Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern [1 ed.] 9783428548729, 9783428148721

Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern, bei der der Anstellungsvertrag mit einer anderen (juristischen oder natürl

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Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern [1 ed.]
 9783428548729, 9783428148721

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 282

Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern Von

Benedikt Weinkamm

Duncker & Humblot · Berlin

BENEDIKT WEINKAMM

Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 282

Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern Von

Benedikt Weinkamm

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Augsburg hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-14872-1 (Print) ISBN 978-3-428-54872-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84872-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2015 von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung sind bis August 2015 berücksichtigt. Allen voran danke ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Michael Kort, für die Förderung dieser Arbeit sowie die rasche Erstellung des Erstgutachtens. Für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. M. J. Möllers. Schließlich möchte ich meinen Eltern sowie meiner Schwester danken, die mich während des Studiums sowie der Anfertigung dieser Arbeit stets unterstützt haben. Augsburg, im Oktober 2015

Benedikt Weinkamm

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Verbreitung, Arten und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1. Konzernstrukturen als Hauptanwendungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2. Sonstige Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 a) Kommunale Versorgungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 b) AG & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 c) Die Aktiengesellschaft in wirtschaftlicher Schieflage . . . . . . . . . . . . . . . 21 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Gestaltungsmöglichkeiten des Drittanstellungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1. Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat . . . . . . . . . . . . . 22 2. Vorstandstätigkeit als unselbstständiger Teil des Anstellungsvertrags . . . . . 22 a) Anstellungsvertrag in Form eines ausschließlichen Geschäftsleitervertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 b) Anstellungsvertrag mit offener Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 III. Ausgangspunkt Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft 25 1. Bestellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Anstellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. Verhältnis zwischen Bestellung und Anstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 a) Rechtliche Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Enger sachlicher und rechtlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 c) Schlussfolgerung für die Drittanstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Ursprung der Rechte und Pflichten des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . 28 a) Wirkungen der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Bedeutung des Anstellungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 c) Schuldrechtliche Rezeption der organschaftlichen Stellung . . . . . . . . . . . 31 aa) Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat . . . . . . . . 32 (1) Grundsatz der anstellungsvertraglichen Rezeption . . . . . . . . . . . 32 (2) Vorrang des Parteiwillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 bb) Vorstandstätigkeit als unselbstständiger Teil des Anstellungsvertrags 33 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

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Inhaltsverzeichnis d) Modifikation der organschaftlichen Rechte und Pflichten durch den Anstellungsvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 bb) Einschränkung der Privatautonomie durch § 23 Abs. 5 AktG? . . . . . 35 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 5. Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis . . . . . 38 a) Das Vorrangverhältnis in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . 38 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 6. Auslegung von Anstellungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 7. Zwang zum Anstellungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Gesetzliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 b) Der Anstellungsvertrag als schuldrechtliche Grundlage der Vorstandstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Treuepflicht des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Ursprung und Inhalt der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Konkretisierungen der Treuepflicht des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . 49 a) Vorrang des Unternehmensinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Loyaler Einsatz für die Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3. Treuepflicht im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4. Rechtsfolgen der Treuepflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

C. Konflikt der Drittanstellung mit dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung nach § 76 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. Ausgestaltung der Leitungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Allgemeine Grundzüge der eigenverantwortlichen Leitungsmacht . . . . . . . 53 2. Unabdingbarkeit der Leitungsmacht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Allgemeine Stellung des Vorstands im Kontext unternehmerischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Reichweite der Weisungsfreiheit des einzelnen Vorstandsmitglieds . . . . 57 aa) Umfang der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . 59 bb) § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG als Indiz eines Weisungsrechts? . . . . . . . . . 60 cc) Persönliche Unabhängigkeit als unabdingbare Voraussetzung der Eigenverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 dd) Weisungsunabhängigkeit im Verhältnis zu Aktionären und Dritten

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ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. Leitungsmacht im Unternehmensverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 a) Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 aa) Inhaber des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 bb) Umfang und Grenzen des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (1) Grenzen des Weisungsrechts nach § 308 AktG . . . . . . . . . . . . . . 68

Inhaltsverzeichnis

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(2) Arbeitsbezogene Weisungen im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . 70 (3) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (5) Stellung des Vorstands in der herrschenden Gesellschaft . . . . . . 72 b) Betriebspacht-, Betriebsüberlassungs- und Betriebsführungsvertrag . . . . 73 c) Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 d) Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 5. Exkurs: Stellung des GmbH-Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 II. Weisungsunabhängigkeit als Teil der Eigenverantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Anstellungsvertragliche Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Anstellungsvertragliches Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 aa) Anstellungsvertraglicher Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (1) Inhaltliche Gestaltung der Musterverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (a) Unternehmensbezogenes Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (b) Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (c) Weisungsrecht in zeitlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (d) Weisungsrecht hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit

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(e) Exkurs: Wirksamkeit der Übernahmeverpflichtung . . . . . . . . 82 (f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Weisungsrecht aus der Natur des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (a) Schuldrechtliche Rezeption des organschaftlichen Leitbilds des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (b) Sonderfall unternehmensinterner Aufstieg . . . . . . . . . . . . . . . 84 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Sonderfall der Drittanstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (1) Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat . . . . . 86 (2) Organfunktion als unselbstständiger Teil des Drittanstellungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (a) Drittanstellungsvertrag mit offener Gestaltung . . . . . . . . . . . 87 (aa) Zusätzlicher Anstellungsvertrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (bb) Fortbestand des Weisungsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (cc) Keine einvernehmliche Vertragsänderung . . . . . . . . . . . 90 (dd) Widersprüchliches Verhalten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 (b) Drittanstellungsvertrag in Form eines ausschließlichen Geschäftsleitervertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Konflikt zwischen organschaftlicher und anstellungsvertraglicher Lage . . . 94 a) Auswirkungen der Vorrangtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

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Inhaltsverzeichnis b) Weisungsrecht aus der Natur des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Unwirksamkeit nach § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (1) § 76 Abs. 1 AktG als Verbotsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (a) Zwingender Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (b) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (c) § 117 AktG als Argument gegen den Charakter als Verbotsgesetz von § 76 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (2) Unterscheidung nach Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (a) Unwirksamkeit des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (aa) Ursprüngliches Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (bb) Neu begründetes Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (b) Anstellungsvertraglicher Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (c) Drittanstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (aa) Drittanstellung außerhalb konzernrechtlicher Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (bb) Drittanstellung in konzernrechtlichen Verhältnissen . . . 103 (a) Obergesellschaft als anstellender Dritter . . . . . . . . . 103 (aa) Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (bb) Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (cc) Fazit und Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (b) Abhängige Gesellschaft als anstellender Dritter . . . 107 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Überschreitung des billigen Ermessens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Ausdrücklich vereinbartes Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Ausübungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Versetzungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Weisungen ohne rechtliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Problem des faktischen Zwangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Zuordnung des Problems des faktischen Zwangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 c) Faktischer Zwang im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Leitungsermessen als Teil der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands . . . . . . . 114 1. Unterscheidung Pflichtenkollision und Interessenkonflikt . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Potentielle Auswirkungen einer Pflichtenkollision auf die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Pflichtenlage und Pflichtenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Organschaftliche Pflichtenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 aa) Pflichtenlage in der unabhängigen Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . 116

Inhaltsverzeichnis

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bb) Pflichtenlage im Konzernverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (1) Beherrschungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (a) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft . . . . . . . . . 118 (b) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft . . . . . . . . . 121 (2) Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (a) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der abhängigen Gesellschaft durch die Hauptgesellschaft . . . . . . 122 (b) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der Hauptgesellschaft durch die abhängige Gesellschaft . . . . . . . 123 (3) Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (a) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der abhängigen Gesellschaft durch die herrschende Gesellschaft 123 (b) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der herrschenden Gesellschaft durch die abhängige Gesellschaft 124 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Anstellungsvertragliche Pflichtenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 aa) Bestehende Vertragsmuster als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 bb) Abstrakte Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (1) Ausdrückliche Verpflichtung auf das Interesse des Dritten . . . . . 126 (2) Vertragliche Treuepflicht aus dem Inhalt des Drittanstellungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (a) Anstellungsvertraglicher Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (b) Sonderfall der Drittanstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (aa) Systematisierung der Nebenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . 128 (a) Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (b) Nebenleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (c) Existenz einer umfassenden, schuldrechtlichen Treuepflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (bb) Hauptleistungspflicht und § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . 133 (cc) Drittanstellung für ein konkretes Vorstandsmandat . . . . 133 (a) Hauptleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (b) Nebenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (dd) Offener Drittanstellungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (a) Situative Konkretisierung der Schutzpflicht . . . . . . . 137 (b) Zumutbarkeitserwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (d) Zusätzliche Tätigkeit für den Dienstherrn . . . . . . . . 138

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Inhaltsverzeichnis (ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Konfliktverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Rückschlüsse aus der Rechtslage der Vorstandsdoppelmandate . . . . 140 (1) Vorstandsdoppelmandate – Grundsatz der Isolierbarkeit der Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (2) Drittanstellung – Unmöglichkeit einer Isolierung der Pflichten 141 bb) Pflichtenkollision als Scheinproblem? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 cc) Lösungsmöglichkeiten einer Pflichtenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 (1) Wirksamkeit einer schuldrechtlichen Interessenwahrungspflicht 144 (2) Kein abstrakter Vorrang einer Pflichtenbindung . . . . . . . . . . . . . 144 (3) Grundsätze bei Doppelmandaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (a) Stimmverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (b) Befugnis zur Stimmenthaltung und Unmöglichkeitsrecht . . . 146 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Konflikttoleranz des AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Rückschlüsse aus der Rechtslage bei Vorstandsdoppelmandaten . . . 150 bb) Konflikttoleranz im Übrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Drittvergütung und § 76 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Gefahr der Haftungsmaximierung – Fehlende Anwendbarkeit der Business Judgment Rule? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Interessenkonflikte und § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Keine ausufernde Haftungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. Verdopplung der Haftungsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

D. Die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag 158 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Mögliche normative Verankerungen der Anstellungskompetenz im AktG

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2. Zweifel an der Herleitung der anstellungsvertraglichen Kompetenz des Aufsichtsrats aus § 84 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Wortlaut von § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Historische Auslegung zu § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Inhaltsverzeichnis

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4. Telos des § 84 Abs. 1 AktG – enger Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Untrennbarer Zusammenhang von Bestellung und Anstellung . . . . . . . . 167 aa) Anstellungsbedingungen als elementarer Teil der Personalentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Aushöhlung der Personalentscheidung durch Beendigung des Anstellungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 cc) Störungen des Bestellungsverhältnisses bei Ausscheiden der Tochtergesellschaft aus dem Konzernverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 6. Konzernrechtliche Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. Verhältnis zu § 112 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Zutreffendes Verständnis von § 112 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 2. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur mitbestimmten GmbH . . . . . . 174 IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Keine abweichende Regelungsmöglichkeit der Anstellungskompetenz . . . . 175 2. Drittanstellung als Verstoß gegen die Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Bedeutung der Anstellungskompetenz im aktienrechtlichen Gefüge . . . . 177 aa) Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats als Teil der Verbandsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Die mögliche Zuständigkeit des Personalausschusses für Anstellungsfragen als Entwertung der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 cc) Möglichkeit einer Untervertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 dd) Verpflichtung zur persönlichen Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 ee) Anforderungen an die Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Fehlen vertraglicher Verpflichtungen der Bestellungskörperschaft . . . . . 184 c) Wahrung der Personalkompetenz des Aufsichtsrats trotz Drittanstellung? 185 aa) Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis 185 bb) Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 d) Vergleich mit der bei der GmbH geltenden Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . 187 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 f) Die Erscheinung des Interimsmanagers im Lichte aktueller Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 g) Anerkennung der Drittanstellung durch den DCGK? . . . . . . . . . . . . . . . . 192 h) Mitbestimmte Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 V. Rechtsfolgen eines Kompetenzverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 1. Fehlende Gestaltungsmacht Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 a) § 112 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

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Inhaltsverzeichnis b) § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Rechtsfolge fehlender Gestaltungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 VI. Ex ante- oder ex post-Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Zustimmung in Form der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 3. Zustimmung in Form der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Genehmigungen im Kontext von § 112 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Ausreichende Verwirklichung der Personalkompetenz bei einer Genehmigung durch den Aufsichtsrat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 4. Grundlegende Argumente gegen einen Drittanstellungsvertrag . . . . . . . . . . 200 a) Aushöhlung der Bestellungsentscheidung durch Gestaltung der Anstellungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Entziehung der schuldrechtlichen Grundlage der Vorstandstätigkeit . . . . 201 c) Präventivfunktion der Vorstandshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 d) Möglichkeit von Vertragsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 VII. Weitere Rechtsfolgen einer Drittanstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Konkludenter Abschluss eines Anstellungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Anspruch auf und Verpflichtung zum Abschluss eines Anstellungsvertrags 203 3. Fehlende Kondiktionsfestigkeit der Vorstandstätigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . 205 VIII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

A. Einleitung Im Regelfall besteht ein Anstellungsvertrag zwischen dem jeweiligen Vorstandsmitglied und der Aktiengesellschaft, für die es bestellt worden ist (anstellungsvertraglicher Regelfall). Allerdings wird in der Praxis das „Dienstverhältnis“ teilweise mit einer anderen (juristischen oder natürlichen) Person abgeschlossen als derjenigen, für die das Vorstandsmitglied als Organ bestellt worden ist (Drittanstellung).1 Was für die GmbH als weitgehend geklärt angesehen werden kann2, stellt bei der Aktiengesellschaft immer noch ein höchstrichterlich ungelöstes und daher wissenschaftlich umstrittenes Problem dar. Während die Zulässigkeit von Vorstandsdoppelmandaten als weitere Form der personellen Verflechtung durch den Bundesgerichtshof anerkannt wurde3, haben sich Gerichte mit der Fallgestaltung der Drittanstellung bisher nur sehr vereinzelt und am Rande beschäftigt4. Es bleibt dementsprechend weiterhin der Wissenschaft überlassen, eine Klärung der für die Praxis bedeutenden Frage herbeizuführen. Umso schwerer wiegt es, dass 1

Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 234. BGH, II ZR 219/78, NJW 1980, 595; BAG, 5AZB 41/96, NJW 1998, 260; BAG, 8 AZR 654/01, NJW 2003, 2473. 3 BGH, II ZR 170/07, NZG 2009, 744, 745. 4 BGH, II ZR 81/69, BB 1962, 109, 110: hierbei ist der Kläger sowohl als Vorstandsmitglied der Mutter- als auch der Tochtergesellschaft tätig, wobei lediglich ein Anstellungsvertrag mit der Tochtergesellschaft vorliegt. Da sich die Entscheidung allein mit der Wirksamkeit einer Kündigung beschäftigt, erfolgt keine Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit einer Drittanstellung; OLG Frankfurt a.M., 5 W 4/97, BB 1997, 2341, 2342: dieser Entscheidung liegt eine Drittanstellung im Konzernverhältnis zugrunde, wobei ein alleiniger Anstellungsvertrag mit der Konzernmutter geschlossen wurde. Da es darin letztlich lediglich um eine Beschwerde gegen eine durch das Landgericht abgelehnte Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichte ging und der Kläger auf den Arbeitsrechtsweg verwiesen wurde, kann dieser Entscheidung keine Aussage zur Drittanstellung entnommen werden; LAG Köln, 2 Sa 579/04, ZIP 2006, 1012: Drittanstellung im Konzernverhältnis; lässt die Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit der Drittanstellung offen, hält aber ohne nähere Auseinandersetzung die Argumente, die für eine Zulässigkeit einer Drittanstellung sprechen, für überzeugender; KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865 ff.: hat sich hingegen mangels Entscheidungsrelevanz zu keiner Aussage zur Zulässigkeit hinreißen lassen. Es hat lediglich die Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Abschluss des Anstellungsvertrags bekräftigt und angedeutet, dass infolge der Anerkennung von Vorstandsdoppelmandaten durch den BGH eine bestehende Pflichtenkollision einer Drittanstellung wohl nicht entgegenstehen würde. OLG Celle, 9 W 115/04 (unveröffentlicht): der Frage der Zulässigkeit der Drittanstellung kam abermals keine Entscheidungsrelevanz zu, jedoch spricht sich das OLG Celle unter einem kurzen Verweis auf die Vorrangtheorie für die Zulässigkeit in Konzernverhältnissen aus. 2

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A. Einleitung

in der Literatur kein einheitliches Meinungsbild5 auszumachen ist, an dem sich die Praxis orientieren könnte. Je nach Abhandlung wird der Stempel der herrschenden Meinung teilweise für die Zulässigkeit der Drittanstellung6, teilweise für ihre Ablehnung7 proklamiert. Von einigen Vertretern wird die Drittanstellung zwar als statthaft erachtet, allerdings von ihrer Praktizierung aufgrund der bestehenden Unsicherheiten abgeraten.8 Andere wollen das Thema wegen der unproblematischen Zulässigkeit gar zu den Akten legen.9 Eine eingehende Auseinandersetzung mit der Materie der Drittanstellung, insbesondere im Hinblick auf ihre aktienrechtliche Vereinbarkeit erfolgt gleichwohl nur selten.10 Ein Bedürfnis der Praxis für eine 5 Für die Zulässigkeit: Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 235; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 84, Rn. 20 (zumindest des Konzernanstellungsvertrags); DaunerLieb; in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 84, Rn. 19; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 239; Geßler, AktG, § 84, Rn. 12; Eckert, in: Wachter, AktG, § 84, Rn. 19; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft; ders., NZG 2011, 1130 ff.; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 186 ff.; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 438; Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 438, Fn. 3a; Molitor, in: FS Ehrenberg, S. 40, 48; Mutter/Frick, AG 2006, R32; Arnold/Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 20, Rn. 92; Reuter, A., AG 2011, 274 ff.; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 26; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 84, Rn. 21; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297 ff.; (zumindest bei Beherrschungsvertrag und Eingliederung); Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3. Gegen die Zulässigkeit: Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 73 f.; Fonk, NZG 2010, 368, 370; ders., in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 219 f.; Kann, Vorstand der AG, Rn. 89; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14, Rn. 46; Spindler, MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; Theobald, in: FS Raiser, S. 421 ff.; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 67 f.; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 766; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 41. Differenzierend: Kort, Großkommentar AktG, § 84, Rn. 324 ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 18; Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, Rn. 180. 6 OLG Celle, 9 W 115/04, S. 3 f. (unveröffentlicht); Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 237; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 39; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 17; Dauner-Lieb; in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 84, Rn. 19; Frodermann/Schäfer, in: Henn/Frodermann/Jannott, Hdb. Aktienrecht, § 7, Rn. 149; Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 84, Rn. 13; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 186; ders., in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 713; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 438; Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 438, Fn. 3a; Spindler, MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 41; Eckert, in: Wachter, AktG, § 84, Rn. 19. 7 Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 101; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 219; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 39 (spricht von einer vordringenden Auffassung). 8 Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 103; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 18; Kort, Großkommentar AktG, § 84, Rn. 330; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 438; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 4; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 84, Rn. 21; Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 84, Rn. 13. 9 Mutter/Frick, AG 2006, R32. 10 Teilaspekte behandeln: Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297 ff.; Theobald, in: FS Raiser, S. 421 ff.; Reuter, A., AG 2011, 274 ff.; Schackmann, Die Drittanstellung von Vor-

I. Verbreitung, Arten und Motivation

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Klärung dieser Frage liegt somit auf der Hand. Aufgabe dieser Untersuchung soll es sein, die Frage der Zulässigkeit einer Drittanstellung einer umfassenden Würdigung zuzuführen und der Rechtspraxis eine Entscheidungshilfe hinsichtlich der aktienrechtlichen Zulässigkeit der Drittanstellung an die Hand zu geben. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf die Beleuchtung der Drittanstellung im herkömmlichen Sinne, d. h. soweit der Vorstandsanstellungsvertrag statt mit der Bestellungskörperschaft mit einem beliebigen Dritten abgeschlossen wird. Anderweitige Gestaltungen wie einseitige Vergütungszusagen Dritter oder konzernweite Ruhegeldzusagen als einseitig verpflichtende Verträge werden hingegen nicht thematisiert.11

I. Verbreitung, Arten und Motivation Trotz der bestehenden rechtlichen Unsicherheit wird die Drittanstellung in der Praxis in verschiedenen Formen praktiziert. Der nur sehr geringe Niederschlag der Thematik in der Judikatur spricht nicht gegen ihre rechtstatsächliche Bedeutung, sondern ist vielmehr der aktienrechtlichen Materie des Vorstandsrechts geschuldet. Streitigkeiten in diesem Bereich werden in der Regel im Stillen innerhalb der Gesellschaft oder des Konzerns beispielsweise durch Aufhebungsverträge gelöst. Auch Schiedsvereinbarungen in Anstellungsverträgen sind keine Seltenheit.12 Dies soll indes nicht über die bestehenden Anwendungsfälle der Drittanstellung hinwegtäuschen. 1. Konzernstrukturen als Hauptanwendungsfall Vor allem in konzernrechtlichen Verhältnissen eröffnet sich ein vielfältiger Anwendungsbereich für Drittanstellungen (Konzernanstellungsverträge). Kommt es im Konzern zu einer Dopplung von Geschäftsleiterstellungen (Doppelmandat), besteht klassischer Weise für jede Tätigkeit ein gesonderter Anstellungsvertrag. Zwingend ist dies keinesfalls. Ein Rückgriff auf die Konstruktion der Drittanstellung drängt sich aus Gründen der Vereinfachung und Vereinheitlichung geradezu auf.13 Insbesondere standsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern; ausführlicher Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft. 11 Vgl. hierzu beispielsweise Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68. 12 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 677 ff.; ausführlich zum Thema der Schiedsvereinbarungen Bauer/Arnold/Kramer, AG 2014, 677 ff. 13 So beispielsweise die Sachverhaltskonstellation in BGH, II ZR 81/60, BB 1962, 109 ff; Reuter, A., AG 2011, 274, 275; Arnold/Born, AG 2005, R428; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 422; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 235; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 221; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 437; Austmann, ZGR 2009, 277, 288 (in Übernahmesituationen).

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A. Einleitung

in Versicherungskonzernen ist sie infolge des Prinzips der Spartentrennung (§ 8 Abs. 1a VAG) unter gleichzeitiger Zulassung des Vorstandsdoppelmandats (§ 7a Abs. 1 Satz 5 u. 6 VAG) gebräuchlich.14 Generell ermöglicht die Drittanstellung im Konzern ein abschließendes, einheitliches System von Anstellungsbedingungen für die höhere Führungsebene, ohne dass eine Relativierung durch individuelle Absprachen mit den einzelnen Konzernunternehmen droht oder für jede konzerninterne Versetzung neue, schwierige Verhandlungen über die Anstellungsbedingungen notwendig wären.15 Verflechtungen auf personeller Ebene sind insbesondere in Holdingstrukturen üblich. Der Vorstandsvorsitzende der Tochtergesellschaft ist als Spartenleiter zugleich Mitglied im Holding-Vorstand. Ein gesonderter Anstellungsvertrag für die Tätigkeit bei der Holding besteht oftmals nicht.16 Auch die umgekehrte Konstellation, in der der Anstellungsvertrag allein mit der Holding geschlossen wird, existiert.17 Losgelöst von Spartenorganisationen und Doppelmandaten bestehen auch in anderen Fällen Konzernanstellungsverträge.18 Die Obergesellschaft kann beispielsweise einen Mitarbeiter im Rahmen seines bestehenden Vertragsverhältnisses zur Realisierung bestimmter Projekte für eine begrenzte Zeit in den Vorstand der abhängigen Gesellschaft entsenden („Entsendung von oben nach unten“).19 Insbesondere nach Unternehmenstransaktion ist durch eine Drittanstellung eine schnellere Integration der erworbenen Aktiengesellschaft in die Konzernorganisation realisierbar.20 Dies gilt nicht zuletzt bei Sachverhaltskonstellationen mit Auslandsberührungen. So kann die „ausländische“ Obergesellschaft einen eigenen Vertrauten „entsenden“, damit er für einen gewissen Zeitraum ein Vorstandsmandat bei der deutschen Tochter wahrnimmt und danach wieder ins Ausland zur Obergesellschaft zurückkehrt.21 Allgemein formuliert eignet sich die „Entsendung von oben nach 14 Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1299 m.w.N.; ausführlich zu Doppelmandaten in Versicherungsunternehmen Dreher, in: FS Lorenz, S. 175 ff.; vgl. auch den Sachverhalt in BGH, II ZR 211/53, BGHZ 13, 188. 15 Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 439; Arnold/Born, AG 2005, R428; Reuter, A., AG 2011, 274, 275; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 115; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 235; Theobald, in: FS Raiser, S. 421; 422. 16 Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298; Arnold/Born, AG 2005, R428. 17 Leuchten, in: FS Bauer, S. 635, 641. 18 OLG Frankfurt a.M., 5 W 4/97, BB 1997, 2341 f.; Reuter, A., AG 2011, 274. 19 Theobald, in: FS Raiser, S. 421; 422; Arnold/Born, AG 2005, R428; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 115; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298; Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 16; Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 438; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 62. 20 Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298; Austmann, ZGR 2009, 277, 287 f. 21 Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298/1299.

I. Verbreitung, Arten und Motivation

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unten“ als Alternative zum Doppelmandat zur Sicherstellung der einheitlichen Leitung und Verwirklichung von Synergieeffekten. Sie soll die Identifikation mit dem Konzern steigern.22 Nachwuchsführungskräfte werden teilweise über längere Zeit auf ihre Organtätigkeit in der Tochtergesellschaft vorbereitet. Es soll sichergestellt werden, dass sie die Konzernphilosophie verinnerlicht haben und sie anschließend in die abhängigen Gesellschaften exportieren.23 Daneben spielen Erprobungsgesichtspunkte eine wesentliche Rolle. Der betreffende Manager soll sich zunächst im Vorstand der Tochtergesellschaft bewähren und den Konzern von innen kennen lernen, bevor er in den Vorstand der Muttergesellschaft aufrückt. Aus Vereinfachungsgründen wird dabei von vornherein nur ein Anstellungsvertrag mit der herrschenden Gesellschaft geschlossen.24 Die Organstellung bei der Tochtergesellschaft ist Teil der konzerninternen Entwicklung und Fortbildung der Nachwuchsführungskraft. Ebenso ist der alleinige Anstellungsvertrag mit der Konzernobergesellschaft ein probates Mittel, um eine gleichzeitige Beschäftigung des Vorstandsmitglieds als leitender Angestellter für die Konzernmutter neben der Mandatsausübung bei der Tochtergesellschaft zu ermöglichen.25 Konzernanstellungsverträge geben der Obergesellschaft damit ein hohes Maß an Flexibilität. Sie wird in die Lage versetzt, den Einsatz des Geschäftsleiters bei den verschiedenen Beteiligungsgesellschaften je nach Bedürfnis zu steuern.26 Aber auch rein pragmatische Gründe dienen als Beweggrund für einen Drittanstellungsvertrag. Trägt die Obergesellschaft ohnehin intern die Aufwendungen und weist die Zahlungen an27, kann sich eine Drittanstellung als zweckmäßig erweisen. Die Drittanstellung bietet spiegelbildlich zugleich Vorteile für das betreffende Vorstandsmitglied. Es kann durch einen Drittanstellungsvertrag das Spektrum seiner Betätigungsfelder vergrößern und seine Verdienstmöglichkeiten steigern.28 Bei „Entsendungsfällen“ im Konzern besteht in der Regel kein Interesse des Vorstandsmitglieds auf Abschluss eines eigenständigen, neuen Anstellungsvertrags mit der Tochtergesellschaft, der auf höchstens fünf Jahre befristet ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, 22 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 115; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 61. 23 Decher, Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern, S. 93. 24 Decher, Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern, S. 93; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 115; Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 16; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 61. 25 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 62; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 115; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1299. 26 Reuter, A., AG 2011, 274; Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 438; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 115. 27 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 62. 28 Reuter, A., AG 2011, 274.

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A. Einleitung

5 AktG).29 Ihm wird vielmehr an der Wahrung seines dienstvertraglich vermittelnden Besitzstands in der Obergesellschaft gelegen sein.30 Da er in der Mutter langfristig seine Zukunft sehen wird, ist für ihn entscheidend, dass sein Vertragsverhältnis mit ihr keinerlei Unterbrechung oder Veränderung erfährt.31 Die Organstellung bei der Tochtergesellschaft ist für ihn lediglich ein temporärer Zwischenschritt auf der konzerninternen Karriereleiter.32 Eine Rückkehr zur Muttergesellschaft ist von vornherein beabsichtig. Umgekehrt ist im Konzern ebenso eine „Entsendung von unten nach oben“ möglich.33 Neben einer operativen Tätigkeit in der Tochter nimmt der betroffene Mitarbeiter zusätzlich Vorstandsverantwortung in der Mutter wahr, ohne dass letzterer ein gesonderter Anstellungsvertrag zugrunde liegt.34 2. Sonstige Anwendungsbereiche a) Kommunale Versorgungsunternehmen Anzutreffen ist die Drittanstellung daneben in kommunalen Versorgungsunternehmen, bei denen die jeweilige Kommune Alleinaktionärin ist. Die entsprechenden Anstellungsverträge mit den in den Vorstand wechselnden, städtischen Angestellten oder Beamten bestehen regelmäßig mit der Kommune und werden nicht gesondert mit der Aktiengesellschaft geschlossen.35 Die neuen Vorstandsmitglieder wollen verständlicher Weise ihren bestehenden Besitzstand im öffentlichen Dienst nicht aufgeben oder auch nur unterbrechen. Die Drittanstellung auf kommunaler Ebene entspricht demnach dem Interesse der designierten Träger der Vorstandsverantwortung.

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Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 422. Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 16; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 115; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 422. 31 Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 439; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 235; Arnold/Born, AG 2005, R428. 32 Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 438. 33 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 16; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 63; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635, 642; vgl. auch den Sachverhalt in BGH, II ZR 81/60, WM 1962, 109 ff.; OLG Stuttgart, 12 U 171/77, WM 1979, 1296 ff. 34 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 422. 35 Niewarra, Verträge zwischen Vorstand und Aktionär, BB 1998, 1961; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 234; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 2. 30

I. Verbreitung, Arten und Motivation

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b) AG & Co. KG Die Drittanstellung findet sich ferner bei Kommanditgesellschaften in der Form der AG & Co. KG wieder. Der Anstellungsvertrag der Vorstandsmitglieder wird hierbei teilweise nicht mit der Aktiengesellschaft, sondern mit der Kommanditgesellschaft geschlossen.36 Durch die Aktiengesellschaft als persönlich haftende Komplementärin ist eine Haftungsbeschränkung für alle natürlichen Personen erreichbar. Die Kosten des Geschäftsbetriebs inklusive der Vorstandsbezüge trägt hingegen weiterhin die Kommanditgesellschaft.37 Eine Drittanstellung bietet sich an. c) Die Aktiengesellschaft in wirtschaftlicher Schieflage Auch bei sanierungsbedürftigen Aktiengesellschaften eröffnet sich ein Anwendungsfall für die Drittanstellung. Ist die Bestellungskörperschaft nicht mehr ausreichend liquide, so dass keine Sicherheit für die zugesagte Vergütung besteht, kann der Anstellungsvertrag mit einem Dritten abgeschlossen werden, der diese Sicherheit gewährleistet.38 Teilweise wird diese Konstellation gar als Argument für die Zulässigkeit einer Drittanstellung angesehen, da es andernfalls einer sanierungsbedürftigen Aktiengesellschaft nicht möglich sei, einen geeigneten Vorstand zu verpflichten.39 d) Fazit In der Praxis dürfte aufgrund ihrer breit gefächerten Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile damit ein großes Interesse an der Drittanstellung bestehen. Trotz allem ist ihre aktienrechtliche Zulässigkeit keinesfalls gesichert. Allein ein bestehendes Bedürfnis der Praxis für eine solche Gestaltung der anstellungsvertraglichen Situation kann die Vereinbarkeit mit den aktienrechtlichen Regelungen nicht begründen.

36 Mayer, in: Manz/Mayer/Schröder, Die AG, S. 114, Rn. 166; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 2; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 234; Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 101; zur GmbH & Co. KG: BGH, II ZR 44/13, NZG 2014, 780 ff.; BGH, II ZR 219/78, NJW 1980, 595 ff.; BGH, II ZR 187/79, WM 1980, 1190 f.; Gummert, in: MünchHdb AG, § 52, Rn. 25; Fleck, ZHR 149 (1985), S. 387, 389. 37 Rocco, Der GmbH-Geschäftsführer im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, S. 44. 38 LAG Köln, 2 Sa 579/04, ZIP 2006, 1012; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298. 39 LAG Köln, 2 Sa 579/04, ZIP 2006, 1012.

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A. Einleitung

II. Gestaltungsmöglichkeiten des Drittanstellungsvertrags Für die Untersuchung der Zulässigkeit der Drittanstellung gilt es, zwischen verschiedenen, denkbaren Formen der Gestaltung eines Drittanstellungsvertrags40 zu differenzieren. 1. Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat Der Drittanstellungsvertrag kann zunächst ausschließlich aus Anlass der Bestellung für das konkrete Vorstandsmandat geschlossen werden. Das Vertragsverhältnis bildet den schuldrechtlichen Rahmen exklusiv für das eine Vorstandsmandat. Es handelt sich um einen funktionell gebundenen Anstellungsvertrag, wie ihn das Aktiengesetz herkömmlich im Blick hat. Diese Form der Gestaltung ist neben konzernrechtlichen Verhältnissen insbesondere in den Fällen der Drittanstellung bei der AG & Co. KG sowie der finanziell angeschlagenen Aktiengesellschaft vorstellbar. 2. Vorstandstätigkeit als unselbstständiger Teil des Anstellungsvertrags Häufiger. und in ihrer Bedeutung höher einzustufen sind Drittanstellungsverträge mit einer offenen Gestaltung. Die Ausübung des Vorstandsmandats erfolgt auf Grundlage eines schon zuvor bestehenden und gelebten Vertragsverhältnisses (v. a. sog. Konzernanstellungsvertrag). Der Inhalt des Drittanstellungsvertrags erschöpft sich dabei nicht in der Schaffung einer schuldrechtlichen Grundlage für das konkrete Vorstandsmandat, sondern umfasst ein breiteres Spektrum möglicher Tätigkeiten. Die Wahrnehmung der Organfunktion ist aus schuldrechtlicher Sicht Folge der Zuweisung durch den Dienstherrn. Ein eigener Anstellungsvertrag mit der Bestellungskörperschaft wird nicht abgeschlossen. Der regelmäßig anstellenden Muttergesellschaft wird durch Konzernanstellungsverträge ein größtmögliches Maß an Flexibilität hinsichtlich der Verwendung der Arbeitskraft des Vorstandsmitglieds eingeräumt. a) Anstellungsvertrag in Form eines ausschließlichen Geschäftsleitervertrags Das Vertragsverhältnis kann ausschließlich auf die Ausübung einer Geschäftsleiterfunktion ausgerichtet sein, ohne eine konkrete Tätigkeit in Bezug zu nehmen. Der Inhalt des Anstellungsvertrags enthält lediglich die allgemeine Verpflichtung, auf entsprechende Anordnung der Konzernmutter Führungsaufgaben innerhalb des 40 Fallgruppen zurückgehend auf Schneider, GmbHR 1993, 10, 14; Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 445 ff.; Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 28 f.

II. Gestaltungsmöglichkeiten des Drittanstellungsvertrags

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Konzerns wahrzunehmen. Das Vorstandsmitglied kann demnach flexibel innerhalb des Konzerns eingesetzt werden.41 Der Anstellungsvertrag in dieser Form bietet sich vor allem bei einer Drittanstellung im Fall von Doppelmandaten (z. B. Spartenorganisationen) an. b) Anstellungsvertrag mit offener Gestaltung Der Anstellungsvertrag kann demgegenüber auch derart ausgestaltet sein, dass er eine weite Bandbreite an möglichen Tätigkeiten erfasst und nicht auf eine Geschäftsleiterfunktion begrenzt ist. Diese Gestaltung ist insbesondere in konzernrechtlichen Entsendungsfällen vorstellbar; sowohl bei der „Entsendung von oben nach unten“ als auch bei der „Entsendung von unten nach oben“.42 Das Vorstandsmitglied war in diesen Fällen typischerweise zuvor bereits beispielsweise als leitender Angestellter in der Obergesellschaft tätig und soll nach seiner Zeit als Organmitglied bei der Tochter wieder zur Obergesellschaft zurückkehren. Teilweise bleibt das Vorstandsmitglied sogar neben seiner Organstellung weiterhin für die Obergesellschaft tätig.43 Sämtliche Tätigkeiten werden auf Grundlage ein und desselben Vertragsverhältnisses durchgeführt. Ein gesonderter Anstellungsvertrag für die Vorstandstätigkeit wird nicht geschlossen. Darüber hinaus kommt diese vertragliche Konstellation in Betracht, soweit für das Vorstandsmandat bei der Tochtergesellschaft ein bisher nicht im Konzern arbeitender, außenstehender Dritter gewonnen wird, der allerdings auf längere Sicht an den Konzern gebunden werden soll. Eine Anstellung erfolgt von Anfang an durch die Muttergesellschaft selbst, so dass die jetzige Vorstandstätigkeit und alle künftigen Tätigkeiten auf Grundlage des einen Vertragsverhältnisses erbracht werden. Die offene Gestaltung findet sich ebenso bei kommunalen Versorgungsunternehmen wieder. Der städtische Angestellte oder Beamte nimmt auf Basis seines bestehenden Vertragsverhältnisses mit der Kommune das Vorstandsmandat wahr.44

III. Ausgangspunkt Privatautonomie Für das Verhältnis zwischen dem Vorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft auf der einen sowie dem Vorstandsmitglied und dem Dritten auf der an41

Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 67 m.w.N. Vgl. für den Geschäftsführer und einer Entsendung in die Tochtergesellschaft BAG, 6 AZR 1045/06, NJW 2008, 1018, 1019. Selbstverständlich bleibt der Aufsichtsrat des Tochterunternehmens auch weiterhin für die Vorstandsbestellung zuständig. Jedoch wird das Mutterunternehmen aufgrund der bestehenden Beteiligung, die sich letztlich in der Besetzung des Aufsichtsrats niederschlagen wird (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AktG), regelmäßig eine gewisse Einflussmöglichkeit zukommen. 43 Vgl. ausführlich zu den möglichen Anwendungsfällen A. I. 1. 44 Vgl. A. I. 2. a). 42

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A. Einleitung

deren Seite gilt im Ausgangspunkt der Grundsatz der Vertragsfreiheit als Ausfluss der Privatautonomie gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Die Vertragsfreiheit umfasst insbesondere die Abschluss- und Inhaltsfreiheit sowie die freie Wahl des Vertragspartners. Danach kann jeder selbst darüber entscheiden, ob er überhaupt einen Vertrag schließt und wenn ja mit wem und mit welchem Inhalt.45 Die Vertragsfreiheit ist allerdings nicht grenzenlos, sondern ihrerseits zahlreichen Beschränkungen unterworfen. Die wichtigsten Einschränkungen ergeben sich aus dem Gesetz selbst. So bestehen zum einen zwingende, nicht abdingbare Gesetzesnormen, die auf das konkrete Vertragsverhältnis Bezug nehmen.46 Zum anderen resultiert eine Beschränkung aus dem Einfalltor des § 134 BGB.47 Bei der Frage nach der Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit der Drittanstellung kann daher eine Beschneidung der Vertragsfreiheit und mithin eine Unzulässigkeit der Drittanstellung nur angenommen werden, soweit rechtliche oder gesetzliche Hindernisse für sie bestehen. Allein praktische Erwägungen können eine Ablehnung nicht begründen.48 Zwar können Rechtssubjekte durch die Eingehung von Rechtsverhältnissen ihre Vertragsfreiheit partiell selbst beschneiden (sog. Selbstbeschränkung).49 In diesem Sinne wäre grundsätzlich eine aus dem Bestellungsverhältnis resultierende Einschränkung denkbar, da die Bestellung die Annahme des designierten Vorstandsmitglieds voraussetzt.50 Infolge der geltenden Relativität der Schuldverhältnisse kann eine Selbstbeschränkung allerdings niemals zur Unwirksamkeit eines zeitlich nachfolgenden Vertrags, sondern allenfalls zu einer Verletzung schuldrechtlicher Pflichten aus dem vorhergehenden Rechtsverhältnis (Bestellungsverhältnis) führen.51 Für die Frage der Zulässigkeit eines Drittanstellungsvertrags ist es demgemäß von wesentlicher Bedeutung, ob und in welcher Form derartige Einschränkungen der Vertragsfreiheit aus dem Aktiengesetz entnommen werden können. Die Wirksamkeit und Zulässigkeit der Drittanstellung steht und fällt mit der Existenz zwingender aktiengesetzlicher Regelungen, die einem Abschluss eines Anstellungsvertrags mit einem anderen als der Bestellungskörperschaft entgegenstehen.

45 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, Rn. 64 ff.; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 10, Rn. 34 ff; Larenz, Schuldrecht Band I, AT, § 4, S. 41. 46 Larenz, Schuldrecht Band I, AT, § 4, S. 51. 47 Larenz, Schuldrecht Band I, AT, § 4, S. 55. 48 Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 116. 49 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I AT, Rn. 75. 50 Kort, Großkommentar AktG, § 84, Rn. 38; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 116. 51 Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 116.

B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft Im Kontext der zwischen dem Vorstandsmitglied und der Aktiengesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse ist zwischen dem Bestellungs- und dem Anstellungsverhältnis zu differenzieren. 1. Bestellungsverhältnis Das Bestellungsverhältnis kennzeichnet die organschaftliche Rechtsbeziehung des Vorstandsmitglieds zur Aktiengesellschaft. Begründet wird es durch den mehrstufigen Vorgang der Bestellung, die dem designierten Vorstandsmitglied die Rechtstellung als Organmitglied verschafft.52 Zu Beginn steht der Bestellungsbeschluss des Aufsichtsrats, dem die ausschließliche und alleinige Zuständigkeit für die Bestellung gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG zukommt. Weiterhin bedarf es der Kundgabe an den Bestellten (Bestellungserklärung) sowie dessen Annahmeerklärung, da das designierte Vorstandsmitglied mit der Bestellung nicht nur Rechte erlangt, sondern ihm gleichfalls Pflichten auferlegt werden.53 Die Rechtsnatur der Zustimmung des designierten Vorstandsmitglieds ist umstritten.54 Jedenfalls ändert ihr Erfordernis nichts an der rechtlichen Einordnung der Bestellung. Sie bleibt ein einseitiger (wenn auch mitwirkungsbedürftiger), körperschaftlicher Akt.55 2. Anstellungsverhältnis Demgegenüber steht das Anstellungsverhältnis, das die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Vorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft regelt. Der Anstellungsvertrag wird bei Entgeltlichkeit als Dienstvertrag nach §§ 611 ff. 52 Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 1; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 9; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 9. 53 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 5; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 3; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635, 636. 54 Vgl. zur Übersicht über den Meinungsstreit Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 23. 55 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 23; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 7; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 2.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

i.V.m. § 675 BGB qualifiziert, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat; bei Unentgeltlichkeit als Auftragsverhältnis nach §§ 662 ff. BGB.56 3. Verhältnis zwischen Bestellung und Anstellung Infolge der Existenz zweier Rechtsverhältnisse stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der beiden zueinander. a) Rechtliche Unabhängigkeit Nach der vorherrschenden Trennungstheorie sind Bestellung und Anstellung zwei voneinander rechtliche streng zu trennende Rechtsverhältnisse.57 Diese rechtliche Trennung ist dem aktienrechtlichen Normgefüge selbst zugrunde gelegt. § 84 AktG unterscheidet deutlich zwischen der organschaftlichen Bestellung und der schuldrechtlichen Anstellung. Gleiches gilt für § 87 AktG.58 Die nur vereinzelt vertretene Einheitstheorie, die ein einziges, auf einem körperschaftlichen Bestellungsvertrag beruhendes Rechtsverhältnis annehmen will59, ist mit dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sowie dem gesetzgeberischen Willen unvereinbar.60 Bestellungs- und Anstellungsverhältnis können demnach ein unterschiedliches rechtliches Schicksal nehmen; sie sind in ihrem rechtlichen Bestand voneinander unabhängig. In diesem Sinne besteht die Organstellung fort, selbst wenn der Anstellungsvertrag unwirksam ist oder nicht abgeschlossen wurde. Eine Kündigung des Anstellungsvertrags führt nicht automatisch zum Erlöschen der Organstellung. Ebenso kann der bloßen Bestellung kein Angebot auf Abschluss eines Anstellungsvertrags entnommen werden.61 Zwar können Bestellung und Anstellung gleichzeitig erfolgen, im Regelfall wird der Abschluss des Anstellungsvertrags der Bestellung indes nachfolgen. Gleichwohl werden beide Parteien darauf Wert legen, vor der Bestellung eine (rechtlich nicht bindende) Einigkeit hinsichtlich der Kernanstellungsbedingungen herbeizuführen.62

56 Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 53; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 1; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 232 f. 57 U. a. BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758; BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 2; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 1. 58 Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 2; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 2; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 15. 59 Zuletzt Baums, Der Geschäftsleitervertrag, insb. S. 449 ff. 60 Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 106: „Der Entwurf hält an der Unterscheidung zwischen der Bestellung und dem Anstellungsvertrag fest.“; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 10; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 33. 61 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 15 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 7. 62 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 16.

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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b) Enger sachlicher und rechtlicher Zusammenhang Die geltende Trennungstheorie kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein enger tatsächlicher und rechtlicher Zusammenhang zwischen beiden Rechtsverhältnissen besteht.63 Der Anstellungsvertrag ist von wesentlicher Relevanz für den Bestand des Bestellungsverhältnisses. Der Bundesgerichtshof hebt den bestehenden Zusammenhang zurecht deutlich hervor: „wer als Organmitglied vorgesehen ist, wird in aller Regel dieses Amt nicht ohne Einigung über die Anstellungsbedingungen übernehmen und andererseits die damit verbundene Arbeitslast und Verantwortung nicht weiter tragen wollen, wenn die vertragliche Grundlage endgültig fortfällt. Die Anstellung bildet daher meist eine wesentliche Grundlage für Zustandekommen und Fortdauer der Bestellung.“64 Umgekehrt wird der Anstellungsvertrag grundsätzlich ausschließlich infolge der Bestellung zum Vorstandsmitglied geschlossen. Endet die Organstellung, verliert gleichfalls der Anstellungsvertrag seinen Sinn.65 Sie sind in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht so eng miteinander verknüpft, dass sie als innerlich zusammengehörig erscheinen und somit tatsächliche als auch rechtliche Auswirkungen aufeinander haben.66 c) Schlussfolgerung für die Drittanstellung Aus der Geltung der Trennungstheorie kann für sich kein Rückschluss auf die Zulässigkeit der Drittanstellung gezogen werden. Zwar ermöglicht erst die Sichtweise der rechtlichen Unabhängigkeit der beiden Rechtsverhältnisse, dass eine Drittanstellung überhaupt in Erwägung gezogen werden kann. Würde man dagegen Anstellung und Bestellung als rechtliche Einheit auffassen, wäre infolge der absolut unstrittigen Ablehnung der Drittbestellung für den Bereich der Aktiengesellschaft67 und daher der Unmöglichkeit der Vereinigung der Anstellungs- und Bestellungskompetenz in der Person eines Dritten eine Drittanstellung von vornherein ausgeschlossen. Eine Anerkennung der Drittanstellung ist der Trennungstheorie hingegen nicht zu entnehmen.

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U. a. BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758; BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 106; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 10; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 8. 64 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734. 65 Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 106; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 10; Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 390 (für die GmbH). 66 BGH, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727, 1728; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 168. 67 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 12; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 9; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 33; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 332; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 8.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

4. Ursprung der Rechte und Pflichten des Vorstandsmitglieds a) Wirkungen der Bestellung Die meisten Rechte und Pflichten erlangt beziehungsweise treffen das Vorstandsmitglied bereits mit seiner wirksamen Bestellung. Sie ergeben sich aus dem AktG selbst.68 Das gilt insbesondere für die Leitung der Gesellschaft (§ 76 AktG), die Geschäftsführung (§ 77 AktG), die Vertretung (§ 78 AktG), die Verschwiegenheitspflicht (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG), die Sorgfaltspflicht (§ 93 Abs. 1 AktG), die Treuepflicht, die Berichtspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat (§ 90 AktG) und das Wettbewerbsverbot (§ 88 AktG).69 Mit der Annahme der Bestellung treffen das Vorstandsmitglied die Rechte und Pflichten aus dem Vorstandsamt.70 Mit anderen Worten ist der Organwalter mit Bestellung zur Wahrnehmung der organschaftlichen Aufgaben verpflichtet. Die Pflicht zur Übernahme der Organstellung (Pflicht zum Amt) mithin zur Annahme der Bestellungserklärung sowie das Recht auf Verschaffung der Organstellung (Recht auf das Amt) können sich dagegen nur aus dem Anstellungsvertrag ergeben.71 Aus der organschaftlichen Stellung resultieren allerdings nicht nur Pflichten des Vorstandsmitglieds. Vielmehr enthalten die entsprechenden organschaftlichen Pflichten überwiegend zugleich ein spiegelbildliches Recht des Vorstandsmitglieds.72 So besteht nicht allein eine Verpflichtung zur Leitung, Geschäftsführung usw., sondern zugleich ein diesbezügliches Recht. In gleicher Weise statuiert die Verschwiegenheitspflicht parallel ein Recht, Informationen aus seiner Vorstandstätigkeit zurückzuhalten, solange keine Offenbarungs- oder Informationspflicht besteht.73

68 U. a. Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 9; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 104; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 74; Fleischer, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 84, Rn. 5; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 597. 69 Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 9; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 25, Rn. 1 ff.; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 104. 70 Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 163 f. (Unterscheidung zwischen Rechten und Pflichten aus dem Amt gegenüber Recht und Pflicht zum Amt); Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. 2, Theorie der Vertretung, S. 265 (aber mit abweichender Terminologie; „zum Amt“ gegenüber „auf das Amt“); Fonk, NZG 2010, 368, 369. 71 Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 163 f.; Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. 2, Theorie der Vertretung; S. 265; wohl auch Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5; Molitor, in: FS Ehrenberg, S. 40, 46 f. 72 Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 39; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 163. 73 Vgl. auch Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 9.

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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b) Bedeutung des Anstellungsvertrags Der Anstellungsvertrag ist neben dem Bestellungsverhältnis allerdings keinesfalls zu vernachlässigen. Zum einen werden die aus der Organstellung resultierenden Rechte und v. a. Pflichten mit Abschluss des Anstellungsvertrag zugleich zu vertraglichen Rechten und Pflichten, ohne dass sie im Anstellungsvertrag ausdrücklich aufzuführen wären.74 Zum anderen ist er Ursprung zahlreicherer zusätzlicher, für die Vorstandstätigkeit wesentlicher Rechte und Pflichten. Eine umfassende Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Vorstandsmitglied erfolgt durch das Bestellungsverhältnis gerade nicht.75 Es bleibt somit dem Anstellungsvertrag überlassen, der Vorstandstätigkeit den entsprechenden Regelungsrahmen zu geben. Auf Pflichtenseite ergeben sich aus dem Anstellungsverhältnis regelmäßig u. a. Auskunfts- und Rechenschaftspflichten (gemäß § 666 BGB) sowie Herausgabepflichten (nach § 667 BGB), die sich in einem ähnlichen Umfang auch aus der organschaftlichen Treuepflicht ableiten lassen.76 Außerdem finden sich Regelungen hinsichtlich der Überlassung von Erfindungen während der Amtszeit77, eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots78 sowie eines über § 88 AktG hinausgehenden Nebentätigkeitsverbots79.80 Darüber hinaus kann die Verpflichtung zur Übernahme weiterer Ämter, eine Residenzpflicht oder aber die Einhaltung einer gewissen Mindestdienstzeit begründet werden.81 Von wesentlich größerer Bedeutung ist der Anstellungsvertrag allerdings für die persönliche Rechtsstellung des Vorstandsmitglieds und dessen Individualschutz. Das 74 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 104; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 66; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 2. Aufl., § 93, Rn. 3 (in der Neuauflage nicht mehr in dieser Eindeutigkeit, aber weiterhin den Ausführungen zugrunde gelegt: ders., in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 97); Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 430 (jedoch wohl anderer Ansicht für den Bereich der Treuepflicht, § 84, Rn. 77); Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 75 (ebenfalls hinsichtlich Treuepflicht wohl anderer Auffassung, § 84, Rn. 76). 75 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 14. 76 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 667 f.; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 110; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 72. 77 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 111; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 83; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 97 (das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen findet keine Anwendung, vgl. Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 39 m.w.N.). 78 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 626 ff.; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 97; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 70 ff; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 105. 79 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 620; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 90, 93; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 97; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 105. 80 Vgl zum Pflichtenkatalog zusammenfassend auch die zahlreichen Muster für entsprechende Anstellungsverträge bei u. a. Fn. 370. 81 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 97; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 105/106; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 66.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

Vorstandsmitglied richtet sich mit seiner gesamten beruflichen Existenz zulasten anderer Möglichkeiten der wirtschaftlichen Vorsorge auf den Bestand des Anstellungsvertrags ein.82 Der Anstellungsvertrag dient der Sicherung seiner Unabhängigkeit.83 Daher ist bei einem Widerruf der Bestellung nicht zwingend zugleich eine Beendigung des Anstellungsvertrags möglich. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 84 Abs. 3 AktG kann nicht mit einem wichtigen Grund nach § 626 BGB gleichgesetzt werden. § 626 BGB ist eigenständig auszulegen.84 Es gelten unterschiedliche Maßstäbe. Sind bei § 84 Abs. 3 AktG ausschließlich die objektiven Interessen der Aktiengesellschaft entscheidend, finden bei § 626 BGB auch die Individualinteressen des Vorstandsmitglieds Berücksichtigung. Insbesondere ist zu prüfen, ob dem Abberufenen auch die sozialen Folgen der Beendigung der Vorstandsstellung aufzuerlegen, ihm insbesondere seine Vergütungsansprüche aus dem Dienstvertrag zu nehmen sind.85 Vor allem für Vergütungsfragen ist ein entsprechender Vertrag unerlässlich. Aus dem Bestellungsverhältnis selbst ergibt sich noch kein Vergütungsanspruch. Da das Vorstandsmitglied gleichwohl gewöhnlich nicht bereit sein wird, das Vorstandsmandat unentgeltlich auszuüben86, kommt dem Anstellungsvertrag eine erhebliche Relevanz zu.87 Die Vorstandsvergütung setzt sich regelmäßig aus verschiedenen Elementen zusammen. Zu nennen sind insbesondere fixe Bezüge (Festgehalt, Sachbezüge) und variable Bezüge (Tantieme), aktienbezogene Vergütungen sowie betriebliche Altersversorgung inklusive der Hinterbliebenenversorgung.88 Der Anstellungsvertrag ist die Hauptquelle der Altersversorgung des Vorstandsmitglieds.89 Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt sich zudem eine konkrete, anstellungsvertragliche Regelung für den Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Andernfalls würde es bei der hinsichtlich ihres zeitlichen Umfangs unsicheren gesetzlichen Regelung des § 616 BGB verbleiben.90 Da das BUrlG auf Vorstands82 BGH, II ZR 90/73, NJW 1976, 145, 146; BGH, II ZR 183/80, NJW 1981, 2465, 2466; ähnlich Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 488; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 79; Fleck, in: FS Hilger und Stumpf, 197, 205; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635 f. 83 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 228; Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 12; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 19; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 14. 84 OLG München, 7 U 681/11, AG 2012, 753, 755; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 50; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 14; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 177. 85 Vgl. Nachweise bei Fn. 84. 86 OLG Stuttgart, 20 U 59/01, AG 2003, 211, 213; Nowotny, in: FS Roth, S. 553, 555; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 70. 87 So auch Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 79. 88 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 286; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 29. 89 BGH, II ZR 183/80, NJW 1981, 2465, 2466; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 79; Fleck, in: FS Hilger und Stumpf, 197, 205. 90 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 47; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 37 (Orientierung an 6-Wochenfrist des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG); Beiner/Braun, Der

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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mitglieder keine Anwendung findet, bietet es sich im Interesse der Rechtsklarheit außerdem an, im Anstellungsvertrag den aus der Fürsorgepflicht abzuleitenden Urlaubsanspruch näher zu konkretisieren.91 Von entscheidender Bedeutung ist der Anstellungsvertrag weiter im Hinblick auf den Abschluss einer D&O-Versicherung. Ohne entsprechende anstellungsvertragliche Regelung, ist die Aktiengesellschaft, auch aus ihrer Fürsorgepflicht heraus, nicht gehalten, einen Versicherungsschutz zugunsten des Vorstandsmitglieds herbeizuführen. Vielmehr wäre es jedem einzelnen Vorstandsmitglied selbst überlassen, sich eigenverantwortlich um eine derartige Risikoabsicherung zu bemühen.92 Im Anstellungsvertrag findet sich demzufolge gewöhnlich die Regelung wieder, nach der sich die Aktiengesellschaft zum Abschluss der Versicherung verpflichtet (sog. D&O-Versicherungsverschaffungsklausel).93 Wegen des bestehenden persönlichen Haftungsrisikos von Vorstandsmitgliedern, das sich durch die Neufassung der Aktionärsklage nach §§ 147, 147a AktG noch verstärkt hat, wird es dem Vorstandsmitglied ein besonderes Anliegen sein, ein derartige Klausel in den Anstellungsvertrag aufzunehmen.94 Der Anstellungsvertrag ist daher essentiell für die Absicherung und Konkretisierung der persönlichen Rechtsstellung des Vorstandsmitglieds. Das Vorstandsmitglied wird ohne Abschluss eines Anstellungsvertrags, der die thematisierten Felder aufgreift, nicht bereit sein, eine Organstellung in der Aktiengesellschaft zu übernehmen. Trotz rechtlicher Unabhängigkeit ergänzen sich die beiden Rechtsverhältnisse (Anstellung und Bestellung); das eine ist ohne das andere rein faktisch nicht vorstellbar. c) Schuldrechtliche Rezeption der organschaftlichen Stellung Bei Abschluss eines Anstellungsvertrags zwischen designierten Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft kommt es – vorbehaltlich einer abweichenden Gestaltung – zu einer schuldrechtlichen Übernahme der organschaftlichen Rechte

Vorstandsvertrag, Rn. 343 (Orientierung an 6-Wochenfrist des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG); Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 62 (Orientierung an 6-Wochenfrist des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG); Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 92 (zw. 3 Tagen und 2 Wochen); Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 84, Rn 30 (zw. 3 Tagen und 2 Wochen); Thüsing, in: Fleischer, Hdb VorstandsR § 4 Rn 78 (Anspruch nur für wenige Tage); Fonk, in: Semler/ Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn 162. 91 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 576; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 62; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 96. 92 Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 455; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 96; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 101. 93 Beispielsweise Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 128 f. (§ 5 Abs. 3 des Musters); Wiedemann, in: Beck’sches Formularbuch Aktienrecht, Kap. G VI, S. 380 ff. (§ 4 Abs. 5 des Musters); Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 74; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 101. 94 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 555.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

und Pflichten.95 Nichts anderes gilt im Grundsatz für potentielle Drittanstellungsverträge. aa) Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat (1) Grundsatz der anstellungsvertraglichen Rezeption Wird der Drittanstellungsvertrag allein aus Anlass der Bestellung und für die Wahrnehmung des konkreten Vorstandsmandats geschlossen, ist von einer Rezeption der organschaftlichen Rechte und Pflichten auszugehen. Durch die Bezugnahme auf das konkrete Vorstandsmandat schuldet das drittangestellte Vorstandsmitglied – trotz Personenverschiedenheit im Anstellungs- im Vergleich zum Bestellungsverhältnis – seinem Dienstherrn gegenüber die ordnungsgemäße Wahrnehmung der anstellungsvertraglich benannten organschaftlichen Stellung.96 Der hierfür geltende Maßstab ergibt sich vorbehaltlich abweichender, anstellungsvertraglicher Regelungen aus dem Gesetz selbst. Das Vorstandsmitglied ist somit nicht nur der Bestellungskörperschaft gegenüber gehalten, die organschaftlichen Pflichten zu erfüllen, sondern in gleicher Weise anstellungsvertraglich gegenüber dem anstellenden Dritten. In den Musterverträgen für den anstellungsvertraglichen Regelfall finden sich dementsprechend häufig Klauseln, die eine ausdrückliche Verpflichtung des Vorstandsmitglieds auf Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung vorsehen.97 Eine derartige Verpflichtung ist für die Rezeption der organschaftlichen Pflichten zwar nicht notwendig, aber durchaus gebräuchlich.98 Bei einem Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat ist von der Aufnahme einer ähnlichen Klausel auszugehen. Ohne Existenz eines entgegengesetzten Parteiwillens ist eine drittanstellungsvertragliche Rezeption der gesetzlichen Pflichten zu bejahen. Gleiches gilt für den Fall einer (ggf. konkludente) einvernehmlichen Änderung eines bestehenden Vertragsverhältnisses (Vertragsänderung) aus Anlass der Vorstandsbestellung. Der Inhalt des geänderten Anstellungsvertrages richtet sich im Zweifel ebenfalls nach der nunmehr ausgeübten organschaftlichen Stellung.

95

Vgl. B. I. 4. b). Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 34; Kann, Vorstand der AG, Rn. 58. 97 Beispielsweise Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 90 (§ 1 Abs. 2 des Musters: „Das Vorstandsmitglied wird sein Amt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters führen und bei seiner Tätigkeit die Gesetze, die Satzung der Aktiengesellschaft, eine vom Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft erlassene Geschäftsordnung […]und diesen Anstellungsvertrag […] beachten.“); Breithaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, Teil 5, § 2, Rn. 9 (§ 1 Abs. 2 des Musters: „[…] führt in Gemeinschaft mit den anderen Mitgliedern des Vorstands die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und dieses Anstellungsvertrages.“); ebenso Tomicic, in: Beck’sche Online-Formulare Vertragsrecht, 2.3.3. (§ 1 Abs. 2 des Mustervertrags). 98 Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 597; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 75. 96

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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(2) Vorrang des Parteiwillens Sowohl bei Neuabschluss als auch bei einer Vertragsänderung richtet sich der Umfang der vertraglichen Rezeption der organschaftlichen Pflichten nach dem zu ermittelnden Willen beider Vertragsparteien. Insofern ist entgegen verbreiteter Auffassung im Verhältnis zwischen dem designierten Vorstandsmitglied und dem Dritten nicht von einem Vorrang des organschaftlichen Verhältnisses99 auszugehen, sondern im Gegenteil von einem Vorrang des Drittanstellungsvertrags. Maßgeblich für den Inhalt des Drittanstellungsvertrags ist ausschließlich der Wille der Vertragsparteien. Den Vorrang des Parteiwillens heben auch die genannten Vertragsklauseln hervor, indem sie zugleich die Verpflichtungen auf den Anstellungsvertrag aussprechen.100 Den Parteien des Drittanstellungsvertrags steht es aus Gründen der Vertragsfreiheit und des geltenden Trennungsprinzips frei, abweichende Recht und Pflichten zu vereinbaren. Ob der Wille der Parteien im Einzelfall Wirksamkeit erlangt oder aber wegen Verstoß gegen ein Verbotsgesetz unbeachtlich ist, ist damit noch nicht entschieden.101 Bei der Rezeption der organschaftlichen Pflichten gilt überdies kein „Alles-oderNichts“-Prinzip. Das Vorstandsmitglied treffen die organschaftlichen Pflichten unmittelbar mit Abschluss des Bestellungsvorgangs; eine vertragliche Rezeption ist nicht zwingend notwendig. Als Ausfluss des Trennungsprinzips muss die organschaftliche und anstellungsvertragliche Pflichtenlage nicht identisch bzw. parallel ausgestaltet sein. Der Inhalt des Anstellungsvertrags richtet sich – in den Grenzen von u. a. §§ 134, 138 BGB – allein nach dem Willen der Vertragsparteien. Es ist insoweit möglich, dass einzelne organschaftliche Pflichten nicht oder nur in modifiziertet Form übernommen werden. bb) Vorstandstätigkeit als unselbstständiger Teil des Anstellungsvertrags Erschöpft sich der Anstellungsvertrag nicht in der Schaffung einer schuldrechtlichen Grundlage für das konkrete Vorstandsmandat102, ergibt sich kein abweichendes Bild. Durch Zuweisung der Vorstandstätigkeit seitens des drittanstellenden Dienstherrn konkretisiert sich die zunächst vertraglich allgemein umschriebene Tätigkeitspflicht auf die Ausübung des Vorstandsmandats. Das designierte Vorstandsmitglied hat die neu zugewiesene Tätigkeit ordnungsgemäß, d. h. entsprechend der gesetzlichen, satzungsrechtlichen sowie anstellungsvertraglichen Voraussetzungen, zu erfüllen. Es schuldet auch dem Dienstherrn gegenüber die ordnungsgemäße Leitung, Vertretung und Geschäftsführung. Die Zuweisung der neuen Tätigkeit führt insoweit zu einer 99

Vgl. hierzu ausführlich B. I. 5. Vgl. Beispiele bei Fn. 97. 101 Vgl. ausführlich B. I. 4. d). 102 Vgl. A. II. 2.

100

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

Umgestaltung der vertraglichen Leistungspflicht103, wobei sich der Inhalt der neuen Leistungspflicht im Zweifel anhand der gesetzlichen Vorgaben bestimmt. Die schuldrechtliche Rezeption ist zudem aus schadensersatzrechtlicher Hinsicht geboten. Dem Dienstherrn steht bei Verletzungen organschaftlicher Pflichten lediglich dann ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zu, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der organschaftlichen Pflichten zugleich anstellungsvertraglich geschuldet ist. Der Dienstherr wird regelmäßig ein Interesse an einer eigenen schadensersatzrechtlichen Absicherung haben, da ein eigener, von der Bestellungskörperschaft abweichender Schaden (insbesondere in Konzernverhältnissen) nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Die organschaftlichen Pflichten werden dementsprechend bei einem Anstellungsvertrag mit offener Gestaltung ebenfalls schuldrechtlich übernommen, soweit eine Rezeption nicht dem zu ermittelnden Willen des Dienstherrn oder der Vertragsgestaltung widerspricht. Die ausschließliche Bezugnahme auf den Willen des Dienstherrn resultiert aus dem Charakter der Weisungsrechtsausübung als einseitiges Rechtsgeschäft.104 In den üblichen Grenzen des Weisungsrechts105 obliegt es dem Dienstherrn inwieweit er eine Umgestaltung der konkretisierungsbedürftigen, vertraglichen Leistungspflicht im Sinne der geschuldeten Tätigkeit herbeiführt. Selbstverständlich kann wegen §§ 133, 157 BGB die Sicht des Dienstherrn nur insoweit Berücksichtigung finden, wie sein Wille nach dem Horizont des Erklärungsempfängers hinreichend erkennbar ist.106 Ein „Alles-oder-Nichts“-Prinzip gibt es auch in dieser Konstellation nicht. cc) Fazit Ähnlich wie im anstellungsvertraglichen Regelfall kommt es bei Drittanstellungsverträgen im Grundsatz zu einer Rezeption der organschaftlichen Pflichten. Eine Übernahme ist indes nur anzunehmen, soweit sie dem Willen der Vertragsparteien (bei einvernehmlicher Regelung) bzw. dem Willen des Dienstherrn (bei einseitiger Regelung) nicht widerspricht. Es ist somit denkbar, dass die organschaftliche Pflichtenlage nur teilweise oder gar modifiziert vertraglich rezeptiert wird.

103 104 105 106

Becker, in: HK-ArbR, § 106 GewO, Rn. 5 (für das Direktionsrecht). Reichold, in: MünchHdb. ArbR, § 36, Rn. 21. Grenzen des Weisungsrechts sind insb. das Gesetz sowie der Vertrag selbst. Busche, in: MünchKomm BGB, § 133, Rn. 12.

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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d) Modifikation der organschaftlichen Rechte und Pflichten durch den Anstellungsvertrag? aa) Grundsatz Grundsätzlich sind anstellungsvertragliche und somit schuldrechtliche Regelungen, die gegen zwingendes Organisationsrecht verstoßen – ggf. unter Rückgriff auf § 134 BGB – unwirksam.107 Der privatautonome Gestaltungsspielraum wird dementsprechend durch die zwingenden aktienrechtlichen Anforderungen begrenzt.108 Die Organstellung, wie sie sich aus dem Aktiengesetz ergibt, ist dem Anstellungsvertrag vorgegeben und – soweit es sich dabei um zwingendes Recht handelt – einer vertraglichen Regelung durch die Parteien entzogen.109 Jegliche anstellungsvertragliche Modifikation (Erweiterung oder Verminderung) organschaftlich vermittelter Rechte und Pflichten scheidet daher aus, soweit darin ein Verstoß gegen zwingendes Recht zu sehen ist. bb) Einschränkung der Privatautonomie durch § 23 Abs. 5 AktG? Die potentielle Unwirksamkeit der schuldrechtlichen Absprachen lässt sich allerdings nicht unter Hinweis auf § 23 Abs. 5 AktG begründen.110 § 23 Abs. 5 AktG statuiert für die Aktiengesellschaft den Grundsatz der Satzungsstrenge. Abweichungen von den Vorschriften des Aktiengesetzes sind nur dann möglich, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind. Ein Schweigen des Gesetzes genügt hierfür nicht.111 Obgleich eine Satzungsregel, die gegen § 23 Abs. 5 AktG verstößt, unmittelbar aufgrund der Satzungsstrenge nichtig ist112, ist diese Rechtsfolge nicht ohne weiteres auf schuldrechtliche Abreden übertragbar. § 23 Abs. 5 AktG schränkt ausschließlich 107 BGH, II ZR 265/51, NJW 1953, 740, 742; OLG Karlsruhe, 8 U 74/73, BB 1973, 1088; BGH, II ZR 70/09, NZG 2010, 827, 828 (GmbH); OLG Stuttgart, 12 U 171/77, DB 1979, 884, 885 (anstellungsvertragliches Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats für alle Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen); Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 88, Rn. 2 (hinsichtlich Befreiung von organschaftlichen Pflichten); Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 127; Marsch-Barner/Diekmann, in: MünchHdb GmbH, § 43, Rn. 5 m.w.N. 108 BGH, II ZR 70/09, NZG 2010, 827, 828 (GmbH). 109 Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 492; BGH, II ZR 70/09, NZG 2010, 827 (GmbH). 110 So in einem ersten Schritt zu Recht Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 75 f. 111 U. a. Koch, in: Hüffer, AktG, § 23, Rn. 35. 112 OLG Düsseldorf, 6 U 280/66, AG 1968, 19, 22; Huber, in: FS Coing, S. 167, 184; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 23, Rn. 162; Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 203 m.w.N.; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 6, Rn. 12 (über § 241 Nr. 3 AktG und stets vorliegender Unvereinbarkeit mit Wesen der AG); Koch, in: Hüffer, AktG, § 23, Rn. 43 (anders noch Vorauflage); a. A. Arnold, in: KK AktG, § 23, Rn. 153 f. (§ 241 Nr. 3 AktG analog und Feststellung im Einzelfall notwendig).

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

die Satzungsautonomie der Aktionäre ein, steht aber schuldrechtlichen Abreden nicht etwa – aufgrund eines Erst-recht-Schlusses – entgegen. Mit anderen Worten führt die im Aktienrecht geltende Satzungsstrenge nicht automatisch zu einer Unwirksamkeit jeglicher privatautonomen Abrede, die eine vom AktG abweichende Regelung trifft. Dementsprechend ist auch die Zulässigkeit satzungsergänzender Nebenabreden nahezu einhellig anerkannt.113 Sie werden nicht dem Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 AktG unterstellt.114 Satzungsergänzender Nebenabreden können daher auch Regelungen zum Inhalt haben, die im korporativen Bereich respektive durch eine Satzungsbestimmung nicht möglich wären.115 Derartige Abreden sind zudem nicht auf das Verhältnis der Aktionäre untereinander beschränkt, sondern in gleicher Weise im Verhältnis zur Gesellschaft möglich.116 Grenze dieser schuldrechtlichen Freiheit ist die Existenz zwingenden Rechts.117 Der zwingende Charakter kann aber nicht mittels § 23 Abs. 5 AktG begründet werden. Er muss sich vielmehr aus der Norm selbst ergeben, die in Konflikt mit der schuldrechtlichen Abrede steht. Wenn auch wegen § 23 Abs. 5 AktG und dem damit verfolgten Sinn und Zweck eine gewisse Indizwirkung für den zwingenden Charakter aktienrechtlicher Regelungen besteht, ist der zwingende Charakter für jede Norm gesondert festzustellen. § 23 Abs. 5 AktG soll die Verkehrsfähigkeit der Aktie absichern sowie dem Schutz von Gläubigern und künftigen Aktionären dienen.118 Aus derartigen Rechtsverkehrsschutzerwägungen heraus muss sich jeder Dritte durch Einblick in das AktG und der Satzung, die der Publizität des Handelsregisters unterliegt, Klarheit über die organschaftliche Verfassung der Gesellschaft verschaffen können.119 Ob aus teleologischer Sicht diese Rechtsschutzgesichtspunkte in gleicher Art und Weise auf die konkrete Norm des AktG zu übertragen ist, muss aber einer Prüfung des Einzelfalls überlassen werden. Eine generalisierende Betrachtung wie sie § 23 Abs. 5 AktG für Satzungsregelungen trifft, kann für schuldrechtliche Abreden jedenfalls nicht angestellt werden. Im Aktienrecht gilt somit nichts anderes als im sonstigen Bereich des Privatrechts. Nur soweit eine schuldrechtliche Abrede gegen eine aktienrechtliche Norm verstößt, die als Verbotsnorm zu qualifizieren ist, kann sich insbesondere durch §§ 134, 138 113 BGH, II ZR 80/10, DStR 2013, 367, 368; BGH, II ZR 4/09, NJW 2010, 3718, 3719; BGH, II ZR 81/92, NJW 1993, 2246, 2247; Arnold, in: KK AktG, § 23, Rn. 172; Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 238 ff. 114 Pentz, in: MünchKomm AktG, § 23, Rn. 188; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 23, Rn. 36; Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 258; 115 Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 258; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 23, Rn. 188; Drygala, in: KK AktG, § 54, Rn. 31; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 23, Rn. 9. 116 U. a. Koch, in: Hüffer, AktG, § 23, Rn. 45; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 23, Rn. 187. 117 BGH, II ZR 4/09, NJW 2010, 3718, 3719; Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 256; Mayer, MittBayNot 2006, 281, 282; Arnold, in: KK AktG, § 23, Rn. 181. 118 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 23, Rn. 36; Koch, in: Hüffer, AktG, § 23, Rn. 34. 119 Reufels, in: Hümmerich/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, § 2 A I 1, S. 1157, Rn. 62.

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BGB die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung ergeben. Es bleibt einer Prüfung im Einzelfall überlassen, ob und inwieweit die in Frage stehende aktienrechtliche Bestimmung der vertraglichen Bestimmung im Anstellungsvertrag entgegensteht. Mit § 23 Abs. 5 AktG lässt sich im Ergebnis kein starres, unabänderliches Rechte- und Pflichtengefüge für den Anstellungsvertrag begründen. Es bleibt vielmehr im Ausgangspunkt bei der im Privatrecht geltenden Vertragsfreiheit. cc) Fazit Für den Anstellungsvertrag bedeutet dies: schuldrechtliche Modifikationen von aus der organschaftlichen Stellung resultierenden Rechte und Pflichten sind immer dann unwirksam, sofern sie sich in Widerspruch zur gesetzlichen Lage setzen und darüber hinaus aus der entsprechenden aktienrechtlichen Norm ein Verbotscharakter resultiert. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass selbst mit einer auf den ersten Blick unproblematisch erscheinenden anstellungsvertraglichen Erweiterung des Pflichtenkatalogs (bzw. Schaffung neuer Pflichten) eine Einschränkung organschaftlicher Rechte einhergehen kann und sich letztlich indirekt ein Konfliktverhältnis zwischen Anstellungsvertrag und organschaftlicher Stellung ergeben kann.120 Gleiches gilt im Gegenzug für eine vertragliche Ausdehnung der bestehenden (bzw. Schaffung neuer) Rechte im Hinblick auf eine Begrenzung organschaftlicher Pflichten.121 Auch beeinflussen sich Pflichten mitunter gegenseitig; so stehen beispielsweise Informationspflichten mit einer Pflicht zur Verschwiegenheit in einem Spannungsverhältnis.122 Jede Erweiterung der einen ist ohne Einschränkung der anderen nicht möglich. Sollte eine schuldrechtliche Modifikation realisierbar sein, kommt ihr jedenfalls eine rein schuldrechtliche Wirkung zu. Eine Umgestaltung der organschaftlichen Stellung durch den Anstellungsvertrag ist nicht erreichbar. Sie bleibt durch den Anstellungsvertrag unberührt. Infolge der Relativität der Rechtsverhältnisse sowie der geltenden Trennungstheorie können schuldrechtliche Abreden keine korporationsrechtliche Wirkung entfalten.123 Ein Widerrufsgrund hinsichtlich der Bestellung kann danach schuldrechtlich nicht begründet werden.124 In gleicher Weise kann der Anstellungsvertrag keinen Rechtfertigungsgrund für eine Verletzung etwaiger Or120 Ausführlich Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 128 ff. 121 Ausführlich Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 133 ff. 122 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 128 ff. 123 So auch Reuter, D., FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 492; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 127, 135; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 76 f. 124 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 123; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 129.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

ganpflichten darstellen.125 Räumt das Vorstandsmitglied einem anstellungsvertraglichen Recht den Vorzug gegenüber seinen organschaftlichen Pflichten ein, handelt er im Hinblick auf seine organschaftliche Stellung pflichtwidrig. Im Übrigen ist das Vorstandsmitglied naturgemäß gehalten, ihm anstellungsvertraglich auferlegte Pflichten einzuhalten, selbst wenn diesen Fall § 82 Abs. 2 AktG nicht ausdrücklich aufführt.126 5. Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis a) Das Vorrangverhältnis in Rechtsprechung und Literatur Trotz der rechtlichen Trennung zwischen Bestellung und Anstellung im Sinne der Trennungstheorie geht die vorherrschende Ansicht in Konfliktfällen zwischen Anstellungsverhältnis und Bestellungsverhältnis von einem Vorrang des Bestellungsverhältnisses aus.127 Die genauen Ausformungen sowie die Auswirkungen des Vorrangverhältnisses sind bisher jedoch kaum erforscht. Der Bundesgerichtshof hat den Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis in zahlreichen Entscheidungen mit unterschiedlichen Fallgestaltungen herausgestellt. Eine dogmatische Grundlage hat er hingegen nicht aufgezeigt.128 So begrenzt das Vorrangverhältnis die mittels Satzungsbestimmung übertragene Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats einer Genossenschaft. Der Aufsichtsrat ist insbesondere nur zur Kündigung des Anstellungsvertrags berechtigt, soweit er nicht in das Abberufungsrecht der Generalversammlung eingreift und der

125 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 135, auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 76; für die GmbH: u. a. Marsch-Barner/Diekmann, in: MünchHdb GmbH, § 43, Rn. 3 m.w.N. 126 OLG Stuttgart, 12 U 171/77, DB 1979, 884, 885; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 82, Rn. 44. 127 BGH, II ZR 220/88, NJW 1989, 2683; BGH, II ZR 130/71, DB 1974, 37; LAG Köln, 2 Sa 579/04, ZIP 2006, 1012; OLG Celle, 9 W 115/04, S. 4 (ausdrücklich zum Fall der Drittanstellung, unveröffentlicht); OLG Hamburg, 11 U 21/82, DB 1983, 330, 332, jedoch aufgehoben durch BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733; Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 391, 398 f.; Gissel, Arbeitnehmerschutz für den GmbH-Geschäftsführer, S. 65; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Martens, in: FS Werner, S. 494, 506 f.; Henssler, RdA 1992, 289, 292 f.; Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 442 f.; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 229; Fleck, ZHR 149 (1985), S. 387, 398; Reuter, A., AG 2011, 274, 277 f.; a. A. Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 136 ff.; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 80 ff.; wohl auch Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 492. 128 BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758; BGH, II ZR 102/81, NJW 1982, 1528, 1530; Säcker, BB 1979, 1321, 1322.

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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noch laufenden Bestellung nicht vorzeitig den Boden entzieht.129 In ähnlicher Weise nimmt der Bundesgerichtshof einen entsprechenden Vorrang der Bestellungs- vor der Anstellungskompetenz im Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Aufsichtsratsausschuss in der Aktiengesellschaft an.130 Der Ausschuss ist weder ermächtigt, durch den verfrühten Abschluss oder die Verlängerung eines Anstellungsvertrags der ihm nicht zustehenden Entscheidung über die Bestellung vorzugreifen, noch darf er die Bestellung vor ihrem Widerruf durch den allein dazu berufenen Aufsichtsrat dadurch unterlaufen, dass er ihr durch eine Auflösung des Anstellungsverhältnisses die Grundlage nimmt.131 Die übergeleitete Kompetenz zur Regelung des Anstellungsvertrags findet somit dort ihre Grenze, wo ein Eingriff in die Bestellungs- und Abberufungszuständigkeit des übergeordneten Organs droht. Die Regelungskompetenz des Aufsichtsratsausschusses ist eine rein akzessorische Kompetenz. Ein Übergriff in die Entscheidungsgewalt des Bestellungsorgans darf nicht erfolgen. Jedwede Anstellungsvereinbarung mit präjudizieller Wirkung auf das rechtliche Schicksal des Bestellungsverhältnisses ist unzulässig.132 Der Organstellung soll infolge ihrer wesentlichen Bedeutung für die eigenverantwortliche Leitung und die gesetzliche Vertretung Vorrang vor der dienstvertraglichen Regelung gebühren. Das habe auch der Gesetzgeber in der Laufzeitregelung des § 84 Abs. 1 Satz 5 Hs. 2 AktG nachvollzogen.133 Auch aus § 107 Abs. 3 AktG selbst ergibt sich das höhere Gewicht der Bestellung gegenüber der Anstellung. Das Gesetz gestattet lediglich eine Übertragung der Anstellungs-, nicht aber der Bestellungszuständigkeit auf den Ausschuss.134 Der höhere Stellenwert des Bestellungsverhältnisses soll sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sowie der Literatur in gleicher Weise auf den Inhalt des schuldrechtlichen Anstellungsvertrags erstrecken.135 Demgemäß besteht ein anstellungsvertraglicher Gestaltungsspielraum nur in dem durch Gesetz und Satzung abgesteckten Rahmen.136 Anstellungsvertragliche Abreden dürfen nicht in die gesetzliche oder statutarische Ausgestaltung des Bestellungsverhältnisses eingreifen.137 Wird dennoch eine satzungswidrige Regelung im Anstellungsvertrag vereinbart, ist deren rechtliches Schicksal umstritten. Einerseits wird vertreten, eine 129

BGH, II ZR 130/71, DB 1974, 37; BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758. BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758; BGH, II ZR 102/81, NJW 1982, 1528, 1530. 131 BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758; BGH, II ZR 102/81, NJW 1982, 1528, 1530; Säcker, BB 1979, 1321, 1322. 132 BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758; BGH, II ZR 220/88, NJW 1989, 2683 f. 133 BGH, II ZR 220/88, NJW 1989, 2683; Martens, in: FS Werner, 494, 507 f. 134 Martens, in: FS Werner, 494, 507. 135 BGH, II ZR 70/09, NZG 2010, 827, 828; Martens, in: FS Werner, 494, 506; Stein, in: Hachenburg, GmbHG, § 35, Rn. 161 ff.; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 127; Jaeger, in: MünchKomm GmbHG, § 35, Rn. 274. 136 BGH, II ZR 70/09, NZG 2010, 827, 828; Stein, in: Hachenburg, GmbHG, § 35, Rn. 161. 137 BGH, II ZR 70/09, NZG 2010, 827, 828. 130

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

entsprechende Satzungswidrigkeit führe zur Unwirksamkeit der anstellungsvertraglichen Bestimmung,138 da das Anstellungsorgan bzw. der mit der Anstellung beauftragte Ausschuss nicht die Kompetenz hat, eine von der Satzung abweichende vertragliche Regelung abzuschließen.139 Nach anderer Ansicht sei eine solche Regelung zwar schuldrechtlich wirksam, allerdings organisationsrechtlich ohne Bedeutung.140 Ein Unterlassungs- oder Erfüllungsanspruch bestünde aber auch nach letzterer Ansicht trotz schuldrechtlicher Wirksamkeit nicht.141 b) Stellungnahme Da dem Umfang der gegenseitigen Beeinflussung zwischen Bestellung und Anstellung maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung der Drittanstellung zukommt, bedarf das Vorrangverhältnis insbesondere hinsichtlich dessen Auswirkung auf potentielle Drittanstellungsverträge einer näheren Beleuchtung. Erstreckt sich ein potentielles Vorrangverhältnis auch auf Drittanstellungsverträge, ließen sich Konflikte zwischen Bestellungs- und Drittanstellungsverhältnis stets zugunsten ersterem auflösen.142 Dem Dritten wäre es somit nicht möglich, über den Anstellungsvertrag mittelbar auf das Bestellungsverhältnis Einfluss zu nehmen (z. B. durch eine entsprechende inhaltliche Ausgestaltung des Anstellungsvertrags oder dessen vorzeitigen Beendigung). Eine Beeinträchtigung der organschaftlichen Stellung des Vorstandsmitglieds wäre von vornherein ausgeschlossen.143 Der Bundesgerichtshof hat das Vorrangverhältnis allerdings lediglich für Kompetenzkonflikte innerhalb der Gesellschaft begründet. Im Verhältnis zu Dritten kann es dagegen keine Geltung beanspruchen. Es kann nicht per se die Unwirksamkeit von schuldrechtlichen Abreden oder Maßnahmen (insb. Kündigung, Verlängerung oder Abschluss des Anstellungsvertrags) herbeiführen, die der Organstellung wider-

138

Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 127; Stein, in: Hachenburg, GmbHG, § 35, Rn. 164; differenzierend Jaeger, in: MünchKomm GmbHG, § 35, Rn. 275. 139 Paefgen, in: Ulmer GmbHG, § 35, Rn. 141; Stein, in: Hachenburg, GmbHG, § 35, Rn. 164. 140 Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder GmbhG, § 35, Rn. 84; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 6, Rn. 13/15; Baumann, in: Oppenländer/Trölitzsch, GmbHGeschäftsführer, § 13, Rn. 6; Tebben, in: Michalski, GmbHG, § 6, Rn. 115; Marsch-Barner/ Diekmann, in: MünchHdb GmbH, § 43, Rn. 6; wohl auch Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 443. 141 Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 6, Rn. 13/15; Tebben, in: Michalski, GmbHG, § 6, Rn. 116; Marsch-Barner/Diekmann, in: MünchHdb GmbH, § 43, Rn. 7. 142 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 138; in diesem Sinne auch Fleck, ZHR 149 (1985), S. 387 ff., 399. 143 In diesem Sinne OLG Celle, 9 W 115/04, S. 4 (unveröffentlicht).

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sprechen.144 Für einen derartigen absoluten Vorrang des Bestellungsverhältnisses gegenüber dem Anstellungsverhältnis fehlt es, selbst für Kompetenzkonflikte innerhalb der Gesellschaft, an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage.145 Insbesondere normiert § 23 Abs. 5 AktG keinen derartigen Vorrang146, da die Regelung auf schuldrechtliche Abreden keine Anwendung findet.147 Zwar verdeutlicht der Gesetzgeber in § 84 Abs. 1 Satz 5 Hs. 2 AktG und § 107 Abs. 3 AktG das besondere Gewicht der Bestellung gegenüber der Anstellung. Ein zwingender Vorrang ergibt sich daraus allerdings nicht. Schon die geltende Trennungstheorie – nimmt man sie ernst – lässt die Annahme eines absoluten Vorrangs des Bestellungsverhältnisses fragwürdig erscheinen. Andernfalls wäre die rechtliche Trennung von Bestellungs- und Anstellungsverhältnis faktisch aufgehoben. Grundsätzlich stehen sich mit Bestellung und Anstellung zwei rechtlich unabhängige Rechtsverhältnisse gegenüber. Die rechtliche Unabhängigkeit muss aber konsequenterweise auch für das Verhältnis der beiden Rechtsverhältnisse zueinander nachvollzogen werden. Einen Vorrang eines Rechtsverhältnisses kann es danach nicht geben. Richtig ist, dass eine Modifikation des Bestellungsverhältnisses nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben möglich ist. Die Organstellung ist dem Anstellungsvertrag vorgegeben, so dass eine entsprechende Bestimmung im Anstellungsvertrag – auch wenn schuldrechtlich wirksam – zumindest organisationsrechtlich wirkungslos ist.148 Eine darüberhinausgehende Unwirksamkeit einer anstellungsvertraglichen Vorschrift lässt sich hingegen über ein Vorrangverhältnis nicht begründen. Mag die Unwirksamkeitsfolge hinsichtlich Bestimmungen außerhalb des organschaftlichen Rahmens bei innergesellschaftlichen Kompetenzstreitigkeiten durch eine Begrenzung der Kompetenz des Anstellungsorgans bzw. des mit der Anstellung beauftragten Ausschusses noch angemessen sein, versagt ein derartiger Begründungsansatz bei einem potentiellen Drittanstellungsvertrag. Der Dritte wird nicht infolge einer übergeleiteten Kompetenz, sondern kraft seiner eigenen Vertragsfreiheit tätig. 144 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 138; in diesem Sinne auch Fleck, ZHR 149 (1985), S. 387 ff., 399. 145 So auch Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 138; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 81; a. A. Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1307 („das Recht ordnet hier den zwingenden Vorrang der Organfunktion gegenüber vertraglichen Pflichten an[…]“; aus welcher rechtlichen Grundlage er diese Aussage ableitet, bleibt aber im Dunklen). 146 So auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 81. 147 Vgl. B. I. 4. d) bb). 148 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 127; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 6, Rn. 11; Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487 ff., 492; vgl. ausführlicher zur Modifikation B. I. 4. d).

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Die auf den Ausschuss übergeleitete Kompetenz ist demgegenüber eine rein akzessorische149 und der vorrangigen Vertragszuständigkeit des Bestellungsorgans in seiner Gesamtheit untergeordnet.150 Der Aufsichtsrat bleibt bei Einsetzung und Beauftragung eines Ausschusses jederzeit Herr der Personalentscheidung.151 Es besteht ein Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Ausschuss und Aufsichtsrat. Der außerstehende Dritte ist dem Aufsichtsrat hingegen anders als der Ausschuss nicht untergeordnet. Diese Bedenken haben den Bundesgerichtshof dazu bewogen, Bestellung- und Anstellungszuständigkeit bei der mitbestimmten GmbH in deren Aufsichtsrat zu vereinigen. Eine Aufspaltung der beiden Kompetenzen zwischen Aufsichtsrat (Bestellung wegen § 31 Abs. 1 MitbestG) und Gesellschafterversammlung (Anstellung) erschien dem Bundesgerichtshof wegen des engen Sachzusammenhangs zwischen beiden Rechtverhältnissen nicht praktizierbar. Insbesondere ist bei einer Aufspaltung von Anstellungs- und Bestellungskompetenz eine Lösung von Kompetenzkonflikten über einen Vorrang der Bestellungskompetenz kein „gangbarer Weg“, da die Gesellschafterversammlung dem Aufsichtsrat nicht untergeordnet, sondern eigenständig ist.152 Was für das interne Verhältnis zwischen den Gesellschaftsorganen gilt, beansprucht erst recht Geltung gegenüber außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten. Der Dritte schließt einen eigenständigen, rechtlich unabhängigen Vertrag mit dem Vorstandsmitglied.153 Das Bestellungsverhältnis hingegen besteht im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied. Schon wegen des Grundsatzes der Relativität der Schuldverhältnisse können die jeweiligen Rechtsverhältnisse lediglich Wirkungen zwischen den Parteien entfalten. Die Parteien des Bestellungsverhältnis auf der einen sowie des Anstellungsverhältnisses auf der anderen Seite sind bei einer Drittanstellung, abweichend vom gesetzlichen Normalfall, eben nicht identisch.154 Den Parteien des Bestellungsverhältnisses fehlt schlicht die Kompetenz, in den Rechtskreis des Dritten (gegen dessen Willen) einzugreifen.155 Ein anderes Ergebnis ist nicht unter Heranziehung der Grundsätze der Selbstbeschränkung in Verbindung mit dem Bestellungsverhältnis begründbar. Die Bestellung berührt die Vertragsfreiheit der Parteien, hier des Vorstandsmitglieds, für nachfolgende Verträge nicht.156 Ein allgemeiner Vorrang des Bestellungsverhält149

So auch Säcker, BB 1979, 1321, 1322. BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 735. 151 Vgl. dazu ausführlich D. IV. 2. a) bb). 152 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 735. 153 A. A. Stein, in: Hachenburg, GmbHG, § 35, Rn. 165: satzungswidrige Regelungen im Drittanstellungsvertrag seien unwirksam, da die Gesellschaft dem Dritten keine weiterreichende Befugnis einräumen kann, als ihr selbst zusteht. 154 So auch Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 137. 155 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 137. 156 Vgl. A. III. 150

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nisses ist aus verbandsrechtlicher Sicht zum Schutz des Bestellungsverhältnisses auch nicht notwendig. Steht schon bei einem Anstellungsvertrag zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied außer Frage, dass eine Abänderung des organschaftlichen Verhältnisses durch den Anstellungsvertrag außerhalb des aufgezeigten Rahmens nicht möglich ist, gilt dies erst recht für einen Drittanstellungsvertrag. Die Organstellung bleibt von einem Drittanstellungsvertrag unberührt. Ein Eingriff in die organschaftlichen Rechte und Pflichten durch den Drittanstellungsvertrag droht nicht.157 Der Drittanstellungsvertrag steht letztlich gleichberechtigt neben dem Bestellungsverhältnis. Im Ergebnis lässt sich ein Vorrang mangels einer gesetzlichen Verankerung nicht begründen.158 Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine unbegrenzte Gestaltungsmacht Dritter besteht, es gibt lediglich keinen absoluten Vorrang des Bestellungsverhältnisses. Eine Unwirksamkeit einer anstellungsvertraglichen Bestimmung wegen Verstoß gegen eine zwingende aktienrechtliche Regelung oder gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB bleibt weiterhin möglich.159 Dies ist jedoch eine Frage des konkreten Einzelfalls und nicht Ausdruck eines generellen Vorrangs des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis. c) Fazit Es existiert kein allgemeiner Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Drittanstellungsverhältnis. Mit der Ablehnung des generellen Grundsatzes des Vorrangs des Bestellungsverhältnisses ist indes noch keine Entscheidung für oder wider die Drittanstellung getroffen. Der Begründungsansatz kann lediglich nicht als ein Allheilmittel fungieren, um rechtspolitisch gewollte und zum Teil auch wünschenswerte Ergebnisse ohne nähere dogmatische Auseinandersetzung zu erhalten. Vielmehr bleibt es einer Prüfung des konkreten Einzelfalls sowie einer Anwendung der allgemeinen schuldrechtlichen Instrumentarien überlassen, ob eine entsprechende Bestimmung in einem gegebenenfalls zulässigen Drittanstellungsvertrag im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit aktienrechtlichen Bestimmungen wirksam ist oder nicht.160

157

Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 138. 158 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 138/139; Molitor, in: FS Ehrenberg, S. 40, 49. 159 Vgl. schon B. I. 4. d); ebenso Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 282. 160 I. E. so auch Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 136 ff., Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 80 ff.

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6. Auslegung von Anstellungsverträgen Ein Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis lässt sich auch nicht mittelbar im Wege der Auslegung des Anstellungsvertrags herbeiführen. Zwar können die aktienrechtlichen Regelungen (insbesondere §§ 76 ff. AktG) in die Auslegung schuldrechtlicher Klauseln einfließen. Eine Verallgemeinerung dahingehend, dass Anstellungsverträge generell so auszulegen sind, dass sie nicht gegen aktienrechtliche Bestimmungen verstoßen, lässt sich indes nicht treffen.161 Für die Auslegung von Anstellungsverträgen gelten die auch für andere schuldrechtlichen Verträge anerkannten Auslegungsmethoden. Das schließt die allgemeine Auslegungsregel mit ein, nach der in Zweifelsfällen einer gesetzeskonformen, d. h. einer die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidenden Auslegung zu folgen ist.162 Sie erfasst aber nur Fälle, in denen Unsicherheit hinsichtlich des Auslegungsergebnisses besteht. Zudem führt nicht jedwede anstellungsvertragliche Modifikation der organschaftlichen Rechte und Pflichten zugleich zur Nichtigkeit der entsprechenden, schuldrechtlichen Bestimmung.163 Primärer Ausgangspunkt jeglicher Auslegung anhand der Maßstäbe des §§ 133, 157 BGB muss der Wille der Parteien sein.164 Er ist sogar dann maßgeblich, wenn er nur einen unvollkommenen Ausdruck in der Erklärung gefunden hat.165 Von einer generellen Ausrichtung des Auslegungsergebnisses an den aktienrechtlichen Regelungen kann demnach keine Rede sein. Die Annahme einer derartigen Auslegungsregel führt zu einer Missachtung der zivilrechtlichen Auslegungsmethoden unter Negierung des Parteiwillens. Sie ist wegen Unvereinbarkeit mit §§ 133, 157 BGB abzulehnen. 7. Zwang zum Anstellungsvertrag Die enorme Bedeutung des Anstellungsvertrags für die persönliche Stellung des Vorstandsmitglieds166 gilt es in einem weiteren Schritt auf ihre rechtliche Relevanz zu untersuchen. Sollte der Abschluss eines Anstellungsvertrags in rechtlicher Hinsicht auf einer freiwilligen Basis erfolgen, könnte sich daraus ein Indiz für die Zulässigkeit der Drittanstellung ableiten lassen. Da sich die für die Ausübung des Vorstandsmandats maßgeblichen Rechte und Pflichten bereits aus dem Bestellungsverhältnis ergeben, könnte man zu der Auffassung gelangen, der Anstellungsvertrag sei zwar

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So aber Reuter, A., AG 2011, 274, 277. BGH, I ZR 44/00, NJW 2003, 819, 820; BGH, VIII ZR 55/70, NJW 1971, 1034, 1035; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 25. 163 Vgl. B. I. 4. d). 164 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 7. 165 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 8. 166 Vgl. B. I. 4. b). 162

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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für die persönliche Stellung des Mitglieds von Bedeutung, sein Abschluss aber keinesfalls rechtlich zwingend.167 a) Gesetzliche Ausgangslage Die Verbandsverfassung schreibt den Abschluss eines Anstellungsvertrags nicht ausdrücklich vor. Die Rechte und Pflichten aus dem Amt treffen das Vorstandsmitglied kraft des Bestellungsverhältnisses. Allerdings legt die gewählte Formulierung in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG („Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag“) die Vermutung nahe, das Gesetz setze einen Anstellungsvertrag stets voraus.168 So gehen auch die Begründungen zu § 75 AktG 1937 sowie zu § 84 AktG 1965 wie selbstverständlich von der Existenz eines Anstellungsvertrags aus.169 Nur bei Abschluss eines Anstellungsvertrags ist die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds umfassend gewährleistet.170 Wäre ein Anstellungsvertrag nur ein freiwilliges Instrument zur Ergänzung des Bestellungsverhältnisses, wäre zudem die überwiegend bejahte Pflicht des Aufsichtsrats, auf den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit dem Vorstandsmitglied hinzuwirken, beziehungsweise der entsprechende Anspruch des neubestellten Vorstandsmitglieds171 nicht nachvollziehbar begründbar. Einen Anspruch kann es nur geben, wenn der Anstellungsvertrag nicht freiwilliger Natur ist. b) Der Anstellungsvertrag als schuldrechtliche Grundlage der Vorstandstätigkeit Der Abschluss eines Anstellungsvertrags – sei es in unentgeltlicher oder entgeltlicher Form – ist zur Vermeidung einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung vielmehr zwingend notwendig. Ohne Anstellungsvertrag fehlt der Vorstandstätigkeit die schuldrechtliche Grundlage. Nur durch das Zusammenwirken von 167 Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 83; Nowotny, in: FS Roth, S. 553, 555 (für die vergleichbare österreichische Rechtslage); Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. 2, Theorie der Vertretung, S. 233; wohl auch Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 5, insb. Fn. 12; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 III, S. 422; Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 397; a. A. Schuster-Bonnott, in: FS Kastner, S. 421, 425 f.; 438 f. (zur vergleichbaren Rechtslage in Österreich); Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 492 f. 168 Schuster-Bonnott, in: FS Kastner, S. 421, 426. 169 Amtliche Begr. zu § 75 bei Klausing, AktG 1937, S. 61; Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 106. 170 Vgl. B. I. 4. b). 171 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 8; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 52; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5 (hinsichtlich noch offener Punkte eines konkludent geschlossenen Anstellungsvertrags); Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 6; Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 84, Rn. 2.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

Bestellungs- und Anstellungsverhältnis sind die erbrachten Leistungen kondiktionsfest. Die Verengung des Blickwinkels auf das Bestellungsverhältnis wird der Rechtswirklichkeit nicht gerecht. Zwar trifft das Vorstandsmitglied die Pflicht zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Mandats im Sinne der Pflicht aus dem Amt schon mit der Bestellung. Das Vorstandsmitglied wird sich allerdings nur infolge eines bestehenden Anstellungsvertrags zur Übernahme des Vorstandsmandats und damit zur Annahme der Bestellungserklärung bereit erklären. Die Pflicht zum Amt ergibt sich ausschließlich aus dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis. Trotz geltender Trennungstheorie und der sich daraus ergebenden rechtlichen Unabhängigkeit der beiden Rechtsverhältnisse, kann in dem Bestellungsverhältnis nicht der alleinige rechtliche Grund im Kontext des § 812 Abs. 1 BGB gesehen werden. Dem einseitigen, wenn auch mitwirkungsbedürftigen Akt172 muss stets eine der Tätigkeit entsprechende, ausgehandelte Einigung gegenüberstehen.173 Das Vorstandsmitglied übernimmt das Amt regelmäßig nur wegen der anstellungsvertraglichen Ansprüche.174 Das Vorstandsmandat ist – anders als das Aufsichtsratsmandat – gesetzlich als Hauptamt ausgestaltet. Das designierte Vorstandsmitglied will sich mit der Übernahme der Organstellung eine berufliche Existenzgrundlage schaffen. Um dies zu erreichen, bedarf es eines Anstellungsvertrags. Nur durch den Anstellungsvertrag wird das Amt in rechtlicher abgesicherter Weise zur Existenzgrundlage.175 Zur Bestimmung des rechtlichen Grunds im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB ist nach dem subjektive Rechtsgrundbegriff auf die Zweckgerichtetheit der Leistung abzustellen. Der Leistende verfolgt mit seiner Leistung einen bestimmten Zweck. Die Zweckbestimmung des Leistenden gestattet es, eine äußerliche Wertbewegung zu einem bestimmten Kausalverhältnis in Beziehung zu setzen.176 Das Vorstandsmitglied erbringt seine Vorstandstätigkeit wegen des Anstellungsvertrags. Fällt er weg, entzieht dies der Vorstandstätigkeit den Boden. Der Mandatsträger wird gewöhnlich nicht ohne Vertragsgrundlage weiterarbeiten.177 Der Anstellungsvertrag ist daher die schuldrechtliche Grundlage der Vorstandstätigkeit.178 Dem entspricht auch die Vorgehensweise der Rechtsprechung und Literatur im Falle der Unwirksamkeit des Anstellungsvertrags, bei der sie die Grundsätze des fehlerhaften Arbeitsvertrags

172

Vgl. B. I. 1. Ähnlich Schuster-Bonnott, in: FS Kastner, S. 421, 425. 174 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 15; ähnlich Leuchten, in: FS Bauer, S. 635. 175 Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 489. 176 Emmerich, BGB-Schuldrecht Besonderer Teil, 13. Aufl., § 16, Rn. 19; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 55 ff.; Schnauder, JZ 2002, 1080, 1082; Schwab, in: MünchKomm BGB, § 812, Rn. 336. 177 BGH, II ZR 130/71, DB 1974, 37; BGH, II ZR 182/79, NJW 1981, 757, 758; BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 390 (für die GmbH); Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 15. 178 BGH, II ZR 142/52, LM AktG § 75 Nr. 5; ebenso Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 390 (für die GmbH); ähnlich Leuchten, in: FS Bauer, S. 635. 173

I. Rechtsverhältnisse zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft

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anzuwenden pflegt.179 Wäre ein Anstellungsvertrag für das Verhältnis zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitglied nicht notwendig, müssten die aus dem Arbeitsrecht bekannten Grundsätze nicht bemüht werden. Der Anstellungsvertrag wird v. a. wegen der sonst bestehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten („Das zeigt sich schon daran, daß Dienste nicht zurückerstattet werden können […].“) für die Vergangenheit für wirksam erachtet.180 Eine derartige Sichtweise ist nicht nur auf eine entgeltliche Vorstandstätigkeit begrenzt, sondern beansprucht allgemeine Geltung. Die Bedeutung des Anstellungsvertrags erschöpft sich nicht in einer reinen Rechtsgrundlage für einen Vergütungsanspruch. Er ist Ursprung zahlreicher, weiterer Rechte des Vorstandsmitglieds. Überdies kann die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds nicht unterschiedlich danach beurteilt werden, ob zusätzlich eine Vergütungsabrede vorliegt oder nicht. Die Ableistung der Vorstandstätigkeit ist dementsprechend nur kondiktionsfest, wenn ihr zugleich ein Anstellungsvertrag zugrunde liegt – sei es in Form eines Dienstvertrags mit geschäftsbesorgendem Charakter (§§ 611 ff. i.V.m. § 675 BGB) oder bei Unentgeltlichkeit in Form eines Auftrags (§§ 662 ff. BGB). Der Anstellungsvertrag ist schuldrechtlicher Rechtsgrund der Vorstandstätigkeit.181 Ohne ihn, fehlt der erbrachten Vorstandstätigkeit der rechtliche Grund im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB. Es droht eine Rückabwicklung.182 Die Bestellung ist infolge der Trennungstheorie zwar auch dann wirksam, wenn kein oder ein unwirksamer Anstellungsvertrag geschlossen wurde. Der Abschluss eines Anstellungsvertrags ist indes keinesfalls fakultativ. Die Schaffung einer schuldrechtlichen Grundlage für die Vorstandstätigkeit ist zur Erreichung der Kondiktionsfestigkeit der Vorstandstätigkeit zwingend notwendig. Es besteht nicht nur ein Anspruch, sondern vielmehr eine gegenseitige Verpflichtung zum Abschluss eines, die Vorstandstätigkeit regelnden Anstellungsvertrags.183 Einklagbar ist er gleichwohl nicht.184

179 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; ff.; BGH, II ZR 282/98, NJW 2000, 2983 ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 27; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 246; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 26 180 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367, 1368; BGH, II ZR 282/98, NJW 2000, 2983 f. (GmbH-Geschäftsführer); Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 84, Rn. 26. 181 Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 488 ff.; ähnlich Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 188; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635 sowie 641. 182 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5. 183 In diesem Sinne auch Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 74; Fonk, NZG 2010, 368, 371 f.; a. A. für GmbH Tebben, in: Michalski, GmbHG, § 6, Rn. 120. 184 Fonk, in: Semler/Peltzer, Arbeitshdb. für Vorstandsmitglieder, § 9, Rn. 86; ders., NZG 2010, 368, 371.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

II. Treuepflicht des Vorstandsmitglieds 1. Ursprung und Inhalt der Treuepflicht Das Vorstandsmitglied trifft eine Treuepflicht gegenüber der Aktiengesellschaft. Die Treuepflicht resultiert aus der besonderen Vertrauensstellung sowie infolge des Umgangs mit fremden Unternehmenswerten und Geschäftschancen aus der treuhänderischen Tätigkeit der Vorstandsmitglieder zugunsten der Aktionäre.185 Sie ist Korrelat der weitreichenden Befugnisse, des Informationsvorsprungs sowie der bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten.186 Das Vorstandsmitglied trifft die Treuepflicht unmittelbar mit dem kooperationsrechtlichen Akt der Bestellung. Sie ist Ausfluss der Organstellung des Vorstandsmitglieds und damit organschaftlicher Natur.187 Durch den Anstellungsvertrag wird die Treuepflicht grundsätzlich zugleich zu einer schuldrechtlichen Pflicht, ohne dass deren organschaftlicher Inhalt einer privatautonomen Gestaltung offensteht. Demgemäß decken sich die schuldrechtliche und organschaftliche Treuepflicht in der Regel.188 Inhaltlich geht die Treuepflicht des Vorstandsmitglieds in Umfang und Intensität über den Maßstab des § 242 BGB hinaus.189 Das Vorstandsmitglied muss „in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, allein deren Wohl und Wehe und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Auge haben“.190 Mit anderen Worten hat das Vorstandsmitglied sämtliche Entscheidungen ausschließlich am Wohl der Gesellschaft auszurichten und jede Schädigung der Ge185 U. a. BGH, II ZR 143/93, NJW 1995, 1290, 1291 („selbständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“); BGH, II ZR 155/02, NJW 2004, 1860, 1863; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 95 ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 10; ausführlich Fleischer, WM 2003, 1045 f. 186 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35, Rn. 39 (für die GmbH). 187 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 76, 77; Fleischer, WM 2003, 1045, 1046; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 10. 188 Vgl. allgemein Fn. 74; speziell für den Bereich der Treuepflicht: Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 443; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 108; wohl auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 76; ders., WM 2003, 1045, 1046 (Anstellungsvertrag erzeugt kongruente Pflicht); Vedder, in: Grigoleit, § 84, Rn. 24; a. A. Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 77, 279 (der eine eigenständige, anstellungsvertraglich vermittelte Treuepflicht ausschließt, aber zugleich bei der Auslegung des Anstellungsvertrags nach § 242 BGB diese berücksichtigen will); unklar Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 163; ebenso unklar BGH, II ZR 280/53, WM 1955, 25, 26 (Abschwächung der anstellungsvertraglichen Treuepflicht durch Abberufung und ausgesprochener Kündigung). 189 U. a. Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 10; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 227. 190 BGH, II ZR 79/75, WM 1977, 361, 362 (GmbH); ähnlich auch BGH, II ZR 183/82, WM 1983, 498 (GmbH); BGH, II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255, 1257 (GmbH); Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 227; Fleischer, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 9, Rn. 2.

II. Treuepflicht des Vorstandsmitglieds

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sellschaft zugunsten Dritter zu unterlassen.191 Der Corporate Governance Kodex umschreibt dies für die börsennotierte Aktiengesellschaft dahingehend, dass „kein Mitglied des Vorstands […] bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen und Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen“ darf.192 Das Vorstandsmitglied ist dem Unternehmensinteresse verpflichtet.193 Gesetzliche Einzelausprägungen der Treuepflicht sind im Wettbewerbsverbot nach § 88 AktG sowie in der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG zu sehen.194 2. Konkretisierungen der Treuepflicht des Vorstandsmitglieds Für die Frage der Drittanstellung lassen sich aus der Treuepflicht des Vorstandsmitglieds vor allem zwei Grundaussagen hervorheben. a) Vorrang des Unternehmensinteresses Bei einem Interessenkonflikt zwischen dem Unternehmensinteresse und dem eigenen Interesse des Vorstandsmitglieds hat das Vorstandsmitglied stets dem Interesse der Gesellschaft den Vorzug einzuräumen.195 Gleiches gilt bei einem Konflikt mit Interessen Dritter, hinsichtlich denen das Vorstandsmitglied als Interessenwalter fungiert.196 Das Vorstandsmitglied hat bereits den Anschein zu vermeiden, es könnte aufgrund der Stellung als Interessenwalter eines Dritten in seiner Vorstandstätigkeit befangen sein.197 b) Loyaler Einsatz für die Aktiengesellschaft Als weitere Ausprägung der Treuepflicht hat sich das Vorstandsmitglied loyal für die Gesellschaft einzusetzen. Hieraus ergibt sich die Pflicht, seine berufliche Arbeitskraft sowie seine Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vorbehaltlos in den 191 Schmidt, in: Heidel, AktienR, § 93, Rn. 32; Krieger, in: Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, § 3, Rn. 31. 192 Ziff. 4.3.3. des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 13. Mai 2013; vgl. auch Fleischer, WM 2003, 1045. 193 So auch Ziff. 4.3.3. des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 13. Mai 2013. 194 Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 10. 195 BGH, II ZR 257/84, NJW 1986, 584, 585 (zur OHG mit Hinweise auf Rechtslage bei GmbH); vgl. Rspr. bei Fn. 190; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 229; Hopt, ZGR 1993, 534, 541; Fleischer, WM 2003, 1045, 1050. 196 Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 229; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 95; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 54, 108; Schmidt, in: Heidel, AktienR, § 93, Rn. 32. 197 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 95.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

Dienst der Aktiengesellschaft zu stellen.198 Insbesondere darf das Vorstandsmitglied keine Funktionen außerhalb der Aktiengesellschaft übernehmen, die befürchten lassen, das Vorstandsmitglied sei durch die Bindung an Drittinteressen (z. B. einzelner Aktionäre oder dritter Unternehmen) und damit eines potentiellen Interessenkonflikts an der ordnungsgemäßen Ausübung seines unternehmerischen Ermessens gehindert.199 Selbst mit Zustimmung des Aufsichtsrats ist dem Vorstandsmitglied eine Tätigkeit, die ihn in der Ausübung seiner unternehmerischen Funktion für die Aktiengesellschaft beeinträchtigt, nicht möglich.200 Die Loyalitätspflicht ist unabdingbar und daher der Gestaltungsmacht der Parteien entzogen.201 Auch außerhalb der Übernahme weiterer Tätigkeiten hat das Vorstandsmitglied wegen seiner Treuepflicht jeglicher Einflussnahme seitens Dritter zu widerstehen.202 3. Treuepflicht im Konzern Durch die Konzernierung erfährt die Treuepflicht des Vorstandsmitglieds der abhängigen Aktiengesellschaft keine Modifikation. Das Vorstandsmitglied der abhängigen Aktiengesellschaft bleibt ausschließlich ihrem Interesse verpflichtet, so dass auch ausschließlich ihr gegenüber eine Treuepflicht besteht.203 Eine Ausdehnung der Treuepflicht des Vorstandsmitglieds der abhängigen Aktiengesellschaft auf die herrschende Gesellschaft findet nicht statt, da es ihr gegenüber an den Umständen fehlt, die in der Beziehung zur abhängigen Bestellungskörperschaft die treuhänderische Bindung und damit die Treuepflicht begründen. So besitzt das Vorstandsmitglied der abhängigen Gesellschaft gegenüber der herrschenden Gesellschaft insbesondere keine umfassende Einwirkungsmöglichkeit, die sonst Grund der Treuebindung ist.204 Entsprechend besteht für das Vorstandsmitglied der herrschenden Aktiengesellschaft grundsätzlich lediglich eine Treuepflicht im Verhältnis zu seiner Bestel198

Fleischer, WM 2003, 1045, 1050; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 128; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 95; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 109; Schmidt, in: Heidel, AktienR, § 93, Rn. 31; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 238. 199 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 97; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 239; ders., ZGR 2004, 1, 9 f. 200 BGH ¸ II ZR 217/99, NJW 2001, 2476; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 97; Schmidt, in: Heidel, AktienR, § 93, Rn. 31. 201 Schmidt, in: Heidel, AktienR, § 93, Rn. 31; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 97. 202 Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 444. 203 Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 234; Spindler, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 15, Rn. 34; Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325, 344 (für den Aufsichtsrat); ausführlich zur interessenrechtlichen Lage vgl. C. III. 3. a) bb). 204 Vgl. B. II. 1.

II. Treuepflicht des Vorstandsmitglieds

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lungskörperschaft. Gleichwohl kann eine Rücksichtnahme auf die konzernangehörigen Gesellschaften geboten sein, soweit sie im Interesse der herrschenden Gesellschaft selbst ist.205 Schließlich handelt es sich bei den konzernangehörigen Gesellschaften um Beteiligungen an anderen Unternehmen (Beteiligungsvermögen der Obergesellschaft), die im Interesse der herrschenden Aktiengesellschaft zu verwalten sind.206 4. Rechtsfolgen der Treuepflichtverletzung207 Schließt das Vorstandsmitglied unter Verstoß gegen die es treffende organschaftliche Treuepflicht einen Vertrag mit einem Dritten, führt die Treuepflichtverletzung nicht zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts. Die Treuepflicht ist Ausfluss des Bestellungsverhältnisses und entfaltet insofern ausschließlich Wirkungen im Innenverhältnis zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitglied. Auswirkungen im Verhältnis zu außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten respektive auf das Außenverhältnis scheiden regelmäßig aus.208 Eine Nichtigkeit eines durch das Vorstandsmitglied mit Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfts kann sich allenfalls aus sonstigen Rechtsvorschriften, z. B aus einem Vorwurf der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB, ergeben.209 Ungeachtet dessen verpflichtet die Verletzung der Treuepflicht das Vorstandsmitglied zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft. Für das Wettbewerbsverbot als gesetzlich geregelter Fall der Treuepflicht ergibt sich dies unmittelbar aus § 88 Abs. 2 Satz 1 AktG; im Übrigen aus § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG. Inhaltlicht richtet sich der Schadensersatzanspruch nach §§ 249 ff. BGB. Das Vorstandsmitglied kann im Zuge der Naturalrestitution daher sogar dazu verpflichtet sein, einen unter Verstoß gegen die Treuepflicht geschlossenen Vertrag zu beenden.210 Eine nachträgliche Zustimmung des Aufsichtsrats zum treuwidrigen Verhalten des Vorstandsmitglieds hat auf den einmal entstandenen Schadensersatzanspruch im Sinne des § 93 Abs. 1 AktG keinen Einfluss (§ 93 Abs. 4 Satz 2 AktG). Dem Auf-

205 Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 93, Rn. 52; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 234. 206 Spindler, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 15, Rn. 41. 207 Ausführlicher Überblick über die Rechtsfolgen bei Weisser, Corporate Opportunities, S. 233 ff. (für Verstoß gegen Geschäftschancenlehre) sowie Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/ Werder, Handbuch Corporate Governance, 423, 440 ff. (für Verstoß gegen Treuepflicht im Allgemeinen); Krebs, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmandaten in der Aktiengesellschaft, S. 78 ff. 208 So auch Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/Werder, Handbuch Corporate Governance, 423, 441. 209 Weisser, Corporate Opportunities, S. 249. 210 In diesem Sinne zu Recht auch Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/Werder, Handbuch Corporate Governance, 423, 442.

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B. Grundsätze des Anstellungsverhältnisses

sichtsrat fehlt es insoweit an der Dispositionsbefugnis.211 Einzig eine vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats analog § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG kann in engen Grenzen den Tatbestand der Treuepflichtverletzung entfallen lassen.212 Eine Einwilligung scheidet allerdings aus, soweit sie eine (Teil-)Befreiung des Vorstandsmitglieds von zwingenden Organpflichten bewirken würde.213 Die pflichtgemäße Amtsausübung ist unantastbar. Eine Beeinträchtigung der Amtsführung oder sonstiger berechtigter Belange der Gesellschaft darf nicht zu erwarten sein.214 Wahrt die Einwilligung diese Grenzen nicht, ist sie nichtig und entfaltet keine Rechtswirkungen.215 Weiterhin besteht zugunsten der Aktiengesellschaft ein Anspruch auf Unterlassung künftiger Treuepflichtverletzungen.216 Auch ein Bestellungswiderruf gemäß § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG ist als letztes Mittel möglich217, sofern der Gesellschaft das Festhalten an dem Vorstandsmitglied bis zum Ablauf der Amtszeit nicht mehr zugemutet werden kann.218 Für eine zusätzliche Pflicht des Vorstandsmitglieds zur Niederlegung seines Vorstandsmandats ist kein Raum.219

211 Ebenso Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 88, Rn. 17; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 88, Rn. 27; a. A. Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/Werder, Handbuch Corporate Governance, 423, 442 der § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG entsprechend anwenden will. 212 Schiessl, GmbHR 1988, 53, 55 f.; Merkt, ZHR 159 (1995), 423, 444 f. (jeweils hinsichtlich der Freigabe von Geschäftschancen); in diesem Sinne auch Ziff. 4.3.4. Satz 3 sowie Ziff. 4.3.5. des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 13. Mai 2013; vgl. zur Analogiefähigkeit Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 88, Rn. 2. 213 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 88, Rn. 2. 214 Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 108; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 88, Rn. 2 sowie § 93, Rn. 97. 215 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 88, Rn. 2, 8; Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 88, Rn. 6; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 108. 216 Weisser, Corporate Opportunities, S. 246; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 88, Rn. 33; Kort, in: Großkommentar AktG, § 88, Rn. 183. 217 Kort, in: Großkommentar AktG, § 88, Rn. 188; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 88, Rn. 39; Krebs, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmandaten in der Aktiengesellschaft, S. 88 (für Aufsichtsratsmitglieder). 218 BGH, II ZR 298/05, NJW-RR 2007, 389; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 34. 219 So aber Möllers, in: Hommelhoff/Hopt/Werder, Handbuch Corporate Governance, 423, 443.

C. Konflikt der Drittanstellung mit dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung nach § 76 Abs. 1 AktG Vielfach wird die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG als Hinderungsgrund für den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit Dritten angesehen.220 Bei der Untersuchung, ob ein derartiger Einwand berechtigterweise erhoben wird, ist zunächst der Inhalt der organschaftlichen Leitungsmacht zu bestimmen. Dabei ist zwischen der Situation einer unabhängigen und einer Aktiengesellschaft im Unternehmensverbund zu differenzieren. So dann ist der organschaftlichen Stellung des Vorstands die anstellungsvertragliche Situation gegenüberzustellen.

I. Ausgestaltung der Leitungsmacht 1. Allgemeine Grundzüge der eigenverantwortlichen Leitungsmacht Nach § 76 Abs. 1 AktG hat der Vorstand die Aktiengesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Das Prinzip der eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Vorstands ist von elementarer Bedeutung für die Verfassung der Aktiengesellschaft. Sie soll den Vorstand in die Lage versetzen, das Wohl des Unternehmens, seiner Arbeitnehmer und letztlich das allgemeine Wohl unter Zurücksetzung privater Interessen der Aktionäre zu berücksichtigen.221 § 76 Abs. 1 AktG stellt die Wahrnehmung der Unternehmerfunktion kraft eigener Verantwortung sicher.222 Die Eigenverantwortlichkeit zeichnet sich ihrerseits durch die Freiheit zum selbstständigen und weisungsfreien Handeln nach eigenem Ermessen aus. Es sind mithin zwei Elemente hervorzuheben: die Weisungsunabhängigkeit auf der einen und das be220 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 41; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 62, 74; a. A. Nowotny, in: FS Roth, S. 553, 555 (für die vergleichbare österreichische Rechtslage); Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 26; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 423 ff.; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 19, Rn. 3; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635, 642 (jeweils Vorrang der organschaftlichen Pflichten); differenzierend Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 319 ff.; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 84, Rn. 21. 221 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., Vorb. § 76, Rn. 14. 222 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 29a; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 4.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

stehende Leitungsermessen auf der anderen Seite.223 Die beiden Prinzipien der Eigenverantwortlichkeit sollen im weiteren Verlauf jeweils näher auf ihre Vereinbarkeit mit einer Drittanstellung untersucht werden. Der Leitungsbegriff im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG ist nicht mit der Geschäftsführung nach § 77 AktG gleichsetzbar. Während die Geschäftsführung jedwede tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigkeit für die Aktiengesellschaft umfasst, hat die Leitungsmacht die Führungsfunktion des Vorstands im Blick. Sie ist ein herausgehobener Teilbereich der Geschäftsführung.224 Eine detaillierte, umfassende Definition der Leitungsmacht lässt sich gleichwohl infolge der Abhängigkeit des Leitungsbegriffs von der Größe des entsprechenden Unternehmens nicht leisten.225 Eine Ausfüllung des Begriffs der Leitung ist lediglich über betriebswirtschaftliche Grundsätze zu erreichen, wobei insbesondere die Erheblichkeit der Entscheidung für die mittel- und langfristige Entwicklung eines Unternehmens sowie ihre Bedeutung für die Finanz-, Ertrags- und Beschäftigungslage maßgebend sind.226 Umfasst sind vor allem Maßnahmen im Bereich der Unternehmensplanung (Zielsetzung sowie mittel- und langfristige Festlegung der Unternehmenspolitik), der Unternehmensstruktur (Organisation und Koordinierung der mit Führungsaufgaben ausgestatteten Teilbereiche des Unternehmens; Festlegung der Grundzüge der Markt-, Produkt-, Finanz-, Investitions- und Personalpolitik), der Unternehmenskontrolle (laufende und nachträgliche Kontrolle von Durchführung und Erfolg delegierter Geschäftsführungsaufgaben), der Überwachung der Geschäfts- und Ergebnisentwicklung sowie der Besetzung von Führungsstellen.227 Letztlich müssen alle Aufgaben unter den Begriff der Leitung subsumiert werden, die zum unverzichtbaren Kern der Vorstandsfunktion gehören, was insbesondere auch diejenigen Maßnahmen erfasst, die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung dem Gesamtvorstand zugewiesen sind.228

223 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 10; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 56; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 424. 224 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 8; Fleischer, ZIP 2003, 1, 3; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 4; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 14; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 29a; OLG Schleswig, 2 W 160/05, NZG 2008, 868, 869. 225 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 16. 226 Henze, BB 2000, 209, 210; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 1, Rn. 13; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 5. 227 Henze, BB 2000, 209, 210; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 9; Fleischer, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 76, Rn. 15 ff.; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 5; OLG Schleswig, 2 W 160/05, NZG 2008, 868, 869. 228 Henze, BB 2000, 209, 210; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 9; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 5; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 1, Rn. 11.

I. Ausgestaltung der Leitungsmacht

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2. Unabdingbarkeit der Leitungsmacht des Vorstands a) Allgemeine Stellung des Vorstands im Kontext unternehmerischer Entscheidungen Die Übertragung der Leitungsmacht auf den Vorstand nach § 76 Abs. 1 AktG ist im Hinblick auf § 23 Abs. 5 AktG zwingend. Einengungen der Leitungsmacht durch die Satzung und damit eine Einflussnahme seitens der Hauptversammlung sind nur durch die Festlegung des Unternehmensgegenstandes und des Unternehmensziels als allgemeine Rahmenvorgabe sowie durch die Bindung von Geschäftsführungsmaßnahmen an die Zustimmung des Aufsichtsrats möglich.229 Je enger demnach der Unternehmensgegenstand gefasst ist, umso stärker ist die Leitungsbefugnis eingeschränkt.230 Eine darüber hinausgehende Beschränkung ist wegen der negativen Auswirkungen auf die Beweglichkeit der Aktiengesellschaft und wegen der verfassungsmäßige Stellung des Vorstands im Verhältnis zu anderen Organen der Gesellschaft nicht möglich.231 Die Satzung darf v. a. keinerlei konkrete Anweisungen hinsichtlich der Geschäftsführung enthalten, die über die Festlegung der skizzierten allgemeinen Rahmenvorgaben hinausgehen.232 Demgemäß können Aufsichtsrat und Hauptversammlung jenseits ihrer gesetzlichen Kompetenzen keinen rechtlichen Einfluss auf die Leitungsmacht des Vorstands ausüben.233 Das gilt insbesondere für die organschaftliche Weisungsstruktur. Weisungen des Aufsichtsrats muss der Vorstand nicht nachkommen, soweit sie über seine Pflicht zur Unterstützung der Kontrollfähigkeit des Aufsichtsrats (v. a. zur Informationsbeschaffung nach §§ 90 und 111 Abs. 2 AktG) hinausgehen.234 Insbesondere sind potentielle Zustimmungsvorbehalte nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht als Weisungsrechte, sondern lediglich als Vetorechte zu qualifizieren.235 Ebenso stellt sich die Lage des Vorstands im Verhältnis zur Hauptversammlung dar. Außerhalb der Fälle des § 119 Abs. 2 AktG (Herbeiführung der Entscheidung der Hauptversammlung durch den Vorstand) und des § 83 Abs. 1 AktG (der Zuständigkeit der Hauptversammlung unterfallende Maßnahmen) besteht keine Verpflichtung des Vorstands, etwaige Weisungen zu befolgen. Zugunsten von Mehrheits- oder Alleinaktionären ist ein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand nur im Anwendungsbereich des §§ 308 Abs. 1, 323 Abs. 1 AktG möglich.236 Außerhalb der be229 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 24; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 45. 230 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 45; Koch, in: Hüffer, AktG, § 82, Rn. 9. 231 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., Vorb. § 76, Rn. 14; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 24. 232 OLG Stuttgart, 8 W 271/06, NZG 2006, 790, 791. 233 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 42. 234 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 44. 235 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 425. 236 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 44.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

nannten Fälle bestehen keinerlei verbindliche Weisungsmöglichkeiten anderer Gesellschaftsorgane oder gar gesellschaftsfremder Dritter gegenüber dem Vorstand. Die Vorstandstätigkeit ist dementsprechend durch eine weitgehende organschaftliche Weisungsfreiheit geprägt.237 Dem Vorstand ist es verboten, sich ohne eine konzernvertragliche Rechtsbasis der Leitung Dritter zu unterstellen bzw. Dritten schuldrechtliche Einflussrechte auf seine Entscheidungen, insbesondere in Form eines Weisungsrechts, zuzugestehen.238 Der Vorstand darf sich die grundlegenden Entscheidungen über Zielkonzeption, Organisation, Führungsgrundsätze, Geschäftspolitik (Finanzierung, Personalwesen, Verwaltung, Investitionen, Beschaffung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb) nicht aus der Hand nehmen lassen, sondern muss sie nach eigenem Ermessen treffen. Erst recht ist eine vollständige Überlassung dieser Leitungsentscheidungen an Dritte ausgeschlossen.239 Die Maßnahmen der Leitung müssen durchweg durch den Vorstand wahrgenommen werden. Leitungsaufgaben unterstehen entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 76 Abs. 1 AktG der gemeinsamen Verantwortung des Gesamtorgans. Sie sind stets von ihm und nicht von einzelnen Organmitgliedern wahrzunehmen (Grundsatz der Kollegialverantwortung).240 Losgelöst von der Leitungsmacht, ist auch die Geschäftsführung im Übrigen ausschließliche Aufgabe des Vorstands.241 Dies verdeutlichen nicht zuletzt § 119 Abs. 2 AktG sowie § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG.242 Auch in sonstigen Geschäftsführungsbelangen ist der Vorstand keinen Weisungen des Aufsichtsrats, der Hauptversammlung oder einzelner Aktionäre unterworfen.243 Der Vorstand unterliegt demnach bei der Wahrnehmung der unternehmerischen Aufgaben keinen Weisungen, sondern hat sie eigenverantwortlich nach eigenem Ermessen zu erfüllen (unternehmerische Unabhängigkeit).

237 BGH, II ZR 108/07, NJW-RR 2008, 1134, 1136; BGH, II ZR 171/83, NJW 1984, 1893, 1895; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 25; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 22; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 10; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 27; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 42. 238 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 26; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 45; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 79. 239 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 4. 240 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 8; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 1; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 2. 241 BGH, II ZR 108/07, NZG 2008, 507, 508; OLG Frankfurt, 13 U 100/10, AG 2011, 918, 919; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 5, 30; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 22. 242 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 5, 21. 243 BGH, II ZR 108/07, NZG 2008, 507, 508; OLG Frankfurt, 13 U 100/10, AG 2011, 918, 919; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 5; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 22.

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Die Unabhängigkeit betrifft nicht nur den Vorstand als Gesamtorgan, sondern in gleicher Weise jedes einzelne Vorstandsmitglied.244 Nicht umsonst wird nach der vorherrschenden Ansicht jedem Mitglied selbst Organqualität beigemessen.245 Das einzelne Vorstandsmitglied ist daher keinen Weisungen unterworfen. Das gilt nicht nur gegenüber dem Aufsichtsrat, der Hauptversammlung oder einzelnen Aktionären, sondern auch gegenüber anderen Vorstandsmitgliedern. Alle Vorstandsmitglieder sind gleichrangig, eine Über-Unterordnung zwischen den Vorstandsmitgliedern gibt es nicht.246 b) Reichweite der Weisungsfreiheit des einzelnen Vorstandsmitglieds Mit der skizzierten Stellung des Vorstandsmitglieds innerhalb der Aktiengesellschaft ist noch keine Aussage zur Reichweite und zum konkreten Inhalt der Weisungsfreiheit getroffen. Es bleibt zu untersuchen, ob die aus § 76 Abs. 1 AktG abzuleitende organschaftliche Stellung des Vorstandsmitglieds nur solchen Weisungen entgegensteht, die seine unternehmerische Unabhängigkeit beschränken, oder darüber hinaus auch Weisungen mit § 76 Abs. 1 AktG unvereinbar sind, die die persönliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds vermindern. Im anstellungsvertraglichen Regelfall sind Weisungen, die die persönliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds betreffen, mangels Arbeitnehmerstellung des Vorstandsmitglieds nicht existent. In Drittanstellungskonstellationen sind sie indes nicht von vornherein ausgeschlossen.247 Einigen Autoren sehen daher drittangestellte Vorstandsmitglieder je nach Fallgestaltung als Arbeitnehmer an.248 Nur Weisungen, die die persönliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds betreffen, können aber eine Arbeitnehmerstellung begründen.249 Da nach dem geltenden Arbeitnehmerbegriff für die Arbeitnehmerstellung sich der Grad der persönlichen Abhängigkeit insbesondere an einem bestehenden Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer der Tätigkeit zeigt,250 ist die Frage nach der Reichweite der Weisungsfreiheit des Vorstandsmitglieds gleichbedeutend mit der Frage nach der Vereinbarkeit einer persönlichen Abhängigkeit und damit einer Arbeitnehmerstellung des Vorstandsmitglieds mit seiner organschaftlichen Stellung. 244 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 19, Rn. 17; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 104. 245 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 7; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 10; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 80. 246 So auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 88 f.; Hoffmann-Becking, NZG 2003, 745, 746; Spindler, in: MünchKomm AktG, vor § 76, Rn. 43; Weber, in: Hölters, AktG, § 77, Rn. 30; Wicke, NJW 2007, 3755, 3757 m.w.N. 247 Vgl. ausführlich zur Möglichkeit arbeitsbezogener Weisungen C. II. 1. 248 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 321; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 447; Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 101. 249 Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376. 250 BAG, 5 AZR 644/98, NZA 2000, 1102, 1104.

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Entsprechend der Bezugspunkte eines Weisungsrechts, der persönlichen oder unternehmerischen Unabhängigkeit ist zwischen unternehmensbezogenen und arbeitsbezogenen Weisungen zu unterscheiden.251 Erstere umfassen Weisungen, die die unternehmerischen Entscheidungen des Vorstands beeinflussen oder ersetzen und damit die unternehmerische Unabhängigkeit einschränken.252 Sie betreffen inhaltliche Fragen der Vorstandstätigkeit, wie z. B. die strategische Ausrichtung des Unternehmens.253 Bei einem unternehmensbezogenen Weisungsrecht handelt es sich daher letztlich um ein ergebnisorientiertes, fachliches Weisungsrecht, wie es auch vielen freien Dienstverträgen immanent ist.254 Derartige Weisungen sind entsprechend der dargestellten, aus § 76 Abs. 1 AktG folgenden Rechtslage mit der organschaftlichen Stellung des Vorstands unvereinbar. Demgegenüber betreffen arbeitsbezogene Weisungen die Umstände, unter denen das einzelne Vorstandsmitglied die Geschäftsführungstätigkeit erbringt, also das Ob, Wann und Wie der Leistungserbringung (persönliche Unabhängigkeit).255 Arbeitsbezogene Weisungen machen aus einem freien Dienstvertrag einen Arbeitsvertrag.256 Die Unterscheidung zwischen unternehmensbezogenen und arbeitsbezogenen Weisungsrecht geht zurück auf die weisungsrechtliche Lage des Geschäftsführers innerhalb der GmbH.257 Dieser unterliegt zwar nach § 37 Abs. 1 GmbHG einem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung. Dieses Weisungsrecht betrifft aber allein unternehmerische Entscheidungen (unternehmensbezogenes Weisungsrecht) und lässt die persönliche Unabhängigkeit des Geschäftsführers unberührt.258 Ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht und damit eine Arbeitnehmerstellung des Geschäftsführers ergibt sich aus § 37 Abs. 1 GmbHG nicht, wenngleich vertraglich

251 Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376 f.; ders., ZfA 1985, 25, 29 f.; zustimmend Henssler, RdA 1992, 289, 294; Eckardt, ZfA 1987, 467, 472; Lieb/Eckardt, Der GmbH-Geschäftsführer in der Grauzone zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht, S. 41 ff.; Frisch, Haftungserleichterung für GmbH-Geschäftsführer nach dem Vorbild des Arbeitsrechts, S. 119; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 89; ähnlich auch Boemke, ZfA 1998, 209, 213; BAG, 4 AZR 467/90, NZA 1991, 856, 857. 252 Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376; zustimmend Henssler, RdA 1992, 289, 294. 253 So auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 89 f.; Hueck, ZfA 1985, 25, 30; ähnlich Boemke, ZfA 1998, 209, 213. 254 Boemke, ZfA 1998, 209, 213; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 89. 255 Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376; zustimmend Henssler, RdA 1992, 289, 294; auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 90. 256 Boemke, ZfA 1998, 209, 213. 257 Vgl. Nachweise in Fn. 251. 258 BAG, 4 AZR 467/90, NZA 1991, 856, 857; Konzen, NJW 1989, 2977, 2978; Boemke, ZfA 1998, 209, 211; Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376 f.; ders., ZfA 1985, 25, 30; Heyll, Die Anwendung von Arbeitsrecht auf Organmitglieder, S. 57.

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begründete, arbeitsbezogene Weisungen mit der organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers nicht unvereinbar sind.259 Die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands wird in der Kommentarliteratur überwiegend im Zusammenhang mit § 76 Abs. 1 AktG erörtert. Ein auf die unternehmerische Unabhängigkeit begrenztes Verständnis der Weisungsfreiheit würde daher naheliegen. So wird vertreten, § 76 Abs. 1 AktG enthalte ausschließlich eine Garantie der unternehmerischen Unabhängigkeit der Vorstandsmitglieder und schließe arbeitsbezogene Weisungen nicht aus.260 aa) Umfang der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds Zur Annäherung an die Frage der Reichweite der Weisungsunabhängigkeit des Vorstandsmitglieds ist zunächst die Stellung des Vorstands innerhalb der Aktiengesellschaft näher zu beleuchten. Das Aktienrecht ist durch eine Organtrias geprägt. Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung sind im Grundsatz drei nebeneinander stehende Säulen, denen generell unterschiedliche, einander nicht überschneidende Kompetenzbereiche zugeordnet sind.261 Die aktienrechtliche Situation lässt sich daher auch als System der Gewaltenteilung bezeichnen.262 Diese Grundstruktur der Aktiengesellschaft legt die Annahme nahe, die Organe stehen vorbehaltlich einer abweichenden gesetzlichen Regelung unabhängig nebeneinander. Insoweit ist § 76 Abs. 1 AktG Ausdruck der generellen Unabhängigkeit des Vorstands im Allgemeinen gegenüber den anderen Organen der Aktiengesellschaft – insbesondere gegenüber dem Aufsichtsrat, dem wegen § 112 Satz 1 AktG die Ausübung eines gesellschaftsinternen Weisungsrechts zukommen würde. Ausnahmen vom gesetzlichen Grundsatz der Weisungsunabhängigkeit nach § 76 Abs. 1 AktG bedürfen ihrerseits einer gesetzlichen Grundlage (in diesem Sinne beispielsweise § 308 AktG). Zudem ist die Corporate Governance der Aktiengesellschaft mit dem Vorstand als Organ der Unternehmensleitung und dem Aufsichtsrat als Überwachungs- und Kontrollinstanz zwingend dualistisch ausgestaltet.263 Daraus resultiert eine weitgehende Trennung und Unabhängigkeit der beiden Organe in sachlicher wie auch in personeller Hinsicht (sog. Trennungsprinzip).264 Ein Verhältnis der Über-Unterordnung besteht nicht. Das Verhältnis der Gesellschaftsorgane zueinander ist gerade

259

Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 405; Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376. In diesem Sinne Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 91 f.; ähnlich Schuster-Bonnott, in: FS Kastner, S. 421, 432 f. (zur vergleichbaren Rechtslage in Österreich); wohl auch Henssler, RdA 1992, 289, 294. 261 Pentz, in: in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 16, Rn. 4. 262 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 26 IV, S. 781. 263 Liebscher, in: Beck’sches Hdb. AG, § 6, Rn. 1; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 2. 264 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 19, Rn. 2. 260

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nicht hierarchisch strukturiert, sondern durch eine Machtbalance gekennzeichnet.265 Um das System von „checks and balances“ innerhalb des aktienrechtlichen Kompetenzgefüges zu erhalten, ist ein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand – sei es unternehmens- oder arbeitsbezogen – aus organisationsrechtlicher Sicht unzulässig. Die Bedeutung des § 76 Abs. 1 AktG kann demnach nicht auf die unternehmerische Unabhängigkeit begrenzt werden, sondern erfasst ebenfalls die persönliche Unabhängigkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds. § 76 Abs. 1 AktG schreibt damit die umfassende Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Vorstands und dessen Mitglieder fest. bb) § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG als Indiz eines Weisungsrechts? Ein abweichender Befund lässt sich nicht aus der Kompetenz des Aufsichtsrats zum Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG ableiten.266 Dem Aufsichtsrat kommt aufgrund seiner Personalkompetenz das vorrangige Recht für den Erlass einer Geschäftsordnung zu.267 Die konkrete Reichweite der Befugnis des Aufsichtsrats und der sich daraus ergebenden inhaltlichen Gestaltungsmacht lassen sich § 77 Abs. 2 AktG nicht unmittelbar entnehmen. Außer Frage steht aber, dass durch die Geschäftsordnung nicht von der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung und dem Verhältnis der Organe untereinander abgewichen werden kann.268 Mittels der Geschäftsordnung kann der Aufsichtsrat für die von ihm bestellten Vorstandsmitglieder eine bestimmte Aufgabenverteilung festlegen, die bereits im Anstellungsvertrag (ohne organschaftliche Wirkung) angelegt sein kann.269 Überdies sind allgemeine Bestimmungen über Vorstandssitzungen wie Sitzungstermine, Einberufungsform, Sitzungsleitung, Abstimmungsmodalitäten als auch Protokollführung möglich.270 Auch Regelungen hinsichtlich der Zusammenarbeit der Vorstandsmitglieder außerhalb von Sitzungen sowie hinsichtlich der Zusammenarbeit 265

Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 2; ähnlich Spindler, in: MünchKomm AktG, vor § 76, Rn. 42; ders., in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 3. 266 So aber wohl Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 92. 267 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 77, Rn. 44; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 502 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77, Rn. 63. 268 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 77, Rn. 60; Kort, in: Großkommentar AktG, § 77, Rn. 80. 269 Kort, in: Großkommentar AktG, § 77, Rn. 80, sowie Nachweise bei Fn. 267. 270 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 77, Rn. 52; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 77, Rn. 35; vgl. auch die Mustergeschäftsordnungen bei Breithaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, Teil 5, § 2, Rn. 9 (§ 6 des Musters); Wiedemann, in: Beck’sches Formularbuch Aktienrecht, Kap. G VI, S. 399 ff (§ 6 des Musters); Raguß, Der Vorstand einer AG, S. 201 ff (§ 3 des Musters); Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 232 (§ 7 des Musters); Kann, Vorstand der AG, Anhang I, E., S. 299 ff. (§ 6 Abs. 1 des Musters hinsichtlich Häufigkeit von Vorstandssitzungen).

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mit dem Aufsichtsrat sind zulässig.271 Mitunter sind durch die Geschäftsordnung, die ebenso wie die Ausübung eines Weisungsrechts einen einseitigen Akt des Aufsichtsrats darstellt, Regelungen möglich, die in einem gewissen Maße Einzelheiten hinsichtlich Zeit, Ort sowie Art und Weise der Ausübung der Vorstandstätigkeit zum Gegenstand haben können. Dem Aktienrecht ist folglich eine gewisse Einwirkungsmöglichkeit des Aufsichtsrats auf die konkrete Vorstandstätigkeit nicht gänzlich fremd. Gleichwohl ist die Kompetenz des Aufsichtsrats zum Geschäftsordnungserlass nicht grenzenlos. Ein Eingriff in die Position des einzelnen Vorstandsmitglieds in einer Art und Weise, die der organschaftlichen Rechtsstellung des Vorstands widersprechen und dadurch das aktienrechtliche Kompetenzgefüge sowie Gewaltenteilung in Frage stellen würde, wäre unzulässig.272 Die Unabhängigkeit des Vorstands v. a. gegenüber dem Aufsichtsrat prägt im besonderen Maße die Stellung des einzelnen Vorstandsmitglieds. Ein die Unabhängigkeit des Vorstands erheblich beschränkender Eingriff durch die Geschäftsordnung ist demzufolge unzulässig. Aus der Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Geschäftsordnung des Vorstands kann darüber hinaus nicht geschlossen werden, die Unabhängigkeit des Vorstands sei auf den unternehmerischen Bereich beschränkt und stehe einem Weisungsrecht außerhalb dieses Bereichs nicht entgegen. Der Vorstand zeichnet sich – wie eingangs skizziert – aufgrund seiner unternehmerischen Tätigkeit durch eine weitgehende unabhängige Stellung aus. Einschränkungen sind lediglich kraft gesetzlicher Regelungen möglich. § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG stellt nach diesem Verständnis eine Ausnahmeregelung vom bestehenden Grundsatz der Unabhängigkeit des Vorstands dar. Macht der Aufsichtsrat von seiner Erlasskompetenz allerdings keinen Gebrauch, verbleibt die Regelungszuständigkeit beim Vorstand selbst. Etwaige Rückschlüsse auf eine weitergehende Beschränkungsmöglichkeit der unabhängigen Stellung des Vorstands sind unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters und der grundsätzlich restriktiven Handhabung von Ausnahmevorschriften nicht möglich. Geschäftsordnung auf der einen und ein potentielles Weisungsrecht auf der anderen Seite divergieren zudem in ihrem Rechtscharakter. Bei der Geschäftsordnung handelt es sich um eine vorweggenommene Festlegung allgemeiner Leitlinien und Grundsätze der Vorstandstätigkeit. Sie bestimmt lediglich einen gewissen Rahmen innerhalb dessen eine selbstständige, eigenverantwortliche und unabhängige Ausübung des Vorstandsmandats gewährleistet ist. Nicht zuletzt gilt nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung aller Vorstandsmitglieder die Geschäftsordnung für alle Vorstandsmitglieder gleichermaßen.273 Demgegenüber gibt das Weisungsrecht eine Befugnis zum Übergriff auf die Vorstandstätigkeit im konkreten Einzelfall sowie grundsätzlich bezogen auf ein einzelnes Vorstandsmitglied. Die Beeinträchtigung 271

Spindler, in: MünchKomm AktG, § 77, Rn. 35. Kort, in: Großkommentar AktG, § 77, Rn. 92; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 77, Rn. 51. 273 Kort, in: Großkommentar AktG, § 77, Rn. 92. 272

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der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds ist bei einem Weisungsrecht wesentlich größer als bei den vorweggenommen, allgemeinen Festlegungen in der Geschäftsordnung. Bei letzterer besteht nicht die stete Gefahr der Einflussnahme auf die Vorstandstätigkeit. Darüber hinaus ist die Zuständigkeit des Aufsichtsrats nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG eine „Alles-oder-Nichts-Kompetenz“. Nach überwiegender Ansicht kann der Aufsichtsrat entweder von seiner Erlasskompetenz Gebrauch machen oder insgesamt davon absehen. Lässt er sie ungenutzt, besteht keine Befugnis des Aufsichtsrats, einzelne Bestimmungen einer vom Vorstand erlassenen Geschäftsordnung zu ändern.274 Beschränkt sich die Kompetenz des Aufsichtsrats jedoch sogar im Zusammenhang mit der Geschäftsordnung auf die Festlegung eines allgemeinen, generellen Regelungsrahmens, so dass eine Regelung nur einzelner Bereiche ausscheidet, kann dem Aufsichtsrat erst recht kein Weisungsrecht mit einem noch stärkeren Einzelfallbezug zustehen. Aus § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG lassen sich folglich keine Rückschlüsse auf ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand ziehen. Im Gegenteil zeigt die Norm, dass eine Einflussnahme auf die Umstände der Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands – wenn überhaupt – nur in Form einer generellen, ex ante Regelung in Betracht kommt. Ein Weisungsrecht scheidet in einem Umkehrschluss aus. cc) Persönliche Unabhängigkeit als unabdingbare Voraussetzung der Eigenverantwortlichkeit Die Eigenverantwortlichkeit schließt schon begriffsnotwendig eine persönliche Abhängigkeit der Vorstandsmitglieder und dementsprechend eine arbeitsbezogene Weisungsunterworfenheit aus. Eigenverantwortlich handelt nur derjenige, der auch frei über die Umstände wie Ort, Dauer und Art und Weise seiner Tätigkeit entscheiden kann.275 Dem Vorstand ist zudem bei der Leitung der Geschäfte ein weiter Handlungsspielraum zuzubilligen, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit nicht denkbar ist.276 Die unternehmerische Tätigkeit des Vorstands setzt aber eine gesicherte unternehmerische Freiheit voraus. Nur durch eine umfassende Gewährleistung der unabhängigen Stellung des Vorstands kann es zur Entfaltung einer unternehmerischen Initiative kommen.277 Die unternehmerische Handlungsfreiheit ist Teil sowie notwendiges Gegenstück der dem Vorstand obliegenden Führungsaufgabe.278 Diese Handlungsfreiheit und die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Leitungsaufgabe sind nur vorstellbar, wenn die Vorstandsmitglieder auch hinsichtlich 274

Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 77, Rn. 60. Wilhelmi/Wilhelmi, BB 1968, 137, 139. 276 BGH, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1927; Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 3, Rn. 9. 277 Meyer-Landrut, in: Großkommentar AktG, 3. Aufl., § 76, Anm. 2 (unter Hinweis auf den Bericht der Studienkommission des Deutschen Juristentags). 278 BGH, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928. 275

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der Gestaltung der Umstände ihrer Tätigkeit frei sind und diesbezüglich keinerlei Weisungen unterliegen. Die Vorstandsmitglieder müssen das Wo, Wann und Wie ihrer Tätigkeit grundsätzlich frei bestimmen können. Dies gilt umso mehr, als ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht in seinen Auswirkungen regelmäßig auf den Bereich der Leitungsaufgaben übergreift. Unternehmerische und arbeitsbezogene Sphäre lassen sich kaum trennscharf voneinander unterscheiden. Die Übergänge sind fließend.279 Bereits die Wahl des Tätigkeitsorts, der Kleidung etc. kann Teil der Bildung einer „corporate identity“ und somit dem Bereich der Festlegung der Unternehmenspolitik zuzuordnen sein.280 Wegen des untrennbaren Zusammenhangs zwischen Leitung und persönlicher Freiheit sind arbeitsbezogene Weisungen außerdem aus haftungsrechtlichen Gründen mit der organschaftlichen Stellung des Vorstands unvereinbar. Die Vorstandsmitglieder unterliegen nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG einem strengen Haftungsregime. Es wäre nicht hinnehmbar, müsste das einzelne Vorstandsmitglied etwaigen Weisungen – seien sie auch „lediglich“ arbeitsbezogener Natur – Folge leisten, allerdings zugleich mögliche haftungsrechtliche Folgen aus dem hierdurch reduzierten Handlungsspielraum tragen. Eine Regelung wie sie § 310 Abs. 3 AktG für den Vertragskonzern enthält, existiert im Kontext der §§ 76 ff. AktG nicht.281 Arbeitsbezogene Weisungen hinsichtlich der Umstände, unter denen die Vorstandstätigkeit ausgeübt wird, sind im Ergebnis mit der organschaftlichen Stellung des Vorstandsmitglieds unvereinbar.282 § 76 Abs. 1 AktG setzt neben der unternehmerischen auch die persönliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds voraus. dd) Weisungsunabhängigkeit im Verhältnis zu Aktionären und Dritten Die umfassende Unabhängigkeit besteht nicht nur im Verhältnis zu anderen Gesellschaftsorganen, sondern erst recht im Verhältnis zu einzelnen Aktionären sowie außerhalb der Aktiengesellschaft stehenden Dritten.283 § 76 Abs. 1 AktG ist in seiner Wirkung nicht auf den innergesellschaftlichen Bereich beschränkt.284 Die 279 In diesem Sinne auch Brachert, Organmitgliedschaft und Arbeitnehmerstatus, S. 167; Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376; ders., ZfA 1985, 25, 29. 280 Dahingehend Brachert, Organmitgliedschaft und Arbeitnehmerstatus, S. 167. 281 Brachert, Organmitgliedschaft und Arbeitnehmerstatus, S. 167. 282 Wohl auch Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 377; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 232; Kann, Vorstand der AG, Rn. 59; a. A. Schuster-Bonnott, FS Kastner, S. 421, 432 f. (zur vergleichbaren Rechtslage in Österreich). 283 So auch Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 26; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 45; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 79; Wilhelmi/Wilhelmi, BB 1968, 137, 139; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68; wohl auch Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 413; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 10; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143. 284 A. A. Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 238; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt,

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Unabhängigkeit des Vorstands wird durch § 76 Abs. 1 AktG umfassend festgeschrieben. Der Vorstand soll vorbehaltlich einer anderslautenden gesetzlichen Regelung seine Entscheidungen nach eigenem Ermessen treffen. Weisungen – gleich aus welcher Richtung sie kommen mögen – sind mit dem aktienrechtlichen Leitbild des Vorstands als unabhängiges Leitungsorgan unvereinbar.285 Die Leitungssouveränität des Vorstands besteht nicht um ihrer selbst willen. Sie dient vielmehr der Abschirmung der Leitungsmacht gegenüber Einflüssen Dritter als auch der Sicherung der Selbstbestimmung der Gesellschaft.286 Eine Unterwerfung des Vorstands unter die Leitung eines Dritten ohne konzernrechtliche Rechtsgrundlage ist nach dem aktienrechtlichen Regelungsgefüge unzulässig (sog. verdeckter Beherrschungsvertrag).287 Mit einem Weisungsrecht zugunsten eines Dritter geht allerdings stets ein Übergang der Leitungsmacht auf den Dritten einher.288 Der Vorstand darf sich daher wegen § 76 Abs. 1 AktG keinesfalls einem Weisungsrecht eines Dritten unterwerfen.289 Der Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Leitungsmacht schließt gleichwohl nicht jede schuldrechtliche Einräumung von Einwirkungsrechten an Dritte aus.290 Grundsätzlich muss der Vorstand seine Leitungsentscheidungen nach eigenem Ermessen treffen.291 Dem Vorstand ist es untersagt, sich hinsichtlich seines zukünftigen Leitungsverhaltens vorab rechtsgeschäftlich festzulegen und dadurch sein Ermessen einzuengen (Verbot der Vorwegbindung).292 Die konkrete Reichweite dieses Verbots ist allerdings umstritten.293 Teilweise werden Vereinbarungen, die den zukünftigen Handlungsspielraum des Vorstands einengen, als zulässig erachtet, soweit sie nicht als unzulässige Ermessenseinschränkung, sondern zulässige Ermessensausübung zu S. 283 f.; Arnold/Born, AG 2005, R428, R430; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 145. 285 BGH, II ZR 108/07, NZG 2008, 507, 508; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 25 (für das Verhältnis auch zu Aktionären). 286 Fleischer, in: FS Schwark, S. 137, 149; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 47. 287 OLG München, 7 AktG 2/12, NZG 2013, 459, 462; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 45; Otto, NZG 2013, 930, 934. 288 Deilmann, in: Hölters, AktG, § 291, Rn. 32. 289 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 79 im Hinblick auf die Grenzziehung bei Kontrollrechten für Fremdkapitalgebern; ebenso Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 26. 290 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 48; Kiem, AG 2009, 301, 307 f. 291 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 28; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 10. 292 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 68/69; ders., ZHR 172 (2008), 538, 558; ders., in: FS Schwark, S. 137, 149; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 27; Hüffer, in: FS Schwark, S. 185, 196; Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 76, Rn. 7; Kort, in: Großkommentar, § 76, Rn. 197; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 45; Paschos, NZG 2012, 1142, 1143. 293 Vgl. die ausführliche Auseinandersetzung bei Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 49 ff.

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bewerten sind.294 Dies umfasst gleichwohl nur Fälle, in denen der Vorstand als gesetzlicher Vertreter rechtsgeschäftliche Bindungen für die Aktiengesellschaft begründet, wie beispielsweise im Bereich von Business Combination Agreements sowie längerfristigen Kredit-, Projekt- oder Lieferverträgen. Die Eingehung einer persönlichen Bindung durch ein einzelnes Vorstandsmitglied gegenüber Dritten, durch die es sich verpflichtet, von seinem unternehmerischen Ermessen in einem bestimmten Sinn Gebrauch zu machen, ist hingegen stets unzulässig.295 Eine derartige persönliche Verpflichtung ist mit der treuhänderischen Amtspflicht des Vorstandsmitglieds unvereinbar.296 Ein anstellungsvertragliches Weisungsrecht würde aber eine derartige unzulässige persönliche Verpflichtung nach sich ziehen. Selbst wenn ein entsprechendes Weisungsrecht eine rein arbeitsbezogene Natur aufweisen würde, wäre es mit § 76 Abs. 1 AktG nicht in Einklang zu bringen. Ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht greift in seinen Auswirkungen regelmäßig auf den Bereich der Leitungsaufgaben über.297 Die Zulässigkeit von rechtsgeschäftlichen, das Vorstandsermessen einengende Vereinbarungen wird im Übrigen nur propagiert, soweit sie in zeitlicher, aber v. a. in sachlicher Hinsicht beschränkt sind.298 Eine solche Eingrenzung weist das Weisungsrecht nicht auf. Es kann im Rahmen von Anstellungsvertrag und Gesetz grundsätzlich umfassend ausgeübt werden. Es betrifft nicht nur vereinzelte Geschäftsführungsmaßnahmen, sondern es kann mit ihm potentiell auf alle Geschäftsführungsmaßnahmen Einfluss genommen werden. Selbst wenn eine Vorwegbindung von Vorstandsermessen in gewissen Grenzen mit § 76 Abs. 1 AktG vereinbar sein sollte, persönliche, rechtsgeschäftliche Bindungen eines einzelnen Vorstandsmitglieds, die sein Vorstandsermessen beschränken, sind es jedenfalls nicht. Eine einengende Auslegung des § 76 Abs. 1 AktG scheidet zudem aus einem weiteren Grund aus: Die Weisungsautonomie hat zugleich eine Anreizfunktion für die Beteiligung von Kleinanlegern, auf die die Aktiengesellschaft als „Kapitalsammelbecken“ ihrer Funktion nach ausgerichtet ist.299 Den Anlegern soll es ermöglicht werden, sich in der Gewissheit aus der Unternehmensleitung herauszuhalten, dass die in der Hauptversammlung anwesende Aktionäre ihre Auffassungen oder gar Sonderinteressen nicht mittels eines gesetzlich nicht vorgesehenen Weisungsrechts durchsetzen können.300 Die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands bildet demgemäß eine Vertrauensgrundlage für die eigene Investition der Anleger.301 294

Paschos, NZG 2012, 1142, 1143; Fleischer, in: FS Schwark, S. 137, 154 f. Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 51. 296 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 51. 297 Vgl. C. I. 2. b) cc). 298 Paschos, NZG 2012, 1142, 1143; Fleischer, in: FS Schwark, S. 137, 152; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 27a; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 151 m.w.N. 299 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 29; Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. AG, § 2, Rn. 4. 300 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 30. 301 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 31. 295

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Diese Anreizfunktion ist aber nur ausreichend sichergestellt, wenn die Weisungsunabhängigkeit umfassender Natur ist und sich mithin nicht im Verhältnis zu anderen Gesellschaftsorgane erschöpft. Für die Anleger macht es keinen Unterschied, von wem die Weisungen im Einzelnen ausgehen. Entscheidend ist für sie allein, dass der Vorstand die Geschäfte der Aktiengesellschaft frei von Weisungen führt. Nur dann kann sich der Anleger sicher sein, dass sein Investment nicht Geschäftsentscheidungen zum Opfer fällt, die durch Sonderinteressen Einzelner bestimmt sind. ee) Fazit Aus § 76 Abs. 1 AktG sowie aus dem Wesen der Aktiengesellschaft resultiert die umfassende Unabhängigkeit des Vorstands. Dem Vorstandsmitglied kommt eine unternehmerische wie auch eine arbeitsbezogene Entscheidungsfreiheit zu. Ein anstellungsvertragliches Weisungsrecht gegenüber dem Vorstandsmitglied ist mit der Unabhängigkeit des Vorstands unvereinbar. Eine Einschränkung der Unabhängigkeit ist nur insoweit möglich, als sie gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist. Da das Aktiengesetz für die unabhängige Aktiengesellschaft keinerlei Weisungsrechte gleich zu wessen Gunsten vorsieht, zeichnet sich die Stellung des Vorstandsmitglieds in organschaftlicher Hinsicht durch eine umfassende Weisungsfreiheit aus. § 76 Abs. 1 AktG schließt unternehmensbezogene wie auch arbeitsbezogene Weisungen aus. 3. Leitungsmacht im Unternehmensverbund Ein abweichendes Ergebnis ergibt sich für den Vorstand einer abhängigen oder eingegliederten Aktiengesellschaft im Rahmen eines Unternehmensverbunds. a) Vertragskonzern Durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags nach § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG unterstellt sich die Aktiengesellschaft der Leitung eines anderen Unternehmens. § 76 Abs. 1 AktG erfährt eine starke Modifikation.302 Die eigenständige Leitungsmacht des Vorstands der abhängigen Aktiengesellschaft wird in wesentlichen Punkten eingeschränkt. Das herrschende Unternehmen erlangt durch das umfangreiche Weisungsrecht gemäß § 308 Abs. 1 AktG ein gesichertes und rechtlich anerkanntes Mittel zur Sicherung seiner Leitungsmacht über die abhängige Aktiengesellschaft.303

302

Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 38; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 179; widersprüchlich Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 51. 303 Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 32, Rn. 6; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 22.

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Wie die Adressatenbestimmung des Weisungsrechts verdeutlicht, greift der Beherrschungsvertrag ausschließlich in die Kompetenzen des Vorstands ein, nicht jedoch in die anderer Gesellschaftsorgane.304 Lediglich der Vorstand ist nach § 308 Abs. 2 AktG verpflichtet, den Weisungen der Obergesellschaft Folge zu leisten. An die Stelle der Leitung der abhängigen Gesellschaft durch den Vorstand rückt diejenige durch das herrschende Unternehmen. Soweit das herrschende Unternehmen von seinem Weisungsrecht allerdings keinen Gebrauch macht, verbleibt es bei der eigenverantwortlichen Leitung des Vorstands der abhängigen Aktiengesellschaft.305 aa) Inhaber des Weisungsrechts Weisungsberechtigt ist das herrschende Unternehmen. Das Weisungsrecht wird dabei von den gesetzlichen Vertretern des herrschenden Unternehmens ausgeübt (vgl. auch § 309 Abs. 1 AktG).306 Eine Übertragung des Weisungsrechts auf Dritte ist nicht möglich. Das Weisungsrecht ist kein selbstständiges, übertragbares subjektives Recht im Sinn der §§ 398, 413 BGB.307 Lediglich eine Delegation kommt in Betracht. Der Weisungsberechtigte kann Dritte zur Wahrnehmung des Weisungsrechts hinzuziehen, wobei das Weisungsrecht dem Grunde nach bei dem herrschenden Unternehmen verbleibt.308 Eine Delegation ist sowohl hinsichtlich eigener Angestellter des herrschenden Unternehmens – insbesondere derjenigen der zweiten Führungsebene wie Prokuristen und sonstige leitende Angestellte – als auch sonstiger Dritter möglich. Es handelt sich konstruktiv um eine Bevollmächtigung nach §§ 164 ff. BGB.309 bb) Umfang und Grenzen des Weisungsrechts Der Weisungsbegriff umfasst, ohne Rücksicht auf die äußere Einkleidung, jede Maßnahme des herrschenden Unternehmens, durch die Einfluss auf die Leitung der

304

Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23, Rn. 11. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 22; Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 18. 306 Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 23; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 11; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 8. 307 Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 6; Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 24; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 5; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 16. 308 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 12; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 4. 309 Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 25; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 5; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 13 f; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 35. 305

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abhängigen Aktiengesellschaft durch den Vorstand genommen werden soll.310 Das Weisungsrecht nach § 308 Abs. 1 AktG bezieht sich auf den gesamten Bereich der Geschäftsführung und Vertretung gemäß §§ 76 bis 78 AktG und nicht nur auf den herausgehobenen Teilbereich der Geschäftsführung.311 Er schließt auch Einzelfragen des Tagesgeschäfts mit ein.312 (1) Grenzen des Weisungsrechts nach § 308 AktG Mittels des Weisungsrechts sind Weisungen zum Nachteil der beherrschten Aktiengesellschaft möglich, soweit und sofern sie den Belangen des herrschenden oder mit ihm konzernverbundenen Unternehmen dienen. Die Befolgungspflicht des Vorstands findet erst dort ihre Grenze, wo die Weisung offensichtlich nicht mehr durch diese Belange getragen ist (§ 308 Abs. 2 Satz 2 AktG). Offensichtlichkeit ist gegeben, wenn die Rechtswidrigkeit der Weisung für jeden Sachkenner ohne weitere tatsächliche Ermittlungen ersichtlich ist.313 In diesen Fällen hat der Vorstand der abhängigen Gesellschaft zur Vermeidung einer Ersatzpflicht nach § 310 Abs. 1 AktG eine Befolgung der Weisung zu verweigern. Unterhalb der Schwelle der Offensichtlichkeit muss er der Weisung hingegen nachkommen. Eine weitere Schranke für das Weisungsrecht ergibt sich zudem aus den sonstigen zwingenden, gesetzlichen Vorschriften (z. B. § 299 AktG).314 Überdies muss sich die Ausübung des Weisungsrechts im Rahmen der Satzung halten. Weisungen durch das herrschende Unternehmen in Hinblick auf Maßnahmen, die mit der Satzung der abhängigen Gesellschaft kollidieren – v. a. außerhalb des festgelegten Unternehmensgegenstands (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG) liegen – sind nicht möglich.315 Infolge der Vertragsfreiheit beim Beherrschungsvertrag können sich Beschränkungen des Weisungsrechts darüber hinaus aus dem Beherrschungsvertrag selbst ergeben. Der Beherrschungsvertrag kann vorsehen, dass eine Einflussnahme auf gewisse Geschäfte oder ein Zugriff auf einzelne Gegenstände des Anlagevermögens seitens des herrschenden Unternehmens ausgeschlossen ist.316 In gleicher Weise kann eine besondere Form für zu erteilende Weisungen (insbesondere Schriftform) 310 Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 9; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23, Rn. 13; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 10; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 23; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 22. 311 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 38; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 27; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 86. 312 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23, Rn. 22. 313 Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 55; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 22; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 53. 314 Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 94 ff.; Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 37. 315 Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, § 308, Rn. 29; Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 40; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 55. 316 Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 30, 46; Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, § 308, Rn. 29; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 132 ff.

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aus Gründen der Rechtsklarheit bestimmt werden.317 Wie § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG ausdrücklich klarstellt, ist nicht zuletzt ein gänzlicher Ausschluss nachteiliger Weisungen denkbar. Eine Einschränkung nachteiliger Weisungen liegt nahe, soweit es zunächst an einer nach § 293 Abs. 1 Satz 2 AktG erforderlichen DreiviertelMehrheit in den Händen des anderen Vertragsteils fehlt und durch eine solche Konzession die Zustimmung der Hauptversammlung zum Beherrschungsvertrag erreicht werden soll.318 Ferner besteht eine Einschränkung des Weisungsrechts für existenzgefährdenden oder gar existenzvernichtenden Weisungen.319 Weisungen, die während der Laufzeit des Beherrschungsvertrages die Existenz der abhängigen Gesellschaft gefährden, sind unzulässig.320 Diese Einschränkung ergibt sich mittelbar aus §§ 302 – 305 AktG. Ihnen ist der Gedanke immanent, dass die abhängige Gesellschaft nach Beendigung des Unternehmensvertrags noch besteht und auch noch bestehen kann.321 Unmittelbare dogmatische Grundlage der Begrenzung ist der Beherrschungsvertrag selbst, nicht hingegen § 308 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AktG.322 Auch bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags sind die Grenzen der legitimen Rechtsausübung überschritten, wenn die Wahrnehmung der beherrschungsvertraglichen Rechte die Aufhebung der rechtlichen Existenz der abhängigen Gesellschaft bewirken würde.323 Durch eine existenzgefährdende Weisung würde über den Beherrschungsvertrag selbst disponiert, was dem herrschenden Unternehmen wegen § 299 AktG gerade nicht gestattet ist.324 Existenzgefährdende Weisungen verstoßen folglich gegen § 242 BGB und sind unverbindlich.325

317 Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 57; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 132. 318 Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 46; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 58. 319 OLG Düsseldorf, 19 W 13/86, AG 1990, 490, 492; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 19; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23, Rn. 41; Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 42 ff.; Krieger, in: MünchHdb AG, § 70, Rn. 148; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 10, Rn. 335; Clemm, ZHR 141 (1977), 197, 204/205; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 438/439; Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 307; a. A. Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 50 ff.; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 118 ff.; Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, § 308, Rn. 31. 320 Krieger, in: MünchHdb AG, § 70, Rn. 148. 321 Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 42; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 61; Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 438; Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 307. 322 Geßler, ZHR 140 (1976), 433, 438 f.; Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 307. 323 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 307. 324 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 307. 325 Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 308.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

(2) Arbeitsbezogene Weisungen im Vertragskonzern Das Weisungsrecht nach § 308 Abs. 1 AktG umfasst ausschließlich unternehmensbezogene Weisungen, d. h. solche Weisungen, die die dem Handeln des Vorstands vorausgehende unternehmerische Entscheidung beeinflussen oder ersetzen. Es ist auf die seitens des Vorstands der abhängigen Gesellschaft zu treffenden unternehmerischen Entscheidungen begrenzt,326 so dass lediglich Eingriffe in die unternehmerische Unabhängigkeit des Vorstands möglich sind. Eine persönliche, arbeitsrechtliche Abhängigkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds resultiert daraus nicht.327 Dies folgt nicht zuletzt aus dem skizzierten Grundsatz, nach dem eine Einschränkung der Unabhängigkeit des Vorstands nur insoweit möglich ist, als sie eine gesetzliche Grundlage findet.328 § 308 Abs. 1 AktG beschränkt das Weisungsrecht ausdrücklich auf den Bereich der Leitung der Gesellschaft. Der Leitungsbegriff in § 308 Abs. 1 AktG hat ausschließlich die unternehmerischen Entscheidungen des Vorstands im Blick. Dies verdeutlicht der Zusammenhang mit § 291 Abs. 1 AktG. Für einen Beherrschungsvertrag ist es zwingend notwendig, dass sich die abhängige Gesellschaft hinsichtlich der zentralen Leitungsfunktion im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG, d. h. hinsichtlich des herausgehobenen Teilbereichs der Geschäftsführung, dem anderen Unternehmen unterstellt.329 Entscheidend für die rechtliche Einordnung eines Unternehmensvertrages als Beherrschungsvertrag ist somit, ob ein Vertragspartner (das herrschende Unternehmen) durch die Vereinbarung in die Lage versetzt wird, in die Leitung des anderen (beherrschten) Unternehmen jedenfalls insoweit einzugreifen, dass er eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen ausgerichtete unternehmerische Zielkonzeption durchsetzen kann.330 Es ist eine einheitliche Planung, Durchführung und Kontrolle zumindest in dem wesentlichen Bereich unternehmerischer Tätigkeit notwendig.331 Das Weisungsrechts nach § 308 Abs. 1 AktG ist dabei das maßgebliche Vehikel zur Durchsetzung dieser unternehmerischen Zielkonzeption. §§ 291, 308 AktG stehen damit im Kontext unternehmerischer Entscheidungen. Ein Eingriff in die persönliche Unabhängigkeit ist zur Ermöglichung der einheitlichen Leitung weder möglich noch notwendig. Eine Befugnis der herrschenden Gesellschaft zu arbeitsbezogenen Weisungen gegenüber 326 Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 377; ders., ZfA 1985, 25, 30; Boemke, ZfA 1998, 209, 213; Konzen, NJW 1989, 2977, 2978; auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 89 f. sowie S. 130; Heyll, Die Anwendung von Arbeitsrecht auf Organmitglieder, S. 60. 327 Boemke, ZfA 1998, 209, 213; Henssler, RdA 1992, 289, 294; zustimmend auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 90. 328 Vgl. C. I. 2. b) aa). 329 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 291, Rn. 12; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 291, Rn. 76; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 11, Rn. 11. 330 KG, 14 U 8337/98, NZG 2000,132, 1133; OLG Schleswig, 2 W 160/05, NZG 2008, 868, 869; BGH, II ZR 170/87, NJW 1988, 1326, 1327; Koch, in: Hüffer, AktG, § 291, Rn. 10; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 14. 331 Koch, in: Hüffer, AktG, § 291, Rn. 10.

I. Ausgestaltung der Leitungsmacht

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dem einzelnen Vorstandsmitglied wäre mit dem Wortlaut des § 308 Abs. 1 AktG daher nicht in Einklang zu bringen. Die persönliche Unabhängigkeit der Vorstandsmitglieder der abhängigen Aktiengesellschaft bleibt auch im Vertragskonzern unangetastet. § 76 Abs. 1 AktG wird insoweit durch den Beherrschungsvertrag nicht überlagert. Mittels des Weisungsrechts nach § 308 Abs. 1 AktG ist allein ein Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Vorstands möglich. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut von § 308 Abs. 1 AktG bestehende Adressatenstellung des Vorstands. Das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens richtet sich an den Vorstand als Organ und eben nicht an die einzelnen Vorstandsmitglieder persönlich.332 Arbeitsbezogene Weisungen, d. h. die Bestimmung der Umstände der Geschäftsführungstätigkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds, betreffen jedoch stets die persönliche Ausübung der Vorstandstätigkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds. Adressat derartiger Weisungen wäre letzten Endes immer das einzelne Vorstandsmitglied und eben nicht das Organ. Mittels dem Weisungsrecht nach § 308 Abs. 1 AktG kann das herrschende Unternehmen daher dem einzelnen Vorstandsmitglied nicht die persönliche Arbeitsweise vorschreiben.333 Die Vorstandsmitglieder bleiben insoweit frei. Vorgaben des herrschenden Unternehmens hinsichtlich Arbeitszeit oder der Art und Weise der Zusammenarbeit im Vorstand sind nicht möglich.334 Über § 308 Abs. 1 AktG sind im Vertragskonzern nur unternehmensbezogene Weisungen gestattet. Die persönliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds bleibt unangetastet. (3) Zusammenfassung Zusammenfassend ist eine Befolgungspflicht des Vorstands der abhängigen Gesellschaft in fünf Fällen zu verneinen: 1. Für die abhängige Gesellschaft nachteilige Weisungen, die offensichtlich nicht im Konzerninteresse liegen, § 308 Abs. 2 Satz 2 AktG. 2. Für Weisungen, die gegen zwingende gesetzliche Normen verstoßen. 3. Für Weisungen entgegen der Satzung der abhängigen Gesellschaft. 4. Für Weisungen, die den Rahmen des Beherrschungsvertrags überschreiten; sei es auf Grund von ausdrücklichen Beschränkungen des Weisungsrechts im Beherrschungsvertrag oder infolge des Bestandsschutzes. 5. Für arbeitsbezogene Weisungen.

332 So in einem ersten Schritt auch Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 377; ders., ZfA 1985, 25, 30. 333 Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 90. 334 Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 90.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Die insoweit aufgezeigte Beschränkung der Befolgungspflicht korreliert mit einem entsprechenden Prüfungsrecht und auch einer Prüfungspflicht des Vorstands der abhängigen Gesellschaft bezüglich der Zulässigkeit entsprechender Weisungen.335 Anzuwenden ist die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters.336 Ergibt die Prüfung des Vorstands die Unzulässigkeit der Weisung, hat er sie – um eine Haftung gegenüber der abhängigen Gesellschaft nach § 310 AktG zu vermeiden – zurückzuweisen und die Befolgung zu verweigern.337 (4) Fazit Die Unabhängigkeit des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG ist im Vertragskonzern weitgehend modifiziert. Das die Eigenverantwortlichkeit überlagernde Weisungsrecht ist gleichwohl nicht grenzenlos, sondern in fünffacher Hinsicht beschränkt. Insbesondere unterliegt das einzelne Vorstandsmitglied keinerlei arbeitsbezogenen Weisungen. Im weisungsfreien Raum verbleibt es im Übrigen bei der uneingeschränkten Geltung von § 76 Abs. 1 AktG und insofern bei der Unabhängigkeit des Vorstands.338 § 76 Abs. 1 AktG wird durch den Beherrschungsvertrag nur teilweise überlagert, nicht aber insgesamt verdrängt.339 (5) Stellung des Vorstands in der herrschenden Gesellschaft Handelt es sich bei dem herrschenden Unternehmen im Sinne des § 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AktG um eine Aktiengesellschaft, wird das Weisungsrecht gegenüber der abhängigen Aktiengesellschaft durch den Vorstand der herrschenden Aktiengesellschaft ausgeübt. Auch für ihn gilt § 76 Abs. 1 AktG und damit der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit. Die Pflicht zur persönlichen Leitung erstreckt sich hingegen nicht auf die abhängige Gesellschaft.340 Eine Konzernleitungspflicht be-

335 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 66; Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 54; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 141 ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 20; Kantzas, Das Weisungsrecht im Vertragskonzern, S. 120 ff.; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 61; Sina, AG 1991, 1, 9; Servatius, in: Grigoleit, AktG, § 308, Rn. 25 f. 336 U. a. Kantzas, Das Weisungsrecht im Vertragskonzern, S. 121; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 61. 337 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn. 66; Langenbucher, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 308, Rn. 39; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 308, Rn. 52; Servatius, in: Grigoleit, AktG, § 308, Rn. 26. 338 Begr. RegE zu § 308 bei Kropff, AktG 1965, S. 403; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 153; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 20; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn 54; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 71. 339 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 103; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 7 m.w.N. 340 Fleischer, DB 2005, 759, 760; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 182; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 42.

I. Ausgestaltung der Leitungsmacht

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steht nach richtiger Ansicht nicht.341 Vielmehr bleibt es seinem Geschäftsführungsermessen überlassen, inwiefern er die Leitungsmacht über die anhängige Gesellschaft ausübt respektive inwieweit er das abhängige Unternehmen in seine Leitung nimmt oder er die Leitungsorgane der abhängigen Gesellschaft eigenständig arbeiten lässt.342 b) Betriebspacht-, Betriebsüberlassungs- und Betriebsführungsvertrag Bei Abschluss eines Betriebspacht- oder eines Betriebsüberlassungsvertrags nach § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG ergeben sich ebenso wie im Falle eines Betriebsführungsvertrags nach § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG keine Abweichungen von der eigenverantwortlichen Leitung des Vorstands der Eigentümergesellschaft gemäß § 76 Abs. 1 AktG. Die Auswirkungen der entsprechenden Verträge sind auf die laufende Geschäftsführung beschränkt. Dem Betriebsführer sind lediglich die laufenden Geschäfte übertragen.343 Die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands bleibt unangetastet. Selbst eine abhängige Aktiengesellschaft kann die Leitungsbefugnis ihres Vorstands zugunsten einer herrschenden Gesellschaft nur durch Abschluss eines Beherrschungsvertrags nach § 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AktG aus der Hand geben.344 Bei § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG direkt oder entsprechend bleibt die eigenverantwortliche Leitungsmacht stets in der Hand des Vorstands der Eigentümergesellschaft.345 c) Eingliederung Die Eingliederung nach §§ 319 ff. AktG als stärkste Form der Konzernierung führt zu einem umfassenden Weisungsrecht der Hauptgesellschaft gemäß § 323 Abs. 1 Satz 1 AktG. Danach sind, abweichend von der Rechtslage beim Beherrschungsvertrag, selbst solche nachteilige Weisungen zulässig, die nicht durch Konzernbelange gerechtfertigt sind. § 308 Abs. 2 Satz 2 AktG findet keine An-

341 Martens, in: FS Heinius, S. 523, 531; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 27 ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 47; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 65; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 84 ff. (mit ausführlicher Übersicht zum Meinungsstand); a. A. u. a. Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 43 ff.; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 19, Rn. 12. 342 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 5; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 65; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 42, 45; Martens, in: FS Heinius, S. 523, 531; S. H. Schneider/U. H. Schneider, AG 2005, 57, 58. 343 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 202; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 74; Fleischer, ZIP 2003, 1, 3; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 41. 344 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 74; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 202; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 58. 345 Gessler, in: FS Hefermehl, S. 263, 265; Fleischer, ZIP 2003, 1, 9.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

wendung.346 Ebenfalls besteht keine Einschränkung hinsichtlich existenzgefährdender Weisungen, da keine Minderheitsaktionäre existieren, deren Interessen zu berücksichtigen wären, sowie ein ausreichender Schutz der Gläubiger mittels §§ 321 Abs. 3, 322, 324 Abs. 3 AktG und den Vorschriften des Insolvenzverfahrens gewährleistet ist.347 Unzulässig bleiben hingegen gesetzwidrige und satzungswidrige Weisungen.348 Zudem umfasst § 323 Abs. 1 Satz 1 AktG ebenso wie § 308 Abs. 1 AktG lediglich unternehmensbezogene Weisungen. Die persönliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds bleibt unangetastet. Ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht besteht auch im Fall der Eingliederung nicht.349 Die Eigenverantwortlichkeit des Vorstands der eingegliederten Aktiengesellschaft ist demgemäß umfangreicher beschränkt als bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags. Soweit Weisungen durch die Hauptgesellschaft erteilt werden, besteht eine Folgepflicht des Vorstands der eingegliederten Aktiengesellschaft gemäß § 308 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 323 Abs. 2 Satz 2 AktG. Die Hauptgesellschaft wird bei der Ausübung durch ihren Vorstand nach § 78 AktG vertreten. Im weisungsfreien Bereich verbleibt es bei der der eigenverantwortlichen Leitung des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG.350 Dem Vorstand der eingegliederten Aktiengesellschaft obliegt, ebenso wie bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrags, eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit der ausgesprochenen Weisungen sowie ein Zurückweisungsrecht bezüglich unzulässiger Weisungen.351 d) Faktischer Konzern Besteht ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG, ohne dass es zum Abschluss eines Beherrschungsvertrags oder zu einer Eingliederung kommt, unterscheidet sich die Stellung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft nicht von derjenigen in einer unabhängigen Aktiengesellschaft. Insbesondere existiert im Rahmen der faktischen Konzernierung weder ein Weisungsrecht zugunsten des herrschenden Unternehmens noch eine spiegelbildli-

346 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323, Rn. 2; Koch, in: Hüffer, AktG, § 323, Rn. 3; Koppensteiner, in: KK AktG, § 323, Rn. 2. 347 Grunewald, in: MünchKomm AktG, § 323, Rn. 3; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323, Rn. 2; Koppensteiner, in: KK AktG, § 323, Rn. 4; Krieger, in: MünchHdb AG, § 73, Rn. 56. 348 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323, Rn. 2; Koch, in: Hüffer, AktG, § 323, Rn. 3; Grunewald, in: MünchKomm AktG, § 323, Rn. 2. 349 Vgl. C. I. 3. a) bb) (2). 350 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323, Rn. 7; Grunewald, in: MünchKomm AktG, § 323, Rn. 10; Singhof, in: Spindler/Stilz, AktG, § 323, Rn. 7. 351 Koch, in: Hüffer, AktG, § 323, Rn. 4; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323, Rn. 6; Koppensteiner, in: KK AktG, § 323, Rn. 7.

I. Ausgestaltung der Leitungsmacht

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che Folgepflicht des Vorstands der abhängigen Gesellschaft.352 § 308 AktG ist weder unmittelbar noch analog anwendbar.353 Selbst wenn nicht nachteilige Weisungen ohne gesetzliche Verpflichtung teilweise befolgt werden354 sowie nachteilige Weisungen bei Sicherstellung eines entsprechenden Nachteilsausgleichs gemäß § 311 AktG befolgt werden dürfen, erfährt § 76 Abs. 1 AktG durch §§ 311 ff. AktG keinerlei Einschränkung. Der Vorstand hat das abhängige Unternehmen weiterhin unter eigener Verantwortung zu leiten.355 Lediglich bei einem sichergestellten Nachteilsausgleichs sind die §§ 311 ff. AktG lex specialis zu § 76 Abs. 1 AktG, so dass es dem Vorstand des abhängigen Unternehmens möglich, aber er nicht dazu verpflichtet ist, Nachteile für die eigene Gesellschaft auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens in Kauf zu nehmen.356 Der Vorstand ist gezwungen, die Nachteilhaftigkeit jedweder Einflussnahme zu prüfen und gegebenenfalls auf einen Nachteilsausgleich zu drängen.357 Nur wenn ein Nachteilsausgleich erfolgt, besteht keine Haftung nach § 93 sowie ggf. § 318 AktG.358 Die Stellung des Vorstands des abhängigen Unternehmens zeichnet sich im faktischen Konzern ebenso wie in der unabhängigen Aktiengesellschaft durch eine umfassende Unabhängigkeit aus. Eine irgendwie geartete Folgepflicht hinsichtlich Weisungen des herrschenden Unternehmens wäre mit der organschaftlichen Stellung des Vorstands mangels gesetzlicher Regelung nicht zu vereinbaren. 4. Zusammenfassung In der unabhängigen Aktiengesellschaft ist die Unabhängigkeit des Vorstands uneingeschränkt gewährleistet. Weisungsrechte gleich welcher Art sind mit seiner organschaftlichen Stellung unvereinbar. Ebenso verhält es sich bei der faktischen Konzernierung. Selbst im Unternehmensverbund ist die Unabhängigkeit nicht vollständig aufgehoben. Im Vertragskonzern ist das Weisungsrecht nach § 308 Abs. 1 AktG in mehrfacher Hinsicht beschränkt. Diese Begrenzungen des Weisungsrechts sind bei

352 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311, Rn. 23; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 67; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 185; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 40. 353 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 183. 354 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 185. 355 KG, 1 W 363/02, NZG 2003, 441, 446; Koch, in: Hüffer, AktG, § 311, Rn. 48; Koppensteiner, in: KK AktG, § 311, Rn. 139. 356 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 67; Koch, in: Hüffer, AktG, § 311, Rn. 48; Koppensteiner, in: KK AktG, § 311, Rn. 160. 357 Spindler, Gutachten zur Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen und drittbezogenen Vergütungen, insbesondere im Konzern, in: Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 216, S. 69, 80 f.; BGH, II ZR 102/07, NZG 2009, 107, 109. 358 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 67.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

einer Eingliederung noch weiter abgeschwächt, jedoch beschränkt sich auch dieses Weisungsrecht auf den unternehmerischen Bereich. Die persönliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds bleibt stets unangetastet. Ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht hinsichtlich der persönlichen Arbeitsweise des Vorstandsmitglieds wäre mit der organschaftlichen Stellung des Vorstands unvereinbar. Dies gilt uneingeschränkt auch für den Vorstand einer abhängigen Gesellschaft im Unternehmensverbund. 5. Exkurs: Stellung des GmbH-Geschäftsführers Im Gegensatz zum Vorstand in der Aktiengesellschaft fehlt es für den Geschäftsführer der GmbH an einer mit § 76 Abs. 1 AktG vergleichbaren Regelung. Die Stellung des Geschäftsführers unterscheidet sich demzufolge deutlich von derjenigen des Vorstands. Der Geschäftsführer der GmbH leitet die Gesellschaft nicht in eigener Verantwortung, sondern unterliegt gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG einem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung hinsichtlich aller Bereiche der Unternehmensleitung.359 Es umfasst sowohl generelle Weisungen (beispielsweise Richtlinien oder Geschäftsordnungen) als auch detaillierte Weisungen für den konkreten Einzelfall.360 Dem Geschäftsführer obliegt eine entsprechende Folgepflicht.361 Anders als in der Aktiengesellschaft besteht keine Gleichordnung der Gesellschaftsorgane, sondern es besteht ein Verhältnis der Über-Unterordnung zwischen Geschäftsführer und Gesellschafterversammlung.362 Das Weisungsrecht steht nach dem Gesetz ausschließlich der Gesellschafterversammlung zu, der als oberstes Organ der Gesellschaft die übergeordnete Geschäftsführungskompetenz zukommt.363 Eine Übertragung des Weisungsrechts auf andere Organe oder einzelne Gesellschafter ist durch die Satzung gleichwohl möglich.364 Auch die Einräumung eines Weisungsrechts zugunsten außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten mittels Satzungsbestimmung ist zulässig.365 Obgleich das Weisungsrecht nach § 37 359 BGH, II ZR 187/57, NJW 1960, 285, 289; Schneider/Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 37, Rn. 37; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 37, Rn. 3 und Rn. 14; Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 37, Rn. 18 360 Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 403; Schneider/Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 37, Rn. 37. 361 BGH, II ZR 187/57, NJW 1960, 285, 289; Schneider/Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 37, Rn. 37; Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 37, Rn. 26; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37, Rn. 20; Stephan/Tieves, in: MünchKomm GmbHG, § 37, Rn. 107. 362 Lenz, in: Michalski, GmbHG, § 35, Rn. 2. 363 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 37, Rn. 3; Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 37, Rn. 18. 364 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37, Rn. 26; Schneider/Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 37, Rn. 40. 365 Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 404; Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, § 37, Rn. 20; Marsch-Barner/Diekmann, in: MünchHdb GmbH, § 44,

II. Weisungsunabhängigkeit

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Abs. 1 GmbHG nur unternehmerische Entscheidungen betrifft366, sind nach herrschender Ansicht vertraglich begründete, arbeitsbezogene Weisungen, die die persönliche Unabhängigkeit des Geschäftsführers beschneiden, mit der organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers vereinbar.367 Die organschaftliche Betrachtung der Geschäftsführerstellung zeigt, dass die Unabhängigkeit des Vorstands und diejenige des Geschäftsführers deutlich divergieren. Aus der Anerkennung der Drittanstellung im Bereich der GmbH können demnach keine Rückschlüsse auf die Rechtslage bei der Aktiengesellschaft im Kontext des § 76 Abs. 1 AktG gezogen werden.

II. Weisungsunabhängigkeit als Teil der Eigenverantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds In einem ersten Schritt soll die § 76 Abs. 1 AktG bestehende Weisungsunabhängigkeit als Ausprägung der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands darauf untersucht werden, ob und inwieweit aus dem Umstand der Drittanstellung ein Konfliktpotential mit ihr resultieren kann. Sollte sich im Rahmen der Analyse der weisungsrechtlichen Situation ergeben, dass durch anstellungsvertragliche Weisungsrechte die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds in Frage gestellt werden kann, könnte § 76 Abs. 1 AktG einen Drittanstellungsvertrag ausschließen. 1. Anstellungsvertragliche Situation Um das Konfliktpotential mit der organschaftlichen Lage des Vorstandsmitglieds abschätzen zu können, ist zu untersuchen, ob und in welchem Umfang sich einem Anstellungsvertrag Weisungsrechte zugunsten des Dienstherrn entnehmen lassen. Nur falls sich derartige Rechte feststellen lassen, kann überhaupt ein Konfliktpotential mit dem Grundsatz der Weisungsunabhängigkeit im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG in Betracht kommen.

Rn. 69 ff.; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 37, Rn. 15; Stephan/Tieves, in: MünchKomm GmbHG, § 37, Rn. 72; Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 37, Rn. 16/17 (Begründung von Organqualität durch Übertragung des Weisungsrechts); a. A. OLG Frankfurt, 24 U 88/95, NJW-RR 1997, 736 (mit Hinweis auf Charakter als unmittelbar mitgliedschaftliches Recht); Schneider/Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 37, Rn. 41 f. 366 BAG, 4 AZR 467/90, NZA 1991, 856, 857; Konzen, NJW 1989, 2977, 2978; Boemke, ZfA 1998, 209, 211; Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376 f.; ders., ZfA 1985, 25, 30; Heyll, Die Anwendung von Arbeitsrecht auf Organmitglieder, S. 57; vgl. bereits oben C. I. 2. b). 367 Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 405; Hueck, in: FS Hilger und Stumpf, S. 365, 376.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

a) Anstellungsvertragliches Weisungsrecht aa) Anstellungsvertraglicher Regelfall Zunächst soll für die Untersuchung der anstellungsrechtliche Normalfall analysiert werden. Hierfür kann als Ausgangspunkt auf die zahlreich vorhandenen Musterverträge für den Vorstandsanstellungsvertrag zurückgegriffen werden. Da derartige Musterverträge in der Regel Ausfluss der in der Praxis gewonnenen Erfahrungen sind, ermöglichen sie gewisse Rückschlüsse hinsichtlich der vertraglichen Ausgestaltung im konkreten Einzelfall. (1) Inhaltliche Gestaltung der Musterverträge (a) Unternehmensbezogenes Weisungsrecht Ein (ergebnisorientiertes, fachliches368) Weisungsrecht hinsichtlich der unternehmerischen Entscheidungen des Vorstandsmitglieds findet sich verständlicher Weise in keinem der Musterverträge, ist die Eigenverantwortlichkeit des Vorstands in diesem Bereich doch eindeutig gesetzlich geregelt und dessen Kernaufgabe. Eine Einflussnahme ist außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle nach § 119 AktG sowie § 82 Abs. 2 AktG nicht möglich.369 (b) Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht Teilweise ist in Anstellungsverträgen eine Regelung zum Dienstsitz bzw. Tätigkeitsort enthalten.370 Eine derartige vertragliche Bestimmung kann indes nicht mit einem einseitigen Weisungsrecht gleichgesetzt werden, da eine vertragliche Regelung naturgemäß eine Einigung der beiden Vertragsparteien voraussetzt. Fehlt eine entsprechende Normierung des Tätigkeitsortes wird sich aus dem Vertrag zumindest im Wege der Auslegung bzw. aus der Natur des Dienstverhältnisses nach § 269 Abs. 1 BGB ein regelmäßiger Dienstort im Sinne des Gesellschaftssitzes ergeben.371 Ein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht, nach dem gemäß § 112 Satz 1 AktG der Aufsichtsrat ein örtliches Bestimmungsrecht hätte, lässt sich hingegen keinem der Musterverträge entnehmen.

368

Vgl. C. I. 2. b). Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 240; vgl. bereits C. I. 2. a). 370 Vgl. Musterverträge: Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, Anlage § 10 – 1 (§ 2 Abs. 9 des Mustervertrags: Bestimmung des Dienstsitzes); Breithaupt/ Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, Teil 5, § 2, Rn. 7 (§ 12 Abs. 4 des Mustervertrags: „Erfüllungsort ist der Sitz der Gesellschaft“); Kann, Vorstand der AG, Anhang I, A., S. 289 ff. (§ 13 Abs. 3 des Musters: „Erfüllungsort für alle Leistungen aus diesem Vertrag ist der Sitz der Gesellschaft.“); Raguß, Der Vorstand einer AG, S. 195 ff. (nicht eindeutig, aber wohl mittelbar aus Teil 4 Abs. 5 des Musters). 371 Krüger, in: MünchKomm BGB, § 269, Rn. 30 (bei Dienstverhältnissen ist grundsätzlich ein einheitlicher Leistungsort an dem Ort gegeben, wo die Dienste zu erbringen sind). 369

II. Weisungsunabhängigkeit

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(c) Weisungsrecht in zeitlicher Hinsicht In den Musterverträgen lassen sich keinerlei Indizien für ein Weisungsrecht in zeitlicher Hinsicht finden. Obgleich es den Vertragspartnern (dem einzelnen Vorstandsmitglied und der Aktiengesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat) prinzipiell freistehen würde, eine konkrete Arbeitszeit zu vereinbaren, wird von dieser Möglichkeit in der Praxis kaum Gebrauch gemacht. Eine derartige Regelung würde den Aufgaben des Vorstandsmitglieds nicht gerecht.372 Fehlt eine ausdrückliche vertragliche Regelung kann demgegenüber eine Bindung an gewisse Arbeitszeiten nicht angenommen werden.373 Abgesehen von der vertraglichen Regelungsmöglichkeit der Parteien kann keine Einflussnahme des Aufsichtsrats auf die genaue Lage der Arbeitszeit erfolgen. Sie ist in den Musterverträgen auch nicht vorgesehen.374 Gebräuchlich sind dagegen Regelungen, nach denen das Vorstandsmitglied seine gesamte Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung stellen muss.375 Mit derartigen Regelungen wird hingegen weder eine konkrete Arbeitszeit noch eine Weisungsbefugnis normiert. Sie bringen lediglich zum Ausdruck, dass sich das Vorstandsmitglied nicht auf feste Arbeitszeiten berufen und für eine besondere zeitliche Belastung keine zusätzliche Vergütung verlangen kann.376 Die Klauseln greifen demnach lediglich eine bereits in § 88 AktG verankerte Selbstverständlichkeit auf.377 Gleiches gilt für Formulierungen, nach denen das Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft jederzeit zur Verfügung stehen muss und ihre Interessen

372 Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 104; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 432; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 654; BGH, II ZR 206/87, NJW-RR 1988, 420 (für die GmbH). 373 BGH, II ZR 206/87, NJW-RR 1988, 420 (für die GmbH). 374 So ausdrücklich der Vertragsentwurf von Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 103 (§ 2 Abs. 1 des Mustervertrags: „Das Vorstandsmitglied ist in der Bestimmung der Lage seiner Arbeitszeit frei.“). Allerdings kommt dieser Formulierung lediglich deklaratorische, klarstellende Wirkung zu. 375 Vgl. Musterverträge: Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, Anlage § 10 – 1 (§ 2 Abs. 1 des Mustervertrags: „[…] wird seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft und aller zu ihrem Einflussbereich gehörenden Unternehmen, insbesondere ihrer Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, widmen.“); Kann, Vorstand der AG, Anhang I, A., S. 289 ff. (§ 1 Abs. des Musters: „[…] stellt seine/ihre gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung.“); Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 103 (§ 2 Abs. 1 des Musters: „Das Vorstandsmitglied stellt seine gesamte Arbeitskraft […] in den Dienst der Aktiengesellschaft“); Wiedemann, in: Beck’sches Formularbuch Aktienrecht, Kap. G IV, S. 380 ff (§ 2 Abs. 2 des Musters: „Das Vorstandsmitglied hat seine volle Arbeitskraft […] in den Dienst der Gesellschaft zu stellen.“); Schrader/Klagges, in: Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang, Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, Rn. 385 (§ 9 des Musters: „Der Vorstand stellt seine gesamte Arbeitskraft, fachliche Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung.“). 376 Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 104. 377 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 88, Rn. 2; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 92.

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wahrzunehmen hat, soweit es die Belange der Aktiengesellschaft erfordert378. Auch sie lassen keinen Schluss auf ein Weisungsrecht zu. Allenfalls können aus einer Missachtung der entsprechenden anstellungsvertraglichen Regelung Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB resultieren. (d) Weisungsrecht hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit Auch zu einem Weisungsrecht in hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit lassen sich in den Musterverträgen keine zweifelsfreien Anhaltspunkte finden. Vertragsklauseln, die das Vorstandsmitglied verpflichten, die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung, der Geschäftsordnung, des Geschäftsverteilungsplans und des Anstellungsvertrags zu führen379, sind rein deklaratorische Natur.380 Soweit darüber hinaus ausdrücklich eine Ausrichtung der Vorstandstätigkeit an Beschlüssen des Aufsichtsrats sowie der Hauptversammlung bestimmt ist381, wird in den Erläuterungen der Musterverträge zugleich klargestellt, dass insoweit nur solche Beschlüsse mit gesetzlicher Bindungswirkung gegenüber dem Vorstand erfasst werden. Ein Weisungsrecht wird damit nicht bezweckt.382 Teilweise ist bereits im Anstellungsvertrag die Zuweisung eines konkreten Vorstandsressorts angelegt.383 Soweit Formulierungsvorschläge in diesem Zusammenhang bestimmen, „die Gesellschaft behält sich vor, die Zuständigkeit der Bereiche zu erweitern, zu vermindern oder auch zu ändern“384, ist dadurch kein Weisungsrecht zugunsten des Aufsichtsrats impliziert.385 Die Vertragsklausel ist lediglich Ausdruck der fehlenden organschaftlichen Verbindlichkeit einer anstellungsvertraglichen Aufgabenzuteilung. Die eigentliche Geschäftsverteilung bleibt der 378

So Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 103 (§ 2 Abs. 1 des Musters). 379 So u. a. Wiedemann, in: Beck’sches Formularbuch Aktienrecht, Kap. G IV, S. 380 ff (§ 2 Abs. 1 des Musters); Breithaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, Teil 5, § 2, Rn. 7 (§ 1 Abs. 2 des Mustervertrags); Schrader/Klagges, in: Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang, Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, Rn. 385 (§ 1 Abs. 1 des Musters); Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 90 (§ 1 Abs. 2 des Musters); Kann, Vorstand der AG, Anhang I, E., S. 299 ff. (§ 1 Abs. 2 des Musters). 380 In diesem Sinne auch Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 99. 381 Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 99. 382 Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 99 (insb. Fn. 280). 383 U. a. Schrader/Klagges, in: Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang, Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, Rn. 385 (§ 1 Abs. 2 des Musters); Tomicic, in: Beck’sche Online-Formulare Vertragsrecht, 2.3.4. (§ 1 Abs. 5 des Mustervertrags). 384 So Tomicic, in: Beck’sche Online-Formulare Vertragsrecht, 2.3.4. (§ 1 Abs. 5 des Mustervertrags). 385 Gelungener daher die Formulierung bei Wiedemann, in: Beck’sches Formularbuch Aktienrecht, Kap. G IV, S. 380 ff (§ 2 Abs. 3 des Musters) sowie Happ, AktienR, 8.08, S. 862 ff. (§ 1 Abs. 3 des Musters).

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Satzung oder aber der Geschäftsordnung vorbehalten. Die Musterformulierung soll demnach sicherstellen, dass eine Änderung der Geschäftsverteilung sowie die Zuweisung eines vom Anstellungsvertrag abweichenden Ressorts das Vorstandsmitglied nicht zur Amtsniederlegung berechtigt.386 Im Kontext der Art der Tätigkeit ist in einigen Musterverträgen weiterhin eine Verpflichtung des Vorstandsmitglieds zur Übernahme weiterer Ämter bei anderen Konzerngesellschaften (z. B. Vorstands-, Geschäftsführer- oder Aufsichtsratsmandate) normiert.387 Die Formulierungsvorschläge divergieren allerdings in einem entscheidendem Punkt: Vereinzelt soll die Entscheidung, ob und welches weitere Amt das einzelne Vorstandsmitglied zusätzlich wahrzunehmen hat, durch den Aufsichtsrat getroffen werden.388 Zwar handelt es sich bei der entsprechende Verpflichtung im Anstellungsvertrag um eine einvernehmliche Regelung, die lediglich aus Flexibilitätsgründen eine gewisse Offenheit besitzt, gleichwohl kommt dem Aufsichtsrat dadurch ein gewisses Bestimmungsrecht zu. Eine solche Regelung kommt einem – wenn auch in seinem Umfang sehr begrenzten – Weisungsrecht zugunsten des Aufsichtsrats nahe. Dass dieses Bestimmungsrecht des Aufsichtsrats nicht unproblematisch ist, zeigen die anderweitigen Formulierungsvorschläge zu

386

Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 44. Tomicic, in: Beck’sche Online-Formulare Vertragsrecht, 2.3.3. (§ 1 Abs. 3 des Mustervertrags: „Der Vorstand ist verpflichtet, auf Wunsch des Aufsichtsrats die Organstellung (Vorstand/Geschäftsführer), Aufsichtsratsmandate oder einen Sitz in ähnlichen Kontrollorganen bei anderen Gesellschaften im Konzern sowie ehrenamtliche Funktionen bei Verbänden, denen die Gesellschaft angehört, zu übernehmen. […]“); in diesem Sinne auch Terbrack/Lohr, in: Heidel, AktienR, Anhang zu § 84, Rn. 39 (§ 1 Abs. 3 des Musters); Schrader/Klagges, in: Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang, Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, Rn. 385 (§ 1 Abs. 3 des Musters: „Der Vorstand wird auf Wunsch des Vorstandes oder des Aufsichtsrats Aufsichtsratsmandate und ähnliche Ämter in Gesellschaften, an denen die Gesellschaft mittelbar und unmittelbar beteiligt ist, sowie eine Tätigkeit in Verbänden, denen die Gesellschaft aufgrund ihrer geschäftlichen Betätigung angehört, oder ein Ehrenamt in Verwaltung und Rechtsprechung übernehmen. […]“); Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, Anlage § 10 – 1 (§ 2 Abs. 1 des Mustervertrags: „[…] Auf Wunsch des Vorstands wird Herr … Aufsichtsratsmandate und ähnliche Ämter in Gesellschaften, an denen die Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, sowie in Verbänden und ähnlichen Zusammenschlüsse, denen die Gesellschaft aufgrund ihrer geschäftlichen Tätigkeit angehört, übernehmen.“); Happ, AktienR, 8.08, S. 862 ff. (§ 1 Abs. 4 des Mustervertrags: „[…] wird auf Wunsch des Vorstands Aufsichtsrats- und ähnliche Organfunktionen in Unternehmen, an denen die Gesellschaft beteiligt ist, sowie eine Tätigkeit in Verbänden, denen die Gesellschaft angehört, übernehmen […].“); Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 90 f. (§ 1 Abs. 5 des Mustervertrags: „Das Vorstandsmitglied wird auf Wunsch der Aktiengesellschaft Organstellungen in mit der Aktiengesellschaft verbundenen Unternehmen ebenso wie Aufsichtsrats- oder vergleichbare Mandate sowie ehrenamtliche Funktionen in Verbänden übernehmen. […]“); in letzterem Sinne auch Hoffmann-Becking/Rawert, Beck’sches Formularbuch, X. 13. Anstellungsvertrag (§ 1 Abs. 3 des Musters); allgemein dazu Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 432. 388 Vgl. Formulierungsbeispiele Fn. 387. 387

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diesem Komplex. Sie sehen kein Bestimmungsrecht des Aufsichtsrats, sondern ein entsprechendes Recht des Vorstands als Gesamtorgan vor.389 (e) Exkurs: Wirksamkeit der Übernahmeverpflichtung Soweit eine Vertragsklausel die Verpflichtung zur Übernahme etwaiger weiteren Ämter auf Wunsch des Vorstands als Gesamtorgan normiert, besteht kein Konflikt mit § 76 Abs. 1 AktG. Die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds von Hauptversammlung und Aufsichtsrat wird nicht tangiert. Selbst wenn die „Bestimmung“ durch den Aufsichtsrat erfolgen soll, ist die Klausel mit § 76 Abs. 1 AktG vereinbar. Die Vorstandstätigkeit bleibt bei der Verpflichtung zur Übernahme unberührt. Es tritt lediglich ein weiteres Amt hinzu. Darüber hinaus ist die mögliche Bandbreite zusätzlicher Tätigkeiten durch die Gestaltung der Klausel stark eingeschränkt und schon im Vertrag selbst, im Einverständnis mit dem Vorstandsmitglied, angelegt. Von einem einseitigen Recht zur Konkretisierung der Vorstandstätigkeit durch den Aufsichtsrat kann, selbst bei Verwendung der Klausel in dieser Form, keine Rede sein. Dies gilt umso mehr, als die eigentliche Verschaffung des zusätzlichen Amts in anderen Konzerngesellschaften nicht im Belieben des Aufsichtsrats steht, sondern durch das jeweilig zuständige Organ der anderen Konzerngesellschaft erfolgt. Selbst bei Bestehen eines Entsendungsrechts in den Aufsichtsrat einer anderen Konzernaktiengesellschaft, ist es gemäß § 78 Abs. 1 AktG Aufgabe des Vorstands, dieses Entsendungsrecht wahrzunehmen. (f) Zwischenergebnis Den Musterverträgen lassen sich keine Anhaltspunkte für ein bestehendes Weisungsrecht entnehmen. Dieses Ergebnis mag nicht sonderlich überraschen, da Weisungsrechte nur in den seltensten Fällen ausdrücklich normiert sind. Die Untersuchung darf folglich bei der Feststellung des Fehlens einer ausdrücklichen Normierung eines Weisungsrechts nicht stehen bleiben. Sie kann nur ein erster Schritt der weisungsrechtlichen Analyse sein. (2) Weisungsrecht aus der Natur des Vertrags Regelmäßig werden sich Weisungsrechte erst im Wege der Auslegung aus dem Vertrag entnehmen lassen. Ähnlich wie bei Arbeits- oder Werkverträgen könnten sich Weisungsrechte auch beim Anstellungsvertrag durch Auslegung bzw. aus dessen Natur ergeben.390 Selbst in einem freien Dienstverhältnis sind Weisungen – insbe-

389

Vgl. Formulierungsbeispiele Fn. 387. Für den Werkvertrag u. a. Peters, NzBau 2012, 615, 619; Hoyningen-Huene, EzA § 99 BetrVG 1972, Nr. 102, Anm. 4; ders., BB 1987, 1730, 1732; für den Arbeitsvertrag u. a. Hromadka/Maschmann, ArbeitsR Bd. 1, § 6, Rn. 11. 390

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sondere in fachlicher Hinsicht – nicht ungewöhnlich, sondern gar üblich.391 Arbeitsvertrag und freier Dienstvertrag divergieren grundsätzlich nicht hinsichtlich des „Ob“ des Weisungsrechts, sondern nur im Hinblick auf dessen Inhalt und Umfang.392 Dem freien Dienstvertrag ist demnach grundsätzlich ein fachliches, ergebnisorientiertes Weisungsrecht bezüglich Art und Inhalt der zu erbringenden Tätigkeit immanent, welches allerdings regelmäßig nicht durch Einzelanordnungen, sondern durch generell-abstrakte Leitlinien wahrgenommen wird.393 Im Arbeitsvertrag geht das Weisungsrecht hingegen über diesen Bereich hinaus und erfasst zugleich Zeit, Ort sowie arbeitsbegleitende Verhaltensregeln.394 (a) Schuldrechtliche Rezeption des organschaftlichen Leitbilds des Vorstands Aus der Wahrnehmung der formalen Organstellung als Vorstandsmitglied für sich können keine Rückschlüsse auf die mögliche Existenz etwaiger Weisungsrechte gezogen werden.395 Entscheidend ist vielmehr die Ausgestaltung des vertraglichen Innenverhältnisses zur Gesellschaft.396 Gleichwohl muss die organschaftliche Unabhängigkeit als gesetzliches Leitbild in die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB einfließen. Für die Analyse der bestehenden Weisungsrechte und der sich daraus ergebenden persönlichen Abhängigkeit kommt es primär auf die Vorstellungen, Motive und Ziele der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an.397 Hierbei spielt naturgemäß der Inhalt der geschuldeten Tätigkeit eine entscheidende Rolle.398 Der Inhalt des Anstellungsvertrags wird durch die aktienrechtlichen Regelungen und Leitbildern beeinflusst.399 Die geschuldete Tätigkeit kann folglich ein Weisungsrecht ausschließen.400 Mit der Vereinbarung eines Anstellungsvertrags für eine konkrete Vorstandstätigkeit – wie es beim anstellungsvertraglichen Regelfall der Fall ist – wird die or391

Richardi/Fischinger, in: Staudinger, BGB, Vorb. § 611 ff., Rn. 236; Boemke, ZfA 1998, 209, 213; Molitor, AG 1957, 193, 195. 392 Boemke, ZfA 1998, 209, 213; zustimmend Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 89. 393 Hoyningen-Huene, BB 1987, 1730, 1732; zustimmend Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 89. 394 Boemke, ZfA 1998, 209, 213; zustimmend Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 90. 395 Auch Henssler; RdA 1992, 289, 294; a. A. Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 135/136. 396 Boemke, ZfA 1998, 209, 212. 397 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 30; Ellenberg, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 6b. 398 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 446 f.; Boemke, ZfA 1998, 209, 213; ähnlich auch Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 44 (jeweils im Kontext der Beurteilung des AN-Status). 399 Boemke, ZfA 1998, 209, 215. 400 Zu diesem zutreffenden Ansatzpunkt Boemke, ZfA 1998, 209, 213.

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ganschaftliche Stellung des Vorstandsmitglieds, die sich durch eine umfassende Weisungsunabhängigkeit auszeichnet, automatisch zum Vertragsinhalt zwischen den Parteien. Es kommt zur schuldrechtlichen Rezeption des organschaftlichen Leitbilds des Vorstands.401 Das Vertragsverhältnis ist allein und ausschließlich auf die in Frage stehende Vorstandstätigkeit ausgerichtet. Zweck des Vertrags ist die Schaffung einer schuldrechtlichen Grundlage für eine Vorstandstätigkeit in der Aktiengesellschaft. Darin erschöpft sich das Motiv der Vertragsparteien. Eine Konkretisierungsbedürftigkeit der vertraglichen Tätigkeit besteht nicht. Ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Weisungsrechts, ergibt sich demzufolge die anstellungsvertragliche Weisungsunabhängigkeit unmittelbar aus der Statuierung einer vertraglichen Grundlage für die Vorstandstätigkeit selbst. Das Vorstandsmitglied als Teil des willensbildenden Organs der Bestellungskörperschaft kann nicht zugleich Weisungen derselben unterworfen sein. Die Willensbildung für die Aktiengesellschaft setzt gerade die Weisungsfreiheit gegenüber ihr denknotwendig voraus.402 Diesem Auslegungsergebnis tragen nahezu alle Musterverträge Rechnung, indem sie bestimmen, dass das Vorstandsmitglied die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze zu führen hat.403 Die Tätigkeit ist demnach am bestehenden Leitbild des AktG auszurichten. Dieses Leitbild ist aber wesentlich durch die aus § 76 Abs. 1 AktG abzuleitende, umfassende Weisungsunabhängigkeit geprägt. In einigen Musterverträgen findet sich gar eine ausdrückliche Betonung der Eigenverantwortlichkeit wieder.404 Im Ergebnis werden sich aus einem Anstellungsvertrag, der ausschließlich eine tätigkeitsspezifische Rahmenregelung für die konkrete Organstellung ist405, keine vertraglichen Weisungsrechte ergeben. Insbesondere ist die Gesellschaft nicht berechtigt, über die Arbeitskraft des Organmitglieds anderweitig zu disponieren.406 Der Anstellungsvertrag besteht allein um der konkreten Organstellung willen und wird durch deren Struktur sowie deren Inhalt wesentlich geprägt.407 (b) Sonderfall unternehmensinterner Aufstieg Eine andere Bewertung ist selbst im Falle eines unternehmensinternen Aufstiegs nicht anzeigt. Dabei wird im Zuge der Vorstandsbestellung ein vom vormaligen Arbeitsvertrag abweichender, neuer Anstellungsvertrag geschlossen. Mit der Berufung zum Leitungsorgan ändert sich die gesamte Beziehung zwischen dem desi-

401

Vgl. B. I. 4. c). Ähnlich auch Wehrmeyer, Die arbeitsrechtliche Einordnung der Organe juristischer Personen, S. 93. 403 Vgl. Fn. 379. 404 Raguß, Der Vorstand einer AG, S. 201 ff (§ 1 des Musters). 405 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 449. 406 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 446/447. 407 Hueck, ZfA 1985, 25, 29. 402

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gnierten Vorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft.408 Eine Identität zwischen Arbeitsverhältnis und Dienstverhältnis des Vorstandsmitglieds wird grundsätzlich nicht bestehen.409 Insbesondere vertritt der Vorstand die Aktiengesellschaft gemäß § 78 Abs. 1 AktG nach außen, so dass das Vorstandsmitglied mit der Bestellung in formeller Hinsicht die Arbeitgeberstellung zufällt beziehungsweise sie zumindest im Verhältnis zu den Arbeitnehmern des Unternehmens ausübt. Das Vorstandsmitglied kann nicht weiterhin aufgrund eines Arbeitsvertrags mit der Aktiengesellschaft tätig sein und zugleich selbst die Arbeitgeberstellung der Gesellschaft verkörpern. Nicht zuletzt ändern sich mit der Vorstandsbestellung die Zuständigkeit sowie der Verantwortungsbereich für die Gestaltung der schuldrechtlichen Grundlage.410 Fiel der Abschluss von Arbeitsverträgen in den Aufgabenbereich des Vorstands, ist für die Ausgestaltung des Anstellungsvertrags des Vorstandsmitglieds nunmehr der Aufsichtsrat zuständig. Nach herrschender Meinung wird der Arbeitsvertrag deshalb ohne abweichende Anhaltspunkte mit dem schriftlichen Abschluss des Anstellungsvertrags aufgehoben.411 Unterbleibt ein schriftlicher Abschluss eines Anstellungsvertrags, ist von einem mündlich geschlossenen Anstellungsvertrag auszugehen. Der ursprüngliche Arbeitsvertrag besteht dann mangels Wahrung des Schriftformerfordernisses nach § 623 BGB ruhend daneben fort.412 Letzteres ist insbesondere vorstellbar, soweit die Parteien lediglich zentrale Vertragskonditionen (Vergütung, Befristung etc.) an die Beförderung anpassen.413 In all diesen Konstellationen stellt sich kein abweichendes Auslegungsergebnis ein. Ein Weisungsrechts besteht nicht, da die Vorstandstätigkeit jeweils alleiniger Inhalt des Vorstandsanstellungsvertrags ist und das Auslegungsergebnis wesentlich prägt. (3) Fazit Für den anstellungsvertraglichen Regelfall lässt sich festhalten: Anstellungsverträgen zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied lassen sich grundsätzlich keine Vereinbarungen über Weisungsrechte entnehmen. Die Gestaltung der Musterverträge weisen kaum Anhaltspunkte auf, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde. Selbstverständlich sind die Parteien im Grundsatz nicht daran gehindert, im Anstellungsvertrag ein Weisungsrecht zu vereinbaren. Ob derartige vertragliche

408

Fischer, NJW 2003, 2417, 2419. BAG, 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1096. 410 Fischer, NJW 2003, 2417, 2419 (allerdings mit anderer Schlussfolgerung). 411 U. a. BAG, 10 AZB 32/10, NZA 2011, 874, 875; BAG, 6 AZR 774/06, NZA 2007, 1095; a. A. Jooß, RdA 2008, 285 (für einen Änderungsvertrag). 412 BAG, 10 AZB 32/10, NZA 2011, 874, 875; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35, Rn. 173; so wohl auch Jooß, RdA 2008, 285, 286. 413 Diller, NJW 2008, 1019, 1020 (Anm. zu 10 AZB 32/10). 409

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Klauseln im Hinblick auf die bestehende organschaftliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds wirksam sind, ist damit noch nicht gesagt.414 bb) Sonderfall der Drittanstellung Ausgehend vom aufgefundenen Ergebnis zum anstellungsvertraglichen Regelfall gilt es in einem nächsten Schritt, die Rechtslage im Rahmen der Drittanstellungsverträge zu untersuchen. Um sich der weisungsrechtlichen Lage in Drittanstellungsverträgen nähern zu können, bedarf es einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Fällen und Gestaltungsformen der Drittanstellung.415 (1) Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat Wird der Anstellungsvertrag für das konkrete Vorstandsmandat anstatt mit der Bestellungskörperschaft mit einem Dritten, beispielsweise mit der Konzernmutter, abgeschlossen, ergibt sich kein abweichender Befund. Bildet der Drittanstellungsvertrag ausschließlich den schuldrechtlichen Rahmen für eine konkrete Vorstandstätigkeit, unterscheidet sich die Vertragslage bezüglich der Weisungsrechte – insbesondere hinsichtlich des Auslegungsergebnisses – nicht von derjenigen, bei einem anstellungsvertraglichen Regelfall. Der Zweck sowie die weisungsrechtliche Situation eines derart funktionell gebundenen Anstellungsvertrags werden durch die Stellung des Dritten als Vertragspartner nicht berührt. Der anstellende Dritte ist durch den ausschließlichen Bezug auf das konkrete Vorstandsmandat und der fehlenden Konkretisierungsbedürftigkeit nicht berechtigt, über die Dienstleistung des Organmitglieds anderweitig zu verfügen.416 Ein Weisungsrecht lässt sich mittels Auslegung nicht begründen.417 Dieses Auslegungsergebnis beansprucht selbstverständlich nur insoweit Geltung, als kein abweichender, übereinstimmender Wille der Parteien feststellbar ist. Bestehen hingegen lediglich Unklarheiten hinsichtlich des Auslegungsergebnisses, ergibt sich kein vertragliches Weisungsrecht. Im Zweifel gilt das Auslegungsergebnis, das zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt.418

414

Vgl. hierzu ausführlich unter C. II. 2. b) aa) (2) (a). Vgl. A. II. 416 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 446 (im Kontext der Abgrenzung Arbeitsvertrag und Dienstvertrag). 417 A. A. Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 425 f., der aus dem dienstvertraglichen Charakter des Anstellungsvertrags, ohne Unterscheidung nach dessen Gestaltung, ein Weisungsrecht ableitet. 418 BGH, XII ZR 241/03, NJW-RR 2006, 337, 338; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 18. 415

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Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend, soweit ein bestehendes Vertragsverhältnis im Zuge der Bestellung durch eine Vertragsänderung auf das konkrete Vorstandsmandat ausgerichtet wird. (2) Organfunktion als unselbstständiger Teil des Drittanstellungsvertrags Ein anderes Ergebnis ergibt sich bei Drittanstellungsverträgen mit offenerer Gestaltung. Der Inhalt eines Drittanstellungsvertrags in dieser Form erschöpft sich nicht in der Schaffung eines schuldrechtlichen Rahmens für die Organtätigkeit. Nach der vertraglichen Gestaltung sind der konkrete Einsatzort und Einsatzzeit sowie die konkrete Art der Tätigkeit des drittangestellten Vorstandsmitglieds noch konkretisierungsbedürftig, so dass einem derartigen Drittanstellungsvertrag ein Weisungsrecht immanent ist. Die notwendige Konkretisierung obliegt dabei dem Dienstherrn. Die nach dem Vertrag geschuldete Tätigkeit, die ein wesentliches Auslegungskriterium darstellt, ist bei offen ausgestalteten Anstellungsverträgen gerade nicht von vornherein auf die Wahrnehmung eines konkreten Vorstandsmandats ausgelegt. Vielmehr erfolgt die Wahrnehmung des Vorstandsmandats aufgrund der Weisung des Dienstherrn (in der Regel der Muttergesellschaft).419 Hinsichtlich des genauen Umfangs des Weisungsrechts ist weiter zu unterscheiden: (a) Drittanstellungsvertrag mit offener Gestaltung Bei Anstellungsverträgen mit einer weiteren Bandbreite der erfassten und möglichen Tätigkeiten resultiert aus der nur rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflicht im Normalfall ein umfassendes Weisungsrecht.420 Der Anstellungsvertrag ist in seinem Inhalt nicht auf Ausübung eines Vorstandsamts beschränkt, sondern war vormals als „normaler“ Arbeitsvertrag zu charakterisieren. Mittels des (arbeitsbezogenen) Weisungsrechts sind demnach Weisungen hinsichtlich des Orts, der Zeit und der Art der Tätigkeit möglich. Nur auf diese Art und Weise ist die bezweckte Flexibilität erreichbar. Daher betrachten einige Autoren derartige Drittanstellungsverträge, selbst nach der Vorstandsbestellung, weiterhin als Arbeitsverträge.421 Es handelt sich zunächst um ein typisches Vertragsverhältnis eines (leitenden) Angestellten mit der Muttergesellschaft, das erst durch die Vorstandsbestellung den Charakter eines Vorstandsanstellungsvertrags im Sinne einer Drittanstellung erlangt. Dass auf Grundlage des derart gestaltenden Vertragsverhältnisses nunmehr Vor419 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 447 (im Kontext der Abgrenzung Arbeitsvertrag und Dienstvertrag). 420 Allg. Hoffmann/Schulte, in: Pielow, Gewo, § 106, Rn. 19; Tillmanns, in: Rolf/Giesen/ Kreikebohm/Udsching, ArbR, § 106 GewO, Rn. 11. 421 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 321; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 447; Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 101.

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standsverantwortung wahrgenommen wird, führt zu keiner Änderung des vertraglich bestehenden Weisungsrechts. Maßgeblich für die Existenz etwaiger Weisungsrechte ist nicht die momentan ausgeübte Tätigkeit und somit der augenblickliche Status als Organmitglied, sondern dass die Tätigkeit aufgrund eines Vertrags ausgeübt wird, der infolge seiner offenen Gestaltung konkretisierungsbedürftig ist.422 Die offene Gestaltung impliziert aufgrund der nur rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflicht ein Weisungsrecht. Die organschaftliche Stellung des Vorstandsmitglieds, d. h. die nach dem Leitbild des AktG bestehende umfassende Weisungsunabhängigkeit, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Entscheidend ist, dass das Vorstandsmitglied grundsätzlich jederzeit durch Weisungen zur Aufgabe seiner Rechtsstellung und zur Übernahme einer Tätigkeit ohne organschaftliche Befugnisse veranlasst werden kann.423 Die Intensität der persönlichen Abhängigkeit ist im Kontext der Drittanstellung mit offener Gestaltung daher unweit höher als im anstellungsvertraglichen Regelfall. Sie ist wesentlich stärker vom Gedanken der Subordination geprägt wie die Konstellation des anstellungsrechtlichen Regelfalls.424 (aa) Zusätzlicher Anstellungsvertrag? Nach dem Willen der Parteien scheidet ein (konkludenter) Abschluss eines neuen Anstellungsvertrags als Grundlage für die nunmehr ausgeübte Vorstandstätigkeit aus. Die Organstellung bei der Tochtergesellschaft wird im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat der Tochter lediglich als Zwischenstation eines weiteren beruflichen Aufstiegs innerhalb des Konzerns sowie einer weiteren Qualifikation auf Grundlage des bestehenden Vertragsverhältnisses angesehen. Es handelt sich um eine einheitliche berufliche und fachliche Entwicklung innerhalb ein und desselben Vertragsverhältnisses. Eine abweichende Sichtweise würde sich mit den Interessen und Vorstellungen der Parteien in Widerspruch setzen. Der Mandatar will seinen dienstvertraglich vermittelnden Besitzstand in der Obergesellschaft nicht aufgeben, da er in ihr seine Zukunft sehen wird. Für das designierte Vorstandsmitglied ist deshalb entscheidend, dass sein Vertragsverhältnis mit der Obergesellschaft keinerlei Unterbrechung oder Veränderung erfährt.425 Ein Interesse am Abschluss eines eigenständigen, neuen Anstellungsvertrags mit der Tochtergesellschaft, der auf höchstens fünf Jahre befristet ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, 5 AktG), hat er nicht.426 Anders als beim unternehmensinternen Aufstieg kommt es daher weder zur Aufhebung noch zu einem Ruhen des bestehenden Vertragsverhältnisses. Die Par422 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 448 (im Kontext der Abgrenzung Arbeitsvertrag und Dienstvertrag). 423 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 449 (im Kontext der Abgrenzung Arbeitsvertrag und Dienstvertrag). 424 Brachert, Organmitgliedschaft und Arbeitnehmerstatus, S. 189. 425 Martens, in: FS Hilger/Stumpf, S. 437, 439; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 235; Arnold/Born, AG 2005, R428. 426 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 422.

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teien (Vorstandsmitglied, Muttergesellschaft und Aufsichtsrat der Tochtergesellschaft) sind sich von vornherein einig, dass die Vorstandstätigkeit ausschließlich durch den Vertrag mit dem Mutterunternehmen eine vertragliche Regelung erfahren soll. Die Bedenken und Gründe, die im anstellungsrechtlichen Regelfall noch zur Annahme eines neuen Vertrags Anlass geben427, greifen im Drittanstellungsverhältnis nicht durch. Infolge der Personenverschiedenheit der Partner des Anstellungs- und Bestellungsverhältnisses kommt es zu keiner Überlagerung des bestehenden Vertragsverhältnisses durch die aus der Organbestellung resultierende Arbeitgeberstellung. Die Beteiligten sehen die Organstellung bei der Tochter als einen rein temporären Zwischenschritt einer Karriere im Mutterunternehmen, die im Zuge eines einheitlichen Vertragsverhältnisses mit der Konzernobergesellschaft erfolgt. Der (gegebenenfalls konkludente) Abschluss eines neuen, gesonderten Anstellungsvertrags für die Vorstandstätigkeit ist nicht gewünscht und auch nicht beabsichtigt. (bb) Fortbestand des Weisungsrechts? Es kommt weder zur endgültigen noch zur vorübergehenden, einseitigen Aufgabe des Weisungsrechts durch den Dienstherrn. Dass das Vertragsverhältnis nunmehr als Grundlage einer Tätigkeit als Vorstandsmitglied fungiert, bewirkt keine Änderung der weisungsrechtlichen Lage. Zwar kommt es selbst bei Drittanstellungsverträgen zu einer grundsätzlichen anstellungsvertraglichen Rezeption der organschaftlichen Pflichten428, die auch die Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung beinhaltet. Da eine schuldrechtliche Rezeption der organschaftlichen Stellung allerdings nur insofern erfolgt, als kein abweichender Parteiwillen erkennbar ist, wird die organschaftlich bestehende Weisungsunabhängigkeit nicht zum Inhalt des Anstellungsvertrags. Das Weisungsrecht ist Ausfluss eines derartigen anderweitigen Parteiwillens. Durch Zuweisung der Vorstandstätigkeit seitens des Dienstherrn konkretisiert er die aus dem Anstellungsvertrag resultierende Tätigkeitspflicht vorübergehend, d. h. bis zur Zuweisung eines anderweitigen Betätigungsfeldes, auf die Ausübung des Vorstandsmandats. Da die Funktion in der Tochtergesellschaft regelmäßig als eine Stufe auf der Karriereleiter in der Muttergesellschaft anzusehen und eine Rückkehr zu ihr von vornherein geplant ist, ist das Weisungsrecht für die Zuweisung einer der Vorstandstätigkeit nachfolgenden Tätigkeit in der Muttergesellschaft – mithin für den auf die Vorstandstätigkeit folgenden Schritt auf der Karriereleiter – zwingend notwendig. Schon deshalb scheidet eine endgültige Aufgabe des Weisungsrechts aus. Aber auch eine temporäre Aufgabe des Weisungsrechts für die Dauer des Vorstandsmandats ist nicht gegeben. Eine Überlagerung des Vertragsverhältnisses durch

427 428

Vgl. C. II. 1. a) aa) (2) (b). Vgl. B. I. 4. c).

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die Organtätigkeit erfolgt nicht.429 Käme es zu einer vollständigen Rezeption der organschaftlichen Pflichten, würden mit der organschaftlichen Weisungsunabhängigkeit auf der einen und der anstellungsvertraglichen Weisungsabhängigkeit auf der anderen Seite zwei sich widersprechende, vertragliche Regelungen bestehen. Nach dem Willen des Dienstherrn wird der anstellungsvertraglichen Regelung aber der Vorrang einzuräumen sein.430 Die jederzeitige abweichende Verfügbarkeit und mögliche Zuweisung einer anderen Aufgabe ist Sinn und Zweck der offenen Gestaltung des Anstellungsvertrags. Es ist nicht ersichtlich, dass der Dienstherr sich durch die Zuweisung der Vorstandstätigkeit dieser Weisungsmöglichkeit begeben will. Er wird sich vielmehr weiterhin die Möglichkeit eines anderweitigen Einsatzes des jetzigen Vorstandsmitglieds offenhalten wollen, um beispielsweise auf nicht vorhersehbare Vorfälle (Personalengpass etc.) im eigenen Unternehmen reagieren zu können. Dies ist aus Sicht des Erklärungsempfängers (des designierten Vorstandsmitglieds) – insbesondere aufgrund der offenen Gestaltung – auch hinreichend erkennbar. Zudem wird dem Dienstherrn mittels des vertraglich bestehenden Weisungsrechts ausschließlich die Gelegenheit zur Konkretisierung der vertraglich geschuldeten Leistungspflicht eingeräumt. Eine darüber hinaus gehende Veränderung des vertraglichen Inhalts ist ihm einseitig durch das Weisungsrecht nicht möglich.431 Das Weisungsrecht resultiert aus der offenen und konkretisierungsbedürftigen Ausgestaltung der Leistungspflicht. Die Ausübung des Weisungsrechts führt aber zu keiner Umgestaltung der vertraglichen Offenheit, sondern lediglich zu einer (vorübergehenden) Konkretisierung der Leistungspflicht. Sie wäre mittels eines Weisungsrechts auch nicht erreichbar, da dies eine über die Konkretisierung der Leistungspflicht hinausgehende vertragliche Änderung darstellen würde. Ebenso kann der Weisung wegen dem gegenläufigen Willen des Dienstherrn (§§ 133, 157 BGB) keine einseitige, vorübergehende Verzichtswirkung beigemessen werden. (cc) Keine einvernehmliche Vertragsänderung Durch die Anweisung des Dienstherrn zur Übernahme und der Annahme des Vorstandsmandats durch das designierte Vorstandsmitglied kommt es zu keiner einvernehmlichen Änderung des bestehenden Vertragsverhältnisses. Ein konkludentes Angebot auf Vertragsänderung ist in der Weisungsrechtsausübung nicht zu sehen. Eine abschließende Konkretisierung des Vertragsverhältnisses auf eine Vorstandstätigkeit auch für die Zukunft und demgemäß eine Aufhebung des Weisungsrechts ergibt sich nicht. Ein derartiger Erklärungsgehalt würde dem Willen der Parteien widersprechen. Da insbesondere in Konzernverhältnissen nach Ende der 429

So aber Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 29 (Schuldverhältnis wird durch die von beiden Seiten gewollte Organstellung modifiziert). 430 Zur Maßgeblichkeit des Willens des Dienstherrn vgl. B. I. 4. c) bb). 431 Becker, in: HK-ArbR, § 106 GewO, Rn. 5.

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Vorstandstätigkeit regelmäßig eine Rückkehr in die Muttergesellschaft beabsichtigt ist, muss zur Zuweisung einer neuen, anderweitigen Tätigkeit ein Weisungsrecht zugunsten des Dienstherrn fortbestehen. Dass die Konkretisierung der Leistungspflicht nach Ende des Mandats nur noch einvernehmlich erfolgen soll, kann einer Auslegung der Willenserklärung des Weisungsberechtigten anhand des objektiven Empfängerhorizonts nicht entnommen werden. In gleicher Weise will der Drittangestellte mit der Übernahme des Vorstandsmandats ausschließlich der Weisung seines Dienstherrn Rechnung tragen. Ein darüber hinaus gehender Erklärungswert kommt der Übernahme des Vorstandsmandats nicht zu. Im Gegenteil würde eine Vertragsänderung dem Willen des designierten Vorstandsmitglieds widersprechen. Er will seinen dienstvertraglich vermittelnden Besitzstand mit der Obergesellschaft unverändert erhalten und nicht auf eine Tätigkeit bei der Tochter festgelegt sein. (dd) Widersprüchliches Verhalten? Die Weisung zur Übernahme der Vorstandstätigkeit als einseitiges Rechtsgeschäft ist nicht in sich widersprüchlich. Die Zuweisung einer aus organschaftlicher Sicht weisungsunabhängigen Stellung unter der gleichzeitigen Aufrechterhaltung des anstellungsvertraglichen Weisungsrechts ist nach dem Empfängerhorizont nicht zwingend paradox. Ein Widerspruch ergibt sich nur bei einer vollständigen Rezeption der organschaftlichen Stellung. Der Umfang einer anstellungsvertraglichen Rezeption ist aber ausschließlich durch die anstellungsvertragliche Brille zu bestimmen. Eine überschießende Rezeption, die dem eindeutigen und erkennbaren Willen des Dienstherrn widerspricht, kann ihm nicht aufgezwungen werden. Nach der Trennungstheorie ist das jeweilige Schicksal von Anstellungs- und Bestellungsverhältnis getrennt voneinander zu beurteilen. Dies muss in gleicher Weise hinsichtlich deren inhaltlichen Gestaltung gelten. Die persönliche, sich aus dem Vertragsverhältnis ableitende Stellung des designierten Vorstandsmitglieds bleibt durch die neue Aufgabe unangetastet. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die bloße Existenz eines vertraglichen Weisungsrechts aber die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds nach § 76 Abs. 1 AktG unberührt lässt. Die Gefahr der Einschränkung der Unabhängigkeit resultiert erst aus dessen wirksamen Ausübung und der daraus folgenden rechtlichen Verbindlichkeit für das Vorstandsmitglied. Eine Entscheidung über eine wirksame Ausübung im konkreten Einzelfall ist mit der Feststellung der Existenz des Weisungsrechts noch nicht getroffen. Für die Beantwortung dieser Frage ist nicht mehr ausschließlich der Wille des Dienstherrn maßgeblich, sondern sind weitere Umstände – insbesondere das gesetzliche Leitbild – in die Betrachtung einzustellen. Der Dienstherr muss demnach die rechtlichen Folgen seiner Weisung und die gesetzlich zwingend an die neu zugewiesene Aufgabe geknüpften Wirkungen sehr wohl gegen sich gelten lassen. Allerdings ist der Umstand nicht bei der Frage des Fortbestehens des vertraglichen Weisungsrechts, sondern erst auf der Ebene der rechtlichen Grenzen nach § 134 BGB virulent.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

(ee) Fazit Aus der Natur des Anstellungsvertrags mit offener Gestaltung ergibt sich aufgrund seiner Konkretisierungsbedürftigkeit ein umfassendes, arbeitsbezogenes Weisungsrecht zugunsten des Dienstherrn. Bestand ein Weisungsrecht vor der Vorstandsbestellung, besteht es auch während der Vorstandstätigkeit in unveränderter Form fort. Der Dienstherr (Konzernobergesellschaft) kann nach der vertraglichen Lage weiterhin jederzeit anderweitig über die Arbeitskraft des Vorstandsmitglieds verfügen. Das Vorstandsmitglied ist korrespondierend grundsätzlich zur Übernahme einer abweichenden (leitenden) Tätigkeit verpflichtet. Eine anstellungsvertragliche Rezeption der organschaftlichen Weisungsunabhängigkeit sowie eine endgültige oder vorübergehende Aufgabe des vertraglichen Weisungsrechts finden nicht statt. Der Charakter des Vertragsverhältnisses ist weder vor noch nach der Weisung des Dienstherrn auf die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für eine Vorstandsmandatsausübung begrenzt. Der vertragliche Inhalt ist funktional nicht ausschließlich auf die Vorstandstätigkeit ausgerichtet. Klarzustellen ist abermals, dass eine anderweitige, abweichende Gestaltung durch die Parteien selbstverständlich stets möglich ist. Üblich dürfte sie gleichwohl nicht sein. (b) Drittanstellungsvertrag in Form eines ausschließlichen Geschäftsleitervertrags War das nunmehr drittangestellte Vorstandsmitglied schon zuvor Mitglied eines Vorstands beispielsweise der Muttergesellschaft und ist der Anstellungsvertrag deshalb von vornherein ausschließlich auf die Ausübung einer Geschäftsleiterfunktion als Vorstandsmitglied ausgerichtet, kann dem Vertrag kein umfassendes Weisungsrecht entnommen werden. Zwar ist die inhaltliche Ausgestaltung im Vergleich zum anstellungsvertraglichen Regelfall offener, da auch der Einsatz in Vorständen anderer Konzerngesellschaften umfasst wird. Allerdings bildet der Vertrag lediglich einen schuldrechtlichen Regelungsrahmen für derartige Geschäftsleiterfunktionen. Durch die vertragliche Ausrichtung auf die Stellung in einem Leitungsorgan werden die organschaftlichen Besonderheiten, insbesondere die damit verbundene Weisungsunabhängigkeit, regelmäßig zum Inhalt des Anstellungsvertrags. Dennoch ist die vertragliche Leistungspflicht teilweise konkretisierungsbedürftig, so dass sich aus der Natur des Vertrags ein eingeschränktes Weisungsrechts ergibt. Das Weisungsrecht des Dienstherrn (Muttergesellschaft) beschränkt sich auf die Bestimmung des konkreten Einsatzorts, d. h. bei welcher/en Konzerngesellschaft(en) die Organstellung(en) auszuüben sind. Ein darüber hinausgehendes Weisungsrecht wird sich dem Vertrag wegen der mit der Vorstandstätigkeit grundsätzlich verbundenen unternehmerischen Freiheit nicht entnehmen lassen. Selbst wenn der Anstellungsvertrag derart offen gestaltet ist, dass er nicht nur die Ausübung verschiedener Vorstandsämter umfasst, sondern zusätzlich die Stellung

II. Weisungsunabhängigkeit

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als Geschäftsführer einer GmbH, führt dies zu keiner abweichenden Bewertung. Dies gilt trotz der bestehenden Unterschiede zwischen Vorstands- und Geschäftsführertätigkeit. Entsprechend den Ausführungen zur organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers hat die Gesellschafterversammlung der GmbH ein unternehmerisches Weisungsrecht.432 Eine Übertragung an Dritte ist, wenn überhaupt, nur durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag möglich. Ohne eine abweichende Regelung zeichnet sich die organschaftliche Stellung demnach ebenso wie diejenige eines Vorstandsmitglieds durch eine Weisungsfreiheit gegenüber Dritten aus. Der Umstand, dass aus organschaftlicher Sicht ein anstellungsvertragliches Weisungsrecht möglich wäre,433 ist insoweit ohne Relevanz. Derartige Weisungsrechte müssten sich dem Anstellungsvertrag eindeutig entnehmen lassen. Ohne die Existenz besonderer Anhaltspunkte ist von einer alleinigen Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung auszugehen. Überdies ergibt sich aus organschaftlicher Sicht lediglich ein unternehmensbezogenes Weisungsrecht. Von der gesetzlichen Regelung des § 37 Abs. 1 GmbHG sind arbeitsbezogene Weisungen nicht per se umfasst. Sie sind mit der organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers lediglich nicht von vornherein unvereinbar.434 Daher kann sich auch bei einer derartigen Gestaltung kein umfassendes, arbeitsbezogenes Weisungsrecht im Wege der Auslegung ergeben. Es verbleibt vielmehr bei einem Weisungsrecht in rein örtlicher Hinsicht. Das insoweit bestehende Weisungsrecht unterscheidet sich demnach deutlich von der im Zusammenhang mit dem anstellungsvertraglichen Regelfall erörterten Klausel zur Verpflichtung zur Übernahme von weiteren Organstellungen.435 Das Weisungsrecht gibt dem Dienstherrn grundsätzlich das jederzeitige Recht, das Vorstandsmitglied durch Ausübung des Weisungsrechts zur Aufgabe der Organtätigkeit und zur Wahrnehmung einer anderen Organstellung im Konzern zu veranlassen. Ein weisungsrechtliches Versetzungsrecht geht deshalb deutlich über die skizzierte Übernahmeverpflichtung zusätzlicher Ämter hinaus. Ungeachtet dessen ist bei einem Anstellungsvertrag für verschiedene Tätigkeiten in Leitungsorganen auch eine vollständige Weisungsfreiheit denkbar, so dass vertraglich kein Weisungsrecht besteht. Entscheidend ist stets die inhaltliche Ausgestaltung der Vereinbarung im Einzelfall. Wird beispielsweise ein Anstellungsvertrag aus Anlass einer Vorstandsbestellung bei der Tochtergesellschaft mit der Muttergesellschaft geschlossen und soll das Vorstandsmitglied nach Ende des Bestellungszeitraums bei der Mutter eine Vorstandsverantwortung übernehmen, ist eine völlige Weisungsfreiheit möglich. Entscheidend ist, wie eng beziehungsweise starr die Gestaltung im konkreten Einzelfall erfolgt. Wird im Anstellungsvertrag bereits 432

Vgl. C. I. 5. Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 404 f.; Schneider/Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 37, Rn. 43. 434 Vgl. C. I. 5. 435 Vgl. C. II. 1. a) aa) (1) (d). 433

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

u. a. der Zeitpunkt des Wechsels sowie die nachfolgende Tätigkeit weitgehend festgelegt, bedarf es keinerlei weiterer Konkretisierung durch den Dienstherrn. Für ein Weisungsrecht ist kein Raum. Der Vertrag ist funktional auf eine Vorstandstätigkeit begrenzt. Diese Konstellation ist mit einem Anstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandats vergleichbar. Das „Ob“ eines Weisungsrechts ist letztlich eine Frage der Vertragsgestaltung im konkreten Einzelfall. Soll der Anstellungsvertrag allerdings als schuldrechtliche Grundlage mehrerer Leitungsorganfunktionen fungieren, erscheint eine starre Ausgestaltung unzweckmäßig, denn nur durch eine offenere Gestaltung ist die intendierte Flexibilitätssteigerung zu erreichen. Oftmals dient die vorgelagerte Tätigkeit im Vorstand der Tochtergesellschaft der Erprobung. Es lässt sich indes nicht von vornherein absehen, wann dieses Ziel ausreichend verwirklicht wurde. In der Gestaltungsform des Anstellungsvertrags für verschiedene Organstellungen wird sich im Regelfall ein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht ergeben. Eine anstellungsvertragliche Rezeption436 der organschaftlichen Weisungsunabhängigkeit sowie eine Aufgabe des Weisungsrechts erfolgt aus denselben Gründen wie bei der gänzlich offenen Gestaltung nicht. Ebenfalls ergibt sich keine einvernehmliche Vertragsänderung. b) Ergebnis Im anstellungsvertraglichen Regelfall sowie bei Drittanstellungsverträgen mit Bezug zu einem konkreten Vorstandsamt sind Weisungsrechte die Ausnahme, jedoch keinesfalls ausgeschlossen. Bei offen ausgestalteten Drittanstellungsverträgen ergibt sich hingegen regelmäßig ein Weisungsrecht aus der Natur des Vertrags. Die fehlende Ausrichtung des Vertragsverhältnisses auf das Vorstandsmandat und dessen konkretisierungsbedürftige Ausgestaltung impliziert ein Weisungsrecht. Bestand ein Weisungsrecht vor der Vorstandstätigkeit, besteht es auch während des Bestellungszeitraums grundsätzlich fort. Eine Modifikation der organschaftlichen Stellung ergibt sich hieraus gleichwohl nicht.437 2. Konflikt zwischen organschaftlicher und anstellungsvertraglicher Lage Ausgehend von dem Ergebnis, dass sich aus dem Drittanstellungsvertrag je nach Gestaltung ein vertragliches Weisungsrecht ergibt, sowie unter Hypothese eines ausdrücklich vereinbarten oder sich im Wege der Auslegung ergebenden Weisungsrechts, bleibt zu untersuchen, in welchem Verhältnis die anstellungsvertragliche zur organschaftlichen Stellung steht. Ergibt sich ein Vorrang der organschaftlichen Seite, würde der Konflikt zwischen Anstellungs- und Bestellungsver436 437

Vgl. B. I. 4. c). Vgl. B. I. 4. c).

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hältnis teilweise entschärft und somit ein Drittanstellungsvertrag in Einklang mit § 76 Abs. 1 AktG möglich sein. Mit anderen Worten ist mit der Feststellung der vertraglichen Vereinbarung derartiger Weisungsrechte noch keine Aussage darüber getroffen, ob sie gegenüber einem amtierenden Vorstandsmitglied auch tatsächlich rechtswirksam ausgeübt werden können. a) Auswirkungen der Vorrangtheorie Zahlreiche Autoren halten die Ausübung eines vertraglich vorgesehenen Weisungsrechts unter pauschalen Hinweis auf die Vorrangtheorie für unzulässig. Die vorrangige Bedeutung des Bestellungsverhältnisses soll einem schuldrechtlichen Weisungsrecht entgegenstehen.438 Wie aufgezeigt439, kann das Vorrangverhältnis für die Begründung dieser Ansicht jedoch nicht herangezogen werden. Der Dienstherr erkennt einen etwaigen Vorrang des Bestellungsverhältnisses auch nicht konkludent durch die „Entsendung“ des Vorstandsmitglieds an.440 Die Weisungsrechtsausübung orientiert sich am erkennbaren Willen des Dienstherrn. Die Annahme eines pauschalen Vorrangs des Bestellungsverhältnisses für jegliche Konfliktsituation missachtet aber den offenkundigen Willen des Dienstherrn. Sie ist eine bloße Erklärungsfiktion. Eine derartige Erklärung kann in der Weisung zur Übernahme des Vorstandsmandats nicht gesehen werden. Der Dienstherr wird vielmehr sein eigenes (Vertrags-)Verhältnis als vorrangig ansehen, da nur dies seine Interessen unmittelbar berührt. Die Sichtweise ist für den Empfänger der Weisung nicht nur erkennbar, er wird sie sogar meist teilen. Für das Vorstandsmitglied handelt es sich bei dem Vorstandsmandat bei der Tochtergesellschaft in vielen Fällen um einen reinen Karrierezwischenschritt, um im Nachhinein für eine höhere Position in der Muttergesellschaft in Frage zu kommen. Er wird dem Anstellungsvertrag mit der Obergesellschaft persönlich die höhere Bedeutung einräumen. Anders wäre die Lage nur zu beurteilen, wenn der Dienstherr ausdrücklich einem derartigen Vorrang zustimmt.441 Das dürfte die Ausnahme bilden. Die Vorrangtheorie kann folglich zu keiner Entschärfung des Konflikts beitragen.

438 Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 447; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 188; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1305; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635, 642; Nowotny, in: FS Roth, 553, 555 (für die vergleichbare Gesetzeslage in Österreich); a. A. Boemke, ZfA 1998, 209, 214 (für die GmbH); Henssler, RdA 1992, 289, 294; mehrdeutig Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3 (fordert einen Abschluss eines zusätzlichen Anstellungsvertrags mit Bestellungskörperschaft, um etwaige Bedenken endgültig auszuräumen). 439 Vgl. B. I. 5. 440 So aber Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1305 sowie Nowotny, in: FS Roth, 553, 555 (für die vergleichbare Gesetzeslage in Österreich). 441 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 26.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

b) Weisungsrecht aus der Natur des Vertrags Da sich ein Weisungsrecht regelmäßig nicht im Wege einer ausdrücklichen Normierung ergeben wird, soll sich die Untersuchung zunächst auf Weisungsrechte beschränken, die aus der Natur des Vertrags folgen beziehungsweise durch Auslegung zu ermitteln sind. aa) Unwirksamkeit nach § 134 BGB Bei der Ausübung des Weisungsrechts als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung.442 Einseitige Rechtsgeschäfte unterfallen ebenfalls dem Anwendungsbereich von § 134 BGB.443 Besteht eine Verbotsnorm, die der anstellungsvertraglichen Weisungsabhängigkeit entgegensteht, kann eine Unwirksamkeit der Weisungsrechtsausübung in Betracht kommen. (1) § 76 Abs. 1 AktG als Verbotsnorm § 76 Abs. 1 AktG bestimmt die umfassende Weisungsunabhängigkeit des Vorstands.444 Eine Aussage über den Verbotscharakter ist damit jedoch noch nicht getroffen.445 (a) Zwingender Charakter Ein gesetzliches Verbot liegt vor, wenn die Norm das Rechtsgeschäft wegen seines Inhalts oder der besonderen Umstände seines Zustandekommens untersagt; ergo das Rechtsgeschäft missbilligt.446 Verbietet das Gesetz seinem Wortlaut nach das Rechtsgeschäft nicht ausdrücklich, ist durch Auslegung – insbesondere nach dem Sinn und Zweck – zu ermitteln, ob ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB anzunehmen ist.447

442 Lembke, in: HWK, ArbR, § 106 GewO, Rn. 6; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 315, Rn. 11; Reichold, in: MünchHdb. ArbR, § 36, Rn. 21; a. A. Linck, in: Schaub, ArbR Hdb., § 31, Rn. 22 (geschäftsähnliche Handlung). 443 BAG, 9 AZR 757/08, NJW 2010, 394, 395 (ausdrücklich für das Weisungsrecht); Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134, Rn. 12; Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, § 134, Rn. 15. 444 Vgl. C. I. 2. b). 445 Bejahend: LG München I, 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1154; OLG München, 7 AktG 2/12, NZG 2013, 459, 462; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 46; wohl auch Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1305; Boemke, ZfA 1998, 209, 216; Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 399; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 427; ablehnend Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 144 f. 446 Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134, Rn. 5; Wolf/Neuner, AT BGB, § 45, Rn. 3; Sack/ Seibl, in: Staudinger, BGB, § 134, Rn. 30. 447 BGH, VII ZR 183/80, NJW 1983, 109; Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, § 134, Rn. 15.

II. Weisungsunabhängigkeit

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§ 76 Abs. 1 AktG weist dem Vorstand die Leitung der Aktiengesellschaft zu und stellt klar, dass der Vorstand insoweit eigenverantwortlich und weisungsunabhängig zu handeln hat.448 Die Kompetenzabgrenzung bezieht sich insbesondere auf die übrigen Organe der Aktiengesellschaft, erschöpft sich in diesem Verständnis allerdings nicht. Nach § 76 Abs. 1 AktG ist die Stellung des Vorstands nicht nur durch eine Weisungsunabhängigkeit im Verhältnis zu Aufsichtsrat und Hauptversammlung geprägt, sondern auch zu außerhalb der Aktiengesellschaft stehenden Dritten.449 § 76 Abs. 1 AktG schreibt die organschaftliche Stellung des Vorstands fest und schließt zugleich alle anderen Organe oder Personen von dessen Leitungsaufgabe aus. Es handelt sich nicht um eine dispositive Regelung. Die Zuweisung ist zwingend und unabänderlich. Dies ergibt sich schon aus der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG. Danach ist die Aktiengesellschaft ein im Bereich des Innenrechts überwiegend durch zwingende staatliche Normen geregelter und der Privatautonomie entzogener Verband.450 Eine Entkräftung des zwingenden Charakters lässt sich nicht durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen begründen.451 Zwar sind satzungsergänzende Nebenabreden ohne weiteres zulässig und können in ihrem Inhalt mangels Anwendbarkeit des § 23 Abs. 5 AktG Regelungen enthalten, die im korporativen Bereich nicht möglich sind. Ihre Grenze findet diese Freiheit aber – wie jede privatautonome Gestaltung – in der Existenz zwingenden Rechts. Der zwingende Charakter muss sich allerdings aus der Norm selbst ergeben und kann nicht über § 23 Abs. 5 AktG begründet werden.452 Der sich aus § 76 Abs. 1 AktG ergebende Charakter als Kompetenzzuweisungsnorm spricht für dessen zwingende Natur. Der Gesetzgeber hat der Aktiengesellschaft in Abkehr von der bis zur Aktienrechtsreform von 1937 geltenden hierarchischen Struktur eine horizontale Organstruktur gegeben.453 Er hat ein System der Gewaltenteilung geschaffen, aus dem ein ausgewogenes Machtgefüge resultiert.454 Dieses Machtgefüge kann indes nur funktionieren, wenn eine Verschiebung der Kompetenzen verhindert wird. Denn „entwirft nun […] das Gesetz ,künstlich‘ eine eigene Ordnung, dann muß im Zweifel auch diese Ordnung zwingend sein; denn sonst würde die künstliche und kunstvoll geschaffene Balance unter den Organen schnell aus dem Lot geraten bzw. in die alte hierarchische Struktur zurückfallen.“455 Die Leitungsaufgabe ist eine der wesentlichen Aufgaben des Vorstands. Eine Übertragung von Leitungsbefugnissen auf Personen außerhalb des Vorstands hätte 448 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 1; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 1; Weber, in: Hölters, AktG, § 76, Rn. 1; vgl. ausführlich bereits C. I. 449 Vgl. C. I. 2. b) dd). 450 Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 167. 451 So aber Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 75 f. sowie S. 143. 452 Zum Ganzen vgl. B. I. 4. d). 453 Lutter, in: Lutter, Gesammelte Schriften, S. 149, 160. 454 Vgl. C. I. 2. b) aa). 455 Lutter, in: Lutter, Gesammelte Schriften, S. 149, 160.

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eine wesentliche Störung der Machtbalance zwischen den Organen zur Folge. Sie ist demzufolge zu verhindern. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann der Aufsichtsrat dem Vorstand die Verantwortung für die Leitung der Gesellschaft nicht abnehmen.456 Die Leitungsaufgabe soll zwingend beim Vorstand verortet sein. Mit der Kodifizierung des Wettbewerbsverbots nach § 88 Abs. 1 AktG zeigt der Gesetzgeber zudem, dass er der Sicherung der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds einen hohen Stellenwert beimisst.457 Der Gesetzgeber geht von einer „unbedingten Konzentration auf die AG als Dienstherrin“ aus.458 Die Möglichkeit einer Einwilligung durch den Aufsichtsrat nach § 88 Abs. 1 AktG entwertet die Entscheidung nicht. Die Erteilung der Einwilligung steht nicht im Belieben des Aufsichtsrats. Das Wettbewerbsverbot hat ausschließlich das Interesse der Aktiengesellschaft im Blick, an das der Aufsichtsrat in gleichem Maße gebunden ist. Eine Befreiung, die die Unabhängigkeit des Vorstands und die Interessen der Gesellschaft beeinträchtigt, ist unzulässig.459 Auch aus teleologischen Gesichtspunkten ist von dem zwingenden Charakter von § 76 Abs. 1 AktG auszugehen. § 76 AktG ist eine der zentralen Normen im deutschen Aktienrecht.460 Die Unabhängigkeit des Vorstands ist für das aktienrechtliche System von herausragender Bedeutung.461 Der Vorstand hat die Geschicke der Aktiengesellschaft aus eigener Initiative zu leiten.462 Er soll in die Lage zu versetzen werden, bei der Leitung der Gesellschaft das Wohl des Unternehmens, seiner Arbeitnehmer und auch das allgemeine Wohl unter Zurücksetzung privater Interessen der Aktionäre zu verfolgen. Jede Beschneidung der Leitungskompetenz hätte dagegen neben der Verminderung der Beweglichkeit der Aktiengesellschaft zugleich negative Auswirkungen auf die verfassungsgemäße Stellung des Vorstands im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftsorganen.463 Eine Einschränkung von § 76 Abs. 1 AktG ist außerhalb der Konzernierung folglich nicht hinnehmbar.

456

Begr. RegE zu § 76 bei Kropff, AktG 1965, S. 97. Spindler, Gutachten zur Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen und drittbezogenen Vergütungen, insbesondere im Konzern, in: Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 216, S. 69, 75. 458 Spindler, Gutachten zur Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen und drittbezogenen Vergütungen, insbesondere im Konzern, in: Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 216, S. 69, S. 75. 459 Vgl. B. II. 4. 460 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 1. 461 So auch Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 34, der eine Stärkung der Unabhängigkeit propagiert. 462 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 1. 463 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., Vor. § 76, Rn. 14. 457

II. Weisungsunabhängigkeit

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(b) Zwischenfazit Im Ergebnis können keine Zweifel an dem zwingenden Charakter von § 76 Abs. 1 AktG bestehen.464 Aus der zwingenden Natur folgt zugleich das Verbot jeglichen Rechtsgeschäfts, das die unternehmerische Führungsverantwortung des Vorstands in Frage stellt.465 Auch wenn man dem zwingenden Charakter lediglich eine starke Indizwirkung für die Einordnung als Verbotsgesetz zuerkennen will466, führt dies zu keiner abweichenden Würdigung. Die Indizwirkung wird durch den mit § 76 Abs. 1 AktG verfolgten Zweck nicht entkräftet, sondern vielmehr bestätigt. Um eine Absicherung des Leitungsmonopols zu gewährleisten sowie dessen Aushöhlung zu unterbinden, ist jedes dieses Monopol beschränkende Rechtsgeschäft mit § 76 Abs. 1 AktG unvereinbar und daher untersagt. (c) § 117 AktG als Argument gegen den Charakter als Verbotsgesetz von § 76 AktG? Eine ausreichende Absicherung der Unabhängigkeit des Vorstands lässt sich nicht allein über § 117 AktG erreichen. Ein Argument gegen den Charakter als Verbotsgesetz von § 76 AktG lässt sich daher aus § 117 AktG nicht gewinnen.467 § 117 AktG schützt u. a. die Autonomie der Willensbildung in der sich selbstverwaltenden Aktiengesellschaft.468 Die Haftung weist einen engen Zusammenhang mit der Gewaltenteilung in der Aktiengesellschaft auf und sichert letztlich die Eigenverantwortlichkeit der Verwaltung nach § 76 AktG.469 Im Kern soll § 117 AktG eine rechtwidrige Einflussnahme auf die Verwaltung jenseits der durch §§ 291 ff. AktG bestehenden Möglichkeiten verhindern.470 Anders formuliert, will § 117 AktG nur eine solche Einflussnahme sanktionieren, die in einem Widerspruch zu § 76 Abs. 1 AktG steht. Würde man den Verbotscharakter von § 76 Abs. 1 AktG verneinen und einen Schutz lediglich mittels § 117 AktG suchen, ergebe sich ein Wertungswiderspruch. Soweit die Ausübung eines anstellungsvertraglichen, für das Vorstandsmitglied 464

Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 42 sowie Paschos, NZG 2012, 1142, 1143; LG München I, 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1153 (die beiden Letztgenannten jeweils mit der Begründung eines Erst-recht-Schlusses zu § 23 Abs. 5 AktG); a. A. Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 144. 465 Für die Gleichsetzung von zwingendem Charakter und der Einordnung als Verbotsgesetz BGH, II ZR 351/56, NJW 1959, 720, 721. 466 Armbrüster, in: MünchKomm BGB, § 134, Rn. 46 m.w.N. 467 So aber wohl Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 146. 468 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 117, Rn. 2; Hommelhoff/Witt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 117, Rn. 1; Brüggemeier, AG 1988, 93, 96; Timm, WM 1991, 481, 487; wohl auch Koch, in: Hüffer, AktG, § 117, Rn. 1 („Integrität des Verwaltungshandelns“); Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 117, Rn. 1; Begr. RegE zu Art. 1 Nr. 3 UMAG, BT-Drucks. 15/ 5092, S. 12; anderer Ansicht offenbar Kort, in: Großkommentar AktG, § 117, Rn. 13. 469 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 1. 470 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG, § 117, Rn. 1; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 117, Rn. 11.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

schuldrechtlich bindenden Weisungsrechts trotz § 76 Abs. 1 AktG möglich wäre und damit ein Dritter dem Vorstand rechtlich verbindliche Weisungen erteilen könnte, kann dies nicht zugleich eine Schadensersatzpflicht des Dritten begründen. Ein derartiges Ergebnis wäre in sich widersprüchlich. Was dem Dritten zulässigerweise vertraglich gestattet ist, kann bei Wahrnehmung des im Einklang mit der Rechtordnung stehenden Rechts nicht zugleich schadensersatzrechtlich sanktioniert werden. Die Schadensersatzpflicht nach § 117 AktG ist vielmehr ein weiteres Argument für die Einordnung des § 76 Abs. 1 AktG als Verbotsgesetz. Nur, wenn sich die Unverbindlichkeit der Weisung nach § 76 Abs. 1 AktG ergibt, ist es angemessen, dem Dritten bei einer trotz allem erfolgten Einflussnahme eine Schadensersatzpflicht aufzuerlegen. Will man eine Absicherung der Eigenverantwortlichkeit lediglich durch § 117 AktG erreichen, wäre sie im Ergebnis entgegen dem eigentlich mit § 76 Abs. 1 AktG intendierten Zweck stark beschränkt. § 76 Abs. 1 AktG weist dem Vorstand die Leitungsbefugnis unabhängig davon zu, ob die Haftungsvoraussetzungen nach § 117 AktG vorliegen. Der Schutz der Unabhängigkeit des Vorstands kann nicht davon abhängen, ob die Haftungsvoraussetzungen nach § 117 AktG gegeben sind und insbesondere der teilweise schwierig zu führenden Nachweis eines Schadens der Aktiengesellschaft gelingt. Der Vorstand soll nicht zu einer Marionette eines Dritten werden, sondern – außerhalb der Fälle des Beherrschungsvertrags und der Eingliederung – stets eine eigene Entscheidung treffen, die ihm nicht durch etwaige verbindliche Weisungen aufgezwungen wurde. Nur dadurch kann die mit der Weisungsautonomie verfolgte Anreizfunktion für Anleger erreicht und sichergestellt werden.471 Anleger müssen die Gewissheit haben, dass der Vorstand durchweg eine eigenständige, weisungsfreie Entscheidung trifft. Allein mit einem Schadensersatzanspruch ist dieses Ziel nicht erreichbar. Die Existenz des § 117 AktG spricht im Ergebnis nicht gegen den Verbotscharakter von § 76 Abs. 1 AktG, sondern bei genauerer Betrachtung für ihn. (d) Fazit Infolge des Verbotscharakters ist jedes Rechtsgeschäft nach § 134 BGB nichtig, das die Leitungsmacht nach § 76 Abs. 1 AktG beschneidet. Der Leitungsanspruch des Vorstands kann nur umfassend gewährleistet werden, wenn jedem Rechtsgeschäft die Wirksamkeit versagt wird, das gegen § 76 Abs. 1 AktG verstößt. Aus § 76 Abs. 1 AktG ergeben sich – insbesondere im Wege der Auslegung – keine Anhaltspunkt im Sinne des § 134 BGB, die gegen eine Nichtigkeitsfolge sprechen. Vielmehr richtet sich das Verbot an beide Teile des Rechtsgeschäfts, was zusätzlich für die Nichtigkeitssanktion spricht.472

471

Vgl. C. I. 2. b) dd). U. a. BGH, VIII ZR 296/90, NJW 1991, 2955, 2956; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134, Rn. 8. 472

II. Weisungsunabhängigkeit

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(2) Unterscheidung nach Fallkonstellationen Rechtsgeschäfte finden somit in § 76 Abs. 1 AktG eine rechtliche Schranke.473 Soweit die Ausübung eines Weisungsrechts als einseitiges Rechtsgeschäft den organschaftlich gesteckten Rahmen überschreitet, ist sie gemäß § 134 BGB nichtig und damit unverbindlich. (a) Unwirksamkeit des Weisungsrechts (aa) Ursprüngliches Weisungsrecht Die im Vertrag je nach Fallkonstellation enthaltene Weisungsrechtsvereinbarung ist nicht ihrerseits nach § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG unwirksam. Dies folgt schon daraus, dass es für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts beziehungsweise Teile dieses grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt. Besteht das Verbot zu diesem Moment noch nicht, ist und bleibt das Rechtsgeschäft bei späterem Erlass des Verbots wirksam. Eine nachträgliche Änderung der Umstände kann keine Unwirksamkeit mehr bewirken.474 Das vertragliche Weisungsrecht steht bei Abschluss des Anstellungsvertrags aber bereits nicht in Konflikt mit § 76 Abs. 1 AktG. Auf die spätere Vorstandsbestellung kommt es nicht mehr an. Zwar wurde das Verbot durch den Gesetzgeber nicht erst nachträglich geschaffen, sondern bestand schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Norm des § 76 AktG war jedoch bis zur Vorstandsbestellung naturgemäß auf das Vertragsverhältnis nicht anwendbar und konnte im maßgeblichen Zeitpunkt schon keine Unwirksamkeitsfolge auslösen. Dass der Vertrag nachträglich nunmehr dem Anwendungsbereich des Verbots unterfällt, ist insofern ohne Bedeutung. Überdies verlangt der Sinn und Zweck von § 76 Abs. 1 AktG keine Unwirksamkeit der bestehenden Weisungsrechtsvereinbarung. Die Existenz der Weisungsrechtsvereinbarung schafft lediglich eine latente Gefahr der Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds. Erst dessen Ausübung schränkt sie aber unmittelbar ein. Der Schutz der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds kann daher ausreichend über die Kontrolle der Ausübung und deren Unwirksamkeit verwirklicht werden. (bb) Neu begründetes Weisungsrecht Wird aus Anlass des konkreten Vorstandsmandats ein Anstellungsvertrag geschlossen, bei dem die Organfunktion unselbstständiger Teil der Tätigkeitspflicht ist, ergibt sich infolge der Konkretisierungsbedürftigkeit sowie dem Willen der Parteien, den Anstellungsvertrag auch in der Zukunft als schuldrechtliche Grundlage weiterer

473

Zutreffend Boemke, ZfA 1998, 209, 215/216 (sowohl hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung des Anstellungsvertrags als auch der Ausübung von Weisungsrechten). 474 BGH, VIII ZR 20/64, NJW 1966, 1265, 1266; BayObLG, 3Z BR 380/01, BB 2002, 907, 908; Ellenberger, in: Palandt, § 134 BGB, Rn. 12a.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Tätigkeiten – insbesondere im Konzern – zu nutzen, ein in seinem Umfang je nach konkreter Ausgestaltung divergierendes Weisungsrecht.475 Die im Zuge der Vorstandsbestellung neu begründete Weisungsabrede steht bei Vertragsschluss in Konflikt mit § 76 Abs. 1 AktG.476 Gleichwohl erfährt die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds nicht durch die bloße Existenz des Weisungsrechts eine Beschränkung, sondern durch die verbindliche Weisungsrechtsausübung. Erst sie tangiert die gesetzlich vorgeschriebene Weisungsunabhängigkeit nach § 76 Abs. 1 AktG. Die Abrede ist deshalb nicht ihrerseits gemäß § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG nichtig. Der Schutz der Unabhängigkeit kann ebenfalls hinreichend über eine Ausübungskontrolle erreicht werden. Eine wirksame Ausübung ist während der Vorstandstätigkeit wegen § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG nicht möglich. Das Weisungsrecht ist faktisch suspendiert. Endet die Vorstandstätigkeit unterliegt der Drittanstellungsvertrag nicht mehr dem Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 AktG. Verbindliche Weisungen sind erneut möglich. (b) Anstellungsvertraglicher Regelfall Da im anstellungsvertraglichen Regelfall § 76 Abs. 1 AktG uneingeschränkt gilt, ist eine jedwede Ausübung eines Weisungsrechts nach § 134 BGB wirkungslos. (c) Drittanstellung Dem Drittanstellungsvertrag, der ausschließlich für ein konkretes Vorstandsmandat geschlossen wird, ist kein Weisungsrecht immanent. Ein Konflikt mit § 76 Abs. 1 AktG scheidet von vornherein aus. Soweit sich hingegen dem Drittanstellungsvertrag entsprechend der anderweitigen Gestaltungsmöglichkeiten die Vereinbarung eines Weisungsrechts entnehmen lässt, ist bei Betrachtung der Situation der Drittanstellung danach zu differenzieren, ob die Drittanstellung im Konzernverhältnis angesiedelt ist oder nicht. (aa) Drittanstellung außerhalb konzernrechtlicher Verhältnisse Wird die Drittanstellung nicht mit der Konzernmutter, sondern mit einem beliebigen Dritten geschlossen, entspricht die Rechtslage weitgehend derjenigen des anstellungsvertraglichen Regelfalls. Für den Zeitraum der Tätigkeit als Vorstandsmitglied ist keine verbindliche Weisungserteilung möglich. Gleichwohl erteilte Weisungen sind unwirksam und infolgedessen rechtlich unverbindlich. Leistet das drittangestellte Vorstandsmitglied derartigen unverbindlichen Weisungen trotz alledem Folge, handelt es pflichtwidrig und setzt sich einer potentiellen Schadensersatzpflicht nach § 93 AktG aus. Erst mit Beendigung der Vorstandstätigkeit ist die Weisungsrechtsausübung nicht mehr durch § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG blockiert. Die vertragliche Weisungsmöglichkeit lebt faktisch wieder auf. 475 476

Vgl. C. II. 1. a) bb) (2). Dazu sogleich C. II. 2. b) aa) (2) (b) sowie (c).

II. Weisungsunabhängigkeit

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Insbesondere in der Konstellation der vollständig offenen Gestaltung477 besteht ein weitreichendes Konfliktverhältnis mit der organschaftlichen Stellung des Vorstandsmitglieds. Durch die unbegrenzte Ausübung des bestehenden Weisungsrechts wäre die dem AktG zugrundliegende umfassende Unabhängigkeit erheblich in Frage gestellt. Aber selbst wenn der Drittanstellungsvertrag in seiner Gestaltung lediglich verschiedene Organtätigkeiten umfasst, besteht ein relevantes Konfliktpotential. Das Weisungsrecht ist in diesem Zusammenhang zwar auf die Bestimmung des Einsatzorts beschränkt, trotzdem gibt das Weisungsrecht dem Dritten die Möglichkeit, auf den Vorstand einzuwirken. So wäre es dem Dritten durch Versetzungsandrohungen möglich, Druck auf das Vorstandsmitglied auszuüben und ihn auf diese Weise zu Entscheidungen im eigenen Sinne zu bewegen. Selbstverständlich hätte es der Dritte nicht in der Hand, die Abberufung des Vorstandsmitglieds herbeizuführen. Die Abberufungskompetenz fällt nach wie vor dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft zu. Nichtsdestotrotz könnte der Dritte der Vorstandstätigkeit die vertragliche Grundlage entziehen. Das Weisungsrecht würde zur faktischen Umgehung von § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG führen.478 Die Beschränkung des Widerrufs nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG verfolgt jedoch gerade den Zweck, die durch § 76 Abs. 1 AktG statuierte Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds während der Dauer seines Amts abzusichern.479 Selbst wenn das Vorstandsmitglied sich entsprechenden Weisungen widersetzen würde, wäre es einer potentiellen vertraglichen Schadensersatzpflicht ausgesetzt. Das Vorstandsmitglied kann nur entweder seine organschaftlichen Pflichten oder aber der schuldrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Dritten Folge leisten. Die Unabhängigkeit des Vorstands wäre faktisch aufgehoben. Die Ausübung derartiger Weisungen ist nach § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG somit gleichfalls unverbindlich. (bb) Drittanstellung in konzernrechtlichen Verhältnissen (a) Obergesellschaft als anstellender Dritter Verbreitet wird die Ansicht vertreten, die Drittanstellung sei zumindest in Konzernverhältnissen ohne weiteres zulässig, da insoweit die Unabhängigkeit des Vorstands ohnehin stark eingeschränkt sei.480 Richtig an dieser Annahme ist, dass § 76 477

Vgl. C. II. 1. a) bb) (2) (a). Für Versetzungsklauseln: Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 188; ähnlich Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 662. 479 Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 106; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84 Rn. 125; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 34. 480 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 329; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 18; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 26; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 186; Reuter, A., AG 2011, 274, 276 ff.; a. A. Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 73 f.; Fonk, NZG 2010, 368, 370 f.; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 435 ff.; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68. 478

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Abs. 1 AktG im Vertragskonzern mit bestehendem Beherrschungsvertrag sowie im Rahmen der Eingliederung eine umfassende Modifikation erfährt.481 Eine vollständige Aufkündigung der Unabhängigkeit des Vorstands ergibt sich dadurch dennoch nicht. Vielmehr bleibt sie im Übrigen bestehen. Gleiches gilt für die Anwendbarkeit von § 76 Abs. 1 AktG, so dass die Norm weiterhin Weisungen als Verbotsgesetz im Sinne § 134 BGB entgegenstehen kann. Da das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens nicht schrankenlos ist, kann ein Konfliktpotential in konzernrechtlichen Verhältnissen nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Es besteht eine Diskrepanz zwischen der organschaftlichen Stellung des drittangestellten Vorstandsmitglieds und dem Umfang eines anstellungsvertraglichen Weisungsrechts. Ein inhaltlicher Gleichlauf zwischen anstellungsvertraglichem und konzernrechtlichem Weisungsrecht besteht nicht. Über ein anstellungsvertragliches Weisungsrecht wären vielmehr Weisungen denkbar, die über ein organschaftliches Weisungsrechts nicht erreichbar wären. (aa) Vertragskonzern *

Allgemeines Konfliktpotential

Im beherrschungsvertraglich verbundenen Unternehmen bestünde die Gefahr der Aushöhlung der vorhandenen Schranken des Weisungsrechts nach § 308 AktG.482 Für das anstellungsvertragliche Weisungsrecht gelten die Grenzen des konzernrechtlichen Weisungsrechts nicht. Demnach wäre es für anstellungsvertraglich Weisungen irrelevant, ob die konkrete Weisung – für die abhängige Gesellschaft nachteilig wäre und offensichtlich nicht im Konzerninteresse liege würde (vgl. § 308 Abs. 2 Satz 2 AktG); – gegen die Satzung der abhängigen Gesellschaft verstoßen würde, – den Rahmen des Beherrschungsvertrags überschreiten würde; sei es auf Grund von ausdrücklichen Beschränkungen des Weisungsrechts oder infolge des Bestandsschutzes, sowie – arbeitsbezogener Natur wäre. Dem Vorstandsmitglied der abhängigen Aktiengesellschaft wäre es nicht möglich, die organschaftlich unzulässigen Weisungen abzuwehren. Anstellungsvertragliche Weisungen sind für ihn selbst dann verbindlich, wenn sie die Grenzen des Weisungsrechts nach § 308 AktG überschreiten. Das Vorstandsmitglied wird sich deshalb nicht auf ein organschaftliches Abwehrrecht bezüglich unzulässiger Weisungen berufen können,483 sei es, dass infolge der fehlenden Begrenzung des anstellungsvertraglichen Weisungsrechts das Vorstandsmitglied direkt zur Vornahme 481

Vgl. C. I. 3. Vgl. C. I. 3. a) bb). 483 Diesen Konflikt sehen auch Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; ders., in: FS Schmidt, S. 1529, 1534/1535. 482

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der entsprechenden Maßnahme veranlasst oder aber durch das anstellungsvertragliche Weisungsrecht die Ausübung des organschaftlichen Abwehrrechts verhindert wird. Identisches gilt für das Recht des Vorstands zur (außerordentlichen) Kündigung des Beherrschungsvertrags nach § 297 AktG. Anders als für den Abschluss, ist für die Kündigung gesetzlich keine Mitwirkung der Hauptversammlung vorgesehen ist.484 Bei Bestehen eines anstellungsvertraglichen Weisungsrechts würde der herrschenden Muttergesellschaft die Möglichkeit an die Hand gegeben, den Ausspruch einer etwaigen Kündigung zu vereiteln.485 *

Arbeitsbezogene Weisungen als Konfliktfall

Arbeitsbezogene Weisungen sind mittels des Weisungsrechts nach § 308 AktG nicht möglich.486 Sie stellen auch nicht lediglich ein Minus zu den nach § 308 AktG möglichen unternehmensbezogenen Weisungen dar. Es verbleibt daher bei der persönlichen Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds nach § 76 Abs. 1 AktG.487 Durch die Ausübung eines anstellungsvertraglichen, arbeitsbezogenen Weisungsrechts ist eine weitere Einschränkung der Unabhängigkeit zu befürchten. Eine Einflussnahme durch die herrschende Gesellschaft ist nur insoweit möglich, wie es § 308 AktG gestattet. Auch wenn die unternehmerische Freiheit des Vorstands durch die Existenz des Weisungsrechts nach § 308 AktG umfassende Einbußen hinnehmen muss, bleibt sie doch bei fehlender Wahrnehmung des Rechts nach § 308 AktG uneingeschränkt bestehen. Will die herrschende Gesellschaft auf die abhängige Gesellschaft Einfluss nehmen, hat sie sich des Weisungsrechts nach § 308 AktG zu bedienen. Eine Beeinflussung der unternehmerischen Entscheidung durch arbeitsbezogene Weisungen ist insbesondere im Hinblick auf § 310 Abs. 3 AktG unzulässig. Eine Haftungsfreistellung besteht einzig für Weisungen, die sich inhaltlich in den Grenzen des § 308 AktG halten.488 Dieser Schutz zugunsten des Vorstandsmitglieds würde bei rein anstellungsvertraglichen Weisungen nicht bestehen. Das Vorstandsmitglied kann aber nicht dazu gezwungen sein, Weisungen außerhalb des Anwendungsbereichs von § 308 AktG zu befolgen und anderseits dennoch für etwaige daraus entstehende Schäden zu haften. Darüber hinaus wäre es der Muttergesellschaft durch anstellungsvertragliche Weisungen, insbesondere durch Versetzungen – möglich, der Vorstandstätigkeit die vertragliche Grundlage entziehen. Das Vorstandsmitglied würde sich infolge der größeren Verbundenheit zur anstellenden Obergesellschaft im Hinblick auf seine weitere Karriere genötigt sehen, etwaige weisungsrechtliche Versetzungen zu ak-

484

Rn. 5. 485 486 487 488

Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, § 297, Rn. 29; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 297, Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56. Vgl. C. I. 3. a) bb) (2). Vgl. C. I. 2. b). Koch, in: Hüffer, AktG, § 310, Rn. 6; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 310, Rn. 8.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

zeptieren. Das Weisungsrecht würde zur Umgehung von § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG führen.489 (bb) Eingliederung Selbst im stärksten Fall der Konzernierung, der Eingliederung, ist die Geltung von § 76 Abs. 1 AktG nicht vollständig aufgehoben. Das Weisungsrecht ist auch bei der Eingliederung nicht unbegrenzt.490 Durch ein schrankenloses anstellungsvertragliches Weisungsrecht drohen diese Grenzen leerzulaufen, nachdem je nach Gestaltung des Anstellungsvertrags arbeitsbezogene sowie satzungswidrige Weisungen möglich wären. Es wäre nicht mehr sichergestellt, dass das Vorstandsmitglied der abhängigen Aktiengesellschaft sein Prüfungs- und Zurückweisungsrecht hinsichtlich unzulässiger Weisungen ungehindert ausüben kann. (cc) Fazit und Konfliktlösung Somit bestehen selbst bei konzernrechtlichen Drittanstellungsverträgen, in denen die Organfunktion nur unselbstständiger Teil des Vertrags ist, zahlreiche Konfliktverhältnisse zwischen der organschaftlichen und der anstellungsvertraglichen Weisungslage. Durch die Konzernierung als solches kann die Vereinbarkeit der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG – entgegen anderslautender Literaturstimmen491 – dementsprechend nicht gerechtfertigt werden. Allerdings stellt das weisungsrechtliche Konfliktverhältnis richtigerweise keinen Hinderungsgrund für eine Drittanstellung dar. Dies resultiert nicht unmittelbar aus der Existenz eines unternehmensbezogenen Weisungsrechts zugunsten des herrschenden Unternehmens nach § 308 AktG bzw. § 323 AktG, sondern aus § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG. Ein anstellungsvertragliches Weisungsrecht kann nur insoweit ausgeübt werden, als es mit der organschaftlichen Stellung vereinbar ist. Das anstellungsvertragliche Weisungsrecht darf und kann nicht über ein bestehendes organschaftliches Weisungsrecht hinausgehen. Zwar ist im Einzelfall eine Unterscheidung danach, ob das ausgeübte Weisungsrecht organschaftlicher Natur ist oder seine Grundlage im Anstellungsvertrag findet, schwer zu treffen. Da aber eine Identität des Weisungsberechtigten besteht, ist eine derartige Trennung nicht notwendig. Im Konzernverhältnis ist sowohl für die Ausübung des organschaftlichen Weisungsrechts nach § 308 AktG beziehungsweise § 323 AktG als auch für die Ausübung des anstellungsvertraglichen Weisungsrechts wegen § 78 Abs. 1 AktG stets der Vorstand der herrschenden Gesellschaft zuständig. Zudem decken sich das organschaftliche und ein mögliches anstellungsvertragliches Weisungsrecht wegen § 134 BGB inhaltlich.492 Entscheidend ist ausschließlich, ob die organschaftlichen Grenzen eines Weisungsrechts eingehalten worden sind oder nicht. Ob die Weisung 489 490 491 492

Vgl. ausführlich C. II. 2. b) aa) (2) (c) (aa). Vgl. C. I. 3. c). Vgl. Nachweise in Fn. 480. So auch Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 429.

II. Weisungsunabhängigkeit

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im Einzelnen organschaftlicher oder anstellungsvertraglicher Natur ist, ist dagegen irrelevant. Da vom Weisungsbegriff des § 308 AktG – unabhängig von der äußeren Einkleidung – jede Willensäußerung des herrschenden Unternehmens umfasst wird, die aus der Perspektive des Vorstands der Untergesellschaft in der Erwartung erfolgt, er werde sein Verhalten danach ausrichten493, muss in jeder anstellungsvertraglichen Weisung zugleich eine Weisung nach § 308 AktG gesehen werden. In mehrköpfigen Vorständen wäre darüber hinaus eine Ausübung des anstellungsvertraglichen Weisungsrechts kaum sinnvoll, da das herrschende Unternehmen seine Zwecke nur erreichen kann, soweit die Weisung den gesamten Vorstand bindet. Eine Bindung des Gesamtorgans ist allerdings, sofern nicht sämtliche Vorstandsmitglieder durch das herrschende Unternehmen drittangestellt sind, nur durch ein Weisungsrecht nach § 308 AktG zu erreichen. (b) Abhängige Gesellschaft als anstellender Dritter Die vorangehenden Ausführungen beschränken sich jeweils auf den Fall der Anstellung durch die herrschende Muttergesellschaft und der Vorstandstätigkeit bei der abhängigen Tochter. Allerdings existiert auch die umgekehrte Konstellation, in der das Vorstandsmitglied aufgrund eines (Dritt-)Anstellungsvertrags mit der abhängigen Tochtergesellschaft ein Vorstandsmandat bei der Muttergesellschaft wahrnimmt.494 Ein sich aus dem Drittanstellungsvertrag ergebendes Weisungsrecht kann in derartigen Fällen niemals wirksam ausgeübt werden. Da der abhängigen Gesellschaft nach dem AktG zu keiner Zeit ein organschaftliches Weisungsrecht zustehen kann, bleibt die Stellung des Vorstandsmitglieds in der herrschenden Gesellschaft im Vergleich zum Normalfall unverändert. Eine Modifikation des § 76 Abs. 1 AktG tritt nicht ein. Somit ist jede Ausübung eines anstellungsvertraglichen Weisungsrechts gemäß § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG nichtig. (d) Zwischenergebnis Soweit dem Anstellungsvertrag ein Weisungsrecht immanent ist, steht § 76 Abs. 1 AktG der Existenz der Vereinbarung nicht entgegen. Eine wirksame und verbindliche Ausübung des Weisungsrechts ist allerdings nur möglich, wenn im konkreten Einzelfall die anstellungsvertragliche Weisung auch über eine inhaltlich identische organschaftliche Weisung zu erreichen wäre. Im Übrigen ist eine Ausübung des anstellungsvertragliches Weisungsrechts wegen § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG blockiert.495 Eine wesentliche Bedeutung wird einem anstellungsvertraglichen Weisungsrecht daher kaum zukommen, da es in seinem Umfang niemals über das 493

Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 10 m.w.N. Vgl. A. I. 1. 495 Ähnlich auch Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 102, jedoch unter Verweis auf ein Vorrangverhältnis und inhaltlich auf Belange der eigenverantwortlichen Leitungsmacht begrenzt. 494

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

organschaftliche Weisungsrecht hinausgehen kann. Endet das Vorstandsmandat, steht § 76 Abs. 1 AktG der Ausübung eines anstellungsvertraglichen Weisungsrechts nicht mehr entgegen. Das anstellungsvertragliche Weisungsrecht lebt faktisch wieder auf, soweit es über ein organschaftliches Weisungsrecht hinausgeht. Der Dienstherr kann dem vormaligen Vorstandsmitglied mittels des Weisungsrechts eine neue Tätigkeit zuweisen. bb) Überschreitung des billigen Ermessens Selbst wenn man § 76 Abs. 1 AktG nicht als Verbotsnorm qualifizieren wollte, würde sich die Weisungsrechtsausübung aus anderen Gründen als unwirksam erweisen. Weisungsrechte als einseitige Leistungsbestimmungsrechte unterliegen einer Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 1 BGB.496 Die Weisungsrechtsausübung hat sich am Maßstab des billigen Ermessens zu orientieren. Das billige Ermessen setzt voraus, dass der Dienstherr die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat.497 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist derjenige der Ausübung.498 Dass eine Vereinbarung sowie eine Ausübung aus aktienrechtlicher Hinsicht vormals unproblematisch waren, spielt bei der Beurteilung der jetzigen Lage keine Rolle. Die Billigkeit hat sich an der nunmehr ausgeübten Tätigkeit des Vorstandsmitglieds zu orientieren. Die aktienrechtlichen Besonderheiten schlagen über das Korrektiv des billigen Ermessens auf die Ausübung des Weisungsrechts durch. Sie führen zu dessen Beschränkung.499 Die organschaftliche Stellung des Vorstands fließt unmittelbar als gesetzliche Grundentscheidung über das ausfüllungsbedürftige Kriterium der Billigkeit in die Ausübung eines potentiell bestehenden Weisungsrechts ein.500 Der Dienstherr kann auch nicht auf den unveränderten Fortbestand seines Weisungsrechts vertrauen. Er hat mittels seines Weisungsrechts selbst den Dienstnehmer dazu veranlasst, das Vorstandsmandat auf Grundlage des Drittanstellungsvertrags zu übernehmen. Wer allerdings einen Dienstnehmer dazu anweist, eine anderweitige Tätigkeit auszuüben, muss die mit der neuen Tätigkeit verbundenen rechtlichen Folgen gegen sich gelten lassen.501 Eine unbegrenzte Ausübung des Weisungsrechts 496 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 44; Müller-Glöge, in: MünchKomm BGB, § 611, Rn. 434 ff. 497 Würdinger, in: MünchKomm BGB, § 315, Rn. 31; Rieble, in: Staudinger BGB, § 311, Rn. 305. 498 Rieble, in: Staudinger BGB, § 311, Rn. 338. 499 So auch Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 44; im Ergebnis ähnlich, jedoch über das Einfalltor des § 134 BGB Boemke, ZfA 1998, 209, 215. 500 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 44. 501 So auch Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 44.

II. Weisungsunabhängigkeit

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ist nicht mehr möglich. Während der Dauer der Vorstandstätigkeit ist eine Ausübung nur insoweit möglich, wie sie in Einklang mit der organschaftlichen Stellung des Vorstandsmitglieds steht. Abweichungen im Vergleich zur Lösung über § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG ergeben sich nicht. c) Ausdrücklich vereinbartes Weisungsrecht Wie mehrfach angedeutet, wäre es den Parteien dem Grundsatz nach nicht verwehrt, ein ausdrückliches Weisungsrecht in den Anstellungsvertrag aufzunehmen. Hinsichtlich der diesbezüglichen Rechtslage stellen sich – unabhängig von einer Drittanstellung – kaum Besonderheiten im Vergleich zu den im Wege der Auslegung ermittelten Weisungsrechten. aa) Ausübungskontrolle Die Weisungsrechtsvereinbarung ist wirksam, ihre Wahrnehmung jedoch während der Vorstandstätigkeit gemäß § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG blockiert. Die Grundsätze der Ausübungskontrolle502 finden Anwendung. Soweit sich der Vereinbarung ein vertragliches Weisungsrecht entnehmen lässt, das in seinem Umfang über die organschaftliche Lage hinausgeht, ist die entsprechende, nicht in Einklang mit der organschaftlichen Stellung des Vorstands stehende Ausübung nach § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG unwirksam und unverbindlich. Gleiches ergibt sich aus der Überschreitung des billigen Ermessens.503 bb) Versetzungsklauseln Teilweise finden sich in Konzernanstellungsverträgen Versetzungsklauseln, kraft derer der Dienstherr in Person der herrschenden Konzernmuttergesellschaft anderweitig über die „Arbeitskraft“ des drittangestellten Vorstandsmitglieds verfügen kann. Das derartige Klauseln mit der Unabhängigkeit des Vorstands gemäß § 76 Abs. 1 AktG nicht vereinbar sind, liegt auf der Hand.504 Da es sich bei einer Versetzungsklausel dem Charakter nach um ein Weisungsrecht handelt, finden dieselben Grundsätze Anwendung. Das Vorstandsmitglied würde durch die Ausübung des Versetzungsrechts der Konfliktlage ausgesetzt, entweder seinen organschaftlichen Pflichten oder aber der schuldrechtlichen Verpflichtung gegenüber der Muttergesellschaft Folge zu leisten. Der Dritte könnte mittels der Versetzungsklausel der Vorstandstätigkeit jederzeit den schuldrechtlichen Regelungsrahmen entziehen.505 502

Vgl. C. II. 2. b) aa) (2) (b), (c) und (d). Vgl. C. II. 2. b) bb). 504 So auch Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 328; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 188 (mit Hinweis auf § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG). 505 Vgl. C. II. 2. b) aa) (2) (c) (aa). 503

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Ihre Ausübung ist deswegen nach § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG für die Dauer des Vorstandsmandats gesperrt. Eine Versetzungsklausel geht während der Vorstandstätigkeit ins Leere und bleibt wirkungslos.506 Eine Wahrnehmung des Bestimmungsrechts ist erst nach Ende des Vorstandsmandats wieder möglich. Eine gesonderte Gestaltung der Klausel, die das Versetzungsrecht auf den Zeitraum nach der Vorstandstätigkeit begrenzt, ist für deren Wirksamkeit demnach nicht nötig. 3. Weisungen ohne rechtliche Grundlage a) Problem des faktischen Zwangs Losgelöst von der rechtlichen Beurteilung der anstellungsvertraglichen Weisungslage ist Drittanstellungsverträgen stets die Gefahr einer faktischen Einflussnahme immanent. Auch wenn der Drittanstellungsvertrag keine rechtliche Grundlage für ein wirksames Weisungsrecht bietet beziehungsweise eine entsprechende Ausübung an § 134 BGB scheitert, ist nicht gesichert, dass Einflussnahmen durch den drittanstellenden Dienstherrn unterbleiben. Bei einer konzernrechtlichen Drittanstellung mit der Obergesellschaft wird das Vorstandsmitglied seine Zukunft regelmäßig innerhalb der Konzernmutter sehen und demnach auf ein positives Verhältnis zu ihr angewiesen sein.507 Dementsprechend ist die Versuchung des Vorstandsmitglieds groß, im Zweifel oder in Konfliktfällen zwischen dem Interesse der Konzernmutter und demjenigen der Bestellungskörperschaft eher dem Willen der Konzernmutter nachzugeben, um sich seiner Zukunftsaussichten nicht zu berauben. Abgesehen von dieser konzernrechtlichen Fallkonstellation wird das Vorstandsmitglied frei nach dem Motto „Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt“508 geneigt sein, (unverbindliche) Weisungen oder ähnliches – auch ohne rechtliche Grundlage – zu befolgen. Zwar mag in der Konstellation des Anstellungsvertrags zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied (anstellungsvertraglicher Regelfall) ebenfalls keine Gewähr für eine uneingeschränkte Loyalität des Vorstandsmitglieds bestehen. Im anstellungsvertraglichen Regelfall kann es – aus welcher Motivation auch immer – gleichfalls zur Befolgung von (unverbindlichen) Weisungen Dritter durch das Vorstandsmitglied kommen. Allerdings steigt die Gefahr einer erfolgreichen Einflussnahme bei einer Drittanstellung im Vergleich zum anstellungsvertraglichen Regelfall überproportional an. Eine Abhängigkeit des Vorstandsmitglieds von dem drittanstellenden Dienstherrn, die zur Befolgung der ausgesprochenen Weisungen motiviert, wäre der Regelfall. Es erscheint daher auf 506 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 328; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3. (mit abweichender Begründung). 507 Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 235. 508 Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012).

II. Weisungsunabhängigkeit

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den ersten Blick gerechtfertigt eine Aushöhlung der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds anzunehmen, da andernfalls die formale Weisungsunabhängigkeit ihren Sinn verlöre.509 b) Zuordnung des Problems des faktischen Zwangs Gleichwohl ist die faktische Einflussnahme nicht als ein Problem der Weisungsunabhängigkeit anzusehen, sondern als ein potentieller Interessenkonflikt zwischen dem Interesse der Bestellungskörperschaft und dem Interesse des Dienstherrn. Es ist eine Frage, von welchen Interessen sich das Vorstandsmitglied bei seinen jeweiligen Entscheidungen leiten lässt. Das Vorstandsmitglied folgt etwaigen Anweisungen des Dienstherrn ohne rechtliche Verpflichtung. Die Konstellation der Einflussnahme ohne rechtliche Grundlage soll demnach im Zusammenhang mit der Behandlung eines möglichen Interessenkonflikts näher erörtert werden. Die Weisungsunabhängigkeit kann sich hingegen ausschließlich auf solche Weisungen beziehen, die auf einer rechtlichen Grundlage fußen und somit rechtlich verbindlich und durchsetzbar sind. Lediglich sie begründen nicht nur eine rein faktische Abhängigkeit, sondern eine rechtlich begründete Minderung der Unabhängigkeit. Solange Weisungen hingegen rechtlich unverbindlich sind und der Wille des Dienstherrn dem Vorstandsmitglied lediglich mittelbar aufgezwungen wird, kann keine Aushöhlung der Weisungsunabhängigkeit angenommen werden.510 Die Weisungsunabhängigkeit nach § 76 Abs. 1 AktG gibt dem Vorstand gerade das Recht und die Handhabe, abweichend von einem faktischen Zwang zu entscheiden. Im Rahmen interessenrechtlicher Gemengelagen ist es die Pflicht des Vorstands, eine unabhängige Entscheidung im konkreten Einzelfall zu treffen. Das Bestehen eines faktischen Zwangs bedeutet nicht, dass er ihm nachgeben muss. Nur hierauf kommt es im Zuge der Weisungsunabhängigkeit an. Dem Vorstand soll rechtlich die Möglichkeit gegeben werden, anders entscheiden zu können. Dass er dies tatsächlich auch tut, kann weder durch § 76 Abs. 1 AktG sichergestellt werden noch ist dies der mit Weisungsunabhängigkeit verfolgte Sinn und Zweck. Sie soll ausschließlich einen rechtlich bindenden Zwang verhindern. Dass das Vorstandsmitglied den Interessen des Dritten bei Entscheidungen im konkreten Einzelfall den Vorzug einräumt, ist nicht eine Problematik der Weisungsunabhängigkeit, sondern der Leitung der Gesellschaft nach eigenem Ermessen. c) Faktischer Zwang im Aktienrecht Darüber hinaus ist dem Aktienrecht eine mittelbare Abhängigkeit des Vorstandsmitglieds auch keinesfalls fremd. Vielmehr ist dem Aktienrecht aufgrund der Personalkompetenz des Aufsichtsrats eine gewisse Abhängigkeit des Vorstands 509

Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 34 (für das Verhältnis zur Hauptversammlung). A. A. Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 34 (für das Verhältnis zur Hauptversammlung). 510

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

immanent.511 Der Aufsichtsrat allein entscheidet über eine potentielle Wiederbestellung der Vorstandsmitglieds und dessen Vertragsverlängerung sowie über die Gestaltung der Anstellungsbedingungen (Stichwort Gehaltserhöhungen, Boni-Entscheidungen). Über die Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat besteht zudem eine mittelbare Abhängigkeit von den Anteilseignern.512 Die Gefahr einer Einflussnahme auf den Vorstand ist demnach im Wesen der Aktiengesellschaft selbst angelegt. Dadurch, dass anderen Unternehmen mit eigenständigen Interessen die Möglichkeit eröffnet wird, sich an der Aktiengesellschaft zu beteiligen, ist ihnen zugleich die Gelegenheit gegeben, ihren Interessen auch Gehör zu verschaffen.513 Dass der Gesetzgeber eine faktische Einflussnahme auf den Vorstand grundsätzlich hinnimmt, wird überdies durch einen Blick auf die faktische Konzernierung und § 311 AktG deutlich: Der herrschenden Gesellschaft steht ohne Beherrschungsvertrag kein Weisungsrecht zu. Sie ist auf die Wahrnehmung ihrer faktischen Einflussmöglichkeit beschränkt.514 Der Gesetzgeber verbietet aber weder eine faktische Einflussnahme noch sieht er darin einen zwingenden Verstoß gegen die Unabhängigkeit des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG. Vielmehr liegt § 311 AktG immanent zugrunde, dass der Vorstand einer bestehenden Einflussnahme auch widerstehen kann und dies letztlich auch tut, soweit sie für die eigene Gesellschaft nachteilig und ein Ausgleich nicht sichergestellt ist. Folgt der Vorstand der Einflussnahme zu Lasten der eigenen Gesellschaft, ohne dass ein Ausgleich sichergestellt ist, macht er sich schadensersatzpflichtig. Der Gesetzgeber hat aber die Möglichkeit pflichtwidrigen Verhaltens einzelner Vorstandsmitglieder nicht zum Anlass genommen, die faktische Konzernierung gänzlich zu unterbinden, sondern sie mit Einfügung der §§ 311 ff. AktG anerkannt beziehungsweise zumindest geduldet.515 Er erachtet eine schadensersatzrechtliche Sanktionierung im Einzelfall für ausreichend. Das denkbare Fehlverhalten Einzelner kann nicht zur Ablehnung der faktischen Konzernierung in seiner Gesamtheit führen. Diese Grundsätze gilt es auf den Problemkreis der Drittanstellung zu übertragen. Die Möglichkeit einer faktischen Einflussnahme kann dementsprechend nicht zur Ablehnung einer Drittanstellung infolge eines Verstoßes gegen die Weisungsunabhängigkeit führen. Auch in der anerkannten Fallgestaltung der Vorstandsdoppelmandate mit jeweils getrennten Anstellungsverträgen516 ist eine mittelbare Einflussnahme möglich. Bei 511

Wehrmeyer, Die arbeitsrechtliche Einordnung der Organe juristischer Personen, S. 208 (der von mittelbaren Weisungen spricht). 512 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 27. 513 Reuter, A., AG 2011, 274, 278. 514 Krieger, in: MünchHdb AG, § 69, Rn. 23 m.w.N. 515 U. a. Koch, in: Hüffer, AktG, § 311, Rn. 4 mit Nachweisen zu beiden Ansichten. Jedenfalls ist von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers für die Zulässigkeit der faktischen Konzernierung auszugehen, vgl. Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 311, Rn. 126, Fn. 37. 516 BGH, II ZR 170/07, NZG 2009, 744 ff. (argumentum e contrario § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG); Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 106 m.w.N.

II. Weisungsunabhängigkeit

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Vorstandsdoppelmandaten ist es gleichfalls – selbst bei Abschluss zweier getrennter Anstellungsverträge – vorstellbar, dass das Vorstandsmitglied Einflussnahmen seitens der jeweils anderen Gesellschaft unterliegt und im Falle der Nichtbefolgung etwaige mittelbare Nachteile erfährt.517 Dies reicht aber weder bei Doppelmandaten noch bei Drittanstellungen dafür aus, die Weisungsunabhängigkeit des Vorstandsmitglieds in Frage zu stellen. 4. Fazit Losgelöst von der vertraglichen Gestaltung des Drittanstellungsvertrags im Einzelfall ist die Weisungsunabhängigkeit nach § 76 Abs. 1 AktG kein Hinderungsgrund für die Drittanstellung. Soweit ein im Einzelfall vereinbartes vertragliches Weisungsrecht die Unabhängigkeit tangiert, ist die Ausübung eines solchen Weisungsrechts nach § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG nichtig und für das Vorstandsmitglied unverbindlich. Ob und in welchem Umfang das Vorstandsmitglied weisungsabhängig sein kann, bestimmt sich auch in Drittanstellungsfällen ausschließlich anhand der organschaftlichen Stellung.518 Eine nachhaltige Einschränkung beziehungsweise Modifikation von § 76 Abs. 1 AktG ist einzig durch die aktienrechtlichen Institute des Beherrschungsvertrags und der Eingliederung möglich.519 Die weisungsrechtliche Lage des Vorstandsmitglieds unterscheidet sich im Ergebnis nicht danach, ob das Vorstandsmitglied drittangestellt ist oder nicht. Die Stellung wie sie sich aus § 76 Abs. 1 AktG ergibt, ist aus anstellungsvertraglicher Sicht weisungsresistent.520 Unter Rückgriff auf § 134 BGB kommt es zu einer Überlagerung des Anstellungsvertrags durch die organschaftliche Stellung. Aus Weisungsgesichtspunkten spricht daher nichts gegen eine Drittanstellung, gleich welche inhaltliche Gestaltung der Drittanstellungsvertrag haben mag. Dies gilt sowohl innerhalb als auch außerhalb konzernrechtlicher Verhältnisse.521 Die teilweise geäußerte Auffassung, die eine schuldrechtliche Aushöhlung des ausgewogenen Systems der aktienkonzernrechtlichen Regelungen – insbesondere der Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Beherrschungsvertrags sowie der Eingliederung – zu bedenken gibt522, ist unberechtigt. Eine Umgehung des aktienrechtlichen Regelungssystems droht nicht.

517

Im Ergebnis so auch Reuter, A., AG 2011, 274, 278. Martens, in: FS Hilger und Stumpf, S. 437, 447. 519 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 321. 520 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 428. 521 I. E. auch Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 428/429 (unter pauschalen Verweis auf den Vorrang des Gesellschaftsrechts). 522 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 321. 518

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

III. Leitungsermessen als Teil der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands Das Leitungsermessen des Vorstands bildet das zweite Element der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG. Der Vorstand trifft seine Leitungsentscheidungen nach eigenem Ermessen. Es gilt zu untersuchen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds durch einen Interessenkonflikt oder gar eine interessenrechtliche Pflichtenkollision bei einer Drittanstellung beeinträchtigt wird. Im Kontext der Wahrnehmung der Leitungsaufgaben durch den Vorstand wird teilweise die These aufgestellt, das Vorstandsmitglied könne nicht Diener zweier Herren sein, was sich jedoch infolge der schuldrechtlichen Pflichten aus dem Anstellungsvertrag unweigerlich ergebe.523 Aus diesem Grund wird die Drittanstellung von einigen Autoren pauschal abgelehnt.524 Ob dies zutreffend ist, bleibt zu klären. 1. Unterscheidung Pflichtenkollision und Interessenkonflikt Um sich der Problematik des Leitungsermessens im Lichte der Drittanstellung zu nähern, bedarf es zunächst einer Unterscheidung zwischen dem insoweit möglichen Interessenkonflikt und der ebenfalls denkbaren Pflichtenkollision.525 In den Erörterungen zu § 76 Abs. 1 AktG wird diesbezüglich nur selten ausreichend differenziert. Ein Interessenkonflikt zeichnet sich schon begrifflich dadurch aus, dass im konkreten Einzelfall in der Person des Vorstandsmitglieds verschiedene, miteinander in Widerspruch stehende Interessen existieren (z. B. Unternehmensinteresse gegenüber eigenem Interesse des Vorstandsmitglieds), wobei nur ein Interesse durch eine Rechtspflicht zu dessen Befolgung untermauert ist. Das gegenläufige Interesse ist demgegenüber rein tatsächlicher Natur, so dass der Mandatsträger rechtlich nicht

523 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; ders., Gutachten zur Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen und drittbezogenen Vergütungen, insbesondere im Konzern, in: Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 216, S. 69, 75; Kann, Vorstand der AG, Rn. 89; Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 101. 524 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; Kann, Vorstand der AG, Rn. 89; Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/ kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-hand-die-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 525 Für das Aufsichtsratsmitglied: Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 896; Lutter, ZHR 145 (1981), 224, 231; Werner, ZHR 145 (1981), 252, 257; Marsch-Barner, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. Aufsichtsratsmitglieder, § 13, Rn. 99; Dreher, JZ 1990, 896, 900.

III. Leitungsermessen

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gehalten ist, diesem Interesse zu dienen.526 Im Ergebnis besteht in der Konstellation des Interessenkonflikts nur eine rechtlich verbindliche Handlungspflicht.527 Dagegen stehen sich bei der Pflichtenkollision zwei zu erfüllende, gegensätzliche Pflichten im konkreten Einzelfall gegenüber. Zwei konkurrierende Rechtspflichten zur Berücksichtigung jeweils unterschiedlicher Interessen kollidieren miteinander. Das Vorstandsmitglied hat zwei gegenläufigen Handlungspflichten Rechnung zu tragen.528 Angewandt auf die Situation der Drittanstellung gilt es zu prüfen, ob sich neben der aus der organschaftlichen Stellung resultierenden, interessenrechtlichen Pflichtenbindung gleichfalls eine entsprechende Handlungspflicht aus dem Drittanstellungsvertrag ergibt. 2. Potentielle Auswirkungen einer Pflichtenkollision auf die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds Eine Pflichtenkollision weist ein wesentlich höheres Gefahrenpotential für die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds auf als ein Interessenkonflikt. Da das Vorstandsmitglied nur einer Handlungspflicht nachkommen kann, hätte es in jedem Einzelfall das Gewicht der bestehenden Pflichten gegeneinander abzuwägen.529 Es steht vor der Wahl, entweder die eine oder die andere Pflicht zu verletzen.530 Das Vorstandsmitglied sieht sich somit in Fällen zweier kollidierender Handlungspflichten stets einer potentiellen Schadensersatzpflicht im Verhältnis zur vernachlässigten Pflicht ausgesetzt: „Wer kollidierende Rechtspflichten übernimmt, hat für ihre Erfüllung einzustehen. Kann er eine Rechtspflicht nicht erfüllen, ohne die andere zu verletzen, so haftet er einem der Gläubiger auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung.“531 Die doppelte Pflichtenbindung des Vorstandsmitglieds mindert daher dessen gesetzlich festgeschriebene (§ 76 Abs. 1 AktG) Unabhängigkeit. Dem Vorstandsmitglied käme nicht mehr die unternehmerische Freiheit zu, die für die Ausübung des Vorstandsmandats notwendig ist. Zudem würde dem Vorstandsmitglied durch eine (wiederholte) Pflichtverletzung im schlimmsten Fall die Kündigung des Anstellungsvertrags drohen. Dem Mandatar wird jedoch wegen des regelmäßigen Wunsches einer weiteren Karriere im Konzern besonders an dem Fortbestand

526 Dreher, JZ 1990, 896, 900; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 896; Werner, ZHR 145 (1981), 252, 257; Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836, 840. 527 So auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 138, Fn. 463. 528 Dreher, JZ 1990, 896, 900; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 896. 529 Werner, ZHR 145 (1981), 252, 257. 530 Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836, 840. 531 Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 255.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

des Vertragsverhältnisses gelegen sein. Das Vorstandsmitglied sitzt bei einer Pflichtenkollision dementsprechend zwischen den Stühlen. 3. Pflichtenlage und Pflichtenkollision Für die Frage einer potentiellen Pflichtenkollision ist zunächst die Pflichtenlage eines drittangestellten Vorstandsmitglieds näher zu bestimmen. Ein Pflichtenwiderstreit kann sich nur ergeben, soweit sich sowohl aus der Organstellung als auch aus dem Drittanstellungsvertrag eine rechtliche Verpflichtung zur Berücksichtigung der Interessen des jeweiligen Partners des Rechtsverhältnisses ableiten lässt. Eine Pflichtenkollision infolge eines vereinbarten anstellungsvertraglichen Weisungsrechts scheidet nach den bereits gefundenen Ergebnissen aus. Soweit ein solches Recht überhaupt besteht, kann der Ausübung keine Verbindlichkeit zukommen.532 a) Organschaftliche Pflichtenlage aa) Pflichtenlage in der unabhängigen Aktiengesellschaft Die sich aus § 76 Abs. 1 AktG ergebende Leitungsbefugnis ist nicht nur ein Recht, sondern ebenso eine Pflicht des Vorstandsmitglieds.533 Diese Pflicht trifft grundsätzlich den Vorstand als Gesamtorgan. Gleichwohl liegt sie zugleich in der Verantwortung jedes einzelnen Vorstandsmitglieds.534 Nicht umsonst wird nach der vorherrschenden Ansicht jedem Mitglied selbst Organqualität beigemessen.535 Jedes einzelne Vorstandsmitglied ist zur eigenverantwortlichen Leitung der Bestellungskörperschaft verpflichtet. Die Eigenverantwortlichkeit äußert sich im Leitungsermessen des Vorstands. Er hat die Leitungsentscheidungen nach eigenem Ermessen zu treffen.536 Entsprechend der vorherrschenden interessenpluralen Zielkonzeption hat der Vorstand die in der Aktiengesellschaft und ihrem Unternehmen zusammentreffenden Interessen sachgerecht wahrzunehmen und als ermessensleitende Gesichtspunkte in seine Entscheidung einzustellen.537 Der Vorstand ist weder berechtigt noch verpflichtet, sich 532

Vgl. C. II. U. a. Vedder, in: Grigoleit, § 76, Rn. 4; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 42; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 8. 534 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 19, Rn. 17; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 104; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 84, Rn. 14. 535 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 7; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 10; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 80. 536 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 28; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 32; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 9 ff. 537 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 28; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 15; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 60. 533

III. Leitungsermessen

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bei seinem Handeln ausschließlich von Aktionärsinteressen leiten zu lassen. Vielmehr hat er zugleich die Interessen der Arbeitnehmer als auch der Öffentlichkeit (Gemeinwohl) zu berücksichtigen.538 Dieses Interessengemenge ist in seiner Gesamtheit als Unternehmensinteresse aufzufassen und dem Vorstand vorgegeben.539 Eine eigenständige Bestimmung des Unternehmensinteresses durch den Vorstand scheidet aus.540 Dennoch ergibt sich keine feste, ex ante bestimmte Reihenfolge der zu berücksichtigenden Interessen.541 Die Ermessenausübung des Vorstands ist schon dann ordnungsgemäß, soweit eine Analyse und eine Abwägung der im konkreten Fall zu berücksichtigenden Interessen erfolgt sind.542 Darüber hinaus findet die Leitungsautonomie weitere Beschränkungen in der satzungsgemäßen Bestimmung des Unternehmensgegenstands der Aktiengesellschaft543, der Sorge um den Bestand und Rentabilität des Unternehmens544 sowie naturgemäß in den gesetzlichen Regelungen selbst545. Dem Vorstand kommt demgemäß ein weiter, aber nicht grenzenloser Ermessensspielraum zu. Als Folge der genannten Faktoren, die in die Ermessensentscheidung einzustellen sind, kann sich der Ermessensspielraum im Einzelfall verengen.546 Zwischen verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten kann der Vorstand dagegen frei wählen.547 Eine weitere Kontur enthält das Leitungsermessen durch die jedes Vorstandsmitglied treffende Treuepflicht. Die Treuepflicht betrifft jede Vorstandspflicht548 und kann daher zur näheren Konkretisierung herangezogen werden. Das Vorstandsmitglied hat seine Entscheidungen somit am Wohl und Wehe der Gesellschaft auszurichten und dem Unternehmensinteresse stets den Vorrang einzuräumen. Eigene Interessen oder Drittinteressen sind zurückzustellen.549

538 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 28; Begr. RegE zu § 76 bei Kropff, AktG 1965, S. 97; AusschussB. zu § 76 bei Kropff, AktG 1965, S. 98; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 60 ff. 539 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 15; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 36; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 46, 52. 540 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 46. 541 Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 31; Godin/Wilhelmi, AktG, § 76, Anm. 6; a. A. Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 123. 542 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 51. 543 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 60; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 45. 544 OLG Hamm, 8 U 59/94, AG 1995, 512, 514; Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 34; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 21; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 53. 545 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 47. 546 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 51. 547 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 32; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 51. 548 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 108. 549 Vgl. ausführlich B. II.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Im Ergebnis unterliegt das Vorstandsmitglied nach § 76 Abs. 1 AktG, verstärkt durch die Treuepflicht, einer organschaftlichen Pflichtenbindung, die ihn trotz des bestehenden Ermessensspielraums dazu verpflichtet, bei seinen Entscheidungen ausschließlich das Unternehmensinteresse im Blick zu haben. bb) Pflichtenlage im Konzernverhältnis In einem nächsten Schritt ist zu beleuchten, in welcher Art und Weise die organschaftliche Pflichtenlage des Vorstands im Konzern einer Veränderung unterliegt. (1) Beherrschungsvertrag (a) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft Bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags ist die Leitungsmacht des Vorstands der abhängigen Tochtergesellschaft durch das Weisungsrecht nach § 308 AktG umfassend modifiziert. Nimmt die herrschende Gesellschaft ihr Weisungsrecht allerdings nicht wahr, bleibt es bei der unverminderten Geltung von § 76 Abs. 1 AktG.550 Zu klären ist, welchem Interesse der Vorstand in diesem weisungsfreien Raum verpflichtet ist: weiterhin primär den Interessen der eigenen, abhängigen Gesellschaft oder aber dem Interesse des Konzerns. Ein gesondertes Konzerninteresse existiert mangels Verfassung des Konzerns als Organisationseinheit und damit der Existenz eines Interessenträgers jedenfalls nicht.551 Beim Konzerninteresse handelt es sich lediglich um einen Umschreibung „für das unter Berücksichtigung der Beteiligungsrechte zu ermittelnde Unternehmensinteresse des herrschenden Unternehmens“.552 Sollte sich nunmehr die organschaftliche Pflichtenstellung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft dergestalt darstellen, dass er sein Handeln im weisungsfreien Raum primär an den Interessen der herrschenden Gesellschaft und somit bei einer Drittanstellung im Konzern durch die Muttergesellschaft gerade an deren Interessen auszurichten hätte, könnte eine Pflichtenkollision von vornherein ausscheiden. Denn aus einer Drittanstellung durch die Obergesellschaft würden sich dann keine gegenläufigen, sondern – wenn überhaupt – nur gleichlaufende Handlungspflichten des Vorstandsmitglieds ergeben. Die Frage, ob dem Vorstand der Tochtergesellschaft eine Verpflichtung auf das Konzerninteresse respektive auf das Interesse der herrschenden Gesellschaft zu550

Vgl. C. I. 3. a) bb) (4). Habersack, in: MünchKomm AktG, § 111, Rn. 54; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 39; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 181 f. 552 Habersack, in: MünchKomm AktG, § 111, Rn. 54; ähnlich u. a. Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 181 f.; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 16. 551

III. Leitungsermessen

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kommt, ist in der Literatur im Allgemeinen wie auch im Detail umstritten. Einigkeit besteht insoweit, als in offensichtlichen Konfliktfällen zwischen dem Interesse des abhängigen Unternehmens und dem Konzerninteresse (im oben genannten Sinne) eine Konsultationspflicht des Vorstands gegenüber der herrschenden Gesellschaft besteht.553 Darüber hinaus ist ein einheitliches Meinungsbild nicht auszumachen. Teilweise wird eine Verpflichtung zu einem konzernfreundlichen Verhalten gefordert, ohne dass daraus eine Ausrichtung am Konzerninteresse resultieren soll.554 Andere lehnen eine Orientierung an dem Konzerninteresse generell ab.555 Wieder andere fordern mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen eine Verpflichtung des Vorstands auf das Konzerninteresse.556 Vielfach wirken sich die Unterschiede allerdings im Ergebnis nicht aus, da sie nur unterschiedliche Begründungsansätze für die – insoweit unstrittig – bestehende Konsultationspflicht bieten.557 Nur vereinzelt wird im weisungsfreien Raum zwar die Eigenverantwortlichkeit des Tochtervorstands bejaht, aber eine Leitung im Interesse des herrschenden Unternehmens gefordert.558 Dies überzeugt nicht. Der Vorstand der Tochtergesellschaft hat weder die Pflicht noch das Recht, das Konzerninteresse dem Interesse des eigenen Unternehmens im weisungsfreien Raum überzuordnen.559 Vielmehr würde sich der Tochtervorstand bei Schädigungen des eigenen Unternehmens im Konzerninteresse 553 U. a. Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 155; Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 20; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn 54; Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 72. 554 Koch, in: Hüffer, AktG, § 308, Rn. 20; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 308, Rn. 56; Langenbucher, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 308, Rn. 42; wohl auch Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 76, Rn. 68; a. A. wohl Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 21 (der zumindest eine allgemeine Konsultationspflicht ablehnt, jedoch deren Begründung über eine Weisung für möglich hält). 555 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn 54; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 154; wohl auch Langenbucher, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 308, Rn. 42; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 308, Rn. 56 (trotz Pflicht zum konzernfreundlichen Verhalten); Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 21. 556 Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 71 f. (Pflicht resultiert aus Beherrschungsvertrag); Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 94 f. (Pflicht resultiert aus Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung und der daraus resultierenden Änderung des Verbandszwecks). 557 Insoweit widersprüchlich Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 71 f.: Koppensteiner hebt zum einen hervor, dass der Vorstand gehalten sei, seine Entscheidungen an der Optimierung des Konzernerfolgs zu orientieren, weist aber zum anderen daraufhin, dass sich aus der Verpflichtung auf das Konzerninteresses allein eine Konsultationspflicht ergeben soll. 558 So Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 94; wohl auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 103. 559 Gegen eine entsprechende Pflicht: Koppensteiner, in: KK AktG, § 308, Rn. 72; Langenbucher, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 308, Rn. 42; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 308, Rn. 56. Gegen ein entsprechendes Recht: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbHKonzernrecht, § 308, Rn 54; Hirte, in: Großkommentar AktG, § 308, Rn. 21; wohl auch Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 154.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

schadensersatzpflichtig machen.560 Eine Haftungsfreistellung kommt gemäß § 310 Absatz 3 AktG ausschließlich bei verbindlichen Weisungen nach § 308 AktG in Betracht. Eine Pflicht zum Nachteil des eigenen Unternehmens zu handeln, muss deshalb von vornherein ausscheiden. Weiterhin kann es nicht Aufgabe des Vorstands der abhängigen Gesellschaft sein, das Konzerninteresse zu konkretisieren. Er kann mangels eines umfassenden Einblicks in die Abläufe der Konzernspitze nur beurteilen, was im Interesse seines Unternehmens liegt. Die Entscheidung über das Konzerninteresse und dessen Verfolgung bleibt demgegenüber ausschließlich der insoweit kompetenteren Konzernspitze überlassen.561 Eben aus diesem Grund ist die Weisungsbefolgungspflicht nach § 308 Abs. 2 AktG nur relativiert, wenn Weisungen offensichtlich nicht mehr durch Belange des herrschenden oder deren konzernverbundenen Unternehmens getragen sind. § 76 Abs. 1 AktG erfährt durch § 308 AktG zwar eine weitgehende Modifizierung, besteht aber außerhalb von Weisungen unverändert fort.562 Demnach hat sich der Vorstand im weisungsfreien Raum – wie es § 76 Abs. 1 AktG sonst verlangt – ausschließlich am Interesse des eigenen Unternehmens zu orientieren.563 Würde man eine Verpflichtung auf das Konzerninteresse annehmen, wäre die Fortgeltung von § 76 Abs. 1 AktG im Konzern sinnentleert. Der Vorstand wäre gezwungen, vor jeder Entscheidung – gegebenenfalls mittels Nachfrage – zu ermitteln, welchen Inhalt das Konzerninteresse in der konkreten Angelegenheit hat, um sich im Ergebnis danach zurichten. Der Beherrschungsvertrag bewirkt mittels § 308 AktG lediglich eine Aufhebung der Weisungsunabhängigkeit. Die Leitungsmacht des Vorstands der abhängigen Gesellschaft steht wegen § 308 AktG „unter dem Vorbehalt des Weisungsrechts des herrschenden Unternehmens“564. Eine Änderung der ausschließlichen Bindung an Interessen der eigenen Gesellschaft bewirkt der Beherrschungsvertrag beziehungsweise die notwendige Zustimmung der Hauptversammlung nach § 293 Abs. 1 AktG richtigerweise nicht. Die Konzernmutter ist insoweit auch nicht schutzbedürftig. Mit dem Weisungsrecht ist der Konzernspitze ein umfassendes Vehikel an die Hand gegeben, die Geschicke der Tochtergesellschaft zu bestimmen. Durch die daneben nach einhelliger Ansicht bestehende Konsultationspflicht des Vorstands für Fälle, in denen dieser eine Konfliktlage zwischen den Interessen der eigenen Gesellschaft und denjenigen der Konzernmutter vermutet, läuft die herrschende Gesellschaft nicht Gefahr, bei wichtigen Entscheidungen übergangen zu

560

Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 154. Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 154; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 68. 562 Vgl. C. I. 3. a) bb) (4). 563 So auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn 54; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 153. 564 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 68. 561

III. Leitungsermessen

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werden. Zudem besteht unstrittig ein Verbot konzernfeindlichen Verhaltens.565 Aufgrund des Beherrschungsvertrags sind dem Vorstand Maßnahmen, die sich direkt gegen die Konzernmutter oder andere Konzerngesellschaften richten, verboten.566 Folglich hat der Vorstand der abhängigen Gesellschaft im weisungsfreien Raum die Gesellschaft weiterhin in eigener Verantwortung, orientiert am Interesse des eigenen Unternehmens zu leiten. Er ist nicht berechtigt, sich bei seinen Entscheidungen dem Konzerninteresse (im oben genannten Sinne) zu unterwerfen. Dem trägt auch die Treuepflicht der Vorstandsmitglieder der abhängigen Gesellschaft Rechnung. Sie erfährt im Konzernverhältnis keine inhaltliche Veränderung.567 Der Inhalt der Treuepflicht und die interessenrechtliche Bindung nach § 76 Abs. 1 AktG dürfen sich in ihrer Zielrichtung jedoch nicht widersprechen. Vielmehr verstärkt und konkretisiert die Treuepflicht die Leitungsbefugnis des Vorstands.568 Ursprung der Treuepflicht ist die dem Vorstandsmitglied zukommende Vertrauensstellung sowie die treuhänderische Funktion gegenüber den Aktionären.569 Diese Funktionen treffen das Mitglied allerdings hinsichtlich aller Aktionären, nicht nur der Mehrheit. Der Minderheitenschutz gebietet es, die Treuepflicht und damit die Leitung im weisungsfreien Raum ausschließlich an den Interessen des eigenen Unternehmens auszurichten. Trotz bestehendem Beherrschungsvertrag bleibt das Vorstandsmitglied weiterhin Treuhänder der Mehrheits- als auch Minderheitsaktionäre. Ein anderes Verständnis würde dem Ursprung der Treuepflicht nicht gerecht. Die organschaftliche Pflichtenlage des Vorstands der abhängigen Gesellschaft unterscheidet hinsichtlich der Interessenbindung im weisungsfreien Raum folglich nicht von derjenigen des Vorstands bei unabhängigen Gesellschaften. (b) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft Den Vorstand der herrschenden Konzernmuttergesellschaft trifft zutreffender Weise keine Konzernleitungspflicht.570 Es ist nicht seine Aufgabe auch die abhängige Tochtergesellschaft anhand des Maßstabs des § 76 Abs. 1 AktG zu leiten und deren Interessen zu wahren.571 Er ist ausschließlich dem Interesse seines Unternehmens verpflichtet. Das Wohl der abhängigen Gesellschaften berührt das Pflichtengefüge

565

Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn 54; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 155; Leuering/Goertz, in: Hölters, AktG, § 308, Rn. 55 m.w.N. 566 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308, Rn 54; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 308, Rn. 155. 567 Vgl. B. II. 3. 568 Vgl. C. III. 3. a) aa). 569 Vgl. B. II. 1. 570 Vgl. C. I. 3. a) bb) (5). 571 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 45.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

nur insoweit, als es sich bei der Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft um Gesellschaftsvermögen der herrschenden Gesellschaft handelt.572 Auch seitens des Vorstands der herrschenden Gesellschaft erfolgt keine Verpflichtung auf ein Konzerninteresse.573 Da ein Konzerninteresse als solches schon nicht existiert, sondern sich als Interesse des herrschenden Unternehmens darstellt574, bleibt es bei der alleinigen Verpflichtung auf das Interesse des eigenen Unternehmens. (2) Eingliederung (a) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der abhängigen Gesellschaft durch die Hauptgesellschaft Der Tochtervorstand hat den Weisungen der Hauptgesellschaft Folge zu leisten. Dies gilt – abweichend von der Rechtslage im Vertragskonzern – selbst für nachteilige Weisungen, die nicht durch Konzerninteressen gerechtfertigt sind.575 Darüber hinaus ist ähnlich wie im Vertragskonzern die Frage der Interessenbindung im weisungsfreien Raum problematisch. Teilweise wird eine Ausrichtung der Vorstandsentscheidungen an dem Interesse der Hauptgesellschaft gefordert.576 Überwiegend wird sie hingegen verneint und eine ausschließliche Verpflichtung auf das Interesse der eigenen, abhängigen Gesellschaft angenommen.577 Letztere Auffassung ist zutreffend. Die zum Beherrschungsvertrag genannten Überlegungen gelten überwiegend entsprechend.578 Insbesondere ist auch im Kontext der Eingliederung eine Konsultationspflicht des Vorstands zu bejahen.579 Sie findet ihren Ursprung im 572

Koch, in: Hüffer, AktG, § 76, Rn. 49. So aber u. a. Immenga, ZHR 140 (1976), 301, 304 f.; ablehnend Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 181 f. 574 Vgl. C. III. 3. a) bb) (1) (a). 575 Vgl. C. I. 3. c). 576 Koppensteiner, in: KK AktG, § 323, Rn. 8; wohl auch Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 166 und 162 ff.; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 98. 577 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323, Rn 7; Grunewald, in: MünchKomm AktG, § 323, Rn. 10; Singhof, in: Spindler/Stilz, AktG, § 323, Rn. 7; Schmolke, in: Großkommentar AktG, § 323, Rn. 10; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 323, Rn. 15; Fett, in: Bürgers/Körber, AktG, § 323, Rn. 5; Krieger, in: MünchHdb AG, § 73, Rn. 59; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 323, Rn. 2. 578 Vgl. C. III. 3. a) bb) (1) (a). 579 Zustimmend: Grunewald, in: MünchKomm AktG, § 323, Rn. 10; Koppensteiner, in: KK AktG, § 323, Rn. 8; Schmolke, in: Großkommentar AktG, § 323, Rn. 10; Fett, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 323, Rn. 5; Jaursch, in: Heidel, AktienR, § 323, Rn. 2; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 98; ablehnend: Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 323, Rn 7; Singhof, in: Spindler/Stilz, AktG, § 323, Rn. 7 (Singhof nimmt zwar keine Rechtspflicht zur Konsultation an, geht aber von ihrer regelmäßigen Praktizierung aus); Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 323, Rn. 2 (hält aber eine Konsultationspflicht mittels Weisungsrecht für begründbar). 573

III. Leitungsermessen

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Eingliederungsbeschluss der Hauptversammlung der einzugliedernden Gesellschaft gemäß § 319 Abs. 1 beziehungsweise § 320 Abs. 1 AktG. Der Eingliederungsbeschluss stellt eine „die bisherige Satzung überlagernde Willensbildung der Korporation“580 dar und soll entsprechend seinem Sinn und Zweck der Hauptgesellschaft eine umfassende Leitung der Tochtergesellschaft ermöglichen.581 Der insoweit über der Satzung stehende Wille der Hauptversammlung sowie die Leitungsmacht der Hauptgesellschaft dürfen indes nicht durch Schaffung vollendeter Tatsachen ausgehöhlt werden.582 Vielmehr hat der Tochtervorstand im Konfliktfall die Hauptgesellschaft zu konsultieren. Die Verneinung einer Konsultationspflicht wäre unter Berücksichtigung der nahezu einhelligen Bejahung im Vertragskonzern widersinnig; zumal die Eingliederung in ihrer Wirkung wesentlich weiter reicht als der Beherrschungsvertrag und die größtmögliche Intensität der Konzernleitung statuiert.583 Der Vorstand der eingegliederten Gesellschaft bleibt im weisungsfreien Raum – wie im Vertragskonzern – ausschließlich dem Interesse des eigenen Unternehmens verpflichtet. (b) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der Hauptgesellschaft durch die abhängige Gesellschaft Für den Vorstand der Hauptgesellschaft gelten die zum Vertragskonzern entwickelten Grundsätze entsprechend. Weder existiert für ihn eine Konzernleitungspflicht noch besteht eine Verpflichtung auf ein vom Interesse der Hauptgesellschaft divergierendes Konzerninteresse. Er ist und bleibt ausschließlich dem Interesse des eigenen Unternehmens verpflichtet. Selbst eine Verpflichtung zur Ausübung des Weisungsrechts nach § 323 Abs. 1 Satz 1 AktG besteht nur gegenüber der Hauptgesellschaft und bestimmt sich an deren Maßstäbe.584 (3) Faktischer Konzern (a) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der abhängigen Gesellschaft durch die herrschende Gesellschaft Für den Vorstand der faktisch abhängigen Aktiengesellschaft gilt § 76 Abs. 1 AktG unverändert fort. Eine Befolgungspflicht gegenüber Weisungen der herr580 Koch, in: Hüffer, AktG, § 319, Rn. 3; ähnlich Praël, Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 104 ff.; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 166 und 162 ff (der sogar eine Änderung des Verbandszwecks annimmt und daraus eine Verpflichtung auf ein Konzerninteresse ableitet); Koppensteiner, in: KK AktG, § 319, Rn. 2 („Grundlagenänderung“); Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 319, Rn 10. 581 Koch, in: Hüffer, AktG, § 319, Rn. 2. 582 Grunewald, in: MünchKomm AktG, § 323, Rn. 10. 583 Koppensteiner, in: KK AktG, § 319, Rn. 1; Singhof, in: Spindler/Stilz, AktG, § 319, Rn. 2. 584 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 323, Rn. 2 m.w.N.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

schenden Gesellschaft scheidet von vornherein aus.585 Er hat die Leitung ausnahmslos am Interesse der eigenen Gesellschaft auszurichten.586 Eine Verpflichtung auf das Interesse der herrschenden Gesellschaft besteht nicht. Selbst im Falle von nicht nachteilhaften Weisungen sowie nachteilhaften Weisungen mit sichergestelltem Nachteilsausgleich hat der Vorstand der abhängigen Aktiengesellschaft eigenverantwortlich, allein am Interesse der eigenen Gesellschaft orientiert zu prüfen, ob er der Einflussnahme nachgibt.587 (b) Situation bei Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds der herrschenden Gesellschaft durch die abhängige Gesellschaft Der Vorstand der herrschenden Gesellschaft ist ausgehend von der Rechtslage im Vertragskonzern und bei der Eingliederung erst recht einzig dem Interesse der eigenen Gesellschaft verpflichtet.588 (4) Fazit In Konzernverhältnissen lässt sich ein potentielles Konfliktverhältnis nicht bereits dadurch entkräften, dass das drittangestellte Vorstandsmitglied ohnehin auf die Wahrnehmung der Interessen der drittanstellenden Körperschaft verpflichtet ist. Der Vorstand der abhängigen Aktiengesellschaft bleibt durchwegs ausschließlich auf die Interessen der eigenen Gesellschaft verpflichtet. Ihm ist es nicht gestattet, ohne verbindliche Weisungen589 die Interessen der herrschenden Gesellschaft den Interessen der eigenen Körperschaft vorzuziehen. Es soll sichergestellt sein, dass außerhalb der zulässigen Einflussnahme durch die Obergesellschaft stets ein im Übrigen unabhängiger Vorstand die Interessen der abhängigen Gesellschaft wahrt und sich für sie auch gegenüber der Obergesellschaft einsetzt. Trotz der verschiedenen Formen der Konzernierung und ihrer unterschiedlichen Intensität erfolgt keine Preisgabe des Eigeninteresses der abhängigen Gesellschaft. Ähnliches gilt für den Vorstand der herrschenden Gesellschaft. Er ist weder berechtigt noch verpflichtet, die Interessen der abhängigen Gesellschaft zu Lasten der eigenen Gesellschaft wahrzunehmen. Er ist ausschließlich den Interessen der herrschenden Gesellschaft verpflichtet.

585

Vgl. C. I. 3. d). U. a. Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 184; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 67; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311, Rn 77; Müller, in: Spindler/Stilz, AktG, § 311, Rn. 62. 587 Krieger, in: MünchHdb AG, § 69, Rn. 28; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 579; wohl auch Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311, Rn. 53. 588 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 45. 589 Solche sind allein im Vertragskonzern oder im Falle der Eingliederung möglich. 586

III. Leitungsermessen

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cc) Ergebnis Aus organschaftlicher Sicht ist das Vorstandsmitglied allein zur Wahrnehmung der Interessen der jeweiligen eigenen Bestellungskörperschaft verpflichtet. b) Anstellungsvertragliche Pflichtenlage Sodann ist die anstellungsvertragliche Situation näher zu beleuchten. Nur wenn sich dem Drittanstellungsvertrag eine Verpflichtung auf die Interessen des anstellenden Dritten entnehmen lässt, kann überhaupt eine Pflichtenkollision in Rede stehen. Teilweise wird die Existenz einer derartigen schuldrechtlichen Pflichtenbindung angenommen590 und deswegen eine Pflichtenkollision bejaht.591 aa) Bestehende Vertragsmuster als Ausgangspunkt Da in der einschlägigen Literatur keine gesonderten Mustertexte für Drittanstellungsverträge existieren, ist als Ausgangspunkt abermals auf die Musterverträge für den anstellungsvertraglichen Regelfall zurückzugreifen. In diesen Mustern ist eine ausdrückliche Verpflichtung auf das Interesse der anstellenden Körperschaft nur vereinzelt zu finden.592 Soweit sie besteht, wird sie indes ausnahmslos eine schuldrechtliche Wiedergabe der ohnehin durch die Bestellung begründeten, organschaftlichen Treuepflicht darstellen. Sie soll schuldrechtlich die Verpflichtung auf das Interesse der Bestellungskörperschaft wiederholen. Ein Rückschluss auf die Rechtslage bei der Drittanstellung kann nicht gezogen werden, da in Konstellationen der Drittanstellung eine Divergenz der Interessenträger besteht. Überdies enthält die überwiegende Anzahl der Mustertexte keine ausdrückliche Verpflichtung auf das Interesse der Anstellungskörperschaft. Sie gehen lediglich inzident von einer derartigen Bindung aus, indem sie das Vorstandsmitglied auf das Wohl der Gesellschaft verpflichten593 ; einen Ersatz von

590 Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012); Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 250 (nimmt eine zusätzliche Treuebindung aus dem Anstellungsvertrag an). 591 So Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-indie-hand-die-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 592 Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 103 (§ 2 Abs. 1 des Musters: „[…] Es hat jedoch der Aktiengesellschaft jederzeit zur Verfügung zu stehen und ihre Interessen wahrzunehmen, soweit dies die Belange der Aktiengesellschaft erfordern.“). 593 Beispielsweise Breithaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, Teil 5, § 2, Rn. 7 (§ 1 Abs. 3 des Musters: „[…] ist verpflichtet, das Wohl der Gesellschaft nach besten Kräften zu fördern.“).

126

C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Aufwendungen, die im Interesse der Gesellschaft erfolgt sind, normieren594; das Vorstandsmitglied verpflichten, seine ganze Schaffenskraft der Gesellschaft zu widmen595 oder ihm eine Verschwiegenheitspflicht auferlegen596. Der Anstellungsvertrag für den anstellungsvertraglichen Regelfall greift insoweit die vorgegebene organschaftliche Pflichtenstellung auf. bb) Abstrakte Bestimmung (1) Ausdrückliche Verpflichtung auf das Interesse des Dritten Ähnlich wie im Bereich des anstellungsvertraglichen Regelfalls wird sich in einem Drittanstellungsvertrag eine ausdrückliche Verpflichtung auf die Interessen des Dienstherrn kaum finden lassen. Ausgeschlossen ist sie hingegen nicht. Allerdings sind derartige Nebenpflichten auch in anderen Bereichen regelmäßig nicht ausdrücklich normiert. Insbesondere bei Dienstverträgen ist eine ausdrückliche Normierung untypisch.597 (2) Vertragliche Treuepflicht aus dem Inhalt des Drittanstellungsvertrags In der überwiegenden Anzahl der Fälle werden sich Nebenpflichten gemäß §§ 241 Abs. 2, 242 BGB aus dem Inhalt des Vertrags bzw. kraft Gesetzes ergeben.598 Schuldverhältnisse ohne Nebenpflichten sind kaum denkbar.599 Sie sind vielmehr auch ohne Vereinbarung geschuldet. Der Wortlaut des § 241 Abs. 2 BGB („kann“) soll nur verdeutlichen, dass Umfang und Intensität der Nebenpflichten je nach Vertrag divergieren können.600 Gleichwohl sind die einzelnen Schutz- und Rücksichtspflichten begründungsbedürftig.601 Die inhaltliche Ausgestaltung ist unter Berücksichtigung von Vertragszweck, Verkehrssitte sowie den Anforderungen des 594 Beispielsweise Breithaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, Teil 5, § 2, Rn. 7 (§ 5 Abs. 1 des Musters: „Im Interesse der Gesellschaft getätigte Auslagen und Reisekosten werden […] erstattet); ähnlich Tomicic, in: Beck’sche Online-Formulare Vertragsrecht, 2.3.3. (§ 4 des Musters); Happ, AktienR, 8.08, S. 862 ff. (§ 4 Abs. 2 des Mustervertrags: „[…] Ersatz für die im Gesellschaftsinteresse erforderlichen Aufwendungen. […]“). 595 Vgl. Fn. 375. 596 Beispielsweise Breithaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, Teil 5, § 2, Rn. 7 (§ 7 des Musters); Haas/Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 141 f. (§ 7 Abs. 2 des Musters). 597 Davon inzident ausgehend u. a. Fuchs, in: Bamberger/Roth, BGB, § 611, Rn. 61 (Herleitung aus § 242 BGB, soweit keine gesetzliche Sonderregelung besteht); Mansel, in: Jauernig, BGB, § 611, Rn. 23; Schreiber, in: Hk-BGB, § 611, Rn. 18 (jeweils Herleitung aus § 241 Abs. 2, 242 BGB). 598 Vgl. Fn. 597 sowie unten C. III. 3. b) bb) (2) (b) (aa) (a). 599 Krebs, in: AnwK-BGB, § 241, Rn. 7. 600 Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 48; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, AT, Rn. 123; Kersting, Die Dritthaftung für Informationen im Bürgerlichen Recht, S. 340. 601 Krebs, in: NK-BGB, § 241, Rn. 46 m.w.N.

III. Leitungsermessen

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redlichen Rechtsverkehrs und damit letztlich nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln.602 Als eine derartige vertragliche Nebenpflicht kommt insbesondere die Verpflichtung zur Wahrung der Interessen des anderen Vertragsteils in Betracht.603 Gerade ein Dienstvertrag – wie etwa der Anstellungsvertrag604 – ist durch ein umfassendes, persönliches Element geprägt, so dass weitreichende Nebenpflichten regelmäßig zu bejahen sind.605 Je größere Bedeutung die Parteien dem Gesichtspunkt des gegenseitigen Vertrauens und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit beimessen, desto intensiver sind auch etwaige Nebenpflichten ausgestaltet.606 Unter Beachtung dieser Grundsätze gilt es, die Reichweite einer entsprechenden vertraglichen Treuepflicht bei Drittanstellungen zu ermitteln. Für die Auslegung ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abgabe der maßgeblichen Willenserklärungen abzustellen. Es geht nicht darum, dem Rechtsgeschäft zu einem Inhalt zu verhelfen, der zu einem späteren Zeitpunkt interessengerechter erscheint.607 Bei der Untersuchung ist abermals zwischen den verschiedenen Konstellationen eines Drittanstellungsvertrags zu unterscheiden. (a) Anstellungsvertraglicher Regelfall Soweit der Anstellungsvertrag mit der Bestellungskörperschaft geschlossen wird, ergibt sich aus diesem unstrittig eine schuldrechtliche Treuepflicht zugunsten der eigenen Aktiengesellschaft. Das Vorstandsmitglied ist verpflichtet, die Interessen der Bestellungskörperschaft zu wahren. Durch die schuldrechtliche Rezeption der organschaftlichen Pflichten ist sie weitgehend identisch mit der organschaftlichen Treuepflicht.608 Demzufolge besteht ein Gleichlauf zwischen anstellungsvertraglicher und organschaftlicher Ausrichtung jeglichen Vorstandshandelns auf die Interessen der Bestellungskörperschaft. Eine Kollision zwischen dem Leitungsermessen nach § 76 Abs. 1 AktG und dem Anstellungsvertrag ergibt sich naturgemäß nicht.

602 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 241, Rn. 7; vgl. auch die Gesetzesbegründung, BT-Dr 14/6040, S. 126; BGH, VIII ZR 238/08, NJW 2010, 1135, 1137; Fuchs, in: Bamberger/Roth, BGB, § 611, Rn. 61. 603 Mansel, in: Jauernig, BGB, § 611, Rn. 23; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242, Rn. 23; Schreiber, in: Hk-BGB, § 611, Rn. 18. 604 Vgl. B. I. 2. 605 Fuchs, in: Bamberger/Roth, BGB, § 611, Rn. 61; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 611, Rn. 39. 606 Mansel, in: Jauernig, BGB, § 611, Rn. 23; Fuchs, in: Bamberger/Roth, BGB, § 611, Rn. 61; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 611, Rn. 39. 607 BGH, V ZR 360/96, NJW 1998, 3268, 3269/3270; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133, Rn. 6b. 608 Vgl. B. II. 1.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

(b) Sonderfall der Drittanstellung (aa) Systematisierung der Nebenpflichten Um sich der Frage der Reichweite der Nebenpflicht in einem Drittanstellungsvertrag nähern zu können, bedarf es zunächst einer Bestimmung der Wirkungsrichtung etwaiger Nebenpflichten im Allgemeinen. Mit dem teilweise pauschal erhobenen Einwand, das drittangestellte Vorstandsmitglied sei durch den Drittanstellungsvertrag schuldrechtlich auf die Wahrung der Interessen des Dritten verpflichtet609, kann es nicht sein Bewenden haben. Vielmehr bedarf es eines Abgleichs mit den anerkannten Fallgruppen von Nebenpflichten. Obgleich sich eine generalklauselartige Definition von Nebenpflichten wegen ihrer Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls verbietet610, können die in der Literatur diskutierten Nebenpflichten erste Anhaltspunkte für eine Bewertung der Nebenpflichten in einem Drittanstellungsvertrag geben. Allgemein lassen sich Nebenpflichten als eine Vielzahl von, das Vertragsverhältnis begleitenden Pflichten umschreiben, „die entweder gar nicht oder nur mittelbar mit der vertraglichen Leistung zusammenhängen und ein über die vereinbarte Leistung hinausgehendes, allgemein-vertragsgerechtes Verhalten zum Gegenstand haben.“611 Nebenpflichten dienen zwei, voneinander zu unterscheidende Interessen: dem Erhaltungs- bzw. Integritätsinteresse (Schutzpflichten) auf der einen und dem Leistungsinteresse (Nebenleistungspflichten) auf der anderen Seite.612 (a) Schutzpflichten Die Schutzpflichten hinsichtlich den Rechten, Rechtsgütern sowie Interessen des jeweils anderen Teils orientieren sich am Integritätsinteresse.613 Derartige Rücksichtnahmepflichten im engeren Sinne können entsprechend dem Wortlaut von § 241 Abs. 2 BGB ebenfalls Interessenwahrungs- und Loyalitätspflichten begründen.614 Zusammenfassend beinhalten sie die Pflicht, sich bei Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum, Vermögen und sonstige Rechtspositionen des anderen Teils nicht verletzt werden.615 Sie bezwecken den Schutz der Rechtsgütersphäre der Gegenseite und sollen die Durchführung des 609

So Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-indie-hand-die-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 610 Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 277/278. 611 Weller, Die Vertragstreue, S. 240. 612 Vgl. Unterscheidung etwa bei Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 54 f.; Canaris, JZ 1965, 475, 477. 613 Stoll, AcP 136 (1932), S. 257, 289; Teichmann, in: Soergel BGB, 12. Aufl., § 242, Rn. 133 m.w.N. 614 BGH, XI ZR 384/03, NJW 2006, 830, 833; Weller, Die Vertragstreue, S. 240 ff. 615 BGH, III ZR 169/81, NJW 1983, 2813, 2814; BGH, XI ZR 479/02, NJW-RR 2004, 481, 483; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242, Rn. 35.

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Vertrags erleichtern und fördern.616 Angesichts des geschäftlichen Kontakts und der damit korrespondierenden sozialen Nähe sind die Parteien eines Schuldverhältnisses in einem höheren Maße als sonst gezwungen, auf die Wahrung ihrer Rechtsgütersphäre durch den jeweils anderen Teil zu vertrauen.617 Die Schutzpflichten als nicht leistungsbezogene Nebenpflichten sind Korrelat dieser erhöhten Einwirkungs- und verminderten Verteidigungsmöglichkeit.618 Durch den Dienstvertrag öffnet der Dienstherr seinen Interessen- und Rechtsgüterbereich für den Dienstnehmer und lässt ihn in seiner Sphäre wirken. Das Schädigungspotential ist deutlich höher als durch einen außenstehenden Dritten. Dies rechtfertigt es, dem Dienstnehmer eine weitreichende Schutzpflicht gegenüber dem Dienstherrn aufzuerlegen (und umgekehrt). Die Schutzpflichten sind jedoch ausschließlich auf die Erhaltung des status quo gerichtet und nicht auf eine Mehrung bzw. Veränderung der Vermögenslage des Vertragspartners (status ad quem).619 Eine Vermögensmehrung kann nur mittels einer Hauptpflicht oder einer an ihr ausgerichteten Nebenpflicht geschuldet sein. In erster Linie äußern sich die Schutzpflichten im Verbot der aktiven Schädigung schon vorhandener Rechtsgüter der Gegenseite.620 Die Auferlegung von Schutzpflichten ist allerdings nur in dem Umfang gerechtfertigt, wie es der bestehenden Einwirkungsmöglichkeit des Verpflichteten sowie der daraus resultierenden verminderten Abwehrmöglichkeit und damit der Schutzbedürftigkeit der Gegenseite entspricht.621 Eine Aufhebung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit des Geschützten ist dadurch weder bezweckt noch wäre sie dem Schutzverpflichteten zumutbar.622 Eine weitere Ausgestaltung der Schutzpflicht ist die Pflicht zum aktiven Schutz der Gegenseite in Form von Abwehr-, Erhaltungs- und Schadensminderungspflichten.623 Sie erfasst Gefahren für die Rechtsgüter der Gegenseite, die nicht in 616

Gröschler, in: FS Konzen, S. 109, 114; Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 283. BGH, III ZR 169/81, NJW 1983, 2813, 2814; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 241, Rn. 90. 618 Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 55 u. Rn. 111; Teichmann, in: Soergel BGB, 12. Aufl., § 242, Rn. 133; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 212 und S. 485. 619 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/6040, S. 125; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, AT, Rn. 507; Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 276 f.; Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 52 m.w.N. 620 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 504. 621 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 505. 622 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 484. 623 Ausführlich zum Ganzen Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 505; Witt, NJW 2012, 3130, 3132; in der Literatur wird diese Pflicht teilweise im Zusammenhang mit den Mitwirkungspflichten als Fall der Leistungstreuepflichten behandelt und mit der Pflicht zur aktiven Interessenwahrnehmung umschrieben: so Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 97 ff.; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 241, Rn. 55, 67 ff. Diesen ist zuzugestehen, dass sich eine derartige Pflicht zum aktiven Schutz teilweise an der Schnittstelle zwischen Integritäts- und Leistungsinteresse bewegt. 617

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einem Verhalten des Vertragspartners selbst ihren Ursprung haben, sondern von Dritten oder anderweitigen Ursachen (wie z. B. Naturkatastrophen) ausgehen. Die Pflicht zum aktiven Schutz ist anders als das Verbot der aktiven Schädigung nicht mit einer aus den Vertragsverhältnis folgenden gesteigerten Einwirkungsmöglichkeit zu rechtfertigen und deshalb, auch um eine zu weitreichende Aushöhlung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit zu vermeiden, in einem weitaus restriktiveren Umfang anzunehmen. In Betracht kommt die Annahme allenfalls bei Gefahren, die den Leistungszweck der Sonderverbindung vereiteln oder erheblich gefährden würde624 ; soweit eine Abwehr durch den Verpflichteten leichter und billiger wäre625 oder bei Vorliegen eines vorangegangenen risikoerhöhenden Verhalten des Schutzpflichtigen.626 Aus Sicht der Schutzpflichten ist eine mit den organschaftlichen Pflichten des drittangestellten Vorstandsmitglieds kollidierende, vertragliche Pflicht nur über den Bereich des Verbots der aktiven Schädigung möglich. Dementsprechend sind Fallgestaltungen vorstellbar, in denen ein im Interesse der Aktiengesellschaft liegendes Vorstandshandeln zugleich bestehende Rechtsgüter (beispielsweise das Vermögen) des Dienstherrn tangiert. Mittels der Pflicht zum aktiven Schutz der vertraglichen Gegenseite erscheint eine Kollision demgegenüber von vornherein ausgeschlossen. Insbesondere die Fallgruppe der leichteren und billigeren Abwehr durch den Verpflichteten führen zu keinem Konfliktpotential. Sie besteht nur ausnahmsweise. Grundsätzlich obliegt es jeder Partei selbst, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen zu wahren.627 Zur Erhaltung der Austauschgerechtigkeit sowie aus Gründen der Zumutbarkeit darf aus ihrer Auferlegung kein erheblicher Eingriff in die eigenen berechtigten Interessen des Schutzpflichtigen resultieren,628 dies wäre aber wegen der bestehenden Sonderverbindung zu der Bestellungskörperschaft der Fall.629 Die aktive Schutzpflicht kann nicht dazu führen, dass der Schutzpflichtige eine neutrale Stellung zwischen der Bestellungskörperschaft und dem Dienstherrn verlassen müsste.630 Eine Pflicht zur Zurückstellung gleich- oder höherrangiger eigener Interessen besteht insoweit nicht.631 In diesem Zusammenhang ist zusätzlich die Quelle der Schutzpflichten in die Erwägungen einzubeziehen. Regelmäßig machen sich die Parteien weder hinsichtlich deren Existenz noch deren inhaltlicher Reichweite Gedanken. Schutzpflichten 624

Insoweit ergibt sich eine Überschneidung zur Leistungstreuepflicht. In diesem Sinne wohl auch BGH, VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184 ff. 626 Ausführlich Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 505 ff.; zustimmend Olzen, in: Staudinger BGB, § 241, Rn. 488. 627 BGH, VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184, 2185 f.; zustimmend Witt, NJW 2012, 3130 ff. 628 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 506. 629 Vgl. ausführlich unter C. III. 3. b) bb) (2) (b) (dd). 630 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 507. 631 BGH, VIII ZR 220/11, NJW 2012, 2184, 2185; BGH, VIII ZR 118/67, BB 1969, 446; Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 97; Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 241, Rn. 67. 625

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mangelt es deshalb weitgehend an einer konkreten Rückbindung an den geäußerten Parteiwillen. Sie entstehen vielmehr kraft dispositiven Gesetzesrechts.632 Dies führt indes nicht zu einer gänzlichen Irrelevanz des Parteiwillens. Ein abweichender Parteiwille ist stets beachtlich. So ist es den Parteien durchaus möglich, Schutzpflichten ausdrücklich im Vertrag zu vereinbaren.633 Zudem ist gesetzlich lediglich ein „abstrakt-relativer Pflichtenrahmen“ vorgegeben, der hinsichtlich der Ausgestaltung der Einzelpflichten einer Konkretisierung im konkreten Einzelfall sowie einer besonderen Begründung bedarf.634 Dabei ist neben dem Vertragszweck selbstverständlich auch der Parteiwillen zu beachten. (b) Nebenleistungspflichten Neben den Schutzpflichten stehen die am Leistungsinteresse ausgerichteten leistungssichernden Nebenpflichten.635 Sie sind abhängig vom vertraglichen Austauschverhältnis, indem sie der Vorbereitung, Erleichterung, Unterstützung, Sicherung sowie vollständigen Durchführung der vertraglichen Leistung (Hauptpflicht) dienen. Sie haben die Förderung von Leistungserfolg und Vertragszweck zum Inhalt.636 Negativ ausgedrückt müssen die Parteien alles unterlassen, was die Verwirklichung des Vertragszwecks gefährden oder beeinträchtigen würde.637 Leistungssichernden Nebenpflichten äußern sich in Mitwirkungs-, Leistungstreue sowie Auskunfts- und Aufklärungspflichten.638 All diesen gemeinsam sind die Unterordnung unter die Hauptleistungspflicht respektive deren Verknüpfung mit dem Leistungszweck und damit deren dienender Charakter.639 Die Nebenpflichten in diesem Sinne haben im Unterschied zu den Schutzpflichten somit von vornherein nicht den Schutz des Vermögens des anderen Teils im Blick.640

632 Grigoleit, in: FS Canaris, S. 275, 282; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 564; Canaris, in: FS Larenz, S. 26, 102/103; zum Meinungsstand Olzen, in: Staudinger, BGB, § 241, Rn. 382 ff. 633 Zum Ganzen Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 281 ff. 634 Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 284/285. 635 Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 54. 636 Weller, Die Vertragstreue, S. 249; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242, Rn. 27; Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 278; Canaris, JZ 1965, 475, 477. 637 Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 83; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242, Rn. 27. 638 Krebs, in: AnwK-BGB, § 242, Rn. 15 ff. 639 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 242, Rn. 24; Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 279; Canaris, JZ 1965, 475, 477. 640 Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 278.

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(c) Existenz einer umfassenden, schuldrechtlichen Treuepflicht? Soweit im Kontext der Nebenpflichten von Loyalitätspflichten als Ausformung einer sonderspezifischen Treuepflicht die Rede ist641, ergibt sich hieraus kein abweichender Umfang der Nebenpflichten. Eine umfassende, schuldrechtliche Treuepflicht existiert nicht. Die in diesem Zusammenhang thematisierten Pflichten gehen in den oben skizzierten Fallgruppen auf. Die unterschiedliche Terminologie ist der ursprünglichen Herleitung einzelner Nebenpflichten aus § 242 BGB geschuldet und nicht mit einer inhaltlich divergierenden Ausgestaltung verbunden. Der Begriff der Treuepflicht hat demnach nur noch historischen Wert, da alle über die Hauptpflicht hinausgehenden sonstigen Pflichten nunmehr als Nebenpflichten bezeichnet werden.642 Insbesondere die Schutzpflichten als Unterfall der Nebenpflichten galten vormalig als Kern der Treuepflichten.643 Eine weiterreichende Pflicht ergibt sich aus der unterschiedlichen Terminologie folglich nicht. Soweit man mittels § 242 BGB dennoch weitere Nebenpflichten über die oben genannten Fallgruppen der Nebenpflichten hinaus begründen will, ergibt sich kein abweichender Befund. Bei § 242 BGB handelt es sich um eine offene Norm, die der wertenden Konkretisierung im konkreten Einzelfall mittels Interessenabwägung bedarf.644 Im Zuge der Interessenabwägung ist jedoch die wissentliche und willentliche Zuweisung bzw. Vereinbarung der Vorstandstätigkeit bei einer außerhalb des Vertragsverhältnisses stehenden Bestellungskörperschaft einzustellen. Übt das drittangestellte Vorstandsmitglied die Tätigkeit nunmehr in Übereinstimmung mit den aktienrechtlichen Vorgaben aus, kann dies keine treuwidrige Pflichtverletzung im Verhältnis zu dessen Dienstherrn begründen. (d) Fazit Eine pauschale Nebenpflicht, nach der sich das Vorstandsmitglied bei jeder Entscheidung ausschließlich an den Interessen des anderen Vertragspartners zu orientieren und folglich jedwede Entscheidung an ihnen auszurichten hätte, existiert nicht. Nebenpflichten haben stets eine Ergänzungsfunktion und sind im Falle der Schutzpflichten auf die Erhaltung der bestehenden Rechtsgüter des Vertragspartners gerichtet. Im Mittelpunkt steht demnach ein schadensverhindernder Charakter, d. h. die Unversehrtheit der nach dem status quo vorhandenen Rechtsgüter. Eine Schutzpflichtverletzung läge erst dann vor, wenn durch eine Entscheidung als Vorstandsmitglied bestehende Rechtsgüter (auch Vermögensinteressen) des Dienstherrn in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Ausrichtung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit an den Interessen des Dienstherrn außerhalb der Erhaltung der bestehenden Rechtsgüter betrifft demgegenüber nicht eine Nebenpflicht, sondern 641 Beispielsweise Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, S. 446 ff.; ders., in: NK-BGB, § 242, Rn. 5. 642 Reichold, in: MünchHdb. ArbR, § 47, Rn. 1/2. 643 Reichold, in: MünchHdb. ArbR, § 47, Rn. 3. 644 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 244 ff. m.w.N.

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die Art und Weise der Ausführung der Hauptleistungspflicht. Eine derartige Pflicht kann sich mithin nicht aus §§ 214 Abs. 2, 242 BGB, sondern nur aus der Hauptpflicht selbst ergeben. Ein anderes Ergebnis wäre mit dem Gedanken der Eigenverantwortlichkeit der Parteien des Drittanstellungsvertrags nicht vereinbar. Diese Grundsätze gilt es bei der Frage nach der Existenz einer anstellungsvertraglichen Pflicht zur Wahrnehmung der Interessen des Dienstherrn zu berücksichtigen. (bb) Hauptleistungspflicht und § 242 BGB Eine Ausrichtung der Hauptleistungspflicht auf die Interessen des Dienstherrn ist nicht mittels § 242 BGB zu erreichen. Zwar kommt § 242 BGB eine Konkretisierungsfunktion zu, nach der eine inhaltliche Präzisierung und Ergänzung von Rechten und Pflichten, insbesondere der Art und Weise der Leistungserbringung möglich ist.645 So hat der Schuldner bei der Leistungserbringung auf die berechtigen Interessen des Gläubigers Rücksicht zu entnehmen.646 Die Konkretisierungsfunktion zielt jedoch lediglich auf Fallgestaltungen wie die Leistung zur Unzeit oder aber Fragen der Bestimmung des Leistungsorts ab.647 Eine Pflicht zur Orientierung an den vor allem wirtschaftlichen Interessen des Dienstherrn kann sich daraus nicht ergeben. Dies gilt erst recht, soweit die Hauptleistungspflicht – sei es von Anfang an oder nachträglich im Wege der Zuweisung – auf die Tätigkeit bei einem Dritten (Bestellungskörperschaft) gerichtet ist. Eine Bindung des drittangestellten Vorstandsmitglieds bei der Ausübung seines Vorstandsmandats an die Interessen des Dienstherrn lässt sich daher über § 242 BGB nicht begründen. (cc) Drittanstellung für ein konkretes Vorstandsmandat Wird der Drittanstellungsvertrag ausschließlich aus Anlass der Bestellung und für die Wahrnehmung eines konkreten Vorstandsmandats geschlossen, ergibt sich aus dem Drittanstellungsvertrag keine mit der organschaftlichen Stellung kollidierende, vertragliche Pflicht. Die Möglichkeit einer anstellungsvertraglichen Rezeption der organschaftlichen Pflichtenbindung kann ohne nähere Untersuchung nicht per se gegen eine potentielle Interessenwahrungspflicht aus dem Anstellungsvertrag angeführt werden. Zum einen erfolgt eine Rezeption nur, soweit kein abweichender Parteiwillen feststellbar ist, wobei die Existenz einer gegenläufigen, schuldrechtlichen Pflicht hierbei als Indiz für einen entgegenstehenden Parteiwillen fungieren kann. Zum anderen lässt die Übernahme der organschaftlichen Pflichten inklusive der Ausrichtung auf die Interessen der Bestellungskörperschaft nicht automatisch eine anstellungsvertragliche Pflicht entfallen. Es würden sich in einem ersten Schritt lediglich zwei widersprechende, vertragliche Regelungen bzw. Pflichten gegenüberstehen, die v. a. 645

Sutschet, in: Bamberger/Roth, BGB, § 242, Rn. 39. Roth/Schubert, in: MünchKomm BGB, § 242, Rn. 177; Krebs, in: NK-BGB, § 242, Rn. 40. 647 Vgl. Fn. 646; ebenso Grüneberg, in: Palandt, § 242, Rn. 22. 646

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durch Auslegung in einen Ausgleich zu bringen wären.648 Somit ist zunächst zu beleuchten, ob eine anstellungsvertragliche Verpflichtung auf die Interessen des Dienstherrn im Sinne einer Haupt- oder Nebenpflicht besteht, bevor auf die Frage der Reichweite einer Rezeption eingegangen werden kann. (a) Hauptleistungspflicht Hauptleistungspflichteines so gestalteten Drittanstellungsvertrags ist die Wahrnehmung eines konkret bezeichneten Vorstandsmandats bei einer im Vertrag benannten Aktiengesellschaft. Der Vertragszweck ist auf die Durchführung dieses Mandats beschränkt. Eine Bindung an die Interessen des anstellenden Dritten (Dienstherrn) kann einer Auslegung der vertraglichen Hauptleistungspflicht nach §§ 133, 157 BGB im Regelfall nicht entnommen werden.649 Ein derartiges Auslegungsergebnis wäre in sich widersprüchlich. Inhalt der Hauptleistungspflicht ist die Wahrnehmung eines Vorstandsmandats bei einer von dem Dienstherrn divergierenden Aktiengesellschaft. Ohne abweichende Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Hauptleistungspflicht entsprechend der aktienrechtlichen Vorgaben wahrzunehmen ist und das Vorstandsmitglied somit bei seiner Mandatsausübung einzig den Interessen der Bestellungskörperschaft verpflichtet sein soll. (b) Nebenpflicht Aus einer Nebenpflicht ergibt sich ebenfalls keine kollidierende Interessenbindung. Bei der Bestimmung der Reichweite der Nebenpflichten kommt dem Vertragszweck eine maßgebliche Bedeutung zu. Bei einem derart funktionell gebundenen Drittanstellungsvertrag ist der Zweck aber ausschließlich auf die Wahrnehmung eines Vorstandsmandats bei einer personenverschiedenen Gesellschaft als Hauptpflicht ausgerichtet. Aus der Fallgruppe der leistungssichernden Nebenpflichten muss wegen ihrer engen Verknüpfung mit der Hauptpflicht eine entsprechende Verpflichtung jedenfalls ausscheiden. Die Wahrnehmung des Vorstandsmandats bei der außerhalb des Anstellungsvertrags stehenden Aktiengesellschaft ist Hauptzweck und -pflicht der 648

In diesem Sinne Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 137: dieser nimmt – ohne Unterscheidung nach den verschiedenen Gestaltungsvarianten eines Anstellungsvertrags – eine Pflichtenkollision innerhalb des Anstellungsvertrags zwischen der schuldrechtlich rezipierten, organschaftlichen Pflicht und einer schuldrechtlichen Nebenpflicht an, die er aber vertragsintern (ohne näheren Begründungsaufwand) im Wege der Auslegung zugunsten der organschaftlichen Pflicht auflöst. Seiner Meinung nach sollen die Parteien im Zweifel keinen Widerspruch zu den organschaftlichen Pflichten beabsichtigen. Woher er seine Zweifelsregelung nimmt, bleibt unklar. Spindler bezeichnet diesen Ansatz daher zutreffend als Zirkelschluss; Spindler, Gutachten zur Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen und drittbezogenen Vergütungen, insbesondere im Konzern, in: Hans-BöcklerStiftung, Arbeitspapier 216, S. 69, 79. 649 A. A. wohl Spindler, Gutachten zur Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen und drittbezogenen Vergütungen, insbesondere im Konzern, in: Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 216, S. 69, 83.

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vertraglichen Vereinbarung. In der Wahrnehmung des Mandats anhand der aktienrechtlichen Vorgaben erfüllt sich dieser Zweck, so dass hierin nicht zugleich eine Verletzung einer an dem Leistungsinteresse ausgerichteten Nebenpflicht gesehen werden kann. Auch aus den Schutzpflichten kann sich eine Rücksichtnahme auf die Interessen des Dienstherrn nicht ergeben. Zwar entstehen derartige Schutzpflichten grundsätzlich kraft Gesetzes, ohne konkrete Verankerung im Parteiwillen. Gleichwohl kann die inhaltliche Ausgestaltung der Schutzpflichten nicht abstrakt-generalisierend und losgelöst vom der konkreten vertraglichen Vereinbarung bestimmt werden. Vielmehr werden die Schutzpflichten wegen ihres relativen Charakters durch die vertraglich umschriebene Leistung beeinflusst.650 Die Konkretisierung des gesetzlichen Pflichtenrahmens erfolgt anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls. Wie dargelegt, sind die Schutzpflichten Kehrseite der bestehenden Nähe der Vertragsparteien sowie der damit korrespondierenden Einwirkungsmöglichkeiten. Ist einziger Vertragszweck die Ausübung eines Vorstandsmandats bei einer vom Dienstherrn verschiedenen juristischen Person, besteht seitens des drittangestellten Vorstandsmitglieds keine Gelegenheit zur Einwirkung zulasten des Dienstherrn. Es ist ausschließlich im Interessen- und Rechtsgüterbereich einer dritten Aktiengesellschaft tätig. Die Annahme von Schutzpflichten ist dagegen nur gerechtfertigt und dem Verpflichteten zumutbar, wenn die Schutzpflichten zur Kompensation der aus dem Vertragsverhältnis resultierenden erhöhten Einwirkungsmöglichkeit benötigt werden.651 Der derart funktionell gebundene Drittanstellungsvertrag bezweckt allerdings von vornherein eine Tätigkeit in der Rechtsgütersphäre eines Dritten. Die Bedeutung des Drittanstellungsvertrags ist auf die Schaffung einer schuldrechtlichen Rahmens für die Ausübung eines konkreten Vorstandsmandats bei und v. a. für einer/ eine außerhalb des Vertragsverhältnisses stehenden Aktiengesellschaft beschränkt. Das Vorstandsmitglied wird von Anfang an dem Vertrag entsprechend nicht in Angelegenheiten des Dienstherrn, sondern denjenigen eines Dritten (Bestellungskörperschaft) tätig. Letztlich ist die Ablehnung umfassender Schutzpflichten Folge des Vorrangs der Leistungspflicht.652 Sie ist unmittelbares Ergebnis des Grundsatzes der Privatautonomie. Die Leistungspflicht ist Teil des durch die Parteien selbstständig und eigenverantwortlich gesetzten vertraglichen Regelungsrahmens. Die Schutzpflichten entstehen hingegen als ergänzender Mechanismus in den meisten Fällen – wie aufgezeigt – kraft Gesetzes und sind nicht durch einen entsprechenden Parteiwillen getragen.653 Der normative Vorrang der privatautonomen Gestaltung steht somit einer situativen Konkretisierung des sekundären, gesetzlichen Instruments der Schutz650

In diesem Sinne Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 284. Krebs, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmandaten in der Aktiengesellschaft, S. 246. 652 Hierzu Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 296 für den Vorrang einer vertraglichen Regelung, die ein normalerweise durch Schutzpflichten abgedeckten Risikos umfasst. 653 Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 296. 651

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pflichthaftung im bewährten Sinne entgegen.654 Das Vorrangverhältnis gilt nicht nur, soweit die Parteien ein eigentlich von der Schutzpflichthaftung abgedecktes Risiko einer privatautonomen Regelung zugeführt haben655, sondern auch für jedwede Überschneidung beziehungsweise Kollision von Leistungs- und Schutzpflichten. Haben die Parteien durch Vereinbarung festgelegt, dass das drittangestellte Vorstandsmitglied ausschließlich in der Sphäre einer dritten Aktiengesellschaft tätig werden soll und seine Tätigkeit entsprechend den aktienrechtlichen Vorgaben wahrzunehmen hat, muss dieser leistungsspezifische Parteiwillen bei der Konkretisierung der Schutzpflichten nachvollzogen werden. Eine die Leistungspflicht widersprechende Schutzpflicht kann dann nicht bestehen. Im Ergebnis besteht bei einem Drittanstellungsvertrag für ein konkretes Vorstandsmandat keine kollidierende vertragliche Pflicht zur Interessenwahrung. Vielmehr wird die organschaftliche Pflichtenbindung infolge deren anstellungsvertraglichen Rezeption zugleich zum Inhalt des Anstellungsvertrags.656 Mangels Existenz einer abweichenden Interessenbindung im Anstellungsvertrag ist kein der anstellungsvertraglichen Rezeption entgegenstehender Wille der Parteien erkennbar. Das Vorstandsmitglied schuldet nach dem Drittanstellungsvertrag eine ordnungsgemäße respektive eine den aktienrechtlichen Regelungen entsprechende Wahrnehmung seines Vorstandsmandats. Demgemäß ist das Vorstandsmitglied auch anstellungsvertraglich auf die Interessen der Bestellungskörperschaft verpflichtet. Nur auf diese Weise kann zugunsten des Dritten (Dienstherrn) ein eigenständiger, vertraglicher Schadensersatzanspruch bei einem schuldhaften Handeln des Vorstandsmitglieds entgegen den Interessen der Bestellungskörperschaft und gleichzeitigem eigenen Schaden des Dienstherrn bestehen.657 Das gilt allerdings nur, soweit weder ein abweichender Parteiwillen noch eine ausdrückliche, gegenläufige Verpflichtung besteht. (dd) Offener Drittanstellungsvertrag Bei funktionell ungebundenen Drittanstellungsverträgen, die sich nicht in der Schaffung einer schuldrechtlichen Grundlage für ein konkretes Vorstandsmandat erschöpfen658, ist die Ausgangslage für die Beurteilung der vertraglichen Interessenbindung eine andere. Die Ausübung des Vorstandsmandats erfolgt auf Grundlage eines schon zuvor zwischen dem jetzigen Vorstandsmitglied und dem Dritten (Dienstherrn) bestehenden und gelebten Vertragsverhältnisses. Die Wahrnehmung der Organfunktion ist aus schuldrechtlicher Sicht Folge der Zuweisung durch den Dienstherrn. Der Schwerpunkt der tätigkeitsspezifischen Beziehung liegt nicht von vornherein bei einem Dritten (z. B. der Bestellungskörperschaft). Vielmehr ist das 654 655 656 657 658

Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 296. In diesem Sinne Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 296. Vgl. B. I. 4. c). Vgl. auch B. I. 4. c) bb). Vgl. A. II. 2.

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nunmehrige Vorstandsmitglied vorrangig im Unternehmen des Dienstherrn tätig. Dies spiegelt sich im Bereich der Nebenpflichten wider. Infolge der ursprünglichen Tätigkeit für den Dienstherrn in dessen Interessensphäre bestehen grundsätzlich gegenseitige Schutzpflichten, die gebieten, dass der Dienstnehmer auf die Interessen seines Dienstherrn bei der Ausübung seiner Tätigkeit Rücksicht zu nehmen hat. (a) Situative Konkretisierung der Schutzpflicht Durch die Zuweisung der neuen Tätigkeit als Vorstandsmitglied bei einer außerhalb des Vertragsverhältnisses stehenden Aktiengesellschaft kommt es zu einer entsprechenden Konkretisierung der Hauptleistungspflicht auf die Wahrnehmung dieses Vorstandsmandats. Die aus der Zuweisung der neuen Tätigkeit als Vorstandsmitglied resultierende „Änderung“ des Vertrags (Hauptleistungspflicht) hat sich zugleich im Bereich der Nebenpflichten abzubilden. Schutzpflichten als Ausgestaltung der Nebenpflichten richten sich generell nach Inhalt und Zweck des Vertrags. Sie sind kein starres System, das mit Vertragsschluss für die gesamte Laufzeit des Vertragsverhältnisses ex ante feststeht. Vielmehr richtet sich deren konkreter Inhalt flexibel nach der jeweilig vorherrschenden Situation und dementsprechend nach den Umständen des Einzelfalls.659 Sie sind „relativ zu den anlässlich der Durchführung des Schuldverhältnisses obwaltenden Umstände zu konkretisieren“ (situative Konkretisierung der Schutzpflicht)660. Der Dienstherr weist dem Dienstnehmer schuldrechtlich die Tätigkeit als Vorstandsmitglied willentlich und im Wissen der organschaftlichen Pflichtenstellung, insbesondere der bestehenden Interessenbindung, zu. Es kommt zu einer vorübergehenden Ausrichtung des Vertragsverhältnisses auf die Vorstandstätigkeit bei einem außerhalb des Vertrags stehenden Dritten (Bestellungskörperschaft). Ohne Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen folgt aus der Zuweisung der Vorstandstätigkeit eine einseitige, temporäre Suspendierung der Schutzpflichten des nunmehrigen Vorstandsmitglieds im Verhältnis zum Dienstherrn. Bei der Wahrnehmung der Vorstandstätigkeit unterliegt das drittangestellte Vorstandsmitglied daher keinerlei Schutzpflichten oder Interessenbindungen zugunsten seines Dienstherrn. Die grundsätzlich aus dem Anstellungsvertrag resultierenden Nebenpflichten sind auf die neue Situation anzupassen. Der Dienstherr muss sich an der Zuweisung und seinem geäußerten Willen festhalten lassen. Ihm muss bewusst sein, dass er mit der Zuweisung dem Dienstnehmer eine Tätigkeit überträgt, dessen inhaltliche Ausgestaltung weitgehend durch das AktG bestimmt ist. Zu einem anderem Ergebnis gelangt man nur, soweit ein abweichender Wille feststellbar ist oder eine ausdrückliche Verpflichtung existiert. Dies ist aber der Ausnahmefall.661 659

Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 278 m.w.N. sowie S. 286 u. S. 290; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 241, Rn. 13. 660 Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 278. 661 A. A. Molitor, AG 1957, 193, 195: nach diesem liegt eine Verpflichtung, nach der die Vorstandsaufgaben im für den Dritten günstigen Sinne wahrzunehmen sind, nahe.

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(b) Zumutbarkeitserwägung Auch aus einem weiteren Gesichtspunkt scheidet die Annahme anstellungsvertraglicher Schutzpflichten des drittangestellten Vorstandsmitglieds aus. Die einzelfallspezifische Konkretisierung von Schutzpflichten hat neben der Wahrung der generellen Eigenverantwortlichkeit der Vertragsparteien zusätzlich die Zumutbarkeit etwaiger Pflichten für den Schutzpflichtigen zu berücksichtigen.662 Die Annahme einer Schutzpflicht ist dem Verpflichteten nicht zumutbar, sofern sie mit einem erheblichen Eingriff in seine eigenen berechtigten Interessen verbunden ist. Ein derartiges berechtigtes Interesse kann insbesondere aus einer etwaigen Sonderverbindung zu einem Dritten resultieren.663 Danach ist in dem Bestellungsverhältnis zwischen dem drittangestellten Vorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft ein solches berechtigtes Interesse zu sehen. Dem drittangestellten Vorstandsmitglied wäre eine fortbestehende Schutzpflicht gegenüber dem Dienstherrn nach der Zuweisung der Vorstandstätigkeit unzumutbar. Zumal der Dienstherr in Kenntnis der weitgehenden Ausgestaltung der Vorstandstätigkeit durch die aktiengesetzlichen Vorgaben und der daraus folgenden ausschließlichen Bindung an die Interessen der Aktiengesellschaft mit seiner Zuweisung selbst den Grundstein für diese Sonderverbindung zum Dritten legt. (c) Zwischenfazit Mangels einer entgegenstehender vertraglichen Schutzpflicht kommt es ebenso wie im Falle der Drittanstellung für ein konkretes Vorstandsmandat auch bei einer offenen Gestaltung des Drittanstellungsvertrags zu einer insoweit umfassenden schuldrechtlichen Rezeption der organschaftlicher Pflichtenlage. Das Vorstandsmitglied ist nach dem Drittanstellungsvertrag demnach ausschließlich auf die Interessen der Bestellungskörperschaft verpflichtet. (d) Zusätzliche Tätigkeit für den Dienstherrn Nicht anders zu beurteilen ist die Thematik, wenn das Vorstandsmitglied aufgrund ein und desselben Vertragsverhältnisses auf Weisung des Dienstherrn sowohl das Vorstandsmandat bei der Bestellungskörperschaft ausübt als auch weiterhin für den Dienstherrn selbst tätig bleibt. Schutzpflichten sind grundsätzlich unteilbar,664 so dass hinsichtlich einzelner aufgrund des Vertragsverhältnisses ausgeübter Tätigkeiten die Schutzpflicht nicht aufgespalten werden kann. Dient das Vertragsver662 Krebs, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmandaten in der Aktiengesellschaft, S. 484; so auch BGH, III ZR 169/81, NJW 1983, 2813, 2814; BGH, XI ZR 479/02, NJW-RR 2004, 481, 483; Bachmann/Roth, in: MünchKomm BGB, § 241, Rn. 110; Weidenkaff, in: Palandt, § 611, Rn. 40 (im Arbeitsverhältnis). 663 Krebs, Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmandaten in der Aktiengesellschaft, S. 506, 507. 664 So Reinfeld, in: Moll, Münch. Anwaltshdb. ArbR, § 72, Rn. 58 (für den Bereich des Teilarbeitsverhältnisses) sowie § 75, Rn. 32 (für den Fall der geringfügigen Beschäftigung); Olzen, in: Staudinger BGB, § 241, Rn. 488.

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hältnis jedoch ausnahmsweise als schuldrechtlicher Rahmen mehrerer Tätigkeiten, muss der Dienstnehmer nicht bei jeder aufgrund des Anstellungsvertrags geschuldeten Tätigkeit zwingend im gleichen Umfang Nebenpflichten unterliegen. Bestätigt wird diese Annahme durch folgende Kontrollüberlegung: Würden für jede der ausgeübten Tätigkeiten (z. B. Ausübung des Vorstandsmandats und Tätigkeit als leitender Angestellter) jeweils zwei voneinander getrennte Vertragsverhältnisse begründet, könnten sich aus den unterschiedlichen Verträgen auch divergierende Schutzpflichtenniveaus ergeben. Das gilt auch, wenn ausnahmsweise beide Tätigkeiten aufgrund ein und desselben Vertragsverhältnisse ausgeübt werden. Demnach unterliegt das Vorstandsmitglied selbst bei einer weiteren Tätigkeit für den Dienstherrn keiner vertraglichen Interessenwahrungspflicht bei Ausübung des Vorstandsmandats. Die Schutzpflichten beschränken sich auf die Tätigkeit beim Dienstherrn. (ee) Fazit Weder in der Gestaltung der Drittanstellung für ein konkretes Vorstandsmandat noch bei der offenen Gestaltung ergeben sich im Normalfall mit der organschaftlichen Pflichtenlage kollidierende Schutzpflichten. Eine Pflichtenkollision des drittangestellten Vorstandsmitglieds besteht nicht. Diese Feststellung soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich aus dem Vertragsverhältnis selbstverständlich anderweitige Nebenpflichten wie beispielsweise Verschwiegenheitspflichten ergeben können. Drittanstellungsverträge sind daher mit § 76 Abs. 1 AktG vereinbar. Das Vorstandsmitglied ist im Normalfall nicht „Diener zweier Herren“. c) Konfliktverhältnis Trotz des aufgefunden Ergebnisses sollen in der gebotenen Kürze die Rechtsfolgen einer ausnahmsweise aus dem Drittanstellungsvertrag als Nebenpflicht folgenden Interessenbindung näher beleuchtet werden. Eine derartige Pflicht kann sich entweder bei Existenz eines entsprechenden Parteiwillens mittels Auslegung ergeben oder aber ausdrücklich im Vertrag geregelt sein.665 Den Parteien steht es selbstverständlich offen, etwaige Schutzpflichten ausdrücklich im Vertrag zu verankern.666 Soweit im Folgenden von einer entsprechenden schuldrechtlichen Interessenwahrungspflicht die Rede ist, betrifft dies derartige atypische Fallgestaltungen. Da bei der Ausübung des Vorstandsmandats sowohl die organschaftliche als auch die anstellungsvertragliche Seite betroffen sind, unterliegt das drittangestellte Vorstandsmitglied in dieser Konstellation zwei Handlungspflichten. Diese beiden Pflichten werden in der Regel wegen der divergierenden Interessen von Bestellungskörperschaft und Dienstherrn konträr ausgestaltet sein. Es ist daher zu prüfen, ob eine Auflösung des bestehenden Konfliktverhältnisses möglich ist. 665 666

Von letzterem ausgehend Molitor, AG 1957, 193, 195. Vgl. C. III. 3. b) bb) (2) (b) (aa) (a).

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aa) Rückschlüsse aus der Rechtslage der Vorstandsdoppelmandate Eine Pflichtenkollision kann nicht durch einen pauschalen Verweis auf die durch den Bundesgerichtshof anerkannte Konstellation der Vorstandsdoppelmandate667 entkräftet werden.668 Einige Stimmen in der Literatur meinen gar, ein Doppelmandat wirke wesentlich stärker auf die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds ein als eine Drittanstellung. Es kollidiere nicht nur eine organschaftliche mit einer anstellungsvertraglichen respektive schuldrechtlichen Pflicht (wie es beim Drittanstellungsvertrag denkbar wäre), sondern zwei organschaftliche Pflichten miteinander, die wertungsgemäß auf einer Stufe stehen.669 Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung zum Vorstandsdoppelmandat indessen nur die doppelte Vorstandsstellung für zulässig erachtet. Mit der vertraglichen Gestaltung, also der Frage, ob dem Doppelmandat ein oder mehrere Anstellungsverträge zugrunde liegen, hat er sich nicht beschäftigt. Eine indirekte Anerkennung der Drittanstellung kann der Rechtsprechung daher nicht entnommen werden. (1) Vorstandsdoppelmandate – Grundsatz der Isolierbarkeit der Pflichten Bei der Situation der Doppelmandate geht es um zwei unterschiedliche Tätigkeitssphären, wobei grundsätzlich jede Sphäre durch einen eigenständigen Anstellungsvertrag geregelt ist. Bezugspunkt der jeweiligen organschaftlichen Pflichtenbindung sind zwei voneinander zu trennende Tätigkeiten. In diesen Konstellationen ist es mit dem Bundesgerichtshof zumindest vorstellbar, dass der Doppelmandatsträger bei seinen Entscheidungen stets die Interessen des entsprechenden Pflichtenkreises wahrnimmt670 und sich „jeweils den Hut derjenigen AG aufsetzt, für die er gerade tätig ist.“671 Aus den Gesamtumständen wie u. a. der Art des geschäftlichen 667 BGH, II ZR 170/07, NZG 2009, 744, 745 (arg. e. § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG); Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 219; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 70; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 49 jeweils m.w.N. 668 So aber KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865, 866; Reuter, A., AG 2011, 274, 277; Bürgers/ Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 84, Rn. 20; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 147 f.; ders., NZG 2011, 30, 1131; Arnold/Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 20, Rn. 92. 669 Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1306/1307; Habersack, in: FS Raiser, 111, 125 (im Kontext von Aktienoptionsprogrammen); KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865, 866; ähnlich auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 148. 670 BGH, II ZR 170/07, NZG 2009, 744, 745; Passarge, NZG 2007, 441, 442; Streyl, Zur konzernrechtlichen Problematik von Vorstands-Doppelmandaten, S. 172; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 93, Rn. 233; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 107 m.w.N. 671 Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012); ebenso Wirth, in: FS Bauer, S. 1147, 1157 („Zwei-Hüte-Theorie“); ähnlich Dreher, JZ 1990, 896, 900 (für Aufsichtsratsdoppelmandate).

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Vorgangs kann in der Regel bestimmt werden, in welcher Sphäre das Vorstandsmitglied momentan wirkt.672 Nimmt der Doppelmandatsträger eine Aufgabe für die Aktiengesellschaft A wahr, unterliegt er einer Pflichtenbindung ihr gegenüber und hat sich ausschließlich an ihren Interessen zu orientieren. Interessen des anderen Pflichtenkreises der Aktiengesellschaft B dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, soweit sie hierzu nicht in Widerspruch stehen.673 Durch diese Isolierbarkeit der Pflichten674 für den jeweiligen Tätigkeitsbereich wird dem Doppelmandatar eine Richtschnur an die Hand gegeben, welche Interessen er bei seiner Tätigkeit wahrzunehmen hat. Eine Pflichtenkollision ist überwiegend nicht existent. (2) Drittanstellung – Unmöglichkeit einer Isolierung der Pflichten Im Unterschied zu den Vorstandsdoppelmandaten betreffen die beiden Pflichtenbindungen bei der Drittanstellung ein und dieselbe Tätigkeitssphäre. Das drittangestellte Vorstandsmitglied ist permanent zwei Pflichtenbindungen – der organschaftlichen auf der einen und der anstellungsvertraglichen auf der anderen Seite – unterworfen. Das Kollisionspotential bei der Drittanstellung ist daher wegen der dauerhaft bestehenden Pflichtenbindungen bezüglich ein und derselben Tätigkeit um ein vielfaches höher als in der Konstellation der Vorstandsdoppelmandate. In der Person des drittangestellten Vorstandsmitglieds besteht bei jedem Handeln eine potentielle Kollision zwischen der der organschaftlichen und der anstellungsvertraglichen Pflichtenbindung. Bei jeder zu treffenden Entscheidung unterliegt er sowohl der organschaftlichen als auch der anstellungsvertraglichen, interessenrechtlichen Pflichtenbindung, wobei keine Identität der Interessensträger gegeben ist. Das Vorstandsmitglied ist deshalb hinsichtlich ein und demselben Tätigkeitsbereich durchgehend zwei in der Regel inhaltlich nicht übereinstimmenden Handlungspflichten unterworfen. Eine Isolierung der Pflichten durch Abgrenzung der verschiedenen Tätigkeits- bzw. Pflichtenbereiche ist bei Drittanstellung ausgeschlossen. Es ergibt sich – zumindest im Ausgangspunkt – eine „institutionalisierte Pflichtenkollision“.675 Obgleich die gesetzliche Anerkennung der Vorstandsdoppelmandate zeigt, dass der Gesetzgeber einen „Diener zweier Herren“ nicht von vornherein für unzulässig hält, lässt sich aus der Situation der Vorstandsdoppelmandate kein Rückschluss auf die Konstellation der Drittanstellung ableiten, denn das drittangestellte Vorstandsmitglied ist nicht nur zwei unterschiedlichen Interessenträgern verbunden, sondern ist „Diener zweier Herren“ hinsichtlich ein und derselben Tätigkeit. Eine Vergleichbarkeit der Situation des Vorstandsmitglieds bei 672 673

1021. 674

Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836, 866. Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 50 m.w.N.; Aschenbeck, NZG 2000, 1015,

So Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 107. Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 675

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

einer Drittanstellung mit derjenigen bei einem Vorstandsdoppelmandat ist daher mangels möglicher Isolierung der Pflichtenbindungen nicht gegeben. bb) Pflichtenkollision als Scheinproblem? Um die konkreten Auswirkungen der Pflichtenkollision bei der Drittanstellung auf die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds abschätzen zu können, ist zu untersuchen, inwieweit die alltägliche Vorstandsarbeit durch die institutionalisierte Pflichtenkollision geprägt ist. Keinesfalls handelt es bei der Pflichtenkollision wegen der inhaltlichen Identität etwaiger Interessen um eine Streitfrage ohne jegliche praktische Relevanz, so dass es deren Auflösung faktisch nicht bedürfen würde. Trotz allem ist für die weitere rechtliche Beleuchtung entscheidend, ob es sich bei der tatsächlichen Kollision von anstellungsvertraglicher Schutzpflicht und organschaftlicher Pflichtenbindung um eine dauerhafte oder aber eine punktuelle Kollision handelt. Vergleicht man die Konstellation der Vorstandsdoppelmandate mit derjenigen der Drittanstellung fällt auf, dass die Unabhängigkeit eines drittangestellten Vorstandsmitglieds mangels der Isolierbarkeit der Pflichten stärker beeinträchtigt ist als diejenige des Doppelmandatars.676 Zugleich ist jedoch der Umfang der kollidierenden Pflichten bei der Drittanstellung schwächer ausgestaltet. Insoweit ist der Ansatzpunkt der Ansicht, die einen erst-recht-Schluss aus der Anerkennung der Doppelmandate für die Drittanstellung ableiten will677, nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Bei Doppelmandaten befindet sich der Mandatar in einem potentiellen Konflikt zwischen zwei organschaftlich vermittelten Pflichten, die es gebieten, jede Entscheidung an den Interessen und dem Wohl der jeweiligen Bestellungskörperschaft auszurichten. Im Falle der Drittanstellung existiert eine derartige weitreichende anstellungsvertragliche Nebenpflicht jedoch nicht. Die Schutzpflicht hat lediglich die Wahrung des status quo des Dienstherrn im Blick. Eine Kollision ist nur denkbar, wenn sich ein und dieselbe in Ausübung des Vorstandsmandats zu treffende Entscheidung zugleich negativ auf die bestehenden Rechtsgüter des Dienstherrn auswirkt. Wie wahrscheinlich eine derartige Zuspitzung der Pflichtenkollision ist, lässt sich schwerlich abstrakt bestimmen, da diese Bewertung von vielen Einzelumständen wie etwa der Zusammensetzung der Vermögensstruktur des Dienstherrn abhängig ist. Reine Interessengegensätze sind bei der Drittanstellung durchaus vorstellbar. Die individuellen Interessen des dritten Dienstherrn werden mit denjenigen der bestellenden Aktiengesellschaft nicht immer deckungsgleich sein. Derartige reine Interessenkonflikte sind im Rahmen der Pflichtenkollision allerdings irrelevant, da es ihnen an der rechtlichen Verbindlichkeit mangelt. Entscheidend ist, inwieweit es tatsächlich zu einer Überlagerung der beiden Pflichtenbereiche kommt und in 676 677

Vgl. C. III. 3. c) aa). Vgl. Nachweise Fn. 668.

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welchem Umfang der Konflikt die Unabhängigkeit des drittangestellten Vorstandsmitglieds berührt. Grundsätzlich werden sich Maßnahmen des Vorstands nicht als Schutzpflichtverletzungen des drittangestellten Vorstandsmitglieds gegenüber dem Dienstherrn darstellen. Zwar besteht eine dauernde, „schlummernde“ Pflichtenkollision, diese wirkt sich jedoch mangels negativer Auswirkungen auf die Rechtsgütersphäre des Dienstherrn zumeist nicht aus. Vorstellbar wäre eine negative Auswirkung auf das Vermögen des Dritten (Dienstherr) lediglich dann, wenn der Dritte zugleich eine Beteiligung an einem Wettbewerber der Bestellungskörperschaft halten würde. In diesem Fall wäre es zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich eine zu treffende Vorstandsentscheidung, die das drittangestellte Vorstandsmitglied über seine Mitwirkung an der Beschlussfassung mitträgt, negativ auf den Wettbewerber auswirkt und letztlich zu einer Wertminderung der Beteiligung des Dienstherrn führt.678 Wenn überhaupt, kommen Pflichtenkollisionen bei einer konzernrechtlichen Drittanstellung von „unten nach oben“ in Betracht, da der Vorstand der Muttergesellschaft eher Entscheidungen treffen muss, die in Konflikt mit den Vermögensinteressen der Tochter stehen können. Denkbar wären etwa Maßnahmen wie die Expansion der Mutter oder anderer Töchter auf Kosten der drittanstellenden Tochter, die erhöhte Gewinnabführung zur Konsolidierung der Mutter oder der Entzug von Ressourcen.679 Ein Konflikt könnte zudem aufbrechen, wenn in der Konzernspitze über eine darlehensweise Bereitstellung überschüssiger Liquidität durch die drittanstellende Tochter an ein sich in finanzieller Schieflage befindendes anderes Konzernunternehmen zu entscheiden ist, ohne dass letzteres ausreichend Sicherheiten zur Verfügung stellt. Auch in Personalangelegenheiten sind Konfliktlagen möglich, etwa wenn bei der Besetzung von wichtigen Führungspositionen in anderen Konzernunternehmen auf Veranlassung der Mutter ein für die Tochter nur schwer ersetzbare Mitarbeiter herangezogen wird.680 Außerhalb von Konzernverhältnissen ist eine zu Tage tretende Kollision hingegen – unabhängig von den Umständen des Einzelfalls – die Ausnahme. Die wenigen genannten Beispiele sowie deren nicht alltäglichen Relevanz zeigen jedenfalls, dass eine Zuspitzung der Pflichtenkollision die Ausnahme und nicht der Regelfall ist. Die Pflichtenkollision prägt nicht die tägliche Arbeit eines drittangestellten Vorstandsmitglieds. Sie tritt – wenn überhaupt – nur in einzelnen, wenigen Entscheidungen zu Tage. Die tatsächlichen Auswirkungen einer etwaigen Pflichtenkollision sind gering.

678 Der für eine Haftung notwendige Schutzzweckzusammenhang erscheint hingegen nicht unproblematisch. 679 Beispiele zurückgehend auf Eversberg, Doppelvorstände in Konzernen, S. 77 (für den Fall des Doppelmandatars). 680 Beispiele bei Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 576 (im Zusammenhang mit Doppelmandaten).

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

cc) Lösungsmöglichkeiten einer Pflichtenkollision Trotz des bloßen Charakters der anstellungsvertraglichen Nebenpflicht als Schutzpflicht muss die Kollision der anstellungsvertraglichen Nebenpflicht mit der organschaftlichen Pflicht gelöst werden. Andernfalls wäre die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds nicht ausreichend gewährleistet. Es bleibt zu prüfen, ob eine Auflösung des Kollisionsverhältnisses möglich ist, so dass das drittangestellte Vorstandsmitglied von den prima facie inkompatiblen Handlungspflichten im Ergebnis ganz oder teilweise befreit ist. Ist dies möglich, kann nicht mehr von einer echten Pflichtenkollision gesprochen werden.681 (1) Wirksamkeit einer schuldrechtlichen Interessenwahrungspflicht In der Normierung einer anstellungsvertraglichen Interessenwahrungspflicht kann kein Verstoß gegen das aus § 76 Abs. 1 AktG resultierende Verbot der Vorwegbindung gesehen werden. Dem Vorstand ist es nach § 76 Abs. 1 AktG untersagt, sich hinsichtlich seines zukünftigen Leistungsverhaltens vorab rechtsgeschäftlich festzulegen und dadurch sein Ermessen einzuengen.682 Die organschaftliche Verpflichtung auf das Interesse des eigenen Unternehmens wird indes durch die anstellungsvertragliche Schutzpflicht nicht angetastet, sondern es tritt vielmehr eine zusätzliche Verpflichtung auf ein weiteres, teilweise mit dem Unternehmensinteresse der Bestellungskörperschaft konfligierendes Interesse hinzu. (2) Kein abstrakter Vorrang einer Pflichtenbindung Eine vollständige Auflösung des Konfliktverhältnisses zwischen der organschaftlichen und anstellungsvertraglichen Interessenbindung wäre erreichbar, wenn die beiden kollidierenden Pflichten dauerhaft und losgelöst vom konkreten Einzelfall in Einklang gebracht werden könnten. Die Bildung eines Rangverhältnisses oder eines Vorrangs einer der Pflichtenbindungen gegenüber der anderen ist jedoch im Fall der Drittanstellung nicht gangbar. Ein abstrakter Vorrang einer Pflichtenbindung ist nicht feststellbar. Zwar wird teilweise wie bei den anderen Problemfeldern der Drittanstellung ein Vorrang der organschaftlich vermittelnden Pflicht gegenüber den anstellungsvertraglich begründenden Pflichten propagiert.683 Ein gesetzlicher Begründungsansatz für einen derartigen Vorrang lässt sich allerdings nicht finden. Nimmt man die Trennungstheorie ernst, handelt es sich bei Be- und Anstellung um zwei selbstständige, rechtlich unabhängige Rechtsverhältnisse. Dies gilt umso mehr, wenn die

681 682 683

278.

Vgl. allgemein zur Thema der Pflichtenkollision: Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836 ff. Vgl. C. I. 2. b) dd). Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1307; wohl auch Reuter, A., AG 2011, 274,

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Parteien der beiden Verhältnisse nicht identisch sind.684 Ein allgemeiner Vorrang eines Rechtsverhältnisses sowie der daraus folgenden Pflichtenbindungen ergibt sich nicht. Vielmehr sind beide Pflichtenbindungen gleichberechtigt.685 Eine unterschiedliche Gewichtung der konfligierenden Pflichten ist auch nicht durch die Bildung eines Verhältnisses von Haupt- und Nebenpflicht möglich. Soweit man die eigenverantwortliche Leitung als eine Hauptpflicht aus dem Bestellungsverhältnis gegenüber der Aktiengesellschaft erfassen will, kann sie sich nicht aufgrund eines höheren Gewichts gegen die Nebenpflicht im Verhältnis zum Dienstherrn durchsetzen. Ein Vorrang der Haupt- vor der Nebenpflicht kann es nur innerhalb eines Rechtsverhältnisses geben.686 Bei zwei unterschiedlichen Rechtsverhältnissen mit zudem nicht kongruenten Parteien ist ein Vorrang ausgeschlossen. Eine andere Sichtweise wäre mit dem Grundsatz der Relativität der Rechtsverhältnisse nicht vereinbar. Infolgedessen bleibt es bei der vom Bundesgerichtshof für Doppelmandate entwickelten Richtschnur, nach der eine Vorrangstellung eines Interessenkreises zu verneinen ist. Die Pflicht des Doppelmandatars, seinen jeweiligen Aufgaben nachzukommen, bleibt unbeschränkt.687 Dies gilt in gleicher Weise für das drittangestellte Vorstandsmitglied. (3) Grundsätze bei Doppelmandaten Infolge der „institutionalisierte Pflichtenkollision“ besteht zwar ein dauerhafter Konflikt zwischen anstellungsvertraglicher und organschaftlicher Interessenbindung, gleichwohl tritt die Pflichtenkollision aufgrund der inhaltlichen Ausgestaltung der anstellungsvertraglichen Nebenpflicht als Schutzpflicht nur in Einzelfällen tatsächlich zutage. Der Weg zur Lösung im konkreten Einzelfall ist eröffnet; ein Rekurs auf die für Konfliktlagen eines Doppelmandatars entwickelten Grundsätze bietet sich an. Auch bei Doppelmandaten kann es – trotz der Isolierbarkeit der Pflichten – im Ausnahmefall zu einer Pflichtenkollision kommen.688 Zwar wird bei Doppelmandaten kaum zwischen Pflichtenkollisionen und Interessenkonflikten unterschieden. In der Regel ist allgemein von einem Interessenkonflikt die Rede, auch wenn letztlich eine Pflichtenkollision im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Bei einem reinen Interessenkonflikt bedarf es keiner Auflösung der Konfliktlage, da aus haftungs684 Vgl. B. I. 5., S. 38 ff.; ebenso Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 141/142. 685 A. A. auch Diekmann/Fleischmann, AG 2013, 141, 143, die für Doppelmandate ohne nähere Auseinandersetzung einen generellen Vorrang der Interessen der Konzernobergesellschaft annehmen. 686 Regelmäßig kann es zu einem vertragsinternen Konflikt erst gar nicht kommen, da die Hauptpflicht und damit der Vertragszweck bereits bei der Bestimmung der Reichweite potentieller Nebenpflichten zu berücksichtigen ist, vgl. hierzu C. III. 3. b) bb) (2) (b) (cc) (b). 687 BGH, II ZR 244/78, NJW 1980, 1629, 1630; BGH, II ZR 170/07, NZG 2009, 744, 745; Anders, Vorstandsdoppelmandate – Zulässigkeit und Pflichtenkollision, S. 136. 688 Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836, 866.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

rechtlicher Sicht nur eine verbindliche Handlungspflicht besteht, an der sich der Doppelmandatar zu orientieren hat. Sie ist nur bei einem rechtlich vermittelten Konfliktpotential und damit divergierender Handlungspflichten von Nöten. (a) Stimmverbot Zumindest theoretisch denkbar wäre eine Auflösung der Pflichtenkollision durch ein Stimmverbot. Da sich die anstellungsvertragliche Interessenwahrungspflicht nur in einem Verbot der aktiven Schädigung äußert689, ist eine Pflichtwidrigkeit zu verneinen, wenn das drittangestellte Vorstandsmitglied die die Interessen des Dienstherrn verletzende Entscheidung mangels Stimmabgabe nicht mitträgt. Trotzdem kommt eine Lösung über ein Stimmverbot nach § 34 BGB analog nicht in Betracht.690 Das deutsche Gesellschaftsrecht kennt kein allgemeines Stimmverbot bei Interessen- oder Pflichtenkollisionen.691 Ein Stimmverbot wäre mit dem Prinzip der Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder unvereinbar.692 (b) Befugnis zur Stimmenthaltung und Unmöglichkeitsrecht Mithilfe der in der Literatur überwiegend bejahten Möglichkeit der Stimmenthaltung bei Interessenkonflikten bzw. Pflichtenkollisionen von Doppelmandatsträgern693 kann im Zusammenspiel mit dem Unmöglichkeitsrecht eine Klärung der Konfliktlage erreicht werden. Die Auswirkungen auf die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds lassen sich mit diesen Vehikeln derart beschränken, dass eine Vereinbarkeit mit § 76 Abs. 1 AktG gewährleistet werden kann. In der Literatur wird der Stimmenthaltung unter Hinweis auf den bestehenden Interessenwiderstreit eine haftungsmäßige Entlastungswirkung zugesprochen.694 Das Recht wird einem Vorstandsmitglied bei der Beschlussfassung allerdings nur zugestanden, soweit die Funktionsfähigkeit des Vorstands im Übrigen nicht beein689

Vgl. C. III. 3. b) bb) (2) (b) (aa). Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 77, Rn. 38; Kort, in: Großkommentar AktG, § 77, Rn. 14; Koch, in: Hüffer, AktG, § 77, Rn. 8 jeweils m.w.N.; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 580; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 108 m.w.N.; der Sonderfall eines Richtens in eigener Sache und der analogen Anwendung von § 136 AktG ist vorliegend nicht einschlägig; a. A. Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 76, Rn. 18 m.w.N. 691 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 108; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 225. 692 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 19, Rn. 29; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 76, Rn. 51; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 227; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 108. 693 Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 229; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 77, Rn. 43; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 110; Schneider, NZG 2009, 1413, 1414; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 583. 694 Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 583; Passarge, NZG 2007, 441, 443; Aschenbeck, NZG 2000, 1015, 1023; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 77, Rn. 43; Wirth, in: FS Bauer, S. 1147, 1158. 690

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trächtigt wird und sich die Enthaltung nicht zu einem Dauerzustand verdichtet.695 Da die Auswirkungen der permanent „schlummernden“ Pflichtenkollision auf die tägliche Arbeit des Vorstandsmitglieds im Regelfall gering sind696, sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Stimmenthaltung für sich kann den Konflikt hingegen nicht vollständig auflösen.697 Das Vorstandsmitglied wäre trotz Stimmenthaltung an einen dennoch ergangenen Beschluss gebunden und verpflichtet, ihn umsetzen.698 Ebenso versagt die Stimmenthaltung bei Geschäftsführungsmaßnahmen außerhalb der Beschlussfassung. Der verbleibende Konfliktbereich lässt sich allerdings mittels des Leistungsverweigerungsrechts nach § 275 Abs. 3 BGB auflösen,699 wobei an eine Befreiung des Vorstandsmitglieds von seinen organschaftlichen Pflichten anhand der Anwendung des Unmöglichkeitsrechts die gleichen Anforderungen wie an eine Stimmenthaltung zu stellen sind.700 Eine Auflösung des Konfliktverhältnisses mittels Stimmenthaltung und Anwendung des § 275 Abs. 3 BGB muss jedoch die Ausnahme bleiben. Andernfalls würde ein Vorrangverhältnis durch die Hintertür geschaffen. Das Vorstandsmitglied würde durch die Stimmenthaltung faktisch seine Vorstandspflichten zugunsten der anstellungsvertraglichen Pflicht vernachlässigen. Es entscheidet sich gegen die Wahrnehmung seiner gegenüber der Gesellschaft übernommenen Verantwortung, ihren Interessen zu dienen. Der anstellungsvertraglichen Schutzpflicht wäre hingegen Rechnung getragen. Die Konfliktlösung erfolgt einseitige zulasten der Bestellungskörperschaft. Darüber hinaus kann die freiwillige Stimmenthaltung in Konflikt mit dem Grundsatz der Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder treten.701 Diese Erwägungen treffen indes in gleichem Maße auf den Doppelmandatar zu. Sobald sich eine Häufung derartiger Fälle ergibt, ist das Vorstandsmitglied deshalb zur dauerhaften Beseitigung und Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit verpflichtet, sein Mandat niederzulegen.702 Eine Verletzung vertraglicher Pflichten ist in 695 Insbesondere Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 110; Schneider, NZG 2009, 1413, 1414. 696 Vgl. C. III. 3. c) bb). 697 Nodoushani, GWR 2009, 309, 310. 698 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 77, Rn. 29; Nodoushani, GWR 2009, 309, 310. 699 Zur Anwendbarkeit von § 275 Abs. 3 BGB im Rahmen von Pflichtenkollisionen: Schneider, NZG 2009, 1413 ff. 700 Im Einzelnen hierzu Schneider, NZG 2009, 1413 ff. 701 Passarge, NZG 2007, 441, 443; Aschenbeck, NZG 2000, 1015, 1023; Streyl, Zur konzernrechtlichen Problematik von Vorstands-Doppelmandaten, S. 201 (für die Stimmenthaltung nach pflichtgemäßen Ermessens); Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 11; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 227. 702 Streyl, Zur konzernrechtlichen Problematik von Vorstands-Doppelmandaten, S. 183; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 577; Passarge, NZG 2007, 441, 442.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

der Niederlegung unter diesen Umständen nicht zu sehen.703 Weigert sich das Vorstandsmitglied, sein Amt niederzulegen, ist der Aufsichtsrat zu einer Abberufung des Vorstandsmitglieds nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet. Die Pflichtenkollisionen bildet aufgrund der fehlenden Unbefangenheit einen wichtigen Grund im Sinne des § 84 Abs. 3 AktG. Wegen der Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung ist eine Fortsetzung des Bestellungsverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar.704 Alternativ kommt eine Beendigung der Drittanstellung in Betracht. Eine Stimmenthaltung sowie eine Anwendung des Unmöglichkeitsrechts sind zudem nur möglich, soweit die Handlungsfähigkeit des Vorstands im Übrigen gewahrt bleibt. Doch selbst wenn eine Lösung der Pflichtenkollision über diese Grundsätze nicht in Betracht kommt, weil beispielsweise in einem mehrköpfigen Vorstand zugleich andere Vorstandsmitglieder (z. B. wegen Krankheit, Urlaub etc.) verhindert sind und deshalb die Teilnahme einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern nicht sichergestellt ist705, kann eine Haftung vermieden werden. Ist das Vorstandsmitglied aus diesen Gründen gezwungen, an der Beschlussfassung teilzunehmen bzw. eine Maßnahme umzusetzen, kann dies bei einem potentiellen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Dritten im Rahmen des Verschuldens Berücksichtigung finden.706 Eine Befreiung von der anstellungsvertraglichen Pflicht nach Unmöglichkeitsrecht ist wegen ihres Charakters als Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dagegen nicht möglich.707 Verbleibende Konfliktfälle sind hinzunehmen. Wer sich auf eine Drittanstellung einlässt, muss sich bewusst sein, dass er sich einem erhöhten Haftungsrisiko aussetzt.708 Die Auswirkungen einer im Regelfall seltenen tatsächlichen Pflichtenkollision können demnach mittels der Stimmenthaltung als auch der Anwendung des Unmöglichkeitsrechts auf ein Maß reduziert werden, dass insoweit eine Vereinbarkeit der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG zu bejahen ist. (4) Fazit In der Konsequenz lässt sich die „schlummernde“ Pflichtenkollision eines drittangestellten Vorstandsmitglieds befriedigend auflösen. Bei einer Kollision zwischen organschaftlicher und anstellungsvertraglicher Pflichtenbindung ist dem grundsätzlich zwischen den Stühlen sitzenden Vorstandsmitglied mit der Stimmenthaltung sowie dem Unmöglichkeitsrecht ein ausreichendes Vehikel zur Auflö703 Singhof, AG 1998, 318, 325 m.w.N.; allg. Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 200; Lenze, Amtsniederlegung durch das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, S. 173 ff. 704 Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 34 m.w.N. 705 Schneider, NZG 2009, 1413, 1414. 706 Grüneberg, in: Palandt, § 275, Rn. 3; Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 293. 707 Grüneberg, in: Palandt, § 275, Rn. 3; Grigoleit, in: FS Canaris, Band 1, S. 275, 293. 708 Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836, 866/867.

III. Leitungsermessen

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sung des Spannungsverhältnisses zwischen organschaftlicher und anstellungsvertraglicher Pflichtenbindung an die Hand gegeben. Kommt es zu einer Häufung derartiger Situationen, ist eine Beendigung des Organstellung oder der Drittanstellung geboten. dd) Ergebnis Aus Sicht der interessenrechtlichen Pflichtenbindung ist die Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG vereinbar. Im Regelfall wird schon keine kollidierende, interessenrechtliche Pflichtenbindung im Verhältnis zum Dienstherrn bestehen. Sollte sie sich ausnahmsweise doch aus dem Anstellungsvertrag ergeben, ist wegen der begrenzten Reichweite der Schutzpflicht sowie den bestehenden Möglichkeiten zur Konfliktlösung eine abweichende Beurteilung dennoch nicht geboten. Die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds ist im Ergebnis nicht beeinträchtigt. 4. Interessenlage Wie aufgezeigt709, trifft das drittangestellt Vorstandsmitglied bei einem reinem Konflikt zwischen den Interessen der Bestellungskörperschaft und denjenigen des Dritten (Interessenkonflikt) – im Gegensatz zur Pflichtenkollision – lediglich eine rechtlich vermittelte Handlungspflicht. Es ist kraft seiner organschaftlichen Stellung rechtlich gehalten, ausschließlich den Interessen der Bestellungskörperschaft zu dienen. Das gegebenenfalls gegenläufige Interesse des Dienstherrn ist demgegenüber rein tatsachlicher Natur. Aus dem Drittanstellungsvertrag folgt nach den aufgefundenen Ergebnissen keine rechtlich vermittelte Pflicht, die Vorstandstätigkeit an den Interessen des Dienstherrn auszurichten. Ein rechtlich begründeter Konflikt besteht nicht. Gleichwohl ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass sich das drittangestellte Vorstandsmitglied angesichts seines Wunsches nach einer weiteren Karriere im Konzern eher seinem Dienstherrn als der eigenen Gesellschaft verpflichtet fühlt. Das Vorstandsmitglied könnte demnach seine Tätigkeit trotz einer anderweitig bestehenden Rechtspflicht anhand des Grundsatzes „Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt“ wahrnehmen.710 Da die Interessen der eigenen Bestellungskörperschaft und diejenigen des Dienstherrn durchaus divergieren können, käme durch derartige Anreize auf den ersten Blick ein Konflikt der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG in Betracht.711 Dass die Versuchung des Vorstandsmitglieds groß sein wird, wegen der erstrebten Konzernkarriere eher den Interessen 709

Vgl. C. III. 1. Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 711 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56 wollen einen Konflikt unabhängig von einem Weisungsrechts begründet sehen, da eine Einflussnahme nicht durch die Erteilung von Weisungen erfolgen muss. 710

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

des Dienstherrn gerecht zu werden als denjenigen der Bestellungskörperschaft, verstößt jedoch nicht gegen § 76 Abs. 1 AktG. Es besteht im Ergebnis nur eine Handlungspflicht. Nach ihr hat sich das Vorstandsmitglied zu richten. Verstößt es hiergegen, besteht ein Schadensersatzanspruch der Aktiengesellschaft. Die rein abstrakte Gefahr einer Zuwiderhandlung gegen die organschaftliche Pflichtenbindung rechtfertigt es aus aktienrechtlicher Hinsicht nicht, die Drittanstellung als unzulässig zu erachten. § 76 Abs. 1 AktG will die rechtliche Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds sichern. Dem Vorstand soll rechtlich die Möglichkeit gegeben werden, abweichend von den Interessen Dritter entscheiden zu können. Dass er dies tatsächlich auch tut, kann durch § 76 Abs. 1 AktG nicht sichergestellt werden.712 a) Konflikttoleranz des AktG Zudem treten Interessenkonflikte im Aktienrecht häufig auf. Das Aktiengesetz verschließt sich jedoch nicht jeglichen Interessenkonflikten, sondern nimmt sie im Regelfall hin (Konflikttoleranz des AktG). aa) Rückschlüsse aus der Rechtslage bei Vorstandsdoppelmandaten Die anerkannte Fallgestaltung des Vorstandsdoppelmandats lässt einen ersten Anhaltspunkt für die Konflikttoleranz des Aktienrechts erkennen. Der Doppelmandatar ist in zwei, oft divergierenden Interessensphären tätig. Auch insoweit besteht die Gefahr, dass er sich bei Entscheidungen für die eine Aktiengesellschaft entgegen seiner organschaftlichen Pflicht von den tatsächlichen Interessen der jeweils anderen leiten lässt. Diese abstrakte Gefahr hat den Gesetzgeber indes nicht dazu veranlasst, das Vorstandsdoppelmandat für unzulässig zu erklären, sondern im Gegenteil hat er es mit § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG mittelbar anerkannt. bb) Konflikttoleranz im Übrigen Dem Aktiengesetz sind Interessenkonflikte auch ansonsten nicht fremd. Gleichwohl hat der Gesetzgeber sich dazu entschieden, nur einen Teilbereich dieser Konfliktlagen mit §§ 88, 112 und 136 AktG zu regeln. Im Übrigen weist das AktG eine Konflikttoleranz713 auf und geht davon aus, dass Interessenkonflikte ohne gesonderte gesetzliche Regelungen lösbar sind. Der Gesetzgeber hat dementsprechend für Vorstandsmitglieder nur wenige Inkompatibilitätsregelungen geschaffen.714 Bei Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung spricht daher eine Indizwirkung für die Vereinbarkeit des Interessenskonflikts mit den aktienrechtlichen Grundsätzen. 712 713 714

Vgl. bereits C. II. 3. b). Semler/Stengel, NZG 2003, 1 für Interessenkonflikte bei Aufsichtsratsmitgliedern. Werner, ZHR 145 (1981), 252, 257.

III. Leitungsermessen

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Vom einem Vorstandsmitglied wird erwartet, dass es Interessen Dritter, denen er sich unter Umständen verbunden fühlt, bei der Vorstandstätigkeit außer Acht lässt und sich einzig vom Interesse der Bestellungskörperschaft leiten lässt. Kommt es dem nicht nach und richtet sein Handeln an den Interessen eines Dritten aus, verletzt es seine Vorstandspflichten und setzt sich einer Schadensersatzpflicht nach § 93 Abs. 2 AktG aus. Wegen der Möglichkeit des Klagezulassungsverfahren nach § 148 AktG kann der Ersatzanspruch auch durch eine Aktionärsminderheit geltend gemacht werden, was letztlich eine Verschärfung der Organhaftung bewirkt.715 Die Furcht des Vorstandsmitglieds vor einer persönlichen Haftung führt insoweit zu einem besonders wirksamen Schutz des Eigeninteresses der Bestellungskörperschaft.716 Zudem steht dem Aufsichtsrat in derartigen Fällen in letzter Konsequenz die Abberufungsmöglichkeit nach § 84 Abs. 3 AktG offen. Darüber hinaus sind Interessenkonflikte in der Person eines Vorstandsmitglieds nicht außergewöhnlich. Sie sind auch im anstellungsvertraglichen Regelfall, also ohne Drittanstellung, möglich. Das Vorstandsmitglied wird oft zu bestimmten entscheidungserheblichen Themen eigene private Vorstellungen haben, die er allerdings bei seiner Arbeit grundsätzlich außer Betracht zu lassen hat.717 So darf die private Ablehnung von Gentechnik das Vorstandsmitglied nicht dazu verleiten, einen Rückzug des Unternehmens aus diesem wirtschaftlich erfolgreichen Markt zu veranlassen.718 In gleicher Weise müssen eigene politische Ansichten bei der Wahrnehmung der Vorstandstätigkeit außen vor bleiben.719 Ebenfalls ist eine über den Aufsichtsrat vermittelte Abhängigkeit des Vorstandsmitglieds von einem Mehrheitsaktionär hinsichtlich der Wiederbestellung oder Vergütungsfragen etc. möglich.720 Das Aktiengesetz traut dem Vorstandsmitglied aber zu, die Interessenkonflikte bei seiner Arbeit für die Aktiengesellschaft unberücksichtigt zu lassen und seine Entscheidungen ausschließlich an dem Unternehmensinteresse auszurichten. Das gilt auch bei potentiellen Konflikten bei Drittanstellungen. In Konzernverhältnissen wäre die Ablehnung der Drittanstellung ohnehin kein geeignetes Mittel, um eine Verbundenheit des Vorstandsmitglieds zu der Obergesellschaft zu verhindern. Sie besteht nicht deshalb, weil es an einem unmittelbaren Anstellungsvertrag mit der Bestellungskörperschaft fehlt, sondern, weil es seine weitere Zukunft in der Konzernobergesellschaft sehen wird und demnach auf ein positives Verhältnis zu ihr angewiesen ist. Eine unmittelbare Anstellung durch die 715 Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; gegen die ausreichende Kompensationsmöglichkeit des Schadensersatzanspruchs Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196. 716 Hoffmann-Becking, Referat, Verhandlungen des 59. Deutschen Juristentages Hannover 1992, R. 8, 17. 717 Dreher, ZHR 155 (1991), 349, 364; Westermann, ZIP 1990, 771, 775 f.; Kort, in: Großkommentar AktG, § 76, Rn. 98. 718 Dreher, ZHR 155 (1991), 349, 364. 719 Vgl. Nachweise bei Fn. 717. 720 Vgl. C. II. 3. c).

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

Bestellungskörperschaft würde an dieser Interessenlage des Vorstandsmitglieds nichts ändern.721 Die reine Befürchtung, dass es aufgrund des bestehenden Interessenwiderstreits zu Pflichtverletzungen kommen kann, reicht für eine Unzulässigkeit der Drittanstellung nicht aus.722 Sollte sich der Interessenkonflikt verstärken, bestehen ausreichende Sanktionsinstrumentarien gegenüber dem Vorstandsmitglied. Das AktG nimmt nach seiner gesetzlichen Wertung reine Interessenkonflikte hin.723 Für die Vereinbarkeit mit § 76 Abs. 1 AktG haben sie im Ergebnis außer Betracht zu bleiben. b) Drittvergütung und § 76 Abs. 1 AktG Die eingangs aufgeführten Bedenken, nach denen sich das drittangestellte Vorstandsmitglied im Zweifel primär den Interessen seines Dienstherrn verpflichtet fühlt, der ihn für seine Tätigkeit vergütet, sind keine gesonderten Bedenken gegen einen Drittanstellungsvertrag. Sie richten sich gegen Drittvergütungen im Allgemeinen. Drittvergütungen stehen nach überwiegender Auffassung nicht per se in Konflikt mit § 76 Abs. 1 AktG.724 Lediglich soweit sich die konkrete Ausgestaltung der Vergütungshöhe an den Interessen des Dritten orientiert, besteht ein kritisches Konfliktpotential.725 Solange Drittleistungen an Kriterien ausgerichtet sind, die in gleicher Weise durch den Aufsichtsrat in einer Vergütungsvereinbarung zur Erzielung einer Anreizwirkung erfolgen könnten, sind sie konfliktneutral.726 Dem Gesetz selbst lässt sich eine Indizwirkung für die grundsätzliche Zulässigkeit von Drittvergütungen entnehmen. Insbesondere § 285 Abs. 1 Nr. 9, 314 Nr. 6a HGB greift derartige Konstellationen auf.727 Auch § 33d WpÜG sowie Ziff. 4.2.2. S. 2 bzw.

721 Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 715 (für das Verhältnis Interim Manager und Vermittlungsagentur). 722 So auch Arnold/Born, AG 2005, R428, R430; für den Bereich der Drittvergütung: Kalb/ Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767. 723 Semler/Stengel, NZG 2003, 1, 2; Deckert, DZWir 1996, 406 jeweils im Kontext des Aufsichtsratsmitglieds. 724 Gegen die Zulässigkeit Wollburg, ZIP 2004, 646, 649/650; Fonk, NZG 2010, 368, 370. 725 In diesem Sinne Traugott/Grün, AG 2007, 761, 767; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 196 f.; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 417; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 13, 40; kritisch Spindler, Gutachten zur Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen und drittbezogenen Vergütungen, insbesondere im Konzern, in: Hans-Böckler-Stiftung, Arbeitspapier 216, S. 69, 86 ff.; vollständig ablehnend Fonk, NZG 2010, 368, 370 f. 726 Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 197. 727 Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 12; Hohaus/ Weber, DStR 2008, 104, 105; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Neuhaus/Gellißen, NZG 2011, 1361, 1362; Arnold/Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG,

IV. Gefahr der Haftungsmaximierung

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Ziff. 4.2.3. Abs. 1 DCGK lassen Rückschlüsse auf die generelle Akzeptanz zu.728 Die ausschließliche Kompetenz des Aufsichtsrats in Vergütungsangelegenheiten nach § 87 Abs. 1 AktG ist dabei durch eine vorherige Zustimmung zu wahren.729 Die Drittvergütung als Element der Drittanstellung vermag daher an der Vereinbarkeit der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG nichts zu ändern.

IV. Gefahr der Haftungsmaximierung – Fehlende Anwendbarkeit der Business Judgment Rule? 1. Interessenkonflikte und § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG Die Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG setzt das Handeln des Vorstandsmitglieds ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse voraus. Der Anwendung steht nicht nur ein Interessenkonflikt aufgrund eigener Interessen, sondern ebenso die Möglichkeit eines Handelns zum Vorteil einer anderen Person oder Gesellschaft entgegen. Eine Ausnahme ist nur zu machen, soweit das Gesellschaftsinteresse und das konfligierende Interesse übereinstimmen.730 Grundsätzlich darf das Vorstandsmitglied demnach kein gesondertes, persönliches Interesse an dem Entscheidungsgegenstand haben bzw. sich diesbezüglich nicht gleichfalls dem Interesse eines Dritten verpflichtet fühlen.731 Liegt ein Interessenkonflikt vor, ist für die § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG zugrundeliegende Vermutung, der Vorstand werde sich ausschließlich am Unternehmenswohl orientieren, kein Raum.732 Diese allgemeinen Grundsätze könnten zu der Schlussfolgerung veranlassen, dem drittangestellten Vorstandsmitglied sei ein Berufen auf die Business Judgment Rule infolge eines permanenten Interessenkonflikts zwischen dem Interesse der Bestellungskörperschaft und dem Interesse des Dienstherrn versagt, so dass das Eingehen § 20, Rn. 92; a. A. Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 195; Fonk, NZG 2010, 368, 371 (da auch unzulässig gewährte Leistungen offenzulegen sind). 728 Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167, 168; Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105; Traugott/ Grün, AG 2007, 761, 768; Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Neuhaus/Gellißen, NZG 2011, 1361, 1362. 729 Bauer/Arnold, DB 2006, 260, 265; Mayer-Uellner, AG 2011, 193, 198 f.; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 13; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 417; Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 719 f.; für die Entbehrlichkeit der Zustimmung Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768. 730 Zum Ganzen Begr. RegE BT-Drucks. 15/5092, S. 11; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 72; ders., ZIP 2004, 685, 690/691; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 60; Lutter, ZIP 2007, 841, 844; kritisch Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 15; Krieger, in: Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, § 3, Rn. 18; Falkenhausen, NZG 2012, 644, 648. 731 Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1257. 732 Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2068; Lutter, in: FS Canaris, Band 2, S. 245, 247.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

unternehmerischen Risikos durch das drittangestellte Vorstandsmitglied vermindert wäre. Sinn und Zweck der Kodifikation der Business Judgment Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG ist es, dem Vorstandsmitglied einen „sicheren Hafen“ für unternehmerische Entscheidungen zu gewähren, der eine unternehmerische Initiative ermöglicht und absichert. Das Vorstandsmitglied soll sich nicht durch eine allzeit drohende Haftung dazu gezwungen fühlen, jedes unternehmerisches Risiko zu vermeiden und stets den sichersten Weg gehen zu müssen.733 Der Interessenkonflikt eines Vorstandsmitglieds kann sich zudem auf die übrigen Vorstandsmitglieder auswirken. Nach einem gewichtigen Teil der Literatur kann es zu einer „Infizierung“ des Gesamtvorstands kommen. Das Privileg des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG sei danach nicht nur dem Vorstandsmitglied zu versagen, das einem Interessenkonflikt unterliegt, sondern auch den anderen Vorstandsmitgliedern.734 2. Keine ausufernde Haftungsgefahr Dennoch können die Anwendungsvoraussetzungen der Business Judgment Rule keine relevante Beeinträchtigung der Unabhängigkeit des drittangestellten Vorstandsmitglieds begründen. Ein Interessenkonflikt besteht eben nicht bei jeder Vorstandsentscheidung. Ein Widerspruch zwischen den Interessen der Bestellungskörperschaft und denjenigen des drittanstellenden Dienstherrn wird in der alltäglichen Arbeit regelmäßig die Ausnahme sein. In Konzernverhältnissen werden die Interessen des Dienstherrn sogar oft auf einer Linie liegen, da die Konzernobergesellschaft auch ein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der Tochter haben wird. Die Business Judgment Rule ist dem Vorstandsmitglied aber nur zu verweigern, sofern ein Interessenkonflikt tatsächlich, objektiv vorliegt.735 Die bloß abstrakte Gefahr ist nicht ausreichend. Eine andere Deutungsweise würde mit der aufgezeigten Konflikttoleranz des Aktiengesetzes in Widerspruch treten. Wie bei Aufsichtsratsmitgliedern, die wegen des Charakters des Aufsichtsratsmandats als Nebenamt auch einem „institutionellen Interessenkonflikt“ unterliegen (dies gilt insbesondere für Arbeitnehmervertreter im mitbestimmten Aufsichtsrat und Repräsentanten des 733

U. a. Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 13; Falkenhausen, NZG 2012, 644, 645 f. 734 Eine Infizierung ziehen in unterschiedlichem Maße in Betracht: Fleischer, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 93, Rn. 72; Blasche, AG 692, 694 ff.; Lutter, in: FS Canaris, S. 245, 248 ff.; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 29; eine Infizierung abehnend Paefgen, AG 2004, 245, 253; Koch, in: Hüffer, AktG, § 93, Rn. 26; Krieger, in: Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, § 3, Rn. 18; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 64 (abweichende Auffassung noch in der Vorauflage, § 93, Rn. 55); Löbbe/Fischbach, AG 2014, 717, 725 ff. (mit einem umfassenden Überblick über den Meinungsstand). 735 In diesem Sinne auch Lutter, in: FS Canaris, Band 2, S. 245, 247; Bunz, Der Schutz unternehmerischer Entscheidungen durch das Geschäftsleiterermessen, S. 127/128; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 21 f.; nach der Begr. RegE BTDrucks. 15/5092, S. 11 sei bei einem Handeln des Geschäftsleiters zum Nutzen einer diesem nahestehenden Person oder Gesellschaft eine Beeinflussung durch Sonderinteressen und damit ein Interessenkonflikt zu vermuten.

IV. Gefahr der Haftungsmaximierung

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herrschenden Unternehmens im Aufsichtsrats der abhängigen Gesellschaft), scheidet der Schutz des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG (i V. m. § 116 Satz 1 AktG) erst bei Vorliegen eines konkreten Interessenwiderstreits aus.736 Demnach kommt ein Vorstandsmitglied der abhängigen Gesellschaft bei Geschäften der abhängigen Gesellschaft mit dem herrschenden Unternehmen trotz eines konzernrechtlich vermittelten allgemeinen, schlummernden Interessenkonflikts in den Genuss des „sicheren Hafens“.737 Dem Vorstandsmitglied steht die Privilegierung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auch bei allgemeinen, „institutionalisierten“ Interessenkonflikten zur Seite.738 Andernfalls wäre der mit der Kodifikation der Business Judgment Rule intendierte „sichere Hafen“ für unternehmerische Entscheidungen nicht erreichbar. In der Praxis wird kaum ein Vorstandsmitglied frei von jeglichem allgemeinen Interessenkonflikt sein.739 Unabhängig davon, resultiert aus der fehlenden Anwendbarkeit der Business Judgment Rule keine Haftungserweiterung. Selbst soweit im Einzelfall wegen eines Interessenkonflikts des Vorstandsmitglieds ihre Anwendbarkeit ausgeschlossen sein sollte, ergibt sich hieraus keinesfalls die Pflichtwidrigkeit des Vorstandshandelns.740 Im Rechtsstreit hätte das Gericht einzig die Entscheidung des Vorstands auf eine sorgfältige Vorbereitung sowie ein inhaltliche Plausibilität (insbesondere im Hinblick auf das Interesse der Gesellschaft) aus der ex ante-Perspektive anhand § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG zu überprüfen.741 Außerhalb der Anwendung der Business Judgment Rule wandelt sich die Haftung nicht in eine Erfolgshaftung. Es bleibt bei einer Haftung für einen sorgfältigen Entscheidungsprozess. Das Vorstandsmitglied muss nicht das „Richtige“ tun, sondern zwischen verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten sorgfältig wählen. Eine Haftung besteht nur dann, wenn das Vorstandsmitglied seine Entscheidung nicht auf die notwendigen Informationen gestützt hat, die Entscheidung nicht allein dem Interesse der Gesellschaft dient oder die Entscheidungsfindung nicht sorgfältig war.742 Die Haftungsmaßstäbe bei Anwen-

736 Bunz, Der Schutz unternehmerischer Entscheidungen durch das Geschäftsleiterermessen, S. 240; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 21 f. 737 Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 22; BGH, II ZR 124/06, NJW 2008, 1583 ff. (ohne dieses Problem ausdrücklich anzusprechen). 738 Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 22. 739 Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 164. 740 Ebenso Fleischer, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 7, Rn. 51; ders., ZIP 2004, 685, 689; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255; Lutter, in: FS Canaris, Band 2, S. 245, 249; Krieger/ Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 11; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93, Rn. 10; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 39 (letzterer spricht sich im gleichen Atemzug allerdings für eine Indizwirkung aus). 741 Lutter, ZIP 2007, 841, 845/846; ders., in: FS Canaris, Band 2, S. 245, 247; Habersack, in: Karlsruher Forum 2009: Managerhaftung, S. 5, 23 f.; ähnlich auch Falkenhausen, NZG 2012, 644, 649. 742 Ausführlich Falkenhausen, NZG 2012, 644, 649; ebenso Bachmann, WM 2015, 105, 107.

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C. Konflikt der Drittanstellung nach § 76 Abs. 1 AktG

dung der Business Judgment Rule und außerhalb sind aneinander angenähert.743 Insbesondere ist dem Vorstandsmitglied auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Business Judgment Rule ein Beurteilungsspielraum einzuräumen.744 Abgesehen davon besteht selbst bei Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kein kontrollfreier Raum.745 Der Schutz der Business Judgment Rule ergibt sich für das Organmitglied nur, soweit es „vernünftigerweise“ annehmen durfte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Die getroffene Entscheidung ist somit im Sinne einer Plausibilitätskontrolle auf seine objektive Nachvollziehbarkeit zu überprüfen.746 3. Verdopplung der Haftungsgläubiger Das drittangestellte Vorstandsmitglied setzt sich mit dem Drittanstellungsvertrag einer zusätzlichen persönlichen Haftung in Bezug auf seine Vorstandstätigkeit gegenüber einer außerhalb des Bestellungsverhältnisses stehenden Person aus. Wegen der auch bei einem Drittanstellungsvertrag bestehenden Rezeptionswirkung747 schuldet der Mandatar gegenüber dem Dienstherrn ebenso wie gegenüber der Bestellungskörperschaft eine ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten. Verstößt er gegen diese Pflichten, wäre er nicht nur einem potentiellen Schadensersatzanspruch der Bestellungskörperschaft selbst, sondern möglicherweise auch einem solchen des Dienstherrn ausgesetzt. Die schadensersatzrechtliche Verantwortlichkeit gegenüber dem Dritten wäre nicht wie sonst auf einen schwächeren, den Vermögensschutz nicht umfassenden, deliktischen Anspruch beschränkt. Das begründet hingegen kein Hindernis für die Drittanstellung. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch besteht nur dann, wenn tatsächlich ein eigenständiger, von dem Schaden der Bestellungskörperschaft zu unterscheidender Schaden des Dienstherrn eingetreten ist, wofür letzterer die Darlegungs- und Beweislast trägt. Ein Schaden des Dienstherrn durch eine Verletzung der Vorstandspflichten, die anhand der Interessen der Bestellungskörperschaft wahrzunehmen sind, dürfte selten sein. Dies gilt umso mehr, als die reine Wertminderung der Beteiligung, die der Aktionär 743 Falkenhausen, NZG 2012, 644, 649, der sogar eine Gleichheit der Haftungsmaßstäbe propagiert; wohl auch Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 93, Rn. 28. 744 Vgl. Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 93, Rn. 2 (z. B. bei defizitärer Informationsgrundlage). 745 So auch Falkenhausen, NZG 2012, 644, 649 f. 746 Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2087 f.; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 22; Krieger/Sailer-Coceani, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 93, Rn. 14 (Vertretbarkeit der Entscheidung); Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 56 (Vertretbarkeit der Entscheidung); Falkenhausen, NZG 2012, 644, 649 f. will sogar den Sorgfaltsmaßstab des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG angewendet wissen; ähnlich auch Schäfer, ZIP 2005, 1243, 1258 (der „vernünftigerweise“ schlicht als fehlende Fahrlässigkeit versteht); insgesamt abweichender Ansicht Paefgen, AG 2004, 245, 249. 747 Vgl. B. I. 4. c).

V. Ergebnis

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mittelbar durch eine Schädigung der Gesellschaft erleidet, nicht isoliert ersatzfähig ist.748 Zudem unterliegt das drittangestellte Vorstandsmitglied anstellungsvertraglich keinen von den organschaftlichen Vorstandspflichten divergierenden Verhaltensanforderungen. Infolge der anstellungsvertraglichen Rezeption sind die organschaftlichen Vorstandspflichten nur zugleich vertraglich gegenüber dem dritten Dienstherrn geschuldet. Eine mehrfache Haftung des Vorstandsmitglieds ist darüber hinaus keine Besonderheit, die sich ausschließlich in Drittanstellungskonstellationen stellen kann. Selbst im anstellungsvertraglichen Regelfall kann sich eine deliktische Haftungen gegenüber Aktionären oder Dritte ergeben.749 Auch ist es dem Vorstandsmitglied nicht versagt, besondere, vertragliche Verpflichtungsgründe im Einzelfall durch Übernahme einer Bürgschaft, einen Schuldbeitritt oder ein Garantieversprechen zu schaffen und auf diese Weise eine vertragliche Haftung gegenüber Dritten herbeizuführen.750 Die Anzahl der Haftungsgläubiger ist daher kein Gesichtspunkt, der gegen die Zulässigkeit der Drittanstellung angeführt werden könnte. 4. Fazit Das drittangestellte Vorstandsmitglied unterliegt keiner intensiveren Haftung als ein bei der Bestellungskörperschaft angestelltes Vorstandsmitglied. Eine Haftungsverschärfung ergibt sich bei der Drittanstellung nicht. Es besteht insoweit kein Konflikt mit der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds.

V. Ergebnis Zusammenfassend lässt sich kein Konflikt der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG feststellen. Die Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds ist bei einer Drittanstellung ausreichend gewahrt. Der Drittanstellungsvertrag kann derart ausgestaltet werden, dass eine Beeinträchtigung von § 76 Abs. 1 AktG von vornherein ausscheidet. Insbesondere ist eine Klarstellung im Anstellungsvertrag möglich, dass der Dritte keinen Einfluss auf die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds nehmen darf respektive kein Weisungsrecht besteht,751 und die Tätigkeit allein und ausschließlich an den Interessen der Bestellungskörperschaft auszurichten ist. Doch selbst bei anderen anstellungsvertraglichen Gestaltungen ist durchweg eine Vereinbarkeit der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG gewährleistet. 748

Koch, in: Hüffer, AktG, § 93, Rn. 63; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 268; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 93, Rn. 323. 749 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 301; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 93, Rn. 208 ff. 750 Altmeppen, in: Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, § 7, Rn. 6 m.w.N. 751 So auch Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 84, Rn. 20.

D. Die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag Gegen die Zulässigkeit der Drittanstellung wird vermehrt die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag angeführt.752 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Drittanstellung hängt wesentlich mit der Beantwortung der Frage zusammen, ob und mit welchen Rechtsfolgen eine ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Abschluss des Anstellungsvertrags besteht. Dass der Aufsichtsrat grundsätzlich zum Abschluss und zur inhaltlichen Festlegung des Anstellungsvertrags berechtigt ist, steht außer Frage. Zu untersuchen ist hingegen, ob und in welchem Umfang diese Kompetenz ausschließlicher Natur ist und demgemäß einer Anstellung durch Dritte entgegensteht.

I. Problemaufriss Das Problem, ob der Aufsichtsrat für den Anstellungsvertrag ausschließlich zuständig ist,753 steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ermittlung der rechtlichen Grundlage für die anstellungsrechtliche Kompetenz des Aufsichtsrats. Dieser Fragestellung mag ansonsten keine allzu hohe Relevanz zukommen, für die Konstellation der Drittanstellung ist sie jedoch zentral.

752 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14, Rn. 46; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 62, 73; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 431 f.; inkonsequent Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 319 ff. 753 Für eine ausschließliche Zuständigkeit unter Verweis auf § 84 Abs. 1 AktG u. a.: BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367 (zu § 75 AktG a. F.); BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 735; OLG München, 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263; Eckert, in: Wachter, AktG, § 84, Rn. 21; Fleck, WM 1968 Sonderbeilage 3, S. 3; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 33; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 15; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 386; Niewiarra, BB 1998, 1961, 1962; Paschke, in: Schwerdtfeger, Fachanwaltskommentar GesellR, § 84, Rn. 36; Baumbach/Hueck, AktG, § 84, Rn. 6; Godin/Wilhelmi, AktG, § 84, Anm. 8; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 1, 68; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 63; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 1; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 84, Rn. 18.

I. Problemaufriss

159

1. Mögliche normative Verankerungen der Anstellungskompetenz im AktG Die Ungewissheit über die normative Verankerung der Anstellungskompetenz resultiert aus dem Aktiengesetz selbst. Es setzt sich an zwei unterschiedlichen Stellen mit der Zuständigkeit des Aufsichtsrats beziehungsweise mit dem Anstellungsvertrag auseinander. § 112 Satz 1 AktG statuiert in allgemeiner Weise die Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Vertretung der Gesellschaft bei Rechtsgeschäften mit Mitgliedern des Vorstands. Insoweit stellt § 112 Satz 1 AktG eine Ausnahme von der sonst geltenden Vertretungsregel nach § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG dar und würde ausgehende von seinem Wortlaut selbstverständlich auch den Abschluss des Anstellungsvertrags erfassen. Darüber hinaus beschäftigt sich das Aktiengesetz in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG mit der Thematik des Anstellungsvertrags. In dessen ersten Halbsatz wird die sinngemäße Geltung der bevorstehenden Regelungen über die Bestellung angeordnet. In welchem Verhältnis die beiden Regelungen zueinander stehen und inwieweit § 84 Abs. 1 AktG ein Kompetenzcharakter zukommt (allein für die Bestellung oder zusätzlich für die Anstellung), ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Dementsprechend verweisen zahlreiche Autoren oder Gerichte für die Begründung der anstellungsvertragliche Zuständigkeit teilweise ausschließlich auf § 112 Satz 1 AktG754, teilweise auf § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG755 oder letztlich auf beide Normen756.

754

Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 222; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14, Rn. 46; Bauer, DB 1992, 1413; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 III, S. 417; Fleck, WM 1981, Sonderbeilage 3, S. 3; ders. WM 1994, 1957 (wobei Aussagekraft fragwürdig, da in WM 1968, Sonderbeilage WM 1968, Sonderbeilage 3, S. 3 ders. noch eine Anwendung von § 84 AktG propagiert und sich von dieser Ansicht nicht ausdrücklich lossagt); Säcker, BB 1979, 1321, 1323; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 1040 (scheint davon auszugehen, dass die Kompetenz in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG vorausgesetzt und gerade nicht begründet wird); Haas/ Ohlendorf, Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds der AG, S. 15; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 65; ders., NZG 2011, 1130 f.; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1303. 755 Liebscher, in: Beck’sches Hdb. AG, § 6, Rn. 34. 756 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367 (zu § 75 AktG a. F.); BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; BGH, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727, 1728; KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865; Henssler, RdA 1992, 289, 298; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 33, 37; Hengeler, in: FS Barz,, S. 129, 130; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 287; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 164; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 386; Oldenburg, DB 1983, 1813; Paschke, in: Schwerdtfeger, Fachanwaltskommentar GesellR, § 84, Rn. 36, 38; Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 15; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 68, 73; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 15; Reuter, A., AG 2011, 274, 276.

160

D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

2. Zweifel an der Herleitung der anstellungsvertraglichen Kompetenz des Aufsichtsrats aus § 84 Abs. 1 AktG Die Skepsis gegenüber einem anstellungsvertraglichen Kompetenzcharakter von § 84 Abs. 1 AktG ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. Betrachtet man den Wortlaut der Verweisung in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG, ist der Schluss auf eine Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag nicht selbstverständlich. Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Verweis nur die Laufzeit des Anstellungsvertrags umfasst.757 Auch existiert mit § 112 AktG bereits eine Regelung, die Rechtsgeschäfte zwischen Vorstandsmitgliedern und Bestellungskörperschaft erfasst. Eine zusätzliche spezielle Kompetenzregelung für den Anstellungsvertrag wäre nicht zwingend notwendig. Einige Autoren stützen die Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag daher allein auf § 112 AktG und sehen in § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG keine Zuständigkeitsregelung für den Anstellungsvertrag.758 Da § 112 AktG aber nur bei Verträgen zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft zur Anwendung kommt und Verträge des Vorstandsmitglied mit Dritten nicht erfasst,759 kann nach dieser Ansicht § 112 AktG einer Drittanstellung nicht entgegenstehen.760 Die Zweifel an der Auslegung der Verweisung in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG werden durch das in der Rechtsprechung und Literatur behandelte Verhältnis von § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG zu § 112 Satz 1 AktG noch weiter verstärkt.761 Spricht man § 84 Abs. 1 AktG Bedeutung für die Anstellungszuständigkeit des Aufsichtsrats zu, ergibt sich das Problem des Verhältnisses von § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG zu § 112 AktG. Nach dem Bundesgerichtshof soll § 112 Satz 1 AktG für den Anstellungsvertrag lediglich die Vertretungsmacht nach außen normieren.762 Die gesellschaftsinterne Zuständigkeit für die Entscheidung über das Ob und Wie des Anstellungsvertrags als 757 So Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 48; diesem insoweit folgend: Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 65; Mertens/Cahn gehen allerdings trotz allem von einer ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats aus und verweisen insoweit auf zahlreiche Autoren, die diese in § 84 Abs. 1 AktG begründet sehen; Reuter, A., AG 2011, 274, 278; Krauss, Status und Kündigungsschutz von arbeitnehmerähnlichen Vorstandsmitgliedern der Aktiengesellschaft, S. 163 (bezeichnet diese Ansicht sogar zu Unrecht als allgemeine Meinung); Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1302/1303. 758 Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1303; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 62 ff.; ders., NZG 2011, 1130 f. 759 OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41; Habersack, in: MünchKomm AktG, § 112, Rn. 7; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 9, 10; Breuer/Fraune, in: Heidel, AktienR, § 112, Rn. 1b; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 112, Rn. 4. 760 Vgl. Nachweise in Fn. 758. 761 Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 63 f. veranlassen diese Zweifel dazu, die Verweisung in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG einschränkend auszulegen. 762 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734 für die mitbestimmte GmbH und die Beurteilung der Reichweite der Verweisung in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG sowie § 31 Abs. 1 MitbestG.

I. Problemaufriss

161

Geschäftsführungsmaßnahme sei § 112 Satz 1 AktG hingegen nicht zu entnehmen. Demnach sei eine Unterscheidung zwischen äußerem Vollzug und interner Willensbildung angezeigt.763 Letztere soll sich ausschließlich aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ergeben.764 Der Bundesgerichtshof weicht damit im Kontext der Anstellungskompetenz von dem ansonsten bestehenden Verständnis von § 112 Satz 1 AktG ab. Außerhalb der Thematik des Anstellungsverhältnisses entspricht es einhelliger Ansicht, dass § 112 Satz 1 AktG sowohl den äußeren Vollzug als auch die interne Willensbildung betrifft.765 Die gesetzliche Vertretung der Gesellschaft durch ein Kollegialorgan setzt voraus, dass das Kollegialorgan zunächst eine Abstimmung über den wünschenswerten Inhalt des Rechtsgeschäfts herbeiführt.766 Außenvertretung der Gesellschaft im Rechtsverkehr auf der einen Seite und Willensbildung auf der anderen sind unabdingbare Bestandteile organschaftlicher Vertretungsmacht.767 Die Bedeutung von § 112 Satz 1 AktG geht deshalb über seinen eigentlichen Wortlaut hinaus.768 Das Gesetz bündelt unter den Begriff der Vertretung sowohl die interne Willensbildung als auch ihre Umsetzung durch Abgabe der Willenserklärung.769 Nur diese Sichtweise entspricht dem mit der Regelung verfolgten Sinn und Zweck.770 Das Gesetz will den Vorstand von jeglichem Interessenwiderstreit freihalten und eine unbefangene Willensbildung der Gesellschaft sicherstellen.771 Diese Zielsetzung des Gesetzgebers kann indes nur verwirklicht werden, wenn der Vorstand bereits von der Willensbildung ausgeschlossen und sie allein dem Aufsichtsrat übertragen wird.772 Ein anderer Rückschluss resultiert auch nicht aus der historischen Entwicklung von § 112 Satz 1 AktG. Schon zu Zeiten, in denen das Aktienrecht seine 763 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 13. 764 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 735; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 13. 765 BGH, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1927; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 112, Rn. 4¸ Habersack, in: MünchKomm AktG, § 112, Rn. 20; Heim, AG 1970, 191; Koch, in: Hüffer, AktG, § 112, Rn. 7; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 440; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 112, Rn. 3, Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 112, Rn. 2; Hasselbach, DB 2010, 2035, 2036; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 112, Rn. 25, 26; Stein, AG 1999, 28, 31; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 112, Rn. 9, 10; Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 248/249. 766 Heim, AG 1970, 191; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 440. 767 Stein, AG 1999, 28, 31. 768 Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 112, Rn. 2. 769 Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 249. 770 Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 13, Semler, in: FS Rowedder, S. 441, 443. 771 BGH, II ZR 151/90, NJW-RR 1991, 926; BGH, II ZR 7/05, NJW-RR 2007, 98; BGH, II ZR 364/02, NZG 2005, 276; OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41; Semler, in: FS Rowedder, S. 441, 444. 772 Semler, in: FS Rowedder, S. 441, 444.

162

D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Rechtsgrundlage noch im Handelsgesetzbuch fand, war anerkannt, dass die Befugnis zur Vertretung gemäß § 247 Abs. 1 HGB a. F. nicht nur die Vertretungsmacht, sondern vor allem auch die Befugnis zu Entscheidung über ob und Inhalt der entsprechenden Rechtsgeschäfte enthielt.773 Gleiches galt im Rahmen von § 97 Abs. 1 AktG 1937.774 Die abweichende Ansicht zum Regelungsinhalt von § 112 AktG775 kann daher nicht überzeugen. Hat der Gesetzgeber aber Vertretungsmacht und Willensbildung für Rechtsgeschäfte zwischen Vorstand und Aktiengesellschaft in § 112 Satz 1 AktG allgemein dem Aufsichtsrat übertragen, besteht – insbesondere bei einem mehrdeutigen Auslegungsergebnis hinsichtlich § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG – kein Bedürfnis die Willensbildung für den Fall des Anstellungsvertrags gesondert in § 84 Abs. 1 AktG zu verankern.

II. Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AktG? Das „Ob“ der ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag ist daher eng mit der Auslegung von § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG und der anzunehmenden Reichweite der Verweisung in Satz 5 verknüpft. Die überwiegende Ansicht in Literatur776 und Rechtsprechung777 sieht in § 84 Abs. 1 Satz 5 einen umfassenden Verweis auf sämtliche Regelungen der Bestellung in den Sätzen 1 bis 4. Hieraus soll sich ergeben, dass der Aufsichtsrat für die Entscheidung über den

773

Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 71. Ritter, AktG, § 97, Ziff. 2. 775 OLG Hamburg, 11 U 21/82, DB 1983, 330, 331; Rittner, DB 1979, 973, 974: danach enthält § 112 AktG keine Kompetenzverteilung, sondern statuiert lediglich eine formale Bestimmung.. Dem Aufsichtsrat soll die Vertretungskompetenz nur zufallen, wenn sich organisationsrechtlich auch seine innergesellschaftliche Kompetenz ergibt. 776 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 5, 287; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 84, Rn. 15; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 84, Rn. 17; Eckert, in: Wachter, AktG, § 84, Rn. 21; Fleck, WM 1968, Sonderbeilage 3, S. 3; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 33; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 15; Köhler, NZG 2008, 161; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 70; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 164; Liebscher, in: Beck’sches Handbuch der AG, S. 501; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 386; Baumbach/Hueck, AktG, § 84, Rn. 6; Godin/ Wilhelmi, AktG, § 84, Anm. 8; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 68; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 63; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 36, Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 84, Rn. 18; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 252; Reuter, A., AG 2011, 274, 276. 777 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367 (zu § 75 AktG a.F.); BGH, II ZR 63/14, NZG 2015, 792, 794; OLG Karlsruhe, 10 U 51/95, AG 1996, 224, 225; OLG Düsseldorf, I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322. 774

II. Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG

163

Abschluss und den Inhalt des Anstellungsvertrags zwingend und ausschließlich zuständig ist.778 Von einigen Autoren wird die Verweisung demgegenüber auf den zeitlichen Aspekt des Anstellungsvertrags begrenzt.779 Danach soll der Norm des § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG kein Bedeutung für die Anstellungszuständigkeit zukommen, da er nicht die Bestellungskompetenz anstellungsvertraglich flankieren, sondern die Auferlegung anstellungsvertraglicher Lasten verhindern soll, die faktisch den Entscheidungsspielraum bei der Bestellung einschränken könnten.780 Insbesondere solle die Bezugnahme gewährleisten, dass die Laufzeit des Anstellungsvertrags nicht über diejenige der Bestellung hinausreicht.781 1. Wortlaut von § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG Aus dem Wortlaut von § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG ist kein eindeutiges Ergebnis abzuleiten. Dem Halbsatz „dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag“ lässt sich eine genaue Reichweite der Verweisung nicht entnehmen. Insbesondere der Zusammenhang des 2. Halbsatzes des § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG würde eine Beschränkung der Verweisung auf den zeitlichen Aspekt nahelegen. Allerdings ist diese Sichtweise keinesfalls zwingend. Insoweit ist der Annahme, dem Normtext des § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG lasse sich keine eindeutige Vorgabe entnehmen,782 beizupflichten. 2. Systematik Auch eine systematische Auslegung fördert kein eindeutiges Ergebnis zu Tage. Die Stellung als abschließender Satz 5 des § 84 Abs. 1 AktG kann sowohl eine umfassende als auch eine nur auf die zeitliche Thematik beschränkte Verweisung begründen. Die Behandlung der zeitlichen Weitergeltung des Anstellungsvertrags für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit im 2. Halbsatz zeigt zumindest, dass der Verweisung ein gewisser zeitlicher Inhalt immanent ist. Jedoch veranschaulicht ein anderer Umstand die Bedeutung, die der Gesetzgeber einer ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag zuweist. Bis zum Inkrafttreten des VorstAG war es gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG a. F. zulässig, die gesamte Entscheidung hinsichtlich des Zustandekommens und des Inhalts des Anstellungsvertrags einem Personalausschuss zu überlassen. Mit der Neufassung des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG wurde der Katalog der unübertragbaren 778 779 780 781 782

Liebscher, in: Beck’sches Handbuch der AG, S. 501. Vgl. Nachweise in Fn. 757. Reuter, A., AG 2011, 274, 278. Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1303. Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68.

164

D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Aufgaben um diejenigen nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG erweitert. Die Entscheidung über sämtliche Vergütungsfragen fällt nunmehr in den uneingeschränkten Aufgabenbereich des Gesamtplenums. Überwiegend wird daher die Ansicht vertreten, dass das Gesamtplenum jedenfalls bei der Erstbestellung über den gesamten Anstellungsvertrag beschließen sollte bzw. sogar muss, da der überwiegende Teil der Bestimmungen des Anstellungsvertrags einen Vergütungsbezug aufweisen.783 Obwohl der Personalausschuss eine Unterorganisationseinheit des Gesamtaufsichtsrats bildet, soll nach der gesetzlichen Änderung somit eine Verlagerung der Vergütungsentscheidung auf den Personalausschuss nicht mehr möglich sein. Es erscheint daher erst recht ausgeschlossen, dass eine Überlassung der Entscheidung über den gesamten Inhalt eines Anstellungsvertrags inklusive Vergütungsfrage an einen Dritten im Einklang mit dem Aktiengesetz möglich sein soll. Die Neugestaltung des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG legt vielmehr die Vermutung nahe, der Gesetzgeber halte eine ausschließliche Anstellungszuständigkeit des Aufsichtsrats für gegeben. Eine solche Ausschließlichkeit ist indes nur gewährleistet, soweit die Kompetenz des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag in § 84 Abs. 1 AktG angeordnet ist. § 112 Satz 1 AktG erfasst gerade keine Verträge des Vorstandsmitglieds mit Dritten,784 so dass § 112 AktG einer Drittanstellung nicht entgegenstehen könnte. Die systematische Auslegung spricht stark für eine sich aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ergebende ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag. 3. Historische Auslegung zu § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG Betrachtet man die historische Entstehung des heutigen § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG durch die Aktienrechtsreform 1965, liegt eine sich aus § 84 Abs. 1 AktG ergebenden ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag nahe. Bis zur Einführung des § 75 AktG a. F. durch die Aktienrechtsreform 1937 bestand nur die allgemeine Regelung des § 247 Abs. 1 HGB a. F.785 Nach ihr war der Aufsichtsrat lediglich befugt, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit Vorstandsmitgliedern zu vertreten. Diese Befugnis war gleichwohl in mehrfacher Hinsicht beschränkt: Zum einen war der Aufsichtsrat nicht berechtigt, 783 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 107, Rn. 162; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG-Beil. 2009 zu Heft 26, 1, 9; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 37; Gaul/Janz, NZA 2009, 809, 813; Beuthien, NZG 2010, 333, 334 (mit dem Argument, dass derjenige, der für den Anstellungsvertrag wesentliche Vergütung der Vorstandsmitglieder festsetzt, auch deren Anstellung obliegt). 784 OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41; Habersack, in: MünchKomm AktG, § 112, Rn. 7; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 9, 10; Breuer/Fraune, in: Heidel, AktienR, § 112, Rn. 1b; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 112, Rn. 4. 785 § 247 HGB a. F.: „Der Aufsichtsrat ist befugt, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit den Vorstandsmitgliedern zu vertreten und gegen die letzteren die von der Generalversammlung beschlossenen Rechtsstreitigkeiten zu führen[…]“

II. Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG

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über das „Ob“ der Anstellung eines Vorstandsmitglieds zu entscheiden, sondern nur über den Inhalt des mit ihm ergänzend zu schließenden Anstellungsvertrags.786 Wer für die Bestellung des Vorstandsmitglieds zuständig sein sollte, musste dagegen zwingend gemäß § 182 Abs. 2 Nr. 4 HGB a. F.787 in der Satzung der Gesellschaft bestimmt werden. Wurde danach der Hauptversammlung ausnahmsweise die entsprechende Bestellungskompetenz eingeräumt, oblag ihr zusätzlich die Entscheidung über den Inhalt des Anstellungsvertrags sowie dessen Abschluss. Ihr kam insoweit eine entsprechende Vertretungsbefugnis zu.788 Dennoch war es bereits unter der Geltung des Aktienrechts des Handelsgesetzbuchs gängige Praxis, dass beide Kompetenzen (Bestellung und Anstellung) dem Aufsichtsrat übertragen waren, da die Hauptversammlung dafür als wenig geeignet angesehen wurde.789 Erst durch das Aktiengesetz 1937 wurde neben der Aufrechterhaltung der Vertretungsbefugnis in § 97 Abs. 1 AktG 1937790 eine der heutigen Regelung in § 84 Abs. 1 AktG entsprechende Vorschrift geschaffen. In § 75 Abs. 1 AktG 1937 heißt es: „Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung ist zulässig. Eine juristische Person kann nicht zum Vorstandsmitglied bestellt werden. Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag.“

Die in dessen letzten Satz enthaltene Bestimmung der sinngemäßen Anwendung der Bestellungsregelungen zeigt, dass die Verweisung umfassend zu verstehen ist. Ein rein auf die zeitliche Thematik beschränktes Verständnis der Verweisung muss ausscheiden. Anders als in der heutigen Regelung folgt die Bezugnahme weder unmittelbar nachfolgend auf die Behandlung der zeitlichen Thematik noch existiert ein zweiter Halbsatz, der die zeitliche Komponente aufgreift. Vielmehr verdeutlicht die Vorgängerregelung die Absicht des Gesetzgebers, eine ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats auch für den Anstellungsvertrag zu begründen. Der Gesetzgeber hat sich durch Einfügung des § 75 Abs. 1 AktG 1937 und Abschaffung einer dem § 182 Abs. 2 Nr. 4 HGB a. F. entsprechenden Regelung für die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Bestellung ausgesprochen. Gleiches sollte durch die Verweisung für den Anstellungsvertrag gelten, da nach Ansicht des Gesetzgebers entsprechend der in den Gesellschaften praktizierten 786

S. 71.

Brodmann, Aktienrecht, § 247 HGB, Anm. 1 b); Baums, Der Geschäftsleitervertrag,

787 § 182 Abs. 2 HGB a. F.: „Der Gesellschaftsvertrag muss bestimmen: […] 4. Die Art der Bestellung und die Zusammensetzung des Vorstands; […]“ 788 Pinner, in: Staub, HGB, Bd. 2 § 250, Anm. 5; Makower, HGB, Bd. 1, § 250, Anm. IV. C. 3.; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 71. 789 Amtliche Begr. zu § 75 bei Klausing, AktG 1937, S. 61; Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 105; Brodmann, Aktienrecht, § 182 HGB, Anm. 12 a); ders., Aktienrecht, § 247, Anm. 1 a). 790 § 97 Abs. 1 AktG 1937: „Der Aufsichtsrat ist befugt, die Gesellschaft bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit den Vorstandsmitgliedern zu vertreten und gegen diese die von der Hauptversammlung beschlossenen Rechtsstreitigkeiten zu führen.“

166

D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Übung, nur der Aufsichtsrat das geeignete Organ zur Be- und Anstellung sei.791 Durch eine isolierte Übernahme der allgemeinen Vertretungsbefugnis in § 97 Abs. 1 AktG 1937 wäre diese Ausschließlichkeit nicht gewährleistet gewesen. § 97 Abs. 1 AktG 1937 normierte lediglich eine Befugnis, die schon aus sprachlicher Hinsicht nicht im Sinne einer alleinigen Berechtigung verstanden werden konnte.792 Sie schloss deshalb die Vertretung durch den Vorstand nicht generell aus.793 Ausgehend von § 97 Abs. 1 AktG 1937, wäre eine konkurrierende Zuständigkeit des Vorstands für die Entscheidung über den Inhalt und die Festlegung beziehungsweise Änderung der Anstellungsbedingungen gegenüber Vorstandskollegen denkbar, die auch nach der Reform von 1937 außerhalb der Thematik des Anstellungsvertrags angenommen wurde.794 Es sollte im Ergebnis der Zustand gesetzlich festgeschrieben werden, der sich schon vor der Reform in der Praxis bewährt hatte. Der Aufsichtsrat sollte zum Mittelpunkt der Personalentscheidung in der Aktiengesellschaft werden, da der Gesetzgeber die Hauptversammlung für ungeeignet hielt, die zur Leitung der Gesellschaft nötigen Personen auszuwählen.795 Bestellungs- und Anstellungskompetenz sollten im Aufsichtsrat gebündelt werden. Durch das AktG 1965 sollte sich hieran nichts ändern. In der Begründung des Regierungsentwurfs wird für die Zuständigkeit ausdrücklich klargestellt, dass eine Rechtsänderung insoweit nicht beabsichtigt ist.796 Wäre die unter dem AktG 1937 vorherrschende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich einer aus § 75 Abs. 1 AktG 1937 entnommenen Anstellungszuständigkeit aus Sicht des Gesetzgebers verfehlt gewesen, hätte er die Reform von 1965 zum Anlass nehmen können, dies im Gesetzestext und/oder der Gesetzesbegründung klarzustellen. Eine solche Korrektur ist indes weder erfolgt noch beabsichtigt gewesen. Er beließ vielmehr die Entscheidung über die Bestellung und den Inhalt des Anstellungsvertrags – wie es auch der Praxis entsprach – in einer Hand.797 Eine Beschränkung der Verweisung auf die zeitliche Thematik widerspricht zudem der Gesetzesbegründung von 1965. Nach ihr soll § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG bestimmen, dass „die Vorschriften über die Bestellung sinngemäß für den Anstellungsvertrag gelten“.798 Die Verwendung des 791 Amtliche Begr. zu § 75 bei Klausing, AktG 1937, S. 61; Schlegelberger/Quassowski, AktG, § 75, Rn. 1, 7. Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 46. 792 Brodmann, Aktienrecht, § 247 HGB, Anm. 1 a); Ritter, AktG, § 95, Ziff. 2. 793 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; BGH, II ZR 142/52; LM Nr. 5 zu § 75 AktG 1937; Begr. RegE zu § 112 bei Kropff, AktG 1965, S. 156; Schmidt/Meyer-Landrut, in: Großkommentar, 2. Aufl., § 97, Anm. 3; Schlegelberger/Quassowski, AktG, § 97, Rn. 3. 794 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 71 sowie Nachweise in Fn. 793. 795 Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 105. 796 Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 105. 797 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 47. 798 Begr. RegE zu § 84 bei Kropff, AktG 1965, S. 106.

II. Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG

167

Plurals in der Begründung lässt sich nur im Sinne einer umfassenden Verweisung auf den gesamten Abs. 1 deuten. Sie schließt die Kompetenzregelung mit ein. Aus historischer Sicht ist die Annahme einer in § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG begründeten Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag zwingend. Diese ausschließliche Kompetenz des Aufsichtsrats ist historisch gesehen in § 75 Abs. 1 AktG 1935 bzw. nunmehr in § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG begründet. 4. Telos des § 84 Abs. 1 AktG – enger Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung Der durch die historische Auslegung gewonnene Eindruck wird durch den mit der Regelung des § 84 Abs. 1 AktG mitunter verfolgten Telos weiter bekräftigt. a) Untrennbarer Zusammenhang von Bestellung und Anstellung Nach allgemeiner Meinung besteht zwischen Bestellung und Anstellung trotz vorherrschender Trennungstheorie ein enger sachlicher Zusammenhang.799 Der Anstellungsvertrag ist für den Bestand des Bestellungsverhältnisses von elementarer Bedeutung. Er bildet die wesentliche Grundlage sowohl für das Zustandekommen als auch die Fortdauer der Bestellung. Das in Frage kommende Vorstandsmitglied wird demnach die Organstellung im Regelfall nicht ohne Einigung über die Anstellungsbedingungen übernehmen und andererseits nicht mehr zur weiteren Wahrnehmung des Amts bereit sein, sollte die vertragliche Grundlage entfallen.800 Bestellungs- und Anstellungsentscheidung sind daher inhaltlich untrennbar miteinander verknüpft. Sie können nicht völlig isoliert voneinander gesehen werden. aa) Anstellungsbedingungen als elementarer Teil der Personalentscheidung Auch wenn die finanziellen Folgen einer Drittanstellung die Bestellungskörperschaft mangels einer Erstattungsvereinbarung mit dem Dritten nicht treffen sollten, sind die Anstellungsbedingungen ein wesentliches Kriterium der Bestellungsentscheidung. Der Aufsichtsrat muss im Zuge der Personalentscheidung abwägen, ob die Qualifikationen des potentiellen Vorstandsmitglieds die konkreten Anstellungsbedingungen rechtfertigen. Der Aufsichtsrat wird regelmäßig – schon wegen § 87 AktG – ein Interesse daran haben, ein einheitliches Gefüge von Anstellungsbedingungen innerhalb des Vorstandsgremiums zu wahren. Sollten einzelne Vorstandsmitglieder dieses Gefüge sprengen, muss es durch nachvollziehbare Gründe, die ihrerseits im Einklang mit § 87 AktG stehen, gerechtfertigt sein (z. B. die 799 800

Vgl. bereits einführend B. I. 3. b). BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; BGH, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727, 1728.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

bestehenden Qualifikationen und Erfahrungen801, die zu erwartenden Leistungen, die wahrzunehmenden Aufgaben802 oder etwaige bessere Stellenangebote des Vorstandsmitglieds803). Andernfalls würden Spannungen und Unzufriedenheit innerhalb des Vorstands heraufbeschworen. Auch im Übrigen wirken anstellungsvertragliche Regelungen auf das Bestellungsverhältnis ein. Während eines im Anstellungsvertrag zugesicherten Urlaubs steht das Vorstandsmitglied der Bestellungskörperschaft nicht zur Verfügung, selbst wenn die Bestellungskörperschaft zu einer Urlaubsregelung in dem konkreten zeitlichen Umfang nicht bereit gewesen wäre. Die Anstellungsbedingungen sind zudem entscheidend für die Einsatzfreude und Motivation des Vorstandsmitglieds.804 Sie können gar eine negative Anreizwirkung entfalten, sofern beispielsweise der Dritte dem Vorstandsmitglied die ungeschmälerte Fortzahlung seiner Bezüge selbst im Falle schwerwiegender Pflichtverletzungen oder unternehmerischen Versagens garantiert.805 Der Aufsichtsrat kann bei der Organbestellung demnach nur dann eine eigenverantwortliche und sachgerechte Entscheidung treffen, wenn er rechtlich in der Lage ist, auch die Anstellungsbedingungen in seine Überlegung einzubeziehen und über sie zu entscheiden.806 Sollten Bestellungs- und Anstellungskompetenz unterschiedlichen Organen zugewiesen sein, bestünde die Gefahr, dass die Bestellungskompetenz durch die Gestaltung der Anstellungsbedingungen ausgehöhlt würde.807 Denn derjenige, der über die inhaltliche Gestaltung des Anstellungsvertrags entscheidet, kann faktisch jede vom Aufsichtsrat vorgenommene Bestellung torpedieren, indem er eine unzureichende Entlohnung anbietet oder Vertragswünsche eines Bewerbers ablehnt. Wer mithin über die Vergütung und die sonstigen Anstellungsbedingungen verbindlich entscheiden kann, befindet letztens Endes über die Auswahl der betreffenden Person.808 Der Aufsichtsrat muss die Möglichkeit haben, sich für den Bewerber mit der höheren Gehaltsforderung zu entscheiden, obwohl die Konzernmutter oder ein anderer potentieller Anstellungsvertragspartner sie für ungerechtfertigt hält.809 Die Vergütungsfrage zählt zu den primären Entscheidungs- und Vertretungsbefugnissen des Aufsichtsrats.810 Um der Bestellungsaufgabe gerecht 801

Kort, in: Großkommentar AktG, § 87, Rn. 98 m.w.N. Ausführlich Kort, in: Großkommentar AktG, § 87, Rn. 53 ff. 803 Kort, in: Großkommentar AktG, § 87, Rn. 95 m.w.N.; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 87, Rn. 57. 804 Ähnlich für die Vergütungsfrage Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 719. 805 Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 806 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; BGH, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727, 1728; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 167. 807 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734 f. 808 Baums, in: FS Huber, S. 657, 663; ähnlich BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734 f. 809 zum Ganzen: Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 123. 810 OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41, 42. 802

II. Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG

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werden zu können, bedarf der Aufsichtsrat demnach bei der anstellungsvertraglichen Ergänzung der Bestellung weitgehende Flexibilität. Ihm muss der Handlungsspielraum eröffnet sein, das Vorstandsmandat auch für qualifizierte Persönlichkeiten interessant zu machen und ihren Bedürfnissen durch individuelle Vertragsgestaltung gerecht zu werden.811 Die Freiheit der Personalauswahl verlangt Freiheit bei der Regelung des Anstellungsvertrags.812 Die bloße Kenntnis des Aufsichtsrats um eine Drittanstellung und das Recht deren Einzelheiten zu erfragen, reicht nicht aus.813 Durch die Gestaltung der Anstellungsbedingungen (z. B. durch Zuerkennung extrem hoher Ruhegeldansprüche oder Abfindungen bei Ausscheiden aus dem Amt) können zudem derart hohe wirtschaftliche Folgebelastungen an die Abberufung geknüpft werden, dass ein Bestellungswiderruf aus ökonomischer Sicht faktisch unmöglich ist.814 Finanzielle Bedenken im Zusammenhang mit der Abberufung mögen sich bei fehlender Existenz einer Erstattungsvereinbarung zwischen Bestellungskörperschaft und anstellenden Dritten im Zuge eines Drittanstellungsvertrags nicht in gleichem Maße stellen. Die finanziellen Belastungen würden dann den Dritten und eben nicht die Bestellungskörperschaft treffen. Die übrigen Probleme des untrennbaren Zusammenhangs stellen sich hingegen in unverminderter Weise. bb) Aushöhlung der Personalentscheidung durch Beendigung des Anstellungsvertrags Eine ähnliche Problematik stellt sich im Falle der Beendigung des Drittanstellungsvertrags. Für den Dritten beanspruchen die aktienrechtlichen Vorgaben des § 84 AktG keine Geltung. Er ist nicht gehindert, den Anstellungsvertrag zu einem unerwarteten Zeitpunkt zu beenden.815 Ein ordentliches Kündigungsrecht zugunsten des Dritten ist anders als im anstellungsvertraglichen Regelfall nicht von vornherein ausgeschlossen.816 Entzieht der Dritte der Vorstandstätigkeit aber die schuldrechtliche Grundlage, entsteht eine unzulässige Drucksituation zulasten des Aufsichtsrats.817 Das Vorstandsmitglied wäre jederzeit durch einseitige Erklärung zur Amtsniederlegung berechtigt,818 auch ohne Berufung auf einen wichtigen Grund.819 Selbst 811

Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 165. Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 165. 813 So aber Reuter, A., AG 2011, 274, 281. 814 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; Säcker, BB 1979, 1321, 1324. 815 Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1308. 816 Ausführlich zur Unzulässigkeit eines ordentlichen Kündigungsrechts zugunsten der Gesellschaft Steinbeck/Menke, DStR 2003, 940 f. (eine Vereinbarung eines ordentlichen Kündigungsrechts zugunsten des Vorstandsmitglieds sei hingegen zulässig). 817 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 4; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68. 818 BGH, II ZR 2/83, AG 1984, 266; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 199; a. A. Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1309. 812

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

wenn man einen wichtigen Grund für die Amtsniederlegung für notwendig erachtet820, wäre dieser im Wegfall des schuldrechtlichen Anstellungsvertrags zu sehen. Ohnehin könnte wegen § 888 Abs. 2 ZPO die Gesellschaft das Vorstandsmitglied nicht zur Fortführung seines Amts zwingen.821 Die jederzeitige Möglichkeit der Bestellungskörperschaft, einen eigenen Anstellungsvertrag mit dem Vorstandsmitglied abzuschließen822, stellt keine ausreichende Kompensation für die Beeinträchtigungen der Personalhoheit dar. Eine Kündigung des Anstellungsvertrags bringt vielmehr Störungen des Vertrauensverhältnisses zur Bestellungskörperschaft mit sich. Zugleich ist keinesfalls gesichert, dass eine Einigung zum jetzigen Zeitpunkt noch herbeigeführt werden kann. Man denke nur an Fälle, in denen die Bestellungskörperschaft wirtschaftlich nicht fähig ist, mit dem Drittanstellungsvertrag vergleichbare Anstellungsbedingungen (insb. Vergütung) zu bieten. Oftmals wird das vormalig drittangestellte Vorstandsmitglied nicht mehr bereit sein, eine Vergütungshöhe unterhalb der vormals gewährten zu akzeptieren, obwohl es bei unmittelbarer Anstellung bei der Bestellungskörperschaft im Zuge der damaligen Bestellung bereit gewesen wäre, entsprechend für ihn ungünstigere Anstellungsbedingungen in Kauf zu nehmen, um sich nicht der Gelegenheit zur Ausübung des Mandats und den damit verbundenen Erfahrungsgewinn zu nehmen. Schließlich ist nicht zuletzt der „Marktwert“ des Vorstandsmitglieds durch die schon ausgeübte, organschaftliche Amtszeit und dem damit zusammenhängenden Erfahrungsgewinn weiter gestiegen. Der Aufsichtsrat begibt sich demzufolge in ein Abhängigkeitsverhältnis, auf das er sich bei eigener Aushandlung der Anstellungsbedingungen regelmäßig nicht eingelassen hätte. Der Dritte hätte es dementsprechend in der Hand, durch einen Kündigungsausspruch der Vorstandstätigkeit die Grundlage zu entziehen und Störungen des organschaftlichen Verhältnisses hervorzurufen. Dies steht in Konflikt mit dem ausschließlichen Abberufungsrecht des Aufsichtsrats nach § 84 Abs. 3 AktG.823 Der Aufsichtsrat muss dafür Sorge tragen, dass das Abberufungsrecht ausschließlich von ihm ausgeübt werden kann. Dem ist bei einem Drittanstellungsvertrag nicht hinreichend Rechnung getragen.824

819 BGH, II ZR 58/92, NJW 1993, 1198, 1199 (GmbH); BGH, II ZR 109/94, NJW 1995, 2850 (GmbH); OLG Stuttgart, 901 Kap 1/06, BB 2007, 505; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 199; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 157; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 56; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 45. 820 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 224; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 5, Rn. 35. 821 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 199. 822 So aber Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 239; Arnold/Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 20, Rn. 92. 823 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56. 824 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 74.

II. Anstellungskompetenz nach § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG

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cc) Störungen des Bestellungsverhältnisses bei Ausscheiden der Tochtergesellschaft aus dem Konzernverbund Eine zusätzliche Konfliktsituation ergibt sich, wenn die Tochtergesellschaft, für die das drittangestellte Vorstandsmitglied bestellt ist, beispielsweise aufgrund einer Kündigung des Beherrschungsvertrags aus dem Konzernverbund ausscheidet.825 In dieser Konstellation wird sich das Vorstandsmitglied regelmäßig an die Konzernmutter halten, da es in ihr seine Zukunft sehen wird.826 Es wird sich auf die Wirksamkeit des Konzernanstellungsvertrags berufen und eine weitere Tätigkeit im Konzern anstreben. Zu einer weiteren Ausübung der Vorstandstätigkeit bei der Tochtergesellschaft wird es hingegen nicht mehr bereit sein. b) Schlussfolgerung Es besteht Einigkeit, dass § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG eine zeitliche Kopplung des Anstellungsvertrags an die Bestellungsperiode sicherstellt. Das Bestellungsorgan soll sich durch vorangegangene Entscheidungen nicht gezwungen sehen, die Amtsperiode des bisherigen Amtsinhabers nur deshalb zu verlängern, um Gehaltsfortzahlungsansprüche der Gesellschaft ohne Gegenleistung zu vermeiden.827 Der Aufsichtsrat soll bei der Entscheidung hinsichtlich der Gewährung einer weiteren Amtszeit vollständig frei sein. Diese Freiheit ist gleichwohl nur zu erlangen, wenn sich die gesetzlich angelegte Akzessorietät nicht auf die zeitliche Thematik beschränkt, sondern sich in gleicher Weise auf die Zuständigkeit für den Anstellungsvertrag erstreckt. Nur dann ist die Personalkompetenz des Aufsichtsrats umfassend gewährleistet. Eine Aufspaltung von Bestellungs- und Anstellungskompetenz wäre mit Konflikten und Gefahren verbunden, die der Gesetzgeber mit der Regelung in § 84 Abs. 1 AktG und der damit erfolgten ausschließlichen Übertragung der Personalkompetenz an den Aufsichtsrat verhindern wollte. Würden Bestellung- und Anstellungskompetenz auseinanderfallen, droht eine Aushöhlung und Entwertung der Personalkompetenz. Die Personalkompetenz bildet indes ein wesentliches Element der allgemeinen Überwachungspflicht des Aufsichtsrats828, der sich der Aufsichtsrat gerade nicht entziehen darf. Es obliegt dem Aufsichtsrat, und zwar ausschließlich diesem, die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen festzulegen, die ein Vorstands825

Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 18; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 4; Kort, Großkommentar AktG, § 84, Rn. 329a; Sachverhalt von OLG Frankfurt a. M., 5 W 4/97, BB 1997, 2341. 826 Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 235; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 4. 827 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734; Reuter, D., in: FS Zöllner, Bd. I, S. 487, 496; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 78. 828 Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. AG, § 29, Rn. 28; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, Rn. 106; Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. AG, § 26, Rn. 47.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

kandidat zu erfüllen hat. Er hat seine Personalentscheidung unter Berücksichtigung der unternehmerischen Anforderungen und der langfristigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens in eigener Verantwortung zu treffen.829 Eine sachgerechte Entscheidung ist aber nur bei gleichzeitiger Befassung mit den Anstellungsbedingungen möglich. Die hinreichende Verwirklichung der Personalkompetenz setzt den Gleichlauf beider Kompetenzen zwingend voraus.830 Aus teleologischen Erwägungen sind zum Schutze der unverbrüchlichen Personalkompetenz beide Akte (Bestellung und Anstellung) notwendig in einer Hand, und zwar derjenigen des Aufsichtsrats, zu vereinigen.831 § 84 Abs. 1 AktG trägt diesem Zusammenhang Rechnung. Das Aktiengesetz stellt durch die Anordnung der sinngemäßen Anwendung der Regelungen über die Bestellung in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG die erforderliche Parallelität sicher.832 Die Anstellungskompetenz folgt daher der Bestellungskompetenz als Annexkompetenz.833 5. Zwischenergebnis Im Ergebnis steht die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag außer Frage. Sie lässt sich § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG entnehmen. Nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung ist ausschließlich der Aufsichtsrat und kein anderes Gesellschaftsorgan dazu berufen, über die mit einem Vorstandsmitglied zu vereinbarenden individuellen Vertragsbedingungen zu entscheiden.834 6. Konzernrechtliche Verhältnisse In Konzernverhältnissen ist eine davon abweichende Beurteilung nicht möglich.835 Der Abschluss eines Beherrschungsvertrags oder die Eingliederung der 829

Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. AG, § 26, Rn. 47. So jetzt auch BGH, II ZR 63/14, NZG 2015, 792, 794. 831 A. A. Reuter, A., AG 2011, 274, 278; Rittner, DB 1979, 973, 975; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1303; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 120; Arnold/Günther, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 20, Rn. 92. 832 BGH, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727, 1728; BGH, II ZR 63/14, NZG 2015, 792, 794; OLG Düsseldorf, I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 15. 833 OLG Düsseldorf, I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322; Baums, in: FS Huber, S. 657, 663. 834 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 70, Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14, Rn. 46; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 219; ähnlich auch BGH, II ZR 63/14, NZG 2015, 792, 794. 835 So auch Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 76; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 73 f.; Fonk, NZG 2010, 368, 370 f.; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 435 ff.; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 68; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 219; a. A. 830

III. Verhältnis zu § 112 Satz 1 AktG

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Aktiengesellschaft lässt zwar Eingriffe in die operative Leitung zu, die vorgegebene Kompetenzordnung bleibt indes unberührt. Der Aufsichtsrat ist in konzernrechtlichen Verhältnissen weiterhin für die Be- und Anstellung von Vorstandsmitgliedern zuständig.836 Die Personalkompetenz des abhängigen Aufsichtsrats kann weder satzungsmäßig noch durch Weisung oder freiwillige Kompetenzverlagerung beschnitten werden.837

III. Verhältnis zu § 112 Satz 1 AktG Nach den vorausgehenden Erläuterungen bestehen mit § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG und § 112 Satz 1 AktG zwei unterschiedliche Zuständigkeitsregelungen, die sich entweder direkt (§ 84 Abs. 1 Satz 5 AktG) oder zumindest indirekt (§ 112 Satz 1 AktG) mit dem Anstellungsvertrag auseinandersetzen. Das sonst geltende Verständnis von § 112 Satz 1 AktG, nach dem sowohl die Willensbildung als auch die Vertretungsmacht umfasst sind, ist mit der sich aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ergebenden ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats in Einklang zu bringen. 1. Zutreffendes Verständnis von § 112 AktG Nach § 112 Satz 1 AktG besteht grundsätzlich eine Identität zwischen Vertretung und Willensbildung. Die Regelung räumt dem Aufsichtsrat ebenfalls die gesellschaftsinterne Zuständigkeit ein. Dies schließt indes eine abweichende gesetzliche Gestaltung nicht aus. Der einer Vertretung notwendig vorausgehende Willensbildungsprozess kann theoretisch einem anderem als dem Vertretungsorgan zugewiesen sein.838 Es ist somit ausgehend vom Grundsatz der internen Zuständigkeit des Aufsichtsrats gegenüber Vorstandsmitgliedern (gemäß § 112 Satz 1 AktG) positiv festzustellen, dass eine von dieser Regel abweichende Zuteilung nicht besteht. Fehlt sie, verbleibt es bei der umfassenden Kompetenz des Aufsichtsrats nach § 112 AktG. Ein Auseinanderfallen von Willensbildung und Vertretungsbefugnis ist auch nicht rein theoretischer Natur. Mit § 82 Abs. 2 und § 119 Abs. 2 kennt das Aktiengesetz zwei derartige Fälle. Überdies existiert mit § 89 Abs. 1 AktG auch ein umgekehrter Fall, in dem das Gesetz besondere Anforderungen an den Inhalt der Willensbildung scheinbar Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 329; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 18; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 26; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 186; Reuter, A., AG 2011, 274, 276 ff. 836 Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 478; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 1, 76; Spindler, in: FS Schmidt, S. 1529, 1535. 837 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 433; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 73. 838 Werner, in: FS Fischer, S. 821, 822; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 31 MitbestG, Rn. 37; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 121; ähnlich auch Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 13.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

stellt. Eine Einheit von interner Willensbildung und äußerem Vollzug ist im Gesellschaftsrecht nicht zwingend.839 Nach dem vorzugswürdigen Verständnis von § 112 Satz 1 AktG ist daher grundsätzlich vom Zusammenfallen von Vertretung und Willensbildung auszugehen. Eine abweichende gesetzliche Regelung bleibt möglich. Für den Bereich des Anstellungsvertrags ist § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG hinsichtlich der Willensbildung auf Grund der dargestellten historischen Entwicklung insoweit lex specialis zu § 112 Satz 1 AktG.840 Im Übrigen verbleibt es beim Grundsatz, dass § 112 Satz 1 AktG sowohl die Willensbildung als auch die Vertretungsmacht des Aufsichtsrats für Rechtsgeschäfte der Gesellschaft mit Vorstandsmitgliedern umfasst. Die systematische Stellung von § 84 Abs. 1 AktG vor § 112 Satz 1 AktG führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Zwar mag die Stellung im Gesetz im Verhältnis zwischen lex specialis und lex generalis im Normalfall eine andere sein, allerdings ist die heutige Systematik unter dem Eindruck der skizzierten historischen Entwicklung zu sehen. 2. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur mitbestimmten GmbH Nur in diesem Sinne ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu § 112 AktG im Rahmen der mitbestimmten GmbH zu deuten.841 In dieser lehnt der Bundesgerichtshof die Anstellungszuständigkeit des Aufsichtsrats nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG i.V.m. § 112 AktG ab, um sie anschließend über den engen Zusammenhang zwischen Be- und Anstellung aufwendig zu begründen.842 Der Bundesgerichtshof weicht damit jedoch nur scheinbar vom allgemeinen Verständnis von § 112 AktG ab. Tatsächlich erklärt sich die eingangs erwähnte Auffassung des Gerichts, wonach sich im anstellungsvertraglichen Kontext aus § 112 Satz 1 AktG ausschließlich die Vertretungsmacht nach außen ergebe, durch die Möglichkeit einer von § 112 Satz 1 AktG abweichenden gesetzlichen Regelung. Nach allgemeiner Ansicht ist § 46 Nr. 5 GmbHG in erweiterter Interpretation neben der Bestellung- und Abberufungskompetenz auch die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für den Anstellungsvertrag zu entnehmen.843 Die Anstellungszuständigkeit ist allerdings nach § 45 Abs. 2 GmbHG durch Satzungsbestim839

BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734 m.w.N. In diesem Sinne auch Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 13; wohl auch Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 249. 841 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733. 842 Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 66, Fn. 127 sieht dieses Vorgehen des Bundesgerichtshofs als Bestätigung seiner Ansicht, nach der sich die Anstellungskompetenz ausschließlich aus § 112 AktG ergeben soll. 843 BGH, II ZR 140/93, NJW 1995, 1750, 1751; BGH, II ZR 169/90, NJW 1991, 1680, 1681; BGH, II ZR 222/56, NJW 1958, 945; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 46, Rn. 27; Liebscher, in: MünchKomm GmbHG, § 46, Rn. 124; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46, Rn. 36. 840

IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5

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mung auf andere Organe und sogar Dritte übertragbar.844 Aus § 25 MitbestG und dessen Verweis auf § 112 Satz 1 AktG kann im Bereich des Anstellungsverhältnisses bei der GmbH infolgedessen nicht auf die Entscheidungsbefugnis des Aufsichtsrats geschlossen werden. Wegen der Existenz einer vom Regelungsgehalt des § 112 Satz 1 AktG abweichenden Vorschrift (§ 46 Nr. 5 GmbHG) sowie des dispositiven Charakters kann es nicht bei dem isolierten Verweis auf § 112 Satz 1 AktG verbleiben. Die Feststellungen des Bundesgerichtshofs stehen im Einklang mit der aktienrechtlichen Systematik. Ähnliches gilt infolge der sich aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AktG ergebenden Kompetenz für die Aktiengesellschaft. § 84 Abs. 1 AktG ist hinsichtlich der Willensbildung angesichts der dargestellten historischen Entwicklung lex specialis zu § 112 Satz 1 AktG.

IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AktG 1. Keine abweichende Regelungsmöglichkeit der Anstellungskompetenz Die aus § 84 Abs. 1 AktG abzuleitende Kompetenz des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag ist ausschließlicher Natur. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 23 Abs. 5 Satz 1 AktG. Danach sind im Grundsatz sämtliche Bestimmungen des AktG zwingender Natur.845 Die Ausschließlichkeit ist Ausfluss der Satzungsstrenge des Aktiengesetzes, wonach von den gesetzlichen Vorschriften nur abgewichen werden kann, soweit dies ausdrücklich zugelassen ist.846 Die Aktiengesellschaft ist ein im Bereich des Innenrechts überwiegend durch zwingende staatliche Normen geregelter, der Privatautonomie entzogener Verband.847 Dies gilt im besonderen Maße für die Organzuständigkeiten.848 § 23 Abs. 5 AktG schreibt demnach die gesetzliche Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung als zwingendes Recht fest.849 Andernfalls würde die durch Gesetz „künstliche und kunstvoll geschaffene Balance unter den 844 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46, Rn. 39; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 6, Rn. 30, 31; Liebscher, in: MünchKomm GmbHG, § 46, Rn. 186; Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 46, Rn. 254; für die Bestellungskompetenz ist die Übertragung auf Dritte strittig, vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 46, Rn. 23. 845 Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 167; Limmer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 23, Rn. 28a. 846 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 433. 847 Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 167. 848 Arnold, in: KK AktG, § 23, Rn. 148; Koch, in: Hüffer, AktG, § 23, Rn. 36; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 6, Rn. 10; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 1; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 1. 849 Timm, DB 1980, 1201, 1204; Otto, NZG 2013, 930, 933.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Organen schnell aus dem Lot geraten“ und ein Rückfall in eine überwundene „hierarchische Struktur“ drohen.850 Eine Abänderung der Anstellungszuständigkeit durch Satzungsbestimmung ist demnach ausgeschlossen. Nichts anderes gilt für schuldrechtliche Modifikationen. Die Anerkennung satzungsergänzender Nebenanreden führt zu keinem abweichenden Ergebnis.851 Die Zulässigkeit von Nebenanreden ist nach dem geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit unbestritten.852 Allerdings steht auch fest, dass den rein schuldrechtlichen Vereinbarungen seitens der Gesellschafter oder bestimmter Gesellschaftsgruppen infolge der fehlenden körperschaftlichen Wirkung keine bindende Wirkung für die Gesellschaft und deren Organe zukommen kann.853 Eine derartige Bindung ist nur durch die Satzung erzielbar. Durch schuldrechtliche Nebenabreden lassen sich demnach keine Änderungen der Kompetenzstruktur der Organe herbeiführen. Zudem sind schuldrechtliche Nebenabreden nur insoweit möglich, als ihnen nicht zwingendes Recht entgegensteht. Bei der anstellungsvertraglichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats als aktienrechtliche Kompetenzregelung handelt es sich gerade um zwingendes Recht in diesem Sinne. Da das gesetzliche Machtgefüge zwischen den Gesellschaftsorganen zu erhalten ist,854 sind Veränderungen der aktienrechtlichen Kompetenzordnung ausgeschlossen. Eine Abweichung im Wege schuldrechtlicher Abreden kommt nicht Betracht. Etwaige dennoch abgeschlossene Vereinbarungen, die die gesetzlich festgelegten Organzuständigkeiten ändern sollen, würden diesen zwingenden Organisationsregeln widersprechen. Ihnen kann keine Wirkung zukommen.855 Im Ergebnis ist die aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG folgende Anstellungszuständigkeit des Aufsichtsrats ausschließlicher Natur. Modifikationen sind weder mittels Satzungsbestimmungen noch mittels schuldrechtlicher Abreden möglich. 2. Drittanstellung als Verstoß gegen die Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats Mit der festgestellten ausschließlichen Natur ist noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob eine Drittanstellung gegen die Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats verstößt. Es lässt sich nicht von vornherein ausschließen, dass die Wirkung von § 84 850

Lutter, in: Lutter, Gesammelte Schriften, S. 149, 160. So aber wohl Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 75/76 für die Modifizierung des Bestellungsverhältnisses. 852 Zu satzungsergänzenden Nebenabreden vgl. B. I. 4. d). 853 Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 238; Hoffmann-Becking, ZGR 1994, 442, 445; Noack, Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, S. 139. 854 Vgl. ausführlich C. II. 2. b) aa) (1). 855 Baumann/Reiss, ZGR 1989, 157, 192; Röhricht, in: Großkommentar AktG, § 23, Rn. 258. 851

IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5

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Abs. 1 AktG auf den gesellschaftsinternen Bereich beschränkt ist, d. h. nur das Verhältnis der Gesellschaftsorgane untereinander betrifft, und deshalb Drittanstellungsverträgen nicht entgegensteht. a) Bedeutung der Anstellungskompetenz im aktienrechtlichen Gefüge Die in § 84 Abs. 1 AktG geregelte ausschließliche Anstellungskompetenz wird weder durch ihre systematische Stellung noch die vorgesehene Möglichkeit der Bildung eines Personalausschusses nach § 107 AktG in Frage gestellt. Sie wird vielmehr durch § 111 Abs. 5 AktG sowie § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG belegt. aa) Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats als Teil der Verbandsverfassung Zahlreiche Autoren meinen, eine Drittanstellung greife nicht in den Kompetenzbereich des Aufsichtsrats ein, da ein Anstellungsvertrag mit der Bestellungskörperschaft gerade nicht abgeschlossen würde.856 Befasse sich die Gesellschaft nicht mit dem Anstellungsvertrag, sei der Anwendungsbereich der rein gesellschaftsinternen Kompetenzregelung des § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG nicht eröffnet. Die Zuständigkeitsordnung bleibe unberührt.857 Die Kompetenz beschränke sich ebenso wie § 112 Satz 1 AktG auf den gesellschaftsinternen Bereich. Dieses Verständnis ergebe sich vor allem aus der der systematischen Stellung des § 84 Abs. 1 AktG. § 84 AktG ist eingebettet in den Abschnitt des AktG über die Verbandsverfassung, die das Innenrecht der Aktiengesellschaft betrifft858 und lediglich eine Kompetenzabgrenzung der Organe untereinander ermöglichen soll. Eine Wirkung gegenüber außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten ergebe sich nicht.859 § 84 Abs. 1 AktG normiere ausschließlich den gesellschaftsinternen Willensbildungsprozess.860 Aus der Stellung des § 84 Abs. 1 AktG innerhalb der Verbandsverfassung (§§ 76 ff. AktG) kann allerdings nicht zwangsläufig auf das Fehlen einer Wirkung gegenüber Dritten (Außenwirkung) geschlossen werden. Zahlreichen Regelungen 856

Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 238; Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 102; Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 47; Krauss, Status und Kündigungsschutz von arbeitnehmerähnlichen Vorstandsmitgliedern der Aktiengesellschaft, S. 164; Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 119; ders., NZG 2011, 1130, 1131; Kalb/Fröhlich, NZG 2014, 167 (im Kontext der Drittvergütung); ähnlich Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 102 (im Kontext eines Vergleichs mit einem vertragslosen Vorstandsmitglieds). 857 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 47, 48; Lücke, in: Lücke/Schaub, Vorstand der AG, § 2, Rn. 102. 858 Geßler, AktG, Vorb. § 76, Rn. 1. 859 Jooß, NZG 2011, 1130, 1131; ders., Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 119. 860 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 47.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

des Vierten Teils des AktG kommt trotz ihrer systematischen Stellung eine Außenwirkung zu. So geht § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG in seiner Wirkung über den internen Bereich der Gesellschaft weit hinaus. Der Vorstand ist gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft. Die Vertretung umfasst jedes nach außen wirkende rechtsgeschäftliche Handeln im Namen der Aktiengesellschaft.861 Bei einem Verstoß gegen § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG, beispielsweise durch ein rechtsgeschäftliches Tätigwerden eines NichtVorstandsmitglied, wäre ein Vertrag mit einem Dritten schwebend beziehungsweise bei Verweigerung der Genehmigung endgültig unwirksam. Eine Außenwirkung von § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG steht außer Frage. Ähnliches gilt für die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis nach § 82 Abs. 1 AktG. Auch die Stoßrichtung des § 87 Abs. 1 AktG ist nicht auf die interne Sphäre der Aktiengesellschaft beschränkt. § 87 Abs. 1 AktG erfasst nach zutreffender Ansicht zugleich Vergütungsbestandteile, die von dritter Seite gewährt werden.862 § 87 Abs. 1 AktG begründet die uneingeschränkte und ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats, das Gesellschaftsinteresse in Bezug auf die Festsetzung der Vorstandsvergütung zu definieren.863 Die These, die Tragweite der Vorschriften des Vierten Teils beschränke sich auf das Innenverhältnis der Gesellschaft, so dass sie für das Außenverhältnis bedeutungslos seien, kann folglich nicht überzeugen. Ein Grundsatz in diesem Sinne lässt sich nicht aufstellen. Vielmehr ist für jede Norm isoliert zu beurteilen, ob ihre Wirkung auf den gesellschaftsinternen Bereich beschränkt ist oder nicht. § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG ist Ausdruck des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen Bestellung und Anstellung. Um einer Aushöhlung der Personalkompetenz zu verhindern, müssen beide Kompetenzen zwingend in einer Hand liegen.864 Die Bedeutung des Anstellungsvertrags für das Bestellungsverhältnis ist derart groß, dass der Bundesgerichtshof sich dazu veranlasst gesehen hat, eine einheitliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für Bestellung und Anstellung auch bei der mitbestimmten GmbH anzunehmen. Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs ist § 31 Abs. 1 Satz 1 MitbestG erweitert auszulegen.865 Da eine Drittbestellung, d. h. eine Bestellungsentscheidung durch einen Dritten, unbestritten nicht möglich ist866, muss zum 861

Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 78, Rn. 3. Spindler, MünchKomm AktG, § 84, Rn. 73; Bauer/Arnold, BB 2006, 260, 265; MayerUellner AG 2011, 193, 198; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 13; Wollburg, ZIP 2004, 646, 649/650; Kort, in: Großkommentar AktG, § 87, Rn. 357; Diekmann, in: FS Maier-Reimer, S. 75, 83; a. A. Hohaus/Weber, DStR 2008, 104, 105; Lange, in: Birk/Pöllath/Saenger, Forum Unternehmenskauf 2004, S. 115, 133; Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1311; Traugott/Grün, AG 2007, 761, 768 f.; differenzierend Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 396. 863 Weber, in: Hölters, AktG, § 87, Rn. 13; Wollburg, ZIP 2004, 646, 649/650. 864 Vgl. D. II. 4. 865 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 734 f. 866 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 12; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 9; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 33; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 332; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 8. 862

IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5

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Schutze der Personalhoheit Gleiches für die Anstellung gelten. Nur auf diese Weise kann die Einheit zwischen Anstellung und Bestellung gewährleistet werden. § 84 Abs. 1 AktG ist zugleich die Verbürgung der Personalhoheit des Aufsichtsrats, die als elementare Bestandteile sowohl die Bestellung als auch die Anstellung umfasst.867 Die Norm schreibt nicht lediglich die gesellschaftsinterne, sondern die ausschließliche und alleinige Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag fest. bb) Die mögliche Zuständigkeit des Personalausschusses für Anstellungsfragen als Entwertung der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats? Die Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats nach § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG wird durch die Möglichkeit der Übertragung der anstellungsvertraglichen Abschlusszuständigkeit auf den Personalausschuss gemäß § 107 Abs. 3 AktG nicht in Frage gestellt. Der Existenz dieser Gestaltungsmöglichkeit kann nicht die gesetzgeberische Intention entnommen werden, die Anstellungsverantwortlichkeit weise eine vernachlässigbare Bedeutung für die Personalhoheit auf. Der Personalausschuss fungiert vielmehr als Teil des personalverantwortlichen Plenums,868 so dass die Anstellungszuständigkeit beim Aufsichtsrat verbleibt. Sie wird lediglich durch eine personelle Untereinheit wahrgenommen. Beschlüsse des Ausschusses bleiben solche des Aufsichtsrats.869 Zudem ist eine Einflussnahme des Aufsichtsrats stets möglich, wie die Befähigung zum jederzeitigen Aufgabenentzug zeigt. Dies gilt nicht nur für vorbereitende und beratende Ausschüsse, sondern auch für den beschließenden Ausschuss. Der Aufsichtsrat bleibt durchweg Herr des Verfahrens. Er kann die Beschlussfassung jederzeit wieder an sich ziehen oder gefasste Beschlüsse abändern.870 Von einem Auseinanderfallen von Bestellungs- und Anstellungskompetenz kann demnach bei der Betrauung eines Personalausschusses mit der Regelung der Anstellungsbedingungen nicht die Rede sein. Ein Indiz für die Zulässigkeit der Drittanstellung, lässt sich nicht ableiten. Die Überlassung der Anstellungsentscheidung an einen aus seiner Mitte gebildeten Ausschuss ist mit der Anstellung durch ein anderes, eigenverantwortlich im eigenen Wirkungskreis handelndem Organ oder gar Dritten nicht vergleichbar.871 Die ausschließliche Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats wird daher durch § 107 Abs. 3 AktG nicht in Frage gestellt. Der Gesamtaufsichtsrat soll nur von der oftmals komplizierten Aushandlung der 867 Pentz, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 16, Rn. 7; Schüppen/Unsöld, in: Schüppen/ Schaub, MAH Aktienrecht, § 23, Rn. 19; Henssler, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 111, Rn. 4. 868 Oldenburg, DB 1984, 1813, 1815. 869 BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 735. 870 Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 107, Rn. 90; Habersack, in: MünchKomm AktG, § 107, Rn. 94; BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733, 735; OLG Hamburg, 11 U 20/95, AG 1996, 84, 85. 871 BGH, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727, 1728.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Anstellungsbedingungen entlastet werden.872 Die Entscheidung, mit wem der Anstellungsvertrag geschlossen wird, bleibt Sache des Aufsichtsratsplenums.873 Die gesetzliche Möglichkeit der Errichtung eines Personalausschusses schwächt folglich die Personalhoheit des Aufsichtsrats nicht ab, sondern hebt im Gegenteil dessen Bedeutung hervor. Beschränkt der Gesetzgeber die Möglichkeit der Übertragung der anstellungsvertraglichen Abschlusszuständigkeit auf eine Untereinheit des Aufsichtsrats und schließt dadurch eine Verlagerung auf andere Organe innerhalb der Gesellschaft aus, liegt erst recht eine Umgehung zwingender Aufsichtsratskompetenzen vor, wenn die Anstellung durch einen außenstehenden Dritten erfolgt.874 cc) Möglichkeit einer Untervertretung Auch die Anerkennung einer Untervertretung beim Vollzug eines Aufsichtsratsbeschlusses entkräftet nicht die ausschließliche Zuweisung der Anstellungskompetenz an den Aufsichtsrat. Bei § 112 Satz 1 AktG ist zwischen der Willensbildung und dem Willensvollzug zu differenzieren.875 Während in der Phase der Willensbildung ausschließlich der Gesamtaufsichtsrat oder ein Ausschuss tätig werden darf876, ist im Rahmen des Willensvollzugs, d. h. der Umsetzung des Beschlusses durch Abgabe einer Willenserklärung, die Einschaltung von Boten und sogar Untervertretern zulässig.877 Letzteres gilt jedenfalls für Aufsichtsratsmitglieder, die zu diesem Zweck zur Einzelvertretung ermächtigt werden. Doch selbst wenn man die Möglichkeit auf organexterne Dritte erweitern wollte878, wird dadurch die Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats nicht in Zweifel gezogen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Stellvertretung nach bürgerlich-rechtlichem Verständnis. Die Vertretung nach §§ 164 ff. BGB umfasst neben der Abgabe der Willenserklärung im Namen des Vertretenen im Normalfall zusätzlich die vorgelagerte Willensbildung. Bei § 112 AktG muss die Willensbildung hingegen zwingend durch das Plenum oder den Ausschuss erfolgen. Eine Übertragung ist insoweit ausgeschlossen. Zulässig ist

872

Säcker, BB 1979, 1321, 1322; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 167. 873 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 432. 874 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 320. 875 Vgl. bereits D. I. 2. 876 BGH, II ZR 75/65, NJW 1965, 1367; Habersack, in: MünchKomm AktG, § 112, Rn. 23; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 112, Rn. 30; Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 112, Rn. 36; Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 250. 877 Habersack, in: MünchKomm AktG, § 112, Rn. 26; Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 112, Rn. 36; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 88; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 112, Rn. 31. 878 Bejahend u. a. Habersack, in: MünchKomm AktG, § 112, Rn. 27; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 112, Rn. 95; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 112, Rn. 31; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 444; ablehnend Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 112, Rn. 14.

IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5

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ausschließlich die Kundgabe des vom Aufsichtsrat intern gebildeten Willens.879 Die Bezeichnung des Willensvollzugs durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder Dritte als Untervertretung oder Erklärungsvertretung beziehungsweise Stellvertretung in der Erklärung (im Gegensatz zum Vertreter im Willen)880 resultiert aus der Besonderheit der juristischen Person im Unterschied zur natürlichen Person. Die Beschlussfassung des Aufsichtsrats für sich bringt noch keine Willenserklärung der juristischen Person hervor. Es handelt sich um einen inneren Vorgang, vergleichbar mit der Willensbildung einer natürlichen Person. Solange der Beschluss nicht verlautbart wird, existiert ebenso wenig eine Willenserklärung der juristischen Person wie im Falle des nicht erklärten Willens einer natürlichen Person.881 Aus diesem Grund ist eine Botenschaft nicht möglich. Der Bevollmächtigte übermittelt nicht eine fremde Willenserklärung des Aufsichtsrats, sondern gibt eine eigene Willenserklärung gegenüber dem Empfänger ab. Gleichwohl ist die Vertretung in der Erklärung auf den reinen Vollzug des seitens des Gesamtaufsichtsrats durch Beschluss gebildeten Willens beschränkt. Allein der Aufsichtsrat entscheidet über die Abgabe als auch den Inhalt der Willenserklärung.882 Trotz der Charakterisierung des Willensvollzugs durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder Dritte als Vertretung im weitesten Sinne ist mit ihr keinerlei Entscheidungsspielraum des Bevollmächtigten verbunden. Für die Vertretung in der Erklärung besteht insbesondere bei Abschluss von regelmäßig schriftlichen Anstellungsverträgen ein besonderes praktisches Bedürfnis, da eine Unterzeichnung durch alle Aufsichtsratsmitglieder beziehungsweise durch die den Beschluss tragende Mehrheit nur sehr schwer handhabbar wäre.883 Eine Einschränkung der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats folgt aus der möglichen Untervertretung bei der Willenskundgabe gleichwohl nicht. Es ist hierbei irrelevant, ob die Vertretung in der Erklärung als Rechtsfigur sui generis zwischen Stellvertretung und Botenschaft oder als Vertreter „mit gebundener Marschrichtung“ angesehen wird.884 Maßgeblich ist, dass es bei der gesellschaftsinternen Entscheidungsfindung durch den Aufsichtsrat verbleibt.885 Im Gegenteil zeigt die Untervertretung bei der Willenskundgabe, dass die Willensbildung stets im Aufsichtsrat selbst zu erfolgen hat. Eine Vertretung im Willen ist nicht möglich. Soweit aber bereits eine Aufgabenübertragung auf eine Person, die Teil der personalverantwortlichen Gesamtheit ist, ausscheidet, kann es nicht über879

Koch, in: Hüffer, AktG, § 112, Rn. 8; Leuering, NZG 2004, 120, 121 m.w.N. OLG Düsseldorf, I-15 U 225/02, NZG 2004, 141, 143; Koch, in: Hüffer, AktG, § 112, Rn. 8; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 112, Rn. 31; Heim, AG 1970, 191; Steiner, BB 1998, 1910, 1911; Habersack, in: MünchKomm AktG, § 112, Rn. 26. 881 KG, 1 W 137/59, NJW 1959, 1446, 1447; Leuering, in: FS Kollhosser, S. 361, 367; ders., NZG 2004, 120, 121. 882 Koch, in: Hüffer, AktG, § 112, Rn. 8. 883 Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 254. 884 Zu Einzelheiten vgl. Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 254 m.w.N. 885 Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 254. 880

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

zeugen, eine Anstellung von Vorstandsmitgliedern durch gänzlich außerhalb des Aufsichtsrats oder gar der Gesellschaft stehende Dritte als mit § 84 Abs. 1 AktG vereinbar anzusehen. dd) Verpflichtung zur persönlichen Wahrnehmung Das einzelne Aufsichtsratsmitglied schuldet gemäß § 111 Abs. 5 AktG eine persönliche Wahrnehmung des Aufsichtsratsamts. Diese Verpflichtung richtet sich entgegen dem Wortlaut von § 111 Abs. 5 AktG nicht nur individuell an die Aufsichtsratsmitglieder, sondern auch an den Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit.886 Der Aufsichtsrat darf die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nur selbst wahrnehmen.887 Inhaltlich ist die Verpflichtung zudem nicht auf die in § 111 AktG geregelten Überwachungsaufgaben beschränkt, sondern erfasst sämtliche Aufgaben des Aufsichtsrats.888 Aus dem Grundsatz der persönlichen Amtsausübung folgt zugleich, dass ein Handeln kraft eigener Willensbildung erfolgen muss.889 Eine Übertragung von Rechten und Pflichten auf einen Dritten ist nicht möglich.890 Außerhalb des Organs stehende Dritte genießen weder das Vertrauen der Aktionäre noch haben sie sich vor ihnen und der weiteren Öffentlichkeit für ihre Arbeit zu verantworten. Aufsichtsratsmitglieder sollen sich, soweit ihnen Fehler unterlaufen, nicht darauf zurückziehen können, sie hätten sich auf die Tätigkeit eines Dritten verlassen.891 Das entsprechende Delegationsverbot wurde durch die Aktienrechtsnovelle von 1884 statuiert (§ 225 Abs. 4 HGB 1884), wobei in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird: „Als eine Folge der vorstehend erörterten Pflicht und Verantwortlichkeit eines Mitglieds des Aufsichtsraths erscheint es endlich, wenn verboten wird, daß die Mitglieder die Ausübung ihrer Obliegenheiten auf andere Personen übertragen (Art. 225 Abs. 4[HGB]). […] Eine solche Übertragung wäre weder mit der Vertrauensstellung, welche die Mitglieder des Aufsichtsraths der Gesellschaft gegenüber einnehmen, noch mit dem Grundsatze zu vereinbaren, daß von der Generalversammlung präsumtiv bei der Wahl auf die Person des Gewählten entscheidendes Gewicht gelegt worden ist. Uberdies würde die Verantwortlichkeit der Mitglieder des Aufsichtsraths zu einem Scheine herabsinken, wenn ihnen eine

886 BGH, II ZR 16/03, AG 2005, 1269; Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 111, Rn. 119; wohl auch Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111, Rn. 84; Krieger, in: FS HoffmannBecking, S. 711, 718 u. 720. 887 Schlitt, DB 2005, 2007, 2009; Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. AG, § 33, Rn. 3. 888 BGH, II ZR 16/03, AG 2005, 475; Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 111, Rn. 119; Habersack, in: MünchKomm AktG, § 111, Rn. 133; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 78; Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. AG, § 33, Rn. 3. 889 Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 111, Rn. 117; Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 111, Rn. 745; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111, Rn. 84. 890 Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 111, Rn. 29; Koch, in: Hüffer, AktG, § 111, Rn. 56; Habersack, in: MünchKomm AktG, § 111, Rn. 132. 891 Hommelhoff, ZGR 1983, 551, 561.

IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5

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solche Delegationsbefugniß zustehen sollte, da sie dann nur für culpa in eligendo haften würden.“892

Das Aktienrecht betonte die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats auch in den nachfolgenden Reformen nicht ohne Grund derart stark. Vielmehr sollte sichergestellt werden, dass eine Verlagerung des Entscheidungszentrums aus dem Unternehmen heraus verhindert wird.893 Dem Aufsichtsrat ist es daher verwehrt, Entscheidungen, die ihm zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung auferlegt sind, in die Entscheidungsfreiheit eines Dritten zu legen.894 Das muss insbesondere für die besonders wichtige Personalkompetenz des Aufsichtsrats gelten.895 Sie umfasst nicht nur die organschaftliche Bestellung, sondern auch die schuldrechtliche Anstellung.896 Nach der Wertung des AktG ist der Aufsichtsrat Herr der Personalentscheidungen des Unternehmens auf oberster Ebene.897 Aktionäre müssen sich darauf verlassen können, dass die Kontrollfunktion (inkl. der Personalentscheidungen) innerhalb der Aktiengesellschaft durch die Personen ausgeübt werden, denen sie durch ihre Wahl ihr Vertrauen geschenkt haben und die sich für ihre Tätigkeit vor ihnen verantworten müssen (§ 120 AktG). Andernfalls wäre die durch die Wahl erfolgende Legitimationswirkung entwertet und das Machtgefüge innerhalb der Aktiengesellschaft nachhaltig gestört. Auch die besonderen persönlichen Voraussetzungen, die das Gesetz an die Eignung der Aufsichtsratsmitglieder stellt (§ 100 AktG), würden leerlaufen. Ausnahmen von der Verpflichtung zur persönlichen Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats gelten nur insoweit, als sie das Gesetz selbst vorsieht (z. B. § 109 Abs. 3 AktG oder § 108 Abs. 3 AktG oder § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG).898 § 84 Abs. 1 AktG enthält aber keine derartige Ausnahme. Das Gesetz gestattet lediglich die Bildung eines Personalausschusses. Eine darüber hinausgehende Übertragung ist unzulässig.899 Einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern oder Dritten kann lediglich eine 892 Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 7. März 1884, abgedruckt in: Verhandlungen des Deutschen Reichstages, V. Legislaturperiode, Stenographische Berichte, IV. Session 1884, Anlage 21, S. 292. 893 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 15, Rn. 110. 894 Mertens, in: FS Lutter, S. 523, 532. 895 Vetter, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. AG, § 26, Rn. 47; Schüppen/Unsöld, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 23, Rn. 19; Henssler, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 111, Rn. 4. 896 Schüppen/Unsöld, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 23, Rn. 19; Pentz, in: Fleischer, Hdb. Vorstandsrecht, § 16, Rn. 7; Henssler, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 111, Rn. 4. 897 Säcker, BB 1979, 1321, 1323. 898 Hopt/Roth, in: Großkommentar AktG, § 111, Rn. 744/746. 899 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; BGH, II ZR 63/53, NJW 1954, 797, 798; BGH, II ZR 239/06, ZIP 2008, 1114, 1115; OLG Düsseldorf, I-15 U 225/02, AG 2004, 321, 322; OLG Karlsruhe, 10 U 51/95, AG 1996, 224, 225; OLG Stuttgart, 2 U 115/90, BB 1992, 1669; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 50.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Unterstützungs- oder Hilfsfunktion zukommen.900 Jede Delegation muss hingegen dort ihre Grenze finden, wo eine vom Aufsichtsrat in eigener Verantwortung zu treffende Entscheidung nach außen verlagert wird.901 Eine Drittanstellung muss daher ausscheiden. ee) Anforderungen an die Beschlussfähigkeit Überdies streitet die Regelung des § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG für die Unzulässigkeit der Drittanstellung. Der Aufsichtsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens drei Aufsichtsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen. Abweichend von der Rechtslage beim Vorstand soll der Aufsichtsrat stets möglichst in voller Stärke seine Rechte und Pflichten ausüben, so dass die Willensbildung nicht durch ein Mitglied dominiert werden kann.902 Wegen der Bedeutung des Aufsichtsrats als Kontrollgremium ist eine Machtkonzentration in der Person einzelner Mitglieder zu verhindern; erst recht in der Person eines Dritten. Der Gesetzgeber misst der Beschlussfassung im Aufsichtsratsgremium daher besonderes Gewicht bei. Die Erledigung der ihm obliegenden Aufgabe soll das Ergebnis einer Entscheidung sein, an der sich zumindest ein Mindestmaß an Mitglieder beteiligt hat. Die Mitglieder des Aufsichtsrats nehmen – wie aufgezeigt903 – eine Vertrauensstellung gegenüber den Aktionären ein. Dem mit § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG verfolgten Zweck würde es erst recht widersprechen, würden Entscheidungen, die gesetzlich dem Aufsichtsrats übertragen sind, durch Dritte getroffen. Entscheidet der Aufsichtsrat nicht über die Anstellung, ist das Erfordernis nach § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG nicht gewahrt.904 Die gesetzlichen Aufgaben sind aber vom Aufsichtsrat auszuüben, dem die Aktionäre durch ihre Wahl ihr Vertrauen geschenkt haben. b) Fehlen vertraglicher Verpflichtungen der Bestellungskörperschaft Genauso wenig wird die ausschließliche Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats durch das Fehlen einer finanziellen Belastung der Bestellungskörperschaft in Frage gestellt. Teilweise wird vertreten, ein Grund für eine ausschließliche Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats bestehe nicht, da die Bestellungskörperschaft die sich aus dem Drittanstellungsvertrag ergebenden – insbesondere finanziellen – Pflichten

900 BGH, II ZR 254/00, DStR 2003, 1176, 1177; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 111, Rn. 80; Schlitt, DB 2005, 2007, 2009; Lutter/Krieger, DB 1995, 257, 258/259; Schüppen/ Unsöld, in: Schüppen/Schaub, MAH Aktienrecht, § 23, Rn. 11. 901 BGH, II ZR 27/82, NJW 1983, 991; Hambloch-Gesinn/Gesinn, in: Hölters, AktG, § 111, Rn. 84; Lutter/Krieger, DB 1995, 257, 259. 902 Stadler/Berner, NZG 2003, 49, 51. 903 Vgl. D. IV. 2. a) dd). 904 So auch Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 320.

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nicht treffen.905 Diese Argumentation kann nicht überzeugen. Bei der Frage der Anstellung durch Dritte steht nicht im Mittelpunkt der Betrachtung, wen die daraus resultierenden Pflichten treffen, sondern vielmehr, ob die Personalhoheit des Aufsichtsrats in diesen Fällen noch hinreichend verwirklicht werden kann. Bei einer Drittanstellung ist dies aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Bestellung und Anstellung nicht gewährleistet. c) Wahrung der Personalkompetenz des Aufsichtsrats trotz Drittanstellung? Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats ist bei einer Drittanstellung weder durch einen Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis noch durch eine Konstruktion des Drittanstellungsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter hinreichend sichergestellt. aa) Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats lässt sich nicht durch den bereits allgemein dargelegten Vorrang des Bestellungsverhältnisses vor dem Anstellungsverhältnis sicherstellen.906 Teilweise wird vertreten, anstellungsrechtliche Maßnahmen seien unwirksam, sofern durch sie das Bestellungsverhältnis oder die Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats gestört würden.907 Insoweit sei die Kündbarkeit eines Anstellungsvertrags eingeschränkt, sofern sie in die vorrangige Beurteilung des Aufsichtsrats hinsichtlich Bestellung und Abberufung des Vorstands eingreift.908 Diese Ansicht überträgt uneingeschränkt die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze für innergesellschaftliche Kompetenzkonflikte (insb. im Verhältnis zwischen Ausschuss und Aufsichtsratsplenum909) auf das Verhältnis zu Dritten. Hiergegen sprechen die bereits angeführten Argumente.910 Im Übrigen könnten durch ein Vorrangverhältnis lediglich voreilige Abschlüsse oder Beendigungen des Anstellungsvertrags begegnet werden. Die Festlegung der Anstellungsbedingungen erfasst das Vorrangverhältnis trotz seiner großen Bedeutung911 gleichwohl nicht. Einzelne anstellungsvertragliche Bestimmungen können nur dann 905 Schackmann, Die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern im faktischen Aktienkonzern, S. 48; Krauss, Status und Kündigungsschutz von arbeitnehmerähnlichen Vorstandsmitgliedern der Aktiengesellschaft, S. 164. 906 So aber wohl das LAG Köln, 2 Sa 579/04, ZIP 2006, 1012; OLG Hamburg, 11 U 21/82, DB 1983, 330, 332 (aufgehoben durch BGH, II ZR 33/83, NJW 1984, 733); Reuter, A., AG 2011, 274, 280; vgl. allgemein zum Vorrang der Bestellung B. I. 5, S. 38 ff. 907 Vgl. Nachweise in Fn. 906. 908 LAG Köln, 2 Sa 579/04, ZIP 2006, 1012. 909 Vgl. B. I. 5. 910 Vgl. B. I. 5. 911 Vgl. zur Bedeutung D. II. 4. a).

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

unwirksam sein, wenn sie gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.912 Bei der Gestaltung der Anstellungsbedingungen kommt eine Unwirksamkeit aber regelmäßig nicht in Betracht, da insbesondere Vergütungsfragen, Urlaubsregelungen und ähnliches geregelt werden. Selbst bei einem im Drittanstellungsvertrag (konkludent) normierten Vorrang des Bestellungsverhältnisses ergibt sich keine abweichende Würdigung. Der Dritte würde bei einem Verstoß gegen den Vorrang des Bestellungsverhältnisses lediglich pflichtwidrig handeln und sich allenfalls Schadenersatzansprüchen ausgesetzt sehen. Schadensersatzansprüche sind dem Wesen nach aber ein Instrument zur nachträglichen Kompensation einer bereits eingetretenen Verletzung. Die Personalkompetenz soll aber unangetastet bleiben und nicht nur durch eventuelle Schadensersatzansprüche bewehrt werden. Derartige Kompensationsansprüche sind kein ausreichendes Surrogat für die uneingeschränkte Verwirklichung der Personalkompetenz. bb) Vertrag zugunsten Dritter Die Problemstellung lässt sich nicht durch Qualifizierung des Drittanstellungsvertrags als echter Vertrag zugunsten Dritter (der Bestellungskörperschaft) und Anwendung des § 328 Abs. 2 BGB auflösen.913 Ungeachtet der Frage, ob Drittanstellungsverträge tatsächlich stets als Verträge zugunsten Dritter zu qualifizieren sind914, ist die Personalkompetenz des Aufsichtsrats auch bei einem Vertrag zugunsten Dritter nicht hinreichend gewahrt. Der Dritte im Sinne des § 328 Abs. 2 BGB – die Bestellungskörperschaft – rückt durch die Einstufung des Drittanstellungsvertrags als echter Vertrag zugunsten Dritter nicht in die Stellung des Vertragsschließenden ein. Der Dritte erwirbt ausschließlich ein Forderungsrecht.915 Dem Versprechensempfänger (anstellender Dritter) stehen weiterhin die das Vertragsverhältnis (Deckungsverhältnis) betreffenden Gestaltungsrechte (insbesondere Kündigung) zu,916 so dass das Entschließungsermessen des Aufsichtsrats nicht uneingeschränkt gewährleistet wäre. Selbst wenn man eine entsprechende Ausübung der Gestaltungsrechte von der Zustimmung des Dritten, d. h. der bestellenden 912

Vgl. B. I. 5. So Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 187; Frodermann/Schäfer, Hdb. AktienR, Kap. 7, Rn. 152; Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 119. 914 So Schäfer, Die Organstellung, Anstellungsverhältnisse und Haftung der Mitglieder des Vorstands und der Geschäftsführung abhängiger Gesellschaften, S. 119; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 187; a. A. Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 6, Rn. 9. 915 BGH, III ZR 295/04, NJW 2005, 3778; BGH, IV ZR 205/04, NJW 2006, 1434, 1437; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328, Rn. 5. 916 BGH, XII ZB 80/88, NJW-RR 1993, 770, 772; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328, Rn. 6; Lange, NJW 1965, 657, 663. 913

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Körperschaft (vgl. § 328 Abs. 2 Fall 3 BGB), abhängig macht917, ist die Drittanstellung mit der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats unvereinbar. Bei Leistungsstörungen in der Person des Versprechensempfängers (anstellender Dritter) bestehen Gegenrechte des Versprechenden (drittangestelltes Vorstandsmitglied) gegenüber dem Versprechensempfänger. Dem Dritten (Bestellungskörperschaft) ist keine Einwirkung möglich.918 Der Versprechensempfänger kann demnach beispielsweise durch Vorenthaltung des versprochenen Entgelts eine Kündigung des Vorstandsmitglieds provozieren. Bleibt der Versprechungsempfänger die Gegenleistung schuldig, besteht zudem ein Zurückbehaltungsrecht des Vorstandsmitglieds. Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis kann der Versprechende gemäß § 334 BGB zugleich gegenüber dem Dritten (Bestellungskörperschaft) geltend machen.919 Leistungsstörungen aus dem Drittanstellungsvertrag wirken sich damit unmittelbar auf das Bestellungsverhältnis aus und können nachhaltige Störungen der Vorstandstätigkeit begründen. Nicht zuletzt hätte der Aufsichtsrat im Anstellungszeitpunkt bei Annahme eines Vertrags zugunsten Dritter keine Einflussmöglichkeit auf die Gestaltung des Anstellungsvertrags. Die Anstellungsbedingungen sind aber eine elementarer Teil der Personalentscheidung des Aufsichtsrats.920 d) Vergleich mit der bei der GmbH geltenden Rechtslage Aus der Anerkennung der Drittanstellung bei der GmbH können wegen der bestehenden Divergenzen zwischen Aktienrecht und GmbH-Recht keine Rückschlüsse auf eine Drittanstellung bei der Aktiengesellschaft gezogen werden. Gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG ist bei der GmbH im Grundsatz von einer umfassenden Kompetenz der Gesellschafterversammlung für die Bestellung und Anstellung auszugehen.921 Infolge des dispositiven Charakters nach § 45 Abs. 2 GmbHG sind jedoch Abweichungen von diesem Normalfall anders als im Aktiengesetz gesetzlich möglich. Eine umfangreiche Satzungsstrenge kennt das GmbHG nicht. Das GmbHG ist durch eine weitgehende binnenrechtliche Gestaltungsfreiheit geprägt.922 Die Bestellungs- sowie die Anstellungskompetenz können daher ganz oder bezüglich einzelner von meh-

917

In diesem Sinne RG, V 354/20, RGZ 101, 275, 276; Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 187; Frodermann/Schäfer, Hdb. AktienR, Kap. 7, Rn. 152; Jagmann, in: Staudinger, BGB, § 328, Rn. 52; Lange, NJW 1965, 657, 661; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328, Rn. 6; Schäfer, a. a. O., S. 119; a. A. Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 74, Fn. 35; Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 238. 918 Lange, NJW 1965, 657, 659. 919 Lange, NJW 1965, 657, 660. 920 Vgl. D. II. 4. a) aa). 921 Vgl. D. III. 2. 922 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Einleitung, Rn. 4; Fleischer, in: MünchKomm GmbHG, Einleitung, Rn. 21 ff.

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reren Geschäftsführern einem anderen Organ923, beispielsweise einem fakultativen Aufsichtsrat oder Beirat, einzelnen Gesellschaftern924 oder sogar außenstehenden Dritten übertragen werden.925 Zudem können mittels Satzungsbestimmung für Bestellung und Anstellung abweichende Zuständigkeiten begründet werden.926 Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers kann nach dem GmbHG mit einem Dritten abgeschlossen werden, und zwar unabhängig davon, ob er zugleich das Bestellungsrecht hat.927 Soweit dem engen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung dabei nicht hinreichend Rechnung getragen wird, mag das im Einzelfall unbefriedigend sein. Es ist jedoch aufgrund von § 45 Abs. 2 GmbHG hinzunehmen. Das GmbHG weist eben keine gesetzliche Norm auf, die mit § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG vergleichbar wäre. § 46 Nr. 5 GmbHG regelt unmittelbar lediglich die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers. Die schuldrechtliche Anstellungskompetenz wird demgegenüber als Annexkompetenz im Wege einer erweiterten Interpretation von § 46 Nr. 5 GmbHG gewonnen. Die Personalkompetenz der Gesellschafterversammlung ist nicht in dem Maße uneingeschränkt und absolut verbürgt wie es für die Aktiengesellschaft in Bezug auf den Aufsichtsrat der Fall ist. Das GmbH-Recht setzt keine Harmonie von Bestellung und Anstellung voraus.928 Zwingende Gesetzesnormen, die die Vertragsfreiheit Dritter insoweit begrenzen, existieren nicht. Bei der GmbH bleibt es somit Aufgabe sinnvoller Satzungs- und Vertragsgestaltung, etwaige Konflikte aus den getrennten Zuständigkeiten einer Lösung zuzuführen.929 Auch in ihrer Struktur unterscheiden sich die beiden Gesellschaftsformen deutlich. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung weist im Vergleich zur Aktiengesellschaft eine stärker personalistische Struktur auf.930 Die Bindung der Gesellschafter an die Gesellschaft ist wesentlich enger ausgestaltet als bei der Aktiengesellschaft. Es fehlt insbesondere ein funktionsfähiger Markt für Gesellschaftsan923 BGH, II ZR 287/63, NJW 1965, 1378; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 6, Rn. 30. 924 BGH, II ZR 31/71, WM 1973, 1295, 1296; BGH, II ZR 3/88, NJW-RR 1989, 542, 543; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 46, Rn. 19; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 6, Rn. 30. 925 Str.; bejahend: Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 6, Rn. 59 m.w.N.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 6, Rn. 30; Tebben, in: Michalski, GmbHG, § 6, Rn. 63; ablehnend: Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46, Rn. 34a; Liebscher, in: MünchKomm GmbHG, § 46, Rn. 186 m.w.N. 926 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 46, Rn. 39; Liebscher, in: MünchKomm GmbHG, § 46, Rn. 186. 927 Fleck, ZHR 149 (1983), 387, 388; BGH, II ZR 219/78, NJW 1980, 595; BGH, II ZR 224/ 67, WM 1970, 249; BGH, II ZR 127/62, WM 1964, 1320, 1321; BAG, 2 AZR 207/99, NZA 2000, 1013, 1014. 928 Fleck, ZHR 149 (1983), 387, 388. 929 Fleck, ZHR 149 (1983), 387, 389. 930 Michalski, in: Michalski, GmbHG, Systematische Darstellung 1, Überblick über das GmbH-Recht, Rn. 2; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Einleitung, Rn. 2.

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teile.931 Die wirtschaftliche Bedeutung der Aktiengesellschaft liegt hingegen in ihrer Kapitalsammelfunktion (Kapitalsammelbecken).932 Sie ist als Rechtsform auf die Beteiligung von (Klein-)Anlegern angelegt.933 Entsprechend ihrer Funktion als Kapitalsammelbecken ermöglicht die Aktiengesellschaft die Organisation eines großen und in seiner Zusammensetzung wechselnden Kreises von Anteilseignern.934 Um dieser Funktion hinreichend gerecht zu werden, müssen sich die Anteilseigner auf das durch das AktG statuierte Regelungskonzept verlassen können. Die Satzungsstrenge dient der Rechtssicherheit und ist Grundlage der Verkehrsfähigkeit der Aktie.935 Dies gilt im Besonderen für die Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, so dass eine Verlagerung der Personalentscheidung aus dem Aufsichtsrat heraus unzulässig ist. e) Zwischenergebnis Der Aufsichtsrat ist alleiniger Partner der Vorstandsmitglieder in Anstellungsfragen. Gesetzlich möglich ist lediglich die Betrauung eines Ausschusses mit der anstellungsvertraglichen Thematik. Von einem Dritten kann dabei nicht die Rede sein.936 Die Zuständigkeit des Aufsichtsrats beruht auf einer wegen § 23 Abs. 5 AktG zwingenden gesetzlichen Anordnung und nicht auf einer Bevollmächtigung durch die Aktiengesellschaft. Sie ist jeglicher Disposition durch die Gesellschaft selbst entzogen.937 § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG geht daher inzident davon aus, dass der Anstellungsvertrag unmittelbar mit der Bestellungskörperschaft selbst geschlossen wird.938 Nur dann ist dem engen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung hinreichend Rechnung getragen. Bestellung sowie Anstellung stehen im ausschließlichen und unbeschränkbaren Entschließungsermessen des Aufsichtsrats,939 so dass der Aufsichtsrat die Anstellungsbedingungen nicht dem Ermessen eines Dritten überlassen kann.940 Bestellungs- und Anstellungsentscheidung sind in gleichem Maße elementarer Teil der Verwirklichung der Personalkompetenz. Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats ist unteilbar. Die Drittanstellung widerspricht demnach der strikten und umfassenden Personalkompetenz des Aufsichtsrats. Im 931

Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Einleitung, Rn. 5. Hoffmann-Becking, in: MünchHdb AG, § 2, Rn. 4 m.w.N.; Heider, in: MünchKomm AktG, § 1, Rn. 105. 933 Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 29. 934 Hoffmann-Becking, in: MünchHdb AG, § 2, Rn. 5. 935 Koch, in: Hüffer, § 23, Rn. 1; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 23, Rn. 6. 936 Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 435. 937 Cahn, in: FS Hoffmann-Becking, S. 247, 248. 938 In diesem Sinne auch Traugott/Grün, AG 2007, 761, 766. 939 OLG München, 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263. 940 So auch Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 718. 932

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Ergebnis steht einer Drittanstellung die aktienrechtliche Kompetenzordnung entgegen. f) Die Erscheinung des Interimsmanagers im Lichte aktueller Rechtsprechung Eine Zulässigkeit der Drittanstellung folgt auch nicht aus der in Rechtsprechung behandelten Thematik der Überlassung von Interimsmanagern941. Bei Interimsmanagern handelt es sich um externe Führungskräfte, die zeitlich befristet Managementaufgaben in einer Gesellschaft wahrnehmen.942 Anwendungsschwerpunkte bilden Sanierungssituationen, die Bewältigung von einzelfallbezogenen Projekten oder die schlichte Überbrückung von personellen Vakanzen.943 Inhalt der Tätigkeit kann dabei auch die Wahrnehmung von Vorstandsverantwortung in einer Aktiengesellschaft sein.944 In der überwiegenden Anzahl der Fälle kommt es bei der Überlassung von Interimsvorstandsmitgliedern zu einer direkten Vertragsbeziehung zwischen dem Interimsvorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft. Selbst bei Vermittlung durch eine Personal-Service-Agentur, kann sich deren Tätigkeit auf eine Vermittlung des Abschlusses des Anstellungsvertrags zwischen Bestellungskörperschaft und Interimsvorstandsmitglied beschränken.945 Gleichwohl existieren Konstellationen, in denen ein Abschluss eines eigenen Anstellungsvertrags zwischen Interimsmanager und Aktiengesellschaft unterbleibt. Die Aktiengesellschaft schließt lediglich einen Überlassungsvertrag (Dienstleistungsvertrag) mit der Personal-Service-Agentur, die ihrerseits in vertraglichen Beziehungen zum Interimsmanager steht. Die Vergütung erhält der Interimsmanager unmittelbar von der Personal-Service-Agentur, die ihrerseits für die Überlassung des Interimsmanagers von der Aktiengesellschaft vergütet wird.946 Es ergibt sich ein vertragliches Dreiecksverhältnis.947 Lediglich die Überlassung in dieser Form weist Gemeinsamkeiten 941

KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865 ff.; OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41 f.; letzteres bestätigt durch den Hinweisbeschluss des BGH, II ZR 32/10 (nach juris); aktuell auch BGH, II ZR 63/14, NZG 2015, 792 ff. (entgegen der Andeutung des BGH handelt es sich nicht um eine Drittanstellung im eigentlichen Sinne). 942 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711; Uffmann, ZGR 2013, 273, 278. 943 Buschbaum/Klösel, NJW 2012, 1482; Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711; Uffmann, ZGR 2013, 273, 282. 944 KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865 ff.; OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41 f.; Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 712. 945 Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711. 946 KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865 ff.; OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41 f.; letzteres bestätigt durch den Hinweisbeschluss des BGH, II ZR 32/10 (nach juris); Vetter, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1297, 1298; Kaufmann, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 23, Rn. 30; Schrader/Klagges, in: Schaub/Schrader/Straube/Vogelsang; Arbeitsrechtliches Formular- und Verfahrenshandbuch, Rn. 387 ff. 947 Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711.

IV. Ausschließlichkeit der Anstellungskompetenz aus § 84 Abs. 1 Satz 5

191

mit der Drittanstellung auf. Gemein ist beiden Konstellationen das Fehlen einer direkten, vertraglichen Beziehung zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied. Im Übrigen unterscheiden sie sich aber erheblich.948 Bei der Überlassung von Führungskräften besteht ein Überlassungsvertrag, der alle Einzelheiten der Tätigkeit des Interimsmanager ausführlich regelt und der Bestellungskörperschaft einen Anspruch auf die Überlassung des konkreten Interimsmanager für einen fixen Zeitraum einräumt. Die Bestellungskörperschaft hat im Zuge des Überlassungsvertrags mit der Agentur über alle Anstellungsbedingungen, die für das Bestellungsverhältnis relevant sind, eine verbindliche Einigung zu erzielen. Zugleich muss sie die Agentur verpflichten, die Anstellungsbedingungen im Verhältnis zum Interimsmanager umzusetzen.949 Die Rechtsprechung950 hatte sich bisher ausschließlich mit der rechtlichen Wirksamkeit dieses Überlassungsvertrags und des daraus resultierenden Vergütungsanspruchs zu beschäftigen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob trotz des Abschlusses des Überlassungsvertrags mit einem Dritten, der Personal-ServiceAgentur, eine Anwendbarkeit von § 112 AktG anzunehmen ist. Dies wurde von den Gerichten bejaht. Eine Aussage zur Drittanstellung wurde nicht getroffen. Das KG führt zum Thema der Drittanstellung sodann ausdrücklich aus, dass „die – umstrittene – Rechtslage [der Drittanstellung] im hier maßgeblichen vertraglichen Kontext nicht einschlägig [ist], da dort die Zulässigkeit eines Anstellungsvertrags des Vorstandsmitglieds einer Beteiligungsgesellschaft mit der (Ober-)Gesellschaft, hier aber ein Vertrag einer Aktiengesellschaft mit einem Dritten zu beurteilen ist.“951 Der streitgegenständliche Überlassungsvertrag, der mittelbar die Anstellungsbedingungen festschreibt, wurde entsprechend den §§ 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1, 87, 112 AktG durch den Aufsichtsrat abgeschlossen. Ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung lag nicht vor. Die Thematik der Zuständigkeit des Aufsichtsrats bei Drittanstellungsverträgen stellte sich nicht.952 Ob der Drittanstellungsvertrag demnach einen Verstoß gegen § 84 Abs. 1 AktG begründet, war für die jeweiligen Verfahren ohne Relevanz. Eine Anerkennung der Drittanstellung ist der Rechtsprechung damit nicht zu entnehmen. Bei der Überlassung von Interimsmanager droht trotz zur Drittanstellung vergleichbarer Problemstellungen nicht in gleichem Maße eine Entwertung der Personalkompetenz des Aufsichtsrats. Der Aufsichtsrat legt im Überlassungsvertrag die Anstellungsbedingungen verbindlich fest. Auch gegen eine vorzeitige Kündigung des Dienstvertrags zwischen Agentur und Interimsmanager ist die Bestellungskörperschaft durch den Überlassungsvertrag geschützt, da in der vorzeitigen Kündigung 948

Das erkennt auch Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 713. Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 718. 950 OLG Celle, 4 U 68/09, AG 2012, 41 f, bestätigt durch BGH, II ZR 32/10 (nach juris); KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865 ff. 951 KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865, 866. 952 KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865, 866. 949

192

D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

des Dienstvertrags eine Verletzung des Überlassungsvertrags läge.953 Demgegenüber kann Kündigungen des Überlassungsvertrags durch die Agentur, die den Interimsmanager zur Amtsniederlegung veranlassen können, durch entsprechende Einschränkungen des Kündigungsrechts der Agentur begegnet werden. Die Gefahr, dass die Personal-Service-Agentur der Vorstandstätigkeit die schuldrechtliche Grundlage entzieht, ist im Allgemeinen bei Überlassungssituationen weniger heikel. Die Überlassung liegt im wirtschaftlichen Interesse der Agentur. Weitere Interessen verfolgt sie nicht. Eine Kündigung des Überlassungsvertrags würde vielmehr ihrer wirtschaftlichen Betätigung zuwiderlaufen. Sie erscheint daher wenig wahrscheinlich. Noch dazu ist die Stellung als Interimsvorstand auf einen relativ kurzen Zeitraum begrenzt.954 Ob die Überlassung von Interimsmanagern ohne eine direkte, vertragliche Beziehung zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied mit der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats vereinbar ist, bedarf keiner Entscheidung.955 Selbst Stimmen, die ein Dreieckverhältnis zwischen Bestellungskörperschaft und Personal-Service-Agentur auf der einen Seite und zwischen Personal-Service-Agentur und Interimsvorstandsmitglied auf der anderen Seite prinzipiell für möglich halten, empfehlen für die Praxis einen unmittelbaren Anstellungsvertrag zwischen Interimsvorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft.956 Jedenfalls verbietet sich wegen der rechtlichen Unterschiede zwischen der Überlassung von Interimsmanagern und der Drittanstellung957 ein Rückschluss auf die rechtliche Zulässigkeit der Drittanstellung.958 g) Anerkennung der Drittanstellung durch den DCGK? Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Deutsche Corporate Governance Kodex erkennt die Drittanstellung an.959 Zwar verdeutlicht Ziff. 4.2.3 Abs. 1 DCKG, dass von der Gesamtvergütung eines Vorstandsmitglieds auch Leistungen Dritter erfasst werden, die im Hinblick auf die Vorstandstätigkeit zugesagt wurden. Die entsprechende Stelle setzt sich allerdings lediglich mit der sog. Drittvergütung auseinander. Drittvergütung und Drittanstellung sind aber nicht gleichsetzbar. Sie betreffen unterschiedliche Probleme. Die Zuständigkeitsbedenken stellen sich bei der Drittvergütung nicht im gleichen Maße wie bei der Drittanstellung. Wenn überhaupt, kann daher dem DCKG allenfalls eine Anerkennung der Drittvergütung 953 Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 726; den Schutz sieht auch Koch, in: Hüffer, AktG, § 84, Rn. 18. 954 Zum Ganzen Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 728 f. 955 Die Zulässigkeit offen gelassen hat auch BGH, II ZR 63/14, NZG 2015, 792 ff. 956 Krieger, in: FS Hoffmann-Becking, S. 711, 732. 957 Diesen Unterschied sehen auch Kort, Großkommentar AktG, § 84, Rn. 330a ff.; ders., AG 2015, 531, 532; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635, 644. 958 A. A. Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 236. 959 Mutter/Frick, AG 2006, R32; Eckert, in: Wachter, AktG, § 84, Rn. 19.

V. Rechtsfolgen eines Kompetenzverstoßes

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entnommen werden.960 Für die Drittanstellung und deren Vereinbarkeit mit der aktienrechtlichen Kompetenzordnung lässt sich hingegen nichts ableiten. h) Mitbestimmte Aktiengesellschaft Unterliegt die Aktiengesellschaft der Mitbestimmung, kollidiert die Drittanstellung ferner mit den Zielen der Mitbestimmung.961 Zweck der Mitbestimmung ist eine „gleichberechtigte und gleichgewichtige Teilnahme von Anteilseignern und Arbeitnehmern an den Entscheidungsprozessen im Unternehmen“.962 Das gilt nach § 31 MitbestG im besonderen Maße für die Teilhabe an der Personalentscheidung hinsichtlich der Unternehmensleitung. Die Leitung des Unternehmens soll sowohl durch die Anteilseigner als auch die Arbeitnehmer legitimiert sein.963 Die paritätische Teilhabe an der Personalentscheidung würde jedoch durch die Drittanstellung aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Bestellung und Anstellung unterlaufen.

V. Rechtsfolgen eines Kompetenzverstoßes Da die Willensbildung hinsichtlich des Anstellungsvertrags gemäß § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ausschließlich und zwingend in den Kompetenzbereich des Aufsichtsrats fällt, folgt daraus zugleich die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Vertretung der Gesellschaft nach § 112 Satz 1 AktG. Der Abschluss eines Drittanstellungsvertrags verstößt damit sowohl gegen § 84 Abs. 1 AktG als auch gegen § 112 Satz 1 AktG. Dem Streit über die Anwendung von § 177 Abs. 1 BGB bei einem Verstoß gegen § 112 Satz 1 AktG964 kommt bei der Drittanstellung keine Relevanz zu. Bei einem Drittanstellungsvertrag wird das Rechtsgeschäft letztlich mit einem Dritten und nicht mit der Bestellungskörperschaft abgeschlossen. Der Dritte handelt nicht im fremden Namen der Bestellungskörperschaft, sondern im eigenen Namen. Eine Anwendung der Regeln der Vertretung ohne Vertretungsmacht scheidet aus. § 177 Abs. 1 BGB kann nur Anwendung finden, wenn der Anstellungsvertrag zwar nicht vertreten

960

Vgl. bereits C. III. 4. b). Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 56; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 322; a. A. Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 239. 962 Begründung zum RegE, BT-Drucks. 7/2172, S. 17; BGH, II ZB 20/11, NZG 2012, 347, 349. 963 Begründung zum RegE, BT-Drucks. 7/2172, S. 28. 964 Übersicht bei: Leuering, in: FS Kollhosser, Bd. II, S. 361, 372/373; BGH, VIII ZR 2/92, NJW-RR 1993, 1250, 1251; BGH, II ZR 239/06, ZIP 2008, 1114, 1115; BGH, II ZR 364/02, NZG 2005, 276, 277 (jeweils Entscheidung hinsichtlich Anwendung von § 134 BGB oder §§ 177 ff. BGB bei Verstoß gegen § 112 AktG offengelassen). 961

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

durch den Aufsichtsrat, aber doch im Namen der Gesellschaft geschlossen wird. Bei der Drittanstellung handelt es sich indes um ein Eigengeschäft des Dritten. 1. Fehlende Gestaltungsmacht Dritter Entscheidend ist, inwieweit sich aus der Verletzung der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats eine entsprechende Einschränkung der grundsätzlich geltenden Vertragsfreiheit Dritter ergibt. a) § 112 AktG Vielfach wird vertreten, eine Einschränkung der Gestaltungsmacht resultiere aus § 112 Satz 1 AktG.965 Dies gilt allerdings lediglich für das Verhältnis zu Vorstandsmitgliedern. § 112 AktG entfaltet ausschließlich Wirkung für Verträge zwischen der Aktiengesellschaft und Vorstandsmitgliedern. Verträge eines Vorstandsmitglieds mit Dritten unterfallen dagegen nicht dessen Anwendungsbereich. § 112 AktG enthält allein eine Einschränkung der Rechtsmacht des ansonsten bestehenden gesetzlichen Vertreters, also des Vorstands.966 Eine Beschränkung Dritter ergibt sich hieraus nicht. b) § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG Anders liegt der Fall bei § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG. Für die organschaftliche Seite ist anerkannt, dass Dritten keine Rechtsmacht bezüglich der Bestellung von Vorstandsmitgliedern zukommt.967 Eine Bestellung durch Dritte wäre wegen Verstoßes gegen § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG wirkungslos.968 Nichts anderes kann wegen der umfassenden Verweisung in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG für den Anstellungsvertrag gelten. Dem Aufsichtsrat ist es verwehrt, Entscheidungen, die ihm zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung auferlegt sind, in die Entscheidungsfreiheit eines Dritten zu legen.969 Gerade bei der Personalkompetenz des Aufsichtsrats handelt es sich um eine unveräußerliche Kompetenz des Aufsichtsrats, deren er sich nicht entledigen 965 OLG Celle, 4 U 176/01, BB 02, 1438; Nägele/Böhm, BB 2005, 2197, 2199; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 134, Rn. 3; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 134, Rn. 5; Jauernig, in: FS Weber, S. 307, 317, Fn. 36; Hefermehl, in: Soergel, BGB, AT 2, § 134, Rn. 2; Sack, in: Staudinger BGB, § 134, Rn. 33. 966 In diesem Sinne wohl auch Nägele/Böhm, BB 2005, 2197, 2199. 967 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 12; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 9; Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 33; Lutter/ Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 332; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 8. 968 Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 12. 969 Mertens, in: FS Lutter, S. 523, 532.

V. Rechtsfolgen eines Kompetenzverstoßes

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darf und kann. Eine Wahrnehmung der Personalkompetenz durch Dritte scheidet aus.970 Die Auswahl und Anstellung der Vorstandsmitglieder obliegen daher dem alleinigen, nicht einschränkbaren Entschließungsermessen des Aufsichtsrats.971 Eine Gestaltungsmacht eines Dritten hinsichtlich des Anstellungsvertrags mit Vorstandsmitgliedern besteht nicht, so dass aus § 84 Abs. 1 AktG eine Begrenzung der Rechtsmacht Dritter resultiert. Die gesetzliche Regelung der Anstellungszuständigkeit richtet sich gegen jegliche Anstellungsverträge, die nicht durch den Aufsichtsrat mit der Bestellungskörperschaft abgeschlossen worden sind. Eine Vereinbarung entgegen § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG kann keine Anerkennung finden.972 Wegen der ausschließlichen Kompetenz des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag fehlt Dritten bereits die rechtsgeschäftliche Regelungskompetenz für eine entsprechende Drittanstellung. Das Aktienrecht räumt die entsprechende Gestaltungsmacht ausschließlich dem Aufsichtsrat der bestellenden Aktiengesellschaft ein. Ein Rückgriff auf § 134 BGB bedarf es nicht.973 § 134 BGB kann nur zur Anwendung gelangen, soweit im konkreten Bereich überhaupt eine rechtsgeschäftliche Gestaltungsmöglichkeit (Regelungskompetenz) der konkreten Privatrechtsakteure besteht.974 2. Rechtsfolge fehlender Gestaltungsmacht Der entgegen der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats begründete Drittanstellungsvertrag entfaltet wegen des zwingenden Charakters von § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG keinerlei rechtliche Wirkungen im Verhältnis zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft. Dritten fehlt die Regelungskompetenz einen schuldrechtlichen Rahmen für das konkrete Vorstandsmandat zu begründen. Das Vorstandsmitglied ist faktisch vertragslos.975 Ein dennoch ab970

Mertens, in: FS Lutter, S. 523, 531/532. OLG München, 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263. 972 So auch: KG, 19 U 11/11, NZG 2011, 865, 866; OLG München, 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263; OLG Stuttgart, 2 U 115/90, BB 1992, 1669; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 33; Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 84, Rn. 12; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 63; Weber, in: Hölters, AktG, § 84, Rn. 36; ohne konkrete Bezugnahme auf § 134 BGB: Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14, Rn. 46; Theobald, in: FS Raiser, S. 421, 435; a. A. Nehls, in: Schüppen/Schaub, MAH AktienR, § 22, Rn. 84 (lehnt die Existenz eines gesetzlichen Verbots ab, hält jedoch eine Verpflichtung des Aufsichtsrats zum Widerruf der Bestellung für möglich). 973 A. A. (Nichtigkeit infolge § 134 BGB) Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 63; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 76, Rn. 46; LG München I, 5 HK O 20488/11, NZG 2012, 1152, 1154 (unter Verweis auf ein Urteil des BGH, V ZR 60/10, NJW 2011, 679, zur Wohnungseigentümergemeinschaft und Vereinbarungen zur Einschränkung der Mitwirkungsrechten); OLG München, 7 AktG 2/12, NZG 2013, 459, 462 (dem LG München I insoweit folgend). 974 Wolf/Neuner, AT BGB, § 45, Rn. 3; Sack, in: Staudinger BGB, § 134, Rn. 33. 975 In diesem Sinne wohl auch Fonk, NZG 2010, 368, 371. 971

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

geschlossener Anstellungsvertrag mit einem Dritten ist zwar wirksam,976 aber ohne jegliche Bedeutung für das Verhältnis zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied. Dies belegt auch § 88 Abs. 2 AktG. Danach ist es einem Vorstandsmitglied unter Androhung von u. a. Schadensersatz verwehrt, ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weitere Vorstandsämter zu übernehmen (§ 88 Abs. 1 Satz 2 AktG). Eine Einschränkung der Vertragsfreiheit des Vorstandsmitglieds oder gar Dritter ergibt sich hieraus gleichwohl nicht. Der Gesetzgeber hat sich mit den in § 88 Abs. 2 AktG statuierten Rechtsfolgen begnügt. Aus § 88 Abs. 1 und 2 AktG lässt sich ableiten, dass die Fähigkeit des Vorstandsmitglieds zum Abschluss weiterer anstellungsrechtlicher Verträge trotz einer bereits bestehenden Vorstandstätigkeit nicht beschränkt ist. Die Vertragsfreiheit ist insoweit nicht eingeschränkt und muss zur Erreichung des mit § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG verfolgten Ziels auch nicht eingeschränkt werden. Die ausschließliche Kompetenz des Aufsichtsrats nach § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG soll verhindern, dass die Vorstandstätigkeit durch einen Vertrag mit einem Dritten geregelt wird. Ein Anstellungsvertrag für die Vorstandstätigkeit kann nur mit der Aktiengesellschaft geschaffen werden, für die es bestellt worden ist. Dieses Ziel kann aber bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass dem Anstellungsvertrag mit einem Dritten jegliche Wirkungen für das konkrete Vorstandsmandat abgesprochen wird. Dem Dritten fehlt jegliche Rechtsmacht zur Regelung der schuldrechtlichen Seite der Vorstandstätigkeit für die Bestellungskörperschaft. Im Übrigen bleibt die Vertragsfreiheit aber unangetastet. So ist es einer dritten Körperschaft bei einem Vorstandsdoppelmandat nicht verwehrt, mit einem Vorstandsmitglied, das neben der Vorstandstätigkeit für die eigene Gesellschaft noch bei einer weiteren Aktiengesellschaft zum Vorstandsmitglied bestellt wurde, einen Anstellungsvertrag zu schließen. Zwar mag insoweit die Parallelität zwischen Bestellungs- und Anstellungsverhältnis gewahrt sein, da der konkrete Anstellungsvertrag nur die Tätigkeit für den eigenen Vorstand umfasst und eben nicht wie bei einer Drittanstellung auch eine solche bei einer anderen Aktiengesellschaft. Allerdings werden sich ein Anstellungsvertrag im herkömmlichen Sinne und ein Drittanstellungsvertrag inhaltlich – insbesondere bei offener Gestaltung – nicht wesentlich unterscheiden. Ein anstellungsvertraglicher, inhaltlicher Bezug zur konkreten Vorstandstätigkeit ist – v. a. bei weiter gefassten Konzernanstellungsverträgen – nicht zwingend. Ein inhaltlich identischer Vertrag kann aber nicht nur wegen der Veränderung der Bezugsumstände (v. a. im Sinne des Wechsels des Vorstands zur Tochtergesellschaft ohne Abschluss eines neuen Anstellungsvertrags) unwirksam werden. Für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Anstellungsvertrags kommt es – wie im Zusammenhang der Weisungsunabhängigkeit dargelegt977 – zudem grundsätzlich 976 977

A. A. Beckmann, Die AG & Co. KG, § 9, S. 84 (ohne Begründung). Vgl. C. II. 2. b) aa) (2) (a) (aa).

VI. Ex ante- oder ex post-Zustimmung des Aufsichtsrats

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auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts an. Konzernanstellungsverträge als Hauptanwendungsfall der Drittanstellung weisen im Zeitpunkt ihres Abschlusses aber noch nicht den Charakter eines Drittanstellungsvertrags auf. Sie sind von vornherein offen ausgestaltet, so dass auf ihrer Grundlage mehrere Tätigkeiten im Konzern möglich sind. Zum Drittanstellungsvertrag werden Konzernanstellungsverträge erst im Zeitpunkt der Bestellung zum Vorstandsmitglied bei der Tochtergesellschaft. Ein und derselbe Anstellungsvertrag, der bisher einer Tätigkeit bei der Muttergesellschaft zugrunde lag, kann aber nicht mit der Bestellung zum Vorstandsmitglied bei der Tochtergesellschaft – ohne über die Konkretisierung der vertraglichen Tätigkeitspflicht hinausgehende, inhaltliche Änderung des Vertrags selbst – unwirksam werden. Der vormalig wirksame Dienstvertrag bleibt auch nach einer Bestellung zum Vorstandsmitglied bei der Tochtergesellschaft wirksam, kann allerdings keinen schuldrechtlichen Regelungsrahmen für das Vorstandsmandat bei der Tochtergesellschaft begründen. 3. Fazit Der Anstellungsvertrag mit einem Dritten ist nicht wegen Verstoß gegen § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG nichtig. Wegen des Fehlens der Regelungskompetenz des Dritten entfaltet er aber keine rechtlichen Wirkungen im Verhältnis zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft. Ein Anstellungsvertrag mit einem Dritten kann demzufolge keinen schuldrechtlichen Rahmen für die konkrete Vorstandstätigkeit begründen. Das Vorstandsmitglied ist vertragslos.

VI. Ex ante- oder ex post-Zustimmung des Aufsichtsrats Zu prüfen bleibt, ob sich eine Änderung der Rechtsfolge für den Fall ergibt, dass der Aufsichtsrat der Drittanstellung – ex ante oder ex post – zustimmt. Eine Mitwirkung des Aufsichtsrats in Form der Zustimmung hätte nur dann rechtfertigende Wirkung, wenn hierdurch die Personalkompetenz des Aufsichtsrats hinreichend verwirklicht würde.978

978 Dafür beispielsweise Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlustoder-beis-nie-in-die-hand-die-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012); Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 238 (jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung); Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. AG, Teil I, Rn. 8.251; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 439; Austmann, ZGR 2009, 277, 288.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

1. Vorbemerkung Eine Zustimmung des Aufsichtsrats ist nicht aus verbotsrechtlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen. Die Drittanstellung entfaltet aus kompetenzrechtlichen Gründen keine Wirkung für die konkrete Vorstandstätigkeit. Diese Rechtsfolge ergibt sich aber nicht aus einem Verbotsgesetz, sondern resultiert aus der fehlenden Rechtsmacht des Dritten zum Abschluss eines Drittanstellungsvertrags. Auch eine nach deutschem Recht unzulässige Verpflichtungsermächtigung979 liegt bei der Annahme einer Einwilligung (trotz der Überleitung der Wirkungen auf die Bestellungskörperschaft) nicht vor. Sie wäre nur gegeben, sofern der Ermächtigte berechtigt würde, im eigenen Namen ein Verpflichtungsgeschäft abzuschließen, dessen Wirkungen allerdings nicht ihn, sondern den Ermächtigenden treffen sollen.980 Bei einem Drittanstellungsvertrag treffen die Wirkungen unmittelbar ausschließlich den Dritten als Geschäftsherrn und eben nicht die Bestellungskörperschaft. Etwaige Forderungsrechte der Bestellungskörperschaft wären als Rechte aus einem Vertrag zugunsten Dritter zu qualifizieren.981 Jedoch scheidet eine unmittelbare Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Zustimmungsregelungen aus. In Betracht kommt nur eine analoge Anwendung der §§ 182 ff. BGB. Anders als in den §§ 182 ff. BGB geregelt (Zustimmung als Wirksamkeitsvoraussetzung982), hängt die Wirksamkeit des Vertrags nicht von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab. Er entfaltet ohne Mitwirkung des Aufsichtsrats für die Bestellungskörperschaft lediglich keine Wirkungen. Eine potentielle Zustimmung würde einzig zur Überleitung der Wirkung des Vertrags auf das Verhältnis zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied führen. 2. Zustimmung in Form der Einwilligung Eine ex ante erteilte Zustimmung des Aufsichtsrats (Einwilligung gemäß § 183 Satz 1 BGB analog) zu einem Drittanstellungsvertrag ist mit § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG unvereinbar. Die Gründe die gegen eine Drittanstellung sprechen werden durch eine Einwilligung nicht beseitigt. Die Personalkompetenz des Aufsichtsrats ist auch im Fall der Einwilligung nicht hinreichend verwirklicht. Die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs der Einwilligung bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts (§ 183 Satz 1 BGB analog) genügt nicht. Ein entsprechender Drittanstellungsvertrag wäre entgegen der gesetzlichen Regelung des § 84 Abs. 1 AktG in das Gutdünken eines Dritten gestellt. Eine hinreichende Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung des Anstellungsvertrags bestünde seitens des Aufsichtsrats nicht. Selbstverständlich wäre es ihm unbenommen, seine Einwilligung inhaltlich 979 980 981 982

Bayreuther, in: MünchKomm, BGB, § 185, Rn. 31. Bayreuther, in: MünchKomm, BGB, § 185, Rn. 31. Vgl. D. IV. 2. c) bb). Bayreuther, in: MünchKomm, BGB, § 182, Rn. 1.

VI. Ex ante- oder ex post-Zustimmung des Aufsichtsrats

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näher zu konkretisieren983 beziehungsweise mit einer entsprechenden Bedingung zu versehen.984 Gleichwohl könnte der Aufsichtsrat dadurch nicht einen Anstellungsvertrag verhindern, der den beabsichtigten Bedingungen widerspricht. Die Zustimmung ist im Fall des Drittanstellungsvertrags eben kein Wirksamkeitserfordernis. Überdies ist Konsequenz einer jeglichen Zustimmung ein aus Sicht des Aufsichtsrats fremder Vertrag, der mit der uneingeschränkten Personalkompetenz des Aufsichtsrats nicht in Einklang zu bringen ist (dazu sogleich). 3. Zustimmung in Form der Genehmigung Ein anderes Bild ergibt sich bei der Genehmigung. Sie erfolgt nach dem Vertragsschluss, so dass die inhaltliche Ausgestaltung des Drittanstellungsvertrags bereits feststeht. Der Aufsichtsrat könnte in Kenntnis aller Umstände entscheiden, ob er dem Vertrag zur Wirksamkeit für das Verhältnis zwischen der Bestellungskörperschaft und dem konkreten Vorstandsmitglied verhelfen will oder nicht.985 Teilweise wird deshalb angenommen, gegen eine Drittanstellung bestehende kompetenzielle Bedenken seien jedenfalls mit einer ex post erfolgten Zustimmung des Aufsichtsrats ausgeräumt.986 a) Genehmigungen im Kontext von § 112 AktG Für den Bereich des § 112 AktG wird die Auffassung vertreten, die Aktiengesellschaft sei bei Rechtsgeschäften entgegen § 112 AktG ausreichend durch die Möglichkeit der Versagung der Genehmigung geschützt.987 Die zu § 112 AktG von einer weitverbreiteten Ansicht entwickelten Grundsätze988 sind allerdings auf einen Verstoß gegen § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG nicht übertragbar. Bei einem Verstoß gegen § 112 Satz 1 AktG geht es um die Konstellation des falsus procurator. Eine Genehmigung im Kontext des § 112 AktG führt stets zu einem Eigengeschäft der Bestellungskörperschaft. Anders verhält es sich bei einem Drittanstellungsvertrag. Auch bei einer Zustimmung des Aufsichtsrats bleibt es bei einem für die Bestellungskörperschaft fremden Rechtsgeschäft. 983 Gursky, in: Staudinger, BGB, § 182, Rn. 2: Deckungsgleichheit zwischen Zustimmung und abgeschlossenen Rechtsgeschäft nötig. 984 Gursky, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 182 ff., Rn. 52: Einwilligung ist nicht bedingungsfeindlich. 985 In diesem Sinne für § 112 AktG Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 112, Rn. 10. 986 Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012); Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 238; Ziemons, in: Nirk/Ziemons/Binnewies, Hdb. AG, Teil I, Rn. 8.251. 987 OLG Celle, 4 U 176/01, BB 02, 1438. 988 Vgl. zu diesem Thema Stein, AG 1999, 28 ff.

200

D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

b) Ausreichende Verwirklichung der Personalkompetenz bei einer Genehmigung durch den Aufsichtsrat? Mit der ausschließlichen Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats ist die Befugnis verbunden, über den Inhalt des Anstellungsvertrags frei zu befinden.989 Bei einer Genehmigung durch den Aufsichtsrat wäre dessen ausschließliche Anstellungskompetenz aber auf eine reine Ja-oder-Nein-Entscheidung reduziert. Eine inhaltliche Gestaltungsfreiheit bestünde nicht. Eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat von inhaltlich durch Dritte gestaltete Entscheidungen wird der Bedeutung des Aufsichtsrats innerhalb der Aktiengesellschaft als Kontrollorgan im Allgemeinen und der Personalkompetenz im Besondern nicht gerecht. Die Personalkompetenz setzt als Ausfluss seiner Kontrollfunktion voraus, dass der Aufsichtsrat die Anstellungsbedingungen des Vorstandsmitglieds im Interesse der Gesellschaft selbst bestimmt990 und nicht Dritten überlässt.991 Nur die Aufsichtsratsmitglieder genießen das Vertrauen der Aktionäre.992 Die Gestaltung der vertraglichen Regelungen im Detail unterliegt dem alleinigen Entschließungsermessen des Aufsichtsrats. Diese Entschließungsfreiheit darf gerade nicht eingeschränkt werden.993 Nimmt man die Personalkompetenz des Aufsichtsrats ernst, müssen anstellungsvertraglichen Bedingungen durch ihn selbst ausgehandelt und festgelegt werden.994 Eine Genehmigung eines Drittanstellungsvertrags durch den Aufsichtsrat ist daher gemäß § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ausgeschlossen. 4. Grundlegende Argumente gegen einen Drittanstellungsvertrag Eine Zustimmung – gleich in welcher Form – führt zudem niemals zu einem Vertrag zwischen der Bestellungskörperschaft und dem Vorstandsmitglied. Die Zustimmung ist ein selbstständiges Rechtsgeschäft, das abstrakt zu dem durch den Dritten geschlossenen Vertrag tritt. Der Zustimmende gibt selbst keine Vertragserklärung ab, sondern stimmt lediglich einer durch einen anderen abgegebenen Erklärung zu.995 Der Verstoß des Drittanstellungsvertrags gegen die ausschließliche Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats nach § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG lässt sich durch eine Mitwirkung des Aufsichtsrats in Form einer Zustimmung nicht

989

Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, S. 165; vgl. ausführlich D. II. 4. Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 991 Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 112, Rn. 11. 992 Vgl. D. IV. 2. a) dd). 993 OLG München, 7 AktG 3/11, NZG 2012, 261, 263. 994 Fonk, in: Semler/Schenck, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 219; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 63. 995 Bayreuther, in: MünchKomm, BGB, § 182, Rn. 1. 990

VI. Ex ante- oder ex post-Zustimmung des Aufsichtsrats

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ausräumen. Die Argumente, die gegen einen Drittanstellungsvertrag sprechen, bestehen auch bei einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat. a) Aushöhlung der Bestellungsentscheidung durch Gestaltung der Anstellungsbedingungen Aus der Einflussnahme des Dritten auf die Anstellungsbedingungen des Vorstandsmitglieds resultiert eine Gefährdung der Personalkompetenz des Aufsichtsrats.996 Ein Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats ändert daran nichts. Der Dritte hätte es durch die Gestaltung des Anstellungsvertrags in der Hand, über Erfolg oder Misserfolg der Bestellung des potentiellen Vorstandsmitglieds zu entscheiden. b) Entziehung der schuldrechtlichen Grundlage der Vorstandstätigkeit Durch die Drittanstellung wäre dem Dritten die Möglichkeit gegeben, der Vorstandstätigkeit den vertraglichen Regelungsrahmen zu entziehen.997 Da das Vorstandsmitglied ohne gültigen Anstellungsvertrag nicht bereit sein wird, seine Vorstandstätigkeit wahrzunehmen, bestünde bei einer unerwarteten Beendigung des Anstellungsvertrags durch den Dritten die Gefahr ernsthafter Störungen der Vorstandstätigkeit. c) Präventivfunktion der Vorstandshaftung Zudem droht bei einem Drittanstellungsvertrag die Präventivfunktion der Vorstandshaftung leerzulaufen.998 Der Aufsichtsrat überwacht nach § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung. Die Kontrolle verfolgt das Ziel, den Vorstand zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und Schäden von der Gesellschaft abzuwenden.999 Liegt ein pflichtwidriges Vorstandshandeln vor, stehen dem Aufsichtsrat mit der Kündigung des Anstellungsvertrags, der Abberufung sowie dem Schadensersatz verschiedene Reaktionsmöglichkeiten zur Seite. Obgleich die Kündigungsmöglichkeit zukunftsorientiert ist, entfaltet sie generell eine verhaltensdisziplinierende Wirkung während der laufenden Vorstandstätigkeit. Das Vorstandsmitglied wird, will es anstellungsvertragliche Konsequenzen vermeiden, zu einer pflichtgemäßen Ausübung des Vorstandsmandats angehalten. Der Fortbestand des Anstellungsvertrags liegt im besonderen Interesse des Vorstandsmitglieds, da es sich zulasten anderer Möglichkeiten der wirtschaftlichen Vorsorge auf den Bestand des Anstellungsvertrags ein996

Vgl. D. II. 4. a). Vgl. D. II. 4. a). 998 Ähnlich Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-niein-die-hand-die-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 999 BGH, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928; Raiser, NJW 1996, 552, 553. 997

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

richtet.1000 Bei einem Drittanstellungsvertrag hat der Aufsichtsrat aber keinen Einfluss mehr auf den Bestand des Vertragsverhältnisses. Die Präventivwirkung ist stark eingeschränkt1001, zumal der Dritte das Kündigungsrecht nicht zwingend im Sinne der Bestellungskörperschaft ausüben muss. d) Möglichkeit von Vertragsänderungen Zuletzt hätte der Aufsichtsrat während der Vertragslaufzeit keine Einflussmöglichkeiten auf den Inhalt des Drittanstellungsvertrags. So ist es dem Dritten im Grundsatz während des Bestellungszeitraums (im Einvernehmen mit dem Vorstandsmitglied) jederzeit möglich, die Anstellungsbedingungen zu verändern. Auf der anderen Seite wäre es dem Aufsichtsrat infolge der fehlenden Stellung als Vertragspartner ohne Mitwirkung des Dritten nicht möglich, eine Anpassung des Anstellungsvertrags (insbesondere auch im Hinblick auf § 87 Abs. 2 AktG1002) an veränderte Umstände aus der Vorstandstätigkeit zu erreichen. 5. Zwischenergebnis Die Untersuchung zeigt, dass durch eine Zustimmung des Aufsichtsrats zum Drittanstellungsvertrag die Gefahr der Aushöhlung der Personalkompetenz des Aufsichtsrats nicht beseitigt werden kann. Der Personalkompetenz des Aufsichtsrats ist nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn der Anstellungsvertrag durch den Aufsichtsrat im Namen der Aktiengesellschaft geschlossen wird, für die das Vorstandsmitglied bestellt worden ist.

VII. Weitere Rechtsfolgen einer Drittanstellung Ein entgegen der aktienrechtlichen Zuständigkeitsregelung abgeschlossener Drittanstellungsvertrag entfaltet daher – selbst bei Zustimmung des Aufsichtsrats – für die konkrete Vorstandstätigkeit keine Rechtswirkungen. Das Vorstandsmitglied ist vertragslos. Es bleibt zu prüfen, welche weiteren Folgen sich für das Verhältnis zwischen „drittangestelltem“ Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft ergeben.

1000

Vgl. B. I. 4. b). Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 1002 Wackerbarth, Kontrollverlust oder: Beiß nie in die Hand, die den Scheck unterschreibt, unter: http://blog.fernuni-hagen.de/blawg/2011/10/31/kontrollverlust-oder-beis-nie-in-die-handdie-den-scheck-unterschreibt/ (abgerufen am 21. 09. 2012). 1001

VII. Weitere Rechtsfolgen einer Drittanstellung

203

1. Konkludenter Abschluss eines Anstellungsvertrags Da ein gesetzliches Formerfordernis für den Anstellungsvertrag nicht existiert, ist ein konkludenter Abschluss grundsätzlich möglich.1003 In der Aufnahme der Vorstandstätigkeit könnte demnach ein konkludenter Vertragsschluss im Verhältnis zwischen dem „drittangestellten“ Vorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, gesehen werden. Unabhängig von den grundsätzlichen Bedenken, die gegen eine leichtfertigte und vorschnelle Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses sprechen1004, scheidet auch aus anderen Gründen ein konkludenter Vertragsschluss in einer Drittanstellungssituation aus. Ein Vertragsschluss, auch in konkludenter Form, setzt eine (rechtsgeschäftliche) Willensübereinstimmung der Vertragsparteien voraus. Eine solche Übereinstimmung besteht in der Drittanstellungssituation jedoch nicht. In der Bestellung kann ohne besondere Anhaltspunkte bereits kein Angebot auf Abschluss eines Anstellungsvertrags gesehen werden.1005 Im Gegenteil gehen sowohl das Vorstandsmitglied als auch die Bestellungskörperschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, von einem mit einem Dritten bestehenden Anstellungsvertrag aus, der nach Auffassung der Beteiligten den vertraglichen Rahmen für die Vorstandstätigkeit bildet. Der Aufsichtsrat der Bestellungskörperschaft und das Vorstandsmitglied haben bewusst auf den Abschluss eines Anstellungsvertrags zwischen dem Vorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft verzichtet, so dass im Verhalten des Aufsichtsrats sowie des Vorstandsmitglieds keine weiteren Willenserklärungen gesehen werden können.1006 Die Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses setzt – zumindest nach Ansicht der Parteien – inzident das Fehlen einer bestehenden Abrede voraus.1007 Da eine solche Abrede aber nach Auffassung der Parteien mit dem Drittanstellungsvertrag existiert, kann mit der Konstruktion eines konkludenten Vertragsschlusses keine Lösung der vertraglosen Situation erfolgen. 2. Anspruch auf und Verpflichtung zum Abschluss eines Anstellungsvertrags Als vertragsloses Vorstandsmitglied hat das „drittangestellte“ Vorstandsmitglied einen Anspruch auf Abschluss eines Anstellungsvertrags mit der Bestellungskör1003

OLG Stuttgart, 20 U 59/01, AG 2003, 211, 213; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 52, Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 19; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 296/297; Peltzer, in: Semler/Peltzer, Arbeitshdb. für Vorstandsmitglieder, § 2, Rn. 283 (für Drittanstellungssituationen). 1004 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 298; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 19. 1005 OLG Schleswig, 5 U 66/99, NZG 2001, 275, 276; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 16. 1006 Vgl. auch Fonk, NZG 2010, 368, 371. 1007 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 297; Fonk, NZG 2010, 368, 371.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

perschaft.1008 Weite Teile der Literatur gehen ab dem Zeitpunkt der Bestellung von einer Verpflichtung der Gesellschaft aus, auf den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit dem Vorstandsmitglied hinzuwirken.1009 Nichts anderes gilt in der vorliegenden Konstellation. Die Vorstandstätigkeit muss durch die Parteien anstellungsvertraglich geregelt werden. Es besteht nicht nur ein Anspruch, sondern eine gegenseitige Verpflichtung zum Abschluss eines die Vorstandstätigkeit regelnden Anstellungsvertrags.1010 Der Anstellungsvertrag ist ein rechtlich zwingender Bestandteil der Rechtsbeziehung zwischen Vorstandsmitglied und Aktiengesellschaft. Die Pflicht kann nicht durch einen Drittanstellungsvertrag erfüllt werden.1011 Auch ein beidseitiger Verzicht auf den Abschluss eines Anstellungsvertrags ist nicht möglich,1012 da die Parteien insoweit keine Dispositionsbefugnis haben. Eine Verlagerung der Entscheidung über die Anstellungsbedingungen auf Dritte ist gerade unzulässig. Da der Aufsichtsrat der ausschließliche Ansprechpartner der Vorstandsmitglieder hinsichtlich anstellungsvertraglicher Fragen ist, ist das Vorstandsmitglied verstärkt durch seine Treuepflicht nicht nur gehalten, den Anstellungsvertrag allein mit ihr zu verhandeln, sondern auch mit ihr abzuschließen.1013 Schließt das Vorstandsmitglied keinen entsprechenden Anstellungsvertrag, verletzt es seine Organpflichten. Es haftet der Aktiengesellschaft auf Schadensersatz (§ 93 Abs. 2 AktG). Die Rechtsverfolgung des Schadensersatzanspruchs obliegt gemäß §§ 112, 111 Abs. 1 AktG dem Aufsichtsrat. Auf Beschluss der Hauptversammlung hin hat der Aufsichtsrat den Schadensersatzanspruch geltend zu machen (§ 147 Abs. 1 AktG). Daneben ist der Aufsichtsrat verpflichtet, das Bestehen und die Durchsetzbarkeit zu prüfen und über die gerichtliche Geltendmachung zu entscheiden. Kommt der Aufsichtsrat seiner Verpflichtung zur Rechtsverfolgung nicht nach, besteht für Minderheitsaktionäre nach betriebenem Klagezulassungsverfahren (§ 148 Abs. 1 AktG) die Möglichkeit, den Schadensersatzanspruch in gesetzlicher Prozessstandschaft zu verfolgen.1014 Im Übrigen ist ein Bestellungswiderruf nach § 84 Absatz 3 Satz 1 AktG möglich.1015 Der 1008

Bejahend für die konkrete Situation OLG Celle, 9 W 115/04, S. 4 (unveröffentlicht); Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 3; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 69; Fonk, NZG 2010, 368, 371; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 327. 1009 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 8; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 52; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5 (für den Fall eines konkludenten Vertragsschlusses); Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 6; Oltmanns, in: Heidel, AktienR, § 84, Rn. 2. 1010 Vgl. B. I. 7.; in diesem Sinne auch Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 74; Fonk, NZG 2010, 368, 371; a. A. für GmbH Tebben, in: Michalski, GmbHG, § 6, Rn. 120. 1011 Für den Fall des Doppelmandats Fonk, NZG 2010, 368, 371. 1012 A. A. offenbar Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 439. 1013 Ähnlich auch Jooß, Die Drittanstellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft, S. 56, der allein eine Pflicht zur Vertragsverhandlungen sieht, aber eine Zuwendung hin zu einem Dritten für möglich hält. 1014 Zum Ganzen Spindler, in: MünchKomm AktG, § 93, Rn. 190. 1015 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5.

VII. Weitere Rechtsfolgen einer Drittanstellung

205

Aktiengesellschaft ist eine Fortsetzung des Bestellungsverhältnisses ohne die Vorstandstätigkeit regelnden Anstellungsvertrag nicht zumutbar. Ist demgegenüber der Aufsichtsrat nicht bereit, einen Anstellungsvertrag mit dem Vorstandsmitglied abzuschließen, sondern verweist er auf die Drittanstellung, ist das Vorstandsmitglied zur Amtsniederlegung1016 sowie zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Gesellschaft1017 berechtigt. Zugleich verletzen die Aufsichtsratsmitglieder ihre Organpflichten und setzen sich einer Schadensersatzhaftung gegenüber der Aktiengesellschaft aus (§§ 93 Abs. 2, 116 Satz 1 AktG).1018 Zu verfolgen ist der Anspruch durch den Vorstand. Nach einem entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss besteht eine Rechtsverfolgungspflicht des Vorstands. Einzelnen Aktionären gebührt die Rechtsverfolgung ausschließlich nach Maßgabe des § 148 AktG.1019 Auch persönliche Konsequenzen im Sinne einer Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder nach § 103 Abs. 1 oder Abs. 3 AktG sind denkbar. Durch eine Drittanstellung verletzen – selbst wenn diesbezüglich ein Einvernehmen zwischen Vorstandsmitglied und Aufsichtsrat besteht – das Vorstandsmitglied und die Aufsichtsratsmitglieder ihrer jeweiligen Organpflichten. 3. Fehlende Kondiktionsfestigkeit der Vorstandstätigkeit? Fehlt der Vorstandstätigkeit eine vertragliche Grundlage, droht grundsätzlich eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht.1020 Ein Anstellungsvertrag mit einem Dritten entfaltet keine Wirkungen für die konkrete Vorstandstätigkeit und kann daher eine Rückabwicklung nicht verhindern. Einer Rückabwicklung stehen aber die Grundsätze des fehlerhaften Anstellungsvertrags entgegen. Es ist anerkannt, dass die für das fehlerhafte Arbeitsverhältnis entwickelten Grundsätze auf den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds übertragbar sind.1021 Wegen der Schwierigkeiten einer ex tunc-Unwirksamkeit eines Anstellungsvertrags – insbesondere der drohenden Rückabwicklung des fehlerhaften Anstellungsvertrags – wird ein fehlerhafter Anstellungsvertrag für die Vergangenheit als wirksam erachtet.1022 Das 1016 Wiesner, in: MünchHdb AG, § 20, Rn. 16; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 8; Thüsing, in: Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, § 4, Rn. 6; Fonk, NZG 2010, 368, 371; Leuchten, in: FS Bauer, S. 635, 637. 1017 Fonk, in: Semler/Peltzer, Arbeitshdb. für Aufsichtsratsmitglieder, § 10, Rn. 86; ders., NZG 2010, 368, 371; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5, 59. 1018 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 326 (zu Unrecht beschränkt auf die Drittanstellung im faktischen Konzern). 1019 Habersack, in: MünchKomm AktG, § 116, Rn. 72. 1020 Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 5; vgl. ausführlich B. I. 7. b). 1021 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; BGH, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727; OLG Schleswig, 5 U 66/99, NZG 2001, 275; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 57; Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 304; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 246; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 26. 1022 Vgl. Fn. 1021.

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D. Ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag

Verhältnis zwischen Vorstandsmitglied und Bestellungskörperschaft wird so behandelt, als läge ein fehlerfrei begründeter Anstellungsvertrag vor.1023 Der fehlerhafte Anstellungsvertrag ist nur mit Wirkung für die Zukunft – auch ohne wichtigen Grund – durch formlose Erklärung jederzeit auflösbar.1024 Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Grundsätze des fehlerhaften Anstellungsvertrags ist neben einem In-Vollzug-setzen des Anstellungsvertrags, also eine Aufnahme der Tätigkeit als Vorstandsmitglied, dass die Anstellung vom (natürlichen1025) Willen der Parteien getragen ist. Seitens der Aktiengesellschaft muss das für den Anstellungsvertrag zuständige Organ, nämlich der Aufsichtsrat, eine Willensbildung vorgenommen haben.1026 Da der Aufsichtsrat eine Drittanstellung in der Praxis regelmäßig durch Beschluss genehmigt (auch wegen § 87 AktG1027) und dem Aufsichtsrat zu diesem Zeitpunkt die Anstellungsbedingungen bekannt sind, liegt eine ausreichende Willensbildung des zuständigen Organs der Bestellungskörperschaft vor. Im Übrigen genügt für die Anerkennung eines fehlerhaften Anstellungsverhältnisses, dass das Vorstandsmitglied mit Wissen und Willen des Aufsichtsrats tätig wird.1028 Eine Person, die ohne wirksamen Anstellungsvertrag, aber mit Wissen des Aufsichtsrats als Vorstandsmitglied tatsächlich tätig wird, ist für die Dauer ihrer Tätigkeit so zu behandeln, als ob der Vertrag wirksam wäre.1029 Die Grundsätze des fehlerhaften Anstellungsvertrags sind daher anwendbar. Eine Rückabwicklung der Drittanstellung scheidet aus. Dennoch sind der Aufsichtsrat und das Vorstandsmitglied verpflichtet, einen Anstellungsvertrag zwischen dem Vorstandsmitglied und der Bestellungskörperschaft für die Zukunft herbeizuführen.1030 Der zu schließende Anstellungsvertrag hat sämtliche Anstellungsbedingungen zu regeln, kann aber auf den Drittanstellungsvertrag Bezug nehmen und bestimmen, dass das Entgelt für die Vorstandstätigkeit durch die Vergütung aus dem Anstellungsvertrag mit einem Dritten abgegolten ist. Der Anstellungsvertrag mit der Bestellungskörperschaft und der Anstellungsvertrag mit dem Dritten können demnach nebeneinander bestehen.1031 1023 Richardi/Buchner, in: MünchHdb. ArbR, § 34, Rn. 39 (für den fehlerhaften Arbeitsvertrag). 1024 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; NJW 1991, 1729; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 86; Köhler, NZG 2008, 161, 164; Mertens/Cahn, in: KK AktG, 3. Aufl., § 84, Rn. 57. 1025 BAG, 5 AZR 379/71, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Lehrer; Reichold, ArbeitsR, § 7, Rn. 51. 1026 Zum Ganzen Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 307 f. (der aber die Lehre vom fehlerhaften Organverhältnis anwenden will). 1027 Vgl. C. III. 4. b). 1028 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 246 1029 BGH, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 86; Köhler, NZG 2008, 161, 164; Spindler, in: MünchKomm AktG, § 84, Rn. 246. 1030 Vgl. D. VII. 2.; Wiesner, in: MünchHdb AG, § 21, Rn. 27; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 86. 1031 Kort, in: Großkommentar AktG, § 84, Rn. 327.

VIII. Fazit

207

VIII. Fazit Für die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag lässt sich zusammenfassend festhalten: 1. Aus § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ergibt sich eine ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Abschluss des Anstellungsvertrags. Nach § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ist der Anstellungsvertrag zwingend mit der Bestellungskörperschaft zu schließen. 2. § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG ist hinsichtlich der Willensbildung im Aufsichtsrat lex specialis zu § 112 Satz 1 AktG. Die Vertretung gegenüber dem Vorstandsmitglied folgt aus § 112 Satz 1 AktG. 3. Ein entgegen der ausschließlichen Kompetenz des Aufsichtsrats abgeschlossener Drittanstellungsvertrag ist wirksam, entfaltet aber keine Wirkung für die konkrete Vorstandstätigkeit. 4. Eine Zustimmung des Aufsichtsrats – gleich ob ex ante oder ex post – verhilft dem Anstellungsvertrag mit einem Dritten nicht zur Wirksamkeit für das Verhältnis zwischen Bestellungskörperschaft und Vorstandsmitglied. 5. Das Vorstandsmitglied ist im Verhältnis zur Aktiengesellschaft vertragslos. Daher besteht weiterhin eine gegenseitige Verpflichtung zum Abschluss eines Anstellungsvertrags. Durch eine dennoch praktizierte (ausschließliche) Drittanstellung verletzen die Aufsichtsratsmitglieder und das Vorstandsmitglied ihre jeweiligen Organpflichten. 6. Im Ergebnis steht die ausschließliche Anstellungskompetenz des Aufsichtsrats nach § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG einer Drittanstellung entgegen, und zwar unabhängig davon, ob sie in oder außerhalb von Konzernverhältnissen praktiziert wird. Die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats besteht auch im Unternehmensverbund.

E. Zusammenfassung Eine Drittanstellung ist mit dem aktienrechtlichen Regelungsgefüge nicht vereinbar. Unabhängig von der Gestaltung der Drittanstellung1032 besteht ein unauflösbarer Konflikt mit § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG. Ihre Praktizierung ist demnach nicht nur nicht empfehlenswert, sondern gesetzeswidrig. 1. Aus weisungsrechtlicher Sicht besteht kein Konflikt der Drittanstellung mit der Unabhängigkeit des Vorstandsmitglieds nach § 76 Abs. 1 AktG. Soweit sich im Einzelfall ein anstellungsvertragliches Weisungsrecht aus dem Drittanstellungsvertrag ergibt, ist die Weisungsrechtsausübung nach § 134 BGB i.V.m. § 76 Abs. 1 AktG unverbindlich. 2. Eine Unvereinbarkeit der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG folgt nicht etwa aus einer interessenrechtlichen Pflichtenkollision. Im Normalfall ergeben sich schon keine kollidierenden Pflichten aus dem Drittanstellungsvertrag. Es besteht nur eine Handlungspflicht, die ihren Ursprung im Bestellungsverhältnis hat. Sollte sich im Einzelfall eine gegenläufige, anstellungsvertragliche Pflicht ergeben, äußert sie sich lediglich in einer „schlummernde Pflichtenkollision“. Sie realisiert sich nur in seltenen Fällen, in denen eine Lösung durch Stimmenthaltung und mittels § 275 Abs. 3 BGB erreichbar ist. Ein reiner Interessenkonflikt begründet dagegen keinen Konflikt der Drittanstellung mit § 76 Abs. 1 AktG. 3. Die Drittanstellung ist jedoch mit der ausschließlichen Kompetenz des Aufsichtsrats für den Anstellungsvertrag nach § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG unvereinbar. Das Aktiengesetz setzt einen Vertragsschluss mit der Bestellungskörperschaft voraus, so dass der Aufsichtsrat alleiniger Ansprechpartner des Vorstandsmitglieds in Anstellungsfragen ist. Ein entgegen § 84 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 1 AktG abgeschlossener Drittanstellungsvertrag entfaltet keine Wirkung für die konkrete Vorstandstätigkeit. Das Vorstandsmitglied ist vertraglos. Es besteht eine gegenseitige Verpflichtung zum Abschluss eines gesetzlich erforderlichen Anstellungsvertrags. 4. Mit der Drittanstellung verstoßen das Vorstandsmitglied und die Aufsichtsratsmitglieder gegen ihre jeweiligen organschaftlichen Pflichten.

1032

Zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten der Drittanstellung vgl. A. II.

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Stichwortverzeichnis Anstellungsverhältnis 25 – Anspruch auf Abschluss 203 – Auslegung 44 – Bedeutung 29 – enger Zusammenhang, Bestellung 27, 167 – interessenrechtliche Nebenpflicht 125 – konkludenter Abschluss 203 – Qualifikation 25 – Rechte und Pflichten 29 – Satzungsstrenge, Einfluss 35 – schuldrechtliche Grundlage, Vorstandstätigkeit 45 – Trennungstheorie 26 – Verhältnis, Bestellung 26 – Vorrangverhältnis siehe dort – Weisungsrecht siehe dort – Zwang zum Abschluss 44 anstellungsvertraglicher Regelfall 15 Anstellungszuständigkeit – Ausschließlichkeit 175 – Beendigungssituation, Drittanstellung 169 – Beschlussfähigkeit, Anforderungen 184 – Drittanstellung, Verstoß 177 – fehlerhafter Anstellungsvertrag 205 – GmbH 187 – historische Entwicklung 164 – Konzern 173 – mitbestimmte AG 193 – Personalausschuss 179 – Personalkompetenz, Aufsichtsrat 167 – Rechtsfolgen, Drittanstellung 193 – Rechtsgrundlage 159 – systematische Stellung 163 – Untervertretung 180 – Verbandsverfassung 177 – Verhältnis § 112 AktG 173 – Verweisung (§ 84 I 5 AktG), Reichweite 162

– Wahrnehmung, persönliche 182 – Zustimmung, Drittanstellung 197 Bestellungsverhältnis 25 – Rechte und Pflichten 28 – Verhältnis, Anstellung 26 – Weisungsfreiheit siehe dort Business Combination Agreements Corporate Governance

65

59

Drittanstellung – Anstellungszuständigkeit, Verstoß 177 – Anwendungsfälle 17 – Auslegung, Anstellungsvertrag 44 – Business Judgment Rule 153 – DCGK 193 – Drittvergütung siehe dort – fehlerhafter Anstellungsvertrag 205 – Gestaltungsmöglichkeiten 22 – GmbH, Vergleich 187 – Interessenkonflikt 149 – Interimsmanager, Vergleich 190 – Mitbestimmung 193 – Nebenpflicht siehe dort – Pflichtenkollision, Auflösung 144 – Pflichtenkollision, Relevanz 142 – Privatautonomie 23 – Rechtsfolgen, Abschlussverpflichtung 203 – Rechtsfolgen, fehlende Gestaltungsmacht 193 – Rezeption, anstellungsvertragliche 32 – Satzungsstrenge, Einfluss 35 – Streitstand 16 – Unwirksamkeit, Drittanstellungsvertrag 196 – Vertrag zugunsten Dritter 186 – Vorrangverhältnis siehe dort – Vorstandsdoppelmandat, Rückschlüsse 140, 150

226

Stichwortverzeichnis

– Vorteile 17 – Weisungsrecht siehe dort – Weisungsrechtsausübung, Unwirksamkeit 102 – Zustimmung, Aufsichtsrat 197 Drittanstellung für konkretes Vorstandsmandat – anstellungsvertragliche Weisungen 86 – Gestaltung 22 – interessenrechtliche Pflichtenlage 133 Drittanstellung mit offener Gestaltung – anstellungsvertragliche Weisungen 87 – Gestaltung 22 – interessenrechtliche Pflichtenlage 136 Drittvergütung – Interessenkonflikt 152 – Zustimmung, Aufsichtsrat 153 eigenverantwortliche Leitungsmacht – Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag 73 – Eingliederung 73 – faktischer Konzern 74 – Stellung, Vorstand 59 – unabhängige Aktiengesellschaft 53 – Vertragskonzern 66 – Weisungsfreiheit siehe dort Eingliederung – Pflichtenlage, interessenrechtliche 122 – Weisungsrecht 73 Entsendung von oben nach unten 18 Entsendung von unten nach oben 20 faktischer Konzern – Pflichtenlage, interessenrechtliche 123 – Weisungsrecht 74 Geschäftsordnung, Vorstand 60 Gestaltungsmöglichkeiten, Drittanstellungsvertrag 22 GmbH – Anstellungszuständigkeit 187 – Geschäftsführer, persönliche Unabhängigkeit 58 – Geschäftsführer, Stellung 76 – mitbestimmte, Zuständigkeit 42, 174

Interessenkonflikt – Business Judgment Rule 153 – Definition 114 – Drittvergütung 152 – Konflikttoleranz, AktG 150 – Vorstandsdoppelmandat 150 Interimsmanager 190 Konzernanstellungsvertrag

17

Nebenpflicht, anstellungsvertraglich – Drittanstellung 133 – Hauptleistungspflicht 133 – Musterverträge 125 – Nebenleistungspflichten 131 – Schutzpflicht 128 – situative Konkretisierung 137 – Systematisierung 128 – Treuepflicht, umfassende 132 – Zumutbarkeit 138 Pflichtenkollision – Auflösung 144 – Auswirkungen 115 – Definition 115 – Drittanstellung 141 – Vorstandsdoppelmandat

140

Rezeption, anstellungsvertragliche – anstellungsvertraglicher Regelfall – Drittanstellung 32

29

Trennungstheorie 26 Treuepflicht – Inhalt 48 f. – Konzern 50 – Rechtsfolgen 51 – Ursprung 48 unabhängige Aktiengesellschaft – Pflichtenlage, interessenrechtliche – Weisungsrecht 55, 63 Verbot der Vorwegbindung 64 Vertragskonzern – arbeitsbezogene Weisungen 70 – Leitungsmacht 66 – Pflichtenlage, interessenrechtliche

116

118

Stichwortverzeichnis – Weisungsrecht 67 – Weisungsrecht, Grenzen 68 Vorrangverhältnis – Drittanstellung 40 – Grundsätze 38 – Personalkompetenz 185 – Pflichtenkollision 144 – Weisungen 95 Vorstandsdoppelmandat – Anwendungsfall, Drittanstellung – Interessenkonflikt 150 – Isolierbarkeit der Pflichen 140 – Pflichtenkolllision 140

17

Weisungen – arbeitsbezogene Weisungen 58, 63, 65, 70, 73, 105 – Ausübungskontrolle 96 – Eingliederung 73 – faktische Weisungen 110 – unabhängige Aktiengsesellschaft 55, 63 – unternehmensbezogene Weisungen 58, 70

227

– Vertragskonzern 67 Weisungsfreiheit, organschaftliche – Dritte 63 – Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Aktionäre 55 – Unabhängigkeit, einzelnes Vorstandsmitglied 57 – Unabhängigkeit, persönliche 58, 62 – Unabhängigkeit, unternehmerische 56 Weisungsrecht, anstellungsvertragliches – anstellungsvertraglicher Regelfall 78 – Ausübungskontrolle 96 – Drittanstellung 86 – Ermessen, Ausübungskontrolle 108 – faktische Weisungen 110 – Konflikt, Eigenverantwortlichkeit 94 – Musterverträge 78, 84 – Übernahmeverpflichtung 82 – unternehmensinterner Aufstieg 84 – Verbotsgesetz (§ 76 Abs. 1 AktG) 96 – vereinbartes Weisungsrecht 109 – Versetzungsklausel 109 – Vertragsauslegung 82