Verhaltensweisen und Sorgfaltspflichten von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern bei drohender Überschuldung [1 ed.] 9783428450688, 9783428050680


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Verhaltensweisen und Sorgfaltspflichten von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern bei drohender Überschuldung [1 ed.]
 9783428450688, 9783428050680

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 40

Verhaltensweisen und Sorgfaltspflichten von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern bei drohender Überschuldung

Von

Michael Gurke

Duncker & Humblot · Berlin

MICHAEL GURKE

Verhaltensweisen und Sorgfaltspflichten von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern bei drohender Überschuldung

Schriften zum

Wirtschaftsrecht

Band 40

Verhaltensweisen und Sorgfaltspflichten von Vorstandsmitglied ern und Geschäftsführern bei drohender Überschuldung

Von

Dr. Michael Gurke

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1982 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1982 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 05068 1

Vorwort Die hier veröffentlichte Abhandlung hat dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin i m Sommersemester 1981 als Dissertation vorgelegen. Herrn Professor Dr. von Stebut, der die Anregung zu dem Thema gab, sei an dieser Stelle für die m i r i n jeder Hinsicht zuteil gewordene Förderung herzlich gedankt. Berlin, i m September 1981 Michael Gurke

Inhaltsverzeichnis Einleitung

11

Α. Die rechtliche Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

15

I. Die Aktiengesellschaft

15

I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter Haftung

21

a) Die historische E n t w i c k l u n g der Überschuldungsregelung

21

1. Die Bewertungsgrundsätze i n der Handelsbilanz bis zur Aktienrechtsnovelle v o n 1884

22

2. Die Entstehung Aktienrechts

24

der

Überschuldungsbestimmungen

des

3. Die Aktienrechtsnovelle v o n 1884

24

4. Die Übertragung der aktienrechtlichen Überschuldungsbes t i m m u n g auf das GmbH-Gesetz

26

b) Leistungsmöglichkeiten u n d Leistungsgrenzen der Jahresbilanz als M i t t e l rechtzeitiger Uberschuldungskontrolle

31

1. Der Übergang v o n der statischen zur dynamischen Bilanz

31

2. Die Bilanz als M i t t e l des Gläubigerschutzes

32

aa) Strafrechtliche Absicherung der Bilanzierungsvorschriften

33

bb) Die Bilanz als M i t t e l zum Erkennen v o n Überschuldungen

34

c) Verzicht auf die Bilanz als Kontrollinstrument der Überschuldung i m Aktiengesetz u n d Genossenschaftsgesetz

36

d) Konsequenzen f ü r die Überschuldungsregelung i n § 64 G m b H G

37

e) Das heutige Verständnis der Überschuldungsregelung i n § 64 GmbHG

38

Zusammenfasung

41

B. Der Verdacht der Überschuldung

42

8

Inhaltsverzeichnis

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

46

a) Liquidationsbewertung

47

b) Fortführungsbewertung

51

c) Alternativbewertung

52

d) Bewertung nach der wahrscheinlichen Verwertung (Zweistufige Prüfungsmethode)

53

D. Verpflichtungen aus Miet- und Pachtverhältnissen in der Überschuldungsbilanz

56

I. Der Begriff des schwebenden Geschäftes

56

a) Die Erfassung schwebender Geschäfte i n der Jahresbilanz

56

b) Die Darstellung schwebender Geschäfte i n der Überschuldungsbilanz

57

c) Die F u n k t i o n der Rückstellungen

59

I I . L i q u i d a t i o n des Unternehmens

60

a) Höhe der Rückstellungen

60

b) Lösungsmöglichkeiten von M i e t - u n d Pachtverträgen

62

I I I . Fortführung u n d Unternehmung E. Bewertung von drohenden Verpflichtungen aus Sozialplänen in der Überschuldungsbilanz I. L i q u i d a t i o n

65

66 67

a) Unternehmenszerschlagung

67

b) Betriebsveräußerung

71

I I . Betriebsfortführung Zusammenfassung F. Die betriebswirtschaftliche Analyse des Unternehmensschicksals

72 73 74

a) Die betriebswirtschaftliche Analyse als M i t t e l des Gläubigerschutzes

77

b) Interessen von Eigentümern, Arbeitnehmern u n d der Öffentlichkeit

79

c) Die F u n k t i o n der betriebswirtschaftlichen Analyse bei der L ö sung der Interessenkonflikte

80

d) Prognosecharakter der betriebswirtschaftlichen Analyse

82

e) Die rechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer betriebswirtschaftlichen Analyse

85

Inhaltsverzeichnis

9

G. Bewertung des Unternehmens bei zu erwartender Betriebsfortführung

84

a) E r m i t t l u n g des Unternehmens wertes nach objektiven K r i t e r i e n

87

b) Traditionelle Bewertungsmethoden der Praxis

88

c) Bedeutung des Substanzwertes f ü r den Vermögensstatus . . . .

90

d) Neuere Ertragswertmethode

95

e) Bewertung i n der Überschuldungsbilanz

99

H. Grundsätze über die schuldhafte Konkursantragspflichtverletzung

104

I. Sachliche Vertretbarkeit der betriebswirtschaftlichen Analyse . . . . 106 I I . Strafrechtliche Verantwortlichkeit a) Die strafrechtlichen

Sorgfaltsgrundsätze

108 109

b) Die strafrechtliche Bedeutung der prognostischen Ermessens Spielräume 110 c) Die strafrechtlichen A u s w i r k u n g e n der unterschiedlichen U n ternehmensbewertungsmethoden bei voraussichtlicher Fortführungswürdigkeit 112 d) Die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit der zweistufigen P r ü fungsmethode 114 I I I . Zivilrechtliche Verantwortlichkeit Zusammenfassung

117 122

Literaturverzeichnis

125

Sachverzeichnis

135

Abkürzungsverzeichnis AG

Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BGBl

Bundesgesetzblatt

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

GmbH-Rdsch

GmbH-Rundschau (Zeitschrift)

HdW

Handbuch der Wirtschaftswissenschaft

IdW

I n s t i t u t der Wirtschaftsprüfer

JW

Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

JZ

Juristenzeitung

KTS

Konkurs-, Treuhand- u n d Schiedsgerichtswesen (Zeitschrift)

LZ

Leipziger Zeitschrift f ü r Deutsches Recht

MDR

Monatsschrift f ü r Deutsches Recht (Zeitschrift)

MitbGespr.

Das Mitbestimmungsgespräch

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

RdA

Recht der Arbeit, Zeitschrift f ü r die Wissenschaft u n d Praxis des gesamten Arbeitsrechts

RGBl

Reichsgesetzblatt

WM

Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift)

WP

Der Wirtschaftsprüfer (Zeitschrift f ü r das deutsche P r ü fungs- u n d Bilanzwesen), aufgegangen i n : Die Wirtschaftsprüfung

WPg

Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

ZfB

Zeitschrift f ü r Betriebswirtschaft

ZfbF

Zeitschrift f ü r betriebswirtschaftliche Forschung

ZfgG

Zeitschrift f ü r das gesamte Genossenschaftswesen

ZGR

Zeitschrift f ü r Unternehmens- u n d Gesellschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift f ü r Wirtschaftsrecht u n d Insolvenzpraxis

ZMR

Zeitschrift f ü r M i e t - u n d Raumrecht

Einleitung Die Überschuldung ist neben der Zahlungsunfähigkeit ein Konkursgrund bestimmter juristischer Personen des Privatrechts 1 . Außerdem ist sie auch Konkursgrund bei besonderen Erscheinungsformen von OHG und K G 2 . Rechtlich ist die Überschuldung von erheblicher Bedeutung, weil sich die Konkursantragspflicht an dieses Tatbestandsmerkmal knüpft. Dabei soll die folgende Untersuchung auf die beiden i m W i r t schaftsverkehr wichtigsten juristischen Personen des Privatrechts, die Aktiengesellschaft und die GmbH, beschränkt bleiben. M i t dem E i n t r i t t der Überschuldung sind die Vorstandsmitglieder und die Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich, spätestens aber binnen 3 Wochen, die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen oder die Einleitung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens herbeizuführen 3 . Gleichzeitig haften sie der Gesellschaft für Zahlungen, die nach eingetretener Überschuldung geleistet werden 4 . Abgesehen von einer etwaigen zivilrechtlichen Ersatzverpflichtung besteht i m Falle der Verletzung der Antragspflichten eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern 5 . Durch die strafrechtliche Sanktionierung soll der Antragspflicht aus Gläubigerschutzgründen und Gründen des öffentlichen Interesses* Nachdruck verliehen werden. Denn m i t der Überschuldung steht zugleich fest, daß wegen des Überwiegens der Schulden eine volle Befriedigung der Gläubiger ausgeschlossen ist. Es geht nur noch darum, aus dem verbliebenen Vermögen die Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen und ihnen den Verlust gemeinsam aufzubürden 7 . Folglich führt eine fortdauernde Verletzung der Antragspflicht und der damit erwartungsgemäß verbundenen Erhöhung der Verbindlichkeiten zu einem weiteren Absinken der Konkursquote. Zugleich w i r d das öffentliche Interesse berührt, indem die Gefahr besteht, daß sonstige Dritte sich an konkursreifen Gesellschaften durch Aktienerwerb oder Ererwerb von Geschäftsanteilen beteiligen oder ihnen Kredite gewähren 8 . 1 2 3 4 5 6 7 8

§ 207 K O u n d die Verweisung i n § 213 K O . §§ 130 a, 177 a HGB. § 92 Abs. 2 A k t G u n d § 64 Abs. 1 GmbHG. § 93 Abs. 3 Nr. 6 A k t G , § 64 Abs. 2 GmbHG. § 401 Abs. 1 Nr. 2 A k t G u n d § 84 GmbHG. Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G , § 92 Anm. 24. Siedschlag, Ansatzpunkte zu einer Reform des Insolvenzrechts, S. 16. Geßer / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G , § 92 Anm. 24.

12

Einleitung

Durch Beteiligungen und Kreditvergaben an Unternehmen, die vor dem drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruch stehen, können der Volkswirtschaft erhebliche Verluste entstehen, falls der Konkurs tatsächlich eintritt und das dort investierte Kapital sowie gewährte Kredite verloren gehen. Die Folge eines Konkurses ist i n der Regel, daß beispielsweise mit Krediten angeschaffte Anlagegüter ihren Wert verlieren und allenfalls zu den Einzelveräußerungspreisen, teilweise auch nur zu Schrottwerten verkauft werden können. Gerade i n rechtstatsächlicher Hinsicht zeigt sich, wie notwendig ein frühzeitiges Erkennen der Überschuldung ist. Bei der Konkursabwicklung ergeben sich i n der Regel bei einfachen Konkursforderungen gemäß § 61 Abs. 1 Ziff. 6 K O nur Konkursquoten von 8 W , die auf eine bereits seit längerer Zeit vorliegende Überschuldung schließen lassen, bevor der Weg zum Konkursrichter angetreten w i r d 1 0 . Uber den Bereich des Gesellschaftsrechts hinaus hat die Überschuldung strafrechtliche Bedeutung für die Fälle der Bankrotthandlungen gemäß § 283 StGB. Die strafrechtliche Erfassung der Bankrotthandlungen hängt davon ab, daß sie i n einer wirtschaftlichen Krisensituation durch den Täter vorgenommen werden. Auch hier nennt das Gesetz neben der Zahlungsunfähigkeit als Ausdruck der Krisensituation die Uberschuldung. Gleichermaßen gilt für eine Verletzung der Konkursantragspflichten und die Bankrotthandlungen, daß eine eventuelle Strafbarkeit des Täters das Tatbestandsmerkmal der Überschuldung voraussetzt. Wegen der strafrechtlichen Bedeutung muß der Uberschuldungsbegriff rechtsstaatlichen Grundsätzen, d. h. dem Bestimmtheitsgebot des A r t . 103 Abs. 2 GG genügen. Eine hinreichende Gesetzesbestimmtheit ist nur dann gegeben, wenn die Voraussehbarkeit des Straftatbestandes für einen potentiellen Täter gewährleistet ist und er sein Verhalten darauf einrichten kann 1 1 . Hier aber setzen die eigentlichen Schwierigkeiten an. Denn die Ermittlung der Überschuldung hat keine gesetzliche Regelung erfahren, insbesondere fehlt jeglicher Hinweis, welche Wertmaßstäbe heranzuziehen sind. Dadurch ist eine Vielzahl von Bewertungsfragen bei der Errichtung der Überschuldungsbilanz entstanden. Unklarheit herrscht unter anderem darüber, welche Verwertungsart, Fortführung oder Liquidation des Unternehmens, für die Bewertung der Vermögensgegenstände i n der Überschuldungsbilanz zu unterstellen ist. 9 Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, Die Praxis der Konkursabwicklung i n der Bundesrepublik Deutschland, S. 163 ff.; Angele, Z I P 1981, 463 ff. gibt eine Statistik über die Unternehmensinsolvenzen i m Zeitraum 1970 - 1980, wobei i n letzter Zeit eine Verringerung der Konkursquoten zu beobachten ist. 10 Schmidt, A G 1978, 336 u. 339. 11 BVerfGE 25, 269 (285); 26, 41 (42); 37, 201 (207); 48, 48 (56).

Einleitung

Aus der Vielzahl von offenen Fragen, die i m Zusammenhang m i t den Konkursantragspflichten auftauchen, zeigt sich deutlich, daß die bestehenden Vorschriften zu unpräzise vom Gesetzgeber gefaßt worden sind und einer Konkretisierung bedürfen. Aus dem Gesetz geht beispielsweise auch nicht hervor, welche Maßnahmen Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder zu ergreifen haben, wenn das von ihnen geleitete Unternehmen sich am Rande der Überschuldung befindet, um ihren gesetzlichen Verpflichtungen zu genügen. Für die Unternehmensleitung ist die Präzisierung der Konkursantragspflichten insofern von Bedeutung, weil bei einer Verletzung der Verpflichtungen eine zivilrechtliche Haftung sowie die bereits angedeuteten strafrechtlichen Sanktionen die Folge sind. Die Forderung nach hinreichender Gesetzesbestimmtheit i m Sinne von A r t . 103 Abs. 2 GG hat i n einem ähnlich gelagerten Fall bereits zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geführt 1 2 . I n der folgenden Darstellung soll eine Konkretisierung der Konkursantragspflichten vorgenommen werden, um Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern eine Orientierungshilfe bei den von ihnen nach dem Gesetz zu treffenden Maßnahmen zu geben. Dabei beschränkt sich die Untersuchung nicht nur auf ausschließlich juristische Bereiche, sondern w i r d auch Fragen der Betriebswirtschaftslehre berühren. I m Vordergrund der betriebswirtschaftlichen Betrachtung werden Probleme der Unternehmensbewertung stehen, die eng m i t der Überschuldungsermittlung verknüpft sind. Hauptsächlich geht es um die sehr umstrittene Frage, ob gegebenenfalls unselbständige immaterielle Vermögenswerte, insbesondere ein Geschäftswert, angesetzt werden dürfen, sofern der Überschuldungsbegriff nicht nur Liquidationswerte, sondern auch die Berücksichtigung des Betriebsfortführungsgedankens zuläßt 1 3 . I n diesem Bereich besteht eine äußerst enge Verbindung zwischen dem j u r i stischen Tatbestand der Überschuldung und den betriebswirtschaftlichen Bewertungsverfahren, die den methodischen Ansatz liefern, wie die Bewertung eines tätigen Unternehmens durchzuführen ist. I n letzter Zeit hat die Diskussion über die Angemessenheit der Bewertungsverfahren neue Impulse erhalten. Sie beruht i m wesentlichen auf Tendenzen i n der Betriebswirtschaftslehre bei Unternehmensbewertungen, zukünftig das Moment der Ertragsfähigkeit i n den Vordergrund der Bewertung zu stellen und dem Substanzwert, anders als bisher, allenfalls eine Hilfsfunktion zuzubilligen 1 4 . Andererseits hat die betriebswirtschaftliche Diskussion Auswirkungen auf die Forderung nach weitgehender Rechtssicherheit und Gesetzesbestimmtheit der Überschuldungsregelungen. Mögliche Folge ist die „relative Unschärfe" des Ein12 13 14

BVerfGE 48, 48 zu § 240 I Nr. 1 K O a. F. U h l e n b r u c h Z I P 1980, 81. Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, S. 83.

14

Einleitung

trittszeitpunktes einer Überschuldung i n Folge von Bewertungsspielräumen. Strafrechtlich drängt sich das Problem auf, wie etwaige Bewertungsunsicherheiten die Strafbarkeit eines potentiellen Täters beeinflussen. Kann deshalb eine Bestrafung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern oder deren zivilrechtliche Haftung ohne weiteres bejaht werden, falls unterschiedliche Wertansätze zur Uberschuldung bzw. NichtÜberschuldung führen.

Α. Die rechtliche Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz Es soll eine getrennte Untersuchung der aktienrechtlichen Regelung und der Vorschriften des GmbH-Gesetzes erfolgen. Die i m GmbH-Gesetz enthaltene Überschuldungsregelung weicht gegenüber dem Aktienrecht nicht unerheblich ab. Die Formulierung i n § 64 Abs. 1 GmbHG nimmt ausdrücklich darauf Bezug, daß sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz die Uberschuldung zu ergeben hat. E i n derartiger Hinweis auf die Jahres- oder eine Zwischenbilanz fehlt i n den aktienrechtlichen Vorschriften. § 92 Abs. 2 A k t G bezieht sich ausschließlich auf die Uberschuldung, nicht aber auf irgendeine Bilanz. Ob sich aus dieser unterschiedlichen Gesetzesformulierung sachliche Konsequenzen ergeben, bedarf einer eingehenden Erörterung. I. Die Aktiengesellschaft Die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind i m Falle der Überschuldung verpflichtet, die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen. Dabei nennt das Gesetz nur die Überschuldung als solche und gibt weder Anhaltspunkte darüber, wie dieses Tatbestandsmerkmal erkannt werden kann, noch macht es die Überschuldungsermittlung von irgendwelchen Voraussetzungen abhängig 1 . Es fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Sorgfaltskriterien, die für das rechtzeitige Erkennen der Uberschuldung maßgebend sind. Die Beachtung der Konkursantragspflichten ist jedoch nur möglich, wenn die Vorstandsmitglieder Vorsorge treffen, daß ihnen eine drohende Uberschuldung nicht entgeht. M i t welchen organisatorischen M i t t e l n und nach welchen Sorgfaltsmaßstäben dies zu geschehen hat, soll durch die nachfolgende Darstellung untersucht werden. Zur Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt bieten sich grundsätzlich zwei Lösungsmöglichkeiten an: Es kann einmal auf § 92 I A k t G oder auf § 93 I A k t G zurückgegriffen werden. I n § 92 I A k t G nennt das Gesetz das pflichtmäßige Ermessen, das von den Vorstandsmitgliedern zu beachten ist, um Verluste i n Höhe der Hälfte des Grundkapitals rechtzeitig zu erkennen und die vom Gesetz 1 Godin / Wilhelmi, A k t G § 92 A n m . 10; Schürer, Der Tatbestand der Überschuldung i m deutschen Insolvenzrecht, S. 48.

16

Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

daran geknüpften Maßnahmen einzuleiten. Dagegen normiert § 931 A k t G die allgemeinen Sorgfaltspflichten des Vorstandes, die bei der Wahrnehmung der Gesellschaftsangelegenheiten i m Rahmen einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung notwendig sind. Hirtz 2 w i l l offensichtlich das „pflichtmäßige Ermessen" des § 92 Abs. 1 A k t G auf den Abs. 2 anwenden, wenn er von einer „impliziten" Geltung spricht. Viel gewonnen ist dadurch nicht. Denn der Begriff des „pflichtmäßigen Ermessens" bedarf seinerseits einer Ausfüllung, um einen Maßstab für die zu fordernde Sorgfalt zu liefern. I n diesem Zusammenhang bietet es sich an, auf die Generalklausel des § 93 Abs. 1 A k t G zurückzugreifen, wonach Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben. Charakteristisch ist es für die dort normierte Sorgfaltsanforderung, daß sie sich an einem objektiven Maßstab orientiert 3 , der nicht generell festgeschrieben ist, sondern von den konkreten Umständen des Einzelfalles und der Verkehrsauffassung abhängt 4 . Die anzuwendende Sorgfalt w i r d i m Einzelfall durch die A r t und Größe des Unternehmens 5 , die Zahl der Beschäftigten usw. bestimmt, d.h. „der Vorstand hat für die Fähigkeiten und Kenntnisse einzustehen, die die von ihm geleitete individuelle Gesellschaft erfordert" 6 . Allerdings gibt es gewisse Zweifel, ob der für die allgemeinen Leistungsaufgaben geltende Sorgfaltsgrundsatz ohne weiteres auf den Uberschuldungstatbestand übertragen werden kann. Immerhin existiert ein grundlegender Unterschied zwischen beiden Vorschriften. I n § 93 A k t G ist allein der Schutz der Gesellschaft und nicht dritter Personen gegen Pflichtverletzungen der Vorstandsmitglieder bezweckt 7 . So können die Aktionäre 8 und außenstehende Dritte 9 keine unmittelbaren Ansprüche aus § 93 Abs. 2 und Abs. 3 A k t G gegen die Vorstandsmitglieder wegen Sorgfaltspflichtverletzungen herleiten. Für geschädigte Gläubiger bestehen Ansprüche nur unter den engen Voraussetzungen des § 93 Abs. 5 AktG. Eine Inanspruchnahme der Vorstandsmitglieder gemäß § 823 Abs. 2 BGB i n Verbindung m i t § 93 A k t G ist ebenfalls nicht möglich, da § 93 Abs. 2 und Abs. 3 A k t G keine Schutzgesetze für Aktionäre und Dritte darstellen, sondern nur die Gesellschaft schützen 2 Die Vorstandspflichten bei Verlust, Zahlungsunfähigkeit u n d Überschuldung einer Aktiengesellschaft, S. 9. 3 Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 9. 4 Hirtz, S. 10 Fußnote 29 u. 30. 5 Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 9. 6 Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 9. 7 Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 93 A n m . 90. 8 Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 41. 9 Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 93 A n m . 90.

I. Die Aktiengesellschaft

17

wollen 1 0 . Selbst § 93 Abs. 5 A k t G ist kein Schutzgesetz i m Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, obwohl die Gläubiger ein unmittelbares Klagerecht erhalten 1 1 . Es kann nur i m Falle einer mangelnden Befriedigungsmöglichkeit geltend gemacht werden, soll aber nicht die Gläubiger generell vor Pflichtverletzungen der Vorstandsmitglieder bewahren 1 2 . Mögliche Ersatzansprüche, die sich bei einer Verletzung von Sorgfaltspflichten ergeben, beziehen sich also einzig auf das interne Rechtsverhältnis, das zwischen der Gesellschaft als einer selbständigen juristischen Person und den einzelnen Vorstandsmitgliedern aufgrund ihrer Bestellung als organschaftliche Vertreter 1 3 entstanden ist. § 92 Abs. 2 A k t G hat dagegen eine andere Zielrichtung. Es soll i n erster Linie für Gläubiger und Aktionäre das Gesellschaftsvermögen nach eingetretener Überschuldung als Konkursmasse gesichert und eine weitere Verminderung der Konkursquote verhindert werden 1 4 . Gleichzeitig dient die Beantragung des Konkurs- oder gerichtlichen Vergleichsverfahrens dem öffentlichen Interesse. Dies zeigt die Strafvorschrift des § 401 A k t G 1 5 . Durch die Teilnahme konkursreifer Unternehmen am Wirtschaftsleben ist allgemein m i t Schäden für die Volkswirtschaft zu rechnen. Die §§ 92 Abs. 2, 401 A k t G stellen deshalb auch Schutzgesetze gemäß § 823 Abs. 2 BGB dar, die eine unmittelbare Inanspruchnahme der Vorstandsmitglieder ermöglichen 16 . Bei dem geschützten Personenkreis handelt es sich um die Gläubiger und die Aktionäre der Gesellschaft 17 . Die Überschuldungsbestimmung und die daraus resultierenden Verpflichtungen dienen somit i n erster Linie dem Schutz außenstehender Personen. Insofern bedarf es einer näheren Untersuchung, ob die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltsanforderungen zwischen Vorstandsmitgliedern und der Gesellschaft auf die Pflicht zur rechtzeitigen Ermittlung einer Überschuldung übertragbar ist. Allgemein geht die Verpflichtung des Vorstandes dahin, den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden, so die 10 Mertens i n K ö l n e r K o m m e n t a r zum A k t G § 93 A n m . 85; Baumbach/ Hueck, A k t G § 93 Rdn. 3; ebenso zu der fast inhaltsgleichen Vorschrift des § 241 Abs. 2 H G B sowie zur identischen Vorschrift von § 84 A k t G 1937 RGZ 63, 325; 115, 289 (296); 159, 211 (223). 11 Geßler / Hef ermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 93 A n m . 90. 12 Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 93 A n m . 90, Schilling i n Großkomm. A k t G § 93, A n m . 67; Schmidt, Z I P 1980, 330. 13 Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 3 u n d 41. 14 Geßler / Hefermehl / Eckardt / K r o p f f A k t G § 92, A n m . 24. 15 Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 92, A n m . 2. 16 M e y e r - L a n d r u t i n Großkomm. A k t G § 92 A n m . 9; Mertens i n K ö l n e r Kommentar zum A k t G § 92 A n m . 33. 17 Mertens i n Kölner Kommentar zum A k t G § 92 A n m . 33.

2 Gurke

18

Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

pauschale, aber den K e r n der Sorgfaltspflicht treffende Definition des § 93 Abs. 1 A k t G i n der Rechtsprechung 18 . Bei der Aktiengesellschaft handelt es sich u m eine rechtlich verselbständigte Vermögensmasse, deren Bestandserhaltung i m Vordergrund des vorstandlichen Tätigwerdens steht. Die Funktion des § 93 A k t G liegt darin, mögliche Sorgfaltspflichtverletzungen, die sich bei der Ausübung der Leitungsaufgabe durch die Vorstandsmitglieder ergeben können, zu ahnden und so das Bestandsinteresse der Gesellschaft i m Verhältnis zu ihren Organmitgliedern durchzusetzen. M i t dem Bestand der Gesellschaft sind die Vermögensinteressen von Gläubigern und Aktionären verbunden. Gegenüber den Aktionären verwalten die Vorstandsmitglieder das von diesen der Gesellschaft anvertraute Kapital. Ihnen gegenüber nehmen die Vorstandsmitglieder aus wirtschaftlicher Sicht eine Treuhänderstellung ein, aus der sie verpflichtet sind, die Vorteile für das zu verwaltende Vermögen zu wahren 1 9 . Realisiert werden die Interessen der Aktionäre durch den Bestand der Gesellschaft. Eine wirtschaftlich erfolgreiche Tätigkeit des Unternehmens bedeutet für die beteiligten Aktionäre die Erhaltung ihres i n der Gesellschaft investierten Kapitals. Dabei ist das Erhaltungsinteresse der Aktiengesellschaft i n bezug auf die Einzelinteressen von Aktionären verselbständigt, so daß deren subjektive Vorstellungen, die den Gesellschaftsinteressen zuwider laufen können, verdrängt werden. Unter zu vernachlässigenden Einzelinteressen sind beispielsweise Spekulationsgeschäfte der Aktionäre, die sie m i t ihrer Beteiligung an der Gesellschaft beabsichtigen, zu verstehen. Mittelbar dient das Erhaltungsinteresse auch der Wahrung von Gläubigerinteressen durch Prosperität der Gesellschaft 20 . Floriert die Gesellschaft, ist sie schon von sich aus um ihre Leistungsfähigkeit und damit u m ihren Bestand besorgt 21 . Sie nimmt auf diesem Wege mittelbar die Gläubigerinteressen wahr, denen zur Sicherung ihrer Forderungen besonders an einem wirtschaftlich gesunden Unternehmen gelegen ist. Darüber hinaus trägt der Bestand der Gesellschaft öffentlichen Interessen Rechnung, die ζ. B. durch das Unternehmen als eine Steuereinnahmequelle verkörpert werden 2 2 . Das Erhaltungsinteresse der Gesellschaft, das i n § 93 A k t G für die interne Pflichtenbindung zu den Vorstandsmitgliedern zum Ausdruck kommt, führt daher außerdem zur Wahrung von D r i t t interessen (Aktionärs- und Gläubigerinteressen sowie dem öffentlichen 18 Z u r nahezu inhaltlich übereinstimmenden Vorschrift von § 241 Abs. I I H G B RGSt i n : Das Recht 1930 Nr. 823; B G H Z 21, 357 zu der gleichlautenden Vorschrift des § 84 A k t G 1937. 19 Schlegelberger Quassowski, A k t G § 84 Rdn. 1; ferner Mertens i n Hachenburg G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 23 für die GmbH. 20 Reuter i n Münchener Kommentar zum B G B § 42 Rdn. 7. 21 Reuter i n Münchener Kommentar zum B G B § 42 Rdn. 7. 22 K ü h n , Die Konkursantragspflicht bei Überschuldung einer GmbH, S. 45.

I. Die Aktiengesellschaft

19

Interesse) und dient nicht nur gesellschaftsinternen Zwecken. Aus diesem Grunde ist es verständlich, daß § 93 A k t G kein Schutzgesetz i m Sinne von § 823 Abs. 2 BGB darstellt, wenn die Vermögensinteressen außenstehender Personen ohnehin durch den Bestand der Gesellschaft verkörpert werden. Für die Sorgfaltspflicht, die für das rechtzeitige Erkennen einer Überschuldung erforderlich ist, läßt sich daraus folgern, daß die Generalklausel des § 93 Abs. 1 A k t G durchaus auf § 92 Abs. 2 A k t G ausgedehnt werden kann. Beide Vorschriften schützen Drittinteressen, und es sind deshalb grundsätzlich einheitliche Sorgfaltsanforderungen zu stellen. Diese Auslegung w i r d durch § 92 Abs. 2 Satz 3 A k t G gestützt, der für die unverzügliche Konkursantragstellung auf die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verweist. Dann muß aber derselbe Sorgfaltsmaßstab auch für das pflichtgemäße Erkennen des Eintritts der Überschuldung gelten 23 , da letztlich diese Verpflichtung zugleich einen Teil der allgemeinen Leitungsaufgabe des Vorstandes darstellt. H i r t z 2 4 dagegen beabsichtigt offenbar, die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 A k t G noch u m eine besondere Kontrollpflicht zu erweitern, die bei sich abzeichnenden negativen wirtschaftlichen Entwicklungen zu beachten ist. Rechtsgrundlage für eine derartige, nach seiner Auffassung wohl gesteigerte Sorgfalt ist § 92 AktG, die sich i n besonderem Maße bei der betrieblichen Analyse der Verlustursachen und der betriebswirtschaftlichen Entscheidung über die Sanierungsfähigkeit der Unternehmung auswirken soll 2 5 . Ob es einer besonderen Kontrollpflicht bedarf, erscheint i m Hinblick auf die umfassende Regelung des § 93 Abs. 1 A k t G überflüssig. Denn die allgemeine Sorgfaltspflicht des Vorstandes ist gerade darauf gerichtet, Vorteile der Gesellschaft zu wahren und Schäden von ihr abzuwenden 26 . Daraus geht ganz selbstverständlich hervor, daß der Vorstand bei negativen wirtschaftlichen Entwicklungen gehalten ist, sofortige Gegenmaßnahmen einzuleiten, die alle zur Verfügung stehenden betriebswirtschaftlichen M i t t e l und Möglichkeiten zu berücksichtigen haben. Richtig ist zwar an der Darstellung von Hirtz 2 7 , daß besondere Unternehmenssituationen auch besondere Pflichten und infolgedessen besondere Maßnahmen erfordern. N u r ist damit nichts über den anzuwendenden Pflichtenmaßstab gesagt. Er richtet sich nach 23

Teichmann / Koehler, A k t G § 83, A n m . 2 c; R G L Z 1914, 864 zur Genossenschaft. 24 S. 12/13. 25 Hirtz, S. 11 ff. 26 Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 9; B G H Z 21, 357 zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 84 A k t G 1937. 27 S. 12/13. 2·

20

Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

§ 93 I A k t G und nicht nach einem scheinbar besonderen Pflichtenmaßstab i m Sinne von § 92 AktG. Somit fällt der Zeitpunkt des rechtzeitigen Erkennens des Eintritts einer Uberschuldung und eventuelle Sanierungsmaßnahmen i n den Bereich der allgemeinen Leitungsaufgabe des § 93 Abs. 1 AktG. Die Vorstandsmitglieder müssen regelmäßig bei einem Verdacht der Uberschuldung eine Statusbilanz errichten, um die ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Die Statuserrichtung ist für sie zwingend, d. h. es t r i f f t die Vorstandsmitglieder eine rechtliche Verpflichtung, eine Überschuldungsbilanz aufzustellen. Denn ohne eine bilanzielle Überprüfung ist eine ordnungsgemäße Ermittlung der Vermögenslage nicht durchführbar. Dazu sind die i n der Praxis vorzunehmenden Bewertungen der A k t i v a und Passiva zu umfangreich und schwierig, als daß eine sachgerechte Wertermittlung überschlägig, etwa „ i m Kopf" der Vorstandsmitglieder möglich ist. Es kann deshalb nicht den Vorstandsmitgliedern überlassen bleiben, ob sie eine Bilanz erstellen wollen oder nicht 2 8 . I m Falle des Unterlassens einer Vermögensaufstellung trotz eines bestehenden Verdachts der Uberschuldung w i r d stets eine Verletzung der Sorgfaltspflichten i m Sinne von § 93 I A k t G anzunehmen sein. Dann nämlich, wenn die Vorstandsmitglieder trotz erkennbarer Anhaltspunkte für eine Uberschuldung eine Statusbilanz nicht erstellt haben, bestehen gewichtige Zweifel an einer Geschäftsführung, die die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewendet hat. Ist den Vorstandsmitgliedern daraufhin eine bestehende Überschuldung entgangen, liegt eine schuldhafte Verletzung der Konkursantragspflichten nahe. Aus diesem Grunde darf sich die Geschäftsleitung nicht nur auf Schätzungen verlassen, sondern muß aus besonderem Anlaß, falls der Verdacht für eine Uberschuldung besteht, eine bilanzielle Prüfung vornehmen. Besonderer Anlaß i n diesem Sinne kann ein plötzlich eintretender Umstand sein, wie etwa der überraschende Konkurs eines Großabnehmers 29 oder die Verlustrealisierung i n erheblicher Größenordnung bei Risikogeschäften wie i m Falle der Herstatt-Bank 3 0 . Hier zeigt sich auch, daß die vorgeschaltete Warnfunktion des § 92 Abs. 1 AktG, die auf eine frühzeitige Kenntnisnahme von negativen Tendenzen abzielt 3 1 , versagen kann, wenn sehr hohe Verluste i n kürzester Zeit eintreten. Hat die Prüfung der Vermögenssituation eine Überschuldung ergeben, ist die Konkursantragspflicht entstanden, § 92 Abs. 2 AktG. 28 W o h l anderer Auffassung Schürer, S. 48. 29 Schürer, S. 48. 30 B G H N J W 1979, 1823 ff. 31 Hirtz, S. 27.

Godin / Wilhelmi,

AktG

§ 92 A n m .

10;

I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter H a f t u n g

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I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter H a f t u n g

Die i n § 64 Abs. 1 GmbHG vorgenommene Überschuldungsregelung weicht gegenüber dem Aktienrecht i n einem wesentlichen Punkt ab. Es w i r d ausdrücklich i m Gesetz darauf Bezug genommen, daß sich „bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt". Die gewählte Formulierung läßt auf den ersten Blick den Schluß zu, die Überschuldungsfrage sei nur bei Aufstellung der Jahres- oder Zwischenbilanz zu überprüfen 3 2 . Eine allgemeine Überwachungspflicht wie bei der Aktiengesellschaft unabhängig von jeglicher Bilanzerrichtung würde demnach nicht existieren. „Der Sinn der Einschränkung ist eine Privilegierung der Geschäftsführer einer GmbH gegenüber dem Vorstand einer AG. Sie sollen nicht gezwungen sein, sich laufend zu fragen, ob die Gesellschaft überschuldet ist, u m dadurch persönliche Haftung und strafrechtliche Verantwortung zu vermeiden." So jedenfalls lautet die Begründung von K ü h n 3 3 . Diese Begründung w i r f t unter dem Aspekt eines wirksamen Gläubigerschutzes Zweifel auf. Denn die Jahresbilanzen werden unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur i n verhältnismäßig großen Zeiträumen erstellt, während die Pflicht zur Errichtung von Zwischenbilanzen uneinheitlich beurteilt w i r d 3 4 . Zum Verständnis des § 64 Abs. 1 GmbHG ist es notwendig, eine Betrachtung der historischen Entwicklung der Uberschuldungsbestimmungen vorzunehmen. a) Die historische Entwicklung der Überschuldungsregelung

Die heutige Regelung des GmbH-Gesetzes entspricht dem § 240 HGB für die Aktiengesellschaft i n der bis 1937 gültigen Form. Eine ähnliche Vorschrift existierte bis zur Gesetzesreform vom 9. 10. 1973 i n § 140 GenG für die Genossenschaft m i t beschränkter Haftpflicht, bei der sich die Überschuldung aus der Jahres- oder einer Zwischenbilanz ergeben mußte. Diese Formulierung stimmte m i t dem bis 1930 gültigen § 64 Abs. 1 GmbHG überein 3 5 und wurde erst i n diesem Zeitpunkt dem § 240 HGB angepaßt. Auffällig ist bei allen Gesetzesfassungen, daß die Jahresbilanz oder eine Zwischenbilanz als Anknüpfungspunkt für die Konkursantragspflicht gewählt wurde. Verständlich w i r d die Bezugnahme,

32

I n diesem Sinne K ü h n , S. 68/69; Baier N J W 1956, 1303. S. 68; Baier, N J W 1956, 1303. 34 K ü h n , S. 70, der eine „gesetzliche Pflicht, i m Interesse der Gläubiger eine Zwischenbilanz aufzustellen", ablehnt. Anders Brodmann, GmbHG, § 64 A n m . 3 a; ebenso K l u g i n Hachenburg, GmbHG, § 84 A n m . 4, die eine derartige Verpflichtung befürworten. 35 K ü h n , S. 64. 33

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Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

wenn man die Funktion einer Bilanz für den historischen Gesetzgeber betrachtet. 1. Die Bewertungsgrundsätze in der Handelsbilanz bis zur Aktienrechtsnovelle von 1884 Ursprünglich sollte die Jahresbilanz der wahren Vermögenslage „möglichst getreu" entsprechen. Sie sollte also eine Vermögensrechnung sein 36 . Dies war die Konzeption der A r t . 28 ff. A D H G B von 1861. Besonders plastisch w i r d die Aufgabenstellung der Bilanz i n der Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts vom 3.12.1873 zu den A r t . 29 und 31 A D H G B 3 7 . Ziel der Bilanzerrichtung war es, „die Uebersicht und Feststellung des Vermögensbestandes i n einem bestimmten Zeitpunkte und damit zugleich, vermittelst der Vergleichung der für verschiedene Zeiten aufgenommenen Bilanzen, auch des Resultats der Geschäftsführung während der dazwischen liegenden Perioden zu bewirken" 3 8 . Maßgebend war der gegenwärtige Wert der Vermögensgegenstände zum Bilanzstichtag. Praktisch hatte die Jahresbilanz damit den Charakter eines Vermögensstatus, wobei als Nebenzweck noch die Erfolgsermittlung hinzu kam. Die Gewinnermittlung erfolgte durch Gegenüberstellen des Endvermögens aus der vorjährigen Bilanz und dem nunmehr festgestellten Vermögen 39 . Ein Gewinn oder Verlust wurde nur als vermögensmäßige Veränderung erfaßt. Der Bilanzerrichtung zum jeweiligen Zeitwert des Unternehmens lag „die Idee einer fingierten augenblicklichen allgemeinen Realisierung sämtlicher A k t i v a und Passiva zugrunde" 4 0 . Dem damaligen Verständnis von der Bilanz entsprach es, eine „periodische Liquidation" zu unterstellen, um eine Bewertung vornehmen zu können 4 1 . Wenn auch gewisse Einschränkungen gemacht wurden, daß i n Wirklichkeit der Fortbestand des Geschäftes beabsichtigt werde und daß der Einfluß, den eine Liquidation auf die Vermögenswerte ausüben würde, unberücksichtigt zu lassen sei 42 — offenbar war an Wertverluste gedacht —, blieb der Gedanke des Realisationswertes. Dies wurde aus der Natur der Bilanz gefolgert „als eines das Verhältnis des Vermögens und der Schulden darstellenden Abschlusses; lediglich der Realisierungswert sei zur Schuldentilgung (!) geeignet" 43 . 38 37 38 39 40 41 42 43

Ascher, Die Steuerbilanz, S. 27. ROHGE, 12, 15 ff. ROHGE, 12, 17. Brodmann, GmbHG, § 42 A n m . 1. ROHGE, 12, 17. Barth, Die E n t w i c k l u n g des Deutschen Bilanzrechts, Bd. 1, S. 139. ROHGE, 12, 19; Barth, S. 139 ff. Barth, S. 144.

I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter Haftung

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Bilanz und Vermögensstatus waren demnach identisch. Beide gingen prinzipiell von den tatsächlichen Werten unter der Prämisse der L i q u i dation aus. Für die Konkursantragspflicht bedeutete eine i n dieser Form definierte Jahresbilanz eine sachgerechte Grundlage, um die mögliche Überschuldung der Gesellschaft festzustellen. Die noch heute i n § 64 I GmbHG existierende Regelung, „wenn sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt", basiert auf dem damaligen Bilanzverständnis. I m Laufe der Zeit ist zwar die Identität von Jahresbilanz und Statusbilanz durch vielfältige Veränderungen aufgehoben worden (worauf i m folgenden noch näher eingegangen werden muß); erhalten geblieben ist jedoch i m Gesetz als historischer Überrest — nunmehr ohne sachlichen Bezug — die Bilanz als M i t t e l der Überschuldungskontrolle. Grundsätzlich eröffnete die Bilanzierung zum jeweiligen Zeitwert Manipulationsmöglichkeiten bei den Wertansätzen, um ein gutes Jahresergebnis zu erzielen. Es wurde das sogenannte „Reichrechnen" besonders bei Banken geübt 44 . Bei Banken bestanden die Vermögenswerte überwiegend aus Wertpapieren, deren Kurswert durch gezielte Transaktionen an der Börse i n die Höhe getrieben werden konnte. Auerbach 45 weist auf die oft rätselhafte Erscheinung hin, daß an den letzten Tagen des Jahres die Börsenkurse häufig ein ebenso rasch eintretendes wie vorübergehendes Steigen aufwiesen. Ziel der Manipulationen war es, eine unter Umständen magere Jahresdividende künstlich i n die Höhe zu treiben. Darüber hinaus wurde durch die A r t und Weise der Wertansätze und Zahlengruppierungen versucht, die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft zu verschleiern 46 . Es existierten keine Vorschriften über die Gliederung der Bilanz, und durch eine unübersichtliche Aufstellung der Vermögenspositionen konnte die Nachprüfbarkeit für außenstehende Personen erheblich erschwert werden. Erste Ansätze, dem Mißbrauch entgegenzuwirken, enthielt die Novelle von 1870 i n A r t . 239 a ADHGB. Doch brachte sie nicht den gewünschten Erfolg 4 7 und änderte trotz gewisser Bilanzierungsvorschriften nichts am Vermögenscharakter der Jahresbilanz. Gleichzeitig sollte sie einen Ausgleich schaffen für den Wegfall des staatlichen Genehmigungs- und Aufsichtsrechts, daß keine überhöhten Dividenden ausgeschüttet würden 4 8 . Einschneidende bilanzrechtliche Veränderungen brachte erst die Aktienrechtsnovelle vom 18. J u l i 1884. 44

Auerbach, Das Actienwesen, S. 243 ff. S. 244. 46 Sten. Ber. 5. Legisl., I V . Sess. 1884 3. Bd., Anlagen-Nr. 21, S. 303. 47 Sten. Ber. 5. Legisl., I V . Sess. 1884 3. Bd. Anlagen-Nr. 21, S. 302. 48 Sten. Ber. 5. Legisl., I V . Sess. 1884 3. Bd. Anlagen-Nr. 21, S. 302; Barth, S. 71 ff. 45

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Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

2. Die Entstehung der Überschuldungsbestimmungen des Aktienrechts Die bis zu diesem Zeitpunkt existierende aktienrechtliche Überschuldungsregelung w a r aus Art. 198 des Preußischen Entwurfs eines HGB hervorgegangen 49 . Zunächst enthielt die Überschuldungsbestimmung von 1861 i n A r t . 240 Abs. 3 A D H G B keinerlei Bezugnahme auf eine Jahres- oder Zwischenbilanz, sondern nur die Formulierung: „Ergiebt sich, daß das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt, so muß der Vorstand hiervon dem Gericht behufs der Eröffnung des Concurses Anzeige machen." Lediglich i n A r t . 240 Abs. 1 ADHGB findet sich der Hinweis, daß die Verminderung des Grundkapitals u m die Hälfte sich aus der letzten Bilanz zu ergeben habe. Doch war offensichtlich stillschweigend an eine vorhandene Bilanz gedacht worden als Grundlage der Überschuldungsprüfung. Das ergibt sich einmal daraus, daß sich ein Verlust i n Höhe der Hälfte des Grundkapitals „aus" einer Bilanz ergeben mußte, was dann aber auch bezüglich der Überschuldung zu gelten hatte 5 0 . Besonders deutlich w i r d der Zusammenhang von Bilanzerstellung und Überschuldung i n den Motiven zur Konkursordnung vom 10. Februar 1977: „Die Schwierigkeiten, m i t denen Gläubiger sonst zu kämpfen haben, um eine Ueberschuldung ihres Schuldners nachzuweisen, werden durch Veröffentlichung der Bilanzen zufolge A r t t . 239, 239 a des Handelsgesetzbuchs gehoben 51 ." Für den Gesetzgeber w a r es nach dem damaligen Bilanzverständnis selbstverständlich, daß sich aus der Jahresbilanz zugleich die Vermögenssituation und som i t eine mögliche Überschuldung erkennen ließ. Erst durch die Gesetzesänderung von 1884 wurde i n A r t . 240 A D H G B die Formulierung aufgenommen, daß sich die Überschuldung „aus der Jahresbilanz oder einer i m Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz" ergeben müsse 52 . 3. Die Aktienrechtsnovelle

von 1884

Die eigentlich entscheidende Neuerung der Aktienrechtsnovelle von 1884 war, daß Bewertungsbestimmungen für die Aktiengesellschaft i n A r t . 239 b A D H G B für verbindlich erklärt wurden. Die neugeschaffenen Bewertungsgrundsätze normierten als Höchstwerte für Anlagegüter abzüglich etwaiger Abschreibungen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie das Niederstwertprinzip für Wertpapiere m i t Börsen- oder Marktpreisen. Der Grund lag i n der Gefahr, die eine 49 Lutz, Protokolle, Registerband, S. 37; zur Entstehung der Überschuldungsregelung ferner K ü h n , S. 17 ff. 50 RGSt 50, 153. 51 Sten. Ber. 2. Legisl., I I . Sess. 1874/75 4. Bd. Anlagen-Nr. 200, S. 1555. 52 RGBl. 1884, S. 123 (162); Sten. Ber. 5. Legisl., I V . Sess. 1884, 3. Bd. A n l a gen-Nr. 21, S. 336.

I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter Haftung

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Bilanzierung zu Veräußerungswerten beinhaltete. Stiegen die Preise für Güter des Anlagevermögens i m Geschäftsjahr, so konnten unter Umständen unrealisierte Gewinne ausgeschüttet werden 5 3 . Die Hauptgefahr bestand also i n der Ausschüttung nicht realisierter Gewinne, die einer Substanzverteilung gleichkam 54 . Derartige Mißbräuche sollten durch die Bewertungsbestimmungen der Aktienrechtsnovelle zukünftig verhindert werden und einen besseren Gläubigerschutz gewährleisten 55 . Die vorsichtigere Bewertung gemäß A r t . 239 b A D H G B konnte zur Bildung stiller Reserven führen. Die Folge war, daß sich die Vermögenswerte des Vermögensstatus und die Wertansätze der Jahresbilanzen nicht mehr deckten. Damit w a r die Verbindung von Jahresbilanz und Vermögensstatus aufgelöst. Beide enthielten unterschiedliche Wertansätze, so daß die Formulierung i n Art. 240 ADHGB, die Überschuldung müsse sich „aus" einer Bilanz ergeben, nun nicht mehr zutreffen konnte. Offensichtlich waren dem Gesetzgeber die Auswirkungen, die eine Änderung der Bewertungsgrundsätze m i t sich brachte, nicht klar. Erst m i t dem Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 189756 wurde diese Ungenauigkeit korrigiert. Nunmehr lautete die Formulierung, daß sich die Überschuldung „bei" der Erstellung einer Bilanz ergeben müsse. Gesetzgeberisches Motiv w a r es auch, m i t der Änderung Zweifel zu beseitigen über die unterschiedlichen Wertansätze von Jahres- und Überschuldungsbilanz 57 . Insofern war dem Gesetzgeber erst nachträglich bewußt geworden, welche bilanzmäßigen Auswirkungen die neuen Bewertungsvorschriften aus dem Jahre 1884 zeigten. Die Jahresbilanz war nicht mehr länger ein Zahlenwerk, das die Vermögenslage reflektierte, sondern diente einer besseren Vergleichbarkeit der einzelnen Geschäftsjahre und bezweckte einen verstärkten Gläubigerschutz, indem sie die Ausschüttung unrealisierter Gewinne verhinderte. Andererseits entfernte sich die Jahresbilanz nach damaliger Vorstellung wiederum nicht so weit von der Überschuldungsbilanz, daß man auf sie als Grundlage hätte verzichten wollen. Grundlegend blieb, daß die Bilanz als Instrument der Vermögensdarstellung verstanden wurde und die Uberschuldung vornehmlich aus i h r erkennbar zu sein schien 58 . Erst später, 1937,

53

Ascher, S. 29/30; Barth, S. 156 ff. Schmalenbach, Dynamische Bilanz, S. 29 ff.; Bett, Der Konkurs der Aktiengesellschaft, S. 20/21. 55 Staub, Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, A r t . 239 b (Art. 185 a) Rdn. § 5. 56 RGBl. 1897 Nr. 23. 57 Materialien zum Handelsgesetzbuch f ü r das Deutschè Reich, S. 68; E n t w u r f eines Handelsgesetzbuchs m i t Ausschluß des Seehandelsrechts nebst Denkschrift (amtliche Ausgabe), aufgestellt i m Reichsjustizamt, B e r l i n 1896, S. 140 der Denkschrift. 58 Bett, S. 20/21. 54

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Α . Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

m i t der Schaffung des Aktiengesetzes wurde die Jahresbilanz als Grundlage der Überschuldungskontrolle aufgegeben. Eine allgemeine Sorgfaltspflicht trat an ihre Stelle. 4. Die Übertragung der aktienrechtlichen Überschuldungsbestimmungen auf das GmbH-Gesetz I n der Zwischenzeit war aber die verfehlte Regelung i n das Genossenschaftsgesetz und das GmbH-Gesetz übernommen worden. Das Genossenschaftsgesetz vom 1. M a i 1889 übernahm weitgehend die aktienrechtliche Regelung, und zwar entsprechend ihrem Grundgedanken nur für die Genossenschaft m i t beschränkter Haftpflicht gemäß §§ 140 Satz 2, 148 Abs. 1 Ziff. 2 GenG. I n diesem Zusammenhang verweisen die Materialien zum Genossenschaftsgesetz auf das Aktienrecht 5 9 . Die Überschuldungsvorschrift blieb bis zur Gesetzesreform 1973 i n Kraft, wobei die eigentlichen Unstimmigkeiten sich erst i m Jahre 1933 m i t der Neufassung des § 33 GenG durch die Verordnung über die Bilanzierung von Genossenschaften vom 30. 5.1933 60 ergaben, die i n den neugeschaffenen §§ 33 a - h GenG erstmalig Vorschriften über die Bilanzierung i m einzelnen brachte. Vorher herrschte erhebliche Unsicherheit über die anwendbaren Bewertungsgrundsätze 61 , insbesondere, ob die aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften auch auf die Genossenschaftsbilanz A n wendung finden sollten oder ob die Vorschriften der §§ 38 ff. HGB maßgeblich waren 6 2 . I n gleicher Weise diente das Aktienrecht und das 1889 neugeschaffene Genossenschaftsgesetz als Vorbild für das GmbH-Gesetz von 189263. Dementsprechend wurde die Formulierung der Überschuldungsbestimmungen aus diesen Gesetzen i n § 64 GmbHG übernommen, wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist 6 4 . Außerdem erfolgte bei den Bilanzierungsvorschriften eine weitgehende Anlehnung i n § 42 GmbHG an das Aktionsrecht 6 5 . Infolge dieser Ungenauigkeit w a r der Gesetzgeber später gezwungen, das GmbH-Gesetz i n § 64 einer Änderung zu unterziehen. Es wurde, wie schon vorher i m Aktienrecht, nunmehr darauf Bezug genommen, daß „bei" Aufstellung der Bilanz sich die Überschuldung ergeben müsse. Auch hier waren die abweichen59 Sten. Ber. 7. Legisl., I V . Sess. 1888/89 4. Bd. Anlagen-Nr. 28, S. 251; K ü h n , S. 22. 60 RGBl. I, S. 317. 81 Parisius / Crüger, Erwerbs- u n d Wirtschaftsgenossenschaftsgesetz, § 33 A n m . 16/17. 82 Barth, S. 109 ff. 83 K ü h n , S. 33. 64 Sten. Ber. 8. Legisl., I. Sess. 1890/92 5. Bd. Anlagen-Nr. 660, S. 3756; K ü h n , S. 15. 85 Sten. Ber. 8. Legisl., I. Sess. 1890/92 5. Bd. Anlagen-Nr. 660, S. 3749.

I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter Haftung

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den Wertansätze maßgebend für die Gesetzesänderung i m Jahre 193066. I n diesem Zusammenhang erscheint die Auffassung von K ü h n 6 7 , m i t dem Hinweis auf eine Jahres- oder Zwischenbilanz sei eine Privilegierung der Geschäftsführer einer GmbH gegenüber dem Vorstand einer Aktiengesellschaft beabsichtigt gewesen, unhaltbar. Eine derartige gesetzgeberische Intention w a r für die Gesetzesänderungen niemals bestimmend. Einen ähnlichen Gedanken führte das Reichsgericht 68 für die Genossenschaft an, als nach der Gesetzesänderung von 1897 i m Aktienrecht sich die Überschuldung „bei" Aufstellung der Bilanz ergeben mußte, dagegen die Regelung i m Genossenschaftsgesetz unverändert blieb. Nach Auffassung des Gerichts war dies m i t der Absicht geschehen, um an die Mitglieder des Vorstandes von Genossenschaften geringere Anforderungen zu stellen als an die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften. Auch hier tauchte der Privilegierungsgedanke auf. I m gleichen Sinne deutet auch K ü h n 6 9 die Formulierung i n § 64 Abs. 1 GmbHG, wenn er ausführt: „Immer, aber auch nur dann, wenn die Geschäftsführer eine Jahresbilanz oder eine Zwischenbilanz aufstellen, aufstellen lassen oder eine von Dritten aufgestellte Bilanz als solche anerkennen, sollen sie gleichzeitig prüfen, ob die Gesellschaft überschuldet ist." Aus anderem Anlaß als bei Erstellung einer Jahresbilanz und von Zwischenbilanzen besteht nach seiner Meinung eine Konkursantragspflicht nur i n Ausnahmefällen, „ i n denen sich die Geschäftsführer dieser Kenntnis m u t w i l l i g verschließen, weil hierin unter den besonderen Umständen des Einzelfalles eine unvertretbare Mißachtung der Gläubiger- und Drittinteressen liegt, die das Anstandsgefühl aller b i l l i g und gerecht Denkenden verletzt" 7 0 . I m Regelfalle würde sich die Uberwachungspflicht der Vermögenssituation nur auf den Zeitraum der Erstellung der Jahresbilanz konzentrieren. Die Geschäftsführer bräuchten nur aus diesem Anlaß sich Gedanken über den Verschuldungsgrad der Gesellschaft machen. Noch weitergehend wurde i n der Rechtsprechung gefordert, daß sich die Überschuldung aus einer förmlichen Bilanz ergeben müsse, u m überhaupt die Konkursantragspflicht auszulösen 71 . Nicht ausreichend war danach das Bewußtsein der Geschäftsführer, daß die Gesellschaft überschuldet ist 7 2 , sondern die Konkursantragspflicht sollte nur entββ

K ü h n , S. 67. K ü h n , S. 68. 68 RGSt. 50, 151 (154). 69 K ü h n , S. 69; ebenso Baier, N J W 1956,1303. 70 K ü h n , S. 70/71. 71 RGSt 44, 48 (51), wobei unter Umständen ein „Zettel" genügen sollte; R G J W 1927, 1379/80; B G H B B 1958, 891; Β G H Z 29, 100 (102/105). 72 RG J W 1927, 1380; B G H B B 1958, 891. 87

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Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

stehen, wenn eine förmliche Überschuldungsbilanz erstellt worden war und aus i h r die Überschuldung ersichtlich wurde. Beide Voraussetzungen, die Überschuldung und deren bilanzieller Ausweis, mußten vorliegen 73 . Bei der geforderten Bilanzerrichtung ist zwar i n der gerichtlichen Praxis eine gewisse Großzügigkeit zu erkennen, wenn i n Gerichtsentscheidungen davon die Rede ist, daß die äußere Form völlig gleichgültig ist 7 4 , sofern sie nur die Mindestvoraussetzung an eine Bilanz, die Gegenüberstellung von A k t i v e n und Passiven, aufweist 7 5 . Dies ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Forderung nach einer Bilanzerrichtung. Der historische Ursprung, der für den Hinweis auf eine Bilanz als Anknüpfungspunkt der Konkursantragspflicht maßgebend war, hatte demgegenüber m i t den i n der Rechtsprechung; und Teilen der Literatur aufgestellten Erwägungen keinerlei Gemeinsamkeiten. Ein Ziel des historischen Gesetzgebers w a r es, den Gläubigern den Nachweis einer Überschuldung zu erleichtern. Aus den Motiven der Konkursordnung 7 6 geht klar hervor, daß mögliche Schwierigkeiten, die Überschuldung nachzuweisen, den Gläubigern durch die Veröffentlichungspflicht der Bilanzen gemäß A r t . 239, 239 a A D H G B erspart bleiben sollten. Die Publizierungspflicht und erste Ansätze von Bilanzierungsvorschriften i n A r t . 239, 239 a A D H G B wurden m i t der Gesetzesnovelle von 1870 eingefügt und waren als Ausgleich für den Wegfall des staatlichen Genehmigungs- und Aufsichtsrechts gedacht 77 . Die beabsichtigte Beweiserleichterung ging allerdings für die G m b H ins Leere, weil i m GmbHG eine entsprechende Veröffentlichungspflicht nicht normiert wurde. Trotz weitgehender Anpassung der GmbH-Vorschriften an das Aktienrecht w a r die Pflicht zur Publizierung der Jahresbilanz nicht übernommen worden. Zugleich stand die Intention der Beweiserleichterung i n engem Zusammenhang m i t dem Bilanzverständnis i n der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die Beweisführung mittels der Bilanz durch die Gläubiger war nur dann möglich, wenn sie die tatsächliche Vermögenslage wiedergab. Die zu jener Zeit aufzustellende Bilanz hatte die „wahren" Werte, d.h. die geltenden Tageswerte anzusetzen und war eine Vermögensbilanz. Infolgedessen war bei der Schaffung der Überschuldungsbestimmungen i n Art. 240 A D H G B von 1861 für die Aktiengesellschaft die Unterscheidung i n Jahres- und Vermögensbilanz unbekannt. Es bot sich deshalb an, die Prüfung der Überschuldung m i t der Erstellung 78

RGSt 44, 51. RGSt 44, 50; RGZ 80, 104. 75 RGSt 44, 50; RGZ 80, 104; R G L Z 1913, 700; R G J W 1927, 1380; ferner die umfangreiche Übersicht bei Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 64 A n m . 11-14. 76 Sten. Ber. 2. Legisl., I I . Sess. 1974/75 4. Bd. Anlagen-Nr. 200, S. 1555. 77 Sten. Ber. 5. Legisl., I V . Sess. 1884, 3. Bd. Anlagen-Nr. 21, S. 302. 74

I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter H a f t u n g

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der Bilanz zu verbinden. Daraus läßt sich die Schlußfolgerung ziehen, daß der Hinweis i m Gesetz auf eine Bilanz nur verfahrenstechnisch zu verstehen ist. Die Bilanz sollte nur als Hilfsmittel dienen, u m das Erkennen einer Uberschuldung zu ermöglichen, nicht jedoch war an die Fixierung formaler, die Einleitung des Konkurses beschränkender Voraussetzungen gedacht worden. Die später i n der Rechtsprechung 78 aufgestellte Forderung, daß eine förmliche Überschuldungsbilanz notwendig war, u m die Konkursantragspflicht auszulösen, läßt sich jedenfalls aus der historischen Entwicklung nicht entnehmen und stellt eine „Eigenschöpfung" der Rechtsprechung dar. Verursacht wurde die Forderung nach einer aufgestellten Bilanz einmal wohl durch die Einführung der Bewertungsvorschriften i m Jahre 1884 für die Jahresbilanz und die damit einhergehende Aufweichung der ehemals konsequenten gesetzgeberischen Lösung. Jahres- und Überschuldungsbilanz divergierten von nun an. Begünstigend w i r k t e offensichtlich auch die wörtliche Übernahme der aktienrechtlichen Regelung auf die damals neuen Gesellschaftsformen von Genossenschaft und GmbH, wobei der Blick für den Ursprung der Vorschriften und die bilanzrechtlichen Zusammenhänge i m Laufe der Zeit verlorenging. Weitere Folge der unübersichtlichen Entwicklung durch die Gesetzesänderungen bei der Aktiengesellschaft, Genossenschaft und GmbH war, daß die Bezugnahme auf die Jahres- oder Zwischenbilanz als Privilegierung des Vorstandes der Genossenschaft und der GmbH-Geschäftsführer gegenüber dem Vorstand der Aktiengesellschaft interpretiert wurde. Dieser Auffassung folgt das bereits zitierte Urteil des Reichsgerichts 79 für die Genossenschaft wegen der Nichtanpassung des Genossenschaftsgesetzes an das Aktienrecht. Das Reichsgericht meinte, darin eine gesetzgeberische Absicht erkennen zu können. Betrachtet man dagegen die eigentliche Ursache, nämlich die Divergenz der Bewertungsmaßstäbe bei Jahres- und Überschuldungsbilanz i m Aktienrecht, so handelt es sich bei den Ausführungen des Gerichts um eine schlichte Unterstellung. Ähnlich verhält es sich m i t den Ausführungen von K ü h n 8 0 , der die Beibehaltung der Uberschuldungsbestimmung i m GmbHG ebenfalls als Privilegierung wertet, nachdem 1937 i m Aktiengesetz die Bezugnahme auf die Bilanzen aufgegeben wurde. Eine Einschränkung der Sorgfaltspflichten für die Geschäftsführer als Sinn und Zweck des § 64 GmbHG anzunehmen, muß als „Fehlinterpretation" bezeichnet werden. Eine solche Deutung läßt sich m i t der Beibehaltung der ehemaligen aktienrechtlichen Vorschriften i m GmbHG nicht rechtfertigen. Motiv für die Änderung i m Aktiengesetz war der Gedanke, daß sich die Geschäftsleitung 78 79 80

R G JW 1927, 1379/80; B G H B B 1958, 891. RGSt 50, 154. S. 68/69.

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Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

der Konkursantragspflicht durch Nichtaufstellen von Zwischenbilanzen und der Verzögerung der Jahresbilanz weitgehend entziehen könnte 8 1 . Es war streitig, ob eine Pflicht zur Erstellung von Zwischenbilanzen bestand 82 . Besonders stichhaltig waren die Überlegungen, ob eine Pflicht zur Errichtung von Zwischenbilanzen bestand, nicht, da die Gesetzesmaterialien hierüber ebenfalls Aufschluß geben. Zwar finden sich keine ausdrücklichen Äußerungen i n den Materialien des GmbH-Gesetzes, doch lassen sich Rückschlüsse durch das Aktienrecht und das Genossenschaftsgesetz ziehen. Aus den Materialien der Aktienrechtsnovelle von 1884 geht hervor: „Der E i n t r i t t von außerordentlichen Umständen, insbesondere Verlusten, kann es dem Vorstande zur Pflicht machen, schon vor Ablauf des Geschäftsjahres eine Bilanz aufzustellen, u m Klarheit über den Stand des Vermögens zu gewinnen 8 3 ." Das gilt auch für das Genossenschaftsgesetz, wenn ausgeführt w i r d : „Dem Vorstande w i r d bei pflichtschuldiger Aufmerksamkeit der E i n t r i t t einer Ueberschuldung schon, bevor sie durch eine förmliche Bilanz offenkundig wird, nicht ausgehen können 8 4 ." Die Ausführungen können auf das GmbHGesetz ausgedehnt werden, führt man sich die weitgehende Anlehnung der Uberschuldungsregelung i m GmbH-Gesetz an die beiden zu dieser Zeit bereits bestehenden juristischen Personen des Handelsrechts vor Augen 8 5 . Danach bestand durchaus eine Pflicht zur Errichtung von Z w i schenbilanzen aus besonderem Anlaß. Symptomatisch ist jedenfalls heute die i n der Rechtsprechung 86 und Teilen der Literatur 8 7 verbreitete Differenzierung zwischen den ÜberschuldungsVoraussetzungen, die gemäß § 92 Abs. 2 A k t G die Konkursantragspflicht bei einer Aktiengesellschaft auslösen, und den Voraussetzungen, die für die Antragsverpflichtung i m GmbH-Recht erforderlich sind. Die Unterscheidung (Notwendigkeit einer formalen Überschuldungsbilanz, Privilegierungsgedanke) scheint auf den ersten Blick durch die unterschiedliche Fassung der gesetzlichen Bestimmungen gestützt zu werden. Bei genauerer Untersuchung trügt dieser Schein. Denn der Hinweis in § 64 Abs. 1 GmbHG „bei der A u f Stellung der Jahres81

Hirtz, S. 4 Fußnote 19. Brodmann, Aktiengesetz § 240, A n m . 1 g; Staub i n Supplement zu Staubs K o m m e n t a r zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, S. 119, zu A r t . 240; so noch heute für die G m b H K ü h n , S. 70, der eine entsprechende V e r pflichtung ablehnt. 83 Sten. Ber. 5. Legisl., I V . Sess. 1884 3. Bd. Anlagen-Nr. 21, S. 336. 84 Sten. Ber. 7. Legisl., I V . Sess. 1888/89 4. Bd. Anlagen-Nr. 28, S. 251. 85 So auch die amtliche Begründung Sten. Ber. 8. Legisl., I. Sess., 1890/92 5. Bd. Anlagen-Nr. 660, S. 3756. 86 B G H B B 1958, 891; B G H Z 29, 100 (105). 87 K ü h n , S. 68/69; Baier, N J W 1956, 1303; Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 92 A n m . 14. 82

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bilanz oder einer Zwischenbilanz" den Verschuldungsumfang zu prüfen, hat keine eigenständige rechtliche Bedeutung, sondern reduziert sich auf einen Rest historischen Bilanzverständnisses 88 . I n Übereinstimmung m i t der hier vertretenen Auffassung w a r i m Referentenentwurf des GmbH-Gesetzes 89 eine Anpassung des GmbHRechts an die Systematik des Aktiengesetzes beabsichtigt gewesen. Die GmbH-Vorschriften zur Überschuldung sollten i n § 72 des Entwurfs sachlich an das Aktienrecht, § 92 AktG, angeglichen werden. M i t der Neuregelung sollte die umstrittene Frage einer vorherigen Bilanzerrichtung dahingehend klargestellt werden, daß zukünftig die Antragspflicht nur von der Uberschuldung abhängt, ohne daß die vorherige Aufstellung einer die Uberschuldung ergebenden Bilanz erforderlich ist 9 0 . b) Leistungsmöglichkeiten und Leistungsgrenzen der Jahresbilanz als Mittel rechtzeitiger Uberschuldungskontrolle

1. Der Übergang von der statischen zur dynamischen Bilanz Neben der Änderung der Bewertungsvorschriften i n der Aktienrechtsnovelle von 1884 ergab sich eine weitere wichtige Neuerung i m Bilanzdenken mittels der dynamischen Bilanz durch Schmalenbach 91 Anfang des 20. Jahrhunderts. Bis dahin herrschte eine statische Bilanzauffassung vor 9 2 . Wenn auch die ursprünglich rein vom Zeitwertprinzip beherrschte Bilanz durch die Einführung der Bewertungsvorschriften gewissen Beschränkungen unterworfen wurde, diente sie dennoch i n erster Linie als Vermögensrechnung und nur sekundär der Erfolgsermittlung 9 3 . Diese Funktion der Bilanz wurde durch die neue betriebswirtschaftliche Entwicklung einem Wandel unterworfen und führte zu einer zusätzlichen Auflösung der Gemeinsamkeiten von Uberschuldungs- und Jahresbilanz. M i t der verstärkten Berücksichtigung erfolgsorientierter Gesichtspunkte änderte sich die Zielsetzung der Bilanzerrichtung 9 4 . Es wurde mehr auf den Gedanken der periodengerechten Gewinnermittlung abgestellt 95 . Nach den heute geltenden aktienrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen findet beispielsweise die 88 I m Ergebnis übereinstimmend Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 64 A n m . 14. 89 Referentenentwurf eines GmbH-Gesetzes, S. 213. 90 Referentententwurf eines GmbH-Gesetzes, S. 213. 91 Dynamische Bilanz. 92 Großfeld, Bilanzrecht, S. 15; A D S A k t G § 157 Rdn. 1/2; Pribilla, K T S 1958, 4/5; Bühler / Scherpf, Bilanz u n d Steuer, S. 28 ff. (30); H i n t n e r Z f B 1960, 523. 93 Heinen, Handelsbilanzen, S. 41; ADS A k t G § 157 Rdn. 2. 94 Hintner, Z f B 1960, 523/525; Heinen, S. 51 ff. 95 Großfeld, S. 16/17; Heinen, S. 51; Wöhe, Bilanzierung, S. 197 ff.

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Betonung der periodengerechten Gewinnermittlung ihren Ausdruck i n den Rechnungsabgrenzungsposten 96 . Dabei berücksichtigen die derzeitigen Bilanzierungsvorschriften des Aktienrechts nur i n gewissem Umfange die Forderungen des dynamischen Bilanzdenkens nach möglichst genauer Periodenabgrenzung. So ist gemäß § 152 Abs. 9 A k t G nur die Verwendung transitorischer Rechnungsabgrenzungsposten zulässig, nicht aber auch eine antizipative Abgrenzung möglich 07 . Darüber hinaus hat das Gesetz auch einen Mittelweg i n § 152 Abs. 7 A k t G für Rückstellungen zwischen dynamischer und statischer Betrachtung gewählt 9 8 , indem i n § 152 Abs. 7 Satz 2 Ziff. 1 A k t G dynamische Elemente berücksichigt worden sind". Bei den Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung handelt es sich nicht u m Verbindlichkeiten 1 0 0 , die nach statischer Auffassung Voraussetzung für eine Rückstellung wären 1 0 1 . 2. Die Bilanz als Mittel des Gläubig er schutzes M i t der Errichtung der Jahresbilanz w i r d teilweise der Gedanke verbunden, es sollten Dritte, die Gläubiger, gegen einen möglichen Konkurs geschützt werden. Es soll neben anderen Zwecken 1 0 2 erreicht werden, daß der Unternehmer zur Selbstinformation über seinen Vermögensstand gezwungen ist 1 0 3 , d. h. der Kaufmann soll durch die Pflicht zur Rechenschaft vor sich selbst davor bewahrt werden, seine geschäftliche und finanzielle Lage falsch zu beurteilen und dementsprechend falsch zu disponieren 104 . A n sich wäre die Bilanz damit ein probates M i t t e l zur Insolvenzprophylaxe 1 0 5 . Dabei ist am ehesten eine Bilanz auf der Grundlage der traditionellen statischen Bilanztheorie geeignet, einen Gläubigerschutz zu gewährleisten, da bei ihren Bilanzierungs96

A D S A k t G § 157 Rdn. 4; Wöhe, Bilanzierung, S. 36 u n d 119 ff. A D S A k t G § 152 Rdn. 177; Großfeld, S. 189 ff.; Wöhe, Bilanzierung, S. 123 sowie derselbe zur Frage, ob die aktienrechtlichen Bilanzvorschriften zu einem Bestandteil der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung u n d Bilanzierung zu rechnen sind u n d damit f ü r Unternehmen anderer Rechtsformen gelten, S. 153 ff.; zum gleichen Problemkreis Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 138 ff. 98 Wenn auch unter Berufung auf die steuerliche Anerkennung Wöhe, B i lanzierung, S. 498 ff. 99 Großfeld, S. 167. 100 Großfeld, S. 166/7; A D S A k t G § 152 Rdn. 146. 101 Wöhe, Bilanzierung, S. 494; Großfeld, S. 165/6. 102 Stützel, Z f B 1967, 314 ff. 103 Stützel, Z f B 1967, 323. 104 Moxter, Bilanzlehre, S. 26 ff. (27), derselbe, ZGR 1980, 268 f.; Leffson, S. 51; ferner Baetge, Rechnungslegungszwecke des aktienrechtlichen Jahresabschlusses i n : Festschrift f ü r Leffson, S. 13 ff. (15). 105 Brönner, Die Bilanz, S. 24 Rdn. .82; Brüggemann, Großkomm. HGB, 4. Abschn. Handelsbücher Vorbemerkung 4, S. 441. 97

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prinzipien der Gläubigerschutz relativ stark hervortritt 1 0 6 . Indes ergibt sich der Vermögensstand einer Unternehmung heute gerade nicht mehr wegen der periodisierten Gewinnermittlung und der beschränkten Wertansätze ohne weiteres aus der Jahresbilanz. Vielmehr gipfelt der Gläubigerschutz meist lediglich i n der Schaffung stiller Reserven 107 . Hinzu kommt, daß ein und dieselbe Bilanz nicht die Aufgabe der Erfolgsermittlung und Vermögensdarstellung gleichermaßen erfüllen kann. Daran kann auch das Postulat i n § 149 Abs. 1 A k t G nichts ändern, i m Rahmen der Bewertungsvorschriften einen möglichst sicheren Einblick i n die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft zu geben. Besonders die Bewertungsvorschriften berücksichtigen Gesichtspunkte der Erfolgsermittlung, wie gezeigt wurde, und können die tatsächliche Vermögenslage, auf die es für eine drohende Uberschuldungsfeststellung einzig ankommt, nicht hinreichend darstellen. Insofern begegnet der Aspekt des Gläubigerschutzes durch Selbstinformation der Geschäftsleitung Bedenken. Trotzdem schwebt auch dem Gesetzgeber selbst heute noch vor, daß die „ordentlichen Bilanzen" 1 0 8 , insbesondere die Jahresbilanzen, wesentlich sind für die Überwachung der w i r t schaftlichen Lage einer Unternehmung. Das w i r d etwa deutlich durch die Neuregelung der §§ 283 ff. StGB, die die korrespondierende strafrechtliche Absicherung der Buchführungspflichten i n §§ 148 ff. AktG, § 41 GmbHG und § 33 GenG bedeutet. Das Strafrecht konzentriert sich auf zwei Bereiche: die Nichtbeachtung der Buchführungsvorschriften als Voraussetzung der Bilanzerrichtung und die unordentliche sowie die verspätete Bilanzerstellung 1 0 9 , § 283 b StGB. aa) Strafrechtliche Absicherung der Bilanzierungsvorschriften Ursprünglich erfaßte das Gesetz nur diejenigen pflichtwidrigen Verhaltensweisen, die i n einer wirtschaftlichen Krisensituation vorgenommen wurden 1 1 0 . Der Zweck des § 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7 StGB, die Verletzung der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht i n einer wirtschaftlichen Krise zu ahnden, liegt darin, „die Gläubiger vor einer Beeinträchtigung ihrer Interessen an einer Befriedigung ihrer Ansprüche zu schützen" 111 . Durch das 1. W i K G vom 29. 7.1976 hat die strafrechtliche Regelung eine Ausweitung erfahren. I n § 283 b Abs. 1 Nr. 3 b StGB 106

Heinen, S. 41; Moxter, Z f b F 1967, 724 ff. Bühler, Steuerrecht der Gesellschaften u n d Konzerne, S. 111-113 u n d Fußnote 2, der entsprechende Mißbrauchsmöglichkeiten der stillen Reserven aufzeigt. 108 Hirtz, S. 15/16, der unter einer ordentlichen Bilanz diejenige versteht, die der E r m i t t l u n g eines Periodenerfolges dient. 109 Preisendanz, StGB § 283 b A n m . 1. 110 Schönke / Schröder, StGB Vorb. zu den §§ 283 ff. Rdn. 1/2. 111 Schönke / Schröder, StGB Vorb. zu den §§ 283 ff. Rdn. 1/2. 107

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werden jetzt auch Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten als abstrakte Gefährdungsdelikte 112 erfaßt, die nicht i n Zusammenhang m i t einer wirtschaftlichen Krise stehen. Die Vorschrift „beruht auf der Erwägung, daß die Erfüllung solcher Pflichten die Grundvoraussetzung jeder ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung sei und die Verletzung dieser Pflichten die Gefahr von Fehlentschließungen m i t schweren wirtschaftlichen Auswirkungen i n sich berge" 1 1 3 . Der Gesetzgeber betont m i t der Neuregelung die nach seiner Meinung erhebliche Bedeutung der Jahresbilanz für Entscheidungsvorgänge innerhalb der Unternehmung und stellt deshalb schon die verspätete Errichtung der Jahresbilanz unter Strafe 1 1 4 . Bei der Würdigung der gesetzgeberischen Intention drängt sich die Vermutung auf, daß der Gesetzgeber offensichtlich auch heute noch an einem traditionell verwurzelten Bilanzverständnis festhält. Er hält die Bilanz nach wie vor für geeignet, eine laufende Überprüfung der Unternehmenssituation zu ermöglichen und sieht sie als ein entscheidendes Instrument der Unternehmensführung an. bb) Die Bilanz als M i t t e l zum Erkennen von Überschuldungen Die Erwägung, daß die Geschäftsleitung erst durch das i n der Bilanz enthaltene Zahlenmaterial zuverlässige Informationen über die w i r t schaftliche Lage der Unternehmung erhält 1 1 5 , entspricht nur teilweise den Tatsachen. Die Ziele des Gesetzgebers, der die Bilanz zur Kontrolle der Solvenz des Unternehmens 1 1 6 heranziehen w i l l und als Grundlage für unternehmerische Dispositionen ansieht, vermag die Jahresbilanz unter betriebswirtschaftlichen Aspekten nur m i t erheblichen Einschränkungen zu erfüllen. Die letztere Aufgabe, „als Dispositionsunterlage für die Unternehmensführung" 1 1 7 zu dienen, hat historische Gründe. „Früher — bis i n die 20er Jahre — war die Bilanz eines der wichtigsten Instrumente zur Unternehmensführung 1 1 8 ." I m Laufe der letzten Jahrzehnte hat sie jedoch ihre Bedeutung als Informationsquelle der Unternehmensführung i n erheblichem Umfang eingebüßt 119 . Ursache hierfür sind die zuneh112

Schönke / Schröder, StGB § 283 b Rdn. 1. Schönke-Schröder, StGB § 283 b Rdn. 1/2, der auf die BR-Drs. 5/75, S. 38 u n d Wilts, Prot. V I I , S. 2831 verweist. 114 Dazu auch BVerfGE 48, 61. 115 Brodmann, G m b H G § 64 A n m . 3 a. 116 Stützel, ZfB, 1967, 323; siehe die K r i t i k von Engels zu den Bilanztheorien von Moxter u n d Stützel, i n Festschrift f ü r Leffson, S. 35. 117 Uhlenbruck, Die G m b H & Co. K G i n Krise, Konkurs u n d Vergleich, S. 20. 118 Löffelholz, Repetitorium deer Betriebswirtschaftslehre, S. 756 ff. (757). 119 Löffelholz, S. 763. 113

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mende Kapitalintensität und die höheren Unternehmensgrößen, d.h. die i m Laufe der Zeit entstandene Großraumwirtschaft 1 2 0 . Heute bilden betriebswirtschaftliche Methoden 1 2 1 die Entscheidungsgrundlage der Unternehmensführung, bei denen die Buchführung und Bilanzierung nur ein Teilgebiet ausmachen 122 . Der Grund für die geschwundene Bedeutung der Jahresbilanz liegt i n ihren beschränkten Erkenntnismöglichkeiten 1 2 3 . Sie ist vergangenheitsorientiert 124 und kann nur Daten über das abgelaufene Geschäftsjahr liefern 1 2 5 , während Unternehmensentscheidungen zukunftsorientiert sind 1 2 6 . Folge der veränderten Beurteilung ist, daß betriebswirtschaftliche Erkenntnismethoden weitgehend die Bilanz bei Entscheidungsvorgängen verdrängt haben. Konsequenzen ergeben sich daraus für die Beurteilung der Vermögenssituation. Dadurch, daß die Jahresbilanz sich auf das abgelaufene Geschäftsjahr bezieht und eine Momentaufnahme an einem bestimmten Stichtag enthält 1 2 7 , ist ihre Aussagekraft für das laufende Geschäftsjahr, insbesondere für den gegenwärtigen Verschuldungsumfang, eingeschränkt. Aus i h r lassen sich allenfalls Rückschlüsse auf die voraussichtliche geschäftliche Entwicklung des laufenden Geschäftsjahres ziehen, nicht aber sichere Voraussagen treffen 12 ®. Außerdem können viele Tatbestände i n einer Bilanz nicht richtig zum Ausdruck gebracht werden, so etwa der Ansatz von Leasing-Gegenständen oder Gegenständen, die unter Eigentumsvorbehalt erworben wurden 1 2 9 . Insbesondere dynamische Elemente, die i n einem Jahresabschluß nicht enthalten sind, wie beispielsweise zwischenzeitliche Kostensteigerungen i m Rohstoff· oder Personalbereich sowie veränderte Marktstrukturen, können ein Unternehmen, das auf nicht allzu festen Füßen steht, schnell an den Rand der Überschuldung bringen 1 3 0 . Eine derartige Entwicklung ist nur 120

Löffelholz, S. 757. Wöhe, Die Handels- u n d Steuerbilanz, S. I f f . ; Löffelholz, S. 757, der Beispiele gebräuchlicher Informationsmittel zur Steuerung des Betriebes nennt. 122 Wöhe, Die Handels- u n d Steuerbilanz, S. 1 ff. 123 A D S A k t G § 149 Rdn. 7, w o auf die verschiedenen Schwachstellen der Aussagefähigkeit einer Bilanz hingewiesen w i r d ; Großfeld, S. 283 ff.; Leffson, Bilanzanalyse, S. 19 ff. 124 Hirtz, S. 16; Großfeld, S. 283. 125 A D S A k t G § 149 Rdn. 1. 128 Großfeld, S. 283. 127 A D S A k t G § 149 Rdn. 7. 128 Großfeld, S. 283, der i m übrigen auf bilanztaktische Maßnahmen eingeht, die die Aussagefähigkeit weiter einschränken können; ebenso zu bilanztaktischen Maßnahmen ADS A k t G § 149 Rdn. 7; K n o r r u n d Gernhardt, Z u r Bilanz als Instrument der Insolvenzprophylaxe, S. 71 ff. 129 K n o r r u n d Gernhardt, S. 74 ff.; ADS A k t G § 149 Rdn. 7. 130 Siehe das instruktive Beispiel bei Schilling i n Hachenburg, G m b H G 6. A u f l . § 42 A n m . 2. 121

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m i t Hilfe der betriebswirtschaftlichen Lenkungsinstrumente durch permanente Kontrolle der wirtschaftlichen Situation erkennbar. Der Vollständigkeit halber sei auf die Möglichkeit einer Bilanzanalyse hingewiesen. N u r gelten für sie ähnliche Grenzen der Aussagekraft, wie sie für die Bilanz als solche charakteristisch sind. Dies kann nicht weiter verwundern, da die Bilanzanalyse nur das aus der Bilanz vorgegebene Zahlenmaterial aufbereitet 1 3 1 . Schließlich ist noch zu berücksichtigen, daß die Jahresbilanzen zulässigerweise gemäß § 41 Abs. 2 GmbHG drei Monate und entsprechend Abs. 3 sechs Monate nach Abschluß des Geschäftsjahres erstellt werden können, so daß deren Ergebnis durch die gegenwärtige Entwicklung schon längst überholt sein kann 1 3 2 . c) Verzicht auf die Bilanz als Kontrollinstrument der Überschuldung im Aktiengesetz und Genossenschaftsgesetz

Daß die Bilanz die an sie gestellten Anforderungen bei der Überschuldungsermittlung nicht erfüllen konnte, hat konsequenterweise dazu geführt, daß zuerst i m Aktiengesetz von 1937 i n § 83 Abs. 1 bei der Verlustanzeigepflicht nicht nur auf die Bilanz, sondern zusätzlich auf das pflichtmäßige Ermessen abgestellt wurde und für die Überschuldung sogar gänzlich auf sie verzichtet worden ist 1 3 3 . Die Überschuldungsprüfung wurde an die allgemeine Sorgfaltspflicht des § 84 A k t G von 1937 gebunden. Nur hatten die Überlegungen des Gesetzgebers einen anderen Grund als sich nach der hier gegebenen Darstellung vermuten läßt. Er war in der Hauptsache formal juristischer Natur. Gesetzgeberisches Motiv war die Befürchtung, daß sich der Vorstand der Konkursantragspflicht dadurch entziehen könnte, indem er die A u f stellung von Zwischenbilanzen unterläßt und die der Schlußbilanz verzögert (so die allgemeine Begründung für die Neufassung des § 83 A k t G 1937 134 ). Betriebswirtschaftliche Überlegungen haben demnach keinesfalls zur Gesetzesänderung beigetragen. Denn es findet sich an keiner Stelle eine derartige Erwägung, obwohl hierfür durchaus Anlaß bestanden hätte. Auffällig ist jedenfalls bei der Gesetzesänderung von 1937 das zeitliche Zusammentreffen m i t der Veränderung der betriebs131 Leffson, Bilanzanalyse, S. 19 ff. u n d 36 ff.; Beermann, Prognosemöglichkeiten von Kapitalverlusten m i t Hilfe v o n Jahresabschlüssen, S. 13. 132 Großfeld, S. 283. 133 Hirtz, S. 4. 134 Hirtz, S. 4 Fußnote 19; Teichmann / Koehler, A k t G § 83 A n m . 1 a; Schlegelberger / Quassowski, A k t G § 83 Rdn. 1 ; i m Falle der Verzögerung besteht aber hier die Möglichkeit einer Sorgfaltspflichtverletzung wegen mangelnder K o n t r o l l e der Gesellschaft gemäß § 43 G m b H G u n d sich daraus ergebender Schadensersatzansprüche. Zutreffend weist K ü h n , S. 69, auf die Bilanzierungspflicht der Geschäftsführer gemäß § 41 Abs. 2 u n d Abs. 3 G m b H G hin.

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wirtschaftlichen Gegebenheiten, wenn Löffelholz 1 3 6 darauf hinweist, daß die Bilanz bis i n die 20er Jahre eine der wichtigsten Instrumente zur Unternehmensführung war und erst danach durch neue betriebswirtschaftliche Erkenntnismethoden weitgehend abgelöst wurde. Offensichtlich beruhte die Gesetzesänderung nicht auf interdisziplinärer Forschung, sondern verdankt ihr Entstehen der zufälligen Übereinstimmung von Gesetzgebung und betriebswirtschaftlichen Entwicklungen. Eine ähnliche Regelung hat i n der Zwischenzeit das Genossenschaftsgesetz durch die am 1. 1. 1974 i n Kraft getretene Novelle erfahren. I n § 99 Abs. 1 Satz 2 GenG ist die Bestimmung des § 92 Abs. 2 A k t G für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens bei der Genossenschaft weitgehend übernommen worden. Infolge der Neuregelung steht jetzt i m Genossenschaftsgesetz die Sorgfaltspflicht des Vorstandes gemäß § 34 Abs. 1 GenG ebenfalls i m Vordergrund. Dabei ist der Wortlaut weitgehend i n § 93 Abs. 1 A k t G angeglichen worden 1 3 6 . Durch die Änderung des § 34 Abs. 1 GenG sollte keine Verschärfung der Sorgfaltspflichtanforderungen herbeigeführt werden 1 3 7 , sondern lediglich eine textliche Vereinheitlichung und Anpassung an das Aktiengesetz erreicht werden 1 3 8 . Ebenso ist für die Uberschuldungsprüfung anzunehmen, daß ihr Pflichtinhalt nicht neu bestimmt werden sollte. Vielmehr war an eine gesetzliche Fixierung der bestehenden Rechtslage gedacht 139 . d) Konsequenzen für die Überschuldungsregelung in § 64 GmbHG

Für das Verständnis der Überschuldungsbestimmungen i n § 64 Abs. 1 GmbHG bieten sich demnach drei Bezugspunkte: 135

Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre, S. 757. L a n g / Weidmüller, GenG § 34 A n m . 1 f.; Reinhardt, JZ 1973,727; Westermann, ZfgG 1973, 340; v. Carolsfeld, ZfgG 1973, 14/15, der darauf eingeht, daß der Vorstand nicht n u r Unternehmensleiter ist, sondern auch den genossenschaftlichen Förderungsauftrag zu beachten hat. 137 Westermann, ZfgG 1973, 340. 138 Drucksachen des Deutschen Bundestages 7/97. Z u § 34 GenG n. F. m i t der Begründung, die Vorschrift erhalte eine moderne Fassung, die an § 93 A k t G angelehnt sei. 139 Dafür spricht die amtliche Begründimg, Drucksachen des Deutschen Bundestages 7/97. Z u § 99 GenG, wo lediglich von einer Anlehnung an § 92 Abs. 2 u n d Abs. 3 A k t G die Rede ist, ohne auf eine Sorgfaltspflichtveränder u n g einzugehen. I n diesem Sinne die nicht ganz eindeutigen Ausführungen bei L a n g / Weidmüller, GenG § 98 A n m . 3 (29. Auflage), der schon v o r der Gesetzesnovelle erwähnt, daß die Überschuldung auf andere Weise zur Kenntnis des Vorstandes gelangen kann; Referentenentwurf eines Genossenschaftsgesetzes 1962, S. 365, der auf sonstige Umstände außerhalb der Bilanz sich bezieht, die die Überschuldung ergeben könnten. Anderer Auffassung RGSt 50, 151, das daran festhielt, daß sich die Uberschuldung aus der Bilanz ergeben müsse, da „ a n die Mitglieder des Vorstandes von Genossenschaften geringere Anforderungen gestellt werden sollten als an die V o r standsmitglieder von Aktiengesellschaften". Die Begründung w i r d darauf gestützt, daß die frühere Fassung absichtlich beibehalten wurde. 136

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1. Die historische Entstehung der Vorschrift, die Aufschluß darüber gibt, warum Bilanzen als Mittel der Überschuldungserkennung i m Gesetz besonders hervorgehoben wurden. 2. Die begrenzten Erkenntnismöglichkeiten und die daraus resultierenden Leistungsgrenzen einer Bilanz, um den Zeitpunkt des Eintretens einer Uberschuldung festzustellen. 3. Ein Vergleich der Rechtslage gegenüber der Genossenschaft, die erst vor einiger Zeit eine Neuregelung erfahren hat. Summiert man die Ergebnisse der Betrachtung, so drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß i m Rahmen der Überschuldungsermittlung gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG entscheidend auf die Sorgfaltspflicht abzustellen ist, um die Geschäftsführer zum rechtzeitigen Erkennen des Eintritts der Überschuldung zu nötigen 1 4 0 . Damit würde die Überschuldungsprüfung von jeglicher Jahres- oder Zwischenbilanzerrichtung gelöst. Es stünde die Sorgfaltspflicht i m Vordergrund, die die Geschäftsführer zu einer Analyse der Vermögenssituation der Gesellschaft zwingen kann. Eine Schlußfolgerung, die sich nicht ohne weiteres aus der Gesetzesformulierung des § 64 Abs. 1 GmbHG ziehen läßt. Dessen Wortlaut ist, wie gezeigt wurde, noch dem historischen Verständnis verhaftet. e) Das heutige Verständnis der Überschuldungsregelung in § 64 GmbHG

Bei der Auslegung des § 64 Abs. 1 GmbHG ist der Zusammenhang m i t § 43 Abs. 1 GmbHG zu berücksichtigen. Die für § 43 Abs. 1 GmbHG anzuwendende Sorgfalt ist genau wie bei § 93 Abs. 1 A k t G einem objektiven Maßstab unterworfen, der seine Ausprägung durch die Umstände des Einzelfalles sowie durch die zu leitende individuelle Gesellschaft je nach A r t und Umfang des Betriebes erhält 1 4 1 . Trotz des unterschiedlichen Wortlautes beider Vorschriften sind auf die Geschäftsführer einer G m b H m i t kaufmännischem Geschäftsbetrieb dieselben Maßstäbe und Grundsätze bei der Bestimmung der Sorgfaltspflicht i m Einzelfall anzuwenden wie auf die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft 142 . Die Konzeption der gesetzlichen Regelungen i n den §§ 43, 64 GmbHG entspricht weitgehend den aktienrechtlichen Vorschriften. § 43 GmbHG erfaßt ausschließlich die an die Organstellung geknüpfte interne Haf140 Schürer, S. 43 ff.; i n diesem Sinne Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 64 A n m . 4 sowie K l u g i n Hachenburg, § 84 A n m . 4; Brodmann, G m b H G § 64 A n m . 3 a u n d § 84 A n m . 1 ; Feine, Die G m b H i m Handbuch des gesamten Handelsrechts, 3. Bd. I I I . Abt., S. 637 A n m . 53. 141 Scholz, G m b H G § 43 Rdn. 2; Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 23. 142 Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 23; Scholz, G m b H G § 43 Rdn. 2; Sten. Ber. 8. Legisl., I. Sess. 1890/92, 5. Bd. Anlagen Nr. 660, S. 3750.

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tung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft und stimmt insoweit m i t § 93 A k t G überein 1 4 3 . Dementsprechend haften die Geschäftsführer für Sorgfaltspflichtverletzungen nur der Gesellschaft, nicht aber außenstehenden Personen, Gesellschaftern und Gläubigern 1 4 4 . Bei § 43 GmbHG handelt es sich deshalb auch u m kein Schutzgesetz i m Sinne von § 823 Abs. 2 B G B 1 4 5 . I m Gegensatz zur Aktiengesellschaft, § 93 Abs. 5 AktG, besteht nicht einmal ein unmittelbares Klagerecht gegen die Geschäftsführer für den Fall, daß Gesellschaftsgläubiger nicht durch die Gesellschaft befriedigt werden. Dennoch beschränken sich die von § 43 GmbHG ausgehenden Wirkungen nicht nur auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsleitung. Die dem Bestandsinteresse der Gesellschaft dienenden Sorgfaltspflichten führen auch zu einer Wahrung von Drittinteressen (Gläubiger-, Gesellschafterinteressen und öffentlichen Interessen) 146 . Die Interessen dieser außenstehenden Gruppen werden durch das Erhaltungsinteresse der Gesellschaft repräsentiert. Solange die Gesellschaft erfolgreich wirtschaftet, ist sie von sich aus um ihre Leistungsfähigkeit besorgt und nimmt mittelbar die Drittinteressen durch ihre Prosperität w a h r 1 4 7 . Trotz fehlender Inanspruchnahmemöglichkeit sich pflichtwidrig verhaltender Geschäftsführer durch Gesellschafter und Gläubiger führen die Vorschriften über eine ordnungsmäßige Geschäftsführung zu einer mittelbaren Außenwirkung. Aufgrund dieser Außenwirkung ist es möglich, § 43 GmbHG als Sorgfaltsgrundsatz auf § 64 GmbHG, der i n erster Linie Gläubiger- und Gesellschafterbelange 148 sowie öffentliche Interessen schützt, anzuwenden, und die Entscheidung, welche Sorgfaltsanforderungen für das rechtzeitige Erkennen der Überschuldung maßgebend sind, ist nach den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Geschäftsführung zu bestimmen. M i t der Überschuldung endet die Übereinstimmung des gesellschaftsbezogenen Bestandsinteresses und der Drittinteressen. I m Zeitpunkt der Überschuldung erlischt nämlich das Interesse der Verwaltungsträger an der Vermeidung größerer Risiken, da es praktisch nichts mehr zu verlieren gibt 1 4 9 . Es w i r d u . U . leichtfertig mit dem verbliebenen Gesellschaftsvermögen umgegangen 150 . Eine mittelbare Wahrnehmung der Drittinteressen durch Prosperität der Gesellschaft findet nicht mehr 43

Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. Aufl. § 43 Rdn. 1 u. 10. Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 101, 112 ff. 45 Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 103 u. 104. 46 Seite 17 ff. 47 Reuter i n Münchener Kommentar zum B G B § 42 Rdn. 7. 48 Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 64 A n m . 12; außerdem die umfangehe Darstellung bei K ü h n , S. 2 ff. 49 Reuter i n Münchener Kommentar zum B G B § 42 Rdn. 7. 50 Reuter i n Münchener Kommentar zum B G B § 42 Rdn. 7. 44

40

Α. Die Verpflichtung zur Erstellung der Überschuldungsbilanz

statt. Die Gesellschafter und Gläubiger haben somit gerade i m Vorfeld einer drohenden Uberschuldung ein evidentes Interesse, daß der Zeitpunkt ihres Eintritts möglichst rechtzeitig erkannt wird. Unter diesen Umständen ist es nicht ausreichend, wenn nur anläßlich der Aufstellung einer Jahres- oder Zwischenbilanz die Vermögenslage geprüft würde. Um einen genügenden Schutz der Drittinteressen, die bei einer Uberschuldung besonders gefährdet sind, zu erreichen, bedarf es immer dann einer Überprüfung der Vermögenslage, wenn der Verdacht einer Überschuldung besteht. Das rechtzeitige Erkennen einer Überschuldung ist Teil der allgemeinen Geschäftsführungstätigkeit der Geschäftsführer und findet ihre Rechtsgrundlage i n § 43 Abs. 1 GmbHG. Es ist die Vermögenssituation nicht mehr aus Anlaß einer Jahres- oder Zwischenbilanz zu prüfen 1 5 1 , sondern die Verwaltungsträger haben die Überschuldung zu erkennen, sobald es bei pflichtgemäßer Geschäftsführung möglich ist und haben ihrer Antragspflicht nachzukommen. Es ist gleichgültig, ob sich die Überschuldung aus einer Jahres- oder Z w i schenbilanz ergibt oder erst aus einer zu diesem Zweck erstellten Überschuldungsbilanz. Eine etwaige Bilanzierung welcher A r t auch immer stellt nur ein verfahrenstechnisches Hilfsmittel dar i n Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung 1 5 2 . I m Vordergrund der Überschuldungskontrolle steht einzig die Sorgfaltspflicht der Geschäftsführer, die sich nach § 43 I GmbHG richtet. Sie ist der entscheidende Maßstab sowohl für zivilrechtliche Ersatzansprüche als auch für strafrechtliche Sanktionen gem. § 84 GmbHG. Eine strafrechtliche oder zivilrechtliche Haftung wegen einer Verletzung der Konkursantragspflicht setzt nicht voraus, daß die Entstehung der A n tragspflicht von einer die Uberschuldung ergebenden förmlichen Bilanz i m weitesten Sinne abhängt. Vielmehr entsteht die Antragspflicht m i t dem E i n t r i t t der Überschuldung, sofern die Geschäftsführer i n Ausübung ihrer ordnungsmäßigen Geschäftsführung die Uberschuldung hätten erkennen können, unabhängig davon, ob zu diesem Zweck eine Vermögensübersicht erstellt worden ist oder nicht 1 5 3 . Welche Maßnahmen die Geschäftsführer ergreifen müssen, um i m Rahmen ihrer pflichtgemäßen Geschäftsführung den E i n t r i t t der Überschuldung rechtzeitig zu erkennen, bleibt ihnen überlassen. Ähnlich wie i m Aktienrecht ist auch für eine den Sorgfaltsanforderungen des § 431 GmbHG entsprechende Geschäftsführung nicht die bilanzielle Prüfung der Vermögenslage Voraussetzung. Jedenfalls wäre die Erfül151

K ü h n , S. 69. Schürer, S. 47/48. 153 I n diesem Sinne Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 64 A n m . 14; Fleck, GmbH-Rdsch. 1974, 230; Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 64 A n m . 4. 152

I I . Die Gesellschaft m i t beschränkter Haftung

41

lung der Sorgfaltspflicht ohne die Errichtung einer Überschuldungsbilanz rechtlich denkbar, dürfte aber praktisch kaum durchführbar sein. Ohne eine bilanzielle Prüfung läßt sich i n aller Regel keine hinreichend genauer Darstellung der Vermögenslage vornehmen. Eine nur überschlägige, d. h. oberflächliche Schätzung 154 ist m i t den Anforderungen an die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes unvereinbar. I n einem derartigen Fall liegt die Vermutung eines Sorgf alts Verstoßes und einer eventuellen Verletzung der Konkursantragspflicht nahe. Zusammenfassung Das rechtzeitige Erkennen einer Überschuldung bei der Aktiengesellschaft und der GmbH sowie die Aufstellung der Überschuldungsbilanz gemäß §§ 92 I I A k t G und 64 I GmbHG richtet sich nach den i n § 93 I A k t G bzw. § 43 I GmbHG normierten Sorgfaltsanforderungen. Obwohl i n § 64 I GmbHG — i m Gegensatz zur aktienrechtlichen Überschuldungsregelung — auf die Jahres- oder eine Zwischenbilanz Bezug genommen wird, setzt die Konkursantragspflicht keine förmliche Vermögensbilanz voraus, aus der sich eine Überschuldung ergibt. Die A n tragspflicht entsteht für die Geschäftsführer dann, wenn sie bei A n wendung der von ihnen zu beachtenden Sorgfalt eine Überschuldung hätten erkennen können.

154

So aber Fleck, GmbH-Rdsch. 1974, 230.

Β. Der Verdacht der Überschuldung Bisher ist erörtert worden, nach welchen Sorgfaltsmaßstäben sich die Verhaltensweise von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern bei der Überwachung der Vermögenslage zu richten hat. Dabei gelten die aufgezeigten Sorgfaltsgrundsätze nicht erst, wenn der Verdacht der Überschuldung aufgetaucht ist, sondern sie beziehen sich grundsätzlich auf alle organisatorischen Maßnahmen, die von den Vorstandsmitgliedern und den Geschäftsführern zu treffen sind, damit ein entsprechender Verdacht überhaupt erst ausgelöst wird. I n den Bereich der rein vorsorglich anzuwendenden Maßnahmen gehört die Verwendung vorhandener betriebswirtschaftlicher Instrumentarien. Denn Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer verstoßen auch dann gegen die ihnen obliegende Sorgfalt, wenn sie keinen Verdacht schöpfen, weil sie von den betriebswirtschaftlichen Erkenntnismöglichkeiten keinen Gebrauch machen, die ein rechtzeitiges Erkennen der Überschuldung ermöglichen würden. Es ist deshalb zu untersuchen, durch welche betriebswirtschaftlichen Methoden und/oder wirtschaftlichen Entwicklungen auf eine Überschuldung geschlossen werden kann. Eingangs 1 wurde darauf hingewiesen, daß aus besonderem Anlaß ein solcher Verdacht auftauchen könne. Es wurde der überraschende Konkurs eines Großkunden genannt, der infolge der zu erwartenden Forderungsausfälle ein Gläubigerunternehmen m i t i n den Konkursstrudel reißt. Als weiteres Anzeichen eines Verdachts der Überschuldung war die Verlustrealisierung bei Risikogeschäften m i t erheblichem Ausmaß genannt worden. Als Anschauungsbeispiel mag der Konkurs der Herstatt-Bank dienen 2 . I n den genannten Fällen sind erkennbare Anhaltspunkte für eine mögliche Überschuldung vorhanden gewesen. Nur werden sie i n der Praxis nicht allzu häufig vorkommen. Weit häufiger sind die weniger spektakulären Fälle, daß ein Unternehmen i n wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die sich als Ergebnis von betrieblichen Fehlentwicklungen darstellen. Selbst wenn sich Unternehmenskrisen durch bestimmte Anzeichen 3 andeuten, stellt sich die Frage, wann eine Unternehmenskrise das Ausmaß einer möglichen Überschuldung erreicht. 1 2 3

Seite 20. B G H N J W 1979, 1823 ff. Uhlenbruck, Die G m b H & Co. K G i n Krise, Konkurs u n d Vergleich, S. 18.

Β . Der Verdacht der Überschuldung

43

Allgemein hängt die mögliche Überschuldung von einer Vielzahl von Faktoren ab. Einen wesentlichen Anhaltspunkt stellen Verluste dar, die das Unternehmen erwirtschaftet. Dabei kommt es entscheidend auf die Höhe und die Dauer der Verluste an. Außerdem spielt ihre Relation zum vorhandenen Eigenkapital eine große Rolle. Erst das Zusammenspiel dieser einzelnen Komponenten gibt i m konkreten Fall Auskunft über eine sich anbahnende Uberschuldung. So w i r d eine nur vorübergehende Verlustphase noch keine Existenzgefährdung bedeuten 4 . Erst wenn die Verluste über längere Zeiträume eintreten, besteht die Gefahr der Eigenkapitalaufzehrung 5 . Wann i m Einzelfall durch die betriebliche Fehlentwicklung sich für die Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder der Verdacht einer Uberschuldung aufdrängt, kann nicht durch allgemein verbindliche Kriterien fixiert werden. Letztlich gibt immer die Situation des konkret betroffenen Unternehmens den Ausschlag. Immerhin bietet die Höhe der Verluste und deren Dauer, sofern man das verbliebene Eigenkapital und die stillen Reserven i n Relation zur Verlusthöhe setzt, ein gewisses K r i t e r i u m für eine Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens und die m i t ihr einhergehende Uberschuldungsnähe. Allerdings muß man sich vergegenwärtigen, daß Verlustsituationen nicht aus heiterem Himmel ein Unternehmen treffen, sondern durchaus mittels betriebswirtschaftlicher Instrumentarien voraussehbar sind. Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer haben deshalb entsprechende Vorkehrungen bei der Organisation des Unternehmens vorzunehmen, die es ermöglichen, negative Wirtschaftsentwicklungen so frühzeitig wie möglich zu erkennen. Hilfreich für die Geschäftsleitung sind i n diesem Zusammenhang die i n der Betriebswirtschaftslehre entwickelten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Unternehmung. Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen dienen der Unternehmenskontrolle und sollen zeigen, ob und i n welchem Maße die Aufgaben der Unternehmung erfüllt werden 6 . Die Ermittlung der Kennzahlen beruht auf der Verwendung statistischen Zahlenmaterials des betrieblichen Rechnungswesens7 aus dem Bereich der Betriebsstatistik 8 . Die dafür benötigten Unterlagen erhält die Betriebsstatistik aus den Aufzeichnungen der einzelnen Betriebsabteilungen (Personalabteilung, Einkaufsabteilung, Vertriebsabteilung u. ä.) sowie von der Buchhaltung und der Kostenrechnung 9 . Hieraus werden

4 5 β 7 8 9

Pausenberger i n Janberg, Finanzierungs-Handbuch, S. 656. Pausenberger i n Janberg, S. 656. Nowak, Betriebswirtschaftliche Kennzahlen, HdW, Bd. 1, S. 732. Nowak, S. 731 u n d 741. Wöhe, E i n f ü h r u n g i n die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1038. Wöhe, Einführung, S. 1017.

44

Β . Der Verdacht der Überschuldung

die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen entwickelt. Sie beziehen sich auf bestimmte betriebliche Daten und besitzen über diese Daten eine konzentrierte Aussagekraft 10 . Über die eigentliche Kontrolle des Unternehmens hinaus dienen derartige Kennzahlen für Betriebsdispositionen und Planungsvorhaben der Unternehmensleitung und erleichtern deren unternehmerische Entscheidungen 11 . Kennzahlen erfassen die verschiedensten Bereiche des Unternehmens. Sie erstrecken sich von der Vertriebsstatistik über die Produktion-, Lager- und Beschaffungsstatistik zur Personalstatistik sowie zur Bilanz- und Erfolgsstatistik 12 . Hervorzuheben sind für eine mögliche Überschuldung die Kennzahlen über die Rentabilität des Unternehmens 13 und diejenigen zur Beurteilung der Ertragswirtschaftlichkeit 14 . Besonders wichtige Informationsmittel der Geschäftsleitung i m Rahmen der Uberschuldungsprüfung bilden Kennzahlen, die Aufschluß über die Strukturierung der Kapital- und Vermögensverhältnisse geben 15 . So ist das Verhältnis von Eigenkapital zum Fremdkapital ein erheblicher Einflußfaktor auf die vom Unternehmen erwirtschafteten Gewinne oder Verluste. Ein zunehmender Verschuldungsgrad birgt das Risiko der Verminderung des Eigenkapitals durch Fremdkapitalkosten i n sich, sofern die Gesamtkapitalrentabilität (Eigen- und Fremdkapital) unter den Fremdkapitalzins absinkt 1 6 . Die Gefahr des Eigenkapitalverlustes resultiert daraus, daß Fremdkapitalzinsen stets zu termingebundenen Ausgaben führen 1 7 , gleichgültig ob das Unternehmen i n der Lage ist, die Zinsaufwendungen aus erwirtschafteten Gewinnen zu bezahlen oder ob es, falls die Gewinne nicht ausreichen, das Eigenkapital angreifen muß. Entscheidend für mögliche Eigenkapitalverluste ist die Relation von Verschuldungsgrad, Fremdkapitalzinsen, Eigenkapital und der Gesamtkapitalrentabilität, wobei der generelle Zusammenhang dieser Faktoren sich nach bestimmten mathematischen Formeln richtet 1 8 . Als Grundsatz gilt: Je höher der Verschuldungsgrad und die daraus sich ergebende Zinslast ist, die das Unternehmen zu tragen hat, desto geringere Abschwächungen der geschäftlichen Entwicklung genügen, um die Eigen10

Wöhe, Einführung, S. 1038. Nowak, Betriebswirtschaftliche Kennzahlen, HdW, Bd. 1, S. 731 f.; Wöhe, Einführung, S. 1038; Korndörfer, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S.362 f. 12 Siehe die Übersicht bei Wöhe, Einführung, S. 1039 ff. 13 Nowak, S. 742. 14 Nowak, S. 745 ff. 15 Nowak, S. 750 ff. 16 Lipfert, ZfbF 1965, 66 f.; Wöhe, Einführung, S. 580; Gutenberg, Betriebswirtschaftslehre, 3. Bd., S. 184 ff. m i t weiteren Einzelheiten. 17 Wöhe, Einführung, S. 580. 18 Wöhe, Einführung, S. 580 ff.; Gutenberg, S. 184 ff. 11

Β . Der Verdacht der Überschuldung

45

kapitalrendite zu vermindern oder sogar das Unternehmen m i t Verlust arbeiten zu lassen 19 . Es w i r d die Lage eines Unternehmens in schwierigen geschäftlichen Situationen u m so bedrohlicher, je stärker es verschuldet ist 2 0 . Diese Auswirkung zunehmender Verschuldung w i r d i n der Betriebswirtschaftslehre als „Leverage-Effekt" 2 1 bezeichnet 22 . Für die Kontrolle der Uberschuldung eines Unternehmens bedeutet demnach ein hoher Grad an Verschuldung und das Absinken der Gesamtkapitalrentabilität unter die Fremdkapitalzinsen immer einen Anhaltspunkt für mögliche Eigenkapitalverluste. Ob sich daraus schon der Verdacht einer Überschuldung aufdrängt, w i r d von weiteren Faktoren abhängen, insbesondere von der Höhe und der Dauer der mangelnden Gesamtkapitalrentabilität. Immerhin bedeutet eine derartige Entwicklung einen wichtigen Anhaltspunkt für die Geschäftsleitung eines Unternehmens 23 . Ein weiteres betriebswirtschaftliches M i t t e l des rechtzeitigen Erkennens der Überschuldung stellt die Buchhaltung dar. Dies gilt insbesondere für kleinere Unternehmen, die über kein betriebliches Rechnungswesen verfügen, u m betriebswirtschaftliche Kennzahlen zu ermitteln. Für den Fall, daß Verluste eintreten, lassen die Buchhaltungen häufig schon aus Tages-, zumindest aber aus Monats- und Quartalsabrechnungen erkennen, wann das haftende Eigenkapital durch Verluste verbraucht und ein Ausgleich nicht mehr zu erwarten ist 2 4 . Insofern ist auch durch die Buchhaltung eine gewisse Kontrolle der Vermögenssituation des Unternehmens möglich. Als Fazit läßt sich feststellen: Wann der Verdacht einer Überschuldung sich für die Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder aufdrängt, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Allerdings bietet die Betriebswirtschaftslehre durchaus Instrumentarien (betriebswirtschaftliche Kennzahlen, „Leverage-Effekt"), die das rechtzeitige Erkennen einer Überschuldung erleichtern und entsprechend von den Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern i m Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht zu beachten sind, §§ 43 I, 64 I GmbHG und §§ 93 I, 92 I I AktG.

19

Gutenberg, S. 187. Gutenberg, S. 187. 21 Englisch: leverage = Hebel. 22 Wöhe, Einführung, S. 580. 23 Über die Verschuldung u n d zur Eigenkapitalrentabiiität deutscher U n t e r nehmen Albach A G 1979,121 ff. 24 Veismann, B B 1971, 942. Ferner die Ausführungen von Tiedemann über eine mögliche Früherkennung v o n Unternehmenskrisen, i n : Gedächtnisschrift f ü r Schröder, S. 293 f. 20

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz Ist für die Unternehmensleitung einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft aufgrund ihrer pflichtmäßigen Geschäftsführung anzunehmen, daß eine Uberschuldung droht, und w i l l sie aus diesem Anlaß eine Überschuldungsbilanz errichten, so stellt sich die Frage nach den anzuwendenden Wertmaßstäben. Eine Frage, die sowohl für das A k t i v vermögen als auch für die Schulden von Bedeutung ist 1 . Ihre Lösung bereitet erhebliche Schwierigkeiten, da eine gesetzliche Regelung für die Erstellung der Überschuldungsbilanz nicht existiert. Einigkeit besteht darüber, daß die Jahresbilanz und die darin enthaltenen Wertansätze nicht maßgebend sind 2 . Der Grund liegt i n der Aufgabe der Jahresbilanz, die zwar auch die Vermögenslage darstellt, § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG, aber hauptsächlich auf die Ermittlung des wirtschaftlichen Erfolges i n einer bestimmten Periode abzielt 3 , während die Überschuldungsbilanz den Vermögensstand der Unternehmung wiedergibt 4 . Ebenso können für die Vermögensbilanz nicht die Grundsätze der Konkurseröffnungsbilanz gemäß § 124 K O 5 oder einer Vergleichsbilanz gemäß § 5 VerglO 6 angewendet werden. I m Gegensatz zur Konkurseröffnungsbilanz und zur Vergleichsbilanz soll ein Vermögensstatus überhaupt erst die Vorfrage klären, ob ein Insolvenzverfahren einzuleiten ist. I m übrigen enthalten diese Bilanzen Kostenpositionen, so die anfallenden Verfahrenskosten 7 , ζ. B. Massekosten, § 58 KO, und Masseschulden, § 59 KO 8 , die bei einer Prüfung der Überschuldung nicht zu berücksichtigen sind. Überwiegend w i r d auf § 40 Abs. 2 HGB zur Bewertung i n der Überschuldungsbilanz Bezug genommen, denn es ist für die Vermögensübersicht der Ansatz der Zeitwerte bei der Bilanzerrichtung maßgebend 9 . 1

K ü h n , S. 41. Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 63 A n m . 5 aa; Mentzel / K u h n / Uhlenb r u c h K O Vorbem. vor § 207 Rdn. 12; K ü h n , S. 43. 8 Siehe Abschnitt A I I . b 1. 4 Mentzel / K u h n / Uhlenbruck, K O Vorbem. vor § 207 Rdn. 12. 5 K ü h n , S. 44. 6 Böhle-Stamschräder, VerglO § 5 A n m . 1. 7 K n o r r , K T S 1955, 12 ff. zum Aussagewert der Vergleichsbilanz. 8 Jaeger / Weber, K O § 124 A n m . 2 u n d 3; Kottke, D B 1954, 437/8. 9 WP-Handbuch 1977, 1559; Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 63 A n m . 5 m i t umfangreichen Nachweisen. 2

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

47

Durch die Bewertung zum Zeitwert sollen die i n der Jahresbilanz enthaltenen stillen Reserven offengelegt werden 1 0 . Ein Überschreiten der möglicherweise niedrigeren Wertansätze der Jahresbilanz ist zulässig 11 , u m „wahre Werte" ansetzen zu können 1 2 . Allerdings ist die Anwendbarkeit von § 40 Abs. 2 HGB nicht ganz unstreitig 1 3 . M i t dem Hinweis, daß es sich bei der Überschuldungsbilanz nicht um eine Bilanz i m Sinne dieser Vorschrift handele 14 , w i r d teilweise deren Anwendung abgelehnt. Auswirkungen hat der Streit keine, da § 40 Abs. 2 HGB selbst „keinen brauchbaren konkreten Bewertungsmaßstab" enthält 1 5 , wenn auf den jeweiligen Zeitwert abgestellt wird. Er hat keine absolut zutreffende Größe, sondern unterliegt sowohl hinsichtlich der Vermögensgegenstände als auch der Schulden erheblichen Schwankungen 16 . Insbesondere die zukünftige Verwertung des Unternehmens kann erheblichen Einfluß auf die Bewertung haben. So ist der Marktwert des Anlagevermögens i n der Regel höher, wenn die Fortführung des Unternehmens erwartet w i r d als bei einer Zerschlagung desselben 17 . Unter Berücksichtigung der „Verwertungsprämisse", also der weiteren Verwendung des Vermögens der Gesellschaft 18 , werden i n der Literatur vier Auffassungen über die Bewertung der Vermögensgegenstände vertreten: 1. Eine Bewertung unter der Voraussetzung der Liquidation der Gesellschaft. 2. Eine Bewertung unter der Voraussetzung der Fortführung. 3. Eine Alternativbewertung (es w i r d gleichermaßen eine mögliche Liquidation und Fortführung bei der Bewertung berücksichtigt). 4. Eine Bewertung nach der wahrscheinlicheren Verwertung, Liquidation oder Fortführung des Unternehmens.

d.h.

a) Liquidationsbewertung 19

Die älteren Quellen hielten eine Bewertung der Unternehmung, insbesondere der A k t i v a nur zu Veräußerungswerten, wie es sich i m nor10

Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 63 A n m . 5 bb. Heinen, Handelsbilanzen, S. 460 ff. 12 Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 63, A n m . 5aa; K ü h n , S. 41/42; P r i billa, K T S 1958, 6/7. 13 Schürer, S. 56. 14 Schürer, S. 57. 15 Schürer, S. 57; E g n e r / W o l f f , A G 1978, 102, die die Formulierung i n § 40 Abs. 2 H G B zu Recht als „Leerformel" bezeichnen. 16 K ü h n , S. 42; WP-Handbuch 1977, 1559. 17 WP-Handbuch 1977, 1559/60. 18 Drukarczyk, ZGR 1979, 561. 11

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

malen Geschäftsverkehr ergeben würde, für zulässig 20 . Die Forderung nach einer Liquidationsbewertung ist zum Teil daher verständlich, w e i l zum damaligen Zeitpunkt i m Falle der Überschuldung nur die Möglichkeit eines Konkurses bestand, nicht aber ein Vergleichsverfahren eingeleitet werden konnte 2 1 . Die Vergleichsordnung ist späteren Datums und wurde erst 1935 geschaffen. I n der neueren Literatur folgen noch einige Autoren dieser Auffassung 22 . Einzig halten sie eine unterschiedliche Bewertung je nach der A r t der Liquidation für möglich, ob das Unternehmen als Ganzes oder i n Betriebsteilen veräußert werden kann oder völlig zerschlagen werden muß 2 3 . Demnach kann der Begriff der Liquidation bedeuten, daß die Veräußerung des Unternehmens als Ganzes möglich ist, was aber dennoch gewisse Wertminderungen gegenüber einer Fortführung bedeuten w i r d 2 4 . Ferner kann damit die Veräußerung von Teilbetrieben bei gleichzeitiger Zerschlagung der restlichen Betriebsteile und der Veräußerung der einzelnen Vermögensgegenstände gemeint sein. I m ungünstigsten Falle erfordert die Liquidation die vollständige Zerschlagung der Gesamtunternehmung 25 . Begründet w i r d das Vorgehen m i t dem Zweck der Konkursantragspflicht bei einer Uberschuldung, die Altgläubiger vor einem weiteren Verfall des Gesellschaftsvermögens und die Neugläubiger davor zu schützen, daß sie Kredite oder Vorleistungen an eine überschuldete Gesellschaft erbringen 2 6 . Betrachtet man die ausschließliche Möglichkeit der Liquidationsbewertung unter w i r t schaftlichen Gesichtspunkten genauer, so stellt sich die Frage, ob eine derartige Bewertung i n jedem Fall den Gläubigerinteressen dient. Zur Verdeutlichung sollen die Auswirkungen einer Liquidation auf die A k t i v a und Passiva i n der Überschuldungsbilanz kurz dargestellt werden. Zeichnet sich eine drohende Überschuldung ab, so hätten die Geschäftsleiter eine Überschuldungsbilanz zu Liquidationswerten zu erstellen. Es wäre von den Zerschlagungswerten auszugehen, da i m Zwei19 Goldstein, Der Konkurs der Aktiengesellschaft, S. 10; Wiesner, Archiv f ü r Bürgerliches Recht, 1906, 298 ff. (310 ff.); siehe die Übersicht bei Schürer, S. 61 ff. 20 Es sei n u r am Rande erwähnt, daß zu Zeiten ungünstiger K o n j u n k t u r die realisierten Erlöse unter den geschätzten Liquidationswerten bleiben können, Schürer, S. 64, oder die Veräußerung selbst negativen Einfluß auf die Preisbildung haben kann, Hirtz, 67 ff. (68). 21 Schürer, S. 64. 22 K ü h n , S. 48/49; Dahl, GmbH-Rdsch. 1964, 112 ff.; E g n e r / W o l f f , A G 1978, 101. 23 K ü h n , S. 48/49; WP-Handbuch 1977, 1559/60. 24 WP-Handbuch 1977, 1559/60. 25 WP-Handbuch 1977, 1559/60. 26 K ü h n , S. 40 f ü r die GmbH, was i n gleichem Maße f ü r die Aktiengesellschaft gelten muß.

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

49

fei die niedrigeren Wertansätze zu wählen sind 2 7 . A u f der Aktivseite bedeutet dies, daß die Vermögensgegenstände zum Einzelveräußerungswert anzusetzen sind, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für eine Betriebsveräußerung i m ganzen oder i n Teilen bestehen 28 . Wirtschaftlich führt die Bewertung i n der Regel zu erheblichen Einbußen 29 , besonders beim Anlagevermögen 30 . Dessen Wert w i r d durch die Auflösung der Betriebsorganisation, i n die die Vermögensgegenstände bisher eingebunden waren, negativ beeinflußt 31 . Maßgeblich für den anzusetzenden Wert ist der voraussichtliche Verkaufserlös, den die Einzelgegenstände am Markt erzielen werden 3 2 . Auf der Passivseite sind neben den gegenwärtig bestehenden Verbindlichkeiten die Kosten und Aufwendungen, die infolge der Liquidation verursacht werden, durch Rückstellungen zu bilanzieren 33 . Ziel der Vermögensbilanz ist es, die Vermögenslage der Gesellschaft auf den Stichtag der Bilanzierung umfassend darzustellen. Dazu gehört die möglichst vollständige Erfassung der bestehenden Verbindlichkeiten. Als Verbindlichkeiten sind ferner alle Verpflichtungen zu berücksichtigen, die i n Zusammenhang m i t der Liquidation i n Form von Ansprüchen oder sonstigen Kosten die Unternehmung treffen werden 3 4 . Daß sich der Umfang der Verbindlichkeiten erhöht, w i r d zwar gesehen, nur deren wirtschaftliche Bedeutung verkannt 3 5 . Hauptsächlich werden Rückstellungen für Schadensersatzansprüche genannt, die aus der Annullierung von Verträgen resultieren, oder Rückstellungen für bereits laufende Pensionsverpflichtungen 36 . Es entsteht der Eindruck, als handele es sich allenfalls u m kleinere Rückstellungsposten. Eine U r sache für die ständig steigenden Liquidationskosten ist die zunehmend verbesserte soziale Absicherung der Arbeitnehmer. Dazu zählt insbesondere die Aufstellung eines Sozialplanes nach dem Betriebsverfassungsgesetz i m Falle einer Betriebsschließung 37 . Völlig unerwähnt 27

K ü h n , S. 49. K ü h n , S. 49. 29 WP-Handbuch 1977, 1559. 30 Siedschlag, Ansatzpunkte zu einer Reform des Insolvenzrechts, S. 87. 31 Hirtz, S. 21. 32 Selchert, Prüfungen, S. 270/1. Allerdings muß man sich darüber i m klaren sein, daß jede Bewertung eigentlich n u r eine Schätzung darstellt. B i e r mann, Die Überschuldung als Voraussetzung zur Konkurseröffnung, S. 69. Erst ex post läßt sich feststellen, ob der gewählte Wertansatz berechtigt war. 33 Pribilla, K T S 1958, 7; Hirtz,, S. 73/74. 34 Streit, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung f ü r Rückstellungen, S. 73. 35 Hirtz, S. 73/74; Pribilla, K T S 1958, 7, die n u r am Rande auf derartige Verbindlichkeiten eingehen. 36 Hirtz, S. 73/74. 37 Siehe Abschnitt E. 28

4 Gurke

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

bleibt, daß die zusätzlich entstehenden Verbindlichkeiten i n Einzelfällen eine Höhe von mehreren Millionen Mark erreichen können 3 8 . Greift man den Gedanken des Gläubigerschutzes auf, stellt sich die Frage, ob er i n jedem Falle bei einer Liquidationsbewertung gewahrt ist. Eine Ausweitung der Passiva kann ein kränkelndes Unternehmen vollends i n eine Uberschuldung reißen. Das Ergebnis ist sicher dann gerechtfertigt, wenn das Unternehmen keine Aussichten hatte, zukünft i g wirtschaftlich zu überleben 39 . Anders ist es, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, beispielsweise durch Rationalisierungsmaßnahmen, die Unternehmung zu retten. Eine übereilte Vernichtung von Arbeitsplätzen und Vermögenswerten wäre die Folge 40 . Sie stünde i m Widerspruch zu den Gläubigerinteressen. Denn fast ausnahmslos verlieren die Gläubiger einen großen Teil ihrer Forderungen, falls es zum anschließenden Konkurs- oder Vergleichsverfahren kommen sollte. Wie empirische Untersuchungen gezeigt haben, beträgt die durchschnittliche Konkursquote für einfache Konkursforderungen gemäß § 61 Abs. 1 Ziff. 6 K O lediglich 8 °/o 41 . Für den Fall, daß das Unternehmen hätte voraussichtlich fortgeführt werden können, w i r d durch die Liquidationsbewertung der Gedanke des Gläubigerschutzes als der maßgebliche Zweck der Konkursantragspflicht nicht hinreichend gewahrt. Die Ursache liegt i n der fehlenden Eignung einer einseitigen Bewertung, die nicht i n der Lage ist, sich den jeweiligen wirtschaftlichen Aussichten anzupassen. Wesentlicher Nachteil ist und bleibt der enorme Wertverlust, den eine Liquidation m i t sich bringt. Die von Egner / W o l f f 4 2 aufgemachte Statistik belegt dies überzeugend. Danach betrug i m Jahre 1972 das Eigenkapital lt. Jahresbilanz von 7 800 erfaßten Kapitalgesellschaften (die nach der Umsatzsteuer-Statistik 88,2 °/o der Gesamtumsätze aller Kapitalgesellschaften auf sich vereinigten) durchschnittlich 30 °/o. Das bedeutet, daß bei einer Liquidation kein höherer Wertverlust bei allen 38 Je nach A l t e r u n d Dauer der Betriebszugehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer k a n n die Höhe der Abfindung u. U. mehrere Tausend M a r k betragen, wobei die Tendenz i n den letzten Jahren steigend war. So w u r d e n i n einem Sozialplan eines Gießereibetriebs, i n dem 530 Arbeitnehmer entlassen wurden, jedem Beschäftigten i m Durchschnitt 7 000,— D M als A b f i n dung gewährt. Danach betrug die zusätzliche Belastung f ü r das Unternehmen i n F o r m von Rückstellungen aus Sozialplanverpflichtungen bis zu 3,5 M i l l . D M . Beispiel nach Vogt, Sozialpläne i n der betrieblichen Praxis, S. 153 (Analyse ausgewählter Sozialpläne). 39 K ü h n , S. 24. 40 K ü h n , S. 45; Siedschlag, S. 87; Egner / W o l f f , A G 1978, 105; Drukarczyk, ZGR 1979, 569. 41 Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, Die Praxis der Konkursabwicklung i n der Bundesrepublik Deutschland, S. 163 ff. 42 A G 1978, 105; Albach A G 1979, 121 ff., zur Verschuldung deutscher U n ternehmen.

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

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Vermögensgegenständen als 30 °/o eintreten darf. N u r bis zu dieser Grenze werden Wertverluste der Buchwerte aus der Jahresbilanz durch das vorhandene Eigenkapital aufgefangen. Wohlgemerkt bezieht sich die Rechnung nur auf die Aktiva. Hinzu kämen noch die Abwicklungsverbindlichkeiten i n Form von Rückstellungen für Sozialpläne, Pensionsverpflichtungen und aus langfristigen Miet- und Pachtverträgen, die eine zusätzliche Erhöhung der Passiva bedeuten 43 . Damit w i r d der allenfalls zu akzeptierende Wertverlust der A k t i v a deutlich unter 30 °/o liegen müssen, um nicht eine Uberschuldung auszulösen. Wenn Egner/ W o l f f 4 4 einräumen, daß ein geschätzter Wertverlust von 30 °/o bei einer Veräußerung zu Zerschlagungswerten außerordentlich niedrig ist, bei Spezialmaschinen w i r d er nahezu 100 °/o betragen 45 , wäre die Folge, daß viele Unternehmen, die eigentlich nach Meinung von Geschäftsleitung, Eigentümern und Gläubigern auf wirtschaftlich gesunden Füßen stehen, latent überschuldet sind, d. h. die Überschuldung wäre als „Normalzustand" anzusehen 46 . Selbst wenn sich die Schätzung nur auf die Buchwerte der Jahresbilanz bezieht, i n denen etwaige stille Reserven nicht enthalten sind, die durch überhöhte Abschreibungen und durch Wertsteigerungen entstanden sein können, bleibt die Gefahr einer möglichen Überschuldung als Folge der Liquidationsbewertung. Wer kann eine derartige Schlußfolgerung den Unternehmensbeteiligten verständlich machen?! b) Fortführungsbewertung

Ein Ausweg aus der Bewertungsmisere bedeutet ebensowenig die einseitige Bewertung zu Fortführungswerten 4 7 . Es w i r d bei der Bewertung vom Fortbestand des Unternehmens ausgegangen. Der Wert des Anlagevermögens w i r d i m Gegensatz zu den Liquidationswerten durch seine funktionale Stellung und Gebundenheit der einzelnen Vermögensteile i m Rahmen der Gesamtunternehmung zum Ausdruck gebracht 48 . Regelmäßig ist der Wert des Anlagevermögens einer tätigen Unterneh43

Drukarczyk, ZGR 1979, 575. A G 1978, 105. 45 Siedschlag, S. 87. 46 Drukarczyk, ZGR 1979, 575 f.; Schlüchter, M D R 1978, 265. 47 Rieger, Einführung i n die Privatwirtschaftslehre, S. 233; Mentzel / K u h n / U h l e n b r u c h K O Vorbem. vor § 207 Rdn. 12; Sudhoff, N J W 1973, 1829; i n der Tendenz w o h l auch Mertens i n K ö l n e r Kommentar zum Aktiengesetz § 92 Rdn. 1 3 - 1 5 ; Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 92 A n m . 17; u n d neuerdings Haack, Der Konkursgrund der Überschuldung bei K a p i t a l - u n d Personengesellschaften, S. 96, sowie derselbe, B B 1981, 887, der die Auffassung vertritt, daß ab dem Z e i t p u n k t der Gründung des Unternehmens von der V e r m u t u n g seiner Existenzfähigkeit solange auszugehen ist, bis der u n wiederbringliche u n d zum Konkurs führende Verlust der Existenzfähigkeit festgestellt worden ist. 48 Hirtz, S. 21. 44



C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

mung höher zu veranschlagen als bei der Einzelveräußerung. Allerdings kann die ausschließliche Berücksichtigung von Fortführungswerten genauso wie die Liquidationsbewertung zu einer Verletzung von Gläubigerinteressen führen. Eine Verletzung von Gläubigerinteressen liegt immer dann vor, wenn m i t einer Fortführung des Unternehmens nicht zu rechnen ist. Bei einer derartigen Aussicht ist es m i t den Vorschriften über die Konkursantragspflicht nicht vereinbar, eine Bewertung vorzunehmen, die i m Gegensatz zu den realen Verwertungsmöglichkeiten des Unternehmensvermögens steht. Die Folge einer generellen Fortführungsbewertung ist nämlich, daß häufig überhöhte Werte angesetzt werden können. Dadurch könnte eine Uberschuldung nicht selten verdeckt werden und die gläubigerschützende Wirkung der Konkursantragsverpflichtung würde zum Schaden der Gläubiger umgangen werden. Die mangelnde Eignung einer i n jedem Fall zu unterstellenden Fortführung beruht auf einer allzu optimistischen Bewertungsprämisse. Sie kann, muß aber nicht der Realität gerecht werden. So vernachlässigt die Fortführungsbewertung eine möglicherweise gebotene Unternehmenszerschlagung. Gerade das Auseinanderfallen von fiktiver Verwertungsprämisse und der realen betriebswirtschaftlichen Einschätzung stellt die eigentliche Gefahr dar. I m übrigen berücksichtigt diese Bewertungsart nicht die i m Gesetz selbst vorgesehenen Verfahrensmöglichkeiten i m Falle der Insolvenz. Immerhin kann statt eines Vergleichs auch ein Konkursverfahren i n Betracht kommen, das regelmäßig auf die L i q u i dation abzielt. Eine derartige Verwertungsaussicht muß aber gegebenenfalls schon bei der Prüfung der Vermögenssituation beachtet werden. c) Alternativbewertung

Schmidt i n Hachenburg 49 w i l l eine alternative Bewertung vornehmen, bei der sowohl die Werte für den Fall einer Unternehmenszerschlagung als auch für eine Fortführung angesetzt werden. Soweit sich unterschiedliche Werte ergeben, sind sie i n der Bilanz gesondert aufzuführen. Der Grund für die Alternativbewertung sind die Möglichkeiten, die § 92 Abs. 2 A k t G und § 64 Abs. 1 GmbHG bieten. Es muß nicht notwendig das Konkursverfahren eröffnet werden, sondern es kann auch die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens erfolgen, das das Unternehmen erhalten und die Fortführung ermöglichen w i l l 5 0 . Für die Verpflichtungen gemäß § 92 Abs. 2 A k t G und § 64 Abs. 1 GmbHG zieht Schmidt die Schlußfolgerung: „Ergibt sich nach der einen oder anderen

40 G m b H G § 63 A n m . 5; ähnlich auch Biermann, S. 64/65; i n der Tendenz Uhlenbruck, S. 84 f.; siehe die eingehenden Ausführungen v o n Schürer, S.74ff. u n d Siedschlag, S. 88 ff. 50 Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 63 A n m . 5 cc.

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

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Bewertungsmethode eine Überschuldung, so haben die Geschäftsführer 51 die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens zu beantragen." Dies verspricht nur auf den ersten Blick eine angemessene Wahrung der Gläubigerinteressen, obwohl eine Berücksichtigung der Fortführungswerte erfolgt. Bei näherer Betrachtung t r i f f t diese Vermutung indes nicht zu. I n der Praxis w i r d die Methode eine weitgehende Annäherung an die Bewertung zu Liquidationswerten bedeuten. Durch die geringeren Wertansätze bei den Vermögenswerten und den verhältnismäßig höheren Verbindlichkeiten infolge von Liquidationsrückstellungen gegenüber einer Fortführung w i r d in der Regel die Liquidationsbewertung zuerst zu einer Überschuldung führen. Außerdem ist zu vermuten, daß die von Schmidt vorgeschlagene Methode eine Verschärfung der Antragspflicht darstellt. Selbst wenn die voraussichtliche Liquidation keine Überschuldung ergeben sollte und sich diese ausnahmsweise für eine Fortführung herausstellt 52 , wäre die Konkursantragspflicht entstanden. Erst wenn die Unternehmung weder bei Ansatz von Liquidationswerten noch bei Fortführungswerten überschuldet ist, bestünde keine Konkursantragspflicht. I n den Auswirkungen w i r d die Alternativbewertung genausowenig, eher noch weniger dem Gläubigerschutz und deren Interessen gerecht. Denn es besteht die Gefahr, daß ein lebensfähiges Unternehmen, w e i l sich einzig bei einer Liquidationsbewertung eine Überschuldung ergeben hat, den Weg i n ein Vergleichsverfahren antreten muß. Zwar kann hier eine Unternehmensvernichtung verhindert werden, doch w i r d mindestens der Ruf der Unternehmung gefährdet 53 . Die weitere negative Auswirkung wäre, daß an sich überflüssige Konkursverfahren durchgeführt werden müßten, wie i n dem zitierten Beispiel, i n dem eine Überschuldung bei Fortführungs- und nicht bei L i q u i dationswerten vorliegt, sofern man die Lebensunfähigkeit des Unternehmens unterstellt. Bei einer derartigen Konstellation wäre eine Liquidation außerhalb eines Konkursverfahrens angebracht, wodurch notwendige Verfahrenskosten vermieden würden 5 4 . Es w i r d also nicht i n jedem Fall die wirtschaftlich vernünftige Alternative gewählt, die die Gläubiger vermögensmäßig am wenigsten belastet 55 . d) Bewertung nach der wahrscheinlichen Verwertung (Zweistufige Prüfungsmethode)

U m eine weitgehende Wahrung der Gläubigerinteressen zu erreichen, w i r d heute überwiegend eine Differenzierung i n der Bewertung für 51 Es handelt sich u m eine Kommentierung des GmbH-Gesetzes. Das gleiche muß aber auch f ü r die Aktiengesellschaft gelten. 52 Siehe das Beispiel bei Schürer, S. 78 Fußnote 7. 53 Siedschlag, S. 87/90. 54 Siedschlag, S. 92. 55 Vergleiche die K r i t i k von Schürer, S. 78 f.; Hirtz, S. 19/65,

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

möglich gehalten, je nachdem, ob die Unternehmung fortgeführt werden kann oder liquidiert werden muß 5 6 . Mittels einer betriebswirtschaftlichen Untersuchung w i r d analysiert, welche Verwertungsaussichten das Unternehmensvermögen bietet. Bei der anschließenden Bewertung i n der Überschuldungsbilanz w i r d als Wertmaßstab die voraussichtliche zukünftige Verwendung des Vermögens zugrunde gelegt und entsprechend der von der betriebswirtschaftlichen Analyse aufgezeigten Verwertungsprämisse erfolgt die Wertansetzung der Vermögensgegenstände. Es ist das Unternehmen entweder zu Fortführungs- oder Liquidationswerten zu bewerten. Die mögliche Überschuldung ist nicht selten das Resultat einer Unternehmenskrise, insbesondere, wenn die erforderliche Rentabilität fehlt und das Unternehmen infolge dessen m i t Verlusten arbeitet. I n einer solchen Situation besteht i n vielen Fällen keinerlei Klarheit bei der Geschäftsführung darüber, wie tiefgreifend die Unternehmenskrise ist. Es stellt sich die Frage, ob eine Rettung des Unternehmens überhaupt noch durchführbar ist und ob sie sich lohnt 5 7 . Dabei ist die Beantwortung dieser Frage eine wesentliche Voraussetzung für eine Bewertung des Unternehmens, wenn die zukünftigen Verwertungsaussichten m i t einbezogen werden sollen. Es bieten sich für die Geschäftsleitung grundsätzlich zwei Alternativen an: Das Unternehmen aufrechtzuerhalten oder es zu schließen. Wobei davon ausgegangen werden kann, daß eine verantwortlich handelnde Geschäftsleitung die Liquidation vermeiden wird, wenn es nur irgend geht. Die Folge einer Zerschlagung des Unternehmens sind fast ausnahmslos erhebliche Wertverluste i m Vergleich zu einer Fortführung. Der Liquidationswert stellt normalerweise die absolute Wertuntergrenze, den Mindestwert des Unternehmens dar, der i m allgemeinen als anzusetzender Wert ausscheidet, wenn eine Fortführung noch lohnend erscheint 58 . Bei einer Bewertung zu Zerschlagungswerten wäre ein großer Teil aller deutschen Unternehmen, unter Umständen drei Viertel von ihnen, überschuldet, wie Schätzungen ergeben haben 59 . Sie beruht einmal auf den Wertverlusten des Anlagevermögens, dessen Wert durch die A u f lösung der Betriebsorganisation nachteilig beeinflußt w i r d 6 0 . Gleichzeitig 56 WP-Handbuch 1977, 1560; Heinen, Handelsbilanzen, S. 460; Pribilla, K T S 1958, 7/8; Hirtz, S. 18/19 u n d S. 64; Auler, D B 1976, 2169 f.; Blumers, B B 1976, 1441; H u n d e r t m a r k u n d Herms, B B 1972, 1118; Bilo, GmbH-Rdsch 1981, 76. 57 Baur, Sanierungen, Wege aus Unternehmenskrisen, S. 18 f. 58 Großfeld, Bilanzrecht, S. 309 f. 59 Schlüchter, Der Grenzbereich zwischen Bankrottdelikten u n d unternehmerischen Fehlentscheidungen, S. 67; E g n e r / W o l f f , A G 1978,105; Drukarczyk, ZGR 1979, 575 f.; zur Höhe der Verschuldung deutscher Unternehmen siehe Albach, A G 1979, 121 ff. 60 Siehe Abschnitt C a.

C. Die Bewertungsgrundsätze der Überschuldungsbilanz

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führt eine Liquidation zu einer Erhöhung der Verbindlichkeiten, die durch die Kosten der Abwicklung des Unternehmens entstehen (Sozialpläne, langfristige Miet- und Pachtverträge). Es besteht demnach folgender Zusammenhang: I m Falle der Zerschlagung eines Unternehmens t r i t t neben den Abwertungseffekt der A k t i v a ein Aufwertungseffekt der Passiva 61 . Aus diesem Grunde gilt für tätige Unternehmen das bilanzrechtliche „Prinzip der Unternehmensfortführung" („going concern"), wie es für Wertansätze i n der Jahresbilanz maßgebend ist 6 2 . Allerdings erscheint eine derartige Bewertungsprämisse nur solange gerechtfertigt, wie eine Unternehmensfortführung realistisch ist 6 3 . Diese Prämisse ist i n einer Unternehmenskrise gerade i n Frage gestellt, denn das zukünftige Unternehmensschicksal erscheint völlig offen, und es erfordert eingehende betriebswirtschaftliche Untersuchungen, ob eine Fortführungswürdigkeit gegeben ist. Hier setzt die eigentliche Funktion einer betriebswirtschaftlichen Analyse ein. Ihre Aufgabe ist es, Unklarheiten über die Unternehmenszukunft zu beseitigen. N u r m i t ihrer Hilfe läßt sich das Unternehmensschicksal sachgerecht beurteilen und liefert die Bewertungsgrundlage i m Rahmen der Überschuldungsbilanz, da die richtige Bewertung bei der Erstellung der Vermögensübersicht von der zukünftigen Verwertung des Unternehmensvermögens abhängt. Bevor auf Einzelfragen der betriebswirtschaftlichen Analyse einzugehen ist, welche Stellung sie i m Rahmen der Überschuldungsbestimmungen einnimmt, soll zunächst die oben aufgestellte These, daß es bei einer Liquidation zu einem Aufwertungseffekt der Passiva kommt, genauer untersucht werden.

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Drukarczyk, ZGR 1979, 576. Moxter, W P g 1980, 345. Moxter, WPg 1980, 345.

D. Verpflichtungen aus Miet- und Pachtverhältnissen in der Überschuldungsbilanz Bei Miet- und Pachtverträgen handelt es sich rechtlich u m Dauerschuldverhältnisse. Die zum Inhalt derartiger Verträge gehörende Gebrauchsüberlassung der Miet- oder Pachtsache bedeutet eine Leistung, die i n einem länger andauernden Verhalten besteht 1 , deren zeitlicher Umfang häufig wegen der unbestimmten Dauer, so bei unbefristeten Mietverhältnissen, nicht fixierbar ist 2 . Unter rechtlichen Aspekten sind m i t dem Abschluß der Verträge bereits Forderungsrechte und Leistungsverpflichtungen der Vertragspartner entstanden 3 . I. Der Begriff des schwebenden Geschäftes a) Die Erfassung schwebender Geschäfte in der Jahresbilanz

Trotz ihres rechtlichen Bestandes werden i n der Buchführung Mietund Pachtverhältnisse als schwebende Geschäfte eingestuft, sofern ihre Erfüllung noch aussteht 4 . Als Konvention gilt, daß schwebende Geschäfte weder i n der Buchführung noch i n der Jahresbilanz zum Ausdruck gebracht werden 5 . Der Schwebezustand der Geschäfte erstreckt sich vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zu deren Erfüllung, d. h. bis zumindest eine Seite ihre Leistung erbringt 6 . Bei Miet- und Pachtverträgen w i r d regelmäßig eine Kombination von bereits erfüllten Leistungen, soweit ein Leistungsaustausch i n der Vergangenheit vorgenommen wurde, gegenwärtig zu erfüllenden und zukünftig zu erbringenden Leistungen gegeben sein. N u r die jeweils i m Geschäftsjahr erfolgenden Leistungen werden i n der Buchführung erfaßt 7 . Der Grund liegt nicht darin, daß schwebende Geschäfte buchungs1 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts Bd. I, A T , S.27f.; Fikentscher, Schuldrecht, S. 32 f. 2 Vellguth, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung f ü r schwebende Geschäfte, S. 114. 3 Großfeld, S. 52. 4 A D S A k t G § 149 Rdn. 47; Friedrich, Grundsätze ordnungsmäßiger B i l a n zierung f ü r schwebende Geschäfte, S. 7. 5 Friedrich, S. 8; Großfeld, S. 52; WP-Handbuch 1977, 574; Schönnenbeck, D B 1962, 1282. 6 Großfeld, S. 52; Friedrich, S. 7. 7 Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, S. 143 ff.

I. Der Begriff des schwebenden Geschäftes

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und bilanzierungsunfähig wären 8 , sondern w i r d m i t der Einfachheit der Buchführung und Übersichtlichkeit der Bilanz begründet 9 . Es sei nicht Aufgabe der Buchführung, den Abschluß von Verträgen zu protokollieren. Vielmehr soll sie die durch die Geschäftstätigkeit ausgelösten Geld- und Güterbewegungen darstellen 10 . Erst i n dem Moment, i n welchem bei einem noch schwebenden Geschäft m i t Verlusten zu rechnen ist, die zunächst unterstellte Gleichwertigkeit von Forderung und Verbindlichkeit zu Lasten des Bilanzierenden durchbrochen wird, müssen die zu erwartenden negativen Erfolge ausgewiesen werden 1 1 . Sie sind i n die Jahresbilanz mittels Rückstellungen aufzunehmen 12 . Die Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen gründet sich auf das Imparitätsprinzip, das trotz fehlender Realisierung sich abzeichnende negative Entwicklungen i m voraus i n den Jahresabschluß einbezogen werden müssen 13 . Dies ergibt die gesetzliche Regelung i n § 152 Abs. 7 A k t G i. V. m. § 156 Abs. 4 AktG. Durch die vorgezogene Erfassung der Verluste noch vor dem Zeitpunkt ihrer Realisierung soll unter anderem der ausschüttbare Gewinn beeinflußt und die Kapitalerhaltung gewährleistet werden 1 4 . Damit ist ein wesentlicher Zweck der Jahresbilanz festgelegt, nämlich die Gewinnermittlung i n Verbindung m i t der Gewinnund Verlustrechnung durchzuführen 15 . Ein weiterer Zweck, Einblick i n die Vermögenslage zu verschaffen, kann nur unvollkommen erfüllt werden 1 6 . Völlig anders liegt i m Vergleich dazu die Aufgabenstellung der Überschuldungsbilanz. b) Die Darstellung schwebender Geschäfte in der Überschuldungsbilanz

Sie soll die Vermögenslage der Unternehmung losgelöst von jeglicher Jahresbilanz umfassend an einem Stichtag widerspiegeln 17 , insbesondere 8

Friedrich, S. 8. Friedrich, S. 8. 10 Friedrich, S. 8 f. 11 Großfeld, S. 52; WP-Handbuch 1977, 574; ADS A k t G § 149 Rdn. 47; Schönnenbeck, D B 1962, 1282; m i t abweichender Begründung Friedrich, S. 9, der die nicht vorzunehmende Verbuchung von schwebenden Geschäften aus dem Realisationsprinzip ableitet, da nach seiner Meinung m i t jedem V e r tragsabschluß ein positiver Erfolgsbeitrag, ein Gewinn, beabsichtigt sei, der bis zum Z e i t p u n k t des Leistungsaustausches noch nicht realisiert ist u n d deshalb nicht auszuweisen sei. I n diesem Sinne Roer, D B 1972, 345, der zusätzlich nach Käufer- u n d Verkäuferseite differenziert. 12 Friedrich, S. 10 f.; Streit, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung f ü r Rückstellungen, S. 71. 13 Friedrich, S. 7. 14 Friedrich, S. 7; A D S A k t G § 149 Rdn. 77/78. 15 A D S A k t G § 149 Rdn. 10 - 14. 16 A D S A k t G § 149 Rdn. 6 - 8 . 17 Heinen, Handelsbilanzen, S. 460 f. 9

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D. M i e t - u n d Pachtverhältnisse i n der Überschuldungsbilanz

den Schulden- und Gefahrenbestand offenlegen 19 . I n diesem Zusammenhang bestehen Zweifel, ob wegen der unterschiedlichen Zwecksetzung auch für die Statusbilanz an dem für den Jahresabschluß geltenden Prinzip festgehalten werden kann, daß schwebende Geschäfte nur i m Falle erwarteter Verluste auszuweisen sind, oder ob nicht auf Grund der wirtschaftlich bedrohten Situation des Unternehmens angesichts der Uberschuldungsnähe ein grundsätzlicher Ausweis schwebender Geschäfte geboten ist. Tendenzen i n dieser Hinsicht hat es durchaus schon für die Jahresbilanz gegeben 19 . Sie konnten sich aber wegen der Aufgabenstellung der Buchführung, Vermögensänderungen und Umschichtungen, nicht jedoch Vertragsabschlüsse zu erfassen, nicht durchsetzen 20 . Ebenso ist der Einwand, die Einfachheit der Buchführung und Übersichtlichkeit der Bilanz sei beeinträchtigt, für einen Vermögensstatus nicht erheblich. Es handelt sich um eine Sonderbilanz, die derartigen Kriterien nicht zu genügen braucht. Immerhin sind durch den Vertragsabschluß Verbindlichkeiten begründet worden, die ein Risiko der Inanspruchnahme des Unternehmens beinhalten. Selbst wenn die Erfüllung unter Buchführungsaspekten noch aussteht, bedeutet die Existenz des Vertrages als solche eine einklagbare Verbindlichkeit. Deshalb erscheint es unter Berücksichtigung des m i t der Überschuldungsbilanz verfolgten Zweckes angebracht, schwebende Geschäfte i n vollem Umfang zur Darstellung zu bringen. Es würde dazu beitragen, einen besseren Gesamtüberblick über die Vermögenssituation des Unternehmens zu geben, besonders m i t welchen Risiken noch gerechnet werden muß 2 1 . Deutlich w i r d die Notwendigkeit, schwebende Geschäfte zu bilanzieren, wenn bereits i n gewissem Umfang Verluste zu antizipieren sind. Ohne Frage macht es einen erheblichen Unterschied, ob die Verlustrückstellung i n Höhe von 1 000 D M i n Zusammenhang m i t einem Auftrag über 10 000 D M oder einem solchen über 100 000 D M oder gar über 1 Mill, steht 2 2 . I n diesem Fall würde eine Verlustrückstellung nur ein sehr unzureichendes B i l d der möglichen Risiken des noch zu erfüllenden Vertrages wiedergeben 23 . Rückstellungen sind nämlich nur dann zu bilden, wenn m i t einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist 2 4 . Mögliche Risiken, die i n einem schwebenden Geschäft latent vorhanden sind, kommen i n einer Rückstellung nicht zum Ausdruck. Unmittelbaren Einfluß auf die Überschuldungsbilanz und die Höhe der Uberschuldung 18 19 20 21 22 23 24

Streit, S. 73. Bodarwé, W P g 1966, 671; Friedrich, S. 8 ff. Friedrich, S. 8 ff. Bodarwé, W P g 1966, 670 ff. Roer, D B 1972, 351. Roer, D B 1972, 351. A D S A k t G § 152 Rdn. 104; Streit, S. 78.

I. Der Begriff des schwebenden Geschäftes

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hat das hier vorgeschlagene Vorgehen nicht. Es führt lediglich zu einer Verlängerung der Bilanz. Solange zumindest von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung auszugehen ist, muß i n der Überschuldungsbilanz der Verbindlichkeit auf der Passivseite ein gleich hohes Forderungsrecht bei den A k t i v e n gegenübergestellt werden. Für Mietverträge bedeutet dies, daß ein der Mietzahlungsverpflichtung entsprechendes Nutzungrecht zu aktivieren ist 2 5 . Die Bedeutung einer Bilanzierung schwebender Geschäfte liegt wegen der bedrohten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens i n ihrer „Warnfunktion", die es ermöglicht, einen vervollständigten Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen und mögliche Risiken i n Verbindung m i t noch nicht erfüllten Verträgen offenzulegen 26 . Die Bilanzierung schwebender Geschäfte sollte jedenfalls bei der beabsichtigten Liquidation des Unternehmens vorgenommen werden. Bei einer Liquidation kann es sein, daß nur ein Teil der schwebenden Verträge nicht erfüllt wird, während der andere Teil bis zur endgültigen Schließung des Betriebes noch abgewickelt werden soll, falls nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit die Betriebsstillegung geplant ist. Hier erscheint eine „Warnfunktion" mittels Bilanzierung der schwebenden Geschäfte angebracht. A u f eine „Warnfunktion" durch die bilanzielle Erfassung schwebender Geschäfte kann bei einer Fortführung verzichtet werden. Die möglichen Unsicherheiten, die von schwebenden Geschäften ausgehen können, kommen schon i n der betriebswirtschaftlichen Analyse zum Ausdruck. Denn die i n Zukunft erwartete positive Ertragslage läßt sich nur dann sachgerecht ermitteln, wenn eventuelle Risiken aus noch nicht durchgeführten Verträgen berücksichtigt werden. Verlustgefahren müssen i n die Ertragsplanung einbezogen werden und zu einer vorsichtigeren Prognose der Rentabilitätshöhe veranlassen 27 . c) Die Funktion der Rückstellungen

Ist bei einem Mietverhältnis m i t Verlusten zu rechnen, sind Rückstellungen i n der zu erwartenden Verlusthöhe zu bilden. Der Rückstellungsbildung kommt eine andere Aufgabe zu als bei der normalen Jahresbilanz. I h r w i r d i n erster Linie die Funktion zugedacht, den Periodenerfolg auszuweisen. Der Zweck der Rückstellungen liegt u. a. darin, drohende Verluste oder Aufwendungen, die wirtschaftlich i m betrachteten Geschäftsjahr entstanden sind, diesem zuzurechnen 28 . Entschei25

Bodarwé, WPg 1966, 671. I n diesem Sinne Bodarwé, W P g 1966, 670 ff.; anders Friedrich, S. 9 f. i m Hinblick auf die Jahresbilanz. 27 Siehe Abschnitt F. 28 Wöhe, Bilanzierung, S. 463. 26

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D. M i e t - u n d Pachtverhältnisse i n der Überschuldungsbilanz

dend ist, daß i m wirtschaftlichen Sinne eine Verpflichtung entstanden ist, so etwa i n § 152 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 A k t G 2 9 . Steht dagegen als Zweck die Vermögenserfassung i m Vordergrund der bilanziellen Betrachtung, hat die Vornahme von Rückstellungen einen anderen Grund. Folgt der Rückstellungsbegriff der Überschuldungsbilanz, w i r d der Schuldcharakter der Rückstellung betont 3 0 . Dabei kommt es nicht darauf an, daß bereits Schulden i m rechtlichen Sinne entstanden sind, sondern es genügt, wenn nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wirtschaftlich dam i t zu rechnen ist, daß Ansprüche durch Dritte an das Unternehmen gestellt werden 3 1 . Deshalb sind i m Rahmen der Überschuldungsbilanz mit gewissen Einschränkungen alle Ansprüche Dritter gegen das Unternehmen zu berücksichtigen, gleichgültig ob bereits eine Schuld i m rechtlichen Sinne vorliegt oder nur unter wirtschaftlichen Aspekten m i t der Entstehung einer Schuld zu rechnen ist 3 2 . Eine gewisse Einschränkung kann dann gelten, wenn als Verwertungsmaxime die Unternehmensfortführung zugrunde gelegt worden ist und eventuelle Abraumbeseitigungen und/oder Instandhaltungen wirtschaftlich zwingend sind bei Fortbestehen des Unternehmens, ohne daß es sich u m eigentliche A n sprüche Dritter handelt 3 3 . Insoweit ist eine Modifizierung der statischen Bilanztheorie vorzunehmen. Maßgebender Erkenntniszeitpunkt für die Bildung der Rückstellung ist die Errichtung des Vermögensstatus 34 . I I . Liquidation des Unternehmens a) Höhe der Rückstellungen

Für die eigentliche Höhe der Rückstellungen ist es von Bedeutung, ob m i t der Unternehmensfortführung oder dessen Liquidation gerechnet werden muß. Besonders für den Fall der Liquidationszerschlagung, der zunächst untersucht werden soll, sind i n der Regel nicht unerhebliche Rückstellungen für Verluste aus Miet- und Pachtverträgen zu erwarten. Ein Verlust i n diesem Sinnne liegt vor, wenn das Unternehmen sich aus einem Mietvertrag nicht lösen kann, die Mietzahlungen fortsetzen muß, obwohl es die Mietsache nicht mehr oder nur sehr unvollkommen nutzen kann, w e i l der Geschäftsbetrieb infolge der Zerschlagung verringert oder völlig eingestellt worden ist 3 5 . Ungeachtet des bestehenden Nutzungsrechts entscheidet die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit. Für 20 30 31 32 33 34 35

Wöhe, Bilanzierung, S. 471. Wöhe, Bilanzierung, S. 470 f. Streit, S. 73 f. Streit, S. 73 f.; unzutreffend Schlüchter, M D R 1978, 266. Streit, S. 73. Streit, S. 73. Vellguth, S. 115; Friedrich, S. 84; Bodarwé, W P g 1966, 671.

I I . L i q u i d a t i o n des Unternehmens

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den Zeitraum, i n dem die Zahlungsverpflichtung fortbesteht, die Nutzungsmöglichkeit aber aufgehoben oder eingeschränkt ist, sind Rückstellungen i n Höhe der jeweiligen Nichtnutzung zu bilden. Gleiches gilt für Pachtverträge. Daneben ist es häufig noch erforderlich, Rückstellungen zu bilden, weil der ursprüngliche Zustand bei Heimfallverpflichtungen wiederherzustellen ist oder Instandsetzungen anläßlich der Liquidation vorgenommen werden müssen 36 . Die voraussichtlich erforderlichen Kosten sind vollen Umfanges anzusetzen 37 , soweit nicht schon Rückstellungen für die Vergangenheit aus Gründen der periodengerechten Aufwandsverteilung i n der Jahresbilanz erfolgt sind. Schadensersatzansprüche des Vermieters oder Verpächters, die sich i m möglicherweise nachfolgenden Konkursverfahren gemäß § 19 Satz 3 K O ergeben können, sind außer Betracht zu lassen 38 . Einmal wäre der Schadensersatzanspruch i m Falle von § 19 Satz 3 K O davon abhängig, daß der Konkursverwalter die Kündigung vornimmt und nicht der Vermieter selbst. Kündigt der Vermieter, entstünde kein Anspruch 3 9 , so daß m i t einer Inanspruchnahme nicht ohne weiteres ernsthaft zu rechnen wäre. Vielmehr hinge sie von den jeweiligen Verhaltensweisen der Vertragsparteien ab. Neben den Zweifeln am Vorhandensein einer rückstellungsfähigen Verbindlichkeit ist der eigentliche Grund der Nichtberücksichtigung von Ansprüchen aus dem späteren Konkursverfahren, daß bei Errichtung der Überschuldungsbilanz die Liquidation des Unternehmens i m normalen Geschäftsverkehr zu unterstellen ist 4 0 . Entscheidend für den Wertansatz ist die Fiktion einer „freiwilligen" Liquidation außerhalb jeglichen Konkursverfahrens 41 . Wenn auch dieser Gedanke hauptsächlich für die Bewertung der Vermögensgegenstände entwickelt worden ist, muß er einheitlich für alle Bewertungsvorgänge i m Rahmen der Überschuldungsbilanz gelten, also auch auf die Schuldenermittlung ausgedehnt werden. Die Überlegung, daß eine Liquidationsbewertung notwendig zur Konkurseröffnung führt, t r i f f t nicht unbedingt zu. Zwar w i r d dies i n der Unternehmenswirklichkeit sehr häufig der Fall sein, nur ist die Konsequenz nicht zwingend. Es sind Liqui38

Friedrich, S. 84; Vellguth, S. 115. Vellguth, S. 115, w i l l die Kosten zeitproportional auf die einzelnen Perioden verteilen, was von seinem Standpunkt zutreffend ist, da er die Jahresbilanz behandelt u n d keinen Vermögensstatus aufstellt; ebenso Friedrich, S. 84. 38 Jaeger / Weber, K O §§ 207, 208 A n m . 21. 39 Mentzel / K u h n / U h l e n b r u c h KO, § 19 Rdn. 16. 40 Hirtz, Die Vorstandspflichten bei Verlust, Zahlungsunfähigkeit u n d Überschuldung einer Aktiengesellschaft, S. 68 u n d Fußnote 300; K ü h n , Die K o n kursantragspflicht bei Überschuldung einer GmbH, S. 44 ff.; ähnlich Haack, Der Konkursgrund der Überschuldung bei K a p i t a l - u n d Personengesellschaften, S. 99 ff. 41 Hirtz, S. 68. 37

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D. M i e t - u n d Pachtverhältnisse i n der Überschuldungsbilanz

dationen auch außerhalb eines Konkurses möglich, sofern genügend Vermögensmasse vorhanden ist. Die Aufgabe der Überschuldungsfeststellung liegt gerade i n der Prüfung, ob ein gerichtliches Insolvenzverfahren eingeleitet werden muß oder ob die Vermögensmasse noch die Passiva übersteigt. Ein Insolvenzverfahren wäre dann überflüssig. Berücksichtigt man schon Veränderungen i m Schuldenstand, die erst durch die Konkurseröffnung und deren Folgen ausgelöst werden, läge darin ein unzulässiger Vorgriff auf eine Schlußfolgerung, die noch nicht sicher feststeht. Deshalb sind derartige Kosten für die Uberschuldung irrelevant 4 2 . Die strikte Trennung von Überschuldungsbilanz und Konkursverfahren kann natürlich zum Ansatz überhöhter Verbindlichkeiten i m Vermögensstatus führen. Denkbar ist, daß zunächst keine Möglichkeit abzusehen war, sich vorzeitig aus dem Mietverhältnis zu lösen, somit i n entsprechender Höhe Verlustrückstellungen gebildet wurden, sich aber der Vermieter i m Konkursverfahren gemäß § 19 Satz 1 K O vom Vertrage vorzeitig löst. Schadensersatzansprüche fallen nicht an, und die gebildeten Rückstellungen können aufgelöst werden. Sie waren i n der Sache stille Reserven, da es sich bei ihnen tatsächlich nicht um Verbindlichkeiten, sondern um Eigenkapital handelte 43 . I n Ausnahmefällen könnte es zu einer Überschuldung und zur notwendigen Konkurseröffnung kommen, die sich nachträglich als überflüssig erweisen würde. Nur eine solche ex-post Betrachtung widerspricht dem Charakter der Rückstellung. Ihnen wohnt von Natur aus ein gewisser Unsicherheitsfaktor inne. Mittels Rückstellungen sollen Verbindlichkeiten bilanziert werden, deren Höhe und/oder Existenz nicht sicher feststeht und nur durch eine Schätzung zu ermitteln ist 4 4 . Unter Buchführungsgesichtspunkten kann jedenfalls dann nicht von einer Benachteiligung des Unternehmens gesprochen werden, selbst wenn sich dessen VermögenSchulden-Relation i m nachhinein als zu ungünstig erwiesen hat, sofern die Schätzung der Rückstellungen nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger kaufmännischer Buchführung und Bilanzierung erfolgte 45 . b) Lösungsmöglichkeiten von Miet- und Pachtverträgen

Die i m einzelnen zu erfassenden Verluste aus Miet- und Pachtverträgen infolge einer Zerschlagungsliquidation richten sich nach den Lösungsmöglichkeiten von Dauerschuldverhältnissen, die nach dem Bürgerlichen Recht existieren. Das Kündigungsrecht gemäß § 19 K O hat aus den oben genannten Gründen außer Betracht zu bleiben. Es ist zweck42 43 44 45

WP-Handbuch 1977, 1570; anders Hirtz, S. 74 f ü r § 22 Abs. 2 K O . Wöhe, Bilanzierung, S. 477. Heinen, S. 263 ff. Heinen, S. 264.

I I . L i q u i d a t i o n des Unternehmens

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mäßig, bei Mietverträgen nach befristeten und unbefristeten Mietverhältnissen zu differenzieren. Bei befristeten Mietverhältnissen besteht kein ordentliches K ü n d i gungsrecht, sondern das Mietverhältnis endet m i t dem Vertragsablauf, § 564 Abs. 1 BGB. Eine außerordentliche Kündigung oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage, die beide m i t der beabsichtigten Liquidation begründet werden müßten, werden rechtlich nicht anerkannt. Die L i q u i dation des Unternehmens fällt einseitig i n den Risikobereich des Mieters und macht die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht unzumutbar i m Sinne eines außerordentlichen Kündigungsgrundes 46 oder führt zum Wegfall der Geschäftsgrundlage 47 . Eine rechtliche Möglichkeit, sich vom Mietvertrag zu lösen, besteht nur, wenn eine Nachfolgeklausel vereinbart worden ist und gegen den Nachmieter keine begründeten Einwendungen durch den Vermieter erhoben werden können 4 8 . Fehlt es an einer Vereinbarung über eine Ersatzmieter- oder Nachfolgeklausel, so besteht Uneinigkeit 4 9 darüber, ob der Mieter am Vertrage trotz eines i n seiner Person liegenden Umstandes, der i h n am Gebrauch der Mietsache hindert, festzuhalten ist oder ob eine Verpflichtung des Vermieters besteht, den Mieter vorzeitig aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Eigentlich läßt sich aus der Vorschrift des § 552 BGB entnehmen, daß der Mieter trotz einer Verhinderung des Gebrauchs weiterhin zur Mietzahlung verpflichtet ist. Dennoch w i r d von einem Teil der Rechtsprechung 50 und der L i t e r a t u r 5 1 m i t dem Hinweis auf Treu und Glauben 5 2 eine allgemeine Verpflichtung, einen Ersatzmieter zu akzeptieren, angenommen. Eine allgemeine Verpflichtung, m i t einem Ersatzmieter gem. § 242 BGB einverstanden zu sein, ist nach dieser Meinung gegeben, wenn der Nachfolger uneingeschränkt m i t den Bedingungen des alten Mietvertrages einverstanden ist und gegen die Person des Nachmieters keine Einwendungen erhoben werden können 5 8 . 46

Roquette, Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 554 a Rdn. 2 - 4 . Stemel, Mietrecht, S. 29 f. Rdn. 60/61. 48 Stemel, S. 40 Rdn. 83 u n d S. 580 ff. Rdn. 214 - 224 m i t weiteren Einzelheiten. 49 Einen Überblick über den Meinungsstand gibt Staudinger / Emmerich, BGB, § 552 Rz 31 ff. (2. Bearb. 1981). 50 L G Göttingen Z M R 1968, 82; F r a n k f u r t Z M R 1970, 49 f ü r die Wohnraummiete. 51 Schmidt-Futterer, N J W 1970, 917; Röhrmann, N J W 1971, 787; differenzierend B G B - R G R K - G e l h a a r § 552 Rdn. 6, der auf die Umstände des Einzelfalles abstellt. 52 Anders Röhrmann, N J W 1971, 787, der sein Ergebnis auf eine entsprechende A n w e n d u n g der §§ 324, 615 u n d 649 B G B stützt. 53 L G Göttingen Z M R 1968, 82; Schmidt-Futterer, N J W 1970, 917. Dieser Grundsatz soll nicht n u r f ü r die Wohnraummiete gelten (so Stemel, S. 584 f., Rdn. 226 - 229). 47

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D. M i e t - u n d Pachtverhältnisse i n der Überschuldungsbilanz

Nach anderer Auffassung 54 ist ein uneingeschränktes Festhalten des Mieters am Vertrage, obwohl ein Nachfolger angeboten wird, zulässig. Einzig i n besonders krassen Fällen, wenn sich das Verhalten des Vermieters als Schikane darstellt, w i r d die Verpflichtung 55 , einen Nachmieter zu akzeptieren, bejaht. Für die Bildung von Rückstellungen kommt es daher auf den Rechtsstandpunkt an, den der Bewertende einnimmt. Geht er von einer grundsätzlichen Bindung an den Mietvertrag aus, sofern nicht ausnahmsweise darin eine Schikane zu sehen ist, spielt es keine Rolle, ob ein potentieller Nachmieter zur Verfügung steht. Schon aus rechtlichen Gründen muß die Bildung von Rückstellungen erfolgen. Besteht dagegen nach Auffassung des Bewertenden nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eine Verpflichtung des Vermieters, den Mieter vorzeitig aus dem Vertrage zu entlassen, muß i n tatsächlicher Hinsicht ein Nachmieter existieren, der uneingeschränkt m i t den Bedingungen des alten Mietvertrages einverstanden ist und gegen dessen Person keine Einwendungen erhoben werden können. N u r unter dieser Voraussetzung kann auf die Bildung von Rückstellungen verzichtet werden. Ist der Mieter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen — läßt sich kein Nachmieter finden — am Vertrag bis zu dessen Ablauf festzuhalten 5® und kann er die Mietsache nicht nutzen, muß er gemäß § 552 Satz 1 BGB die Miete weiterzahlen, da es sich u m Umstände aus seiner Risikosphäre handelt 5 7 . Allerdings muß sich der Vermieter die ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, die durch die Nichtnutzung entstehen, § 552 Satz 2 BGB. Dazu zählen verbrauchsbedingte Kosten wie Heizkosten, Wassergeld usw. 5 8 . Handelt es sich um ein unbefristetes Mietverhältnis, kommt eine Lösungsmöglichkeit nur nach den gesetzlichen Kündigungsfristen i n Betracht, § 562 Abs. 2 BGB. Insoweit ist es dem Mieter zuzumuten, den ordentlichen Weg der Vertragsauflösung zu wählen 5 9 , falls nicht eine Nachfolgeklausel existiert, die eine vorzeitige Vertragslösung ermöglicht. Entsprechend diesen Grundsätzen sind Rückstellungen für Verluste aus Miet- und Pachtverträgen (die obigen Ausführungen gelten weitgehend, § 581 Abs. 2 BGB, auch für Pachtverhältnisse 60 ) zu bilden, so54 A G H a m b u r g Z M R 1968; 256 u n d Z M R 1969, 57; Mezger i n Soergel / Siebert, B G B § 552 Rdn. 7. 55 Mezger i n Soergel / Siebert, B G B § 552 Rdn. 7. 56 Die Ausnahme ist § 567 B G B bei einer Vertragsdauer von mehr als 30 Jahren. 57 Stemel, S. 577 Rdn. 206. 58 Stemel, S. 578 Rdn. 209; Roquette, Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 552 Rdn. 13 ff. m i t ausführlicher Darstellung. 59 Stemel, S. 585 Rdn. 226 u n d Fußnote 35.

I I I . Fortführung der Unternehmung

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fern die Zahlungsverpflichtung aus den Verträgen fortbesteht, obwohl infolge der Unternehmenszerschlagung keine oder nur eine teilweise Nutzung der Vertragsobjekte dem gegenüber steht. Bestehen Aussichten, statt der totalen Zerschlagung des Unternehmens eine Veräußerung des Gesamtbetriebes oder von Betriebsteilen durchzuführen, richtet sich die Höhe der Rückstellungen nach den Verlusten, die voraussichtlich unter Berücksichtigung dieser Verwertungsart eintreten werden. Der Umfang der Rückstellungen ist vermutlich geringer als bei der Totalzerschlagung, da selbst nur bei einer teilweisen Fortsetzung des Betriebes m i t kleineren Nutzungsausfällen zu rechnen ist. Eine Einschränkung mag dann gelten, wenn eine Übertragbarkeit der Miet- und Pachtverträge auf den Erwerber nicht möglich ist, w e i l eine Fortsetzung der Verträge m i t dem neuen Vertragspartner für den Vermieter oder Verpächter unzumutbar wäre. Daneben müssen gegebenenfalls nach der hier vertretenen Auffassung noch die übrigen schwebenden Geschäfte i n der Überschuldungsbilanz ausgewiesen werden, auch wenn sich bei ihnen keine Verlustrückstellungen ergeben. I I I . Fortführung der U n t e r n e h m u n g

I m Falle der Unternehmensfortführung w i r d wegen der Aufrechterhaltung des Betriebes und der sich weiterhin ergebenden Ausnutzung der Miet- und Pachtverhältnisse ein Verlust nicht zu antizipieren sein. Bei einer unveränderten Fortführung entspricht die tatsächliche N u t zung der Miet- oder Pachtsache wertmäßig der zu zahlenden Gegenleistung. Es ist von einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Zahlungsverpflichtung und des dafür erworbenen Nutzungsrechts auszugehen. Verlustrückstellungen können unterbleiben. Außerdem sind die schwebenden Verträge, u m eine Offenlegung der m i t ihnen verbundenen Risiken zu erreichen, i n die Überschuldungsbilanz aufzunehmen, sofern eine Einzelbewertung des Unternehmens nach traditionellen Bewertungsverfahren erfolgt 6 1 . Sind i m Rahmen der Fortführung Sanierungsmaßnahmen erforderlich, die zu Verlusten wegen fehlender oder nur sehr unvollkommener Ausnutzung der Miet- oder Pachtobjekte führen, ohne daß sofort die Verträge gelöst werden können, sind gegebenenfalls i n Höhe der erwarteten negativen Erfolgsbeiträge Rückstellungen vorzunehmen.

60 61

Palandt / Putzo, B G B § 581 A n m . 4. Siehe Abschnitt G b.

5 Gurke

E. Bewertung von drohenden Verpflichtungen aus Sozialplänen in der Überschuldungsbilanz Handelt es sich bei dem von der Überschuldung bedrohten Unternehmen um eines, das dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegt, stellt sich die Frage nach der Bilanzierung etwaiger Ansprüche aus künftigen Sozialplänen der Arbeitnehmerschaft. Z u den Voraussetzungen, die eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Sozialplanes auslösen 1 , gehören: 1. Es muß ein Betrieb (nicht Unternehmen) m i t i n der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern sein, § 111 BetrVG. 2. Es muß ein Betriebsrat existieren. 3. Die geplante Betriebsänderung muß wesentliche wirtschaftliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben 2 . Fehlt es an einem Betriebsrat oder werden nicht mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt, entfallen die Ansprüche aus den §§ 111-113 BetrVG 3 . Die Entscheidung darüber, ob das Unternehmen m i t der Entstehung von Sozialplanverbindlichkeiten rechnen muß, hängt von den zuvor zu klärenden Verwertungsaussichten ab 4 . Je nach dem Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Untersuchung ergeben sich für die Bilanzierung i n der Überschuldungsbilanz grundlegende Unterschiede 5 . Es soll zunächst der Fall der voraussichtlichen Liquidation betrachtet werden.

1

Briese, D B 1977, 313. Briese, D B 1977, 314 m i t weiteren Nachweisen. 3 Zilias, W P g 1979, 574. 4 Anders Mentzel / K u h n / Uhlenbruch, K O Vorbem. v o r § 207 A n m . 12, der generell Sozialplanverbindlichkeiten als Passivposten m i t der Begründung ablehnt, daß diese meist erst i m Konkursverfahren entstünden. 5 Außerdem Haje, Sozialplaneinfluß auf Insolvenzentscheidungen, S. 1 ff., der i n seiner Untersuchung darauf eingeht, i n welchem Maße sich Sozialplanaufwendungen auf die Entscheidung über die Verwertungsart konkursreifer Unternehmen auswirken, d. h. welche Verfahren gewählt werden (Konkursoder Vergleichsverfahren). 2

I. L i q u i d a t i o n

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I . Liquidation a) Unternehmenszerschlagung

Ist die Liquidation, also die Zerschlagung des Unternehmens und damit die des Betriebes, unumgänglich geworden, folgt daraus die Stilllegung des ganzen Betriebes i m Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG. Liegen die sonstigen Voraussetzungen des § 111 Satz 1 BetrVG vor, bedeutet dies, daß das Unternehmen bei der Durchführung der Liquidation m i t Ansprüchen aus einem Sozialplan rechnen muß. Bei der Bildung von Rückstellungen für Sozialplanverbindlichkeiten ist eine wirtschaftliche Betrachtung maßgebend. Wegen des statischen Charakters der Überschuldungsbilanz sind alle die Unternehmung treffenden Vermögensminderungen aus Anlaß der Liquidation zu antizipieren 6 . I m Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtung ist die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit der Unternehmensschließung durch die eingehende Untersuchung der Zukunftschancen beantwortet worden. Sie ist die Entscheidungsgrundlage, auf der die Bildung von Rückstellungen für einen Sozialplan zu erfolgen hat, selbst wenn dessen tatsächliches Zustandekommen auf Grund der umfangreichen verfahrensrechtlichen Regelung, § 112 BetrVG, erst sehr viel später geschieht, u . U . erst i m nachfolgenden Konkursverfahren 7 . Daneben können noch weitere K r i terien i n Betracht kommen, u m den Zeitpunkt der Entstehung der Bilanzierungspflicht zu fixieren. So wenn die Geschäftsleitung bereits bei Errichtung der Überschuldungsbilanz zur geplanten Betriebsänderung entschlossen ist, auch ohne i n diesem Zeitpunkt einen Interessenausgleich und Sozialplan m i t dem Betriebsrat vereinbart zu haben 8 , oder wenn der Betriebsrat bereits vor Erstellung der Vermögensübersicht von der bevorstehenden Betriebsänderung unterrichtet wurde 9 . I n all diesen Fällen ist m i t der Entstehung von Sozialplanverbindlichkeiten sicher zu rechnen. I n der Sache aber basieren die beiden letztgenannten Kriterien ihrerseits auf der Maxime der wirtschaftlichen Notwendigkeit, weil ohne entsprechende betriebswirtschaftliche Zwänge eine Betriebsänderung i n Form der Zerschlagung des Unternehmens nicht erfolgen würde. Damit bleiben letztlich die wirtschaftlichen Ge6

Streit, S. 73; WP-Handbuch 1977, 1569. WP-Handbuch 1977, 1569; widersprüchlich Uhlenbruch, S. 97 f., der anscheinend n u r eine Pflicht zur B i l d u n g von Rückstellungen annimmt, w e n n v o r der Eröffnung des Insolvenzverfahrens m i t Sozialplanforderungen zu rechnen ist. 8 WP-Handbuch 1977, 1569. 9 So die Grundsätze des Bundesministers der Finanzen, Schreiben v o m 2. 5. 1977 — I V Β 2 — S 2137 — 13/77, wiedergegeben i n B B 1977, 682, wobei diese f ü r die Bilanzierung i m Jahresabschluß aufgestellt worden sind u n d n u r teilweise auf die Überschuldungsbilanz übertragen werden können; zu B i l a n zierungsfragen i n der Jahresbilanz Zilias, W P g 1979, 581 f. 7

5*

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E. Sozialpläne i n der Überschuldungsbilanz

gebenheiten, wenn auch i n unterschiedlicher Erscheinungsform, maßgebend für die Erfassung zukünftiger Sozialplanforderungen. Hinsichtlich der voraussichtlichen Belastung aus dem Sozialplan kann nur eine Schätzung erfolgen. Für die Höhe der zu erwartenden Zahlungen existieren keine allgemein gültigen Regelungen, sondern sie hängen vom jeweiligen Einzelfall ab 1 0 . Insoweit kommt die ungewisse Höhe der Verbindlichkeit gerade durch die Bildung einer Rückstellung zum Ausdruck 1 1 . Als Faustregel der Abfindung i m Sozialplan gilt ein Betrag i n Höhe eines halben Monatsgehaltes pro Beschäftigungsjahr. Ferner w i r d i m allgemeinen bei der Bemessung der Abfindung das Lebensalter des Arbeitnehmers berücksichtigt 12 . Außerdem hat sich die Abfindungszahlung nach den wirtschaftlichen Belangen für das Unternehmen zu richten 1 3 . So jedenfalls die gesetzliche Regelung, die dies i n §112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG für den Spruch der Einigungsstelle ausdrücklich vorsieht und dadurch einen Ausgleich i m Interessenkonflikt zwischen denen des Unternehmers und der durch die Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer anstrebt 14 . N u r ist unklar, was unter „ w i r t schaftlicher Vertretbarkeit" zu verstehen ist, wenn die Zerschlagung des Unternehmens vorgenommen wird. Insbesondere, ob unter diesem Aspekt eine Verringerung der Abfindungen i n zukünftigen Sozialplänen gerechtfertigt werden kann, was Einfluß auf die Höhe der zu bildenden Rückstellungen hätte. Teilweise w i r d eine Kürzung m i t Hinweis auf das sich nicht selten anschließende Konkursverfahren für möglich gehalten 15 . Abgesehen davon, daß die Frage der Anwendbarkeit von § 112 Abs. 4 Satz 2 BetrV G i n Konkursverfahren recht umstritten ist 1 6 , widerspricht eine der10

Zilias, W P g 1979, 577 f. Heinen, S. 263; Streit, S. 74/75. 12 Zialias, W P g 1979, 578; Görg, Entschädigung bei unverschuldetem Verlust des Arbeitsplatzes, S. 29 f.; Ohl, Der Sozialplan, S. 82 ff. 13 Zilias, W P g 1979, 577; Richardi, Sozialplan u n d Konkurs, S. 86 ff.; U h l e n b r u c h K T S 1973, 93. 14 B A G J Z 1979, 194. 15 Drukarczyk, Z G R 1979, 573. 16 Das B A G J Z 1979, 194 f.; Z I P 1980, 202 ff. (204), v e r t r i t t die Auffassung, daß i m Konkursverfahren trotz L i q u i d a t i o n des Unternehmens § 112 Abs. 4 Satz 2 B e t r V G anzuwenden sei. Anstelle des Unternehmensinteresses sei das Interesse der Gläubiger zu berücksichtigen, da ein einseitiger Zugriff auf die Konkursmasse durch eine bestimmte Gläubigergruppe, die Arbeitnehmer, nicht m i t der Konkursordnung i n Einklang zu bringen wäre. Dazu die Urteilsanmerkung von Beuthien, Z I P 1980, 83 ff., sowie derselbe, R d A 1976, 155; i n diesem Sinne w i e das B A G U h l e n b r u c h K T S 1973, 93. Nach anderer Meinung (Richardi, S. 92; v o n Stebut, Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen bei Insolvenz des Arbeitgebers, D B 1975, Beilage 9 zu Heft 19, S. 10/11; Fuchs, Der Sozialplan nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, S. 115) entfällt das M e r k m a l der wirtschaftlichen Vertretbarkeit i m Konkurs. Es soll n u r v e r 11

I. L i q u i d a t i o n

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artige Argumentation der funktionellen Stellung von Überschuldungsbilanz und Insolvenzverfahren. Etwaige Kürzungsmöglichkeiten i m Konkurs haben für die Bewertung i m Rahmen der Überschuldung gänzlich außer Betracht zu bleiben. Es ist die Aufgabe des Vermögensstatus, überhaupt erst zu klären, ob ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden muß. Würde man wie Drukarczyk 1 7 Kürzungen schon i n der Überschuldungsbilanz anerkennen, um den Gedanken der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger i m Konkurse Rechnung zu tragen 1 8 , läge darin ein unzulässiger Vorgriff auf eine Schlußfolgerung, die erst aus der Überschuldungsrechnung entnommen werden soll. Vielmehr ist bei der Bewertung von einer normalen Liquidation außerhalb jeglichen Insolvenzverfahrens auszugehen 19 . Die oben erwähnte und streitige Anwendung des § 112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG i m Konkurs stellt sich allerdings, wenn auch i m Ausgangspunkt verschoben, für die „normale" Liquidation. Es kommt darauf an, welche Bedeutung dieser Vorschrift beizumessen ist. Das Bestandsinteresse am Unternehmen, das durch § 112 Abs. 4 Satz 2 BetrVG i m Falle der Fortführung repräsentiert wird, besteht nicht länger. Ähnlich wie i m Konkurs w i r d argumentiert, es sei statt dessen die wirtschaftliche Vertretbarkeit für das verwertbare Vermögen zu berücksichtigen 20 . Es w i r d nunmehr das Interesse der Gläubiger, möglichst geringe Einbußen ihrer Forderungen zu erleiden 21 , i n den Vordergrund gestellt. Folgt man einer solchen Interpretation der wirtschaftlichen Vertretbarkeit, ist i n der Überschuldungsbilanz eine Kürzung der Sozialplanansprüche vorzunehmen. Hält man indes die Gegenauffassung für richtig, daß bei einer Liquidation die wirtschaftliche Vertretbarkeit des Sozialplanes für das Unternehmen entfalle und andere Interessen nicht an deren Stelle treten 2 2 , muß der Sozialplan i n voller Höhe bilanziert werden. Eine Entscheidung der aufgezeigten Standpunkte soll hier nicht erfolgen, da nur Anhaltspunkte für die Bewertung darzustellen sind und keine speziellen arbeitsrechtlichen Fragen erörtert werden sollen. hindern, daß der Bestand des Unternehmens u n d damit weitere Arbeitsplätze durch zu hohe Sozialplanansprüche gefährdet werden. Dieser Gedanke sei bei einem Konkursverfahren nicht mehr vorhanden, u n d f ü r eine Interessenauswechselung ergebe das Gesetz keine Anhaltspunkte. Abweichend Dorndorf. Sozialplan i m Konkurs, S. 24, der zumindest die ordnungsmäßige Verfahrensabwicklung i m Konkurse gesichert wissen w i l l . 17 Z G R 1979, 573. 18 U h l e n b r u c h K T S 1973, 93; B A G J Z 1979,194/5. 19 K ü h n , S. 44/45. 20 A r b G H a m m zitiert bei Fuchs, S. 114; Bötticher, B B 1975, 978. 21 Fuchs, S. 115; eine Wahrung der Eigentümerinteressen, durch die freiw i l l i g e Unternehmensschließung einen hohen Liquidationserlös zu erzielen, ist offensichtlich nicht bezweckt, Dorndorf, S. 22/24. 22 von Stebut, S. 10; Fuchs, S. 114 f.; Richardi, S. 92.

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E. Sozialpläne i n der Überschuldungsbilanz

Ein weiterer Gesichtspunkt, der Einfluß auf die Höhe der Rückstellungen haben kann, sind die unterschiedlichen gesetzlichen Reaktionen auf eine Betriebsänderung. Hat nämlich die Geschäftsleitung schon zur Zeit der Errichtung der Überschuldungsbilanz Maßnahmen zur Betriebsänderung eingeleitet, ohne vorher den Versuch eines Interessenausgleichs m i t dem Betriebsrat gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG rechtzeitig vorzunehmen, besteht ein Anspruch auf Nachteilsausgleich. Die Bildung von Rückstellungen ist auch für zu erwartende Ansprüche aus dem Nachteilsausgleich vorzunehmen. Der Umfang der individuellen A n sprüche der Arbeitnehmer w i r d i n der Regel höher sein als bei einem Sozialplan 23 . Immerhin w i r d die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nicht i n dem Maße berücksichtigt wie bei einem Sozialplan, da dem Nachteilsausgleich eine Sanktionswirkung zukommt, u m den Arbeitgeber zumindest zu einem Versuch eines Interessenausgleichs anzuhalten 24 . Unklar ist, ob und i n welcher Höhe der Nachteilsausgleich auf den Sozialplananspruch anzurechnen ist. Grundsätzlich ist es möglich, trotz fehlender Beteiligung des Betriebsrats an der Betriebsänderung einen Sozialplan aufzustellen 25 . I n der arbeitsrechtlichen Literatur werden zu diesem Problemkreis unterschiedliche Auffassungen vertreten 2 6 . Teilweise w i r d eine generelle Subsidiarität des Nachteilsausgleichs gegenüber dem Sozialplan für möglich gehalten 27 , so daß Ansprüche wegen Nachteilsausgleichs ausgeschlossen wären. Die Gegenmeinung 28 w i l l beide Ansprüche kumulieren. Danach könnte ein Arbeitnehmer zusätzlich neben dem Nachteilsausgleichsanspruch noch Abfindungen aus dem Sozialplan verlangen, ohne daß eine gegenseitige Anrechnung der A n sprüche erfolgen würde. Schließlich soll eine Berücksichtigung von Leistungen aus einem Nachteilsausgleich auf die Höhe der Sozialplanforderungen der Arbeitnehmer durchgeführt werden 2 9 . Es wären bereits entstandene Abfindungsansprüche gemäß § 113 BetrVG bei der Aufstellung eines Sozialplanes zu berücksichtigen 30 . Die Höhe der vorzunehmenden Rückstellungen hängt davon ab, welcher Auffassung man folgt. Die Darstellung der unterschiedlichen Auffasungen kann nur als Bewertungskriterium für den Umfang der erforderlichen Rückstellungen 23

Zilias, W P g 1979, 578/9. Zilias, W P g 1979, 578 u n d Fußnote 26. 25 Schlüter, Die konkursrechtliche Behandlung der Sozialplanansprüche u n d der Ausgleichsansprüche nach § 113 BetrVG, S. 47. 26 Siehe die Übersicht bei Schlüter, S. 47. 27 Dietz / Richardi, B e t r V G § 112 Rdn. 45. 28 Schneider, MitbGespr. 1975, S. 67 (70). 29 Schlüter, S. 48 f.; F i t t i n g / A u f f a h r t / Kaiser, B e t r V G § 113, Rdn. 15. 30 Schlüter, S. 48. 24

I. L i q u i d a t i o n

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dienen. Die Entscheidung, welcher Meinung zu folgen ist, soll dem Bewertenden bei Aufstellung der Überschuldungsbilanz überlassen bleiben. b) Betriebsveräußerung

Besteht begründete Aussicht, daß m i t einer Veräußerung des Gesamtbetriebes oder einiger Teile desselben i m Liquidationsverfahren zu rechnen ist, muß nur dann eine Rückstellung gebildet werden, falls es zu Betriebsänderungen kommen sollte, die die Voraussetzungen des §111 Satz 2 BetrVG erfüllen. Grundsätzlich gehen die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen auf den Erwerber über, § 613 a BGB, der durch § 122 BetrVG i n das BGB eingefügt wurde. Ein Fall des § 111 Satz 2 BetrVG liegt bei einer Betriebsveräußerung nicht vor 3 1 . Die Arbeitsplätze bleiben erhalten, und es bedarf keines Sozialplanes, um die wirtschaftlichen Nachteile, die durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, abzugleichen. Einzig können Sozialplanansprüche entstehen, wenn neben der (Teil-)Betriebsveräußerung noch Betriebsänderungen vorgenommen werden müssen. Ähnlich verhält es sich bei einer nur vorübergehenden Einschränkung 32 des Betriebes, wenn nach gewisser Zeit, etwa weil erfolgversprechende Verkaufsverhandlungen laufen, m i t einer Veräußerung zu rechnen ist 3 3 . Soweit sich aus den (Teil-)Betriebsänderungen, falls sie wesentlich sind 3 4 , und/oder der vorübergehenden Einschränkung des Betriebes Ansprüche ergeben, sind sie als Verbindlichkeiten aufzunehmen. I n diesem Zusammenhang taucht das bereits behandelte Problem einer Kürzung der Sozialpläne auf, um nicht durch die Höhe der Abfindungen potentielle Käufer abzuschrecken und so eine Erhaltung der Arbeitsplätze unmöglich zu machen 35 . I m Gegensatz zur Zerschlagung ist es bei einer wahrscheinlich erscheinenden Veräußerung angebracht, dies i m konkreten Fall bei einer Aufstellung des Sozialplanes zu berücksichtigen 36 . Hier ist eine Verringerung des Sozialplanes notwendig, da die Zerschlagung der nicht betroffenen Arbeitsplätze vermieden werden kann. Die Interessenkonstellation ist vergleichbar m i t der Betriebsfortführung, wo ebenfalls die Bestandswahrung des verbleibenden Betriebes i m Vordergrund steht.

31

Uhlenbruch, K T S 1973, 92. Z u r Abgrenzung v o n Stillegung u n d Einschränkung des Betriebes F i t t i n g / A u f f a h r t / Kaiser, B e t r V G § 111 A n m . 11. 33 WP-Handbuch 1977, 1569. 34 Dazu Briese, D B 1977, 313. 35 Fuchs, S. 115/6. 36 Fuchs, S. 116. 32

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E. Sozialpläne i n der Überschuldungsbilanz I I . Betriebsfortführung

Erfolgt eine Betriebsfortführung, sind keine oder nur geringe Rückstellungen für Sozialpläne zu bilden 3 7 . Bei einer Fortführung bleibt das Unternehmen und seine Betriebseinrichtungen erhalten. M i t Betriebseinschränkungen oder Stillegungen ist nicht zu rechnen, weil von der zeitlich unbefristeten Fortsetzung des Unternehmens ausgegangen wird. Die Bildung von Rückstellungen erübrigt sich 38 . Sind Sanierungsmaßnahmen erforderlich, um das Unternehmen lebensfähig zu halten, und erfüllen sie die Voraussetzungen einer Betriebsänderung, ist gleichfalls ein Sozialplan aufzustellen. Beispielsweise können i m Rahmen von Sanierungen grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks, der Betriebsanlagen notwendig sein, § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG. Ebenso ist die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren denkbar, § 1 1 1 Satz 2 Nr. 5 BetrVG 3 9 . Besteht unter wirtschaftlichen Aspekten schon zur Zeit der Errichtung der Überschuldungsbilanz eine Notwendigkeit, derartige Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen, muß eine Passivierung erfolgen. Denn ist die Prognose der Lebensfähigkeit m i t der Sanierung verkoppelt, ergibt sich daraus, daß m i t der Entstehung der Sozialpläne sicher zu rechnen ist, sofern das Unternehmen fortgeführt werden soll. Es liegt eine Verpflichtung vor bzw. es kann das Vorliegen einer Verpflichtung bei sorgfältiger Abwägung aller bekannnten Umstände nicht verneint werden 4 0 , die zur Bildung einer Rückstellung nötigt. Bei der Höhe der zu erwartenden Verpflichtungen ist das Erhaltungsinteresse am Unternehmen zu berücksichtigen. Es ist eine Kürzung der Ansprüche zulässig, da sich das Unternehmen zwar i n einer wirtschaftlichen Notlage befindet, aber m i t seiner Sanierung wahrscheinlich zu rechnen ist 4 1 . Sozialplanverpflichtungen müssen dort ihre Obergrenze finden, wo sie weitere Arbeitsplätze gefährden 42 . Die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vorgeschlagene Handhabung, zunächst eine Stundung der Ansprüche und falls dies nicht 37

WP-Handbuch 1977, 1570. Es sei noch auf Tendenzen hingewiesen, die i n der Jahresbilanz aus Gründen der periodengerechten Erfolgsermittlung grundsätzlich Rückstellungen auch f ü r noch nicht absehbare Sozialplanverbindlichkeiten fordern, sofern die Sozialplanleistung als zusätzliches Arbeitsentgelt angesehen w i r d , Briese, D B 1977, 365 ff. m i t weiteren Nachweisen. 39 Briese, D B 1977, 314 m i t weiteren Nachweisen. 40 A D S A k t G § 152 A n m . 109; Streit, S. 73 f. 41 Fuchs, S. 109 f.; Richardi, S. 92. 42 Drukarczyk, Z G R 1979, 573/4; i n diesem Sinne U h l e n b r u c h K T S 1973, 93. 38

I I . Betriebsfortführung

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ausreicht, erst dann eine Kürzung der Verbindlichkeiten vorzunehmen 43 , hat i m Hinblick auf eine Überschuldung nur die Kürzung der Verbindlichkeiten Bedeutung. Eine Stundung würde die Höhe der Schuldpositionen nicht beeinflussen, sondern nur die Liquidität begünstigen, während die Kürzung als solche erst die Vermögen-Schulden-Relation verbessert. Zusammenfassung

Die vorangegangene Untersuchung hat einmal deutlich gemacht, daß es bei einer Liquidation zu einer Erhöhung der Verbindlichkeiten i n der Überschuldungsbilanz kommt, die durch die Abwicklungskosten (Sozialpläne, langfristige Miet- und Pachtverträge) verursacht werden. Außerdem hat sich gezeigt, daß für eine sachgerechte Beurteilung des Unternehmensschicksals eine betriebswirtschaftliche Analyse unumgänglich ist, wenn die voraussichtlichen Verwertungsmöglichkeiten des Unternehmensvermögens als Bewertungsgrundlage herangezogen werden sollen. I m folgenden soll die Aufgabenstellung und Funktion der betriebswirtschaftlichen Analyse i m Rahmen der Konkursantragsbestimmungen eingehend untersucht werden.

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Richardi, S. 92.

F. Die betriebswirtschaftliche Analyse des Unternehmensschicksals Charakteristisch für betriebswirtschaftliche Analysen ist, daß sie zeitraumbezogen sind 1 . Sie stellen einmal eine vergangenheitsorientierte Analyse 2 der Umstände dar, die ursächlich für die Notlage des Unternehmens geworden sind 3 . Sie sind zugleich zukunftsorientiert, indem sie die zukünftigen Aussichten der Gesellschaft prognostizieren 4 . I m Vordergrund der Untersuchung steht die Sanierungsfähigkeit 5 . Demgegenüber zeichnen sich Uberschuldungsbilanzen durch ihre Zeitpunktbezogenheit aus®. Ziel ihrer Aufstellung ist die Vermögensübersicht zu einem bestimmten Zeitpunkt 7 . Beide Grundsätze werden i n der Überschuldungsbilanz miteinander verbunden 8 . Praktisch bietet sich die von Siedschlag9 angebotene Verfahrensweise bei drohender Überschuldung an: 1. „Bei Aufstellung einer Überschuldungsbilanz ist zunächst aufgrund einer eingehenden betriebswirtschaftlichen Analyse, insbesondere m i t Hilfe einer Ertragswertberechnung und Finanzplanung, die Lebensfähigkeit einer Unternehmung festzustellen. 2. Die Überschuldungsbilanz ist zu den Bewertungsmaßstäben aufzustellen, die sich aus dem Resultat der Untersuchung nach Ziff. 1 ergeben." 1

Schürer, S. 73. Hirtz, S. 12/13. 3 Fürst, Insolvenzen i n betriebswirtschaftlicher Schau, S. 19. 4 Fürst, S. 19. 5 Hirtz, S. 67. 6 Schürer, S. 73. 7 Pribilla, K T S 1958, 6/7. 8 Pribilla, K T S 1958, 7; anders: Schürer, S. 73, der eine Verquickung beider Grundsätze f ü r unzulässig hält, w e n n er auf S. 78 ausführt, „daß es zu den Sorgfaltspflichten der Verwaltungsträger gehört, neben u n d unabhängig von der Prüfung der Überschuldungsfrage zu untersuchen, ob die Unternehmimg überhaupt noch lebensfähig ist, also fortgeführt werden k a n n oder soll". Offensichtlich verkennt er die entscheidende Funktion, die der Überprüfung der Lebensfähigkeit zukommt. Sie ist die Vorfrage, ohne die eine Überschuldungsbilanz erst gar nicht erstellt werden könnte. Es w ü r d e n die A n h a l t s punkte fehlen, u m die jeweilige A u s w a h l unter den Fortführungs- oder Liquidationswerten zu treffen. Anders wäre es nur, w e n n man generell zu Liquidations- oder Fortführungswerten bewerten würde. F ü r diesen F a l l wäre eine betriebswirtschaftliche Analyse überflüssig. 2

9

S. 97.

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Maßgeblich für die Überlebensaussichten sind die Liquidität und Rentabilität der Unternehmung 1 0 . Bei i n wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Industrie- und Handelsunternehmen stellen sich meist zwei grundlegende Probleme: Es bestehen Liquiditäts- und Rentabilitätssorgen 11 . Neben der Aufstellung eines Finanzplanes, u m die Liquidität zu sichern, kommt es entscheidend auf die „nachhaltige Gewinnerzielung" 1 2 , die Rentabilität, für die Überlebensaussichten an. Ohne eine positive Ertragslage kann über einen längeren Zeitraum kein finanzielles Gleichgewicht erreicht werden 1 3 . Sie ist Hauptgegenstand der betriebswirtschaftlichen Analyse. Ein Unternehmen ist lebensunfähig, wenn es unrentabel arbeitet und dies auch zukünftig zu erwarten ist. Dann w i r d sich langfristig die Unrentabilität i n Form der Zahlungsunfähigkeit und/oder einer Uberschuldung niederschlagen 14 . Umgekehrt bedeutet dagegen eine gegenwärtige Zahlungseinstellung oder Überschuldung nicht notwendig die mangelnde Rentabilität einer Unternehmung. Dies kann für die Vergangenheit zutreffend sein, muß es aber nicht. Man denke nur an den bereits erwähnten Fall des Zusammenbruchs eines Großkunden. Daraus ergibt sich, daß nur durch eine betriebswirtschaftliche Analyse auf die Lebensfähigkeit einer Unternehmung geschlossen werden kann 1 5 . I n der Praxis w i r d die Unternehmensleitung einen Ertragsplan aufstellen, um die in der Zukunft zu erwartende (positive oder negative) Ertragslage zu analysieren 16 . N u r wenn sich langfristig eine ausreichende Verzinsung des eingesetzten (Gesamt-)Kapitals abzeichnet, ist eine Überlebensfähigkeit des Unternehmens gegeben. Die Höhe der Erträge muß auf Dauer die vertraglich bestimmte Verzinsung des Fremdkapitals sicherstellen und darüber hinaus zumindest eine als „ausreichend" erachtete Verzinsung des Eigenkapitals erbringen 1 7 . Unabdingbare Voraussetzung der Lebensfähigkeit ist ein Ertrag, der m i n destens die Fremdkapitalkosten deckt. Das Unternehmen muß i n der Lage sein, die Fremdkapitalaufwendungen aus den laufendenn Gewinnen zu bezahlen, u m längerfristig ein finanzielles Gleichgewicht zu erreichen. Ist hingegen eine „ausreichende" Verzinsung des Gesamt10

Siedschlag, S. 53. Jaeger, D B 1979, 2438; zur Durchführung von Unternehmenssanierungen: Baur, Sanierungen, Wege aus Unternehmenskrisen. 12 Jaeger, D B 1979, 2438. 13 Egner / Wolff, A G 1978, 102. 14 Siedschlag, S. 57. 15 Siedschlag, S. 55. 16 E g n e r / W o l f f , A G 1978, 102; dazu auch Fischer, Die Überschuldungsbilanz, S. 69 ff. 17 E g n e r / W o l f f , A G 1978, 102. 11

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kapitals nicht zu erwarten, muß eine Unternehmensliquidation vorgenommen werden. Für die Überschuldungsbilanz bedeuten die zuvor angestellten Uberlegungen, daß die anzusetzenden Zeitwerte sich nach den Ergebnissen der Untersuchung bestimmen, d. h. der konkret zu wählende Wertansatz ist von der Betriebsanalyse abhängig 18 . Die Wertansätze der einzelnen Vermögensgegenstände sind kein juristisches, sondern ein rein betriebswirtschaftliches Problem 1 9 . Dagegen muß die Wahl eines Wertansatzes, also die jeweilige Bewertungsmethode 20 , juristisch zulässig, insbesondere m i t den Uberschuldungsbestimmungen vereinbar sein. I n diesem Zusammenhang w i r d die häufig anzutreffende Formulierung, daß es bei der Feststellung der Uberschuldung um die Frage gehe, ob die Gesellschaft auf die Dauer ihren gegenwärtigen Verpflichtungen den Gläubigern gegenüber aus dem vorhandenen Vermögen nachzukommen i n der Lage ist 2 1 , dem eigentlichen Zweck der Überschuldungsbilanz nicht gerecht. Es soll nur die Vermögenssituation dargestellt werden, während die Frage, ob die Gesellschaft auf die Dauer i n der Lage ist, ihren gegenwärtigen Verpflichtungen nachzukommen, auf ihre Lebensfähigkeit abzielt. Sie kann nur durch die Betriebsanalyse beantwortet werden und hat unmittelbar nichts m i t der Überschuldungsbilanz zu tun, sondern fließt nur mittelbar über den zu wählenden Wertansatz i n diese 22 ein. M i t der Bindung der Überschuldungsfrage an betriebswirtschaftliche Kriterien verliert die Überschuldungsbilanz nicht notwendig die ihr übertragene Meßfunktion. Zwar führt Drukarczyk 2 3 aus: „Die Entscheidung über die Fortführungswürdigkeit der Gesellschaft, sei es i n unveränderter Form, sei es i m Wege des Vergleichs oder über deren Auflösung (Konkurs), ist i n der Konzeption des Gesetzgebers nach Erstellung der Überschuldungsbilanz und Würdigung des Ergebnisses zu treffen. Gemäß der Auffassung (die hier vertreten wird) w i r d diese Entscheidung vor Erstellung der Überschuldungsbilanz getroffen. Die Überschuldungsbilanz reflektiert somit nur das, was die Bilanzierenden ohnehin für richtig halten." Dabei erscheint die eingangs gewählte und von Drukarczyk inhaltlich vertretene Formulierung, die Bilanz „verliere" die i h r gesetzlich zugewiesene Meßfunktion, als sachlich nicht haltbar. Es ist zweifelhaft, ob eine Überschuldungsbilanz eine eigene, 18

Pribilla, K T S 1958, 7. Schürer, S. 58. 20 Z u den Bewertungsmethoden Abschnitt G. 21 K ü h n , S. 43/44; WP-Handbuch 1977, 1560. 22 Schürer, S. 73/74. 23 ZGR 1979, 565 f.; der i n K l a m m e r n gesetzte T e i l des Zitats stammt v o m Verfasser. 19

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ihr übertragene Meßfunktion hat oder ob sie nicht i n jedem Fall nur einen vorgegebenen Bewertungsmaßstab i n Form von Zahlen reflektiert 2 4 . Gleich für welche Bewertungsmethode man sich entscheidet, immer richtet sich die Überschuldungsbilanz nach vorgegebenen Wertmaßstäben. Ohne derartige Maßstäbe wäre eine Erstellung eines Vermögensstatus nicht denkbar, da es an Bewertungskriterien fehlen würde. Ähnliches gilt für die Jahresbilanz. Dort werden die Vermögensansätze durch die Bewertungsprinzipien der §§ 153 ff. A k t G bestimmt. Entscheidet man sich für eine Bewertung je nach den Zukunftsaussichten der Unternehmung, so verliert die Überschuldungsbilanz keine Meßfunktion, wie Drukarczyk fälschlich annimmt, sondern es w i r d den Bewertungskriterien nur ein anderer Bezugspunkt gegeben. a) Die betriebswirtschaftliche Analyse als Mittel des Gläubigerschutzes

Die Uberschuldung stellt einen weiteren Konkursgrund juristischer Personen neben der Zahlungsunfähigkeit dar, § 207 KO. I h r Ursprung findet sich i n der rechtlichen Eigenart juristischer Personen. Bei ihnen handelt es sich u m eine rechtlich verselbständigte Vermögensmasse, die einzig den Gläubigern als Zugriffsobjekt haftet 2 6 . Dadurch sind die Gläubiger zur Deckung ihrer Forderungen ausschließlich auf das Vermögen der Gesellschaft angewiesen. Daraus folgt, daß die juristische Person nur solange eine Lebensberechtigung hat, soweit den Schulden zumindest ein Vermögen i n gleicher Höhe gegenübersteht, d. h. es muß für die Forderungen der Gläubiger ein entsprechendes Äquivalent i n Form von Gesellschaftsvermögen vorhanden sein 26 . Übersteigen die Verbindlichkeiten die Vermögensmasse, liegt eine Uberschuldung vor, und aus Gläubigerschutzgründen ist ein Insolvenzverfahren einzuleiten. M i t dem E i n t r i t t der Überschuldung — theoretisch reicht ein Übersteigen i n Höhe von 1 D M aus — steht zugleich fest, daß eine hundertprozentige Schuldendeckung nicht mehr möglich ist. U m einen Wettlauf der Gläubiger auf rechtzeitige Befriedigung i m Wege der Einzelzwangsvollstreckung zu verhindern, t r i t t an ihre Stelle das Insolvenzverfahren. Hierdurch soll eine gleichmäßige Befriedigung 2 7 gewährleistet werden und, soweit eine Abdeckung der Schulden nicht möglich ist, soll der Verlust von allen Gläubigern gemeinsam getragen werden 2 8 . Für die 24

Hirtz, S. 64 Fußnote 288. Siedschlag, S. 45 f.; Düring, W P g 1949, 193; v. Sarwey, Die K o n k u r s ordnung § 193 A n m . 2. 26 Düring, WPg 1949, 193. 27 Siedschlag, S. 16; Schönke / Baur, Zwangsvollstreckungs-, K o n k u r s - u n d Vergleichsrecht, S. 261 f. 28 Schmidt, A G 1978, 337; Siedschlag, S. 16/17, der zu Recht darauf hinweist, 25

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Gläubiger bedeutet ein Konkursverfahren, daß sie bei einfachen Konkursforderungen gemäß § 61 Abs. 1 Ziff. 6 K O durchschnittlich 9 2 % ihrer Forderungen verlieren, da die Konkursquoten an dieser Rangstelle, wie empirische Untersuchungen ergeben haben, nur ca. 8 % betragen 2 9 . Deshalb kann es nicht entscheidend sein, daß die Gläubigerinteressen i m Insolvenz verfahren „auf bestmögliche Befriedigung ihrer Forderungen aus dem Schuldnervermögen gerichtet" sind 3 0 , wenn mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugleich eine volle Befriedigung der Gläubiger nicht mehr möglich ist. Vielmehr kommt es auf die Vorfrage an, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren einzuleiten ist. Schon hier hat die Prämisse einer „optimalen" Gläubigersicherung anzusetzen. Eine „optimale" Wahrung der Gläubigerinteressen ist immer dann erreicht, wenn eine vollständige Befriedigung der Gläubigerforderungen erfolgen kann. Andererseits bedeutet die Einleitung eines Insolvenzverfahrens regelmäßig erhebliche Vermögenseinbußen für die betroffenen Gläubiger. Aus diesem Grunde ist ein Konkurs möglichst zu vermeiden. Allerdings kann die Prämisse einer „optimalen" Wahrung der Gläubigerinteressen durch deren vollständige Befriedigung nicht i n jedem Fall verwirklicht werden, sondern nur wenn eine sachlich begründete Aussicht auf eine Unternehmensfortführung besteht. Es gibt Unternehmenssituationen, i n denen ein Insolvenzverfahren unumgänglich ist und zwangsläufig zu entsprechenden Forderungsverlusten führen muß. Hier setzt die Aufgabe der betriebswirtschaftlichen Analyse ein. Sie soll die „Spreu vom Weizen trennen", d.h. fortführungswürdige Unternehmen von den zur Liquidation verurteilten Unternehmungen trennen, wobei den letzteren wegen der Wertverluste der A k t i v a bei gleichzeitigem Ansteigen der Passiva als Folge der Abwicklungskosten fast regelmäßig eine Insolvenz eintreten wird. Wenn auch nicht immer ein „optimaler" Gläubigerschutz durchführbar ist, soll zuzumindest mittels einer eingehenden betriebswirtschaftlichen Unternehmensanalyse diejenige Verwertungsart des Unternehmensvermögens gefunden werden, die wirtschaftlich sinnvoll erscheint und zu den geringsten wirtschaftlichen Nachteilen der Gläubiger führt 3 1 . Diese Entscheidung muß schon i m Vorfeld der Uberschuldungsprüfung einsetzen, wenn es um die Frage geht, ob ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden muß oder ob es vermieden werden kann. Damit stellt die betriebswirtschaftliche Analyse das eigentliche M i t t e l des Gläubigerschutzes daß es dabei mehr u m eine Idealvorstellung der Gläubigergleichbehandlung geht. 29 Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, Die Praxis der Konkursabwicklung i n der Bundesrepublik Deutschland, S. 163 ff. 30 Siedschlag, S. 31. 31 Hirtz, S. 19 u n d 83.

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dar 3 2 und nicht die Wertansätze i n der Überschuldungsbilanz. Sie sind durch das Ergebnis der Unternehmensanalyse vorbestimmt. b) Interessen von Eigentümern, Arbeitnehmern und der Öffentlichkeit

Bisher war ausschließlich von einem Schutz der Gläubigerinteressen die Rede. Daneben bestehen auch noch andere Gruppen, deren Interessen m i t dem Unternehmen verbunden sind 3 3 , so die Anteilseigner (Gesellschafter bzw. Aktionäre) der jeweils betroffenen Kapitalgesellschaft, die Arbeitnehmer und ein durchaus anzuerkennendes öffentliches Interesse 34 . Grundsätzlich können die Arbeitnehmer zugleich auch Gläubiger wegen noch ausstehender Lohnforderungen sein. Nur ist die soziale Komponente — die Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzes — vorrangig gegenüber der Gläubigerstellung und rechtfertigt eine gesonderte Behandlung der Arbeitnehmerinteressen. Eine gewisse Berücksichtigung haben die nicht zu den Gläubigern zählenden Interessengruppierungen nach geltendem Insolvenzrecht erhalten. Dazu gehört die Möglichkeit der Geschäftsleitung einer insolventen Gesellschaft, ein Vergleichsverfahren, § 2 VerglO, zu beantragen oder einen Zwangsvergleich i m Konkurse anzubieten, § 173 KO. Die wesentliche Entscheidungsbefugnis ist aber beim Konkursgericht, § 16 VerglO, oder bei den Gläubigern verblieben, § 182 KO. Den eigentlichen Interessen der Anteilseigner, nämlich an einer Aufrechterhaltung des Unternehmens, das für sie eine Einkunftsquelle bedeutet 36 , und soweit als möglich übereilte Entwertungen des Unternehmensvermögens zu verhindern, sind enge Grenzen gezogen. Ihre Verwirklichung w i r d weitgehend von den Gläubigern bestimmt, da die vereinheitlichte Konkursordnung von 1877 auf dem Gedanken einer Gläubigerselbstverwaltung über die Konkursmasse gegründet ist, „die von Aufsichtsmaßregeln des Gerichts lediglich begleitet w i r d : Die Solidargemeinschaft der Gläubiger soll sich m i t Hilfe eines Experten selber verwalten" 3 6 . Die Interessenlage der Arbeitnehmer hat i n der Konkursordnung einzig Ausdruck i n der Sicherung ihres Lohnanspruchs als Masseschulden, § 59 Abs. 1 KO, oder als bevorrechtigte Konkursforderung, § 61 Abs. 1 Ziff. 1 KO, gefunden 37 . Das grundlegende Interesse der Arbeitnehmer an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes ist i n der Konkursordnung nirgendwo berücksichtigt worden 3 8 . N u r i m Rahmen eines 32 33 34 35 36 37 38

Hirtz, S. 20 u n d 64 ff. Siedschlag, S. 30 ff.; ferner Fischer, S. 21 ff. Siedschlag, S. 35. Siedschlag, S. 32/33; K ü h n , S. 45; Egner / Wolff, A G 1978, 101. Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 449. Siedschlag, S. 34. Siedschlag, S. 34/35; anders: E g n e r / W o l f f , A G 1978, 101.

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Betriebsübergangs regelt eine nicht zum Konkursrecht gehörende Vorschrift, § 613 a BGB, die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse m i t dem neuen Inhaber. Gerade die sozialen Auswirkungen eines Arbeitsplatzverlustes sind für einen Arbeitnehmer von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die Schließung des Unternehmens kann je nach Lage des Einzelfalles für ihn vorübergehende Arbeitslosigkeit, eventuelle soziale Verschlechterungen, einen Ortswechsel oder ähnliches m i t sich bringen 3 9 . Derartige Konsequenzen werden durch die Überschuldungsfrage inzident mitentschieden. Einen gewissen finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und die i m Laufe des Arbeitsverhältnisses erworbenen Vorteile bietet immerhin das Betriebsverfassungsgesetz i n den §§ 111-113, sofern die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Normen erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung 40 gelten die Vorschriften über die Betriebsänderung auch i m Falle des Konkurses und der damit verbundenen Zerschlagung des Unternehmens. A l l e r dings können die dann i m Rahmen von Sozialplänen zu gewährenden Abfindungen nur die finanziellen Auswirkungen lindern, jedoch nicht über den Verlust des Arbeitsplatzes hinwegtäuschen 41 . Das bereits erwähnte öffentliche Interesse w i r d einmal dann betroffen sein, wenn es sich um konkursgefährdete Großunternehmen handelt, die „gemeinwohlrelevant" sind 4 2 , weil sie beispielsweise eine große Zahl von Beschäftigten haben und/oder an ihrem jeweiligen Standort von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind. Derartige Interessen sind i m Insolvenzrecht nicht erfaßt. Ihre Berücksichtigung ist überaus schwierig, da das öffentliche Interesse nur von Fall zu Fall je nach den konkreten Umständen betroffen sein wird. Außerdem sind bei jedem Unternehmenszusammenbruch öffentliche Interessen insofern berührt, als eine Steuerquelle endgültig verschüttet w i r d 4 3 und durch den Verlust von Vermögenswerten ein Schaden für die Volkswirtschaft entsteht. c) Die Funktion der betriebswirtschaftlichen Analyse bei der Lösung der Interessenkonflikte

Zwischen den Unternehmensbeteiligten besteht eine Interessenübereinstimmung soweit es um die Aufrechterhaltung des Unternehmens bei Vermeidung des Insolvenzverfahrens geht. Eine Rettung des Unternehmens bedeutet für alle Beteiligten die bestmögliche Wahrung ihrer 39

294. 40

Dazu die Untersuchungen v o n Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 281 -

B A G JZ 1979, 192. Z u den bisherigen Erfahrungen über Sozialpläne i m Konkurs Gessner/ Rhode / Strate / Ziegert, S. 498 ff. 42 Siedschlag, S. 35 ff. 43 K ü h n , S. 45. 41

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Interessen. Diesem Interesse w i r d dadurch Rechnung getragen, daß mittels der betriebswirtschaftlichen Analyse die wirtschaftlich sinnvollste Verwertung des Gesellschaftsvermögens festgestellt wird, insbesondere ob eine begründete Aussicht für eine Unternehmensfortführung besteht. Insofern trägt die Durchführung einer Analyse nicht nur zu einer bestmöglichen Wahrung der Gläubiger-, sondern zugleich zur Berücksichtigung der sonstigen Beteiligteninteressen bei. Das Interesse der Inhaber an der Erhaltung einer Einkunftsquelle ist dann gewahrt, wenn die voraussichtliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens prognostiziert werden kann. Allerdings können i n die Analyse nur betriebswirtschaftliche Überlegungen einbezogen werden. Sonstige Belange der Eigentümer, die über eine reine Erzielung von Einkünften hinausgehen, müssen unberücksichtigt bleiben, beispielsweise die persönliche Verbundenheit der Anteilseigner zu einem traditionsreichen Familienunternehmen. Hier w i r k t sich die Funktion der Analyse aus, die nur die Rentabilität eines Unternehmens überprüfen kann, nicht aber i n der Lage ist, eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Das gilt auch für die Interessen der Arbeitnehmer. Sie kommen i n der Analyse lediglich insoweit zum Ausdruck, als es u m die Erhaltung der Arbeitsplätze unter betriebswirtschaftlichen Aspekten geht. Eine nachhaltige und dauerhafte Sicherung der Arbeitsplätze kann nur durch ein rentables Unternehmen erfolgen. Wollte man ein verlustbringendes Unternehmen fortführen, bestünde nach gewisser Zeit die Gefahr, daß eine Liquidation oder der Konkurs unumgänglich würde, die besonders i m letzteren Falle zu erheblichen Ausfällen bei Löhnen und Gehältern führen könnte 4 4 . Nicht nachprüfbar sind die sozialen Komponenten des Arbeitsverhältnisses. Die sozialen Auswirkungen der einen oder anderen Bewertung, die vorübergehende Arbeitslosigkeit oder finanzielle Verschlechterung am neuen Arbeitsplatz, werden nicht erfaßt. Unberücksichtigt bleiben ebenso öffentliche Interessen und Sonderinteressen von Gläubigern. Hierzu zählt das Interesse von Gläubigern, eine bestehende Geschäftsverbindung m i t dem bedrohten Unternehmen aufrechterhalten zu wollen und die daraus resultierende Bereitschaft, auf einen Teil einzelner Forderungen zu verzichten 45 , während i n die öffentlichen Interessen überwiegend soziale und politische Belange einfließen 46 .

44 45 46

Siehe die Untersuchung v o n Gessner / Rhode / Strate / Ziegert, S. 294. Siedschlag, S. 31/32. Siedschlag, S. 35 ff.

6 Gurke

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Die bestehende Interessenübereinstimmung aller Beteiligten an einer Fortführung endet i n dem Moment, wenn die betriebswirtschaftliche Analyse ergeben hat, daß dieses Ziel nicht realisierbar ist, sondern eine Liquidation unvermeidbar erscheint. Dann zerfallen die zunächst durch die angestrebte Rettung des Unternehmens vereinten Interessen i n divergierende Einzelinteressen. Bei einer Liquidation ist jede Beteiligtengruppe bestrebt, ihre eigenen Interessen möglichst weitgehend, eventuell auch auf Kosten der anderen Gruppierungen, durchzusetzen. Den Inhabern geht es nur noch u m einen höchstmöglichen Liquidationserlös, wobei dieses Interesse ebenfalls erlischt, falls infolge der Liquidationsbewertung eine Überschuldung sich ergeben sollte. I n diesem Falle hätten die Inhaber ohnehin nichts mehr an Vermögenswerten aus der Unternehmensabwicklung zu erwarten. Unter diesen Umständen besteht die Gefahr, daß die Inhaber m i t dem verbliebenen Vermögen leichtfertig umgehen, da es für sie nichts mehr zu verlieren gibt 4 7 . Hier greift die gläubigerschützende Funktion der Konkursantragspfiichten ein. Die Arbeitnehmerinteressen sind bei einer Liquidation einzig auf einen weitgehenden finanziellen Ausgleich im Rahmen eines Sozialplanes gerichtet. M i t dem Sozialplan sollen die finanziellen Auswirkungen des Arbeitsplatzverlustes gemindert werden. Deshalb konzentriert sich das Interesse der Arbeitnehmer darauf, einen möglichst vorteilhaften Sozialplan auszuhandeln. Diese Bestrebungen stehen beispielsweise i m Gegensatz zu den Inhaberinteressen, die einen hohen L i q u i dationserlös erzielen wollen, der nur realisierbar ist, wenn etwaige Abwicklungskosten (Sozialpläne usw.) gering gehalten werden. d) Prognosecharakter der betriebswirtschaftlichen Analyse

Wesentlich für die betriebswirtschaftliche Analyse ist ihr Prognosecharakter 48 . I n ihr werden nach dem Stand der gegenwärtigen Erkenntnisse Erwartungen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens geäußert. Sie dient dazu, die Erfolgsaussichten der unterschiedlichen Verwertungsarten, Liquidation oder Fortführung, einzuschätzen und die Entscheidung zwischen beiden Arten der Verwertung zu erleichtern. Allerdings w i r d die Empfehlung der Analyse wie jede Prognose mit gewissen Unsicherheiten behaftet sein. Denkbar ist, daß ein für unrentabel und für liquidationsbedürftig befundenes Unternehmen durch unvorhergesehene Marktveränderungen wieder m i t 47

Seite 39. Uhlenbruch, Z I P 1980, 81; Beeck, Die Konkursantragstellung als gläubispezifisches Entscheidungsproblem, S. 32/33; Schmidt, Z I P 1980, 236. 48

F. Die betriebswirtschaftliche Analyse

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Ertrag arbeiten könnte. Hier bedeuten neben den wägbaren Faktoren (Management, Konkurrentenrisiko, Lohnerhöhungen 49 ) die unwägbaren Faktoren (Wirtschaftskrisen, politische Veränderungen, Geschmacks- und Verfahrensänderungen usw. 50 ) eine erhebliche Unsicherheit. Entscheidend für die Qualität der betriebswirtschaftlichen Analyse ist die Eintrittswahrscheinlichkeit der ihr zugrunde gelegten Faktoren 5 1 . Je sorgfältiger die betriebswirtschaftliche Untersuchung durchgeführt worden ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die damit verbundene Aussage sich realisiert 5 2 . I n diesem Zusammenhang sollen bewußt falsch gestellte Prognosen außer Betracht bleiben 5 3 . Immerhin besteht i n Manipulationen eine nicht unerhebliche Gefahrenquelle, da diejenigen Personen, die die Analyse und die Vermögensbewertung vorzunehmen haben, zugleich als Leiter des betroffenen Unternehmens fungieren 54 . Es ist nicht auszuschließen, daß selbst bei einer zerschlagungsreifen Gesellschaft die Geschäftsleitung den Versuch einer Fortführung macht, um dem Unternehmen noch vor dem endgültigen Zusammenbruch zugunsten der Anteilseigner zusätzliche M i t t e l zu entziehen 55 . Abgesehen von vorsätzlichen Verhaltensweisen darf die betriebswirtschaftliche Prognose auch nicht nur auf eine optimistische Einschätzung gestützt werden 5 6 . Die Prognose muß durch objektivierbares Material fundiert und sachlich vertretbar sein 57 . I m Zivilprozeß hätten die i n Anspruch genommenen Gesellschaftsorgane den Beweis hierfür anzutreten 58 . Unterstellt man den Idealfall einer sorgsam durchgeführten Analyse, ergeben sich immer noch Unterschiede hinsichtlich der m i t den einzelnen Verwertungsarten verbundenen Chancen und Gefahren. Sie sind bei der Entscheidung, ob eine Liquidations- oder die Fortführungsbewertung durchzuführen ist, gegeneinander abzuwägen. Ist das Unternehmen „fortführungswürdig", liegen darin größere Chancen, aber auch höhere Gefahren für die Gläubiger als i m Falle der Liquidation. Die Liquidation w i r d alsbald durchgeführt und nach einem 49

Dazu die Übersicht i n : WP-Handbuch 1977, 1222 f. WP-Handbuch 1977, 1224. 51 Egner / Wolff, A G 1978, 103. 52 Schürer, S. 91/92; R i n k l i n , Die vergleichsfähige u n d konkursreife U n t e r nehmung, S. 72; Beeck, S. 33. 53 Egner / Wolff, A G 1978, 103 Fußnote 25. 54 Egner / Wolff, A G 1978, 103; Drukarczyk, ZGR 1979, 564 f. 55 Drukarczyk, ZGR 1979, 565. 56 Schmidt, Z I P 1980, 236. 57 Schmidt, Z I P 1980, 236. 58 Schmidt, Z I P 1980, 236; derselbe, A G 1978, 339. 50

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F. Die betriebswirtschaftliche Analyse

verhältnismäßig kurzen Zeitraum abgeschlossen sein, so daß der Eint r i t t wirtschaftlicher Veränderungen, die nachträglich zu einer Korrekt u r der beabsichtigten Verwertungsart zwingen könnten, kaum zu befürchten ist. Die möglichen Gefahren, die m i t einer Liquidation und der i m Vermögensstatus geschätzten voraussichtlichen Veräußerungserlöse verbunden sind, können als relativ gering veranschlagt werden. Entsprechend den Gefahren bestimmen sich die Chancen einer Gläubigerbefriedigung. Eine Liquidation bedeutet allenfalls eine teilweise, fast nie eine vollständige Erfüllung der Gläubigerforderungen. Meist w i r d die Folge ein sich anschließendes Konkursverfahren m i t entsprechend hohen Forderungsausfällen sein, die durch die Tatsache bedingt sind, daß eine Liquidation zu erheblichen Wertverlusten des Anlagevermögens bei gleichzeitigem Ansteigen der Passiva i n Folge von Rückstellungen für Sozialpläne und langfristige Miet- und Pachtverträge führt 5 9 . Demgegenüber bietet die Fortführung die große Chance auf 100°/oige Schuldentilgung. Entsprechend der betriebswirtschaftlichen Analyse ist damit zu rechnen, daß das Unternehmen zukünftig rentabel arbeiten und Gewinne erwirtschaften wird. Eine 100 °/oige Befriedigung erscheint aus den zukünftig zu erzielenden Gewinnen möglich. Gleichzeitig steigen die Gefahren. Es w i r d zunächst von einer dauernden Fortführung des Unternehmens ausgegangen. Dies birgt natürlich die Gefahr zukünftiger Veränderungen i n sich, die durch dynamische Elemente verursacht werden können, etwa Rohstoffverknappungen, Marktveränderungen, inflationäre Preis- und Lohnsteigerungen. Sollte die Fortführung nach einiger Zeit scheitern, ist m i t einer weiteren Verschlechterung der Befriedigungsmöglichkeiten für die Gläubiger zu rechnen, weil eine vorübergehende Weiterführung des Unternehmens erwartungsgemäß zu einer Erhöhung der Verschuldung führen wird. Ursache für die unterschiedlichen Gefahren und Chancen ist die grundlegend andere Funktion des Unternehmensvermögens bei beiden Verwertungsarten. Bei einer Liquidation dient das vorhandene Vermögen zur Schuldendeckung 60 . Kann das Unternehmen fortgeführt werden, bildet i n erster Linie der i n der Zukunft zu erzielende Ertrag das Mittel der Gläubigerbefriedigung 61 . Daneben bleibt als Zugriffsobjekt der Gläubiger weiterhin das Unternehmensvermögen bestehen und bietet eine zusätzliche Sicherung. Aus der Gegenüberstellung der m i t der jeweiligen Verwertungsart verbundenen Gefahren und Chancen geht die eigentliche Aufgabe der 59

Abschnitt C a u n d D i a . Siedschlag, S. 98. 61 Siedschlag, S. 98; Schmidt A G 1978, 337; Auler, D B 1976, 2169; Fischer, D B 1981, 1347, Plate, D B 1980, 222, der zutreffend auf eine Annäherung der beiden Konkurstatbestände — Überschuldung u n d Zahlungsunfähigkeit — hinweist. 80

F. Die betriebswirtschaftliche Analyse

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betriebswirtschaftlichen Analyse hervor. Sie soll eine Einschätzung der voraussichtlichen Erfolgsaussichten der einen oder anderen A r t der Verwertung liefern. Sie dient als Entscheidungshilfe, welche Verhaltensweisen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse sinnvoll erscheinen. e) Die rechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer betriebswirtschaftlichen Analyse

Nach dem hier vertretenen Ausgangspunkt ist eine betriebswirtschaftliche Untersuchung notwendig, um den von der Konkursantragspflicht ausgehenden Gläubigerschutz bestmöglich zu realisieren. I m Vordergrund eines effektiven Gläubigerschutzes muß die voraussichtlich w i r t schaftlich sinnvollste und die Gläubiger am wenigsten belastende Verwertung des Unternehmensvermögens stehen. Sie muß bei der E r m i t t lung der „wahren Werte" i n der Überschuldungsbilanz berücksichtigt werden, um eine angemessene Bewertung der Vermögenssituation zu ermöglichen. Danach sind zwei unterschiedliche Wertansätze, Liquidation oder Fortführung, denkbar. Welcher der beiden Wertansätze zu wählen ist, muß mittels der betriebswirtschaftlichen Analyse beantwortet werden. Sie dient der Schaffung von Bewertungskriterien. Dabei führt die Analyse als solche nicht zum Gläubigerschutz, sondern erst die aus i h r i n Verbindung m i t dem Ergebnis der Uberschuldungsprüfung zu ziehenden Konsequenzen. Vielmehr soll m i t der Analyse das Vorfeld über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Konkursantragspflicht vorbereitet werden. Die Entscheidung selbst, ob eine Konkursantragspflicht besteht, ist erst nach Aufstellen der Überschuldungsbilanz zu treffen. Wegen dieser Verknüpfung von betriebswirtschaftlicher Untersuchung und Überschuldungsbilanz ist ein effektiver Gläubigerschutz der Insolvenzvorschriften der §§ 92 I I A k t G und 64 GmbHG ohne eine entsprechende Analyse nicht möglich. Würde man auf eine Analyse verzichten, liefe der Gläubigerschutz mangels geeigneter Bewertungsmaßstäbe ins Leere. Mittelbar ist daraus die rechtliche Verpflichtung zur Durchführung der Analyse abzuleiten. Für die Rechtspflichten von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern bedeutet dies, daß sie eine Überschuldungsbilanz nicht zu irgendwelchen „wahren Werten" errichten müssen, sondern unter Berücksichtigung der zuvor durchgeführten Analyse. Damit aber t r i f f t sie die Verpflichtung, zunächst eine betriebswirtschaftliche Untersuchung durchzuführen und anschließend erst eine Vermögensübersicht aufzustellen, d. h. die gläubigerschützenden Konkursantragspflichten beinhalten die Pflicht, sow o h l eine Überschuldungsbilanz zu erstellen als auch eine betriebswirtschaftliche Analyse vorzunehmen.

G. Bewertung des Unternehmens bei zu erwartender Betriebsfortführung 1 Hat die Prüfung der maßgeblichen Umstände durch die Geschäftsleitung zur Prognose der voraussichtlichen Existenzfähigkeit geführt, schließt sich daran die Frage nach der „richtigen" Bewertung der tätigen Unternehmung i n der Überschuldungsbilanz an. I n diesem Zusammenhang w i r d die Auffassung 2 vertreten, daß bei einer Überlebensvermutung die gesetzlich vorgeschriebene Uberschuldungsrechnung überflüssig bzw. zu einer bloßen Bestätigungsrechnung degradiert wird. Die eigentlichen Entscheidungsrechnungen sind danach die i m Rahmen der betriebswirtschaftlichen Analyse zu erstellenden Finanz- und Ertragspläne. Haben sie die Fortführungswürdigkeit des Unternehmens prognostiziert, ergibt sich daraus zugleich die NichtÜberschuldung, d. h. der Wert des Unternehmens sei nahezu immer größer als die Höhe der Verbindlichkeiten. Dieser Meinung kann nicht zugestimmt werden. Wie noch an späterer Stelle 3 zu erläutern sein wird, behält die Uberschuldungsrechnung durchaus ihre Bedeutung. Allgemein w i r d vertreten, es seien i m Falle der Fortführung die sogenannten „Betriebsbestehenswerte" (Fortführungswerte) als die „wahren Werte" gemäß § 40 Abs. 2 HGB zu aktivieren 4 . N u r bleibt offen, was unter Betriebsbestehenswerten zu verstehen ist 5 . Jedenfalls ist bei einer geplanten Fortführung genau wie bei der Jahresbilanz für die Bewertung das „Prinzip der Unternehmensfortführung" („Going-Concern-Prinzip") 6 zu unterstellen. Man muß sich i m klaren darüber sein, daß i n der Sache eine Unternehmensbewertung erforderlich ist, u m eine Wertermittlung des Vermögens zu erreichen. Es lassen sich nach Moxter 7 zwei große Gruppen von Unternehmensbewertungsverfahren 1 A u f die andere Möglichkeit einer unumgänglich erscheinenden, L i q u i d a tion soll nicht näher eingegangen werden, da hierzu auf die Ausführungen auf Seite 48 Bezug genommen werden kann. Die Liquidationsbewertung richtet sich nach den dort genannten Grundsätzen. 2 Egner / Wolff, A G 1978, 104; ähnlich Haack, S. 89. 3 Siehe Abschnitt G e. 4 WP-Handbuch 1977, 1560; Hirtz, S. 21; Auler, D B 1976, 2169; Blumers, B B 1976, 1441; Pribilla, K T S 1958, 7. 5 Drukarczyk, Z G R 1979, 566. 6 Beeck, S. 27; U h l e n b r u c h Z I P 1980, 82. 7 Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, S. 83.

G. Bewertung des Unternehmens

deutlich trennen: „Ältere" und „neuere" Verfahren. Als grundlegendes Unterscheidungsmerkmal beider Verfahren dient das K r i t e r i u m der Einzel- oder Gesamtbewertung 8 . Bei einer Einzelbewertung, wie bei den älteren Bewertungsmethoden üblich, kommt dem Teilproduktionswert (Substanzwert) der i m Unternehmen arbeitenden Wirtschaftsgüter erhebliche Bedeutung zu 9 . Von den neueren Bewertungsverfahren w i r d der Einzelbewertungsgrundsatz aufgegeben. Das Unternehmen w i r d i n seiner Gesamtheit unter besonderer Berücksichtigung der Ertragserwartung bewertet 1 0 . a) Ermittlung des Unternehmenswertes nach objektiven Kriterien

Anlässe für Bewertungen können Kauf oder Verkauf von Unternehmen, Fusionen mehrerer Unternehmen, Entschädigungen bei Enteignungen oder Abfindungszahlungen an ausscheidende Gesellschafter sein 11 . Teilweise dienen die Bewertungen dazu, eine Verhandlungsgrundlage bei Verkäufen für die Vertragspartner zu schaffen. Sie sollen keine verbindliche Entscheidung über den endgültigen Verkaufspreis beinhalten. Dies bleibt den Vertragsparteien überlassen 12 . Der durch die Unternehmensbewertung gefundene Verkehrswert bedeutet lediglich einen Anhaltspunkt für die Höhe des Verkaufspreises, während der später tatsächlich gefundene Preis weitgehend von der subjektiven Einschätzung von Käufer- und Verkäuferseite abhängt. Bei einem Unternehmenserwerb ist nicht nur der nach objektiven Maßstäben ermittelte Wert des zu kaufenden Unternehmens bestimmend für die Preisfindung. Vielmehr spielen subjektive Vorstellungen und Wünsche eine nicht unerhebliche Rolle. K a n n der Verkäufer die Vertriebsorganisation, das know-how oder die vorhandenen Speziai maschinell als willkommene Ergänzung i n das eigene Unternehmen einfügen, besteht vermutlich auf seiner Seite eine größere Bereitschaft, einen Preis zu bezahlen, der über dem Wert nach objektiven Maßstäben liegt. W i l l dagegen der Verkäufer aus Altersgründen sich von seinem Unternehmen trennen, kann es sein, daß er auch unter Wert verkaufen würde, da eine Fortsetzung des Betriebes für i h n ohnehin nicht i n Frage kommt 1 3 . Für sogenannte „Liebhaberpreise" oder „Schleuderpreise" ist i m Rahmen einer Überschuldungsbewertung kein 8

Moxter, S. 83. Moxter, S. 83. 10 Moxter, S. 83. 11 Siehe die Übersicht bei V i e l / Bredt / Renard, Die Bewertungen von U n ternehmungen u n d Unternehmungsanteilen, S. 19 f. 12 Z u diesem Problemkreis Helbling, Unternehmungsbewertung, S. 30 ff. m i t weiteren Nachweisen. 13 Moxter, S. 29; V i e l / Bredt / Renard, S. 21 f.; Großfeld, Bilanzrecht, S. 303 f. 9

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G. Bewertung des Unternehmens

Raum. Dort geht es darum, den Wert des Unternehmens nach objektiven Maßstäben zu ermitteln und festzustellen, ob die Vermögensmasse der Gesellschaft noch die Schulden deckt. Subjektive Überlegungen, die sich bei Unternehmenskäufen oder -Verkäufen stellen können, entsprechen nicht der Funktion der Uberschuldungsprüfung. Vergleichbar sind die Bewertung von Unternehmen, um für eine bevorstehende Fusion das Aktienumtauschverhältnis festzulegen, oder Unternehmensbewertungen i n Gerichtsverfahren durch Sachverständige 14 . Derartige Bewertungen müssen frei vom „Wunschdenken" einer Partei sein, sondern dürfen nur auf angemessenen betriebswirtschaftlichen Daten beruhen, die der Unternehmung erkennbar innewohnen 1 5 . Entscheidend ist für die Überschuldung der Wert der Unternehmung nach objektiven K r i terien 1 6 . b) Traditionelle Bewertungsmethoden der Praxis

Hier seien i m wesentlichen die i n der Praxis gebräuchlichen Verfahren der Übergewinnmethode und der Mittelwertmethode 1 7 genannt. Ausgangspunkt beider Bewertungsverfahren ist die Ermittlung des Unternehmenswertes mittels einer Einzelbewertung der Teilreproduktionswerte (Substanzwert) der „selbständig verkehrsfähigen" Gegenstände, also Maschinen, Grundstücke, Vorräte, Guthaben usw. 1 8 . Hier handelt es sich um die Einzelbeschaffungspreise (Wiederbeschaffungspreise unter Berücksichtigung der bereits abgelaufenen Nutzungsdauer der Anlagegegenstände 19 ) aller i m Betrieb tätigen Gegenstände (Anlagevermögen) 26 . Unberücksichtigt bleiben die nicht betriebsnotwendigen Gegenstände. Sie sind m i t dem Liquidationswert zu erfassen 21 . Außerdem können noch die selbständig verwertbaren Immaterialwerte (insbesondere Rechte) als Vermögenswerte hinzugerechnet werden 2 2 . Dazu zählen Konzessionen, Patente, Lizenzen, Marken, Urheberrechte sowie Verlagsrechte 23 , wobei es nicht darauf ankommt, ob sie derivativ oder originär erworben wurden 2 4 . 14

Helbling, S. 28. Helbling, S. 28 f.; Großfeld, S. 304. 18 V i e l / Bredt / Renard, S. 22. 17 Z u den Einzelheiten beider Methoden Großfeld, S. 310 ff. 18 Moxter, S. 62 f.; Großfeld, S. 305. 19 Drukarczyk, Z G R 1979, 566, Fußnote 40. 20 Großfeld, S. 305; Hirtz, S. 21 u n d Fußnote 66. 21 Großfeld, S. 305. 22 Bühler / Scherpf, Bilanz u n d Steuer, S. 363; Mentzel / K u h n / Uhlenb r u c h K O Vorbem. v o r § 207 Rdn. 12; Hirtz, S. 70; WP-Handbuch 1977, 1561. 23 Bühler / Scherpf, S. 363. 24 WP-Handbuch 1977, 1561. 15

G. Bewertung des Unternehmens

Ein wesentlicher Vermögensfaktor ist nicht i n der Substanz enthalten, den man summarisch als Geschäftswert (goodwill) erfaßt 25 , der dem Substanzwert i n vielen Fällen hinzugefügt werden muß, um den Gesamtwert der Unternehmung auszudrücken. Der Unternehmenswert ergibt sich nämlich häufig erst aus einer Verbindung von Geschäftswert und Substanz 26 . Unter dem Geschäftswert soll der Wert verstanden werden, „den das Unternehmen über die Summe der i n i h m arbeitenden Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter) hinaus hat; er w i r d besonders durch die zukünftigen Gewinnchancen bestimmt. Der Geschäfts» oder Firmenwert bildet sich aus dem guten Ruf des Unternehmens, der Organisation, der Leistungsfähigkeit von Verwaltung und Belegschaft, dem Kundenstamm, dem K n o w - h o w " 2 7 . Er kann nicht wie die Substanz durch eine Einzelberechnung ermittelt werden. Der gute Ruf des Unternehmens, seine Organisation oder der Kundenstamm bilden selbst keinen eigenständigen Vermögenswert 28 . I h r Wert ergibt sich vielmehr durch die von diesen Faktoren beeinflußten zukünftigen Gewinne 2 9 . Sie sind i m kapitalisierten Ertragswert enthalten, so daß der Geschäftswert identisch ist m i t dem kapitalisierten Betrag der erzielten Ubergewinne 30 . Gegebenenfalls ist auch ein negativer Geschäftswert zu berücksichtigen 31 , der den gefundenen Substanzwert nach unten korrigiert. Bleiben die Überschüsse, die i n der Zukunft zu erwarten sind, hinter dem Substanzwert zurück, ist einzig auf den Wert der kapitalisierten Gewinne abzustellen. Denn für den Wert des Unternehmens ist nicht bedeutsam, was für die Errichtung ausgegeben worden ist, sondern i n welcher Höhe Gewinne aus ihm erwirtschaftet werden können 3 2 . Dementsprechend beziehen sowohl die Übergewinnmethode als auch das Mittelwertverfahren neben dem eigentlichen Substanzwert zugleich die kapitalisierten Erträge, die zukünftig zu erwarten sind, i n die Unternehmensbewertung — wenn auch m i t unterschiedlicher Gewichtung — m i t ein. I n jedem Falle w i r d die Bewertung eines tätigen Unternehmens ohne eine Berücksichtigung seiner Erträge ausschließlich mittels Substanzwerten für unzureichend erachtet. Eine derartige Kombination von Ertrag und Substanz, die i n der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung anerkannt ist, w i r d i n der bisherigen 25

Moxter, S. 62; Großfeld, S. 305. Hirtz, S. 21; Dörner, W P g 1977, 658 zur alten UEC-Methode. 27 Großfeld, S. 127/8; Bühler / Scherpf, S. 364; Hirtz, S. 21 u n d 71; Wöhe, Bilanzierung, S. 373 ff. 28 Morck, Die vertragliche Gestaltung, S. 477. 29 Morck, S. 477. 30 Morck, S. 476/477; Sudhoff, ZGR 1972, 164/165. 31 Hirtz, Die Vorstandspflichten bei Verlust, Zahlungsunfähigkeit u n d Überschuldung einer Aktiengesellschaft, S. 21 u n d 71. 32 O L G H a m b u r g A G 1980, 163 ff. 26

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G. Bewertung des Unternehmens

Diskussion zur Überschuldungsfrage nicht nachvollzogen, sondern vielmehr einseitig m i t Blick auf die Substanzwerte geführt. c) Bedeutung des Substanzwertes für den Vermögensstatus

Untersucht man die Bedeutung des Substanzwertes für die Bewertung der A k t i v a i n der Überschuldungsbilanz, fällt gerade i n der juristischen Literatur die erhebliche Verbreitung dieser Bewertung auf. Sie w i r d i n nahezu allen Kommentaren herangezogen 33 . Neben dem eigentlichen Substanzwert w i r d die Berücksichtigung des Geschäftswertes zwar für möglich gehalten, ist aber äußerst umstritten 3 4 . Maßgebende Überlegung bei der Betonung der Substanz i n der juristischen Literatur ist die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger aus den vorhandenen Vermögenswerten 35 . Charakteristisch sind hier die Ausführungen bei Godin / Wilhelmi 3 6 , die nur „greifbare" Werte für ansatzfähig halten, die als Befriedigungsmittel für den Gläubiger dienen können. I n diesem Sinne äußert sich auch Meyer-Landrut 3 7 , wenn er meint, daß die Aktiven zur Befriedigung der Gläubiger geeignet sein müssen. Beide lehnen deshalb die Aktivierung eines unselbständigen immateriellen Geschäftswertes konsequenterweise ab. So ähnlich ist die Auffassung von Jaeger / Weber 38 , die die Verwertbarkeit als entscheidend ansehen. Bei derartigen Kommentierungen w i r d ein bestimmtes Vorverständnis von der Funktion der Substanz i m Rahmen der Uberschuldungsregelungen offenbar. Es w i r d ganz einfach unterstellt, daß als Schuldendeckungspotential nur die einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens i n Betracht kommen. N u r selbständig ver33 Teichmann / Koehler, A k t G § 83 A n m . 2 a; Mertens i n Kölner K o m m e n tar zum A k t G § 92 Anm. 16; Mentzel / K u h n / Uhienbruck, K O Vorbem. vor § 207 Rdn. 12; Jaeger / Weber, K O §§ 207, 208 A n m . 20; Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 63 A n m . 5 a; M e y e r - L a n d r u t i n Großkommentar A k t G § 92 A n m . 7; Godin / Wilhelmi, A k t G § 92 A n m . 10; Baumbach / Hueck, A k t G § 92 Rdn. 6. 34 Dafür: Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 92 Anm. 18; Mertens i n Kölner Kommentar zum A k t G § 92 A n m . 16; Mentzel / K u h n / Uhlenbruck, K O Vorbem. vor § 207 Rdn. 12; Uhlenbruck, Die G m b H & Co. K G i n Krise, Konkurs u n d Vergleich, S. 84/85; Herget, A G 1974, 138; Hundertmark u n d Herms, B B 1972, 1118; Blumers, B B 1976, 1441; Warneke, W P 1949, 33 ff.; Fischer, S. 118 f.; dagegen halten Jaeger / Weber, K O §§ 207, 208 A n m . 20; WP-Handbuch 1977, 1561; Schmidt i n Hachenburg, G m b H G § 63 A n m . 5 a eine Berücksichtigung n u r insoweit für möglich, als eine Verwertung erfolgen kann; ablehnend; Meyer-Landrut i n Großkommentar A k t G § 92 A n m . 7; Godin / Wilhelmi, A k t G § 92 A n m . 10; Baumbach / Hueck, A k t G § 92, Rdn. 6; Haack, S. 87 ff. sowie derselbe, B B 1981, 886. 35 Mertens i n Kölner Kommentar zum A k t G § 92 A n m . 16. 36 A k t G § 92 A n m . 10. 37 I n Großkomm. A k t G § 92 A n m . 7. 38 K O §§ 207, 208 A n m . 20.

G. Bewertung des Unternehmens

kehrsfähige Vermögenswerte könnten Gewähr für eine ausreichende Sicherung der Gläubiger bieten. Außerdem w i r d m i t dem Hinweis auf die Verwertbarkeit, also die Befriedigung der Gläubiger, unterschwell i g der Gedanke an eine Versilberung der Vermögensgegenstände verbunden. Nur für einen derartigen Fall kommt es darauf an, daß die Aktiva als Befriedigungsmittel dienen müssen. I n der Tendenz nähern sich derartige Kommentierungen einer Bewertung zu Zerschlagungswerten und meinen nicht den Substanzwert, der nur bei einer Aufrechterhaltung des Unternehmens für die Vermögensgegenstände des Anlagevermögens berücksichtigungsfähig ist. Ein Geschäftswert w i r d i n der Regel nicht für bilanzierungsfähig gehalten. Die Scheu, unselbständige immaterielle Werte als Vermögenspositionen anzuerkennen, hängt wohl m i t der Überlegung zusammen, daß sie i m Gegensatz zu den selbständigen Vermögenswerten nicht als „greifbare" Werte anzusehen sind, sondern ihnen ein Unsicherheitsfaktor innewohnt. Der Geschäftswert w i r d als temporär vorhanden und als gefährdet eingeschätzt. Er ist „flüchtig" 3 9 . Seine Versilberungsfähigkeit scheint nicht gegeben zu sein. Völlig richtig und zutreffend sind diese Einschätzungen, wenn die Liquidation des Unternehmens i n Betracht kommt. Bei einer Zerschlagung existiert keinerlei Geschäftswert, weil er vom Bestand des Gesamtunternehmens, seiner Organisation, dem Kundenstamm und der Ertragsfähigkeit abhängt 40 . Hat andererseits die betriebswirtschaftliche Analyse die voraussichtliche Existenzfähigkeit der Unternehmung ergeben, sollen die einzelnen Vermögensgegenstände nicht veräußert werden und ihre organisatorische Gebundenheit i m Rahmen der Gesamtunternehmung erhalten bleiben. I n der Bewertung ergeben sich daraus erhebliche Unterschiede gegenüber einer Liquidation. Durch ein Beispiel sollen die Wertunterschiede verdeutlicht werden. Bei einer Zerschlagung einer GmbH und dem Verkauf der Vermögensgegenstände i m Wege der Einzelveräußerung betragen die insgesamt zu erzielenden Liquidationserlöse 350 000 DM, wobei für einige Spezialmaschinen nur Schrottwerte angesetzt werden können. Würde dagegen das Unternehmen fortgesetzt, ist der Substanzwert 700 000 DM, und es existiert ein Geschäftswert von 160 000 D M 4 1 , wenn der jährliche Unternehmensertrag m i t 72 000 D M und der Kapitalisierungssatz 42 m i t 8 % angesetzt worden ist. Der Geschäftswert ergibt sich daraus, daß der Unternehmensertrag (der nicht identisch ist m i t dem spä39 40 41 42

Dörner WPg 1977, 658; WP-Handbuch 1977, 1225; Moxter, S. 71. Großfeld, S. 127/8. Beispiel nach Großfeld, S. 312 - 314. Z u r Berechnung des Kapitalisierungssatzes siehe G d.

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G. Bewertung des Unternehmens

ter noch zu behandelnden Ertragswert) trotz einer Normalverzinsung (Kapitalisierungszinsfuß) von 8 °/o insgesamt 72 000 D M ausmacht, während die normale Verzinsung der Substanz von 700 000 D M zu 8 % nur 56 000 D M betragen würde. Der Mehrertrag von 16 000 D M geht über die am Kapitalmarkt erzielbare Verzinsung hinaus. Dieser w i r d durch den Geschäftswert bei der Unternehmensbewertung ausgedrückt und hat i m vorliegenden Beispiel eine Höhe von 160 000 D M unter Verwendung der Ubergewinnkapitalisierung als Bewertungsverfahren 43 . Der Gesamtunternehmenswert setzt sich aus dem Substanzwert und dem Geschäftswert zusammen. Hier zeigt sich der wertmäßige Zusammenhang von Substanzwert und Ertragsfähigkeit deutlich. Der Wert des Unternehmens w i r d nicht ausschließlich durch die i n i h m gebundenen Vermögenswerte bestimmt. Es ist daneben noch deren wertmäßige Beziehung zur Umwelt ein wertbildender Faktor, insbesondere der w i r t schaftliche Erfolg des Unternehmens 44 i m Vergleich zu alternativen Vermögensanlageformen 44 . Trägt die Ertragsfähigkeit zur Wertschätzung der Substanz 45 bei, ist diese ohne ausreichende Gewinne weitgehend wertlos oder besitzt höchstens einen Liquidationswert. „Die Ertragsfähigkeit der Substanz ist m i t h i n eine unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung eines Vermögenswertes 46 ." Ob die Substanz i n der Lage ist, i n ausreichendem Maße Erträge zu erzielen, ist durch die betriebswirtschaftliche Analyse ermittelt worden. Ist m i t der voraussichtlichen Fortführungswürdigkeit zu rechnen, muß sich die Verwertungsart bei der Bewertung der Vermögensgegenstände niederschlagen. Dann ist für die i m Unternehmen arbeitenden Vermögenswerte ein höherer Wert i n der Überschuldungsbilanz anzusetzen. Der Liquidationswert würde jedenfalls für den Fall der Fortführungswürdigkeit nicht den Gläubigerinteressen und den berechtigten Interessen derjenigen Personengruppen (Anteilseigner, Arbeitnehmer) entsprechen, die m i t dem Unternehmen verbunden sind. I n dem gezeigten Bewertungsbeispiel ergibt sich eine durchaus realistische Wertdifferenz von 50 °/o 47 , wenn statt des Substanzwertes von Zerschlagungswerten ausgegangen wird. Außerdem erhöhen sich die Verbindlichkeiten ganz erheblich. Es sind gegebenenfalls Rückstellungen für Sozialpläne und langfristige Miet- und Pachtverträge zu bil43

Großfeld, S. 313 f. Großfeld, S. 305/6. 44 Großfeld, S. 306/7; Moxter, S. 64 f. 45 V i e l / Bredt / Renard, Die Bewertung von Unternehmungen u n d Unternehmensanteilen, S. 27; Bilo, GmbH-Rdsch 1981, 76. 46 V j e l / Bredt / Renard, S. 26/27. 47 Egner / Wolff, A G 1978, 105, die einen Wertverlust von 30 °/o f ü r überaus gering halten. 44

G. Bewertung des Unternehmens

den 48 . Eine Überschuldung wäre nicht selten die Folge 4 9 . Eine Liquidationsbewertung würde i m Gegensatz zu den Feststellungen der betriebswirtschaftlichen Analyse stehen, zumal Schuldpositionen i n die Überschuldungsbilanz aufgenommen werden müßten, die bei einer Fortführung überhaupt nicht entstünden. Deshalb ist bei einer Fortführungswürdigkeit nicht von den Zerschlagungswerten auszugehen, sondern von den jeweiligen Substanzwerten und rechtfertigt gerade unter betriebswirtschaftlichen Aspekten die hier vertretene Ansicht 5 0 . Die weitere problematische Vermögensposition ist der Geschäftswert. Er wird, da es sich um einen unselbständigen immateriellen Wert handelt, für nicht ansatzfähig gehalten. Bei der Auseinandersetzung, ob die Ansatzfähigkeit des Geschäftswertes i n Betracht kommt, muß man sich klar werden, daß ein etwaiger Geschäftswert i n erheblichem Maße von der Ertragsfähigkeit mitbestimmt wird. Außerdem w a r an anderer Stelle 5 1 dargestellt worden, daß neben dem forthaftenden Unternehmensvermögen der zukünftig zu erzielende Ertrag i n erster Linie das M i t t e l der Gläubigerbefriedigung darstellt. Insofern kommt dem Geschäftswert schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Vermögenswert zu, selbst wenn seine wesentliche Komponente, der Ertrag, weitgehend auf Zukunftseinschätzungen basiert 52 . Plastisch w i r d die Behauptung, daß der Geschäftswert Vermögenscharakter hat, i m gezeigten Beispiel. Dort ging der Unternehmergewinn über die eigentliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals, des Substanzvermögens, hinaus. Der tatsächliche Gewinn belief sich auf 72 000 DM, obwohl bei einem Kapitalmarktzins von 8 °/o bei 700 000 D M Substanz der Gewinn nur 56 000 D M betragen hätte. Der Mehrertrag von 16 000 D M kann nicht mit der normalen Verzinsung der Substanz erklärt werden, sondern steht i m Zusammenhang m i t dem Geschäftswert 53 . Hier setzt die Überlegung ein, daß für die Überschuldungsbilanz nicht ausschließlich „greifbare" Werte 5 4 , die eine Versilberungsfähigkeit besitzen, maßgebend sind. Denn häufig w i r d der Gesamtwert des Unternehmens nicht alleine durch die Substanz bestimmt. Erst durch Hinzunahme des Geschäftswertes ist eine adäquate Unternehmensbewertung i n vielen Fällen möglich. I n der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung hat diese Erkenntnis zu Kombinationen von Substanz- und Geschäftswert ge48 49 50 51 52 53 54

Das Beispiel auf Seite 50 Fußn. 38. Drukarczyk, ZGR 1979, 575 f. Siehe dazu auch C d. Abschnitt F d. Großfeld, S. 313 f. Großfeld, S. 313. Godin / Wilhelmi, A k t G § 92 A n m . 10.

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führt 5 5 . Die traditionellen Bewertungsverfahren der Praxis (die Mittelwertmethode und die Übergewinnmethode) tragen — soweit es die Ermittlung des Geschäftswertes betrifft — dem Risiko Rechnung, daß der vom Unternehmen erzielte Mehrertrag, der über den Kapitalmarktzins hinausgeht, m i t erheblichen Unsicherheiten behaftet ist 5 6 . So können günstige Gewinnaussichten i n einem Industriebereich unter Umständen Konkurrenten anlocken. Insofern ignorieren die einzelnen Bewertungsverfahren keinesfalls die Unsicherheitsfaktoren eines jeden Geschäftswertes, die sich besonders aus der zeitraumbezogenen Betrachtung der Ertragsfähigkeit ergeben. Die Feststellung des Unternehmensertrages beruht einerseits auf einer Analyse der Vergangenheitsergebnisse, andererseits auf der Prognose der zukünftigen Entwicklung sowie des anzusetzenden Zinssatzes. Damit existiert eine ähnliche Prognoseproblematik wie bei der Erstellung der betriebswirtschaftlichen Analyse 5 7 . Berücksichtigt w i r d die mögliche „Flüchtigkeit" der Ertragsfähigkeit, indem der Geschäftswert durch eine „vorsichtige" Schätzung zu ermitteln ist; so errechnet die Mittelwertmethode 5 8 den Unternehmenswert, indem sie die beiden Größen Ertragswert und Substanzwert addiert und aus beiden einen Mittelwert bildet, der dann dem Unternehmenswert entspricht. I m Beispiel 59 betrug die Substanz 700 000 D M und der Ertragswert 900 000 D M (bei einem Kapitalisierungssatz von 8 % und einem erwarteten Gewinn von 72 000 DM). Der daraus resultierende Unternehmensgesamtwert beläuft sich auf 800 000 D M und übersteigt den Substanzwert um 100 000 DM. Dieser Betrag bildet den Geschäftswert 60 . Es werden bei der Mittelwertmethode die kapitalisierten Gewinnaussichten (900 000 DM) nicht vollen Umfangs berücksichtigt, sondern nur zur Hälfte, soweit sie den Substanzwert übersteigen. Der Grund hierfür liegt i n der unterstellten „Flüchtigkeit" der Ertragsfähigkeit 6 1 .

55 Großfeld, S. 310; V i e l / Bredt / Renard, S. 35; Helbling, S. 64 ff.; Dörner, W P g 1977, 658 f. zur alten UEC-Methode; dazu auch Forster, W P g 1962, 478 ff.; Uhlenbruck, Die G m b H & Co. K G i n Krise, Konkurs und Vergleich, S. 84; Herget A G 1974, 138; Blumers, B B 1976, 1441; Mentzel / K u h n / Uhlenbruck, K O Vorbem. vor § 207 Rdn. 12. 56 Nähere Ausführungen bei Großfeld, S. 311 ff. 57 Abschnitt F, Die Ertragsermittlung u n d die betriebswirtschaftliche Analyse haben ein übereinstimmendes Untersuchungsziel. Sie beschäftigen sich m i t der Rentabilität des Unternehmens. Das gleiche Prognoseproblem stellt sich bei der E r m i t t l u n g des Ertragswertes nach der neueren Ertragswertmethode. 58 Großfeld, S. 311 f. 59 Großfeld, S. 311 f. 60 Großfeld, S. 311 f.; V i e l / Bredt / Renard, S. 135. 61 Großfeld, S. 311 f.

G. Bewertung des Unternehmens

Damit besteht eine gewisse Ubereinstimmung zwischen juristischen Kommentierungen und den traditionellen Bewertungsverfahren i n der Beurteilung der Geschäftsproblematik, wenn auch die Konsequenzen unterschiedlich gezogen werden. Teilweise lehnen die juristischen Kommentierungen 6 2 die Ansatzfähigkeit eines Geschäftswertes grundsätzlich ab, während i n der betriebswirtschaftlichen Bewertungspraxis eine „vorsichtige" Ermittlung durchgeführt wird. Letzterer Auffassung ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, insbesondere aus Gründen einer angemessenen Unternehmensbewertung, auch für die Überschuldungsprüfung zu folgen 63 . Bei einer voraussichtlichen Fortführungswürdigkeit findet eine objektive Bewertung eines tätigen Unternehmens statt und, soweit vorhanden, muß ein Geschäftswert aktiviert werden, um nicht den Gläubigerinteressen und den sonstigen m i t dem Unternehmen verbundenen Interessen zuwiderzuhandeln. d) Neuere Ertragswertmethode

Nach neueren Tendenzen i n der betriebswirtschaftlichen Forschung rückt zunehmend der Ertragswert i n den Vordergrund der Bewertung, während der Substanzwert nur noch eine untergeordnete Rolle spielen soll 6 4 . Teilweise hat der Ertragswertgedanke schon Berücksichtigung i n der Bewertungspraxis gefunden 65 . Grundlegend ist die Lösung vom Einzelbewertungsprinzip der Vermögensgegenstände, dem Substanzwert, und der Ubergang zur Gesamtbewertung i m Rahmen des Ertragswertes 66 . Irgendwie geartete Kombinationen von Substanz- und Ertragswert zur Ermittlung des Gesamtunternehmenswertes, wie nach den traditionellen Verfahren, werden abgelehnt 67 . Es w i r d auf den zukünftig ausschüttungsfähigen Gewinn (die Nettoentnahmen = Barwert) bei Erhaltung der Substanz abgestellt 68 . Als Bewertungsmaßstab dient der Preis eines geeigneten „Vergleichsobjektes": Ein Unternehmen ist soviel wert, wie ein „Vergleichsobjekt" 62

Siehe die Übersicht auf Seite 90 Fußnote 34. Weitergehend Fischer, D B 1981, 1347 f., der ausschließlich auf die zukünftigen Erträge abstellt, aus denen dann die Schulden getilgt werden k ö n nen. 64 Moxter, S. 119 ff.; Großfeld, S. 315 ff.; Helbling, S. 59 ff. m i t weiteren Nachweisen. 65 E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11, W P g 1977, 679 ff., m i t einer Besprechung der Empfehlung von Dörner WPg 1977, 659 ff., E n t w u r f einer Verlautbarung des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des IdW, WPg 1980, 409 ff.; ferner die Ausführungen bei Helbling, S. 96 Fußnote 31; W P - H a n d buch 1977, 1154 ff.; L u i k , WPg 1978, 193. 66 Moxter, S. 83. 67 E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11 W P g 1977, 681. 68 Großfeld, S. 315 f.; Dörner WPg 1977, 660; Moxter, S. 67. 63

96

G. Bewertung des Unternehmens

m i t gleichen oder „gleichwertigen" Entnahmeerwartungen kostet. Denn es besteht kein Anlaß, für das zu bewertende Unternehmen mehr zu zahlen, als man für entsprechende Entnahmeerwartungen anderweitig anzulegen hätte 6 9 . Die Bedeutung des Substanzwertes w i r d i n diesem Zusammenhang auf die eines „Hilfswertes" reduziert 7 0 . Die Hilfswertaufgaben bestehen etwa darin, Konkurrenzrisiken erkennen zu helfen, indem der erforderliche Kapitaleinsatz abgeschätzt wird, der von potentiellen Konkurrenten aufgebracht werden muß, um i n diesen Marktbereich einzudringen 71 . Ferner, um die rechnerischen Grundlagen für die Daten der Ertragswertrechnung zu liefern, die vom Substanzwert abhängen, wie Abschreibungen, Zinsen usw. 7 2 . Der wesentliche Unterschied der Ertragswertmethode gegenüber den traditionellen Methoden ist der nahezu gänzliche Verzicht auf den Substanzwert als Wertfaktor. Bei den herkömmlichen Methoden wurde grundsätzlich die Substanz des Unternehmens als Ausgangspunkt der Bewertung herangezogen und, soweit sich eine über die normale, also den Kapitalsmarktzins, hinausgehende Verzinsung der Substanz ergab, wurde diese als Übergewinn erfaßt und i n kapitalisierter Form als Geschäftswert dem Substanzwert hinzugefügt. Eine derartige Verknüpfung von Substanz und Ertrag w i r d aufgegeben. Es kommt nach der Ertragswertmethode nur darauf an, i n welchem Maße die Unternehmung i n der Lage ist, Gewinne zu erwirtschaften und nicht, wieviel für die Errichtung des Unternehmens ausgegeben worden ist. Bei der Bewertung liegt das Kernproblem i n der Quantifizierung der teilweise auf Schätzungen und Annahmen beruhenden Einflußgrößen, dem nachhaltig erzielbaren Zukunftserfolg und dem Kapitalisierungszinsfuß 73 , m i t dem die zukünftigen Gewinne auf den Bewertungsstichtag abgezinst werden 7 4 . Zur Abschätzung des nachhaltig erzielbaren Zukunftserfolges können zwei methodische Wege unterschieden werden. Einmal die pauschale Methode 75 . Sie geht von den Gesamtergebnissen der Vergangenheit und Gegenwart aus und leitet aus dem Durchschnitt der Gesamtergebnisse dieser Perioden den Zukunftsertrag als einheitliche Schätzgröße ab 7 6 . Dabei kann eine Übernahme der Vergangenheitsergebnisse nicht ohne weiteres erfolgen. Zuvor müssen sie berei89

Moxter, S. 193. Großfeld, S. 315; WP-Handbuch 1977, 1154 ff. (1155), 1222; Dörner, WPg 1977, 662. 71 UEC-Empfehlung Nr. 11, W P g 1977, 681. 72 UEC-Empfehlung Nr. 11, W P g 1977, 681. 73 Forster, A G 1980, 45. 74 Morck, S. 475. 75 WP-Handbuch 1977, 1159. 78 WP-Handbuch 1977, 1159; Sudhoff, ZGR 1972, 162 ff.; Morck, S. 475. 70

G. Bewertung des Unternehmens

nigt werden 7 7 . Bereinigt w i r d meist, um i n der Vergangenheit vorgenommene Aufwandserhöhungen oder Aufwandsverkürzungen 7 8 , u m Zinsen und Unternehmerlohn 7 9 . Die andere Möglichkeit ist die ins einzelne gehende Planung der Zukunftsergebnisse auf der Grundlage zahlreicher Einzelpläne für alle übersehbaren Faktoren 8 0 . Diese Schätzung läßt zwar die Vergangenheitsergebnisse nicht unberücksichtigt. Sie bestimmen als solche aber nicht mehr den Unternehmenswert 8 1 , sondern die Wertaussage basiert entscheidend auf einer Prognoserechnung als Zukunftsertragsrechnung 8 2 . Sie w i r d auch als analytische Methode bezeichnet 83 . Charakteristisch für diese A r t der Ertragsbewertung ist, daß sie i n erheblichem Umfang von den Zukunftsplanungen der Unternehmung beeinflußt w i r d 8 4 . Die Entnahmeerwartungen stellen letztlich eine Prognose dar 8 5 . Schwierigkeiten bei der Beurteilung der zu erwartenden Erträge bereiten neben den wägbaren Risiken besonders die unwägbaren Faktoren (Zeiten politischer Unruhe, ölembargo, Naturereignisse) 86 . Unter Umständen ist es i n Fällen der Unsicherheit über die Unternehmensentwicklung notwendig, unter Berücksichtigung der möglicherweise eintretenden Konstellationen, Alternativrechnungen durchzuführen und auf dieser Basis den Unternehmenswert zu bestimmen 87 . Eventuell sind beim zu erwartenden Gewinn gewisse Risikoabschläge vorzunehmen 88 . Eine Problemlage, die bei i n wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Unternehmen und infolge der Notlage erforderlich gewordenen Sanierungsmaßnahmen durchaus auftreten kann 8 9 . Besonders die Ertragsverhältnisse werden je nach dem Erfolg der Sanierungsmaßnahmen m i t gewissen Unsicherheiten behaftet sein. Entscheidend für die Qualität der Prognose bleibt die bei der Ermittlung ihrer wesentlichen Bestimmungsgrößen angewendete Sorgfalt 9 0 .

77

Großfeld, S. 316. Großfeld, S. 316. 79 Sudhoff, Ζ GR, 1972, 163 m i t weiteren Einzelheiten. 80 WP-Handbuch 1977, 1159; Morck, S. 475/6. 81 Morck, S. 476. 82 UEC-Empfehlung Nr. 11, W P g 1977, 681. 83 WP-Handbuch 1977, 1159. 84 Dörner, WPg 1977, 660. 85 Dörner, WPg 1977, 660; Großfeld, S. 316 ff., der verschiedene Probleme bei der Prognoseerstellung anreißt; WP-Handbuch 1977, 1221 ff. 86 WP-Handbuch 1977, 1224. 87 Maul, WPg 1976, 573 ff. m i t einem Beispiel. 88 V i e l / Bredt / Renard, S. 127. 89 Hirtz, S. 21 am Ende. 90 Maul, WPg 1976, 577; WP-Handbuch 1977, 1168 zu Prognosemethoden. 78

7 Gurke

G. Bewertung des Unternehmens

98

Prinzipiell besteht bei der Ertragsbewertung und der zuvor behandelten betriebswirtschaftlichen Untersuchung eine identische Problemstellung, da beide inhaltlich i m wesentlichen denselben Untersuchungsgegenstand betreffen: Die Abschätzung der voraussichtlichen Ertragskraft des Unternehmens. I n der Praxis werden die Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder die Ertragsschätzungen aus den Ertragsplänen der betriebswirtschaftlichen Analyse als Grundlage des nachhaltig erzielbaren Gewinns übernehmen 91 . Bereits bei der Entscheidung einer möglichen Überlebensfähigkeit waren die Ertragsaussichten eingehend untersucht worden. Die dort gewonnenen Ergebnisse können ohne weiteres zum Ausgangspunkt der Ertragswertberechnung genommen werden. Für die Ermittlung des Unternehmenswertes muß eine Kapitalisierung des zu erwartenden Unternehmensertrages vorgenommen werden. Hierfür ist entscheidend, welcher Zinsfuß (Kapitalisierungszinsfuß) zugrunde gelegt w i r d 9 2 . Denn je höher der Kapitalisierungszinssatz, desto niedriger ist der Ertragswert oder umgekehrt 9 3 . Es besteht weitgehende Ubereinstimmung darüber, daß der landesübliche Zinsfuß als Basiszinsfuß für die Errechnung des Kapitalisierungszinssatzes dient 9 4 . Der landesübliche Zins richtet sich nach dem durchschnittlichen Zinssatz für festverzinsliche Werte (Staatspapiere) 95 . Unterliegt er i m Bewertungszeitpunkt erheblichen Schwankungen, insbesondere durch die Politik der Bundesbank, ist eine Prognose der zukünftigen Entwicklung des Zinsniveaus angebracht 96 . Darüber hinaus ist der Basiszins, der für langfristige, risikoarme Kapitalanlagen gilt, durch gewisse Abschläge und Zuschläge zu verändern 9 7 . Hinzukommen soll ein Risikozuschlag, der eine Erhöhung des Durchschnittszinsfußes u m 1 1 / 2 - 4 °/o je nach Unternehmen und Geschäftszweig bedeutet und der zu einer entsprechenden Verringerung des Unternehmensgesamtwertes führt 9 8 . Statt eines Risikozuschlages w i r d auch eine Reduzierung der zunächst zu ermittelnden Gewinnerwartung 9 9 für denkbar gehalten. Darüber hinaus sind Abschläge vom Basiszins vorzunehmen, soweit darin eine Geldentwertungsprämie enthalten ist 1 0 0 . Der Basiszins zuzüglich oder abzüglich 91

E g n e r / W o l f f , A G 1978, 104. Großfeld, S. 320. 93 Großfeld, S. 320. 94 WP-Handbuch 1977, 1202 m i t weiteren Nachweisen. 92

95

Sudhoff, Z G R 1972, 163/164. O L G Celle A G 1979, 230 ff. 97 Sudhoff, ZGR 1972, 164; Großfeld, S. 320. 98 Sudhoff, ZGR 1972, 164. 99 Dazu Sudhoff, ZGR 1972, 164; V i e l / Bredt / Renard, S. 127 ff. 100 O L G Celle, A G 1979, 232. 96

G. Bewertung des Unternehmens

der genannten Zu- oder Abschläge bildet den eigentlichen Kapitalisierungsfaktor. Zur Feststellung des Unternehmenswertes w i r d der nachhaltig erzielbare Gewinn unter Anwendung des gefundenen Kapitalisierungsfaktors kapitalisiert. I m Beispielsfalle ergibt sich ein Unternehmenswert von 900 000 DM, wenn ein Kapitalisierungszins von 8 °/o bei einem erwarteten Gewinn von 72 000 D M zugrundegelegt w i r d 1 0 1 . e) Bewertung in der Überschuldungsbilanz

Würdigt man die unterschiedlichen, betriebswirtschaftlich zulässigen Bewertungsmethoden und ihre Brauchbarkeit für die Ermittlung der A k t i v a i m Rahmen der Überschuldungsbilanz, lassen sich keine allgemein verbindlichen Aussagen darüber treffen, welche der Methoden als die „richtige" i n Frage kommt. I n diesem Zusammenhang sind die Aussagen von Moxter 1 0 2 , der behauptet, daß die traditionellen Bewertungsverfahren als Kunstfehler eingestuft würden und nicht mehr m i t den „anerkannten Regeln der Betriebswirtschaftslehre" vereinbar seien, kritisch zu betrachten. Wer nach seiner Meinung den Einzelbewertungsansatz anwendet, setze sich dem Vorwurf aus, die „ i m Verkehr erforderliche Sorgfalt" i m Sinne von § 276 Abs. 1 BGB unbeachtet zu lassen 103 . Eine derartige Einordnung der traditionellen Bewertungsmethoden als fahrlässige Fehlbewertung gemäß § 276 Abs. 1 BGB ist rechtlich unhaltbar. Immerhin ist die Diskussion über die i n Frage kommenden Bewertungsmethoden nicht abgeschlossen104 m i t der Folge, daß sich keines der genannten Verfahren bisher durchsetzen konnte. Daß die verschiedenen Methoden zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, liegt auf der Hand. Es werden je nach dem Standpunkt der Bewertung Substanz oder Ertrag unterschiedlich stark gewichtet 1 0 5 . Ubereinstimmend ist bei allen Verfahren, daß sie der Gefährdetheit des Unternehmensertrages Rechnung tragen. Bei den traditionellen Methoden, zum Beispiel der Mittelwertmethode 1 0 6 , w i r d schematisiert und der mittlere Wert aus der Differenz von Ertrags- und Substanzwert als maßgebender Wert des Unternehmens herangezogen. Es handelt sich dabei u m einen „Kompromiß", i n dem einfach die Mitte zwischen beiden Werten herausgegriffen wird. Weniger schematisiert, sondern stärker differenzierend versucht die neuere Bewertungsmethode 101

Großfeld, S. 320. S. 209 ff. (211). 103 Ä h n l i c h Dörner, W P g 1977, 658. 104 ζ. B. V i e l / Bredt / Renard, S. 35 u n d 39, die Vorbehalte gegen eine ausschließliche Ertragsbewertung anmelden; Helbling, S. 82 f. u n d 90 ff.; kritisch ebenfalls Bellinger, W P g 1980, 575 ff. 105 Das Beispiel bei Großfeld, S. 321. 106 Großfeld, S. 311 f. 102

τ

100

G. Bewertung des Unternehmens

den angemessenen Unternehmenswert zu ermitteln. Sie berücksichtigt die Unwägbarkeiten einer zu prognostizierenden Ertragsfähigkeit durch Alternativrechnungen bei den erwarteten Gewinnaussichten, und/oder es werden gegebenenfalls Risikoabschläge beim Kapitalisierungszins vorgenommen 107 , so daß sich der Unternehmenswert entsprechend verringert. Zur Feststellung einer Uberschuldung sind alle betriebswirtschaftlich zulässigen Bewertungsverfahren i m Falle der Unternehmensfortführung geeignet. Denn bei einer Fortführungswürdigkeit hat eine Bewertung von Betriebsbestehenswerten stattzufinden, wobei sich die Bewertung als solche nach den i n der Betriebswirtschaftslehre entwickelten Grundsätzen richten muß. Abzulehnen ist dagegen die i n der juristischen L i t e r a t u r 1 0 8 vertretene Auffassung, daß lediglich Substanzwerte ansatzfähig sind, da nur sie zur Befriedigung der Gläubiger geeignet sind 1 0 9 . Es ist kein sachlicher Grund vorhanden, w a r u m der Ansatz eines Geschäfts- oder Ertragswertes bei voraussichtlicher Unternehmensfortführung nicht zulässig sein soll. Ein Nachteil erwächst den Gläubigern daraus nicht. Bei einer Fortführung soll das Unternehmensvermögen, die Substanz, gerade nicht versilbert und damit zur sofortigen Befriedigung verwendet werden. Bleibt aber das Unternehmen insgesamt erhalten, gehört zu den i n der Überschuldungsbilanz ansatzfähigen Werten auch ein immaterieller Geschäfts- oder Ertragswert. Voraussetzung ist natürlich, daß eine ordnungsmäßige Unternehmensbewertung einen solchen Wert für vertretbar hält. Der Ansatz eines immateriellen Wertes ist durchaus m i t der gläubigerschützenden Funktion der Überschuldungsregelungen vereinbar und bedeutet keine Beeinträchtigung der Gläubigerrechte. Die Bewertung von Ertrags- oder Geschäftswerten erfolgt nicht willkürlich, sondern nach betriebswirtschaftlich genau definierten Kriterien, zumal die zulässigen Bewertungsmethoden die Gefährdung dieser Werte berücksichtigen, indem sie eine vorsichtige Bewertung vornehmen, wenn auch m i t verschiedenen methodischen Mitteln. Der Gläubigerschutz w i r d durch den Ansatz eines immateriellen Wertes nicht ausgehöhlt, da wissenschaftlich verläßliche Verfahren zu dessen Ermittlung zur Verfügung stehen und som i t eine Absicherung der Gläubiger bewirken. Dies gilt sowohl für die traditionellen Verfahren als auch für die neuere Ertragswertmethode gleichermaßen. Selbst wenn man die Ertragsbewertung als theoretisch angemessene Methode anerkennt 1 1 0 , ergeben sich i n der Praxis vielfach notwendige 107

V i e l / Bredt / Renard, S. 127. los M e y e r - L a n d r u t i n Großkomm. A k t G § 92 A n m . 7; Haack, S. 87 ff. 109

Godin / W i l h e l m i , A k t G § 92 A n m . 10; M e y e r - L a n d r u t i n Großkomm. A k t G § 92 A n m . 7; Haack, S. 87 ff. sowie derselbe, B B 1981, 886.

G. Bewertung des Unternehmens

Abweichungen vom theoretischen Modell. Dies kann daran liegen, daß Modelle aufgrund „der Prämisse vollkommener Information" häufig zu weit von der Wirklichkeit entfernt sind, besonders wenn beispielsweise Rechnungsunterlagen oder Planungsunterlagen fehlen, um eine angemessene Schätzung der Ertragserwartung vornehmen zu können 1 1 1 . Darin dürfte ein wesentlicher Grund zu suchen sein, daß die Praxis nach wie vor an den traditionellen Bewertungsverfahren festhält. Auch verfeinerte Prognosemethoden oder mathematische Formeln der Ertragswertberechnung können nun einmal über die häufig grobe Schätzung der Basisdaten nicht hinwegtäuschen 112 , falls die nötigen Rechnungs- und Planungsunterlagen i m Unternehmen nicht vorhanden sind. Insbesondere diese Überlegung spricht gegen den von Moxter vertretenen Sorgfaltsverstoß bei Anwendung substanzorientierter Bewertungsverfahren 1 1 3 . I m übrigen fehlt es i n der Rechtsprechung an einer klaren Aussage über die anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe. Es ist nicht einmal eine gewisse Tendenz zur einen oder anderen Bewertungsart erkennbar, um einen Anhaltspunkt für die rechtlich einzig zulässige Bewertungsmethode zu erhalten. Es werden i n völlig unterschiedlicher Weise teils der Substanzwert, teils der Ertrag als Bewertungsfaktoren herangezogen 114 . I m Ergebnis kann daher ohne weiteres den Feststellungen von Helbling gefolgt werden, der zum Streit über die Anwendbarkeit traditioneller oder ertragswertbezogener Bewertungsverfahren ausführt: „Eine allgemein gültige Lösung für die Praxis, als Rezept, kann und darf nicht gegeben werden. Alle Verfahren können bei entsprechender Wahl der Parameter zu guten Ergebnissen führen 1 1 5 ." Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt auch bei der Bewertung i n der Überschuldungsbilanz. Die Bewertung darf nicht zu doktrinär und abstrakt erfolgen, sondern muß unter Bezugnahme auf die konkreten Unternehmen und unter Berücksichtigung der vorhandenen Daten vorgenommen werden 1 1 6 . Demnach können für die Überschuldungsbewertung alle geschilderten Bewertungsverfahren, gleichgültig ob es sich um die traditionellen Bewertungsmethoden oder die neuere Ertragswertberechnung handelt, gleichermaßen angewendet und für die Bewertung eines 110

Helbling, S. 91. Helbling, S. 91. 112 Helbling, S. 92/93. 113 Über die Häufigkeit der Verwendung der verschiedenen Bewertungsverfahren siehe die Untersuchung bei Helbling, S. 92 Fußnote 24 u n d 25. 114 Dazu die Übersicht v o n Gerichtsentscheidungen zur Unternehmensbew e r t u n g bei Helbling, S. 101 ff.; ähnlich Großfeld, S. 322. 115 Helbling, S. 94. 116 Helbling, S. 94. 111

102

G. Bewertung des Unternehmens

für existenzfähig beurteilten Unternehmens als vertretbar angesehen werden. A n dieser Stelle soll noch einmal auf die grundlegende K r i t i k 1 1 7 an der zweistufigen Bewertungsmethode eingegangen werden. Danach ist die Überschuldungsregelung zu einer bloßen Bestätigungsrechnung degradiert, da die Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Überschuldung bereits i m Rahmen der betriebswirtschaftlichen Analyse m i t der Prognose der Fortführungswürdigkeit gefallen sei. Dieser Auffassung ist i m Ergebnis nicht zu folgen. Denn die behauptete Schlußfolgerung 118 , daß i m Falle der Fortführungswürdigkeit der gefundene Unternehmenswert regelmäßig die Verbindlichkeiten übersteige, gilt dann nicht mehr, wenn ein hoher Kapitalisierungszinsfuß herangezogen w i r d 1 1 9 . Definitionsgemäß 120 sollte eine Fortführungswürdigkeit zu bejahen sein, wenn die erwarteten Erträge nicht nur die Fremdkapitalzinsen, sondern auch eine Eigenkapitalverzinsung ermöglichen. Damit aber beschränkt sich die Aussage der Überlebensvermutung nur auf die Höhe der Erträge. Sie bietet indes kein abschließendes K r i t e r i u m für den Wert des Unternehmens, da hierfür eine entsprechende Kapitalisierung der Erträge notwendig ist. Denn je höher der Kapitalisierungssatz ist, desto geringer ist der Wert des Unternehmens 121 , sofern die Ertragsmethode zur Anwendung kommt. Deshalb ist es denkbar, daß bei höheren Kapitalisierungssätzen 122 durchaus eine Überschuldung eintreten kann, obwohl die Fortführungswürdigkeit prognostiziert wurde. Außerdem muß die Überschuldungsrechnung aus rechtlichen Erwägungen alle nur denkbaren Fälle einer Überschuldungsrechnung erfassen. Selbst wenn unter praktischen Gesichtspunkten bei einer Überlebensvermutung ein Uberwiegen der Verbindlichkeiten nicht allzu häufig eintreten mag, ist die Kontrollfunktion der Überschuldungsregelung keinesfalls aufgehoben. Die gesetzliche Aufgabe der Überschuldungsvorschriften ist, alle generell möglichen Fallkonstellationen 117

E g n e r / W o l f f , A G 1978, 104; siehe auch Abschnitt G. Egner / Wolff, A G 1978, 104. 119 E g n e r / W o l f f , A G 1978, 104; dies w i r d auch i n der Beispielsrechnung eingeräumt. 120 E g n e r / W o l f f , A G 1978, 104; dieser Prämisse ist ohne weiteres zu folgen; siehe dazu Abschnitt F. 121 Großfeld, S. 320. 122 E g n e r / W o l f f , A G 1978, 104 berücksichtigen i n ihrer Beispielsrechnung, die von einem Kapitalisierungszinsfuß von 1 0 % ausgeht, keinerlei Risikozuschlag, der zwischen 1 1/2 - 4 % (siehe Seite 98) betragen kann. Andererseits t r i t t i n ihrem Beispiel die Überschuldung bei einem Kapitalisierungszinsfuß von 15,38 % ein. Danach besteht die Vermutung, daß eine Überschuldung trotz Überlebensvermutung gar nicht so unwahrscheinlich ist, w i e es von Egner / W o l f f dargestellt w i r d . 118

G. Bewertung des Unternehmens

zu erfassen, d.h. auch i m Falle hoher Kalkulationszinsfüße. Insoweit behält die Überschuldungsrechnung durchaus ihre Bedeutung. I m übrigen ist darauf hinzuweisen, daß Egner / W o l f f 1 2 3 i n ihrer Beispielsrechnung das Ertragswertverfahren verwenden. Dieses Verfahren kommt i n der Regel zu höheren Unternehmenswerten als die traditionellen Einzelbewertungsverfahren 124 . Von daher ist anzunehmen, daß die Methode der Einzelbewertung wesentlich eher zum Ergebnis der Überschuldung führt. Somit behält i m Rahmen der zweistufigen Prüfungsmethode die derzeitige gesetzliche Regelung ihre vorgesehene Kontrollfunktion.

123 124

Egner / Wolff, A G 1978, 103 f. Moxter, S. 209.

H. Grundsätze über die scbuldhafte Konkursantragspflichtverletzung Wann eine Uberschuldung unter Betrachtung der Sorgfaltspflichten gem. § 43 I GmbHG und § 93 I A k t G rechtzeitig erkennbar ist, insbesondere welche tatsächlichen Umstände darauf hindeuten, hängt von einer Fülle von Umständen ab. Dazu zählen beispielsweise die Höhe und Dauer der eingetretenen Verluste, die Frage, ob und wann m i t einer Besserung der geschäftlichen Situation zu rechnen ist (vorübergehende oder dauernde, strukturell bedingte Verlustsituation), die Höhe des Eigenkapitals, um die Verluste aufzufangen, und dergleichen. Letztlich hängt das rechtzeitige Erkennen der Uberschuldung vom jeweiligen Einzelfall ab, also von der Aufmerksamkeit von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern. Allgemeingültige Kriterien, sogenannte Patentrezepte, die die Beachtung der Sorgfaltspflichten bzw. deren Nichtbeachtung i n jedem Fall indizieren, gibt es verständlicherweise nicht. Immerh i n lassen sich gewisse Grundsätze aufstellen, die i m Einzelfalle eine Pflichtverletzung nahelegen können. So besteht ein Indiz für eine schuldhafte Antragspflichtverletzung, wenn trotz eines sich aufdrängenden Verdachts der Überschuldung (betriebliche Kennzahlen, „leverage"-Effekt, Konkurs eines Großkunden) eine unverzügliche Kontrolle der Vermögenssituation nicht vorgenommen wurde und eine eingetretene Überschuldung zunächst nicht erkannt wird. Denn wer sich i m Vorfeld der Insolvenz nicht u m eine Vermögensübersicht kümmert, verstößt i n aller Regel gegen die organschaftlich auferlegten Sorgfaltspflichten 1 . Hat der Geschäftsführer oder das Vorstandsmitglied i n dieser Situation eine betriebswirtschaftliche Untersuchung eingeleitet, um Bewertungskriterien für den Vermögensstatus zu schaffen, ist zu berücksichtigen, daß eine derartige Untersuchung und die damit verbundenen Bewertungsfragen gerade bei größeren Unternehmen große Schwierigkeiten bereiten und erhebliche Zeit kosten 2 . Die Abschätzung der Ertragsaussichten anhand von Ertragsplänen und die Bewertung der Vermögensgegenstände können sich durchaus über mehrere Monate hinziehen. Während dieses Zeitraumes ist eine Verpflichtung, den Konkurs zu beantragen, abzulehnen. Vielmehr soll der Geschäftsführung die 1 2

Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 64 Anm. 26. K ü h n , Die Konkursantragspflicht bei Uberschuldung einer GmbH, S. 84.

H. Die schuldhafte Konkursantragspfìichtverletzung

105

Möglichkeit gegeben werden, eine sachgerechte Analyse der Unternehmenssituation vorzunehmen und die entsprechende Bewertungsprämisse zu wählen, zumal häufig i n einer Unternehmenskrise Unklarheit darüber besteht, ob eine Fortführung überhaupt noch möglich erscheint oder liquidiert werden muß 3 . Erst aufgrund der Auswertung der Analyseergebnisse — wenn Klarheit über das Unternehmensschicksal herrscht — und erfolgter Bewertung ist über ein Insolvenzverfahren zu entscheiden. Die dafür erforderlichen Maßnahmen müssen jedoch mit der gebotenen Eile i n angemessener Zeit durchgeführt werden. Auch eine nur schleppend betriebene Analyse kann eine Antragspflichtverletzung darstellen. I m übrigen scheidet eine Analyse des Unternehmensschicksals dann aus, wenn von vornherein ein Insolvenzverfahren unumgänglich erscheint oder die Notwendigkeit dazu sich noch während einer Analyse infolge verschärfter wirtschaftlicher Schwierigkeiten abzeichnet. Sie ist i n einer derartigen Situation überflüssig, und die Konkursantragspflicht w i r d sogleich ausgelöst. Fehlen i n einem Unternehmen die entsprechenden Planungs- oder Rechnungsunterlagen, die für eine Analyse Voraussetzung sind, muß zu Liquidationswerten bewertet werden. Denn Betriebsbestehenswerte können nur herangezogen werden, sofern eine voraussichtliche Uberlebensfähigkeit gegeben ist und die große Chance auf 100°/oige Befriedigung der Gläubiger existiert. Eine Fortführungsbewertung zu praktizieren, obwohl infolge fehlender Planungsunterlagen eine derartige Annahme nicht getroffen werden kann, würde den Gläubigerinteressen zuwiderlaufen. Eine Fortführung liegt nur i n ihrem Interesse, wenn begründete Aussichten dafür vorhanden sind. Begründete Aussichten setzen aber hinreichendes Tatsachenmaterial i n Form von Rechnungsunterlagen voraus. Aus Gläubigerschutzgründen dürfen i n der Überschuldungsbilanz einzig Liquidationswerte angesetzt werden. Sind dennoch Betriebsbestehenswerte bilanziert worden, bedeutet das eine Sorgfaltspflichtverletzung und unter Umständen eine schuldhafte Antragspflichtverletzung. Faktisch w i r d damit die ausschließliche Liquidationsbewertung für Unternehmen ohne betriebswirtschaftliche Planungsunterlagen verbindlich. Ein Widerspruch zur angestrebten Verbesserung des Gläubigerschutzes mittels Einbeziehung der zukünftigen Verwertung des Unternehmensvermögens ergibt sich daraus nicht. Eine Verbesserung der Gläubigerposition durch den Ansatz von Betriebsbestehenswerten setzt voraus, daß sie m i t großer Wahrscheinlichkeit realisierbar erscheinen. Willkürlich prognostizierte Werte bedeuten daher keine Stärkung der Gläubigerbelange. Unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist wegen der geringeren Bedeutung solcher Unter3

Baur, Sanierungen, Wege aus Unternehmenskrisen, S. 18 f.

H. Die schuldhafte Konkursantragspfichtverletzung

nehmen kein allzu großer Schaden zu befürchten. Allenfalls kleinere oder mittlere Unternehmen sind von dieser Einschränkung betroffen. Mögliche Nachteile, die sich aus den Liquidationswerten ergeben können, müssen aus Gründen des m i t der Konkursantragspflicht bezweckten Gläubigerschutzes — er könnte sonst unterlaufen werden — hingenommen werden. Anzumerken ist i n diesem Zusammenhang, daß das Fehlen von Prognoseinstrumenten i m Unternehmen eine Sorgfaltspflichtverletzung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern i m Sinne von § 93 I A k t G und § 43 I GmbHG darstellen kann. Denn die Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer sind bei der Wahrnehmung der Gesellschaftsangelegenheiten verpflichtet, soweit dem nicht tatsächliche Gründe (geringe Unternehmensgröße usw.) entgegenstehen, derartige betriebswirtschaftliche Verfahren heranzuziehen, die gegebenenfalls die Durchführung einer betriebswirtschaftlichen Analyse ermöglichen. Fehlen betriebswirtschaftliche Erkenntnisverfahren, obwohl diese bei dem betroffenen Unternehmen hätten verwendet werden können, kann darin eine Pflichtverletzung gesehen werden, die entsprechende Schadensersatzansprüche gegen die Verantwortlichen begründet. I. Sachliche Vertretbarkeit der betriebswirtschaftlichen Analyse E i n wesentliches Problem der zweistufigen Prüfungsmethode liegt darin, Maßstäbe und Grenzen einer prognostischen Beurteilung aufzuzeigen 4 . Es müssen Kriterien geschaffen werden, die eine Unterscheidung zwischen „richtigen" (vertretbaren) und „falschen" (unvertretbaren) betriebswirtschaftlichen Analysen ermöglichen. Bei der Prüfung und Beurteilung von Prognoserechnungen ist nur ein Teil der Daten nachprüfbar 5 . Eine Nachprüfung ist möglich bei bereits bekannten, i n die Zukunft hineinwirkenden Umständen, wie schon abgeschlossene Geschäfte, Auftragsbestand, Kreditaufnahmemöglichkeiten, Investitionsvorhaben und Abschreibungsaufkommen 6 . Dasselbe gilt für Ergebnisanalysen nach Quellen (Produkte oder Produktgruppen usw.) und die Gegenüberstellung m i t den Planergebnissen 7 . I n anderen Bereichen der Prognoserechnung w i r d statt der Aussage „richtig" oder „falsch" nur die subjektive Feststellung „wahrscheinlich" oder „unwahrscheinlich" getroffen werden können 8 . 4

Schmidt, A G 1978, 339. E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11, W P g 1977, 682; Helbling, U n t e r nehmungsbewertung, S. 246 ff. 6 E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11 W P g 1977, 682. 7 E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11 WPg 1977, 682, m i t weiteren Beispielen. 8 E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11 W P g 1977, 682. 5

I. Sachliche Vertretbarkeit der betriebswirtschaftlichen Analyse

107

Besondere Schwierigkeiten bereitet die Nachvollziehbarkeit der Zukunftserwartungen, d.h. inwieweit die Planungen realistisch erscheinen. Nur bedingt nachprüfbar und daher subjektiv zu werten sind alle Mengen- und Wertgrößen der Zukunftsplanungen, soweit sie von noch eintretenden Voraussetzungen abhängen. Dazu zählen Arbeitspläne, Produktions- und Beschaffungspläne, Kosten- und Erlöspläne sowie Finanzierungspläne i m Rahmen von Mehrjahresplänen 9 . Erschwerend für eine Schätzung des zukünftigen nachhaltigen Gewinns w i r k e n sich Sanierungsmaßnahmen, strukturelle Veränderungen oder Umorganisationen innerhalb des Unternehmens aus, die häufig i m Zuge einer Sanierung erforderlich sind, deren Einfluß auf den zukünftigen Erfolg aber nur begrenzt voraussehbar ist. Hinzukommen können weitere Schwierigkeiten bei der Ertragsschätzung, wenn beispielsweise die Erträge bereits i n der Vergangenheit starken Schwankungen unterlegen haben oder ein Wechsel i m Management bevorsteht 10 . Hier bieten sich Möglichkeiten für die verantwortlichen Gesellschaftsorgane, subjektive Annahmen zu treffen und sich i n Ermessensspielräumen zu bewegen 11 . Grundlegend ist nun einmal für Prognosen, daß sie teilweise nur nach der Plausibilität beurteilt werden können 1 2 . Aus diesem Grunde genießen die Gesellschaftsorgane Spielräume für eigene Ermessensentscheidungen, soweit es subjektive Annahmen betrifft, die nur einer beschränkten Nachprüfung unterliegen. Die Hauptgefahr von Ermessensspielräumen liegt i n ihrer Manipulationsanfälligkeit. Zutreffend ist auch, daß das Gesetz bisher keinerlei Dokumentationsvorschriften vorsieht, die eine Erstellungs- und/oder Aufbewahrungspflicht für Ertragspläne, Ertragswertberechnungen usw. statuieren 13 . Daraus läßt sich aber nicht die Untauglichkeit einer zweistufigen Prüfungsmethode herleiten. Immerhin kann Manipulationen und dem Fehlen von Dokumentationsvorschriften durch eine entsprechende Beweislastverteilung i m Streitfalle entgegengewirkt werden. Insofern besteht die Möglichkeit, die für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder entstandenen Ermessensspielräume zu begrenzen und die verantwortlichen Organe zu einem vorsichtigen Umgang m i t denen ihnen eingeräumten Ermessensentscheidungen anzuhalten. Es kann dadurch die Gefahr des „Reichrechnens" mittels allzu optimistischer Einschätzungen der Planungszahlen eingeschränkt, werden. Völlig ausschließen läßt sich dieses Risiko indes nicht. Subjektive Annahmen und Ermessensspielräume sind dem Überschuldungstatbestand immanent 1 4 . 9

E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11 W P g 1977, 682. Helbling, S. 245 f. u n d 253 u n d Fußnote 57 a m i t weiteren Beispielen. 11 Schmidt, A G 1978, 339. 12 E n t w u r f einer UEC-Empfehlung Nr. 11 W P g 1977, 682. 13 Drukarczyk, Z G R 1979, 564 f. 10

H. Die schuldhafte Konkursantragspfichtverletzung

Sie bestehen auch bei einer Liquidationsbewertung — zwar m i t geringerer Offenkundigkeit und nicht i m Rahmen prognostischer Beurteilungen, sondern etwa bei der Bewertung der voraussichtlichen Veräußerungserlöse der Vermögensgegenstände. Für eine Beweislastumkehr ist i n erster Linie an den Zivilprozeß zu denken, falls zwischen den Parteien die Vertretbarkeit bzw. die Unvertretbarkeit einer von der Geschäftsleitung getroffenen subjektiven Annahme streitig ist 1 5 . Die i n Anspruch genommenen Gesellschaftsorgane hätten den Beweis anzutreten, daß die Prognose durch objektivierbares Material fundiert und sachlich vertretbar w a r 1 6 . Allerdings muß die Beweislastumkehr auf den zivilrechtlichen Bereich beschränkt bleiben und kann nicht auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausgedehnt werden. Dort wäre eine Umkehrung der Beweislast zum Nachteil des Angeklagten unzulässig 17 . Wann eine Prognose vertretbar ist oder war, richtet sich nach den tatsächlichen Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Sie darf nicht schon deshalb verneint werden, weil sich die Prognose i m Nachhinein als objektiv unrichtig herausgestellt hat 1 8 . Vielmehr muß sie nach einem ex-post zu prüfenden ex-ante-Urteil haltbar erscheinen. Denn es kommt auf die Vertretbarkeit der getroffenen Annahmen und Ermessensentscheidungen zum Zeitpunkt ihrer Ausübung an. Dabei ist der an sich unscharfe Begriff der Vertretbarkeit dahingehend zu präzisieren, daß ex post die vorgenommene Prognose unter Anlegung eines ex-ante-Maßstabes ein hohes Maß an Eintrittswahrscheinlichkeit ergeben muß. Denn es kommt nur darauf an, daß die Prognose zum damaligen Zeitpunkt ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit aufwies, selbst wenn zeitlich nachfolgende, unwägbare Faktoren (Wirtschaftskrisen, politische Veränderungen, Geschmacks- und Verfahrensänderungen) sie gegenstandslos gemacht haben. Derartige Ereignisse haben außer Betracht zu bleiben. I I . Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Zunächst soll die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern aufgezeigt werden. Es sind die strafrechtlichen Sorgfaltsgrundsätze, die strafrechtlichen Konsequenzen der prognostischen Ermessensspielräume und die Auswirkungen der ver14

Schmidt, A G 1978, 339. I n diesem Sinne Schmidt, Z I P 1980, 236; Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 64 A n m . 36. 16 Schmidt, Z I P 1980, 236. 17 Louven, M D R 1970, 295; Löwe-Rosenberg, StPO § 261 Rdn. 115 ff.; Henkel, Strafverfahrensrecht, S. 102 f. 18 Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. Aufl., § 64 A n m . 36. 15

II.

r e c h t l i c h e Verantwortlichkeit

schiedenen Unternehmensbewertungsmethoden für eine Strafbarkeit darzustellen. I m Anschluß daran ist die hier vorgeschlagene strafrechtliche Lösung der Überschuldungsproblematik auf ihre verfassungsrechtliche Vereinbarkeit i m Hinblick auf A r t . 103 I I GG zu würdigen. a) Die strafrechtlichen Sorgfaltsgrundsätze

Strafbar ist die vorsätzliche oder fahrlässige Antragsunterlassung, §§ 84 GmbHG und 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Eine vorsätzliche Begehung liegt vor, wenn der Täter i n Kenntnis der Überschuldung die notwendigen Anträge unterlassen hat. Daneben kommt eine Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit i n Betracht, falls dem Täter die Überschuldung pflichtwidrig verborgen geblieben ist. Für die Bestrafung ist nicht allein der objektive Sorgfaltsverstoß entscheidend, sondern der Täter muß i n der Lage gewesen sein, nach seinen individuellen Fähigkeiten die an i h n gestellten Verpflichtungen zu erkennen und zu erfüllen. Es gilt ein subjektiver Maßstab 19 . I m jeweiligen Einzelfalle muß die fahrlässige Begehung der Straftat besonders nachgewiesen werden 2 0 . Von Bedeutung sind i n diesem Zusammenhang die Sorgfaltsanforderungen an eine ordnungsmäßige Geschäftsführung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern i m Sinne von § 93 A k t G und § 43 GmbHG 2 1 . Z u berücksichtigen ist jedoch, daß die schuldhafte Verletzung der Sorgfaltspflichten i n diesen Vorschriften typisiert 2 2 ist und sich nach der i m Zivilrecht geltenden „ i m Verkehr erforderlichen Sorgfalt" richtet 2 3 . Dabei geht der gesellschaftsrechtliche Sorgfaltsbegriff, der von den Gesellschaftsorganen zu fordern ist, über den Sorgfaltsbegriff hinaus, der i n § 276 I Satz 2 BGB als Fahrlässigkeit definiert ist 2 4 . Es w i r d die Sorgfalt eines i n verantwortlich leitender Position bei selbständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen tätigen Geschäftsmannes verlangt 2 5 , wobei i n § 43 I GmbHG trotz abweichenden Wortlauts das gleiche gemeint ist wie i n § 93 I A k t G 2 6 . Es handelt sich um einen objektiven Maßstab unabhängig von den persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des einzelnen Geschäftsführers oder Vorstandsmitgliedes 27 . Das widerspricht dem Fahrlässig19 Jescheck, Lehrbuch des Strafrechts, A T , S. 481 f.; Baumann, Straf recht, A T , S. 462; Schönke / Schröder, Strafgesetzbuch, § 15 Rdn. 112 ff. 20 Jescheck, S. 480 ff. 21 K l u g i n Hachenburg, GmbHG, § 84 A n m . 12. 22 Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, A k t G § 93 A n m . 29. 23 Baumann, S. 462. 24 Kust, W M 1980, 759. 25 Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 23. 26 Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 23; abweichend offensichtlich Kust, W M 1980, 759 f. 27 Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 9; K ü h n , S. 85 f.

H. Die schuldhafte Konkursantragspfichtverletzung

keitsbegriff des Strafrechts. Die zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstäbe sind insoweit den i m Strafrecht geltenden individuellen Grundsätzen anzupassen. Darüber hinaus kann je nach den tatsächlichen Umständen auch der Vorwurf eines Übernahmeverschuldens erfüllt sein 28 . Der Schuldvorw u r f w i r d darauf gestützt, daß jemand eine Tätigkeit übernommen hat, für die i h m die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen. Ist der Täter als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied bestellt worden, ohne über die dafür notwendigen Befähigungen zu verfügen, liegt schon darin ein fahrlässiges Verhalten 2 9 . b) Die strafrechtliche Bedeutung der prognostischen Ermessensspielräume

Bei der Untersuchung einer strafrechtlich relevanten Verletzung der Konkursantragspflichten sind die den Gesellschaftsorganen eingeräumten Beurteilungsspielräume zu beachten. Soweit sich die Planungsrechnungen der Prognose i m Bereich der nur bedingt nachprüfbaren Mengen- und Wertgrößen bewegen, die bei der Erstellung der Prognose noch von zukünftig eintretenden Voraussetzungen abhängen, muß der daraus resultierende Ermessensspielraum berücksichtigt werden. Sind die subjektiven Annahmen der Geschäftsleitung bei der Aufstellung der Ertragspläne, Kosten- und Erlöspläne, Absatzpläne usw. von den Ermessensspielräumen gedeckt, handelt es sich u m eine sachlich vertretbare Prognose, selbst wenn i m Nachhinein die tatsächliche Entwicklung abweichend verlaufen ist. Denn die Gesellschaftsorgane werden nicht wegen einer unrichtigen, sondern nur wegen einer schuldhaft unvertretbaren Prognose zur Reschenschaft gezogen 30 . Strafrechtlich bedeutet dies, daß die vorhandenen Ermessensspielräume sich zugunsten der verantwortlichen Organe auswirken 3 1 . Ein i m Sinne der zweistufigen Prüfungsmethode verstandener Überschuldungsbegriff muß restriktiv angewendet werden, um eine genügende Bestimmtheit des materiellen Tatbestandes 32 zu gewährleisten. Die durch das Prognoseverfahren geschaffenen Ermessensspielräume, sofern der potentielle Täter sie i n vertretbarer Weise beachtet hat, müssen i h n einer Strafbarkeit entheben. Erst eine unvertretbare Prognose verwirklicht den objektiven Tatbestand. Auf diesem Wege kann die Rechtssicherheitsgarantie des materiell-rechtlichen Straftatbestandes 33 gewahrt werden. 28 29 30 31 32 33

Jescheck, S. 482; RGSt 4, 418 (420). Baumann, S. 462. Schmidt, A G 1978, 339. Schmidt, A G 1978, 339. Tiedemann, Tatbestandsfunktionen i m Nebenstrafrecht, S. 199. Tiedemann, S. 199.

II.

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Neben der rein materiell-rechtlich zu handhabenden restriktiven Auslegung des Uberschuldungstatbestandes greifen zum Schutze des Angeklagten noch prozessuale Prinzipien ein, die eine zusätzliche Kontrolle der materiellen Norm bewirken 3 4 . Eine Verurteilung ist nur möglich, wenn dem Angeklagten nachgewiesen worden ist, daß die von ihm vorgenommene Prognose über die Ermessensgrenzen hinausgeht, also die objektive Tatbestandsverwirklichung feststeht und ein strafrechtlicher Schuldvorwurf hinzutritt. Hier zeigt sich die Beweislastverteilung i m Strafprozeß, die auf der Instruktionsmaxime beruht 3 5 . Das Gericht hat alle für eine Verurteilung erforderlichen Tatsachen festzustellen 36 . Erst wenn ein Ermessensmißbrauch i m Einzelfalle positiv festgestellt und dem Angeklagten nachgewiesen worden ist, kann eine strafrechtliche Sanktion verhängt werden. Sollten Zweifel darüber bestehen, ob eine Prognose noch vertretbar oder schon unvertretbar war, gilt i m Strafrecht für den potentiellen Täter der Grundsatz, daß von den für ihn günstigsten Tatumständen auszugehen ist, d. h. eine Bestrafung ist nur zulässig, wenn die vom Gesetz festgelegten Voraussetzungen sicher erfüllt sind 3 7 . K a n n das Gericht nicht die erforderliche Überzeugung über das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts gewinnen, haben sich diese Zweifel nach dem Grundsatz i n dubio pro reo zugunsten des Angeklagten auszuwirken 3 8 . Bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts hat das erkennende Gericht i n diesem Falle von der Vertretbarkeit der Prognose auszugehen. Ein strafrechtlicher Vorwurf wegen der Erstellung einer schuldhaft unvertretbaren Prognose wäre ausgeschlossen. I m übrigen ist noch auf die von Tiedemann 3 9 erörterte Fallkonstellation einzugehen, daß eine Überholung der betriebswirtschaftlichen Prognose durch Zeitablauf eingetreten ist. Dieses Problem stellt sich nicht selten für die strafrechtliche Verfahrenssituation, wenn zwar zunächst aus der ex-ante-Sicht des Angeklagten eine Prognoseerstellung unter Berücksichtigung der damaligen Einschätzungen notwendig war, die ermittelten Prognoseergebnisse i n der Zwischenzeit aber wirtschaftliche Vergangenheit geworden sind. Grundsätzlich hat die zum Statusstichtag vorgenommene Bewertung, die auf der zugrunde gelegten Prognose basiert, nur eine Ersatzfunktion i m Hinblick auf die tatsächliche künftige Wirtschaftsentwicklung des Unternehmens 40 . Diesen „Er34

Tiedemann, S. 199 f. Eb. Schmidt, Lehrkommentar, T e i l I, S. 200 ff. 36 Eb. Schmidt, S. 202 ff. 37 Löwe / Rosenberg, StPO § 261 Rdn. 112; Baumann, S. 161 ff.; Jescheck, S. 112 ff. 38 Löwe / Rosenberg, StPO § 261 Rdn. 112 f.; Jescheck, S. 112 ff. 39 Tiedemann, i n : Gedächtnisschrift f ü r Schröder, S. 302. 35

H. Die schuldhafte K o n k u r s a n t r a g s p f i t v e r l e t z u n g

satzwert" heranzuziehen, ist nach der Auffassung von Tiedemann strafrechtlich unzulässig, wenn beispielsweise die real erzielten Erträge des Unternehmens nunmehr feststehen, d. h. es darf nicht ein unbestimmter Maßstab — Prognose — für die strafrechtliche Beurteilung maßgeblich sein, sofern ein bestimmter Maßstab zur Verfügung steht 4 1 . Dabei differenziert Tiedemann nach der A r t der Abweichung von der ursprünglichen Prognose. Handelt es sich um eine positive Entwicklung — der Wert des Unternehmens hat sich als höher herausgestellt —, muß sie sich zugunsten des Täters auswirken und darf als strafrechtlich relevanter Sachverhalt vom Richter einzig berücksichtigt werden. Anders bei unvorhersehbaren negativen Abweichungen. Sie können dem Täter nicht angelastet werden, so daß die ursprüngliche Prognose für das Strafverfahren maßgebend bleibt 4 2 . I m Ergebnis kann diesen Ausführungen, die nur für eine positive Entwicklung eine Veränderung der strafrechtlichen Beurteilung ergeben, gefolgt werden. Jedoch erscheint ihre praktische Anwendbarkeit von nicht allzu hoher Bedeutung. Denn haben die Verantwortlichen eine schuldhaft unvertretbare Prognose erstellt und dabei die Zukunft des Unternehmens ohne sachliche Anhaltspunkte zu positiv eingeschätzt, w i r d dennoch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht eintreten, falls überraschend sich die Prognose realisieren sollte. Zwar lag i m Zeitpunkt der Uberschuldungsprüfung eine mögliche Überschuldung vor, nur haben sich daraus wegen der positiven Unternehmensentwicklung keine Konsequenzen i n Form eines Konkurses ergeben. Eine strafrechtliche Verfolgung w i r d mangels eines Anknüpfungspunktes — eingetretener Konkurs — entfallen. c) Die strafrechtlichen Auswirkungen der unterschiedlichen Unternehmens bewertungsmethoden bei voraussichtlicher Fortführungswürdigkeit

Ein weiteres Problem der Strafbarkeit bedeuten die Bewertungsspielräume der Unternehmensbewertungsverfahren i m Falle der prognostizierten Überlebensfähigkeit. Die einzelnen für eine Bewertung zulässigen Methoden unterscheiden sich i n den von ihnen ermittelten Unternehmenswerten nicht unerheblich. Je nach verwendeter Bewertungsmethode beläuft sich i n dem gezeigten Beispiel (Substanzwert 700 000 DM, Unternehmensertrag 72 000 DM, Kapitalisierungszins 8 °/o) der Wert des Unternehmens zwischen 764 000 D M (Übergewinndiskontierung) 4 5 als M i n i m u m und 900 000 D M (Ertragswertmethode) 44 als 40 41 42 43 44

Tiedemann, i n : Gedächtnisschrift f ü r Schröder, S. 304. Tiedemann, i n : Gedächtnisschrift f ü r Schröder, S. 304. Tiedemann, i n : Gedächtnisschrift f ü r Schröder, S. 304. Großfeld, Bilanzrecht, S. 321. Großfeld, S. 321.

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Obergrenze. Die Differenz macht 136 000 D M oder fast 15 °/o des maximal ermittelten Unternehmenswertes von 900 000 D M aus 45 . Unter strafrechtlichen Gesichtspunkten dürfen sich die aufgezeigten Bewertungsunsicherheiten infolge von Bewertungsspielräumen nicht zu Lasten der Handlungsadressaten auswirken. Die Rechtssicherheit des Straftatbestandes wäre i n Frage gestellt, wollte man die bis zu 15 °/o betragenden Bewertungsschwankungen der einzelnen Bewertungsmethoden auf den Zeitpunkt des Eintritts der Uberschuldung durchschlagen lassen. Ob bereits eine Überschuldung eingetreten ist oder nicht und ob etwaige Konkursantragspflichten entstanden sind, würde von der Wahl des jeweiligen Bewertungsverfahrens abhängen. Eine mögliche Strafbarkeit wäre von den Ergebnissen der Bewertungsmethoden beeinflußt. Es dürfen die betriebswirtschaftlichen Unterschiede der einzelnen Bewertungsmethoden nicht über die Uberschuldung bzw. die NichtÜberschuldung und somit über eine Strafbarkeit entscheiden. Letztlich beruhen die Bewertungsspielräume auf einer unterschiedlichen Gewichtung von Substanz und Ertrag. Aus diesem Grunde bildet das Bewertungsergebnis nur einer einzigen Bewertungsmethode kein Kriterium, das geeignet ist, eine strafrechtliche Verantwortlichkeit m i t der nötigen rechtsstaatlichen Gewißheit zu begründen. Die für den Straftatbestand erforderliche hinreichende Gesetzesbestimmtheit bestünde nicht. Aus diesem Grunde bedarf der Uberschuldungsbegriff i m Falle der Unternehmensfortführung einer gewissen Einschränkung. Eine eindeutige und damit i n rechtsstaatlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Anwendung des Überschuldungsbegriffs besteht dann, wenn an einer Überschuldung nach keinem der zulässigen Bewertungsverfahren gezweifelt werden kann 4 6 . Eine Uberschuldung muß sich deshalb nach allen Bewertungsmethoden ergeben. N u r unter dieser Voraussetzung w i r k e n sich die Bewertungsspielräume nicht zu Lasten der Normadressaten aus. Danach ist für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit die Überschuldung erst m i t dem Zeitpunkt eingetreten, wenn alle Bewertungsverfahren dies konstatieren. I m übrigen kann i n diesem Zusammenhang wiederum auf den strafverfahrensrechtlichen Grundsatz i n dubio pro reo zurückgegriffen werden. Bestehen nämlich Zweifel über das Vorliegen einer rechtserheblichen Tatsache, fehlt es an der für eine Verurteilung des Täters notwendigen Gewißheit 4 7 . Entsprechend dem Grundsatz i n dubio pro reo müssen sich derartige Zweifel zugunsten des Angeklagten auswirken 4 8 . 45 Großfeld, S. 321; V i e l / Bredt / Renard, Die Bewertung v o n Unternehmungen u n d Unternehmungsanteilen, S. 137. 46 I n diesem Sinne Tiedemann, i n : Gedächtnisschrift f ü r Schröder, S. 299. 47 Jescheck, S. 112 ff.; Baumann, S. 161 ff. 48 Jescheck, S. 112 ff.; Löwe / Rosenberg, StPO § 261, Rdn. 112.

8 Gurke

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H. Die schuldhafte Konkursantragspfìichtverletzung

Für die Strafregelungen von § 84 GmbHG und § 401 Abs. 1 Nr. 2 A k t G bedeuten etwaige Zweifel, daß die Vorschriften nur i n eindeutigen Fällen erfüllt sind, wenn nach allen Bewertungsverfahren eine Uberschuldung eingetreten ist. Solange nur die eine oder andere Bewertungsmethode zur Überschuldung führt, liegt das Tatbestandsmerkmal nicht m i t Gewißheit vor. Das aufgezeigte restriktive Verständnis der Überschuldungsregelung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit setzt allerdings voraus, daß die Unternehmensbewertung als solche einwandfrei durchgeführt worden ist. Die Verwendung betriebswirtschaftlich zulässiger Verfahren alleine reicht natürlich nicht aus. Vielmehr muß der Bewertungsvorgang den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, d. h. den „allgemeinen Maßstäben" der Bewertung, entsprechen 49 . Wesentlich ist dabei, daß es sich entsprechend dem Bewertungsanlaß, Uberschuldungsprüfung, um einen nach objektiven Maßstäben ermittelten Unternehmenswert handeln muß. Es besteht das Verbot, willkürliche Überbewertungen vorzunehmen 50 . Läßt sich der ermittelte Unternehmenswert nicht durch die nachhaltig erzielbaren Gewinne und/oder durch den verwendeten Kapitalisierungszins rechtfertigen, stellt dieser Umstand ein Indiz für eine mögliche schuldhafte Antragspflichtverletzung dar. Anzumerken ist, daß es bei der Wertfindung des Unternehmens ebenfalls nicht um die Feststellung eines richtigen oder falschen Wertes, sondern um dessen Vertretbarkeit oder Unvertretbarkeit geht 5 1 . Es schlagen etwa die geschätzten Ertragsaussichten, die ohnehin einem Ermessensspielraum unterliegen, auf den Unternehmenswert durch. Weiterhin muß der Kapitalisierungszins bei bestehender Unsicherheit prognostiziert werden, insbesondere wenn Schwankungen infolge der Geldmarktpolitik der Bundesbank auftreten 5 2 . Auch hier sind den Gesellschaftsorganen Ermessensspielräume eingeräumt, die bei einer strafrechtlichen Verfolgung zu beachten sind. d) Die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit der zweistufigen Prüfungsmethode

Infolge der Verwendung als Straftatbestandsmerkmal ist eine hinreichende Gesetzesbestimmtheit des Überschuldungsbegriffs i m Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich, um rechtsstaatlichen Grundsätzen 49 Siehe dazu die Ausführungen von Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, S. 17 ff. 50 Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. Aufl., § 63 A n m . 11. 51 Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. Aufl., § 63 A n m . 11. 52 O L G Celle A G 1979, 230 ff.

I I . Strafrechtliche Verantwortlichkeit

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zu genügen. Eine Strafrechtssanktion muß für einen potentiellen Täter voraussehbar sein, d. h. „der Einzelne soll von vornherein wissen können, was strafrechtlich verboten ist, damit er i n der Lage ist, sein Verhalten danach einzurichten" 53 . Die Gesetzesbestimmtheit erfordert aber nicht, daß der Tatbestand bis i n alle Einzelheiten ausgeführt werden müßte 5 4 . Danach können unter bestimmten Voraussetzungen auch unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe i m Strafrecht verwendet werden und sind verfassungsrechtlich nicht von vornherein zu beanstanden 55 . Um einen solchen wertausfüllungsbedürftigen Begriff handelt es sich beim Tatbestandsmerkmal der Überschuldung. Denn das Gesetz läßt offen, welche Wertmaßstäbe, Liquidationswerte oder Betriebsbestehenswerte, für die Ermittlung der Uberschuldung zugrunde zu legen sind. Insbesondere hat das Gericht i m Einzelfall die Ermessensspielräume zu ermitteln, die i m Rahmen der betriebswirtschaftlichen Analyse anzuwenden waren. Die Entscheidung darüber, ob der Ausübungsbereich des Ermessens beachtet oder überschritten worden ist, stellt eine richterliche Wertausfüllung dar und deutet auf ein normatives Tatbestandsmerkmal 56 . I n einem ähnlich gelagerten Fall hatte sich das Bundesverfassungsgericht m i t der verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit von unbestimmten und deshalb wertausfüllungsbedürftigen Begriffen i m Strafrecht auseinanderzusetzen. I m Beschluß 57 vom 15. März 1978 nahm der Zweite Senat zur gesetzlichen Bestimmtheit i m Sinne des A r t . 103 Abs. 2 GG von § 240 I Nr. 4 K O a. F. i n Verbindung m i t § 39 I I Satz 2 HGB Stellung. § 240 I Nr. 4 K O a. F. bedrohte die verspätete Bilanzerrichtung für den Fall m i t Strafe, daß sie i n Zusammenhang m i t einem Bankrott stand. Unter welchen Voraussetzungen eine Bilanzerrichtung verspätet war, verwies § 240 K O a. F. auf das Handelsgesetzbuch. Soweit nicht besondere Vorschriften, so für Kapitalgesellschaften, galten, w a r § 39 I I Satz 2 HGB heranzuziehen 58 , der die Regelung enthält, daß die Bilanz „innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu 53

BVerfGE 48, 56. BVerfGE 14, 245 (251). 55 BVerfGE 48, 48 (56 f.). 56 Ä h n l i c h Tiedemann, in: Gedächtnisschrift f ü r Schröder, S. 291, der die Auffassung vertritt, das Tatbestandsmerkmal der Überschuldung sei n u r scheinbar deskriptiv, tatsächlich aber vorwiegend normativ gefärbt. Anders Franzheim N J W 1980, 2502, der die Überschuldung als ein deskriptives M e r k m a l einordnet, w e i l die Überschuldung w i e an einer Skala einer Waage oder eines sonstigen Meßgerätes abzulesen sei; i n kritischer E r w i d e r u n g Haack, N J W 1981, 1353, der das M e r k m a l der Überschuldung f ü r ein normatives Tatbestandsmerkmal hält. 57 BVerfGE 48, 48. 58 BVerfGE 48, 48 (49). 54

8*

H. Die schuldhafte Konkursantragspfichtverletzung

bewirken" ist. Dieses i n recht allgemeiner Form umschriebene Tatbestandsmerkmal hielt das Bundesverfassungsgericht dennoch m i t dem Grundgesetz für vereinbar 5 9 . Die maßgebenden Erwägungen waren, daß das Gebot der Gesetzesbestimmtheit nicht übersteigert werden dürfe, da die Gesetze sonst zu starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit des Lebens und dem Wandel der Verhältnisse nicht gerecht werden könnten 6 0 . Eine hinreichende Gesetzesbestimmtheit des zu konkretisierenden, wertausfüllungsbedürftigen Begriffs meinte das Verfassungsgericht m i t Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden bzw. aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung zu erreichen. Als weiteres K r i terium der Gesetzesbestimmtheit wurde darauf abgestellt, an welchen Kreis von Adressaten sich die Vorschrift wendet 6 1 . Gerade der Kreis der Normadressaten kann von entscheidender Bedeutung für die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit von wertausfüllungsbedürftigen Begriffen sein. Die Eingrenzung der Norm auf einen bestimmten Personenkreis bedeutet unter Umständen zugleich deren hinreichende Gesetzesbestimmtheit, sofern besondere Anforderungen (Fachkenntnisse, eine entsprechende Vorbildung) zum Verständnis der Norm notwendig sind. I n diesem Sinne können die Ausführungen des Verfassungsgerichts zu § 240 K O a. F. auf den wertausfüllungsbedürftigen Begriff der Uberschuldung übertragen werden: „Richtet sie sich ausschließlich an Personen, bei denen aufgrund ihrer Ausbildung oder praktischen Erfahrung bestimmte Fachkenntnisse regelmäßig vorauszusetzen sind, und regelt sie Tatbestände, auf die sich solche Kenntnisse zu beziehen pflegen, so begegnet die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe unter dem Gesichtspunkt des A r t . 103 Abs. 2 GG keinen Bedenken, wenn allgemein davon ausgegangen werden kann, daß der Adressat aufgrund seines Fachwissens imstande ist, den Regelungsinhalt solcher Begriffe zu verstehen und ihnen konkrete Verhaltensanweisungen zu entnehmen 62 ." A n einen solchen Adressatenkreis wenden sich die §§ 64, 84 GmbHG und §§ 92 Abs. 2, 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Wer als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied bestellt wird, muß über diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die nach objektiven Maßstäben von einem ordentlichen Geschäftsleiter gefordert werden können 6 3 . Übernimmt jemand die Leitung einer Kapitalgesellschaft, bei welcher nur das Gesellschaftsvermögen den Gläubigern haftet, muß er m i t den aus die59

BVerfGE 48, 48. BVerfGE 48, 48 (56). 81 BVerfGE 48, 48 (57). 62 BVerfGE 48, 57; 26, 186 (204). 63 RG L Z 1928, 1339; RGZ 163, 208 (zur Genossenschaft); Mertens Hachenburg, G m b H G 7. Aufl., § 43 Rdn. 23. 60

in

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ser Tätigkeit entstehenden Verpflichtungen vertraut sein. Insbesondere muß er die gläubigerschützenden Vorschriften der Überschuldung kennen und wissen, daß bei einem Verdacht der Uberschuldung eine Bewertung des Gesellschaftsvermögens und der Verbindlichkeiten zu ihrem Zeitwert notwendig ist, wobei zuvor die voraussichtliche Verwertung des Gesellschaftsvermögens durch eine betriebswirtschaftliche Analyse zu klären ist. Die Vorschriften der §§ 64, 84 GmbHG und §§ 92 Abs. 2, 401 A k t G beinhalten jedenfalls für den von ihnen betroffenen Adressatenkreis, Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, erkennbare Handlungsanweisungen. Soweit durch die Prognoseerstellung und die Gesamtbewertung des Unternehmens Ermessensspielräume entstanden sind, beeinträchtigen sie nicht die Verfassungsgemäßheit der zweistufigen Prüfungsmethode. Bei der strafrechtlichen Würdigung der Prognose kommt es nicht darauf an, ob sie „richtig" oder „falsch" war, sondern es werden die vertretbaren Prognosen von den schuldhaft unvertretbaren getrennt. N u r bei einer schuldhaft unvertretbaren Prognose, die unter Verletzung der eingeräumten Ermessensspielräume entstanden ist, kann eine Strafsanktion verhängt werden. Dies entspricht den veränderten Anforderungen, die i m Sinne einer zweistufigen Prüfungsmethode an den Begriff der Uberschuldung zu stellen sind. Das durch die Einbeziehung künftiger Entwicklungen entstandene Unsicherheitsmoment w i r d durch Schaffung von Ermessensspielräumen ausgeglichen. Eine Strafbarkeit kommt lediglich bei Uberschreiten des Ermessens i n Betracht. Damit bleibt die staatliche Reaktion für einen potentiellen Täter voraussehbar. Der von den Uberschuldungsregelungen betroffene Personenkreis, Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, hat demnach die Möglichkeit, sein Verhalten bei der Prüfung einer etwaigen Konkursantragspflicht auf einen i n dieser Weise verstandenen Uberschuldungsbegriff einzurichten. I I I . Zivilrechtliche Verantwortlichkeit

Bereits an anderer Stelle 6 4 ist darauf hingewiesen worden, daß eine Hauptgefahr der entstandenen Ermessensspielräume i n ihrer Manipulationsanfälligkeit besteht. Es existiert die ernstzunehmende Gefahr, daß die verantwortlichen Gesellschaftsorgane i h r Ermessen zu Lasten der Gläubiger nutzen und beispielsweise eine schon zerschlagungsreife Unternehmung fortführen, indem sie eine allzu „optimistische" Prognose, die mehr auf ihren bloßen Wünschen und Hoffnungen als auf Tatsachenmaterial beruht, vornehmen. Verantwortungslose Gesellschaftsorgane könnten zudem i m Intercesse der Anteilseigner versuchen, auf 64

Siehe Abschnitt H I.

H. Die schuldhafte Konkursantragspfichtverletzung

diesem Wege dem Unternehmen noch zusätzliche M i t t e l zu entziehen 65 . Ohne Zweifel bedeutet die zweistufige Prüfung einen gewissen „ K o m petenzgewinn" 6 6 zugunsten der Verwaltungsträger. Scheinbar verstärkt w i r d der „Kompetenzgewinn" durch fehlende DokumentationsVorschriften, die eine nachträgliche Sanktionierung eines mißbräuchlichen Verhaltens kaum wahrscheinlich erscheinen lassen 67 , da die zum Nachweis der Konkursantragspflichtverletzung nötigen Unterlagen nicht vorhanden wären. Damit aber wäre die Gläubigerschutzfunktion der Uberschuldungsregelungen, die darauf basiert, daß i m Falle ihrer Verletzung Sanktionen angedroht werden, i n Frage gestellt. U m die Gläubigerschutzfunktion der Konkursantragspflichten aufrechtzuerhalten und einem mißbräuchlichen Verhalten entgegenzutreten, bieten sich i m Zivilrecht verfahrensrechtliche Mittel an. Dabei ist das Mittel der Beweislastverteilung besonders hervorzuheben. Nach den i m Gesellschaftsrecht geltenden Grundsätzen müßte eigentlich die Tatsache der Konkursreife, wenn Ansprüche wegen einer schuldhaften Konkursantragspflichtverletzung eingeklagt werden, durch den Kläger dargelegt und bewiesen werden, während das i n Anspruch genommene Gesellschaftsorgan sich nur i n der Verschuldensfrage entlasten müßte 6 8 . Für die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft ergibt sich diese Beweislastverteilung aus § 93 I I Satz 2 A k t G und für die Geschäftsführer einer G m b H kraft Gewohnheitsrecht 69 . Der Geschädigte hätte i m Prozeß die objektive Pflichtverletzung, den Schaden sowie die Kausalität der Pflichtverletzung für den entstandenen Schaden darzulegen und, falls notwendig, zu beweisen 70 . Dagegen müßten die Gesellschaftsorgane nachweisen, daß sie m i t der gebotenen Sorgfalt gehandelt haben 71 . Jedoch ist eine derartige Beweislastverteilung nicht unumstritten 7 2 . Es gibt sowohl i m Aktienrecht 7 3 als auch i m GmbHRecht 74 Tendenzen, die Entlastungsverpflichtung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern auch auf den Bereich der objektiven Pflicht85

Drukarczyk, ZGR 1979, 564 f.; Haack, B B 1981, 886. Drukarczyk, ZGR 1979, 565. 67 Drukarczyk, Z G R 1979, 565. 68 Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 63 A n m . 13; Frels, A G 1960, 296 ff. zu § 84 A k t G a. F. sowie Ritter, A k t G § 84 A n m . 3 a. 69 Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 66. 70 Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 64 A n m . 36; zu § 84 A k t G a. F.; Frels, A G 1960, 296 ff.; Ritter, A k t G § 84 Anm. 3 a. 71 Frels, A G 1960, 296. 72 Mertens i n Kölner K o m m e n t a r zum A k t G § 93 A n m . 48 m i t weiteren Nachweisen. 73 Mertens i n K ö l n e r Kommentar zum A k t G § 93 A n m . 48. 74 I n diesem Sinne w o h l auch Mertens i n Hachenburg, G m b H G 7. A u f l . § 43 Rdn. 66 m i t weiteren Nachweisen. 66

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Widrigkeit auszudehnen. Allerdings kann der Streit über den Umfang der Entlastungsverpflichtung i m Rahmen der Überschuldungsregelungen dahingestellt bleiben. Vielmehr ist für beide Formen der Kapitalgesellschaft eine besondere, den Erfordernissen der zweistufigen Prüfungsmethode Rechnung tragende Beweislastverteilung erforderlich, Eine der zweistufigen Prüfung angemessene Beweislastverteilung beinhaltet den Grundgedanken, daß derjenige, der sich auf die betriebswirtschaftliche Analyse beruft, i m Streitfalle die Darlegungs- und Beweislast trägt 7 5 . Praktisch ergeben sich daraus folgende Auswirkungen: Der Kläger muß den Tatbestand der Konkursreife darlegen und beweisen. Dabei genügt es für den Tatbestand der Konkursreife, daß die Insolvenz der Gesellschaft eingetreten ist und der Kläger diese darlegt und beweist. Eine weitergehende Beweislast kann dem Kläger nicht aufgebürdet werden 7 6 . Insbesondere entspricht es in keiner Weise einer angemessenen Beweislastverteilung, wenn eine Überschuldungsbilanz — selbst wenn nur Liquidationswerte angesetzt würden — durch den Kläger zum Beweis einer Uberschuldung aufgestellt werden müßte. Eine derartige Beweisführung w i r d regelmäßig scheitern, da kein Zugang zu den maßgeblichen, die Uberschuldung erweisenden Unterlagen existiert (dazu noch die folgende Darstellung). Dadurch erweitert sich die Verpflichtung der Verantwortlichen zur Entlastung über die Verschuldensfrage hinaus auch auf den Bereich der Uberschuldung. Dies betrifft praktisch vorwiegend die positive Fortführungsprognose 77 und die entsprechend erhöhten Betriebsbestehenswerte, sofern sich die Gesellschaftsorgane darauf berufen, um den Tatbestand der Konkursreife zu widerlegen. Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder t r i f f t die Darlegungs- und Beweislast für die Vertretbarkeit der Fortführungsprognose und die zugrundegelegten Ertragserwartungen. Es handelt sich um einen für die Gesellschaftsorgane i n aller Regel günstigen Umstand, der zumeist zu einem Hinausschieben der Konkursreife führt. Folgerichtig haben sie i h n auch zu beweisen. Eine derartige Beweislastverteilung ist aus mehreren Gründen unumgänglich. Bereits genannt wurde die Manipulationsgefahr. I h r kann durch ein wirksames verfahrensrechtliches Gegengewicht entgegengewirkt werden. Entstanden w a r die Gefahr der Manipulation durch die m i t der zweistufigen Prüfung verbundenen Ermessensspielräume. Hier gilt es, 75

I n diesem Sinne Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 63 A n m . 13, wenn auch m i t abweichender Begründung. 76 Anderer Auffassung Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. Aufl. § 63 A n m . 13, der mindestens einen Nachweis der rechnerischen Überschuldung nach Liquidationswerten verlangt. 77 Eine Liquidationsbewertung w i r d für die Verantwortlichen meist ohne Interesse sein, da sie fast ausnahmslos zu einer Überschuldung führen dürfte; siehe Seite 50.

H. Die schuldhafte Konkursantragspfichtverletzung

ein Äquivalent zu schaffen, um eine einseitige „KompetenzVerschiebung" zugunsten der Verantwortlichen und zu Lasten der Gläubiger 7 8 zu neutralisieren. Der Zwang für die Gesellschaftsorgane, eventuell i m Zivilrechtsstreit Rechenschaft über die von ihnen getroffenen Annahmen bei der Ausübung der Ermessensentscheidungen geben zu müssen und dies zu beweisen, um einer zivilrechtlichen Haftung zu entgehen, führt zu einer Wiederherstellung des „Machtgleichgewichts" zwischen Verantwortlichen und Gläubigern. Immerhin erhalten die Gläubiger ein recht schlagkräftiges Instrument i n die Hand. Es ist Sache der Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder zu beweisen, daß keine Uberschuldung vorlag, d.h. die günstige Fortführungsprognose vertretbar war und die Gesamtunternehmensbewertung ebenfalls einwandfrei durchgeführt wurde. Ein etwaiges „non liquet" i m Prozeß 79 würde zu Lasten der verantwortlichen Organe w i r k e n und zu einer Schadensersatzverpflichtung führen. Folge der Beweislastverteilung ist, daß die Gesellschaftsorgane trotz fehlender Dokumentationsvorschriften gezwungen sind, die Unterlagen, aus denen sich die Fortführungswürdigkeit des Unternehmens ergibt, aufzubewahren und für eine richterliche Nachprüfung bereitzuhalten 80 . Obwohl keine Erstellungs- und Aufbewahrungspflichten hinsichtlich der Rechnungsunterlagen (Finanzpläne, Ertragspläne) existieren, w i r d dennoch ein nahezu gleichermaßen wirksames Instrument geschaffen. Sollten die Planungsunterlagen nicht oder nur unvollständig vorhanden sein, w i r k t sich ein derartiger tatsächlicher Umstand wegen der Beweislastumkehr zu Lasten der Organe aus. Dahinter steht auch die rein praktische Erwägung, daß etwaige Kläger sonst kaum i n der Lage sein dürften, ihre Ansprüche durchzusetzen. Müßten sie nachweisen, daß die Annahme der Fortführungswürdigkeit nicht gerechtfertigt war und lediglich Liquidationswerte angemessen waren, wäre es i n den wenigsten Fällen möglich, die Verwaltungsträger haftbar zu machen 81 . Den Anspruchstellern fehlt zumeist das nötige Tatsachenmaterial, u m die zu einer Begründung der Pflichtwidrigkeit nötigen Vorgänge zu beweisen. Die Geschädigten befinden sich jedenfalls solange i n einem Beweisnotstand, wie keine Dokumentationspflicht besteht. Sie verfügen nicht über die unternehmensinternen Planungsunterlagen und haben auch keinen Zugang zu ihnen, aus denen sich eine Konkursreife des Unternehmens ableiten läßt. Sie befinden sich nun einmal i m Herrschaftsund Zugangsbereich von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern. Schon die praktische Überlegung der mangelnden Durchsetzbarkeit von 78 79 80 81

Drukarczyk, ZGR 1979, 564 f. Rosenberg, Die Beweislast, S. 14 f.; Blomeyer, Zivilprozeßrecht, S. 341 f. Scholz / Karsten Schmidt, G m b H G 6. A u f l . § 63 A n m . 13. Schilling i n Großkomm. A k t G § 93 A n m . 17.

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Ersatzansprüchen rechtfertigt die vorgeschlagene Beweislastumverteilung zu Lasten der verantwortlichen Gesellschaftsorgane. Sie bedeutet ein angemessenes Korrektiv, um die Verantwortlichen zu einem sorgfältigen Umgang m i t den gewonnenen Ermessens- und Bewertungsspielräumen anzuhalten und die m i t der zweistufigen Prüfungsmethode beabsichtigte, verbesserte Wahrung der Gläubigerinteressen nicht „ins Leere" laufen zu lassen. Denn ohne eine entsprechende Sanktionsdrohung blieben die gläubigerschützenden Vorschriften der Überschuldungsregelungen weitgehend wirkungslos.

Zusammenfassung 1. Die Vorstandsmitglieder haben bei der Erfüllung ihrer Konkursantragsverpflichtungen aus § 92 Abs. I I A k t G die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Dieser Sorgfaltsmaßstab dient dem Bestandsschutz der Gesellschaft und führt m i t telbar durch die Bestandserhaltung zur Interessenwahrung der durch die Konkursantragspflicht geschützten Personenkreise. Die gleiche bestandserhaltende Funktion übt für die GmbH die von den Geschäftsführern i m Rahmen der Konkursantragspflichten gem. § 64 Abs. 1 GmbHG zu beachtende Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes aus. Trotz Bezugnahme i n der Konkursantragspflicht des GmbH-Gesetzes auf die Jahres- oder eine Zwischenbilanz ist nicht nur aus Anlaß der Errichtung dieser Bilanzen eine Uberschuldungsprüfung vorzunehmen. Der Hinweis auf die Jahres- oder Zwischenbilanz stellt einen Rest historischen Bilanzverständnisses dar, der nach heutiger Rechtsauffassung überholt ist. Das rechtzeitige Erkennen der Überschuldung bestimmt sich ausschließlich nach der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes. Die Vornahme der Überschuldungsprüfung nur aus A n laß einer Bilanzerrichtung bietet keinen ausreichenden Schutz der m i t dieser Vorschrift zu schützenden Personen, da Bilanzen vergangenheitsorientiert sind und dynamische Wirtschaftsentwicklungen der Gesellschaft nicht zum Ausdruck bringen. Die Überschuldungsbestimmung des GmbH-Rechts ist nur dann wirksam, wenn eine Überschuldung möglichst frühzeitig, auch unabhängig von Jahres- oder Zwischenbilanzen, erkannt wird, weil ab diesem Zeitpunkt die Interessenwahrung außenstehender Personen (Gesellschafter, Aktionäre und Gläubiger) mittels Bestandserhaltung der Gesellschaft nicht mehr gewährleistet ist. Deren vermögensmäßige Belange sind m i t dem E i n t r i t t der Überschuldung akut gefährdet. Es besteht die Gefahr, daß leichtfertig m i t dem verbliebenen Vermögen umgegangen wird, weil die Gesellschaft ohneh i n nichts mehr zu verlieren hat. 2. Die Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder sind zur Prüfung des Verschuldungsumfanges aufgrund der ihnen obliegenden Sorgfalt gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 A k t G verpflichtet, wenn der Verdacht einer Überschuldung besteht. Der Verdacht der Überschuldung drängt sich nicht nur aus besonderem Anlaß (Zusammenbruch eines Großkunden usw.) auf, sondern immer dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalles m i t einer Uberschuldung zu rechnen ist. Anhalts-

Zusammenfassung

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punkte hierfür bieten die Höhe und Dauer der Verluste, die bei einem Unternehmen eintreten, sowie die Höhe des vorhandenen Eigenkapitals. Dabei verfügt die Betriebswirtschaftslehre über ein bestimmtes Instrumentarium (betriebswirtschaftliche Kennzahlen, „Leverage-Effekt"), die das rechtzeitige Erkennen einer Überschuldung erleichtern. 3. Besteht der Verdacht der Überschuldung, so haben die Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder mittels einer betriebswirtschaftlichen Analyse die wirtschaftlich sinnvollste Verwertungsart des Unternehmensvermögens festzustellen. Die Überschuldungsregelungen i n § 64 Abs. 1 GmbHG und § 92 Abs. 2 A k t G lassen eine Bewertung der A k tiva und Passiva nach der wahrscheinlicheren Verwertung (zweistufige Prüfungsmethode) des Unternehmens zu. Die betriebswirtschaftliche Analyse dient dazu, den von der Konkursantragspflicht ausgehenden Gläubigerschutz effektiv zu gestalten. Bei ihr handelt es sich u m eine Prognose, wobei die Entscheidung, ob das Unternehmen liquidiert werden muß oder fortgeführt werden kann, m i t unterschiedlichen Risiken und Chancen für die Gläubiger behaftet ist. Die Unternehmensfortführung bietet eine weitaus höhere Chance für eine Gläubigerbefriedigung als die Liquidation, ist aber m i t entsprechend höheren Risiken verbunden. Hervorzuheben ist, daß die Liquidation neben erheblichen Wertverlusten bei den Vermögensgegenständen des Anlagevermögens zu einer gleichzeitigen Erhöhung der Verbindlichkeiten führt. Die erhöhten Verbindlichkeiten werden durch die Abwicklungskosten des Unternehmens verursacht, wobei i n erster Linie Rückstellungen für Sozialpläne und langfristige Mietverträge zu nennen sind. 4. Existiert die Möglichkeit einer Fortführung, hat eine Unternehmensbewertung i m Rahmen der Uberschuldungsprüfung zu erfolgen. Es ist ein objektiver Unternehmenswert zu ermitteln. Für die Bewertung können alle betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden gleichermaßen verwendet werden und sind rechtlich m i t den Uberschuldungsvorschriften i n § 64 Abs. 1 GmbHG und § 92 Abs. 2 A k t G vereinbar. Z u den danach zulässigen Bewertungsverfahren zählen sowohl die traditionellen Bewertungsmethoden, die eine Kombination aus Substanz- und Geschäftswert bilden, als auch die i n erster Linie die Ertragsfähigkeit berücksichtigende Ertragswertmethode. 5. Die hier vertretene zweistufige Prüfungsmethode ermöglicht eine hinreichende Gesetzesbestimmtheit des Überschuldungsbegriffs i m Sinne von A r t . 103 Abs. 2 GG. Die Verwendung als Straftatbestandsmerkmal begegnet deshalb keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die strafrechtliche Gesetzesbestimmtheit w i r d durch eine restriktive Anwendung der i m Rahmen der prognostischen Beurteilung durch die betriebswirtschaftliche Analyse entstandenen Ermessensspielräume ga-

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Zusammenfassung

rantiert. Soweit sich die Prognoseansätze der verantwortlichen Gesellschaftsorgane i n den ihnen eingeräumten Ermessensspielräumen bewegen, ist ihre Strafbarkeit ausgeschlossen. Selbst wenn sich die Prognose i m Nachhinein als objektiv unrichtig herausstellt, t r i f f t dies zu. Denn entscheidend ist, ob die Prognose nach einem ex-post zu prüfenden ex-ante-Urteil vertretbar war. Es werden die Gesellschaftsorgane nicht wegen einer unrichtigen, sondern nur wegen einer schuldhaft unvertretbaren Prognose zur Rechenschaft gezogen. I m übrigen kommt eine Überschuldung i m Falle der prognostizierten Überlebensfähigkeit ausschließlich dann i n Betracht, wenn alle betriebswirtschaftlich zulässigen Bewertungsmethoden eine Überschuldung konstatieren. 6. I m Zivilprozeß sind die Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, wenn streitig ist, ob eine Konkursantragspflichtverletzung vorgelegen hat, darlegungs- und beweispflichtig, daß die von ihnen erstellte günstige Fortführungsprognose vertretbar war, um eine Antragspflichtverletzung zu widerlegen. Die Kläger haben lediglich die Konkursreife der Gesellschaft anhand der eingetretenen Insolvenz darzulegen und zu beweisen. Der Grund dafür sind die fehlenden Dokumentationsvorschriften zur Erstellung und Aufbewahrung der maßgeblichen Planungsunterlagen, da sonst sich die Kläger i n einem Beweisnotstand befänden. Es wäre ihnen praktisch verwehrt, Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder für etwaige Antragspflichtverletzungen wegen schuldhaft unvertretbarer Fortführungsprognosen haftbar zu machen. Damit würde den gläubigerschützenden Überschuldungsregelungen die W i r k samkeit genommen, die darauf beruht, daß i m Falle ihrer Verletzung Sanktionen angedroht werden.

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Sachverzeichnis Abfindung i m Sozialplan 68 Abfindungshöhe 68 Abraumbeseitigung 60 Abschreibungen 88, 96 abstrakte Gefährdungsdelikte 34 Abwicklungskosten 82 Aktiengesellschaft 15 Aktienrechtsnovelle 24 Aktionäre 16 A k t i v a 20 Aktivvermögen 46 alternative Bewertung 52 Altgläubiger 48 Angeklagter 111 Anlagevermögen 88 Anschaffungskosten 24 Anteilseigner 79 Arbeitslosigkeit 80 Arbeitsplatzverlust 80 Auflösung der Betriebsorganisation 49 Aufwandserhöhungen 97 Aufwandsverkürzungen 97 außerordentlicher Kündigungsgrund 63 Bankrottdelikte 33 befristete Mietverhältnisse 63 Beschaffungsstatistik 44 betriebliche Kennzahlen 104 betriebliches Rechnungswesen 43 Betriebsabteilungen 43 Betriebsänderung 66 Betriebsbestehenswerte 86 Betriebsfortführung 72 Betriebsorganisation 72 Betriebsrat 66 Betriebsschließung 49 Betriebsstatistik 43 Betriebsübergang 80 Betriebsveräußerung 71 Betriebsverfassungsgesetz 66 betriebswirtschaftliche Analyse 54, 74, 81, 106 betriebswirtschaftliche Kennzahlen 43

betriebswirtschaftliche Untersuchung 54 Beweislast 119 Beweislastumkehr 108 Beweislastverteilung 118 Bewertungsbestimmungen 25 Bewertungsmethoden 113 Bilanz 20 Bilanzanalyse 36 Bilanzierungsvorschriften 28 Börse 23 Börsenkurse 23 Buchführungspflichten 33 Buchhaltung 43 Buchwert 51 Darlegungslast 119 Dividende 23 Dokumen ta tions Vorschriften 107 Durchschnittszinsfuß 98 dynamische Bilanz 31 Eigenkapital 43 Eigenkapitalaufzehrung 43 Eigentumsvorbehalt 35 Einigungsstelle 68 Einkunftsquelle 79 Eintrittswahrscheinlichkeit 83 Einzelbewertung 87 Einzelinteresse 18 Einzelveräußerungswert 49 Einzelzwangsvollstreckung 77 Entnahmeerwartung 96 Entschädigung bei Enteignung 87 Erlöspläne 107 Ermessensspielraum 110, 117 Ertragsbewertung 98 Ertragsfähigkeit 91 Ertragsplanung 59, 75, 120 Ertrags w e r t 95 Ertragswertberechnung 74 Fahrlässigkeit 109 Familienunternehmen 81 Fehlbewertung 99 Finanzierimgspläne 107 Finanzpläne 120

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Sachverzeichnis

Finanzplanung 74 Fortführung des Unternehmens 47 Fortführungswert 51, 86 fortführungswürdige Unternehmen 78, 100 Fremdkapitalkosten 44, 75 Fremdkapitalzins 44 Fusionen 87 Geldentwertungsprämie 98 Genossenschaft 27 Genossenschaftsbilanz 26 Genossenschaftsgesetz 26 Gesamtbewertung 87 Gesamtkapitalrentabilität 44 Geschäftsführer 21, 104 Geschäftsinteresse 18 Geschäftsleitung 83 Geschäftswert 89, 100 Geschmacksänderungen 83 Gesetzesbestimmtheit 113 G e w i n n 107 G e w i n n e r m i t t l u n g 57 Gläubiger 16 Gläubigerinteressen 78 Gläubigerschutzfunktion der Überschuldungsregelungen 32, 118 Gläubigerschutzgründe 77 Gläubigerselbstverwaltung 79 GmbH-Gesetz 30, 31 G m b H m i t kaufmännischem Geschäftsbetrieb 38 Going-Concern-Prinzip 86 goodwill 89 Großunternehmen 80 Grundkapital 15, 24 H a f t u n g für Pflichtverletzungen — Geschäftsführer 39 — Vorstandsmitglieder 39 Handelsunternehmen 75 Heimfallverpflichtungen 61 Heizkosten 64 Herstatt-Bank 20, 42 Herstellungskosten 24 Immaterialwerte 88 Imparitätsprinzip 57 i n dubio pro reo 111 Industrieunternehmen 75 Insolvenzprophylaxe 32 Insolvenzverfahren 105 Instandhaltung 60 Instruktionsmaxime 111

Interessenausgleich bei Betriebsänderung 70 Investitionsvorhaben 106 Jahresbilanz 21, 77 Juristische Person 77 K a p i t a l 18 Kapitalgesellschaften 50 Kapitalisierungsfaktor 99 Kapitalisierungszinsfuß 92, 96 Kapitalmarktzins 93 Konkurrenzrisiken 83, 96 Konkursantragspflichten 15, 28 Konkursantragspflichtverletzung 114 Konkursantragstellung 19 Konkurseröffnungsbilanz 46 Konkursforderungen 50, 78 Konkursquote 17, 50 K o n k u r s v e r w a l t e r 61 Konzessionen 88 Kostenrechnung 43 Kostensteigerungen 35 K ü r z u n g der Sozialplanansprüche 69 Kundenstamm 89 Leasing-Gegenstände 35 Leitungsaufgabe des Vorstandes 19 Leverage-Effekt 45 L i q u i d a t i o n des Unternehmens 23, 47, 69 Liquidationsbewertung 48 Liquidationserlös 82 Liquidationskosten 49 Liquidationswert 88 L i q u i d i t ä t 75 Lizenzen 88 Lohnerhöhungen 83 Lohnforderungen 79 Management 83, 107 Marktveränderungen 84 Massekosten 46 Masseschulden 46 Materialien des GmbH-Gesetzes 30 Mietverhältnisse 56 Mietverträge 63 Mittelwertmethode 88, 99 Motive zur Konkursordnung 24 Nachfolgeklausel 63 Nachmieter 63 Nachteilsausgleich 70 Neugläubiger 48 Niederstwertprinzip 24 non liquet 120

Sachverzeichnis öffentliches Interesse 18, 39, 79 ordentliches Kündigungsrecht 63 ordnungsmäßige Geschäftsführung 16 organschaftliche Vertreter 17 Ortswechsel 80 Pachtverhältnisse 56 Passiva 20 Patente 88 Pensionsverpflichtungen 51 periodengerechte G e w i n n e r m i t t l u n g 31 periodische L i q u i d a t i o n 22 Personalstatistik 44 Pflicht zur Erstellung von Zwischenbilanzen 30 Planungsunterlagen 101 politische Veränderungen 83 Prinzip der Unternehmensf o r t f ü h r u n g 55, 86 Prognose der Lebensfähigkeit 72, 82 Prosperität 39 Rechnungsabgrenzungsposten 32 Rechtssicherheit 113 Referentenentwurf des G m b H Gesetzes 31 Reichsgericht 27 Reichsoberhandelsgericht 22 Rentabilität 59, 75 Risikoabschläge 97 Rohstoffverknappung 84 Rückstellungen 32, 49 Rückstellungen f ü r Schadensersatzansprüche 49 Ruf des Unternehmens 89 Sanierungsfähigkeit 19, 74 Sanierungsmaßnahmen 72 Schikane 64 Schmalenbach 31 Schulden 46 Schutzgesetz 16 schwebendes Geschäft 56 Sorgfalt eines ordentlichen u n d gewissenhaften Geschäftsleiters 19 Sorgfaltsanforderungen — Geschäftsführer 19 — Vorstandsmitglieder 104 Sorgfaltspflichtverletzung — Geschäftsführer 38 — Vorstandsmitglieder 16 — unmittelbares Klagerecht der Gläubiger 17

137

Sozialplan 49, 66 Sozialplanverbindlichkeiten 66 Spekulationsgesdiäft 18 statische Bilanzauffassung 31 Statusbilanz 20, 58 Steuerquelle 80 stille Reserven 33 strafrechtliche Verantwortlichkeit — Geschäftsführer 108 — Vorstandsmitglieder 108 Substanzwert 87 Treuhänderstellung 18 Treu u n d Glauben 63 Übergewinnmethode 88 Ubernahmeverschulden 110 Überschuldung 15, 46, 75 Überschuldungsbilanz 60, 69, 90 Überschuldungskontrolle 40 Umsatzsteuerstatistik 50 unbefristetes Mietverhältnis 64 unrealisierte Gewinne 25 Unternehmensanalyse 78 Unternehmensbewertung 86 Unternehmensfortführung 69 Unternehmenskrise 42 Unternehmenszerschlagung 52 Unternehmerlohn 97 Urheberrechte 88 Veräußerungswerte 47 Verbindlichkeiten 49 Verdacht der Überschuldung 20, 42 Verfahrensänderungen 83 Verfassungsgemäßheit der Überschuldungsregelung 115 Vergleichsbilanz 46 Vergleichsverfahren 17 Verkehrswert 87 Verlagsrechte 88 Verlustanzeigepflicht 36 Verluste 43 Vermieter 61 Vermögensbilanz 22, 28 Verpächter 61 Verschuldungsgrad 44 verselbständigte Vermögensmasse 77 Vertriebsorganisation 87 Vertriebsstatistik 44 Verzinsung des Fremdkapitals 75 Volkswirtschaft 17 Vorstandsmitglieder 15, 104

138

Sachverzeichnis

Wahrung von Drittinteressen 39 W a r n f u n k t i o n 59 Wassergeld 64 Wegfall der Geschäftsgrundlage 63 Wertpapiere 23 Wiederbeschaffungspreis 88 Wirtschaftskrisen 83

Zahlungseinstellung 75 Zeitwerte 76 Zerschlagungswerte 48, 91 Zinssatz 94 Zivilprozeß 108 Zweistufige Prüfungsmethode 53 Zwischenbilanz 21