Transferleistungen in die neuen Bundesländer und deren wirtschaftliche Konsequenzen [1 ed.] 9783428482931, 9783428082933


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Transferleistungen in die neuen Bundesländer und deren wirtschaftliche Konsequenzen [1 ed.]
 9783428482931, 9783428082933

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Volker Meinhardt, Bemhard Seidel Frank Stille, Dieter Teichmann

Transferleistungen in die neuen Bundesländer und deren wirtschaftliche Konsequenzen

~Deutsches Institut für • Sonderhefte Nr.154 ~ Wirtschaftsforschung

Transferleistungen in die neuen Bundesländer und deren wirtschaftliche Konsequenzen

Von

Volker Meinhardt, Bernhard Seidel Frank Stille, Dieter Teichmann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Transferleistungen in die neuen Bundesländer und deren wirtschaftliche Konsequenzen I [Hrsg.: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung]. Von Volker Meinhardt ... - Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Sonderhefte I Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung ; 154) ISBN 3-428-08293-1 NE: Meinhardt, Volker; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Berlin): Sonderhefte

Herausgeber: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Königin-Luise-Str. 5, D-14195 Berlin, Telefon (0 30) 8 97 89-0- Telefax (0 30) 8 97 89 200 Alle Rechte vorbehalten

© 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7026 ISBN 3-428-08293-l

Inhaltsverzeichnis l . Problemstellung: Die Umstellung der ostdeutschen Wirtschaft - Anforderungen und Finanzkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

·2. Gesamtwirtschaftliche Lage und Aussichten in den neuen Bundesländern . . . . . . . . . . . lO 3. Zur Abgrenzung des Transferbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . l. Brutto- und Nettobetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Saldenausgleich und Finanzausgleich als Transferleistung 3.3. Institutionelle Abgrenzung nach Gebern und Nehmern . .

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15 15 16 17

4. Transfers der Gebietskörperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 .l. Transfers des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1. Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2. Quantiftzierung der Bundestransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3. Bundestransfers nach Ausgabearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4. Anteilige Einnahmen und Ausgaben des Bundes für Ostdeutschland (Saldenausgleich Bund-Ost) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5. Transfers auf der Einnahmenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Transferleistungen aus den westdeutschen Länder- und Gemeindehaushalten . . . . . 4.3. Fonds "Deutsche Einheit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 19 19 20 27

5. Transfers im Bereich der sozialen Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Unterstützung der Sozialversicherung-Ost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 .l . l. Organisationsform der Sozialversicherung in den neuen Bundesländern 5 .1.2. Finanzsituation der Sozialversicherung in den neuen Ländern . . . . . . 5.2. Soziale Leistungen der Gebietskörperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Sozialtransfers in die neuen Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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39 39 39 40 46 49

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Der Kreditabwicklungsfonds (KAF) . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Die Treuhandanstalt (THA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1. Zinserstattung an den Kreditabwicklungsfonds (KAF) 6.2.2. Bedienung der Altkredite . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3. Kernaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.4. Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3. Kredite für die neuen Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1. ERP-Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2. Auswirkungen der Kreditprogramme . . . . . . . . . . 6.4. Bürgschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

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. 51 . 52 . 53 53 . 55 . 56 . 56 . 57 . 57 . 58 . 64

. . . . . . . . . . .

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29 32 35 37

6

Inhaltsverzeichnis 6.4.1. 6.4.2. 6.4.3. 6.4.4.

Kreditbürgschaften (Rückbürgschaften) . . Bürgschaften der Treuhandanstalt . . . . . Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7. EG-Strukturfonds und andere Transferzahlungen der EG an die neuen Bundesländer 7 .1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2. Ziele und Schwerpunkte der Maßnahmen mit gemeinschaftlicher Unterstützung 7.2.1. EG-Agrarpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2.2. EG-Strukturpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 .2.3. Sonstige EG-Transfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 . Umfang der EG-Hilfen für Ostdeutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1. EG-Agrarmarktausgaben . .... . . . . . . . . . . . . . .. ... .. . . . . . 7.3 .2. EG-Strukturhilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3. Darlehen .. . . . . . . .... . . . . . . . .. . . . . . . . . .. .. ... .. . 7.3.4. Sonstige EG-Hilfen ... . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . 7.3 .5. Gesamtbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rückflüsse aus Ostdeutschland und einigungsbedingte Einsparungen . . . 8.1. Rückflüsse bei Steuern und Sozialabgaben aufgrund zusätzlicher Ostdeutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2. Einigungsbedingte Einsparungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Bewertung und wirtschaftliche Konsequenzen 9.1. Die gesamten Transferleistungen an die 9.2. Wirtschaftliche Konsequenzen . . . . . 9.3. lnvestive versus konsumlive Transfers

. . . . neuen . . . . . . . .

. . . . . . . . . Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . .. . . . .

. . . .

. . . . . . . Nachfrage . . . . . . . . . . . . . .

. . . ... . . . . . .

. . .. . . . .

. . . .

. . . . . .

64 65 65 66 69 69 71 71 72 73 74 74 74 77 78 79

. . . 82 aus . . . 82 . . . 84

. . . . . . ...... . . . . . . . . . . . .

87 87 93 98

Verzeichnis der Tabellen und Schaubilder 2/1

Eckdaten der wirtschaftlichen Entwicklung in Ostdeutschland

. . . . . . . . . . . . . 13

4/1

Im Bundeshaushalt berücksichtigte Transferleistungen an Ostdeutschland - nach Gruppierungsnummern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

4/2

Transferleistungen des Bundes an die neuen Bundesländer - nach Ministerien - in Mill. DM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . ... . . . . . ... .. .. 23

4/3

Transferleistungen des Bundes an die neuen Bundesländer - nach Ministerien Anteile in vH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

4i4

Transferleistungen an die neuen Bundesländer nach Gruppierungsnummern . . . . . 28

415

Bundeshaushalt - Ost - in Mrd. DM

4/6

Steuervergünstigungen und steuerliche Transfers für Ostdeutschland 1991 bis 1993 - in Mill. DM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

417

Transferleistungen aus den westdeutschen Länder- und Gemeindehaushalten

4/8

Fonds Deutsche Einheit - in Mrd . DM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5/1

Einnahmen und Ausgaben der Sozialversicherung in den neuen Bundesländernin Mrd. DM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

512

Durchschnittlicher Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung- in vH des Bruttoentgelts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

5/3

Bundeszahlungen an die Sozialversicherungsträger - in Mrd. DM . . . . . . . . . . . 45

514

Laufende Übertragungen an private Haushalte - Gebietskörperschaften Ost - in Mrd. DM .. . ... . . .. . . ... . . . . . . . . .. .. . . . .. . . . . . . . . ... . 47

515

Sozial-Transfers in die neuen Bundesländer nach Trägern - in Mrd. DM

516

Sozial-Transfers in die neuen Bundesländer nach Aufgabenkategorien - in Mrd. DM . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . 50

6/1

Kreditabwicklungsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

. . . . 36

. . . . . . 48

8

Verzeichnis der Tabellen und Schaubilder

6/2

Treuhandanstalt- Einnahmen/Ausgaben-Rechnung - in Mrd. DM . . . . . . . . . . . 54

613

ERP-Sondervermögen - in Mrd . DM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

6/4

Kreditprogramme für die neuen Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

615

Anlageinvestitionen und gefOrderte Investitionen - in Mrd . DM . . . . . . . . . . . . 63

6/6

Bürgschaften für Exporte in die mittel- und osteuropäischen Länder (MOE) - in Mrd . DM . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . ... .. . . . . . . 67

7/1

EG-Mittel aus den Strukturfonds für Ostdeutschland von 1991 bis 1993 -in Mill . ECU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

7/2

EG-Hilfen und EG-Darlehen an die neuen Bundesländer- in Mrd . DM . . . . . . . 79

7/3

Transferleistungen der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

8/1

Mehreinnahmen in Westdeutschland aus Steuern und Sozialbeiträgen aufgrund zusätzlicher Nachfrage aus Ostdeutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

8/2

Einigungsbedingte Einsparungen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite- in Mill. DM . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . ... . .. . . . . . . 86

9/1

Öffentliche Transfers aus Westdeutschland und der Europäischen Gemeinschaft an Ostdeutschland - in Mrd . DM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

9/2

Finanzierung der Transfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9/3

Westdeutsche Transferleistungen im Rahmen des Gemeinschaftswerks "Aufschwung Ost" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

9/4

Steuervergünstigungen und Finanzhilfen des Bundes- nach Empfangern und Verwendungsarten - in Mill. DM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100

Steuervergünstigungen und Finanzhilfen des Bundes- nach Empfangern und Verwendungsarten - Anteile in vH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101

Steuervergünstigungen und Finanzhilfen des Bundes- nach Empfangern und Verwendungsarten - Anteile in vH ... ... . . . . . .. . . . . . . .. .. . . . . . . .

102

Schaubild: Steuerkraft in Ost- und Westdeutschland - Steuern insgesamt je Einwohner -

104

915 916

90

1. Problemstellung: Die Umstellung der ostdeutschen Wirtschaft -

Anforderungen und Finanzkraft

Die Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft ist eine große Herausforderung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Um die Wirtschaft in Ostdeutschland zu erneuern und die Lebensverhältnisse möglichst rasch an die in Westdeutschland anzupassen, bedarf es in großem Umfang der finanziellen Unterstützung aus Westdeutschland. Solche Mittel sind für den notwendigen Ausbau der Infrastruktur einschließlich der Sanierung ökologischer Schäden, für den Aufbau moderner Produktionskapazitäten sowie die soziale Flankierung des Umstellungsprozesses einzusetzen. Von der ostdeutschen Wirtschaft ist dies auf absehbare Zeit aus eigener Kraft nicht zu bewältigen. Auch drei Jahre nach der Vereinigung ist die Steuerkraft in Ostdeutschland noch immer gering. Erst wenn es gelingt, die Produktion dort rasch und kräftig auszuweiten und die Zahl der Beschäftigten, die sich nach der Vereinigung im Zuge des Schrumpfungsprozesses fast halbiert hat, spürbar zu erhöhen, können die sozialen Transfers abgebaut werden. Der Beschäftigungsgrad ist gerade für den Umfang der Sozialtransfers von ausschlaggebender Bedeutung, da die für Westdeutschland geltenden Leistungsgesetze fast unverändert übernommen wurden. Deshalb besteht bei hoher Arbeitslosigkeit - wie sie gegenwärtig noch in Ostdeutschland zu beobachten ist- ein erheblicher Finanzierungsbedarf, der aus den westdeutschen öffentlichen Haushalten gedeckt werden muß. Ein Blick in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung für die neuen Bundesländer zeigt, welche Bedeutung die westdeutschen Transfers für die wirtschaftliche Situation in Ostdeutschland haben: Sie schließen die Lücke zwischen dem Bruttoinlandsprodukt und der realen Güterverwendung im Inland, die in Ostdeutschland fast doppelt so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt ist. Ohne Finanzierung aus Westdeutschland könnte dies nicht realisiert werden. Allein der private Verbrauch erreicht fast die Höhe des Bruttoinlandsprodukts (95 vH). Der größte Teil der Zuflüsse aus Westdeutschland stammt aus den öffentlichen Haushalten der Gebietskörperschaften, vor allem des Bundes, und der Sozialversicherungen, hier hauptsächlich aus dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit.

2. Gesamtwirtschaftliche Lage und Aussichten in den neuen Bundesländern Trotz hoher Transferleistungen aus den Haushalten der westdeutschen Gebietskörperschaften und der Arbeitslosenversicherung, die seit der Vereinigung in die neuen Bundesländer geflossen sind, ist es bisher nicht gelungen, einen sich selbst tragenden Aufschwung in Gang zu setzen. Auch im dritten Jahr nach der Vereinigung hat sich die Lage der Wirtschaft in Ostdeutschland noch immer nicht entspannt. Die Rezession in Westdeutschland strahlt auch auf die ostdeutsche Wirtschaft aus. Bei nur wenig wachsenden oder gar schrumpfenden Märkten haben es ostdeutsche Unternehmen besonders schwer, sich auf den Produktmärkten zu behaupten. Das Sorgenkind bleibt nach wie vor das verarbeitende Gewerbe, das immer noch unter einem ungeheuren Anpassungsdruck steht. Eine durchgreifende Erholung ist nicht in Sicht. Vor diesem Hintergrund ist schon heute abzusehen, daß Transfers aus Westdeutschland auf längere Sicht und in erheblichem Umfang erforderlich bleiben werden. Dauer und Umfang der Transferleistungen werden weiterhin davon bestimmt, wie sich der ostdeutsche Aufholprozeß in Zukunft entwickelt. Viel wird auch von der wirtschaftlichen Entwicklung in Westdeutschland und davon abhängen, wie die Transfer-Finanzmittel dafür in Westdeutschland mobilisiert werden können. Insgesamt kann man feststellen, daß der Prozeß der Privatisierung in Ostdeutschland rasch vonstatten gegangen ist. Die Treuhandanstalt hat bis Ende März 1993 von insgesamt 12 000 Unternehmen fast lO 000 Betriebe aus ihrem Bestand herausgelöst 1: 5 700 Unternehmen wurden von Investoren übernommen, 1 270 Unternehmen wurden reprivatisiert und reichlich 300 Betriebe wurden den Kommunen Ostdeutschlands unterstellt. Heute sind nur noch 6 vH aller ostdeutschen Arbeitnehmer in Treuhandunternehmen beschäftigt, zu Beginn der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion waren es noch 40 vh. Bei den im Treuhandbesitz verbliebenen Unternehmen handelt es sich fast durchweg um Betriebe, die am Markt nicht lebensfähig sind und Verluste machen, und zwar schätzungsweise in Höhe eines Drittels des Umsatzes. Dementsprechend sind die Kosten für die Unterhaltung und Sicherung dieser Betriebe sehr hoch: Von 1992 bis 1993 belaufen sie sich auf etwa 15 Mrd. DM jährlich2 • Die Wirtschaftslage in Ostdeutschland hat sich 1992, dem dritten Jahr seit der Vereinigung, nur wenig gebessert. Es scheint indes so, daß die Talsohle 1992 zwar

1 Vgl. Gesamtwinschaftliche Anpassungsprozesse in Ostdeutschland. Achter Bericht. DIW, Berlin und Itw, Kiel. In: Wochenbericht des DIW, Nr. 13/93, S. 134 ff. 2

Vgl. hierzu: Kapitel 6.2

2. Gesamtwinschaftliche Lage und Aussichten

11

durchschritten ist, aber gemessen an den tiefen Produktionseinbrüchen in den Jahren 1990 und 1991 sind die realen Zuwächse eher bescheiden. Im Jahr 1992 ist das reale Bruttoinlandsprodukt um fast 7 vH gestiegen. Allerdings war das Bruttoinlandsprodukt- saison-und kalenderbereinigt -im vierten Quartal kaum höher als im Vorquartal. Für 1993 deuten die Informationen aus dem ersten Halbjahr wiederum auf einen schwachen Anstieg hin. Geprägt wird das Bild durch die sehr unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Wirtschaftsbereichen. Die Produktion in der Industrie stagnierte mehr oder weniger auf einem sehr niedrigen Niveau. Der merkliche Anstieg im produzierenden Gewerbe ist im wesentlichen auf das expandierende Baugewerbe zurückzuführen, das auf die baunahen Bereiche ausstrahlt. Die Nachfrage wird hier von öffentlichen Aufträgen und Transfers beeinflußt. Zu den Sorgenkindern in der ostdeutschen Industrie zählen nach wie vor die Chemie, der Maschinenbau, ADV sowie die Textil- und Bekleidungsindustrie. In diesen Bereichen ist die Produktion nach wie vor rückläufig. Etwas günstiger stellt sich die Lage im Stahl- und Leichtmetallbau dar. Hier profitieren die Unternehmen von der starken Baunachfrage und auch von den zunehmenden Auftragseingängen für Schienenfahrzeuge aus der GUS. Die rege Bautätigkeit im privaten und öffentlichen Bereich strahlt auch auf die Bereiche Steine und Erden, Teile der Eisen- und Stahlindustrie und Elektronik, das Druckgewerbe und die Kunststoffverarbeitung aus. Von der wieder zunehmenden Hinwendung der ostdeutschen Haushalte zu 'eigenen' Produkten ziehen auch bestimmte Unternehmen in der Ernährungsindustrie ihren Nutzen. Im Dienstleistungssektor schreitet die Erholung voran. Dabei war die Entwicklung im Handel, im Verkehrsgewerbe und in der Nachrichtenübermittlung deutlich nach oben gerichtet. Das Dienstleistungsgewerbe gehört neben der Bauwirtschaft zu den Stützen der ostdeutschen Wirtschaft. Im Bergbau und in der Energiewirtschaft war die Entwicklung indes abermals nach unten gerichtet. Nach wie vor leiden viele Branchen darunter, daß ihre angestammten Märkte in Osteuropa weggebrochen sind. In einer Rezess,ion ist es naturgemäß besonders schwierig, Marktanteile auf westlichen Märkten zu gewinnen. Aus den jüngsten Auftragseingängen ist eine durchgreifende Erholung in der Industrie nicht erkennbar. Es ist zudem zu befürchten, daß westdeutsche Unternehmen wegen der Rezession in Westdeutschland ihr Engagement in Ostdeutschland einschränken oder sogar aufgeben. Trotz mancher Lichtblicke in einigen Bereichen hat sich der Lebensstandard in Ostdeutschland nicht so rasch an das westdeutsche Niveau heranführen lassen, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hatte. Ohne die staatlichen Fördermaßnahmen und die Einkommensübertragungen an private Haushalte wäre die wirtschaftliche Situation noch viel schlechter gewesen. Wie lebensnotwendig eine Finanzierung von außen nach wie vor für Ostdeutschland ist, zeigt sich daran, daß die nominale Inlandsnachfrage 1992 mit 430 Mrd. DM das Bruttoinlandsprodukt (235 Mrd. DM) um gut 80 vH übertraf. Allein der private Verbrauch machte über 90 vH des Bruttoinlandsprodukts aus. Die kritische Lage der ostdeutschen Wirtschaft spiegelt sich auch auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt. In der Industrie werden nach :wie vor Arbeitsplätze abgebaut. Hier ist die Talfahrt offensichtlich noch immer nicht zu Ende. Ende 1992 waren dort nur noch 750 000

12

2. Gesamtwirtschaftliche Lage und Aussichten

Beschäftigte registriert; vor der Wende waren 3 Mill. Arbeitnehmer in diesem Sektor beschäftigt. Anzeichen für eine Besserung sind nicht erkennbar. Es gibt lediglich einige Anzeichen, die darauf hindeuten, daß der Abbau der Beschäftigten sich künftig etwas verlangsamen dürfte. Im vierten Quartal 1992 waren noch 6,3 Mill. Personen beschäftigt. Damit hat sich die Zahl der Erwerbstätigen innerhalb von drei Jahren um über 31h Mill . verringert. Wann die Talsohle bei den Beschäftigten erreicht sein wird, ist nur schwer prognostizierbar. Viel wird - neben der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung - auch davon abhängen, wie sich die Produktivität entwickelt. Das erreichte Produktionsniveau rechtfertigt nicht die gegenwärtig gezahlten Löhne. Bisher machen die Unternehmer in der Summe laufend Verluste: Der Wert der nominalen gesamtwirtschaftlichen Produktion deckt gerade einmal die Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit. Für Abschreibungen, Zinsen und Produktionssteuern bleibt den Unternehmen dabei kein Raum mehr. Die Aussichten der ostdeutschen Wirtschaft werden durch die tiefe Rezession in Westdeutschland zusätzlich getrübt. Es ist zu befürchten, daß die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland nicht wesentlich besser ausfallen wird als 1992. Für die Industrie, in der der Schrumpfungsprozeß inzwischen in eine Deindustrialisierung übergegangen ist, werden sich die Wettbewerbsverhältnisse eher noch verschlechtern. Viele Unternehmen werden auch in diesem Jahr gezwungen sein, wieder Entlassungen vorzunehmen. Noch immer finden sich per Saldo zu viele Unternehmen, die nicht wettbewerbsfahig sind. Sie können nur überleben, solange ihre Verluste vorübergehend von anderen getragen werden, sei es von westdeutschen Unternehmen, sei es von der Treuhandanstalt. Der Schlüssel für einen raschen Umbau liegt nach wie vor in einer zügigen Ausweitung der InvestitionstätigkeiL Die Entwicklung der Unternehmensinvestitionen wird wesentlich davon abhängen, ob westliche Investoren infolge der Rezession auf die Verwirklichung ihrer Investitionsvorhaben verzichten. Jüngste Befragungen von westdeutschen Unternehmen deuten darauf hin, daß sie wegen der Rezession ihre Investitionsvorhaben einschränken und ihre Investition weniger aufstocken wollen. Auch in diesem Jahr wird der Baubereich der expansivste Bereich und damit der Hauptträger der wirtschaftlichen Erholung in Ostdeutschland bleiben. Von den öffentlichen Auftragsvergaben und von den Transfers aus Westdeutschland gehen erhebliche Impulse auf die Bauwirtschaft aus. Nachdem zu Beginn der öffentliche und der Verkehrsbau dominierten, zogen inzwischen auch der gewerbliche und industrielle Bau nach. Erfreulich ist auch die Entwicklung im Wohnungsbau, bei dem bis auf weiteres die Modernisierung und Instandsetzung im Vordergrund stehen dürften. Nachdem beim privaten Verbrauch der Nachholbedarf der ostdeutschen privaten Haushalte durch die Einkommensentwicklung gebremst wird, dürften die Verbrauchsausgaben 1993 nicht mehr so stark ausgeweitet werden. Die Bruttolohn- und -gehaltsumme je Beschäftigten wird 1993 erheblich geringer steigen als 1992, nämlich nur um 15 vH nach fast 40 vH im vergangeneo Jahr. Die Zahl der Beschäftigten wird ebenfalls noch einmal zurückgehen (vgl. Tabelle 2/1).

l3

2. Gesamtwirtschaftliche Lage und Aussichten

Tabelle 211:

Eckdaten der wirtschaftlieben Entwicklung in Ostdeutschland1)

I

1991

I

1992

1993

Erwerbstätige im Inland (in 10001

7179,0

Arbeitslose (in 1000) Arbeitslosenquote (in vHI

10,9

I

1991

I

1992

1993

Veränderungen gegenOber Vorjahr

Mrd. DM 6341,0

6052,0

1170,0

1125,0

14,9

16,2

-14,9

-11,7

-4,6

Bruttolohn- und -gehaltsumme Insgesamt (Mrd.DMI je Beschäftiaten (DM/Monat) Bruttoeinkommen aus Unternehmert.ätigk. u. Vermögen

151,7

184,8

203,8

6,0

21,8

10,3

1811,0

2509,0

2922,0

28,4

38,5

16,5

-11,4

~.9

5,5

17,1

15,7

8,7

nominal (Mrd. DMI Privater Verbrauch

186,7

216,1

235,0

Staatsverbrauch

86,2

105,9

117,0

21,5

22,9

10,5

An Iaseinvestitionen

83,0

108,9

130,5

35,7

31,2

19,8

Ausrüstungen

40,4

46,1

50,0

98,6

14,1

8,5

Bauten

4,4

47,4

29,0

42,6

62,8

81,0

Vorräte

2,7

0,4

1,5

Ausfuhr

44,0

51,2

54,0

Einfuhr

216,3

247,3

258,0

96,4

14,3

4,3

Bruttoinlandsprodukt

186,2

235,3

280,5

-18,3

26,4

19,2

~.1

.

.

-22,1

16,4

5,5

real (in Preisen von 19911 186,7

196,7

196,5

3,8

5,4

Staatsverbrauch

Privater Verbrauch

86,2

90,1

91,0

-4,3

4,5

1,0

Anlageinvestitionen

83,0

102,9

118,0

27,7

24,0

14,7

Ausrüstungen

40,4

45,7

49,0

100,1

13,1

7,2

Bauten

42,6

57,2

69,0

-4,9

34,3

20,6

2,7

1,1

1,0

Vorräte

.

.

.

Ausfuhr

44,0

50,7

53,0

-25,2

15,2

4,5

Einfuhr

216,3

242,6

250,5

88,8

12,2

3,3

1I Vgl. Tendenzen der Wirtschaftsentwicklung 1993/94. ln: Wochenbericht des DIW, Nr. 26-27/1993, S. 371.

14

2. Gesamtwirtschaftliche Lage und Aussiebten

Alles in allem ist 1993 damit zu rechnen, daß die gesamtwirtschaftliche Produktion in Ostdeutschland im Zuwachs schwächer ausfallen wird. Der Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts wird auf 5 vH veranschlagt, also rund zwei Prozentpunkte weniger als 1992. Die Zahl der Erwerbstätigen wird bei dieser Konstellation weiter - wenn auch deutlich abgeschwächt -zurückgehen. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Zahl der Arbeitslosen 1993 bei 1,1 Mill. Personen liegen; dies entspricht einer Arbeitslosenquote von etwa 16 vH . Nimmt man die Personen hinzu, die sich in arbeitspolitischen Maßnahmen befinden, dann dürfte die Zahl der Arbeitsuchenden bei 2 Mill. verharren; mit anderen Worten, ein Fünftel der ostdeutschen Erwerbspersonen hat keinen festen Arbeitsplatz. Hinzu kommen weitere 860 000 Personen, die über Vorruhestands- und Altersübergangsregelungen aus dem Arbeitsmarkt ausgegliedert werden3 • Der Staat ist nach wie vor gefordert und muß alles unternehmen, damit die Unzufriedenheit und die Perspektivlosigkeit nicht stärker um sich greifen und den sozialen Frieden gefährden.

3 Vgl. Komelia Hagen, Volker Meinhardt, Wolfgang Scheremet, Angela Scberzinger: Wirkungen der arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf die wirtschaftliebe Entwicklung in Ostdeutschland. In: Beiträge zur Strukturforscbung. DIW (Hrsg.), Heft 140. Berlin 1993, S. 21 f.

3. Zur Abgrenzung des Transferbegriffs 3.1. Brutto- und Nettobetrachtung Im Rahmen dieses Gutachtens wird von einer Abgrenzung des Transferbegriffs ausgegangen, wie sie sich in der Finanzwissenschaft durchgesetzt hat. Danach werden unter Transfers Leistungsströme verstanden, denen keine speziellen Gegenleistungen gegenüberstehen, die insbesondere kein Entgelt für die Nutzung von Produktionsfaktoren sind. Ausgangspunkt bei der Ermittlung der Transferleistungen wird die Erfassung der Bruttoströme vor allem aus Westdeutschland und der Europäischen Gemeinschaft sein, die ohne Gegenleistung der Empfangsseite in die neuen Bundesländer fließen. Um die unterschiedlichen Arten von Transfers systematisch zu erfassen, wird auf die folgenden Begriffspaare zurückgegriffen (vgl. Transfer-Enquete-Kommission): Positive und negative Transfers, monetäre und reale Transfers, direkte und indirekte Transfers, explizite und implizite Transfers. Die Begünstigung der betroffenen Institutionen bzw. Personen läßt sich erst abschätzen, wenn den empfangenen (positiven) Transfers die geleisteten (negativen) Transfers - in Form von Steuern und Sozialbeiträgen - gegenübergestellt werden. Inhaltlich läßt sich diese Abgrenzung einfach vollziehen, schwieriger dagegen ist die empirische Erfassung der Daten. Gerade bei den negativen Transfers zeigt sich, daß die von den amtlichen Institutionen ausgewiesenen Daten in unzureichendem Maß die Eigenleistung der Bürger der neuen Bundesländer wiedergeben, so bei Teilen des Mehrwertsteueraufkommens und bei den Sozialbeiträgen (siehe unten). Im weitaus überwiegenden Maße handelt es sich bei den hier zu erfassenden Strömen um monetäre Transfers, d.h. um Transfers in Form von Geldleistungen; dies gilt sowohl für die positiven als auch die negativen Transfers. Besonders zwischen InstitUtionen sind reale Transfers im allgemeinen eine Ausnahme. Beim Aufbau der Verwaltungen der Gebietskörperschaften und der Sozialversicherungen leisten die entsprechenden Institutionen in Westdeutschland (Sozialversicherungsträger, Bund/Länder, aber auch Sozialpartner) Hilfein Form von Sachausstattungen und Personal. Da die 'Kosten für dieses Personal aus den westdeutschen öffentlichen Haushalten finanziert werden, handelt es sich um reale Transfers, deren Höhe sich nur schwer bestimmen läßt. Im Rahmen dieses Gutachtens wird auf der Basis von Informationen aus den einzelnen Bundesländern versucht, den Gesamtumfang dieser Realtransfers in seiner Größenordnung abzugreifen.

16

3. Zur Abgrenzung des Transferbegriffs

Transfers können auf direktem oder indirektem Wege geleistet werden. Die finanziellen Leistungen an die neuen Bundesländer erfolgen überwiegend auf direktem Wege. Die mit den Käufen der ostdeutschen Bürger in Westdeutschland verbundenen Steuerzahlungen sind ein Beispiel für indirekte (negative) Transfers. Sie werden im Rahmen der vereinigungsbedingten Wachsturnsgewinne ermittelt und von den Brutto-Transferleistungen abgesetzt. Der größte Teil der Transfers wird als Zahlungsvorgang in den Rechnungsergebnissen explizit (sichtbar) ausgewiesen. Dazu gehören die Transfers an ostdeutsche Haushalte, Unternehmen und Gebietskörperschaften. Investitionszulagen und andere Steuervergünstigungen werden von der zu leistenden Steuer abgesetzt, sind somit implizite (unsichtbare) Transfers. Ebenfalls zu dieser Transferart sind die Subventionsäquivalente von Bürgschaften und zinsverbilligten Krediten zu rechnen.

3.2. Saldenausgleich und Finanzausgleich als Transferleistung Neben den offen in den einzelnen Haushalten ausgewiesenen Transferleistungen gibt es eine Reihe von Bundesausgaben für hoheitliche Staatsaufgaben, z.B. im Bereich der Verteidigung, der Außenpolitik usw., die für das gesamte Bundesgebiet erbracht werden. Bei dieser Art von Ausgaben fällt es schwer, sie Ostdeutschland zuzurechnen. Dies gilt umgekehrt auch für die Bundessteuern, also hauptsächlich Verbrauchsteuern, die auch von Bürgern in Ostdeutschland erbracht, aber nicht getrennt ausgewiesen werden. Die von ostdeutschen Bürgern über die Produktpreise bezahlten Verbrauchsteuern sind mit den Transferleistungen als Gegenleistung Ostdeutschlands zu verrechnen. Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung legt bis auf weiteres noch eine getrennte Rechnung für Ost- und Westdeutschland vor, die für die Zwecke dieses Gutachtens genutzt wird. Im öffentlichen Sektor nimmt das Statistische Bundesamt eine Aufteilung der Bundesausgaben und -einnahmen vor. Auch Vorleistungskäufe und Verkäufe im Bundeshaushalt werden- von einigen Ausnahmen abgesehen -auf Ost- und Westdeutschland aufgeteilt, allerdings nur relativ pauschal . Beim Staatsverbrauch des Bundes wird nach einer Art Nutzerkonzept unterstellt, daß die vom Bund ohne spezielles Entgelt erbrachten Leistungen allen Bürgern in Deutschland gleichermaßen zugute kommen. Er wird deshalb den einzelnen Gebieten nach dem Anteil ihrer Wohnbevölkerung zugerechnet. Die Bundessteuern werden auf der Entstehungsseite dort nachgewiesen, wo produziert wird und damit die Verbrauchsteuern abgeführt werden. Da viele der von ostdeutschen Haushalten in Ostdeutschland gekauften Güter in Westdeutschland produziert wurden, sind die dem Bundeshaushalt Ost zugerechneten Bundessteuern zum Teil erheblich niedriger, als wenn sie nach dem der tatsächlichen Inzidenz der Steuer angemesseneren Verbrauchskonzept aufgeteilt würden. Im so berechneten Bundeshaushalt Ost übersteigen die anteiligen Ausgaben die entsprechenden Einnahmen beträchtlich. In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wird dieser Finanzierungssaldo als "Saldenausgleich Bund-Ost" bezeichnet. Zu knapp einem Drittel handelt es sich um den vom Bund erbrachten Staatsverbrauch, der die Einnahmen, die Ostdeutschland zugerechnet werden können, übersteigt. Insofern könnte man diese

3.2. Saldenausgleich und Finanzausgleich als Transferleistung

17

Größe als einen Realtransfer von West nach Ost ansehen. Dieser kann streng genommen nicht mit einer Belastung in Westdeutschland gleichgesetzt werden. Insgesamt ist der Staatsverbrauch in Deutschland im Zuge der politischen Entspannung und der damit in Verbindung stehenden Verringerung der Verteidigungsausgaben 1990 sogar geringer gewesen als 1989. Rechnerisch ergibt sich für Westdeutschland eine weitere Entlastung, da von diesem - geringeren - Verbrauch nun ein Teil auf Ostdeutschland entfci.llt. Dieser Entlastung entspricht die Belastung durch den Transferstrom, der die Gegenbuchung zum anteiligen Staatsverbrauch des Bundes in Ostdeutschland darstellt. Per Saldo ändert sich die Belastung in Westdeutschland in diesem Zusammenhang also nicht. Schwierig ist auch der Umsatzsteuerausgleich einzuordnen. Im Rahmen eines Finanzausgleichs zwischen den Bundesländern werden die gesamten Umsatzsteuern in der Bundesrepublik nach der Einwohnerzahl auf die Länder aufgeteilt. In Ostdeutschland übersteigen die Umsatzsteuern nach Ausgleich die kassenmäßigen Einnahmen beträchtlich. Dieser Teil des Finanzausgleichs wird hier als ein Transfer der westdeutschen Länder an Ostdeutschland angesehen. Ein vergleichbares Problem ergibt sich bei der Berechnung der Transfers im Bereich der Sozialversicherung, und hier insbesondere bei den Arbeitsverwaltungen. Die Einnahmen aus Beiträgen reichen - nach den Abrechnungsergebnissen der Bundesanstalt für Arbeit4 - nicht aus, um die hohen Leistungen an Arbeitslose zu finanzieren. Es entstehen Jahr für Jahr beträchtliche Defizite. Diese werden entweder durch Beiträge, die in Westdeutschland erwirtschaftet und erhoben werden, oder durch Bundeszuschuß ausgeglichen. Dahinter verbergen sich also Leistungen mit Transfercharakter, die im Rahmen dieses Gutachtens ebenfalls zu berücksichtigen sind.

3.3. Institutionelle Abgrenzung nach Gebern und Nehmern An Transfervorgängen sind zwei Seiten beteiligt - die Geber und die Nehmer von Transferleistungen. Auf westdeutscher Seite sind als Geber folgende Institutionen zu nennen: Der Bund, die Länder, die Kommunen, die Europäische Gemeinschaft, die Sozialversicherungsträger, die Nebenhaushalte des Bundes (Treuhandanstalt, LAG, ERP, Kreditabwicklungsfonds, Fonds "Deutsche Einheit"), die Deutsche Bundesbahn, die Deutsche Bundespost und die Unternehmen.

4

Vgl. Statistisches Bundesamt, Erste Ergebnisse der Sozialproduktberechnung 1992, S. 41.

2 Meinhardt u. a.

18

3. Zur Abgrenzung des Transferbegriffs Auf der ostdeutschen Seite sind zu nennen: Die Länder, die Kommunen, die ostdeutschen Träger der Sozialversicherung, die Deutsche Reichsbahn, die Deutsche Bundespost, die privaten Haushalte und die Unternehmen.

In diesem Gutachten nicht berücksichtigt werden Transferleistungen zwischen einzelnen Unternehmen in Ost- und Westdeutschland. Hinter diesen Transaktionen stehen tatsächliche oder erwartete Gegenleistungen, sie sind deshalb nicht als Transfers zu bewerten. Dies gilt auch für die Deutsche Bundespost und die Deutsche Bundesbahn. Sie werden im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dem privaten Unternehmenssektor zugerechnet und scheiden von daher als Geber von Transferleistungen aus. Eine Berücksichtigung dieser Zahlungsströme müßte Gegenbuchungen in Form von Vermögensübertragungen nach sich ziehen. Im folgenden werden die Transfers nach den leistenden Institutionen erfaßt. Soweit es vom statistischen Material her möglich war, wird dabei das Bruttoprinzip angewendet. Ermittelt werden sowohl monetäre als auch reale Transfers, und zwar nicht nur die direkt und explizit geleisteten Übertragungen, sondern auch solche, die indirekt, z.B. einigungsbedingte Mehreinnahmen infolge von Käufen ostdeutscher Bürger in Westdeutschland, oder implizit, z.B. Steuermindereinnahmen durch lnvestitionszulagen, an Ostdeutschland geflossen sind. Den positiven Brutto-Strömen von West nach Ost werden die "negativen" Übertragungen von Ost nach West gegenübergestellt. Ihr Saldo bildet die westliche Transferleistung an Ostdeutschland. Das Bruttokonzept konnte nicht in jedem Fall eingehalten werden. Dies gilt für die Treuhandanstalt und den Fonds "Deutsche Einheit" .

4. Transfers der Gebietskörperschaften 4.1. Transfers des Bundes 4.1.1. Vorgehensweise Bei der Umsetzung der deutschen Einheit hat der Bund die mit Abstand wichtigste Rolle gespielt; er hatte auch die Masse der finanziellen Lasten zu tragen. Länder und Gemeinden haben sich dagegen nur in sehr bescheidenem Maße an der Finanzierung der Lasten beteiligt (vgl. Kapitel 4.2). Wegen der überragenden Bedeutung des Bundes bei der Verwirklichung der Deutschen Einheit konzentriert sich die Analyse vor allem auf die Auswertung der Bundeshaushaltspläne. Grundlage für die quantitative Erfassung der Transfers sind die Haushaltspläne des Bundes für die Jahre 1990 bis 1993 (einseht. Nachtragshaushalt 1993). Die Haushaltspläne wurden Titel für Titel auf ihren Transfergehalt geprüft. In vielen Fällen, so z.B. im Einzelplan 6002 "Finanzierung der deutschen Einheit", waren die Transferleistungen direkt erkennbar und wurden in die Transferdatei übernommen. In den anderen Einzelplänen der verschiedenen Ministerien war es häufig auch nicht schwierig, eine Ausgabeposition als Transfer an Ostdeutschland zu klassifizieren, wenn die Titel in den Erläuterungen mit Zusätzen wie "Beitrittsgebiet" oder "gemäß Art. 3 des Einigungsvertrags" versehen waren. Schwieriger war es in den Fällen, bei denen Ausgaben, die bisher nur für Westdeutschland veranschlagt wurden, nach der Vereinigung um Leistungen an die fünf neuen Bundesländer ohne besondere Zuweisung aufgestockt wurden. Der auf Ostdeutschland entfallende Teil der Ausgaben mußte in allen diesen Fällen geschätzt werden. Die Schätzung erfolgte grob mit Hilfe eines Vergleichs der ex post-Zahlen und seiner jährlichen Entwicklung. Bei diesem Vorgehen konnte- in den meisten Fällen- relativ problemlos auf den Umfang der Transfers an Ostdeutschland geschlossen werden. Häufig fanden sich in den Erläuterungen, die zu den einzelnen Ansätzen in den Haushaltsplänen gegeben wurden, auch absolute Beträge oder prozentuale Anteile, mit denen sich die Transfers an die neuen Bundesländer ermitteln ließen. So fmden sich im Kapitel 1218 des Bundeshaushaltsplans "Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden" unter dem Titel 882 01-725 "Finanzhilfen an die Länder für den kommunalen Straßenbau" Finanzhilfen an alle Bundesländer in Höhe von 2,4 Mrd. DM im Jahre 1992; 1990 wurden unter dem gleichen Titel für diesen Zweck nur Ausgaben von gut 1,2 Mrd. DM nachgewiesen. In den ausführlichen Erläuterungen zu diesem Titel sind Tabellen angefügt, aus denen sich die Beträge für die einzelnen Bundesländer ergeben. Danach können von dem Gesamtvolumen, das für das Jahr 1992 ausgewiesen wird, etwa 580 Mill. DM den neuen Bundesländern zugerechnet werden; dieser Betrag wird als Trans-

z•

20

4. Transfers der Gebietskörperschaften

fer an die neuen Bundesländer verbucht. Ähnlich war es auch im Fall des Titels 882 02-741 "Finanzhilfen an die Länder für Investitionsvorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs". Hinter diesem Ansatz verbergen sich Ausgaben von insgesamt 1,8 Mrd. DM im Jahr 1992. In den Erläuterungen zu diesem Titel sind Tabellen angefügt, aus denen sich eine Aufteilung der veranschlagten Mittel nach einzelnen Bundesländern (in Ost- und Westdeutschland) ergibt. Von den im Titel 882 02-741 verbuchten Ausgaben waren 1992 etwa 27 vH für Investitionsprojekte in den neuen Bundesländern vorgesehen. Bei der Erfassung der Transferleistungen des Bundes an Ostdeutschland wurden nur bestimmte Ausgaben der Gruppierungsnummern der Kategorie 6: "Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen" und 8: "Sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen" erfaßt, wobei Ausgaben für den Erwerb von beweglichen Sachen (Gruppierungsnummer 81) und unbeweglichen Sachen (Gruppierungsnummer 82) sowie der Erwerb von Beteiligungen (Gruppierungsnummer 83) nicht mit einbezogen wurden. Auch Personalausgaben (Gruppierungsnummer 4) und Verwaltungsausgaben (Gruppierungsnummer 5) sowie die Baumaßnahmen (Gruppierungsnummer 7) wurden bei der Erfassung der Transfers nicht berücksichtigt. Für die Abschätzung dieser Realtransfers wird auf die vom Statistischen Bundesamt ermittelten anteiligen Ausgaben des Bundes in Ostdeutschland. zurückgrgriffen. Die Tabelle 4/1 zeigt die Ausgabekategorien, die bei der Erfassung der Transferleistungen berücksichtigt wurden. Da eine breite Palette von Trägem (Gebietskörperschaften, Sozialversicherungen, spezielle Institutionen) an den Transferleistungen beteiligt sind, die wiederum Zuschüsse von anderen Trägem erhalten, kann es leicht zu Doppelzählungen kommen. Die Leistungen der Renten- und Arbeitslosenversicherungen, die neben dem Bundeshaushalt ebenfalls erhebliche Transfers an Ostdeutschland erbringen, sind in dieser Untersuchung zunächst brutto erfaßt worden. Zuschüsse, die diese Träger aus dem Bundeshaushalt erhalten, sind allerdings gesondert ermittelt worden. Um den tatsächlichen Umfang der Transferleistungen des Bundes an Ostdeutschland zu erfassen, müßte der Teil der Zuschüsse des Bundes, die Ostdeutschland zuzurechnen sind, in die Transferleistungen des Bundes hineingenommen worden. Bei den im Zusammenhang mit der Einheit begründeten Sonderfonds - Fonds "Deutsche Einheit", Kreditabwicklungsfonds und Treuhandanstalt -,die voll oder teilweise aus Mitteln von Bund, Ländern und Gemeinden gespeist werden, sind die Transferleistungen der Fonds sowohl insgesamt als auch nach Abzug der Zuschüsse (netto-Darstellung) ausgewiesen. In der zusammenfassenden Tabelle aller Transferleistungen werden die Leistungen netto ausgewiesen, d.h. z.B. beim Fonds "Deutsche Einheit", daß hier nur die Kreditaufnahme des Fonds ausgewiesen wird, während die Zuschüsse des Bundes und der Länder dort als Transferleistungen nach Ostdeutschland verbucht werden.

4.1.2. Quantirlzierung der Bundestransfers Entsprechend seiner Aufgabenstellung im föderalen Fin~ystem trug der Bund die politische Hauptverantwortung bei der Verwirklichung der Deutschen Einheit. Innerhalb

4.1. Transfers des Bundes

Tabelle 411 : Im Bundeshaushalt berücksichtigte Transferleistungen an Ostdeutschland - nach Gruppierungsnummern Grupp. Nr.

Bezeichnung

61 612

Allgemeine Finanzzuweisungen an öffendichen Bereich an Under

62 622 623 62S

Schuldendienslhilfen an öffendichen Bereich an Under an Gemeinden und Gemeindeverbinde an ERP-Sondervermögen

63

Erstattunaen von Verwaltungsausgaben an öffendichen Bereich an Under an Gemeinden und Gemeindeverbinde

64

Sonstiae Erstaaunaen an öffendichen Bereich an Under an Gemeinden und Gemeindeverbinde

65

Sonstiae Zuweisungen an öffendichen Bereich an Under an Gemeinden und Gemeindeverbinde

661 662 663 668

66

Schuldendienslhilfen an sonstiae Bereiche an öffendiche Unternehmen an private Unternehmen an Sonstiae im Inland an ehemalige DDR

67 671 678

Erstattunaen an sonstiae Bereiche an Inland an ehemaliae DDR

68

688

Sonstiae ZuschUsse an sonstiae Bereiche Zuschüsse filr laufende Zwecke an öffendiche Unternehmen (soweit nicht unter 661 und 687) Zuschüsse filr laufende Zwecke an private Unternehmen (soweit nicht unter 662) Zuschüsse filr laufende Zwecke an soziale oder ähnliche Einrichtunaen Sonstige Zuschüsse filr laufende Zwecke im Inland Zuschüsse an öffendiche Unternehmen, soweit nicht durch den laufenden Betrieb bedinat Zuschüsse fllr laufende Zwecke an ehemaliae DDR

69 697 698

Vermaaensübertraaunaen, soweit nicht fllr Investitionen an Unternehmen an Sonstiae im Inland

632 633 642 643 6S2 6S3

682 683 684 68S 687

87

Inanspruchnahme aus Gewlhrleistunaen

882 883 88S

88

Zuweisungen filr Investitionen an öffendichen Bereich an Under an Gemeinden und Gemeindeverbinde an ERP-Sondervermöaen

89 891 892 893 898

Zuschüsse filr Investitionen an sonstige Bereiche an öffendiche Unternehmen an private Unternehmen an Sonstiae im Inland an ehemaliae DDR

97

Globale Mehr- und Minderausgaben

Qlu/U: Bundeshaushaltsplan filr das Haushaltsjahr 1992, Bd. I.

21

22

4. Transfers der Gebietskörperschaften

kurzer Zeit hatte die Bundesregierung über den Einigungsvertrag mit der früheren DDR verhandelt und ihn dann im Sommer 1990 verabschiedet. Zur finanziellen Bewältigung der Einigungslasten wurden eine Reihe von Sondervermögen gegründet, die rechtskräftige Geschäfte tätigen und damit zur Bewältigung ihrer Aufgaben auch Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen können. Zu diesen Sonderfonds gehören: Fonds "Deutsche Einheit", Kreditabwicklungsfonds einschließlich Währungsausgleichsfonds sowie die Treuhandanstalt. Auch das ERP-Sondervermögen übernahm dabei Funktionen. Diese Fonds erfüllen im Auftrag der Bundesregierung bestimmte Aufgaben im Einigungsprozeß und sind daher eng mit dem Haushalt des Bundes verzahnt. Sie werden mit ihren Einnahmen und Ausgaben indes nicht im Bundeshaushaltsplan geführt, sondern haben eine eigene Haushaltsrechnung. Im Bundeshaushalt erscheinen sie nur, soweit sie Zuschüsse aus Bundesmitteln erhalten. Bei einer Gesamtbetrachtung der westdeutschen Transfers an Ostdeutschland müssen auch diese Fonds analysiert werden. Um die Transferströme soweit wie möglich transparent zu machen, werden Zuschüsse von Bund und Ländern an die Sonderfonds bei der leistenden Ebene erfaßt, die eigenen Leistungen der Sonderfonds -also überwiegend kreditfinanzierte Ausgaben -werden als Transferleistungen nach dem Netto-Prinzip verbucht. Die Sonderhaushalte werden im Anschluß an den Bundeshaushalt eingehender auf ihren Transfercharakter analysiert. Mit der Einführung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ist es in Deutschland zu einem massiven Einsatz der staatlichen Wirtschaftsförderung gekommen. Sie ist im Hinblick auf Umfang und Breite der eingesetzten Instrumente wohl einmalig in der Wirtschaftsgeschichte. Die Instrumente reichen von steuerlichen Anreizen - z.B. Investitionszulagen und Sonderabschreibungen - über Investitionszuschüsse bis hin zu umfangreichen Kredit- und Bürgschaftsprogrammen, die über verschiedene Spezialkreditinstitute abgewickelt werden. Angesichts dieser nahezu unüberschaubaren Flut von Förderinstrumenten ist es äußerst schwierig, alle Transferströme nach Ostdeutschland lückenlos zu erfassen. Eine Auswertung der Haushaltspläne des Bundes für die Jahre 1990 bis 1993 (einschl. Nachtragshaushalte) hat in der Summe ergeben, daß der Bund 1991 knapp 41 Mrd. DM und 1992 mehr als 55 Mrd. DM an direkten monetären Transfers an Ostdeutschland geleistet hat (vgl. Tabellen 4/2 und 4/3). Hierbei sind die Zuschüsse an die Sozialversicherungen als indirekte Transfers, soweit sie zur Finanzierung von Ausgaben in Ostdeutschland dienen, noch nicht erfaßt. Zu den reinen Transfers aus dem Bundeshaushalt müssen außerdem noch die steuerlichen Vergünstigungen als implizite Transfers hinzugerechnet werden, die der Bund aus seinem Anteil an den gemeinschaftlichen Steuern für Investitionszulagen, Sonderabschreibungen, steuerfreie Rücklagen u.ä. trägt. Für den Bund bedeutete dies für 1992 einen Verzicht an Steuereinnahmen in Höhe von 4,2 Mrd. DM und 5,1 Mrd. DM im Jahre 1993 (vgl. Tabelle 4/6). Naturgemäß nehmen die Ausgaben für den Ausbau der maroden Verkehrsinfrastruktur einen breiten Raum im Bundeshaushalt ein. Im Bereich des Verkehrsministers wurden 1991 Transfers von insgesamt 8,6 Mrd. DM und 1992 von 9,6 Mrd. DM veranschlagt; das sind

23

4.1. Transfers des Bundes

Tabelle 412:

Transferleistungen des Bundes an die neuen Bundesländer - nach Ministerien•> in Mill. DM

I

1990

I

1991

1992

Innenministerium

0

1267

871

dar.: Substanzerhaltung und Förderung der kulturellen Infrastruktur

0

1080

600

2419

3389

5601

295

1130

1168

und winschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen

0

1664

2700

Eigenkapitalhilfeprogramm

0

87

566

WlrtJchaftsministerium dar.: Übenragungen an die SDAG Wismut bzw. deren Rechtsnachfolgerin Zuweisungen (.betriebliche Investitionen

Ministerium f. Ernährung, landwirtJch. u. Forsten dar.: Marktordnungsmaßnahmen Hilfen für die landwinschaft

6529

6872

6448

2

4274

3737

6527

1192

690

0

650

1231

5048

8556

9590

Gemeinschaftsaufgabe: "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes• Verkehrsministerium dar.: Zusch.z.Beibehaltung niedriger Verkehrstarife Sonstige Zuschüsse für das Verkehrswesen Übenragungen an die Deutsche Reichsbahn

1320

0

0

3586

723

1179

0

7736

83SO

Ministerium f. Raumordnung, B a - u. 5tJdtebolu

2256

1494

1582

dar.: Zuschüsse im Wohnungswesen

1718

0

0

57

377

538

552

650

Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen

0

528

0

Zuweisungen für Denkmalschutz und Erhaltung und Sieherung historischer Stadtkerne

0

73

320

Bundesschuld

0

. 1135

8000

dav.: Erstattung von Zinsleistungen des Kreditabwicklungsfonds

0

1135

8000

Allaemeine Finanzverwah11111

2000

17437

22481

dar.: Zuschüsse an den "Fonds Deutsche Einheit"

2000

5000

12450

0

11072

9021

1

611

940

18253

40761

55513

Maßnahmen zur Förderung des soz.Wohnungsbaus Wohnungsbauprämien und Bausparprämien

Gemeinschaftswerk • Aufschwung Ost" 2) Übrige Ministerien l1151esamt

1) Transfers, die in den einzelnen Haushaltsjahren unter verschiedenen Einzelplänen ausgefühn wurden, sind hier in der für 1993 gültigen Zuordnung nachgewiesen; einschließlich Finanzhilfen der EG, soweit sie den Bundeshaushalt durchlaufen. - 2) Soweit nicht bei anderen Ministerien ausgewiesen. 1990 und 1991 "Ist", 1992 "Soll".

24

4. Transfers der Gebietskörperschaften

Tabelle 413: Transferleistungen des Bundes an die neuen Bundesländer - nach MinisterienO Anteile in vH

1990

I

1991

1

1992

Innenministerium

0,0

3,1

dar.: Substanzerhaltung und Förderung der kulturellen Infrastruktur

0,0

2,6

1,1

13,3

8,3

10,1

dar.: Übertragungen an die SOAG Wismut bzw. deren Rechtsnachfolgerin

1,6

2,8

2,1

Zuweisungen f. betriebliche Investitionen und wirtschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen

0,0

4,1

4,9

Wirtschaftsministerium

1,6

0,0

0,2

1,0

35,8

16,9

11,6

0,0

10,5

6,7

35,8

2,9

1,2

0,0

1,6

2,2

27,7

21,0

17,3

7,2

0,0

0,0

19,6

1,8

2,1

Übertragungen an die Deutsche Reichsbahn

0,0

19,0

15,0

Ministerium f. Raumordnung, Bauwesen u. Städtebau

12,4

3,7

2,8

9,4

0,0

0,0

Maßnahmen zur Förderung des soz.Wohnungsbaus

0,0

0,1

0,7

Wohnungsbauprämien und Bausparprämien

2,9

1,4

1,2

Eigenkapitalhilfeprogramm Ministerium f. Ernähruns, Landwirtsch. u. Forsten dar.: Marktordnungsmaßnahmen Hilfen für die Landwirtschaft Gemeinschaftsaufgabe: "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" Verkehrsministerium dar.: Zusch.z.Beibehaltung niedriger Verkehrstarife Sonstige Zuschüsse für das Verkehrswesen

dar.: Zuschüsse im Wohnungswesen

Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen

0,0

1,3

0,0

Zuweisungen für Denkmalschutz und Erhaltung und Sieherung historischer Stadtkerne

0,0

0,2

0,6

Bundesschuld

0,0

2,8

14,4

dav.: Erstattung von Zinsleistungen des Kreditabwicklungsfonds

0,0

2,8

14,4

Allsemeine Finanzverwaltung

11,0

42,8

40,5

dar.: Zuschüsse an den "Fonds Deutsche Einheit"

11,0

12,3

22,4

0,0

27,2

16,3

0,0

1,5

1,7

100,0

100,0

100,0

Gemeinschaftswerk "Aufschwung Ost" 2' Übrige Ministerien Insgesamt

1) Transfers, die in den einzelnen Haushaltsjahren unter verschiedenen Einzelplänen ausgeführt wurden, sind hier in der für 1993 gültigen Zuordnung nachgewiesen; einschließlich Finanzhilfen der EG, soweit sie den Bundeshaushalt durchlaufen. - 2) Soweit nicht bei anderen Ministerien ausgewiesen. 1990 und 1991 "Ist", 1992 "Soll".

4.1. Transfers des Bundes

25

immerhin fast ein Fünftel der gesamten Bundestransfers (vgl. Tabelle 4/3). Dazu kommen noch Mittel für die Deutsche Reichsbahn, den Personenverkehr, den Bundesfernstraßenund kommunalen Straßenbau, die 1992 im Rahmen des Förderungsprogramms "Aufschwung Ost" vorgesehen sind. Es handelt sich dabei um einen Betrag von nochmals knapp 5 Mrd. DM. Unter Berücksichtigung dieser im Gemeinschaftswerk veranschlagten Mittel für die Förderung der Verkehrsinfrastruktur ergibt sich ein Anteil von einem Viertel an den direkten monetären Transferzahlungen. Mit der Vereinigung und der Übertragung des EG-Rechts auf die ostdeutsche Landwirtschaft sind dem Bund (einschl. der Marktordnungsausgaben der EG) erhebliche Belastungen entstanden. So wurden 1992 vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten immerhin Beträge in der Größenordnung von 6 1/2 Mrd. DM aufgewendet (1991: 6,9 Mrd. DM). Dabei entfielen 1,2 Mrd. DM auf die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes", mit der sich der Bund bei der Durchführung der Rahmenpläne mit 60 vH bei Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und mit 70 vH bei Küstenschutzmaßnahmen an den Gesamtkosten der Bundesländer beteiligt. Für Marktordnungsausgaben der EG, die 1991 mit 4,3 Mrd. DM zu Buche schlugen, sind für 1992 gut 3,7 Mrd. DM vorgesehen (vgl. Kapitel 7). Bei den restlichen Ausgaben handelt es sich eine Reihe von Finanzhilfen mit unterschiedlichem Gewicht. Dazu gehören zum Beispiel Zuweisungen an die Landwirtschaft für versteuertes Gasöl, das zum Betrieb von landwirtschaftlichen Fahrzeugen verwendet wird . Nach dem Gesetz über die Verwendung von Gasöl erhalten landwirtschaftliche Betriebe eine Verbilligung von 41,15 DM/hl Gasöl. Diese Verbilligung schlug 1992 mit schätzungsweise 290 Mill . DM zu Buche. 1991 und 1992 wurden außerdem Zuweisungen an Ostdeutschland in Höhe von 160 Mill. DM bzw. 425 Mill . DM für Zwecke des soziostrukturellen Einkommensausgleichs verausgabt. Die Förderung der gewerblichen Wirtschaft wird vor allem im Haushaltsplan des Wirtschaftsministers abgewickelt, der für 1992 Transfers in Höhe von 5,6 Mrd. DM (10 vH der gesamten direkten Bundestransfers) an die ostdeutsche Wirtschaft vorsah; 1991 wurden Hilfen in Höhe von 3,4 Mrd. DM für ostdeutsche Unternehmen mobilisiert. Der größte Posten entfiel dabei auf die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" . Hiermit fördert der Bund zusamme_n mit den jeweiligen Bundesländern betriebliche Investitionen und wirtschaftsnahe Infrastrukturinvestitionen hauptsächlich in Form von Investitionszuschüssen. Der Bund erstattet im Rahmen dieses Gesetzes die Hälfte der sich aus dem Rahmenplan ergebenen Gesamtausgaben. Im Bundeshaushalt waren für diesen Zweck 1992 Mittel von insgesamt 2, 7 Mrd. DM für Ostdeutschland vorgesehen ( 1991 : 1,7 Mrd. DM). In diesen Zahlen sind auch Leistungen aus dem EG-Regionalfonds enthalten, soweit sie unmittelbar über den Bundeshaushalt verrechnet werden (vgl. Kapitel 7) . Im Rahmen des Eigenkapitalhilfeprogramms gewährt der Bund Zinszuschüsse für persönliche Darlehen zur Gründung selbständiger Existenzen, die über die Deutsche Ausgleichsbank abgewickelt werden. Die Darlehen dienen dem Ziel, den Privatisierungs-

26

4. Transfers der Gebietskörperschaften

und Reprivatisierungsprozeß in Ostdeutschland zu erleichtern bzw. zu flankieren. Für diesen Zweck waren 1992 über 560 Mill . DM vorgesehen (1991 : 87 Mill. DM). Darüber hinaus mußte der Bund erhebliche finanzielle Mittel zur Umstrukturierung der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft SDAG, Wismut aufwenden. Im Jahre 1991 hat er zunächst eine Kapitalzuführung von 1,13 Mrd. DM an die Rechtsnachfolger der SDAG vorgenommen. Die Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister für Wirtschaft, hat nach der Vereinigung den 50 vH-Anteil der Sowjetunion unentgeltlich übernommen. Von 1. 1. 1992 an sind die Nichtbergbauaktivitäten in einem selbständigen Unternehmen, der "OPA-Fertigungs- und Anlagenbau GmbH" zusammengefaßt worden. Die verbleibende Wismut AG wickelt nun die Bergbauaktivitäten mit dem Ziel einer geordneten Stillegung sowie der Sanierung und Rekultivierung ab. 1992 beliefen sich die Zuwendungen an die jetzige Wismut GmbH auf gut 1 Mrd. DM. Für die Freistellung der Rechtsnachfolgerio der SDAG Wismut von den gesamten Kosten der Stillegung und Sanierungsarbeiten könnten dem Bundeshaushalt in den nächsten Jahren Kosten in Höhe von insgesamt 13 Mrd. DM entstehen; in dieser Höhe hat der Bund schon Verpflichtungsermächtigungen in den Haushalt eingestellt. Neben diesen quantitativ bedeutsamsten Programmteilen sind im Haushalt des Wirtschaftsministers eine Reihe weiterer Förderprogramme eingestellt. So zum Beispiel Werfthilfen für ostdeutsche Werften, Maßnahmen zur Leistungssteigerung in Handwerk, Handel sowie Technologieförderung in kleinen und mittleren Unternehmen. Zudem schlägt der Zuschuß an die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein in Ostdeutschland 1992 mit etwa 100 Mill. DM zu Buche (1991 : 100 Mill. DM). Ein weiterer Schwerpunkt in der Förderung der ostdeutschen Wirtschaft bilden Maßnahmen, die im Ministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau geführt werden, und die helfen sollen, den Wohnungsbau in Ostdeutschland zu fördern . Zu nennen sind hier Zuweisungen an die ostdeutschen Länder in Höhe von 377 Mill. DM (1991 : 57 Mill. DM) für den sozialen Wohnungsbau. Angesichts der überaus schlechten und knappen Ausstattung mit Wohnungen in Ostdeutschland sind in den kommenden Jahren erhebliche Aufstockungen der Mittel für den sozialen Wohnungsbau zu erwarten. Für die Förderung des Bausparens, das nach der Vereinigung auch Ostdeutschland mit einbezieht, wurden 1992 650 Mill. DM veranschlagt, nach 552 Mill . DM im Jahre 1991. Erhebliche Beträge sind auch erforderlich gewesen, um Maßnahmen städtebaulicher Sanierung und der Sicherung und Erhaltung historischer Stadtkerne durchzuführen. Diese Aufgaben wurden schon 1991 mit 600 Mill . DM gefördert (1992: 320 Mill. DM). Insgesamt sind im Haushaltsplan des Wohnungsbauministeriums für 1992 fmanzielle Transfers von insgesamt 1,6 Mrd. DM für Ostdeutschland vorgesehen (1991: 1,5 Mrd. DM); dies sind allerdings nur knapp 3 vH der hier ermittelten Bundestransfers. Der überwiegende Betrag an Transferleistungen für Ostdeutschland wird im Einzelplan 60, Allgemeine Finanzverwaltung, geführt. Mit einem Volumen von 22,5 Mrd. DM für 1992 sind hier gut 40 vH aller Finanzierungshilfen des Bundes gebündelt (1991: 17,4 Mrd. DM). Hierbei handelt es sich zum überwiegenden Teil um Leistungen an den Fonds

4.1. Transfers des Bundes

27

"Deutsche Einheit" (1992: 12,45 Mrd. DM). Bis zum Haushaltsjahr 1992 wurden in diesem Einzelplan auch die Maßnahmen im Rahmen des Gemeinschaftswerks "Aufschwung Ost" verbucht, die 1991 mit 11 und 1992 mit 9 Mrd. DM zu Buche schlugen. Allein der Fonds "Deutsche Einheit"" sowie der Kreditabwicklungsfonds, der im Einzelplan 32 "Bundesschuld" verbucht ist, erhielten Mittel in Höhe von über 20 Mrd. DM; das sind mehr als zwei Drittel aller Transferleistungen des Bundes.

4.1.3. Bundestransfers nach Ausgabearten Für eine Beurteilung der Wirkungen kann eine Zusammenstellung der Bundestransfers dienen, die diese nach Ausgabegruppen klassifiziert. Die nebenstehende Tabelle 4/4 zeigt, daß die Zuweisungen an den öffentlichen Bereich (Grupp.-Nr. 62, 63, 64, 65) 1992 etwa 15 Mrd. DM bzw. fast 27 vH der gesamten Bundestransfers ausmachten (1991: knapp 10 Mrd. DM). Hierbei handelt es sich zum überwiegenden Teil um Finanzierungsmittel an den Fonds "Deutsche Einheit", mit dem die Ausstattung der ostdeutschen Länderhaushalte mit Finanzmitteln sichergestellt wird. Darin enthalten sind auch sonstige Zuweisungen an Länder in Höhe von über 2 Mrd. DM im Jahre 1992 (3,7 vH aller Bundestransfers). Der Zuschuß des Bundes für Investitionsvorhaben der Länder (Grupp. Nr.: 882) erreichte 1992 über 9 Mrd. DM, nach 1llh Mrd. DM im Jahre 1991. Insgesamt machten die Mittel zur Finanzausstattung der neuen Bundesländer 1992 also über 40 vH aller Bundestransfers aus. In den Zuschüssen an öffentliche Unternehmen spiegelt sich vor allem die Förderung der Deutschen Reichsbahn. Als laufende Zuschüsse wurden hier unter der Gruppierungsnummer 682 für das Jahr 1992 3,7 Mrd. DM ausgewiesen. Noch höher waren die Zuweisungen an öffentliche Unternehmen für Investitionsvorhaben (Grupp.-Nr. 891): Für diese Zwecke gewährte der Bund den öffentlichen Unternehmen in Ostdeutschland fast 6 Mrd. DM. Insgesamt flossen fast lO Mrd. DM aus dem Bundeshaushalt an die öffentlichen Unternehmen in Ostdeutschland; das sind gut 17 vH des gesamten Transfers des Bundes nach Ostdeutschland. Der Bund förderte indes nicht nur die öffentlichen Unternehmen, sondern hat auch die privaten Unternehmen in Ostdeutschland in verschiedene Förderprogramme einbezogen. Insgesamt wurde den privaten Unternehmen in Ostdeutschland fast 7 1/2 Mrd. DM im Jahre 1992 für die Umstrukturierung und Anpassung von Unternehmen zur Verfügung gestellt. Der überwiegende Teil dieser Fördermittel, etwa 80 vH, wurde für konsumptive Zwecke gewährt5 • Nicht unerheblich waren auch die Mittel, die an "Sonstige im Inland", d.h. private Personen sowie Institutionen und Institute verschiedener Art, geflossen sind. 1992 beliefen sich die Gesamttransfers an diesen Kreis von Begünstigten auf über 12,5 Mrd. DM; davon entfielen gut 80 vH auf laufende und gut 15 vH auf Investitionszuschüsse.

s Vgl. ausführlich Kap. 10.

I 199'

1,4 0,0 2,8 0,2 100,0 6,2 21,4 16,7 49 7

3,7 0,0 0,0 2,2 0,6 100,0 13,3 17,5 22,9 43 4

4,0 0,0 0,0 1,6 1,3 100,0 13,1 21,1 8,8 52 5

3,0 0,8 0,0 0,0 0,0 100,0 0,0 0,0 16,0 82 7

747, 1 0,0 1500,0 1340,0 119,9 53640,0 3346,9 11470,7 8956,5 2667F. 7

2033,7 0,0 0,0 1231,0 351,9 55512,8 7373,9 9720,3 12712,2 24116 1

1636,0 0,0 0,0 650,0 S48,8 40760,8 5330,7 8620,7 3599,3 21380 2

0,0 539,2 142, 1 0,0 0,0 0,0 182S3,5 0,0 0,0 2915,9 15091 5

Zuschüsse f. Investitionen an öffentliche Unternehmen

Zuschüsse f. Investitionen an priv. Unternehmen

Zuschüsse f. Investitionen an Sonst. im Inland

Zuschüsse f. Investitionen an die ehemalige DDR

Globale Mehrausgaben

Gemeinsch.Aufg. Verbess. d. Agrarstruktur u.d. Küstenschutzes

Sonstige Transfers

891

892

893

898

971

Quellen: Haushaltspläne des Bundes 1990 bis 1993. Berechnungen des OIW.

an Länder

an Sonstige im Inland

an öffentliche Unternehmen

dar.: an private Unternehmen

Insgesamt

0,1 3,0 0,0 0,0 67,1 1666,0 5,8

0,0

2,5

14,3 10,8 8,7 0,0 7648,0 5993,0

3547,6

80,0

Zuschüsse f. Investitionen an sonst. Bereiche

0,0 0,0 0,4 0,0

890

0,0 0,0 1,3 0,0

0,0 6,3 0,0

10,3

0,0

883

532,8

Zuweisungen f. lnvest.an Gemeinden u.Gemeindeverbände

882 0,0

0,2 14,8

0,0 16,6

0,0 28,1

Zuweisungen f. Investitionen an Länder

0,0

Vermögensübertragungen an Unternehmen

697

19,3

Ausgleichsleistungen an die ehemalige DDR

688

100,0

0,0 0,0 0,3 0,6 9,0

8,5

107,3

102,0

Zuweisungen an Sonstige im Inland

685

7949,6

3,3 4,6 2,0 0,0

17S4,6

2565,4

818,0

1,7

Zuschüsse an private Unternehmen

683

0,0

4,7 9,2 12,8 0,0

2516,0

5122,7

5237,7

0,0

9212,2

6,5 6,7 12,4 0,0

3506,7

3702,8

5064,0

0,0

Zuschüsse an öffentliche Unternehmen

682

0,0

0,0 0,2 0,0

0,0

4,8

113,1

10,1

0,0

Erstattungen an sonst. Bereiche im Inland

671

114S4,9

12,0 14,4 2,8

12,6

6450,0

8000,0

1135,2

2295,0

Schuldendiensthilfen an sonstige im Inland

663

0,0

1,4 1, 1 0,2

0,0

763,8

585,2

87,2

0,0

Schuldendiensthilfen an private Unternehmen

662

3528,0

1,9 0,6 0,0

0,0

0,0

310,0

13,1

0,1

0,0

Sonstige Zuweisungen an Länder

8,8

52,4

1013,8

2081,3

3599,5

0,0 9565,0

Sonst. Erstattungen an Länder

642

Schuldendiensthilfen an öffentliche Unternehmen

0,3

0,0

140,0

10,0

Erstattung v.Verwaltungsausgaben an Länder

628

632

652

0,5

0,2

2,9 0,0

0,0

131,8 256,0

127,6

1192,0

0,5

Zuweisungen an den Fonds Deliische Einheit

661

0,2

22,4

12,3

11,0

17250,0

12450,0

5000,0

2000,0

Schuldendiensthilfen an ERP

625

3,7

0,2 32,2

0,0

0,0

0, 1

0,2

0,3

0,0

120,0

0,0

0,0

Anteile in vH

1991

0,0

I

0,0

1990

75,5

1001

105,0

I 1001

123,8

Miii. DM

1991

I

0,0

I 100,

Schuldendiensthilfen an Länder

10""

I

622

Gruoo.-Nr.

Tabelle 414

Transferleistungen an die neuen Bundesländer nach Gruppierungsnummern

..

i:I"'

:r

~

.g

~ o:

ä"

~ r::r

Ir

(;1

"'Ci'

:I

;:

o-i

~

00

N

4.1. Transfers des Bundes

29

4.1.4. Anteilige Einnahmen und Ausgaben des Bundes für Ostdeutschland (Saldenausgleich Bund-Ost) Seit der Vereinigung erbringt der Bund, neben direkt Ostdeutschland zurechenbaren Leistungen, auch eine Fülle von Ausgaben für hoheitliche Staatsaufgaben, z.B. im Bereich der Verteidigung, der Außen- und Innenpolitik, der Forschungsförderung usw., die auch für das Gebiet und die Bürger Ostdeutschlands erbracht werden. Auf der anderen Seite erhält der Bund aus Ostdeutschland Steuern- Verbrauchssteuern und seinen Anteil an den gemeinschaftlichen Steuern. Die resultierende Netto-Größe wird als Saldenausgleich BundOst bezeichnet. Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung legt bis auf weiteres eine getrennte Rechnung für Ostdeutschland vor. Bei der Regionalisierung von Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Bundesanstalt für Arbeit ergeben sich Probleme, weil die Ausgaben dieser Institutionen teilweise nur schwer den beiden Teilgebieten zugeordnet werden können. Das Statistische Bundesamt hat bei der Regionalisierung folgende Grundsätze festgelegt 6 : Die staatlichen Investitionen werden nach dem Ort der Investitionen nachgewiesen. Die Einnahmen und die übrigen Ausgaben werden nach dem Ort des Zahlenden (Einnahmen) bzw. des Zahlungsempfängers (Ausgaben) nachgewiesen. Die sich ergebenden Finanzierungsdefizite in Ostdeutschland für den Bundeshaushalt (Ost) und der Bundesanstalt für Arbeit werden voll in Westdeutschland gedeckt (Saldenausgleich). Dieser Ausgleich wird bei den laufenden Übertragungen und bei den Vermögensübertragungen an/von der übrigen Welt verbucht. Die Aufteilung der Ausgaben für Bundesaufgaben und den Einnahmen des Bundes werden also von Statistischen Bundesamt mehr oder weniger fiktiv vorgenommen. "Diese Regelungen mögen diskurierbar erscheinen, doch gibt es kaum bessere Alternativen. Mit dem (unterstellten) Ausgleich des Finanzierungssaldos der neuen Länder und des Ostteils Berlins soll gezeigt werden, daß die finanziellen Mittel des Bundes ganz überwiegend aus dem Westen stammen, hier vergrößen sich also durch die Übertragungen das Finanzierungsdejizit7. Die Aufteilung des Staatsverbrauchs, der nur für den gesamten Bundeshaushalt vorliegt, erfolgt auf der Entstehungsseite nach dem Arbeitsortskonzept. Anband der Zahl der beim Bund in Ostdeutschland Beschäftigten und Durchschnittsverdiensten wurden die Einkommen aus unselbständiger Arbeit in Ostdeutschland ermittelt. Auch die Vorleistungskäufe und Verkäufe im Bundeshaushalt werden - von einigen Ausnahmen abgesehen -auf diese Weise auf beide Gebiete verteilt. In der Entstehungsrechnung werden die erbrachten Dienstleistungen also dort nachgewiesen, wo sie produziert wurden.

6 Vgl. hierzu : Inlandsproduktberechnung für die neuen Länder und Berlin-Ost. In: Wirtschaft und Statistik 10/1992, S. 693 ff. 7

Ebenda, a.a.O., S. 707.

30

4. Transfers der Gebietskörperschaften

Für den Saldenausgleich entscheidend ist die Berechnung auf der Verwendungsseite. Hier unterstellt das Bundesamt, daß der vom Bund erbrachte Staatsverbrauch allen Bürgern in Deutschland in gleichem Ausmaß zugute kommt. Deshalb wird in einem einfachen Ansatz der gesamte Staatsverbrauch des Bundes nach dem Anteil der Wohnbevölkerung auf beide Gebiete aufgeteilt. Die Differenz zwischen dem Staatsverbrauch nach dem Produktions- und dem Nutzerkonzept wird in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung geschlossen, indem ein "Verkauf" von Dienstleistungen des Bundes (West) an den Bund (Ost) erfolgt, der als Saldenausgleich durch einen Transfer in gleicher Richtung finanziert wird. Dieser unterstellte Export von Dienstleistungen beeinflußt in gegenläufiger Weise den Außenbeitrag beider Gebiete. Die Tabelle 4/5 zeichnet die Berechnung d~s Statistischen Bundesamtes zum Saldenausgleich in der laufenden und der vermögenswirksamen Rechnung nach. Bei der laufenden Rechnung zeigt sich, daß 1992 die Steuereinnahmen des Bundes (21 ,4 Mrd. DM) sowie die Übertragungen des Fonds "Deutsche Einheit" (36,35 Mrd. DM), die über 80 vH der laufenden Einnahmen ausmachten, nicht ausreichten, die laufenden Ausgaben zu decken. Aus dem (fiktiven) Bundeshaushalt (West) mußten 52 Mrd. DM zugeschossen werden, um den laufenden Haushalt auszugleichen. Bei den Vermögensübertragungen war das Bild ähnlich: Die empfangenen Vermögensübertragungen waren 1992 um über 19 Mrd. DM niedriger als die geleisteten. Insgesamt waren nach dieser Rechnung 71,2 Mrd. DM notwendig, um die Lücke im Bundeshaushalt (Ost) zu schließen, d.h. in dieser Höhe wird vom statistischen Bundesamt ein Saldenausgleich durch den Bund (West) unterstellt. Diese Größe kann aber keinesfalls als zusätzliche Nettobelastung des Bundes für Ostdeutschland angesehen werden. Insgesamt gesehen hat der Staatsverbrauch des Bundes einigungsbedingt nicht zugenommen, im Gegenteil: Die Verringerung der Verteidigungsausgaben infolge der Entspannung in Buropa führte insgesamt dazu, daß die Bundesausgaben für den Staatsverbrauch 1990 merklich .unter denen des Vorjahres lagen. Nach der Vereinigung verteilen sich diese Ausga~n auf mehr Köpfe als zuvor, da nun die Leistungen für die westdeutsche und die ostdeutsche Bevölkerung erbracht werden. Wird der Anteil für Ostdeutschland aber, soweit er nicht aus eigener Finanzkraft getragen werden kann, als eine Transfergröße angesehen, so müßte dies in Westdeutschland in gleicher Höhe als Entlastung berücksichtigt werden, da zuvor der (höhere) Staatsverbrauch des Bundes allein der westdeutschen Bevölkerung zuzurechnen war. Infolgedessen wurde im Rahmen dieser Arbeit der anteilige Staatsverbrauch des Bundes für Ostdeutschland nur nachrichtlich ausgewiesen, nicht aber als ein die Nettobelastung Westdeutschlands beeinflussender Transfer. Die übrigen, vom Statistischen Bundesamt in der Berechnung des Saldenausgleichs angesetzten Transfergrößen sind im Rahmen dieses Gutachtens als Ausgleichsbetrag berücksichtigt worden, wenn sie aus der detaillierten Analyse der öffentlichen Haushalte nicht zu ermitteln waren. Dies gilt einmal für die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen, die Steuern und die -unterstellten - Sozialbeiträge, die dem Bund aus Ostdeutschland zugeflossen sind. Diese Beträge sind nicht im einzelnen als Einnahmeposten

4.1 . Transfers des Bundes

31

Tabelle 4/5: Bundeshaushalt - Ost in Mrd. DM

1991 Staatsverbrauch

I

1992

16,97

17,28

4,46

13,50

lfd. Übertragungen

81,61

90,83

Laufende Ausgaben

103,04

121,61

15,58

17,18

1,73

2,05

17,31

19,23

120,35

140,84

Zinsen

Geleistete Vermögensübertragungen Nettoinvestitionen

Vermögenswirksame Ausgaben Ausgaben insgesamt Einkommen aus ,Unternehmertätigkeit u. Vermögen,

0,54

\

0,34

17,04

21 ,44

0,27

0,30

Sonstige laufende Übertragungen

39,94

47,53

dar.: Fonds Deutsche Einheit 2)

35,00

36,35

Laufende Einnahmen

57,79

69,61

Saldenausgleich Bund (Ost)

62,56

71,23

dav.: Laufende Rechnung

45,25

52,00

17,31

19,23

Steuern, netto 1) Sozialbeiträge

Vermögenswirksame Rechnung

1) Unter Abzug der Steuervergünstigungen.- 2) Kreditaufnahme, Zuschuß des Bundes zur Finanzierung des Fonds sowie Zuschüsse der Länder zur Abdeckung der Schuldendienstverpflichtungen des Fonds. Quellen: Statistisches Bundesamt, Berechnungen des DIW.

32

4. Transfers der Gebietskörperschaften

im Bundeshaushalt nachgewiesen. Zum anderen wurden hier die in der Rechnung des Bundesamtes erfaßten Nettoinvestitionen des Bundes in Ostdeutschland übernommen. Auch diese Ausgaben sind nicht gesondert im Bundeshaushalt aufgeführt, sondern müssen aus anderen Informationen abgeleitet werden. Die übrigen, im Saldenausgleich des Bundesamtes angesetzten Arten von Ausgaben und Einnahmen des Bundes sind hier auf direktem Wege quantifiziert worden. Dies gilt für die Transfers des Bundes - Ausgaben der Gruppierungsnummern 6 und 8 - die explizit als Transfers nach Ostdeutschland aus den Bundeshaushaltsplänen ermittelt werden konnten und für die sozialen Leistungen an die Bevölkerung in den neuen Bundesländern. Der Saldenausgleich enthält ferner Einnahmen und Ausgaben, die mit der Tätigkeit und der Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit" und des Kreditabwicklungsfonds in Zusammenhang stehen. Auch diese Posten sind unmittelbar bei den betreffenden Fonds bzw. in den Finanzhilfen des Bundes und der Länder erfaßt worden.

4.1.5. Transfers auf der Einnahmenseite Die Bundesregierung setzt bei der Überwindung der Anpassungskrise in Ostdeutschland nicht nur auf Transferleistungen auf der Ausgabenseite, sondern sie hat auch in erheblichem Umfang steuerliche Anreize für das ostdeutsche Wirtschaftsgebiet geschaffen, um so den für den Aufschwung unerläßlichen Investitionsprozess in Gang zu setzen. Die steuerlichen Hilfen sind ein wichtiger Bestandteil für den wirtschaftlichen Aufschwung in Ostdeutschland. Als Transfers auf der Einnahmenseite werden in diesem Gutachten nur solche steuerlichen Maßnahmen erfaßt, die speziell für Ostdeutschland, d.h. abweichend vom geltenden Steuerrecht in Deutschland, gewährt werden. Als steuerliche Transfers verbucht werden aber auch Mindereinnahmen in Westdeutschland, die dadurch entstehen, daß Investitionszulagen von westdeutschen Unternehmen geltend gemacht werden, die für Investitionen in ostdeutschen Standorten gewährt werden. Kernstück des steuerpolitischen Instrumentariums in Ostdeutschland sind die steuerlichen Hilfen nach dem Investitionszulagengesetz 1991 . Für Ausrüstungsinvestitionen, die in Ostdeutschland getätigt werden, wird seit dem 1. Juli 1990 eine steuerliche Zulage gewährt, die bis zum 30.6. 1992 auf 12 vH der Anschaffungskosten festgesetzt war; vom 1. Juli 1992 an wurde der Fördersatz auf 8 vH reduziert. Im Rahmen des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes, das 1993 in Kraft getreten ist, ist die Befristung bei der Inanspruchnahme der Investitionszulage um zwei Jahre verlängert worden. Die Frist, nach der mit den Investitionen spätestens am 31 . Dezember 1992 begonnen worden sein mußte, wurde aufgehoben. Begünstigungsfähig sind nunmehr alle Investitionen, die bis zum 31 . Dezember 1996 abgeschlossen werden; bisher lag dieser Stichtag zwei Jahre früher. Bei Investitionen, die nach dem 30. Juni 1994 begonnen werden, beträgt die Investitionszulage nicht mehr 8 vH, sondern nur noch 5 vH . Die geänderten Fristen gelten nicht für Unternehmen des Handels, der Kreditinstitute, des Versicherungsgewerbes, der Elektrizitäts- und Gasversorgung. Hier wird eine

4.1. Transfers des Bundes

33

Investitionszulage nur dann gewährt, wenn die Investition vor dem 1. Januar 1993 begonnen und vor dem 1. Januar 1995 abgeschlossen ist. Eine erhöhte Zulage von 20 vH können bestimmte Betriebe des verarbeitenden Gewerbes und in die Handwerksrolle eingetragene Betriebe erhalten, wenn sie in der Hand von Personen sind, die am 9. November 1989 ihren Wohnsitz in der ehemaligen DDR hatten und wenn die Investition nach dem 31. Dezember 1992 begonnen und bis zum 31. Dezember 1996 abgeschlossen werden. Die Zulage wird auf eine Bemessungsgrundlage von 1 Million DM je Betrieb beschränkt, für den übersteigenden Betrag wird eine Zulage von 8 bzw. 5 vH gewährt. Die erhöhte Zulage ist inzwischen durch die EG-Kommission genehmigt worden. Mit den Investitionszulagen lassen sich im Prinzip optimale Investitionsanreize für Unternehmen schaffen, da die Zulage unabhängig vom Gewinn und mit Rechtsanspruch gewährt wird. Sie kann zudem relativ einfach und rasch mit Vorauszahlungen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer verrechnet werden. Günstig wirkt sich auch die Tatsache aus, daß ~ie mit Zuschüssen aus der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" sowie mit den Sonderabschreibungsmöglichkeiten kombiniert werden kann. Insgesamt ergibt sich aus der Kombination aller Fördermöglichkeiten, daß die Unternehmen weniger als die Hälfte der Investitionskosten aus eigener Kraft tragen müssen. Hinzu kommen erhebliche Liqiditäts- und Ertragseffekte aus steuerfreien Rücklagen und Rückstellungen. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch steuerliche Vergünstigungen bei der Gewerbesteuer (Nichterhebung der Gewerbekapitalsteuer), die zunächst bis Ende 1992 befristet waren, nun aber bis zum Veranlagungsjahr 1994 verlängert worden sind. Zusätzlich sind in ganz Deutschland die Freibeträge bei der Gewerbeertragsteuer von bisher 36 000 auf 48 000 DM für Einzelunternehmer und Personengesellschaften erhöht worden. Zudem wird die Steuerbelastung für kleinere und mittlere Unternehmen durch eine Staffelung der Meßzahlen nach dem Gewerbeertrag gemildert. Gemessen am Steueraufkommen in Ostdeutschland, das als Folge der tiefen Anpassungskrise nur spärlich gewachsen ist, sind die steuerlichen Hilfen für ostdeutschen Unternehmen enorm. Im Jahr 1992 sind - in der Abgrenzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gut 43 Mrd. DM an direkten und indirekten Steuern in die ostdeutschen Kassen geflossen; dies sind weniger als 3000 DM pro Kopf der Bevölkerung, in Westdeutschland waren es dagegen über II 000 DM . Nimmt man alle steuerlichen Vergünstigungen zusammen, dann summieren sie sich im Jahre 1992 auf gut 7,5 Mrd DM; 1993 ist nochmals mit einer kräftigen Ausweitung auf über 9 Mrd. DM zu rechnen (vgl. Tabelle 4/6). Gemessen am Steueraufkommen brutto bedeutet dies eine Reduzierung der Steuerbelastung um über 15 vH; in Westdeutschland machen die Steuervergünstigungen für den Unternehmensbereich indes nur etwa 4 bis 5 vH des Brutto-Steueraufkommens aus. Im Rahmen dieses Gutachtens wird bei den Steuervergünstigungen (1992: 7, 7 Mrd. DM) nur der Teil als Transferleistungen Westdeutschlands angesehen, der nicht von den ost-

3 Meinhardt u. a.

4 . Transfers der Gebietskörperschaften

34

Tabelle 416: Steue"ergünstigungen und steuerliche Transfers für Ostdeutschland 1991 bis 1993 in Mill. DM

1991

1

1992

1993

Steuervergün§!lgungen in Ostdeutschland

4SS8

dar.:

Bund

1743

3109

3806

Under (Ost)

1973

3484

3932

842

1117

1222

100

0

0

29

34

3S

verlusten von Tochtergesellschaften

630

790

S6S

Verluste aus einer Betriebsstlne (Par. 2 a EStG)

21S

26S

270

80

100

100

lSlO

170S

2890

200

300

so

90

lOS

0

1044

3411

40SO

660

1000

1000

Steuerliche Transfers von Westdeutschland

11750

14040

16000

Umsatzsteuerausgleich (West-Under)

10750

11540

13000

Gemeinden (Ost) Befr. Umsatzsteuerkßrzungsanspruch (bis 31. 3. 1991)

7710

l

8960

Steuerfreie Rücklagen bei Überfllhrung von Wirtsch.Gßtem in Kap.Gesellschaften Steuerfreie ROcklagen bei Anlauf-

Verluste aus Vermietung u. Verpachtung Fördergebieis-Gesetz (Sonderabschreibungen) Nichterhebung der Vermögensteuer Gewerbesteuervergßnstigungen Investitionszulage 1991 Tariffreibetrag bei LSt/ESt

Einigungsbedingte Mindereinnahmen 1)

1000

2500

3000

16308 100,0%

21750 100,0%

24960 100,0%

Bund in % von lnsg.

2183 13,4%

4209 19.4%

5126 20,5%

Under (Ost) in % von lnsg.

1973 12,1"

3484 16,0%

3932 15,8%

842 5,2%

lll7 5,1%

1222 4,9%

11190 68,6%

12640 58,1"

14320 57,4%

120 0,7%

300 1,4%

360 1,4%

Insgesamt in% dav.:

Gemeinden (Ost) in % von lnsg. Under (West) in % von lnsg. Gemeinden (West) in % von lnsg.

1) Geschlitzte Mindereinnahmen durch Inanspruchnahme der Zulage von westdeutschen Unternehmen in Westdeutschland filr Investitionen in den neuen Undem. Quelkn: BMF. Berechnungen des DIW.

4.2. Transferleistungen aus den Länder- und Gemeindehaushalten

35

deutschen Ländern und Kommunen aus ihrem eigenen Steueraufkommen getragen wird. Die . Zulagen werden entweder über die Einkommen- oder Körperschaftsteuer geleistet, an denen der Bund über den gemeinschaftlichen Steuerverbund mit 42,5 vH bzw. 50 vH beteiligt ist. Bei der Gewährung von Investitionszulagen leistet der Bund also einen Verzicht auf seinen Anteil an den gemeinschaftlichen Steuern. Wie die Tabelle 4/6 zeigt, werden knapp 60 vH der gewährten Steuervergünstigungen in Ostdeutschland von den ostdeutschen Ländern und Kommunen getragen, während der Bund sich zu gut 40 vH an den Steuervergünstigungen in Ostdeutschland beteiligt, das waren etwa 3 Mrd. DM im Jahre 1992. Nimmt man noch den Anteil des Bundes aus den in Westdeutschland für Ostdeutschland geleisteten Investitionszulagen hinzu, dann addieren sich die steuerlichen Transfers des Bundes auf 4 Mrd. DM (vgl. Tabelle 4/6).

4.2. Transferleistungen aus den westdeutschen Länder- und Gemeindehaushalten Im Vergleich zum Bund haben die westdeutschen Länder und ihre Gemeinden bislang relativ wenig aus eigenen Mitteln zum Aufbau in den neuen Bundesländern beigetragen. Westdeutsche Länder und Gemeinden sind an den Steuervergünstigungen in Ostdeutschland nicht beteiligt. Bei den steuerlichen Transfers von Westdeutschland schlägt vor allem der Umsatzsteuerausgleich der West-Länder zu Buche, die 1992 gut 11 ,5 Mrd. DM aus ihrem Umsatzsteueraufkommen an ostdeutsche Länder abführten. Die Transfers der westdeutschen Bundesländer aus steuerlichen Transfers und Personalausgaben für die neuen Bundesländer summieren sich nach unserer Einschätzung auf 13 Mrd. DM im Jahre 1991 und auf 16V2 Mrd. DM im Jahre 1992 (vgl. Tabelle 417). Dazu kommen noch kleinere Beträge von den Gemeinden, die sich 1992 auf knapp 1'h Mrd. DM belaufen. Sie setzten sich zusammen aus Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer (Gemeindeanteil 15 vH), die aus der Gewährung der Investitionszulage an westdeutsche Unternehmen, die in Ostdeutschland investierten, resultieren (vgl. Tabelle 4/6). Für 1992 wurden hierfür 300 Mill . DM angesetzt. Die restliche Beteiligung der Gemeinden am Aufbau Ostdeutschlands ist in der erhöhten Gewerbesteuerumlage (1992: 600 Mill . DM) an die Länder zu sehen, mit der sich die Kommunen bis 1994 an der Finanzierung der Deutschen Einheit beteiligen. Bei den westdeutschen Ländern entfallt die Masse der Transferleistungen auf den Umsatzsteuerausgleich, der 1992 gut zwei Drittel der gesamten Ländertransfers ausmachte. Nach anfangliebem Zögern haben die westdeutschen Länder doch noch ihre Zustimmung gegeben, daß die ostdeutschen Länder bei der Aufteilung des Länderanteils nach der Einwohnerzahl den westdeutschen Ländern von 1991 an gleichgestellt würden. Mindereinnahmen entstehen den Westländern auch dadurch, daß Unternehmen in Westdeutschland zu Lasten der Körper- und Einkommensteuer die Investitionszulage für Investitionen in Ostdeutschland kassieren; dieser Steuerausfall kann für 1992 auf gut eine Mrd. DM geschätzt werden.

3•

4. Transfers der Gebietskörperschaften

36

Tabelle 4/7 Transferleistungen aus den westdeutschen Länder- und Gemeindehaushalten

1991

1992

Länder

13,07

16,59

Transfers Fonds "Deutsche Einheit"'> ·Steuern (Tabelle 416i> Ausgaben (Verwaltungshilfei>

0,88 11,19 1,00

1,95 12,64 2,00

0,34

1,40

0,24 0,10

0,90 0,50

13,41

17,99

Gemeinden Steuem4> Ausgaben (Verwaltungshilfe) Insgesamt

1> Vgl. Tabelle 4/8.- 2> Umsatzsteuerausgleich aus Länderanteil, einigungsbedingte Mindereinnahmen.- 3>DIWSchätzung auf der Basis von Umfragen bei Länderfinanzministerien.- 4>Anteil der Gemeinden an den Investitionszulagen ftlr Investitionen in Ostdeutschland durch westdeutsche Unternehmen, erhöhte Gewerbesteuerumlage an West-Länder ftlr Fonds "Deutsche Einheit".

Auch auf der Ausgabenseite lassen sich Beträge bei den Personal- und Sachlcosten ermitteln, die direkt den neuen Bundesländern zugute kommen und in eine Transferrechnung hineingenommen werden müssen. Viele Bundesländer haben nach der Vereinigung sogenannte Patenschaften für ostdeutsche Länder übernommen, um Unterstützung beim Auf- und Ausbau einer effektiven Verwaltung mit Personal und Sachmitteln (z.B. Büchern, Computern aus Altbeständen usw.) zu leisten. Exakte Aufstellungen über die zu diesem Zweck aufgewendeten Beträge gibt es nicht. So unterstützen die Bundesländer SchleswigHolstein, Harnburg und Bremen zum Beispiel den Aufbau der Verwaltungen und Gerichte im Partnerschaftsland Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen wiederum unterstützt das Bundesland Brandenburg. Die Aufbauhilfe vollzieht sich u.a. durch die Abordnung von Verwaltungsfachleuten und Richtern für eine bestimmte Zeit. Dazu kommen zeitweise Beratungen und Einarbeitungshilfen von westdeutschen Experten in Form von Dienstreisen nach Ostdeutschland. Teilweise werden auch Schulungen und Nachwuchsausbildung betrieben. In vielen ostdeutschen Ländern ist zu erkennen, daß sich die Aufbauhilfe ausgezahlt und den Aufbau und die Effizienz der öffentlichen Verwaltung

4.3. Fonds "Deutsche Einheit"

37

spürbar beschleunigt hat. In einer groben Schätzung ist für das Jahr 1992 ermittelt worden, daß das Bundesland Schleswig-Holstein etwa 30 Mill. DM für Aufbauhilfen in Ostdeutschland aufgewendet hat. Aus einer Aufstellung des Landes Nordrhein-Westfalens über die für 1993 geplanten Verwaltungshilfen geht hervor, daß fast alle Ministerien ali der Verwaltungshilfe für Ostdeutschland beteiligt sind. Von 1993 an beteiligen sich die neuen Länder an einem Teil der Gesamtkosten, die aus der Entsendung von westdeutschem Personal entstanden sind. Unter Berücksichtigung dieser Beteiligung (etwa 45 Mrd. DM) wird für Verwaltungshilfen in Ostdeutschland ein Betrag von etwa 150 Mill . DM ausgewiesen. In den Jahren 1991 und 1992 können hierfür jeweils knapp 200 Mill. DM angesetzt werden. Eine grobe Hochrechnung der auch für andere Bundesländer vorliegenden Informationen läßt vermuten, daß die Verwaltungshilfen aller Bundesländer 1992 wohl mit 2 Mrd. DM veranschlagt werden können. Bei den Gemeinden ist bekannt, daß auch auf dieser Ebene Verwaltungshilfe gewährt wird. Wegen mangelnder Informationen sind aber Beträge für Westdeutschland kaum zu schätzen. Sie wurden hier mit 500 Mill. DM für 1992 angesetzt (1991 : 100 Mill. DM).

4.3. Fonds "Deutsche Einheit" Als man über den Einigungsvertrag im Jahr 1990 beriet, war allen Beteiligten klar, daß es zwischen der DDR und dem früheren Bundesgebiet erhebliche Unterschiede in der Steuerstruktur geben würde. Deshalb wurde in Art. 7, Abs. 3 des Einigungsvertrages festgelegt, daß die neuen Länder bis 1994 stufenweise in den Umsatzsteuerausgleich einbezogen werden sollten. Auf der Finanzministerkonferenz vom 21. Februar 1991 hat man sich dann nach harten Verhandlungen doch grundsätzlich entschlossen, die neuen Länder sofort und nicht erst ab 1995 voll am Länderanteil nach der Einwohnerzahl zu beteiligen. Ein Länderfmanzausgleich, wie er in Art. 107, Abs. 2 Grundgesetz für die alten Bundesländer vorgesehen war, wurde fürdie neuen Bundesländer erst ab 1995 vorgesehen. Inzwischen ist bei den Solidarpaktverhandlungen eine Lösung gefunden worden, die von 1995 an für die neuen Bundesländer gilt. Im Einigungsvertrag wurde wegen des Fehlens eines Länderfinanzausgleichs für alle Bundesländer für die Zeit bis Ende 1994 der Fonds "Deutsche Einheit" gegründet, mit dem die Finanzausstattung der neuen Bundesländer übergangsweise sichergestellt werden sollte. Der Fonds wurde nicht als Teil des Bundeshaushalts konzipiert, sondern stellt ein Sondervermögen dar, das durch Zuschüsse aus den Bundes- und Länderhaushalten gespeist wird. Das Ausgabevolumen beträgt über die gesamte Laufzeit gerechnet 115 Mrd. DM. Dabei hat der Bund 20 Mrd. DM aus Haushaltsumschichtungen finanziert. Der Rest - 95 Mrd. DM -wird durch Kreditaufnahme des Fonds fmanziert, wobei die darauf entfallenden Schuldendienstleistungen je zur Hälfte vom Bund und von den alten Bundesländern sowie über eine erhöhte Gewerbesteuerumlage auch von den Gemeinden getragen wird.

38

4. Transfers der Gebietskörperschaften

Da im Rahmen dieses Gutachtens auch der Frage nachgegangen werden soll, welche Haushaltsebene die Transferleistungen finanziert, wurden die Zinszuschüsse des Bundes, der Länder und der Gemeinden als Transfer bei diesen Gebietskörperschaften gebucht. Der auf den Fonds "Deutsche Einheit" entfallende Teil des Transfers entspricht damit seiner Kreditaufnahme, die 1992 auf etwa 24 Mrd. DM veranschlagt ist. Das gesamte Ausgabevolumen des Fonds, knapp 40 Mrd. DM, wird also zu gut einem Drittel durch Finanzmittel von Bund, Ländern und Gemeinden gedeckt (vgl. Tabelle 4/8).

Tabelle 418 Fonds Deutsche Einheit in Mrd. DM 1991 Kreditaufnahme Zuschüsse des Bundes

I

1992

I

1993

31,00

24,00

15,00

4,00

9,90

14,25

-

-

35,00

33,90

35,21

2,00

5,10

7,50

Bund

1,00

2,55

3,75

Länder(West)/Gemeinden(West)

1,00

2,55

3,75

37,00

39,00

42,71

31,00

24,00

15,00

Bund

5,00

12,45

18,00

Länder (West) 1)

0,88

1,95

8,93

0,12

0,60

0,78

Zuschüsse der Länder (West)/Gemeinden (West) Insgesamt

5,96

Zusätzlich Schuldendiensthilfe

Zusammen davon: Kreditaufnahme Fonds Deutsche Einheit

Gemeinden (West) 2) 1) Erhöhte Gewerbesteuerumlage von den westdeutschen Gemeinden abgesetzt.- 2) Beteiligung der westdeutschen Gemeinden durch erhöhte Gewerbesteuerumlage an Länder. Quellen: Bundeshaushaltsplan 1993; Berechnungen des DIW.

S. Transfers im Bereich der sozialen Sicherung S.l. Unterstützung der Sozialversicherung-Ost 5.1.1. Organisationsform der Sozialversicherung in den neuen Bundesländern Mit der Vereinigung mußten auch die sozialen Sicherungssysteme Ost- und Westdeutschlands zusammengeführt werden. Dies wurde für die einzelnen Träger auf sehr unterschiedlichem Weg vollzogen. Die Sozialversicherung der DDR beruhte auf zwei Trägem, der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten beim FDGB sowie der Sozialversicherung im Rahmen der staatlichen Versicherung für Selbständige und Genossenschaftsmitglieder. Es wurde ein einheitlicher, nach Risiken nicht aufspaltbarer Versicherungsbeitrag erhoben. Die Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) war ebenfalls bei den Sozialversicherungsträgem angesiedelt; sie und die Pflichtversicherung wurden als Einheit angesehen8 • In der DDR entrichteten die Erwerbstätigen und die Betriebe Sozialversicherungsbeiträge. Die Leistungen wurden- wie in der Bundesrepublik -über das Umlageverfahren finanziert. Das Beitragsaufkommen reichte aber bei weitem nicht aus, die Gesamtausgaben zu decken. Die Bilanz wurde etwa zur Hälfte durch Staatszuschüsse ausgeglichen. Mit dem Gesetz über die Sozialversicherung (SVG) wurden die Sozialversicherungen zu einem gemeinsamen Träger mit den Zweigen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung zusammengeführt und zum 1.7.1990 aus dem Staatshaushalt der DDR herausgelöst. Die Einnahmen und Ausgaben sind von diesem Zeitpunkt an nach Versicherungszweigen getrennt erfaßt worden. Mit dem Arbeitsförderungsgesetz (DDR) wurden eine Arbeitsverwaltung eingerichtet und eine Einkommenssicherung im Fall der Einschränkung oder des Verlustes der Erwerbstätigkeit nach westdeutschem Muster eingeführt. Das Rentenangleichungsgesetz regelte den ersten Schritt zur Anpassung der DDR-Renten an das Rentenniveau der Bundesrepublik Deutschland zum 1.7.1990. Weiter vorangetrieben wurde der Aufbau von nach Risiken getrennten Sozialversicherungsträgem mit dem Einigungsvertrag bzw. dem Rentenüberleitungsgesetz mit Wirkung vom 1. 1.1992. Seit dem 1.1.1991 können sich die gesetzlichen Krankenversicherungen in ihrer gegliederten ·Form (AOK, Ersatzkassen, Betriebskassen) mit einem einheitlichen Beitragssatz von 12,8 vH in den neuen Bundesländern niederlassen.

8 Vgl. Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987, Teil B, 5 .2, Hauptaspekte der sozialen Sicherung. Drucksache des deutschen Bundestags ll/ll, S. 566 ff.

40

5. Transfers im Bereich der sozialen Sicherung

Allein die Bundesanstalt für Arbeit ist bereits seit dem 3.10.1990 gemeinsam für Westund Ostdeutschland finanziell verantwortlich. Die Krankenversicherungen in Ostdeutschland bleiben vorerst finanziell vom alten Bundesgebiet getrennt, für die Rentenversicherung wurde ein Finanzverbund erst zum 1.1.1992 vereinbart. Diese Regelungen gelten jeweils fürdie Rentenversicherungsträger der Arbeiter, Angestellten und Bergleute. Die Einnahmen und Ausgaben werden weiterhin getrennt nach alten und neuen Bundesländern geführt. Diese Rechnungsergebnisse sind im wesentlichen Grundlagen zur Berechnung der Transferleistungen. Entsprechend der Vorschriften im Einigungsvertrag dehnten die Träger der Unfallversicherung, deren örtliche Zuständigkeit die alten Bundesländer umfaßte, ihre Zuständigkeit zum 1.1.1991 auf die neuen Bundesländer aus; andere Träger erweiterten ihre Zuständigkeit auf bestimmte weitere (im Einigungsvertrag vorgegebene) Bereiche. In einigen Fällen wurden Träger neu gegründet. Die statistischen Berichte der Bundesverbände bzw. des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften bzw. Unfallverbände weisen die Einnahmen und Ausgaben nicht nach alten und neuen Bundesländern getrennt aus. Dies gilt auch für den statistischen Bericht des Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung9 • Inwieweit die Unfallversicherung in den neuen Bundesländern durch Zahlungen aus dem alten Bundesgebiet unterstützt wird, läßt sich also nicht errechnen. Allerdings lassen sich die folgenden Plausibilitätsüberlegungen anstellen: Für regional organisierte Unfallversicherungsträger ergeben sich keine Unterstützungszahlungen aus den alten Bundesländern, die Ausgaben werden durch die über die Unfallumlage erbrachten Einnahmen aus der gleichen Region finanziert. Bei den überregional organisierten Trägern läßt sich vermuten, daß keine oder nur in geringer Höhe Unterstützung durch Einnahmen aus den alten Bundesländern erfolgt. Ähnlich wie bei den anderen gesetzlichen Versicherungen werden die Ausgaben durch die Beiträge gedeckt. Daher wird in dieser Untersuchung unterstellt, daß die Unfallversicherungsträger für ihre laufenden Ausgaben keine Transfers aus dem Westgebiet erhalten 10 • Berücksichtigt wurden allein die für den Aufbau der landwirtschaftlichen Unfallversicherung im Bundeshaushalt vorgesehenen Unterstützungszahlungen von 0,07 Mrd. DM im Jahre 1991 und von jeweils 0,17 Mrd. DM für die Jahre 1992 und 1993.

5.1.2. Finanzsituation der Sozialversicherung in den neuen Ländern Der Umbau und die Anpassung des sozialen Sicherungssystems in ein System nach westdeutschem Muster hat die Struktur der Finanzierung erheblich verändert. Da die Beitragssätze und die Beitragsbemessungsgrenzen in der DDR über lange Zeit hinweg

9 Vgl. Der Bundesminister fiir Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Die gesetzliche Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1991, Bonn 1992.

Nach Auskunft des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften wurden die Kosten des Aufbaus der Träger in den neuen Bundesländern bereits 1990 finanzien. 10

5.1. Unterstützung der Sozialversicherung-Ost

41

eingefroren waren, hatte sich der Anteil der Ausgaben, der über Staatszuschüsse gedeckt wurde, von 20 vH im Jahre 1960 auf gut 48 vH im Jahre 1989 erhöht 11 • Mit der Übernahme des westdeutschen Beitragssatmiveaus erhöhte sich der Anteil der beitragsfinanzierten Ausgaben und übertraf die westdeutsche Relation; dazu trug die hohe Erwerbsbeteiligung der ostdeutschen Bevölkerung und damit ein höherer Anteil an beitragsentrichtenden Versicherten bei. Besonders im Bereich der Krankenversicherung führt dies zu einer dauerhaften Verbesserung der finanziellen Lage, da der Kreis der mitversicherten Familienmitglieder kleiner ist. Bisher ist die Einschätzung des DIW bestätigt worden, daß sich die Bereiche Krankenund Rentenversicherung weitgehend selbst tragen können 12 • Ebenfalls bestätigte sich die Überzeugung, daß eine beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung bei massiver Unterbeschäftigung überfordert ist. Einer solchen Überforderung ist nur durch Transfers von außen zu begegnen. Die Träger der Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte schloß ihre Haushalte im Jahre 1991 mit einem leichten Überschuß ab; für das Jahr 1992 wird ein Defizit von 1,5 Mrd. DM ausgewiesen. Für das Jahr 1993 schätzt das DIW einen Überschuß der Ausgaben über die Einnahmen in Höhe von gut 6,5 Mrd. DM . Bei dieser Entwicklung ist zu berücksichtigen, daß mit dem Rentenüberleitungsgesetz (RÜG), das seit dem 1. 1. 1992 gilt, erhebliche zusätzliche Aufwendungen auf die Rentenversicherungsträger zugekommen sind (vgl. Tabelle 5/1). Hierzu sind die sogenannten Auffüllbeträge zu zählen. Dies sind Rentenansprüche, die auf altem DDR-Rentenrecht basieren, aus Gründen des Bestandsschutzes bis Ende 1995 voll gezahlt werden und danach mit den Rentensteigerungsbeträgen aufgerechnet werden. Diese Auffüllbeträge unterliegen keiner dynamischen Anpassung und machen in den Jahren 1992 bis 1995 pro Jahr 6,5 Mrd. DM aus 13 • Das für das Jahr 1993 geschätzte Defizit entspricht in der Höhe den aufzuwendenden Auffüllbeträgen. Dieses Defizit wird, da die west- und ostdeutschen Rentenversicherungsträger im Finanzverbund stehen, entweder über westdeutsche Überschüsse, oder, falls in der laufenden Periode keine auftreten, mit Mitteln aus den Rücklagen ausgeglichen. Da diese Rücklagen bisher aus westdeutschen Beitragsüberschüssen aufgebaut wurden, handelt es sich bei diesem Defizitausgleich um einen Transfer von West nach Ost.

11 Vgl. dazu Materialien zur Lage der Nation ... a.a.O. , S. 571 ; Volker Meinhardt, Jochen Schmidt, Heinz Vortmann, Quellenerschließung und Einbeziehung der Sozialleistungen auf dem Gebiet der neuen Bundesländer (und Ostberlins) in das Sozialbudget der Bundesregierung. Gutachten des DIW im Auftrag des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, Berichtsband, S. 106-110. Berlin 1992. 12 Vgl. dazu Stellungnahme des DIW zur finanziellen Situation der Sozialversicherung der DDR im Ausschuß des Deutschen Bundestages für Arbeit und Sozialordnung am 10.10.1990, veröffentlicht mit dem Titel: Finanzielle Situation der Sozialversicherungssysteme nach der Vereinigung, in: Zur Sache, Themen parlamentarischer Beratung 2/91, Deutscher Bundestag (Hrsg.), S. 54 ff.

13

Vgl. Monatliche Rechnungsergebnisse der Versicherungsträger AR/AV, VDR Würzburg .

-37,80

-35,44 -21,91 +0,54 -0,19 +2,58

0

' 1lder

Arbeiter und Angestellten.- 2>Teilweise geschätzt.- 3lGeschätzt.- 4>Der Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner wurde 1991 vom Träger allein getragen. Quelle: Rechnungsabschlüsse des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger, Rechnungsergebnisse der gesetzlichen Krankenversicherung- neue Bundesländer; Rechnungsergebnisse der Bundesknappschaft für das Beitrittsgebiet in den Rechnungsjahren 1991 und 1992; Berechnungen des DIW.

0

0

-6,60

-1,53

+0,55

Finanzierungssaldo

33,20

21,14

30,88

-

49,80 38,10 10,30 1,40 46,01 35,22 9,47 1,32 29,87 22.45 6,57 0,85 36,25 3,05

-

33,62 2,74

22,84 1,70

3,23 2,96 0,22 0,05

2,43 2,10 0,30 0,03

53,65 45,93 2,80 4,92

43,82 36,87 2,45 4,50

31,58 26,68 3,46 1,44

Ausgaben Geldleistungen Beiträge an SV4l Staatsverbrauch

-

12,00 11,99 0,01 10,57 10,56 0,01

-

19933) 1992

-

7,96 7,95 0,01

1991

Arbeitslosenversicherung

-

4,01 3,67 0,27 0,07

-

-

36,79 35,94 0,85

33,42 32,67 0,75

25,42 24,96 0,46

4,01 1,20 1,62 1,19

3,23 1.18 1,31 0,74

19933)

1992

2,43 1,13 0,04 1,26

47,05 35,24 2,30 9,51

42,29 32,53 1,89 9,51

32,13 25,63 0,68 5,64

Einnahmen Beiträge Sonst. Einnahmen Bundeszuschuß

1991

1991

Krankenversicherung

19933)

Knapp. Rentenversicherung 19922)

1992

1991

19933)

Rentenversicherung!)

Tabelle 511: Einnahmen und Ausgaben der Sozialversicherung in den neuen Bundesländern in Mrd. DM

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VI

N

5 .1. Unterstützung der Sozialversicherung-Ost

43

Mit dem Einigungsvertrag vom 23 .9.1990 wurde festgelegt, daß vom 1.1.1991 an die Bundesknappschaft fürdie Krankenversicherung und die Rentenversicherung der Beschäftigten knappschaftlieber Betriebe auch für das Beitrittsgebiet zuständig ist. Eine getrennte Rechnungsführung für das alte Bundesgebiet und das Beitrittsgebiet ist für das Jahr 1991 im Einigungsvertrag und für die Folgejahre bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Rentenüberleitungsgesetz festgelegt.

Tabelle 512 Durchschnittlicher Beitragssatz1) der gesetzlichen Krankenversicherung in vH des Bruttoentgelts

Alte Bundesländer Neue Bundesländer

1991

1992

1993 2)

12,2 12,8

12,7 12,6

13,4 12,5

I)Mit Entgeltfortzahlung fllr mindestens 6 Wochen.- 2)März 1993.

Quelle: Bundesarbeitsblatt Bundesministerium fllr Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.) 6/1993, S. 108 ff.

Analog zu den westdeutschen Regelungen wird für den ostdeutschen Teil der Knappschaftliehen Rentenversicherung ein Bundeszuschuß in Höhe des Unterschiedbetrages zwischen Einnahmen und Ausgaben zur Verfügung gestellt. 1991 betrug der Bundeszuschuß 50 vH der Ausgaben, 1992 sogar nur 23 vH . Er liegt damit erheblich unter der Quote, die für den westdeutschen Teil der Knappschaftlichen Rentenversicherung gilt (59 vH der Ausgaben) 14 • Die gesetzliche Krankenversicherung in den neuen Bundesländern steht in keinem Finanzverbund mit den westdeutschen Kassen. Die im Beitrittsgebiet anfallenden Ausgaben müssen über die Einnahmen, vor allem Beiträge, gedeckt werden, die von den Mitgliedern dieser Region gezahlt werden. Für das Jahr 1991 wurde den sich neu gründenden Krankenkassen ein einheitlicher Beitragssatz gesetzlich vorgegeben. Auf der Basis dieses Beitragssatzes konnten die Träger im Jahr 1991 einen Überschuß in Höhe von 2,58 Mrd. DM erwirtschaften. 1992 haben sich die Beitragssätze angeglichen. Die westdeutschen gesetzlichen Krankenkassen schlossen ihre Haushalte mit einem hohen Defizit (9 Mrd . DM) ab, die ostdeutschen konnten dagegen Einnahmen und Ausgaben fast ausgleichen. Diese bisher relativ gute Entwicklung der Finanzlage der ostdeutschen Krankenversicherungsträger hängt

14

34 f.

Vgl. Rentenversicherungsbericht 1992, Drucksache des Deutschen Bundestages 12/3111, S.

S. Transfers im Bereich der sozialen Sicherung

44

mit der in Ostdeutschland günstigeren Relation Beitragszahler/Leistungsempfänger zusammen. Im Durchschnitt des Jahres 1991 waren in den gesetzlichen Krankenkassen Ostdeutschlands 11,5 Mill.Personen versichert, d.h. etwa 73 vH der Bevölkerung (ohne Pendler). In Westdeutschland betrug diese Quote nur 60 vH. Die höhere Erwerbsbeteiligung (besonders der Frauen) und das spätere Renteneintrittsalter vergrößern in Ostdeutschland den Kreis der Beitragszahler. Das in Ostdeutschland der Beitragszahlung im Bereich Krankenversicherung zugrunde liegende Einkommen je Mitglied erreichte 1991 etwa 53 vH des entsprechenden Einkommens in Westdeutschland. Eine günstige Finanzsituation ergibt sich dadurch, daß die Beitragseinnahmen 55,5 vH und die Ausgaben nur 48 vH der westdeutschen Vergleichsgröße betrugen. Die Zahl der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich bis ins Frühjahr 1993 nur geringfügig verringert. Verändert hat sich aber die Struktur. Die Zahl der Pflichtmitglieder mit Entgeltfortzahlungsanspruch, d.h. der Beschäftigten, hat sich um eine Mill. verringert. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Arbeitslosen von 960 000 zur Jahresmitte 1991 auf über 2 Mill. zum März 1993 verdoppelt 15 • Diese Zunahme der Arbeitslosen hat für die Träger der Krankenversicherung nicht die Beitragsausfälle, die häufig mit der Zunahme der Arbeitslosigkeit unterstellt werden. Für Arbeitslose, die Anspruch auf Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Altersübergangsgeld) haben, werden Krankenversicherungsbeiträge gezahlt. Verpflichtet ist jeweils der Träger, der für die Zahlung der Unterstützungszahlung zuständig ist; Bemessungsgrundlage für die Höhe des Beitrages ist im Prinzip das vorher verdiente Bruttoentgelt 16 • Die finanziellen Risiken der Arbeitslosigkeit schlagen somit nicht voll auf die Finanzlage der Krankenversicherung durch. Da der Bund in den neuen Bundesländern über den Defizitausgleich der Bundesanstalt für Arbeit einen Teil bzw. als Finanzier der Arbeitslosenhilfe voll die Kosten der Arbeitslosigkeit trägt, fließen diese Transfers des Bundes indirekt auch der Krankenversicherung zu. Ein hoher Transferbedarf war für die Aufwendungen der Bundesanstalt für Arbeit für die Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern notwendig. Wie aus den Tabellen zu ersehen isl, decken die Einnahmen nur zu einem geringen Teil die Ausgaben. Die für Ostdeutschland in den Rechnungsergebnissen der Bundesanstalt für Arbeit ausgewiesenen Beitragseinnahmen sind in Relation zu der dazugehörenden Bruttolohn- und gehaltsumme viel zu niedrig angesetzt 17 • Das Westdeutschland zugerechnete Beitragsaufkommen ist dagegen überhöht. In dieser Untersuchung wurde die Beitragssumme eingesetzt, die sich aus der Bruttolohn- und -gehaltsumme ableiten läßt und jetzt auch vom Statistischen Bundesamt verwendet wird. Mit dieser Umrechnung reduziert sichjeweils die 15

Vgl. Bundesarbeitsblatt 6/93, a.a.O., S. 109.

16 Abweichungen bestehen bezüglich der Berücksichtigung von Sonderzahlungen und Zuschlägen. 17 Vgl.

Volker Meinhardt, Differenzierte Entwicklung bei der Sozialversicherung. In: Wochenbericht des DIW, 38/92.

5 .1. Unterstützung der Sozialversicherung-Ost

45

in Ostdeutschland entstehende Unterdeckung gegenüber bisher veröffentlichten Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeit.

Tabelle 513

Bundeszahlungen an die Sozialversicherungsträger in Mrd. DM VenNendungszweck Bundeszuschuß an die Rentenversieherung-üst

1991

1992 1)

1993 2)

6,27

8,61

10,70

2,76 2,25 1,26

6,42 1,45 0,74

7,76 1,75 1,19

Rücklagenaufstockung BA-Ost

4,90

-

-

Defizitausgleich BA-Ost

1,03

8,90

27,80

12,20

17,51

38,50

Arbeiter-R V-Ost Angestellten-RV-Ost Knappschaftl. RV-Ost

Summe •>vorläufige Werte.- 2>Geschätzt.Quelle: Berechnungen des DIW.

Das Defizit im Jahre 1991 in Höhe vonknapp 22 Mrd. DM konnte weitgehend innerhalb des Bereichs der Bundesanstalt für Arbeit durch einen im Westen entstandenen Beitragsüberschuß in Höhe von 20,2 Mrd. DM ausgeglichen werden. Das restliche Defizit beglich der Bund durch einen Zuschuß in Höhe von 1,03 Mrd. DM. Im Jahr 1992 konnten die Beitragsüberschüsse des Westens in Höhe von 21 ,6 Mrd. DM nur 60 vH des Defizits, das in den neuen Bundesländern entstanden war, abdecken. Knapp 5 Mrd. DM konnten aus der Rücklage entnommen werden. Diese hatte der Bund Ende des Vorjahres gebildet, als offenbar wurde, daß er diese Mittel im Jahr 1991 nicht benötigte, aber sich zugleich abzeichnete, daß für das Jahr 1992 ein erheblicher Zuschußbedarf entstehen würde. Die restlichen 8,9 Mrd. DM mußte der Bund zum Ausgleich des Defizits beisteuern. Im Jahr 1993 wird der Bund aller Voraussicht nach einen Zuschuß von über 25 Mrd. DM leisten müssen, da sich der Beitragsüberschuß in den alten Bundesländern nur auf ca. 10 Mrd. DM belaufen wird.

46

5. Transfers im Bereich der sozialen Sicherung

5.2. Soziale Leistungen der Gebietskörperschaften Neben den Sozialversicherungen zahlen die Gebietskörperschaften eine Reihe von Unterstützungszahlungen. Diese Transfers lassen sich in drei Arten unterscheiden: Transfers nach westdeutschem Muster (Kindergeld, Wohngeld etc.), Leistungen nach DDR-Recht, die auslaufen (nicht überführte Sonder- und Zusatzversorgungsleistungen), Leistungen, die im Rahmen der Vereinigung für das Beitrittsgebiet geschaffen wurden (Vorruhestandsgeld, Sozialzuschlag). Stellt man die sozialen Leistungen an die privaten Haushalte in der Art zusammen, wie es das Statistische Bundesamt für die alten Bundesländer macht, dann entsteht folgende Übersicht (vgl. Tabelle 5/4). Nach Abzug der Eigenleistung der neuen Bundesländer ergibt sich der Betrag, der vom Bund an die Bürger in den neuen Bundesländer transferiert werden muß. In der DDR existierten für besondere Berufsgruppen - vor allem Staatsbedienstete Sonder- und Zusatzversorgungssysteme 18 • Diese Einrichtungen wurden spätestens zum 31.12.1991 geschlossen. Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen, die westdeutscher Rentensystematik vergleichbar waren, wurden in die Rentenver-sicherung überführt. Andere Leistungen wurden nicht überführt und werden weitergezahlt bzw. begrenzt 19 oder beendet20. Die Leistungen der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme ähnelten in ihrer Art denen, die Staatsbedienstete der alten Bundesrepublik erhalten, sei es in Form der Pension oder der Leistungen der Zusatzversicherungen des öffentlichen Dienstes. Daher sollten die Aufwendungen für diese Leistungen nicht aus Beitragsmitteln, sondern aus Steuermitteln beglichen werden. Der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die der zuständige Träger wurde, werden vom Bund die Aufwendungen für die überführten Leistungen erstattet. Der Bund wiederum erhält seine Aufwendungen, die ihm aus der Sonderversorgung für die Angehörigen der Deutschen Volkspolizei erwachsen sind, und zwei Drittel der Aufwendungen für die Zusatzversorgungssystem von den neuen Bundesländern erstattet21 • Im Haushaltsplan des Bundes für 1992 ist ein Betrag als Einnahme vorgesehen, der die Erstattungen für die Jahre 1991 und 1992 enthält. Die Bundesbeteiligung an den überführten Leistungen ist deshalb im Jahr 1992 negativ, d.h. die Aufwendungen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden überkompensiert (vgl. Tabelle 5/5). Das Statistische Bundesamt wird diese überführten Leistungen als Leistungen der Zusatzversicherungen im Konto "Sozialversicherung" führen, weil sie den Leistungen der

18

Vgl. Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG), Anlage 1 und 2.

19

Vgl. § 10 AAÜG.

20

Vgl. § 13 AAÜG.

21

Vgl. § 15 AAÜG.

47

5.2. Soziale Leistungen der Gebietskörperschaften

Tabelle 5/4:

Laufende Übertragungen an private Haushalte - Gebietskörperschaften Ost in Mrd. DM

1991

1992 1)

1993 2)

Vorruhestand

5,70

5,25

4,51

Versorgung der Kriegsopfer

0,30

0,85

1,00

Kriegsschadenrente und LAG

0,08

0,05

0,05

Arbeitslosenhilfe

0,32

1,50

3,00

Sozialhilfe, Kriegsopferfürsorge

1,10

1,85

2,30

Sozialzuschlag, RV

0,69

0,13

0,13

Sozialzuschlag, Alo

0,18

0,05

0,02

Kindergeld

4,70

4,62

4,40

Ausbildungsbeihilfen

0,60

0,55

0,58

Wohngeld

0,72

3,10

3,40

Öffentl. Pens., Sonderzusatzversorgung 3)

1,36

0,33

0,56

Beihilfen, Unterstütz. i. öffentl. Dienst

-

0,16

0,16

Übrige soziale Leistungen

1,48

1,19

1,44

Erziehungsgeld

0,32

0,80

1,25

Sonstige soziale Leistungen 4)

0,49

0,14

0,14

Mütterunterstützung

0,67

0,25

0,05

17,23

19,63

21,55

1,76

3,67

4,29

15,47

15,96

17,26

davon

Soziale Leistungen der Gebietskörpersch. abzüglich Eigenleistungen der NBL (Sozialhilfe, 35 vH Bafög, SO vH Wohngeld) Direkte soziale Leistungen West an NBL

1) Vorläufige Werte. - 2) Geschätzt.- 3) Ab 1992 nicht überführte Zusatz- und Sonderversorgungsleistungen, Ehrenpensionen. - 4) Ab 1992 nicht überführte Sonderleistungen, Blinden- und Pflegegelder.

48

5. Transfers im Bereich der sozialen Sicherung

westdeutschen Zusatzversicherungen, die auch allein über Arbeitgeberbeiträge finanziert werden, vergleichbar sind.

Tabe/Je 515 Sozial-Transfers in die neuen Bundesländer nach Trägern in Mrd. DM

1992 1>

1993 2>

30,24

36,56

58,15

15,47 6,27 5,93

2,50 0,07

15,96 8,61 8,90 -0,08 3,00 0,17

17,26 10,70 27,80 0,46 1,76 0,17

Sozialversicherung (West}

20,20

22,60

16,60

Rentenversicherung Bundesanstalt fUr Arbeit Krankenversicherung

20,20

-

1,00 21,60

6,60 10,00

50,44

59,16

74,75

Von ...

1991

Gebietskörnerschatten (West} Bund (Soziale Leistungen)3> Bundeszuschuß Defizitausgleich4> Zusatzversicherungs> Gemeinschaftswerk "Aufschwung Ost"6> Landw. Unfallversicherung

Summe

-

-

-

-

l)Vorläufige Werte.- 2>Geschätzt.- 3>1m Jahr 1991 sind die Leistungen der Sonder- und Zusatzversorgungssystem enthalten.- 4>1991 einschl. der Aufstockung der RUcklagen um 4,9 Mrd. DM.- S)1992 nur die überfUhrten Leistungen.- 6>1993 Sonderprogramm ABM.

Quel/e: Berechnungen des DIW.

Neben diesen überführten Leistungen führt die BfA noch weitere Auftragsgeschäfte für den Bund durch. Statistisch werden diese Transfers als Übertragungen an die privaten Haushalte erfaßt. Aufgrund der großen Probleme, die die Umstellung der zentralistischen Wirtschaft auf die Marktwirtschaft für den Arbeitsmarkt mit sich brachte, stellte der Bund im Gemeinschaftswerk "Aufschwung Ost" für AB-Maßnahmen im Jahr 1991 2,5 Mrd. DM und im Jahr 1992 3,0 Mrd. DM zur Verfügung. Um die Zahl der Beschäftigten in AB-Maßnahmen nach dem Auslaufen des Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost nicht zu tief sinken zu lassen, übernimmt der Bund 1993 Verpflichtungen für AB-Maßnahmen in Höhe von 1,76 Mrd. DM für die neuen Bundesländer (Sonderprogramm ABM).

5.3. Sozialtransfers in die neuen Bundesländer

49

5.3. Sozialtransfers in die neuen Bundesländer Eine Zusammenführung der Zahlungen in den einzelnen Bereichen ergibt folgende Aufstellung. Die staatlichen Transfers von West nach Ost, die im Zusammenhang mit sozialen Leistungen stehen, lassen sich in dreierlei Hinsicht kategorisieren: Arbeitsmarktpolitische Leistungen, soziale Leistungen und "Altlasten". Mehr als zwei Drittel der Transfers sind den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zuzurechnen. Hierzu zählen neben den von der Bundesanstalt finanzierten Leistungen - vor allem Arbeitslosengeld, Altersübergangsgeld und die AB-Maßnahmen - auch direkt vom Bund zu tragenden Leistungen wie das Voiruhestandsgeld, die Arbeitslosenhilfe und die Unterstützung von AB-Maßnahmen durch das Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost - in den Jahren 1991 und 1992 und das AB-Sonderprogranun des Bundes für 1993. Zu den sozialen Leistungen werden die Transfers gezählt, die im Rahmen der Aufgabenteilung dem Bund zugeordnet sind und auch in den alten Bundesländern anfallen. Das sind die Bundeszuschüsse zu den Rentenversicherungsträgern, das Kindergeld, Erziehungsgeld etc. Im Prinzip ließen sich hier auch die Ausgaben für Arbeitslosenhilfe verbuchen, da diese im Westen auch vom Bund getragen werden. Insgesamt machen die sozialen Leistungen knapp 30 vH der Sozialtransfers aus. Als Altlasten wurden hier die Transfers definiert, die auf DDR-Recht basieren und auslaufen. Wie oben beschrieben sind die aus Gründen der Bestandssicherung gezahlten Auffüllbeträge im Rentenbereich als Altlast zu bezeichnen. Da sie aber im Jahr 1992 fast vollständig durch Beitragsmittel aus den neuen Bundesländern abgedeckt werden konnten, sind sie 1992 nur mit dem Defizitanteil und 1993 voll berücksichtigt. Weiterhin zu den Altlasten werden die Zahlungen addiert, die sich aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen ableiten lassen. Eine Unterscheidung der 'Sozialtransfers in die Kategorien "konsumtiv" und "investiv" ist nicht eindeutig zu vollziehen. Sicher ist, daß der konsumtive Aspekt überwiegt. Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen sowie AB-Maßnahmen ·dienen zwar auch der Einkommenssicherung, haben aber auch ohne Zweifel investiven Charakter, da sie das Humankapital verbessern und so einmal die Chancen für einen Wiedereinstieg in ein Beschäftigungsverhältnis eröffnen, zum anderen die Produktivkraft der Ressourcen in Ostdeutschland stärken. Faßt man die Ausgaben für diese beiden Leistungsarten zusammen und unterstellt, daß sie voll über Transfers bezahlt würden, dann steigt der Anteil der investiv verwendeten Transfers von 16 vH im Jahr 1991 auf 26 vH im Jahr 1992; 1993 sinkt der Anteil dann auf 22 vH.

4 Meinhardt u. a.

5. Transfers im Bereich der sozialen Sicherung

50

Tabelle 5/6 Sozial-Transfers in die neuen Bundesländer nach Aufgabenkategorien in Mrd. DM 1991

1992

1993

Arbeitsmarktpolitische Leistungen

34,65

40,25

47,07

Soziale Leistungen

14,43

17,99

20,62

1,36

0,92

7,06

50,44

59,16

74,75

"Altlasten" Insgesamt

Quelle: Berechnungen des DIW.

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds Im Zuge des Vereinigungsprozesses ist das institutionelle Arrangement der Bundesrepublik erweitert und ergänzt worden. Im Kontext dieses Gutachtens sind dabei vor allem solche Institutionen von Interesse, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, aber nicht oder nur teilweise in den bisher analysierten Haushalten von Bund und Ländern erfaßt sind. Diese Institutionen stellen haushaltsrechtlich Neben- oder Sonderhaushalte dar, die z.T. in einem komplizierten Geflecht untereinander und/oder zu den ordentlichen Haushalten stehen. Damit ist das öffentliche Haushaltswesen zumindest vorübergehend intransparenter geworden, was aber angesichts der vielfältigen Probleme einer Bewältigung des Beitrittsprozesses nicht gänzlich zu vermeiden war. Im folgenden soll geprüft werden, inwieweit in den Ausgaben des Kreditabwicklungsfonds und der Treuhandanstalt - als neuen Institutionen - sowie in den Kreditprogrammen der Spezialkreditinstitute für die neuen Bundesländer und in den (Hermes-) Bürgschaften - als Institutionen, deren Aktivitäten sich mit der Vereinigung stark ausgeweitet und verändert haben - Transfers in die neuen Bundesländer enthalten, die bisher nicht erfaßt worden sind. Zuerst soll das Problem erörtert werden, das sich aus der Wahl der Umtauschrelationen von Mark der DDR zu D-Mark ergibt. Während "laufende" Zahlungen wie Löhne und Gehälter, Mieten und Pachten etc. im Verhältnis 1 zu 1 umgestellt wurden, ist für Forderungen und Verbindlichkeiten - mit Ausnahme von Teilen der Spareinlagen der Bevölkerung - eine Relation von 2 zu 1 gewählt worden. Die durch die Währungsumstellung entstandenen Deckungslücken der Bankbilanzen wurden in den Ausgleichsfonds Währungsumstellung eingestellt. Für ihn ergibt sich aufgrund der Ausgleichsforderungen der Banken eine Verschuldung in Höhe von 110 Mrd. DM . Für die Altschulden der ehemals volkseigenen Betriebe und Kombinate sind spezielle Lösungen im Rahmen der Treuhandanstalt vorgesehen worden. Dies gilt auch z.T. für die Wohnungswirtschaft. Nach dem Ende Mai 1993 verabschiedeten Gesetz "Föderales Konsolidierungs-Programm (FKP)" soll ab 1995 ein Erblastenfonds erstens die Schulden ·des Ausgleichsfonds Währungsumstellung bzw. Kreditabwicklungsfonds (KAF)- nach heutigen Schätzungen 140 Mrd. DM, zweitens die Schulden der THA (230 Mrd. DM, davon 80 Mrd. DM Altkredite) und drittens die Schulden der Wohnungswirtschaft aufgrund der im FKP vorgesehenen Kappungsgrenze übernehmen (30 Mrd. DM); insgesamt ist dies ein Schuldenberg von mindestens 400 Mrd. DM, für den aus den öffentlichen Haushalten- vor allem des Bundes -Zins- und Tilungsleistungen zu bestreiten sein werden. Auch in der Zwischenzeit müssen Zinsen gezahlt werden, vor allem vom KAF und von der Treuhandanstalt (THA). Da dies praktisch im Vorgriff und stellvertretend für die Haushalte von Bund und Ländern erfolgt, kann hierin ein Brutto-Transfer in die neuen 4*

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

52

Bundesländer gesehen werden. Zur Berechnung des Netto-Transfers sind die (impliziten) Leistungen der neuen Bundesländer zu berücksichtigen.

6.1. Der Kreditabwicklungsfonds (KAF) Nach Artikel 23 des Einigungsvertrages muß der KAF bis zum 31 . 12.1993 die Schulden des Ausgleichsfonds Währungsumstellung, die Gesamtverschuldung des Republikhaushalts sowie die Auslandsschulden der DDR und die Verpflichtungen des Bundes aus seiner Gewährträgerhaftung für die Staatsbank Berlin bedienen. Mit dem FKP ist der KAF bis Ende 1994 verlängert worden. Aus der Tabelle 6/1 geht hervor, daß der KAF 1991 Zinsausgaben in Höhe von 2,2 Mrd. DM, 1992 aber schon in Höhe von 15,3 Mrd. DM geleistet hat. Für 1993 werden Zinsausgaben in Höhe von 13,4 Mrd. DM veranschlagt. Diese Zinsausgaben sind dem ~ lt. Einigungsvertrag je zur Hälfte vom Bund und von der Treuhandanstalt zu erstatten. Insofern sind dies nur "durchlaufende" Posten, die zur Hälfte unmittelbar Transfers und zur Hälfte mittelbar Transfers des Bundes via Treuhandanstalt sind. Tabelle 6/1 Kreditabwicklungsfonds

1990

1991

1992

1993p

Mrd. DM Ausgaben insgesamt

1,7

15,4

13,4

Erstattungsflihige Zinsausgaben

2,2

15,3

12,9

dar.: Zinsverpflichtung Ausgleichsfonds Währungsumstellung

0,1

12,8

10,3

- 0,5

0,1

0,5

Einnahmen insgesamt

1,7

15,4

12,8

Zinserstattung Bund

1,1 1,1

7,65 7,65

6,4 6,4

0,6

0,0

- 0,5

0,6

sonstige Ausgaben (Abwicklung Ausland)

Zinserstattung THA Sonstige Einnahmen (RUckverrechnung aus Vorjahr) Netto-Tilgung (-)/Netto-Kreditaufnahme (+) P =Plan. Quelle: BMF; Berechnungen des DIW

- 0,5

6.2. Die Treuhandanstalt (fHA)

53

6.2. Die Treuhandanstalt (THA) Mit dem Einigungsvertrag ist der Treuhandanstalt eine Vielzahl von Aufgaben übertragen worden. Sie umfassen u.a. die Abwicklung der Altlasten (Altschulden, ökologische Altlasten), parafiskalische Funktionen wie die Zinserstattung an den Kreditabwicklungsfonds, vor allem aber die Entflechtung der Treuhand-Unternehmen und ihre Privatisierung, Sanierung oder Stillegung. Die Regelungen des Einigungsvertrages beruhten auf der optimistischen Anfangserwartung, daß die THA aufgrund der Verwertung des übernommenen Vermögens letztlich Überschüsse erziele. Insofern ist auch im Einigungsvertrag vorgesehen, daß die THA die Schulden des KAF übernehmen soll, falls sie dazu in der Lage sein würde. Diese Erwartung hat sich mittlerweile als falsch herausgestellt. Vielmehr wird die THA 1994 selbst einen Schuldenstand in Höhe von rund 230 Mrd. DM angehäuft haben, der in den Erblastenfonds übergehen soll (s.o.). Für vorübergehende finanzielle Engpässe ist ihr im Einigungsvertrag eine Kreditermächtigung von 25 Mrd. DM eingeräumt worden; diese Kredite sollten bis zum 31. Dezember1995 zurückgeführt werden. Nicht erst mit der Eröffnungsbilanz wurde deutlich, daß die Treuhandanstalt mit dem ihr eingeräumten Kreditrahmen nicht in der Lage sein würde, ihre weitgespannten Aufgaben zu finanzieren, geschweige denn, die von ihr aufgenommenen Kredite bis zum 31.12.1995 zurückzuzahlen. Der Kreditrahmen war schon Ende 1991 erschöpft. Am 3. 7.1992 ist das Treuhandkreditaufnahmegesetz verabschiedet worden, das die Treuhandanstalt ermächtigt, in den Wirtschaftsjahren 1992 bis 1994 Kredite in Höhe von 30 Mrd. DM je Wirtschaftsjahr aufzunehmen. Darüber hinaus kann der Bundesminister für Finanzen bei unabweisbarem Mehrbedarf mit Einwilligung des Deutschen Bundestages eine Überschreitung des Kreditrahmens von bis zu 8 Mrd. DM genehmigen. Der infolge des Föderalen Konsolidierungsprogramms (vgl. Gesetz vom 23.6.1993) revidierte Jahresplan 1993 der THA schöpft diesen zusätzlichen Spielraum bereits weitgehend aus (vgl. Tabelle 6/2). Die Übernahme der Altkredite der Treuhandunternehmen durch die Treuhandanstalt ist nicht auf diese Kreditermächtigung anzurechnen. Der Bund haftet für von der Treuhandanstalt aufgenommene Kredite ebenso wie für Bürgschaften der THA innerhalb des ihr eingeräumten Bürgschaftsrahmens. Auf dem Kapitalmarkt haben Anleihen der THA die gleiche Bonität wie die des Bundes.

6.2.1. Zinserstattung an den Kreditabwicklungsfonds (KAF) Ein Teil der fmanziellen Verpflichtungen der THA besteht lt. Einigungsvertrag darin, dem KAF die Hälfte seiner Zinszahlungen zu erstatten. Ein Teil der Neuverschuldung der THA resultiert demzufolge aus dieser Verpflichtung. Im Prinzip verschuldet sich die THA stellvertretend für den Bund. Als Parafiskus des Bundes finanziert sie damit einen Teil der aufgrunddes Beitritts unabweisbaren Transfers. Prinzipiell sind die Ausgaben der THA für den KAF genauso einzuordnen wie die des Bundes für den KAF.

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

54

Tabelle 6/2:

Treuhandanstalt Einnahmen/Ausgaben-Rechnung in Mrd. DM 1990 Ausgaben gesamt

I Kernaufgaben 1. Privatisierung danuiter: Verlustausgleicb, Investitionszuschüsse 2. Sanierung darunter: Darleben f. lnvest., Eigenkapitalausstattung

Ist

5,9

37,7

1,6

26,0

-

4. Inanspruchnahme aus Bürgschaften

s.

Zinsen für Mittelaufnahme der THA

6. Übrige Ausgaben II lt. gesetzlicher Regelungen 7. Zinsen für Kredite 8. Zinserstattung an den Kreditabwicklungsfonds 9. Reprivatisierung (Vermögensgesetz) 10. Übriges Einnahmen gesamt I. aus Privatisierung

2. aus Immobilien 3. Zinsen aus Mieten, u.a. Finanzierungssaldo

s,o

1993

1992

Plan

Plan

Ist

27,6

48,8

41,2

Plan 1' 46,2

16,8

30,0

27,0

32,9

1,1

4,6

4,6

3,7

0,4

3,3

3,8

2,8•

1,3

IS,4

9,8

12,1

7,0

9,S

0,1

O,S

4,S

S,3

4,0

6,S•

6,0

3,4

2,9

1,7

1,1

2,S

1,0

2,8

2,9

4,4

Sozialpläne 3. Stillegungen

1991

Ist

0,0

-

1,2

3,4

6,0

8,S

8,6

0,0

1,0

0,6

3,2

2,6

S,2

0,1

1,0

0,9

1,2

1,4

l,S

4,3

11,6

10,8

18,8

14,2

13,3

4,3

7,1

9,3

6,8

S,6

S,2

3,2

1, 1

8,0

7,7

6,4

0,1

3,3

0,6

1,4

1,3

0,3

0,7

0,3

0,3

1,6

16,9

7,7

18,8

11,6

8,8

1,S

IS,6

7,4

11 ,6

9,0

0,3

0,0

3,2

-

-

-

0,1

1,0

0,3

4,0

-4,3

-20,8

-19,9

-30,0

3,0

o.s

2, 1

2,1

3,7

-29,6

-37,4

•Schätzungen.- 1'Neuer Jahresplan Juni 1993 (Vereinbarungen des FKP berücksichtigt), nur teilweise mit den Kategorien der Vorjahre vergleichbar; Auflage zur Ausgabenreduzierung wurde in Höbe von 0,9 Mill. DM in die Ausgaben global eingerechnet.

Quelle: THA, BMF; Berechnungen des DIW (Abweichungen in den Summen durch Rundungen).

6.2. Die Treuhandanstalt (THA)

55

6.2.2. Bedienung der Altkredite Auch bezüglich der Altkredite der THA-Unternehmen ist im Einigungsvertrag eine besondere Regelung getroffen worden. Altkredite sind die in der Mark-Schlußbilanz ausgewiesenen Bankkredite, die im Verhältnis 2 zu 1 in die DM-Eröffnungsbilanz übernommen wurden. Aufgrund der drohenden Illiquidität der THA-Unternehmen sind im Einigungsvertrag (Art. 25 (7)) die Zins- und Tilgungsleistungen für die Altkredite bis zur Feststellung der DM-Eröffnungsbilanzen ausgesetzt worden. Die THA ist zur Erstattung der anfallenden Zinszahlungen verpflichtet. Auch diese Zahlungen leistet die THA als Beteiligungseigentümerin stellvertretend für den KAF bzw. für den Bund als mittelbarem Beteiligungseigentümer. Anfangs waren die THA-Unternehmen mit rund 106 Mrd. an Altkrediten belastet. Im Zuge der Bilanzeröffnung mußten nach den Vorschriften des DM-Bilanzgesetzes die nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge durch verzinsliche Ausgleichsforderungen aufgefüllt werden, wenn die Unternehmen als sanierungsfähig eingestuft werden. Ausgleichsforderungen werden also dann in die Bilanz der THA-Unternehmen eingestellt, wenn die Verbindlichkeiten einschließlich Rückstellungen höher sind als die Aktiva. (In Einzelf;illen ergeben sich auch Ausgleichsverbindlichkeiten der THA-Unternehmen, wenn der Eigenkapitalbetrag höher ist als das in der Eröffnungsbilanz ausgewiesene umbewertete Anlagevermögen. Auf sie kann aber die THA ganz oder teilweise verzichten und/oder zur Stärkung der Eigenkapitalausstattung verwenden.) Die THA übernimmt also durch die Ausgleichsforderungen die Altschulden der THA-Unternehmen, die sie für sanierungsfähig hält. Bisher hat sie etwa 55 Mrd. an Altkreditübernahmen zugesagt; bis Ende 1994 wird mit 80 Mrd. DM gerechnet. Bei stiller Liquidation übernimmt die THA in Höhe der Vergleichsquote die Altkredite; der Rest muß - wie auch im Fall des Gesamtvollstreckungsverfahrens - vom Ausgleichsfonds Währungsumstellung übernommen werden. Mit der Umstellung der Forderungen und Verbindlichkeiten haben sich zwar auch die Nettoschulden der THA-Unternehmen halbiert. Angesichts des Zustands des Anlagevermögens waren hier erhebliche "Abwertungen" nötig, so daß im Durchschnitt die Betriebe ein zu geringes Eigenkapital hatten oder sogar überschuldet waren. Dieser Umstand zeigt, daß die THA gegenüber ihren sanierungsfcihigen Unternehmen eine vergleichbare Funktion übernimmt, wie sie der Ausgleichsfonds Währungsumstellung gegenüber dem Bankensektor hat, allerdings mit dem Unterschied, daß sie nach den Vorschriften des DM-Bilanzgesetzes verfahrt und die Kapitalneubewertung der Unternehmen im Verfahren der Einzelfallprüfung ihrer Sanierungsfcihigkeit feststellen muß. Insofern entsprechen auch die Zinsen für übernommene Altkredite den Zinszahlungen des KAF an den Ausgleichsfonds Währungsumstellung. Sie sind unmittelbare Folge der staatsvertraglichen und gesetzlichen Regelungen bezüglich der Altschulden. Auch in diesem Teil ihrer Ausgaben agiert die Treuhandanstalt als Parafiskus des Bundes. 1991 entfielen 30 vH ihrer Ausgaben, 1992 noch 14 vH auf die Bedienung der Altschulden. Faßt man die Zinsen für (übernommene) Altkredite mit den übrigen Ausgaben aufgrund gesetzlicher Regelungen zusammen (vgl. II in Tabelle 6/2), so ist der Bruttotransfer von

56

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

4,3 Mrd. DM im Jahr 1990 auf 14,1 Mrd. DM im Jahr 1992 gestiegen. Zur Ermittlung des Nettotransfers - aufgrundgesetzlicher Vorgaben -sind die Einnahmen aus Ausgleichsverbindlichkeiten abzusetzen.

6.2.3. Kernaufgaben Die Kernaufgaben der THA waren und sind die Gestaltung des wirtschaftlichen Übergangsprozesses von der zentralen Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft (vgl. hierzu Stille, F. u.a. 1992, S. 210 ff.). Dazu gehören vor allem Entflechtung, Sanierung, Privatisierung, Stillegung; die THA hat hierfür sowohl 1991 und 1992 mehr ausgegeben, als sie durch Privatisierung und Stillegung eingenommen hat. Die THA hat 1992 allein für die Privatisierung 4,6 Mrd. DM ausgegeben, aber "nur" 9,5 Mrd. DM eingenommen. Andere Einnahmen - aus dem Verkauf von Teilbetrieben, nicht betriebsnotwendigen Grundstücken und Assets- hat sie überdies den THA-Unternehmen direkt zur Verstärkung ihrer Sanierungsmittel zurückgegeben. Zieht man von den Einnahmen aus Privatisierung die Ausgaben im Zuge der Privatisierung (Übernahme von Verlusten, Investitionszuschüssen, u.a.) ab, so verbleibt 1991 ein Netto-Privatisierungserlös in Höhe von 6 Mrd. DM und 1992 in Höhe von 4,9 Mrd. DM- viel zu wenig, um die anderen Aufgaben zu finanzieren. Allein die Stillegungskosten in 1992 übersteigen die Netto-Privatisierungserlöse. Die Treuhandanstalt hat sich auch verschulden müssen, um ihre Kernaufgaben erfüllen zu können: 1990 haben die Einnahmen gerade hingereicht, um die Kernaufgaben zu finanzieren. 1991 haben die Kernaufgaben 16,8 Mrd. DM an Ausgaben erfordert; mit Einnahmen von 7,7 Mrd. DM hätte sich - ohne die Ausgaben aufgrund gesetzlicher Regelungen - ein Defizit von 9,1 Mrd. ergeben. 1992 hätte sich ein Defizit für die Kernaufgaben in Höhe von 15,4 Mrd. DM ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß im Prinzip nur ein Teil der stark ansteigenden Zinsausgaben für von der THA aufgenommene Kredite den Kernaufgaben zuzurechnen ist. Die THA muß sich am Kreditmarkt in steigendem Maße verschulden, um die Summe ihrer Ausgaben - sowohl aufgrund gesetzlicher Regelungen als auch für die Kernaufgaben zu finanzieren. Dazu gehört auch die Bedienung der von ihr jeweils in den Vorperioden eingegangenen Neuverschuldung, die 1992 um mehr als 10 Mrd. DM höher war als die der ostdeutschen Gebietskörperschaften insgesamt. Als bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts handelt die THA stellvertretend für den Bund. Da der Bund für die von der THA aufgenommenen Kredite haftet, ist der jährliche Finanzierungssaldo der THA insgesamt als mittelbarer Netto-Transfer des Bundes in die neuen Bundesländer anzusehen.

6.2.4. Auswirkungen An dieser Stelle können Erfolg und Mißerfolg der THA nur in ganz groben Umrissen bilanziert werden; auf der einen Seite hat die THA ihr Ziel einer raschen Privatisierung weitgehend erreicht. In einem aufwendigen Verfahren sind die Unternehmenskonzepte der

6.3. Kredite für die neuen Bundesländer

57

Käufer geprüft und dabei Investitionszusagen (170 Mrd. DM bis Ende 1992) und Arbeitsplatzrosagen (1,4 Mill bis Ende Ende 1992) "eingekauft" worden. Diese Zusagen sind 1991 voll und 1992 weitgehend eingehalten worden. Für 1993 ist aber eine Verschlechterung dieses Befundes zu erwarten. Angesichts der Rezession erweist sich, daß auch die privatisierten THA-Unternehmen mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Der mit der raschen Privatisierung (und den entsprechend geringen Netto-Privatisierungserlösen) angestrebte Sanierungserfolg hat sich bisher noch nicht auf breiter Front eingestellt. Die Sanierung der ostdeutschen Wirtschaft ist sicher auch deshalb so teuer, weil sie schnell bewerkstelligt werden sollte. Die Vorgaben der Wirtschaftsunion (Währungsumstellung im Verhältnis 1: 1 und damit unmittelbare Konkurrenz durch die entwickelten Industrienationen) haben den Rückstand des Industriestandortes Ostdeutschland schonungslos und schlagartig aufgedeckt. Insofern treffen die Probleme wegbrechender Märkte mit dem Problem einer weitgehenden Abschreibung des Eigenkapitals zusammen. Die Konsolidierung der Altlasten, die Überbrückungshilfen, Privatisierung und Entflechtung sowie die inzwischen verstärkten Anstrengungen bei der aktiven Sanierung der noch nicht privatisierten Unternehmen zielen - trotz aller Schwierigkeiten und unvermeidlichen Mißerfolge - darauf, daß die Leistungskraft der ostdeutschen Wirtschaft sich weiter und nachhaltig verbessert. Insofern werden den mittelbaren Transfers des Bundes in Zukunft steigende Einnahmen gegenüberstehen, die in einer Gesamtbilanz nach 10 oder 15 Jahren die momentanen Belastungen der öffentlichen Haushalte als vertretbare Investition in die Zukunft erscheinen lassen können.

6.3. Kredite für die neuen Bundesländer Für Investitionen in die Infrastruktur und die Produktionskapazitäten Ostdeutschlands, aber auch für Existenzgründungen u.a. spielen die über das ERP und die Spezialkreditinstitute des Bundes verbilligten Finanzierungsmittel eine wichtige Rolle. Mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ist auf Ostdeutschland die für Westdeutschland etablierte Praxis der Kreditfinanzierung übertragen worden; der Schwerpunkt der Programme hat sich durchschlagend zugunsten Ostdeutschlands verschoben. Dies ging in den meisten Fällen mit einer Aufstockung der Mittel einher.

6.3.1. ERP-Sondervermögen Infolge der Ausweitung der Aktivitäten zugunsten Ostdeutschlands hat sich die Einnahmestruktur des ERP-Sondervermögens erheblich verändert. Bis 1989 hatte das ERP-Sondervermögen die Darlehensprogramme im wesentlichen aus seinem revolvierenden Fonds finanziert; seine Netto-Neuverschuldung am Kreditmarkt betrug 1,1 Mrd. DM, das sind 20 vH der Gesamtausgaben. 1990 mußte das ERP-Sondervermögen seine Ausgaben in Höhe von 7,0 Mrd. DM schon zu rund einem Drittel aus Krediten finanzieren. Die aufgenommenen Kredite des ERP-Sondervermögens schnellten 1991 auf 6,9 Mrd. DM empor- mehr als die Hälfte der Ausgaben. 1992 beträgt die Kreditfinanzierungsquote bereits knapp 60 vH (vgl.

58

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

Tabelle 6/3). Aufdiesem Niveau liegt auch der Ansatz des Wirtschaftsplans 1993. Entsprechend der zusätzlichen Neu-Verschuldung steigt auch der vom ERP-Sondervermögen zu finanzierende Ausgabenanteil für aufzunehmende Zinsen - von 8 vH im Jahr 1989 auf voraussichtlich 13 vH im Jahr 1993. Geht man davon aus, daß die Ausgaben des ERP-Sondervermögens ohne die Zusatzaufgaben in Ostdeutschland im Durchschnitt der Jahre 1990 bis 1992 bei 6 Mrd. DM gelegen hätten, so ergibt sich eine Netto-Neuverschuldung -kumuliert für diese drei Jahre - von rund 4 1/2 Mrd. DM. (Dabei ist berücksichtigt, daß dann auch die zusätzlichen Zuweisungen aus dem Bundeshaushalt entfallen wären.) Tatsächlich hat sich das ERPSondervermögen in diesem Zeitraum mit 17,3 Mrd. DM neu verschulden müssen. Um die zusätzlichen Kredite in Ostdeutschland zu finanzieren, dürfte also das ERP-Sondervermögen bis Ende 1992 rund 13 Mrd. DM zusätzlich am Kreditmarkt aufgenommen haben. Damit das ERP-Vermögen die aus der zusätzlichen Kreditaufnahme finanzierten Darlehen zinsverbilligt weitergeben kann, hat der Bund Verpflichtungsermächtigungen in seinem Haushalt ausgewiesen. Die tatsächlichen Belastungen im laufenden Haushalt sind gegenwärtig noch gering; sie bauen sich erst allmählich auf. Darüber hinaus hat der Bund 1990 und 1991 durch Zuweisungen seinem Sondervermögen Kapital in Höhe von 0,9 Mrd. DM neu zugeführt. Im Bundeshaushalt (Epl6003) sind die Leistungen für die Zinssubventionierung in Ostdeutschland bereits erfaßt. Insofern ergibt sich an dieser Stelle keine Notwendigkeit einer zusätzlichen Quantifizierung. Man könnte allerdings als Transfer auch den in den Kreditprogrammen enthaltenen Zinsvorteil zu quantifizieren versuchen. Aus der Sicht der Ausleihinstitute ist dies die Differenz zwischen den Ausleih- und den Refinanzierungskosten. Die Differenz hängt sehr stark von der tatsächlichen Entwicklung der Kapitalmarktzinsen und damit der Refmanzierungskosten ab. Eine solche Rechnung ist von den Spezialkreditinstituten bei der Abrechnung dem Bund vorzulegen. Aus der Sicht des Investors ist dagegen der Subventionswert heranzuziehen, der sich theoretisch zwar eindeutig als Differenz zwischen den Gegenwartswerten eines marktüblichen Kredits und des zinsverbilligten Kredits definieren läßt, für den aber die empirischen Informationen nur bruchstückhaft vorliegen. Die Bonität des Kreditnehmers führt i.d.R. zu unterschiedlichen Marktkonditionen; dies läßt sich pauschal nur schwer eingrenzen. Die Zinsdifferenz variiert im Zeitablauf und nach Programm. Am höchsten ist sie für Kommunalkredite und die ERP-Programme, am niedrigsten für die Eigenmittelprogramme. Hinzu kommen aber auch andere Kreditkonditionen, die sich in der Zinsdifferenz einfangen lassen. Dazu gehören Vereinbarungen z.B. eines Festzinses über die gesamte Laufzeit, die oft sehr viel länger ist als bei normalen Krediten, oder einer tilgungsfreien Anlaufzeit. Insofern ist ein solches Verfahren zu kompliziert und damit keine Alternative dazu, als Transfer die Haushaltsbelastung des Bundes aufgrund der Kreditverbilligung heranzuziehen.

6.3.2. Auswirkungen der Kreditprogramme Die ERP-Kredite werden von den Hauptausleihinstituten über die Banken vergeben. Die Hauptausleihinstitute führen weitere Kreditprogramme durch, die entweder ebenfalls vom

59

6.3 . Kredite für die neuen Bundesländer

Tabelle 613: ERP-Sondervennögen in Mrd. DM

1989

1990

1991

1992

1993p

Ausgaben. insgesamt

u

1...Q

12.2

13.5

16.4

darunter: Darlehensvergabe Zinsaufwand

4,9 0,4

6,5 0,5

11,4 0,8

Einnalunen

~

~

darunter: Darlehensrückflüsse Zinsen aus Darlehen

u

12,2 1,3

3,1 1,0

3,2 1,1

Netto-Neuverschuldung

.L.!

(Kreditfinanzierungsquote in vH)

14,2 2,2

1

~

~

3,5 1,5

4,3 2,3

4,2 2,4

2...4

§..2

M

M

(21)

(35)

(56)

(59)

(59)

Verbindlichkeiten (am Jahresende)

7,1

9,5

16,4

24,4

34,0

Darlehensforderungen (am Jahresende)

22,7

26,1

34,0

41,8

51,9

Verpflichtungsennächtigungen für Zinszuschüsse des Bundes

-

2,04

1,69

2,05

3,58

Nachrichtlich:

Quellen: (P = Wirtschaftsplan 1993); ERP-Wirtschaftspläne; Deutsche Bundesbank; Berechnungen des DIW.

60

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

Bund bezuschußt (Wohnraum-Modernisierung, Kommunalkredite) oder aus Eigenmitteln gespeist werden. So standen beispielsweise der KfW im Jahr 1991 von den aufgenommenen Fremdmitteln 34 vH als zweckgebundene Darlehen aus dem Bundeshaushalt und dem ERPSondervermögen zur Verfügung. Bei den sog. Eigenmittelprogrammen geht die Zinsverbilligung zu Lasten der Erträge der Spezialkreditinstitute. Tabelle 6/4 zeigt die Zusagen aus den verschiedenen Kreditprogrammen für die neuenBundesländer in den Jahren 1990, 1991 und 1992. Kumuliert für die drei Jahre, haben die zugesagten Kredite ein Volumen von 82,4 Mrd. DM; 60 vH entfielen davon auf Kredite für die gewerbliche Wirtschaft; dadurch sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen gefördert worden. Rund ein Fünftel sind jeweils als zinsverbilligte Kredite für Wohnraummodemisierung und für kommunale Investitionen zugesagt worden. Die Kreditprogramme für die neuen Bundesländer haben in vieler Hinsicht den Anpassungsprozeß in den neuen Bundesländern positiv beeinflußt. Sie sind Teil der gesamten auf Ostdeutschland ausgedehnten und/oder zusätzlich geschaffenen wirtschaftspolitischen Förderung. Teilweise kompensieren sie Lücken in der Förderung; z.B. kommt der Investitionszuschuß (Gemeinschaftsaufgabe "Regionale Wirtschaftsstruktur") kaum für kleine und mittlere Unternehmen in Frage. Durch ihre Orientierung auf kleine und mittlere Unternehmen decken die Kreditprogramme vor allem das Ziel ab, den Aufbau des Mittelstandes zu erleichtern und zu beschleunigen. Dies ist nach den vorliegenden Informationen auch gelungen. Existenzgründungen beispielsweise wären ohne die zur Verfügung gestellten ERP-Kredite nicht in dem tatsächlichen Ausmaß vollzogen worden; dies hat vor allem das Entstehen neuer Handwerksunternehmen befördert. Im Bereich der Wohnraummodemisierung hat die Überschaubarkeil und die langfristige Ausgestaltung den Entschluß zu modernisieren sicherlich häufig erleichtert oder sogar erst ermöglicht. Auch im kommunalen Bereich war die Finanzierung zu kalkulierbaren Konditionen für den Investitionsentschluß ausschlaggebend. Die Programme im gewerblichen Bereich haben vielfach vielleicht nicht in dem Maße wie im Wohnungs- oder Kommunalbereich den Anstoß für Investitionen gegeben, zumal die Kreditprogramme für die gewerbliche Wirtschaft meistens kumulativ mit den anderen Förderinstrumenten eingesetzt werden. Ausschlaggebend für gewerbliche Investitionen sind die (potentiellen) Marktchancen; eine Wahrnehmung dieser Chancen und eine Realisierung der dazu notwendigen Investitionen hängt allerdings auch erheblich von den damit verbundenen Risiken und Kosten ab. Die Kreditprogramme verringern vor allem die Finanzierungskosten und stellen eine verläßliche Quelle einer soliden Finanzierung für die kleinen und mittleren Unternehmen dar. Hinzu kommt, daß bei der Vergabe die Geschäftsbanken eine Bankberatung durchführen; dadurch werden die Risiken besser durchleuchtet. Es fmdet im Prinzip eine positive Auswahl geplanter Investitionsprojekte statt. Insofern überrascht es nicht, daß die geförderten Unternehmen sich weniger krisenanfallig und stabiler erweisen als die nichtgeförderten. Der Anteil der geförderten Investitionen an allen Investitionen läßt sich überschlägig wie folgt quantifizieren. Die zugesagten Kredite stellen nur einen Teil der insgesamt geförderten Investitionen dar. Der Finanzierungsanteil durch verbilligte Kredite beträgt - nach Angaben

61

6.3. Kredite fiir die neuen Bundesländer

Tabelle 614: Kreditprogramme für die neuen Bundesländer Zusagen

1990

1991

1992

- kumuliert bis

31.12.92-

inMrd. DM

5,45

10,0

9,3

24,9

Existenzgründungl) (DtA)

2,5

5,0

4,9

12,4

Modernisierung/Aufbau2> (818/KfW)

2,6

3,4

3,7

9,7

Umweltschutz und Energieeinsparung3> (DtA!KfW)

0,2

0,4

0,7

0,3

1,2

-

1,3

Tourismus (bis 31.12.1991) (818)

l. EDstenzgribldq (DtA)

0

0,4

0,3

0,7

3. Umwelt (DtA)

0

0,1

0,1

0,2

4. Elgeokapitalhilfe (DtA)

0,5

3,2

3,5

7,2

5. lnvesddonskredite4l (KfW)

0,4

7,2

6,9

14,8

0,0

0,5

0,5

1,2

7. Ansehub für THA-Untemebmen (Krw)

0,5

0,5

0,3

0,8

A. GewerbHebe Wlrtscbaft insgesamt

7,0

21,9

20,9

49,8

818

0,3

1,2

2,2

3,7

DtA

3,1

8,9

9,3

21,3

KfW

3,6

11,8

9,4

24,8

1. ERP-Kredite



Umwelt(KfW)

1,5

nachrichtlich: nach Ausleihinstituten

8. Wobnraum-Moderuisienmg (Krw)

0,2

7,0

7,5

14,7

C. Kommunalkredite

1,9

10,0

6,0

17,9

dar.:

0,5

2,9

1,6

5,0

818 DtA

0,9

3,1

1,5

5,4

KfW

0,5

4,0

.2,9

7,4

9,1

38,9

34,4

82,4

Kreditprogramme insgesamt

I) Zusagen netto nach Abzug von Verzichten, Kürzungen, Storni etc. - 2) KfW-Modemisierungsprogrammbis 31.12.91; danach Aufbauprogramm, das zwischenzeitlich (1.1.- 30.09.1992) von der 818 durchgeführt wurde. - 3) Abfallwirtschaft (DtA), Energieeinsparung (DtA), Luftreinhaltung (DtA), Umweltschutz (KfW). - 4) einschl. Mittelstandsprogramm. Legende:

818 = Berliner Industriebank (bis 30.09.1992; privatisiert) DtA = Deutsche Ausgleichsbank ERP = European Recovery Program KfW = Kreditanstalt für Wiederaufbau

Quellen: Bundesminister für Wirtschaft; 818, DtA, KfW; Berechnungen des DIW.

62

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

der Ausleihinstitute- im gewerblichen Bereich etwa 50 vH, im kommunalen Bereich 60 vH und bei Wobnraummoderinisierung 80 vH. Daraus ergibt sich ein Faktor für das gesamte Volumen geförderter Investitionen. In Tabelle 6/5 sind unter Ila die entsprechend geschätzten Werte ausgewiesen. Auf der anderen Seite können die Investitionen in Wirtschaftsbauten und Ausrüstungen der Unternehmen, in Wohnbauten und im staatlichen Bereich aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR)entnommen werden. AufgrundderFestlegungen der VGR dürften zwischen beiden Größen ein time-lag bestehen, da die Investitionen in der VGR nicht nach ihrer Kassen-, sondern nach ihrer Produktionswirksamkeit erfaßt werden. Dagegen erfolgen die Kreditzusagen schon relativ früh im Investitionsprozeß. Daher wurden. statt der Zusagen die erfolgten Auszahlungen herangezogen, die ebenfalls im Zeitverlauf hinter den Zusagen zurückbleiben. Aufgrund der Annahmen, denen gegenüber die Resultate recht sensitiv sind, müssen die Schätzungen vorsichtig interpretiert werden. Aufgrund der für 1991 und 1992 kumulierten Werte ergibt sich, daß in der gewerblichen Wirtschaft und bei den Wohnbauten rund40 vH der Investitionen durch zinssubventionierte Kredite finanziert worden sind. Im kommunalen Bereich dürfte diese Relation erheblich höher liegen. Zu beachten ist jedoch, daß hier die Schätzung mit besonderen Unsicherheiten behaftet ist. Die Deutsche Bundesbank kommt zu dem Ergebnis, daß rund die Hälfte der 1991 von den ostdeutschen Unternehmen (einschl . Wohnungswirtschaft) aufgenommenen Bankkredite in Höhe von 44 Mrd. DM auf zinssubventionierte Kredite entfallen sind (Monatsbericht August 1992, S. 2617) . Mit den Zinsverbilligungen ist der restriktive Effekt des hohen westdeutschen Zinsniveaus für Investoren in Ostdeutschland spürbar verringert worden. Zu beachten ist allerdings, daß der Kreditmarkt in Ostdeutschland andere Konditionen aufweist als in Westdeutschland. Eine Analyse der Zinsreagibilität ostdeutscher Investitionen trifft allerdings auf unüberwindliche Schwierigkeiten. Hinzu kommt, daß auch die übrigen Investitionen von anderen Förderinstrumenten begünstigt worden sind- Investitionszulagen, Investitionszuschüsse u.a. Überdies sind den THA-Unternehmen von der THA Mittel für Investitionen als Darlehen zur Verfügung gestellt worden; für Bankkredite muß die THA häufig bürgen. Insgesamt ist festzuhalten, daß das institutionelle Arrangement der eingespielten Kreditgewährung durch Förderbanken von ausschlaggebender Bedeutung für den in Ostdeutschland - wenn auch im industriellen Bereich zögerlich - in Gang gekommenen Investitionsprozeß ist. Ein gewisses Problem stellt immer noch die recht große Anzahl von Kreditprogrammen dar. Dies wiegt umso schwerer, als auch die anderen Fördermöglichkeiten inzwischen noch differenzierter ausgestaltet worden sind als sie es zu Anfang waren. Dies gilt sowohl für die Investitionszulage als auch für die Investitionszuschüsse im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Regionale Wirtschaftsstruktur" (Branchendifferenzierung, Differenzierung nach Herkunft des Investors u.a.). Wenn auch eine solche Vielfalt aus Sicht der Wirtschaftspolitik wünschbar sein mag - z.B. um die speziellen Zielvorstellungen unter Vermeidung zu hoher Mitnahmeeffekte zu verwirklichen -, so ist sie aus der Sicht derer,

63

6.3. Kredite für die neuen Bundesländer

Tabelle 6/5:

Anlageinvestitionen und geförderte Investitionen

in Mrd. DM

1991

1992

kumuliert

I. Anlageinvestitionenll Unternehmen Bauten Ausrüstungen

56,7 19,6 37,1

71,9 28,9 43,0

128,6

Wohnbauten

12,5

18,2

30,7

Staat

13,8 10,5 3,3

18,9 15,7 3,2

32,7 26,2 6,5

8,3

11,3

19,6

44 9 16

42 9 10

86 18 26

26 6 6

25 6 6

51 12 12

45 48 72

35 33 53

40 39 61

Bauten Ausrüstungen dar.: Kommunen2>

0. Gerorderte Investitionen a) hochgereebnet aufgrund der Zusagen3> Gewerbliche Wirtschaft Wohnraummodemisierung Kommunen b) hochgereebnet aufgrund von Auszahlungen4> Gewerbliche Wirtschaft Wohnraummodemisierung Kommunen

m. Relation Ilb: I in vH Gewerbliche Wirtschaft Wohnraummodemisierung Kommunen

nvierteljährliche Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung des DIW -Stand: April 1993.- 2>Angabe nicht verfügbar; es werden als kommunale Investitionen 60 vH angenommen.- 3>Geschätzt aus Zusagevolumen und angenommenem "Hebel": gewerbliche Wirtschaft Faktor 2, Kommunen Faktor 1,6, Wohnraummodemisierung Faktor 1,25 (vgl. Text). - 4>Geschätzt aus Auszahlungen und Hebel; das Verhältnis von Auszahlungen zu Zusagen ist für den gewerbIichen Bereich mit 60 vH, bei Wohnbauten mit 70 vH geschätzt. Bei Kommunen wird die Nettokreditaufnahme als Obergrenze angesetzt. Quelle: Schätzungen und Berechnungen des DIW .



64

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

die nur begrenzte Kapazitäten haben, um sich Überblick über die "Förderlandschaft" zu verschaffen, nachteilig. Die Abstimmung der verschiedenen Förderinstrumente und die Kontrolle des Einsatzes der Mittel wird unübersichtlicher (unerwünschte Mehrfachsubventionierung). Man sollte demzufolge - wie bei den anderen Förderinstrumenten - auch die Kreditprogramme straffen; drei bis vier Programme könnte alle wesentlichen Ziele abdecken. Es genügten einmal die Investitionsförderung für kleine und mittlere Untemehmen, ergänzt um Umweltprogramme; zum zweiten Existenzgründungsprogramme und schließlich die Erleichterung von Kreditgarantien (Kreditgarantiegemeinschaften). Dieser letztgenannte Punkt wird im folgenden aufgegriffen.

6.4. Bürgschaften Bürgschaften der öffentlichen Hand spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für den Autbauprozeß in Ostdeutschland. Einmal stellen sie bei fehlenden Sicherheiten und/oder hohem Risiko ein Vehikel dar, daß die Geschäftsbanken - trotz unzureichender Sicherheiten des Kreditnehmers Kreditengagements eingehen. Hierbei sind einmal die Bürgschaftsbanken oder sog. Kreditgarantiegemeinschaften und die THA, zum anderen die Bürgschaften zur Finanzierung und Risikoabdeckung der Exporte (Hermes-Bürgschaften) anzusprechen. Bei diesen öffentlich garantierten Bürgschaften ist als Transfer wiederum die Belastung in den laufenden Haushalten anzusehen. Erst wenn die öffentliche Hand aus den Bürgschaften in Anspruch genommen wird, ist der in den Bürgschaften enthaltene Transfer meßbar. Auch hier hat man das Problem einer periodengerechten Abgrenzung, weil Inanspruchnahme und Gewährung von Bürgschaften zeitlich erheblich auseinanderklaffen.

6.4.1. Kreditbürgschaften (Rückbürgschaften) Für die neuen Bundesländer wird ein nach der Größenordnung des Mittelbedarfs abgestuftes System von Kreditbürgschaften angeboten. Für Kredite bis zu 1 Mill. DM sind die (neugegründeten) Bürgschaftsbanken zuständig. Sie helfen - ebenso wie in den alten Bundesländern die sog. Kreditgarantiegemeinschaften - Existenzgründem und mittelständischen Betrieben, die für die Absicherung eines Kredits gegenüber den Geschäftsbanken nicht die banküblichen Sicherheiten stellen können. Kredite können durch die Bürgschaftsbanken bis zu 80 vH abgesichert werden; der Selbstbehalt des Kreditgebers beträgt 20 vH. Träger solcher Institutionen sind Kammern, Verbände und Kreditinstitute. Bund und Länder decken zusammen im Verhältnis 60/40 durch Rückbürgschaften 80 vH dieser Bürgschaften; in Westdeutschland sind es nur 70 vH, ab 1993 noch 65 vH . Als zweites werden Kredite zwischen 1 und 20 Mill. DM für Investitionen und Betriebsmittel, die der Errichtung, Erweiterung oder Rationalisierung von Betrieben dienen, von der Deutschen Ausgleichsbank (bis 30.09.1992 von der Berliner Industriebank) -wiederum mit Unterstützung des Bundes -verbürgt. •

6.4. Bürgschaften

65

Als drittes stellt - der Bund unter Beteiligung des jeweiligen Bundeslandes - gegebenenfalls Bürgschaften für die Besicherung von Großkrediten (ab 20 Mill. DM für Investitionen zur Verfügung. (Die Abwicklung erfolgt über die Treuarbeit). Aus diesen Rückbürgschaften haben sich bis Ende 1992 keine Transfers ergeben; der Bund ist aufgrunddieser Rückbürgschaften nicht in Anspruch genommen worden. Neben der haushaltsmäßigen Vorsorge des Bundes für Ausfälle besteht eine mittelbare Unterstützung aus dem Bundeshaushalt darin, daß das ERP-Sondervermögen und die KfW zinsgünstige Darlehen an die Bürgschaftsbanken vergeben. Die wirtschaftliche Wirkung solcher Bürgschaften ist kaum an der Höhe der geleisteten Zahlungen bzw. der im Haushalt ausgewiesenen Ermächtigungen abzulesen. Tatsächlich dürften durch die Bürgschaften insbesondere Existenzgründungen im Dienstleistungs- und Bauhandwerksbereich erleichtert worden sein. Dies hat den notwendigen brauchen- und größenstrukturellen Wandel in den neuen Bundesländern unterstützt. Die Bedeutung von Ausfall- oder Rückbürgschaften, die für die öffentlichen Haushalte Eventualverbindlichkeiten bedeuten, besteht vor allem darin, daß sie oftmals erst den Zugang zum Kreditmarkt eröffnen und dadurch wirtschaftliche Aktivitäten ermöglichen. Insofern wird hierdurch bei geringer Haushaltsbelastung eine sinnvolle Ergänzung der anderen Förderinstrumente erreicht.

6.4.2. Bürgschaften der Treuhandanstalt Aufgrund des ihr eingeräumten Bürgschaftsrahmens hat die THA oftmals für Kredite ihrer Unternehmen gegenüber dem Kreditgewerbe gebürgt. Diese Bürgschaften dienten nicht nur der Besicherung von Krediten für Investitionen, sondern der Aufrechterhaltung der Liquidität. So wurden anfangs von der THA häufig Globalbürgschaften, später dann zunehmend Einzelbürgschaften für Investitionskredite übernommen. Die THA ist in zunehmendem Maße aus den Bürgschaften in Anspruch genommen worden; dies schlug 1991 mit 3,4 und 1992 schon mit 8,5 Mrd. DM in der Einnahmen/Ausgaben-Rechnung der THA zu Buche (s.o. Tabelle) und ist bereits- als Teil des Defizits der THA- als Transfer berücksichtigt.

6.4.3. Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften der Bundesrepublik Deutschland stellen ein etabliertes Instrument dar, deutsche Exporteure und Finanzierungsinstitute gegen die mit Exportgeschäften verbunden Risiken (Käufer- und Länderrisiken, Konvertierungs- und Transferrisiken, Zahlungsverbots- und Moratoriumsrisiken) abzusichern. Über ihre Gewährung entscheidet grundsätzlich der "Interministerielle Ausschuß" (IMA), bei kleineren aber auch die Hermes-Kreditversicherung AG als Mandatar des Bundes. Dieses Instrumentarium ist ab 1. 7 .1990 auch auf Exporte aus der DDR (ab 03. Oktober 1990 aus dem Beitrittsgebiet) ausgedehnt worden. Gleichwohl sind Deckungen bis zum Jahresende wenig in Anspruch genommen worden. 5 Meinhardt u. a.

66

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

Ein wichtiger Grund hierfür besteht darin, daß im Handel mit der Sowjetunion bis Ende 1990 das Transferrubel-Verrechnungsverfahren galt. Dieses Verfahren wurde aufgrunddes unrealistischen Umrechnungskurses (1 TR = 2,34 DM) intensiv- auch kriminell - ausgenutzt. Im zweiten Halbjahr 1990 hat sich auch deshalb ein Saldo von 6,5 Mrd. TR ( =15,2 Mrd. DM) ergeben, der einen (unsicheren) Kredit der Bundesrepublik an die Sowjetunion darstellt, der auch verzinst werden muß. Hierin sind also Risiken enthalten, die später als Transfer in die neuen Bundesländer zum Tragen kommen könnten. Hierbei besteht aber auch bei anderen Verpflichtungen gegenüber der Sowjetunion das Problem, inwieweit sie Ostdeutschland zugerechnet werden. Um die Umstellung auf frei konvertierbare Devisen zu erleichtern und bei der Fortführung der Exportbeziehungen zwischen Unternehmen in den neuen Bundesländern und ihren Abnehmern in der Sowjetunion zu helfen, hat der Interministerielle Ausschuß Ende 1990 für Investitionsgüterexporte in die Sowjetunion Sonderkonditionen beschlossen, beschränkt auf bis Ende 1991 abgeschlossene Lieferverträge, (Finanzierung des gesamten Auftragswertes, Verlängerung der maximalen Kreditlaufzeit auf 10 Jahre, Einräumung einer bis zu drei Jahren tilgungsfreien Zeit). 1991 haben die Unternehmen in den neuen Bundesländern vonden bestehenden Möglichkeiten rege Gebrauch gemacht, zumal im Jahre 1991 durch Sonderkonditionen für i.d.R. kurzfristig finanzierte Güter wie Konsumgüter, Rohstoffe, Ersatzteile etc. eingeführt worden sind. Für die neuen Bundesländer betrug die Deckungsquote für Ausfuhren in die mittel- und osteuropäischen Staaten (MOE) über 50 vH. Allein für die ehemalige Sowjetunion wurde ein Exportvolumen in Höhe von 5,8 Mrd. DM gedeckt; dies sind fast 100 Prozent der gesamten Exporte aus den neuen Bundesländern dorthin (vgl. Tabelle 6/6). Die Deckungsquote für deutsche Ausfuhren in die MOE ist daher von 8 vH in 1990 auf 30 vH in 1991 gestiegen; für die (ehemalige) Sowjetunion hat sich die Deckungsquote sogar von 8 auf 55 vH erhöht. Die Höchsthaftungsbeträge für die MOE sind um drei Viertel auf knapp 29 Mrd. DM erhöht worden. Demgegenüber hat sich 1992 nur noch eine geringe Steigerung ergeben. Die finanziellen Risiken haben das Bundeskabinett im Januar 1992 dazu bewogen, für die GUS-Staaten einen Rahmen von 5 Mrd. DM festzulegen. Aufgrund der Zusagen im Jahr 1991, die aber erst 1992 dokumentiert wurden, war jedoch die Summe der von in Deckung genommen Ausfuhren in die mittel- und osteuropäischen Länder noch etwas höher als 1991 (vgl. Tabelle 6/6). Die Höchsthaftungsbeträge des Bundes gegenüber den MOE erhöhten sich auf 32,5 Mrd. DM.

6.4.4. Auswirkungen Ausfuhrgarantien und -bürgschaften des Bundes haben jedoch nicht verhindem können, daß 1991 die Ausfuhren in die (ehemaligen) Staatshandelsländer weggebrochen sind. Ohne diese Hilfestellung hätte selbst das gegenüber 1990 um zwei Drittel verminderte Exportvolumen nicht erreicht werden können. Im Osthandel dominierte 1991 nach wie vor die (ehemalige) Sowjetunion, die aus Ostdeutschland vor allem Investitionsgüter und Nahrungsmittel bezog.

67

6.4. Bürgschaften

Tabelle 616: Bürgschaften für Exporte in die mittel- und osteuropäischen Länder (MOE) 1) in Mrd. DM

1990 I Ausfuhr in die MOE

53,3

I

1991 37,4

alte Bundesländer

23,5

26,0

neue Bundesländer

29,8

11,4

38,2

17,7

alte Bundesländer

10,4

8,6

neue Bundesländer

17,8

9,1

4,3

11,2

Ausfuhr in die UdSSR (GUS)

I

1992 36,8

II Deckungen2> neu gedeckte Exporte in MOE alte Bundesländer

5,3

neue Bundesländer

5,9

neu gedeckte Exporte in die UdSSR (GUS)

3,1

9,7

alte Bundesländer

3,9

neue Bundesländer

5,8

nachr. : alle neu gedeckten Exporte

26,7

12,1

5,8

37,8

39,2

30

33

III Deckungsquoten3> in vH 8

MOE alte Bundesländer

20

neue Bundesländer

52

UdSSR

8

55

alte Bundesländer

45

neue Bundesländer

98

Länderquote4> MOE IV nachr.: Defizit im Bundeshaushalt (Mrd.DM)

16 2,6

30 1,9

31 2,3

1) Mittel- und osteuropäische Länder (Albanien, Bulgarien, CSFR (CFR, SFR), Polen, Rumänien, Ungarn, UdSSR (GUS, .. .)). - 2) Neu gedeckte Exporte. - 3) neu gedeckte Exporte/ Exporte. - 4) Anteil der Ländergruppe an Bundesdeckungen.

Quellen: Statistisches Bundesamt, BMWi; Berechnungen des DIW

68

6. Transfers im Bereich der Sonderfonds

Die Hermes-Bürgschaften haben sich auf wenige Gütergruppen konzentriert - vor allem Maschinenbau- Straßen- und Schienenfahrzeugbauprodukte, für die i.d.R. lange Kreditlaufzeiten gelten; im Kurzfristbereich entfielen Bürgschaften vor allem auf chemische Produkte und Güter des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes. Die Treuhand-Unternehmen haben vier Fünftel der den ostdeutschen Unternehmen gewährten Ausfuhrbürgschaften in Anspruch genommen; dadurch wurde der Absatz eines erheblichen Anteils ihrer Jahresproduktion im Jahr 1991 ermöglicht. Insbesondere auf sektoraler Ebene dürfte also der Herrnes-induzierte Effekt auf Produktion und Beschäftigung erheblich gewesen sein.

7. EG-Strukturfonds und andere Transferzahlungen der EG an die neuen Bundesländer 7.1. Vorbemerkung Neben den Mitteln, die ostdeutschen Gebietskörperschaften, Unternehmen und privaten Haushalten aus Westdeutschland zufließen, sind vor allem auchjene zu berücksichtigen, die von Seiten der Europäischen Gemeinschaft geleistet werden. Dies sind im wesentlichen die Garantiezahlungen des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und die Mittel der drei europäischen Strukturfonds, also des Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des EAGFL, Abteilung Ausrichtung. Hinzu kommen Kredite der Europäischen Investitionsbank sowie Umstellungsdarlehen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von kleineren Förderprogrammen, aus denen Mittel an Institutionen in den neuen Bundesländern fließen. Dazu zählen das Phare-Programm, die Umweltförderung, die Hochschulprogramme einschließlich der Wissenschaftsförderung, verschiedene EG-Programme der FuE-Förderung, die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Hilfen zur Konversion der von den Alliierten aufgegebenen Flächen, die zuvor militärisch genutzt worden waren. In der regionalen Strukturpolitik, bei der Vergabe von Finanzhilfen an Unternehmen und in der Landwirtschaftspolitik hat die Bundesrepublik Deutschland auch im Falle der finanzpolitischen Unterstützung des Anpassungsprozesses in Ostdeutschland die von der Gemeinschaft gesetzten Rahmenbedingungen -so im Wettbewerbsrecht - und die bestehenden Kompetenzen zu berücksichtigen. Denn mit der Schaffung der deutschen Einheit gehört das Gebiet der ehemaligen DDR zur EG, und damit gilt auch dort das Gemeinschaftsrecht. Dies wirkt sich unmittelbar für die Landwirtschaft aus, da hier die Gemeinschaft weitreichende Kompetenzen besitzt und nur wenige nationale Handlungsspielräume bestehen. So gelten die Agrarmarktordnungen uneingeschränkt auch für die ostdeutsche Landwirtschaft, und aus diesem Regelwerk resultieren erhebliche Zahlungen an die Landwirtschaft oder diese nachgelagerten Bereiche. lnzidenzberechnungen stehen hier freilich voreinem erheblichen Problem. Denn die regionale Aufteilung der Finanzströme läßt sich allenfalls nach den unmittelbaren Zahlern und Empfangern vornehmen - genügend detaillierte Informationen vorausgesetzt. Gerade im Agrarbereich werden Beihilfen und Erstattungen umittelbar auch an Interventionsstellen, an andere Vermarktungsorganisationen oder an die verarbeitende Industrie geleistet, auch wenn sie mittelbar vor allem den landwirtschaftlichen Unternehmen

70

7. EG-Strukturfonds und andere Transferzahlungen der EG

zugute kommen sollen22 • Geben aber ostdeutsche Landwirte ihre Produkte bei einer Stelle in Westdeutschland in die Intervention, so kann sich dies nicht als ein Transfer nach Ostdeutschland niederschlagen. Hier können nur die Hilfen erfaßt werden, die auf der Basis von Marktordnungen unmittelbar an ostdeutsche Betriebe und Institutionen geleistet wurden. Dies ist im Zweifel als Untergrenze der für die ostdeutsche Landwirtschaft anfallenden Kosten der Agrarpolitik anzusehen. Sieht man einmal von den Garantiezahlungen für die Landwirtschaft ab, so dominieren vom finanziellen Volumen her die Maßnahmen der EG-Strukturpolitik. Angesichts der massiven Strukturprobleme in Ostdeutschland hatte die EG-Kommission schon unmittelbar nach der politischen Wende ihr Einverständnis für eine großzügige Strukturförderung mit europäischer Beteiligung gegeben. Hierbei hat auch die Tatsache eine Rolle gespielt, daß die ostdeutsche Wirtschaft in ihrer Leistungskraft durchaus mit jener in den rückständigsten Regionen an der Pheripherie der Gemeinschaften, den sogenannten Ziel-i-Regionen, zu vergleichen ist. Anfang Dezember i990, also bereits zwei Monate nach der Schaffung der deutschen Einheit, trat eine Verordnung des Rates in Kraft, mit der Interventionen der europäischen Strukturfonds in Ostdeutschland geregelt wurden23 • Einmal waren Übergangs- und Ausnahmeregelungen erforderlich, da schon mangels der erforderlichen regionalwirtschaftlichen Kennziffern die bestehenden EG-Regelungen zur Bestimmung der Fördergebiete nicht unmittelbar angewendet werden konnten. Zum anderen waren die bis i993 verfügbaren Strukturmittel bereits indikativ nach Mitgliedstaaten und Regionen aufgeteilt, so daß - wenn nicht an anderer Stelle gekürzt werden sollte - eine zusätzliche Tranche bereitgestellt werden mußte. Erst für die nächste "Förderkampagne", die i994 beginnen soll, werden die neuen Bundesländer von Anfang an als EG-Fördergebiet mit berücksichtigt werden. Sie werden -dies sehen die Vorschläge der EG-Kommission zu den neuen Strukturverordnungen vor- weiterhin insgesamt als Ziel-i-Regionen eingeordnet werden und können mit einem deutlich aufgestockten Volumen der Fördermittel rechnen. Die geltende Verordnung von i990 sieht vor, daß die Gemeinschaft für Ostdeutschland Interventionsmittel in Höhe von 3 Mrd. ECU -dies entspricht etwa 6 Mrd. DM bereitstellt, mit denen im Zeitraum von i99i bis i993 regional-, sozial- und agrarstrukturpolitische Aktionen im gesamten Gebiet der ehemaligen DDR, also ohne regionale Einschränkungen, gefordert werden können. Voraussetzung ist freilich eine Kofinanzierung durch die Bundesrepublik Deutschland. Die EG erstattet nur einen Teil der von den verschiedenen nationalen gebietskörperschaftliehen Ebenen aufgewendeten Gelder für diese Aktionen.

22Vgl. Franzmeyer, Fritz, Peter Hrubesch, Bernhard Seidel und Christian Weise, The Regional Impact of Community Policies, Luxemburg 1991, S. 23 ff.

23 Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 3575/90 des Rates vom 4. Dezember 1990 über die Interventionen der Strukturfonds im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 353 vom 17.12.1990.

7.2. Ziele und Schwerpunkte der Maßnahmen

71

Maßgeblich dafür ist ein gemeinschaftliebes Förderkonzept (GFK), das die EG-Kommission in Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland erstellt hat. Grundlage für das GFK war ein von deutscher Seite erarbeiteter Plan für die Strukturförderungsmaßnahmen, der sowohl Angaben zur sozio-ökonomischen Situation in den betroffenen Regionen als auch die Darstellung der Schwerpunkte der Förderung und des geplanten Einsatzes der gemeinschaftlichen Finanzmittel enthalten mußte. Das GFK für die fünf neuen Bundesländer und für Ostberlin wurde im März 1991 von der EG-Kommission beschlossen24. Das GFK für Ostdeutschland wird im wesentlichen mit sogenannten "operationellen Programmen" ausgefüllt, die von deutscher Seite der EG-Kommission vorzulegen waren. Die Kommission stimmte den Operationellen Programmen mit regionalpolitischem Schwerpunkt bereits im März 1991 zu, denen mit sozialpolitischem Schwerpunkt im Mai 1991 und denen mit agrarstrukturpolitischem Schwerpunkt im Juni 1991. Neben den operationellen Programmen gibt es auch die Möglichkeit der Unterstützung von Großvorhaben und der Gewährung von Globalzuschüssen an regionale Instanzen, welche die Durchführung von Fördermaßnahmen übernommen haben. Globalzuschüsse spielten im Falle Ostdeutschlands bisher als Instrument der Durchführung der Strukturförderung keine Rolle. Bei Großvorhaben kam es zum Teil zu Abstimmungsproblemen zwischen den neuen Bundesländern und der EG-Kommission. Denn solche Vorhaben sind nach den europäischen Förderrichtlinien gesondert zu beantragen und werden von den Dienststellen der Kommission auch entsprechend gesondert geprüft. In den neuen Bundesländer wurden aber anfangs teilweise Großvorhaben, also Vorhaben mit einem Investitionsumfang von mindestens 10 Mill . ECU (gewerbliche Investitionen) bzw. 15 Mill. ECU (Infrastrukturvorhaben)25 , im Rahmen der Operationellen Programme gefördert. Dies geschah auch, um einen schnellen Abfluß der Mittel zu erreichen und damit die Wachstumskräfte rascher wirken zu lassen. Andernfalls hätte es Verzögerungen geben können, da für die Umsetzung der Programme 1991 nicht einmal ein Dreivierteljahr zur Verfügung stand und es auch verschiedentlich in der Verwaltung an Erfahrungen mit der EG-Förderung fehlte.

7.2. Ziele und Schwerpunkte der Maßnahmen mit gemeinschaftlicher Unterstützung 7 .2.1. EG-Agrarpolitik Für die Agrarpolitik ist - zumindest was die Marktstützung und die Einkommenssicherung angeht - nahezu ausschließlich die Europäische Gemeinschaft zuständig. Ein 24 Vgl. Entscheidung der EG-Kommission (91/241/EWG) vom 13. März 1991 zur Erstellung des Gemeinschaftlichen Förderkonzeptes fiir die Strukturinterventionen der Gemeinschaft in den fiinf neuen Ländern und Ost-Berlin in der Bundesrepublik Deutschland. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 114 vom 7.5.1991. 25 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Leitfaden zur Reform der Strukturfonds der Gemeinschaft, Luxemburg 1989, S. 33.

72

7. EG-Strukturfonds und andere Transferzahlungen der EG

Geflecht von Marktordnungen reguliert diesen Bereich. Danach kommt eine Fülle von Instrumenten zum Einsatz. Zu ihnen zählen Ausfuhrerstattungen, Produktionsbeihilfen, Übernahme von Lagerhaltungskosten, Prämien zur Qualitätsverbesserung und die Erstattung von Wertminderungen bei bestimmten Produkten im Falle der Lagerhaltung (so bei Magermilch, Getreide, Butter). Im Vordergrund stehen dabei immer die Förderung der landwirtschaftlichen Betriebe und die Sicherung des Einkommens für die in der Landwirtschaft Beschäftigten mittels der preis- und einkommenspolitischen Maßnahmen einerseits, sozialpolitischer und agrarstrukturpolitischer Maßnahmen andererseits. Hier ist die ostdeutsche Landwirtschaft voll in das Fördersystem eingebunden.

7.2.2. EG-Strukturpolitik Die operationeilen Programme für Ostdeutschland zielen vor allem auf Aufbau und Erneuerung der produktiven Kapazitäten in der Landwirtschaft, der Industrie und im Dienstleistungsgewerbe. Dazu gehört im Zuge des Privatisierungsprozesses auch die Unterstützung des Aufbaus eines leistungsfähigen Miteinanders von mittelständischen Betrieben einerseits und großindustriellen Strukturen andererseits. In der Landwirtschaft geht es unter anderem um die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion bei der Einführung umweltfreundlicherer Produktionsweisen (auch Extensivierung und Aufforstung). Eine wichtige Rolle in den operationeilen Programmen spielt die Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur. Hier bestehen erhebliche Defizite in allen Bereichen: so die unzureichende Verkehrserschließung, die ungenügende Versorgung mit Energie, die unbefriedigende Situation bei der Müllbeseitigung und der Klärung der lndustrieabwässer. Die Infrastruktur bildet bei der Standortwahl der Unternehmen ein wichtiges Kriterium. Eine Infrastrukturoffensive war daher für den Aufholprozeß in Ostdeutschland von zentraler Bedeutung. Daneben werden auf breiter Front auch produktive Investitionen im privaten Sektor gefördert. Der höchste Fördersatz (bis zu 23 vH der lnvestitionskosten) kann bei Errichtung oder Erwerb einer Betriebsstätte gewährt werden, Erweiterungsmaßnahmen sind mit bis zu 20 vH zu unterstützen, Umstellungen und Modernisierungen nur bis zu 15 vH . Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch der Erwerb von Nutzungsrechten für moderne Produktionstechniken und die Schaffung von Arbeitsplätzen für hochqualifizierte Beschäftigte förderfähig. Eine große Bedeutung haben auch Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung. Denn die Verfügbarkeil von beruflich qualifiziertem Personal ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Umstellungsprozesses. Im Hinblick auf die Funktionsweise von marktwirtschaftlichen Prozessen und auf bestimmte moderne Produktions-, Informations- und Kommunikationstechnologien bestehen durchaus QualiftkationsdefiZite. Zudem erfordert die massive Freisetzung von Arbeitskräften im Anpassungsprozeß erhebliche flankierende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Dazu gehören sowohl Maßnahmen der beruflichen Bildung und Lehrlingsausbildung, Existenzgründungsbeihilfen und Einstellungsbeihilfen als auch die Förderung der Bildungseinrichtungen selbst. Besonderes Augenmerk liegt dabei

7 .2. Ziele und Schwerpunkte der Maßnahmen

73

einmal auf der - auch prophylaktischen - Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit, zum anderen auf Maßnahmen, diedenJugendlichen die berufliche Eingliederung leichter machen sollen. Ein weiteres Bündel von Maßnahmen dient der Förderung ländlicher Gebiete. Dazu gehören die Förderung von Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei ebenso wie die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in ländlichen Gebieten, hier wiederum vielfach im Bereich der Infrastruktur und der Verbesserung der Umweltbedingungen.

7 .2.3. Sonstige EG-Transfers Die Darlehensvergabe durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) soll möglichst weitgehend die strukturpolitischen Interventionen ergänzen. So hat die regionale Entwicklung im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlich verankerten Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes bei der EIB hohe Priorität26 • Auch wurden die Vergabebedingungen für EGKS-Umstellungsdarlehen dahingehend überarbeitet, daß diese Darlehen besser mit den Finanzhilfen der Strukturfonds koordiniert werden können27 • Sie sollen der Umstellung von Regionen dienen, die durch den Kohlenbergbau und die Stahlindustrie geprägt sind und dadurch vom Niedergang bedroht sind. Sie werden im Schwerpunkt vor allem Unternehmen gewährt, die in den betroffenen Regionen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bieten können, also nicht den Unternehmen der Montanindustrien. Eiß-Darlehen werden zu marktmäßigen Konditionen ausgereicht, sie enthalten streng genommen keinen SubventionsbestandteiL Hier gilt freilich das gleiche, was schon zu den Darlehen deutscher Förderbanken an ostdeutsche Unternehmen und Gebietskörperschaften gesagt worden ist: Man kann einen Vorteil darin sehen, daß sich eingeführte Entwicklungsbanken wie die EIB mit hohem Rennomme und absoluter Rückzahlgarantie sehr vorteilhaft refinanzieren können und diesen Vorteil an ihre Kreditnehmer zum Teil weiterreichen, die sich auf dem Kapitalmarkt - wenn überhaupt - nicht zu solchen Konditionen verschulden könnten. Die EGKS-Umstellungsdarlehen wiederum sind mit Zinsvergünstigungen verknüpft. Ebenso wie die Strukturfonds wurden auch die Darlehen sehr rasch zur Unterstützung des Transformationsprozesses in Ostdeutschland eingesetzt. Der Schwerpunkt der Finanzierungen der EIB lag auf dem Autbau produktiver Anlagen im industriellen Bereich, hier vor allem bei der Automobilindustrie, der Verbesserung der Energieversorgung im Wege des Ausbaus und Anschlusses des Erdgasverteilsystems und auf der Verbesserung der Kommunikationsinfrastruktur; hier wurde durch die Einrichtung des Fernmeldesatellitensy-

26Vgl. 27Vgl.

auch Europäische Investitionsbank, Jahresbericht 1991, S. 17.

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 26. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften 1992, S. 156.

74

7. EG-Strukturfonds und andere Transferzahlungen der EG

stems Kopernikus die landesweite Verbreitung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen verbessert. Dienen die Strukturhilfen und auch die Darlehen der EIB und der EGKS damit also vor allem dem Ziel, den globalen Rückstand der ostdeutschen Wirtschaft überwinden zu helfen, so haben die übrigen EG-Förderprogramme eher eine Feinabstimmung im Auge, die entweder auch diesem vorrangigen Ziel zugute kommt oder aber dem übergeordneten Ziel dient, für einen stärkeren Zusammenhalt in der Gemeinschaft zu sorgen. Unterstützend wirken vor allem die umwelt-, technologie-und mittelstandspolitischen Programme. Hier gibt es spezifische Defizite in den neuen Bundesländern. Ihr Abbau schafft bessere Voraussetzungen in der Infrastruktur und bei den Unternehmensstrukturen, die für den Aufholprozeß unabdingbar sind. Damit wirken diese Maßnahmen, so gering ihr Finanzvolumen auch ist, ergänzend zu den strukturpolitischen Maßnahmen. Einem stärker integrationspolitischen Zweck wären die hochschulpolitischen Programme zuzuordnen; sie dienen damit aber auch der Annäherung in Forschung und Lehre und können so längerfristig positive Wirkungen auch auf die wirtschaftlichen Strukturen entfalten.

7.3. Umfang der EG-Hilfen für Ostdeutschland 7.3.1. EG-Agrarmarktausgaben Die Zahlungen der Europäischen Gemeinschaft für die ostdeutsche Landwirtschaft sind im Haushalt nur insoweit abzugreifen, wie sie an Institutionen und an landwirtschaftliche Betriebe in Ostdeutschland ausgezahlt werden. Danach wurden 1991 rund 4,3 Mrd. DM und 1992 etwa 3,7 Mrd. DM für die unmittelbaren Kosten der Marktordnungsausgaben aufgewendet, für 1993 sind knapp 3,5 Mrd. DM angesetzt. Im Jahre 1991 floß der größte Teil der Gelder (45 vH) in Ausfuhrerstattungen, während vergleichsweise geringe Beträge für Produktionsbeihilfen und für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Lagerung (jeweils knapp ein Sechstel), für Vermarktungsbeihilfen und sonstige Marktordnungsausgaben (jeweils gut ein Zehntel) eingesetzt worden sind. Die Gewichte haben sich seither aber deutlich verschoben. So machen die Ausfuhrerstattungen inzwischen bei den Voranschlägen nur noch gut ein Viertel der Marktordnungsausgaben für Ostdeutschland aus, während die Produktionsbeihilfen gut 30 vH, die Kosten der Lagerung knapp 30 vH betragen sollen.

7.3.2. EG-Strukturhilfen Über die drei Strukturfonds hat die EG für den Zeitraum von 1991 bis 1993 insgesamt rund 3 Mrd. ECU zur Unterstützung der Strukturanpassung in Ostdeutschland zur Verfügung gestellt. Die Hälfte dieser Mittel (1,5 Mrd. ECU oder gut 3 Mrd. DM) entfällt auf den Regionalfonds, der Sozialfonds stellt 0,9 Mrd.ECU (rund 1,8 Mrd. DM), der Ausrichtungsfonds 0,6 Mrd. ECU (1,2 Mrd. DM) bereit (vgl. Tabelle 7/1). Im Rahmen der Operationellen Programm werden damit regionale und überregionale Maßnahmen gefördert. Zum Teil beschränken sich die Maßnahmen auf Zuschüsse aus jeweils einem der Fonds,

Bund

I Insgesamt

34,7 1490,0

533,0 120,0

34,7 1490,0

413,0

6,2 268,2

70,0

5,9 244,4

68,0

10,2 444,0

120,2

2,7 116,2

29,8

5,5 239,9

4,3

177,3

5,8 0,5

9,0

0,3

WasseflleBOI'Juns, -

0,3

0,1

Darlehen insgesamt

1,2

1,7

0,4 0,9

3,8

I)Finanzierungen.- 2>stand Ende März 1993.- 3>zusagen.

Dabei dominieren ganz eindeutig die Agrarmarktordnungsausgaben, mit größerem Abstand die EG-Strukturhilfen. Die übrigen Transfers spielen im Vergleich dazu kaum eine Rolle. Auch die Darlehen fallen eher gering ins Gewicht. Die Aufteilung der Mittel auf die verschiedenen Haushaltsjahre ist hier in bezug auf die Strukturhilfen und die sonstigen Fördermaßnahmen weitgehend geschätzt worden. Denn es liegen zu den tatsächlichen Zahlungen für die Haushaltsjahre 1991 und 1992 bislang nur einige Anhaltspunkte vor, und dies auch nur für den Regionalfonds. Angesichts der Größenordnungen der Beträge dürfte allerdings ein Schätzfehler nur wenig ins Gewicht fallen.

7. EG-Strukturfonds und andere Transferzahlungen der EG

80

Die Fördermittel der Europäischen Gemeinschaft dürfen nicht ohne weiteres zu den vom Bund und den westdeutschen Ländern erbrachten Transferzahlungen an die ostdeutschen Länder addiert werden. Denn einen großen Teil der Mittel leistet die Gemeinschaft im Wege der Erstattung. Dort, wo die Förderbedingungen der Europäischen Gemeinschaft vorsehen, daß die Mittel zusätzlich zu nationalen Maßnahmen gewährt werden, übernimmt die Gemeinschaft einen Teil der öffentlichen Aut\yendungen. Die Kosten für die Durchführung der Agrarmarktordnung wiederum werden von der Gemeinschaft voll übernommen. Dies heißt aber auch, daß die Transfers zunächst brutto in den Ausgaben der verschiedenen staatlichen Ebenen enthalten sind. Bei der Erfassung der Transfers aus den Bundeshaushaltsplänen und der Bundesanstalt für Arbeit sind daher Doppelzählungen zu vermeiden. Im Bundeshaushaltsplan sind die EG-Marktordnungsausgaben erfaßt, entsprechend auch die Erstattungen dafür von der Europäischen Gemeinschaft. Darüber hinaus ist ein kleinerer Teil der vom Regionalfonds getragenen Ausgaben in den Bundeshaushalt eingestellt, soweit daraus Projekte finanziert werden, an denen der Bund im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" beteiligt ist. Die übrigen von der EG für die neuen Bundesländer bereitgestellten Mittel werden nicht als durchlaufende Posten auf der Ausgaben- und der Einnahmenseite verbucht28 • Insgesamt sind in den Ausgaben des Bundes für die neuen Bundesländer 1991 knapp 270 Mill . DM an EGTransfers enthalten, 1992 rund 500 Mill. DM (Soll), und 1993 sollen es etwa 560 Mill . DM sein. Darüber hinaus sind die Erstattungen des Europäischen Sozialfonds an die Bundesanstalt für Arbeit zu berücksichtigen. Sie machten 1991 wohl rund 60 Mill . DM aus, 1992 nach den Haushaltsansätzen 70 Mill. DM und 1993 rund 107 Mill. DM. Insgesamt ergibt sich:

Tabelle 713 Transferleistungen der EG 1991

1992

1993

in Mrd. DM EG-Finanzhilfen, brutto Bei Bund und BA erfaßt

5,8 4,6

5,6 4,3

6,1 4,2

EG-Finanzhilfen, netto

1,2

1,3

1,9

Hier ist der Weg gewählt worden, diese Bereinigungen bei den EG-Transfers vorzunehmen. Dieser Ansatz wurde vor allem deshalb gewählt, um eine Übereinstimmung in der Abgrenzung mit anderen Berechnungen zum Umfang der Transferzahlungen von 28 Mit

1991.

der Ausnahme der Errichtung von Beratungseinrichtungen in den neuen Bundesländern

7.3. Umfang der EG-Hilfen fiir Ostdeutschland

81

westdeutschen Institutionen an Ostdeutschland zu wahren. Bei der Betrachtung der EGTransfers ist dabei allerdings zu beachten. daß diese - gernessen an den haushaltstechnisch bereinigten Nettozahlungen - weitaus unterschätZt würden. Würde man das Netto-Konzept durchhalten, müßte man die eigenen Einnahmen der EG gegenrechnen, die der Gemeinschaft aus Ostdeutschland zufließen. Dies ließe sich nur im Wege komplizierter Zurechnungen ermitteln. Darauf ist hier verzichtet worden, zumal die Steuerkraft in Ostdeutschland noch gering ist und die übrigen Einnahmen wohl bisher wenig ins Gewicht fallen dürften.

6 Meinhardt u. a.

8. Rückflüsse aus Ostdeutschland und einigungsbedingte Einsparungen 8.1. Rückflüsse bei Steuern und Sozialabgaben aufgrundzusätzlicher Nachfrage aus Ostdeutschland Der Vereinigungsprozeß war anfangs nicht nur mit finanziellen Lasten für die westdeutsche Wirtschaft verbunden. Insbesondere in den ersten zwei Jahren nach dem Fall der Mauer hat es einen enormen Nachfrageschub von ostdeutschen Unternehmen und Haushalten nach westdeutschen Waren und Diensten gegeben, der einen erheblichen Wachstumsgewinn für die westdeutsche Volkswirtschaft mit entsprechenden zusätzlichen Steuereinnahmen nach sich gezogen hat. Die zusätzliche Nachfrage aus Ostdeutschland hat verhindert, daß es schon Mitte 1991 zu der ansonsten zu erwartenden Konjunkturabschwächung gekommen ist. Waren und Dienstleistungen, die von Westdeutschland nach Ostdeutschland geliefert werden, zählen in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als westdeutsche • Exporte •, die 1991 von gut 80 Mrd. DM auf eine Größenordnung von 200 Mrd. DM gestiegen sind. Ein erheblicher Teil davon ist auch durch höhere Importe aus anderen westlichen Ländern gedeckt worden, die dann über Westdeutschland nach Ostdeutschland geliefert wurden. Es kann grob geschätzt werden, daß gut ein Drittel der zusätzlichen Nachfrage als induzierte Importe aus anderen Ländern anzusehen sind. Mit Hilfe eines ökonometrischen Modells ist versucht worden, die aus der Vereinigung resultierenden Effekte auf das Bruttoinlandsprodukt zu quantifizieren29 • Basis für die Berechnung ist eine Status quo-Simulation, die über eine Fünfjahresperiode durchgeführt wurde. Mit ihr wird ein Wachstumspfad der westdeutschen Wirtschaft wiedergegeben, der sich ergeben hätte, wenn die Vereinigung nicht stattgefunden hätte. Auf der Basis aktualisierter Ergebnisse des ökonometrischen Simulationsmodells und eigener Schätzungen kann angenommen werden, daß das nominale Bruttoinlandsprodukt im Jahre 1991 einigungsbedingt um tth Prozentpunkte höher - das sind 40 Mrd. DM ausgefallen ist, als es ohne den Vereinigungsprozeß der Fall gewesen wäre (vgl. Tabelle

8/1).

Für 1992 und 1993 dürfte der Nachfrageeffekt nicht mehr eine so hohe Bedeutung erlangen, wie es im Jahr nach der Vereinigung der Fall war. Vieles von dem, was zunächst von Ostdeutschen in Westdeutschland gekauft wurde, weil die entsprechende Struktur im Handel in Ostdeutschland gar nicht vorhanden war, kann nun mit dem voranschreitenden

29 Vgl. G.A. Horn, W. Scheremet und R. Zwiener: German Unification and its Impacts on the US-Economy. Discussion Paper No. 65, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin, Februar

1993,

s.

8 ff.

83

8.1 . Rückflüsse bei Steuern und Sozialabgaben

Tabelle 811: Mehreinnahmen in Westdeutschland aus Steuern und Sozialbeiträgen aufgrund zusätzlicher Nachfrage aus Ostdeutschland 1991 Nachfrageinduzierter Effekt (Bruttoinlandsprodukt) in % - Punkten

I

1992

I

1993

1,5

0,6

0,2

2613,0

2772,0

2832,0

39,2

16,6

5,7

17,5

7,5

2,5

Grenzsteuerquote, in %des BIP

30,0

30,0

30,0

Zusätzliche Steuern, Mrd. DM

11,8

5,0

1,7

Kumulierte Wirkung, Mrd. DM

11,8

16,7

18,4

36,2

36,4

37,8

Zusätzliche Sozialbeiträge, Mrd. DM

6,3

2,7

0,9

Kumulierte Wirkung, Mrd. DM

6,3

9,1

10,0

18,1

25,8

28,5

11,8

16,7

18,4

6,3

9,1

10,0

Bruttoinlandsprodukt, nominal, Mrd. DM Zusätzliches BIP, Mrd.DM dar.: Bruttolohn- und-gehaltsumme (Inland), Mrd. DM

Steuereinnahmen Durchschnitt!. gesamtwirtschaftliche

Sozialbeiträge Durchschnittliche Beitragsquote, in vH der Bruttolohn- und -gehaltsumme

Rückflüsse insgesamt Steuern, Mrd. DM Sozialbeiträge, Mrd. DM

Quelle: Schätzung des DIW.

84

8. Rückflüsse aus Ostdeutschland

Ausbau des Handels auch in Ostdeutschland erworben werden. Eine Rolle spielt sicher auch, daß die Haushalte in Ostdeutschland sich nun wieder mehr ihren eigenen Produkten zuwenden. Im Unternehmensbereich dürften dagegen immer noch viele der zur Produktion benötigten Investitionen und Vorleistungen aus Westdeutschland importiert werden. Fürdie Schätzung der zusätzlichen Steuer- und Beitragseinnahmen wurde für 1992 und 1993 unterstellt, daß das nominale Bruttoinlandsprodukt in Westdeutschland durch die zusätzliche Nachfrage aus Ostdeutschlandper Saldo um 0,6 bzw. 0,2 Prozentpunkte höher ausgefallen ist. In dieser Rechnung kommt allerdings nicht zum Ausdruck, daß sich hinter der saldierten nominalen Steigerung von 1992 an induzierte negative reale Effekte verbergen, die vor allem auf den vereinigungsbedingt höheren Zinsen beruhen. Bei der Berechnung der aus dem Zusammenspiel der nominalen und realen Effekte resultierenden Steuereinnahmen wurde für alle Jahre einheitlich ein durchschnittlicher gesamtwirtschaftlicher Grenzsteuersatz von 30 vH unterstellt; dieser Satz liegt also geringfügig über der gesamtwirtschaftlichen Steuerquote - kassenmäßige Steuereinnahmen zu nominales Bruttoinlandsprodukt -,die 1992 bei etwa 24 vH lag. Wegen der Progressionswirkung bei der Lohn- und Einkommensteuer, die bei zusätzlichem Einkommen zum Tragen kommt, wurde die Grenzsteuerbelastung des zusätzlichen Bruttoinlandsprodukts auf 30 vH festgesetzt. Wendet man diese Steuerquoten auf das zusätzliche Bruttoinlandsprodukt ( 1991 : 39 Mrd. DM; 1992: 16,5 Mrd. DM; 1993: 5,5 Mrd. DM) an, dann errechnen sich einigungsbedingte Mehreinnahmen für die Gebietskörperschaften in Westdeutschland von 12 Mrd. DM für das Jahr 1991 und 5 Mrd. DM für das Jahr 1992 (vgl. Tabelle 8/1). Kumuliert ergibt sich also für 1992 ein Plus von gut 16,5 Mrd. DM . Dies sind Mehreinnahmen, die als Rückflüsse von den Brutto-Transferleistungen abgesetzt werden müssen. Die zusätzliche Nachfrage aus Ostdeutschland hat nicht nur höhere Steuereinnahmen, sondern als Folge einer höheren Bruttolohn- und -gehaltsumme auch Mehreinnahmen aus zusätzlichen Sozialbeiträgen zur Folge. Der durchschnittliche Beitragssatz für Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Krankenkasse lag 1991 bei gut 36 vH der Bruttolohn- und -gehaltsumme; 1992lag er nur wenig höher. Aus diesen Annahmen resultieren zusätzliche Beitragseinnahmen, die sich 1992 auf 9 Mrd. DM kumulieren, nach 6lh Mrd. DM im Jahre 1991. In der Zusammenführung der gesamten Transferleistungen werden also von den BruttoTransfers 18 Mrd. DM im Jahre 1991 und 26 Mrd. DM im Jahre 1992 an zusätzlichen Steuern und Sozialbeiträgen, die über die Käufe von Ostdeutschen in Westdeutschland in die öffentlichen Kassen geflossen sind, abgesetzt.

8.2. Einigungsbedingte Einsparungen Vor der Vereinigung hat die alte Bundesrepublik eine Vielzahl von Ausgaben getätigt und Steuervergünstigungen gewährt, die persönliche und regionale Nachteile, die aus der Teilung entstanden sind, teilweise ausgleichen sollten. Diese Belastungen, die weitgehend

8.2. Einigungsbedingte Einsparungen

85

vom Bund, teilweise auch von den Ländern, getragen wurden, sind mit der deutschen Einheit entfallen oder werden, wie bei der Arbeitnehmerzulage Berlin, allmählich abgebaut. Hier entstehen den öffentlichen Haushalten in Westdeutschland Entlastungen, die mit den Brutto-Transferleistungen an Ostdeutschland verrechnet werden können. Dies gilt z.B. für die Transitpauschale an die ehemalige DDR, mit der die Nutzung der Verkehrswege von und nach Berlin-West abgegolten wurde. Die Pauschale wurde vom Bund getragen und hatte 1989 ein Volumen von 525 Mill. DM (vgl. Tabelle 8/2). Vom Bund erstattet wurden ebenfalls die Gebühren, die von Berlinern aus dem Westen der Stadt bei Besuchsreisen in das Gebiet der DDR zu zahlen waren; hierfür wurde 1989 ein Betrag von 13 Mill. DM aufgewendet. Von besonderem Gewicht waren die Vergünstigungen für West-Berlin und das Zonenrandgebiet. Im Rahmen des Berlinförderungsgesetz (§ 28 und 29 BerlinFG) gab es eine Arbeitnehmerzulage in Höhe von 8 vH des Bruttolohnes, die nun nach der Vereinigung in fünf Stufen abgebaut wird; 1991 wurden immerhin 3'h Mrd. DM an Berliner Arbeitnehmer ausgezahlt. Auch bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer gab es eine entsprechende - 30-prozentige - Steuervergünstigung, die jährlich mit etwa 800 Mill. DM veranschlagt werden kann; auch sie wird in 5 Stufen abgeschafft. Kernstück der Berlinförderung waren die Hersteller- und Abnehmerpräferenz bei der Umsatzsteuer (§§ 1, 1a i.V.m. § 5, 2 und 13 BerlinFG), die den Bund und die westdeutschen Länder etwa 3'h Mrd. DM pro Jahr kosteten. Die Abnehmerpräferenz ist ab 1. 7.1991 und die Herstellerpräferenz ab 1.1.1992 abgeschafft worden. Zusammen mit anderen Streichungen von Steuervergünstigungen in Berlin, z.B. Wegfall der erhöhten Absetzungen für betriebliche Investitionen, Wegfall der Steuerermäßigung für die Hingabe von Industrie- und Wohnungsbaukrediten ab 1.7 .1991 , ergeben sich Einsparungen für den Bund und die westdeutschen Länder, die sich nach der endgültigen Abschaffung (1994) auf einen Betrag von etwa 9 Mrd. DM summieren. Bei der Zonenrandförderung führt die Streichung der Sonderabschreibungen (§ 3 ZRFG) zu jährlichen Einsparungen von knapp 100 Mill. DM. Nimmt man die Ausgaben des Bundes für die Transitpauschale, Besuchseinreisegebühren, Häftlingsfreikauf und Begrüßungsgeld für DDR-Bürger mit ins Bild -zusammen schätzungsweise 1 Mrd. DM-, dann ergeben sich einigungsbedingte Entlastungen in den Haushalten von Bund und Ländern in der Größenordnung von etwa 10 Mrd. DM, die nach der endgültigen Abschaffung - von den Brutto-Transferleistungen abgesetzt werden. Von diesem Betrag entfallen 1994 etwa 5 1h Mrd. DM auf den Bund, 3'h Mrd. DM auf die westdeutschen Länder und 750 Mill. DM auf die Gemeinden, die aus deren Beteiligung an der Lohn- und Einkommensteuer (15 vH) resultieren.

In den Jahren 1991 und 1992 ist mit 11h bzw. gut 5 Mrd. DM erst ein Teil der vollen Einsparsumme kassenwirksam geworden.

86

8. Rückflüsse aus Ostdeutschland

Tabelle 812:

Einigungsbedingte Einsparungen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite in Mill. DM 1989 Transitpauschale

1

1990

1

1991

1

1992

1

1993

1

1994

525

525

525

525

525

525

13

13

13

13

13

13

270

270

270

270

270

270

905

4285

6318

8925

Arbeitnehmerzulage Berlin

190

1250

1850

2900

Tarifermäßigung ESt u.KSt

65

275

465

675

10

90

450

Besuchseinreisegebühren Häftlingsfreikauf 1) Begrüßungsgeld

1600

Berlinförderungsgesetz

Investitionszulage Umsatzsteuerpräferenz

550

1905

2845

3545

Sonst. Steuervergünstigungen

100

845

1068

1355

Zonenrandförderungsgesetz

70

80

95

Sonderabschreibungen

70

80

95

Insgesamt

2408

808

1713

5163

7206

9828

2408

808

1308

3067

4136

5407

Länder

0

0

357

1764

2588

3677

Gemeinden

0

0

48

332

482

744

dav.: Bund

1) Einschließlich Familienzusammenführung.

Quellen: Bundesministerium der Finanzen; Berechnungen des DIW.

9. Bewertung und wirtschaftliche Konsequenzen 9.1. Die gesamten Transferleistungen an die neuen Bundesländer Als sich nach der überraschenden Öffnung der innerdeutschen Grenzen abzeichnete, daß die Vereinigung Deutschlands möglich war, hat die Bundesregierung rasch und zielstrebig auf diese Herausforderung reagiert. Innerhalb kurzer Zeit sind die komplizierten Verhandlungen über den Vertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion sowie der Einigungsvertrag abgeschlossen worden. Dazu wurde eine Fülle von Institutionen entweder ins Leben gerufen, z.B. die Treuhandanstalt, der Fonds "Deutsche Einheit", der KreditabwicklUngsfonds etc., oder mit der Wahrnehmung von Aufgaben im Einigungsprozeß beauftragt, z.B. ERP-Sondervermögen, Kreditanstalt für Wiederaufbau, HermesBürgschaften etc. Die Vielzahl der Institutionen, die am Einigungsprozeß beteiligt sind, macht es indes äußerst schwierig, den Überblick über die Finanztransaktionen zu behalten. Ökonomisch bedeutsam war vor allem die Währungsumstellung. Forderungen und Verbindlichkeiten sind im Verhältnis 2 Mark zu 1 D-Mark umgestellt worden, wobei es für die Ersparnisse in den privaten Haushalten Ausnahmen gab. Die laufenden Verpflichtungen sind im Verhältnis 1 Mark zu 1 D-Mark umgetauscht worden. Als Folge der Währungsumstellung und der Öffnung der Märkte wurde schlagartig deutlich, daß das Produktionskapital in der ehemaligen DDR veraltet und der Produktivitätsrückstand im Vergleich zu westdeutschen Unternehmen enorm war. Besonders erschwerend hinzu kam das Wegbrechen der osteuropäischen Märkte, auf die die ostdeutschen Unternehmen vor der Wende in hohem Maße angewiesen waren. Zusanunen hat dies dazu geführt, daß Produktion und Beschäftigung in den meisten Sektoren der Volkswirtschaft dramatisch eingebrochen sind. Die im Vergleich zu Westdeutschland höheren Lohnstückkosten, die wegen der raschen Angleichung der Einkommen an das westdeutsche Niveau in den letzten drei Jahren kräftig gestiegen sind, haben die Situation für die ostdeutschen Unternehmen weiter verschlechtert. Verantwortlich für den Produktionsrückgang und den dramatischen Abbau von Arbeitsplätzen war auch· die Tatsache, daß die ostdeutschen Bürger zunächst kaum noch Ost-, sondern nur noch Westprodukte nachfragten. Die Konsequenz dieser Entwicklung war, daß hohe Transfers von West- nach Ostdeutschland notwendig waren, um die Einkommen der privaten Haushalte zu stabilisieren. Auch im Bereich der Unternehmen, für deren Abwicklung, Sanierung und Privatisierung die Treuhandanstalt zuständig ist, waren hohe Beträge für den laufenden Betrieb der Unternehmen notwendig, die sich mit ihrer Produktion nicht am Markt behaupten konnten. Im nachhinein hat sich auch gezeigt, daß in der DDR in eklatanter Weise gegen ökologische Grundsätze verstoßen worden war. Die Beseitigung dieser Umweltschäden wird

88

9. Bewertung und wirtschaftliche Konsequenzen

sich in zweistelliger, wenn nicht sogar in dreisteiliger Milliardenhöhe bewegen und die öffentlichen Haushalte auf Jahre hinaus stark belasten. Faßt man die westdeutschen Transferleistungen zusammen, die von den Gebietskörperschaften, den Sozialversicherungen, dem Fonds "Deutsche Einheit" , der Treuhandanstalt und der EG nach Ostdeutschland fließen, so summieren sich die Brutto-Transfers 1992 insgesamt auf 164 Mrd. DM (vgl. Tabelle 9/1). Diese Summe entspricht gut zwei Dritteln des nominalen Bruttoinlandsprodukts in Ostdeutschland. Die gesamten Brutto-Transfers sind indes nicht identisch mit der tatsächlichen Belastung in den öffentlichen Haushalten Westdeutschlands. Gegenzurechnen sind z.B. Steuereinnahmen, die der Bund in Ostdeutschland erzielt: Verbrauchsteuern und sein Anteil an den gemeinschaftlichen Steuern (Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht veranlagten Steuern, Steuern vom Umsatz und Gewerbesteuerumlage) 1992 waren dies etwa 22 Mrd. DM. Verringert man die gesamten Brutto-Transfers um diesen Betrag, dann ergibt sich ein Netto-Transfer von 142 Mrd. DM . Nimmt man die implizierten Transfers vor allem der Treuhandanstalt hinzu, dann errechnet sich ein Netto-Transfer-Volumen von 172 Mrd. DM . Die Transfers nach Ostdeutschland wirkten in den ersten beiden Jahren in Westdeutschland wie ein Konjunkturprogramm und bescherten den öffentlichen Haushalten zusätzliche Steuereinnahmen; für das Jahr 1992 können die Steuer-Mehreinnahmen auf schätzungsweise 16'h Mrd. DM angesetzt werden. Auch im Bereich der Sozialversicherung (West) hat die zusätzliche Nachfrage aus Ostdeutschland über das höhere Wachstum zu Mehreinnahmen bei den Sozialbeiträgen geführt. Sie werden hier mit gut 9 Mrd. DM für das Jahr 1992 veranschlagt. Darüber hinaus sind mit der Vereinigung viele der einigungsbedingten Kosten - Berlin- und Zonenrandförderung sowie Transitpauschale - weggefallen. Hier wurde ein Einsparungsbetrag von gut 5 Mrd. DM angesetzt. Eine Reihe der Kürzungen werden nicht sofort, sondern stufenweise wirksam, so daß zunächst noch nicht die vollen Einsparwirkungen in den öffentlichen Haushalten sichtbar sind. Setzt man alldiese Mehreinnahmen/Minderausgaben von den Netto-Transfers ab, so verbleibt unter dem Strich also eine Netto-Belastung für Westdeutschland in Höhe von fast 123 Mrd. DM (1991) und knapp 141 Mrd. DM im Jahre 1992. Die hier vorgenommene Schätzung der Finanztransfers von West- nach Ostdeutschland deckt sich in der Größenordnung weitgehend mit anderen Schätzungen, die von verschiedenen Institutionen vorgenommen wurden30 • Die Unterschiede lassen sich überwiegend auf unterschiedliche Abgrenzungen zurückführen. So sind in diesem Gutachten die Netto-Leistungen der Treuhandanstalt mit einbezogen worden. Die Treuhandanstalt zählt nach der Begriffsbestimmung des Statistischen Bundesamtes zwar zum Unternehmenssektor,

30 Vgl. Öffentliche Finanztransfers für Ostdeutschland in den Jahren 1991 und 1992. In: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, März 1992; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1992/93, Tabelle _43, S. 146; Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft. In: Wochenbericht des DIW, Nr. 18-19/93, S. 257.

9.1. Die gesamten Transferleistungen an die neuen Bundesländer

Tabelle 911:

Öffentliche(*) Transfers aus Westdeutschland und der Europäischen Gemeinschaft an Ostdeutschland in Mrd. DM Fundstelle: vgl. Tabelle

,99, 74,1

Bund

I

1992 91,4

ss.s

Transfers II

4!2

40.1

Steuerverg0nstigungen21

4/6

2,1

4,2

Sozialtransfers11

SIS

30.2

36.6

Neaoinveslitionen•1

4/S

1,7

2, 1

13,1

16,6

Bundesiloder (West) Transfers'1

4n

0,9

2,0

Steuern und Steuerverg0nsligungen61

4/6

11 .2

12,6

Ausgaben7l

4n

1.0

2.0

0,3

1,4

Gemeinden (West) Steuern und

Steuerverg0nsligungen11

4/6+4n

0.2

0.9

4n

0.1

o.s

Fonds "Deutsche Einheit"'~

4/8

31,0

24,0

Renteovenlcherung (West)

SIS

0,0

1,0

Bundesaustalt fDr Arbeit (West)

S/S

20,2

21,6

Europilsc:be Gemelnscbaft1tl

713

Ausgaben7l

Brutto-Transren bisgesamt

.1. Einnahmen Bund (Ost) ohne sonstige laufende Übertragungen 111 Netto-Transren bisgesamt Kreditabwicklungsfonds 121 Treuhandanstalt

4/S

6!2

Netto-Transren einschließlich der speziellen Sonderfonds

1,2

1,3

140,6

164,3

17,9

22,1

122,7

142,2

0 ,0

o.o

19.9

29,6

142,6

171 ,1 16,7 9,1

.1. Steuermehreinnahmen in Westdeutschland infolge höherer Ost· nachfrage 11 1

811

11 ,8

.1. Zusltzliche Sozialbeitrige in Westdeutschland infolge höherer Ostnachfrage

811

6.3

.1. Einigungsbedingte Einsparunaen in Westdeutschland

8!2

Netto-Belastung bisgesamt ln Westdeutschland nachrichdich: Anteiliger Staatsverbrauch des Bundes. Ostdeutschland zuaerechnet

4/S

1,7

S.2

122,1

140,1

17.0

17,3

*) Nur öffentlicher Sektor. Ohne Bundesbahn und Bundespost. - I) Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse (Gruppierungsnummern 6 und 8); ohne Personal-. Sachkosten und Investitionen. Ergebnisse der Auswenung der Bundeshaushaltspllne 1990 bis 1993 durch das DIW . - 2) Anteil des Bundes an den für Ostdeutschland gewahrten SteuervergOnstigungen. - 3) Soziale LeisNngen. Bundeszuschuß, Defazitausgleich. Zusatzversicheruna. ABM-Finanzierung im Rahmen des Gemeinschaftswerks • Aufschwung Ost" und landwirtschaftliche Unfallversicherung. - 4) ln Ostdeutschland durchgefllhrte Bundesinvestitionen. • S) ZuschUsse an Fonds "Deutsche Einheit". - 6) Umsatzsteuerausateich aus Underanteil, Anteil der UNter an den Investitionszulagen ftlr Investitionen in Ostdeutschland durch westdeutsche Unternehmen. • 7) Personal- und Sachtosten ftlr Verwalwnashilfe in Osldeutschland. - 8) Anteil der Gemeinden an den Investitionszulagen ftlr Investitionen in Ostdeutschlapd durch westdeutsche Unternehmen; erhöhte Gewerbesteuerumlage an West-Under für Fonds "Deutsche Einheit". - 9) Ohne Zuschüsse von Bund und Undern. - 10) Ohne die beim Bund verbuchten EGLeisNngen. - II) Einschließlich Eigeneinnahmen der EG. - 12) Ohne Zinszahlungen, die von Bund und Treuhandanstalt erstattet werden.

90

9. Bewertung und wirtschaftliche Konsequenzen

aber von ihrer Aufgabenstellung und dem Charakter der Finanzierung ihrer Leistung sind ihre Ausgaben weitgehend mit den Transferleistungen der öffentlichen Hand vergleichbar. Der anteilige Staatsverbrauch des Bundes, der nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes Bestandteil des Saldenausgleichs Bundeshaushalt-Ost~ ist, wurde dagegen in diesem Gutachten - wie im Kapitel 4 ausführlich begründet - nicht als Transferleistung im engeren Sinne behandelt. Zum Zwecke der Vergleichbarkeit ist er gleichwohl in Tabelle 9/1 nachrichtlich ausgewiesen. Die Analyse bestätigt, daß der Bund der mit Abstand größte Träger von Transferleistungen nach Ostdeutschland ist. Die westlichen Bundesländer und Gemeinden sind an den Brutto-Transfers mit 13 Mrd. DM (1991)bzw. 18 Mrd. DM (1992) beteiligt; dasentspricht jeweils etwa 10 vH der Brutto-Transferleistungen. Auf den Bund dagegen entfielen mit fast 100 Mrd. DM etwa 60 vH aller Brutto-Transferleistungen; dies waren rund 23 vH der gesamten Bundesausgaben. Für den gesamten Bundeshaushalt errechnet sich demgegenüber für 1992 eine Kreditfinanzierungsquote - Nettokreditaufnahme in vH der Bundesausgaben in Höhe von knapp 9 vH, d.h. der Bundeshaushalt hätte ohne die Transferleistungen in die neuen Bundesländer - bei gleicher Einnahmestruktur -mit einem Überschuß abgeschlossen. Die kreditfinanzierten Leistungen des Fonds "Deutsche Einheit" machten 1992 knapp 15 vH aller Brutto-Transfers aus. In den 80er Jahren haben Wachstum und eine zurückhaltende Ausgabenpolitik zu einer Konsolidierung in den öffentlichen Haushalten geführt: 1989- also ein Jahr vor der deutschen Vereinigung- hat der Staat seine Haushalte sogar mit insgesamt einem leichten Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben (21fl Mrd. DM) abgeschlossen. Der dramatische Anstieg der Defizite in den Jahren nach der Vereinigung zeigt, daß die gewaltigen Finanztransfers überwiegend über Kapitalmarktmittel gedeckt wurden. Tabelle 9/2

Finanzierung der Transfers 1992 Mrd. DM

vH

Steuer- und Beitragserhöhungen in der Sozialversicherung

44,9

26,1

ROckflOsse aus Ostdeutschland und einigungsbedingte Einsparungen

31,0

18,0

Kreditaufnahme

95,9

55,8

171,8

100

Transfers, insgesamt

9.1. Die gesamten Transferleistungen an die neuen Bundesländer

91

Eine überschlägige Abschätzung nach den Finanzierungskomponenten macht deutlich, daß weitaus über die Hälfte der gesamten Brutto-Transferleistungen über den Kreditmarkt finanziert wurden. Gezielte Einsparungen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Deutschen Einheit dürfte es - wenn überhaupt - allenfalls zu einem kleinen Teil bei den Bundesausgaben gegeben haben. Bei den Haushalten der westdeutschen Länder und Gemeinden -so zeigt die finanzielle Entwicklung in den letzten Jahren - sind die einigungsbedingten Mehreinnahmen überwiegend wieder voll verausgabt worden. Knapp ein Fünftel der Finanzierungsmittel wurde in Form von Rückflüssen aus Ostdeutschland (Steuereinnahmen des Bundes und einigungsbedingte Einsparungen) gewonnen. Es wurden aber auch in erheblichem Umfang Steuern und Sozialbeiträge erhöht; sie dürften in der Finanzierungsrechnung mit gut einem Viertel zu Buche geschlagen sein. Zu den Maßnahmen der Sicherung der notwendigen Steuermittel zur Finanzierung der Kosten der Einheit sind zu zählen: Die Mineralölsteuer sowie die Tabak- und Versicherungsteuer wurden erhöht und ein befristeter Solidaritätszuschlag eingeführt, der Mitte 1992 ausgelaufen ist. Der Normalsatz bei der Mehrwertsteuer wurde von 14 auf 15 vH vom 1. 1.1993 an erhöht. In den Jahren 1992 und 1993 beliefen sich die Mehreinnahmen aus diesen Steuerpaketenper Saldo auf etwa 20 Mrd. DM . Davon entfiel der weitaus überwiegende Teil der Mehrbelastungen auf die privaten Haushalte, während der Unternehmenssektor kaum Mehrbelastungen hinnehmen mußte. 1993 wurden die Unternehmen - trotzder hohen finanziellen Belastungen der öffentlichen Haushalte -sogar um über 2 Mrd. DM entlastet. Noch nicht berücksichtigt in dieser Rechnung sind die Anhebung der Beitragssätze im Bereich der Sozialversicherungen zur Finanzierung der hohen Kosten auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt. Die Steuerpolitik hat seit der Öffnung der innerdeutschen Grenze zum einen in erheblichem Maße den Aufbauprozeß in der ostdeutschen Wirtschaft durch steuerliche Anreize gefördert, zum anderen wurden Steuererhöhungen auch durchgeführt, um zumindest einen Teil der westdeutschen Transferleistungen zu finanzieren. Bei den steuerlichen Anreizen in Ostdeutschland sind zu nennen: Das "Programm zur Grenzöffnung" räumte den Unternehmen in Ostdeutschland steuerfreie Rücklagen ein und gewährte ihnen einen Kürzungsanspruch beim Erwerb von Gütern aus dem Gebiet der ehemaligen DDR. In dem Bündel der "Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einheit Deutschlands" aus dem Jahre 1991 waren Steuerentlastungen bei der Gewerbe- und Vermögensteuer sowie Verbesserungen bei der Investitionszulage für betriebliche Investitionen in Ostdeutschland eingebunden. Neben dem Ausbau der Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation und öffentliche Verwaltung und der Ankurbelung der privaten Investitionstätigkeit hat die soziale Abfederung der Folgen des Umstrukturierungsprozesses einen herausragenden Stellenwert. In einer Phase, in der Produktion und Beschäftigung stark nach unten gerichtet sind, haben die arbeitsmarktpolitischen Ausgaben eine Art Brückenfunktion, die abhängig ist von der Intensität des ökonomischen Erholungsprozesses. Erforderlich sind aber auch

92

9. Bewenung und winschaftliche Konsequenzen

Maßnahmen in anderen Bereichen. Je mehr Investitionen in den ostdeutschen Betrieben getätigt werden, um so rascher entstehen produktive und wettbewerbsfahige Arbeitsplätze. Im gleichen Maße, wie es gelingt, den wirtschaftlichen Aufschwungprozeß in Gang zu bringen, werden die Aufwendungen im Bereich des Arbeitsmarktes entlastet. Insofern bestehen substitutive Beziehungen zwischen arbeitsmarktpolitischen und investitionsfördernden Maßnahmen. Wie die Analyse der Finanzsituation der Sozialversicherung in den neuen Bundesländern zeigt, wird ein großer Teil der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen über Beiträge finanziert, die aus dem erwirtschafteten Einkommen in den alten Bundesländern aufgebracht werden. Um den sich abzeichnenden Finanzbedarf der Bundesanstalt für Arbeit decken zu können, ist der Beitragssatz für die Arbeitslosenversicherung kräftig angehoben worden: zum 1.4.1991 von4,3 vH auf6,8 vH. Vom 1.1. bis 31.1.1992 war ein Beitragssatz von 6,3 vH in Kraft und seit dem 1.1.1993 gilt einer von 6,5 vH. Um die durch die Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entstandenen Belastungen zu mindern, wurde der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung zum 1.4.1991 um einen Prozentpunkt auf 17,7 vH und zum 1.1.1993 um weitere 0,2 Prozentpunkte gesenkt. Der Bundesanstalt für Arbeit wurden über die Anhebung der Beitragssätze im Jahre 1991 aus Westdeutschland schätzungsweise 18 Mrd. DM und im Jahr 1992 gut 20 Mrd. DM an Beitragseinnahmen zusätzlich zugeführt. An die Rentenversicherung wurden 7 bzw. lO Mrd. DM weniger abgeführt, so daß in diesen Jahren für die Arbeitgeber und für die westdeutschen Beschäftigten jeweils eine zusätzliche Belastung von je lO Mrd. DM/Jahr entstand. Über die Absenkung der Beitragssätze zur Rentenversicherung werden die Beitragszahler aber nur kurzfristig entlastet. Bei unveränderten Beitragssätzen hätte die Rücklage der Rentenversicherung weiter aufgestockt werden können. Da dies wegen der gesenkten Sätze nicht möglich war, wird die 1994/95 ohnehin notwendig werdende Anhebung der Beitragssätze entsprechend höher ausfallen. Die sich rechnerisch ergebende Entlastung ist im Prinzip eine kurzfristige Kreditierung zugunsten der Beitragszahler. Die Bundesanstalt für Arbeit und die Rentenversicherung erbrachten Transfers aus westlichem Beitragsaufkommen in Höhe von gut 22 1h Mrd. DM; das sind etwa 13 1h vH der Bruttotransfers. Alle Sozialtransfers zusammen - etwa 60 Mrd. DM -machten reichlich ein Drittel der Brutto-Transferleistungen aus. Zu den Ausgaben des Bundes für soziale Zwecke gehören neben den sozialen Leistungen - dem Kindergeld, dem Erziehungsgeld, dem Wohngeld, der Ausbildungsförderung und der Kriegsopferversorgung -auch die Bundeszuschüsse an die Rentenversicherungsträger. Zudem hat der Bund in Ostdeutschland das Vorruhestandsgeld übernommen. Die Bundesanstalt für Arbeit ist für die Zahlung von Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld und für Umschulung, Qualifizierung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und das Altersübergangsgeld verantwortlich. Defizite, die bei der Bundesanstalt für Arbeit entstehen, werden vom Bund ausgeglichen. Mit den hohen Sozialtransfers werden zwei wichtige Ziele der Strategie der sozialen Angleichung in beiden Teilen Deutschlands erreicht:

9.2. Wirtschaftliche Konsequenzen

93

Einkommensunabhängige Transfers (z.B. Kindergeld, Erziehungsgeld) werden in gleicher Höbe gezahlt wie in Westdeutschland. Dies bedeutet -vor dem Hintergrund der Annäherung der Lebenshaltungskosten (Ausnahmen: Mieten) - eine Durchsetzung des Gleicbbehandlungsgrundsatzes. Einkommensabhängige Transfers werden in gleicher Relation zum Einkommen gezahlt wie in Westdeutschland. Hierdurch wird eine Diskriminierung der Bürger Ostdeutschlands vermieden. Die Finanzpolitik hat ihre seit Anfang der 80er Jahre eingeschlagene Strategie einer "angebotsorientierten" Steuerpolitik im wesentlichen auch im Prozeß der Vereinigung durchgehalten und damit vor allem die abhängig Beschäftigten belastet. Dies hat zu sozialen Spannungen geführt und die Bereitschaft der Arbeitnehmer zur Finanzierung der Einigungskosten vermindert. Obwohl von vielen Seiten in Anbetracht der enormen Kosten der deutschen Einheit gefordert wurde, die Unternehmenssteuerreform zurückzustellen, ist jüngst das Standortsicherungsgesetz endgültig verabschiedet worden. Es wird den Unternehmenssektor in den nächsten Jahren entlasten. Unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten ist zu kritisieren, daß die Probleme des ostdeutschen Arbeitsmarktes zu großen Teilen von der Versichertengemeinschaft gelöst worden sind. Dabei handelt es sich um die Lösung einer gesellschaftlichen Aufgabe, die im Zusammenhang mit dem Transformationsprozeß entstanden ist. Eine Finanzierung der arbeitsmarktpolitischen Ausgaben für Ostdeutschland über Steuern (evtl. Erhöhung und längere Geltungsdauer des Solidaritätszuschlages) hätte einerseits eher den Grundsätzen der Belastung nach der Leistungsfähigkeit entsprochen und andererseits die Entzugseffekte bezüglich der Nachfrage gemindert, da die Konsumnachfrage der unteren Einkommensbezieher durch eine Belastungssteigerung stärker beeinträchtigt wird als die der höheren Einkommensbezieher.

9.2. Wirtschaftliche Konsequenzen Bei der Beantwortung der Frage nach den wirtschaftlichen Konsequenzen der westdeutschen Transferleistungen muß ins Kalkül gezogen werden, daß die finanziellen Transfers nicht gleichgesetzt werden dürfen mit der tatsächlichen Belastung der westdeutschen öffentlichen Haushalte. Außer den reinen Transferströmen von West- nach Ostdeutschland sind auch die davon ausgehenden nationalen und internationalen gesamtwirtschaftliehen Wirkungen mit zu berücksichtigen. Zunächst einmal bedeutsam ist die Frage, wie die Transferleistungen die Einnahmen und Ausgaben der verschiedenen Sektoren in West- und in Ostdeutschland beeinflussen. So schwächen Erhöhungen von Steuern und Sozialbeiträgen über eine Verringerung der verfügbaren Einkommen den privaten Konsum und Investitionen. Auf der anderen Seite muß positiv in Rechnung gestellt werden, daß Transferleistungen nach Ostdeutschland vermehrte ostdeutsche Nachfrage nach Gütern aus Westdeutschland nach sich ziehen und hier gesamtwirtschaftlich positive Wachstums- und Beschäftigungswirkungen entfalten. Von Bedeutung ist auch die Frage, ob sich durch die hohe Nachfrage des Staates am Kapitalmarkt das Zinsniveau erhöht bat. Alle diese Impulse

94

9. Bewertung und wirtschaftliche Konsequenzen

lassen sich nur mit Hilfe von ökonometrischen Sirnutationen ennitteln. Solche Rechnungen können aufzeigen, wie und wo sich die hohen finanziellen Belastungen im volkswirtschaftlichen Kreislauf niederschlagen. Die hier vorgestellten Ergebnisse basieren auf Status quo-Simulationen des DIW mit dem Mehr-Länder-Modell QUEST über einen Simulationszeitraum von fünf Jahren31 • In der Basissimulation wird zunächst ermittelt, wie sich die Wirtschaft in der Bundesrepublik und in anderen wichtigen OECD-Ländern entwickelt hätte, wenn die deutsche Vereinigung nicht verwirklicht worden wäre. Im Anschluß daran wurden in einer Alternativsimulation die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen geschätzt. Wichtige Einflußgrößen mußten dabei exogen vorgegeben werden. Dies gilt einmal für den Umfang der westdeutschen Transferleistungen, und zum anderen für die Mehreinnahmen aus der Anhebung von Steuern und Sozialbeiträgen für Westdeutschland. Da sich die Finanztransfers nach Ostdeutschland in den ersten Jahren fast vollständig in höheren Lieferungen von Gütern und Diensten niedergeschlagen haben, wirkte dies wie ein riesiges Konjunkturprogramm für Westdeutschland. Als zu Beginn des Jahres 1990 bekannt wurde, daß die Vereinigung bevorstand, löste dies einen Anstieg der Kapitalmarktzinsen um etwa einen Prozentpunkt aus. Der Anstieg wurde ausgelöst, weil die Kapitalanleger einen hohen Finanzierungsbedarf aus der deutschen Vereinigung erwarteten. Tatsächlich sanken dann aber im weiteren Verlauf des Jahres 1990 und 1991 die Zinsen, weil die zusätzliche Kreditnachfrage, die aus der deutschen Vereinigung resultierte, in eine Phase der konjunkturellen Abschwächung der Weltwirtschaft fiel. Angesichts der hohen Defizite in den öffentlichen Haushalten hält die Bundesbank die Zinsen nach wie vor hoch und verhindert damit eine durchgreifende Erholung der europäischen Konjunktur. Im ersten Jahr nach der deutschen Vereinigung hat die westdeutsche Wirtschaft einen deutlichen Nachfrageschub aus Ostdeutschland erfahren. Insbesondere die ostdeutschen Verbraucher drängten auf den westdeutschen Markt, um sich ihre Träume vom westlichen Konsum zu erfüllen. Die von den ostdeutschen Unternehmen im Anpassungsprozeß durchgeführten Investitionen wurden ebenfalls weitgehend von westdeutschen Unternehmen geliefert. Dies alles hat dazu beigetragen, daß der Aufschwung länger dauerte, als es ohne die Vereinigung der Fall gewesen wäre. Es kann geschätzt werden, daß das westdeutsche Wachstum in den ersten 12 Monaten nach der Währungsunion dank der Nachfrageverschiebung von Ostdeutschland nach Westdeutschland um fast 21h vH-Punkte höher ausgefallen ist als dies ohne Vereinigung der Fall gewesen wäre. Vom I. Juli 1990 bis zum 30. Juni 1991 betrug das reale Wachstum in

31 Vgl. hierzu: G.A. Horn, W. Scheremet und R. Zwiener: Domestic and International Macroeconomic Effects of German Economic and Monetary Union, Simulations on QUEST. In: Journal of Forecasting, Vol. 11 , 459490 (1992); sowie: Vereinigung wirkt positiv auf die Weltwirtschaft, Ergebnisse einer ökonorneirischen Simulationsstudie, Bearb.: G.A. Horn, R. Zwiener. In: Wochenbericht des DIW, Nr. 32/91.

9.2. Winschaftliche Konsequenzen

95

Westdeutschland tatsächlich fast 5 vH 32 • Der hohe Beitrag der Vereinigung zum Wachstum in Westdeutschland wurde realisiert, obwohl die Zinsen gestiegen waren und auch der Außenwert der D-Mark vorübergehend stieg und damit den deutschen Export tendenziell erschwerte. Von Mitte 1991 an sind dann die expansiven Effekte aus der ostdeutschen Nachfrage weitgehend entfallen, jedoch gingen von den höheren Zinsen wachstumsdämpfende Effekte aus. Zudem wirkte sich die im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung angehobene Steuerbelastung (höhere Verbrauchsteuern, Solidaritätsabgabe) dämpfend auf die Konjunktur aus. Alles in allem muß man wohl davon ausgehen, daß das Wachstum 1992 und 1993 wegen der nun negativen Wirkungen niedriger ausfallt. Für 1992 und 1993 ergeben die Simulationsrechnungen, daß das Wachstum in Westdeutschland durch die induzierten negativen Effekte um einen halben bzw. einen Prozentpunkt geschmälert wird. Positive Wirkungen hat die deutsche Vereinigung auch für die wichtigsten Handelspartner der Bundesrepublik gehabt. Die nach der Vereinigung stark gestiegene Nachfrage in Deutschland hat sich auch in einer höheren Importnachfrage niedergeschlagen. Insgesamt kann man festhalten, daß von den hohen finanziellen Transfers nach Ostdeutschland unterschiedliche Effekte ausgingen: Sowohl in Westdeutschland als auch in den wichtigsten europäischen Partnerländern überwogen zu Anfangper Saldo die Wachstumsgewinne. Nach ein bis zwei Jahren kehrte sich dieses Bild allerdings um. Die negativen Zinseffekte, die Entzugseffekte der Steuer- und Abgabenerhöhung sowie eine Verlagerung der ostdeutschen Nachfrage in die eigene Region führten insgesamt zu Wachstumseinbußen in Westdeutschland und in den anderen europäischen Ländern, allerdings auf einem infolge der Vereinigung höheren Niveau. Mit dem von der Bundesregierung geplanten Sparpaket in einer Größenordnung von 20 bis 25 Mrd. DM werden sich die negativen Wirkungen von 1994 an noch verstärken. Für den Staat bedeutet dies, daß von den angestrebten Einsparungen weniger als die Hälfte defizitwirksam werden33 • Trotz der enormen finanziellen Anstrengungen ist es bisher noch nicht gelungen, in Ostdeutschland einen sich selbst tragenden Aufschwung zu initiieren. Neben der sozialen Abfederung des Umstrukturierungsprozesses ist der rasche Ausbau der Infrastruktur von ausschlaggender Bedeutung für einen Umschwung. Hier hat es im März 1990 mit dem Gemeinschaftswerk "Aufschwung Ost" ein Sofortprogramm mit einem Förderumfang von etwa 15 Mrd. DM gegeben. Die Mittel wurden für die Modernisierung und den Ausbau von Fernstraßen und für den Streckenausbau bei der Deutschen Reichsbahn verwendet. Ein Teil ging an die neuen Länder und deren Kommunen für den öffentlichen Personennahverkehr und den Ausbau des Straßennetzes (vgl. Tabelle 9/3). Dieses Programm war wichtig und hat die ersten Impulse für die ostdeutsche Wirtschaft gegeben.

32

Vgl. Vereinigung wirkt positiv auf die Weltwirtschaft ..... , a.a.O.

Vgl. hierzu Sparhaushalt nicht konjunkturgerecht Bearb.: Arbeitsgruppe Öffentlicher Sektor. In: Wochenbericht des DIW, Nr. 26-27/93. S. 372 ff. 33

96

9. Bewertung und wirtschaftliche Konsequenzen

Tabelle 913: Westdeutsche Transferleistungen im Rahmen des Gemeinschaftswerks "Aufschwung Ost" 1991

I

1992

1991

I

1992

Anteile in vH

Mill. DM 5341

-

44

-

regionalen Wirtschaftsstruktur"

600

600

5

6

Umweltschutzsofortmaßnahmen

420

400

3

4

Instandsetzung Hochschulen

200

200

2

2

Lohnkostenzuschüsse (ABM)

2450

3000

20

28

Bundesfernstraßenbau

371

1490

3

14

Öffentlicher Personennahverkehr

443

400

4

4

Kommunaler Straßenbau

757

1400

6

13

-

1600

-

15

758

1300

6

12

(Akademie der Wissenschaften)

450

-

4

-

Sonstige Transfers

335

138

3

1

12125

10528

100

100

Investitionspauschale Gemeinden (Ost) Sonderprogramm "Verbesserung der

Deutsche Reichsbahn Wohnungs- und Städtebau Länderzuweisung

Insgesamt

Quellen: Bundeshaushaltspläne 1990 bis 1993; Berechnungen des DIW.

9.2. Wirtschaftliche Konsequenzen

97

Daneben ist dann ein ganzes Bündel von Maßnahmen für den Unternehmensbereich beschlossen worden, um die notwendige Anpassung auch im gewerblichen Bereich zu ermöglichen. Insgesamt kann man sagen, daß die Förderprogramme und die beschlossenen Steuervergünstigungen ein beträchtliches Investitionsvolumen in Gang gebracht haben. 1992 wurden in Ostdeutschland 109 Mrd. DM an Investitionen getätigt. Davon entfielen gut 70 Mrd. DM auf die gewerbliche Wirtschaft, 20 Mrd. DM auf den Wohnungsbau und knapp 20 Mrd. DM auf den Staat. Die Anlageinvestitionen waren damit real um etwa ein Viertel höher als ein Jahr zuvor. Einen nicht unerheblichen Anteil an dieser Entwicklung dürften auch die staatlichen Förderprogramme gehabt haben, die von Kommunen und den Unternehmen rege genutzt werden. Schätzungsweise wurden rund 40 vH der gewerblichen, mehr als die Hälfte der kommunalen Investitionen durch Finanzhilfen unterstützt. Anknüpfend an die westdeutsche Struktur der Fördermaßnahme gibt es in Ostdeutschland eine Vielzahl von Förderprogrammen und Steuervergünstigungen, in die wiederum verschiedene Institutionen und Banken eingeschaltet sind. Die Programme sind auf bestimmte Ziel ausgerichtet und richten sich häufig an spezielle Zielgruppen. So werden u .a. regional und strukturell benachteiligte Gebiete, agrarstrukturelle Maßnahmen, der Küstenschutz, wirtschaftsnahe Infrastrukturinvestitionen gefördert und Investititionszuschüsse, Zinsverbilligungen und Steuervergünstigungen für die verschiedenen Zwecke gewährt. Die hohe Zahl an Förderprogrammen hat - zumindest in der Anfangsphase - für den einzelnen Investor die notwendige Transparenz verhindert und die Chancengleichheit für die Marktteilnehmer eingeschränkt. Dies lag sicherlich auch an Defiziten in der Organisation der Unternehmen selbst begründet. Insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe sowie Newcomer war es schwierig, die für ihr Unternehmen richtige Fördermaßnahme herauszufiltern, denn immerhin gibt es ISO bis 200 verschiedene Förderprogramme. Bei ausreichender Kenntnis des Förderinstrumentariums ist es durch Kumulation mehrerer Maßnahmen möglich, daß sich der Staat zu mehr als der Hälfte an den Investitionskosten der privaten Unternehmen beteiligt. Inzwischen haben sich die Informationsmöglichkeiten für die Unternehmen erheblich verbessert, die Chancengleichheit ist für sie also besser geworden. Dennoch sollten die Förderprogramme in Zukunft auf möglichst wenige, effiziente Maßnahmen beschränkt werden. In der Praxis haben sich ohnehin nur einige wenige Förderprogramme als Schwerpunkte für die Wirtschaftsförderung herausgebildet: Investitionszulage 12 bzw. 8 vH; erhöhte Zulage 20 vH; Investitionszuschüsse bis zu 23 vH im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur; Sonderabschreibungen im Rahmen des Fördergebietsgesetzes; Eigenkapitalhilfeprogramme und ERP-Kredite zur Förderung selbständiger Existenzen zu günstigen Zinskonditionen;

7 Meinhardl u. a.

98

9. Bewertung und wirtschaftliche Konsequenzen

für kommunale Vorhaben im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Wirtschaftsnahe Infrastruktur" und spezielle Programme zum Städteund Wohnungsbau und zur Wohnungsmodernisierung. Kernstück der Förderung ist die Investitionszulage, die von den Unternehmen als ein attraktives und kalkulierbares Förderinstrument angesehen wird. Insbesondere die Koppelung mit Sonderabschreibungen und Investitionszuschüssen macht diese Art der Förderung für in- und ausländische Unternehmen attraktiv, zumal sie, unabhängig davon, ob Gewinne erzielt werden oder nicht, gewährt wird und mit einem Rechtsanspruch ausgestattet ist. Mit der Möglichkeit der Befristung kann dieses Instrument von der Bundesregierung je nach Bedarf flexibel gesteuert werden. 1992 wurden in Ostdeutschland etwa 3,5 Mrd. DM an Investitionszulage mit der Einkommen- und Körperschaftsteuer verrechnet. Dahinter stehen Investitionen in einer Größenordnung von 30 bis 35 Mrd. DM. Zu fragen ist allerdings, ob der Fördersatz von 5 vH für Investitionen, die nach dem 30.6.1994 begonnen werden, noch einen hinreichenden Investitionsanreiz bietet. Zu befürchten ist, daß sich bei einem zu geringen Förderumfang nur noch Mitnahmeeffekte einstellen. Insbesondere für Unternehmen, die schon Gewinne erzielen, ist die Inanspruchnahme der 50 prozentigen Sonderabschreibung interessant. Sie führt bei den Unternehmen zu einer erheblichen Verbesserung ihrer Liquidität und begünstigt die Schaffung eines modernen Produktionsapparates in den ostdeutschen Betrieben. Zur Förderung von regional benachteiligten Regionen stehen für Unternehmen, die durch einen überregionalen Absatz ihrer Produkte auf Dauer zusätzliches Einkommen in der betreffenden Region schaffen, außerdem Investitionszuschüsse zur Verfügung. Sie können Investitionszuschüsse bis zu 23 vH bei Errichtung eines Betriebes, bis zu 20 vH bei Erweiterung und bis zu 15 vH bei Umstellung und grundlegender Rationalisierung erhalten. Insgesamt dürfte mit dieser Förderung ein Investitionsvolumen von 40 bis 50 Mrd. DM in Gang gesetzt worden sein. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, daß bei Fördennaßnahmen immer auch Mitnahmeeffekte auftreten. Speziell auf den Mittelstand ausgerichtet sind die Eigenkapitalhilfe- und die ERP-Kreditprogramme. Sie setzen bei mittelständischen Unternehmen genau dort an, wo es ihnen mangelt: an Eigenkapital. Vielen Unternehmen ist erst durch diese Programme die Gründung eines eigenen Unternehmens möglich geworden. Insgesamt besteht in Ostdeutschland ein enormer Vorsprung bei der privaten Investitionsförderung im Vergleich zu Westdeutschland. Das Fördergefälle ist aber auch dringend erforderlich, um die Schaffung privater Investitionen in Ostdeutschland anzuregen. An den Förderprogrammen hat es wohl mit Sicherheit nicht gelegen, daß die wirtschaftliche Entwicklung bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist.

9.3. Investive versus konsumtive Transfers Bei der Beurteilung der Wirkungen von Transfers wird häufig zwischen investiver und konsumtiver Verwendung kein Unterschied gemacht. Transfers an private Haushalte werden

9.3. Investive versus konsumtive Transfers

99

dabei fast immer als konsumtiv und damit als unproduktiv eingestuft. Transfers an Unternehmen werden bei dieser Betrachtungsweise teils auch als konsumtiv angesehen, soweit sie die Produktionskosten verbilligen, teils als investiv, soweit sie mit die Investitionstätigkeit unmittelbar fördern . Eine Unterscheidung der Transferzahlungen nach konsumtiver oder investiver Verwendung ist nur begrenzt aussagefähig, denn sie setzt ausschließlich an dem unmittelbar begünstigten Tatbestand, nicht aber an den damit mittelbar ausgelösten Folgewirkungen an. So sind eine Reihe von sozialen Transfers unmittelbar verteilungs- und regionalpolitisch motiviert, haben aber über die Verbesserung bzw. Erhaltens des Humankapitals mittelfristig auch eher einen wachstumspolitischen Sinn. Dies gilt auch für zeitlich begrenzte -Erhaltungs- unc Überbrückungshilfen an Unternehmen. Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß die konsumtiven Transfers maßgeblich zur Erhaltung des sozialen Friedens beitragen und damit letztlich ein positives Umfeld für Investition und Produktion schaffen. Auf der anderen Seite sind investive Transfers auf mittlere und längere Sicht nicht nur unter wachstumspolitischem Aspekt zu beurteilen, denn sie schaffen auch den künftigen Spielraum der verteilungspolitisch genutzt werden kann. Eine Einteilung der Transfers nach Empfängern und Verwendungszwecken ist eine schwer zu lösende Aufgabe. Einmal ist aus den Angaben in den Haushaltsplänen nicht ersichtlich, wie die Mittel verwendet werden oder an wen sie fließen, zum anderen ist selbst in konkreten Fällen die Frage nach investiv/konsumtiv kaum zu beantworten. In den nebenstehenden Tabellen 9/4 bis 9/6 ist versucht worden, die Transferleistungen des Bundes (in der hier vorgenommenen Abgrenzung) und die Steuervergünstigungen von Bund, Ländern und Gemeinden in jedem einzelnen Fall nach Empfängern - Unternehmen, Staat, private Haushalte sowie Kombinationen von Empfängern - zuzuordnen. Bei der Verwendungsart wurde zwischen investiv, konsumtiv und investiv/konsumtiv unterschieden. Damit ist allerdings nur ein Teil aller Transfers - gut ein Viertel - erfaßt. Bei den Steuervergünstigungen für Ostdeutschland überwiegt eindeutig der investive Charakter: nur etwa ein Fünftel dient nicht investiven Zwecken. Bei den Finanzhilfen ergibt sich ein völlig anderes Bild: Hier konnte nur gut ein Drittel investiven Zwecken zugeordnet werden. Nimmt man die Transfers und Steuervergünstigungen zusammen, dann ergibt sich ein Verhältnis von 40 (investiv) zu 60 (nicht investiv). Berücksichtigt man in der überschlägigen Rechnung zusätzlich die anderen Transfergeber (Sozialtransfers des Bundes, Sozialversicherung, westdeutsche Bundesländer, laufende und Vermögensübertragungen des Bundes für Ostdeutschland, Fonds "Deutsche Einheit", Treuhandanstalt und EG), dann ergibt sich eine Aufteilung der Transfers von einem Drittel für investive Verwendung und zu zwei Dritteln nicht unmittelbar investiver Zwecke. Hierbei schlagen die Sozialtransfers des Bundes und die Transfers der Sozialversicherung ausschließlich oder weit überdurchschnittlich bei den konsumtiven Transfers zu Buche. Solange die Arbeitslosigkeit hoch bleibt, solange wird auch der Anteil der konsumtiven Verwendung der Transfers hoch bleiben oder sogar noch steigen. Vor diesem Hintergrund gehen Vorstellungen und Forderungen, einen stärkeren Anteil der Transfers für investive Zwecke zu verwenden, in die Irre. Mit der Übernahme des westdeutschen Sozialsystems, daß bei aller Unterschiedlichkeit in den wirtschaftlichen Verhältnissen füreine Angleichung 7*

I K-~iv I konsumtiv

I lnvestiv u.

7742

11296 26092 1547 15862

610

2511 13357 0 0

1003

7406 1455 582 1460

0 6129

1371 4211 965 13402

0 4509

10700 16564 700 11737

200 0 550

1494 6146 0 0

0 0 663

7854 2087 125 2497

0 0 3296

351 8231 575 9140

0 0 614

9006

6992 538 0

0 0 350

1914 2002 0 0

0

0

0

2

1310

0

0

0

0

0

21>4

80

3670

531

0

1718

Unlemelmen+Privl le-

Unremehmen + StMI + Priv.HIUih.

Unternehmen + Private Hwshalte

Unternehmen + SWII + Priv.Haush.

26092 2931 15161

0 0

7409 1455 1582 2460

7112 4211 1350 13401

14206 16564 1503 11737

2144 6246 0 0

7857 1087 785 2497

3504 1231 711 9240

9620 6992 538

9274 2001 0

1322

2

1320

0

6006

344

3670

531

5WI

Privite

11276

0

1322

0

6270

Unremehmen + SWII + Priv.Hilush.

InS&......

-

16415 19906 26164 45270 9291 13226 22754

11168

0

-

597 0

809 0 0

0

0

0

6325~-

422 300 0 0

122 597

452 200 0 252

809

0 1711

0

0

0

1718

Unternehmen + Stailt

Unternehmen + Privile HiiU'Jhltte

H~ushatle

Unternehmen

--

17350 2811 13357

18903 20735

40761 1741

11563

19458

18254

10926

0

0

Inssesamt

55513 15875

0 0

0

0

0

...........

119 597

0 0

0 119 597

252

809

0

0

251

809

1711

0

Unternehmen + S&ul

Priv..e H.......lto

51001

Unternehmen

Ins....,..

----

0 0 0

3

Unternehmen + Sta

--

0 303

0 300

0 0

0

0 200

0

0

0

0

0

0

0

PrivaH•ushallo

Fin>nzhilfen des Bundes

e 1385 0

1000

315

803

0

660

143

0

0

0

0

51001

:I

~

i

~

n

g:

i~

~

[

OQ

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~

t:tl 0 0

0

0

0

0

0

0

0

~

0

Unternehmen

0

tmaeHmt

0

I

6054

konsumtiv

310

I

3

Kom.....,liv

5741

I

3506

5teuerveflllnSiilunsen von Bund, Lindern und Gemeinden

1mlesliv

350

ln-1

3

I

1992

3153

lnvestiY u. konsumtiv

lnvesliv

21>4

I tnsaewmt

614

Konsumliv

lnvesciv u.

350

I

1991

§

0

lnvesliv

1990

Tabelle 914:

Steuervergünstigungen und Finanzhilfen des Bundes - nach Empfängern und Verwendungsarten in Mill. DM

konsumliv

lnvellivu.l

tnsseYmt

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

i

~

~16,4

37,7

52,5

SWI

Privlte HaustYlte

100,0 100,0 100,0

16,3 51,2 0,0

42,7 32,4 54,0

41,0 16,4 46,0 84,5

100,0 100,0 100,0

20,0 37,7

o.o

55,3 12.6 52,2

24,7 49,7 47,8

100,0 100,0 100,0

96,4 28,6 0,0

0,0

0,0

52,5

100,0

SI...

Privite Hiushllle

100,0 100,0 100,0 100,0

0,0 71,1

o.o 26,1

15,5 0,0 0,0 )1,5

21,9 100,0 42,5

100,0 100,0 100,0 100,0

0,0 44,) 0,0 20,5

21 ,3 0,0 0,0 29,2

78,7 55,7 100,0 50,3

0,0 100,0 0,0 100,0

0,0 0,0 0,0 59,8

0,0

0,0

0,0

7,0

0,0

100,0

0,0

33,2

Unlemehmen + SWI + Priv.Housh.

...."

....

Unoemehmen + Sliil

Unternehmen + Privale Hiushilte

Unlemehmen

11,9

100,0 28,6 34,1 37,4 100,0 21,4

3,6

Insses-nt

3o.&

47,7

100,0

59,9

7,2

32,9

rnsaewm~

100,0 0,0 0,0

0,0

100,0

0,0

0,0

0,0

0,0

Unoemehmen + s.... + Priv.Housh.

100,0

0,0 100,0 100,0

0,0

0,0

100,0

100,0

0,0

0,0

100,0

Unlemehmen + Privare H~ushihe

100,0

100,0 0,0

15,5

71,7

0,0

0,0

0,0

0,0

100,0 100,0

0,0 0,0

37,6 62,4 84,5

100,0 100,0

0,0 0,0

17,8 21,3

82,2

100,0

0,0

0,0

0,0

100,0

Unlemehmen + S....

0 ......

(;> ;;!

~

i3

...j

::I 100,0 100,0

22,3 51,2

65,6 32,4

12,1

100,0 100,0

23,3

7),4 12,6

3,3 49,7

100,0 100,0

99,1 21,6

Unlemehmen

0,0

:e

"'II':" 0

18,9

des Bundes

0,9

fini~Uhilf~

~

100.0

14,7

73,1

100,0

57,0

0,0

7,9

43,0

lnssesant

0,0 100,0

0,0 0,0

Unlemehmen + s.... + l'riv.H......

13,0

0,0

0,0 12,2

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

Unternehmen + Privile H~lle 0,0

"'~100,0 99,0 0,0

1,0

100,0

100,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

Unremehmen + SWil

79,2

n

0,0 0,0 0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

!fn 100,0 0,0

72,2

27,8

100,0

0,0

82,2

17,1

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

i..>

10

Privlle HauWille

--

100,0 5,1

0,0

94,1

100,0

10,1

lns,ewnt

0,0

I

0,1

lnvesliv •.

konsumtiv

0,0

I

1992

19,9

I Kom-iv

0,0

lnvestiv

100,0

5oe-.limlilunten von Bund, L:lndem und c ....indon

I ~-iv I

1991

0,0

lnveolivu. koruumtiv

lnvesliv

57,0

I .._.

0,0

0,0

I

1990

0,0

43,0

I

Konsuntiv

s....

Unoemehmen

lnveoliv

Tabelle 915: Steuervergünstigungen und Finanzhilfen des Bundes - nach Empfangern und Verwendungsarten Anteile in vH

I

4,6 0,0 0,0

7,9 12,4

15,9 5,0 49,9

3,3 25.9

0,0 0,0

15,8 5,9 18,9

36,2 3,2 40,6

100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

100,0

100,0

100,0

100,0

Unternehmen + Staol + Priv.HOUJh.

----

0,0 2,2

1,8 0,0

0,0

0,0

~·~----

0,7 0,9

1,8 0,0

0,0 0,5 1,0

2,2 0,0

0,0 1,1 3,6

9,1

o.o

0,0

25,1

27,4 41,2

17,2 81,0

37,2 42,5

26,5 )1;4

36,6

30,6 67,2

59,4

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

1,1 100,0

0,0

2,9

0,0

0,0

0,0 100,0

0,0 100,0 100,0

15,4

lnSJ.eYR'II

0,2

0,0 0,0 0,6

27,4

37,1

17,8

99,9

58,5

8,6

51,1

82,2

0,1

5,5

28.6

0,0 13,0 64,6

2,9

2,8 0,0

3,1 4,7

47,0 84,1

44,7 2D.6

20,3 15,9

39,2 6,6

3.9

o.o

17,9

Unternehmen + Private H.iuslloke

Unternehmen + St.ut

Priv,ate H1ushalte

StiOI

Unremehmen

0,2 100,0

0,0 100,0

0,0 100,0

4,2 100,0

0,0 100,0

0,0 100,0

0,0

100,0

0,0

0,6

0,0

0,0

1,3

100,0

Unternehmen + SWt + Priv.Haush.

' lnsgeYmt

28,8

0,0

19,9

47,5

0,0

0,0

28,6

Unternehmen + Privlte HMHNite

9,4

2,9

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

9,0

Unternehmen + Stu:

1,7

0,0

1,0

3,0

Private H.aushahe

40,6

71,5

16,6

42,3

38,3

18,3

99,9

61,1

Swt

26,2

28,5

62,5

49,3

81,7

0,1

1,3

Unternehmen

1,8

0,0 100,0

0,0 100,0

0,0 100,0

0,0

0,0

0,0

100,0

lnSiniml

Finanzhilfen des Bundes

o. 100,0

0,0 100,0

0,0 100,0

0,0 100,0

0,0 100,0

0,0 100,0

0,0

Unternehmen + Stut + Priv.Haush.

100,0

0,0

Unlemehmen + Prinle HausNhe

0,0 49,2 0,0

0,0

0,0

4,4

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0 36.4

0,0 0,0

0,0

0,0

o.o

0,0

0,0

0,0

0,0

Unternehmen + St.ut

0,0

99,7

6,3

17,8

o.o

99,5

4,3

0,0

0,0

0,0

0,0

Privale

0,0 0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

78,2

lnsaewmt

0,0

I

0,0

lnvettiv u.

konsumtiv

0,0

I

0,0

I

1992

50,8

von Bund, Undern und Gemeinden

I Komsumtiv

0,3

Staat

H