Die Haftung des Erbschaftserwerbers im Außenverhältnis: Eine Überprüfung der Regelungen unter Berücksichtigung des Kaufrechts [1 ed.] 9783428587155, 9783428187157

Die Arbeit beantwortet die Frage, aus welchem Grund der ursprüngliche Gesetzgeber mit §§ 2382, 2383 BGB die Verhaftung d

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Die Haftung des Erbschaftserwerbers im Außenverhältnis: Eine Überprüfung der Regelungen unter Berücksichtigung des Kaufrechts [1 ed.]
 9783428587155, 9783428187157

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 546

Die Haftung des Erbschaftserwerbers im Außenverhältnis Eine Überprüfung der Regelungen unter Berücksichtigung des Kaufrechts

Von

Vanessa Blau

Duncker & Humblot · Berlin

VANESSA BLAU

Die Haftung des Erbschaftserwerbers im Außenverhältnis

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 546

Die Haftung des Erbschaftserwerbers im Außenverhältnis Eine Überprüfung der Regelungen unter Berücksichtigung des Kaufrechts

Von

Vanessa Blau

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich V – Rechtswissenschaft – der Universität Trier hat diese Arbeit im Jahre 2022 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-18715-7 (Print) ISBN 978-3-428-58715-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2022 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Deutsche Rechtsgeschichte von Prof. Dr. Franz Dorn. Berücksichtigt ist in ihr die Literatur bis Juni 2022. Die Erstellung dieser Dissertation habe ich als fachliche und persönliche Bereicherung erfahren. Deshalb möchte ich all denjenigen Personen danken, die mich während der Promotionszeit begleitet haben. Meinem Doktorvater Prof. Dr. Franz Dorn, der den Anstoß zu der gewählten Thematik gab, gilt mein besonderer Dank. Er hat mich sowohl wissenschaftlich als auch menschlich hervorragend unterstützt und so wesentlich zum Gelingen meiner Dissertation beigetragen. Ebenfalls herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Thomas Rüfner für die Übernahme des Zweitgutachtens sowie bei Prof. Dr. Peter Reiff für sein Mitwirken in der Prüfungskommission. Ein herzlicher Dank gebührt außerdem meinen ehemaligen Lehrstuhlkolleginnen und -kollegen, durch die ich die Promotionszeit in schöner Erinnerung behalten werde. Zu nennen ist an dieser Stelle insbesondere Ulla Wefels-Lutz, deren Tür immer für einen kleinen Plausch offen stand. Bedanken möchte ich mich ebenfalls bei meinen Freunden, die stets ein offenes Ohr für mich hatten. Besonders erwähnt seien Sandra Schmitz und mein Patenkind Lukas Schmitz, die immer wieder aufs Neue für die nötige Ablenkung sorgten. Dr. Stefani Kugler hat mich nicht nur bei der Endredaktion der Arbeit unterstützt, sondern brachte mich des Öfteren bei einem gemeinsamen Spaziergang mit Hund oder einem Kaffeetrinken auf andere Gedanken. Meiner Familie verdanke ich unzählige Grillfeste und Treffen, bei denen ich gerade an Tagen mit geringer Schreibmotivation darauf aufmerksam gemacht wurde, wie viele heitere Dinge es im Leben gibt. Mein größter Dank gilt jedoch meinem Vater Frank Blau und meinem Mann Ralf Schmitt. Meinem Vater danke ich für seinen aufopferungsvollen Beistand in allen Lebenslagen. Ohne ihn wäre meine Ausbildung nicht möglich gewesen. Meinem Mann Ralf Schmitt danke ich von Herzen für seine liebevolle bedingungslose Unterstützung. Er war während der gesamten Zeit immer an meiner Seite und gab mir den nötigen Rückhalt. Beiden widme ich diese Arbeit. Trier, im Juni 2022

Vanessa Blau

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1. Teil Der Erbschaftskauf im Allgemeinen

18

A. Motive des Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 B. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 C. Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 D. Anfall der Erbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 E. Vertragsnatur und Erfüllung des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 F. Erstreckung der Normen mittels § 2385 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2. Teil Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

24

A. Haftung des Verkäufers im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 I. Haftung des Erben vor Annahme der Erbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Haftung des Erben nach Annahme der Erbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Aufschiebende Einreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Beschränkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 a) Gegenüber allen Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 aa) Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 (1) Nachlassverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 (2) Nachlassinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 (3) Wirkungen während des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 bb) Einreden der §§ 1990, 1992 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) Gegenüber einzelnen Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 aa) Vertragliche Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 bb) Aufgebotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 cc) Einrede des § 1974 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

8

Inhaltsverzeichnis 3. Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Inventarverfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Gegenüber einzelnen Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Folgen der unbeschränkbaren Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Absolut unbeschränkbare Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Relativ unbeschränkbare Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 c) Schonungseinreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 III. Haftung der Miterben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Vor Nachlassteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Nach der Nachlassteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 IV. Auswirkungen eines Erbschaftsverkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 I. Haftung des Käufers gegenüber Nachlassgläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Allgemeine Voraussetzungen des Haftungseintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Zeitpunkt des Haftungseintritts und Haftungsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Nachlassgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Erblasserschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b) Erbfallschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 c) Nachlasserbenschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 d) Eigenschulden des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4. Erbteilskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5. Erlöschen der Erwerberverhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 6. Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II. Umfang der Haftung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Haftungslage des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 a) Der Verkäufer haftet bereits unbeschränkbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 b) Der Verkäufer haftet noch beschränkbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Getrennte Haftungslage nach Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Aufschiebende Einreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Nachlassinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 c) Nachlassverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 d) Einreden der §§ 1990, 1992 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 e) Aufgebotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 f) Einrede des § 1974 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 g) Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 h) Erbteilskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3. Rechtsfolgen der Beschränkung auf den Nachlass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 C. Zwischenergebnis, Bewertung der Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

Inhaltsverzeichnis

9

3. Teil Problematik der Käuferhaftung

73

A. Vergleich mit allgemeinem Kaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 I. Dem Erbschaftskaufrecht zugrundeliegender Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Partikulare Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhunderts . . . . . . 76 a) Hessischer Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Code Napoléon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) ABGB Österreich, Sächsisches BGB, Dresdener Entwurf, Erbrechtsentwurf Mommsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 d) Gesetzbuch für den Kanton Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 e) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, Bayrischer Entwurf . . 80 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. BGB von 1900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Rechtshistorische Grundlage der Haftungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung eines BGB-Entwurfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Beratungen der 1. Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3. Beratungen der 2. Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 III. Zusammenfassung der wesentlichen Entwicklungsschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

4. Teil Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

95

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 I. Abschaffung des § 419 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Vorstellung der Regelung des § 419 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Voraussetzungen des Haftungseintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 c) Haftungsbeginn, Haftungsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 d) Haftungsverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 e) Haftungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Motive der Abschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Kritik der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Ausführungen des aufhebenden Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

10

Inhaltsverzeichnis 3. Übertragbarkeit der Aufhebungsgründe auf den Erbschaftskauf . . . . . . . . . . . . 108 a) Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Partikulare Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhundert . . . . . 109 aa) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Landrecht Baden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 cc) Code Napoléon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 dd) ABGB Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 ee) Königreich Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 ff) Hessischer Entwurf, Bayrischer Entwurf, Dresdener Entwurf . . . . . . . . 112 gg) Gesetzbuch für den Kanton Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 hh) Sächsisches BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 c) BGB von 1900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung eines BGB-Entwurfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 bb) Beratungen der 1. Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 cc) Beratungen der 2. Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 d) Wirkungsweise der Institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Begriff der Haftung für Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Erbrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 cc) Erbschaftskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 dd) Vermögensübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 e) Abschließende Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4. Inhaltliche Übertragbarkeit der Aufhebungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Ausweitung des Anfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Die Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Rechtshandlung vor Verfahrenseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Kausale Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Anfechtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Deckungsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Unmittelbar nachteilige Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 cc) Vorsätzliche Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 dd) Unentgeltliche Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 ee) Anfechtbare Rechtshandlung des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 ff) § 145 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Rechtshandlung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Kausale Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 c) Anfechtungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 III. Sonstige Änderungen des Erbschaftskaufrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Inhaltsverzeichnis

11

B. Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Aufhebung der Erwerberverhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Erbrechtsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Stets beschränkte Erwerberverhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Haftung des Käufers gegenüber den Nachlassgläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Umfang der Haftung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 c) § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 d) § 2383 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

5. Teil Resümee

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A. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 B. Vorschlag an den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Einleitung An letzter Stelle des Bürgerlichen Gesetzbuchs befinden sich in den §§ 2371 – 2385 BGB Regelungen zum Institut des Erbschaftskaufs. Aufgrund dieser Stellung und weil die Regelungen während des gesamten rechtswissenschaftlichen Studiums nahezu unbeachtet bleiben, könnte man ihnen die Praxisrelevanz absprechen wollen. Allerdings beschäftigt sich die höchstrichterliche Judikatur fortwährend mit der Thematik des Erbschaftskaufs. Ein Erbschaftskauf im herkömmlichen Sinn, sprich der Verkauf seitens des Alleinerben, ist zwar selten zu verzeichnen.1 Dementsprechend werden im Rahmen höchstrichterlicher Rechtsprechung derartige Veräußerungen allenfalls am Rande behandelt.2 Urteile, in denen sie den Hauptgegenstand darstellen, liegen nicht vor.3 Von höherer Relevanz sind hingegen Konstellationen, welche die Veräußerung einer Vor- oder Nacherbschaft betreffen.4 Den Hauptanwendungsfall bilden jedoch sowohl Erbteilsveräußerungen, als auch Fälle der Normerstreckung mittels Analogien oder durch Anwendung des § 2385 BGB.5 In diesem Zusammenhang ergehen vielzählige höchstrichterliche Urteile.6 Gleichermaßen häufig kommt es zu Urteilen, die die Form des Erbschaftkaufs oder das Vorkaufsrecht der Miterben zum Inhalt haben.7 Nicht zuletzt ist die Thematik in der Notariatspraxis von hoher Relevanz. Dies belegen zahlreiche Artikel, die Hinweise zur Verfahrensweise und zu Sicherungsmöglichkeiten anlässlich eines Erbschaftskaufs behandeln.8

1

Statt aller Lange, Erbrecht, § 51 Rn. 7. Vgl. beispielsweise BGHZ 146, 298 – 310. 3 So auch Giebel, Erbschaftskauf, S. 25. 4 Statt aller Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 2371 – 2385 Rn. 15; derartige Konstellationen liegen auch BGHZ 7, 268 – 274; NJW 1956, 513 – 514; NJW 1968, 2051 – 2052 zugrunde. 5 Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 10. 6 So instruktiv zu Erbteilskauf vgl. BGHZ 25, 174 – 183; ZEV 2013, 84; NJW-RR 2000, 908 – 909; ZEV 2001, 116 – 117; zur Vertragsauslegung i. R. e. Erbteilskaufes NJW-RR 2013, 494 – 496; zur Anwendung über § 2385 vgl. ZOV 2013, 159 – 161. 7 Lesenswert insb. bzgl. dem Vorkaufsrecht NJW 1975, 445 f.; bzgl. der Form NJW 1967, 1128 – 1131. 8 Vgl. Haegele, BWNotZ 1971, 129 – 137, BWNotZ 1972, 1 – 6; Krause, ZFE, 2008, 459 – 463, ErbR, 2007, 2 – 11; Mauch, BWNotZ 1993, 134 – 145; Mayer, ZEV 1997, 105 – 107; Neusser, MittRhNotK 1979, 143 – 151; Pöting, MittBayNot 2007, 376 – 381; Zarnekow, MittRHNotK 1969, 620 – 640. 2

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Einleitung

Die Haftung des Erbschaftserwerbers im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern ist zwingend in §§ 2382, 2383 BGB normiert. Diese Haftungserstreckung erfolgt gemäß § 2382 BGB über einen mit Kaufvertragsschluss eintretenden gesetzlichen Schuldbeitritt des Käufers zur fortbestehenden Haftung des Veräußerers nach § 1967 BGB. Nach § 2383 BGB wirkt die zum Zeitpunkt des Schuldbeitritts bestehende Haftungslage des Verkäufers ihrem Umfang nach auch für und gegen den Käufer. Die Erwerberhaftung ist jedoch regelmäßig durch das Verhalten des Verkäufers determiniert, sodass der Käufer unbeschränkt, das heißt mit seinem gesamten Vermögen, haftet. Nur wenn ausnahmsweise keine solche Determinationswirkung eintritt, hat der Erwerber die Möglichkeit, seine Haftung mittels der erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmittel auf das hinzuerworbene Nachlassvermögen zu beschränken. Die Verknüpfung der Haftungslagen kann für den Erbschaftserwerber gravierende Folgen haben. Er verliert im Fall der unbeschränkten Verkäuferhaftung bei Vertragsschluss nicht nur die erworbene Erbschaft und das entrichtete Entgelt, sondern haftet den Nachlassgläubigern mit seinem gesamten Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten. Als Ausgleich erhält der Erwerber lediglich einen Regressanspruch im Innenverhältnis zum Verkäufer, welcher allerdings selbstredend an dessen Liquidität geknüpft ist. Ohne Anwendung der erbschaftskaufrechtlichen Haftungsnormen ergäbe sich allerdings eine vollkommen andere Haftungslage des Erwerbers. Es wäre allgemeines Kaufrecht anzuwenden, wonach der Erwerber den Nachlassgläubigern im Regelfall nicht haften würde. Somit bliebe den Nachlassgläubigern einzig die Möglichkeit, den Veräußerer haftungsrechtlich in Anspruch zu nehmen. Die so mittels der §§ 2382, 2383 BGB statuierte Abweichung von allgemeinen kaufrechtlichen Grundsätzen ist buchstäblich so alt wie das Bürgerliche Gesetzbuch selbst. Das Institut des Erbschaftskaufs und damit einhergehend die Normen der §§ 2382, 2383 BGB wurden bereits vom ursprünglichen Gesetzgeber geschaffen.9 Im Lauf der Zeit ergingen einige Gesetzesreformen, die sich aber nur am Rande auf das Institut des Erbschaftskaufs auswirkten. Die §§ 2371 – 2385 BGB erfuhren keine wesentlichen Veränderungen, sodass sie nahezu unverändert in ihrer ursprünglichen Fassung fortgelten. Somit wurde das Erbschaftskaufrecht mit seinen wesentlichen Grundgedanken vom ursprünglichen Gesetzgeber geschaffen.10 Es fragt sich jedoch, aus welchem Grund der ursprüngliche Gesetzgeber die Verhaftung des Erwerbers bei einem Erbschaftsverkauf abweichend vom allgemeinen Kaufrecht geregelt hat. Dies scheint insbesondere deshalb problematisch zu sein, da der Erwerber anlässlich eines Erbschaftskaufs keineswegs in die Erbenstellung des Veräußerers einrückt. Vielmehr bildet nach einhelliger Auffassung lediglich die Erbschaft den Kaufgegenstand – nicht jedoch das Erbrecht selbst. Darüber hinaus ist zu fragen, ob diesen Erwägungen des Gesetzgebers nicht im Laufe der Zeit die Legitimationsgrundlage entzogen wurde? Zu dieser Frage äußert 9 10

Vgl. unter 3. Teil, B. II. Vgl. unter 4. Teil, A.

Einleitung

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sich in jüngerer Zeit einzig Giebel in seiner 2010 veröffentlichten Dissertation. Der Autor ist der Ansicht, mit Abschaffung des § 419 BGB hätten auch die Haftungsregelungen der §§ 2382, 2383 ihre Rechtfertigung verloren. Er plädiert deshalb für eine Abschaffung der Regelungen.11 Doch sind die Gründe, die die Aufhebung des § 419 BGB bedingten, einfach auf das Institut des Erbschaftskaufs übertragbar? Weitere Stellungnahmen zu dieser Problematik liegen nicht vor, obwohl sich zahlreiche Studien mit dem Themenbereich Erbschaftskauf beschäftigten. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts erschienen noch zahlreiche Dissertationen zu dieser Thematik.12 Zudem entbehrte es nicht an Kommentarliteratur.13 Diese Arbeiten bildeten regelmäßig sowohl die Entstehungsgeschichte als auch den Inhalt der Normen ab. Allerdings waren sie zumeist rein deskriptiver Natur, so dass eine kritische Würdigung der Normen unterblieb. Überdies erschien eine Fülle an Aufsatzliteratur. Diese handelte inhaltlich hauptsächlich die Auslegung eines Erbschaftskaufvertrages,14 dessen Formbedürfnis,15 die zugrunde liegende Gefahrtragung16 und die damit einhergehenden Vorkaufsrechte17 ab. Darüber hinaus bot sie notarielle Hilfestellungen zur Verfahrensweise und Sicherungsmöglichkeiten in Bezug auf einen Erbschaftskauf.18 Allerdings erfolgte ebenfalls bei diesen Abhandlungen eine rein deskriptive Darstellung der Rechtslage ohne kritische Würdigung. Eine solche findet sich allein im Zuge der Arbeiten der Akademie für Deutsches Recht zur Zeit des Nationalsozialismus 1933 – 1945. Deren Mitglieder plädierten anlässlich einer kritischen Überprüfung des Erbschaftskaufinstituts und seiner Regelungen erstmalig für eine Abänderung des Haftungssystems. Zu einer

11

Vgl. unter 4. Teil, A. I. So erschien u. a. Bartelmann, Haftung im Falle des Verkaufs; Blasse, Pflichten Verkäufer; Bolliger, Erbschaftsveräußerung; Brocker, Begriff der Erbschaft; Deckart, Erbschaftskauf; Graetz, Erbschaftskauf; Hamburger, Verpflichtungen Erbschaftskauf; Hantke, Erbschaftskauf; Keller, Formproblematik; Koschel, Rechtsverhältnis Parteien Erbschaftskauf; Levy, Erbschaftskauf; Meyer, Rechtsstellung des Erbteilerwerbers; Pfeiffer, Herausgabepflicht Erbschaftsverkäufer; Preuss, Erbschaftskauf; Rink, Erbteilskauf; Schindelka, Gewährleistungspflicht Erbschaftskauf; Steffens, Erbschaftskauf; Spiess, Erbschaftskauf; Weckmann, Erbschaftskauf; Wertheimer, Erbschaftskauf; Zilkens, Erbschaftskauf; Zilligus, Besonderheiten der Gewährleistungspflicht. Oft auch i. R. v. Abhandlungen, die Erbgemeinschaft beinhaltend abgehandelt vgl. Binder, Rechtsstellung des Erben II.; Fitting, Natur der Anteile der Miterben; Kreß, Erbengemeinschaft; Petzold, Teilauseinandersetzung Miterbengemeinschaft; Wichmann, Rechtsverhältnis Miterben. 13 Statt aller Greiff, in: Planck, BGB, §§ 2371 – 2385. 14 Vgl. Anm. Cieslar, DNotZ 1987, 109 – 115; Eugen, Archiv für Bürgerliches Recht 1913, 298 – 313. 15 So Damrau, ZEV 1996, 361 – 369; Habscheid, FamRZ 1968, 13 – 15; Hohloch, JuS 1998, 760 f.; Keller, ZEV 1998, 281 – 285; Rötelmann, NJW 1951, 198 f.; Schlüter, JuS 1969, 10 – 16. 16 Siehe Pallasch, JA 1994, 504 – 510; Weimar, MDR 1982, 634 f. 17 Vgl. Haegele, BWNotZ 1971, 129 – 137, BWNotZ 1972, 1 – 6. 18 Vgl. dazu bereits Fn. 8. 12

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Einleitung

entsprechenden Gesetzesänderung kam es jedoch nicht.19 Obwohl auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Veröffentlichungen erschienen, ging ihre Zahl im Laufe der Zeit deutlich zurück. Ein Grund ist nicht erkennbar. An der Praxisrelevanz der Thematik fehlt es, wie gezeigt, jedenfalls nicht. Überdies ist sie keineswegs vollständig untersucht. Wesentliche Fragen sind weiterhin ungeklärt und bedürfen der Erörterung. Dennoch sind gegenwärtig lediglich vereinzelte Dissertationen der Thematik des Erbschaftskaufrechts gewidmet.20 Gleichermaßen ist im Rahmen zeitgenössischer Aufsatzliteratur ein zahlenmäßiger Rückgang der Publikationen zu verzeichnen. Unter den Neuerscheinungen befinden sich weiterhin rein beschreibende Abhandlungen. Diese beziehen sich hauptsächlich auf formelle Gesichtspunkte des Erbschaftskaufs,21 seine steuerrechtlichen Auswirkungen,22 mit ihm einhergehende Vorkaufsrechte,23 die zugrunde liegende Gefahrtragung24 und gewähren schließlich notarielle Hilfestellungen zur Verfahrensweise und Sicherungsmöglichkeiten im Hinblick auf einen Erbschaftskaufs.25 Eine Reihe zeitgenössischer Publikationen geht indessen über eine reine Deskription hinaus. Es wird vermehrt Kritik am Inhalt der Regelungen der §§ 2371 ff. BGB laut. Im Fokus dieser Kritik stehen die Haftungsregelungen der §§ 2382, 2383 BGB, die vermehrt als unzureichend deklariert werden. Die vorgeschlagenen Lösungswege reichen von einer Abschaffung der Normen, über eine stets beschränkte Erwerberverhaftung, bis hin zu einer Übertragung des Erbrechts selbst.26 Doch ist einer dieser Wege ohne weitreichende Konsequenzen überhaupt gangbar? Schriften und Urteile, welche diese Frage abschließend beantworten, fehlen noch. Die hier vorgelegte Abhandlung versucht diese Lücken zu schließen, indem sie untersucht ob und inwieweit die Haftungsregelungen ihre Berechtigung haben. Nach der Darstellung allgemeiner Grundlagen wird zunächst eine Gegenüberstellung von erbschaftskaufrechtlichem und kaufrechtlichem Haftungssystem vorgenommen. Im Anschluss widmet sich die Arbeit der ursprünglichen Legitimationsgrundlage der 19 So Bartholomeyczik, Erbeinsetzung, S. 208 – 248; Siber, Haftung für Nachlassschulden, S. 127 – 136; Würdiger, in: ADR III 8, S. 785 – 790; Karpe plädiert sogar für die Abschaffung des gesamten Konstituts des Erbschaftskaufs, in: ADR III 8, S. 720 – 726 und in: Lange, Regelung der Erbenhaftung, S. 19 – 21, 116 – 120. Vgl. auch Lange, in: Lange, Regelung der Erbenhaftung, S. 214. 20 So erschien lediglich Dietrich, Erbteilsveräußerung; Giebel, Erbschaftskauf; Heitmeyer, Rechtsfindung; Schriften, welche sich i. R. d. Erbengemeinschaft mit dem Erbschaftskauf beschäftigten sind Ann, Erbengemeinschaft; Wesser, AcP 204 (2004), 209 – 230. 21 Vgl. Dressler, ZEV 1999, 289 – 293; Rieger, DNotZ 1999, 60 – 78; Wesser/Saalfrank, NJW 2003, 2937 – 2940. 22 Tiedtke/Wälzholz, BB 2001, 234 – 239. 23 Funke/Roth, NJW-Spezial 2014, 167. 24 Brand, JURA 2010, 90 – 92. 25 Siehe bereits Fn. 8. 26 So die gängige Kommentar- und Lehrbuchliteratur vgl. statt aller Musielak, in: Säcker/ Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2383 Rn. 1. Der Meinungsstand in der Literatur wird unter 4. Teil, B. ausführlich dargestellt.

Einleitung

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Erwerberverhaftung. Nach einer Überprüfung dieser Grundlage aus heutiger Sicht, die entsprechende Stellungsnahmen in der Literatur berücksichtigt, wird abschließend ein Lösungsvorschlag unterbreitet.

1. Teil

Der Erbschaftskauf im Allgemeinen A. Motive des Vertragsschlusses Die Motive einen Erbschaftskauf abzuschließen, sind vielfältiger Natur. Beispielsweise wird die Vermeidung des Abwicklungsprozederes oder die rasche finanzielle Verwertung des Nachlasses seitens des Verkäufers intendiert. Überdies kann der Wunsch, den Nachlass in der Familie zu halten, mittels des Erwerbs aller Anteile durch einen Miterben realisiert werden.27

B. Begriffsbestimmung Der Erbschaftskauf stellt einen Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB dar. Er ist in den §§ 2371 – 2385 BGB normiert, wobei diese Normen Sonderregelungen zu dem ergänzend anwendbaren allgemeinen Kauf- und Schuldrecht darstellen.28 § 2371 BGB definiert den Erbschaftskauf als Kaufvertrag über eine angefallene Erbschaft.

C. Vertragsgegenstand Die Erbschaft in ihrer Gesamtheit bildet den Kaufgegenstand, nicht jedoch das Erbrecht selbst, weshalb die Erbenstellung des Veräußerers unberührt bleibt.29 Der ursprünglich primär im Hinblick auf Erbteilskäufe vertretene Standpunkt, das Erbrecht selbst sei Kaufgegenstand, wird gegenwärtig nur noch vereinzelt vertreten.30 Ferner findet die Anschauung, Veräußerungsgegenstand im Rahmen des Erbteilskaufes sei der Teilungsanspruch des Miterben, keinerlei Anhänger mehr.31 27 Weitere Motive bei Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 2 – 9. 28 Vgl. statt aller Muscheler, RNotZ 2009, 65, 66. 29 So die ganz herrschende Meinung; RGZ 64, 173, 175 f.; BGHZ 56, 115, 117 f.; Kipp/ Coing, Erbrecht, § 111 S. 598; Muscheler, RNotZ 2009, 65 f.; Weidlich, in: Grüneberg, § 2371 Rn. 1. 30 So i. H. a. den Erbteilskauf noch Binder, Rechtsstellung des Erben III, S. 91 – 96; Endemann, Lehrbuch BGB III, § 83 S. 362; Graetz, Erbschaftskauf, S. 48; Preuss, Erbschaftskauf,

C. Vertragsgegenstand

19

Charakteristikum des Erbschaftskaufs ist der schuldrechtliche Eintritt des Erwerbers in alle aus der Erbschaft resultierenden Rechte und Pflichten.32 Dementsprechend fand sich, in § 48 des Redaktoren-Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs seitens Kübel ausdrücklich normiert: „Ist eine angefallene Erbschaft Gegenstand eines Kaufvertrages, so werden die Vertragsschließenden untereinander so berechtigt und verpflichtet, wie wenn nicht dem Verkäufer, sondern dem Käufer die Erbschaft angefallen wäre […]“.33 Verkauft wird demnach die Erbschaft als Sachgesamtheit und nicht die Summe der Nachlassgegenstände.34 Insofern liegt ein Erbschaftskauf immer dann vor, wenn vereinbart wird, dass der Erwerber die Erbschaft als Ganzes für einen Gesamtpreis übernimmt und dabei schuldrechtlich einem Erben gleichgestellt werden soll. Letztere Voraussetzung ist gegeben, sofern dem Käufer nach dem Willen der Vertragsparteien die Nachlassabwicklung aufgebürdet werden soll. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, scheidet das Vorliegen eines Erbschaftskaufs in jedem Falle aus. Dies gilt selbst in der Konstellation, dass ein Käufer im Ergebnis sämtliche Nachlassgegenstände erwirbt.35 Der Begriff der „Erbschaft“ ist in § 1922 Abs. 1 BGB definiert als das Vermögen einer verstorbenen Person. Erbschaft im Sinne des Erbschaftskaufs bezeichnet zunächst die Alleinerbschaft, wobei die Gesamtheit des ererbten Vermögens den Veräußerungsgegenstand darstellt.36 Sollten einzelne Nachlassgegenstände vom Kauf ausgenommen sein, ist dies jedoch unschädlich.37 Des Weiteren fällt, § 1922 Abs. 2 BGB zufolge, der gesamtheitliche Anteil eines Miterben an der Erbschaft, namentlich der Erbteil38, unter den Erbschaftsbegriff.39 Veräußerungsgegenstand ist hierbei vor der Nachlassteilung die „zu einem einheitlichen Recht zusammengefasste Summe der Berechtigungen eines Miterben an S. 10 f.; Wertheimer, Erbschaftskauf, S. 8, 46; gegenwärtig i. H. a. Erbteilsveräußerungen nur Ann, Erbengemeinschaft, Kapitel 4, S. 188 f. 31 So noch Wendt, AcP 89 (1899), 420, 455; dies wird bereits von Pringsheim widerlegt, in: Lehre von der Abtretung des Erbteils; und auch von Bielschowsky, Übertragung von allen Erbteilen. 32 Vgl. statt aller Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 2371 – 2385 Rn. 1. 33 Siehe Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, § 48 S. 10; die Vorschrift wurde schließlich aufgrund ihrer Trivialität von der Reichstagskommission gestrichen, vgl. in Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2215 und unter 3. Teil, B. II. 34 Vgl. statt aller Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 2371 – 2385 Rn. 3. 35 Vertiefend zum Ganzen vgl. Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 19, 74 f. 36 Statt aller vgl. Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2371 Rn. 4. 37 Däubler, in: Wassermann, AK-BGB, vor § 2371 Rn. 11. 38 Zu dem Begriff des Erbteils vgl. § 1922 Abs. 2 BGB. 39 Statt aller vgl. Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 20.

20

1. Teil: Der Erbschaftskauf im Allgemeinen

den einzelnen Nachlassgegenständen“40, das heißt die Teilhaberquote an der Erbengemeinschaft. Nach der Teilung bildet das im Rahmen der Teilung zugeteilte Vermögen den Vertragsgegenstand.41 Es ist zu konstatieren, dass nach überwiegender Auffassung ebenso der Erwerb eines Bruchteils der Erbschaft in obigem Sinn unter die benannten Vorschriften fällt.42 Dies meint sowohl die Konstellation der Veräußerung nur eines Teils des Nachlasses als auch die Veräußerung des Nachlasses an mehrere Personen, die miteinander in keinem Verhältnis stehen.43 Problematisch erscheinen Fälle, in denen sich der Erwerb auf einen oder mehrere Einzelgegenstände bezieht. Sofern sich die Alleinerbschaft beziehungsweise der Erbteil einzig oder fast einzig aus diesen Einzelgegenständen zusammensetzt und der Käufer hiervon oder von den zugrundeliegenden Verhältnissen positive Kenntnis hat, bejaht die Rechtsprechung das Vorliegen eines Erbschaftskaufs.44 Alternativ wird die analoge Anwendung der §§ 2371 ff. BGB45 oder lediglich die analoge Anwendung der Haftungsregelungen, namentlich der §§ 2382, 2383 BGB, gefordert.46 Demnach kommt übereinstimmend zumindest das hier zu behandelnde Haftungssystem des Erbschaftskaufs zur Anwendung. Schließlich kann in gleicher Weise die Vorerbschaft des Allein- oder Miterben den Vertragsgegenstand bilden.47

40

So treffend in Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 98 – 126. Mehrheitlich wird angenommen ein Erbschaftskauf sei außerdem nach Nachlassteilung möglich vgl. RGZ 134, 296, 298; Muscheler, RNotZ 2009, 65, 68; Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 21 – 23; Wertheimer, Erbschaftskauf, S. 21; nur vereinzelt wird diese Möglichkeit abgesprochen so Binder, Rechtsstellung des Erben III, S. 106, 230 Fn. 30; Pringsheim, Rechtsstellung des Erwerbers, S. 41 – 46. 42 Der BGB-Gesetzgeber sah dies als selbstverständlich an und strich eine entsprechende ausdrückliche Vorschrift vgl. Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 204, S. 812; zur herrschenden Auffassung vgl. RGZ 134, 296, 298; Graetz, Erbschaftskauf, S. 54; Neusser, MittRhNotK 1979, 143; Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 19; Pringsheim, Rechtsstellung des Erwerbers, S. 46; Wertheimer, Erbschaftskauf, S. 44 f., 49 f.; bzgl. Erbteilsveräußerung vgl. BGH, NJW 1963, 1610 f. A. A. bzgl. Erbteilsveräußerungen Ann, Erbengemeinschaft, Kapitel 4, S. 190. 43 So bzgl. dem Erbteil Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 352. 44 Denn dann sei ein Wille der Parteien auf Abschluss eines Erbschaftskaufes in obigem Sinne erkennbar. Siehe RGZ 171, 185, 191; BGH, FamRZ 1965, 267, 268. 45 Vgl. statt aller Neusser, MittRhNotK 1979, 143. 46 So u. a. Brocker, Begriff der Erbschaft, S. 31 – 33, S. 41, S. 47 – 51, S. 154 f.; Keller, in: Hausmann/Hohloch, Handbuch Erbrecht, Kapitel 16 Rn. 3 – 7; Litzenburger, in: Bamberger/ Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2371 Rn. 6; Zimmermann, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 2371 Rn. 5. 47 Satt aller vgl. Keller, in: Hausmann/Hohloch, Handbuch Erbrecht, Kapitel 16 Rn. 9 f. 41

E. Vertragsnatur und Erfüllung des Vertrages

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D. Anfall der Erbschaft Die Erbschaft muss, um den Kaufgegenstand bilden zu können, bereits angefallen sein, das heißt der Tod des Erblassers muss eingetreten und die Erbschaft auf den Veräußerer-Erben übergegangen sein.48 Allerdings finden die Erbschaftskaufregelungen analoge Anwendung, sofern die Erbschaft dem Veräußerer noch nicht angefallen ist. Damit derartige Verträge Gültigkeit entfalten, ist vonnöten, dass entweder der Erbfall bereits eingetreten oder die Voraussetzungen des § 311b Abs. 5 BGB erfüllt sind. Um Fälle im erstgenannten Sinn handelt es sich beispielsweise bei der Veräußerung des Ersatz- beziehungsweise des Nacherbenanwartschaftsrechts.49 Darüber hinaus werden die Erbschaftskaufregelungen zumindest analog angewendet, wenn ein Nichterbe die Erbschaft eines anderen verkauft.50

E. Vertragsnatur und Erfüllung des Vertrages Der Erbschaftskauf ist schuldrechtlicher Natur und begründet lediglich die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung der Erbschaft in obigem Sinn.51 Aufgrund des Kaufgegenstands ist ihm außerdem erbrechtliche Natur beizumessen.52 Streng hiervon zu separieren ist die Erfüllung der Verpflichtung durch dingliche Verfügung.53 Diese beinhaltet anlässlich eines Erbschaftskaufs die Übertragung jedes einzelnen Nachlassgegenstands nach den jeweils einschlägigen Normen.54 Hinsichtlich eines Erbteils erfolgt die Übertragung vor Nachlassauseinandersetzung 48 Diese Voraussetzung folgt bereits aus § 2371 Abs. 1 BGB; zum Begriff des Erbschaftsanfalls vgl. §§ 1942 Abs. 1, 1922 Abs. 1 BGB. 49 Zum Ganzen statt aller Kipp/Coing, Erbrecht, § 113 S. 606 f.; zur ganz herrschenden Meinung der analogen Anwendung der §§ 2371 ff. BGB vgl. RGZ 101, 185, 191 f.; BGHZ 87, 367, 369; Muscheler, RNotZ 2009, 65; Weidlich, in: Grüneberg, § 2371 Rn. 1; Däubler, in: Wassermann, AK-BGB, vor § 2371 Rn. 16. A. A. Wilke/Reatz/Koffka/Neumann, BGB, § 2371 Anm. 6. 50 Für analoge Anwendung plädiert Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 27, 33; direkte Anwendung hält Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2371 Rn. 3 für geboten; da der Wortlaut des § 2371 BGB den Verkauf durch den Erben voraussetzt erscheint eine analoge Anwendung vorzugswürdig. 51 Statt aller Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 2371 – 2385 Rn. 2. 52 Treffend statt aller Muscheler, RNotZ 2009, 65, 66. 53 Dies ergibt sich bereits aus dem Abstraktions- und Trennungsprinzip statt aller siehe Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 2371 – 2385 Rn. 13. A. A. Wendt, der im Verkauf der Erbschaft eine Verfügung sieht Wendt, AcP 89 (1899), 420, 454. 54 Insbesondere ist in Abweichung zu einem Erbteilskauf keine einaktige Übertragung möglich so RGZ 88, 116, 117; BGH DNotZ 1967, 358, 360; Weidlich, in: Grüneberg, § 2371 Rn. 3.

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1. Teil: Der Erbschaftskauf im Allgemeinen

mittels einaktiger Verfügung gemäß § 2033 Abs. 1 BGB.55 Danach ist, wie im Rahmen eines Erbschaftskaufs, über jeden bei der Auseinandersetzung zugeteilten Gegenstand, einzeln zu verfügen.56 Diesbezüglich ergeben sich in Bezug auf die Veräußerung einer Vorerbschaft keinerlei Differenzen.57 Wird jedoch das Ersatzbeziehungsweise Nacherbenanwartschaftsrecht veräußert, erfolgt dessen Übertragung sowohl in Fällen der Allein- als auch in solchen der Miterbschaft analog nach § 2033 Abs. 1 BGB.58 Es bleibt anzumerken, dass Rechtsfolge dieser Verfügungen nicht der Eintritt des Erwerbers in die Erbenstellung des Veräußerers ist.59 Dessen ungeachtet tritt allerdings der Erbteilserwerber infolge einer Übertragung nach § 2033 Abs. 1 BGB in die Erbengemeinschaft ein. Dies impliziert, dass der Veräußerer insoweit aus der Gemeinschaft ausscheidet.60

F. Erstreckung der Normen mittels § 2385 BGB Die Vorschriften der §§ 2371 – 2384 BGB beanspruchen keineswegs allein für Erbschaftskaufverträge im dargestellten Sinn Geltung. Vielmehr finden sie mittels § 2385 Abs. 1 BGB auch Anwendung beim Weiterverkauf seitens des Erbschaftskäufers und im Rahmen anderer die Erbschaftsveräußerung betreffenden Vertragskonstellationen.61 Zum Beispiel bei Tausch- und Schenkungsverträgen.62 Nicht unter die Vorschrift subsumierbar ist dagegen der Abschluss etwaiger Sicherungsverträge, wie beispielsweise die Verpfändung der Erbschaft.63 Demgegenüber wird die Bestellung eines Nießbrauchs an der Erbschaft wiederum § 2385 BGB unterstellt.64 Es 55 So Ann, Erbengemeinschaft, Kapitel 4, S. 179; zu dieser Möglichkeit in Abweichung zu anderen Gesamthandsgemeinschaften, vgl. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 4 f. 56 Vgl. statt aller Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2371 Rn. 12. 57 Vgl. statt aller Haegele, BWNotZ 1971, 129, 130. 58 So statt aller RGZ 101, 185, 190 f.; Weidlich, in: Grüneberg, § 2371 Rn. 3. A. A. Oertmann, JR 1934, 37, 40 – 43, welcher das Nacherbenanwartschaftsrecht i. R. d. Alleinnacherbschaft für nicht übertragbar hält. 59 Vgl. hierzu bereits unter 1. Teil, C. 60 Siehe RGZ 60, 126, 130; BayObLG, NJW-RR 1987, 398; Kipp/Coing, Erbrecht, § 111 S. 599; zu den Rechtsfolgen des Eintritts Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 133 – 143. 61 Vgl. Muscheler, RNotZ 2009, 65. 62 Vgl. auch zu Anwendung auf den Vergleich über ein Testament, Levi, Vergleich der Erben; bzgl. weiterer Anwendungsfälle, siehe Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2385 Rn. 2 – 3. 63 Statt aller vgl. Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2385 Rn. 4; einen Ausnahmefall wann derartige Konstellationen doch Erbschaftskaufverträge sein können ist zu finden in NJW 1957, 1515 – 1517. 64 So statt aller siehe Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2385 Rn. 2.

F. Erstreckung der Normen mittels § 2385 BGB

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ist allerdings zu beachten, dass die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB von den spezielleren Haftungsregelungen des Nießbrauchrechts verdrängt werden.65 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass sich die Erbschaftskaufnormen unter Zuhilfenahme von Analogien oder mittels Anwendung des § 2385 BGB auch auf zahlreiche andersartige Konstellationen erstrecken.66

A. A. Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 92. 65 Über diesen Umstand besteht Einigkeit vgl. Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 92. 66 So auch Muscheler, RNotZ 2009, 65.

2. Teil

Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem A. Haftung des Verkäufers im Außenverhältnis Der Verkäufer einer Erbschaft haftet als Erbe nach erbrechtlichen Regelungen für die Nachlassverbindlichkeiten. Somit gehen den §§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB zufolge mit dem Tod des Erblassers sowohl die Aktiva als auch die Verbindlichkeiten dessen Vermögens auf den Erben über.67 Erbe in diesem Sinne ist die Person, auf welche mit dem Erbfall die Erbschaft übergeht.68 Auf der negativen Seite rückt der Erbe in die Schuldnerstellung des Erblassers ein und haftet fortan an dessen Stelle den Nachlassgläubigern für die Nachlassverbindlichkeiten.69 Daneben ist der Erbe weiterhin Träger seines Eigenvermögens und bleibt selbstredend etwaigen Eigengläubigern weiterhin verhaftet. Er vereinigt mit dem Nachlass einerseits und dem Eigenvermögen andererseits zwei Vermögensmassen in seiner Person und sieht sich mit den Nachlass- und den Eigengläubigern zwei Gläubigergruppen gegenüber.70 Im Folgenden ist zu untersuchen, ob und inwieweit im Rahmen der Haftung beide Vermögensmassen miteinander verschmelzen, sodass die Nachlassgläubiger neben dem Nachlass auch auf das Eigenvermögen des Erben als Haftungsobjekt zugreifen können.71

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Statt aller siehe Weidlich, in: Grüneberg, Einf. v. § 1967 Rn. 1. Vgl. § 1922 Abs. 1 BGB. Dabei beziehen sich die genannten Normen zunächst auf die Alleinerbschaft, vgl. statt aller Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 2. Anlässlich einer Miterbschaft gelten die Normen gemäß § 1922 Abs. 2 BGB ebenfalls, allerdings modifiziert durch die §§ 2058 – 2063 BGB, vgl. dazu unter 2. Teil, A. III. 69 Statt aller siehe Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 27 f.; Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 1; zu den Begriffen Haftung und Schuld siehe 4. Teil, A. I. 3. d). 70 Statt aller siehe Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 1967 – 2017 Rn. 2. Die Haftung des Erben gegenüber diesen Eigengläubigern wird allerdings nicht von den §§ 2382, 2383 BGB in Bezug genommen und wird demnach nur in den Fußnoten Erörterung finden. 71 Umgekehrt stellt sich selbstredend die gleiche Frage bzgl. der Eigengläubiger, namentlich ob ihnen beide Vermögensmassen als Haftungsobjekt zur Verfügung stehen. 68

A. Haftung des Verkäufers im Außenverhältnis

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I. Haftung des Erben vor Annahme der Erbschaft Solange der Erbe die Erbschaft weder annimmt noch ausschlägt, hat er die Stellung eines vorläufigen Erben inne.72 In dieser Zeitspanne besteht eine strikte Trennung der Vermögensmassen Nachlass und Erbeigenvermögen, sodass die Nachlassgläubiger nur auf den Nachlass als Haftungsobjekt zugreifen können.73 Sie können ihre Ansprüche jedoch nicht gerichtlich gegen den vorläufigen Erben geltend machen, § 1958 BGB. Es ist den Nachlassgläubigern unter diesem Umstand jedoch möglich, einen Nachlasspfleger zu beantragen und die Klage gegen diesen zu richten, § 1960 Abs. 3 BGB.74 Nach § 778 Abs. 1 ZPO ist in dieser Phase in gleicher Weise eine Zwangsvollstreckung seitens der Nachlassgläubiger einzig in das Nachlassvermögen möglich.75 Eine bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch einen Nachlassgläubiger begonnene Zwangsvollstreckung wird jedoch nach §§ 779 Abs. 1, 778 Abs. 1 ZPO ohne Klauselumschreibung in den Nachlass fortgesetzt. Hat die Zwangsvollstreckung dagegen noch nicht begonnen, ist sie wegen § 1958 BGB gegenüber dem vorläufigen Erben unzulässig.76 Demgegenüber wird ein bereits zu Lebzeiten des Erblassers anhängiges Verfahren nach dessen Tod gemäß § 239 Abs. 1 ZPO bis zur Aufnahme durch den Rechtsnachfolger unterbrochen.77

II. Haftung des Erben nach Annahme der Erbschaft Nach Annahme der Erbschaft verschmelzen beide Vermögensmassen haftungstechnisch zu einer Einheit.78 Es gilt im Grundsatz unbeschränkte Erbenhaftung.

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Statt aller vgl. Siegmann/Högner, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1958 Rn. 1. Dabei ist jedoch zu beachten, dass im Abschluss eines Erbschaftskaufes die Annahme der Erbschaft durch schlüssiges Verhalten erblickt wird, statt aller siehe Leipold, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1943 Rn. 5. Die folgenden komprimierten Erörterungen sind allein dem Verständnis der Rechtslage geschuldet. Solche anlässlich einer Erbschaftsausschlagung unterbleiben in Gänze. 73 Vgl. statt aller Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 48. II. S. 1216 f. Demgegenüber ist, den Eigengläubigern des Erben nur dessen Eigenvermögen verhaftet, vgl. ebenda. 74 Statt aller vgl. Brox/Walker, Erbrecht, § 22 Rn. 17. Zur Bestellung eines Nachlasspflegers vgl. §§ 1960, 1961 BGB. 75 Demgegenüber können die persönlichen Gläubiger des Erben nach § 778 Ans. 2 ZPO vor Annahme der Erbschaft nicht in den Nachlass vollstrecken. 76 In diesen Fällen müsste ein zu Lebzeiten des Erblassers erlangter Vollstreckungstitel, § 727 ZPO zufolge, auf den Erben umgeschrieben werden. Dies ist nach § 1958 BGB allerdings bis zu Annahme der Erbschaft ausgeschlossen. Vertiefend zum Ganzen vgl. Schmidt/Brinkmannn, in: Rauscher/Krüger, MüKo ZPO, § 778. 77 Vertiefend siehe Stackmann, in: Rauscher/Krüger, MüKo ZPO, § 239. 78 Statt aller vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 1.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

Sonach können die Nachlassgläubiger ab Annahme der Erbschaft neben dem Nachlass auch auf das Eigenvermögen des Erben als Haftungsobjekt zugreifen.79 1. Aufschiebende Einreden Allerdings hat der Erbe unter den Voraussetzungen des § 2014 BGB oder des § 2015 BGB vorübergehend das Recht, die Befriedigung der Nachlassgläubiger zu verweigern. Zusammengefasst regeln die Normen die Zeitspanne bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach der Erbschaftsannahme beziehungsweise die Zeitspanne nach Beantragung des Aufgebotsverfahrens bis zu dessen Beendigung. Indessen können diese Einreden nach § 2016 Abs. 2 BGB nicht gegenüber nach § 1971 BGB bevorzugten dinglich Berechtigten geltend gemacht werden. Eine Rückausnahme gilt bezüglich der in § 2016 Abs. 2 BGB genannten Rechte und Sicherungsmittel, sofern diese erst nach dem Erbfall erlangt wurden. Ferner sollen die Einreden nicht erhoben werden können, falls die betroffene Nachlassverbindlichkeit unaufschiebbarer Natur ist.80 2. Beschränkungsmöglichkeiten Doch gibt das geltende Recht dem Erben die Möglichkeit, seine Haftung gegenüber einem oder sämtlichen Nachlassgläubigern auf die Nachlassgegenstände zu beschränken. Es gilt mithin im Grundsatz unbeschränkte aber beschränkbare Erbenhaftung. Greift ein solches Beschränkungsmittel, werden die Vermögensmassen, sprich Nachlass- und Eigenvermögen, gegenüber den betroffenen Nachlassgläubigern als getrennt behandelt.81 In der Folge ist ihnen lediglich noch das Nachlassvermögen verhaftet, ihr Rückgriff auf das Eigenvermögen ist nicht länger möglich.82 Allerdings erfährt diese grundsätzliche Beschränkbarkeit der Haftung wiederum eine Restriktion bei Vorliegen sogenannter Nachlasserbenschulden. Im Rahmen dieser Schulden ist den Nachlassgläubigern stets nicht nur der Nachlass, sondern 79

Statt aller siehe Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1967 Rn. 1. Demgegenüber ist den Eigengläubiger des Erben ab Annahme der Erbschaft neben dem Eigenvermögen auch der Nachlass verhaftet, vertiefend siehe Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 16. 80 Statt aller vgl. Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2014 Rn. 5, § 2015 Rn. 4. 81 Nur in den Fällen des Nachlassinsolvenzverfahrens bzw. der Eigenverwaltung tritt eine tatsächliche Trennung der Vermögensmassen ein, vgl. dazu unter 2. Teil, A. II. 2. a) aa) (3). 82 Zum Ganzen statt aller Weidlich, in: Grüneberg, Einf. v. § 1967 Rn. 1. Die Haftungsbeschränkung hat aber keine Auswirkung auf persönliche Gläubiger des Erben. Sie können weiterhin auf Eigenvermögen und Nachlass zugreifen. Allein die Anordnung von Nachlassinsolvenz und Nachlassverwaltung führt auch gegenüber den Eigengläubigern zu einer Trennung der Vermögensmassen, wie sogleich unter 2. Teil, A. II. 2. a) aa) (3) ausgeführt wird.

A. Haftung des Verkäufers im Außenverhältnis

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darüber hinaus auch das Eigenvermögen des Erben verhaftet. Die Haftung des Erben ist nicht länger anhand der erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmittel auf den Nachlass beschränkbar.83 Unbenommen bleibt die Möglichkeit, mit dem jeweiligen Neugläubiger eine vertragliche Haftungsbeschränkung zu vereinbaren. Unter diesen Umständen liegt aber keine Nachlasserbenschuld, sondern eine reine Erbfallschuld vor.84 a) Gegenüber allen Gläubigern aa) Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz Mittel der Haftungsbeschränkung stellen sowohl die Nachlassverwaltung nach §§ 1975 ff. BGB als auch das Nachlassinsolvenzverfahren nach §§ 1975 ff. BGB, §§ 315 ff. InsO dar.85 Im Rahmen dieser Verfahren wird der Nachlass unter Ausschluss des Erben in die Hände eines Verwalters gegeben und damit von dessen Eigenvermögen separiert. (1) Nachlassverwaltung Bei der Nachlassverwaltung handelt es sich um eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung etwaiger Nachlassgläubiger.86 Voraussetzung ist einzig die Antragsstellung beim Amtsgericht, § 1981 BGB.87 Antragsberechtigt ist unter den Voraussetzungen des § 1981 Abs. 1 BGB der Erbe und, sofern die Erfordernisse des § 1981 Abs. 2 BGB erfüllt sind, der einzelne Nachlassgläubiger. Es ist anzumerken, dass selbst ein bereits aufgrund der §§ 1973, 1974 BGB ausgeschlossener Nach83 Ein Beschränkungsmittel kann weiterhin ergriffen werden entfaltet aber nicht länger seine beschränkende Wirkung. Demgegenüber treten die sonstigen Wirkungen des jeweils ergriffenen Mittels ein. So ist beispielsweise anlässlich der Nachlassinsolvenz Verwendungsersatz nach § 1978 Abs. 3 BGB möglich. Vgl. zum Ganzen Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 114; Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, vor § 1967 Rn. 3, § 1967 Rn. 9; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 150 ff. 84 Zum vertraglichen Ausschluss der Haftung, vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/ Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 27 f. 85 Statt aller siehe Weidlich, in: Grüneberg, § 1975 Rn. 1. 86 Vgl. § 1975 BGB. Danach handelt es sich um eine Pflegschaft i. S. d. §§ 1909 ff. BGB, weshalb sowohl die §§ 1915 ff., als auch das Vormundschaftsrecht der §§ 1773 ff. BGB Anwendung finden, vgl. RGZ 72, 260, 262. 87 In diesem Zusammenhang wird verlangt, dass der Nachlass nicht überschuldet ist, wobei eine Überschuldung aufgrund von Vermächtnissen und Auflagen unschädlich ist vgl. §§ 1980 Abs. 1, 1992 BGB. Dies ist auch der entscheidende Unterschied zum Nachlassinsolvenzverfahren, welches gerade bei Überschuldung des Nachlasses Abhilfe schaffen soll. Ferner muss eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse vorhanden sein, § 1982 BGB. Vertiefend vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 76 f. Zum Amtsgericht als Nachlassgericht vgl. Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1981 Rn. 7.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

lassgläubiger das Recht zur Antragsstellung ausüben kann. Im Übrigen können der Nacherbe nach § 2144 Abs. 1 BGB, der Ehegatte nach § 318 InsO analog, oder der Testamentsvollstrecker gemäß § 317 Abs. 1 InsO analog antragsbefugt sein.88 Dagegen hat der Nachlasspfleger wohl kein Antragsrecht inne.89 Auch die Eigengläubiger des Erben können keinen Antrag stellen.90 Das Verfahren endet im Falle der Nachlassüberschuldung von selbst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 1988 Abs. 1 BGB.91 Anderenfalls muss eine Aufhebung seitens des Nachlassgerichts erfolgen. Aufhebungsgründe sind zum Beispiel unzureichende Masse oder Zweckerreichung.92 In ersterer Konstellation der gerichtlichen Aufhebung tritt die vor dem Verfahren bestehende Haftungslage wieder ein.93 (2) Nachlassinsolvenz Voraussetzung des Insolvenzverfahrens ist demgegenüber die Antragsstellung beim Insolvenzgericht, § 315 InsO. Die Antragsberechtigung richtet sich nach §§ 317 – 318 InsO. Als Antragssteller kommen demgemäß der Erbe94, der Nachlasspfleger, der Nachlassverwalter, der Testamentsvollstrecker, der verwaltende 88 Zur Antragsbefugnis vertiefend vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1981 Rn. 2 – 6. 89 So die überwiegende Auffassung vgl. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1981 Rn. 14; BayObLgZ 1976, 167, 171 f.; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1981 Rn. 4; Weidlich, in: Grüneberg, § 1981 Rn. 1. Anders ist dies i. R. d. Nachlassinsolvenz siehe sogleich unter (b). A. A. Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 49. III. S. 1245; Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1981 Rn. 4. 90 Börner, JuS 1968, 53, 56. 91 Vgl. statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1988 Rn. 1. 92 Dabei ist nur Ersteres ausdrücklich in § 1988 Abs. 2 BGB normiert. Vertiefend auch zu weiteren Aufhebungsgründen vgl. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1988 Rn. 1, 7 – 15. 93 Vgl. statt aller Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1986 Rn. 6. Sofern nicht bereits unbeschränkbare Haftung vorlag, ist eine Berufung auf anderweitige Haftungsbeschränkungen insb. aus § 1990 BGB gleichwohl möglich. Dabei wird in Fällen der Aufhebung nach einem ordnungsgemäß durchgeführten Verfahren, sofern noch erhebliche Nachlasswerte vorhanden sind, § 1990 BGB analog angewandt. Dann haftet der Erbe auch bei nicht dürftigem Nachlass auf diesen beschränkt, so die herrschende Auffassung vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1975 Rn. 6; Weidlich, in: Grüneberg, § 1975 Rn. 1; Brox/Walker, Erbrecht, § 39 Rn. 16; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 49. VI. S. 1264 f; Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1988 Rn. 8; BGH NJW 1954, 635, 636. A. A. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1986 Rn. 10. 94 Dieser ist unter den Voraussetzungen des § 1980 BGB sogar zu Antragsstellung verpflichtet. Diese Pflicht entfällt wieder im Rahmen der unbeschränkten Haftung vgl. § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB. Dann hat der Erbe keine Antragspflicht mehr aber dennoch weiterhin ein Antragsrecht, vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1980 Rn. 2.

A. Haftung des Verkäufers im Außenverhältnis

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Ehegatte und die Nachlassgläubiger in Betracht.95 In Übereinstimmung mit dem Institut der Nachlassverwaltung steht der Ausschluss eines Nachlassgläubigers nach §§ 1973, 1974 BGB seinem Antragsrecht nicht entgegen.96 Überdies haben etwaige Eigengläubiger wiederum kein Antragsrecht inne.97 Anders als beim Verfahren der Nachlassverwaltung muss allerdings in Bezug auf die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens stets ein Eröffnungsgrund gegeben sein, § 320 InsO. Nötig ist somit entweder die Nachlassüberschuldung im Sinne des § 19 InsO oder die (drohende) Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 InsO beziehungsweise gemäß § 18 Abs. 2 InsO.98 Überdies muss das vorhandene Nachlassvermögen die entstehenden Verfahrenskosten voraussichtlich abdecken, § 26 InsO.99 Beendigt wird das Verfahren durch Aufhebungsbeschluss insbesondere nach Verteilung der Masse oder Bestätigung des Insolvenzplans §§ 196 ff., 258 InsO.100 In der Folge haftet der Erbe, sofern er sein Haftungsbeschränkungsrecht noch nicht verloren hat, den noch unbefriedigten Nachlassgläubigern nach § 1989 BGB und zwar so als wären sie im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen worden. Er kann ihnen die Einrede des § 1973 Abs. 1 S. 1 BGB entgegenhalten.101 Doch kann das Verfahren auch nach §§ 207, 211, 212, 213 InsO durch Beschluss des Insolvenzgerichts eingestellt werden. In diesen Fällen endet die Haftungsbeschränkungswirkung.102 (3) Wirkungen während des Verfahrens Die Rechtsfolgen beider Institute sind in den §§ 1975 ff. BGB weitestgehend einheitlich normiert. Sie führen ab dem Zeitpunkt des Verfahrensbeginns zu einer 95 Zum Ganzen vertiefend Bauch, in: Braun, Insolvenzordnung, §§ 317 – 318 InsO. In Bezug auf die Antragsstellung seitens der Nachlassgläubiger ist insbesondere die zeitliche Grenze des § 319 InsO zu beachten. 96 Denn die frühere Einschränkung in § 219 Abs. 1 KO wurde nicht übernommen, vgl. dazu Lüer/Weidmüller, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, § 317 Rn. 12. 97 Börner, JuS 1968, 53, 56. 98 Dabei ist allerdings zu beachten, dass nach § 320 S. 2 InsO i. R. d. Antragsstellung durch einen Nachlassgläubiger drohende Zahlungsunfähigkeit nicht genügt. Vertiefend siehe statt aller Döbereiner, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 111 Rn. 16 – 20. 99 Vertiefend siehe Herzig, in: Braun, Insolvenzordnung, § 26 InsO. 100 Vertiefend Brei/Bultmann, Insolvenzrecht, § 12 Rn. 2 f., § 13 Rn. 125 – 127; Pehl/ Braun/Frank, in: Braun, Insolvenzordnung, §§ 196, 200, 258 InsO. 101 Vgl. statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1989 Rn. 1. 102 Es gilt dann die Haftungslage, welche vor Verfahrenseröffnung bestand, fort. Ist die Haftung nicht unbeschränkbar, ist eine Berufung auf anderweitige Haftungsbeschränkungen insb. aus § 1990 BGB gleichwohl möglich. Ferner ist zu beachten, dass § 1990 in Fällen des § 211 InsO analog gilt (eine direkte Anwendung scheidet aus, weil in den Fällen der § 211 InsO, anders als von § 1990 BGB gefordert, die Verfahrenskosten gedeckt sind.) Vertiefend zum Ganzen statt aller vgl. Döbereiner, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 115 Rn. 11 – 13; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1989 Rn. 3.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

tatsächlichen Trennung der Vermögensmassen, das heißt von Nachlass- und Eigenvermögen. Infolgedessen können die Nachlassgläubiger nach § 1975 BGB ab Anordnung der Nachlassverwaltung beziehungsweise ab Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens haftungstechnisch lediglich noch auf das Nachlassvermögen zugreifen.103 Ausnahmsweise vollzieht sich diese Trennung mit Rückwirkung, nämlich in den Konstellationen der §§ 1976, 1977 BGB.104 Demgemäß gelten laut § 1976 BGB die aufgrund von Konfusion oder Konsolidation erloschenen Rechtsverhältnisse zwischen Erblasser und Erben rückwirkend als nicht erloschen.105 Darüber hinaus ist nach § 1977 Abs. 1 BGB die vor Separation getätigte Aufrechnung eines Nachlassgläubigers gegen eine nicht zum Nachlass gehörige Forderung ohne Zustimmung des Erben als nicht erfolgt anzusehen.106 Gleiches gilt gemäß § 1977 Abs. 2 BGB bei der Aufrechnung eines Eigengläubigers gegen eine zum Nachlass gehörige Forderung.107 Mithin gelten ebenfalls die durch § 1977 BGB in Bezug genommenen Forderungen rückwirkend als nicht erloschen.108 Ansonsten vollzieht sich die Vermögenssonderung ex nunc.109 Insoweit verschmelzen mit Annahme der Erbschaft die Vermögensmassen Nachlass- und Eigenvermögen miteinander. Wenn eine Vermögenssonderung erfolgt, kann das Nachlassvermögen in der Zwischenzeit Veränderungen erfahren haben. Um nun 103

Vgl. bzgl. Nachlassverwaltung statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1975 Rn. 2; bzgl. Nachlassinsolvenz siehe statt aller Bauch, in: Braun, Insolvenzordnung, Vorbemerkung vor §§ 315 – 334 InsO Rn. 47 f., § 315 Rn. 17. Demgegenüber können die Eigengläubiger nur noch auf das Eigenvermögen zugreifen und insbesondere nicht mehr in den Nachlass vollstrecken, § 1984 Abs. 2 BGB, vgl. Brox/Walker, Erbrecht, § 39 Rn. 1. 104 Vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 84 – 88. 105 Statt aller vgl. Brox/Walker, Erbrecht, § 39 Rn. 2; mit § 326 Abs. 1 InsO findet sich auch in der Insolvenzordnung eine entsprechende Vorschrift vgl. dazu Bauch, in: Braun, Insolvenzordnung, § 326 Rn. 1 – 3. 106 Demgegenüber regelt der Paragraph nicht Fälle der Aufrechnung mit Zustimmung des Erben oder durch den Erben selbst getätigte Aufrechnungen. Diese behalten somit ihre Wirksamkeit, vertiefend siehe Weidlich, in: Grüneberg, § 1977 Rn. 2. 107 Oft wird in der Konstellation des Abs. 2 dafür plädiert das Zustimmungserfordernis des Erben nicht zu übertragen. Mithin sei die Aufrechnung, ob mit oder ohne Zustimmung, in allen Fällen als nicht erfolgt anzusehen. Auch die durch den Erben selbst getätigte Aufrechnung sei unwirksam. Vgl. dazu Weidlich, in: Grüneberg, § 1977 Rn. 4; Küpper, in: Säcker/Rixecker/ Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1977 Rn. 6. Der Wortlaut ergibt jedoch eindeutig anderes. „Das Gleiche gilt“ zeigt, dass die Aufrechnung auch hier bestand haben soll, wenn sie mit Zustimmung des Erben oder durch diesen selbst erfolgte, so überzeugend vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 89. 108 So Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1977 Rn. 3. Der Paragraph regelt nicht Fälle der Aufrechnung nach Verfahrenseröffnung. Diese ist ohnehin mangels Gegenseitigkeit der Forderungen nicht möglich (str.) vgl. Brox/Walker, Erbrecht, § 39 Rn. 3. 109 Vgl. statt aller Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 152 – 154, § 27 S. 159 – 162; Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1976 Rn. 10.

A. Haftung des Verkäufers im Außenverhältnis

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weder den Erben noch die Nachlassgläubiger zu benachteiligen, müssen die vollzogenen Vermögensbewegungen schuldrechtlich ausgeglichen werden. Dieser Interessenausgleich liegt den Regelungen der §§ 1978 – 1980 BGB zugrunde.110 Gemäß § 1978 Abs. 1 und Abs. 3 BGB findet ab Erbschaftsannahme Auftragsrecht entsprechende Anwendung. Der Erbe wird sonach rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erbschaftsannahme wie ein mit der Verwaltung des Nachlasses für die Nachlassgläubiger Beauftragter gestellt.111 Die Nachlassgläubiger haben unter anderem bei Nachlassminderungen einen Ersatzanspruch gegen den Erben aus § 1978 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit dem Auftragsrecht inne. Verwaltung im Sinne der Norm ist jede Einwirkung des Erben auf den Nachlass durch Tun oder Unterlassen.112 Als Maßstab für etwaige Ansprüche dient die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung.113 Der Erbe hat demnach alles zu unterlassen, was nachlassschädigend sein könnte, und alles zu tun, um solche Schädigungen abzuwenden.114 Dabei hat er jedes Verschulden zu vertreten.115 Der vom Erben zu wahrende Sorgfaltsmaßstab wird durch die §§ 1979, 1980 BGB näher definiert. Demgemäß entfällt eine etwaige Haftung in Konstellationen des § 1979 BGB, wohingegen eine solche in Fällen des § 1980 BGB strikt angeordnet ist. Hat der Erbe zum Beispiel eine Nachlassverbindlichkeit mit Nachlassmitteln berichtigt, haftet er wegen der Nachlassminderung. Dies gilt nach § 1979 BGB nicht, sofern er nach den Umständen annehmen durfte, dass der Nachlass zur Berichtigung aller Nachlassverbindlichkeiten ausreicht.116 Auf der anderen Seite besteht nach §§ 1978 Abs. 3, 670, 257 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch des Erben, auch in der Form eines Befreiungsanspruchs. Aus diesem Grund kann er aus dem Nachlassvermögen Ersatz für getätigte Aufwendungen oder die Befreiung von Verbindlichkeiten, welche er im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung eingegangen ist, verlangen.117 Als Maßstab dienen wiederum die §§ 1979, 1980 BGB. Ein Ersatzanspruch besteht beispielsweise bei Befriedigung einer Nachlassverbindlichkeit aus dem Privatvermögen des Erben, sofern dieser den Umständen nach annehmen durfte, der Nachlass reiche zur Berichtigung aller Nachlassverbindlichkeiten aus.118 Es ist jedoch zu beachten, dass vor Erbschaftsannahme die Sorgfaltspflichten des Erben gegenüber den Nachlassgläubigern nicht in solch strengem Maße bestehen. Aufgrund dessen hat er in diesem Fall die Stellung 110 111

Rn. 2. 112

Zum Ganzen siehe Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 93. Siehe statt aller Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1978

Vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 97. So statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1978 Rn. 3. 114 Statt aller siehe Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1978 Rn. 10. 115 Vgl. statt aller Brox/Walker, Erbrecht, § 39 Rn. 5. 116 So statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1979 Rn. 3. 117 Zu diesem Anspruch vertiefend vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1978 Rn. 13 f. Hier setzt die Problematik der Nachlasserbenschulden an, vgl. 2. Teil, B. I. 3. c). 118 Siehe Weidlich, in: Grüneberg, § 1979 Rn. 3. 113

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eines Geschäftsführers ohne Auftrag inne. Das gerade Ausgeführte gilt mit dieser Modifikation. Somit bemessen sich die Verantwortlichkeit des Erben und dessen Aufwendungsersatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag.119 Darüber hinaus verliert der Erbe mit Eröffnung der Verfahren ex nunc die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass an den jeweiligen Verwalter, §§ 1984 Abs. 1 S. 1, 1985 BGB beziehungsweise § 80 Abs. 1 InsO.120 Insofern sind die, in den §§ 1984 Abs. 1 S. 2 BGB, 81 Abs. 1 InsO genannten beeinträchtigenden Maßnahmen des Erben den Nachlassgläubigern gegenüber unwirksam. In gleicher Weise führen Leistungen an den Erben lediglich unter den Voraussetzungen der §§ 1984 Abs. 1 S. 2 BGB, 82 InsO zur Befreiung des leistenden Schuldners.121 Es bleibt noch zu sagen, dass die Anordnung der jeweiligen Maßnahme und die Bestellung des jeweiligen Verwalters gemäß der §§ 1981 Abs. 1 BGB, 27 InsO durch Gerichtsbeschluss erfolgen.122 Doch kann der bestellte Verwalter nicht nach Belieben verfahren, sondern untersteht nach §§ 1975, 1962, 1915 Abs. 1, 1837 Abs. 2 BGB beziehungsweise nach § 58 Abs. 1 S. 1 InsO der Aufsicht des jeweiligen Gerichts. Ferner hat er laut § 1987 BGB beziehungsweise § 63 InsO einen Vergütungsanspruch inne. Schließlich entstehen anlässlich des jeweiligen Verfahrens gesetzliche Schuldverhältnisse zwischen dem Verwalter und allen anderen Beteiligten, aus denen er den Parteien haftbar ist.123 bb) Einreden der §§ 1990, 1992 BGB Sollte der Erbe allerdings aus Kostengründen den Nachlass selbst abwickeln müssen, hat er unter den Voraussetzungen der §§ 1990, 1992 BGB das Recht, die Befriedigung der Nachlassgläubiger zu verweigern. Auch diese Einreden können gegenüber sämtlichen Nachlassgläubigern erhoben werden, sofern nicht bereits je119

Vertiefend dazu Brox/Walker, Erbrecht, § 39 Rn. 4 – 6. Es ist allerdings zu beachten, dass den Erben vor Erbschaftsannahme keine Rechtspflicht zum Tätigwerden trifft, weshalb ein Unterlassen dann keine Ersatzpflichten auslösen kann, vgl. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1978 Rn. 4. 120 Vgl. statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1984 Rn. 1; Kroth, in: Braun, Insolvenzordnung, § 80 Rn. 11. 121 Dies ergibt sich aus dem Verweis in § 1984 Abs. 1 S. 2 BGB auf §§ 81, 82 InsO. Vertiefend dazu Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1984 Rn. 4 f.; bzw. Kroth, in: Braun, Insolvenzordnung §§ 81, 82. 122 Vertiefend Weidlich, in: Grüneberg, § 1981 Rn. 5; Herzig, in: Braun, Insolvenzordnung, § 27 Rn. 3. 123 Für die Nachlassverwalterhaftung ggü. dem Erben ergibt sich dies aus §§ 1985 Abs. 1, § 1915 Abs. 1, § 1833 BGB; für die gegenüber den Gläubigern aus § 1985 Abs. 2 BGB, vertiefend vgl. statt aller Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1985 Rn. 10 f. I. R. d. Insolvenzverfahrens gilt § 60 InsO, dabei ist allerdings streitig, ob die Verwalterhaftung auch hier auf einem entstehenden Schuldverhältnis beruht, vertiefend siehe Sinz, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, § 60 Rn. 1.

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weils unbeschränkbare Haftung eingetreten ist.124 Der Erbe hat, falls die Nachlassaktiva so gering sind, dass sie nicht einmal die Kosten der Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens decken und die Verfahren aus diesem Grund nicht tunlich sind oder aufgrund dessen eingestellt beziehungsweise aufgehoben wurden, die Einredemöglichkeit des § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB.125 In der Folge kann er die Befriedigung der Nachlassgläubiger verweigern, soweit der Nachlass nicht ausreicht. Eine Überschuldung des Nachlasses ist demgegenüber nicht nötig.126 Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ist derjenige der Entscheidung über die Einrede, sprich die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz.127 Laut § 1990 Abs. 2 BGB greift die Einrede auch gegenüber Nachlassgläubigern, welche nach dem Erbfall eines der genannten dinglichen Sicherungsrechte im Wege der Zwangsvollstreckung oder eine Vormerkung durch einstweilige Verfügung erlangt haben. Durch Erhebung der Einrede tritt, anders als im Rahmen der Nachlassverwaltung beziehungsweise der Nachlassinsolvenz, keine absolut wirkende faktische Trennung der Vermögensmassen ein. Vielmehr bewirkt die Erhebung der Einrede einzig im Verhältnis zum betroffenen Nachlassgläubiger eine Haftungsbeschränkung, sodass dieser nicht länger auf das Eigenvermögen des Erben als Haftungsobjekt zugreifen kann. Ihm bleibt somit einzig die, nach § 1990 Abs. 1 S. 2 BGB gewährte Möglichkeit des Zugriffs auf das Nachlassvermögen. Daher werden die Vermögensmassen in diesem Verhältnis als getrennt behandelt.128 Da die Einrede bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen allerdings gegenüber sämtlichen Nachlassgläubigern erhoben werden kann, besteht im Ergebnis wohl kein Unterschied zu den genannten Verfahren. Dementsprechend ordnet § 1991 Abs. 1 BGB die Geltung der für Nach124 125

Aus diesem Grund werden sie trotz ihrer relativen Wirkung an dieser Stelle dargestellt. Statt aller siehe Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1990

Rn. 2. Die Einrede wird oft begrifflich noch untergliedert je nach Maß der Gläubigerbefriedigungschancen. Dies ist aber für diese Dissertation unnötig und wird nicht ausgeführt. Siehe dazu vertiefend Weidlich, in: Grüneberg, § 1990 Rn. 1. 126 Sie ist aber auch nicht schädlich, vielmehr greift § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB gerade auch in Fällen des überschuldeten Nachlasses ein, statt aller vgl. Weidlich, in: Grüneberg, § 1990 Rn. 2. A. A. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1990 Rn. 3, die eine Überschuldung verlangt. 127 Nicht vorausgesetzt ist somit, dass die geforderte Nachlassdürftigkeit bereits im Zeitpunkt des Erbfalles vorlag, so wohl überwiegend angenommen vgl. BGHZ 85, 274, 280 f.; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1990 Rn. 4; Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB § 1990 Rn. 5; Brox/Walker, Erbrecht, § 40 Rn. 7; Weidlich, in: Grüneberg, § 1990 Rn. 2. A. A. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1990 Rn. 7, welche auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Einrede abstellt. 128 Zu den Wirkungen statt aller vgl. Weidlich, in: Grüneberg, § 1990 Rn. 6. Demgegenüber bleibt den Eigengläubigern des Erben auch das Nachlassvermögen verhaftet. Diesbezüglich wird jedoch diskutiert, ob i. R. d. Zwangsvollstreckung eines Eigengläubigers in den Nachlass der Erbe eine solche abzuwehren berechtigt ist, vgl. vertiefend dazu Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 49. VIII. 8. e).

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lassverwaltung und Nachlassinsolvenz statuierten Verantwortlichkeits- und Aufwendungsersatzregelungen, sprich der §§ 1978, 1979 BGB an.129 In gleicher Weise werden gemäß § 1991 Abs. 2 BGB die aufgrund von Konfusion oder Konsolidation erloschenen Rechtsverhältnisse relativ als nicht erloschen fingiert.130 Ergänzend wird zudem in Abs. 3 und 4 des § 1991 BGB eine Reihenfolge für die Gläubigerbefriedigung angegeben.131 Sollte das Nachlassvermögen indessen allein aufgrund von Vermächtnissen und Auflagen überschuldet sein, gilt kraft ausdrücklicher Verweisung in § 1992 S. 1 BGB das zu §§ 1990, 1991 BGB Gesagte, auch sofern keine Dürftigkeit im Sinne des § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben ist, vollumfänglich. Insbesondere ist der Erbe gleicherweise in diesen Konstellationen berechtigt, die Befriedigung der Nachlassgläubiger zu verweigern.132 Zusätzlich steht ihm allerdings nach § 1992 S. 2 BGB eine Abwendungsbefugnis zu. b) Gegenüber einzelnen Gläubigern aa) Vertragliche Einigung Zunächst hat der Erbe die Möglichkeit, mit dem jeweiligen Nachlassgläubiger eine auf das Nachlassvermögen beschränkte Haftung zu vereinbaren.133 Diese Möglichkeit besteht unabhängig von der sonstigen Haftungslage des Erben, das heißt sie ist auch nach Eintritt dessen unbeschränkbarer Haftung weiterhin möglich.134

129 Entgegen dem Gesetzeswortlaut ist dabei auch § 1980 BGB einbezogen, vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1991 Rn. 4. Dabei ist zu beachten, dass i. R. d. Berechnung der, für die Geltendmachung der Einrede nötigen, Dürftigkeit die Ersatzansprüche nach § 1978 Abs. 1 S. 1 BGB als Nachlassaktiva anzurechnen, die Aufwendungsersatzansprüche nach § 1978 Abs. 3 BGB dagegen als Nachlasspassiva abzuziehen sind, vgl. Brox/Walker, Erbrecht, § 40 Rn. 12. 130 Diese Regelung entspricht § 1976 BGB. Auch die so erhaltenen Forderungen des Erben sind als Nachlasspassiva bei Berechnung des Nachlassbestands in Abzug zu bringen, vgl. ebenda. 131 Auch diesbezüglich finden sich Parallelen zur Befriedigungsreihenfolge i. R. d. Nachlassinsolvenz. Zu den Einzelheiten vgl. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1991 Rn. 17 – 23. 132 Allerdings muss nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Überschuldung auf Vermächtnissen und Auflagen beruhen. Das Heißt der Nachlass müsste ohne die Vermächtnisse und Auflagen zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten ausreichend sein. Sollte der Nachlass auch ohne die Vermächtnisse und Auflagen überschuldet sein, greift die Einrede demnach nicht. Dies ist allerdings streitig vertiefend siehe Brox/Walker, Erbrecht, § 40 Rn. 8 m. w. N. 133 Dies soll auch konkludent erfolgen können. Vgl. dazu unter 2. Teil, A. II. 2. b) aa). 134 Dies ergibt sich daraus, dass der Gläubiger auch in Konstellationen in denen bereits unbeschränkbare Haftung des Erben eingetreten ist auf die persönliche Haftung verzichten kann, vgl. Dutta, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 185 ff.

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bb) Aufgebotsverfahren Des Weiteren kann eine auf das Nachlassvermögen beschränkte Haftung gegenüber einem Nachlassgläubiger daraus resultieren, dass er seine Forderung im Rahmen eines Aufgebotverfahrens nicht rechtzeitig geltend macht. Dazu muss ein Aufgebot gemäß §§ 1970 ff. BGB, §§ 454 ff. FamFG erlassen werden. Mittels dieses gerichtlichen Verfahrens werden sämtliche Nachlassgläubiger öffentlich zur Anmeldung ihrer Nachlassforderungen bei Gericht aufgefordert, § 433 FamFG. Diese Anmeldung muss nach §§ 437, 458 Abs. 2 FamFG innerhalb einer gesetzten Frist erfolgen. Voraussetzung der Verfahrenseinleitung ist eine Antragsstellung beim Amtsgericht als Nachlassgericht, §§ 434 Abs. 1, 454 Abs. 2 FamFG. Antragsberechtigt sind in den Fällen des § 455 FamFG der Erbe, der Nachlasspfleger, der Nachlassverwalter, der Testamentsvollstrecker und unter den Voraussetzungen des § 462 FamFG außerdem ein Ehegatte. Die Entscheidung ergeht durch Ausschließungsbeschluss, welcher mit Ablauf der Rechtsmittelfrist Wirksamkeit entfaltet, §§ 439 Abs. 2, 45 FamFG.135 Durch diesen Beschluss werden die binnen der gesetzten Frist angemeldeten Forderungen vorbehalten. Versäumt hingegen ein Nachlassgläubiger die rechtzeitige Geltendmachung seiner Forderung, wird er mit seiner Forderung ausgeschlossen.136 Der Ausschließungsbeschluss bewirkt jedoch keineswegs, dass die Forderung des ausgeschlossenen Gläubigers erlischt.137 Rechtsfolge des Ausschließungsbeschlusses ist vielmehr nur das Recht des Erben, der Forderung die Einrede des § 1973 Abs. 1 S. 1 BGB entgegenzuhalten. Er kann die Befriedigung verweigern, soweit der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird. Gleiches gilt nach § 1973 Abs. 2 S. 3 BGB, soweit die Nachlasserschöpfung durch Befriedigung ausgeschlossener Gläubiger eintritt, zu deren Befriedigung der Erbe rechtskräftig verurteilt wurde. Bei Geltendmachung wird die Haftung des Erben mithin im Verhältnis zum betroffenen Nachlassgläubiger auf das Nachlassvermögen beschränkt.138 Die Forderungen der nachlassbeteiligten Gläubiger sind allerdings denen eines ausgeschlossenen Gläubigers nachrangig, § 1973 Abs. 1 S. 2 BGB. Auf ihnen kann eine Nachlasserschöpfung im Sinne der Einrede nicht fußen. Eine Ausnahme gilt lediglich, sofern der Gläubiger seine Forderung erst nach Erfüllung dieser Verbindlichkeiten geltend macht.139 135

Es ist allerdings zu beachten, dass mit Eröffnung der Nachlassinsolvenz das Aufgebotsverfahren kraft Gesetzes endet, § 457 Abs. 2 FamFG. In diesem Fall treten nicht die im Folgenden erläuterten Rechtsfolgen ein, sondern die des Nachlassinsolvenzverfahrens. In diesem Zusammenhang wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen. 136 Vertiefend zum Ganzen Zimmermann, in: Kreidel, FamFG, § 433 – 464. 137 So statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1973 Rn. 3. So hat der Ausschließungsbeschluss im Vergleich zu dem bereits Dargestellten nicht die absolute Trennung der Vermögensmassen zur Folge. 138 Statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1973 Rn. 4. 139 Vertiefend siehe Brox/Walker, Erbrecht, § 38 Rn. 3.

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Überdies haftet der Erbe gemäß § 1973 Abs. 2 S. 1 BGB dem ausgeschlossenen Gläubiger für die Verwaltung des Nachlasses allein nach den Regelungen der ungerechtfertigten Bereicherung, wobei § 818 Abs. 3 BGB gilt.140 Bezüglich der Herausgabe noch vorhandener Nachlassgegenstände steht ihm gemäß § 1973 Abs. 2 S. 2 BGB eine Abwendungsbefugnis zu. Zu beachten ist allerdings, dass die in § 1971 BGB genannten dinglich Berechtigten und ihnen gleichgestellte Personen bei Versäumnis im Rahmen des Aufgebotsverfahrens nicht die gerade dargestellten Nachteile erleiden. Gleiches gilt gemäß § 1972 BGB bezüglich der dort genannten nachlassbeteiligten Gläubiger.141 cc) Einrede des § 1974 BGB Zusätzlich steht ein Nachlassgläubiger, der seine Forderung nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Erbfall gegenüber dem Erben geltend macht, gemäß § 1974 Abs. 1 S. 1 BGB einem ausgeschlossenen Gläubiger gleich.142 Dies gilt aber nicht, falls die Forderung dem Erben vor Fristablauf bekannt war oder in einem Aufgebotsverfahren angemeldet wurde.143 Die Gleichsetzung unterbleibt darüber hinaus laut § 1974 Abs. 3 BGB bezüglich der Gläubiger im Sinne des § 1971.144 Außerdem ist der Fristbeginn in den Konstellationen des § 1974 Abs. 1 S. 2 BGB nach hinten verlagert. 3. Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts Der Erbe kann das Recht, eine Haftungsbeschränkung herbeizuführen, verlieren und in der Folge unbeschränkt mit Eigen- und Nachlassvermögen verhaftet sein.145 a) Inventarverfehlungen Die unbeschränkbare Haftung kann mit Wirkung gegenüber sämtlichen Nachlassgläubigern eintreten. Dies betrifft die Fälle, in denen der Erbe den Nachlass140

Statt aller vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, 1973 Rn. 4 f. Vertiefend dazu siehe Weidlich, in: Grüneberg, §§ 1971, 1972. 142 Dies gilt unabhängig davon, ob ein Aufgebotsverfahren durchgeführt wurde, vgl. Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1974 Rn. 1. Das zu § 1973 BGB Gesagte gilt mithin entsprechend. 143 Vgl. dazu § 1974 Abs. 1 S. 1 HS 2 BGB. 144 Auf die in § 1972 BGB genannten Gläubiger wird nicht verwiesen, weshalb sie hier, anders als i. R. d. des § 1973 BGB, nicht von der Geltung ausgenommen werden. So auch Weidlich, in: Grüneberg, § 1972 Rn. 1. Dabei ist in § 1974 Abs. 2 BGB eine Reihenfolge für die Befriedigung mehrerer nachlassbeteiligter Gläubiger untereinander enthalten, vertiefend vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/ Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1974 Rn. 6. 145 „Unbeschränkte Haftung“ in diesem Sinne meint nicht mehr beschränkbare Haftung, vgl. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1993 Rn. 2. 141

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gläubigern keine oder fehlerhafte Angaben bezüglich des verhafteten Nachlassvermögens macht, das heißt bei Verfehlungen im Rahmen der Inventarerrichtung. Als Inventar wird ein Verzeichnis über die Aktiva und Passiva des Nachlasses bezeichnet.146 Inventarerrichtung meint demgegenüber § 1993 BGB zufolge die Einreichung eines solchen Inventars beim Nachlassgericht. Dies kann freiwillig aus eigener Motivation des Erben erfolgen, § 1993 BGB.147 Indessen können ebenso die Nachlassgläubiger die Errichtung eines Inventars beantragen, § 1994 Abs. 1 S. 1 BGB.148 Vorausgesetzt wird insoweit lediglich, die Glaubhaftmachung der Forderung, § 1994 Abs. 2 S. 1 BGB.149 Daraufhin setzt das Gericht dem Erben eine Frist zur Errichtung.150 Die Errichtungsmodalitäten sind in §§ 2002 – 2004 BGB normiert. Diesbezüglich muss der Erbe entweder eine der in § 2002 BGB benannten Personen oder das Nachlassgericht hinzuziehen, § 2003 BGB. Auch die Bezugnahme auf ein bereits errichtetes Inventar ist möglich, § 2004 BGB. Folge der ordnungsgemäßen Inventarerrichtung ist jedoch keineswegs, dass die Haftung des Erben auf das Nachlassvermögen beschränkt wird.151 Gewisse Verfehlungen haben allerdings den Eintritt unbeschränkbarer Haftung zur Folge. Demgemäß führen Fristverfehlungen nach § 1994 Abs. 1 S. 2 BGB zum Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts des Erben gegenüber allen Nachlassgläubigern.152 Gleiches gilt anlässlich einer Inventaruntreue nach § 2005 Abs. 1 S. 1 BGB.153 Dies 146

Vgl. §§ 1993, 2001 BGB und statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1993 Rn. 1. Statt aller siehe Weidlich, in: Grüneberg, § 1993 Rn. 3. Diese freiwillige Inventarerrichtung ist jederzeit möglich. So auch während Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz, vgl. Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1993 Rn. 5. 148 Vgl. statt aller Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1994 Rn. 5. Dabei kann grds. jeder Nachlassgläubiger i. S. d. § 1967 BGB den Antrag stellen. Ob allerdings auch nach §§ 1973, 1974 ausgeschlossene Gläubiger ein Antragsrecht innehaben ist str. wird aber wohl überwiegend bejaht, so Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1994 Rn. 3; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1973 Rn. 2; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 48. VI. S. 1230. A. A. Weidlich, in: Grüneberg, § 1994 Rn. 3; Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1994 Rn. 8. 149 Vertiefend Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1993 Rn. 3. 150 Hier gelten allerdings strengere Voraussetzungen als i. R. freiwilliger Inventarerrichtung. Insbesondere kann eine Frist nicht bestimmt werden während laufender Nachlassverwaltung bzw. Nachlassinsolvenz. Zu den Besonderheiten vgl. §§ 1994 – 2000 BGB und dazu Weidlich, in: Grüneberg, §§ 1994 – 2000. 151 So statt aller Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1993 Rn. 2. 152 Statt aller vgl. Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1994 Rn. 12. Allerdings nur gegenüber solchen Gläubigern denen der Erbe nicht schon beschränkt haftet. Diese Restriktion ergibt sich aus §§ 2013 Abs. 1 S. 2, 2000 S. 3 BGB. Demnach bleibt eine Haftungsbeschränkung nach §§ 1973, 1974 BGB in den genannten Konstellationen bestehen. Gleiches soll anlässlich einer vertraglichen Haftungsbeschränkung gelten, so auch Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1994 Rn. 12. 153 Siehe statt aller Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2005 Rn. 1. 147

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betrifft Sachverhalte, in denen der Erbe absichtlich die Unvollständigkeit der aufgeführten Nachlassgegenstände herbeiführt, ferner die durch ihn in Benachteiligungsabsicht veranlasste Aufnahme einer nicht bestehenden Nachlassverbindlichkeit.154 Schließlich tritt, wenn der Erbe im Rahmen der amtlichen Inventaraufnahme die Auskunftserteilung verweigert oder absichtlich erheblich verzögert, die genannte Rechtsfolge ein, § 2005 Abs. 1 S. 2 BGB. Allerdings gilt § 2005 Abs. 1 S. 2 BGB im Gegensatz zu § 2005 Abs. 1 S. 1 BGB nicht in Fällen der freiwilligen Inventarerrichtung.155 b) Gegenüber einzelnen Gläubigern Überdies kann der Erbe sein Haftungsbeschränkungsrecht gegenüber einem einzelnen Nachlassgläubiger verlieren. Er kann mit einem Nachlassgläubiger ausdrücklich oder konkludent unbeschränkte Haftung vereinbaren.156 Des Weiteren kann der Erbe nach § 780 Abs. 1 ZPO eine etwaige Haftungsbeschränkung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist. Somit haftet er im Falle seiner vorbehaltlosen Verurteilung relativ unbeschränkt gegenüber dem Gläubiger.157 Darüber hinaus hat der Erbe, welcher ein Inventar errichtete, gemäß § 2006 Abs. 1 BGB, auf Verlangen eines Nachlassgläubigers zu Protokoll des Nachlassgerichts an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Nachlassgegenstände so vollständig angegeben hat, als er dazu im Stande war. Dies zu verlangen, ist jeder Nachlassgläubiger berechtigt.158 Inhaltlich bezieht sich die Versicherung allein auf die Nachlassaktiva nicht jedoch auf die Nachlasspassiva.159 Verweigert der Erbe diese Versicherung oder erscheint er unentschuldigt nicht zu einem festgesetzten Termin, verliert er relativ, gegenüber dem beantragenden Gläubiger, sein Recht auf Haftungsbeschränkung, § 2006 Abs. 3 BGB.160

Auch hier gilt allerdings § 2013 Abs. 1 S. 2 BGB, eine Haftungsbeschränkung nach §§ 1973, 1974 BGB bleibt demnach auch in Fällen des § 2005 Abs. 1 BGB erhalten. 154 In ersterer Konstellation ist kein Benachteiligungsvorsatz des Erben vonnöten, statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2005 Rn. 2. 155 So statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2005 Rn. 5. 156 Statt aller vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 1967 – 2017 Rn. 11. Allerdings ist dies auch in Form eines einseitigen Verzichts seitens des Erben möglich, vgl. ebenda. 157 Vertiefend Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 133 ff.; Schmidt/Brinkmannn, in: Rauscher/Krüger, MüKo ZPO, § 780. 158 Somit ist auch der nach §§ 1973, 1974 BGB ausgeschlossene Gläubiger antragsberechtigt, statt aller vgl. Weidlich, in: Grüneberg, § 2006 Rn. 2 159 Statt aller siehe Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2006 Rn. 3. 160 Vgl. statt aller Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2006 Rn. 17.

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4. Folgen der unbeschränkbaren Haftung Die Rechtsfolgen der unbeschränkbaren Haftung des Erben sind in § 2013 BGB normiert.161 a) Absolut unbeschränkbare Haftung Sollte der Erbe allen Gläubigern gegenüber sein Haftungsbeschränkungsrecht verloren haben, findet § 2013 Abs. 1 BGB Anwendung.162 Diese Norm beraubt den Erben seiner sonst bestehenden gesetzlichen Haftungsbeschränkungsmittel.163 Nach § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB kann er kein Gläubigeraufgebot mehr beantragen und verliert die Einrede nach § 1973 BGB und § 1974 BGB.164 Sollten die Voraussetzungen dieser Einreden allerdings bereits vor den Verfehlungen nach §§ 1994 Abs. 1 S. 2 oder 2005 Abs. 1 BGB vorgelegen haben, bleibt die Haftungsbeschränkung laut § 2013 Abs. 1 S. 2 BGB bestehen.165 Im Übrigen ist der Erbe nicht länger berechtigt, die Nachlassverwaltung zu beantragen, § 2013 Abs. 1 S. 1 HS 2 BGB.166 Die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens kann hingegen beiderseits weiterhin beantragt werden.167 Doch entfalten Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz in diesen Fällen nicht länger ihre haftungsbeschränkende Wirkung zugunsten des Erben.168 Auch § 1977 BGB findet nach § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung, sodass eine Aufrechnung wirksam bleibt.169 Die Verantwortlichkeits- und Auf161 Auch diese Norm meint mit dem Ausdruck „unbeschränkte Haftung“ die nicht mehr beschränkbare Haftung in gerade dargestelltem Sinne, vgl. bereits Fn. 145 und statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2013 Rn. 1. 162 Statt aller vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2013 Rn. 1. 163 So auch Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2013 Rn. 1. 164 Wobei der Verlust des Antragsrechts aus § 455 Abs. 1 FamFG folgt. Vgl. Statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2013 Rn. 2. 165 Vgl. statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2013 Rn. 2. Es ist jedoch zu beachten, dass § 2013 Abs. 1 S. 2 BGB nur für ausdrücklich genannte Versäumnisse gilt. Die Haftungsbeschränkung bleibt also nicht bestehen, wenn nachträglich der Fall des § 2006 Abs. 3 BGB eintritt. So auch Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2013 Rn. 2. A. A. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1970 Rn. 7. 166 Demgegenüber steht den Gläubigern weiterhin ein Antragsrecht nach § 1981 Abs. 2 BGB zu, vgl. Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2013 Rn. 3. 167 Dies folgt aus dem Umkehrschluss des Verweises i. R. d. § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich auf die Nachlassverwaltung und aus §§ 316 Abs. 1, 317 InsO. 168 Die Geltung des § 1975 BGB wird durch § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen. Die Verfahren führen jedoch weiterhin zu Nachlassseparation zugunsten der Nachlassgläubiger und auch die Geltung des § 1976 BGB wird durch § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB nicht in Abrede gestellt, vgl. Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2013 Rn. 4, 6. 169 Diejenigen, die i. R. d. § 1977 Abs. 2 BGB dafür plädieren das Zustimmungserfordernis des Erben nicht zu übertragen, nehmen dementsprechend an § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB schließe nur die Anwendung des § 1977 Abs. 1 BGB aus. § 1977 Abs. 2 BGB gelte demgegenüber

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wendungsersatzregelungen der §§ 1978 – 1980 BGB gelten ebenfalls nicht, § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB. Abschließend kann der Erbe gemäß § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB, auch bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen, weder die Einrede des § 1989 BGB noch die gemäß § 1990 BGB oder die Einrede aus § 1992 BGB erheben. b) Relativ unbeschränkbare Haftung Wenn der Erbe lediglich gegenüber einzelnen Gläubigern unbeschränkbar haftet, treten die Folgen des § 2013 Abs. 1 BGB einzig im Verhältnis zu diesen Gläubigern ein. Gegenüber den übrigen Gläubigern ist der Erbe weiterhin berechtigt, seine Haftung mittels aller gesetzlichen Möglichkeiten zu beschränken.170 c) Schonungseinreden Zusätzlich verliert der Erbe mit Eintritt unbeschränkbarer Haftung nach § 2016 Abs. 1 BGB das Recht, die Befriedigung der Nachlassgläubiger aufgrund der Dreimonatseinrede nach § 2014 BGB und der Einrede des Aufgebotsverfahrens gemäß § 2015 BGB zu verweigern. Übereinstimmend zu der Vorschrift des § 2013 BGB verliert er dieses Recht allerdings ausschließlich relativ, das heißt gegenüber den Gläubigern, denen er unbeschränkbar haftet.171

III. Haftung der Miterben Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, gilt grundsätzlich gemäß § 1922 Abs. 2 BGB das Ausgeführte entsprechend. Es sind zugleich die Modifikationen der §§ 2032 ff. BGB zu beachten. Dementsprechend findet nach §§ 1922 Abs. 1, 2032 Abs. 1 BGB auch bei derartigen Sachverhalten eine Gesamtrechtsnachfolge der

weiterhin, so auch Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1977 Rn. 7; Weidlich, in: Grüneberg, § 1977 Rn. 5. Dieser Ansicht kann schon aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gefolgt werden, vertiefend vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 91 f. Dementsprechend ist § 1977 BGB insgesamt ausgeschlossen. 170 Ausdrücklich in § 2013 Abs. 2 BGB genannt ist der Erhalt der §§ 1977 – 1980 BGB und des Antragsrechts bzgl. der Nachlassverwaltung. Allerdings ist diese Norm keinesfalls abschließend, sondern vielmehr als eine Art beispielhafte Aufzählung zu verstehen. Demnach hat der Erbe über die genannten Möglichkeiten hinaus gegenüber den übrigen Gläubigern alle gesetzlichen Haftungsbeschränkungsmittel inne. Zum Ganzen vertiefend Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2013 Rn. 9. 171 Vertiefend siehe Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2016 Rn. 1.

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Miterben in die Aktiva und Passiva des Erblasservermögens statt.172 Der jeweilige Miterbe vereinigt mit dem Nachlassvermögen173 und dem Eigenvermögen wiederum zwei Vermögensmassen in seiner Person. Es stellt sich demnach einerseits die bereits bezüglich des Alleinerben erläuterte Problematik der Haftungsmasse. Es muss gleichermaßen überprüft werden, ob und inwieweit im Rahmen der Haftung die Vermögensmassen Nachlass und Eigenvermögen miteinander verschmelzen, sodass die Nachlassgläubiger neben dem Nachlass auch auf das Eigenvermögen als Haftungsobjekt zugreifen können. Auch hier ist zwischen beschränkter und unbeschränkter Haftung zu unterscheiden. Doch kommt im Rahmen der Erbengemeinschaft die Problematik des Haftungsumfangs hinzu. Insofern ist zu prüfen, ob der jeweilige Miterbe den Nachlassgläubigern in voller Höhe ihrer Forderung, das heißt gesamtschuldnerisch haftet, oder lediglich in Höhe des seinem Erbanteil entsprechenden Forderungsteils, sprich anteilig.174 1. Grundsatz Sind sämtliche Miterben den Nachlassverbindlichkeiten verhaftet, bestehen gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 2058 BGB.175 Die genannte Norm ordnet in diesen Fällen der Schuldnermehrheit grundsätzlich unbeschränkte Gesamtschuldhaftung der Miterben an. Folglich können die Nachlassgläubiger in voller Höhe ihrer Forderungen über den Nachlass hinaus auch auf das Eigenvermögen der Erben als Haftungsobjekt zugreifen.176 Allerdings kann sich ausnahmsweise etwas Anderes ergeben. Dabei finden §§ 1958, 1967 – 2017 BGB auf jeden Miterben gesondert Anwendung, das Ausge172

Vertiefend statt aller siehe Weidlich, in: Grüneberg, § 2032 Rn. 1. Dabei geht der Nachlass auf die Erbengemeinschaft über und unterliegt bis zur Liquidation der gesamthänderischen Bindung. Die Liquidation der Erbgemeinschaft ist in §§ 2042 ff. BGB normiert und kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Aufgrund der Thematik dieser Dissertation wird insoweit auf die gängige Kommentarliteratur verwiesen. 173 Dieses ist bis zu Liquidation gesamthänderisch gebunden, vgl. ebenda. 174 Zum Ganzen vertiefend statt aller Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2058 Rn. 1 – 5. 175 Zu den Einzelheiten vgl. statt aller Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2058 Rn. 22 – 51. Sollte(n) dagegen ausnahmsweise nur ein bzw. einige Miterbe(n) Schuldner der Nachlassverbindlichkeiten sein, liegen keine gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten i. S. d. § 2058 BGB vor. In der Folge sind wiederum Restriktionen zu beachten. In diesem Zusammenhang sei ebenfalls auf die Darstellung bei Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2058 Rn. 24 – 37 verwiesen. 176 Vgl. statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2058 Rn. 1. Dies gilt auch, wenn nur einige Miterben der Nachlassverbindlichkeit verhaftet sind. Dann bilden diese eine Gesamthandsgemeinschaft. Eine Haftung der nicht betroffenen Miterben scheidet selbstredend aus, vgl. statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2059 Rn. 8.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

führte gilt mithin entsprechend.177 Zusammengefasst heißt das: Vor Annahme der Erbschaft gelten die §§ 1958 BGB, 778 ZPO, und die Vermögensmassen werden streng getrennt. Der Erbe haftet gesamtschuldnerisch nur mit dem Nachlassvermögen. Nach Annahme der Erbschaft bestehen für jeden Miterben die Einreden der §§ 2014 – 2016 BGB und Nachlassverbindlichkeiten müssen bei Geltendmachung weder aus dem Eigenvermögen noch aus dem Nachlass berichtigt werden.178 Das Gesetz gibt jedem Miterben gesondert die Möglichkeit, ohne Mitwirkung der anderen Miterben seine Haftung gegenüber einem oder sämtlichen Nachlassgläubigern auf den Nachlass zu beschränken.179 Greift ein solches Beschränkungsmittel, können die betroffenen Gläubiger nur noch auf den Nachlass zugreifen – ein Rückgriff auf das Eigenvermögen des Erben ist ihnen in der Folge verwehrt. Der Erbe haftet in diesem Fall als beschränkter Gesamtschuldner in voller Höhe der Forderung mit dem Nachlassvermögen.180 Jedoch kann jeder Miterbe gesondert sein Recht, eine Haftungsbeschränkung herbeizuführen, verlieren.181 Dann bleibt es beim Grundsatz der unbeschränkten Gesamtschuldhaftung des Miterben.182 Überdies enthalten die §§ 2058 ff. BGB für die Erbengemeinschaft ergänzende Sondervorschriften. In diesem Zusammenhang ist maßgeblich zwischen der Rechtslage vor und derjenigen nach Nachlassteilung zu differenzieren. 2. Vor Nachlassteilung Bei noch ungeteiltem Nachlass können die Nachlassgläubiger gemäß § 2059 Abs. 2 BGB die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass von sämtlichen Miterben verlangen.183 Dementsprechend können sie gegen die Miterben in ihrer Gesamtheit Gesamthandklage erheben und in voller Höhe ihrer Forderung in den ungeteilten Nachlass vollstrecken, § 747 ZPO.184 Dies kommt einer beschränkten Gesamtschuldhaftung gleich. Da somit allein das Nachlassvermögen als Haftungsobjekt herangezogen wird, sind nur diejenigen Einreden denkbar, welche eine Haftung des Nachlasses insgesamt abwehren, beispielsweise die Einreden aus §§ 2014 – 2016 BGB.185 Dem Nachlassgläubiger bleibt es allerdings unbenommen, wahlweise mittels Gesamtschuldklage den einzelnen Miterben als Gesamtschuldner in Anspruch zu 177

Statt aller vgl. Weidlich, in: Grüneberg, § 2059 Rn. 1 f. Zu den Einzelheiten vgl. 2. Teil, A. II. 1. 179 Statt aller Gergen, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2032 Rn. 28. 180 Zu den Einzelheiten vgl. 2. Teil, A. II. 2. 181 Statt aller Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2058 Rn. 17. 182 Zu den Einzelheiten vgl. 2. Teil, A. II. 3. 183 Der Nachlass ist geteilt mit Vollzug der Auseinandersetzung nach §§ 2042 ff. BGB, statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2059 Rn. 3. 184 Statt aller Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2059 Rn. 19. 185 Vgl. statt aller Brox/Walker, Erbrecht, § 41 Rn. 10. 178

A. Haftung des Verkäufers im Außenverhältnis

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nehmen.186 Hinsichtlich einer etwaigen Haftungsbeschränkung des jeweiligen Miterben ist dann die Regelung des § 460 Abs. 2 FamFG zu beachten, sodass auch ein unbeschränkbar haftender Miterbe das Aufgebot beantragen kann.187 Ferner kann gemäß § 2062 BGB die Anordnung einer Nachlassverwaltung nur durch alle Miterben gemeinschaftlich beantragt werden. Sofern auch nur ein Miterbe unbeschränkt haftet, ist eine Beantragung demnach ausgeschlossen.188 Die Eröffnung der Nachlassinsolvenz kann dagegen von jedem Miterben alleine beantragt werden. Mit § 317 Abs. 2 InsO gilt auch hier eine Sonderregelung.189 Überdies kommt die Inventarerrichtung durch einen Miterben auch den übrigen Erben zustatten, sofern sie nicht schon unbeschränkter Haftung unterliegen, § 2063 Abs. 1 BGB.190 Es ist anzumerken, dass die genannten Verfahren, sprich die Nachlassverwaltung beziehungsweise das Nachlassinsolvenzverfahren und die Inventarerrichtung, in jedem Fall das gesamte Nachlassvermögen betreffen. Sie sind und können nicht auf den Erbteil des Beantragenden beschränkt werden.191 Ergänzend besteht im Rahmen der Erbgemeinschaft das Recht des Miterben nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB, die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeit aus seinem Eigenvermögen zu verweigern. Danach haftet er als beschränkter Gesamtschuldner.192 Sofern der Miterbe bereits unbeschränkbar haftet, können die Nachlassgläubiger nach § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich neben dem Nachlassvermögen auch auf das Eigenvermögen des Erben zugreifen. Hinsichtlich des Eigenvermögens wird der Haftungsumfang auf den Forderungsteil begrenzt, der dem Erbanteil des Miterben entspricht. Im Übrigen steht dem Miterben das Verweigerungsrecht nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Es besteht also unbeschränkte Anteilshaftung.193 3. Nach der Nachlassteilung Nach Teilung des Nachlassvermögens sind ebenfalls Ausnahmen vom Grundsatz der unbeschränkten Gesamtschuldhaftung denkbar; allerdings unter strengeren

186 187

Rn. 8. 188

Statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, 2058 Rn. 6. Vertiefend statt aller Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2060

Statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2059 Rn. 2. A. A. Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2062 Rn. 12. 189 Statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2062 Rn. 1. 190 Es ist auch zu konstatieren, dass die Fristberechnung für jeden Miterben gesondert zu bestimmen ist. Auch eine Verfehlung i. R. d. Errichtung wirkt nicht zulasten der übrigen Miterben, vgl. statt aller Brox/Walker, Erbrecht, § 41 Rn. 11. 191 Vgl. dazu § 2062 BGB und § 316 Abs. 3 InsO und statt aller Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2062 Rn. 6. 192 Vertiefend Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2059 Rn. 1 f. 193 Statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2059 Rn. 7.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

Voraussetzungen, da bestehende Nachlassverbindlichkeiten entgegen § 2046 Abs. 1 BGB nicht vor Nachlassteilung berichtigt wurden.194 Nach Teilung des Nachlasses besteht die Möglichkeit einer Gesamthandklage nicht mehr. Die Nachlassgläubiger können nur noch mittels Gesamtschuldklage gegen den einzelnen Miterben vorgehen. Hinsichtlich einer Haftungsbeschränkung ist wiederum die Regelung des § 460 Abs. 2 FamFG zu beachten. Überdies ist nach § 2062 BGB eine Anordnung der Nachlassverwaltung nach Nachlassteilung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Rechtslage vor Nachlassteilung kann folglich keine der beteiligten Parteien einen diesbezüglichen Antrag stellen.195 Demgegenüber bleibt ein Insolvenzverfahren unter den Voraussetzungen des § 316 Abs. 2 InsO möglich. Die Errichtung eines Inventars kommt erneut den übrigen Erben zustatten, sofern sie nicht bereits unbeschränkt haften, § 2063 Abs. 1 BGB. Außerdem besteht die Möglichkeit des § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB nach Nachlassteilung nicht fort.196 Auch § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB greift nicht länger.197 Eine Begrenzung des Haftungsumfangs findet demnach nicht statt, sodass es bei unbeschränkter Gesamtschuldhaftung im Sinne des § 2058 BGB bleibt. Der Erbe haftet in voller Höhe der Forderung mit Nachlass und Eigenvermögen. Losgelöst von der Frage, ob der Miterbe beschränkt oder unbeschränkt haftet, gelten nach Nachlassteilung ergänzend die §§ 2060, 2061 BGB.198 Aus diesem Grund wird der Haftungsumfang jedes Miterben kraft Gesetzes auf den Forderungsteil begrenzt, der seiner Erbquote entspricht.199 Dies gilt nach §§ 2060 Nr. 1 BGB, 460 Abs. 1 FamFG gegenüber im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Gläubigern. Allerdings ist anzumerken, dass sich das Aufgebot insoweit auch auf die in § 1972 bezeichneten Gläubiger sowie auf die Gläubiger erstreckt, denen der Miterbe unbeschränkt haftet.200 Gläubiger im Sinne des § 1971 BGB werden von dieser Wirkung jedoch nicht erfasst.201 Die genannte Beschränkung tritt nach § 2060 Nr. 2 BGB dann ein, wenn der Gläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall geltend macht, es sei denn, dass die Forderung vor dem Ablauf der fünf 194

Statt aller Brox/Walker, Erbrecht, § 41 Rn. 3. Vgl. statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2062 Rn. 4. A. A. Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2062 Rn. 18. 196 Sie ist ausdrücklich nur auf Konstellationen vor Nachlassteilung bezogen. 197 Auch das ergibt sich ausdrücklich aus dem Wortlaut der Vorschrift. 198 So tritt unter den dortigen Voraussetzungen auch ggü. einem unbeschränkt Haftenden die dort normierte Teilhaftung ein. Statt aller Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2060 Rn. 59. 199 Statt aller Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2060 Rn. 1, 3. 200 Str. ist insbesondere, ob das Aufgebot bereits vor Teilung erfolgt sein muss, so Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2060 Rn. 10; Brox/Walker, Erbrecht, § 41 Rn. 15. A. A. Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2060 Rn. 68. 201 So Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2060 Rn. 10; anders als in § 2060 Nr. 2 BGB werde dies in Nr. 1 der genannten Norm nur nicht eigens erwähnt. 195

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Jahre dem Miterben bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist. Die Norm findet keine Anwendung, soweit der Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebot nicht betroffen wird.202 Demgegenüber werden Gläubiger im Sinne des § 1972 und solche, denen gegenüber der Miterbe bereits unbeschränkbar haftet, von der Vorschrift erfasst.203 Darüber hinaus tritt nach § 2060 Nr. 3 BGB eine Haftungsumfangsbegrenzung ein, sofern das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendigt wurde.204 Die Vorschrift gilt analog nach beendeter Nachlassverwaltung.205 Schließlich entfaltet § 2061 BGB die genannte Rechtsfolge gegenüber denjenigen Nachlassgläubigern, welche auf das öffentliche Privataufgebot eines Miterben nicht binnen sechs Monaten ihre Forderung beim Auffordernden oder beim Nachlassgericht angemeldet haben. Auch in diesem Fall tritt die Anteilshaftung nicht nur gegenüber dem Auffordernden, sondern gegenüber allen Miterben ein – vorausgesetzt, die Forderung ist ihm zur Zeit der Teilung nicht bekannt.206 Diese Norm bezieht außerdem Gläubiger nach § 1972 BGB und solche ein, gegenüber denen der Miterbe bereits unbeschränkbar haftet. Demgegenüber werden Gläubiger im Sinne des § 1971 BGB erneut nicht vom Anwendungsbereich der Norm umfasst.207 Abschließend tritt unter den Voraussetzungen einer der genannten Paragraphen automatisch eine beschränkte beziehungsweise unbeschränkte Anteilshaftung ein; es bedarf insofern keiner Geltendmachung. Deshalb ist ein Vorbehalt nach § 780 ZPO in diesen Fällen nicht nötig.208 Ist ein Miterbe gleichzeitig Nachlassgläubiger, ergeben sich keine Abweichungen zu dem gerade Gesagten. Doch muss er sich im Rahmen der Gesamtschuldklage seinen Nachlassanteil anrechnen lassen.209 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang 202

Statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2060 Rn. 5. Statt aller Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2060 Rn. 15 f. 204 Auch hier ist str., ob die Eröffnung vor Teilung erfolgen muss, so Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2060 Rn. 6. A. A. Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2060 Rn. 84. 205 So statt aller Brox/Walker, Erbrecht, § 41 Rn. 15. A. A. Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2060 Rn. 90. 206 Auch hier ist der Zeitpunkt des Privataufgebots umstritten. Dafür, die Aufforderung müsse vor Teilung erfolgen, plädiert Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2061 Rn. 5. A. A. Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2061 Rn. 10. 207 Statt aller Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2061 Rn. 7. 208 Statt aller siehe Brox/Walker, Erbrecht, § 41 Rn. 15. 209 Vgl. statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2059 Rn. 14. Die Ansicht, welche einem Miterben vor Nachlassteilung sein Recht auf Gesamtschuldklage abschnitt, wird heute nicht mehr vertreten. So noch RGZ 93, 196, 197 f. Anders heute BGH NJW-RR 1988, 710 f.; BGH NJW 1963, 1611, 1612 f.; Weidlich, in: Grüneberg, § 2059 Rn. 14; Brox/Walker, Erbrecht, § 41 Rn. 16; Ann, in: Säcker/Rixecker/ Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2058 Rn. 32; Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2058 Rn. 4; Marotzke, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2058 Rn. 92 ff. 203

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

allerdings die Vorschrift des § 2063 Abs. 2 BGB. Ihr zufolge wirken Inventarverfehlungen nicht gegenüber einem Miterbennachlassgläubiger, sodass sie insoweit keine unbeschränkbare Haftung nach sich ziehen können.210

IV. Auswirkungen eines Erbschaftsverkaufs Wie gezeigt, haftet der Verkäufer als Erbe ab Erbschaftsannahme grundsätzlich unbeschränkt, aber beschränkbar für Nachlassverbindlichkeiten gegenüber den Nachlassgläubigern.211 Allerdings kann er das Recht, seine Haftung auf das Nachlassvermögen zu beschränken, verlieren. Im Rahmen der Miterbschaft sind die Sonderregelungen der §§ 2058 ff. BGB zu beachten. Ein Erbschaftsverkauf ändert grundsätzlich nichts an der Haftungslage des Verkäufers. Er bleibt nach dem Verkauf etwaigen Nachlassgläubigern verhaftet.212 Besonderheiten können sich jedoch bezüglich seiner Haftungsbeschränkungsrechte ergeben. So gehen hierauf gerichtete Antragsrechte infolge des Verkaufs zum Teil auf die Person des Erwerbers über. Darüber hinaus wirkt das Verhalten einer Vertragspartei in mancherlei Hinsicht auch für und gegen die jeweils andere Person.213

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis Die §§ 2382, 2383 BGB statuieren die Haftung des Erbschaftserwerbers im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern.

210

Statt aller Ann, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2063 Rn. 3 f. Das heißt allerdings nicht, dass die Haftung ggü. einem Miterbennachlassgläubiger stets eine beschränkte ist. Vielmehr muss auch ihm ggü. von einem Haftungsbeschränkungsrecht Gebrauch gemacht werden, vgl. ebenda. 211 Da spätestens im Abschluss eines Erbschaftskaufs die Erbschaftsannahme erblickt werden kann, ist allein die Haftung des Erben nach Erbschaftsannahme maßgeblich, vgl. dazu bereits 2. Teil, A. I. 212 Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 7; Einleitung zu §§ 2371 – 2385, Rn. 46. Dies ergibt sich schon aus allgemeinen Grundsätzen. Eine Enthaftung käme nur unter den Voraussetzungen einer privativen Schuldübernahme durch den Erbschaftserwerber nach § 414 ff. BGB in Betracht. Dazu ist dann allerdings zumindest die Genehmigung der Nachlassgläubiger vonnöten. Ein Erbschaftsverkauf, als relativer Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer, beteiligt die Nachlassgläubiger in keiner Weise und erfüllt die Voraussetzungen der §§ 414 ff. BGB so mitnichten. Vgl. dazu auch Muscheler, RNotZ 2009, 65, 74 f. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass § 2382 Abs. 1 S. 1 letzter HS BGB, der auf die Fortdauer der Verkäuferhaftung verweist, somit nur deklaratorische Bedeutung zukommt. 213 Diese Besonderheiten werden i. R. d. Erwerberhaftung erläutert. Diesbezüglich sei auf diese Ausführungen verwiesen.

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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I. Haftung des Käufers gegenüber Nachlassgläubigern Dabei ordnet die Vorschrift des § 2382 BGB in ihrem ersten Absatz die Haftung des Erwerbers im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern an.214 Diese Haftung ist unabhängig von einer solchen im Innenverhältnis der Vertragsparteien, was Satz 2 des ersten Absatzes ausdrücklich festhält.215 Dabei ist § 2382 BGB zwingender Natur.216 Sonach kann ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbeschränkung zugunsten des Erwerbers mit dem Veräußerer nicht mit Außenwirkung vereinbart werden. Eine solche Übereinkunft betrifft lediglich das Innenverhältnis der Kaufvertragsparteien.217 Dessen ungeachtet besteht die Möglichkeit, eine derartige Vereinbarung mit den Nachlassgläubigern selbst oder unter ihrer Zustimmung zu schließen.218

1. Allgemeine Voraussetzungen des Haftungseintritts Voraussetzung der Haftungserstreckung auf den Erwerber ist zunächst der wirksame Abschluss eines Erbschaftskaufvertrags.219 Es muss insbesondere das Formerfordernis gewahrt sein.220 Des Weiteren liegt ein Erbschaftskauf, wie bereits erläutert, nur vor, sofern die Erbschaft im Ganzen veräußert wird.221 Weitere Anforderungen bestehen dagegen nicht. Der Erwerber muss weder um seine Haftung wissen noch das Bestehen und die Höhe etwaiger Nachlassverbindlichkeiten kennen.222 Darüber hinaus kommen die §§ 2382, 2383 BGB nach einhelliger Auffassung ebenfalls bei der Veräußerung einzelner oder mehrerer Einzelgegenstände zur Anwendung. Dazu ist nötig, dass die Alleinerbschaft beziehungsweise der Erbteil sich einzig oder fast einzig aus diesen Einzelgegenständen zusammensetzt und der Käufer 214

Rn. 1. 215

Statt aller siehe Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2382

Vgl. BGHZ 38, 187, 193; statt aller siehe Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/ Limperg, MüKo BGB, § 2382 Rn. 2. 216 Dies kommt in Absatz 2 deutlich zum Ausdruck; statt aller siehe Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2382 Rn. 1. 217 Statt aller vgl. Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2382 Rn. 2. 218 So BGHZ 26, 91, 97; Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 8. 219 Vgl. RGZ 60, 126, 131; BGH NJW 1967, 1128, 1131; statt aller vgl. Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 2, 5. 220 So BGH NJW 1967, 1128, 1131; Sollte ein Formmangel vorliegen, scheidet demnach eine Haftung des Käufers aus. U. a. aus diesem Grund soll nach e. A. durch Vollzug der dinglichen Verfügung eine Heilung des Mangels eintreten und der Käufer der Haftung unterstellt werden. So u. a. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 89 – 96, 276 f.; Schlüter, JuS 1969 S. 10 – 16; Habscheid, FamRZ 1968 S. 13 – 15. 221 Siehe dazu bereits 1. Teil, C. 222 Vgl. Giebel, Erbschaftskauf, S. 68; vertiefend auch zu weiteren Unerheblichkeiten Muscheler, RNotZ 2009, 65, 76.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

hiervon oder von den zugrundeliegenden Verhältnissen positive Kenntnis hat.223 Nicht erforderlich ist dagegen die richtige Beurteilung der Verhältnisse durch den Erwerber. Außerdem muss der Erwerber weder um seine Haftung noch um bestehende Nachlassverbindlichkeiten wissen.224 Demgegenüber wird durch den Erwerb einer Erbschaft vom Nachlass- oder Nachlassinsolvenzverwalter keine Haftung des Käufers nach den genannten Normen begründet.225 Brocker will in diesem Zusammenhang die §§ 2382, 2383 BGB teleologisch reduzieren.226 Kregel verneint in derartigen Fällen das Vorliegen eines Erbschaftskaufs.227 Weitere Literaturstimmen lassen die Haftungsregelungen schlicht unangewendet.228 Im Rahmen des Erwerbs von einem Testamentsvollstrecker bleibt es hingegen bei der Verhaftung des Erwerbers nach §§ 2382, 2383 BGB.229 2. Zeitpunkt des Haftungseintritts und Haftungsnatur Maßgeblicher Zeitpunkt der Haftungserstreckung auf den Käufer ist derjenige des Kaufvertragsabschlusses. Demzufolge beginnt die Erwerberverhaftung bereits zu diesem Zeitpunkt und zwar ohne Rücksicht darauf, wann die dingliche Übertragung des Kaufgegenstandes stattfindet.230 Der Haftungseintritt erfolgt mittels gesetzlichen Schuldbeitritts des Erwerbers zur weiterbestehenden Haftung des Veräußerers nach § 1967 BGB.231 In der Folge haften beide Kaufvertragsparteien den Nachlassgläubigern als Gesamtschuldner.232 Dem223

Dazu bereits 1. Teil, C. Die Rechtsprechung sieht in derartigen Konstellationen einen Erbschaftskauf. Einhellig werden aber zumindest die Haftungsregelungen des Instituts (analog) angewendet. Es gelten die gleichen Grundsätze wie i. R. d. § 419 BGB und § 1365 BGB, vgl. Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2382 Rn. 4; zu § 1365 lesenswert NJW 1965, 909 – 911; zu § 419 BGHZ 55, 105 – 111. 224 So statt aller Muscheler, RNotZ 2009, 65, 75; BGHZ 55, 105, 108. 225 Darüber besteht im Ergebnis Einigkeit, da der, von den §§ 2382, 2383 BGB intendierte, Gläubigerschutz sowohl i. R. d. Nachlassverwaltung, als auch i. R. d. Nachlassinsolvenz ausreichend gewährleistet ist, vgl. BayOblGZ 7, 484; statt aller ausführlich dazu Brocker, Begriff der Erbschaft, S. 51 – 98. 226 Siehe Brocker, Begriff der Erbschaft, S. 97 f. 227 Vgl. Kregel, BGB-RGRK, § 2383 Rn. 6. 228 So u. a. Zimmermann, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, §2371 Rn. 7; Bartholomeyczik, Erbeinsetzung, S. 211; Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einleitung zu §§ 2371 – 2385 Rn. 90 f., § 2382 Rn. 5. 229 Denn i. R. d. Testamentsvollstreckung ist der Gläubigerschutz nicht ausreichend gewährleistet, weshalb es des Schutzes der §§ 2382, 2383 BGB weiterhin bedarf, so statt aller Brocker, Begriff der Erbschaft, S. 139 – 154. 230 Siehe Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2382 Rn. 4. 231 So BGHZ 26, 91, 97; Giebel, Erbschaftskauf, S. 67. 232 Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 3, 7.

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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nach ist die Haftung des Veräußerers selbst unerlässliche Voraussetzung der Haftungserstreckung auf den Erwerber. Denn nur wenn der Veräußerer der Haftung unterliegt, kann durch einen etwaigen Kaufvertrag ebenfalls eine Haftung des Erwerbers vermittelt werden. Es tritt beispielsweise im Rahmen des Erwerbs von einem Nichterben keine Haftung des Erwerbers ein. Anders verhält es sich, wenn der Nichterbe die Erbschaft später erwirbt. Dann tritt ab diesem Zeitpunkt die Haftung des Zweiterwerbers ein.233 In gleicher Weise sind Fälle des Erwerbs vor dem Anfall der Erbschaft zu behandeln. Sollte daher zum Beispiel ein Anwartschaftsrecht den Veräußerungsgegenstand bilden, ist der Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft beim Verkäufer maßgebliches Ereignis für den Haftungseintritt.234 3. Nachlassgläubiger Wer zu den „Nachlassgläubigern“ zählt, ist nach allgemeinen erbrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen.235 In diesem Zusammenhang sind die Nachlassverbindlichkeiten von den als Eigenverbindlichkeiten bezeichneten Lasten des Erben abzugrenzen. Dies ist besonders bei strikter Trennung der Vermögensmassen Nachlass- und Erbeigenvermögen vonnöten. Da in diesen Fällen die Nachlassgläubiger allein auf das Nachlassvermögen, die Eigengläubiger demgegenüber nur auf das Eigenvermögen zugreifen können, jeweils unter Ausschluss der anderen Gläubigergruppe. Infolgedessen ist das jeweilige Haftungssubstrat der jeweils zugriffsberechtigten Gläubigergruppe reserviert. Der Befriedigungsumfang der Nachlassgläubiger hängt dann von der Höhe aller Nachlassverbindlichkeiten im Verhältnis zum Aktivnachlass ab. Jeder hinzutretende Nachlassgläubiger schmälert demnach die Befriedigungschancen der Altnachlassgläubiger.236 Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 Abs. 1 BGB sind die sogenannten Erblasserschulden, Erbfallschulden und Nachlasserbenschulden. Die Zuordnung einer Verbindlichkeit zu einer der benannten Fallgruppen ist mitunter schwierig, weil ihre Grenzen fließend sind. Es muss stets eine gewissenhafte Einzelfallprüfung erfolgen.237

233

Rn. 5.

Statt aller vgl. Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2382

234 Vgl. NJW 1956, 513, 514; statt aller siehe Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/ Poseck, BeckOK BGB, § 2382 Rn. 4. 235 Vgl. RGZ 112, 129, 131; BGHZ 38, 187, 193; statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 2382 Rn. 2. 236 Zum Ganzen vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 115; Lohmann, in: Bamberger/Roth/ Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1967 Rn. 13. 237 Gehört ein Handelsgeschäft zum Nachlass oder war der Erblasser Gesellschafter eines solchen, ergeben sich handels- und gesellschaftsrechtliche Besonderheiten, §§ 27, 139, 173, 177 HGB. Eine vertiefte Darstellung soll hier nicht erfolgen. Vertiefend siehe Joachim, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 1967 Rn. 33 – 47.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

a) Erblasserschulden Zunächst fallen gemäß § 1967 Abs. 2 BGB die vom Erblasser herrührenden Schulden unter den Begriff der Nachlassverbindlichkeiten. Sie werden als Erblasserschulden bezeichnet.238 Dies sind alle Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt des Erbfalles bereits in der Person des Erblassers begründet waren, noch nicht erloschen und mit dem Erbfall auf den Erben übergegangen sind.239 Gleichgültig ist dabei, auf welchem Rechtsgrund sie beruhen und worauf sie gerichtet sind – Voraussetzung ist allein ihre Vererbbarkeit.240 Jedoch kann eine Erblasserschuld ebenfalls in Konstellationen gegeben sein, in denen der Entstehungstatbestand der Schuld nicht bereits vor dem Erbfall vollends erfüllt worden ist. Es ist lediglich notwendig, dass er noch der Sphäre des Erblassers zugerechnet werden kann, also die Schuld in seiner Person bereits angelegt war.241 Als Beispiele können bedingte, befristete oder künftige Bindungen des Erblassers und auch Verbindlichkeiten aus unerlaubten Handlungen des Erblassers, deren Folgen erst mit dem Erbfall eintraten, dienen.242 b) Erbfallschulden Ferner sind die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, unter den Begriff der Nachlassverbindlichkeiten zu subsumieren.243 Solche Erbfallschulden sind sämtliche Schulden, die aus Anlass des Erbfalls in Bezug auf den Nachlass automatisch mit dem Erbfall in der Person des Erben entstanden sind.244 Darunter fallen vornehmlich solche aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.245 238 Vgl. statt aller Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1967 Rn. 14. 239 So statt aller BGH, NJW 2013, 3447, Rn. 13; Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 18 f.; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 5. 240 Statt aller Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 2; Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 22 f. Dabei ist im Grundsatz von der Vererbbarkeit auszugehen. Wenige Ausnahmen finden sich allerdings insbesondere im Familienrecht und im Schuldrecht, vertiefend siehe Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 5 – 9; plädierend für die grundsätzliche Vererbbarkeit auch BGH NJW 1985, 3068, 3069; BGHZ 104, 369, 372. Sind die Verbindlichkeiten nicht vererbbar, erlöschen sie mit dem Tod des Erblassers, vgl. Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 47. II. S. 1194. 241 Siehe statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1967 Rn. 2; Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 18. 242 Vertiefend Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 9; zu künftigen Ansprüchen siehe BGH, NJW-RR 2001, 463 f.; zu bedingten Ansprüchen vgl. BGHZ 134, 182, 190; bzgl. unerlaubten Handlungen siehe OVG Koblenz, NJW 1992, 2653; BGH, NJW-RR 2005, 895, 896. 243 Vgl. § 1967 Abs. 2 BGB. 244 So auch BGH, NJW 2013, 3447 Rn. 13; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 99; Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 19. 245 Vgl. § 1967 Abs. 2 BGB.

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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Es ist allerdings anzumerken, dass die Aufzählung in § 1967 Abs. 2 BGB keineswegs abschließend ist.246 Den Erben treffen außerdem, wie in § 1968 BGB normiert, die Kosten der standesgemäßen Beerdigung des Erblassers. Weitere Erbfallschulden sind unter anderem in §§ 1371, 1963, 1969 BGB statuiert.247 Darüber hinaus müssen auch Schulden, die infolge des Erbfalls und in Bezug auf den Nachlass divergierend zu ersterer Fallgruppe aber nicht automatisch mit, sondern erst nach dem Erbfall in der Person des Erben entstehen, zu den Erbfallschulden gezählt werden.248 Sie können aus der Nachlassabwicklung resultieren oder etwa durch Vornahme von Geschäften für den Nachlass begründet werden.249 Aus der Nachlassabwicklung resultieren beispielsweise die Kosten der Eröffnung einer Verfügung von Todeswegen, solche der gerichtlichen Nachlasssicherung, einer Nachlasspflegschaft, der Inventarerrichtung, des Nachlassgläubigeraufgebots, der Nachlassverwaltung und der Nachlassinsolvenz.250 Ein Geschäft für den Nachlass können zum Beispiel die mit der Nachlassverwaltung betrauten Personen vornehmen, namentlich der Nachlasspfleger, der Nachlassverwalter oder der Testamentsvollstrecker. Auch deren Aufwendungsersatz- und Vergütungsansprüche sind unter diese Fallgruppe zu subsumieren.251 Darüber hinaus können die in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses vom Erben begründeten Verpflichtungen hierunter fallen. In Abgrenzung zur Fallgruppe der Nachlasserbenschulden ist allerdings dazu vonnöten, dass der Handelnde seine Haftung auf das Nachlassvermögen begrenzt hat. Sollte dieses Erfordernis nicht hinreichend gewahrt sein, zählen die entstandenen Verbindlichkeiten zur Fallgruppe der Nachlasserbenschulden.252 Im Übrigen sind die

246

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift „insbesondere“, so auch Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 1. 247 Vertiefend vgl. Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 103 f.; Brox/ Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 19. 248 So im Ergebnis die überwiegende Auffassung vgl. BGH, NJW 2013, 3447 Rn. 13; OLG München, NJOZ 2006, 1848, 1851; OLG Frankfurt, NJW-RR 1993, 267, 268; Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 31 f.; Weidlich, in: Grüneberg, § 1967 Rn. 7; Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 20; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 11. Diese Fallgruppe wird oft als Nachlasskosten- und Nachlassverwaltungsschulden bezeichnet. Es existieren allerdings auch divergierende Bezeichnungen, viertiefend dazu vgl. Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 20. 249 Statt aller siehe Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 47. IV. S. 1202; Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 1. 250 Vgl. dazu insbesondere § 24 GNotKG. Vertiefend siehe Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 129 ff.; Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 20. 251 Vgl. insbesondere § 324 Abs. 1 Nr. 5 und 6 InsO. Vertiefend vgl. Küpper, in: Säcker/ Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 13, 19. Sollten die genannten Personen i. R. d. Nachlassverwaltung Pflichtverletzungen begehen, entstehen dadurch ebenfalls Erbfallschulden, da sie nicht den Erben persönlich zu verpflichten in der Lage sind. 252 Dazu sogleich unter d).

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

Aufwendungsersatzansprüche des Erben nach §§ 1978 Abs. 3, 670, 257 BGB Nachlassverbindlichkeiten in diesem Sinne.253 c) Nachlasserbenschulden Während sich bei den gerade dargestellten Fallgruppen der Status als Nachlassverbindlichkeit aus dem Zusammenhang der Verbindlichkeit mit der ErblasserSphäre ergibt, gestaltet sich die Lage in Bezug auf die sogenannten Nachlasserbenschulden anders. Sie resultieren aus Handlungen des Erben. Dementsprechend kann der Erbe nach dem Erbfall Verbindlichkeiten in eigenem Namen bei der Verwaltung des Nachlasses eingehen. Dies führt zum einen zur Begründung von Eigenverbindlichkeiten des Erben.254 Zum anderen stellt sich die Frage, ob der Erbe in diesen Fällen aufgrund des Bezugs der Schuld zum Nachlassvermögen neben solchen Eigenverbindlichkeiten auch neue Nachlassverbindlichkeiten begründen kann. In diesem Zusammenhang wird der § 1978 Abs. 3 BGB zugrunde liegende Rechtsgedanke auf das Verhältnis des Erben zum Neugläubiger übertragen, und es werden die begründeten Verbindlichkeiten als Aufwendungen in diesem Sinne und in der Folge als Nachlassverbindlichkeiten betrachtet.255 Freilich ist zu beachten, dass im Falle der Nachlass253 Vgl. § 324 Abs. 1 Nr. 1 InsO; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 129 ff. Zur Entstehung des Anspruchs, vgl. 2. Teil, A. II. 2. a) aa) (3). 254 Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Erbe in eigenem Namen handelt, so auch Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 17. Aber auch wenn der Erbe im Namen des Nachlasses oder erkennbar für diesen Verbindlichkeiten eingeht, entsteht nach heute einhelliger Auffassung eine Eigenverbindlichkeit des Erben, vgl. RGZ 90, 91, 93; RGZ 146, 343, 345; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 152; Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1967 Rn. 20; Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 8; Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 119; Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 122 f. Anderes wurde in der älteren Literatur vertreten so noch Binder, Rechtsstellung des Erben II, S. 34 – 49, nach dessen Sichtweise verwaltet der Erbe das Nachlassvermögen, weshalb durch die, von ihm übernommenen Verbindlichkeiten lediglich das Nachlassvermögen verhaftet wird. Später revidiert Binder seine diesbezüglichen Annahmen allerdings und nimmt die Begründung von Eigenverbindlichkeiten an vgl. Binder, JW 1927 S. 1196 – 1198. Siehe dazu auch DaunerLieb, Unternehmen, S. 122 f. m. w. N. 255 So die überwiegende Auffassung begründet von RGZ 90, 91, 95; fortgeführt von BGHZ 32, 60, 64 ff. BGHZ 38, 187, 193; BGHZ 71, 180, 187; BGH, NJW 2013, 934 Rn. 16; BGH, NJW 2013, 3447 Rn. 14; So Weidlich, in: Grüneberg, § 1967 Rn. 8; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 47. V. S. 1204; Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 8; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 154; Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 21; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 16 f. Argumentiert wird u. a. mit dem Schutz des Erben und demjenigen der Neugläubiger. A. A. vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 115 – 145; sie erkennt Nachlasserbenschulden mit ihrem Doppelcharakter nicht an. Vielmehr behandelt sie die genannten Konstellationen als reine Eigenschulden des Erben. Allerdings steht dem Erben, auch bei Eingehung einer Eigenverbindlichkeit, unter den Voraussetzungen der §§ 1978 Abs. 3, 670, 257 BGB ein Aufwendungsersatz- bzw. Befreiungsanspruch aus dem Nachlass zu. Dieser Anspruch ist Nachlass-

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separation der Befriedigungsumfang der Nachlassgläubiger von der Höhe aller Nachlassverbindlichkeiten im Verhältnis zum Aktivnachlass abhängt. Damit wirkt sich das Hinzutreten neuer Nachlassgläubiger auf die Befriedigungschancen der Altnachlassgläubiger belastend aus. Deshalb kann der Erbe den Kreis der Nachlassverbindlichkeiten nicht beliebig zu deren Lasten erweitern. Aus diesem Grund muss die im Rahmen des § 1978 Abs. 3 BGB geltende Restriktion der Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung auch hier angewendet werden.256 Die Entstehungsvoraussetzungen der Nachlassverbindlichkeit sind mithin deckungsgleich mit denen des Aufwendungsersatzanspruchs des Erben nach §§ 1978 Abs. 3, 670, 257 BGB.257 Demnach muss der Vertragspartner keineswegs Kenntnis davon haben, dass der Erbe für den Nachlass handelt.258 Ob der Erbe tatsächlich für den Nachlass handeln wollte, ist ebenso irrelevant.259 Hingegen muss sich der Erbe zwingend im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung bewegen. Sollte er diesen Rahmen überschreiten, entsteht in keinem Fall eine Nachlassverbindlichkeit.260 Zusammengefasst haben die übernommenen Verbindlichkeiten jeweils dann den Charakter einer Nachlassverbindlichkeit, wenn die Verpflichtungsübernahme vom Standpunkt eines sorgfältigen Beobachters in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses erfolgte. Den unter dieser Voraussetzung entstandenen Verbindlichkeiten kommt entsprechend eine

verbindlichkeit i. S. d. § 1967 Abs. 1 BGB. Diesen Anspruch kann der Neugläubiger im Wege der Einzelzwangsvollstreckung pfänden und sich überweisen lassen. Dann wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch gegen den Nachlass um, sodass er einen Direktanspruch gegen den Nachlass innehat. Im Ergebnis entsteht danach die gleiche Rechtslage wie bei Anerkennung des Konstituts der Nachlasserbenschuld. Der Streit kann im Zuge dieser Dissertation mithin dahinstehen. 256 Zu dieser Problematik vgl. Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 154; Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 119 f. 257 Dies ist aufgrund der Rechtsgrundlage zwingend nötig vgl. statt aller Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 120; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 155. A. A. Zum Teil wird die Abkoppelung von 1978 Abs. 3 BGB vorgenommen bspw. vgl. Johannsen, BGB-RGRK, § 1967 Rn. 12. Dem kann aber aufgrund der Herleitung nicht gefolgt werden. Zum Aufwendungsersatzanspr., vgl. 2. Teil, A. II. 2. a) aa) (3). 258 Dies ergibt sich bereits aus Auftragsrecht vgl. statt aller Schäfer, in: Säcker/Rixecker/ Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 662 m. w. N.; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 17. 259 Denn nach richtiger Sichtweise setzt der Aufwendungsersatzanspruch des Erben keinen Fremdgeschäftsführungswillen voraus. Demgegenüber bestehen Herausgabepflichten des Erben nach §§ 1978 Abs. 1, 667 BGB nur bei Vorliegen eines solchen. Vertiefend dazu vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 117 – 119. 260 Selbst, wenn mit dem Neugläubiger Abweichendes vereinbart ist. Eine Haftungsbeschränkungsvereinbarung geht ins Leere, statt aller vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 125; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1967 Rn. 171 ff. und vgl. 2. Teil, A. II. 2. a) aa) (3).

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

Doppelstellung als Eigenschulden und Nachlassverbindlichkeiten zu. Sie werden als Nachlasserbenschulden bezeichnet.261 Sollte jedoch vor Begründung der Verbindlichkeit bereits eine unbeschränkbare Haftung des Erben gegenüber allen Nachlassgläubigern im Sinne des § 2013 Abs. 1 BGB eingetreten sein, findet § 1978 BGB keine Anwendung mehr.262 Unter diesem Umstand trägt der Begründungsansatz für die Nachlassverhaftung nicht länger. Unabhängig davon, ob die sonstigen Voraussetzungen einer Nachlassverhaftung vorliegen, entsteht lediglich eine Eigenverbindlichkeit des Erben, sofern nicht kraft Gesetzes dennoch Nachlassverhaftung angeordnet ist.263 Unter dem Gesichtspunkt des § 1978 Abs. 3 BGB ist ebenfalls die Frage zu behandeln, wann Erblasser- und Erbfallschulden durch ein Handeln264 des Erben in Nachlasserbenschulden umgewandelt werden. Demzufolge entsteht eine Nachlasserbenschuld bei vertraglicher Anerkennung dieser Nachlassverbindlichkeiten seitens des Erben unter Einschluss der Haftung auch mit dem Eigenvermögen.265 Demgegenüber muss die Auffassung wonach der durch Pflichtverletzung im Rahmen der Nachlassverbindlichkeiten entstandene Schadensersatzanspruch Nachlasserbenschuld ist, unter dem Blickwinkel des § 1978 Abs. 3 BGB abgelehnt werden. Dasselbe gilt bezüglich deliktischer Handlungen des Erben.266 Doch ist zu beachten, dass der Erbe seine Haftung auch in diesen Konstellationen mittels ausdrücklicher Vereinbarung mit dem Neugläubiger auf den Nachlass beschränken kann. Dies soll auch konkludent gegenüber dem betroffenen Gläubiger erfolgen können.267 Sollte eine derartige Beschränkung vorgenommen worden sein, 261 Zum Begriff schon Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 114; zum Doppelcharakter statt aller Weidlich, in: Grüneberg, § 1967 Rn. 8. 262 Vgl. § 2013 Abs. 1 BGB; statt aller Dobler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2013 Rn. 7. 263 Vertiefend dazu Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 17; Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 135 f. 264 Für das Bedürfnis einer Handlung vgl. BGH, NJW 2013, 3446 Rn. 14; KG, NJW 2006, 2561, 2562. 265 So statt aller Brox/Walker, Erbrecht, § 37 Rn. 21. In diesen Konstellationen spricht auch Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 142 der Konstruktion einer Nachlasserbenschuld eine „gewisse Daseinsberechtigung“ zu. 266 Denn ein Aufwendungsersatzanspruch des Erben wäre in diesen Konstellationen nicht gegeben. So überzeugend Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 126; Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 18; RGZ 92, 341, 343 f. Demgegenüber nehmen einige wie auch Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 19 f. dennoch eine Nachlasserbenschuld an. 267 So die überwiegende Auffassung BGH, WM 1968, 798; RGZ 146, 343, 346; RGZ 90, 91, 93; Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 25; Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1967 Rn. 20; Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 9; Weidlich, in: Grüneberg, § 1967 Rn. 10. Dabei soll es genügen, dass der Erbe zum Ausdruck bringt nur beschränkt auf das Nachlassvermögen haften zu wollen. Sollte der Gläubiger sich dennoch auf das Geschäft einlassen, erkläre dieser konkludent sein Einverständnis zu der Haftungsbeschränkung.

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bleibt lediglich das Nachlassvermögen als Haftungsobjekt vorhanden. Mangels eines Doppelcharakters liegen in diesem Fall keine Nachlasserbenschulden, sondern Erbfallschulden vor.268 Problematisch erscheint eine derartige Haftungsbeschränkung in Fällen, in denen mangels ordnungsmäßiger Verwaltung keine Nachlassverbindlichkeiten entstehen. Dem Gläubiger ist in der Folge der Zugriff auf das Nachlassvermögen verwehrt. Würde der vereinbarte Haftungsausschluss greifen, könnte er deswegen ebenfalls nicht auf das Eigenvermögen des Erben zugreifen und hätte keinerlei Haftungsgrundlage. Unter diesen Umständen muss der vereinbarte Haftungsausschluss leerlaufen, und es muss über eine analoge Anwendung des § 1979 BGB der Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben eröffnet werden.269 d) Eigenschulden des Erben Alle anderen Verbindlichkeiten sind sogenannte Eigenschulden des Erben. Diese Schulden stellen keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 BGB dar.270 Allerdings müssen Eigenschulden des Erben nicht jedes Nachlassbezugs entbehren. Vielmehr begründen alle Verbindlichkeiten des Erben, welche nicht in ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung in obigem Sinne vorgenommen werden, Eigenverbindlichkeiten.271 Dies gilt auch für die aus fehlerhaften Verwaltungsmaßnahmen resultierenden Ersatzansprüche der Nachlassgläubiger aus §§ 1978 – 1980 BGB.272 Diese Fallgruppe umfasst darüber hinaus Konstellationen der Nachlasserbenschulden, sofern der Gläubiger auf die Haftung des Nachlasses verzichtet und somit die Haftung auf das Eigenvermögen des Erben beschränkt wird.273 Zudem sind Auseinandersetzungsansprüche unter Miterben und Ausgleichsansprüche der Ab-

A. A. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 139 – 142, die davon ausgeht eine derartige Haftungsbeschränkung könne nur ausdrücklich nicht jedoch konkludent erfolgen. Ausgenommen sei lediglich die Übergangsphase unmittelbar nach dem Erblasserversterben. 268 Vgl. 2. Teil, B. I. 3. b). 269 So die ganz überwiegende Auffassung vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/ Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 25; Marotzke, AcP 199 (1999), 614, 619 f.; Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 128, 139. Nach der hier vertretenen Auffassung entsteht auch in Fällen unbeschränkbarer Haftung des Erben ggü. sämtlichen Nachlassgläubigern i. d. R. keine Nachlassverbindlichkeit. In der Konsequenz muss gerade Gesagtes entsprechend gelten, sprich, ein Haftungsausschluss ohne Wirkung bleiben und ein Rückgriff auf das Eigenvermögen des Erben über § 179 BGB analog gestattet werden. 270 Statt aller siehe Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 27. 271 Statt aller vgl. Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 18; Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 120. 272 So statt aller RGZ 92, 341, 343 f.; vgl. Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 27. 273 Statt aller vgl. Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1967 Rn. 10. Derartige Konstellationen liegen auch BGHZ 110, 176, 180; RGZ 90, 91, 96 zugrunde.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

kömmlinge Eigenschulden des Erben. Diese richten sich stets gegen den Erben persönlich und nicht gegen den Nachlass.274 4. Erbteilskauf Die Haftungsregelungen des Erbschaftskaufs gelten in gleicher Weise bei Erbteilskaufverträgen.275 Ursprünglich plädierten einige Autoren in diesem Zusammenhang für eine modifizierte Anwendung der Haftungsregelungen, namentlich der §§ 2382, 2383 BGB. Dem lag der Standpunkt zugrunde, das Erbrecht selbst sei Veräußerungsgegenstand und werde vom Veräußerer auf den Erwerber übertragen. Demnach sollte, anders als in § 2382 Abs. 1 BGB normiert, mit dem Ausscheiden des Veräußerers aus der Erbenstellung dessen Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten erlöschen.276 Binder schlussfolgerte noch weiter, als Zeitpunkt des Haftungsübergangs auf den Erwerber könne, abweichend von § 2382 Abs. 1 BGB, nur die dingliche Übertragung des Erbrechts in Betracht kommen, nicht jedoch bereits der Abschluss des Kaufvertrages.277 Allerdings widersprechen zumindest die, aus dem dargestellten Standpunkt gezogenen Schlussfolgerungen, das heißt der Wunsch nach modifizierter Anwendung der Haftungsregelungen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Die entsprechende Ansicht gilt deswegen heute als überholt.278 Demzufolge tritt der Erwerber der Haftung des Miterben für gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten nach §§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 2058 – 2063 BGB bei.279 An dieser Stelle ist zu beachten, dass Forderungen aus dem Innenverhältnis der Erbengemeinschaft nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen.280 Entsprechend ist der Erwerber entgegen einer weit verbreiteten Auffassung nicht an einen vor Verkauf zwischen Veräußerer und den übrigen Miterben geschlossenen Erbausein274 Statt aller siehe Küpper, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 10. 275 Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 9. 276 Dies nehmen insbesondere an Binder, Rechtsstellung des Erben III, S. 91 – 96; Endemann, Lehrbuch BGB III, § 83 S. 369; Graetz, Erbschaftskauf, S. 48, 53; Wertheimer, Erbschaftskauf, S. 8, 46, der allerdings für Fälle der persönlichen Verantwortlichkeit des Erben ggü. den Gläubigern dessen Haftung weiterbestehen lässt. A. A. nur Preuss, Erbschaftskauf, S. 11 f., welcher zwar das Erbrecht als Veräußerungsgegenstand betrachtet aber dennoch in jedem Falle für die Weiterhaftung des Veräußerers plädiert. 277 Vgl. Binder, Rechtsstellung des Erben III, S. 102 f. 278 Einzig Ann sieht gegenwärtig das Erbrecht als Verfügungsgegenstand an. Er zieht aber mitnichten die Konsequenzen der ursprünglichen Befürworter dieser Ansicht. So wendet er § 2382 BGB uneingeschränkt i. R. d. Erbteilskaufes an, vgl. Ann, Erbengemeinschaft, Kapitel 4, S. 184. 279 Vgl. dazu bereits 2. Teil, A. III. und RGZ 60, 126, 131 f.; statt aller Rink, Erbteilskauf, S. 38. 280 Vgl. Zimmermann, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 2382 Rn. 5.

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andersetzungsvertrag gebunden. Vielmehr ist übereinstimmend mit Dietrich und Meyer anzunehmen, dass derartige Erbauseinandersetzungsverträge grundsätzlich lediglich relativ zwischen den Vertragsschließenden wirken. Ausnahmen bestehen in Fällen der §§ 2038 Abs. 2 S. 1, 746 BGB und solchen nach §§ 2042 Abs. 2, 751 BGB. Der Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrags wird aber gerade nicht von den genannten Normen in Bezug genommen. Mangels vergleichbarer Interessenlage sind die genannten Regeln auch nicht analog anwendbar. Sie sind dem Schutz der bestehenden Gemeinschaft zu dienen bestimmt, wohingegen ein Auseinandersetzungsvertrag gerade auf eine Auflösung der Gemeinschaft abzielt.281 Des Weiteren könnte, abweichend vom obigen Grundsatz, eine Bindung des Erwerbers aus § 2382 BGB folgen. Dessen direkte Anwendung scheitert jedoch am Vorliegen einer Nachlassverbindlichkeit. Die Auflösung der Erbengemeinschaft kann insbesondere nicht als ordnungsgemäße Nachlassverwaltung im dortigen Sinn gelten.282 Dementsprechend verbleibt allein die Möglichkeit, § 2382 BGB analog anzuwenden.283 Es fehlt aber eine vergleichbare Interessenlage. Die genannte Norm dient dem Schutz der Nachlassgläubiger vor Entzug ihres Haftungssubstrats.284 Ein solcher Entzug droht in der fraglichen Konstellation jedoch gerade nicht. Die Unwirksamkeit des Auseinandersetzungsvertrags gegenüber dem Erwerber lässt in diesem Verhältnis nur die wechselseitigen Pflichten der Vertragsparteien entfallen. Die Miterben werden aber hierdurch keineswegs ihres Erbteils beraubt. Diese Lösung scheidet aus.285 Schließlich gelten auch im Rahmen des Zuerwerbs eines weiteren Erbteils durch einen Käufer, der bereits Gesamthänder ist, keine Besonderheiten. Mit dinglichem Erwerb verschmelzen beide Erbteile miteinander, werden jedoch unter Haftungsgesichtspunkten weiterhin als getrennt behandelt.286

281

Vertiefend vgl. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 303 – 305; im Ergebnis so auch Meyer, Rechtsstellung des Erbteilerwerbers, S. 101. 282 So auch Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 6; Zimmermann, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 2382 Rn. 5; Meyer, Rechtsstellung des Erbteilerwerbers, S. 105; Keller, in: Hausmann/Hohloch, Handbuch Erbrecht, Kapitel 16 Rn. 63; Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 305. 283 Dies wird von der überwiegenden Meinung aufgrund eines Schutzbedürfnisses der übrigen Miterben bejaht. So BGHZ 38, 187, 193 f.; dem BGH folgen Musielack, in: Säcker/ Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2382 Rn. 8; Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 51. III. Fn. 34; Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2382 Rn. 7; Weidlich, in: Grüneberg, § 2382 Rn. 3; Giebel, Erbschaftskauf, S. 73 f; Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2382 Rn. 8. 284 Vgl. unten 3. Teil, B. II. und Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2178. 285 Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 306; Meyer, Rechtsstellung des Erbteilerwerbers, S. 105 f. 286 Vertiefend zur gesamten Problematik, vgl. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 294 – 301.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

5. Erlöschen der Erwerberverhaftung Ein Wegfall der einmal eingetretenen Erwerberverhaftung ist nur ausnahmsweise möglich. Zunächst wird der Erwerber nicht dadurch von seiner Haftung frei, dass er die Erbschaft weiterveräußert.287 Eine Restriktion findet sich bezüglich des Verkaufs eines Erbteils in § 2036 BGB. Ein solcher Erbteilskauf begründet ein Vorkaufsrecht der übrigen Miterben gegenüber dem Verkäufer.288 Wird dieses Recht seitens eines Miterben ausgeübt und deshalb der Vertragsgegenstand auf ihn übertragen, erlischt die Haftung des Käufers.289 Ob dies auch für Fälle gilt, in denen der Erwerber bereits unbeschränkbar haftet und, falls dem so ist, in der Folge die unbeschränkte Haftung auf den vorkaufsberechtigten Erben übergeht, wird nicht einheitlich beurteilt.290 Maßgeblich für das Erlöschen ist – sowohl bei Ausübung gegenüber dem Verkäufer, als auch bei einer solchen gegenüber dem Käufer – der Zeitpunkt der dinglichen Übertragung des Anteils auf den geltend machenden Miterben. Es wird vertreten, in ersteren Konstellationen den Zeitpunkt der Rechtsausübung genügen zu lassen, sofern vor Rechtsausübung noch keine Übertragung des Anteils auf den Käufer stattgefunden hatte.291 Diese Auffassung geht jedoch aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts des § 2036 S. 1 BGB fehl.292

287 Dies ergibt sich aus § 2385 i. V. m. § 2382 BGB; statt aller siehe Weidlich, in: Grüneberg, § 2385 Rn. 1, § 2036 Rn. 1. 288 Vgl. dazu §§ 2034, 2035 BGB; Ausführlich zu der Thematik des Vorkaufsrechts und seiner Ausübung Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 319 – 340. 289 Dies ist ausdrücklich in § 2036 S. 1 BGB normiert, so auch BGH, NJW 2016, 3233 Rn. 7. 290 Einige Autoren plädieren für eine Anwendung des § 2036 BGB bei bereits unbeschränkter Haftung und dem daraus folgenden Übergang der unbeschränkten Haftung auf den geltend machenden Miterben. Intention des § 2036 BGB sei lediglich eine Freistellung des Erwerbers zu bewirken. Für den vollständigen Wegfall der Haftung sei kein Grund ersichtlich. So insbesondere Löhnig, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2036 Rn. 4 f.; im Ergebnis aber auch Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 338; Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2036 Rn. 1; Gergen, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2036 Rn. 3; Weidlich, in: Grüneberg, § 2036 Rn. 1. A. A. Binder, Rechtsstellung des Erben III, S. 128, der die Anwendung des § 2036 BGB bei unbeschränkter Haftung gänzlich ausschließt. A. A. auch Strohal, II § 92 S. 370 und Fn. 8, welcher § 2036 BGB bei bereits unbeschränkter Haftung anwendet aber den Übergang auf den geltend machenden Miterben negiert, da nach Vorkaufsrechtsausübung der Erwerb als, durch den Käufer nicht getätigt betrachtet werde. A. A. Pardey, in: Wassermann, AK-BGB, § 2036 Rn. 5, welcher zwar § 2036 BGB auch im Falle bereits unbeschränkter Haftung anwendet aber einen Übergang derselben auf den Miterben verneint. 291 So u. a. Brox/Walker, Erbrecht, § 29 Rn. 1; von Lübtow, Erbrecht, S. 1211; Rink, Erbteilskauf, S. 33. 292 § 2036 S. 1 BGB spricht eindeutig aus, dass mit Übertragung die Haftung erlischt und nicht bereits mit Ausübung des Vorkaufsrechts; so im Ergebnis auch Lohmann, in: Bamberger/ Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2036 Rn. 1; Gergen, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2036 Rn. 2; Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 338; Giebel, Erbschaftskauf,

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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Ein Erlöschen der Haftung nach § 2036 S. 1 BGB ist nach Satz 2 der Vorschrift ausgeschlossen, wenn der Erwerber den Nachlassgläubigern nach §§ 1978 – 1980 BGB verantwortlich ist. Für die so begründeten Eigenverbindlichkeiten haftet er mit seinem Privatvermögen.293 Eine Haftung nach den genannten Paragraphen ist allerdings nur bei Sachverhalten denkbar, bei denen der Erwerber bereits Inhaber der Erbschaft wurde. Ansonsten kann es nicht zu einem Verschulden im Rahmen der Nachlassverwaltung kommen, und § 2036 S. 2 BGB läuft leer.294 Demgegenüber ist eine Verhaftung des Erwerbers nach den §§ 1978 – 1980 BGB möglich, sofern Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz wegen Dürftigkeit des Nachlasses nicht tunlich sind.295 Die Vorschrift des § 2036 BGB gilt aufgrund § 2037 BGB in gleicher Weise bei Weiterveräußerung des Erbteils durch den Käufer. Danach kann das durch die Erstveräußerung entstandene Vorkaufsrecht unter den Voraussetzungen des § 2035 BGB gegenüber jedem weiteren Erwerber geltend gemacht werden. In der Folge erlöschen mit Übertragung des Anteils auf den geltend machenden Miterben die Haftung des jetzigen Erwerbers sowie aller früheren Erwerber nach § 2036 BGB.296 Die Erwerberhaftung soll weiterhin erlöschen, wenn der Kaufvertrag aufgehoben wird, bevor auch nur eine teilweise Erfüllung stattfand und dem Nachlassgericht davon Anzeige im Sinne des § 2384 BGB gemacht wird.297 Die Haftungsregelungen sollten – so wird argumentiert – die Nachlassgläubiger vor Entzug ihrer Haftungsgrundlage schützen. In der fraglichen Konstellation entfalle aber dieses Schutzbedürfnis, da das Haftungsobjekt weiterhin ungeschmälert beim Erben vorhanden sei.298 Mit Dietrich ist dies abzulehnen. Er entgegnet, aus § 2036 BGB folge im Umkehrschluss, dass ein Erlöschen der Haftung nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich in den normierten Konstellationen eintreten solle. Zudem stehe der Gläubigerschutz einem Entzug des hinzugewonnenen Schuldners ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung entgegen. Einzig im Falle der Anfechtung des Erb-

S. 74; Weidlich, in: Grüneberg, § 2036 Rn. 1; Löhnig, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2036 Rn. 4. 293 Siehe Gergen, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2036 Rn. 4. 294 So Löhnig, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2036 Rn. 9. 295 Dies ist mit der Verweisung auf §§ 1990, 1991 BGB gemeint, vgl. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 339. A. A. Binder, Rechtsstellung des Erben III, S. 129, der ein Leerlaufen der Verweisung annimmt. 296 Statt aller Löhnig, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2037 Rn. 4. 297 So ohne Begründung angenommen von Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2382 Rn. 4; Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2382 Rn. 4; Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 5; auch Weckmann erkennt Ausnahmen an, vgl. Weckmann, EK, S. 35 Fn. 1. Eine Begründung der Ansicht findet sich lediglich bei Giebel, Erbschaftskauf, S. 68 f. 298 So Giebel, Erbschaftskauf, S. 68 f.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

schaftskaufvertrags könne ein Haftungsentfall angenommen werden.299 Darüber hinaus besteht bei Beschreiten des im 4. Teil dieser Abhandlung beschriebenen Lösungswegs kein Grund für eine derartige Rechtsfortbildung. Sollte der Erwerber seine Haftung stets mit erbrechtlichen Mitteln beschränken können, würde er in der beschriebenen Konstellation faktisch nicht haften, da er das Haftungsobjekt nie erhalten hat.300 Dagegen wird übereinstimmend eine Weiterhaftung des Erwerbers angenommen, wenn die Vertragsaufhebung erst nach dessen zumindest teilweiser dinglicher Erfüllung erfolgt. Infolgedessen bleibt die Haftung des Erwerbers bestehen, obgleich er die Erbschaft bereits dem Veräußerer rückübertragen hat.301 Äußerst problematisch ist allerdings, dass der Käufer seine Haftung nach Rückübertragung wohl nicht mehr beschränken kann. Das dazu nötige Haftungsobjekt hat er aus der Hand gegeben. Lösungsansätze in Bezug auf diese Schwierigkeit sind nicht ersichtlich.302 Sollte man, wie in dieser Arbeit im Folgenden vorgeschlagen, eine ergriffene Haftungsbeschränkungsmöglichkeit stets auch zugunsten der anderen Vertragspartei wirken lassen, vereinfachte sich die gesamte Problematik.303 Insoweit würde die seitens des Veräußerers herbeigeführte Haftungsbeschränkung stets auch Wirkungen zugunsten des Erwerbers herbeiführen und umgekehrt. Dann bestünde faktisch bei Aufhebung des Erbschaftskaufvertrags vor der dinglichen Erfüllung keine Haftung des Erwerbers, da er das Haftungsobjekt nicht erhalten hat. Ebenso müsste der Erwerber bei Vertragsaufhebung nach dinglicher Übertragung faktisch nicht haften, sofern er die Erbschaft und damit das Haftungsobjekt bereits vollends auf den Veräußerer rückübertragen hat. In diesen Fällen würde sich zudem die Problematik um die Ausübung des Haftungsbeschränkungsrechts seitens des Erwerbers nach Rückübertragung nicht länger stellen, da eine Ausübung seitens des Veräußerers genügen würde, um auch die Erwerberhaftung zu beschränken. Zumal davon auszugehen ist, dass der Verkäufer von seiner Haftungsbeschränkungsmöglichkeit in jedem Fall Gebrauch machen wird, um selbst der unbeschränkten Haftung zu entgehen. Warum eine Rückübertragung erfolgte, ist für den Haftungsentfall nicht relevant. Als mögliche Kausalgeschäfte kommen beispielsweise die Anfechtung des Kaufvertrages oder dessen Aufhebung in Betracht. Schließlich entfällt die Haftung auch, wenn keine Anzeige der Vertragsaufhebung nach § 2384 BGB erfolgte.304 299

Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 293 f.; so im Ergebnis auch Boehm, Erbrecht, S. 488; Zilkens, Erbschaftskauf, S. 37; Preuss, Erbschaftskauf, S. 59. 300 Vgl. zu diesem Vorschlag unter 4. Teil, B. IV. 301 Ein Haftungsentfall soll einzig in der dargestellten Konstellation stattfinden, vgl. dazu bereits Fn. 297. 302 So auch Giebel, Erbschaftskauf, S. 69 Fn. 320. 303 Vgl. zu diesem Vorschlag unter 4. Teil, B. IV. 304 Weshalb einige Autoren zum Erlöschen der Erwerberhaftung eine Anzeige nach § 2384 BGB voraussetzen ist unverständlich. Insbesondere da § 2384 BGB stets lediglich deklaratorische Bedeutung zukommt, vgl. statt aller Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 293; Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2384 Rn. 3.

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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6. Vollstreckung Ein vor dem Verkauf gegen den Veräußerer rechtskräftig gewordenes Urteil auf Begleichung einer Nachlassverbindlichkeit kann auch gegenüber dem Käufer vollstreckt werden. Dies folgt nicht bereits aus dem zwischen Erwerber und Veräußerer entstehenden Gesamtschuldverhältnis, da aufgrund des § 425 Abs. 2 BGB ein gegenüber dem Veräußerer ergangenes rechtskräftiges Urteil nicht auch gegen den Käufer wirkt.305 Überdies ist die Umschreibung des Urteils auf den Erwerber nach §§ 325, 727 ZPO mangels Rechtsnachfolgerschaft nicht möglich. Allerdings folgt der Durchgriff auf den Erwerber aus der Möglichkeit einer Umschreibung des Urteils nach § 729 ZPO analog.306 In gleicher Weise sind auch bereits gegenüber dem Erblasser ergangene Urteile gegen den Käufer vollstreckbar.307

II. Umfang der Haftung des Käufers Ergänzend zu § 2382 BGB bestimmt die Vorschrift des § 2383 BGB, in welchem Umfang der Erwerber für die Nachlassverbindlichkeiten einstehen muss. Sie beinhaltet ebenfalls zwingendes Recht.308 Der Erwerber tritt, wie im Rahmen des § 2382 BGB gezeigt, mit Abschluss des Kaufvertrages der Schuld des Verkäufers gegenüber den Nachlassgläubigern bei. Demgemäß wirkt die zu diesem Zeitpunkt für den Veräußerer bestehende Haftungslage für und gegen ihn. So wie der Verkäufer im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses für die Nachlassverbindlichkeiten haftet, haftet auch der Käufer.309 Dieser Gedanke liegt § 2383 BGB zugrunde. Demnach wirkt der bei Kaufvertragsschluss bereits eingetretene Verlust der Beschränkungsmöglichkeit seitens des Erben nach § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB gegen den Erwerber. Andernfalls, das heißt wenn nicht bereits unbeschränkbare Haftung eintrat, eröffnet § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB dem Erwerber die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung. Nach Vertragsschluss gehen die Haftungslagen der Parteien dann grundsätzlich getrennte Wege.

305

Vgl. statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 3. So die ganz herrschende Meinung Muscheler, RNotZ 2009, 65, 76; Giebel, Erbschaftskauf, S. 67; Wolfsteiner, in: Krüger/Rauscher, MüKo ZPO, § 729 Rn. 6; Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 309 f. A. A. Brehm, JZ 1996, 526 f., der die Einschlägigkeit von § 325 ZPO bejaht. 307 In solchen Fällen wird keine vorherige Umschreibung auf den Erben vollzogen, sondern unmittelbar auf den Käufer umgeschrieben, vgl. statt aller Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 311. 308 Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 1. 309 Siehe statt aller Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2383 Rn. 2. 306

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

1. Haftungslage des Verkäufers In Bezug auf den Umfang der Erwerberverhaftung ist also danach zu fragen, wie der Veräußerer zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses haftet. a) Der Verkäufer haftet bereits unbeschränkbar Hat er zum Zeitpunkt der Kaufvertragsschlusses sein Beschränkungsrecht nach erbrechtlichen Grundsätzen gegenüber einzelnen oder sämtlichen Nachlassgläubigern bereits verloren, muss der Käufer dies nach § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB gegen sich gelten lassen.310 Er haftet ebenso relativ oder absolut unbeschränkbar mit den Rechtsfolgen der §§ 2013 Abs. 1, Abs. 2, 2016 Abs. 1 BGB.311 Dabei ist genauso wie im Rahmen des § 2382 BGB irrelevant, ob er um den Verlust des Haftungsbeschränkungsrechtes seitens des Verkäufers weiß.312 In diesen Fällen wird die Haftung des Erwerbers gegenüber den Nachlassgläubigern durch den Veräußerer determiniert. Als rechtliche Folge können die Nachlassgläubiger beide Schuldner unbeschränkt in Anspruch nehmen. Sie können neben dem Nachlassvermögen auch auf das jeweilige Eigenvermögen, zu dem auf Veräußererseite selbstredend auch der erzielte Erlös gehört, als Haftungsobjekt zugreifen. Dem Erwerber bleibt lediglich im Innenverhältnis zum Veräußerer der Regressanspruch nach § 2376 Abs. 1 BGB, welcher allerdings bei dessen Zahlungsunfähigkeit wenig hilfreich ist.313 b) Der Verkäufer haftet noch beschränkbar Sofern der verkaufende Erbe bei Kaufvertragsabschluss sein Haftungsbeschränkungsrecht dagegen noch nicht verloren hat, sind zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden: Hat er bereits von einem Beschränkungsrecht Gebrauch gemacht, kommt die Haftungsbeschränkungswirkung neben ihm auch dem Erwerber zugute, § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB.314 Auf der anderen Seite treffen beide Vertragsparteien, in diesen Konstellationen, die weiteren Folgen der erbrechtlichen Institute gleichermaßen. Insbesondere unterliegt auch der Erwerber etwaigen Herausgabeansprüchen der 310 Dass § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB sowohl für den absoluten Verlust der Beschränkungsmöglichkeit, als auch für den relativen gilt, ergibt sich aus seinem Wortlaut. Er ordnet die unbeschränkbare Haftung des Käufers an „soweit“ der Verkäufer unbeschränkbar haftet, so auch Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 279. 311 „Unbeschränkte Haftung“ im Sinne des § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB meint demnach nicht mehr beschränkbare Haftung, vgl. Muscheler, RNotZ 2009, 65, 77. Vgl. zu den Rechtsfolgen der §§ 2013, 2016 BGB bereits 2. Teil, A. II. 4. Das dort Ausgeführte gilt wegen § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB vollumfänglich auch für den Erbschaftskäufer. 312 Tschichoflos, in: Frieser, Fachanwaltskommentar Erbrecht § 2383 Rn. 4. 313 Dies erkennt auch Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 318. 314 Statt aller Zarnekow, MittRHNotK 1969, 620, 631.

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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Nachlassgläubiger.315 Das Verkäuferverhalten hat mithin wiederum Determinationswirkung. Ein bereits vor dem Verkauf der Erbschaft seitens des Veräußerers eingeleitetes Nachlassinsolvenz- beziehungsweise Nachlassverwaltungsverfahren wird mit dem Käufer fortgeführt.316 Überdies kann der Käufer ein vor Veräußerung begonnenes Aufgebotsverfahren weiter betreiben.317 Des Weiteren lässt nach § 463 Abs. 1 S. 2 FamFG ein bereits vor Kaufvertragsabschluss ergangener Ausschließungsbeschluss auch für den Erwerber die Rechtsfolgen des § 1973 BGB eintreten.318 Bezüglich der Einrede aus § 1974 BGB ist zu beachten, dass die Anzeige eines Nachlassgläubigers beim Verkäufer vor Verkauf gleichermaßen gegenüber dem Käufer wirkt. In der Folge kann auch er nicht länger die Einrede erheben.319 Sollte der verkaufende Erbe dagegen mit § 1990 BGB die Dürftigkeit des Nachlasses eingewandt haben, treffen ebenfalls den Erwerber die Rechtsfolgen. Er unterliegt sowohl der Herausgabepflicht nach § 1990 Abs. 1 S. 2 BGB als auch den Verantwortlichkeits- und Aufwendungsersatzregelungen der §§ 1991 Abs. 1 S. 1, 1978 ff. BGB. Hat der Verkäufer dagegen die Einrede des § 1992 BGB erhoben, steht ebenso dem Erwerber das Ablösungsrecht des § 1992 S. 2 BGB zu.320 Falls der Verkäufer indes noch kein Beschränkungsmittel ergriffen hat, bleiben dem Käufer sämtliche Beschränkungsmöglichkeiten erhalten.321 2. Getrennte Haftungslage nach Vertragsschluss Nach Kaufvertragsschluss hängt die haftungsrechtliche Lage des Käufers grundsätzlich nicht länger von derjenigen des Verkäufers ab.322 Beide Vertragsparteien können selbstständig und unabhängig von der Verfahrensweise des jeweils anderen erbrechtliche Haftungsbeschränkungsmittel oder Maßnahmen zu deren 315

Siehe sogleich unter 2. Statt aller siehe Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 8. 317 Vgl. statt aller Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 287. 318 Siehe statt aller Zarnekow, MittRHNotK 1969, 620, 632. 319 Statt aller Muscheler, RNotZ 2009, 65, 78. A. A. Meyer, Rechtsstellung des Erbteilerwerbers, S. 81 f., welche dem Erwerber solange die Einrede gewährt bis die Anzeige auch ihm gegenüber erfolgt. Dem kann nicht gefolgt werden, denn die Haftungslage des Verkäufers wirkt auch für und gegen den Käufer. So auch Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 288 f. 320 Zum Ganzen statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 11. 321 Auch das ergibt sich aus § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB. So auch statt aller Giebel, Erbschaftskauf, S. 71. 322 Dies wird auch als Grundsatz der selbstständigen Haftungslagen bezeichnet so u. a. von Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2383 Rn. 4. Da es sich bei den Kaufvertragsparteien um Gesamtschuldner handelt, wird man mit Dietrich den Grundsatz der selbstständigen Haftungslage aus § 425 Abs. 1 BGB ableiten können. Danach haben Tatsachen grundsätzlich Einzelwirkung. Vgl. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 278. 316

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

Erhalt ergreifen.323 Umgekehrt wirkt das Beschränkungsmittel oder der eingetretene Verlust des Beschränkungsrechts nicht auch gegen die andere Partei.324 Es ist zu beachten, dass nur, wenn der Verkäufer zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses noch beschränkbar haftet, von einem Beschränkungsrecht aber noch keinen Gebrauch gemacht hat, für den Käufer Raum bleibt, seine Haftung selbst zu beschränken.325 Zu diesem Zweck spricht § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB ihm mit Kaufvertragsschluss alle erbrechtlichen Beschränkungsmittel zu. Daneben bleibt selbstredend auch der Verkäufer zu einer Beschränkung der Haftung berechtigt.326 Andererseits kann der Erwerber nur in diesen Fällen durch eigenes Verhalten sein Haftungsbeschränkungsrecht mit den Rechtsfolgen der §§ 2013 Abs. 1, Abs. 2, 2016 BGB verlieren. Abweichend vom Grundsatz der getrennten Haftungslagen nach Vertragsschluss ergeben sich ausnahmsweise Wechselwirkungen. Die Folgen des Ausschließungsbeschlusses, des Nachlassinsolvenzverfahrens und der Nachlassverwaltung treffen unabhängig von der Person des Beantragenden stets beide Vertragsparteien.327 Im Übrigen genügt zum Erhalt der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit für beide Vertragsparteien bereits die fristgerechte Inventarerrichtung durch eine Partei, § 2383 Abs. 2 BGB. Eine Wechselwirkung in gerade beschriebenem Maß tritt lediglich ein, soweit die betroffene Partei zu diesem Zeitpunkt nicht bereits unbeschränkbar haftet. Dies versteht sich von selbst, da ein einmal eingetretener Verlust der Beschränkungsmöglichkeit, nicht über eine Wechselwirkung rückgängig gemacht werden kann.328 a) Aufschiebende Einreden Beide Parteien haben unter den Voraussetzungen des § 2014 BGB oder des § 2015 BGB die Möglichkeit, eine der dort beinhalteten aufschiebenden Einreden zu erheben.329 Diesbezüglich ist anlässlich des § 2014 BGB in jedem Fall die Erb323

Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 13. Vgl. statt aller Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2383 Rn. 11. 325 In den anderen Konstellationen besteht wie gezeigt Determinationswirkung des Verkäuferverhaltens. 326 Dies ist zwingend notwendig, da auch er weiterhaftet siehe bereits unter 2. Teil, A. und statt aller Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2383 Rn. 13. 327 Bzgl. des Aufgebots ergibt sich dies aus § 463 Abs. 1 S. 2 FamFG, bzgl. der Nachlassinsolvenz bzw. Nachlassverwaltung aus der eintretenden tatsächlichen Nachlassseparation, vgl. sogleich unter b). 328 Dabei greift der Ausschluss der Wechselwirkung nur so weit, wie die unbeschränkbare Haftung reicht. Haftet die Partei absolut unbeschränkbar kann sie sich gar nicht auf eine Wechselwirkung berufen. Haftet sie dagegen lediglich ggü. einzelnen Gläubigern unbeschränkbar, kann sie sich lediglich diesen ggü. nicht auf eine solche berufen. So auch Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 287. 329 Statt aller Zarnekow, MittRHNotK 1969, 620, 632. 324

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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schaftsannahme seitens des Verkäufers fristauslösendes Ereignis.330 Ist diese Frist zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits abgelaufen, hat dementsprechend auch der Käufer nicht länger die Einredemöglichkeit.331 Doch endet sie aufgrund des § 2383 Abs. 2 BGB für beide Vertragspartner, sobald einer von ihnen das Inventar errichtet.332 In gleicher Weise entsteht die Einrede nach § 2015 BGB ebenso für beide Akteure, sobald einer von ihnen ein Aufgebot beantragt hat, § 463 Abs. 1 S. 2 FamFG.333 b) Nachlassinsolvenz Ferner tritt mit Kaufvertragsschluss für das Insolvenzverfahren der Käufer an die Stelle des Verkäufers, § 330 Abs. 1 InsO.334 Dies gilt hinsichtlich aller Rechte und Pflichten. Demgemäß gehen das Antragsrecht nach § 317 InsO und die Antragspflicht nach § 1980 BGB auf den Käufer über.335 Daneben bleibt in den Konstellationen des § 330 Abs. 2 InsO das Antragsrecht des Verkäufers bestehen.336 Allerdings steht der Eintritt der unbeschränkbaren Haftung auf Erwerberseite der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht entgegen.337 In Ausnahme vom Grundsatz der getrennten Haftungslage nach Verkauf, treffen sämtliche Folgen des Verfahrens, gleich auf wessen Antrag es eröffnet wurde, beide Vertragsparteien gleichermaßen, wenn sie nicht jeweils vorher ihr Haftungsbeschränkungsrecht verwirkt haben. Dies gilt insbesondere bezüglich der Haftungsbeschränkungswirkung des § 1975 BGB.338 In der Folge können etwaige Nach330

Siehe statt aller Muscheler, RNotZ 2009, 65, 78. Vgl. statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 12. 332 Denn nach § 2383 Abs. 2 BGB kommt die Inventarerrichtung auch dem anderen Teil zustatten, sodass damit auf der anderen Seite der Verlust der Einrede nach § 2014 BGB einhergeht, vgl. statt aller Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 h) S. 1058; Musielak, in: Säcker/ Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2383 Rn. 12. A. A. sind Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 282; Meyer, Rechtsstellung des Erbteilerwerbers, S. 77 f. Nach ihnen soll die Frist nur für den Errichtenden enden. Eine Wechselwirkung wird negiert. Zu § 2383 Abs. 2 i. R. d. Inventarerrichtung, vgl. nachfolgend unter g). 333 Statt aller Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2383 Rn. 12. 334 OLG Köln ZEV 2000, 240. 335 Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 20. 336 Da er i. R. d. Antragsstellung als Nachlassgläubiger agiert, muss er die Frist des § 319 InsO wahren. Ferner entfällt für ihn der Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 320 S. 2 InsO. Vgl. Muscheler, RNotZ 2009, 65, 77. 337 So wie auch die unbeschränkbare Haftung eines Erben dem Insolvenzverfahren nicht entgegensteht, vgl. 2. Teil, A. II. 2. a) aa). 338 Diese Wechselwirkung ergibt sich aus den Folgen des Nachlassinsolvenzverfahrens. Das Nachlassinsolvenzverfahren führt zu einer tatsächlichen Separation des Nachlassvermögens und beschränkt damit den haftungstechnischen Zugriff der Nachlassgläubiger auf diese Vermögensmasse. Der Beschränkungswirkung unterfallen auf der anderen Seite alle Haftenden 331

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

lassgläubiger einzig auf das Nachlassvermögen als Haftungsobjekt zugreifen. Jedoch fallen aufgrund des § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB die Ansprüche des Erben aus dem Erbschaftskauf in den Nachlass und somit in die Insolvenzmasse. Überdies unterliegen beide Parteien gemäß § 1978 Abs. 1 S. 1 BGB bei unsachgemäßer Nachlassverwaltung der auftragsrechtlichen Haftung. Dabei haften sie nach richtiger Auffassung jeweils allein für eigenes Verschulden.339 In diesem Zusammenhang wird auch die Ansicht vertreten, der verkaufende Erbe dürfe als mit der Verwaltung des Nachlasses für die Nachlassgläubiger Beauftragter nach § 664 Abs. 1 S. 1 BGB die Nachlassverwaltung nicht aus der Hand geben. Sollte er dennoch den Nachlass veräußern, würde er dadurch nicht seiner Verwaltungspflichten entledigt, sondern müsste sich die Verwaltung durch den Erwerber als eigene zurechnen lassen.340 Daher hafte er für jeden seitens des Käufers verursachten Schaden, auch wenn den Käufer kein Verschulden treffe.341 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Beauftragte darf nach § 664 Abs. 1 S. 1 BGB die Ausführung nur „im Zweifel“ nicht aus der Hand geben. Demnach kann sich ausnahmsweise anderes ergeben.342 So ist es im Falle eines Erbschaftsverkaufs. Ein Erbschaftskauf kann wohl schwerlich als unzulässige Substitution im Sinne des § 664 Abs. 1 S. 1 BGB gelten, da dieses Institut doch in den §§ 2371 ff. BGB ausdrücklich normiert ist und damit als zulässig betrachtet werden muss. In dem Verkauf dennoch eine Pflichtverletzung des verkaufenden Erben gegenüber den Nachlassgläubigern zu

und damit sowohl der Veräußerer, als auch der Erwerber gleichermaßen. So auch Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 283 f. Für die weiteren Folgen sei auf 2. Teil, A. II. 2. a) aa) (3) verwiesen. 339 Vgl. statt aller Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 d) S. 1056. So kann dem Käufer ein Fehlverhalten des Verkäufers nicht zugerechnet werden, siehe ebenda. 340 So bereits die 2. Kommission zur Erarbeitung eines BGB-Entwurfs, in: Protokolle V, S. 827 f.; Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 d) S. 1056; Ferid/Cieslar, in: Staudinger von 1983, § 2383 Rn. 25; Fischer/Henle, in: Fischer/Ebert, BGB, § 1978 Anm. 3; Kregel, BGBRGRK, § 2383 Rn. 4; Riesenfeld, Erbenhaftung I, S. 105, 109; Preuss, EK, S. 70. I. R. d. 2. Kommission zur Erarbeitung eines BGB-Entwurfs wurde erwogen § 2383 BGB (entspricht dem dort genannten § 459 des Entw. II) einen Absatz anzufügen, der diese Haftung des Verkäufers für die Erwerberverwaltung ausdrücklich normiert. Dies wurde allerdings, als von § 1978 BGB (entspricht dem von der Kommission zitierten § 2112 des Entw. I) selbstverständlich miterfasst, verworfen, vgl. Protokolle V, S. 747, 827 f. Ursprünglich wurde die Haftungserstreckung über eine Bürgschaft des Verkäufers für die Verwaltungspflichten des Erben konstruiert, wobei der Bürge bei Inanspruchnahme nicht die Einrede der Vorausklage erheben konnte, so noch die 2. Kommission zur Erarbeitung eines BGB-Entwurfs, in: Protokolle V, S. 747, 827 f. Heute wird man wohl eher eine Gesamtschuld von Verkäufer und Käufer annehmen müssen, so Muscheler, RNotZ 2009, 65, 78; Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 d) S. 105. 341 Denn i. R. d. § 664 BGB liegt die Pflichtverletzung des Beauftragen bereits in der unerlaubten Substitution, sodass ein Verschulden des Substituten nicht nötig ist, vgl. RGZ 78, 310, 315; Schäfer, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 664 Rn. 18. 342 So auch Schäfer, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 664 Rn. 8.

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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sehen, dürfte demnach nur schwer zu begründen sein.343 Allenfalls ein Auswahl- oder Instruktionsverschulden des Veräußerers – den neuen Verwalter betreffend könnte eine solche rechtfertigen.344 Im Übrigen widerspricht die Annahme, der Verkäufer hafte verschuldensunabhängig für jeden seitens des Käufers verursachten Schaden, dem Grundsatz der selbstständigen Haftungslage nach Erbschaftskaufvertragsschluss.345 Es bedarf der in dieser Weise erzeugten Gläubigersicherung auch deswegen nicht, weil neben die persönliche Verschuldenshaftung des Verkäufers mit Kaufvertragsabschluss zusätzlich eine solche des Erwerbers tritt. Die Gläubiger können damit sowohl auf das Nachlassvermögen, als auch auf das Eigenvermögen des Erben und des Erwerbers zugreifen. Sie sind bei jedem Fehlverhalten abgesichert. Hätte der verkaufende Erbe die Erbschaft nicht weiterveräußert, hätten die Nachlassgläubiger dagegen nur einen persönlich haftenden Schuldner zur Verfügung gehabt. Sie gewinnen im Falle des Erbschaftsverkaufs einen Schuldner dazu. Den Verkäufer darüber hinaus für dessen Verhalten verschuldensunabhängig haften zu lassen, sprengt jeden Rahmen. Diese Übersicherung der Gläubiger ist damit abzulehnen.346 Auf der anderen Seite haben die Akteure einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 1978 Abs. 3 BGB. Dabei ist der gezahlte Kaufpreis aufseiten des Erwerbers allerdings nicht als Verwendung in diesem Sinne ersatzfähig.347 Schließlich treffen auch die Folgen der Verfahrensbeendigung beide Parteien gleichermaßen, es sei denn, sie wurden jeweils vorher unbeschränkt haftbar.348 c) Nachlassverwaltung Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage gilt das gerade zu Nachlassinsolvenz Ausgeführte auch für die Nachlassverwaltung entsprechend. Insbesondere wird das Antragsrecht des Veräußerers nach § 330 Abs. 2 InsO analog eingeschränkt.349 343

Vgl. auch Leonhard, Erbrecht § 2383 Anm. Vc S. 589; Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 286. 344 So auch bei zulässiger Substitution i. R. d. § 664 BGB vertreten, vgl. Detlev/Fischer, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 664 Rn. 9. 345 So auch Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 286. 346 Kritisch bezüglich einer Übersicherung wohl auch Muscheler, RNotZ 2009, 65, 78. 347 Siehe statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 11. 348 Kommentarliteratur findet sich nur bezüglich der Wechselwirkung des § 1989, so statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 23. Aufgrund des in Fn. 338 Gesagten, muss dies aber für alle Folgen der Verfahrensbeendigung gelten insbesondere auch für die analoge Anwendung des § 1990 in Fällen des § 211 InsO. Es wird auf 2. Teil, A. II. 2. a) aa) verwiesen. 349 Das ist die wohl herrschende Meinung Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 24; Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2383 Rn. 8; Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2383 Rn. 5; Zimmermann, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, § 2383 Rn. 7; Muscheler, RNotZ 2009, 65, 77; Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 e) S. 1057; Preuss, Erbschaftskauf, S. 68 f.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

Zusätzlich findet aber in Bezug auf eine Nachlassverwaltung § 1981 Abs. 2 BGB Anwendung.350 Der verkaufende Erbe muss anlässlich einer Antragsstellung neben den Voraussetzungen des § 330 Abs. 2 InsO auch diejenigen des § 1981 Abs. 2 BGB wahren. Ansonsten wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.351 d) Einreden der §§ 1990, 1992 BGB Verkäufer und Käufer können jeweils selbstständig die Einreden der §§ 1990, 1992 BGB erheben.352 Dabei kann die aus § 1990 Abs. 1 S. 2 BGB resultierende Herausgabepflicht vom Verkäufer nicht durch Herausgabe des Kaufpreises abgewendet werden. Auch der Käufer kann diese Pflicht nicht durch Abtretung seiner Ansprüche gegenüber dem Verkäufer erfüllen.353 Es finden gemäß § 1991 Abs. 1 S. 1 BGB die §§ 1978 ff. BGB Anwendung. e) Aufgebotsverfahren Nach dem Erbschaftsverkauf können beide Vertragspartner gesondert das Aufgebot beantragen, § 463 Abs. 1 S. 1 FamFG. Allerdings generiert § 463 Abs. 1 S. 2 FamFG ebenfalls Wechselwirkungen zwischen den Vertragsparteien. Unabhängig von der Person des Beantragenden treffen die Wirkungen des § 1973 BGB mithin stets beide Vertragsparteien, sofern nicht jeweils vorher unbeschränkbare Haftung eingetreten ist.354 Im Rahmen der Herausgabepflicht nach § 1973 Abs. 2 BGB soll der Erwerber aber den gezahlten Kaufpreis in Abzug bringen können, da er um diesen im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert ist.355 A. A. Dernburg, Erbrecht, § 192. III. S. 543, der dem Verkäufer das Antragsrecht ganz abspricht. Er Argumentiert, der Verkäufer solle nicht länger die Möglichkeit haben dem Erwerber über das Institut der Nachlassverwaltung die Verfügungsbefugnis über das Nachlassvermögen zu entziehen. A. A. Riesenfeld, Erbenhaftung I, S. 107 – 109, der dem Verkäufer ein unbegrenztes Antragsrecht gewährt. 350 Vgl. statt aller Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 e) S. 1057. 351 So treffen auch hier die Folgen der Verfahrensbeendigung beide Parteien gleichermaßen. Dies gilt insbesondere für die analoge Anwendung des § 1990 BGB in Fällen der Aufhebung nach einem ordnungsgemäß durchgeführten Verfahren, sofern noch erhebliche Nachlasswerte vorhanden sind. Vgl. dazu bereits Fn. 348. 352 Statt aller Muscheler, RNotZ 2009, 65, 77. 353 Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2383 Rn. 9. 354 Zum Ganzen Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 18. Allerdings erhält § 2013 Abs. 1 S. 2 BGB auch i. R. d. Erbschaftskaufs die einmal bestehende Haftungsbeschränkungsmöglichkeit nach § 1973 BGB, Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 287. 355 So überwiegend angenommen, vgl. Zarnekow, MittRHNotK 1969, 620, 633; Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2383 Rn. 6 ff.; Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 b) S. 1054. A. A. Giebel, Erbschaftskauf, S. 71 Fn. 327.

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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f) Einrede des § 1974 BGB Nach Kaufvertragsschluss steht Erwerber und Veräußerer jeweils die Einrede des § 1974 BGB zur Verfügung. Es ist beachtenswert, dass die Forderungsgeltendmachung hier nur gegenüber dem jeweiligen Erklärungsempfänger die Wirkung des § 1974 BGB abbedingen kann.356 g) Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts Umgekehrt wirkt der Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts nicht auch gegen die jeweils andere Partei. Entsprechend entfaltet eine vorbehaltlose Verurteilung nur Wirkung gegenüber der konkret betroffenen Vertragspartei.357 Gleiches muss bei einem Haftungsbeschränkungsverzicht durch eine der Vertragsparteien gegenüber den Nachlassgläubigern gelten. Auch Verfehlungen eines Akteurs im Rahmen der Inventarerrichtung fallen grundsätzlich nicht dem anderen Akteur zur Last. Vielmehr kann ein Inventar von Käufer und Verkäufer selbstständig und unabhängig voneinander errichtet werden.358 Bezüglich der etwaigen Fristsetzung zur Errichtung des Inventars ist allerdings zu beachten, dass eine dem Verkäufer vor Vertragsschluss gesetzte Inventarfrist gegen den Käufer weiterläuft.359 Nach dem Verkauf kann jeder der Parteien eine Frist zur Errichtung des Inventars gesetzt werden, die für die jeweilige Partei selbstständig läuft. Auch eine Vermögensauskunft kann in der Folge von jeder Vertragspartei gesondert gefordert werden.360 Doch genügt gemäß § 2383 Abs. 2 BGB bereits die fristgerechte Inventarerrichtung durch eine Partei, um die Wirkung des § 1994 Abs. 1 S. 2 BGB auch für die andere abzuwenden. Dies gilt allerdings nur, wenn die betroffene Partei nicht bereits unbeschränkbar haftet und das Inventar ordnungsgemäß errichtet wurde.361

356 § 463 Abs. 1 S. 2 FamFG ist nicht entsprechend anwendbar, vgl. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 289. 357 Giebel, Erbschaftskauf, S. 72. 358 Vgl. statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 14, 16. 359 Auch das ergibt sich aus dem Eintritt des Erwerbers in die Haftungslage des Veräußerers, vgl. 2. Teil, B. II. und Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 290. 360 Statt aller Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Anm. 2 a) S. 1054. 361 Vgl. dazu den Wortlaut des § 2383 Abs. 2 BGB und statt aller Zarnekow, MittRHNotK 1969, 620, 632. Insoweit haben auch Inventarverfehlungen Wechselwirkung, als dass in diesen Fällen auch für den, auf die ordnungsgemäße Errichtung vertrauenden und deshalb untätig gebliebenen, anderen Teil die Frist nicht gewahrt wird. So auch Giebel, Erbschaftskauf, S. 72 Fn. 330. Auch hier ist wieder § 2013 Abs. 1 S. 2 BGB zu beachten, vgl. dazu bereits 2. Teil, A. II. 4.

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

h) Erbteilskauf Ebenfalls anlässlich eines Erbteilskaufs haftet der Käufer nach § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten in derselben Weise wie der Verkäufer zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses. Mithin tritt er der gesamtschuldnerischen Haftung des Verkäufers aus § 2058 BGB bei. Das soeben Ausgeführte gilt mit den Modifikationen der §§ 2058 ff. BGB entsprechend.362 Zusätzlich haben sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber vor Nachlassteilung selbstständig die Rechte aus § 2059 Abs. 1 BGB. Infolgedessen kann jede Partei nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeit aus ihrem Eigenvermögen verweigern.363 Im Falle des Eintritts unbeschränkbarer Haftung wird jeweils nach § 2059 Abs. 1 S. 2 BGB hinsichtlich des Eigenvermögens der Haftungsumfang auf den Forderungsteil begrenzt, der dem Erbanteil des Miterben entspricht.364 Außerdem bleibt das Recht der Nachlassgläubiger nach § 2059 Abs. 2 BGB erhalten, die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass von sämtlichen Miterben zu verlangen.365 Ferner tritt hinsichtlich des § 2062 BGB der Erwerber an Stelle des Veräußerers, sodass der Antrag auf Nachlassverwaltung nach Kaufvertragsschluss nur von allen Erben, unter Ausschluss des Verkäufers, und dem Käufer gemeinsam gestellt werden kann.366 Nach Teilung des Nachlassvermögens finden auf beide Parteien jeweils die §§ 2060, 2061 BGB Anwendung.367 Der Haftungsumfang wird daraufhin kraft Gesetzes auf den Forderungsteil begrenzt, welcher der Erbquote entspricht. Dies gilt auch, wenn bereits unbeschränkte Haftung eingetreten ist.368 So wirkt nach § 2060 Nr. 1 BGB der seitens eines Miterben erwirkte Ausschließungsbeschluss ebenso für den Käufer und umgekehrt.369 Auch die verspätete Forderungsgeltendmachung im Sinne des § 1974 BGB wirkt nach § 2060 Nr. 2 BGB ebenfalls für den Erwerber.370 In diesem Zusammenhang lässt die rechtzeitige Forderungsgeltendmachung die Wirkung des § 2060 Nr. 2 BGB allerdings nur gegenüber dem jeweiligen Erklärungs362

Statt aller Muscheler, RNotZ 2009, 65, 78. Vgl. statt aller Zarnekow, MittRHNotK 1969, 620, 634. 364 So statt aller Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 279 f. 365 So statt aller Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2383 Rn. 19. Dabei ist nach § 747 ZPO vor Erbteilsübertragung ein Titel gegen alle Miterben, zu denen auch der Verkäufer zählt, erforderlich. Nach Übertragung wird ein Titel gegen die Miterben, ohne den Verkäufererben, und den Erwerber vonnöten. Vgl. dazu Preuss, Erbschaftskauf, S. 78; Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 281; Rink, Erbteilskauf, S. 41; Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 31. 366 Vertiefend vgl. Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 284 f.; Rink, Erbteilskauf, S. 46. 367 Dies folgt aus § 2383 Abs. 1 S. 1 analog, vgl. Rink, Erbteilskauf, S. 40; Preuss, Erbschaftskauf, S. 77. 368 Vertiefend vgl. bereits 2. Teil, A. III. 3. 369 Vertiefend dazu bereits 2. Teil, A. III. 3. und 2. Teil, B. II. 2. e). 370 Vertiefend bereits 2. Teil, A. III. 3. und 2. Teil, B. II. 2. f). 363

B. Haftung des Käufers im Außenverhältnis

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empfänger entfallen.371 Wenn das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendigt wurde, greift § 2060 Nr. 3 BGB ebenfalls für den Käufer.372 Anlässlich des privaten Aufgebots nach § 2061 BGB wirkt die Aufforderung durch einen Miterben auch für den Käufer und umgekehrt.373 Hingegen schadet eine Kenntnis im Rahmen des § 2061 Abs. 1 S. 2 BGB nur der jeweiligen Partei.374 Des Weiteren kann sich ebenso der Erwerber auf § 2063 Abs. 2 BGB berufen.375 3. Rechtsfolgen der Beschränkung auf den Nachlass Greift eines der genannten Beschränkungsmittel, werden Nachlass- und Eigenvermögen gegenüber den betroffenen Nachlassgläubigern als getrennte Vermögensmassen behandelt. In der Folge ist ihnen nur noch das Nachlassvermögen verhaftet, ihr Rückgriff auf das Eigenvermögen ist dagegen nicht länger möglich.376 Auf Erwerberseite ist § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB zu beachten. Danach zählen im Falle der beschränkten Haftung des Käufers seine Ansprüche gegen den Verkäufer zum Nachlass und unterfallen damit der Haftung. In Betracht kommen hier insbesondere die Ansprüche aus §§ 2374, 2375 und 2376 BGB. Dagegen fällt der erlangte Kaufpreis nach einhelliger Auffassung nicht in das Nachlassvermögen, sondern in das Eigenvermögen des Verkäufers und ist damit, bei beschränkter Erbenhaftung, dem Zugriff der Gläubiger entzogen.377 In diesem Zusammenhang wird teilweise behauptet, der Erwerber werde wie ein Gesamtrechtsnachfolger in die Nachlassschulden des Erblassers behandelt.378 Dies ist nicht ganz zutreffend. Denn anders als im Rahmen einer Gesamtrechtsnachfolge wird nach geltendem Recht mittels § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB der Haftungsumfang im Rahmen eines Erbschaftskaufs durch das Verhalten eines Dritten, namentlich des Erben, bestimmt.379 Der Erwerber hat dementsprechend eine weitaus schlechtere Stellung als ein Gesamtrechtsnachfolger inne. Auch die Annahme, der Erwerber sei Gesamtrechtsnachfolger in die Haftung des Erben, ist verfehlt, da er gemäß § 2382 Abs. 1 BGB weiterhin als Gesamtschuldner neben dem Erwerber haftet und entsprechend keinerlei Nachfolge stattfindet. 371

Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 19, 33. Vertiefend dazu bereits 2. Teil, A. III. 3. und 2. Teil, B. II. 2. b). 373 Vertiefend dazu bereits 2. Teil, A. III. 3. 374 Statt aller vgl. Greiff, in: Planck, BGB, § 2383 Ans. 3 b) S. 1059. 375 Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 34. 376 Vgl. dazu bereits 2. Teil, A. II. 2. 377 Vgl. statt aller Norbert, Erbenhaftung S. 321; Giebel, Erbschaftskauf, S. 78; Lange/ Kuchinke, Erbrecht, § 51. III. S. 1300. 378 Statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 1; Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 2382 Rn. 2. 379 So auch Muscheler, RNotZ 2009, 65, 75 f. 372

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2. Teil: Das erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem

C. Zwischenergebnis, Bewertung der Rechtslage Die Darstellung zeigt, mit welcher Konsequenz die §§ 2382, 2383 BGB den Erwerber schuldrechtlich einem Erben gleichstellen. Gemäß § 2382 BGB tritt mit Abschluss des Kaufvertrages zwingend die Haftung des Erwerbers im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern neben die weiterbestehende Haftung des Veräußerers. Dabei gestaltet sich die Erwerber-Haftung unabhängig vom Haftungsumfang im Innenverhältnis der Vertragsparteien. Der Haftungseintritt setzt lediglich den Abschluss eines wirksamen Kaufvertrages und die vorausgehende Haftung des Veräußerers voraus. Vollkommen irrelevant ist hingegen, ob der Käufer um seine Haftung oder das Bestehen von Nachlassverbindlichkeiten weiß. Demgegenüber kann ein Entfallen der Käuferhaftung nur in Ausnahmefällen angenommen werden. Rechtskräftig ergangene Urteile sind auch gegenüber dem Käufer vollstreckbar. Nach § 2383 BGB bemisst sich der Haftungsumfang des Erwerbers nach der Haftungslage des Veräußerers zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses. Dabei ist sie in der Regel durch dessen Verhalten determiniert. Somit wirkt die unbeschränkbare Haftung des Verkäufers nach § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB unwiderruflich auch gegen den Käufer. In diesem Zusammenhang ist erneut irrelevant, ob der Käufer davon wusste. Auch an ein bereits durch den Veräußerer ausgeübtes Beschränkungsmittel ist der Erwerber gebunden. Er hat dessen Rechtsfolgen zu tragen. Ob dies den Interessen aller Beteiligten gerecht wird, wird noch zu prüfen sein. Sofern der Verkäufer noch beschränkbar haftet, von einem Beschränkungsmittel aber noch keinen Gebrauch gemacht hat, tritt keine Determinationswirkung ein. In diesem Fall verlaufen die Haftungslagen grundsätzlich getrennt, so dass beide Parteien selbstständig und unabhängig voneinander ihre Haftung auf das Nachlassvermögen beschränken können. Doch ist die Lage nicht so eindeutig, wie es zuerst den Anschein hat. Es muss in jedem Fall untersucht werden, für welche Partei, welche Frist zu laufen begonnen hat oder bereits abgelaufen ist. Zudem ist stets zu ermitteln, wen die Rechtsfolgen des jeweiligen Haftungsbeschränkungsrechts treffen. Gelten diese dem Grundsatz entsprechend nur für die Person, die von dem Beschränkungsmittel Gebrauch macht oder ausnahmsweise auch für die andere Partei? Hier soll der im Folgenden entwickelte Lösungsvorschlag eine Vereinfachung der Rechtslage mit sich bringen, indem er die dargelegten Unwägbarkeiten bezüglich etwaiger Fristen und Rechtsfolgen vollends abbedingt.380

380

Siehe dazu unter 4. Teil, B. IV. 2.

3. Teil

Problematik der Käuferhaftung Da ein Erbschaftsverkauf im Hinblick auf die Außenhaftung des Veräußerers mit § 2382 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich eine deklaratorische Regelung beinhaltet, richtet sich seine Haftung weiterhin nach allgemeinen Grundsätzen. Durch den, mit Abschluss des Erbschaftskaufs eintretenden, Schuldbeitritt des Erwerbers wandelt sich die Schuld des Verkäufers zwar in eine Gesamtschuld, doch sind damit nur vereinzelt Änderungen im Rahmen seiner Haftungsbeschränkungsrechte verbunden. Ob es bei diesen Änderungen bleiben kann, wird an späterer Stelle erörtert. Im Hinblick auf den Erwerber statuieren hingegen erst die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB dessen mit Vertragsabschluss eintretende Haftung im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern. In diesem Kontext ist insbesondere danach zu fragen, ob und aus welchen Gründen sich diese Haftungsregelungen rechtfertigen lassen.

A. Vergleich mit allgemeinem Kaufrecht Ohne die §§ 2382, 2383 BGB ergäbe sich eine vollkommen andere Haftungslage des Erwerbers. Der Erbschaftskauf ist als schuldrechtlicher Kaufvertrag über einen Vermögensinbegriff zu qualifizieren.381 Aufgrund dieses Kaufgegenstands stellt er einen Rechtskauf im Sinne des § 453 BGB dar.382 Das heißt, ohne Anwendung der §§ 2382, 2383 BGB als Spezialregelungen, griffen nach § 453 Abs. 1 BGB sämtliche, für den Kauf von Sachen geltende Normen. Es existiert allerdings nach Aufhebung des § 419 BGB keine Vorschrift mehr, wonach der Erwerber für Altverbindlichkeiten haftet.383

381

Statt aller siehe Weidlich, in: Grüneberg, § 2371 Rn. 1. Vgl. statt aller Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, § 2371 Rn. 6; Bambring, ZEV 2002, 137, 138; Löhnig, ZEV 2004, 267, 271. 383 So ordnete § 419 BGB i. R. d. Vermögensübernahme die Haftung des Erwerbers gegenüber den Gläubigern des Übertragenden an. Die Vorschrift wurde allerdings im Zuge der am 01. 01. 1990 in Kraft getretenen Insolvenzrechtsreform ersatzlos gestrichen. Vgl. dazu 4. Teil, A. 382

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

Darüber hinaus ist mit Giebel anzunehmen, dass eine Haftungserstreckung auf den Erwerber regelmäßig nicht über §§ 414, 415 BGB fingiert werden könnte.384 Zunächst schiede eine befreiende Schuldübernahme durch den Käufer unter Ausschluss des Verkäufers aus. Denn eine solche bedarf nach § 414 BGB eines Vertrags zwischen Gläubiger und Übernehmer. Ein Erbschaftsverkauf wird jedoch relativ zwischen Verkäufer und Käufer geschlossen. Er beteiligt die Nachlassgläubiger in keiner Weise, sodass die Voraussetzung des § 414 BGB nicht erfüllt sind. Gemäß § 415 BGB kann die privative Schuldübernahme zwischen Schuldner und Übernehmer vereinbart werden. Jedoch wird der Erbschaftskaufvertrag zumeist keine ausdrückliche Parteivereinbarung in diesem Sinn beinhalten. Zur Annahme einer konkludenten Haftungsübernahme wäre der darauf gerichtete Wille des Käufers Voraussetzung. Ein solcher Wille wird aber für gewöhnlich nicht vorhanden sein, da ein Käufer sich wohl schwerlich freiwillig einer derartigen Haftung unterwerfen würde. Des Weiteren schiede ein Schuldbeitritt des Erwerbers zur Haftung des Veräußerers aus den gerade genannten Gründen ebenfalls aus. Ein Schuldbeitritt ist gleichfalls zwischen Gläubiger und Beitretendem oder als Vertrag zugunsten der Nachlassgläubiger zwischen Schuldner und Beitretendem begründbar.385 Allerdings mangelt es auch hier an der Gläubigerbeteiligung beziehungsweise am Haftungsübernahmewillen des Käufers.386 Gleiches muss sowohl hinsichtlich einer Vertragsübernahme, als auch bezüglich einer Erfüllungsübernahme im Sinne des § 329 BGB gelten.387 Außerhalb des Kaufrechts sind mit §§ 613a, 1357 BGB, § 25 HGB und § 75 AO lediglich vereinzelt Sonderkonstellationen normiert, die regelmäßig nicht einschlägig sein werden. Sofern ein Erbteil den Veräußerungsgegenstand bildet, ist auch unter Ausschluss der §§ 2382, 2383 BGB stets § 2059 Abs. 2 BGB zu beachten. Danach unterliegt das ungeteilte Nachlassvermögen der Haftung, woran auch der Erbteilserwerber gebunden ist. Er muss die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dieser Masse dulden, wodurch er über die genannte Norm mittelbar mit dem Erworbenen Nachlassvermögen haftet. Doch greift die genannte Norm nach Teilung des Nachlassvermögens

384 Michael Giebel ist der einzige Autor, welcher die Problematik um die Erwerberhaftung i. R. d. Erbschaftskaufs ohne die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB darstellt. Dabei erörtert er sowohl das Ausscheiden der §§ 414 ff. BGB, als auch die Anwendung des § 2058 BGB i. R. d. Erbteilskaufs. 385 Zum Schuldbeitritt allgemein vgl. Heinemeyer, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. § 414 Rn. 10 – 20. 386 Zur gesamten Problematik der Schuldübernahme und des Schuldbeitritts, vgl. Giebel, Erbschaftskauf, S. 76 f. 387 Auch diese scheitern an der fehlenden Gläubigerbeteiligung bzw. am Fehlen eines diesbezüglichen Willens des Käufers. Vgl. vertiefend zur Vertragsübernahme Heinemeyer, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. § 414 Rn. 7 – 9; zur Erfüllungsübernahme ebenda Rn. 25.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

75

nicht länger, sodass das bereits Ausgeführte ab diesem Zeitpunkt vollumfänglich gilt.388 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Erwerber im Rahmen eines Erbschaftskaufes ohne die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB den Nachlassgläubigern regelmäßig nicht haften würde. Gleiches gilt anlässlich eines Erbteilskaufes nach Nachlassteilung. Davor haftet der Erwerber des Erbteils auch ohne die benannten Normen wegen § 2059 Abs. 2 BGB mittelbar mit dem Nachlassvermögen.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung I. Dem Erbschaftskaufrecht zugrundeliegender Grundsatz Diese unterschiedlichen Haftungslagen werfen die Frage auf, warum die Haftung im Rahmen des Erbschaftskaufs überhaupt besonders geregelt wurde. 1. Römisches Recht Das Institut des Erbschaftskaufs war schon dem Römischen Recht bekannt. Die damaligen Regelungen enthielten bereits den noch heute gültigen wesentlichen Grundgedanken des Erbschaftskaufrechts. So sollte die Erbschaft als Vermögensinbegriff Kaufgegenstand sein, nicht jedoch das Erbrecht selbst. Demnach blieb die Erbenstellung des Veräußerers unberührt.389 Der Erwerber trat nicht in die Erbenstellung des Verkäufers ein. Es erfolgte lediglich eine Singularsukzession in die einzelnen Vermögensgegenstände. Der Erwerber sollte nur schuldrechtlich dem Erben gleichgestellt werden. Somit blieb der Verkäufer als Erbe weiterhin den Nachlassgläubigern verhaftet.390 Demgegenüber sollte der Käufer im Außenverhältnis den Nachlassgläubigern nicht haften. Sie konnten ihn nur auf direktem Weg haftungsrechtlich in Anspruch nehmen, wenn er einwilligte oder sich auf eine Klage einließ. Die Nachlassgläubiger konnten dann nicht mehr gegen den Verkäufer vorgehen. Es existierte somit allenfalls eine alternative und keine kumulative Verhaftung der Vertragsparteien.391 388

Auch zur gesamten Problematik des § 2058 BGB, vgl. Giebel, Erbschaftskauf, S. 77. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz galt zur Zeit des Vorjustinianischen Rechts für gesetzliche Erben vor Antritt der Erbschaft. Sie konnten ihr Erbrecht übertragen, vgl. Avenarius, § 2, S. 5, § 3, S. 5 f.; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 42. 390 Eine Ausnahme galt nur bei Erbschaftsverkauf durch den Fiskus. In diesen Fällen trat eine Gesamtnachfolge ein, das heißt der Erwerber rückte in die Erbenstellung des Veräußerers ein und haftete an seiner Stelle fortan den Nachlassgläubigern vgl. Sintenis, Bd. 3, § 206, S. 697 f. 391 Vertiefend zum Ganzen siehe Avenarius, § 7, S. 10 f., § 74, S. 93 f.; Kaser, Das römische Privatrecht, erster Abschnitt, § 177, S. 723, in: Müller/Otto/Bengtson, Handbuch der Altertumswissenschaft, Abt. 10, Teil 3, Bd. 3, Abschnitt 1; Kaser, Das römische Privatrecht, zweiter 389

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

In der gemeinrechtlichen Praxis stritt man allerdings darüber, ob der Erbschaftskäufer nicht doch im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern haften sollte. Einige Autoren wollten den Nachlassgläubigern ein unmittelbares Klagerecht gegen den Käufer einräumen. Sie erblickten in einem Erbschaftsverkauf eine stillschweigende Schuldübernahme gegenüber den Nachlassgläubigern.392 2. Partikulare Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhunderts Auch in den partikularen Kodifikationen und Entwürfen des 18. und 19. Jahrhunderts war das Erbschaftskaufrecht normiert. Dabei blieben mit Ausnahme des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten und dem Bayrischen Entwurf alle dem im römischen Recht entwickelten Grundsatz treu. a) Hessischer Entwurf Vollkommen mit Römischem Recht stimmen die in Buch II. Tit. 1. Abth. 1. normierten Art. 35 – 46 des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Großherzogthum Hessen überein. Dort lautet Art. 44: „Durch den Verkauf der Erbschaft werden die Rechte der Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer nicht verändert. Sie können sich, nach wie vor dem Verkaufe, an den Verkäufer, als Erben, halten. Hat jedoch Einer derselben den Erbschaftskäufer auf Befriedigung belangt, und solcher sich in den Streit eingelassen, so wird der Verkäufer seiner Verpflichtungen gegen diesen Erbschaftsgläubiger oder Vermächtnißnehmer enthoben.“393

Somit entsprachen die Regelungen nicht nur dem Grundgedanken, der Veräußerungsgegenstand eines Erbschaftskaufs sei die Erbschaft und nicht etwa das Erbrecht, sondern auch den römischrechtlichen Haftungsregelungen. Eine Inanspruchnahme des Erwerbers setzte dessen Zustimmung voraus und konnte nur alternativ zur Inanspruchnahme des Veräußerers erfolgen.394 Abschnitt, § 293, S. 536, in: Müller/Otto/Bengtson, Handbuch der Altertumswissenschaft, Abt. 10, Teil 3, Bd. 3, Abschnitt 2; Kaser/Knütel/Lohsse, Römisches Privatrecht, § 72 Rn. 7; Sintenis, Bd. 3, § 206, S. 697 f.; Windscheid, Bd. 3, § 621, S. 535 f.; Wächter, Bd. 2, § 310, S. 787 f.; Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 93 f.; S. 102 f.; Schindelka, Gewährleistungspflicht Erbschaftskauf, S. 1 – 5; Zilkens, Erbschaftskauf, S. 2 f.; Preuss, Erbschaftskauf, S. 1 – 3; Weckmann, Erbschaftskauf, S. 3 f.; Hamburger, Verpflichtungen Erbschaftskauf, S. 1 – 5; Spiess, Erbschaftskauf, S. 8 – 10; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 41 – 45. Zur Übertragung des Erbrechts im Vorjustinianischen Recht vgl. Avenarius, § 2, S. 5 f., Sintenis, Bd. 3, § 206, S. 697 Fn. 1. 392 Vertiefend dazu vgl. Avenarius, § 74, S. 93 f.; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 45 f. 393 Vgl. zum Gesetzestext Schubert, Bürgerliches Gesetzbuch für das Großherzogthum Hessen, Bd. 5, Buch II. Tit. 1. Abth. 1. S. 13. 394 Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94, 103; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 89 – 91; Schubert, Bürgerliches Gesetzbuch für das Großherzogtum Hessen, Bd. 5, Motive Buch II. Tit. 1. Abth. 1. S. 16 – 19.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

77

b) Code Napoléon Im Code Napoléon ist der Erbschaftskauf im III. Buch 6. Titel 8. Kap. in Art. 1696 – 1698 geregelt. Allerdings betrafen sämtliche Normen lediglich das Innenverhältnis der Vertragsparteien. Dem Grundsatz des römischen Rechts entsprechend, sollte die Erbschaft den Veräußerungsgegenstand bilden. Der Verkäufer blieb demnach als Erbe den Nachlassgläubigern verhaftet. Der Code übertrug die auf der Erbschaft lasten den Verbindlichkeiten nicht auf den Erwerber. Allerdings normiert Art. 1698: „L’acquéreur doit de son côté rembourser au vendeur ce que celui-ci a payé pour les dettes et charges de la succession, et lui faire raison de tout ce dont il était créancier, s’il n’y a stipulation contraire.“ („Der Käufer muß von seiner Seite, in Ermangelung einer entgegenstehenden Uebereinkunft, dem Verkäufer dasjenige erstatten, was dieser an Schulden und Lasten der Erbschaft getilgt hat, und mit ihm wegen alles dessen sich berechnen, was derselbe als Gläubiger zu fordern hatte.“)395

Demzufolge hatte der Verkäufer gegen den Käufer einen Anspruch auf Erfüllung etwaiger Nachlassverbindlichkeiten, den die Nachlassgläubiger nach Art. 1166 direkt gegenüber dem Käufer geltend machen konnten. Auf diesem Weg konnten sie den Käufer, anders als im Römischen Recht, auch ohne seine Zustimmung belangen.396 c) ABGB Österreich, Sächsisches BGB, Dresdener Entwurf, Erbrechtsentwurf Mommsen Fast deckungsgleiche Regelungen zum Erbschaftskauf treffen das ABGB, das Sächsische BGB, der Entwurf eines Deutschen Reichsgesetzes über das Erbrecht von Friedrich Mommsen und der Dresdener Entwurf. Nach diesen Kodifikationen und Entwürfen sollte wie nach Römischem Recht die Erbschaft den Veräußerungsgegenstand bilden. Damit blieb auch hier der Verkäufer-Erbe den Nachlassgläubigern verhaftet. Allerdings sollte in einem Erbschaftsverkauf zugleich eine Zahlungsbeziehungsweise eine Schuldübernahme liegen, sodass etwaige Gläubiger, entgegen römischrechtlichen Grundsätzen, stets den Erwerber in Anspruch nehmen konnten.397Sie folgen damit der oben ausgeführten Ansicht zum gemeinen Recht. 395

Vgl. zum Gesetzestext und der Übersetzung Napoleons Gesetzbuch, S. 734 f. Art. 1166 des III. Buches 3. Titel 3. Kapitel lautete: Dessen ungeachtet können die Gläubiger alle Rechte und Klagen ihres Schuldners, die demselben nicht ausschließend für seine Person zustehen geltend machen. Vgl. Crome, Grundlehren des französischen Obligationenrechts, § 21, S. 274 Fn. 116, S. 273 – 276; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 76 f.; Zachariä-Salomo, Handbuch französisches Civilrecht, Bd. 2, § 339 S. 521 – 529, S. 523 Fn. 34; Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94, S. 103; Zilkens, Erbschaftskauf, S. 6 f. 397 Zum österreichischen Recht Str. vgl. Unger, österreichisches Erbrecht § 49 S. 219 – 227; Winiwarter, persönliches Sachenrecht, §§ 360 – 363, S. 530 – 535; Kübel, in: Schubert, Re396

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

Das ABGB trifft mit den §§ 1278 – 1283 entsprechende Regelungen. § 1278 lautet: „Der Käufer einer von dem Verkäufer angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen Erbschaft tritt nicht allein in die Rechte; sondern auch in die Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein, in so weit diese nicht bloß persönlich sind. […]“

§ 1282 regelt wie folgt: „Die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer aber können sich ihrer Befriedigung wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft, als an den Erben selbst halten. Ihre Rechte, so wie jene der Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf der Erbschaft nicht geändert, und die Erbschaftsantretung des Einen gilt auch für den Andern.“398

Das Sächsische BGB verwies ausdrücklich auf die Vorschriften über die Schuldübernahme und ordnet in § 2380 an: „Rücksichtlich der Erbschaftsschulden, Vermächtnisse und Anwartschaften haftet der Erwerber, sowohl dem Veräußerer, als auch den Berechtigten gegenüber, nach den Vorschriften über die Schuldübernahme.“399

In gleicher Weise verfuhren der Entwurf eines Deutschen Reichsgesetzes über das Erbrecht von Friedrich Mommsen und der Dresdener Entwurf. § 325 des Mommsenschen Entwurfs normiert: „Das Recht, eine Erbschaft anzutreten oder auszuschlagen, kann nicht veräußert werden. Wenn der Erbe aber eine ihm angefallene Erbschaft veräußert, so liegt darin eine Antretung der Erbschaft. In dem Verhältniß der Vertragsschließenden zu einander gilt der Erwerber als Erbe. […]“

§ 334 ordnet an: „Rücksichtlich der Erbschaftsschulden und Vermächtnisse haftet der Erwerber sowohl dem Veräußerer als auch dem Berechtigten gegenüber nach den Vorschriften über die Schuldübernahme.“400

daktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 95 f., S. 103; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 78 – 81; Zilkens, Erbschaftskauf, S. 7 – 9. Zum sächsischen BGB vgl. Siebenhaar, BGB, Bd. 3, S. 335 – 338; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 81 – 85; Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94, S. 103. Dabei sollte die Haftung des Veräußerers kumulativ neben eine solche des Erwerbers treten. Zum Entwurf des Erbrechts von Mommsen vgl. Mommsen, Erbrecht nebst Motiven, S. 353 – 359; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 96 f.; Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94, 103. Zum Dresdener Entwurf vgl. Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94, 103; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 92 – 95. Die Verhaftung des Erwerbers richtete sich dabei nach den Regeln der Erfüllungsübernahme. 398 Zum Gesetzestext vgl. Winiwarter, persönliches Sachenrecht, §§ 360 – 362, S. 530 – 533. 399 Zum Gesetzestext vgl. Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen, S. 274. 400 Zum Text vgl. Mommsen, Erbrecht nebst Motiven, S. 79 – 81.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

79

Die Haftungsregel des Dresdener Entwurfs lautet gemäß Art. 445: „[…] Für Erbschaftsschulden, Vermächtnisse und Anwartschaften haftet der Käufer sowohl dem Verkäufer als auch den Erbschaftsgläubigern, Vermächtnißnehmern und Anwärtern gegenüber, nach den Vorschriften über die Zahlungsübernahme.“

Daneben galt nach Art. 447: „Durch den Verkauf der Erbschaft werden die Rechte der Erbschaftsgläubiger, Vermächtnißnehmer und Anwärter dem Verkäufer gegenüber nicht geändert, dieselben können sich nach wie vor an den Letzeren halten.“401

Der Verkäufer sollte also weiterhaften. d) Gesetzbuch für den Kanton Zürich Das Gesetzbuch für den Kanton Zürich behandelt das Institut des Erbschaftskaufs in den §§ 2143 – 2149. Es differenzierte zwischen Erbauskauf und Erbschaftskauf im heutigen Sinn. Der Erbauskauf findet sich in §§ 2138 – 2142 und betraf die Konstellation des Verkaufs der Anwartschaft auf ein Erbe an Miterben. § 2138 normiert: „Jeder Erbe ist berechtigt, sich für seine Anwartschaft auf die gemeinsame Erbschaft wie für seine Rechte an einer angefallenen Erbschaft von seinen Miterben oder von einzelnen Miterben auskaufen zu lassen. […]“

Dann sollte der Erwerber in die Erbenstellung des Veräußerers einrücken und fortan an seiner Stelle den Nachlassgläubigern haften. Etwas Anderes galt nur, sofern nicht die Anwartschaft auf das Erbe, sondern eine bereits angefallene Erbschaft verkauft wurde.402 Den Erbschaftskauf in heutigem Sinn betrafen dagegen die §§ 2143 – 2149. In Übereinstimmung mit dem Römischen Recht normiert § 2143: „Andere Verträge über die Erbschaft eines Dritten, zu denen der Erblasser nicht selbst mitwirkt, haben in der Regel keine unmittelbar erbrechtliche, sondern nur eine obligatorische Bedeutung.“ § 2144 ergänzt: „Der Erwerber einer solchen Erbschaft ist als Cessionar zu behandeln und, insofern er dieselbe nach dem Anfall übernimmt, den Erbschafsgläubigern haftbar.“403

Demzufolge stellte, wie nach Römischem Recht wiederum die Erbschaft den Kaufgegenstand dar. Abweichend sollte der Erwerber neben dem weiterhaftenden

401 402 403

Zum Gesetzestext vgl. Fracke, Dresdener Entwurf, S. 90 f. Dann trat dieselbe Rechtslage ein wie bei einem Erbschaftskauf, siehe sogleich. Zum Gesetzestext vgl. Bluntschli, GB für Zürich, Bd. 4, S. 190 – 196.

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

Verkäufer-Erben der Haftung unterfallen. In dem Erbschaftskauf wurde ein Vertrag zugunsten Dritter, das heißt zugunsten der Nachlassgläubiger, erblickt.404 e) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, Bayrischer Entwurf Nur das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten und der Bayrische Entwurf wichen vollkommen von Römischem Recht ab. Im Allgemeinen Preußischen Landrecht ist der Erbschaftskauf im ersten Theil, Eilfter Titel, Vierter Abschnitt in §§ 445 – 510 geregelt. Die hier interessierenden Vorschriften lauten wie folgt: § 447: „Nur alsdann ist ein wirklicher Erbschaftskauf vorhanden, wenn das Erbschaftsrecht selbst, oder ein Theil desselben verkauft worden.“

§ 448: „Ist nur ein bestimmter Inbegriff von Erbschaftssachen verkauft, so muß das Geschäft bloß nach den Vorschriften der Gesetze von dem Verkaufe eines Inbegriffs von Sachen beurtheilt werden.“

§ 449: „Ein Gleiches findet statt, wenn die Erbschaft nur nach einem darüber aufgenommenen Inventario verkauft worden.“

§ 454: „Bey einem wirklichen Erbschaftskaufe tritt der Käufer in alle Rechte und Pflichten des Erben.“

§ 456: „Die Sache wird daher so genommen, als wenn die Erbschaft, sogleich dem Käufer, und nicht dem Verkäufer angefallen wäre.“

§ 462: „Das Recht der Erbschaftsgläubiger und Legatarien wird durch den Verkauf der Erbschaft nicht geändert.“

§ 463: „Es steht denselben frey, sich ihrer Befriedigung halber an den Käufer der Erbschaft, oder an den Erben selbst zu halten.“

404 Bluntschli, GB für Zürich, Bd. 4, §§ 2138 – 2149, S. 190 – 200; Schneider, privatrechtliches Gesetzbuch, §§ 1077 – 1088, S. 120 – 128; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 85 – 88; Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

81

§ 464: „Auch wenn sie sich zuerst an den Käufer halten, können sie dennoch von diesem auf den Verkäufer, als Erben, wieder zurückgehen.“405

Es fand eine Unterscheidung zwischen dem „wirklichen Erbschaftskauf“ und dem Verkauf eines Inbegriffs von Erbschaftssachen beziehungsweise dem Verkauf der Erbschaft nach einem darüber aufgenommenen Inventar statt. Bei einer wirklichen Erbschaftsveräußerung sollte anders als nach römischem Recht nach § 447 das Erbrecht selbst oder ein Teil desselben den Veräußerungsgegenstand bilden. Es fand eine Universalsukzession statt, weshalb der Käufer in alle Rechte und Pflichten des Erben eintrat, und zwar so, als ob die Erbschaft sogleich ihm und nicht dem Verkäufer angefallen wäre, § 456. Dieses Prinzip der Erbrechtsveräußerung hat das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten allerdings aus Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht vollends verwirklichen können. Deshalb wurde anlässlich der Haftung der Vertragsparteien im Außenverhältnis gegenüber etwaigen Nachlassgläubigern weiterhin ein haftungsrechtlicher Zugriff auf den Veräußerer ermöglicht, § 462. Allerdings gewährte § 463 den Gläubigern das Recht, sich alternativ an den Käufer halten zu können. Somit konnten etwaige Gläubiger wählen, ob sie den Käufer oder den Verkäufer in Anspruch nehmen wollten. Selbst wenn die Gläubiger zunächst den Erwerber in Anspruch nahmen, konnten sie dies nach § 464 revidieren und an seiner Stelle wieder den Verkäufer belangen.406 Demgegenüber stellte die Veräußerung eines Inbegriffs von Erbschaftssachen oder der Verkauf der Erbschaft nach einem darüber aufgenommenen Inventar keinen „wirklichen Erbschaftskauf“ dar. Gemäß der §§ 448–450 sollte diese Konstellation keine Sonderregelungen erfahren, sondern nach den allgemeinen Vorschriften über Sachkauf beurteilt werden.407 Dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern dienten die Vorschriften des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten zum Vorbild. Das Erbschaftskaufrecht ist in Theil II. Buch II. Hauptstück 1 in Art. 339 – 351 normiert. Art. 340 regelt: 405

Zum Gesetzestext vgl. Hattenhauer/Bernert, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, S. 150. 406 Zum Ganzen vertiefend vgl. Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94 f., S. 96, S. 103; Dernburg, Familienrecht und Erbrecht, § 234, S. 681 – 683; Blume, der Erbschaftskauf des preußischen Landrechts; Schindelka, Gewährleistungspflicht Erbschaftskauf, S. 5 – 7; Zilkens, Erbschaftskauf, S. 3 – 6; Preuss, Erbschaftskauf, S. 3 f.; Weckmann, Erbschaftskauf, S. 4 f.; Hamburger, Verpflichtungen Erbschaftskauf, S. 5 f.; Spiess, Erbschaftskauf, S. 10 – 13; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 68 – 76. A. A. Unger, der lediglich die Erbschaft als Veräußerungsgegenstand betrachtet nicht jedoch das Erbrecht vgl. Unger, österreichisches Erbrecht § 49 S. 222 Fn. 3. A. A. auch Förster, welcher annimmt der Erbschaftskauf nach dem ALR schwanke zwischen Singular- und Universalsukzession, vgl. Förster, Preußisches Privatrecht, Bd. 4, § 277, S. 627. 407 Vgl. Förster, Preußisches Privatrecht, Bd. 4, § 277, S. 627; Hamburger, Verpflichtungen EK, S. 6; Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 94.

82

3. Teil: Problematik der Käuferhaftung „Der Erbschaftsverkäufer ist verpflichtet, die ihm aus der Erbschaft zukommenden Rechte auf den Käufer zu übertragen. […]“

Art. 341 lautet: „Mit der Uebertragung gehen die in der Erbschaft enthaltenen Rechte und Verbindlichkeiten so, wie sie durch den Erbschaftsanfall auf den Erben gekommen sind, unmittelbar auf den Käufer über.“

Art. 349: „Das Verhältniß der Erbschaftsschuldner zu dem Verkäufer und dem Käufer ist nach den Vorschriften der Art. 151 und 153 zu beurtheilen.“

Art. 350: „Erbschaftsgläubiger, Vermächtnißnehmer und Schenknehmer von Todeswegen sind befugt, ihre Ansprüche entweder gegen den Erben oder gegen den Erbschaftskäufer geltend zu machen. Die Vorschriften der Art. 160 – 163 kommen auch hier zur Anwendung.“408

Demnach lag den Vorschriften in Übereinstimmung mit den Vorschriften des allgemeinen Landrechts der Gedanke einer Universalsukzession zugrunde. Es sollte anlässlich eines Erbschaftskaufs die Übertragung des Rechts auf die angefallene Erbschaft stattfinden. Der Erwerber sollte aktiv und passiv an die Stelle des Verkäufers treten und so gestellt werden, als ob ihm die Erbschaft unmittelbar angefallen wäre. Dessen ungeachtet konnten etwaige Nachlassgläubiger zu ihrem Schutz nach Art. 350 ihre Ansprüche weiterhin gegen den Erben geltend machen. Alternativ konnten sie den Erwerber nach den Regeln der Schuldübernahme belangen.409 f) Zwischenergebnis Bei einem Erbschaftsverkauf ordneten bereits die meisten partikularen Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhunderts die kumulative Verhaftung von Käufer und Verkäufer an. Demnach sollte der Erwerber neben dem weiterhaftenden Verkäufer-Erben der Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern unterfallen. Dabei wich die rechtliche Konstruktion der Haftung voneinander ab. 3. BGB von 1900 Im Rahmen der Vorberatungen zur Erstellung eines allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs wies die Vorkommission das Institut des Erbschaftskaufs dem Obli408

Vgl. zum Gesetzestext, Entwurf BGB Bayern, S. 109 – 111. Vgl. Motive Entwurf BGB Bayern Theil II. Buch II. Hauptstück 1, S. 138 – 140; Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 91 f.; Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 95 f., S. 103. 409

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

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gationenrecht zu.410 Der Schuldrechtsredaktor Kübel entwarf als Vorlage für die erste Kommission entsprechende Regelungen und verortete sie innerhalb seines Entwurfs in den §§ 48 – 56. Diese Regelungen folgten im Wesentlichen den römischrechtlichen Grundgedanken des Erbschaftskaufrechts: Eine Abweichung von diesen Grundsätzen sei, wie die Regelungen im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten und der Bayrische Entwurf zeigten, aus Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht zu verwirklichen.411 Damit ging auch der Redaktor von dem Grundsatz aus, die Erbschaft als Vermögensinbegriff sei Kaufgegenstand, nicht jedoch das Erbrecht selbst. Hieraus sei der Schluss zu ziehen, dass die Erbenstellung des Veräußerers unberührt bleibe und somit eine Gesamtnachfolge des Erwerbers in die Stellung des Veräußerers ausscheide. Vielmehr sei der Erbschaftskauf schuldrechtlicher Natur und begründe lediglich die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung der Erbschaft. Dementsprechend normierte Kübel in § 48 des Vorentwurfs: „Ist eine angefallene Erbschaft Gegenstand eines Kaufvertrages, so werden die Vertragschließenden unter einander so berechtigt und verpflichtet, wie wenn nicht dem Verkäufer, sondern dem Käufer die Erbschaft angefallen wäre“. Der Erwerber soll also nur schuldrechtlich einem Erben gleichgestellt werden. Charakteristikum des Erbschaftskaufs ist mithin der schuldrechtliche Eintritt des Erwerbers in alle aus der Erbschaft resultierenden Rechte und Pflichten.412 Dieser Gedanke wurde im weiteren Verfahren nicht mehr beanstandet.413 Es ist allerdings hervorzuheben, dass die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens getätigten Erwägungen allein auf den Erbschaftskauf bezogen bleiben, nicht jedoch auf einen Erbteilserwerb gerichtet sind.414

410

Siehe Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 92; Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 864. 411 Vgl. oben unter 3. Teil, B. I. 2. e). 412 Vgl. zum Ganzen Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, § 48 S. 10; S. 93 – 96. 413 Vgl. zum allseitigen Einverständnis mit dem Grundsatz in der ersten Kommission Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2162; Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 196; I. R. d. zweiten Kommission herrschte in diesem Zusammenhang ebenfalls Einvernehmen, siehe Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2201. Von der Reichstagskommission wurde die Norm aufgehoben. Sie führte aus, die Vorschrift gebe lediglich den allgemeinen Grundsatz wieder, welcher aber in den folgenden Regelungen des Erbschaftskaufes ausreichend deutlich werde. Die nochmalige deklaratorische Vorschrift sei mithin überflüssig, vgl. dazu Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2215. Somit war die Aufhebung der Norm nicht mit der Aufhebung des Grundsatzes Gleichzusetzen. Vielmehr ergeben die Erwägungen der Kommission dessen Bestätigung, so auch Amdohr, einheitliches Prinzip des EK und dort insb. S. 83 – 84. 414 Heitmeyer vermutet, dass daran schlicht nicht gedacht worden sei, vertiefend siehe Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 136 – 138. Die Problematik, ob bei einem Erbteilserwerb der Grundsatz außerdem Anwendung finden sollte, wurde vom Gesetzgeber mithin nicht erörtert.

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

II. Rechtshistorische Grundlage der Haftungsregelungen 1. Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung eines BGB-Entwurfes Eine erste Fassung des heutigen § 2382 BGB findet sich in den Vorentwürfen des Schuldrechtsredaktors Kübel. Er normierte in § 54 seiner Vorentwürfe:415 „(1) Die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer erlangen, unbeschadet ihrer Rechte gegen den Verkäufer, durch den Abschluß des Kaufes das Recht, ihre Befriedigung auch von dem Käufer zu verlangen. (2) Der Käufer ist nach Maßgabe der Vorschrift des § 231 der Zusammenstellung auch dem Verkäufer verpflichtet, die schuldige Leistung an die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnisnehmer zu bewirken. (3) Die Bestimmungen im Absatz 1 und 2 finden auch auf diejenigen Verbindlichkeiten Anwendung, welche der Verkäufer gegen Dritte in Beziehung auf die Erbschaft oder einzelne erbschaftliche Gegenstände vor dem Abschluß des Kaufes übernommen hat.“

Damit ordnete Abs. 1 des Vorentwurfes beim Erbschaftskauf die mit Vertragsabschluss eintretende Haftung des Erwerbers im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern416 an. Diese sollte allerdings aus Gläubigerschutzgesichtspunkten abweichend zu römischem Recht kumulativ zu der weiter bestehenden Veräußererverhaftung hinzutreten. Kübel negierte im Interesse des Gläubigerschutzes folglich die von einigen partikularen Kodifikationen und Entwürfen des 18. und 19. Jahrhunderts favorisierte Vorgehensweise, in einem Erbschaftskauf eine stillschweigende Schuldübernahme des Käufers zu erblicken. Eine solche hätte, die Genehmigung der Gläubiger vorausgesetzt, den Haftungsübergang vom Verkäufer auf den Käufer zur Folge gehabt, weshalb der Verkäufer aus der Haftung ausgeschieden wäre.417 Demgegenüber sah Kübel den Abschluss eines Erbschaftskaufes als Vertrag zugunsten der Nachlassgläubiger an. Die Haftung des Erwerbers sollte neben die des Veräußerers treten, sodass die Gläubiger nicht zwischen den Ver415

Vgl. Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 11. Der Begriff „Erbschaftsgläubiger“ in damaligem Sinn ist vergleichbar mit dem der „Nachlassgläubiger“ in heutigem Sinn. Allerdings fielen Vermächtnisnehmer nicht darunter, weshalb sie von § 54 des Vorentwurfes ausdrücklich in Bezug genommen wurden. Vielmehr wiesen Vermächtnisnehmer eine Sonderstellung auf und erfuhren durch den Redaktor des Erbrechts in seinem Vorentwurf für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches in §§ 389 – 392 eine gesonderte Normierung, vgl. Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 1, S. 84 f. So differenzierte er in seinen Begründungen zwischen Vermächtnisnehmern und den „eigentlichen Erbschaftsgläubigern“, vgl. dazu Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 319 unter §§ 391, 392. Demgegenüber sind Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen gemäß § 1967 Abs. 2 BGB nach heutigem Rechtsstand ausdrücklich unter die Nachlassverbindlichkeiten zu subsumieren. 417 Vgl. zum Institut der Schuldübernahme Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 1, §§ 1 – 5, S. 983 und seine Erwägungen auf S. 985 – 1002. 416

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

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tragsparteien als mögliche Schuldner wählen mussten. Sie konnten vielmehr Erwerber und Veräußerer kumulativ in Anspruch nehmen. Der Redaktor schlug zum Schutz der Gläubiger somit bewusst einen anderen Weg ein, als ihn das Römische Recht und die Mehrzahl der partikularen Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhunderts beschritten hatten.418 In § 54 Abs. 2 des Vorentwurfs normierte Kübel die Haftung des Erwerbers im Innenverhältnis zum Veräußerer. Nach heutigem Rechtsstand ist diese Materie in § 2378 BGB eigens normiert. Diese Norm betrifft lediglich das Innenverhältnis der Kaufvertragsparteien, sodass die Erläuterung im Rahmen der §§ 2382, 2383 BGB unterbleibt. Ferner betraf nach § 54 Abs. 3 des Vorentwurfs die Verhaftung auch Verbindlichkeiten, die erst nach dem Erbfall entstanden. Dies entspricht der heutigen Haftung für Nachlasserbenschulden im Sinne des § 1967 BGB. Der Redaktor begründete die Haftungserstreckung mit der darauf gerichteten Intention der Vertragsparteien.419 Im Vorentwurf Kübels fehlte jedoch eine mit § 2383 BGB vergleichbare Regelung des Haftungsumfangs auf Erwerberseite. Dennoch ist aus den Äußerungen des Redaktors abzuleiten, dass er eine höhenmäßige Beschränkung der Erwerberhaftung auf das erworbene Nachlassvermögen ablehnte. Der Käufer sollte also grundsätzlich unbeschränkt haften. Doch könne die aus dem Erbschaftskauf als Vertag zugunsten der Gläubiger resultierende Käuferhaftung nach der Intention des Käufers nicht weiter reichen als die zugrundliegende Haftung des Verkäufers. Aus diesem Grund müsse ein aufseiten des Verkäufers etwaig bestehendes Inventarrecht auch durch den Käufer ausgeübt werden können. Eine weitere Ausformung dieses Gedankens überließ Kübel allerdings ausdrücklich dem Redaktor des Erbrechts Schmitt.420 Dieser schuf mit § 494a eine entsprechende Norm:421 „(1) Die Bestimmungen der §§ 352 bis 393 Erbr. E. finden auf das Rechtsverhältniß des Erbschaftskäufers und seiner Gläubiger zu den Erbschaftsgläubigern entsprechende Anwendung. (2) War bei dem Abschlusse des Kaufes der Nachlaßkonkurs oder das Gläubigeraufgebot bereits beantragt, so tritt der Käufer an Stelle des Verkäufers in alle Rechte und Pflichten des letzteren gegenüber den Erbschaftgläubigern und in das Verfahren ein. Nach Abschluß des Kaufes kann das Gläubigeraufgebot und der Nachlaßkonkurs nur von dem Käufer und gegen denselben beantragt werden. Ein bei dem Kaufabschlusse bereit gelegtes Inventar wirkt für und gegen den Käufer.

418 Vgl. zur Sichtweise des Redaktors Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 102 f. 419 Vgl. zur Sichtweise des Redaktors Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 104. 420 Vgl. zur Sichtweise des Redaktors Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 104. 421 So Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 646 f.

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung (3) Der Erbschaftskäufer kann sich nicht mehr auf das Inventarrecht berufen, wenn dasselbe bei dem Abschlusse des Kaufes aufgegeben oder verwirkt war. Wird das Inventarrecht nach dem Abschlusse des Kaufes von dem Verkäufer oder Käufer aufgegeben oder verwirkt, so bleibt hiervon der andere Theil unberührt. (4) Die Bestimmungen der §§ 73 bis 87 Erbr. E. finden auf den Käufer einer Erbschaft, welche dem nacherbschaftlichen Verbande unterliegt, entsprechende Anwendung.“

Die Norm entsprach bereits im Grundsatz der des § 2383 BGB in heutigem Sinn. So wirkte auch nach § 494a des Vorentwurfes die Haftungslage des Verkäufers zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses für und gegen den Erwerber. Infolgedessen sollte nach § 494a Abs. 3 des Vorentwurfes der Erwerber unbeschränkbar haften, sofern der Veräußerer zu diesem Zeitpunkt bereits unbeschränkbar haftete. Denn die Inventarerrichtung, oder zumindest die bestehende Möglichkeit einer solchen, war Grundvoraussetzung aller übrigen Beschränkungsmittel. Aus diesem Grund war der Verlust des Inventarrechts gleichbedeutend mit dem Verlust sämtlicher erbrechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten.422 Mit der Verknüpfung von Verkäufer- und Käuferhaftung wählte der Redaktor bewusst eine andere Lösung als beispielsweise der preußische Entwurf von 1835. Im Rahmen seiner Ausführungen begründete der Redaktor diese Determinierung der Erwerberhaftung durch das Verhalten des Veräußerers mit Gläubigerschutzgesichtspunkten. Sofern die Gläubiger einmal in den Genuss unbeschränkbarer Haftung gekommen seien, könne ihnen diese Zugriffsmöglichkeit nicht aufgrund eines Erbschaftsverkaufes wieder entzogen werden. Sollte man demgegenüber das Verhalten des Veräußerers als unschädlich betrachten wollen, müsse die Erbschaft als direkt dem Erwerber angefallen fingiert werden. Dann stünde dem Käufer als Erbe das Inventarrecht uneingeschränkt zu und würde durch das Verhalten eines Dritten, sprich des Verkäufers, nicht tangiert. Dies sei eine „künstliche Konstruktion“ und schon deshalb nicht möglich, weil die Erbschaft in ihrer Gesamtheit den Kaufgegenstand bilde, nicht jedoch das Erbrecht selbst. Demnach werde der Erwerber nur schuldrechtlich einem Erben gleichgestellt, weshalb die Erbenstellung des Veräußerers unberührt bleibe.423 Sollte der Veräußerer dagegen bei Kaufvertragsschluss bereits ein Beschränkungsrecht ausgeübt haben, kam dies, wie nach heutigem Recht, laut § 494a Abs. 2 des Vorentwurfs auch dem Erwerber zugute. Er trat also in bestehende Aufgebotsoder Konkursverfahren ein und auch das zu diesem Zeitpunkt bereits errichtete Inventar wirkte zu seinen Gunsten. Lediglich zu letzterem ist eine Stellungnahme des Redaktors zu finden. Er führte aus, die Erstreckung etwaiger Inventarwirkungen ergebe sich aus dem mit dem Kaufvertragsschluss verbundenen Eintritt des Erwerbers in die Lage des Veräußerers.424 Man wird diese Begründung wohl auch auf die anderen Institute erstrecken können. 422 Vgl. zum Inventarrecht als Grundvoraussetzung § 366 des Erbrechts Entwurfs, vgl. Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 634. 423 Siehe zum Ganzen Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 874 – 876. 424 Dazu Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 877.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

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Falls demgegenüber der beschränkbar haftende Verkäufer bei Kaufvertragsschluss noch nicht von einem Haftungsbeschränkungsrecht Gebrauch gemacht hatte, erhielt § 494a Abs. 1 des Vorentwurfes, wie das geltende Recht, dem Erwerber die Möglichkeit, seine grundsätzlich unbeschränkte Haftung mit den erbrechtlichen Mitteln zu beschränken.425 Dies folgte nach Schmitt bereits aus dem Eintritt des Erwerbers in die Passiva der Erbschaft. Im Umkehrschluss müsse damit auch der Übergang der Einreden des Verkäufers einhergehen.426 Allerdings musste sich der Redaktor in diesem Zusammenhang mit der Problematik auseinandersetzen, dass nun potentiell zwei beschränkungsberechtigte Haftende existieren konnten. Dabei stellte sich die Frage, für welche Partei welche Frist zu laufen begonnen hatte oder bereits abgelaufen war. Zudem war stets zu prüfen, wer bezüglich welchen Instituts berechtigt war, Anträge zu stellen. Gleiche Ungewissheit galt im Hinblick auf die Rechtsfolgen des jeweiligen Haftungsbeschränkungsrechts. Sollten diese dem Grundsatz entsprechend nur für die Einlegenden oder ausnahmsweise auch für die andere Partei gelten?427 Der Redaktor erkannte die Problematik, wollte sie aber, anders als das geltende Recht, deutlich vereinfachen. Es sollte gemäß § 494a Abs. 2 des Vorentwurfes nach dem Vertragsschluss nur noch dem Käufer das Antragsrecht bezüglich eines Nachlasskonkurses und des Aufgebots zustehen. Dies diene der Vereinfachung, denn sofern beiden Parteien gleicherweise ein Antragsrecht zugesprochen werde, würden gegebenenfalls mehrere Verfahren nebeneinander eröffnet. Problematisch sei dies bei den genannten Verfahrensarten, da diese das Nachlassvermögen als Ganzes beträfen, welches nur einheitlich auseinandergesetzt werden könne.428 Auf der anderen Seite sollten die genannten Verfahren nach § 494a Abs. 2 des Vorentwurfes nur noch gegen den Erwerber geführt werden können. Denn nach erfolgter Übertragung sei allein der den Nachlass innehabende Erwerber in der Lage, jenen im Rahmen der Verfahren herauszugeben. Im Falle nicht erfolgter Übertragung hätte er dagegen den Anspruch auf Nachlassübertragung gegen den Verkäufer, der herauszugeben wäre. Demgegenüber könne der Verkäufer lediglich den erzielten Erlös herausgeben, was nicht den Nachlass im Sinne der Verfahren darstelle.429 Damit wurde die Problematik der Antragsbefugnis bezüglich dieser Verfahren beseitigt. Einzig das Inventarrecht in Verbindung mit der Abzugseinrede430 konnte nach dem Verkauf weiterhin von beiden Parteien ausgeübt werden. Dies war mithin die einzige Beschränkungsmöglichkeit des Veräußerers. Zu den übrigen Fragen äußerte sich der Redaktor hingegen nicht. 425 Die erbrechtlichen Beschränkungsmittel fanden sich in den genannten §§ 353 – 393 des Erbrechts Entwurfs, vgl. Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 631 – 642. 426 Vgl. dazu Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 876. 427 Vgl. dazu bereits unter 2. Teil, B. II. 428 Dazu Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 876 f. 429 So Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 877. 430 Diese war in § 366 Nr. 3 des Erbrechtsentwurfes enthalten, vgl. dazu Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 643.

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

Des Weiteren statuierte § 494a Abs. 3 des Vorentwurfes bereits eine gewisse Trennung der Haftungslagen nach Vertragsschluss. Danach wirkte der Verlust des Inventarrechts (gleichbedeutend mit dem Verlust der sonstigen Beschränkungsmöglichkeiten) nicht auch für die andere Partei. Dies diene dem Schutz der Kaufvertragsparteien. Ihnen solle die Einrede selbstständig zustehen, da jede von ihnen auch selbstständig verhaftet sei.431 Dabei bestand eine Wechselwirkung dergestalt, dass das von einer Partei errichtete Inventar auch für die andere wirkte.432 Abschließend wurden die genannten Gedanken mittels § 494a Abs. 4 des Vorentwurfes auch auf die Nacherbschaft angewendet. 2. Beratungen der 1. Kommission Im Zuge der Beratungen zum Bürgerlichen Gesetzbuch lies die erste Kommission die in § 54 Abs. 1 des Vorentwurfes statuierte Weiterhaftung des Verkäufers nach dem Erbschaftskauf einhellig unbeanstandet.433 Im Hinblick auf die mit Kaufvertragsabschluss daneben tretende Erwerberhaftung wurde seitens Windscheids indes der Antrag gestellt, ihre Höhe unbedingt auf das aus der Erbschaft Empfangene zu begrenzen.434 Auch Kurlbaum sprach sich für eine derartige höhenmäßige Begrenzung aus. Nach ihm sollte allerdings eine Minderung des Erbschaftswertes durch den Veräußerer nicht zulasten des Käufers wirken. In diesem Falle solle der Käufer vielmehr nur noch in Höhe des zu erwerbenden Restwertes haftbar sein.435 Beide Anträge wurden mehrheitlich abgelehnt, womit an der unbeschränkten Erwerberhaftung des Vorentwurfes festgehalten wurde. In diesem Zusammenhang verglich die Kommission die Haftung des Erbschaftskäufers mit einer solchen des Vermögensübernehmers. Im Rahmen der Vermögensübernahme hatte man eine generelle Haftungsbeschränkung des Übernehmers auf das Erworbene normiert. Allerdings müsse anlässlich eines Erbschaftskaufes ein besonderer Gläubigerschutz geschaffen werden. Denn gerade in diesen Konstellationen drohe die „Verkümmerung der Rechte der Erbschaftsgläubiger“.436 Die Kommission entschied demnach bewusst, die Argumente für eine Haftungsbeschränkung im Rahmen der Vermögensübernahme nicht auf das Institut des Erbschaftskaufes zu übertragen. Auch habe das bisherige Recht eine derartige Beschränkung nicht vorgesehen. Ferner bringe eine derartige Haftungsbeschränkung gegenüber einer Mehrzahl von Berechtigten zwangsläufig eine Vielzahl von Komplikationen mit sich. Schließlich schaffe der Vorentwurf Kübels im Hinblick auf die noch zu beschließenden Vorschriften über die Anwendung des erbrechtlichen Beschrän431 432 433 434 435 436

Vgl. Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 876. Dazu Schmitt, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Erbrecht 2, S. 877. Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2178. Zum Antrag Windscheids vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2177. Zum Antrag Kurlbaums vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2177. Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2178.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

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kungsrechts auf den Käufer die geringeren Schwierigkeiten. Die Kommission folgte aus Gläubigerschutz- und Vereinfachungsgesichtspunkten dem Vorentwurf Kübels und regelte die Erbschaftserwerberhaftung im Außenverhältnis abweichend von der eines Vermögenserwerbers.437 Die Kommission normierte ausdrücklich die Unabhängigkeit der Erwerberverhaftung im Außenverhältnis von seiner Kenntnis bezüglich bestehender Nachlassverbindlichkeiten. Eine Begründung gab sie nicht ab, vielmehr setzte sie dies als selbstverständlich voraus.438 Verschärfend zum Vorentwurf erhielt der Paragraph zwingende Natur, indem die Kommission etwaigen Haftungsausschlussvereinbarungen im Innenverhältnis der Vertragsparteien ihre Außenwirkung absprach. Diesbezüglich zog sie die Argumente des Instituts der Vermögensübernahme entsprechend heran.439 Überdies wurden die Absätze 2 und 3 des § 54 des Vorentwurfes als überflüssig gestrichen. In § 53 des Vorentwurfes sei die Erwerberhaftung im Innenverhältnis der Parteien zur Genüge geregelt. Wenn demnach bereits diese Norm die Lastentragung seitens des Erbschaftserwerbers beinhalte, werde die nochmalige Regelung in § 54 Abs. 2 des Vorentwurfes überflüssig. Gleiches gelte in Bezug auf § 54 Abs. 3 des Vorentwurfes. § 53 des Vorentwurfes schaffe einen Verwendungsersatzanspruch des Verkäufers gegen den Käufer, sodass er die Konstellation des § 54 Abs. 3 des Vorentwurfes im Innenverhältnis der Vertragsparteien ausreichend regele. Im Außenverhältnis trete zwar eine Änderung dergestalt ein, dass Dritte nicht länger den Erwerber direkt in Anspruch nehmen könnten, doch seien für diese Inanspruchnahme auch keine Gründe ersichtlich. Also müsse in der Folge auf eine Verhaftung des Käufers im Außenverhältnis zu Dritten verzichtet werden.440 Im Rahmen der Beratung über § 494a des Vorentwurfes wurden bezüglich des Inventarrechtsverlustes sowohl der Vorschlag des Redaktors Schmitt als auch dessen Begründung einhellig angenommen. Danach sollte der Verlust des Inventarrechts aufseiten des Verkäufers vor Verkauf aus Gläubigerschutzgesichtspunkten auch zulasten des Käufers wirken. In diesem Zusammenhang existierten keine divergierenden Meinungen und der Punkt wurde zügig abgehandelt.441 Kontroverser verliefen die Beratungen bezüglich der Haftungsbeschränkungsberechtigungen von Verkäufer und Käufer nach Verkauf, wenn nicht bereits unbeschränkbare Haftung des Ersteren eingetreten war. Es unterbreiteten einige Mit437 Zu der Beratung über die höhenmäßige Beschränkung, vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2178. 438 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2178; Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 202. 439 Siehe Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2178. Dort wird allerdings als einziger Grund angegeben nur so würden die Ziele der Norm nicht vereitelt, vgl. Jakobs/ Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 882. 440 Vgl. zum Ganzen Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2177 f., S. 2178 f. 441 Siehe Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2190.

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

glieder Modifizierungsvorschläge, sodass die Kommission sich eingehend mit der Problematik auseinandersetzen musste. Zunächst nahm sie den Vorschlag des Redaktors, das Inventarrecht solle nach dem Verkauf auch seitens des Käufers ausgeübt werden können, einhellig an.442 Nur so könne dieser sich vor einer zu weiten Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern schützen.443 Nach einer längeren Debatte folgte die Kommission Schmitt darin, dem Verkäufer das Antragsrecht bezüglich des Nachlasskonkurses abzusprechen, zählte aber ausdrücklich den Nachlass und die Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer auf Übertragung des Nachlasses zur Konkursmasse. Die Möglichkeit, den Konkurs gegen beide Vertragsparteien zu eröffnen, wurde als unmöglich abgelehnt. Vielmehr würden es der Gläubigerschutz, der Erwerberschutz und die Vereinfachung der Rechtslage gebieten, dass der Nachlasskonkurs nach Verkauf nur noch gegen den Käufer eröffnet werden könne. Zusätzlich erwog die Kommission, anknüpfend an die Sichtweise Schmitts, der Konkurs betreffe die Aktivbestandteile des Nachlasses. Diese befänden sich regelmäßig bereits beim Käufer, sodass der Zugriff bei diesem erfolgen müsse. Sollte man dagegen den Konkurs gegen den Verkäufer eröffnen, bestünde die Konkursmasse lediglich aus der Gegenleistung des Käufers. Dieser schulde neben der Geldzahlung in der Regel die Begleichung bestehender Nachlassverbindlichkeiten, sodass die Masse neben dem Kaufpreis die Abtretung dieser Ansprüche des Verkäufers gegen den Käufer auf Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten beinhalten würde. Der direkte Zugriff auf den Erwerber sei daher der einfachere Weg. Zur Masse zähle dann nach Übertragung das Nachlassvermögen, vorher gehöre dazu der Anspruch des Erwerbers gegen den Veräußerer auf Übertragung. Außerdem müsse aufgrund der Gläubigerschutzgesichtspunkte mit der Verhaftung des Erwerbers zwangsläufig die Zugriffsmöglichkeit der Nachlassgläubiger auf bei diesem befindliche Nachlassgegenstände einhergehen. Auf der anderen Seite müsse dem Käufer zu seinem Schutz das Recht gewährt werden, seine Haftung mittels Nachlasskonkurses zu beschränken. Aus diesem Grund könne der Nachlasskonkurs nach dem Verkauf nur noch vom Erwerber und gegen diesen beantragt werden. Zugleich folge aus den Erwägungen, dass dem Erwerber das Antragsrecht bezüglich des Nachlasskonkurses und das dazu vorausgesetzte Inventarrecht als ein selbstständiges Recht zustehen müssten.444 Der Erbe sollte nach Ansicht der Kommission wegen seiner Weiterhaftung das Inventarrecht auch nach dem Verkauf noch selbstständig ausüben können.445 Nach Vertragsschluss sollte die Haftungslage der Parteien im Grunde getrennt verlaufen. 442

Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2191. Vgl. Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 202. 444 Denn, wie bereits dargelegt, war die Inventarerrichtung Grundvoraussetzung aller übrigen Beschränkungsmittel. Das zu den einzelnen Beschränkungsmitteln Ausgeführte, gilt somit zwangsläufig auch anlässlich des Inventarrechts. Zur Debatte um das Inventarrecht des Erwerbers, vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2191 f. 445 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2192 f. 443

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

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Aus den Ausführungen zum Nachlasskonkurs ergebe sich bereits, dass das Inventarrecht des Käufers als ein selbstständiges Recht entstehe. Wenn dieses Recht schon seiner Entstehung nach nicht mit demjenigen des Verkäufers verknüpft sei, gelte seine Unabhängigkeit auch bezüglich seines Erlöschens. Sonach könne die Inventarfrist auch dem Erwerber gesetzt werden.446 „In zweckentsprechender Weise“ müsse Schmitt darin gefolgt werden, dass das von einer Vertragspartei errichtete Inventar auch für die andere Partei wirke. Es ergibt sich aus den Materialien, dass abweichend zur Auffassung des Redaktors beide Parteien weiterhin das Aufgebot der Nachlassgläubiger beantragen können sollten. Dabei sollte wiederum die Beantragung durch eine Partei beziehungsweise der von ihr erwirkte Ausschließungsbeschluss auch für die andere Partei wirken.447 Die Vorschrift des § 494a Abs. 4 strich die Kommission wegen ihrer Trivialität.448 3. Beratungen der 2. Kommission Im Rahmen der Vorkommission des Reichsjustizamtes fand keine Beratung über das Institut des Erbschaftskaufes statt.449 Die zweite Kommission beschloss die redaktionelle Veränderung des § 54 des Vorentwurfes durch die Redaktionskommission. Diese sollte klarstellend formulieren, dass die Haftung des Erwerbers im Außenverhältnis unabhängig von derjenigen im Innenverhältnis zum Verkäufer sei. Die ausdrückliche Unabhängigkeit der Haftung von der Kenntnis bestehender Nachlassverbindlichkeiten seitens des Erwerbers wurde gestrichen. Dies entspricht dem heutigen § 2382 S. 2 BGB.450 Ferner gab es wiederum eine Stimme, welche die durch die Vorschrift statuierte Erwerberhaftung und insbesondere deren Eintritt mit dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für unangemessen weit hielt. Der Erwerber sei schutzbedürftig, denn gegebenenfalls bekomme er trotz ordnungsgemäßen Vertragsschlusses die Erbschaft nicht übereignet. Dann würde er den Nachlassgläubigern verhaftet, ohne einen 446

Siehe Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2193. Zum Ganzen vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2193. Gründe, weshalb die Kommission abweichend zum Redaktor das Antragsrecht des Verkäufers bzgl. des Aufgebots aufrechterhielt, lassen sich den Materialien nicht entnehmen. Auch weitere Motive bzgl. der Wechselwirkungen lassen sich an dieser Stelle nicht finden. I. R. d. ähnlich gestalteten Haftungslage bei Vor- und Nacherbschaft wird jedoch des Weiteren von der ersten Kommission ausgeführt die Wechselwirkung des Aufgebots diene der Vermeidung eines doppelten Verfahrens. Überdies diene die Wechselwirkung der Inventarerrichtung der Vereinfachung ohne den Rechten der Gläubiger Abbruch zu tun. Diese Argumentation wird man auf die hiesige Konstellation übertragen können, vgl. dazu §§ 1836 Abs. 2, 1838 des ersten Entwurfes, in: Mugdan, Materialien BGB Band 5, S. XVIII; Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 1168 f. 448 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2194. 449 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2200. 450 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2205 f. 447

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

Gegenwert zu erlangen. Außerdem könne er sein Inventarrecht aufgrund des Verkäuferverhaltens verlieren. Besser werde man den Parteiinteressen gerecht, wenn den Gläubigern anstelle der persönlichen Käuferhaftung das Recht gewährt werde, die Ansprüche des Käufers im Innenverhältnis zum Verkäufer direkt bei letzterem selbst geltend zu machen.451 Die Kommission hielt dagegen am Zeitpunkt des Vertragsabschlusses fest: Nur so könne die Ratio legis der Norm gewahrt werden. Die etwaige Benachteiligung des Erwerbers müsse hinter dem Gläubigerschutz zurückstehen, vor allem auch, weil der Käufer es in der Hand habe, sich durch geeignete Maßnahmen zu schützen.452 Die Redaktionskommission gab dem Paragraphen die heutige Fassung.453 Anlässlich der Beratung über § 494a des Vorentwurfes wurde einzig die Entscheidung der ersten Kommission beanstandet, dem Verkäufer nach Kaufvertragsschluss das Antragsrecht bezüglich des Nachlasskonkurses vollkommen abzusprechen. Die zweite Kommission beschloss hingegen, dem Verkäufer auch nach Kaufvertragsschluss ein eingeschränktes Antragsrecht bezüglich des Nachlasskonkurses neben dem Käufer einzuräumen. In diesem Zusammenhang sollte er einem Nachlassgläubiger gleichgestellt werden, sodass er die Nachlassüberschuldung glaubhaft machen musste. Durch eine anderweitige Entscheidung werde der Verkäufer unangemessen benachteiligt. Der Schutz des Verkäufers gebiete es demnach, ihm ein eingeschränktes Antragsrecht zu gewähren –eingeschränkt deshalb, weil der Käufer nach Abschluss des Verkaufs Hauptverfahrensbeteiligter sei. Dies müsse angemessen berücksichtigt werden.454 Die zweite Kommission fügte § 494a des Vorentwurfes einen Absatz an, der dem Verkäufer gegenüber den Nachlassgläubigern die Pflicht auferlegte, diesen den Verkauf der Erbschaft anzuzeigen. Eine derartige Anzeigepflicht sei zum Schutz der Gläubiger notwendig, da deren Rechte aufgrund eines Erbschaftskaufes tangiert würden. Schließlich könne zum Beispiel ein Konkursverfahren nach dem Verkauf lediglich noch gegen den Erwerber geführt werden.455 Im Rahmen der Redaktion ergingen bezüglich § 494a des Vorentwurfes noch einige Änderungen. Die Regelung des Antragsrechts zum Nachlasskonkurs wurde in die Konkursordnung versetzt und ist heute in § 330 InsO verortet. Einzig der Satz, der die Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer als zur Konkursmasse gehörig erklärte, ist auf alle Beschränkungsrechte erweitert aktuell noch in § 2383 Abs. 1 S. 3

451 Vgl. Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 810; dabei wird nicht deutlich von wem die geschilderten Äußerungen stammten. 452 Vgl. Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 810. 453 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2212. 454 Siehe zur gesamten Problematik Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2206; Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 811. 455 Vgl. zur Anzeigepflicht Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2206; Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 811.

B. Ursprünglicher Grund für die Abweichung

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BGB enthalten.456 Auch das Antragsrecht im Rahmen eines Aufgebotsverfahrens wurde ausgelagert und in die ZPO versetzt. Heute ist es in § 463 FamFG zu finden. Die Redaktionskommission änderte die Norm in den jetzigen Wortlaut. Dabei wurde die Anzeigepflicht in einen eigenständigen Paragraphen ausgegliedert, und ist heute in § 2384 BGB normiert.457 Im Reichstag ergingen in Bezug auf die §§ 2382, 2383 BGB keine Änderungen mehr.458

III. Zusammenfassung der wesentlichen Entwicklungsschritte Für die §§ 2382, 2383 BGB in heutigem Zustand lässt sich folgendes festhalten: Anlässlich des heutigen § 2382 Abs. 1 S. 1 BGB statuierte bereits der Vorentwurf Kübels zum Schutz der Gläubiger eine mit Vertragsschluss eintretende Haftung des Erwerbers im Außenverhältnis zu den Nachlassgläubigern. Diese Haftungserstreckung auf den Erwerber wurde im weiteren Verfahren nicht mehr beanstandet. Weshalb der Redaktor bezüglich des Haftungsbeginns auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellte, ließ er unkommentiert. Dies ergibt sich wohl aus der rechtlichen Konstruktion der Haftung. Kübel betrachtete den Abschluss eines Erbschaftskaufes als Vertrag zugunsten der Nachlassgläubiger. Ein derartiger Vertrag entfaltet seine Rechtsfolgen notwendigerweise mit seinem Abschluss. Dieses Abstellen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses wurde jedoch im Rahmen der zweiten Kommission als zu weit kritisiert. Der Einwand wurde aber aus Gläubigerschutzgesichtspunkten verworfen. Bereits der Redaktor warf die Frage einer höhenmäßigen Beschränkung der Erwerberhaftung auf, lehnte eine solche jedoch ohne nähere Begründung ab. Die erste Kommission befasste sich nochmals mit diesem Gedanken, hielt dennoch abweichend vom Institut der Vermögensübernahme aus Gläubigerschutz- und Vereinfachungsgesichtspunkten an der grundsätzlich unbeschränkten Erwerberhaftung fest. Auch in der zweiten Kommission gab es abermals eine Stimme, die Bedenken wegen der weiten Erwerberhaftung äußerte. Allerdings hielt auch die zweite Kommission mit ähnlicher Argumentation, sprich primär aus Gläubigerschutzgesichtspunkten, am Entwurf fest. Diese längere Debatte zeigt bereits, dass die grundsätzlich unbeschränkte Erwerberhaftung problembehaftet ist.

456 Da in diesem Zusammenhang keine Debatte in der zweiten Kommission erfolgte vermutet Heitmeyer, dass die Einführung des § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB auf der Entscheidung der Redaktionskommission beruht, vgl. dazu Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 192 f. 457 Vgl. zum ganzen Verfahren der Redaktionskommission Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2212 f.; und dort insbesondere Fn. 26, 27. Eine anschauliche Zusammenfassung des Auslagerungsvorgangs findet sich bei Heitmeyer, Rechtsfindung, S. 190 f. 458 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2214 f.

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3. Teil: Problematik der Käuferhaftung

Die Gedanken des § 2382 Abs. 1 S. 2 BGB in heutigem Sinne wurden im Zuge der ersten Kommission eingefügt und von der zweiten Kommission vervollständigt. Sonach sollte ausdrücklich die Haftung des Erwerbers im Außenverhältnis unabhängig von einer solchen im Innenverhältnis der Vertragsparteien bestehen. Auch eine Kenntnis des Erwerbers von etwaig bestehenden Nachlassverbindlichkeiten war nicht vonnöten. Schließlich erhielt die Norm durch die erste Kommission ihre zwingende Natur im Sinne des heutigen § 2382 Abs. 2 BGB. Diese basierte auf denselben Erwägungen wie die Vorschrift im Rahmen der Vermögensübernahme. Gleichermaßen legte bereits der Erbrechtsredaktor Schmitt die Grundzüge des heutigen § 2383 Abs. 1, S. 1, 2; Abs. 2 BGB fest: Die Haftungslage des Verkäufers sollte mit Kaufvertragsabschluss für und gegen den Käufer wirken. Daher normierte er die Determinierung der Erwerberverhaftung durch ein Veräußererverhalten vor Verkauf. Diese blieb im weiteren Verfahren unbeanstandet. Fraglich erscheint allerdings, ob die Rechtslage tatsächlich so einfach ist, wie es die geschilderte Entscheidungsfindung auf den ersten Blick nahelegt. Demgegenüber sollte die Ausübung eines Beschränkungsrechts durch den Veräußerer vor Verkauf auch dem Erwerber zugutekommen. Sofern dieser dagegen bei Kaufvertragsschluss weder unbeschränkbar noch beschränkt haftete, gewährte der Redaktor dem Erwerber die Möglichkeit, seine Haftung mittels erbrechtlicher Beschränkungsmittel einzudämmen. In diesem Zusammenhang ergab sich erstmalig die Abgrenzungsproblematik zu etwaig weiterbestehenden Beschränkungsmitteln des Verkäufers. Auch in der Ersten und Zweiten Kommission wurde die Abgrenzungsproblematik eingehend erörtert und auf den heutigen Rechtsstand gebracht. So gewährte die Erste Kommission dem Veräußerer auch nach Verkauf ein Antragsrecht bezüglich eines Aufgebotsverfahrens. Das eingeschränkte Antragsrecht des Verkäufers bezüglich eines Nachlasskonkurses nach Erbschaftsverkauf beruht dagegen auf der Entscheidung der Zweiten Kommission. Darüber hinaus sah bereits der Redaktor die Haftungslagen der Parteien nach Vertragsschluss zu ihrem Schutz als getrennt verlaufend an. Dementsprechend schädigte der Verlust des Inventarrechts die jeweils andere Partei ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Umgekehrt sollte aber die Inventarerrichtung seitens eines Vertragspartners im Sinne der heutigen § 2383 Abs. 2 BGB auch zugunsten des anderen wirken. Dies blieb im weiteren Verlauf unbeanstandet. Die Grundlage des heutigen § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB basiert auf den Erwägungen der ersten Kommission in Bezug auf ein fortbestehendes Antragsrecht des Verkäufers zum Nachlasskonkurs. Dort legte sie fest, dass vor Übertragung der Nachlassgegenstände an den Erwerber dessen Ansprüche gegen den Veräußerer auf diese Übertragung zur Konkursmasse zählen. Der Gedanke der Vorschrift wurde durch die Redaktionskommission auf alle Beschränkungsrechte ausgeweitet.

4. Teil

Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht Doch ist diese Abweichung der §§ 2382, 2383 BGB von geltendem Kaufrecht in heutiger Zeit noch gerechtfertigt? Greifen die Erwägungen des ursprünglichen Gesetzgebers weiterhin? Dies bejaht zumindest die gängige Fachliteratur, die nach wie vor die Erwägungen des Gesetzgebers als Begründungsgrundlage der Normen heranzieht.459

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend Zunächst ist dieser Frage im Hinblick darauf nachzugehen, ob den Haftungsregelungen der §§ 2382, 2383 BGB im Laufe der Zeit ihre Legitimationsgrundlage entzogen wurde und was sich seit Entstehung des BGB verändert hat? Im Zuge der Zeit ergingen einige Gesetzesreformen, die das Institut des Erbschaftskaufes tangierten. Zu nennen ist zunächst die am 01. 01. 1999 in Kraft getretene Insolvenzrechtsreform. Ihr Ziel war unter anderem, durch eine Ausweitung des Anfechtungsrechtes im Rahmen eines Insolvenzverfahrens aber auch außerhalb eines solchen den Gläubigerschutz zu stärken: Die Gläubiger sollten benachteiligende Rechtshandlungen des Schuldners mittels der Insolvenzordnung beziehungsweise mittels des Anfechtungsgesetzes in der Folge vereinfacht anfechten können. Zu diesem Zweck wurden die Ausschlussfristen der Anfechtung verlängert, subjektive Tatbestandsvoraussetzungen der Anfechtungsansprüche abgeschafft oder ihr Nachweis erleichtert und redaktionelle Vereinfachungen vorgenommen.460 Ein Erbschaftskauf kann eine anfechtbare Rechtshandlung in gerade genanntem Sinne darstellen, weshalb sich die Änderungen auf einen solchen auswirken können. Ferner wurde § 419 BGB ersatzlos gestrichen. Dieser Paragraf normierte die Haftung des Vermögensübernehmers für auf dem übernommenen Vermögen las459 So Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 1; § 2383 Rn. 1 f., 13; Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. §§ 2371 – 2385 Fn. 5, 7, 20, § 2382 Rn. 1, § 2383 Rn. 1; Muscheler, RNotZ 2009 Fn. 3, 10, 21, 29, 32, 33, 40, 52, 54, 77, 83, 84, 85, 86. 460 Zur Abänderung des AnfG und der Intention des Gesetzgebers siehe BT-Drs. 12/3803, 1, 7, 11 – 13, 55 – 59. Bzgl. der Abänderung der InsO und der Intention des Gesetzgebers vgl. BT-Drs. 12/2443, 2, 6 f., 31 – 35, 156 – 169.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

tende Schulden. Die Ähnlichkeit zu den Haftungsregelungen des Erbschaftskaufs ist nicht zu bestreiten. Deshalb ist zu fragen, ob in diesem Zuge auch die §§ 2382, 2383 BGB hätten aufgehoben werden müssen. Abschließend wurde die heutige Insolvenzordnung eingeführt, die seitdem in § 330 InsO die Auswirkungen des Erbschaftskaufs auf das Insolvenzverfahren normiert.461 Zudem trat am 01. 01. 2002 die Schuldrechtsreform in Kraft, die eine redaktionelle Veränderung des § 2376 Abs. 2 BGB dahingehend bewirkte, dass das Wort „Fehler“ durch den Begriff „Sachmangel“ ersetzt wurde.462 Weitere Änderungen der Erbschaftskaufregelungen erfolgten nicht. Anlässlich der seit dem 01. 01. 2010 geltenden Erbrechtsreform wurde eine weitere Anpassung des § 2376 BGB vorgenommen. In Absatz 1 wurde die Formulierung „Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte beschränkt sich auf die Haftung dafür“ durch die Formulierung „Die Haftung des Verkäufers für Rechtsmängel beschränkt sich darauf“ ersetzt. Die in Absatz 2 der Vorschrift getroffene Regelung: „Sachmängel einer zur Erbschaft gehörenden Sache hat der Verkäufer nicht zu vertreten“ wurde folgendermaßen geändert: „Für Sachmängel eines zur Erbschaft gehörenden Gegenstands haftet der Verkäufer nicht, es sei denn, dass er einen Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Gegenstands übernommen hat“.463

I. Abschaffung des § 419 BGB In Kommentierungen des erbschaftskaufrechtlichen Haftungssystems findet sich oft der Hinweis, die entsprechenden Vorschriften beruhten auf demselben Gedanken wie einst § 419 BGB.464 Allerdings wurde § 419 BGB im Zuge der Insolvenzrechtsreform abgeschafft. Wenn jedoch den §§ 2382, 2383 BGB dieselben Erwägungen zugrunde liegen, hätten dann diese Normen nicht ebenfalls aufgehoben werden müssen? In diesem Sinne äußert sich auch Giebel in seiner 2010 veröffentlichten Dissertation. Dort legt er dar, § 419 BGB sei Ausdruck eines allgemeinen Prinzips des Privatrechts, wonach der Erwerber eines Vermögens für die auf dem erworbenen Vermögen lastenden Verbindlichkeiten neben dem Veräußerer haften solle. Mit restloser Aufhebung des § 419 BGB sei auch das zugrunde liegende Prinzip abgeschafft worden. Infolgedessen könne anlässlich eines Vermögenserwerbs die Käuferverhaftung nicht länger aufgrund dieses allgemeinen Grundsatzes gerechtfertigt werden. Der Grund für eine solche Käuferhaftung könne in der Folge 461 Bzgl. der Abschaffung des § 419 BGB und den Gründen vgl. BT-Drs. 12/3803, 2, 24, 76 f. Siehe zu der Einführung von § 330 InsO BT-Drs. 12/2443, 9, 67, 232. 462 Vgl. BT-Drs. 14/6040, 34, 272. 463 Siehe BT-Drs. 16/8954, 7, 26. 464 So statt aller Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2382 Rn. 1; Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2382 Rn. 1.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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allein in der Spezifik des jeweiligen Kaufgegenstands liegen. Dies gelte insbesondere in Fällen eines Vermögenserwerbs durch Erbschaftskauf.465 Dort sei die Verhaftung des Erwerbers nach §§ 2382, 2383 BGB aus den gleichen Gründen, welche auch die Aufhebung des § 419 BGB bedingt hätten, nicht zu rechtfertigen. Daher plädiert Giebel für eine restlose Streichung der §§ 2382, 2383 BGB.466 Somit ist zunächst zu fragen, ob § 419 BGB überhaupt Ausdruck eines derartigen Prinzips ist. Falls man dies bejahen kann und mit Giebel die Abschaffung des genannten Grundsatzes annehmen möchte, ist dennoch zu klären, ob die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB nicht doch gerechtfertigt sind. 1. Vorstellung der Regelung des § 419 BGB Bis zu seiner Aufhebung lautete § 419 BGB: „(1) Übernimmt Jemand durch Vertrag das Vermögen eines Anderen, so können dessen Gläubiger, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen Schuldners, von dem Abschlusse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit bestehenden Ansprüche auch gegen den Übernehmer geltend machen. (2) Die Haftung des Übernehmers beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens und die ihm aus dem Vertrage zustehenden Ansprüche. Beruft sich der Übernehmer auf die Beschränkung seiner Haftung, so finden die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§ 1990, 1991 entsprechende Anwendung. (3) Die Haftung des Übernehmers kann nicht durch Vereinbarung zwischen ihm und dem bisherigen Schuldner ausgeschlossen oder beschränkt werden.“

Bereits auf den ersten Blick sind Übereinstimmungen zu den Haftungsregelungen des Erbschaftskaufrechts zu erkennen. § 419 Abs. 1 BGB ordnete, inhaltlich deckungsgleich zur Regelung des § 2382 Abs. 1 BGB, in Bezug auf eine Vermögensübernahme die Verhaftung des Übernehmers im Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern an. Des Weiteren normierte der dritte Absatz des § 419 BGB wortlautidentisch mit § 2382 Abs. 2 BGB die zwingende Natur des Instituts. Ein mit dem Veräußerer vereinbarter Haftungsausschluss oder eine Haftungsbeschränkung zugunsten des Übernehmers konnte mithin ebenso keinerlei Wirkungen im Außenverhältnis zu den Gläubigern entfalten. Vielmehr betraf eine solche Übereinkunft lediglich das Innenverhältnis der Vertragsparteien.467 Dessen ungeachtet bestand auch bei § 419 BGB die Möglichkeit, eine derartige Vereinbarung mit den Gläubigern selbst oder unter ihrer Zustimmung zu schließen.468 Einzig § 419 Abs. 2 BGB wich inhaltlich von den Regelungen des Erbschaftskaufrechts ab, indem er die Haftung des Übernehmenden stets auf den Bestand des 465

Giebel, Erbschaftskauf, S. 50 – 62 und dort v. a. S. 62. Giebel, Erbschaftskauf, S. 84 – 89 und dort insbes. S. 87. 467 Statt aller siehe Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 39. 468 Vgl. RGZ 148, 257, 264 f.; statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 14, 101. 466

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

übernommenen Vermögens und auf die Ansprüche des Übernehmenden gegen den Veräußerer beschränkte.469 Schließlich sollten wie gemäß § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB im Erbschaftskaufrecht, die §§ 1990, 1991 BGB gleicherweise bei einer Vermögensübernahme Anwendung finden. a) Vertragsgegenstand Wie bei einem Erbschaftskauf bildete im Rahmen einer Vermögensübernahme die Gesamtheit des Schuldnervermögens den Vertragsgegenstand. Dabei war Vermögen im Sinne des § 419 BGB definiert als das Aktivvermögen, sprich die Summe aller dem Schuldner zustehenden pfändbaren Vermögenswerte ohne Abzug etwaiger Schulden.470 Insoweit musste auch hier eine Abgrenzung vom Übergang einzelner Gegenstände beziehungsweise von einer Summe von Einzelgegenständen erfolgen.471 Der Verbleib vereinzelter, wirtschaftlich unbedeutender Vermögensbestandteile beim Schuldner war allerdings wie bei einem Erbschaftskauf unschädlich.472 Ferner konnte eine Vermögensübernahme auch bei Erwerb eines Vermögensbruchteils vorliegen. Dies galt insbesondere, wenn das Gesamtvermögen in mehreren (zeitlich auseinanderfallenden) Vorgängen übertragen wurde oder die Übertragung an verschiedene Personen erfolgte.473 Wie im Erbschaftskaufrecht wurden Konstellationen gelöst, in denen sich die Übertragung auf einen oder mehrere wirtschaftlich bedeutende Einzelgegenstände bezog, die aber (fast) das ganze Vermögen des Schuldners darstellten. Sofern der Erwerber von diesem Umstand oder den zugrundeliegenden Verhältnissen Kenntnis 469 Das Haftungsobjekt der vertraglichen Ansprüche erzeugt abermals einen Gleichlauf mit Erbschaftskaufrecht. Dort unterliegen derartige Ansprüche in den Fällen des § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB ebenfalls der Haftung. 470 Zur Definition des Aktivvermögens vgl. RGZ 69, 283, 285 f.; BGHZ 111, 14, 15; Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 2; Stürner, in: Jauernig, BGB, 8. Aufl., § 419 Rn. 2. Das Erfordernis der Pfändbarkeit der betroffenen Gegenstände ergab sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift den Gläubigern das Vermögen als Zugriffsobjekt zu erhalten. Diesem Zugriff unterlagen allerdings selbstredend nur pfändbarer Gegenstände, vgl. BGHZ 66, 217, 220 f.; BGH NJW 1993, 921, 922; statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 12. 471 Statt aller siehe Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 7. 472 So RGZ 69, 283, 289; BGHZ 66, 217, 218; statt aller Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 4. Die wirtschaftliche Bedeutung wurde im Rahmen eines Wertvergleichs zwischen übertragenem und verbleibendem Vermögen ermittelt. Nur wenn die verbleibenden Werte nach diesem Vergleich wirtschaftlich bedeutungslos waren, war von einer Vermögensübernahme auszugehen. Vgl. BGHZ 66, 217, 219; BGH NJW 1993, 921, 922; vertiefend statt aller vgl. Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 16 ff. 473 Dies ergab sich bereits aus dem Gesetzgebungsverfahren. Die Anwendung des § 419 BGB auf die Übertragung eines Vermögensbruchteils wurde seitens der 1. Kommission ausdrücklich angeordnet. Allerdings wurde diese Gleichstellung der Übernahme eines Bruchteils des Vermögens seitens der 2. Kommission als selbstverständlich gestrichen, vgl. dazu 4. Teil, A. I. 3. c) so auch RGZ 123, 52, 54.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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hatte, bejahte die Rechtsprechung auch das Vorliegen einer Vermögensübernahme im Sinne des § 419 BGB.474 Hierfür war wiederum nicht erforderlich, dass der Übernehmer diese Verhältnisse richtig beurteilte oder um die Regelung des § 419 BGB wusste.475 Maßgeblicher Zeitpunkt der besagten Kenntniserlangung seitens des Übernehmenden war allerdings abweichend zum Institut des Erbschaftskaufs derjenige des dinglichen Vertrags.476 Wie im Rahmen von Erbschaftsveräußerungen unterfiel der Erwerb des Vermögens von einem Nachlass- oder Konkursverwalter477 nicht der Vorschrift des § 419 BGB.478 Gleiches galt bei einer Verwertung des Vermögens im Wege der Zwangsvollstreckung.479 b) Voraussetzungen des Haftungseintritts Voraussetzung der Haftungserstreckung war die vertragliche Übernahme des Vermögens.480 Übernahme in diesem Sinne erforderte den dauernden Entzug der Haftungsgrundlage, sprich den Rechtsübergang durch Übereignung, Abtretung oder vertraglichen Verzicht.481 Die Bestellung von Sicherungsrechten genügte dagegen nicht.482 In gewissen Konstellationen sollte aber eine Sicherungsübereignung unter die Vorschrift zu subsumieren sein.483 474

RGZ 134, 121, 124 f.; RGZ 160, 7, 13 f.; BGHZ 55, 105, 107; BGHZ 55, 111, 114; BGH WM 1986, 978, 980; Ähnlich auch die Rspr. zu § 1365 BGB, vgl. BGHZ 77, 293, 295; vertiefend siehe Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 7, 9. Zum Erfordernis der wirtschaftlichen Bedeutsamkeit siehe RGZ 134, 121, 124 f.; BGH NJW 1974, 554, 555. Auch an dieser Stelle war ein Wertvergleich zwischen übertragenem und verbleibendem Vermögen vorzunehmen. Nur wenn letzteres nach diesem Vergleich wirtschaftlich bedeutungslos war, war von einer Vermögensübernahme auszugehen, so BGHZ 66, 217, 219; BGH NJW 1993, 921, 922; vertiefend vgl. Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 16 ff. 475 Vgl. RGZ 85, 168, 169; BGHZ 55, 105, 108; statt aller Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 9. 476 Str. so wohl aber die Rspr. und überwiegende Lit., vgl. BGH NJW 1966, 1748, 1749; BGHZ 93, 135, 140; Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 7; Möschel, in: Rebmann/ Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 10 f.; Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 36; Stürner, in: Jauernig, BGB, 8. Aufl., § 419 Rn. 5; Zeiss, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 419 Rn. 4. 477 Das Konkursverfahren wurde im Zuge der Insolvenzrechtsreform abgeschafft und ist dem Insolvenzverfahren gewichen, vgl. dazu 4. Teil, A. 478 Vgl. statt aller Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 36; BGH NJW 1988, 1912, 1913 f.; BGH NJW 1987, 1019, 1020. 479 Statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 76; vgl. zu Zwangsversteigerung eines Grundstücks RGZ 144, 217, 219; BGH WM 1955, 1229, 1231. 480 Statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 8. 481 So BGHZ 54, 101, 103; Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 25. 482 Siehe BGHZ 54, 101, 103; vertiefend Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 9.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

Die Übernahme musste durch Vertrag erfolgen. Diesbezüglich war wie bei einem Erbschaftsverkauf zwischen schuldrechtlichem Vertrag und dinglichem Erfüllungsgeschäft zu differenzieren. Letzteres beinhaltete die Übertragung jedes einzelnen Vermögensgegenstands nach den jeweils einschlägigen Vorschriften.484 Aufgrund des weiten Gesetzeswortlauts knüpfte § 419 BGB, anders als das Erbschaftskaufrecht, den Eintritt seiner Wirkungen nicht an den wirksamen Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrags. Vielmehr konnte es sich bei einem „Vertrag“ im Sinn der Norm sowohl um einen schuldrechtlichen als auch um einen dinglichen Vertrag handeln. Dementsprechend genügte ein dinglicher Rechtserwerb, um die Rechtsfolgen der Norm auszulösen, ein schuldrechtlicher Vertrag war nicht nötig.485 Darüber hinaus ließ die Rechtsprechung eine etwaig erbrachte Gegenleistung stets außer Betracht und wandte § 419 BGB auch in Fällen an, in denen die Vermögensübernahme gegen Entgelt erfolgte. Sie rechnete eine solche Gegenleistung bei Bewertung der dem Veräußerer verbleibenden Vermögenswerte anlässlich des vorzunehmenden Wertvergleichs nicht als Größe an. Die verbleibenden Werte konnten dann auch bei einem gezahlten Entgelt wirtschaftlich bedeutungslos sein, sodass eine Vermögensübernahme vorlag.486 Demgegenüber konnte der Erwerber seine Haftung nicht etwa um ein entrichtetes Entgelt verkürzen.487 c) Haftungsbeginn, Haftungsnatur Nach der Rechtsprechung sollte die Haftung mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages beginnen.488 Fehlte ein solcher Vertrag oder war er unwirksam, begann die Haftung mit Abschluss des dinglichen Vertrags.489 Nach überwiegender Auffassung sollte in Übereinstimmung zu dem Institut des Erbschaftskaufs der Haftungseintritt mittels gesetzlichen Schuldbeitritts des Über-

483

So seitens des RG vgl. RGZ 139, 199, 200; auch vom BGH, vgl. BGHZ 80, 296, 299 – 302; BGH NJW 1993, 921, 922; vertiefend statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 51 ff. A. A. Paulus, ZZP (64), 169, 186 ff. 484 Statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 78. 485 So auch RGZ 130, 34, 38; BGH WM 1964, 1125; BGH NJW 1966, 1748; vertiefend vgl. Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 11. 486 RGZ 69, 283, 288; BGHZ 33, 123, 125 f.; BGHZ 55, 111, 117; BGHZ 66, 217, 219; NJW 1988, 1912, 1913. 487 Vgl. RGZ 69, 283, 288. 488 RGZ 69, 283, 288; RGZ 139, 199, 202; OLG Celle NJW 1956, 792, 794; BGHZ 66, 217, 225; kritisch BGH NJW 1986, 1985, 1987; Zeiss, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 419 Rn. 2; Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 79. 489 Vgl. BGH JZ 1954, 387, 389; statt aller Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 33 f.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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nehmers zur fortbestehenden Haftung des Veräußerers erfolgen. In der Folge hafteten beide Vertragsparteien den Gläubigern fortan als Gesamtschuldner.490 d) Haftungsverband Der Haftungsbeitritt betraf alle bis zur Vollendung des dinglichen Vertrags entstandenen Ansprüche, deren Gläubigern das Vermögen des Schuldners als Vollstreckungsobjekt diente.491 Dabei war, wie bei Erblasserschulden im Rahmen von Erbschaftskonstellationen, abermals gleichgültig, auf welchem Rechtsgrund sie beruhten und worauf sie gerichtet waren.492 Außerdem mussten die Ansprüche nicht bereits fällig sein, sondern es genügte, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits angelegt waren.493 e) Haftungsobjekt Der Vermögensübernehmer haftete wie der Erbe im Grundsatz unbeschränkt, das heißt er haftete persönlich mit seinem Gesamtvermögen.494 Aber auch ihm stand die 490 Vgl. zu h. M. RGZ 69, 283, 287; BGHZ 54, 101, 104; anstelle aller Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 13; Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 2; Zeiss, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 419 Rn. 1; Seibert, Vermögensübernahme, S. 54 – 57; Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 104 – 107. An dieser Stelle setzte allerdings eine andere Auffassung an, welche den Erwerber stets nur mit den übernommenen Vermögensgütern haften lassen wollte. Vgl. dazu unter 4. Teil, A. I. 3. d). 491 OLG Celle NJW 1956, 792, 794; BGHZ 93, 135, 140; statt aller Möschel, in: Rebmann/ Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 40. Auch wenn der Haftungseintritt bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags erfolgte, subsumierte die überwiegende Auffassung Ansprüche die nach diesem Zeitpunkt aber vor dinglichem Vertrag entstanden unter den Tatbestand des § 419 BGB. Vgl. RGZ 130, 34, 38; BGH JZ 1954, 387, 389; BGHZ 66, 217, 225 f.; BGHZ 93, 135, 140; Möschel, in: Rebmann/ Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 42; Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 14. In Einzelfällen musste die Forderung bereits vor dem Zeitpunkt des dinglichen Geschäfts zur Entstehung gelangt sein. Vgl. BGHZ 33, 123, 126 – 130; BGH JZ 1963, 507, 508; vertiefend Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 41. Allerdings fielen Verbindlichkeiten, welche erst durch die Vermögensübernahme entstanden grundsätzlich nach Sinn und Zweck des § 419 BGB nicht in den Haftungsverband, vgl. statt aller Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 14. Ausnahmsweise konnte etwas Anderes gelten, vgl. dazu BGH JZ 1963, 507, 508. A. A. OLG Celle NJW 1956, 792, 794. 492 Statt aller siehe Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 106. 493 So BGHZ 39, 275, 277; BGH NJW 1975, 304, f.; BGH NJW 1981, 2306, 2307; BGH NJW 1992, 2150, 2151; statt aller Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 43. 494 So die überwiegende Auffassung vgl. BGHZ 66, 217, 223; statt aller Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 16; Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 122; Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 44.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

gesetzliche Möglichkeit offen, seine Haftung auf die übernommenen Vermögensgegenstände und auf die ihm aus dem schuldrechtlichen Vertrag zustehenden Übertragungsansprüche zu beschränken, § 419 Abs. 2 BGB.495 Zu den Vermögensgegenständen in diesem Sinn zählten ebenfalls die, vom Übernehmer erzielten Erlöse und erlangten Surrogate.496 Allerdings musste der Übernehmende, anders als ein Erbe, nicht erst eine Haftungsbeschränkung herbeiführen. Dies resultiere bereits daraus, dass Verfahren wie die Nachlassverwaltung oder der Nachlasskonkurs bei einer Vermögensübernahme im Sinne des § 419 BGB nicht existierten. Im Übrigen konnte auch kein Inventar über ein solches Vermögen geführt werden, weshalb ein Verlust der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit etwa nach §§ 1994 Abs. 1, 2005, 2013 BGB zwangsläufig nicht möglich war. Auch eine Präklusionsvorschrift wie § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB existierte nicht. Somit genügte einzig eine an keinerlei Voraussetzung geknüpfte Berufung auf die in § 419 Abs. 2 BGB normierte Beschränkung der Haftung.497 In diesen Fällen galten kraft Verweisung die §§ 1990, 1991 BGB entsprechend. Aus diesem Grund konnte der Übernehmende die Befriedigung eines Gläubigers verweigern, wenn die übernommenen Vermögensgüter, inklusive etwaiger Übertragungsansprüche, zur Befriedigung desselben nicht genügten.498 Infolgedessen hatte er aber das übernommene Vermögen im Wege der Zwangsvollstreckung an den Gläubiger herauszugeben.499 Diese Pflicht konnte er nicht durch Zahlung des Werts abwenden, wohl aber durch Begleichen der Schuld, da § 1992 BGB von der Verweisung in § 419 Abs. 2 S. 2 BGB nicht betroffen war.500 Einzig wegen einer Pflichtverletzung haftete der Vermögensübernehmer, wie ein Erbe, entsprechend einem Beauftragten, §§ 419 Abs. 2 S. 2, 1991, 1978 BGB. In diesem Fall war wiederum keine Beschränkung der Haftung auf das übernommene Vermögen möglich.501

An dieser Stelle setzte erneut eine andere Auffassung an, welche den Erwerber stets nur mit den übernommenen Vermögensgütern haften lassen wollte, vgl. dazu unter 4. Teil, A. I. 3. d). 495 BGHZ 66, 217, 223 f.; statt aller Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 44. Zur Haftungsbeschränkung genügte die Berufung auf eine beschränkte Haftung, vgl. RGZ 69, 283, 291; statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 122. 496 Zum Eintritt des Erlöses an die Stelle des Vermögens vgl. RGZ 82, 273, 276; BGH NJW 1983, 120, 121; zu Ersatzstücken BGH WM 1957, 245, 248; zum Ganzen Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 122a. 497 Vgl. zum Ganzen Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 99; Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 122. 498 Zur Geltendmachung dieser Einrede war allerdings keine Dürftigkeit des Nachlasses vonnöten. Dies ergibt sich wiederum bereits aus der Tatsache, dass die genannten Verfahren anlässlich einer Vermögensübernahme nicht existierten. Vertiefend vgl. Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 99. 499 Vgl. dazu und zu den weiteren Rechtsfolgen bereits 2. Teil, A. II. 2. a) bb). 500 Statt aller siehe Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 44. 501 Vgl. statt aller Kaduk, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 419 Rn. 142.

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So bildete die Normierung in § 419 Abs. 2 BGB den entscheidenden Unterschied zum Erbschaftskaufrecht. Anders als bei einem Erbschaftsverkauf war die Haftung des Vermögenserwerbers bereits bei Berufung auf § 419 Abs. 2 BGB beschränkter Natur. Ferner war die Haftungslage des Übernehmers in keinem Fall durch das Verhalten des Veräußerers präkludiert. Dieser hatte vielmehr stets die Möglichkeit, seine Haftung zu beschränken. f) Zwischenergebnis Insgesamt wurde die Vorschrift des § 419 BGB recht weit ausgelegt. Zusammenfassend kann folgendes festgehalten werden: Es musste lediglich der wesentliche Teil des Vermögens übertragen werden. Hingegen war der Verbleib vereinzelter, wirtschaftlich unbedeutender Vermögensbestandteile beim Schuldner unschädlich. Es konnte eine Vermögensübernahme auch bei Erwerb eines Vermögensbruchteils vorliegen. Überdies konnte die Übertragung eines wirtschaftlich bedeutenden Einzelgegenstands unter die Vorschrift fallen. Zur Abmilderung dieser weiten Auslegung des § 419 BGB wurde ein subjektives Element auf Erwerberseite verlangt. Dieses umfasste allerdings nicht die richtige Beurteilung des Sachverhalts oder etwa die Kenntnis der Regelung des § 419 BGB. Auch eine Sicherungsübereignung sollte unter die Vorschrift subsumiert werden können. Ein schuldrechtlicher Vertrag war nicht vonnöten, um die Haftung des Übernehmers auszulösen. Vielmehr konnte ein „Vertrag“ im Sinn der Norm sowohl ein schuldrechtlicher als auch ein dinglicher Vertrag sein. Mithin genügte ein dinglicher Rechtserwerb, um die Rechtsfolgen auszulösen. Zudem wandte die Rechtsprechung § 419 BGB auch in Fällen an, in denen die Vermögensübernahme gegen Entgelt erfolgte. Der Haftungsbeitritt betraf alle bis zur Vollendung des dinglichen Vertrags entstandenen Ansprüche, für die das Vermögen des Schuldners den Gläubigern als Vollstreckungsobjekt diente. 2. Motive der Abschaffung a) Kritik der Literatur Wegen ihres weiten Anwendungsbereichs ist die Regelung des § 419 BGB vermehrt auf Kritik gestoßen. Peters deklarierte die Norm als verfassungswidrig. Sie gehe über ihren „legitimen Kernbereich“ hinaus und verstoße damit gegen das Willkürverbot. Ihre restriktive, verfassungskonforme Auslegung sei nicht möglich.502 Andere wandten ein, der ursprüngliche Gesetzgeber habe § 419 BGB einzig Konstellationen zugrunde gelegt, in denen es an einem entrichteten Entgelt gefehlt 502

Vertiefend vgl. Peters, JR 1992, 405 – 410. Gegen die Möglichkeit einer restriktiven Auslegung auch Ott, in: Wassermann, AK-BGB SR, § 419 Rn. 7.

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habe, welches dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger unterlegen habe.503 Aufgrund der Ausdehnung des § 419 BGB auf entgeltliche Geschäfte stellten solche aber heutzutage den Hauptanwendungsbereich der Vorschrift dar. Dies gelte insbesondere für Grundstücks- und Geschäftsveräußerungen.504 In diesen Fällen der Vermögensübernahme gegen Entgelt würden die Gläubiger jedoch unangemessen begünstigt, da sich ihre Haftungsmasse verdoppele. Ihnen sei fortan der haftungsrechtliche Zugriff sowohl auf das „alte“ Vermögen beim Übernehmenden als auch auf das „neue“ Vermögen des Veräußerers, vermehrt durch das erhaltene Entgelt, möglich.505 Diese Bevorteilung sei aber keineswegs geboten, da die Vermögensübernahme keine „außergewöhnliche Gefährlichkeit“ aufweise.506 Vielmehr sei eine Vermögensübernahme neutraler Natur.507 Der Vermögensübernehmer werde in derartigen Konstellationen hingegen unangemessen benachteiligt. Er müsse den Zugriff der Gläubiger auf die erlangten Vermögenswerte dulden und könne nicht etwa das gezahlte Entgelt in Abzug bringen. Aus dem Gesamtschuldverhältnis erwachse ihm dann lediglich ein Regressanspruch im Innenverhältnis zum Veräußerer. Dieser laufe allerdings im Insolvenzfall leer. Infolgedessen verliere der Erwerber die erlangten Vermögenswerte und die entrichtete Vergütung.508 Insgesamt sei die Vorschrift demnach zu undifferenziert, da sie nicht zwischen den verschiedenen Typen der Vermögensübernahme unterscheide. Aus diesem Grund könne sie keinen angemessenen Interessenausgleich zwischen etwaigen Gläubigern und dem Vermögensübernehmer schaffen.509 Überdies sei die Anwendung der Norm in Fällen der Sicherungsübereignung äußerst problematisch. Zunächst erscheine zweifelhaft, ob der Anwendungsbereich der Vorschrift aufgrund einer vorgenommenen Sicherungsübereignung überhaupt eröffnet sei. Der § 419 BGB zugrunde liegende Zweckgedanke des Gläubigerschutzes werde nur in Konstellationen tangiert, in welchen den Gläubigern ihre Haftungsgrundlage endgültig entzogen werde. Im Rahmen einer Sicherungsübereignung gehe der Wille der Vertragsparteien jedoch regelmäßig dahin, der Schuldner

503

270; 504

Vertiefend vgl. Lambsdorff/Lewental, NJW 1977, 1854, 1857; Schricker, JZ 1970, 265,

Schricker, JZ 1970, 265, 266; so auch Paulus ZZP 1951 (64), 169, 191. Vgl. Larenz, Lehrbuch SR, Band I, 6. Kapitel § 35 II; Schricker, JZ 1970, 265; Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 3. Schon das RG formulierte: „Das neue Vermögen des Veräußerers haftet den Gläubigern neben dem alten, auf den Übernehmer übergegangenen.“ Vgl. RGZ 69, 283, 289. 506 So Wilburg, in: FS Larenz, S. 661, 664. 507 So Peters, JR 1992, 405, 407. Er betont es gebe durchaus auch Vermögensübernahmen, welche für die Gläubiger vorteilhaft seien. 508 Zur Benachteiligung des Vermögensübernehmers, siehe Eisemann, AcP 1976 (176), 487, 488; Schricker, JZ 1970, 265; Giebel, Erbschaftskauf, S. 57. 509 So im Ergebnis auch Paulus, Anwendungsbereich des § 419 BGB. 505

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solle die übereigneten Vermögenswerte, sprich die Haftungsgrundlage, zurückerhalten.510 Die Norm schaffe in diesen Konstellationen keinen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Parteien. Zur Erklärung: Wie bereits erläutert, betraf der Haftungsbeitritt des Vermögensübernehmenden nur alle bis zur Vollendung des dinglichen Vertrags entstandenen Ansprüche. Allerdings fielen Verbindlichkeiten, welche erst durch die Vermögensübernahme, das heißt die Sicherungsübereignung entstanden, grundsätzlich nicht in den Haftungsverband.511 Daran knüpften einige Autoren an und meinten, die Forderung des Sicherungsnehmers aus der Sicherungsübereignung würden nicht durch § 419 BGB gesichert.512 Damit gehe eine unzumutbare Schlechterstellung des neuen Kredits gegenüber dem alten einher.513 Dies sei umso problematischer, als durch den neuen Kredit oftmals erst wieder Vermögen seitens des Schuldners erlangt werde, in welches etwaige Altgläubiger vollstrecken könnten.514 Diese Benachteiligung des Sicherungsnehmers führe in der Regel zum Scheitern der Sicherungsübereignung.515 Andernfalls versuchten die Vertragsparteien in mit großem Aufwand verbundenen Verhandlungen, die oft in Umgehungsgestaltungen mündeten, die Benachteiligung abzubedingen.516 Demgegenüber statuiere § 419 BGB eine „Fürsorgepflicht“ zugunsten der Gläubiger. Dies sei insbesondere bei Gläubigern kraft gesetzlichen Schuldverhältnisses unangemessen, da es ihnen an der notwendigen „Vertrauensgrundlage“ ermangele.517 Weiterhin wurde geltend gemacht, dass anderweitige Kreditgeber, welche nach der Sicherungsübereignung dem Sicherungsgeber einen Kredit gewährten, nicht der

510 Vgl. Schroeder, JuS 1991, 793, 797; Lambsdorff/Lewental, NJW 1977, 1854, 1857; Paulus, Anwendungsbereich des § 419 BGB, S. 96; Giebel, Erbschaftskauf, S. 60. Ähnlich argumentiert Wilke, NJW 1975, 2098 f., anlässlich einer mittels des gesicherten Darlehens intendierten Unternehmensgründung. Vereinfacht stellt er dar, Sinn und Zweck des § 419 BGB greife nicht. In diesen Fällen sei den Gläubigern kein Vermögen entzogen worden, da ein solches erst durch den Kredit erlangt wurde. So habe den Gläubigern vor Kreditgewährung dieses Vermögen nicht als Haftungsgrundlage dienen können. 511 Vgl. bereits unter 4. Teil, A. I. 1. d). 512 Wenn sie § 419 BGB unterfallen wäre, hätte der Kreditgeber ein Vorwegbefriedigungsrecht gehabt, siehe Wilke, NJW 1975, 2098. Vgl. zum Vorwegbefriedigungsrecht vertiefend Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 46 – 50. 513 Paulus, Anwendungsbereich des § 419 BGB, S. 96; Paulus ZZP 1951 (64), 169, 187; Giebel, Erbschaftskauf, S. 60. 514 Vgl. Giebel, Erbschaftskauf, S. 60. 515 So Wilke, NJW 1975, 2098. 516 Vgl. Giebel, Erbschaftskauf, S. 60. Zu einer solchen Umgehungsgestaltung in Form der Sicherungsübereignung in mehreren Akten, siehe Paulus, ZZP 1951 (64), 169, 189 f. 517 So Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 3.

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Sicherung nach § 419 BGB unterfielen.518 Dies sei aber gerade in Fällen der Sicherungsübereignung nicht gerechtfertigt, da eine solche dem neuen Kreditgeber regelmäßig nicht bekannt sei. Denn das Vermögen bleibe nach wie vor im Besitz des Sicherungsgebers, wodurch der Rechtsschein der Deckung erzeugt werde.519 Schließlich wurde die Gefahr gesehen, dass die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers umgangen wurde, indem sich die Gläubiger nach §§ 419 Abs. 2 S. 2, 1990 Abs. 1 S. 2 BGB direkt beim Sicherungsnehmer befriedigten.520 Man war der Ansicht, die Norm unterlaufe insgesamt die differenzierten Regelungen des Kreditsicherungsrechts.521 Das eingeführte subjektive Element reichte nach Ansicht der Kritiker zur Abmilderung dieser Härten nicht aus.522 Vornehmlich, wenn die verhaftete Forderung erst nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags zur Entstehung gelangt sei, habe der Übernehmende nicht länger die Möglichkeit gehabt, von der Übernahme Abstand zu nehmen.523 Doch auch in den übrigen Konstellationen könne das Element seiner Warnfunktion nicht gerecht werden. Ein rechtlich unerfahrener Übernehmer könne anhand des Wortlauts wohl kaum den exzessiven Anwendungsbereich der Vorschrift überblicken. Vielmehr werde er wohl annehmen, die entrichtete Gegenleistung biete den Gläubigern ausreichend Sicherung. Allerdings würden gerade diese Fälle, sprich der Irrtum anlässlich der Beurteilung des Sachverhalts oder etwa die Unkenntnis der Regelung des § 419 BGB, nicht vom subjektiven Element umfasst.524 Außerdem bevorteile die Norm unberechtigterweise den Kredit im Vergleich zum Austauschverkehr. Ein Kreditgeber könne das Vermögen des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung verwerten, ohne dass er einer Haftung nach § 419 BGB unterliege.525 Wohingegen der Vermögenserwerber nach § 419 BGB hafte.526 Des Weiteren wurde angemerkt, die durch § 419 BGB statuierte Gläubigersicherung widerspreche insgesamt der Zweckrichtung des übrigen Kreditsicherungsrechts. Dieses beruhe auf dem Gedanken, es liege allein im Risikobereich eines jeden Gläubigers, sich gegen Vermögensverschiebungen des Schuldners gesondert

518

Zu Erklärung: Ihre Forderung ist erst nach Vollendung des dinglichen Vertrags entstanden. Solche Forderungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 419 BGB, vgl. bereits unter 4. Teil, A. I. 1. d). 519 Zum Ganzen siehe Paulus, ZZP 1951 (64), 169, 188 f. 520 Vgl. wieder Paulus, JZ 1951, 686, 688; Paulus, ZZP 1951 (64), 169, 187, 190. 521 So Ott, in: Wassermann, AK-BGB SR, § 419 Rn. 2. 522 Vgl. Larenz, Lehrbuch SR, Band I, 6. Kapitel § 35 II; Schricker, JZ 1970, 265, 267 f.; 523 Schricker, JZ 1970, 265, 268; 524 Zum Ganzen vgl. Wilburg, in: FS Larenz, S. 661, 666; Schricker, JZ 1970, 265, 267 f. 525 Denn der Vermögensverwertung im Wege der Zwangsvollstreckung unterfiel nicht § 419 BGB, vgl. bereits unter 4. Teil, A. I. 1. a). 526 Vgl. Wilburg, in: FS Larenz, S. 661, 666.

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zu sichern.527 Zudem sei § 419 BGB aufgrund der differenzierteren übrigen Regelungen, vornehmlich den Regeln des Anfechtungsgesetzes überflüssig.528 Ferner wurde kritisiert, dass der § 419 BGB zugrunde liegende Vermögensbegriff widersprüchlich sei. Von der Vorschrift in Bezug genommen werde das Aktivvermögen, sprich die Summe aller dem Schuldner zustehenden pfändbaren Vermögenswerte, ohne Abzug etwaiger Schulden.529 Schulden unterfielen nicht dem Vermögen in diesem Sinne. Deshalb seien sie nicht Gegenstand einer Vermögensübertragung. Damit sie dennoch auf den Erwerber übergingen, betrachtete die überwiegende Auffassung die Schulden als auf dem Vermögen lastend. Wenn Schulden auf dem Vermögen lasteten und bei einer Vermögensübertragung übergingen, seien sie tatsächlich gleichwohl vom Vermögensbegriff umfasst.530 Auch Giebel bringt vor, die wahre Bedeutung des Begriffs „Vermögen“ im Sinn der Vorschrift werde verkannt. Er definiert Vermögen als einem jeden Rechtssubjekt zugehörige Einheit. Einzig der Bestand dieser Einheit könne variieren, nicht jedoch die Identität der Einheit selbst. Demnach sei das Vermögen immerwährender Natur und damit unübertragbar. Daraus schlussfolgerte er, nicht das Vermögen werde nach § 419 BGB veräußert, sondern die Summe der Vermögensgegenstände. Da die Schulden allerdings nicht auf dieser Summe an Einzelgegenständen lasteten, gingen sie bei der Vermögensübertragung auch nicht auf den Erwerber über. Vielmehr bleibe lediglich das Vermögen des Veräußerers verhaftet.531 Abschließend wird darauf verwiesen, dass die Vorschrift aus rechtsvergleichender Perspektive eine Eigentümlichkeit des deutschen Rechts sei. Einzig in Österreich und in der Schweiz existierten vergleichbare Vorschriften, welche aber einen engeren Anwendungsbereich aufwiesen.532 Die aus der Kritik resultierenden Lösungsvorschläge reichten von einer Begrenzung des Anwendungsbereichs der Norm bis hin zu einer restlosen Aufhebung der Regelung. Letzterem Vorschlag folgte der Gesetzgeber sodann im Zuge der Insolvenzrechtsreform.533

527

668 f. 528

Siehe Ott, in: Wassermann, AK-BGB SR, § 419 Rn. 2; Wilburg, in: FS Larenz, S. 661,

Schricker, JZ 1970, 265, 271; siehe Ott, in: Wassermann, AK-BGB SR, § 419 Rn. 2. Vgl. bereits unter 4. Teil, A. I. 1. a). 530 Siehe Eisemann, AcP 1976 (176), 487, 507 f. 531 Vertiefend vgl. Giebel, Erbschaftskauf, S. 60 f. 532 Vertiefend vgl. Eisemann, AcP 1976 (176), 487, 489 – 501; Schricker, JZ 1970, 265, 271. 533 Für eine Begrenzung des Anwendungsbereichs plädierten z. Bsp. Schricker, JZ 1970, 265 – 273; Eisemann, AcP 1976 (176), 487 – 517; für eine Streichung der Norm plädierte beispielsweise Wilburg, in: FS Larenz, S. 661 – 671. 529

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b) Ausführungen des aufhebenden Gesetzgebers Begründet wurde die restlose Aufhebung des § 419 BGB zum einen mit der durch die Regelung geschaffenen Übersicherung der Gläubiger zulasten des fortan mit verhafteten Vermögensübernehmers. Diese würden durch den zusätzlich gewährten Zugriff auf das gezahlte Entgelt „beschenkt“, wohingegen der Übernehmer ab der Übernahme das Insolvenzrisiko des Veräußerers trage. Überdies basiere die Regelung auf dem Gedanken, der Kredit einer Person beruhe auf ihrem Vermögen. Dies sei nicht mehr zeitgemäß, da die Bemessungsgrundlage nun vielmehr die Arbeitskraft beziehungsweise die Erwerbsfähigkeit der jeweiligen Person sei. Im Übrigen mache die Ausweitung des Anfechtungsrechtes § 419 BGB überflüssig. Zudem habe sich der Anwendungsbereich der Reglementierung durch eine exzessive Rechtsprechung verändert. In heutiger Zeit unterfielen überwiegend Geschäftsübernahmen gegen Entgelt und Grundstücksveräußerungen der Haftungsnorm. Gerade diese Sachverhalte würden allerdings nicht befriedigend gelöst. Insbesondere werde die Unternehmenssanierung durch Verkauf ungebührlich erschwert, da das Haftungsrisiko viele Kaufinteressenten abschrecke. Andernfalls würden stets mit großem Aufwand verbundene Verhandlungen nötig, welche oft in Umgehungsgestaltungen mündeten. Demgemäß bleibe in der Regel allein der Weg über einen Aufkauf im Rahmen eines Konkursverfahrens, auf welches § 419 BGB keine Anwendung finde. Dasselbe gelte für Grundstückseigentümer in vergleichbarer Lage. Es wurde auch darauf verwiesen, die Vorschrift sei eine Eigentümlichkeit des deutschen Rechts.534 Mit diesen Erwägungen knüpfte der Gesetzgeber im Wesentlichen an die Kritik der Literatur an. Die restlose Aufhebung der Norm lässt sein Einvernehmen mit der geäußerten Missbilligung erkennen.535 3. Übertragbarkeit der Aufhebungsgründe auf den Erbschaftskauf Doch können die gerade dargestellten Aufhebungsgründe auf das Institut des Erbschaftskaufs übertragen werden? In der Folge müsste freilich nach Aufhebung des § 419 BGB auch die Haftung des Erbschaftskäufers entfallen. Einen ersten Anhaltspunkt zur Beantwortung der Frage könnte die Entstehungsgeschichte des § 419 BGB beinhalten. Diese ist auf eine Identität der beiden Institute Erbschaftskauf und Vermögensübernahme hin zu untersuchen. Sollten sie allerdings keine solche Identität aufweisen, spräche dies für die mangelnde Übertragbarkeit der in Bezug auf § 419 BGB getroffenen Wertungen aus sich heraus. 534 535

Zur ganzen Begründung vgl. BT-Drs. 12/3803, 76 f. So auch Giebel, Erbschaftskauf, S. 56 f., 61.

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a) Römisches Recht Zur Zeit des Römischen Rechts existierte eine dem § 419 BGB entsprechende Regelung nicht. Der Übernehmer eines Vermögens wurde nicht generell den Gläubigern des Übertragenden direkt verhaftet. Nur vereinzelte Konstellationen wie insbesondere die unentgeltliche Vermögensübernahme und der Gläubigerbetrug wurden geregelt. In allen Fällen bewirkte die Vermögensübertragung aber keine unmittelbare Haftung des Übernehmenden im Außenverhältnis zu den Gläubigern des Übertragenden. Etwaige Gläubiger konnten nicht direkt gegen den Empfänger vorgehen, sondern mussten ihre Befriedigung weiterhin beim Übertragenden suchen. Es bestand allenfalls die Verpflichtung des Empfängers, dem Übertragenden diejenigen Vermögenswerte zu belassen oder zurückzugewähren, die zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wurden.536 In der gemeinrechtlichen Praxis wurde den Gläubigern vermehrt eine Klagemöglichkeit gegen den Empfänger gewährt. Dies geschah teilweise über eine mittelbare Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf den Beschenkten. Dazu konnten sich die Gläubiger die Ansprüche des Schenkers gegen den Beschenkten auf Schuldenbegleichung aus dem Innenverhältnis abtreten lassen. Andere Autoren sprachen den Gläubigern nach den Regeln der Schuldübernahme ein direktes Klagerecht gegen den schuldübernehmenden Beschenkten zu. Eine dritte Ansicht sah Schulden als auf dem Vermögen lastend an, weshalb der Übernehmer dieser Haftungsmasse den Gläubigern direkt verhaftet würde.537 b) Partikulare Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhundert In den Kodifikationen und Entwürfen des 18. und 19. Jahrhunderts existierte keine der Normierung des § 419 BGB vergleichbare allgemeine Haftungsunterwerfung des Vermögensübernehmers im Außenverhältnis. Es wurden erneut nur vereinzelte Konstellationen normiert, in denen die Gläubiger direkt gegen den Vermögensübernehmer vorgehen konnten. All diesen Fällen war jedoch gemein, dass sie einzig die Vermögensübernahme gegen geringes Entgelt oder die unentgeltliche Vermögensübernahme reglementierten. Regelungen bezüglich einer ent536 Zum Ganzen siehe Kauffer, Schutz Vermögensübernehmer, S. 5 – 10; Gördes, Gläubigerschutz Vermögensübernahme, S. 39 – 43; Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 3 – 5; Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 197; Stobbe, Privatrecht, Bd. 3, § 181, S. 225; Windscheid, Bd. 2,2, § 368 S. 21 Fn. 4 – 6. 537 Zum Ganzen vgl. Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 5 – 7; Kauffer, Schutz Vermögensübernehmer, S. 11 – 14; Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 197 f. Vertiefend zum mittelbaren Gläubigerzugriff vgl. Savigny, Römisches Recht Bd. 4, § 159 S. 134 – 139; Sintenis, Bd. 1, § 23, S. 208 f. Vertiefend zur Annahme einer Schuldübernahme Windscheid, Bd. 2,2, § 368 S. 20 – 22. Vertiefend zur Annahme Schulden lasteten auf dem Vermögen siehe Stobbe, Privatrecht, Bd. 3, § 181, S. 225 – 227.

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geltlichen Vermögensübernahme existierten nicht. Dementsprechend waren die Gläubiger in der Regel allein auf die haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Vermögensveräußerers verwiesen.538 aa) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten erwähnt im Ersten Theil. Eilfter Titel. Neunter Abschnitt in § 1087 lediglich die Möglichkeit einer Vermögensschenkung.539 Weitere Regelungen existierten nicht. Dennoch gewährten einige Autoren etwaigen Gläubigern das Recht, den Beschenkten direkt haftungsrechtlich in Anspruch zu nehmen.540 Darüber hinaus enthält § 19 des Anhangs zu § 646 ALR I 11 anlässlich einer Vermögensübertragung gegen Zahlung einer lebenslangen Alimentation folgende Regelung: „Diese Vorschriften §§ 641 – 646 können auf den Fall, wo ein ganzer Vermögensinbegriff durch einen Vitalizien- oder Alimentenkontrakt übertragen wird nicht ausgedehnt werden, vielmehr gilt für diesen Fall der Grundsatz, daß unter Vermögen nur dasjenige, was nach Abzug der Schulden übrig bleibt, verstanden werden kann.“541

Aus dieser Vorschrift folgerte eine Auffassung wiederum die direkte Verhaftung des Übernehmenden gegenüber den Gläubigern.542 bb) Landrecht Baden Bei Vermögensübergabe gegen Zahlung von Unterhalt und Rente regelt 17) des Anhangs zum badischen Landrecht ausdrücklich die direkte Haftung des Übernehmenden.543 Die Norm lautet: „Als Folge, die jeder einsieht und die sich auch unausgedrückt von selber versteht, ist es anzusehen, daß alle Lasten, die das Vermögen mittelbar oder unmittelbar betreffen, sowie alle dergleichen Klagen, so weit sie nicht etwa Vorbehaltsstücke angehen, von demjenigen 538 Vgl. Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 7, S. 9; Gördes, Gläubigerschutz Vermögensübernahme, S. 39, S. 52; Kauffer, Schutz Vermögensübernehmer, S. 15. 539 Zum Gesetzestext vgl. Hattenhauer/Bernert, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, S. 172. 540 So Koch, Landrecht, Bd. 1,1, § 1087, S. 1023, Fn. 48; Dernburg, Obligationenrecht, § 161 S. 447, § 65 S. 155 – 161; Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 176, S. 196; Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 7 f.; Zahn, Vermögensübernahme, S. 5 f. 541 Gesetzestext bei Koch, Landrecht, Bd. 1,1, § 646, S. 887 f. 542 Vgl. Koch, Landrecht, Bd. 1,1, § 646, S. 888, Fn. 56; Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 7 f.; Kauffer, Schutz Vermögensübernehmer, S. 15 f.; Gördes, Gläubigerschutz Vermögensübernahme, S. 47 – 50. 543 Kauffer, Schutz Vermögensübernehmer, S. 15.

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getragen werden müssen oder respective geführt werden können und übernommen werden müssen, der nutznießlich in dasselbe eingetreten ist, […].“544

cc) Code Napoléon Im Code Napoléon ist eine Vermögensschenkung in Art. 943 im III. Buch. 2. Titel. 4. Kap. als möglich vorausgesetzt, indem er bestimmt: „La donation entre-vifs ne pourra comprendre que les biens présens du donateur […]“ („Eine Schenkung unter Lebenden kann nur das gegenwärtige Vermögen des Schenkenden begreifen […]“).545

Weitere Regelungen gab es an dieser Stelle nicht. Daraus ist wohl zu schlussfolgern, dass eine generelle Verhaftung des Beschenkten für Schulden des Schenkers nicht vorgesehen war.546 Einzig im speziellen Bereich der mit einer Erbeinsetzung verbundenen Schenkung ordnet Art. 1085 in III. Buch. 2. Titel. 9. Kap. an, dass der Beschenkte zur „Bezahlung aller Schulden und Lasten des Nachlasses“ verpflichtet sei.547 dd) ABGB Österreich Auch das ABGB Österreichs erwähnt in § 944 die Möglichkeit der Vermögensschenkung. § 944: „Ein unbeschränkter Eigenthümer kann mit Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften auch sein ganzes gegenwärtiges Vermögen verschenken. […]“548

Einzig in Fällen des Gläubigerbetrugs bestand – wie nach römischem Recht – nach § 953 die Verpflichtung des Empfängers die Vermögenswerte zurückzugewähren, die zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wurden. Ansonsten konnten die Gläubiger lediglich den Schenker haftungsrechtlich in Anspruch nehmen.549

544

Gesetzestext im Anhang zu Landrecht für das Großherzogthum Baden 1807, 17), S. 550. Vgl. zum Gesetzestext und der Übersetzung Napoleons Gesetzbuch, S. 398 f. 546 (Str.) vgl. Zachariä, Handbuch französisches Civilrecht, Bd. 4, § 706, S. 337 – 340; Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 176, S. 196. 547 Vgl. zum Gesetzestext und der Übersetzung Napoleons Gesetzbuch, S. 460 f. 548 Zum Gesetzestext vgl. Winiwarter, persönliches Sachenrecht, § 77, S. 121. 549 Siehe Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 176, S. 196; Unger, österreichisches Privatrecht, Bd. 2, § 97 S. 209 – 211. 545

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ee) Königreich Württemberg Im Königreich Württemberg konnten die Gläubiger in zwei Fällen auf direktem Weg gegen den Vermögensübernehmer vorgehen. Nach Art. 41 des Pfandgesetzes aus dem Jahr 1825 und nach Art. 54 des Gesetzes die vollständige Entwickelung des neuen Pfand-Systems betreffend aus dem Jahr 1828 erhielten die Gläubiger anlässlich unentgeltlicher Vermögensübernahmen zwischen Eltern und Kind ober bei Vermögensübernahmen durch den überlebenden Ehegatten ein gesetzliches Pfandrecht an den übertragenen Vermögensgütern. Damit konnten sie den Übernehmer als Eigentümer in Anspruch nehmen.550 Die Vorschriften lauten wie folgt: Art. 41: „Die vorstehenden Bestimmungen finden auch im Falle einer elterlichen VermögensÜbergabe rücksichtlich der auf der Übergabs-Masse haftenden Schulden, so wie in Ansehung der auf den überlebenden Gatten übergehenden Schulden des zuvor verstorbenen Gatten ihre Anwendung, wenn jener in dem Genusse und in der Verwaltung des gesamten Vermögens verbleibt.“551

Art. 54: „Bei Erbschaften, so wie bei Vermögens-Übergaben, namentlich zwischen Eltern und Kindern, steht den Gläubigern des Erblassers oder des Abtretenden unter den in Art. 31 bis 41 des Pfand-Gesetzes und dem Art. 5 des Ergänzungs-Gesetzes vom 15. April 1825 enthaltenen, auch den nachstehenden näheren Bestimmungen, ein Absonderungs-Recht zu.“552

ff) Hessischer Entwurf, Bayrischer Entwurf, Dresdener Entwurf Der Bayrische Entwurf, der Hessische Entwurf und der Dresdener Entwurf reglementierten übereinstimmend lediglich die Konstellation der Vermögensschenkung. Dabei sollte der Beschenkte nur einen Anspruch auf denjenigen Teil des Vermögens haben, der nach Abzug der Schulden verblieb. Sollte ihm jedoch das Vermögen übertragen worden sein, ohne dass dieser zur Schuldentilgung erforderliche Betrag abgezogen wurde, so haftete der Beschenkte den Gläubigern mit dem übernommenen Vermögen. Eine darüberhinausgehende Verhaftung seines Eigenvermögens sollte eintreten, sofern der Beschenkte kein Inventar über das geschenkte Vermögen errichtete oder sich bei Errichtung eines solchen unaufrichtig verhielt.553 Die Normierungen wiesen starke Ähnlichkeiten auf:

550 Siehe Wächter, Privatrecht, Bd. 2, § 79, S. 614 – 621; Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 9; Gördes, Gläubigerschutz Vermögensübernahme, S. 51 f.; Zahn, Vermögensübernahme, S. 4 f.; Kauffer, Schutz Vermögensübernehmer, S. 16 f. 551 Vgl. zum Gesetzestext Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg, Nr. 17, S. 204. 552 Vgl. zum Gesetzestext Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg, Nr. 34, S. 579. 553 So auch Zahn, Vermögensübernahme, S. 4.

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So regelt der Hessische Entwurf in Buch II Art. 107, 108 nur Vermögensschenkungen. Art. 107 lautet: „Hat Jemand sein ganzes Vermögen oder einen im Verhältnisse zum Ganzen bestimmten Theil desselben unter Lebenden verschenkt […]. Die Gläubiger des Schenkers können dagegen nur diesen, nicht aber den Beschenkten, auf Zahlung der Schulden belangen.“

Art. 108: „Nimmt der Beschenkte im Falle des Art. 107 das Vermögen, ohne Abzug dessen, was zur Bezahlung der Schulden erforderlich ist, in Empfang, so haftet er, so weit dieses Vermögen reicht, den Gläubigern des Schenkers. Er haftet in diesem Falle selbst mit seinem eigenen Vermögen, wenn er das geschenkte Vermögen in Empfang genommen hat, ohne daß ein gerichtlich beglaubigtes Verzeichniß darüber aufgenommen worden war, es sei denn, daß der Beschenkte zu denjenigen Personen gehört, welche auch als Erben von Rechts wegen nicht weiter haften, als das von ihnen ererbte Vermögen reicht. Die Vorschrift des vorstehenden Absatzes leidet auch auf den Fall Anwendung, in welchem sich der Beschenkte bei Aufnahme des Verzeichnisses eine Unredlichkeit zu Schulden kommen läßt.“554

Der Bayrische Entwurf bestimmt in Art. 106 in Theil I. Sechste Abtheilung: „Die Gläubiger des Schenkers können im Falle des Art. s 105 nur diesen, nicht aber den Beschenkten auf Zahlung der Schulden belangen. Auch der Beschenkte haftet den Gläubigern auf den Betrag des geschenkten Vermögens nach dessen Stand zur Zeit der Schenkung, wenn er dasselbe ohne Abzug der zur Bezahlung der Schulden erforderlichen Mittel übernommen hat. Ist über das geschenkte Vermögen kein Verzeichniß durch einen öffentlichen Beamten aufgenommen worden, oder hat sich der Beschenkte bei Aufnahme des Verzeichnisses eine Unredlichkeit zu Schulden kommen lassen, so haftet er dem Gläubiger auch mit seinem eigenen Vermögen.“555

Gleiches galt für den Dresdener Entwurf. Dort enthalten Art. 508, 509 entsprechende Regelungen. Art. 508 normiert: „Hat Jemand sein ganzes gegenwärtiges Vermögen oder einen im Verhältniß zu dem Ganzen gedachten Theil desselben geschenkt, so hat der Beschenkte nur Anspruch auf dasjenige Vermögen oder auf den bestimmten Theil desjenigen Vermögens, welches nach Abzug der zur Zeit der Schenkung vorhandenen Schulden des Schenkers übrig bleibt.“

Art. 509 lautet: „Hat der Beschenkte im Falle des Art. 508 das geschenkte Vermögen in Empfang genommen, ohne daß die zur Zahlung der Schulden des Schenkers erforderlichen Mittel abgezogen worden sind, so haftet er nach Maßgabe der Vorschrift des Art. 206 neben dem Schenker für diese Schulden, soweit das zur Zeit der Schenkung vorhandene Vermögen reicht und, wenn er darüber ein öffentlich beglaubigtes Verzeichniß nicht hat aufnehmen lassen, oder wenn er sich bei Aufnahme des letzteren einer Unredlichkeit schuldig gemacht hat, auch mit seinem eigenen Vermögen.“ 554 Zum Gesetzestext vgl. Schubert, Bürgerliches Gesetzbuch für das Großherzogthum Hessen, Bd. 5, Buch II. Tit. 1. Abth. 3, S. 28. 555 Gesetzestext, in: Entwurf BGB Bayern, S. 21 f.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

In Art. 510 des heißt es weiter: „Eine zwischen dem Schenker und dem Beschenkten getroffene Vereinbarung, daß der Letztere von der in Art. 509 bezeichneten Haftpflicht befreit sein solle, ist nichtig.“556

gg) Gesetzbuch für den Kanton Zürich Im Gesetzbuch für den Kanton Zürich existierten keinerlei Regelungen.557 hh) Sächsisches BGB Das sächsische BGB dagegen erklärte Vermögensschenkungen als nichtig. Es bestimmt in § 1053: „Ein Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes Vermögen oder sein ganzes gegenwärtiges oder sein ganzes künftiges Vermögen oder einen ideellen Vermögenstheil verschenkt, ist nichtig.“558

Die Frage um eine etwaige Verhaftung der Parteien stellte sich somit nicht.559 c) BGB von 1900 aa) Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung eines BGB-Entwurfes Der Redaktor des Schuldrechts Kübel verstarb noch während der Erarbeitung der Vorlagen zum Schuldrecht für die erste Kommission zur Ausarbeitung eines BGBEntwurfs. Entwürfe anlässlich der Schuldverhältnisse im Allgemeinen, als auch vereinzelter Schuldverhältnisse im Besonderen, insbesondere Kauf und Tausch, fertigte er an.560 Eine dem § 419 BGB entsprechende Norm sucht man in seinen Vorlagen jedoch vergebens. Weder im Rahmen des Erbschaftskaufrechts noch bei der Schuldübernahme – dort wäre eine derartige Vorschrift am ehesten zu vermuten, da auch § 419 BGB später unter diesem Abschnitt geregelt wurde – bezog er das Institut der Vermögensübernahme in seine Erwägungen ein.561 Regelungen zum

556 Zum Gesetzestext vgl. Fracke, Dresdener Entwurf, S. 102. Vertiefend zum Dresdener Entwurf siehe sogleich unter c) aa). 557 Vgl. Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 176, S. 196. 558 Gesetzestext vgl. Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen, S. 130. 559 Siehe Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 176, S. 196. 560 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Einführung, S. 43. 561 Vgl. zum Erbschaftskauf bereits oben unter 3. Teil, B. II. 1.; zur Schuldübernahme Kübel, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 1, §§ 1 – 5, S. 983, S. 985 – 1001.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

115

Institut des Erbschaftskaufes finden sich indes in den Vorentwürfen.562 Dies könnte bereits ein Indiz für die mangelnde Übertragbarkeit der Wertungen der Vermögensübernahme aus sich heraus auf das Institut des Erbschaftskaufs sein. Doch ist eine solche Annahme als verfrüht zu verwerfen. Denn für die seitens des Redaktors nicht bearbeiteten Bereiche wurde den Beratungen alternativ der Dresdener Entwurf zugrunde gelegt. Dort fand sich mit Art. 509 dennoch eine der Vermögensübernahme verwandte Vorschrift.563 Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Redaktor die Thematik an späterer Stelle noch abgehandelt hätte. Die Vorschrift des Art. 509 des Dresdener Entwurfs, der in den Beratungen der 1. Kommission als Vorlage diente, statuierte die Haftbarkeit des Beschenkten anlässlich einer Schenkung des ganzen gegenwärtigen Vermögens seitens des Schenkers.564 Dabei sollte die Beschenktenhaftung allerdings grundsätzlich nur so weit wie das zur Zeit der Schenkung vorhandene Vermögen reichen. Die Haftung war dementsprechend grundsätzlich beschränkter Natur. Es wurden aber ausdrückliche Ausnahmen von diesem Grundsatz normiert. Haftungsauslösendes Ereignis war der Empfang des Vermögens seitens des Beschenkten, ohne Abzug des zur Schuldentilgung notwendigen Betrags. Schließlich sollte der Schenker neben dem Beschenkten forthaften. Aus den Materialien zum Dresdener Entwurf ergibt sich ferner, dass die Haftung des Beschenkten gegenüber der des Schenkers nicht subsidiär sein sollte.565 Überdies debattierte die Kommission darüber, ob die gegebenenfalls eintretende unbeschränkte Haftung des Beschenkten aufgrund ihres Strafcharakters nicht zu weit reiche. Allerdings hielt sie primär aus Gläubigerschutzgesichtspunkten und damit dem Gebot der Redlichkeit dem Beschenkten nichts Unangemessenes auferlegt werde, an der Vorlage fest.566 Art. 510 des Dresdener Entwurfs sprach darüber hinaus abweichenden Vereinbarungen zwischen Schenker und Beschenktem die Wirksamkeit ab. Die Dresdener Kommission sah in der Vorschrift zwar eine Verschärfung zu dem bis dato geltenden Recht, hielt diese aber aus Vereinfachungsgesichtspunkten für gerechtfertigt.567 Bis zu diesem Zeitpunkt war also lediglich die unentgeltliche Vermögensübernahme als zwingendes Recht im Abschnitt der Schenkung reglementiert. 562

bereits oben unter 3. Teil, B. II. 1. Zur Zugrundelegung des Dresdener Entwurfs, vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Einführung, S. 45. 564 Dies wird aus dem Verweis auf Art. 508 des Dresdener Entwurfs deutlich, welcher die Schenkung des ganzen gegenwärtigen Vermögens normierte. Der genannte „Fall des Art. 508“ meint demnach den Fall der Schenkung des ganzen gegenwärtigen Vermögens. 565 Dies sollte die Verweisung auf Art. 206 des Dresdener Entwurfes, welche die Primärverhaftung des Zahlungsübernehmers reglementierte, deutlich machen, vgl. dazu in Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 195. 566 Vertiefend siehe Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 195 f. 567 Materialien aus den Verhandlungen der Dresdener Kommission, in: Schubert, Redaktorenvorlagen Schuldrecht 2, S. 198. 563

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

bb) Beratungen der 1. Kommission Im Zuge der Beratungen der ersten Kommission plädierte erstmalig Planck für die ausgedehnte, gesonderte Reglementierung aller Fälle der Vermögensübernahme losgelöst vom Schenkungsrecht. Dieser Vorschlag wurde allerdings bis zur grundsätzlichen Billigung des Artikels zurückgestellt.568 Überdies wurde erste Kritik an der Regelung laut und deren Streichung beantragt. Die Norm bewirke eine Art Universalsukzession des Beschenkten in die Passiva, welche nur haltbar sei, wenn auch eine solche in die Aktiva bejaht würde. Demgemäß müsse die Entscheidung über einen Eintritt auch in die Aktiva vorgelagert werden und Art. 509 des Dresdener Entwurfs bis zu diesem Zeitpunkt dahinstehen. Im Übrigen führe die Verhaftung des Beschenkten zu großen Verwicklungen aus dem entstehenden Drei-Personen-Verhältnis. Auch seien diese Konstellationen durch bisheriges Partikularrecht zu genüge geregelt, sodass kein Bedürfnis einer entsprechenden Norm bestehe. Im Gegensatz zu diesem Vorschlag hielt die Kommission an Art. 509 des Dresdener Entwurfs und damit an der Verhaftung des Beschenkten fest. Das bisherige Partikularrecht zeige, dass die Universalsukzession in die Passiva nicht stets von einer solchen in die Aktiva abhänge. Außerdem fordere der Gläubigerschutz die Verhaftung des Beschenkten im Sinne des Artikels. Dieser Schutz sei keineswegs durch die geltenden Partikularrechte genügend gewähreistet. Ansonsten würden die Kritiker der Norm die zu befürchtenden Verwicklungen zu hoch einschätzen.569 Bereits diese Haftungserstreckung auf den Beschenkten erinnert an das Institut des Erbschaftskaufes, in dessen Zusammenhang gleichfalls die Verhaftung des Erwerbers statuiert wird. Eine Bezugnahme auf dieses Institut fand jedoch anlässlich der Haftungsbegründung bei Vermögensschenkungen nicht statt. Vielmehr stellte die erste Kommission in den Motiven ausdrücklich klar, die Reglementierung der Vermögensschenkung betreffe keinesfalls Konstellationen des Erbschaftskaufes. Jener sei speziell normiert und unterstehe einzig diesen speziellen Regelungen.570 Die Kommission äußert zudem an anderer Stelle, die Vermögensübernahme und der Erbschaftsverkauf seien „vollständig verschiedene Rechtsgeschäfte“.571 Sodann beschloss die Kommission, die Haftung des Beschenkten ohne weitere Voraussetzungen mit der Annahme des Schenkungsversprechens – sprich mit Vertragsschluss – beginnen zu lassen. Der Haftungseintritt war also nicht mehr an den Empfang des Vermögens seitens des Beschenkten ohne Abzug des zur Schuldentilgung notwendigen Betrags geknüpft. Dies sei zur Vereinfachung notwendig und benachteilige den Beschenkten nicht unangemessen, da er Präventivmaßnahmen treffen könne und gegebenenfalls Innenregressansprüche gegen den Schenker habe. 568

Vgl. zur gesamten Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 880. 569 Vgl. zur gesamten Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 880 f.; Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 83. 570 Siehe Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 83. 571 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB Erbrecht 2, S. 2184.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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Des Weiteren entspreche diese Lösung der Parteiintention, die grundsätzlich dahin gehe, dass der Beschenkte das Gesamtvermögen erhalte und eigens die Gläubiger daraus befriedige.572 Auch dieser Regelungskomplex erinnert an die Regelung im Erbschaftskauf, wonach die Erwerberhaftung mit Kaufvertragsschluss beginnen soll. Doch nahm die Kommission an dieser Stelle keinerlei Bezug auf das Institut des Erbschaftskaufes. Zusätzlich strich sie die Verweisung auf Art. 206 des Dresdener Entwurfes, da diese zu nicht zu rechtfertigenden Gläubigerbeeinträchtigungen führe.573 Die Beschenktenhaftung sollte umfänglich nur so weit wie das zur Zeit der Schenkung vorhandene Vermögen reichen. In Bezug auf die Frage, ob dies der Wert des Vermögens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder derjenige zum Zeitpunkt des Empfangs sei, entschied die Kommission sich für letztere Alternative. Demnach sollte die Haftung des Beschenkten der Höhe nach auf das Erlangte begrenzt sein und in der Folge Wertminderungen des Vermögens vor Erwerb dem Beschenkten zu seinem Schutze nicht angelastet werden können.574 Die zweite Kommission formte diesen Gedanken weiter aus, sodass der Vergleich mit Erbschaftskaufrecht dort erfolgen soll. Die erste Kommission normierte die Haftung des Beschenkten in jedem Falle als eine beschränkte, indem sie die vorgesehenen Ausnahmen von dieser Beschränkung zu dessen Schutz strich.575 Dieser Gesichtspunkt stellte den entscheidenden Unterschied der Vermögensschenkung im Vergleich zum Institut des Erbschaftskaufs dar. Denn, wie bereits ausgeführt, ist die Haftung des Erwerbers eines Erbschaftskaufs grundsätzlich unbeschränkter Natur. Die Kommission verzichtete insoweit ausdrücklich auf eine Harmonisierung beider Institute.576 Die durch Art. 509 des Dresdener Entwurfs angeordnete Fortdauer der Schenkerhaftung blieb in den Verhandlungen unbeanstandet.577 Dies stimmte wiederum inhaltlich mit Erbschaftskaufrecht überein. Eine wechselseitige Inbezugnahme des jeweils anderen Instituts blieb erneut aus. Darüber hinaus genehmigte die erste Kommission die Vorschrift des Art. 510 des Dresdener Entwurfs. Eine solche Vorschrift sei zur Erreichung der Ziele der vorhergehenden Norm notwendig.578 Bei einem Erbschaftskauf sprach die Kommission 572 Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 881; Motive des BGB- Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 83 f. 573 Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 881 f. 574 Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 882; Motive des BGB- Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 84. 575 Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 882; Motive des BGB- Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 84. 576 Vgl. bereits unter 3. Teil, B. II. 2. 577 Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 882. 578 Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 882; Motive des BGB- Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 84.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

ebenfalls etwaigen Haftungsausschlussvereinbarungen im Innenverhältnis der Vertragsparteien Außenwirkung ab. Diesbezüglich zog sie ausdrücklich die im Rahmen der Vermögensschenkung getätigten Erwägungen heran.579 Schließlich bejahte die erste Kommission die aufgeschobene Frage der Ausdehnung der Vorschrift auf alle Fälle der Übernahme des Vermögens oder eines Vermögensbruchteils, da keine Gründe für eine Beschränkung der Regelung auf die Vermögensschenkung bestünden.580 Die Redaktionskommission vereinigte die Art. 509 und 510 zu einer Norm und versetzte diese in den Abschnitt der Schuldübernahme.581 cc) Beratungen der 2. Kommission Auch die Vorkommission des Reichsjustizamts nahm einzig redaktionelle Veränderungen vor. Sie strich den Absatz der Vorschrift, der die Gleichstellung der Übernahme eines Bruchteils des Vermögens beinhaltete.582 Von der zweiten Kommission wurde der Wortlaut der Vorschrift erweitert, um Fälle erfassen zu können, in denen einzelne Vermögensgegenstände von der Schenkung ausgenommen wurden. Auch sollten Umgehungen verhindert werden.583 In Übereinstimmung mit den Vorschlägen der Vorkommission sollte die Gleichstellung der Übernahme eines Bruchteils des Vermögens als selbstverständlich gestrichen werden.584 Zudem blieb der Zeitpunkt des Haftungsbeginns unbeanstandet.585 Auch mit der Problematik des Haftungsumfangs und der Haftungsmasse setzte sich die Kommission abermals eingehend auseinander. Im Ergebnis unterwarf sie sich der Entscheidung ähnlich gelagerter Konstellationen im noch zu beschließenden Erbrecht. Als dort die Entscheidung für eine „Haftung cum viribus“ getroffen war, wurde dies auf die Vermögensübernahme übertragen und der Übernehmer sollte gleichfalls auf die erlangten Gegenstände beschränkt haften. Sodann konnte und musste bezüglich der genauen Ausgestaltung auf die erbrechtlichen Normen verwiesen werden. Aus der Beschränkung der Haftung auf das Erworbene ergäben sich Verwaltungspflichten des Übernehmers, die denen der erbrechtlichen Regelungen vergleichbar seien, sodass diese Vorschriften eine interessengerechte Lösung

579

Vgl. bereits unter 3. Teil, B. II. 2. Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 882; Motive des BGB- Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 83. 581 Vgl. zum Verfahren Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 882 ff. 582 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 884. 583 Vgl. zur Debatte Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 885 ; Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 601. 584 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 885; Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 603. 585 Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 601. 580

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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böten.586 Im Falle der Haftungsbeschränkung haftet der Erbschaftskäufer ebenfalls nur mit dem Erworbenen, sodass sich in diesem Punkt wieder eine inhaltliche Parallele abzeichnet. Die Entscheidungsfindung der Kommission beruht aber wiederum auf vom Erbschaftskaufrecht unabhängigen Erwägungen. Aus diesem Grund entstammt die inhaltliche Übereinstimmung nicht der Harmonisierung der Institute, sondern leitet sich wohl eher aus der übereinstimmenden Bezugnahme auf das Erbrecht ab. Denn das Institut der Vermögensübernahme wurde ausdrücklich dem Erbrecht konform geschaffen und auch das Erbschaftskaufrecht enthielt von Beginn an Verweisungen auf erbrechtliche Normen.587 Darüber hinaus wurden seitens der Redaktionskommission die Ansprüche des Übernehmers gegen den Veräußerer der Haftung unterworfen. Dies erfolgte allerdings ausdrücklich zur Harmonisierung mit Erb- und Erbschaftskaufrecht.588 Von da an bestand § 419 BGB bis zu seiner Aufhebung in der oben ausgeführten Fassung.589 d) Wirkungsweise der Institute Abgesehen von den Unterschieden in der Entstehungsgeschichte lässt sich anhand der Wirkungsweise von Erbschaftskauf und Vermögensübernahme belegen, dass beide Institute nicht miteinander gleichgesetzt werden können. aa) Begriff der Haftung für Verbindlichkeiten Zwar sollten nach Ansicht des historischen Gesetzgebers sowohl der Erbschaftskauf, als auch die Vermögensübernahme „eine Art von […] Universalsukzession […] in die Passiva“590 der Erbschaft beziehungsweise des Vermögens herbeiführen. Allerdings stimmen beide Institute auf Rechtsfolgenseite nicht derart überein, wie diese übereinstimmende Formulierung zunächst vermuten lässt. Beiden Instituten gemein ist, dass der jeweilig Übernehmende neben der fortbestehenden Haftung des Veräußerers fortan für dessen Verbindlichkeiten haftet. Bei einem Erbschaftskauf erfolgt dies mittels gesetzlichen Schuldbeitritts des Erwerbers.591 Bei einer Vermögensübernahme ist dagegen die rechtliche Konstruktion umstritten. 586

Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 885 f.; Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 601 f. 587 Vgl. zum Erbschaftskauf bereits unter 3. Teil, B. II. 588 Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldverhältnisse I, S. 886; Protokolle der 2. Kommission, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 602. 589 Zur Aufhebung der Norm vgl. bereits 4. Teil, A. 590 So zum Erbschaftskauf, vgl. Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 201. Zur Vermögensübernahme siehe Motive des BGB-Gesetzgebers, in: Mugdan, Materialien BGB Band 2, S. 83. 591 Vgl. dazu bereits unter 2. Teil, B. I. 2.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

Was „Haftung für Verbindlichkeiten“ bedeutet, soll im Folgenden anhand der Abgrenzung zwischen „Schuld“ und „Haftung“ verdeutlicht werden. Danach beinhaltet jede Haftung für Verbindlichkeiten zwei Elemente: ein Schuld- und ein Haftungselement.592 Die Komponente der „Schuld“ betrifft die Leistungspflicht des Schuldners, sprich die Willensgebundenheit seiner Person zum Tun, Dulden oder Unterlassen. Dieses Leistensollen ist stets persönlicher Natur, das heißt personenbezogen, nicht jedoch vermögensbezogen. „Schuld“ in diesem Sinne enthält wiederum zwei Bestandteile. Einerseits umfasst sie Erfüllungspflichten des Schuldners und andererseits sekundäre Einstandspflichten bei Leistungsstörungen.593 Das Element der „Haftung“ hingegen betrifft das Unterworfensein des Schuldnervermögens unter das Zugriffsrecht der Gläubiger. Es beinhaltet dementsprechend die Bindung des Vermögens, das heißt Verbindlichkeiten erscheinen als auf den Vermögensgütern ruhende Lasten.594 bb) Erbrecht Ein Erbfall ändert an diesem Bild grundsätzlich nichts.595 Der Erbe rückt vollumfänglich in die Rechtsstellung des Erblassers ein. Demnach geht gemäß § 1922 BGB das Vermögen des Erblassers auf den Erben über.596 Umstritten ist jedoch, ob aus § 1922 BGB auch der Übergang der Verbindlichkeiten abgeleitet werden kann. Die Beantwortung dieser Frage ist abhängig davon, ob Verbindlichkeiten als Bestandteile des Vermögens angesehen und somit vom Vermögensübergang erfasst werden können.597 Boehmer war der Auffassung, ein übertragenes Vermögen könne nur das Haftungselement und nicht zugleich dasjenige der Schuld transportieren. Der Übergang der Schuld folge nicht bereits aus § 1922 BGB, sondern erst aus § 1967 592 Zur geschichtlichen Entwicklung, vgl. Dorn, in: HKK, Bd. 2, § 241 Rn. 40 – 50; Weber, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., Einl. K 5 – 7. Diese Aufspaltung ist nicht unbestritten. Eine Erörterung des Streits würde allerdings den Rahmen dieser Dissertation sprengen und unterbleibt in Folge. Vgl. dazu insb. Dorn, in: HKK, Bd. 2, § 241 Rn. 40 – 50; Schreiber, Schuld und Haftung I; Brenner, Vermögensübernahme und dort insb. S. 19 – 30. 593 Diese Erneute Aufspaltung ist allerdings für die zu erörternde Problematik nicht von Relevanz. Ihre Darstellung ist allein der Vollständigkeit der Angaben geschuldet. 594 Zum Ganzen vgl. die gängige Literatur u. a. Dorn, in: HKK, Bd. 2, § 241 Rn. 40 – 50; Ernst, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Einl. SchuldR Rn. 31 – 35; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht AT und BT, § 6 Rn. 30; Grünberg, in: Grüneberg Einl. v. § 241 Rn. 10; Olzen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Einl. Zum SchuldR Rn. 239 f.; Kramme, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB § 241 Rn. 25. Zur Herleitung, vgl. Boehmer, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., § 1922 Rn. 79 – 83; Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 92 – 96; Boehmer, Reichsgerichtspraxis III und dort insb. S. 247. 595 So auch Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 97. 596 Siehe dazu bereits unter 2. Teil, A. 597 Zu diesem Streit vertiefend, vgl. Leipold, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1922 Rn. 16.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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BGB.598 Muscheler ist gegenteiliger Ansicht und knüpft auch den Schuldübergang an denjenigen des Vermögens und stützt ihn auf § 1922 BGB.599 Die restlose Aufhebung der Haftungsnorm des § 419 BGB zeigt, dass ein Vermögen darüber hinaus vollkommen von etwaigen Verbindlichkeiten gelöst übertragen werden kann.600 Eine Ausarbeitung dieser höchst umstrittenen Frage würde den Umfang dieser Dissertation sprengen. Sie ist allerdings nicht vonnöten, da zumindest aus der Verbindung des § 1922 BGB mit § 1967 BGB der Übergang der Verbindlichkeiten abgeleitet werden kann.601 Somit bleibt das übernommene Nachlassvermögen den Gläubigern verhaftet und unterliegt weiterhin ihrem Zugriffsrecht. Dieses Recht ist aber vermögensgebunden und demnach gegenständlich auf das Nachlassvermögen beschränkt.602 Des Weiteren folgt aus § 1922 BGB – je nach Auffassung in Verbindung mit § 1967 BGB – auch der Übergang der Schuld. Der Erbe rückt gegenüber den Nachlassgläubigern anstelle des ausgeschiedenen Erblassers in dessen Leistungspflichten ein, wird also in seiner Person leistungsverpflichtet. Die Nachlassgläubiger können ihn auf die primär geschuldete Leistung verklagen. Diese Pflicht beschränkt sich nicht etwa auf eine Leistung aus dem übernommenen Nachlassvermögen, sondern ist aus dem Gesamtvermögen des Erben, das meint zugleich aus seinem Eigenvermögen zu erfüllen, das somit gleichfalls für die ererbten Schulden haftet.603 Eine Ausnahme gilt freilich in Fällen, in denen der Erbe von einem Haftungsbeschränkungsrecht Gebrauch macht. Dies führt zu einer Verengung des Schuldelements derart, dass er die Leistung aus seinem Eigenvermögen verweigern kann und nur noch der Nachlass haftet.604 Zusammengefasst heißt dies, dass der Erbe in die Rechtslage des Erblassers einrückt und mittels §§ 1922, 1967 BGB sowohl Schuld als auch Haftung auf ihn übergehen.

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Siehe Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 97 f. Vgl. Muscheler, JURA 1999, 234, 236 f. = Muscheler, Universalsukzession, S. 11 – 13. 600 So Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 35. 601 Statt aller vgl. Leipold, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1922 Rn. 16; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 1922 Rn. 71. A. A. Muscheler, JURA 1999, 234, 236 f. = Muscheler, Universalsukzession, S. 11 – 13. 602 Zum Übergang des Haftungselements im Ganzen, vgl. Harder/Müller-Freienfels, JuS 1980, 876; Muscheler, JURA 1999, 234, 236 f. = Muscheler, Universalsukzession, S. 11 – 13; Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 97. 603 Zum Übergang des Schuldelements im Ganzen, siehe Küpper, in: Säcker/Rixecker/ Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 1967 Rn. 1; Lohmann, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1967 Rn. 1; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 32; Schlüter, Erbrecht, 12. Aufl. (bei späteren Auflagen fehlt Hinweis), § 6. II. 2. b), S. 33; Muscheler, JURA 1999, 234, 236 f. = Muscheler, Universalsukzession, S. 11 – 13; Harder/Müller-Freienfels, JuS 1980, 876; Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 97 f. 604 Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 32 ff. 599

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

cc) Erbschaftskauf Das soeben Ausgeführte gilt weitgehend auch anlässlich eines Erbschaftsverkaufs. Wenn auch die Erbenstellung des Veräußerers nicht auf den Erwerber übergeht, soll der Erwerber doch schuldrechtlich einem Erben gleichgestellt werden. Intendiert ist demnach erneut der schuldrechtliche Eintritt des Erwerbers in alle aus der Erbschaft resultierenden Rechte und Pflichten, das heißt das schuldrechtliche Einrücken in die Rechtsstellung des Erben. Der Käufer wird nach dem Gesetz als Erbe behandelt, obwohl er nicht Erbe wird.605 Dieser Leitgedanke liegt dem gesamten Erbschaftskaufrecht zugrunde und wirkt aufgrund der gegenwärtigen Normierung fort.606 Aus diesem Grund stellen die gesamten Normen des Erbschaftskaufrechts den Veräußerer im Innenverhältnis zum Erwerber lediglich wie einen Nutzungsberechtigten, wohingegen der Erwerber einem Erben gleichgestellt wird. Dies spiegelt sich insbesondere in der Haftungsnorm des § 2382 BGB wider, wonach der Erwerber für die Nachlassverbindlichkeiten haftet.607 Was dies allerdings konkret bei einem Erbschaftsverkauf bedeutet, ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel des § 2382 BGB und § 2383 BGB. Danach bleibt das übernommene Nachlassvermögen den Gläubigern verhaftet und unterliegt weiterhin ihrem Zugriff. Doch sind die Nachlassgläubiger regelmäßig nicht auf eine Vollstreckung in das erworbene Nachlassvermögen beschränkt. Eine derartige Beschränkungswirkung muss seitens des Erwerbers vielmehr wie vom Erben erst mittels der erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmittel herbeigeführt werden. Dabei ist seine Haftung regelmäßig durch das Verhalten des Veräußerers determiniert. Die unbeschränkbare Haftung des Verkäufers nach § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB wirkt unwiderruflich auch gegen den Käufer. Ebenfalls an ein bereits durch den Veräußerer ausgeübtes Beschränkungsmittel ist der Erwerber gebunden. Er hat dessen weitere Rechtsfolgen zu tragen. Nur sofern der Verkäufer noch beschränkbar haftet, von einem Beschränkungsmittel aber noch nicht Gebrauch gemacht hat, tritt keine Determinationswirkung ein. Nur in diesem Fall kann der Erwerber seine Haftung auf das Nachlassvermögen beschränken. Dazu stehen ihm die erbrechtlichen Beschränkungsverfahren zur Verfügung. Allerdings kann der Erwerber sein Recht auf Haftungsbeschränkung in diesen Konstellationen ebenfalls nach erbrechtlichen Vorschriften verlieren.608 Die Ausgestaltung der Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten des Erwerbers zeigt, dass seine Pflichten in der Regel gerade nicht auf das übernommene Nachlassvermögen beschränkt sind. 605

Vgl. vertiefend bereits unter 3. Teil, B. I. Vgl. vertiefend Amdohr, einheitliches Prinzip des Erbschaftskaufs und dort insb. S. 83 – 84. In seiner Dissertation zeigt der Autor das, dem Erbschaftskaufrecht zugrundeliegende Prinzip auf: „durch einen Erbschaftskauf soll das wirtschaftliche Resultat hergestellt werden, als wäre der Käufer und nicht der Verkäufer Erbe geworden“. Er belegt ferner die Fortgeltung dieses Prinzips. 607 So auch Paulus, Anwendungsbereich § 419 BGB, S. 72. 608 Vgl. zur Wirkungsweise der §§ 2382, 2383 BGB bereits unter 2. Teil, B. 606

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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Auf die ursprüngliche Abgrenzung bezogen ergibt sich folgendes: Bei einem Erbschaftsverkauf bedeutet „Haftung für Verbindlichkeiten“ zum einen den Beitritt des Erwerbers zum Haftungselement. Den Nachlassgläubigern bleibt in jedem Falle der Zugriff auf das Nachlassvermögen erhalten. Zum anderen übernimmt der Erwerber allerdings auch kumulativ das Schuldelement. Auch wenn die Erbenstellung des Veräußerers nicht auf den Erwerber übergeht, tritt der Erwerber doch schuldrechtlich neben dem Veräußerer in dessen Rechtsstellung ein. Damit geht regelmäßig die Determinationswirkung von dessen Verhalten einher, welche dann zur Gesamtvermögensverhaftung des Erwerbers führt. Er wird in der Folge in seiner Person leistungsverpflichtet und haftet mit seinem gesamten Vermögen, nicht nur mit dem hinzuerworbenen Teil. Der Erwerber tritt also beim Erbschaftskauf regelmäßig der Schuld und der Haftung des Veräußerers bei.609 dd) Vermögensübernahme Eine Vermögensübernahme bezweckte demgegenüber keineswegs den Eintritt des Übernehmers in die gesamte Rechtsstellung des Veräußerers, sondern schlicht den Übergang der Vermögensgüter.610 Zwar haftete gemäß § 419 Abs. 1 BGB auch der Übernehmende eines Vermögens für etwaige Verbindlichkeiten. Aus § 419 Abs. 2 BGB ergab sich aber der entscheidende Unterschied zu Erb- und Erbschaftskaufrecht. Danach musste der Übernehmende, anders als ein Erbe, nicht erst eine Haftungsbeschränkung herbeiführen. Vielmehr existierten entsprechende Beschränkungsverfahren wie die Nachlassverwaltung oder der Nachlasskonkurs nicht, und eine Inventarerrichtung war ebenfalls nicht möglich. Auch eine Präklusionsvorschrift wie § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB gab es nicht, sodass die Haftungslage des Übernehmers in keinem Fall durch das Verhalten des Veräußerers präkludiert wurde. Demnach konnte der Schuldner zwar die Gläubiger aus seinem Eigenvermögen befriedigen, war dazu aber in keinem Falle verpflichtet. Zur Vermeidung dieser Konsequenz genügte schlicht die Berufung auf § 419 Abs. 2 BGB.611 Somit war regelmäßig nur die Vollstreckung in die übernommenen Güter möglich, doch keinesfalls ein Rückgriff auf das Eigenvermögen des Erwerbers. Eine Ausnahme fand sich nur in Konstellationen, in denen dem Übernehmenden nach §§ 1990, 1991 609 Vgl. zum Ganzen Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 100 f.; Boehmer, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., § 1922 Rn. 91; vgl. auch Boehmer, Reichsgerichtspraxis III und dort insb. S. 247 ff.; Paulus, Anwendungsbereich § 419 BGB und dort insb. S. 69 – 74. 610 Dies zeigte schon die Normierung des Instituts. So existierten abweichend zu einem Erbschaftsverkauf bei der Vermögensübernahme keineswegs Normen, die das Innenverhältnis der Parteien untereinander im Sinne eines Eintritts des Erwerbers in die Rechtsstellung des Veräußerers normierte. Vielmehr gab es nur die Norm des § 419 BGB, der lediglich die Haftung im Außenverhältnis reglementierte. So ohne Begründung im Ergebnis auch Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 98. 611 Vgl. zur Wirkungsweise des § 419 BGB bereits unter 4. Teil, A. I. 1. e).

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

Abs. 1 in Verbindung mit § 1978 BGB eine Pflichtverletzung zur Last gelegt wurde. Nur in diesem Fall konnte er seine Haftung nicht beschränken. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Haftung für Verbindlichkeiten des Veräußerers, sondern um Haftung für eigenes Verschulden, was für die behandelte Problematik irrelevant ist.612 Im Bild der Elemente gesprochen ging zwar unstreitig das Element der Haftung kumulativ auf den Erwerber über.613 Jedoch folgerten einige Autoren aus der beschriebenen Haftungslage, der Erwerber trete nicht der Schuldkomponente bei. Von dem kumulativen Übergang sei einzig das Element der Haftung betroffen, sodass sich Verbindlichkeiten als „pfandartige Lasten“614 des Vermögens zeigten. Mit dem Schuldelement fehle ein Teil des Puzzles, weshalb im Rahmen der Vermögensübernahme zwar eine Haftung für Verbindlichkeiten, aber nur eine unvollkommene stattfände. Der Erwerber trete nicht wie bei einem Erbschaftsverkauf neben dem Veräußerer in dessen gesamte Rechtsstellung ein. Vielmehr trete er lediglich dessen Haftung bei.615 Im Gegensatz dazu erblickten andere Autoren in einer Vermögensübernahme sehr wohl einen gesetzlichen Schuldbeitritt des Übernehmers zur fortbestehenden Haftung des Veräußerers. Demnach gehe neben der Haftungskomponente auch diejenige der Schuld auf den Erwerber über.616 Dieser Streit ist allerdings allein theoretischer Natur und bedarf, auf die Thematik dieser Abhandlung bezogen, keiner Entscheidung.617 Doch zeigt er, dass anlässlich einer Vermögensübernahme die Schuldkomponente problembehaftet ist, und zwar deshalb, weil sie anders als im Erbrecht ausgestaltet worden ist. Normalerweise beinhaltet das Element der Schuld die Leistungspflicht des Erwerbers. Diese Pflicht beschränkt sich nicht etwa auf eine Leistung aus dem übernommenen Vermögen, sondern ist aus dem Gesamtvermögen des Erwerbers, das meint auch aus seinem Eigenvermögen zu erfüllen. Bei der 612 Vgl. dazu bereits unter 4. Teil, A. I. 1. e); ebenso Spellenberg, Konkursfeststellungsverfahren, S. 66. 613 Vgl. vertiefend zum Ganzen Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 98 – 100; Boehmer, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., § 1922 Rn. 89; vgl. auch Boehmer, Reichsgerichtspraxis III und dort insb. S. 247 ff.; Paulus, Anwendungsbereich § 419 BGB und dort insb. S. 19 – 23, 69 – 74; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 32 ff. 614 So Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung, S. 99. 615 Zum Ganzen vgl. Boehmer, Erbfolge und Erbenhaftung und dort insb. S. 98 – 100; Boehmer, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., § 1922 Rn. 89; vgl. auch Boehmer, Reichsgerichtspraxis III und dort insb. S. 247 ff.; Brenner, Vermögensübernahme und dort insb. S. 30 – 82; Paulus, Anwendungsbereich, § 419 BGB und dort insb. S. 69 – 74, S. 19 – 23; Kunz, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. zu §§ 1967 ff. Rn. 32 ff.; Spellenberg, Konkursfeststellungsverfahren, S. 64 – 75; Siller, Gruchot 1931 (71), 179, 195; Gördes, Gläubigerschutz Vermögensübernahme, S. 71 – 79. 616 So wohl die überwiegende Auffassung, vgl. RGZ 69, 283, 287; BGHZ 54, 101, 104; anstelle aller Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 104 – 107; Heinrichs, in: Palandt, 57. Aufl., § 419 Rn. 13; Möschel, in: Rebmann/Säcker, MüKo BGB, 3. Aufl., § 419 Rn. 2; Zeiss, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 419 Rn. 1; Seibert, Vermögensübernahme, S. 54 – 57; Reichel, Schuldmitübernahme, S. 94. 617 Zur allein theoretischen Bedeutung der Unterscheidung, vgl. Gördes, Gläubigerschutz Vermögensübernahme, S. 79; Seibert, Vermögensübernahme, S. 57.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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Vermögensübernahme ist die Schuldkomponente allerdings – je nach Ansicht – zumindest beschnitten. Selbst wenn ein kumulativer Übergang der Schuld auf den Erwerber und damit dessen persönliche Leistungsverpflichtung angenommen wurde, musste er dieser Leistungspflicht doch regelmäßig nicht nachkommen. § 419 Abs. 2 BGB gewährte ihm vielmehr in jedem Fall die Möglichkeit, etwaige Gläubiger auf die übernommenen Vermögensgüter zu verweisen. Infolgedessen meinte „Haftung für Verbindlichkeiten“ bei einer Vermögensübernahme regelmäßig die gegenständlich auf die übernommenen Güter beschränkte Haftung. Im Vergleich zum Erbschaftskauf war die Rechtslage für den Erwerber hier also wesentlich günstiger gestaltet. Dies war auch keinesfalls ein Versehen des Gesetzgebers, der diese Unterscheidung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bewusst reglementierte.618 e) Abschließende Wertung Bereits die Entstehungsgeschichte zeigt, dass sich der Erbschaftskauf und die Vermögensübernahme vollkommen eigenständig entwickelt haben. Das Institut des Erbschaftskaufs war schon dem Römischen Recht bekannt. Die damaligen Regelungen enthielten bereits den heute noch gültigen wesentlichen Grundgedanken des Erbschaftskaufrechts. So sollte die Erbschaft als Vermögensinbegriff Kaufgegenstand sein, nicht jedoch das Erbrecht selbst. Damit blieb der Veräußerer Erbe und der Käufer trat lediglich als Singularsukzessor in die einzelnen Vermögensgegenstände der Erbschaft ein. Demgemäß blieb der Verkäufer als Erbe weiterhin den Nachlassgläubigern verhaftet, wohingegen der Käufer im Außenverhältnis den Nachlassgläubigern nicht haftete. Sie konnten ihn nur auf direktem Weg haftungsrechtlich in Anspruch nehmen, wenn er einwilligte. Dann konnten sie allerdings nicht mehr gegen den Verkäufer vorgehen. Erst in der gemeinrechtlichen Praxis wurde vermehrt die direkte Klage gegen den Käufer für möglich gehalten. Die partikularen Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhunderts folgten nahezu allesamt dem römischrechtlichen Grundsatz. Allerdings gewährten sie den Nachlassgläubigern in jedem Fall den haftungsrechtlichen Zugriff auf den Erbschaftserwerber. Nur der Hessische Entwurf gewährte diesen Zugriff lediglich bei Zustimmung des Erwerbers. Einzig dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten und dem Bayrischen Entwurf lag, abweichend von Römischem Recht, der Gedanke einer Univeralsukzession zugrunde. Demnach sollte der Erwerber in die Erbenstellung des Veräußerers eintreten. Zum Schutz etwaiger Nachlassgläubiger konnten diese allerdings dennoch zwischen der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Verkäufers und einer solchen des Käufers wählen.619 Vollkommen anders gestaltete sich die Entstehung des § 419 BGB. Zur Zeit des Römischen Rechts gab es keine dem § 419 BGB vergleichbare Regel. Einzig Fälle 618 619

Vgl. Dazu bereits unter 3. Teil, B. II. 2. Vgl. dazu bereits unter 3. Teil, B.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

der unentgeltlichen Vermögensübernahme und des Gläubigerbetrugs waren anerkannt. Doch sollten die Gläubiger nicht direkt gegen den Übernehmenden vorgehen können. Sie mussten weiterhin den Vermögensveräußerer in Anspruch nehmen. Erst die gemeinrechtliche Praxis gewährte den Gläubigern den direkten haftungsrechtlichen Zugriff auf den Übernehmenden. Zudem sah keine der Kodifikationen und Entwürfe des 18. und 19. Jahrhunderts eine dem § 419 BGB vergleichbare allgemeine Haftungsunterwerfung des Vermögensübernehmers vor. Erneut wurden nur vereinzelte Konstellationen normiert, in denen die Gläubiger direkt gegen den Vermögensübernehmer vorgehen konnten. All diesen Fällen war jedoch gemein, dass sie einzig die Vermögensübernahme gegen geringes Entgelt oder die unentgeltliche Vermögensübernahme reglementierten. Regelungen bezüglich einer entgeltlichen Vermögensübernahme existierten nicht. Dementsprechend waren die Gläubiger regelmäßig erneut allein auf die haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Vermögensveräußerers verwiesen.620 Ein allgemeines Rechtsprinzip, wie von Giebel angenommen, wonach der Vermögensübernehmer für auf dem übernommenen Vermögen lastende Schulden haften sollte, kann damit allenfalls in diesen Grenzen angenommen werden. Dieser Grundsatz existierte, wenn überhaupt, lediglich für Fälle der unentgeltlichen Vermögensübernahme und statuierte einzig die Haftung mit den übernommenen Vermögensgütern, aber keinesfalls eine Haftung mit dem Eigenvermögen. Da ein Erbschaftskauf allerdings regelmäßig entgeltlich erfolgt und gegebenenfalls zur Verhaftung des Eigenvermögens führt, kann er diesem Prinzip nicht unterfallen. Während somit das Institut des Erbschaftskaufs bereits zu Zeiten des Römischen Rechts existierte, schuf erst die 1. Kommission zu Ausarbeitung eines BGB-Entwurfes das Institut der Vermögensübernahme, indem sie eine solche losgelöst vom Schenkungsrecht normierte. Damit ist das Erbschaftskaufrecht nicht etwa als Auswuchs der Vermögensübernahme, sondern als ein selbstständiges und unabhängiges Institut entstanden. Darüber hinaus wurden beide Institute in den Beratungen des BGB keineswegs als identisch behandelt. Es wurde lediglich an vereinzelten Stellen Bezug auf das jeweils andere Institut genommen. Im Umkehrschluss lässt sich daraus ableiten, dass außerhalb dieser gezielten Bezugnahmen mithin keinerlei wechselseitige Verbindungen bestehen sollten. Zwar zeigten sich an einigen Stellen inhaltliche Parallelen, von einer Identität beider Institute kann aber keine Rede sein. Überhaupt erstellte der Redaktor des Schuldrechts Kübel nur Vorentwürfe zum Erbschaftskaufrecht, nicht jedoch zur Vermögensübernahme. Dabei ist nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu sagen, ob der Redaktor eine Vermögensübernahme noch reglementiert hätte, wenn er dazu gekommen wäre. Denn es war ursprünglich nur die Vermögensübernahme gegen geringes Entgelt oder die unentgeltliche Vermögensübernahme angedacht. Überdies ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien 620 Vgl. Bayer, Haftung Vermögensübernehmer, S. 7, S. 9; Gördes, Gläubigerschutz Vermögensübernahme, S. 39, S. 52; Kauffer, Schutz Vermögensübernehmer, S. 15.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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ausdrücklich die Vorstellung, dass die Vermögensübernahme nicht die vertragsmäßige Erbschaftsübernahme betreffe. Diese sei vielmehr als Sonderfall in einem eigenen Abschnitt gesondert normiert. Dem entspricht darüber hinaus die unterschiedliche Haftungsausgestaltung beider Institute. So reglementierte der ursprüngliche Gesetzgeber die Erbschaftserwerberhaftung im Außenverhältnis als eine stets unbeschränkte Haftung, wohingegen diejenige bei einer Vermögensübernahme stets beschränkter Natur sein sollte. Ferner belegen die unterschiedlich gestalteten Wirkungsweisen des Erbschaftsverkaufs einerseits und der Vermögensübernahme andererseits die Verschiedenheit beider Institute. Auch sofern man in beiden Konstellationen übereinstimmend eine kumulative Schuldübernahme des Erwerbers erblicken möchte und demgemäß sowohl Schuld- als auch Haftungselement kumulativ übergehen sollte, ist doch die Rechtsfolge, die sich aus diesem Übergang des Schuldelements ergibt, bei beiden Instituten verschieden gestaltet. Bei einer Vermögensübernahme erfolgte lediglich die Übertragung der Vermögensbestandteile des Veräußerers. Eine Haftung betraf in der Regel allein die hinzuerworbenen Güter. Im Unterschied dazu lässt ein vorgenommener Erbschaftsverkauf den Erwerber schuldrechtlich in die gesamte Rechtsstellung des Erben einrücken. Die Haftung geht regelmäßig über die hinzuerworbenen Güter hinaus und betrifft dessen Gesamtvermögen. Von einer Identität zwischen Erbschaftskauf und Vermögensübernahme kann keine Rede sein. Deshalb können die Gründe, die zur Aufhebung des § 419 BGB geführt haben, auch nicht wegen einer angeblichen Identität der Institute auf die Haftungsregeln des Erbschaftskaufs bezogen werden.

4. Inhaltliche Übertragbarkeit der Aufhebungsgründe Anlässlich der Frage nach der inhaltlichen Übertragbarkeit der gegen § 419 BGB erhobenen Kritik ist nochmals der einem Erbschaftsverkauf zugrunde liegende Leitgedanke heranzuziehen: Der Erwerber einer Erbschaft rückt schuldrechtlich vollkommen in die Rechtsstellung des veräußernden Erben ein, wohingegen der Vermögensübernehmende lediglich die Vermögensgüter erwirbt. Wenn damit die Wirkungsweise des Erbschaftskaufs beschrieben ist, liegt darin auch der entscheidende Grund für die mangelnde inhaltliche Übertragbarkeit der an § 419 BGB geäußerten Kritik. Denn dieses Differenzierungskriterium rechtfertigt im Rahmen von Erbschaftsveräußerungen die normierten Haftungsregelungen der §§ 2382, 2383 BGB. Auf die einzelnen Kritikpunkte bezogen meint dies folgendes: Die Regelungen des Erbschaftskaufs begegnen keineswegs wie die Regelung des § 419 BGB Bedenken hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit. Mit dem Einrücken in eine Rechtsstellung ist bekanntermaßen neben dem Eintritt in die aus dieser Stellung resultierenden Rechte auf der Kehrseite auch ein Eintritt in etwaige Pflichten verbunden. Demgemäß muss der einrückende Erbschaftserwerber zwangsläufig mit der

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

Haftung für Nachlassverbindlichkeiten belastet werden, wenn das Geschäft nicht zulasten der Nachlassgläubiger gehen soll. Die Schaffung der §§ 2382, 2383 BGB stellt nicht etwa einen Willkürakt des Gesetzgebers, sondern schlicht die Normierung der Folgen des Rechtsübergangs dar. Darüber hinausführt die Erwerberverhaftung bei einem Erbschaftsverkauf keineswegs in jedem Fall zu einer unangemessenen Bevorteilung der Gläubiger durch Verdoppelung der Haftungsmasse. Anders als für den stets unbeschränkt haftenden Vermögensveräußerer besteht für den veräußernden Erben die Möglichkeit, seine Haftung auf die Erbschaftsgegenstände zu beschränken. Demgemäß wird ein Erbe in eigenem Interesse regelmäßig von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. In dieser Konstellation fällt allerdings das vom Erwerber erhaltene Entgelt nach einhelliger Ansicht in das Eigenvermögen des Erben und somit nicht in den Nachlass. Im Unterschied zum Institut der Vermögensübernahme nach § 419 BGB ist das entrichtete Entgelt bei Erbschaftsveräußerungen damit in der Regel dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger entzogen. Ihnen ist in der Folge einzig der haftungsrechtliche Zugriff auf das „alte Vermögen“, nicht jedoch, wie bei einer Vermögensübernahme, auch ein Zugriff auf das „neue Vermögen“ des Erben möglich. Auch auf Erwerberseite ist zunächst keine unangemessene Benachteiligung vorhanden. Zwar muss er, wie im Rahmen einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB, ebenfalls den Zugriff der Gläubiger auf die erlangten Vermögenswerte dulden und kann nicht etwa das gezahlte Entgelt in Abzug bringen. Aus dem Gesamtschuldverhältnis erwächst auch ihm in diesen Fällen lediglich ein Regressanspruch im Innenverhältnis zum Veräußerer, welcher im Insolvenzfall leerlaufen kann. Dann verliert auch der Erbschaftserwerber die erlangten Vermögenswerte und die entrichtete Vergütung. All dies rechtfertigt sich wiederum aus seinem schuldrechtlichen Eintritt in die Rechtsstellung des Erben. Wer in die Rechtsstellung eines anderen eintritt, ist zwangläufig auch den damit verbundenen Gefahren ausgesetzt. Ob der dem Erbschaftskauf zugrundeliegende Leitgedanke in heutiger Zeit allerdings die gegebenenfalls eintretende unbeschränkbare Erwerberhaftung rechtfertigen kann, wird noch zu prüfen sein.621 Bleibt noch die Problematik einer Sicherungsübereignung. Eine solche kann der Rechtsprechung zufolge neben einer Vermögensübernahme im Sinne des § 419 BGB ebenfalls einen Erbschaftsverkauf darstellen. Dabei verengt diese Rechtsprechung den Anwendungsbereich der Erbschaftskaufregelungen anders als bei einer Vermögensübernahme auf Konstellationen, in denen sowohl die Darlehensrückzahlung als auch die Rückübertragung der Erbschaft praktisch ausgeschlossen sind.622 Damit betrifft die Anwendung der §§ 2382, 2383 BGB von vornherein nur Fälle des endgültigen Entzugs der Haftungsgrundlage auf Gläubigerseite. Die anlässlich des § 419 BGB dargestellte Problematik hinsichtlich der Eröffnung des Anwendungsbereichs

621 622

Vgl. dazu unten 4. Teil, B. III. Vgl. BGH NJW 1977, 1515; RGZ 171, 185, 192.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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der Norm stellt sich bei einem Erbschaftskauf somit nicht.623 Ist damit der Anwendungsbereich der Haftungsregelungen des Erbschaftskaufs eröffnet, werden wie bei einer Vermögensübernahme Verbindlichkeiten, die erst durch die Sicherungsübereignung entstehen, nicht über §§ 2382, 2383 BGB gesichert. Denn die Haftung des Erbschaftserwerbers betrifft allein Nachlassverbindlichkeiten, namentlich die sogenannten Erblasserschulden, Erbfallschulden und Nachlasserbenschulden. Dieser Fallgruppe unterfallen zum einen Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt des Erbfalles bereits in der Person des Erblassers begründet waren, noch nicht erloschen und demnach mit dem Erbfall auf den Erben übergegangen sind, zum anderen aber auch solche Schulden, welche aus Anlass des Erbfalls in Bezug auf den Nachlass automatisch mit dem Erbfall in der Person des Erben entstanden sind. Bei erst aufgrund der Sicherungsübereignung entstandenen Verbindlichkeiten handelt es sich allerdings nicht um Verbindlichkeiten, welche aus der Sphäre des Erblassers herrühren. Vielmehr werden Sicherungsübereignungsschulden erst durch den Erben selbst begründet. Damit sind sie weder unter die eine noch unter die andere Fallgruppe zu subsumieren. Jedoch können vom Erben selbst begründete Verbindlichkeiten den Charakter einer Nachlassverbindlichkeit haben, sofern die Verpflichtungsübernahme vom Standpunkt eines sorgfältigen Beobachters in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses erfolgte. Doch wird die Veräußerung des Nachlasses zu Sicherungszwecken wohl kaum eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme darstellen, sodass auch diese Fallgruppe ausscheidet. Anders als bei einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB resultiert bei einem Erbschaftskauf daraus, dass derartige Verbindlichkeiten nicht durch §§ 2382, 2383 BGB gesichert werden, demgemäß auch keine unzumutbare Schlechterstellung des neuen Kredits gegenüber dem alten. Sofern ein Erbschaftskauf vorliegt, können neuer und alter Kredit nicht miteinander verglichen werden, da es sich bei dem jeweiligen Kreditnehmer um verschiedene Personen handelt. So betreffen die Haftungsregelungen einzig Kredite, welche dem Erblasser gewährt wurden. Mit dessen Tod fällt dem Darlehensgeber der alte Schuldner weg und der Erbe beziehungsweise der Erbschaftskäufer treten an dessen Stelle. In diesem Wegfall des alten Schuldners liegt auch die notwendige Vertrauensgrundlage des jeweiligen Nachlassgläubigers, die in den Fällen des § 419 BGB in Frage gestellt wurde. Ein neuer Kredit kann demgegenüber einzig dem Erben oder dem Erbschaftskäufer selbst gewährt werden. Obendrein besteht in Bezug auf einen Erbschaftsverkauf nicht die Gefahr der Umgehung etwaiger Kreditsicherungsregelungen, insbesondere der Eröffnung eines Nachlassinsolvenz- oder eines Nachlassverwaltungsverfahrens. Der Erbe als Sicherungsnehmer kann seine Haftung nur mittels der genannten Verfahren beschränken und wird diese Möglichkeit in eigenem Interesse regelmäßig ergreifen. Zudem weist das seitens der Rechtsprechung eingeführte subjektive Element nicht die gleichen Schwächen auf, welche ihm bei einer Vermögensübernahme angelastet wurden. Die Entstehung einer verhafteten Forderung ist nach Abschluss 623

Vgl. zu dieser Problematik bei § 419 BGB unter 4. Teil, A. I. 2. a).

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

des schuldrechtlichen Erbschaftskaufvertrags einzig im Rahmen ordnungsgemäßen Verwaltungshandels seitens des Erben möglich. Eine solche Schuld wird regelmäßig allerdings nicht von großem Umfang sein, sodass der Übernehmende nach Vertragsschluss nicht länger die Möglichkeit benötigt, von der Übernahme Abstand zu nehmen. Ferner leitet sich wiederum aus dem Leitgedanken des Erbschaftskaufrechts der Anwendungsbereich dessen Haftungsregelungen ab. Insoweit muss der schuldrechtlich in die Rechtsstellung des Erben einrückende Erwerber zwangsläufig mit diesem schuldrechtlichen Übergang der Rechtsstellung auch einen Übergang der Verbindlichkeiten verknüpfen. Dieselben Erwägungen sprechen gegen eine unangemessene Bevorteilung des Kredits im Vergleich zum Austauschverkehr. Demgemäß ist die Verhaftung des Erbschaftserwerbers durch dessen Eintritt in die Rechtsstellung des Erben gerechtfertigt. Die daraus resultierende Abweichung zur Zweckrichtung des übrigen Kreditsicherungsrechts ist hinzunehmen. Gleiches gilt für eine etwaige Abschreckung potentieller Interessenten aufgrund der Haftungsregelungen. Abschließend sei darauf verwiesen, dass die Erbschaftskaufregelungen – anders als der frühere § 419 BGB – keine Eigentümlichkeit des deutschen Rechts sind. Beispielsweise in Frankreich existieren die entsprechenden Regelungen weiterhin nahezu unverändert in den Art. 1696 – 1698 des Code civil.624 So heißt es in Art. 1696: „Celui qui vend une succession sans en spécifier en détail les objets, n’est tenu de garantir que sa qualité d’héritier.“ („Wer eine Erbschaft verkauft, ohne deren Gegenstände einzeln zu bestimmen, steht nur für seine Rechtsstellung als Erbe ein.“)

Art. 1698 lautet unverändert: „L’acquéreur doit de son côté rembourser au vendeur ce que celui-ci a payé pour les dettes et charges de la succession […].“ („Der Erwerber hat seinerseits dem Verkäufer das zu ersetzen, was dieser für die Verbindlichkeiten und Lasten des Nachlasses geleistet hat […].“)625

In Art. 1166 heißt es: „Néanmoins, les créanciers peuvent exercer tous les droits et actions de leur débiteur, à l’exception de ceux qui sont exclusivement attachés à la personne.“ („Gleichwohl können die Gläubiger alle Rechte ausüben und Klagen erheben, die ihrem Schuldner zustehen, mit Ausnahme jener, die ausschließlich an die Person geknüpft sind.“)626

624

Vgl. dazu bereits 3. Teil, B. I. 2. b). Vgl. zum französischen Gesetzestext und der Übersetzung, in: Ferid/Firsching/Dörner/ Hausmann, Internationales Erbrecht, Bd. 2, Frankreich, S. 148 f. 626 Vgl. zum französischen Gesetzestext und der Übersetzung, in: Ferid/Firsching/Dörner/ Hausmann, Internationales Erbrecht, Bd. 2, Frankreich, S. 139. 625

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Demnach betreffen die erbschaftskaufrechtlichen Regelungen weiterhin allein das Innenverhältnis der Vertragsparteien. Da die Erbschaft und nicht das Erbrecht den Verkaufsgegenstand bildet, bleibt der Verkäufer als Erbe den Nachlassgläubigern verhaftet. Allerdings hat der Verkäufer nach Art. 1698 im Innenverhältnis einen Anspruch gegen den Käufer auf Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten. Diesen Anspruch können die Gläubiger gemäß Art. 1166 Code civil direkt gegen den Erwerber geltend machen.627 Ebenfalls der Codice Civile enthält in Art. 1542 – 1547 Vorschriften zum Erbschaftskauf. Übereinstimmend mit deutschem und französischem Recht bildet auch nach italienischem Recht die Erbschaft den Verkaufsgegenstand. Der Verkäufer bleibt als Erbe den Nachlassgläubigern verhaftet. Jedoch wird auch der Käufer gegenüber den Nachlassgläubigern verpflichtet. Denn Art. 1546 bestimmt: „Il compratore, se non vi è patto contrario, è obligato in solido col venditore a pagare i debiti ereditari.“ („Ist nichts Gegenteiliges vereinbart, sind Käufer und Verkäufer zur Zahlung der Nachlassschulden als Gesamtschuldner verpflichtet.“)628

Schließlich kennt das österreichische ABGB das Institut des Erbschaftskaufs immer noch. Entsprechende Normierungen finden sich weiterhin in den §§ 1278 – 1283 ABGB.629 Ob nach dem ABGB das Erbrecht oder die Erbschaft den Gegenstand der Veräußerung bildet, wird nicht einheitlich beurteilt.630 Jedenfalls haften Verkäufer und Käufer im Außenverhältnis gegenüber den Nachlassgläubigern nebeneinander als Gesamtschuldner. Der Veräußerer wird demnach nicht aus der Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern entlassen, und der Erwerber tritt in die Haftung ein.631

II. Ausweitung des Anfechtungsrechts Wenn der historische Gesetzgeber die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB vornehmlich mit Gläubigerschutzgesichtspunkten rechtfertigte, bleibt zu fragen, ob in heutiger Zeit weiterhin ein derartiges Schutzbedürfnis besteht. Zweifel könnten sich aus der Änderung des Insolvenzrechts ergeben. Im Zuge der Insolvenzrechtsreform wurde auch das Anfechtungsrecht inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens ausgeweitet. Sofern ein Erbschaftsverkauf in jedem Fall diesen Regelungen 627 Vgl. Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Bd. 2, Frankreich, Rn. 62, Rn. 252, Rn. 292. 628 Vgl. zum italienischen Gesetzestext und der Übersetzung, in: Ferid/Firsching/Dörner/ Hausmann, Internationales Erbrecht, Bd. 3, Italien, S. 179 f. Zum Ganzen vertiefend vgl. ebenda Rn. 691. 629 Vgl. bereits unter 3. Teil, B. Zum österreichischen Gesetzestext, in: Ferid/Firsching/ Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Bd. 6, Österreich, S. 105 f. 630 Vgl. zum Meinungsbild vertiefend Jud, Erbschaftkauf, S. 4 – 8. 631 Vertiefend siehe Jud, Erbschaftkauf, S. 4 – 8, S. 21, S. 75 – 79.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

unterfiele, hätten etwaige Nachlassgläubiger die Möglichkeit der Anfechtung eines solchen Geschäfts. Vorausgesetzt, die Anfechtungsregelungen deckten aufgrund ihrer Rechtsfolge das Schutzbedürfnis der Gläubiger vollumfänglich ab, entfiele das Bedürfnis des zusätzlichen Schutzes nach §§ 2382, 2383 BGB. Die Regelungen würden mithin überflüssig.632 Infolgedessen ist zu fragen, ob ein Erbschaftsverkauf in jedem Fall den Anfechtungsregelungen unterfällt und damit auch ohne die §§ 2382, 2383 BGB dem Schutzbedürfnis etwaiger Nachlassgläubiger zu genüge Rechnung getragen würde. 1. Die Insolvenzanfechtung Zunächst könnte ein Erbschaftskauf nach den §§ 129 – 147 InsO anfechtbar sein. Die Vorschriften regeln die Anfechtungsmöglichkeiten im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Sie dienen dem Interesse der Gläubigergesamtheit. Deren Benachteiligung zugunsten einzelner Gläubiger soll durch Rückabwicklung etwaiger Verminderungen der Insolvenzmasse rückgängig gemacht werden.633 Demgemäß ist Rechtsfolge einer Anfechtung nach § 143 Abs. 1 S. 1 InsO grundsätzlich die Verpflichtung zu Rückgewähr des aus dem Schuldnervermögen weg- oder aufgegebenen Vermögensgegenstands selbst zur Insolvenzmasse.634 Ist diese Rückgewähr in Natur nicht möglich, richtet sich die Anfechtung gemäß § 143 Abs. 1 S. 2 InsO in Verbindung mit verschärfter Bereicherungshaftung auf Wertersatz in Geld.635 Auf den Erbschaftskauf übertragen müsste der Erwerber das Erlangte zur Insolvenzmasse zurückgewähren oder entsprechenden Wertersatz leisten. Die Nachlassgläubiger könnten in der Folge bezüglich ihrer Forderung aus der Masse befriedigt werden. Ihrem Schutzbedürfnis würde genügt. Die einzelnen Anfechtungsgründe sind in §§ 130 – 136 InsO normiert. Mit ihrer Hilfe kann der Insolvenzverwalter vor Verfahrenseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen des Insolvenzschuldners, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligen, anfechten, § 129 Abs. 1 InsO. Allerdings wird nicht die Rechtshandlung selbst angefochten, sondern die durch sie verursachte gläubigerbeeinträchti632

Für eine derartige Aufhebung aufgrund von Trivialität plädiert Giebel, Erbschaftskauf, S. 88. Einige Literaten verwandten dies seinerzeit bereits als Argument für eine Abschaffung des § 419 BGB, so Schricker, JZ 1970, 265, 271; Ott, in: Wassermann, AK-BGB SR, § 419 Rn. 2. 633 Vgl. statt aller Kirchhof/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, Vorbem. §§ 129 – 147 InsO Rn. 2. 634 Dass Rechtsfolge der Anfechtung die Begründung eines schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs ist, ist heute überwiegend anerkannt, vgl. BGHZ 59, 353, 356; BGHZ 71, 61, 63; BGH, NZI 2005, 453; Bork, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 4 – 6 Rn. 5 – 10; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 52 Rn. 1; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 9; Büteröwe, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 143 Rn. 6. 635 Vertiefend siehe BGH, NZI 2005, 453; Büteröwe, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 143 Rn. 7; Kirchhof/Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 143 Rn. 84 ff.

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gende Wirkung.636 Dabei richtet sich die Anfechtung gegen den Empfänger der anfechtbaren Leistung oder gegen dessen Rechtsnachfolger, § 145 InsO.637 Mit Hilfe der §§ 129 – 147 InsO könnte auch die, durch einen Erbschaftskauf verursachte gläubigerbeeinträchtigende Wirkung angefochten werden. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Rechtshandlungen jede Handlung selbstständig auf ihre Anfechtbarkeit hin zu prüfen ist.638 Es müssen insbesondere die aufgrund des Trennungs- und Abstraktionsprinzips voneinander zu separierenden Grund- und Erfüllungsgeschäfte anfechtungsrechtlich selbstständig geprüft werden.639 Des Weiteren gestalten sich auch ihre Rechtsfolgen unterschiedlich. Rechtsfolge der auf das Grundgeschäft beschränkten Anfechtung ist die Rückabwicklung des erfolgten Erfüllungsgeschäfts mangels Rechtsgrunds. Bei einer Anfechtung allein des Erfüllungsgeschäfts bleibt dagegen nach Rückgewähr in die Masse nach § 143 Abs. 1 InsO eine Insolvenzforderung im Sinne des § 144 Abs. 1 InsO erhalten. Insoweit empfiehlt es sich, beide Geschäfte anzufechten.640 Aus diesem Grund wird die folgende Prüfung die Anfechtungsmöglichkeiten in Bezugnahme auf jedes Geschäft getrennt untersuchen. Demnach ist bei einem Erbschaftsverkauf der schuldrechtliche Kaufvertrag, der die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung der Erbschaft beinhaltet, von dem jeweiligen Erfüllungsgeschäft zu unterscheiden. Dieses dingliche Verfügungsgeschäft beinhaltet anlässlich eines Erbschaftskaufs die Übertragung jedes einzelnen Nachlassgegenstands nach den jeweils einschlägigen Normen. Hinsichtlich eines Erbteils erfolgt die Übertragung vor Nachlassauseinandersetzung mittels einaktiger Verfügung gemäß § 2033 Abs. 1 BGB. Danach ist wie im Rahmen eines Erbschaftskaufs über jeden bei der Auseinandersetzung zugeteilten Gegenstand einzeln zu verfügen.641 636 So BGHZ 147, 233, 236; BGH NJW 1995, 1668, 1670; BGH, NZI 2009, 644, 645 Rn. 29; BGH NZI 2014, 397 Rn. 10; BGH NZI 2017, 352 353 Rn. 15; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 20; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 51 Rn. 1. 637 Siehe statt aller Büteröwe, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 143 Rn. 4; Kirchhof/Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 143 Rn. 8. 638 Vgl. BGHZ 174, 228, 234 Rn. 18; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 52 Rn. 4; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 129 Rn. 55; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 19; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 42. Dies gilt auch bei einer Anfechtung nach dem AnfG vgl. Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 49; BGH, NJW 1987, 1812, 1813. 639 So bereits RGZ 27, 130, 132; BGH ZIP 2007, 1274, 1276 Rn. 27; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 129 Rn. 57; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 52 Rn. 4; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 42; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 42. 640 Siehe Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 42; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 129 Rn. 57. 641 Vgl. zum Ganzen bereits oben unter 1. Teil, E.

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a) Rechtshandlung vor Verfahrenseröffnung Für eine solche Anfechtung fordert § 129 Abs. 1 InsO die Vornahme einer Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Rechtshandlung in diesem Sinne ist jede bewusste Willensbetätigung, welche eine rechtliche Wirkung entfaltet.642 Der Begriff der Rechtshandlung wird weit ausgelegt, sodass nahezu sämtliche benachteiligende Maßnahmen darunterfallen.643 Ein Erbschaftsverkauf kann somit unproblematisch unter den Begriff der Rechtshandlung subsumiert werden. Allerdings ist streng zwischen den in Betracht kommenden einzelnen Handlungen zu differenzieren. Insoweit stellt zunächst der Abschluss des schuldrechtlichen Erbschaftskaufvertrags eine Rechtshandlung im Sinne der Norm dar, ferner fällt darunter jedwede, einzeln zu prüfende dingliche Übertragungshandlung. Schließlich ist bei einer Erbteilsübertragung vor Erbauseinandersetzung der einheitliche Übertragungsakt nach § 2033 Abs. 1 BGB eine Rechtshandlung in anfechtungsrechtlichem Sinn. Dabei muss der Erbschaftsverkauf als maßgebliche Handlung nicht seitens des Insolvenzschuldners selbst vorgenommen worden sein. Vielmehr differenziert die Regelung des § 129 Abs. 1 InsO anders als § 1 Abs. 1 AnfG, nicht danach, wer Urheber einer solchen Handlung ist. Einzig vereinzelte Anfechtungstatbestände fordern ein Tätigwerden des Insolvenzschuldners selbst, etwa §§ 132 Abs. 1 und 2, 133 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 134 Abs. 1, 142 InsO.644 Darüber hinaus muss die Erbschaftsveräußerung vor Insolvenzverfahrenseröffnung vorgenommen worden sein, § 129 Abs. 1 InsO. Dies impliziert zunächst die wirksame Eröffnung des jeweiligen Insolvenzverfahrens. Wann eine entsprechende Handlung als vorgenommen gilt, bemisst sich nach § 140 InsO. b) Kausale Gläubigerbenachteiligung Weiterhin knüpft § 129 Abs. 1 InsO die Anfechtung an die Bedingung, dass die vorgenommene Rechtshandlung die Gläubiger in ihrer Gesamtheit objektiv benachteiligt.645 Gläubiger in diesem Sinne sind auch die Nachlassgläubiger.646 Wie schon der Begriff der Rechtshandlung ist auch derjenige der Benachteiligung weit auszulegen.647 Die Voraussetzung einer Benachteiligung der in Betracht kommenden 642

RGZ 59, 53, 57; BGH, NZI 2009, 644, 645 Rn. 21; BGH NZI 2014, 321, 322; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 26. 643 So BGH, NZI 2009, 644, 645 Rn. 21; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 19; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 129 Rn. 7. 644 BGHZ 58, 108, 110; BGHZ 143, 332, 335; Huber, in: Gottwald, InsolvenzrechtsHandbuch, § 46 Rn. 28; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 35 Rn. 30. 645 BGH NZI 2007, 462, 464 Rn. 22; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 79 Rn. 1. 646 Vgl. statt aller Borries/Hirthe, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 80. 647 BGHZ 182, 317, 322 Rn. 13; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 50.

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Gläubiger ist erfüllt, sofern sich ihre Befriedigung im Falle des Unterbleibens der angefochtenen Rechtshandlung günstiger gestaltet hätte.648 Dies trifft zu, wenn die angefochtene Rechtshandlung die Vermehrung der Schuldenmasse und/oder die Verringerung der Insolvenzmasse herbeiführt. In jedem Falle muss die angefochtene Rechtshandlung den Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert haben.649 Sie muss demnach Gegenstände betreffen, welche dem Zugriff der Nachlassgläubiger unterliegen, sprich in die Insolvenzmasse fallen, §§ 35 ff. InsO in Verbindung mit § 325 InsO.650 Es müssen unpfändbare Gegenstände außerachtgelassen werden.651 Mangels Verwertbarkeit scheiden allerdings gleichfalls wertlose Gegenstände652, wertausschöpfend belastete Gegenstände653 und schuldnerfremde Gegenstände654 aus der Betrachtung aus. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt bezüglich der Benachteiligung oder bezüglich etwaiger Werthaltigkeit des jeweils betroffenen Gegenstands ist beim Erfordernis einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung der Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung. Sofern der jeweils einschlägige Anfechtungstatbestand jedoch die mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügen lässt, ist der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entscheidend.655 Die vorgenommene Rechtshandlung muss gemäß § 129 Abs. 1 InsO die Gläubigerbenachteiligung herbeigeführt haben. Das heißt, es bedarf eines Kausalzusammenhangs zwischen Rechtshandlung und Benachteiligung.656 Ob ein solcher Kausalzusammenhang gegeben ist, bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Demnach ist eine Handlung ursächlich, die nicht hinweg 648

So BGHZ 174, 228, 233 Rn. 17; BGH, NJW 1980, 1580, 1581; BGH, NZI 2009, 644, 645 Rn. 25; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 51. 649 BGHZ 174, 228, 233 Rn. 17; BGHZ 182, 317, 322; BGHZ 193, 129, 132 Rn. 11; BGH NZI 2007, 452, 453 Rn. 18; BGH, NZI 2009, 644, 645 Rn. 25; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 51. 650 Siehe statt aller Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 129 Rn. 78. 651 Vgl. dazu § 36 InsO; so schon bzgl. AnfG BGHZ 123, 183, 185; ansonsten siehe auch OLG Braunschweig, MDR 1953, 741; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 82 Rn. 10; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 52. 652 So statt aller Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 64. 653 BGH, NJW 1992, 624, 626; BGH, NJW 1995, 1668, 1670; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 55. 654 Vgl. BGHZ 72, 39, 41; BGH, WM 1986, 296, 298; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/ Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 129 Rn. 78a. 655 So bereits anlässlich des AnfG siehe RGZ 150, 42, 45; ferner siehe BGH, NJW-RR 1993, 235, 236; BGH, ZIP 1995, 1021, 1023; BGH NZI 2009, 768 Rn. 5; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 46; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 62, 68 f. 656 So BGH, NJW 1980, 1580, 1581; BGH, NJW 2000, 1259, 1261; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 53; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 88 Rn. 23.

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gedacht werden kann, ohne dass die Benachteiligung entfiele.657 Regelmäßig genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung. Dies meint Konstellationen, in denen die Benachteiligung erst dadurch herbeigeführt wurde, dass zu der Rechtshandlung ein Umstand hinzutrat, der diese im weiteren Verlauf zu einer benachteiligenden gemacht hat.658 Einzelne Anfechtungstatbestände fordern ausnahmsweise die Unmittelbarkeit der Gläubigerbenachteiligung, wie zum Beispiel § 132 Abs. 1 InsO oder § 133 Abs. 4 InsO. In diesen Fällen muss die Benachteiligung direkt mit Vornahme der Rechthandlung selbst eintreten.659 Ein Erbschaftsverkauf benachteiligt die Nachlassgläubiger in ihrer Gesamtheit unmittelbar. Dies gilt im Hinblick auf das schuldrechtliche Geschäft. Dadurch verpflichtet sich der Erbe, die Erbschaft beziehungsweise den Erbteil an den Erwerber zu übertragen. Durch diese Verpflichtung wird die auf dem Nachlassvermögen lastende Schuldenmasse vermehrt. Mit der Verpflichtung zur Übertragung geht auf der anderen Seite ein Anspruch auf das vereinbarte Entgelt einher. Allerdings zeichnet sich ein Erbschaftsverkauf dadurch aus, dass der Erwerber die Erbschaft für ein Entgelt erhält, welches höhenmäßig nicht vollkommenen dem Wert des Nachlasses entspricht. Da ihm das Abwicklungsprozedere aufgebürdet ist, wird er vielmehr regelmäßig ein wesentlich geringeres Entgelt entrichten wollen.660 Somit verpflichtet sich der Verkäufer mittels des schuldrechtlichen Geschäfts zu einer Übertragung unter Wert. Diese Verpflichtung zu einem einseitigen Vermögensopfer ist kausal benachteiligend im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO. Doch sind auch einzelne Übertragungshandlungen beziehungsweise die einaktige Übertragungshandlung nach § 2033 Abs. 1 BGB kausal gläubigerbenachteiligend. Ohne die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB würde der Erbschaftserwerber den Nachlassgläubigern regelmäßig nicht verhaftet. Gleiches gilt in Bezug auf einen Erbteilskauf nach Nachlassteilung. Vor einer solchen haftet der Erwerber des Erbteils wegen § 2059 Abs. 2 BGB mittelbar mit dem Nachlassvermögen. Die Nachlassgläubiger könnten in der Folge, mit Ausnahme der zuletzt genannten Konstellation, nicht länger auf die Nachlassgegenstände als Haftungsobjekt zugreifen. Einzig der Veräußerer würde weiterhin der Haftung unterstellt.661 Allerdings ist zu beachten, dass das seitens des Erwerbers entrichtete Entgelt sowohl bei Erbschafts- als auch beim Erbteilsverkauf gewöhnlich nicht in das Nachlassvermögen fällt.662 Demnach wäre den Nachlassgläubigern im Falle beschränkter Erbenhaftung auch der Zugriff 657 Vertiefend vgl. BGH, NJW-RR 1989, 1010; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 129 Rn. 169. 658 So bereits RGZ 33, 120, 122 f.; BGHZ 124, 76, 79; BGH, WM 1960, 381, 382; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 57. 659 BGHZ 128, 184, 187; BGH, ZIP 1997, 853, 854; Schmidt, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 129 Rn. 57; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 68. 660 So auch Muscheler, RNotZ 2009, 65, 71 und 73. 661 Siehe dazu bereits unter 3. Teil. 662 Vertiefend vgl. Dauner-Lieb, Unternehmen, S. 107 – 111; Giebel, Erbschaftskauf, S. 78 – 80.

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darauf verwehrt. Doch ebenfalls in Konstellationen unbeschränkter Erbenhaftung, sprich wenn den Nachlassgläubigern der Zugriff auf das erlangte Entgelt zustünde, würden sie nicht in voller Höhe entschädigt. Denn das entrichtete Entgelt wird regelmäßig seiner Höhe nach nicht dem Wert des Übertragungsgegenstands entsprechen. Dann steht den einzelnen Übertragungshandlungen also kein in das Nachlassvermögen fließender Gegenwert gegenüber. c) Anfechtungsgrund Schließlich muss einer der in §§ 130 – 137 InsO enthaltenen Anfechtungsgründe vorliegen. In Bezug darauf ist jedoch zu konstatieren, dass die Anfechtungsgründe der §§ 130 – 132 InsO lediglich im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bestehen, wobei § 132 InsO subsidiär zu den §§ 130 und 131 InsO ist.663 Demgegenüber finden sich §§ 133, 134 InsO auch in entsprechenden Regelungen im Anfechtungsgesetz wieder, sodass sich diese Anfechtungsmöglichkeiten nicht auf die Vornahme innerhalb eines Insolvenzverfahrens beschränken.664 Im Einzelnen ergibt sich daraus: aa) Deckungsanfechtung Sowohl § 130 InsO als auch § 131 InsO ermöglichen die Anfechtung in Deckungsfällen. Dies meint Konstellationen, in denen die vorgenommene Rechtshandlung eine zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Forderung befriedigt beziehungsweise sichert.665 Wenn damit das Bestehen einer Forderung vor Vornahme der Rechtshandlung vorausgesetzt wird, beschränken diese Normen die Anfechtungsmöglichkeit auf Personen, die zum Vornahmezeitpunkt bereits Insolvenzgläubiger waren.666 Rechtshandlungen, die gegenüber Dritten erfolgten, zu denen nicht bereits eine schuldrechtliche Beziehung bestand, sind dementsprechend nicht nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar.667 Diese Voraussetzung wird bei einem Erbschaftsverkauf regelmäßig nicht vorliegen. Da gemäß § 325 InsO bei einem Nachlassinsolvenzverfahren einzig Nachlassverbindlichkeiten geltend gemacht werden können, umfasst der Gläubigerbegriff insoweit lediglich etwaige Nachlassgläubiger. Ein Erbschaftserwerber wird nur in Ausnahmefällen Nachlassgläubiger in diesem Sinne sein.

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Vgl. statt aller Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 47 Rn. 1, 64. Die weiteren Anfechtungstatbestände der §§ 135, 136, 137 InsO sollen aufgrund des eingeschränkten Dissertationsgegenstands außer Betracht bleiben. 665 Siehe statt aller Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 130 Rn. 6. 666 Siehe statt aller Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 130 Rn. 16. 667 Vgl. statt aller Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 130 Rn. 27. 664

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Doch selbst in Konstellationen, in denen diese Voraussetzung ausnahmsweise zutrifft, würde die Anwendung der §§ 130, 131 InsO regelmäßig mangels Einhaltung der sehr kurz bemessenen Anfechtungsfristen scheitern. Im Zusammenhang mit Konstellationen kongruenter Deckung nach § 130 InsO ist noch zu erläutern, ob nicht aufgrund des § 142 InsO eine Anfechtung der Verpflichtungsbegründung beziehungsweise der jeweiligen Übertragungshandlung an besondere Voraussetzungen geknüpft ist. Gemäß § 142 InsO können Bargeschäfte lediglich nach § 133 Abs. 1 – 3 InsO angefochten werden, sofern der andere Teil zusätzlich erkannte, dass der Schuldner unlauter handelte. Insoweit müssen demnach die Voraussetzungen des § 133 InsO und diejenige der Unlauterkeit des Schuldnerhandelns kumulativ vorliegen.668 Ein Bargeschäft im Sinne der Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut jedoch nur eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen einfließt.669 Die erforderliche Gleichwertigkeit im Sinne der Vorschrift ist gegeben, wenn die Gegenleistung den Wert der Leistung vollkommen ausgleicht.670 Dies ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen.671 Dem Schutzzweck der Norm zufolge, muss die Anfechtbarkeit allerdings gleichfalls ausgeschlossen sein, falls die Gegenleistung nicht gleichwertig sondern höherwertig ist.672 Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Güteraustauschs: also dann, wenn die erste Vertragsleistung erfolgt.673 Der Erwerber einer Erbschaft leistet jedoch regelmäßig eine von vornherein als geringerwertig einzuschätzende Gegenleistung, sodass ein Bargeschäft mangels Gleichwertigkeit von vornherein ausscheidet.674 Überdies ermangelt es in Fällen beschränkter Erbenhaftung der nötigen Zugriffsmöglichkeit der Nachlassgläubiger auf die Gegenleistung, da eine solche regelmäßig nicht in das Nachlassvermögen fällt. bb) Unmittelbar nachteilige Rechtshandlung Während §§ 130, 131 InsO Befriedigungen oder Sicherungen bereits bestehender Verbindlichkeiten umfassen, wendet sich § 132 InsO gegen das Begründen eben668 Siehe statt aller Kirchhof/Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 142 Rn. 37. 669 Statt aller Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 77; Kirchhof/ Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 142 Rn. 5. 670 So statt aller Kirchhof/Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 142 Rn. 17. 671 Vgl. statt aller Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 142 Rn. 46; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 85. 672 BGHZ 202, 59, 62 Rn. 13; Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 93 Rn. 40. 673 So statt aller Ehricke, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 94 Rn. 42; Kirchhof/Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 142 Rn. 15. 674 Statt aller siehe Kirchhof/Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 142 Rn. 17.

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solcher Verbindlichkeiten selbst.675 Doch muss die Rechtshandlung, abweichend zu §§ 130, 131 InsO, nicht gegenüber einem Insolvenzgläubiger erfolgen. Somit sind ebenfalls Rechtshandlungen gegenüber Dritten, also auch ein Erbschaftskauf, vom Anwendungsbereich der Norm umfasst.676 Für § 132 InsO ist ferner irrelevant, dass bei einem Erbschaftsverkauf die geschuldete Gegenleistung regelmäßig hinter dem Wert der veräußerten Nachlassgegenstände zurückbleibt. Denn die Vorschrift schließt anders als § 142 InsO ebenfalls solche Veräußerungen unter Wert ein.677 Letztlich ist in einem Erbschaftsverkauf das seitens der Norm geforderte unmittelbar benachteiligende Rechtsgeschäft zu sehen, da dieser Begriff insbesondere verpflichtende oder verfügende Verträge umfasst.678 Doch selbst sofern man einen Erbschaftsverkauf unter den Tatbestand des § 132 InsO subsumieren wollte, wird die Anfechtung eines solchen in der Regel an den Anfechtungsfristen der Norm scheitern. Denn § 132 InsO beinhaltet dieselben kurzen Fristen wie § 130 InsO. cc) Vorsätzliche Benachteiligung Des Weiteren ist eine Anfechtung nach der Generalklausel des § 133 Abs. 1 InsO möglich. Dies setzt voraus, dass der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte und der Anfechtungsgegner zum Handlungszeitpunkt diesen Vorsatz kannte. In diesen Fällen kann die betroffene Rechtshandlung bis zu zehn Jahren vor Beantragung der Insolvenz oder danach erfolgt sein. Die vorgenommene Handlung muss allerdings seitens des Schuldners selbst vorgenommen worden sein.679 Der geforderte Gläubigerbenachteiligungsvorsatz beinhaltet, wie jeder Vorsatz nach allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sowohl eine Wissensals auch eine Wollenskomponente. Der Schuldner muss gewusst haben, dass die von ihm vorgenommene Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligt und diesen Erfolg gewollt haben.680 Ausreichend ist dolus eventualis, sprich der Schuldner muss es zumindest für möglich halten, dass seine Handlung sich zum Nachteil der Gläubiger auswirkt und diese mögliche Folge billigend in Kauf nehmen.681 Er muss also wissen 675 Vertiefend siehe Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 132 Rn. 1. 676 Statt aller Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 132 Rn. 23. 677 Vgl. statt aller Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 132 Rn. 28. 678 Vertiefend siehe Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 132 Rn. 7 f. 679 Vertiefend siehe BGHZ 162, 143, 147; BGH, NZI 2011, 249 Rn. 5; Bra, in: Braun, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 6; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 133 Rn. 7. 680 BGHZ 180, 98, 102 Rn. 10; Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 31. 681 Vertiefend vgl. BGHZ 155, 75, 83 f.; BGHZ 162, 143, 153; BGHZ 167, 190, 194 Rn. 14; BGHZ 180, 98, 102 Rn. 10; BGH, ZIP 2006, 290, 292 Rn. 20; Bork, in: Bork Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 110 f. Rn. 24.

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oder es zumindest für möglich erachten, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen, und dennoch gehandelt haben.682 In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung Indizien entwickelt, bei deren Vorliegen der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird.683 Dies gilt beispielsweise in Fällen inkongruenter Deckung684 oder bei einem Handeln trotz bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit.685 Dabei setzt das genannte Tatbestandsmerkmal keineswegs voraus, der Benachteiligungsvorsatz müsse sich auf die Gläubiger in ihrer Gesamtheit beziehen. Vielmehr ist unerheblich, ob der Vorsatz sich gegen alle oder nur einzelne, gegen bestimmte oder unbestimmte Gläubiger richtet.686 Zudem ist ein unlauteres Zusammenwirken des Schuldners mit dem bevorteilten Gläubiger nicht vonnöten.687 Der maßgebliche Zeitpunkt des Benachteiligungsvorsatzes ist abermals derjenige der Handlung nach § 140 InsO.688 Der Anfechtungsgegner muss zum Zeitpunkt der Handlungsvornahme (§ 140 InsO) um den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wissen.689 Erforderlich ist das Wissen des Anfechtungsgegners darum, dass der Schuldner mehrere Gläubiger hat, die Rechtshandlung des Schuldners diese benachteiligt und der Schuldner diese Benachteiligung wollte.690 Diesbezüglich ist positive Kenntnis erforderlich.691 Zu ihrer Feststellung zieht die Rechtsprechung dieselben Indizien heran, die auch bei der Feststellung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes selbst Beachtung finden.692 Gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird jedoch die Kenntnis des Anfechtungsgegners vermutet, sofern der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Bezüglich der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist ebenfalls anlässlich der Insolvenzanfechtung § 18 Abs. 2 InsO maßgeblich. Danach droht der Schuldner, zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, bestehende Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Sollte darüber hinausgehend allerdings bereits Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO 682

Vertiefend siehe BGHZ 180, 98, 102 Rn. 10; BGH, NJW 2018, 396, 397 Rn. 9; Kayser/ Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 133 Rn. 13. 683 Vertiefend dazu Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 133 Rn. 27 – 37c. 684 BGH, ZIP 2002, 228, 229 f.; BGH, NZI 2004, 445, 446; BGH, ZIP 2004, 1160, 1161; BGH, NZI 2006, 159, 161 Rn. 21; BGH, NZI 2010, 439 Rn. 15. 685 Vgl. BGH, ZIP 2006, 290, 293 Rn. 25. 686 So BGH, NZI 2009, 768 Rn. 5; Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 41. 687 Vertiefend vgl. Bork, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 121 Rn. 43. 688 Statt aller Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 43. 689 So statt aller Bra, in: Braun, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 29; Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 78. 690 Statt aller Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 71. 691 Vertiefend siehe BGHZ 190, 201, 208 Rn. 21. 692 Vgl. statt aller Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 74; ansonsten wird auf obige Ausführungen verwiesen.

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eingetreten sein, genügt die Kenntnis hiervon erst recht.693 In Bezugnahme auf das Wissen des Gläubigers um die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners lässt die Rechtsprechung abermals die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hinweisen, genügen.694 Zu diesem Zweck ist beispielsweise ausreichend, dass der Schuldner bestehende Verbindlichkeiten beim jeweiligen Gläubiger über einen längeren Zeitraum hinweg nicht ausgeglichen hat und dem Gläubiger den Umständen nach bewusst war, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt.695 Des Weiteren erfordert die Norm, dass der Anfechtungsgegner die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Handlung kennen muss. Er muss wissen, dass das Schuldnervermögen durch die Handlung vermindert oder die Schuldenmasse durch sie vermehrt wird und das verbleibende Vermögen nicht zu Befriedigung aller Gläubiger genügt.696 Doch indiziert die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach stetiger Rechtsprechung auch eine solche der Gläubigerbenachteiligung. Dies soll zumindest dann gelten, wenn der Anfechtungsgegner nicht davon ausgehen durfte, alleiniger Gläubiger des Schuldners zu sein. Insbesondere sofern der Schuldner im unternehmerischen Rechtsverkehr tätig wird, muss der Anfechtungsgegner mit weiteren Gläubigern rechnen.697 Um einen Erbschaftskauf aufgrund der Generalklausel des § 133 Abs. 1 InsO anfechten zu können, bedarf es somit des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Veräußerers zum Zeitpunkt der Vornahme des Verpflichtungsgeschäfts beziehungsweise der jeweiligen Übertragungshandlung. Er müsste die für möglich gehaltene Gläubigerbenachteiligung zumindest billigend in Kauf genommen haben. Die Option einer Gläubigerbenachteiligung erkennt wiederum derjenige, der für möglich erachtet, dass das veräußerte Nachlassvermögen nicht zur Befriedigung aller Nachlassgläubiger genügt. Ein Indiz würde vor allem die Zahlungsunfähigkeit des Nachlassvermögens darstellen. Dabei schließt ein Erbe einen Erbschaftskauf regelmäßig gerade deshalb ab, um das Abwicklungsprozedere zu vermeiden und den Nachlass rasch finanziell zu verwerten. Er wird sich gerade nicht mit dem Umfang des Nachlassvermögens auseinandergesetzt haben, sodass ihm etwaige Liquidi693

Zum Ganzen siehe Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 133 Rn. 24. 694 So BGH, NJW 2003, 3560, 3562; BGH, NZI 2005, 690, 692; BGH, NZI 2005, 692, 693; BGH, NZI 2009, 847, 848 Rn. 10. Wobei allerdings neuerdings restriktive Anwendung der aufgestellten Indizien zu erkennen ist, vgl. BGH, NZI 2009, 768 Rn. 8; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 48 Rn. 23. 695 Vertiefend vgl. BGH, NZI 2009, 768 Rn. 10; BGH, NZI 2009, 892, 894 Rn. 14; BGH, NJW-RR 2015, 612, 615 Rn. 26 – 30; Bork, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 125 Rn. 52. 696 Vertiefend siehe Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 133 Rn. 24 f. 697 Vertiefend vgl. BGH, NZI 2017, 718, 721 Rn. 30; BGH, NJW-RR 2015, 612, 615 Rn. 26 – 30; Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 133 Rn. 87; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 133 Rn. 24 c.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

tätsschwierigkeiten kaum bekannt sein dürften. Überdies erhält er für die erbrachte Leistung eine – wenn auch nicht gleichwertige – Gegenleistung. Er wird im Zweifel darauf vertrauen, sie könne zur Gläubigerbefriedigung herangezogen werden. Dass sie nicht in das Nachlassvermögen fällt und die Nachlassgläubiger in Konstellationen beschränkter Erbenhaftung nicht auf sie zugreifen können, wird dem Erben als einem voraussichtlich juristischen Laien nicht bekannt sein. Ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Verkäufers wird damit nur in Ausnahmefällen vorliegen oder nachweisbar sein. Sollte man dennoch ausnahmsweise einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auf Veräußererseite bejahen können, scheitert die Anfechtungsmöglichkeit in der Regel am diesbezüglichen Wissen des Erwerbers. Insoweit wäre zumindest nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vonnöten, dass der Erwerber um die drohende Zahlungsunfähigkeit des Nachlassvermögens und zudem um die gläubigerbenachteiligende Wirkung der jeweiligen Rechtshandlung wüsste. Es entbehrt wohl schon der ersten Voraussetzung, da ein Erwerber regelmäßig davon ausgehen wird, ein liquides, gewinnbringendes Vermögen zu erwerben. Ein überschuldetes Vermögen gegen Entgelt zu erwerben, wäre widersinnig. Allerdings wird ihm ebenso die Kenntnis der Benachteiligung fehlen, da er einen – wenn auch nicht gleichwertigen – Gegenwert leistet und wie auch der Veräußerer wohl annehmen wird, dass dieser dem Gläubigerzugriff unterliegt. dd) Unentgeltliche Leistung Ein Erbschaftsverkauf könnte als unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar sein. Die Norm betrifft alle Rechtshandlungen, die dazu dienen, einen Gegenstand aus dem haftenden Vermögen des Schuldners zu entfernen. Darunter fallen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte aller Art, also auch ein Erbschaftsverkauf.698 Die geforderte Unentgeltlichkeit der Leistung ist gegeben, sofern der Erwerb des Empfängers nicht von einer vollwertig ausgleichenden Zuwendung abhängt.699 Ob eine Vollwertigkeit zu bejahen ist, bemisst sich nach dem objektiven Werteverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.700 Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist wiederum derjenige der Leistungsvornahme nach § 140

698

Zur vergleichbaren Vorschrift im AnfG, bereits BGHZ 121, 179, 182; ansonsten siehe BGH, NZI 2012, 562, 565 Rn. 37 f.; BGH NZI 2014, 397 Rn. 10; BGH, NJW 2018, 3018 Rn. 7; Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 134 Rn. 9 – 15; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 49 Rn. 10. 699 Vertiefend vgl. BGHZ 174, 228, 231 Rn. 8; BGH, NJW-RR 1993, 1379, 1381; BGH, NJW 2018, 3018 Rn. 8; BGH, NJW 2019, 1446 Rn. 10; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 134 Rn. 17. 700 Vertiefend siehe BGH, NJW-RR 1993, 1379, 1381; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 49 Rn. 11; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 134 Rn. 22.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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InsO.701 Bei einem Erbschaftskauf wird eine Anfechtung nach § 134 InsO an diesem Erfordernis der Unentgeltlichkeit scheitern, da der Erwerber regelmäßig eine Gegenleistung erbringt. Eine Erbschaftsschenkung stellt wohl eine Ausnahme dar. Insbesondere die Geringwertigkeit der Gegenleistung führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Veräußerungen unter Wert sind dennoch entgeltlich, sofern nicht ausnahmsweise die Vertragsparteien bei der Preisabsprache ihren Bewertungsspielraum überschreiten.702 ee) Anfechtbare Rechtshandlung des Erben Die Vorschrift des § 322 InsO erweitert die Anfechtungstatbestände der §§ 130 – 136 InsO um einen weiteren Tatbestand. Nach ihr können seitens des Erben vor Insolvenzverfahrenseröffnung vorgenommene Erfüllungen von Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen und Auflagen wie unentgeltliche Leistungen des Erben angefochten werden. Insoweit kommen allein Pflichtteils-, Vermächtnis- und Auflagengläubiger als Anfechtungsgegner in Betracht. Ein Erbschaftskauf stellt regelmäßig keine der in § 322 InsO genannten Rechtshandlungen dar. Denn mit einem Erbschaftsverkauf vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt der Erbe weder Pflichtteilsansprüche noch Vermächtnisse oder Auflagen aus dem Nachlass. ff) § 145 InsO In Erwägung zu ziehen wäre, ob nicht der Erbschaftskäufer einen Rechtsnachfolger im Sinne des § 145 InsO darstellt. Doch setzt diese Norm voraus, dass bereits gegenüber dem Rechtsvorgänger eine Anfechtbarkeit bestand. Der Rechtsvorgänger selbst müsste also bereits den betroffenen Gegenstand in anfechtbarer Weise erlangt haben. Auf den Erbschaftskauf übertragen müsste damit der Erwerb des Gegenstands durch den Erblasser selbst anfechtbar gewesen sein. Mit dem Erbfall könnte die Anfechtung dann gemäß § 145 InsO gegen den Erben und nach dem Erbschaftskauf gegen den Erwerber gerichtet werden. Dies wird regelmäßig nicht zu bejahen sein. Vielmehr wird der vorgenommene Erbschaftskauf erst die anfechtbare Rechtshandlung darstellen. Darüber hinaus würde § 145 InsO eingreifen, sofern der Erwerb des Gegenstands durch den Verkäufer anfechtbar gewesen ist, das heißt der Erbschaftserwerb nach §§ 1922, 1967 BGB. Wie ein Erbschaftserwerb nach Insolvenzrecht anfechtbar sein soll, ist nicht zu ersehen. Die Anwendung des § 145 InsO scheidet folglich aus.703 701 BGH, NJW 2018, 3018 Rn. 9; Ganter/Weinland, in: Schmidt, Insolvenzordnung, § 134 Rn. 63; Kayser/Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 134 Rn. 20. 702 Vertiefend vgl. BGH, NJW-RR 1998, 1057, 1061 f.; BGH, NJW-RR 1993, 1379, 1381; Freudenberg, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 134 Rn. 25. 703 Vertiefend vgl. Kirchhof/Piekenbrock, in: Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MüKo InsO, § 145 Rn. 5; Brinkmann, in: Bork, Handbuch Insolvenzanfechtungsrecht, S. 535 Rn. 6 f.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

2. Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz Außerhalb eines Insolvenzverfahrens kann ein vorgenommener Erbschaftskauf gemäß den Regelungen des Anfechtungsgesetzes angefochten werden. Dabei sind die einzelnen Anfechtungstatbestände in §§ 3 – 6a AnfG enthalten.704 Sie richten sich wie im Rahmen der Insolvenzanfechtung gegen den Empfänger der anfechtbaren Leistung oder gegen dessen Rechtsnachfolger, § 15 AnfG.705 Im Gegensatz zur Insolvenzanfechtung stehen die Anfechtungstatbestände außerhalb der Insolvenzordnung im Interesse des Einzelgläubigers und sollen die Wiederherstellung seiner Zwangsvollstreckungslage bewirken.706 Aus dieser Intention ergeben sich Abweichungen zwischen den Rechtsfolgen der Anfechtung inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens.707 Infolgedessen bedingt eine Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz – im Unterschied zu einer Anfechtung nach der Insolvenzordnung – eben nicht die Rückgewähr der abgeflossenen Vermögenswerte in das Schuldnervermögen. Vielmehr muss nach § 11 AnfG lediglich die Abschöpfung dem „Gläubiger zur Verfügung gestellt werden“. Es genügt also die Beseitigung des Zugriffshindernisses. Sonach muss der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung in den erhaltenen Gegenstand seitens des anfechtenden Einzelgläubigers dulden.708 Aufgrund dieser Differenz der Rechtsfolgen zeichnet sich auch hinsichtlich der beteiligten Personen, je nach Verfahrensart ein anderes Bild. Aus diesem Grund ist nach § 2 AnfG, anders als bei der Insolvenzanfechtung, der einzelne Gläubiger anfechtungsberechtigt.709 Auf den Erbschaftskauf übertragen heißt das, dass ihn der einzelne Nachlassgläubiger anfechten könnte. In der Folge müsste der Erwerber das Erlangte nicht zurückgewähren, sondern die Zwangsvollstreckung seitens des Gläubigers dulden oder entsprechenden Wertersatz leisten. Der Nachlassgläubiger könnte sich so bezüglich seiner Forderung befriedigen, sodass seinem Schutzbedürfnis auch durch eine Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens genügt würde. 704

So statt aller Weinland, in: MüKo AnfG, Einf. Rn. 72. Dabei ist § 15 Abs. 1 und 2 AnfG wortlautidentisch zu § 145 InsO, die Ausführungen gelten somit entsprechend, vgl. Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 15 Rn. 1; Weinland, in: MüKo AnfG, § 15 Rn. 1. Für den Sonderfall der Anwendung der Begünstigung des § 7 Abs. 2 AnfG genügt demgegenüber nach § 15 Abs. 3 AnfG die Zustellung der entsprechenden Mitteilung an den Rechtsnachfolger, vertiefend Huber, in: AnfG, § 15 Rn. 24 f. 706 BGH, ZIP 2008, 2272, 2274 Rn. 23; Weinland, in: MüKo AnfG, Einf. Rn. 7. 707 Vertiefend siehe Huber, in: AnfG, Einführung Rn. 20. 708 Vertiefend zum Ganzen vgl. BGHZ 130, 314, 323; BGH, NJW-RR 1992, 733 f.; BGH, ZIP 2008, 2272, 2273 Rn. 12, 2274 Rn. 23 f.; Huber, in: AnfG, Einführung Rn. 20, § 11 Rn. 1, 8; Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 11 Rn. 1, 3; Weinland, in: MüKo AnfG, § 11 Rn. 40. Dabei ist die Rechtsnatur der Anfechtung in gleicher Weise umstritten wie die, innerhalb eines Insolvenzverfahrens erfolgte Anfechtung, vgl. BGHZ 100, 36, 42 f.; Weinland, in: MüKo AnfG, Einf. Rn. 13 – 41. Ferner wird auf obige Ausführungen verwiesen. 709 So statt aller Huber, in: AnfG, Einführung Rn. 21. 705

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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Die Erfordernisse des Anfechtungsrechts nach den Normen des Anfechtungsgesetzes decken sich weitgehend mit denen des Insolvenzrechts. Sonach können laut § 1 Abs. 1 AnfG die Gläubiger beeinträchtigenden Rechtshandlungen angefochten werden. Zusätzlich enthält § 2 AnfG einige besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage, welche hinsichtlich eines Erbschaftskaufs allerdings keine Probleme bereiten sollten.710 a) Rechtshandlung des Schuldners Demnach bezieht sich die Anfechtung wiederum auf Rechtshandlungen. Doch müssen diese nach § 1 Abs. 1 AnfG, anders als bei einer Insolvenzanfechtung, in jedem Fall vom Schuldner vorgenommen worden sein.711 Im Übrigen ergeben die Rechtsfolgen des Anfechtungsrechts außerhalb der Insolvenz, dass durch die Rechtshandlung ein Gegenstand aus dem Schuldnervermögen weggegeben worden sein muss.712 Ansonsten sei auf obige Ausführungen verwiesen. Da der Erbe als Nachlassinsolvenzschuldner infolge des Erbschaftsverkaufs den Nachlass an den Erwerber übereignet, ist in einem Erbschaftsverkauf eine Rechtshandlung im Sinne des Anfechtungsgesetzes zu sehen. Allerdings ist, wie anlässlich einer Insolvenzanfechtung, erneut zwischen den einzelnen in Betracht kommenden Rechtshandlungen zu differenzieren. Insoweit kann auf den schuldrechtlichen Erbschaftkaufvertrag, auf jedwede dingliche Übertragungshandlung oder auf den einheitlichen Übertragungsakt nach § 2033 Abs. 1 BGB abgestellt werden.713 b) Kausale Gläubigerbenachteiligung § 1 AnfG fordert wiederum die objektive Benachteiligung der Gläubiger.714 Allerdings richtet sich der Blickwinkel im Rahmen des Anfechtungsgesetzes auf den anfechtenden Einzelgläubiger.715 Dessen Zugriffsmöglichkeiten auf das Schuldnervermögen müssen durch die vorgenommene Handlung vermindert, verkürzt oder 710 So BGHZ 90, 207, 209; BGH, NJW 2000, 2022, 2023; Lutz/Haertlein, in: Kindl/MellerHannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 2 Rn. 1; Huber, in: AnfG, § 2 Rn. 4 ff. Zu den einzelnen Voraussetzungen vertiefend vgl. BGHZ 53, 174, 181; BGHZ 112, 356, 362; BGH, NJW-RR 1992, 733; Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 2 Rn. 3 – 22; Weinland, in: MüKo AnfG, § 2 Rn. 10 ff. 711 Vertiefend vgl. RGZ 59, 195, 196 f.; RGZ 69, 44 – 50; Lutz/Haertlein, in: Kindl/MellerHannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 1 Rn. 8; Huber, in: AnfG § 1 Rn. 16; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 27. 712 Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Anfechtung die Zugriffslage wiederherstellen soll, vgl. Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 23. 713 Vertiefend vgl. 4. Teil, A. II. 1. a). 714 BGH, NJW-RR 1992, 733, 735; Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 1 Rn. 21; Kirchhof, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 91. 715 RGZ 13, 298, 301; BGHZ 12, 238, 239 f.; BGH, WM 1959, 888, 890; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 92.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

erschwert werden, was wiederum die Beeinträchtigung seiner Befriedigungsmöglichkeiten bedingen muss. Mit anderen Worten: Der Einzelgläubiger hätte ohne die angefochtene Handlung bessere oder schnellere Befriedigungsmöglichkeiten gehabt.716 Die Blickrichtung auf die Befriedigungsmöglichkeiten bedingt, anders als im Rahmen einer Insolvenzanfechtung, dass in jedem Fall die Verminderung des Schuldnervermögens erforderlich ist. Die schlichte Vermehrung der Schuldenmasse löst außerhalb des Insolvenzverfahrens keine Anfechtungsmöglichkeit aus.717 Darüber hinaus scheidet die geforderte Benachteiligung abermals mangels Zugriffsmöglichkeit aus, sofern der betroffene Gegenstand ohnehin schuldnerfremd,718 wertlos719 oder bereits wertausschöpfend belastet720 war oder nicht der Zwangsvollstreckung unterlag.721 Ferner ist auch hier erforderlich, dass die vorgenommene Rechtshandlung für die Gläubigerbenachteiligung ursächlich ist. Im Zusammenhang mit dem Anfechtungsgesetz bedeutet dies, dass die Handlung die Zwangsvollstreckung des betreffenden Gläubigers unmöglich gemacht oder erschwert hat.722 Wie bei einer Insolvenzanfechtung unterscheiden die verschiedenen Anfechtungstatbestände zwischen mittelbarer und unmittelbarer Gläubigerbenachteiligung.723 Außerdem ergeben die Rechtsfolgen der Anfechtung, der Anfechtungsgegner müsse irgendeinen, der Zwangsvollstreckung zugänglichen, Vermögensvorteil erlangt haben.724 In diesem Punkt ergeben sich bezüglich eines Erbschaftsverkaufs Unterschiede zur Insolvenzanfechtung. Der Blick bezüglich einer Gläubigerbenachteiligung richtet sich im Rahmen des Anfechtungsgesetzes im Gegensatz zur Insolvenzanfechtung auf den Einzelgläubiger. Dieser müsste ohne die angefochtene Handlung bessere oder schnellere Befriedigungsmöglichkeiten gehabt haben. Die schlichte Vermehrung der Schuldenmasse reicht nicht aus, um eine Gläubigerbenachteiligung zu bejahen. Insoweit wird allein die schuldrechtliche Verpflichtung zu einem ein716

Vertiefend siehe BGHZ 78, 318, 328; BGH, ZIP 2006, 243, 246 Rn. 26; Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 33. 717 Vgl. statt aller Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 1 Rn. 22; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 95. 718 So statt aller Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 68. 719 Vgl. BGH, NJW 1983, 1738, 1739; Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 1 Rn. 23; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 99. 720 So BGHZ 90, 207, 212; BGHZ 104, 355, 357; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 104; Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 39. 721 Siehe statt aller Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 1 Rn. 23; Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 37; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 76. 722 Vertiefend siehe RGZ 10, 5, 9; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 160; Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 33. 723 Vertiefend siehe BGHZ 128, 184, 186 f.; Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/ Wolf, Zwangsvollstreckung, § 1 Rn. 28; Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 45 ff.; Weinland, in: MüKo AnfG, § 1 Rn. 108. 724 So statt aller Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 35.

A. Änderungen die Verhaftung des Erwerbers betreffend

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seitigen Vermögensopfer nicht geeignet sein, eine Benachteiligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AnfG zu begründen. Das heißt der Abschluss des Erbschaftskaufvertrags ist nicht nach dem Anfechtungsgesetz anfechtbar. Aber die dingliche Übertragung jedes einzelnen Nachlassgegenstands beziehungsweise die einaktige Übertragungshandlung nach § 2033 Abs. 1 BGB ist kausal benachteiligend im Sinne des Anfechtungsgesetzes und käme als anfechtbare Rechtshandlung in Betracht. Denn in der Folge können die Nachlassgläubiger nicht länger auf die Nachlassgegenstände als Haftungsobjekt zugreifen. Außerdem steht den Übertragungshandlungen kein, in das Nachlassvermögen fließender Gegenwert gegenüber.725 c) Anfechtungsgrund Letztlich bedarf es nach § 1 Abs. 1 InsO erneut des Vorliegens eines Anfechtungsgrundes nach §§ 3 – 6a AnfG.726 Dabei sind die für diese Abhandlung bedeutsamen Anfechtungstatbestände in §§ 3, 4 AnfG wortlautgleich und in § 5 AnfG inhaltsgleich zu denen der Insolvenzanfechtung normiert. Insoweit kann auf obige Ausführungen Bezug genommen werden. Dabei ist indes zu beachten, dass, obgleich eine dem § 142 InsO entsprechende Vorschrift im Anfechtungsgesetz fehlt, auch die anlässlich eines Bargeschäfts im Rahmen der Insolvenzanfechtung getätigten Erwägungen auf das Anfechtungsgesetz übertragen werden können.727 Da sich die Erfordernisse des Anfechtungsgesetzes weitgehend mit denen der Insolvenzordnung decken, scheidet eine Anfechtung insoweit regelmäßig aus denselben Erwägungen aus. So werden insbesondere die Anfechtungstatbestände der §§ 3, 4, 5 AnfG regelmäßig nicht einschlägig sein. 3. Zwischenergebnis Das geltende Anfechtungsrecht innerhalb und außerhalb des Insolvenzverfahrens greift anlässlich eines Erbschaftskaufs in der Regel nicht. Eine Anfechtung des schuldrechtlichen Geschäfts beziehungsweise der jeweiligen Übertragungshandlung ist auf Ausnahmefälle beschränkt. Ohne Anwendung der §§ 2382, 2383 BGB könnten Fälle des Erbschaftsverkaufs allein mithilfe des Anfechtungsrechts nicht in jedem Fall befriedigend gelöst werden. Ein vollumfänglicher Gläubigerschutz würde nicht länger gewährleistet sein.

725

Vgl. dazu bereits 4. Teil, A. II. 1. b). Vgl. statt aller Huber, in: AnfG, § 1 Rn. 3. 727 Vertiefend vgl. Lutz/Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 1 Rn. 24; Huber, in: AnfG, § 3 Rn. 17. 726

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

III. Sonstige Änderungen des Erbschaftskaufrechts Schließlich ist zu betonen, dass anlässlich der Insolvenzrechtsreform mit dem heutigen § 330 InsO eine Norm geschaffen wurde, die die Auswirkungen des Erbschaftskaufs auf ein Insolvenzverfahren normiert. Das heißt, dass der ändernde Gesetzgeber zwar einerseits die Vorschrift des § 419 BGB aufhob, aber andererseits im gleichen Zuge eine Regelung zum Erbschaftskaufrecht schuf. Darüber hinaus ergingen auch nach Abschaffung des § 419 BGB in weiteren Gesetzesreformen Änderungen des Erbschaftskaufrechts.728 Zeigt diese Verhaltensweise nicht eindeutig den Willen des Gesetzgebers, das Institut des Erbschaftskaufs solle trotz Abschaffung des § 419 BGB beibehalten werden? Demnach hat keine der ergangenen Gesetzesreformen den Haftungsregelungen die Legitimationsgrundlage entzogen.

B. Lösungsmöglichkeiten Das gesamte erbschaftskaufrechtliche Haftungssystem basiert, dem ursprünglichen Gesetzgeber zufolge, maßgeblich auf dem Schutzgedanken zugunsten etwaiger Nachlassgläubiger. Doch erfordert dieser Schutzgedanke die Erwerberverhaftung in dem Umfang, den die §§ 2382, 2383 BGB normieren? Es sind unterschiedliche Wege zur Lösung der beschriebenen Problematik denkbar.

I. Aufhebung der Erwerberverhaftung Zunächst könnte man daran denken, die Erwerberhaftung in ihrer Gänze abzuschaffen. Diesen Weg beschreiten vereinzelte Autoren, indem sie die Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB ersatzlos aufheben wollen. Würdiger äußerte sich diesbezüglich im Zuge der Arbeiten der Akademie für Deutsches Recht zur Zeit des Nationalsozialismus 1933 – 1945. Ihm zufolge bestehe kein dringendes Bedürfnis für den durch die Normierung gewährten Gläubigerschutz. Ein Erbschaftsverkauf ändere nichts an der Verhaftung des Erben gegenüber den Nachlassgläubigern. Dieser sei auch in Konstellationen der beschränkten Haftung nach § 1978 BGB für die Veräußerung des Nachlassvermögens verantwortlich. Die Nachlassgläubiger könnten regelmäßig über diesen Weg Befriedigung suchen. Überdies werde der Gläubigerschutz in besonders gefahrträchtigen Konstellationen nicht gewährleistet, da die Haftungsregelungen dort nicht einschlägig seien. Würdiger nennt Fälle der stückweisen Veräußerung des Nachlasses, der Versteigerung des Nachlasses und des Vertragsschlusses anlässlich einer nichtigen oder zweifelhaften letztwilligen Verfügung. 728

Vgl. dazu bereits oben unter 4. Teil, A.

B. Lösungsmöglichkeiten

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Ansonsten verkomplizierten die gegenwärtigen Regelungen nach seiner Ansicht die Rechtslage. Eine den Nachlassgläubigern gesetzlich eingeräumte Zugriffsmöglichkeit auf den seitens des Verkäufers erlangten Kaufpreis würde durchaus ihrem Schutzbedürfnis genügen.729 Auch Giebel argumentiert in diesem Sinne. Mit Abschaffung des § 419 BGB sei ebenfalls den Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB die Legitimationsgrundlage entzogen worden. Der Vertragsgegenstand der Erbschaft sei nicht geeignet, die Erwerberverhaftung zu rechtfertigen. Überdies sei eine Besserstellung der Gläubiger bei einem Erbschaftskauf im Vergleich zu Veräußerungen des Erblassers noch zu seinen Lebzeiten unangemessen. Auch könnten sich die Vertragsparteien durch bewussten Formmangel der Haftung entziehen. Ferner existierte nicht länger die Gefahr gewerbsmäßiger Erbschaftskäufer. Aus all dem schlussfolgert Giebel, der Gesetzgeber habe im Zuge der ergangenen Reformen schlicht vergessen, die entsprechenden Erbschaftskaufregelungen zu beseitigen.730 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Zunächst basiert das Erbschaftskaufrecht auf dem Leitgedanken des schuldrechtlichen Eintritts des Erwerbers in die Erbenstellung des Veräußerers. Dies erfordert seinen schuldrechtlichen Eintritt in alle aus der Erbschaft resultierenden Rechte und Pflichten. Nochmals im Bild der Elemente gesprochen, gehen sowohl Haftung als auch Schuld kumulativ auf den Erwerber über. Damit geht die Begründung einer Leistungsverpflichtung der Erwerberperson einher. Die Haftungserstreckung auf den Erwerber ist dem Erbschaftskaufinstitut des BGB also immanent. Wenn aber der Haftungsübergang nach der Regelung des BGB wesentlich ist, stellt eine Übernahme nur der Aktiva keinen Erbschaftskauf dar.731 Der besondere Kaufgegenstand der Erbschaft trägt damit die Rechtfertigung der Käuferverhaftung in sich. Wollte man dagegen die Haftungserstreckung auf den Erwerber aufheben, würde ein neues Institut geschaffen – eine Art „unechter“ Erbschaftskauf. Ein solcher „unechter Erbschaftskauf“ wäre, wie von Giebel angenommen, aufgrund derselben Erwägungen, die seinerzeit zur Aufhebung des § 419 BGB herangezogen wurden, entbehrlich und eine Normierung somit unnötig. Eine Änderung der Haftungsregelung ist auch nicht geboten. Stattdessen besteht auch nach heutigem Rechtsstand ein erhebliches Schutzbedürfnis der Nachlassgläubiger. Ihnen fällt durch den Tod des Erblassers ihr alter Schuldner weg. An seine Stelle tritt der Erbe, der gegebenenfalls weitaus weniger liquide als der ursprüngliche Schuldner ist. Des Weiteren kann er seinerseits das Recht auf Haftungsbeschränkung ausüben. In der Folge tritt eine gegenständlich auf das Nachlassvermögen beschränkte Haftung an die Stelle des persönlich haftenden Erblasser-Schuldners. Infolge eines Erbschaftsverkaufs ist der Nachlass nicht länger in der Hand des Erben 729

Zum Ganzen vgl. Würdiger, in: ADR III 8, 785 – 788. Zum Ganzen siehe Giebel, Erbschaftskauf, S. 1, 26, 87 – 89. 731 So auch Muscheler, RNotZ 2009, 65; Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, Vorbem. § 2371 – 2385 Rn. 1. 730

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

und kann demnach nicht als Haftungsgegenstand herausgegeben werden. Würde nun der Erbschaftskäufer nicht haften, könnte lediglich die erhaltene Gegenleistung, sprich das geleistete Entgelt, als Haftungsobjekt dienen. Allerdings ist im Falle beschränkter Erbenhaftung der Zugriff auf das Entgelt regelmäßig nicht möglich. Zu denken wäre in diesen Fällen mit Würdiger an die Verantwortlichkeit des Erben nach § 1978 BGB, für die er persönlich haftete. Doch kann in dem Verkauf der Erbschaft allein keine Pflichtverletzung des Erben im Sinne des § 1978 BGB erblickt werden. Allenfalls ein Auswahl- oder Instruktionsverschulden des Veräußerers könnte eine Haftung begründen, was aber regelmäßig nicht vorliegen wird.732 Was also bleibt dann den Nachlassgläubigern als Haftungsobjekt? Auch in den übrigen Fällen würde ohne die Erwerberverhaftung das Schutzbedürfnis etwaiger Nachlassgläubiger nicht hinreichend gewährleistet. Denn selbst sofern den Nachlassgläubigern ausnahmsweise, beispielsweise bei unbeschränkter Erbenhaftung, der Zugriff auf das erhaltene Entgelt offensteht, ist es wegen der Aufbürdung etwaiger Abwicklungsschwierigkeiten regelmäßig wesentlich geringer bemessen als der Wert des veräußerten Nachlassvermögens. Auch birgt das Entgelt, wie der ursprüngliche Gesetzgeber es bereits formulierte, die Gefahr der „Verflüchtigung“. Aus den erwähnten Gründen wird das Entgelt, falls noch vorhanden, ohnehin regelmäßig nicht zur Gläubigerbefriedigung ausreichen. Dieser Gesichtspunkt bildet den entscheidenden Unterschied zu den seitens der Kritiker benannten Konstellationen, sprich insbesondere zu Veräußerungen zu Lebzeiten und zur stückweisen Veräußerung des Nachlasses. Zudem wird deutlich, dass entgegen Würdiger eine gesetzlich normierte Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf das Entgelt keineswegs genügt, um dem Schutzbedürfnis der Gläubiger gerecht zu werden. In Konstellationen der unbeschränkten Erbenhaftung verbliebe etwaigen Nachlassgläubigern zwar der Zugriff auf das persönliche Vermögen des Erben. Aber was, wenn dieses nicht liquide ist? Dann läuft jedweder Zugriff ins Leere. Die Ausführungen verdeutlichen, dass sowohl bei beschränkter als auch bei unbeschränkter Erbenhaftung ein erhöhtes Schutzbedürfnis der Nachlassgläubiger gegeben ist. Eine fortbestehende Verhaftung des Erben genügt nicht, um ihm gerecht zu werden. Auch die Ausweitung des Rechts der Anfechtung inner- und außerhalb eines Insolvenzverfahrens ist nicht geeignet, die Schutzlücken wesentlich abzumildern. Die Weggabe des Nachlassvermögens darf nicht zu dessen Enthaftung führen. Vielmehr müssen die Nachlassgläubiger auch nach Veräußerung weiterhin auf den Nachlass als Haftungsobjekt zugreifen können. Eine damit möglicherweise verbundene Verkomplizierung der Rechtslage ist hinzunehmen.733 Angesichts der Gründe, die für eine Beibehaltung der §§ 2382, 2383 BGB sprechen, ist auch kaum anzunehmen, dass der Gesetzgeber das Institut des Erb732

Vgl. Ausführungen unter 2. Teil, B. II. 2. b). Etwas Anderes ergibt sich insbesondere nicht durch das verringerte Auftreten etwaiger gewerblicher Erbschaftskäufer. Auch die Umgehungsmöglichkeit mittels bewussten Formmangels ist nicht geeignet, die ermittelte Schutzbedürftigkeit entfallen zu lassen. 733

B. Lösungsmöglichkeiten

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schaftskaufs und dessen Regelungsanpassung im Zuge der Gesetztesreformen übersehen hat. Vielmehr wurden die Regelungen in diesem Kontext mehrfach verändert. Dies lässt den eindeutigen Willen des Gesetzgebers zur Beibehaltung des Instituts erkennen.734 Nach all dem ist die ersatzlose Streichung der §§ 2382, 2383 BGB nach derzeitigem Rechtsstand aufgrund des spezifischen Erbschaftskaufgegenstands und dem daraus resultierenden Schutzbedürfnis etwaiger Nachlassgläubiger nicht angesagt.

II. Erbrechtsübertragung Als eine andere Lösungsmöglichkeit böte sich an, in einem Erbschaftsverkauf die Veräußerung des Erbrechts selbst zu erblicken.735 Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach der genannten Ansicht würde der Erwerber Gesamtrechtsnachfolger des Veräußerers. Dies stünde in eklatantem Widerspruch zum Grundsatz semel heres – semper heres. Deshalb kann nach § 1922 BGB lediglich der Tod einer Person zum Übergang der Erbschaft führen.736 Wenn der Erwerber Erbe würde, gäbe es keinen Grund mehr, die Haftung des Veräußerers aufrecht zu erhalten. Folglich müsste dieser aus der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten entlassen werden. Der Erwerber träte an seine Stelle. Dann wäre in einem Erbschaftskauf eine Schuldübernahme im Sinne des § 415 BGB zu erblicken. Eine solche ist kraft ausdrücklichen Gesetzeswortlauts aber zwingend an eine Genehmigung durch etwaige Gläubiger gebunden. Eine solche Genehmigung würde jedoch regelmäßig, aufgrund der damit einhergehenden Unwägbarkeiten, nicht erteilt. In der Folge würde die Möglichkeit eines Erbschaftsverkaufs praktisch ausgeschlossen. Bliebe noch die Möglichkeit, den Verkäufer neben dem Erwerber weiterhin der Haftung zu unterwerfen. Die Rechtslage wäre dann das Spiegelbild zur gegenwärtig geltenden Gesetzeslage, nach welcher der Verkäufer als Erbe nach § 1967 BGB für etwaige Nachlassverbindlichkeiten haftet und der Erwerber nach §§ 2382, 2383 BGB verhaftet wird. Allerdings würde durch diese Lösung keineswegs die nach gegenwärtigem Recht bestehende Problematik des Umfangs der Erwerberverhaftung beseitigt oder auch nur entschärft. Gleichwohl wäre danach zu fragen, welche Auswirkung die zum Verkaufszeitpunkt bereits unbeschränkte Verkäuferhaftung auf 734

Vgl. dazu bereits 4. Teil, A. III. So Gierke, im Rahmen der Kritik zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs der 1. Kommission, in: Zusammenstellung Äußerungen E I SR, S. 237. Auch Muscheler, RNotZ 2009, 65, 79 deutet dies an. So stellt er die Frage, ob nicht die Übertragung der Erbenstellung sinnvoller wäre, lässt sie allerdings unbeantwortet. Ausdrücklich das Erbrecht übergehen lassen möchte i. H. a. Erbteilsveräußerungen Ann, Erbengemeinschaft, Kapitel 4, S. 188 f. 736 Vertiefend zur Lehre der Regel semel heres – semper heres vgl. von zur Mühlen, semel heres – semper heres; Giebel, Erbschaftskauf, S. 4. 735

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

den Erwerber hätte. Welchen Vorteil sollte also eine derartig systemwidrige Veränderung bringen?

III. Stets beschränkte Erwerberverhaftung Es bleibt die Frage, ob die Verhaftung des Erwerbers auch in dem gesetzlich gewährten Umfang notwendig ist. Dies wird von einer Vielzahl von Autoren bestritten. Sie sprechen sich einhellig für eine Begrenzung des Haftungsumfangs auf das erlangte Nachlassvermögen aus. Der Gläubigerschutzgedanke gebiete den Erhalt des Haftungsobjekts auf Gläubigerseite. Dies werde allerdings auch bei beschränkter Erwerberverhaftung zur Genüge gewährleistet. Das belege eine Gegenüberstellung der Haftungslage vor und nach einem Erbschaftsverkauf. Vor einem solchen stellten das Nachlassvermögen und gegebenenfalls zugleich das persönliche Eigenvermögen des Erben die Haftungsgrundlage dar. Ein Erbschaftsverkauf ändere an einer solchen etwaigen persönlichen Verhaftung des Veräußerers nichts. Es trete in dieser Konstellation jedoch der erzielte Erlös als zusätzliche Haftungsgrundlage hinzu. Nach jetziger Rechtslage könnten die Nachlassgläubiger außerdem weiterhin auf das Nachlassvermögen zugreifen. Hinzu trete gegebenenfalls die persönliche Verhaftung des Erwerbers. Die Haftungsmasse werde zugunsten der Gläubiger erweitert, wofür es keinerlei Legitimation gebe. Insofern stelle die jetzige gesetzliche Regelung keinen Erhalt des Haftungsobjekts dar, sondern gewähre allenfalls einen Zuwachs an Rechten.737 Dieser Zuwachs gehe zulasten des Erbschaftserwerbers, der in der Folge lediglich einen Ersatzanspruch gegen den Veräußerer geltend machen könne.738 Die aufgrund des geltenden Rechts entstehende Haftungslage könne überdies keinesfalls dem Parteiwillen entsprechen. Selbst sofern mit dem ursprünglichen Gesetzgeber angenommen werde, der Erwerber wolle wirtschaftlich in die Position des Erben einrücken, könne man daraus nicht ableiten, er wolle gleichfalls im Außenverhältnis schulden. Vielmehr wolle der Erwerber keineswegs mehr verlieren als er einsetze. Demnach wolle er höchstens die selbst erbrachte Leistung der Gefahr des Verlusts unterwerfen. Ein Wille zur persönlichen Haftung ergebe sich nicht. Ferner sei der Erwerberwille auf den Abschluss eines wirtschaftlich günstigen Geschäfts gerichtet, sodass sich sein Interesse am Einrücken in die Erbenstellung auf das notwendige Maß beschränke.739 Es seien grundsätzlich nur vorteilhafte Rechtsfolgen auf einen Rechtsnachfolger übertragbar.740

737 So Olsenhausen, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, § 2383 Rn. 2; Musielak, in: Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg, MüKo BGB, § 2383 Rn. 1; Muscheler, RNotZ 2009, 65, 77; Siber, Haftung für Nachlassschulden, S. 132 f.; Karpe, in: ADR III 8, 720, 723 f.; Bartholomeyczik, Erbeinsetzung, 216 f.; Giebel, Erbschaftskauf, S. 85 – 86. 738 Vgl. Muscheler, RNotZ 2009, 65, 77. 739 Giebel, Erbschaftskauf, S. 84 f. 740 Siehe Bartholomeyczik, Erbeinsetzung, S. 216.

B. Lösungsmöglichkeiten

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Die Argumente der Literatur überzeugen inhaltlich. Dabei rechtfertigen sie aber keineswegs die vollständige Abschaffung der persönlichen Erwerberverhaftung. Stattdessen ist die Lösung über den Erhalt der Haftungsbeschränkungsmöglichkeit auf Erwerberseite zu suchen. Einzig die determinierende Wirkung eines VeräußererVerhaltens zulasten des Erwerbers, sprich die nach § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB eintretende unbeschränkbare Erwerberverhaftung, ist abzuschaffen. In diesem Zusammenhang ist erneut eine Auseinandersetzung mit der Wirkungsweise des Erbschaftskaufs vonnöten. Er lässt den Erwerber schuldrechtlich in die Rechtsstellung des Erben einrücken. Doch dies erfordert auf der negativen Seite den schuldrechtlichen Eintritt in die aus der Erbschaft resultierenden Pflichten. In Abgrenzung zum Institut der Vermögensübernahme gebietet der dem Erbschaftskauf zugrundeliegende Leitgedanke zunächst die persönliche Verhaftung des Erwerbers. Eine Beschränkungswirkung kann erst mittels der erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmittel herbeigeführt werden. Allerdings sollte der Erwerber diese Beschränkungsmöglichkeit in jedem Falle haben. Die in § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB angeordnete Determinierung seiner Haftungslage aufgrund eines Veräußerer-Verhaltens ist abzuschaffen. Folge eines Erbschaftsverkaufs bleibt somit das schuldrechtliche Einrücken des Erwerbers in die Erbenstellung. Es ändert sich einzig dessen Bezugspunkt. Das Einrücken ist auf die Erbenstellung in deren ursprünglichen Gestalt bezogen, sprich in die Erbenstellung des Veräußerers vor Eintritt seiner unbeschränkbaren Haftung. Einzig diese Fiktion lässt die Wirkungsweise des Erbschaftskaufs unberührt und vermeidet die Schaffung eines neuen, mit der Vermögensübernahme identischen Instituts. Denn im Gegensatz zur Vermögensübernahme muss der Erwerber nach dem vorgeschlagenen Lösungsweg die Haftungsbeschränkung weiterhin mittels der erbrechtlichen Beschränkungsmittel herbeiführen. Erst dadurch verengt sich seine persönliche Leistungspflicht derart, dass er die Leistung aus seinem Eigenvermögen verweigern kann. Auch für die Nachlassgläubiger kann dieser Weg durchaus von Vorteil sein. Sollte der Erwerber seine Haftung nicht beschränken, können sie haftungstechnisch auf dessen Gesamtvermögen zugreifen. Eine solche Möglichkeit bestand nach § 419 BGB a. F. nicht. Nimmt der Erbschaftserwerber seine Beschränkungsmöglichkeit dagegen wahr, stehen die Nachlassgläubiger nicht schlechter als nach § 419 BGB a. F. Ihnen dient in diesem Fall das veräußerte Nachlassvermögen als Haftungsgrundlage. Die Unabhängigkeit der Haftungsbeschränkungsmittel auf Erwerberseite von einem etwaigen Veräußerer-Verhalten ist jedoch zum Schutz des Erbschaftserwerbers geboten. Mithilfe seiner in jedem Falle bestehenden Beschränkungsmöglichkeit könnte der Erwerber eine persönliche Verhaftung stets abwenden und auf diesem Wege eine Erweiterung der Haftungsmasse vermeiden. Seine unangemessene Benachteiligung wäre beseitigt, da nicht länger eine nachteilige Rechtsfolge auf ihn übertragen würde. Schließlich entspricht diese Lösung dem mutmaßlichen Partei-

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

willen, da sie den Erwerber zwar in die Rechtsstellung des Erben einrücken lässt, jedoch nicht über Gebühr.

IV. Eigener Lösungsvorschlag Die Ausführungen ergeben für die einzelnen Regelungen der §§ 2382, 2383 BGB folgendes: 1. Haftung des Käufers gegenüber den Nachlassgläubigern Zunächst kann § 2382 BGB unverändert bestehen bleiben. Die grundsätzlich unbeschränkte Erwerberverhaftung ist aufgrund des spezifischen Erbschaftskaufgegenstands und dem daraus resultierenden Schutzbedürfnis etwaiger Nachlassgläubiger erforderlich. Wenn § 2382 Abs. 1 S. 1 BGB eine solche anordnet, ist dies nicht zu beanstanden. Des Weiteren knüpft die Norm den Haftungsbeginn an den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses. Auch diese Anordnung ist notwendig. Das Schutzbedürfnis der Nachlassgläubiger erfordert einen einheitlichen und möglichst frühzeitigen Zeitpunkt des Schuldbeitritts. Darüber hinaus muss der Zeitpunkt des Schuldbeitritts sicher feststellbar sein – schließlich gingen etwaige Unstimmigkeiten zu Lasten der Nachlassgläubiger.741 Der Schuldbeitritt kann nicht an die Vertragserfüllung geknüpft werden. Denn bei einem Erbschaftskauf beinhaltet die Vertragserfüllung die Übertragung jedes einzelnen Nachlassgegenstands nach den jeweils einschlägigen Normen. Ein einheitlicher Übertragungszeitpunkt existiert somit nicht.742 Demgegenüber erfolgt bei einem Erbteilskauf die dingliche Übertragung mittels einaktiger Verfügung, sodass es einen einheitlichen Übertragungszeitpunkt gibt. Allerdings fordert die Praktikabilität der Regelung einen einheitlichen Haftungszeitpunkt für Erbschafts- und Erbteilskauf. Um ein Auseinanderfallen zu vermeiden, sollte auch anlässlich eines Erbteilskaufes der Haftungsbeginn weiterhin an den Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses anknüpfen. Zudem untermauern §§ 2382 Abs. 1 S. 2 BGB und § 2382 Abs. 2 BGB die nach der hier vertretenen Auffassung gebotene zwingende Natur der grundsätzlich unbeschränkten Erwerberverhaftung: § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB stellt die Haftung im Außenverhältnis unabhängig von einer Haftung im Innenverhältnis, § 2382 Abs. 2 BGB verleiht der Erwerberverhaftung zwingende Natur. Diese Regelungen müssen dementsprechend uneingeschränkt bestehen bleiben.

741 742

So auch Muscheler, RNotZ 2009, 65, 74. Siehe oben 1. Teil, E.

B. Lösungsmöglichkeiten

155

2. Umfang der Haftung des Käufers Demgegenüber sollte die Regelung des § 2383 BGB nicht unverändert beibehalten werden. a) § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB Dem Erwerber müssen die erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten zukommen. Dies normiert § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB, sodass die Norm unberührt bleibt. b) § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB Die in § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB angeordnete Determinierung der Erwerberhaftung durch das Verhalten des Veräußerers basiert auf den Erwägungen des Erbrechtsredaktors Schmitt. Den Lösungsweg, die Erwerberverhaftung von der Haftung des Verkäufers unabhängig zu gestalten, lehnte er in seinen Ausführungen ausdrücklich ab. Eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des Redaktors ergibt jedoch, dass seine Erwägungen nicht tragen.743 Wenn der Redaktor ausführte, die Regelung sei aufgrund von Gläubigerschutzgesichtspunkten geboten, übersah er, dass das Schutzbedürfnis der Gläubiger auch bei beschränkter Erwerberverhaftung genügend gewährt ist. Durch die Determinierung der Erwerberhaftung im Sinne des § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB wird vielmehr eine nicht legitimierbare und dem Parteiwillen widersprechende Erweiterung der Haftungsgrundlage bewirkt. Mit Abschaffung der Regelung wird den Gläubigern ferner nicht, wie seitens des Redaktors befürchtet, der Genuss der unbeschränkbaren Haftung wieder entzogen. Denn der Verkäufer-Erbe bleibt auch nach Verkauf persönlich verhaftet. Zudem zeigen die obigen Ausführungen die Notwendigkeit der seitens des Redaktors abgelehnten Fiktion. Nur wenn das schuldrechtliche Einrücken des Erwerbers auf die Erbenstellung in ursprünglicher Gestalt bezogen wird, bleibt die Wirkungsweise des Erbschaftskaufs unangetastet. Allerdings kann die Lösung wegen der Wirkungsweise des Erbschaftskaufs nicht in einer bedingungslos beschränkten Erwerberverhaftung liegen. Es müssen dem Käufer die erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten in jedem Falle erhalten bleiben. Die in § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB angeordnete Determinierung seines Haftungsumfangs durch ein Verhalten des Veräußerers ist demnach ersatzlos zu streichen. Hinsichtlich des Verlusts der Haftungsbeschränkungsmittel tritt der Erwerber nicht länger in die Lage des Verkäufers zum Zeitpunkt des Kaufvertrags ein. Vielmehr verläuft seine Haftungslage getrennt von derjenigen des Veräußerers. Daher kann er des Rechts zu Haftungsbeschränkung einzig aufgrund seines eigenen Verhaltens verlustig gehen. Damit einhergehend dürfen etwaige dem Verkäufer 743

Vgl. zur Argumentation des Redaktors dazu unter 3. Teil, B. II.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

gesetzte Fristen nicht gegen den Käufer weiterlaufen. Vielmehr muss ihm gegenüber stets eine neue Fristsetzung erfolgen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Anzeige im Sinne des § 1974 BGB und in Bezug auf den Fristbeginn im Rahmen des § 2014 BGB. Die nach gegenwärtiger Rechtslage bestehende Problematik der Unwägbarkeiten bezüglich etwaiger Fristen und Rechtsfolgen ist damit beseitigt.744 Mit Streichung des § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB entfällt ebenfalls der Rechtsgrund für die Haftung des Verkäufers im Innenverhältnis. Dann kann sie in § 2376 Abs. 1 BGB nicht länger an die unbeschränkte Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern oder einzelnen von ihnen geknüpft werden. Dieser Halbsatz ist zu streichen. Demgegenüber lässt die Streichung des § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB die Rechtslage des Verkäufers vollkommen unberührt. Insoweit gilt bereits nach aktueller Rechtslage der Grundsatz der getrennten Haftungslage. In der Folge würde sich der eingetretene Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts auf Erwerberseite nie auch zulasten des Veräußerers auswirken. c) § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB Nach § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB sollen Ansprüche des Käufers aus dem Kauf im Falle seiner beschränkten Haftung als zur Erbschaft gehörend gelten und in die Haftungsmasse fallen. Die Vorschrift erscheint vor allem bei tatsächlicher Nachlassseparation durch Nachlassinsolvenz oder Nachlassverwaltung problematisch, da die benannten Ansprüche zum Privatvermögen des Erwerbers gehören und damit eigentlich vom Zugriff befreit sind.745 Zudem können die Gläubiger in diesen Fällen mit ihrem Vollstreckungstitel gegen den Käufer zugleich in dessen Ansprüche aus den genannten Normen gegen den Verkäufer vollstrecken.746 § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB basiert auf dem Gedanken des Gesetzgebers, dass zum Schutz der Nachlassgläubiger vor Übertragung der Nachlassgegenstände vom Verkäufer auf den Erwerber diejenigen Ansprüche, die der Erwerber gegen den Veräußerer auf diese Übertragung hat, in die Haftungsmasse fallen müssen. Dies ist weiterhin geboten. Zunächst muss die Zugriffsmöglichkeit der Nachlassgläubiger aufgrund ihrer Schutzwürdigkeit das gesamte Nachlassvermögen umfassen. Dies gilt auch, soweit es sich noch beim Verkäufer befindet. Demgemäß müssen zwangsläufig insbesondere das Nachlassvermögen betreffende Herausgabe- oder Ersatzansprüche den Nachlassgläubigern zustehen. Diese durch § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB in Bezug genommenen Ansprüche können demnach aufgrund des Schutzwecks der Erbschaftskaufregelungen gerade nicht zum Eigenvermögen des Erwerbers gezählt werden. Unter diesen Gesichtspunkten ist die aus § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB resul744 745

77. 746

Vgl. zur Problematik 2. Teil, B. II. 2. und 2. Teil, C. Statt aller siehe Dietrich, Erbteilsveräußerung, S. 289 f.; Muscheler, RNotZ 2009, 65, Vgl. Giebel, Erbschaftskauf, S. 70 Fn. 325.

B. Lösungsmöglichkeiten

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tierende vereinfachte Vollstreckungsmöglichkeit etwaiger Nachlassgläubiger zur Erzielung des gewünschten Ergebnisses von Vorteil. Der Gläubigerschutzgedanke gebietet allerdings nur den Erhalt der Zugriffsmöglichkeit hinsichtlich des Nachlassvermögens selbst. Dabei müssen selbstredend die das Nachlassvermögen betreffenden Ersatzpflichten in den Schutzbereich einbezogen werden. Freilich erfordert der Interessenausgleich zwischen Erwerber und Nachlassgläubigern, dass es damit sein Bewenden hat. Die Geltendmachung der Beschränkungsmöglichkeit auf Erwerberseite kann auf der Rechtsfolgenseite allein den Verlust der erlangten Erbschaft, nicht aber einen solchen sämtlicher Ansprüche aus dem Innenverhältnis zum Verkäufer bedingen. Ansonsten würden die Nachlassgläubiger zulasten des Erwerbers unangemessen bevorteilt. Demgemäß kann die Verweisung in § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB allein auf Herausgabe- und Ersatzansprüche Bezug nehmen, die das Nachlassvermögen betreffen. Der Nachlassbezug der Ansprüche ist das entscheidende Abgrenzungskriterium. Einen Nachlassbezug weisen aber nur die §§ 2374, 2375 BGB auf, weshalb nur sie von § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB erfasst werden können. Demgegenüber dürfen darüberhinausgehende Ansprüche des Erwerbers gegen den Veräußerer aus dem Innenverhältnis der Vertragsparteien nicht in die Haftungsmasse fallen. Demgemäß darf der Gewährleistungsanspruch aus § 2376 BGB, der primär aus dem Vertragsverhältnis resultiert und keinen Herausgabe- oder Ersatzanspruch hinsichtlich des Nachlassvermögens darstellt, nicht unter § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB subsumiert werden. Dies sollte in der Norm klargestellt werden. Die Norm könnte lauten: „Beschränkt sich die Haftung des Käufers auf die Erbschaft, so gelten seine Herausgabeund Ersatzansprüche gemäß §§ 2374, 2375 als zur Erbschaft gehörend.“

d) § 2383 Abs. 2 BGB Bereits der ursprüngliche Gesetzgeber wollte entgegen dem Grundsatz der getrennten Haftungslagen mit § 2383 Abs. 2 BGB zum Schutz der Vertragsparteien die Inventarerrichtung seitens eines Vertragspartners auch zugunsten des anderen wirken lassen.747 Daran ist festzuhalten. Allerdings kann der Grundsatz der getrennten Haftungslagen nach Verkauf hinsichtlich der Ergreifung eines Haftungsbeschränkungsmittels oder der Ergreifung von Maßnahmen zu dessen Erhalt darüber hinaus nicht beibehalten werden. Sofern der Verkäufer zum Veräußerungszeitpunkt bereits von einem Beschränkungsmittel Gebrauch gemacht hat oder nach der Veräußerung davon Gebrauch macht, treffen den Erwerber zwangsläufig die daraus resultierenden Folgen. Er ist in dieser Konstellation den Herausgabeansprüchen der Nachlassgläubiger ausgesetzt. Diese Wechselwirkung resultiert aus dem Auseinanderfallen von Erbenstellung und Erbschaft und ist zwingend geboten, um den Zugriff der Gläubiger auf das Nachlassvermögen gewährleisten zu können. Schließlich ist das 747

Vgl. bereits 3. Teil, B. II.

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4. Teil: Überprüfung der Abweichung aus heutiger Sicht

Nachlassvermögen infolge des Erbschaftsverkaufs beim Erwerber verortet. Würde diese Wechselwirkung entfallen, könnte der Erbe nach Verkauf seine Haftung nicht länger beschränken, da er außerstande wäre, im Gegenzug das Nachlassvermögen herauszugeben. Er könnte einzig das erhaltene Entgelt auszahlen, was, wie dargelegt, dem Schutzbedürfnis der Gläubiger nicht genügen würde. Daher würde der Verkäufer nach einem Erbschaftskauf den Nachlassgläubigern stets unbeschränkt haften.748 Aus diesem Umstand der Wechselwirkung erklärt sich auch die Restriktion hinsichtlich des Antragsrechts des Verkäufers bei Nachlassinsolvenz beziehungsweise bei Nachlassverwaltung. Das Gesetz sucht auf diesem Weg den Käufer vor der Antragsstellung seitens des Verkäufers und deren Folgen zu schützen. Wenn der Käufer stets den negativen Folgen des seitens des Verkäufers eingelegten Beschränkungsmittels ausgesetzt ist, müssen ihm auch die sich hieraus ergebenden Vorteile zustehen. Es muss dennoch eine determinierende Wirkung eines Veräußerer-Verhaltens in positivem Sinne eintreten. Die Einlegung eines Beschränkungsmittels durch den Veräußerer muss stets zugunsten des Erwerbers wirken, wenn er nicht bereits aus einem anderen Grund unbeschränkt haftet. Doch dies muss auch umgekehrt gelten. Denn dem Verkäufer ist durch die Veräußerung die Geltendmachung eines Beschränkungsmittels erschwert. Dies gilt vor allem bezüglich der Einschränkung seiner Antragsrechte anlässlich eines Nachlassinsolvenzbeziehungsweise Nachlassverwaltungsverfahrens. Allerdings wird ihm darüber hinaus die Inventarerrichtung große Schwierigkeiten bereiten, da er die Nachlassgegenstände aus der Hand gegeben hat. Demgemäß sollten die Vertragsparteien hinsichtlich der Einlegung oder des Erhalts eines Beschränkungsmittels wie eine Person behandelt werden. Ein unangemessener Eingriff in die Rechte der Nachlassgläubiger geht damit nicht einher. Den Nachlassgläubigern hätte ohne den Erbschaftsverkauf auch lediglich eine Schuldnerperson gegenübergestanden, welche das Recht auf Haftungsbeschränkung hätte geltend machen können. Dieser Gedanke spiegelt sich, wenn auch unvollkommen, in § 2383 Abs. 2 BGB wider. Demgemäß ist die Regelung wie folgt umzuformulieren: „Die Geltendmachung eines Haftungsbeschränkungsmittels und dessen Rechtsfolgen wirken auch für und gegen den anderen Teil. Er haftet beschränkt, sofern nicht bereits unbeschränkte Haftung eintrat.“

Es bietet sich insgesamt folgender Wortlaut für § 2383 BGB an: § 2383 BGB „(1) Für die Haftung des Käufers gelten die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben. Dies gilt auch, wenn der Verkäufer bereits unbeschränkt haftet. Beschränkt sich die Haftung des Käufers auf die Erbschaft, so gelten seine Herausgabe- und Ersatzansprüche gemäß §§ 2374, 2375 als zur Erbschaft gehörend.

748

Vgl. Karpe, in: ADR III 8, 720, 722 f.

B. Lösungsmöglichkeiten

159

(2) Die Geltendmachung eines Haftungsbeschränkungsmittels und dessen Rechtsfolgen wirken auch für und gegen den anderen Teil. Er haftet beschränkt, sofern nicht bereits unbeschränkte Haftung eintrat.“

5. Teil

Resümee A. Ergebnis Zusammenfassend ist zu sagen, dass die von geltendem Kaufrecht abweichend normierte Verhaftung des Erwerbers bei einem Erbschaftskauf maßgeblich durch den Gedanken der Schutzbedürftigkeit etwaiger Nachlassgläubiger geprägt wurde. Dieser Gedanke findet sich bereits im Vorentwurf der Redaktoren zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs und wurde auch im Zuge des weiteren Verfahrens aufrechterhalten. Im Anschluss daran hat keine der ergangenen Gesetzesreformen den Haftungsregelungen die Legitimationsgrundlage entzogen. Die Abschaffung des § 419 BGB entfaltet keinerlei Auswirkungen auf das Institut des Erbschaftskaufs. Selbst sofern man mit Giebel ein allgemeines Rechtsprinzip anerkennt, wonach der Vermögensübernehmer für auf dem übernommenen Vermögen lastende Schulden haften sollte, bezog ein solches sich lediglich auf Fälle der unentgeltlichen Vermögensübernahme und statuierte einzig die Haftung mit den übernommenen Vermögensgütern aber keinesfalls eine solche mit dem Eigenvermögen. Ein entgeltlicher Erbschaftskauf, der gegebenenfalls zur Verhaftung des Eigenvermögens führt, kann diesem Prinzip nicht unterfallen. Die etwaige Abschaffung dieses Grundsatzes kann somit keinerlei Auswirkungen auf einen Erbschaftskauf entfalten. Es ist vielmehr daran festzuhalten, dass die Erwerberverhafung bei einem Erbschaftskauf durch den besonderen Kaufgegenstand der Erbschaft gerechtfertigt ist. Wie gezeigt, sind die Aufhebungsgründe, welche seinerzeit die Streichung des § 419 BGB bedingten, weder aus sich heraus noch ihrem Inhalt nach auf den Erbschaftsverkauf übertragbar. Vielmehr wurden Erbschaftskauf und Vermögensübernahme entstehungsgeschichtlich unabhängig voneinander entwickelt. Auch in den Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind lediglich an vereinzelten Stellen Bezugnahmen auf das jeweils andere Institut zu verzeichnen. Sonach bestehen zwar gewisse inhaltliche Parallelen zwischen beiden Instituten, sie sind aber keineswegs identisch. Dies belegen darüber hinaus die unterschiedlichen Wirkungsweisen des Erbschaftskaufs im Vergleich zur Vermögensübernahme. Auf diese Wirkungsweise des Erbschaftskaufs gründet sich die mangelnde inhaltliche Übertragbarkeit der, anlässlich des § 419 BGB geäußerten Kritik. Das geltende Anfechtungsrecht inner- sowie außerhalb des Insolvenzverfahrens wird bei einem Erbschaftskauf regelmäßig nicht einschlägig sein. Lediglich in

B. Vorschlag an den Gesetzgeber

161

Ausnahmefällen kann die Anfechtung des schuldrechtlichen Geschäfts beziehungsweise der jeweiligen Übertragungshandlung erfolgen. Ohne Anwendung der §§ 2382, 2383 BGB erfährt die Konstellation des Erbschaftskaufs mithilfe des Anfechtungsrechts nicht in jedem Fall eine befriedigende Lösung. Ein vollumfänglicher Gläubigerschutz würde nicht länger gewährleistet. Darüber hinaus rechtfertigen der besondere Kaufgegenstand der Erbschaft und das daraus resultierende Schutzbedürfnis der Nachlassgläubiger die Verhaftung des Erbschaftserwerbers. Die ersatzlose Aufhebung der §§ 2382, 2383 BGB ist nach derzeitigem Rechtsstand nicht geboten. Vielmehr sollten § 2382 BGB und § 2383 Abs. 1 S. 1 BGB unverändert bestehen bleiben. Allerdings muss die Haftung des Erwerbers ihrem Umfang nach modifiziert werden. Zwar erfordert die besondere Wirkungsweise des Erbschaftskaufs, in Abgrenzung zum weggefallenen Institut der Vermögensübernahme, die grundsätzlich unbeschränkte Erwerberhaftung. Um den Schutzgedanken der Normen nicht zu überdehnen, muss der Umfang der Haftung des Käufers aber eingeschränkt werden. Demzufolge sollte die Haftungsbeschränkungsmöglichkeit auf Erwerberseite in jedem Falle unabhängig von einem Veräußerer-Verhalten gestellt werden. Die Vorschrift des § 2383 Abs. 1 S. 2 BGB ist ersatzlos aufzuheben. Da nun ein Verhalten des Veräußerers keine Auswirkungen mehr auf die Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten des Erwerbers hat, betrifft die Haftung des Veräußerers im Innenverhältnis zum Käufer nicht länger den Fall seiner unbeschränkbaren Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern. Die diesbezügliche Verweisung in § 2376 Abs. 1 BGB sollte ebenfalls gestrichen werden. Auch muss die Wirkung des § 2383 Abs. 1 S. 3 BGB auf die Herausgabe und Ersatzansprüche des Erwerbers gegen den Veräußerer aus §§ 2374, 2375 BGB begrenzt werden. Zugleich sollte die Wirkung des § 2383 Abs. 2 BGB auf alle Haftungsbeschränkungsmittel und deren Rechtsfolgen ausgedehnt werden. Der Gedanke, dass durch den Erbschaftskauf das Erbrecht selbst veräußert wird, ist systemwidrig und bringt keinen Vorteil. Er ist deshalb abzulehnen.

B. Vorschlag an den Gesetzgeber Somit muss die Regelung des § 2382 BGB uneingeschränkt bestehen bleiben, wohingegen § 2383 BGB Abänderungen erfordert. Die Norm sollte folgende Fassung erhalten: § 2383 BGB „(1) Für die Haftung des Käufers gelten die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben. Dies gilt auch, wenn der Verkäufer bereits unbeschränkt haftet. Beschränkt sich die Haftung des Käufers auf die Erbschaft, so gelten seine Herausgabe- und Ersatzansprüche gemäß §§ 2374, 2375 als zur Erbschaft gehörend.

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5. Teil: Resümee

(2) Die Geltendmachung eines Haftungsbeschränkungsmittels und dessen Rechtsfolgen wirken auch für und gegen den anderen Teil. Er haftet beschränkt, sofern nicht bereits unbeschränkte Haftung eintrat.“

Damit einhergehend ist der letzte Halbsatz des § 2376 Absatz 1 BGB zu streichen. Die Norm müsste wie folgt lauten: „(1) Die Haftung des Verkäufers für Rechtsmängel beschränkt sich darauf, dass ihm das Erbrecht zusteht, dass es nicht durch das Recht eines Nacherben oder durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, dass nicht Vermächtnisse, Auflagen, Pflichtteilslasten, Ausgleichungspflichten oder Teilungsanordnungen bestehen. (2) Für Sachmängel eines zur Erbschaft gehörenden Gegenstands haftet der Verkäufer nicht, es sei denn, dass er einen Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Gegenstands übernommen hat.“

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Stichwortverzeichnis Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz 144 ff. Deckungsanfechtung 137 Determinierung der Haftungslage 153, 155

86, 94,

Erbenhaftung – Allgemeines 24 ff. – Beschränkungsmöglichkeiten 26 ff. – Folgen unbeschränkbarer Haftung 39 ff. – Verlust des Beschränkungsrechts 36 ff. Erbfallschulden 50 Erblasserschulden 50 Erbrechtsreform 96 Erbrechtsübertragung 151 Erbschaftskauf – Begriffsbestimmung 18 – Entstehungsgeschichte 75 ff. – Gesetzgebungsverfahren 84 ff. – Haftungsregelungen 61 ff. Erbteilskauf siehe Erbschaftskauf

Haftungsbegriff 119 – Haftungselement 119 – Schuldelement 119 Insolvenzanfechtung 132 ff. Insolvenzrechtsreform 95, 96, 107, 131, 148 Miterbenhaftung

40 ff.

Nachlasserbenschulden

52

Schuldrechtsreform 96 Semel heres – semper heres Universalsukzession

151

81, 82, 116, 119

Vermögensübernahme – Entstehungsgeschichte 109 ff. – Gesetzgebungsverfahren 114 ff. – Motive der Abschaffung 103 ff. – Vorstellung der Regelung 97 ff. Vollstreckung 61