Die Kriegsfolgezeit und deren wirtschaftliche Organisation [Reprint 2022 ed.] 9783112673607, 9783112673591


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German Pages 44 [88] Year 1917

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Table of contents :
Vorwort und Einleitung
Erster Teil. Wirtschaftliche und andere Grundlagen der Kriegsfolgezeit in Europa und insbesondere in Deutschland
Zweiter Teil. Deutschlands wirtschaftliche und andere Beziehungen zum Ausland in der Kriegsfolgezeit
Dritter Teil. Umformung veralteter oder Neubildung staatlicher und anderer Einrichtungen
Schlußwort
Anmerkungen
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Die Kriegsfolgezeit und deren wirtschaftliche Organisation [Reprint 2022 ed.]
 9783112673607, 9783112673591

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^S)rtugUdje-

£eipjig *** QPerfag von der/ F Gotnp. — 1917

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dringliche WrlschchsslM Anter diesem Gesamttitel erscheinen in dem unterzeichneten Verlage eine Anzahl Äefte, in denen besonders führende Wirtschaftspolitiker aus der Praxis und den Redak­ tionen unserer großen Zeitungen zu Worte kommen sollen. Es liegen bereits vor:

heft 1. Gegen den vargeldverketyr von (Ernst Katyn, Handelsredakteur der Frankfurter Zeitung. Gety. Ist. 1.— heft 2. Handelspolitik und Krieg von Hrttyur Feiler, Redakteur der Frankfurter Zeitung. Gety. Kl. 1.20

heft 3. Der Giroverkehr der deutschen Sparkassen von Oberbürgermeister Dr. von Wagner-Ulm. Geh. IN. 1.60 heft 4. Unsere Rohstoffversorgung nach demKriege von Dr. Edgar Landauer-Vraunschweig. Gety. IN. 1.20 heft 5. Neue Wege zur Förderung der Lebensmittel­ produktion und -Versorgung. Gedanken und Vor­ schläge von Regierungsrat Risch-Neu-Ulm und Ober­ bürgermeister Dr. von Wagner-Ulm. Gety. Kl. 1.20

heft 6. Unsere Valutasorgen. Ursachen, Wirkungen und Heilmittel von Ernst Katyn, Handelsredakteur der Frankfurter Zeitung. INit 9 graphischen Dar­ stellungen. Geh. Kl. 1.50 heft 7. Die Kriegsfolgezeit und deren wirtschaftliche Organisation von Dr. Wilhelm 5l. Dqes. Gety. Kl. 1.50

Verlag von Veit & Comp., Leipzig, Marienstraße 18

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Verlag Veit & Lomp. in Leipzig, Marienstraße 18

Die Xriegsfolgezeit und deren wirtschaftliche Organisation von

Dr. Wilhelm 5l. Dye§ heft 7 der „Dringlichen lvirtschastssragen"

80 Seiten.

Geheftet lN. 1.50

as ganze Buch ist geeignet, jedem Industriellen und Kaufmann

D

viel zu denken zu geben; es sei deshalb jedem, der sich für Zukunfts­ fragen interessiert, empfohlen." — So schvieb ein bekannte Fachzeitschrift.

Ein Frieden ohne Kompensationen bringt uns in Deutschland in eine wirtschaftliche Lage, die man sich klar machen mutz, um den Ernst der Stunde völlig zu verstehen. Die Begründung dieser Tatsache durch reichhaltiges Material in dieser fesselnden Schrift wie in Vorträgen des- Verfassers vor technischwirtschastlichen Vereinigungen haben bei der Industrie und dem handel, wie in den Kriegsämtern und bei maßgebenden Kreisen der Reichs­ regierung durch die unerschrockene Darlegung begangener Fehler und den Hinweis auf die notwendige wirtschaftliche Neuorganisation be­ rechtigtes Aufsehen erregt. Wer sich nicht mit den wirtschaftlichen Forderungen der Kriegs­

folgezeit rechtzeittg beschäftigt, bleibt rückständig und scharfen Wettbewerb nach dem Kriege!

unterliegt im

„vorbauen, vordenken," das Leitmotiv dieser Schrift wird daher

für einen Jeden, der im praktischen Leben steht, von größtem Inter­ esse sein. 9. VIII. 17. V. & Co. 20000.

Urteile der presse:

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„£UIe erwerbenden Klassen haben sich mit den schwierigen Kufgaben der Übergangszeit zu befassen. In dieser Einsicht will das vorliegende Buch als Führer dienen." (Freisinnige Zeitung.) Das Buch ist ein interessanter Beitrag zu den Studien über unser wirt­ schaftliches und soziales Leben in der Kriegsfolgezeit, der geeignet sein wird, manche irrige Auffassung richtig zu stellen und unbegründeten Hoffnungen einen Dämpfer aufzusetzen. (Es ist geeignet, jedem Industriellen und Kaufmann viel zu denken zu geben. (Farbenzeitung.) Ein eingehendes Studium dieser anregenden Schrift wird dringend emp­ fohlen. (Echo.)

J 1

BefteHfd?ein

Aus dem Verlag Veit & Lamp, in Leipzig bestelle ich durch die vuchhandlung

Stückzahl

Dqes, Kriegsfolgezeit. heft 7 der „Dringlichen Wirt­ schaftsfragen". Geheftet HL 1.50

Dringliche lvirtfchastsfragen: heft 1. Nahn, Gegen den Vargeldverkehr. Geheftet HL 1.— heft 2. Zeller, Handelspolitik und Krieg. Geheftet HL 1.20 heft 3. v. Wagner, Der Giroverkehr -er deutschen Spar­ kassen. Geheftet Hl. 1.60 heft 4. Landauer, Unsere Rohstoffversorgung nach dem Kriege. Geheftet Hl. 1.20 heft 5. Risch und v. Wagner, Neue Wege zur Förderung der Lebensmtttelproduktlon und -Versorgung. Geheftet HL 1.20 heft 6. Kahn, Unsere Valutasorgen. Geheftet HI. 1.50 Nichtgewünschtes ist durchzustreichen! Ort und Datum:

Harne:

Die Kriegsfolgezeit und deren

wirtschaftliche Organisation

Dr. Wilhelm A. Dyes Motto: Wir müssen für die Zukunft arbeiten. Wir gehen bald dahin, aber unser Volk soll in die kommenden Jahrhunderte hineinleben. Generaloberst von Moltke f (am 1. Januar 1916).

Leipzig

=

Verlag von Veit & Comp.

°

1917

Druck von Metzger Sc Wittig in Leipzig.

Vorwort und Einleitung. Bei einem Rückblick auf unsere wirtschaftlichen Erfahrungen im Kriege sieht jeder vernünftig denkende Deutsche ein, daß wir

bezüglich der Dauer des Krieges, der Anschauungen im Auslande über Deutschland und vieler anderer Punkte uns falschen Illusionen hingegeben und wirtschaftlich nicht genügend Vorbereitungen ge­

troffen haben, mithin es in vielen Richtungen an der nötigen

Voraussicht fehlen ließen. Gleich nach meiner Rückkehr aus englischer Gefangenschaft im Oktober 1915 habe ich mir ein vorurteilsloses Bild darüber

zu machen gesucht, nach welchen Richtungen hin wir in Deutsch­ land nicht richtig oder rechtzeitig organisiert waren oder sind.

Die Unterlagen und der größte Teil vorliegender Darlegungen waren bereits in der ersten Lälfte des Jahres 1916 fertig, be­ vor ein Reichskommissariat für die Übergangswirtschaft gebildet

wurde. Diese Aufsätze sollen nur anregen, Positives zu schaffen und genau so energisch vorzugehen, wie es unsere Leeresleitung glück­

licherweise tut, wenn es sich um die Abstellung von Fehlern oder

veralteten Einrichtungen handelt.

Wir können in der schwierigen,

dem Kriege folgenden, wirtschaftlichen Epoche nicht zaudern, den Tatsachen mutig ins Gesicht zu sehen und müssen uns noch wäh­ rend des Krieges entsprechend vorbereiten und einrichten.

Mit 3

Bekritteln und Kritisieren ist es nicht getan — jeder deutsche Mann

hat die Pflicht, sein Gehirn anzustrengen, um für unser Volk und die Zukunft Deutschlands die besten Mittel und Wege ausfindig zu machen, die uns einer neuen wirtschaftlichen Blüte entgegen­

führen.

Ich hoffe sehr,

Persönlichkeiten haben,

daß wir in Deutschland die richtigen

die — unbeeinflußt von

interessen — die wirtschaftliche Führung übernehmen. Berlin W. 62, März 1916.

Sonder­

Erster Teil.

Wirtschaftliche und andere Grundlagen der Kriegsfolgezeit in Europa und insbesondere in Deutschland. Nach lang andauernden Friedensverhandlungen, denen wahr­ scheinlich ein WaffenMstand vorausgeht, wird die Äbergangszeit beginnen, welche ich als Kriegsfolgezeit bezeichne. Allgemein hofft man, daß diese Kriegsfolgezeit nur kurz sein werde; es ist aber zu befürchten, daß man sich in dieser Beziehung falschen Hoff­ nungen hingibt. Ich schätze die erste Periode der Kriegsfolgezeit auf mindestens drei und auf wahrscheinlich fünf bis sechs Jahre; ich erinnere dabei an die falschen Berechnungen, die wir bezüglich der Kürze des Krieges machten. Diese erste Periode der Kriegsfolgezeit ist eine Fortsetzung der Kriegszeit in wirtschaftlicher Beziehung; Sonderinteressen haben zurückzu­ treten, und dem Interesse der Allgemeinheit haben sich alle unter­ zuordnen. Die zweite Periode der Kriegsfolgezeit wird sich auf mehrere Jahrzehnte erstrecken; die Dauer hängt ab von den Entschließungen unserer Regierung und Volksvertretung, die über die Tilgung der Kriegslasten zu entscheiden haben. Bei Friedensschluß schaut der unparteiische Beurteiler in anderen Erdteilen auf ein Europa, dessen Äauptländer durch den Krieg entkräftet oder sogar verarmt sind. Wieviel das gesamte Volksvermögen Europas vor dem Kriege betrug, ist schwer festzustellen; ich schätze dieses, um eine annähernde Grundlage zu geben, auf 1600—1800 Milliarden Mark. Diesem Volksvermögen stehen neue Schulden oder Kriegslasten gegenüber, die sich einschließlich der Pensionen und Entschädigungen auf 420—450 oder mehr Milliarden Mark für Europa belaufen mögen.

Deutschlands Volksvermögen wurde vor dem Kriege von Lelfferich, Steinmann-Bucher u. a. auf 330—400 Milliarden Mark geschätzt. Die Löhe der Differenz zeigt die Anzulänglichkeit der Berechnungen, denen authentische genauere Zahlen möglichst bald gegenübergestellt werden sollten. Die gesamte Verschuldung Deutschlands schätze ich auf 70—80 Milliarden Mark (1). Lierzu kommen die Kriegslasten, die ich mit 80 Milliarden Mark annehme; außerdem wird die Zahlung der Kriegsschäden, der Pensionen und anderen Entschädigungen sehr bedeutende weitere Summen erfordern. Wenn man die letzteren kapitalisiert, ist meine Schätzung wahrscheinlich erheblich zu niedrig. Wenn wir also bei der Annahme stehen bleiben, daß unser Volksvermögen etwa obige Summe betragen hat, kommen wir zu der Schlußfolgerung, daß nach dem Kriege nahezu die Lälste unseres Volksvermögens durch staatliche, kommunale, private und andere Verpflichtungen einschließlich Lypotheken verpfändet worden ist. Selbstverständlich ist es die Pflicht von Regierung und Volks­ vertretung, für eine Abtragung und Verminderung solcher Schulden zu sorgen, und die Festsetzung der Amortisationsquote wird nicht nur bei den staatlichen Anleihen, sondern auch bei Obligationen und Lypotheken bei der Neuorganisation unserer gesamten deutschen Volkswirtschaft in den nächsten Jahrzehnten eine sehr wichtige Rolle spielen. Zn Österreich-Angarn schätzten Fellner und Karl Priebam das Volksvermögen vor dem Kriege auf rund 130 Milliarden Kronen. Die Kriegsschulden bis Mitte 1916 betrugen 29 Milliarden Kronen und können bis Ende des Krieges einschließlich Pensionen und Ent­ schädigungen wahrscheinlich auf 50—60 Milliarden Kronen geschätzt werden. Wenn man hierzu die frühere Verschuldung des Staates, der Kommunen, des Grundbesitzes und der Industrie hinzuzählt, wird man für Österreich-Angarn wahrscheinlich zu einer Ver­ pfändung des Volksvermögens von über 70% gelangen. Großbritannien hatte nach den Angaben des englischen Schatz­ kanzlers ein Volksvermögen von 330—350 Milliarden und ein­ schließlich der Kolonien von 520 Milliarden Mark. M. Moody's Investor Service schätzte im Juli 1916 das Nationalvermögen Englands auf eine ähnliche Ziffer und führte dabei an, daß auf den Kopf der Bevölkerung das Nationalvermögen Englands un­ gefähr um 25% höher als in Deutschland war (Deutschland 1355, 6

Frankreich 1522, Großbritannien 1751 Dollars pro Kopf). Die Kriegsausgaben Englands im Jahre 1916/1917 allein wurden von Bonar Law auf 39 Milliarden Mark geschätzt, wovon 8 Mil­ lionen täglich als Vorschüsse an die Verbündeten und Kolonien bezahlt wurden. Die gesamten Kriegsausgaben Englands bis AprilMai 1917 betragen mindestens 85 Milliarden Mark. M. Pryor nahm bereits Anfang des Jahres 1916 an, daß ein Fünftel des englischen Nationalvermögens verloren gegangen sei, wenn man den Landbesitz außer Betracht lasse. Selbst nachdem die neue Kriegsanleihe für England etwa 20 Milliarden Mark erbracht hat, ist in Betracht zu ziehen, daß die laufenden Verbindlichkeiten nahezu diese Summe allein ausmachen. Ferner hat England einen sehr bedeutenden Teil der besten Aktiva seines Volks­ vermögens ans Ausland abgeben müssen. In Frankreich hat man bisher 70 Milliarden Franken Kriegs­ kredite bewilligt erhalten. Die Schulden betrugen vor Ausbruch des Krieges im Vergleich mit Deutschland das Doppelte pro Kopf der Bevölkerung, während die Einkünfte nach Moody's I. 8. für den Kopf der Bevölkerung auf 187 Dollars geschätzt wurden (gegen­ über 215 D. für Deutschland und 196 D. für Großbritannien). Es ist zu beachten, daß der neue Aufbau der Industrie in Frank­ reich nach dem Kriege viel längere Zeit beanspruchen wird als in Deutschland, und daß die großen von Frankreich in Rußland an­ gelegten Summen sich vielleicht schlecht verzinsen werden. In Rußland betragen die täglichen Kriegsausgaben bereits über 90 Millionen Mark; seit Kriegsbeginn hat Rußland über 60 Milliarden Mark Kriegsanleihen ausgegeben; davon rund 41 Milliarden Mark im Inlands und rund 19 Milliarden Mark im Auslande. Wieviel von Rußlands besten Aktiven (Wäldern, Bergwerken usw.) in England, Amerika und Japan verpfändet oder unter ungünstigen Bedingungen zur Ausbeutung abgegeben worden sind, wird erst später festzustellen sein. Daß die Verhältnisse in Italien nach dem Kriege nicht gün­ stig liegen, ist sicher; schon jetzt klagt man sehr über die neuen Steuern — auf Einzelheiten der Kriegslasten dieses Landes und unserer restlichen Feinde sei hier nicht eingegangen. Bei dieser Übersicht ist für Deutschland erfreulich, daß es erstlich von den Verwüstungen der Kriegsfurie fast frei geblieben ist und daß ferner die Abschließungspolitik Englands und der dadurch

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erfolgte Zwang zur Binnenwirtschast uns verhindert/ hat, unsere Passiva im Auslande stark zu vermehren und einen größeren Teil unserer leicht verkäuflichen Aktiva ans Ausland abzustoßen, wäh­ rend hingegen England, Frankreich und Rußland mindestens 30 Milliarden Mark an Gold, Wertpapieren und anderen leicht verkäuflichen Werten an Japan und die sogenannten neutralen Länder abgegeben und dadurch die wertvollsten Aktiva ihres Volks­ vermögens stark vermindert haben. Da aber auch bei dem günstigsten Ausgange des Krieges nur auf solche Kriegsentschädigungen zu rechnen ist, die einen Bruchteil der Kriegslasten ausmachen würden, ist die um etwa 25% vergrößerte Verpfändung unseres Volksvermögens auf eine Gesamtbelastung von rund 50% gestiegen und die geregelte Amortisation dieser Belastung ist daher eine der wichtigsten wirt­ schaftlichen Fragen, welche zu lösen ist. Die gesamten Steuern, Zölle, Verbrauchsabgaben usw. betrugen vor dem Kriege für Deutschland rund 4 Milliarden Mark (2). Ich rechne als die ge­ ringste Summe, welche das deutsche Volk in seiner Gesamtheit nach dem Kriege jährlich an neuen Steuerlasten aufzubringen hat, nur 6 Milliarden Mark, also insgesamt das Zweieinhalbfache der bisherigen Lasten. Ich bemerke hierbei ausdrücklich, daß viele Volkswirte die jährlichen Entschädigungen an die Witwen und Waisen unserer Vaterlandsverteidiger und an die Kriegsverletzten allein mit 2—3 Milliarden Mark schätzen, während ich z. Z. die gesamten Kriegslasten, niedrig kapitalisiert, mit 80 Milliarden Mark einsetze, eine Verzinsung von 5% und eine Amortisierung von 2%% rechne, was 6 Milliarden Mark pro Jahr ergeben würde. Es genügt im Augenblick, bei dieser Summe von jährlich 6 Milli­ arden Mark stehen zu bleiben, um eine /Unterlage zu schaffen. Gewisse neue Aktiva werden ja dank den Bestrebungen unserer militärischen Verwaltung geschaffen sein und dem Staate zur Ver­ fügung stehen, aber deren Gesamtsumme beträgt doch nur wenige Prozent der gesamten Kriegslasten. Wohl aber haben wir als Pfand für die Friedensverträge die besetzten Gebiete, welche aller­ dings nicht als Aktivposten in der Volksvermögensbilanz gegenüber den neuen Passiven (Kriegslasten) eingesetzt werden können. Es bleibt mithin nichts anderes übrig, als bei einer Bilanz unseres deutschen Volksvermögens und einer genauen Berechnung der Aktiva und Passiva sich darüber klar zu sein, daß zu der 8

bisherigen gesamten Verpfändung oder Verschuldung mittels An­ leihen, Obligationen, Hypotheken usw. eine mindestens gleich hohe Verpfändung durch die Kriegsanleihen hinzugetreten ist, und daß daher die vor uns liegenden wirtschaftlichen Aufgaben in ihrer Größe und Bedeutung so weitgehend sind, daß den militärischen Organisatoren wittschaftliche Genies oder mindestens weitblickende Köpfe zu folgen haben, um die Kriegsfolgezeit richtig für Jahrzehnte zu organisieren. Ans traf der Krieg wirtschaftlich unvorbereitet; Riesser, Völker, Possehl und Blaustein haben seit dem Jahre 1906 auf die Notwendigkeit eines wirtschaftlichen Generalstabes hin­ gewiesen, aber kein Gehör gefunden. Dank Walter Rathenau und seinen Mitarbeitern, sowie Major Koeth ist durch weit­ blickende, kurz entschlossene Entscheidung des Kriegs Ministeriums die Rohstoffversorgung während des Krieges erledigt worden. Daß eine neue aus dem Nichts geschaffene und in der Not ge­ borene Institution, die erst Erfahrungen sammeln und neue witt­ schaftliche Grundlagen schaffen mußte, dabei Fehler nicht vermeiden konnte, ist natürlich. Die Arbeit und neue Organisation, welche bei Beginn des Krieges dem Reichsamte des Innern oblag, war so überwältigend groß, daß nur ein organisatorisches Genie den gordischen Knoten hätte durchhauen können; viel ist an Arbeit geleistet worden. Sicherlich wäre es aber zweckmäßiger gewesen, seit Jahren an die kommenden Möglichkeiten zu denken und solche vorzubereiten. Allgemein klagen die Vettreter unseres Volkes im Reichstage und in den Landtagen noch jetzt über verspätete Maßnahmen und es ist vor allem Zweck dieses Aufsatzes, zur Erörterung zu stellen, welche rechtzeitigen Maßregeln in Frage kommen, und was wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen können. Von welch großem Vorteile würde doch für unsere Volkswirtschaft, unsere Valuta und für die Beurteilung unserer Leistungsfähigkeit in den Augen des Auslandes eine rechtzeitige Regelung der Ein­ und Ausfuhrbewilligungen durch eine maßgebende, verantwortliche und imponierende Persönlichkeit gewesen sein. Statt dessen ist das Reichskommissariat für Ein- und Ausfuhr erst etwa 1Jahre nach Beginn des Krieges errichtet worden. Ebenfalls ist ja offi­ ziell zugegeben, daß das Kriegsernährungsamt mindestens 1 Jahr zu spät geschaffen worden ist.

Ebenso langwierig und schwierig hat sich die Einrichtung der Kriegsgesellschaften gestaltet, deren es ja nunmehr über 100 gibt. Es ist eigentümlich, wie der bureaukratische Geist auch in die Köpfe vieler Kaufleute und Techniker eindringt, wenn dieselben einmal in einem bureaukratischen und nicht rein kommerziellen Betriebe ihren Platz einnehmen. In den verschiedensten Verbänden und Kreisen von Landwirtschaft, Lande! und Gewerbe wird gewünscht, daß die Kriegsgesellschaften baldmöglichst nach Friedensschluß ihre Tätigkeit abwickeln und gänzlich einstellen. Es wäre nun gänzlich verkehrt, in der Kriegsfolgezeit als der Fortsetzung der Kriegszeit das Kind mit dem Bade auszuschütten und auch die­ jenigen Kriegsgesellschaften zu liquidieren, welche für die wirtschaft­ liche Zukunft Deutschlands in der Kriegsfolgezeit weiter vonnöten sind. Der Abbau wird sehr geraume Zeit erfordern. Während des Krieges sind durch innere Konkurrenz und Gewinnhascherei zum Nachteil des deutschen Volksvermögens große Verluste dadurch erlitten worden, daß in Rumänien, Skandinavien, Lolland und auch Amerika der Einkauf nicht geregelt war. Die sehr be­ achtenswetten Worte des Änterstaatssekretärs Michaelis, wonach im Frieden zunächst die Nahrungssorgen nicht vermindett werden, und über die wieder geöffneten Grenzen keinesfalls alles das hereinströmen wird, was wir entbehtt haben, sind vielfältig auch auf andere Gebiete als die Nahrungsversorgung anzuwenden. Die Spekulation hat wahrlich nicht während des Krieges ab-, sondern zugenommen. Lalbe Maßregeln würden zu einer Verschleuderung unseres Volksvermögens im Auslande führen und auch zu einer ungeregelten maßlosen Konkurrenz im Inlands, die vermieden werden muß, wenn wir volkswirtschaftlich schnell die Kriegszeit überwinden wollen. Ich erinnere nur an die Zementindüstrie, an die im deutschen Allgemeinintereffe kurzsichüge Politik in der Kaligesetzgebung und Kaliausbeutung, sowie an die neuerdings einsetzende Spekulation in Braunkohlenfeldern und -gruben. Die natürlichen Schätze un­ seres Bodens sind ein integrierender Teil unseres Volksvermögens, deren rattonellste im Interesse des gesamten Staatswohls gün­ stigste Ausbeutung durchaus erforderlich ist. Die Anzahl der Beispiele läßt sich noch stark vermehren. Die Neuregelung des Effektenverkehrs wird z. B. auch in Betracht kommen. Im Kriege ist bekanntlich sowohl in der Landwirtschaft wie

auch in der Industrie viel verdient worden. Die Preisfrage spielte vielfach keine Rolle — wie aber wird die Preisfrage im internationalen Wettbewerbe nach dem Kriege sich ge­ stalten und welche Preise werden als normal oder als übertrieben zu gelten haben? Eine gesunde Volkswirtschaft stellt sich auf einen normalen Preis ein und die Regierung und die Leiter der Landwirtschaft und Industrie haben meines Erachtens die Pflicht, die böse Einwirkung der Preissteigerungen auf die Moral unserer Nation in Betracht zu ziehen. Der Gelderwerbs­ sinn, der vor dem Kriege schon stark in Deutschland ausgeprägt war und vielfach an amerikanische Verhältnisse erinnerte, hat manche Kreise übertriebenen Forderungen gegenüber außerordentlich skrupel­ los gemacht; noch unterschätzt man in dieser Beziehung die weit­ gehende Wirkung auf die moralischen Grundanschauungen. Landwirt­ schaft wie Industrie scheuen sich häufig, die wirklichen Gestehungskosten und die normalen Gewinne in Rechnung zu ziehen und bekannt­ zugeben, so daß eine Rückkehr zu alten Verhältnissen sehr schwer ist. Von Interesse wird festzustellen sein, wieviel die Landwirt­ schaft mit ihren großen Gewinnen in Kriegsanleihen angelegt und andererseits durch den Verkauf von Pferden, Vieh und an­ deren vor dem Kriege vorhandenen Beständen an Aktiven abge­ geben hat. Natürlich ist infolge ungenügender Düngung dem Boden mehr Kraft als in Friedenszeiten entzogen worden, so daß hier auch eine Verminderung der Aktiva vorliegt. Andererseits wäre es wichtig festzustellen, ob infolge des gewinnbringenden Ab­ satzes der Landwirtschaft während des Krieges eine Verminderung der Passiva (Verschuldung) stattgefunden hat. Nach der preu­ ßischen Statistik war die Landwirtschaft im Durchschnitt mit einer Schuldenlast von etwa 26°/0 belastet. Eine der Grundlagen eines neuen wirtschaftlichen Auf­ schwungs (unter Berücksichtigung der Amortisation der Kriegs­ anleihen) für Deutschland ist ein Abbau der Teuerung nach dem Frieden. Die im allgemeinen vorzüglich organisierte Landwirt­ schaft wird zu beweisen haben, ob sie in der Lage ist, durch Neue­ rungen die Verbilligung unserer Lebensmittel herbeizuführen. Ein Produktionszwang wird von manchen Seiten abgelehnt; eine Pro­ duktionssteigerung (besonders unter Zubilligung von Prämien) wird von vielen weitsichtigen Landwirten für möglich gehalten und neuerdings endlich energischer zu fördern beabsichtigt. Die

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Versorgung der Städte mit landwirtschaftlichen Produkten wird neu zu organisieren sein; Straßburg i. (£., Frankfurt a. M. und andere Städte haben bereits Reformen eingeführt, deren Nach­ ahmung sicherlich wünschenswert ist. Den Verlust an Pferden im Kriege wird die mechanische Arbeit unter Anwendung von Dampfpflügen, fahrbaren Motoren, Lokomobilen, die Einrichtung von Elektrizitätszentralen, wie in Pommern usw., ausgleichen müssen. Da die große Anzahl der Wanderarbeiter, die vor dem Kriege auf 8—900000 oder mehr geschätzt wurden, in Zukunft nur in einer geringen Masse zur Verfügung stehen, ist die Ein­ führung mechanischer Arbeit und Neuorganisation der Betriebe geradezu eine Notwendigkeit. Die hervorragend günstigen Er­ fahrungen der landwirtschaftlichen Armeebetriebe während des Krieges werden wahrscheinlich auch zu manchen Verbesserungen in Friedensbetrieben führen. Vorschläge und Anregungen, wie sie von Karl Severing, Loesch, Walter Dix und vielen anderen gemacht sind, werden sicherlich zu beachten sein, um die Versorgung Deutschlands sicherzustellen. Wenn Michaelis bereits der Äber-

zeugung ist, daß wir vom Auslande in den ersten Jahren nur auf geringe Bezüge rechnen können, so ist der springende Punkt für 2/3 unserer Bevölkerung: wird die deutsche Landwirtschaft den Ansprüchen genügen? die Preise abbauen? die Bedürfnisse der allgemeinen deutschen Volkswirtschaft im Auge haben? oder werden Sonderintereffen und Gewinnhascherei vorwalten? Bei der Landwirtschaft sowie bei Landet und Gewerbe würde ein Schrei der Entrüstung durch das ganze deutsche Vaterland gegangen sein, wenn jemand in den Augusttagen 1914 von der Notwendigkeit eines Kriegswucheramts gesprochen hätte. Daß eine solche Institution sich in Deutschland als dringend notwendig gezeigt hat, ist sicherlich beschämend, aber andererseits sind bei einer Bevölkerung von 68 Millionen Menschen natürlich reichlich Elemente vorhanden, welche im Kriegswucher nichts Anrüchiges sehen. — Je schärfer die staatlichen Maßregeln gegen eine Be­ wucherung unseres Volkes getroffen werden, desto besser. In der Industrie vollzieht sich langsam, aber sicher, eine Umwälzung, die an amerikanische Verhältnisse erinnert. Es ist zu hoffen, daß Deutschland von der Vertrustung im amerikanischen Sinne verschont bleibt. Aber andererseits wäre es kurzsichtig, zu übersehen, daß eine Konzentration in allen Gewerben vor sich geht, 12

welcher weitschauende Staatsmänner Rechnung zu tragen haben. Viele kleine Existenzen, die vor dem Kriege ihr behagliches Aus­ kommen in Industrie und Gewerbe gehabt haben, werden in Zu­ kunft sich nach einer anderen Tätigkeit umsehen müssen, weil die neue wirtschaftliche Periode, an deren Geburtsstunde wir stehen, keinen anderen Ausweg weiß. Es ist sicher, daß bei der veränderten Lebenshaltung, der vergrößerten Konkurrenz, bei dem Stande unserer Valuta, dem schwierigen neuen Aufbau des Außenhandels und nach dem Verluste vieler Hunderttausender deutscher Männer im besten Mannesalter die Arbeitsver- und -einteilung sowie Or­ ganisation der Gewerbe vielfach neue Wege zu gehen hat. So bedauerlich es ist, daß viele selbständige Kleinbetriebe aufzuhören haben, so ist es doch einerseits unmöglich, durch staatliche oder andere Unterstützung, durch Bildung von Kartellen oder Syndi­ katen, durch staatliche Zwangskartellirung oder Zwangskvntingentierung den Gang der Zeit aufzuhalten. Gothein hat mit Recht daraus hingewiesen, daß staatliche Schutzmaßregeln diesen Ent­ wicklungsgang nicht aufhalten. Andererseits ist die Erhöhung der Produktion pro Kopf und pro Arbeiter in vielen Fällen kaum möglich; wo aber das amerikanische Taylor-System Anwendung finden kann, sollte dieses geschehen. Eine vergrößerte und zu­ gleich verbilligte Produktion scheint mir nur dann möglich, wenn sich fast jedes Gewerbe und fast jede Industrie auf eine Anzahl Fabrikate beschränkt, die in Massenfabrikation mit höchster Vollendung hergestellt werden. Wir Deutsche sind schon immer im Spezialisieren erfolgreich gewesen; diese unsere be­ sondere Fähigkeit ist noch weiter auszubauen und damit durch Einführung von Neuerungen und allen möglichen Verbesserungen eine Qualitätsware zu schaffen, mit welcher ausländische Fabrikate nur schwierig den Wettbewerb bestehen können. Wenn auch in der Kriegsfolgezeit die Äbergangsmaßnahmen

darauf hinzielen müssen, den Schwächeren zu stützen und ihn im Konkurrenzkampf vor Vernichtung zu bewahren, so ist doch eine Folgeerscheinung der Konzentrationsbewegung die Notwendigkeit, daß der Schwächere sich mit dem Stärkeren einigt und daß ge­ meinsame Schritte beider unternommen werden, um im Wettbewerb gegen das Ausland vereint zu bestehen. Die großen Industrieverbände können unmöglich einen Ein­ blick in die Erfordernisse der einzelnen kleineren Industrien haben; 13

dazu sind die Verästelungen unserer deutschen Industrie zu viel­

seitig. Es wird in allen Zweigen des Gewerbes und der In­ dustrie von großem Nutzen sein, wenn sich gleichartige Interessenten zusammenfinden und die Wirtschaftslage offen besprechen. Wenn unsere gesamte Industrie auf dem Weltmärkte erfolgreich weiter bestehen will, ist noch viel aufklärende Arbeit und eine große Anpaffungsfähigkeit und Einheitlichkeit in der Organisation notwendig, um die wirtschaftlichen Folgen des Krieges möglichst zu mildern. Es ist selbstverständlich der Regierung unmöglich, fich auf die Wünsche einzelner einzulassen, wenn dieselben sich nicht zu Ver­ bänden geeinigt haben, so daß für die betreffende Industrie oder das betreffende Gewerbe ein Gesamtbild vorliegt, das gewisse all­ gemeine Schlußfolgerungen zuläßt. Es sind bald 30 Jahre oder mehr vergangen, seit Reulaux das Wort: „billig und schlecht" prägte und viele Angriffe des­ wegen erfuhr. Die Qualitätsverfeinerung deutscher Waren ist unzweifelhaft, wenigstens teilweise, eine Folge dieser harten Kritik gewesen. Trotz der durchschnittlichen Güte deutscher Fabrikate wird aber noch immer der Ruf der deutschen Industrie im Aus­ lande durch den Vertrieb deutscher Ramschfabrikate beeinträchtigt. Die Verbände der Industrie können sicherlich entsprechende Maß­ regeln dagegen treffen, so daß die Gesamtheit unter solchen Er­ scheinungen nicht leidet. In mehreren Ländem werden außer den Handelsmarken der Firmen noch solche der Verbände und sogar der Nationen eingeführt, um bei dem gesteigerten internationalen Wettbewerbe den Abnehmern eine Garantie für die Qualität von verschiedenen Seiten zu geben. Technik und Wissenschaft stehen in Deutschland auf einer so hohen Stufe, daß mit ihrer Äilfe und bei einem gemeinsamen Vorgehen der bisherigen Konkurrenten die Aufnahme deutscher Fabrikate im Auslande sicherlich weitere Fortschritte machen kann. Aber die innere Konkurrenz in Deutschland bei der Lerstellung gleichartiger Artikel wird gegenüber dem Auslande Äalt machen müssen. Wenn, wie bisher, häufig der Vertreter eines deutschen Fabrikanten die Ware seines Konkurrenten im Auslande als minderwertig oder wertlos hinstellt, wird, wie im Kriege, der Außenseiter wirtschaftlich der Tertius gaudens sein. Im Kriege hat England den Wirtschaftskampf gegen Deutschland als Haupt­ ziel betrachtet: Amerika und Japan genießen die Früchte! Falls 14

deutsche Fabrikanten sich weiterhin im Auslande bei demselben Abnehmer maßlose Konkurrenz machen, wird in den meisten Fällen

dem Auslande der Auftrag zufallen, wenn die Vertreter der deut­ schen Firmen gegenseitig an ihren Fabrikaten kein gutes Laar lassen. Viele Millionen von Angestellten und Arbeitern kehren nach dem Kriege zurück; naturgemäß werden unsere Feldgrauen sich nur schwierig wieder an das bürgerliche Leben und ihre frühere

Tätigkeit gewöhnen können. Viele Tausende unserer tüchtigsten Landsleute werden wir für immer vermissen. In den Jahren des

Kampfes an der Front hat mancher Erfahrungen durchgemacht und Ansichten ausgetauscht, deren Tragweite auf das politische, gewerkschaftliche und soziale Leben Deutschlands sich noch gar nicht überblicken läßt. Die sozialen Wirkungen des Krieges sind so

einschneidender Natur, daß es unmöglich ist, sich schon jetzt ein So viel ist aber sicher, daß wir vom Geiste der Feldgrauen in unseren Keim- und Werkstätten

richtiges Bild davon zu machen.

sehr viel erwarten.

Industrie und Gewerbe haben sich auf neue

Anschauungen der Zurückkehrenden einzurichten. Die Gewerkschaften haben nach Delbrück in erster Linie wirtschaftliche Aufgaben zu

erfüllen; unser Wirtschaftsleben ist ohne sie nicht mehr denkbar.

Auch die deutsche Arbeitgeber-Zeitung hat zugegeben, daß uns der Krieg eines besseren belehrt hat, uns die Notwendigkeit und Frucht­

barkeit des Zusammenschlusses, sowie einen viel höheren Wert der Verbände als früher angenommen, und außerdem ein volles und freudiges Verständnis der gewerkschaftlichen Verbände gegenüber

den großen Aufgaben der Zeit gezeigt hat. I. Plenge nennt unsere deutschen Arbeiter in den Gewerkschaften Volksgenossen, mit denen wir uns alle auf die Dauer in nationaler Zusammen­

arbeit zusammenfinden können und müssen. Ich bin überzeugt, daß fast alle hochkonservativen, altpreußischen Offiziere und Be­

amte, die im Felde mit unserem Volke und ftüheren Sozialdemo­ kraten in engere Berührung gekommen sind, jeden Gedanken daran, daß diese als Angehörige der sozialdemokratischen Partei „anti­ national" seien, mit Entrüstung zurückweisen werden. Das Ein­ fachste wäre, wenn die sozialdemokratische Partei in dieser Zeit, die politisch und wirtschaftlich eine neue Epoche darstellt, ihr altes Gewand oder ihren alten Namen abstreifen und sich als

„nationaldemokratische Partei" bezeichnen würde. Die internatio­ nalen Genossen jenseits der Grenze haben die Gemeinschaft ihrer 15

Ideen mit den deutschen Sozialdemokraten aufs heftigste bestritten; ein Zusammengehen auf alter Grundlage scheint mir utopisch und ausgeschlossen. Aber selbst in dem Falle, daß die Neubenennung der früheren sozialdemokratischen Partei nicht erfolgen sollte, so wird vom Arbeitgeber zwischen Sozialdemokratie der Vergangenheit und Sozialdemokratie der Kriegsfolgezeit streng zu unterscheiden sein. Unsere wirtschaftliche Entwicklung hängt in erster Linie vom inneren Frieden ab. Selbst in England, wo der Einfluß der Gewerkschaften so ungeheuer ist, ist ein Zusammen­ gehen der Arbeitgeber mit den Gewerkschaften in Vorbereitung, das eine vollständige Anerkennung der Gewerkvereine und die An­ erkennung von Verträgen zwischen Arbeitgeberverbänden und Ge­ werkschaften neben anderen Bestimmungen als Grundlage hat. Der innere Frieden Deutschlands hängt ferner nicht minder von einer befriedigenden Lösung der preußischen Wahlrechtsfrage ab; mögen sich auch die Anhänger des alten Systems noch so sehr sträuben, so haben sie doch im Interesse des allgemeinen Staatswohls (des Reiches) ihren Ansichten die nötigen Opfer zu bringen. Die allmähliche Demobilisierung und der richtige Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage der Arbeitskräfte in den ver­ schiedensten Berufen wird jedenfalls eine der Aufgaben sein, die vom Kriegsamte mit in die Land genommen werden. Die Organi­ sation des Arbeitsmarktes, der Stellungsvermittlungszentralen über ganz Deutschland und die beste Verteilung der Angebote in Ar­ beitskräften wird eine sehr schwierige Aufgabe in der Kriegsfolge­ zeit sein; nicht minder der Abbau der Frauenarbeit. In England ist die Einigung zwischen Arbeitgebern und Ge­ werkschaften durch die Zustimmung zu einer staatlichen Arbeitslosen­ unterstützung, zu einem Zwangsmindestlohn und anderen Be­ dingungen erzielt worden. Wie weit solche Bedingungen für Deutschland in Betracht kommen, kann ich nicht beurteilen: sicher ist nur, daß die Gewerkschaften in Zukunft als wirt­ schaftliche Vereinigungen der Arbeiter und die Arbeitgeber­ verbände als wirtschaftliche Vereinigungen der Arbeitgeber zu be­ trachten sind und daß beide wirtschaftlichen Vereinigungen auf jedem Spezialgebiete das Interesse haben, die deutsche Volkswirtschaft zu heben, mehr Absatz und für beide Teile gewinnbringende Arbeit zu erzielen. Viel erörtert wird naturgemäß die Frage, ob die hohen Löhne

während des Krieges in der Kriegsfolgezeit andauern werden. Die Arbeitgeberzeitung befürchtet, daß die Entwicklung des wirtschaft­ lichen Lebens auf große Linderniffe stoßen werde, falls sich die Arbeiterschaft darauf versteift, die hohen Löhne beizubehalten. Solchen Ansichten gegenüber weist der englische Volkswirt Chiozza Money darauf hin, daß in Amerika bei hohen Löhnen vielfach besser produziert wird als in Europa, und daß in dm Teilen Englands, wo die niedrigsten Löhne in der Landwirtschaft gezahlt werden, die Produktion am geringsten sei. Ich stehe auch hier auf dem Stand­ punkt, daß die deutsche Industrie ihre schwer errungene, anerkannt hohe Stellung im Wettbewerbe vor allem dann ausdehnen wird, wenn sie sich auf die Massenfabrikation edler oder unedler Qualitäts­ ware wirft. Eine solche Fabrikation ermöglicht eine Vergrößerung und Verbilligung der Herstellung und damit eine gute Bezahlung der Angestellten und Arbeiter. Profesor A. C. Pigou in Cambridge ist der Ansicht, daß die ärmere Klasse, trotz der Lohnerhöhung, als Gesamtwirkung des Krieges eine viel schlechtere Lage als früher werde erdulden müssen. Ich bin der Auffassung, daß die Lage der Arbeiter auf das engste Zusammenhängen wird mit den Kosten der Lebenshaltung; daß daher die Landwirtschaft, der Lande! mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und die Staatsregierung die maß­ gebenden Stellen sind, von denen ein Gedeihen unserer gesamten Volkswirtschaft abhängt. Wofern die Teuerung anhält, wofern völlig unberechtigte Preise für manche Nahrungsmittel weiter be­ zahlt werden müssen, wofem nicht die Gestehungs- und Vertriebs­ kosten mit dem Verkaufspreis im Kleinhandel im richtigen Ver­ hältnis stehen, wird der Hauptabnehmer der einfachsten Lebens­ bedürfnisse, der Arbeiter mit seiner Familie, in der Kriegsfolgezeit auf höheren Löhnen bestehen müssen und demgemäß der Absatz und die gesamte Volkswirtschaft darunter leiden. Außerdem wird in­ folge der großen Menschenverluste für wirklich tüchtige Arbeiter gern ein höherer Lohn als vor dem Kriege gezahlt werden. Es wird für die großen Verbände der Industrie Deutschlands ebenso notwendig sein, wie in England, sich zu einem Entschlüsse durchzuringen und in der Anerkennung der Gewerkschaften dem Beispiele der deutschen Regierung zu folgen. Weitsichtigkeit und Großzügigkeit haben unsere Industrie im internationalen Wett­ bewerb so vorangebracht; die gleichen Eigenschaften sind sicherlich bei der Lösung der Arbeiterfrage angebracht. Dringliche lvirtschaftsfragen. fjeft 7.

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Friedrich Thimme hat in seinem Buche vom „inneres Friedm

des deutschen Volkes" gesprochen und Gustav Lartmann, der Vor­ sitzende des Verbandes der deutschen Gewerkvereine, brachte in schöner Weise zum Ausdruck, welchen gemäßigten und berechtigten Zielen unsere jetzt in Feldgrau gekleideten Arbeiter entgegenstreben und welche Erwartungen sich bei Friedensschluß an ein in Zu­ kunft geeintes Zusammengehen von Arbeitgebern und Arbeit­ nehmern anknüpfen. Nächst der Frage der Ernährung ist die der Lebenshaltung und Aufnahmefähigkeit nach dem Kriege eine der wichtigsten. Bei teuren Lebensmitteln können wir nicht billige Löhne zahlen, bei hohen Löhnen können wir in vielen Fabrikaten wahrscheinlich nicht mit ausländischen Erzeugnissen konkurrieren. So bewunderns­ wert es ist, daß wir während des Krieges in Mitteleuropa unsere Nahrungsbedürfnisse haben decken können und daß trotz der ab­ geschnittenen Einfuhr von Futtermitteln und fetthaltigen Stoffen unsere Bevölkerung gesundheitlich die Kriegszeit recht befriedigend übersteht, ist doch nach dem Kriege die Frage der Versorgung Deutschlands mit Nahrungsmitteln noch nicht erledigt. Freilich werden unsere Feldgrauen, die jetzt größtenteils nur Konsumenten sind, wieder Produzenten und dadurch wird die Leistungsfähigkeit unserer Landwirtschaft gesteigert werden können. Aber es fehlen die Wanderarbeiter, die Pferde u. a. und im Anfang Phosphat­ dünger. Ich gebe anbei (3) einige Beispiele über die gesteigerte Lebenshaltung und brauche wohl kaum darauf hinzuweisen, daß die erhöhten Kosten für Lebensmittel eine Abnahme des Be­ darfs an minder wichtigen Lebensbedürfnissen bedeuten, wenn nicht die Einnahmen außerordentlich erhöht worden sind. Hierzu kommt die aus obigen Darlegungen sich ergebende Be­ lastung an neuen Steuern. Die einfache Folgeerscheinung ist: der größte Teil der Ausgaben wird sich, wie im Kriege, auf Lebensmittel erstrecken und die Aufnahmefähigkeit eines sehr großen Teiles unserer Bevölkerung für andere Waren wird stark eingeschränkt bleiben. Die Preisfrage spielt eine ungeheure Rolle und wird dauernd auf allen Gebieten auch weiterhin von ausschlaggebender Bedeu­ tung sein. Es scheint ausgeschlossen, daß für viele Produkte nach dem Kriege Preise gezahlt werden, wie während des Krieges. Wenn die Militärverwaltung bestimmte Fabrikate oder andere

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Erzeugnisse benötigte, so hatte sie solche manchmal eben zu jedem, auch dem teuersten Preise, zu beschaffen. Ebenso wie jeder pri­ vate wird auch der Staatshaushalt nach dem Kriege die Bedürf­ nisse und Ausgaben möglichst zu beschränken suchen, solange diese nicht mit den Einnahmen im richtigen Verhältnis stehen. Die Bilanzierung des Staatshaushaltes in den nächstm Jahren oder wahrscheinlich Jahrzehnten wird außerordentlich schwierig sein; das richtige Verhältnis zwischen Einnahme und Ausgabe im Privathaushalte wird gleichfalls eine Aufgabe sein, die viel Kopfzerbrechen machen wird. Im Kriege gab es Kriegslöhne, Unterstützungen an die Frauen und Kinder unserer Vaterlands­ verteidiger, Kriegsgewinne für die Anternehmer, eine Nachfrage nach gewissen Erzeugnissen der Landwirtschaft und Industrie, die viel größer als die Lieferungsmöglichkeit war. Diese Zeiten hören sehr bald nach dem Kriege auf, wenn auch die Kriegsindustrien sich Hoffnung machen, daß die Militärverwaltung zum Ersatz der verbrauchten Materialien noch sehr große Summen ausgeben wird. Die Frage der Hochkonjunktur oder ungünstiger indu­ strieller Verhältnisse in der Kriegsfolgezeit ist von den meisten der Schwerindustrie und von einigen anderen Industrien nahe­ stehenden Volkswirten und Fachkreisen in günstigem Sinne beant­ wortet worden und ist die Auffassung von O. Stillich, der von einer verminderten Kaufkraft der Masse, niedrigen Löhnen, Kapital­ mangel, Einschränkung des Kredits und einer gewissen Stagnation auf dem Gebiete wirtschaftlicher Tätigkeit sowie einer Verschlechte­ rung der gesamten volkswirtschaftlichen Lage im Verhältnis zu der Zeit vor dem Kriegs sprach, — von diesen Kreisen als un­ berechtigt zurückgewiesen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß es zwecklos ist, allgemein wirtschaftliche Prophezeiungen auszusprechen, da die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in ihrer ganzen Trag­ weite überhaupt noch nicht zu überblicken sind. Aber ich halte es für grundverkehrt, sich allgemein auf eine Hochkonjunktur einzu­ richten, weil die Rückschläge dann desto eher bemerkbar sein werden. Gewiß wird der Kohlenbergbau, die Eisen- und Stahl­ industrie, der Schiffsbau, ein Teil der von inländischen Rohstoffen ausgehenden chemischen Industrie und alle mit der Landwirtschaft zusammenhängenden Industrien gut beschäftigt sein, aber auch hier wird die Preisfrage eine bedeutende Rolle spielen müssen. Auf der anderen Seite werden die von ausländischen Rohstoffen ab-

hängigen Industrien vielleicht erst nach 12—18 Mönchen in eini­

germaßen geregelten Betrieb kommen; und dabei gibt es doch eine ganze Anzahl von Industrien, die in der Hauptsache vom Ab­ sätze im Auslande abhängen und unter der verschärften Kon­ kurrenz von Japan und Amerika, sowie einigen neutralen Ländern sowie den wirtschaftlichen Maßnahmen unserer Feinde sicherlich stark leiden werden. Vor allem aber halte ich es für völlig un­ berechtigt, in der Kriegsfolgezeit die Konjunkturbeurteilung von dem Gedeihen einiger Industrien abhängig zu machen und nicht die gesamte Volkswirtschaft ins Auge zu fassen. Ich bin der Ansicht, daß die Kriegsfolgezeit von dem Standpunkte der Erfahrungen der Kriegszeit zu betrachten ist und daß einige gut rentierende Industrien nicht den Maßstab für das Gedeihen der gesamten Volkswirtschaft abgeben. Wenn gewisse Industrien den Anspruch darauf machen sollten, auf Grund ihres vorherrschenden Einsiusses als Maßstab für die Beurteilung der gesamten wirt­ schaftlichen Lage angesehen zu werden, so haben sie auch die Folgen dahin zu tragen, daß die ungünstigen Nachfolgen des Krieges für andere Industrien ihnen belastet werden, indem sie von vornherein für ihre Prosperität entsprechend viel höher an der Verzinsung und Amortisierung der Kriegslasten beteiligt bleiben. Es wird interessant sein, festzustellen, welche Industrien während des Krieges besonders begünstigt waren und auch in der Kriegsfolgezeit gut abschneiden. Die so begünstigten Indu­ strien werden in anderen Ländern durch speziell auf die betreffenden Gewerbe zugeschnittenen Steuern zu der Verzinsung und Amortisierung der Kriegslasten bzw. zu einer bedeutend größeren Abgabe ihrer Gewinne als in Deutschland besonders herangezogen. Da aber diese Indu­ strien doch eine gleichmäßige Belastung der gesamten Volkswirt­ schaft an der Tragung der Kriegskosten sowie an deren Verzin­ sung und Amortisation und keine einseitige Bevorzugung bezüglich der Kriegslasten für sich wünschen, wird es nötig sein, daß von diesen und anderen Industrien Vorschläge ausgehen, in welcher Weise die Deckung am besten in gerechtester Weise vorgenommen wird. Aus obigen Darlegungen über die Verschuldung Europas — an das wir nahezu 80% unserer Ausfuhr lieferten und in dem unsere Feinde mit ihren Kolonien rund 45 % unserer Ausfuhr 20

aufnahmen — und über die Kriegslasten Europas ergibt sich eine Verminderung der Aufnahmefähigkeit, eine Einschränkung der bisherigen Lebenshaltung und somit ein verringerter Absatz. Auch die Eisenindustrie hängt von ausländischen Rohstoffen ab — „Deutschland fördert in Europa nicht nur die meisten Eisenerze, sondern ist auch der größte Verbraucher ausländischer Eisenerze" (Sehmer) —, so daß auch dort die Valuta-und Tonnage­ frage nach dem Frieden eine nicht unwichtige Rolle spielen wird, ferner werden der Staat und die Privatverbraucher nicht ähnliche Preise wie im Kriege zahlen können. Selbst wenn die deutsche Eisen- und Stahlindustrie sehr günstig in der Kriegsfolgezeit ar­ beiten sollte, was ich aufrichtig wünsche, so ist es doch richtiger vom Standpunkt der gesamten Volkswirtschaft, die Konjunkturverhältniffe in der Kriegssolgezeit möglichst ernst aufzu­ fassen; je besser dann die Vorbereitungen getroffen sind, desto schneller werden kommende Krisen überwunden und günstige Kon­ junkturen wieder ermöglicht werden. Lierbei möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß die amerikani­ sche Kriegsindustrie solche enormen Preise von England und seinen Verbündeten erhalten hat, daß mit wenigen Ausnahmen sämtliche Neuanlagen gänzlich abgeschrieben werden konnten; dadurch liegen bei der kommenden internationalen Konkurrenz die Wettbewerbsmöglich­ keiten für Amerika viel günstiger. Ich weiß nicht, wie das Kriegsministerium und das Reichsschatzamt in Deutschland die Abschreibung der für den Krieg neu hergestellten Anlagen beur­ teilen. Wenn diese Abschreibung bzw. Neuanlagen nicht unter die Kriegsgewinnsteuer usw. fallen und die letzteren in den Bi­ lanzen der Aktiengesellschaft mit plus minus Null zu Buche stehen, ist zu bedenken, daß bei einer Benutzung solcher Anlagen und Maschinen in Friedenszeiten das Anlagekapital von der Nation stammt und daß hierfür nur verhältnismäßig geringe Ab­ gaben an den Staat gezahlt worden sind. Da die deutsche Nation aber für alle Teile ihres Volksvermögens — und vor allem für die Teile des Volksvermögens, welche die Nation bezahlen mußte — in der Kriegsfolgezeit Rechenschaft verlangen wird, weil die Nation als solche für die Bezahlung und Amortisation der Kriegsanleihen verantwortlich ist, so bleibt die Frage offen, ob an diesen neuen im Kriege geschaffenen und von der Nation be­ zahlten und von den Industriegesellschaften abgeschriebenen An-

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lagen der Staat für die Nation Besitzrechte oder Mitbenutzungs­ rechte im Frieden hat. Ich spreche dabei gar nicht von Staats­ sozialismus, sondern stehe einfach auf dem Standpunkt, daß jeder Industrielle wie jeder Soldat die Pflicht hatte, seine Kraft und Kenntnisse dem Vaterlande zur Verfügung zu stellen. Wenn der Staat die neuen Anlagen bezahlt hat, steht ihm sicherlich ein großer Anteil an denselben zu. In England hat das Munitionsministerium entsprechende Vorkehrungen getroffen, als es mehr als 4000 Fabriken unter seine Kontrolle brachte. Vom volkswirt­ schaftlichen Standpunkte können wir es uns nicht leisten, daß solche Neuanlagen nach dem Kriege als nicht existierendes Akti­ vum — weil gänzlich abgeschrieben — bei der Bewertung des Volksvermögens, das mit etwa 25% durch die Kriegsanleihen neu belastet worden ist, außer Bettacht bleiben. Lier ist ein großer Unterschied gegen Amerika, das sich solchen Luxus leisten kann, weil die betreffenden Anlagen ja nicht vom amerikanischen Volksvermögen, sondern von England und seinen Verbündeten bezahlt worden sind. Bei dem Absatz ans Ausland wird häufig von einem Lunger nach deutschen Waren gesprochen; wenn man von der Gesamtausfuhr Deutschlands im Wette von etwas mehr als 10 Milliarden Mark (1913) die Waren, nach welchen ein wirk­ licher Lunger zu bestehen scheint, in ihren damaligen Ausfuhr­ wetten zusammenzählt, wird man zu dem Schluffe kommen, daß der prozentuale Anteil verhältnismäßig nicht hoch, sondern eher recht niedrig ist. Gewiß werden viele Teile des Aus­ landes sich freuen, wieder gewisse deutsche erstklassige Erzeugnisse zu erhalten, nach denen man sich während der Kriegszeit gesehnt hat. Aber auch hier kommt für die allgemeine Volkswittschaft in Betracht, daß einige hundett oder selbst 1—1% Milliarden Mark Ausfuhr an deutschen Erzeugnissen nicht viel ausmachen, gegen­ über der Gesamtausfuhrziffer früherer Zeiten. Wir unterschätzen die Kriegspsychose nicht nur in England, Frankreich und Ruß­ land, sondern auch in den neutralen Staaten. Ich verweise auf die Erfahrungen angesehener Industrieller und Kaufleute im neu­ tralen Auslande während des Krieges. Die Aufnahmefähig­ keit der uns feindlichen Länder für deutsche Waren wird während der Kriegsfolgezeit entschieden gering sein; man erinnere fich der Abneigung Englands gegen französische Waren und an 22

Englands Handelsverkehr mit Frankreich nach den napoleonischen Kriegen; man ftage die aus Frankreich vertriebenen Deutschen, welche dort als Pioniere nach 1870/71 für Deutschlands Handel tätig waren. Wir sind stolz auf unsere wirtschaftlichen Erfolge in der Kriegszeit und auf die Umstellung unserer Industrie auf Kriegs­ bedürfnisse. Aber bei der neuen Umstellung wäre es entschieden verkehrt, bei unseren jetzigen Feinden einen großen Absatz unserer Erzeugnisse zu erwarten; richtiger wird es sein, die Auf­ träge und den Absatz in anderen Richtungen zu suchen, damit wir falschen Illusionen entgehen. Die Aufnahmefähigkeit Deutschlands wird trotz unserer uns so günstig gewesenen Binnen­ wirtschaft nach dem Kriege geringer sein; noch geringer wird die Aufnahmefähigkeit der uns jetzt bekämpfenden Nationen sein, die einen großen Teil ihrer besten Aktiva zur Bezahlung von Kriegs­ material und Lebensmitteln nach Amerika und anderen Ländern wäh­ rend des Krieges abgeben mußten. Eine ähnliche Aufnahmefähigkeit für deutsche Waren, wie vor dem Kriege, werden wir nur dann er­ reichen, wenn wir unsere Absatzgebiete stark vergrößern und aus­ dehnen und uns bezüglich des Absatzes unabhängiger machen. Ansere Feinde haben von ihrem gesamten Absatz weniger als 15°/0 nach Deutschland geliefert und Deutschland hat an unsere jetzigen Feinde nahezu 45% geliefert! Diese Zahlen geben zu denken. Sehr viel vorbereitende Arbeit ist nötig, um einen Ausgleich gegenüber dem Absätze der Vergangenheit zu schaffen. Bei vielen bisher ins Ausland versandten Waren kommt hinzu, daß in den ersten Jahren der Kriegsfolgezeit die Rohstoffe entweder mangeln oder so teuer sein werden, daß eine V erwertung der Fabrikate im Auslande zu gewinnbringenden Preisen sehr zweifelhaft er­ scheint. Die Rohstoffpreise können vielfach mit dem doppelten oder zweieinhalbfachen Werte für die ersten Kriegsfolgejahre an­ genommen werden, weil die Frachten, die Valuta und der Ein­ kaufspreis frei an Bord im Verschiffungshafen so viel höher sein werden. Ansere gesamte Volkswittschaft sollte dabei — bis auf wenige bevorzugte Industrien — lieber mit einem geringeren Amsatz rechnen; bann-werden Enttäuschungen vermieden werden. Das Sparsamkeits- und Einschränkungsproblem, das in alle obigen Darlegungen den Antergrund bildet, erstreckt sich auch auf 23

das Gebiet der Rechtskunde. Die Entlastung der Gerichte, die Vermeidung von Konkursverfahren, Zwangsvergleiche durch außer­ gerichtliche Abmachungen, die Beschleunigung in gerichtlichen Ent­ scheidungen, die Erledigung alter durch den Krieg ungültig oder unbrauchbar gewordener Verträge zwischen deutschen Lieferanten und Abnehmern — dieses sind nur ein paar Punkte, deren Er­ ledigung unter Vermeidung aller überflüssigen Ausgaben zu wünschen ist. — Die Grundsätze der „Vereinigung der Freunde des Güteverfahrens" (Schriftführer in Hannover, Prinzenstr. 2) werden hoffentlich weite Verbreitung finden. Auf die Frage von Verträgen mit Angehörigen des feind­ lichen Auslandes komme ich an späterer Stelle zurück. Die Frage der Patent- und Markenschutzrechte im feindlichen Auslande wird in den Friedensverträgen geklärt werden müssen. Ze weniger man auf Grund der durch den Krieg geschaffenen Lage auf eine gün­ stige Verwertung solcher Rechte rechnet, desto besser vorbereitet tritt jeder Erfinder oder Patentbesitzer in die Kriegsfolgezeit ein. Vielfach wird hoffentlich ein gemeinsames Vorgehen der beteiligten deutschen Kreise durch die Bemühungen des Patentamts in Betracht kommen. Interessenten können durch die „Zeitschrift für Marken­ schutz und Wettbewerb" (Lamburg, Neuer Wall 34) oder den „Verband deutscher Patentanwälte" (Berlin, Königgrätzerstr. 93) oder die „Gesellschaft für Weltmarkenrecht" (Berlin NW. 40, Roonstr. 9) vielleicht Aufklärungen und Anregungen erhalten, wie ihre speziellen Fälle gemeinsam mit ähnlichen Fällen zu bearbeiten sind. Die Ausnutzung unserer wissenschaftlichen und technischen Ausbildung wurde schon seit langem im Auslande gern gesehen; meistens konnte man verhältnismäßig billig deutsche Ingenieure, Techniker, Chemiker usw. engagieren. Die deutsche Industrie wird in Zukunst aller Wahrscheinlichkeit nach mehr als bisher auf Fabrikgeheimnisse und nicht patentierte Verfahren angewiesen sein, weshalb die Karenzzeit für das In- und Ausland verschieden ge­ handhabt werden sollte. Es ist eine Tatsache, daß bereits wäh­ rend des Krieges im neutralen Auslande technisch oder chemisch gebildete Angestellte aus Deutschland gesucht wurden; die großen im neutralen und sogenannten neutralen Auslande gemachten Ge­ winne ermöglichen den dott während des Krieges neu erstandenen Fabriken verhältnismäßig hohe Gehälter zu zahlen,, welche leider manchem einen Anreiz zur Tätigkeit im Auslande geben mögen; 24

darunter würde naturgemäß der deutsche Absatz an das Aus­ land leiden. Nächst den wirtschaftlich-juristischen Fragen spielt die Be­ arbeitung der wirtschaftlichen sozialen Fragen in der Kriegsfolge­ zeit eine sehr erhebliche Rolle. Die Verhandlungen des Reichs­ ausschusses für Kriegsbeschädigten-Fürsorge in Köln im August 1916 zeigen deutlich die enorme Ausdehnung dieses Gebietes. Die Fürsorge für die Hinterbliebenen unserer Vaterlandsverteidiger wird hoffentlich den Erwartungen entsprechen, welche man an eine gerechte und befriedigende Lösung dieser schwierigen Frage stellt. Bekanntlich ist nach dem Kriege 1870/71 die Aufgabe nicht in entsprechender Weise gelöst worden. Da es sich um außerordent­ lich hohe Gesamtsummen handelt, hat man für dieses wichtige Amt in England bereits einen Pensionsminister ernannt. Der Bevölkerungszuwachs, die Frage von Prämien oder Steuererlaß sowie von Wohnungszuschüssen für kinderreiche Fa­ milien, die allgemeine Einführung einer Junggesellensteuer, die Einführung von Gesetzen nach Art der Vorschläge des General­ gouverneurs von Bissing im Herrenhaus bezüglich der Bekämp­ fung und Vorbeugung von Geschlechtskrankheiten, die Folgen der Erwerbsarbeit für die Frau, die Frage der Behandlung der Kriegskinder (Gesamtzahl der unehelichen Kinder im schulpflich­ tigen Alter rund 1 Million, davon 326540 uneheliche Kinder, die Kriegsunterstützung Mitte des Jahres 1916 bezogen; Einzelheiten sind im „Archiv deutscher Berufsvormünder" zu finden) sind nur ein paar Beispiele von den zu erledigenden Aufgaben. Während die Sterblichkeitsziffer der Bevölkerung (einschließlich Militärpersonen) 16,3 (1911), 16,1 (1914), 19,7 (1915), 16,0 (1. Halbjahr 1916) betrug, also trotz der großen Menschenverluste keine sehr große Veränderung aufwies, und die Säuglingssterb­ lichkeit sogar von 18,9 (1911) auf 14,5 (1915) und 12,9 (1. Halb-' jähr 1916) zurückging und der Prozentsatz an verstorbenen Kin­ dern ebenfalls von 29,7 (1913) auf 13,4 (1915) und 16,5 (1. Halb­ jahr 1916) sich ermäßigt hat, ist hingegen die Geburtenzahl vom Mai bis Dezember 1915 gegenüber derselben Zeit im Jahre 1914 in Berlin um 25%, in München um 27%, in Dresden um 30% und in Hamburg um 34% zurückgegangen. Die Zukunft unseres Volkes beruht aus dessen Zuwachs; der wichtigste wirtschaftliche Faktor im Staatsleben ist Menschenzahl und Menschenkraft. 25

Die wirkliche Volkszunahme betrug bei unserem östlichen Nachbarn und jetzigem Feinde auf 10000 Köpfe vor dem Kriege 210, in Deutschland nur 136. (Interessante Einzelheiten enthält das Son­ derheft: „Krieg und Volksvermehrung" der Zeitschrift „Das neue Deutschland", Berlin W. 57, Verlag „Politik"). Außerordentlich viel Segensreiches wurde bereits in den letzten Jahren durch die deutschen Frauenvereine für Säuglings- und Kinderpssege getan; in der Kriegssolgezeit wird gerade aus wirtschaftlichen Gründen auf diesen sozialen Gebieten die Nachfrage nach Fürsorgemaß­ nahmen noch größer sein als in der Kriegszeit. Dank der außerordentlichen Entwicklung, die Deutschlands Landwirtschaft, Handel und Gewerbe in bett letzten Jahrzehnten genommen hat, war es möglich, den Geburtenüberschuß im Lande zu halten und für genügend Arbeit zu sorgen. Die Ausdehnung unserer Qualitätsindustrie und die davon abhängende Ausfuhr von Fabrikaten setzte uns in den Stand, in unserem verhältnis­ mäßig kleinen Land rund 68 Millionen Menschen zu ernähren. Man rechnet hiervon 1/s (manche nur andere wiederum fast 1/4) auf die an dem Ausfuhrhandel Beschäftigten; die Vorbedingung dieser Beschäftigung ist eine Rohstoffzufuhr zu billigen Preisen und unser freier Zutritt zum Weltmärkte und Weltverkehr. Wenn uns die Friedensverträge nicht statt der bisherigen Abschließung die Freiheit der Meere eröffnen, würden wir voraussichtlich für einen beträchtlichen Prozentsatz unserer Bevölkerung nicht genügend Arbeit schaffen können und damit würde die Auswanderung, die in den letzten Jahrzehnten außerordentlich zurückgegangen ist, wieder aufleben. Es ist wohl anzunehmen, daß nach dem Kriege mehr als genug Arbeit in Deutschland und Mitteleuropa zu erledigen ist, so daß die Auswandernng von Menschen kaum in Frage kommt. Voraussetzung hierbei ist allerdings, daß die Verschiebungen und Veränderungen in der Beschäftigung der verschiedenen Berufe vorher genauest studiett werden, so daß ähnliche Maßnahmen rechtzeitig getroffen werden, wie das Kriegs­ amt während des Krieges für nöüg hielt. Für sehr wichtig halte ich die von Iustizrat Bamberger in Aschersleben vor­ geschlagene hohe Besteuerung der Auswanderung von Kapital. Diese Vorschläge sind schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahres gemacht worden. Es wäre wünschenswett, daß eine Volksvermögenszenttale diesen wichtigen Punkt baldmöglichst auf26

nehmen und zu einer günstigen Erledigung bringen würde, bevor es zu spät ist. Die Teuerung hat naturgemäß den größten Einfluß auf die wirtschaftliche Lage der Beamten und Festbesoldeten. Die Teuerungszulagen oder Kriegsbeihilfen stehen häufig in keinem Verhältnis zu der Preiserhöhung für die nötigsten Lebensbedürf­ nisse. Die soziale Arbeitsgemeinschaft der kaufmännischen Verbände in Frankfurt a. M. und Leipzig, die Interessengemeinschaft deut­ scher Reichs- und Staatsbeamtenverbände in Berlin, der deutsche Bankbeamtenverein und andere Verbände haben mit Recht den Ernst dieser Frage hervorgehoben, da eine den veränderten Lebens­ bedingungen nicht angemessene Bezahlung naturgemäß ein Lerabgleiten dieser Beamten und deren Familien auf der sozialen Stufe

bedeuten würde. Zusammenfaffend ergibt sich aus diesen Darlegungen, die bei der großen Menge der vorliegenden Aufgaben nicht darauf Anspruch machen, sämtliche Punkte vollzählig zu behandeln, daß während des ersten Abschnittes der Kriegsfolgezeit eine kürzere Periode von wirtschaftlichen Umwälzungen stattfinden, und daß während des zweiten Abschnittes der Kriegsfolgezeit von bedeutend längerer Dauer eine außerordentlich hohe Neubelastung auf das Vermögen und Einkommen eines jeden nicht zu umgehen sein wird. Land­ wirtschaft, Industrie und Gewerbe werden mit gänzlich veränderten wirtschaftlichen Zuständen zu rechnen haben. Die innerhalb Deutschlands auftauchenden neuen wirtschaftlichen Fragen hängen mit allen Gebieten unserer Betätigung zusammen. Aus jeder der aufgeführten Tatsachen ergibt sich die Notwendigkeit, daß das erste leitende Motiv bei unseren künftigen Landlungen Sparsamkeit sein muß, damit die allgemeine Volkswirtschaft wieder befrie­ digend in Gang kommt. Von den Vorschlägen, welche bisher auf eine Ersparnis der jährlichen Ausgaben des gesamten Volkes gemacht sind, hat m. W. kein einziger allgemeinen Beifall gefunden, weil naturgemäß Sonderintereffen immer berührt werden müssen und die durch solche Ersparnis benachteiligten Kreise gegen die ihren Beruf schädigen­ den Neuerungsvorschläge zu protestieren für gut halten. Ich er­ innere nur an den Vorschlag des „Verbandes der Beleuchtungs­ Großhändler", in welchem ihnen nach dem Kriege keine „weiteren Opfer" zugemutet werden sollten und der Wunsch ausgedrückt 27

wurde, daß die sogenannte „Sommerzeit" wieder abgefd)afft würde. Dieses ist nur eines von den vielen schlagenden Beispielen, die zeigen, wie tief der Erwerbssinn in unserem Volke wurzelt und wie wenig der Gedanke an die volkswirtschaftliche Gemein­ schaft und deren Gedeihen in das Publikum eingedrungen ist. Ze ernster wir uns die Kriegsfolgezeit klar machen, desto mehr müssen wir die volkswirtschaftliche Kurzsichtigkeit weiter Kreise in unserem Volke auszumerzen suchen. Die Sommerzeit erspart uns in Deutschland vielleicht 100 Millionen Mark. Es gibt aber noch Hunderte von Fällen, wo eine Ersparung um Lunderttausende oder einige Millionen innerhalb Deutschlands erfolgen kann und auf Grund der gewaltigen Kriegslasten erfolgen muß.

Das Wiederaufblühen der gesamten deutschen Friedenswirt­ schaft beruht auf einem Abbau der Teuerung, einer Ersparnis der jährlichen Ausgaben des gesamten Volkes und gleichzeitig auf einer Verbilligung unserer Produktion und einer Erhöhung un­ serer Produktionskraft.

Ich bin der Ansicht, daß die Ausgaben unseres gesamten Volkes um mindestens 2 Milliarden Mark jährlich weniger be­ tragen müssen, als sie vor dem Kriege betrugen. Wenn die Teue­ rung nicht abgebaut wird, ist solche Ersparnis sehr schwierig oder geradezu unmöglich. Die Verbilligung unserer Produktion hängt zum Teil ab von dem geregelten Einkauf und der Verteilung der Rohstoffe in der rationellsten Art, von der Vermeidung unnützer Transporte, von der Verbilligung der Transporte durch bessere Wasserstraßen, von der Kraft- und Lichterzeugung auf modernen Prinzipien und von vielen anderen Maßnahmen der Leiter der Betriebe, welche die Ausdehnung der Massenfabrikation auf bessere oder veredelte Produkte in Zukunft mehr als vordem ins Auge zu fassen haben. Überall wird die Frage der Sparsamkeit mehr denn je ent­

scheidend sein müssen; Betriebe, die nach veralteten Methoden arbeiten, sind aller Wahrscheinlichkeit nach als nicht lebenskräftig auszuschalten, da sie der gesamten Volkswirtschaft nicht nutzen, sondern in vielen Fällen im Gegenteil schaden.

Deutschland hat verhältnismäßig nicht viel von seinem Volks­ vermögen durch den Krieg verloren; es hat aber dieses durch Kriegs­ anleihen derart belastet, daß für eine gesunde Volkswirtschaft die 28

Verzinsung nicht genügen würde, sondern vor allem eine geregelte Tilgung notwendig ist. Der Krieg hat uns gezeigt, daß wir eine Vorratspolitik getrieben haben, die bei vielen Rohstoffen sehr angebracht, bei vielen Fabrikaten aber unnötig war; die Vorratsversorgung Deutsch« lands nach rationelleren Methoden allmählich aufzubauen und das Lineinströmen unnötiger ausländischer Materialien zu ver­ meiden, ist bedingt durch den Stand unserer Valuta. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle die Ersparnisprobleme einzeln aufzuführen. Ich erinnere nur daran, daß Kali­ salze ein sehr wichtiger Teil unseres Volksvermögens sind, daß viele Bergwerksgesellschasten sich schon seit Jahren gar nicht oder mäßig verzinsen, daß viele Gesellschaften übergründet oder rein spekulativ sind, daß die Gesetzgebung vom deutschen Reichs­ und deutschen Volksvermögens-Standpunkte möglichst unglücklich war und daß im Verhältnis zum angelegten großen Kapital der Aussatz und Gewinn nicht im richtigen Verhältnis standen und stehen. Die wichtigste Frage ist: die Verbilligung der Kraft und Beleuchtung. Wie gering ist die Ausnutzung der Kohle in Kalorien? Wieviel geht verloren? Wie weit hängt die Überlastung unserer

Eisenbahnen mit der Verfrachtung von Kohlen zusammen? Welche Mengen werden auf Wasserstraßen befördert? Wie bewährt sich die Zentralisierung der Kraftquellen, die z. B in Pommern eingeführt ist? Zu welchem billigen Preise kann Kraft erzeugt werden, wenn es im großen Maßstabe geschieht wie in den neuen Stickstofffabriken? Wieviel beträgt der jährliche Verlust an unserem National­ vermögen durch schlechte Ausnutzung der Brennstoffe? Warum haben wir noch keine unparteiische, vonJnteressentengruppen unabhängige Zentralstelle für Heizmaterial und Kraft­ quellen? Wie haben sich die Wasserstraßen im Kriege bewährt? Wie weit hat unser gesamtes Staatswohl unter dem Kampfe wider­ streitender Intereffentengruppen, die den Bau neuer Wasserstraßen ablehnten, gelitten? Welche Ersparnis kann für das Volks­ vermögen erzielt werden, wenn die Verbindung durch Wasser­ straßen in systematischer Weise durchgeführt wird? Welcher Neubau oder welche Erweiterung des Staatseisenbahnnetzes wird 29

weniger nötiger sein, wenn mehr Wasserstraßen zur Verfügung stehen? Welche Verluste hat unser deutsches Volksvermögen durch Spekulation an ausländischen Börsen erlitten, wohin das spekulative Kapital durch die Gesetzgebung getrieben wurde? Welche In­ dustrien, wie beispielsweise die Zementindustrie, sind ohne ein Einschreiten der Regierung oder ohne genügend sachliche War­ nungen der finanziellen Zeitschriften durch Überproduktion in eine

kritische Lage gekommen? In welchen Industrien genügen zur­ zeit die bestehenden Anlagen, um einen angemessenen Llmsatz und eine angemessene Verzinsung zu sichern? Für welche Fälle kommt eine Kontingentierung der Emissionen, eine Beschränkung neuer Kapitalanlagen in Frage? In England wurde gleich bei Anfang des Krieges die Aus­ gabe von Obligationen und Aktien ohne Genehmigung des Schatz­ amtes verboten! Bei uns erfolgte eine ähnliche Verordnung erst im Mai 1917, nachdem die Kontingentierung der Emissionen von der Frankfurter Zeitung bereits im Dezember 1915 vorgeschlagen worden war. Diese wenigen Gesichtspunkte sollten schon genügend Anlaß zu einer Erörterung der Frage geben, ob unter Einschreiten des Staates eine Art Zwangssparsamkeit sich nicht als notwendig erweisen wird; es gibt in Deutschland keine Aufstellung der Unternehmungen, welche durch falsche wirtschaftliche Maßnahmen der Gründer zu einem Mißerfolg geführt haben. Infolge unseres schnell wachsenden Reichtums konnten wir es uns in der Ver­ gangenheit leisten, einen Teil unseres Volksvermögens zu ver­ geuden und zu verspekulieren. Ich sehe die Lage in der Kriegs­ folgezeit nicht als eine solche an, die uns solche geldlichen Extravaganzen erlauben kann. Naturgemäß wünschen Landwirt­ schaft, Äandel und Gewerbe in ihren Expansionsbestrebungen möglichst ungebunden zu sein. Gewiß ist dieser Wunsch berechtigt, solange das Geld im Lande bleibt und damit Werte geschaffen werden, die auf die eine oder andere Weise nicht gänzlich als nutzlos abzuschreiben sind. Wenn aber trotz der Überproduktion in z. B. Zement (die nach der Kölnischen Ztg. ohne Syndikat dieser Industrie einen jährlichen Verlust von 85—90 Millionen Mark brachte) eine wilde Gründungsspekulation während des Krieges sich sortsetzt und eine große Anzahl Fabriken mit deut30

schem Kapital erbaut werden und alsdann ohne genügende Ver­ zinsung oder sogar mit Verlust arbeiten, so bedeutet dieses einen direkten Verlust an unserem Volksvermögen; in solchen Fällen ist ein promptes Einschreiten der Regierung notwendig, trotz aller Gewerbefreiheit. Die Spekulation wird sich in der Kriegsfolgezeit noch mehr breit machen, weil die eingeschränkte Lebenshaltung auch kleine Kapitalisten dazu verleiten wird, nach Extraeinkünften Llmschau zu halten. Wenn aber die Spekulation Anlagen betrifft, bei denen eine unserem Volksvermögen verlustbringende Ausbeutung unserer Bodenschätze oder anderer Werte als sicher erscheint, sollte die Regierung durch ^offene Darlegung der wirtschaftlichen Ver­ hältnisse der betreffenden Industrie mindestens in der Lage sein, rechtzeitig die nötigen Warnungen zu erlassen. Ebenso wie die Polizeibehörde vor Kurpfuschern oder vor Lebensmittelschwindlern warnt, hat die Regierung die Pflicht, eine Vergeudung des Volksvermögens nach Möglichkeit zu verhindern, da die Steuerkraft darunter leidet. Die bisherigen während des Krieges erfolgten Maßnahmen der Regierung in dieser Richtung sind nur ein sehr schwacher Versuch und bedeuten bei der Verwaltung unseres Volksvermögens noch keine Richt­ linien für die Kriegsfolgezeit, deren wir durchaus benötigen, wenn wir die Verzinsung und Amortisation der Kriegslasten in systematischer Weise durchführen wollen.

Zweiter Teil. Deutschlands wirtschaftliche und andere Beziehungen zum Ausland in der Kriegsfolgezeit. Endlich ist der Gedanke mehr durchgedrungen, das Auslandsdeutfchtum in ernstere Berücksichtigung zu ziehen. 3n (Stutt­ gart ist ein „Museum und Institut zur Kunde des Auslands­ deutschtums und zur Förderung deutscher Interessen im Auslande" gegründet worden. Wenn man bedenkt, daß der Flottenverein und andere große Vereine viele Hunderttausende von Mitgliedern zählen, so ist es beschämend, daß der „Verein für das Deutschtum im Auslande" nur rund 60000 Mitglieder zählt. Ebenso be­ schämend, sagt Lermann Weck in seinem Buche über „Das Deutschtum im Auslande", ist es, daß ein Reich wie Deutschland, in dessen Grenzen die Statistik fast alles feststellt, was sich zahlen­ mäßig überhaupt ermitteln läßt, nicht einmal weiß, wieviel seiner Angehörigen im Auslande leben; und Paul Rohrbach hat mit Recht an den Mangel nationaler Instintte erinnert, der darin zu­ tage trat, daß geschäftliche deutsche Unternehmungen, auch solche an allererster Stelle, im Auslande geflissentlich davon absahen, neben dem finanziellen Gewinn auch gleichzeitig die Propaganda für den nationalen Gedanken zu verfolgen. Ich muß diese Ausführungen an die Spitze stellen, weil die Förderung unseres Auslandsdeutschtums für unsere Kriegsfolge­ wirtschaft von besonderer Wichtigkeit ist. Ich bin, wie meine übrigen Darlegungen zeigen, weder Chauvinist noch Alldeutscher. Im Gegenteil stehe ich auf dem Standpunkt, daß die falsche Her­ vorhebung deutschen Wesens und deutscher Tüchtigkeit im Aus­ lande uns unendlich viel Schaden getan hat. Professor Schmidt in Konstantinopel hat sehr beherzigende Leitsätze für das Auftreten der Deutschen im Orient veröffentlicht; daraus greife ich nur den Satz heraus: „Vermeide jede lauteBetonung deutsch er Vorzüge! Lasse sie vielmehr für sich selber sprechen, indem du dich bemühest, stets und überall ein würdiger Vertreter deines Vaterlandes zu sein".

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Eine Nation, die nur 46 Jahre geeint besteht, kann in welt­ politischer Linsicht begreiflicherweise nur in den Kinderschuhen stecken; aber die großen Amwälzungen unserer Zeit zwingen uns, nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch die Frage energisch an­ zupacken, wie wir im Auslande den richtigen Eindruck machen können, ohne uns dabei als Nation etwas zu vergeben. — Ick führe die außerordentlich schönen und treffenden Worte von Ricardo Leon im „Imparcial" (4) an, die, ohne uns zu verletzen, wahrheitsgemäß die Tatsachen schildern und ich stehe durchaus nicht auf dem Standpunkte, den Professor C. Metzer im „Tag" ausführte, wonach unsere Lebens- und Weltanschauung eine andere als die unserer Feinde sei und es unsere Aufgabe sein müsse, der­ selben in der Welt die ihm gebührende Stellung zu verschaffen. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß wir unsere Auffassung in den Grenzgebieten im Osten und Westen und neuerdings in den besetzten Gebieten in Polen und Kurland nicht anderen Völkern aufoktroyieren können und es wäre völlig verkehrt, anzunehmen, daß wir in anderen Kontinenten mit unserer Auffassung durch­ dringen könnten. Wir haben nicht, wie Ricardo Leon richtig sagt, die Eigenschaft, die Lerzen zu erobern, und unzweifelhaft haben wir eine gewisse Verständnislosigkeit gegenüber den Auf­ fassungen, Anschauungen und Gefühlen anderer Völker. Ich ver­ weise nur auf die Veröffentlichungen in der Zeit der Kriegspsychose. Felix Stahl (Preuß. Iahrb. Bd. 159, Lest 2) hat mit Recht darauf hingewiesen, daß wir eine eigentümliche Art gehabt haben, fremden Nationalstolz zu verletzen. Llnsere Auslandsreisenden haben sicherlich häufig darin gefehlt, daß sie den Einrichtungen anderer Länder gegenüber ihre Geringschätzung und Mißachtung aus­ drückten. Die Charaktergröße und Stärke unseres Volkes wird im Aus­ lande immer anerkannt werden, je mehr man sich über die ungeheure Übermacht der 10 oder mehr Nationen, gegen die wir zu kämpfen hatten, über die Tapferkeit und Widerstandsfähigkeit unserer Vaterlandsverteidiger und über die innere Kraft unseres Volkes bei den feindlichen Aushungerungsplänen klar wird. Wir brauchen nicht in langen statistischen und anderen Veröffentlichungen dem Auslande unsere Kraft darzulegen, aber außerordentlich wünschens­ wert sind alle ernsten und unaufdringlich organisierten Bemühungen, unser Vaterland und unsere Anschauungen dem Auslande in Dringliche N)irtschaft5fragen.

Heft 7.

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richtiger taktvoller Weise bekannt zu machen; daher ifi die neue

Tätigkeit der deutschen Lichtbildgesellschaft sehr zu begrüßen, welche dem Auslande Bilder von deutscher Kultur und Wirtschaft vor Augen führen will; ebenso wünschenswert wäre es für die Er­ weiterung des weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Gesichts­ punktes unseres Volkes, wenn die deutschen Lichtbildtheater ihren täglich 11/2—13/4 Millionen (11) zählenden Besuchern einen besseren Überblick über das Ausland geben würden; die Annäherung und gegenseitige Kenntnis der Völker würde große Vorteile davon haben. Wirtschaftlich ist es eine dringende Notwendigkeit, eine syste­ matische Zusammenstellung des Auslandsdeutschtums baldigst fertigzustellen, weil der deutsche Kaufmann und Techniker im Auslande uns dringend vonnöten ist, um den neuen Aufbau unseres Handels in die Wege zu leiten. Im Frieden sind es die Militär- und Marineattaches, welche für einen etwaigen Krieg alle Infor­ mationen im Auslande zu sammeln berechtigt sind. In diesem Kriege ist das Gegenstück für die kommende Friedenszeit durch den “Board of Trade” geschaffen worden, dessen Äandelsspionageabteilung zwar rücksichtslos ist, aber doch als ein „Meisterstück der Organisationskunst" mit Recht von der Franks. Zeitung be­ zeichnet wird. Philipp Stein wies in der „Deutschen Politik" vom April 1916 darauf hin, daß sittliche Entrüstung eine unzulängliche Kriegswaffe sei und daß der kühl überlegenden und nicht dilettan­ tischen Methode des wirtschaftlichen Kampfes der Engländer die gleiche Entschlossenheit und Zähigkeit Deutschlands gegenüber ge­ stellt werden müsse und daß dieses ohne den unglaublichen Ein­ wand von Rednerei und Schriststellerei zu erfolgen habe. Aber auch er fragt: wo ist die Führung und sind die Führer? Professor Prion hat in einem Vortrage in der Weltwirtschaftlichen Gesell­ schaft ebenfalls betont, daß wir in Deutschland zu viel Worte machen und zu viel Kommissionen haben, daß aber aus dem welt­ wirtschaftlichen Gebiete zu wenig Positives geschafft wird. Die dicken Bände der englischen schwarzen und grauen Listen, die ein­ gehende Information, die sich auf alle Einzelheiten der betreffenben Firmen erstreckt, werden zusammen mit den Mitteilungen der in Frankreich, Rußland und in England und seinen Kolonien ge­ fangenen Deutschen, mit den Kartotheken der Bureaus für Ge­ fangenenfürsorge (Frankfurt a. M., Zeil 114), mit dem Adreffen-

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material der Kolonialhandbücher und anderen Exportzeitschristen, wie z. B. des „Welthandels" — vielleicht endlich dazu führen, daß wir uns durch die Aufstellung deutscher weißer Listen eine systematische Äbersicht über die deutschen und deutsch­ freundlichen Firmen in allen Handelsplätzen des Aus­ landes machen. Bei der kommenden internationalen Konkurrenz haben wir es bitter nötig, diese Anter- und Grundlagen bei Friedensschluß fertig zu haben. Wir können es uns nicht mehr leisten, wenn in Zukunft ein in deutschem Interesse gegründeter ausländischer Verein, wie der Germanische Bund in Südamerika, in seinem Flugblatte mit Recht sagte: „Das Deutsche Reich hat es nie verstanden, die Ausländsdeutschen in der Weise festzuhalten, wie England es getan hat". Jeder Tag des Krieges kostet uns 40 oder mehr Millionen Mark; in England hat man viele Millionen für daS Informa­ tionsbureau über den deutschen Sandel ausgegeben, warum sollen wir in Deutschland nicht uns in gleicher Weise eine richtige Or­ ganisation schaffen, um wirtschaftlich für das Auslandsgeschäft besser gerüstet zu sein? Die Kriegsfolgezeit ist wirtschaftlich eine Fortsetzung der Kriegszeit, so daß große Ausgaben auf dem Gebiete der wirtschaftlichen Friedensvorbereitung unter die Kriegskosten zu rechnen sind. Nicht unerwähnt möchte ich hierbei lassen, daß die rund zwei Millionen Kriegsgefangenen in Deutschland möglichst viel Gelegenheit haben sollten, sich über deutsche „Kultur" zu informieren. Da Deutschlands Bevölkerung zu etwa '/« vom Auslands­ geschäfte lebte, sind alle Einzelheiten des Wirtschaftskrieges genauest zu verfolgen und meines Erachtens die papierenen Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz keinesfalls als bloßer „Bluff" zu betrachten. Wenn die früher ausgesprochen steihändlerische Landelskammer in Manchester Ende Mai 1916 mit 932 gegen 234 Stimmen der Regierung Vorschlägen konnte, das Vorzugs­ zölle für englische Waren in jedem einzelnen Teile des Britischen Weltteiles eingeführt werden sollten, daß ein Reziprozitäts­ verhältnis für Ein- und Ausfuhr zwischen England und seinen Alliierten, eine feindliche Zollmauer gegen Englands Feinde, ein System mäßiger Zölle zwischen den Alliierten und Neutralen wünschenswert seien — so sind solche Anschauungen keineswegs zu unterschätzen.

Geradezu unverwüstlich ist manchmal der Optimismus in deutschen handelspolitischen Dingen. Wir haben die Dauer des Waffenkampfes und die Zähigkeit und Entschlossenheit der Eng­ länder, sowie die Kampfwütigkeit der Franzosen bei weitem unter­ schätzt; daraus ergibt sich doch wohl die Lehre, daß wir die Folgen und die Dauer des Wirtschaftskampfes auf keinen Fall ähnlich irrtümlich beurteilen sollten. Philipp Stein sagte mit Recht, daß man sich bei einem Kampfe mit den Engländern auf die Dauer einrichten müsse; ich füge die Vorschläge der Lauptkommission des englischen “Board of Trade” (5) bei, deren Weitzügigkeit sicherlich Grund zum Nachdenken gibt. Nehmen wir selbst an, daß ein großer Teil der Vorschläge nicht zur Ausführung gelangen werde, so ist es immer noch besser, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, als unerwarteten Entscheidungen hilflos gegenüber zu stehen. Die Erledigung der handelspolitischen Fragen ist um so schwie­ riger, weil wir ja noch eine Anzahl Landels-, Tarif- und Meist­ begünstigungsverträge mit Neutralen laufen haben, die die Ein­ führung neuer Maßnahmen wahrscheinlich erschweren. Eine Zu­ sammenfassung sämtlicher von ausländischen Regierungen, Handels­ kammern, Verbänden usw. gemachten und gegen uns gerichteten Vorschläge wäre sehr erwünscht. Staßfurt hat eine ähnliche sehr übersichtliche Zusammenstellung über den „Schaden am deutschen privaten Auslandsbesitze durch Maßnahmen der Feinde und seinen Ersatz" gemacht. Einer der wichtigsten Punkte ist die von England besonders ins Auge gefaßte Abschneidung der Rohstoffe für die deutsche Industrie, wobei sehr systematisch vorgegangen wird. Wir können wahrscheinlich damit rechnen, daß die australische Wolle, die australischen Zink-, Kupfer-, Blei-, Wolfram- und anderen Erze, die kanadischen und neukaledonischen Nickel- und Kobalterze, die indischen Wolframerze, die südamerikanischen Gerbhölzer, die russi­ schen Platin-, Osmium-, Iridium, Palladium- sowie Manganerze, die westafrikanischen Palmkerne und andere bisher in Deutschland verarbeiteten Rohstoffe in Zukunft oder mindestens in der ersten Kriegsfolgezeit unter englischer oder englisch-französischer Kontrolle stehen werden. Jedenfalls wird ein Teil dieser Rohstoffe nicht mehr in unverarbeitetem Zustande zu uns gelangen, sondem nur in verarbeitetem Zustande (z. B. als Metall), wobei infolge der monopolartigen Bestrebungen unserer Feinde Deutschland geldlich

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bluten soll. Man hofft, auf manchen Gebieten unsere Industrie dadurch lahm zu legen, daß man ihr die Rohstoffe nur zu hohen Preisen überläßt. Optimisten sind der Ansicht, daß bei einem uns sehr günstigen Friedensvertrage alle derartigen Maßnahmen der englischen Negierung rückgängig gemacht werben würden; dabei wird aber anscheinend vergessen, daß während der langen Kriegsdauer bereits viele neue Fabriken errichtet worden oder im Bau begriffen sind, welche durch langjährige Kontrakte (durch­ schnittlich für 5—10 Jahre) die betreffenden Rohstoffe sich gesichert haben. In den „Münchener Neuesten Nachrichten" (Nr. 367, 1916) hat ein holländischer Kaufmann mit Recht ausgeführt, daß die City in London sehr viel Geld verdient und sich buchstäblich die Lände reibt in Erwartung der riesigen Summen, die sie nach dem Kriege verdienen wird, wenn der ganze Kontinent nach Roh­ materialien schreien wird und die großen in England aufgestapelten Vorräte zum Verkauf gelangen. Dabei ist den Neutralen bereits klar gemacht worden, daß sie nach dem Kriege keine Erlaubnis haben würden, die in England eingetauften Vorräte nach Mittel­ europa auszuführen. Der Gewinn soll eben in die englische Tasche fließen. In engem Zusammenhang mit der Frage der Ausdehnung unserer wirtschaftlichen Auslandsbeziehungen steht die Forderung nach einer Konzentrierung geistiger Arbeit und einer Verhinde­ rung der bisherigen durchaus unnötigen Zersplitterung geistiger Energie auf den Gebieten der verschiedenen, das gleiche Ziel verfolgenden Vereine und Zeitschriften. Das Bündnis mit der Türkei und Bulgarien hat sehr bald zu der Begründung der verschiedensten Vereine und Gesellschaften geführt, bei denen dasselbe Ziel verfolgt und die gleiche Arbeit aus ähnlichen Ge­ sichtspunkten von verschiedener Seite geleistet wird. In der Kriegs­ folgezeit können wir uns die unnötigen Geldausgaben nicht leisten und ebensowenig die Verschwendung geistiger Energie, die Auf­ häufung von wenig wertvollen, fast immer dasselbe darlegenden Veröffentlichungen. Wie viele minderwertige oder kaum existenz­ berechtigte Geschäfte und Gewerbe in der Kriegssolgezeit ein­ gehen werden, wird auch eine Zusammenlegung vieler Vereine und Zeitschriften, die ^das gleiche Ziel verfolgen, in Frage kommen. Wie viel mehr fruchtbare Arbeit könnte geleistet werden, wenn

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die einzelnen Länder in systematischer Weise vom praktischen und nicht nur theoretischen Standpunkte bearbeitet würden und das für unseren Auslandshandel vorliegende Material in einer für den Praktiker benutzbaren Weife zur Land wäre. In dem Weltwirt­ schaftlichen Archiv hat Waetgen auf den Mangel guter deutscher Literatur über viele südamerikanische Länder hingewiesen; derartige Beispiele lassen sich noch vielfach vermehren. Für das Übermaß von gleichartigen oder ähnlichen Gesellschaften, Vereinen und Zeit­ schriften füge ich einige Beispiele bei (6). Die Lebung und Zusammenfassung des Auslandsdeutschtums wird nicht wenig dadurch gefördert werden, daß mit der Unter­ stützung des Staates oder von Lande! und Gewerbe deutsche Auslandshandelskammern in Form von Klubs gegründet und unterhalten werden. Wenn eine geringe Abgabe auf sämtliche Ausfuhrgüter erhoben (vielleicht 3—4 Mark für einen Amsatz von 1000 Mark) und diese Summen unter gemeinsamer Verwaltung des Staates, des Industrierates und der berufenen Vertreter des Landels auf die Förderung des Auslandsdeutschtums verwandt würden, könnte viel Gutes geschaffen werden. Wir haben nur 1 oder 2 Auslandshandelskammern, während England in Argen­ tinien 2, China 4, Ägypten, Frankreich 2, Griechenland 1, Ita­

lien 5, Persien 2, Portugal 3, Rußland 4, Spanien 5 und außerdem in vielen anderen Ländern einzelne Handelskammern bzw. Filialen solcher hat. Während die Ausländsdeutschen, die hoffentlich bald gebil­ deten deutschen Auslandshandelskammern und das neu organisierte Landeltzkonsularkorps uns mit zuverlässigen Nachrichten aus dem Auslande versorgen sollten, ist andererseits die Verbreitung und Verteilung zuverlässigerer Auslandsnachrichten innerhalb Deutsch­ lands und besonders für Lande! und Gewerbe seit langem als notwendig erkannt und wird jetzt durch die Gesellschaft für wirt­ schaftliche Ausbildung in Frankfurt a. M., den Deutschen Äberseedienst in Berlin (Kurfürstendamm 205) und das Institut für Seeverkehr und Weltwirtschaft in Kiel und das Kolonialinstitut in Lamburg energisch betrieben. Daß mit dieser auf privater Initia­ tive beruhenden Aufklärungsarbeit eine gänzliche Neuorganisation des politischen Nachrichtendienstes seitens der Regierung und eine viel engere Fühlung mit der Presse Land in Land zu gehen hat, ist ja von allen Seiten im Reichstage, in den Landtagen und in 38

den Verbänden von Landet und Gewerbe theoretisch anerkannt worden; wie und wann diese Wünsche praktisch realisiert werden, bleibt abzuwarten. Die dem Reichskanzler zu verdankende Zen­ tralstelle für Auslandsdienst wird hoffentlich den richtigen Organisator erhalten, der die weitere Ausgestaltung dieser Zentrale als seine Lebensaufgabe betrachtet. Weltpolitik wird nicht durch die Brille einiger Spezialisten und oberflächlichen Kenner eines Landes gemacht, sondem beruht auf großzügigen, die allge­ meine weltwirtschaftliche und weltpolitische Lage in Betracht ziehenden Kenntnissen. Die Am- und Erfassung der verschiedenen Spezialkenntnisse kann nur durch eine solche Zentrale unter erst­ klassiger Leitung und mit Lilfe von erfahrenen Kennern der aus­ ländischen Presse (nicht von Laien) erfolgen. Vor vielen Jahren ist die Presse als sechste Großmacht be­ zeichnet worden; leider ist die Verbindung zwischen Regierung und Presse trotz der verdienstvollen Tätigkeit von Lamann nicht bis zu dem Grade durchgeführt worden, wie unsere zum Teil sehr bedauerlichen Erfahrungen (besonders auf dem Gebiete der Lanzierung von Nachrichten in die Auslandspresse usw.) während des Krieges gezeigt haben. Die Bureaukratie hat noch immer einen gewissen Lorror vor der Presse gehabt und der Amschwung war erstaunlich, als wir von „Interviews" amerikanischer Journalisten mit deutschen Staatsmännern und Generälen häufig lesen konnten. Die erfrischende Offenheit, die Batocki bei seinen Erklärungen an die Presse und das Publikum gezeigt hat, wird auch hoffent­ lich in Zukunft bei anderen Negierungsabteilungen angewendet werden und speziell bei der Information des Auslandes über uns und unsere Absichten. Wer im Auslande gelebt hat, weiß genau, daß die Anschauungen über die politischen und militärischen Ab­ sichten Deutschlands im ganzen Auslande hauptsächlich auf den von unseren Feinden ausgenutzten Meinungsäußerungen der all­ deutschen Presse beruhten und daß unser Ruf und der Laß gegen uns mit darauf fußt, daß wir uns selbst als Eroberer und Anterdrücker verschrien haben (4). So patriotisch diese alldeutschen Kreise auch zu sein wünschen, so schädlich wirkten sie — entgegen ihrer Absicht vielleicht — bezüglich des Rufes und der Beurtei­ lung Deutschlands in der Welt; siehe Ricardo Leon. In bezug auf unsere wirtschaftlichen ausländischen Be­ ziehungen ist es bemerkenswert, daß gleich bei Beginn des 39

Krieges in einer sehr systematischen Weise das ganze Deut­ schen in England gehörige Eigentum ausgenommen oder registriert wurde; meines Wissens sind wir uns in Deutschland noch selbst jetzt nicht genau über die Aktiva und Passiva unseres Volks­ vermögens im Auslande klar. Bei der Kriegsbilanz, die für die Friedensverhandlungen von englischer Seite vorbereitet wird, wird ein Lauptbuch vorgelegt werden müssen, in dem alle die von Deutschland in den feindlichen Ländern und deren Kolo­ nien angelegten Summen, alle Schulden von Engländern und anderen Feinden an Deutsche, alle von uns an unsere Feinde ge­ schuldeten Summen oder bei uns unter Kontrolle befindlichen Werte vermerkt und summiert sind. Ich habe Grund anzu­ nehmen, daß diese Kriegsbilanz und dieses Hauptbuch mit allen Forderungen und Verpflichtungen bei uns in Deutschland noch nicht in allen Einzelheiten fertig gestellt ist, während man in England bereits Teilbilanzen veröffentlicht hat. Der Abschluß solcher Bilanz ist meines Erachtens vonnöten, bevor in Friedens­ verhandlungen eingetreten wird. Außerdem aber sollten wir noch in Kriegszeiten in zentralisierter Form die gesamten statistisch­ finanztechnischen Unterlagen für die Weltwirtschaft und unsere Weltbeziehungen beschafft haben. Ein politischer Kaufmann schreibt mit Recht im „Welthandel", daß wir uns an ganz andere Maßstäbe und Praktiken gewöhnen müssen, daß völlige Abkehr von politischer und historischer Kleinkrämerei bitter von­ nöten sei. Ich verweise aus die Ausführungen von Philipp Stein, der die Engländer als Meister methodischer Kriegskunst im Wirtschaftskrieg bezeichnet, die mit langer Vorbereitung und mit Zielen auf weite Sicht arbeiten. Was den deutschen Lande! und vor allem den deutschen Auslandshandel betrifft, so haben die Großfirmen sich im Kriege davon überzeugt, daß ihre bisherige Organisation durchaus un­ genügend war! Die in den Sitzungen der neuen Verbände ge­ machten Ausführungen haben dies offen zugegeben. Der Wieder­ aufbau unserer wirtschaftlichen Auslandsbeziehungen hängt ebenso vom deutschen Großhandel ab, wie von den Ausländsdeutschen und den im Auslande befindlichen deutschfreundlichen Firmen. Die Stärkung unserer Volkswirtschaft und unserer Rohstoff­ reserven in unseren eigenen Läsen und Stapelplätzen wird in Zu­ kunft noch mehr nötig sein. Die Spezialisten jedes Landels40

zweiges und die berechtigten Vertreter der Spezialgebiete aus­ findig zu machen, war vor dem Kriege fast unmöglich — oder jedenfalls sehr schwierig. Nach Ländem und nach Spezialgebieten des Landels und der Industrie geordnet sollten Land- und Adreß­ bücher zur Verfügung stehen, um schnellstens eine Orientierung für jeden Interessenten zu ermöglichen. In England hat man be­ reits 1 Million Mark für ein vielsprachiges Adreßbuch bewilligt, das der Ausdehnung des Spezialhandels gewidmet sein soll. Ob die Organisation eines von Fürst und neuerdings von Gentsch angeregten Industriemuseums von großem Nutzen sein wird, kann ich nicht beurteilen. Sehr wichtig sind Musterlager oder Industriemuseen ausländischer Erzeugnisse, um jeder deutschen Spezialindustrie zu zeigen, was unsere Lauptkonkurrenten im Welthandel, England, Japan und die Vereinigten Staaten her­ stellen, um uns zu verdrängen. In letzter Zeit haben die offi­ ziellen Vertreter der englischen Regierung, d. h. die Konsulate in Italien und anderen Ländern Ausstellungsräume gemietet, um englische Produkte und Maschinen den Abnehmem vorführen zu können. Sehr richtig sagte Karl Scheffler in der „Voss. Ztg.", daß es für den deutschen Kaufmaun jetzt an der Zeit wäre, das Standesgefühl neu zu organisieren und dem Berufe jene Geltung und Achtung wiederzugewinnen, die er vor Jahrhunderten genossen hat; durch eine Erweckung des ethischen Zunftgeistes würde die große Bedeutung, die der Kaufmann für den Staat und für unsere gesamte Volkswirtschaft bei der Ausdehnung unseres Außenhandels hat, wieder in das richtige Licht gerückt werden. Daß in unserem Landet oder in dem Absätze unserer Industrie­ erzeugnisse nicht alles so geregelt war, wie es hätte sein können, geht aus den Beobachtungen in Kurland hervor, wo unsere Be­ satzungstruppen ungezählte landwirtschaftliche Maschinen vorfanden, worunter sich kein einziges deutsches Fabrikat befand. Linser deutscher Anteil am gesamten Weltverkehr hat nicht so große Fortschritte gemacht, wie man im allgemeinen anzunehmen bereit ist; dies geht daraus hervor, daß der Prozentsatz sich nur von 11,5% im Jahre 1903 auf 12,5% im Jahre 1911 erhöhte. Linser Ausfuhrhandel hängt eng zusammen mit der Er­ ledigung der Valutafrage. Bei der jetzigen Preiserhöhung für fast alle Rohstoffe im Auslande, bei den hohen Frachten und unserer entwerteten Valuta würden Deutschland und Osterreich41

Angarn für die Einfuhr von Rohstoffen und Lebensmitteln statt bisher 7—8 Milliarden Mark, etwa 18—20 Milliarden Mark in der Kriegsfolgezeit an das Ausland zu zahlen haben. Es ist daher selbstverständlich, daß wir auf einen großen Teil dieser Ein­ fuhr verzichten bzw. uns darin stark beschränken müssen, weil wir nicht entsprechende Ausfuhrgüter zur Bezahlung zur Verfügung haben. Die Devisen- und Valutazenttale hätte genau, wie das Reichskommissariat für Ein- und Ausfuhrbewilligungen bereits vor 1 oder 1 % Jahren in eine mit ausgedehnten oder exekutiven Vollmachten ausgestattete, in gewisser Beziehung diktatorisch selbständige Behörde umgewandelt werden müssen: statt dessen sind Teilmaßregeln eine nach der anderen erfolgt. Endlich ist die gesamte Einfuhr der Kontrolle des Reichskommissariats für Ein­ und Ausfuhrbewilligungen unterstellt worden; auch diese Maß­ nahme kommt viel zu spät, wenn man den Verkauf von Kaviar und anderen ausländischen Delikatessen in Berliner Geschäften während des Jahres 1916 berücksichtigt. Eine Summe kommt zur anderen und so sind denn die Zahlungen für diese und ähn­ liche Artikel ans Ausland sicherlich während der ersten 21/a Kriegs­ jahre einschließlich der Überweisungen für Spekulationszwecke in Äunderte von Millionen gegangen. Für das neutrale Ausland ist die verhältnismäßig günstige Bewertung des Pfund Sterling ein Anzeichen für die englische wirtschaftliche Widerstandskraft und ist die außerordentlich niedrige Bewettung der deutschen Mark ein negativer Maßstab für unsere Erfolge. Für die Neu­ tralen spielt die Tatsache, daß wir gegen eine Welt von Feinden unsere Grenzen haben halten können, keine so große Rolle, wie die Möglichkeit, manche deutsche Fabrikate billiger als im Frieden zu erwerben, weil die Entwertung der deutschen Valuta solches ermöglichte. Eine einheitliche Preisbildung im Export, wie sie bei dem neuen Verbände der Waggonfabriken zur Durch­ führung gelangen soll, ist sicherlich auf viele andere Gebiete auszudehnen, wenn wir in der Kriegsfolgezeit unsere Valuta allmählich auf einen normalen Stand wieder zu­ rückbringen wollen. Bei der Beutteilung des Auslandsgeschäfts ist in Bettacht zu ziehen, daß wir nahezu 45 % unserer Ausfuhr an unsere Feinde geliefert haben, daß aber der gesamte Außenhandel unserer Feinde mit uns und unseren Verbündeten weniger als 15% betrug.

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Der gesamte Außenhandel unserer Feinde betrug rund 63 Mil­ liarden Mark, wovon weniger als 10 Milliarden Mark auf den Landel mit uns und unseren Verbündeten entfielen.

Bei unserer

europäischen Ausfuhr ist ebenso in Betracht zu ziehen, daß unsere jetzigen Feinde, bei denen die Kriegspsychose im Landel noch lange nachwirken wird, mehr als die Lälfte unserer europäischen

Ausfuhr bezogen. Unsere Ausfuhr nach den Ländern außerhalb Europas ist prozentual geradezu stagnierend gewesen; Lärms gibt die Ziffern mit 77% für 1889 und mit 76% für 1913 an. Wir haben also im eigentlichen Weltverkehr, d. h. nach anderen

Kontinenten, keinen Zuwachs im Absätze gehabt, welcher im rechten Verhältnis zu der Entwicklung dieser anderen Länder und Kon­

tinente entspräche.

Bei der Beurteilung des englischen Außen­

handels haben wir in unseren Fachzeitschriften und statistischen Darlegungen immer den Eindruck gemacht, daß wir England sehr nahe auf den Fersen seien; dadurch ist unsere schon sehr fühlbare Konkurrenz in England viel stärker zum Ausdruck gekommen, als

fie in Wirklichkeit war. Äingegen haben wir pro Kopf der Be­ völkerung rund 40% weniger an Außenhandel gehabt als Groß­ britannien allein ohne seine Kolonien. (Deutschland 310 Mark für den Kopf oder 20,9 Milliarden für rund 68 Millionen Köpfe; Großbritannien 525 Mark für den Kopf oder 24,1 Milliarden

auf rund 46,2 Millionen Köpfe.) Es ist klar, daß wir nach dem Kriege weder die etwa 25% unserer bisherigen Einfuhr aus dem

britischen Imperium erhalten werden, weil ein Teil der Roh­ stoffe in anderen Ländern selbst bearbeitet werden wird, noch daß

wir ebenso die etwa 19% unserer bisherigen Ausfuhr nach dem britischen Imperium hinaussenden werden. (Infolge der großen

Preiserhöhung für viele Produkte und Fabrikate ist selbstver­ ständlich ein Vergleich der früheren mit den neuen Statistiken in der Kriegsfolgezeit sehr schwierig und ist bei Rückschlüssen in Zukunft entsprechende Vorsicht nötig.) Bei den englischen Kolonien haben wir in Betracht zu

ziehen, daß nur etwa 4% % unserer Gesamtausfuhr, von Eng­ land hingegen 40% seiner Gesamtausfuhr dorthin gesandt wurde. Bei unserem Lande! mit Frankreich, das vor dem Kriege

1 Außer den Vereinigten Staaten, die bei den ziffernmäßigen Angaben dieses Aufsatzes nicht in die Gesamtsummen eingeschlossen sind.

etwa 7,8% unserer bisherigen Ausfuhr aufnahm, ist zu berück­ sichtigen, daß die kommerzielle Verbindung zwischen England und Frankreich durch den Krieg sicherlich enger geworden ist, da die Ausfuhr von England nach Frankreich von rund 430 (1909) auf nahezu 1400 Millionen Mark (1915) gestiegen ist. Außerdem braucht, wie gesagt, die französische Volkswirtschaft voraussichtlich viele Jahre mehr, als z. B. Deutschland, um wieder in einen normalen Gang zu kommen. In Rußland sind die wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Kriege mit der größten Vorsicht zu beurteilen. Die systematische Unterdrückung des Deutschtums wird sicherlich ihre. Folgen haben. Es bleibt sehr zweifelhaft, ob Rußland für unsere deutsche In­ dustrie als Absatzgebiet nach den gleichen Prinzipien in Zukunft zu bearbeiten ist, wie in der Vergangenheit. Wenn wir von unseren Kriegskosten nur 30 Milliarden Mark auf die östlichen Grenzen rechnen und diese in 20 Jahren amortisieren, so bedeuten diese Kriegslasten mit Zinsen über 60 Milliarden Mark oder im Jahresdurchschnitt 3 Milliarden Mark; hierzu kommen noch die Neuaufwendungen für die militärische Sicherung nach der östlichen Grenze. Jedem politisch Denkenden wird es nunmehr klar sein, daß Konstantinopel auch in Zukunft1 Rußlands Ziel sein wird und daß der ganze Gedanke an Mitteleuropa und Berlin-Bagdad eine Chimäre bleibt, wenn wir Rußlands Drange nach Konstanti­ nopel nicht widerstreben und uns entsprechend in unserer Rüstung einrichten. Wir müssen daher an Kriegslasten allein die östliche Grenze mit mindestens jährlich 3 Milliarden Mark belasten und es ist klar, daß eine solche Summe auch bei der größten Ausdehnung unseres Äandels mit Rußland in der Kriegsfolgezeit nicht in Ge­ winnen unserer Industrie oder durch einen Absatz ihrer Produtte nach Rußland hereinkommen wird. Wirtschaftlich ist daher dieses Gebiet für unser gesamtes Volksvermögen, selbst bei Gewinnung eines großen Absatzes in Rußland, für mehrere Jahrzehnte als verlustbringend anzusehen. Bei Rußland wie bei Italien ist die englische methodische 1 Fußnote (April 1916): Utopisten, die an eine Verbrüderung der Nationen und eine gänzliche Unterdrückung der bisherigen Eroberungs­ pläne infolge der russischen Revolution glauben, erlaube ich mir auf die vielen anderen Beispiele der Geschichte hinzuweisen: die russische Revolution ist ein Intermezzo — der Expansionsdrang wird sich nicht ausrotten lassen.

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Voraussicht so weit gegangen, für die neuen englisch-russischen und englisch-italienischen Handelsgesellschaften eine staatliche Zinsen­ garantie für 10 Jahre zuzusichern, mithin auf geraume Zeit für eine enge kommerzielle Verbindung vorzusorgen. Bei der Erörterung und Erweiterung unseres Absatzes nach österreich-Llngarn und dem Balkan, wie der asiatischen

Türkei brauche ich nur auf die vielen Veröffentlichungen (z. B. von Fr. Eulenburg, Arnstadt, von Tyska, R. Zunge) hinzuweisen, sowie auf die Ausführungen des ehrbaren Kaufmann in Lamburg vom Dezember 1915, wonach die Ausfuhr nach den Balkanländern nur 3,1% unserer gesamten Ausfuhr, die Einfuhr nur 1,85% der gesamten Einfuhr betrug. Es ist „ein Wechsel auf langes Ziel" und viel Lingabe und vor allem sehr taktvolles Verhalten gegenüber den Bewohnern der uns jetzt verbündeten Länder wird nötig sein, um unsere wirtschaftlichen Beziehungen in richtiger Weise auszudehnen. Bei den neutralen Ländern Europas genüge es, die Ansicht des politischen Kaufmanns im „Welthandel" zu zitieren: „Wir Deutsche müssen uns nach dem Kriege vollständig neu orientieren hinsichtlich der freundschaftlichen Gefühle der Neutralen. Die alte Ära kleinbürgerlicher Äandelsschlauheit ist zu Ende, das Zeitalter

der Handelspolitik großen Stils beginnt. An weltgeschichtlicher Wegkreuzung erhebt sich im deutschen Äerzen die bange Frage: „Sind wir auch gerüstet für diese neue Zeit?!". Wir haben bei den neutralen Ländern durchaus nicht in den letzten Jahren die Fortschritte in unserem Handel gemacht, wie man gewöhnlich an­ nimmt; beispielsweise haben wir bei der Einfuhr Norwegens in den Zähren 1909—12 unseren Anteil nur von 30 auf 32%, bei Schweden nur von 34,61 auf 35,06% erhöht. Dänemarks Ausfuhr nach Großbritannien war außerordentlich hoch und in­ folgedessen ist natürlich auch die englische Einfuhr nach dort sehr beträchtlich. Zn Spanien besaßen wir vor dem Kriege etwa denselben Anteil, wie die Vereinigten Staaten und Frankreich an der Einfuhr gehabt haben, aber England hat rund 50% mehr dahin eingeführt. Die Ausfuhr Spaniens nach England betrug 300%, nach Frankreich über 250% mehr als nach Deutschland. In der Schweiz ist in den letzten 10 Zähren ein Rückgang der Einfuhr »on 2,6% auf 1,9% vom Gesamtwerte und in der Aus­ fuhr von 6,2 % auf 5,3% erfolgt.

Die 7 neutralen europäischen Staaten einschließlich Lolland und Griechenland haben zusammen etwa 20°/, oder rund 2 Milli­ arden Mark unserer Ausfuhr ausgenommen, während sie uns für etwa 171 Milliarden Mark Waren geliefert haben. Da ein Teil dieser Länder während des Krieges stark verdient hat, wird viel­ leicht eine Steigerung unserer Ausfuhr dorthin möglich sein. Aber andererseits ist zu bedenken, daß während des Krieges manche neue Industrien daselbst entstanden sind. Die Vereinigten Staaten sind für Europa ein Gläubiger­ staat geworden; 20 oder mehr Milliarden Mark amerikanischer Effekten sind in das Leimatland zurückgefloffen, ein großer Teil der Goldvorräte Europas ist drüben aufgesammelt worden, viele neue Fabriken, die erst während des Krieges für mehrere Mil­ liarden Mark errichtet worden sind, sind aus den Kriegs­ gewinnen gänzlich abgeschrieben worden. Wenn auch die wirtschaftlichen Zustände in den Vereinigten Staaten nach vielen Richtungen hin kein großes Vertrauen einflößen und die politischen Gegensätze mit Japan zu einer Entscheidung1 in den nächsten Jah­ ren drängen, so werden doch einerseits die Absatzmöglichkeiten deutscher Fabrikate nach den Vereinigten Staaten von gewissem Werte für unsere Volkswirtschaft sein. Andererseits aber wird die Frage zu lösen sein, ob unsere den Vereinigten Staaten gegen­ über um 1 Milliarde Mark passive Handelsbilanz (Gesamtaus­ fuhr Deutschlands nach den Vereinigten Staaten rund 700 Mil­ lionen Mark (1913), also weniger, als wir nach Frankreich expor­ tierten; Ausfuhr aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland (1913) hingegen rund eine Milliarde 700 Millionen Mark) nicht zu unseren Gunsten geändert werden muß. Bei Südamerika kann ich nur auf die interessanten Ausführungen von Lufft, von Schaedel, sowie von Gast und Kasdorf Hinweisen. Daraus geht klar hervor, daß bereits vor dem Kriege die nordamerika­ nischen Landelsintereffen in Südamerika viel bedeutender waren, als man allgemein vermutete, daß eine zielbewußte und kraftvolle 1 Die Ver. Staaten ziehen jedenfalls eine gütliche Einigung unter der Vermittlung Englands vor. Sollte es trotzdem einmal zum Kriege zwischen Japan und den Ver. Staaten kommen und Japan siegreich bleiben oder einen sehr günstigen Frieden erzwingen, so würde damit auch zuungunsten von Deutschlands und Englands Lande! mit Ostasien die Grundfrage: „Asien den Asiaten" entschieden werden.

Ausnutzung der durch den Krieg geschaffenen Lage in Südamerika erfolgt ist und daß die Betätigung der deutschen Wirtschaftskraft in diesem großen Kontinente nur bei Anspannung aller Kräfte erfolgreich sein kann. Die neuen amerikanischen Banken und finan­ ziellen Gesellschaften in Südamerika entwickeln eine Tätigkeit, die zu unterschätzen ein großer Fehler sein würde. In Asien und der Südsee tritt die japanische Gefahr immer mehr zutage. England hat seine Vormachtstellung in Ostasien verloren. Das Abkommen Japans mit Rußland ist geradezu eine Erniedrigung für das letztere; in Sawai sind bereits 40% der Einwohner Japaner, in Mexiko, in Südamerika und auf den Südseeinseln, in Australien, Lolländisch-Indien und Britisch-Jndien sowie China dehnt sich der japanische Einfluß immer weiter aus. Die Nachahmung deutscher Waren und Fabrikmarken soll in einer Weise erfolgen, die man früher nicht für möglich gehalten hat; die Frage der Aufgabe der Philippinen seitens der Ameri­ kaner wird immer brennender, die politische Entscheidung und Klä­ rung der Lage zwischen Japan und Amerika wird aller Wahrschein­ lichkeit nach erfolgen, bevor das neue amerikanische Flottengesetz zur Durchführung gebracht ist? In England, wo man vor dem Kriege einen finanziellen Zu­ sammenbruch Japans erwartete, hat man nicht nur einen großen Teil der japanischen Anleihen abstoßen, sondern auch für 200 oder mehr Millionen Mark Geld in Japan anleihen können; es besteht also eine Amkehrung der Verhältnisse, wie man sie vor 4 Jahren für unmöglich gehalten hätte. Da es sich bei Asien um eine Bevölkerung von mehr als 900 Millionen Menschen handelt, so ist die Ausdehnung unserer wirtschaftlichen Beziehungen nach diesem Erdteil eine der größten vor uns liegenden Aufgaben. Im Sandelsarchiv findet sich eine offene Darlegung, wonach viele deutsche Fabrikanten zu glauben scheinen, daß sie den chinesischen Markt entbehren können und dabei übersehen, daß der chinesische Markt nicht auf sie wartet. Wenn sie dann einmal die Überproduktion

abstoßen wollen, so wird auf einen nennenswerten Absatz nicht zu rechnen sein, da diese wie andere Märkte planmäßig mit groß­ zügigen Mitteln erobert werden müssen. Der Konsularbericht des 1 Vielleicht ist die Klärung schon durch die kluge japanische Diplomatie erfolgt; siehe die Zeitschr. „Der neue Orient". Lest 2. 1917. S. 61—64. 47

ungenannten Verfassers weist darauf hin, daß bei energischen Vorarbeiten mit der Zeit sehr erfreuliche Erfolge erzielt werden können. Unser Anteil an Chinas Einfuhr vor dem Kriege betrug nur etwa 7%, an Japans Einfuhr etwa 10%, während Groß­ britannien und Britisch-Indien nach Japan etwa die vierfache Einfuhr hatten. Lande! und Gewerbe in Deutschland werden den richtigen Anschluß an unsere deutschen Einfuhrhäuser im fer­ nen Osten zu finden und die Ausfuhrmöglichkeiten genauest zu studieren haben, um in diesem großen Absatzgebiet eine Ausdeh­ nung unserer wittschaftlichen Beziehungen zu ermöglichen. Australien hat nur etwa 1 % (rund 116 Millionen Mark) unserer gesamten Ausfuhr ausgenommen, England expottierte hin­ gegen dorthin neunmal so viel. Die Frage unserer Besitzungen im Süllen Ozean hängt vom Friedensschlüsse ab. Dieser kurze Überblick über einen Teil der Bezugs- und Ab­

satzmärkte der Welt zeigt wohl zur Genüge, daß wir nach der Lähmung unseres deutschen Außenhandels während der Kriegszeit eine sehr große Aufgabe vor uns haben. Auch ohne Krieg wären wir genötigt gewesen, im Außenhandel neue Organisationen zu schaffen. Der brutale Wirtschaftskrieg zwingt uns nunmehr zu einem Zusammenraffen aller wirtschaftlichen Kräfte. Es ist nicht nur der Krieg siegreich zu gewinnen, sondern bei Frie­ densschluß müssen die Vorbereitungen und Unterlagen für die Kriegsfolgezeit abgeschlossen sein, weil bei den Friedensverhandlungen die technischen, industriellen, kommerziellen und finanziellen Berater unserer Regie­ rung die gesamte Materie nach Ländern und Spezial­ gebieten geordnet und vollzählig zur Verfügung haben müssen. Die ganzen internationalen Beziehungen vor dem Kriege sind gestört oder zerrissen; alte bei Kriegsausbruch bestehende Ver­ träge zwischen Inland und Ausland können jedenfalls als nicht mehr bestehend betrachtet werden; der wittschaftliche Ausgleich und Vergleich zwischen uns und unseren Gegnem wird meistens durch diejenigen entschieden werden, welche am besten vorbereitet und orientiert sind. Ich zitierte schon oben: „Der Engländer war im Wirtschafts­ kriege alle Zeit Meister methodischer Kriegskunst." Die Frage erhebt sich, wie weit sind unsere Regierung und die Vertreter 48

von Lande! und Gewerbe in Deutschland für diese schwierigen wirtschaftlichen und handelspolitischen Abschlüsse bei den Friedens­ verhandlungen vorbereitet? Unzweifelhaft sind in allen vernünftig regierten Staaten die Zeiten vorüber, in denen „die Zukunft der Länder und Reiche hinter verschlossenen Türen verhandelt werden mußte" (Prinz zu Schönaich-Carolath). Ob aber die Tagung eines Reichstags­ ausschusses unsere diplomatische Leitung zu einer Neuordnung und gänzlichen Umwandlung des veralteten Systems bringen wird, steht sehr dahin. Wirtschaftliche Fragen stehen bei den Friedensverhandlungen und in der Kriegsfolgezeit an erster Stelle. Lervorragende Köpfe und taktvolle Persönlich­ keiten mit Ausländserfahrungen und volkswirtschaftlicher Bildung sind nötig, um unter dem neuen Staatssekretär des Auswärtigen Amtes die Geschicke des Deutschen Reiches auf seinem wichtigsten Ge­ biete, der ausländischen Wirtschaftspolitik, zu lenken. Eine Riesen­ aufgabe steht dem Leiter dieses Amtes bevor; er hat zu versuchen, mit alten Anschauungen der Bureaukratie zu brechen und frisches Blut in ein an Arterienverkalkung leidendes System zu ver­ pflanzen. Der Reichskanzler hat zwar eine Reorganisation in Aussicht gestellt, aber es ist ja bekannt, mit welchen Schwierig­ keiten und welcher Opposition in bureaukratischen Kreisen er und die anderen Männer, welche Neuerungen nicht abhold sind, zu kämpfen haben. Unsere Auslandsvertretung war eine Klassen­ oder Ständevertretung, in welche nur wenige wirkliche Persönlich­ keiten, die außerhalb der in Preußen herrschenden Kreise stammten, hineingelangen konnten. Die Ernennung des neuen Staatssekre­ tärs des Äußern ist ein gutes Omen; hoffentlich hat er die Widerstandskraft und Energie, die bisherigen großen Nachteile unserer Auslandsorganisation zu beseitigen und von der Nachwelt als der Reformator und Reorganisator unseres Auslandsdienstes anerkannt zu werden. In der Gegenwart wird er wohl kaum auf Dank rechnen können, weil die Früchte einer solchen Reform­ arbeit erst langsam zutage treten. Bei jeder großen Firma nimmt man für die Leitung als Generaldirektor den tüchtigsten und als Generalvertreter im Auslande den befähigsten. Die wirklich Fähigen auszuwählen, die ehrgeizigen, aber nicht entsprechend fähigen Streber auszuscheiden und die durch Geburt, Protektion und andere guten Beziehungen Empfohlenen nicht vorzuziehen, ist Dringliche wirtschaftsfragen. heft 7.

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eine große, schwere Aufgabe für den Leiter unsere- Auswärtigen Amtes. Da der Staatssekretär des Äußern während der Friedens­ verhandlungen und der langen Dauer der Kriegsfolgezeit mit Arbeiten überlastet ist und da die Reform unseres Auslands­ dienstes zu den eiligsten und brennendsten Fragen gehört, schlage ich einen Weg vor, wie er sich in anderen Staaten bewährt hat. — Ein Ausschuß, bestehend aus früheren erfolgreichen Diplo­ maten, aus Staatsmännern, Bundesratsmitgliedern und Reichs­ tagsabgeordneten, aus Führern der Industrie und des Landetund hervorragenden Verirrtem des Deutschtums im Auslande würde die geeignetste Instanz sein, um im Auftrage der Regie­ rung und des Reichstages die Grundlagen der Reform und neuen Organisation unseres auswärtigen Dienstes in die Land zu nehmen. Aber solcher Ausschuß würde wiederum halbe oder ver­ gebliche Arbeit leisten, wenn die Vorschläge nur aus den Kreisen hervorgehen würden, welche bisher unsere diplomatische Vertretung als ihre Domäne betrachtet haben. Grade wenn die Diplomaten, Staatsmänner und Bundesratsmitglieder in solchem Ausschuß vorwiegend ihre Ansichten geltend machen sollten, ist ein günstiger Erfolg der Arbeiten zweifelhaft. Das Wort unseres Kaisers: „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser," wird nur dann die rich­ tige Bedeutung erhalten, wenn überall auf der anderen Seite des Wassers und in allen anderen Kontinenten die tüchtigsten Kräfte, deren Auslese nach den Worten des Reichskanzlers erfolgen muß, tätig sind, um die Interessen unseres Vaterlandes in anderen Ländem richtig zu vertreten, und vor allem auch die wirtschaft­ lichen Fragen eingehender und prompter zu bearbeiten. Ebenso wie beim diplomatischen Dienst liegt die Sache beim Konsulardienst. Es genügt, auf die Veröffentlichungen von Apt, Maerz, Rohrbach, Schuchart hinzuweisen; in England ist Larold Cox soweit gegangen zu sagen, daß eine Konsulatsein­ richtung der Regierung niemals von irgendwelchem praktischen Nutzen sein würde und daß Geschäftsleute den Konsulardienst oder Auslandsdienst auf ihre eigene Rechnung unter praktischer Leitung organisieren sollten. Wenn das in Amerika befolgte Prinzip, daß Angestellte einer Fabrik ihre Verbesse­ rungsvorschläge einer unparteiischen Instanz übergeben können, auf unsere staatlichen Behörden angewandt 50

würde, bin ich überzeugt, daß aus der Mitte der Be­ amten, die das Räderwerk der bureaukratischen Ma­ schinerie genau kennen, viele außerordentlich gute Vor­ schläge gemacht würden. Ebenso sind in unserem Konsulardienst tüchtige Kräfte, welche die gemachten Fehler völlig einsehen, aber ihre Meinung nicht zur Geltung bringen können, weil offene Verbefferungsvorschläge oberen Stellen nicht genehm sind. Gegen das Strebertum, den falschen Ehrgeiz und andere Nach­ teile der bureaukratischen Maschinerie gibt es nur den Ausweg, daß unabhängige und aus der Praxis hervor­ gehende Verbesserungsvorschläge einer Instanz über­ geben werden können, welche nicht die Vorgesetzten der betreffenden Beamten in Kenntnis setzt und so die­ jenigen, welche die Reformen auf praktischen Grund­ lagen wünschen, in ihrem Fortkommen nicht schädigt. Ein Ausschuß, der aus nicht einseitig gewählten Persönlichkeiten der Regierung, der Volksvertretung, des Landels und des Gewerbes zusammengesetzt ist und die ausländischen Fortschritte auf diesem Gebiete berücksichtigt, wird sicherlich auch für unsere Konsular­ vertretung einen Reorganisationsplan aufstellen können. Mit einer neuen jährlichen Belastung von sechs oder mehr Milliarden Mark kann das deutsche Volk es sich nicht leisten, wenn das wichtigste Gebiet seiner wirtschaftlichen und nationalen Interessenvertretung, von dem wirtschaftlich 1/5 seiner Bevölkerung abhängig ist, nicht schleunigst auf diejenige modeme Grundlage gestellt wird, welche die Führung der Friedensverhandlungen und die Kriegsfolgezeit dringend und bitter verlangt? 1 Der Allerhöchste Erlaß vom 19. Januar, der dem Anterstaatssekretär im preußischen Justizministerium Dr. Mügel und dem Anterstaatssekretär im preußischen Ministerium des Innern Dr. Drews weitgehende, von einem modernen Geist getragene Vollmachten gibt, um die Verwaltung zu reorgani­ sieren, steht im Zeichen des Fortschritts und gibt offen zu, daß viele Räder der Staat-maschine veraltet sind. Loffentlich wird nun der altpreußische Beamtengeist, dem so viel Gutes zu verdanken ist, durchbrechen, ohne Scheu vor Vorgesetzten die Wahrheit an den Tag bringen, und bei der Neu­ gestaltung der Reichsmaschine ebenfalls zu einer Abschaffung veralteter Maschinentelle führen.

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Dritter Teil.

Umformung veralteter oder Neubildung staatlicher und anderer Einrichtungen. Während des Krieges ist die Teilnahme auserwählter Per­ sönlichkeiten aller Berufe und Stände ohne Rücksicht auf ihre politischen Anschauungen zuerst im Kriegsernährungsamt und ferner bei dem Reichskommiffariat für die Übergangswirtschaft sowie neuerdings im Kriegsamte in Erscheinung getreten. Die Vertreter aller Berufe haben dadurch eine Gelegenheit, auf den Gang der Staatsmaschine einzuwirken und ihre speziellen Erfah­ rungen und Kenntnisse zur Geltung zu bringen. Die Vertreter der Regierung werden bei diesen Verhandlungen zu einem Urteil darüber gelangen können, welche Persönlichkeiten weitsichtig genug sind, um zu erkennen, daß die Kriegszeit und Kriegsfolgezeit nicht auf den Erwerbssinn der Indivi­ duen und Interessentengruppen beruht, sondern daß ein viel stärkerer Ausgleich in der Verfolgung der gemein­ wirtschaftlichen Interessen vonnöten ist. Wo diese Ver­ treter von Landwirtschaft, Lande! und Gewerbe nur an die Vor­ teile ihrer eigenen Berufe oder Gewerbe denken, und den weiteren Blick für die gesamte Volkswirtschaft nicht haben, wird sich eine weitere Inanspruchnahme solcher Persönlichkeiten bei der Neu­ gestaltung unsere- wirtschaftlichen Lebens erübrigen. Die An­ sprüche an die Staatsleitung als Vertretung der wirtschaftlichen Gesamtintereffen des Volkes sind in der Kriegsfolgezeit so ge­ waltig, deren Aufgaben so groß, daß einseitige Intereffenpolitik oder deren Einfluß bei staatlichen Entscheidungen von unglaublichem Schaden für unsere gesamte Volkswirtschaft sein würde. Die Interessen des einzelnen und das freie Spiel der Kräfte können, so wünschenswert es sein möchte, in der Kriegsfolgezeit keine Rolle spielen; wenn die erste Periode der Kriegsfolgezeit überwunden ist, mag die alte Ordnung der Dinge mit ihrem systemlosen Wetteifer wieder Platz greifen, falls inzwischen die

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volkswirtschaftliche Bedeutung eines gemeinsamen Vorgehens von Lande! und Gewerbe nicht erkannt sein sollte. Der Zusammen­ schluß vieler Industrien und Landelszweige zu Verbänden gibt aber die Loffnung, daß die Einsicht immer mehr Platz greift, daß die alte Ordnung der Dinge unter den neuen Verhältnissen nicht mehr möglich ist. Das Staatswohl erheischt unerbittlich, daß eine Zersplitterung der Kräfte, eine unnütze, dem Volks­ vermögen schädliche Konkurrenz, eine einseitige Gewinnhascherei vermieden werden müssen. Paul Rohrbach hat in seinem Buch „Der deutsche Gedanke in der Welt" vor einigen Jahren mit Recht ausgeführt, „daß unter uns Deutschen sich als die stärkste der negativen Gewalten im staatlichen wie im sozialen Leben der Mangel an Gefühl für große und gemeinsame Dinge erwiesen hat." Es ist zu' hoffen, daß die Not des Krieges und der Kriegsfolgezeit eine dauernde Änderung in dieser Beziehung nicht

nur auf politischem, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiete herbeiführt. Diejenigen Zweige von Lande! und Gewerbe, bei denen eine gemeinsame Vertretung der Interessen rechtzeitig vor Jahren durchgeführt worden ist, haben den großen Nutzen solcher Gemeinwirtschaft oder gemeinschaftlicher Vertretung erlebt. Der Zusammenschluß infolge des Krieges ist desto mehr nötig, je schwieriger die Bezugs- und Vertriebsmöglichkeiten in der Kriegs­ folgezeit für einzelne Zweige von Lande! und Gewerbe sein werden. Die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Auslande ist be­ dingt durch billigen Einkauf der Rohstoffe, gemeinsame Aus­ nutzung von Verfahren und Betriebsverbefferungen, richtige Or­ ganisation des Absatzes im Auslande ohne Preisschleuderei. Die Konkurrenten kennen fast immer gegenseitig ihre Produktions­ fähigkeit und ihrm Absatz. Trotzdem wird in Landels- und In­ dustriekreisen häufig eine lächerliche Geheimniskrämerei betrieben, deren Aufgabe bei einer offenen Aussprache am runden Tisch sehr leicht zn einer Lösung von Fragen führen kann, die vordem als äußerst schwierig oder gar unüberbrückbar betrachtet wurden. Eine der Folgeerscheinungen der wirtschaftlichen Umwälzungen der Kriegszeit und der Kriegsfolgezeit wird sein, daß diejenigen, welche sich an veralteten Anschauungen anklammem, bei Zu­ sammenschlüssen beiseite stehen und unentschlossen den Verlauf der Dinge abwarten, den kürzeren ziehen und durch ihr Zögem den richtigen und rechtzeitigen Anschluß versäumen. Die Konzen53

trationsbewegung auf allen Gebieten fü^rt dazu, daß der einzelne auf die Erfahrungen und ein gemeinsames Vorgehen von Interessentengruppen angewiesen ist; naturgemäß hängt viel oder alles von der Leitung solcher Gruppen ab: ein Vertrauensmann ist nötig, bei dem die Fäden zusammen­ laufen und der bei der Zentralisierung aller wichtigen Fragen die führende Stellung einzunehmen befähigt ist. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Kriegsfolgezeit können nur überwunden werden, wenn die einzelnen Zweige von Landel und Gewerbe sich derart organisiert haben, daß die Wünsche der Individuen zu solchen von Gruppen und die Wünsche der Gruppen zu Vorschlägen von größeren Verbänden vereint werden, welche alsdann ihre Ent­ schlüsse und Ratschläge der Regierung unterbreiten. Bei der Fülle der Aufgaben ist es unmöglich für die Regierung, Einzel­ wünsche zu berücksichtigen und in die Verästelungen der Industrien durch ihre Beamten Einsicht zu nehmen. Wir haben im Kriege auf vielen Gebieten an Überorganisation gelitten, weil die An­ ordnungen von oben kamen und ihren Weg nicht in die richtigen Kanäle oder Verästelungen von Landel und Gewerbe fanden bzw. dieselben nicht genügend berücksichtigten. Die Neuorganisation beruht darauf, daß wir aus dem Lande! und aus der Industrie wie aus der Landwirtschaft heraus den Aufbau vollziehen, daß die Unterlagen für jeden Zweig gesammelt und in konzentrierter Form weiter geleitet werden, so daß dann die Behörden durch die Vertrauensleute jeden Zweiges von Landet und Gewerbe den richtigen Einblick erhalten können. Die ganze Organisation der Rohstoffversorgung während des Krieges mußte hingegen — weil keine Unterlagen vorhanden waren und weil viele Zweige von Landel und Gewerbe ungenügend oder nicht richtig organisiert waren — von Walter Rathenau, Major Koeth und ihren Mit­ arbeitern von oben aus dekretiert werden; damals war man in Deutschland so wenig organisiert, daß man nicht einmal wußte, welche Fachleute und genauen Kenner jeder Spezialität vorhanden waren. Man hat uns im Auslande unseren Militarismus und unsere Kriegsvorbereitungen vorgeworfen, sicher ist, daß wir für die wirtschaftliche Seite des Krieges nicht vorbereitet waren und daß in England anscheinend die Vorbereitungen für einen Wirtschaftskrieg schon damals teilweise ausgearbeitet waren. 54

Lande! und Gewerbe haben beim Reichskommissariat für Übergangswirtschaft, beim Kriegsamte und auch beim Kriegs-

emährungsamt die beste Gelegenheit, zu beweisen, daß ihr Rat und ihre Auffassung für die staatlichen Behörden von großem Nutzen und von einschneidender Bedeutung sein kann. Es hängt nur von den aus Handel und Gewerbe stammenden Persönlich­ keiten in dieser beratenden Tätigkeit ab, ob sie sich die nötige Autorität und den nötigen Einfluß dadurch verschaffen, daß sie sich nicht als Vertreter einer einseitigen Interessenpolitik betrachten, sondem die deutsche gesamte Volkswirtschaft in erster Linie im Auge haben. Im Interesse des deutschen Volksvermögens und unter dem Zwange der großen staatlichen Verpflichtungen, sowie aus dem Wunsche, unsere gesamte deutsche Volkswirtschaft weiterhin auf einer gesunden Grundlage aufzubauen, ergibt sich eigentlich von selbst die Forderung, daß die einseitige Geltend­ machung von Interessen in der Kriegsfolgezeit ganz außer Frage steht. Im staatlichen Wirtschaftsleben ist die Sachlage so, daß unser Deutsches Reich seit 46 Jahren besteht und trotz seiner un­ glaublich raschen Entwicklung kaum Veränderungen oder Fort­ schritte in der Staatsorganisation aufzuweisen hat? Mit dem Zuwachs der Bevölkerung um mehr als 20 Millionen Menschen, mit der Erhebung der Handelsbilanz auf über 20 Milliarden Mk. hat die Neuorganisation der Staatsleitung nicht gleichen Schritt gehalten. Die Zahl der Beamten hat sich enorm vermehrt, aber der privaten Initiative, einer selbständigen verantwortungsvollen Tättgkeit gegenüber der Volksvettretung ist wenig freier Spielraum gelassen. In anderen Ländern ist in den letzten Jahren die Zahl der verantwortungsvollen Minister um mehrere gestiegen. Wie jedes gut geleitete Geschäft sich im Laufe der Jahre und Jahr­ zehnte ausdehnt und demgemäß neue Abteilungen mit verant­ wortlichen Leitern erhält, so ist doch auch in einem Reiche, wie Deutschland, dessen Entwicklung in 40 Jahren solche gewaltigen 1 Siehe Fußnote am Schlüsse des zweiten Teils. Der Allerhöchste Erlaß vom 19. Januar 1917 gibt diese Tatsache für Preußen offen zu. Die Rede des Reichskanzlers am 15. März 1917 ist ein Beweis dafür, daß der verantwortliche Leiter des Deutschen Reiches davon überzeugt ist, daß an diesem Wendepunkt von Deutschlands Geschicken das Leitmotiv sein muß: „Das Alte stürzt, e- ändert sich die Zeit."

Fortschritte gemacht hat, die Bildung neuer Ministerien eine selbst­

verständliche Notwendigkeit. An Organisatoren, die den großen wittschastlichen Aufgaben gewachsen sind, scheint es bis jetzt in Deutschland zu fehlen. Möglicherweise sind in den jüngeren Kreisen der Regierung Per­ sönlichkeiten vorhanden, welche nur nach dem üblichen Schema innerhalb der Reihe ihrer Vormänner hinaufrücken können. Die Kriegszeit und Kriegsfolgezeit ist zu ernst, als daß dieser Schema­ tismus fottgesetzt und den richtigen Persönlichkeiten der Weg in die richtige Stellung verschlossen bleiben sollte. Im industriellen und kaufmännischen Leben kann sich eine Persönlichkeit schneller und leichter zu einer höheren Stellung dnrchringen, weil sie das Gebiet der Betätigung einfach wechseln kann. Wer aber im staatlichen Berufsleben besondere Talente und Fähigkeiten hat, wird doch in den meisten Fällen seinen Weg nicht rasch machen können, weil er den Vorgesetzten durch seine Tatkraft unbequem ist und kenntnisreiche, Neuerungen zugängliche, veralteten An­ schauungen abholde und mit besonderer Intelligenz ausgestattete Beamte meist entweder als Streber oder als Umstürzler von den Vorgesetzten betrachtet werden. Die Anerkennung der Indi­ vidualität und der Persönlichkeit in Deutschland läßt viel zu wünschen übrig; der frühere amerikanische Botschafter White soll Neid und Mißgunst als den hervorstehenden Zug der Deutschen bezeichnet haben. Wie weit diese ausländische Auf­ fassung bei den Beamten der Regierungsbehörden zutrifft, vermag ich nicht zu beurteilen, weil ich zu lange im Auslande gelebt habe und die Verhältnisse nicht mehr genügend kenne. Wir haben uns zu erinnern, daß es unendlich lange gedauert hat, bis Zeppelin nicht mehr als ein Phantast betrachtet wurde. Aus Bismarcks Erinnerungen wissen wir, wie schwer es ihm oft geworden ist, der Fronde seiner Gegner ein Paroli zu bieten. Auf die jetzigen Vorgänge und Treibereien einzugehen, ist in Kriegszeiten nicht angebracht. Wir können uns sehr glücklich schätzen, daß die großen Fähigkeiten Lindenburgs und Ludendorffs ihnen endlich und rechtzeitig den richtigen Platz gesichert haben. Bezüglich des Mangels an politischen Persönlichkeiten sagt Lensch mit Recht, daß dieser Mangel ein Kennzeichen dieses Krieges ist und sich mit einer wahrhaft demokratischen Gleichmäßigkeit auf beide Lager der Kriegsführenden verteilt. Ebenso wichtig ist die

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Frage, ob wir in wirtschaftlicher Beziehung Organi­ satoren und Persönlichkeiten haben, welche bei den Friedensverhandlungen und in der Kriegsfolgezeit die für Deutschlands Zukunft wichtigste Regelung vorzu­ nehmen befähigt sind. Wir haben in Deutschland eine ansehn­ liche Zahl von hervorragenden Kapitänen der Industrie und des Landels und wir haben sicherlich im Generalstab eine große An­ zahl kluger Köpfe. Wir haben Rathenau und Major Koeth die Organisation der Kriegsrohstoffabteilung, wir haben Gröner die Organisation des Eisenbahnwesens und neuerdings des Kriegs­ amtes zu verdanken. Die Verdienste Lavensteins auf finanziellem Gebiete sind sicherlich außerordentlich. Die Organisation des Reichskommiffariats für Ein- und Ausfuhrbewilligungen hat nach dessen endlicher Einrichtung zu großen Verbesserungen gegenüber den früheren Zuständen auf diesem Gebiete geführt. Bei dem Kriegsernährungsamte fürchtet man in weiten Kreisen eine zu große Abhängigkeit von agrarischen Einsiüssen und ist der Ansicht, daß ein energisches, unparteiisches Durchgreifen einer unabhängigen Persönlichkeit vonnöten sei. Wir bedürfen für die Neuorganisation unseres wirtschaftlichen Lebens großer Männer, die den Gelderwerb aufgeben und zielbewußt, unbeeinflußt von ehrgeizigem Strebertum und von den Parteien und Sonderinteressen der verschiedenen Er­ werbszweige, uns im höheren Staatsinteresse wirtschaftlich führen und die nötigen Reformen auf großzügiger Grundlage für die künftigen Generationen ausbauen und durchführen. Der freien Initiative und einem starken Betätigungsdrangs darf keine Schranke gesetzt werden und die Verantwortlichkeit gegenüber der Volks­ vertretung ist von solchen Persönlichkeiten selbständig zu vertreten. Land in Land mit der Schaffung dieser neuen selbständigen staatlichen Institutionen wird eine Modernisierung bureaukratischer Formen und eine Beschränkung der von der staatlichen Krippe abhängigen Personen nicht zu umgehen sein, weil man die all­ gemeine Sparsamkeit selbstverständlich auch auf das staatliche Ge­ biet, das bureaukratische Schreibwerk und andere Zweige der Staats­ leitung ausdehnen muß.* Die schon vom Kriegsamte angeregten und eingeführten Reformen werden sicherlich in der Kriegsfolgezeit weitere Ausdehnung finden müssen. 1 Geschrieben mehrere Monate vor dem Erlaß vom 19. Januar 1917.

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Die Leitung ler Maßnahmen für die Kriegsfolgezeit liegt in den verschiedensten Länden. Das zu bearbeitende Gebiet hat einen Umfang, der sämtliche Zweige des Staats- und Erwerbs­ lebens miteinbegreift. Es handelt sich nicht nur um das neu geschaffene Neichskommissariat für die Übergangs wirtschaft,

sondern um viele Abteilungen des Neichsamtes des Innern, des Reichsschatzamtes, des neuen Kriegsamtes, des Kriegsernährungs­ amtes, der Kriegsrohstoffabteilung, der Reichsbank, des Reichs­ kommissariats für Ein- und Ausfuhrbewilligungen und viele an­ dere Institutionen. Dieses gewaltige Gebiet erfordert natürlich Persönlichkeiten allerersten Ranges, die nicht nur mit beschränkten Vollmachten des Reichsamts des Innern, sondern mit selbstän­ digen Vollstreckungsvollmachten betraut sein müssen, so daß bureaukratische Verschleppungen ausgeschlossen werden. Wenn der Krieg im Jahre 1916 geendigt hätte, würden wir in Deutschland in unseren wirtschaftlichen Maßnahmen für die Kriegsfolgezeit vor einem großen offenen Tore gehalten haben; je länger der Krieg dauert, desto besser werden wir hoffentlich im Interesse der Ge­ samtwirtschaft Deutschlands die organisatorischen wirtschaftlichen Vorbereitungen endlich getroffen haben. Die Kriegsfolgewirtschaft beruht in erster Linie infolge der Valutaschwierigkeit auf einer Beschränkung und systematischen Einteilung der Einfuhr unter Berücksichtigung der Gesamtwirt­ schaft Deutschlands. Die Einfuhr hängt ab von der Bedürfnis­ frage, der Tonnage, der Valuta- und Devisenfrage sowie den Ein­ kaufspreisen, der Möglichkeit einer schnellen Lebung der Ausfuhr unter Benutzung von eingeführten Rohstoffen, immer unter Berücksichtigung sämtlicher organisierten Zweige von Lande! und Gewerbe. Diejenigen Berufe oder Gewerbe, welche sich nicht zusammengeschloffen haben und nicht in kondensierter Form ihre Unterlagen, Verbrauchs- und Bedarfsangaben sowie die wirtschaftliche Bedeutung ihres Gewerbes für die Gesamtwirt­ schaft Deutschlands klar vor Augen führen können, werden auf eine Berücksichtigung in der Kriegsfolgezeit kaum rechnen können. Die Vorarbeiten für die Tonnagezentrale sind teilweise vom Kriegsausschuß der deutschen Reederei (Lamburg, Mönckebergstr. 27) bearbeitet worden. In den ersten 2 Jahren der Kriegs­ folgezeit wird eine möglichst billige Zufuhr für viele Produkte kaum so schnell zu ermöglichen sein, wie die Verbraucher wünschen. 58

Aber andererseits ist anzunehmen, daß 2—3 Jahre nach dem Kriege mindestens die gleiche Welttonnage zur Verfügung steht, wie vor dem Kriege. Der Gesamtverlust im Kriege würde sich, ohne den verschärften A-Bootkrieg auf etwa 10—12% der Welt­ tonnage, (45 Millionen brutto t i. Jahre 1913) belaufen haben. Während des Krieges ist in den Vereinigten Staaten im Schiffs­ bau eine enorme Tätigkeit entwickelt worden; in Österreich baut der österreichische Lloyd allein rund 150000 t neuer Schiffe.

Die Schiffsbautätigkeit in Deutschland ist ebenfalls stark erweitert worden, hingegen ging der Bau von Handelsschiffen in England stark zurück. Demgegenüber ist bei der deutschen Handelsflotte nach dem „Dagblad" vom 31. März 1916 m Betracht zu ziehen, daß von rund 5% Millionen t (vor dem Kriege) rund 28% (1546590 t) als versenkt, gekapert oder in feindlichen Ländern interniert angenommen wurden, wovon rund 220000 t als ver­ senkt angegeben werden? Die englischen Verluste bei einer Flotte von rund 20 Mill, t, brutto (vor dem Kriege) mögen bis Mitte des Jahres 1917 auf etwa 4—4% oder mehr Mill, t betragen. Man kann annehmen, daß in den ersten beiden Jahren der Kriegsfolgezeit die Kriegs­ verluste der Weltflotte des Jahres 1913 durch Neubauten ziem­ lich wett gemacht werden, so daß ein Lerabgehen der Frachten, die durchschnittlich das 7—lOfache und in manchen Fällen das 11—16 fache der normalen Friedensfrachten betragen, wieder in Aussicht genommen werden kann. Wenn allerdings die englische Militärverwaltung noch für längere Zeit die während des Krieges mit mehr als 50% benutzte englische Handelsflotte weiter in An­ spruch nehmen sollte, wird sich der Anteil der dem Welthandel zur Verfügung stehenden Handelsflotte entsprechend verringern. In Betracht zu ziehen ist außerdem, daß in England nicht nur eine Verstaatlichung des Kohlenbergbaus, sondem auch der Ree­ derei (und vielleicht des Schiffsbaus) in Aussicht genommen wird, um die gewaltigen Kriegslasten zu bezahlen und in der Kriegs­ folgezeit systematisch den Auslandshandel zu regeln. Bei der Valutafrage kommt man, wie schon oben erwähnt, immer mehr zur Schlußfolgerung, daß die ergriffenen Maßnahmen 1 .Hierzu kommen noch 6—800000 t in Nord- und Südamerika, mit denen vorsichtige Kaufleute besser nicht mehr rechnen.

in keiner Weise genügend weitgehend gewesen sinh.

Die Zentrale

für Devisen und Valuta hat ein viel weiteres Feld, als bei den Regierungsmaßnahmen rechtzeitig erkannt worden ist. Es ge­ hört dazu m. E. nicht nur die Einfuhr von Luxus- und anderen un­ nötigen Gegenständen während des Krieges und der Kriegsfolgezeit, die Genehmigung der Einfuhr von Rohstoffen und Halbfabrikaten unter Berücksichtigung angemessener Einstandspreise und Kontrakte, die Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Auslande sowie die Förderung der Einfuhr von Ausgangsmaterialien, welche zur Herstellung von gewinnbringenden, bei der Ausfuhr die Valuta verbessernden Fabrikaten dienen, sondem auch die deutschen Kapitals­ anlagen im Auslande und deren Bewertung, die Beteiligung an ausländischen Fabriken, die Abwicklung vieler deutschen Kontrakte und Zahlungsverpflichtungen hinsichtlich des Auslandes, die Kontin­ gentierung von Emissionen in Deutschland während der Kriegs­ folgezeit und die Erlaubnis für Kapitalsvergrößerungen oder Obligationsausgaben, sowie die Begründung neuer großer in­ dustrieller Anternehmungen. Ferner kommt aber auch dieser Zen­ trale während der Kriegsfolgezeit die Verhinderung von spekulativen Neugründungen, von Spekulationsbauten (durch Beschränkung von Hypotheken usw.) und von anderen Unternehmungen, welche dem Grundsätze der Zwangssparsamkeit und der Erhaltung und Nichtvergeudung des Volksvermögens widersprechen, zu. Auch bei dieser Zentrale wird die Schaffung eines Beirates aus In­ dustrie- und Handelskreisen wünschenswert sein, um unnötige Härten zu vermeiden. Aber andererseits ist die Begründung eines neuen stabilen Währungsverhättniffes für Deutschland von so großer Wichtigkeit, daß alle größeren Kapitalausgaben einer Genehmigung der Zentrale unterliegen sollten; dies ist bereits seit 2 Jahren in dem sogenannten reichen England vom Schatzamte vorgeschrieben; und erst im März 1917 (allerdings nur für Obli­ gationen und Vorzugsaktien) durch Bundesratsbeschluß für Deutsch­ land angeordnet worden. Die Auswanderung von Kapital und die peinliche Unter­ suchung der ausgehenden Reisenden bei den Zollstationen wird in der Kriegsfolgezeit ebenso nötig sein, wie im Kriege. Die Valuta- und Divisenzentrale würde in solcher Weise zu organisieren sein, daß bei Friedensschluß über die geldlichen Verpflichtungen Deutschlands an das Ausland und die Verpflichtungen unserer 60

Feinde und der Neutralen an Deutschland ein Überblick, mithin eine Art Bilanz mit Passiven und Aktiven für die deutsche Volkswirtschaft ermöglicht wird, woraus die großen finanziellen Institute und Industrien wie der Landel die nötige Schluß­ folgerung ziehen können, wie knapp oder reichlich und wo sie im Auslande Kredit auf das deutsche Volksvermögen ziehen können. Im Anschluß an die Valuta- und Devisenfrage möchte ich nicht unerwähnt lassen, wie langsam die von der „Frankfurter Ztg." und Ernst Kahn gegebenen Anregungen gegen den Bargeldverkehr Erfolg gehabt haben. Kahn sagte mit Recht: „Wenn unsere schlimmen Zahlungssitten schon im Frieden bedenklich waren, so sind sie im Kriege gefährlich." Es hat lange gebauert, bis die gesamte Presse und die Behörden diese Anregungen ausgenommen haben. Wenn auch Rußland den doppelten Notenumlauf hat, wie Deutschland, so wollen wir doch in wirtschaftlicher Beziehung mit Rußland nicht verglichen werden. Die Zentralisierung der Bargeldbestrebungen durch eine maßgebende, mit großen Vollmachten ausgestattete Persönlichkeit, die vielleicht von dem verdienstvollen Leiter der Reichsbank Lavenstein ernannt wird, würde wohl schneller zu dem ersehnten Ziele und zur Verhinderung der vielen in der Presse erwähnten Mißstände auf diesem Gebiete führen. Da die Tätigkeit des Reichskommissariats für die Übergangs­

wirtschaft in so viele Zweige der anderen Behörden eingreift oder mit denselben zusammenhängt, wird hoffentlich die Über­ organisation und unprattische Verteilung der Geschäfte vermieden, wie sie im Kriege bei manchen Organisationen leider vorgekommen ist. Ich weiß von einem Falle, wo in drei verschiedenen In­ stanzen dasselbe Produtt bearbeitet wurde und infolgedessen eine prompte und geschäftsgemäße Behandlung natürlich nicht im Interesse von Landet und Gewerbe erzielt werden konnte. Die oben erwähnten großen Aufgaben, die dem Staats­ sekretär des Auswärtigen Amtes bevorstehen, werden an Tragweite noch übertroffen von der Frage der Neuordnung unseres Reichs­ amtes des Innern. Wiedemann sagt mit Recht, daß diese Be­ hörde ein überlasteter und unübersichtlicher Organismus sei. Statt einer radikalen Neuordnung und der Bildung eines Reichshandelsamts oder Reichswirtschaftsamts, das bereits vor fast Vs Jahrhundert von wirtschaftlichen Verbänden aufs wärmste 61

befürwortet ist, hat man dem Reichsamt des Innem in dem Laufe der letzten Jahre eine neue Abteilung nach der anderen an­ gegliedert. Fast jede dieser Abteilungen erfordert eine selbständige Autorität, die ihren Standpunkt und ihre Verantwortlichkeit dem Reichstage gegenüber zu vertreten haben sollte. Ich brauche auf dies viel erörterte Thema des Reichshandelsamts oder Reichs­ außenhandelsamts nicht weiter einzugehen, da die Schriften von Apt, Maerz und anderen genügend unsere Rückständigkeit dar­ gelegt haben. Die kürzlich im Reichstage von der Regierung ge­ gebene Antwort, daß diese Frage in Erwägung1 gezogen werde, erinnert mich an die häufig wiederkehrenden Antworten der eng­ lischen Regierung im Parlamente, wo die typische auf eine Ver­ schleppungspolitik der Regierung hinauszielende Antwort sehr häufig dahin lautet: “It is under consideration”. Dieser Ver­ zögerungspolitik haben wir die zu späte Einrichtung des Kriegsernährungsamts, des Reichskommissariats für Ein- und Ausfuhr­ bewilligungen und anderer Ämter zu danken. Es fragt sich, ob

wir in unserer Zivilverwaltung ähnliche energische und befähigte Persönlichkeiten haben, wie wir sie glücklicherweise in der Militär­ verwaltung während des Krieges gehabt haben. Es ist eigentüm­ lich, daß das Vertrauen unserer Nation in die militärische Leitung außerordentlich groß ist, während man die Initiative und ein schnelles Vorgehen bei den Zivilbehörden nur zu häufig zu ver­ missen bedauert. Der wirtschaftliche Generalstab ist seit vielen Jahren von Rieffer, Possehl, Voelker, Blaustein u. a. angeregt worden; der Krieg hat ihnen zu sehr Recht gegeben! Auch hier wird das Kriegsamt unter seiner energischen Leitung die notwendigen Schritte noch während des Krieges zu tun haben, um die vielen wertvollen Unterlagen, welche während des Krieges gesammelt sind, für unser gesamtes Wirtschaftsleben und die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands völlig auszunutzen. Sterbet möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß die Organisation des Zensusbureaus in Washington und deren statistische Übersichten über die Entwicklung der Industrie, den Verbrauch an Rohstoffen, über die an Löhnen 1 Wenn nur ein neuer Lnterstaatssekretärsposten geschafft wird, ist dieser Beamte nicht derart selbständig und verantwortlich, daß er seine in­ dividuelle Befähigung und Auffassung durchsetzen und dem Reichstag gegen­ über vertreten kann.

und Gehältern gezahlten Summen, die Werte an Fabrikaten und andere Einzelheiten eine nachahmenswerte Grundlage für die Or­ ganisation unserer Produktionserhebungen geben würde. Da es sich in der Kriegsfolgezeit um eine Aufnahme der Aktiva und Passiva unseres Volksvermögens und der Produktionsmöglich­ keiten unseres Vaterlandes handelt, ist es durchaus notwendig, daß die bisher als geheim behandelten Unterlagen unserer Pro­ duktion ausgearbeitet und den neuen wirtschaftlichen Verhältnissen angepaßt werden. Aus dem Kriegsernährungsamt wird nach den offenen Dar­ legungen von Batocki und Michaelis sicherlich ein Friedens­ ernährungsamt gebildet werden müssen. Die Nahrungsmittel­ versorgung Deutschlands ist für unsere ganze Wohlfahrt von so einschneidender Wichtigkeit, daß eine einheitliche Organisation auch in der Kriegsfolgezeit weiter bestehen bleiben muß. Die erste und wichtigste Aufgabe unserer Reichsverwaltung ist die energische Verfolgung des Zieles, einen Abbau der Lebensmittel­ preise durchzuführen. Alle Theoretiker und Praktiker betonen mit Recht, daß die Lebensfähigkeit und Gesundheit, die Produktions­ kraft und der innere Friede unseres Volkes in hohem Maße davon abhängen, ob auf dem Gebiete der Volksernährung zu angemessenen Preisen seitens großer Organisationstalente der Regierung das Nötige geschehen wird, um frühere Mißstände, denen man damals unvorbereitet gegenüberstand, sich nicht wiederholen zu lassen. Der Krieg entschuldigt vieles. Aber gleich nach Friedensschluß wird die große Menge unseres Volkes die Friedenszustände, wie sie vor dem Kriege bestanden, zum Vergleich heranziehen, bei unberech­ tigten Forderungen für Lebensmittel unduldsam werden und der Regierung die größten Schwierigkeiten machen, wenn es derselben nicht gelingen sollte, eine einheitliche Versorgung und bessere Ver­ teilung mit Lilfe der Kommunen und des legitimen Handels durch­ zuführen. Anter den Fragen, welche für unsere gesamte Volkswirtschaft in der Kriegsfolgezeit von großer Wichtigkeit sind, gehört eben­ falls die Bildung einer Zentrale für Schiffahrtswesen und die Trennung der Schiffahrt vom Eisenbahnwesen. Wir haben England als warnendes Beispiel dafür, daß Eisenbahn und Kanalwirtschaft nicht in denselben Länden liegen dürfen. Trotzdem wir in Deutschland reichlich mit Flüssen ge-

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segnet sind, ist es eine Tatsache, die von vielen Zeitschriften und

Zeitungen offen erörtert worden ist, daß die deutsche Binnenschiff­ fahrt im Kriege keineswegs das geleistet hat, was sie hätte leisten können: es fehlten eben die entsprechenden Vorbereitungen und die entsprechende Organisation; die rechtzeitig ausgeführte Moselkanalifierung, welche anscheinend daran gescheitert ist, daß Sonderinter­ essen dem Staatsinteresse vorgegangen sind, würde uns während des Krieges unzweifelhaft von außerordentlichem Nutzen gewesen sein. Außerdem aber kommt für Mitteleuropa eine bessere Ver­ bindung mit der Donau, ferner die Verbindung mit dem König­ reich Polen durch eine verbesserte Ausnutzung der dortigen Flüsse in Frage. Der weitere teure Ausbau der Staatseisenbahnen wird in manchen Fällen nicht so beschleunigt werden müssen, wenn die Eisenbahn entlastet und der Ausbau der Wasserstraßen in groß­ zügiger auf Jahrzehnte hinaus berechneten Weise durch eine Zentrale für Schiffahrtswesen durchgeführt wird. Die Verbesserungen der staatlichen Landelsberichterstattung über das Ausland hat zwar in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, aber während des Krieges hat sich gezeigt, daß man in England auf diesem Gebiete weit voran ist. Die Frage ist noch nicht geklärt, in welcher Weise ein Zusammen- oder Nebeneinander­ arbeiten (ohne Zersplitterung der Kräfte und doppelt geleistete Arbeit) des Auswärtigen Amtes, des Reichsamts des Innern, des Instituts für Weltwirtschaft und Seeverkehr in Kiel und des Deutschen Äberseedienstes durchgeführt werden kann. In England ist bereits die Übertragung der Kontrolle des Konsulardienstes an eine rein handelspolitische und für sich selbständige Abteilung des Auswärtigen Amtes beantragt worden; in Deutschland ist es eine bekannte Tatsache, daß die selbst für den Lande! wichtigen Konsularnachrichten viel zu spät veröffentlicht werden, weil der bureaukratische Weg durch die verschiedenen Ämter zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Sicherlich bedürfen wir in Deutschland bei der Schwierigkeit des internationalen Wettbewerbes in Zukunft einer Zentrale für wirtschaftliche Auslandsnachrichten. Das Gebiet einiger wirtschaftlich wichtiger Rechtsfragen ist schon von mir oben berührt worden. Da es im Interesse unseres Volksvermögens äußerst wünschenswert ist, daß überall an Aus­ gaben gespart wird, würde eine Zentrale für Rechtsverfol­ gung im Auslande sicherlich von großem Nutzen sein, um in 64

vielen Fällen gemeinsame Schritte zu tun und vor allem die Er­ fahrungen deutscher Kläger im Auslande in entsprechender Weise zu verwerten und dadurch an Ausgaben zu sparen. Die Arbeiterfrage steht nach dem Frieden nicht nur in Eng­ land, sondern auch in Deutschland an erster Stelle. Ich habe be­ reits oben wiederholt darauf hingewiesen; der Ausgleich im Ar­ beitsmarkte bei der Entlassung unserer Feldgrauen, die Organi­ sation einer Reichszentrale für Arbeitsnachweise in Verbindung mit dem Kriegsamte, dauernde Verbesserungen in der Einrichtung einer „unparteiischen" Arbeitsvermittlung und andere wichtige Punkte deuten darauf hin, daß die Einrichtung eines Reichs­ arbeitsministeriums oder Reichsarbeitsamtes* nicht mehr lange aufgeschoben werden kann. In den Vereinigten Staaten hat bekanntlich der Kongreß bei dem Eisenbahnstreik die Entscheidung zwischen Kapital und Arbeit in die Land genommen und hat als endgültiger Schiedsrichter die Löhe der strittigen Löhne festgesetzt. In England sind im Jahre 1914 bereits ähnliche Maßnahmen der Regierung erfolgt. Da wir in Deutschland auf fast allen sozialen Gebieten die Führung übernommen hatten, können wir auch hier nicht zurückstehen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird in Bälde eine unparteiische, mit großen Vollmachten versehene Zentralstelle zu schaffen sein, deren Vermittlung vor dem Beginn von Streiks angerufen werden muß, und deren Schiedsspruch sich beide Parteien zu unterwerfen haben. Immer häufiger ertönt in Deutschland der Ruf nach einem „Reichswohnungsamt" oder „Reichswohnungsfürsorgeamt" oder nach einer „Reichszentrale für Wohnungsfürsorge". Die Zentralisierung der Siedelungs- und Wohnungsfrage ist sicherlich von außerordentlicher Bedeutung für Deutschlands weitere Ent­ wicklung. Die schwierige Lage des Lypothekenmarttes, die Lilfsmaßnahmen zur Tilgung der während des Krieges entstandenen Miet- und Lypothekenzinsverluste, die Verlängerung der Zahlungs­ fristen bei Lypothekenforderungen in der Kriegsfolgezeit, die Ein­ führung von Generalbebauungsplänen (wie z. B. im Königreich Sachsen), die Frage der leerstehenden Wohnungen und Gewerbe1 Auch hier halte ich ein selbständiges Amt mit eigener Verantwortung für besser als einen von einer vorgesetzten Stelle abhängigen Anterstaatssekretär oder Abteilungsdirektor im Reichsamt des Innern. Dringliche wlrtschaftsfragen. Heft 7.

5

sie

räume und der daraus hervorgehende große Verlust für das Volksvermögen, der Kampf gegen die Mietskasernen und gegen das städtische Wohnungselend sind nur ein paar von den z'u lösenden Aufgaben. Der deutsche Verein für Wohnungsreform in Frankfurt a. M., die Veröffentlichungen von Prof. C. 3. Fuchs, der Zusammenschluß der Laus- und Grundbesitzer unter der Lei­ tung von v. d. Borght, die endliche Vorlage eines preuß. Woh­ nungsgesetzentwurfs deuten darauf hin, daß auf diesen Gebieten eine Zentralisierung der Bestrebungen und die Schaffung eines neuen Amtes notwendig sind. Die an sich schon sehr große Aufgaben der Organisation der neuen Ämter, die ich bisher angeführt habe, um nur kurz ein Gesamtbild zu geben, werden noch überragt von dem wirtschaft­ lichen Lauptproblem der Kriegsfolgezeit, nämlich der Aufbringung der Zinsen und Amortisation der Kriegslasten durch eine gerechte Verteilung der neuen Belastung. Wie oben ausgeführt, sind wir über die Aktiva und Passiva unseres Volksvermögens sehr schlecht unterrichtet — alles fußt auf unzulänglichen Schätzungen! Glück­ licherweise sind wir im Kriege zu der Erkenntnis gelangt, daß unser innerer Reichtum bei weitem größer war, als wir vor dem Kriege angenommen haben. Aber wir können die schwierige Kriegsfolgezeit nur dann siegreich überstehen, wenn wir uns nicht auf vage Schätzungen verlassen, sondern klar die Volksvermögens­ bilanz Deutschlands gezogen haben. Nur dann wird eine Mög­ lichkeit vorhanden sein, die neue Belastung in der richtigen Weise zu verteilen. Blut und Gut sind die Dinge, um die es sich im Kriege handelt. Diejenigen, die ihr Blut bei der Verteidigung der Grenzen geopfert haben, werden eine im Verhältnis immer nur schwache Entschädigung aus dem Gute der Zurückgebliebenen erhalten, das sie an den Grenzen vor einem Einbruch der Feinde geschützt haben. Wenn die Schätzung einiger Volkswirte richtig ist, haben die Leimgebliebenen und Begüterten jährlich an Ent­ schädigungen für Kriegsverletzte und Linterbliebene allein etwa 5 bis 8%, bezogen auf Deutschlands gesamtes Volkseinkommen von rund 40 Milliarden Mark, zu zahlen. Lierzu kommen die Zinsen und Tilgungskosten der Kriegsanleihen, die voraussichtlich min­ destens 12—15% des gesamten jährlichen Volkseinkommms aus­ machen werden. Die Nation, welche für die Verzinsung und Tilgung der

Kriegsanleihen verantwortlich ist, muß genau über die Aktiva unterrichtet sein, welche unsere gesamte Nation als Sicherheit für den glücklichen Ausgang des Krieges mit Kriegsanleihen belastet hat. Das Reichsschatzamt ist mit Arbeit überlastet und ist meines Erachtens eine neue Volksvermögenszentrale erforderlich, um die nötigen Berechnungen durchzuführen. Ein großer Teil der Unterlagen ist bereits durch die Wehrsteuer be­ schafft, aber eine Volksvermögensbilanz mit zuverlässigen Grundlagen existiert nicht. Der einmütigen großen Leistung bei der Zeichnung der Kriegsanleihen wird eine gleiche Einmütig­ keit bei der Aufbringung der Lasten zur Deckung der Zinsen und Tilgungskosten dieser Anleihen zu entsprechen haben. Erzberger hat bereits eine hohe Kapitalsteuer erörtert; in England wurde eine solche von 6°/0 von der „Times" und eine solche von 75°/ol! von der Jahresversammlung der Gewerkschaften in Man­ chester (Januar 1917) vorgeschlagen. Eine solche Steuer auf das Vermögen einschließlich Grundbesitz ist nur dann möglich, wenn der wirkliche Besitz und dessen bisherige Verschuldung vor dem Kriege, die ich aus 70—80 Milliarden Mark für ganz Deutsch­ land annehme, in seinen Einzelheiten erkannt ist. Zn derselben Weise wie in England Lunderte von Beamten die Unterlagen des Wirtschaftskrieges gegen Deutschland bearbeitet haben, wird es meines Erachtens in Deutschland nötig sein, durch eine groß an­ gelegte, von einem hervorragenden Volkswirt geleitete Organisation die richtige Berechnung unseres Volksvermögens und dessen bis­ herige Belastung in Betracht zu ziehen, um den Besitz ent­ sprechend besteuern zu können. Denn eine Besitzsteuer ist wohl in jedem Falle unausbleiblich, um mindestens ein Viertel oder gar die Lälfte der Kriegslasten im Laufe von etwa fünf Jahren zu tilgen. Die Zwangssparsamkeit ist leichter durchführbar, wenn jeder Begüterte sich sagt, daß er durch den Krieg etwa ein Viertel seines bisherigen Gutes dem Staat dafür abzugeben hat, daß der Staat mit dem Blute seiner Söhne eine Verwüstung unserer Fluren und eine Zerstörung unserer Wohn- und Werkstätten ver­ hindert hat. Mit Steuern und Monopolen wird vielleicht eine genügende Verzinsung der Kriegslasten erzielt, aber die Tilgung derselben nicht in entsprechend schneller Zeit ermöglicht werden. Der Vertreter des englischen Schatzamtes, Mr. Montagu, äußerte im Oktober 1915, daß jeder Engländer die Lälfte seines Einkommens

in Form von Steuern oder Darlehen zur Verfügung des Staates zu halten habe; die in England außerordentlich erhöhte Ein­ kommensteuer genügt schon nicht mehr; man erörtert, wie bereitgesagt, eine Kapitalsteuer. Steuern, die jährlich einige oder selbst 50—100 Millionen Mark aufbringen, werden keine große Bedeu­ tung für den Staatshaushalt haben, um dessen jährliche Ein­ nahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht zu bringen; eine Be­ steuerung mit einigen Mark für die Tonne Kohle wird weniger als etwa ein Zehntel der nach meinen Schätzungen benötigten neuen jährlichen Steuerlasten ausmachen. Monopole haben immer den Nachteil, daß die betreffende Industrie unter bureaukratischer Verknöcherung oder einem Neuerungen abholden Schematismus leidet. Aber auch die besten Monopole werden kaum mehr als 500—1000 Millionen Mark per Jahr aufbringen können. In welcher sonstigen Weise die Zwangssparsamkeit durchgeführt werden konnte, sollten am besten Vorschläge aus den Kreisen von Landet und Gewerbe eingehend erörtern. Den Ausführungen von Lux, Besemfelder, Llhlmann, Klingenberg und anderen haben noch viele weitere aus der Technik stammende Erörterungen zu folgen, um die Ersparnis- und Belastungssrage zu klären. Es muß mit Lilfe von wirklich un­ abhängigen und durch Sonderintereffen und den Erwerbssinn einer bestimmten Industrie nicht beeinflußten Sachverständigen festgestellt werden, wieviel an Kraft, Brennstoffmaterial und Licht in Deutsch­ land verbraucht worden ist und wieviel die Ausgaben für die Einheit an den verschiedenen Orten betragen haben. Sehr wahrscheinlich wird man in 20 Jahren mit Staunen auf die Verschwendung und Vergeudung unseres Volksvermögens auf dem Gebiete der Kraft, Leizung und Beleuchtung zurückblicken. Welche großen Summen können allein erspart werben, wenn die Zentrali­ sierung solcher Anlagen in systematischer Weise durchgeführt wird, wie in der Provinz Pommern, in Weisweiler (Rheinland) und neuerdings in den Stickstofffabriken. Lier hat wahrscheinlich das Reich einen Anhaltspunkt, um die Neuordnung dieses ganzen großen Gebietes zu bearbeiten. In Rußland hat man bereits eine hohe Steuer auf Elektrizität vorgeschlagen und halte ich auch die Besteuerung pro Kilowatt, pro Tonne Kohle und anderes Leizwie Beleuchtungsmaterial, pro Kubikmeter Gas usw. für das ein­ fachste Mittel, um insgesamt mindestens jährlich 2 Milliarden Mark 68

aufzubringen und durch die Zwangssparsamkeit den Verbraucher zu einer Einschränkung seiner bisherigen Ausgaben zu bringen. Dabei läßt sich, wie in Rußland, eine Abstufung der Belastung ermöglichen, je nachdem der Verbrauch für Kraft, Leizung, Be­ leuchtung usw. erfolgt. Die Unterlagen lassen sich leicht beschaffen, wieviel in Deutschland für Kraft, Leizung und Beleuchtung ausgegeben ist. Ein Vorgehen seitens des Reichs in dieser Art der Besteuerung wird kaum zu umgehen sein; alsdann mag es den einzelnen Staaten und Provinzen überlassen bleiben, die Ver­ sorgung mit Kraft und Licht durch neue Organisation zu ver­ billigen, wie dieses bereits in Sachsen neuerdings in die Land genommen wird. Denn wenn das Deutsche Reich Elektrizität und Krastversorgung monopolisieren würde, ist kaum anzunehmen, daß die einzelnen Staaten oder Provinzen in der richtigen Weise be­ rücksichtigt würden. Jede der letzteren hat aber das Bestreben, das Wirtschaftsleben zu stärken und die wirtschaftlichen Be­ dingungen möglichst günstig zu gestalten. Durch eine hohe Be­ steuerung des Reichs wird dieser Zwang auf die einzelnen Staaten und Provinzen ausgeübt. Ich erwähne nur, daß in Weisweiler und in den neuen Stickstofffabriken die Kraftkosten einschließlich Un­ kosten und Anschreibungen ebenso billig oder billiger als am Nia­ garafall kommen und daß selbst bei einer Übertragung nach Berlin die Kosten erheblich geringer sein sollten, als bei dem jetzigen System. Es wird angenommen, daß Werte von 11/2 bis 2 Mil­ liarden Mark in Deutschland bei einer Zentralisierung ausfallen würden; wenn aber der Staat durch diese Maßregeln eine starke jährliche Einschränkung des Kraft- und Lichtverbrauchs und ferner eine Besteuerung von 2 Milliarden Mark erzielt, spielt in diesem Falle der Verlust von Volksvermögen keine solche Rolle. Diese Ziffern sind selbstverständlich völlig approximativ und fehlt uns eben eine Volksvermögenszentrale, die auch auf diesem Gebiete die vorhandenen Aktiva, Passiva, Produktionswerte, Brennstoff­ kosten am Orte des Verbrauches, u. a. genau kennt. Bezeichnend ist, daß alle Vorschläge zur Aufbringung der neuen Belastungen sofort zu einem Widerstande der davon be­ troffenen Kreise führen, ohne daß dieselben entsprechende Vor­ schläge machen könnten, die neu erforderliche Belastung durch ander­ weitige Maßnahmen aufzubringen. Das Kapitel der Steuern und Monopole ist so vielseitig,

69

daß an dieser Stelle nicht darauf weiter eingegangen werden kann. Sicher ist nur, daß die Mitarbeit von den besten Kennern von Lande! und Gewerbe notwendig ist, um die gleich bei Beginn der Kriegsfolgezeit benötigte Besteuerung einführen zu können. Zn England werden bereits jährlich mehrere Milliarden Mark an neuen Dauersteuern aufgebracht und ermöglichen eine Verzinsung der Kriegsanleihen. Wir können die Lösung dieser Frage nicht lange aufschieben und haben in ähnlicher Weise wie bei dem Reichskommiffariat für die Übergangswirtschaft, dem Kriegsamte,

dem Kriegsernährungsamte eine Zentralbehörde mit Beiräten zu schaffen, die dem Neichsschatzamte ihre Mitarbeit zur Ver­ fügung stellt. Die während des Krieges eingeführten Steuern sind be­ kanntlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und der Wechsel in der Leitung des Reichsschahamts bedeutet wohl kaum, daß der bisherige Leiter den gordischen Knoten durchzuhauen und die größten wirtschaftlichen Aufgaben unserer Zukunft als Reformator zu lösen gewillt war.

Schlußwort. Vor einem Jahr gestand Surft, der frühere Herausgeber des „Economist" ein, daß ein großer Teil von Europa zurzeit „in einer erlogenen Prosperität von geborgtem Gelde lebe" und der bekannte Finanzmann Sir Charles Addis war der Ansicht, daß „der Krieg, wenn er lange daure, mit dem Ruin der Be­ siegten und der Erschöpfung der Sieger endigen werde." Je länger der Krieg dauert, desto energischer muß die Kriegsfolgewirtschaft bearbeitet und rechtzeitig vorbereitet werden. Alle Kriegführenden haben ihr Volksvermögen durch Kriegsanleihen belastet oder in einer Weise verpfändet, daß sich daraus eine wirtschaftliche Amwälzung ohne weiteres ergibt. Der Krieg und die Kriegs­ folgezeit bedeuten für jede Nation nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich eine Gemeinsamkeit der Arbeit und Ziele; daher sollte das Prinzip der Gemeinwirtschaft, auf welche W. von Möllendorf in einer sehr lesenswerten Schrift hingewiesen hat, in der Kriegsfolgezeit der führende Leitsatz der neuen Wirtschaftsepoche bilden. Wird diese Gemeinwirtschaft vom Staate organisiert, so wird durch die Ausschaltung privater Ini­ tiative mancher Fortschritt verhindert werden. Wells hat darauf hingewiesen, daß die Kriegsschulden durch Industrialisierung der einzelnen Staaten bezahlt werden müssen; Lloyd George scheint nunmehr die Übernahme der Reederei und des Kohlenbergbaus durch den Staat ins Auge zu fassen. Auch der Amerikaner Howe ist der Ansicht, daß produktiver Sozialismus in Deutschland sich besonders betätigen werde und damit eine beschleunigte Entwicklung des sozialisierten Staates in nichtdemokratischer Form erfolgen wird. Es ist eine Tatsache, die jeder objektiv Arteilende zugeben muß, daß man bisher in Deutschland einfach dem Erwerbssinne 71

gefolgt ist und die Möglichkeiten, Geld für das Individuum zu verdienen, ausgenutzt hat, daß hingegen vom politischen wie all­ gemeinen wirtschaftlichen Standpunkte Rücksichten wenig genommen wurden, wenn nur gut verdient wurde. Dadurch sind wir in gewisser Beziehung rückständig geworden in der Erkenntnis unserer gesamten Wirtschaft und in der Aufstellung einer staatlichen Bilanz der Aktiva und Passiva. Viel hängt von Lande! und Gewerbe ab, ob sie die wirt­ schaftliche Führung unseres Volkes der Regierung und Bureaukratie überlassen wollen, oder ob sie unter Beteiligung der Vertreter der privaten wirtschaftlichen Interessen in erster Linie das Allgemein­ wohl und die Belastung unserer gesamten Wirtschaft sowie die Lastentilgung nunmehr ins Auge fassen und dabei ihre Mitarbeit der Nation zur Verfügung stellen wollen bzw. die Nation zum Teilhaber an ihrem Vermögen und Einkommen machen. Landel und Gewerbe werden sich darüber klar sein, daß ein sehr großer Anteil ihrer erfolgreichen Tätigkeit auf dem Altar der Gemeinwirtschaft zu opfern ist. Opfer hat jeder zu bringen, die Rechtsstehenden in ihren alten politischen Ansichten, die Links­ stehenden in der Anerkennung dessen, was die Gesamtheit ein­ schließlich der bisher bevorzugten Klassen im Kriege geleistet hat. Wirtschaftlich sind auch auf beiden Seiten Opfer zu bringen: die besitzenden Klassen haben einen großen Teil ihres Vermögens und Einkommens dem Staate zur Verfügung zu stellen und die ar­ beitenden Klaffen haben in ihrer Lebenshaltung und in Lohnfragen darauf Rücksicht zu nehmen, daß unsere gesamte Wirtschaft nur dann gedeihen kann, wenn ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen erfolgt und wir dadurch auf dem Weltmärkte konkur­ renzfähig bleiben. Das höhere Staatsinteresse verlangt von jedem unter uns in der vor uns liegenden äußerst schwierigen wirtschaftlichen Periode der Kriegsfolgezeit die gleiche Einigkeit wie in der Kriegszeit! Im Kriege hatten wir das Ziel, unsere Grenzen zu schützen und 10 oder mehr Nationen, unsere Gegner, zu einem uns günstigen Frieden zu zwingen. In der Kriegsfolgezeit haben wir ein ebenso gemeinsames Ziel, den Aufbau der wirtschaftlich erfolgreichen Friedensarbeit des gesamten Volkes — darum wollen wir hoffen, daß einseitige Arteile und veraltete Auffassungen verschwinden. Ansere wirtschaftliche Lage ist günstiger als bei allen Kriegführenden, 72

England eingeschloffen, unsere Aktiva sind noch bis auf einen ge­ ringen Teil unangetastet, unsere Landwirtschaft gedeiht, die Schlote unserer Fabriken rauchen, unsere Handelsflotte wird bald nach dem Kriegsschluß überall auf der Welt unsere siegreiche Flagge zeigen können. Somit liegt kein Grund zu Pessimismus vor, aber es wäre grundverkehrt, sich nicht noch während des Krieges rechtzeitig für die schwierigen Wirtschaftsprobleme der Kriegsfolge­ zeit zu rüsten, wie wir uns im Frieden militärisch für die Ver­ teidigung unserer Grenzen gerüstet haben.

Anmerkungen. Anmerkung 1: Schulden« des Deutschen Reiches und der deut­ schen Staaten Schuldnerschreibungen der Stadt- und Land­ gemeinden Schuldverschreibungen der Hypothekenbanken uud Bodenkreditinstitute Schuldverschreibungen der deutschen Aktien­ gesellschaften und sonstigen privatrechtlichen Schuldner

rund 22 „

• 6,5



28,5

.

Milliarden Mk.

4,5 61,5 Milliarden Mk.

Hierzu kommen die privaten Schuldverschrei­ bungen, Hypotheken, Verpfändungen usw. . Kriegsanleihen

? ?

Anmerkung 2: die

Bezeichnung der Steuern

1 2 3 4 5 6 7

Direkte Steuern .... Zölle.................................. Verbrauchsabgaben* . . . Aufwandssteuern1 2 .... Verkehrssteuern3 .... Erbschaftssteuern .... Andere indirekte Steuern .

786,9 614,6 50,3 214,2 39,0 —

757,6 — 105,4 4,4 106,2 22,9 —

1250,4 — 35,5 24,0 64,5 0,2 3,4

2008,0 786,9 755,5 78,7 384,9 62,1 3,4

Summe aller Steuern

1705,0

996,5

1378,0

4079,5

1

Nummer

II

Nach einer Denkschrift des Reichsschatzamtes betrug steuerliche Belastung in Deutschland vor dem Kriege:

Ins­ Bundes­ Gemein­ Reich gesamt staaten den Mill. Millionen Millionen Millionen Mark Mark Mark Mark —

1 Umfaßt u. a. Tabak-, Zigaretten-, Zucker-, Salz-, Branntwein-, Bier­ steuer. 2 Umfaßt u. a. Leuchtmittel-, Zündwaren-, Fahrkarten-, Auto-, Spiel­ kartensteuer. 3 Umfaßt u. a. Wertzuwachs-, Umsatz-, Wechselstempelsteuer und Stempelabgaben.

Die Verzinsung, Tilgung und Verwaltung der rund 20 Mil­ liarden Mark Schulden des Reiches und der Bundesstaaten beträgt nach den Vierteljahresheften der Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 1913, II, 31 rund 870 Millionen Mark und wird natürlich aus obigen 4079 Millionen Mark gedeckt.

Anmerkung 3: Die monatlichen Ausgaben betrugen bereits vor einem Jahre nach dem „Proletarier" für eine Arbeiterfamilie:

1. Ausgaben (April 1916). A. Ausgaben für Bedarfsartitel und sonstige 1. Wohnungsmiete 2. Leizung und Beleuchtung 3. Vereinsbeiträge 4. Versicherungsbeiträge 5. Steuer und Umlagen 6. Kleidung und Wäschereparatur, Reinigung. . 7. Material für Schuhwerk (Reparaturen) . . . 8. Werkzeuganfchaffung 9. Wasch- und Putzmitel

10. 11. 12. 13. 14. 15.

Leistungen. 37,50 Mk. 13,25 „ 14,05 „ 14,10 „ 4,- „ 19.80 „ 10,40 „ 5- „ 5,97 „ 2,50 „ 5.20 „ 1.20 „ 2,60 „ 3.80 „ 7,- „

Kaus- und Küchengeräte Schulartikel............................................................... Rasieren und Äaarschneiden Zeitungen und Lektüre Geschenke und Feldpost Summa 146,37 Mk. Sonnlagsgeld für drei Personen..................... B. Ausgaben für den Lebensmittelverbrauch.

Bezeichnung der Artikel

Gesamtverbrauch Menge

Brot.......................................... Mehl und Teigwaren. . . Kartoffeln................................ Butter und Fette .... Fleisch und Wurstwaren. . Milch..................................... Eier.......................................... Gemüse..................................... Käse.......................................... Heringe..................................... Kaffee (Malz)..................... Zucker..................................... Zwiebel und Gewürze. . . Getränke, Bier, Limonade .

Summa

147 Psd. 21 , 463 „ 10,5 „ — 63 Liter 115 Sick. 76 Psd. 7 , 3 Sick. — 35 Psd. —



Mk.

pro Tag

Menge | Pf-

29,40 4,9 Psd. 9,83 0,7 „ 32,90 15,4 „ 20,90 0,35 „ ! — 4,40 15,20 2 Liter 15,63 4 Stück 12,88 2,5 Psd. 7,46 0,25 „ — —,87 7,98 — 10,52 1,15 „ — 6,05 3,66 — 177,69

Ver­ brauch pro Tag und KopfPfg.

98 33 110 70 15 51 52 43 25 3 27 35 20 12

9,8 3,3 11,0 7,0 1,5 5,1 5,2 4,3 2,5 0,3 2,7 3,5 2,0 1,2

592

59,2

L. Einnahmen. Monatsgehalt des Mannes..................................... 230,— Mk. Verdienst des ersten Sohnes........................................... 60,— „ Verdienst des zweiten Sohnes (Lehrling) . . . 18,50 „ Summa 308,50 Mk. Bilanz. Gesamteinnahmen.......................................................... Gesamtausgaben: 1. unter A 146,37 Mk. 2. unter B 177,69 „

Somit ein Defizit

308,50 Mk.

324,06



15,56 Mk.

Es ergibt sich, daß von den gesamten Einnahmen 57,6 Prozent für Beschaffung der Lebensmittel und 43,4 Prozent für sonstige Aufwendungen und Verpflichtungen verausgabt wurden, das vorhandene Defizit ist dabei außer acht gelassen.

Nach dem Reichsanzeiger vom 16 August 1916 betrug die Zunahme der Ausgaben für eine vierköpfige Familie in einem Monat des Jahres 1908 und 1916:

Gruppierung

der Lebensmittel.

Mehr- (+) bzw. Minder- (-) Aus­ gaben im Monat

Minder- (-) bzw. Mehr- (+) Verbrauch im Monat

absolut in Mark

absolut in Gramm

Prozent

Brot und Backwaren. . . Kartoffeln................................ Butter, Margarine, Fette . Fleisch, Fleischwaren . . . Fische, auch geräucherte . .

+ + + + +

5,60 5,69 6,45 5,92 5,07

+ + \+ + 4-

Eier.......................................... Milch..................................... Käse.......................................... Kaffee und Kaffee-Ersatz. .

+ + + +

6,57 2,08 2,97 3,76

+ + + +

Prozent

- 19234 46,90 + 17873 236,14 - 2565 68,39 — 7373 28,79 390,— im Frieden nicht

+ -

248,86 24,64 226,71 188,94

- 14- 29,83 — - 36,231

ermittelt

- 7 Stück - 16,2 Liter nicht ermittelt

- 441 g1

35,49 50,02 46,78 56,14 —

1 Nur Bohnenkaffee.

Im ganzen waren für die genannten Lebensmittel trotz sehr erheblicher Verminderung des Verbrauchs monatlich 44,11 Mark mehr ausgegeben als im Friedensjahre 1908. Anmerkung 4:

Zitat von Ricardo Leon in Spanien. „Ihr seid, und ich werde nicht müde werden es zu versichern, gebildet, friedfertig, auch aufopferungsvoll und arbeitsam, duldsam 76

und treu: Ihr besitzt die höchsten Tugenden des Jahrhunderts, die den Menschen und Völkern den Sieg im Leben gewähren; die Überlegung, Zähigkeit, geselligen Unternehmungsgeist, das Gefühl der Pflicht, die Ausdauer bei der Arbeit. Ihr vertretet die Kraft, bewußte, erzogene und harmonische Kraft, die Voraussicht, die positiven Verstandesfähigkeiten, die Willensdisziplin. Aber wenn Ihr auch so hohe und kostbare Tugenden besitzt und so gesunde und moderne Fähigkeiten, so fehlen Euch dafür viele Gaben, die auch von großem Werte, Nutzen und Annehmlichkeit sind: diese köstlichen Züge, welche die Menschen brauchen, um mit­ einander zu leben, die Völker, um zu siegen, die Ideen, um sich in den Lirnen festzusetzen, die Gefühle, um die Lerzen zu erobern. Es fehlt Euch die Grazie, die besondere Anziehung, der Takt, die Sympathie, die Kunst, sich beliebt zu machen; Ihr seid treuherzig, kindlich, von zu langsamer Auf­ fassung, rauh in Worten, Landlungen und Manieren, deswegen flößen alle Eure riesigen Werke weniger Liebe als Erstaunen ein ... das habt Ihr nicht einsehen wollen, Ihr Deutschen von heute, Enkel von Goethe, Schiller und Leine, umpanzert von der Kraft des neuen Reichs, dem Stolze einer gradlinigen Kultur, dem Ge­ nusse eines sinnlichen Reichtums, habt 40 Jahre gelebt, ohne Kennt­ nis von der Gefahr zu haben, die in der Welt jede Stunde be­ gleitet: der Neid des einen, die Erbitterung des andern, die Ver­ ständnislosigkeit aller haben die Katastrophe beschleunigt. Ver­ ständnislosigkeit, du machst die Kriege und errichtest eine unübersteigliche Mauer zwischen den Völkern."*

Anmerkung 5: Das Beratungskomitee des „Board of Trade on Commercial Intelligence“ hat einen Bericht herausgegeben, der in der englischen Presse als von besonderer Bedeutung angesehen wird. Die Lauptpunkte desselben sind:

1. Angemessene und weitverzweigte Einfuhrzölle. 2. Erhöhte Zuschüsse für Forschungen wissenschaftlicher Aus­ bildung und industrieller Fortschritte. 3. Neue Gesetze bezüglich „Copyright“ ähnlich denen in den V. St. 1 Entnommen (im Auszuge) aus dem „Welthandel".

4. Ein gemeinsames, gleichförmiges Patentgesetz für das ganze britische Reich. 5. Ursprungszeugnisse und Angaben des Llrsprnngs auf allen ausländischen Erzeugnissen. 6. Eine Behörde, welche Ausländer an der Benutzung von Vorzugstarifen auf englischen Schiffahrts- und Eisenbahn­ gesellschaften verhindert. 7. Verbesserungen und Ausdehnung des englischen Kanalsystems. 8. Verbot an Schiffahrtsgesellschaften höhere Frachtraten aus englischen oder britischen Läsen zu berechnen, als von nord­ europäischen Läsen. 9. Förderung der englischen Industrie durch Mitarbeit der Banken. 10. Verbot für Regierungs-, Staats- und andere Behörden, irgendwelche Güter und Fabrikate zu kaufen außer englischen. 11. Zwangsmaßnahmen gegenüber Finanzfirmen, so daß nur eng­ lische Unternehmer und Fabrikanten solche öffentlichen Bauten errichten oder mit Maschinen usw. ausstatten, welche durch ausländische Anleihen bezahlt werden. 12. Ausstellungen für Lande! und Industrie unter der Kontrolle des Board of Trade. 13. Vorschriften an die englischen Konsuln, sofort über Nach­ ahmungen oder Verletzungen englischer Schutzmarken Bericht zu erstatten. 14. Landelskommiffare oder Sachverständige sollen in allen wich­ tigeren ausländischen Ländern ernannt werden. 15. Der englische Konsulardienst ist umzugestalten, um bessere Dienste dem Lande! und der Industrie zu leisten. 16. Bemühungen sind nötig, um der Anterbewertung von Gütern Einhalt zu tun, welche durch ausländische (nicht englische Einfuhrhäuser) nach Ländern eingeführt werden, welche ad Valorem Zolltarife haben. Die chemische Abteilung der Londoner Landelskammer hat unter dem Vorsitz von D. Lloyd Loward die folgenden Vorschläge

empfohlen: 1. Alle Maßnahmen bezüglich Landel während oder nach dem Kriege sollten einbegreifen: a) Gegenseitige Vorzugsbedingungen zwischen allen Teilen des britischen Weltreiches.

b) Gegenseitige Vorzugsbedingungen zwischen dem britischen Weltreiche und seinen jetzigen Verbündeten. e) Vorzugsbedingungen für Neutrale. d) Zolltarife und andere Erschwerungen gegenüber allen feindlichen Ländern, um eine Rückkehr der vor dem Kriege herrschenden Bedingungen unmöglich zu machen und einer Entwicklung der inländischen Fabrikation und der infolgedessen in erhöhtem Maße eintretenden Be­ schäftigung inländischer Arbeitskräfte einen Anstoß zu geben. 2. Maßnahmen sollten getroffen werden, um die Abstoßung und Anterbewertung von Erzeugnissen feindlicher Länder auf englischen Märkten nach dem Kriege zu verhindern. 3. Die Regierung müsse gedrängt werden, für eine Reihe von Jahren durch Unterstützung oder Prämien, grundlegende Industrien, welche vor oder seit Beginn des Krieges ge­ gründet seien, zu unterstützen. 4. Ein Mitglied der Regierung und des Kabinettsrates soll als Landelsminister die Oberleitung über den Board of Trade und andere Regierungsabteilungen übernehmen.

Anmerkung 6: Ähnliche wirtschaftliche Ziele verfolgen unter großer Zer­

splitterung geistiger Energie: Lamburger Kolonialinstitut. Verein für wirtschaftliche Ausbildung in Frankfurt a. M. Vereinigung zur Förderung deutscher Wirtschaftsinteressen im Ausland (Cöln a. Rh., Lansaring 11). Institut für Seeverkehr und Weltwirtschaft an der Universität Kiel. Deutscher Überseedienst. Zentrale Exportförderungsstelle Berlin W. 9, Linkstr. 25. Ständiger Ausschuß deutscher Vereine zur Förderung des Außenhandels. Welthandels-Archiv der Landels-Lochschule Berlin. Deutsche weltwirtschaftliche Gesellschaft Berlin. Studiengesellschaft für Weltpolitik, München usw.

Ähnliche volkswirtschaftliche Themata behandeln häufig: Die Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Das weltwirtschaftliche Archiv. Calwers Jahrbuch der Weltwirtschaft. Die Europäische Staats- und Wirtschaftszeitung.

Die Deutsche Wirtschaftszeitung. Die Wirtschaftszeitung der Zentralmächte. Technik und Wirtschaft. Recht und Wirtschaft. Die Weltwirtschaft. Die Konjunktur, Plutus, der deutsche Ökonomist usw.

Wie oft wird dasselbe Gebiet beackert, ohne daß neue Gesichtspunkte dabei herauskommen! Welche Llnmenge deutscher Intelligenz kann gespart und wieviel wehr fruchtbare Arbeit kann geleistet werden, wenn eine Trennung nach Gebieten vorgenommen wird, wofern ein gemeinsames Vorgehen und eine weitergehende Einigung sich nicht ermöglichen läßt.

Für Südamerika gibt es z. B.: Ein Deutsch-Südamerikanisches Institut, Aachen. Einen Deutsch-Argentinischen Zentralverband, Berlin W. 35. Einen Deutsch-Brasilianischen Landesverband, Berlin W. 15. Einen Deutschen Wirtschastsverband für Süd- und Mittelamerika, Berlin. Einen Lamburgischen Ibero-Amerikanischen Verein, Lamburg. Eine Deutsch-Südamerikanische Gesellschaft, Berlin W. 35 und Ein Brasilianisches Auskunftsbureau für Deutschland, Lamburg usw.

Für die Türkei, Bulgarien und den Balkan gibt es: Den Deutschen Levante-Verband, Berlin. Die Deutsche Vorderasten Gesellschaft, Leipzig-Gohlis. Die Deutsch-Bulgarische Gesellschaft, Berlin. Das Institut für den Wirtschaftsverkehr mit Bulgarien, Berlin W. 9. Den Deutsch-Bulgarischen Verein in Berlin. Den Donau und Balkanländerverein „Duboid" München. Den Verein der Bulgarenfreunde in Lamburg. Den Bulgarischen Verein in Dresden. Den Deutsch-Bulgarischen Verein in Wünschen. Den Deutsch-Rumänischen Verband, Berlin W. 9 usw.

Diese Beispiele können noch stark vermehrt werden.

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X von X X X X X X X X X X X Professor an der Universität Berlin X X X X X Gr.-Oktav. Preis geheftet M. 2.—, gebunden M. 3.— X X X X X X X Von jeher haben sich führende Größen um eine grundsätzliche Auffassung über X X X X Ziel und Bedeutung des Rechtes und des Staates bemüht. Solche Rechts- und X X X X Staatstheorien sind aber vor allem seit dem Beginn der Neuzeit in interessanter X X X X Weise aufgetreten. Das vorliegende Buch des,, berühmten Berliner Rechts­ X X X gelehrten bietet eine leichtverständliche kritische Übersicht des gesamten Frage­ X X X X X komplexes, die für jeden Gebildeten berechnet ist. Das Werk umfaßt die ein­ X X X X flußreichen Lehren von Machiavelli bis zu der freiheitlichen Bewegung unserer X X X X Tage und wird namentlich dem Juristen besonders willkommen sein. X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X von X X X X X X X X X X Rechtsanwalt, Dozent an der Handelshochschule zu Leipzig X X X X X X X Preis geheftet M. 1.20 X X X X X X X Die Schrift enthält eine anschauliche, erschöpfende und verständliche Darstellung X X X X der Rechtsgrundsätze des Reichsgerichts und versucht gleichzeitig einen Ausgleich X X X X zwischen der Auffassung des Handels und dem oft abweichenden Standpunkt X X X X der Rechtsprechung über den Begriff des strafbaren Kriegsgewinns zu schaffen. X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X Mit 75 Abbildungen im Text. Preis geheftet M. 3.—, gebunden M. 4.— X X X X X X Etwas ganz Ungewöhnliches! Tausend Kinderaugen blicken uns aus dem X X X X prächtigem Buche entgegen, freudig oder traurig bewegt. Der Verfasser hat zu X X X X den Kindern die Kriegserlebnisse sprechen lassen — im Kriegsbilde, im Liede, X X X X im Gedicht und im einfachen Feldbericht — und unbemerkt hat der Photograph X X X X die Stimmung festgehallen. X X X X X Diese Kinderbilder sind Dokumente aus Deutschlands Heldenkampfe, ein unver ­ X X X X X gängliches Zeugnis deutscher Gemütstiefen, an dem man sich nicht sattsehen kann. X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X 1 X XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Rechts- und Stuutsthrorien der Neuzeit Undolf Stammler

Der strafbare Kriegsgeivinn

«ach der Rechtsprechung des Reichsgericht» Dr. Hans Kirchberger

Rudolf Kchnlxe

Unsere Kinder «nd der Krieg

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Dr. Hermann Schumacher o. ö. Professor an der Universität Bonn

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Kriegswirtschaftslehre Dr. Ferdinand Schmid

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Geh. Loftat, o. ö. Professor an der Universität Leipzig

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dem vorliegenden Buche, das aus einem Zyklus von V Vorträgen entstanden ist, die im Januar 1915 im Auftrage de- Ausschusses für volkstümliche Lochschulkurse in der Leip­ ziger Aniversität gehalten wurden, sind die durch den gegen­ wärtigen Krieg ausgelösten wirtschaftlichen Maßnahmen und Erscheinungen unter einheitlichen Gesichtspunkten zusammen­ gestellt. Der berühmte Volkswirtschastler hat in den Kapiteln:

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