söhne Josef“. Immer wieder wird die historische Person Josua gerade mit dieser Erzählung über die „Söhne Josef“ überlieferungsgeschichtlich verbunden.326 Meist wird vermutet, dass Josua ein stämmeübergreifendes Amt im Rahmen der Landnahme ausgeübt hätte. Bei Beschwerden zwischen den einzelnen Stämmen hätte man Josua einschalten können.327 Allerdings ist umstritten, ob diese Erzählung überhaupt historische Reminiszenzen aufweist und Josua direkt mit den hier dargestellten Erinnerungen verknüpft ist.328 Die abgewiesene Beschwerde der „Söhne Josef“ ist zudem eine Gegengeschichte zur Kaleberzählung in Jos 14,6–15, wo Kaleb auf seine Bitten an Josua hin Landbesitz zugeteilt bekommt.329 Interessanterweise erhalten die „Söhne Josef“ vom Efraimiten Josua nicht wirklich ein zusätzliches Landstück, sodass die gleiche Stammeszugehörigkeit nicht automatisch eine Bevorzugung zur Folge hat.330 Außerdem steht diese Erzählung in Kontrast zur Landnahmeerzählung Judas in Jos 15,13–19, wo Kaleb beherzt die Initiative ergreift und die Landnahme forciert.331 Ob in Jos 17,14–18 eine Abwertung der „Söhne Josef“332 und damit verbunden des Nordreichs Israel im allgemeinen ausgedrückt werden soll, ist umstritten. Zumindest geht es um eine prinzipielle Gegenüberstellung zwischen Juda und den Nordstämmen, die vor allem um die Frage kreist, wie man mit dem zugewiesenen Losanteil umgehen soll.333

326 Vgl. NOTH 1971b, 106. Nach GÖRG 1991, 81 wäre Josua vielleicht ein Guerillaführer wie David gewesen. Eigentlich ist die Szene ortlos, auch wenn HUBBARD 2009, 411 die Auseinandersetzung Josuas mit den „Söhnen Josef“ in Gilgal verortet. Dafür spricht aber bestenfalls der Fernkontext. 327 Vgl. ALT 1953a, 189–191. WOUDSTRA 1981, 269 weist zudem darauf hin, dass Josua selbst Efraimit gewesen sei und damit ohnehin zu den „Söhnen Josef“ gehört habe. 328 Kritisch hierzu FRITZ 1994, 176. 329 Vgl. auch die Gegenüberstellung beider Erzählungen von WOUDSTRA 1981, 267; HAWK 2000, 211f. Zur Verbindung dieser Narrative vgl. ZIESE 2008, 312; BUTLER 2014b, 128. Nach RÖSEL 2011, 283 gehören beide Erzählungen nicht zum Hauptstratum der Landverteilungstexte, da hier Josua und nicht eine Landkommission eingeschaltet werde. 330 Vgl. MATTHEWS 2016, 135. 331 Vgl. auch ZIESE 2008, 312; EDERER 2017, 257. 332 Vgl. hierzu BUTLER 2014b, 124. 333 Vgl. EDERER 2017, 257. Nach SEEBASS 1982, 73 konnte man durch Rodung den eigenen Losanteil vergrößern, ohne dass man in Abhängigkeit zur indigenen Bevölkerung geriet.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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Darüber hinaus verweist die Erzählung in Jos 17,14–18 auf das schon zuvor in Jos 13 erwähnte Thema, dass noch Land übrig geblieben sei, das man unbedingt erobern müsse.334 Außerdem verwundert es, dass schwer bewaffnete Kanaanäer immer noch im Verheißungsland anwesend waren und die „Söhne Josef“ jegliche Konfrontation mit der indigenen Bevölkerung offenbar scheuten.335 Es hat schließlich den Anschein, dass Jos 17,14–18 implizit auf das Thema der offengebliebenen Nordgrenze der „Söhne Josef“ antworten.336 Alles in allem ist Jos 17,14–18 gut mit dem Kontext verbunden, da es zahlreiche Bezüge zu den unterschiedlichsten Bereichen in Jos 13–19 gibt. Schon vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass dieser Abschnitt in seiner redaktionell vorliegenden Form erst in relativ später Zeit entstanden sein kann, auch wenn die Vorstufen auf historische Kerne zurückgehen mögen. 3.1 Textkritische Anmerkungen Die Version der LXX glättet weitgehend die Spannungen von Jos 17,14–18 des MT, der zumindest die lectio difficilior repräsentiert.337 Da in der Konversation Singularformen verwendet werden, werden gelegentlich benê Yôsef in v.14 und v.16 gemäß v.17 zu bêt Yôsef verändert,338 wobei dadurch aber die Rahmung mit Jos 16,1–4 wegfällt, wo ebenfalls die benê Yôsef genannt werden. Da zudem in v.15 bei der Redeeröffnung eine Pluralform ʾalêhæm verwendet wird, scheint in v.14 die Pluralform benê Yôsef durchaus gut begründet zu sein, auch wenn in der Rede in den Singular gewechselt wird, vielleicht weil sich die „Söhne Josef“ als Kollektiv verstehen. Die Tradition von Peschitta und Targum setzt die Singularformen des MT gerne in den Plural,339 da beide Texttraditionen den bêt Yôsef ebenfalls als pluralische Größe verstehen. Fraglich ist, ob der Wechsel im Numerus für literarkritische und redaktionsgeschichtliche Überlegungen fruchtbar gemacht werden kann. Zumindest handelt es sich hierbei um ein Problem, das man nicht allein textkritisch betrachten sollte. Das Idiom DBR + ʾet „mit jemandem reden“ in v.14 ist nicht ungewöhnlich, sondern in der hebräischen Bibel an zahlreichen unterschiedlichen Stellen belegt.340 Aus diesem Grund muss man die Präposition ʾet nicht zwingend abändern, auch wenn 4QJoshb und viele Handschriften die Präposition ʾæl anstelle von ʾet gesetzt haben.341 334

Vgl. HOWARD 1998, 355. Vgl. zum Problem FARBER 2016, 103. 336 Vgl. RAKE 2006, 48. 337 Vgl. SEEBASS 1982, 70. 338 Vgl. hierzu schon DILLMANN 1886, 546; BUDDE 1887, 123. 339 Vgl. auch NEEF 1995, 99f. 340 Gen 17,3.22.23; 34,6.8; 35,13.14.15; 41,9; 42,30; 45,15; Ex 25,22; 31,18; 34,32; Num 3,1; Jos 17,14; 2Sam 3,27; 1Kön 8,15; 22,24; 2Kön 25,6.28; 2Chr 6,4; 10,10; 18,23; Jer 35,2; 38,25; 39,5; 52,9.32; Ez 2,1; 3,22.24.27; 44,5. 341 Vgl. BOLING 1982, 416; KNAUF 2008, 149. 335

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Die Singularform lî in v.14 wird von LXX gemäß der Redeeinleitung zu einer Pluralform umgeändert (ἡμᾶς).342 Auf diese Weise wird an die Pluralform der Redeeröffnung angeglichen. Fraglich ist jedoch, weshalb in 14bβ die Singularformen „ich“ und „mich“ nicht ebenfalls in den Plural gesetzt wurden. Die Deutung von ʿad ʾašær in v.14 ist inhaltlich schwierig. Anstelle von ʿad a ʾ šær wird daher von vielen Kommentatoren ʿal ʾašær gelesen, sodass dieser Satz kausal wiederzugeben wäre.343 Allerdings gibt es für diese Lesart keinen Grund in der Textüberlieferung der masoretischen Tradition.344 Gelegentlich wird ʿad demgegenüber als Abkürzung für ʿal debar entsprechend der Tradition des Targums angesetzt und hier lediglich ʿal debar anstelle von ʿad ʾašær ʿad koh wiedergegeben.345 Aber auch auf diese Weise wird der schwierige Text geglättet. Außerdem könnte die erste Präposition ʿad zum sekundären Adverb ʿod „immer noch“ umvokalisiert und zu ʿam rāb gezogen werden, sodass die „Söhne Josef“ betonen, dass sie immer noch ein großes Volk wären. Erst aufgrund des folgenden ʿad sei dann dieses Adverb ebenfalls zu einer Präposition verlesen worden.346 Diese Lösung kommt zumindest mit nur wenig weiteren Zusatzannahmen aus. Auch die unterschiedlichen Versionen bieten keine befriedigende Lesart. LXX und Vulgata verzichten auf ʿad ʾašær ʿad koh und setzen stattdessen ein einfaches „und“. Vermutlich sind beide Übersetzungen aufgrund des gleichen End- und Anfangskonsonanten versehentlich von rāb zu berkanî gesprungen und haben das dazwischen stehende ʿad ʾašær ʿad koh einfach überlesen.347 Im Unterschied zu MT verzichtet 4QJoshb (ʾašær koh) auf beide Präpositionen ʿad.348 Allerdings ist dann fraglich, wie man dann das Demonstrativ-Adverb koh zu übertragen hätte. Alles in allem ist die Lesart des MT auf alle Fälle die lectio difficilior, die unbedingt beizubehalten ist,349 da nicht ersichtlich ist, wie MT aus dem kürzeren Text der Versionen entstanden sein könnte. Vielleicht könnte die schwie-

342

Zu den Änderungen von LXX vgl. auch AULD 1980, 61; NEEF 1995, 99. Vgl. STEUERNAGEL 1900, 219; FRITZ 1994, 170. Nach RÖSEL 2011, 283 wäre nur die Konjunktion ʿad als Dittographie zu streichen. Zum textkritischen Problem vgl. DILLMANN 1886, 546; OETTLI 1893, 181; NOTH 1971b, 102; BUTLER 2014b, 109f. 344 Neben dem Codex Leningradensis belegen auch Codex Aleppo und Codex Cairensis diese Lesart. In verschiedenen masoretischen Handschriften fehlt jedoch bisweilen die Präposition ʿad. 345 Vgl. zum Gebrauch von Abkürzungen schon PERLES 1922, 6; SOGGIN 1982, 168; NEEF 1995, 99. 346 Vgl. hierzu BOLING 1982, 416. 347 Vgl. BOLING 1982, 416. 348 Vgl. PUECH 2015, 499. 349 Vgl. NEEF 1995, 99. 343

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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rige Lesart des MT folgendermaßen zu übersetzen sein: ʿad ʾašær wäre temporal („soweit, bis“) und ʿad koh quantitativ in Bezug auf den Segen („zu diesem Punkt“) zu verstehen.350 Während LXX ὁ θεὸς anstelle von YHWH liest, wird die Lesart des MT von 4QJoshb bestätigt, da hier ebenfalls das Tetragramm belegt ist. Die Wiedergabe der Gottesbezeichnungen wird ohnehin von den Übersetzern der LXX nicht immer konsequent betrieben. Die Lokalangabe šām beʾereṣ hapPerizzī wehāRefāʾīm in v.15 fehlt in LXX. Aus diesem Grund wird gelegentlich erwogen, dass diese Lokalangabe im MT ein redaktioneller Zusatz sein könnte.351 Allerdings müsste man die sekundäre Einfügung irgendwie erklären, was aber schwierig ist, es sei denn, man lokalisiert diese Völker im Ostjordanland. Dann hätte dieser Zusatz eine ostjordanische Landnahme Manasses begründen sollen.352 Allerdings bestätigt 4QJoshb den längeren MT, sodass man nicht notwendigerweise von einem kürzeren ursprünglichen Text ausgehen sollte. Das Fehlen in LXX könnte zudem auf aberratio oculi zurückgehen, zumal die beiden Wörter ʾprym und rpʾym ähnlich geschrieben werden.353 Außerdem wäre eine Haplographie denkbar, sodass der Abschreiber von šām zu wehāRefāʾīm gesprungen wäre und den dazwischenstehenden Text überlesen hätte.354 Alles in allem ist die Lokalangabe in MT weder eine naheliegende Ergänzung, die sekundär dazugekommen wäre, noch ist sie textkritisch überzeugend erklärbar.355 Von Targum und Peschitta wird das Gentiliz Refāʾīm „Refaiter“ mit „Giganten“ übertragen.356 Hier wird offenbar die Tradition der LXX übernommen, die traditionell die Refaiter mit Γίγαντες wiedergibt.357 Diese sagenhafte vorisraelitische Bevölkerung wird wohl ausweislich ihrer Größe als besonders bedrohlich angesehen. Im schwierigen kî-Satz in v.15 wird gelegentlich die Verbalform ʾāṣ und die folgende Präpositionalverbindung lekā zusammen als ʾaṣlekā „nahe bei/neben dir“ gelesen.358 Die masoretische Textüberlieferung bietet jedoch stets ein

350

Vgl. BUTLER 2014b, 110. Ähnlich schon NOTH 1971b, 102, der die Präpositionalverbindung ʿad koh modal „in solchem Maße“ versteht. 351 Vgl. MILLER/TUCKER 1974, 137; CORTESE 1990, 18. 352 Vgl. NOTH 1971b, 107; RAKE 2006, 43 Anm. 159. Kritisch hierzu aber RUDOLPH 1938, 227. 353 Vgl. SEEBASS 1982, 73 Anm. 22. Allerdings kann die Erwähnung der Refaiter mitunter auch als Dittographie zu Efraim erklärt werden, vgl. RUDOLPH 1938, 226 Anm. 5; SCHMITT 1970, 93; NELSON 1997, 200. 354 Vgl. BOLING 1982, 417. 355 Vgl. SCHMITT 1970, 93 Anm. 23. 356 Vgl. NEEF 1995, 99. 357 Gen 14,5; Jos 12,4; 13,12; 1Chr 20,4. 358 Vgl. RUDOLPH 1938, 226.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Schluss-ṣ, was eine derartige Lesung eigentlich ausschließt.359 Auch LXX und Vulgata bestätigen die Lesart des MT (στενοχωρεῖ σε bzw. angusta est tibi). In v.16 bietet LXX einen etwas abweichenden Text.360 Zum einen wird auf das explizite Subjekt benê Yôsef, die Qualifizierung kol sowie die Verortung beʾæræṣ hāʿemæq verzichtet. Die „Söhne Josef“ mussten ohnehin aufgrund von v.14 nicht genannt werden, sodass LXX die explizite Nennung des Subjekts unterlassen konnte. Weshalb allerdings die beiden anderen Dinge fehlen, kann nicht mehr sicher bestimmt werden. Sicherlich wird von LXX τῷ Χαναναίῳ als Kollektiv verstanden, das sich auf alle Kanaanäer bezieht. Die Lokalangabe beʾæræṣ hāʿemæq wird zumindest mit ἐν αὐτῷ angedeutet. Zum anderen bezeugt LXX noch sekundäre Zusätze: die Näherbestimmung des Berglandes durch das Toponym Efraim (τὸ ὄρος τὸ Εφραιμ) und die Erweiterung der „Eisenwagen“ durch zusätzliches „Eisen“ (καὶ ἵππος ἐπίλεκτος καὶ σίδηρος).361 Die Erweiterung „Gebirge Efraim“ ist vermutlich eine Angleichung an v.15.362 Auf diese Weise werden beide Gebirge miteinander explizit gleichgesetzt, was in MT hingegen schon der Artikel in v.16 mit hāhār leisten kann. Die abweichende Lesart bei den „Eisenwagen“ spiegelt vermutlich die Problematik wider, wie man mit einem inhaltlich schwierigen Wort angemessen umgehen soll. Dementsprechend kann die abweichende Lesart der LXX durchaus einleuchtend erklärt werden, sodass man MT nicht notwendigerweise verändern muss. Ohne Grund wird in v.16 gelegentlich benê Yôsef zu bêt Yôsef verändert,363 was aber keinen Rückhalt in den Versionen hat, zumal selbst Vulgata noch filii Ioseph belegt, während LXX gänzlich auf die Nennung des Subjekts verzichtet, das aus v.14 (dort benê Yôsef) weiterwirkt. Somit spricht eigentlich nichts gegen eine Änderung des MT. Die beiden laʾašær-Sätze in v.16 könnten hingegen ein redaktioneller Zusatz sein, der etwas ungelenk angeschlossen wurde.364 Die Nennung von BetSchean und der Jesreelebene in der ausweichenden Antwort der „Söhne Josef“ könnte mit Blick auf Jos 17,11 veranlasst worden sein.365 Die Lesart der LXXHandschriften als Ιεζραελ bzw. Ισραηλ für Jesreel könnte darauf hindeuten,

359 Neben dem Codex Leningradensis belegen auch Codex Aleppo und Codex Cairensis diese Lesart. 360 Vgl. zu den Unterschieden STEUERNAGEL 1900, 220; NEEF 1995, 99; BUTLER 2014b, 110. 361 Zur Lesart der LXX, die vielleicht werækæb bar webarzæl lakKenaʿanî als hebräischen Text las, vgl. BOLING 1982, 417. Vgl. zum Problem auch GREENSPOON 1983, 146f.; PITKÄNEN 2010, 303. 362 Vgl. NEEF 1995, 99. 363 Vgl. NOTH 1971b, 102. 364 Vgl. RUDOLPH 1938, 226 Anm. 6; NOTH 1971b, 102. Entgegen FRITZ 1994, 170 sind beide Sätze in LXX enthalten: ἐν Βαιθσαν καὶ ἐν ταῖς κώμαις αὐτῆς ἐν τῇ κοιλάδι Ιεζραελ. 365 Vgl. zu diesem Bezug HERTZBERG 1985, 104; KNAUF 2008, 153.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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dass hier Israel wiedergegeben werden sollte.366 Trotz der komplizierten Syntax der beiden laʾašær-Sätze belegen die Versionen die Lesart des MT, sodass hier nicht textkritisch verbessert werden muss. Im Gegensatz zu MT belegt LXX in v.17 deutlich benê Yôsef (τοῖς υἱοῖς Ιωσηφ).367 Vielleicht hat LXX den schwierigeren MT an den Kontext angeglichen,368 zumal bêt Yôsef nur an dieser Stelle im MT bezeugt wäre. Die Lesart des MT wird zudem von Vulgata gestützt, sodass es gute Argumente für die Priorität des MT gibt. Allerdings wäre es auch möglich, dass die MT-Lesart bêt Yôsef vom Richterbuch motiviert wäre, wo das „Haus Josef“ mehrfach belegt ist.369 Diese Beobachtung könnte mitunter redaktionsgeschichtlich zu verwerten sein. Dementsprechend könnte hier eine andere redaktionelle Hand gearbeitet haben. In v.17 fehlt in LXX darüber hinaus die ergänzende Information „bezüglich Efraim und Manasse“. Dementsprechend könnte es sich hier um eine erklärende gelehrte Glosse handeln,370 die bewusst die beiden „Söhne Josef“ näher bestimmen wollte und die in Jos 16–17 gewählte Abfolge „Efraim-Manasse“ berücksichtigte. Allerdings wäre auch der Ausfall der beiden Stammesnamen aufgrund von Haplographie denkbar.371 Denn der Übersetzer könnte von leʾæfrayim zu leʾmor gesprungen sein. Schließlich denkt LXX in v.17 entgegen MT an einen Konditionalsatz (Єἰ). Dies könnte eine sekundäre Angleichung an v.15 sein, wo vor ʿam rab ʾattāh die Konjunktion ʾim gesetzt wurde. Eine Änderung des MT ist daher nicht nötig. Offenbar in Vorwegnahme des folgenden Satzes wird von LXX in v.18 yaʿar (δρυμὸς) anstelle von har gelesen.372 Es könnte aber auch ein Rückbezug zu v.15 vorliegen, wo ebenfalls schon das Lexem „Wald“ eingetragen wurde.373 Durch diese Vereinheitlichung von LXX wird das neu zugesagte Territorium durchweg als Waldgebiet bezeichnet, das von den „Söhnen Josef“ gerodet werden kann. Die Singularform wehāyāh wird in der handschriftlichen Überlieferung zu einer Pluralform umgewandelt, wodurch eine bessere Angleichung an das Pluralsubjekt vorgenommen wird. Eine exakte Kongruenz im Numerus ist aber bei

366

Vgl. BOLING 1982, 417. Vgl. NEEF 1995, 99. 368 Vgl. BOLING 1982, 417; FARBER 2016, 103 Anm. 193. 369 Ri 1,22.23.35. 370 Vgl. NOTH 1971b, 102; GEUS 1976, 81; FRITZ 1994, 170; FARBER 2016, 103 Anm. 194. Nach AULD 1980, 61 berücksichtigt dieses MT-Plus die vorliegende Anordnung der beiden Stämme Efraim und Manasse. 371 Vgl. BOLING 1982, 417; NELSON 1997, 200. 372 Vgl. BOLING 1982, 417. 373 Vgl. NEEF 1995, 99. 367

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

vorangestelltem Verb ohnehin nicht nötig, sodass man hier nicht textkritisch verbessern muss. In v.18 wird darüber hinaus die schwierige inhaltliche Aussage des MT von LXX vereinfacht, indem auf toṣeʾotāyw verzichtet wird (καὶ ἔσται σοι).374 Auf diese Weise wird nicht mehr differenziert zwischen dem zugesagten Waldgebiet und toṣeʾotāyw. Aus inhaltlichen Gründen wird in v.18 gelegentlich eine Negation loʾ vor tôrîš ergänzt,375 um zu betonen, dass man durch das Roden des Waldes Siedlungsraum erhält, auch wenn man den Kanaanäer nicht vertreiben kann, da er zu stark ist. Bei dieser Lesart deutet man den ersten kî-Satz in 18b konzessiv, während man die beiden folgenden kî-Sätze kausal versteht. Allerdings ist ein Zusatz von loʾ methodisch kaum zu rechtfertigen, zumal man auch den ersten kî-Satz kausal und die beiden folgenden konzessiv wiedergeben könnte.376 Außerdem ist eine Vertreibung des Kanaanäers vor dem Hintergrund der zuvor besonders betonten Stärke der „Söhne Josef“ durchaus nicht unmöglich. Da für die kî-Sätze die unterschiedlichsten Interpretationen möglich sind, muss MT nicht notwendigerweise konjiziert werden. Darüber hinaus überträgt LXX den letzten Satz auf die „Söhne Josef“ (σὺ γὰρ ὑπερισχύεις αὐτοῦ), indem beim zugrundeliegenden hebräischen Text offenbar die 3. Person zu einer 2. Person Singular umgeformt und eine Präpositionalverbindung ergänzt wird. Dementsprechend gibt LXX hier einen hebräischen Text der Form kî tæḥæzaq mimmænû377 oder kî ḥāzaqtā mimmænû378 wieder. Vielleicht hat LXX den schwer verständlichen MT mit seinen drei kî-Sätzen schon deshalb an dieser Stelle verbessert, um eine Lesart zu erhalten, die mit der zuvor behaupteten Stärke der „Söhne Josef“ korrespondiert. Eine derartige Lesart ist jedoch nur mit einem massiven Eingriff in den MT möglich. Manchmal wird vermutet, dass LXX kî tæḥæzæqehû gelesen haben könnte.379 Aber auch diese Lesart greift zu stark in den Konsonantenbestand des MT ein. Gelegentlich wird nur das selbstständige Personalpronomen hûʾ gegen ʾattāh

374

Vgl. HOLZINGER 1901, 68. Vgl. SMEND 1912, 333; NOTH 1971b, 102; FRITZ 1994, 170. Dagegen aber schon RUDOLPH 1938, 227 Anm. 5; BOLING 1982, 418; SEEBASS 1982, 71; SOGGIN 1982, 169, der auf die Tradition der LXX verweist; CORTESE 1990, 18; NEEF 1995, 104; KNAUF 2008, 153. 376 Vgl. hierzu NELSON 1997, 200. Nach WOUDSTRA 1981, 269 Anm. 6 kann die Konjunktion kî auch asseverativ verstanden werden. RUDOLPH 1938, 227 liest die beiden letzten kî-Sätze konzessiv und vor dem letzten Satz wekî. DILLMANN 1886, 548 deutet die letzten drei kî-Sätze kausal: eben weil der Kanaanäer sehr stark ist, müssen die „Söhne Josef“ ihn mit Gewalt beseitigen, zumal die „Söhne Josef“ ebenfalls sehr stark sind. Ähnlich schon KNOBEL 1861, 450. 377 Vgl. zu dieser Lesart ROFÉ 2004, 355. 378 Vgl. SCHMITT 1970, 94. 379 Vgl. hierzu BARTHÉLEMY 1982, 48. 375

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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ausgetauscht.380 Diese Konjektur ist jedoch ebenfalls willkürlich. Auf alle Fälle ist MT die lectio difficilior, die nicht zwingend geändert werden muss. Alles in allem ist MT textkritisch beizubehalten, da es für die vorgeschlagenen Konjekturen und Abweichungen in den einzelnen Versionen gute Gründe gibt. Lediglich das Fehlen von „Efraim und Manasse“ in v.17 in LXX könnte redaktionsgeschichtlich verwertet werden, da es sich um einen harmonisierenden Zusatz handeln könnte, der auf die Stammesabfolge in Jos 16–17 eingeht. 3.2 Sprachliche und inhaltliche Anmerkungen Die Vorstellung von dem einen gôrāl, das die „Söhne Josef“ gemeinsam erhalten, verbindet v.14 mit Jos 16,1, während das Los in Jos 17,1 offenbar nur Manasse zugewiesen wird.381 Dementsprechend greift v.14 auf den Anfang der Landverteilung an Efraim und Manasse zurück. Angesichts ihrer Größe sei nach Ansicht der „Söhne Josef“ ein einziger Losanteil zu klein bemessen.382 Dementsprechend ist mit dieser Aussage auch implizit die Forderung nach mehr Land verbunden.383 Allerdings erhalten die „Söhne Josef“ zumindest auf der Ebene des Endtextes insgesamt zwei Losanteile – die „Söhne Josef“ bestehen ja aus den beiden Stämmen Efraim und Manasse –, vor allem wenn man die Erwähnung von gôrāl in Jos 16,1 und Jos 17,1 ernst nimmt. Vielleicht wird im letzten Satz von v.17 implizit darauf hingewiesen, dass man diesem Doppelstamm ohnehin nicht nur einen einzigen Anteil zugewiesen habe.384 Möglicherweise besteht der von den „Söhnen Josef“ als zu klein bezeichnete Losanteil ursprünglich lediglich aus dem zugewiesenen Kulturland. Josua würde dann darauf hinweisen, dass die „Söhne Josef“ für sich durch Rodung der Waldgebiete zusätzliches Kulturland hinzugewinnen könnten, sodass es sich bei dem zugeteilten einen Los tatsächlich, wenn alles genutzt wird, um wesentlich mehr als nur ein Los handeln würde.385 Allerdings wäre dann die Vergrößerung des Losanteils mit reichlich Arbeit verbunden, da man das zugewiesene 380

Vgl. KAUFMANN 1985, 63 Anm. 41. Zu diesem Widerspruch vgl. auch KNAUF 2008, 152. SCHMITT 1970, 96f. vermutet, dass hinter dem Losverfahren die Erbteilung unter Brüdern stehe. Ob dieser „Sitz im Leben“ jedoch hier zu greifen ist, ist fraglich. 382 ZIESE 2008, 313 Anm. 23 weist jedoch darauf hin, dass nach dem Zensus in Num 26 die „Söhne Josef“ nur durchschnittlich groß gewesen seien und diese Aussage in ironischer Weise den eigentlichen Zustand übertreibend und arrogant beschönige. Auch nach WOUDSTRA 1981, 268 waren andere Stämme nach dem Zensus wesentlich größer. Insofern ist kaum verwunderlich, dass HOWARD 1998, 355 den „Söhnen Josef“ Arroganz und Gier vorwirft. 383 Vgl. EDERER 2017, 254. 384 Vgl. hierzu auch BUTLER 2014b, 145. 385 Ähnlich schon KNOBEL 1861, 449, dem zufolge die „Söhne Josef“ dazu die Kraft hatten. Nach BALLHORN 2011, 282f. sollen auch die bislang nicht genutzten „Zwischenräume“ besiedelt werden. 381

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Gebiet erst noch erschließen und urbar machen müsse. Manchmal wird vermutet, dass man die beiden Anweisungen Josuas an die „Söhne Josef“ in Jos 17,14–18 auf die beiden Stämme Efraim und Manasse separat beziehen müsse. Demnach soll der Stamm Efraim noch das Land der Perisiter und Refaiter roden (v.15) und der Stamm Manasse auf die Täler ausgreifen (v.18).386 Der Text bleibt jedoch an dieser Stelle ungenau, sodass keine eindeutige Lösung mehr entwickelt werden kann. Das Lexem ḥæbæl „Anteil“ ist im Josuabuch nur selten in den Landverteilungstexten belegt.387 Es steht durchweg in redaktionellen Stücken, wo es zudem in unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird. Während in Jos 17,5 dem Stamm Manasse insgesamt zehn Anteile zufallen, beklagen sich in v.14 die „Söhne Josef“, dass sie nur einen Anteil erhalten haben. Die Verwendung der Singularform ḥæbæl verbindet v.14 zudem mit Jos 19,9, wo dem Stamm Simeon Land aus dem Anteil Judas herausgeschnitten wird. Dementsprechend liegt die Form ḥæbæl sprachlich auf einer Linie mit dem sekundären Abschnitt des Stammesgebietes Simeons und könnte daher von Jos 19,9 inspiriert sein. Der Vorwurf der „Söhne Josef“ ist jedoch an sich nicht berechtigt, zumal hier der göttliche Losentscheid in Frage gestellt wird.388 Somit wird die göttlich sanktionierte Landverteilung kritisch hinterfragt, wenn die „Söhne Josef“ gleich zwei Anteile fordern. Denn das System der Landverteilung funktioniert ja gerade dergestalt, dass jedem Stamm ein Losanteil und eben nicht mehr zugeteilt wird.389 In v.14 betrachten sich die „Söhne Josef“ aufgrund der in der Rede verwendeten Singularformen zudem als ein Kollektiv,390 das als Einheit auftritt und daher wohl nur einen Losanteil erhalten wird. Trotz alledem hat es den Anschein, dass hier darauf hingewiesen werden soll, dass es sich bei den „Söhnen Josef“ eigentlich um zwei Stämme handelt, die je ein Los erhalten müssten. Vielleicht soll durch diese Erzählung die Ausnahmebehandlung der „Söhne Josef“ begründet werden.391 Die Konfrontation der „Söhne Josef“ mit Josua wird im Vergleich zu den anderen Erzählungen härter geführt. Während Kaleb noch auf die expliziten 386

Vgl. KALLAI 1990, 205. Jos 17,5.14; 19,9. Nach CORTESE 1990, 29f. handelt es sich um ein weiteres „Los“. Dieses Wort sei nicht-priesterlich geprägt. Nach HUBBARD 2009, 411 könnte das Wortpaar gôrāl und ḥæbæl ein emphatischer Ausdruck für „one lousy portion“ sein. MATTHEWS 2016, 134 denkt an ein Hendiadyoin „one tribal allotment“ oder „one portion of land“. 388 Vgl. zum Problem HOWARD 1998, 356. HUBBARD 2009, 412 vergleicht das Verhalten der „Söhne Josef“ mit Kaleb und den „Töchtern Zelofhad“, die bei ihrer Bitte um Land auf die Verheißungen Gottes hingewiesen hätten. Dieser Gegensatz zeige die Arroganz der „Söhne Josef“. Nach CORTESE 1990, 91 hat hier gôrāl jedoch nicht mehr die Bedeutung „sakrale Auslosung“, sondern eher „Landanteil“. 389 Vgl. zum Verfahren HAWK 2000, 212. 390 Vgl. auch HOWARD 1998, 355. Nach DILLMANN 1886, 546 könnte hier aufgrund des folgenden lî der Ausdruck bêt Yôsef ursprünglich sein. 391 Vgl. HERTZBERG 1985, 104. 387

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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Verheißungen YHWHs an seine Person verweist, wird hier lediglich die Größe als Zeichen des besonderen Segens angeführt. Da zudem die zahlreichen Nachkommen den Segen YHWHs widerspiegeln,392 sei eine Ausweitung des Landbesitzes dringend und zwingend gefordert.393 Fraglich ist, ob die eher seltene zeitliche Verortung des Segens ʿad koh „zu diesem Punkt“ darauf hinweisen könnte,394 dass der Segen beendet ist, sodass die „Söhne Josef“ ihren Landanteil gegen starke und hochbewaffnete Kanaanäer nicht einnehmen konnten. Dann würde man Gott für die Nicht-Eroberung verantwortlich machen,395 da der Segen nicht mehr gegeben ist. Allerdings muss die Angabe ʿad koh nicht zwingend bedeuten, dass der Segen nach diesem Zeitpunkt aufgehört hat zu wirken. Der Ausdruck ʿam rāb „großes Volk“ wird ansonsten auf Israel als Kollektiv bezogen,396 bezeichnet aber in v.14.15.17 stets die Teilmenge der „Söhne Josef“. Dieser Stammesverband habe sich offenbar – auch aufgrund des göttlichen Segens – bestens entwickelt, sodass das zugewiesene Land – zumindest von den „Söhnen Josef“ – schnell als zu klein erachtet wurde. Dem Vorwurf der „Söhne Josef“ entgegnet Josua, dass die „Söhne Josef“ durchaus weiteres Land in Besitz nehmen könnten, zumal nach v.15 noch Wald zu roden wäre. Dann würde hier implizit Kritik laut werden. Denn die „Söhne Josef“ wären trotz des Segens und ihrer Anzahl nicht in der Lage oder nicht willens gewesen, den im Losverfahren zugewiesenen Anteil in Besitz zu nehmen.397 Vielleicht war die Inbesitznahme des eigenen Losanteils aufgrund der noch zu rodenden Waldgebiete und der Anwesenheit von stark bewaffneter Fremdbevölkerung schwierig, sodass die „Söhne Josef“ für sich ein leichteres Stück Land gefordert hätten.398 Diese negative Deutung gilt freilich nur dann, wenn zum Landanteil der „Söhne Josef“ auch das noch nicht kultivierte Gebiet gezählt wurde. Das Verb BRʾ – ein terminus technicus für das göttliche Schöpfungshandeln – wird in v.15 für die Rodung von Wald verwendet.399 Hinzu kommt, dass yaʿar noch nicht kultiviertes Land gewesen ist, das man erst noch erschließen musste. Aufgrund der überwiegend theologischen Bedeutung von BRʾ, wird immer wieder angenommen, dass hier ein Homonym BRʾ-III vorliegt,400 das mit dem Schöpfungsterminus eigentlich überhaupt nichts zu tun hat. 392

Vgl. FRITZ 1994, 176; HAWK 2000, 212. Vgl. hierzu auch GÖRG 1991, 80. 394 Ex 7,16; Jos 17,14; 1Kön 18,45. 395 Vgl. ZIESE 2008, 312. 396 Gen 50,20; Num 21,6; 1Kön 3,8. 397 Vgl. ZIESE 2008, 312. 398 Vgl. hierzu auch BUTLER 2014b, 144. 399 Vgl. zum Problem GRAY 1986, 149. Nach BUTLER 2014b, 110 hat der D-Stamm im Gegensatz zum ansonsten üblichen G-Stamm ein eher technisches Verständnis. 400 Vgl. HOWARD 1998, 356 Anm. 160. 393

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Bei dem in v.15 angesprochenen Waldgebiet könnte das manassitische Gebirge nördlich von Sichem gemeint sein.401 In diesem Waldgebiet werden nach v.15 außerdem die Perisiter und Refaiter verortet. Dementsprechend ist mit einer korrekten Lokalisierung dieser beiden Völker auch das Waldgebiet näher bestimmt, das den „Söhnen Josef“ zugesprochen wurde. Vermutlich hatte der Autor nur noch ganz vage Vorstellungen von diesem Siedlungsgebiet, das er mit dem mysteriösen Namen „Land des Perisiters und Refaiter“ umschrieb.402 Da es sich um die ʾæræṣ anderer Völker handelt, wird dieses Gebiet kaum schon zuvor zum Losanteil der „Söhne Josef“ gehört haben. Demnach war der zugesagte yaʿar wohl noch nicht Teil des Stammesgebietes. Gelegentlich wird vermutet, dass yaʿar mit yaʿar ʾæfrāyim zu verbinden wäre. Aufgrund von 2Sam 18,6 wird yaʿar ʾæfrāyim zudem im Ostjordanland lokalisiert. Dann sollten die „Söhne Josef“ die dortigen bewaldeten Gebiete roden und besiedeln.403 Allerdings kann der Ort der Schlacht zwischen Abschalom und David aus dem Kontext von 2Sam 18 nicht näher bestimmt werden, sodass auch ein westjordanisches Lokale nicht ausgeschlossen werden kann. Die angemessene Verortung von yaʿar steht und fällt ohnehin mit der korrekten Lokalisierung der Refaiter und Perisiter. Zumindest die Volksgruppe der Refaiter wird meist im Ostjordanland verortet.404 Insofern könnte das in v.15 beschriebene Land der Perisiter und Refaiter im Osten liegen. Dann würde mit dieser Erzählung erklärt werden, dass die „Söhne Josef“ Landbesitz auf beiden Seiten des Jordans besäßen.405 Allerdings ist die Lokalisierung der Refaiter ausschließlich im Ostjordanland oder in Gilead nicht über jeden Zweifel erhaben, da es in der Nähe von Jerusalem ebenfalls ein ʿemæq Refāʾīm gibt.406 Somit ist nicht ausgeschlossen, dass sich die

401

Vgl. HERTZBERG 1985, 104. Vgl. RÖSEL 2011, 283. Nach EDERER 2017, 255 dient die Bezeichnung „Land der Perisiter und Refaiter“ zur Qualifizierung des zugewiesenen Landes als fremd und unheimlich. 403 Zu dieser differenzierten Verortung kritisch HOWARD 1998, 356. Nach WOUDSTRA 1981, 268 kann die Bezeichnung „Wald Efraim“ auf die Auseinandersetzung in Ri 12 im Ostjordanland zurückgehen. 404 Nach AHARONI 1967, 218 Anm. 116 ist das „Land der Refaiter“ ein typischer Ausdruck für das Ostjordanland. Nach SIMONS 1959, 71 können die Refaiter in v.15 eine erklärende Glosse des Abschreibers sein. 405 Vgl. FARBER 2016, 104. Schon BUDDE 1887, 123–126 vermutet, dass das hier angesprochene, zu besiedelnde Gebirge mit Gilead gleichzusetzen sei. Ähnlich auch SMEND 1912, 331–333; MITTMANN 1970, 212f. Kritisch zu einer Deutung des Waldgebietes mit Gilead aber SCHMITT 1970, 92f.; SEEBASS 1982, 72 Anm. 15; NEEF 1995, 108–110. 406 Jos 15,8; 18,16; 2Sam 5,18.22; 23,13; 1Chr 11,15; 14,9; Jes 17,5. Vgl. auch KALLAI 1990, 204. KAUFMANN 1985, 64 Anm. 41 verweist auf Gen 15,20, wo Perisiter und Refaiter unter die Völker Kanaans gerechnet werden. KNAUF 2008, 153 betont darüber hinaus, dass der Baschan eigentlich kein Gebirge im Sinne von 18a sei. 402

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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Ortsangabe „Land des Perisiters und Refaiter“ auch auf ein westjordanisches Lokale beziehen könnte.407 Über eine Lokalisierung der Perisiter ist ebenfalls sehr wenig bekannt.408 Es handelt sich bei den Perisitern um ein Ethnonym, das immer wieder in der Liste der Völker genannt wird, die von den Israeliten zu vertreiben sind. Ausweislich seiner Etymologie bezeichnet das Lexem Perisiter den nichturbanen Bevölkerungsteil, dem die Kanaanäer als Stadtbevölkerung gegenüberstehen.409 Im Gegensatz zu den Refaitern wären dann die Perisiter mit der Landbevölkerung gleichzusetzen.410 Bisweilen werden die Perisiter als ursprüngliche Bevölkerung Kanaans explizit im mittleren Palästina verortet.411 Fraglich ist, ob das hier genannte „Land des Perisiters und Refaiter“ immer noch der Fremdbevölkerung gehört und daher von den „Söhnen Josef“ erobert werden muss, bevor es besiedelt werden kann.412 Dann müssten die „Söhne Josef“ in der Tat aktiv werden, um ihren Losanteil zu erweitern. Das Verb ʾūṢ in v.15 hat die Bedeutung „begrenzt, eng sein“.413 Dieses eher seltene Wort ist im Josuabuch ansonsten nur noch in Jos 10,13 zu finden. Vielleicht wurde dieses Verb hier schon vor dem Hintergrund gewählt, da es lautlich mit ʾeṣ „Baum“ in Verbindung gebracht414 und auf diese Weise assoziativ mit dem Waldgebiet zusammengedacht werden kann. Der Ausdruck har ʾæfrāyim „Gebirge Efraim“ oder „Berg Efraim“ am Schluss von v.15 muss nicht das gesamte efraimitische Gebirge bezeichnen, sondern könnte auch nur auf eine begrenzte Bergregion im Stammesgebiet von

407 Zu einer Lokalisierung der Refaiter im manassitischen Gebirge vgl. KALLAI 1990, 204f.; HESS 1996a, 289 Anm. 105. Dagegen aber SOGGIN 1982, 183. Für die Möglichkeit einer Verortung im Westjordanland vgl. auch BALLHORN 2011, 281. 408 Vgl. hierzu SIMONS 1959, 71f. Nach NAʾAMAN 1988, 43 bezieht sich das „Land der Perisiter“ auf das westjordanische Gebiet des efraimitischen Gebirges und das Land Hefer, während das „Land der Refaiter“ im Baschan zu suchen wäre. 409 Vgl. hierzu GROSS 2009, 122. Vgl. zu den Perisitern GASS 2012, 323–326.341–343. Nach SASSON 2014, 129 hat sich das Gentiliz aus der Bezeichnung für eine Bevölkerung entwickelt, die keinen Zugang zu befestigten Bereichen gehabt hat. 410 Vgl. NAʾAMAN 1988, 42–44. 411 Vgl. HERTZBERG 1985, 104, der an Gen 13,7 und 34,30 denkt. Zum Problem vgl. auch HOWARD 1998, 356. Nach SIMONS 1959, 71 grenzt das Gebiet der Perisiter an das Gebirge Efraim an und war bewaldet. Anders hingegen SMEND 1912, 334, der das „Land der Perisiter“ mit Gilead, das „Land der Refaiter“ mit Baschan gleichsetzt. 412 Zum Problem EDERER 2017, 255. 413 Vgl. HOWARD 1998, 356 Anm. 159. 414 Vgl. BOLING 1982, 418.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Efraim verweisen.415 Die anderen Belege für har ʾæfrāyim im Josuabuch416 können diese Frage ebenfalls nicht entscheiden, da diese Bezeichnung entweder lediglich den Begräbnisort Josuas in Timnat-Serach näher verortet oder fälschlicherweise Sichem auf har ʾæfrāyim lokalisiert. Aus alledem folgt, dass har ʾæfrāyim sicher im Westjordanland zu finden ist, auch wenn die Abgrenzung nicht ganz klar ist. Falls sich har ʾæfrāyim nur auf die begrenzte Bergregion im Stammesgebiet von Efraim bezieht, dann könnte sich vielleicht hāhār „das Gebirge“, das in v.16 genannt wird, auf das gesamte Gebirgsland beziehen.417 Beide topographischen Ausdrücke müssen folglich nicht miteinander identisch sein. Dementsprechend würden die „Söhne Josef“ in v.16 beklagen, dass selbst das mittelpalästinische Gebirge für die „Söhne Josef“ nicht ausreichend wäre.418 Eine weitere Beobachtung stützt die These, dass hāhār nicht nur das kleine Gebirge Efraim sein kann. Da in v.16 nämlich der Ausdruck hāhār „das Gebirge“ in Kontrast zu ʾæræṣ hāʿemæq gestellt wird, wird mit hāhār wohl entweder das gesamte mittelpalästinische Gebirge419 oder das eigentliche Gebirge Manasse, das südlich der Jesreelebene liegt, gemeint sein.420 Letztgültige Sicherheit ist hier kaum noch zu erzielen. Während bei der Rede Josuas immer der Adressat mit der Präposition ʾæl angesprochen wird,421 was bei der Rede mit Gleich- oder Höhergestellten üblich und ein Zeichen von Höflichkeit ist, fehlt jeglicher Gesprächspartner der „Söhne Josef“ in v.16. Auch wenn hier implizit angesichts des bisherigen Gesprächsverlauf Josua als Adressat einzusetzen wäre, ist der Verzicht möglicherweise ein Anzeichen für ein schroffes Auftreten der „Söhne Josef“. Das Lexem MṢʾ-N „gefunden werden“ in v.16 ist mehrdeutig.422 Denn hier könnte angedeutet sein, dass zum einen das Bergland nicht als ausreichend für

415

Vgl. KALLAI 1990, 203f. Schon AHARONI 1967, 193 vermutet, dass es sich ursprünglich bei dem Gebirge Efraim um das Gebirgsland nördlich von Bet-El gehandelt habe. Ähnlich auch SCHMITT 1970, 91. Nach BOLING 1982, 417f. bezieht sich Efraim zunächst auf eine Stadt, die ihren Namen dem Gebirge und dem Stamm gegeben hat. Zu einer Verortung des Gebirge Efraim vgl. auch SIMONS 1959, 30f. KNOBEL 1861, 449 denkt hingegen an das gesamte mittelpalästinische Gebirge. Dagegen aber schon STEUERNAGEL 1900, 220. 416 Jos 17,15; 19,50; 20,7; 21,21; 24,30.33. 417 Vgl. NELSON 1997, 204. Ähnlich schon SCHMITT 1970, 91. Vgl. auch HOWARD 1998, 356, der bei dieser Differenzierung auf 1Kön 4,8 verweist, wo einzelne Verwaltungsbezirke in Israel mit eigenen Befehlshabern vorgestellt werden. 418 Vgl. NOTH 1971b, 106. 419 Vgl. NEEF 1995, 102. 420 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 220. 421 Zur Differenzierung der Präpositionen in Verbindung mit ʾMR vgl. JENNI 2005, 54. 422 Vgl. zum Problem WOUDSTRA 1981, 269 Anm. 3; ZIESE 2008, 313 Anm. 24.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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die „Söhne Josef“ befunden werden kann,423 oder dass zum anderen dieses Gebiet nicht in Besitz genommen werden konnte. Dementsprechend kann die Anfrage der „Söhne Josef“ unterschiedlich gedeutet werden.424 So könnte das zugewiesene Land zu klein sein, sodass es die große Bevölkerungszahl nicht ernähren konnte, oder die „Söhne Josef“ scheuten sich, das noch vorhandene Waldland zu roden, zumal sie sich vor den militärisch starken Kanaanäer der Ebene gefürchtet haben. Das Motiv des rækæb barzæl „Eisenwagen“ könnte aus Ri 1,19 entlehnt sein, wo die Stärke der indigenen Bevölkerung ebenfalls mit dem Besitz von eisernen Wagen erklärt wird.425 Zumindest ist die Constructusverbindung rækæb barzæl selten und nur im Josua- bzw. Richterbuch in Verbindung mit der militärisch überlegenen Fremdbevölkerung der Kanaanäer belegt.426 Meist wird der Ausdruck rækæb barzæl wörtlich übertragen,427 ohne dass eine Interpretation eingetragen wird. Die Lesart der Vulgata von rækæb barzæl in Ri 4,3.13 als falcatos currus könnte andeuten, dass es sich um „Sichelwagen“ gehandelt haben könnte.428 Es wären demnach nicht Wägen komplett oder teilweise aus Eisen oder mit eisernen Beschlägen gewesen, sondern besonders bewaffnete Fahrzeuge. Allerdings haben erst die persischen Sichelwagen eiserne Applikationen gehabt,429 sodass eine spätere militärtechnische Entwicklung bereits in die Zeit der Landeroberung vordatiert worden wäre. Hinzu kommt, dass die persischen Sichelwägen nur von geringem militärischen Wert waren. Alternativ dazu könnte es sich bei rækæb barzæl um Wägen handeln, deren Räder mit Eisen beschlagen waren, was diese widerstandsfähiger machte. Eine derartige Technik scheint allerdings erst in neuassyrischer Zeit aufgekommen zu sein.430 Militärstrategisch hat zudem schon in neuassyrischer Zeit die Bedeutung von Streitwagen merklich abgenommen. Fraglich ist daher, weshalb man eine fast schon überwundene Militärtechnik in die frühe Zeit der

423 BOLING 1982, 418 vermutet, dass die Begrenztheit und nicht die Bewaldung das Hauptproblem für die „Söhne Josef“ war. Denn man konnte die angrenzenden Ebenen aufgrund der Übermacht der Kanaanäer nicht unterwerfen. 424 Vgl. auch HAWK 2000, 212. 425 Vgl. zu den „Eisenwagen“ MILLARD 1988, 486f.; GÖRG 1991, 81; FRITZ 1994, 177; MILLARD 1995, 194f.; HESS 1996a, 287; NELSON 1997, 204; ZIESE 2008, 313 Anm. 25; SASSON 2014, 159f. HESS 1999, 145 denkt an „chariot(s) with iron“, zumal ein Streitwagen, der aus Eisen hergestellt ist, zu schwer für den militärischen Einsatz gewesen wäre. 426 Jos 17,16.18; Ri 1,19; 4,3.13. 427 Vulgata: cum ferreis curribus in Jos 17,16 oder ferreos currus in Jos 17,18. LXX: ἅρματα σιδηρᾶ in Ri 4,3.13. 428 Vgl. DREWS 1989, 16. Zu der Innovation der „Sichelwagen“ vgl. auch MAYER 1978, 180f. 429 Vgl. KNAUF 2008, 153. SCHMITT 1970, 96 hält dieses erzählerische Detail für „volkstümliche Ausmalung“. 430 Vgl. DREWS 1989, 19f.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Landeroberung übertragen hat. Hier kommt man über Vermutungen kaum noch hinaus. Für eine Verbindung von Jos 17 mit Ri 1,19 spricht außerdem, dass nur hier die Verbindung yošebê hāʿemæq zu finden ist, die der Verortung in v.16 sehr ähnelt (yošeb beʾæræṣ hāʿemæq). Die Bezeichnung kol hakKenaʿanî ist zudem nur noch in Ri 3,3 belegt, sodass in Jos 17 offenbar Terminologie verwendet wurde, die sich ebenso im Richterbuch findet und beide Bücher miteinander verbindet. Die Lokalisierung des Kanaanäers in v.16 mit beʾæræṣ hāʿemæq ist zudem singulär und könnte auf den ersten Blick nicht nur die Jesreel- und Jordanebene, sondern auch die Küstenebene andeuten.431 Aber die beiden laʾašærSätze verweisen darauf, dass es sich zumindest im Endtext um die Jesreelebene handeln wird.432 Vielleicht sind die laʾašær-Sätze redaktionell eingefügt worden, um die ungenaue Ausdrucksweise zu präzisieren. Im Gegensatz zu v.14 steht in v.17 bêt Yôsef statt benê Yôsef. Die Bezeichnung bêt Yôsef ist selten und verbindet v.17 vor allem mit Ri 1,22.23.35.433 Außerhalb der Josefserzählung (Gen 37–50) tritt dieser Terminus stets für den nördlichen Stammesverbund ein.434 Fraglich ist jedoch das Alter der Bezeichnung bêt Yôsef für die beiden Stämme Efraim und Manasse. Ob hier aufgrund von v.14–18 bereits von der vorstaatlichen Zeit auszugehen ist,435 kann nicht mehr sicher entscheiden werden. Hierfür müsste man voraussetzen, dass bêt Yôsef bereits in der ursprünglichen Tradition stand, was textkritisch nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Außerdem müsste v.17 literarkritisch zur kleinsten Einheit gehören. Der Verweis auf koaḥ gādôl „große Kraft“ in v.17 muss sich nicht notwendigerweise auf die Stärke zur Landeroberung beziehen, sondern kann auch die Fähigkeit zur Rodung der Waldgebiete in den Blick nehmen.436 Die Attributivverbindung koaḥ gādôl ist darüber hinaus relativ selten. In der Regel wird diese

431

Vgl. FRITZ 1994, 177. Nach WOUDSTRA 1981, 268 bezeichnet ʾæræṣ hāʿemæq die Jesreelebene und das Jordantal. Ähnlich schon OETTLI 1893, 181. Für SIMONS 1959, 31 ist der Ausdruck ʾæræṣ hāʿemæq in kollektivem Sinne („plains“ oder „low areas“) als üblicher Wohnort der Kanaanäer zu verstehen. 432 Die Bezeichnung ʿemæq Yizreʿæʾl ist zudem nur in Jos 17,16; Ri 6,33; Hos 1,5 belegt. Nach KALLAI 1986a, 63 ist zumindest zwischen Bet-Schean und der Jesreelebene zu unterscheiden, wobei letzteres den westlichen Teil der Ebene bezeichne. Ähnlich schon SIMONS 1959, 31f. 433 AULD 1975, 276 weist jedoch darauf hin, dass LXX z.B. in Ri 1,22 benê Yôsef anstelle von bêt Yôsef belegt, sodass auch hier die Textüberlieferung nicht einheitlich ist. 434 Jos 17,17; 18,5; Ri 1,22.23.35; 2Sam 19,21; 1Kön 11,28; Am 5,6; Ob 1,18; Sach 10,6. 435 Vgl. SEEBASS 1982, 74–76; NEEF 1995, 111. Moderater urteilt TÄUBLER 1958, 197– 199, der von der frühköniglichen Zeit ausgeht. 436 Vgl. FRITZ 1994, 176. Nach ZIESE 2008, 313f. liegt hier außerdem eine Anspielung auf die Temporalangabe ʿad koh in v.14 vor.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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Formel mit der Geschichtsmächtigkeit Gottes verbunden.437 Schon aus diesem Grund ist die Zuschreibung der großen Kraft zum „Haus Josef“ eine besondere Auszeichnung für diesen Stammesverband.438 Dementsprechend ist die „große Kraft“ wohl eher mit der heilsgeschichtlich bedeutsamen Vernichtung der Kanaanäer als mit der Waldrodung zu verbinden.439 Vor diesem Hintergrund erscheint jedoch die Angst vor den übermächtigen Kanaanäern eigentlich unbegründet. Fraglich ist, ob die wiederholte Bitte der „Söhne Josef“ um weiteres Land insgesamt gescheitert ist,440 zumal Josua in v.17 betont, dass den „Söhnen Josef“ nicht nur ein Losanteil zukommen soll. Gerade diese Redeweise insinuiert, dass Josua dem inständigen Bitten der „Söhne Josef“ eigentlich nachgegeben hat. In v.17 könnte zudem eine abweichende Vorstellung von gôrāl „Los“ zu greifen sein, zumal hier nicht ein Losverfahren im Rahmen der Landverteilung im Blick ist, sondern das durch Rodung selbst erworbene Land.441 Anstelle des Aktes des göttlichen Losentscheids wird demnach in v.17 der durch das Los zugeteilte Landanteil in den Blick genommen. Dann würden allerdings v.14 und v.17 nicht auf einer redaktionellen Ebene liegen. Ob man aber gôrāl in v.17 ausschließlich auf das gerodete Gebiet beziehen darf, kann kaum noch entschieden werden. Nach 18a soll den „Söhnen Josef“ ein Gebirge zufallen, wobei es sich hierbei um har ʾæfrāyim „Gebirge Efraim“ aus v.15 oder auch um hāhār aus v.16 handeln könnte. Allerdings ist in beiden Fällen fraglich, weshalb bei einer derartigen Gleichsetzung das Lexem har in 18a indeterminiert ist.442 Da har ohne Artikel steht, könnte dies andeuten, dass diese Größen eben nicht miteinander identifiziert werden dürfen.443 Dann wäre hier vielleicht auf ein zusätzliches Gebirge verwiesen, das über Wald verfügt. Dieses Gebiet würde den zuvor in v.17 erwähnten gôrāl erweitern, sodass die „Söhne Josef“ in der Tat nicht nur einen Losanteil haben werden. 437

Mit Gott Ex 32,11; 2Kön 17,36; mit Simson Ri 16,5.6.15. Vgl. auch RAKE 2006, 46. Vgl. NEEF 1995, 103f. 439 Vgl. RAKE 2006, 46. 440 So aber EDERER 2017, 256. 441 Vgl. SEEBASS 1982, 71. 442 Nach HERTZBERG 1985, 104 soll hier betont werden, dass die „Söhne Josef“ zusätzliches Gebirgsland zur Besiedlung erhalten, sodass sie nicht in die stark befestigte Ebene vorstoßen müssten. Schon BUDDE 1887, 125 vermutet, dass den „Söhnen Josef“ das Gebirge Gilead zusätzlich zugesprochen wurde. Falls sie dieses ganz besiedelt haben, würden sie zudem stark genug sein, die Kanaanäer der Ebene zu besiegen. Ähnlich SMEND 1912, 333, der hier har hagGilʿād liest. 443 Anders hingegen NOTH 1971b, 106f., dem zufolge har in v.18 mit hāhār aus v.16 identisch sei, zumal dieser Begründungssatz auf bereits gegebene Möglichkeiten hinweise. RUDOLPH 1938, 227 liest dementsprechend hāhār in v.18. 438

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Die toṣeʾotāyw „seine Ausläufer“ beziehen sich vermutlich auf die Ausläufer des Waldgebietes, zumal das enklitische Personalpronomen bei bereʾtô ebenso auf yaʿar verweist. Es wären mit toṣeʾotāyw wohl die äußeren Ränder des Waldgebietes gemeint, sodass der gesamte Wald in den Blick gerät. Allerdings könnte sich das enklitische Personalpronomen auch auf har zurückbeziehen, sodass hier die Ausläufer des Gebirges erwähnt sein könnten.444 Aber diese Differenzierung ist überhaupt nicht nötig, da har in 18a als yaʿar qualifiziert wird. Bei dem Gebirge handelt es sich folglich offenbar um ein Waldgebiet. Demgegenüber ist allerdings fraglich, ob toṣeʾotāyw „das (durch Rodung) gewonnene Gebiet“ bedeutet,445 zumal eine solche Deutung singulär in den Landverteilungstexten wäre. Eine derartige Interpretation ist offenbar nur aufgrund von inhaltlichen Erwägungen entwickelt worden und kann nicht mit anderen Argumenten abgesichert werden. Alles in allem sind mit toṣeʾotāyw vermutlich die an das Gebirge anschließenden Täler gemeint.446 Dann würde sich dieser Ausdruck auch auf die benachbarte Gebiete beziehen. Die yiqtol-Form des ersten kî-Satzes (kî tôrîš) ist entweder als zukünftige Vorhersage oder als Aufforderung zu verstehen: entweder „du wirst vertreiben“ oder „du sollst vertreiben“.447 Während ansonsten beim noch nicht eroberten Gebiet YHWH auch weiterhin die Fremdbevölkerung vertreiben wird, bleibt es nun allein den „Söhnen Josef“ überlassen, die Kanaanäer zu unterwerfen. Der abschließende Satz kî ḥāzāq hûʾ könnte mit der Kundschaftererzählung Num 13 zu verbinden sein, wo ebenfalls diese Bezeichnung auf die Fremdbevölkerung angewendet wird. Allerdings wird in Num 13,31 noch betont, dass die indigene Bevölkerung stärker als die Landnahmegeneration sei, was mit dem Zusatz mimmænû ausgedrückt wird.448 Darüber hinaus ist eine Verbindung zu Ri 1,28 festzustellen, wo die Israeliten stark geworden sind und die

444

Vgl. MITTMANN 1970, 210, der zudem das dazwischen getretene Rodungsmotiv des Waldes tilgt. 445 Vgl. NOTH 1971b, 102. Kritisch dazu aber SCHMITT 1970, 93. 446 Vgl. RUDOLPH 1938, 227; WOUDSTRA 1981, 269 Anm. 7, der zudem auch eine figurative Bedeutung nicht ausschließt: „ihre Ergebnisse“. Nach SCHMITT 1970, 93–95 sollen die „Söhne Josef“ die bewaldeten Randgebiete roden und in Besitz nehmen. 447 Vgl. HAWK 2000, 213. Nach PITKÄNEN 2010, 308 können die „Söhne Josef“ aufgrund ihrer Größe sowohl das noch ausstehende Waldgebiet roden als auch die stark bewaffneten Kanaanäer der Ebene ausschalten. Nach NELSON 1997, 205 geht es hier nicht um politische Dominanz wie bei anderen nicht eroberten Gebieten, sondern um vollständige Unterwerfung. SEEBASS 1982, 71 hingegen denkt in 18b an eine rhetorische Frage, was aber angesichts des fehlenden Fragepartikels zweifelhaft ist. 448 BUTLER 2014b, 145 sieht hingegen schon in v.16 einen Hinweis auf die Kundschaftererzählung, wo eine ähnliche Angst vor der starken Urbevölkerung eingespielt wird, die über rækæb barzæl im Gegensatz zu den „Söhnen Josef“ verfügen.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

287

Kanaanäer zur Zwangsarbeit heranziehen können, auch wenn die Israeliten sie nicht endgültig vertreiben konnten.449 3.3 Literarkritische und Redaktionsgeschichtliche Überlegungen Formal und inhaltlich lassen sich in Jos 17,14–18 Parallelen zu Ri 1,22–28 entdecken, wo ebenfalls zum einen Eroberungen des „Hauses Josef“, zum anderen aber auch die Unfähigkeit zur Vertreibung der Vorbevölkerung besprochen werden.450 Trotz dieser Ähnlichkeiten lässt sich Jos 17,14–18 redaktionell nur schwer verorten, da die Sprache nicht typisch für einen literarischen Horizont ist. Denn zum einen fehlen hier typisch priesterliche Termini zur Beschreibung der Stämme Efraim und Manasse. Zum anderen liegt zumindest inhaltlich der dtr. Vorstellungshorizont einer kriegerischen Landnahme zugrunde,451 auch wenn die Wortwahl eher unspezifisch ist. Hinzu kommt, dass die Erzählung in Jos 17,14–18 kaum einheitlich zu sein scheint. Dies ist schon vor dem Hintergrund nicht unwahrscheinlich, dass sich hier verschiedene erzählerische Tendenzen überlagern, die vermutlich nicht zu einem einheitlich gestalteten Text gehören können:452 1)

In v.17 wird die Anfrage der „Söhne Josef“ aus v.14 aufgegriffen (gôrāl ʾæḥād und ʿam rāb), während 18b die Bedenken aus v.16 einspielt (rækæb barzæl). Darüber hinaus werden zwei Lösungsstrategien von Josua entwickelt. Nach v.17 sollen noch unbesiedelte Waldregionen gerodet und in Besitz genommen werden, nach v.15 soll man auf das „Land des Perisiters und der Refaiter“ ausweichen.453 Im Endtext scheinen beide Dinge gleichgesetzt zu sein. Außerdem wird der friedlichen Inbesitznahme durch Rodung die kriegerische Landnahme durch Unterwerfung der starken Kanaanäer gegenübergestellt.454 Allerdings ist auch die Rodung im „Land des Perisiters und der

2)

3)

449

Vgl. hierzu auch CORTESE 1990, 91. Nach BARTHÉLEMY 1982, 49 sind die Kanaanäer zwar eine bedrohliche Macht, aber die „Söhne Josef“ sind ebenbürtig. 450 Vgl. CORTESE 1990, 91f. Nach CORTESE 2004, 450 ist die Einfügung des uralten Materials von Jos 17,14–18 auf PSS zurückzuführen. Nach BUDDE 1887, 127–131; RUDOLPH 1938, 227f. gehören v.14–18 trotz des Hauptprotagonisten Josua eigentlich zur Erzähltradition von Ri 1. 451 Nach CORTESE 1990, 91f. könnte aufgrund des Verbums YRŠ ein dtr. Hintergrund vorliegen, wobei aber in Jos 17 und Ri 1 im Gegensatz zu DtrG die Eroberung des Verheißungslandes nicht Gesamtisrael, sondern einzelnen Stämmen zugesprochen wird. 452 Anders IBAÑEZ ARANA 1981, 91, der v.14–18 für eine alte Erzählung hält. 453 Nach FRITZ 1994, 176 wird demnach das Stammesgebiet auf das Ostjordanland hin ausgeweitet. Ähnlich NAʾAMAN 1986, 164f.; ASSIS 2003, 19. Dies ist aber – wie oben gesehen – fraglich. 454 Nach GÖRG 1991, 81 könnte hier das einstige Nebeneinander von friedlicher Besiedlung und kämpferischer Agitation dargestellt sein.

288

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Refaiter“ sicherlich nicht ganz friedlich verlaufen, da man gegen die Rechtsansprüche der Vorbevölkerung vorgehen musste. Darüber hinaus sind einige Doppelungen und Mehrfachüberlieferungen festzustellen, die entweder Kohärenz stiften oder störend wirken, je nachdem wie man diese Beobachtungen bewertet:455 1)

Der Hinweis auf den ʿam rāb taucht in der ersten Frage der „Söhne Josef“ (v.14) wie auch in den beiden Antworten Josuas (v.15 und v.17) auf, wird aber inhaltlich unterschiedlich gewertet. Während die „Söhne Josef“ dieses Argument als Begründung für ihren Landanspruch sehen, deutet Josua dies als besondere Qualifizierung, weiteres Land einnehmen zu können. Die Klage der „Söhne Josef“ über das unzureichende Gebiet wird ebenfalls zweimal berichtet (v.14 und v.16), obwohl Josua in seiner ersten Rede bereits auf das Problem eingegangen ist (v.15). Das Motiv der Waldrodung findet sich ebenfalls in beiden Antworten Josuas (v.15 und v.18), wobei nicht klar ist, ob es sich um das gleiche Waldgebiet handelt, das zur Rodung freigegeben wird.

2) 3)

Dementsprechend könnten zwei zunächst voneinander unabhängige Traditionen miteinander verbunden worden sein.456 Ausweislich der aufgewiesenen Doppelungen könnte man daher an v.14–15 und v.16–18 als ursprüngliche Traditionen denken. Darüber hinaus lassen sich inhaltliche Spannungen aufweisen, die ebenfalls gegen einen einheitlichen Text sprechen: 1)

Die inhaltliche Spannung, die durch die eröffnende Frage der „Söhne Josef“ in v.14 aufgeworfen wird, weshalb dieser Stamm nur ein Los erhalten hat, wird bis zum Schluss eigentlich nicht aufgelöst. Lediglich der abschließende negierte Verbalsatz in v.17 könnte daran denken lassen, dass die „Söhne Josef“ nicht nur ein Los erhalten sollen. Auch geht die erneute Rede der „Söhne Josef“ in v.16 nicht auf die bereits erfolgte Antwort Josuas in v.15 ein, was beide Teile voneinander trennt. Denn selbst bei einer Fortschreibung hätte man erwartet, dass der Argumentationsfaden aufgegriffen und weitergeführt worden wäre. Schließlich scheint die Konversation durcheinander geraten zu sein, da die „Söhne Josef“ eigentlich nicht auf die Argumente Josuas eingehen. Während Josua nämlich empfiehlt, die Waldgebiete zu roden, verweisen die „Söhne Josef“ auf starke Kanaanäer.457

2)

3)

455

Vgl. zu diesen Doppelungen auch SCHMITT 1970, 90. NELSON 1997, 203f.; NELSON 2007, 14 vermutet zudem, dass v.16–18 zur Gattung der Landzuweisungstexte gehöre (Jos 14,6–16; 15,13–19; 17,3–6). 457 Vgl. zum Problem FARBER 2016, 103. Nach NOTH 1971a, 242 gehören v.14–18 sachlich und formal zu dem in Ri 1 erhaltenen Überlieferungsstoff. 456

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

289

Außerdem finden sich stilistische Spannungen,458 die ebenfalls das Vertrauen in einen einheitlichen Text nicht gerade stärken: 1)

Die „Söhne Josef“ werden in v.14.15.17.18 als Singular betrachtet (enklitische und selbstständige Personalpronomina), während in 15a und v.16 Pluralformen im Blick sind (ʾalêhæm, lānû). Fraglich ist, ob es sich um eine bewusste Varianz oder eine literarkritische Spannung handelt. Diese Spannungen haben die Versionen gelegentlich behoben. Die Gesprächspartner Josuas sind zum einen die „Söhne Josef“ (v.14.16), zum anderen aber das „Haus Josef“ (v.17), wobei es für diesen Adressatenwechsel keinen nachvollziehbaren Grund gibt. Auch die Doppelaussage („ein Los und ein Anteil“) in v.14 steht der Einfachaussage in v.17 („ein Los“) gegenüber. Es stellt sich daher die Frage, weshalb in der Antwort Josuas nur ein Teil der Frage der „Söhne Josef“ aufgegriffen wurde. Außerdem werden die unterschiedlichsten Wendungen für das Gebirge verwendet, das von den „Söhnen Josef“ genutzt werden soll. Zunächst ist har ʾæfrāyim vermutlich nur ein begrenztes Gebirge im Stammesgebiet von Efraim (v.15), während hāhār vielleicht das gesamte mittelpalästinische Gebirge ist (v.16). Das in v.18 zugesagte Gebirge, bei dem es sich offenbar um Waldgebiet handelt, lässt sich nicht mehr genauer einordnen. Darüber hinaus wird der Wald in v.15 bereits bei seinem ersten Auftreten determiniert, in v.18 hingegen nicht. Im ersten Fall könnte es sich deiktisch um ein bestimmtes Waldgebiet handeln. Im zweiten Fall wird das zugesprochene Gebirge als Waldregion qualifiziert.

2) 3)

4)

5)

Meistens wird vermutet, dass aufgrund der beobachteten unterschiedlichen erzählerischen Tendenzen, der Wiederholungen, der inhaltlichen und stilistischen Spannungen zwischen v.14–15 und v.16–18 ein Einschnitt vorzunehmen ist, was auf eine literarkritische Fuge hinweisen könnte. Wie sich dann aber die beiden Textabschnitte zueinander verhalten, ist schwierig zu erklären.459 Häufig wird v.16–18 für die ältere Tradition gehalten, die sekundär durch v.14–15 ergänzt wurde, um zu betonen, dass Manasse das Territorium der Refaiter im Ostjordanland erobert habe.460 Fraglich ist aber, ob sich der Hinweis auf das „Land des Perisiters und der Refaiter“ tatsächlich auf das Ostjordanland bezieht und infolgedessen bereits das „Gebirge Efraim“ das gesamte

458

Vgl. NEEF 1995, 100. Vielleicht ist eine ältere Erzählung durch die Einarbeitung in den größeren Kontext erweitert worden, vgl. BOLING 1982, 417. 460 Vgl. SOGGIN 1982, 182f.; PERLITT 1990, 31 Anm. 52. Nach SMEND 1912, 332 seien v.14–15 zudem nur eine „minderwertige Nachbildung“ von v.16–18. Allerdings ist dann fraglich, weshalb ein späterer Redaktor diese Verse sekundär vorangestellt haben sollte, vgl. RUDOLPH 1938, 226. 459

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

mittelpalästinische Gebirge wäre. Beide Schlussfolgerungen sind – wie gesehen – nicht zwingend. Außerdem scheint das Fehlen des Adressaten in v.16 anzudeuten, dass mit diesem Vers kaum eine eigenständige Einheit beginnen kann. Bisweilen wird auch daran gedacht, dass die Anordnung der einzelnen Verse im Laufe der Textentstehung verändert wurde. Wenn man nämlich v.17–18 mit v.15 austauschen würde,461 dann erhält man einen stringenteren Argumentationsgang. Die letzten beiden kî-Sätze seien zudem erst sekundär ergänzt worden, als man die ursprüngliche Anordnung verlassen habe.462 Dann stellt sich aber zu Recht die Frage, weshalb man nachträglich eine gute und plausible Erzählabfolge absichtlich in Unordnung bringen sollte. Außerdem sollte man überlegen, ob man einen auf den ersten Blick ungeordneten Text in eine bessere Ordnung bringen darf, zumal die formalen Beobachtungen nicht notwendigerweise in diese Richtung weisen. Auch zu diesem Erzähltext sind zahlreiche literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe vorgelegt worden, die im Folgenden zu bewerten sind: 1)

2)

Steuernagel (1900):463 Vielleicht sei in v.14–18 nur ein einziger Grundtext zu finden, der redaktionell fortgeschrieben worden sei, was die beobachteten Doppelungen erkläre. Aufgrund des kürzeren Textes der LXX seien zudem „dort im Land des Perisiters und der Refaiter“ (v.15), „in der Ebene“ (v.16), „bezüglich Efraim und Manasse“ (v.17) zu streichen. Außerdem seien in v.18 der Verweis auf Gebirge, Wald und Rodung (18a) sowie die eisernen Wagen der Kanaanäer sekundär hinzugefügt worden. Fraglich ist jedoch, ob der kürzere LXX-Text tatsächlich eine frühere literarische Textform der Einheit bewahrt haben könnte. Falls dies der Fall sein sollte, müssten die redaktionellen Zusätze im MT irgendwie logisch erklärt werden. Hinzu kommt, dass bei diesem Entwurf gerade im inhaltlich schwierigen 18a das Wort toṣeʾotāyw „ihre Ausläufer“ getilgt wird, wie dies schon in LXX der Fall ist. Aber es gibt keine schlüssige Begründung für diesen Zusatz durch MT. Mittmann (1970):464 Der Verweis auf die Größe der „Söhne Josef“ und das zugewiesene Los in v.17 gehe eigentlich nicht auf die Beschwerde in v.16 ein, sodass v.16–18 den vorausgehenden Abschnitt v.14–15 unbedingt benötigten. Da die Variante in v.16–18 aber meist als älter betrachtet werde,

461 ROFÉ 2004, 355 vermutet daher, dass die ursprüngliche Anordnung v.14.17–18.16.15 gewesen sei. 462 Vgl. auch FARBER 2016, 104. HOLZINGER 1901, 71 hält den Text aufgrund der fünf kî-Sätze in v.18 für verworren. Ähnlich STEUERNAGEL 1900, 220; MITTMANN 1970, 210. Kritisch hierzu aber NEEF 1995, 104, der auf andere Stellen mit einer Häufung von kî verweist. 463 Vgl. STEUERNAGEL 1990, 219–221. 464 Vgl. MITTMANN 1970, 209–211.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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müsse man alle Hinweise tilgen, die aufgrund der Verbindung mit v.14– 15 eingedrungen seien: 17b (Größe, Losentscheid), 18a kî yaʿar hûʾ ûbereʾtô (Rodungsmotiv). Der Grundbestand in v.16–18 weise zudem stilistische Ähnlichkeiten mit Ri 1 auf, sodass hier vielleicht ein quellenhafter Zusammenhang anzunehmen wäre. Dann wäre aber der Text erst sekundär in die vorliegende Gesprächssituation gebracht worden. Demnach wären auch die Redeeinleitungen in 16a und 17a sekundär, sodass als ursprüngliche Tradition nur noch 16aβ.b und v.18 übrigbleiben (ohne Rodungsmotiv). Allerdings müsste man dann auch noch die jeweiligen enklitischen Personalpronomina von der 1./2. Person in eine 3. Person überführen, damit ein Berichtstil entsteht. Fraglich ist jedoch bei diesem Entwurf, ob man derart massiv in einen vorgegebenen Text eingreifen darf. Hinzu kommt, dass die Vorstellung, dass v.16–18 der ältere Text sein muss, nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Außerdem müsste diese Behauptung durch valide Argumente abgestützt werden. Schmitt (1970):465 Gegen eine Zweiteilung in v.14–15 und v.16–18 spreche die Beobachtung, dass Josua nach v.17 offenbar nicht nur ein Los vergeben wolle. Auf diese Weise werde zudem die Klage der „Söhne Josef“ aus v.14 aufgegriffen, die sich über ein einziges Los und einen einzigen Anteil beschwerten. Zumindest das Lexem gôrāl sei in v.17 dann unvorbereitet, wenn die ursprüngliche Tradition auf v.14–15 verzichte. Die Rodung des Waldes in v.18 sei zudem lediglich eine Wiederaufnahme des Gedankens aus v.15 und müsse nicht auf eine separate Erzähltradition zurückgehen, zumal es im zweiten Gesprächsgang eigentlich um die gefährlichen Kanaanäer der Ebene gehe, deren Widerstand man brechen werde. Dementsprechend könne v.16–18 eine Fortschreibung von v.14–15 sein. Auf diese Weise würden die Abhängigkeitsverhältnisse umgedreht, zumal zum Verständnis von v.16–18 die vorangestellten v.14–15 eigentlich nötig seien. Methodisch fragwürdig ist allerdings, weshalb die beobachteten Doppelungen Fortschreibungen sein müssen und nicht als kohärenzstiftende Elemente verstanden werden können. Noth (1971):466 Die kurze Erzählung Jos 17,14–18 bestehe aus zwei parallelen Erzählvarianten (v.14–15 und v.16–18), wobei die zweite Variante formal aufgrund ihres anekdotenhaften Stils und des Ausdrucks bêt Yôsef sowie inhaltlich aufgrund der Darstellung eines Sonderschicksals eines Einzelstammes während der Landnahme mit den Erzählungen in Ri 1 verwandt sei. Nur der Verweis auf die Person Josua in 17a hebe v.16– 18 von Ri 1 ab. Die jüngere Variante in v.14–15 erweitere schließlich das Siedlungsgebiet um das Ostjordanland. Dieser Entwurf geht aber von der

3)

4)

465 466

Vgl. SCHMITT 1970, 90. Vgl. NOTH 1971b, 106f. Ähnlich GEUS 1976, 82.

292

Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

fragwürdigen Prämisse aus, dass das „Land des Perisiters und der Refaiter“ tatsächlich im Osten liegen muss, was aber – wie gesehen – nicht gesichert ist. Auch die Ähnlichkeit mit den Nichteroberungstexten in Ri 1 muss nicht notwendigerweise auf eine Verwandtschaft oder literarische Abhängigkeit hindeuten. Miller/Tucker (1974):467 Der dtr. Redaktor habe zwei ältere Traditionen (v.14–15 und v.16–18) sekundär miteinander verbunden, die von einer Bitte der „Söhne Josef“ erzählt hätten, einen größeren Landanteil zu erhalten. In der ersten Version würden sie von Josua angewiesen, das bereits zugeteilte Land zu roden, um mehr Platz zu gewinnen. Nach der zweiten Version sollten sie zunächst die Ausläufer des zugewiesenen Gebietes besiedeln, bevor sie dann auch die Kanaanäer aus der Ebene besiegen könnten. Bei diesem Entwurf werden die Doppelungen konsequent auf zwei vorliegende Quellen verteilt, die erst redaktionell miteinander verbunden worden sind. Dabei werden jedoch die Querbezüge der zweiten Version zur ersten nicht wahrgenommen. Hinzu kommt, dass v.16 mit einer Rede der „Söhne Josef“ beginnt, die keinen Adressaten angibt. Rein zufällig antwortet dann Josua in v.17 auf deren Beschwerde. Seebass (1982):468 Die beiden laʾašær-Sätze in v.16, die sich auf die „Bewohner“ beziehen, sowie die Erläuterung „Efraim und Manasse“ in v.17 seien sekundäre Ergänzungen. Außerdem sei 18b ein Zusatz, der das Thema mit den gefährlichen Kanaanäern von v.16 wieder aufgreife. Ausweislich dieser Beobachtungen sei die älteste Tradition demnach in v.16.(ohne die laʾašær-Sätze).17(ohne „Efraim und Manasse“).18a zu finden. In einem ersten redaktionellen Schritt seien dann v.14–15 vorgeblendet worden, um zu legitimieren, dass die „Söhne Josef“ durchaus mit den Landesbewohnern zusammenleben dürften. Darüber hinaus seien in v.16 die „Söhne Josef“ und in v.17 „Efraim und Manasse“ nachgetragen worden, während in der ursprünglichen Tradition noch das „Haus Josef“ gestanden habe. Schließlich sei in einem zweiten Schritt die Erzählung panisraelitisch durch die beiden laʾašær-Sätze in v.16 und durch 18b erweitert worden, da über die Bewohner in der Ebene eine Beziehung zu den galiläischen Siedlungsgebieten konstruiert werden sollte. Falls diese redaktionsgeschichtliche Rekonstruktion stimmen sollte, dann müsste allerdings geklärt werden, wer das handelnde Subjekt in v.16 ist, da dann sowohl Sprecher wie Adressat in der ursprünglichen Tradition noch fehlten. Beides wird dann erst in v.17 nachgereicht.

5)

6)

467 468

Vgl. MILLER/TUCKER 1974, 136f. Vgl. SEEBASS 1982, 70–73.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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Hertzberg (1985):469 Wie meist vermutet, sei hier von einer doppelten Überlieferung auszugehen, die in v.14–15 und v.16–18 noch zu greifen sei. Allerdings seien beide Traditionen geschickt zu einer sinnvollen Erzählung verbunden worden. Fraglich sei folglich, ob überhaupt beide Erzähltraditionen voneinander isoliert werden können. Bei diesem Entwurf muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass die beobachteten Doppelungen nicht notwendigerweise auf zwei eigenständige Überlieferungen hinweisen müssen. Fritz (1994):470 Aufgrund der unterschiedlichen Erzähltendenzen könne v.16 nicht mit v.17–18a verbunden werden (kriegerische Landnahme vs. friedliche Rodung), sodass die Grundschicht nur in v.14.17–18a vorliege, die eine Vergabe des Gebirges Efraim an die „Söhne Josef“ erzählt, während v.15–16.18b redaktionelle Ergänzungen seien. Bei diesem Entwurf wird zumindest die Redesituation innerhalb der ursprünglichen Tradition geklärt, da mit dem vorgeschalteten v.14 Sprecher und Adressat klar genannt werden. Fraglich ist jedoch, weshalb von den „Söhnen Josef“ (v.14) unvermittelt zum „Haus Josef“ (v.17) gewechselt wird. Es stellt sich zudem das Problem, dass die redaktionellen Zusätze ohne erkennbaren Grund das Motiv der Rodung eines Waldgebietes bereits in der ersten (redaktionellen) Antwort Josuas in v.15 vorwegnehmen. Neef (1995):471 Die Spannungen und Wiederholungen in v.14–15 und v.16–18 legen vermutlich eine literarkritische Aufteilung nahe, wobei v.14–15 mit Elementen aus dem vorliegenden Abschnitt v.16–18 gebildet sei. Für eine derartige Abhängigkeit sprächen Präzisierungen und Erweiterungen in v.14–15 gegenüber v.16–18. Außerdem sei yaʿar besser in v.16–18 eingebunden, während hayyaʿrāh in v.15 unvermittelt auftauche. Schließlich könne die Bezeichnung „Haus Josef“ auf eine ältere Tradition zurückgehen. Durch die Stichworte des „Lehens“, der „Söhne Josef“ und des „Gebirges“ werde das ältere Traditionsstück durch v.14–15 bestens in den umgebenden Kontext Jos 16–17 eingebunden. Darüber hinaus sei in v.16 ausweislich der sperrigen Syntax noch der Ausdruck „Land der Ebene“ durch zwei laʾašær-Sätze redaktionell präzisiert worden. In v.17 sei „Efraim und Manasse“ ein redaktioneller Zusatz zum „Haus Josef“, wofür zum einen die singuläre Verbindung von „Haus Josef“ und „Efraim und Manasse“, zum anderen die Lesart der LXX sprächen, die auf die Stammesangabe verzichte. Aber auch bei diesem Entwurf ist der unvermittelte Beginn der ursprünglichen Tradition in v.16 nicht ohne Probleme, sodass auch diese redaktionsgeschichtliche Deutung nicht zu überzeugen vermag.

7)

8)

9)

469

Vgl. HERTZBERG 1985, 105. Vgl. FRITZ 1994, 176f. 471 Vgl. NEEF 1995, 102–107. 470

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

10) Rake (2006):472 Aufgrund des Wechsel in der Anrede und im Numerus könne man zwischen v.16 und v.17 eine literarkritische Fuge vermuten („Söhne Josef“-Plural in v.16 vs. „Haus Josef“-Singular in v.17–18). Inhaltlich werde zudem in v.17 die in v.16 formulierte Klage der „Söhne Josef“ nicht aufgenommen, was ebenfalls für eine Trennung zwischen v.16 und v.17 spreche. Vielmehr beziehe sich v.17 auf v.14 (Losentscheid). Dementsprechend sei v.17–18 mit v.14 zu verbinden, auch wenn in v.14 „Söhne Josef“ das vielleicht ursprüngliche „Haus Josef“ verdrängt habe. In v.18 sei zudem nur das Thema der Vertreibung der Kanaanäer ursprünglich, während die Waldrodung als sekundärer Zusatz aus v.15– 16 eingedrungen sei. Auch die „eisernen Wägen“ seien nachträglich aus v.16 eingedrungen und hätten den Schlusssatz erzeugt, der in Spannung zur eigenen Stärke der Söhne Josef stehe. Allerdings könne diese Spannung dann ausgeräumt werden, wenn die beiden letzten kî-Sätze konzessiv wiedergegeben würden: Auch wenn der Kanaanäer stark ist, können die „Söhne Josef“ ihn vertreiben. Obschon hier eine nahezu glatte Grunderzählung, die durch weitere Motive erweitert wurde, rekonstruiert werden konnte, ist der Beginn mit den „Söhnen Josef“ nicht unproblematisch. Außerdem ist der Verweis auf die Stärke der „Söhne Josef“ in v.17 und auf die Vertreibung des Kanaanäers in v.18 bislang unvorbereitet. Im ersten Fall müsste man davon ausgehen, dass die Stärke sich lediglich auf die Fähigkeit zum Roden des Waldgebietes bezieht, im zweiten Fall müsste man die „Ausläufer“ als von Kanaanäern besiedelt verstehen. 11) Rösel (2011):473 Die ursprüngliche Tradition habe aus v.14–15 bestanden. Erst sekundär seien v.16–18 ergänzt worden, da diese Verse die Gesprächssituation und -partner sowie den Erzählkontext aus v.14–15 benötigten und nicht unabhängig davon existieren könnten. Als neues Motiv sei in der Ergänzung die Stärke der Kanaanäer aufgrund ihrer Eisenwägen eingetragen worden, die aber in der Zukunft besiegt werden könnten. Angesichts der vielen kî-Sätze, die zudem den Inhalt der Konversation verdoppeln, sei v.18 sekundär hinzu gewachsen. Allerdings werden auch hier die Spannung zwischen den „Söhnen Josef“ und dem „Haus Josef“ sowie der Numeruswechsel nicht berücksichtigt. Alles in allem bleibt festzuhalten, dass die bisherigen literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Entwürfe nicht befriedigen, sodass nach einer neuen Lösung gesucht werden soll, die die sprachlichen Beobachtungen am besten erklärt. Vermutlich ist hier nicht von zwei verwendeten Quellen auszugehen, die ineinander gearbeitet worden sind, sondern von einem Text, der redaktionell mit Glossen erweitert worden ist. 472 473

Vgl. RAKE 2006, 44–47. Vgl. RÖSEL 2011, 282–284.

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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In v.14–18 werden vermutlich sukzessive zwei Lösungsstrategien für die „Söhne Josef“ entworfen, wobei Josua jeweils auf deren Einwände eingeht. Zunächst sollen von den „Söhnen Josef“ die nach v.15 bislang unbesiedelten Waldregionen, die entweder schon zum Losanteil gehören oder in dessen Peripherie liegen, gerodet und in Besitz genommen werden. Neben der friedlichen Inbesitznahme durch Rodung, auf die in v.18 erneut hingewiesen wird, sollen schließlich die Kanaanäern mit Gewalt vertrieben werden, auch wenn diese stark sind und eiserne Wägen besitzen. Diese beiden Lösungsstrategien werden in der abschließenden Antwort Josuas näher profiliert. Diese ursprüngliche Erzählabfolge wird durch verschiedene Kohärenzsignale zusammengehalten. Zu den Kohärenz stiftenden Elementen gehört die Rede von dem ʿam rāb. Der Hinweis auf das „große Volk“, der von den „Söhnen Josef“ (v.14) als Begründung für ihren Landanspruch angeführt wird, wird von Josua zum einen in v.15 als besondere Qualifizierung gedeutet, weiteres Land einnehmen zu können, zum anderen in v.17–18 als herausragende Stärke, um die gefährlichen Kanaanäer vertreiben zu können. Die Klage der „Söhne Josef“ über den eigenen Losanteil (v.14) wird zudem nach der unzureichenden Antwort Josuas noch einmal präzisiert (v.16). Während Josua vorgeschlagen hat, auf die bislang unbesiedelten Waldgebiete des mittelpalästinischen Berglandes ebenfalls auszugreifen (hayyaʿar zusätzlich zu har ʾæfrāʾîm), verweisen die „Söhne Josef“ darauf, dass dieses Gebiet immer noch nicht ausreicht (hāhār) und die Kanaanäer in der Ebene viel zu stark sind. Dementsprechend geht die erneute Rede der „Söhne Josef“ in v.16 tatsächlich auf die bereits erfolgte Antwort Josuas in v.15 ein. Denn hāhār ist nicht mit har ʾæfrāʾîm gleichzusetzen, sondern bezieht sich auf das gesamte mittelpalästinische Gebirge, in dem ja die zugewiesenen Waldgebiete liegen. Selbst diese implizite Erweiterung des Territoriums scheint für die „Söhne Josef“ noch nicht ausreichend zu sein. Dementsprechend ist auch hier ein Gedankenfortschritt festzustellen, der nicht literarkritisch aufgelöst werden sollte. In v.17 wird zudem die erste Anfrage der „Söhne Josef“ aus v.14 aufgegriffen (gôrāl ʾæḥād und ʿam rāb), während 18b die Bedenken der zweiten Anfrage aus v.16 einspielt (rækæb barzæl). Dementsprechend wird zum einen das Problem des Losanteils, aber auch der Einschränkung durch die starken Kanaanäer der Ebene am Schluss der Texteinheit gelöst. Aufgrund der Größe und Stärke der „Söhne Josef“ (v.17) sind diese imstande, das bewaldete Berggebiet zu roden und die Kanaanäer der Ebenen, die die Ausläufer des Waldgebietes besiedelt haben, zu vertreiben (v.18). Demnach haben die „Söhne Josef“ aufgrund des Waldes, der noch genutzt werden kann, und der anschließenden Ausläufer tatsächlich nicht nur einen Losanteil (v.17). Auf diese Weise wird bereits im ursprünglichen Text die inhaltliche Spannung aufgelöst, die durch die eröffnende Frage der „Söhne Josef“ in v.14 aufgeworfen wird, weshalb dieser Stamm nur ein Los erhalten hat.

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Die Erzählungen in den Landverteilungstexten

Somit lässt sich in Jos 17,14–18 ein weitgehend einheitlicher Text herausarbeiten, der aber an wenigen Stellen redaktionell durch Glossen erweitert wurde, worauf im Folgenden eingegangen werden muss. Die inhärente Spannung der Doppelaussage in v.14 („ein Los und ein Anteil“) zur Einfachaussage in v.17 („ein Los“) könnte auf redaktionelle Arbeit zurückgeführt werden. Möglicherweise hat ein Glossator in v.14 einen Doppelausdruck gewählt, um hier ironisch auf das völlig unzureichende Gebiet der „Söhne Josef“ markant hinzuweisen. Der Begriff gôrāl weḥæbæl wäre folglich eine Art Hendiadyoin und könnte mit „bescheidener Losanteil“ übertragen werden. Falls weḥæbæl vor diesem Hintergrund ergänzt worden wäre, dann wäre im ursprünglichen Text nur das Wort gôrāl in der Frage und in der Antwort verwendet worden. Die nähere Verortung durch den Ausdruck „Land des Perisiters und der Refaiter“ in v.15 ist für die eigentliche Aussage nicht nötig und wird auch im folgenden Text nicht verwendet. Hinzu kommt, dass diese Lokalisierung nach dem Adverb šām eine unnötige Doppelung ist. Auch textkritisch ist dieser Zusatz – wie gesehen – nicht über jeden Zweifel erhaben. Fraglich ist, ob es sich in v.15 und v.18 um das gleiche Waldgebiet handelt. In v.15 wird es sich aufgrund der Determination deiktisch um ein bestimmtes Waldgebiet im Norden des Losanteils handeln. Im zweiten Fall wird das zusätzlich zugesprochene Gebirge mit einem qualifizierenden Nominalsatz als Waldregion ausgewiesen, weshalb hier syntaktisch bei yaʿar keine Determination stattfinden konnte. Das Problem der möglichen Differenzierung der beiden yaʿar hat zumindest die Redaktion gesehen und im ersten Fall den Blick durch den Zusatz „Land des Perisiters und der Refaiter“ nach Osten gelenkt. Vielleicht sollte damit zumindest zum Teil auf ostjordanisches Gebiet verwiesen werden, zumal gerade die Refaiter im Ostjordanland verortet werden. Der Erzählanfang in v.14 weist deutlich die „Söhne Josef“ und Josua als Sprecher aus, sodass das singuläre „Haus Josef“ in v.17 wohl ebenfalls eine Glosse ist. Denn zum einen ist diese Bezeichnung textkritisch nicht sicher, da zumindest LXX hier eine Angleichung vornimmt, und zum anderen wird der Adressat der Rede durch den Ausdruck „Efraim und Manasse“ verdoppelt, auch wenn hier eine andere Präpositionalverbindung gewählt wird. Die Aufschlüsselung in „Efraim und Manasse“ ist vermutlich ebenfalls sekundär, da diese Abfolge die Anordnung in Jos 16–17 nachahmt. Wahrscheinlich stand in v.17 wie schon in v.16 kein Adressat der Rede, was schon vor dem Hintergrund des Erzählkontextes nicht nötig war. Die beiden syntaktisch ungelenk eingepassten laʾašær-Sätze sind vermutlich Glossen, die das im ursprünglichen Text erwähnte ʾæræṣ hāʿemæq auf die Jesreelebene einschränken wollten. Zwar beschränkt sich der Glossator im Gegensatz zu Jos 17,11 auf Bet-Schean und das Tal Jesreel, aber diese beiden Toponyme genügten, um diesen Taleinschnitt nördlich des Stammesgebietes adäquat zu umschreiben. Auf den Nachtragscharakter weisen zudem die

3. Verhandlung über den Landbesitz der Söhne Josef (Jos 17,14–18)

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benôtæ̂ hā „Tochterstädte“, die schon in Jos 15,45.47 Glossen waren und auch in Jos 17,11 einer späten Redaktionsschicht angehört haben, sowie die Wiederaufnahme von ʿemæq bei „Tal Jesreel“ hin. Die hier vorgeschlagene Lösung eines ursprünglich einheitlichen Textes, der an nur wenigen Stellen mit Glossen versehen wurde, kann die im Vorfeld beobachteten Spannungen und Doppelungen bestens erklären. Auch für den Numeruswechsel bietet sich eine Lösung an, ohne dass man literarkritisch arbeiten muss. Während nämlich die „Söhne Josef“ in v.14.15.17.18 stets als Singular und damit als Einheit betrachtet werden, sind in 15a und v.16 Pluralformen im Blick. Diese Varianz könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich die Pluralform in 15a (ʾalêhæm) explizit auf die „Söhne Josef“ bezieht und die Präpositionalverbindung lānû in v.16 betonen soll, dass sich die Einheit der „Söhne Josef“ trotzdem aus zahlreichen Individuen zusammensetzt, die einen großen Gebietsanspruch stellen können. Dementsprechend gibt es auch bezüglich des Numeruswechsels an den beiden genannten Stellen eine textstrategische Erklärung.

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„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1). Das nicht zu verteilende Land in Jos 13 „Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

Nach dem Abschluss des militärischen Teils der Landnahme, der in Jos 1–12 beschrieben wird, folgt in der zweiten Hälfte des Josuabuches die Landverteilung. In Jos 13 wird zunächst das Land vorgestellt, das im Folgenden nicht zugeteilt werden kann, weil es zum einen nicht in Besitz genommen werden konnte (Jos 13,1–14) oder zum anderen bereits von Mose verteilt worden ist (Jos 13,15–33).1 Darüber hinaus wird in Jos 13 durch den Verweis auf die ostjordanischen Stämme verdeutlicht, dass sowohl Cisjordanien als auch Transjordanien zum Verheißungsland gehören, auch wenn dieses Gebiet von Josua nicht vollständig erobert werden konnte. Die Darstellung in Jos 13 folgt zudem einer theologischen Konzeption, der zufolge die Stämme schon von allem Anbeginn an in den entsprechenden Gebieten vorgesehen sind und damit alles göttlicher Planung und Verheißung entspricht,2 auch wenn noch nicht alles eingelöst werden konnte. Die Vorstellung vom nicht eroberten Land trägt außerdem dem Umstand Rechnung, dass das Verheißungsland kein national einheitliches Gebilde war, sondern dass andere Volksgruppen seit der Landnahmezeit im Land verblieben. Mit Jos 13 wird zudem die eigentliche Landverteilung in Jos 14–19 mit der Landeroberung in Jos 1–12 verklammert,3 zumal die Landverteilung durch Mose (Jos 13) als Blaupause für die westjordanische Zuteilung durch Josua (Jos 14–19) dient. Hinzu kommt, dass die Inbesitznahme des Verheißungslandes noch weitgehend aussteht und erst vollzogen werden muss. Dabei kommt Josua aufgrund der Gottesrede in Jos 13 eine göttlich legitimierte Autorität zu. Josua wird folglich auch im zweiten Teil des Josuabuches zum entscheidenden Akteur. Insgesamt ist Jos 13 von verschiedenen Traditionen abhängig,4 die mitunter schon schriftlich vorlagen: die ostjordanische Besiedlung durch Gad, Ruben und Halbmanasse (Num 32; Dtn 3,12–22),5 die Grenzen des Verheißungslandes (Num 34), das nicht eroberte Land (Ri 1), die Tradition der Amoriterkönige

1

Vgl. KNAUF 2008, 125. Vgl. HERTZBERG 1985, 86. 3 Vgl. GÖRG 1991, 64. 4 Vgl. BUTLER 2014b, 51. 5 Nach CORTESE 1990, 55 ähneln vor allem v.8–14 stilistisch der Parallele in Dtn 3,12–17. 2

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

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Sihon und Og (Num 21,21–34) sowie die Tradition, dass die Leviten an der Landverteilung nicht partizipieren. Bereits im ersten Teil von Jos 13 werden zwei Blickweisen entwickelt.6 Während v.8–14 in die Vergangenheit schauen und die bereits erfolgte Verteilung des Ostjordanlandes besprechen, weisen v.2–6 darauf hin, dass noch Land in der Peripherie des Verheißungslands übrig ist, das in der Zukunft von YHWH für Israel unterworfen werden wird.7 Zwar ist Jos 13,8–14 mit der Beschreibung der ostjordanischen Gebiete sachlich parallel zu Jos 13,15–31, aber in v.8–14 werden Gebiete und Könige genannt, während in der darauffolgenden Liste Städte zur Umschreibung des Gebiets verwendet werden.8 Aus diesen formalen Gründen soll daher Jos 13,1–14 getrennt von Jos 13,15–31 besprochen werden.

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen Der Text von Jos 13 wird von LXX nur geringfügig verändert, wobei die Abweichungen auf eine eigenständige Übersetzungsstrategie der LXX, nicht aber auf eine abweichende Vorlage zurückzuführen sind.9 Insofern ist es nicht nötig, eine eigene textkritische Analyse vorwegzuschalten. Die Abweichungen der Versionen können daher mit den sprachlichen Beobachtungen zusammengeführt werden. Der Ausdruck zāqen bāʾ bayyāmîm „alt (und) in die Tage gekommen“ bildet einen Rahmen um die Landverteilungstexte.10 Vermutlich ist v.1 eine nachträgliche Vorwegnahme von Jos 23,1, um den Abschnitt mit der Landverteilung einschieben zu können, zumal eine spätere Wiederholung dieser Aussage durch nichts motiviert werden kann.11 Darüber hinaus passt der Hinweis auf das bereits hohe Alter inhaltlich besser vor die Abschiedsrede Josuas (Jos 23), zumal für Josua in Jos 13–19 trotz seines hohen Alters noch sehr viel zu tun bleibt. 6

Vgl. hierzu auch NOORT 1987, 125. Sowohl das Ostjordanland wie auch die nicht eroberten Gebiete in Phönizien und im Philisterland gehören nach diesem Entwurf offenbar nicht zu Kanaan, vgl. NOORT 1987, 125. 8 Vgl. CORTESE 1990, 55. 9 Vgl. BUTLER 2014b, 46. 10 Vgl. Jos 13,1; 23,1. In der 1. Person in Jos 23,2 (Aussage Josuas über sich selbst), in der 2. Person in Jos 13,1 (Aussage YHWHs über Josua). Ansonsten taucht dieser Ausdruck noch in Gen 24,1 (Abraham) und 1Kön 1,1 (David) auf. Ähnlich noch bei Abraham und Sara (Gen 18,11). ZIESE 2008, 258 vermutet aufgrund der Parallelen zu Abraham und David, dass hier „final important actions“ folgen. Nach FRITZ 1994, 141 wird diese Formel zur Eröffnung einer Erzählung verwendet. Nach HUBBARD 2009, 398 Anm. 12 signalisiere diese Formel, dass der Abschnitt Jos 13–23 die letzten Jahre Josuas thematisiert. 11 Vgl. zur Abhängigkeit des v.1 von Jos 23,1 MOWINCKEL 1964, 61; VAN SETERS 1983, 333f.; NOTH 1971b, 10; WÜST 1975, 225; IBAÑEZ ARANA 1981, 75; RÖSEL 2007, 185f. 7

300

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

Die Altersangabe Josuas ist somit vom Kontext in Jos 23,1 gefordert, da die Abschiedsrede Josuas den nahen Tod voraussetzt und auch Jos 23,14 diese Situation an der Todesschwelle einspielt, während in Jos 13,1 das hohe Alter einen literarischen Zweck zur sekundären Einfügung der Landverteilungstexte erfüllt, die ursprünglich nichts mit dem Josuabuch gemein hatten.12 Problematisch ist folglich, dass vor der Landverteilung bereits auf das hohe Alter Josuas hingewiesen wird.13 Das wird in der Rede YHWHs an Josua umso dramatischer gesehen, als noch viel zu eroberndes Land übriggeblieben ist. Außerdem wiederholt YHWH selbst zumindest im MT in v.1 das hohe Alter Josuas.14 Mithilfe der Wiederaufnahme wird wohl angezeigt, dass der Text Jos 13–22* später eingeschoben wurde. Dementsprechend ist die Landverteilung erst sekundär in das Josuabuch aufgenommen worden, das sich zunächst vor allem der Landeroberung widmete. Die Landverteilung wird folglich wie schon die Landeroberung ebenfalls unter die Autorität Josuas gestellt.15 Neben der Einbindung der Landverteilungstexte Jos 13–22* ist das Alter Josuas auch nötig, um der Landverteilung ein besonderes Gewicht zu geben.16 Auffälligerweise wiederholt der Anfang der Gottesrede in v.1 den Hinweis auf das hohe Alter Josuas, was Jos 13 mit dem Anfang des Josuabuches verbindet, wo ebenfalls der Tod des Mose in der Gottesrede erwähnt wird.17 In der Tat ist Jos 13,1 formal eng mit Jos 1,1–2a verwandt, wo zunächst der Erzähler den Tod des Mose berichtet, worauf dann in der YHWH-Rede noch einmal hingewiesen wird.18 Darauf schließt in Jos 1,2 der göttliche Befehl an, der mit weʿattāh + Imperativ wie in Jos 13,7 eingeleitet wird. Darüber hinaus folgt nach v.1 eine Beschreibung des Umfangs des Verheißungslandes, das in Besitz genommen werden muss (Jos 1,3–4), die Zusage göttlichen Beistands (Jos 1,5) sowie der Auftrag zur Landverteilung (Jos 1,6).19 Aufgrund der beobachteten 12

Vgl. RÖSEL 2011, 208. Vgl. hierzu CORTESE 1990, 102, dem zufolge das hohe Alter erst am Ende seiner Tätigkeit in Jos 23,1 ursprünglich sein kann. Allerdings zieht sich die Landeroberung unter Josua bereits lange Zeit hin, was Jos 11,18 mit dem Ausdruck yāmîm rabbîm bereits unterstrichen hat, sodass der Hinweis auf das hohe Alter Josuas nicht gänzlich unmotiviert ist. Vgl. hierzu auch BEKKUM 2011, 213f., dem zufolge hier auf die Übergangszeit von der Eroberung zur Vergabe verwiesen wird, wobei nun auch eine neue Generation in den Blick kommt. 14 Demgegenüber fehlt der Hinweis auf zāqen in der YHWH-Rede in der Tradition der LXX. Insofern könnte es sich hier um eine sekundäre Auffüllung handeln, die zwischen Erzählung und Rede eine exakte wörtliche Korrespondenz herstellen wollte, vgl. BUTLER 2014b, 46. 15 Vgl. WOUDSTRA 1981, 209. 16 Vgl. HERTZBERG 1985, 87; GÖRG 1991, 64. 17 Vgl. zu dieser formalen Parallele HAWK 2000, 183. 18 Vgl. SMEND 2002, 151. 19 Zu einer Verbindung zwischen Jos 13 und Jos 1 vgl. auch HESS 1996a, 254f.; NELSON 1997, 164; HOWARD 1998, 297. 13

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

301

formalen und inhaltlichen Querverbindungen zu Jos 11,18 und Jos 1 scheint zumindest v.1 den ersten Teil des Josuabuches bereits vorauszusetzen. Die Präpositionalverbindung lerištāh „um es in Besitz zu nehmen“ ist an sich typisch für Dtn. Im Josuabuch ist diese Formel nur am Anfang und hier belegt,20 was v.1 von den priesterlichen Landverteilungstexten in Jos 14–19 merklich abhebt. Offenbar soll Jos 13,1–6 gleich am Anfang der Landverteilung den Umstand unterstreichen, dass sich die priesterliche Landverteilung, wie sie in Jos 14–19 beschrieben wird, nicht auf das ganze Verheißungsland bezog, da noch Gebiete übriggeblieben sind, die nicht in Besitz genommen worden waren. Auffälligerweise steht das Verb ŠʾR-N in v.1 nicht absolut, sondern wird durch die Infinitivkonstruktion lerištāh näher bestimmt, sodass das Verb ŠʾR-N den Charakter eines Hilfsverbes erhält.21 Dementsprechend handelt es sich nicht um Land, das zur Eroberung,22 sondern um Land, das zur Besitznahme übriggeblieben ist. Offenbar gab es bereits eroberte Gebiete, in denen sich die jeweiligen Stämme bislang nicht angesiedelt haben.23 Aus sprachlichen Gründen muss zumindest v.1 nicht in dem Sinne gedeutet werden, dass Land übrig geblieben ist, das erst noch erobert werden muss. Außerdem scheint das Adverbiale harbeh meʾod nahezulegen, dass ein beträchtlicher Anteil des Verheißungslandes bislang nicht in Besitz genommen wurde.24 Offenbar hat man nur einen kleinen Teil des bereits eroberten Landes bereits besiedelt, während nach wie vor sehr viel zu verteilen war. Allerdings ist fraglich, wie das Verb YRŠ gedeutet werden soll: als kriegerische Eroberung oder als friedliche Inbesitznahme und Besiedelung.25 Gegen die zweite Deutung einer Inbesitznahme spricht zumindest der Befund, dass das eroberte Land im Erzählverlauf des Josuabuches bislang noch überhaupt nicht, auch nicht teilweise, in Besitz genommen wurde. Denn in Jos 1–12 wird zwar das Land erobert, aber nicht schon systematisch – weder vollständig noch teilweise – besiedelt. Hinzu kommt, dass auch der folgende Kontext von v.1 20 Gen 15,7; Dtn 3,18; 4,5.14.26; 5,31; 6,1; 7,1; 9,6; 11,8.10.11.29; 12,1; 15,4; 19,2.14; 21,1; 23,21; 25,19; 28,21.63; 30,16.18; 31,13; 32,47; Jos 1,11; 13,1; Esr 9,11. Nach SCHORN 1997, 174f. wird YRŠ in v.1 nicht notwendigerweise in dtr. Idiomatik verwendet. 21 Vgl. auch SCHORN 1997, 177; RÖSEL 2007, 185. BRAULIK 2001, 138 versteht das Idiom YRŠ ʾæt hāʾāræṣ als „Landnahmeformel“. Zur singulären semantischen Konstruktion mit ŠʾR vgl. WAZANA 2013, 210 Anm. 7. 22 So offenbar GRAY 1986, 124. 23 Gegen einen Widerspruch in v.1–2 aber WOUDSTRA 1981, 210 Anm. 4. Auch für EDERER 2017, 198 wird bereits in v.1 die Unvollständigkeit der Landnahme betont. 24 Aus diesem Grund tilgt RUDOLPH 1938, 211 harbeh meʾod, sodass lediglich die Inbesitznahme des bereits eroberten Landes noch ausstand. HOLZINGER 1901, 48 betont darüber hinaus, dass meʾod in LXX fehlt. 25 Vgl. zum Problem schon RUDOLPH 1938, 211. RÖSEL 2007, 186 weist zudem darauf hin, dass beide Vorstellungen eigentlich nicht zum DtrG passen könnten, da nach dem DtrG das Land noch nicht in Besitz genommen worden sei. Zur unkriegerischen Verwendung von YRŠ-G vgl. auch BRAULIK 2001, 148.

302

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

eher eine kriegerische Eroberung nahelegt, zumal in v.2–6 Gebiete in den Blick genommen werden, die außerhalb des bislang eroberten Landes liegen.26 Es handelt sich hierbei um das in Jos 2–12 eroberte Westjordanland, wobei die nicht eroberte Peripherie von Kanaan nicht mehr dazugehört. Allerdings kehrt v.7 zum Land zurück, das vermutlich bereits erobert ist und jetzt als Lehen verteilt werden kann. Zumindest v.7 legt nahe, dass es um eine Besiedlung des bereits unterworfenen Landes gehen könnte. Aufgrund dieser unterschiedlichen Konzeptionen, wie man das Verb YRŠ deuten kann, ist es naheliegend, dass v.2–6 ein sekundärer Zusatz sind,27 der das zur Verteilung übrige Land als nicht erobertes Land missdeutet und jetzt die Gebiete anführt, die noch nicht unterworfen sind. Angesichts des hohen Alters Josuas konnte demnach noch nicht das gesamte Verheißungsland erobert werden. Somit konnte ein späterer Redaktor, dem bereits Jos 1–12 vorlag, durchaus davon ausgehen, dass v.1 noch auf übriges Land verweist, das unterworfen werden muss. Schließlich wäre noch auf die formale Analogie der Fortführung mit weʿattāh in Jos 1,1–2 hinzuweisen, sodass nach der Altersangabe Josuas eigentlich bereits der Befehl in v.7 kommen müsste, wie schon nach der Angabe des Todes des Mose der Auftrag zur Landnahme erfolgte. Stattdessen begegnet in v.2 mit zoʾt hāʾāræṣ ein erklärender Neueinsatz, der über dasjenige Land informiert, das nach v.2–6 noch nicht erobert werden konnte. Außerdem kann 1bβ die Spannung zwischen der Landeroberung (Jos 2–12) und der Landverteilung (Jos 13–19) ausgleichen, da nämlich das zuvor unterworfene Land jetzt endlich in Besitz genommen werden muss. Durch den Anschluss in Jos 13,1.7 kann die Landverteilung die natürliche Fortsetzung der Landeroberung werden. Fraglich ist jedoch die redaktionsgeschichtliche Zuordnung von 1bβ, da dieser Satz vor dem Hintergrund von v.2–6 eingefügt worden sein kann, um auf das noch nicht eroberte Land hinzuweisen. Außerdem verlangt v.7 nicht notwendigerweise einen Hinweis darauf, dass noch Land übrig ist, das verteilt werden soll. Der Nominalsatz zoʾt hāʾāræṣ „dies ist das Land“ aus v.2 ist vor allem in priesterlich geprägten Texten belegt.28 In Num 34,2.13 wird mit diesem Idiom das Verheißungsland bezeichnet, das deckungsgleich mit Kanaan ist und sich auf das westjordanische Land bezieht. Mit diesem Begriff kann zudem die Beschreibung des Verheißungslandes entweder eingeführt (Num 34,2) oder abgeschlossen werden (Num 34,13). Offenbar sind im Verheißungsland noch Bereiche übriggeblieben, die nicht erobert werden konnten. Diese Gebiete werden 26

Vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 208. Vielleicht sind v.2–6 eine Erweiterung, die mit Ri 3,3 zusammenhängen könnte, vgl. hierzu RÖSEL 2011, 209 Anm. 10. Nach STRANGE 1993, 137 könnte die Liste der nicht eroberten Gebiete in Jos 13,1–6 aus Ri 3,1–3 stammen. 28 Vgl. Num 34,2.13; Dtn 34,4; Jos 13,2; Ez 48,29. 27

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

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schließlich in v.2–6 genannt. Außerdem wird in v.2–6 die geographische Gebietsbeschreibung von Num 34,2–12 modifiziert und ergänzt.29 Auf diese Weise wird die wesentlich umfassendere Landverheißung von Gen 15,18 theologisch eingelöst.30 Allerdings steht die in v.2–6 entwickelte Konzeption vom nicht eroberten Land im Widerspruch zu Jos 11,16–20, wonach bereits das ganze Land eingenommen ist. Außerdem wird in v.2–6 die dtr. Konzeption der Landnahme, die in Dtn 11,22–25 entwickelt worden ist, durchbrochen. Schon diese Beobachtung zeigt, dass v.2–6 einen anderen Akzent entwickeln, als dies dtn/dtr. Vorstellungen skizzieren. Die Beschreibung des noch nicht eroberten Landes erfolgt nicht mit geographischen Begriffen, sondern jeweils mit der Nennung der dort lebenden Bevölkerung.31 Auffälligerweise werden in v.2–6 fast durchweg Gentilizia mit der Gentiliznisbe -î verwendet. Nur in Bezug auf Israel findet sich das geläufige Idiom benê Yiśrāʾel „Söhne Israels“ (v.6), was diese Bevölkerungsgruppe von der Fremdbevölkerung, die noch übrig ist, unterscheidet. Allerdings ist das nomen regens benê textkritisch nicht über jeden Zweifel erhaben, da dieser Zusatz in LXX fehlt. Entweder hat hier LXX gekürzt oder benê ist eine redaktionelle Erweiterung des MT.32 Interessanterweise fehlt benê vor Israel in 6b, was die beiden Halbverse voneinander sprachlich unterscheidet. Dementsprechend stellt sich die Frage, ob 6a und 6b auf derselben literarhistorischen Ebene liegen können. Vielleicht bewahrt LXX die ursprüngliche Lesart „Israel“, die erst sekundär in 6a zu benê Yiśrāʾel durch MT erweitert wurde. Das Wort gelîlôt „Bezirke“ wird entweder wie in v.2 direkt für die Philisterstaaten33 oder für die Bezirke des Jordans34 verwendet. Das eher seltene Gentiliz Gešûrî „Geschuriter“ findet sich mit einem Schwerpunkt in Jos 13,35 während ansonsten die Form Gešûr „Geschur“ gebräuchlich ist.36 Nur in Jos 13 finden sich beide Formen, die damit als identische Begriffe zu verstehen sind. Im Gegensatz zu MT verzichtet LXX in v.2 jeweils auf eine Amplifikation mit kål „Gesamtheit“ und ergänzt neben Philister und Geschuriter noch zusätzlich „Kanaanäer“ (ὅρια Φυλιστιιμ, ὁ Γεσιρι καὶ ὁ Χαναναῖος).37 Diese Ausweitung zusätzlich auf „Kanaanäer“ ist jedenfalls auffällig, da es keinen Grund gibt, weshalb LXX aus freien Stücken zusätzlich „Kanaanäer“ in v.2 ergänzt haben sollte, zumal das gesamte Verheißungsland als Kanaan aufgefasst 29

Vgl. ARTUS 2013, 22. Nach ARTUS 2013, 31 entspricht zudem das skizzierte Land der persischen Provinz Transeuphratene. 31 Vgl. HAWK 2000, 184. 32 Vgl. zum Problem BUTLER 2014b, 47. 33 Jos 13,2; Joel 4,4. 34 Jos 22,10.11. 35 Dtn 3,14, Jos 12,5; 13,2.11.13; 1Sam 27,8. 36 Jos 13,13; 2Sam 3,3; 13,37.38; 14,32; 15,8; 1Chr 2,23; 3,2. 37 Zum textkritischen Problem vgl. HERTOG 2009, 56; BUTLER 2014b, 46. 30

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„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

wurde. Anscheinend geht LXX zumindest noch von kanaanäischen Enklaven aus, die im Land verblieben sind. Vielleicht hat LXX einen anderen Text übersetzt. Inhaltlich problematisch ist die offensichtlich südliche Lokalisierung der Geschuriter, die ansonsten nordöstlich des Sees Genesaret verortet werden.38 Fraglich ist daher, ob man in v.2 aufgrund dieser Lokalisierung Geschuriter zu Geseriter verändern darf,39 sodass man Bewohner aus dem Ort Geser erhalten würde. Allerdings wird die Lesart der LXX Γεσιρι ansonsten für Geschur und nicht für Geser verwendet. Falls man die Lesart Geschuriter beibehält, dann muss man diese Volksgruppe von der nördlichen Ethnie gleichen Namens unterscheiden,40 da der Kontext von v.2 eine südliche Verortung nahelegt. Dementsprechend wird immer wieder erwogen, dass die südlichen Geschuriter südwestlich der Philisterstaaten gesiedelt hätten.41 Hier kommt man allerdings über Vermutungen kaum noch hinaus. Die Präpositionalverbindung ʿal penê in v.3 ist schwierig zu bestimmen. Meistens wird diese Präpositionalverbindung mit „östlich von“ übersetzt. Aber eine derartige Einschränkung von ʿal penê, das von der Grundbedeutung eher „in der Nähe von“ heißt,42 ist nicht notwendigerweise gefordert. Nur gute geographische Kenntnisse legen nahe, dass der Sihor östlich von Ägypten liegt, während ʿal penê lediglich die Nähe dieses Grenzflusses zum ägyptischen Einflussbereich betonen möchte. In v.3 wird zudem der Ortsname ʿæqrôn neben dem Gentiliz ʿæqrônî verwendet, was insofern verwundert, als die Formulierung gebûl + Gentiliz in diesem Abschnitt ebenfalls gebräuchlich ist (v.4: gebûl hāʾæmorî). Insofern wäre es ebenso möglich gewesen, anstelle der Verbindung mit dem Ortsnamen Ekron hier gebûl hāʿæqrônî zu setzen. Das Lexem gebûl bezieht sich im Gegensatz zu seiner Verwendung in Jos 15–19 zudem nicht auf Grenzziehungen, sondern auf ein entsprechendes Gebiet.43 Auch diese Beobachtung deutet darauf hin, dass sich diese Redaktion sprachlich von der priesterlichen Bearbeitung in Jos 15–19 abhebt.

38 Vgl. hierzu HOWARD 1998, 298. NELSON 1997, 163 trennt dementsprechend zwischen nördlichen und südlichen Geschuritern. 39 Vgl. BOLING 1982, 333. Dagegen aber schon DILLMANN 1886, 508; HOLZINGER 1901, 50. 40 Vgl. DILLMANN 1886, 508; WOUDSTRA 1981, 210; GRAY 1986, 125; MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 62; PITKÄNEN 2010, 269; BEKKUM 2011, 216f.; MATTHEWS 2016, 115; EDERER 2017, 198. 41 Vgl. BEKKUM 2012, 355f. 42 Vgl. DRINKARD 1979, 285f.; NELSON 1997, 163. Vgl. zum Problem schon ELLIGER 1930, 283f. Ähnlich auch WAZANA 2013, 212 Anm. 13, die ʿal penê mit „bordering on“ überträgt. 43 Vgl. WAZANA 2013, 209 Anm. 5.

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

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Der Verbalsatz lakKenaʿanî teḥāšeb ist schwer zu deuten, zumal die Form des Verbs entweder als 3. feminin Singular oder 2. maskulin Plural gedeutet werden kann. Im ersten Fall wäre als Subjekt ʾæræṣ zu ergänzen, das auch als feminine Größe belegt ist. Im zweiten Fall würde sich teḥāšeb an Josua wenden, die folgenden fünf Philisterfürsten als Kanaanäer zu betrachten. Offenbar soll dieser Satz klarstellen, dass es sich bei dem in v.3 erwähnten philistäischen Gebiet eigentlich um Kanaanäerland handelt, was vor dem Hintergrund nötig ist, dass nur das Kanaanäerland als Verheißungsland zählt44 und die Philister ansonsten nicht zu den Kanaanäern gezählt werden. Zwar werden die Philister und Awiter nicht mit Kanaanäern direkt gleichgesetzt, aber beide Völker zählen zu den Kanaanäern.45 In v.3 werden zudem die fünf Fürsten der Philister formal mit jeweils singularischen Gentilizia aufgeführt. Die Abfolge der Philisterfürsten folgt keinem geographischem Schema, da man von Süd nach Nord die Anordnung Gaza-Aschkelon-Aschdod erwarten würde. Auffälligerweise werden die Philister zuvor im Landeroberungsteil des Josuabuches Jos 1–12 noch überhaupt nicht erwähnt. Zwar finden sich in Jos 11,22 die Philisterstädte Gaza, Gat und Aschdod. Aber diese Orte sind von Anakitern besiedelt. Ob die in v.3 erwähnte philistäische Pentapolis auf einen zeitgeschichtlichen Hintergrund zurückzuführen ist, kann nicht mehr sicher entschieden werden. Zumindest Gat schied spätestens im 8. Jh. v. Chr. nach der assyrischen Eroberung in Folge des Aschdod-Aufstandes als philistäische Machtbasis aus.46 Außerdem wird in v.3 die Liste der philistäischen Pentapolis durch das pluralische Ethnonym hāʿawwîm „Awiter“ ergänzt, das sich im Numerus von den Philisterfürsten unterscheidet47 und sich demnach auch sprachlich von der Liste der fünf Philisterfürsten abhebt. Angesichts der Pluralform scheinen die „Awiter“ auf einer Ebene zu liegen wie die „Philister“, die ebenfalls als einziges Gentiliz im Plural vorkommen (v.2.3). Die Volksgruppe der „Awiter“ wird ansonsten nur noch in Dtn 2,23 und 2Kön 17,31 erwähnt. Allerdings beziehen sich die beiden Erwähnungen der „Awiter“ vermutlich nicht auf dieselbe Volksgruppe. Während nach Dtn 2,23 die in Dörfern bis Gaza siedelnden „Awiter“ von den Seevölkern vernichtet wurden,48 sind die „Awiter“ in

44

Vgl. hierzu WOUDSTRA 1981, 210f. Vgl. BEKKUM 2012, 353f. 46 Vgl. hierzu GASS 2016, 22–25. 47 Nach FRITZ 1994, 146 sind die Awiter südlich der Philisterstädte zu verorten. Ähnlich schon STEUERNAGEL 1900, 200. Zum Problem der Awiter vgl. auch BOLING 1982, 338; PITKÄNEN 2010, 270. GÖRG 1991, 65 verbindet die Awiter mit ägypt. ʿ#mw für Asiaten. Dementsprechend könnte es sich bei den Awitern um Hyksos handeln. Nach LXX handelt es sich hierbei um Hiwiter. 48 Vgl. hierzu HOWARD 1998, 298. 45

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„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

2Kön 17,31 Deportierte aus Mesopotamien.49 Anscheinend sind die „Awiter“ in v.3 mit Blick auf Dtn 2,23 ergänzt worden. Für den Fall nämlich, dass trotz der Vertreibung durch die Philister noch „Awiter“ in diesem Bereich übriggeblieben sind, soll auch diese Volksgruppe berücksichtigt werden, um ein möglichst lückenloses Gebiet zu skizzieren. Die Präpositionalverbindung mittêmān in v.4 findet sich in der Bedeutung „aus dem Süden, von Süden her“ ansonsten nur noch im ersten Teil des Josuabuchs (Jos 12,3), wo das Gebiet des Amoriterkönigs Sihon von Heschbon beschrieben wird. Vermutlich gehört mittêmān zu v.3.50 Denn danach schwenkt der Blick nach Norden, sodass hier nicht der gesamte Bereich von den philistäischen Stadtstaaten bis zum phönizischen Bereich im Blick sein kann. Da die Präposition min eigentlich separative Bedeutung hat, sollte mittêmān nicht direktiv im Sinne von „südwärts“ wiedergegeben werden. Dementsprechend wird hier nicht eine Linie südwärts von Sidon nach Afek beschrieben.51 Auch die Wiedergabe als Toponym „Teman“, wie dies LXX vorschlägt, ist nicht hilfreich,52 zumal Teman weit entfernt von den übrigen Orten liegt und hier nicht gemeint sein kann. Problematisch ist in v.4 allerdings, dass sich „die Gesamtheit des Landes Kanaan“, die noch erobert werden muss, weder auf das Land Kanaan beziehen kann, das gemäß Jos 1–12 ja bereits unterworfen ist, noch auf die nördlich und südlich zu erobernden Leerstellen. Denn bei dem Ausdruck „Gesamtheit“ kann es sich nicht um eine Teilmenge handeln.53 In v.4 wird zudem der Ausdruck kål ʾæræṣ Kenaʿanî auf ein nördliches Gebiet angewendet.54 Ob es sich um eine Glosse mit unklarer Bedeutung oder um eine archaische Bezeichnung für das nördliche Gebiet handelt, kann nicht mehr gesagt werden. Textkritisch ist darüber hinaus das Toponym ûmeʿārāh problematisch, zumal LXX an dieser Stelle Gaza liest. Vermutlich liegt hier eine Präpositionalverbindung mit min vor, und damit ein Bezugspunkt zu ʿad ʾapeqāh,55 auch wenn ein Ort ʿārāh ansonsten nicht belegt ist.56 Die Zuschreibung des Ortes ʿārāh zu den Sidoniern, die im Relativsatz ausgedrückt wird, wird von LXX aufgelöst zu „und die Sidonier“, sodass hier offenbar eine weitere Größe im Blick ist. 49 Gelegentlich wird angenommen, dass die „Awiter“ von den Seevölkern nach Süden vertrieben wurden, vgl. BEKKUM 2012, 356. 50 Vgl. hierzu schon OETTLI 1893, 165; HOLZINGER 1901, 51; WOUDSTRA 1981, 211; BOLING 1982, 333; HERTZBERG 1985, 85; FRITZ 1994, 140; HUBBARD 2009, 399 Anm. 13; RÖSEL 2011, 210; BEKKUM 2012, 354; EDERER 2017, 199. 51 So aber BUTLER 2014b, 47. 52 Vgl. SOGGIN 1982, 149. 53 Vgl. RÖSEL 2011, 210f. 54 Vgl. hierzu BUTLER 2014b, 64. 55 Vgl. zum Problem auch BARTHÉLEMY 1982, 27f. 56 Zu diesem Ort vgl. ZIESE 2008, 261 Anm. 16.

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

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Neben den gelîlôt hapPelištîm „Bezirken der Philister“ (v.3) werden noch zwei „Länder“ aufgezählt: ʾæræṣ hakKenaʿanî „Land des Kanaanäers“ (v.4) und hāʾāræṣ hagGiblî „Land des Bybliters“ (v.5). Der letzte Ausdruck ist zudem sprachlich schwierig, da hier aufgrund der Determination von ʾāræṣ keine Constructusverbindung möglich ist, es sei denn man tilgt den Artikel.57 Alternativ dazu könnte man hier eine Attributivverbindung „das byblitische Land“ vermuten oder hāʾāræṣ als späteren Zusatz beurteilen.58 Textkritisch ist darüber hinaus die Lesart „Bybliter“ nicht gesichert. Denn LXX ergänzt hier noch zusätzlich das Lexem „Philister“ (καὶ πᾶσαν τὴν γῆν Γαβλι Φυλιστιιμ), sodass Γαβλι eine Transkription des hebräischen Wortes gebûl sein könnte. Ursprünglich wäre dann das „Gebiet der Philister“ gemeint gewesen. Die alternative Lesart der LXX Γαλι(λ)αϑ für Γαβλι könnte hingegen auf die hebräische Vorlage gelîlôt zurückzuführen sein, was v.5 zusätzlich mit v.2 verbinden würde.59 Das Adverbiale mizraḥ haššæmæš „gegen Sonnenaufgang“ in v.5 findet sich fast ausschließlich im zweiten Teil des Josuabuches und taucht vor allem bei der Beschreibung der Stammesgebiete auf.60 Auffällig ist jedoch der offensichtliche Bezug von mizraḥ haššæmæš zum Anfang des Josuabuches (Jos 1,15), zumal bereits die Einleitung zur Landverteilung in Jos 13 sprachlich ähnlich wie die Einführung zur Landeroberung gestaltet ist. Offenbar wurde redaktionell eine Angleichung an die Landeroberungserzählung in Jos 1 geschaffen. In v.6 werden yošebê hāhār „Bewohner des Gebirges“ genannt, bei denen es sich nur um die Bewohner des Libanongebirges handeln kann. Offenbar steht im Hintergrund Ri 3,3, wo das nicht eroberte Land auf ähnliche Weise beschrieben wird. Denn in Ri 3,3 werden fünf Philisterfürsten, alle Kanaanäer, Sidonier und Hiwiter, die auf dem Libanongebirge wohnen, genannt. Darüber hinaus wird ebenfalls eine geographische Erstreckung ausgehend vom Berg Baal-Hermon bis nach Lebo-Hamat erwähnt. Es hat demnach den Anschein, dass beide Stellen in irgendeiner Weise voneinander abhängig sind. Allerdings bieten v.2–6 die genaueren Angaben und stecken das Gebiet durch min-ʿadFormeln genauer ab: „vom Schihor bis zum Gebiet Ekrons“ (v.3), „von ʿārāh bis Afek“ (v.4), „von Baal-Gad bis Lebo-Hamat“ (v.5), „von Libanon bis Misrefot-Majim“ (v.6). Der Ausdruck yošebê hāhār „Bewohner des Gebirges“ findet sich zudem nur dreimal im Alten Testament: In Jos 10,6 bezieht sich diese Verbindung auf die Amoriterkönige, die gegen Gibeon vorgehen, in v.6 allgemein auf Berglandbewohner und in Ri 3,3 auf die Bewohner des Libanongebirges.

57

Vgl. zum Problem schon DILLMANN 1886, 510; FRITZ 1994, 140. Vgl. NOTH 1971b, 70. 59 Vgl. zum Problem HERTOG 2009, 55f. 60 Num 21,11; Jos 1,15; 13,5; 19,12.27.34; 2Kön 10,33. 58

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Alles in allem wird das Verheißungsland in v.2–6 durch die Einbeziehung des philistäischen und phönizischen Gebietes erweitert, das eigentlich nie zum israelitischen Staatsgebiet gehörte.61 Auffällig ist, dass hier keine ostjordanischen Gebiete erwähnt werden, die noch einzunehmen sind. Offensichtlich wurde nach dieser Konzeption nur das Westjordanland von der Grenze zu Ägypten bis einschließlich des Libanons als Israels Verheißungsland gesehen.62 Die Formulierung ʾôrîšem mippenê knüpft an die Zusage im sogenannten kultischen Dekalog an (Ex 34,24), wonach YHWH Völker vor Israel vertreiben wird. In v.6 wird zum einen betont, dass es Prärogative Gottes und nicht mehr Josuas oder der Israeliten ist, die verbliebenen Völker zu bekämpfen, zum anderen implizit angedeutet, dass Israel auf diese Zusage vertrauen soll.63 Denn die yiqtol-Form ʾôrîšem betont den imperfektiven Charakter der Vertreibung. Während damit die Zusagen Gottes in die Zukunft verlegt werden, verbleibt nun lediglich, dass Josua offenbar das Land bereits verteilen soll, obschon die Eroberung noch ausstehen mag.64 Auch wenn hier eigentlich keine Bedingung für die künftige Vertreibung der übriggebliebenen Völker angegeben wird, legen zumindest Parallelen eine Konditionierung dieser Zusage nahe.65 Da die Vertreibung der Völker mehrenteils schon geschehen ist, wird im casus pendens zu Beginn von v.6 diejenige Teilmenge der Völker angegeben, die noch von YHWH „vor den Söhnen Israels“ vertrieben werden muss. Die Vertreibung der Fremdvölker wird darüber hinaus YHWH selbst zugeschrieben, der damit in Vorleistung geht. Außerdem wird in v.6 die Abhängigkeit Josuas unterstrichen, der unabhängig von der Vertreibung der Fremdvölker das Verheißungsland als Lehen zuteilen kann.66 Hier wird somit die göttliche Initiative beim Kampf gegen die Fremdvölker besonders betont. Das enklitische Personalpronomen bei ʾôrîšem kann sich darüber hinaus nicht nur auf die im casus pendens in 6a genannten Bewohner, sondern auf alle Einwohner der noch nicht eroberten Gebiete beziehen, die in v.2–6 beschrieben werden.67 61 Vgl. FRITZ 1994, 147. NAʾAMAN 1986, 62 weist darauf hin, dass der nördliche Teil des nicht eroberten Landes im Gegensatz zu den südlichen Gebieten nie zu den Stammesgebieten gezählt hat. 62 Vgl. auch HESS 1996a, 257. Für NELSON 1997, 164 Anm. 3 ist eine derartige Vorstellung, dass nur das Westjordanland zum Verheißungsland zählt, nicht dtr. Nach HERTZBERG 1985, 87 bezieht sich zudem die Gebietsbeschreibung in v.5 auf das Territorium des heutigen Staates Libanon. 63 Vgl. hierzu PITKÄNEN 2010, 270. 64 Vgl. zum Problem BEKKUM 2012, 354f. 65 Vgl. hierzu BEKKUM 2011, 229 Anm. 371, der auf Dtn 11,22–23 verweist. Außerdem gibt Jos 23,13 die Folgen für eine Verweigerung der Loyalität gegenüber YHWH an. 66 Vgl. hierzu auch GÖRG 1991, 65. 67 Vgl. RUDOLPH 1938, 212. Anders HUBBARD 2009, 399, dem zufolge hier nur die Sidonier im Blick seien.

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

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In 6b wird zudem aufgrund der Verwendung eines enklitischen Personalpronomens feminin Singular auf ein Gebiet gewechselt, während in 6a noch Personen im Blick sind. Beide Vorstellungen stehen in v.6 unverbunden nebeneinander. Die Formulierung NPL-H benaḥalāh „als Lehen zufallen lassen“ ist zudem nur im Josuabuch und im Ezechielbuch vertreten.68 Meist wird erwogen, dass hier der Losentscheid im Blick ist,69 zumal man die Lose ebenfalls fallen lässt. Dann müsste der Losentscheid aber verkürzt mit NPL-H ausgedrückt werden, während der eigentliche terminus technicus gôrāl fehlt. Allerdings ist eine derartige Einschränkung von NPL-H auf den Losentscheid nicht erforderlich, da dieses Verb im H-Stamm eigentlich „zufallen lassen, zuteilen“ bedeutet.70 Mit dem restriktiven Adverb raq wird darauf hingewiesen, dass Josua trotz des Umstandes, dass noch weiteres Land zu erobern ist, das Verheißungsland bereits verteilen soll.71 Das Idiom kaʾašær ṢWY + enklitisches Personalpronomen ist ausschließlich im Pentateuch und Jos 13,6 belegt.72 In priesterlichen Texten wird diese Formel objektlos verwendet.73 Im Ezechielbuch hingegen wird eine passivische Formulierung bevorzugt.74 Fraglich ist, wie die qatal-Form von ṢWY zu deuten ist,75 zumal es keinen Hinweis auf einen früheren Befehl YHWHs gibt. Denn in Jos 1,6 wird die Verteilung des Landes als Lehen zwar zugesagt, aber von einem Losentscheid, der wohl aufgrund der Verwendung des Verbs NPL-H in v.6 angezielt ist,76 ist nicht die Rede. Auch geht es in Jos 1,6 nicht um das nicht eroberte Land. Vielleicht sollte die qatal-Form präsentisch übersetzt werden: „wie ich es dir gerade befehle“. Dann wäre die fehlende Kongruenz zum Kontext erklärbar, da man dann keinen expliziten Befehl zuvor benötigt. Am Übergang von v.6 zu v.7 ist zudem eine inhaltlich schwer verträgliche Doppelung festzustellen.77 Während Josua in v.6 offenbar das Land an Israel als Lehen vermutlich durch den Losentscheid zuteilen soll (NPL-H benaḥalāh),

68 Jos 13,6; 23,4; Ez 45,1; 47,22; 48,29. Eine Parallele hat diese Ausdrucksweise in Num 34,2, wo mit NPL-G ein anderer Verbalstamm verwendet wird. Diese Differenz lässt SCHORN 1997, 168 außer Acht. 69 Vgl. WOUDSTRA 1981, 213 Anm. 15; SOGGIN 1982, 153; FRITZ 1994, 147. 70 Vgl. GREENBERG 1999, 259. 71 RUDOLPH 1938, 212 bezieht das Adverb raq auf das noch nicht eroberte Land, sodass 6b noch zum Einschub der Beschreibung des noch zu erobernden Landes gehört. Dementsprechend soll Josua das noch ausstehende Land ebenfalls schon durch das Los verteilen. Ähnlich BEKKUM 2011, 232. Nach HUBBARD 2009, 399 soll hingegen das noch nicht eroberte Land der Sidonier bereits verteilt werden. 72 Ex 23,15, Dtn 12,21; 24,8; Jos 13,6. In Jer 17,22 mit ʾæt. 73 Lev 8,31; 10,18. 74 Ez 12,7; 24,18; 37,7. 75 Vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 212. 76 Vgl. schon KNOBEL 1861, 409. 77 Vgl. hierzu auch SMEND 2002, 152.

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soll hāʾāræṣ hazzoʾt „dieses Land“ nach v.7 von Josua ebenfalls als Lehen ausgeteilt werden (ḤLQ-D benaḥalāh). Der Ausdruck ḤLQ benaḥalāh „als Lehen verteilen“ ist nur zweimal im Alten Testament belegt.78 Dementsprechend könnte hier wiederum ein Bogen zu Num 26,53 geschlagen werden, wo die Landzuteilung mit ḤLQ-N formuliert wird und daher aufgrund der passivischen Formulierung derjenige, der die Verteilung vornimmt, noch nicht in den Blick gerät. Dies wird schließlich in v.7 präzisiert, wo dieser Befehl an Josua ergeht. Die Landverteilung durch Josua mit ḤLQ wird zudem noch in Jos 18,10 aufgegriffen, sodass v.7 offenbar die Landvergabe mit einer YHWH-Rede eröffnet und begründet. Der Befehl an Josua, das Land zu verteilen, bezieht sich vermutlich auf das Westjordanland, wo nach Jos 14–19 neuneinhalb Stämme ihr Lehen zugeteilt bekommen.79 Die Zuweisung zu den neuneinhalb Stämmen in v.7 hebt sich jedoch nicht nur vom Vorausgegangenen, sondern auch von Num 34,13 und Jos 14,2 ab, da in v.7 der Begriff šebæṭ anstelle von maṭṭæh verwendet wird. Auf diese Weise unterscheidet sich diese Formel von der ansonsten immer wieder in den Landverteilungstexten verwendeten priesterlichen Sprache. Die nähere Zuordnung zu den neuneinhalb westjordanischen Stämmen muss daher nicht notwendigerweise mit dem eröffnenden Befehl zur Landverteilung verbunden werden. Die Konzeption der neuneinhalb Stämme setzt bereits das Zwölfstämmesystem sowie die Teilung von Manasse in eine west- und eine ostjordanische Hälfte voraus und kann daher ohnehin nicht zur ursprünglichen Tradition gehört haben. Gelegentlich wird vermutet, dass der Imperativ in v.7 den Abschluss der YHWH-Rede andeutet,80 zumal ab v.8 ein neuer Abschnitt beginnt und die Gottesrede ausweislich des Ausdrucks ʿæbæd YHWH in 8bβ bereits verlassen ist. Die Kurzliste der ostjordanischen Stammesgebiete steht folglich nicht im Kontext einer YHWH-Rede, sondern bildet einen eigenen Abschnitt, der zudem die wesentlich ausführlichere Zusammenstellung in Jos 13,15–33 in Kurzform verdoppelt. Die Doppelung der ostjordanischen Gebiete in Kurz- und Langform muss wohl literarkritisch gelöst werden. Fraglich ist zudem, auf welchen Referenzpunkt sich das determinierte Demonstrativpronomen hazzoʾt in v.7 bezieht. Entweder könnte hazzoʾt auf das nicht eroberte Land aus v.2–6 verweisen, das YHWH erst noch unterwerfen wird, oder auf das zuvor in Jos 2–12 bereits eroberte Land. Darüber hinaus wäre aber auch das von Num 34,2–12 skizzierte ideale Verheißungsland denkbar, auf das dieser Befehl angewendet werden könnte. Dann wäre es durchaus 78 Num 26,53; Jos 13,7. Nach BEKKUM 2011, 231 ist dieses Idiom ein Synonym zu NḤLtD begôrāl. 79 Nach CORTESE 1990, 56 kann v.7 nicht priesterlich sein, da hier Josua und nicht eine priesterliche Kommission für die Landverteilung verantwortlich ist. Außerdem werde das Verb ḤLQ nicht in priesterlichen Texten verwendet. 80 Vgl. BUTLER 2014b, 50.

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

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möglich, dass die Eröffnung der Landverteilung in Jos 13 zunächst mit dem Numeribuch verbunden war und erst sekundär in das Josuabuch wanderte. Eine Entscheidung in dieser Frage setzt folglich ein gewisses redaktionsgeschichtliches Vorverständnis voraus. Dass sich hazzoʾt auf den größeren Kontext (entweder Num 34 oder Jos 2– 12) beziehen muss, zeigt auch die folgende Beobachtung. Denn in v.6 und 7 wird der Empfänger der Landgabe unterschieden, was auf eine literarkritische Fuge hinweist. In v.6 sind die „Söhne Israels“ ganz allgemein die Empfänger des Landes, in v.7 hingegen die neuneinhalb westjordanischen Stämme, die freilich wiederum die zweieinhalb ostjordanischen Stämme logisch voraussetzen. Offenbar werden die Empfänger in v.7 benötigt, damit man die zweieinhalb ostjordanischen Stämme anschließen kann.81 Der Übergang von v.7 zu v.8 ist schwierig und kaum ohne text- oder literarkritischen Eingriff zu erklären, zumal MT in beiden Versen erhebliche grammatikalische und inhaltliche Schwierigkeiten aufweist. Vielleicht ist aufgrund von einer Haplographie im MT der Anfang von v.8 weggefallen, da sich ʿimmô aus inhaltlichen Gründen nicht auf die in v.7 erwähnte westjordanische Hälfte von Manasse beziehen kann. Denn die beiden ostjordanischen Stämme Ruben und Gad, die unmittelbar folgen, verdeutlichen, dass ʿimmô auf den ostjordanischen Halbstamm Manasse verweisen muss.82 Die aufgrund des Artikels vor šebæṭ ungrammatische Verbindung waḥaṣî haššebæṭ hamMenaššæh in v.7 könnte darauf hinweisen, dass vor hamMenaššæh Text ausgefallen ist.83 Die Determination von šebæṭ wie auch des Eigennamens Menaššæh ist eigentlich ungrammatisch, da zum einen die Constructusverbindung gestört wird und zum anderen der Eigenname Menaššæh hier wie ein adjektivisches Attribut betrachtet wird.84 Insgesamt gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese Probleme zu beheben:85 1)

Textkritisch könnte man die Lesart der LXX dem MT vorziehen (ταῖς δὲ δύο φυλαῖς καὶ τῷ ἡμίσει φυλῆς Μανασση, τῷ Ρουβην καὶ τῷ Γαδ).86 LXX wiederholt anstelle von ʿimmô den Halbstamm Manasse aus v.7, dem in v.8 jedoch nicht neun, sondern zwei Stämme vorangestellt werden, da es

81 LXX hat in v.7 noch einen Überschuss, der mit Jos 1,4 zusammenhängen könnte (ἀπὸ τοῦ Ιορδάνου ἕως τῆς θαλάσσης τῆς μεγάλης κατὰ δυσμὰς ἡλίου δώσεις αὐτήν, ἡ θάλασσα ἡ μεγάλη ὁριεῖ), vgl. hierzu schon OETTLI 1893, 166; STEUERNAGEL 1900, 201. 82 Vgl. schon OETTLI 1893, 166; RUDOLPH 1938, 213; AULD 1980, 59; BARTHÉLEMY 1982, 28. 83 Vgl. zum Problem NOTH 1971b, 70; GÖRG 1991, 65; BUTLER 2014b, 47f. Zum Textausfall zwischen v.7 und v.8 vgl. auch CORTESE 2004, 448. 84 Vgl. zu Letzterem SOGGIN 1982, 150; NELSON 1997, 163. 85 Vgl. hierzu SCHORN 1997, 179. 86 Vgl. AULD 1980, 59. Zu einer textkritischen Lösung von v.8 vgl. auch BARTHÉLEMY 1982, 28–30; CORTESE 1990, 15; CORTESE 2004, 448. Zum abweichenden Text der LXX vgl. HOLZINGER 1901, 48.

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hier um die ostjordanischen Stämme gehen soll. Es ist allerdings auch möglich, dass der Text der LXX ebenfalls gewachsen sein könnte, als eine spätere Hand die neuneinhalb westjordanischen und die zweieinhalb ostjordanischen Stämme eintrug.87 Allerdings ist nicht ersichtlich, wie aus diesem besseren Text der LXX der schlechtere MT entstanden sein kann. Offenbar hat hier der LXX-Übersetzer die Widersprüchlichkeit des MT bewusst vereinfacht. Auffälligerweise sind sowohl die Gentilizia zu Ruben und Gad als auch der Halbstamm Manasse determiniert. Redaktionsgeschichtlich könnte zunächst der Ausdruck „die Hälfte des Stammes“ in 7b ergänzt worden sein. Diese Bezeichnung wurde dann aber von einem weiteren Redaktor als ostjordanischer Stamm Manasse verstanden, den er ein adjektivisches Attribut anschließen musste, was im Zusammenhang mit den beiden folgenden, ebenfalls determinierten Gentilizia erklärt werden könnte.88 Allerdings sind die anderen Gentilizia in Jos 13 ebenfalls determiniert, sodass die Artikelsetzung von Rubeniter und Gaditer nicht auffällig ist. Vielleicht lag in der Grundschicht in v.8 die Erwähnung der Rubeniter und Gaditer bereits vor, bevor die Konzeption der Teilung des Stammes Manasse in zwei Hälften eingetragen wurde. Erst der spätere Redaktor, der šebæṭ anstelle von maṭṭeh verwendete, hätte schließlich v.7 eingeschoben und damit die zu beobachtenden Probleme erzeugt.89 Möglicherweise stand hier ursprünglich waḥaṣî haššebæṭ waḥaṣî šebæṭ hamMenaššæh,90 wobei die zweite Constructusverbindung die Funktion einer Einleitung des Folgenden vollzieht: „Und was die Hälfte des Stammes Manasse betrifft“.91 Dann würde sich ʿimmô „mit ihm“ auf diesen casus pendens beziehen. Die Textverderbnis könnte demnach aufgrund von einer Haplographie zu erklären sein.

2)

3)

4)

Alles in allem lässt sich das syntaktische Problem am Übergang von v.7 zu v.8 kaum noch befriedigend lösen. Hier scheint offenbar eine Zäsur vorzuliegen, an der literarisch gearbeitet worden ist, wobei sich einige Unschärfen eingeschlichen haben. Im Folgenden werden ab v.9 der Umfang des zugeteilten Landes im Ostjordanland beschrieben, aber auch die Leerstellen. Der Rückgriff auf die bereits erfolgte Landverteilung an die ostjordanischen Stämme erfüllt zudem verschiedene Funktionen.92 Zunächst wird betont, dass beide Landesteile integral zu 87

Vgl. AULD 1980, 59. Vgl. WÜST 1975, 85–89. 89 Vgl. SCHORN 1997, 180–182. 90 Zu einem ähnlichen Textverlust durch Homoioteleuton vgl. auch DILLMANN 1886, 511; STEUERNAGEL 1900, 201; MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 62 Anm. 70. 91 Ähnlich auch BUTLER 2014b, 47. 92 Vgl. HOWARD 1998, 307. 88

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

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Israel gehörten. Schon um die Einheit Israels zu unterstreichen,93 wird bei der Landverteilung auf die zuvor ergangene Zuteilung des Landes an die ostjordanischen Stämme durch Mose verwiesen, auch wenn das Ostjordanland bereits in Jos 12,1–6 im Blick war.94 Außerdem wird hier Josua als wirklicher Nachfolger des Mose skizziert, der bereits für die Landverteilung im Ostjordanland verantwortlich war. Schließlich wird darüber hinaus noch darauf hingewiesen, dass die Leviten ohne Landbesitz bleiben sollen. Auch in dieser Frage wird das Vorbild des Mose herangezogen, der schon früher die Leviten nicht bedachte. Die Verwendung der Gentilizia hāRʾûbenî und hagGādî in v.8 ist insofern auffällig,95 dass im Josuabuch ansonsten bevorzugt die Eigennamen Reʾûben96 und Gād97 gebräuchlich sind. Hier könnte eine Angleichung an die Idiomatik dieses Kapitels vorliegen, da hier fast ausschließlich determinierte Gentilizia verwendet werden.98 Diese Beobachtung spricht daher nicht gerade für eine übernommene Tradition. Offenbar fehlt in dem Abschnitt v.8–13 zunächst der Halbstamm Ostmanasse, der allerdings durch das vorangestellte ʿimmô in v.8 eingetragen wurde. Dies hat mitunter auch Auswirkungen auf die redaktionsgeschichtliche Beurteilung der beiden Stammesgebiete von Ruben (v.15–23) und Gad (v.24–28), die zudem durch die verwendeten Idiome den westjordanischen Stammesgebieten in Jos 15–19 ähneln. Der Halbstamm Manasse (v.29–31) hebt sich hingegen schon durch die Verwendung des Lexems šebæṭ von Ruben und Gad ab, bei denen der priesterliche Ausdruck maṭṭeh steht.99 Darüber hinaus unterscheidet sich die Abschlussformel bei Halbmanasse (v.31) von derjenigen bei Ruben und Gad (v.23.28).100 Alles in allem scheint demnach Halbmanasse erst sekundär zu den ostjordanischen Stämmen hinzugewachsen zu sein. Die Redeweise LQḤ naḥalātām „ihr Lehen empfangen“ ist nur für die zweieinhalb ostjordanischen Stämme belegt.101 Hier wird vermutlich auf Num 34 zurückverwiesen, wo diese Ausdrucksweise zum ersten Mal erscheint. Darüber 93

Vgl. WOUDSTRA 1981, 215. Nach EDERER 2017, 206 hat die Doppelung Jos 12,1–6 und Jos 13,8–13 eine wichtige kompositorische Funktion am Abschluss des ersten Teils und zu Beginn des zweiten Teils des Josuabuches. Auf diese Weise würden beide Teile miteinander verklammert sowie die Landeroberung und Landverteilung durch Josua unter das Vorbild des Mose gestellt. 95 Jos 1,12; 12,6; 13,8; 22,1. 96 Jos 4,12; 13,15.23; 15,6; 18,7.17; 20,8; 21,7.36; 22,9.10.11.13.15.21.25.30.31.32. 33. 34. 97 Jos 4,12; 13,24.28; 18,7; 20,8; 21,7.38; 22,9.10.11.13.15.21.25.30.31.32.33.34. 98 Geschuriter (v.2), Kanaanäer, Gaziter, Aschdoditer, Aschkeloniter, Gatiter, Ekroniter, Awiter (pl.) (v.3), Kanaanäer, Sidonier (pl.), Amoriter (v.4), Bybliter (v.5), Amoriter (v.10), Geschuriter, Maachatiter (v.11), Refaiter (pl.) (v.12), Geschuriter, Maachatiter (v.13), Levi (v.14). 99 Vgl. hierzu auch SCHORN 1997, 180. 100 Vgl. AULD 1980, 57. 101 Vgl. hierzu Num 34,14.15; Jos 13,8; 18,7. Vgl. auch HOWARD 1998, 308. 94

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hinaus ist diese Idiomatik aber auch in Jos 18,7 belegt. Insgesamt fällt auf, dass v.8 sprachlich mit Jos 18,7 verbunden ist. Allerdings wird in v.8 neben den unterschiedlichen Präpositionen bei der Ortsangabe noch zusätzlich hinter naḥalātām ein Relativsatz ʾašær nātan lāhæm eingefügt, wobei es sich um eine sekundäre Glosse handeln könnte. Möglicherweise eröffnet zudem der kaʾašær-Satz in 8bβ die ab v.9 folgende Gebietsbeschreibung für die ostjordanischen Stämme. Der Ausdruck Mošæh ʿæbæd YHWH könnte wie schon in Jos 18,7 auf dtr. Sprachgebrauch zurückzuführen sein.102 Insgesamt könnte damit v.8 sprachlich auf einer Ebene mit Jos 18,7 liegen und dieser redaktionellen Schicht angehören, die die ursprüngliche priesterliche Tradition eines idealen Siebenstämmevolkes auf das Zwölfstämmevolk hin erweiterte. Allerdings müsste man dann auch erklären können, weshalb in v.8 die Gentilizia hāRʾûbenî und hagGādî verwendet worden sind. Der Abschnitt v.9–12 ist zum einen mit Dtn 3 und Jos 12,103 aber auch mit der Langform der ostjordanischen Stammesgebiete in Jos 13,15–33 verbunden. Während v.9–11 auf Dtn 3,10a.12 und Jos 12,2.5 zurückgreifen, werden in v.12 Dtn 3,10b–11a und Jos 12,4.6 aufgegriffen. In v.9 wird zudem die ostjordanische Stadt Aroër wie in v.16 mit dem Zusatz ʾašær ʿal śefat naḥal ʾArnôn versehen.104 Fraglich ist, wie der Ausdruck wekål hammîšor Mêdebāʾ ʿad Dîbôn in v.9 zu deuten ist.105 Vielleicht liegt hier ähnlich wie in v.10 eine Gebietsbeschreibung vor, die zwei Bereiche miteinander verbindet. Problematisch ist jedoch der Artikel bei mîšor, da sich Medeba dann nicht auf den Mischor beziehen kann. Dementsprechend ist eine Übersetzung „und die Gesamtheit des Mischor bei Medeba bis Dibon“ eigentlich nicht möglich. Die beiden Ortsangaben könnten höchstens als Apposition zur „Gesamtheit des Mischor“ hinzugefügt werden. In v.12 wird das Königreich des Og mit mamlekût ausgedrückt, was nur für Jos 13 typisch ist,106 während ansonsten das Wort mamlākāh verwendet wird.107 Dementsprechend scheint die Kurzliste die Langliste in Jos 13 bereits vorauszusetzen, wo das Königreich des Og mit mamlekût bezeichnet wird. Allerdings wird zusätzlich die gelehrte Notiz nišʾar miyyætær hāRefāʾîm aus Dtn 3,11 übernommen, um zu betonen, dass der Amoriterkönig Og ursprünglich zu den Refaitern gehörte. Die Zusammenstellung der beiden Verben NKY und YRŠ findet sich darüber hinaus nur in Verbindung mit der Eroberung des Ostjordanlandes und mit der

102

Dtn 34,5; Jos 1,1.13.15; 8,31,33; 11,12; 12,6; 13,8; 14,7; 18,7; 22,2.4.5; 2Kön 18,12; 2Chr 1,3; 24,6. Vgl. RÖSEL 2011, 212. 103 Vgl. NELSON 1997, 171. 104 Vgl. Dtn 2,36; 4,48; Jos 12,2; 13,9.16. 105 Vgl. zum Problem BARTHÉLEMY 1982, 30. 106 Jos 13,12.30.31. 107 Num 32,33; Dtn 3,10.13,

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

315

Vernichtung der beiden Amoriterkönige Sihon und Og.108 Zum einen wird durch diese Idiomatik eine Brücke zurück zu Num 21 geschlagen, zum anderen wird bei der Rechtfertigung Jiftachs in Bezug auf den israelitischen Landbesitz im Ostjordanland auf dieses Ereignis verwiesen. Auch diese Beobachtung zeigt, dass die Kurzliste viele Traditionen geschickt integriert und daher kaum ursprünglich sein kann. Problematisch ist jedoch bei yakkem der Referenzpunkt des pluralischen enklitischen Personalpronomens,109 das sich entweder auf die Refaiter im Nahkontext oder auf alle zuvor genannten Völker110 oder auf die beiden Amoriterkönige Sihon und Og beziehen könnte. LXX hat dieses Problem dadurch gelöst, dass hier Singular gesetzt wurde, sodass hier nur das „Königreich des Og“ im Blick sein kann. Auf diese Weise knüpft LXX offenbar an ältere Traditionen an, die keinen Sieg der Israeliten über die Refaiter kennen. In v.13 wird die typische Redeweise loʾ hôrîšû „sie vertrieben nicht“ verwendet, die auch sonst bei der Darstellung des nicht eroberten Landes üblich ist.111 Die nächsten formalen Parallelen sind in Ri 1 zu suchen. Vielleicht hat ein Glossator, der die Landverteilungstexte bearbeitete, hier wie auch andernorts Stoffe und Wortwahl aus Ri 1 bezogen.112 Auch im Ostjordanland verblieben demnach Völker, die nicht von den „Söhnen Israels“ beseitigt werden konnten. Die Redeweise, die sich ansonsten auf die Kanaanäer im Westjordanland bezieht, wird hier folglich auf Bewohner des Ostjordanlandes, wie die Geschuriter und die Maachatiter, angewendet. Demnach versäumte Israel, bei der Landnahme die Vorbewohner auch im Ostjordanland gänzlich vertrieben zu haben. Mit v.13 wird Jos 13 darüber hinaus an andere Texte angeglichen. Denn die Geschuriter und Maachatiter sind in anderen Traditionen von den Israeliten nicht unterworfen worden.113 Dementsprechend könnte v.13 eine nachträgliche Korrektur zu v.11 sein.114 Fraglich ist, ob durch den Ausdruck beqæræb Yiśrāʾel tatsächlich eine Steigerung angezielt werden soll,115 zumal die Geschuriter und Maachatiter nicht innerhalb Israels, sondern wie die Gebiete in v.2–6 lediglich an den Rändern des Verheißungslandes lokalisiert werden müssen. Interessanterweise werden in v.13 bei Geschur und Maacha sowohl Gentilizia wie auch Eigennamen verwendet, was mitunter auf zwei unterschiedliche Hände zurückgeführt werden könnte. Gerade die gelehrte Erklärung ʿad

108

Num 21,24.35; Jos 12,1; 13,12; Ri 11,21. Vgl. zum Problem auch BUTLER 2014b, 48. 110 Vgl. WOUDSTRA 1981, 212. 111 Jos 13,13; 16,10; 17,13; Ri 1,21.28.32. 112 Vgl. RUDOLPH 1938, 214. 113 Vgl. hierzu Dtn 3,14; Jos 12,5. 114 Vgl. RUDOLPH 1938, 213. 115 So EDERER 2017, 206f. 109

316

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

hayyôm hazzæh „bis zu diesem Tag“ betont, dass die Anwesenheit dieser Vorbevölkerung inmitten Israels noch bis in die Jetztzeit des Glossators offenbar andauert. Dementsprechend könnte hier ein Bearbeiter den immer noch aktuellen Zustand der Nicht-Vertreibung dieser Bevölkerungsgruppen betont haben. Allerdings wird der Terminus YŠB + beqæræb immer dann verwendet, wenn es um das nicht eroberte Land geht und auf diese Weise das Zusammenleben Israels mit fremden Volksgruppen angedeutet werden soll. Insofern ist es nicht zwingend nötig, dass hier zwei redaktionelle Hände gearbeitet haben. Ganz abgesehen von dieser redaktionsgeschichtlichen Problematik, die erst im größeren Kontext geklärt werden kann, bleibt Eines deutlich: Durch die Erwähnung von Gebieten, die von Mose nicht unterworfen worden sind, wird der Sachverhalt entschuldet, dass Teile des Westjordanland unter Josua ebenfalls nicht erobert werden konnten. Die hier wirkende redaktionelle Hand will offenbar den Umstand besonders betonen, dass selbst Mose seinen Auftrag der Vertreibung der Fremdvölker nicht zur völligen Zufriedenheit erfüllen konnte. Die Formel loʾ nātan naḥalāh „er gab kein Lehen“ in v.14 ist nur in Bezug auf den Stamm Levi zu finden.116 Fraglich ist jedoch das Subjekt des Satzes, vor allem vor dem Hintergrund, dass Teile von Jos 13 mitunter redaktionell hinzu gewachsen sind. Dementsprechend könnte es sich vom Kontext her entweder um Josua oder um Mose handeln. Insofern verwundert es nicht, dass LXX hier eine Passivkonstruktion wählte,117 um dieses Problem zu entschärfen. Schon in Num 26 wird darauf verwiesen, dass den Leviten kein Lehen zugeteilt wird, auch wenn die Begründung dort noch fehlt. Erst Jos 13 verweist auf den kultischen Dienst der Leviten („Gaben YHWHs“ v.14; „YHWH“ v.33). Beide Verse formulieren nahezu identisch, sodass hier eine Wiederaufnahme vorliegen könnte, mit der die Abfolge von der Kurzliste zur Langliste gegliedert wird. Während in v.14 die Singularform lô verwendet wird, die sich klar auf šebæṭ halLewî bezieht, steht in v.33 Plural lāhæm, obschon dort ebenfalls mit šebæṭ halLewî ein singularisches Bezugswort steht. Vielleicht hat v.14 auf v.33 zurückgegriffen, die Syntax leicht verbessert und theologisch „YHWH“

116

Num 26,62; Jos 13,14.33; 14,3. RUDOLPH 1938, 213 verändert nātan zu Infinitivus absolutus nāton und deutet diese Form als Imperativ innerhalb der Gottesrede. Ob nach dem Wechsel der Redeperspektive in v.8 hier jedoch noch eine YHWH-Rede vorliegen muss, ist fraglich. 117 Vgl. zum Problem BOLING 1982, 334.

1. Sprachliche und textkritische Beobachtungen

317

durch ʾiššê YHWH „Gaben YHWHs“118 ersetzt, um das Missverständnis zu vermeiden, dass „YHWH“ selbst zum „Lehen“ werden könnte.119 Dementsprechend könnte v.33 in v.14 wiederholt worden sein, um die Tradition von den Siedlungsgebieten der zweieinhalb ostjordanischen Stämme zu rahmen.120 Aufgrund der Übernahme von v.33 ist jedoch hûʾ fälschlicherweise stehen geblieben, das sich zwar auf „YHWH“ wie in v.33, schwerlich aber auf die pluralische Verbindung ʾiššê YHWH beziehen kann.121 Während lāhæm korrekterweise zu lô in v.14 verändert wurde, übersah der Redaktor, dass hûʾ mit dem ergänzten Plural nicht kompatibel ist. Die „Gaben YHWHs“ in v.14 sollen offenbar die Aussage von v.33 korrigieren und präzisieren. Dass v.14 vermutlich jünger als v.33 ist, zeigt zudem die Gegenprobe. Denn eine sekundäre Streichung von ʾiššê YHWH in v.33 ist nur schwer zu erklären. Vermutlich wird in den beiden Rahmenformulierungen v.14 und v.33 zudem auf Dtn 18,1–2 zurückgegriffen, wo „Gaben“ (Dtn 18,1) und „YHWH“ (Dtn 18,2) als Lehen der Leviten bezeichnet werden.122 Diese unausgeglichene Aussage von v.33 wird in v.14 präzisiert. Wenn man v.14 vor dem Hintergrund von Dtn 18,1–2 liest, dann wird die Aussage erst verständlich: Von diesen „Gaben“ sollen sich folglich die Leviten ernähren.123 118 MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 63 gehen von „offerings by fire“ aus. GRAY 1986, 126 weist darauf hin, dass ʾiššê aufgrund des verdoppelten š kaum von ʾeš „Feuer“ abgeleitet werden kann. Anders hingegen offenbar WOUDSTRA 1981, 217 Anm. 5; ZIESE 2008, 264; KASWALDER 2018, 164. HOFTIJZER 1967, 115–127 betont, dass dieser Begriff inhaltlich eher Opfer(teile) bezeichnet, die Gott und den Priestern übergeben werden. HOFTIJZER 1967, 129–134 erwägt zudem eine etymologische Verbindung mit dem ugaritischen ʾiṯt, wobei es sich hierbei um eine Gabe an die Gottheit bzw. deren Diener handelt. Auch MATTHEWS 2016, 116 vermutet bei den ʾiššê YHWH einen Anteil an den Altaropfern. GÖRG 1991, 66 vermutet, dass die Erwähnung der ʾiššê YHWH den kultbezogenen Dienst der Leviten besonders betonen möchte. 119 Die hier eingetragenen ʾiššê YHWH werden zudem bereits in Dtn 18,1 erwähnt, vgl. hierzu auch DILLMANN 1886, 512. Nach NOTH 1971b, 72; FRITZ 1994, 140; BUTLER 2014b, 48 ist aber ʾiššê eine Glosse, die textkritisch mit LXX zu streichen wäre. Zumindest ist mit BOLING 1982, 334 „Feueropfer“ die lectio difficilior. 120 Nicht umsonst spricht KNAUF 2008, 126 von einer „Art Refrain“. Nach ANBAR 1988, 390 konnte mit der Technik der Wiederaufnahme die detaillierte Beschreibung der ostjordanischen Gebiete eingeschoben werden. Zu den Unterschieden zwischen v.14 und v.33 vgl. auch SAMUEL 2014, 319. 121 Vgl. BARTHÉLEMY 1982, 31. Ob man aber mit HERTZBERG 1985, 86 in v.14 einen unvollständigen Nominalsatz annehmen darf – „die Feueropfer des Herrn, des Gottes Israels, (sollen sie sein)“ –, wobei dann der Satz hûʾ naḥalātô sich wie in v.33 auf YHWH bezieht, ist fraglich. 122 Vgl. hierzu BOLING 1982, 340. 123 RUDOLPH 1938, 213 erwägt in v.14 eine an sich unnötige textkritische Konjektur, der zufolge man ʾiššê zu ʾanî verändert, was besser in die Gottesrede passe. Hierfür müsste man allerdings voraussetzen, dass die Gottesrede überhaupt noch bis zu v.14 reicht, was aber kaum möglich ist, da diese in v.8 bereits verlassen wurde.

318

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

Möglicherweise ist in v.14 aufgrund von Haplographie die Einführung zur ostjordanischen Landverteilung durch Mose weggefallen, die zumindest noch in LXX erhalten ist.124 Allerdings ist kein Grund für den Textausfall auszumachen, sodass der kürzere Text des MT wohl doch ursprünglicher ist, während LXX eine formale Einleitung zum folgenden Abschnitt ergänzte,125 um den Übergang flüssiger zu gestalten. Hinzu kommt, dass von LXX mitunter eine sekundäre chiastische Rahmung mit v.32–33 erzielt werden sollte. Dementsprechend geht der LXX-Zusatz auf literarische Überlegungen zurück und muss folglich nicht die ursprüngliche Tradition belegen.126 Der abschließende Satz kaʾašær dibbær lô scheint zudem dtr. Idiomatik aufzugreifen, da hier DBR im Sinne von „versprechen“ wiederzugeben ist.127 Allerdings wird gelegentlich vermutet, dass kaʾašær dibbær lô auf Num 18,20– 24 anspielen könnte, wonach den Leviten kein Lehen zuzuweisen wäre, da bereits YHWH selbst als ḥelæq und naḥalāh der Leviten gilt (Num 18,20) und die Leviten den „Zehnten“ von den Israeliten als Kompensation für das fehlende Lehen erhalten (Num 18,24). Neben dieser Parallele im priesterlichen Textbereich128 ist aber ein Zusammenhang zu Dtn 18,1–2 aufgrund von sprachlichen Verbindungslinien wesentlich wahrscheinlicher. Demnach geht v.14 wohl auf eine spät-dtr. Hand zurück.

2. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe Da sich der erste Teil von Jos 13 an einer Schnittstelle des Josuabuches befindet, verwundert es kaum, dass sich die literarkritische und redaktionsgeschichtliche Forschung gerade auch mit diesem Abschnitt umfassend beschäftigte. Vorentscheidungen, die hier gefällt werden, haben zudem Auswirkungen auf die diachrone Schichtung der Landverteilungstexte in Jos 14–19: Mowinckel (1964):129 Während v.1 eine sekundäre Vorwegnahme von Jos 23,1 sei, um den Bericht von der Landverteilung einzuschieben, seien v.2–7 mit der Beschreibung des noch nicht eroberten Landes aufgrund eines Missverständnisses von v.1 lerištāh eingefügt worden, zumal das Verb YRŠ mehrdeutig sei. Auch v.8–14 seien aufgrund der Doppelung zum Folgenden erst später ergänzt worden. Denn es handele sich hierbei um einen unnötigen Vorgriff auf die ausführliche Beschreibung der ostjordanischen

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124

Vgl. OETTLI 1893, 167; BOLING 1982, 334; BUTLER 2014b, 48f. Vgl. NELSON 1997, 169. 126 Zur Technik der LXX-Übersetzer des Josuabuchs vgl. ANBAR 1988, 398. 127 Vgl. BOLING 1982, 340, der auf Dtn 1,11; 6,3; 9,3.28; 10,9; 11,25; 12,20; 15,6; 18,2; 26,18; 27,3 ;29,12 verweist. 128 Vgl. hierzu EDERER 2017, 208. 129 Vgl. MOWINCKEL 1964, 69. 125

2. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

319

Stammesgebiete in v.15–32. Somit gehörten v.15–32 zum ursprünglichen Text, der mit Jos 14 zu verbinden sei. Bei dieser Lösung ist das diachrone Wachstum innerhalb von v.1–14 bestenfalls angedeutet. Interne Doppelungen wie der zweifache Befehl zur Landverteilung kommen nicht in den Blick. Außerdem wäre zu klären, weshalb in v.13 die Thematik des nicht eroberten Landes ebenfalls aufgegriffen wird. Noth (1971):130 Zum Grundtext gehörten nur v.1 und v.7–8bα, während alles andere sekundäre Ergänzungen seien. Schon der abrupte Einsatz von v.2 und der überleitende Satz 6b mit der Lehenverteilung, der v.7 unpassend vorwegnimmt, zeigten, dass v.2–6 sekundär eingefügt worden seien. Der Einschub gehe vielleicht auf ein Missverständnis von YRŠ zurück, zumal in v.1 lediglich behauptet werde, dass erobertes Land übriggeblieben sei, um in Besitz genommen zu werden. Erst v.2 halte dieses Land für noch nicht erobert und präzisiere demnach die Verbalaussage. Aber selbst v.2–6 seien in sich nicht einheitlich konzipiert. Vielmehr gehörten zur ursprünglichen Quelle nur die Einleitung in 2a, die min-ʿad Aussagen in 3aα und 4aβ und vielleicht noch 5a. Die Bemerkungen über Geschuriter in 2b und Awiter in v.3 seien stichwortartige Ergänzungen. Auch der Satz lakKenaʿanî teḥāššeb in v.3, der hāʾāræṣ aus v.2 als Subjekt benötige, sowie der Ausdruck kål ʾæræṣ Kenaʿanî in v.4 seien sekundäre Glossen, die das noch übrig gebliebene Land als Kanaanäerland beschreiben. Der Abschnitt 8bβ–13 sei hingegen eine Vorwegnahme des schon verteilten ostjordanischen Gebietes, zumal 8bβ nur eine Wiederholung des vorausgegangenen Relativsatzes sei. Die ab v.9 folgende Gebietsumschreibung sei zudem das Objekt von 8bβ. Außerdem verwundert, dass 8bβ innerhalb der Gottesrede von Gott in dritter Person redet (ʿæbæd YHWH anstelle von ʿabdî)131. Im sekundären Abschnitt 8bβ–13 könnten vielleicht drei Schichten unterschieden werden, die ineinander verschachtelt seien: v.9.11aαb, v.10.12, v.11aβ.13. Problematisch bei diesem Entwurf ist der Umstand, dass der schwierige textkritische Zustand von v.7–8 zwar kaum reflektiert, aber trotzdem der Grundschicht zugewiesen wird. Auch die Suche nach einer zugrundeliegenden Quelle in v.2–6 impliziert die Ausscheidung von sekundären Glossen. Wenn es allerdings kein vorliegendes Dokument gegeben hat und demgegenüber v.2–6 eine redaktionelle Bildung sind, dann erübrigt sich die literarkritische Aufteilung der v.2–6. Wüst (1975):132 Da das Lexem YRŠ nicht notwendigerweise eine friedliche Inbesitznahme ausdrücken müsse,133 könne bereits in 1bβ das nicht eroberte Land, das schließlich in v.2–6 näher beschrieben werde, im Blick

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3)

130

Vgl. NOTH 1971b, 73–75. Nach RUDOLPH 1938, 213 hat Peschitta die Änderung zu ʿabdî vollzogen. 132 Vgl. WÜST 1975, 221–227. 133 Kritisch hierzu AULD 1980, 55. 131

320

4)

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

sein. Als Grund für die noch nicht abgeschlossene Landnahme könnte der Redaktor das hohe Alter Josuas gesehen haben. Dementsprechend sei nur noch die Landverteilung durch Josua vor dessen Tod erfolgreich vollzogen worden, während ein Teil des Verheißungslandes erst noch von YHWH habe erobert werden müssen. Das zu verteilende Land werde zudem in 6b und v.7 nicht näher bestimmt. Hinzu komme, dass das in Jos 14–19 zugeteilte Land keineswegs deckungsgleich mit den bislang entworfenen Konzeptionen des Verheißungslandes gewesen sei. Da zudem v.7 mit den neuneinhalb westjordanischen Stämmen notwendigerweise die zweieinhalb ostjordanischen Stämme benötige, sei die ursprüngliche Fortsetzung von v.1 in 6b zu suchen, während v.7 eingefügt wurde, um die ostjordanischen Gebiete im Folgenden anschließen zu können. Für eine Verbindung von 6b hinter v.1 spreche auch das Adverb raq. Denn obschon die Landnahme noch nicht abgeschlossen sei (v.1), solle Josua bereits mit der Landverteilung beginnen (6b). Durch einen Anschluss von 6b an v.1 erhalte auch das enklitische Personalpronomen bei happilæhā einen nahen Referenzpunkt mit hāʾāræṣ in v.1. Der ursprüngliche Zusammenhang sei durch den Einschub von v.2–5 und dem Überleitungsvers 6a gestört worden. Eine Verbindung von v.1 und 6b hat darüber hinaus eine Parallele in Jos 1,3–4, wo ebenfalls die Landnahme mit einer Gebietsbeschreibung verbunden und das Ganze durch einen YHWH-Befehl in Jos 1,6 unterstützt werde.134 Da zudem in Jos 23,1 ebenfalls Yiśrāʾel anstelle von benê Yiśrāʾel steht, liegt 6b – nur Yiśrāʾel – ebenfalls auf derselben redaktionellen Ebene wie v.1, der mit Jos 23,1 verbunden werden kann. Die Landverteilung von Jos 14–19 ist demnach ursprünglich von v.1 und v.6b eingeleitet worden. Erst später seien v.2–5, 6a und v.7–14 ergänzt worden. Allerdings werden mögliche redaktionelle Glossen in v.2–5 überhaupt nicht diskutiert. Die mögliche diachrone Schichtung von v.7–14 kommt zudem bei diesem Entwurf ebenfalls nicht in den Blick. Auch der schwierige Übergang zwischen v.7 und v.8 kann bestenfalls auf textkritische Weise geglättet werden. Auld (1980):135 Die ursprüngliche Tradition in Jos 13 bestehe aus einem einleitenden Befehl an Josua und dem Verweis auf die bereits erfolgte Landverteilung an die ostjordanischen Stämme, wobei LXX den besseren Text biete (v.1.7–9*.11*). Da die Grundschicht noch nicht den Losentscheid gekannt habe, könne zudem 6b nicht die ursprüngliche Fortsetzung von v.1 gewesen sein.136 Eine spätere Hand habe dann die Tradition des nicht eroberten Landes in v.2–6 und v.13 eingetragen. Auch der Hinweis

134 Ob man jedoch derartige Strukturbeobachtungen für eine literarkritische Aufteilung von Jos 13 verwenden darf, ist fraglich. 135 Vgl. AULD 1980, 66f. 136 Vgl. AULD 1980, 56.

2. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

321

auf den fehlenden Landbesitz der Leviten in v.14 sei sekundär ergänzt worden. Vermutlich sei ebenfalls die Tradition der beiden Amoriterkönige Sihon und Og in v.10.12 hinzugewachsen. Problematisch ist jedoch die Grundentscheidung, dass LXX den besseren Text bewahre, ohne dass dies näher begründet wird.137 Demgegenüber haben eingehende textkritische Untersuchungen gezeigt, dass die Varianten der LXX auf literarische Vorentscheidungen zurückgehen, den schwierigen MT irgendwie sinnvoll zu übersetzen.138 Ibañez Arana (1981):139 Da die literarische Verbindung zwischen v.1 und v.7 nicht ohne Weiteres gegeben sei, sei die bislang übliche literarkritische Aufteilung nicht über jeden Zweifel erhaben. Außerdem habe v.1 noch nichts mit der Landverteilung zu tun. Darüber hinaus sei v.1 literarisch als vorweggenommene Aufnahme von Jos 23,1 zu deuten, sodass die Verbindung zu v.7 bestenfalls zufällig wäre. Während v.1 vermutlich als dtr. gedeutet werden kann, sind v.2–14 vielleicht eine spätere redaktionelle Ergänzung, ohne dass die diachrone Schichtung näher in den Blick genommen wird. Während diese Beobachtungen den Quasi-Konsens hinsichtlich der Beurteilung von v.2–6 in Frage stellen, liefert dieser Entwurf keine eingehende Diskussion der redaktionsgeschichtlichen Probleme. Soggin (1982):140 Die Zusammenstellung des noch nicht eroberten Landes in v.2–6 sei sekundär zwischen die Eröffnung mit der Altersangabe Josuas in v.1 und dem Befehl zur Verteilung des Landes in v.7 ergänzt worden. Denn die beiden Themen des nicht eroberten Lands und der Landverteilung seien in diesem Abschnitt unverbunden nebeneinandergestellt worden. Außerdem sei 6b eine Vorwegnahme des Befehls zur Landverteilung. Dementsprechend sei diese Doppelung literarkritisch zu lösen. Darüber hinaus sei in v.2–6 eine Ausweitung des Verheißungslandes zu beobachten. Auf diese Erweiterung werde zudem bei der Landverteilung in Jos 15–19 nicht zurückgegriffen. Auch die zweite Einleitung in v.8–14 sei nicht einheitlich. Eine geographische Beschreibung des Ostjordanlandes in v.9 und 11 werde neben eine eher historisch interessierte Schicht in v.10 und 12 gestellt, die das Territorium der beiden Amoriterkönige Sihon und Og beschreibe. Schließlich werde noch auf die beiden Königreiche von Geschur und Maacha in v.13 verwiesen. Die Doppelung der zweimaligen Landgabe (nātan lāhæm Mošæh) in v.8 wird bei diesem Entwurf jedoch nicht berücksichtigt. Auch der schwierige textkritische Übergang zwi-

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137

Zur Kritik vgl. SCHORN 1997, 167. Vgl. insgesamt BUTLER 2014b, 46. Für Jos 13,2–5 vgl. HERTOG 2009, 60. 139 Vgl. IBAÑEZ ARANA 1981, 86.91. 140 Vgl. SOGGIN 1982, 151. 138

322

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

schen v.7–8 wird nicht erklärt. Die offensichtliche Doppelung der ostjordanischen Stammesgebiete in v.8–14 zu v.15–33 wird diachron ebenfalls nicht ausgewertet. Gray (1986):141 Der Kern von v.1–14 gehe vielleicht auf das DtrG zurück, wobei der Redaktor auf vorliegende Listen wie in v.2–4 zurückgegriffen habe. Zu einem späteren Zeitpunkt sei dann noch das Territorium nach Norden in v.4–6* ausgeweitet worden, zumal in der ursprünglichen Tradition nur das Philistergebiet im Blick gewesen sei. Allerdings gibt es in v.4 abgesehen von inhaltlichen Erwägungen kein literarkritisch verwertbares Kriterium, um eine Erweiterung nach Norden abzugrenzen. Darüber hinaus bleibt die hier vollzogene Literarkritik vage. Cortese (1990):142 Redaktionsgeschichtlich sei zwischen v.2–6.8bβ–13, wobei es sich hierbei um altes vor-dtr. Material handele, sowie v.1 und v.7–8bα, die auf den nachpriesterlichen Redaktor zurückzuführen seien, zu unterscheiden. Außerdem habe der Kern des Abschnitts 8bβ–13 ursprünglich im Anschluss an Jos 22,1–8 nach der Rückkehr der ostjordanischen Stämme gestanden und sei dann von dem nachpriesterlichen Redaktor an seine jetzige Stelle verschoben worden. Für eine Verbindung zu Jos 22 spreche, dass hier dtr. Idiome wie YRŠ, šebæṭ, LQḤ oder NKY verwendet werden. Ob diese sprachliche Beobachtung allerdings ausreicht, um den Abschnitt 8bβ–13 ursprünglich hinter Jos 22 zu verorten, ist fraglich. Außerdem wird das vor-dtr. Material nicht diachron geschichtet, auch wenn es dort möglicherweise zu Erweiterungen kam, wie die deplatzierten Geschuriter in v.2 oder auch die mit den Philistern verbundenen Awiter in v.3 zeigen. Außerdem stellt sich die Frage, wann dieses vor-dtr. Material in der Weise zusammengestellt wurde, wie es jetzt vorliegt, und wann dieser Text an seinen jetzigen Ort eingefügt wurde. Görg (1991):143 Aufgrund von Spannungen könnten v.2–5 eine Erweiterung von v.1 sein, die dann in v.6 kommentiert und mit einer Überleitung in v.7 versehen wurde. Auf diese Weise wird aber der doppelte Imperativ zur Landverteilung kaum literarkritisch ausgewertet. Auch v.8–14 seien sekundär ergänzt worden, wobei bei dieser kurzen Darstellung der ostjordanischen Gebiete auf v.15–33 zurückgegriffen worden sei. In der Tat liefern v.8–14 eine gute und in sich konzise Zusammenfassung der Langliste (v.15–33), da hier die Tradition der Amoriterkönige besser eingearbeitet ist und das ostjordanische Gebiet bereits lückenlos skizziert wird. Eine Sonderstellung nimmt jedoch 8bβ ein, da hier die Landvergabe durch

7)

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141

Vgl. GRAY 1986, 124–126. Vgl. CORTESE 1990, 102f. Nach CORTESE 2004, 448 ist Jos 13,1–14 die PSS-Einleitung zum PS-Text Jos 13,15–21,45. 143 Vgl. GÖRG 1991, 64. 142

2. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

323

Mose verdoppelt wird und der YHWH-Name insofern stört, als die Ausführungen bislang einer YHWH-Rede zuzuordnen waren. Diese Kohärenzprobleme werden bei diesem Entwurf nicht berücksichtigt. Fraglich ist zudem, ob v.8–14 tatsächlich noch zur Gottesrede gehören, zumal v.14 ebenfalls YHWH in 3. Person belegt. Dementsprechend verwundert es nicht, dass auch v.14 vermutlich im Anschluss an die fast gleichlautende Formulierung in v.33 eingetragen worden ist. Schließlich wird der mögliche redaktionelle Charakter von v.13 nicht diskutiert, der die Nicht-Eroberung von ostjordanischen Gebieten festhält und damit auf einer Linie mit dem nicht eroberten Westjordanland liegt. 10) Fritz (1994):144 Zunächst habe sich der Befehl YHWHs zur Verteilung des Verheißungslandes nur auf das Westjordanland bezogen. Aus diesem Grund gehörten v.7 ebenso wie v.1 zum DtrH. Die Darstellung des noch übrig gebliebenen Landes in v.2–6 setze hingegen die bereits erfolgte Inbesitznahme des Landes voraus und sei daher später hinzugefügt worden, um den Anspruch Israels auch auf diese Gebiete zu unterstreichen. Allerdings seien v.2–6 aufgrund des wechselnden Stils vermutlich ebenfalls nicht einheitlich. Vielmehr seien nur die Gebietsbeschreibungen mit minʿad in 3aα und 4a ursprünglich. Außerdem seien v.8–12 die Arbeit eines gelehrten Redaktors, der die Verteilung des Ostjordanlandes vorwegnehme und dabei Jos 12,4–5 und Dtn 3,8–14 verwendet habe. Darüber hinaus seien v.8–12 eine spätere Zusammenfassung der in Jos 13 folgenden Langliste. In v.13 werde schließlich die Nichteinnahme von Geschur und Maacha nachgetragen und in v.14 die Sonderstellung der Leviten betont. Die Doppelung der Landgabe in v.8 wird jedoch bei diesem literarkritischen Entwurf ebenso wenig berücksichtigt wie die anscheinend redaktionellen Zusätze der Geschuriter in v.2 und der Awiter in v.3, die selbst im erweiterten Text nicht recht passen wollen. 11) Nelson (1997):145 Da v.7 (Auftrag zur Landverteilung) logisch an v.1 (noch ausstehende Inbesitznahme des Landes) anschließe, zumal das Land vor der eigentlichen Inbesitznahme aufgeteilt werden müsse, scheinen v.2–6 ein sekundärer Einschub zu sein, der die Gebiete beschreibe, die außerhalb des Siedlungsgebietes und damit jenseits der Kontrolle der Israeliten lägen. Neben das erste Problem, dass das bislang eroberte Land noch nicht von den Stämmen Israels übernommen worden sei, werde durch diesen Einschub noch ein zweites Problem gestellt, dass nämlich noch nicht das gesamte Verheißungsland erobert werden konnte. Das erste Problem werde in Jos 14–19 gelöst, das zweite durch die Zusage, dass YHWH für die weitere Eroberung gemäß v.6 auch künftig Sorge tragen

144 145

Vgl. FRITZ 1994, 141.146.148 Vgl. NELSON 1997, 164.172.

324

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

werde. Ungeachtet des zweiten Problems solle Josua mit der Landverteilung nach 6b bereits beginnen. Das geographische Gerüst von v.9 und 11 sei schließlich in v.10 und 12 mit historischen Daten angereichert worden. In diesem Sinne ähnele die Kurzliste der Langliste in v.15–33. Allerdings werden kleinere Glossen oder auch die redaktionelle Beurteilung von v.13 und v.14 nicht berücksichtigt. Außerdem ist das Adverbiale harbeh meʾod in v.1 problematisch, da durch diesen Zusatz nicht das bereits eroberte Land gemeint sein kann, das man besiedeln müsse. Vielmehr gibt es noch sehr viel weiteres Land, das in Besitz genommen bzw. erst noch erobert werden muss. Im jetzigen Nahkontext kann somit hāʾāræṣ nicht das bereits eroberte Verheißungsland sein. 12) Schorn (1997):146 Die ursprüngliche – vermutlich nicht dtn/dtr. – Tradition könnte in v.1.6b zu suchen sein, während v.2–6a ein spät-dtr. sekundärer Zusatz wären, der das Verb YRŠ umgedeutet habe. Das noch nicht in Besitz genommene Land werde nun zum noch nicht eroberten Land uminterpretiert. Das enklitische Personalpronomen in 6b beziehe sich dann auf hāʾāræṣ aus v.1, sodass der Befehl in 6b weitergeführt werde. Allerdings ist bei dieser Interpretation das Adverbiale harbeh meʾod erklärungsbedürftig. Die Erwähnung der neuneinhalb und zweieinhalb Stämme sei ebenfalls sekundär, sodass v.7 nicht zur Grundschicht gehören könne. Auch die Doppelung in 8bβ gehe auf einen spät-dtr. Redaktor zurück. Allerdings wird der Grund für die doppelte Landgabe durch Mose in v.8 nicht angegeben. Da der spät-dtr. Redaktor v.1 und v.8 „überkront“ habe, könne zumindest die ursprüngliche Tradition nicht mehr exakt bestimmt werden. Darüber hinaus seien v.9–13 ein weiterer Einschub, zumal die Beschreibung des ostjordanischen Gebietes im Kontext kaum vorbereitet ist. Dieser Einschub sei von der Konzeption in v.2–6a abhängig, da die Erwähnung der Geschuriter und Maachatiter in v.13 das in v.2–6a skizzierte Land notwendigerweise voraussetzt. Diese diachrone Verortung ist freilich nur dann zwingend, wenn v.13 nicht seinerseits bereits eine Erweiterung ist, die auf einer Ebene mit v.2–6a liegt. 13) Smend (2002):147 Aufgrund der formalen Parallele von Jos 13 zu Jos 1,1– 2 sei der Abschnitt v.1bβ–6 eine sekundäre Erweiterung. Denn in Jos 1 folge auf die Bestätigung des zuvor vom Erzähler erwähnten Todes des Mose in der YHWH-Rede der göttliche Befehl, der mit weʿattāh eingeleitet werde. Dementsprechend habe auch hier nach der Altersangabe Josuas sofort der mit weʿattāh eingeleitete Befehl zur Verteilung des Verheißungslandes gestanden, sodass der Verweis auf das noch übrig gebliebene Land nicht zur ursprünglichen Tradition gehört habe. Die geographische Erör-

146 147

Vgl. SCHORN 1997, 173–184. Vgl. SMEND 2002, 151–153.

2. Literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwürfe

325

terung des noch nicht eroberten Landes in Jos 13,1bβ–6 passe zudem inhaltlich nicht in den größeren Kontext, dem es vor allem um die Verteilung des eroberten Landes gehe. Vermutlich sollte mithilfe von 6b von der Ankündigung YHWHs, dass er die noch verbliebenen Völker vertreiben werde, zu v.7 übergeleitet werden, wobei das enklitische Personalpronomen bei happilæhā sich wohl prospektiv auf hāʾāræṣ in v.7 beziehe. Diese Vorwegnahme sei schon deshalb nötig, da es in der rekonstruierten Grundschicht keinen Bezugspunkt gebe. Allerdings ist der Übergang bei v.1–2 auch in diesem Entwurf nicht klar. Denn 1bβ muss nicht zwingend zu dem redaktionellen Zusatz gehören. Vielmehr könnte der Einschub erst ab v.2 beginnen, zumal hier auch formal ein erläuternder Neueinsatz mit zoʾt beginnt. Demnach soll 1bβ vermutlich ausdrücken, dass das bereits eroberte Land erst noch in Besitz genommen werden muss. Außerdem werden mögliche redaktionelle Glossen innerhalb des Einschubs von v.2–6 überhaupt nicht diskutiert. Auch die redaktionelle Verortung des Satzes 6b, der implizit den Losentscheid einträgt, wird ebenso nicht in den Blick genommen wie der schwierige textkritische Übergang in v.7–8. 14) Knauf (2008):148 Der Grundtext des ersten Teils des nicht zu verteilenden Landes (Jos 13,1–14) bestehe aus v.1–7, während v.8–12 bereits den zweiten Teil vorwegnähmen. Darüber hinaus seien in v.2 „und der ganze Geschuriter“ sowie in v.3 „und die Hiwiter“ sekundäre Fortschreibungen. In beiden Fällen werde ein Element zu viel genannt. Die „Geschuriter“ gehörten zudem eigentlich nach Galiläa und seien hier im Kontext mit den südlichen Philistern falsch platziert. Möglicherweise habe ein übereifriger Redaktor diese Glosse angesichts der gelîlôt „Bezirke“ der Philister eingetragen. Bei diesem Entwurf werden die Doppelungen (YHWH-Befehl zur Landverteilung, Landgabe durch Mose) nicht angemessen berücksichtigt und die inhaltliche Ausweitung auf das nicht eroberte Land ebenso nicht literarkritisch ausgeschieden. Außerdem wird die Vorwegnahme von Jos 23,1 in v.1 nicht als redaktionell bedingter Zusatz gesehen, was dann aber wiederum bedeutet, dass v.1 ursprünglicher als Jos 23,1 sein müsste. 15) Rösel (2011):149 Da sich 6b vermutlich auf das noch nicht eroberte Land beziehe, das in v.2–6 beschrieben werde und von Josua schon einmal ausgeteilt werden solle, sei v.7 mit seiner Anweisung, das unterworfene Westjordanland zu verteilen, die ursprüngliche Fortsetzung von v.1. Dies werde auch durch das Adverb raq „nur“ ausgedrückt. Denn Josua solle dieses Land bereits im Vorfeld als Lehen zufallen lassen, auch wenn die Eroberung noch ausstehe, die von YHWH in der Zukunft vollendet werde.

148 149

Vgl. KNAUF 2008, 125–128. Vgl. RÖSEL 2011, 208–214.

326

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

Eine Deutung des Landes in v.7 auf das Westjordanland, das nun von Josua verteilt werden soll, gelingt jedoch nur angesichts des Hinweises auf die neuneinhalb Stämme. Im Endtext bezieht sich hāʾāræṣ hazzoʾt hingegen auf das nichteroberte Gebiet in v.2–6. Hinzu kommt, dass v.2–6 nicht aus einem Guss zu sein scheinen, auch wenn sich die jeweiligen Fortschreibungen kaum noch bestimmen lassen. Außerdem gehe v.8 auf dtr. Redaktionsarbeit zurück, wobei allerdings der doppelte Hinweis auf die Landgabe durch Mose in diesem Entwurf nicht berücksichtigt wird. Die Kurzbeschreibung in v.9–12 entspreche weitgehend der Langbeschreibung v.15–31, auch wenn hier stark gekürzt wurde. Da v.11 andeuten könnte, dass das Land der Geschuriter und Maachatiter bereits erobert ist, musste v.13 berichtigen, dass diese Gebiete noch nicht unterworfen sind. Auch v.14 sei eine sekundäre Ergänzung, die den speziellen Status der Leviten unterstreicht, wobei die „Feueropfer“ eine weitere Glosse seien. 16) Artus (2013):150 Der ursprüngliche Text könnte auf 1a und v.7 beschränkt werden. In diesen Rahmen sei dann die Beschreibung des Landes gestellt worden, das mit der persischen Provinz Transeuphratene gleichgesetzt werden könne. Ein derartiger Entwurf berücksichtigt zum einen die Doppelung der Altersangabe Josuas in der Gottesrede und zum anderen den Verweis auf das noch zur Inbesitznahme übrig gebliebene Land. Allerdings fehlt dann die Einleitung zur Gottesrede in 1b. Auch die unterschiedliche inhaltliche und syntaktische Füllung von ŠʾR in v.1 und v.2 wird nicht berücksichtigt. Außerdem lässt sich die wörtliche Wiederaufnahme von v.1 in Jos 23,1 bei diesem redaktionsgeschichtlichen Modell kaum erklären. In diesem Entwurf wäre Jos 23,1 wohl eine sekundäre Wiederaufnahme von v.1. Es stellt sich dann aber die Frage, was der Grund für diese Aufnahme wäre, zumal der Einschub der Landverteilung damit nicht begründet werden kann. Denn v.1 gehört mit dem Auftrag zur Landverteilung bereits zur angenommenen Grundschicht von Jos 13. Einige Grundlinien lassen sich aus den bislang erarbeiteten literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Entwürfen übernehmen und in einen eigenen Entwurf integrieren, der schließlich auch die Redaktionsgeschichte des zweiten Teils des Josuabuches im Blick behält.151

3. Eigener Entwurf Der folgende literarkritische und redaktionsgeschichtliche Entwurf geht von folgenden sechs Beobachtungen aus, die nicht auf synchroner Ebene erklärt 150 151

Vgl. ARTUS 2013, 32. Anders WAZANA 2013, 208 Anm. 1, die Jos 13,1–6 für einen einheitlichen Text hält.

3. Eigener Entwurf

327

werden können, sondern nach einer redaktionsgeschichtlichen Lösung verlangen: 1)

2)

3) 4) 5)

6)

Die Wiederaufnahme von Jos 23,1 in Jos 13,1 mit der Angabe des hohen Alters Josuas kann nur redaktionsgeschichtlich gelöst werden. Die analoge Formulierung ʾattāh zāqantāh bāʾtā bayyāmîm in der Gottesrede v.1 muss ebenfalls vor diesem Hintergrund erklärt werden. Das Verbum YRŠ lässt zwei verschiedene Bedeutungen zu und kann unterschiedlich gedeutet werden (Inbesitznahme oder Eroberung). Diese semantische Varianz hat offenbar zum Einschub der nicht eroberten Gebiete geführt. In diesem Zusammenhang muss auch das Adverbiale harbeh meʾod einbezogen werden, dass offenbar die Bedeutung von YRŠ auf die Eroberung noch weiteren Landes festlegt. Die Aufforderung zur Landverteilung in v.6–7 ist eine klassische Doppelung, die literarkritisch gedeutet werden muss. Während v.6 mit Jos 23,4 zu verbinden ist, liegt v.7 auf einer Ebene mit Jos 18,10. Auch der Hinweis auf die Landgabe durch Mose wird in v.8 doppelt mit teils unterschiedlicher Idiomatik erzählt, was wiederum auf literarische Arbeit hinweisen wird. Die Bevölkerungsgruppen der Toponyme Geschur und Maacha werden als Gentilizia mit Gentiliznisbe -î oder als Toponym in v.13 geführt, was ebenfalls erklärungsbedürftig ist und vermutlich auf zwei Hände zurückzuführen ist. Außerdem ist v.14 eine leicht veränderte und verbesserte Vorwegnahme von v.33, die vermutlich eingefügt worden ist, um den Textabschnitt mit der Kurzliste davor einpassen zu können, sodass dieser Vers als Refrain vor der Kurz- und der Langliste dient.

Der Anschluss in Jos 13,1, der auf das hohe Alter Josuas als Begründung für das Folgende hinweist, ist sicher eine Vorwegnahme von Jos 23,1. Dementsprechend wird zumindest 1a auf diejenige Hand zurückgehen, die die Landverteilungstexte Jos 13–19* in das Josuabuch eingebunden hat. Aufgrund der lexematischen Entsprechung in der YHWH-Rede wird daher auch der Hinweis Gottes auf das hohe Alter Josuas auf dieselbe Redaktion zurückgehen. Die Redeeröffnung in v.1 „und es sagte YHWH zu ihm“ wird ebenfalls auf diese Redaktion zurückzuführen sein,152 zumal diese Eröffnung aufgrund des fehlenden Adressaten defizitär ist und nicht alleine stehen kann. Auch der Verweis auf 152 Bei der Redeeröffnung in v.1 fehlt explizit der Adressat „Josua“. Im MT verweist lediglich die Präpositionalverbindung ʾelāyw auf Josua in 1a. Allerdings könnte im ursprünglichen Text in 1bα durchaus Josua gestanden haben, was durch die Lesart der LXX unterstützt werden könnte. Insofern wäre es möglich, dass der LXX-Übersetzer einen anderen hebräischen Text vor sich hatte. Denn es war aufgrund des Kontextes für den LXXÜbersetzer nicht nötig, Josua doppelt zu nennen.

328

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

das übrig gebliebene Land kann von dieser Redaktion eingetragen sein. Nur das einschränkende Adverbiale harbeh meʾod hat man erst zu dem Zeitpunkt ergänzt, als man das Verb YRŠ im Sinne von „erobern“ verstanden und den Abschnitt des nicht eroberten Landes in v.2–6 ergänzt hat. Auf diese Weise wurde die Verbalbedeutung disambiguiert und ein flüssiger Übergang sichergestellt. Die redaktionelle Schicht, die die Landverteilungstexte Jos 13–19* in das Josuabuch eingebunden hat, ist dann erst wieder in v.7 anzutreffen, wo Josua aufgefordert wird, das Land zu verteilen. Aufgrund der Wortwahl in v.7 (ḤLQ benaḥalāh) reicht der literarische Horizont zum einen zurück zu Num 26,53 und zum anderen voraus zu Jos 18,10, wo Josua das Verheißungsland verteilt und damit diesen Befehl durchführt. Dementsprechend bilden Jos 13,1*.7–8 die Einleitung zur Landverteilung in Jos 13–19*. Allerdings ist bei der redaktionellen Arbeit am Übergang von v.7–8 entweder logisch unsauber gearbeitet worden, da sich ʿimmô nicht auf den westjordanischen Halbstamm Manasse beziehen kann, oder es ist von einer Textverderbnis auszugehen. Hier kommt man über Vermutungen nicht mehr hinaus. Die Doppelung der Landgabe durch Mose in 8bβ gehört nicht zu der Redaktion, die die Landverteilungstexte ins Josuabuch aufnahm, sondern dient als Einleitung zur Kurzliste der allgemeinen Beschreibung der ostjordanischen Stammesgebiete. Mithilfe dieser Doppelung, die das dtr. Idiom ʿæbæd YHWH verwendet und sich auf diese Weise sprachlich vom Vorausgehenden abhebt, konnte man v.9–12 ohne Probleme anschließen. In 8bβ wird durch den Ausdruck ʿæbæd YHWH zudem die Gottesrede definitiv verlassen, was schon vor dem Hintergrund notwendig war, dass v.14 ebenfalls nicht mehr in der Gottesrede stehen kann. Um die Kurzliste einzupassen, wurde die Technik der Wiederaufnahme gewählt, indem v.14 hinzugefügt wurde, der v.33 kopiert, sowie sprachlich (lô statt lāhæm) und inhaltlich (Gaben YHWHs statt YHWH als Lehen) leicht verbessert, sodass man auf das Subjekt Mose verzichten kann, zumal dieses schon in der Einleitung 8bβ explizit erwähnt wurde und Kontext wie Syntax kein anderes Subjekt zulassen. Diese Redaktion, die für den Abschnitt 8bβ–12.14 verantwortlich ist, setzt zumindest bereits die spät-dtr. Beschreibung der ostjordanischen Gebiete von Jos 13,15–32 voraus, da sie eine ähnliche Wortwahl verwendet und die Tradition der beiden Amoriterkönige Sihon und Og viel konsistenter einbaut als dies in der früheren Langliste Jos 13,15–32 der Fall war. In einem weiteren Schritt wurden die Nichteroberungsnotizen in v.2–6, sowie in v.13 ergänzt. Diese Redaktion hat somit ausgehend vom doppeldeutigen Verb YRŠ v.2–6 eingeschrieben. Zu dieser Redaktion gehört auch das Adverbiale harbeh meʾod, das die Uneindeutigkeit von YRŠ dahingehend präzisiert, dass es hier nicht um die Inbesitznahme des Landes, sondern um die Eroberung von sehr viel Land geht. Dementsprechend waren noch einige Gebiete übrig, die erst noch erobert werden mussten. Um diesen Abschnitt hier einzupassen,

3. Eigener Entwurf

329

ist am Schluss des Zusatzes in v.6 die Aufforderung zur Landverteilung, wie sie bereits in v.7 stand, in abweichender Idiomatik verdoppelt worden, wobei man das Idiom NPL-H benaḥalāh „als Lehen zufallen lassen“ aus Jos 23,4 aufgegriffen hat. Auf diese Weise konnte man den Losentscheid mit dem Handeln Josuas verbinden. Die Nichteroberungsnotiz in v.13 hat sich mithilfe der Stichwortassoziation (YRŠ in v.12) gut an dieser Stelle anschließen können. Die Darstellung des noch nicht eroberten Landes hat zwar einige sprachliche und inhaltliche Probleme, aber diese Schwierigkeiten können kaum literarkritisch gelöst werden. Lediglich an drei Stellen sind offensichtliche Glossen eingearbeitet worden. Zu den Philistern sind noch zusätzliche Bevölkerungsgruppen hinzu gestellt worden, die logisch und inhaltlich auszuscheiden sind: 1)

Die „Gesamtheit der Geschuriter“, die traditionell im aramäischen Norden angesiedelt werden, passen nicht zu dieser südlichen Verortung. Vielleicht hängt dieser Hinweis mit v.13 zusammen, wo betont wird, dass die Geschuriter und Maachatiter nicht von den „Söhnen Israels“ unterworfen werden konnten. Dann würde dieser Glossator davon ausgehen, dass es auch im philistäischen Süden Geschuriter gab. Demgegenüber könnte aber auch eine Textverderbnis vorliegen, sodass hier eigentlich ein Hinweis auf Geser gegeben werden sollte. Dann würde v.2 bereits auf Jos 16,10 vorverweisen, wo Geser ebenfalls nicht erobert werden konnte. Hier kommt man über Vermutungen kaum noch hinaus. Die Erwähnung der Awiter in v.3 sprengt die Fünfzahl der philistäischen Fürsten und geht wohl auf eine schriftgelehrte Notiz zurück, die darum weiß, dass nach Dtn 2,23 die Volksgruppe der Awiter von den Seevölkern vernichtet worden ist. Da dies aber nach Meinung des Glossators mitunter nicht flächendeckend geschah, musste er noch darauf hinweisen, dass es hier vielleicht doch noch Awiter gegeben haben könnte.153 Der Ausdruck kål ʾæræṣ Kenaʿanî „die Gesamtheit des Landes Kanaan“ in v.4 kann sich weder auf das Land Kanaan noch auf die nördlich und südlich zu erobernden Leerstellen beziehen. Hierbei handelt es sich um eine Glosse mit unklarer Bedeutung.

2)

3)

Die Doppelung der Geschuriter und Maachatiter in v.13 könnte ebenfalls literarkritisch gelöst werden. Während 13a sprachlich auf einer Linie mit v.11 liegt und im Anschluss daran formuliert sein könnte, hebt sich 13b sprachlich von 13a ab, da hier keine Gentilizia mehr, sondern Toponyme verwendet werden. Dementsprechend könnte auch hier ein Glossator eingegriffen haben, der noch zusätzlich betonen wollte, dass die Geschuriter und Maachatiter bis in die Zeit des Glossators dort lebten.

153

Vgl. auch WAZANA 2013, 215f.

330

„Es blieb sehr viel Land übrig“ (Jos 13,1)

Alles in allem sind für die Erklärung der literarkritischen Probleme nur drei redaktionelle Schichten nötig (1*.7–8bα; 8bβ–12.14; 2–6.13). Zwei dieser Redaktionen erstrecken sich zudem auch über den Abschnitt der Landverteilung Jos 13–19*, während die Kurzliste der ostjordanischen Gebiete in 8bβ–12.14 redaktionell gebildet und mit Hilfe der Wiederaufnahme eingegliedert worden ist. Vier Glossen, deren Herkunft nicht immer sicher angegeben werden kann, haben zusätzliche Informationen eingetragen.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33

In der zweiten Hälfte von Jos 13 werden die Stammesgebiete der zweieinhalb ostjordanischen Stämme beschrieben, die bereits von Mose verteilt worden sind (Jos 13,15.24.29.32). Auch wenn bei der redaktionellen Arbeit literarische Vorlagen verwendet worden sind, handelt es sich insgesamt bei Jos 13,15–33 vermutlich um eine fiktive Zusammenstellung.1 Für diese Vermutung sprechen bereits erste Beobachtungen am Text. Allein schon die Konzeption von zweieinhalb Stämmen wirkt künstlich. Darüber hinaus erscheint die Verteilung eines zusammenhängenden Siedlungslandes in Transjordanien ohne geographische Lücken ebenfalls konstruiert zu sein. Außerdem widerspricht die Konzeption des Stammes Gad und Ruben der außerbiblischen Tradition (KAI 181: Mescha-Inschrift). Denn der historische Stamm Gad siedelte vermutlich südlich von Ruben und nördlich des Arnon, während die literarische Fiktion von Jos 13 Gad offenbar mit Gilead gleichsetzt2 und daher nördlich von Ruben lokalisiert. Im Gegensatz zu den Landverteilungstexten im Westjordanland lassen sich zudem in der Beschreibung der ostjordanischen Gebiete keine Grenzlisten sicher nachweisen,3 sodass es ursprünglich für das West- und Ostjordanland wohl kein gemeinsames Dokument mit Grenzen des verteilten Landes gab. Denn in Jos 13 werden im Gegensatz zu Jos 15–19 keine Verben der Bewegung verwendet, die aber für die Grenzbeschreibung nötig wären.4 Vielmehr werden hier ganze Gebiete mit der Formel min-ʿad beschrieben und Flächen bzw. Linien gezeichnet, wobei aber keine landschaftlichen Markierungspunkte zur Fixierung der Grenze herangezogen werden.5 Darüber hinaus kann ohnehin keine befriedigende Grenzlinie zwischen den einzelnen weit auseinanderliegenden Punkten gezogen werden.6 Aus alledem folgt, dass Jos 13,15–33 dementsprechend eine schriftgelehrte

1

Vgl. zum Problem RÖSEL 2011, 214. Vgl. KNAUF 2008, 133. Kritisch hierzu aber SOGGIN 1982, 159. 3 Kritisch NOORT 1987, 126f. Auch CORTESE 1990, 37 geht in Jos 13,15–28 von einer Gebietsbeschreibung und nicht von einer Grenzliste aus. Schon RUDOLPH 1938, 215f. sieht in den Ortsnamen keine Grenzliste, sondern Anhaltspunkte zur Beschreibung eines bestimmten Gebietes, was auch durch die Aufnahme von geographischen Begriffen unterstützt wird. 4 Vgl. hierzu GASS 2019, 231. 5 Vgl. MITTMANN 1970, 234f. 6 Vgl. SCHORN 1997, 186. 2

332 

Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

künstliche Zusammenstellung der ostjordanischen Orte zu sein scheint, die widersprüchlich bleibt und sich nicht kartographisch darstellen lässt.7 Die Verteilung des Ostjordanlandes wurde nach Num 32 bereits von Mose selbst vorgenommen. Auf diese Tradition greift nun Jos 13 zurück, wobei Jos 13,15–33 viel detaillierter gehalten ist als die Kurzfassung in Jos 13,7–12, die bereits die folgende Landvergabe an neuneinhalb der zwölf Stämme Israels in Jos 14–19 begründen soll. Dementsprechend ist Jos 13,15–33 eine Dublette zur Kurzfassung in Jos 13,7–12.8 Dieser Befund könnte mitunter literarkritisch erklärt werden. Darüber hinaus wird in der Kurzfassung auf Gebiete zurückgegriffen, während v.15–33 vor allem Städtelisten verwenden. Außerdem zeigt die Kurzfassung eine gewisse stilistische Nähe zu Dtn 3,12–17. Schließlich ähnelt die Kurzfassung der Beschreibung des nicht eroberten Gebietes in Jos 13,1–6.9 Die Landgabe an die ostjordanischen Stämme in Jos 13 zeigt auffällige Parallelen, aber auch Unterschiede zu verschiedenen Texten, die offenbar weitergeführt werden sollten. Insgesamt werden in Jos 13 die unterschiedlichsten Traditionen verwendet und miteinander kombiniert.10 So werden das Siedlungsgebiet der zweieinhalb ostjordanischen Stämme (Num 32; Dtn 3)11 und die Grenzen des Verheißungslandes (Num 34; Jos 1) aufgegriffen und mit der Tradition der Auseinandersetzung mit den beiden Amoriterkönigen Sihon und Og verbunden (Num 21; Dtn 2). Auffälligerweise finden sich derartige Traditionen sowohl in der priesterlichen (Num 21.32.34) als auch in der dtn/dtr. Überlieferung (Dtn 2–3; Jos 1).12 Zum einen wird in Jos 13 auf die dtn/dtr. Tradition in Dtn 2,24–3,17 angespielt, zum anderen aber auch auf die Eroberung der Amoriterreiche in Jos 12,1–6,13 wobei aber die Darstellung von Jos 13 viel präziser ausfällt.14 Außerdem sind markante geographische Unterschiede zu Num 32,34–38 zu erkennen.15 Denn nach Num 32,34–38 wird Ruben vor allem um die Stadt Heschbon lokalisiert. Außerdem erhält Gad ein Gebiet von Aroër im Süden 7

Vgl. zu diesem Problem auch KNAUF 2008, 135. Vgl. ARTUS 2013, 24. 9 Vgl. zu den Unterschieden zwischen beiden Fassungen CORTESE 1990, 55. 10 Vgl. hierzu BUTLER 2014b, 51. 11 Nach ARTUS 2013, 32 repräsentieren die zweieinhalb ostjordanischen Stämme die Juden der perserzeitlichen Transeuphratene. 12 Zu beiden Traditionslinien, die in Jos 13 zusammenfließen, vgl. BUTLER 2014b, 54– 56. MOWINCKEL 1964, 75 sieht in Jos 13,15–32 die Priesterschrift am Werk, die die Inbesitznahme des Landes von Num 32 aufgreift und formal mit Jos 14–19 zusammenhängt. 13 Nach NOTH 1971a, 268f. wird den beiden Stämmen Ruben und Gad das Gebiet des Amoriterkönigs Sihon von Heschbon übergeben, das in Jos 12,2–3 skizziert wird. 14 Vgl. OTTOSSON 1969, 129. 15 Vgl. hierzu auch NOTH 1971a, 278; SEEBASS 2012, 254. KALLAI 1983, 111 differenziert zwischen zwei Konzeptionen des Ostjordanlandes, die diachron voneinander zu scheiden seien. 8

 

1. Textkritische Beobachtungen 

333

bis zu Orten, die nördlich von Heschbon liegen (Jaser, Jogboha, Bet-Nimra).16 Es hat demnach den Anschein, dass nach dieser Konzeption das Stammesgebiet von Gad das Territorium von Ruben umschließt. Die Darstellung der Verteilung des Ostjordanlandes erfolgt in Jos 13 von Süd nach Nord, wobei die Genauigkeit und Vollständigkeit der gegebenen Daten immer stärker abnimmt.17 Darüber hinaus zeigt sich der allmähliche Zerfall der Integrität der einzelnen Stämme auch in den textlichen Markern, da bei Halbmanasse eine Schlussformel fehlt. Stattdessen schließt v.32 die ganze Einheit der ostjordanischen Gebiete ab.18

1. Textkritische Beobachtungen Die masoretische Textform von Jos 13,15–33 ist nicht an allen Stellen über jeden Zweifel erhaben und muss daher vorab diskutiert werden. Vor der Verteilung des Ostjordanlandes durch Mose ab v.15 hat LXX eine zusätzliche Einleitung gefügt, die dem Abschluss in v.32 stark ähnelt.19 Am Ende von v.14 steht nämlich in LXX im Gegensatz zum MT eine Überschrift zum Folgenden, die von einer Landgabe des Mose an τοῖς υἱοῖς Ισραηλ „Söhne Israels“ ausgeht. Allerdings spricht dies gegen die ursprüngliche Tradition, der zufolge Mose lediglich den ostjordanischen Stämmen das bereits eroberte Land zugeteilt habe, während das westjordanische Land von Josua verteilt werden müsse. Insofern wäre zu überlegen, ob in diesem LXX-Zusatz nicht das Objekt τοῖς υἱοῖς Ισραηλ zu streichen wäre,20 um einen passenden Übergang zum Folgenden zu schaffen. Dann wären v.14–LXX + v.32 ein perfekter Rahmen um die Landverteilung an die zweieinhalb Stämme im Ostjordanland. Fraglich ist jedoch, ob nicht LXX erst zu einem späteren Zeitpunkt den Mangel einer Überschrift erkannt und beseitigt hat. Der masoretische Text ist zudem auch ohne Überschrift gut verständlich und muss vor v.15 nicht erweitert werden. In v.16 wird hannaḥal von LXX in beiden Fällen mit dem Toponym Arnon näher spezifiziert, während MT beim zweiten Mal auf Arnon verzichtet, wohl aufgrund der Überlegung, dass hier eine derartige Angabe zum Verständnis 16

CORTESE 1990, 56 weist darauf hin, dass nach Num 32 Ruben in der Mitte Gads wohnt, während Jos 13 die bessere räumliche Anordnung bietet. Nach BOLING 1982, 341 könnten die Unterschiede darauf zurückzuführen sein, dass es in Jos 13 zu einer Reorganisation der Gebiete gekommen sei. 17 NOTH 1971a, 264 verbindet die abnehmende Genauigkeit wie bei den westjordanischen Listen mit dem zunehmenden Abstand zu Jerusalem. 18 Vgl. WOUDSTRA 1981, 224; NELSON 1997, 171; HAWK 2000, 189f. 19 Vgl. auch STEUERNAGEL 1900, 202. 20 Vgl. hierzu schon RUDOLPH 1938, 214. MOWINCKEL 1964, 69 hingegen belässt das Objekt τοῖς υἱοῖς Ισραηλ im Satz.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

nicht nötig sei. Hinzu kommt, dass LXX in v.16 markant von der Übersetzungsweise in v.9 abweicht, wobei der Grund für die Änderungen nicht ersichtlich ist. Entweder ist LXX hinsichtlich der Übersetzungskriterien inkonsistent oder es wurde eine andere Vorlage übersetzt.21 Alles in allem ist aber kein Grund ersichtlich, weshalb man hier MT verbessern sollte. Die Präposition ʿal vor Medeba in v.16 ist hinsichtlich ihrer Bedeutung semantisch schwierig. Vermutlich ist daher mit den meisten Versionen ʿal zu ʿad zu ändern,22 sodass hier im Rahmen einer min-ʿad-Verbindung der Endpunkt eines Gebietes beschrieben wird. Die Präpositionalverbindung ʿal Mêdebāʾ „um Medeba“ fehlt allerdings in den wichtigsten Textzeugen der LXX.23 Dementsprechend wird die Präpositionalverbindung ʿal Mêdebāʾ gelegentlich als Glosse gestrichen, die von v.9 beeinflusst wurde.24 Dort steht allerdings die syntaktisch schwierige Verbindung wekål hammîšor Mêdebāʾ, die keine Präposition belegt. Darüber hinaus könnte man ʿad mit LXX nach Wegfall von Medeba mit Heschbon aus v.17a zusammenstellen, zumal die unvermittelte Nebeneinanderstellung der beiden Orte Medeba-Heschbon erklärungsbedürftig ist.25 Bei diesem textkritischen Problem kommt man über Vermutungen kaum noch hinaus. Der Bezugspunkt des enklitischen Personalpronomens bei wekål ʿāræ̑ hā in v.17 ist unsicher, auch wenn es sich hierbei wohl um Heschbon handelt.26 Darüber hinaus fehlt dieses Pronomen in LXX.27 Manchmal wird in v.17 das Toponym Bamot-Baal als Glosse getilgt,28 was aber von LXX nicht unterstützt wird. Eine Wucherung im Rahmen der Texttransmission ist eher unwahrscheinlich. In v.19 teilt LXX das Toponym Zeret-Schahar in zwei Ortsnamen Σεραδα und Σιωρ auf, die mit der Konjunktion „und“ verbunden sind. Eine Aufteilung des Ortes Ṣæræt haššaḥar, der nur in Jos 13,19 belegt ist, auf zwei Orte 21

Vgl. zum Problem BUTLER 2014b, 49. Vgl. STEUERNAGEL 1900, 202; NOTH 1971b, 74; SOGGIN 1982, 150; FRITZ 1994, 140; MITTMANN 1995, 5 Anm.7; RÖSEL 2011, 215. BUTLER 2014b, 49 weist allerdings darauf hin, dass derartige Emendationen in erster Linie von geographischen, strukturalen und literarischen Vorüberlegungen abhängig sind. WOUDSTRA 1981, 218 Anm. 9 übersetzt die Präposition ʿal mit „near“. Gegen eine Veränderung schon DILLMANN 1886, 512, da Medeba nicht die Nordgrenze des Mischor ist. 23 Vgl. hierzu BOLING 1982, 334; PITKÄNEN 2010, 266. Zu den unterschiedlichen Lesarten vgl. auch HOLZINGER 1901, 49. 24 Vgl. NELSON 1997, 169. 25 Vgl. MITTMANN 1970, 233. 26 Vgl. BUTLER 2014b, 49. 27 Vgl. STEUERNAGEL 1900, 202; HOLZINGER 1901, 49; SOGGIN 1982, 150. Nach WÜST 1975, 126 hat LXX den redaktionell gewachsenen Text bewusst vereinfacht, Medeba gestrichen und das auf Heschbon rückbezügliche Pronomen getilgt, sodass sich der Ausdruck wekål hæʿārîm auf die Städte des Mischors beziehen konnte. 28 Vgl. NOTH 1971b, 74. 22

 

1. Textkritische Beobachtungen 

335

ist aber in keiner Handschrift angedeutet. Vielleicht wollte LXX den mit der Gottheit der Morgenröte verbundenen Ortsnamen durch diese Aufteilung entschärfen. Gelegentlich wird mit LXX der Relativsatz in v.21 ʾašær mālak beḤæšbôn gestrichen,29 der sich ansonsten noch in v.10 findet, was auch von LXX bezeugt wird. Dementsprechend könnte dieser Relativsatz von v.10 her sekundär eingetragen worden sein.30 Allerdings ist es wahrscheinlicher, dass in v.21 aufgrund von einer aberratio oculi bzw. Haplographie der erste der beiden Relativsätze weggefallen ist. LXXB hat zudem eine recht eigenwillige Tradition zu 21b, wo die dem Sihon untergebenen Midianiterfürsten genannt werden.31 Offenbar hatten bereits die frühen Übersetzer ihre Probleme mit einem schwierigen hebräischen Text. Die in v.22 abschließende Präpositionalverbindung ʾæl ḥalelêhæm könnte eine Glosse aus Num 31,8 sein,32 zumal diese Ergänzung in LXX fehlt und in v.22 eigentlich an unpassender Stelle ergänzt worden ist. Allerdings ist LXX die lectio facilior und daher nicht notwendigerweise der bessere Text. In Num 31,8 ist ʾæl ḥalelêhæm zumindest besser verortet, zumal es sich auf die bereits erschlagenen männlichen Midianiter aus Num 31,7 bezieht. Demgegenüber töten in v.22 die „Söhne Israels“ explizit nur Bileam, während nach v.21 die Erschlagung von Sihon und den Midianiterfürsten auf das Konto des Mose gehen, sodass der Bezug von ʾæl ḥalelêhæm in v.22 unklar ist. Außerdem hat die griechische Tradition das Wort ḥalelêhæm entweder mit ῥοπῇ oder τροπῇ wiedergegeben, wobei letzteres Wort auf die Wurzel ḤYL zurückgehen könnte.33 Hier zeigt sich wiederum die Problematik eines schwer zu übersetzenden Textes, was die LXX ebenfalls zu meistern hatte.34 Allerdings muss textkritisch die Präposition ʾæl höchstwahrscheinlich wie in Num 31,8 zu ʿal geändert werden,35 um diesem schwierigen Satz ein angemessenes Verständnis zu ermöglichen. In v.23 belegt LXX bei ʿārîm ein zusätzliches Personalpronomen „ihre Städte und ihre Dörfer“, wobei sich αὐτῶν auf die Rubeniter beziehen muss.36 Allerdings ist MT der schwierigere Text, der beibehalten werden kann.37 Hinzu kommt, dass der Ausdruck hæʿārîm weḥaṣrêhæn in den Landvertei29

Vgl. FRITZ 1994, 140; PITKÄNEN 2010, 267. Vgl. zu dieser Lücke in LXX HOLZIN1901, 49. 30 Vgl. BUTLER 2014b, 49. 31 Vgl. BUTLER 2014b, 49. 32 Vgl. FRITZ 1994, 140. 33 Vgl. BUTLER 2014b, 49. 34 Zur abweichenden LXX-Tradition vgl. auch HOLZINGER 1901, 49. 35 Vgl. OETTLI 1893, 167; NOTH 1971b, 74; BOLING 1982, 334. Nach BUTLER 2014b, 49 könnte hier eine Verwechslung der Präposition vorliegen. 36 Vgl. SOGGIN 1982, 151. 37 Vgl. BUTLER 2014b, 50. GER

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

lungstexten breit belegt ist,38 wo sich das Pronomen immer auf die jeweilige Stadt und nicht auf die Bevölkerung bezieht. Aufgrund der Parallele zu v.15 könnte in v.24 lemaṭṭeh benê Gād zu lesen sein,39 da die doppelte Präpositionalverbindung lemaṭṭeh Gād lebenê Gād syntaktisch schwerfällig und darüber hinaus unnötig ist. Allerdings könnte hier vielleicht eine Variation zu v.15 vorliegen.40 Außerdem wäre es ebenso möglich, dass nur lemaṭṭeh Gād oder nur libenê Gād ursprünglich sind,41 wobei man entweder auf LXX oder Peschitta verweisen könnte.42 Vielleicht geht die doppelte Ausdrucksweise des MT auf eine Zusammenführung der unterschiedlichen Vorlagen zurück.43 Auf alle Fälle scheint diese Doppelung eine unnötige Tautologie zu sein, die redaktionsgeschichtlich zu erklären ist. Da zudem die Versionen offenbar unterschiedliche Texte wiedergeben, wäre es möglich, dass der längere MT ursprünglich ist, zumal die Kürzung beabsichtigt sein könnte.44 Da v.25 zwei offensichtliche inhaltliche Probleme verursacht, wird er gelegentlich textkritisch verändert.45 Denn zum einen stößt sich die Angabe der „Gesamtheit der Städte Gileads“ mit v.31, wonach die Hälfte Gileads Ostmanasse zugesprochen wird. Zum anderen reicht das israelitische Gebiet ansonsten nur bis an die Grenze der Ammoniter (v.10). Demnach könnte man das Lexem kål vor Gilead durch ḥaṣî austauschen, womit man das erste Problem bereits behoben hätte. Außerdem hätte man dann zudem den Gedanken von Dtn 3,12 aufgegriffen, wonach ebenfalls nur die Hälfte des Gilead-Gebirges an die Gaditer fiel. Das Wort ḥaṣî wäre folglich im Laufe der Texttransmission an einen fehlerhaften Platz verschoben worden.46 Darüber hinaus müsste man noch die Präposition ʿad vor dem Ammoniterland ergänzen, die aufgrund von Haplographie hinter Gilʿād ausgefallen wäre. Ob man allerdings derart und ohne Unterstützung der Versionen in den vorliegenden Text eingreifen darf, ist fraglich, auch wenn man durch diese Rekonstruktion mit wenigen Handgriffen einen stimmigen Text erzeugt. Neben dieser Konjektur 38

Jos 13,23; 16,9; 19,23.39. Mit einem die Städte näher bezeichnenden Zahlwort in Jos 15,32.36.41.44.51.54.57.59.60.62; 18,24.28; 19,6.7.15.22.30.38. 39 Vgl. NOTH 1971b, 76; CORTESE 1990, 61; FRITZ 1994, 140; BUTLER 2014b, 50. WOUDSTRA 1981, 220 hält libenê Gād für tautologisch, auch wenn MT damit offenbar kein Problem hat. 40 Interessanterweise finden sich in Jos 13 sowohl die Konstruktion benê + X (Jos 13,23.28.31) wie auch maṭṭeh benê + X (Jos 13,15.29). 41 Vgl. hierzu RÖSEL 2011, 218f. 42 Vgl. auch BOLING 1982, 335; SOGGIN 1982, 151. 43 Vgl. NELSON 1997, 169. 44 Vgl. CORTESE 1990, 15f. 45 Vgl. hierzu ODED 1971, 239–241. 46 Alternativ könnte waḥaṣî auch direkt vor Gilead gestanden haben. Auf diese Weise müsste man die Konjunktion w= nicht streichen. Allerdings müsste man dann zusätzlich ein enklitisches Personalpronomen hinter ʿārê ergänzen, vgl. ODED 1971, 240 Anm. 3.

 

1. Textkritische Beobachtungen 

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gibt es in v.25 noch weitere Probleme in der Textüberlieferung. Von LXX wird nämlich die Konjunktion vor kål ʿārê hagGilʿād getilgt, sodass es sich hierbei um eine Apposition zu Jaser handeln könnte. Die damit angezielte Gleichsetzung von Jaser und „der Gesamtheit der Städte Gileads“ schafft aber zusätzlich unnötige Probleme. Außerdem wird von LXXB der Ausdruck „Aroër, das gegenüber von Rabba (liegt)“ zu „Araba, das gegenüber von Arad (liegt)“ geändert,47 ohne dass es hierfür eine sachliche Erklärung gibt, zumal hier der Blick unnötigerweise nach Süden wandert. Die Abweichungen der Versionen müssen folglich nicht zu textkritischen Operationen führen. Die falsche Vokalisierung des Toponyms Lidbir ist in v.26 in Loʾ Debār oder vergleichbare Varianten zu verändern,48 sodass der Ortsname mit „UnDing“ zu übertragen wäre. Die Lokalisierung dieses Ortes ist schwierig, zumal Lodebar entweder in der Umgebung von Mahanajim49 oder im aramäisch dominierten Norden zu suchen wäre.50 Im zweiten Fall würde sich das gaditische Gebiet mit dem Territorium von Halbmanasse überschneiden, was ein zusätzliches Problem erzeugt. Gelegentlich wird demgegenüber mit LXX, Peschitta und Vulgata der Ortsname Debir gelesen,51 wobei dann die Präposition l= entweder nicht übersetzt worden wäre oder aufgrund von Haplographie hinter gebûl ausgefallen wäre.52 Allerdings ist ein Ort Debir im Ostjordanland gänzlich unbekannt, sodass die traditionelle Deutung als Lodebar wohl wahrscheinlicher ist. Außerdem bezeugt LXXB eine andere Lesart der einzelnen Ortsnamen in v.26.53 Auf diese Weise wird jedoch der Text nicht erleichtert, sondern mit Dibon anstelle von Debir eine Ausweitung nach Süden vorgenommen, die eigentlich ausgeschlossen ist. Auch die anderen Orte in v.27, die LXXB anstelle von MT am Versanfang belegt,54 sind schwer zu deuten und lassen sich kaum vom hebräischen MT ableiten. Der zusätzliche Einschub von LXXB in v.28 könnte vielleicht mit Jos 7,12 zusammenhängen, auch wenn nur der Hauptsatz übernommen wurde und der Nebensatz eine eigenständige Bildung ist, die offenbar lemišpeḥotām voraussetzt und integriert. Fraglich ist jedoch, weshalb es zu dieser Erweiterung 47

Vgl. auch BOLING 1982, 335; BUTLER 2014b, 50. 2Sam 17,27 (Loʾ Debār); Am 6,13 (Loʾ Dābār). Alternativ hierzu noch 2Sam 9,4.5 (Lô Debār). Vgl. NOTH 1971b, 76; FRITZ 1994, 140. Anders hingegen GÖRG 1991, 68, der noch Li-Debor vorschlägt. Zum Problem vgl. auch BARTHÉLEMY 1982, 31f. 49 2Sam 9,4–5; 2Sam 17,27. Vgl. hierzu OTTOSSON 1969, 128; GRAY 1986, 129. 50 Am 6,13. Zur Lokalisierung des Ortes Lodebar vgl. OTTOSSON 1969, 128; MITTMANN 1970, 242–244; WÜST 1975, 127–129. 51 Vgl. BOLING 1982, 335; GRAY 1986, 129. WOUDSTRA 1981, 222 weist jedoch darauf hin, dass es keinen ostjordanischen Ort namens Debir gebe. 52 Vgl. schon DILLMANN 1886, 514; OETTLI 1893, 168; HOLZINGER 1901, 49; NELSON 1997, 169. 53 Vgl. PITKÄNEN 2010, 267. 54 Vgl. PITKÄNEN 2010, 267. 48

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

kam.55 Vielleicht wollte LXXB die Tradition des nicht eroberten Landes eintragen, da die „Söhne Gad“ den Feinden den Rücken zukehrten. In v.28 steht zudem die eigenwillige Form weḥaṣrêhæm, wobei es sich vermeintlich um nachklassisches Hebräisch handelt.56 Wahrscheinlich bezieht sich das maskuline Personalpronomen auf die „Söhne Gad“.57 Diese Lesart ist allerdings nicht über jeden Zweifel erhaben, da manche Handschriften in v.28 auch das vermutlich korrekte weḥaṣrêhæn aufweisen. Demnach wird hier wahrscheinlich das enklitische Personalpronomen zu ändern sein. In v.29 wird gerne mit LXX die Verdoppelung laḥaṣî šebæṭ Menaššæh wayehî gestrichen.58 Dann erhält man die gleiche Eröffnungsformel wie bei den beiden Stämmen Ruben (v.15) und Gad (v.24). Mithilfe dieser Glosse werde zusätzlich zu der hier üblichen Formulierung maṭṭeh noch das alternative Wort šebæṭ eingefügt.59 Vermutlich ist diese Doppelung literarkritisch und nicht textkritisch zu deuten. Hier waren offenbar zwei unterscheidbare Hände am Werk, die diese Doppelung erzeugten, während LXX entweder einen einfacheren Text herstellte oder die ältere Vorlage bezeugte, die noch nicht redaktionell überarbeitet worden ist. Darüber hinaus ist es überhaupt nicht nötig, dass man in v.29–30 stark textkritisch eingreifen und einen Teil von v.29 in v.30 eintragen muss.60 Derartige Konjekturen lassen sich textkritisch kaum mit den Versionen begründen. Die Präposition min vor dem Toponym Mahanajim in v.30 könnte als Dittographie zu streichen sein,61 da im weiteren Verlauf ein korrespondierendes ʿad fehlt. Allerdings ist ein Zielpunkt nicht notwendigerweise gefordert, zumal in v.30 lediglich angedeutet werden könnte, dass sich das Gebiet von Mahanajim aus erstreckt und den ganzen Baschan umfasst. Dann wäre mimMaḥanayim eine adverbiale Näherbestimmung zu kål habBāšān. Ferner ist es auch nicht nötig, dass vor kål habBāšān die Präposition w= entfallen ist, auch wenn diese in LXX und Peschitta noch erhalten ist.62 Die Versionen könnten hier bewusst einen schwierigen Text geglättet haben. Fraglich ist, ob in v.32 hinter ʾellæh ein Prädikat hanneḥālot wie in Jos 19,51 zu ergänzen wäre.63 Denn der Relativsatz könnte ebenfalls als das 55

Vgl. BUTLER 2014b, 50. Vgl. KNAUF 2008, 134. 57 Vgl. BOLING 1982, 335. 58 Vgl. BOLING 1982, 335; SOGGIN 1982, 151; FRITZ 1994, 140. Anders NELSON 1997, 170, der die erste Erwähnung laḥaṣî šebæṭ Menaššæh für ursprünglich hält. So vermutlich auch OETTLI 1893, 168; STEUERNAGEL 1900, 205; HOLZINGER 1901, 49. Kritisch zu einer Streichung dieser Doppelung schon DILLMANN 1886, 514. CORTESE 1990, 16 versucht, dieses Problem literarkritisch und nicht textkritisch zu lösen. 59 Vgl. NOTH 1971b, 78. 60 So aber BUTLER 2014b, 50. 61 Vgl. FRITZ 1994, 140. 62 Vgl. BOLING 1982, 335. 63 So aber FRITZ 1994, 140. 56

 

2. Sprachliche Beobachtungen 

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geforderte Prädikat im Nominalsatz zu deuten sein. Die schwierige Lesart des MT hat zumindest in der Übersetzung der LXX einen wichtigen Rückhalt. In LXX fehlt v.33, sodass die Rahmung des Abschnittes über die Landverteilung an die ostjordanischen Stämme entfällt. Fraglich ist, ob es sich im MT um eine wiederholende Erweiterung handelt,64 die textkritisch zu streichen wäre. Da v.33 aber eine fast wörtlich identische Wiederholung zu v.14 ist, könnte MT durchaus ursprünglich sein.65 Denn mit der Wiederholung dieses Satzes wird zumindest eine formale Rahmung um die ostjordanischen Stammesgebiete gelegt. In LXX wird hingegen diese Rahmung aufgegeben und zusätzlich eine Einleitung am Ende von v.14–LXX ergänzt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb MT die formale Anlage von LXX bewusst zerstört und stattdessen einen Rahmen um die Einheit gelegt haben sollte. Alles in allem ist MT bis auf Kleinigkeiten textkritisch beizubehalten. In v.16 und 22 sollten die problematischen Präpositionen geändert werden, die im Verlauf der Texttransmission offenbar verändert wurden. Außerdem ist das Toponym Lodebar in v.26 durch eine einfache Umvokalisierung des Konsonantenbestandes zu lesen. Die wohl fehlerhafte Lesart in v.28 ist entsprechend der zahlreichen Parallelen zu weḥaṣrêhæn zu ändern. Die anderen offensichtlichen Probleme sollten vermutlich literarkritisch oder redaktionsgeschichtlich gelöst werden. Entweder belegen die Versionen einen literarhistorisch früheren Text oder sie wurden nachträglich gekürzt, um Doppelungen und Wucherungen zu vermeiden. Im ersten Fall könnten die Versionen zusätzliche Argumente liefern, wie die Texte diachron gewachsen sind.

2. Sprachliche Beobachtungen In Jos 13,15–33 werden verschiedene formale Elemente verwendet, um die ostjordanischen Siedlungsgebiete genau abzustecken. Neben der allgemeinen Zuweisung des Territoriums zu den Herrschaftsbereichen der Amoriterkönige Sihon und Og (v.21.27.30.31) dienen der Arnon und der Jordan als generelle Süd- und Westgrenze (v.16.23.27.32). Darüber hinaus werden offenbar noch Ortslisten für Ruben und Gad (v.17–20.27) und generelle Beschreibungen einer Gebietsausdehnung mit der Formel min-ʿad (v.16.26a.b) verwendet.66 Sprachlich fallen vor allem die Einleitungen der ostjordanischen Gebietsbeschreibungen auf, da hier formal gleiche Elemente verwendet werden. Das 64

So NELSON 1997, 170. Schon STEUERNAGEL 1900, 205; MOWINCKEL 1964, 69 Anm. 49 halten v.33 für eine irrtümliche Erweiterung, die von LXX gestrichen worden sei. Nach IBAÑEZ ARANA 1981, 88 ist v.33 ebenfalls eine Glosse. 65 Vgl. CORTESE 1990, 16. 66 Vgl. hierzu auch NELSON 1997, 170.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

relativ seltene Idiom NTN lemaṭṭeh ist meist im Kontext der Verteilung des Stammesgebietes an die ostjordanischen Stämme belegt.67 In Jos 13 wird diese Formel allerdings nur für Ruben (v.15) und Gad (v.24) verwendet. In v.24 steht zudem noch die doppelte Präpositionalverbindung lemaṭṭeh Gād libenê Gād. Offenbar sollte die bereits in v.15 gebrauchte Verbindung von benê + Stammesname hier ergänzt werden. Beim Halbstamm Manasse steht zudem šebæṭ anstelle von maṭṭeh (v.29). Dies entspricht dem ansonsten geläufigen dtr. Sprachgebrauch,68 während nur selten der priesterliche Ausdruck ḥaṣî maṭṭeh für „Halbstamm“ verwendet wird.69 Die Verbindung ḥaṣî šebæṭ bezieht sich zudem immer auf den ostjordanischen Stamm Halbmanasse.70 Bei den Einleitungsformeln ist vermutlich redaktionell gearbeitet worden. Eine Grundform könnte NTN lemaṭṭeh benê + Stammesname gewesen sein, die in v.15 und 29b belegt ist, während in v.24 die Kurzform lemaṭṭeh Gād mit libenê Gād erweitert und in 29a dtr. Idiomatik übernommen wurde. Nur bei Ruben und Gad wird die Darstellung des Territoriums mit zwei Sätzen eröffnet,71 was auffällig ist und vielleicht literarkritisch gelöst werden kann. Allerdings benötigt der zweite Satz aufgrund des enklitischen Personalpronomens das jeweilige Objekt des ersten Satzes, sodass beide Sätze aufeinander bezogen sind. Der erste Satz verweist auf die vergangene Gabe des Landes durch Mose, der zweite Satz leitet die eigentliche Gebietsbeschreibung ein. Möglicherweise wollte man die doppelte Einleitung der westjordanischen Landverteilungstexte nachahmen. Alternativ hierzu könnte man die Präpositionalverbindung lemaṭṭeh benê + Stammesname als casus pendens vor die eigentliche Gebietsbeschreibung ziehen und erst in einem zweiten Schritt wären dann wayyitten Mošæh wie auch lemišpeḥotām hinzu gewachsen. Weshalb man jedoch auf die Tradition der Landgabe durch Mose in diesem früheren Stadium verzichten sollte, ist kaum verständlich zu machen, sodass diese Alternative wohl ausscheiden muss. Während bei den Rubenitern die Gebietsbeschreibung mit einer jeweils doppelten Einleitungs- und Schlussformel geboten wird, sodass eine Beschreibung des entsprechenden gebûl (v.16.23a) von einer weiteren Formel umklammert wird (v.15.23b), fehlt bei den Gaditern diese doppelte Rahmung, da bei ihnen der erste Abschluss wayehî gebûl benê X hayyarden ûgebûl (23a) höchstens in v.27 verkürzt als hayyarden ûgebûl wiedergegeben ist, wobei 67 Jos 13,15.24; 14,3. Nur Num 34,13 bezieht sich auf die neuneinhalb westjordanischen Stämme. 68 Vgl. auch RÖSEL 2011, 214f. 69 Num 34,14; Jos 13,29; 21,5.6.27; 22,1; 1Chr 6,56; 12,32. 70 Num 32,33; Dtn 3,13; 29,7; Jos 1,12; 4,12; 12,6; 13,29; 18,7; 22,7.9.10.11.13.15.21; 1Chr 5,18.23.26; 12,38; 26,32. 71 Zu den formelhaften Elementen vgl. auch HAWK 2000, 188; EDERER 2017, 209, wobei allerdings die textkritischen und sprachlichen Differenzierungen nicht in den Blick genommen werden.

 

2. Sprachliche Beobachtungen 

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sich aber diesem Ausdruck noch eine längere, vielleicht sekundär hinzugefügte Erklärung anschließt.72 Zumindest die zweite Abschlussformel zoʾt naḥalat benê X lemišpeḥotām hæʿārîm weḥaṣrêhæn ist in beiden Fällen bis auf das enklitische Personalpronomen identisch (23b und v.28).73 Hier wird die Abschlussformel der übrigen Landverteilungstexte in Jos 15–19 offenbar übernommen, die zumindest standardisiert die beiden Worte zoʾt naḥalat enthält,74 wobei die Fortführung nicht immer gleich sein muss. Auch die Ergänzung von „Städten und deren Gehöfte“ muss bei dieser Formel nicht notwendigerweise stehen. Der Terminus gebûl wird in Jos 13 im Gegensatz zu Jos 15–19 zur Bezeichnung eines Gebietes verwendet, da hier die Formel HYY lāhæm haggebûl steht (v.16.25), die den Besitz bzw. die Inbesitznahme eines Gebietes, nicht aber den Verlauf einer Grenze andeuten kann.75 In v.30 findet sich beim Halbstamm Ostmanasse die Alternative HYY gebûlām. Auch in v.26 und 27 ist eine Bedeutung „Gebiet“ naheliegend. Nur in v.23 scheint gebûl die Bedeutung „Grenze“ zu haben, zumal an dieser Stelle der Jordan als westliche Grenze für die Rubeniter bestimmt wird.76 Aber auch dort wird mit dem nachgestellten ûgebûl betont, dass der Jordan zwar zunächst die Grenze ist, dass aber eigentlich das Jordantal als Gebiet in den Blick genommen werden soll. Schon diese Beobachtung zeigt, dass die ostjordanischen Gebiete nicht zu einem Dokument mit Grenzbeschreibungen gehören können, das auch die westjordanischen Gebiete umschreibt. Der Ausdruck lemišpeḥotām findet sich im Abschnitt der Landverteilung Jos 15–19 immer dort, wo eine priesterliche Redaktion einen ursprünglichen Text vor dem Hintergrund des Losentscheids eingetragen hat, sodass zumindest die Erweiterung durch die Verteilung der ostjordanischen Gebiete durch Mose mit lemišpeḥotām frühestens auf dieser redaktionellen Ebene stattfand. Dieser Ausdruck steht standardisiert in allen einleitenden und abschließenden Bemerkungen (v.15 und 23: Ruben; v.24 und 28: Gad; v.29 und 31: Halbmanasse) und scheint daher auf eine redaktionelle Hand zurückzugehen. Vermutlich wurde dieser Ausdruck schon aus folgendem Grund immer wieder verwendet, da es nach Ansicht der priesterlichen Redaktion die Aufgabe der Sippen war, den Landbesitz auch für die künftigen Generationen sicherzustellen.77 72 Die Doppelung von gebûl ist schwierig zu erklären. Nach WOUDSTRA 1981, 220 ist das zweite Vorkommen mit „bank“ zu übertragen. NELSON 1997, 168 denkt an „adjacent territory“. 73 Nach HURVITZ 1974, 41–43 ist das Wort ḥāṣer ein altes Wort, was die Datierung der priesterlichen Texte aber nicht wirklich erleichtert. 74 Jos 13,23.28; 15,20; 16,8; 18,20.28; 19,8.16.23.31.39.48. 75 Vgl. hierzu auch NELSON 1997, 169. 76 Vgl. BOLING 1982, 348. 77 Vgl. NELSON 1997, 173.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

Formal fällt zudem die Verwendung der Präpositionen min-ʿad auf (v.16.26a.b). Bisweilen hat man diese Formulierung für eine Grenzbeschreibung gehalten,78 obschon vergleichbare Grenzlisten immer mit einem Verb der Bewegung verbunden sind. Außerdem ergibt die Verbindung der in Jos 13 genannten Punkte keine sinnvolle Grenze, zumal meist das fruchtbare Hinterland ausgeklammert bleibt und die einzelnen Punkte zu weit auseinanderliegen. Es handelt sich bei diesen min-ʿad-Formulierungen wohl eher um eine Gebietsbeschreibung. Mit den beiden genannten Punkten werden die beiden äußersten Ränder des betreffenden Gebietes abgesteckt.79 Insgesamt lässt sich ausweislich der min-ʿad-Formel eine Dreiteilung des Stammesgebietes Rubens und Gads erkennen, und zwar von Aroër bis Medeba (v.16), von Heschbon bis Ramat-Mizpe und Betonim (26a) sowie von Mahanajim bis zum Gebiet von Lodebar (26b). Diese dreifache Gliederung des Gebietes für nur zwei Stämme ist jedoch erklärungsbedürftig. Möglicherweise ist 26b eine sekundäre Erweiterung des gaditischen Gebietes nach Norden hin. Interessanterweise werden sowohl bei der südlichen Grenze in v.16 (Aroër und der „Stadt inmitten des Flusstals“) als auch bei der nördlichen Grenze in 26a (Ramat-Mizpe und Betonim) zwei Punkte angegeben. Dies könnte auf redaktionelle Arbeit hinweisen, da nur ein Ort genügt hätte, um einen äußersten Randpunkt abzustecken.80 Insofern könnte die „Stadt inmitten des Flusstals“ lediglich eine literarische Bildung sein, um den Arnon als Südgrenze des rubenitischen Stammesgebietes klar zu definieren.81 Darüber hinaus wurde das Territorium Rubens nicht nur nach Süden, sondern auch nach Norden erweitert, als in 17a noch die Stadt Heschbon ergänzt wurde. Zum einen sollte das Stammesgebiet dem Herrschaftsbereich Sihons einigermaßen entsprechen, zum anderen wurde ein Ausgleich zu Num 32,37 angestrebt, wonach das rubenitische Gebiet bis nach Heschbon und Elale reicht.82 Die Erwähnung von Heschbon in v.17 liegt außerhalb des Bereichs, der zunächst noch in v.16 skizziert wird, sodass dieser Ort vielleicht sekundär ergänzt wurde, da man das rubenitische Gebiet mit dem Territorium des Amoriterkönigs Sihon, der in Heschbon regierte, gleichsetzen wollte.83 Durch diese nachträgliche Erweiterung wird jedoch – vielleicht zunächst unbewusst – ein 78 Vgl. hierzu NOTH 1971a, 264, der in Jos 13 von einer unvollkommeneren Formulierung ausgeht, und Grenzlisten in v.16.17a.20.25b.26.28aβb vermutet, obwohl dort nicht immer eine min-ʿad-Formulierung vorliegt. Meist wurden derartige Grenzlisten in die vorstaatliche Zeit datiert, vgl. hierzu JI 1996, 67. 79 Vgl. WÜST 1975, 120–122. 80 Vgl. hierzu WÜST 1975, 133. 81 Nach WÜST 1975, 142f. sind die anderen Belege für diese „Stadt inmitten des Flusstals“ vermutlich von Jos 13,16 abhängig. Zu dieser Stadt als literarische Fiktion oder Produkt einer redaktionellen Exegese vgl. auch MITTMANN 1995, 6. 82 Vgl. hierzu MITTMANN 1995, 7. 83 Vgl. RÖSEL 2011, 215.

 

2. Sprachliche Beobachtungen 

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Widerspruch zu v.26 erzeugt, wonach Heschbon zum Stammesgebiet von Gad gehört. Für den Nachtragscharakter von „Heschbon und die Gesamtheit seiner Städte“ könnte auch der Umstand sprechen, dass in v.9 lediglich der Bereich bis Medeba in den Blick genommen wird84 und eine derartige Ausweitung vorerst noch nicht angedacht war. In der Ortsliste Rubens in v.17–20 werden nach Abzug der geographischen Namen (Mischor, Gebirge über der Ebene, Abhänge des Pisga) insgesamt zwölf Städte genannt.85 Oft wird im Rahmen einer Hypothese, die mit fixen Grenzen rechnet, vermutet, dass das rubenitische Gebiet nach Osten nicht über die Linie Heschbon-Medeba-Aroër hinausgegangen ist.86 Allerdings scheinen die Orte dieser Liste nach folgenden geographischen Kriterien verteilt zu sein: Während die Orte in v.17–18 meist in der nördlichen Umgebung von Dibon zu suchen sind, liegen die Orte in v.19 bei Medeba und die Orte in v.20 nordöstlich des Toten Meeres und wohl nicht mehr auf dem Mischor, sodass diese Städte eigentlich nicht mehr zur Überschrift in v.17 passen, wonach alle Städte, die auf dem Mischor liegen, in den Blick kommen sollen.87 Es hat den Anschein, dass eine ursprünglich ostjordanische Ortsliste (v.17–20.27) durch geographische Bezeichnungen „Mischor“ (v.17), „Gebirge über der Ebene“ (v.19) und „Ebene“ (v.27), die jeweils mit der lokalen Präposition b= eröffnet werden, in drei Teile gegliedert war, wobei vom Redaktor die ersten beiden Abschnitte Ruben, der letzte hingegen Gad zugewiesen wurde. In v.19 ist zudem die Präpositionalverbindung behar hāʿemæq vermutlich als „im Gebirge über der Ebene“ wiederzugeben. Dieser Ausdruck könnte ursprünglich als Eröffnung zu den folgenden Städten gedient haben.88 Allerdings müsste man dann die Konjunktion w= vor Bêt Peʿôr streichen,89 damit behar hāʿemæq als vorangestelltes Gliederungselement dienen kann. Die Orte Bet-Peor, Aschdot-Pisga und Bet-Jeschimot in v.20 hängen redaktionell vermutlich mit unterschiedlichen Traditionen zusammen.90 Zum einen sind die beiden Orte Aschdot-Pisga und Bet-Jeschimot in der Gebietsbeschreibung des Amoriterkönigs Sihon in Jos 12,3 belegt, wo die Südgrenze markiert werden soll. Zum anderen ist vermutlich der Ort Bet-Peor der Bileam-Erzählung verpflichtet, wo der Gipfel des Peor (Num 23,28) neben 84

Vgl. WÜST 1975, 126. Vgl. KNAUF 2008, 131. Ähnlich BOLING 1982, 342f., der allerdings Heschbon streicht und dafür die Abhänge Pisgas aufnimmt, wobei er Pisga für eine Stadt oder ein Dorf hält. Anders HOWARD 1998, 312, der Pisga für eine Region hält. Nach NELSON 1997, 168f. ist hier hingegen von einem Ortsnamen Aschdot-Pisga auszugehen. Kritisch hierzu BUTLER 2014b, 49. 86 Vgl. HERTZBERG 1985, 90. 87 Vgl. hierzu OTTOSSON 1969, 124f. 88 Vgl. NOTH 1971b, 80. 89 NELSON 1997, 169 hält diese Konjunktion für „explanatory or explicative“. 90 Vgl. hierzu MITTMANN 1995, 7–9. 85

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

dem Gipfel des Pisga (Num 23,14) und Bamot-Baal (Num 22,41) als ein Schauplatz der Orakel dient. Dementsprechend liegt hier eine Ortsreihe vor, die die beiden Traditionen vom Amoriterkönig Sihon und der BileamErzählung mit Hilfe der Toponyme zusammenbringt und damit auf einer Linie mit den v.21–22 liegt. In v.21 ist die Wortwahl auffällig. Denn nur in Jos 13 wird behauptet, dass Sihon in Heschbon regiert, während ansonsten das Verb YŠB anstelle von MLK verwendet wird.91 Die hiermit vergleichbare Redeweise von Sihon als mælæk Ḥæšbôn ist zudem vor allem in dtr. Literatur belegt,92 sodass es den Anschein hat, dass in v.21 die dtr. Tradition der Amoriterherrschaft im Ostjordanland aufgegriffen wird. Darüber hinaus finden sich die beiden Ausdrücke ʿārê hamMîšor und hikkāh Mošæh nur im Buch Deuteronomium und hier.93 Außerdem sieht wekol ʿārê hamMîšor wie eine verkürzte Wiederaufnahme von v.17 aus (wekål ʿāræ̑ hā ʾašær bamMîšor). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Herrschaftsbereich des Königs Sihon von Heschbon auch die Städte der Ebene umfasst, da sich das enklitische Personalpronomen nur auf den zuvor genannten Ort Heschbon beziehen kann. Interessanterweise wird die Vernichtung Sihons in v.21 explizit nur Mose zugeschrieben, während dies in Num 21 bzw. Dtn 1–4 mit Mose, den Israeliten oder Gott selbst verbunden wird. Möglicherweise sind hier unterschiedliche redaktionelle Intentionen greifbar. Nach der Erwähnung des Amoriterkönigs Sihon von Heschbon folgt in v.21–22 eine weitere Auflistung von Potentaten, die von den „Söhnen Israels“ mit dem Schwert erschlagen wurden, wobei die Tradition von Num 31,8 mit den fünf Herrschern Midians und Bileam aufgegriffen und weitergeführt wird.94 Die „Könige Midians“ werden in v.21 zu „Häuptlingen Midians“ (neśîʾê Midyān) degradiert, die als Stammesfürsten Sihons (nesîkê Sîḥôn) wirken und daher auch im Ostjordanland wohnen.95 Auf diese Weise können die Midianiterkönige mit Sihon in Verbindung gebracht werden.96 Außerdem wird Bileam in v.22 zu einem „Wahrsager“ (qôsem). Mit diesem in der Bibel 91

Num 21,34; Dtn 1,4; 3,2; 4,46; Jos 12,2; 13,10.21. Dtn 2,24.26.30; 3,6; 29,6; Jos 9,10; 12,5; 13,27; Ri 11,19; Neh 9,22. 93 Dtn 3,10; Jos 13,21 (ʿārê hamMîšor) und Dtn 4,46; Jos 13,21 (hikkāh Mošæh). 94 Insofern ist aufgrund dieser intertextuellen Parallele gegen SOGGIN 1982, 150 auszuschließen, dass hier nur vier Fürsten genannt werden, wobei dann ræbaʿ ein Zahlwort sei. Kritisch hierzu auch BUTLER 2014b, 49. 95 Nach WOUDSTRA 1981, 220 Anm. 16 ist die Übersetzung von nesîkê Sîḥôn schwierig. Das nomen regens könnte von einer Wurzel NSK abzuleiten und mit „Vasall“ wiederzugeben sein. Ähnlich auch NELSON 1997, 169. Nach OETTLI 1893, 167 basiert der Ausdruck nesîkê Sîḥôn auf korrekter Überlieferung. 96 Vgl. NOTH 1971b, 74. KNAUF 2008, 132 vergleicht dies mit den Scheichs der Stämme Nordarabiens, die im 5. Jh. v. Chr. zu Vasallen der persischen Großkönige geworden sind. Nach WOUDSTRA 1981, 219 Anm. 15 sind derartige Herrscherbezeichnungen in biblischer Zeit ohnehin sehr unpräzise. 92

 

2. Sprachliche Beobachtungen 

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eindeutig negativ besetzten Titel wird ein illegitimer Prophet außerhalb Israels bezeichnet, der als gefährlicher Feind Israels auftritt.97 Nur in v.21–22 wird die Tradition der Tötung der Midianiterfürsten und Bileams aus Num 31 mit dem Amoriterkönig Sihon aus Num 21 verbunden. Hier scheint ein gelehrter Redaktor sein ganzes Wissen kreativ eingetragen zu haben, zumal beide Ereignisse im gleichen geographischen Bereich stattfanden und daher miteinander kombiniert werden konnten.98 Außerdem sollte auf diese Weise dargestellt werden, dass die Gefahr durch die ungute Beeinflussung durch fremde Völker schon von Anfang an beseitigt worden ist.99 Allerdings ist die Syntax der v.21–22 nicht ganz klar. Denn es könnten die fünf Midianiterfürsten als Objekt zu hikkāh Mošæh gefasst werden. Dann hätte Mose selbst nicht nur die beiden Amoriterkönige, sondern auch noch die von Sihon abhängigen Midianiterhäuptlinge erschlagen. Das widerspricht aber Num 31,8, wonach von Mose ausgewählte Krieger für dieses Massaker verantwortlich waren. In der Paralleltradition wechselt erst in Num 31,9 das Subjekt zu den „Söhnen Israels“. Vor dem Hintergrund von Num 31,9 konnte benê Yiśrāʾel auch in v.22 als Subjekt eingesetzt werden, das für die Tötung zumindest von Bileam verantwortlich ist. Darüber hinaus wäre es auch möglich, dass die zuvor in v.21 genannten Objekte ebenfalls zu hāregû zu ziehen seien. Dementsprechend könnten die Midianiterfürsten wie Bileam das Objekt von hāregû sein. Hier wird sehr offen und unbestimmt formuliert, was vielleicht dem ausgleichenden Charakter dieser redaktionellen Ergänzung zuzuschreiben ist, die bewusst nicht eindeutig Stellung beziehen möchte. Die abschließende Präpositionalverbindung ʾæl bzw. ʿal ḥalelêhæm steht nur in Num 31,8–LXX an dieser Stelle, sodass der Redaktor von v.21–22 vielleicht die Vorlage der LXX benutzt hat. Interessanterweise hat LXX den Ausdruck ʿal ḥalelêhæm zweimal gesetzt, einmal vor den Midianiterfürsten, einmal nach Bileam wie in v.22. In 23a wird als Grenze des Stammesgebietes der „Söhne Ruben“ lediglich der Jordan als Westgrenze angegeben, während das Territorium Rubens nach Osten zur Wüste hin offen gedacht wird.100 Aufgrund des Kontextes kann gebûl nur in 23a als „Grenze“ verstanden werden, während es ansonsten in Jos 13 mit „Gebiet“ übersetzt werden sollte. Die abschließenden Formulierungen in 23b verbinden Jos 13 zudem mit den Landverteilungstexten der zweiten Hälfte des Josuabuches Jos 15–19, zumal naḥalat benê + X die Kurzform der Formel naḥalat maṭṭeh benê + X 97

Vgl. zur Abwertung Bileams NOORT 1987, 129; GÖRG 1991, 68; FRITZ 1994, 148; RÖSEL 2011, 218. Nach WOUDSTRA 1981, 220 könnte damit auch eine Warnung verbunden sein, die von Bileam instigierte Apostasie künftig zu vermeiden. 98 Nicht umsonst spricht OTTOSSON 1969, 126 bei den v.21–22 von einer „telescoped history version of Num. 21ff“. 99 Vgl. HAWK 2000, 189. 100 Vgl. KNAUF 2008, 132.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

sein könnte.101 Auch die anderen Begriffe lemišpeḥotām oder hæʿārîm weḥaṣrêhæn sind gerade im zweiten Teil des Josuabuches häufig belegt. Aufgrund dieser intertextuellen Bezüge kann die Abschlussformel in 23b kaum auf eine ursprüngliche Tradition zurückgehen. Fraglich ist, ob in v.25 mit Jaser eine bestimmte Stadt oder eher ein Gebiet bezeichnet wird. Da im Zusammenhang mit Jaser die Gesamtheit der Städte Gileads und die Hälfte des Ammoniterlandes genannt wird und damit keine Ortsnamen, sondern eigentlich geographische Bezeichnungen im Blick sind, könnte es sich bei Jaser um ein Gebiet handeln.102 Problematisch ist zudem, dass das Ammoniterland ansonsten nicht zum Siedlungsgebiet der israelitischen Stämme gezählt wird (Dtn 2,19; Ri 11,15). Demgegenüber wird immer wieder mit Nachdruck betont, dass sich das Territorium Israels nur bis zur Grenze der Ammoniter erstreckt (Num 21,24; Dtn 3,16; Ri 11,15). Es verwundert daher nicht, dass auch nach Jos 13,10 das Ammoniterland ausgenommen wird. Gelegentlich wird dieser Widerspruch zur üblichen Tradition mit der Zusatzannahme gelöst, dass sich die Ammoniter ungerechtfertigterweise auf israelitischem Siedlungsgebiet ausgestreckt hatten103 und daher dieses Gebiet von Israel zurückgefordert werden konnte. Die Präpositionalverbindung ʿal penê Rabbāh in v.25 muss nicht mit „östlich von Rabba“ übersetzt werden, da hier keine genaue Richtungsangabe, sondern eher die allgemeine Bedeutung „gegenüber“ anzunehmen ist.104 Da das Lexem pānîm in der Regel besondere Nähe ausdrückt, könnte die Präpositionalverbindung ʿal penê mit „nahe, in der Gegend von“ übertragen werden. Somit ist eher an einen Ort in der näheren Umgebung von Rabba gedacht,105 ohne dass hier eine genaue Richtungsangabe vorliegen muss. Vielmehr soll ein wenig bekannter Ort durch ein wohlbekanntes Toponym lokalisiert werden. Hinzu kommt, dass einige Belege für ʿal penê eine östliche Verortung überhaupt nicht zulassen und bei anderen Stellen die östliche Lokalisierung noch zusätzlich ausgedrückt wird, was ebenfalls verdeutlicht, dass die Präpositionalverbindung ʿal penê nicht schon von sich aus „östlich von“ heißen wird.106 Allerdings könnte der Ort „Aroër, der in der Nähe von Rabba (liegt)“ auch darauf zurückzuführen sein, dass zu Gad nach v.25 das halbe Ammoniterland gehört und ein weiterer gleichnamiger Ort Aroër bereits zum Gebiet Rubens gezählt wird. Dementsprechend mussten hier zwei Orte na101

Vgl. RÖSEL 2011, 218. Vgl. RUDOLPH 1938, 215. Zum Problem vgl. auch GASS 2010, 103f. 103 Vgl. OTTOSSON 1969, 127, der hierfür auf Ri 11,13 verweist. 104 Vgl. zum Problem schon ELLIGER 1930, 283f. Zur Bedeutung „gegenüber“ vgl. OTTOSSON 1969, 126. 105 Vgl. NOTH 1971b, 81; HOWARD 1998, 313. Nach DRINKARD 1979, 286; BOLING 1982, 345 könnte hier auch „westlich“ gemeint sein. Zum Problem vgl. WOUDSTRA 1981, 221. 106 Vgl. DRINKARD 1979, 285f. 102

 

2. Sprachliche Beobachtungen 

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mens Aroër voneinander differenziert werden, der eine durch den Hinweis auf den Arnon (v.16), der andere durch die ammonitische Hauptstadt Rabba (v.25). Allerdings ist fraglich, ob es tatsächlich einen Ort Aroër in der Nähe von Rabba gab.107 Vielleicht ist die Erwähnung dieses Ortes lediglich eine Fehlinterpretation von Ri 11,33,108 wo von einem Ort Aroër die Rede ist, der aufgrund des Kontextes zu Ammon gerechnet werden könnte. In v.26 könnte wiederum eine Gebietsbeschreibung mit min starten, die zudem an den Endpunkt aus v.17 anknüpft. Während demnach das Gebiet Rubens bis zu Heschbon reiche, beginne das Territorium Gads ab Heschbon. Dies gilt freilich nur dann, wenn Heschbon aus 17a tatsächlich zur Gebietsbeschreibung von Ruben gehört, was aber vor dem Hintergrund fraglich ist, da eigentlich schon Medeba aus v.16 den äußersten Endpunkt bezeichnet. Die Grenze zwischen beiden Stammesgebieten verläuft dann eher zwischen den beiden Orten Medeba und Heschbon. Während nach v.21 bereits kål mamlekût Sîḥôn „die Gesamtheit der Königsherrschaft des Sihon“ von Ruben besiedelt wird, verweist v.27 darauf, dass offenbar noch ein Rest des Gebietes an Gad vergeben werden konnte.109 Die Notiz, dass yætær mamlekût Sîḥôn an Gad verteilt wurde, könnte auf Num 21,32 zurückgehen, wonach in Jaser, das zum Gebiet von Gad gerechnet wird, ebenfalls Amoriter vormals geherrscht haben.110 In v.27 wird der Ortsname Zafon in der Form weṢāfôn gelegentlich als direktives Adverbiale „nach Norden“ wiedergegeben,111 was aber eher unwahrscheinlich ist, da man zum einen keine Konjunktion vor Zafon erwarten würde und zum anderen ansonsten ein he locale gesetzt wird. Nach Num 26,15 könnte es sich bei Zafon um einen gaditischen Clan handeln,112 was aber vor dem Hintergrund problematisch ist, dass in Num 26,15, wo die gaditischen Sippen vorgestellt werden, Ṣāfôn zu Ṣefôn gekürzt wurde. Aus der Beschreibung des Jordans als Grenze, wie dies in v.23 noch der Fall war, wurde in der verkürzten Fassung von v.27 (hayYarden ûgebûl) ein eigenständiges Gebiet, zumal hier der Jordanfluss syntaktisch mit dem Kontext nicht verbunden ist.113 Vermutlich dient hayYarden ûgebûl zusammen mit dem Folgenden zur Erläuterung, welche Gebiete vormals zum Rest des Kö107

Vgl. KNAUF 2008, 133. Vgl. BUTLER 2014b, 55. 109 Diese Spannung wird von EDERER 2017, 212 nicht gesehen, der das Reich des Amoriterkönigs Sihon in zwei Hälften teilt. Ähnlich WOUDSTRA 1981, 219, der die Bezeichnung kål mamlekût Sîḥôn auf die fruchtbare Hochebene des Mischor beschränkt. 110 Vgl. OTTOSSON 1969, 125. Nach KALLAI 1983, 117 ist Jaser zunächst nicht mit dem Amoriterkönig Sihon verbunden. 111 Vgl. KNAUF 2008, 134. 112 Vgl. OTTOSSON 1969, 128; NELSON 1997, 174. 113 Vgl. KNAUF 2008, 132f. Zum syntaktischen Problem vgl. schon HOLZINGER 1901, 53. OETTLI 1893, 167 vermutet, dass mit Targum hier ûgebulô zu lesen wäre. 108

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

nigreiches Sihons gehörten. Dann würde der Einflussbereich Sihons bis zum Gebiet Ogs herangeführt werden.114 Auf diese Weise würden die ostjordanischen Stämme das ehemalige Gebiet der beiden Amoriterkönige zugewiesen bekommen, sodass man weder die Ammoniter noch die Moabiter aus ihren jeweils angestammten Gebieten verdrängt hätte.115 Außerdem wird in v.27 das Gebiet des Amoriterkönigs Sihon mit den Angaben von Jos 12,2–3 abgeglichen, wo dessen Territorium ebenfalls bis an den See von Kinneret reicht.116 In v.29–31 folgt schließlich die Landzuweisung an Ostmanasse, die sich wohl als sekundärer Zusatz bestimmen lässt. Auf den Nachtragscharakter weist die geänderte Eingangsformel und die fehlende Abschlussformel hin.117 Darüber hinaus weicht die Vorstellung einer Teilung des Stammes Manasse in einen West- und einen Ostteil von Jos 17 ab, wo sich eine solche Verteilung zunächst noch nicht abzeichnet. Dementsprechend ist die Vorstellung von zwei Hälften des Stammes Manasse erst spät zu verorten. Die Beschreibung des Stammesgebietes von Halbmanasse in v.29–31 ist schon deshalb als sekundär anzusehen,118 da in v.29 beide Begriffe für Stamm im Gegensatz zu den v.15 und 24 stehen, eine Abschlussformel fehlt, das Gebiet nach v.30 mit dem Territorium Gads in v.26 überlappt und die Zuschreibung „aller Städte Gileads“ zu Gad in v.25 eine Abtrennung eines Gebiets an Manasse eigentlich ausschließt.119 Das ehemalige Herrschaftsgebiet des Amoriterkönigs Og (Jos 12,5: Baschan und Halb-Gilead) wird jetzt Ostmanasse zugeschrieben, der offenbar aus den beiden Sippen Jair (v.30) und Machir (v.31) besteht. Allerdings unterscheidet sich diese Darstellung von Num 32,39–42, wonach Machir das Land Gilead, Jair gewisse Zeltdörfer und die in v.29–31 nicht erwähnte Gruppe Nobach den Ort Kenat und zugeordnete Tochterstädte einnahmen. Dementsprechend könnte in v.29–31 eine kreative Kombination der Aussagen über Og (Jos 12,4–5) und über manassitische Stämme (Num 32,39–42) erfolgt sein.120 Wenn demgegenüber Ostmanasse ursprünglich nur im Baschan verortet wird, so muss sich das Gebiet von Gad ebenfalls auf das nördliche 114

Nach KALLAI 1983, 115 haben Gad und Ruben das Gebiet Sihons und Ostmanasse das Gebiet Ogs erhalten. 115 Vgl. hierzu auch KALLAI 1983, 111. 116 Der Ausdruck hayYarden mizrāḥāh findet sich fast ausschließlich im Kontext der Landeroberung und Landgabe an die ostjordanischen Stämme vgl. Num 32,19; Dtn 4,41. 49; Jos 12,1; 13,8.27; 18,7. 117 Vgl. SCHORN 1997, 171. 118 Nach HERTZBERG 1985, 91 handelt es sich hierbei aufgrund der Parallelen zu Num 32,39–42; Dtn 3,13 und 1Kön 4,13 um ein „wohlbekanntes Stück ostjordanischer Überlieferung“. 119 Nach BOLING 1982, 344 bezieht sich der Ausdruck „alle Städte Gileads“ in v.25 aufgrund von v.31 nur auf die Städte um Jaser herum. 120 Vgl. hierzu WÜST 1975, 85.

 

2. Sprachliche Beobachtungen 

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Gilead erstrecken,121 was wohl durch die vermutlich sekundäre Ausweitung auf das Gebiet von Lodebar in v.26 und bis zum Rand des Sees von Kinneret in v.27 geschah. Auf diese Weise konnten die ostjordanischen Gebiete Gad und Ostmanasse miteinander verbunden und die ideale Größe des Königreiches Sihons nach Jos 12,2–3 erreicht werden. In v.29 findet sich eine Doppelung, die über die Gabe des manassitischen Gebiets (NTN) bzw. den Besitz desselben (HYY + l=) informiert, wobei die Nutznießer dieser Landgabe entweder šebæṭ Menaššæh (29a) oder maṭṭæh benê Menaššæh (29b) sind. Während bei den Rubenitern und Gaditern maṭṭæh und benê verwendet wurde, findet sich in 29a der nicht priesterliche Ausdruck šebæṭ,122 der verdächtig erscheint und wohl auf einen Nachtrag hinweist, wie dies schon die textkritischen Bemerkungen nahelegten. Im Rahmen der Landverteilungstexte weist das Lexem šebæṭ auf den ebenfalls sekundären Zusatz in Jos 18,7 hin, wo die Landgabe an Ruben, Gad und Halbmanasse durch Mose betont wird. Hinzu kommt, dass der Tradition des Josuabuches zufolge Machir die Gebiete Gilead und Baschan bekam (Jos 17,1), sodass die zuvor erfolgte Gabe des Territoriums durch Mose in 29a sekundär nachgetragen werden musste, um zu betonen, dass das Ostjordanland bereits von Mose verteilt worden ist. All dies weist darauf hin, dass die Doppelung in 29a und 29b literarkritisch gelöst werden muss.123 Ein späterer Redaktor behob den möglichen Widerspruch zu Jos 17,1 dadurch, dass er bereits am Anfang der Darstellung des Siedlungsgebietes des ostjordanischen Halbmanasse darauf hinweist, dass das Land bereits von Mose zugeteilt wurde. Dieser Redaktor trug vermutlich in 29a und in Jos 18,7 seine Sicht der Dinge ein. Nur in v.30 wird eine Anzahl an Städten genannt, die an den ostjordanischen Halbstamm Manasse gegeben werden. Allerdings ist über die Identität dieser „sechzig Städte“ nichts bekannt, da eine entsprechende Ortsliste fehlt.124 Diese Angabe ist vermutlich aus Dtn 3,4 abgeleitet, wo insgesamt „sechzig Städte“ des Amoriterkönigs Og eingenommen werden. Über die Namen der Städte aus Dtn 3,4 ist ebenfalls nichts bekannt. In v.30 werden auf den ersten Blick die Städte Ogs mit den ḥawwot Yāʾîr gleichgesetzt, was sonst nicht explizit der Fall ist. Allerdings kann sich die Angabe der „sechzig Städte“ auch ganz allgemein auf die Städte Halbmanasses beziehen und muss demnach nicht mit den ḥawwot Yāʾîr identisch sein.125 Auffällig ist zudem, dass ein Zusatz wie „Tochterstädte“ oder „Gehöfte“, der ansonsten bei einge121 122

Vgl. zum Problem SCHORN 1997, 188. Nach CORTESE 1990, 25 liegt mit šebæṭ ein dtr. oder spät-priesterlicher Sprachstil

vor. 123

Vgl. hierzu auch CORTESE 1990, 61. WOUDSTRA 1981, 223 setzt die „sechzig Städte“ mit den ḥawwot Yāʾîr gleich, die im Baschan zu suchen seien. Nach JI 1996, 63 handelt es sich bei ḥawwot um „unwalled inhabited places“. Zur Bedeutung von ḥawwot vgl. auch ZIESE 2008, 267 Anm. 32. 125 Vgl. PITKÄNEN 2010, 267. 124

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

fügten Ortslisten in Jos 15–19 verwendet wird, hier nicht eingetragen wurde. Fraglich ist auch, ob „sechzig Städte“ als Unterschrift zum Gebiet in Baschan zu zählen wäre oder bereits zum nächsten Satz gehört, der das Gebiet in Halbgilead den „Söhnen Machirs“ zuweist. Hinzu kommt, dass die ḥawwot Yāʾîr „Zeltdörfer Jairs“ meistens in Gilead lokalisiert werden.126 Nur nach Dtn 3,14 sind die Zeltdörfer Jairs ebenfalls im Baschan zu suchen. Einen Ausgleich zwischen beiden Traditionen schafft 1Kön 4,13, wonach die Zeltdörfer in Gilead, die sechzig Städte aber im Baschan zu finden sind.127 Nach Ri 10,4 handelt es sich zudem nur um 30 Dörfer, die dem kleinen Richter Jair zugeordnet werden. Dementsprechend könnte die Verteilung dieser Orte nicht mehr der Zeit des Mose zugewiesen werden. Fraglich ist, ob man diese unterschiedlichen Angaben tatsächlich diachron verwerten darf, dass nämlich die Anzahl der Zeltdörfer Jairs bis zur Zeit des Chronisten auf 23 Orte schrumpfte.128 Wahrscheinlich sind die Angaben zum Siedlungsgebiet des ostjordanischen Stammes Halbmanasse eine überaus kreative Kombination aus Jos 12,4–5 und Num 32,39–41.129 Nachdem das Ostjordanland südlich des Yarmuk bereits verteilt war, konnten nur noch die nördlichen Teile vergeben werden. Im ersten Teil der Landzuweisung an Halbmanasse wird vor allem das Territorium des Amoriterkönigs Og in den Blick genommen, das im Baschan zu suchen ist. Nicht umsonst wird die geographische Angabe „Baschan“ in v.30 dreimal angegeben. Problematisch ist in v.30 jedoch, dass so getan wird, als ob das Gebiet Baschan bereits von Mahanajim an beginnt, was aber nicht korrekt sein kann, da zunächst Gilead ab dem Jabbok zu verorten ist.130 Hinzu kommt, dass die Präpositionalverbindung mimMaḥanayim bereits in v.26 gebraucht wird. Auf diese Weise wird der Eindruck erweckt, dass die Gebiete von Gad und Halbmanasse hier vielleicht überlappen. Eine Ausweitung Ostmanasses nach Südwesten ist zudem schon vor dem Hintergrund nötig, als nur auf diese Weise gesichert wird, dass der westjordanische Teil Manasses an den ostjordanischen Teil angrenzen kann, denn der Baschan ist weit vom manassitischen Gebirge entfernt. Möglicherweise stellte sich der Redaktor zwei Streifen vor, die sich nach Nordwesten (Gad) und nach Nordosten (Manasse) vom Gebiet Mahanajim aus erstrecken. Allerdings ist selbst bei dieser kreativen geographischen Konstruktion noch keine Verbindung von Ost- zu Westmanasse möglich, da der östliche vom westlichen Teil durch 126

Num 32,40f.; Ri 10,4; 1Kön 4,13; 1Chr 2,23. Nach HERTZBERG 1985, 91; NELSON 1997, 174 könnte es sich bei dem Territorium von Halbmanasse um den in 1Kön 4,13 beschriebenen 6. Gau Salomos handeln. BOLING 1982, 347 vermutet, dass der Autor von 1Kön 4,13 die zugrunde liegende Tradition nicht verstanden habe. 128 Vgl. HESS 1996a, 262. 129 Vgl. GÖRG 1991, 69; FRITZ 1994, 148. 130 Vgl. RÖSEL 2011, 221. 127

 

2. Sprachliche Beobachtungen 

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Gad getrennt ist. Auf alle Fälle ist die Beschreibung des Stammesgebietes von Halbmanasse recht vage, zumal man über den Baschan offenbar keine detaillierten Ortskenntnisse besaß. Trotz aller Vorbehalte wird jedoch nachdrücklich verdeutlicht, dass die syrischen Gebiete des Verheißungslandes von Manasse im Gegensatz zu den westlichen Teilen bereits erobert worden sind.131 In v.31 wechselt die Perspektive auf Gilead, wo den „Söhnen Machirs“ ein Gebiet zugewiesen wird. Diese Ausweitung nach Süden ist vermutlich aus Dtn 3,13 entlehnt, da dort das hier skizzierte Gebiet ebenfalls dem ostjordanischen Halbmanasse gegeben wird. Fraglich ist jedoch, weshalb in v.31 mit Astarot und Edrei zwei Städte des Amoriterkönigs Og genannt werden, dessen Herrschaft zudem noch im Baschan verortet wird. Die Zuordnung von Astarot zum Herrschaftsgebiet des Og132 ebenso wie die Verbindung Ogs zu den Refaitern133 findet sich nur in dtr. Literatur, was auf den literarhistorischen Kontext dieser Ergänzung hinweisen könnte. Der Ausdruck ḥaṣî hagGilʿād ist zudem nur im Josuabuch belegt.134 Die eine Hälfte wird nach Jos 12,2 dem Amoriterkönig Sihon zugewiesen, die andere Hälfte nach Jos 12,5 dem Amoriterkönig Og, wobei offenbar der Fluss Jabbok als Grenze zwischen diesen beiden Herrschaften festgesetzt ist, vorausgesetzt dass die nördliche Erweiterung bis an den See Kinneret gemäß Jos 12,3 noch nicht im Blick ist. Dementsprechend kann in v.25 mit „Gilead“ eigentlich nur das Gebiet südlich des Jabbok bezeichnet sein, das mit der modernen Region elBelqā gleichgesetzt werden kann.135 Dieses Gebiet wäre dann vom nördlichen Halbgilead, das an Ostmanasse fällt, zu differenzieren. Eine spätere Hand hätte dann eine Ausweitung Gads nach Norden vollzogen, wodurch dann der Gebirgsabfall zur Grenze zwischen Gad im Jordantal und Ostmanasse auf dem gileaditischen Gebirge wurde. Die Empfänger der Landzuweisung werden in v.31 doppelt ausgedrückt: als benê Mākîr und als ḥaṣî benê Mākîr. Da Machir nach Jos 17,1 als Vater Gileads gilt, konnte demnach Machir aufgrund der Nennung von Gilead hier eingetragen werden.136 Die beiden Bezeichnungen benê Mākîr und ḥaṣî benê Mākîr sind in v.31 lediglich durch die Apposition „Sohn Manasses“ voneinander getrennt. Nur durch diesen Zusatz wird verdeutlicht, dass die „Söhne Machirs“ seinerseits wiederum „Söhne Manasses“ sind, sodass ihre Gebiete durchaus zur Landzuteilung an den Stamm Halbmanasse (v.29) passen. Gele131

Vgl. hierzu KNAUF 2008, 135. Dtn 1,4; Jos 9,10; 12,4; 13,12.31. 133 Dtn 3,11; Jos 12,4; 13,12. Zum polemisch verzeichnenden Blick der biblischen Texte auf die Refaiter vgl. NOORT 1987, 129. 134 Jos 12,2.5; 13,31. 135 Vgl. ODED 1971, 240; NELSON 1997, 173; RÖSEL 2011, 219. 136 Vgl. FRITZ 1994, 149. Nach CORTESE 1990, 63 wurde die Eroberung Gileads durch Machir erst sekundär gebildet. 132

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

gentlich wird vermutet, dass die „Söhne Machirs“ Siedlungsgebiete im Westen und im Osten besaßen, wobei die westjordanischen Gebiete in Jos 17,1–6 beschrieben werden.137 Dementsprechend ließ sich nur die „Hälfte der Söhne Machirs“ im Ostjordanland nieder. Demgegenüber ist aber wahrscheinlicher, dass der Ausdruck „Hälfte der Söhne Machirs“ von ḥaṣî hagGilʿād nachträglich motiviert ist. Da ja nur in der „Hälfte Gileads“ gesiedelt werden konnte, konnte sich dort auch nur die „Hälfte der Söhne Machirs“ niederlassen.138 Die Bezeichnung „Hälfte Gileads“ steht darüber hinaus in Widerspruch zu v.25, wo sich bereits die „Gesamtheit der Städte Gileads“ auf das gaditische Gebiet bezieht und eigentlich kein Raum für Ostmanasse mehr verbleibt. Eine wirkliche Schlussformel wie bei den Rubenitern und Gaditern fehlt auffälligerweise beim Stamm Halbmanasse.139 Die Zuteilung des Verheißungslandes als Lehen mit dem Verb NḤL-D ist selten. Von Mose wird dies nur in v.32 behauptet, während ansonsten die Landverteilungskommission in Jos 14,1 und 19,51 dafür zuständig ist. Formal liegt v.32 auf einer Ebene mit Jos 14,1a,140 nur dass sich das Subjekt der Verteilung jeweils unterscheidet (Mose vs. Söhne Israels). Diese Differenzierung ist aber vor dem erzählerischen Kontext plausibel.141 Nach der Vorstellung von Jos 13 dient das Vorbild Mose, der das Ostjordanland den zweieinhalb Stämmen bereits zugewiesen habe, als Blaupause für spätere Generationen.142 Wie dies Mose in den ʿarbôt Môʾāb „Steppen Moabs“ getan habe, so soll auch Josua zusammen mit einer Kommission verfahren. Auf diese Weise wird die aktuelle Landverteilung durch Josua der früheren Landgabe durch Mose ebenbürtig geschildet.143 Auch wenn die Landgabe an die ostjordanischen Stämme bereits unter Mose erfolgt sei, wird sie hier mit der westjordanischen Landverteilung unter Josua verbunden, um ein einheitliches Bild der Gabe des Verheißungslandes zu zeichnen.

137

Vgl. auch NELSON 1997, 174; PITKÄNEN 2010, 274. Vgl. hierzu RÖSEL 2011, 222. KNAUF 2008, 135 vermutet, dass der „Drang zur Perfektion“ dazu führte, dass man das Konzept der Hälfte auch noch bei Machir einführte. Nach EDERER 2017, 213 wird in diesem Abschnitt mit Hälften und Totalitäten gespielt. MCCONVILLE/WILLIAMS 2010, 63 vermuten, dass die Redeweise von Hälften im Fall Manasses Unvollständigkeit andeute. Nach GRAY 1986, 130 ist dieser Hinweis aber historisch folgendermaßen zu deuten, dass sich nur ein Teil Machirs im Ostjordanland niedergelassen habe. 139 HOWARD 1998, 315 vermutet, dass Halbmanasse mit Machir identifiziert werde, da zu Machir eine Art Schlussformel existiere. 140 Vgl. hierzu auch IBAÑEZ ARANA 1981, 87f. 141 Nur in Num 34,29 wird in der Unterschrift die Zuteilung des Westjordanlandes durch eine extra dafür bestimmte Kommission angeordnet. 142 Vgl. auch EDERER 2017, 214. 143 Vgl. HERTZBERG 1985, 89. 138

 

3. Literarkritische Entwürfe 

353

Der Ausdruck ʿarbôt Môʾāb ist vor allem für das Numeribuch belegt.144 Mit dieser Ortsangabe ist das ostjordanische Gebiet nördlich des Toten Meeres gemeint.145 Erst am Ende des Buches Deuteronomium wird diese Verortung wiederum aufgegriffen.146 Auch die Lokalisierung auf den „Steppen Moabs“ weist wohl auf den priesterlichen Hintergrund von v.32 hin. Die Formel meʿebær leYarden Yerîḥô findet sich neben 1Chr 6,63 lediglich im Numeri- und im Josuabuch,147 wobei nur in Jos 13,32 und 20,8 der Zusatz mizrāḥāh steht, was beide Stellen noch zusätzlich miteinander verbindet.148 Schließlich wird das Thema des Landverzichtes der Leviten von v.14 in v.33 wiederum genannt, wobei v.33 syntaktisch ebenfalls nicht einfach ist. Während 33a fast exakt – mit Ausnahme des fehlenden Adverbs raq – mit v.14 übereinstimmt, hat 33b nicht die „Gaben“, sondern nur noch YHWH, den Gott Israels“ als casus pendens. Außerdem werden hier pluralische enklitische Personalpronomina verwendet, die nicht zum eigentlichen Referenzpunkt šebæṭ passen, es sei denn, es liegt hier eine constructio ad sensum vor. Vermutlich soll durch die Wiederholung von v.14 gezeigt werden, dass die Kurzdarstellung des ostjordanischen Landes (v.7–13) mit der detaillierten Beschreibung (v.15–32) eine Parallele besitzt.149 Da der Landverzicht der Leviten auch im Zusammenhang mit der Landverteilung im Westjordanland in Jos 14,3–4 erwähnt wird und die Leviten gemäß Jos 21 Städte im Westund Ostjordanland zugewiesen bekommen, ist die Gruppe der Leviten angesichts dieser Rahmung vielleicht das einigende Band zwischen den beiden Teilen des Verheißungslandes.150

3. Literarkritische Entwürfe Zur Landverteilung an die ostjordanischen Stämme durch Mose gemäß Jos 13,15–33 sind immer wieder sehr differenzierte literarkritische Entwürfe vorgestellt worden. Bei der literarhistorischen Rekonstruktion greift man 144

Num 22,1; 26,3.63; 31,12; 33,48.49.50; 35,1; 36,13; Dtn 34,1.8; Jos 13,32. Vgl. ZWICKEL 1990, 488. 146 Anders hingegen FRITZ 1994, 149, dem zufolge hier Dtn 3,17 eingespielt werde. Dort steht aber nur hāʿarābāh. 147 Num 22,1; 34,15; Jos 13,32; 20,8; 1Chr 6,63. 148 Vielleicht ist der Ausdruck Yarden Yerîḥô eine Art Genetivverbindung „Jordan bei Jericho“, vgl. NOTH 1971b, 78. Vgl. zum Problem auch BARTHÉLEMY 1982, 32. 149 Vgl. RÖSEL 2011, 223. Nach ANBAR 1988, 390 dient die Wiederholung von v.14 in v.33 dazu, die Interpolation mit den ostjordanischen Gebieten zu rahmen. Die hohe Bedeutung der Leviten könnte nach BOLING 1982, 349 zudem darauf hinweisen, dass der Text unter der Schirmherrschaft von Leviten geschrieben worden sei. Eine derartige Interpretation trägt aber das Odium des Spekulativen in sich. 150 Vgl. HESS 1996a, 262f. 145

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

meist auf vorliegende Traditionen wie Ortslisten oder Gebiets-/Grenzbeschreibungen sowie Erzähltraditionen aus dem Numeribuch und dem Buch Deuteronomium zurück. Viele Ansätze ähneln einander. Trotzdem sollen die einzelnen Entwürfe separat vorgestellt werden, damit man die Unterschiede besser herausarbeiten kann: Rudolph (1938):151 Zur ursprünglichen Einheit von Jos 13,15–33, die der Priesterschrift zugerechnet werden könne, sei noch der Zusatz in Jos 13,14–LXX zu rechnen, der als Überschrift die folgende Darstellung des Ostjordanlandes einleite. Die Beschreibung des Gebiets von Ostmanasse in v.29–31 sei hingegen sekundär hinzu gewachsen, da die priesterschriftliche Tradition in Jos 17 den Stamm Manasse lediglich im Westjordanland verorte. Demnach gebe es in dieser Konzeption keinen Platz für einen ostjordanischen Stamm Halbmanasse. Außerdem ließen sich auf diese Weise die Widersprüche bezüglich Gilead (v.25 und 31) und Mahanajim (v.26 und 30) erklären. Darüber hinaus seien noch die Erwähnungen von Sichon in v.21–22 und 27* zu streichen, die seltsamerweise nicht miteinander abgestimmt seien. Die ursprüngliche priesterschriftliche Tradition bestehe folglich aus Jos 13,14*–20.23–26.27 (ohne yætær mamlekût Sîḥôn mælæk Ḥæšbôn).28.32–33. Dieses literarkritische Modell kann aber die beobachteten Doppelungen (26a.b), die offenbar sekundären Erweiterungen (Stadt inmitten des Flusstals v.16, Betonim 26a) sowie die syntaktischen Brüche (v.16–17.20.27) nicht erklären. Mittmann (1970):152 Das Stammesgebiet der Rubeniter bestehe aus einer Grenzbeschreibung (16b.17a*.23a) und einer Ortsliste (v.17*–20). Beide Quellen seien in 17a redaktionell miteinander verbunden und durch v.21–22 erweitert worden. Außerdem bildeten v.15–16a sowie 23b den redaktionellen Rahmen der Einheit. Problematische Zusätze seien in 16b Medeba und die geographische Beschreibung wekål hammîšor „Gesamtheit des Mischor“, die in einer Ortsliste unpassend seien. Auch der Abschnitt zu Gad bestehe aus einer Ortsliste (27a*) und einer Grenzbeschreibung (25b.26.27a*b), wobei der Hinweis auf den See von Kinneret in 27b vermutlich zu einer nicht vom Redaktor übernommenen Grenzbeschreibung gehört habe. Beide Traditionen seien von einem redaktionellen Rahmen und einer Abschlussnotiz umfasst (v.24.25a.27a*.28). Das Gebiet von Halbmanasse in v.29–31 sei hingegen gänzlich redaktionell. Auch hier werden die oben beobachteten Doppelungen und Erweiterungen nicht in die literarkritische Deutung einbezogen. Die Bestimmung von Grenzlisten ist ebenfalls problematisch, da eine mit Jos 15–19 vergleichbare Grenzziehung in Jos 13 eben nicht erfolgt. Außerdem kann

1)

2)

151 152

Vgl. RUDOLPH 1938, 214f. Vgl. MITTMANN 1970, 233f.

 

3. Literarkritische Entwürfe 

355

nicht sicher gesagt werden, ob jede Aufzählung von Orten (wie die kurze Abfolge von vier Orten in v.27) bereits aus einer vorliegenden Tradition stammt. Ob für eine Deutung als Liste die Überschrift „in der Ebene“ ausreicht, ist zudem fraglich. Noth (1971):153 Im Abschnitt der ostjordanischen Landverteilungstexte ließen sich Ortlisten, die aus der Zeit Joschijas stammten, und Grenzbeschreibungen herausarbeiten, die beide aufgrund ihrer Unterschiede voneinander unabhängig seien. Im Stammesgebiet von Ruben und Gad seien zumindest die Eröffnungs- und Schlussformeln redaktionell. Beim Gebiet von Gad sei zwischen dem Fragment einer Ortsliste (25aα.27aα) und einer Grenzbeschreibung (25b.26.27a*.27b) sowie kurzen Notizen über die früheren Besitzer des Landes (25aβ.27aβ) zu unterscheiden. Beim Stammesgebiet von Ruben fänden sich ebenfalls eine Ortsliste (17b–20) und eine Grenzbeschreibung (v.16.17a.20[nur weʾašdôt hapPisgāh ûBêt hayešimôt]154). Allerdings sei der Ausdruck wekål hamMîšor in v.16 zu streichen, da diese Angabe sachlich nicht als Grenzfixpunkt gedeutet werden könne. Ein späterer Redaktor habe damit betonen wollen, dass die gesamte Fläche und nicht nur einzelne Städte zum Gebiet gehören sollten.155 Außerdem habe ein Bearbeiter den Zusatz wekål ʿāræ̑ hā ʾašær bamMîšor in v.17 eingebracht, um den Übergang zwischen der Grenzliste und der Ortsliste zu markieren.156 Damit würden aufgrund des enklitischen Personalpronomens bei ʿāræ̑ hā die im Anschluss folgenden Städte, die auf dem Mischor lägen, Heschbon zugeordnet. Sekundär könnten die Hinweise auf die Territorien der beiden Amoriterkönige Sihon und Og sein (21aβ.27aβ.30aβ.31a), da diese mit den übrigen verwendeten ursprünglichen Traditionen eigentlich nicht zusammenhingen, sowie die Ausführung über die erschlagenen Midianiterkönige (21b–22), die aus Num 31,8 entlehnt worden sei. Die Trennung zwischen dem Gebiet der Rubeniter und der Gaditer in den Ortslisten wie in der Grenzbeschreibung sei erst vom Redaktor vorgenommen worden.157 Das ostmanassitische Territorium enthalte demgegenüber keine Ortslisten oder Grenzbeschreibungen. Auch die Bemerkung über die Zeltdörfer Jairs in 30b sei eine nachträgliche Kombination aus Dtn 3,4 und 3,14. Insofern weiche die Angabe der „60 Städte“ von Ri 10,4 ab, wo nur „30 Städte“ Jairs ge-

3)

153

Vgl. NOTH 1971a, 264–269; NOTH 1971b, 74. Nach NOTH 1971a, 268 handelt es sich bei Aschdot-Pisga nicht um einen Ortsnamen, sondern um eine Landschaftsbezeichnung, sodass ab Aschdot-Pisga wieder die Grenzliste einsetze. Anders hingegen HUBBARD 2009, 400 Anm. 20, der Aschdot-Pisga für einen Ort hält. 155 Vgl. NOTH 1971b, 79. 156 Kritisch zu einer Grenzlinie aber RUDOLPH 1938, 216; WÜST 1975, 120f.; SOGGIN 1982, 156f. 157 Vgl. NOTH 1971a, 278f. 154

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

nannt würden, die aber ebenfalls als „Zeltdörfer Jairs“ bezeichnet würden. Die Zuspitzung auf Machir in v.31 sei zudem aus Dtn 3,15 entlehnt, wobei die „Hälfte der Machiriten“ die „Hälfte Gileads“ nachahme. Die Erwähnung Gileads nehme zudem Rücksicht auf die Zuweisung Gileads an Gad in v.25. Der fehlende Landbesitz der Leviten in v.33, der mit Dtn 10,9 und 18,1–2 zusammenhängen könnte, passe aufgrund der Rede von YHWH in der 3. Person zumindest nicht in die YHWH-Rede in v.14 und sei wohl auch hier sekundär ergänzt worden. Nur auf dem ersten Blick sind diese literarkritischen Überlegungen überzeugend, zumal die These, dass hier alte Quellen (Ortslisten und Grenzbeschreibung) redaktionell miteinander verbunden sind, die folgende Literarkritik bestimmt und damit alles ausgeschieden wird, was diesem methodischen A priori zuwiderläuft. Dies soll nur an einem Beispiel verdeutlicht werden: Es ist problematisch, den Ausdruck Ḥæšbôn wekål ʿāræ̑ hā zu trennen und auf zwei Schichten zu verteilen. Es gibt kaum einen einleuchtenden Grund, weshalb man Heschbon von seinen Tochterstädten isolieren sollte, um mit Heschbon die Ortsliste beginnen zu können. Außerdem stellt sich zu Recht die Frage, weshalb ausgerechnet Heschbon Tochterstädte auf dem Mischor zugeordnet werden sollten, wenn Medeba ebenfalls erst nachträglich eingetragen worden sein soll.158 Dann hätte man den Zusatz wekål ʿāræ̑ hā eigentlich hinter Medeba erwartet. Auch die Störung der größeren Gebietsbeschreibung (Aroër-Heschbon) durch den redaktionellen Einschub Medeba vor Heschbon, wodurch das Gebiet verkleinert wird, ist schwer zu erklären. Wüst (1975):159 Die Landverteilung an Ruben und Gad beruhe auf der redaktionellen Verbindung einer Ortsliste (v.17–20.27) und einer Territorialbeschreibung (v.16.26a.26b). Bewusst wird von Wüst der Ausdruck Grenzliste vermieden, da es in Jos 13,15–33 schwierig ist, die min-ʿadFormulierungen als Grenzbeschreibung zu deuten. Vielmehr werde auf diese Weise mit den äußersten Punkten ein bestimmtes Gebiet abgesteckt. Die Dreiteilung der Gebietsbeschreibung für Ruben und Gad erkläre sich aus dem Umstand, dass 26b wie auch 27aβb sekundär hinzu gewachsen seien, um das Gebiet Gads nach Norden auf das nördliche Bergland Gileads und das Jordantal bis zum See Kinneret auszudehnen. Dies sei nötig gewesen, als man das Gebiet Ostmanasses in v.29–31 ergänzt habe, das zunächst auf den Baschan beschränkt geblieben sei. Um allerdings den Widerspruch des ostjordanischen Manasse zu Num 32,39– 40 auszugleichen, wonach die Sippe Machir in Gilead gesiedelt habe, habe in v.30 eine Ausdehnung von Machanajim aus nach Norden behauptet werden müssen. Darüber hinaus sei in v.16 die „Stadt inmitten

4)

158 159

Vgl. WÜST 1975, 124f. Vgl. WÜST 1975, 124–163.

 

3. Literarkritische Entwürfe 

357

des Flusstals“ sekundär ergänzt worden, da man das israelitische Gebiet, das eigentlich nur bis zu Aroër gereicht habe, mit dem Gebiet Sihons habe gleichsetzen wollen, dessen Gebiet sich bis zum Arnon als Südgrenze erstreckt habe. Analog könnte auch Betonim, der nördlichste Punkt des Stammesgebietes von Gad, sekundär zu Ramat-Mizpe hinzu gewachsen sein. Dementsprechend habe man eine doppelte Ausweitung nach Süden und Norden vorgenommen. In v.16 sei zudem wekål hammîšor „Gesamtheit des Mischor“ redaktionell aufgrund von 17a ergänzt worden, um die Gebietsbeschreibung mit der folgenden Ortsliste besser zu verklammern. Der Ausdruck Ḥæšbôn wekål ʿāræ̑ hā „Heschbon und die Gesamtheit seiner Städte“ in v.17 sei redaktionell hinzu gewachsen, als man das Gebiet Rubens mit dem Amoriterreich des Sihon habe gleichsetzen wollen. Der geographisch linear ausgerichteten Ortsliste liege offenbar eine Verkehrsverbindung zugrunde, die vom Mischor in zwei Anläufen in die Jordanebene hinabführe und von Süd nach Nord orientiert sei. Wenn somit in 17b–20 ein Itinerar von Städten ausgehend von Dibon durch den Mischor vorliege, dann könnten die drei Städte in v.18 eine sekundäre Ergänzung aus Jos 21,36–37 sein, da sie eigentlich nicht mit der postulierten Verkehrsverbindung vereinbar seien. Allerdings passten die Orte von Sibma (v.19) bis Aschdot-Pisga (v.20) ebenfalls nicht auf die vorgeschlagene Route.160 Dieses Problem werde dergestalt gelöst, dass zwei Streckenverläufe in diese Ortsliste integriert worden seien. Die redaktionelle Arbeit sei vermutlich vor der Übernahme in Jos 13 geschehen, zumal die dreifache geographische Unterteilung der Ortsliste („auf dem Mischor“ v.17, „im Gebirge bei der Ebene“ v.19, „in der Ebene“ v.27) noch vor der Aufteilung auf die beiden Stammesgebiete Ruben und Gad geschehen sein müsse. Es ist allerdings fraglich, weshalb die lineare Aufteilung der Orte zu einem Itinerar verbunden werden sollte, das im Endtext nicht vorliegt und nur über einige Zusatzannahmen erreicht werden kann. Auld (1980):161 Der Abschnitt der Landverteilung an die zweieinhalb ostjordanischen Stämme sei in zwei Stufen hinzu gewachsen. Zunächst seien die beiden Stammesgebiete von Ruben und Gad (v.15–28) und in einem zweiten Schritt das Territorium von Halbmanasse (v.29–31) ergänzt worden. Diese Grundeinsicht wird von den meisten Auslegern geteilt. Allerdings lassen sich auf diese Weise nicht die zahlreichen Spannungen innerhalb der beiden Schichten sinnvoll erklären. Hier kann nur ein wesentlich differenzierteres Erklärungsmodell weiterhelfen.

5)

160 161

Vgl. RÖSEL 2011, 216. Vgl. AULD 1980, 67.

358 

Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

Gray (1986):162 Die Landverteilung an Ruben bestehe zum einen aus einer unvollständigen Grenzliste (v.16–17a.23) und einer Ortsliste aus der frühen Königszeit (17b–20), die redaktionell mit Blick auf Dtn 3 und Num 31 erweitert wurde. Die Landzuteilung an Gad bestehe hingegen aus Distrikten und Grenzpunkten sowie in v.27 aus dem Teil einer Ortsliste, ohne dass die einzelnen Quellen klar abgegrenzt seien. Vermutlich sei in 27a zumindest der recht vage Hinweis auf den Rest der Königsherrschaft Sihons eine redaktionelle Glosse (yætær mamlekût Sîḥôn mælæk Ḥæšbôn). Zum Gebiet von Halbmanasse gebe es hingegen keine Ortsliste und mit Mahanajim nur einen südlichen Grenzpunkt. Darüber hinaus werde dieses Stammesgebiet nur mit Regionen beschrieben, wobei der Hinweis auf den Amoriterkönig Og eine redaktionelle Glosse sein könne. Dementsprechend seien offenbar alle Verweise auf die beiden Amoriterkönige Sihon und Og sekundär hinzu gewachsen. Es stellt sich jedoch bei diesem Entwurf die Frage, ob nicht Heschbon in 17a erst durch die sekundäre Erweiterung um die beiden Amoriterkönige hinzu gewachsen ist und daher nicht zur ursprünglichen Ortsliste gehörte. Denn Heschbon ist eng mit dem Amoriterkönig Sihon verbunden. Görg (1991):163 Als nach-dtr. Zusätze, die mithilfe einer literarischen Verbundtechnik aus anderen vorliegenden Traditionen zusammengestellt worden seien, gälten v.21.22.27.30.31 (Herrschaftsbereiche der Amoriterkönige Sihon und Og, Midianiterkönige, Bileam, Zeltdörfer Jairs, Machir). Die Abschlussformel (v.32) und die Notiz über den Sonderstatus der Leviten (v.33) seien hingegen bereits dtr. Darüber hinaus seien frühdtr. Gebietsbeschreibungen in v.16.26 und eine ursprüngliche Ortsliste abzuheben. Die redaktionsgeschichtliche Verortung der einzelnen Bestandteile von Jos 13,15–33 verläuft hier in traditionellen Bahnen. Lediglich die literarhistorische Zuweisung der Schichten zu früh-dtr., dtr. und nach-dtr. Redaktionen ist neu. Aufgrund von sprachlichen Beobachtungen erscheint es aber unwahrscheinlich, dass in Jos 13,15–33 ausschließlich dtr. Hände am Werk waren. Fritz (1994):164 Innerhalb der beiden Gebietsbeschreibungen von Ruben und Gad habe ein schriftgelehrter Redaktor nach der Beschreibung des jeweiligen Gebietes eine Gleichsetzung mit dem Gebiet des Amoriterkönigs Sihon in v.21–22 und 27 (ab yætær) nachgetragen. Außerdem sei die Gebietsbeschreibung des Halbstammes Manasse in v.29–31 angeschlossen worden. Auch die Schlussnotiz (v.32) sowie der erneute Hinweis auf den Landverzicht Levis (v.33) seien sekundär ergänzt worden. Darüber hinaus sei in v.16 nur die min-ʿad-Angabe „von Aroër … bis

6)

7)

8)

162

Vgl. GRAY 1986, 127–130. Vgl. GÖRG 1991, 67. 164 Vgl. FRITZ 1994, 141f.144f. 163

 

3. Literarkritische Entwürfe 

359

Medeba“ ursprünglich, während sekundär dazwischen noch weitere Verdeutlichungen redaktionell eingetragen worden seien, um Aroër am Arnon von gleichnamigen anderen Orten zu unterscheiden. Auf diese Weise konnte mithilfe der „Stadt, die in der Mitte des Flusstals (liegt)“ die Südgrenze des Territoriums Rubens mit derjenigen des Amoriterkönigs Sihon gleichgesetzt werden, dessen Gebiet nach Num 21,24 bis zum Arnon gereicht habe. Außerdem passe die Landschaftsbezeichnung „Mischor“ (wekål hammîšor) nicht zur übrigen Gebietsbeschreibung, die mit Orten und nicht mit Landschaften arbeite. Demnach sei auch wekål hammîšor in v.16 zu streichen. Die ursprüngliche Ortsliste in v.17– 20.27aα* sei zudem auseinandergerissen und am Anfang von v.17 mit Ḥæšbôn wekål ʿāræ̑ hā „Heschbon und die Gesamtheit seiner Städte“ ergänzt worden. Allerdings wird bei dieser Lösung nicht das Relativpronomen ʾašær berücksichtigt, das sich dann auf Medeba beziehen muss. Die dreigeteilte Ortsliste hat dann zudem nur bei den Orten auf der Hochebene einen Relativsatz, während bei den Orten des Gebirges der Ebene und im Tal ein vergleichbares Relativpronomen fehlt. Schließlich sei in 26b die min-ʿad-Formulierung „und von Mahanajim bis ans Gebiet von Lo-Dabar“ sekundär. Offenbar seien auch die Angaben in v.27 Nachträge, die kaum zueinander passten und das gaditische Stammesterritorium zusätzlich ausweiteten. Dieser literarkritische Entwurf ist insgesamt weitgehend überzeugend, auch wenn die redaktionellen Ergänzungen jeweils kaum begründet werden. Fraglich ist aber, weshalb die Ergänzung zu Aroër in v.16 sekundär sein soll, während diejenige zum zweiten Aroër bei Rabba zur ursprünglichen Tradition gehören soll. Die Ausweitung des Territoriums bis zum Jordan ist geographisch ebenfalls schwierig, zumal nur in v.23 gebûl in der Bedeutung „Grenze“ vorkommt, was diesen Vers noch zusätzlich verdächtig macht. Mittmann (1995):165 Im jüngsten Entwurf beschränkt sich Mittmann lediglich auf das Stammesgebiet von Ruben, auch wenn er darauf hinweist, dass die zugrunde liegende Methodik und die erzielten Ergebnisse auch auf die beiden anderen Gebiete angewendet werden könnten. Bei der Beschreibung des Territoriums von Ruben in Jos 13,15–23 seien eine Grundschicht und zwei Redaktionen zu unterscheiden, die beide das Gebiet Rubens an Daten der Heilsgeschichte angepasst hätten, wobei dies in der ersten Redaktion nur durch topographische Hinweise, in der zweiten Redaktion jedoch durch explizite Verweise auf bestimmte Erzähltraditionen realisiert worden sei. Das Gebiet Rubens, das die Grundschicht (v.15–16*.17*–19.23b) beschreibe, sei redaktionell in v.16 und 17 nach Süden („Stadt inmitten des Flusstals“) und nach Norden („Heschbon und die Gesamtheit seiner Städte, die in der Ebene [liegen]“) ausgeweitet

9)

165

Vgl. MITTMANN 1995, 5–11.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

worden, um den Text mit der Landnahmetradition des Numeribuches auszugleichen. Außerdem sei in v.17 das Toponym „Bamot-Baal“ aus Num 22,41 eingetragen worden, das auffälligerweise nahe bei Bet-BaalMeon liege und demnach überflüssig sei. Darüber hinaus sei v.20 ein redaktioneller Nachtrag, der mit Blick auf Jos 12,3 entstanden sei und in 23a weitergeführt werde, wo der Jordan als Westgrenze bestimmt werde. Denn 23a sei der logische geographische Anschluss an v.20, der auf derselben redaktionellen Ebene zu verorten sei. In v.21–22 liege hingegen aufgrund der thematischen und geographischen Abweichung ein noch späterer Einschub vor, der die heilsgeschichtlichen Traditionen des Numeribuches besonders betonen wolle (Sieg über den Amoriterkönig Sihon; Eroberung des Landes; Ausschaltung Bileams und der Midianiterfürsten). Fraglich ist allerdings, weshalb die Landschaftsbezeichnung wekål hammîšor zwischen die beiden Orte Aroër und Medeba getreten sein soll, zumal die analogen Formulierungen in 26a.b eine derartige Sperrung nicht kennen. Auch der Relativsatz, der die Lage des südlichen Aroërs gegenüber dem Aroër bei Rabba erklären möchte, ist literarkritisch verdächtig. 10) Schorn (1997):166 Möglicherweise gehe das Stammesgebiet von Ruben und Gad auf eine Gebietsbeschreibung zurück (v.16*.26a), wonach das Gebiet von Ruben zwischen Aroër und Medeba, das Gebiet von Gad zwischen Heschbon und Betonim gelegen habe. Fraglich ist aber bei diesem Entwurf, weshalb bei der Gebietsbeschreibung in 26a mit RamatMizpe und Betonium ein doppelter Zielpunkt angegeben wird, zumal es hier scheint, dass die ursprüngliche Tradition vom Ort Betonim noch nach Norden erweitert worden ist. Sekundär seien dann die Stadt im Tal (v.16) sowie die Ausweitung auf Nordgilead (26b) hinzu gewachsen. Auf diese Weise werde das Territorium Sihons erreicht, das in Jos 12,2– 3 im Blick sei. Eine zweite Redaktion habe schließlich Heschbon in v.17* und v.21–22 ergänzt. Darüber hinaus habe es eine ursprüngliche Ortsliste (v.17–20.27) gegeben, die prinzipiell einer linearen Ausrichtung folge und eine Verkehrsverbindung sein könnte, wobei es sich aber um zwei Straßenverläufe handele, die von der Hochebene hinab in das Jordantal führten. Dieses Itinerar sei noch durch drei geographische Angaben redaktionell gegliedert (v.17.19.27) und zusätzlich in einen südlichen und nördlichen Teil aufgesprengt worden, der den Angaben der Gebietsbeschreibung entspreche. Allerdings können gegen die These eines Itinerars beachtliche Gegenargumente vorgebracht werden, denn eine eventuelle redaktionelle Verbindung der beiden Streckenabschnitte ist überhaupt nicht gut gelungen. Die beiden geographischen Angaben in v.25 (Jaser, Ammonitergebiet) seien ebenfalls sekundär hinzu gewach166

Vgl. SCHORN 1997, 190–196.

 

3. Literarkritische Entwürfe 

361

sen, wobei die Angabe „Jaser und die Gesamtheit der Städte Gileads“ redaktionell mit der Erwähnung Jasers in Num 32 zusammenhängen könnte. Um einen guten Anschluss von v.25a* zu v.27 zu gewährleisten, müsste man allerdings die eröffnende Konjunktion vor meḤæšbôn streichen. Insgesamt sei von einer priesterlichen Grundschicht (PS) auszugehen, die die Gebietsbeschreibung und die Ortsliste miteinander verbunden und mit zusätzlichen Angaben (v.16*.25*.26b) ergänzt habe. Das Stammesgebiet von Halbmanasse (v.29–31) und andere kleine Zusätze (v.17* und v.21–22) seien hingegen von einer spät-dtr. Redaktion (DtrS) ergänzt worden. Fraglich ist jedoch, ob es neben den verwendeten Traditionen nur zwei Redaktionen gegeben hat, die zudem idiomatisch voneinander klar unterschieden werden können (priesterlich – dtr.). 11) Rösel (2011):167 Vom biblischen Redaktor sei eine Ortsliste zu Ruben (v.17b–20) und zu Gad (v.27) verwendet worden. Mit dem geographischen Begriff „Mischor“ aus v.17 werde in v.16 eine Verbindung des disparaten geographischen Materials erzielt. Da Heschbon in 17a nicht zum zuvor skizzierten Bereich gehöre und wohl Gad zuzurechnen sei, gehe diese Erwähnung auf einen Redaktor zurück, der die Sihon-Tradition verarbeitet habe. Da die Landverteilung an die ostjordanischen Stämme eng mit der Übernahme des Gebiets der beiden Amoriterkönige Sihon und Og verbunden sei, müssten auch v.29–31 zum ursprünglichen Text von Jos 13 gehört haben, zumal das Territorium Ogs von Halbmanasse okkupiert werde. Insgesamt sei Jos 13 eine späte Komposition, da hier dtr. und priesterliche Idiome kreativ miteinander gemischt seien, um die unterschiedlichen Teile des Josuabuches verbinden und einen Bezug zum Tetrateuch herstellen zu können. Ob allerdings die idiomatische Vielfalt lediglich auf eine späte Datierung zurückgeführt werden muss, als man auf die unterschiedlichsten sprachlichen Prägungen zurückgreifen konnte, ist nicht sicher. Insgesamt wirkt die Verteilung des Gebietes an die ostjordanischen Stämme durch Mose künstlich und eigentlich kaum historisch, sodass es fraglich ist, ob es jemals zuverlässige Quellen gab, die von den einzelnen Redaktoren verwendet werden konnten. Trotzdem vermutet man immer wieder Ortslisten bzw. Itineraria oder Grenz- bzw. Gebietslisten, auf die sich die gelehrten Bearbeiter stützen konnten. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Zusammenstellung der Orte kein geographisch logisches Gebiet oder eine lineare Abfolge abbilden, sodass die Deutungen als Ortslisten oder Itineraria kaum überzeugen, es sei denn, man rechnet mit Textverlust oder sekundären Erweiterungen. Erst durch Ausfall und Zusätze wäre dann die schwer verständliche Anordnung entstanden. Al167

Vgl. RÖSEL 2011, 214–223.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

lerdings müsste man dann für beide Entwicklungen nachvollziehbare Gründe angeben. Auch die Deutung als Grenzlisten überzeugt nicht, da die min-ʿadFormulierungen eher an die Beschreibung eines Gebietes denken lassen, das durch die äußersten Randpunkte ungefähr abgesteckt wird. Außerdem werden Grenzziehungen formal anders gebildet, wie der gegenläufige Befund in Jos 15–19 belegt. Alles in allem sind die bisherigen Untersuchungen dem Wunsch verfallen, möglichst alte Quellen herauszuarbeiten, mit deren Hilfe man dann eine Territorialgeschichte des Ostjordanlandes schreiben könnte, vor allem weil der Befund in Jos 13 sich von anderen Entwürfen unterscheidet und dementsprechend eine Entwicklung der einzelnen Stammesgebiete nachvollzogen werden könne. Gelegentlich hat man zudem vermutet, dass die Darstellung der beiden Stammesgebiete von Gad und Ruben mit den salomonischen Distrikten zusammenhängen könnte. Während Ruben den 12. Distrikt um Gilead und das Gebiet des Amoriterkönigs Sihon erhalten haben könnte, bekäme Gad den 7. Distrikt um Mahanajim zugesprochen (1Kön 4,14.19).168 Dementsprechend folgert man, dass es sich bei Jos 13,15–28 um ein altes und zuverlässiges Verwaltungsdokument handeln könnte, bei dem der nördliche Distrikt Mahanajim, der bis zum Gebiet Lodebar reicht, mit dem südlichen Distrikt von Gad, der sich von Aroër bis Betonim erstreckt habe, verbunden worden wäre.169 Selbst wenn dem so wäre, ist über das Alter von Jos 13,15–28 noch lange nichts ausgesagt. Denn auch spätere Redaktoren könnten ihrer Arbeit bewusst die Patina der Anciennität verliehen haben. Außerdem ist die territorialgeschichtliche Aufteilung von 1Kön 4 ohnehin nicht unproblematisch, da dem 12. Distrikt offenbar das gesamte Ostjordanland (die Gebiete von Sihon und Og einschließlich von Gilead) zugesprochen wird, sodass für Mahanajim eigentlich kein Platz mehr verbleibt. Das recht vage beschriebene Stammesgebiet von Ostmanasse gehört zudem nach fast allen Entwürfen kaum zur ursprünglichen Tradition, sondern bildet eine redaktionelle Ergänzung, während zunächst nur Ruben und Gad im Ostjordanland vertreten waren. Die Erweiterung um Ostmanasse könnte dann stattgefunden haben, als man die Tradition der Amoriterkönige Sihon und Og miteinander verband und im Anschluss daran das Gebiet Ogs Ostmanasse zuwies.

168 169

Vgl. NELSON 1997, 173. Vgl. MITTMANN 1970, 239–241.

 

3. Eigener Entwurf 

363

3. Eigener Entwurf Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Forschungsgeschichte und die eigenen sprachlichen Beobachtungen für eine neue Auseinandersetzung mit der komplizierten Redaktionsgeschichte von Jos 13,15–33 fruchtbar gemacht werden. Der neue Entwurf basiert auf folgenden Thesen, die jeweils begründet und daraufhin redaktionsgeschichtlich fruchtbar gemacht werden: 1)

2)

Die geographischen Anzeiger „auf dem Mischor“ (v.17), „auf dem Berg über der Ebene“ (v.19) und „in der Ebene (v.27), sind gegen den sensus communis wahrscheinlich keine gliedernden Elemente einer Ortsliste. Gegen die These einer Interpretation als formales Element sprechen verschiedene Beobachtungen. Das Relativpronomen ʾašær, das nur in v.17 verwendet wird und von daher schon auffällig ist, bindet die Angabe „auf dem Mischor“ an die vorausgehenden Städte und eröffnet nicht eine eigenständige Ortsreihe. Auch die Fortführung von behar hāʿemæq mit w= in v.20 deutet eher an, dass sich der Zusatz „auf dem Berg bei der Ebene“ nur auf den Ort Zeret-Schahar bezieht, der aufgrund seiner unbekannten Lage näher bestimmt werden musste. Nur in v.27 könnte es sich um ein formales Element handeln, das die folgenden Orte eröffnet. Aber man sollte die Interpretation von v.27 nicht vorschnell auf die anderen Elemente übertragen. Die sogenannten Ortslisten (v.17–20.27) gehen vermutlich nicht auf verwendete Quellen zurück, sondern sind künstliche redaktionelle Bildungen, wobei man Traditionen aus Num 32 und Jos 21 kreativ miteinander verband und bisweilen erweiterte. Auf diese Weise können auch die Unterschiede zur abweichenden Verteilung in Num 32 erklärt werden, da die Redaktion von Jos 13 andere Ziele verfolgte. Dementsprechend sollten die territorialen Unterschiede nicht diachron ausgewertet werden. In Jos 13 wird im Gegensatz zu Num 32 das Ostjordanland in zwei Hälften verteilt (im Norden Gad, im Süden Ruben). Aus diesem Grund müssen die vorliegenden Orte aus Num 32 anders angeordnet werden, damit diese Vorgabe eingehalten werden kann. Während nach Num 32,34 Dibon und Aroër noch zu Gad gerechnet werden, muss jetzt in v.17 Dibon zu den rubenitischen Städten auf dem Mischor wandern und das gaditische Aroër durch den Zusatz „bei Rabba“ vom rubenitischen „Aroër, das am Ufer des Flusstals Arnon (liegt)“ differenziert werden. Beide Zusätze waren folglich nötig, als man die priesterliche Tradition aus Num 32 übernahm und in einen abweichenden geographischen Aufriss einpasste. In v.18 stellte man zudem sicher, dass die rubenitischen Levitenstädte nach Jos 21,36–37 bereits von Mose verteilt worden waren. Dies erklärt den Zusatz, der in Num 32 nicht zu finden ist. In v.19 verwendete man hingegen wiederum Num 32,37 und ergänzte den ansonsten unbekannten Ort

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3)

4)

Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

Zeret-Schahar, der noch durch den Zusatz „auf dem Berg über der Ebene“ näher bestimmt wird. Die übrigen Orte Bamot-Baal, Bet-Pegor und Pisga verdanken sich der redaktionellen Verbindung mit der Bileam-Erzählung (Num 22–24) und wuchsen hier sekundär hinzu, als man in v.21–22 verschiedene heilsgeschichtlichen Traditionen aus dem Numeribuch eintrug. Während Bet-Pegor und Pisga der vorliegenden Liste in v.20 angeschlossen wurden, stellte man Bamot-Baal aufgrund des ähnlichen Namens vor Bet-Baal-Meon in v.17. Darüber hinaus erweiterte man aufgrund der Verbindung zur Sihon-Tradition Pisga um den Ort Bet-Jeschimot, der in der Beschreibung des amoritischen Territoriums in Jos 12,3 ebenfalls schon genannt wird. Die beiden Städte Bet-Haram und Bet-Nimra in v.27 stammen aus Num 32,36 und wurden mit Sukkot und Zafon noch nach Norden erweitert, als man die beiden Amoritergebiete Sihons und Ogs zu verbinden trachtete. Aus alledem folgt, dass es nie eine zugrundeliegende formal gegliederte Ortsliste gab, die von einem Redaktor hätte verwendet werden können. Vielmehr arbeitete man bekannte Traditionen ein, um das Bild einer halbwegs gerechten Verteilung der ostjordanischen Gebiete von Süd nach Nord zu entwickeln, das markant von Num 32 abweicht. Mit dieser Deutung ist darüber hinaus ausgeschlossen, dass man diese Listen territorialgeschichtlich verwenden darf. Diese Zusammenstellung von Orten ist auf dem Schreibtisch entstanden und spiegelt keine tatsächlichen Gegebenheiten wider. Insgesamt greift die Beschreibung der ostjordanischen Territorien auf Gebietsbeschreibungen zurück, die mit min-ʿad-Formulierungen (v.16. 26a.b) oder mit Gebiet + Endpunkt mit ʿad (v.25) oder umgekehrt mit Anfangspunkt mit min + Gebiet (v.30) dargestellt werden. In allen Fällen geht die Gebietsbeschreibung der Aufzählung von einzelnen Orten voraus. Die additive Erweiterung um weitere Differenzierungen des übertragenen Gebietes ist dabei nicht ausgeschlossen, wie v.16, 25 oder 30 hinlänglich belegen. Nur die Gebiete von Ruben und Gad sind durch bestimmte Eröffnungsund Abschlussformeln gegliedert, die denjenigen des Verteilungsdokumentes des Westjordanlandes in Jos 15–19 nachempfunden sind. Vermutlich wurde daher die ostjordanische Landgabe an Ruben und Gad durch Mose schon zu diesem redaktionellen Zeitpunkt vorausgestellt. Bei dieser redaktionellen Arbeit verband man formal Gebietsbeschreibungen und künstlich zusammengestellte Ortslisten miteinander, indem man Material aus Num 32 verwendete und im Gegensatz zur Vorlage eine Süd-Nord-Abfolge der beiden Stämme anzielte. Schon die andersartige doppelte Einführung Ostmanasses in v.29 und der fehlende Abschluss weisen darauf hin, dass das Gebiet von Ostmanasse vermutlich nicht zur redaktionellen Grundschicht gehörte. Beim Abschnitt zu Ostmanasse waren hingegen mehrere spät-priesterliche/spät-dtr. Redaktionen am

 

5)

6)

3. Eigener Entwurf 

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Werk, die die Tradition der zweieinhalb ostjordanischen Stämme nachtrugen. Das Stammesgebiet der Rubeniter wurde sekundär mit dem Territorium des Amoriterkönigs Sihon gleichgesetzt, worauf der Ausdruck „die Gesamtheit der Königsherrschaft des Amoriterkönigs Sihon“ in v.21 hinweist, der mit dem „Rest“ in v.27 kollidiert. Dementsprechend konnte sich erst in einem zweiten Schritt das Amoriterreich Sihons nach Norden ausdehnen. Es gab somit im Rahmen dieser sekundären Ausweitung einen nördlichen Rest, der die beiden Bereiche (Sihon auf dem Mischor, Og im Baschan) verband. Da der Amoriter Sihon in Heschbon residierte, musste folglich der Ausdruck „Heschbon und die Gesamtheit seiner Städte, die auf dem Mischor (liegen)“ hinter der eröffnenden Gebietsbeschreibung ergänzt werden, bevor es dann mit der künstlich erzeugten Ortsliste weitergehen konnte. Da man das rubenitische Gebiet sekundär mit Sihon verknüpfte, wurde die Grenze von Aroër direkt bis zum Arnon verschoben und deshalb die „Stadt, die inmitten des Flusstals (liegt)“ ergänzt. Im Rahmen dieser vom Numeribuch inspirierten Redaktionsschicht wurden auch die Traditionen der Midianiterkönige und Bileams eingetragen, wie dies bereits in Num 31,8 behauptet wird. Der Abschnitt von Ostmanasse setzt die Tradition der zweieinhalb ostjordanischen Stämme und die Aussonderung der Levitenstädte voraus. Daher ist die redaktionelle Grundschicht hinter v.29–31 frühestens auf dieser Ebene anzusetzen. Als Ostmanasse ergänzt wurde, reichte das Gebiet von Gad hingegen höchstens bis zum Jabbok. Die Gebietsbeschreibung in v.30 (wayehî gebûlām) knüpft formal an v.16 und 25 an und ist von diesen Stellen abhängig. Schon diese Beobachtung zeigt, dass Ostmanasse ähnlich wie Ruben und Gad behandelt werden sollte. Der unmittelbar folgende Ausgangspunkt mimMaḥanayim steht allerdings ohne Verbindung zum Folgenden, da eine direktive Präposition fehlt, und eine Ausweitung Ostmanasses bis an den Jabbok in der redaktionellen Grundschicht eigentlich noch nicht angedacht ist. Erst als in v.31 das Gebiet von Baschan auf Gilead ausgedehnt wurde, fügte man in v.30 mimMaḥanayim ein und übersah dabei, die syntaktische Härte auszugleichen. Somit gehört „von Mahanajim an“ in v.30 sicher nicht zur Grundschicht. In v.31 wurde aufgrund des Stichworts Jair (v.30) die Tradition der „Söhne Machirs“ aus Num 32,40 nachgetragen, die in Gilead siedelten. Da zuvor aber schon kål ʿārê hagGilʿād an Gad verteilt wurde (v.25), konnte hier nur die „Hälfte“ Gileads an Machir vergeben werden. Hier handelt es sich wohl ebenfalls wie schon bei dem Territorium des Amoriterkönigs Sihon um eine nachträgliche Differenzierung (ḥaṣî bei Gilead, yætær bei Sihon). Beide Widersprüche gehen somit auf spätere Differenzierungen zurück, die Jos 13 an andere Traditionen angleichen, den vorliegenden Text aber nicht verändern wollten.

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

Da nur in 23a gebûl in der Bedeutung „Grenze“ verwendet wird, kann 23a nicht zur Grundschicht gehören. Denn, wie gesehen, gibt es in der priesterlichen Grundschicht von Jos 13,15–33 nur Gebietsbeschreibungen und keine Grenzziehungen. Da 23a bestens an den Zusatz zur Ortsliste in v.20 anschließt, wo bereits geographisch in die Jordanebene vorgedrungen wird, ist der Jordan als natürliche Westgrenze bereits vorbereitet. Die Ausdehnung bis zum Jordan ist jedoch ein späteres Konstrukt. Dies deutet schon die Beobachtung an, dass dadurch eine gewisse Konkurrenz zum Gebiet von Gad geschaffen wird, das sich ebenfalls in die Jordanebene hinein erstreckt. Offenbar sollten nachträglich beide Stämme den Jordan als Westgrenze erhalten, worauf die gleichartige redaktionelle Formulierung hayYarden ûgebûl (23a.27) hinweisen könnte. Erst nachdem Ostmanasse eingetragen war (v.30) und die Gebiete verbunden waren (Baschan und Amoriterreich des Sihon), wurde aufgrund des Stichwortes Baschan die Tradition des Amoriterkönigs Og in v.30 ergänzt, was den Redaktor veranlasste, das Gebiet Gads an den Baschan heranzuführen. Die beiden Amoriterkönige Sihon und Og wurden wohl erst in später Zeit miteinander verbunden,170 weshalb im Anschluss eine geographische Verbindung beider Reiche nötig wurde. Die Territorien dieser beiden Amoriterherrscher wurden dann den ostjordanischen Stämmen zugewiesen. Damit wird sichergestellt, dass man nicht die ansässigen Völker aus ihren angestammten Gebieten vertreibt. Da Og in v.31 mit Aschtarot und Edrei verbunden wird, was nur in dtr. Tradition der Fall ist, trug wohl eine spät-dtr. Hand die entsprechenden Notizen hier ein. Diese Redaktion ist auch für die Ausweitung der beiden Stammesgebiete Ruben und Gad bis an den Jordan verantwortlich. Vielleicht sollte durch die Ausdehnung bis zum Jordan eine geographische Verbindung beider Stämme zu den westjordanischen Stämmen hergestellt werden. Da folglich das Territorium Sihons an dasjenige von Og herangeführt werden musste, konnte man auch von yætær sprechen, während die eigentliche „Gesamtheit des Reiches Sihon“ auf dem Mischor bis zum Arnon zu suchen ist und bereits von Ruben eingenommen wurde. Auf diese spät-dtr. Hand geht zudem die Erweiterung in 29a zurück, was der dtr. Ausdruck šebæṭ verrät und die unnötige Doppelung nahelegt. In v.31 stört die Zusammenstellung der „Hälfte Gileads“ mit den beiden Städten „Aschtarot und Edreï“. Denn diese beiden Städte werden nach allgemeiner und gut bezeugter Tradition eigentlich auf dem Baschan und nicht in Gilead verortet. Offenbar stellte der Redaktor, der die „Söhne Machirs“ eintrug, auch die dazu passende Lokalisierung mit der „Hälfte

170 Nach KALLAI 1983, 117 waren Sihon und Og zunächst nicht miteinander verbunden. Erst aufgrund von typologischen Gründen sei die Tradition um Og sekundär hinzu gewachsen.

 

3. Eigener Entwurf 

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Gileads“ voran, da er nach der Zahlenangabe „sechzig Städte“ in v.30 offenbar davon ausging, dass der Erzählzusammenhang abgeschlossen sei. Dabei entging ihm, dass die beiden folgenden Orte Aschtarot und Edreï zusammen mit den Städten Ogs auf dem Baschan zum einen nicht zu den „Söhnen Machirs“ passten, zum anderen auch nicht in Gilead verortet werden können. Somit stand die Notiz mit Aschtarot und Edreï schon in der Vorlage, die um die „Hälfte Gileads“ erweitert wurde. Ein sekundärer Zusatz „und Aschtarot und Edreï, die Städte der Königsherrschaft Ogs im Baschan“, der in den Abschnitt der „Söhne Machirs“ eingetragen worden wäre, lässt sich hingegen nicht begründen, da die Städte Aschtarot und Edreï nur mit der Residenz Ogs, nie aber mit den „Söhnen Machirs“ verbunden werden. Demnach wurde vermutlich die Notiz „und Aschtarot und Edreï, die Städte der Königsherrschaft Ogs im Baschan“ von einer spät-priesterlichen Redaktion durch die Voranstellung von waḥaṣî hagGilʿād fälschlicherweise mit den „Söhnen Machirs“ verbunden. 10) Die ostjordanische Landverteilung wird mit v.32 abgeschlossen. Dieser Vers hat, wie gesehen, seine nächste Parallele in Jos 14,1a und ist vermutlich auf dieser redaktionellen Ebene anzusetzen. Dementsprechend ist die Grundschicht von Jos 13,15–33 auf der Ebene einer priesterlichen Redaktion zu verorten, die für ein ursprüngliches Landverteilungsdokument in Jos 14–19 verantwortlich ist. Durch die Voranstellung der Landgabe an Ruben und Gad durch Mose wird bereits ausgeführt, worauf sich die westjordanische Landverteilung unter Josua stützen kann. 11) Schließlich wurde noch analog zu v.14 mit v.33 die Landlosigkeit der Leviten betont. Diese redaktionelle Ebene setzt vermutlich das Zwölfstämmevolk, die Levitenstädte in Jos 21 sowie die zweieinhalb ostjordanischen Stämme voraus, und wurde daher der Grundschicht, die noch von nur zwei Stämmen Gad und Ruben ausgegangen war, sekundär angehängt. Darüber hinaus liefert dieser Vers schon vor der westjordanischen Landgabe die nötige Begründung für den Landverzicht der Leviten. Aus alledem folgt: Die Darstellung der Gebiete der ostjordanischen Stämme ist immer wieder an verschiedenen Stellen überarbeitet worden, wobei die Wachstumsspuren gut begründet werden können. Die beobachteten Spannungen im geographischen Aufriss lassen sich allesamt durch die sekundäre Ausweitung eines ursprünglichen, priesterlichen Dokumentes (v.15.16*.17*. 19.23b.24–26a.27*.28.32) erklären, das noch von nur zwei ostjordanischen Stämmen Ruben und Gad ausgegangen war. Beide Stämme werden in dieser redaktionellen Grundschicht von Süd nach Nord gegeneinander abgegrenzt, wobei Ruben den Bereich des Mischor und Gad die nördlichen Gebiete südlich des Jabbok zugesprochen bekam. Die Landgabe an Ruben und Gad durch

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

Mose wird in dieser redaktionellen Grundschicht dem Folgenden als Blaupause für die westjordanische Landverteilung vorangestellt. Eine spätere priesterliche Redaktion ergänzte sodann Daten der priesterlich geprägten Heilsgeschichte aus Num 21 und 31 (Sihon, Midianiterkönige, Bileam) und veränderte dadurch leicht den geographischen Rahmen nach Nord (Heschbon) und Süd (Stadt inmitten des Arnon). Diese Redaktion stützte sich offenbar auf die Annahme, dass das Amoriterreich des Königs Sihon von Heschbon den gesamten Mischor umfasst habe. Dementsprechend wurde die Gebietsbeschreibung in v.16 bis zum Arnon als Grenze und in v.17 bis Heschbon vorgeschoben. Außerdem wurden Orte der Bileam-Erzählung sowie bestimmte Abgrenzungen des Territoriums Sihons, die in Jos 12,3 bereits genannt worden sind, nachgetragen. Diese Redaktion blieb noch auf Ruben beschränkt, da Gad zunächst noch nicht mit Sihon zusammengesehen werden sollte, zumal Ruben bereits die „Gesamtheit der Königsherrschaft des Amoriterkönigs Sihon“ zugesprochen bekam. Für Gad war bei dieser redaktionellen Erweiterung noch kein Platz. Eine zweite spät-priesterliche Redaktion, die von zweieinhalb ostjordanischen Stämmen ausging, ergänzte schließlich noch den Stamm Ostmanasse (v.29–30*), der auf dem Baschan lokalisiert wurde. Da diese Konzeption die Leviten vom Landbesitz ausschloss, geht auch der Landverzicht der Leviten auf diese Redaktion zurück (v.33). Auf diese Weise war nun das Zwölfstämmevolk mit zweieinhalb ostjordanischen und neuneinhalb westjordanischen Stämmen komplettiert. Da allerdings die Bereiche zwischen Ostmanasse auf dem Baschan und Ruben bzw. Gad südlich des Jabbok zu weit auseinanderlagen, wurde Ruben und Gad von einer spät-dtr. Redaktion zum einen an den Jordan herangeführt (23a.27*), zum anderen wurde Gad zudem in Richtung auf Ostmanasse im Baschan ausgedehnt (26b.27*), indem das dazwischenliegende Territorium von Nordgilead dem Stamm Gad zugewiesen wurde. Außerdem wurde von dieser redaktionellen Hand die dtr. Tradition des Amoriters Og vom Baschan eingetragen (v.30*). Dies konnte schon deshalb geschehen, da die entsprechende Gebietsbeschreibung den gesamten Baschan umfasste und der Amoriterkönig Og traditionell im Baschan lokalisiert wurde. Vermutlich geht auf diese dtr. Hand auch die Doppelung in v.29 zurück. Schließlich trug eine spätpriesterliche Redaktion noch die Tradition der „Söhne Machirs“ nach, wodurch das Gebiet von Ostmanasse in Übereinstimmung mit Num 32 auf Gilead ausgedehnt wurde. Damit war Ostmanasse nun auch in Gilead und nicht nur im Baschan vertreten. Damit geriet Ostmanasse jedoch in Konkurrenz zum Stamm Gad, der ebenfalls zwischen Jabbok und Jarmuk lokalisiert wurde. Dementsprechend entstand auf diese Weise das eigenwillige Bild, wonach anscheinend der Stamm Gad die Jordanebene bis zum See von Kinneret besiedelte und der ostmanassitische Clan Machir auf dem nordgileaditischen Gebirge vertreten war.

 

3. Eigener Entwurf 

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Insgesamt arbeiteten die drei Redaktionen zumeist additiv zur priesterlich geprägten Grundschicht, wie sich am Stammesgebiet von Ruben, Gad und Ostmanasse gut ersehen lässt. Gelegentlich ist aber auch eine in der Grundschicht vorgegebene Verortung durch einen kleinen Zusatz korrigiert bzw. präzisiert worden (v.16.17.18.26b.31), wofür es jeweils gute Gründe gibt: 1)

2)

3)

4) 5)

In v.16 sollte die Grenze des Amoriterreiches definitiv noch von Aroër bis zum Arnon erweitert werden, weshalb man den zweiten Relativsatz ergänzte und damit in Kauf nahm, dass immer wieder vergebens nach einer „Stadt inmitten des Flusstals“ gesucht wurde. In v.17 sollte durch den Zusatz „Heschbon und die Gesamtheit seiner Städte, die auf dem Mischor (liegen)“, besonders betont werden, dass das Stammesgebiet Rubens mit dem Gebiet Sihons, der in Heschbon residiert, identisch sei. Außerdem wurde der Ort Bamot-Baal aufgrund einer Stichwortassoziation vor Bet-Baal-Meon gesetzt. Dementsprechend müssen die beiden Baal-haltigen Ortsnamen nicht notwendigerweise nebeneinander gesucht werden. Mit v.18 wurde eine Angleichung an Jos 21,36–37 vorgenommen. Da die Städte Jahaz, Kedemot und Mefaat in der Parallele Num 32,37–38 fehlen, scheint das Plus in v.18 auf einen vereinheitlichenden Eingriff zurückzugehen, sodass man hier nicht auf eine alte zuverlässige Tradition schließen sollte. In 26b musste sekundär der Bereich von Gad aufgrund der Hinzufügung von Ostmanasse an den Baschan herangeführt werden, sodass die erste min-ʿad-Formulierung durch eine zweite ergänzt werden musste. Aufgrund des hinzugefügten Abschnittes über die „Söhne Machirs“ musste schließlich noch die „Hälfte Gileads“ vorangestellt werden, auch wenn dadurch die Lokalisierung der Städte Aschtarot und Edreï verunklart wurde. Denn zumindest ein Teil der „Söhne Machirs“ ist traditionell mit Gilead verbunden.

Alle anderen Ergänzungen erfolgten additiv zum jeweiligen Grundbestand. Somit bleibt festzuhalten: Auch wenn es scheint, dass der Text in Jos 13,15– 33 mit seinen vielen geographischen Schwierigkeiten auf dem ersten Blick – vor allem wenn man nach zugrunde liegenden Quellen sucht – kaum noch sinnvoll zu entwirren ist, lässt sich die redaktionelle Arbeit in Jos 13,15–33 trotzdem gut nachvollziehen: eine redaktionelle Grundschicht und vier redaktionelle Ergänzungen. Die diachronen Wandlungen der einzelnen ostjordanischen Stammesgebiete in Num 32 und Jos 13 verdanken sich zudem nicht historischen Gegebenheiten, sondern sind rein literarischer Art. Die unterschiedlichsten Redaktionen zeichneten Gebiete, die ihren jeweiligen Intentionen entsprachen, auch wenn dadurch gelegentlich Spannungen eingetragen werden mussten. Mithilfe der Beschreibung in Jos 13,15–33 kann folglich zum einen keine Territori-

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Die Verteilung des Ostjordanlandes nach Jos 13,15–33 

algeschichte des Ostjordanlandes geschrieben werden und zum anderen können enigmatische Orte, die nur hier auftauchen, nicht mehr anhand des umgebenden Kontextes sicher bestimmt werden. Schließlich sind zwei Orte (Stadt inmitten des Flusstals und Aroër bei Rabba) höchstwahrscheinlich nur literarische Bildungen, die man vergeblich in der Landschaft sucht.

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Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument.

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Ergebnisse und Folgerungen Ergebnisse und Folgerungen

Ausgehend von sprachlichen und textkritischen Analysen konnte ein konsistentes redaktionsgeschichtliches Modell entwickelt werden, wobei auf zwei methodische Probleme in der Argumentationslogik besonders eingegangen werden muss. Zum einen darf man gerade im Bereich der historischen Topographie Literarkritik und geographisch orientierte Topographie nicht miteinander vermengen. Wenn ein Ort der Landverteilungslisten geographisch schwierig zu bestimmen ist, muss das noch lange nicht heißen, dass es sich um einen redaktionellen Zusatz handelt. Viel zu oft sind bei früheren Analysen derartige Beobachtungen in die Literarkritik eingeflossen, ohne dabei zu berücksichtigen, dass man damit das logische Problem einem Redaktor anlastet, der diese anscheinend fehlerhaften Ergänzungen vorgenommen haben soll. Man verlagert lediglich die Spannung von der historischen Topographie hin zur Literarkritik, ohne dass man einen Lösungsansatz entwickelte. Zum anderen wurde der Primat des MT bei der literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Arbeit hinterfragt. Denn gerade der abweichende Befund der LXX des Josuabuches darf bei derartigen Hypothesen nicht unterbewertet werden. Wenn nämlich gewisse Wörter oder Textpassagen in der LXX fehlen, könnte dies auf einen ursprünglich kürzeren Text hinweisen, der redaktionsgeschichtlich früher als MT anzusetzen ist. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sollen im Folgenden in zwei Punkten abschließend zusammengefasst und näher profiliert werden. Zum einen soll das redaktionelle Wachstum der Landverteilungstexte in Jos 13–19 nachgezeichnet werden. Die Argumentation stützt sich hierbei vor allem auf formale Elemente, während inhaltliche Verbindungslinien in den Hintergrund treten. Auf diese Weise werden die Schwächen einer reinen Tendenzkritik gemildert. Durch die Einbeziehung von sprachlichen und textkritischen Beobachtungen werden die redaktionsgeschichtlichen Hypothesen auf eine nachvollziehbare argumentative Basis gestellt, auch wenn – wie bei jeder literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Arbeit – nicht alle Thesen für jedermann konsensfähig sind. Zum anderen soll nach Möglichkeiten gesucht werden, wie man den priesterlich geprägten Abschnitt der Landverteilungstexte im Rahmen von Großhypothesen zum Hexateuch bzw. Enneateuch adäquat einordnen kann. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit legen zumindest nahe, dass sich ein priesterliches Josuabuch vor allem am Buch Numeri

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Ergebnisse und Folgerungen

und dessen Redaktionsgeschichte orientiert, während sich ein dtr. geprägtes Josuabuch mit dem Buch Deuteronomium verbinden lässt. Deshalb trifft auch die Rede von einer dtr. Landeroberungserzählung (DtrL) vielleicht genau das Richtige. Es scheint, dass erst in einem redaktionellen Schritt beide Teile des Josuabuches zusammengearbeitet wurden, sodass größere Einheiten wie der Hexateuch oder der Enneateuch entstehen konnten. Diese größeren Komplexe sind folglich spätere Erscheinungen, die noch nicht am Anfang als solche konzipiert, sondern erst redaktionell gebildet wurden.

1. Das priesterliche Landverteilungsdokument in Jos 13–19 Die Redaktionsgeschichte des zweiten Teils des Josuabuches in Jos 13–19 ist zwar kompliziert, aber ausweislich bestimmter Idiomatik und unterschiedlicher Syntax durchaus nachvollziehbar. Vermutlich wurden einige schriftliche, bisweilen auch mündliche Traditionen bei der redaktionellen Arbeit verwendet. Allerdings weisen diese vorliegenden Traditionen noch keinen Zusammenhang untereinander auf. In den eigentlichen Landverteilungstexten Jos 14–19 wurden zwei Dokumente miteinander verbunden: Eine bzw. mehrere Ortslisten, die zur Beschreibung der Stammesterritorien verwendet werden konnten, und eine priesterlich geprägte Grundschicht, die die Grenzen von sieben Stämmen zusammengetragen hat (Juda, Efraim, Benjamin, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali). Diese priesterliche Grundschicht verwendet einen spezifischen Idiolekt, der sich markant von den anderen Texten abhebt (weqatal und Bewegungsverben) und innerbiblisch nur mit Num 34,2–12 zu vergleichen ist. Im Gegensatz dazu verwendet die priesterliche Konzeption der Landverteilung, die das Ezechielbuch entwickelt, eine völlig andere Sprache, obwohl es hier inhaltlich um vergleichbare Sachverhalte geht. Offenbar sollte in dem priesterlichen Grunddokument, das in Jos 14–19 vorliegt, ein Idealbild des „wahren Israels“ gezeichnet werden, das nur aus sieben Stämmen besteht und auf das Westjordanland beschränkt ist. Auffälligerweise wurde das Gebiet des Stammes Manasse nicht zum hier skizzierten Verheißungsland gezählt. Vielleicht spiegelt sich darin bereits eine antisamaritanische Haltung oder eine nationalistische Einstellung gegenüber den assyrischen Deportierten wider, die nach 720 v. Chr. in der Provinz Samerīna angesiedelt wurden. Die beiden vorliegenden Dokumente (Ortslisten und priesterliches Grunddokument mit Grenzbeschreibungen) wurden von drei, vor allem priesterlich geprägten Redaktionen zusammengearbeitet, die noch keinen Bezug zum dtr. Josuabuch, wohl aber zum letzten Abschnitt des Numeribuches erkennen lassen:

1. Das priesterliche Landverteilungsdokument in Jos 13–19

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1) Priesterliche Redaktion: Eine priesterliche Redaktion hat aus den Ortslisten und der priesterlichen Grundschicht mit Grenzbeschreibungen ein Landverteilungsdokument für sieben Stämmen geschaffen. Von dieser Redaktion wurde die durch den Ausschluss von Manasse im vorliegenden priesterlichen Grunddokument entstandene Lücke durch die Konstruktion der „Söhne Josef“ geschlossen, zu denen neben Efraim auch Manasse gehört. Durch diese Konstruktion wurde die Siebenzahl nicht überschritten. Somit gehen weder die „Söhne Josef“ noch das „Haus Josef“ auf alte Traditionen zurück. Denn nur durch die Konzeption des „Doppelstammes“ Efraim-Manasse konnte man die übernommene Vorstellung von einem Siebenstämmevolk beibehalten und trotzdem Manasse in diesen Entwurf integrieren. Auch die Zelofhadtradition, die bereits Eleasar nennt, scheint zu dieser Redaktion zu gehören, wie verschiedene Beobachtungen nahelegen. Denn in Jos 17,4–6a ist die Vorstellung von Ostmanasse noch nicht zu erkennen. Eleasar ist in Jos 17,4 zudem das verbindende Element zu Num 27, zumal Mose bereits gestorben ist und nur Eleasar die bereits gegebene Zusage bestätigen kann. Hinzu kommt, dass die Kommission um Eleasar und Josua nach Jos 17,1 weitere neśîʾîm umfasst, die mit Num 34,16–29 zusammenhängen, und nicht mit rāʾšê ʾabôt wie in Jos 14,1 und 19,51 gleichgesetzt werden können. Dementsprechend liegen die beiden Erwähnungen von Eleasar in Jos 17,4 bzw. in Jos 14,1 und 19,51 auf unterschiedlichen Ebenen. Das redaktionell entstandene „wahre Israel“ dieser Redaktion bestand nun ausschließlich aus den westjordanischen Stämmen Juda, Josef (= Efraim und Manasse), Benjamin, Sebulon, Issachar, Ascher und Naftali. Außerdem hat diese Redaktion den Losentscheid und die Sippenthematik in die Texte eingetragen und die Landgabe an Ruben und Gad durch Mose in Jos 13 als Vorbild für die westjordanische Landverteilung vorangestellt. Aufgrund des Losentscheids und der Sippenthematik weist der literarische Horizont dieser Redaktion wiederum ins Numeribuch (Num 26 und 33), sodass mit gewissen literarischen Abhängigkeiten zu rechnen ist. Diese Redaktion hat die beobachtete Rahmung um die Landverteilung geschaffen (Jos 14,1–2* und Jos 19,49.51*) und die Erzählung Jos 18,1–10* als Einleitung zum Folgenden zwischen Jos 13* und Jos 14,1* gestellt. 2) Spätpriesterliche Redaktion: Diese Redaktion hat an den Rändern die Landkommission unter Vorsitz des Priesters Eleasar eingetragen (Jos 14,1; 19,51). Aus inhaltlichen Gründen scheint sie an Num 34,16–29 anzuschließen, auch wenn das Gremium in Jos 14 und 19 nicht aus neśîʾîm besteht. Allerdings wird das Verb NḤL-G in Num 34,17 ebenfalls verwendet. Offenbar sollte ein Rahmen um Jos 14–19 gelegt werden. Diese Redaktion greift die Erwähnung Eleasars in Jos 17,4 auf und schafft einen Bezug zu Num 34,16–29, wo ein Zehnstämmevolk im Blick ist, was bereits in der bearbeiteten Version faktisch der Fall war, zumal der Doppel-

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Ergebnisse und Folgerungen

stamm der „Söhne Josef“ zu acht westjordanischen Stämmen führt, denen zwei ostjordanische Stämme vorangestellt sind. 3) Priesterlich-dtr. Redaktion: Schließlich ist eine priesterlich-dtr. Redaktion für den jetzigen Erzählzusammenhang verantwortlich. Von dieser Redaktion wurde die Konzeption des Zwölfstämmevolkes nachträglich eingetragen und die Siebenzahl auf diejenigen Stämme bezogen, die noch nicht ihr Lehen in Besitz genommen haben. Auf diese Weise wurde die ursprüngliche Einleitung Jos 18,1–10*, die noch von sieben Stämmen ausging, an ihren jetzigen Platz verschoben und neu gedeutet. Nun waren es die Stämme Benjamin, Simeon, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali, Dan, die nach dieser redaktionellen Konstruktion noch übriggeblieben sind. Um ein Zwölfstämmevolk zu erreichen, ist die Einheit der „Söhne Josef“ wieder aufgegeben worden. Darüber hinaus sind noch die Stämme Simeon und Dan ergänzt worden. Durch diese redaktionelle Anordnung werden die wichtigen Stämme Juda und Efraim-Manasse besonders betont, während die Nachlässigkeit der übrigen Stämme beklagt wird. Obwohl Benjamin zwischen Juda und Efraim liegt und daher eigentlich geographisch vor Efraim stehen müsste, wird dieser Stamm zu den Nordstämmen gerechnet. Dies ist schon aufgrund der Beobachtung verwunderlich, dass Benjamin neben Juda die ausführlichste Darstellung seines Gebietes erfahren hat. Vielleicht ist hier eine antibenjaminitische Grundhaltung auszumachen, da Benjamin nicht unter die vorbildlichen Stämme gerechnet wird. Mitunter waren aber auch andere redaktionelle Interessen leitend. So hätte man jeweils einen vorbildlichen Stamm (Juda und Benjamin) den weniger erfolgreichen Stämmen (Efraim-Manasse und Simeon, Sebulon, Issachar, Ascher, Naftali, Dan) gegenübergestellt. Hier kommt man über Vermutungen kaum noch hinaus. Die bereits vorangestellten ostjordanischen Stämme Ruben und Gad wurden in Jos 13 noch um Halbmanasse ergänzt, sodass nun Manasse in zwei Hälften zerfiel und die künstlich anmutende Konstruktion der 9½ westjordanischen und 2½ ostjordanischen Stämme entstand, die gemeinsam das Zwölfstämmevolk gebildet haben. Damit die Konzeption des Zwölfstämmevolkes nicht überschritten wird, musste darüber hinaus deutlich gemacht werden, dass die Leviten nicht ebenfalls als gleichberechtigter Stamm gezählt werden (Jos 13,33; 14,3; 18,7). Hier wird zudem auf das Vorbild Mose hingewiesen, der den Leviten aufgrund ihres kultischen Dienstes kein Land im Ostjordanland zugewiesen hatte (Jos 13,33; 14,3). Dementsprechend können die Leviten auch nicht im eigentlichen Verheißungsland einen Anteil beanspruchen (Jos 18,7). Zunächst war offenbar noch keine Versorgung der Leviten durch ausgesonderte Städte (Jos 21) im Blick. Ein derartiger Hinweis, der Jos 21 besser an Jos 13–19 anbindet, ist erst später redaktionell mit Jos 14,4 eingetragen worden (s. u.).

1. Das priesterliche Landverteilungsdokument in Jos 13–19

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Neben diesen wichtigen Redaktionen wurde Jos 13–19 von kleineren Eingriffen redaktionell umgearbeitet, die im Folgenden skizziert werden sollen. Nicht immer kann eine relative Chronologie dieser kleineren Ergänzungen und Glossen sicher bestimmt werden, sodass zunächst diejenigen redaktionellen Zusätze bestimmt werden sollen, die in eine relativ sichere Chronologie eingeordnet werden können. Es handelt sich zunächst um spätpriesterliche Glossen, die weitere Verbindungslinien zum Numeribuch entwerfen: 1) Erste spätpriesterliche Glosse: In Jos 13,16*.17*.20–22 werden Traditionen der Heilsgeschichte aus Num 21 und 31 eingebaut, um zusätzlich die Verbindung zum Numeribuch zu stärken. 2) Zweite spätpriesterliche Glosse: Auf das Konto dieser Hand geht Jos 14,4 zurück, wo der Abschnitt der Levitenstädte in Jos 21 vorbereitet wird. Dieser Redaktor hat bereits bei der ersten Erwähnung der Leviten im Rahmen der Verteilung des westjordanischen Verheißungslandes diesen Zusatz ergänzt, damit sich die Sonderbestimmungen in Jos 21 bestens anschließen konnten. Außerdem wurden in Jos 13,18 die drei Städte Jahaz, Kedemot und Mefaat ergänzt. Bislang wuchs der Abschnitt der Landverteilungstexte noch ohne Bezug zum dtr. geprägten Josuabuch, dafür aber in Verbindung zum Numeribuch. Vermutlich passte erst eine dtr. Erzähl-Redaktion den Abschnitt ins Josuabuch ein. Diese Erzähl-Redaktion trug die Landgabe an die beiden verdienten Kundschafter Kaleb und Josua als rahmende Elemente in Jos 15–19 ein und schuf die Erzählung von den „Söhnen Josef“ in Jos 17,14–18*. Von dieser Erzähl-Redaktion konnte die bereits vorliegende Otniel-Achsa-Tradition aufgenommen werden, während die Erzählungen von den „Söhnen Josef“ in Jos 17,14–18* und dem Erbteil Josuas in Jos 19,49–50* neu gebildet wurden. Diese Redaktion ist auch dafür verantwortlich, dass die bereits existierende dtr. geprägte Kaleberzählung in Jos 14,6–15 von Jos 11,23 abgerückt und an ihren jetzigen Ort versetzt wurde. Außerdem nahm sie den vorliegenden Abschnitt der Landverteilungstexte Jos 13–19* in das entstehende Josuabuch auf. Diese Redaktion wollte zudem betonen, dass Josua selbst die Landverteilung vorgenommen hätte, wie die kleineren Retuschen in Jos 18,4.10 zeigen. Dies war schon deshalb nötig, da der Hauptprotagonist der Landeroberung nun auch zum Hauptverantwortlichen der Landverteilung werden musste. Für eine Verteilung durch das Los, das Volk oder eine Landkommission war folglich kein Platz mehr. Vermutlich wurde somit zu diesem Zeitpunkt das dtr. Josuabuch mit einem priesterlichen Josuabuch verbunden, da erst ab diesem Zeitpunkt übergreifende redaktionelle Angleichungen vorgenommen wurden, die sowohl die dtr. wie auch die priesterliche Tradition im Blick haben. Diese Redaktionen glichen den Abschnitt der Landverteilung an das Buch Deuteronomium, an die

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Ergebnisse und Folgerungen

Langliste der ostjordanischen Gebiete in Jos 13, an das Numeribuch und schließlich an das Richterbuch an: 1) Deuteronomium: Eine spät-dtr. Redaktion hat die Tradition von Sihon und Og in Jos 13 eingebaut. Da die Bereiche zwischen Ostmanasse auf dem Baschan und Ruben bzw. Gad südlich des Jabbok zu weit auseinanderlagen, wurde Ruben und Gad von einer spät-dtr. Redaktion zum einen an den Jordan herangeführt (23a.27*), zum anderen wurde Gad zudem in Richtung auf Ostmanasse im Baschan ausgedehnt (26b.27*), indem das dazwischenliegende Territorium von Nordgilead dem Stamm Gad zugewiesen wurde. Außerdem wurde von dieser redaktionellen Hand die dtr. Tradition des Amoriters Og vom Baschan eingetragen (v.30*). Dies konnte schon deshalb geschehen, da die entsprechende Gebietsbeschreibung von Ostmanasse den gesamten Baschan umfasste und der Amoriterkönig Og traditionell im Baschan lokalisiert wurde. 2) Langliste in Jos 13,15–32: Die Redaktion, die für den Abschnitt 8bβ– 12.14 verantwortlich ist, setzt bereits die spät-dtr. Beschreibung der ostjordanischen Gebiete von Jos 13,15–32 voraus, da sie eine ähnliche Wortwahl verwendet und die Tradition der beiden Amoriterkönige Sihon und Og viel konsistenter einbaut, als dies in der früheren Langliste Jos 13,15–32 der Fall war. 3) Numeribuch: Eine spätpriesterliche Redaktion strebte eine Angleichung an Num 32,39–40 an, indem die Machir-Tradition in den Passagen zu Manasse in Jos 13,30*.31*; Jos 17,1*.3*.5* ergänzt wurde. Auf diese Weise wurde das Gebiet von Ostmanasse in Übereinstimmung mit Num 32 auf Gilead ausgedehnt. Damit war Ostmanasse nun auch in Gilead und nicht nur im Baschan vertreten. Damit geriet Ostmanasse jedoch in Konkurrenz zum Stamm Gad, was die eigenwillige und kaum nachvollziehbare geographische Verteilung bei den ostjordanischen Stammesgebieten zeigt. 4) Richterbuch: Immer wieder wurden Nichteroberungsnotizen eingestreut, die auf einer inhaltlichen und sprachlichen Ebene mit Ri 1 liegen. Außerdem wurden teils wörtlich Texte aufgegriffen, die in Ri 1 ebenfalls belegt sind. Vermutlich sollte schon im Josuabuch der Umstand betont werden, dass das Verheißungsland nicht in seinem vollen Umfang erobert und besiedelt werden konnte. Auf diese Weise wird das negative Besitzverzeichnis in Ri 1 schon während der Landverteilung unter Josua vorbereitet. Schließlich gibt es noch vereinzelt gelehrte Glossen, die keiner spezifischen redaktionellen Hand zugewiesen werden können. Diese Glossen müssen nicht auf einer einzigen literarhistorischen Ebene liegen, sondern können zu den unterschiedlichsten Zeiten eingefügt worden sein. Darüber hinaus verändern sie nur unwesentlich den Erzählverlauf oder die Argumentationslogik. Wahrscheinlich wollten ein oder mehrere gelehrte Redaktoren ihr eigenes Hinter-

2. Die konzeptionelle Zweiteilung des Josuabuches

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grundwissen einbringen. Freilich funktionieren die Erzählungen auch ohne diese Daten bestens.

2. Die konzeptionelle Zweiteilung des Josuabuches Im Folgenden soll die Eigenständigkeit und sprachliche wie inhaltliche Zusammengehörigkeit von Jos 1–12 mit dem Buch Deuteronomium herausgestellt werden. Es wird sich zeigen, dass das Josuabuch konzeptionell in zwei Teile mit unterschiedlicher Idiomatik und Intention zu gliedern ist. Insgesamt weisen die beiden Teile des Josuabuches Jos 1–12 und Jos 13– 19 zahlreiche Unterschiede auf. Während es aufgrund typischer dtr. Idiome und thematischer Horizonte starke Verbindungslinien von Jos 1–12 zum Buch Deuteronomium gibt,1 lässt sich der zweite Teil ‒ wie bereits gesehen ‒ eher an die priesterlich geprägten Texte des Numeribuchs anschließen. Immer wieder wird vermutet, dass es eine sogenannte dtr. Landeroberungserzählung (DtrL) gegeben habe, die die beiden Bücher Dtn und Jos als dtr. überformtes Diptychon zusammengeschlossen habe. Diese DtrL reiche angeblich von Dtn 1–Jos 22.2 Mit diesem Entwurf sollten Geschichte und Gesetz besonders verbunden werden.3 Neben dem Rückblick auf die Landeroberung sollte nun im Rahmen der DtrL auch das Leben im Land nach dem dtn. Gesetz in den Blick genommen werden. Nur in der DtrL werde

1

BRAULIK 2011, 95–107 nennt einige sprachliche Elemente, die für einen Idiolekt von DtrL sprechen. Allerdings beschränkt sich deren Reichweite vor allem auf Dtn–Jos 12, während die Landverteilung weitgehend davon ausgespart bleibt. Dasselbe gilt für die Handlungsabläufe mit besonderem Verbalgerüst, vgl. BRAULIK 2011, 107–116, oder für den Gebrauch der sogenannten „Beruhigungsformel“, vgl. BRAULIK 2011, 116–120, oder für das bücherübergreifende Darstellungsgefüge, vgl. BRAULIK 2011, 120–132. Nach LOHFINK 1998, 88f. gibt es in Dtn und Jos zudem typologische Redeweise. Zu geschichtstypologisch orientierten Textstrukturen in Dtn und Jos vgl. LOHFINK 1997, 134–158. 2  Zu einer derartigen DtrL vgl. LOHFINK 1981, 92–96; MOENIKES 2003, 71–77; NOORT 2008, 119; OSWALD 2009, 96; BIEBERSTEIN 2011, 165–167; BRAULIK 2011, 89–95. Nach RÖMER 2006a, 534 ist ein Darstellungsgefüge von Dtn 1–Jos 23 durchaus plausibel, da Jos 23 ein „Deuteronomium en miniature“ sei. Allerdings kann die Grundschicht von Jos 23 nach FREVEL 2013a, 65 Anm. 78 nicht zu DtrL gerechnet werden. An eine dtr. gestaltete Erzählung Dtn*–Jos* denkt auch GROSS 2011, 189.201. OTTO 2000, 4f. vermutet, dass die DtrL von Dtn 1–30* über Jos 1–11*; 23* bis hin zu Ri 2,6–9 gereicht habe. Nach BLUM 2012, 148–151 kann eine DtrL nicht mit dem Josuabuch geschlossen haben, da die im Dtn wichtigen Themen der Einheit des Kultortes und des Ersten Gebotes dort fehlten. Kritisch zu einer DtrL BIEBERSTEIN 1995, 386f.; FREVEL 2011, 30f.; NIHAN 2012, 83–93. 3 Vgl. BRAULIK 2011, 133. Zu einer joschijanischen DtrL vgl. schon LOHFINK 1981, 96. Kritisch zu einer joschijanischen Verortung von DtrL jedoch schon VEIJOLA 1988, 253.

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Ergebnisse und Folgerungen

zudem die Vorstellung einer vollständigen Landnahme propagiert,4 während andere Konzeptionen durchaus noch das nicht eroberte Land kennen. Außerdem sei die DtrL vom Numeribuch formal und inhaltlich getrennt angesichts der Beobachtung, dass die Landschenkung im Numeribuch bereits geschehen sei, während sie im Buch Deuteronomium noch ausstehe.5 Gelegentlich wird vermutet, dass ausweislich des bei Diodor überlieferten Zeugnisses des Hekataios von Abdera aus dem 4. Jh. v. Chr. ein erster Textkomplex mit Lev 27,34 abgeschlossen worden sei.6 In diesem Fall wäre das Numeribuch erst sehr spät an Gen-Lev angeschlossen worden.7 Außerdem könnte dies für einen von der DtrL zunächst unabhängig und relativ spät entstandenen Tetrateuch Gen-Num sprechen. Allerdings kann sich die eher ungenaue Notiz von Hekataios, dass „Mose, als er (sie) von Gott gehört hatte, diese den Juden (weiter) sagte“8, entweder auf Lev 27,34 oder auf Num 36,13 beziehen, sodass Hekataios entweder einen Trito- oder einen Tetrateuch belegen könnte.9 Allerdings kennt Hekataios offenbar eine griechische Übersetzung der Bücher Levitikus und Deuteronomium, da sich gewisse Fehler des Hekataios nur mit der LXX dieser beiden Bücher erklären lassen.10 Dementsprechend wäre es durchaus denkbar, dass der Pentateuch schon zur Zeit des Hekataios als feste Größe bestand und ins Griechische übertragen worden wäre. Aus alledem folgt, dass Hekataios weder einen unabhängigen Tetrateuch noch einen selbständigen Pentateuch sicher belegen kann. Wie bereits gezeigt, sind die Anzeichen für einen originären Anschluss von Jos 13–19 hinter Jos 12 eher marginal. Die immer wieder aufgeführten

4 Vgl. OSWALD 2009, 97. Erst spätere Überarbeitungen haben eine partielle Landnahme vertreten. 5 Vgl. LOHFINK 2005, 277. Trotz des Abschlussverses Num 36,13 ist der letzte Teil des Numeribuches auf das Josuabuch hin offen, vgl. ZENGER/FREVEL 2008, 70. 6  Vgl. RÖMER 2002, 223f. Zu Hekataios vgl. allgemein BAR-KOCHVA 1996, 18–43; GRABBE 2001, 131–133; BAR-KOCHVA 2016, 94–135. 7 Hierfür könnte nach RÖMER 2002, 223 auch der Befund sprechen, dass das Numeribuch erst spät ins Griechische übertragen wurde und sich in Qumran nur wenige Stellen aus dem Numeribuch finden lassen. RÖMER 2007b, 444 vermutet zudem, dass sich Dtn zunächst an ein priesterliches Dokument von Gen-Lev angeschlossen hätte, da auf diese Weise die Doppelungen zwischen Num und Dtn zu erklären wären. 8 Vgl. zu dieser Übersetzung HECKL 2009, 191. 9 Nach GRABBE 2001, 132 könnte Hekataios ein Gesetzbuch belegen, das mit Lev 27,34 oder Num 36,13 endet. Auch RÖMER 2006c, 205 vermutet, dass Hekataios einen Tritooder Tetrateuch ohne die Landnahme unter Josua belegen könnte. Nach BAR-KOCHVA 1996, 27 Anm. 54 könnte der Hinweis von Hekataios aber auch mit Dtn 28,69 oder Dtn 32,44 zu verbinden sein. 10 Vgl. HECKL 2009, 193–201. Nach GRABBE 2001, 151 könnte das Gesetzbuch des Mose schon zu Beginn der hellenistischen Zeit aufgrund der Belege bei Hekataios vorgelegen haben.

2. Die konzeptionelle Zweiteilung des Josuabuches

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Verbindungslinien zwischen Dtn und Jos 13–19 sind vermutlich erst in späteren redaktionellen Angleichungen eingetragen worden: 1) Obwohl sich der Ehrentitel ʿæbæd YHWH für Mose, der ansonsten nur im Buch Deuteronomium und im Josuabuch belegt ist, auch in Jos 13–19 findet, muss dies noch lange nicht auf eine ursprüngliche Verbindung von Jos 1–12 und Jos 13–19 hindeuten. Denn dieser Titel kommt nur in sekundären Abschnitten vor.11 Insofern ist es durchaus möglich, dass eine späte redaktionelle Hand diesen Titel des Mose eingearbeitet hat. In diesem Sinne weist diese Beobachtung nicht notwendigerweise auf eine ursprüngliche Verbindung der beiden Teile des Josuabuchs hin. 2) Außerdem könnte die Landzusage an Kaleb nach Dtn 1,36 auf die Erfüllung in Jos 14,6–15 hinweisen.12 Aber auch die Kaleberzählung in Jos 14,6–15 gehört sicherlich nicht zu einem Grundbestand der Landverteilungstexte, wie bereits gezeigt worden ist. Außerdem widerspricht Dtn 1,36 der Aussage in Dtn 1,38, wonach Josua ebenfalls ins Land einziehen und darüber hinaus das Land verteilen werde, während nach Dtn 1,36 nur Kaleb als einziger der Wüstengeneration das Land in Besitz nehmen werde. Insofern ist Dtn 1,36 eine redaktionelle Verbindungslinie, die irgendwie mit dem Einschub der Kaleberzählung in Jos 14 zusammenhängt. 3) Die Verteilung des Ostjordanlandes an die Stämme Ruben, Gad und Halbmanasse nach Dtn 3,12–17 muss darüber hinaus nicht ebenso eine westjordanische Landverteilung erfordern, wie dies dann in Jos 15–19 der Fall ist.13 Denn das Verheißungsland beschränkt sich gerade auf die westjordanischen Gebiete, sodass in Dtn 3,12–17 das von Gott verheißene Land noch gar nicht verteilt worden ist. 4) Außerdem ist die Landverteilung Jos 13–19 in der DtrL eigentlich noch nicht vorbereitet. Denn in der DtrL geht es nur um ein allgemeines NḤL, das besonders in Dtn 31,7 und Jos 1,6 betont wird. Ein Abschluss der Belehnung des Verheißungslandes ist zudem in Jos 11,23 gegeben, als Josua das Verheißungsland den Israeliten als Lehen übergibt (NTN lenaḥalāh). 5) Die DtrL zeigt zudem keinerlei Interesse an einem einzelnen Stamm, sondern nur am Kollektiv Israel.14 Hinzu kommt, dass das Dtn immer das gesamte Land als naḥalāh „Lehen“ sieht und nicht das jeweilige Territorium der einzelnen Stämme. Eine Verteilung des Landes wurde somit ausgeblendet.15 11 Jos 13,8; 14,7; 18,7. Diese Abschnitte gehören ohnehin kaum zum priesterlich geprägten Anhang an das Numeribuch. 12 Vgl. hierzu BRAULIK 2011, 136 Anm. 139. 13 Vgl. BRAULIK 2011, 136. 14 Vgl. hierzu auch DE VOS 2003, 288f. 15 Vgl. DE VOS 2003, 300.

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Ergebnisse und Folgerungen

Der redaktionelle Horizont, der die beiden Bücher Dtn und Jos zusammenhält, greift folglich zunächst nicht auf den zweiten Teil des Josuabuches aus. Vielleicht sollte man aus diesen Gründen eher von einer kleineren DtrL ausgehen, die sich auf Dtn 1–Jos 12* und vielleicht noch Jos 23–24* erstreckte und die beiden Themen Gesetz und Landnahme miteinander verband. In diesem Sinne könnte es eine Propagandaschrift für die Kultreform Joschijas und seine versuchte Nordexpansion gewesen sein. Somit hätte die DtrL die Gebietsansprüche Joschijas legitimiert.16 Allerdings ist die territoriale Expansion Joschijas, der angeblich auf Israel ausgegriffen hat, historisch fragwürdig, was aber nicht ausschließt, dass diese zumindest literarisch angezielt war. Während das ursprüngliche Ende der DtrL entweder schon in Jos 12 oder erst in Jos 23–24* zu verorten ist, ist der Anfang dieses Erzählwerks nicht über jeden Zweifel erhaben. Immer wieder werden gewichtige Bedenken geäußert: 1) Es ist fraglich, ob die ersten drei Kapitel in Dtn 1–3 tatsächlich ein eigenständiger Erzählanfang sein können,17 zumal die vielen Rückbezüge auf den Tetrateuch in dem rekapitulierenden Geschichtsrückblick Dtn 1–3 evident sind. Allerdings kann es sich hierbei auch um intertextuelle Bezüge handeln,18 die nicht notwendigerweise darauf hindeuten, dass insgesamt ein zusammenhängendes Werk konzipiert werden sollte, das die fünf Bücher der Tora umfasst. 16

Zur zeitlichen Verortung der DtrL vgl. auch BRAULIK 2011, 136–139. Kritisch hierzu FREVEL 2011, 31–35; GERMANY 2018, 147. Nach SCHMID 2004, 209 handelt es sich bei Dtn 1–3 um keinen „sachlich suffizienten Erzählanfang“. Ähnlich KRATZ 2002, 310f., da eine Rekapitulation der Ereignisse die vorausgegangenen Erzählungen benötige, um überhaupt eine Rekapitulation zu sein. FREVEL 2004, 88f. weist zusätzlich darauf hin, dass die Wiederholung der vergangenen Geschichte in Dtn 1–3 erzähltechnisch für die neue Generation wichtig gewesen sei. Nach GERTZ 2006, 121f. dient Dtn 1–3 zudem der Einbindung des Dtn in den vorausgehenden Erzählverlauf und ist nicht der Anfang eines eigenständigen Erzählwerks. SCHMID 2004, 198–201 vermutet zudem, dass Dtn gut an den vorlaufenden Kontext als Auslegung der Sinaigesetzgebung angebunden sei. Anders hingegen BLUM 2011, 288, wonach sich Dtn 1–3 „in der Tat als ein Werkanfang“ erweise. Ähnlich auch VEIJOLA 1988, 252f.; RÖMER 2006b, 49–53; BLUM 2007, 90– 93. ACHENBACH 2005, 130f. hält Dtn 1–3 für einen Text, der das Dtn mit Jos verbinden wolle. Es sei zudem keine Fortschreibung, sondern eine bewusste Alternierung vorliegender Traditionen. Nach RÖMER 2009, 65 bereitet schon der Anfang des Dtn das Ende der Staatlichkeit vor, sodass das exilische DtrG eine „Ätiologie des Untergangs“ sei. Gegen die Konzeption eines DtrG aber KRATZ 2000, 219–221, der stattdessen einen Hexateuch bevorzugt. LEVIN 2013, 89 gibt schließlich noch zu bedenken, dass Dtn 1–3 auf verhältnismäßig junge Texte zurückgreife. Ähnlich HECKL 2004, 447, der Dtn 1–3 für ein „exilisch/nachexilisches Kompositionselement“ hält. Eine ausführliche diachrone Analyse von Dtn 1–3 liefert zudem noch OTTO 2009, 302–407. 18 Vgl. BRAULIK 2011, 134 Anm. 133. 17

2. Die konzeptionelle Zweiteilung des Josuabuches

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2) Problematisch ist zudem der Umstand, dass die Person des Mose am Anfang des Buches Deuteronomiums erzählerisch nicht eingeführt wird.19 Allerdings ist dies schon insofern nicht nötig, als der dtn. Autor des Geschichtsrückblicks in Dtn 1–3 die Mosetradition als bekannt voraussetzt und im Buch Deuteronomium seine eigene Version der Ereignisse bieten möchte. 3) Auch die spezifische Auslegung der Kundschaftererzählung Num 13–14 in Dtn 1 muss nicht darauf hinweisen, dass dieser Erzählfaden bewusst aufgegriffen und damit ein intratextueller werkinterner Bezug gestaltet wurde. Vielmehr kann in einer eigenständigen Einleitung zu einem Geschichtswerk, dessen eigentliches Ziel die Landnahme ist, auf die Tradition einer früheren fehlgeschlagenen Landnahme hingewiesen werden.20 Vielleicht ist diese Erzählung schon deshalb eingebunden worden, um zu unterstreichen, dass gerade beim bevorstehenden zweiten Versuch alles besser gelingen sollte. Die Änderungen in Dtn 1–3 im Vergleich zu den Erzählungen des Tetrateuchs müssen ebenfalls nicht literarhistorisch erklärt werden. Denn die Beobachtung, dass die Konflikterzählungen des Numeribuches fehlen, die die Wüstenzeit insgesamt als negativ qualifizieren, muss nicht in dem Sinne gedeutet werden, dass diese erst nach-dtr. entstanden sind. Vielmehr konnten die dtn./dtr. Autoren bewusst darauf verzichtet haben, da sie zum einen vor allem am Land interessiert waren und zum anderen die Wüstenzeit insgesamt positiv gesehen haben.21 Alles in allem ist Dtn 1–3 zumindest eine relecture der vorausgegangenen Erzählungen, wobei bestimmte Überlieferungen ausgewählt und neu akzentuiert worden sind.22 Es handelt sich somit um eine Neuerzählung bekannter Geschichten, die nicht auf den vorgängigen Buchkontext angewiesen ist. Demgegenüber ist diese Einführung konzeptionell auf die bevorstehende Landnahme und die im Land zu befolgende Tora hin ausgerichtet. Ob daher das Ziel dieser relecture seit jeher die Einbindung des Buches Deuteronomium in einen Pentateuch- oder Hexateuch-Kontext war, ist somit fraglich. Wahrscheinlicher ist hingegen, dass diese Rekapitulation der Geschichte nicht an die vorhergehenden Erzählungen anknüpfen, sondern dass sie diese tatsächlich ersetzen wollte.23 Außerdem ist Dtn 1–3 aus sich selbst heraus 19

Vgl. zum Problem FREVEL 2011, 31. Insofern ist die Schlussfolgerung von FREVEL 2011, 34 nicht notwendig: „Die Konsequenz daraus ist, dass Dtn 1–3 niemals Einleitung eines eigenständigen und vom Tetrateuch unabhängigen Literaturwerks waren“. 21 Zu einem positiven Bild der Wüstenzeit in einzelnen Zusätzen in Dtn 1–2 vgl. RÖMER 2011a, 73–76. 22 Vgl. GERTZ 2006, 111–122; FREVEL 2011, 33. 23 Vgl. BLUM 2011, 288; BLUM 2012, 149 Anm. 50. Nach OTTO 2009, 418 begründet Dtn 1–3 zudem die „mosaische Funktion des Offenbarungsmittlers“, da die nachfolgenden Generationen keinen direkten Zugang zur Sinaitora mehr gehabt hätten. 20

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Ergebnisse und Folgerungen

verständlich und benötigt daher nicht den Tetrateuch als literarischen Kontext. In diesem Sinne ist das Dtn eine „zitierte Erinnerungsrede des Mose“24, die später auch die Verbindung zum Tetrateuch erleichtert hat, aber nicht von vorneherein als an diesen angeschlossen aufgefasst werden muss. Wenn Dtn 1–3 tatsächlich einen eigenständigen Erzählanfang bildet, stellt sich zwangsläufig die obige Frage, wie weit das auf diese Weise eröffnete Erzählwerk reicht. Zumindest der erste Teil des Josuabuches (Jos 1–12) scheint von dieser Eröffnung in den Blick genommen zu sein.25 Ob Jos 23– 24* ebenfalls schon zur ursprünglichen DtrL gehörte, ist fraglich. Ebenso könnte ein dtr. geprägter Erzählzusammenhang bis in die Königebücher hineinreichen. Allerdings ist die dtr. Redaktion in den Büchern Josua bis 2Könige nicht einheitlich vorgegangen. Dementsprechend wäre es wohl wahrscheinlicher, dass zunächst mit mehreren dtr. bearbeiteten Erzählungen zu rechnen wäre (DtrL, dtr. Richterbuch, dtr. Samuel-/Königebücher), die erst im Anschluss miteinander verbunden worden sind. Diese Frage kann und muss hier nicht beantwortet werden. Auf alle Fälle gehören die Landverteilungstexte des Josuabuches in Jos 13–19 kaum zum DtrL oder zu anderen dtr. Erzählzusammenhängen: Sie zeigen vielmehr zahlreiche Berührungspunkte zu den priesterlichen Texten des Numeribuches. In diesem Sinne könnte sich eine Urform der Landverteilungstexte von Jos 13–19* bereits als Appendix am Numeribuch befunden haben, wo es noch einige redaktionelle Ergänzungen erfuhr, bevor es an seinen jetzigen Platz im Josuabuch wechselte. Diese These wird zumindest der Beobachtung gerecht, dass es in Jos 13–19* zahlreiche und auf unterschiedlichen literarhistorischen Ebenen liegende Verbindungslinien ins Numeribuch gibt, die ein gemeinsames redaktionelles Wachstum von Numeri und Jos 13– 19* nahelegen, bevor der Abschnitt der Landverteilung hinter die Landeroberung des Josuabuches eingeordnet wurde. Möglicherweise ist erst zu diesem Zeitpunkt eine Art Hexateuch aus Gen-Num und DtrL geschaffen worden. Alternativ dazu könnte auch die Umordnung der Landverteilung der Grund für die Abtrennung des Josuabuches und die Verbindung der Bücher Numeri und Deuteronomium gewesen sein, auch wenn dann die redaktionelle Angleichung von Jos 13 an das Buch Deuteronomium nicht mehr zwingend wäre, da das Josuabuch eine eigenständige Konzeption entwickeln könnte, die sich markant vom Buch Deuteronomium abhebt. Einige Fragen können hier noch nicht beantwortet werden und müssen vorerst offenbleiben.

24

BLUM 2011, 288 Anm. 73. Vgl. auch HECKL 2004, 446, dem zufolge Dtn 1–3 noch kein über Josua hinausgehendes Geschichtswerk andeute. Dagegen aber RÖMER 2009, 65. 25

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Anhang I Übersetzung Jos 13–19 Prinzipielle Auszeichnungen: Normal: Quellen Fett: Priesterliche Redaktionen Kursiv: Dtr. Redaktionen Fett-kursiv: Priesterlich-dtr. Redaktionen Quellen: Normal: Priesterliche Grundschicht, die eine Grenzbeschreibung für sieben Stämme im Anschluss an Num 34 zusammenstellt. Normal/unterstrichen: Vorliegende Ortsliste. Normal/gestrichelt: Otniel-Achsa-Tradition. Normal/gepunktet: dtr. Grundschicht, die zunächst im dtr. Josuabuch hinter Jos 11,23 stand. Redaktionen und Glossen: Fett: Priesterliche Redaktion, die für ein Landverteilungsdokument für sieben Stämmen mit der Ergänzung von vorliegenden Ortslisten verantwortlich ist. Diese Redaktion hat zudem den Losentscheid eingetragen und die Landgabe an Ruben und Gad durch Mose als Vorbild vorangestellt. Außerdem konnte durch die Konstruktion der „Söhne Josef“ der westjordanische Stamm Manasse ergänzt werden. Fett/unterstrichen: spätpriesterliche Redaktion, die die Landkommission unter Vorsitz des Priesters Eleasar in den Rahmen einträgt. Fett/kursiv: Priesterlich-dtr. Redaktion, die für die Umstellung von Jos 18,1– 10* an ihren jetzigen Ort verantwortlich ist und von einem Zwölfstämmevolk ausgeht. Fett/gestrichelt: spätpriesterliche Glosse, die Traditionen der Heilsgeschichte aus Num 21 und 31 einbaut. Fett/gepunktet: spätpriesterliche Glosse, die den Abschnitt der Levitenstädte in Jos 21 vorbereitet. Kursiv: dtr. Erzähl-Redaktion, die die Landverteilung Jos 13–19* in das Josuabuch aufnahm, eine Landgabe an die beiden verdienten Kundschafter Kaleb und Josua als rahmende Elemente in Jos 15–19 einträgt sowie die Erzählung von den Söhnen Josef in Jos 17 ergänzt, sowie die Kaleberzählung Jos 14,6–15 an ihren jetzigen Ort versetzt. Kursiv/unterstrichen: spätdtr. Redaktion zur Angleichung an Dtn.

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Anhang I – Übersetzung Jos 13–19

Fett/lang-kurz-gestrichelt: spätpriesterliche Redaktion, die für eine Angleichung an Num 32 verantwortlich ist. Fett/kursiv/unterstrichen: spätpriesterlich/spätdtr. Kurzliste der ostjordanischen Gebiete. Kursiv/gestrichelt: Nichteroberungsnotizen zur Angleichung an Ri 1. g esp err t: Glosse Jos 13 1 Und Josua war alt (und) in die Tage gekommen, und es sagte YHWH zu ihm: „Du selbst bist alt (und) in die Tage gekommen. Und das Land blieb übrig sehr viel, um es in Besitz zu nehmen. 2Dies ist das übrig gebliebene Land: die Gesamtheit der Bezirke der Philister und d ie G esamth eit des G eschuriters 3vom Schihor, der gegenüber Ägypten (verläuft), und bis zur Grenze von Ekron nach Norden. Den Kanaanäern rechnest du die fünf Stadtfürsten der Philister hinzu: der Gaziter und der Aschdoditer und der Aschkeloniter und der Gatiter und der Ekroniter und die Aw iter 4von Süden her – d i e G es a mth e it d es Land e s d er K ana anä er , und von Ara, das den Sidoniern (gehört), bis nach Afek, bis an das Gebiet des Amoriters, 5und das byblitische Land und die Gesamtheit des Libanons gegen Sonnenaufgang, von BaalGad unterhalb des Hermongebirges, bis zum Zugang nach Hamat 6die Gesamtheit der Bewohner des Gebirges, vom Libanon bis Misrefot-Majim, die Gesamtheit der Sidonier. Ich selbst werde sie vertreiben vor den Söhnen Israel. Nur lass es zufallen für Israel als Lehen, wie ich dir (gerade) befehle! 7 Und nun verteile dieses Land als Lehen bezüglich der neun Stämme und dem halben Stamm, dem Manasse!“ 8Mit ihm haben der Rubeniter und der Gaditer ihr Lehen empfangen, das Mose ihnen gegeben hat jenseits des Jordan nach Osten, wie es ihnen Mose, der Knecht YHWHs, gab: 9von Aroër, das am Ufer des Flusstals Arnon (liegt), und von der Stadt an, die in der Mitte des Flusstals (liegt), und die Gesamtheit der Hochebene – Medeba bis Dibon –, 10 und die Gesamtheit der Städte Sihons, des Amoriterkönigs, der in Heschbon herrschte, bis zur Grenze der Söhne Ammon, 11und Gilead und das Gebiet des Geschuriters und des Maachatiters und die Gesamtheit des Hermongebirges und die Gesamtheit des Baschans bis nach Salcha, 12die Gesamtheit der Königsherrschaft des Og in Baschan, der in Aschtarot und in Edrei herrschte. Jener war übrig vom Rest der Refaiter. Und es hatte sie geschlagen Mose und sie vertrieben. 13Und nicht vertrieben die Söhne Israels den Geschuriter und den Maachatiter. Und es wohn ten Geschur und M a a ch a in d er M i t te I sr ae l s b i s zu d i es e m T ag . 14Nur dem Stamm Levi, nicht gab er ein Lehen. Die Gaben YHWHs, des Gottes Israels, jenes (ist) sein Lehen, wie er geredet hatte in Bezug auf ihn. 15 Und es gab Mose dem Stamm der Söhne Ruben nach ihren Sippen: 16Es wurde ihnen das Gebiet (zuteil): von Aroër an, das am Ufer des Flusstals Arnon (liegt), und von der Stadt, die inmitten des Flusstals (liegt), und

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die Gesamtheit des Mischors bis Medeba, 17Heschbon und die Gesamtheit seiner Städte, die auf dem Mischor (liegen): Dibon und Bamot-Baal und Bet-Baal-Meon, 18und Jahaz und Kedemot und Mefaat, 19und Kirjatajim und Sibma und Zeret-Schahar auf dem Berg über der Ebene, 20 und Bet-Pegor und die Abhänge des Pisga und Bet-Jeschimot, 21und die Gesamtheit der Städte des Mischor, die Gesamtheit der Königsherrschaft des Amoriterkönigs Sihon, der in Heschbon herrschte, den geschlagen hatte Mose, ihn und die Häuptlinge Midians: Ewi und Rekem und Zur und Hur und Reba, die Stammesfürsten Sihons, die Bewohner des Landes. 22Und Bileam, den Sohn des Beor, den Zauberer, hatten die Söhne Israels mit dem Schwert umgebracht, zu den von ihnen Getöteten. 23Und es wurde die Grenze der Söhne Ruben der Jordan und das Ufergebiet. Dies (ist) das Lehen der Söhne Ruben nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 24 Und es gab Mose dem Stamm Gad, den Söhnen Gad nach ihren Sippen: 25 Und es wurde ihnen das Gebiet (zuteil): Jaser und die Gesamtheit der Städte Gileads und die Hälfte des Landes der Söhne Ammon bis nach Aroër, das Rabba gegenüber(liegt); 26und von Heschbon bis Ramat-Mizpe und Betonim, und von Mahanajim bis ans Gebiet von Lo-Dabar, 27und in der Talebene: Bet-Haram und Bet-Nimra und Sukkot und Zafon, der Rest der Königsherrschaft Sihons, des Königs von Heschbon, der Jordan und das Ufergebiet bis an das Ende des Sees Kinneret, jenseits des Jordan nach Osten zu. 28Dies (ist) das Lehen der Söhne Gad nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 29 Und es gab Mose der Hälfte des Stammes Manasse und es wurde der Hälfte des Stammes der Söhne Manasse nach ihren Sippen [zuteil]: 30Und es wurde ihr Gebiet von Mahanajim an die Gesamtheit des Baschan, die Gesamtheit der Königsherrschaft Ogs, des Königs vom Baschan, und die Gesamtheit der Zeltdörfer Jaïrs, die im Baschan (liegen), sechzig Städte. 31Und die Hälfte von Gilead und Aschtarot und Edreï, die Städte der Königsherrschaft Ogs im Baschan, (gehörten) den Söhnen Machirs, des Sohnes Manasses, bezüglich der Hälfte der Söhne Machirs nach ihren Sippen. 32 Diese (sind es), die als Lehen verteilt hat Mose in den Steppen Moabs jenseits des Jordan bei Jericho nach Osten zu. 33Und bezüglich des Stammes Levi nicht gab Mose ein Lehen. YHWH, der Gott Israels, jener (ist) ihr Lehen, wie er geredet hat in Bezug auf sie. Jos 14 Und diese (sind es), die die Söhne Israels im Land Kanaan als Lehen erhielten, die verteilt haben Eleazar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns und die Häupter der Väter der Stämme den Söhnen Israels. 2Durch das Los (wurde) ihr Lehen, wie YHWH durch Mose befohlen hatte, bezüglich der neun Stämme und des halben Stammes. 3Denn Mose hatte gegeben 1

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das Lehen der zwei Stämme und des halben Stammes Manasse jenseits des Jordans. Aber den Leviten hatte er nicht einen Anteil in ihrer Mitte gegeben. 4Denn es bildeten die Söhne Josef zwei Stämme, Manasse und Efraim. Und nicht gaben sie einen Anteil den Leviten im Land außer Städten zum Wohnen und deren Weideplätze für ihr Vieh und ihre Habe. 5Wie es YHWH dem Mose befohlen hatte, so machten (es) die Söhne Israels und sie teilten das Land auf. 6 Und es traten heran die Söhne Juda zu Josua in Gilgal, und es sagte zu ihm Kaleb, der Sohn Jefunnes, der Kenasiter: „Du selbst kennst das Wort, das geredet hat YHWH zu Mose, dem Mann Go ttes, meinet- und d e inetwegen in Kadesch-Barnea. 7Ein Sohn von vierzig Jahren (war) ich, als mich aussandte Mose, der Knecht YHWHs, von Kadesch-Barnea, um auszukundschaften das Land, und ich brachte ihm Antwort wie es in meinem Herzen (war). 8Und meine Brüder, die hinaufgezogen waren mit mir, machten verzagt das Herz des Volkes. Und ich selbst bin vollständig gefolgt hinter YHWH, meinem Gott. 9Und es schwor Mose an jenem Tag folgendermaßen: ‚Wahrlich das Land, auf das dein Fuß getreten ist, dir soll es sein als Lehen und deinen Söhnen auf ewig. Denn du bist vollständig gefolgt hinter YHWH, meinen Gott.‘ 10Und nun siehe, es hat mich YHWH am Leben erhalten, wie er geredet hat. Dies (sind) 45 Jahre, seitdem geredet hat YHWH dieses Wort zu Mose, a ls umh e r zog I sra e l in der W üste. Und nun siehe, ich selbst (bin) heute ein Sohn von 85 Jahre. 11Immer noch (bin) ich heute stark wie an dem Tag, als mich aussandte Mose. Wie meine Kraft damals, so (ist) meine Kraft nun, zum Kampf und zum Ausziehen und Einziehen. 12Und nun gib mir dieses Gebirge, von dem geredet hat YHWH an jenem Tag! D enn du s e lb s t h ast g ehör t an jen em T ag, dass die Anak iter dor t ( s ind) und groß e b efestig te S täd te. V ielleich t ist Y H W H mit mir, d ass ich s i e v e r tr e ibe , w ie ge r ede t h a t Y H W H . “ 13Und es segnete ihn Josua und er gab Hebron dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, zum Lehen. 14Daher wurde Hebron dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, dem Kenasiter, zum Lehen bis zu diesem Tag, weil er vollständig gefolgt ist hinter YHWH, dem Gott Israels. 15 Und der Name Hebrons (war) vorma ls K irjat-Arb a – der größte Mann un te r d en Anak itern (w ar) j ener. Und das Land hatte Ruhe vom Krieg. Jos 15 1 Und es war das Los für den Stamm der Söhne Juda nach ihren Sippen: z ur Gr en ze Edo ms h in, d er W üs te Z in , n ach Süd en h in, im ä uß ersten Süden. 2Und es war ihnen eine Südgrenze vom Ende des Salzmeeres, von der Zunge an, die sich nach Süden wendet. 3Und sie lief hinaus südlich der Skorpionensteige und sie ging hinüber nach Zin und sie stieg hinauf südlich von Kadesch-Barnea und sie ging hinüber nach Hezron, und sie stieg hinauf nach Addar und sie wandte sich nach Karka. 4Und sie ging hinüber

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nach Azmon und sie lief hinaus am Bach Ägyptens, und es führten die Ausläufer der Grenze nach Westen. Dies soll Euch eine Südgrenze sein. 5Und die Grenze nach Osten hin war das Salzmeer bis an die Mündung des Jordans. Und die Grenze an der Seite nach Norden hin war von der Meereszunge an, von der Mündung des Jordan an. 6Und es stieg hinauf die Grenze nach BetHogla und sie ging hinüber nördlich von Bet-Araba. Und es stieg hinauf die Grenze zum Stein Bohans, des Sohnes Rubens. 7Und es stieg hinauf die Grenze nach Debir weg vom Tal Achor und nordwärts sich wendend nach Gilgal, das gegenüber dem Anstieg von Adummim liegt, der südlich vom Bach ist. Und es ging hinüber die Grenze zum Wasser von En-Schemesch und es führten ihre Ausläufer zur En-Rogel. 8Und es stieg die Grenze das Tal Ben-Hinnom hinauf, zur Schulter der Jebusiter von Süden weg, das ( is t) J eru sa le m. Und es stieg hinauf die Grenze zum Gipfel des Berges, der gegenüber dem Tal Hinnom nach Westen zu liegt, der am Ende der Talebene der Refaiter nach Norden zu liegt. 9Und es drehte sich die Grenze vom Gipfel des Berges zur Quelle Me-Neftoach und sie lief hinaus zu den Städten des Gebirges Efron. Und es drehte sich die Grenze nach Baala, d a s ( is t) K irj a t-J e ar im. 10Und es wandte sich die Grenze von Baala nach Westen zum Gebirge Seir und sie ging hinüber zur Schulter des Berges Jearim nach Norden, da s ( ist) K es a lon, und sie stieg hinab nach Bet-Schemesch und sie ging hinüber nach Timna. 11Und es lief hinaus die Grenze zur Schulter von Ekron nach Norden. Und es drehte sich die Grenze nach Schikkaron und sie ging hinüber zum Berg Baala und sie lief hinaus zu Jabneel. Und es führten die Ausläufer der Grenze nach Westen. 12Und eine Westgrenze war das große Meer und zwar als Grenze. Dies war die Grenze der Söhne Juda ringsum nach ihren Sippen. 13 Und dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, hat man einen Anteil in der Mitte der Söhne Juda gegeben nach dem Befehl YHWHs an Josua: Kirjat-Arba, die Vaterstadt Enaks – jen es (is t) H ebron. 14Und es vertrieb von dort Kaleb die drei Söhne des Enak: Scheschai und Ahiman und Talmai, N achko mmen En ak s. 15Und er zog hinauf von dort zu den Bewohnern von Debir und der Name von Debir war vormals Kirjat-Sefer. 16Und es sagte Kaleb: „Wer Kirjat-Sefer schlägt und es einnimmt, dem gebe ich Achsa, meine Tochter, zur Frau.“ 17Und es nahm es ein Otniel, der Sohn des Kenas, e in es Brud ers K a leb s, und er gab ihm Achsa, seine Tochter, zur Frau. 18Und es geschah bei ihrem Herbeikommen, da bedrängte sie ihn, von ihr e m Va ter ein F e ld zu ford ern. Und sie sprang vom Esel herab. Und es sagte zu ihr Kaleb: „Was (ist) dir?“ 19Und sie sagte: „Gib mir einen Segensteich! Denn ein Negev-Land hast du mir gegeben. Und gib mir Wasserqellen!“ Und er gab ihr die oberen Quellen und die unteren Quellen. 20 Dies war das Lehen des Stammes der Söhne Juda nach ihren Sippen. 21 Und es waren die Städte am Rande bezüglich des Stammes der Söhne Juda an der Grenze zu Edom. Im Negeb: Kabzeel und Eder und Jagur, 22und Kina

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und Dimona und Adada, 23und Kadesch und Hazor und Jitna, 24Sif und Telem und Bealot, 25und Hazor-Hadatta und Kerijot-Hezron, d a s ist Ha zor , 26 Amam und Schema und Molada, 27und Hazar-Gadda und Heschmon und Bet-Pelet, 28und Hazar-Schual und Beerscheba und seine Tochterstädte, 29 Baala und Ijim und Ezem, 30und Eltolad und Kesil und Horma, 31und Ziklag und Madmanna und Sansanna, 32und Lebaot und Schilhim und En-Rimmon: die Gesamtheit der Städte neunundzwanzig und ihre Gehöfte; 33In der Schefela: Eschtaol und Zora und Aschna, 34und Sanoach und En-Gannim, Tappuach und Enajim, 35Jarmut und Adullam, Socho und Aseka, 36und Schaarajim und Aditajim und Gedera und Gederotajim: vierzehn Städte und ihre Gehöfte; 37 Zenan und Hadascha und Migdal-Gad, 38und Dilan und Mizpe und Jokteel, 39 Lachisch und Bozkat und Eglon, 40und Kabbon und Lachmas und Kitlisch, 41 und Gederot, Bet-Dagon und Naama und Makkeda: sechszehn Städte und ihre Gehöfte; 42Libna und Eter und Aschan, 43und Jiftach und Aschna und Nezib, 44und Keïla und Achsib und Marescha: neun Städte und ihre Gehöfte; 45 Ekron und sein e To ch te rstäd ten und ihre Gehöfte, 46von Ekron an und nach Westen die Gesamtheit, die seitlich von Aschdod (liegt), und ihre Gehöfte; 47Aschdod, s e ine Toc h ter s täd te und seine Gehöfte, Gaza, se ine To ch ters tädte und seine Gehöfte bis zum Bach Ägyptens und zum großen Meer mit dem Küstengebiet. 48Auf dem Gebirge: Schamir und Jattir und Socho, 49und Danna und Kirjat-Sanna, j en es (is t) D eb ir, 50und Anab und Eschtemoa und Anim, 51und Goschen und Holon und Gilo: elf Städte und ihre Gehöfte; 52Arab und Ruma und Eschan, 53und Janum und Bet-Tappuach und Afeka, 54und Humta und Kirjat-Arba, j ene s ( is t) Hebron, und Zior: neun Städte und ihre Gehöfte; 55Maon, Karmel und Sif und Jutta, 56und Jesreel und Jokdeam und Sanoach, 57und Kain, Gibea und Timna: zehn Städte und ihre Gehöfte; 58Halhul, Bet-Zur und Gedor, 59und Maarat und Bet-Anot und Eltekon: sechs Städte und ihre Gehöfte; 60Kirjat-Baal, jen es ( is t) Kirj a tJ e ar im, und Rabba: zwei Städte und ihre Gehöfte; 61in der Wüste: BetAraba, Middin und Sechacha, 62und Nibschan und Ir-Melach und En-Gedi: sechs Städte und ihre Gehöfte. 63Und die Jebusiter, die Bewohner Jerusalems, nicht vermochten es die Söhne Juda, sie zu vertreiben. Und es wohnte der Jebusiter mit den Söhnen Juda in Jerusalem bis zu diesem Tag. Jos 16 1 Und es kam heraus das Los bezüglich der Söhne Josef: vom Jordan bei Jericho bezüglich der Wasser von Jericho nach dem Osten der Wüste hin, hinaufsteigend von Jericho ins Gebirge von Bet-El. 2Und sie ging hinaus von Bet-El nach Lus und ging hinüber zum Gebiet des Arkiters, nach Atarot, 3Und sie stieg nach Westen hinab zum Gebiet des Jafletiters bis zum Gebiet vom unteren Bet-Horon und bis Geser; und es führten ihre Ausläufer zum Meer. 4Und es erhielten ihr Lehen die Söhne Josef, Manasse und Efraim:

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Und es war das Gebiet der Söhne Efraim nach ihren Sippen: Es war die Grenze ihres Lehens nach der Ostseite von Atarot-Addar bis zum oberen BetHoron. 6Und es lief hinaus die Grenze nach Westen, nördlich von Michmetat. Und es wandte sich die Grenze nach Osten nach Taanat-Schilo, und sie ging daran vorüber vom Osten nach Janoach. 7Dann stieg sie hinab von Janoach nach Atarot und Naara und sie stieß an Jericho und sie lief hinaus zum Jordan. 8Von Tappuach ging die Grenze nach Westen zum Bach Kana, und es führten ihre Ausläufer nach Westen. Dies ist das Lehen des Stammes der Söhne Efraim nach ihren Sippen. 9 Und die ausgesonderten Städte (gehörten) den Söhnen Efraim in der Mitte des Lehens der Söhne Manasse: die Gesamtheit der Städte und ihre Gehöfte. 10Und nicht vertrieben sie den Kanaanäer, den Bewohner in Geser. Und es wohnte der Kanaanäer in der Mitte von Efraim bis zu diesem Tag. Und er gehörte der Fronarbeit. Jos 17 1 Und es war das Los für d en S tamm Manasse – d enn j ener (w ar) J o s ef s Er s tge b o r en er : Machir, dem Erstgeborenen Manasses, den Vater Gileads – denn jener war ein Kriegsmann –, und es wurden ihm Gilead und Baschan (zuteil). 2Und es wurde für die übrigen Söhne Manasses nach ihren Sippen: für die Söhne Abiesers und für die Söhne Heleks und für die Söhne Asriels und für die Söhne Sichems und für die Söhne Hefers und für die Söhne Schemidas; diese (waren) die Söhne Manasses, des Sohnes Josefs, die männlichen Nachkommen nach ihren Sippen. 3Und dem Zelofhad, dem Sohn Hefers, des Sohnes Gileads, des Sohnes Machirs, des Sohnes Manasses, nicht waren ihm Söhne, sondern nur Töchter. Und diese (sind) die Namen seiner Töchter: Machla und Noa, Hogla, Milka und Tirza. 4Und sie traten hinzu vor Eleasar, den Priester, und vor Josua, den Sohn des Nun, und vor die Fürsten folgendermaßen: „Y HWH hat Mose geboten, uns zu geben ein Lehen in der Mitte unserer Brüder.“ Und er gab ihnen nach dem Befehl YHWHs ein Lehen in der Mitte der Brüder ihres Vaters. 5Und es fielen zehn Teile Manasse zu, abgesehen vom Land Gilead und Baschan, das jenseits des Jordan (ist). 6Denn die Töchter Manasses erhielten Lehen unter seinen Söhnen. Und d as Land G ilead wurde d en übr igen Söhn en Man asses (zu teil). 7 Und es war das Gebiet Manasses von Ascher weg nach Michmetat, das gegenüber von Sichem (ist). Und es g ing d ie G ren ze n ach Süd en zu d en Bewohn ern von En- Tappu ach. 8Dem Manasse war das Land Tappuach; und Tappuach auf dem Gebiet Manasses (gehörte) den Söhnen Efraim. 9 Und es s tie g h inab d ie Gr enz e zu m Ba ch Ka na , südwär ts vom Bach . Diese Städte (gehörten) Efraim in der Mitte der Städte Manasses. Und das G eb ie t Ma nasses (w ar) nörd lich vo m Bach und es füh rten ihre Ausläuf er zu m Meer. 1 0 Nach Süden zu

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(g ehör te es) Efr aim und n a ch Norden zu Man asse. Und es w ar d as Mee r s ein e Gr enz e. Und an Ascher stieß man im Norden, an Issachar im Osten. 11 Und es war dem Manasse in Issachar und in Asser: Bet-Schean und seine Tochterstädte und Jibleam und seine Tochterstädte und die Bewohner von Dor und seine Tochterstädte und die Bewohner von En-Dor und seine Tochterstädte und die Bewohner von Taanach und seine Tochterstädte und die Bewohner von Megiddo und seine Tochterstädte: drei Bezirke. 12Und nicht konnten die Söhne Manasse diese Städte in Besitz nehmen. Und es gelang dem Kanaanäer, in diesem Land zu wohnen. 13Und es geschah, als stark wurden die Söhne Israels, da gaben sie den Kanaanäer zur Zwangsarbeit. Aber völlig vertrieben sie ihn nicht. 14 Und es redeten die Söhne Josef zu Josua folgendermaßen: „Warum hast du mir gegeben als Lehen ein einziges Los und e in en e in zigen Teil? Und ich (bin) ein großes Volk, bis zu diesem Punkt hat mich gesegnet YHWH.“ 15 Und es sagte zu ihnen Josua: „Wenn du ein großes Volk (bist), ziehe selbst hinauf in den Wald und rode dir dort im Land d es Per isiter s und d er Refaiter, wenn dir das Gebirge Efraim zu begrenzt ist.“ 16Und es sagten die Söhne Josef: „Nicht reicht uns aus das Gebirge, und Eisenwagen (ist) bei der Gesamtheit des Kanaanäers, des Bewohners im Land der Ebene: be i de n en in Bet-Schean und seinen To ch terstäd ten und b e i den en in d er Eb en e v o n J e sr e e l. “ 17Und es sagte Josua zu m Ha us Jo sef , zu Efr a im und zu Manasse folgendermaßen: „Ein großes Volk (bist) du und große Kraft (ist) dir. Nicht soll dir sein ein einziges Los, 18sondern ein Gebirge soll dir sein, auch wenn ein Wald jenes (ist). Und du sollst ihn roden, und es soll dir sein seine Ausläufer. Denn du sollst vertreiben den Kanaanäer, obschon ihm Eisenwagen (ist), obschon stark jener (ist).“ Jos 18 1 Und es versammelte sich die Gesamtheit der Gemeinde der Söhne Israels nach Schilo und sie ließen dort das Zelt der Begegnung wohnen, wobei das Land (bereits) unterworfen war vor ihnen. 2Und es waren übrig unter den Söhnen Israels, denen sie nicht aufgeteilt haben ihr Lehen: sieben Stämme. 3Und es sagte Josua zu den Söhnen Israels: „Wie lange (seid) ihr nachlässig einzuziehen, um in Besitz zu nehmen das Land, das euch (bereits) gegeben hat YHWH, der Gott eurer Väter. 4Bestimmt euch drei Männer aus jedem Stamm, damit ich sie aussende. Und sie sollen sich aufmachen und umherstreifen im Land und es verzeichnen im Verhältnis zu ihrem Lehen und kommen zu mir, 5und teilt es auf in sieben Anteile. J uda mö g e b leiben auf s einem G eb iet vo m Süd en a us und d as Hau s J os ef : s ie mö g en ble ib en auf ihre m G eb ie t vo m Nord en au s. 6 Und ih r so llt ver zeichnen d as Land als sieb en An teile , damit ihr sie mir vorbeibringt und ich für euch ein Los werfe, hier vor dem Ange-

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sicht YHWHs, unseres Gottes. 7Aber (es gibt) keinen Anteil für die Leviten in eurer Mitte. Denn das Priestertum YHWHs (ist) sein Lehen. Und Gad und Ruben und die Hälfte des Stammes Manasse haben (bereits) erhalten ihr Lehen jenseits des Jordans im Osten, den (bereits) ihnen gegeben hat Mose, der Knecht YHWHs.“ 8Und es machten sich die Männer auf und gingen. Und es befahl Josua denen, die gingen, um das Land zu verzeichnen, folgendermaßen: „Geht und streift im Land umher und verzeichnet es und kehrt zurück zu mir! Und hier werde ich schleudern für euch ein Los vor dem Angesicht YHWHs, in Schilo.“ 9Und es gingen die Männer und sie gingen im Land hindurch und sie verzeichneten es nach Städten, nach sieben Anteilen, in einer Schriftrolle und sie kamen zu Josua, zu m L ager nach Schilo. 10Und es schleuderte für sie Josua ein Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs und es verteilte dort Josua das Land an die Söhne Israels entsprechend ihren Landanteilen. 11 Und es kam herauf das Los des Stammes der Söhne Benjamin nach ihren Sippen. Und es erstreckte sich das Gebiet ihres Loses zwischen den Söhnen Juda und zwischen den Söhnen Josef. 12Und es war ihnen die Grenze auf der Seite nach Norden hin vom Jordan aus. Und es stieg hinauf die Grenze zur Schulter von Jericho von Norden aus und sie stieg hinauf auf das Gebirge nach Westen hin und es führten ihre Ausläufer zur Wüste von BetAwen. 13Und es ging hinüber von dort die Grenze nach Lus, zur Schulter nach Lus hin, nach Süden hin – jen es ( ist) Be t-E l. Und es stieg hinab die Grenze nach Atarot-Addar, auf den Berg, der südlich vom unteren Bet-Horon (liegt). 14Und es drehte sich die Grenze und sie wandte sich auf der Westseite nach Süden hin von dem Berg aus, der gegenüber Bet-Horon nach Süden hin liegt, und es führten ihre Ausläufer nach Kirjat-Baal – j en es ( is t) K irj a tJ e ar im, e in e S tad t der Söhn e Jud a. Dies war die Westseite. 15Und die Seite nach Süden hin (war) vom Rand von Kirjat-Jearim weg. Und es lief hinaus die Grenze nach Westen hin, und sie lief hinaus zur Quelle von MeNeftoach. 16Und es lief hinab die Grenze zum Rand des Berges, der gegenüber dem Tal von Ben-Hinnom (liegt), der in der Talebene der Refaiter nach Norden hin (liegt). Und sie lief das Tal Hinnom hinab zur Schulter der Jebusiter nach Süden hin, und sie lief hinab zur En-Rogel. 17Und sie drehte sich von Norden aus und sie lief hinaus nach En-Schemesch und lief hinaus nach Gelilot, das gegenüber dem Anstieg von Adummim (liegt). Und sie lief hinab zum Stein von Bohan, Sohn Rubens. 18Und sie ging hinüber zur Schulter der Vorderseite der Steppe nach Norden hin, und sie lief hinab zur Steppe. 19Und es ging hinüber die Grenze zur Schulter von Bet-Hogla nach Norden hin, und es führten die Ausläufer der Grenze zur Zunge des Salzmeeres nach Norden hin, zum Ende des Jordans nach Süden hin. Dies (war) die Südgrenze. 20Und der Jordan begrenzte es an der Seite nach Osten hin. Dies (ist) das Lehen der Söhne Benjamin nach seinen Grenzen ringsum, nach ihren Sippen. 21Und es sollen sein die Städte für den Stamm der Söhne Benjamin, nach ihren

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Sippen: Jericho und Bet-Hogla und Emek-Keziz, 22und Bet-Araba und Zemarajim und Bet-El, 23und Awim und Para und Ofra, 24und Kefar-Ammoni und Ofni und Geba: zwölf Städte und ihre Gehöfte; 25Gibeon und Rama und Beerot 26und Mizpe und Kefira und Moza 27und Rekem, und Jirpeel und Tarala 28und Zela-Elef und Jebus – j ene s ( is t) J eru sa lem – Gibeat-Kirjat: vierzehn Städte und ihre Gehöfte. Dies (ist) das Lehen der Söhne Benjamin, nach ihren Sippen. Jos 19 1 Und es kam heraus des zweite Los für Simeon, für den Stamm der Söhne Simeon nach ihren Sippen. Und es war ihr Lehen in der Mitte des Lehens der Söhne Juda. 2Und es wurde ihnen zum Lehen: Beerscheba und Scheba und Molada, 3und Hazar-Schual und Baala und Ezem, 4und Eltolad und Betul und Horma, 5und Ziklag und Bet-Markabot und Hazar-Susa, 6und Bet-Lebaot und Scharuhen: dreizehn Städte und ihre Gehöfte. 7Ajin, Rimmon und Atar und Aschan: vier Städte und ihre Gehöfte. 8Und die Gesamtheit der Gehöfte, die rings um diese Städte (sind), bis Baalat-Beer, RamatNegeb. Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Simeon nach ihren Sippen. 9Aus dem Teil der Söhne Juda (war) das Lehen der Söhne Simeon. Denn es war der Anteil der Söhne Juda zu groß für sie. Und so erhielten ein Lehen die Söhne Simeon in der Mitte von deren Lehen. 10 Und es kam herauf das dritte Los bezüglich der Söhne Sebulon nach ihren Sippen: Es war die Grenze ihres Lehens bis Sarid. 11Und es stieg hinauf ihre Grenze nach Westen, und nach Marala. Und sie stieß an Dabbeschet. Und sie stieß zum Wadi, das gegenüber Jokneam (liegt). 12Und sie wandte sich von Sarid nach Osten – gegen Sonnenaufgang – zur Grenze von KislotTabor. Und sie ging hinaus zu Daberat und stieg hinauf nach Jafia. 13Und von dort ging sie hinüber nach Osten – gegen (Sonnen)aufgang – nach Gat-Hefer, nach Et-Kazin, und sie ging hinaus zu Rimmon, zur Umbiegung von Nea. 14 Und die Grenze drehte sich um sie herum von Norden aus nach Hannaton und es führten ihre Ausläufer zum Tal von Jiftach-El. 15Und Kattat und Nahalal und Schimron und Jidala und Bethlehem: zwölf Städte und ihre Gehöfte. 16 Dies (ist) das Lehen der Söhne Sebulon nach ihren Sippen, diese Städte und ihre Gehöfte. 17 Bezüglich Issachar kam das vierte Los heraus, bezüglich der Söhne Issachar nach ihren Sippen: 18Und es war ihre Grenze nach Jesreel hin und Kesullot und Schunem, 19und Hafarajim und Schion und Anaharat, 20und Rabbit und Kischjon und Ebez, 21und Remet und En-Gannim und En-Hadda und Bet-Pazzez. 22Und es stieß die Grenze an Tabor und Schahazajim und Bet-Schemesch und es führten die Ausläufer ihrer Grenze an den Jordan. Sechzehn Städte und ihre Gehöfte. 23Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Issachar nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 24 Und es kam heraus das fünfte Los bezüglich des Stammes der Söhne

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Ascher nach ihren Sippen: 25Und es war ihre Grenze nach Helkat und Hali und Beten und Achschaf, 26und Alammelech und Amad und Mischal; sie stieß an den Karmel nach Westen und an Schihor-Libnat. 27Und sie kehrte um gegen Sonnenaufgang nach Bet-Dagon und sie stieß an Sebulon und an das Tal von Jiftach-El, nach Norden zu Bet-Emek und Negiël hin, und sie lief hinaus nach Kabul nördlich 28und Ebron und Rehob und Hammon und Kana bis nach Groß-Sidon. 29Und es kehrte um die Grenze nach Rama und bis zur befestigten Stadt Tyrus. Und es kehrte um die Grenze nach Hosa, und es waren ihre Ausläufer nach Westen hin von Hebel nach Achsib. 30Und Umma und Afek und Rehob. Zweiundzwanzig Städte und ihre Gehöfte. 31Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Ascher nach ihren Sippen, diese Städte und ihre Gehöfte. 32 Bezüglich der Söhne Naftali kam heraus das sechste Los bezüglich der Söhne Naftali nach ihren Sippen: 33Und es war ihre Grenze von Helef, von der Terebinthe bei Zaanannim, und Adami-Nekeb und Jabneel bis Lakkum, und es führten ihre Ausläufer an den Jordan. 34Und es wandte sich die Grenze nach Westen hin nach Asnot-Tabor und sie lief hinaus von dort nach Hukkok. Und sie stieß an Sebulon von Süden aus, während sie an Ascher von Westen aus stieß und an Juda am Jordan gegen Sonnenaufgang. 35Und befestigte Städte waren: Ziddim, Zer und Hammat-Rakkat und Kinneret, 36 und Adama und Rama und Hazor, 37und Kedesch und Edrei und En-Hazor, 38und Jiron und Migdal-El, Horem und Bet-Anat und Bet-Schemesch: neunzehn Städte und ihre Gehöfte. 39Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Naftali nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 40 Bezüglich des Stammes der Söhne Dan nach ihren Sippen kam heraus das siebte Los. 41Und es wurde das Gebiet ihres Lehens: Zora und Eschtaol und Ir-Schemesch, 42und Schaalbim und Ajalon und Jitla, 43und Elon und Timna und Ekron, 44und Elteke und Gibbeton und Baalat, 45und Jehud und Bene-Berak und Gat-Rimmon, 46und Me-Jarkon und Rakkon mit dem Gebiet gegenüber Jafo. 47Und es ging das Gebiet der Söhne Dan von ihnen (verloren). Und es zogen hinauf die Söhne Dan und kämpften gegen Leschem und sie nahmen es ein und sie schlugen es mit der Schärfe des Schwertes und sie nahmen es in Besitz und sie wohnten darin. Und sie nannten Leschem Dan nach dem Namen Dans, ihres Vaters. 48Dies (war) das Lehen des Stammes der Söhne Dan nach ihren Sippen, diese Städte und ihre Gehöfte. 49 Und sie vollendeten die Belehnung des Landes nach seinen Gebieten und es gaben die Söhne Israels ein Lehen für Josua, den Sohn Nuns, in ihrer Mitte. 50 Gemäß des Spruches YHWHs gaben sie ihm die Stadt, die er forderte: Timnat-Serach im Gebirge Efraim und er baute die Stadt auf und siedelte in ihr. 51 Diese (sind) die Lehen, die Eleasar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns, und die Häupter der Väter bezüglich der Stämme der Söhne Israels verteilten, durch Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs am Eingang des Zeltes der Begegnung. Und sie vollendeten die Aufteilung des Landes.

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Anhang II Quelle I: Priesterliche Grundschicht mit sieben Stämmen Jos 18 3 Und es sagte Josua zu den Söhnen Israels: 4„Bestimmt euch drei Männer . Und sie sollen sich aufmachen und umherstreifen im Land und es verzeichnen und kommen zu mir.“ 8Und es machten sich die Männer auf und gingen. Und sie gingen im Land hindurch und sie verzeichneten es , nach sieben Anteilen, in einer Schriftrolle und sie kamen zu Josua . Jos 15 1 Söhne Juda : 2Und es war ihnen eine Südgrenze vom Ende des Salzmeeres, von der Zunge an, die sich nach Süden wendet. 3Und sie lief hinaus südlich der Skorpionensteige und sie ging hinüber nach Zin und sie stieg hinauf südlich von Kadesch-Barnea und sie ging hinüber nach Hezron, und sie stieg hinauf nach Addar und sie wandte sich nach Karka. 4Und sie ging hinüber nach Azmon und sie lief hinaus am Bach Ägyptens, und es führten die Ausläufer der Grenze nach Westen. Dies soll Euch eine Südgrenze sein. 5 Und die Grenze nach Osten hin war das Salzmeer bis an die Mündung des Jordans. Und die Grenze an der Seite nach Norden hin war von der Meereszunge an, von der Mündung des Jordan an. 6Und es stieg hinauf die Grenze nach Bet-Hogla und sie ging hinüber nördlich von Bet-Araba. Und es stieg hinauf die Grenze zum Stein Bohans, des Sohnes Rubens. 7Und es stieg hinauf die Grenze nach Debir weg vom Tal Achor und nordwärts sich wendend nach Gilgal, das gegenüber dem Anstieg von Adummim liegt, der südlich vom Bach ist. Und es ging hinüber die Grenze zum Wasser von En-Schemesch und es führten ihre Ausläufer zur En-Rogel. 8Und es stieg die Grenze das Tal Ben-Hinnom hinauf, zur Schulter der Jebusiter von Süden weg . Und es stieg hinauf die Grenze zum Gipfel des Berges, der gegenüber dem Tal Hinnom nach Westen zu liegt, der am Ende der Talebene der Refaiter nach Norden zu liegt. 9Und es drehte sich die Grenze vom Gipfel des Berges zur Quelle Me-Neftoach und sie lief hinaus zu den Städten des Gebirges Efron. Und es drehte sich die Grenze nach Baala . 10Und es wandte sich die Grenze von Baala nach Westen zum Gebirge Seir und sie ging hinüber zur Schulter des Berges Jearim nach Norden , und sie stieg hinab nach BetSchemesch und sie ging hinüber nach Timna. 11Und es lief hinaus die Grenze zur Schulter von Ekron nach Norden. Und es drehte sich die Grenze nach Schikkaron und sie ging hinüber zum Berg Baala und sie lief hinaus zu Jabneel. Und es führten die Ausläufer der Grenze nach Westen. 12Und eine Westgrenze war das große Meer und zwar als Grenze. Dies war die Grenze

Anhang II – Quellen

der Söhne Juda ringsum . Juda .

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Dies war das Lehen des Stammes der Söhne

Jos 16 Söhne Efraim : Es war die Grenze ihres Lehens nach der Ostseite von Atarot-Addar bis zum oberen Bet-Horon. 6Und es lief hinaus die Grenze nach Westen, nördlich von Michmetat. Und es wandte sich die Grenze nach Osten nach Taanat-Schilo, und sie ging daran vorüber vom Osten nach Janoach. 7 Dann stieg sie hinab von Janoach nach Atarot und Naara und sie stieß an Jericho und sie lief hinaus zum Jordan. 8Von Tappuach ging die Grenze nach Westen zum Bach Kana, und es führten ihre Ausläufer nach Westen. Dies ist das Lehen der Söhne Efraim . 5

Jos 18 Söhne Benjamin : 12Und es war ihnen die Grenze auf der Seite nach Norden hin vom Jordan aus. Und es stieg hinauf die Grenze zur Schulter von Jericho von Norden aus und sie stieg hinauf auf das Gebirge nach Westen hin und es führten ihre Ausläufer zur Wüste von Bet-Awen. 13Und es ging hinüber von dort die Grenze nach Lus, zur Schulter nach Lus hin, nach Süden hin . Und es stieg hinab die Grenze nach Atarot-Addar, auf den Berg, der südlich vom unteren Bet-Horon (liegt). 14Und es drehte sich die Grenze und sie wandte sich auf der Westseite nach Süden hin von dem Berg aus, der gegenüber Bet-Horon nach Süden hin liegt, und es führten ihre Ausläufer nach Kirjat-Baal . Dies war die Westseite. 15Und die Seite nach Süden hin (war) vom Rand von Kirjat-Jearim weg. Und es lief hinaus die Grenze nach Westen hin, und sie lief hinaus zur Quelle von Me-Neftoach. 16Und es lief hinab die Grenze zum Rand des Berges, der gegenüber dem Tal von BenHinnom (liegt), der in der Talebene der Refaiter nach Norden hin (liegt). Und sie lief das Tal Hinnom hinab zur Schulter der Jebusiter nach Süden hin, und sie lief hinab zur En-Rogel. 17Und sie drehte sich von Norden aus und sie lief hinaus nach En-Schemesch und lief hinaus nach Gelilot, das gegenüber dem Anstieg von Adummim (liegt). Und sie lief hinab zum Stein von Bohan, Sohn Rubens. 18Und sie ging hinüber zur Schulter der Vorderseite der Steppe nach Norden hin, und sie lief hinab zur Steppe. 19Und es ging hinüber die Grenze zur Schulter von Bet-Hogla nach Norden hin, und es führten die Ausläufer der Grenze zur Zunge des Salzmeeres nach Norden hin, zum Ende des Jordans nach Süden hin. Dies (war) die Südgrenze. 20Und der Jordan begrenzte es an der Seite nach Osten hin. Dies (ist) das Lehen der Söhne Benjamin nach seinen Grenzen ringsum . 11

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Anhang II – Quellen

Jos 19 10 bezüglich der Söhne Sebulon : Es war die Grenze ihres Lehens bis Sarid. 11Und es stieg hinauf ihre Grenze nach Westen, und nach Marala. Und sie stieß an Dabbeschet. Und sie stieß zum Wadi, das gegenüber Jokneam (liegt). 12Und sie wandte sich von Sarid nach Osten – gegen Sonnenaufgang – zur Grenze von Kislot-Tabor. Und sie ging hinaus zu Daberat und stieg hinauf nach Jafia. 13Und von dort ging sie hinüber nach Osten – gegen (Sonnen)aufgang – nach Gat-Hefer, nach Et-Kazin, und sie ging hinaus zu Rimmon, zur Umbiegung von Nea. 14Und die Grenze drehte sich um sie herum von Norden aus nach Hannaton und es führten ihre Ausläufer zum Tal von Jiftach-El. 16Dies (ist) das Lehen der Söhne Sebulon . 17 bezüglich der Söhne Issachar : 18Und es war ihre Grenze nach Jesreel hin . 22Und es stieß die Grenze an Tabor und Schahazajim und Bet-Schemesch und es führten die Ausläufer ihrer Grenze an den Jordan. 23Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Issachar . 24 bezüglich des Stammes der Söhne Ascher : 25Und es war ihre Grenze nach Helkat ; sie stieß an den Karmel nach Westen und an Schihor-Libnat. 27 Und sie kehrte um gegen Sonnenaufgang nach Bet-Dagon und sie stieß an Sebulon und an das Tal von Jiftach-El, nach Norden zu Bet-Emek und Negiël hin, und sie lief hinaus nach Kabul nördlich 28 bis nach Groß-Sidon. 29Und es kehrte um die Grenze nach Rama und bis zur befestigten Stadt Tyrus. Und es kehrte um die Grenze nach Hosa, und es waren ihre Ausläufer nach Westen hin von Hebel nach Achsib. 31Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Ascher . 32 bezüglich der Söhne Naftali : 33Und es war ihre Grenze von Helef, von der Terebinthe bei Zaanannim, und Adami-Nekeb und Jabneel bis Lakkum, und es führten ihre Ausläufer an den Jordan. 34Und es wandte sich die Grenze nach Westen hin nach Asnot-Tabor und sie lief hinaus von dort nach Hukkok. Und sie stieß an Sebulon von Süden aus, während sie an Ascher von Westen aus stieß und an Juda am Jordan gegen Sonnenaufgang. 39Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Naftali .

Quelle II: Ortsliste Jos 15 21 Und es waren die Städte am Rande bezüglich des Stammes der Söhne Juda an der Grenze zu Edom. Im Negeb: Kabzeel und Eder und Jagur, 22und Kina und Dimona und Adada, 23und Kadesch und Hazor und Jitna, 24Sif und Telem und Bealot, 25und Hazor-Hadatta und Kerijot-Hezron, 26Amam und Schema und Molada, 27und Hazar-Gadda und Heschmon und Bet-Pelet, 28und Hazar-Schual und Beerscheba und seine Tochterstädte, 29Baala und Ijim und Ezem, 30und Eltolad und Kesil und Horma, 31und Ziklag und Madmanna und

Anhang II – Quellen

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Sansanna, 32und Lebaot und Schilhim und En-Rimmon: die Gesamtheit der Städte neunundzwanzig und ihre Gehöfte; 33In der Schefela: Eschtaol und Zora und Aschna, 34und Sanoach und En-Gannim, Tappuach und Enajim, 35 Jarmut und Adullam, Socho und Aseka, 36und Schaarajim und Aditajim und Gedera und Gederotajim: vierzehn Städte und ihre Gehöfte; 37Zenan und Hadascha und Migdal-Gad, 38und Dilan und Mizpe und Jokteel, 39Lachisch und Bozkat und Eglon, 40und Kabbon und Lachmas und Kitlisch, 41und Gederot, Bet-Dagon und Naama und Makkeda: sechszehn Städte und ihre Gehöfte; 42Libna und Eter und Aschan, 43und Jiftach und Aschna und Nezib, 44 und Keïla und Achsib und Marescha: neun Städte und ihre Gehöfte; 45Ekron und ihre Gehöfte, 46von Ekron an und nach Westen die Gesamtheit, die seitlich von Aschdod (liegt), und ihre Gehöfte; 47Aschdod, und seine Gehöfte, Gaza, und seine Gehöfte bis zum Bach Ägyptens und zum großen Meer mit dem Küstengebiet. 48Auf dem Gebirge: Schamir und Jattir und Socho, 49und Danna und Kirjat-Sanna, 50und Anab und Eschtemoa und Anim, 51und Goschen und Holon und Gilo: elf Städte und ihre Gehöfte; 52 Arab und Ruma und Eschan, 53und Janum und Bet-Tappuach und Afeka, 54 und Humta und Kirjat-Arba, und Zior: neun Städte und ihre Gehöfte; 55 Maon, Karmel und Sif und Jutta, 56und Jesreel und Jokdeam und Sanoach, 57 und Kain, Gibea und Timna: zehn Städte und ihre Gehöfte; 58Halhul, BetZur und Gedor, 59und Maarat und Bet-Anot und Eltekon: sechs Städte und ihre Gehöfte; 60Kirjat-Baal, und Rabba: zwei Städte und ihre Gehöfte; 61in der Wüste: Bet-Araba, Middin und Sechacha, 62und Nibschan und Ir-Melach und En-Gedi: sechs Städte und ihre Gehöfte. Jos 18 21 Jericho und Bet-Hogla und Emek-Keziz, 22und Bet-Araba und Zemarajim und Bet-El, 23und Awim und Para und Ofra, 24und Kefar-Ammoni und Ofni und Geba: zwölf Städte und ihre Gehöfte; 25Gibeon und Rama und Beerot 26und Mizpe und Kefira und Moza 27und Rekem, und Jirpeel und Tarala 28und Zela-Elef und Jebus Gibeat-Kirjat: vierzehn Städte und ihre Gehöfte. Jos 19 15 Und Kattat und Nahalal und Schimron und Jidala und Bethlehem: zwölf Städte und ihre Gehöfte. 18 und Kesullot und Schunem, 19und Hafarajim und Schion und Anaharat, 20 und Rabbit und Kischjon und Ebez, 21und Remet und En-Gannim und EnHadda und Bet-Pazzez. 22 Sechzehn Städte und ihre Gehöfte. 25 und Hali und Beten und Achschaf, 26und Alammelech und Amad und Mischal 28und Ebron und Rehob und Hammon und Kana . 30Und Umma und Afek und Rehob. Zweiundzwanzig Städte und ihre Gehöfte. 35 Und befestigte Städte waren: Ziddim, Zer und Hammat-Rakkat und Kinne-

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Anhang II – Quellen

ret, 36 und Adama und Rama und Hazor, 37und Kedesch und Edrei und EnHazor, 38und Jiron und Migdal-El, Horem und Bet-Anat und Bet-Schemesch: neunzehn Städte und ihre Gehöfte.

Quelle III: Otniel-Achsa-Tradition 16

Und es sagte Kaleb: „Wer Kirjat-Sefer schlägt und es einnimmt, dem gebe ich Achsa, meine Tochter, zur Frau.“ 17Und es nahm es ein Otniel, der Sohn des Kenas , und er gab ihm Achsa, seine Tochter, zur Frau. 18Und es geschah bei ihrem Herbeikommen, da bedrängte sie ihn . Und sie sprang vom Esel herab. Und es sagte zu ihr Kaleb: „Was (ist) dir?“ 19Und sie sagte: „Gib mir einen Segensteich! Denn ein Negev-Land hast du mir gegeben. Und gib mir Wasserqellen!“ Und er gab ihr die oberen Quellen und die unteren Quellen.

Quelle IV: dtr. Grundschicht hinter Jos 11,23 Jos 14 6 und es sagte zu ihm Kaleb, der Sohn Jefunnes, der Kenasiter: „Du selbst kennst das Wort, das geredet hat YHWH zu Mose meinet-wegen in Kadesch-Barnea. 7Ein Sohn von vierzig Jahren (war) ich, als mich aussandte Mose, der Knecht YHWHs, von Kadesch-Barnea, um auszukundschaften das Land, und ich brachte ihm Antwort wie es in meinem Herzen (war). 8Und meine Brüder, die hinaufgezogen waren mit mir, machten verzagt das Herz des Volkes. Und ich selbst bin vollständig gefolgt hinter YHWH, meinem Gott. 9Und es schwor Mose an jenem Tag folgendermaßen: ‚Wahrlich das Land, auf das dein Fuß getreten ist, dir soll es sein als Lehen und deinen Söhnen auf ewig. Denn du bist vollständig gefolgt hinter YHWH, meinen Gott.‘ 10 Und nun siehe, es hat mich YHWH am Leben erhalten, wie er geredet hat. Dies (sind) 45 Jahre, seitdem geredet hat YHWH dieses Wort zu Mose . Und nun siehe, ich selbst (bin) heute ein Sohn von 85 Jahre. 11Immer noch (bin) ich heute stark wie an dem Tag, als mich aussandte Mose. Wie meine Kraft damals, so (ist) meine Kraft nun, und zum Ausziehen und Einziehen. 12Und nun gib mir dieses Gebirge, von dem geredet hat YHWH an jenem Tag!“ 13Und es segnete ihn Josua und er gab Hebron dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, zum Lehen. 14Daher wurde Hebron dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, dem Kenasiter, zum Lehen bis zu diesem Tag, weil er vollständig gefolgt ist hinter YHWH, dem Gott Israels. 15 Und das Land hatte Ruhe vom Krieg.

Anhang III Priesterliche Redaktion I Priesterliche Redaktion, die für ein Landverteilungsdokument für sieben Stämme mit der Ergänzung von vorliegenden Ortslisten verantwortlich ist. Diese Redaktion hat zudem den Losentscheid eingetragen und die Landgabe an Ruben und Gad durch Mose als Vorbild vorangestellt. Außerdem konnte durch die Konstruktion der „Söhne Josef“ der westjordanische Stamm Manasse ergänzt werden. Jos 13 15 Und es gab Mose dem Stamm der Söhne Ruben nach ihren Sippen: 16Es wurde ihnen das Gebiet (zuteil): von Aroër an, das am Ufer des Flusstals Arnon (liegt) und die Gesamtheit des Mischors bis Medeba, 17 Dibon und Bet-Baal-Meon, 19und Kirjatajim und Sibma und ZeretSchahar auf dem Berg über der Ebene . Dies (ist) das Lehen der Söhne Ruben nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 24 Und es gab Mose dem Stamm Gad, den Söhnen Gad nach ihren Sippen: 25 Und es wurde ihnen das Gebiet (zuteil): Jaser und die Gesamtheit der Städte Gileads und die Hälfte des Landes der Söhne Ammon bis nach Aroër, das Rabba gegenüber(liegt); 26und von Heschbon bis Ramat-Mizpe und Betonim, 27und in der Talebene: Bet-Haram und Bet-Nimra . 28Dies (ist) das Lehen der Söhne Gad nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 32Diese (sind es), die als Lehen verteilt hat Mose in den Steppen Moabs jenseits des Jordan bei Jericho nach Osten zu. Jos 18 Und es versammelte sich die Gesamtheit der Gemeinde der Söhne Israels nach Schilo und sie ließen dort das Zelt der Begegnung wohnen, wobei das Land (bereits) unterworfen war vor ihnen. 3Und es sagte Josua zu den Söhnen Israels: 4Bestimmt euch drei Männer . Und sie sollen sich aufmachen und umherstreifen im Land und es verzeichnen im Verhältnis zu ihrem Lehen und kommen zu mir, 5und teilt es auf in sieben Anteile, damit ihr sie mir vorbeibringt und ich für euch ein Los werfe, hier vor dem Angesicht YHWHs, unseres Gottes. 8Und es machten sich die Männer auf und gingen. Und es befahl Josua denen, die gingen, um das Land zu verzeichnen, folgendermaßen: „Geht und streift im Land umher und verzeichnet es und kehrt zurück zu mir! Und hier werde ich schleudern für euch ein Los vor dem Angesicht YHWHs, in Schilo.“ 9Und es 1

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Anhang III – Redaktionen

gingen die Männer und sie gingen im Land hindurch und sie verzeichneten es nach Städten, nach sieben Anteilen, in einer Schriftrolle und sie kamen zu Josua, nach Schilo. 10Und es schleuderte für sie Josua ein Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs . Jos 14 1 Und diese (sind es), die die Söhne Israels im Land Kanaan als Lehen erhielten . 2Durch das Los (wurde) ihr Lehen, wie YHWH durch Mose befohlen hatte . Jos 15 Und es war das Los für den Stamm der Söhne Juda nach ihren Sippen: 2Und es war ihnen eine Südgrenze vom Ende des Salzmeeres, von der Zunge an, die sich nach Süden wendet. 3Und sie lief hinaus südlich der Skorpionensteige und sie ging hinüber nach Zin und sie stieg hinauf südlich von Kadesch-Barnea und sie ging hinüber nach Hezron, und sie stieg hinauf nach Addar und sie wandte sich nach Karka. 4Und sie ging hinüber nach Azmon und sie lief hinaus am Bach Ägyptens, und es führten die Ausläufer der Grenze nach Westen. Dies soll Euch eine Südgrenze sein. 5Und die Grenze nach Osten hin war das Salzmeer bis an die Mündung des Jordans. Und die Grenze an der Seite nach Norden hin war von der Meereszunge an, von der Mündung des Jordan an. 6Und es stieg hinauf die Grenze nach Bet-Hogla und sie ging hinüber nördlich von Bet-Araba. Und es stieg hinauf die Grenze zum Stein Bohans, des Sohnes Rubens. 7Und es stieg hinauf die Grenze nach Debir weg vom Tal Achor und nordwärts sich wendend nach Gilgal, das gegenüber dem Anstieg von Adummim liegt, der südlich vom Bach ist. Und es ging hinüber die Grenze zum Wasser von En-Schemesch und es führten ihre Ausläufer zur En-Rogel. 8Und es stieg die Grenze das Tal Ben-Hinnom hinauf, zur Schulter der Jebusiter von Süden weg . Und es stieg hinauf die Grenze zum Gipfel des Berges, der gegenüber dem Tal Hinnom nach Westen zu liegt, der am Ende der Talebene der Refaiter nach Norden zu liegt. 9Und es drehte sich die Grenze vom Gipfel des Berges zur Quelle Me-Neftoach und sie lief hinaus zu den Städten des Gebirges Efron. Und es drehte sich die Grenze nach Baala . 10Und es wandte sich die Grenze von Baala nach Westen zum Gebirge Seir und sie ging hinüber zur Schulter des Berges Jearim nach Norden, und sie stieg hinab nach Bet-Schemesch und sie ging hinüber nach Timna. 11 Und es lief hinaus die Grenze zur Schulter von Ekron nach Norden. Und es drehte sich die Grenze nach Schikkaron und sie ging hinüber zum Berg Baala und sie lief hinaus zu Jabneel. Und es führten die Ausläufer der Grenze nach Westen. 12Und eine Westgrenze war das große Meer und zwar als Grenze. Dies war die Grenze der Söhne Juda ringsum nach ihren Sippen. 20Dies war das Lehen des Stammes der Söhne Juda nach ihren Sippen. 1

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Und es waren die Städte am Rande bezüglich des Stammes der Söhne Juda an der Grenze zu Edom. Im Negeb: Kabzeel und Eder und Jagur, 22und Kina und Dimona und Adada, 23und Kadesch und Hazor und Jitna, 24Sif und Telem und Bealot, 25und Hazor-Hadatta und Kerijot-Hezron, 26Amam und Schema und Molada, 27und Hazar-Gadda und Heschmon und Bet-Pelet, 28und Hazar-Schual und Beerscheba und seine Tochterstädte, 29Baala und Ijim und Ezem, 30und Eltolad und Kesil und Horma, 31und Ziklag und Madmanna und Sansanna, 32und Lebaot und Schilhim und En-Rimmon: die Gesamtheit der Städte neunundzwanzig und ihre Gehöfte; 33In der Schefela: Eschtaol und Zora und Aschna, 34und Sanoach und En-Gannim, Tappuach und Enajim, 35 Jarmut und Adullam, Socho und Aseka, 36und Schaarajim und Aditajim und Gedera und Gederotajim: vierzehn Städte und ihre Gehöfte; 37Zenan und Hadascha und Migdal-Gad, 38und Dilan und Mizpe und Jokteel, 39Lachisch und Bozkat und Eglon, 40und Kabbon und Lachmas und Kitlisch, 41und Gederot, Bet-Dagon und Naama und Makkeda: sechszehn Städte und ihre Gehöfte; 42Libna und Eter und Aschan, 43und Jiftach und Aschna und Nezib, 44 und Keïla und Achsib und Marescha: neun Städte und ihre Gehöfte; 45Ekron und ihre Gehöfte, 46von Ekron an und nach Westen die Gesamtheit, die seitlich von Aschdod (liegt), und ihre Gehöfte; 47Aschdod und seine Gehöfte, Gaza und seine Gehöfte bis zum Bach Ägyptens und zum großen Meer mit dem Küstengebiet. 48Auf dem Gebirge: Schamir und Jattir und Socho, 49und Danna und Kirjat-Sanna, 50und Anab und Eschtemoa und Anim, 51und Goschen und Holon und Gilo: elf Städte und ihre Gehöfte; 52 Arab und Ruma und Eschan, 53und Janum und Bet-Tappuach und Afeka, 54 und Humta und Kirjat-Arba, und Zior: neun Städte und ihre Gehöfte; 55 Maon, Karmel und Sif und Jutta, 56und Jesreel und Jokdeam und Sanoach, 57 und Kain, Gibea und Timna: zehn Städte und ihre Gehöfte; 58Halhul, BetZur und Gedor, 59und Maarat und Bet-Anot und Eltekon: sechs Städte und ihre Gehöfte; 60Kirjat-Baal, und Rabba: zwei Städte und ihre Gehöfte; 61in der Wüste: Bet-Araba, Middin und Sechacha, 62und Nibschan und Ir-Melach und En-Gedi: sechs Städte und ihre Gehöfte. Jos 16 1 Und es kam heraus das Los bezüglich der Söhne Josef: vom Jordan bei Jericho bezüglich der Wasser von Jericho nach dem Osten der Wüste hin, hinaufsteigend von Jericho ins Gebirge von Bet-El. 2Und sie ging hinaus von Bet-El nach Lus und ging hinüber zum Gebiet des Arkiters, nach Atarot, 3Und sie stieg nach Westen hinab zum Gebiet des Jafletiters bis zum Gebiet vom unteren Bet-Horon und es führten ihre Ausläufer zum Meer. 4Und es erhielten ihr Lehen die Söhne Josef, Manasse und Efraim: 5Und es war das Gebiet der Söhne Efraim nach ihren Sippen: Es war die Grenze ihres Lehens nach der Ostseite von Atarot-Addar bis zum oberen Bet-Horon. 6Und es lief hinaus die Grenze nach Westen, nördlich von

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Anhang III – Redaktionen

Michmetat. Und es wandte sich die Grenze nach Osten nach Taanat-Schilo, und sie ging daran vorüber vom Osten nach Janoach. 7Dann stieg sie hinab von Janoach nach Atarot und Naara und sie stieß an Jericho und sie lief hinaus zum Jordan. 8Von Tappuach ging die Grenze nach Westen zum Bach Kana, und es führten ihre Ausläufer nach Westen. Dies ist das Lehen des Stammes der Söhne Efraim nach ihren Sippen. 9Und die ausgesonderten Städte (gehörten) den Söhnen Efraim in der Mitte des Lehens der Söhne Manasse: die Gesamtheit der Städte und ihre Gehöfte. Jos 17 Und es war das Los für Manasse : 2Und es wurde für die Söhne Manasses nach ihren Sippen: für die Söhne Abiesers und für die Söhne Heleks und für die Söhne Asriels und für die Söhne Sichems und für die Söhne Hefers und für die Söhne Schemidas; diese (waren) die Söhne Manasses, des Sohnes Josefs, die männlichen Nachkommen nach ihren Sippen. 3Und dem Zelofhad, dem Sohn Hefers, nicht waren ihm Söhne, sondern nur Töchter. Und diese (sind) die Namen seiner Töchter: Machla und Noa, Hogla, Milka und Tirza. 4Und sie traten hinzu vor Eleasar, den Priester, und vor Josua, den Sohn des Nun, und vor die Fürsten folgendermaßen: „YHWH hat Mose geboten, uns zu geben ein Lehen in der Mitte unserer Brüder.“ Und er gab ihnen nach dem Befehl YHWHs ein Lehen in der Mitte der Brüder ihres Vaters. 5Und es fielen zehn Teile Manasse zu . 6Denn die Töchter Manasses erhielten Lehen unter seinen Söhnen. 7Und es war das Gebiet Manasses von Ascher weg nach Michmetat, das gegenüber von Sichem (ist). 8Dem Manasse war das Land Tappuach; und Tappuach auf dem Gebiet Manasses (gehörte) den Söhnen Efraim. 9 Diese Städte (gehörten) Efraim in der Mitte der Städte Manasses. 10Und an Ascher stieß man im Norden, an Issachar im Osten. 1

Jos 18 11 Und es kam herauf das Los des Stammes der Söhne Benjamin nach ihren Sippen. 12Und es war ihnen die Grenze auf der Seite nach Norden hin vom Jordan aus. Und es stieg hinauf die Grenze zur Schulter von Jericho von Norden aus und sie stieg hinauf auf das Gebirge nach Westen hin und es führten ihre Ausläufer zur Wüste von Bet-Awen. 13Und es ging hinüber von dort die Grenze nach Lus, zur Schulter nach Lus hin, nach Süden hin . Und es stieg hinab die Grenze nach Atarot-Addar, auf den Berg, der südlich vom unteren Bet-Horon (liegt). 14Und es drehte sich die Grenze und sie wandte sich auf der Westseite nach Süden hin von dem Berg aus, der gegenüber BetHoron nach Süden hin liegt, und es führten ihre Ausläufer nach Kirjat-Baal . Dies war die Westseite. 15Und die Seite nach Süden hin (war) vom Rand von Kirjat-Jearim weg. Und es lief hinaus die Grenze nach Westen hin, und

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sie lief hinaus zur Quelle von Me-Neftoach. 16Und es lief hinab die Grenze zum Rand des Berges, der gegenüber dem Tal von Ben-Hinnom (liegt), der in der Talebene der Refaiter nach Norden hin (liegt). Und sie lief das Tal Hinnom hinab zur Schulter der Jebusiter nach Süden hin, und sie lief hinab zur En-Rogel. 17Und sie drehte sich von Norden aus und sie lief hinaus nach EnSchemesch und lief hinaus nach Gelilot, das gegenüber dem Anstieg von Adummim (liegt). Und sie lief hinab zum Stein von Bohan, Sohn Rubens. 18 Und sie ging hinüber zur Schulter der Vorderseite der Steppe nach Norden hin, und sie lief hinab zur Steppe. 19Und es ging hinüber die Grenze zur Schulter von Bet-Hogla nach Norden hin, und es führten die Ausläufer der Grenze zur Zunge des Salzmeeres nach Norden hin, zum Ende des Jordans nach Süden hin. Dies (war) die Südgrenze. 20Und der Jordan begrenzte es an der Seite nach Osten hin. Dies (ist) das Lehen der Söhne Benjamin nach seinen Grenzen ringsum, nach ihren Sippen. 21Und es sollen sein die Städte für den Stamm der Söhne Benjamin, nach ihren Sippen: Jericho und BetHogla und Emek-Keziz, 22und Bet-Araba und Zemarajim und Bet-El, 23und Awim und Para und Ofra, 24und Kefar-Ammoni und Ofni und Geba: zwölf Städte und ihre Gehöfte; 25Gibeon und Rama und Beerot 26und Mizpe und Kefira und Moza 27und Rekem, und Jirpeel und Tarala 28und Zela-Elef und Jebus, Gibeat-Kirjat: vierzehn Städte und ihre Gehöfte. Dies (ist) das Lehen der Söhne Benjamin, nach ihren Sippen. Jos 19 10Und es kam herauf das Los bezüglich der Söhne Sebulon nach ihren Sippen: Es war die Grenze ihres Lehens bis Sarid. 11Und es stieg hinauf ihre Grenze nach Westen, und nach Marala. Und sie stieß an Dabbeschet. Und sie stieß zum Wadi, das gegenüber Jokneam (liegt). 12Und sie wandte sich von Sarid nach Osten – gegen Sonnenaufgang – zur Grenze von KislotTabor. Und sie ging hinaus zu Daberat und stieg hinauf nach Jafia. 13Und von dort ging sie hinüber nach Osten – gegen (Sonnen)aufgang – nach Gat-Hefer, nach Et-Kazin, und sie ging hinaus zu Rimmon, zur Umbiegung von Nea. 14 Und die Grenze drehte sich um sie herum von Norden aus nach Hannaton und es führten ihre Ausläufer zum Tal von Jiftach-El. 15Und Kattat und Nahalal und Schimron und Jidala und Bethlehem: zwölf Städte und ihre Gehöfte. 16 Dies (ist) das Lehen der Söhne Sebulon nach ihren Sippen, diese Städte und ihre Gehöfte. 17 Bezüglich Issachar kam das Los heraus, bezüglich der Söhne Issachar nach ihren Sippen: 18Und es war ihre Grenze nach Jesreel hin und Kesullot und Schunem, 19und Hafarajim und Schion und Anaharat, 20und Rabbit und Kischjon und Ebez, 21und Remet und En-Gannim und En-Hadda und BetPazzez. 22Und es stieß die Grenze an Tabor und Schahazajim und BetSchemesch und es führten die Ausläufer ihrer Grenze an den Jordan. Sech-

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zehn Städte und ihre Gehöfte. 23Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Issachar nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 24 Und es kam heraus das Los bezüglich des Stammes der Söhne Ascher nach ihren Sippen: 25Und es war ihre Grenze nach Helkat und Hali und Beten und Achschaf, 26und Alammelech und Amad und Mischal; sie stieß an den Karmel nach Westen und an Schihor-Libnat. 27Und sie kehrte um gegen Sonnenaufgang nach Bet-Dagon und sie stieß an Sebulon und an das Tal von Jiftach-El, nach Norden zu Bet-Emek und Negiël hin, und sie lief hinaus nach Kabul nördlich 28und Ebron und Rehob und Hammon und Kana bis nach Groß-Sidon. 29Und es kehrte um die Grenze nach Rama und bis zur befestigten Stadt Tyrus. Und es kehrte um die Grenze nach Hosa, und es waren ihre Ausläufer nach Westen hin von Hebel nach Achsib. 30Und Umma und Afek und Rehob. Zweiundzwanzig Städte und ihre Gehöfte. 31Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Ascher nach ihren Sippen, diese Städte und ihre Gehöfte. 32 Bezüglich der Söhne Naftali kam heraus das Los bezüglich der Söhne Naftali nach ihren Sippen: 33Und es war ihre Grenze von Helef, von der Terebinthe bei Zaanannim, und Adami-Nekeb und Jabneel bis Lakkum, und es führten ihre Ausläufer an den Jordan. 34Und es wandte sich die Grenze nach Westen hin nach Asnot-Tabor und sie lief hinaus von dort nach Hukkok. Und sie stieß an Sebulon von Süden aus, während sie an Ascher von Westen aus stieß und an Juda am Jordan gegen Sonnenaufgang. 35Und befestigte Städte waren: Ziddim, Zer und Hammat-Rakkat und Kinneret, 36 und Adama und Rama und Hazor, 37und Kedesch und Edrei und En-Hazor, 38und Jiron und Migdal-El, Horem und Bet-Anat und Bet-Schemesch: neunzehn Städte und ihre Gehöfte. 39Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Naftali nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 49 Und sie vollendeten die Belehnung des Landes nach seinen Gebieten 51 durch Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs am Eingang des Zeltes der Begegnung.

Redaktion II Spätpriesterliche Redaktion, die die Landkommission unter Vorsitz des Priesters Eleasar in den Rahmen einträgt. Jos 13* Jos 18* Jos 14 1 Und diese (sind es), die die Söhne Israels im Land Kanaan als Lehen erhielten, die verteilt haben Eleazar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns und die Häupter der Väter der Stämme den Söhnen Israels. 2Durch das Los (wurde) ihr Lehen, wie YHWH durch Mose befohlen hatte,

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Jos 15–19* 49 Und sie vollendeten die Belehnung des Landes nach seinen Gebieten 51 Diese (sind) die Lehen, die Eleasar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns, und die Häupter der Väter bezüglich der Stämme der Söhne Israels verteilten, durch Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs am Eingang des Zeltes der Begegnung.

Redaktion III Priesterlich-dtr. Redaktion, die für die Umstellung von Jos 18,1–10* an ihren jetzigen Ort verantwortlich ist und von einem Zwölfstämmevolk ausgeht. Jos 13 15 Und es gab Mose dem Stamm der Söhne Ruben nach ihren Sippen: 16Es wurde ihnen das Gebiet (zuteil): von Aroër an, das am Ufer des Flusstals Arnon (liegt) und die Gesamtheit des Mischors bis Medeba, 17 Dibon und Bet-Baal-Meon, 19und Kirjatajim und Sibma und Zeret-Schahar auf dem Berg über der Ebene. Dies (ist) das Lehen der Söhne Ruben nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 24 Und es gab Mose dem Stamm Gad, den Söhnen Gad nach ihren Sippen: 25 Und es wurde ihnen das Gebiet (zuteil): Jaser und die Gesamtheit der Städte Gileads und die Hälfte des Landes der Söhne Ammon bis nach Aroër, das Rabba gegenüber(liegt); 26und von Heschbon bis Ramat-Mizpe und Betonim, 27und in der Talebene: Bet-Haram und Bet-Nimra. 28Dies (ist) das Lehen der Söhne Gad nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. (ist) das Lehen der Söhne Gad nach ihren Sippen, die Städte und ihre Gehöfte. 29 Und es gab Mose der Hälfte des Stammes der Söhne Manasse nach ihren Sippen [zuteil]: 30Und es wurde ihr Gebiet die Gesamtheit des Baschan. 32Diese (sind es), die als Lehen verteilt hat Mose in den Steppen Moabs jenseits des Jordan bei Jericho nach Osten zu. 33Und bezüglich des Stammes Levi nicht gab Mose ein Lehen. YHWH, der Gott Israels, jener (ist) ihr Lehen, wie er geredet hat in Bezug auf sie. Jos 14 1 Und diese (sind es), die die Söhne Israels im Land Kanaan als Lehen erhielten, die verteilt haben Eleazar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns und die Häupter der Väter der Stämme den Söhnen Israels. 2Durch das Los (wurde) ihr Lehen, wie YHWH durch Mose befohlen hatte, bezüglich der neun Stämme und des halben Stammes. 3Denn Mose hatte gegeben das Lehen der zwei Stämme und des halben Stammes Manasse jenseits des Jordans. Aber den Leviten hatte er nicht einen Anteil in ihrer Mitte gegeben. 4Denn es bildeten die Söhne Josef zwei Stämme, Manasse und Efraim. 5Wie es

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YHWH dem Mose befohlen hatte, so machten (es) die Söhne Israels und sie teilten das Land auf. Jos 15–17* Jos 18 Und es versammelte sich die Gesamtheit der Gemeinde der Söhne Israels nach Schilo und sie ließen dort das Zelt der Begegnung wohnen, wobei das Land (bereits) unterworfen war vor ihnen. 2Und es waren übrig unter den Söhnen Israels, denen sie nicht aufgeteilt haben ihr Lehen: sieben Stämme. 3 Und es sagte Josua zu den Söhnen Israels: „Wie lange (seid) ihr nachlässig einzuziehen, um in Besitz zu nehmen das Land, das euch (bereits) gegeben hat YHWH, der Gott eurer Väter. 4Bestimmt euch drei Männer aus jedem Stamm. Und sie sollen sich aufmachen und umherstreifen im Land und es verzeichnen im Verhältnis zu ihrem Lehen und kommen zu mir, 5und teilt es auf in sieben Anteile. 6 damit ihr sie mir vorbeibringt und ich für euch ein Los werfe, hier vor dem Angesicht YHWHs, unseres Gottes. 7Aber (es gibt) keinen Anteil für die Leviten in eurer Mitte. Denn das Priestertum YHWHs (ist) sein Lehen. Und Gad und Ruben und die Hälfte des Stammes Manasse haben (bereits) erhalten ihr Lehen jenseits des Jordans im Osten, den (bereits) ihnen gegeben hat Mose, der Knecht YHWHs.“ 8Und es machten sich die Männer auf und gingen. Und es befahl Josua denen, die gingen, um das Land zu verzeichnen, folgendermaßen: „Geht und streift im Land umher und verzeichnet es und kehrt zurück zu mir! Und hier werde ich schleudern für euch ein Los vor dem Angesicht YHWHs, in Schilo.“ 9Und es gingen die Männer und sie gingen im Land hindurch und sie verzeichneten es nach Städten, nach sieben Anteilen, in einer Schriftrolle und sie kamen zu Josua, nach Schilo. 10Und es schleuderte für sie Josua ein Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs. 11 Und es kam herauf das Los des Stammes der Söhne Benjamin nach ihren Sippen. Und es erstreckte sich das Gebiet ihres Loses zwischen den Söhnen Juda und zwischen den Söhnen Josef. 1

Jos 18,12–28* Jos 19 1 Und es kam heraus des zweite Los für Simeon, für den Stamm der Söhne Simeon nach ihren Sippen. Und es war ihr Lehen in der Mitte des Lehens der Söhne Juda. 2Und es wurde ihnen zum Lehen: Beerscheba und Scheba und Molada, 3und Hazar-Schual und Baala und Ezem, 4und Eltolad und Betul und Horma, 5und Ziklag und Bet-Markabot und Hazar-Susa, 6und Bet-Lebaot und Scharuhen: dreizehn Städte und ihre Gehöfte. 7Ajin, Rimmon und Atar und Aschan: vier Städte und ihre Gehöfte. 8Und die Gesamt-

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heit der Gehöfte, die rings um diese Städte (sind), bis Baalat-Beer, RamatNegeb. Dies (ist) das Lehen des Stammes der Söhne Simeon nach ihren Sippen. 9Aus dem Teil der Söhne Juda (war) das Lehen der Söhne Simeon. Denn es war der Anteil der Söhne Juda zu groß für sie. Und so erhielten ein Lehen die Söhne Simeon in der Mitte von deren Lehen. Jos 19,10–39* (+ Numerale) 40

Bezüglich des Stammes der Söhne Dan nach ihren Sippen kam heraus das siebte Los. 41Und es wurde das Gebiet ihres Lehens: Zora und Eschtaol und Ir-Schemesch, 42und Schaalbim und Ajalon und Jitla, 43und Elon und Timna und Ekron, 44und Elteke und Gibbeton und Baalat, 45und Jehud und Bene-Berak und Gat-Rimmon, 46und Me-Jarkon und Rakkon mit dem Gebiet gegenüber Jafo. 48Dies (war) das Lehen des Stammes der Söhne Dan nach ihren Sippen, diese Städte und ihre Gehöfte. 49 Und sie vollendeten die Belehnung des Landes nach seinen Gebieten. 51 Diese (sind) die Lehen, die Eleasar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns, und die Häupter der Väter bezüglich der Stämme der Söhne Israels verteilten, durch Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs am Eingang des Zeltes der Begegnung. Und sie vollendeten die Aufteilung des Landes.

Redaktion IV Dtr. Erzähl-Redaktion, die die Landverteilung Jos 13–19* in das Josuabuch aufnimmt, eine Landgabe an die beiden verdienten Kundschafter Kaleb und Josua als rahmende Elemente in Jos 15–19 einträgt, die Erzählung von den Söhnen Josef in Jos 17 ergänzt sowie die Kaleberzählung Jos 14,6–15 an ihren jetzigen Ort versetzt. Jos 13 1 Und Josua war alt (und) in die Tage gekommen, und es sagte YHWH zu ihm: „Du selbst bist alt (und) in die Tage gekommen. Und das Land blieb übrig , um es in Besitz zu nehmen. 7Und nun verteile dieses Land als Lehen bezüglich der neun Stämme und dem halben Stamm, dem Manasse!“ 8Mit ihm haben der Rubeniter und der Gaditer ihr Lehen empfangen, das Mose ihnen gegeben hat jenseits des Jordan nach Osten . Jos 13,15–14,5* 6

Und es traten heran die Söhne Juda zu Josua in Gilgal, und es sagte zu ihm Kaleb, der Sohn Jefunnes, der Kenasiter: „Du selbst kennst das Wort, das geredet hat YHWH zu Mose meinet- wegen in Kadesch-Barnea. 7Ein Sohn von vierzig Jahren (war) ich, als mich aussandte Mose, der Knecht

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YHWHs, von Kadesch-Barnea, um auszukundschaften das Land, und ich brachte ihm Antwort wie es in meinem Herzen (war). 8Und meine Brüder, die hinaufgezogen waren mit mir, machten verzagt das Herz des Volkes. Und ich selbst bin vollständig gefolgt hinter YHWH, meinem Gott. 9Und es schwor Mose an jenem Tag folgendermaßen: ‚Wahrlich das Land, auf das dein Fuß getreten ist, dir soll es sein als Lehen und deinen Söhnen auf ewig. Denn du bist vollständig gefolgt hinter YHWH, meinen Gott.‘ 10Und nun siehe, es hat mich YHWH am Leben erhalten, wie er geredet hat. Dies (sind) 45 Jahre, seitdem geredet hat YHWH dieses Wort zu Mose . Und nun siehe, ich selbst (bin) heute ein Sohn von 85 Jahre. 11Immer noch (bin) ich heute stark wie an dem Tag, als mich aussandte Mose. Wie meine Kraft damals, so (ist) meine Kraft nun und zum Ausziehen und Einziehen. 12Und nun gib mir dieses Gebirge, von dem geredet hat YHWH an jenem Tag!“ 13Und es segnete ihn Josua und er gab Hebron dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, zum Lehen. 14 Daher wurde Hebron dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, dem Kenasiter, zum Lehen bis zu diesem Tag, weil er vollständig gefolgt ist hinter YHWH, dem Gott Israels. 15 Und das Land hatte Ruhe vom Krieg. Jos 15,1–12* 13

Und dem Kaleb, dem Sohn Jefunnes, hat man einen Anteil in der Mitte der Söhne Juda gegeben nach dem Befehl YHWHs an Josua: Kirjat-Arba, die Vaterstadt Enaks . 14Und es vertrieb von dort Kaleb die drei Söhne des Enak: Scheschai und Ahiman und Talmai . 15Und er zog hinauf von dort zu den Bewohnern von Debir und der Name von Debir war vormals Kirjat-Sefer. 16 Und es sagte Kaleb: „Wer Kirjat-Sefer schlägt und es einnimmt, dem gebe ich Achsa, meine Tochter, zur Frau.“ 17Und es nahm es ein Otniel, der Sohn des Kenas und er gab ihm Achsa, seine Tochter, zur Frau. 18Und es geschah bei ihrem Herbeikommen, da bedrängte sie ihn . Und sie sprang vom Esel herab. Und es sagte zu ihr Kaleb: „Was (ist) dir?“ 19Und sie sagte: „Gib mir einen Segensteich! Denn ein Negev-Land hast du mir gegeben. Und gib mir Wasserqellen!“ Und er gab ihr die oberen Quellen und die unteren Quellen. Jos 15,20–17,10* 14

Und es redeten die Söhne Josef zu Josua folgendermaßen: „Warum hast du mir gegeben als Lehen ein einziges Los ? Und ich (bin) ein großes Volk, bis zu diesem Punkt hat mich gesegnet YHWH.“ 15Und es sagte zu ihnen Josua: „Wenn du ein großes Volk (bist), ziehe selbst hinauf in den Wald und rode dir dort , wenn dir das Gebirge Efraim zu begrenzt ist.“ 16Und es sagten die Söhne Josef: „Nicht reicht uns aus das Gebirge, und Eisenwagen (ist) bei der Gesamtheit des Kanaanäers, des Bewohners im Land der Ebene.“

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Und es sagte Josua folgendermaßen: „Ein großes Volk (bist) du und große Kraft (ist) dir. Nicht soll dir sein ein einziges Los, 18sondern ein Gebirge soll dir sein, auch wenn ein Wald jenes (ist). Und du sollst ihn roden, und es soll dir sein seine Ausläufer. Denn du sollst vertreiben den Kanaanäer, obschon ihm Eisenwagen (ist), obschon stark jener (ist).“ Jos 18 1 Und es versammelte sich die Gesamtheit der Gemeinde der Söhne Israels nach Schilo und sie ließen dort das Zelt der Begegnung wohnen, wobei das Land (bereits) unterworfen war vor ihnen. 2Und es waren übrig unter den Söhnen Israels, denen sie nicht aufgeteilt haben ihr Lehen: sieben Stämme. 3 Und es sagte Josua zu den Söhnen Israels: „Wie lange (seid) ihr nachlässig einzuziehen, um in Besitz zu nehmen das Land, das euch (bereits) gegeben hat YHWH, der Gott eurer Väter. 4Bestimmt euch drei Männer aus jedem Stamm, damit ich sie aussende. Und sie sollen sich aufmachen und umherstreifen im Land und es verzeichnen im Verhältnis zu ihrem Lehen und kommen zu mir, 5und teilt es auf in sieben Anteile, damit ihr sie mir vorbeibringt und ich für euch ein Los werfe, hier vor dem Angesicht YHWHs, unseres Gottes. 7Aber (es gibt) keinen Anteil für die Leviten in eurer Mitte. Denn das Priestertum YHWHs (ist) sein Lehen. Und Gad und Ruben und die Hälfte des Stammes Manasse haben (bereits) erhalten ihr Lehen jenseits des Jordans im Osten, den (bereits) ihnen gegeben hat Mose, der Knecht YHWHs.“ 8Und es machten sich die Männer auf und gingen. Und es befahl Josua denen, die gingen, um das Land zu verzeichnen, folgendermaßen: „Geht und streift im Land umher und verzeichnet es und kehrt zurück zu mir! Und hier werde ich schleudern für euch ein Los vor dem Angesicht YHWHs, in Schilo.“ 9Und es gingen die Männer und sie gingen im Land hindurch und sie verzeichneten es nach Städten, nach sieben Anteilen, in einer Schriftrolle und sie kamen zu Josua, nach Schilo. 10Und es schleuderte für sie Josua ein Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs und es verteilte dort Josua das Land an die Söhne Israels entsprechend ihren Landanteilen. Jos 18,11–19,48* 49

Und sie vollendeten die Belehnung des Landes nach seinen Gebieten und es gaben die Söhne Israels ein Lehen für Josua, den Sohn Nuns, in ihrer Mitte. 50 Gemäß des Spruches YHWHs gaben sie ihm die Stadt, die er forderte: Timnat-Serach im Gebirge Efraim und er baute die Stadt auf und siedelte in ihr. 51 Diese (sind) die Lehen, die Eleasar, der Priester, und Josua, der Sohn Nuns, und die Häupter der Väter bezüglich der Stämme der Söhne Israels verteilten, durch Los in Schilo vor dem Angesicht YHWHs am Eingang des Zeltes der Begegnung. Und sie vollendeten die Aufteilung des Landes.

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Gen 1,28 72, 84f. 2,1–4 139 9,1.7 84 10,17 168 13,7 281 15,18 303 15,20 280 23,2 76 24,61–67 260 34,30 281 41,51 191 48,5–6 130 49,15 173 50,23 192 Ex 8,18 100 29,45–46 85 34,24 308 Num 1,10 129 1,32 129 1,34 129 10,11 229 13,6 216 13,16 228 13,22 228, 248, 254f., 268 13,28 233 13,31 286 14,6.30.38 228 14,9 85 14,24 227f. 14,30 143, 215 14,33 229 18,20 318 18,20–24 318 21,24 315, 346, 359 21,32 347 22,41 344

23,14 344 23,28 343 26,15 347 26,28–29 129 26,29 182 26,29–34 192 26,30–32 210 26,33 210 26,36 182 26,37 182 26,52–54 105, 125 26,52–56 57 26,53 132, 310, 328 26,53–54 97 26,53–56 86 26,55 97 26,55–56 65, 124f., 136 26,56 97 26,62 128 27,1 209 27,1–7 180 27,2 211 27,15–23 122 27,18–22 9 27,21 124 31,8 335, 345, 365 31,9 345 31,13 211 32 214 32,2 211 32,12 216, 221 32,13 224, 229 32,19 101, 127 32,22 83 32,22.29 85 32,29 83 32,32 127 32,33 127 32,33–42 9 32,33–43 119 32,34 363

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Stellenregister

32,34–38 332 32,36 364 32,37 342, 363 32,37–38 369 32,39 193, 209, 211 32,39–40 376 32,39–41 350 32,39–42 348 32,40 365 32,41–42 193 33,50–56 60–62 33,53 103 33,54 57, 62, 65, 68, 91f., 96f., 102, 126, 136 34,2 34, 302 34,2.13 302 34,2–12 20, 57, 67, 110, 310, 372 34,6.9 41 34,7 41 34,12 45 34,13 57, 62, 96f., 120, 125f., 136, 302, 310 34,13–15 61 34,14.15 101 34,15 128 34,16–29 120–122, 373 34,17 70, 122, 132 34,17–18 77 34,18 122, 140 34,19 216 34,23–24 130 34,25–28 47 34,29 66, 121 35,2 131 35,4–5 75 36,2 96 36,2–3 97 36,13 378 Dtn 1–3 380–382 1,19–46 235 1,26 216 1,36 215, 227f., 379 1,38 379 2,14 224, 229 2,19 346 2,23 306, 329 3,4 349

3,8–14 323 3,12–17 298, 332, 379 3,13 348, 351 3,14 350 3,16 346 3,17 353 11,22–25 303 15,9 225 18,1–2 317f. 20,11 173 21,17 198 29,7 77 31,2 230 31,7 379 32,51 76 34,9 131 Jos 1,1–2 23, 302 1,3 87, 228 1,6 10, 63, 309, 379 1,11 103 1,15 307 2,1 117 6,23 66 7,12 337 7,14.17 66 9,27 173 10,6 307 10,33 153 10,36–37 215 10,36–39 245 10,38–39 245 11,15.20 131 11,16–20 303 11,18 22 11,21 241 11,21–22 216, 230f., 235 11,21–23 241 11,22 215, 232, 305 11,23 10, 13, 77, 104, 220, 235, 238, 241, 375, 379 12,1–6 313, 332 12,2 351 12,2–3 348f. 12,3 306, 343, 351, 364, 368 12,4–5 323, 350 12,5 348, 351 12,7 104

Stellenregister 12,10 215 12,23 189 13–22 22–24 13,1 229 13,1–6 332 13,1–7 115, 117 13,1.7 253 13,1–14 298, 301–333 13,2–5 105 13,4 237 13,7 89, 94, 140 13,7–8 128 13,7–12 54 13,8 101 13,8.32 101 13,8–31 119 13,10 346 13,14.33 128 13,15–31 57, 134 13,25 211 13,29 211 13,29–31 193 13,30 211 13,31 211 13,32 119, 122, 128, 134 13,33 374 14,1 66, 96, 169, 352 14,1–2 97 14,1–5 96 14,2 57, 96, 310 14,3 374 14,3–4 100, 353 14,4 75, 163, 375 14,5 92, 251 14,6 89, 253 14,6–15 214, 218–247 14,9 253 14,13 251 14,15 254 15,1 59, 97, 155, 245 15,1.3 76 15,2–12 47 15,2–12.20 50 15,3.10 40 15,4 41 15,7 31 15,10 35, 37 15,11 40 15,12 45

429

15,13 130 15,13–14 216 15,13–19 196, 214, 242, 244, 247–272 15,14 255 15,14–15 215 15,20 49f. 15,21–32 47 15,26–32 48 15,45 202 15,45.47 297 15,45–47 74 15,63 153, 202 16,1 38, 128, 277 16,1–3 54, 168 16,1–4 154 16,3 38 16,4 129, 140 16,5 59 16,5–8 47, 50 16,5–10 46 16,6 36 16,7 38 16,8 50, 200 16,9 54 16,10 329 17,1 97, 277, 349, 351 17,1.5 211 17,1–6 352 17,1–13 179 17,3 77 17,3–6 214 17,4 254 17,4.14 67 17,5 278 17,6 140 17,7 159 17,7–8 170 17,7–9 47, 50, 155 17,7–13 46 17,9 43, 171, 179 17,11 274, 296 17,14–18 93, 98, 129, 153f., 214, 271– 299, 375 17,17 114, 129 17,18 42 18,1 72, 84f. 18,1–10 149f. 18,2 79, 132 18,4.10 375

430 18,5 129 18,7 67, 128, 349, 374 18,10 62, 140, 310, 327f. 18,11 39, 59, 129 18,11–20 47 18,12 167 18,12–13 155, 168 18,12–20 51 18,13 158 18,14 169 18,20 49, 51, 141 18,20–21 50 18,21 89 18,24.28 51 18,28 49 19,1.9 253 19,1–9 47, 112 19,2–7 47 19,9 140, 178, 278 19,10 56 19,10–16 47, 201 19,10–39 47 19,10–14.16 51 19,13 37, 52 19,13–14 161 19,14 36 19,16 50 19,17 56 19,17–23 47 19,18 52 19,18.22.23 52 19,23 50 19,24–31 47 19,25.26–28.31 53 19,31 50 19,32 56 19,32–39 47 19,33 36, 42 19,33–34.39 53 19,39 50 19,40–48 47, 112 19,47 39 19,49 5, 45, 67, 169, 253 19,49–50 217, 246, 375 19,49–51 96 19,51 57, 63f., 94, 96, 338, 352 21,1 146, 220 21,1–3 214, 251, 266 21,1–42 100

Stellenregister 21,2 131 21,3 254 21,4 67 21,8 126, 131 21,11 254 21,11–12 228 21,36–37 357, 363, 369 21,42 146 21,43 5, 12 21,43–45 6, 13 22 83 22,1–8 322 23,1 6, 22f. 23,1 6 23,4 327, 329 24,29 10, 12 24,30 138, 141 24,32 130 24,33 10 Ri 1,10 248, 255f. 1,10–11 216, 245 1,10–15 50 1,11 248 1,11–15 256 1,12 216 1,13 252 1,14 250, 258 1,15 251, 259 1,20 255 1,22.23.35 284 1,22–23 129 1,22–28 287 1,27 180, 187, 202 1,27–28 209, 213 1,27–29 129 1,28 203, 286 1,29 172–177 3,3 307 3,9 252, 257 3,11 257 4,21 262f. 5,14 192 11,15 346 11,33 347

Stellenregister 1Sam 13,2 167 27,5 261

2Kön 3,21 100 17,31 306

2Sam 18,6 280

1Chr 4,13 252 4,28–32 48 6,50 67 7,30–33 168 22,18 83

1Kön 3,7 230 4 4 4,7–19 48 4,8 282 4,10 198 4,13 348, 350 4,14.19 362 5,14 162 9,16 153, 162, 169, 173 9,20–21 203 9,21 173

Neh 11 65 11,1–2 124 11,26–29 48 Ez 47,13–48,29 33

431

432

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432

Sachregister

Abschiedsrede 23 Abschlussformel 50, 54, 200, 313, 341, 346, 348 Alternativname 251 Ältestenrat 123 Aramaismus 218, 258 Ätiologie 242 Beruhigungsformel 377 casus pendens 340

Landnahmeformel 301 Landverheißung 16, 70, 78 Landverteilung 10, 12, 71, 79f., 95 Landzuweisungsdokument 18, 214

Losentscheid 18, 65, 67, 88, 93, 95, 97, 112, 115, 124f., 131, 136f., 165, 172, 190, 278, 309 Ortsliste 2, 4f., 7f., 17–19, 48, 52–55, 58, 112

DtrL 377, 380, 382 Eingangsformel 348 Einleitungsformel 340 Erfüllung 70 Eröffnungsformel 56–59, 338 Gebietsbeschreibung 365 Gehorsamsformel 132 Gentilizia 303, 314f., 327 Grenzbeschreibung 52, 54, 342 Grenzliste 2–4, 17, 49, 51, 53, 61, 80, 112

Patroziniumsformel 193 Priesterschrift 8–10, 12f., 71f., 80, 83, 84 Primogenitur 163f. Rekapitulation 380 relecture 381 Siebenstämmesystem 178f., 373 Tetrateuch 24 Toraobservanz 16

Hexateuch 11, 13f., 26, 382

Überschrift 58–60

Idiolekt 20, 26, 34 Itinerar 19, 28

Verheißung 69 Verheißungsland 123

Kulttopographie 19

Wiederaufnahme 22f., 243, 316f., 327f., 330

Landkommission 120–122, 125, 130f., 137, 140–142 Landnahme 70, 84

Zwölfstämmevolk 111–113, 127, 136, 154, 367f., 374

1

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1

Hebräische Lexeme

ʾohæl môʿed 72, 83 ʾûlay 231 ʾāḥ 195 ʾeṣ 281 ʾarbaʿ 254 ʾæræṣ 72, 84, 98, 144, 193 ʾîš hāʾælohîm 217, 223 ʾiššê 317 ʾîš milḥāmāh 193 ʾūṢ 281 ʾMR 90, 282 bekôr 191f., 211 benê 72, 82 benôt 74 barzæl 283 berekāh 264 Bōʾ 87f., 107, 127 BNY 142 BRʾ 279 gebûl 28, 41, 57, 100, 141, 156, 165– 167, 179, 181, 199, 304, 307, 341, 345, 366 gibbôrê haḥayil 71 gelîlôt 303 gullāh 250 gôrāl 57, 65, 67, 75, 98, 124, 144, 156, 165, 181, 190, 278, 285, 296 GʾL 250 dābār 225 DBR 271, 318 DRK 87, 228 hālʾāh 186 hannôtārîm 211 harbeh 301, 327f. HLK 30, 87f., 108, 171, 256f.

zoʾt 311 zekārîm 194 zāqen 299 ziqnê 71 ḥæbæl 64, 278, 296 ḥawwot 350 ḥelæq 104, 130, 251, 253 ḥāṣer 74f., 76 ḤYY 43, 97, 229, 341 ḤLQ 57, 62, 64, 86, 91f., 94, 104, 108, 114, 128, 131–134, 139–141, 149, 251, 310 yāmîn 43 yaʿar 279f., 296 Yiśrāʾel 72 YHB 258 YṢʾ 30, 38, 67, 97, 165 YRD 30, 37, 168 YRY 95 YRŠ 63, 259, 267, 287, 301f., 314, 327– 329 YŠB 142, 172, 316, 344 koaḥ 284 kî 191, 231, 276 kælæb 221 KBŠ 72, 83–85 KLY 140 KTB 87f., 104, 107, 116 leb 226 LKD 259f. LQḤ 101, 128, 313 meʾod 301, 327f. midbār 157 migrāš 74–76, 131

434

Hebräische Lexeme

mizraḥ 166, 307 maṭṭæh 103, 128 mamlākāh 314 mamlekût 314 mas 173 miqnæh 131 mirʿæh 75 marʿît 75 mišpeḥôt 66 mîšor 314 MLʾ 227 MLK 344 MSY 218, 226 MSS 218 MṢʾ 282 nægæb 44, 264 naḥalāh 10, 63, 67, 77, 86, 91, 94, 96, 101, 128, 130, 141, 142, 229, 376 nāśîʾ 123 neśîʾîm 196 NGŠ 220 NḤL 10, 62–66, 91, 96, 97, 120–123, 125, 128, 132f., 137, 139, 144, 149, 352, 379 NKY 259f., 314 NSK 344 NPL 197, 309f., 329 NTN 67, 77, 96, 101, 127f., 130f., 142, 259f., 265, 340 sābîb 46, 141 SBB 29, 35f. SūT 261 ʿobed 173 ʿæbæd YHWH 101, 217, 223, 328, 379 ʿod 272 ʿad ʾašær 273 ʿedāh 73, 82f. ʿal 334 ʿal penê 304, 346 ʿam 72

ʿBR 29, 40, 88 ʿLY 30, 37, 67, 256f. ʿMD 100 peʾat 45 PGʿ 31, 53, 200 PNY 31 ṢWḤ 262 ṢWY 90, 309 ṢNḤ 262f. ṢNʿ 263 ṢRḤ 262 qedmāh 45 qāhāl 73, 83 qôsem 344 qinyān 131 QHL 83 QūM 87f., 107 QNY 131 rāʾšê ʾabôt 73 rægæl 228 rækæb 283 raq 309 RGL 225 RPY 103 śādæh 261 šebæṭ 72, 94, 102f., 128, 340, 349 ŠʾL 138, 142, 170, 261 ŠʾR 301 ŠūB 31, 88, 225 ŠLḤ 225 ŠLK 95 ŠQṬ 235 têmān 43, 306 toṣeʾôt 42f. TʾR 30 TūR 225

435

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435

Namenregister

Abieser 192 Abija 4 Abraham 16, 22 Achsa 244–269 Ahiman 254 Anakiter 232, 235, 243, 255 Arba 234, 242, 254 Arkiter 158f., 168 Arqiter 168 Ascher 183, 187, 199, 201, 209, 213 Asriel 192 Awiter 305f., 329 Bileam 345, 368 Bybliter 307 Daniel 112 David 22, 48, 55, 270 Efraim 290 Eleasar 12, 25, 73, 78, 122, 125, 136f., 195, 373

Kenas 222, 245, 249 Kenasiter 216, 221–223, 252 Leviten 17, 129–131, 374 Machir 192f., 204, 209–211, 349, 352, 376 Manasse 111 Mose 126, 129, 182, 195, 218, 223, 230, 233, 313, 316, 333, 335, 345, 350, 374, 381 Naftali 201 Og 183, 193, 299, 332, 349, 350f., 367, 376 Otniel 245, 249f., 252, 256f., 261, 269 Perisiter 281 Philister 232, 305 Refaiter 281

Geschuriter 304, 329 Hefer 181, 192, 194, 197f., 209 Hekataios 378 Helek 192 Hiskija 4 Issachar 187, 201, 209, 213 Jafletiter 168 Jair 348, 350 Jerobeam II. 192 Joschafat 4 Joschija 4, 6, 8, 380

Salomo 48, 55, 173, 227 Schemida 181, 192 Schemjada 182 Scheschai 255 Sebulon 201 Sihon 299, 332, 343–345, 348, 351, 365, 369, 376 Simeon 112 Talmai 255 Usija 4 Zelofhad 77, 195, 197f., 209f., 373

Kaleb 138, 218–272, 375 Kanaanäer 303, 305

436

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436

Ortsregister

Afek 307 Alalach 18, 24 al-Qaspuna 160 Anak 232 Araba 337 Arad 337 Arba 234, 242 Argob 219 Arnon 333, 342 Aroër 342, 347, 363, 365, 370 Aschdot-Pisga 343, 355 Ascher 183, 187, 201, 209 Astarot 351 Atarot 158, 159 Atarot-Addar 158 Baala 35 Baal-Gad 307 Bamot-Baal 334, 344, 369 Baschan 183, 193, 198, 209, 211, 338, 349, 350f., 367 Beerot 52 Bet-Aven 167 Bet-Baal-Meon 369 Bet-El 157f., 167 Bet-El-Lusa 157, 167 Bet-Haram 364 Bet-Horon 158, 168 Bet-Jeschimot 343, 364 Bet-Nimra 364 Bet-Pegor 364 Bet-Peor 343 Bet-Schean 187f., 202 Bet-Schemesch 36, 52 Betonim 342 Debir 245, 258, 269, 337 Dibon 343, 363 Dor 187f., 202

Edrei 351 Efraim (Gebirge) 282 Ekron 48, 304 Elale 342 Emar 18 En-Dor 187–189 En-Tappuach 184 Gaasch 138 Gat 305 Gaza 306 Geser 153, 158, 169, 173, 304, 329 Geschur 304 Gilead 191, 198, 209, 211, 351f., 367 Gilgal 16, 79, 82, 89–99, 106, 119, 230, 235, 270 Golathmain 250 Hannaton 36 Ḫatti 18 Hattusa 18 Hebron 76, 215, 228, 243, 251, 268 Helkat 53 Heschbon 334, 343, 347, 365 Jahaz 375 Janoah 161 Jaschib 184 Jaser 337, 346, 348 Jearim 36 Jericho 158, 167, 170 Jerusalem 153 Jesreel 52, 274 Jibleam 187f., 202 Jordan 167 Kadesch-Barnea 27, 225 Kana 162, 200, 212 Kanaan 27, 124, 303

Ortsregister Kedemot 375 Kenat 348 Kesullot 52 Kirjat-Arba 76, 220, 234, 242, 251, 254, 268 Kirjat-Sefer 248, 257, 259, 269 Lebo-Hamat 307 Leschem 39 Libanon 308 Lodebar 337 Lus 157f., 167 Mahanajim 338, 350 Medeba 334, 343, 347 Mefaat 375 Megiddo 187–189, 202 Michmetat 159f., 170, 183, 199 Misrefot-Majim 307 Naara 161 Nafat-Dor 189 Nea 36, 161 Nippur 18 Paran 224 Pisga 343f., 364 Rabba 347 Ramat-Mizpe 342 Ribla 27

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Schahazajim 52 Schihor 307 Schilo 15, 17, 64f., 82f., 89f., 95, 99f., 102, 111f., 119, 126, 136, 143f. Seir 35 Sichem 82, 130, 171, 192, 282 Sinai 10 Sippar 18 Skorpionsteige 35 Sukkot 364 Taanach 187, 189, 202 Taanath 161 Taanath-ʾôtô 161 Taanat-Schilo 160, 170 Tappuach 154, 160, 171, 184f., 199, 212 Tarḫuntašša 18 Timna 36 Timnat-Serach 138, 142, 282 Tirza 160 Ugarit 18 Westjordanland 123, 129 Zafon 347, 364 Zeret-Schahar 334, 364 Zin 76