224 87 75MB
German Pages 1001 [984] Year 1970
MAX-PLANCKINSTITUT FÜR A U S L Ä N D I S C H E S UND INTERNATIONALES
PRIVATRECHT
Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts in den Jahren 1964 und 1965 Im Institut bearbeitet von
JAN KROPHOLLER
Sonderveröffentlichung RABELS fiir ausländisches
von
ZEITSCHRIFT und internationales
Privatrecht
19 7 0 WALTER DE GRUYTER & CO.
J. C. B. MOHR (PAUL S I E B E C K )
BERLIN
TÜBINGEN
© Jan RrophoIIer J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1970 Alle Reckte vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus an! photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen Printed in German? Satz und Drnck: Buchdruckerei Eugen G&bel,Tflbingen Einband: Grofibuchbinderei Heinr. Koch,Tübingen
Best.-Nr. 63055
VORWORT
Der vorliegende Band umfaßt über 300 Entscheidungen, von denen etwa 90 bisher noch gar nicht und viele andere nur unvollständig veröffentlicht waren. In dem weiteren Anschwellen der Sammlung spiegelt sich die ständig wachsende Bedeutung des IPR. Die bereits im Vorwort des Bandes 1956-1957 angeregte Neugliederung der Sammlung nach zeitgerechteren systematischen Gesichtspunkten wurde nunmehr verwirklicht. Beispielsweise wurde das Internationale Arbeitsrecht, das sich zu einem selbständigen Rechtszweig entwickelt hat, als neuer Gliederungspunkt aufgenommen (unter IV./10.); die nach dem Kriege hinzugefügten Nummern IV b—IV e (Rückerstattungs-und Entschädigungsrecht, Wertpapierbereinigung, Londoner Schuldenabkommen, Enteignungsrecht) wurden aufgelöst und diese Sachgebiete zusammen mit anderen der Nummer XI. „öffentliches Recht" zugeordnet. Um die Kontinuität in der Anordnung der Entscheidungen im Interesse des Lesers nach Möglichkeit zu wahren, blieb die mit römischen Zahlen versehene Obergliederung weitgehend unverändert. Der Benutzer findet also z. B. weiterhin unter I. die Allgemeinen Lehren, unter V. das Sachenrecht, unter XII. das Zivilprozeßrecht und am Schluß das Fremdenrecht. Die mit arabischen Zahlen gekennzeichnete Untergliederung wurde nunmehr möglichst umfassend ausgestaltet, so daß jede Entscheidung in das gleichbleibende Gliederungsschema eingeordnet werden kann. Dementsprechend konnte die nach 1945 eingeführte weitere Untergliederung (ohne Zahlen) entfallen und damit die Übersichtlichkeit erhöht werden. Ebenfalls im Interesse einer größeren Übersichtlichkeit der Sammlung liegt es, daß Entscheidungen, gegen die ein Rechtsmittel eingelegt wurde, nunmehr stets mit der Rechtsmittelentscheidung zusammen abgedruckt werden. Demzufolge wurden Entscheidungen der Vorinstanzen aus den Jahren 1964-1965 dann nicht in diesen Band aufgenommen, wenn die Rechtsmittelentscheidung nicht in diesem Zeitraum ergangen ist. In solchen Fällen findet sich am Beginn des jeweiligen Gliederungsabschnittes ein entsprechender Vermerk, so z. B. vor Nr. 12. Außerdem wurde bisweilen ein Hinweis auf solche Entscheidungen gegeben, deren Abdruck nicht in Betracht kam, die f ü r den Leser aber dennoch von Interesse sein können; so etwa, wenn das Gericht eine kollisionsrechtliche Frage übersehen oder lediglich in einem Satz unter wörtlicher Wiedergabe des Gesetzestextes entschieden hat.
IV
Vorwort
Der kurze Abstand, in dem die letzten Bände erschienen sind, zeigt, daß wir bemüht sind, den Rückstand der Sammlung aufzuholen. Den Benutzern von Bibliotheken, die den jeweils neuesten Band der Sammlung rasch erhalten wollen, wird es zugute kommen, daß die Sammlung vom Verlag künftig auch in gebundener Form ausgeliefert wird. Besonderen Dank schulde ich meinem ehemaligen Institutskollegen Dierk Müller, der das Material f ü r diesen Band gesammelt hat. Frau Ursula Schlüter danke ich f ü r die Zusammenstellung der Gesetzes- und Fundstellenregister sowie die Erledigung technisch-redaktioneller Arbeiten. Im November 1969 Zitierweise: IPRspr. 1964-1965 Nr.
Jan
Kropholler
INHALT
I. Allgemeine Lehren. Nr. 1-6 1. Anwendung, Ermittlung und Revisionsfähigkeit ausländischen Rechts Nr. 1-4 2. Ordre public, Gesetzesumgehung, Retorsion Nr. 5-6 n . Natürliche und juristische Personen, Gesellschaften. Nr. 7-32 . . . 1. 2. 3. 4.
Geschäftsfähigkeit und Entmündigung Todeserklärung und Abwesenheit Nr. 7-11 Namens- und Adelsrecht Nr. 12-20 Juristische Personen und Gesellschaften Nr. 21-32
n i . Rechtsgeschäft und Verjährung. Nr. 33-34 1. 2. 3. 4.
Willenserklärung Nr. 33 Stellvertretung Nr. 34 Form Verjährung
IV. Schuld-, Handels- und Arbeitsrecht. Nr. 35-71 1. Vertrag und andere rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten Nr. 35-49 2. Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigte Bereicherung Nr. 50 3. Unerlaubte Handlungen, Gefährdungshaftuno Kr. 51-54 . . . . 4. Veränderung und Erlöschen von Schuldverhältnissen Nr. 55 . . . 5. Allgemeines Handelsrecht 6. Wertpapierrecht Nr. 56 7. Versicherungsrecht 8. Land- und Lufttransportrecht Nr. 57-58 9. See- und Binnenschiffahrtsrecht Nr. 59-67 10. Arbeitsrecht Nr. 68-71 V. Sachenrecht und Trust. Nr. 72-73 VI. Familienrecht. Nr. 74-167 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Verlöbnis Eheschließung Nr. 74-92 Persönliche Ehewirkungen Nr. 93-102 Eheliches Güterrecht Nr. 103-105 Ehescheidung, Ehetrennung Nr. 105A-111 Eheliche Abstammung Nr. 112-117
1 1 7 17 17 17 36 69 124 124 129 131 131 131 131 173 179 190 191 191 192 192 196 213 222 238 238 238 300 327 333 348
VI
Inhalt 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Eltern und eheliches Kind Nr. 118-140 Uneheliches Kind Nr. 141-147 Legitimation Nr. 148-160 Adoption, Pflegekindschaft Nr. 161-164 Vormundschaft, Pflegschaft, Jugendrecht Nr. 165-167 Sonstige Verwandtschaft
VII. Erbrecht. Nr. 168-175 VIII. Urheber-und Verlagsrecht. Nr. 175 Ä IX. Gewerblicher Rechtsschutz. Nr. 176-181 X. Unlauterer Wettbewerb. Nr. 182-184 XI. öffentliches Recht. Nr. 185-214 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Enteignung Nr. 185-190 Währungs- und Devisenrecht Nr. 191-194 Handelsbeschränkungen Kartell- und Monopolrecht Rückerstattung Nr. 195-201 Entschädigung Nr. 201A-209 Wertpapierbereinigung Nr. 210-212 Deutsche Auslandsschulden Nr. 213-214
XII. ZivllprozeBrecht. Nr. 215-284 1. Rechtsstellung von Ausländern vor deutschen Gerichten Nr. 215-218 2. Gerichtsbarkeit Nr. 219-220 . 3. Zuständigkeit in vermögensrechtlichen Angelegenheiten Nr. 221225 4. Zuständigkeit in Ehe- und Kindschaftssachen Nr. 226-236 . . . 5. Durchführung des Verfahrens Nr. 237-244 6. Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit und Rechtskraft Nr. 245-249 7. Rechts- und Amtshilfe Nr. 250 8. Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen im Ausland Nr. 251-256 9. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten Nr. 257-261 10. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Ehe- und Kindschaftssachen Nr. 262-268 11. Durchführung der Zwangsvollstreckung Nr. 269 12. Anwalts- und Kostenrecht Nr. 270-273 13. Schiedsgerichtsbarkeit Nr. 274-284 X n i . Freiwillige Gerichtsbarkeit. Nr. 285-299 1. Namens- und familienrechtliche Sachen Nr. 285-294 2. Nachlaßsachen Nr. 295-297 3. Grundbuchsachen Nr. 298
366 418 435 465 483 489 489 520 521 552 561 561 574 587 587 587 617 639 • 644 655 655 660 662 671 694 703 713 716 722 748 773 774 781 809 809 832 851
Inhalt
VII
4. Vereinsregister- und Handelssachen Nr. 299
854
5. Notariats- und Urkundenwesen
855
XIV. Konkurs- und Vergleichsrecht. Nr. 300
855
XV. Staatsangehörigkeit. Nr. 301-312 1. Deutsche Staatsangehörigkeit (einschließlich Art. 116 GG) Nr. 301307 2. Ausländische Staatsangehörigkeit Nr. 308-310 3. Doppelstaater, Staatenlose und Flüchtlinge Nr. 311-312 . . . . XVI. Fremdenrecht
860
Gesetzesverzeichnis I. Deutsches Recht II. Ausländisches Recht III. Kanonisches Recht IV. Staatsverträge
897 897 910 921 921
Verzeichnis der Entscheidungen (1) nach Gerichten (2) nach Fundstellen
927 927 932
Sachverzeichnis
945
860 883 890 896
ABKÜRZUNGEN
A. ABGB ABl. A.C. A.D. a.E. a.F. AG AGBGB AGg. AHK AHKG AJIL AK AKG AktG All E.R. A.L.R. AltbG AMC Am. Jur. Am. Z. AnfGg. AnfKl. AnwBl. AO AöR AP ArbG ArbGG ArchJugR ArchVR ARS
ARSt. Art. AS ASt.
= Atlantic Reporter = Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) = Amtsblatt = Appeal Cases = Annual Digest and Reports of Public International Law Cases = am Ende = alter Fassung = Amtsgericht; Aktiengesellschaft = Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch = Antragsgegner (in, innen) = Alliierte Hohe Kommission = Gesetz der Alliierten Hohen Kommission = The American Journal of International Law = Alliierte Kommandatura = Allgemeines Kriegsfolgengesetz vom 5.11.1957 (BGBl. I 1747) = Aktiengesetz vom 30. 1. 1937 (RGBl. I 107) = The All England Law Reports = American Law Reports, Annotated = Altbankengesetz vom 10. 12. 1953 (GVB1. Berlin 1483) = American Maritime Cases = American Jurisprudence = Amerikanische Besatzungszone = Anfechtungsgegner (in, innen) = Anfechtungskläger (in, innen) = Anwaltsblatt. Nachrichten f ü r die Mitglieder des Deutschen Anwaltsvereins = Anordnung = Archiv des öffentlichen Rechts = Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts = Arbeitsgericht = Arbeitsgerichtsgesetz vom 3. 9. 1953 (BGBl. I 1267) = Archiv f ü r Jugendrecht = Archiv des Völkerrechts = Arbeitsrechts-Sammlung, Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und des Reichsehrengerichtshofs, der Landesarbeitsgerichte, Arbeitsgerichte und Ehrengerichte = Arbeitsrecht in Stichworten = Artikel = Sammlung der eidgenössischen Gesetze, Amtliche Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen = Antragsteller (in, innen)
X AusfG AusfVO, AVO AuslWBG AußerStreitG, AußerstreitVerfG AußWG AVG AWD BadWürttVBl. BAG, BAGE BAnz. BArbBl. BayBS BayGVBl. BayJMBl. BayObLG BayObLGSt BayObLGZ BayStA BayVBl. BayVerfG BayVGH BayVGHE
BB BBG BEG
Beil. Bekl. BErgG Beschl. Beschwf. BeschwGg. BFH BFM BG
Abkürzungen Ausführungsgesetz Ausführungsverordnung Bereinigungsgesetz für deutsche Auslandsbonds vom 25. 8. 1952 (BGBl. I 553) Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen Außenwirtschaftsgesetz vom 28. 4. 1961 (BGBl. I 481) Angestelltenversicherungsgesetz vom 28. 5. 1924 (RGBl. I 563) Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt (Landesbeilage zu DÖV) Bundesarbeitsgericht; Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesanzeiger Bundesarbeitsblatt Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Bayerisches Justizministerialblatt Bayerisches Oberstes Landesgericht Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Das Bayerische Standesamt, Zeitschrift f ü r Standesamtswesen, Ehe- und Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift f ü r öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, des Bayerischen Dienststrafhofs und des Bayerischen Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte Der Betriebs-Berater Bundesbeamtengesetz vom 14. 7. 1953 (BGBl. I 551) Bundesentschädigungsgesetz. Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes (BErgG) zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vom 29. 6.1956 (BGBl. I 559) Beilage Beklagte (r, n) Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung f ü r Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vom 18. 9. 1953 (BGBl. I 1387), 24. 11. 1954 (BGBl. I 356) Beschluß Beschwerdeführer (in, innen) Beschwerdegegner(in, innen) Bundesfinanzhof; Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs Bundesfinanzminister(ium) Bundesgericht (Schweiz)
Abkürzungen BGB BGBl. BGB-RGRK BGE BGH BGH St BGHWarn BGHZ BJM BlfPMZ BMdl BPatG BRAGebO BR-Drucks. Brit. Z. BRüG BSchG BSG BStBl. BT-Drucks. Buchholz BVerwG Büro BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BVFG BVG BW BWNotZ can. Ce C. comm. Ch. ch. CIC C.J.S. CMR CSR, CSSR
XI
Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern Entscheidungen des Bundesgerichts (Schweiz) Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Warneyer, Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesjustizminister(ium) Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen Bundesminister (ium) des Innern Bundespatentgericht Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26. 7. 1957 (BGBl. I 907) Drucksachen des Bundesrates Britische Besatzungszone Bundesrückerstattungsgesetz vom 19. 7. 1957 (BGBl. I 734) Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vom 15. 6. 1895 (RGBl. 301) i. d. F. vom 15. 6. 1898 (RGBl. 868) Bundessozialgericht; Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundessteuerblatt Drucksachen des Deutschen Bundestages Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, herausgegeben von Buchholz Das Juristische Büro Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12.3.1951 (BGBl. I 243) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge vom 19. 5.1953 (BGBl. I 201), abgeändert durch Gesetz vom 3. 8. 1954 (BGBl. I 231) Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges vom 20. 12. 1950 (BGBl. 791) i. d. F. vom 6. 6. 1956 (BGBl. 1469) Burgerlijk Wetboek (Niederlande) Mitteilungen aus der Praxis, Zeitschrift f ü r das Notariat in Baden-Württemberg canon Code civil, Codice civile, Código civil, Civil code Code de commerce Chancery Division (Law Reports) ; Chambre chapter Codex Iuris Canonici Corpus Juris Secundum Convention relative au Contrat de transport international des Marchandises par Route Tschechoslowakische Republik
XII
Abkürzungen
DA
=
DAR DAVorm. DAWRd.
= = =
DB DBG DDR DFG DGVZ Die AG Die Justiz
= = = = = = —
Dir. Int. DJ DJZ DNotZ DÖV DPA DR DRiZ DRspr. DRZ DVB1. DV, DVO Dz. U.
= = = = = = = = = = = = =
EGBGB
=
EGGVG
=
EGZPO
=
EheG
=
EheVO
=
EJF Entsch. E.R. ErbStG
= = = =
EvBl.
=
F. FamRÄndG
= =
FamRZ FestktoG FeststG
Dienstanweisung f ü r die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden vom 9. 1. 1939 (RMBliV 81) i. d. F. vom 14. 1. 1958 (Beil. zum BAnz. Nr. 11) Deutsches Autorecht Der Amtsvormund Deutsche Außenwirtschaftsrundschau, vormals Deutsche Devisenrundschau Der Betrieb Deutsches Beamtengesetz vom 26. 1. 1937 (RGBl. I 39) Deutsche Demokratische Republik Deutsche Freiwillige Gerichtsbarkeit Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung Die Aktiengesellschaft Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums BadenWürttemberg Diritto internazionale Deutsche Justiz Deutsche Juristenzeitung Deutsche Notar-Zeitschrift Die öffentliche Verwaltung Deutsches Patentamt Deutsches Recht Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtsprechung Deutsche Rechtszeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Dziennik Ustaw Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl. 604) Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. 1. 1877 (RGBl. 244) Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung vom 30. 1. 1877 (RGBl. 244) Ehegesetz vom 6. 7. 1938 (RGBl. I 807); vom 20. 2. 1946 ( = KRG Nr. 16 - KRAB1. 77) Verordnung über Eheschließung und Ehescheidung vom 24.11. 1955 (GBl. DDR 1849) Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht Entscheidung English Reports Erbschaftsteuergesetz vom 22. 8. 1925 i. d. F. vom 30. 6. 1951 (BGBl. I 764) Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen (Österreich)
The Federal Reporter Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften vom 11. 8. 1961 (BGBl. I 1221) = Zeitschrift f ü r das gesamte Familienrecht = Festkontogesetz, 2. DVO zum MRG 65 = Gesetz über die Feststellung von Vertreibungsschäden und Kriegsschäden vom 21. 4. 1952 i. d. F. vom 14. 8. 1952 (BGBl. I 535)
Abkürzungen FGG
Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 20. 5. 1898 (RGBl. 771) Finanzminister (ium) Französische Besatzungszone Föderalistische Volksrepublik Jugoslawien
FinM Franz. Z. FVRJ G, Ges. GBl. GBO GenG GG GKG GleichberG GmbH GmbHG(es.) GmbH-Rdsch. GMB1. GO Gruchot GRUR GRUR/Ausl. GS GüKG GVG GVB1. Hansa HansGZ HansRGZ HansRZ HaSta Hbl. HeimatlAuslG HEZ HGB h.L. HLKO HR HRR HRV
XIII
= = = =
Gesetz Gesetzblatt Grundbuchordnung i. d. F. vom 5. 8. 1935 (RGBl. I 1073) Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften i. d. F. vom 20. 5. 1898 (RGBl. 810) = Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 (BGBl. 1) = Gerichtskostengesetz i. d. F. vom 26. 7. 1957 (BGBl. I 941) = Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 18. 6. 1957 (BGBl. I 609) = Gesellschaft mit beschränkter Haftung = Gesetz betr. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom 20. 4. 1892 (RGBl. 477) = GmbH-Rundschau (bis 1962 Rundschau für GmbH) = Gemeinsames Ministerialblatt, herausgegeben vom Bundesministerium des Innern = Gemeindeordnung = Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot = Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht = - Auslands- und Internationaler Teil = Gesetzsammlung = Güterkraftverkehrsgesetz vom 17. 10. 1952 (BGBl. I 697) = Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. 1. 1877 (RGBl. 41) i. d. F. vom 12. 9. 1950 (BGBl. 513) = Gesetz- und Verordnungsblatt Hansa. Zeitschrift für Schiffahrt, Schiffbau, Hafen Hanseatische Gerichtszeitung (1880-1927) Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift (früher HansGZ) Hanseatische Rechtszeitschrift f ü r . Handel, Schiffahrt und Versicherung, Kolonial- und Auslandsbeziehungen sowie f ü r Hansestädtisches Recht Der Hamburger Standesbeamte Hauptblatt Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. 4. 1951 (BGBl. I 269) Höchstrichterliche Entscheidung in Zivilsachen Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897 (RGBl. 219) herrschende Lehre Haager Landkriegsordnung. Abkommen betr. die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18. 10. 1907 (RGBl. 1910,107) Höge Raad Höchstrichterliche Rechtsprechung Handelsregisterverfügung
XIV
Abkürzungen
I.C.L.Q. i. d. F. I.L.R. IPR IR-Marke IRO IzRspr.
= = = = = = =
JblntR
=
The International and Comparative Law Quarterly in der Fassung International Law Reports Internationales Privatrecht International registrierte Marke International Refugee Organization Sammlung der deutschen Entscheidungen zum interzonalen Privatrecht
JM JMB1. J. O. JR JurBlätter JurJb JuS JW JWG JZ
Jahrbuch für internationales (und ausländisches öffentliches) Recht = Justizblatt des Saarlandes = Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart = Jahrbuch f ü r Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts = Justizgesetzsammlung, Gesetze und Verfassungen im Justizfache (Österreich) = Justizminister(ium) = Justizministerialblatt = Journal Officiel = Juristische Rundschau = Juristische Blätter (Österreich) = Juristen-Jahrbuch = Juristische Schulung = Juristische Wochenschrift = Jugendwohlfahrtsgesetz vom 11. 8. 1961 (BGBL I 1206) = Juristenzeitung
KapVStG
=
KG KgfEG
= =
KGJ Kl. KO
= = =
KostO KostRÄndG
= =
KostRsp. KR ABI. Kreditwesen KRG KSchG KTS KVO
= = = = = = =
KWB
=
L LAG
= =
JBI. Saar JböffR JFG JGS
Kapitalverkehrsteuergesetz i. d. F. vom 22. 9. 1955 (BGBl. I 590) Kammergericht; Kommanditgesellschaft Gesetz über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener i. d. F. vom 8. 12. 1956 (BGBl. I 908) Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts Kläger (in, innen) Konkursordnung vom 10. 2. 1877 (RGBl. 351), vom 20. 5. 1898 (RGBl. 369, 612) Kostenordnung vom 26. 7. 1957 (BGBl. I 960) Gesetz zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. 7.1957 (BGBl. I 861) Kostenrechtsprechung Amtsblatt des Kontrollrats Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Kontrollratsgesetz Kündigungsschutzgesetz vom 10. 8. 1951 (BGBl. I 499) Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kraftverkehrsordnung für den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 30. 3. 1936 (Reichs-VerkehrsBlatt B 151) Kammer für Wertpapierbereinigung Leitsatz Gesetz über den Lastenausgleich vom 14. 8. 1952 (BGBl. I 446)
Abkürzungen LArbG L. Ed. LG LGB1. lit. LitUG
= = = = = =
LM
=
LSchA
=
LSozG LuftVG LVG LZ
= = = =
MA MAB1. MB1. MBliV Mdl MDR MilReg. MittDPatAnw. MittDVGR
= = = = = = = = =
MittRhNotK MRG MRVO MuW N. NÄG
XV
Landesarbeitsgericht Lawyers' Edition, United States Supreme Court Reports Landgericht Landesgesetzblatt littera Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom 19. 6. 1901 (RGBl. 227) Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Abkommen über deutsche Auslandsschulden (Londoner Schuldenabkommen) vom 27. 2. 1953 (BGBl. II 333) Landessozialgericht Luftverkehrsgesetz i. d. F. vom 21. 8. 1936 (RGBl. I 653) Landesverwaltungsgericht Leipziger Zeitschrift
Der Markenartikel Ministerialamtsblatt Ministerialblatt s. RMBliV Ministerium des Innern Monatsschrift für Deutsches Recht Militärregierung Mitteilungen der deutschen Patentanwälte Mitteilungsblatt. Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht = Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer = Militärregierungsgesetz = Verordnung der Militärregierung = Markenschutz und Wettbewerb
N. E. n. F. NiemeyersZ NJ N.J. NJW N.Y. N.Y.S.
= Note, Fußnote = Gesetz über die Änderung von Familien- und Vornamen vom 5. 1. 1938 (RGBl. I 9) = Bundesgesetz betr. die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter (Schweiz) = Niedersächsisches Ministerialblatt = Niedersächsische Rechtspflege = Nachrichtendienst des Deutschen Vereins f ü r öffentliche und private Fürsorge = North Eastern Reporter = neue Fassung; neue Folge = Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht = Neue Justiz = Nederlandse Jurisprudentie; New Jersey Reports = Neue Juristische Wochenschrift = New York Reports = The New York Supplement
ö., österr. ÖJZ OER östNotZ OGH OGHBrZ
= = = = = =
NAG NdsMBl. NdsRpfl. NDV
Österreich, österreichisch österreichische Juristen-Zeitung Osteuropa-Recht Österreichische Notariatszeitung Oberster Gerichtshof (Österreich) Oberster Gerichtshof f ü r die britische Zone
XVI OGHZ OGZ OHG OLG OLGRspr. OLGZ OR ORG ORGE OstR OVG OVGE Münster und Lüneburg PatG PrGS PrOVG PStG PVÜ RabelsZ RAbgO RAG RAGebO RAO RB1. RdA RdErl. RdL REAO Recht Rpfleger REG
RelKErzG Rev. crit. RFH RG
Abkürzungen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes f ü r die britische Zone in Zivilsachen Entscheidungen des Obersten Gerichts der DDR in Zivilsachen Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Obligationenrecht (Schweiz) Oberstes Rückerstattungsgericht Entscheidungen des Obersten Rückerstattungsgerichts Ostrecht. Monatsschrift für das Recht der osteuropäischen Staaten Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Münster und Lüneburg Patentgesetz vom 5. 5. 1936 (RGBl. II 117) i. d. F. vom 18. 7. 1953 (BGBl. I 623) Preußische Gesetzsammlung Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Personenstandsgesetz vom 3. 11. 1937 (RGBl. I 1146) i. d. F. vom 8. 8. 1957 (BGBl. I 1125) Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. 3. 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigentums Zeitschrift f ü r ausländisches und internationales Privatrecht Reichsabgabenordnung vom 22. 5. 1931 (RGBl. I 161) Reichsarbeitsgericht; Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 7. 7. 1879 i. d. F. vom 5. 7. 1927 (RGBl. 1162) Reichs-Rechtsanwaltsordnung i. d. F. vom 21. 2. 1936 (RGBl. I 107) Regierungsblatt Recht der Arbeit Runderlaß Redit der Landwirtschaft Anordnung der Alliierten Kommandantur Berlin BK/O (49) 180 von 26. 7. 1949 betr. Rückerstattung (VOB1. Groß-Berlin I 221) Das Recht. Rundschau f ü r den deutschen Juristenstand Der deutsche Rechtspfleger Rückerstattungsgesetz. Gesetz Nr. 59 der amerikanischen MilReg. vom 10. 11. 1947 (MR ABl. Am.Z. Ausg. G S. 1) und der britischen MilReg. vom 12. 5. 1949 (MR ABl. Brit. Z. Nr. 28 S. 1169) Gesetz über die religiöse Kindererziehung vom 15. 7. 1921 (RGBl. 939) Revue critique de droit international privé Reichsfinanzhof Reichsgericht
Abkürzungen RGBl. RGRK
= =
RGZ Riv. Int. RiW RJA
= = = =
RK RLA RMB1.
= = =
RMBliV
=
RMdl ROHG
= =
ROW RPA RSchG
= = =
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II
IPR 1964/65
XVII
Reichsgesetzblatt Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, hrsg. von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rivista di diritto internazionale Recht der internationalen Wirtschaft Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts, zusammenge. stellt im Reichsjustizamt Restitutionskammer Rundschau für den Lastenausgleich Reichsministerialblatt. Zentralblatt für das Deutsche Reich Ministerialblatt des Reichs- und Preuß. Ministeriums des Innern Reichsminister des Innern Reichsoberhandelsgericht; Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Recht in Ost und West Reichspatentamt Gesetz über die innerdeutsche Regelung von Vorkriegsremboursverbindlichkeiten vom 20. 8. 1953 / 6. 11. 1953 (BGBl. I 999, 1386) Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik Rechtsprechung Reichssteuerblatt Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. 7. 1913 (RGBl. 583) Rechtsvergleichendes Handwörterbuch für das Zivil- und Handelsrecht des In- und Auslandes Reichsversicherungsordnung vom 19. 7. 1911 (RGBl. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I 779) Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht (bis 30. 6. 1961: Neue Juristische Wochenschrift, Beilage) Seite Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Sowjetisch besetzte Zone Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. 11. 1940 (RGBl. I 1499) Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs (Schweiz) Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 16. 6. 1953 (BGBl. I 389) Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht Schweizerische Juristen-Zeitung section Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Seufferts Blätter für Rechtsanwendung Franken, francs (Schweiz) Süddeutsche Juristenzeitung Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des (Reichs-) Bundesfinanzhofs
XVIII So. SozG StAnpG StARegG
StAZ StB StGB StGBl. StPO st. Rspr. StuW StVG SU
s.w. sz
Abkürzungen Southern Reporter Sozialgericht Steueranpassungsgesetz vom 16. 10. 1934 (RGBl. I 925) j. d. F. vom 11. 7. 1953 (BGBl. I 511) Erstes Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22. 2. 1955 (BGBl. I 65); Zweites Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 17. 5. 1956 (BGBl. I 431); Drittes Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 19. 8. 1957 (BGBl. I 1251) Zeitschrift für Standesamtswesen, Das Standesamt Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden Strafgesetzbuch Staatsgesetzblatt (Österreich) Strafprozeßordnung ständige Rechtsprechung Steuer und Wirtschaft Straßenverkehrsgesetz vom 19. 12. 1952 (BGBl. I 837) Sobranie uzakonenij i rasporjazenij South Western Reporter Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivil- und Justizverwaltungssachen
TestG
Gesetz über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen vom 31. 7. 1938 (RGBl. I 973)
UdSSR UEG
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Umstellungsergänzungsgesetz vom 21. 9. 1953 (BGBl. I 1439); Zweites UEG vom 23. 3. 1957 (BGBl. I 285); Drittes UEG vom 22. 1. 1964 (BGBl. I 33) Archiv f ü r Urheber-, Film- (Funk-) und Theaterrecht Ugeskrift for Retsvaesen Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) vom 27. 6. 1948 (VOB1. Brit. Z. 149) Umstellungsverordnung United States Reports United States Code Annotated Umsatzsteuergesetz vom 1. 9. 1951 (BGBl. I 791) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. 6. 1909 (RGBl. 499) Urteil
Ufitá UfR UmstG UmstVO U. S. U.S.C.A. UStG UWG Urt. VAG VerfGH Verkl. VerlG VeröffBAV VerschÄndG VerschG VersR VerwArch.
Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen (Versicherungsaufsichtsgesetz) vom 6. 6. 1931 (RGBl. I 315) Verfassungsgerichtshof Verklagte (r) Gesetz über das Verlagsrecht vom 19. 6. 1901 (RGBl. 217) Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes f ü r das Versicherungs- und Bausparwesen Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts vom 15. 1. 1951 (BGBl. I 59) Verschollenheitsgesetz i. d. F. vom 15. 11. 1951 (BGBl. I 63) Versicherungsrecht Verwaltungsarchiv, Beilage zu: Deutsches Verwaltungsblatt
Abkürzungen VerwG, VG VerwRspr.
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XIX
Verwaltungsgericht Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland. Sammlung oberstrichterlicher Entscheidungen aus dem Verfassungs- und Verwaltungsrecht Verwaltungsgerichtshof Gesetz über die richterliche Vertragshilfe vom 26. 3. 1952 (BGBl. I 198) Verkehrsblatt. Amtsblatt des Bundesministers f ü r Verkehr Verordnung Verordnungsblatt Vorbemerkung Verkehrsrechts-Sammlung Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. 5. 1908 (RGBl. 263) Vedomosti Verchovnogo Soveta Sojuza Sovetskich Socialisticeskich Respublik Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. 1. 1960 (BGBl. I 17) Erstes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens vom 20. 6. 1948 (Wi GBl. Beil. Nr. 5 S. 1) Warneyers Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts Gesetz zur Bereinigung des Wertpapierwesens vom 19. 8. 1949 (WiGBl. 295) Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. 8. 1919 (RGBl. 1383) Wechselgesetz vom 21. 6. 1933 (RGBl. I 399) Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wiedergutmachungskammer Wertpapier-Mitteilungen Wechselordnung i. d. F. vom 3. 6. 1908 (RGBl. 326) Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb Warenzeichengesetz vom 5. 5. 1936 (RGBl. II 134) i. d. F. vom 18. 7. 1953 (BGBl. I 643) Yearbook of the International Law Commission Zeitschrift f ü r ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift der Akademie f ü r Deutsches Recht Zeitschrift f ü r Bergrecht Zentralblatt f ü r die juristische Praxis Zentralblatt f ü r Jugendrecht und Jugendwohlfahrt Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zivilgesetzbuch Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht Zentral-Justizblatt f ü r die Britische Zone Zeitschrift f ü r das gesamte Luftrecht Zeitschrift f ü r Luftrecht und Weltraumrechtsfragen Zeitschrift f ü r Miet- und Raumrecht Zeitschrift f ü r öffentliches Recht
XX
Abkürzungen
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Zeitschrift für osteuropäisches Recht (1934/35 ff.); Zeitschrift für Osteuropäisches Recht (1925-1927) Zeitschrift für Ostrecht (1927-1934) Zivilprozeßordnung vom 30. 1. 1877 (RGBl. 83) Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern Gesetz zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts vom 7. 8. 1952 (BGBl. I 407) Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung i. d. F . vom 20. 5. 1898 (RGBl. 369, 713) Zeitschrift für Deutschen Zivilprozeß
I. ALLGEMEINE LEHREN
1. Anwendung, Ermittlung und Revisionsfähigkeit ausländischen Rechts Siehe auch Nr. 49, 51, 62, 244, 270
1. Ist eine Teichsgesetzliche Bestimmung von vornherein nur für einen begrenzten räumlichen Bereich erlassen worden, der heute zum österreichischen Staatsgebiet gehört, und hat sich ihre Anwendung auch tatsächlich während ihrer gesamten Geltungsdauer auf diesen Bereich beschränkt, so unterliegt ihre Auslegung durch den Tatrichter nicht der Nachprüfung in der Revisionsinstanz. BGH, Urt. vom 24. 6. 1964 - V ZR 59/63: BGHZ 42, 70; WM 1964, 908; NJW 1964, 1902; DB 1964, 1258; MDR 1964, 837; DRspr. IV (416) 151 e; Leitsatz in LM Nr. 69 zu § 549 ZPO mit Anm. Rothe; LM Nr. 7 zu § 562 ZPO. Die KI., deren Vater und Rechts Vorgänger in Österreich „Freischürfe" zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas innehatte, nimmt die bekl. österreichische Aktiengesellschaft, die jetzt kraft staatlicher Konzessionserteilung in den betreffenden Gebieten fördert, auf Zahlung von Förderabgaben („Bruttoprozenten") in Anspruch. Nachdem das OLG der Klage stattgegeben hatte, ist die Sache auf Revision der Bekl. in die Berufungsinstanz zurückverwiesen worden 1 . Die neue mündliche Verhandlung vor dem OLG führte zur Klageabweisung. Die Revision der Kl. hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: „Das Klagebegehren stützt sich auf die während des zweiten Weltkrieges in Österreich durchgeführte Neuregelung der Bruttoprozentberechtigungen nach Maßgabe der VO des Generalbevollmächtigten f ü r die Wirtschaft vom 5. 11. 1942 (RGBl. I 642) und der AO des Reichswirtschaftsministers vom 15. 9. 1944 (MB1. Ausgabe A, 291) - im folgenden als ,VO 1942' und ,AO 1944' bezeichnet. Sie gewährte den ehemaligen Freischürfbesitzern zahlenmäßig und zeitlich begrenzte Geldansprüche unmittelbar gegen die jeweiligen Inhaber von Erdöl- und Erdgaskonzessionen in den betreffenden Aus1
BGH, Urt. vom 21. 2. 1962 - V ZR 144/60: IPRspr. 1962-1963 Nr. 2.
1 IPR 1964/65
2
Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 1
beutungsgebieten, und die Kl. leitet aus ihr in Verbindung mit der Tatsache, daß der bekl. Erdölgesellschaft im Jahre 1957 staatlicherseits die Konzession zur Aufsuchung und Gewinnung der genannten Bodenschätze im Bereich der früheren Freischürfe ihres Vaters und Rechtsvorgängers erteilt wurde, das Recht her, die Bekl. auf Zahlung von Bruttoprozenten in Anspruch zu nehmen . . . Die Konzession ist der Beklagten vom österreichischen Staat erteilt worden. Auf einen solchen Tatbestand finden die VO 1942 und die AO 1944 nach der Auslegung, die ihnen das Berufungsgericht gegeben hat, keine Anwendung. Sie beziehen sich, so wird im angefochtenen Urteil ausdrücklich festgestellt, n u r auf Konzessionen, die das Deutsche Reich erteilt hat. Diese Gesetzesauslegung ist einer Nachprüfung in der Revisionsinstanz entzogen, da sie ausländisches Recht betrifft (§§ 549, 562 ZPO). Die VO 1942 und die AO 1944 sind zwar seinerzeit vom Deutschen Reich erlassen worden, aber sie haben niemals an irgendeinem Ort innerhalb der Grenzen der heutigen Bundesrepublik Deutschland gegolten. Ihr Anwendungsbereich beschränkte sich vielmehr von Anf ang an erklärtermaßen auf Gebiete, die außerhalb dieser Grenzen lagen, nämlich auf die damaligen Alpenund Donau-Reichsgaue, wozu hinsichtlich der VO 1942 außerdem noch der damalige Reichsgau Sudetenland trat. Der Raum, f ü r den sie hiernach beide gemeinschaftlich Geltung beanspruchten, liegt ausschließlich im jetzigen österreichischen Staatsgebiet. Demgemäß hat die Kl. während des ganzen Rechtsstreits ständig die Auffassung vertreten, daß sowohl die VO 1942 als auch die AO 1944 Bestandteil der Rechtsordnung Österreichs seien; beide seien durch § 2 des Verfassungsgesetzes vom 1. 5. 1945 über die Wiederherstellung des Rechtslebens in Österreich, des sogenannten RechtsUberleitungsgesetz (StGBl. Nr. 6, S. 12), als österreichische Rechtsvorschriften in vorläufige Geltung gesetzt worden. Ob letzteres zutrifft, kann ebenso auf sich beruhen wie die weitere Frage, in welchem Zeitpunkt rückwirkend oder erst f ü r die Zukunft — ein solcher Rechtszustand infolge der Verlautbarung in § 8 des Bruttoprozentgesetzes 1960, wonach die VO 1942 und die AO 1944 mit dem 27. 4. 1945 ,als unanwendbar außer Kraft getreten' sein sollen, sein Ende erreicht haben würde. Mag es sich bei den genannten Vorschriften um österreichisches Recht handeln oder nicht, so viel steht jedenfalls fest, daß sie unter keinen Umständen Bundesrecht im Sinne von § 549 ZPO sind. Hierher gehören n u r solche Normen, die zum heutigen deutschen Bundesgebiet in räumlicher Beziehung stehen. Ehemalige reichsrechtliche Bestimmungen dagegen, bei denen das nicht der Fall ist, deren Anwendbarkeit sich vielmehr nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers von vornherein auf Bereiche außerhalb dieses Gebietes beschränken sollte und während ihrer gesamten Geltungsdauer sich auch tatsächlich darauf beschränkt hat, fallen nicht mit darunter (Art. 124, 125, 72, 75 GG). Bei ihnen besteht ohnehin f ü r Einheitlichkeit in der Anwendung und Fortbildung des Rechts, wie sie durch die Revisibiltät erreicht werden soll, kein vordringliches Bedürfnis (vgl. auch Wieczorek, ZPO, § 549 Anm. F II a)."
Nr. 2
I./l. Allgemeine L e h r e n
3
2 . § 35 Grundbuchordnung gilt auch für letztwillige Verfügungen von Ausländern. Mangelnde Kenntnis ausländischen Erbrechts rechtfertigt nicht das Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins. Das Grundbuchamt ist verpflichtet, sich die Kenntnis ausländischen Erbrechts zu verschaffen. LG Aachen, Beschl. vom 28. 7. 1964 - 7 T 198/64: Rpfleger 1965, 233 mit Anm. Haegele; Leitsatz in BWNotZ 1965, 308; DRiZ 1965 B 109 Nr. 1473. Die Erblasserin, Maria T., die die britische Staatsangehörigkeit besaß, ist im Grundbuch des A G Düren als Eigentümerin eines Grundstücks eingetragen. Durch eine vor einem Notar in Düren errichtete letztwillige Verfügung hat sie ihre beiden Töchter zu E r b e n eingesetzt. Eine der Töchter hat durch einen Notar in Düren unter Überreichung beglaubigter Abschriften der von der Erblasserin errichteten Verfügung von Todes wegen und der Eröffnungsverhandlung des Nachlaßgerichts beim Grundbuchamt in Düren beantragt, das Grundbuch durch Eintragung der Erbinnen als Miteigentümer zu berichtigen. Das A G hat daraufhin eine Zwischenverfügung erlassen, in der unter Hinweis auf die britische Staatsangehörigkeit der Erblasserin die Vorlegung eines Erbscheins binnen zwei Monaten gefordert wird. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Erbin.
Aus den Gründen: „Ist das Grundbuch dadurch unrichtig geworden, daß die eingetragene Eigentümerin verstorben ist, so kann zwar nach § 35 I Satz 1 GBO der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich nur durch einen Erbschein geführt werden. Aber nach § 35 I Satz 2 GBO gilt dies dann nicht, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist. In einem solchen Fall genügt es grundsätzlich, daß anstelle des Erbscheins die letztwillige Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung dieser Verfügung vorgelegt werden, es sei denn, daß das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen erachtet. Wie diesem Nachsatz zu entnehmen ist, steht es nicht im Ermessen des Grundbuchamts, einen Erbschein zu fordern oder sich mit der Vorlage der Verfügung von Todes wegen zu begnügen. Vielmehr ist im Falle des Beruhens der Erbfolge auf einer öffentlichen letztwilligen Verfügung das Grundbuchamt grundsätzlich gehalten, sich mit der Vorlage der Verfügung und der Eröffnungsverhandlung zu begnügen. Dies setzt jedoch voraus, daß das Grundbuchamt die ihm vorgelegte letztwillige Verfügung zunächst hinsichtlich ihrer Formgültigkeit und ihres Inhalts einer eingehenden Prüfung zu unterwerfen hat. Es hat in eigener Zuständigkeit und Verantwortung unter Anwendung der einschlägigen Normen und unter Beachtung der in Frage kommenden gesetzlichen Auslegungsregeln Gültigkeit und sachlichen Inhalt der Verfügung von Todes wegen zu prüfen und festzustellen. Erst dann, wenn sich bei der Prüfung 1 *
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 2
hinsichtlich des behaupteten Erbrechts wirklich berechtigte Zweifel ergeben, die nicht im Wege der Anwendung des Gesetzes und der Auslegung, sondern n u r durch weitere Ermittlungen über den Willen der Erblasserin oder über tatsächliche Verhältnisse geklärt werden können, kann die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden (KG, OLGRspr. 37, 255 und 44, 88 sowie J W 1938, 1411; OLG Hamm, JMB1. NRW 1963, 180; OLG München, JFG 22, 185; Güthe-Triebel, GBO, 6. Aufl., Anm. 50 zu § 35; Meikel-Imhof-Ricdel, GBO, 5. Aufl., Anm. 60 zu § 35; Hesse-Sage-Fischer, GBO, 4. Aufl., Anm. I 2 b zu § 35; Horber, GBO, 8. Aufl., Anm. 4 C a zu § 35). Denn eigene tatsächliche Ermittlungen sind dem Grundbuchamt untersagt, da § 12 FGG auf das Eintragungsverfahren keine Anwendung findet (KG, OLGRspr. 44, 84; Meikel-Imhof-Riedel aaO; Horber aaO). Rechtliche Bedenken rechtfertigen dagegen das Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins nicht (OLG Hamm aaO; OLG München aaO). Denn die erbrechtlichen Vorschriften sowie die einschlägige Rechtsprechung und Literatur muß der Grundbuchrichter genau so gut kennen wie der Nachlaßrichter, andernfalls ist er verpflichtet, sich die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen. Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn in einer inländischen öffentlichen Urkunde die Erbfolge nach einem deutschen Staatsangehörigen geregelt ist, sondern auch dann, wenn die letztwillige Verfügung eines Ausländers in einer inländischen Urkunde oder Verfügungen von Todes wegen an Inländer, Ausländer oder Staatenlose in einer ausländischen öffentlichen Urkunde enthalten sind. Denn einmal verlangt § 35 I GBO nicht die Vorlage einer inländischen, sondern n u r die einer öffentlichen Urkunde, öffentliche Urkunde kann aber auch eine ausländische sein, so daß ausländische öffentliche Urkunden durchaus eine geeignete Eintragungsgrundlage im Sinne des § 35 GBO darstellen können (KG, JFG 7, 243 und 20, 171). Zum anderen stellt § 35 GBO nicht auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers ab. Erblasser im Sinne der genannten Vorschriften kann sowohl ein Inländer als auch ein Ausländer oder Staatenloser sein. Ebensowenig setzt § 35 I Satz 2 GBO voraus, daß sich die Erbfolge nach deutschem Recht richtet. § 35 GBO gilt auch f ü r Ausländer (Horber, Anm. 2 D zu § 35). Dies bedeutet f ü r den vorliegenden Fall der letztwilligen Verfügung einer Ausländerin in einer inländischen öffentlichen Urkunde, daß sich der Grundbuchrichter gemäß § 35 I Satz 2 GBO grundsätzlich mit der Vorlage der Urkunde und der Eröffnungsverhandlung begnügen und nach den oben dargelegten Grundsätzen verfahren muß. Die mangelnde Kenntnis des englischen Erbrechts rechtfertigt nicht das Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins. Denn die sich aus dem Rechtsinhalt der Verfügung ergebenden Schwierigkeiten hat grundsätzlich das Grundbuchamt selbst zu lösen, indem es sich die Kenntnis des ausländischen Rechts zu verschaffen hat (KG, KGJ 36 A 250 = OLGRspr. 10, 222 und JFG 7, 255). Dabei hat es eigene Nachforschungen nach den Rechtsquellen anzustellen (KG, JFG 7, 255). Reichen die beim zuständigen Amtsgericht zugänglichen Hilfsmittel zur Erlangung der Gewißheit über das in Frage stehende Erbrecht nicht aus, so ist damit noch keineswegs die Tätig-
Nr. 2
I./l. Allgemeine Lehren
5
keit des Grundbuchrichters erschöpft. Vielmehr ist er verpflichtet, soweit er dazu in der Lage ist, sich die einschlägigen Vorschriften, Rechtsprechung und Erläuterungsbücher auf dem Dienstwege zu beschaffen oder geeignete größere Büchereien (Bücherei eines Landgerichts, Oberlandesgerichts oder eines Universitätsinstituts f ü r IPR) aufzusuchen (KG, JFG 7, 255), um die erforderlichen Erkenntnisse zu gewinnen. Da es sich bei dem englischen Erbrecht um das Recht eines großen Kulturstaates handelt, ist es auch tatsächlich nicht unmöglich, sich durch Einsichtnahme in Gesetzbücher, Erläuterungsbücher u. a. die notwendige Kenntnis zu verschaffen (KG, KGJ 36 A 250 und JFG 7, 255). Größerer Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand begründen keine das Einfordern eines Erbscheins rechtfertigende Schwierigkeiten. Kann der Grundbuchrichter auf dem eben aufgezeigten Wege die rechtlichen Schwierigkeiten nicht lösen, so kann er noch nicht ohne weiteres einen Erbschein verlangen. Vielmehr muß er zunächst noch versuchen, den Rechtsinhalt der letztwilligen Verfügung durch Inanspruchnahme eines Universitätsinstituts f ü r IPR zu klären (KG, JFG 20, 171). Dem steht nicht das Ermittlungsverbot entgegen. Denn insoweit handelt es sich nicht um Ermittlungen zur Feststellung des Willens der Erblasserin oder tatsächlicher Verhältnisse, sondern um die dem Grundbuchrichter von Amts wegen obliegende Feststellung des Inhalts des anzuwendenden ausländischen Rechts. Auf § 293 ZPO kann das Grundbuchamt nicht zurückgreifen und von den Beteiligten den Nachweis des Inhalts der fremden Rechtssätze fordern. Denn einmal findet diese Vorschrift auf das Grundbuchverfahren keine Anwendung (KG, JFG 7, 255 und 20, 171). Zum anderen ist aber das Gericht verpflichtet, sich von Amts wegen die Kenntnis ausländischen Rechts zu verschaffen (BGH, NJW 1961,410»). Mit dem Hinweis auf Art. 25 EGBGB kann sich das Grundbuchamt der ihm obliegenden Verpflichtung zur selbständigen verantwortlichen Prüfung und Feststellung des Rechtsinhalts der hier in Frage stehenden Verfügung von Todes wegen nicht entziehen. Denn diese Bestimmung regelt lediglich die Frage des anzuwendenden materiellen Erbrechts und hat mit dem Grundbuchverfahren überhaupt nichts zu tun. F ü r dieses ist lediglich die GBO maßgebend. Ob der Notar einen Erbscheinsantrag gestellt hat oder nicht, ist ebensowenig von Bedeutung wie die Frage, ob und warum versucht wird, die Grundbuchberichtigung ohne Erbschein durchzuführen. Denn die Beteiligten haben nach § 35 I GBO einen Rechtsanspruch auf Grundbuchberichtigung ohne Vorlage des Erbscheins, wenn nach den oben dargelegten Grundsätzen das von ihnen behauptete Erbrecht festgestellt werden kann und das Verlangen des Grundbuchrichters nach Vorlage eines Erbscheins ungerechtfertigt ist, w o f ü r hier gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Ob die Vorlage eines Erbscheins f ü r das Grundbuchamt zweckmäßig oder 1
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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arbeitsanspornend [gemeint ist wohl: arbeitseinsparend] ist, ist unbeachtlich. Dies entbindet nicht von der Pflicht zur Ermittlung der Erbfolge unter Anwendung der deutschen Kollisionsnormen und des ausländischen Rechts. Desgleichen ist es nicht zulässig, über den Weg der Zwischenverfügung die Erbfolge durch die Rechtsmittelinstanzen klären zu lassen. Vielmehr hat das Grundbuchamt in eigener Zuständigkeit und Verantwortung unter Benutzung aller ihm möglichen und zugänglichen Hilfsmittel auf dem aufgezeigten Wege sich mit dem Inhalt, Sinn und Zweck der anzuwendenden Bestimmungen des Kollisions- und ausländischen Rechts vertraut zu machen sowie sachgemäß und sorgfältig den Rechtsinhalt der letztwilligen Verfügung zu prüfen und festzustellen (KG, JFG 7, 255)." 3 . Ist ausländisches Recht in der Revisionsinstanz anzuwenden, ohne daß dieses Recht bekannt ist, so steht es in der Wahl des Revisionsgerichts, das Recht selbst festzustellen oder zur Erforschung der Normen den Rechtsstreit an die Tatsacheninstanz zurückzuverweisen. BSG, Urt. vom 25. 6 . 1 9 6 4 - 4 RJ 343/61: BSG 21,151. Aus den Gründen: „Die in Betracht kommenden Rechtsnormen der UdSSR braucht der deutsche Richter nicht zu kennen. Ausländisches Recht ist des Beweises durch die Beteiligten zugänglich (§ 202 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG — in Verbindung mit § 293 ZPO). Gleichwohl ist der deutsche Richter verpflichtet, fremde Rechtsnormen zu erforschen (RG, JW 1934, 835; BGH, N J W 1961, 4 1 0 R o s e n b e r g , Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., 548). Ist ausländisches Recht in der Revisionsinstanz anzuwenden, ohne daß dieses Recht bekannt ist, so steht es in der Wahl des Revisionsgerichts, das Recht selbst festzustellen oder zur Erforschung der Normen den Rechtsstreit an die Tatsacheninstanz zurückzuverweisen (vgl. Wieczorek, ZPO, § 293 Anm. D I ) . Von dieser letzteren Möglichkeit macht der Senat Gebrauch, um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, an der Erforschung des Rechts der UdSSR mitzuwirken, dies um so mehr, als für die in Berlin ansässigen Beteiligten die Möglichkeit besteht, hierbei die Hilfe des Osteuropa-Instituts in Berlin in Anspruch zu nehmen." 4 . Die Auslegung ausländischen Rechts durch das Berufungsgericht bindet das Revisionsgericht auch dann, wenn über die Parteifähigkeit zu entscheiden ist und sich die Rechtsfähigkeit nach dem ausländischen Recht beurteilt. BGH, Urt. vom 30. 6. 1965 - V I I I ZR 71/64: W M 1965, 824; A W D 1965, 298; N J W 1965, 1666; JZ 1965, 580; DAWRd. 1965, 190; DRspr. IV (416) 156a; MDR 1965, 903; BGHWarn 1965 Nr. 148; L M Nr. 10 zu § 562 ZPO; DB 1966, 978; ZZP 79 (1966) 450; Leitsatz in L M Nr. 17 zu § 50 ZPO. 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 5.
172. Allgemeine Lehren
Nr. 5
7
Aus den Gründen: „Als die Kl. im Jahre 1949 durch Erklärung ihrer Gründer zu notariellem Protokoll errichtet wurde, gab es im niederländischen Recht noch keine positiven gesetzlichen Bestimmungen über die Errichtung von Stiftungen. Diese brachte erst das Gesetz über Stiftungen vom 31. 5. 1956, in Kraft seit dem 1. 1. 1957. Auf Grund dieses Gesetzes ist die Kl. am 21. 3. 1957 in das Zentrale Stiftungsregister eingetragen worden. Nach Art. 24 ist das Gesetz vom 31.5. 1956 auch auf solche Rechtspersonen anzuwenden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes als Stiftungen auftraten. Das Berufungsgericht legt diese Bestimmung dahin aus, daß die Rechtsfähigkeit solcher Stiftungen von dem Zeitpunkt an, als sie als Stiftungen auftraten, nicht mehr in Zweifel gezogen werden dürfe, und bejaht deshalb die Rechtsund Parteifähigkeit der Kl. Die Revision stellt diese Auslegung zur Nachprüfung. Nach § 50 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Ob die Kl. rechtsfähig ist, richtet sich nach niederländischem Recht. Gemäß §§ 562, 549 I ZPO ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, daß danach die Kl. rechtsfähig ist, f ü r das Revisionsgericht maßgebend. Daran ändert sich auch dadurch nichts, daß die Bekl. hier die Rechtsfähigkeit der Kl. nur mittelbar, unmittelbar aber ihre Parteifähigkeit in Zweifel zieht. Zwar ist die Parteifähigkeit eine jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigende Prozeßvoraussetzung. Wie der BGH in BGHZ 21, 214 und 27, 47 fr. 1 entschieden hat, kann auf die Verletzung irrevisiblen Rechts, zu dem auch ausländisches Recht gehört, gemäß § 562 ZPO die Revision auch dann nicht gestützt werden, wenn die Rechtsverletzung die von Amts wegen zu berücksichtigende Prozeßvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsweges oder der ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit betrifft. Nichts anderes kann f ü r die von Amts wegen zu berücksichtigende Prozeßvoraussetzung der Parteifähigkeit gelten. Das Revisionsgericht ist deshalb an die Feststellung des Berufungsgerichts gebunden, daß die Kl. schon zu Beginn des Rechtsstreits rechtsfähig und deshalb nach § 50 I ZPO auch parteifähig war. Als juristische Person w a r sie auch prozeßfähig."
2. Ordre public, Gesetzesumgehung, Retorsion Siehe auch Nr. 12, 15, 16, 18, 23, 29, 43, 49, 74, 75, 76, 78, 79, 113, 117, 124, 132, 136, 137, 139, 140, 144, 151, 152, 154, 155, 159, 169, 174, 264, 265, 274, 278, 292 5 . Die Prüfung, ob die Anwendung eines ausländischen Gesetzes wegen Widerspruchs zu den Vorschriften des Grundgesetzes ausgeschlossen ist, hat allein nach Art. 30 EGBGB zu erfolgen. Die Anwendung einer ausländischen Vorschrift ist nicht ohne weiteres dann ausgeschlossen, wenn sie dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter nicht entspricht. 1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 1.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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Besteht nach dem maßgebenden ausländischen Recht kein Scheidungsrecht, so kann die Scheidung grundsätzlich nicht unter Heranziehung des Art. 30 EGBGB erreicht werden. BGH, Urt. vom 29. 4. 1964 - IV ZR 93/63: BGHZ 42, 7; NJW 1964, 2013; DB 1964, 1332; AWD 1964, 301 mit Anm. Trinkner; MDR 1964, 912; FamRZ 1964, 496; JuS 1964, 501; JZ 1965, 99 mit Anm. Wengler; DRspr. I (180) 52 b; Leitsatz in JurJb. 6 (1965/66) 197; BWNotZ 1964, 284; NJW 1965, 38 mit Anm. Lüderitz; DRiZ 1965 B 9 Nr. 171; LM Nr. 3 zu Art. 17 EGBGB mit Anm. Johannsen; LM Nr. 16 zu Art. 30 EGBGB; DNotZ 1965, 748. Dazu auch Neuhaus, Ehehindernis der Religionsverschiedenheit und ordre public: StAZ 1965, 279 ff. und Internationales Familienrecht und Grundrecht: FamRZ 1964, 609 ff. Die Parteien haben im Jahre 1951 die Ehe geschlossen. Zur Zeit der Eheschließung besaßen der Bekl. die niederländische und die Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Kl. begehrt die Scheidung der Ehe aus der Schuld des Bekl. Sie hat behauptet, der Bekl., mit dem sie in Nordrhein-Westfalen zusammenlebte, sei ein Trinker gewesen und habe sie und die Kinder aus ihrer ersten Ehe beschimpft und mißhandelt. Wegen der Trunksucht habe er seine Arbeitsstelle verloren, und es sei ein Entmündigungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. Als er im August 1954 wegen der Beteiligung an Schrottdiebstählen von der Polizei gesucht worden sei, habe er sie am 2. 9. 1954 heimlich verlassen. Er sei nach Holland gegangen, ohne sich seitdem um sie zu kümmern. Die Klage ist in allen Rechtszügen erfolglos geblieben.
Aus den Gründen: „1.2.
...
3. Unangreifbar ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Kl. durch die am 2. 6. 1951 erfolgte Eheschließung mit dem Bekl. die niederländische Staatsangehörigkeit erworben hat. Durch diese Eheschließung, die vor dem Außerkrafttreten des der Gleichberechtigung der Geschlechter entgegenstehenden deutschen Rechts erfolgt ist, hat die Kl. nach § 17 Nr. 6 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. In der Zeit zwischen dem Inkrafttreten des Grundgesetzes und dem Außerkrafttreten des der Gleichberechtigung der Geschlechter entgegenstehenden Rechts verlor eine Frau durch die Heirat mit einem Ausländer gegen ihren Willen die deutsche Staatsangehörigkeit nur dann nicht, wenn sie sonst staatenlos geworden wäre (Art. 16 I Satz 2 GG; BGHZ 19, 266, 269!). 4. Bedenkenfrei ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, daß die in dem Scheidungsrechtsstreit ergehende Entscheidung des deutschen Gerichts nach dem Heimatrecht des Bekl. anerkannt werde und deshalb, da die KI. ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland habe, die Voraussetzungen des § 606 b Nr. 1 ZPO gegeben seien. 1
IPRspr. 1954-1955 Nr. 213.
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5. Die Vorschrift des Art. 17 1 EGBGB, nach der für die Scheidung der Ehe die Gesetze des Staates maßgebend sind, denen der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört, ist nach der Rechtsprechung des Senats durch den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter in ihrem Inhalt nicht berührt worden (LM Nr. 1 zu Art. 17 EGBGB 2 ). Daß das Scheidungsrecht der Kl. sich nach niederländischem Recht richtet, kann auch schon deshalb nicht in Frage gestellt werden, weil beide Parteien die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen. 6. Das Berufungsgericht hat demnach geprüft, ob die Kl. nach dem niederländischen Recht die Scheidung verlangen kann. Zutreffend hat es das materielle niederländische Scheidungsrecht angewendet, da das niederländische Recht, wenn beide Eheleute Niederländer sind, nicht auf eine andere Rechtsordnung zurück- oder weiterverweist (Art. 27 EGBGB; Art. 6 des niederländischen Gesetzes vom 15. 5. 1829 i. d. F. vom 26. 4. 1917; Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., II N 1, Niederlande S. 5). In dem Berufungsurteil wird dargelegt, daß die Kl. nach dem niederländischen Recht die Scheidung nicht verlangen könne. Es komme nur der in Art. 264, 266 B W vorgesehene Scheidungsgrund der böslichen Verlassung in Betracht. Dessen Voraussetzungen könnten gegeben sein. Der Scheidungsanspruch sei jedoch nach Art. 273 I Satz 1 B W erloschen. Der Bekl. sei zwar nicht, wie es der Wortlaut der Bestimmung voraussetze, in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt, der Rückkehr stehe jedoch gleich, daß er sich zur Aufnahme der Kl. und zum Zusammenleben mit ihr in einer gemeinsamen Wohnung in seinem Wohnort in den Niederlanden bereit erklärt habe. Keine Bedenken beständen gegen die Annahme, daß diese Erklärung ernstlich gemeint sei. Erkläre der das Zusammenleben bisher verweigernde Ehegatte die Bereitschaft, an seinem Wohnort, den er nunmehr in zulässiger Weise zum gemeinsamen Wohnsitz bestimmt habe, mit dem anderen Ehegatten zusammenzuleben, so liege eine Rückkehr im Sinne des Art. 273 B W vor. In der an die Kl. gerichteten Aufforderung des Bekl., in E. [Niederlande] mit ihm gemeinsam Wohnung zu nehmen, liege die zulässige Bestimmung eines neuen gemeinsamen Wohnsitzes. Dieses Bestimmungsrecht des Bekl. ergebe sich aus Art. 160 II BW. Danach bestimme der Mann bei mangelnder Einigung der Ehegatten den gemeinsamen Wohnsitz. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise die Frau den Wohnsitz bestimmen dürfe oder die Bestimmung durch einen Ehegatten unverbindlich werde, seien nicht gegeben; die Kl. habe auch in dieser Richtung nichts vorgebracht. Da die Anwendung und Auslegung des niederländischen Ehescheidungsrechts nach § 549 I, § 562 ZPO von dem Revisionsgericht nicht nachzuprüfen ist, ist in der Revisionsinstanz davon auszugehen, daß die Kl. nach dem niederländischen Recht die Scheidung der Ehe nicht verlangen kann . . . 7. Damit greift die Vorschrift des Art. 17 IV EGBGB ein, nach der im Inland nicht auf die Scheidung erkannt werden kann, wenn die Scheidung 2
IPRspr. 1954-1955 Nr. 90.
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nach dem anzuwendenden ausländischen Recht nicht zulässig ist. Die Anwendung des Art. 30 EGBGB mit der Folge, daß trotz des entgegenstehenden ausländischen Gesetzes die Scheidung ausgesprochen werden könnte, ist bei einer derartigen Sachlage grundsätzlich ausgeschlossen. Solange Deutschland dem Haager Ehescheidungsabkommen vom 12. 6. 1902 (RGBl. 1904, 231; gekündigt mit Wirkung vom 1. 6. 1934, Bek. vom 26. 1.1934, RGBl. II 26) beigetreten war, war Art. 30 EGBGB im Verhältnis zu den Vertragsstaaten durch Art. 2 des Abkommens ausgeschaltet (RG, IPRspr. 1930 Nr. 12; KG, IPRspr. 1933 Nr. 38; Kahn, NiemeyersZ 1905, 125, 142). Das RG hat das damit begründet, Art. 2 des Abkommens, nach dem auf Scheidung nur geklagt werden konnte, wenn sie sowohl nach dem Gesetz des Heimatstaates der Eheleute als auch nach dem Gesetz des Klageortes zulässig war, beuge einerseits der Gefahr vor, daß der deutsche Richter eine Ehe auf Grund eines ausländischen Gesetzes scheide, das nach deutscher Anschauung gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoße; andererseits trage die Vorschrift fremden Sitten und Gebräuchen und der auf diesen beruhenden ausländischen Gesetzgebung insoweit Rechnung, daß Ehen nicht nach deutschem Recht geschieden werden dürften, wenn die ausländischen Gesetze dies verböten. Der deutsche Richter komme also gar nicht in die Lage, über den Rahmen des Art. 2 des Abkommens hinaus die ausländische Gesetzgebung im Sinne des Art. 30 EGBGB zu prüfen. Zutreffend hat Schuster darauf hingewiesen (RabelsZ 1932, 517, 520), daß die gleichen Argumente sich auf Art. 17 1 und IV EGBGB anwenden lassen, wobei die inzwischen durch § 29 1. DVO/EheG erfolgte Änderung des Art. 17 IV EGBGB in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung ist. Auch die Vorschriften des Art. 17 I, IV EGBGB lassen erkennen, daß ausländischen Rechtsanschauungen, auf Grund deren die Auflösung einer nach deutschem Recht nicht scheidbaren Ehe erfolgen könnte, nicht Rechnung getragen werden darf, während dagegen solchen nach dem internationalen Privatrecht maßgebenden ausländischen Gesetzen, die die Scheidung einer Ehe verbieten, die Beachtung auch dann nicht versagt werden darf, wenn die Ehe nach dem deutschen Recht geschieden werden könnte. Art. 17 IV EGBGB ist, wie allgemein anerkannt ist, ein besonderer Anwendungsfall des Art. 30 EGBGB. Dem deutschen ,ordre public' widerspricht es, daß ein deutsches Gericht die Ehe von Ausländern scheidet, wenn nach deutschem Recht ein Grund zur Scheidung nicht vorliegt. Dagegen wird er grundsätzlich nicht berührt, wenn das ausländische Recht abweichend vom deutschen die Scheidung überhaupt versagt oder sie im Einzelfalle ausschließt. Für die Anwendung des Art. 30 EGBGB in dem Sinne, daß auf Scheidung erkannt werden könnte, obwohl sie nach dem in Betracht kommenden ausländischen Recht nicht zulässig ist, ist daneben kaum Raum. Hier fällt vor allem der gesetzgeberische Grund für die in Art. 17 I, IV EGBGB getroffene Regelung ins Gewicht, daß Scheidungsurteile vermieden werden sollen, die von dem Heimatstaat des Ehemannes nicht anerkannt werden. Nur zugunsten einer Frau deutscher Staatsangehörigkeit wird es in Kauf genommen, daß
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die nach dem deutsehen Recht ausgesprochene Scheidung im Heimatstaat des Mannes nicht anerkannt wird (Art. 17 III EGBGB); dabei handelt es sich aber um eine Ausnahmeregelung. Demgemäß ist die Rechtsprechung eher geneigt, die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB anzuwenden, wenn sich die Ehefrau nach dem maßgebenden ausländischen Recht gegen ein mißbrächliches Verlangen auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht hinreichend schützen kann (RGZ 150, 283, 285; OLG Colmar, Juristische Zeitschrift f ü r Elsaß-Lothringen 1913, 249, 253; OLG Hamburg, HEZ 2, 263, 264; Soergel-Siebert-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 14 EGBGB Anm. 13); dagegen lehnt sie es in allen den Fällen, in denen die Scheidungsklage nicht von der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden Frau erhoben worden ist, ab, mit Hilfe dieser Klausel die nach dem maßgebenden ausländischen Recht nicht mögliche Scheidung auszusprechen (RGZ 150, 61, 64; OLG Hamburg, IPRspr. 1934 Nr. 6; OLG Kiel, Seuff Arch. 78 Nr. 165). 8. a) Im Schrifttum wird freilich die Auffassung vertreten, daß trotz der an sich erschöpfenden Regelung des Art. 17 I, IV EGBGB doch unter Umständen die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB zugunsten des scheidungswilligen Ehegatten heranzuziehen sei (Staudinger-Raape, BGB, 9. Aufl., Art. 17 EGBGB Anm. L III 1; Soergel-Siebert-Kegel, Art. 17 EGBGB Anm. 112; Erman-Marquordt, BGB, 3. Aufl., Art. 17 EGBGB Anm. 4 c, 10; Raape, IPR, 5. Aufl., 283). Dem mag f ü r äußerste Fälle, in denen die Versagung der Scheidung gegenüber dem Scheidungskläger grob unbillig sein würde, zuzustimmen sein, was aber hier nicht abschließend entschieden zu werden braucht. Wenn der von dem Berufungsgericht herangezogene niederländische Rechtssatz, nach dem der Ehemann den ehelichen Wohnort bestimmt, falls die Eheleute sich über ihn nicht einigen können, auch dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter, wie er in der Bundesrepublik durchgeführt ist, nicht entspricht und damit das Scheidungsverlangen der Kl. zu Fall kommt, so ist deswegen noch kein solcher Grenzfall gegeben, der die Einräumung eines Scheidungsrechts f ü r die Kl. nach Art. 30 EGBGB abweichend von Art. 17 I, IV aaO rechtfertigt. b) Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Prüfung, ob ein nach dem IPR anzuwendendes ausländisches Gesetz der nach dem GG maßgebenden Werteordnung widerspricht und etwa aus diesem Grunde unberücksichtigt bleiben muß, nicht unter Ausschaltung des Art. 30 EGBGB zu erfolgen hat. Nach dieser Vorschrift ist die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ausgeschlossen, wenn sie gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Ein Verstoß gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes liegt vor, wenn der Unterschied zwischen den staatspolitischen und sozialen Anschauungen, auf denen das fremde und das konkurrierende deutsche Recht beruhen, so erheblich ist, daß durch die Anwendung des ausländischen Rechts die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angegriffen werden (BGHZ 22, 162, 167»; 28, 375, 384 4 ). Auf Grund des Art. 30 EGBGB ist auch die Anwen3 4 IPRspr. 1956-1957 Nr. 3. IPRspr. 1958-1959 Nr. 110.
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dung eines ausländischen Gesetzes ausgeschlossen, wenn dadurch wesentliche Verfassungsgrundsätze, die eine unverrückbare Grundlage des deutschen staatlichen oder sozialen Lebens bilden, verletzt werden. Nur in derartig schwerwiegenden Fällen scheidet die Anwendung ausländischer Vorschriften, die sich mit dem GG nicht vereinbaren lassen, aus. Dagegen sind die ausländischen materiellrechtlichen Vorschriften, die nach dem I P R anzuwenden sind, nicht etwa schlechthin auf ihre Vereinbarkeit mit dem deutschen Verfassungsrecht zu prüfen (BGH, F a m R Z 1964, 188, 192 B ). Mit Recht hat Ferid (Festschrift für Dölle, II 119, 143 und F a m R Z 1963, 58, 59) darauf hingewiesen, daß die Kollisionsnormen, wenn sie auch im Range unter dem Verfassungsrecht stehen, die räumliche und persönliche Reichweite des Verfassungsrechts abgrenzen. Verfassungsnormen setzen als Sachnormen, wie Ferid sagt, soweit sie sich auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse beziehen, die Anwendbarkeit des deutschen Privatrechts voraus (ähnlich Soergel-Siebert-Kegel, vor Art. 13 E G B G B Anm. 10; Beitzke, Grundgesetz und Internationalprivatrecht, 34). Das GG ergibt nicht, daß den Vorschriften des I P R die Funktion der räumlichen und persönlichen Abgrenzung der Sachnormen gegenüber den Vorschriften des GG selbst, insbesondere denen über die Grundrechte, soweit sie für privatrechtliche Rechtsverhältnisse von Bedeutung sind, nicht zukommen solle. Es wäre auch nicht angemessen, wenn sich das GG eine schlechthin weitergehende Wirkung beimessen würde. In diesem Zusammenhang greift der Grundsatz des gemeinen Völkerrechts durch, daß jedes Mitglied der Völkerrechtsgemeinschaft die Rechtsordnungen der anderen Mitglieder anerkennen muß (Neuhaus, Die Grundbegriffe des I P R , 31, 32). Dem würde es widersprechen, wenn die Anwendbarkeit der Rechtssätze fremder Rechtsordnungen, die nach dem I P R maßgebend sind, von vornherein von ihrer Vereinbarkeit mit den Vorschriften des GG der Bundesrepublik Deutschland abhängig gemacht würde. Die Entscheidung des V. Zivilsenats des BGH, die LM ZPO § 739 Nr. 3 6 veröffentlicht ist, steht den dargelegten Rechtsgrundsätzen nicht entgegen. In ihr wird nur erwogen, ob einer Ausländerin, auch wenn das maßgebende ausländische Recht eine andere Regelung getroffen hat, im Rechtsverkehr mit einer inländischen Behörde nach Maßgabe des Art. 3 II GG die gleiche Stellung wie einer Inländerin zu geben sei. Abschließend wird dazu in der Entscheidung nicht Stellung genommen. Art. 30 EGBGB bietet eine ausreichende Grundlage dafür, bei der Anwendung ausländischen Rechts den unabdingbaren Geboten des deutschen Verfassungsrechts Geltung zu verschaffen. Die Vorbehaltsklausel greift ein, wenn ausländische Gesetze in dem vom GG geschützten Bereich die geschützten Einrichtungen und Rechte in ihrem Wesensgehalt antasten (Neumayer, Festschrift für Dölle, II 179, 202). c) Es trifft nicht zu, daß immer schon dann die Grundlagen des deutschen staatlichen und sozialen Lebens beeinträchtigt werden oder ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet wird, wenn das anzuwendende auslän5
Siehe unten Nr. 74.
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dische Recht dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter nicht in dem Maße Rechnung trägt wie das GG. Dieses hat es zugelassen, daß das der Gleichberechtigung entgegenstehende deutsche Recht noch bis zum 31. 3. 1953 in Kraft blieb (Art. 117 1 GG). Die Durchbrechung dieses Grundsatzes, wie sie bei der Anwendung einer ausländischen Rechtsordnung vorkommen kann, ist daher nicht ohne weiteres ein Verstoß gegen unverrückbare Grundlagen des GG. Unterstehen Personen einer nichtdeutschen Privatrechtsordnung, zu der sie in einer näheren Beziehung stehen, so können sie sich ihr nicht durch die Berufung auf den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter entziehen (im Ergebnis ebenso BayObLGZ 1954, 225, 235 7 ; Dölle, Festgabe f ü r Kaufmann, 19, 40; Neuhaus aaO 261 und RabelsZ 1955, 344, 345; Ferid, Festschrift f ü r Dölle, II 144; Neumayer aaO 203; a. A., soweit das ausländische Recht dem Ehemann ein Entscheidungsrecht gibt, Palandt-Lauterbach, BGB, 23. Aufl., Art. 14 EGBGB Anm. 4 b). Selbst wenn man aber meint, daß bei besonders groben Verstößen gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB eingreifen könne (Soergel-Siebert-Kegel, vor Art. 13 EGBGB Anm. 10; Erman-Marquordt, vor Art. 13 EGBGB Anm. 5 a ; Makaroo, RabelsZ 1952, 382, 393), würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Art. 30 kann in einem solchen Fall allenfalls dann die Anwendbarkeit des Art. 17 aaO einschränken, wenn das ausländische Recht der Ehefrau im Gegensatz zum Mann den Rechtsschutz in einem Maße versagt, der den deutschen Rechtsanschauungen grob widerspricht. So verhält es sich aber im vorliegenden Fall nicht, wenn man die gesamten Vorschriften des niederländischen Rechts berücksichtigt, die die Wohnsitzbestimmung durch den Ehemann regeln. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß das der Kl. zustehende Scheidungsrecht nach Art. 273 BW entfallen sei, weil der Bekl. in zulässiger Weise nach Art. 160 II BW den gemeinsamen Wohnort bestimmt und sich bereit erklärt habe, dort mit der Kl. zusammenzuleben. Auch wenn diese Auslegung des niederländischen Rechts zugrunde gelegt wird, war die Kl. nicht etwa der Willkür des Bekl. ausgeliefert. Nach den f ü r das Revisionsgericht bindenden Darlegungen des Berufungsgerichts waren zwar die Voraussetzungen, unter denen nach niederländischem Recht ausnahmsweise die Kl. den Wohnort hätte bestimmen können oder die Bestimmung des Wohnortes durch den Bekl. unverbindlich wurde, nicht gegeben: doch hatte die Kl. nach Art. 160 III BW das Recht, bei Gericht die Aufhebung der durch den Bekl. erfolgten Bestimmung des Wohnortes zu beantragen, und dem Antrag mußte stattgegeben werden, wenn durch die Entscheidung des Bekl. für die sittlichen oder geistigen Belange der Familie oder ihre Gesundheit ernstliche Gefahren herbeigeführt wurden. Es ist davon auszugehen, daß auch nach der Auslegung, die das Berufungsgericht dem niederländischen Recht gegeben hat, das Scheidungsrecht der Kl. bestehen geblieben wäre, wenn sie nach Art. 160 III BW die Aufhebung der Entscheidung des Bekl. 7
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über die Bestimmung des gemeinsamen Wohnortes erreicht hätte. Es ist nicht dargetan, daß die Kl. sich um die Aufhebung der Entscheidung des Bekl. bemüht und von den ihr danach zustehenden rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat. Bei einer derartigen Sachlage läßt sich nicht davon sprechen, daß die Anwendung des niederländischen Rechts gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstößt. Selbst wenn man annehmen wollte, daß über die Fälle des Art. 17 III EGBGB hinaus entgegen Art. 17 IV EGBGB ausnahmsweise eine Scheidung ausgesprochen werden könnte, die nur durch das deutsche, nicht aber durch das maßgebende ausländische Recht zugelassen wird, würde nach alledem hier ein solcher Ausnahmefall, in dem die Scheidung gerechtfertigt wäre, nicht gegeben sein. 9. Die Scheidungsklage der Kl. ist deshalb mit Recht abgewiesen worden." 6. Zur Frage, ob die Anwendung der tschechoslowakischen Vorschriften über die Rechtsfähigkeit von Nationalunternehmen (Pilsener Brauereien) gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland verstößt. BGH, Urt. vom 9. 7. 1965 - Ib ZR 83/63: NJW 1965, 1664; AWD 1965, 297; WM 1965, 859; MDR 1965, 804; DAWRd. 1965, 223; BGHWarn 1965 Nr. 173; GRUR 1966, 104 mit Anm. Knopp; LM Nr. 17 zu Art. 30 EGBGB; DRspr. I (180) 55 d; Leitsatz in DRiZ 1965 B 108 Nr. 1453; MittDVGR 1966, 20; LM Nr. 18 zu § 50 ZPO; GRUR-Ber. 1967, 219 Nr. 1663. Aus den Gründen: „II. Was die Rechts- und Parteifähigkeit der Kl. angeht, so ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß hierfür nach den Grundsätzen des IPR die Rechtsordnung der Tschechoslowakei maßgebend ist, in der die Kl. ihren Sitz hat. Das Berufungsgericht hat auf Grund der Vorschriften des tschechoslowakischen Rechts festgestellt, daß die Kl. als Nationalunternehmen durch die Eintragung in das Unternehmensregister Rechtspersönlichkeit erlangt hat und in dieser Eigenschaft Partei eines Rechtsstreits sein kann. Ob das Berufungsgericht das tschechoslowakische Recht richtig angewendet hat, ist in der Revisionsinstanz nicht zu prüfen. Insoweit werden auch von der Revision keine Einwände erhoben. 1. Die Revision vertritt indessen die Ansicht, daß die Anerkennung der Kl. als rechts- und parteifähige juristische Person dem ordre public der Bundesrepublik (Art. 30 EGBGB) zuwiderlaufe. Die tschechoslowakischen Nationalunternehmen, so macht sie geltend, seien n u r zu dem Zweck errichtet worden, die Überführung der von ihnen übernommenen Privatbetriebe in Staatseigentum zu ermöglichen. Die entschädigungslose Enteignung der Inhaber dieser Betriebe, die überdies nicht über das Hoheitsgebiet des Enteignungsstaates hinauswirke, könne in der Bundesrepublik wegen ihrer Unvereinbarkeit mit deutschem Verfassungsrecht (Art. 14, 15 GG) nicht anerkannt werden. Wegen ihres untrennbaren Zusammenhangs mit dieser
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Enteignung dürfe dann auch die Errichtung der Nationalunternehmen nicht als ein wertneutraler Vorgang behandelt werden; vielmehr sei auch sie mit den guten Sitten und dem Zweck der in der Bundesrepublik geltenden Gesetze nicht zu vereinbaren. Dieser Ansicht der Revision kann nicht gefolgt werden. F ü r die Entscheidung darüber, ob einem tschechoslowakischen Nationalunternehmen auch in der Bundesrepublik f ü r das gerichtliche Verfahren der ihm nach der Rechtsordnung der Tschechoslowakei verliehene Status einer juristischen Person zuzuerkennen ist, kommt es nicht darauf an, ob dem Unternehmen das Vermögen eines enteigneten Privatbetriebs übertragen worden ist und wie die dem vorausgegangene Enteignungsmaßnahme nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik zu beurteilen wäre. Nach Art. 30 EGBGB ist die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ausgeschlossen, wenn sie gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Ob von einem solchen Verstoß gesprochen werden kann, hängt davon ab, zu welchem Ergebnis die Anwendung des ausländischen Gesetzes in dem zu entscheidenden Einzelfall führt. Die Anwendung des § 9 I des tschechoslowakischen Gesetzes vom 24. 10. 1955 über die Rechtsfähigkeit der Nationalunternehmen führt aber im Streitfalle lediglich dazu, daß die Kl. im Rechtsstreit als Partei auftreten kann. Dieses Ergebnis widerstreitet weder den guten Sitten noch dem Zweck eines deutschen Gesetzes. Die etwaigen Auswirkungen der Enteignung eines von der Kl. übernommenen Privatbetriebs dagegen können erst bei der sachlich-rechtlichen Entscheidung über den erhobenen konkreten Anspruch geprüft werden, welche die Zulassung der Kl. zur Prozeßführung voraussetzt. Dies gilt um so mehr, als die Rechtsbeziehung des Nationalunternehmens, das einen werbenden Betrieb führt, sich nicht in der Geltendmachung von Ansprüchen erschöpfen können, die ihre Grundlage in etwaigen dem Unternehmen zugeteilten enteigneten Vermögenswerten haben. Selbst die Beurteilung von Rechtsbeziehungen, die an solche enteignete Vermögenswerte anknüpfen, kann unter dem Gesichtspunkt des Art. 30 EGBGB je nach der Lage des zu entscheidenden Falles unterschiedlich sein. Die bloße Zulassung des Nationalunternehmens zur Prozeßführung kann aber nicht vom Ergebnis dieser sachlich-rechtlichen Beurteilung abhängig gemacht werden. Über sie kann entgegen der Meinung der Revision auch nicht je nachdem unterschiedlich befunden werden, ob das Nationalunternehmen von vornherein zu dem Zweck gegründet worden war, die Umwandlung eines bestimmten Betriebs in Staatseigentum herbeizuführen, ob also die Enteignung des bisherigen Betriebsinhabers und die Errichtung des Nationalunternehmens, wie die Revision es ausdrückt, ,uno actu' stattgefunden hatte oder ob einem schon bestehenden Nationalunternehmen enteignetes Betriebsvermögen nachträglich zugewiesen worden ist. F ü r die Frage, ob das Unternehmen in einem Rechtsstreit als Partei behandelt werden kann oder ob die Anerkennung seiner Parteifähigkeit im Widerspruch mit dem ordre public der Bundesrepublik steht, sind diese zeitlichen Zusammenhänge ohne Bedeutung. Wie das Berufungsgericht überdies zutreffend dargelegt hat, würde,
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wenn man bei Unternehmen der vorliegenden Art die Rechts- und Parteifähigkeit aus den von der Revision vorgetragenen Gründen allgemein verneinen würde, ein solches Unternehmen auch nicht Partei eines Passivprozesses sein können, obwohl bei Streitigkeiten, wie sie beispielsweise im Rahmen des zwischenstaatlichen Handelsverkehrs, namentlich aber im Verhältnis zwischen dem Unternehmen und den Inhabern der enteigneten Vermögenswerte auftreten können, der inländische ordre public es geboten erscheinen läßt, die Möglichkeit einer Klage gegen das Unternehmen nicht zu verschließen. Die Meinung der Revision, mit der Auffassung des Berufungsgerichts lasse sich auch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von nicht rechtsfähigen Vereinen begründen, geht fehl. Die Revision übersieht hier zunächst die Sonderregelung des § 50 II ZPO, durch die dem nicht rechtsfähigen Verein f ü r Passivprozesse die Stellung eines rechtsfähigen Vereins eingeräumt und damit trotz Fehlens der Rechtsfähigkeit die Parteifähigkeit zuerkannt ist. Außerdem aber steht die von der Revision aufgeworfenen Frage, ob ein nicht rechtsfähiger Zusammenschluß von Personen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Vorschrift als rechtsfähig behandelt werden könnte, in keinerlei Zusammenhang mit der im vorliegenden Rechtsstreit allein zu entscheidenden, völlig anders gelagerten Frage, ob der nach IPR zweifelsfrei zu bejahenden Rechts- und Parteifähigkeit einer ausländischen juristischen Person wie der eines tschechoslowakischen Nationalunternehmens unter dem Gesichtspunkt des ordre public die Anerkennung versagt werden kann. In Übereinstimmung mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BGH, in der die Rechts- und Parteifähigkeit sowohl ausländischer Staatsunternehmen als auch der unter ähnlichen Umständen errichteten volkseigenen Betriebe der sowjetischen Besatzungszone aus Gründen des ordre public der Bundesrepublik nicht angezweifelt worden ist (BGHZ 18, 1 Hückel 1 ; 34, 91 - ESDE 2 ; BGHZ 34, 345 - Cuypers 3 ; vgl. ferner f ü r den Fall der gesetzlichen Vertretung BGHZ 32, 256, 258 4 ), sind nach alledem auch bei der Kl. nach dieser Richtung keine Zweifel gerechtfertigt."
1 3
IPRspr. 1954-1955 Nr. 155. IzRspr. 1960-1961 Nr. 134.
5 4
IzRspr. 1960-1961 Nr. 84 b. IPRspr. 1960-1961 Nr. 75.
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II./1., 2. Natürliche und juristische Personen, Gesellschaften
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II. NATÜRLICHE UND JURISTISCHE PERSONEN, GESELLSCHAFTEN
1. Geschäftsfähigkeit und Entmündigung 2. Todeserklärung und Abwesenheit Siehe auch Nr. 166 7 . Nach deutschem Internationalen Privatrecht richten sich Lebens- und Todesvermutungen grundsätzlich nach dem Personalstatut. Die durch ein niederländisches Verfahren herbeigeführte Sterbebucheintragung, die einen Niederländer oder Staatenlosen mit letztem Wohnsitz in den Niederlanden betrifft, ist deshalb anzuerkennen. Die in Art. 44 REAO aufgestellte Vermutung kann auch durch anzuerkennende Feststellungen des Todeszeitpunktes in ausländischen Rechten oder Behördenentscheidungen widerlegt werden. Zur Frage, ob eine anzuerkennende ausländische oder eine spätere inländische Todeserklärung den Vorrang hat. LG Berlin, Beschl. vom 19. 6.1964 - (153 WGK) 45 WGA 11704/59 (593/ 63): Unveröffentlicht. Der ASt. macht auf Grund einer Anmeldung vom 11. 2. 1959 als angeblicher Alleinerbe nach F. E., seiner Schwester, und deren Ehemann A. E., seinem Schwager, rückerstattungsrechtliche Schadensersatzansprüche wegen der Entziehung von Edelmetallgegenständen und Schmuck geltend. Er gibt an, die Gegenstände müßten bei der Deportation der Erblasser beschlagnahmt worden sein. Die Kammer hat zur Aufklärung der Erbberechtigung des ASt. die Akten des AG Charlottenburg beigezogen, die Gegenstand der Verhandlung waren. Aus diesen ergibt sich, daß die Schwester des ASt. durch den Beschluß des AG Lübeck vom 7. 9. 1961 mit Wirkung vom 31. 12. 1945 für tot erklärt worden ist. Weiter ist eine Bescheinigung des Niederländischen Roten Kreuzes vom 4. 2. 1963 vorhanden. Danach ist am 12. 1. 1950 beim Standesamt in Amsterdam laut Bekanntgabe im Niederländischen Staatsanzeiger gleichen Datums von der amtlichen Kommission ad hoc im niederländischen Justizministerium Anzeige vom Ableben der Schwester des ASt. gemacht worden, die vorbehaltlich eines Einspruchs nach drei Monaten zur Ausstellung der Sterbeurkunde führt. Die am 8. 6. 1943 deportierte Schwester des ASt. gilt als am 11. 6. 1943 verstorben. Nach Angaben des ASt. hatte die Schwester durch Heirat mit dem Schwager des ASt. die holländische Staatsangehörigkeit erworben. In der Erbscheinsverhandlung gibt der ASt. an, seine Schwester sei staatenlos gewesen. Der Todeszeitpunkt für den Schwager des ASt. ist in gleicher Weise im Jahre 1950 auf den 6. 7. 1943 festgestellt worden. Er ist zwar wie die Schwester am 10. 2. 1943 inhaftiert worden, aber erst am 3. 7. 1943 deportiert worden. Der Todeszeitpunkt der Tochter der Schwester des ASt. ist wie der ihrer Mutter auf den 11. 6. 1943 festgestellt worden. Das Nachlaßgericht hat daraufhin die Erteilung eines Erbscheins auf den ASt. abgelehnt, da nach Maßgabe der holländischen Urkunden der Schwager des ASt. zuletzt verstorben ist und auf die Erbfolge nach der Schwester, selbst wenn sie staatenlos gewesen sein sollte, holländisches Erbrecht anzuwenden sei. 2
IPR 1964/65
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Aus den Gründen: „Der Anspruch ist unbegründet. Nach § 2 BRüG in Verbindung mit Art. 6 REAO, können nur diejenigen, denen ein Vermögensgegenstand entzogen worden ist, oder ihre Rechtsnachfolger den Rückerstattungsanspruch geltend machen. Der ASt. ist jedoch nicht Rechtsnachfolger der Geschädigten. Nach Art. 25 EGBGB ist auf die Rechtsnachfolge in den beweglichen Nachlaß der Geschädigten holländisches Recht anzuwenden, da beide Geschädigte niederländische Staatsangehörige sind bzw. die Schwester des ASt. auch staatenlos mit letztem Wohnsitz in den Niederlanden gewesen sein kann (Art. 29 EGBGB). Nach holländischem Recht hat der ASt. weder seinen Schwager noch seine Schwester beerbt. Er hat seinen Schwager nicht beerbt, weil eine Verfügung von Todes wegen nicht vorliegt und das holländische gesetzliche Erbrecht auf der Verwandtenerbfolge beruht (Art. 879 BW). Er hat seine Schwester nicht beerbt, weil diese von ihrem Ehemann, dem Schwager des ASt., allein beerbt worden ist. Nach Art. 899 a BW steht der Ehegatte einem Abkömmling gleich. Die Abkömmlinge beerben aber ihre Eltern und Voreltern unter Ausschluß sonstiger Verwandter (Art. 899 BW). Geschwister des Erblassers erben nur, wenn der Erblasser verstorben ist, ohne Abkömmlinge oder Ehegatten zu hinterlassen (Art. 903 BW, vgl. im einzelnen auch Gutachten Wengler vom 29. 5. 1951, Gutachtensammlung beim AG Schöneberg). Die Schwester des ASt. hat aber bei ihrem Tode den damals noch lebenden Ehemann hinterlassen. Die Schwester des ASt. gilt nämlich als am 11. 6. 1943 zusammen mit ihrer Tochter verstorben, während ihr Ehemann erst als am 6. 7. 1943 verstorben gilt. Dies ergibt sich aus den Bescheinigungen des Niederländischen Roten Kreuzes. Die dort festgestellten Todeszeitpunkte sind auch f ü r die deutsche Rechtsordnung verbindlich. Nach einem allgemeinen Prinzip des IPR sind Behördenakte und insbesondere Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausländischer Staaten ohne weiteres anzuerkennen, wenn die sachlichen Rechtsnormen des betreffenden ausländischen Staates nach den Vorschriften des deutschen IPR anzuwenden sind und diese zum Eintritt einer Rechtswirkung einen bestimmten Hoheitsakt erfordern (konstitutive Hoheitsakte, vgl. dazu auch Raape, IPR, 5. Aufl., 143 .wahrhaft fundamentaler Satz'). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach dem deutschen IPR richten sich Lebensund Todesvermutungen grundsätzlich nach dem Personalstatut (vgl. BGH, Urt. vom 9. 11. 1 9 6 0 - I V ZR 139/60, LM Nr. 3 zu § 180 BEG 1 ; Kegel, IPR, 2. Aufl., 192; Raape aaO 183 f. und 192). Das Personalstatut der Schwester des ASt. ist holländisches Recht. Die Schwester des ASt. hat nämlich nach den Angaben des ASt. durch ihre Heirat die niederländische Staatsangehörigkeit erworben. Selbst wenn diese Angabe des ASt. nicht zutreffen sollte an anderer Stelle hat er seine Schwester als staatenlos bezeichnet - , so ist nach Art. 29 EGBGB ebenfalls holländisches Recht anwendbar, da sie ihren 1
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letzten Wohnsitz in Holland gehabt hat. Dies wäre auch dann der Fall, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz verloren haben sollte (vgl. BGH, Urt. vom 11. 7. 1962 IV ZR 78/62 2 ). Die durch das holländische Verfahren herbeigeführte Sterbebucheintragung ist auch als konstitutiver Staatsakt aufzufassen, da sie in ihren Wirkungen einer normalen Eintragung im Sterbebuch gleichsteht (vgl. Strebe!, Die Verschollenheit als Rechtsproblem, 1954, 117 f.). Sie bewirkt, daß der Verschollene als zu dem angegebenen Zeitpunkt als verstorben gilt. Die Anerkennung der niederländischen Feststellung des Todeszeitpunktes wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß das AG Lübeck durch den Beschluß vom 7. 9. 1961 - 5 II 56/61 - den 8. 5. 1945 als Todeszeitpunkt festgestellt hat. Die Frage, welche Todeserklärung bei Konkurrenz einer anzuerkennenden ausländischen und einer inländischen den Vorrang hat, ist zwar streitig. So geht das LG Frankfurt a. M. in seinem Beschluß vom 15. 7. 1960 - 2/9 T 506/59 3 davon aus, daß im Rahmen der Todesvermutung nach § 180 BEG eine anderweitige Festsetzung des Todeszeitpunktes als auf den 8. 5. 1945 nur dann zulässig sei, wenn nach dem VerschG oder nach anderen (deutschen) Vorschriften ein anderer Todeszeitpunkt festgestellt worden ist. Ausländische Festsetzungen des Todeszeitpunktes könnten hingegen eine Abweichung von § 180 BEG nicht rechtfertigen und seien folglich nicht anzuerkennen (ebenso van Dam-Loos, BEG, 1957, § 180 Anm. 5). Hingegen hat der BGH in den beiden bereits zitierten Urteilen die Ansicht vertreten, daß unter dem Begriff der anderen Rechtsvorschriften auch ausländische zu verstehen seien, die nach den Vorschriften des deutschen IPR anzuerkennen sind 4 . Im Streitfall beruht die Todesvermutung allerdings auf der hier anzuwendenden Vorschrift des Art. 44 REAO. Die Kammer ist jedoch der Ansicht, daß der gesetzgeberische Grund beider Vorschriften im wesentlichen der gleiche ist. Rückerstattungs- und Entschädigungsverfahren sollen nicht durch langwierige Feststellungen des Todeszeitpunkts der Verfolgten aufgehalten werden (vgl. ebenso f ü r das Entschädigungsverfahren Blessin-Ehrig- Wilden, Bundesentschädigungsgesetze, 2. Aufl. 1960, § 180 BEG Anm. 1; van Dam-Loos aaO Anm. 1). Diesem Zweck ist jedoch nicht zu entnehmen, daß damit grundsätzlich allgemein gültige Prinzipien der Rechtsordnung derogiert und abgeändert werden sollen. Es ist nicht anzunehmen, daß damit grundsätzlich f ü r diese Verfahren eine von den allgemeinen Prinzipien abweichende Feststellung des Todeszeitpunktes und damit des Erbrechts zur Regel gemacht werden soll. Der Zusatz im § 180 BEG: ,es sei denn, daß nach dem Verschollenheitsgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften bereits ein anderer Zeitpunkt des Todes festgestellt worden ist', weist gerade darauf hin, daß die allgemeinen Rechtsprinzipien eingehalten werden sollen, wenn dadurch keine Verzögerung des Verfahrens eintritt. Zu den allgemeinen, sogar international anerkannten Prinzipien gehören aber auch die Regeln des (bzw. der) inter2 4
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3 IPRspr. 1962-1963 Nr. 4. IPRspr. 1960-1961 Nr. 62. Ebenso neuestens auch KG, Urt. vom 17. 9. 1964 - 19 U 507/64, unten Nr. 8.
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nationalen Privatrechts (e). Durch die Regeln des I P R w i r d die rechtliche Regelung eines Sachverhalts (unter Verzicht auf die Anwendung des eigenen Rechts) d e r Rechtsordnung zugewiesen, die a m kompetentesten erscheint u n d die u n t e r Berücksichtigung der internationalen Sachverhaltslage die am gerechtesten erscheinende Regelung des Sachverhalts zu bieten imstande ist. Es besteht d a h e r keine Veranlassung, w e n n keinerlei Verfahrensverzögerung eintritt, von der Anwendung ausländischer Rechtsvorschriften u n d Behördenentscheidungen abzusehen, w e n n sie von der deutschen Rechtsordnung wegen d e r Lagerung des Sachverhalts a n sich als im Interesse der Gerechtigkeit als zuständig zur Regelung dieses Sachverhalts angesehen werden. Aus diesem Grunde schließt sich die K a m m e r der Mein u n g des BGH in den oben zitierten Urteilen auch in Ansehung des Art. 44 REAO an, wonach die V e r m u t u n g e n des § 180 BEG bzw. Art. 44 REAO auch durch vorliegende a n z u e r k e n n e n d e Feststellungen des Todeszeitpunktes durch ausländische Rechte oder Behördenentscheidungen ausger ä u m t werden k ö n n e n . Raape (aaO 193) geht aus wohl m e h r verfahrensrechtlichen Überlegungen davon aus, d a ß die Anerkennung ausländischer Todeserklärungen dort a u f h ö r e , w o die W i r k s a m k e i t inländischer Todeserklärungen beginnt, gleichgültig ob die ausländische Todeserklärung zeitlich f r ü h e r oder später erlassen ist. Kollisionen k ö n n e n freilich n u r eintreten, wo - wie im vorliegenden Falle - der inländische Gesetzgeber auch eine Kompetenz z u r Todeserklärung neben einem ausländischen Gesetzgeber f ü r sich in Anspruch nimmt. Die K a m m e r neigt in Fällen von Todeserklärungen der vorliegenden Art, die n u r im Interesse der beschleunigten Abwicklung von V e r f a h r e n u n d mit begrenzter Rechtswirkung ergehen, eher zu der Auffassung, d a ß die W i r k u n g inländischer Todeserklärungen da beginnt, wo die Anerkennung ausländischer Todeserklärungen a u f h ö r t , da die letzteren auf einem grundlegenderen Rechtsprinzip b e r u h e n (vgl. ebenso PalandtLauterbach, [BGB] § 12 VerschG Anm. 4a b b [zu § 12 II VerschG]) 5 . Indessen braucht dieser F r a g e nicht im einzelnen nachgegangen zu werden. Die in vorliegendem Falle v o m internationalprivatrechtlich zuständigen holländischen Staat durch E i n t r a g u n g ins Sterbebuch ausgesprochene Todeserklärung w a r bereits lange vor E r l a ß des Todeserklärungsbeschlusses des AG Lübeck ergangen. Die holländische Todeserklärung w a r damit f ü r die deutsche Rechtsordnung bereits bindend, ehe d e r Beschluß des AG Lübeck erlassen w a r . Sie h ä t t e bei Kenntnis des AG Lübeck beachtet werden müssen u n d verdient d a m i t auch den Vorrang vor der Todeserklärung des AG Lübeck (ebenso BGH, Urt. vom 11. 7. 1962 - IV ZR 78/62 2 ). Ganz abgesehen von diesen Überlegungen widerspricht es auch dem allgemeinen Rechtsempfinden, w e n n ein ASt. neben einer schon vorliegenden holländischen T o d e s e r k l ä r u n g ü b e r einen von drei verschollenen Verfolgten eine weitere deutsche Todeserklärung mit späterem Todeszeitpunkt erwirkt, u m auf diese Weise durch eine Kombination von deutschen u n d hol5 Gegen Raape neuestens auch BGH, Urt. vom 8. 1.1965 - IV ZR 63/64, unten Nr. 9.
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ländischen Todeserklärungen ein Erbrecht zu begründen, das ihm in diesem Umfang weder nach holländischem Recht noch bei einheitlicher Todesfeststellung in Ansehung aller Verschollenen nach deutschem Recht zustehen würde. Damit wird der Beschleunigungszweck, dem die Vorschrift des Art. 44 REAO dient, unter Verzögerung des Verfahrens zur Erreichung eines Vorteils benutzt, der nicht im Sinne dieser Vorschrift liegt." 8« Die durch französische Behörden nach französischem Recht ausgesprochene Todeserklärung eines polnischen Staatsangehörigen ist in Deutschland nicht anzuerkennen, da sie vom polnischen Heimatstaat nicht anerkannt wird. Die in § 180 l Halbsatz 1 Bundesentschädigungsgesetz aufgestellte Vermutung kann durch diese Todeserklärung daher nicht entkräftet werden. KG, Urt. vom 17. 9.1964 - 19 U Entsch. 507/64: RzW 1964, 555. Aus den Gründen: „Nach § 180 I Halbsatz 1 BEG wird vermutet, daß ein Verfolgter, der seinen letzten bekannten Aufenthalt in Gebieten, die am 31. 12. 1937 zum Deutschen Reich gehört haben, oder in einem vom Deutschen Reich oder von seinen Verbündeten beherrschten oder besetzten Gebiet gehabt hat und dessen Aufenthalt seit dem 8. 5. 1945 unbekannt ist, am 8. 5. 1945 verstorben ist. Diese Voraussetzungen treffen auf die Mutter der Kl. zu. Die Vermutung gilt jedoch nach dem zweiten Halbsatz der genannten Vorschrift nicht, wenn nach dem VerschG oder nach anderen Rechtsvorschriften bereits ein anderer Zeitpunkt des Todes festgestellt worden ist. Ein solcher anderer Zeitpunkt des Todes der Mutter der Kl., nämlich der 9. 2. 1943, ist zwar nicht nach dem VerschG, aber nach den Vorschriften der Art. 88 ff. Cc festgestellt worden, und zwar durch das Urteil des Tribunal de grande instance de la Seine vom 23. 9. 1955. Wie der BGH mehrfach entschieden hat (RzW 1961, 133 1 ; 1962, 563 2 ), sind als .andere Rechtsvorschriften' im Sinne des § 180 I BEG auch ausländische Vorschriften anzusehen, jedoch nur, wenn die Feststellung des Zeitpunktes eines Todes auf Grund solcher Vorschriften in Deutschland anzuerkennen ist. Das ist bei der durch das französische Gericht ausgesprochenen Todeserklärung jedoch nicht der Fall. Aus der das zwischenstaatliche Recht bei Todeserklärungen regelnden Vorschrift des § 12 VerschG ist der Grundsatz zu entnehmen, daß f ü r die Todeserklärung das Heimatrecht des Verschollenen maßgebend sein soll, d. h. das Recht des Staates, dem der Verschollene zu dem Zeitpunkt, der f ü r die Todeserklärung maßgebend ist, angehört hat (Arnold, Komm, zum VerschG, 1951, § 12 Anm. 2 und 3; Raape, IPR, 1961, 192). Wird ein Ausländer in einem dritten Staat f ü r tot erklärt, so wird diese Todeserklärung in Deutschland nur anerkannt, wenn sie auch von der Rechtsordnung des 1
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Heimatstaates des Verschollenen anerkannt wird (Arnold aaO Anm. 15; Raape aaO 193; BGH, RzW 1961, 133 1 ). Die Rechtsverhältnisse einer staatenlosen Person werden in einem solchen Falle, in welchem die Gesetze des Staates f ü r maßgebend erklärt sind, dem eine Person angehört, nach Art. 29 EGBGB nach den Gesetzen des Staates beurteilt, in dem die staatenlose Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder mangels eines solchen ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat (Arnold aaO Anm. 12; Raape aaO 54). Die nicht näher begründete Auffassung des LG, die Mutter der Kl. habe ihre polnische Staatsangehörigkeit verloren und sei staatenlos geworden, findet weder im Vortrag der Parteien noch in dem Ergebnis der im Vorverfahren angestellten Ermittlungen eine Stütze . . . Es kam also darauf an, ob die in Frankreich erfolgte Todeserklärung der Mutter der Kl. nach ihrem polnischen [Heimat] Recht anerkannt wird. Das ist nicht der Fall. Denn nach Art. 4 I des polnischen Gesetzes vom 2. 8. 1926 betreffend das f ü r internationale Privatrechtsverhältnisse geltende Recht (Dz. U. 1926 Nr. 101 Pos. 581, abgedruckt bei Makarov, Quellen des I P R I ) sind f ü r die Verschollenen-, die Vermißt- und Todeserklärungen einer Person die Behörden und das Recht desjenigen Staates maßgebend, dem die Person zuletzt angehört hat, hier also polnische Behörden und polnisches Recht. Das polnische IPR knüpft also - ebenso wie das deutsche - an die Staatsangehörigkeit an (Raape aaO 49). Bei dem vom BGH in RzW 1961, 133 1 f ü r nicht anwendbar erklärten polnischen Gesetz vom 2. 8. 1926 handelt es sich um ein das interlokale Recht innerhalb Polens regelndes Gesetz, das nicht mit dem das internationale Privatrecht regelnden polnischen Gesetz vom 2. 8. 1926 identisch ist. Somit ist die in § 180 I Halbsatz 1 BEG aufgestellte Vermutung, daß der 8. 5. 1945 der Todestag der Mutter der Kl. sei, durch die in Frankreich erfolgte Todeserklärung nicht entkräftet worden, da diese Todeserklärung vom Heimatrecht der Mutter der Kl. nicht anerkannt wird und damit auch in Deutschland nicht anzuerkennen ist. An diesem Rechtszustand ändert auch die Konvention der Vereinten Nationen über die Todeserklärung Verschollener vom 6. 4. 1950 nichts. Zwar ist die Bundesrepublik Deutschland durch Gesetz vom 7. 7. 1955 (BGBl. II 701) dieser Konvention beigetreten. Jedoch sind außer der Bundesrepublik nur National-China, Guatemala, Israel, Belgien und Pakistan Vertragsstaaten dieser Konvention geworden, nicht aber Frankreich und Polen, das nicht einmal an den vorbereitenden Verhandlungen teilgenommen hat (siehe dazu Schoeneich, N J W 1958, 290 und Brintzinger, JZ 1963, 536). Es bedarf deshalb auch keines Eingehens auf die von den Kl. angezogene Vorschrift des Art. 6 Satz 2 der Konvention." 9. Die zeitlich zuerst erfolgte Todeserklärung gilt, wenn ner sowohl durch den Beschluß eines deutschen Gerichts als in Deutschland anzuerkennende ausländische Entscheidung worden ist und wenn beide Todeserklärungen dieselben
ein Verscholleauch durch eine für tot erklärt Rechtswirkungen
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haben, abgesehen davon, daß jede von ihnen einen anderen Zeitpunkt den mutmaßlichen Eintritt des Todes angibt.
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BGH, Urt. vom 8. 1. 1965 - IV ZR 63/64: BGHZ 43, 80; RzW 1965, 574; StAZ 1966, 48; MDR 1965, 470; NJW 1965, 912; FamRZ 1965, 270; Rpfleger 1965, 172; WM 1965, 366; DRspr. I (110) 63 b; Leitsatz in BWNotZ 1965, 188; DRiZ 1965 B 81 Nr. 1139; LM Nr. 1 zu § 12 VerschG mit Anm. Wilden. Der im Jahre 1884 in Hamburg geborene Kaufmann J. H. war Inhaber einer Getreidegroßhandlung in Hamburg. In den ersten Monaten des Jahres 1939 mußte er sein Geschäft aus Gründen rassischer Verfolgung aufgeben. Er wanderte 1941 mit seiner Ehefrau nach Paris aus. Am 16. 7. 1942 wurde er verhaftet und am 29. 7. 1942 von Drancy nach Auschwitz deportiert. Er war deutscher Staatsangehöriger von Geburt. Er hat auf die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verzichtet und die französische Staatsangehörigkeit nicht erworben. Das Zivilgericht Seine hat ihn auf den 29. 7. 1942 für tot erklärt. Durch Erbschein des AG Hamburg vom 20. 4. 1949 sind als seine Erben seine Witwe und seine vier Söhne ausgewiesen. Durch Beschluß vom 12. 8. 1963 hat das AG Hamburg J. H. mit Wirkung für Rechtsverhältnisse, die nach deutschem Recht zu beurteilen sind, und mit Wirkung für das im Inland befindliche Vermögen gemäß Art. 2 § 1 I, II, III und IV VerschÄndG vom 15.1. 1951 für tot erklärt und gemäß Art. 2 § 1 I, II und III des genannten Gesetzes als Todeszeitpunkt das Ende des Jahres 1945 festgestellt. Der Beschluß ist rechtskräftig. Durch Bescheid vom 18.10.1960 hat die Bekl. den Kl. als Erben und Erbeserben wegen des Schadens, den J. H. durch Verdrängung aus selbständiger Erwerbstätigkeit erlitten hat, eine Kapitalentschädigung zuerkannt und dabei als Schadenszeit die Zeit vom 1. 2. 1939 bis zum 29. 7. 1942 angenommen. Gegen den Bescheid vom 18. 10. 1960 haben die Kl. rechtzeitig vorliegende Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, daß sie für die Zeit bis Ende April 1945 Entschädigung beanspruchen können. Das LG hat die Bekl. verurteilt, an die Kl. weitere 172,60 DM zu zahlen, im übrigen jedoch die Klage abgewiesen. Die Kl. haben Berufung, die Bekl. hat Anschlußberufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Kl. das Urteil des LG geändert und dahin gefaßt, daß die Bekl. verurteilt wird, an die Kl. weitere 5868 DM zu zahlen. Die Anschlußberufung der Bekl. hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Die Bekl. hat Revision eingelegt. Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückverwiesen. Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß maßgeblicher Todestag des Erblassers J. H. für die Bemessung der geltend gemachten Entschädigungsansprüche der 31. 12. 1945 sei, der durch den Beschluß des AG Hamburg vom 12. 8. 1963 festgestellt ist, und nicht der 29. 7. 1942, den das Zivilgericht Seine zuvor festgestellt hatte. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die Todeserklärung des Erblassers durch das französische Gericht sei grundsätzlich anzuerkennen, dennoch müsse hier der von dem AG Hamburg festgestellte spätere Todestag zugrunde gelegt werden. Die Todes-
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erklärung durch das AG Hamburg beruhe auf Art. 2 § 1 des Änderungsgesetzes. Sie sei nach dem Sinn des § 1 in einem zulässigen Verfahren und sachlich zu Recht ergangen. Voraussetzung f ü r sie sei nicht, daß eine Todeserklärung durch ein ausländisches Gericht oder eine ausländische Behörde noch nicht erfolgt sei. Nach dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes sei es möglich, daß mehrere Todeserklärungen ergehen, die anzuerkennen seien. Die Gerichte und Behörden müßten die daraus folgenden Schwierigkeiten hinnehmen. Diese seien nicht unüberwindlich. Der Gesetzgeber wolle den Beteiligten gestatten, die Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse nach deutschem Recht zu ermöglichen, und ihnen die Vorteile der deutschen Gesetzgebung zuwenden. Dieser Gesichtspunkt gelte besonders f ü r die Wiedergutmachungsgesetzgebung. Wenn eine ausländische und eine inländische Todeserklärung vorlägen, gehe die inländische vor. Die ausländische Todeserklärung werde dann im Inland nur f ü r den Bereich anerkannt, der von der inländischen Todeserklärung nicht erfaßt werde. Dabei sei es gleichgültig, ob die inländische Todeserklärung zeitlich früher oder später als die ausländische erfolgt sei. Die Revision wendet sich mit Recht gegen diese Ansicht des Berufungsgerichts. Nach deutschem Recht ist es zwar möglich, daß eine Person, die nach ausländischem Recht durch eine auch in Deutschland anzuerkennende Entscheidung für tot erklärt worden ist, auch durch eine Entscheidung eines deutschen Gerichts f ü r tot erklärt werden kann, insbesondere können auch ausländische Staatsangehörige oder Staatenlose durch ein deutsches Gericht nach § 12 VerschG und Art. 2 § 1 VerschÄndG dann f ü r tot erklärt werden, wenn die f ü r tot zu erklärende Person bereits durch eine auch in Deutschland anzuerkennende ausländische Entscheidung f ü r tot erklärt worden ist. Daraus folgt aber nicht, daß die von dem deutschen Gericht ausgesprochene Todeserklärung stets der ausländischen vorgeht. Die gesetzliche Regelung läßt nicht, wie es das Berufungsgericht glaubt, die Absicht des Gesetzgebers erkennen, den Beteiligten die Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse nach deutschem Recht zu ermöglichen und ihnen die Vorteile der deutschen Gesetzgebung zuzuwenden. Diese auch von Raape in Staudinger-Raape, [BGB] Art. 9 EGBGB, S. 119; IPR, 192 vertretene Ansicht wird auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum nicht uneingeschränkt geteilt. Martin Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., 98 Anm. 10 weist darauf hin, daß die Todeserklärung durch ein deutsches Gericht unangemessen sei, wenn bereits eine in Deutschland anzuerkennende ausländische vorliege. Auch Brintzinger, JZ 1963, 537 Anm. 14, tritt dieser Ansicht nicht uneingeschränkt bei. Er weist auf die Möglichkeit von Einschränkungen hin. Ebenso wohl auch Arnold, Verschollenheitsrecht, 1951, § 12 Anm. 17 letzter Absatz. Nach dem Sinn des Gesetzes m u ß die zeitlich zuerst erfolgte Todeserklärung gelten, wenn ein Verschollener sowohl "durch den Beschluß eines deutschen Gerichts als auch durch eine in Deutschland anzuerkennende ausländische Entscheidung f ü r tot erklärt worden ist und wenn beide Todeserklärungen, abgesehen davon, daß jede von ihnen einen anderen
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Zeitpunkt f ü r den vermutlichen Eintritt des Todes angibt, dieselben Rechtswirkungen haben. Denn der Sinn der Todeserklärung ist doch der: In vielen Fällen entsteht eine Unsicherheit f ü r das Rechtsleben dadurch, daß der Beweis, ob jemand noch lebt oder verstorben ist, nicht geführt werden kann und daß diese Ungewißheit auf die Dauer unerträglich ist. Die Rechtsordnung muß Wege eröffnen, um diese Ungewißheit zu klären. Diesem Zwecke dient die Todeserklärung im Wege eines rechtlich geordneten Verfahrens (so Staudinger-Coing, BGB I, 11. Aufl., § 146 Vorbem. 7 vor § 1 VerschG). Der Grundsatz der Priorität trägt dieser Bedeutung der Todeserklärung Rechnung, da nur so vermieden wird, daß die vorher bestehende Unsicherheit durch eine neue ersetzt wird. Das deutsche Recht geht grundsätzlich davon aus, daß der Heimatstaat des Verschollenen die ausschließliche materielle und formelle Zuständigkeit f ü r eine Todeserklärung hat. Es gilt das Personalstatut. Nur in Ausnahmefällen gilt das Wirkungsstatut. Letzteres hat vornehmlich in § 12 II VerschG Ausdruck gefunden. Das Gesetz will aber mit dieser Bestimmung keinen Konflikt schaffen, sondern seine Absicht ist, einen Konflikt zu lösen. Der Zweck dieser Bestimmung ist folgender: In den Fällen, in denen nach dem Heimatstatut keine Todeserklärung möglich ist, die einer deutschen gleichwertig ist, in denen aber die nach deutschem Recht zu beurteilenden Rechtsverhältnisse eine Entscheidung darüber fordern, ob eine an dem hier belegenen Rechtsverhältnis beteiligte Person lebt oder verstorben ist, soll ermöglicht werden, daß die Todeserklärung durch ein deutsches Gericht mit beschränkter Wirkung ausgesprochen wird. Es besteht nicht n u r kein Grund, sondern es würde geradezu zweckwidrig sein, eine deutsche Todeserklärung zu erwirken, wenn bereits eine ausländische vorliegt, die in Deutschland anerkannt wird und die dieselben Wirkungen wie die von einem deutschen Gericht ausgesprochene hat. Der Sinn des § 12 II VerschG ist es daher nicht, die in Deutschland bestehenden Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach Maßgabe einer deutschen Todeserklärung und damit anders als nach Maßgabe der nach dem Heimatstatut maßgeblichen ausländischen Todeserklärung abzuwickeln. Auch der Gesetzgeber kann dem Antragsberechtigten mit dieser Bestimmung nicht die .Wohltat' haben erweisen wollen, deutsches Recht Anwendung finden zu lassen. Dafür besteht kein Grund, denn die Antragsberechtigten brauchen in dem Fall des § 12 II VerschG keine Beziehungen zum Deutschen Reich zu haben, die eine solche .Wohltat' rechtfertigen würden. Mit § 12 III VerschG wird der antragsberechtigte Ehegatte bevorzugt. Dieses Vorzugsrecht ist aber nur gerechtfertigt, wenn er eine Todeserklärung im Ausland nicht oder doch nur unter erschwerten Umständen erlangen kann. Es ist nicht der Sinn der Bestimmung, dem antragsberechtigten Ehegatten zu ermöglichen, neben einer bereits vorliegenden ausländischen Todeserklärung eine deutsche mit einem anderen vermuteten Todeszeitpunkt zu erlangen, um auf diese Weise in den Genuß von Rechten zu kommen, die bei Zugrundelegung der nach dem Heimatstatut maßgeblichen ausländischen Todeserklärung nicht bestehen würden. Die Fälle, in denen
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dadurch eine günstigere Lage f ü r den Ehegatten geschaffen wird, sind so selten und außergewöhnlich, daß sie schon deswegen nicht der Grund des § 12 III VerschG sein können. Auch in diesem Fall kann daher eine inländische Todeserklärung nicht ergehen, wenn bereits eine ausländische vorliegt, die im Inland anerkannt wird und im wesentlichen dieselben Wirkungen wie eine inländische hat. § 12 III muß daher restriktiv ausgelegt werden. Auch der Sinn des § 12 IV VerschG ist allein der, dem in ihr genannten Personenkreis zu ermöglichen, eine Todeserklärung als solche zu erlangen, wenn ein berechtigtes Interesse daran besteht. Das Interesse, eine Todeserklärung zu erlangen, die f ü r den Antragsteller wegen des nach ihr vermuteten Todeszeitpunktes günstiger ist als die bereits vorliegende ausländische, ist kein berechtigtes Interesse. Berechtigte Interessen sind n u r solche, die mit der Rechtsordnung im Einklang stehen. Interessen sind nicht berechtigt, wenn sie dazu führen, daß es zu zwei verschiedenen Todeserklärungen kommt, die zu einer Verwirrung hinsichtlich der Erbfolge und der Rechtsbeziehungen des f ü r tot Erklärten führen, die gerade vermieden werden soll. Art. 2 § 1 IV lit. b VerschÄndG kann gleichfalls nur den Sinn haben, dem in der Bundesrepublik ansässigen Antragsberechtigten zu ermöglichen, überhaupt eine Todeserklärung zu erlangen. Sein Zweck ist es nicht, diesem Antragsberechtigten die Möglichkeit zu verschaffen, an die Stelle einer bereits vorliegenden in der Bundesrepublik anerkannten ausländischen Todeserklärung eine andere von einem deutschen Gericht erlassene zu setzen, weil sie in ihren Auswirkungen f ü r den Antragsteller günstiger ist. Es besteht kein berechtigter Anlaß, den in dieser Bestimmung genannten Personenkreis in dieser Weise zu begünstigen, zumal dadurch verwirrte und unlösbare Rechtslagen entstehen könnten, wenn andere nahe Angehörige im Ausland ansässig sind und wenn f ü r sie die ausländische Todeserklärung maßgebend ist. Da nach deutschem IPR f ü r das Recht der Todeserklärung grundsätzlich das Personalstatut bestimmend ist und der deutsche Gesetzgeber n u r ausnahmsweise und aus ganz bestimmten Gründen hiervon Ausnahmen gemacht hat und da es ein Hauptanliegen des IPR sein muß, Konflikte bei der Gestaltung der Rechtsverhältnisse, bei denen verschiedene Anknüpfungspunkte möglich sind, auszuräumen oder doch möglichst zu begrenzen, kann beim Vorliegen von miteinander konkurrierenden ausländischen und deutschen Todeserklärungen der letzteren nicht ausnahmslos der Vorrang eingeräumt werden. Die Ansicht von Raape (Staudinger-Raape, Art. 9 EGBGB, S. 119 und IPR, 5. Aufl., 112 [gemeint ist 192 f.]), daß die ausländische Todeserklärung erst in dem Bereich anerkannt wird, in dem die Wirksamkeit der inländischen aufhört, ist mit dem geltenden Recht vereinbar. Sie ist in einer Zeit entstanden, als noch Art. 9 EGBGB galt, und die Möglichkeit konkurrierender Todeserklärungen nur gering war. Unter den heutigen Verhältnissen kann eine solche Konkurrenz in weit größerem Maße stattfinden. Um Rechtsverwirrungen soweit als möglich zu vermeiden,
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kann aus den oben angegebenen Gründen die inländische Todeserklärung n u r wirksam sein, soweit keine wirksame in Deutschland anerkannte ausländische Todeserklärung vorliegt. Dadurch wird ausgeschlossen, daß Antragsberechtigte die Möglichkeit, neben einer bereits bestehenden in Deutschland anerkannten Todeserklärung auch die eines deutschen Gerichts zu erlangen, ausnutzen, um sich dadurch materielle Vorteile zu verschaffen, sofern nach der deutschen Todeserklärung ein späterer Zeitpunkt des Todes vermutet wird, wie es die Kl. hier versucht haben. Die Klage ist im Januar 1961 erhoben worden. Damals lag nur die französische Todeserklärung vor. Die Parteien stritten zunächst allein darüber, ob der in der französischen Todeserklärung festgestellte Todestag f ü r die Berechnung der Entschädigung des Erblassers maßgebend sei oder ob hierfür gemäß § 180 BEG der 8. 5. 1945 als Todestag anzunehmen sei. Bei der klagenden Erbengemeinschaft handelt es sich um drei Miterben. Nur einer ist in der Bundesrepublik ansässig, die anderen wohnen in USA und Argentinien. Der in der Bundesrepublik ansässige Miterbe hat im Verlaufe des Verfahrens, gestützt auf Art. 2 § 1 IV b VerschÄndG, die Todeserklärung des Erblassers beantragt. Der Bechtsstreit ist bis zur Entscheidung über den schwebenden Antrag ausgesetzt worden. Am 12. 8. 1963 erging der Todeserklärungsbeschluß des AG Hamburg. Dieser wurde mit Ablauf des 23. 9. 1963 rechtskräftig. Daraufhin ist am 20. 12. 1963 das angefochtene Urteil zugunsten der Kl. ergangen. Es ist nicht der Sinn und Zweck des Art. 2 § 1 IV b VerschÄndG, in dieser Weise den Ausgang eines Bechtsstreits zu beeinflussen. Das Berufungsgericht meint, der von ihm vertretene Rechtsstandpunkt müsse besonders f ü r die Wiedergutmachungsgesetzgebung gelten. Damit soll gesagt sein, die Erben eines Verfolgten müßten die Möglichkeit haben, die Todeserklärung zur Grundlage ihrer Ansprüche zu machen, die f ü r sie am günstigsten ist. Das ist nicht richtig. Der Gedanke trifft schon nicht zu, wenn die Erbfolge verschieden ist, je nachdem, von welchem Todeszeitpunkt ausgegangen wird. Es ist gewiß nicht der Zweck des Gesetzes, daß die jeweiligen Erben mit den verschiedenen Möglichkeiten einer Todeserklärung ihre Ansprüche sollen manipulieren können. Aus der Regelung, wie sie in § 180 BEG getroffen ist, ergibt sich das Gegenteil. Auch da, wo der Todeszeitpunkt f ü r die Rechte aus dem Entschädigungsgesetz bedeutsam ist und nicht bewiesen werden kann, soll grundsätzlich die f ü r das sonstige Recht maßgebende Regelung der Verschollenheitsgesetzgebung eingreifen. Wenn der Gesetzgeber die Erben des Verfolgten hätte begünstigen wollen, hätte es nahegelegen, allgemein anzuordnen, daß der Tod eines Verschollenen als am 8. 5. 1945 eingetreten vermutet werde, falls nicht in einer Todeserklärung ein späterer Zeitpunkt des Todes festgestellt worden ist. Da sonach entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht die Todeserklärung des AG Hamburg f ü r die Berechnung der von dem Kl. begehrten Entschädigungsleistungen maßgebend ist, muß das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Der Bechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses Gericht noch prüfen kann, ob die nach der franzö-
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sischen Todeserklärung bestehende Vermutung, daß der Tod des Erblassers am 29. 7. 1942 eingetreten ist, widerlegbar ist und widerlegt worden ist. Das Berufungsgericht müßte dann unter Umständen auf Grund der von ihm anzustellenden Ermittlungen selbst feststellen, in welchem Zeitpunkt der Tod des Erblassers eingetreten ist." 10. Im Bereich des § 12 II VerschG und des Art. U REAO ist das Heimatrecht des Erblassers nur mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Erblasser zu dem in der Todeserklärung festgesetzten Zeitpunkt vermutlich gestorben ist. Soweit die Vorschriften des Heimatrechts, wie z. B. das Recht der Sowjetunion, den Erbgang erst mit der Rechtskraft der Todeserklärung eröffnen und als Zeitpunkt für das Erleben des Erbfalls durch den zur Erbschaft Berufenen die Rechtskraft der Todeserklärung bestimmen, kommen sie infolge der Anwendung des § 12 II VerschG bzw. des Art. A4- REAO nicht zum Zuge. Die völkerrechtliche Anerkennung oder Nichtanerkennung der sowjetischen Annexion Lettlands durch die Bundesrepublik Deutschland ist für die kollisionsrechtliche Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit zur Ermittlung des Erbstatuts unerheblich. KG, Beschl. vom 4. 5. 1965 - 14 W 715/60: FamRZ 1966, 210 mit Anm. Dierk Müller; DRspr. I (180) 60 b. Die ASt. begehren rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz für eine ihrer Tochter R. M. geb. B. im Jahre 1936 gegebene Aussteuer, die nach Vortrag der ASt. im Jahre 1941 in Riga (Lettland) von Organen des Deutschen Reiches beschlagnahmt worden ist. Die in St. in Pommern geborene Verfolgte R. M. hat im Jahre 1936 den in Dünaburg geborenen Kaufmann A. M. aus Riga geheiratet und ihren Wohnsitz in Riga gehabt. Im Herbst des Jahres 1941 ist sie mit ihrem Ehemann und ihrem minderjährigen Sohn V. von den deutschen Behörden in das Ghetto von Riga eingewiesen worden. Das AG Schöneberg hat durch Beschluß vom 17. 8. 1951 gemäß § 12 II VerschG die Ehefrau R. M., den Kaufmann A. M. und deren Sohn V. M. f ü r tot erklärt und den Zeitpunkt des Todes einheitlich auf den 31. 12. 1941 festgestellt. Das LG hat das Erbrecht der ASt. nach ihrer Tochter durch Erbschein des AG Schöneberg vom 15. 3. 1952 für nachgewiesen erklärt. Auf Grund der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen K., aus der der Senat ersah, daß die Ehefrau R. M. mit dem Kinde V. schon im Dezember 1941 umgebracht wurde, der Ehemann aber als Arbeitsfähiger zunächst in ein Arbeitslager verbracht worden war, hat der Senat nach dem Leben der Eheleute R. und A. M., besonders nach einem Überleben des Ehemannes, geforscht und Auskünfte ermittelt, nach denen der Ehemann A. M. noch im November 1942 gelebt hat, während Frau und Kind ermordet wurden. Aus den Gründen: „Unter Berücksichtigung der bisher bekannten Tatsachen stellt sich die Erbfolge nach R. M. wie folgt dar: 1. In dem Beschluß vom 17. 8. 1951 hat das AG Schöneberg unzutreffend
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den Zeitpunkt des Todes der Eheleute M. und ihres Sohnes einheitlich auf den 31. 12. 1941 festgestellt. a) Die Vermutung, daß R. M. und V. M. gleichzeitig am 31. 12. 1941 verstorben sind, ist allerdings nicht w i d e r l e g t . . . b) Dagegen ist die Vermutung des gleichen Todeszeitpunktes f ü r A. M. w i d e r l e g t . . . Deshalb greift f ü r seinen Todeszeitpunkt die auch nach § 7 a II Satz 2 BRüG maßgebende Vermutung des Art. 44 REAO ein; danach ist sein Tod auf den 8. 5. 1945 zu vermuten . . . 2. Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit richten sich auf Grund des Personalstatuts entsprechend Art. 7 EGBGB nach dem Heimatrecht, also auch grundsätzlich die Todeserklärung f ü r das Ende der Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person (vgl. z.B. Palandt, [BGB] zu Art. 7 EGBGB Anh. Anm. 1). a) Die in dem Abschnitt Zwischenstaatliches Recht' stehende Bestimmung des § 12 II VerschG durchbricht aber als die spezielle Gesetzesvorschrift f ü r die im Inland belegenen rückerstattungsrechtlichen Schadensersatzansprüche gegen das Deutsche Reich die Verweisung auf das Heimatrecht, indem sie nach allgemeiner Ansicht auf die Todeserklärung und deren Wirkungen die deutschen Gesetze f ü r anwendbar erklärt, so daß das Heimatrecht überhaupt außer Betracht bleibt (Arnold, [Verschollenheitsrecht] § 12 VerschG Anm. 10, 17; Schubart-Völker, [Verschollenheitsrecht] § 12 VerschG Randz. 12; Vogel, [Verschollenheitsrecht] § 12 VerschG Randz. 10; Staudinger-Raape, [BGB] Art. 9 EGBGB Anm. C I 2; Palandt, § 12 VerschG Anm. 4 a; Soergel-Kegel, [BGB] Art. 7 Randz. 5, vor Art. 24 Randz. 10; OLG München, RzW 1965, 62 [65] Die Auswirkung dieser Ausnahmevorschrift ist begrenzt auf die an die Rechtsfähigkeit geknüpften Rechtsfolgen, wie die Feststellung des Zeitpunktes der Berufung zur Erbfolge, der ebenso wie die Voraussetzungen f ü r die Berufung zur Erbfolge und f ü r den Erbantritt grundsätzlich durch das Erbstatut bestimmt wird (vgl. Palandt, Art. 24 EGBGB Anm. 3; Soergel-Kegel, vor Art. 24 Randz. 5 f.). Unter dem Gesichtspunkt des nach § 12 II VerschG maßgebenden Wirkungsstatuts (deutsches Recht) und unter dem Gesichtspunkt des Erbstatuts (Heimatrecht) kann die Beurteilung zu verschiedenen Rechtsfolgen führen. Die dabei auftretenden Widersprüche sind nach dem Zweck der Kollisionsnorm in Einklang zu bringen. Der Zweck der Ausnahmevorschrift des § 12 II VerschG ist es, Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit des Trägers der im deutschen Inland belegenen Vermögensrechte nach dem deutschen Recht zu bestimmen, d. h. f ü r die Todesvermutung den Maßstab der größten Wahrscheinlichkeit des Todeszeitpunktes anzulegen. Das Heimatrecht des Erblassers ist also in diesem Geltungbereich des § 12 II VerschG nur mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Erblasser zu dem mit der Todeserklärung festgesetzten Zeitpunkt vermutlich gestorben ist. Soweit die Vorschriften des Heimatrechtes — so das Recht der Sowjetunion und wahrscheinlich auch das ZGB der Republik Lettland - den Erbgang erst mit der Rechtskraft der Todeserklärung eröffnen und als Zeitpunkt 1
Siehe unten Nr. 166.
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f ü r das Erleben des Erbfalls durch den zur Erbschaft Berufenen die Rechtskraft der Todeserklärung bestimmen, kommen sie infolge der Anwendung des § 12 II VerschG insoweit nicht zum Zuge, wie noch unten anzuführen ist . . . b) Soweit nach den Ausführungen zu 1 b f ü r die Todesvermutung und die entsprechende Lebensvermutung des Ehemannes A. M. anstelle der Vorschrift des § 12 II VerschG Art. 44 REAO eingreift, ist die Verweisung auf das Heimatrecht der Erblasserin f ü r den Zeitpunkt des Erlebens des Erbfalls durch den Ehemann in gleicher Weise eingeschränkt wie im Falle des § 12 II VerschG. Art. 44 REAO gilt f ü r das Rückerstattungsrecht, das nach dem d a f ü r geltenden Kollisionsrecht, insbesondere dem hier einschlägigen § 5 BRüG, auf den Geltungsbereich der REAO, also auf das Inland i. S. des § 12 II VerschG bezogen ist und ebenfalls f ü r die Feststellung des Todeszeitpunktes den Maßstab der größeren Wahrscheinlichkeit anlegt. Nach dem beispielhaften Hinweis von Art. 44 Satz 3 REAO auf § 40 TestG ersetzt diese Vermutung f ü r die TestamentseröfTnung den Nachweis des Todes; nach dem neuen § 7a BRüG bindet die durch die Rückerstattungsvorschriften statuierte Todesvermutung den Erbscheinsrichter bei Erteilung des Erbscheins. ORG Berlin in A/2854 vom 10. 4. 1964 wendet Art. 44 REAO ausdrücklich - wenn auch ohne nähere Begründung - auf alle Verfolgten an, ohne Rücksicht auf ihren letzten Wohnsitz oder auf ihre Staatsangehörigkeit. Es schaltet also bei der Anwendung des Art. 44 REAO Heimatrecht ebenso wie Domizilrecht des Erblassers aus. 3. Die Erblasserin R. M. wird unter Zugrundelegung des für den 31. 12. 1941 vermuteten Todeszeitpunktes gemäß deutschem IPR (Art. 24, 25 EGBGB ) durch Anknüpfung an ihre Staatsangehörigkeit nach ihrem Heimatrecht beerbt. a) Die Erblasserin war zwar von Geburt deutsche Staatsangehörige, aber nicht mehr zur Zeit ihres Erbfalls. Durch Heirat mit A. M. im Jahre 1936 hatte sie die deutsche Staatsangehörigkeit verloren ( § 1 7 Nr. 6 RuStAG) und die lettische Staatsangehörigkeit erworben, denn A. M. war lettischer Staatsangehöriger... b) Die Erblasserin, die bis zu ihrer Verschollenheit in Lettland (Riga) ansässig war und sich bis zu ihrem vermuteten Tode, der gerade aus ihrem Aufenthalt in Lettland während der deutschen Okkupation folgt, vermutlich dort befunden hat, war infolge der Annexion Lettlands durch die Sowjetunion im Jahre 1940 einem Staatsangehörigkeitswechsel unterworfen, der allerdings während der deutschen Okkupation, während der sie nach der unwiderlegten Todesvermutung verstarb, tatsächlich unbeachtet blieb. Ob diese sowjetische Annexion und auch die deutsche Okkupation oder aber die Fortdauer der sowjetischen Annexion während der deutschen Okkupation völkerrechtlich — insbesondere von dem Alliierten Gesetzgeber der REAO oder der Bundesrepublik Deutschland - anerkannt worden ist oder nicht, hält der Senat f ü r die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit zur Ermittlung des anzuwendenden Heimatrechts der Erblasserin in einem Fall der vorliegenden Art mit der in der Literatur herrschenden Meinung
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f ü r unerheblich. Die k r a f t ihrer Staatsangehörigkeit einem Staatsgebiet zugehörigen Personen bleiben dem auf diesem Gebiet herrschenden Privatrecht in allen seinen Veränderungen unterworfen, auch wenn die Veränderungen auf diesem Gebiet von Staatsgewalten gesetzt wurden, die ohne völkerrechtliche Anerkennung die Herrschaft über das Staatsgebiet erlangt haben. Dies gilt jedenfalls — im wesentlichen unbestritten — f ü r die auf einem Staatsgebiet ansässigen Personen, die infolge der normativen Kraft des Faktischen dem auf dem Staatsgebiet unabhängig von der völkerrechtlichen Anerkennung herrschenden Gesetzgeber gewaltunterworfen sind, wenn diese Herrschaft und ihre Gesetzgebung auf Dauer angelegt ist und zu dem f ü r die Rechtsanwendung maßgeblichen Zeitpunkt besteht. Die Ank n ü p f u n g an die Staatsangehörigkeit zum Zwecke der Verweisung auf das ,Heimat'-Recht, das in dem auf die Staatsangehörigkeit bezogenen Staatsgebiet gilt, bindet k r a f t der objektiven Regeln des IPR nach den Ordnungsprinzipien, die der sinnvollen Anwendung des Privatrechts auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse in den verschiedenen Staatsgebieten dienen, auch an alle Veränderungen dieses Heimatrechts unter Berücksichtigung seiner intertemporalen Rechtsregeln. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Privatrechtsordnung von einem auf dem Staatsgebiet des Heimatrechts unverändert herrschenden Gesetzgeber oder von einem neuen ohne völkerrechtliche Anerkennung, sei es durch Gebietswechsel wie Annexion, sei es durch Regimewechsel, wie Änderung der Staatsverfassung, zur Herrschaft gelangten Gesetzgeber vollzogen und durchgesetzt ist. Denn die völkerrechtliche Anerkennung als Akt politischer Entscheidungen hat andere Grundlagen als die Anwendung der objektiven Regeln des I P R ; sie dient dem völkerrechtlichen Zusammenleben und nicht der Regelung privatrechtlicher Beziehungen von Einzelpersonen. Die Feststellung der Staatsangehörigkeit, welche die Anknüpfung an das Heimatrecht herstellt, ist somit nicht Selbstzweck, sondern n u r Mittel zur Feststellung des sich nach eigenständigen Grundsätzen entwickelnden Heimatprivatrechts und k a n n d a r u m nicht von der völkerrechtlichen Anerkennung abhängig sein, die sich nach den Grundsätzen politischer Zweckmäßigkeit r i c h t e t . . . c) Die E i n f ü h r u n g des Zivilrechts der Sowjetunion in dem von ihr annektierten Lettland war, auch wenn sie sich anfänglich nach dem Wortlaut des Dekrets vom 6. 11. 1940 als Provisorium ausgab, in Wirklichkeit auf die Dauer gerichtet und ist vor allem auf die Dauer durchgesetzt worden. Dies gilt jedenfalls f ü r eine Rechtsanwendung auf rechtserhebliche Zeitpunkte, die nach der Rückeroberung Lettlands durch die Sowjetunion liegen. Bis zur Rückeroberung Lettlands durch die Sowjetunion, bis Mitte Oktober des Jahres 1944, ist fraglich, ob das Recht der Sowjetunion durch das deutsche Okkupationsrecht seit dem Sommer 1941 verdrängt worden ist; denn die deutsche Besatzungsmacht hat im Sommer 1942 mit Rückwirkung ab 2. 7. 1941 das am 17. 6. 1940 in Geltung gewesene lettische Recht in Kraft gesetzt. In der Regel ist die Herrschaft des Okkupationsrechts entsprechend seinem Zweck auf die Dauer der Okkupation, also vorübergehend, angelegt u n d k a n n daher grundsätzlich kein Dauerrecht schaffen. Nach den
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eingehenden Ausführungen von Baade, JblntR 7, 56 sollte jedoch die Okkupation mit der Errichtung des Kommissariats Ostland die künftige Eingliederung der baltischen Länder in das Großdeutsche Reich vorbereiten. Wenn somit das Recht der Sowjetunion auf die Dauer ausgeschlossen sein sollte, so war das lettische Recht nur f ü r eine Vorbereitungszeit wieder eingeführt. Da diese Vorbereitungen schon nach kurzer Zeit, als die deutschen Truppen im Laufe des Jahres 1943 aus dem Gebiet der Sowjetunion zurückzuweichen begannen, hinfällig wurden, wird man solchem Okkupationsrecht kaum normative Kraft f ü r die Beerbung jüdischer Nachlässe beimessen können, zumal deren Erbantritt und Abwicklung in dieser Zwischenzeit überhaupt nicht von den berufenen Erben begonnen werden konnte... 4. Nach dem Ende der deutschen Okkupation trat nach den Darlegungen zu 3 b in Lettland das Zivilrecht der RSFSR (ZGB der RSFSR = Zivilkodex: ZK) auf jeden Fall f ü r die dort Gewaltunterworfenen in tatsächliche Geltung. Das sowjetische Recht nimmt eine Verweisung gemäß deutschem IPR (Art. 24, 25 EGBGB unter der Einschränkung durch § 12 II VerschG, Art. 44 REAO) an, verweist also nicht zurück, da es an den letzten Wohnsitz der Erblasserin, also Riga, anknüpft. a) . . . b) . . . Die Regeln des Verschollenheitsrechts der Sowjetunion, welche die Wirkung der Todeserklärung infolge Verschollenheit, also das Ende der Rechtsfähigkeit der natürlichen Personen, nicht nach dem Maßstab der größten Wahrscheinlichkeit auf einen vermuteten Todeszeitpunkt zurückbeziehen, sondern sie erst mit der Rechtskraft der Todeserklärung eintreten lassen (vgl. Plenarbeschluß des Obersten Gerichts der UdSSR vom 10. 4. 1957 Nr. 1 bei Ferid-Firsching, Texte B 3 d), bleiben, auch wenn sie auf ausländische Todeserklärungen, die hier nicht vorliegen, angewendet werden sollten (so Ferid-Firsching, UdSSR Grundzüge S. 57 Fußn. 2 Abs. 2), infolge des Eingreifens des § 12 II VerschG f ü r die deutsche Todeserklärung der Erblasserin und infolge des Art. 44 REAO f ü r den Tod des zur Erbschaft berufenen Ehemannes außer Betracht. Auch Ferid-Firsching (UdSSR aaO Fußn. 2 Abs. 4) räumen ein, daß die grob mechanische Wirkung der Todeserklärung nach Sowjetrecht auf den Zeitpunkt ihrer Rechtskraft der Modifizierung bedarf. Jedenfalls schließt der nicht bloß das deutsche Verschollenheitsrecht, sondern auch die Regel des Art. 44 REAO beherrschende Maßstab der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit eine nach Geschicklichkeit oder Willkür der Beteiligten manipulierbare Rechtskraft staatlicher Todeserklärungen, wie sie bei entsprechenden Verzögerungs- oder Beschleunigungsmaßnahmen der Beteiligten unter der Anwendung der sowjetrechtlichen Grundzüge über die auf die Rechtskraft abgestellte Wirkung der Todeserklärung möglich ist, sowohl f ü r die eine wie f ü r die andere Person konkurrierender Erbschaftsbewerber aus. c) Nun ist, da nach dem hierfür maßgeblichen deutschen Recht die Rechtsfähigkeit der Erblasserin mit dem als dem wahrscheinlichsten fest-
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gestellten Todeszeitpunkt beendet ist, die Eröffnung des Erbganges, für die das sowjetische Recht maßgebend ist, mit der durch das deutsche Verschollenheitsrecht bestimmten Modifikation des maßgeblichen Todeszeitpunktes zu beurteilen. Denn auch das sowjetische Recht stellt die Eröffnung des Erbganges auf das Ende der Rechtsfähigkeit des Erblassers ab, und zwar auf den nachgewiesenen Tod des Erblassers oder bei nachgewiesenem Tod, aber unbestimmtem Todeszeitpunkt, auf den durch Richterspruch bestimmten Todeszeitpunkt, und nur bei Verschollenen, weil es für den vermuteten Tod eines Verschollenen im Wege der Todeserklärung zu keiner Feststellung eines bestimmten Todeszeitpunktes kommt, auf das durch die Rechtskraft des Todeserklärungsbeschlusses bestimmte Ende der Rechtsfähigkeit des Erblassers (vgl. auch Ferid-Firsching, Grundzüge S. 56, 57). Nach deutschem Kollisionsrecht ergänzt das differenzierende deutsche Verschollenheitsrecht das sowjetische und muß, um beide Rechte in Einklang zu bringen, dazu führen, daß für die Eröffnung des Erbgangs nach sowjetischem Recht der in der Todeserklärung des deutschen Gerichts für das Inlandsvermögen festgesetzte Todeszeitpunkt als das von dem maßgeblichen deutschen Recht bestimmte Ende der Rechtsfähigkeit der Erblasserin zu gelten hat. Unter dem gleichen rechtlichen Gesichtspunkt ist auch das Ende des Ehemannes M. gemäß der Todesvermutung nach Art. 44 REAO dahin zu beurteilen, daß er bis zum 8. 5. 1945 gelebt, also die Eröffnung der Erbschaft zum 31. 12. 1941 erlebt hat. Die rechtlichen Folgen des verhältnismäßig langen Überlebens des Ehemannes, also seine Berufung als gesetzlicher Erbe zu dem bereits am 31. 12. 1941 eröffneten Erbgang der Erbschaft seiner Ehefrau, lassen sich auch mit Billigkeitserwägungen nicht ausschließen, wie sie die höchstrichterliche sowjetische Rechtsprechung in Fällen kurz aufeinanderfolgender Tode von Ehegatten zuläßt, wenn z. B. beide Ehegatten durch einen Unfall ums Leben gekommen sind, dabei aber der Ehemann die Ehefrau nur um zwei Tage überlebt hat. Wenn das Gericht in solchem Fall die rechtliche Auswirkung eines blinden Zufalls in den Folgen des gemeinsamen konkreten Unglückes der Ehegatten als ,in grober Weise formal und unbillig' beurteilt und deshalb den Nachlaß der Ehefrau nicht von den Verwandten des unmittelbar nachverstorbenen Ehemannes, sondern von denen der Ehefrau beerben läßt, so kann solche Beurteilung im vorliegenden Falle nicht Platz greifen. Denn der Ehemann hat die Ehefrau sicher um mindestens 10 Monate überlebt. Vor allem teilte sich das Schicksal der Ehegatten mit der Auswahl der Ehefrau und ihres Kindes zur Vernichtung und des Ehemannes zur Zwangsarbeit; während es vor der Vernichtungsaktion praktisch kein Entrinnen gab, bot die Zwangsarbeit noch eine geringe Aussicht auf ein Überleben, wie es das Schicksal des Leidensgenossen des Ehemannes, des Zeugen K., zeigt. Mit Billigkeitserwägungen läßt sich also im vorliegenden Falle das Erbrecht des nachverstorbenen Ehegatten und seiner Erben nicht ausschließen. Wenn es bei dem festgestellten Vorrang des deutschen Verschollenheitsrechtes vor dem sowjetischen für die daraus herzuleitenden Rechtsfolgen überhaupt noch auf Billigkeitserwägungen ankäme, so 3
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würde eine Manipulierung der Wirkung der Todeserklärungen mit dem Ziele, die Berufung des Ehegatten zum gesetzlichen Erben der Ehefrau auszuschließen, zehn Jahre (!) nach dem Tode der Erblasserin keineswegs als recht und billig angesehen werden können. Der durch § 12 II VerschG statuierte Vorrang des deutschen Rechts f ü r die Wirkung der Todeserklärung vor dem sowjetischen Verschollenheitsrecht über die Wirkung einer hier nicht vorhandenen sowjetischen Todeserklärung kann auch nicht durch den Hinweis beseitigt werden, daß mit der Aufschiebung der Erbschaftseröffnung bis zur Rechtskraft der Todeserklärung nach sowjetischem Recht auch die Annahme- und Ausschlagungsfristen entsprechend aufgeschoben sind, da sie mit der Erbschaftseröffnung ohne Rücksicht auf die Kenntnis des berufenen Erben vom Erbfall beginnen. Solcher Hinweis zwingt nicht zu dem Schluß, daß wegen einer etwa notwendigen Aufschiebung der Annahme- und Ausschlagungsfristen auch die Erbschaftseröffnung aufgeschoben und damit der Kreis der zur Erbschaft berufenen Erben wesentlich verschoben wird. Solcher Schluß würde Ursache und Folge umkehren. Das Primäre und Wesentliche der Erbfolge ist die Bestimmung der berufenen Erben, die sich auch im sowjetischen Recht nach der insoweit dem Erbfall des deutschen Rechtes entsprechenden Erbschaftseröffnung richtet. Hieran muß sich für die berufenen Erben die Bestimmung der Ausschlagungs- und Annahmefristen sinngemäß anpassen. Im deutschen Recht, nach dessen maßgeblichem Verschollenheitsrecht die Todeserklärung mit ihrer Rechtskraft auf den festgestellten wahrscheinlichsten Todeszeitpunkt zurückwirkt, bildet diese nachträgliche mittelbare Feststellung des Zeitpunktes des Erbfalles und der darauf bezüglichen Erbenberufung f ü r den Beginn der Ausschlagungsfrist gemäß § 1944 BGB kein Problem, da die Frist erst mit der Kenntnis des Erben von dem Erbfall zu laufen beginnt. F ü r das im vorliegenden Fall anzuwendende materielle sowjetische Erbrecht entsteht dagegen eine Diskrepanz dadurch, daß im Gegensatz zum deutschen Recht die Ausschlagungs- oder Annahmefrist ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Erben von der Erbschaftseröffnung läuft, in der Regel also auch den Beginn der Ausschlagungs- oder Annahmefrist in Lauf setzt, auf die sich ein Erbe vor einer Todeserklärung eines Verschollenen unmöglich einrichten kann. d) Die Vorverlegung der Eröffnung des Erbganges auf den nach deutschem Recht bestimmten vermutlichen Todeszeitpunkt muß daher in entgegengesetzem Sinn zu einer Modifikation des Beginns der Fristen für die Erbschaftsannahme und -ausschlagung führen ... Diese Fristen sind Ausschlußfristen f ü r die Ausschlagung der Erbschaft durch den anwesenden Erben und f ü r die sonst mit Fristablauf eintretende Fiktion der Annahme durch den anwesenden oder f ü r die Annahme durch den abwesenden Erben. Nach ihrer zweckentsprechenden inneren Folgerichtigkeit kann solche Ausschlußfrist nicht beginnen, bevor das sie in Lauf setzende Ereignis, nämlich die f ü r die Eröffnung des Erbganges maßgebende richterliche Festsetzung des Todeszeitpunktes der Erblasserin, ein-
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getreten ist; sonst würden die befristeten Handlungen - Ausschlagung des anwesenden Erben bzw. Annahme des abwesenden Erben - schon vor dem logisch möglichen Bestehen der Frist ausgeschlossen sein. Die Wirkung der Todeserklärung, auch die Rückwirkung der Todesvermutung auf den festgesetzten Todeszeitpunkt, tritt nach dem maßgeblichen § 29 II VerschG in Verbindung mit § § 24, 26 VerschG mit der Rechtskraft des sie aussprechenden Beschlusses ein, der im vorliegenden Fall am 21. 9. 1951 bekanntgemacht und am 21. 10. 1951 rechtskräftig geworden ist." 11. Die Todeserklärung einer deutschen Staatsangehörigen nach niederländischem Recht kann in Deutschland nicht anerkannt werden. Sie kann die in § 180 I Bundesentschädigungsgesetz aufgestellte Vermutung daher auch nicht entkräften. LG Hamburg, Urt. vom 23. 7. 1965 - 81 O (Entsch.) 90/65: RzW 1966, 274. Die Kl. sind laut Erbschein des AG Hamburg vom 5. 11. 1957 Erben nach der am 3. 5. 1883 in Borzikowo/Posen geborenen und als am 8. 5. 1945 verstorben geltenden Deutschen D. H. Die Erblasserin lebte, nachdem ihre Auswanderung aus Hamburg nach den USA mangels Einreisevisum gescheitert war, seit 1939 in Holland, und zwar zuletzt in Amsterdam. Am 3. 9. 1942 wurde sie in das Konzentrationslager Westerbork und einen Tag später nach Auschwitz verbracht. Nach einer Bescheinigung des Internationalen Roten Kreuzes vom 20. 12. 1956 liegt eine Todesnachricht vor. Eine Bescheinigung des niederländischen Roten Kreuzes vom 3. 9.1955 lautet wie folgt: „Unterzeichneter, Direktor des .Informatiebureau van het Nederlandsche Roode Kruis', bestätigt hierdurch, daß laut in den Archiven seines Büros befindlichen Unterlagen H., geborene C., D. geboren: 3. 5. 1883 in Borzykowo - letzter Wohnsitz: Amsterdam - aus rassischen Gründen, und zwar wegen jüdischer Abstammung am 3. 9. 1942 ins K. L. Westerbork (Holland) eingeliefert und am 4. 9. 1942 vom K. L. Westerbork nach K. L. Auschwitz deportiert wurde. Obengenannte Person gilt als gestorben am 7. 9. 1942 in Auschwitz. Am 22. 2. 1951 ist beim Standesamt in Amsterdam laut Bekanntgabe im niederländischen Staatsanzeiger gleichen Datums von der zuständigen amtlichen Kommission Anzeige gemacht worden vom Ableben der in dieser Bescheinigung erwähnten Person. Sobald die gesetzlich vorgeschriebene dreimonatliche Frist von diesem Datum an gerechnet verstrichen ist, erfolgt, Einspruch vorbehalten, die Ausstellung der Sterbeurkunde und sind beglaubigte Abschriften beim obenerwähnten Standesamt erhältlich." Die Kl. haben eine Entschädigung wegen Berufsschadens nach der Erblasserin geltend gemacht. Aus den Gründen: „Hinsichtlich der Schadenszeit berufen sich die Klägerinnen mit Recht auf die Todesvermutung des § 180 I BEG, wonach bei einem Verfolgten, der seinen letzten bekannten Aufenthalt in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet gehabt hat und dessen Aufenthalt seit dem 8. 5. 1945 unbekannt ist, vermutet wird, daß er am 8. 5. 1945 verstorben ist, es sei denn, daß nach dem VerschG oder nach anderen Rechtsvorschriften bereits ein anderer Zeitpunkt des Todes festgestellt worden ist. 3*
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Im vorliegenden Fall ist bereits im Erbschein des AG Hamburg vom 5. 11. 1957 zutreffend als Todestag der Erblasserin der 8. 5. 1945 zugrunde gelegt worden. Eine anderweitige nach deutschem Recht bindende Feststellung des Todeszeitpunktes nach anderen Rechtsvorschriften ist bisher nicht erfolgt. Insbesondere kann die Bescheinigung des niederländischen Roten Kreuzes vom 3. 9. 1955 nicht als Todeserklärung angesehen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. vom 9. 11. 1960, RzW 1961, 133 Nr. 30) 1 sind als Rechtsvorschriften im Sinne des § 180 BEG alle solchen Vorschriften anzusehen, auf Grund deren die Feststellung des Zeitpunktes eines Todes in Deutschland anzuerkennen ist. Daß die Bescheinigung des niederländischen Roten Kreuzes selbst keine Todeserklärung im Sinne dieser Vorschriften darstellt, bedarf keiner näheren Erörterung. Nun könnte allerdings der letzte Absatz dieser Bescheinigung darauf hindeuten, daß bei dem Standesbeamten in Amsterdam ein vereinfachtes Todeserklärungsverfahren entsprechend den Vorschriften der Art. 2, 5 und 8 des niederländischen Gesetzes vom 2. 6. 1949 stattgefunden hat. Ob das hier tatsächlich der Fall gewesen ist, kann jedoch dahingestellt bleiben, da eine Todeserklärung der Erblasserin nach niederländischem Recht in Deutschland nicht anerkannt werden kann. Zwar sind unter ,anderen Rechtsvorschriften' im Sinne des § 180 I BEG nicht n u r deutsche, sondern auch ausländische Rechtsvorschriften zu verstehen. Dies jedoch n u r dann, wenn die Todeserklärung des Verschollenen nach dessen Heimatrecht erfolgt ist; denn dieses Recht ist f ü r die Todeserklärung maßgebend (vgl. BGH, RzW 1961, 133 1 und die dort Zitierten; Palandt-Lauterbach, [BGB] 24. Aufl., Anm. 2 zu Art. 12 VerschG). Da die Erblasserin bis zu ihrem Tode ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht rechtswirksam verloren hat, wäre eine Todeserklärung nach niederländischem Recht f ü r das erkennende Gericht niemals bindend."
3. Namens- und Adelsrecht Siehe auch Nr. 93, 94, 95, 96, 97, 98, 100, 101, 102, 120, 308 OVG Münster, Urt. vom 21. 7. 1964 - II A 387/64: OVGE Münster und Lüneburg 20, 153; DVB1. 1965,168; StAZ 1965, 132 wird in diesem Band im Hinblick auf die Revisionsentscheidung des BVerwG vom 25. 2. 1966 - BVerwG VII C 150/64 (BVerwGE 23, 308; StAZ 1966, 256) nicht abgedruckt.
1 2 . Auch diejenigen, die gegen das bolschewistische Regime kämpften, aber zur Zeit des sowjetrussischen Dekrets über die Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen vom 10.123. November 1917 noch die russische Staatsangehörigkeit besaßen, haben das Adelsprädikat zu diesem Zeitpunkt verloren und sind nicht berechtigt, es in Deutschland zu führen. 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 63.
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II./3. Natürliche und juristische Personen, Gesellschaften
Das Dekret EGBGB.
vom 10.123. November
1917 verstößt
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nicht gegen Art. 30
LG Mannheim, Beschl. vom 29. 6. 1964 - 4 T 54/63: StAZ 1964, 330. Die Beschwf. ist die Witwe des am 30. 5. 1960 in F ./Pfalz verstorbenen staatenlosen Kaufmanns, ehemals russischer Staatsangehörigkeit, Fedor von D. Von diesem leitet die Beschwf. durch Eheschließung ihren Namen her. Er wurde am 17. 7. 1884 in Leningrad als Sohn einer Familie deutscher Abstammung und russischer Nationalität geboren. Der im Jahre 1768 in Frankfurt/Oder geborene Urgroßvater des Verstorbenen war 1804 in russische Staatsdienste getreten; seinem Sohn, Hofrat Karl Friedrich von D., dem Großvater des Verstorbenen Fedor von D., wurde als russischem Staatsbürger am 16. 7. 1843 von Zar Nikolaus I. der erbliche russische Dienstadel verliehen mit der Berechtigung, sich „von D." zu nennen. Fedor von D. wurde im Kaiserlichen Pagenkorps erzogen und war später Kammerpage und Offizier. Sämtliche noch aus dieser Zeit vorhandenen Urkunden enthalten alle den Namen „Fedor von D.". Er kämpfte während der Oktoberrevolution gegen die Bolschewiken und befand sich zu keinem Zeitpunkt in dem von ihnen besetzten Gebiet Rußlands. Es gelang ihm schließlich, aus dem noch unbesetzten Odessa mit Hilfe der Engländer zu fliehen. Am 24. 11. 1919 reiste er mit gültigem Paß und Genehmigung des Auswärtigen Amtes in Berlin über Basel nach Deutschland ein. Bis zu seinem Tode im Jahre 1960 lebte er unter dem Namen „Fedor von D." in Deutschland. Bei seiner am 18. 12. 1937 in Mannheim erfolgten Eheschließung wurde sein Name als „von D." eingetragen. Dementsprechend wurde auch bei der Beurkundung seines Sterbefalles und bei der Beurkundung der Geburt seines Sohnes von dem Standesbeamten in F. der Familienname „von D." zugrundegelegt. Auf Antrag des Rechtsamtes der Stadt M. als Aufsichtsbehörde über die Standesämter der Stadt M. hat das AG M. durch Beschluß vom 5. 4. 1963 angeordnet, daß die Eintragung Nr. 1991/1937 im Heiratsregister des Standesamtes M. durch Beischreibung folgenden Randvermerks zu berichtigen ist: „Auf Verfügung des AG M. vom 5. 4. 1963 wird berichtigend vermerkt, daß der Familienname ,von D.' richtig ,D.' zu lauten hat." Gegen diesen Beschluß hat Frau Ellinor von D. sofortige Beschwerde eingelegt. Aus den Gründen: „Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 49 PStG) sowie f o r m - u n d fristgerecht eingelegt (§ 22 FGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Der E h e m a n n der Beschwf., F e d o r von D., hat durch das russische Dekret vom 10.11.1917 das Recht verloren, ein Adelsprädikat zu f ü h r e n . 1. Bis z u r bolschewistischen Revolution im J a h r e 1917 w a r der Ehem a n n der Beschwf. unbestritten russischer Staatsbürger u n d berechtigt, das Adelsprädikat ,von' zu f ü h r e n . E r verlor jedoch später seine russische Staatsangehörigkeit. Dieser Verlust trat aber erst nach dem 10. 11. 1917 ein. a) F e d o r von D. h a t das Staatsgebiet der UdSSR nach d e r Oktoberrevolution verlassen. Z w a r hat er zu keinem Zeitpunkt u n t e r der Herrschaft des bolschewistischen Regimes gelebt, sondern vielmehr gegen die Bolschewiken g e k ä m p f t . Solche Personen, die das nachmalige Staatsgebiet d e r UdSSR nach d e r Oktoberrevolution verlassen u n d als Angehörige gegen-
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revolutionärer Truppenformationen gegen das Sowjetregime gekämpft haben, wurden zwar zu Feinden des Sowjetregimes erklärt. Ihre sowjetrussische Staatsangehörigkeit verloren sie jedoch erst durch die Dekrete vom 28. 10. und 18. 12. 1921 mit Geltung f ü r Großrußland und vom 28. 3. 1922 mit Geltung f ü r die Ukraine. Bis zum 15. 6. 1922 konnten die von diesen Dekreten Betroffenen bei den zuständigen Auslandsvertretungen der Sowjetrepubliken einen Antrag auf Wiederherstellung ihrer Rechte stellen. Wurde dieser Antrag nicht gestellt, so trat mit dem 15. 6. 1922 automatisch der Verlust der sowjetrussischen bzw. ukrainischen Staatsangehörigkeit ein. Da der verstorbene Fedor von D. einen solchen Antrag nicht gestellt hatte, verlor er erst mit dem 15. 6. 1922 seine russische Staatsangehörigkeit, und zwar trat dieser Verlust ex nunc ein (Meder, Das Staatsangehörigkeitsrecht der UdSSR und der baltischen Staaten, 19) und nicht ex tunc, wie die Beschwf. meint. b) Am 10. 11. 1917, im Zeitpunkt des Erlasses des sogenannten Abolitionsdekrets, war Fedor von D. also noch russischer Staatsangehöriger. Daß er sich nicht unter die Herrschaft der Sowjets stellte, ist hierfür ohne Bedeutung. Entscheidend ist allein, daß er das russische Staatsgebiet im Zeitpunkt der Oktoberrevolution noch nicht verlassen hatte. Da die Sowjets de iure und de facto die Nachfolge der zaristischen Regierung antraten, erlangten alle Angehörigen des Zarenreiches automatisch und ohne vorherige Registrierung die sowjetische Staatsangehörigkeit (Meder aaO 16). Es ist auch ohne Bedeutung f ü r diese Frage, daß der Verstorbene sich niemals im Herrschaftsbereich der Sowjets aufgehalten hat. Die Staatsangehörigkeit als personalbezogene Norm ist unabhängig vom Aufenthalt einer Person, sei diese nun im In- oder Ausland. Auch durch die Teilnahme an den gegenrevolutionären Kämpfen der sogenannten weißrussischen Armee hat Fedor von D. seine russische Staatsangehörigkeit nicht verloren. Er unterlag also vom sowjetischen Standpunkt den Wirkungen des Dekrets vom 10. 11. 1917. 2. Fedor von D. hat sein Adelsprädikat durch das Dekret vom 10. 11. 1917 verloren. a) Nach einer Stellungnahme des Deutschen Adelsarchivs vom 17. 6. 1961 an die Bezirksregierung der Pfalz haben die Vorfahren des Fedor von D. bei ihrer Auswanderung von Deutschland nach Rußland im Jahre 1804 kein deutsches Adelsprädikat mitgebracht. Die deutsche Linie der Familie wurde erst im Jahre 1858 in den preußischen Adelsstand erhoben. Die Verleihung des russischen erblichen Dienstadels an den Hofrat Karl D. erfolgte durch Zar Nikolaus I. am 16. 7. 1843. Diese in der Adelsurkunde zum Ausdruck kommende Verleihung stellt eine gewisse Besonderheit dar, da der russische Adel nach russischem Recht nicht die Befugnis zur Führung des Adelsprädikates „von" hatte und das russische Recht außer dem Grafen- und dem Fürstentitel n u r den untitulierten Adel kannte. Die russischen Behörden haben aber f r ü h e r die Urkunden russischer Adliger oftmals mit dem Prädikat „von" übersetzt, um
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II./3. Natürliche und juristische Personen, Gesellschaften
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es diesen zu ermöglichen, ihre Zugehörigkeit zum Adel in der in Deutschland üblichen Weise kenntlich zu machen (Neuffer, StAZ 1955, 92). b) Im übrigen ist es aber gar nicht entscheidend, worauf die Verleihung des Adelsprädikats zurückzuführen ist, ob also einer der Vorfahren des Fedor von D. das Adelsprädikat durch eine Entscheidung des russischen Zaren oder deutscher Behörden erhalten hat. Entscheidend ist allein, d a ß Fedor von D. im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Dekrets vom 10. 11. 1917 die russische Staatsangehörigkeit besaß. Die Fragen des Namensrechts richten sich nach IPR nach dem Heimatrecht einer Person ( N e u f f e r aaO). Ein Ausländer ist danach befugt, in Deutschland den Namen zu f ü h r e n , den er berechtigterweise in seinem Heimatstaat führte. Bis zum 15. 6. 1922 w a r f ü r Fedor von D. das russische Recht maßgebend, und vor diesem Zeitpunkt hatte er bereits durch das Dekret vom 10. 11. 1917 das Adelsprädikat ,von* verloren. Zwar nennt das Dekret ausdrücklich n u r den Grafen- u n d Fürstentitel, doch steht a u ß e r Zweifel, daß auch der untitulierte russische Adel davon erfaßt wurde. Als Fedor von D. im J a h r e 1919 nach Deutschland kam, besaß er die Berechtigung, sich ,von D.' zu nennen, bereits nicht mehr. c) Diesem Ergebnis steht die von der Beschwf. in Abschrift vorgelegte Entscheidung des LG Berlin vom 22. 11. 1954 (83 T 673/54) 1 nicht entgegen. Das LG Berlin hatte hinsichtlich eines Georg Baron W. sich ebenfalls auf den Standpunkt gestellt, daß das Dekret vom 10. 11. 1917 auch auf solche ehemalige russische Staatsangehörige Anwendung finde, die z u r Zeit seines Erlasses bereits das russische Staatsgebiet verlassen hatten u n d die am 10. 11. 1917 noch die russische Staatsangehörigkeit besaßen. Es hat lediglich einen deutschen Gewohnheitsrechtssatz angewandt, wonach die Adelstitel russischer Emigranten, .welche vor der russischen Gesetzgebung über die Adelstitel ausgewandert sind und damit zum Ausdruck gebracht haben, daß sie keine Sowjetbürger werden wollten, in Deutschland weiterhin anerkannt werden, und insoweit und aus diesem Grunde in Deutschland das Dekret vom 10. 11.1917 keine Anwendung findet.' Diese Voraussetzung ist hier jedoch nicht gegeben, da Fedor von D. unstreitig erst nach dem 10.11.1917 russisches Staatsgebiet verlassen hat. 3. Das Abolitionsdekret von 1917 verstößt auch nicht gegen die guten Sitten u n d den Zweck eines deutschen Gesetzes. Entgegen einem Rechtsgutachten von Prof. Dr. Maurach hat die Rechtsprechung (vgl. LG Hamburg, StAZ 1954, I I I 8 ; OVG Hamburg, StAZ 1958, 125 3 ) keine Bedenken gegen die Anerkennung dieses russischen Dekrets in Deutschland. Auch die Kammer ist der Ansicht, daß die Aberkennung eines Adelsprädikats kein nicht zu duldender Eingriff der öffentlichen Gewalt darstellt, zumal das Prädikat einst von der öffentlichen Gewalt — damals verkörpert durch ihren Souverän - verliehen worden ist. Im übrigen handelt es sich bei einem solchen Eingriff nicht u m einen Akt, der n u r mit bolschewistischen Anschauungen zu erklären ist, die mit den Ideen eines 1 3
IPRspr. 1954-1955 Nr. 10. IPRspr. 1954-1955 Nr. 5.
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IPRspr. 1952-1953 Nr. 15.
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freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaats unvereinbar sind. Z w a r wurden durch Art. 109 W e i m R V nur die Vorrechte des Adels a u f g e h o b e n u n d festgesetzt, daß Adelsbezeichnungen n u r als Teil des Namens, also als bürgerlicher Name, geführt w e r d e n dürfen. Andererseits w u r d e in der ehemaligen Republik Deutsch/Österreich durch Gesetz v o m 3. 4. 1919 der Adel überhaupt a u f g e h o b e n und die F ü h r u n g v o n Adelsbezeichnungen verboten u n d sogar mit Strafe belegt. Hieraus ist ersichtlich, daß auch in Staaten, deren verfassungsrechtliche u n d gesellschaftliche Ordnung nicht v o n d e m kommunistischen Gedankengut beherrscht wird, in ähnlicher W e i s e verf a h r e n wurde, w i e es in der S o w j e t u n i o n durch das Dekret v o m 1 0 . 1 1 . 1 9 1 7 geschehen ist." 13. Ob jemandem ein Adelsprädikat zusteht, ist eine Frage des rechts. Für die Namensführung ist das Personalstatut maßgebend. gemäß beurteilt sich der Name nach dem Heimatrecht. Zu den Adelsprädikaten russischer Flüchtlinge.
NamensDem-
BayObLG, Beschl. v o m 1 7 . 1 1 . 1 9 6 4 - BReg. 2 Z 237/64: BayObLGZ 1964, 377; StAZ 1965, 126; BayStA 1965, 15; Leitsatz i n BayJMBl. 1965, 43. Am 8. 7. 1947 ist unter Nr. 272 im ersten Teil des Familienbuches (Heiratsbuch) des Standesamts M.-P. beurkundet worden, daß der Innenarchitekt „Wladimir Fürst K.", geb. am 5. 9. 1905 in Petersburg, und Elsa Maria Gisela R. die E h e miteinander geschlossen haben. Mit dem Namen „Fürst" bzw. „Fürstin" K. h a b e n die Ehegatten die Eintragung ihrer Heirat auch unterschrieben. Die Landeshauptstadt M. als Aufsichtsbehörde des Standesamts ist der Auffassung, Herr K. habe nach seinem sowjetrussischen Heimatrecht keine Befugnis zur F ü h r u n g irgendeiner Adelsbezeichnung, da in Rußland durch Dekret des Zentralexekutivkomitees der Räte der Arbeiter und Soldatendeputierten vom 10. 11. 1917 alle Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen aufgehoben worden seien. Sie stellte deshalb am 21. 2. 1963 zum AG M. den Antrag, anzuordnen, daß der Heiratseintrag wie folgt berichtigt wird: Der Mann heißt Wladimir K., die Adelsbezeichnung „Fürst" entfällt; f ü r die E h e f r a u entfällt die Adelsbezeichnung „Fürstin". Die Eheleute K. begehrten, den Berichtigungsantrag abzulehnen. Sie meinen, Wladimir K. habe die Berechtigung zur F ü h r u n g des Adelstitels „Fürst", der seinen Urahnen im J a h r e 1608 von dem Zaren Wassily Schujsky verliehen worden sei, nicht verloren. Das Dekret vom 10. 11. 1917 über die Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen habe ihn nicht treffen können. E r sei schon vor Erlaß des Dekretes an die kaiserlich-russische Kriegsmarineschule in Sewastopol abkommandiert worden. In diesem Gebiet habe zunächst die weißrussische Armee unter den Generälen Denikin und Wrangel die kaiserlich-russische Rechtsordnung vertreten, so daß das Dekret keine Wirksamkeit habe entfalten können. Erst a m 10. 11. 1921 habe die Sowjetregierung die Möglichkeit uneingeschränkter Rechtsetzungs- u n d Rechtsdurchsetzungsgewalt erlangt. Auf K. habe sich dies aber nicht mehr auszuwirken vermocht, da er bereits im J a h r e 1920 nach Bizerta emigriert sei. K. stamme aus dem Kaukasus; er sei in der Nähe der Stadt Terek beheimatet gewesen und habe sich dort bis kurz vor seinem Eintritt in die weißrussische Armee auch aufgehalten. Dieses Gebiet sei erst a m 12. 3. 1922 durch Zusammenschluß der drei kaukasischen Republiken Georgien, Armenien und Aserbeidschan, welche im April 1918 ihre Unabhängigkeit erklärt hatten, der Sowjetunion als sogenannter Transkaukasischer Sowjet-Föderativ-
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Staat angeschlossen worden. Bis dahin sei auch dort die Anwendung des Dekretes vom 10. 11. 1917 mangels einer tatsächlichen Herrschaft der Bolschewisten ausgeschlossen gewesen. Inzwischen aber habe er auf Grund sowjetischer Verordnungen von 28. 10. 1921 und 15. 12. 1921 seine russische Staatsangehörigkeit verloren, so daß das Dekret nicht mehr sein Heimatrecht geworden sei. Eine überterritoriale Wirkung habe sich dieses selbst nicht beigelegt. Seine frühere Adelsbezeichnung sei somit Namensbestandteil geworden. Dementsprechend sei er auch in einem Heimatschein des Landes Baden vom 30. 5. 1950 als Fürst Wladimir K. bezeichnet worden. Mit Beschluß vom 9. 10. 1963 ordnete das AG M. die Berichtigung des Heiratsantrages gemäß dem Wortlaut des Antrages der Stadt M. an. Gegen diesen Beschluß haben die Eheleute K. sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluß des AG aufzuheben und die Berichtigung des Heiratseintrages abzulehnen. Das LG M. I hat die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den Beschluß des LG hat Rechtsanwalt D. v. P. für die Eheleute K. sofortige Beschwerde eingelegt.
Aus den Gründen: „Das Rechtsmittel k a n n keinen Erfolg haben. 1. Zur Entscheidung steht, ob den Beschwf. zu dem Namen K. eine Adelsbezeichnung z u k o m m t und ob diese im Heiratsbuch mit .Fürst' bzw. .Fürstin' eingetragen werden konnte. Nach Art. 109 III WeimRV gelten in Deutschland Adelsbezeichnungen n u r noch als Teil des Namens. Das gilt auch f ü r ausländische Adelsbezeichnungen. Die Frage, ob die Beschwf. Fürst bzw. Fürstin K. heißen oder ob ihnen sonst ein Adelsprädikat, etwa die russische Fürstenbezeichnung ,knjas' zusteht, ist d a r u m eine solche des Namensrechts. Dieses gehört dem Personenrecht an. Mangels einer anderen ausdrücklichen Regelung im deutschen IPR ist deshalb f ü r die Namensführung das Personalstatut maßgebend. Ebenso wie die Geschäftsfähigkeit einer Person nach den Gesetzen des Staates zu beurteilen ist, dem eine Person angehört (Art. 7 I EGBGB), beurteilt sich auch der Name nach dem Heimatrecht (BayObLGZ 1956, 345, 347 = StAZ 1957, 95, 96 1 ; BayObLGZ 1960, 418, 422 = StAZ 1961, 43, 44 2 ; BayObLGZ 1961, 305, 308 = StAZ 1962, 75, 76 = MDR 1962, 4 0 8 s ; BayObLGZ 1962, 401, 403 = StAZ 1963, 119 4 , teilweise mit zahlreichen weiteren Nachweisen; dazu BVerwGE 9, 320 = StAZ 1960, 151, 152 5 ). 2. Wladimir K. ist am 5. 9. 1905 in Rußland geboren. Nach seinem Vorbringen entstammt er einem alten Uradelsgeschlecht, das im Kaukasus beheimatet w a r und schon im J a h r e 1608 von dem damaligen Zaren den Titel ,knjas', das ist die russische Bezeichnung des Fürsten, verliehen erhalten hat. Als in Rußland geborener Abkömmling eines alten russischen Adelsgeschlechtes hat Wladimir K. zweifellos die russische Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben (Meder, Das Staatsangehörigkeitsrecht der UdSSR und der baltischen Staaten, herausgegeben von der Forschungsstelle f ü r 1 3 s
IPRspr. 1956-1957 Nr. 12. IPRspr. 1960-1961 Nr. 19. IPRspr. 1958-1959 Nr. 19.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 17. IPRspr. 1962-1963 Nr. 11.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, 1950, 11). Die Frage, welcher Name ihm zusteht, ist deshalb grundsätzlich nach dem russischen Recht als lex patriae zu beantworten. Außer jedem Zweifel steht, daß es in Rußland eine Adelsbezeichnung .Fürst' überhaupt nicht gab. Die russische Bezeichnung des Fürsten war ,knjas' (vgl. Der Große Brockhaus, 16. Aufl., Bd. 6 S.448). Nur diesen Titel ,knjas', nicht aber das Prädikat .Fürst' hat Wladimir K. nach seinem eigenen Vorbringen in Rußland geführt. Mögen sich die beiden Bezeichnunnungen auch inhaltlich entsprechen, so verbietet sich ein Gebrauch der deutschen Namensform anstelle der russischen doch deshalb, weil jegliche Veränderung von Namensbestandteilen außerhalb eines Namensänderungsverfahrens (Gesetz vom 5. 1. 1938 i. d. F. vom 29. 8. 1961) und darum auch eine Verdeutschung ausländischer Adelsprädikate unzulässig ist. Dieses Verbot ergibt sich unmittelbar daraus, daß das deutsche IPR f ü r die Namensführung das Personalstatut maßgebend sein läßt; nach ihm darf eben jeder nur den Namen führen, den er berechtigterweise auch in seinem Heimatstaat führte (Heimatprinzip). In der Dienstanweisung f ü r die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden (§§ 112, 113) hat diese Rechtslage instruktioneilen Ausdruck gefunden (vgl. BGHZ 29, 256, 259; BayObLGZ 1962, 401, 405 4 ; BayObLGSt 1960, 189, 191 = StAZ 1960, 320, 321). Das deutsche Namensrecht kennt eine Übertragung fremdländischer Namen und Namensteile in die deutsche Sprache und Schreibweise selbst dann nicht, wenn der Namensträger in Deutschland eingebürgert wird oder worden ist und als deutscher Staatsbürger mit dem deutschen Kultur- und Sprachkreis in engste Verbindung getreten ist. Ausländische Adelsbezeichnungen können demnach in Deutschland keinesfalls in einer entsprechenden deutschen Form gebraucht werden (BayObLGZ 1956, 345, 351 = StAZ 1957, 95, 9 7 B a y O b L G Z 1961, 305, 313 = StAZ 1962, 75, 76»; BayObLGZ 1962, 401, 405, 406 = StAZ 1963, 119, 120 mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung und die Literatur; dazu BVerwG, DÖV 1963, 513 = StAZ 1963, 186, 187 OVG Münster, StAZ 1964, 197, 199 7 ; Brintzinger, DÖV 1962, 441, 450). Die vom AG antragsgemäß angeordnete und vom LG gebilligte Berichtigung des Heiratsbucheintrages läßt sich sonach jedenfalls insoweit rechtlich nicht beanstanden, als sie ausspricht, daß f ü r Wladimir K. die Adelsbezeichnung ,Fürst', f ü r seine Ehefrau die Adelsbezeichnung ,Fürstin' entfällt. 4. Der Berichtigungsantrag der Landeshauptstadt M. und die Berichtigungsanordnung des AG gehen aber über die Frage, ob den Beschwf. die Prädikate .Fürst' bzw. .Fürstin' zustehen, insofern hinaus, als sie auch besagen, .der Mann heißt Wladimir K.'. Diese Anordnung macht eine Prüfung notwendig, ob dem Mannesnamen K. nicht noch die Bezeichnung ,knjas' als Namensteil voranzusetzen ist. Die in Anspruch genommene Adelsbezeichnung steht dem Beschwf. jedenfalls nicht mehr zu, wenn er sie nach seinem russischen Heimatrecht verloren hat. 6
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 12 b.
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a) In Rußland sind nach der Übernahme der Regierungsgewalt im Oktober 1917 durch den Sowjet der Volkskommissare mit dem vom Zentralexekutivkomitee der Räte der Arbeiter- und Soldatendeputierten bestätigten .Dekret von der Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen' vom 10. 11. 1917 (23. 11. 1917 neuer - gregorianischer — Zeitrechnung), das a m 12. 11. 1917 (25. 11. 1917 neuer Zeitrechnung) in Kraft trat, die bisherige Gliederung der Revölkerung des russischen Reiches in Stände beseitigt, der Adel aufgehoben und seine Titel abgeschafft worden (Brintzinger, Die ausländische Adelsgesetzgebung und der Adelsname im deutschen IPR: J b l n t R 10 [1961/62] 93, 143, 144). Da die aus der Oktoberrevolution hervorgegangenen Machtträger die Regierung von ganz Rußland sein wollten, beanspruchten ihre Rechtsetzungsakte grundsätzlich Wirksamkeit innerhalb des gesamten ehemaligen Kaiserreichs Rußland. b) Es k a n n n u n dahinstehen, ob das Dekret vom 10./23. 11. 1917 auch den Beschwf. Wladimir K. deshalb sofort erfaßte, weil er sich bei dessen Inkrafttreten in Sewastopol (Krim), also in einem Gebiet befand, das sowohl zum russischen Kaiserreich gehörte wie auch schließlich in den Hoheitsbereich der im Entstehen befindlichen Sowjetunion fiel, oder ob das Dekret f ü r ihn trotz seiner russischen Staatsangehörigkeit zunächst ohne W i r k u n g blieb, weil sich die Sowjetmacht nicht sofort auf die Krim erstreckt hat (vgl. zu diesem Rechtsproblem Baade, Georgisches Adelsnamensrecht und deutsches IPR: J b l n t R 9 [1959/60] 224, 227, 228; OLG Stuttgart, StAZ 1956, 118 8 ; RGZ 99, 285, 287; RGSt 53, 65, 66). Von Bedeutung ist nur, daß der Beschwf. dem Wirkungsbereich des Adelsdekretes ü b e r h a u p t einmal unterworfen war. c) Nach einem auch völkerrechtlich anerkannten, allgemeinen staatsrechtlichen Grundsatz gibt es zwei Arten staatlicher Hoheitsgewalt, die Personalhoheit und die Gebietshoheit. Erfaßt die Gebietshoheit k r a f t Territorialprinzips n u r im Inland befindliche Personen, auch Ausländer u n d Staatenlose, so ergreift die staatliche Personalhoheit k r a f t Personalprinzips alle Staatsangehörigen Personen, gleichgültig, wo sie sich aufhalten (vgl. BayObLGZ 1956, 345, 3 4 9 1 und die dort angeführte Literatur). Daß die Personalhoheit eines Staates auch seine im Ausland befindlichen Angehörigen ergreift, ist ein allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts und damit gemäß Art. 25 GG auch Bestandteil des Bundesrechts (BayObLGZ 1961, 305, 311, 312 3 ). Wladimir K. mag der sowjetischen Gebietshoheit niemals unterworfen gewesen sein. Zunächst proklamierten die turko-tatarischen Bewohner der Krim-Halbinsel, auf der er sich in Rußland zuletzt aufgehalten hat, am 26. 12. 1917 die Unabhängigkeit der Demokratischen Krimrepublik. Nachdem es in Sewastopol zu bolschewistischen Aufständen gekommen war, gelang es zwar Anfang J a n u a r 1918 der Roten Armee, vorübergehend den größten Teil der Halbinsel zu besetzen. Jedoch bereits im F e b r u a r 1918 m u ß t e diese den deutschen T r u p p e n weichen. Nach Abzug der Deutschen Ende 1918 wurde die Krim nacheinander von den .weißen' Generälen Kor« IPRspr. 1954-1955 Nr. 9.
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niloff, Denikin und Wrangel beherrscht. Erst nach Wrangeis Niederlage im November 1920 wurde die Krim endgültig von der Roten Armee besetzt und in die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (= RSFSR) eingegliedert; ein bolschewistisches Revolutionskomitee unter dem Ungarn Bela Kun übernahm dort die Macht {Geilke, Das Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion, herausgegeben von der Forschungsstelle f ü r Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, 1964, 68, 71; Zaitzeff, Die Verfassungsentwicklung in Rußland seit dem Sturz des Zarentums: JböffR 11 [1922] 275, 280, 281). Zu dieser Zeit aber war Wladimir K., wie er glaubhaft vorträgt, bereits emigriert. Trotz seiner Emigration blieb er jedoch als russischer Staatsangehöriger weiter der russischen Personalhoheit unterworfen. Seine russische Staatsangehörigkeit hat er weder durch den Wechsel des Trägers der Staatsmacht in Rußland verloren (vgl. Meder aaO 16) noch ohne weiteres dadurch, daß er in der weißrussischen Armee gegen die Sowjets kämpfte und dann aus dem Herrschaftsbereich der Sowjetregierung flüchtete. Es gibt keinen staatsrechtlichen oder völkerrechtlichen Satz, nach dem politische Flüchtlinge oder Emigranten mit dem Verlassen ihres Heimatstaates die Staatsangehörigkeit ihres Heimatstaates verlieren und vom Zeitpunkt ihrer Flucht oder Emigration nicht mehr von der Gesetzgebung ihres Heimatstaates, soweit diese an die Staatsangehörigkeit anknüpft, betroffen werden. Staatenlos wurde K. erst - und nicht etwa mit rückwirkender Kraft - durch die VO des Rats der Volkskommissare über den Verlust der Staatsangehörigkeitsrechte durch einige im Ausland lebende Personenkategorien vom 28. 10. 1921 und das sie ersetzende Dekret des Allrussischen Zentral-Exekutivkomitees vom 15. 12. 1921 (abgedruckt bei Meder aaO 19 und Geilke aaO 292), welche u . a . solchen Personen, die nach dem 7. 11. 1917 aus Rußland ohne Genehmigung der Sowjetmacht ausgewandert sind, und Personen, die sich gegenrevolutionär betätigt hatten, der sowjetrussischen Staatsangehörigkeit f ü r verlustig erklärten (vgl. Brintzinger, JblntR 10 [1961/62] 147). Inzwischen war aber am 12./25. 11. 1917 längst das Dekret über die Abschaffung des Adels vom 10./23. 11. 1917 in Kraft getreten und jedenfalls mit der Eingliederung der Krimrepublik in die RSFSR auch dort wirksam geworden, wo sich K. zuletzt in Rußland aufgehalten hat. d) Vor dem Verlust seiner Adelsbezeichnung konnte Wladimir K. auch durch seine kaukasische Abstammung nicht bewahrt werden. Das transkaukasische Gebiet (Georgien, Armenien, Aserbeidschan) wehrte sich zwar lange gegen seine Eingliederung in den Sowjetstaat. Die örtliche Macht wurde hier seit dem 28. 10./11. 11. 1917 zunächst durch das von den örtlichen Parteien eingesetzte .Transkaukasische Kommissariat' ausgeübt. Nach dem deutsch-russischen Frieden von Brest-Litowsk vom 3. 3. 1918 erklärte sich Transkaukasien am 9./22. 4. 1918 zur unabhängigen föderativen Republik. Dieses Staatsgebilde fiel alsbald wieder auseinander, und seine drei Gliedstaaten proklamierten am 26. bzw. 28. 5. 1918 ihre Selbständigkeit. Doch bereits Ende April 1920 wurde nach der Niederlage der Armee Denikins im nördlichen Kaukasus Aserbeidschan sowjetisiert (Zaitzeff aaO 281; Geilke aaO 115, 116). Anfang 1921 wurde Georgien von So-
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wjetrußland militärisch okkupiert und unter dem Namen Georgische Sowjetrepublik annektiert (Zaitzejf aaO 281; Geilke aaO 100 bis 102, 126; Baade aaO 232). Am 2. 4. 1921 ist Armenien endgültig an Sowjetrußland angegliedert worden (Zaitzeff aaO 281; Geilke aaO 104, 107). Nachdem nunmehr im April 1921 das gesamte transkaukasische Gebiet fest in der Gewalt der RSFSR war, ist auch das Dekret über die Adelsaufhebung vom 10./23. 11. 1917, das von vornherein Geltung f ü r das ganze Territorium des ehemaligen russischen Kaiserreiches in Anspruch nahm, dort wirksam geworden. Die drei Sowjetrepubliken Armenien, Aserbeidschan und Georgien haben sich in der Folgezeit zu einem losen Staatenbund (.Transkaukasische Föderative Union') zusammengeschlossen, aus dem schließlich im Dezember 1922 die Transkaukasische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (= TSFSR) als zentralistischer Bundesstaat entstand (Geilke aaO 128 bis 130; Baade aaO 229). Dieser Bundesstaat kennt auch eine eigene Bundesstaatsangehörigkeit (Geilke aaO 131). Durch Dekret des Zentralexekutivkomitees vom 21. 5. 1923 hat auch die TSFSR ähnlich wie das RSFSRDekret vom 28. 10./15. 12. 1921 einigen Personengruppen, die sich im Ausland befanden oder gegen die Sowjetmacht kämpften oder sich gegenrevolutionär betätigten, die Staatsangehörigkeit entzogen (Geilke aaO 131, 293). Es kann unterstellt werden, daß Wladimir K. neben der fortbestehenden russischen Staatsangehörigkeit auch die besondere Staatsangehörigkeit der TSFSR erworben hat. Das Dekret über die Adelsaufhebung traf ihn mit dem Wirksamwerden in seiner transkaukasischen Heimat spätestens im April 1921 auf jeden Fall, und zwar als sowjetrussischen Staatsangehörigen, weil er die sowjetrussische Staatsangehörigkeit erst durch die Erlasse der RSFSR vom 28. 10./15. 12. 1921 verloren hat, als Staatsangehörigen der TSFSR, weil er dieser Bundesstaatsangehörigkeit frühestens durch das Dekret vom 21.5. 1923 f ü r verlustig erklärt worden ist. 5. Wladimir K. nimmt die Stellung eines Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. 7. 1951, die auf Grund des Bundesgesetzes vom 1. 9. 1953 (BGBl. II 559) seit 24. 12. 1953 als deutsches Bundesrecht in Kraft ist, in Anspruch. Da er seinen Wohnsitz in Deutschland hat, hat ihr Art. 12 f ü r ihn einen Wechsel des Personalstatuts zum deutschen Recht hin (lex domicilii, Wohnsitzrecht) eintreten lassen. Ein Statutenwechsel nach dem Zeitpunkt, in dem er dem sowjetrussischen Dekret über die Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen vom 10./ 23. 11. 1917 unterfiel, d. i. spätestens April 1921, hat aber an dem Namen des Beschwf. in der Gestaltung, die er auf Grund des damaligen sowjetrussischen Personalstatuts des Beschwf. durch das genannte Dekret erfahren hat, nichts geändert. Es ist ein anerkannter Grundsatz des IPR, daß ein Statutenwechsel keine Rückwirkungen hat und .wohlerworbene und wohlverlorene Rechte' unberührt läßt. Vielmehr werden beim Statutenwechsel Tatbestände, die sich unter dem früheren Statut vollendet haben und die zum Erwerb und Verlust von Rechten geführt hatten, von der neuen Rechtsordnung anerkannt. Hieran hat ebenso wie etwa das AHKG Nr. 23 über die Rechtsverhältnisse verschleppter Personen und Flüchtlinge vom 17.3. 1950 und die Neufassung des Art. 29 EGBGB durch das FamRÄndG vom
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12. 4. 1938, die gleichfalls einen Statutenwechsel ohne Rückwirkung zum Inhalt haben, auch die Genfer Flüchtlingskonvention nichts geändert; hätte sie von diesem Grundsatz abgehen wollen, so hätte sie dies wohl ausdrücklich bestimmt (OLG Karlsruhe, StAZ 1957, 10, I I 9 ; OLG Neustadt, StAZ 1960, 289, 290 10 ; BayObLGZ 1961, 305, 312 = StAZ 1962, 75, 76 3 ; SoergelSiebert-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 29 EGBGB Anh. Rdnr. 30; Erman-Arndt, BGB, 3. Aufl., Art. 29 EGBGB Anh. d letzter Absatz; a. A. f ü r die Genfer Flüchtlingskonvention Baade aaO 236; Brintzinger aaO 108, 109). Der Beschwf. ist also bei der Veränderung seines Personalstatuts mit dem Namen in die deutsche Rechtsordnung eingetreten, der ihm nach seinem russischen Heimatrecht zuletzt zustand. Nur die Dauerwirkungen des Namens, wie etwa der Namensschutz, bemessen sich fortan nach dem neuen Personalstatut, hier also nach deutschem Recht (vgl. Ferid, Der Neubürger im I P R , 1949, 21 ff.; Beitzke-Bachmann, Der Personenstand heimatloser Ausländer in Deutschland, 122; BayObLGZ 1961, 305, 312 = StAZ 1962, 75, 76; vgl. auch BayObLGZ 1960, 418, 423 = StAZ 1961, 43, 44 2 ; BayObLGZ 1962, 401, 404 = StAZ 1963, 119, 120 4 ). 6. Ohne rechtliche Bedeutung f ü r die Frage der Berechtigung zur Führung einer Adelsbezeichnung ist, ob Wladimir K. in einem deutschen Heimatschein oder auch in einer allenfallsigen deutschen Einbürgerungsurkunde als ,Fürst' bezeichnet worden ist. Einbürgerungsurkunde, Heimatschein und Staatsangehörigkeitsausweis sagen zwar über die Staatsangehörigkeit einer Person aus, eine verbindliche Feststellung oder Änderung des Namens kann durch sie jedoch nicht getroffen werden (BayObLGZ 1960, 418, 428 = StAZ 1961, 43, 46 2 und die dort angeführte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung; Brintzinger aaO 104). W e i l die Frage des Namensrechts von einer Einbürgerung des Beschwf. unabhängig ist, besteht auch kein Anlaß, das Verfahren zur Berichtigung des Heiratsbucheintrages auszusetzen, bis über eine Einbürgerung des Beschwf. entschieden ist. 7. Sonach hat das AG zutreffend eine Berichtigung des Heiratsbucheintrages dahin angeordnet, daß der Ehemann nur Wladimir K. heißt und die Adelsbezeichnung ,Fürst' für ihn und .Fürstin' für seine Ehefrau entfällt. Das LG hat diese Entscheidung mit Recht gebilligt. Die weitere Beschwerde ist darum als unbegründet zurückzuweisen." 14. Der Name einer natürlichen Person bestimmt sich nach dem Recht ihres Heimatlandes. Zum Anwendungsbereich des sowjetrussischen Dekrets über die Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen vom 10.123. November 1927. Im Namensfeststellungsverfahren nach § 8 Namensänderungsgesetz hat die Behörde zu berücksichtigen, daß der Betroffene einen Namen jahrelang unbeanstandet gutgläubig geführt hat. OVG Lüneburg, Urt. vom 5.1.1965 - I I OVG A 87/61: StAZ 1967, 130 (dort mit falschem Aktenzeichen) VerwRspr. 17 Nr. 100. 6
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Aus den Gründen: „Die Frage, welcher Familienname dem Kl. im Zeitpunkt seiner Einbürgerung rechtmäßig zustand, ist nach dem Recht seines Heimatlandes zu beantworten (BVerwGE 8, 3 1 7 9 , 320 2 ; Urt. vom 18. 1. 1963 - VII C 54. 60, Buchholz 402. 10 Nr. 4 zu § 8 NÄG 8 und die zugrunde liegenden Entscheidungen des OVG Münster: Bescheid vom 19. 12. 1958 4 und Urt. vom 26. 1. 1960 - II A 556/54«; OVG Münster, Urt. vom 29. 1. 1963 - II A 813/60, OVGE 18, 231«; Gutachten des Instituts f ü r Internationales Recht an der Universität Kiel - Dr. Hans IV. Baade - vom 4. 6. 1958). Der Vater des Kl. war russischer Staatsangehöriger und hatte den erblichen russischen Dienstadel. Denn die Geburtsurkunde des Kl. erweist unbestritten, daß der Vater im zaristischen Rußland Collegienassessor gewesen ist. Mit dieser Stellung war der erbliche Dienstadel verbunden (Koetner, Ausländische Adelsbezeichnungen: StAZ 1951, 181 [182]; vgl. hierzu Gutachten Dr. Baade v. 4. 6. 1958). Das Recht zur Führung des Partikels ,von' hatten im zaristischen Rußland jedoch nur die vom Heraldiedepartement mit einem entsprechenden Zeugnis versehenen Personen und diejenigen, die ihre Zugehörigkeit zu Familien ausländischer Herkunft, die diese Partikel führen, nachwiesen oder zu den Familien gehörten, die in den Matrikeln des baltischen Gouvernements eingetragen waren (vgl. hierzu OVG Münster, Urt. vom 21. 6. 1960 - II A 1087/55, OVGE 16, 18 [22 f.] 7 ; Brintzinger, Die ausländische Adelsgesetzgebung im deutschen IPR: JbIntR 10 [1961/62] 93 [144]). Der Kl. kann derartige Originalurkunden über die Berechtigung zur Führung des Partikels ,von' nicht vorlegen und aus der Sowjetunion auch nicht mehr beschaffen. Er teilt das menschliche und rechtliche Schicksal vieler Emigranten, Flüchtlinge, Vertriebenen und Umsiedler, die im Zuge der russischen Revolution des Jahres 1917, der Entstehung von Nationalstaaten auf dem Boden des zaristischen Rußlands und der österreichisch-ungarischen Monarchie nach dem 1. Weltkrieg und der Maßnahmen gegen Bevölkerungsgruppen während und nach dem 2. Weltkrieg außer Landes gehen mußten. Diese heimatlos und zum Teil auch staatenlos Gewordenen befinden sich häufig - und je mehr die Zeit fortschreitet und fortgeschritten ist auch erinnerungsmäßig - in Beweisnot, weil die Anverwandten und die sonstigen Zeugen umgekommen oder verstorben sind und Urkunden nicht mitgenommen werden durften, verloren gegangen sind oder nicht mehr beschafft werden können. All dieses führte zu Versuchen, die aus diesem Schicksal entstandenen Fragen im Rahmen des innerstaatlichen und des internationalen Rechts möglichst vereinfacht und umfassend durch gesetzliche Regelungen, Verträge und Abkommen zu klären, ohne daß aber eine umfassende Regelung der Streitfragen - z. B. auf namensrechtlichem Gebiet - bisher erreicht worden ist (vgl. hierzu 1 3 5 7
IPRspr. IPRspr. IPRspr. IPRspr.
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Nr. Nr. Nr. Nr.
14 b. 12. 12 b. 15.
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Brintzinger aaO 93 [105 ff., 177 ff.]; Geilke, Die Staatsangehörigkeit der Sowjetunion [Sammlung geltender Staatsangehörigkeitsgesetze] Bd. 25, 1964, 178) . . . Die Zweifelsfrage, ob die Familie des Kl. das Recht zum Führen des ,von' deswegen gehabt hat, weil ein Vorfahre mit dem dann in Rußland anerkannten Namen ,von J.' aus Deutschland oder dem sonstigen Ausland nach Rußland eingewandert war, behält auch bei Berücksichtigung des am 23.11. 1917 (10. 11. 1917 alter Rechnung) vom Zentralexekutiv-Komitee der Räte der Arbeiter- und Soldatendeputierten bestätigten, am 25. 11. 1917 (12. 11. 1917 alter Rechnung) in Kraft getretenen Dekrets der provisorischen Arbeiter* und Bauernregierung ,Von der Aufhebung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen' — [Übersetzt auch: Stände und Titel] - Bedeutung. Die maßgeblichen Art. 1 und 2 lauten: ,1. Alle Stände und ständischen Einteilungen der Bürger, ständische Vorrechte und Beschränkungen, ständische Organisationen und Einrichtungen, sowie alle bürgerlichen Rangbezeichnungen, die bis jetzt in Rußland bestanden, werden aufgehoben. 2. Alle Stände (Kaufmann, Edelmann, Bürger, Bauer usw., Fürsten, Grafen und andere Titel) und bürgerliche Rangbezeichnungen (Geheime, Staatsund andere Räte) werden aufgehoben, und es wird eine für die gesamte Bevölkerung Rußlands allgemeine Benennung - Bürger der russischen Republik - festgesetzt.' Hiernach sind lediglich diejenigen Bezeichnungen aufgehoben, die im Sinne des russischen Rechts den Charakter von Standestiteln hatten oder sonstige Titel waren. Das Wort ,von' allein als Bestandteil des nach Rußland mitgebrachten Namens war nach russischem Recht kein Titel, so daß durch das Dekret in diesem Falle der Name ,von J.' nicht betroffen wurde, selbst wenn das Wort ,von' vor dem Namen ,J.' zu einer Anerkennung als Adelsfamilie im Sinne des russischen Rechts geführt haben sollte (vgl. hierzu Urt. des VG Hannover - Kammer Hildesheim - IV A 62/63 — mit Bezugnahme auf das Gutachten des Direktors der Abteilung f ü r Osteuropäisches Recht des Osteuropa-Instituts an der Freien Universität Berlin Prof. Dr. Meder vom 11. 7. 1963; Brintzinger aaO 144; OVG Münster, Bescheid vom 19. 12. 1958 aaO 20, 22, in dem eine sowjetrussische Urkunde vom 10. 10. 1928 über den .Towarisch . . . von der L . . . ' angeführt ist; OVG Münster, Urteil vom 26. 10. 1960 aaO; vgl. aber auch Gutachten Baade und die dort angeführte Rechtsprechung und Literatur; ferner Forschungsstelle [für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg: .Praktische Fragen des Staatsangehörigkeitsrechts, Gutachten 1947-1957'] 170 ff.). Es ist ferner zu beachten, daß der Kl. sich niemals - weder zeitlich noch räumlich - im Geltungsbereich des Dekrets aufgehalten hat, sondern, wie die Personalkarte vom 1. 12. 1920 erweist, sich der ukrainischen Armee angeschlossen hatte und Staatsangehöriger der ukrainischen Volksrepublik geworden war. Im Jahre 1917 war die Ukrainische Volksrepublik entstanden, die als selbständiger Staat mit den Mittelmächten am 27. 1. 1918 in Brest-Litowsk einen Separatfrieden schloß und deren Unabhängigkeit von den Sowjets im Friedensvertrag von Brest-Litowsk vom 3. 3. 1918 zunächst
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anerkannt wurde. Diese Unabhängigkeit endete, als die Sowjets die Ukraine 1920 besetzten (vgl. hierzu Geilke aaO 59 ff.). Vor der Besetzung wich der Kl. jedoch nach Polen aus und ging in die Emigration (vgl. hierzu Geilke aaO 173 ff.). Sowjetrußland verfügte für russische Emigranten ab 1921 automatische Massenausbürgerungen (vgl. Geilke aaO 181), um ihnen die Staatsangehörigkeit zu nehmen. Die polnische oder tschechoslowakische Staatsangehörigkeit hat der Kl. nicht erworben, so daß er im Jahre 1926 als Staatenloser nach Deutschland gekommen ist, und zwar als Staatenloser entweder, weil der ukrainische Staat untergegangen war oder weil die automatische sowjetrussische Ausbürgerung Wirkung auf den Kl. hatte (vgl. Brintzinger aaO 145 ff.). Diese komplizierten staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse im Bereich des früheren russischen Reiches nach 1917 spiegeln sich in den namensrechtlichen Fragen der Emigranten, die sich nicht mehr im Herrschaftsbereich des Dekrets von 1917 aufgehalten haben, wider (vgl. Brintzinger aaO 147; Brintzinger, DÖV 1962, 441; 1963, 129; Urt. OVG Münster vom 26. 1. 1960 aaO). All dies muß dazu führen, mindestens die Gutgläubigkeit des Kl. bei dem Führen des Namens ,von J . ' zu bejahen . . . [wird ausgeführt]. Bei dieser Sachlage widerspricht es dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben, daß der Bekl., nachdem der Kl. sich bis 1960 34- Jahre lang im Gebiet des Deutschen Reichs aufgehalten hat, einen anderen Familiennamen des Kl. als den bisher geführten festgestellt hat. Es kommt hinzu, daß nicht hinreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß der Kl. im zaristischen Rußland den Namen ,von J . ' nicht hat führen dürfen und daß, falls er hierzu berechtigt gewesen ist, ihm nach Inkrafttreten des Dekrets des Jahres 1917 nur der Name ,J.' verblieben ist." 15. Zur Frage, ob ungarische Adelsnamen in Deutschland mit dem Wort „von" geführt werden dürfen. BVerwG, Beschl. vom 5. 3. 1965 - VII B 116/62: StAZ 1965, 188; Buchholz BVerwG 402. 10, § 3 NÄG Nr. 19. Der Kl., geboren am 31. 10. 1910 in Berlin, hat von 1918 bis 1946 in Ungarn gelebt. Im Mai 1946 sind er und seine Ehefrau aus Ungarn ausgewiesen worden. Seitdem sind sie im Lande Hessen wohnhaft. Beide sind als Heimatvertriebene anerkannt und haben vom Kreisausschuß des Landkreises Marburg/Lahn den Vertriebenenausweis A erhalten. In Deutschland hat der Kl. als Familiennamen „von W." angegeben. Die für den Kl. und seine Ehefrau ausgestellten Ausweise tragen diesen Namen. Im Jahre 1954 hat der Landrat in Marburg/Lahn Bedenken geäußert, ob der Kl. den Namensbestandteil „von" zu führen berechtigt sei. Nach den eingeleiteten Ermittlungen ist er zu dem Ergebnis gekommen, daß der Kl. nicht befugt sei, diesen Namensbestandteil zu führen. Die auf den Namen „von W . " lautenden Bundespersonalausweise des Kl. und seiner Frau hat er einziehen lassen und angeordnet, daß der Familienname nicht „von W." sondern entsprechend der in den vom Kl. vorgelegten ungarischen Urkunden verwendeten Schreibweise „V." laute. Der Kl. sei auch nicht befugt, sich „Hans" anstelle der im Geburtsregister eingetragenen Vornamen „Boris Alexander" zu nennen. 4
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Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage wurde im ersten Rechtszuge abgewiesen, hatte aber im zweiten Rechtszuge Erfolg. Das Berufungsgericht hat weitere Ermittlungen angestellt und gelangt zu dem Ergebnis, daß ein Vorfahr des KI., der in Ungarn lebte, von dem ungarischen König Franz I. im Jahre 1794 geadelt worden sei. Nach ungarischem Adelsrecht werde der Adel zwar in der ungarischen Sprache nicht durch ein dem deutschen Wort „von" entsprechendes Wort gekennzeichnet. Nach ungarischem Recht habe aber die geadelte Familie das Recht gehabt, sich bei Benutzung der deutschen Sprache „von W." zu nennen. Die Zweifel, die sich über den Namen des Kl. ergeben hätten, seien daher ausgeräumt. Der Bekl. habe daher den Namen nicht feststellen dürfen. Die Beschwerde gegen die Versagung der Revision hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht kommt auf Grund seiner Auslegung des ungarischen Rechts zu dem Ergebnis, daß der Familienname des Kl. ,von W.' sei. Das ungarische Recht ist nicht Bundesrecht im Sinne des § 137 I VwGO. Die Revision könnte daher nicht darauf gestützt werden, daß das Berufungsgericht das ungarische Recht falsch ausgelegt habe (vgl. BVerwGE 9, 320 1 ). Auch der Bekl. war zu dem Ergebnis gekommen, daß die Familie des Kl. dem ungarischen Adel angehöre. Der Bekl. meint aber, daß dieser ungarische Adel nicht zum Gebrauch des deutschen ,von' führen könne, weil es in Ungarn einen entsprechenden Zusatz zum Namen als Kennzeichnung des Adels nicht gegeben habe. Demgegenüber gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß der Kl. nach ungarischem Recht den Namen ,von W.' habe. In der Beschwerde legt der Bekl. dar, dies verstoße gegen Art. 30 EGBGB, weil es bedeute, daß der Kl. und seine Familie nach ungarischem Recht zwei Namen führen dürften, einen ungarischen und einen deutschen, und dies sei nach deutschem Recht, wonach der Name einheitlich sein müsse, unzulässig. Auch der Senat hat in einer früheren Entscheidung ausgesprochen, daß der Name in Deutschland einheitlich sein müsse (Urt. vom 13. 11. 1959 - BVerwG VII C 43. 58, Buchholz BVerwG 402. 10, § 3 NÄG Nr. 9 2 ). In dem dort entschiedenen Falle ließ das estnische Recht einen amtlichen und einen privaten Namen zu. In dem vorliegenden Fall wird dagegen nicht die Führung eines zweiten Namens im privaten Verkehr gestattet, sondern das ungarische Recht schreibt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor, wie derselbe Name bei Benutzung der magyarischen Sprache und bei Benutzung der deutschen Sprache zu lauten hat. In Deutschland muß, wie der Bekl. zutreffend hervorhebt, der Name einheitlich sein. Es ist einleuchtend, daß das Berufungsgericht die deutsche Form und nicht die magyarische als Namen des Kl. feststellte. Mit der Frage, ob der deutsche Name ,W.' oder ,von W.' zu lauten habe, befaßt sich die Vorschrift in Art. 30 EGBGB nicht. Das aus der Auslegung des ungarischen Rechts gewonnene Ergebnis des Berufungsgerichts, daß der Name des Kl. ,von W.' lautet, steht mit Art. 30 EGBGB daher nicht in Widerspruch. Es steht in Einklang mit Art. 109 WeimRV, wonach Adelsbezeichnungen als Teil des Namens gelten." 1
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1 6 . Weder das Gesetz Nr. 23 der Alliierten Hohen Kommission vom 17. März 1950 noch das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 wirken auf den Zeitpunkt der Flucht zurück. Das Namensführungsrecht eines ungarischen Adeligen, der 1945 nach Österreich und 1948 nach Deutschland gelangte, ist deshalb von dem ungarischen Gesetz Nr. IV/1947 über die Adelsabschaffung betroffen worden. Die Adelsabschaffung enthält keinen enteignungsgleichen Eingriff mit territorial begrenzter Wirkung und keinen Verstoß gegen den ordre public und ist deshalb in Deutschland anzuerkennen. OLG Köln, Beschl. vom 9. 4.1965 - 2 W x 44/64: StAZ 1965, 247. Der Vater des Kindes Christian ist am 2. 3. 1911 als Sohn ungarischer Eltern in Budapest geboren. Er nahm als Reserveoffizier der ungarischen Armee am letzten Weltkrieg teil und gelangte um die Jahreswende 1944/45 nach Österreich, wo er in der Folgezeit verblieb. Am 12. 2. 1947 hat der Vater in Innsbruck die Mutter des Kindes geheiratet, die damals die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Seit November 1948 lebt der Vater mit seiner Familie ständig in Deutschland. Aus der Ehe der Eltern sind außer dem vorbezeichneten Kind noch die Geschwister Gyula und Ilonka hervorgegangen. Die Geburten sämtlicher Kinder sind im Geburtenbuch des Standesamts K.-Altstadt, beurkundet. Als Familienname der Eltern ist dabei im Geburtseintrag des hier fraglichen Kindes der Name „von M." aufgeführt, während in den Geburtseinträgen der beiden anderen Kinder der Name „de M." verzeichnet steht. Im April 1963 hat der Oberstadtdirektor in K. als untere Verwaltungsbehörde für Personenstandsangelegenheiten beim AG K. den Antrag gestellt, die Geburtseinträge der Kinder gemäß § 47 I Satz 1 PStG dahin zu berichtigen, daß der Familienname der Eltern „M." ohne jeden Zusatz lautet. Zur Begründung hat er vorgebracht, die Namensführung der Eltern beurteile sich nach ungarischem Recht, das die Partikeln „von" oder „de" weder allgemein als Namensbestandteile noch als Adelsbezeichnungen kenne. Als letztere seien sie aber jedenfalls durch das ungarische Gesetz Nr. IV/1947 über die AdelsabschafTung beseitigt worden. Die Eltern haben sich als Namensträger gegen die beantragte Berichtigung ausgesprochen. Sie haben die Ansicht vertreten, der Vater sei als ungarischer Edelmann zur Führung der Adelsprädikate „von" und „de" berechtigt. Die ungarische Staatsangehörigkeit habe der Vater durch Nichtrückkehr in sein Heimatland schon vor dem Inkrafttreten des ungarischen Gesetzes Nr. IV/1947 verloren. Durch zwei getrennte Beschlüsse vom 19. 7. 1963 hat das AG die Geburtseinträge der Kinder antragsgemäß berichtigt. Gegen den ersten der beiden Beschlüsse, der sich auf das hier in Frage stehende Kind bezieht, haben die Eltern sofortige Beschwerde erhoben, die das LG K. durch Beschluß vom 12. 2. 1964 zurückgewiesen hat. Diesen Beschluß haben die Eltern mit der weiteren Beschwerde angefochten. Aus den Gründen: „Ohne Rechtsverstoß ist das LG davon ausgegangen, d a ß das deutsche IPR die Befugnis z u r N a m e n s f ü h r u n g den Gesetzen des Staates entnimmt, dem der Namensträger angehört, wobei die F ü h r u n g einer Adelsbezeichn u n g wie ein Fall der N a m e n s f ü h r u n g behandelt wird (vgl. Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anh. zu Art. 7 EGBGB R a n d n r . 1 u n d 3). Nicht zu bean4 »
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standen ist auch die Auffassung des LG, daß der Vater des Kindes einen bis zum Ende des Jahres 1946 erfolgten Verlust seiner durch Abstammung erworbenen ungarischen Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen hat. Der Vater hat also sowohl im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ungarischen Gesetzes Nr. IV/1947 (14. 1. 1947) als auch im Zeitpunkt der Eheschließung mit der Mutter des Kindes (12. 2. 1947) noch die ungarische Staatsangehörigkeit besessen, so daß die Mutter unter Verlust ihrer deutschen Staatsangehörigkeit (entsprechend dem damals noch gültigen § 17 Nr. 6 RuStAG) ebenfalls die ungarische Staatsangehörigkeit erwerben konnte (§ 5 des ungarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1879, abgedruckt bei Szlezak, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Ungarn, 99). Das LG hat die Frage einer etwaigen Flüchtlingseigenschaft des Vaters offen gelassen. Nach den von den Beschwf. beim AG und LG eingereichten Unterlagen kann allerdings angenommen werden, daß der Vater die Eigenschaft eines Flüchtlings bzw. heimatlosen Ausländers im Sinne des AHKG Nr. 23 vom 17. 3. 1950, des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. 4. 1951 und des Genfer Abkommens vom 28. 7. 1951 besitzt. Daraus ergibt sich, daß der Vater und ihm folgend auch die Mutter jetzt nicht mehr dem ungarischen, sondern dem deutschen Personalstatut unterstehen, nachdem sie hier in Deutschland ihren Aufenthalt bzw. Wohnsitz genommen haben (Art. 1 des AHKG Nr. 23, Art. 12 I des Genfer Abkommens). Dem LG ist jedoch im Ergebnis darin beizupflichten, daß der Statutenwechsel auf das Recht der Namensführung ohne Einfluß geblieben ist, weil die genannten Bestimmungen zum Schutze der Flüchtlinge nicht auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des ungarischen Gesetzes Nr. IV/1947 zurückwirken. Eine Rückwirkung des Statutenwechsels auf den Zeitpunkt der Flucht mag zwar der Intention der genannten Schutzbestimmungen entsprechen und in vielen Fällen auch im Interesse der Flüchtlinge liegen. Diesem Umstand stehen aber gewichtige Bedenken gegenüber, die sich nicht n u r aus dem Gesichtspunkt ergeben, daß die Rückwirkung dem Ansehen der Rechtsordnung schadet. Schwerer wiegt es schon, daß sich der genaue Zeitpunkt der Flucht oft nicht auf einen bestimmten Tag festlegen läßt und der Zeitpunkt des Nichtrückkehrwillens, also eines inneren Vorgangs, der sicheren tatsächlichen Feststellung überhaupt weitgehend entzogen ist. Hinzu kommt noch, daß die Bejahung der Rückwirkung zwecks Vermeidung von Rechtsverlusten nach dem alten Personalstatut die nachträgliche Verhinderung von Rechtserwerben nach demselben Statut in sich schließt, was sich gegebenenfalls sehr nachteilig f ü r die Flüchtlinge auswirken kann. Von der herrschenden Meinung wird demgemäß eine Rückwirkung des Statutenwechsels sowohl hinsichtlich der Neufassung des Art. 29 EGBGB als auch hinsichtlich des AHKG Nr. 23 abgelehnt (vgl. Soergel-Kegel, Art. 29 EGBGB, Randnr. 22 bis 24 sowie Anh. zu Art. 29 EGBGB Randnr. 13; PalandtLauterbach, [BGB] 23. Aufl., Art. 29 EGBGB Anm. 4 und Anh. I zu Art. 29 EGBGB, Einf. 2 vor Art. 1 des Gesetzes Nr. 23; Dölle, StAZ 1950, 106, 111;
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Schwenn, SJZ 1950, 652, 654; OLG Karlsruhe, StAZ 1957, 10 1 ; OLG Neustadt, StAZ 1960, 289 2 ; BayObLG, StAZ 1962, 75 3 ). Die kritischen Gegenstimmen (vgl. Raape, IPR, 5. Aufl., § 2 III 2, S. 13 Anm. 17; Erman-Arndt, [BGB] 3. Aufl., Art. 29 EGBGB Anm. 7) beziehen sich zunächst nur auf die Neufassung des Art. 29 EGBGB, was freilich der Anwendung ihrer Gedankengänge auf die Frage der Rückwirkung des AHKG Nr. 23 grundsätzlich nicht entgegensteht. In diesem Zusammenhang weist aber Arndt (vgl. Erman-Arndt, Anh. c zu Art. 29 EGBGB) selbst darauf hin, daß sich im Hinblick auf § 8 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet, der das Bestehenbleiben der von einem heimatlosen Ausländer zwischenzeitlich erworbenen Rechte anordnet, die Annahme einer Rückwirkung des AHKG Nr. 23 verbietet. Das ist allerdings nicht in dem Sinne zu verstehen, daß das deutsche Bundesgesetz das vorher erlassene AHKG korrigiert oder abgeändert hätte. Das Bundesgesetz ist vielmehr eigens auf Veranlassung der AHK vom deutschen Gesetzgeber zum Schutze der im Bundesgebiet verbleibenden heimatlosen Ausländer geschaffen worden und soll deren Rechtsverhältnisse ergänzend regeln (vgl. Soergel-Kegel, Anh. zu Art. 29 EGBGB Randnr. 14, 15, 17 und 18). In § 8 des Bundesgesetzes, der an sich nur in Verbindung mit Art. 1 AHKG verständlich ist, kann deshalb durchaus eine Bestätigung f ü r die Nichtrückwirkung des letztgenannten Gesetzes gesehen werden. Ähnlich wie § 8 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet befaßt sich auch Art. 12 II des Genfer Abkommens mit dem Schutz der zwischenzeitlich erworbenen Rechte, indem er bestimmt, daß die von einem Flüchtling vorher erworbenen und sich aus seinem Personalstatut ergebenden Rechte von jedem vertragschließenden Staat geachtet werden. Hierzu wird nun von manchen eine Auslegung vertreten, die die Zeitbestimmung .vorher' im Sinne von ,vor der Flucht' versteht (vgl. Bode, BAnz. 1952 Nr. 175, S. 5, 6; Erman-Arndt, Anh. d. zu Art. 29 EGBGB). Nach dem Sinnzusammenhang der Bestimmung liegt es jedoch näher, das Wort .vorher' auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. des innerstaatlichen Inkrafttretens des Abkommens zu beziehen, also mit der herrschenden Ansicht eine Rückwirkung zu verneinen (vgl. Soergel-Kegel, Anh. zu Art. 29 EGBGB Randnr. 30; Ferid, DNotZ 1954, 350, 360; OLG Neustadt aaO; BayObLG aaO). Die gegen eine Rückwirkung sprechenden Gesichtspunkte sind hier noch stärker als beim AHKG Nr. 23. Das Genfer Abkommen mußte als internationale Vereinbarung nicht nur einen rückwirkenden Eingriff in die wohlerworbenen Rechte der Flüchtlinge, sondern auch einen solchen in die etwa vorhandenen Flüchtlingsgesetze der Vertragsstaaten vermeiden. Der Flüchtlingsstatus der Beschwf. hat eine Einflußnahme des ungarischen Gesetzes Nr. IV/1947 auf ihr Recht zur Namensführung demnach nicht verhindern können. Das ungarische Gesetz Nr. IV/1947 hat den Adelsrang abgeschafft (§ 1) und die Führung von Adelsbezeichnungen verboten (§ 3); es ist am 14. 1. 1 5
IPRspr. 1956-1957 Nr. 13. IPRspr. 1960-1961 Nr. 19.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 16.
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1947 in Kraft getreten (§ 4). Infolge der Personalhoheit des ungarischen Staates hat es auch diejenigen ungarischen Staatsangehörigen betroffen, die sich, wie vorliegend der Vater des Kindes, im Zeitpunkt seines Inkrafttretens im Ausland befanden. Daß der Vater dem ungarischen Adel angehört, konnte das LG auf Grund der eingereichten Unterlagen, insbesondere der Bestätigung des ungarischen Adelskapitels, unbedenklich feststellen. Dem LG ist auch darin zu folgen, daß sowohl das dem Besitznamen angefügte ,i' als auch die Partikel ,de' Kennzeichen des ungarischen Adels darstellten. Die Abschaffung dieser Bezeichnungen durch das Gesetz IV/1947 kann nicht als enteignungsgleicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der adeligen Namensträger angesehen werden, dem n u r eine auf das Territorium des Staates Ungarn begrenzte Wirkung zukäme. Dem öffentlichen Recht des Heimatstaates ist es grundsätzlich nicht verwehrt, die Namensführung seiner Staatsangehörigen im In- und Ausland verbindlich zu regeln. F ü r einen so bedeutsamen politischen Vorgang wie die Adelsabschaffung und ihre namensrechtlichen Folgen muß dies in besonderem Maße gelten. Der Fall der Firmenenteignung läßt sich in diesem Zusammenhang nicht zum Vergleich heranziehen, da die Firma als handelsrechtlicher Name einen sachlichen Vermögenswert darstellt, dessen Enteignung grundsätzlich nur im Bereich der Territorialhoheit möglich ist. Die Entscheidung des BayObLG vom 12. 10.1956 (vgl. StAZ 1957, 95) 4 kann nicht als Beispiel f ü r die Anerkennung einer territorial begrenzten Wirkung der ungarischen Adelsabschaffung gewertet werden, weil der Namensträger in dem betreffenden Falle ein Staatenloser war, der nach dem Verlassen Ungarns nicht mehr der Personalhoheit des ungarischen Staates unterstand. Im Gegensatz dazu war vorliegend der Vater des Kindes, als er am 12. 2. 1947 die Mutter heiratete, nach seinem ungarischen Heimatrecht nicht befugt, einen auf seine Adelszugehörigkeit hinweisenden Zusatz in seinem Familiennamen zu führen. Einen solchen Zusatz konnte deshalb auch die Mutter, die nach dem damals geltenden ungarischen Recht den Familiennamen des Ehemannes anzunehmen hatte (vgl. Boschan, Europäisches Familienrecht, 2. Aufl., 343), nicht erwerben. In den Bereich der deutschen Rechtsordnung sind die Eltern demnach mit ihrem bloßen Familiennamen eingetreten. Es besteht keine Veranlassung, dem ungarischen Gesetz Nr. IV/1947 innerhalb Deutschlands gemäß Art. 30 EGBGB wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public die Anerkennung zu versagen; durch Art. 109 WeimRV ist in Deutschland, wenngleich in namensrechtlich gemilderter Form, ebenfalls der Adel abgeschafft worden (vgl. BayObLG, StAZ 1961, 43 5 und 1962, 75 s ). Ob der Vater vor dem Inkrafttreten des ungarischen Gesetzes Nr. IV/1947 berechtigt war, beim Gebrauch der deutschen Sprache statt anderer Adelsbezeichnungen die Partikel ,von' zu führen, kann dahingestellt bleiben. Das am 12. 12. 1947 geborene Kind war jedenfalls nicht in der Lage, diese Partikel als Namensbestandteil zu erwerben, und zwar weder als ursprüngliches noch als in die deutsche Sprache übersetztes Adelsprädikat. Von den Vor4
IPRspr. 1956-1957 Nr. 12.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 17.
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instanzen ist deshalb mit Recht die entsprechende Berichtigung des Geburtseintrags angeordnet worden." 1 7 . Ehemals russische Staatsangehörige haben ihre frühere Adelsbezeichnung durch das sowjetrussische Dekret über die Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen vom 10./23. 11. 1917 verloren und sind nach dem späteren Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht berechtigt, die frühere Adelsbezeichnung zu führen. BayObLG, Beschl. vom 11. 8. 1965 - BReg. 2 Z 12/65: Unveröffentlicht. Im Sterbebuch des Standesamts I in M. ist am 28. 3. 1962 unter Nr. 978 beurkundet worden, daß „Julia v. E., geborene B. von R." als „Witwe von Georg von E." am 27. 3. 1962 in M. verstorben ist. Der Sohn der Verstorbenen, Fred von E., stellte zum AG M. den Antrag, eine Berichtigung dieses Sterbebucheintrags dahfti anzuordnen, daß der Ehename seiner Mutter „Baronin von E.", der Familienname seines Vaters „Baron von E." laute. Das AG M. lehnte den Berichtigungsantrag am 20. 4. 1964 ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde des ASt. hat das LG München I mit Beschluß vom 2. 11. 1964 als unbegründet zurückgewiesen. Beide Instanzen haben angenommen, die Eltern des ASt. seien zur Zeit des Inkrafttretens des sowjetrussischen Dekrets vom 10./23. 11. 1917 über die Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen russische Staatsangehörige gewesen und deshalb von der Aufhebung des Adels betroffen worden. Die für Lettland geschaffenen rechtlichen Besonderheiten gälten für sie nicht, da der Vater des ASt. Lettland schon vor Erlangung der Unabhängigkeit verlassen habe und nicht lettländischer Staatsangehöriger geworden sei. Gegen die Entscheidung des LG hat Fred von E. weitere Beschwerde eingelegt. Aus den Gründen: „1. • • • 2. Der Beschwf. glaubt, seinen Eltern sei zu dem Familiennamen von E . die Adelsbezeichnung Baron bzw. Baronin zugestanden; dieses Prädikat hätte darum im Sterbefalleintrag seiner Mutter dem Namen seiner Eltern vorgesetzt werden müssen. Adelsbezeichnungen gelten in Deutschland nach Art. 109 III WeimRV nur noch als Teil des Namens. Die Frage, ob den Eltern des Beschwf. das Prädikat Baron bzw. Baronin zukam, ist darum eine solche des Namensrechts. Dieses wird wegen des engen Zusammenhangs des Namens mit der Persönlichkeit eines Menschen dem Personenrecht zugerechnet. In Ermangelung einer anderen ausdrücklichen Regelung im deutschen I P R ist deshalb für die Namensführung grundsätzlich das Personalstatut des Namensträgers maßgebend. Ebenso wie sich die Geschäftsfähigkeit einer Person nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehört (Art. 7 I EGBGB), beurteilt sich auch der Name nach dem Heimatrecht (BayObLGZ 1964, 377, 379 = StAZ 1965, 126 = BayStA 1 9 6 5 , 1 5 1 mit den dort angegebenen weiteren Nachweisen). 1
Siehe oben Nr. 13.
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3. Der Vater des Beschwf. ist am 31. 12. 1867 (12. 1. 1868 der mit dem 14. 2. 1918 in Rußland eingeführten neuen - gregorianischen - Zeitrechnung) in Dorpat (Livland, das damals als baltische Provinz zu Rußland gehörte) geboren. Das Geschlecht, dem er entstammte, ist schon seit dem 15. Jahrhundert in Livland ansässig gewesen. Als im kaiserlichen Rußland geborener Abkömmling eines alteingesessenen Geschlechts hat er zweifellos die russische Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben (Meder, Das Staatsangehörigkeitsrecht der UdSSR und der baltischen Staaten, hrsg. von der Forschungsstelle f ü r Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, 1950, 11). Die Frage, welcher Name ihm zustand, ist deshalb grundsätzlich nach dem russischen Recht als der lex patriae zu beantworten. 4. In Rußland sind nach der Übernahme der Regierungsgewalt im Oktober 1917 durch den Sowjet der Volkskommissare mit dem vom Zentralexekutivkomitee der Arbeiter- und Soldatendeputierten bestätigten .Dekret von der Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen' vom 10. 11. 1917 (23. 11. 1917 neuen Stils), das am 12. 11. 1917 (25. 11. 1917 neuen Stils) in Kraft trat, die bisherige Gliederung der Bevölkerung des russischen Reiches in Stände beseitigt, der Adel aufgehoben und seine Titel abgeschafft worden (Brintzinger, Die ausländische Adelsgesetzgebung und der Adelsname im deutschen IPR: JblntR 10 (1961/62) 93, 143, 144). Da die aus der Oktoberrevolution hervorgegangenen Machtträger die Regierung von ganz Rußland sein wollten, beanspruchten ihre Rechtsetzungsakte grundsätzlich Wirksamkeit innerhalb des gesamten ehemaligen Kaiserreichs Rußland und gegenüber allen dessen Staatsangehörigen. 5. Es kann dahinstehen, ob das Dekret vom 10./23. 11. 1917 auch die Bewohner Lettlands erfaßte oder ob das Dekret dort deshalb ohne Wirkung blieb, weil Lettland in wechselvollen Machtkämpfen sich schließlich als selbständiger und unabhängiger Staat konstituierte, den Sowjetrußland in dem zu Riga geschlossenen lettisch-russischen Friedensvertrag vom 11. 8. 1920 auch de jure anerkannte (Laserson, Die Verfassungsentwicklung Lettlands: JböffR 11 [1922] 218ff.; Zaitzeff, Die Verfassungsentwicklung in Rußland seit dem Sturz des Zarentums: JböffR 11 [1922] 275, 282; Geilke, Das Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion, hrsg. von der Forschungsstelle f ü r Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, 1964, 83 ff.; vgl. zu diesem Rechtsproblem Baade, Georgisches Adelsnamensrecht und deutsches IPR: JblntR 9 [1959/60] 224, 227, 228; OLG Stuttgart, [StAZ] 1956, 118 2 ). Abgesehen davon, daß es überhaupt zweifelhaft erscheint, ob der Vater des Beschwf. aus dem zu Lettland geschlagenen südlichen Teil Livlands oder aber aus dem nördlichen Livland, das im Jahre 1918 zu Estland kam, stammte und nur Besitz auch in Lettland hatte, hätte ihm die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Lettland nur dann zu Nutze sein können, wenn er mindestens nach deren Proklamierung am 18. 11. 1918 innerhalb der Grenzen dieses Staates noch 8
IPRspr. 1954-1955 Nr. 9.
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seinen Wohnsitz gehabt und die lettische Staatsangehörigkeit erworben hätte. Beides ist nicht der Fall, jedenfalls nicht erweisbar. Vielmehr ist der Vater des Beschwf., wie letzterer selbst vortragen läßt, nach der Oktoberrevolution von 1917 aus Rußland emigriert; er hat im Jahre 1918 Aufenthalt in Berlin genommen, wo er dann am 21. 1. 1927 die Staatsangehörigkeit in Preußen durch Einbürgerung erworben hat. Damit entfiel f ü r ihn die Voraussetzung, als früherer russischer Untertan ipso jure die Staatsangehörigkeit Lettlands nach dem lettischen Staatsangehörigkeitsgesetz vom 23. 8. 1919 zu erwerben. Dessen Art. 1 gewährte die lettische Staatsangehörigkeit nur solchen Angehörigen des ehemaligen russischen Reiches, die am 27. 9. 1919 (dem Tage der Verkündung des Gesetzes) in Lettland lebten, d. h. innerhalb der Grenzen der Republik Lettland ihren ständigen Wohnsitz hatten (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 1. Aufl., 285, 2. Aufl., 347; Meder aaO 78; Geilke aaO 85, 86). Dafür, daß der Vater des Beschwf. später die lettische Staatsangehörigkeit noch erworben hätte, etwa durch Naturalisation (vgl. Art. 2-6 des Gesetzes vom 23. 8. 1919 i. d. F. vom 7. 10. 1921), ist nichts vorgetragen; es erscheint dies um so unwahrscheinlicher, als er sich schon verhältnismäßig bald in Deutschland einbürgern ließ und Art. 8 des lettischen Staatsangehörigkeitsgesetzes den gleichzeitigen Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Staates bei Verlust der Bürgerrechte Lettlands verbietet. 6. In Art. 8 des Friedensvertrages zwischen Rußland und Lettland vom 11. 8. 1920 (Bergmann aaO 286 bzw. 348) wurden n u r Personen, die am Tage der Ratifizierung dieses Vertrages auf dem Gebiete Lettlands wohnten, und ebenso gewisse Flüchtlinge aus Lettland, die in Rußland wohnten, als lettische Staatsangehörige anerkannt. Es darf angenommen werden, daß diese Personengruppen damit die russische Staatsangehörigkeit verloren. Dem entspricht übrigens die Rechtslage, wie sie f ü r Estland zunächst durch Verordnung des Landesrats betreffend die Staatsbürgerschaft der Demokratischen Republik Estland vom 26. 11. 1918 (vgl. Geilke aaO 77) und dann durch § 1 des dortigen Gesetzes betreffend die Staatsangehörigkeit vom 27. 10. 1922 und Art. IV des Friedensvertrages zwischen Rußland und Estland vom 2. 2. 1920 (Bergmann aaO 130 bzw. 150) geschaffen wurde. Diejenigen Balten jedoch, auf welche die genannten Voraussetzungen nicht zutrafen, also insbesondere solche, die nicht in ihrer Heimat geblieben, sondern emigriert waren, wurden nicht etwa staatenlos, sondern blieben zunächst russische Staatsangehörige (Seeler, Die Staatsangehörigkeit der Volksdeutschen, 1960, 29, auch schon StAZ 1955, 51, 52). Sie verloren ihre russische Staatsangehörigkeit weder durch den Wechsel des Trägers der Staatsmacht in Rußland, noch durch Abtrennung ihres Heimatlandes von dem Sowjetstaat. Nur wenn ein Staat vollkommen in neue Staaten zerfällt, erlischt mit dem Untergang des Altstaates auch seine Staatsangehörigkeit; die Bewohner verlieren notwendigerweise diese Staatsangehörigkeit und erwerben automatisch die des Neustaates, während im Ausland lebende Personen staatenlos werden (Jellinek, Der automatische Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit durch völkerrechtliche Vorgänge, zugleich ein Bei-
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trag zur Lehre der Staatensukzession, 1951, 194, 195). I m Falle Rußlands liegt ein solcher Tatbestand jedoch nicht vor, denn d e r Kern des Staates blieb erhalten, es erfolgten n u r Abtretungen und ein Abfall von Randgebieten (Seeler, StAZ 1955,51) . 7. Da ein f r ü h e r e r Grund f ü r den Verlust seiner russischen Staatsangehörigkeit nicht vorliegt, w u r d e der Vater des Reschwf. ehestens — und nicht etwa mit rückwirkender Kraft - durch die Verordnung des Rates der Volkskommissare über den Verlust der Staatsangehörigkeitsrechte durch einige im Ausland lebende Personenkategorien vom 28. 10. 1921 und das sie ersetzende Dekret des Allrussischen Zentral-Exekutivkomitees vom 15. 12. 1921 (abgedruckt bei Meder aaO 19 und Geilke aaO 292) staatenlos. Erst diese Erlasse erklärten u. a. solche Personen der russischen Staatsangehörigkeit f ü r verlustig, die nach dem 7. 11. 1917 aus Rußland ohne Genehmigung der Sowjetmacht ausgereist sind u n d sich bei Veröffentlichung dieser Verordnungen noch im Ausland aufhielten. Als Emigrant vom J a h r e 1918 ist der Vater des Beschwf. unter diesen Personenkreis gefallen. 8. Weil der Vater des Beschwf. frühestens mit Verkündung der Verordnungen vom 28. 10./15. 12. 1921 seine russische Staatsangehörigkeit verloren hat, w u r d e er noch durch das Dekret über die Abschaffung des Adels vom 10./23. 11. 1917 betroffen. Nach einem auch völkerrechtlich anerkannten, allgemeinen staatsrechtlichen Grundsatz gibt es zwei Arten staatlicher Hoheitsgewalt, die Personalhoheit und die Gebietshoheit. E r f a ß t die Gebietshoheit k r a f t Territorialprinzips n u r im Inland befindliche Personen, auch Ausländer und Staatenlose, so ergreift die staatliche Personalhoheit k r a f t Personalprinzips alle Staatsangehörigen Personen, gleichgültig, wo sie sich aufhalten (vgl. BayObLGZ 1956, 345, 349 3 und die dort angeführte Literatur). Daß die Personalhoheit eines Staates auch seine im Ausland befindlichen Angehörigen ergreift, ist ein allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts und damit gemäß Art. 25 GG auch Bestandteil des Bundesrechts (BayObLGZ 1961, 305, 311, 312 4 ; 1964, 377, 381 *). Dagegen gibt es keinen staatsrechtlichen oder völkerrechtlichen Satz, nach dem etwa politische Flüchtlinge und Emigranten mit dem Verlassen ihres Heimatstaates ihre alte Staatsangehörigkeit verlieren und vom Zeitpunkt der Flucht oder Emigration nicht m e h r von der Gesetzgebung ihres Heimatstaates, soweit diese a n die Staatsangehörigkeit a n k n ü p f t , betroffen werden (Brintzinger aaO 147). Daß das Dekret vom 10./23. 11. 1917 n u r f ü r die Bewohner Rußlands gelten sollte und sich eine überterritoriale Wirkung selbst nicht zuschreiben wollte, läßt sich aus ihm nicht entnehmen. Die Aufhebung aller Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen, die in Rußland bestanden, u n d die Festsetzung der allgemeinen Benennung ,Bürger der russischen Republik' konnte n u r den Sinn haben, alle Russen gleichzustellen. Dieser Zweck wäre nicht erreicht gewesen, wenn das Dekret im Ausland lebende russische Staatsangehörige nicht erfaßt hätte. 9. Die Abschaffung des Adels stellt auch nicht etwa - wie Soergel-SiebertKegel, BGB, 9. Aufl., Anh. zu EGBGB Art. 7 Rdnr. 7 entgegen der herrschen3 4 IPRspr. 1956-1957 Nr. 12. IPRspr. 1960-1961 Nr. 19.
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den Meinung annehmen - eine Enteignung dar, für welche die lex rei sitae gelte und die über das Gebiet des enteignenden Staates hinaus nicht wirken könne. Kann der Name (mit oder ohne Adelsprädikat) für einen Menschen auch von wirtschaftlichem W e r t sein, so steht er doch gerade mit der Persönlichkeit des Menschen in so engem Zusammenhang, daß für ihn nicht ein Sachstatut, sondern nur das Personalstatut (lex patriae) maßgebend sein kann (BayObLGZ 1960, 418, 430 5 ). Ob für einen Handelsnamen (Firma) wegen seiner besonderen Verbindung mit einem Handelsgeschäft etwas anderes gilt, steht hier nicht zur Erörterung. 10. Da sonach der Vater des Beschwf. seine Adelsprädikate durch das russische Dekret vom 10./23. 11. 1917 rechtswirksam verloren hatte, ist er bei Erwerb der Staatsangehörigkeit in Preußen durch Einbürgerung am 21. 1. 1927 ohne die Namensbezeichnung ,Baron' in die deutsche Rechtsordnung eingetreten. Der Verlust des früheren Adelsprädikates blieb forthin in W i r kung. Insbesondere hat auch der durch die Einbürgerung eingetretene Wechsel des Personalstatuts zum deutschen Recht hin dem Namensträger seinen verlorenen Namensteil nicht wiederbringen können. Es ist ein anerkannter Grundsatz des I P R , daß ein Statutenwechsel keine Rückwirkung hat und .wohlerworbene und wohlverlorene Rechte' unberührt läßt. Vielmehr werden beim Statutenwechsel Tatbestände, die sich unter dem früheren Statut vollendet haben und die zum Erwerb oder Verlust von Rechten geführt hatten, von der neuen Rechtsordnung anerkannt (BayObLGZ 1961, 305, 312 4 ). Damit konnte sich auch die Mutter des Beschwf. nicht mehr ,Baronin' nennen. Das deutsche Recht kennt nur einen einheitlichen Familiennamen; Ehe- und Familienname ist der Name des Mannes (§ 1355 BGB alter und neuer Fassung). W e i l der verstorbenen Frau Julia von E. und ihrem vorverstorbenen Mann die Prädikate .Baronin' bzw. ,Baron' nicht mehr zustanden, hat das AG zutreffend den Antrag auf Berichtigung des Sterbefalleintrages abgelehnt. Das LG hat diese Entscheidung mit Recht gebilligt. Die weitere Beschwerde ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen." 1 8 . Welcher Name einer natürlichen Person zukommt, bestimmt sich nach ihrem Heimatrecht. Bei mehrfacher ausländischer Staatsangehörigkeit ist das Recht des Staates maßgebend, zu dem engere Beziehungen bestehen. Nach einer ungeschriebenen Common-Law-Regel der USA kann ein Vorname allein dadurch geändert werden, daß er tatsächlich geführt wird. Wird das Domizil im Sinne des amerikanischen IPR in den USA aufgegeben und in Deutschland neu begründet, so wird der in den USA als rechtsverbindlich anerkannte Vorname für die deutsche Rechtsordnung nicht wieder in Frage gestellt. Die Vornamensänderung ohne behördliches Verfahren verstößt nicht gegen den ordre public (Art. 30 EGBGB). LG München I, Beschl. vom 19. 8. 1965 - 16 T 36/63, 1/64: Unveröffentlicht. 5
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Die Stadt M. als Aufsichtsbehörde des Standesamts IV in M. beantragte beim AG M., die Berichtigung eines Geburtenbucheintrages anzuordnen. Der Vater heiße mit Vornamen nur Wolfgang und nicht Farkas. Das AG M. hat dem Antrag der Stadt entsprochen. Der Vater hat dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung seiner Beschwerde trägt er vor, bereits bei seiner Geburt habe er von seinen Eltern in Anlehnung an den Namen eines Urgroßonkels den Vornamen Farkas erhalten. Die deutsche Ubersetzung dieses ungarischen Namens in die deutsche Form „Wolfgang" sei im Jahre 1956 in seine deutsche Geburtsurkunde nur deshalb aufgenommen worden, weil seine Eltern wegen der ungarischen Staatsangehörigkeit seines Vaters ohnehin schon in Deutschland Schwierigkeiten gehabt hätten und weitere Unannehmlichkeiten hätten vermeiden wollen. Er sei von den Eltern stets Farkas genannt worden und habe sich ständig so bezeichnet. Auch in den USA, wohin er im Jahre 1949 nach der Flucht seiner Familie aus der Heimat Ungarn ausgewandert sei, habe er stets den Vornamen Farkas geführt. Das gelte sowohl für die Zeit vor, wie nach seiner dortigen Einbürgerung im Jahre 1959. Zwar sei in der Einbürgerungsurkunde als Vorname Wolfgang angegeben, das erkläre sich jedoch damit, daß er damals seine Geburtsurkunde vorgelegt habe, in der sein Vorname so angegeben sei. In den USA habe er sein „Domicil" von 1949 bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland in Washington D. C. gehabt. Nach seiner Rückkehr habe er in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls den Vornamen Farkas geführt. Als Nachweis für die Richtigkeit seiner Angaben hat der Beschwf. seinen US-Paß und eine USWehrdienstklassifizierungskarte vorgelegt. In diesen Papieren ist sein Vorname mit Farkas angegeben. Er hat ferner eine eidesstattliche Erklärung seiner Mutter vom 10. 3. 1964 vorgelegt, in der erklärt wird, daß der Beschwf. den Vornamen Farkas nach seinem Urgroßonkel in Siebenbürgen erhalten habe. Er hat weiterhin Bezug genommen auf seine in den USA ausgestellte Heiratsurkunde vom 23. 9. 1960 und einem Haftregisterauszug des Government of the District of Columbia, Metropolitan Police Department vom 19. 9. 1963. Diese, im Beschwerdeverfahren beigezogenen Urkunden geben den Vornamen des Beschwf. mit Farkas an. Die Stadt M. ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, daß der Beschwf. mit Vornamen nicht Farkas, sondern Wolfgang heißt. Zur Frage der Rechtslage in den USA bezüglich des Vornamens des Beschwf. wurde ein Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München - im folgenden als „Gutachten" zitiert - eingeholt. Aus den Gründen: „1. Welcher Name einer natürlichen Person zukommt, bestimmt sich nach ihrem Heimatrecht. Das Namensrecht gehört dem Personenrecht an. Der Name eines Menschen steht mit seiner Persönlichkeit in so engem Zusammenhang, daß für ihn mangels anderer ausdrücklicher gesetzlicher Regelung im deutschen IPR nur das Personalstatut maßgebend sein kann. Sein Name beurteilt sich nach den Gesetzen des Staates, dem er angehört (BayObLGZ 1960, 418, 422 1 m. w. Nachw.). 2. Der Vorname des Beschwf. in den Jahren 1961/1963 beurteilt sich nach dem Recht der USA, da dieser seit seiner Einbürgerung im Jahre 1959 die US-Staatsbürgerschaft besitzt. Dort bestimmt sich sein Namensrecht nach den diesbezüglichen Regeln des Bundesterritoriums Columbia, wo der Beschwf. in Washington D. C. von seiner Einwanderung im Jahre 1949 bis 1
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zur Rückkehr nach Deutschland Ende 1960 sein .Domicil' hatte (vgl. Gutachten) . Der Beurteilung nach dem Recht der USA steht nicht entgegen, daß der Beschwf. möglicherweise noch heute kraft Abstammung ungarischer Staatsangehöriger ist (Gesetzesartikel = G. A. 1/1879 über den Erwerb und Verlust der ungarischen Staatsangehörigkeit §§ 2 Nr. 1, 3a, abgedruckt in Szlezak, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Ungarn, 1959, 98, 99). Die gleichzeitige Staatsangehörigkeit zu Ungarn und den USA hindert eine Beurteilung nach US-Recht deshalb nicht, weil der Beschwf. im Vergleich zu Ungarn zu den USA die engeren Beziehungen hat (vgl. Kegel in Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Rdn. 28 zu Art. 29 EGBGB). Der Beschwf. hat im Jahre 1945 im jugendlichen Alter seine Heimat Ungarn verlassen, um nicht mehr dorthin zurückzukehren; er ist in die USA ausgewandert, hat die dortige Staatsbürgerschaft auf Grund eigenen Betreibens erworben, hat in den USA Wehrdienst geleistet und dort eine eigene Familie gegründet. Nach seinen eigenen Angaben fühlt er sich den ungarischen Gesetzen nicht mehr verpflichtet. Letztlich spricht auch f ü r die Anwendung des Rechts der USA, daß der Beschwf. dort seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor der Ubersiedlung Ende 1960 nach Deutschland hatte (Gutachten m. w. Nachw.). 3. Findet nach dem Gesagten auf das Namensrecht des Beschwf. das Recht der USA Anwendung, so ist dort von der einen Bestandteil des ungeschriebenen Richterrechts bildenden Common-Law-Regel auszugehen, daß dem Beschwf. der Name zukommt, den er in den USA tatsächlich geführt hat. Selbst wenn der Beschwf. bei seiner Geburt den Namen Wolfgang erhalten hatte, so konnte er diesen durch tatsächlichen Gebrauch des Vornamens Farkas statt Wolfgang in Farkas ändern. Allein durch Führung des Namens Farkas konnte er sich diesen Vornamen zulegen, ohne daß es eines behördlichen Verfahrens bedurfte (vgl. Gutachten; Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Bd. VI, USA S.39). Nach dem Recht des District of Columbia (vgl. Gutachten) bestehen keine Vorschriften, welche die genannte Common-Law-Regel beseitigen oder einschränken. 4. Der Beschwf. hat in den USA tatsächlich ständig den Namen Farkas geführt. Dieser ist als sein rechtmäßiger Vorname anzusehen. Seine diesbezüglichen Angaben sind glaubwürdig und werden durch das Ergebnis der Ermittlungen bestätigt. Nach der eidesstattlichen Erklärung der Mutter des Beschwf. erscheint glaubwürdig, daß von seinen Eltern ohne Rücksicht auf seinen im Personenstandsregister eingetragenen Vornamen im Rahmen des Familienverbandes die ungarische Form des Namens Wolfgang, nämlich Farkas, gebraucht wurde. Spricht schon diese Tatsache dagegen, daß der Beschwf. sich entgegen seinen Angaben in den USA mit dem Namen Wolfgang bezeichnet hat, so ergibt sich die Führung des Namens Farkas weiter aus den im Beschwerdeverfahren vorgelegten und beigezogenen amerikanischen Urkunden, nämlich dem US-Paß, der Wehrdienstklassifizierungskarte, der Heiratsurkunde und dem Haftregisterauszug, die sämtlich auf den Vornamen Farkas lauten. Der Einbürgerungsurkunde
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kommt in diesem Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zu, da sich die darin enthaltene Angabe des Vornamens Wolfgang zwanglos damit erklären läßt, daß sie aus der Geburtsurkunde ohne nähere Prüfung übernommen wurde. 5. Der von dem Beschwf. in seinem Heimatstaat USA geführte Vorname Farkas ist auch f ü r die deutsche Rechtsordnung verbindlich. Durch seine Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland Ende 1960 mit dem Ziel, hier zu bleiben, hat der Beschwf. sein .Domicil' im Sinne des amerikanischen IPR in den USA aufgegeben und in Deutschland ein neues .Domicil' begründet. Da das amerikanische IPR auf das ,Domicil' abstellt, untersteht der Beschwf. seit seiner Rückkehr nach Deutschland kraft Rückverweisung deutschem Recht (Gutachten). Der mit der Verlegung des .Domicil' verbundene Statutenwechsel hat jedoch nicht zur Folge, daß der in den USA als rechtsverbindlich anerkannte Vorname Farkas nunmehr f ü r die deutsche Rechtsordnung wieder in Frage gestellt würde. Insoweit gilt der Grundsatz des IPR, daß ein Statutenwechsel keine Rückwirkungen hat, so daß der Beschwf. mit dem Vornamen in die deutsche Rechtsordnung eingetreten ist, der ihm nach seinem amerikanischen Heimatrecht zustand (BayObLGZ 1961, 305, 312 2 m. w. Nachw.). Das ist, wie bereits ausgeführt, der Name Farkas. 6. Schließlich ist zu sagen, daß auch der ordre public (Art. 30 EGBGB) der Anerkennung des Vornamens Farkas nicht entgegensteht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem Beschwf. bereits von Geburt an der Name Farkas zukommt oder ob er ihn im Wege der freien Namensänderung in den USA angenommen hat. Auch im letzteren Falle steht Art. 30 EGBGB nicht im Wege. Zwar ist dem deutschen Personenstandsrecht eine Änderung des Vornamens ohne behördliches Verfahren fremd (vgl. Feneberg-Simader, PStG, 1958, § 30 Anm. 4a). Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, daß die Anwendung eines ausländischen Gesetzes, das die Änderung eines Vornamens ohne behördliches Verfahren zuläßt, ausgeschlossen wäre. Ausgeschlossen ist die Anwendung abgesehen vom Falle des Sittenverstoßes, der hier von vorneherein ausscheidet, nur dann, wenn sie mit Rücksicht auf die deutsche Rechtsordnung schlechthin untragbar' ist, wenn die Anwendung ,direkt die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde' (Kegel aaO Art. 30 EGBGB Rdn. 9, 10). Das ist bei der Möglichkeit einer Vomamensänderung ohne behördliches Verfahren nicht der Fall. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn das deutsche Personenstandsrecht überhaupt keine Änderung des Vornamens zulassen würde. Die Vorschrift, daß Namensänderungen grundsätzlich nicht im freien Belieben des Namensträgers stehen, sondern an ein behördliches Verfahren gebunden sein sollen, dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Diese Prinzipien werden jedoch durch die Möglichkeit einer Vornamensänderung ohne behördliches Verfahren nicht so wesentlich beeinträchtigt, daß f ü r Fälle, in denen das ausländische Recht eine der2
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artige Regelung trifft, eine Ausnahme unerträglich wäre. Das gilt u m so m e h r , als das Interesse a n der Rechtsklarheit u n d Rechtssicherheit sich in erster Linie auf den F a m i l i e n n a m e n einer P e r s o n bezieht, da diesem gegenü b e r dem V o r n a m e n eine vorzugsweise Kennzeichnungsfunktion z u k o m m t . Dem entspricht es, daß, soweit ersichtlich, in L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung gegen die Anerkennung eines ohne behördliches V e r f a h r e n nach ausländischem Recht in zulässiger Weise a n g e n o m m e n e n Vornamens keine Bedenken erhoben werden (vgl. Bergmann aaO; LG Berlin, StAZ 1931, 132). 7. Da nach alledem die sofortige Beschwerde begründet ist, w a r e n die angefochtenen Beschlüsse im P u n k t e der Berichtigung des Vornamens dahin abzuändern, d a ß der Vater mit Vornamen n u r F a r k a s heißt. Der diesbezügliche Antrag der Stadt München w a r zurückzuweisen." 1 9 . In Meran beheimatete deutsch-österreichische Staatsangehörige haben ihr Adelsprädikat durch das österreichische Gesetz vom 3. April 1919 über die Abschaffung von Adelsbezeichnungen verloren, auch wenn der Adel nicht in Österreich verliehen worden war. Der Verlust der Adelsbezeichnung wird durch den späteren Erwerb der italienischen und deutschen Staatsangehörigkeit nicht beeinflußt. AG Traunstein, Beschl. vom 29. 9. 1965 - UR III 11 mit 14/1965: Unveröffentlicht. Emanuel Freiherr von G. wurde 1893 als altösterreichischer Staatsbürger in Imst/Tirol geboren. Die Familie von G. verzog im Jahre 1904 nach Brixen und 1906 oder 1907 nach Meran. Emanuel Freiherr von G. ist der Vater des 1929 in Bozen unehelich geborenen Kindes Franz, mit dessen Mutter Martha R. er 1931 die Ehe schloß. Der Sohn Franz heiratete 1957 in Rosenheim Maria W. und hat mit ihr mehrere Kinder. Im Heiratsbuch sowie in den Geburtenbüchern der Kinder, sämtlich geführt beim Standesamt R., ist der Name G. jeweils ohne Beifügung eines Adelsprädikates eingetragen. Der ASt. Franz G. begehrt Ergänzung der jeweiligen Einträge in „Freiherr von G.", da ihm, seiner Ehefrau und seinen Kindern das Prädikat „Freiherr von" bzw. „Freifrau von" zukomme. Dem Antrag haben sich die Ehefrau Maria G. und die Stadt R. angeschlossen. Das Gericht hat ein Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München erholt. Auf das unter dem 5. 7. 1965 erstellte, den Beteiligten zur Kenntnisnahme zugeleitete Gutachten wird Bezug genommen. Aus den Gründen: „Adelsbezeichnungen sind nach Art. 109 WeimRV Bestandteil des Namens. Der Gebrauch einer Adelsbezeichnung h a t deshalb in Deutschland n u r noch namensrechtliche Bedeutung, u n d zwar auch dann, w e n n es sich u m ein ausländisches Adelsprädikat handelt. Das Namensrecht gehört dem Personenrecht an. Maßgebend ist allein das Personalstatut. Im vorliegenden Fall ist d a h e r eine Berichtigung der deutschen Personenstandsbücher in der beantragten Weise n u r zulässig, w e n n der ASt. bei seinem Eintritt in die
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deutsche Rechtsordnung die Berechtigung zur Führung der Adelsbezeichnung noch nicht verloren hatte. Ein solcher Verlust war aber nach Auffassung des Gerichts, das sich auf das Gutachten des vorgenannten Instituts stützt, bereits für die Person des Vaters des ASt., des Emanuel Freiherrn von G., eingetreten. Dem ASt. kam schon von Geburt an ein Adelsprädikat nicht zu. Emanuel von G. war kraft Geburt altösterreichischer Staatsbürger. Dieser altösterreichischen Staatsbürgerschaft, die mit dem Zerfall der Donaumonarchie erlosch, folgte die deutsch-österreichische Staatsangehörigkeit des Emanuel von G. nach dem Gesetz vom 5. 12. 1918 über das deutschösterreichische Staatsbürgerrecht. Denn der Vater des ASt. war im Dezember 1918 in einer Gemeinde der deutsch-österreichischen Republik heimatberechtigt, da Meran zum damaligen Zeitpunkt überwiegend deutsches Siedlungsgebiet war. Die Besetzung des Südtiroler Gebietes durch Italiener war zu diesem Zeitpunkt und hinsichtlich der Frage der Staatsangehörigkeit der Bewohner in nicht ausschließlich italienischen Siedlungsgebieten ohne Einfluß. Diese Regelung hatte auch noch Bestand, als die Republik Österreich am 3. 4. 1919 das Gesetz über die Aufhebung des Adels erließ. Nach § 1 dieses Gesetzes wurden der Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge aufgehoben. § 2 des Gesetzes verbot die Führung von Adelsbezeichnungen. Damit war das Recht des Vaters des ASt. zur weiteren Führung jeglicher Adelsbezeichnung erloschen. Die ihm 1931 angetraute Martha R. konnte durch die Eheschließung ebensowenig ein Adelsprädikat erwerben wie der ASt. und dessen Kinder durch Legitimation oder Geburt. Eine andere Beurteilung der Sachlage wäre nur möglich, wenn der Vater des ASt. vor dem Gesetz vom 3. 4: 1919 die italienische Staatsangehörigkeit erworben gehabt hätte, da Italien zumindest bis zur Verfassung von 1947 keine Bestimmung über die Abschaffung von Adelsbezeichnungen erlassen hat. Ein Erwerb der italienischen Staatsangehörigkeit durch den Vater des ASt. erfolgte jedoch nach der Überzeugung des Gerichts vor April 1919 nicht. Erst durch den Vertrag von St. Germain vom 16. 7. 1920 verlieh der italienische Staat einem Teil der in den Südtiroler Gebieten ansässigen Personen kraft Gesetzes die italienische Staatsbürgerschaft, während er einem anderen Teil in dem gleichen Vertrag die Möglichkeit eröffnete, mittels Reklamation die italienische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Wenn die Mutter des ASt. vorträgt, sie wisse bestimmt, daß ihr Ehemann die italienische Staatsangehörigkeit durch Reklamation erworben habe, dann gibt sie damit selbst zu, daß dies vor dem 16. 7. 1920 nicht gewesen sein kann. Zu diesem Zeitpunkt aber war - wie oben bereits dargetan - das Recht des Vaters des ASt. auf Führung des Adelprädikates bereits erloschen. Es konnte weder durch den Erwerb der italienischen Staatsbürgerschaft noch durch den späteren Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit, und zwar weder in seiner Person noch in der Person eines seiner Angehörigen oder Nachkommen, wieder aufleben. Das Vorbringen, das österreichische Gesetz vom 3. 4. 1919 betreffend Ab-
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Schaffung und Verbot der Führung von Adelsbezeichnungen habe sich nur auf in Österreich verliehenen Adel und nicht — wie im vorliegenden Fall behauptet - auf im Elsaß verliehenen Adel beziehen können, ist nach Auffassung des Gerichts unzutreffend. Wenn ein Staat die Führung jeglicher Adelsprädikate untersagt, dann will er davon alle seinem Personalstatut unterliegenden Personen betroffen wissen. Eine Ausnahme hinsichtlich eines im Ausland verliehenen Adels ist dem Gesetz vom 3. 4. 1919 nicht zu entnehmen. So hat sich z. B. auch hinsichtlich alten deutschen Adels durch die Verbotsgesetze in Österreich, Ungarn, Polen und anderen Ländern die Folge ergeben, daß Adelige, die stets deutsche Staatsangehörige waren, die Adelsbezeichnung als Namensbestandteil weiterführen können, während Mitglieder des gleichen Adelsgeschlechtes, die im Zeitpunkt des Verbotes dem Personalstatut des verbietenden Staates unterstanden haben, auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland des Adelsprädikates verlustig gegangen waren und es in Deutschland nicht mehr führen dürfen ([o. Bernstorff, Das Recht des Familiennamens in der neueren Rechtsprechung:] NJW 1961, 636,3. Abs.). Schließlich hat auch das Grundgesetz vom 23. 5. 1949 nicht bewirkt, daß eine Person, deren Adelsbezeichnung im Ausland beseitigt worden ist, diese nach Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit automatisch als Namensbestandteil wieder führen darf. Zu den hier behandelten Fragen vgl. Pfeiffer, PStG, § 1 Anm. 14; BayObLGZ 1960, 423 1 ; 1961, 310 2 ; 1962, 403 3 ; [OLG Köln] StAZ 1965, 247 4 ." 20» Angehörige des untitulierten kaiserlich-russischen Adels sind, auch wenn sie nicht unter das sowjetrussische Dekret über die Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen vom 10.123. 11. 1917 fallen, nicht berechtigt, in Deutschland das Prädikat ,von zu führen. BayObLG, Beschl. vom 9. 11. 1965 - BReg. 2 Z 28/65: BayObLGZ 1965, 372; MDR 1966, 329; StAZ 1966, 170; Leitsatz in BayJMBl. 1966, 25. Am 8. 9. 1950 ist unter Nr. 1169 im ersten Teil des Familienbuches (Heiratsbuch) des Standesamts IV in M. die Eheschließung des Dolmetschers „Alexander von B." mit Edeltraud Karolina O. beurkundet worden. Unter Verwendung der Namensbezeichnung „von" haben die Ehegatten die Eintragung ihrer Heirat auch unterschrieben. Die Landeshauptstadt M. als Aufsichtsbehörde des Standesamts ist der Auffassung, dem am 7. 1. 1905 in Wilna (Litauen) geborenen Ehemann sei als Angehörigen des russischen Erbadels nach seinem russischen Heimatrecht das Prädikat „von" nicht zugestanden. Sie stellten deshalb am 13./14. 11. 1961 zum AG M. den Antrag, anzuordnen, daß der Heiratseintrag wie folgt berichtigt wird: Der Familienname des Mannes lautet „B.", das Wort „von" entfällt. Alexander B. und seine von ihm geschiedene Ehefrau Edeltraud Karolina R. traten dem Berichtigungsantrag entgegen. Der Name und die Familie B. seien brandenburgischen Ursprungs. Der Ehemann habe mit seiner Geburt die kaiserlich-russische Staatsangehörigkeit erworben, sei nach dem Zusammenbruch des 1 3
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 17. IPRspr. 1962-1963 Nr. 11.
IPR 1964/65
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 19. Siehe oben Nr. 16.
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russischen Kaiserreichs im Jahre 1918 staatenlos geworden und mindestens bis 1943 staatenlos geblieben; Angehöriger eines baltischen Nachfolgestaates sei er nicht geworden. Seit Mitte 1918 seien ihm Ausweise und Pässe mit dem Namensprädikat „von" ausgestellt worden, so im Jahre 1918 ein deutscher Paß vom Generalgouvernement Warschau, 1924 ein Personalausweis vom Polizeipräsidium Stallupönen und 1941 ein Fremdenpaß vom Polizeipräsidium Ludwigshafen. Während seines Aufenthalts in Frankreich von 1925 bis 1941 hätten auch die französischen Behörden das Prädikat „de" (von) in seinem Namen anerkannt. Als „von B." sei er schließlich anfangs 1945 auch in das KZ Mauthausen gekommen. Sein Vater sei nach der Februar-Revolution 1917 von Estland nach Südrußland gegangen, sei dort Mitglied einer antisowjetischen Regierung geworden und etwa im Jahre 1920 von den Bolschewisten erschossen worden. Seine Mutter habe etwa im Jahre 1926 die polnische Staatsangehörigkeit erworben; er selbst sei vor dieser Zeit schon im deutschen Reichsgebiet gewesen. Es verstoße gegen die guten Sitten, ihm nun das lange geführte Prädikat „von" zu entziehen. Mit Beschluß vom 18. 12. 1962 ordnete das AG M. die Berichtigung des Heiratseintrages gemäß dem Antrag der Stadt M. an. Die hiegegen zulässig erhobene sofortige Beschwerde des Alexander B. hat das LG M. am 16. 3. 1965 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den ihm am 24. 3. 1965 zugestellten Beschluß des LG hat Alexander B. zum BayObLG sofortige weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Vorentscheidungen aufzuheben und eine Berichtigung des Heiratsbucheintrags abzulehnen. Aus den Gründen: „1. Der Zusatz ,von' zu seinem N a m e n B. wird von dem Beschwf. a u s dem Grunde der Zugehörigkeit seines Vaters zum russischen Erbadel, also als Adelsbezeichnung in Anspruch genommen. Nach Art. 109 III W e i m R V gelten in Deutschland Adelsbezeichnungen, gleichgültig, welchen U r s p r u n g s sie sind, n u r noch als Teil des Namens. Die Frage, ob dem Beschwf. das P r ä d i k a t ,von' z u k o m m t , ist d a r u m eine solche des Namensrechts. Dieses wird wegen des engen Z u s a m m e n h a n g s des Namens mit der Persönlichkeit eines Menschen d e m Personenrecht zugerechnet. I n E r m a n g e l u n g einer a n d e r e n ausdrücklichen Regelung im deutschen I P R ist deshalb f ü r die N a m e n s f ü h r u n g grundsätzlich das Personalstatut des Namensträgers m a ß gebend. Ebenso wie die Geschäftsfähigkeit einer P e r s o n nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird, dem die Person angehört (Art. 7 I EGBGB), bestimmt sich auch der N a m e nach dem Heimatrecht (BayObLGZ 1964, 377, 379 = StAZ 1965, 126 = BayStA 1965, 15 1 mit den dort angegebenen weiter e n Nachweisen). 2. Wie der Beschwf. selbst ist auch schon sein Vater in R u ß l a n d geboren. Dieser w a r nach dem Vortrag in der weiteren Beschwerde russischer Staatsbeamter. Als in R u ß l a n d geborener Staatsbeamter besaß er zweifellos die russische Staatsangehörigkeit. Als eheliches Kind eines russischen Staatsangehörigen e r w a r b auch der Beschwf. durch Geburt die russische Staatsangehörigkeit (Meder, Das Staatsangehörigkeitsrecht der UdSSR u n d d e r baltischen Staaten, hrsg. von der Forschungsstelle f ü r Völkerrecht u n d ausländisches öffentliches Recht der Universität H a m b u r g , 1950, 11). Die 1
Siehe oben Nr. 13.
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Frage, welcher Name ihm zusteht, ist deshalb grundsätzlich nach dem russischen Recht als der lex patriae zu beantworten. 3. Als Adelstitel galten in Rußland nur ,Baron', ,Graf und .Fürst'. Die Mehrheit des russischen Adels war untituliert und führte die russische Bezeichnung .Edelmann'. Das deutsche Vorwort ,von' wurde nur solchen Adeligen zugestanden, die ein dahingehendes Zeugnis des Heraldie-Departements des Dirigierenden Senats in St. Petersburg besaßen oder einem ausländischen Adelsgeschlecht angehörten, dem das Prädikat ,von' zukam und in Rußland anerkannt war, oder in eine der Adelsmatrikeln der baltischen Ritterschaften auf Grund der ihren Vorfahren bereits zustehenden Berechtigung eingetragen waren (LG Hamburg, StAZ 1953, 110, 111; 1954, 111; OLG Stuttgart, StAZ 1956, 118 2 ; OVG Münster, StAZ 1961, 191, 192»; Brintzinger, Die ausländische Adelsgesetzgebung und der Adelsname im deutschen IPR: JblntR 10 [1961/62] 93, 144). Da die russischen Legitimationsdokumente vor 1917 neben dem russischen meist noch einen französischen und deutschen Text trugen, fand sich dort zumeist eine Übersetzung des untitulierten russischen Adels (Edelmann) in die Adelsformen der deutschen und französischen Sprache (,von', ,de'). Infolge dieser Praxis wurde der Rechtsschein erweckt, dem untitulierten russischen Adel stehe das deutsche oder französische Vorwort als Adelszeichen auch in Rußland zu. Dies war jedoch nicht der Fall. Das Heraldie-Departement des Dirigierenden Senats, das f ü r alle den Adelsstand betreffenden Fragen zuständig war und über die Berechtigung zur Führung von Adelstiteln zu entscheiden hatte, hatte im Gegenteil mehrfach darauf hingewiesen, daß der Gebrauch des Vorwortes ,von', selbst wenn die Namen mit diesem Wort in den f ü r den russischen Adel maßgeblichen Adelsgeschlechtsbüchern oder in Taufund Geburtsscheinen eingetragen waren, nur beim Vorliegen der genannten drei grundsätzlichen Ausnahmen von der russischen Regel, wofür Beweis geführt werden mußte, gestattet sei (Brintzinger aaO 145; v. Frey mann, ZOstR 1 [1927] 266, 267). 4. Der Beschwf. hat selbst nicht vorgetragen, daß sein Vater zu einem der drei genannten Personenkreise gehört habe, dem das deutsche ,von' zu seinem Namen zugestanden ist. Es fehlen f ü r eine solche Annahme alle Anhaltspunkte; daß die Familie und ihr Name brandenburgischen Ursprungs seien, sagt hierüber nichts (vgl. OLG Stuttgart, StAZ 1956, 118, 119 2 ). Vielmehr hat der Beschwf. zum Gebrauch des Prädikates ,von' im zaristischen Rußland selbst vortragen lassen, daß Adelsprädikate nicht geführt wurden, es adelige Namen jedoch ohne Adelsprädikat gab. Traf dies aber auf den Vater des Beschwf. zu, stand diesem also trotz seiner Zugehörigkeit zum Adel schon nach dem kaiserlich-russischen Recht kein Prädikat zu seinem Namen zu, so kann ein solches auch vom Beschwf. nicht in Anspruch genommen werden. Die Zugehörigkeit zum Adel allein gibt ihm nicht das Recht, seinem Namen nun das Adelsprädikat ,von' als Namensteil voranzusetzen (vgl, f ü r das ungarische ,nemes' BayObLGZ 1962, 401, 405 4 ). 2 IPRspr. 1954-1965 Nr. 9. IPRspr. 1962-1963 Nr. 11.
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5. Stand nun aber dem Vater des Beschwf. und damit auch diesem selbst die Namensbezeichnung ,von' schon nach kaiserlich-russischem Recht nicht zu, so kann es namensrechtlich darauf nicht mehr ankommen, ob sie als russische Staatsangehörige von dem sowjetrussischen ,Dekret von der Abschaffung der Stände und bürgerlichen Rangbezeichnungen' vom 10./ 23.11. 1917 betroffen wurden, durch welches die bisherige Gliederung der Bevölkerung des russischen Reiches in Stände beseitigt, der Adel aufgehoben und seine Titel abgeschafft wurden. Desgleichen bedarf es keiner Erörterung, ob die Anwendung dieses Dekretes gegen den deutschen ordre public oder Bestimmungen des Grundgesetzes verstoße (vgl. dazu BayObLGZ 1960, 418, 424, 428 5 ; 1961, 305, 313 6 ; 1964, 377, 3 8 1 O L G Köln, StAZ 1965, 247, 248 7 ; auch Seeler, Die Staatsangehörigkeit der Volksdeutschen, 1960, 29; StAZ 1955,51,52). 6. Rechtlich unerheblich f ü r die Befugnis zur Führung der Bezeichnung ,von' ist, daß dem Beschwf. von deutschen Behörden Pässe und sonstige Personalausweise mit diesem Prädikat ausgestellt worden sind. Es ist nicht der Zweck solcher Urkunden, verbindlich Namensfeststellungen zu treffen oder gar die Berechtigung zur Führung von Adelstiteln mit konstitutiver Wirkung auszusprechen. Sie sind darum zum Nachweis eines Adelstitels nicht ausreichend (vgl. RdErl. d. Mdl von Rheinland-Pfalz vom 3. 4. 1954, StAZ 1954, 108; OVG Münster, StAZ 1961, 191, 192 8 ). Selbst einer Einbürgerungsurkunde könnte keine Konstitutivwirkung hinsichtlich des Namens beigemessen werden, da ihr eine Namensfeststellungswirkung weder gesetzlich noch gewohnheitsrechtlich übertragen ist (BayObLGZ 1960, 418, 428® und die dort angeführte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung; Brintzinger aaO 104). Weil die Frage des Namensrechts von einer Einbürgerung des Beschwf. unabhängig ist, besteht auch kein Anlaß, das Verfahren zur Berichtigung des Heiratsbucheintrages auszusetzen, bis über die Staatsangehörigkeit des Beschwf. entschieden ist. Keine rechtsbegründende Wirkung besitzt ferner die Tatsache, daß der Beschwf. das Prädikat ,von' (in Frankreich ,de') bisher unbeanstandet gef ü h r t hat. Den Behörden ist es nicht möglich, die Namensführung auch nur der zahlreichen Zuwanderer alsbald auf ihre Berechtigung nachzuprüfen. Es kann dahinstehen, ob etwa ein generationenlanger gutgläubiger Gebrauch eines falschen Namens ein Recht zur Weiterführung dieses Namens verschafft. Die Zeit, seit welcher der Beschwf. das Prädikat ,von' in Deutschland gebraucht, reicht jedenfalls nicht aus, ihm ein Recht hierauf zuzuerkennen (vgl. LG Hamburg, StAZ 1954,111,112 8 ; OLG Stuttgart, StAZ 1956, 118, 119 2 ; BayVGH, BayVBl. 1957, 160, 162; BayObLGZ 1960, 418, 428 6 ). Es verstößt auch nicht gegen die guten Sitten, das Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, den Beschwf. in seine namensrechtlichen Schranken zu verweisen. Stand dem Beschwf. schon nach seinem russischen Heimatrecht - sei es, daß er dem untitulierten Adel zugehörte, sei es, daß ihm auf jeden Fall der Gebrauch des Adelsprädikates ,von' nicht gestattet war 5
IPRspr. 1960-1961 Nr. 17. ' Siehe oben Nr. 16.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 19. IPRspr. 1952-1953 Nr. 15.
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die Führung des Vorwortes ,von' zu seinem N a m e n B. nicht zu, läßt sich eine Berechtigung jedenfalls nicht erweisen, so hätte er ein Recht zur Führung dieses Prädikates nur durch einen deutschen Hoheitsakt nach Maßgabe des Gesetzes über die Änderung v o n Familiennamen und Vornamen v o m 5 . 1 . 1 9 3 8 (RGBl. I 9) i. d. F. v o m 2 9 . 8 . 1 9 6 1 (BGBl. I 1621) erwerben können. E i n solcher Hoheitsakt liegt jedoch nicht vor. 7. Sonach hat das AG zutreffend eine Berichtigung des Heiratsbucheintrages dahin angeordnet, daß der Familienname des Mannes richtig ,B.' lautet und das Wort ,von' entfällt. Das LG hat diese Entscheidung mit Recht gebilligt. Die weitere Beschwerde ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen."
4. Juristische Personen und Gesellschaften Siehe auch Nr. 6,168,185,186,187, 189, 190, 212, 214, 277, 299 2 1 . §50 ZPO gilt auch für ausländische Parteien. Die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen einer Rechtspersönlichkeit beurteilt sich nach dem Heimatrecht. Ob die ultra-vires-Lehre bei der nach deutschem Recht zu bestimmenden Parteifähigkeit zu berücksichtigen ist, bleibt offen. OLG Düsseldorf, Urt. v o m 21. 4. 1964 - 2 U 114/61 1 : DB 1964, 1259; Die AG 1965,16; A W D 1965, 94. Die Kl. ist ein durch ein australisches Gesetz vom 25. 3. 1949 begründeter „body corporate". Der Sitz ihrer Verwaltung befindet sich in Melbourne, Victoria, Australien. Nach Art. 8 des genannten Gesetzes kann die Kl. u. a. Vermögenswerte erwerben und veräußern. Sie kann klagen und verklagt werden. Nach Art. 9 des Gesetzes obliegt ihr u. a. die Aufgabe, wissenschaftliche Forschungen und Untersuchungen zur Förderung der Industrien im Commonwealth (von Australien) zu betreiben sowie als Verbindungsglied zwischen dem Commonwealth von Australien und anderen Ländern der Erde in Angelegenheiten der wissenschaftlichen Forschung zu dienen. Art. 27 der Satzung lautet wie folgt: „Alle Entdeckungen, Erfindungen und Verbesserungen in Verfahren, Apparaten und Maschinen, die durch Beamte und Angestellte im Verlauf ihrer offiziellen Pflichten gemacht werden, sollen Eigentum der Organisation sein und können unter solchen Bedingungen und bei Zahlung von solchen Gebühren oder Lizenzgebühren oder sonstwie verfügbar gemacht werden, wie es die Exekutive mit Zustimmung des Ministers bestimmt." Die Kl. hat f ü r das von ihr entwickelte Verfahren zur Erzielung dauerhafter Bügelfalten und Plissierungen den Ausdruck „Siroset" in Australien als Warenzeichen schützen lassen und bereits 1957 in der Bundesrepublik benutzt. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie von der Bekl., einer KG in der Bundesrepublik, die Rücknahme der von der Bekl. im Jahre 1958 bei dem Patentamt vorgenommenen Anmeldung des Wortzeichens „Siroset". 1 Es ist ein Revisionsurteil des BGH vom 11. 11. 1966 in diesem Rechtsstreit ergangen, welches jedoch zu den hier abgedruckten Ausführungen nicht Stellung nimmt. Es findet sich in GRUR 1967, 304.
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Die Bekl. hat die Partei- und Prozeßfähigkeit der Kl. bezweifelt, insbesondere mit der Begründung, die Kl. sei über ihre satzungsmäßigen Zwecke hinausgegangen. Der Senat hat ein Gutachten des Max-PIanck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht eingeholt. Aus den Gründen: „Mit Recht ist das LG von der Parteifähigkeit der Kl. f ü r den vorliegenden Rechtsstreit ausgegangen. Nach § 50 I ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Das gilt auch f ü r ausländische Parteien, wobei die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen einer Rechtspersönlichkeit sich nach dem Heimatrecht beurteilt. Die Streitfrage, ob Parteifähigkeit nach dem Heimatrecht genügen kann (vgl. insbesondere Pagenstecher, ZZP 64, 249 ff., sowie BGH, NJW 1960, 1204), braucht im vorliegenden Falle nicht weiter erörtert und entschieden zu werden. Nach ihrem Heimatrecht besitzt die Kl. f ü r den vorliegenden Rechtsstreit sowohl die Rechtsfähigkeit als auch die Parteifähigkeit. Da Sitz der Hauptverwaltung der Kl. die Stadt Melbourne im Staate Victoria des australischen Commonwealth ist, ist auf das Recht von Victoria abzustellen. Dieses entspricht, wie dem erwähnten Gutachten zu entnehmen und von den Bekl. auch nicht in Frage gestellt worden ist, in den hier maßgeblichen Fragen den allgemeinen Grundsätzen des anglo-australischen Rechts. Aus dem Gesetz, durch das die Kl. ins Leben gerufen worden ist, ergibt sich, daß es sich bei der Kl. um eine selbständige juristische Person des australischen Rechtes handelt, die - jedenfalls grundsätzlich — sowohl rechtsfähig als auch parteifähig ist. Das folgt vor allem aus Art. 8 des Gründungsgesetzes, demzufolge die Kl. insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben, halten und darüber verfügen sowie klagen und verklagt werden darf. Ihre selbständige Stellung, ihre Ausstattung mit persönlichen und sachlichen Mitteln zur Erfüllung bestimmter Aufgaben unter einer gewissen staatlichen Oberaufsicht lassen die Kl. als ein Gebilde erscheinen, das am ehesten mit einer öffentlich-rechtlichen Anstalt des deutschen Rechtes vergleichbar ist. Zu einer Anwendung des Art. 10 EGBGB liegt keine Veranlassung vor. Zu Unrecht berufen sich die Bekl. auf die ultra-vires-Lehre des angloaustralischen Rechtssystems, d. h. darauf, daß die Kl. außerhalb ihrer gesetzlich festgelegten Befugnisse gehandelt habe und - mit vorliegender Klage - weiterhin handele, so daß ihr insoweit keine Rechtspersönlichkeit und Parteifähigkeit zukomme. Die damit verlangte Berücksichtigung der ultra-vires-Lehre bei der nach deutschem Zivilprozeßrecht zu beantwortenden Frage, ob die Kl. als ausländische Partei vor den deutschen Gerichten auftreten kann oder nicht, erscheint nicht unbedenklich. Das deutsche Recht kennt nur einen einheitlichen, festumrissenen Begriff der Parteifähigkeit die entweder gegeben ist oder nicht. Die Berücksichtigung der ultra-vires-Lehre relativiert diesen Begriff, schafft eine Art von ,Sphären-Parteifähigkeit' und kann insbeson-
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dere im kaufmännischen Verkehr angesichts des steigenden Geschäftsverkehrs mit Ländern des common-law-Rechtssystems zu vermeidbaren Schwierigkeiten sowie zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen. Die Frage mag jedoch im Streitfall auf sich beruhen. Denn das Klagebegehren der Kl. ist nicht ,ultra-vires'. Nach den überzeugenden und durch Literaturnachweise belegten Darlegungen des Gutachtens des Max-Planck-Institutes wird im anglo-australischen Rechtskreis der Rahmen einer juristischen Person, wie es die Kl. ist, durch ihren Satzungzweck und Satzungsgegenstand begrenzt. Sie entfaltet überhaupt nur in demjenigen Bereich ihre Rechtspersönlichkeit und dementsprechend ihre Parteifähigkeit, f ü r den sie geschaffen worden ist. Nur insoweit besitzt sie überhaupt die Möglichkeit zu rechtswirksamem Handeln. Jedes zweckwidrige oder gegenstandsfremde Handeln ist darum schlechthin, nämlich wegen fehlender Rechtsfähigkeit, unwirksam und unheilbar. Der rechtliche Rahmen, an dem im Streitfall die Handlungen der Kl. und insbesondere ihre Klagebegehren zu messen sind, ist durch das Gesetz vom 25. 3. 1949 gesetzt. Dort werden insbesondere in den Art. 8, 9, 10 und 27 die Befugnisse und Aufgaben (powers and functions) festgelegt. Danach, nämlich nach Art. 8 Nr. 3, ist die Kl. befugt, Rechtsstreitigkeiten zu führen. Darauf allein kann hier jedoch nicht abgestellt werden. Im Streitfall kommt es vielmehr im wesentlichen darauf an, welche Ziele die Kl. mit der Klage verfolgt, welches ihr Klagebegehren ist und ob dieses im Rahmen ihrer Befugnisse liegt. Art. 9 der Satzung spricht seinem Wortlaut nach f ü r eine gewisse sachliche Beschränkung des Aufgabenkreises (powers and functions) auf das Gebiet der eigentlichen Forschung und f ü r eine räumliche Beschränkung der Kl. auf das Gebiet des australischen Commonwealth. Mit Recht wird in dem Gutachten des Max-Planck-Institutes - unter Hinweis auf entsprechendes Schrifttum - der Standpunkt vertreten, daß bei der Frage, ob die Kl. im vorliegenden Rechtsstreit ultra-vires handelt, jener Art. 9 nicht isoliert und nicht nur seinem Wortlaut nach ausgelegt werden darf, sondern daß vielmehr das gesamte Gesetz und seine Zielsetzung sowie der Grundsatz des favor acti zu berücksichtigen sind. Daraus folgt: Das Hauptanliegen des Gesetzes vom 25. 3. 1949 war, durch die Gründung der Kl. eine Organisation zu schaffen, die sich zum Zwecke der Förderung der australischen Industrien im besonderen Maße der wissenschaftlichen Forschung, der Nachwuchsförderung sowie der Koordinierung aller diesbezüglichen Anstrengungen widmen sollte (vgl. Art. 9 und 10 des Gesetzes). Dem Zweck der Förderung der australischen Industrien, bei der die Wollerzeugung und -Verwertung eine besondere Rolle spielen, ist damit allein jedoch nicht gedient. Die Forschungsergebnisse müssen auch in geeigneter Weise sichergestellt und verwertet werden können. Daher ist bereits in Art. 9 Nr. 3 des Gesetzes eine Zusammenarbeit auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Forschung mit dem Ausland vorgesehen. Darüber hinaus bestimmt Art. 27 des Gesetzes ausdrücklich, daß alle Entdeckungen, Erfindungen und Verbesserungen in Verfahren, Apparaten und Maschinen,
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die durch Angehörige der Kl. im Verlaufe ihrer offiziellen Pflichten gemacht werden, Eigentum der Kl. sein sollen und von ihr unter solchen Bedingungen und bei Bezahlung von solchen Gebühren oder Lizenzgebühren oder sonstwie verfügbar gemacht werden können, wie es die .Executive', d. h. die Leitung der Kl. mit Zustimmung des zuständigen Ministers bestimmt. Die Kl. ist daher berechtigt und verpflichtet, die ihr geeignet erscheinenden Maßnahmen zu treffen, um in Australien wie im Ausland die Verwaltung und Verwertung ihrer Forschungsergebnisse in die Hände derjenigen zu legen und in diejenigen Kanäle zu leiten, die ihr geeignet erscheinen. Dazu genügt es nicht, daß die Kl. das von ihr entwickelte und mit dem Namen ,Siroset' von ihr von vorneherein gekennzeichnete Verfahren sich in Australien wie auch im Ausland patentieren läßt. Wegen der internationalen Verflechtungen und aus Werbungsgründen ist es üblich und notwendig, Erfindungen wie die des Siroset-Verfahrens überall mit der gleichen Bezeichnung zu versehen und zu propagieren. Die Kl. hat dafür das Wort .Siroset' geprägt und spätestens gelegentlich der Aachener Pressekonferenz im November 1957 erstmals auch in Deutschland benutzt. Zu dem Aufgabenbereich der Kl., wie er sich insbesondere aus den Art. 9, 10 und 27 des Gesetzes ergibt, gehört es darum auch, sich gegen die von der angegriffenen Anmeldung her drohenden Beeinträchtigungen ihrer Möglichkeiten zu wehren, sich gegen jeden unbefugten Gebrauch dieser Bezeichnung und gegen die Gefahr einer unkontrollierbaren Anwendung ihres Verfahrens zu wenden. Das Klagebegehren der KI. liegt somit nicht ultra-vires, so daß gegen ihre Parteifähigkeit keine Einwände zu erheben sind." 22. Eine nach liechtensteinischem Recht gegründete juristische Person kann in Deutschland nur dann als rechtsfähig angesehen werden, wenn die Verwaltung tatsächlich von Liechtenstein aus geführt wird. Daß ein liechtensteinischer Anwalt zum Repräsentanten bestellt worden ist, genügt nicht. OLG Frankfurt, Urt. vom 3. 6. 1964 - 7 U 202/63: NJW 1964, 2355; AWD 1965, 175; Leitsatz in DRiZ 1965 B 9 Nr. 169; GmbH-Rdsch. 1965, 59 mit Anm. Kötz. Dazu auch Schönle, Die Anerkennung liechtensteinischer juristischer Personen in Deutschland: NJW 1965,1112 ff. Die Kl. ist eine Annoncenexpedition, die bis zum 1. 1. 1963 in der Form einer KG und seitdem in der Form einer OHG betrieben wird. Der Bekl. beauftragte sie Anfang Dezember 1961 mit der Durchführung einer Werbeaktion durch Zeitungsinserate. Es ist streitig, ob er bei der Auftragserteilung im eigenen Namen oder im Namen der Firma E. gehandelt hat. Diese „Anstalt" ist im Handelsregister des LG Vaduz eingetragen. Der Bekl. ist alleiniger „Verwaltungsrat" dieser Firma und daher nach liechtensteinischem Recht zu deren Vertretung berechtigt. Nach der Vereinbarung zwischen den Parteien sollten die Zeitungsanzeigen unter dem Namen der Kl. aufgegeben werden. Die daraufhin eingehenden Angebote sollten gebietsweise auf Handelsvertreter verteilt werden, die für den Bekl. arbeiteten. Die Handelsvertreter Z. und C. teilten der Kl. am 5. bzw. 6.12. 1961 mit, sie hätten die E. mit der Werbung für sie beauftragt, und baten die Kl., sich mit dem Bekl. in Verbindung zu setzen.
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Die Kl. gab die Inserate entsprechend der Vereinbarung mit dem Bekl. auf. Ihre Rechnungen mit einem Gesamtbetrag von 4371,13 DM richtete sie an die E., übersandte sie jedoch dem Bekl. Die Kl. hat die Bezahlung des Rechnungsbetrages von dem Bekl. verlangt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte Erfolg. Aus den Gründen: „Der Bekl. selbst ist Vertragspartner der Kl. Dabei ist es unerheblich, ob der Bekl. erkennbar im eigenen Namen oder in seiner Eigenschaft als vertretungsberechtigter Verwaltungsrat der E. handeln wollte. Seine Erklärungen wirken auf jeden Fall f ü r und gegen ihn selbst, weil die E., als deren Organ er möglicherweise auftrat, in Deutschland nicht als rechtsfähige juristische Person gelten kann. Die Rechtsfähigkeit der E. beurteilt sich nach deutschem Recht. Nach den im deutschen IPR geltenden Grundsätzen kommt es f ü r die Frage, ob ein Gebilde eine rechtsfähige juristische Person darstellt, auf das Recht des Sitzes seiner Hauptverwaltung an. Dabei muß es sich um denjenigen Ort handeln, an dem die Verwaltung tatsächlich geführt wird (Palandt-Lauterbach, [BGB] 22. Aufl. 1963, Anm. 2 und 3 zu Art. 10 EGBGB; Erman-Arndt, [BGB] 3. Aufl. 1962, Anm. 1 - 3 zu Art. 10 EGBGB; Soergel-Siebert-Kegel, [BGB] 9. Aufl. 1961, Rdnr. 5 und 8 zu Art. 10 EGBGB; RGZ 6, 134; 73, 366; 77, 19; 83, 367; 92, 73; 117, 215; weitere Nachweise bei Soergel-SiebertKegel, Note 5 zu Rdnr. 5 zu Art. 10 EGBGB; wegen der fast n u r im Schrifttum vertretenen Gegenmeinung vgl. dort die Nachweise in Note 8 zu Rdnr. 6 zu Art. 10 EGBGB). Nach dem Recht des Sitzes der tatsächlichen Verwaltung bestimmt sich nicht nur die Frage, ob die juristische Person entstanden ist, sondern auch, ob sie als solche fortbesteht; verlegt also eine Handelsgesellschaft (oder -.anstalt'), die nach dem Recht des Gründungsstaates Rechtsfähigkeit besitzt, ihren Sitz in ein anderes Land, so besteht sie nur dann als juristische Person weiter, wenn das am alten Sitz geltende Recht die Sitzverlegung zuläßt und sie gleichzeitig diejenigen Bedingungen erfüllt, von denen das Recht des neuen Sitzes die Rechtsfähigkeit abhängig macht (Soergel-Siebert-Kegel, Rdnr. 23 zu Art. 10 EGBGB mit weiteren Nachweisen; Palandt-Lauterbach aaO). Daß Vaduz nicht der tatsächliche Sitz der E. ist, daß vielmehr die Verwaltung stets von Deutschland aus geführt wurde, ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt. Die Firma ist zwar von einem in Liechtenstein wohnenden Rechtsanwalt gegründet worden; dieser hat die Gründung jedoch nicht im eigenen Interesse, sondern auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrages f ü r den Bekl. vorgenommen. Die ihm als Gründer zustehenden Rechte hat er noch am Tage der Gründung (9. 10. 1961) an den Bekl. übertragen. Es steht demnach fest, daß der Rechtsanwalt bei der Gründung als Strohmann f ü r den Bekl. gehandelt hat. Die Geschäftsführung sollte nach dem Statut einem Verwaltungsrat obliegen. Zu Mitgliedern des Verwaltungsrats wurden der Bekl. und ein Dr. jur. B. bestellt. Beide hatten damals ihren Wohnsitz in Deutschland. Dr. B. ist inzwischen nach
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dem Vortrag der Bekl. aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden. Der Bekl., der jetzt der alleinvertretungsberechtigte Verwaltungsrat ist, wohnt nach wie vor in Deutschland. Die Kl. hat im übrigen vorgetragen, daß die E. in Liechtenstein niemals einen Geschäftsbetrieb unterhalten habe. Der Bekl. ist dieser Behauptung vor der letzten mündlichen Verhandlung überhaupt nicht und in der mündlichen Verhandlung nur unsubstantiiert entgegengetreten. Davon, daß Vaduz Sitz der Verwaltung der E. sei, könnte n u r dann gesprochen werden, wenn die Firma in diesem Ort ein Büro unterhalten würde. Der Bekl. hätte also darlegen müssen, daß die E. in Vaduz Büroräume gemietet habe und Angestellte beschäftige, die sich ständig in Vaduz aufhalten und von dort aus die Geschäfte führen. Etwas derartiges behauptet aber der Bekl. selbst nicht. Im übrigen hätte die E., wenn sie tatsächlich in Vaduz ein Büro unterhalten würde, auf ihrem Briefbogen sicherlich die Anschrift und den Telefonanschluß dieses Büros angegeben... Demnach ist bereits die Frage, ob die E. durch den Gründungsakt die Rechtsstellung einer juristischen Person erlangt hat, nach deutschem Recht zu beurteilen. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist diese Firma keine Kapitalgesellschaft; denn sie ist nicht von mehreren Personen, sondern n u r von einem einzelnen gegründet worden. Andererseits ist sie aber auch keine Stiftung im Sinne des deutschen Rechts; denn die Nutzung des Anstaltskapitals verbleibt dem Gründer oder dessen Rechtsnachfolger (Art. 7 des Statuts). Die Anstalt des liechtensteinischen Rechts ist somit eine Rechtsfigur, f ü r die sich weder im deutschen Recht noch in den meisten anderen Rechtsordnungen etwas Vergleichbares findet. Ihr Wesen besteht praktisch darin, daß eine Einzelperson ihre Haftung auf einen bestimmten Teil ihres Vermögens beschränkt. Eine solche Haftungsbeschränkung gestattet das deutsche Recht nur Handelsgesellschaften, nicht aber auch einem Einzelkaufmann. Selbst wenn die E. in ihrem Wesen einer deutschen GmbH entspräche, hätte sie nach deutschem Recht nicht die Rechtsfähigkeit erlangt. Denn hierzu wäre es erforderlich gewesen, daß sie mindestens über ein Stammkapital von 20 000 DM verfügt, in der Firma die Bezeichnung ,GmbH' führt und als solche im Handelsregister eines deutschen Amtsgerichts eingetragen ist. Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt. Der Bekl. f ü h r t zwar mit Recht aus, daß die Verlegung des Sitzes einer ausländischen juristischen Person ins Inland nicht notwendigerweise deren Auflösung und Liquidation zur Folge haben müsse. Diese Rechtsfrage stellt sich hier aber gar nicht; denn die E. hatte niemals ihren Sitz in Liechtenstein; ihre Rechtsfähigkeit war daher von Anfang an nach deutschem Recht zu beurteilen. Im übrigen ist eine Sitzverlegung nach Deutschland n u r dann möglich, wenn das deutsche Recht den Fortbestand der betreffenden juristischen Person gestattet (vgl. Soergel-Siebert, Rdnr. 23 zu Art. 10 EGBGB). Die E. stellt aber den Typ einer juristischen Person dar, der nach deutschem Recht schlechterdings unzulässig ist. Die von Soergel-Siebert aaO unter Rdnr. 24 behandelte Frage, nach welchen Rechtsnormen die Rechtsverhältnisse einer fortbestehenden juristischen Person nach deren Sitz-
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Verlegung zu beurteilen sind, stellt sich hier nicht, weil schon das Fortbestehen zu verneinen ist. Nach alledem ist die E. kein selbständiges Rechtssubjekt, sondern nur eine Firma, unter der der Bekl. als Einzelkaufmann Geschäfte betreibt. Daß diese Firma handelsrechtlich unzulässig ist, ist dabei f ü r die Haftungsfrage ohne Belang." 2 3 . Treuunternehmen im Sinne von Art. 932 a des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts vom 20. Januar 1926 und 10. April 1928 (Hecht. Landesgesetzblatt 1926 Nr. 4 und 1928 Nr. 6) bedürfen zur Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit in Deutschland nicht der Genehmigung des Bundesministers des Innern nach § 80 Satz 2 BGB. Aus den besonderen gesetzlichen Gestaltungsmerkmalen der liechtensteinischen Treuunternehmen läßt sich nicht herleiten, daß die Rechtsfähigkeit dieser Treuunternehmen wegen Art. 30 EGBGB im Inland verneint werden muß. a) OLG Stuttgart, Urt. vom 9. 6. 1964 - 13/6 U 4/64: A W D 1965, 175; N J W 1965, 1139; Leitsatz in DRiZ 1965 B 66 Nr. 842; Die Justiz 1965, 309. b) OLG Stuttgart, Urt. vom 9. 6. 1964 - 13/6 U 40/64: A W D 1965, 176. In einem Rechtsstreit, der einen in der Bundesrepublik zahlbar gestellten Wechsel zum Gegenstand hatte, den ein im Handelsregister des Landgerichts Vaduz eingetragenes „Treuunternehmen" ausgestellt und ein Bewohner der Bundesrepublik als Akzeptant angenommen hatte, war das OLG Stuttgart als Berufungsgericht im Wechselprozeß und im Nachverfahren mit der Frage befaßt, ob „Treuunternehmen" liechtensteinischen Rechtes auch in der Bundesrepublik als rechtsfähig anzuerkennen sind. Aus den Gründen: a) Urteil vom 9. 6. 1964 - 13/6 U 4/64: „Seine Auffassung, daß ein Treuunternehmen nach dem obengenannten liechtensteinischen Gesetz vom 10. 4. 1928 und somit auch der Trust f ü r B. und W . in Deutschland nicht als rechtsfähig behandelt werden könne, stützt der Bekl. einmal darauf, daß sich diese Treuunternehmen als Stiftungen darstellen, so daß sie, um in Deutschland als Rechtssubjekte anerkannt werden zu können, der Genehmigung des zuständigen Bundesministers bedürfen. Dieser Meinung kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Es ist an sich schon fraglich, ob das Treuunternehmen nach dem genannten liechtensteinischen Gesetz unter den Begriff der Stiftung im Sinne des deutschen Bürgerlichen Rechts einzureihen ist. Unter Stiftung versteht man nach deutschem Bürgerlichen Recht einen selbständigen Rechtsträger, der zur Verwirklichung bestimmter Sonderzwecke geschaffen ist und nicht aus einem Personenverband besteht (Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., 716, 717); das Stiftungsvermögen ist dabei lediglich Rechtsobjekt und kann zeitweise sogar ganz fehlen. Das
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Treuunternehmen nach liechtensteinischem Recht ist aber gerade dadurch gekennzeichnet (siehe § 1 des genannten Gesetzes), daß das Unternehmen mit einem eigenen - offensichtlich als dauernd vorhanden gedachten - Vermögen bewidmet ist. Indessen braucht diese Frage hier nicht abschließend entschieden zu werden, denn selbst dann, wenn das Treuunternehmen als Stiftung im Sinne des deutschen Bürgerlichen Rechts anzusehen wäre, bedürfte es, um in Deutschland als juristische Person behandelt werden zu können, nicht der Genehmigung einer deutschen Behörde. Nach ständiger Praxis werden ausländische juristische Personen in Deutschland ohne weiteres anerkannt (siehe Palandt, [BGB] Bern. 4 zu Art. 10 EGBGB unter Bezugnahme auf RGZ 83, 367). Martin Wolff (Das IPR Deutschlands, § 23 Abschn. III) hebt ausdrücklich hervor, daß dieser Grundsatz ohne Einschränkungen f ü r ausländische Personen des öffentlichen Rechts und f ü r privatrechtliche Körperschaften und rechtsfähige Stiftungen aller Art gilt mit der einzigen Ausnahme der Vereine, die, wenn sie deutsch wären, n u r nach §§ 21, 22 BGB rechtsfähig werden könnten; diese letzteren werden in Deutschland erst dann als rechtsfähig behandelt, wenn ihre Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Innenministers gemäß Art. 10 EGBGB anerkannt ist. Auch Staudinger ([BGB] Rdnr. 15 zu den Vorbem. vor § 80 BGB) spricht aus, daß sich die Anerkennung ausländischer Stiftungen als juristische Personen im Inland aus allgemeinen Grundsätzen ergibt. Zwar hat das RG in einem Urteil (Gruchot 59, 156), auf das in BGB-RGRK Anm. 10 zu § 80 BGB zur Begründung einer abweichenden Meinung verwiesen ist, ausgesprochen, daß, sofern nicht eine Stiftung nach dem Willen des Stifters in einem bestimmten Bundesstaat ihren Sitz haben soll, in jedem anderen Fall die Genehmigung des Bundesrats erforderlich sei, um eine Stiftung im Sinne des deutschen Rechts zur Entstehung zu bringen. In Anbetracht des oben zitierten anderen Urteils des RG zur Frage der Rechtsfähigkeit ausländischer Handelsgesellschaften im Inland kann der Senat jedoch die Ausführungen, die in dem von BGB-RGRK aaO zitierten Urteil an Hand eines besonders gelagerten Falles gemacht sind, f ü r die Beurteilung der vorliegenden Sache nicht zugrunde legen. Die Meinung, daß dem Treuunternehmen im Sinne des liechtensteinischen Rechtes in Deutschland die Rechtsfähigkeit zu versagen sei, leitet der Bekl. dann weiterhin aus Art. 30 EGBGB ab, wonach die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ausgeschlossen ist, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Mit Recht hat das LG jedoch hierzu ausgeführt, daß die genannte Vorschrift nur eingreift, wenn die Anwendung des ausländischen Gesetzes im konkreten Fall gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Dies steht im Einklang mit Rechtsprechung und Schrifttum. Palandt (Bern. 2 zu Art. 30 EGBGB) sagt unter Bezugnahme auf RGZ 150, 238, es sei immer darauf abzustellen, ob das Ergebnis im gerade gegebenen Fall ein den deutschen Sitten oder den Grundlagen der deutschen Gesetzgebung widerstreitendes wäre. Es wird allerdings angefügt, meist
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werde dabei eine allgemeine rechtsvergleichende Betrachtung über Grundlage und Zweck der ausländischen und der deutschen Bestimmungen nicht zu umgehen sein. Dies beseitigt aber nicht die Tatsache, daß die Sachlage des einzelnen Falles entscheidend ist. Erman ([BGB] Bern. 2 zu Art. 30 EGBGB) sagt deshalb ebenfalls, entscheidend sei nicht, ob das ausländische Gesetz selbst anstößig sei, vielmehr sei zu fragen, ob seine konkrete Anwendung unserer öffentlichen Ordnung zuwider sei. Der Bekl. leitet n u n einen Verstoß gegen den ordre public im Sinne des Art. 30 EGBGB daraus her, daß die Treuunternehmen sich ideal als Versteck f ü r Vermögenswerte, die außerhalb von Liechtenstein der Besteuerung hinterzogen worden seien, und ebenso als Instrument des Verbrechens und als Versteck f ü r verbrecherisch erlangte Vermögenswerte eignen. Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich aber, daß das genannte liechtensteinische Gesetz im vorliegenden Falle n u r d a n n von der Anwendung ausgeschlossen werden könnte, wenn es sich gerade bei dem Wechselbetrag u m der Besteuerung in Deutschland zu entziehendes Geld oder u m verbrecherisch erlangte Geldmittel handeln würde. Der Bekl. hat in der Berufungsinstanz n u n zwar u m fangreiche Darlegungen darüber gemacht, daß der Trust f ü r B. und W., u n d zwar im Zusammenwirken mit dem C.-Trust, praktisch sein ganzes Vermögen, das aus der Bundesrepublik abgezogenes Geld darstelle, der Besteuerung in der Bundesrepublik entziehen wolle; h i e r f ü r ist Beweis durch Antrag auf Beiziehung von Akten und Einholung schriftlicher Äußerungen angetreten. Im vorliegenden Rechtsstreit, der sich ausschließlich mit der Berufung gegen das ergangene Wechselvorbehaltsurteil befaßt, kommt aber ein derartiger Beweiseinzug gemäß § 595, 605 ZPO keinesfalls in Betracht. Damit fehlt also von vornherein die Möglichkeit der A n k n ü p f u n g an Art. 30 EGBGB, so daß auch f ü r Darlegungen darüber, ob die Einrichtung der Treuunternehmen als solche schon sittenwidrig ist, überhaupt kein Raum ist." b) Urt. vom 9. 6. 1964 - 13/6 U 40/64: „Der Bekl. hat n u n im vorliegenden Rechtsstreit eine Reihe von Beweisanträgen, gerichtet auf Zeugenvernehmung, Beiziehung von Akten über andere Prozesse u n d Einholung von schriftlichen Äußerungen, gestellt, mit denen er d a f ü r , daß die dem Trust f ü r B. und W. und auch dem C.-Trust zuzuführenden Gelder ganz allgemein und damit auch im vorliegenden Fall der Besteuerung in Deutschland entzogen werden sollen, den Beweis f ü h r e n will. Es bestand aber kein Anlaß, diesen Beweisangeboten stattzugeben. Die behauptete Eignung der Treuunternehmen des liechtensteinischen Rechts, auch in den konkreten Einzelfällen als Versteck f ü r der Besteuerung entzogene und vielleicht sogar mit verbrecherischen Mitteln erlangte Gelder zu dienen, m ü ß t e sich nämlich, wenn d a r a u f h i n die Rechtsfähigkeit der Treuunternehmen im Inland sollte verneint werden können, aus den besonderen gesetzlichen Gestaltungsmerkmalen dieser Treuunternehmen herleiten lassen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht einmal dann, wenn m a n auf die vom Bekl. hierzu gegebenen Darlegungen abstellt.
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Die liechtensteinischen Bestimmungen über das Treuunternehmen sind in einem Gesetz vom 10. 4. 1928 enthalten, das als Art. 932a in das Personen- und Gesellschaftsrecht eingefügt ist. In § 1 des Gesetzes ist gesagt, daß ein Treuunternehmen als eigentliche Geschäftstreuhand nach dem Gesetze ein auf Grund der Treusatzung von einem oder mehreren Treuhändern unter eigenem Namen oder eigener Firma geführtes bzw. weiterbetriebenes, rechtlich verselbständigtes, organisiertes, wirtschaftlichen oder anderen Zwecken dienendes und mit eigenem Vermögen bewidmetes Unternehmen ohne Persönlichkeit ist, für dessen Verbindlichkeiten eine Haftung gemäß diesem Gesetze besteht und das weder öffentlich-rechtlichen Charakter hat noch eine andere privatrechtliche Rechtsform aufweist. W i e in § 1 weiter, gesagt ist, kann ein Unternehmen in der nach den Vorschriften dieses Gesetzes aufgestellten Treusatzung (Errichtungsurkunde) auch ausdrücklich als Treuunternehmen mit Persönlichkeit errichtet werden. In § 3 ist bestimmt, daß ein Treuunternehmen zu irgendeinem beliebigen, bestimmten, vernunftgemäßen und möglichen Zwecke, der nicht widerrechtlich unsittlich oder staatsgefährlich ist, errichtet werden kann, insbesondere auch zur Anlage von Vermögen, Verteilung von Erträgnissen, Zusammenfassung von Unternehmen durch Übertragung von Anteilen zur treuen Hand oder zum Erwerbe, zu familienfürsorglichen, gemeinnützigen, wohltätigen, anderen persönlichen, unpersönlichen und dergl. Zwecken. Gemäß § 7 entsteht jedes Treuunternehmen schon mit der Errichtung der formrichtigen Treusatzung, in der gemäß Gesetz die Gründung eines solchen Unternehmens erklärt wird, doch muß sich das Treuunternehmen, wenn es ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt, sofort ins Treuhandregister eintragen lassen. Die Anmeldung des eintragungspflichtigen Treuunternehmens zum Treuhandregister hat nach § 15 unter Beilage der bei den Registerakten aufzubewahrenden Treusatzung Angaben zu enthalten über Firma, Sitz, Dauer und Zweck des Treuunternehmens bzw. den Gegenstand desselben, über den Betrag des Treufonds, über Namen, Vornamen, Beruf und Wohnort sowie Sitz der Treuhänder, welche die Treumacht auszuüben haben, sowie über die F o r m der Bekanntmachungen an Dritte. Der Bekl. hebt als Besonderheit zunächst einmal hervor, daß das Treuunternehmen zu seiner Entstehung im Gegensatz zu der in § 8 0 B G B im deutschen Rechtskreis für eine Stiftung getroffenen Regelung keiner staatlichen Genehmigung bedarf. Insoweit liegt aber keine lediglich dem liechtensteinischen Recht anhaftende Eigentümlichkeit vor, vielmehr entsteht z. B. nach Schweizer Recht eine rechtsfähige Stiftung ebenfalls unabhängig von einer Genehmigung durch eine Verwaltungsbehörde; die Rechtspersönlichkeit einer Stiftung wird dort dadurch erlangt, daß die Stiftung auf Grund des Stiftungsgeschäftes in das Handelsregister als juristische Person eingetragen wird (vgl. Staudinger, Rdnr. 27 zu den Vorbem. vor § 80 B G B ) . Es kann auch nicht gesagt werden, die Treuunternehmen nach liechtensteinischem Recht seien einer staatlichen Beaufsichtigung, wie sie sich im Bereich des deutschen Bürgerlichen Rechts in § 87 I B G B darstellt, völlig
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entzogen. Gemäß § 17 des Gesetzes vom 10. 4. 1928 findet eine Auflösung bzw. Aufhebung des Treuunternehmens u. a. statt ,durch das Aufhebungsverfahren wegen Widerrechtlichkeit, Unsittlichkeit oder Staatsgefährlichkeit des Zweckes oder staatsgefährlicher Tätigkeit und durch das Vernichtbarkeitsverfahren wegen wesentlicher Mängel der Treusatzung gemäß den nach diesem Gesetze und den unter den allgemeinen Vorschriften über Verbandspersonen aufgestellten Regeln'. Außerdem ist in § 161 des genannten Gesetzes bestimmt, daß bei Vorliegen wichtiger Gründe auf Antrag oder auch von Amts wegen vom Registeramt ein oder mehrere unbeteiligte Dritte als Revisoren bestellt werden können. Gemäß § 162 haben diese Revisoren mangels anderer Anordnung das gesamte Treuunternehmen, insbesondere die Geschäftsführung, den Stand und die Anlage des Vermögens und das Rechnungswesen zu prüfen. Was den Einwand des Bekl. anbetrifft, daß die Treuunternehmen die anonyme Vermögensanlage besonders begünstigen und gerade deshalb sich für die Anlage von anderwärts der Besteuerung entzogenen oder sogar unredlich erworbenen Geldmitteln eignen, so stellt dies ebenfalls keine gegenüber anderen Möglichkeiten hervorstechende Besonderheit dar. Der Kl. ist darin beizupflichten, daß z. B. derselbe Erfolg durch Verwendung ausländischer Bankkonten oder dergleichen erreicht werden kann. Soweit der Bekl. in diesem Zusammenhang noch darauf abheben will, daß die Besteuerung der bei einem Treuunternehmen angelegten Gelder unverhältnismäßig gering sei, so daß damit ein Anreiz zu einer derartigen Geldanlage und damit zu einer Steuerhinterziehung zum Nachteil anderer Länder geschaffen sei, ist zu sagen, daß der Unterschied in der Besteuerung für sich allein keinen Grund zur Feststellung eines Verstoßes gegen den ordre public im Sinne des Art. 30 EGBGB bilden kann. Die Frage, ob aus volkswirtschaftlichen Gründen politische Maßnahmen gegen ein solches Steuergefälle getroffen werden sollen, ist davon zu trennen. Insgesamt betrachtet kann nicht gesagt werden, daß der Unterschied zwischen den staatspolitischen oder sozialen Anschauungen, auf welchen das betreffende fremde Recht und auf welchen das konkurrierende deutsche Recht beruhen, so erheblich ist, daß die Anwendung des ausländischen Rechts direkt die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde; dies wäre aber die Voraussetzung für ein Eingreifen des Art. 30 EGBGB (siehe Palandt, Bern. 2 zu Art. 30 EGBGB unter Bezugnahme auf RGZ 60,296) 2 4 . Ist unbekannt, ob eine Gesellschaft amerikanischen Rechts noch fortbesteht, fehlen aber jedenfalls vertretungsberechtigte Organe oder sind diese unbekannt, so ist für diese Gesellschaft, sofern sie in ihren Vermögensangelegenheiten einer Fürsorge bedarf, ein Pfleger zu bestellen. LG Düsseldorf, Beschl. vom 21.9.1964 - 14 T 320/64: MittRhNotK 1964, 651; Leitsatz in DNotZ 1965,433.
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Aus den Gründen: „Nach dem Vortrag der Beteiligten, der durch die eidesstattlichen Versicherungen auch insgesamt glaubhaft erscheint, steht zwar nicht eindeutig fest, welchen Status der Pflegling heute hat. Doch k o m m e n n u r zwei Möglichkeiten in Betracht: Entweder sie [die Gesellschaft] besteht in den USA nicht mehr, oder sie existiert dort tatsächlich noch, es fehlen aber vertretungsberechtigte Organe, oder diese sind unbekannt. Welche der beiden Möglichkeiten hier zutrifft, k a n n jedoch dahinstehen. Im ersten Fall gilt die F i r m a im Hinblick auf ihr im Bundesgebiet belegenes Vermögen, zu dem auch ihre formelle Rechtsstellung als Hypothekengläubigerin gehört, als fortbestehende Spaltgesellschaft. Gegenstand des Unternehmens ist insoweit die Abwicklung der Vermögensangelegenheiten (BGH, N J W 1960, 1569 ff. 1961, 22 2 ). Die bisher vertretungsberechtigten Personen gelten alsdann auch f ü r die Abwicklung weiter als vertretungsberechtigt. Zu diesen Personen besteht jedoch keine Verbindung; falls sie überhaupt vorhanden sind, sind sie unbekannt. Gleichwohl können die Beteiligten nicht auf den Weg des § 1170 BGB verwiesen werden, weil der Gläubiger — die insoweit feststehende Gesellschaft - bekannt ist und lediglich ihre Vertreter unbekannt sind oder fehlen. Gerade in diesem Fall ist seinem Sinn u n d Zweck nach die Bestimmung des § 10 I Nr. 2 ZustErgG anwendbar, da anderenfalls die Vermögensangelegenheiten der Abwicklungsgesellschaft im Bundesgebiet nicht ordnungsgemäß erledigt werden könnten. Diesen Mangel soll die Pflegschaft aber gerade beheben. Das Fürsorgebedürfnis f ü r den Mündel im Sinne von § 1911 BGB ergibt sich daraus, daß mit der Löschung und Abtretung der Hypotheken seine aus dem ursprünglichen Treuhandverhältnis fällige Verpflichtung erfüllt werden soll (KG, RJA 15,176f.). Auch wenn die H. & Co. Inc. noch nicht aufgelöst sein sollte und in ihrer ursprünglichen F o r m weiterbesteht, ist der Weg des § 1170 BGB nicht gangbar: Inhaber und Gläubiger der eingetragenen Hypotheken ist d a n n die bekannte Gesellschaft. Auch in diesem Fall ist die Verbindung mit den zur Vertretung berechtigten Organen unterbrochen, weil sie fehlen oder unbekannt sind. Bei dieser Sachlage findet § 10 I Nr. 2 ZustErgG ebenfalls Anwendung. Es besteht auch ein Fürsorgebedürfnis nach § 1911 BGB." 25. Wird durch letztwillige Verfügung die Errichtung einer Stiftung im Ausland angeordnet, so bestimmt sich die Entstehung der Stiftung nach dem Recht ihres Sitzes, nicht nach dem Erbstatut. Eine im Ausland als juristische Person errichtete Stiftung wird als solche Genehmigung. im Inland anerkannt; sie bedarf hier keiner Auch die nach dem testamentarischen Willen des Erblassers errichtete ausländische Stiftung gilt (ebenso wie nach § 84 in Verbindung mit § 2101 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 75.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 76.
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II./4. Natürliche und juristische Personen, Gesellschaften
11 BGB eine inländische Stiftung) für die letztwilligen Zuwendungen Erblassers als schon vor seinem i Tod entstanden.
81 des
BayObLG, Beschl. vom 17. 3. 1965 - BReg. l b Z 293/64: BayObLGZ 1965, 77; MDR 1965, 665; RzW 1965, 474; Leitsatz in OLGZ 1965, 335; N J W 1965, 1438; DNotZ 1965, 747 Nr. 1; BayJMBl. 1965, 107; BWNotZ 1965, 302. Die am 20. 9. 1962 in N. verstorbene deutsche Staatsangehörige Mathilde J . hat in ihrem Testament u. a. die Verfügung getroffen, daß ihr Haus samt Mobiliar versteigert werden solle. Der Erlös sowie andere Gelder sollten „als: Martin und Tilde Stiftung N. an ein jüdisches Waisenhaus oder Kinderheim nach Tel Aviv Israel übergeben werden." Mit Urkunde vom 5. 9. 1963 errichtete die Israelische Regierung im Namen des Staates Israel durch den Direktor der öffentlichen Vermögensverwaltung in Israel eine Stiftung unter dem Namen „Martin und Mathilde J. (Nuremberg) Foundation" und ernannte Treuhänder für diese Stiftung. Als Zweck der Stiftung ist die wirtschaftliche Hilfe für Kinder und Waisen in jüdischen Waisenhäusern und Kinderheimen in Tel Aviv bezeichnet. Als Vermögen der Stiftung wurden die ihr durch Testament der verstorbenen Mathilde J. vermachten Gelder angeführt. Mit Verfügung vom 17. 9. 1963 genehmigte der israelische Justizminister auf Grund des dortigen Gesetzes über wohltätige Stiftungen den körperschaftlichen Zusammenschluß der in der Stiftungsurkunde genannten Treuhänder. Laut offizieller Bescheinigung des Generalanwalts von Israel vom 11. 2. 1964 haben die Treuhänder der Stiftung und deren Nachfolger den Status juristischer Personen. In einem Erbscheinsverfahren wird darüber gestritten, ob Frau Mathilde J. von der Stiftung beerbt worden ist. Aus den Gründen: [Es wird ausgeführt, daß die Erblasserin deutsche Staatsangehörige war.] „1. . . . Ihre Beerbung bestimmt sich daher nach deutschem Recht (s. Art. 24 I EGBGB); dies gilt insbesondere für den Inhalt und die Wirkungen ihres Testaments (Palandt-Lauterbach, [BGB] 24. Aufl., Anm. 3, ErmanMarquordt, [BGB] 3. Aufl., Amn. 4 a, je zu Art. 24 EGBGB; Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 26 ff. vor Art. 24 EGBGB; vgl. auch BayObLGZ 1957, 376, 3 8 1 4 ) . Auch die Regeln für die Auslegung des Testaments ergeben sich aus dem Erbstatut, hier also aus dem deutschen Recht (vgl. SoergelKegel, Anm. 47 vor Art. 24 EGBGB). 2. In Deutschland kann eine rechtsfähige Stiftung dadurch errichtet werden, daß der Erblasser seinen auf die Errichtung der Stiftung zielenden Willen in einer Verfügung von Todes wegen durch die Einsetzung der Stiftung zum Erben oder durch Zuwendung eines Vermächtnisses an diese erklärt (Staudinger-Coing, [BGB] 11. Aufl., Anm. 1, 3 zu § 83 BGB; Enneccerus-Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., 1. Halbband, § 117 II lb). Die letztwillige Verfügung stellt alsdann das Stiftungsgeschäft dar (§ 83 BGB). Zur Entstehung der Stiftung ist außerdem die staatliche Genehmigung erforderlich (§§ 80, 83, 84 BGB). Handelt es sich um eine 1
IPRspr. 1956-1957 Nr. 149.
6 IPR 1964/65
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durch letztwillige Verfügung errichtete Stiftung, so gehört das Stiftungsgeschäft zum Inhalt dieser Verfügung. Soll eine Stiftung im Ausland errichtet werden, so ist hierfür das Recht ihres Sitzes maßgebend (Soergel-Kegel, 9. Aufl., Anm. 4, Palandt-Lauterbach, 24. Aufl., Anm. 2, Erman-Arndt, 3. Aufl., Anm. 1 und 2, je zu Art. 10 EGBGB; Raape, IPR, 5. Aufl., § 25 II; Lewald, IPR, 46f.; s. auch BGHZ 40, 197, 199 2 ; OLG Düsseldorf, Die AG 1965, 16 3 ). Will also ein im Inland wohnhafter deutscher Staatsangehöriger im Ausland eine Stiftung errichten, so bemißt sich im besonderen die Gültigkeit des zur Entstehung der Stiftung notwendigen Hoheitsaktes nach dem Recht des Staates, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll. Im gegenwärtigen Fall, in dem als Sitz der im Testament von der Erblasserin angeführten Stiftung Tel-Aviv genannt ist, ist somit f ü r die Errichtung der Stiftung das Recht des Staates Israel maßgebend. Ob darnach zur Entstehung der Stiftung, wie nach deutschem Recht, ein Stiftungsgeschäft und ein Hoheitsakt notwendig sind und ob gegebenenfalls das Stiftungsgeschäft auch in einer letztwilligen Verfügung enthalten sein kann, bedarf keiner näheren Untersuchung. Denn . . . die Errichtung der durch staatlichen Hoheitsakt in Tel-Aviv als selbständige Rechtspersönlichkeit begründeten Stiftung [entspricht] auf jeden Fall dem im Testament zum Ausdruck gebrachten Willen der Erblasserin. Wird eine Stiftung im Ausland durch ausländischen Hoheitsakt juristische Person, so wird sie als solche in der Bundesrepublik ohne weiteres anerkannt (Soergel-Kegel, Anm. 7, Palandt-Lauterbach, Anm. 4, je zu Art. 10 EGBGB). Die früher im Art. 10 EGBGB enthaltenen Einschränkungen galten nur f ü r ausländische Vereine. Der Art. 10 EGBGB ist außerdem durch den § 30 I Nr. 4 VereinsG vom 5. 8. 1964 (BGBl. I 593) aufgehoben worden. Einer Genehmigung nach dem § 80 BGB bedarf die Errichtung einer ausländischen Stiftung nicht; die dort erwähnte Genehmigungspflicht f ü r die Errichtung von Stiftungen, die ihren Sitz nicht in einem Bundesstaat haben, bezog sich nach der überwiegenden Meinung, der sich auch der Senat anschließt, n u r auf Stiftungen im Bereich der (nicht mehr bestehenden) deutschen Konsulargerichtsbarkeit, nicht aber auf ausländische Stiftungen (Staudinger-Riezler, 10. Aufl., Anm. 17, Soergel-Siebert, 9. Aufl., Anm. 11, je zu § 80 BGB; Staudinger-Raape, 9. Aufl., Anm. VII 2 zu Art. 10 EGBGB; von Tuhr, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts I, § 41 IV; Neumeger, Internationales Verwaltungsrecht I, § 13 - 4 mit § 12 - 3; a. M. Planck, [BGB] 4. Aufl., BGB-RGRK, 11. Aufl., Anm. 10, je zu § 80 BGB). Die Entscheidung des RG, Gruchot 59, 154, die einen anderen Fall betrifft, steht nicht entgegen. 3.-5c) ... d) Auch die mindestens entsprechende Anwendung des § 84 BGB begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken. Es ist wohl richtig, daß der § 84 BGB über den Bereich des Erbrechts hinausgreift, da er schlechthin 2
IPRspr. 1962-1963 Nr. 184.
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Siehe oben Nr. 21.
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II./4. Natürliche und juristische Personen, Gesellschaften
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Zuwendungen an Stiftungen betrifft, die vor der Genehmigung der Stiftung vorgenommen worden sind. Dagegen handelt es sich, soweit der § 2101 II Halbs. 2 BGB auf den § 84 BGB verweist, um eine Rechtsfolge, die mit der Gestaltung des deutschen Erbrechts zusammenhängt, wonach grundsätzlich Erbe nur werden kann, wer zur Zeit des Erbfalls lebt oder als juristische Person besteht (§ 1923 I BGB). Die für die Stiftung vorgesehene Ausnahme entspricht ihrem Wesen nach der im § 1923 II BGB enthaltenen Bestimmung, daß als vor dem Erbfall geboren anzusehen ist, wer zur Zeit des Erbfalls bereits erzeugt war. Da der Erbfall nach deutschem Recht beurteilt werden muß, können deshalb an und für sich auch der § 84 im Zusammenhalt mit dem § 2101 I I BGB als erbrechtliche Vorschriften herangezogen werden (Soergel-Kegel, Anm. 8 vor Art. 24 EGBGB; OLG Dresden, IPRspr. 1931 Nr. 95; vgl. BayObLGZ 29, 208). § 84 BGB hat allerdings die Entstehung einer Stiftung nach dem deutschen Recht im Auge, das ein Stiftungsgeschäft und eine staatliche Genehmigung erfordert (§ 80 BGB). Es bestehen aber keine Bedenken, den Rechtsgedanken dieser Vorschrift auch dann anzuwenden, wenn die zu errichtende Stiftung im Ausland gelegen ist und sich der Hoheitsakt, der ihre Entstehung bewirkt, nach ausländischem Recht richtet. Wenn, wie hier, für die Erbeinsetzung der Stiftung deutsches Recht maßgebend ist, während sich die Entstehung der von der Erblasserin als Empfängerin gewollten Stiftung nach ausländischem, hier nach israelischem Recht, bemißt, muß der Rechtsgrundsatz der Angleichung Platz greifen (vgl. Kegel, IPR, 2. Aufl., § 8; Soergel-Kegel, Anm. 71 ff. vor Art. 7 EGBGB). Gelangt nach dem israelischen Recht eine rechtsfähige Stiftung durch staatlichen Hoheitsakt, und zwar dadurch zur Entstehung, daß der von der israelischen Staatsregierung ermächtigte Direktor der öffentlichen Vermögensverwaltung durch Ausfertigung der Stiftungsurkunde die Stiftung begründet und der israelische Justizminister sie genehmigt, so entspricht es dem Wesen der beiden Rechtsordnungen und dem praktischen Bedürfnis, daß an die Stelle der Genehmigung der Stiftung, wie sie das deutsche Recht vorsieht, der ähnlich geartete Hoheitsakt der Errichtung nach dem in Israel geltenden Gesetz über Wohltätigkeitsstiftungen vom 1. 10. 1924 tritt. Es muß also die deutsche Vorschrift des § 84 BGB in der Weise entsprechend zur Anwendung kommen, daß die nach israelischem Recht errichtete Stiftung für die ihr von der Erblasserin gemachten Zuwendungen als schon vor deren Tod entstanden anzusehen ist. Die Tatsache, daß die Stiftung erst am 17. 9. 1963, also nach dem Tode der Erblasserin, ins Leben gerufen worden ist, steht somit ihrer Erbfähigkeit im Zeitpunkt des Erbfalls nicht entgegen. e) Die Erbfähigkeit der Stiftung als solche steht außer Zweifel, denn es handelt sich um eine ausländische juristische Person, deren Rechtsfähigkeit im Inland anerkannt wird und für deren Anerkennung es keines inländischen Hoheitsaktes bedarf." 2 6 . Die Landesbank und Girozentrale für das Sudetenland, die als juristische Person des öffentlichen Rechts ein Glied der überörtlichen deutschen 6»
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staatlichen Verwaltung des Sudetenlandes bildete, hat nach dem ihres territorialen Aufgabenbereichs und dem damit verbundenen tigen Wegfall ihrer Aufgaben, zu bestehen aufgehört.
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Verlust endgül-
a) LG Berlin, Beschl. vom 22. 3. 1965 - 84 T Umw. 16/64: WM 1965, 571. b) KG, Beschl. vom 6. 9. 1965 - 1 W Umw. 1038/65: WM 1965, 1255. Die Landesbank und Girozentrale R. wurde auf Grund der VO über die Gründung des Sparkassen- und Giroverbandes für das Sudetenland vom 27. 3. 1939 (VOB1. für die sudetendeutschen Gebiete 681) als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet. Ihre Rechtsfähigkeit beruhte auf staatlicher Verleihung; ihr Sitz war R. im Sudetenland, ihr Geschäftsbereich der „Reichsgau Sudetenland". Nach dem 8. 5. 1945 hat die Tschechoslowakei, die das Sudetenland wieder in ihr Staatsgebiet einbezogen hatte, das dort befindliche Vermögen der Landesbank und Girozentrale eingezogen.
Aus den Gründen: a) LG Berlin, Beschl. vom 22. 3.1965 -84T
Umw.
16/64:
„Das rechtliche Schicksal der Girozentrale R. nach dem Ausscheiden des Sudetenlandes aus dem Verband des Deutschen Reiches im Jahre 1945 hat aber nach Meinung der Kammer dazu geführt, daß die ASt. im Jahre 1945 untergegangen ist. Dies ergibt sich aus folgendem: Nach § 1 der Satzung ist die Landesbank und Girozentrale für das Sudetenland eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach § 5 der Satzung hatte sie die Aufgabe, in zwei getrennten Abteilungen einmal langfristige Grund-, Meliorations- und Kommunalkredite der öffentlichen und privaten Wirtschaft und der Landwirtschaft ihres Geschäftsgebietes zuzuführen und zur Beschaffung der hierfür notwendigen Beträge langfristige Mittel aufzunehmen, und zum anderen, die ihr zufließenden kurzfristigen Gelder flüssig anzulegen und zu verwalten, insbesondere die Liquiditätsguthaben der Sparkassen ihres Geschäftsgebietes nach den bestehenden Vorschriften zu belegen. Geschäftsgebiet der ASt. war nach § 1 II der Satzung der Reichsgau Sudetenland. Damit war die ASt. nicht eine lokale, sondern eine überörtliche juristische Person des öffentlichen Rechts, denn ihr Geschäftsbereich erstreckte sich auf den gesamten Reichsgau Sudetenland als einer Gebietskörperschaft, war also insoweit gebietsbezogen. Derartige juristische Personen sind in ihrem Fortbestand von dem Fortbestehen der Staatshoheit abhängig, der sie ihre Entstehung verdanken; mit der Abtretung des Gebietes, für welches sie errichtet sind, ist die Erreichung ihres Zweckes unmöglich geworden und ihre Rechtspersönlichkeit deshalb nach der einhelligen Rechtsprechung des RG und des KG, der sich auch die beschließende Kammer anschließt, auch für den Bereich der deutschen Rechtsordnung erloschen (RGZ 105, 260; 110, 315; 136, 339; KG, J W 1932, 3819; J F G 53, 196; WM 1962, 4 9 4 Z w a r bedarf es zur Auflösung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts der Mitwir1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 17.
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II./4. Natürliche und juristische Personen, Gesellschaften
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kung des Staates. In der Regel ist dazu ein staatlicher Hoheitsakt erforderlich, der entweder in der Form eines Gesetzes oder auf gesetzlicher Grundlage ergeht. Jedoch wird gerade im Zusammenhang mit den Ereignissen des Jahres 1945 von der Rechtsprechung angenommen, daß auch solche Körperschaften des öffentlichen Rechts untergegangen sind, die den Zusammenbruch des Reiches nicht überdauert haben, und daß der Wegfall ihrer staatlichen Aufgaben Beweis und rechtlicher Grund für den Untergang der Einrichtung ist (so Beschl. des KG vom 14. 10. 1957, WM 1957, 1470 betreffend die Reichs-Rechtsanwaltskammer). Aus diesen Grundsätzen folgt, daß auch die Landesbank und Girozentrale für das Sudetenland im Jahre 1945 untergegangen ist. Denn sie konnte die ihr von den deutschen staatlichen Stellen im Jahre 1939 übertragenen Aufgaben im Jahre 1945 nicht mehr fortführen, weil ihr Geschäftsbereich, das Sudetenland, von diesem Zeitpunkt an wieder zum Staatsgebiet der Tschechoslowakei gehörte und die deutsche Staatshoheit damit ihr Ende gefunden hatte. Im Zuge dieser Entwicklung hat auch die Tschechoslowakei das im Sudetenland befindliche Vermögen der ASt. an sich genommen. Die ASt. hat also den Zusammenbruch des Deutschen Reiches tatsächlich nicht überdauert, der Wegfall ihrer staatlichen Aufgaben beweist damit ebenfalls ihren Untergang. Die Kammer folgt insoweit in vollem Umfange dem Beschluß des KG vom 12. 2. 1962 (WM 1962, 494) 1 betreffend die Landesversicherungsanstalt Sudetenland. Die ASt. kann sich auch nicht darauf berufen, daß die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über das Fortbestehen und den Untergang juristischer Personen hier deshalb nicht anwendbar seien, weil sie nicht ausschließlich öffentlich-rechtliche Aufgaben gehabt und im freien Wettbewerb mit anderen Kreditinstituten gestanden haben. Es besteht seit langem in Rechtsprechung und Rechtslehre Einigkeit darüber, daß auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts nach privatrechtlichen Grundsätzen zu behandeln ist, wenn sie sich auf das Gebiet des Privatrechts begibt, wenn sie also z. B. einen Kaufvertrag abschließt. Maßgebend ist vielmehr allein, daß die ASt. eine juristische Person des öffentlichen Rechts war, die im Gebiete des Sudetenlandes die wirtschaftlichen Interessen der damaligen deutschen Regierung, insbesondere des Reichswirtschaftsministeriums, und damit hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen hatte. Der Reichswirtschaftsminister hatte darüber hinaus einen wesentlichen Einfluß auf die ASt. (vgl. §§ 4, 13 II, 19 und 21 II der Satzung). Dafür, daß die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben im Vordergrund stand, spricht auch, daß nach § 5 II der Satzung die Erzielung von Gewinn nicht Hauptzweck des Unternehmens war. Zwar hat die ASt. im Bundesgebiet Vermögen, darunter auch das hier strittige Reichsmarkguthaben. Jedoch gilt sie deshalb nicht als im Gebiete der Bundesrepublik fortbestehend. Der Grundsatz, daß eine juristische Person so lange als fortbestehend anzusehen ist, wie sie noch Vermögen besitzt, gilt nämlich nur für juristische Personen des Privatrechts, nicht dagegen für solche des öffentlichen Rechts. Auch lebt eine juristische Person des öffentlichen Rechts nach dem Fortfall ihrer öffentlich-rechtlichen Auf-
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gaben nicht als juristische Person des Privatrechts fort (KG, WM 1962, 495 Das Vermögen derartiger überörtlicher juristischer Personen des öffentlichen Rechts teilt im Falle der hier vorliegenden Staatensukzession das Schicksal des Vermögens des Staatsfiskus, d. h. es fällt in Ermangelung gegenteiliger Abmachungen grundsätzlich demjenigen Staat zu, in dessen Gebiet es jeweils gelegen ist (Wengler, JZ 1954, 219). Dieser Übergang des Vermögens auf den Nachfolgestaat auf Grund einer Staatensukzession macht jedoch, worüber in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit besteht, vor den territorialen Grenzen halt (RGZ 105, 318; KG, J W 1932, 3819; Wengler aaO 221). Das im Bundesgebiet und in Westberlin belegene Vermögen der ASt. steht mithin nicht dem tschechoslowakischen Staat zu. Es ist aber auch nicht durch den Untergang der Rechtspersönlichkeit der ASt. herrenlos geworden. Die Vermögensrechte bilden, wie das RG (RGZ 136, 242) und das KG (JW 1932, 3819) es nennen, eine körperschaftliche Verlassenschaft, f ü r die sich die Rechtsnachfolge entweder nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen oder nach völkerrechtlichen Verträgen oder nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen regelt. In § 19 der Satzung ist hierzu bestimmt, daß es nach der Beendigung der Liquidation der ASt. verbleibende Vermögen dem Sparkassen- und Giroverband für das Sudetenland und dem Reichsgau Sudetenland nach der Höhe ihrer Stammanteile gebührt (vgl. auch § 2 der Satzung). Beide Einrichtungen aber haben als Körperschaften des öffentlichen Rechts ebenfalls den Zusammenbruch im Jahre 1945 nicht überdauert und damit ihr Ende gefunden. Nach den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts fällt beim Fehlen einer besonderen Regelung das Vermögen einer nicht mehr bestehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts an den Rechtsträger, auf den die der aufgelösten juristischen Person obliegenden staatlichen Aufgaben übergegangen sind (KG, WM 1957, 1470). Jedoch kann auch dieser Grundsatz hier nicht zum Ziele führen, weil ein Funktionsnachfolger der ASt. im Bundesgebiet nicht vorhanden ist. Das Vermögen der ASt. ist auch nicht, da es nicht Reichsvermögen war, gemäß Art. 134 I GG Bundesvermögen geworden. Die Beteiligten haben mit Recht darauf hingewiesen, daß eine Übertragung des Vermögens der ASt. durch eine d a f ü r zuständige Stelle bisher nicht stattgefunden hat, so daß die Rechtsnachfolge in diese Verlassenschaft bisher nicht geklärt ist..." b) KG, Beseht, vom 6. 9.1965 - 1 W Umw. 1038/65: „Der beschließende Senat hat in seiner Entscheidung vom 12. 2. 1962 (WM 1962, 494) 1 über den Fortbestand der Versicherungsanstalt f ü r das Sudetenland dargelegt, daß eine überörtliche juristische Person des öffentlichen Rechts, die zur Durchführung einer Aufgabe des Reichs, in jenem Fall der Sozialversicherung, errichtet worden ist, den Verlust ihres territorialen Aufgabenbereichs und den damit verbundenen endgültigen Wegfall ihrer Aufgaben nicht überdauert. 1
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Dieser Grundsatz trifft auch f ü r die Landesbank und Girozentrale f ü r das Sudetenland zu. Ihre Aufgaben und ihr Tätigkeitsbereich waren an das Territorium des Sudetenlandes gebunden. Ihr Zweck war die Versorgung der öffentlichen und privaten Wirtschaft dieses Gebiets mit Krediten und die Besorgung der Bankgeschäfte f ü r die Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sudetenland, wie vor allem die Gemeinden, Gemeindeverbände, Sparkassen und den Sparkassenverband sowie überhaupt den Reichsgau und die diesen Stellen nahestehenden Unternehmen. Obwohl in der Satzung auch die Förderung der privaten Wirtschaft als Tätigkeitszweck genannt ist, legt die Satzung die Betonung auf die Unterstützung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und die öffentliche Wirtschaft. Die im Vordergrund stehende Wahrnehmung der finanziellen Interessen der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten war eine staatliche Aufgabe, zu deren Erfüllung die ASt. als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet worden war. Hiermit übereinstimmend wurde der maßgebende Einfluß in der Satzung der Regierung des Sudetenlandes und dem Reichswirtschaftsminister eingeräumt, die die Mitglieder des Verwaltungsrates und den geschäftsführenden Direktor bestellten. Das Stammkapital der ASt. wurde je zur Hälfte von dem auch öffentlich-rechtlichen Sparkassen* und Giroverband f ü r das Sudetenland und von der Selbstverwaltungskörperschaft Reichsgau Sudetenland aufgebracht, die neben der ASt. als Gesamtschuldner f ü r die Verbindlichkeiten haften und an die im Falle der Auflösung das nach der Liquidation verbleibende Vermögen zu gleichen Teilen fallen sollte. So stellt sich die ASt. nicht n u r mit ihren Aufgaben und ihrem Tätigkeitsbereich, sondern auch rechtlich und personell untrennbar verbunden mit dem Sudetenland dar. Hierdurch wurde sie jedoch keine lokale juristische Person des öffentlichen Rechts, die das staatsrechtliche Schicksal ihres Gebietes teilt (vgl. Wengler, JZ 1954, 217, 218). Vielmehr wurde sie getragen von dem sog. Reichsgau Sudetenland und dem von der deutschen Verwaltung errichteten Sparkassen- und Giroverband Sudetenland. Sie bildete also ein Stüde der überörtlichen deutschen staatlichen Verwaltung des Sudetenlandes. Letztlich war sie ein Glied der deutschen staatlichen Tätigkeit im Sudetenland und hörte mit ihr zu bestehen auf. Zwar fiel die Auflösung der ASt. nach der Satzung in die Zuständigkeit des Verwaltungsrates, und dessen Beschluß bedurfte der Genehmigung des Reichswirtschaftsministers. Ein solches in der Satzung vorgesehenes Verfahren betrifft jedoch lediglich die Auflösung der juristischen Person durch einen Willensakt der hierzu berufenen Organe und Behörden. Der Untergang einer juristischen Person des öffentlichen Rechts infolge äußerer Ereignisse, insbesondere politischer und völkerrechtlicher Vorgänge, kann der Natur solcher Vorgänge entsprechend nicht an ein formelles Verfahren gebunden werden, dessen Durchführung von dem unveränderten Fortbestand bestimmter Organe und Behörden eines Staates abhängt. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Umstand, daß die ASt. ihre Aufgaben wahrscheinlich weitgehend in privatrechtlichen Formen erfüllt hat.
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Ob das öffentliche oder das private Recht gewählt wird, hat keinen Einfluß auf den Charakter der Tätigkeit (vgl. Wolff, Verwaltungsrecht, 5. Aufl., § 23, S. 87 ff.; auch Forsthoff, Verwaltungsrecht, 8. Aufl., 436 f.). Ob nicht der Untergang, sondern nur die Auflösung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eintritt, wenn eine Verteilung des Vermögens an die Mitglieder geregelt werden muß, kann hier dahinstehen. Denn die Satzung hat eine Restimmung über den Anfall des Vermögens getroffen. Die Berufung der ASt. auf die Rechtsprechung zur sogenannten Spaltgesellschaft geht, wie bereits das LG ausgeführt hat, fehl. Anders als bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist das rechtliche Schicksal einer juristischen Person des Privatrechts in der Regel nicht untrennbar an ihren Satzungszweck und ihren bisherigen örtlichen Tätigkeitsbereich geknüpft, so daß die Unmöglichkeit, diesen Zweck weiterhin zu erfüllen und in einem bestimmten Gebiet tätig zu sein, nicht notwendigerweise ihren rechtlichen Untergang nach sich zieht. Zweck und Tätigkeitsgebiet können geändert werden. Ob dies das Gesetz oder ein auf Gesetz gegründeter Verwaltungsakt auch f ü r eine juristische Person des öffentlichen Rechts anordnen kann, ist hier nicht zu entscheiden, da nichts dergleichen geschehen ist. Die von der Beschwf. angeführte Entscheidung des BGH (WM 1965, 227 2) betrifft eine juristische Person des Privatrechts. Der BGH hat auch nicht angenommen, daß eine untergegangene juristische Person eine Geschäftsleitung haben könne, sondern er ist im Gegenteil von dem Fortbestand der an ihrem Sitz enteigneten juristischen Person ausgegangen. Diese, wie auch die anderen von der sofortigen Beschwerde angeführten Entscheidungen des BGH beruhen auf der Auffassung, daß staatliche Zwangsmaßnahmen gegen eine juristische Person des privaten Rechts vermöge der territorialen Beschränkung der Staatsgewalt nicht über die Grenzen eines Staates hinauswirken können. Der Untergang der ASt. ist dagegen keine Folge einer Enteignung in der CSR, sondern geht auf staatsrechtliche Veränderungen zurück. W a r somit die ASt. als Rechtspersönlichkeit untergegangen, so konnte ihr ehemaliges Direktionsmitglied, auch wenn es mit Vollmacht eines weiteren Direktionsmitgliedes handelte, keine geschäftsleitende Tätigkeit f ü r die ASt. ausüben. Da der Umwandlungsanspruch namens der Landesbank und Girozentrale geltend gemacht wird, braucht nicht geprüft zu werden, ob das Vermögen der ASt. an einen Rechtsnachfolger gefallen ist und ob die Voraussetzungen f ü r die Umwandlung des Guthabens in dessen Person erfüllt sind." 27. Gelangt das Gebiet einer Gemeinde unter eine andere Staatshoheit, bewahrt die Gebietskörperschaft jedenfalls dann ihre Identität, wenn die territoriale und personale Grundlage der Gemeinde durch die Veränderung der Staatsgrenzen nicht beeinträchtigt wird. * Siehe unten Nr. 185.
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Über Rechtsfähigkeit, Entstehung und Untergang von Körperschaften des öffentlichen Rechts entscheidet das Heimatrecht. Nach dem Rechtsordnungswillen des tschechoslowakischen Staates sind die jetzigen tschechoslowakischen Gebietskörperschaften mit den vor dem 8. Mai 1945 bestehenden identisch. Daran kann die Ersetzung des bisherigen deutschen Ortsnamens durch einen tschechischen nichts ändern. Weder nach deutschem noch nach tschechoslowakischem Recht geht eine Gemeinde durch Vertreibung des überwiegenden Teiles ihrer Bevölkerung unter. Das Fortbestehen der Gemeinden kann auch nicht mit der Begründung bezweifelt werden, daß sich die ehemals deutschen politischen Gemeinden in den Vertreibungsgebieten mit Vermögen im Bundesgebiet hier als bundesdeutsche Körperschaften eigener Art fortgesetzt hätten. Die sogenannte Spaltungstheorie läßt sich auf die spezifisch lokalen juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht anwenden. Zur Verfügungsbefugnis einer Gemeinde der CSSR über Grundbesitz in der Bundesrepublik Deutschland. BayObLG, Beschl. vom 23. 3.1965 - BReg. 2 Z 65/64: BayObLGZ 1965, 108; AJIL 60 (1966) 597; Leitsatz in BayJMBl. 1965, 107. Im Grundbuch des AG Waldsassen von O. ist die Stadtgemeinde Eger als Eigentümerin des rund 634 ha großen „Egerer Stadtwaldes" eingetragen, der zahlreiche Flurstücke umfaßt, die in den Gemarkungen O. und N. liegen. Zu Urkunde des Notars Dr. Ernst S. in W. verkaufte der Notargehilfe Robert T. in W., vorbehaltlich der späteren Genehmigung für die „Stadtgemeinde Eger, CSR - tschechisch Cheb" handelnd, an die Stadt Waldsassen aus der zum Egerer Stadtwald gehörenden Flurstücknummer 459 der Gemarkung O. eine noch wegzumessende Teilfläche von etwa 500 qm; deren Lage war den Beteiligten genau bekannt. Die Stadt Waldsassen beabsichtigt, auf dem gekauften Grundstück eine neue Entsäuerungsanlage für die Wasserversorgung ihrer Bürger zu errichten. Die Verkäuferin bewilligte und die Beteiligten beantragten, daß eine Vormerkung für die Käuferin eingetragen werde, um ihren Auflassungsanspruch zu sichern. Am 15. 2. 1963 erklärte Rechtsanwalt Nr. H. in öffentlich beglaubigter Urkunde des Notars W., daß er als Vertreter der „Stadtgemeinde Eger/CSR — tschechisch Cheb" den Inhalt der Urkunde des Notars Dr. S. vorbehaltlos genehmige. Am 2. 1. 1963 hatten der Vorsitzende L. und der Sekretär S. des Stadtnationalausschusses der Stadt Eger (Cheb) den Rechtsanwalt Dr. H. im Namen der Stadt bevollmächtigt, sie bei dem Verkauf der Teilfläche zu vertreten. Der Bezirksnationalausschuß in Eger (Cheb), vertreten durch den Vorsitzenden K. und den Sekretär J., haben hierzu am 11. 1. 1963 ihre Zustimmung erteilt. Der Staatsnotar Dr. J. H. in Eger (Cheb) hat die Unterschriften der Genannten beglaubigt. Die Unterschrift des Staatsnotars selbst ist durch einen Vertreter des Justizministers namens Dr. P., dessen Unterschrift wieder durch den Abteilungsleiter Dr. C. im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten in Prag beglaubigt. Schließlich hat der Vizekonsul D. der französischen Botschaft in Prag die Unterschrift des Dr. C. beglaubigt und bestätigt, daß dieser ermächtigt ist, für den tschechoslowakischen Minister für auswärtige Angelegenheiten zu zeichnen. Am 5. 2. 1963 hat der Abteilungsleiter Dr. M. im tschechoslowakischen Finanzministerium gegenüber der Rechtsberatungsstelle Nr. 1 in Prag die Devisengenehmigung zu dem Grundstücksverkauf zwischen der Stadt Eger (Cheb) und der Stadt Wald-
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sassen und zur Absendung der Vollmacht der Stadt Eger (Cheb) f ü r Rechtsanwalt Dr. H. in München erteilt. Am 20. 3. 1963 beantragte der Notar Dr. S., die Auflassungsvormerkung einzutragen. Das AG Waldsassen wies den Antrag des Notars mit Beschluß vom 27. 2. 1963 zurück: Die jetzige Stadt Cheb sei mit der früheren Stadt Eger, der Eigentümerin des Egerer Stadtwaldes, nicht identisch; da die eingesessene Bevölkerung der Stadt vertrieben worden sei, sei die Stadtgemeinde Eger untergegangen. Auf ihrem Gebiet sei eine neue Stadt - Cheb - errichtet worden, in die eine neue Bevölkerung eingewiesen worden sei. Eine Rechtsnachfolge sei daher nicht eingetreten. Das LG Weiden hat die Beschwerden des Notars Dr. S. f ü r die Stadt Waldsassen und des Rechtsanwalts Dr. H. f ü r die Stadt Cheb (Eger) als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten die weitere Beschwerde eingelegt. Sie beantragen übereinstimmend, die Vorentscheidungen aufzuheben und das AG Waldsassen anzuweisen, die beantragte Auflassungsvormerkung einzutragen. Aus d e n G r ü n d e n : „1. . . . 2. Als d a s S u d e t e n l a n d auf G r u n d des M ü n c h e n e r V i e r m ä c h t e a b k o m m e n s v o m 29. 9. 1938 (RGBl. I I 853) g e m ä ß d e m Gesetz ü b e r die W i e d e r vereinigung d e r s u d e t e n d e u t s c h e n Gebiete m i t d e m Deutschen Reich v o m 2 1 . 1 1 . 1 9 3 8 (RGBl. I 1641) diesem eingegliedert w u r d e (vgl. B V e r f G E 1, 322, 3 2 6 1 ; B a y O b L G Z 1960, 478, 481, 4 8 2 2 ; 1963, 45, 4 8 s ) , w u r d e die Stadt E g e r - tschechisch Cheb - j e d e n f a l l s tatsächlich eine deutsche Gebietskörp e r s c h a f t . Mag a u c h r e i n begrifflich eine juristische P e r s o n des öffentlichen Rechts d e s einen Staates mit d e r eines a n d e r e n Staates nicht identisch sein k ö n n e n , so w i r d doch i m allgemeinen bei l o k a l e n G e b i e t s k ö r p e r s c h a f t e n , i n s b e s o n d e r e bei G e m e i n d e n I d e n t i t ä t a n g e n o m m e n , w e n n i h r Gebiet u n t e r eine a n d e r e S t a a t s h o h e i t gelangt. E s wechseln lediglich die Staatsgewalt u n d die R e c h t s o r d n u n g . Dies gilt n a c h allgemeiner Ü b e r z e u g u n g j e d e n f a l l s d a n n , w e n n die t e r r i t o r i a l e u n d die p e r s o n a l e G r u n d l a g e d e r Gemeinde d u r c h die V e r ä n d e r u n g d e r Staatsgrenzen nicht beeinträchtigt w i r d (BayObLGZ 1959, 408, 4 1 1 4 ; Wengler, J Z 1954, 217 f. u n d J Z 1960, 256; Ganßmäller, W M 1957, 186f.; Drobnig, R O W 1963, 95; vgl. auch RGZ 153, 333; OLG F r a n k f u r t , W M 1955, 273, 275). E s ist bestritten, o b d a s M ü n c h e n e r A b k o m m e n v o n A n f a n g a n nichtig w a r o d e r ob es i m w e i t e r e n Verlauf d e r Ereignisse ungültig g e w o r d e n ist. Nach tschechoslowakischer Rechtsansicht, d e r die Beschwf. beigetreten sind, w a r e n die i m M ü n c h e n e r A b k o m m e n festgelegten G e b i e t s a b t r e t u n g e n nicht n u r infolge rechtswidrigen Z w a n g e s nichtig, s o n d e r n auch d e s h a l b v o n Anf a n g a n völkerrechtlich u n w i r k s a m , weil d e r P r ä s i d e n t d e r Tschechoslowakischen R e p u b l i k d a s A b k o m m e n o h n e die verfassungsrechtlich e r f o r d e r liche E r m ä c h t i g u n g d u r c h die N a t i o n a l v e r s a m m l u n g in K r a f t gesetzt h a t . D e m g e g e n ü b e r w i r d vielfach a n g e n o m m e n , d a ß d a s M ü n c h e n e r A b k o m m e n z w a r völkerrechtlich w i r k s a m z u s t a n d e g e k o m m e n , jedoch d u r c h die ge1 3
IPRspr. 1952-1953 Nr. 316a. IPRspr. 1962-1963 Nr. 86.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 142. IPRspr. 1958-1959 Nr. 28b.
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waltsame und völkerrechtswidrige Eingliederung des im März 1939 noch bestehenden tschechoslowakischen Staates in das Deutsche Reich zerstört worden sei (vgl. Wengler, Völkerrecht I, H 3 e [1], S. 538 Fußn. 2; Faust, Das Potsdamer Abkommen, 3. Aufl., 2. Teil, F IV 2, S. 196 ff.). Diese Fragen bedürfen hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls hat sich die Staatsgewalt des tschechoslowakischen Staates im Mai 1945 unter Billigung der Alliierten faktisch erneut auf die Sudetengebiete erstreckt, die tatsächlich aus dem Reichsverband ausgegliedert wurden (vgl. BayObLGZ 1960, 478 f. 2 ; Wengler aaO). Die .Feststellung' der Regierungen Großbritanniens, der USA, der UdSSR und Frankreichs vom 5. 6. 1945 (KR ABl. Ergänzungsblatt Nr. 1 S. 11 Nr. VI) teilt Deutschland innerhalb der Grenzen in Besatzungszonen auf, wie sie am 31. 12. 1937 bestanden. Hieraus ist zu entnehmen, daß nach der Auffassung der Alliierten das Sudetengebiet nicht mehr Bestandteil Deutschlands sein soll (Faust aaO 198 Fußn. 102). Nun sind zwar die Gebietsveränderungen nach dem zweiten Weltkrieg weder Gegenstand eines Friedensvertrags noch eines Staatsvertrags zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei geworden. Dennoch sind - wie das BVerfG (BVerfGE 1, 322, 330) 1 dargelegt hat — .gewisse Rechtswirkungen mit den Grenzen des deutschen Staatsgebiets nach dem Stand vom 31. 12. 1937 durch die Besatzungsmächte verknüpft worden', wie außer der genannten .Feststellung' vom 5. 6. 1945 auch Abschnitt II Nr. 3 a der Proklamation Nr. 2 des Kontrollrats vom 20. 9. 1945 (KR ABl. Nr. 1 vom 29. 10. 1945, S. 9), Art. VII 9 e des MilRegG Nr. 52 (Am.Zone) und Art. 4 b AH KG Nr. 63 (AHK ABl. 1109) zeigen. Daß auch der Bundesgesetzgeber von den Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. 12. 1937 ausgeht, ergibt vor allem Art. 116 I GG (vgl. z.B. auch § 1 Nr. 1 des ZustErgG vom 7. 8. 1952, BGBl. I 407). Bemerkenswert erscheint ferner, daß die Bundesregierung dem Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nicht mehr bestehender öffentlicher Rechtsträger (Rechtsträger-Abwicklungsgesetz, BR-Drucks. 320/62) offenbar den Gebietsstand des Deutschen Reiches vom 31. 12. 1937 zugrunde legt. § 27 II 1 des Entwurfs lautet: .Die im Geltungsbereich dieses Gesetzes belegenen Vermögensrechte, die am 8. 5. 1945 Gebietskörperschaften mit Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, jedoch in den Gebieten innerhalb des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. 12. 1937 zustanden, gehen mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Sicherstellung und Erhaltung der Vermögensrechte in die Verwaltung des Bundes über.'
Der Entwurf hält es somit nicht f ü r notwendig, die im Bundesgebiet gelegenen Vermögenswerte solcher Gebietskörperschaften der treuhänderischen Verwaltung des Bundes zu übertragen, die außerhalb der Reichsgrenzen von 1937 liegen. E r sieht diese Gebietskörperschaften offenbar als existent und handlungsfähig an. Dann können sie aber als Körperschaften des öffentlichen Rechts ihre derzeitige. Handlungsfähigkeit nur von dem Staat ableiten, in dessen Hoheitsgebiet sie nun liegen. Daß die Stadt Eger (Cheb) eine tschechoslowakische Gebietskörperschaft
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ist, ergibt sich mithin aus den angestellten Erwägungen unter Berücksichtigung der von den Alliierten im Jahre 1945 getroffenen Regelung und der tatsächlichen politischen Gegebenheiten. Zum gleichen Ergebnis kommt das Rechtsgutachten, das Professor E. Forsthoff, Heidelberg, am 17. 2. 1964 im vorliegenden Fall auf Ersuchen der Beschwf. erstattet hat. 3. Gelangt das Gebiet einer Gemeinde unter eine andere Staatshoheit, so wird - wie dargelegt - grundsätzlich angenommen, daß die Gebietskörperschaft ihre Identität bewahrt. Die Vermögensrechte der Gemeinde werden im Völkerrecht der Staatensukzession nicht wie fiskalisches Vermögen des Staates, sondern wie Vermögensrechte von Privatpersonen behandelt, auch wenn sie infolge der Veränderung der Staatsgrenzen nunmehr im .fremden' Staatsgebiet liegen (BayObLGZ 1959, 408, 411 mit Nachw.; Ganßmüller, WM 1957, 186 f.; vgl. auch RGZ 153, 333). Wer Eigentümer eines in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Grundstücks ist und wer darüber verfügen darf, bestimmt das Recht der belegenen Sache (lex rei sitae), also das deutsche IPR (Soergel-SiebertKegel, BGB, 9. Aufl., Rdnrn. 269 ff. vor Art. 7 und Rdnr. 11 zu Art. 9 EGBGB) . Das deutsche Recht gibt auch Maß dafür, wer als Rechtssubjekt Träger von Rechten sein kann. Ist ein Rechtsgebilde nach seinem Heimatrecht juristische Person, so gilt dies grundsätzlich auch f ü r Deutschland (SoergelSiebert-Kegel, Art. 10 EGBGB Rdnrn. 7 und 8), so daß also das ausländische Recht über die Rechtsfähigkeit dortiger Gebietskörperschaften bestimmt. Diese Verweisung umfaßt grundsätzlich auch die Entstehung und den Untergang der juristischen Personen. Das ist allgemeine Rechtsansicht, und zwar auch f ü r Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl. RFH, RStBl. 1931, 552 = IPRspr. 1931 Nr. 16, S. 29; KG, WM 1953, 324; Kegel, IPR, 2. Aufl., § 17 II 2, S. 206 f.; Raape, IPR, 5. Aufl., § 25, S. 195 ff.; SoergelSiebert-Kegel, Art. 10 EGBGB Rdnr. 8; Erman-Arndt, BGB, 3. Aufl., Art. 10 EGBGB Anm.4; Palandt-Lauterbach, BGB, 24. Aufl., nach Art. 10 EGBGB Anm. 4; Drobnig, Das Westvermögen, reichsdeutscher öffentlicher Rechtsträger mit Sitz in der SBZ: ROW 1963, 95). Die Frage, ob die jetzt Cheb benannte Gebietskörperschaft mit der Stadt Eger identisch ist, beantwortet somit das tschechoslowakische Recht. 4. Die Rechtslehre und die Rechtsprechung in der SBZ vertreten übereinstimmend den Grundsatz, daß die öffentlichen Rechtsträger der Zone mit den ihnen entsprechenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts vor dem 8. 5. 1945 nicht identisch seien. So ist in der grundsätzlichen Entscheidung des OG vom 31. 10. 1951 (OGZ 1, 236 = NJ 1952, 222) festgestellt, daß die Gebietskörperschaften der DDR nicht identisch mit den früheren Gebietskörperschaften und auch nicht deren Rechtsnachfolger seien, da sie eine neue Klassenstruktur angenommen hätten (vgl. Drobnig aaO 96 mit Nachw. in den Fußn. 6 und 12; Wengler, JZ 1960, 254). Anders ist die Rechtslage in der CSSR. a) Ob der tschechoslowakische Staat im Jahre 1939 dadurch untergegangen ist, daß er als Protektorat dem Deutschen Reich angegliedert wurde, ist
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in der Völkerrechtslehre wegen der weitgehenden Anerkennung der tschechoslowakischen Exilregierung in London bestritten (vgl. einerseits Dahm, Völkerrecht I, § 17 II, S. 91 zu Fußn. 4 und 5 m. w. Nachw.; andererseits Wengler, Völkerrecht, II 982 Fußn. 2; Verdroß, Völkerrecht, 4. Aufl., 189 zu Fußn. 2; KG, JblntR 7 [1957] 397, 399 = RzW 1955, 211 5 ). Die Frage braucht nicht entschieden zu werden. Denn auch wenn m a n ein Erlöschen des tschechoslowakischen Staates im Jahre 1939 annähme, so schließt dies nicht aus, daß der später wiederhergestellte Staat nachträglich im Wege juristischer Fiktion mit dem früheren Staat identifiziert wird, und es so angesehen wird, als habe der Staat ohne Unterbrechung weiterbestanden (Theorie der wiederhergestellteen Staatsgewalt; vgl. Dahm aaO S. 91 zu Fußn. 4 a; Wengler, Völkerrecht, I 538 Fußn. 2). Dementsprechend hat sich der tschechoslowakische Staat stets als identisch mit der im Jahre 1918 durch Abspaltung selbständig gewordenen Tschechoslowakischen Republik betrachtet (vgl. Korkisch, Die verfassungsrechtliche Entwicklung in der Tschechoslowakei bis zur Verfassung vom 9. Mai 1948: ZaöRV 13 [1950/51] 671 ff. mit eingehender Nachweisung der diesbezüglichen Gesetzgebung der tschechoslowakischen Exilregierung in London; Rabl, Die staatsrechtliche Entwicklung in den Satellitenländern am Beispiel Polens und der CSR: Studien des Instituts f ü r Ostrecht, München, Bd. 1: Fragen des Staatsrechts im Ostblock, 49; vgl. auch Abschnitt I des sogenannten Kaschauer Programms — Programm der neuen tschechoslowakischen Regierung der Nationalen Front der Tschechen und Slowaken, angenommen auf der ersten Sitzung der Regierung am 5. 4. 1945 abgedruckt in Bd. IV/1 der Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, Anl. 2 S. 184). Die Frage bedarf jedoch keiner weiteren Erörterung. Denn jedenfalls kann auch ein vorübergehend erloschener und wieder errichteter Staat im Wege der rechtlichen Fiktion kraft seiner Souveränität f ü r sein Hoheitsgebiet wirksam anordnen, daß seine neue Rechtsordnung mit dem Inhalt der früher geltenden Normen unmittelbar und kontinuierlich an die bis zum Ende des früheren Staates geltende Rechtsordnung anknüpfen soll. Dies hat der tschechoslowakische Staat im Jahre 1945getan (vgl. BGHZ 17, 74, 81 f. 6 ): Das Verfassungsdekret Nr. 11 vom 3. 8. 1944 des Präsidenten der damaligen tschechoslowakischen Exilregierung über die Erneuerung der Rechtsordnung (veröffentlicht in London im Tschechoslowakischen Amtsblatt vom 19. 11. 1944 Nr. 11 - vgl. hierzu Korkisch aaO 670, 675 Fußn. 17) bestimmte die Fortgeltung der Verfassungs- und sonstigen Rechtsvorschriften des tschechoslowakischen Staates, die bis zum 29. 9. 1938 erlassen worden waren. Dieses Dekret wurde mit Beschluß der tschechoslowakischen Regierung vom 27. 7. 1945 grundsätzlich aufrechterhalten und gemäß § 2 des Verfassungsdekretes des Präsidenten der Republik vom 27. 6. 1945 (Slg. Nr. 22) über die Verkündigung der außerhalb des Gebietes der Tschechoslowakischen Republik erlassenen Rechtsvorschriften durch Kundma5
IPRspr. 1954-1955 Nr. 175.
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 32.
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chung des Innenministers vom 27. 7. 1945 (Slg. Nr. 30) im neuen Gesetzblatt veröffentlicht. Die verfassungsgebende Nationalversammlung hat dann dieses Dekret nochmals abgeändert und als Verfassungsgesetz vom 19. 12. 1945 (Slg. Nr. 12/1946) erneut erlassen (Korkisch aaO 675 Fußn. 17). b) Diese bewußte Anknüpfung an den Rechtsstatus vor 1938 wurde auch f ü r die territoriale Gliederung des Staates in Gebietskörperschaften vorgenommen. Die Tschechoslowakische Republik hatte im Jahre 1918 die bis dahin als österreichisches Gesetz in Böhmen geltende Böhmische Gemeindeordnung von 1864 als tschechisches Gesetz rezipiert (Slg. Nr. 11/1918). Diese beruht auf dem Grundprinzip der Teilung in staatliche und gemeindliche Selbstverwaltung (vgl. Bilinsky, Die Reform der örtlichen Verwaltung in der Tschechoslowakei: Studien des Instituts f ü r Ostrecht, München, Bd. 12, 189, 193). Wurde auch die Selbstverwaltung der vier Länder der Tschechoslowakei in den Jahren 1927 und 1928 erheblich eingeschränkt (vgl. Gesetz Slg. Nr. 125/1927), so blieb die Gemeinde als unterstes Glied der örtlichen Staatsverwaltung doch zugleich ein Organ auch der örtlichen Selbstverwaltung der Städte und Dörfer (vgl. Bilinsky aaO). An diesen Rechtszustand hat zunächst das Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 121 vom 27. 10. 1945 (Slg. Nr. 121) angeknüpft, indem es die bisherige Gebietsabgrenzung der Gemeinden und damit mittelbar deren Fortdauer als Gebietskörperschaften bestätigte. § 12 dieses Dekretes bestimmt: .Gemeindegebiete. Was die Gemeindegebiete betrifft, wird der Stand zum 29. 9. 1938 in folgenden Richtungen wiederhergestellt: 1. Ungültig sind die Teilungen von Gemeinden durch die Okkupationslinie. 2. Ungültig sind gebietsmäßige Regelungen von Gemeinden, die infolge der Ziehung der Okkupationslinie durchgeführt wurden. 3. Ungültig sind gebietsmäßige Regelungen von Gemeinden, die zur Zeit der Unfreiheit durch die Okkupationsmacht zur Erweiterung oder Neuerrichtung von Militärschießständen und Ausbildungslagern durchgeführt wurden. 4. Ungültig ist die Auflösung der Gemeinden Lidice und Terezin (Theresienstadt), die durch Maßnahmen der Okkupationsmacht durchgeführt wurde. 5. Erneuert werden die Gemeinden, die zur Zeit der Unfreiheit durch Vereinigung erloschen, und zwar mit ihren ursprünglichen tschechischen amtlichen Bezeichnungen vom 28. 9. 1938, sofern dieses Dekret nichts anderweitiges bestimmt (§ 4). 6. Aufgehoben werden solche Änderungen der Gemeindegrenzen aus der Zeit der Unfreiheit, durch welche ganze Ortschaften (Sprengel) von einer Gemeinde abgetrennt und an eine andere Gemeinde angeschlossen wurden.'
Als Anlage zu diesem Dekret enthält eine .Tabelle III A' die Verwaltungsbezirke im Lande Böhmen. Hiernach wird der Verwaltungsbezirk Eger (Cheb) von den Gemeinden Eger (Cheb) und Wildstein (Vildstejn) gebildet. Die innere Organisation der Gemeinden wurde allerdings weitgehend geändert. In den Gemeinden, Bezirken und Kreisen traten auf Grund der
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sich auf das Londoner Verfassungsdekret vom 4. 12. 1944 (Slg. Nr. 18) stützenden Regierungsverordnungen vom 5. 5., 7. 8. und 24. 8. 1945 (Slg. Nr. 4, 44, 45) die Nationalausschüsse an die Stelle der Gemeinde-, Bezirksund Landesverwaltungsorgane. Gemäß § 2 III der VO Nr. 4/1945 vom 5. 5. 1945 übernahmen die Ortsnationalausschüsse die Funktionen der Gemeindevertretungen und der Bürgermeister. So gingen sowohl der (bisher) selbständige als auch der (bisher) übertragene Wirkungskreis der Gemeinden im Wege der Funktionsnachfolge auf die Ortsnationalausschüsse über. Zum ganzen vgl. Korkisch aaO 677 f. m. Nachw.; Bilinsky a a 0 1 9 4 ; m i t deren Darlegungen stimmt das von den Beschwf. erbetene Rechtsgutachten des Professors Dr. Paul Levit, Inhabers des Lehrstuhls f ü r Verwaltungsrecht an der Rechtsfakultät der Karls-Universität in Prag überein. Das Gesetz vom 3. 3. 1954 (Slg. Nr. 13) über die Nationalausschüsse ordnete erneut die Einteilung des Gebietes der Tschechoslowakischen Republik in sog. Gebietsverwaltungseinheiten an. Gemäß § 4 I wurde das Staatsgebiet in Kreise eingeteilt, die Kreise in Bezirke und diese wiederum in Gemeinden. Ausdrücklich wird bestimmt, daß die bisherige Regelung der Gebietssprengel durch dieses Gesetz nicht geändert werde. Das jetzt geltende Gesetz vom 9. 4. 1960 (Slg. Nr. 36) über die gebietsmäßige Gliederung des Staates verringerte zwar die Zahl der Kreise, Bezirke und Gemeinden, änderte aber gemäß § 6 nichts an dem Fortbestand des Bezirks Eger (Cheb) und der gleichnamigen Stadtgemeinde. Der neubestimmte Aufgabenkreis der Nationalausschüsse (vgl. die Gesetze Slg. Nr. 24 und 65/1960 sowie die Vollzugsordnung Slg. Nr. 71/1960 und Bilinsky aaO 238 f.) umfaßt nicht nur die Funktionen der früheren Selbstverwaltung der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis, sondern auch die der staatlichen (übertragenen) Verwaltung in weitem Umfang (vgl. Bilinsky aaO 240 f. in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem genannten Gutachten der Karls-Universität). Art. 86 I der Verfassung der Tschechoslowakischen Republik vom 11.7. 1960 (Slg. Nr. 100; s. Jahrbuch 1/2 [1960] f ü r Ostrecht 193 ff.) bestimmt: ,(1) Die Nationalausschüsse - die breitesten Organisationen der Werktätigen sind die Organe der Staatsmacht und Staatsverwaltung in den Kreisen, Bezirken und Gemeinden.' Aus all diesen Rechtsnormen ergibt sich, daß Eger (Cheb) nach dem Rechtsordnungswillen des tschechoslowakischen Staates als Stadtgemeinde fortbesteht. 5. Daß die Stadt nunmehr lediglich den tschechischen Namen führt, ist rechtlich bedeutungslos. Schon in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie war die amtliche Benennung der Stadt Eger in tschechischer Sprache Cheb. Audi nach 1918 war Cheb die tschechische Bezeichnung f ü r die Stadt Eger (vgl. Gemeindelexikon f ü r Böhmen, Wien 1904, 228; Der Große Brockhaus, 1929/1930, III 752 und V 254; Der Große Brockhaus, 1953, III 428). Nachdem die deutschsprechende Bevölkerung des Sudetenlandes in den Jahren 1945 und 1946 aus ihrer Heimat vertrieben worden war, ist die
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Stadt Eger nunmehr zu einem weitüberwiegenden Teil von Tschechen besiedelt. Die amtliche tschechoslowakische Bezeichnung der Stadt Eger ist dementsprechend heute nur mehr Cheb. Der Wegfall des bisherigen deutschen Ortsnamens Eger kann, wie auch das Gutachten Forsthoff s dargelegt, an der Identität der jetzigen Stadtgemeinde mit der früheren nichts ändern. 6. Schwerwiegender ist das Bedenken, daß die frühere Stadtgemeinde Eger durch die Vertreibung des überwiegenden Teiles ihrer (deutschsprachigen) Bevölkerung untergegangen sei. Prüft man dieses Argument, auf dem die Vorentscheidungen mit beruhen, so muß die rechtliche oder gar die moralische Wertung der Vertreibung klar von der Frage geschieden werden, welche rechtliche Wirkung diese Maßnahme auf den Fortbestand der Stadtgemeinde Eger als einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, als einer Gebietskörperschaft des tschechoslowakischen Staates gehabt hat. Die Vorinstanzen haben die Fortdauer der Stadtgemeinde Eger (Cheb) nach deutschem Recht geprüft, wobei sie ihren Entscheidungen den Begriff der Körperschaft zugrunde legten, wie ihn die Lehre von der realen Verbandspersönlichkeit versteht, die Georg Beseler begründet und Otto von Gierke fortentwickelt hat. a) Es wurde bereits dargelegt, daß für die Frage der Identität der Stadt Cheb mit der Stadt Eger tschechoslowakisches Recht maßgebend ist. Aber auch bei Anwendung des deutschen Rechts wären die von den Vorinstanzen gezogenen rechtlichen Folgerungen aus der Vertreibung irrig. Die Frage, ob eine Gebietskörperschaft fortbesteht, wenn die in ihrem Gebiet ansässige Bevölkerung völlig wechselt und so zwar die territoriale, aber nicht die personale Grundlage der Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechtes unberührt bleibt, ist nach dem zweiten Weltkrieg im Zusammenhang mit der Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten des Reiches Gegenstand der Rechtsprechung und der wissenschaftlichen Erörterung geworden (vgl. KG, W M 1953, 324; OLG Frankfurt, W M 1955, 273; Wengler, Ganßmüller und Drobnig, je aaO). So hat das KG ( W M 1953, 324) entschieden, daß eine evangelische Kirchengemeinde ostwärts der Oder-Neiße-Linie als Trägerin von Gemeinderechten im Bundesgebiet fortbestehe und die evangelische Kirche in Deutschland die Vertretung solcher Kirchengemeinden rechtswirksam übernommen habe. Demgegenüber hat das OLG Frankfurt ( W M 1955, 273, 275) ausgeführt, daß der Wechsel in der Bevölkerung einer katholischen Kirchengemeinde für deren Identität ohne Bedeutung sei, da die Institute der Pfarrkirche, des Benefizialvermögens und einer kirchlichen Stiftung streng ortsgebunden seien. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um eine Kirchengemeinde, sondern um eine politische Gemeinde. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 3. 11. 1959 (BayObLGZ 1959, 408, 413 4 ) bereits dargelegt, daß das verwaltungsrechtliche Dasein der politischen Gemeinde viel enger gebietsbezogen ist als dasjenige etwa einer evangelischen Kirchengemeinde. Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinde beruht vornehmlich auf der äußeren Tatsache des Wohnsitzes im Gemeindegebiet. Das
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Wesen der gemeindlichen Gebietskörperschaft ist somit unlöslich mit der Vorstellung eines bestimmten räumlichen Gebietes v e r k n ü p f t (BayObLGZ aaO; KG, HEZ 1, 39 f. = JR 1947, 51; Gönnerwein, Gemeinderecht, § 15, S. 741, 745). Die Lehre von der realen Verbandspersönlichkeit k a n n hieran nichts ändern. Diese Theorie gibt allerdings eine bildhafte Vorstellung von der juristischen Person, insbesondere von der Körperschaft als eines handlungs- und willensfähigen Wesens. Sie reicht jedoch schon auf dem Gebiet des Privatrechts nicht m e h r hin, u m neue Erscheinungsformen im Gesellschaftsrecht konstruktiv zu erfassen (vgl. Lehmann, Allg. Teil des BGB, 12. Aufl., § 59 I 2 d, S. 410; Enneccerus-Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts I, § 103 I F u ß n . 2, je mit weiteren Nachweisen). Der Begriff der Gemeinde im deutschen Kommunalrecht jedenfalls ber u h t nicht auf der Vorstellung eines durch die Gemeindeglieder gebildeten — und damit mit ihnen untergehenden — lebenden Organismus. F ü r den deutschen Gemeindebegriff ist vielmehr das territoriale Element entscheidend (vgl. Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft u n d Praxis, I 230 ff., 235, 247). In der allgemeinen Staatslehre wird allerdings die Meinung vertreten, ein Staat gehe mit dem Fortfall schon eines einzigen seiner drei BegrifFsmerkmale (Staatsgebiet, Staatsvolk, Staatsgewalt) unter (G. und E. Kächenhoff, Allgemeine Staatslehre, 5. Aufl., 218 f.; Verdroß, Völkerrecht, 4. Aufl., 189 Abschn. V). Dies k a n n f ü r kommunale Gebietskörperschaften nicht in gleicher Weise gelten. Die hoheitliche Gewalt der Gemeinde ist von der Staatsgewalt abgeleitet (vgl. BadVGH, VerwRspr. 4, 197, 200; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 8. Aufl., § 24, S.411 ff.). Der Staat setzt die Rechtsnormen f ü r die Neubegründung oder die Auflösung von Gemeinden. Bezeichnenderweise hat das positive deutsche Gemeinderecht diese beiden Vorgänge stets n u r mit Veränderungen des Gemeindegebiets, nicht aber mit solchen im Bestand der Gemeindebevölkerung v e r k n ü p f t (vgl. Art. 13 Deutsche GO vom 30. 1. 1935; Art. 11 II, Art. 12 I der GO f ü r den Freistaat Bayern vom 25.1.1952; § § 8, 9 der GO f ü r Baden-Württemberg vom 25. 7. 1955; § 16 der Hessischen GO vom 25. 2. 1952; § 17 der Niedersächsischen GO vom 4. 3. 1955; § 14 der GO f ü r das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. 10. 1952; § 8 der GO f ü r Rheinland-Pfalz vom 5. 10. 1954; § 14 der GO f ü r Schleswig-Holstein vom 24. 1. 1950). Dem entspricht die im Schrifttum herrschende Lehre, daß die Gemeinde in ihrem Bestand durch den Wegfall des Gemeindevolks nicht unmittelbar berührt wird. So f ü h r t Otto Mayer (Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Aufl., § 58, S. 358 zu F u ß n . 13) aus, daß der Untergang einer Gemeinde n u r durch die Verwandlung ihres Gebietes in ein ausmärkisches möglich sei, daß dazu allerdings das Verschwinden einer zur Gemeindebildung tauglichen Bewohnerschaft den Anlaß geben könne; verliere eine Gemeinde ihre Mitglieder durch Aussterben oder durch Auswanderung, so gehe die Gemeinde nicht unter. Sie könne durch Neubesiedlung wieder Mitglieder bekommen; d a n n sei keine Neugründung nötig, es sei denn, daß inzwischen die förmliche Auflösung der Gemeinde durch den Staat ausgesprochen worden wäre. Dem haben sich Helmreich7 IPR 1964/65
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Widtmann (Bayerische GO, 2. Aufl., Art. 1 Anm. 2 b) angeschlossen: Auch diese Autoren kommen zu dem Ergebnis, daß eine Gemeinde durch den Wegzug oder durch die Aussiedlung sämtlicher Einwohner nicht ohne weiteres untergehe, sondern daß hierzu vielmehr die Änderung des Gemeindegebiets durch Staatshoheitsakt notwendig sei. Damit stimmt die im Gutachten des Professors Forsthoff vertretene Rechtsansicht überein. b) Zum gleichen Ergebnis führt die Anwendung tschechoslowakischen Rechts, die — wie dargelegt - in Wahrheit geboten ist. Auch in der Tschechoslowakischen Republik leitet sich die Herrschaftsgewalt der Gemeinde vom Staat ab; die Gemeindeverwaltung ist, der dort herrschenden Staatsauffassung entsprechend, mehr noch als in der Bundesrepublik Deutschland mittelbare Staatsverwaltung. Daher ist dort ebenso wie hier ein Hoheitsakt des Staates Voraussetzung f ü r die Entstehung, die Umbildung oder die Auflösung einer Gemeinde. Schon die im Jahre 1918 durch die Tschechoslowakische Republik mit Gesetz Nr. 11/1918 übernommene Böhmische Gemeindeordnung von 1864 kannte als Grund f ü r das Erlöschen einer Gemeinde nur deren Einverleibung in eine oder deren Aufteilung auf mehrere andere Gemeinden durch staatlichen Hoheitsakt, nicht aber Veränderungen im Bestand des Gemeindevolkes. An diesem Grundsatz hat die Entwicklung des Gemeinderechts in der Zeit zwischen 1918 und 1939 festgehalten. Er gilt auch f ü r die Rechtsordnung des nunmehrigen tschechoslowakischen Staates. Das bereits genannte Dekret des Präsidenten der Republik vom 27. 10. 1945 (Slg. Nr. 121) knüpfte in § 18 die Veränderung im Umfang, vor allem aber auch im Bestand einer Gemeinde schlechthin ausschließlich an das territoriale, nicht aber an das personale Element. Die Gebiets- und damit auch die Bestandsänderungen geschahen nach dieser Vorschrift durch übereinstimmende staatlich zu genehmigende Beschlüsse der Ortsnationalausschüsse der beteiligten Gemeinden oder durch eine Anordnung des Innenministeriums, wenn das öffentliche Interesse die Änderung der Gemeinde erforderte (§ 18 II). Eine Rechtsänderung brachte sodann das Gesetz vom 3. 3. 1954 (Slg. Nr. 13). § 4 dieses Gesetzes lautet in deutscher Übersetzung: .Gebietsverwaltungseinheiten.
§4 (1) Das Gebiet der Tschechoslowakischen Republik wird geteilt in Kreise, die Kreise werden geteilt in Bezirke und die Bezirke werden in Gemeinden geteilt. Die bisherige Regelung der Gebietssprengel wird durch dieses Gesetz nicht geändert. (2) Zur Schaffung oder Aufhebung eines Kreises oder zu einer wesentlichen Änderung seines Gebietes oder zur Änderung des Sitzes eines Kreisnationalausschusses ist ein Gesetz erforderlich; andere Änderungen des Gebietes eines Kreises kann die Regierung durchführen. Durch Regierungsverordnung können Bezirke geschaffen oder aufgehoben oder ihr Gebiet wesentlich geändert und die Sitze von Bezirksnationalausschüssen geändert werden. Andere Änderungen des Gebietes von Bezirken führen die Kreisnationalausschüsse durch. Die Kreisnationalausschüsse schaffen auch Gemeinden, heben sie auf und ändern deren Grenzen; vor der Entscheidung muß der Kreisnationalausschuß den Standpunkt der beteiligten Gemeinden feststellen.
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(3) Die Bestimmungen über die Änderungen von Gebieten der Bezirke gelten analog für Städte, welche einen Stadtnationalausschuß haben.'
Nunmehr bestimmt § 16 I des Gesetzes vom 9. 4. 1960 (Slg. Nr. 36) über die gebietsmäßige Gliederung des Staates: ,§ 16
(1) Aus wichtigen Interessen der Gesellschaft, insbesondere zum Zwecke der weiteren Entwicklung der landwirtschaftlichen Erzeugung und des wirtschaftlichen und kulturellen Aufbaus der Gemeinden, können Gemeinden gebildet, aufgehoben oder vereinigt oder eine andere Änderung ihres Gebietes durchgeführt werden. Wenn es sich um Gemeinden im gleichen Bezirk handelt und wenn mit einer derartigen Maßnahme die Ortsnationalausschüsse und die Bürger der betroffenen Gemeinden übereinstimmen, entscheidet der Bezirksnationalausschuß. Andernfalls steht die Entscheidung dem Kreisnationalausschuß zu.'
Auch nach tschechoslowakischem Recht wird somit die Gemeinde ausschließlich durch staatlichen Hoheitsakt gegründet, verändert oder aufgelöst, nicht aber auf Grund faktischer Vorgänge, wie es die Neubesiedlung einer Stadt ist. c) Es kommt also weder nach deutschem noch nach tschechoslowakischem Recht darauf an, ob die Stadtgemeinde Eger (Cheb) denn wirklich zeitweise ohne Gemeindevolk war, wie dies dem Begriff von dessen Untergang entspräche, auf dem die Beschlüsse der Vorinstanzen beruhen. In Wahrheit begann die Vertreibung der Sudetendeutschen schon im Mai 1945 und vollzog sich in mehreren Wellen (Faust, Das Potsdamer Abkommen und seine völkerrechtliche Bedeutung, 201). Die Ausweisung war erst zum Teil durchgeführt, als das Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945 in Abschn. XIII Bestimmungen über die Aussiedlung der deutschen Bevölkerung traf, ,die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben' war (vgl. Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa Bd. IV/1: Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei, 105 ff.). Zum Teil jedenfalls wurden die laufenden Verluste der Stadt an ihrer deutschen Bevölkerung durch den Zuzug von Tschechen wieder ausgeglichen. Die Stadt war also zu keinem Zeitpunkt ohne Gemeindevolk. Durch die Vertreibung der deutschen Bevölkerung ist die Stadt Eger daher nicht untergegangen. Mit ihr ist die nunmehr überwiegend von Tschechoslowaken bewohnte Stadt Cheb identisch. 7. Diese Personengleichheit kann auch nicht deshalb bezweifelt werden» weil sich etwa - wie im Schrifttum mitunter angenommen wird (vgl. Ganßmüller aaO) — die ehemals deutschen politischen Gemeinden in den Vertreibungsgebieten mit Vermögen im Bundesgebiet hier als bundesdeutsche Körperschaften eigener Art fortsetzten. Die Annahme einer solchen Fortsetzungskörperschaft ist, wie der Senat bereits entschieden hat (BayObLGZ 1959, 408, 413 f. 4 ), nicht zu begründen (ebenso Wengler in seiner Besprechung dieser Entscheidung, JZ 1960, 254). Die Vorstellung, daß sich die als deutsche Gebietskörperschaft vermeintlich untergegangene Stadt Eger auf deren bundesdeutschem Grundbesitz kontinuierlich als Gebietskörper7*
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schaft fortsetze, ist juristisch nicht vollziehbar: Dieser Grundbesitz ist bereits anderen politischen Gemeinden zugeordnet, so daß sich auf ihm eine etwaige Hoheitsgewalt der sich fortsetzenden öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft gar nicht entfalten könnte. Ebensowenig besteht eine dem Verein angenäherte Fortsetzungskörperschaft früherer Egerer Bürger, der man als Rechtsträger des im Bundesgebiet gelegenen Vermögens der Stadt Eger eine Teilidentität mit ihr zubilligen könnte (BayObLGZ aaO). Allerdings ist in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre grundsätzlich anerkannt, daß eine juristische Person, deren Vermögen in ihrem Heimatstaat enteignet wurde, außerhalb ihres Landes - und sei es auch n u r zum Zwecke der Liquidation - fortbesteht (vgl. BGHZ 25, 134, 144 = LM Nr. 6 zu Überleitungsvertrag 7 mit Anm. von Johannsen; BGHZ 20, 4 8 ; 32, 256 = LM Nr. 32 zu Art. 7 ff. EGBGB - E n t e i g n u n g - 9 m. w. Nachw. in der Anm. von Rietschel; Raape, IPR, 4. Aufl., § 66 IV 2; Soergel-Siebert-Kegel, BGB, 9. Aufl., vor Art. 7 EGBGB Rdnrn. 442 ff. m. Nachw.). Aber auch diese sogenannte Spaltungstheorie kann keine Zweifel an der Identität der Stadt Cheb mit der Stadtgemeinde Eger begründen. Die Spaltungstheorie läßt sich zunächst schon rein begrifflich auf die .spezifisch lokalen juristischen Personen des öffentlichen Rechts' nicht anwenden (Wengler, JZ 1954, 217 f.; JZ 1960, 254). Der Sitz einer Gemeinde kann — anders als der einer Genossenschaft oder einer juristischen Person des Handelsrechts - nicht ohne staatlich anerkannte organisatorische Maßnahme verlegt werden (BayObLGZ 1959, 408, 414 4 ). Vor allem aber verbietet der Unterschied im Wesen einer Gebietskörperschaft und eines Vereins - wie ihn die Genossenschaft oder etwa die Aktiengesellschaft bilden die Anwendung der Spaltungstheorie auf die politische Gemeinde. Deren Angehörige sind nicht Mitglieder eines Vereins, wie die Genossen oder die Aktionäre, deren Anteilsrechte mittelbar das Vermögen der juristischen Person in sich begreifen; denn Träger des Gemeindevermögens sind nicht die einzelnen Gemeindebürger oder die Bürgerschaft als solche, sondern die Gebietskörperschaft als abstrakte Rechtspersönlichkeit. Die Vertreibung der deutschsprachigen Einwohnerschaft der Stadt Eger kann daher in ihren Wirkungen auf das Fiskalvermögen der Gebietskörperschaft keinesfalls mit der Enteignung der Mitgliedschaftsrechte von Genossen einer sudetendeutschen Genossenschaft (vgl. BGHZ 25, 134 7) verglichen werden. Mit diesem Ergebnis stimmt auch die Rechtsauffassung der Bundesregierung überein, wie sie im Entwurf des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nicht mehr bestehender öffentlicher Rechtsträger zum Ausdruck kommt. Nur das im Bundesgebiet belegene Vermögen von Gebietskörperschaften des Deutschen Reichs nach dem Gebietsstand vom 31. 12. 1937 soll nach § 27 II des Entwurfs zwecks Sicherstellung und Erhaltung der Vermögensrechte in die Verwaltung des Bundes übergehen. F ü r im 7 9
IPRspr. 1956-1957 Nr. 21. IPRspr. 1960-1961 Nr. 75.
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IzRspr. 1954-1957 Nr. 63.
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Bundesgebiet belegenes Vermögen von Gebietskörperschaften außerhalb dieser Grenzen sieht der Entwurf eine treuhänderische Verwaltung durch den Bund nicht vor. E r läßt offenbar die auf nunmehr fremdem Staatsgebiet liegenden Gebietskörperschaften als handlungsfähige Rechtsträger auch ihres im Bundesgebiet gelegenen Vermögens gelten. 8. Steht somit die Identität der tschechoslowakischen Stadt Cheb mit der im Grundbuch eingetragenen Stadtgemeinde Eger fest, so gilt zu ihren Gunsten gemäß § 891 I BGB die Vermutung, daß ihr das f ü r sie eingetragene Eigentum am Egerer Stadtwald zusteht. Die Vermutung gilt auch f ü r das Grundbuchamt. Dieses hat daher ein eingetragenes eintragungsfähiges Recht, wie das Eigentum, als bestehend und den eingetragenen Berechtigten als den verfügungsberechtigten Inhaber des Rechts anzusehen. Von dieser Vermutung darf das Grundbuchamt nur abgehen, wenn ihm Tatsachen bekannt oder nachgewiesen werden, welche die Unrichtigkeit der Eintragung ergeben (Horber, GBO, 8. Aufl., Grundzüge vor § 13 Anm. 6 B). Solche Tatsachen sind hier nicht mit einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden hinreichenden Sicherheit erkennbar. 9. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß die Stadt Eger das Eigentum an ihrem Grundbesitz im Wege der Enteignung oder einer Rechtsnachfolge an die tschechoslowakische Republik verloren hat. a) Nach den Benesch-Dekreten vom 19. 5. und 25. 10. 1945 (Slg. Nr. 5 und Nr. 108; Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa Bd. IV/1 Anlagen 3 und 13 S. 204, 263) wurde alles Vermögen entschädigungslos konfisziert, ,das am Tage der tatsächlichen Beendigung der deutschen Okkupation im Besitze von deutschen juristischen Personen oder von physischen Personen deutscher Nationalität war'. Diese Ausnahmegesetze richteten sich offensichtlich nicht gegen die innerhalb der früheren Grenzen des tschechoslowakischen Staates gelegenen Gebietskörperschaften, die er als stets ihm zugehörig f ü r sich beanspruchte. b) Zu prüfen ist aber, ob die tiefgreifende Umgestaltung der Verwaltungsorganisation und der Wirtschaftsstruktur der CSSR (vgl. Korkisch aaO 670) nicht zu einer Veränderung im Eigentum der Stadt Eger (Cheb) an ihrem Grundbesitz oder in ihrer rechtlichen Verfügungsmacht darüber geführt hat. Der innerstaatliche Strukturwandel im Aufbau und in der Gliederung des tschechoslowakischen Staates hatte bereits vor dem zweiten Weltkrieg begonnen. Das Ergebnis dieser Entwicklung war ,die Verstaatlichung der Lokalverwaltung' (vgl. Rabl aaO 39 f.). Die ursprünglich auch das tschechoslowakische Gemeinderecht beherrschende Unterscheidung zwischen dem eigenen und dem übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde verwischte sich mehr und mehr. Gemäß Art. 86 der Verfassung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik vom 11. 7. 1960 (Slg. Nr. 100; s. Jahrbuch f ü r Ostrecht aaO) sind die Nationalausschüsse die Organe der Staatsmacht und der Staatsverwaltung in den Kreisen, Bezirken und Gemeinden. Das Gesetz vom 25. 5. 1960 (Slg. Nr. 65 und Nr. 71) hatte den Nationalausschüssen als .organischen Bestandteilen des staatlichen Apparats' (Bilinsky
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aaO 198) im Bereich ihres Gebietes umfassende hoheitliche Aufgaben, und zwar aus den früheren Funktionsbereichen sowohl des eigenen wie des übertragenen Wirkungskreises anvertraut. Die Nationalausschüsse sind .sowohl das Rückgrat der staatlichen Verwaltungsorganisation als auch die Träger einer im tschechoslowakischen Rechtsbereich neuartigen Selbstverwaltung' (Korkisch aaO 677). Die Annäherung der Gebietskörperschaft mit Selbstverwaltung an bloße Träger staatlicher Hoheitsmacht und die Ersetzung der bisherigen Organe der Gebietskörperschaften durch die Nationalausschüsse ist eine Angelegenheit der inneren Organisation der CSSR, die den deutschen ordre public (Art. 30 EGBGB) nicht berührt. Eine unmittelbare Einwirkung dieser Vorgänge auf das Grundeigentum solcher Gebietskörperschaften ist nicht ersichtlich. Hand in Hand mit dieser Entwicklung ging allerdings eine weitgehende Verstaatlichung ^Nationalisierung') auf vielen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens (vgl. die einzelnen Nachweise bei Korkisch aaO 670 f. F u ß n . 4 und 5). Art. 149 der tschechoslowakischen Verfassung vom 9. 5.1948 (Slg. Nr. 150) bestimmte, daß ,das Nationalvermögen (die nationalisierten Wirtschaftswerte und jegliches öffentliche Gut, das dem allgemeinen Wohle dient) grundsätzlich in den Händen des Staates ist' (Bilinsky aaO 195). Jene Teile des Nationalvermögens aber, ,die keine ganzstaatliche Bedeutung hatten und durchweg oder überwiegend der Bevölkerung einer Verwaltungseinheit (Gemeinde, Bezirk, Kreis) dienten', sollten ,in der Hand der Verbände der Volksverwaltung (Kommunaleigentum)' bleiben (Bilinsky aaO 195). Hieran hat die neue Verfassung des Staates vom 11.7. 1960 nichts geändert. Deren Art. 8 bezeichnet zwar das staatliche Eigentum (Volkseigentum) und das genossenschaftliche Eigentum (Eigentum der Genossenschaften des Volkes) als die beiden Grundformen des sozialistischen gesellschaftlichen Eigentums. Doch ist daneben persönliches Eigentum der Bürger an Gebrauchsgegenständen, an Eigenheimen und an wirtschaftlichen Kleinbetrieben zulässig. Vor allem aber sieht Art. 11 Nationalunternehmen als selbständige juristische Personen vor, die der Staat mit der Verwaltung eines Teiles des Volkseigentums betraut. In ähnlicher Weise verfügen gemäß Art. 90 II auch die Nationalausschüsse als Organe ihrer Gemeinden, Bezirke und Kreise über die notwendigen materiellen und finanziellen Mittel zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben. Seit dem Gesetz vom 25. 5. 1960 sind die Befugnisse vor allem der Bezirksnationalausschüsse erheblich erweitert (Bilinsky aaO 238 f., 241), denen nach wie vor Teile ihres Nationalvermögens zur Verwaltung überlassen sind. Aus diesen rechtlichen und wirtschaftlichen Vorgängen läßt sich somit nicht mit einer zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 891 BGB gebotenen Sicherheit schließen, daß die Stadt Eger (Cheb) das Eigentum an ihrem Grundbesitz verloren hat. 10. Nähme man aber an, daß der dargestellte Strukturwechsel im Staatsund Wirtschaftsaufbau der CSSR zu einer Rechtsnachfolge des Staates in das Grundeigentum der Stadt Eger (Cheb) geführt hätte, so ergäbe sich gleichwohl aus den genannten staatlichen Organisationsnormen, daß der
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Stadtnationalausschuß der Stadt Eger (Cheb) mit Zustimmung des Bezirksnationalausschusses in Eger (Cheb) befugt ist, über die Teile des Nationalvermögens zu verfügen, die ihm als Organ der Stadt zur Verwaltung übertragen sind. F ü r die Rechtswirksamkeit der vorgenommenen Verfügung spricht weiter die vom tschechoslowakischen Finanzministerium erteilte devisenrechtliche Genehmigung. Sollte also das Grundeigentum der Stadt Eger (Cheb) im Wege der .Nationalisierung' Staatseigentum geworden sein, so hätte die Stadt auf Grund der offenkundigen gesetzlichen Ermächtigung wirksam verfügt; im übrigen ergäbe sich in diesem Fall auch aus den vorliegenden öffentlich beglaubigten Urkunden, daß die tschechoslowakische Staatsregierung mit der konkreten Verfügung selbst einverstanden ist. Da es sich im Fall einer — vorsorglich unterstellten — .Nationalisierung' des Grundvermögens der Stadt Eger (Cheb) um eine Gesamtrechtsnachfolge handelte, stünde auch § 39 GBO der beantragten Eintragung nicht entgegen (vgl. Horber, GBO, 8. Aufl., § 40 Anm. 2 B). Aus dem gleichen Grunde könnte in der - immer vorsorglich unterstellten — Rechtsnachfolge des tschechoslowakischen Staates in das Grundeigentum seiner Gebietskörperschaften auch keine Enteignung derselben gesehen werden; deren Wirkungen könnten sich allerdings nicht auf den außerhalb des tschechoslowakischen Hoheitsgebietes belegenen Grundbesitz eines Enteigneten erstrecken (vgl. BGHZ 25, 134, 140 7 ; Soergel-SiebertKegel, vor Art. 7 EGBGB Rdnrn. 418, 426 m. Nachw.; Raape, IPR, § 66 I 4, S. 659; Kegel, IPR, § 23 II 1, S. 391). Da - wie dargelegt - die Annahme einer Fortsetzungs- oder einer Spaltgebietskörperschaft begrifflich ausscheidet, müßten ,die in der Westzone belegenen Gegenstände bona vacantia werden, so daß die Bundesrepublik sie okkupieren kann' - ein .unmögliches Ergebnis', wie Raape (aaO 671 zu Nr. 2) zutreffend bemerkt. Ein solches Ergebnis scheidet aber schon deshalb aus, weil der innerpolitische Strukturwandel im Verwaltungsaufbau der CSSR jedenfalls keine Enteignung im Verhältnis des Staates zu seinen eigenen Gebietskörperschaften ist, die sich ihrem Wesen nach mehr und mehr zu Trägern rein staatlicher Verwaltungshoheit entwickelt haben. 11. Es geht schließlich nicht an, das Eigentum der Stadt Eger (Cheb) am Egerer Stadtwald oder ihre Verfügungsbefugnis darüber aus dem Gesichtspunkt der Retorsion zu leugnen, wie dies das AG versucht hat. Dem Richter ist es verwehrt, Vergeltung zu üben (Art. 31 EGBGB; RGZ 103, 262; Raape, IPR, § 13 Nr. XIII, S. 101 Fußn. 99). Er ist dem Gesetz unterworfen (Art. 97 GG). Das Recht aber ist unteilbar. Es kann der jetzt tschechoslowakischen Stadt Eger (Cheb) nicht deshalb verkürzt werden, weil ihre früheren deutschen Einwohner aus ihr vertrieben worden sind oder weil die CSSR die Sudetendeutschen enteignet hat. Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, daß gemäß Teil VI Art. 2 des Pariser Überleitungsvertrages (Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 23. 10. 1954 i. d. F. vom 30. 3. 1955 BGBl. II 405, 439) das AHKG Nr. 63 vom 31. 8. 1951 (AHK ABl. 1107) fort-
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gilt (vgl. Soergel-Siebert-Kegel, vor Art. 7 EGBGB Rdnrn. 468 ff.; PalandtLauterbach, BGB, 24. Aufl., Art. 30 EGBGB Anm. 5 .SachenR'). Gemäß Art. 3 AHKG Nr. 63 und Teil VI Art. 3 des Überleitungsvertrages sind jedenfalls die effektiv durchgeführten ausländischen Eingriffe in deutsches Auslandsvermögen der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen (vgl. BGHZ 8, 378, 382 1 0 ; 17, 74, 76«; 18, 1, 7 " ; BGH, MDR 1957, 276 1 2 ; BGHZ 25, 134, 140 7 ; BGH, WM 1963, 81, 8 4 l s ; Soergel-Siebert-Kegel aaO; Kegel, IPR, § 23 II 5, S. 399). Die P r ü f u n g von Einwendungen hieraus ist der deutschen Gerichtsbarkeit derzeit jedenfalls verwehrt. Die Berufung auf den deutschen ordre public (Art. 30 EGBGB) ist insoweit ausgeschlossen (vgl. BGHZ 8, 378f. 1 0 ; BGH, N J W 1957, 217 = LM Nr. 3 zu Überleitungsvertrag 1 2 ). 12. Schließlich k a n n auch nicht außer acht bleiben, daß Gegenstand des im Grundbuch zu vollziehenden Vertrags n u r eine kleine Teilfläche des Egerer Stadtwalds ist, die die Stadt Waldsassen zur Verbesserung ihrer Wasserversorgung braucht. Unter solchen Umständen ist auch nicht einzusehen, inwiefern das Rechtsgeschäft dem deutschen ordre public widersprechen sollte." 28. Die internationale Zuständigkeit des Gerichts in Handelssachen nach dem FGG knüpft an den Sitz einer Handelsgesellschaft an. Auch nach der Gründungstheorie kann das Personalstatut der Gründervereinigung einer Aktiengesellschaft dem Recht des fremden Staates, in dem die Rechtsfähigkeit erworben und der Sitz begründet werden sollten, dann nicht folgen, wenn sich die Gründervereinigung vor Eintragung der errichteten Gesellschaft in das Handelsregister wiederaufgelöst hat, nachdem sie ihren Verwaltungssitz an einem im Inland gelegenen Ort begründet hatte. Die örtliche und die internationale Zuständigkeit des Gerichts zur Bestellung eines gerichtlichen Abwicklers bestimmt sich für die vor Eintragung ins Handelsregister in Abwicklung getretene Gründervereinigung nicht nach dem satzungsmäßigen Sitz der geplanten — nicht entstandenen — Aktiender Gründergesellschaft, sondern nach dem Ort, wo die Hauptverwaltung vereinigung geführt wurde. BayObLG, Beschl. vom 23. 7. 1965 - BReg. 2 Z 7/65: BayObLGZ 1965, 294; MDR 1965, 914; Die AG 1966, 132; Leitsatz in BayJMBl. 1966, 24. Zur Urkunde des Notars Dr. L. in Linz vom 29. 6. 1963 wurde von den teilweise in Deutschland und teilweise in Österreich wohnhaften Gründern die G.AG errichtet. Die Gesellschaft nahm noch vor der Eintragung ins Handelsregister ihre Geschäftstätigkeit auf. In § 2 der Satzung bestimmten die Gründer Salzburg als Sitz der künftigen AG; sie wurde aber dort nicht ins Handelsregister eingetragen. Die noch nicht eingetragene AG ist im Gründungsstadium in Liquidation getreten. Einer der Gründer beantragte beim AG Traunstein, für die Firma G.-AG in Gründung gemäß § 206 II AktG einen gerichtlichen Abwickler zu bestellen. Das 10 12
IPRspr. 1952-1953 Nr. 294. IPRspr. 1956-1957 Nr. 18.
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 155. IPRspr. 1962-1963 Nr. 59.
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AG Traunstein sei hierfür zuständig, da die abzuwickelnde Gesellschaft in dessen Bezirk ihren Verwaltungs- und Betriebssitz gehabt habe. Aus den Gründen: „II. 1. Als Sitz der in Linz errichteten G.-AG ist in § 2 der Satzung Salzburg bestimmt. Zu prüfen ist daher zunächst, ob überhaupt ein deutsches Gericht zuständig ist, f ü r diese Personenvereinigung einen gerichtlichen Abwickler zu bestellen, oder ob hierüber die österreichischen Gerichte zu befinden haben. Die von der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit begrifflich zu scheidende internationale Zuständigkeit (vgl. BayObLGZ 1959, 8, 10 1 mit Nachw.) ist eine Verfahrensvoraussetzung, die das Rechtsbeschwerdegericht ohne Bindung an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen (§ 27 FGG, § 561 II ZPO) von Amts wegen prüfen muß (Keidel, FGG, § 27 Rdnr. 45; BayObLGZ 1959, 8, 10). Eine Auslandsbeziehung, welche die Frage der deutschen internationalen Zuständigkeit aufwirft, besteht im vorliegenden Fall deshalb, weil die AG nach österreichischem Recht gegründet werden sollte und die Satzung Salzburg als künftigen Sitz der Gesellschaft vorsah. 2. Das deutsche Recht hat die internationale Zuständigkeit ausdrücklich und selbständig nicht normiert. Es hat vielmehr Auslandsbeziehungen schon in Rechnung gestellt, als es die örtliche Zuständigkeit regelte, und dieser damit zugleich die Funktion gegeben, die internationale Zuständigkeit mitzubestimmen, ,so daß letztere immer und n u r dann gegeben sein sollte, wenn ein Gerichtsstand im Inland vorgesehen war' (Matthies, Die deutsche internationale Zuständigkeit, 39f.; Nußbaum, Deutsches IPR, § 58 II, S. 394; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, § 23 [2], S. 219; Neuner, Internationale Zuständigkeit, 30; vgl. auch RGZ 126, 196, 199; 150, 265, 268). Auch im vorliegenden Fall deckt sich der Anknüpfungspunkt f ü r die internationale Zuständigkeit des AG Traunstein mit den Voraussetzungen f ü r seine örtliche Zuständigkeit. Der gleiche Anknüpfungspunkt ist schließlich auch f ü r das Personalstatut der Gründervereinigung maßgebend. 3. Somit ist zunächst die örtliche Zuständigkeit festzulegen. Die Vorinstanzen haben die Zuständigkeit des AG Traunstein verneint, weil Salzburg in der festgestellten Satzung als Sitz der G.-AG bestimmt sei. Der Beschwf. meint demgegenüber, daß nicht das Gericht des satzungsmäßigen Sitzes, sondern das der tatsächlichen Hauptverwaltung zuständig sei, einen Abwickler f ü r die Liquidation der AG in Gründung zu bestellen. Grundsätzlich folgt bei der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit das Gesetz ,dem Gedanken, daß das Gericht örtlich zur Entscheidung berufen sein soll, dem die Beurteilung wegen der größten räumlichen Nähe am besten möglich ist' (Baur, FGG I, § 7 II; vgl. Keidel, Vorbem. § 3 Rdnr. 4). 1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
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Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts bestimmt sich f ü r die eingetragene AG gemäß §§ 5 , 1 4 , 1 6 III Nr. 1, § 206 II AktG grundsätzlich nach dem satzungsmäßigen Sitz der Gesellschaft. Hiermit trägt das Gesetz dem oben dargelegten Grundgedanken der Zuständigkeitsregelung Rechnung, weil sich in der großen Mehrzahl der Fälle der statutarische Sitz einer AG mit dem der tatsächlichen Hauptverwaltung oder doch eines Betriebes oder der Geschäftsleitung deckt. Das ergibt sich f ü r die AG aus der Vorschrift des § 5 AktG, der die Möglichkeit ausschließt, daß mißbräuchlich ein fiktiver Sitz bestimmt wird (vgl. Schmidt, in: Großkomm. AktG, § 5 Anm. 1; Baumbach-Hueck, AktG, 12. Aufl., § 5 Anm. 1, 2 A; Stein-Jonas-Pohle, ZPO, 19. Aufl., § 17 Anm. II). Da die Satzung aber nur die Rechtsverhältnisse der erst in der Zukunft entstehenden juristischen Person regelt, kann sie auch als deren Sitz nur den Ort bestimmen, wo die Gesellschaft ihren Betrieb haben soll, wo sich die Geschäftsleitung befinden soll oder wo die Verwaltung geführt werden soll (Ritter, AktG, 2. Aufl., § 5 Anm. 3). Unterbleibt die Eintragung der Gesellschaft und damit des geplanten Sitzes in das Handelsregister (§ 32 AktG; § 43 Nr. 2, § 40 Nr. 2 Handelsregisterverfügung), entsteht somit die AG als juristische Person nicht, so kann sich auch die Zuständigkeit des Gerichts f ü r eine gleichwohl von ihm begehrte Maßnahme nicht schlechthin nach dem satzungsmäßig vorgesehenen Sitz der künftigen - nie entstandenen - AG richten (vgl. OGHBrZ, MDR 1949, 615 2 und für die prozessuale Zuständigkeit Wieczorek, ZPO, § 17 Anm. B I b 1 und Anm. B I d 1 letzter Absatz). Im vorliegenden Fall ist der in der Satzung geplante Sitz der G.-AG, Salzburg, in das Handelsregister dort nicht eingetragen worden. Auch hat die Gründervereinigung in Salzburg weder einen Betrieb eröffnet noch die Verwaltung geführt. Die Geschäftsleitung war nie in Salzburg. Ein Anknüpfungspunkt f ü r die Zuständigkeit des dortigen Gerichts ist also nicht ersichtlich. Hieran kann auch die sogenannte Einheitstheorie nichts ändern, nach der die Gründervereinigung mit der endgültig entstandenen juristischen Person identisch sein soll. Diese im Vereinsrecht herrschende Lehre (vgl. RGZ 85, 256; Staudinger-Coing, BGB, 11. Aufl., § 21 Anm. 34; Erman-Westermann, BGB, 3. Aufl., § 21 Anm. 4; Palandt-Danckelmann, BGB, 24. Aufl., § 21 Anm. 2) versucht auch im Aktienrecht, die Frage nach dem Übergang der im Gründungsstadium namens der künftigen AG begründeten Rechte und Pflichten auf die entstandene juristische Person unter dem Gesichtspunkt der Identität der Gründervereinigung mit der AG zu lösen. Die Bedeutung dieser Theorie f ü r die Lösung der genannten Fragen wird neuerdings im Schrifttum bezweifelt (vgl. vor allem Fischer, in: Großkomm. AktG, § 34 Anm. 3 bis 6; Baumbach-Hueck, AktG, § 34 Anm. 1; Enneccerus-Nipperdey, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, 15.Bearb., Allg.Teil I, § 107 VII; Würdinger, Aktienrecht, § 17 B I 2; Horn, NJW 1964, 86). Einer Stellungnahme hierzu bedarf es nicht. Selbst wenn nämlich der Sitz der als juristischer 1
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Person entstandenen AG auch für die mit ihr angeblich identische Gründervereinigung zuständigkeitsbestimmend sein sollte, so kann dies nicht gelten, wenn sich die Gründervereinigung vor Eintragung der errichteten AG — wie hier — wiederauflöst. Der Begriff der Identität kann nämlich nur im Vergleich zweier Rechtsgebilde miteinander vollzogen werden, deren eines mit dem anderen personengleich sein soll. Er muß also dann außer Betracht bleiben, wenn nur eine Vergleichsgröße, die Gründervereinigung, vorhanden, die andere aber, die juristische Person, nie entstanden ist. Die in der Satzung niedergelegte Absicht der Gründer also, Salzburg als Sitz der künftigen AG zu wählen, kann für sich allein die Zuständigkeit des dortigen Gerichts nicht begründen. Unterbleibt die Eintragung der errichteten AG im Handelsregister, so kann die Bestimmung ihres künftigen Sitzes in der Satzung keine allein entscheidende Vorwirkung auf die in Auflösung befindliche Gründervereinigung entfalten. Beantragt ist hier die Bestellung eines gerichtlichen Abwicklers für die Gründervereinigung. Deren Sitz wird - wie dargelegt - nicht durch den geplanten Sitz der künftigen AG bestimmt. Dann kann aber für die Zuständigkeit nur der Ort des Betriebes, der Geschäftsleitung oder der Verwaltung entscheidend sein. Dies war für die G.-AG nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen zuletzt Rosenheim. Das Handelsregister für Rosenheim wird aber beim AG Traunstein geführt. Dieses Gericht ist somit gem. § 145 I I FGG auch für die Bestellung eines Liquidators zuständig. 4. Die örtliche Zuständigkeit begründet zugleich die internationale Zuständigkeit, die sich stets an den Sitz der tatsächlichen Hauptverwaltung anknüpft (Schnitzer, Handbuch des IPR, 4. Aufl., I I 814 zu Fußn. 36 und 1312,313 Fußn. 85). 5. Der tatsächliche Verwaltungssitz der G.-AG in Gründung ist schließlich auch für ihr Personalstatut maßgebend. W i e im I P R das Personalstatut juristischer Personen angeknüpft wird, ist in der Rechtslehre allerdings bestritten. Die im angelsächsischen Recht herrschende Anknüpfung an das Gründungsrecht (Gründungstheorie) wird neuerdings auch auf dem Kontinent stärker befürwortet (vgl. für die Schweiz: Niederer, Kollisionsrechtliche Probleme der juristischen Person, in: .Beiträge zum Haager Internationalprivatrecht', 1951, 107, 124 ff.; für Deutschland: Schmidt, in: Großkomm. AktG, 2. Aufl., § 5 Anm. 7; Fikentscher, MDR 1957, 71 ff. mit Zusammenstellung des Schrifttums S. 72 Fußn. 12; vgl. weiter die Nachweise bei Niederer aaO 116 Fußn. 18 und bei Soergel-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 10 EGBGB Rdnr. 6 Fußn. 8). Gleichwohl herrscht in Deutschland nach wie vor die Sitztheorie, die das Personalstatut der juristischen Person an den Sitz der Hauptverwaltung anknüpft (Soergel-Kegel, Art. 10 EGBGB Rdnr. 5 mit Nachweisen; Staudinger-Raape, BGB, 9. Aufl., Art. 10 EGBGB, S. 124; Palandt-Lauterbach, nach Art. 10 EGBGB Anm. 2; Erman-Arndt, Art. 10 EGBGB Anm. 1, 2; Raape, IPR, 5. Aufl., § 25 II, S. 196 fT.; Kegel, IPR, 2. Aufl., § 17 I I 1, S. 206; Wolff, Das I P R Deutschlands, 2. Aufl., § 23 II, S. 96; Lewald, Das deutsche IPR, 46 f.; Schnitzer, I 313, 314 Fußn. 85; Fideer, Internationales Handelsrecht, in:
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Schlegelberger, Rvgl. Hdwb. IV 464, 465; Fischer, in: Großkomm. AktG, § 37 Anm. 1). Auch die Rechtsprechung folgt überwiegend der Sitztheorie (RGZ 117, 215; 159, 34, 46; BGH, WM 1958, 557, 560 3 ; BGH, LM Nr. 4 zu §105 HGB; BGHZ 25, 134, 139 4 ). Sie herrscht auch in Österreich (Köhler, Das IPR Österreichs, 18; Hämmerle, Handelsrecht, § 5 IX A, B, S.49f.). Entscheidend ist hierbei stets der Ort der tatsächlichen Verwaltungsführung, nicht der etwa davon abweichende statutarische Sitz (h. L. - vgl. Raape, IPR, § 25 I a. E.; Enneccerus-Nipperdey, § 120 III 1 zu Fußn. 12; Schnitzer I 312; Lewald aaO 46 f.; Kegel, § 17 II 1 a. E„ S.206; Wolff aaO 96, 97; Soergel-Siebert, § 24 Rdnr. 2; Staudinger-Coing, § 24 Anm. 4; Soergel-Kegel, Art. 10 EGBGB Rdnr. 5 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Zu dem Streit zwischen Sitz- und Gründungstheorie braucht hier nicht abschließend Stellung genommen zu werden. Die Anknüpfung an das Recht der Gründung einer juristischen Person setzt nämlich jedenfalls voraus, daß die juristische Person als solche entsteht, daß sie rechtsfähig wird. Dies ist die Gründervereinigung vor der Eintragung in das Handelsregister weder nach deutschem noch nach österreichischem Recht. Auch nach der Gründungstheorie kann also das Personalstatut der Gründervereinigung einer AG dem Recht des fremden Staates, in dem die Rechtsfähigkeit erworben werden will, dann nicht folgen, wenn sich die Gründervereinigung vor der Eintragung der errichteten Gesellschaft in das Handelsregister wiederaufgelöst hat und sie ihren Verwaltungssitz an einem im Inland gelegenen anderen Ort als dem im Ausland gelegenen statutarischen Sitz begründet hatte. Allerdings stellt sich nun zugleich die weitere Frage, ob nicht die Satzung der künftigen AG dergestalt vorwirkt, daß das Personalstatut schon der Gründervereinigung das Recht des Staates ist, in dem satzungsgemäß ,die Formalitäten der Eintragung oder der Veröffentlichung' zu erfüllen sind und in dem sich ,der satzungsmäßige Sitz befinden soll' (so die Fassung des Art. 1 I des Entwurfs eines Abkommens über das internationale Gesellschaftsrecht der 7. Haager Konferenz f ü r IPR 1951 - vgl. Ernst Wolff, in Festschrift f ü r Martin Wolff, 374, 382). Die von Martin Wolff (aaO 97) gebilligte Entscheidung des RG (RGZ 159, 34) zwingt nicht dazu, diese Frage zu bejahen: Das RG beurteilte die Haftung des Gründers, der f ü r eine in Polen zu errichtende AG handelte, nach polnischem Recht, nicht nach § 200 des deutschen HGB, der dem jetzigen § 34 I AktG entsprach. Dies rechtfertigte sich damals aus zwei Gründen: einmal, weil die eingegangene Verpflichtung in Polen zu erfüllen war; vor allem aber, weil die AG als juristische Person des polnischen Rechts tatsächlich entstanden war. Unterbleibt aber - wie hier - die Eintragung der errichteten Handelsgesellschaft in das Handelsregister, so kann die Bestimmung ihres künftigen Sitzes in der Satzung allein eine entscheidende Vorwirkung auf die in Auflösung befindliche Gründervereinigung hinsichtlich ihres Personalstatuts nicht entfalten. 8
IPRspr. 1958-1959 Nr. 38.
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 21.
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Im vorliegenden Fall kommt der Bestimmung des Personalstatuts zudem deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil die in Betracht kommenden Normen des AktG, des HGB, des siebenten Abschnitts des FGG wie der Handelsregisterverfügung vom 12. 8. 1937 gemäß dem Rechtsüberleitungsgesetz vom 1. 5. 1945 über die Wiederherstellung des Rechtslebens in Österreich (StGBl. Nr. 6, S. 12) derzeit auch noch als österreichische Rechtsvorschriften gelten (Keidel, Vorbem. §§ 125 bis 158 Rdnrn. 40 bis 42; Keidel-Schmatz, Registerrecht, 2. Aufl., 1 Fußn. 1). Das neue österreichische AktG vom 31. 3. 1965 (BGBl. Nr. 98 vom 6. 5. 1965) tritt gemäß § 262 I erst am 1. 1. 1966 in Kraft. Der Verwaltungssitz der Gründervereinigung in Rosenheim bestimmt somit zugleich ihr Personalstatut wie auch die örtliche und damit die internationale Zuständigkeit des AG Traunstein. Dieses war zuständig, über den Antrag auf Bestellung eines gerichtlichen Abwicklers für die G.-AG in Gründung zu entscheiden. III. 1.-3. . . . 4. Auch die für die OHG geltende Vorschrift des § 146 HGB rechtfertigt den Antrag des Beschwf. nicht, für die in Liquidation getretene G.-AG in Gründung einen gerichtlichen Abwickler zu bestellen. Die Zuständigkeit des AG Traunstein hierfür wäre zweifellos gemäß §§ 145, 146 FGG, § 146 HGB gegeben, da für die OHG sowohl in internationaler wie in örtlicher Beziehung und dementsprechend auch für das Personalstatut allein der Ort entscheidet, wo die Hauptverwaltung tatsächlich geführt wird (Soergel-Kegel, Art. 10 EGBGB Rdnr. 42 mit Nachweisen; Kegel, IPR, § 17 III, S. 212-; BGH, L M Nr. 7 zu § 105 HGB mit Nachw. 5 ; Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 3. Aufl., § 8 I 5 mit Nachw. in Fußn. 5; Baumbach-Duden, HGB, 16. Aufl., § 105 Anm. 6 B ) . " [Es folgen Ausführungen zur sachlichen Entscheidung nach deutschem Recht.] 29« Ausländischen Unternehmen ist entweder allgemein oder im Einzelfall die Anerkennung zu versagen, wenn sie gegen die guten Sitten oder den Zweck deutscher Gesetze verstoßen. Wenn ein ausländischer Rechtssatz erheblich hinter dem zurückbleibt, was in einem deutschen Gesetz rechtliche Gestalt gewonnen hat, so verstößt die Anwendung eines solchen ausländischen Gesetzes gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Das ist bei den sogenannten Treuhandunternehmen des liechtensteinischen Rechts durchweg der Fall. Treuhandunternehmen des liechtensteinischen Rechts sind eigenartige Gebilde, die sich besonders gut dazu eignen, die Gesetze fremder Staaten zu umgehen und deren Schutzbestimmungen zu mißachten und auch vorzugsweise dazu benutzt werden. Rechtshandlungen solcher Scheingebilde, die zur Umgehung von Gesetzen vorgenommen werden, verstoßen gegen die öffentliche Ordnung und sind nichtig. 5
IPRspr. 1952-1953 Nr. 20.
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AG Hamburg, Beschl. vom 31. 7.1964 - 66 AR 1183/63: MDR 1964, 1009; AWD 1965, 177. Dazu Schönle, Die Anerkennung liechtensteinischer juristischer Personen in Deutschland: NJW 1965, 1112 ff. Beim AG Hamburg wurde die Eintragung einer GmbH beantragt, an der ein Treuhandunternehmen liechtensteinischen Rechtes als Gesellschafter beteiligt sein sollte. Aus den Gründen: „Nach dem ganzen Sachverhalt ergibt sich, daß der .Gesellschaftsvertrag' nur zum Schein abgeschlossen ist, um den daran Beteiligten die Möglichkeit zu geben, unter einer unwahren Firma unerlaubte Handlungen zu begehen. Das aber darf nicht zugelassen werden. Die Besonderheit des vorgelegten Vertrages liegt darin, daß neben der Gesellschafterin Karin R. als Gesellschafter ein Unternehmen auftritt mit statutarischem ,Sitz' in Liechtenstein, das als .Treuhandunternehmen' nach den Bestimmungen des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts die Rechte einer juristischen Person besitzt. Ob und welche Personenvereinigungen, Gemeinschaften, Gesellschaften oder sonstige Gebilde Rechtspersönlichkeit besitzen und welchen Namen oder welche Firma sie führen können, bestimmt sich, wie auch im internationalen, zwischenstaatlichen Rechtsverkehr allgemein anerkannt ist, nach dem Rechte desjenigen Staates, in dem sie errichtet sind und tatsächlich ihren Sitz bzw. Hauptverwaltungssitz haben (Palandt, BGB, Anm. 2 zu Art. 10 EGBGB; Hachenburg, GmbHG, Einl. 46, 47; RGZ 83, 367; 117,217). Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob sie auch außerhalb ihres statutarischen oder tatsächlichen — Sitzstaates als Rechtspersönlichkeiten anerkannt und zum Rechtsverkehr zugelassen werden. Diese zweite Frage entscheidet sich vielmehr nach dem Kollisionsrecht desjenigen Staates, in dem ausländische Unternehmen auftreten; vorliegendenfalls kommt also zur Entscheidung der Frage, ob diese liechtensteinische Gesellschaft in Deutschland als Gesellschafter einer inländischen, deutschen Gesellschaft auftreten, Rechte in Anspruch nehmen oder übertragen kann, das deutsche Kollisionsrecht in Anwendung. In dieser Hinsicht enthält das deutsche Recht keine ausdrückliche allgemeine Regelung, sondern gibt in verschiedenen Einzelbestimmungen Hinweise f ü r einzelne Fälle. So ist aus § 13 HGB und der entsprechenden Bestimmung f ü r Aktiengesellschaften in § 37 AktG zu entnehmen, daß ausländische Einzelkaufleute und Handelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften) im allgemeinen zum Rechtsverkehr im Inlande dann zugelassen werden, wenn ihre Gliederung und Rechtsform im wesentlichen denen des deutschen Rechts entsprechen (s. Schlegelberger-Quassowski, Komm. z. AktG, Erl. 3 zu § 37; Palandt, BGB, Erl. zu Art. 10 EGBGB Nr. 3 und 4), wobei unwesentliche Abweichungen des ausländischen Rechts unschädlich sind.
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Gemäß Art. 10 EGBGB werden allerdings die dort genannten, im Ausland rechtsfähigen Vereine als im Inland rechtsfähig nur dann behandelt, wenn ihre Rechtsfähigkeit im Inland durch besonderen Beschluß der Bundesregierung (früher des Bundesrates) ausdrücklich anerkannt ist. Ausländische Aktiengesellschaften werden gem. § 292 AktG zum Gewerbebetrieb im Inlande nur zugelassen, wenn dies von der Landeswirtschaftsbehörde (früher vom Reichswirtschaftsminister) besonders genehmigt ist. Dasselbe gilt f ü r alle sonstigen juristischen Personen des Auslandes gem. § 12 I GewO. Ausländische Versicherungsunternehmen endlich werden zum Versicherungsgeschäft im Inlande allgemein überhaupt nicht zugelassen, sondern nur mit einer von Fall zu Fall zu erteilenden Erlaubnis, wobei ihnen zum Schutze der deutschen Öffentlichkeit ganz besondere Auflagen gemacht werden (§§ 106 bis 111 VAG). Als allgemeiner Grundsatz ist daraus zu entnehmen, daß zur Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit gegenüber ausländischen juristischen Personen, die an der inländischen Rechtsordnung teilnehmen, Vorbehalte angebracht und geboten sind, soweit solche juristischen Personen auffällige Besonderheiten aufweisen, wie Anonymität von Gründern, Eintragung ohne Nachweis der Einzahlung von Kapital, Mangel staatlicher Prüfung, und diese juristischen Personen damit eine völlig andere Rechtsstruktur aufweisen, als sie die deutsche Rechtsordnung kennt (Ritter, Grundrechtsschutz ausländischer juristischer Personen: NJW 1964, 279 ff. insbes. 261 II 2 b; Rolf Serick, Zur Anerkennung der liechtensteinischen Treuunternehmen in Deutschland: RabelsZ 23 [1958] 624, 626). Diese Vorbehalte nötigen dazu, solchen ausländischen Unternehmen entweder allgemein oder im Einzelfall die Anerkennung zu versagen, wenn sie gegen die guten Sitten oder den Zweck deutscher Gesetze verstoßen (Hachenburg, GmbHG, Einl. Anm. 50; Serick aaO 629; Würdinger, HGB, 2. Aufl. 1953, Einl. Anm. 36, 37; SoergelKegel, BGB, Anm. 49 zu Art. 10 EGBGB). Wenn nun ein ausländischer Rechtssatz erheblich hinter dem zurückbleibt, was in einem deutschen Gesetz rechtliche Gestalt gewonnen hat, so verstößt die Anwendung eines solchen ausländischen Gesetzes erheblich gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes (Kegel aaO Art. 30 EGBGB Anm. 5 und 7). Das ist bei Einrichtungen des liechtensteinischen Rechts, nämlich der sogenannten Treuhandunternehmen mit oder ohne Rechtspersönlichkeit (liechtensteinisches Gesetz betr. das Treuhandunternehmen [die Geschäftstreuhand] vom 10. 4. 1928, Liechtenstein. Landesgesetzblatt 1928 [6] vom 18. 6. 1928) und der .Anstalt' (Art. 534-551 des liechtensteinischen ZGB [Personen- und Gesellschaftsrecht]) durchweg der Fall. Schon ein Blick auf die etwa vergleichbaren Bestimmungen des deutschen GmbHG zeigt das. Nach dem GmbHG bedarf der Abschluß des Gesellschaftsvertrages gerichtlicher oder notarieller Form ( § 2 1). Vor der Eintragung in das Handelsregister des (wirklichen) Sitzes der Gesellschaft besteht die GmbH als solche nicht (§ 11 I), die Einzahlung des Stammkapitals und die Haftung der Anmeldenden f ü r die Richtigkeit ihrer Angaben sind gesetzlich genau geregelt (§§ 5, 7, 9). Der Grundsatz, daß das Stammkapital zum Schutze der
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Gläubiger erhalten bleiben muß, hat geradezu zentrale Bedeutung. Nur unter ganz besonderen Erschwernissen ist eine Herabsetzung des Stammkapitals möglich (§ 58); f ü r die Auflösung der GmbH endlich ist ein sich in aller Öffentlichkeit abspielendes Verfahren vorgesehen (§§ 60 ff.). Die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes sind durch strenge Straf Vorschriften gesichert (§§ 79 ff.). Nichts davon kennen die liechtensteinischen Bestimmungen, ja sie haben geradezu die entgegengesetzte Absicht. So gehört zu den Erfordernissen einer Anstalt oder eines .Treuhandunternehmens' kein effektiver Verwaltungssitz; es können auch ,Sitzunternehmen' gegründet werden, die nur in Liechtenstein ein Büro oder einen Vertreter haben, im übrigen aber zur Hauptsache im Ausland tätig sind. Der ,Sitz', das Domizil, ist nichts weiter als die statutarische Bezeichnung eines Ortes f ü r die Registrierung des Unternehmens (derartige ,Unternehmen' sind sogar steuergesetzlich privilegiert: Sie zahlen nur ein Promille des Unternehmenskapitals als Kapital- oder Vermögensteuer). Darüber, ob das Treuhandkapital (Art. 548 [liechtenst. ZGB]) wirklich einbezahlt worden ist, ob es auch später noch vorhanden ist oder alsbald nach der Eintragung der .Treuhand' in das .Öffentlichkeitsregister' (Art. 494) wieder abgezogen wird, wird keinerlei behördliche Kontrolle ausgeübt. Wer die Gründer und Berechtigten der .Treuhand' sind, ist überhaupt nirgends erkennbar; das Gründungsstatut wird von irgendeiner in Liechtenstein ansässigen Person, der keinerlei Haftung daraus erwächst, als .fiduziarischem Gründer' unterzeichnet. Dieser oder die anonymen Gründer können auch die Satzungen jederzeit ändern und die .Treuhand' auflösen. Beide Einrichtungen des liechtensteinischen Rechts, Treuhandunternehmen und Anstalt, sind äußerst eigenartige Gebilde, die sich besonders gut dazu eignen, die Gesetze fremder Staaten zu umgehen und deren Schutzbestimmungen zu mißachten und auch vorzugsweise dazu benutzt werden. Ja, .gewisse Leute machen, wenn sie Dritte hinter das Licht führen wollen, den Umweg über Vaduz, weil ein solches Beginnen durch die liechtensteinische Gesetzgebung sehr leicht gemacht wird' (Prof. Steiner, Schweizer Juristentag 1956 [52] 8 ff.). Das wird sogar von liechtensteinischer Seite offen zugegeben (z. B. Franz Gschnitzer, Lebensrecht und Rechtsleben eines Kleinstaates, in: Gedächtnisschrift Ludwig Marer, Zürich 1963). Gschnitzer meint dort ( 3 7 ) : , . . . Die Gründung des liechtensteinischen Gesellschaftsrechts hat sich f ü r Liechtenstein gerechtfertigt, weil sie in Verbindung mit der Steuergesetzgebung die Gründung zahlreicher Gesellschaften, Anstalten, Stiftungen, Treuhandunternehmen und dgl. ermöglicht hat.' Ganz ähnlich Adolf F. Schnitzer, Die Treuhand und das IPR, daselbst, 95: .Das liechtensteinische Recht hat eingestandenermaßen den Zweck, die Gründung von Gesellschaften aufs äußerste zu erleichtern. Man hütet sich deshalb, f ü r die rechtswirksame Gründung zu verlangen, daß die Verwendung oder gar die Tätigkeit der Gesellschaft sich im Lande abspielt. Genau das Gegenteil ist der Fall: die statutarische Bezeichnung eines Ortes in Liechtenstein als Sitz genügt.' Wie es bei der Gründung liechtensteinischer Treuhandunternehmen oder Anstalten zugeht, erhellt aus den Ermittlungen des gegen die Ge-
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sellschafterin Karin R. anhängigen strafrechtlichen Untersuchungsverfahrens. Der in diesem Verfahren mitangeschuldigte K. schildert das in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsrichteram 15. 1. 1964: .Anfang Sommer 1963 fuhr ich zusammen mit R. nach Vaduz in Liechtenstein, nachdem wir bereits mit dem Rechtsanwalt Dr. V. in Vaduz korrespondiert hatten. Letzterer hatte uns aufgefordert, bei ihm einmal vorzusprechen. Die Korrespondenz mit Dr. V. war von Horst R. geführt worden. Dies war der Anlaß für unsere gemeinsame Reise nach Liechtenstein. Gleich nach unserer Ankunft in Vaduz, wohin wir mit der Eisenbahn gelangten, quartierten wir uns in ein Hotel ein, ohne zuvor das Verkehrsbüro aufzusuchen. Wir begaben uns dann zu Dr. V., mit dem wir etwa 20 Minuten lang verhandelten. Für eine zusätzliche rechtliche Beratung mußten wir Dr. V. ein Honorar von 150 DM bezahlen. Es wurde mit Herrn Dr. V. grundsätzlich besprochen, wie man mit Hilfe eines schweizerischen Firmennamens zu steuerrechtlichen Ersparnissen in der Bundesrepublik gelangen könne. Dabei sagte Dr. V., der neben seiner Anwaltstätigkeit auch Regierungsmitglied zu Liechtenstein ist, daß er über zahlreiche Firmen verfüge und daß auch in formeller Hinsicht keine Schwierigkeiten entstehen würden. Dr. V. meinte dann, daß seine Firma >M.< ganz gut für unsere geplante Umschuldungsaktion passen würde. Darauf ließ Dr. V. ein Schreiben herstellen, in dem es heißt, daß er die Firma Karin R. beauftragt, die Vertretung der >M. Trust reg.< im Gebiet der Bundesrepublik zu übernehmen. Hierfür berechnete Dr. V. nichts. Zugleich wurden aber bereits Vereinbarungen getroffen über die Verteilung der später unter dem Firmennamen >M.( zu erzielenden Gewinne. Es wurde abgesprochen, daß Dr. V. einen Anteil von 25 °/o erhalten sollte. Dafür hatte Dr. V. das gesamte Einkommen der >M.< in Liechtenstein zu versteuern. Der diesbezügliche Steuersatz beläuft sich in Liechtenstein auf 0,1% des effektiv verdienten Geldes. Ich möchte nachtragen, daß Dr. V. in amtlicher Eigenschaft auch die Eintragung der Firma in Liechtenstein unter sich hat. Bei der Verhandlung mit Dr. V. haben wir ihm in groben Zügen geschildert, wie wir uns die Umschuldungsaktion dachten. Dabei gab uns Dr. V. noch einige Ratschläge.' Alles in allem, es genügt ein kurzer Schriftwechsel mit einem liechtensteinischen Anwalt und ein Besuch von zwanzig Minuten nebst Zahlung der Gebühren, um eine .Treuhand' zu einem beliebigen, redlichen oder unredlichen Zweck zur Entstehung zu bringen. Ja, es werden von geschäftstüchtigen Anwälten schon auf Vorrat Eintragungen in das Öffentlichkeitsregister vorgenommen, um solche .Treuhandunternehmen' dann auf Nachfrage jederzeit abgeben zu können, und mit einer ihnen erteilten Vollmacht des Unternehmens können die Interessenten dann in anderen Ländern beliebig von ihnen beabsichtigte Maßnahmen auf dem Namen dieses Unternehmens treffen. Dabei braucht außer dem Stück Papier, auf welchem das Gründungsstatut niedergeschrieben ist, und dem Auszug aus dem Öffentlichkeitsregister, der das Bestehen der .Treuhand' bescheinigt, irgendein Wert, eine Organisation oder ein Vermögen nicht vorhanden zu sein. Es sind reine Briefkastenunternehmen, mit denen Dritte hier jederzeit getäuscht und fremde Rechtsordnungen umgangen werden können. Daß aber keine ausländische Rechtsordnung die Umgehung ihrer eigenen, zum Schutze ihrer Bürger erlassenen Gesetze durch solche Briefkastenunternehmen anerkennen kann, muß sogar ihr Verteidiger Schnitzer aaO 8
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88) zugeben. So ist es in der Tat. Rechtshandlungen solcher Scheingebilde, die zur Umgehung von Gesetzen vorgenommen werden, verstoßen gegen die öffentliche Ordnung und sind nichtig (Raape, IPR, 5. Aufl., 88 und 127; Soergel-Kegel, Vorbem. 62 zu Art. 7 EGBGB; ders., Anm. 5 zu Art. 30 EGBGB; f ü r die Schweiz auch Urteile des Bundesgerichts vom 16. 9. 1909, BGE 35 II 458, und neuerdings vom 13. 5. 1955, BGE 81 II 197 ff., sowie Urteil Schweiz. Bezirksgericht Hogen vom 20. 1. 1956, SchwJZ 1956, 21. Ausführlich Serick aaO 639 f. IV 1-3). Die Prüfung des vorliegenden Sachverhalts ergibt, daß auch hier ein solcher Versuch, deutsche Gesetze zu umgehen, vorliegt. Die Gesellschafterin Karin R., die zusammen mit ihrem Ehemann und dem jetzt zum Geschäftsführer bestellten Hans P. f r ü h e r versucht hat, als Handelsfrau ein Geschäft, das die Vermittlung von Finanzierungen und Hypotheken zum Gegenstand hat, zur Eintragung in das Handelsregister zu bringen, suchte zusammen mit einigen übrigen Beteiligten eine Möglichkeit, viel Geld zu verdienen. Unter dem Vorgeben, Finanzierungen zu vermitteln und Umschuldungen durchzuführen, wurde in der ganzen Bundesrepublik Deutschland ein Vertreter- und Agentennetz aufgezogen. Die .Mitarbeiter', die insbesondere auch durch Zeitungsanzeigen geworben wurden, hatten ,Sicherheitseinlagen' zu leisten. Dann konnten sie Kunden bearbeiten. Diese Sicherheitseinlagen, die auch in nennenswertem Umfange eingingen, wurden nach Begleichung der sachlichen Unkosten sofort nach bestimmten Schlüsseln unter die vier Beteiligten aufgeteilt und auf private Konten teils in der Schweiz, teils in Liechtenstein, in Sicherheit gebracht. Außerdem wurde die Tätigkeit, die zunächst unter dem Namen Karin R. ausgeübt worden war, dann auch noch auf ,Umschuldungen' erweitert. Die Umschuldungskunden, die ihre drückenden Schulden langfristig reguliert wissen wollten, mußten f ü r die an die .Gesellschaft' zu zahlenden g e b ü h ren' und Umschuldungsraten Wechsel akzeptieren, die auch wieder zwischen den Beteiligten aufgeteilt und teils über deutsche, teils über schweizerische Banken eingezogen [wurden]; die eingezogenen Beträge [wurden] auch wieder alsbald auf ausländischen Bankkonten, dem Zugriff von Gläubigern unerreichbar, sichergestellt. Auf diese Weise sind Gelder in bedeutender Höhe in die Hände der Beteiligten gelangt; die Zahl der Geschädigten, die ihre Ersparnisse hingegeben haben, um einen guten Nebenerwerb als Agent zu bekommen, oder ihre Wechsel haben bezahlen müssen, ist unübersehbar. Rund 1800 Geschädigte mit fast immer demselben Brief über die .Geschäftstätigkeit' dieser Gesellschaft haben sich bisher, teils bei den Strafverfolgungsbehörden, teils bei dem Registergericht gemeldet. Zur Verhinderung weiterer Straftaten ist das Büro der Gesellschaft schließlich Anfang Mai 1964 kriminalpolizeilich geschlossen worden. Der Zweck der Gesellschaft und Gegenstand des Unternehmens war, wie aus allem zu entnehmen ist, nicht die ehrbare Tätigkeit eines Handels- oder Finanzmaklers, sondern von vornherein die Begehung unerlaubter Handlungen, denen der Name und die Beteiligung des liechtensteinischen, den deutschen Behörden unerreichbaren .Treuhandunternehmens' nur Vor-
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schub leisten und die Öffentlichkeit täuschen sollten. Der zu diesem Zweck von den beiden Gesellschaftern geschlossene Gesellschaftsvertrag verstößt gegen die Strafgesetze und gegen die guten Sitten. Er ist nichtig (§§ 134, 138 BGB) und kann nicht die Grundlage einer Eintragung in das Handelsregister bilden." 3 0 . Überörtliche juristische Personen des öffentlichen Rechts erlöschen, wenn das Gebiet, für welches sie errichtet sind, aus dem bisherigen Staatsverband ausgegliedert wird. Das gilt auch für die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse. KG, Beschl. vom 30. 9. 1965 - 1 W Umw. 1490/65: W M 1965, 1202. Aus den Gründen: „Das LG begründet seine Auffassung, daß die Beschwf. am 1. 10. 1949 als Rechtspersönlichkeit nicht mehr bestanden habe, folgendermaßen: Nach § 1 I ihrer seit dem 1. 3. 1940 gültigen Satzung sei die Krankenkasse Träger der Krankenversicherung im Sinne des Gesetzes über den Aufbau der Sozialversicherung vom 5. 7. 1934 und eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gewesen. Sie sei zur Durchführung der Angestellten-Krankenversicherung, also einer Aufgabe des Reiches, auf Grund deutscher Hoheitsgewalt im Sudetenland errichtet worden. Ihr Geschäftsgebiet sei das Sudetenland gewesen, und Mitglieder der Kasse hätten nur Personen mit Wohnsitz in diesem Gebiet werden können. Als eine für Zwecke und Aufgaben der staatlichen Zentrale gebildete juristische Person des öffentlichen Rechts sei ihr Fortbestand von dem Fortbestehen der Staatshoheit abhängig gewesen, der sie ihr Bestehen verdanke. Mit dem Verlust des Gebietes, für welches sie errichtet worden sei, sei die weitere Erfüllung ihres Zweckes unmöglich geworden und deshalb ihre Rechtspersönlichkeit nach der Rechtsprechung des RG und des KG, der sich das LG anschließe, auch für den gegenwärtigen Bereich der deutschen Rechtsordnung erloschen. Die von dem KG in einer Entscheidung über Ansprüche der ehemaligen Landesversicherungsanstalt Sudetenland dargelegten Grundsätze ( W M 1962, 494 4 ) hätten auch für die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse Gültigkeit. Diese Ausführungen sind frei vom Rechtsirrtum. Es ist ein anerkannter Rechtsgrundsatz, daß nicht spezifisch lokale juristische Personen des öffentlichen Rechts in ihrem Fortbestände von dem Fortbestande der Staatshoheit abhängig sind, der sie ihre Entstehung verdanken; mit der Abtretung des Gebiets, für welches sie errichtet sind, ist die Erreichung ihres Zweckes unmöglich geworden und ihre Rechtspersönlichkeit deshalb auch für den Bereich der deutschen Rechtsprechung erloschen. In der Entscheidung RGZ 105, 260 hat das RG für die deutschen Schutzgebiete den Grundsatz aufgestellt, daß ein gebietsbezogenes öffentlich-rechtliches Rechtsgebilde des deutschen Rechts mit dem Ende der deutschen Hoheitsgewalt über das Gebiet 1
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seinen rechtlichen Bestand u n d seine begriffliche Einheit verliere, die es befähige, Rechtspersönlichkeit des deutschen Rechts zu sein. Hierauf f u ß e n d h a t das RG den Untergang der Rechtspersönlichkeit preußischer Kreise und Provinzialverbände angenommen, die durch die Grenzziehung nach dem ersten Weltkrieg geteilt worden waren (RGZ 110, 315; 136, 339; LZ 1923, 562). Dem ist das KG u n d f ü r preußische Körperschaften des öffentlichen Rechts gefolgt, die f ü r ein n u n m e h r zwischen Deutschland und Polen aufgeteiltes Gebiet errichtet worden waren (KGJ 53, 196 — Posener Landschaft; J W 1932, 3819 - Posener Provinzialfeuersozietät). In diesen Entscheidungen hat das KG dargelegt: Die Körperschaften des öffentlichen Rechts seien als solche Zweig der staatlichen Verwaltung. Durch die Zerreißung ihres Gebietes sei die Erreichung ihres Zweckes unmöglich geworden und die an das Gebiet gebundene Rechtspersönlichkeit mit der Teilung erloschen. Ein Fortbestand in der bisherigen Gestalt erscheine unmöglich. In Fortsetzung dieser Rechtsprechung hat der beschließende Senat die Landesversicherungsanstalt Sudetenland als untergegangen angesehen, da sie als eine Anstalt des öffentlichen Rechts auf Grund deutscher Hoheitsgewalt f ü r eine im Sudetenland zu erfüllende Aufgabe des Reiches errichtet worden ist (WM 1962, 4 9 4 u n d aus den gleichen Gründen den Fortbestand der Landesbank und Girozentrale f ü r das Sudetenland abgelehnt (1 W Umw. 1038/65 2 ). Beide Körperschaften hatten mit der Kapitulation nicht n u r einen Teil, sondern ihren gesamten Tätigkeitsbereich eingebüßt. Zwar sind Gebietsveränderungen nach dem zweiten Weltkrieg bisher weder zum Gegenstand eines Friedensvertrages noch eines Staatsvertrages zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei gemacht worden. Jedoch hat sich die Staatsgewalt des tschechoslowakischen Staates im Mai 1945 unter Billigung der Alliierten faktisch erneut auf die sudetendeutschen Gebiete erstreckt, die tatsächlich aus dem Reichsverband ausgegliedert w u r d e n (Wengler, Völkerrecht, I 538 F u ß n . 2 ; BayObLGZ 1960, 478, 481 3 ; 1965, 108, 112 4 ). Dieser tatsächliche Zustand ist, wie das BVerfG (BVerfGE 1, 322, 330 5 ) ausführt, durch die Besatzungsmächte mit gewissen Rechtswirkungen f ü r die Grenzen des deutschen Staatsgebiets nach dem Stande vom 31. 12. 1937 v e r k n ü p f t worden. Das ergibt sich aus der Feststellung der Regierungen Großbritanniens, der USA, der UdSSR und Frankreichs vom 5. 6. 1945 (KR ABl. ErgBl. Nr. 1 S. 11 Nr. VI), durch welche Deutschland innerhalb der Grenzen in Besatzungszonen aufgeteilt worden ist, wie sie am 31. 12. 1937 bestanden, ferner aus Abschnitt II Nr. 3 a der Proklamation Nr. 2 des Kontrollrats vom 20. 9. 1945 (KR ABl. Nr. 1 vom 29.10.1945 S.9), aus Art. VII 9 e des Gesetzes Nr. 52 der amerikanischen MilReg. u n d Art. 4 b AHKG Nr. 63 (AHK ABl. 1109). Auch der Bundesgesetzgeber legt einer Beschreibung der Grenzen des Deutschen Reiches den Gebietsstand vom 31.12. 1937 zugrunde, vor allem in Art. 116 I GG, aber auch in zahlreichen einfachen Bundesgesetzen (§ 11 ZustErgG, § 7 3.UEG, § 27 III Rechtsträger2 4
Siehe oben Nr. 26 b. Siehe oben Nr. 27.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 142. IPRspr. 1952-1953 Nr. 316 a.
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AbwicklungsG). Diese Umstände rechtfertigen es, die Rechtsgrundsätze der Staatensukzession auf das Verhältnis zu den Sudetengebieten anzuwenden. Die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse war mit ihrer Zulassung als Ersatzkasse durch Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 21. 11. 1939 (Amtliche Nachrichten f ü r die Reichsversicherung 1939 IV, 532) eine Körperschaft des öffentlichen Rechts geworden, die f ü r das Sudetenland eine Aufgabe des Reiches, die Krankenversicherung der versicherungspflichtigen Angestellten, wahrnahm (§ 1 ihrer Satzung i. V. m. § 7 der 2. VO über die Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 9. 2. 1939, RGBl. I 181; §§ 503 ff. RVO, § 2 der 12. VO zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. 12. 1935, RGBl. I 1537, i. d. F. der 15. VO vom 1. 4. 1937, RGBl. I 439). Ihr Geschäftsgebiet war auf das Sudetenland begrenzt. Die Gestattung der weiteren Versicherung bisheriger Kassenmitglieder, die im Reichsgebiet außerhalb des Sudetenlandes wohnten (§ 4 der Satzung), bekräftigte diese Beschränkung und bedeutete keine Erweiterung des Aufgabenbereiches. Mit der Einbeziehung des Sudetenlandes in die tschechoslowakische Republik nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges ist der Sudetendeutschen Angestellten-Krankenkasse ihre Grundlage entzogen worden. Ihr Zweck, die Versicherung versicherungspflichtiger Angestellter mit Wohnsitz im Sudetenland, konnte nicht mehr erreicht werden. Ihr Fortbestand war weder mit den bisherigen Aufgaben noch in der bisherigen Gestalt möglich, da auch die Vorschriften über die Bildung des maßgebenden Organs der Ersatzkasse, des Beirates, das Sudetenland als deutsches Gebiet voraussetzten (vgl. § 16 der Satzung). Eine Weiterversicherung derjenigen Mitglieder, die im Zeitpunkt des Endes ihrer Geschäftstätigkeit im Jahre 1945 bei ihr versichert waren, wäre keine dem Satzungszweck genügende Fortsetzung ihrer Tätigkeit, sondern nicht mehr als ein allmähliches Zu-Ende-Führen der Kassentätigkeit. Der Untergang der Ersatzkasse als Rechtspersönlichkeit konnte auch durch eine Sitzverlegung in das alte Reichsgebiet nicht verhindert werden. Denn nicht der Sitz, sondern die Abhängigkeit der Aufgabe von der staatlichen Hoheit über ein bestimmtes Gebiet bildet das wesentliche Merkmal f ü r den Fortbestand einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (Senat in WM 1962, 495°; Wengler, JZ 1954, 217, 219). Daher kommt es nicht darauf an, ob der Leiter der Kasse den Sitz im April 1945 wirksam von Aussig nach München verlegt hat. Die Anwendung der Grundsätze über das Erlöschen nicht spezifisch lokaler juristischer Personen des öffentlichen Rechts infolge einer Staatensukzession kann nicht deshalb unterbleiben, weil die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse als Versicherungsträger nicht ursprünglich von deutschen Behörden errichtet [wurde], sondern schon vor der Eingliederung des Sudetenlandes in das deutsche Staatsgebiet bestanden hat. Nach der Darstellung der Beschwf. war die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse aus der am 1.1.1858 gegründeten Ersten Prager Krankenversiche• IPRspr. 1962-1963 Nr. 17.
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rungsanstalt der Handels- und Privatangestellten mit dem Sitz in Prag und der am 1.1.1914 errichteten Krankenversicherungsanstalt der Privatbeamten und Angestellten, ebenfalls in Prag, hervorgegangen und hatte, da sich ihr Sitz nicht im Sudetenland befand, zunächst durch die Erste VO über die vorläufige Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 12. 10. 1938 (RGBl. I 1437) ihre Verwaltungsstellen im Sudetenland verloren. Die Zulassung als Ersatzkasse war die einzige Möglichkeit, die von Sudetendeutschen und f ü r sie geschaffene eigene Krankenkasse unter der Geltung der RVO im wesentlichen mit dem bisherigen Mitgliederstamm und ihren bisherigen Aufgaben zu erhalten. Versicherungswirtschaftlich betrachtet ist mit der Zulassung als Ersatzkasse allerdings nicht kraft deutscher Hoheitsgewalt ein neuer Versicherungsträger f ü r das Sudetenland errichtet, sondern n u r eine bestehende Versicherung in eine öffentlich-rechtliche Körperschaft umgewandelt und mit staatlichen Aufgaben betraut worden. Jedoch stellt dies keinen rechtlich bedeutsamen Unterschied dar. Denn die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse war nunmehr als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Stück deutscher staatlicher Verwaltung und erfüllte staatlich gegebene Aufgaben. Daß der Kasse nicht nur eine andere Rechtsform gegeben, sondern daß sie auch organisatorisch in die neue Staatsgewalt eingegliedert worden war, zeigen die Vorschriften ihrer Satzung über die Mitwirkung der Aufsichtsbehörde bei der Berufung des Leiters, die Befugnis der Aufsichtsbehörde, den Leiter abzuberufen, die Bestellung der Beiratsmitglieder durch Aufsichtsbehörde, Reichsgesundheitsführer und den Reichsstatthalter im Sudetenland sowie die wirtschaftliche Inanspruchnahme des Kassenvermögens im Falle ihrer Auflösung f ü r die nationalsozialistische Volkswohlfahrt (vgl. § 10, § 12, § 16, § 40 der Satzung). Ob anders zu entscheiden wäre, wenn die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse in der Rechtsform des Privatrechts bestanden hätte, in der sie vor ihrer Zulassung als Ersatzkasse aller Wahrscheinlichkeit nach tätig gewesen ist und in der auch die Ersatzkassen bis zur 15. VO über den Aufbau der Sozialversicherung vom 1. 4. 1937 errichtet und geführt worden sind, kann hier dahinstehen. Denn die Umwandlung in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts war nicht nur formeller Natur. Schließlich läßt sich der Fortbestand der Ersatzkasse als Rechtspersönlichkeit auch nicht dem Rechtsträger-Abwicklungsgesetz entnehmen. Das Gesetz bestimmt in § 2, daß die in Anlage I und II (§ 25 des Gesetzes) aufgeführten juristischen Personen des öffentlichen Rechts bis zur Beendigung der Abwicklung f ü r Zwecke der Abwicklung als fortbestehend gelten. Die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse ist unter diesen Rechtsträgern nicht aufgeführt. Ob das Rechtsträger-Abwicklungsgesetz über die Verwaltung des Vermögens der Beschwf. eine Bestimmung getroffen hat, etwa in § 27 V, oder ob die Sudetendeutsche Angestellten-Krankenkasse durch § 27 VI dieses Gesetzes als öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen von den Vorschriften über die Vermögensverwaltung durch die Bundesrepublik ausgenommen wird, braucht nicht entschieden zu werden. Denn das Gesetz regelt nur die Verwaltung und nicht die Rechtsnachfolge
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in das Vermögen der betroffenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die Rechtsnachfolge in die nach dem Untergang der Beschwf. verbliebene körperschaftliche Verlassenschaft im Gebiet der Bundesrepublik ist nach wie vor in der Schwebe. Wie der Senat bereits wiederholt dargelegt hat (WM 1962, 494«; 1 W 1335/59), lebt eine juristische Person des öffentlichen Rechts nach dem Fortfall ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben auch nicht als juristische Person des Privatrechts fort." 31. Nicht spezifisch lokale juristische Personen des öffentlichen Rechts sind in ihrer Existenz von dem Fortbestand der Staatshoheit abhängig, der sie ihre Entstehung verdanken. Mit der Abtretung des Gebietes, für welches sie errichtet sind, ist die Erreichung ihres Zweckes unmöglich geworden und ihre Rechtspersönlichkeit deshalb auch für den Bereich der deutschen Rechtsordnung erloschen. Diese Grundsätze finden auch auf die Stadtsparkasse Posen Anwendung. Mit dem Ende der Besetzung Posens durch die deutsche Wehrmacht ist Posen aus dem Verband des Deutschen Reiches ausgeschieden und damit auch die von der deutschen Besatzungsmacht errichtete Stadtsparkasse als Rechtspersönlichkeit untergegangen. LG Berlin, Beschl. vom 29. 11. 1965 - 84 T Umw. 63/62: WM 1966, 418. Aus den Gründen: „Nach der ständigen Rechtsprechung des KG (vgl. KG, WM 1962, 494 KG, Beschl. vom 30. 9. 1965 - 1 W Umw. 1490/65 2) und der beschließenden Kammer (vgl. 84/82/85 T Umw. 22/57) teilen nicht spezifisch lokale juristische Personen des öffentlichen Rechts das Schicksal des Vermögens des Staatsfiskus. Sie sind in ihrem Fortbestand von dem Fortbestehen der Staatshoheit abhängig, der sie ihre Entstehung verdanken. Mit der Abtretung des Gebietes, f ü r welches sie errichtet sind, ist die Erreichung ihres Zweckes unmöglich geworden und ihre Rechtspersönlichkeit deshalb auch f ü r den Bereich der deutschen Rechtsordnung erloschen (vgl. KG aaO). Diese Grundsätze finden auch auf die Stadtsparkasse Posen Anwendung. Mit dem Ende der Besetzung Posens durch die deutsche Wehrmacht ist Posen aus dem Verband des Deutschen Reiches ausgeschieden und damit auch die von der deutschen Besatzungsmacht errichtete Stadtsparkasse Posen als Rechtspersönlichkeit untergegangen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Die Stadtsparkasse Posen ist von der deutschen Besatzungsmacht in Posen nach der Eroberung dieses Gebietes neu gegründet worden. Nach dem Geschäftsbericht der Stadtsparkasse Posen f ü r das J a h r 1939 gilt als Tag der Eröffnung der neu gegründeten deutschen Stadtsparkasse Posen der 4. 10. 1939. Damit steht fest, daß — wie es auch in dem genannten Ge1
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Siehe oben Nr. 30.
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schäftsbericht zum Ausdruck kommt - die Deutsche Stadtsparkasse Posen eine Neugründung, nicht aber die Fortsetzung der bis zur deutschen Besetzung dort bestehenden polnischen Städtischen Sparkasse Posen ist. Die alte Sparkasse mußte vielmehr ihre Geschäftstätigkeit, nachdem sie diese zunächst unter deutscher Kontrolle fortgesetzt hatte, einstellen und wurde abgewickelt. Durch VO des Chefs der Zivilverwaltung vom 25. 10. 1939 erhielt die neue deutsche Sparkasse Posen die Eigenschaft einer öffentlichen Sparkasse im Sinne der Preußischen Mustersatzung und damit nach Eintragung in das bestimmte Register die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Gemäß § 1 der Satzung ist die Sparkasse eine gemeinnützige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die dem f ü r ihren Gewährverband zuständigen Sparkassen- und Giroverband als Mitglied angeschlossen ist. Sie dient in erster Linie der Befriedigung der örtlichen Kreditbedürfnisse (§ 1 IV der Satzung). Sie war damit als eine Aufgabe des Reiches auf Grund deutscher Hoheitsgewalt in den besetzten Gebieten Posens errichtet. Darüber hinaus war sie jedoch nicht beschränkt auf das besetzte Gebiet Posen, sondern als überörtliche juristische Person des öffentlichen Rechts konnte jedermann Spareinlagen bei ihr anlegen. Sie selbst konnte an Gemeinden, Gemeindeverbände und andere leistungsfähige Körperschaften im Deutschen Reich, insbesondere an öffentlich-rechtliche wasserwirtschaftliche Verbände und Bodenverbesserungsgenossenschaften, an die Gesamtheit der an einer Zusammenlegung von Grundstücken Beteiligten, sowie an Kirchengemeinden und Gesamtschulverbände Darlehen geben (§ 29 der Satzung). Außerdem konnte sie eigene verfügbare Gelder bei anderen deutschen öffentlichen Bankanstalten des Reiches anlegen (§ 33 der Satzung). Derartige nicht spezifisch lokale juristische Persönlichkeiten des öffentlichen Rechts, wie sie die ASt. auf Grund des vorgenannten Sachverhaltes darstellt, sind - wie oben dargelegt - in ihrem Fortbestand von dem Fortbestehen der Staatshoheit abhängig, der sie ihre Entstehung verdanken. Sie erlöschen mit dem Ende der deutschen Hoheitsgewalt und damit der deutschen Rechtsordnung über das Gebiet. Das ist hier geschehen durch den Verlust des Gebietes Posen durch die deutsche Kapitulation. Die von dem Treuhänder entgegengehaltene Rechtsprechung des BGH (WM 1960, 1272 s ; WM 1962, 1257 4) steht dem nicht entgegen. Hier wird lediglich zum Ausdruck gebracht, daß juristische Personen des Privatrechts u. U. durch Konfiskation in einem Ostblockstaat zwar in diesem Staat ihren Sitz verlieren, aber f ü r das in der Bundesrepublik vorhandene Vermögen als weiter existent behandelt werden müssen. Diese f ü r den Bereich des Privatrechts entwickelten Grundsätze können f ü r juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht herangezogen werden (vgl. KG, WM 1962, 494, 496 *). Die juristischen Personen des Privatrechts sind in ihrem rechtlichen Bestand und in ihrer Tätigkeit nicht von dem Bestand der Hoheitsgewalt eines bestimmten Staates abhängig, hingegen die juristischen Personen des s
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* IPRspr. 1962-1963 Nr. 58.
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öffentlichen Rechts schon deshalb, weil sie einen Teil der mittelbaren Staatsverwaltung darstellen (KG, W M 1957, 1470, 1471). Schon aus diesem Grunde kann die von dem Treuhänder zitierte Rechtsprechung des BGH hier nicht herangezogen werden. Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts leben auch nicht nach W e g f a l l ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben als juristische Personen des Privatrechts fort (vgl. KG aaO). Es kann aber dahinstehen, ob eine Konfiskation überhaupt, wie vom Treuhänder hier behauptet worden ist, stattgefunden hat. Die Stadtsparkasse Posen verdankt als deutsche öffentlich-rechtliche Körperschaft ihre Existenz der Hoheitsgewalt des Deutschen Staates in Posen nach dessen Eroberung. Mit dem Ende dieser Hoheitsgewalt ist auch deren Rechtsgrundlage fortgefallen, ohne daß es darauf ankommt, ob daneben noch eine Konfiskation des polnischen Staates erfolgt ist. Damit steht fest, daß die Anmelderin den Zusammenbruch des Deutschen Reiches tatsächlich nicht überdauert hat. Allerdings ist das in der Bundesrepublik Deutschland belegene Vermögen der Stadtsparkasse Posen nicht auf den polnischen Staat übergegangen. Es ist auch durch den Untergang der Rechtspersönlichkeit der Anmelderin nicht herrenlos geworden. Nach der vom KG übernommenen Rechtsprechung des RG (vgl. RGZ 136, 242; KG, J W 1932, 3819; KG, W M 1962 494, 496!; KG, Beschl. vom 30. 9. 1965 - 1 W U m w 1490/65 2 ) bilden diese Vermögenswerte eine sogenannte körperschaftliche Verlassenschaft, f ü r die sich die Rechtsnachfolge entweder nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen oder nach völkerrechtlichen Verträgen oder nach allgemeinen Grundsätzen richtet." 3 2 . Die Russisch-Orthodoxe Kirche ist in Deutschland nicht aktiv parteifähig. Denn nach dem wegen des Sitzes ihrer Verwaltung maßgebenden sowjetischen Recht ist sie keine in Deutschland anzuerkennende ausländische juristische Person. Ihre Rechtsstellung ist am ehesten mit der eines nicht rechtsfähigen Vereins zu vergleichen. LG Berlin, Urt. vom 15.12. 1965 - 84 O 7/64: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Die Klage ist unzulässig (§ 274 I I Nr. 7, I I I Z P O i. V . m . § § 50 II, 56 I Z P O ) ; denn nach dem überzeugenden Rechtsgutachten des Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg vom 15. 9. 1965 steht fest, daß die Kl. [die Russisch-Orthodoxe Kirche] nach dem hier wegen des Sitzes ihrer Verwaltung allein maßgebenden sowjetischen Recht keine nach der ständigen Rechtsprechung des RG (RGZ 83, 367) in Deutschland anzuerkennende ausländische juristische Person ist. Ihre Rechtsstellung ist wie die der Russisch-Orthodoxen Kirche in Deutschland am ehesten mit der eines nicht rechtsfähigen Vereins zu vergleichen. Damit aber fehlt es an der aktiven Parteifähigkeit der Kl. (§ 50 ZPO).
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Der Kl. ist zwar zuzugeben, daß die [in dem Gutachten des Max-Planck Instituts] aus dem bloßen Wortlaut des Art. 11 der .Grundlage der Zivilgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken' von 1961 gezogenen Schlußfolgerungen nicht kritiklos hinzunehmen sind. Die Tatsache allein, daß die Kl. nicht zum Kreis der in Art. 11 II genannten staatlichen genossenschaftlichen und gesellschaftlichen Organisationen gehört, rechtfertigt nach Auffassung des erkennenden Gerichts jedenfalls noch nicht den zwingenden Schluß, daß der Russisch-Orthodoxen Kirche wie ihren Organen die Rechtsstellung einer juristischen Person abzusprechen ist; denn das Gutachten geht nur von der Wahrscheinlichkeit aus, daß die in Art. I I I enthaltene Umschreibung lediglich den in Abs. 2 genannten Organisationen Rechtspersönlichkeit verleihen soll. Abgesehen davon ist es auch nicht auszuschließen, daß der sowjetische Gesetzgeber durch die Fassung des Art. 11 I der Grundlagen der Zivilgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken von 1961 nur eine allgemeine Begriffsbestimmung hat geben wollen und Art. 11 II dieser Grundlagen nicht mehr als eine Aufzählung von Beispielen der in staatlichen und wirtschaftlichen Bereichen der UdSSR wesentlichsten Arten von juristischen Personen enthält. Die Einwendungen der Kl. sind aber nicht geeignet, die in ihrer Gesamtheit eingehend begründeten und überzeugenden Feststellungen des Max-Planck-Instituts in Frage zu stellen oder auch nur in einzelnen Punkten zu entkräften. Die Ausführungen unter dem Abschnitt B III des Gutachtens sind nicht f ü r sich allein zu werten. Entscheidend f ü r die Überzeugungsbildung des Gerichts im Sinne der Schlußfeststellungen des Gutachtens vom 15. 9. 1965 ist zunächst die Tatsache, daß religiöse Gesellschaften und Gruppen von Gläubigen nach der VO der RSFSR vom 8. 4. 1929 über religiöse Vereinigungen nicht die Rechte einer juristischen Person besitzen. Diese VO stellt mit Ausnahme geringfügiger Einschränkungen nach wie vor geltendes Recht dar. Sie ist in eine Sammlung von Gesetzen aufgenommen, die 1958 in Geltung waren. Außerdem wird sie in einer Übersicht über die 1961 geltende Religionsgesetzgebung der UdSSR aufgeführt, im Journal des Moskauer Patriarchats 1961 als Grundlage f ü r die im gleichen J a h r erfolgte Änderung des Kirchenstatuts von 1945 genannt und noch 1964 als fortgeltend zitiert. Ihre Geltung hat nur eine begrenzte Einschränkung erfahren, nämlich soweit sie Bestimmungen enthält, die in Widerspruch zu der formell gültigen VO vom 22. 8. 1945 stehen. Entgegen dem von der Kl. in Übersetzung vorgelegten Schreiben des Vorsitzenden des Rates f ü r die Angelegenheiten der Russisch-Orthodoxen Kirche beim Ministerrat der UdSSR vom 28. 8. 1945 gewährt diese nicht veröffentlichte VO den Organen und Gemeinden der Kirche aber nur bestimmte katalogartig aufgezählte Juristische Rechte', bei deren Ausübung die kirchlichen Organe und Gemeinden im eigenen Namen auftreten können, ohne die Rechte einer juristischen Person zu besitzen. Die kirchlichen Organe und Gemeinden verfügen also auch nach der VO vom 22. 8. 1945 in zivilrechtlicher Hinsicht nur über eine gegenständlich umgrenzte und ihrem Zweck nach streng gebundene Rechtsfähigkeit. Außerhalb dieses engen Rahmens ist es aber bei dem bisherigen
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Rechtszustand, das heißt der VO der RSFSR über religiöse Vereinigungen vom 8. 4. 1929 geblieben, wonach der Kl. die Rechte einer juristischen Person gerade nicht zustehen. Diese im Gutachten des Max-Planck-Instituts eingehend begründete Feststellung läßt sich auch nicht mit dem Hinweis darauf entkräften, daß der genaue Wortlaut der VO vom 22. 8. 1945 bei der Erstattung des Gutachtens nicht vorgelegen hat und bisher weder dem Gericht noch den Parteien bekannt ist. Ihr Inhalt ist zusammengefaßt nicht nur in dem von der Kl. auch in russischer Sprache vorgelegten Schreiben der obersten, für Kirchenangelegenheiten der UdSSR zuständigen Verwaltungsbehörde an den Patriarchen von Moskau und ganz Rußland vom 28. 8. 1945 wiedergegeben, sondern auch in einem vom Moskauer Patriarchat im Jahre 1958 herausgegebenen Werk - Russkaja Pravoslavnaja Cerkov — veröffentlicht worden, das bei der Erstattung des Gutachtens vom 15. 9. 1965 ebenfalls Berücksichtigung gefunden hat. Demgemäß geht das Gutachten zunächst einmal von dem russischen Wortlaut aus, den das Moskauer Patriarchat im Jahre 1958 selbst für richtig gehalten hat. Daneben berücksichtigt es aber auch die im Westen veröffentlichten Hinweise und damit alle Quellen, die zur Wahrheitsfindung überhaupt zur Verfügung standen. Hinzu kommt, daß die Kirche und ihre Organisationen in der sowjetischen Literatur über juristische Personen und gesellschaftliche Organisationen bis in die jüngste Zeit nicht einmal erwähnt werden und daß nach einem erst im Jahre 1960 erschienenen Kommentar zum Strafgesetzbuch der R S F S R der Straftatbestand der Verletzung der Gesetze über die Trennung der Kirche vom Staat unter anderem schon dadurch als erfüllt anzusehen ist, daß kirchliche Organisationen ,sich die Rechte einer juristischen Person anmaßen'. Entgegen der von der Kl. vertretenen Rechtsansicht ist das Institut der beschränkten Rechtsfähigkeit dem deutschen Recht nicht fremd. Das ergibt sich unter anderem aus § 2 des Tarifvertragsgesetzes und aus § 10 des Arbeitsgerichtsgesetzes, wonach im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Gewerkschaften parteifähig sind. Im übrigen ist die aktive Parteifähigkeit der Kl. als nicht rechtsfähiger Verein auch nicht nach den in der Rechtsprechung des BGH aufgestellten Grundsätzen zur Frage der Parteifähigkeit einer Gewerkschaft anzunehmen. Im Zivilprozeß ist die aktive Parteifähigkeit einer Gewerkschaft nur auf einem Teilgebiet anzuerkennen. Sie beschränkt sich im wesentlichen auf Ansprüche gegen eine rechtswidrige Beeinträchtigung ihrer Tätigkeit durch Privatpersonen und konkurrierende Organisationen (BGH, JZ 1965, 28; BGHZ 42, 210ff.; 43, 345). Dagegen ist der bisher nur in der Literatur vertretenen weitergehenden Auffassung, daß die Anführung des Vereinsnamens und der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder als hinreichendes Individualisierungsmerkmal für die Bestimmung eines klagenden nicht rechtsfähigen Vereins anzusehen sei, nicht zu folgen; denn die Zulassung einer solchen Klage würde einen bedenklichen Eingriff in das Verfahrensrecht bedeuten, das aus guten Gründen eine Klarstellung darüber verlangt, welche individuelle Person als Kläger am Prozeßrechtsverhältnis beteiligt ist (vgl. §§ 130 Nr. 1, 253 II
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Nr. 1 ZPO), zumal es im besonderen davon abhängt, ob jemand als Zeuge vernommen werden kann oder nicht und gegen wen bei einer Abweisung der Klage die Kosten beizutreiben sind (so BGH, JZ 1965, 28). Zur Rechtfertigung dieser auf eine Bevorzugung der Gewerkschaften gegenüber anderen nicht rechtsfähigen Idealvereinen hinauslaufenden Rechtsprechung ist insbesondere anzuführen, daß die Gewerkschaften anerkanntermaßen Träger zahlreicher öffentlicher Funktionen sind, und eben wegen dieser Funktionen eine Sonderstellung einnehmen, die sie über sonstige private Vereine hinaushebt (vgl. BGH, JZ 1965, 29). Dagegen kann die Russisch-Orthodoxe Kirche wie jede andere Kirche nicht für sich in Anspruch nehmen, diese Voraussetzungen ebenfalls zu erfüllen. Sie ist nicht Trägerin öffentlicher Funktionen. Andererseits ist sie in Anbetracht der Vielzahl ihrer Gläubigen gegenüber kleineren, nicht rechtsfähigen Idealvereinen auch nicht etwa benachteiligt oder bezüglich der Geltendmachung zivilprozessualer Ansprüche gar rechtlos gestellt; denn wenn die Satzung eines nicht rechtsfähigen Vereins den Vorstand zum treuhänderischen Inhaber des Vereinsvermögens bestimmt, ist die Anführung der einzelnen Vereinsmitglieder im Aktivrubrum einer auf vermögensrechtliche Ansprüche gerichteten Klage nicht erforderlich (Palandt, [BGB] 24. Aufl., Anm. 2 A a zu § 54 BGB). Die Kl. hatte es also selbst in der Hand, durch eine entsprechende Ergänzung ihrer Statuten die Voraussetzungen hierfür zu schaffen."
I I I . RECHTSGESCHÄFT UND VERJÄHRUNG
1. Willenserklärung 3 3 . Hat ein ausländisches Unternehmen durch seine ständige Vertretung in Deutschland hier einem deutschen Verhandlungspartner einen Vertrag über die Lieferung von Ware nach Deutschland angetragen, so ist die Frage, ob der Vertrag zustandegekommen ist, lediglich nach deutschem Recht zu beurteilen. Ist streitig, ob jemand sich eine Willenserklärung kraft Anscheinsvollmacht zurechnen lassen muß, so entscheidet deutsches Recht, wenn der Anschein der Vollmacht gegenüber dem Erklärungsgegner in Deutschland bestanden hat. BGH, Teilurt. vom 9. 12. 1964 - V I I I ZR 304/62: BGHZ 43, 21; N J W 1965, 487; MDR 1965, 378; DB 1965, 139; BB 1965, 261; A W D 1965, 30 und 94; W M 1965, 82; DRspr. I (180) 54 b - c ; Leitsatz in DRiZ 1965 B 44 Nr. 629; L M Nr. 26 zu Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht) mit Anm. Mormann; DNotZ 1965, 423 Nr. 8; DAWRd. 1965, 208 Nr. 44;
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III./1. Rechtsgeschäft und Verjährung
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J u r J b 6 (1965/66) 204. Dazu Kropholler, Die Anscheinshaftung im internationalen Recht der Stellvertretung: NJW 1965, 1641-1646. Die „Vertretung der bulgarischen staatlichen Unternehmen für Ein- und Ausfuhr" in F. (im folgenden Außenhandelsvertretung genannt) bot mit Schreiben vom 18. 7. 1956 der Kl. 500 t bulgarische Erdbeerpulpe an. Die Kl. übermittelte der Außenhandelsvertretung am 19. 7. 1956 ein Schreiben, durch das sie bestätigte, zu bestimmten Bedingungen fest gekauft zu haben. Durch Schreiben vom 25. 7. 1956 fragte die Kl. bei der Außenhandelsvertretung „unter Bezugnahme auf den . . . mit Schriftwechsel vom 18. und 19. dieses Monats getätigten Abschluß über 500 tons bulgarische Erdbeerpulpe" an, zu welchem frühesten Termin die Partie versandbereit sei. Die Außenhandelsvertretung erwiderte am 6. 8. 1956, das bekl. Unternehmen habe inzwischen die Ware anderweitig verkauft. Die Kl. steht auf dem Standpunkt, durch den Briefwechsel vom 18./19. 7. 1956 sei ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zustandegekommen, von dem das bekl. Unternehmen sich grundlos losgesagt habe. Die Kl. verlangt deshalb Schadensersatz. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Kl. das Angebot vom 18. 7. 1956 nicht vorbehaltlos angenommen habe. Das Berufungsgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der Revision erstrebt das bekl. Unternehmen Klageabweisung. Die Revision führte zu einer teilweisen Aufhebung durch Teilurteil.
Aus den Gründen: „I. Nach § 549 II ZPO kann in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche die Revision nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen habe. § 512a ZPO bestimmt das Entsprechende f ü r die Berufung. Demnach kann, wenn ein unteres Gericht seine örtliche Zuständigkeit bejaht hat, das im Instanzenzug übergeordnete Gericht die örtliche Zuständigkeit nicht erneut prüfen. Es ist eine alte Streitfrage, ob diese Bestimmungen nur gelten, wenn die Parteien darüber streiten, welches von mehreren deutschen Gerichten örtlich zuständig ist, oder auch dann, wenn streitig ist, ob ein deutsches oder ob ein ausländisches Gericht zuständig ist (internationale oder staatliche Zuständigkeit). Der BGH hat sich wiederholt der letzteren Ansicht angeschlossen (Beschl. I ZR 218/52 vom 18. 11. 1952 = LM Nr. 13 zu § 549 ZPO 1 ; Urt. IV ZR 177/55 vom 7. 12. 1955 = JZ 1956, 535 2 ; Urt. I ZR 62/58 vom 18. 12. 1959 = GRUR 1960, 372, 377 3 ; Urt. Ib ZR 100/62 vom 22. 1. 1964 4 ; Beschl. VII ZR 202/59 vom 9. 2. 1960 = WM 1960, 441 6 ). Der erkennende Senat hat beschlossen, gemäß § 136 GVG über diese Frage die Entscheidung des Großen Senats f ü r Zivilsachen herbeizuführen. Soweit jedoch das LG die Einrede der Unzuständigkeit rechtskräftig verworfen hat, d. h. f ü r die Klageforderung in Höhe von 1 100 DM, ist auch der Senat gemäß §§ 548, 318 ZPO an diese Entscheidung gebunden. Insoweit kann deshalb ohne Rücksicht auf die noch ausstehende Entscheidung des Großen Senats f ü r Zivilsachen bereits in der Sache selbst entschieden werden. II. Das Berufungsgericht geht davon aus, ein übereinstimmender Wille 1 s 5
IPRspr. 1952-1953 Nr. 296. IzRspr. 1958-1959 Nr. 144. IPRspr. 1960-1961 Nr. 177.
2 IPRspr. 1954-1955 Nr. 4. 4 Siehe unten Nr. 182
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 33
der Parteien, das streitige Rechtsverhältnis im ganzen demselben Recht zu unterstellen, sei nicht erkennbar. Die Anwendung einheitlichen Rechts sei auch nicht durch die Ermittlung eines hypothetischen Parteiwillens zu erreichen, weil sich ein Vertragsschwerpunkt nicht feststellen lasse. Es sei deshalb auf das Recht des Erfüllungsortes abzustellen. Das führe zur Annahme deutschen Rechts f ü r die Zahlungsverpflichtung der Kl. und bulgarischen Rechts f ü r die Lieferungsverpflichtung des bekl. Unternehmens. F ü r die Frage des Zustandekommens des Vertrages seien (so auch Raape, IPR, 5. Aufl., 497) die Willenserklärungen der Parteien je nach dem Recht des Erklärenden zu beurteilen. Danach sei ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zustandegekommen. Das bekl. Unternehmen habe sich die Erfüllung dieses Vertrages unmöglich gemacht und hafte deshalb der Kl. auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. 1. Die Frage, nach welchem Statut der Streit über die Existenz oder die Rechtswirksamkeit eines Vertrages zu entscheiden ist, ob dem Obligationsstatut ein besonderes Abschluß Statut entgegenzustellen ist, wird in Rechtslehre und Rechtsprechung sehr unterschiedlich beantwortet (vgl. Raape, IPR, 490, 496 f.). Das RG hat regelmäßig angenommen, über die Vertragsvoraussetzungen entscheide - nicht anders als über die Vertragswirkungen - das Obligationsstatut (Übersicht über die Rechtsprechung des RG bei: Moser, Vertragsabschluß, Vertragsgültigkeit und Parteiwille im internationalen Obligationenrecht, St. Gallen 1948, 47 ff.). Auf diese Rechtsprechung im einzelnen einzugehen, erübrigt sich schon deshalb, weil im vorliegenden Fall nach den das Revisionsgericht grundsätzlich bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (vgl. BGH, Urt. VIII ZR 27/60 vom 19. 10. 1960 = WM 1960, 1360 = LM Nr. 14 zu Art. 7 ff. EGBGB [Deutsches internationales Privatrecht] 6) nicht ein einheitliches Obligationsstatut als Vertragsstatut anzunehmen ist, vielmehr die Verpflichtung jeder Partei einem eigenen Obligationsstatut untersteht. In einem solchen Fall gibt die Anknüpfung an das jeweilige Schuldstatut keine Lösung; denn die Frage, ob ein Vertrag zustandegekommen ist, kann unmöglich verschieden beantwortet werden, je nach dem, ob die Verpflichtung der einen oder der anderen Vertragspartei in Frage steht. Raape (aaO 496) legt dar, daß es in einem solchen Fall theoretisch zwei Möglichkeiten der Anknüpfung gebe: Entweder man bejahe die Rechtswirksamkeit des Vertrages nur, wenn er nach beiden in Frage kommenden Rechtsordnungen wirksam sei, oder man prüfe die Willenserklärung jedes Partners gesondert nach dessen Schuldstatut und bejahe den Vertrag, wenn jede Willenserklärung nach dem ihr zukommenden Statut rechtswirksam sei. Raape, dem das Berufungsgericht folgt, entscheidet sich - unter Hinweis auf Art. 13 I EGBGB - f ü r den zweiten Weg (so auch: Lewald, Das Deutsche IPR auf Grundlage der Rechtsprechung, 1931, 238). F ü r den ersten Weg - Prüfung der Vertragsvoraussetzungen nach beiden Rechtsordnungen - sind (u. a.): Wolff (Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., 125) und Gutzwiller (Internationalprivatrecht, 1931, 1606 Anm. 1), dieser mit der Begründung, es gebe keinen überstaatlichen Rechtssatz, der " IPRspr. 1960-1961 Nr. 28.
Nr. 33
III./1. Rechtsgeschäft und Verjährung
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zwei von materiell verschiedenen Rechten aus abgegebene isolierte Willenserklärungen zum Vertrage verbinde. Der Senat ist nicht veranlaßt, zu dieser Frage abschließend Stellung zu nehmen. Der Hauptstreitpunkt der Parteien liegt im hier zu entscheidenden Falle darin, ob der Vertragsantrag des bekl. Unternehmens vom 18. 7. 1956 und die Vertragsannahme der Kl. vom 19. 7. 1956 sich inhaltlich decken. Eine solche Frage k a n n sich immer erst bei der Vertragsannahme stellen. Folgt m a n der von Raape befürworteten Lösung, Vertragsantrag und -annahme je nach dem Statut des Erklärenden zu beurteilen, so kann m a n deshalb, wie es auch das Berufungsgericht tut, die Frage der Übereinstimmung von Vertragsantrag und -annahme erst bei der letzteren prüfen. Dadurch wird diese Frage lediglich der Annahme zugeordnet und dem Statut des Annehmenden unterstellt. Dies vermag aber weder theoretisch noch praktisch zu befriedigen. Denn die Frage der Übereinstimmung von Vertragsantrag u n d -annahme ist logisch beiden in gleicher Weise zugeordnet, u n d in der Praxis hängt es lediglich von der zeitlichen Reihenfolge ab, welche Willenserklärung als Vertragsantrag und welche als Annahme zu werten ist. Ein solcher Umstand m e h r zufälligen Charakters k a n n aber schwerlich darüber entscheiden, welchem Statut die Wirksamkeitsvoraussetzungen des Vertrages unterstehen. Gleichwohl ist es im hier zu entscheidenden Fall unbedenklich, wenn das Berufungsgericht die Frage, ob der Vertragsantrag des bekl. Unternehmens und die Annahme der Kl. sich decken, lediglich nach deutschem und nicht auch nach bulgarischem Recht geprüft hat. Denn das bekl. Unternehmen hat den Vertragsantrag durch seine ständige .Vertretung' in Deutschland gegenüber einem deutschen Verhandlungspartner in Deutschland abgegeben und Gegenstand der Verhandlungen w a r die Lieferung von W a r e nach Deutschland, nach der Behauptung des bekl. Unternehmens sogar mit der Bindung, daß die W a r e aus Deutschland nicht exportiert werden durfte. Bei einer solchen Fallgestaltung überwiegen f ü r die Frage der Wirksamkeit des Vertrages die auf deutsches Recht hinweisenden Anknüpfungspunkte so stark, daß kein zureichender Grund besteht, die Voraussetzungen f ü r die Wirksamkeit des Vertrages auch noch nach dem Statut des ausländischen Bekl. zu ü b e r p r ü f e n (zum gleichen Ergebnis gelangen: Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., vor Art. 7 ff. EGBGB Nr. 145; Wolff, aaO 123). Das Berufungsgericht hat also keinen Rechtsfehler begangen, wenn es das Zustandekommen des Vertrages ausschließlich nach deutschem Recht geprüft hat. 2. Das Berufungsgericht geht davon aus, nach einem bulgarischen Dekret sei die Außenhandelsvertretung berechtigt, f ü r das bekl. Unternehmen, das eines der bulgarischen staatlichen Unternehmen f ü r Ein- und Ausfuhr mit eigener juristischer Persönlichkeit sei, Verträge abzuschließen, jedoch n u r auf Grund einer f ü r jeden Fall ausdrücklich erteilten Einzelvollmacht. Die Kl. habe gegenüber der dies bestreitenden bekl. Partei nicht bewiesen, daß das bekl. Unternehmen der Außenhandelsvertretung eine Vollmacht f ü r den Abschluß des Vertrages mit der Kl. erteilt habe. Das bekl. Unternehmen habe aber durch schlüssiges Verhalten nach außen hin den Anschein er-
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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weckt, daß die Außenhandelsvertretung von ihr Vollmacht hatte. Die Kl. habe substantiiert vorgetragen, sie habe schon vor dem hier streitigen Geschäft mit dem bekl. Unternehmen geschäftlich zu tun gehabt, und zwar ebenfalls über die Außenhandelsvertretung, ohne daß deren Vertretungsmacht jemals angezweifelt worden sei. Außerdem werbe der bulgarische Staat in der Bundesrepublik durch Broschüren, in denen die einzelnen bulgarischen Außenhandelsunternehmen aufgeführt seien und zugleich auf die Außenhandelsvertretung hingewiesen werde. Nach diesen Broschüren könne aber f ü r einen Dritten kein Zweifel bestehen, daß die Außenhandelsvertretung mindestens zugleich auch eine solche der einzelnen Außenhandelsunternehmen sei. Wenn der bulgarische Staat f ü r seine Unternehmen eine .Vertretung' einrichte, die er auch als solche bezeichne, so könnten sich seine staatlichen Unternehmen nicht mit Erfolg darauf berufen, die .Vertretung' habe keine Vertretungsmacht, sei also überhaupt keine Vertretung. Das bekl. Unternehmen sei deshalb nach hier anzuwendendem deutschen Recht auf Grund Anscheinsvollmacht an dem von der Außenhandelsvertretung f ü r es geschlossenen Lieferungsvertrag gebunden. Die Revision bittet in erster Linie um Nachprüfung, ob die Frage der Anscheinsvollmacht der Außenhandelsvertretung nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Dies ist mit dem Berufungsgericht zu bejahen. Es kann als gesicherte Auffassung von Rechtslehre und Rechtsprechung angesehen werden, daß nach deutschem IPR Fragen, die sich auf eine im Ausland gebrauchte Vollmacht eines Agenten beziehen, nach dem Recht des Gebrauchsortes als des sogenannten Wirkungslandes zu beantworten sind. Von dem Geschäftsstatut ist also das Vollmachtstatut zu unterscheiden (RGZ 78, 55, 60; 134, 67, 69; BGH, LM Nr. 1 7 und Nr. 2 8 zu Art. 11 EGBGB; Raape aaO 503; Wolff aaO 124; von Caemmerer, RabelsZ 1959, 205 ff.; Soergel-Kegel, 9. Aufl., vor Art. 7 ff. EGBGB Nr. 152 ff.). Der Grund liegt wie von Caemmerer aaO 206 zutreffend ausführt - in dem Bedürfnis, den Verkehr zu schützen. Der Verhandlungspartner des Agenten muß Umfang und Wirksamkeit der Vollmacht leicht prüfen und feststellen können. E r muß sich deshalb an das am Orte der Agentur oder Filiale geltende Recht halten können. Jede Verweisimg auf ein in einem anderen Lande geltendes Recht wäre zweckwidrig. Zweifelhaft ist aber, wieweit das Vollmachtstatut reicht, d. h. welche der Fragen ihm unterstellt sind, die sich auf eine im Ausland gebrauchte Vollmacht beziehen. Soweit ersichtlich, ist unbestritten, daß dem Vollmachtstatut die Frage des Umfangs der Vollmacht untersteht. Dagegen hat der BGH in der Entscheidung VI ZR 32/53 vom 30. 7. 1954 (LM Nr. 2 zu Art. 11 EGBGB) 8 f ü r die Frage, ob eine Vollmacht rechtswirksam erteilt sei, nicht darauf abgestellt, daß von der Vollmacht, die sich auf ein in Deutschland belegenes Grundstück bezog, in Deutschland Gebrauch gemacht wurde, sondern darauf, daß die Vollmacht in Frankreich von einem Franzosen einem Franzosen erteilt war. Diese Entscheidung hat Wider' IPRspr. 1954-1955 Nr. 16.
8
IPRspr. 1954-1955 Nr. 1.
Nr. 34
III./2. Rechtsgeschäft und Verjährung
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spruch gefunden (von Caemmerer aaO 211), weil die Fragen des Bestehens und des Umfangs einer Vollmacht in sinnvoller Weise nicht getrennt werden könnten. Der erkennende Senat ist nicht veranlaßt, sich mit dieser Kritik auseinanderzusetzen. Hier steht nicht eine rechtsgeschäftlich erteilte, sondern eine Anscheinsvollmacht in Frage, bei der Voraussetzungen, wie sie dem vom VI. Zivilsenat entschiedenen Fall zugrunde lagen, begrifflich nicht in Betracht kommen. Die Anscheinsvollmacht beruht nicht auf dem Rechtsgeschäft einer Bevollmächtigung; der Vertretene haftet vielmehr auf Grund eines infolge seines Verschuldens tatsächlich entstandenen Rechtsscheins. Steht aber ein Rechtsgeschäft nicht in Frage, so kann auch nicht an das Geschäftsstatut der Bevollmächtigung, also etwa an den Ort der Bevollmächtigung oder die Staatsangehörigkeit oder das Domizil des Vollmachtgebers angeknüpft werden. Es bleibt als einziger Anknüpfungspunkt der Ort, an dem der Rechtsschein entstanden ist und sich ausgewirkt hat. Wenn ein Ausländer einen solchen Rechtsschein in Deutschland setzt, so entscheidet deshalb ausschließlich deutsches Recht darüber, ob dieser Rechtsschein den Ausländer so bindet, wie es eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht tun würde. Nur eine Unterstellung unter deutsches Recht kann in einem solchen Fall nach dem Zweck des deutschen Rechts sinnvoll sein, das innerhalb seines Geltungsbereichs das Vertrauen auf den schuldhaft gesetzten Rechtsschein schützen will, ohne Rücksicht auf Domizil und Staatsangehörigkeit dessen, der den Rechtsschein gesetzt hat (im Ergebnis ebenso: Soergel-Kegel aaO Nr. 158). Das Berufungsgericht brauchte deshalb nicht zu prüfen, ob auch das bulgarische Recht die Rechtsfigur der Anscheinsvollmacht kennt, sondern hatte lediglich die von der deutschen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Anscheinsvollmacht anzuwenden."
2. Stellvertretung Siehe auch Nr. 33, 46
3 4 . Die Formerfordernisse einer Vollmacht, die in der Schweiz ausgestellt und von der in der Schweiz Gebrauch gemacht wurde, richten sich nach Schweizer Recht. Die rechtlichen Folgen des Ilmstandes, daß ein Gesamtvertreter bei der für den Abschluß eines Vertrages erforderlichen Gesamtvertretung nicht mitgewirkt hat, insbesondere die Fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine genehmigungsfähige Vertretung ohne Vertretungsmacht möglich ist, sind nach dem Geschäftsstatut zu beurteilen. BGH, Urt. vom 22. 6. 1965 - V ZR 55/64: WM 1965, 868. 9
IPR 1964/65
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 34
Die Kl. S., Dr. V. und P. waren gemeinsam Testamentsvollstrecker des verstorbenen Professors Dr. Johann P. Der Testamentsvollstrecker S. gab in notarieller Urkunde vor dem Notar R. in Basel ein Kaufangebot hinsichtlich zweier zum Nachlaß gehörender Grundstücke in Berlin ab. In der Urkunde heißt es: „Ich bin zusammen mit Dr. V. Testamentsvollstrecker nach Herrn P. Dr. V. hat mich zur Abgabe der nachstehenden Erklärungen telefonisch am endesgemeldeten Tage ermächtigt. Er wird die Vollmacht, die mich zur Abgabe der folgenden Erklärungen ermächtigt, in gehöriger Form nachbringen." Der Bekl. nahm das Kaufangebot in der gleichen Urkunde an. Der Mittestamentsvollstrecker P. gab daraufhin in London die Erklärung ab, er genehmige in seiner Eigenschaft als Mittestamentsvollstrecker den zwischen S. und dem Bekl. geschlossenen Kaufvertrag. Dieselbe Erklärung gab Dr. V. in Montreux ab. Der Bekl. bestreitet die Wirksamkeit des Kaufvertrages, weil die Erbengemeinschaft nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei.
Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht wendet, abgesehen von den Erfordernissen f ü r die F o r m des Kaufvertrages, auf das Zustandekommen des Vertrags, auf die Zulässigkeit seines Inhalts und auf alle aus diesem Rechtsgeschäft abzuleitenden Folgen deutsches Recht an, weil sein Schwerpunkt auf deutsches Recht hinweise. Dagegen bestehen keine Bedenken; die Revision hat insofern auch keine Einwendungen erhoben . . . a) Die F o r m des Kaufvertrags beurteilt das Berufungsgericht nach Schweizer Recht, weil nach Art. I I I Satz 1 EGBGB h i e r f ü r die Beobachtung der Gesetze des Orts genüge, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde. Danach bestünden keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrages in formeller Hinsicht; der Vertrag entspreche den Formerfordernissen, die in Art. 126 (richtig: Art. 216) Schweiz. OR, § 55 der Schlußbestimmungen des Schweiz. ZGB in Verbindung mit §§ 230 ff. des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt betreffend die E i n f ü h r u n g des Schweiz. ZGB vom 27. 4. 1911 vorgeschrieben seien. Die nach deutschem Recht zu beurteilenden materiellen Voraussetzungen des Kaufvertrags hält das Berufungsgericht aus folgenden Gründen f ü r gegeben . . . [wird ausgeführt], b) . . . Es gereicht dem Bekl. nicht zum Nachteil, daß das Berufungsgericht nicht auf die Rechtslage eingegangen ist, die nach Schweizer Recht bei der Bestellung mehrerer Willensvollstrecker gegeben ist (vgl. Art. 518 III Schweiz. ZGB; [Zürcher] Komm, zum Schweiz. ZGB, Escher, Das Erbrecht, 2. Aufl., Art. 518 Anm. 34), da es zu seinen Gunsten davon ausgegangen ist, daß die drei Testamentsvollstrecker den Nachlaß nur gemeinsam verpflichten konnten. Der Mittestamentsvollstrecker Dr. V. hatte S. zum Abschluß des Kaufvertrags unbestrittenermaßen fernmündlich bevollmächtigt, u n d S. hat das Angebot f ü r seine Person und f ü r die Person des Dr. V. je in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstrecker abgegeben. Die Vollmacht wurde sonach in der Schweiz ausgestellt, und in demselben Land w u r d e von ihr auch Gebrauch gemacht. Ihre Formerfordernisse richten sich nach Schweizer Recht (RGZ 78, 55, 60; Raupe, IPR, 5. Aufl., § 46; Soergel-Kegel, BGB, vor Art. 7 EGBGB Anm. 155; vonCaemmerer, RabelsZ 1959,213).Die mündliche Vollmacht genügte auch den Vorschriften in der Schweiz, da
Nr. 35
IV./1. Schuld-, Handels- und Arbeitsrecht
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auch dort die Vollmacht, abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen, keiner besonderen Form bedarf, und zwar auch dann nicht, wenn das vom Vertreter vorzunehmende Rechtsgeschäft eine bestimmte Form voraussetzt (BGE 57 II 504; Guhl, Das Schweizerische Obligationenrecht, 5. Aufl., § 19 I, S. 129). Bei Vertragsabschluß lag dagegen keine Vollmacht des dritten, in England ansässigen Testamentsvollstreckers vor. Die rechtlichen Folgen des Umstandes, daß dieser Testamentsvollstrecker bei der f ü r den Abschluß des Vertrags erforderlichen Gesamtvertretung nicht mitgewirkt hat, insbesondere die Fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine genehmigungsfähige Vertretung ohne Vertretungsmacht möglich ist, sind nach dem Geschäftsstatut zu beurteilen (vgl. von Caemmerer aaO 217 unter 2 und 3), im vorliegenden Fall sonach nach deutschem Recht."
3. Form Siehe Nr. 34, 45,191
4. Verjährung Siehe Nr. 64, 257
IV. SCHULD-, HANDELS- UND ARBEITSRECHT
1. Vertrag und andere rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten Siehe auch Nr. 34, 56, 67, 180, 191, 193, 194, 257
3 5 . Wenngleich die Vereinbarung eines Gerichtsstandes bei einem Kaufvertrag allein noch nicht den Schluß zuläßt, daß die lex fori nach dem Willen der Parteien Anwendung finden soll, so ist dies doch dann anzunehmen, wenn die Parteien nachträglich übereinkommen, alle aufgetretenen Streitpunkte einheitlich durch ein deutsches Gericht entscheiden zu lassen. LG Frankfurt, Urt. vom 10. 1. 1964 - 3/3 O 98/63: AWD 1964, 90. Gegenstand der Klage sind Kaufpreisforderungen aus Lieferungen der jugoslawischen Kl. an ihre deutsche Abnehmerin.
Aus den Gründen: „Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ist deutsches Recht anzuwenden. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die anzuwendende Rechtsordnung liegt nicht vor. Auch ergibt sich aus den Lieferverträgen des Jahres 9*
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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1962 kein stillschweigender oder hypothetischer Parteiwille, der auf diese oder jene Rechtsordnung hinweisen würde. Zwar liegt das Schwergewicht der Vertragsbeziehungen dadurch, daß die Verträge in Frankfurt/Main geschlossen wurden, daß sie in deutscher Sprache gefaßt sind, daß die Vertragswährung die deutsche ist, daß die Kl. sich verpflichtet hat, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Vertragsware nicht anderweitig anzubieten und zu verkaufen, daß der Bekl. ein Optionsrecht eingeräumt worden ist und daß die Rechtsstellung der Bekl. in manchem übereinstimmt mit der eines sogenannten Alleinvertreters (Eigenhändler), der in der Bundesrepublik tätig ist, in der Bundesrepublik Deutschland, aber all diese Umstände werden hinfällig durch die Schiedsklausel, die die Zuständigkeit der jugoslawischen Außenhandelskammer begründet. Wenngleich auch die Vereinbarung eines bestimmten Schiedsgerichts für die Frage der anzuwendenden Rechtsordnung nur den Charakter eines Indizes hat, ist das Gewicht einer derartigen Vereinbarung, insbesondere wenn es sich um ein nationales Schiedsgericht handelt, doch so groß, daß es die Umstände, die wie die des vorliegenden Falles für die Anwendbarkeit des nicht am Ort des Schiedsgerichts geltenden Rechts sprechen, aufwiegt. Indessen tritt hier eine Änderung durch die Vereinbarung vom 29. 11. 1962 ein. Die Bekl. hatte der Kl. vorgeworfen, daß sie die vertragliche Ausschließlichkeitsklausel durch Gründung und Belieferung einer Firma in Deutschland verletzt habe. Daraufhin sind die Parteien hier übereingekommen, alle beiderseitigen Ansprüche ausschließlich durch die Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/Main entscheiden zu lassen. An den Verhandlungen hat außerdem die Firma W . teilgenommen, die ein Unternehmen deutschen Rechts ist. Deren Vertreter hat die Vereinbarung mitunterzeichnet. Wenngleich die Vereinbarung eines Gerichtsstandes allein noch nicht den Schluß zuläßt, daß die lex fori nach dem Willen der Parteien Anwendung finden soll, so ist dies hier doch nach den gesamten Umständen anzunehmen. Offensichtlich sollte die einheitliche Behandlung aller Streitpunkte durch ein deutsches Gericht, wie sie nachträglich vereinbart wurde, auch eine einheitliche Beurteilung nach einem, dem deutschen Recht zur Folge haben. Für einen entsprechenden stillschweigenden Parteiwillen spricht im übrigen auch die Tatsache, daß sich beide Parteien, auch die jugoslawische Kl., auf deutsche Rechtsvorschriften bezogen haben (vgl. hierzu BGH, N J W 1962, 1005 1 )." 3 6 . Die Vereinbarung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts bei der Kammer für Außenhandel der DDR und die Vereinbarung des anwendbaren Rechts ist für die Parteien verbindlich. 1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 18.
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IV./1. Schuld-, Handels- und Arbeitsrecht
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Schiedsgericht bei der Kammer für Außenhandel der DDR, Schiedsspruch vom 30. 5. 1964 — SG 403/1/63: Sozialistische Außenwirtschaft, Beilage: Recht der Außenwirtschaft 1968 Nr. 2 S. 6. Die Parteien haben einen Vertrag geschlossen, durch den dem Bekl. in seinem Lande das Alleinverkaufsrecht f ü r Erzeugnisse der Dentalmedizin eingeräumt wurde. Nach Nr. 3 dieses Vertrages erfolgten die einzelnen Lieferungen auf der Grundlage von Verkaufsverträgen, die auf den Allgemeinen Lieferbedingungen des Kl. (Außenhandelsunternehmen der DDR) beruhen. Es folgte die Lieferung mehrerer Dentalgeräte durch den Kl. Da diese Einheiten im Lande des Käufers unter den dortigen Bedingungen nicht einwandfrei funktionierten, wurden sie im Einvernehmen der Parteien an den Kl. zurückgesandt. An den Geräten entstand auf dem Rückwege Totalschaden, den der Kl. ersetzt verlangt. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bei der Kammer für Außenhandel ist gemäß § 1 seiner Schiedsgerichtsordnung begründet, da die Parteien im Vertretervertrag einen dahingehenden Schiedsvertrag für alle Streitigkeiten aus dem Vertretervertrag und; den Verkaufsverträgen geschlossen haben u n d gleichzeitig festgelegt haben, daß sich das Verfahren nach der Schiedsgerichtsordnung dieses Schiedsgerichts richtet. Im gleichen Punkt des Vertretervertrages haben die Parteien als anzuwendendes Recht das Recht der DDR vereinbart. Es ist der Entscheidung auf Grund des ausdrücklich erklärten Parteiwillens zugrunde zu legen. Dem Bekl. war außerdem durch die Entscheidung eines Gerichtes seines Heimatlandes die Rechtsgültigkeit des geschlossenen Schiedsvertrages und die ausdrückliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts bei der Kammer f ü r Außenhandel der DDR bestätigt worden." 3 7 . Zur Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens auf eine Schenkung anwendbaren Rechts. Zu den Anfechtungsgründen nach australischem Recht.
hinsichtlich
des
OLG Frankfurt, Urt. v o m 24. 6. 1964 - 7 U 213/61: Unveröffentlicht. Die Beklagte war in erster Ehe mit einem inzwischen verstorbenen Bruder des Klägers verheiratet. Beide Parteien wurden im Dritten Reich wegen ihrer Abstammung verfolgt. Die Beklagte kam nach ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager bei Kriegsende in die Schweiz, der Kl. fand in Australien eine Tätigkeit. Der Kläger überwies der Beklagten zu ihrem Lebensunterhalt im Jahre 1945 bis Anfang 1946 Geldbeträge in Höhe von insgesamt 2850 - sfr. Seit 1948 lebt die Beklagte in Australien und hat dort inzwischen wieder geheiratet. Etwa seit dieser Zeit entstanden Unstimmigkeiten zwischen den Parteien wegen geldlicher Angelegenheiten, wobei der Kl. die Rückzahlung der in den Jahren 1945/1946 an die Beklagte überwiesenen Beträge forderte. Die Bekl. erklärte in mehreren an den Kläger in der Zeit von 1949 bis 1951 gerichteten Schreiben, daß sie die an sie gezahlten 2850 - sfr. zurückzahlen wolle. Sie erkenne, daß der Kläger diese Zahlungen offenbar bereue; sie hätte auf die ihr übersandten Beträge von vornherein verzichtet, wenn sie geahnt hätte, daß der Kläger diese Beträge einmal zurückfordern würde.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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Der Kläger, der sich seit 1951 zur Regelung gemeinsamer Erbschaftsangelegenheiten der Parteien wieder in Deutschland aufhält verlangt mit der Klage Rückzahlung der der Beklagten überwiesenen Beträge von 2850 - sfr. Er behauptet, die Beklagte habe sich die Geldsendungen erschlichen, indem sie ihm vorgespiegelt habe, daß sie in Not sei, während sie in Wahrheit bereits mit ihrem jetzigen Ehemann verlobt gewesen sei und von diesem hätte unterstützt werden können. Der Kl. widerruft außerdem die Schenkung wegen groben Undanks der Bekl. und ist der Ansicht, daß die erwähnten Schreiben der Bekl. ein Schuldanerkenntnis enthielten. Das LG hat die Bekl. zur Rückzahlung der 2850 sfrs verurteilt. Hiergegen wendet sich die Berufung der Bekl. Das OLG hat ein Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht eingeholt.
Aus den Gründen: „Entgegen der Ansicht des LG sind die hier zur Erörterung stehenden Rechtsbeziehungen der Parteien nicht nach deutschem, sondern nach australischem Recht zu beurteilen. Nach deutschem IPR bestimmt sich das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht in erster Linie nach dem aus dem Inhalt des Vertrages und den Umständen des Falles zu ermittelnden ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Parteiwillen. Fehlt eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung, so ist der mutmaßliche .hypothetische' Parteiwille maßgebend (BGHZ 7, 231, 2 3 4 B G H Z 9, 221, 223 2 ; BGHZ 19, HO 8 ; Raape, IPR, 5. Aufl. 1961, 474 ff.; M. Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl. 1954, 141 f.; Palandt-Lauterbach, Kommentar zum BGB, 22. Aufl. 1963, Vor Art. 12 EGBGB Anm. 2 b). Nur wenn diese Anknüpfungen zu keinem Ergebnis führen, findet das Recht des Erfüllungsortes der jeweiligen Verpflichtung Anwendung (BGHZ 7, 231, 234; BGHZ 9, 221, 223; BGHZ 19, 110; M. Wolff aaO 145 f.; PalandtLauterbach, Vor Art. 12 EGBGB Anm. 2 c). Eine ausdrückliche Rechtswahl haben die Parteien im vorliegenden Fall nicht getroffen; auch eine stillschweigende Vereinbarung dieses Inhalts kann nicht angenommen werden, da die Parteien dann jedenfalls den rechtsgeschäftlichen Willen gehabt haben müßten, mit ihren Erklärungen auch gleichzeitig eine Vereinbarung über das anwendbare Recht zu treffen. Es liegt jedoch kein Anhaltspunkt d a f ü r vor, daß die Parteien sich der Notwendigkeit einer Rechtswahl überhaupt bewußt waren. Jedoch ist auf Grund des hypothetischen Parteiwillens auf die Rechtsbeziehungen der Parteien australisches Recht anzuwenden. Bei dieser Anknüpfung kommt es darauf an, ob nach der Eigenart des zu beurteilenden Falles der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses objektiv auf eine bestimmte Rechtsordnung hinweist. Anhaltspunkte sind dafür alle objektiven Umstände des konkreten Falles sowie die Überlegung, was die Parteien als anwendbares Recht verständigerweise vereinbart hätten, wenn sie sich der Notwendigkeit einer Rechtswahl bewußt gewesen wären (BGHZ aaO; 1 s
IzRspr. 1945-1953 Nr. 213 b. IPRspr. 1954-1955 Nr. 22.
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IPRspr. 1952-1953 Nr. 40.
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Raape aaO 474 ff.; M. Wolff aaO 142; Soergel-Siebert-Kegel, BGB V, 9. Aufl. 1961, vor Art. 7 EGBGB Anm. 185 ff.). F ü r die schenkweise Uberweisung der Geldbeträge in den J a h r e n 1945/ 1946 und deren Rückforderung kommt australisches Recht deswegen zur Anwendung, weil der Kl. - der Schenker - seinerzeit in Australien seinen Wohnsitz hatte (vgl. Nussbaum, Deutsches IPR, 1932, 274; Raape aaO 481 f.). Jede andere Anknüpfung würde hier der damaligen Interessenlage der Parteien widersprechen. Schweizerisches Recht ist nicht etwa deshalb anwendbar, weil die Bekl. sich seinerzeit in der Schweiz aufhielt. Wie sich aus dem unstreitigen Parteivortrag ergibt, betrachtet die Bekl. die Schweiz lediglich als Durchgangsstation f ü r eine Auswanderung nach Übersee, so daß keine enge Beziehung vorlag, die den Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses dorthin verlegen könnte. Daß die Parteien aber bei verständiger Überlegung deutsches Recht f ü r anwendbar erklärt hätten, ist angesichts der damals teilweise bereits vorgenommenen, teilweise beabsichtigten Auswanderung nach Übersee nicht anzunehmen. Das gleiche gilt f ü r die Frage, ob und inwieweit aus den Schreiben der Bekl. an den Kl. zwischen 1949 und 1951 eine selbständige Zahlungsverbindlichkeit f ü r die Bekl. entstanden ist. Denn zu jener Zeit hatten beide Parteien ihren Wohnsitz in Australien begründet, der Kl. spätestens seit Ende des Krieges, die Bekl. seit Anfang 1948. Auch nach den australischen Kollisionsnormen ist, wie das Max-Planck Institut in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat, australisches Recht anzuwenden. Es k a n n deshalb hier unerörtert bleiben, ob eine etwaige Rück- oder Weiterverweisung beachtlich wäre. Durch das von der Bekl. abgegebene Versprechen, die erhaltenen Beträge zurückzuzahlen, ist eine rechtliche Verbindlichkeit nicht begründet worden, weil es an der nach australischem Recht erforderlichen consideration fehlte (vgl. Gutachten des Max-Planck-Instituts)... Der Kl. ist auch nicht berechtigt, die Schenkung wegen angeblicher Willensmängel anzufechten. Das in Australien geltende englische Recht kennt drei derartige Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe: Mistake (Irrtum), duress und undue influence (Drohung und ungehörige Beeinflussimg) und misrepresentation (fraud = arglistige Täuschung, innocent misrepresentation = gutgläubig falsche Angaben). Die vom Kl. vorgetragenen Tatsachen sind nach englisch-australischem Recht nicht geeignet, eine Anfechtung wegen Irrtums zu rechtfertigen. Wie sich aus dem Gutachten des Max-Planck-Instituts ergibt, ist der Irrt u m einer Partei n u r dann erheblich, wenn er sich auf den Inhalt des Rechtsgeschäfts, die Identität der anderen Partei oder die Existenz oder die Identität des Vertragsgegenstandes bezieht. Nicht beachtlich ist grundsätzlich der bloße I r r t u m im Motiv, z. B. über Eigenschaften einer Person oder einer Sache oder über sonstige Tatsachen, die dem Vertragsschluß zugrunde liegen. Ein I r r t u m über Qualität oder über andere wesentliche Eigenschaften einer Sache wird n u r d a n n als erheblich eraditet, wenn er
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beiden Parteien gemeinsam ist und die zum Vertragsgegenstand gemachte Sache von der vorgestellten so sehr verschieden ist, daß sie eine Sache ganz anderer Art darstellt. Beachtlich ist es auch, wenn beide Parteien bei Vertragsschluß irrtümlich vom Vorliegen bestimmter Tatsachen ausgegangen sind, die zwar nicht ausdrücklich Vertragsinhalt geworden, aber f ü r den Abschluß des Vertrages doch wesentliche Grundvoraussetzung gewesen sind. Es handelt sich hier also u m solche Fälle, in denen das deutsche Recht einen I r r t u m über die Geschäftsgrundlage annimmt. Diese Voraussetzungen sind schon nach dem eigenen Vortrag des Kl. nicht gegeben. Daß die Zuwendungen an die Bekl. weder durch Zwang noch durch Drohung veranlaßt sind, ist unstreitig; diese Anfechtungsgründe k o m m e n d a h e r von vornherein nicht in Betracht. Ebensowenig k a n n der Kl. die geschenkten Beträge unter dem Gesichtsp u n k t der ungehörigen Beeinflussung (undue influence) zurückfordern. Dies würde voraussetzen, daß die Bekl. die Schenkung unter Ausnutzung einer Macht- oder Vertrauensstellung erlangt habe. Dies w a r offensichtlich nicht der Fall und wird auch vom Kl. nicht geltend gemacht. Als Grundlage der Klage kommen demnach allein die Grundsätze über die Anfechtung wegen misrepresentation in Frage." 3 8 . Die bei einem internationalen Warenkauf getroffene Vereinbarung eines Gerichtsstandes enthält einen starken Hinweis auf das Recht dieses Gerichts. Das gilt ebenso und unter Umständen noch in stärkerem Maße von der Vereinbarung eines Schiedsgerichts. Diese Umstände können auch die Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl rechtfertigen. BGH, Urt. vom 1. 7. 1964 - VIII ZR 266/62: AWD 1964, 395; DB 1964, 1297; WM 1964,1023; DRspr. I (180) 53a. Die Parteien streiten um Rechte aus einem Kaufvertrag. Die Kl., eine Handelsgesellschaft mit Sitz in London, hatte bei der Bekl., einer Fleischwarenfabrik in Saarlouis (Saargebiet), mehrfach Dosenschinken gekauft. Die Abwicklung der Verträge, die mit der Vereinbarung „cif London" geschlossen worden waren, erfolgte regelmäßig so, daß die Kl. für den Betrag ihrer Bestellungen durch ihre Londoner Bank bei der Kreissparkasse Saarbrücken Akkreditive eröffnen ließ. Aus den Gründen: „Dem Berufungsgericht ist entgegen der Auffassung der Revision darin beizutreten, daß die Parteien ihre vertraglichen Beziehungen durch stillschweigende Vereinbarung der deutschen Rechtsordnung unterstellt haben. F ü r einen derartigen Parteiwillen spricht nach Auffassung des Berufungsgerichts, daß in einem Schreiben an die Kl. vom 14. 8. 1950 die Bekl. darauf hingewiesen hat, irgendeine Streitigkeit aus den von ihr abgeschlossenen Verträgen solle nach ihren Bedingungen im Wege des schiedsgerichtlichen Verfahrens bei der Handelskammer Saarbrücken geregelt werden.
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Der von dem Berufungsgericht in Bezug genommene Hinweis lautet: ,That according to my conditions, any dispute arising out of our contracts is to be settled by arbitration with Chamber of Commerce Saarbrücken.' Damit habe, so führt das Berufungsgericht aus, die Bekl. auf einen in Deutschland gelegenen Gerichtsstand hingewiesen, ohne daß die Kl. dieser Klausel widersprochen habe. Wenn sie dann weitere Geschäfte mit der Bekl. getätigt habe, so habe sie sich auch f ü r diese stillschweigend der am deutschen Gerichtsstand geltenden Rechtsordnung unterworfen. In diesem Sinne sei auch die Aussage des früheren Direktors bei der Kl., F., vom 29. 4. 1958 zu verstehen, der zwar bekundet habe, über den Gerichtsstand sei bei Beginn der Geschäftsbeziehungen und auch später überhaupt nichts vereinbart worden, aber sich weiter dahin geäußert habe, er nehme an, daß die Bekl. sich mit einer Zuständigkeit der Londoner Chamber of Commerce f ü r Streitigkeiten nicht einverstanden erklärt hätte. Danach, so f ü h r t das Berufungsgericht aus, sei sich die Kl. zumindest im klaren darüber gewesen, daß die Bekl. einen englischen Gerichtsstand abgelehnt hätte. Habe sie aber die Geschäftsbeziehungen mit der Bekl. fortgesetzt, obwohl sie diesen Standpunkt kannte, so habe sie konkludenter Weise den Willen der Bekl. akzeptiert. Es komme hinzu, daß die Kaufpreisforderungen nach den Zahlungsbedingungen der Bekl. beglichen wurden. Die von der Kl. bei der Kreissparkasse Saarbrükken zu eröffnenden unwiderruflichen Akkreditive seien, ungeachtet des Umstandes, daß sie auf englische Währung lauteten, nach den Vorschriften des deutschen Rechts zu beurteilen. Auch die Bekl. habe ihre Leistungen nach dem erkennbaren Willen der Parteien unter Beachtung solcher Rechtsnormen erbringen sollen. So habe sie die Ware durch Vermittlung eines inländischen Spediteurs zum Versand bringen sollen, an den sie die Kosten f ü r Fracht und Versicherung zahlte, während der Spediteur das Erforderliche veranlaßte, insbesondere die Versicherungsverträge abschloß und die erforderlichen Bescheinigungen ausstellte. Die Leistungen der Bekl. seien daher insgesamt im Inland zu erbringen gewesen, so daß sie im Zweifel auch nach der dort geltenden Rechtsordnung gewertet werden müßten. Diese auf das deutsche Recht hinweisenden Umstände rechtfertigten die Annahme einer entsprechenden stillschweigenden Vereinbarung. Zumindest begründeten sie, so f ü h r t das Berufungsgericht weiter aus, eine Anwendung der deutschen Rechtsordnung nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über den sogenannten hypothetischen Parteiwillen. Überdies beurteile die Kl. ihren Erfüllungsanspruch selbst nach deutschen Rechtsvorschriften, u. a. nach § 243 BGB. Was die Revision demgegenüber ausführt, ist nicht geeignet, die Annahme des Berufungsgerichts, die Vertragsparteien hätten sich stillschweigend über die Anwendung des deutschen Rechts auf ihre Rechtsbeziehungen geeinigt, zu erschüttern. Die Bekl. hat in dem Schreiben vom 14. 5. 1950 allerdings nicht, wie das Berufungsgericht anzunehmen scheint, unmittelbar auf eine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, nämlich der Kammer f ü r Handelssachen beim LG, hingewiesen, sondern nach richtiger Übersetzung des englischen Textes darauf, daß nach ihren Bedingungen jeder
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Rechtsstreit im Wege des Schiedsverfahrens (arbitration) bei der Handelskammer Saarbrücken zu erledigen sei. So hat auch die Bekl. diesen Hinweis verstanden, wie sich aus dem Schriftsatz der Bekl. vom 14. 3. 1961 entnehmen läßt. Wenn das LG daraus auf die Vereinbarung eines deutschen Gerichtsstandes (Kammer f ü r Handelssachen) geschlossen hat und das OLG dieser Auffassung gefolgt ist, so liegt darin n u r eine Ungenauigkeit in der Übersetzung des in Bezug genommenen Schreibens, die jedoch f ü r die Beurteilung der Frage nach der vereinbarten Rechtsordnung ohne Bedeutung ist, denn jedenfalls ist damit mittelbar die Zuständigkeit deutscher Gerichte nach den Bedingungen der Bekl. vorgesehen, weil eine Entscheidung eines Schiedsgericht bei der Kammer f ü r Handelssachen in Saarbrücken nur vor einem deutschen Gericht angefochten werden kann. Es ist auch rechtlich unbedenklich, wenn das Berufungsgericht angenommen hat, die Kl. hätte vor dem Abschluß weiterer Geschäfte mit der Bekl. deren Hinweis im Schreiben vom 14. 8. 1950 widersprechen müssen, wenn sie ihn nicht gelten lassen wollte. Dagegen macht die Revision vergeblich geltend, ein Schweigen könne nur dann als Zustimmung gewertet werden, wenn eine Rechtspflicht zur Erklärung bestand, insbesondere wenn eine mündliche Vereinbarung bestätigt werden sollte, was hier nicht der Fall sei. Denn das Berufungsgericht durfte den unterbliebenen Widerspruch der Kl. zumindest als schlüssiges Verhalten und ein gewichtiges Anzeichen f ü r ihr Einverständnis hiermit und auch d a f ü r werten, daß f ü r die damals bereits abgeschlossenen Geschäfte diese Klausel gelten sollte. In diesem Sinne ist das Berufungsurteil zu verstehen. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, die Aussage des Zeugen F. ergebe nichts f ü r den Standpunkt der Bekl. und die Auffassung des Berufungsgerichts über eine stillschweigende Vereinbarung deutschen Rechts; denn der Zeuge habe, so meint die Revision, nichts darüber bekundet, daß die Bekl. einen englischen Gerichtsstand abgelehnt hätte, sondern nur, daß sie die Zuständigkeit der London Chamber of Commerce nicht akzeptiert hätte. Das sei aber, was das Berufungsgericht verkannt habe, ein Schiedsgericht. Aus dem Umstand, daß die Bekl. die Vereinbarung eines englischen Schiedsgerichts abgelehnt hätte, ergebe sich weder die Vereinbarung eines deutschen ordentlichen Gerichtsstandes noch die Vereinbarung deutschen materiellen Rechts. Die Ablehnung eines englischen Schiedsgerichts kann aber auch den Sinn haben, daß sich der diesem Weg f ü r eine Beilegung von Rechtsstreitigkeiten verschließende deutsche Vertragspartner auch gegen die Anwendung des ausländischen Rechts und die Zuständigkeit ausländischer Gerichte wendet. Die Erwägungen des Berufungsgerichts über die Schlüsse, die aus dem Verhalten der Bekl. zu ziehen seien, und die Wertung des Verhaltens der KL, die unstreitig keinen Widerspruch gegen den Hinweis in dem Schreiben vom 14. 8. 1950 erhoben hat, sind daher rechtlich möglich und nicht zu beanstanden. Dabei kann der Umstand, daß die Kl. dann in Saarbrücken Klage erhoben hat, außer Betracht bleiben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts geben keinen Anlaß zu der Annahme, daß es diesem Umstand
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für die Frage Bedeutung beigemessen hat, nach welcher Rechtsordnung die vertraglichen Beziehungen der Parteien sachlich zu beurteilen sind. Wenn das Berufungsgericht den vorstehend erörterten Umständen entnommen hat, daß nach dem Willen der Parteien ihre Rechtsverhältnisse dem deutschen Recht unterstehen sollten, so ist das eine Willensfeststellung auf Grund schlüssigen Verhaltens, die auf dem Gebiete der Tatsachenwürdigung liegt und für das Revisionsgericht bindend ist, wenn dem Berufungsgericht hierbei kein Rechtsverstoß unterlaufen ist. Ein solcher Verstoß liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des RG und anderer deutscher Gerichte enthält die Vereinbarung eines Gerichtsstandes einen starken Hinweis auf das Recht dieses Gerichts. Das gilt ebenso und unter Umständen noch in stärkerem Maße von der Vereinbarung eines Schiedsgerichts. Diese Umstände können auch die Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl rechtfertigen. Das RG hat es für rechtlich unbedenklich erachtet, wenn das Berufungsgericht die Anwendung deutschen Rechts nach dem Willen der Parteien einer Vereinbarung entnommen hat, daß für die aus dem Vertrage entspringenden Streitigkeiten ein deutsches Gericht zuständig sein sollte (RG, JW 1906, 452 Nr. 3). In der Rechtsprechung ist auch aus der Vereinbarung zwischen einer deutschen und einer ausländischen Vertragspartei, bei Streitigkeiten aus einem zwischen ihnen abgeschlossenen Kaufvertrag solle ein deutsches Schiedsgericht entscheiden, gefolgert worden, daß auch nach dem Willen der ausländischen Partei das deutsche materielle Recht zur Anwendung kommen sollte (vgl. RG, WarnRspr. 1919 Nr. 149; OLG Hamburg, Urt. v. 19. 10. 1958, A W D 1958, 249 1 ). Die Feststellungen des Berufungsgerichts über den stillschweigenden Parteiwillen hinsichtlich des anzuwendenden Rechts werden hier zudem noch durch die weiteren bereits erörterten Umstände gestützt, insbesondere den vereinbarten Erfüllungsort für die von den Vertragsparteien zu erbringenden Leistungen. Hiernach ist die von dem Berufungsgericht in erster Reihe getroffene Feststellung über das anzuwendende Recht auch sachlich unbedenklich. Dem steht nicht entgegen, daß solchen Umständen auch Bedeutung für die Ermittlung des sogenannten hypothetischen Parteiwillens beigelegt werden kann (vgl. Reithmann, Internationales Vertragsrecht, 1963, 16; Kreuzer, Das I P R des Warenkaufs in der deutschen Rechtsprechung, 1964, 197, 199 ff.). Hiernach bedarf es keines Eingehens auf die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, daß das deutsche Recht auch nach den Grundsätzen über den sogenannten hypothetischen Vertragswillen hier zur Anwendung kommen müßte." 3 9 . Auf einen Handelsvertretervertrag ist amerikanisches Recht anwendbar, wenn der Unternehmer amerikanischer Staatsangehöriger ist, der Handelsvertreter amerikanische Lebensmittel an amerikanische Streitkräfte in Spanien verkaufen soll und als Anknüpfungspunkte an das
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deutsche Recht nur der Vertragsort Unternehmers in Betracht kommen.
und der zeitweilige
Aufenthalt
Nr. 39 des
LG Frankfurt, Teilurt. vom 3. 7. 1964 - 3/3 O 33/63: Unveröffentlicht. Der Kl., der kanadischer Staatsangehöriger ist, war für den Bekl., der USAmerikaner ist, als Handelsvertreter in Sportartikeln für die US-Militärbasen in Europa tätig. Am 15. l l . 1960 schlössen die Parteien schriftlich einen weiteren Vertrag, wonach der KI. gegen ein monatliches Fixum von 500 $ für andere Waren des Bekl. als Verkäufer bei den amerikanischen Luftstützpunkten in Spanien tätig sein sollte. Der Kl. macht Provisionsforderungen aus diesem Vertrag geltend. Aus den Gründen: „Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ist amerikanisches Recht anzuwenden. Dies ergibt sich nach den Grundsätzen des deutschen IPR, das von deutschen Gerichten bei der Prüfung nach der maßgeblichen Rechtsordnung anzuwenden ist. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die anzuwendende Rechtsordnung liegt nicht vor, auch eine stillschweigende Vereinbarung hierüber ist nicht erkennbar. Der somit hilfsweise heranzuziehende sogenannte hypothetische Parteiwille verweist aber auf das amerikanische Recht. Hierfür sind folgende Gesichtspunkte maßgebend. Der Bekl. ist amerikanischer Staatsangehöriger. Seine geschäftlichen Interessen liegen im internationalen Bereich, sind also nicht auf Deutschland, wo er zeitweise seinen Wohnsitz hat, beschränkt. Der Kl. ist kanadischer Staatsangehöriger. Einerseits bildet seine Staatsangehörigkeit die einzige Anknüpfung an das kanadische Recht, andererseits gehört auch Kanada weitgehend zum anglo-amerikanischen Rechtskreis. Das Tätigkeitsgebiet des Kl. lag zwar in Spanien, jedoch reicht dieser Umstand in vorliegendem Fall nicht aus, um die Anwendbarkeit des spanischen Rechts zu begründen. Entscheidend hierfür ist neben den angeführten Umständen, daß es sich bei der vom Kl. zu bearbeitenden Kundschaft um amerikanische Staatsangehörige handelte, die als Angehörige von Militärbasen der Disziplinargewalt der amerikanischen Streitkräfte in Europa unterliegen. Wie sich aus dem Vortrag beider Parteien ergibt, bedarf es zum Handel mit den Militärbasen einer Zulassung und sind die zum Handel zugelassenen Personen Untersuchungen unterworfen, die unter Umständen dazu führen können, daß den in Betracht kommenden Abnehmern Geschäfte mit belasteten Personen verboten werden. Hinzu kommt, daß nach dem unbestrittenen Vortrag des Kl. auf Grund des Vertrages vom 15. 11. 1960 amerikanische Lebensmittel verkauft werden sollten. Demgegenüber ist die Anknüpfung an das deutsche Recht so gering, daß sie nicht ins Gewicht fallen kann. Wenn der Vertrag vom 15. 11. 1960 in Deutschland abgeschlossen worden ist, so beruhte dies mehr oder weniger auf Zufall. Bezeichnend hierfür ist die Tatsache, daß als Anschrift des Bekl. Tanger angegeben ist. Weitere Anknüpfungspunkte an das deutsche Recht als der Vertragsort und der zeitweise Aufenthalt des Bekl. in Deutschland bestehen nicht."
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4 0 . Über die Verpflichtungen des Kommissionärs entscheidet mangels deutlicher anderer Vereinbarung das Recht seiner Niederlassung. BGH, Urt. vom 23. 11. 1964 - I I ZR 200/62: W M 1965,126. Die Kl., eine in Italien ansässige Obsthandlung, lieferte der Bekl., einer in Berlin und München tätigen Obstimporteurin, im Jahre 1961 kommissionsweise 22 W a g g o n s italienische Weintrauben. Bei jeder Verladung gab der Vertreter der Bekl. in Italien der Kl. einen Scheck über einen Betrag zwischen 2000 und 4000 D M . Später w u r d e über den Verkaufserlös abgerechnet. Aus Anlaß der Verladung von drei W a g g o n s am 22. und 25. 9. 1961 gab der Vertreter der Bekl. in Italien der KI. drei Schecks über 3500 D M . Die Bekl. ließ sie sperren, weil sie die Lieferungen der Kl. f ü r bereits überbezahlt hielt. Die KI. verlangt Einlösung der Schecks. Die Bekl. rechnet mit einem angeblichen RückZahlungsanspruch auf und erhebt hilfsweise W i d e r k l a g e auf Rückzahlung.
Aus den Gründen: „Die Revision hält die Anwendung deutschen Rechts auf die Widerklage für verfehlt. Sie führt aus, es handle sich um einen Bereicherungsanspruch, der nach dem Statut zu entscheiden sei, das über die umstrittene rechtliche Beziehung bestimme. Das sei das italienische Recht. Das Berufungsgericht hat deutsches Recht für maßgeblich gehalten, weil es dem mutmaßlichen Parteiwillen entspreche, der Schwerpunkt der Kommissionsgeschäfte in Deutschland liege und sich die Parteien nur auf deutsches Recht berufen hätten. Das ist nicht zu beanstanden. Über die Verpflichtungen des Kommissionärs wird jedenfalls mangels deutlicher anderer Vereinbarung das Recht seiner Niederlassung entscheiden (vgl. Schlegelberger-Hefermehl, HGB, §383 Anm. 31)." 4 1 . Zur Vereinbarung der Anwendbarkeit deutschen Rechts durch im Prozeß bekundete Einigkeit der Parteien. BGH, Urt. vom 23. 11. 1 9 6 4 - V I I I ZR 117/63: W M 1965, 102. Die Kl., eine Handelsgesellschaft mit dem Sitz in N e w York, verkaufte Schrott an die Bekl. i n Düsseldorf. Die W a r e sollte aus Indien cif Rotterdam geliefert werden. Die Kl. verlangt Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Kaufverträge, weil die Bekl. das vereinbarte unwiderrufliche Akkreditiv nicht gestellt habe.
Aus den Gründen: „I. Die Parteien haben im Rechtsstreit ihre Rechtsbeziehungen nach deutschem Recht erörtert. Sie haben damit deutlich zum Ausdruck gebracht, daß auch das Gericht nach deutschem Recht entscheiden soll. Dem hat das Berufungsgericht entsprochen. Hiergegen werden von den Parteien keine Bedenken geltend gemacht. Es ist demnach deutsches Recht anzuwenden." 4 2 . Nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien ist auf Handelsvertreterverträge in der Regel das Recht des Landes anwendbar, in dem der
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Handelsvertreter seine Haupttätigkeit entfaltet. Aus den Umständen des Einzelfalles kann sich jedoch die Maßgeblichkeit einer anderen Rechtsordnung ergeben. Ein mündlicher Vertrag über den Erwerb von Aktien im Werte von über 200 Pesos ist nach dem Recht von Uruguay nicht gerichtlich durchsetzbar. LG Hamburg, Urt. vom 29. 1. 1965 - 62 O 173/61: Unveröffentlicht. Die Kl., eine juristische Person mit Sitz in Uruguay, stellt Ansprüche als frühere Handelsvertreterin der Bekl. für den Vertrieb von G.-Erzeugnissen in Uruguay. Die bekl. GmbH ist die G.-Exportvertretung mit Sitz in Hamburg. Sie •wendet u. a. ein, ihre Verpflichtungen aus dem Handelsvertretervertrag seien dadurch entfallen, daß die Kl. mit der in Uruguay ansässigen Firma L. mündlich einen Vertrag geschlossen habe, der ihre Ansprüche aus der Belieferung von Kunden mit G.-Waren regele. Das Gericht hat ein Gutachten des Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Aus den Gründen: „I. . . . II. Der Rechtsstreit ist im wesentlichen nach deutschem Recht zu entscheiden. Das Recht von Uruguay ist nur heranzuziehen, soweit die in Uruguay zwischen den dortigen Beteiligten geschlossenen Verträge zu beurteilen sind. 1. Nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien (Palandt, [BGB] Vorbem. a 2a vor Art. 12 EGBGB) ist f ü r Handelsvertreterverträge in der Regel das Recht des Landes maßgebend, wo der Handelsvertreter seine Haupttätigkeit entfaltet, da dort das Schwergewicht des Vertragsverhältnisses liegt (RGRK zum HGB, Anm. 4 vor § 84; Raape, IPR, § 42 III). Nach den Umständen ist der vorliegende Vertrag jedoch anders zu beurteilen. Einerseits hatte die F i r m a G. ein einheitliches Vertreternetz über viele L ä n d e r aufgezogen, von dem beide Parteien ein Glied bildeten, wie es vorher schon ihre Vorgänger getan hatten. Dieses Vertreternetz w u r d e f ü r alle L ä n d e r nach einheitlichen Grundsätzen der F i r m a G. aufgezogen. Es gab z. B. eine Zeitlang den langen G.-Vertrag, der d a n n später zur allgemeinen Anwendung umgearbeitet wurde. Dies w a r beiden Parteien bekannt, wie die Korrespondenz ergibt. Die Kl. ließ sich in dieses nach deutschen Richtlinien aufgezogene Vertreternetz eingliedern. Ferner hatten beide Parteien enge Beziehungen zu Deutschland: Die Bekl. ist eine deutsche Firma, die Kl. ist zwar eine juristische Person mit dem Sitz in Uruguay, die hinter i h r stehenden natürlichen Personen sind jedoch gebürtige Deutsche. Die P a r teien haben zwar den Agenturvertrag nicht in deutscher Sprache abgeschlossen, jedoch auch nicht in spanischer Sprache [Vertragssprache w a r englisch]. Sie haben im übrigen in deutscher Sprache korrespondiert. Nach alledem ist der Handelsvertretervertrag nach deutschem Recht zu beurteilen.
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2. Dagegen ist der zwischen der Kl. und der Firma L. in Uruguay geschlossene Vertrag nach dem Recht von Uruguay zu beurteilen: Der deutsche Richter hat hier nicht über einen Streit zwischen den beiden Partnern dieses Vertrages zu entscheiden. Für die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits kommt es nur darauf an, ob der Vertrag zwischen der in Uruguay ansässigen Kl. und ebenfalls dort ansässigen Firma L . in Uruguay als wirksam gilt und durchgesetzt werden kann. III. . . . IV. Die Verpflichtungen der Bekl. aus dem Handelsvertretervertrag sind nicht dadurch entfallen, daß die KI. unmittelbar mit der Firma L. einen Vertrag geschlossen hat, der ihre Ansprüche aus der Belieferung von Kunden mit G.-Waren regelte. Nach dem jetzigen Vortrag der Bekl. soll die Kl. im März 1961 mit der Firma L . mündlich vereinbart haben, daß diese ihr ein Aktienpaket von 1 0 % übertragen solle. Die Kl. habe dann im Rahmen der Geschäftsführung der Firma L . mitwirken sollen. Dieser angebliche mündliche Vertrag ist nach dem Recht von Uruguay, das insoweit anzuwenden ist (siehe oben I I 2), nicht wirksam. Falls die Vereinbarung als Gesellschaftsvertrag angesehen wird, ist sie nach Art. 399 Código de comercio nicht gerichtlich durchsetzbar (siehe Gutachten). Ist die Vereinbarung als Vertrag über den Erwerb von Aktien einer bereits bestehenden Gesellschaft anzusehen, so ist zwar nach Art. 192 Código de comercio keine besondere Form vorgeschrieben. Nach Art. 193 Código de comercio ist jedoch der Zeugenbeweis nur bei Verträgen zulässig, die einen W e r t von 200 Pesos nicht übersteigen (siehe Gutachten). Hier handelt es sich um einen höheren Wert. Nach der Entscheidung des BGH vom 30. 7. 1954 (JZ 1955, 702) 1 sind derartige ausländische Vorschriften Verfahrensvorschriften und daher vom deutschen Richter nicht zu beachten. Es bedarf hier nicht der Entscheidung, ob dies zutrifft oder ob diese Vorschriften mit der Gegenmeinung (Raape, I P R , 5. Aufl., 225 f.) als materiell-rechtliche Vorschriften vom deutschen Richter zu beachten sind; denn hier ist nicht ein Streit zwischen den Vertragschließenden des mündlichen Vertrages zu entscheiden, sondern es kommt nur darauf an, ob der angebliche mündliche Vertrag in Uruguay durchgesetzt werden kann (siehe oben I I 2). Das ist nicht möglich, da der Richter in Uruguay über das Bestehen dieses Vertrages keinen Zeugenbeweis erheben darf." 4 3 « Zur Frage, unter welchen Umständen die Anwendung New Yorker Rechts dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht, wenn in New York lebende deutsche Emigranten amerikanischer Staatsangehörigkeit für die Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen in Deutschland ein Erfolgshonorar vereinbaren. Die Anwendung New Yorker Rechts auf die Vereinbarung eines Erfolgshonorars in Höhe von 20 °/o bei Entschädigungssachen verstößt nicht gegen den deutschen ordre public. 1
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Im Staate New York ist die Ausübung anwaltschaftlicher Tätigkeit durch Nichtanwälte unter Strafe gestellt, und es besteht ein Vergütungsverbot für die geleisteten Dienste. Diese Normen sind jedoch nur anwendbar, wenn die unerlaubte Anwaltstätigkeit vor einem Gericht innerhalb des Staates New York erfolgt. Das Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz vom 13. 12. 1935 findet nur auf die im deutschen Inland ausgeübte Rechtsbesorgung Anwendung, nicht jedoch auf diejenige, die im Ausland stattfindet. Die Tätigkeit des ausländischen mit inländischen Behörden in Schriftverkehr tretenden Beauftragten spielt sich im Ausland ab. Dieser Schriftverkehr unterliegt auch nicht den Beschränkungen des § 183 Bundesentschädigungsgesetz. Der anwaltschaftliche Geschäftsbesorgungsvertrag ist nach New Yorker Recht jederzeit kündbar. Erfolgt die Kündigung grundlos (,without cause'), so steht dem Anwalt ein Anspruch auf angemessene Vergütung (,quantum meruit') zu. Im Rahmen der Angemessenheit sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, so die Höhe der ursprünglich vereinbarten Erfolgsquote, Umfang und Art der geleisteten Dienste, die übliche Gebühr sowie die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers. Diese Regeln sind auf Rechtsbesorgungsverträge mit Nichtanwälten entsprechend anzuwenden. LG München I, Urt. vom 11. 2. 1965 - 6 0 803/62: R z W 1965, 375. Der Kl. und die Bekl. sind rassisch Verfolgte des Dritten Reiches. Ihre Muttersprache ist deutsch. Sie leben nunmehr als US-Staatsangehörige in New York. Der Kl. war früher Kaufmann, die Bekl. betreiben in New York ein Juweliergechäft. Den Bekl. stehen auf Grund ihrer Verfolgung im Dritten Reich Entschädigungsansprüche zu, deren Geltendmachung sie ursprünglich dem Kl. übertragen hatten. Ihre gegenseitigen Rechtsbeziehungen haben die Parteien in einer am 3. 5. 1957 in New York in deutscher Sprache abgefaßten „Vereinbarung" geregelt. Diese lautet in Nr. 1: „Die Genannten übergeben hiermit alle Entschädigungsund Rückerstattungsansprüche zur Rechtsverfolgung bei den deutschen Behörden sowie alle Ansprüche zur Rechtsverfolgung bei den USA-Behörden, an den Bevollmächtigten mit der Vereinbarkeit einer Erfolgsprovision von 20°/o, sowohl für die bereits anhängig gemachten wie auch in der Folge noch anhängig werdenden Ansprüche. Diese Provision ist zahlbar aus den hier eingehenden Geldeingängen sofort nach Eingang. Soweit bereits in einem Falle als Erfolgsprovision 10% als Teilbetrag entrichtet wurde, hat es hierbei sein Bewenden. Für die folgenden, sich auf den gleichen Anspruch beziehenden Geldeingänge hat es bei dem Satze von 20 °/o zu verbleiben." Der Kl. ist kein Rechtsanwalt. Eine behördliche Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten besitzt er nicht. Er ist in der Folgezeit für die Bekl. durch Korrespondenz mit den deutschen Behörden tätig geworden. Da die Tätigkeit des Kl. nicht zur Zufriedenheit der Bekl. verlief, übertrugen diese unter Ausschaltung des Kl. die Wahrnehmung ihrer Rechte einem Rechtsanwalt. Mit seiner Klage macht der Kl. einen Teil seines vertraglichen Honoraranspruchs geltend. Er meint, nach dem maßgeblichen Recht von New York sei die zwischen den Parteien geschlossene Honorarvereinbarung wirksam. Die Mandatsentziehung durch die Bekl. sei grundlos erfolgt. Jedenfalls stehe ihm gleichwohl ein Anspruch auf angemessene Vergütung zu. Dem Gericht liegen mehrere Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vor, die Prof. Dr. Ferid erstattet hat.
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Aus den Gründen: „Die vor dem örtlich zuständigen Gericht (§ 23 ZPO) erhobene Klage ist unbegründet. Dem Kl. steht zwar gegen die Bekl. kein Anspruch auf ein Erfolgshonorar, wohl aber ein Anspruch auf angemessene Vergütung der von ihm geleisteten Tätigkeit zu; dieser Anspruch ist jedoch durch die Bekl. voll getilgt. A. Der Vertrag vom 3. 5. 1957 ist nach den zugrunde zu legenden Vorschriften des Rechtes des Staates New York gültig zustandegekommen. I. Die Gültigkeit des Vertrages vom 3. 5. 1957 ist nach dem Recht des Staates New York zu beurteilen. Nach den Grundsätzen des deutschen IPR haben die Parteien grundsätzlich die Möglichkeit, einen Vertrag einer bestimmten Rechtsordnung zu unterstellen. Läßt sich ein ausdrücklich oder stillschweigend erklärter Parteiwille nicht feststellen, so ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der hypothetische Parteiwille zu erforschen, wobei maßgebend der .Schwerpunkt' des Schuldverhältnisses zu berücksichtigen ist; erst in letzter Linie gilt die Rechtsordnung des Leistungsorts (Palandt-Lauterbach, BGB, 24. Aufl., Anm. la und b vor Art. 12 EGBGB). In der Vereinbarung vom 3. 5. 1957 ist eine ausdrückliche Erklärung des Parteiwillens, den Vertrag amerikanischem Recht, nämlich dem des Staates New York, zu unterstellen, nicht enthalten. Auch später ist eine ausdrückliche Einigung über das auf den Vertrag anzuwendende Recht nicht zustandegekommen, insbesondere nicht auf das Schreiben des Kl. vom 11. 9. 1959. Soweit in diesem Schreiben von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen wird, enthält es eine unmaßgebliche Meinungsäußerung des Kl. Übrigens hätten die Bekl., wie ihr Verhalten zu Beginn dieses Prozesses zeigt, ein etwaiges dahingehendes Vertragsangebot des Kl. nicht angenommen. Dahinstehen kann, ob die nahe inhaltliche Beziehung der Vereinbarung zum anglo-amerikanischen Rechtskreis bereits den Schluß auf einen tatsächlichen, stillschweigend zum Ausdruck gebrachten Unterwerfungswillen zuläßt; das Erfolgshonorar im Zusammenhang mit der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist diesem Rechtskreis wohlvertraut, dagegen dem deutschen unbekannt. Die Vereinbarung weist darüber hinaus noch so viele zusätzliche örtliche und persönliche Beziehungen zum amerikanischen Recht auf, daß nach der Überzeugung der Kammer jedenfalls der von den Parteien mutmaßlich gewollte Wille (.hypothetischer Parteiwille') auf die Anwendung dieses Rechts gerichtet ist. Beide Vertragsparteien sind US-Staatsangehörige. Sie haben beide ihren Wohnsitz in New York und üben in NewYork ihre geschäftliche Tätigkeit aus. Der Vertrag ist in New York abgeschlossen. Weiter zeigt sich die enge räumliche Verknüpfung des von den Parteien begründeten Rechtsverhältnisses an das New Yorker Staatsgebiet darin, daß die vom Kl. vertragsgemäß zu erbringende Leistung von New York aus vorzunehmen war; sie erschöpfte sich im Schriftverkehr und setzte ein persönliches Auftreten 10 I P R 1964/65
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vor deutschen Behörden nicht voraus. Andererseits war die vom Kl. zu übernehmende .Rechtsverfolgung' keineswegs auf die deutschen Behörden beschränkt, sie erstreckte sich vielmehr auf die ,USA-Behörden'. Die von den Bekl. dem Kl. geschuldete .Provision' war erst nach Eingang der Wiedergutmachungssumme in New York fällig und aus dem dort eingegangenen Betrag zahlbar (Nr. 1 des Vertrages a. E.). Schließlich ist ein persönlicher Anknüpfungspunkt an das amerikanische Rechtssystem noch in der Zugehörigkeit der Parteien zur Gruppe der vom Dritten Reich geschädigten Emigranten zu sehen. Es ist anzunehmen, daß sie - auch bei der Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen vor deutschen Behörden und Gerichten — wegen der zuletzt mit dem damaligen deutschen Unrechtsstaat gemachten schlechten Erfahrungen ihre Rechtsbeziehungen der Rechtsordnung ihrer neuen Heimat unterstellen und die deutsche Rechtsordnung nur insoweit zum Zuge kommen lassen wollten, als dies im Interesse ihrer Entschädigungsansprüche unbedingt notwendig ist. Keine entscheidende Bedeutung f ü r die Frage des anzunehmenden Rechts mißt dagegen die Kammer folgenden Gesichtspunkten bei: Der Abfassung des Vertrages in deutscher Sprache kommt ohnehin n u r die Bedeutung als untergeordnetes Indiz zu (Palandt-Lauterbach, [BGB] Anm. 2 a Abs. 2 vor Art. 12 EGBGB). Ihr Gebrauch erklärt sich im vorliegenden Fall unschwer daraus, daß die Parteien deutsche Emigranten sind; weitergehende Bedeutung kommt diesem Umstand nicht zu. Daß die Vergütung in DM erfolgen sollte, ist eine notwendige Folge davon, daß die Zahlung des Honorars aus der Wiedergutmachungssumme erfolgen sollte (quota litis). Schon allgemein ist aber die vertraglich vereinbarte Währung nur mit Vorsicht und bei Hinzukommen weiterer Umstände f ü r die Anknüpfung an eine bestimmte Rechtsordnung zu verwerten (vgl. RGZ 81, 273, 276; RG, HRR 1933 Nr. 1935). Ohne entscheidende Bedeutung ist schließlich, daß sich die Vereinbarung auf ,in Deutschland lokalisierte' Wiedergutmachungsansprüche bezog. Der Anknüpfungspunkt der Belegenheit der Sache gilt bei beweglichen Gegenständen, wie sie die Entschädigungsforderungen darstellen, nicht (vgl. Palandt-Lauterbach, Anm. 2 a Abs. 3 vor Art. 12 EGBGB). Diese Auslegung steht nicht im Widerspruch zu dem Urteil des LG München I vom 19. 12. 1960 (Az.: 10 O 380/56) das zur Anwendung deutschen Rechts kam. Die Vereinbarung in diesem Verfahren unterscheidet sich maßgeblich von der vom 3. 5. 1957, indem jene dem Kl. ,alle Befugnisse eines Prozeßbevollmächtigten im Sinne des deutschen Rechts' einräumte. Die von der Kammer vertretene Auffassung stimmt im Ergebnis mit der des Sachverständigen Prof. Dr. Ferid überein. Die Meinungen der Parteien über das auf die Vereinbarung anzuwendende Recht war schwankend, beide Parteien haben im Laufe des Prozesses ihre Meinung grund1
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legend geändert. Zuletzt haben die Bekl. die Anwendbarkeit des New Yorker Rechts nicht mehr ernstlich bestritten. Da, wie in dem Gutachten des Sachverständigen überzeugend ausgeführt ist, das New Yorker Gericht nach den dort geltenden Kollisionsnormen ebenfalls zur Anwendung New Yorker Rechts auf den Vertrag käme, scheidet auch eine Anwendung deutschen Rechts auf Grund einer Rückoder Weiterverweisung aus. II. Die Vereinbarung vom 3. 5. 1957 ist nach New Yorker Recht gültig. 1. Sie verstößt als eine Vereinbarung der Leistung rechtlicher Dienste im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen nicht gegen die Vorschriften über unbefugte Rechtsausübung. Zwar ist im Staat New York die Ausübung anwaltschaftlicher Tätigkeit durch Nichtanwälte unter Strafe gestellt (sec. 270 Penal Law), und es besteht insoweit ein Vergütungsverbot f ü r die verbotswidrig geleisteten Dienste (sec. 271 Penal Law); auch gilt im New Yorker Recht der Grundsatz, daß eine Vereinbarung, die gegen ein Strafgesetz verstößt, grundsätzlich nichtig ist, so daß aus i h r Vergütungsansprüche nicht hergeleitet werden können. Die Vereinbarung der Parteien fällt aber nicht unter die genannten Vorschriften. Die Verrichtung rechtlicher Dienste im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen in Deutschland ist hiernach nicht verboten. Wie in den Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ferid vom 6. 7. 1959 und 7. 4. 1960 im Hinblick auf die Wortauslegung, auf den Sinn und Zweck des Gesetzes u n d die dazu ergangene neuere Rechtsprechung überzeugend ausgeführt ist, ist die Anwendung dieser Normen insofern auf das Staatsgebiet von New York beschränkt, als die unerlaubte Anwaltstätigkeit vor einem Gericht innerhalb des Staates New York erfolgen m u ß . Da aber eine derartige Tätigkeit nicht den Gegenstand der Vereinbarung bildet, wird sie von den genannten Strafvorschriften nicht berührt. Die von den Bekl. im Schriftsatz vom 27. 8. 1963 hiergegen vorgebrachten Bedenken und zur Widerlegung a u f g e f ü h r t e Rechtsprechung hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 16. 6. 1964 eingehend geprüft u n d als unbehelflich befunden. Da die Bekl. f ü r die Geltung eines ausländischen Rechtssatzes mit dem von ihnen behaupteten Inhalt die Beweislast tragen (§ 293 ZPO), sind sie insoweit beweisfällig geblieben. 2. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars in Höhe von 2 0 % bzw. 15 °/o ist zulässig. Nach allgemeiner amerikanischer Auffassung wird eine Erfolgsvergütung in dieser Höhe f ü r anwaltliche Tätigkeit nicht als wucherisch angesehen (Bülow-Arnold, Der Internationale Rechtsverkehr, Bl. 991.19 und 991. 72; Vollkommer, JZ 1964, 160 Anm. 118). An dieser Beurteilung ändert sich nichts deshalb, weil der Kl. Nichtanwalt ist; vielmehr finden die Grundsätze der anwaltlichen Erfolgshonorarvereinbarungen auf das Verhältnis zwischen Auftraggebern und Beauftragten, die keine Anwälte sind, 10*
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mittelbare Anwendung (Gutachten Prof. Dr. Ferid vom 6. 7. 1959). Die Gültigkeit dieses Rechtssatzes wurde von keiner der Parteien bestritten. III. Die Anwendung des New Yorker Rechts auf die Vereinbarung vom 3. 5. 1957 verstößt auch nicht gegen den deutschen .ordre public' (Art. 30 EGBGB). 1. Die Vereinbarung des Erfolgshonorars als solchem verstößt nicht gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Zwar handelt nach deutschem Recht ein Rechtsanwalt mit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars nicht n u r standes-, sondern sogar sittenwidrig (BGHZ 34, 64; 39, 142; BGHSt 18, 110). Dies gilt auch f ü r Entschädigungssachen einschließlich des Verfahrens vor den Entschädigungsbehörden (so BGHZ 34, 77 gegen Kalsbach, BRAO, 1960, 337 ff., 339). Das Verbot des Erfolgshonorars ist jedoch eine Folge der besonderen Stellung des deutschen Rechtsanwalts als eines unabhängigen Organs der Rechtspflege (§ 1 BRAO). Erfolgshonorarvereinbarungen mit ausländischen Rechtsanwälten sind daher zulässig (BGHZ 22, 162 2 ). Erst recht muß dies aber f ü r Vereinbarungen mit Personen gelten, die, wie der Kl., keine Rechtsanwälte sind; denn insoweit gelten die Maßstäbe des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs (BGHZ 22, 165). 2. Die Vereinbarung vom 3. 5. 1957 ist auch im Hinblick auf die Höhe der vereinbarten Erfolgsprovision nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig (Art. 30 EGBGB, § 138 BGB) . Zwar bejaht die Kammer einen objektiven Sittenverstoß, soweit eine .Erfolgsprovision' in Höhe von 2 0 % getroffen wurde. Insofern liegt ein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Es ist anstößig, f ü r eine verhältnismäßig geringfügige Tätigkeit dem materiell Berechtigten Vs der Entschädigungssumme zu entziehen (KG, RzW 1958, 374 3 ). Die Anerkennung einer derartigen, die vor der Entscheidung BGHZ 34, 64 in Entschädigungssachen übliche Höchstgrenze von 10°/» (vgl. Kalsbach, BRAO, 1960, 339) ums Doppelte übersteigenden Gebühr stünde im Widerspruch zu dem Zweck der Entschädigungsgesetze (BGHZ 34, 74). Dies kommt auch in dem israelischen Gesetz vom 27. 3. 1957 zum Ausdruck, das den Höchstsatz des Erfolgshonorars auf 15°/o festlegt. Auch die vom Kl. vorgetragenen Umstände (umfangreiche Tätigkeit, Umrechnungskurs der Deutschen Mark) können daran nichts ändern. Ein besonders hohes finanzielles Risiko des Kl. ist jedenfalls nicht ersichtlich. Lediglich aus subjektiven in der Person des Kl. gelegenen Gründen kommt das Gericht zu einer Verneinung der Nichtigkeit. Im Hinblick darauf, daß sogar Erfolgshonorare bis zu 33 Vs % in den USA üblich sind (Bülow-Arnold, Bl. 991, 72) und keinen Bedenken begegnen, hält die Kammer ein sittlich verwerfbares Verhalten des Kl. beim Vertragsschluß (Palandt, § 138 BGB Anm. 1 b) nicht f ü r gegeben. Jedenfalls haben die Bekl. in dieser Richtung keine ausreichenden Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Die Kammer brauchte deshalb auf die Frage, ob die Nichtigkeit der 2 3 IPRspr. 1956-1957 Nr. 3. IPRspr. 1958-1959 Nr. 40.
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Erfolgsquote von 2 0 % die Nichtigkeit des ganzen Vertrages zur Folge hätte oder nicht (Rechtsgedanke des § 139 BGB), nicht zu entscheiden. 3. Die Vereinbarung vom 3. 5. 1957 verstößt nicht gegen das Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz vom 13. 12. 1935 (RBerMG) wonach die unbefugte geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten verboten und strafbar ist (Art. 1 §§ 1, 8 RBerMG). Eine Kollision mit diesem Gesetz ist nicht möglich, da die Rechtsbesorgung des Kl. außerhalb seines räumlichen Geltungsbereichs vorgenommen wurde. Das RBerMG findet nämlich nur auf die im Inland ausgeübte Rechtsbesorgung Anwendung, nicht jedoch auf die, die im Ausland stattfindet (Schorn, Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz, 96; Jonas, Das Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung, 1936, Art. 1 § 3 Anm. II 3, S.27; ihm folgend Altenhoff-Busch, Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen usw., 1957, Randz. 65; Erbs-Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze III, RBerMG § 3 Anm. 3 B). Die Tätigkeit des ausländischen mit inländischen Behörden in Schriftverkehr tretenden Beauftragten spielt sich aber im Auslande ab (Jonas aaO, Schorn aaO) und fällt damit nicht unter das RBerMG. 4. Aus dem gleichen Grunde liegt in der Rechtsberatung des Kl. auch kein Verstoß gegen das Beratungs- und Vertretungsverbot des § 183 I BEG. Es trifft zwar zu, daß auf eine außerhalb des § 183 BEG und über diesen hinaus ausgeübte Beratungs- und Vertretungstätigkeit das RBerMG Anwendung findet (Blessin-Ehrig-Wilden, BEG, 1957, § 183 Anm. 1). Zu einer Erweiterung des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat aber das BEG nicht geführt. Daß aber das RBerMG auf die vom Kl. f ü r die Bekl. geleistete Rechtsbesorgung nicht zutrifft, wurde bereits ausgeführt. Es entspricht daher auch der allgemeinen Auffassung, daß der vom Ausland aus f ü r den ausländischen Mandanten geführte Schriftverkehr mit den deutschen Entschädigungsbehörden ohne die Beschränkungen des § 183 BEG zulässig ist (vgl. etwa Becker-Huber-Küster, BEG, 1955, 779). B. Der Kl. hat keinen Anspruch auf Vertragserfüllung, sondern n u r auf angemessene Vergütung der von ihm erbrachten Leistung, denn die Bekl. haben den Vertrag vom 3. 5. 1957 wirksam gekündigt. Der Vergütungsanspruch des Kl. ist aber bereits durch die von den Bekl. erbrachte Vorschußleistung getilgt. I. Die Bekl. konnten den Vertrag jederzeit kündigen. Auf den Vertrag vom 3. 5. 1957 finden ergänzend die Grundsätze des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages (Unterfall der .agency' nach amerikanischem Recht) Anwendung. Seinem Inhalt nach hat der Vertrag, neben der Vollmachtserteilung, eine entgeltliche Rechtsbesorgung zum Gegenstand; die Vergütung des Kl. ist entsprechend dem anwaltlichen Erfolgshonorar geregelt. Damit haben die Parteien ihren Willen zum Ausdruck gebracht, ihre Rechtsbeziehungen den Regeln über das AnwaltKlienten-Verhältnis zu unterstellen. Hierfür spricht auch das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluß. Daß ihm nach dem Vertrag die Stellung eines Rechtsanwalts zukommen sollte, bringt der Kl. in seinem Schreiben
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an die Bekl. vom 11. 9. 1959 deutlich zum Ausdruck. Im Prozeß hat er gegen die Wertung des Vertragsverhältnisses ,nach den Regeln anwaltlicher Geschäftsbesorgung' keine ernstlichen Einwendungen erhoben. Die Bekl. vertreten ohnehin den Standpunkt, daß der Kl. auf Grund des Vertrages anwaltliche Tätigkeit geleistet hat. Es ist aber ein anerkannter Grundsatz des New Yorker Rechts, daß der Klient seinen Anwalt jederzeit, auch grundlos, entlassen kann (Gutachten Prof. Dr. Ferid vom 16. 6. 1964). Daß die Bekl. aber den Vertrag vom 3. 5. 1957 gekündigt haben, wird vom Kl. nicht ernstlich bestritten. Die Tatsache der Kündigung ergibt sich bereits klar aus dem schon erwähnten Schreiben des Kl. vom 11. 9. 1959. Ausweislich der beigezogenen Entschädigungsakten hat der Erstbekl. seinem jetzigen Prozeßbevollmächtigten bereits am 10. 3. 1958 .Prozeßvollmacht' hinsichtlich seines Schadens im beruflichen Fortkommen und schließlich am 16. 2. 1959 eine umfassende Alleinvollmacht erteilt. Dies ist auch dem Kl. nicht unbekannt geblieben, denn er ist nach der Beauftragung seines jetzigen Prozeßbevollmächtigten durch den Erstbekl. in dessen Entschädigungsangelegenheit, soweit sie Schaden im beruflichen Fortkommen betrifft, nicht mehr tätig geworden. II. Dem Kläger steht f ü r seine geleisteten Dienste ein Anspruch auf angemessene Vergütung gegen die Bekl. zu. Nach den maßgeblichen Vorschriften des New Yorker Rechts steht dem grundlos (,without cause') entlassenen Anwalt ein Anspruch auf angemessene Vergütung (,quantum meruit') zu. Die Angemessenheit (,reasonableness') hängt von den Umständen des Einzelfalles ab; von Bedeutung sind: die Höhe der ursprünglich vereinbarten Erfolgsquote, Umfang und Art der geleisteten Dienste, die übliche Gebühr und die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers. Die Parteien haben insoweit keine Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten erhoben. Die Bekl. haben den Geschäftsbesorgungsvertrag ohne Grund gekündigt, denn der Kl. hat sich eine Vertragsverletzung nicht zuschulden kommen lassen. Die f ü r die Nicht- bzw. Schlechterfüllung des Kl. aufgestellten Behauptungen hat der Kl. bestritten. Sie sind durch die beigezogenen Entschädigungsakten nicht bewiesen. III. Der Vergütungsanspruch des Kl. ist bereits getilgt. Unstreitig hat der Kl. von den Bekl. bereits eine Zahlung von DM 1000 empfangen. Nach Überzeugung der Kammer steht dem Kl. ein diese Summe übersteigender Vergütungsanspruch nicht zu. Bei der gem. § 287 II ZPO vorgenommenen Schätzung hat die Kammer folgende Umstände berücksichtigt: Die vom Kl. geleistete Tätigkeit war weder besonders umfangreich noch schwierig. Sie beschränkte sich bei dem allein den Klagegegenstand bildenden Schaden im beruflichen Fortkommen im wesentlichen auf das Ausfüllen von Formularen und das Übersenden von Unterlagen. Die vom Kl. verfaßten Eingaben an das Entschädigungsamt sind kurz und zumeist handschriftlich abgefaßt. Seine Tätigkeit war auch nicht besonders nachhaltig, denn der Erstbekl. sah sich noch während des Bestehens des Auftragsverhältnisses mit dem Kl. veranlaßt, persönliche Eingaben an die
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Entschädigungsbehörde zu richten. Die Dauer der Vertretung betrug etwas über ein J a h r und w a r damit nicht sehr erheblich. Dagegen sind die Vermögensverhältnisse des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 70jährigen Erstbekl. keineswegs günstig; er hat nach seiner Auswanderung keine ausreichende Lebensgrundlage m e h r gefunden. Schließlich ist im Rahmen der Üblichkeit der Vergütung auf die in Deutschland geltende Gebührenregelung in Entschädigungssachen zurückzugreifen. Insoweit ist eine entsprechende Anwendung der Rechtsanwaltsgebührenordnung geboten (Blessin-Ehring-Wilden, BEG, 2. Aufl., § 207 Anm. 5), wobei im Verfahren vor den Entschädigungsbehörde/i die Höhe der Gebühr eines Rechtsanwalts je nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache mindestens das Einfache und höchstens das Zweifache einer vollen Gebühr beträgt (vgl. die entsprechend heranzuziehende VO über Kosten, Gebühren und Auslagen im Rückerstattungsverfahren vom 20. 12.1948, § 6, BayBS III 219). Einem Rechtsbeistand steht hiervon die Hälfte zu (Art. IX § 1 KostÄndErgG vom 26. 7. 1957, BGBl. I 861 [931]). F ü r den Gegenstandswert k a n n in dem kosten- und gebührenfreien entschädigungsbehördlichen Verfahren nicht von den gestellten Anträgen ausgegangen werden; zugrundezulegen ist vielmehr der endgültig zugesprochene Betrag. Mit Bescheid vom 29. 4. 1959 w u r d e dem Erstbekl. insgesamt eine Kapitalentschädigung von DM 47 400 und eine monatliche Rente von DM 600 zugesprochen. Der Gegenstandswert beträgt damit gem. § 8 II RAGebO i. V. m. §§ 18, 24 II KostO
+
DM 7 200 ( = 600 X 12) X 7,5 = DM
47 400 54 000
zusammen DM 101 400 Hieraus beträgt eine volle Gebühr - sogar nach der heutigen GebührenStaffel - lediglich DM 838. W ü r d e m a n im Hinblick auf die in der beträchtlichen Erfolgsquote zum Ausdruck gebrachte besonders hohe Einschätzung der Leistung des Kl. durch die Bekl. sogar den Höchstsatz von zwei vollen Gebühren zugrundelegen, so könnte der Kl. als Nichtrechtsanwalt hiernach allenfalls DM 838 verlangen. Unter Berücksichtigung aller Umstände k o m m t die Kammer zu dem Ergebnis, daß der quantum-meruit-Anspruch des Kl. keinesfalls DM 1000 übersteigt. Damit ist aber der dem Kl. zustehende Anspruch voll erfüllt." 4 4 . Zur Vereinbarung der Anwendbarkeit Prozeß bekundete Einigkeit der Parteien.
deutschen
Rechts durch
im
BGH, Urt. vom 1. 4.1965 - VII ZR 68/63: Unveröffentlicht. Die Kl. übertrug der Bekl. durch Vertrag vom 7./19. 2. 1959 den Alleinvertrieb ihrer Waren für Großbritannien und Irland. Nummer 8 des Abkommens lautet: „Sollten aus dieser Vereinbarung Differenzen entstehen, so soll von beiden Vertragspartnern versucht werden, diese auf schiedsgerichtlichem Wege zu bereinigen."
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In der Folgezeit (wie auch schon vorher) bezog die Bekl. von der KI. in großem U m f a n g W a r e n . Mit der Klage fordert die Kl. deren Bezahlung.
Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht wendet deutsches Recht an. Das hatte auch schon das LG getan, und dagegen haben die Parteien in der Berufungsinstanz keine Einwendungen erhoben. Das Berufungsgericht durfte daraus entnehmen, daß sie spätestens durch dieses Prozeßverhalten die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart haben, und zwar auch, soweit es sich um die Beurteilung eines etwaigen Schiedsvertrages handelte (vgl. BGHZ 40, 320 Auch in der Revisionsinstanz wenden sich die Parteien nicht gegen die Anwendung deutschen Rechts." 45. Der Vertrag, in dem sich der eine Teil verpflichtet, ein von ihm errichtetes Ferienhaus zu übereignen, bedarf, auch wenn das Grundstück in Spanien belegen ist, der Form des § 313 BGB, wenn die Parteien die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben. OLG Stuttgart, Urt. vom 7. 5. 1965 - 10 U 10/65: Die Justiz 1965, 272; Leitsatz in DNotZ 1965, 748 Nr. 4. Die Kl., eine G m b H und Co. KG mit Sitz in Stuttgart, baut im Auslande, hauptsächlich in Spanien und Italien, Ferienwohnungen und verkauft sie an deutsche Interessenten, denen sie die mehr oder weniger fertiggestellten Objekte an Ort und Stelle zeigt. Die Bekl., ein Ehepaar aus F r a n k f u r t a. M., flogen im Sommer 1962 zusammen mit einer Interessentengruppe nach Spanien, w o sie sich nach Besichtigung entschlossen, in einem Baugebiet in Santa Maria de Llorell bei Tossa ein Ferienhäuschen um 37 000 D M zu erwerben. A m 21. 7. 1962 unterzeichneten sie an Ort und Stelle einen Formularvertrag, in dem sie sich zum E r w e r b eines als Parzelle Nr. B 16 bezeichneten Grundstücks um den genannten Preis verpflichteten und f ü r den Fall der Nichterfüllung eine Entschädigung in H ö h e von 20 %> des Kaufpreises versprachen. Der Vertrag enthält außerdem die Bestimmung, daß f ü r die darin übernommenen Verpflichtungen deutsches Recht gelte, daß Gerichtsstand und Erfüllungsort Stuttgart sei. Die Kl. klagt die vereinbarte Vertragsstrafe ein.
Aus den Gründen: „Obgleich das Ferienhäuschen, das die Bekl. von der Kl. kaufen wollten, in Spanien steht und der Vertrag vom 21. 7. 1962 in Spanien abgeschlossen worden ist, beurteilen sich die - obligatorischen - Rechtsbeziehungen der Parteien nach deutschem Recht, weil diese bei ihren Verhandlungen übereinstimmend hiervon ausgegangen sind und dies in der Vertragsurkunde auch zum Ausdruck gebracht haben. Der eingeklagte Anspruch stützt sich auf die in dem Vertrag vom 21.7. 1962 vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 20 %> des Gesamtkaufpreises. Er ist nicht begründet, weil dieser Vertrag nichtig ist. 1
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Der Vertrag ermangelt der Form des § 313 BGB, welche, da die Parteien die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben, beachtet werden mußte, obgleich das Grundstück in Spanien liegt; insofern unterscheidet sich der Fall von dem vom RG (RGZ 63,18) entschiedenen." 46. Die Einrede des Schiedsvertrages und der Einwand rechtskräftiger Entscheidung der Sache durch einen ausländischen Schiedsspruch sind nach der lex fori zu beurteilen. Die Vereinbarung der Anwendung englischen Rechts auf einen Kaufvertrag, der weder in England noch von einer englischen Vertragspartei geschlossen worden ist, überschreitet jedenfalls dann nicht die Grenzen der Parteiautonomie, wenn zugleich ein Schiedsgericht vereinbart wurde, das seinen Sitz in England hat. Für die Stellvertretung gilt grundsätzlich das Geschäftsstatut. Eine Ausnahme kommt nur für die Fragen in Betracht, ob und in welchem Umfang Vertretungsmacht besteht. Die von der englischen Rechtsprechung zur „agencg" entwickelten Grundsätze über die beschränkte Zulassung des Zeugenbeweises zur Ermittlung der Bedeutung einer Urkunde haben nicht die gleiche Wirkung wie Formvorschriften des sachlichen Rechts. Für ein bestätigendes Schuldanerkenntnis kann kraft Parteivereinbarung ein anderes Recht maßgebend sein als für den ursprünglichen Vertrag. Über einen Anspruch aus Verschulden beim Vertragsschluß entscheidet das Geschäftsstatut. Das englische Recht kennt keinen besonderen Anspruch wegen culpa in contrahendo. Das Bestehen eines Zinsanspruches für Forderungen aus Verträgen richtet sich nach dem Geschäftsstatirt. Nach englischem Recht kann der Wille der Parteien, eine Zinsvereinbarung bestimmten Inhalts zu treffen, beim Fehlen ausdrücklicher Abmachungen einem Handelsbrauch entnommen werden. Auch ausländische Handelsbräuche sind in Betracht zu ziehen. Trotz der Vereinbarung einer Klausel, nach der innerhalb einer bestimmten Frist ein Schiedsgericht angerufen werden muß, läßt das englische Recht eine Klage vor dem ordentlichen Gericht auch nach Fristablauf zu, wenn die spätere Geltendmachung der Forderung nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. HansOLG Hamburg, Urt. vom 2. 6. 1965 - 5 U 87/64: Unveröffentlicht. Die Kl., die D.-KG mit Sitz in Hamburg, begehrt von dem Bekl., einem Hamburger Kaufmann, Schadensersatz, weil er es abgelehnt hat, gekaufte Ware aus Übersee abzunehmen und zu bezahlen. In dem Kaufvertrag vom 22. 2. 1963 ist auf die Bedingungen der London Cattle Food Trade Association (LCFTA) Nr. 15 Bezug genommen. Über Streitigkeiten sollte ein Londoner Schiedsgericht entscheiden. Nrn. 24 und 25 der LCFTA-Terms Nr. 15 lauten in freier Übersetzung:
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„24. Domizil. Käufer und Verkäufer vereinbaren, daß f ü r Zwecke gerichtlicher oder schiedsgerichtlicher Verfahren dieser Kontrakt als in England vollzogen gilt und dort zu erfüllen ist, ungeachtet aller gegenteiligen Korrespondenz bezüglich Angebot, Annahme, Zahlungsort u. a., und daß, je nach Lage des Falles, die Gerichtshöfe Englands und die in England ernannten Schiedsrichter, von der Vollstrekkung eines Urteils nach der hier folgenden Schiedsgerichtsklausel abgesehen, ausschließlich Gerichtsbarkeit über alle sich aus diesem Kontrakt ergebenden Streitigkeiten haben. Solche Streitigkeiten werden nach englischem Recht beigelegt, ganz gleich, welches Domizil, welchen Wohn- oder Geschäftssitz die Parteien dieses Kontraktes jetzt oder in Z u k u n f t haben oder haben w e r d e n . . . 25. Schiedsgerichtsverfahren. (a) Alle etwa aus oder unter diesem Kontrakt entstehenden Streitigkeiten sind in Übereinstimmung mit den auf der Rückseite a u f g e f ü h r t e n Regeln und Vorschriften der London Cattle Food Trade Association (Inc.), die als Teil dieses Kontraktes gelten, durch Schiedsgericht in London zu regeln. (b) Im Hinblick auf irgendeine derartige Streitigkeit darf weder eine der P a r teien selbst noch eine f ü r sie Ansprüche geltend machende Person gegen die andere klagen oder andere gerichtliche Schritte einleiten, wenn der Streit nicht zuvor durch Schiedsrichter, Obmann oder die Berufungsinstanz des schiedsgerichtlichen Verfahrens in Übereinstimmung mit den das Schiedsgerichtsverf a h r e n betreffenden Regeln, die auf der Rückseite aufgeführt sind, verhandelt und entschieden worden ist; ausdrücklich wird vereinbart und erklärt, daß die Erlangung eines Spruchs der Schiedsrichter, des Obmannes oder der Berufungsinstanz im schiedsgerichtlichen Verfahren Voraussetzung f ü r das Recht einer jeden Partei oder jedweder f ü r eine von ihnen den Anspruch erhebende Person ist, wegen einer der in Rede stehenden Streitigkeiten gegen die andere Partei zu klagen oder sonstige gerichtliche Schritte einzuleiten." Die vereinbarten Regeln über das Schiedsgerichtsverfahren lauten: „1. Alle Streitigkeiten, die sich aus Kontrakten ergeben, die diese Regeln enthalten, werden einem Schiedsgerichtsverfahren in London unterworfen . . . 4. Den Antrag, mit dem ein Schiedsgerichtsverfahren verlangt wird, und die Ernennung von Schiedsrichtern hat die das Schiedsgericht f o r d e r n d e Partei innerhalb der unten angegebenen Frist schriftlich einzureichen; ein solcher Antrag gilt nur, wenn er von den evtl. dazwischenstehenden Beteiligten unverzüglich weitergegeben wird." a - d . . . (Angabe der Fristen.) Der Bekl. hat auf Schreiben der Kl. vom 26. 6. 1963 am 2. 7. 1963 eine Anerkenntniserklärung unterzeichnet, nach der er f ü r den Schaden der Kl. verantwortlich ist, der dadurch entstanden war, daß er die W a r e nicht abgenommen hatte. Mit Schreiben vom 21. 10. 1963 erteilte die Kl. dem Bekl. eine Abrechnung über die Höhe des Schadens. Die Kl. hatte ihre Schadensersatzansprüche bereits gegen Ende des J a h r e s 1963 vor dem Schiedsgericht der LCFTA in London geltend gemacht, w a r jedoch mit der Klage abgewiesen worden. Im gegenwärtigen Rechtsstreit h a t sie geltend gemacht, der Schiedsspruch oder die Einrede des Schiedsvertrages stünden ihrem Klagebegehren nicht entgegen. Der Bekl. h a f t e jedenfalls aus dem Anerkenntnisvertrag vom 26. 6 . / 2 . 7. 1963. E r schulde auch deshalb Schadensersatz, weil er bei Abschluß des Kaufvertrages falsche Angaben über die Person seines Abnehmers gemacht habe. Der Bekl. bestreitet die Ansprüche der Kl., da er weder die Kl. noch sich selbst als Partei des geschlossenen Kaufvertrages ansieht. Verkäufer sei die F i r m a „D. Ltd." in London, Käufer sei sein Abnehmer K., f ü r den er in Vertretung gehandelt habe. Unter der vom Bekl. bezeichneten Firma „D.Ltd." h a t die Kl. von H a m b u r g aus und durch ihre dortigen Angestellten vorübergehend Geschäfte abgeschlossen,
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wenn ihre Kunden den Abschluß mit einem ausländischen Verkäufer wünschten. Auf den in diesen Fällen benutzten Briefbögen war die Anschrift eines ihr befreundeten Londoner Unternehmens angegeben. Von England aus hat sich die „D. Ltd." nicht geschäftlich betätigt. Sie war auch nicht in ein englisches Register eingetragen. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts ausgeschlossen sei. Die Berufung des Kl. hatte Erfolg. Aus den Gründen: „1. Die vom Bekl. erhobene prozessuale Einrede des Schiedsvertrages und der zu erwägende Einwand rechtskräftiger Entscheidung der Sache durch einen ausländischen Schiedsspruch sind nach der lex fori, also deutschem Prozeßrecht, zu entscheiden, obwohl der vorliegende Sachverhalt eindeutige Beziehungen zu einem ausländischen Recht aufweist (vgl. f ü r § 274 II Nr. 3 ZPO: Raape, IPR, 4. Aufl., 524 oben). Auch ein Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils (vgl. § 1040 ZPO). Offen bleiben kann, ob diese Wirkung bei einem ausländischen Schiedsspruch unabhängig davon eintritt, daß der Spruch in dem im Inland dafür vorgesehenen Verfahren (§ 1044 ZPO) zuvor noch nicht f ü r vollstreckbar erklärt worden ist (vgl. Baumbach-Lauterbach, [ZPO] Bern. 1 C zu § 1044 ZPO). Dahinstehen kann ferner, ob der rechtskräftige, im Inland anzuerkennende ausländische Schiedsspruch nicht zur Unzulässigkeit einer Klage in einem inländischen Rechtsstreit, sondern n u r dazu führt, daß dieses Verfahren allenfalls mit einer inhaltsgleichen Entscheidung enden kann (vgl. im Hinblick auf ein österreichisches Urteil und den .Zweitprozeß' in Deutschland: BGH, NJW 1964, 1626*) . . . Daß die Einrede des Schiedsvertrages bereits nach dem eigenen Vorbringen des Bekl. nicht begründet ist, ergibt sich aus diesen Erwägungen: Durch den Abschluß des Kaufvertrages vom 22. 2. 1963, der auf die Schiedsklausel in Nr. 25 LCFTA-Terms verweist, ist zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits ein Schiedsvertrag nicht zustande gekommen. Insoweit ist englisches Recht maßgebend. Die Parteien des Kaufvertrages haben laut Nr. 24 LCFTA-Terms vereinbart, daß f ü r die Wirksamkeit der Hauptvereinbarung ebenso wie f ü r die Schiedsklausel und die Schiedsverfahrensregeln, die gemäß Nr. 25 (a) LCFTA-Terms Vertragsbestandteil sind, englisches Recht gelten soll. Die Vereinbarung des englischen Rechts überschreitet nicht die Grenzen, die der Parteiautonomie gesteckt sind, wenn ein Vertragsstatut festgelegt wird: Daß die Parteien an der Anwendung des gewählten Rechts kein anerkennenswertes Interesse haben (vgl. Kegel in Soeigel-Siebert, [BGB] Anm. 173 vor Art. 7 EGBGB mit Hinweis auf RGZ 44, 300) oder der Sachverhalt keine Beziehung zu dem vereinbarten Recht aufweist (vgl. Nußbaum, Grundzüge des IPR unter besonderer Berücksichtigung des amerikanischen Rechts, 1952, 161) oder die Rechtswahl als ungehörig anzusehen ist (vgl. Martin Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl. 1954, 139), kann nicht festgestellt werden. Aller1
Siehe unten Nr. 245.
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dings ist die Vereinbarung vom 22. 2. 1963 weder in England noch von einer englischen Vertragspartei geschlossen worden. Daß nach dem Vorbringen des Bekl. die ,D. Ltd.' aufgetreten sein soll, ist unerheblich: Mangels Rechtsfähigkeit konnte diese Gesellschaft weder nach englischem Recht (vgl. Baumann, Das Recht der Handelsgesellschaften im englischen Rechtskreis, 1961, 77 f.) noch nach deutschem Recht Verträge abschließen, weil sie nicht in das englische Gesellschafts- oder das deutsche Handelsregister eingetragen w a r ; weder der Zeuge M. [kaufmännischer Angestellter bei der Kl.] noch die Gesellschafter der Handelsgesellschaft waren Engländer. Jedoch läßt die folgende Erwägung die W a h l des englischen Rechts als gerechtfertigt erscheinen: Da das vereinbarte Schiedsgericht seinen Sitz in England hat, k a n n den Parteien, die uneingeschränkt ein ausländisches Schiedsgericht vereinbaren d ü r f e n (Baumbach-Lauterbach, Bern. 4 zu § 2 7 4 ZPO), nicht verwehrt werden, den Schiedsrichtern die Aufgabe dadurch zu erleichtern, daß sie an Kollisions- und Sachnormen ihres Heimatrechtes a n k n ü p f e n können (Nußbaum aaO 161). - Die Anwendung des englischen Rechts gilt hier nicht n u r dann, wenn das vereinbarte Schiedsgericht oder englische staatliche Gerichtshöfe über Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertrage zu entscheiden haben. Nach dem Sinn der Nr. 24 LCFTA ist nicht zweifelhaft, daß auch ein deutsches Gericht zumindest die Frage, ob die Hauptvereinbarung — und damit die Schiedsklausel — wirksam zustande gekommen ist, nach englischem Recht zu beurteilen hat. Etwas anderes könnte n u r gelten, wenn die Parteien die Vereinbarung englischen Rechts f ü r den Schiedsvertrag nachträglich geändert hätten. Eine solche zulässige Abänderungsvereinbarung, die auch durch schlüssiges Handeln der Parteien im Rechtsstreit über den Geltungsbereich der Schiedsklausel vor einem staatlichen Gericht zustande k o m m e n k a n n (BGHZ 40, 320 ff. [322, 323 f.] 2 ), läßt das Verhalten der Kl. und des Bekl. jedoch nicht erkennen. Gegen den Willen des Bekl., die Vereinbarung über das f ü r die Schiedsklausel geltende Recht nachträglich zu ändern, spricht, daß er weder die Kl. noch sich selbst als Partner des geschlossenen Vertrages ansieht. Von diesem Standpunkt aus fehlte f ü r ihn jeder Anlaß, in die zwischen anderen Personen bestehenden vertraglichen Vereinbarungen ändernd einzugreifen. Bedenken gegen Inhalt und F o r m der zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Schiedsklausel sind nach englischem Recht nicht gegeben. Zukünftige Streitigkeiten aus schuldrechtlichen Verträgen können sogar durch formlosen Vertrag der Entscheidungsbefugnis von Schiedsgerichten unterworfen werden (vgl. Russell, The Law of Arbitration, 17. Aufl. 1963, 44 ff.); Schriftform ist n u r erforderlich, wenn die Bestimmungen des Arbitration Act 1950 angewendet werden sollen (Russell aaO 23; sec. 32 Arbitration Act 1950, bei Russell, Anhang 390). - Eine echte Schiedsklausel (,arbitration') u n d nicht n u r ein Schiedsgutachtervertrag (,valuation') liegt vor. Nach der Fassung der Nr. 25 LCFTA-Terms sollen die Schiedsrichter nämlich nicht lediglich einzelne Fragen, die zwischen den Vertragspartnern streitig sind, nach eigenem Sachverstand klären, sondern über Ansprüche 2
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der Beteiligten nach deren Anhörung in einem förmlichen Verfahren, mit erster und zweiter Instanz, eine einem Urteil gleichzuachtende Entscheidung fällen. Ob neben den englischen Vorschriften über Inhalt und Form der Schiedsklausel aus dem Gesichtspunkt des ordre public (Art. 30 EGBGB) die deutschen Bestimmungen der §§ 1025-1027 ZPO in Betracht gezogen werden müssen, kann offen bleiben: Die getroffene Vereinbarung genügt auch den deutschen Vorschriften. Denn die Vertragspartner haben das Rechtsverhältnis, auf das sich die Schiedsklausel beziehen soll, durch Bezugnahme auf alle aus dem gleichzeitig abgeschlossenen Vertrag erwachsenden Streitigkeiten (Nr. 25 LCFTA-Terms) ausreichend bestimmt (§ 1026 ZPO). Die Voraussetzungen des § 1027 I ZPO gelten f ü r eine Schiedsklausel zwischen den Vertragspartnern nicht, weil der Schiedsvertrag f ü r sie gemäß §§ 1 Nr. 1 und 7, 343 HGB ein beiderseitiges Handelsgeschäft ist. Die in Nr. 25 LCFTA-Terms enthaltene Schiedsklausel gilt f ü r den Bekl. aber deshalb nicht, weil er nach seinem eigenen Vorbringen nicht Vertragspartner der Kl. geworden ist: Die V e r e i n b a r u n g . . . hat der Bekl. danach lediglich als unmittelbarer Stellvertreter des Käufers K. geschlossen. Auch diese Frage ist nach dem Geschäftsstatut zu entscheiden: Im Hinblick auf die Stellvertretung gilt grundsätzlich das Recht dès Geschäfts, dessen Wirkung geklärt werden soll; eine besondere Anknüpfung kommt nur f ü r die - hier nicht zweifelhaften - Fragen in Betracht, ob und in welchem Umfange Vertretungsmacht besteht (vgl. Raape, IPR, 466). Nach dem mithin auch insoweit maßgeblichen englischen Recht gelten die Grundsätze des Vertragsschlusses durch einen ,agent' f ü r Schiedsverträge in gleicher Weise wie f ü r sonstige Verträge, die dieser - offen oder verdeckt - f ü r Rechnung eines anderen abschließt (Russell aaO 18 f.). Dabei ist unter ,agent' jeder unmittelbare oder mittelbare Stellvertreter zu verstehen, d. h. auch der deutsche ,Makler', der sich nicht auf die Vermittlung des Geschäfts beschränkt, sondern von einer der Parteien Abschlußvollmacht hat (Hartmann, Das Ausführungsgeschäft im deutschen und englischen Kommissionsrecht, 1935 [Überseestudien Heft 15] 107, 109). Die Auslegung der vom Bekl. nach seinem Vorbringen abgegebenen Erklärungen ergibt, daß er im Sinne des englischen Rechts als ,agent' aufgetreten i s t . . . Ergänzend ist in diesem Zusammenhang zu bemerken: Der naheliegende Gedanke, daß ein englisches Gericht das Vorbringen des Bekl., er sei offen als Makler aufgetreten, angesichts des Inhalts des Kaufvertrages, insbesondere weil das Schreiben unterzeichnet worden ist, ohne ein Vertreterverhältnis anzudeuten, wahrscheinlich f ü r unbeachtlich halten würde, ist hier nicht bedeutsam. Dabei handelt es sich um Beweis- und Beweislastfragen (vgl. etwa Hartmann aaO 116 ff. über die von der englischen Rechtsprechung zur ,agency' entwickelten Grundsätze hinsichtlich der beschränkten Zulassung des Zeugenbeweises ,parol evidence' zur Ermittlung der Bedeutung einer Urkunde). Ein Fall, in dem ausnahmsweise ausländische Be-
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weislastgrundsätze in Deutschland wie Formvorschriften des sachlichen Rechts zu behandeln sind, weil sie tatsächlich die gleiche W i r k u n g haben (vgl. Raape, IPR, 5. Aufl., 225 ff.), liegt hier nicht vor: Eine Urkunde, die f ü r das Handeln des ,agent' im f r e m d e n Namen spricht, schließt den Zeugenbeweis nicht - wie es bei einer Formvorschrift wäre - vollkommen, sondern n u r insoweit aus, wie ihr eindeutiger Inhalt einen Zweifel von vornherein nicht zuläßt (vgl. Powell, [The Law of Agency] 248; Hartmann aaO 118). Die Regelung ist mit der nach deutscher Rechtsprechung geltenden Vermutung f ü r die Vollständigkeit u n d Richtigkeit einer Vertragsurkunde vergleichbar, die gleichfalls n u r ein Grundsatz hinsichtlich der Beweislast ist (RGZ 68, 15; 88, 370; Palandt-Danckelmann, [BGB] Bern. 5 zu § 125 BGB). F ü r den Anerkenntnisvertrag vom 26. 6 . / 2 . 7. 1963 gilt nicht das Statut des Kaufvertrages vom 22. 2. 1963, nämlich englisches Recht (vgl. Nr. 24 LCFTA-Terms), sondern das auch sonst bei dem Abschluß eines Vertrages in Deutschland zwischen deutschen P a r t n e r n allein in Betracht kommende deutsche Recht. Auch wenn in dem Vertrag vom 26. 6 . / 2 . 7. 1963 n u r ein sogenanntes bestätigendes Anerkenntnis des Bekl. gesehen wird, folgt daraus nicht zwingend, daß entsprechend dem Statut des zugrunde liegenden Kaufvertrages ebenfalls englisches Recht anzuwenden sei: Ein bestätigendes Anerkenntnis k a n n f ü r die Frage, an welches Recht f ü r seine Beurteilung anzuknüpfen sei, gesondert behandelt werden. Denn es enthält eine neue Einigung der Parteien, die auf einen Rechtserfolg abzielt, der aus dem ursprünglichen Vertrag nicht herzuleiten ist. Auch insoweit gilt der Grundsatz der Parteiautonomie (RG, IPRspr. 1926-1927 Nr. 37; Wolff aaO 138). Die Absicht der Parteien, den Anerkenntnisvertrag dem englischen Recht zu unterwerfen, ist weder ihren schriftlichen Erklärungen noch ihrem sonstigen Verhalten zu e n t n e h m e n . . . 2. Da nach alledem die Einrede des Schiedsvertrages nicht begründet ist und auch sonstige prozeßhindernde Einreden (vgl. § 538 II ZPO) nicht gegeben sind, wäre gemäß § 538 I Nr. 2 ZPO zu verfahren. Der Senat hält es jedoch f ü r sachdienlich, von der Zurückverweisung abzusehen, und entscheidet in der Sache selbst. 3. Ob sich der Schadensersatzanspruch der Kl. gegen den Bekl. aus sonstigen Rechtsgründen, vor allem culpa in contrahendo oder unerlaubter Handlung herleiten läßt, k a n n dahingestellt bleiben. Derartige Anspruchsgrundlagen könnten in Betracht gezogen werden, weil der Bekl. der Kl. falsche Angaben über die Person seines Abnehmers gemacht haben soll. Ob darin ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verschulden bei dem Vertragsabschluß zu sehen ist, wäre ebenfalls nach dem Geschäftsstatut zu beurteilen (Kegel in Soergel-Siebert, Anm. 142 und 247 vor Art. 7 EGBGB). Das englische Recht kennt jedoch keinen besonderen Anspruch wegen culpa in contrahendo (Rabel, Das Recht des W a r e n k a u f s , I 427). Der Vertragstreue P a r t n e r des Kaufvertrages k a n n bei bewußt irref ü h r e n d e n Angaben des Gegners während der Vertragsverhandlungen (.fraudulent misrepresentation') n u r verlangen, daß der Vertrag durchge-
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f ü h r t oder rückgängig gemacht wird und die erbrachten Leistungen zurückgewährt werden; daneben kann er Schadensersatz durch ,action of deceit' wegen unerlaubter Handlung (,tort') fordern (vgl. Rabel aaO; CheshireFifoot, The Law of Contracts, 6. Aufl. 1964, 243). F ü r Ansprüche aus unerlaubter Handlung käme deutsches Recht in Betracht: Nach IPR gilt insoweit das Recht des Tatorts. Der Bekl. soll die irreführenden Angaben beim Vertragsschluß in Hamburg gemacht haben. Ansprüche nach § 823 II BGB in Verbindung mit § 263 StGB und gemäß § 826 BGB scheitern schon daran, daß die Kl. als negatives Interesse den geltend gemachten Schaden nicht ersetzt verlangen kann . . . 4. Daß sich das Klagebegehren in Höhe von DM 9829.95 auf Grund des (deklaratorischen) Schuldanerkenntnisses des Bekl. vom 2. 7. 1963 als Schadensersatzanspruch aus dem Vertrag als begründet erweist, ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der durch das Schreiben der Kl. vom 26. 6. 1963 und die Unterschrift des Bekl. vom 2. 7. 1963 zustande gekommene Vertrag ist kein abstraktes Schuldanerkenntnis. Insoweit ist deutsches Recht anzuwenden. Die von den Parteien gewechselten Erklärungen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, daß auch insoweit das f ü r den Kaufvertrag maßgebliche englische Recht gelten sollte. [Es folgen Ausführungen über das Bestehen des Schadensersatzanspruchs.] Der Schadensersatzanspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil er nicht innerhalb der nach Nr. 4 der Regeln f ü r das Schiedsverfahren vorgesehenen Fristen gerichtlich geltend gemacht worden ist. Diese Regeln sind als Teil des abgeschlossenen Kaufvertrages (vgl. Nr. 25 [a] der LCFTA-Terms) f ü r die Kl. grundsätzlich bindend. - Dahingestellt bleiben kann, ob hier die 3-Monatsfrist der Nr. 4 (a) oder die 3Wochenfrist der Nr. 4 (c) zum Zuge kommt. Denn auf die Frist kommt es in diesem Zusammenhange aus folgenden Gründen nicht an: Das englische Recht erkennt die Bestimmung eines Schiedsvertrages, daß Ansprüche nur befristet erhoben werden können, als besonderen Ausschlußgrund neben den allgemeinen Verjährungsfristen (Limitation of action') an (Russell aaO 37 ff.; Schönke, Die Schiedsgerichtsbarkeit in Zivil- und Handelssachen in Europa, II 49). Hat die Klausel den Sinn, Ansprüche nach Fristablauf vollkommen auszuschließen, so ist daran auch das staatliche Gericht regelmäßig gebunden (Russell aaO 36; Schönke aaO 27). Dem englischen Grundsatz entsprechend, daß die staatliche Gerichtsbarkeit durch eine Schiedsklausel nicht vollkommen ausgeschlossen werden darf (vgl. Russell aaO 38), nimmt die Rechtsprechung eine Bindung an die Klausel aber nur an, wenn diese den Ausschluß von Ansprüchen ausdrücklich ausgesprochen hat, z.B. in der Form ,all Claims shall be absolutely barred' (Russell aaO 39; Schönke aaO 49). Heißt es in der Klausel lediglich, das Schiedsgericht solle innerhalb bestimmter Frist angerufen oder sämtliche Ansprüche müßten in festgesetzter Frist erhoben werden, ohne daß das spätere Geltendmachen der Forderungen ausdrücklich ausgeschlossen wird, so wird eine Klage vor dem ordentlichen Gericht auch nach Fristablauf allgemein zugelassen. Ein
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solcher Fall liegt hier vor: Die Nr. 4 der Verfahrensregeln besagt lediglich, daß das Schiedsgericht binnen festgesetzter Frist angerufen werden soll; der Ausschluß, Ansprüche geltend zu machen, wird als Folge der Fristversäumung ersichtlich nicht angeordnet. Die Schadensersatzforderung der Kl. ist schließlich nicht deshalb ausgeschlossen, weil in Nr. 25 (b) LCFTA-Terms ein Schiedsspruch zur Bedingung für die Entstehung von Ansprüchen gemacht worden ist. Die Klausel, das Verlangen eines Schiedsspruches solle eine Vorbedingung für die Klage sein (,a condition precedent to the bringing of an action'), hat nach englischem Recht diese Bedeutung (Schönke aaO 26; Russell aaO 92; sogenannte Scott v. Ai;ery-Klausel). Auf diese zunächst zwischen den Parteien des Kaufvertrages vereinbarte Klausel darf sich der Bekl. aber auf Grund des Anerkenntnisvertrages vom 26. 6./2. 7. 1963 nicht mehr berufen . . . 5. Der Zinsanspruch der Kl. ist in Höhe von 5 % auf DM 9829.95 seit dem 22. 10.1963 gerechtfertigt. Das Bestehen eines Zinsanspruches für Forderungen aus Verträgen richtet sich nach dem Geschäftsstatut (Soergel-Kegel, Anm. 142 vor Art. 7 EGBGB). Das demnach maßgebliche englische Recht kennt keine etwa den §§ 353, 352 HGB entsprechende allgemeine Regel, nach der Kaufleute Forderungen aus gegenseitigen Handelsgeschäften vom Zeitpunkt der Fälligkeit an zu verzinsen haben. Ein Zinsanspruch wird aber auf Grund besonderer Vereinbarung anerkannt (Chitty, On Contracts, II 942). In den LCFTA-Terms ist ein Zinsanspruch nicht ausdrücklich vorgesehen. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß die Parteien hier stillschweigend die nach Handelsbrauch geltende Zinsabrede zugrunde gelegt haben. Nach englischem Recht kann nämlich der Wille der Parteien, eine Zinsvereinbarung bestimmten Inhalts zu treffen, beim Fehlen ausdrücklicher Abmachungen einem Handelsbrauch entnommen werden, der allgemein für alle in Frage kommenden Geschäfte zwischen ihnen gilt (Chitty aaO 943). Auch ausländische Handelsbräuche sind in Betracht zu ziehen (vgl. Chitty aaO I 593). Die gesetzliche Regelung der §§ 352, 353 HGB, nach der allgemein bei der Abwicklung von Geschäften zwischen deutschen Kaufleuten verfahren wird (vgl. Baumbach-Duden, [HGB] Bern. 1 B zu § 352 HGB), ist als ein solcher Handelsbrauch anzusehen. Mithin ist eine Zinspflicht in Höhe von 5 % seit Fälligkeit entstanden." 47. Termingeschäfte („forward contracts") mit einem Eigenhändler und Makler am Londoner Edelmetallmarkt („London Bullion Market") sind als Börsentermingeschäfte im Sinne der §§ 52, 61 Börsengesetz anzusehen. BGH, Urt. vom 21. 6. 1965 - II ZR 51/63 l : WM 1965, 766; DAWRd. 1965, 192; Die AG 1965, 365. 1 Das Urteil des Berufungsgerichts: KG 18. 12. 1962 - 2 U 1399/62 ist abgedruckt in IPRspr. 1962-1963 Nr. 24.
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Der Bekl. hat in der Zeit vom 7. 2. bis 23. 2. 1961 der Kl. Aufträge zum Kauf von 515000 Unzen Silber, „two months' delivery", erteilt. Die Kl. ist Eigenhändlerin und Maklerin am Londoner Edelmetallmarkt (London Bullion Market). Sie bestätigte dem Bekl. den Verkauf durch sie zu dem am Tage des Abschlusses am Bullion Market für „two months forward"-Kontrakte festgesetzten Preis nebst V4 °/o Maklergebühr (brokerage). Ferner forderte sie den Bekl. zur Leistung der für Termingeschäfte vorgesehenen Sicherheit („margin") von 5°/o auf. Der Bekl. stellte deren Leistung in Aussicht, zahlte aber nicht. Die Silberpreise fielen. Die Kl. führte die Kontrakte bei Fälligkeit dadurch aus, daß sie dem Bekl. mitteilte, sie habe von ihm entsprechende Silbermengen zum Tagespreis gekauft, und Zahlung des Unterschiedsbetrages forderte. Die Abrechnung sämtlicher Kontrakte ergibt 1.531.4.3 £ zu Lasten des Bekl. Die Kl. hat mit der Klage die Verurteilung des Bekl. zur Zahlung dieses Betrages beantragt. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Bekl. seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht, das zutreffend und von der Revision nicht beanstandet deutsches Recht auf die Beziehungen der Parteien anwendet, hat die ,forward contracts' in Silber ,two months' delivery' mit Recht als Börsentermingeschäfte im Sinne der §§ 52, 61 Börsengesetz angesehen. Zwar ist der Londoner Bullion Market keine Börse im Sinne einer Versammlung von Kaufleuten, die diese Zusammenkunft zum Zwecke des Abschlusses von Handelsgeschäften bestimmter Art besuchen. Es handelt sich vielmehr um eine Zusammenkunft einer Reihe von Londoner Firmen, die täglich den Silberpreis f ü r Kassa- und Termingeschäfte festsetzen, wie er sich aus den bei ihnen vorliegenden Aufträgen, die sie als Eigenhändler erledigen, ergibt. F ü r den Begriff des Börsentermingeschäfts genügt es aber, daß ein Geschäft zu typischen Bedingungen über Waren oder Wertpapiere in Beziehung zu einem Terminmarkt steht, der es ermöglicht, jederzeit ein völlig gleiches Gegengeschäft abzuschließen (vgl. Meyer-Bremer, Börsengesetz, 4. Aufl., § 50 A 3; Hahn, DB 1960, 972). Diese Eigentümlichkeit ermöglicht es dem Publikum, sich an einem leicht zu Spielzwecken zu mißbrauchenden Umsatzverkehr zu beteiligen. Der Eindämmung dieser wirtschaftlichen Gefahr dienen die Vorschriften des Börsengesetzes (RGZ 101, 361, 362). Der Londoner Bullion Market ist ein Markt, auf dem sich eine Preisbildung f ü r .forward contracts', d. h. Termingeschäfte, nach Angebot und Nachfrage infolge des Zusammentreffens und Zusammenwirkens der beteiligten Firmen, also in der Art einer Börse (RGZ 47, 112; 101, 361, 362), wenn auch ohne Abschlüsse untereinander, vollzieht. Die in London zu erfüllenden Geschäfte sind nicht verboten (vgl. Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 58/58, BAnz. Nr. 7 vom 13. 1. 1959), also nicht nach § 134 BGB nichtig. Mit Recht hat sie aber das Berufungsgericht nach §§ 61, 53 Börsengesetz als nicht verbindlich angesehen, weil der Bekl. nicht eingetragener Kaufmann ist und auch nicht zu den einem solchen gleichgestellten Personen gehört. Der Bekl., der sich niemals mit Börsengeschäften oder Edelmetallhandel befaßt hat, war damals Notstandsan11
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gestellter in Berlin und bemühte sich nach seinen Angaben, eine Tätigkeit als .Vermittler von Geschäften' aufzubauen. Das Berufungsgericht meint aber, der Bekl. habe sich den Anschein eines Großkaufmanns und erfahrenen Börsenmaklers gegeben und die Kl. vorsätzlich in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise geschädigt (§ 826 BGB). Der Schaden bestehe darin, daß die Geschäfte nicht wie abgeschlossen durchgeführt worden seien. Der Einwand des Differenzgeschäfts (§ 764 BGB) habe ihnen nicht entgegengestanden. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht einwandfrei." [Es folgen Ausführungen, daß der Getäuschte nach deutschem Recht n u r das negative Interesse, nicht das Erfüllungsinteresse verlangen kann.] 4 8 . Berufen sich in einem internationalprivatrechtlichen Streitfall im Prozeß beide Parteien auf deutsche Rechtsvorschriften, so liegt darin der Abschluß einer Vereinbarung über die Anwendung deutschen Rechts, sofern nicht deutlich wird, daß es sich bei der Erklärung um — irrtümliche — Wissensäußerungen handelt. OLG Saarbrücken, Teilurt. v o m 13. 10. 1965 - 1 U 201/62: OLGZ 1966, 142. Beide Parteien sind polnische Staatsangehörige. Der Kl. wohnt in Zabrze (früher Hindenburg), Oberschlesien (z. Z. unter polnischer Verwaltung). Auch der Bekl. wohnte dort, verzog jedoch am 10. 3. 1958 in das Saarland. Der Bekl. betrieb in Zabrze als Angestellter des Staatsunternehmens Städtischer Kleinhandel mit Feinkostartikeln, Zabrze, von März bis Dezember 1954 einen Kiosk. Als er diesen übernahm, mußte er eine Sicherheit stellen. Der Kl. und ein Verwandter des Bekl. namens P. verbürgten sich f ü r ihn. Bei Aufgabe des Geschäfts bestand eine Schuld des Bekl. gegenüber dem Städtischen Kleinhandel, die daraus herrührte, daß unbekannte Einbrecher den Kiosk ausgeraubt hatten. Da der Bekl. seine Schuld gegenüber dem Städtischen Kleinhandel nicht beglich, ist auf Grund einer Klage des Städtischen Kleinhandels vom 10. 2. 1955 am 11. 2. 1955 ein Zahlungsbefehl gegen den Bekl. und - auf Grund der Bürgschaft - gegen den Kl. und P., und zwar gegen alle als Gesamtschuldner, ergangen. Nachdem eine Vollstreckung gegen den Bekl. erfolglos blieb, wurde auf Grund des Zahlungsbefehls zunächst von P., dann vom Kl. eine bestimmte Summe beigetrieben. Mit der Klage verlangt der Kl. den von ihm gezahlten Betrag. E r ist der Meinung, der Bekl. hafte ihm gemäß § 774 BGB. Der Bekl. hat u. a. entgegnet, es habe gar keine Hauptverbindlichkeit bestanden, denn er hafte nach deutschem Recht nicht f ü r den Schaden aus dem Einbruchsdiebstahl. Das LG hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, auf die Beziehungen zwischen den Parteien sei deutsches Recht anwendbar, weil die Parteien dies dadurch vereinbart hätten, daß der Kl. unter Berufung auf deutsches Recht vor einem deutschen Gericht geklagt habe und der Bekl. dem nicht entgegengetreten sei. In der Berufungsinstanz vertritt der Bekl. auf entsprechende Anfrage des Gerichts erstmals die Auffassung, auf die Rechtsbeziehungen der Parteien sei polnisches Recht anwendbar, nachdem er sich vorher, auch noch in der Berufungsinstanz, wiederholt auf deutsche Rechtsvorschriften berufen hatte. Der Kl. beharrt darauf, daß deutsches Recht anwendbar sei. Aus den Gründen: „Auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist deutsches Recht anzuwenden.
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Es ist, ohne daß es jetzt schon einer Feststellung über die Art des die Beziehungen zwischen den Parteien regelnden Rechtsverhältnisses bedarf, davon auszugehen, daß dieses ursprünglich polnischem Recht unterlag. Beide Parteien sind Polen, und das die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien begründende Rechtsgeschäft wurde im polnisch verwalteten Gebiet, in dem polnisches Recht gilt, über eine Schuld gegenüber einem polnischen Unternehmen abgeschlossen. Es handelt sich somit um einen rein polnischen Inlandsfall, bei dem sich die internationalprivatrechtliche Frage nach dem anwendbaren Recht deshalb gar nicht stellt, weil sie nur bei sogenannten internationalen Fällen, also Fällen mit Auslandsberührung, aufgeworfen werden kann. Selbst wenn die Parteien gewollt hätten, hätten sie ihre Rechtsbeziehungen deshalb keinem anderen als dem polnischen Recht unterstellen können, weil sie nur bei internationalen Fällen zur Rechtswahl befugt sind (Gamillscheg, AcP 157 [1958/59] 308, 313). Die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien wurden jedoch zu einem internationalprivatrechtlichen Regeln unterworfenen internationalen Fall, als der Bekl. das polnisch verwaltete Gebiet verließ und in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte, weil sie dadurch, durch den neuen Wohnort des Bekl., eine Auslandsbeziehung erhielten. Dadurch änderte sich aber noch nicht das für sie geltende Recht, da ein solcher Statutenwechsel nur eintritt, wenn sich der maßgebliche Anknüpfungspunkt ändert. Da bei schuldrechtlichen Beziehungen Anknüpfungspunkt der Parteiwille ist, kann sich das anwendbare Recht nur dann ändern, wenn eine dahingehende Parteivereinbarung getroffen wird. Da bei einem internationalen Rechtsfall die Parteien von vornherein das anwendbare Recht wählen und dieses nachträglich ändern können, können sie auch bei einem Inlandsfall, der durch eine Änderung der tatsächlichen Umstände nachträglich zu einem internationalprivatrechtlichen wird, durch Vereinbarung das unsprünglich maßgebliche inländische Recht durch ein anderes ersetzen. Dies geschieht durch einen Vertrag (Gamillscheg, AcP 157, 303, 314), der ausdrücklich oder stillschweigend geschlossen werden kann; er kann das neugewählte Recht für ex tunc oder ex nunc anwendbar erklären. Ob es bei internationalen Fällen Grenzen für diese Rechtswahl gibt, kann dahinstehen; daß den Parteien die Rechtsordnungen zur Wahl stehen, zu denen eine persönliche oder örtliche Beziehung besteht - in unserem Falle also das polnische und das bundesdeutsche Recht - , ist unbestritten. Im vorliegenden Fall haben die Parteien sich durch stillschweigenden Vertrag für die Anwendung des bundesdeutschen Rechtes entschieden. Dieser stillschweigende Vertrag ist jedenfalls dadurch zustande gekommen, daß der Ki. durch die wiederholte ausdrückliche Berufung auf deutsche Rechtsvorschriften (insbesodere auf § 774 BGB, aber auch auf deutsches Schadensersatzrecht) einen dahingehenden Antrag an den Bekl. gerichtet und dieser dadurch den Antrag angenommen hat, daß auch er sich in erster Instanz für seine Verteidigung ausdrücklich auf deutsches Recht berief (nämlich für die Frage der Haftung des Kl. für den Schaden und für die Frage der Wirkung der Zahlung durch P.). Es ist anerkannt, daß sich ein still11»
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schweigender Vertrag über die Unterwerfung unter ein bestimmtes Recht aus der Bezugnahme auf Vorschriften dieses Rechts ergeben kann (Soergel, BGB, 9. Aufl., vor Art. 7 Anm. 182; Kegel, IPR, § 18 lb, S. 209), und zwar auch dann, wenn sie erst im Rechtsstreit erfolgt (Soergel, Anm. 183; Kegel aaO 210; BGH 6. 12. 1956, WM 1957, 132 !). Zwar meint Raape (IPR, 5. Aufl., § 40 IV 2, S. 496), aus der Tatsache, daß die Parteien in einem Rechtsstreit von der Anwendbarkeit eines bestimmten Rechtes ausgehen, folge noch nicht, daß sie sich bindend auf die Anwendung dieses Rechtes geeinigt hätten. Diese Äußerung ist aber so zu verstehen, daß, wie auch Soergel (Anm. 183) darlegt, die Einigkeit entweder bloß die Überzeugung, daß das bestimmte Recht gelte, oder aber den Willen, daß es gelten solle, bedeuten kann und daß nur im zweiten Falle eine Willenserklärung vorliege, die zu einer Vereinbarung führen könne. Derselbe Gedanke kommt in der Entscheidung des BGH vom 13. 7. 1959 (WM 1959, 1110) 2 zum Ausdruck. Der BGH meint dort, eine Willenserklärung liege nicht vor, wenn die Parteien irrtümlich davon ausgegangen sind, ein bestimmtes Recht sei anwendbar. In dieser Allgemeinheit ist der Satz wohl nicht richtig. Nicht nur die Frage, welchen Inhalt eine Willenserklärung hat, sondern auch die Frage, ob überhaupt eine Willenserklärung oder nur eine Wissensäußerung vorliegt, ist nach § 133 BGB zu beurteilen (Palandt, BGB, 22. Aufl., Anm. 1; vgl. BGH 20. 10. 1952, NJW 1953, 58). Es ist deshalb nicht entscheidend, ob der Erklärende den Willen zum Abschluß eines Rechtsanwendungsvertrages hatte oder ob er n u r seine Überzeugung von der Anwendbarkeit dieses Rechtes ausdrücken wollte, sondern allein, wie der Erklärungsgegner dieses Verhalten bei vernünftiger Betrachtung deuten mußte. Die entscheidende Frage lautet also, wie die bloße Berufung einer Partei auf eine bestimmte Rechtsordnung zu verstehen ist. Der Senat ist der Auffassung, daß diese Erklärung der Partei grundsätzlich dahingehend verstanden werden muß, daß die Partei die Anwendung des berufenen Rechts will, denn es liegt im Wesen des Vortrags der Partei, daß sie Rechtsnormen n u r zur Stützung ihrer Auffassung, ihr Tatsachenvortrag lasse sich unter diese Rechtsnormen subsumieren, zitiert. Die Essentialia des Vortrags der Partei sind n u r die Tatsachenbehauptungen und die Angabe des erstrebten Erfolges, der sich nach ihrer Auffassung entsprechend den maßgeblichen Rechtsnormen aus den behaupteten Tatsachen herleiten läßt; f ü h r t sie diese Rechtsnormen an, so will sie in der Regel auch, daß diese angewendet werden. Man wird dies n u r dann nicht unterstellen dürfen, wenn die Partei irgendwie zum Ausdruck bringt, daß sie sich nur dem — irrtümlich angenommenen - Zwang des Gesetzes unterwirft. F ü r diesen Fall erscheint die vom II. Senat des BGH in WM 1959, 1110 2 vertretene Ansicht zutreffend; im übrigen jedoch - und so auch im vorliegenden Fall muß hingegen der Auffassung des VII. Senats des BGH (WM 1957, 132) 1 gefolgt werden. Im vorliegenden Fall wird sogar deutlich, daß die Parteien die Anwendung des deutschen Rechts wollen. Der Kl. erblickt nämlich in § 774 BGB 1 2 IPRspr. 1956-1957 Nr. 23 c. IPRspr. 1958-1959 Nr. 3.
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die Grundlage seines Anspruches; er tritt der Verteidigung des Bekl. mit Argumenten aus dem deutschen Recht entgegen, und er will sein Verhalten als zur Vereinbarung deutschen Rechtes führende Willenserklärung angesehen wissen. Der Bekl. versucht, den Anspruch mit dem Hinweis zu Fall zu bringen, nach deutschem Recht fehle es schon an einer Hauptverbindlichkeit; jedenfalls sei diese durch die Zahlung des P. nach deutschem Recht teilweise erloschen. Aus den Erklärungen der Parteien ist auch zu entnehmen, daß diese Vereinbarung, wie dies in der Regel der Fall ist (Palandt, [BGB] vor Art. 12 EGBGB Anm. 22), rückwirkende Kraft haben sollte, daß also deutsches Recht nicht nur f ü r die Abwicklung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien vom Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung, sondern f ü r die Rechtsbeziehungen der Parteien von Anfang an gelten soll. Dies ist daraus zu entnehmen, daß beide Parteien auf Ereignisse, die vor dieser Vereinbarung liegen, deutsches Recht angewendet sehen wollen, nämlich der Kl. auf die Zahlung als Bürge an den Städtischen Kleinhandel, die nach seiner Behauptung teils am 30. 8. 1958, teils später, jedoch vor Klageerhebung erfolgt sei, und deren Auswirkung, der Bekl. auf die Entstehung der Hauptverbindlichkeit durch den Einbruch in den Kiosk, der unstreitig im Jahre 1954 stattfand." 4 9 . Zur Frage, ob das Revisionsgericht die Würdigung des Berufungsgerichts nachprüfen darf, soweit es sich bei der Anwendung ausländischen Rechts um den sogenannten hypothetischen Parteiwillen handelt. Auf Grund des hypothetischen Parteiwillens richtet sich das Recht des Anwaltsvertrages in der Regel nach dem Recht, das am Ort der Niederlassung des Rechtsanwaltes gilt. Dafür spricht, daß der Vertrag mit dem Klienten demselben Recht unterworfen sein soll, dem der Rechtsanwalt auch für die Art seiner Berufsausübung untersteht. Gilt für die Berufsausübung des Rechtsanwaltes ein anderes Recht als das am Ort der Niederlassung, so kann dieses auch für den Anwaltsvertrag maßgebend sein. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Höhe des von einem ausländischen Rechtsanwalt in Form eines Streitanteils vereinbarten Erfolgshonorars mit dem Zweck deutscher Gesetze unvereinbar ist. BGH, Urt. vom 28. 10. 1965 - V I I Z R 171/63: BGHZ 44, 183 (Datum dort irrtümlich 18. 10. 1965); N J W 1966, 296; MDR 1966, 315; A W D 1965, 456 (Datum dort irrtümlich 18. 10. 1965); DRspr. I (180) 57c (Datum dort irrtümlich 18. 10. 1965); Leitsatz in N J W 1966, 772 mit Anm. Cohn; L M Nr. 18 zu Art. 30 EGBGB mit Anm. Rietschel; L M Nr. 34 zu § 675 BGB; L M Nr. 35 zu § 561 ZPO. Der Kl. ist seit den Jahren 1938 und 1939 in den Staaten New York und Georgia zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Im Jahre 1945 kam er als amerikanischer Offizier nach Berlin und blieb bis zum 31. 7. 1955 Angehöriger der Alliierten Streitkräfte. Am 15. 8. 1950 und 13. 6. 1951 gestattete ihm das US Hauptquartier in Deutschland, den Beruf eines amerikanischen Rechtsanwalt in dem von den
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Vereinigten Staaten verwalteten Gebiet auszuüben. Die Grundsätze f ü r seine Berufsausübung waren in der Direktive G 5 des High Commissioner for Germany der Vereinigten Staaten vom 12. 12. 1950 niedergelegt. Die Bekl. zu 1) ist die Witwe, der Bekl. zu 2) der Sohn des L. B. Dieser wurde von einem amerikanischen Posten am 23. 8. 1945 im Kraftwagen eines englischen Offiziers erschossen, der der Aufforderung zum Anhalten beim Passieren der Sektorengrenze nicht nachgekommen war. Am 20. 6. und 4. 7. 1952 wandte sich der Kl. an die Bekl. Er teilte ihr mit, daß er „amerikanischer Rechtsanwalt in Berlin" sei und ihre Schwiegermutter und Schwägerin im Entschädigungsverfahren vertrete. Weiter schrieb er, daß er es für wünschenswert halte, wenn sich die Bekl. anschlössen. Wenn sie das wollten, solle die Bekl. zu 1) einen anliegenden Honorarschein unterzeichnen. In diesem Schein war ein Erfolgshonorar von 30 °/o des Erstrittenen sowie der Ersatz notwendiger Auslagen vorgesehen. Darauf antwortete die Bekl., daß sie bei ungünstigem Ausgang keine Auslagen bezahlen könne und daher vorschlage, das Erfolgshonorar zu erhöhen. Der Kl. entgegnete am 28. 7. 1952, daß er mit dem Vorschlag der Bekl. einverstanden sei; im übrigen sei er sich eines Erfolgs ziemlich sicher. Am 3. 8. 1952 traf beim Kl. die telegrafische Vollmacht der Bekl. ein. In ihrem nachfolgenden Schreiben vom 5. 8. 1952 bestätigte sie den Auftrag und sandte den von ihr unterzeichneten Honorarschein zurück; die Höhe des Satzes hatte sie von 30 o/o auf 35 °/o geändert. Am 31. 1. 1953 erkannte die britische Behörde den Anspruch der Bekl. dem Grunde nach an und überwies die Sache zur Festsetzung und Auszahlung der Entschädigung ebenfalls an das Besatzungskostenamt in Berlin. Im November 1954 leistete dieses an die Bekl. eine Vorauszahlung von 30 000 DM, von der der Kl. 35»/» =10 500 DM erhielt. Am 3. 2. 1955 widerriefen die Bekl. die dem Kl. erteilte Vollmacht. Nach diesem Zeitpunkt setzte das Besatzungskostenamt die Entschädigung für beide Bekl. bis zum 30. 6. 1955 auf insgesamt 90 846 DM fest und bewilligte ihnen vom 1. 7. 1955 ab eine monatliche Rente von insgesamt 1 100 DM. Der Kl. hat in einem Vorprozeß einen weiteren Teil seines Honorars von insgesamt 2 200 DM eingeklagt und insoweit ein rechtskräftiges Urteil erwirkt. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt er 35 °/o der an die Bekl. bis Ende 1955 gezahlten Entschädigungsleistungen abzüglich der erhaltenen 12 700 DM. Er hat demgemäß beantragt, die Bekl. zur Zahlung von 14 687,10 und 6 715,50 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Die Bekl. sind der Ansicht, daß sie dem Kl. nichts mehr schulden. Das LG hat die Bekl. zu 1) zur Zahlung von 4 333,20 und den Bekl. zu 2) zur Zahlung von 1 574 DM nebst Zinsen verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es billigt dem Kl. unter Anwendung des Art. 30 EGBGB einen Streitanteil von nur 20 °/o zu, den es nach dem Betrag berechnet, den die Bekl. für die ersten 10 Jahre erhalten haben. Das KG hat die Berufung der Bekl. zurückgewiesen und auf die Berufung des Kl. dem Klageantrag in voller Höhe entsprochen. Mit der Revision verfolgen die Bekl. ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kl. bittet, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Aus den Gründen: „I. Das KG ist der Ansicht, daß der zwischen den Parteien geschlossene Anwaltsvertrag auf Grund des sogenannten hypothetischen Parteiwillens nach .amerikanischem' Recht (gemeint ist das Recht der Staaten New York und Georgia) zu beurteilen ist. Die hiereeeen gerichteten Revisionsangriffe sind unbegründet.
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Der Kl. hatte geltend gemacht, die Militärregierung habe in der Direktive G 5 die Anwendung des amerikanischen Rechts auch f ü r diesen Anwaltsvertrag zwingend vorgeschrieben. Das KG hat sich hiermit nicht befaßt, weil es ohnehin das ausländische Recht f ü r a n w e n d b a r hält. Dem ist zuzustimmen. 1. Wie das Berufungsgericht zutreffend a u s f ü h r t , ist der sogenannte hypothetische Parteiwille im Wege einer vernünftigen Interessenabwägung nach objektiven Grundsätzen zu ermitteln. Das anzuwendende Recht ist also nach Anknüpfungspunkten zu bestimmen, die sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses ergeben (u.a. BGH, N J W 1952, 5 4 0 B G H Z 9, 221, 223 2 ; 17, 89, 9 2 ' ; 19, 110, 112f. 4 ; BGH, N J W 1960, 1720 6 ; 1961,25®). Es k a n n zweifelhaft sein, ob und inwieweit die Ermittlung eines so gearteten .mutmaßlichen Parteiwillens' eine Rechts- oder Tatfrage ist. Jedenfalls d ü r f t e die Rechtsprechung des RG hierzu, das die N a c h p r ü f b a r keit durch das Revisionsgericht verneinte (WarnRspr. 1921 Nr. 148; SeuffArch. 85 Nr. 57; RGZ 120, 70, 73), überholt sein, weil es, im Gegensatz zu der Rechtsmeinung des BGH, von den hypothetischen subjektiven Vorstellungen der Parteien ausging (vgl. Raape, IPR, 5. Aufl., 475 f. und N. 30). 2. Einer abschließenden Stellungnahme hierzu und zu der dem RG insoweit folgenden Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH (NJW 1961, 25) 6 bedarf es jedoch nicht. Denn der Senat gelangt auch bei eigener P r ü f u n g zu demselben Ergebnis wie das KG. a) In der Regel richtet sich das Recht des Anwaltsvertrags nach dem Recht, das am Ort der Niederlassung des Rechtsanwalts gilt (u. a. RGZ 151, 193, 199; Friedlaender, AnwBl. 1954, 1 ff.). Vorliegend hatte der Kl. im J a h r e 1952 seinen beruflichen Sitz in Berlin, und nach der Unterstellung des KG ist davon auszugehen, daß er in den Vereinigten Staaten niemals ein Büro unterhalten hat. Trotzdem h a t es recht, wenn es ihn in diesem Zusammenhange so behandelt, als wenn er seinen Beruf im Auslande ausübte. F ü r den Anknüpfungspunkt der beruflichen Niederlassung ist beim Rechtsanwalt die Erwägung ausschlaggebend, daß der Vertrag mit dem Klienten demselben Recht unterworfen sein soll, dem der Rechtsanwalt f ü r die Art seiner Berufsausübung untersteht. Dieses Recht w a r hier aber nicht das deutsche. Der Kl. w a r im J a h r e 1952 noch Angehöriger der Besatzungsstreitkräfte. Diese mit der Auskunft der Berliner Mission der USA vom 29. 6. 1957 übereinstimmende Feststellung des KG haben die Bekl. . . . nicht bezweifelt. Die Besatzungsmacht hatte ihm die Ausübung der Rechtsberatung nach Grundsätzen gestattet, die sie in der Direktive G 5 niedergelegt hatte. Zwar ordnete diese Direktive in G 5 - 402 Nr. 4 an, daß der zugelassene Anwalt auch sämtlichen deutschen Rechtsvorschriften über das Auftreten 1 3 5
IzRspr. 1945-1953 Nr. 402 b. IzRspr. 1954-1957 Nr. 146. IPRspr. 1960-1961 Nr. 23.
2 4 6
IPRspr. 1952-1953 Nr. 40. IPRspr. 1954-1955 Nr. 22. IPRspr. 1960-1961 Nr. 28.
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vor deutschen Gerichten und über die Rechtsberatung unterliege. Gerade f ü r die Fälle der vorliegenden Art waren aber die deutschen Bestimmungen durch G 5 - 403 (b) (2) ausgeschlossen. Sie sollten nämlich nicht gelten f ü r die Rechtsberatungen oder sonstige anwaltliche Leistungen .betreffend Besatzungsrecht oder in bezug auf alle Sachen, f ü r die die Besatzungsdienststellen oder -gerichte entweder ausschließlich oder zugleich (concurrent)' zuständig waren. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Der Kl. sollte die Bekl. in einem Verfahren vertreten und hat es auch getan, das sich nach der VO 508 der Alliierten Kommandanten in Berlin richtete (GVOBL Berlin 1951, 403); die maßgebende Durchführungsbestimmung Nr. 1 vom 23. 6. 1951 hatte der Kommandant des britischen Sektors erlassen (aaO 535). Es handelte sich also um Besatzungsrecht i. S. der Direktive G 5 - 403 (b) (2). Auch das Verfahren spielte sich zunächst vor britischen Dienststellen ab, nämlich dem Claim Office und gegebenenfalls dem Claims Tribunal, die über den Grund des Anspruchs zu befinden hatten (Art. 2 und 3 der 1. DurchfBest.). Uber die Höhe hatten dann zwar gem. Art. 6 der 1. DurchfBest. deutsche Behörden zu beschließen; f ü r sie galt aber ebenfalls das angeführte Besatzungsrecht, und ihre Bescheide bedurften der Genehmigung des Claims Offlee. Bei dieser Rechtslage m u ß eine konkurrierende Zuständigkeit der englischen Behörden auch f ü r den zweiten Teil des Verfahrens anerkannt werden, wie sie die Bestimmung G 5 - 403 (b) (2) im Auge hat. Später hat sich das Verfahren allerdings insofern geändert, als den deutschen Stellen eine erweiterte Zuständigkeit zuerkannt worden ist (vgl. die 4. britische DurchfBest. vom 14. 2. 1955, AKAB1. 1953-1957, 1022). F ü r die Frage des anzuwendenden Rechts kommt es aber nur auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. Aus dem Gesagten folgt, daß hier f ü r die Berufsausübung des KI. keine deutschen Grundsätze maßgebend waren. E r ist deswegen ebenso zu behandeln wie ein Rechtsanwalt, der seinen Sitz in einem fremden Lande hat, das über seine Berufsausübung bestimmt; das waren hier die USA, deren Behörden und Gerichte auf amerikanisches Recht zurückgriffen, soweit ausdrückliches Besatzungsrecht fehlte. b) Die Bekl. halten die Bestimmung der Direktive G 5 - 403 (b) (2) allerdings f ü r nicht anwendbar, weil dem Kl. n u r gestattet worden sei, in der US-Zone oder dem US-Sektor von Berlin als Rechtsanwalt tätig zu werden, nicht jedoch, wie er es hier getan hat, in der britischen Zone oder im britischen Sektor. Diese Ansicht hat das KG mit Recht abgelehnt [wird ausgeführt]. c) Diese Erwägungen [mit denen das Gericht die Anwendbarkeit der Direktive G 5 begründet hat] genügen f ü r sich allein, um die Anwendung des ausländischen Rechts auf den Anwaltsvertrag der Parteien zu rechtfertigen. Es treten aber noch weitere Anknüpfungspunkte hinzu: In seinem Schreiben an die Bekl. vom 20. 6. 1952 bezeichnet sich der Kl. ausdrücklich als .amerikanischer Rechtsanwalt'. Den Briefwechsel hat er
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durchweg in englischer Sprache geführt, und die Bekl. hat ihm in dieser Sprache geantwortet. Schließlich hatte die Bekl., wenn sie auch die deutsche Staatsangehörigkeit behalten hatte, keine unmittelbaren Beziehungen zur Bundesrepublik mehr; denn sie wohnte in Argentinien und übte dort ein Gewerbe aus. Diese Umstände bestätigen das Ergebnis, das sich bereits aus der Zulassung des KI. und dem ihm zugewiesenen Aufgabenkreis ergibt. II. . . . III. Das KG stellt fest, daß ein Rechtsanwalt in den Staaten New York und Georgia einen Streitanteil von 35 % f ü r die Vertretung in Verfahren über unerlaubte Handlungen verlangen darf und daß dieser Satz vorliegend angemessen ist. Es stützt sich hierbei auf verschiedene Urteile amerikanischer Gerichte. Ferner bezieht es sich auf seine Ausführungen im Vorprozeß ; dort hatte es mehrere vom Kl. vorgelegte Gutachten amerikanischer Juristen verwertet. Die Revision rügt, die vom Kl. vorgelegten Äußerungen stellten kein zulässiges Beweismittel dar. Außerdem hätte das KG dem Antrage der Bekl. stattgeben müssen, einen Sachverständigen über den Inhalt des amerikanischen Rechts zu hören. Die Rügen sind unbegründet. 1. Bei Ermittlung des fremden Rechts ist das Gericht nicht an die in der Zivilprozeßordnung behandelten Beweismittel gebunden; vielmehr kann es im Wege des Freibeweises alle ihm zugänglichen Quellen benutzen (u. a. BGH, NJW 1963, 252, 253 7 ; Urt. des Senats vom 15. 11. 1956 - VII ZR 249/56 8, in BGHZ 22, 162 insoweit nicht abgedruckt). 2. Ob das Berufungsgericht einen Sachverständigen hören wollte, stand in seinem pflichtmäßigen Ermessen. Daß es dieses fehlerhaft ausgeübt hat, ist nicht ersichtlich. Es bedarf deswegen keines Eingehens darauf, ob die Rüge mit der Bestimmung des § 562 ZPO unvereinbar und deswegen unzulässig ist. IV. Die Bekl. haben vorsorglich geltend gemacht, die Anwendung amerikanischen Rechts verstoße gegen die guten Sitten (Art. 30 EGBGB). Das LG hat diesem Einwand zum Teil stattgegeben, das KG hat ihn verworfen. Der erkennende Senat folgt im Ergebnis dem LG. 1. Wie bereits erwähnt, vertritt der Kl. die Ansicht, die Direktive G 5 . . . hätte die Anwendung deutschen Rechts und damit auch die des Art. 30 EGBGB verboten. Das KG hat das Gegenteil unterstellt. Das konnte es von seinem Standpunkt aus, weil es die Voraussetzungen des Art. 30 EGBGB ohnehin verneint hat. Da der erkennende Senat in diesem Punkt mit dem Berufungsgericht nicht übereinstimmt, muß er dazu Stellung nehmen. Er hält die Auffassung des Kl. f ü r unzutreffend. a) F ü r die Entscheidung der Frage, ob die Voraussetzung des Art. 30 EGBGB gegeben sind, kommt es allein auf die gegenwärtige Rechtslage an. Da 7
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« IPRspr. 1956-1957 Nr. 3.
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die . . . Direktive G 5 nicht mehr in Kraft ist, könnte sie also die Anwendung des Art. 30 EGBGB auch dann nicht hindern, wenn sie die vom KI. behauptete Bedeutung gehabt hätte. b) Abgesehen hiervon wurde der von den Parteien geschlossene Anwaltsvertrag von der Direktive G 5 gar nicht betroffen. Sie bestimmte in der Nr. 403, daß der amerikanische Rechtsanwalt unter gewissen, hier vorliegenden Umständen den deutschen Vorschriften über die Ausübung der Anwaltspraxis nicht unterworfen war. Das KG hat das im Vorprozeß, im Gegensatz zum LG, dahin verstanden, daß hierunter auch der Vertrag des Rechtsanwalts mit seinem Auftraggeber falle, weil es sich insoweit ebenfalls um einen Teil der Praxisausübung handele. Diese Ansicht vermag der Senat nicht zu teilen; denn sie haftet am förmlichen Wortlaut und läßt den Sinn und Zweck der Direktive G 5 außer acht. Wie die dort unter 402 Nr. 4 sowie 403 (a) und (b) aufgeführten Fälle ergeben, sollte erreicht werden, daß der Rechtsanwalt nicht durch deutsche Vorschriften, insbesondere das Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung, behindert wurde, wenn unmittelbare Interessen der Besatzungsmächte und ihrer Angehörigen betroffen wurden. Dazu gehörte nicht das Abkommen des Rechtsanwalts mit seinem Klienten und erst recht nicht die mit ihm getroffene Honorarvereinbarung. An ihr war die Besatzungsmacht in keiner Weise interessiert, und es ist nicht ersichtlich, warum sie dem Rechtsanwalt insoweit nicht freie Hand gelassen haben sollte. Jedenfalls wäre nicht zu verstehen, warum sie insoweit zwingendes Recht gesetzt haben sollte. Auch daraus folgt, daß hier die Direktive G - 5 der Anwendung des Art. 30 EGBGB nicht entgegensteht. c) In der Revisionsinstanz will der Kl. die Unanwendbarkeit des Art. 30 EGBGB daraus herleiten, daß es sich bei der Direktive G — 5 um innerdeutsches Recht handelte. Dem kann nicht zugestimmt werden. Der Gebührenanspruch des Kl. findet seine Grundlage nicht in einer Anordnung der Besatzungsmacht (der Direktive G — 5), sondern in der unabhängig davon getroffenen Honorarvereinbarung. Diese richtet sich, wie oben dargelegt worden ist, nach fremdem Recht; demgemäß untersteht sie auch den Beschränkungen des Art. 30 EGBGB. 2. Das KG verneint einen Verstoß gegen die guten Sitten, weil die Stellung des Kl. nicht anders zu beurteilen sei als die eines Kaufmanns und dieser, z. B. auf dem Wege über Provisionen, erhebliche Vergütungen vereinnahmen dürfe. Es komme, so f ü h r t es aus, auch nicht darauf an, daß der Kl. f ü r die Bekl. nicht mehr viel Arbeit habe leisten müssen; denn seiner Anregung sei es zu verdanken, daß die Bekl. den Anspruch überhaupt erhoben hätten, und es sei ferner nicht auszuschließen, daß ein Mißerfolg allein dadurch vermieden worden sei, daß der Kl. die Forderungen fristgemäß bereits vor Erhalt der Vollmacht angemeldet habe. Bei diesen Erwägungen läßt das KG wesentliche Gesichtspunkte außer acht. Der Senat hat zwar im Urteil BGHZ 22, 162 8 ausgeführt, daß die Ver-
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einbarung eines nach einem Streitanteil berechneten Erfolgshonorars zwischen einem ausländischen Rechtsanwalt und einem deutschen Auftraggeber grundsätzlich zulässig ist. Das gilt aber nicht unbeschränkt. Vielmehr sind stets die besonderen Umstände des Falls zu beachten. Sie ergeben hier, daß die Anwendung der ausländischen Vorschriften in der vom Kl. gewünschten Art jedenfalls gegen den Zweck deutscher Gesetze verstoßen würde. a) Ausgangspunkt f ü r die Beurteilung ist, wie das KG zutreffend ausführt, nicht die Gesamtforderung des Kl.; vielmehr hat sich die P r ü f u n g im Rahmen des Art. 30 EGBGB darauf zu beschränken, ob das im Prozeß geltend gemachte Verlangen, wenn ihm entsprochen werden sollte, mit dem Zweck deutscher Gesetze unvereinbar wäre (u. a. Urt. des Senats vom 15. 11. 1956 - VII ZR 249/56 - 8 und vom 24. 1. 1957 - VII ZR 251/56 9 ). Die Frage ist also dahin zu stellen, ob es zulässig ist, dem Kl. f ü r die den Bekl. bis zum 31. 12. 1955 zugeflossenen 97 436 DM ein Honorar von 34 102,60 DM zuzubilligen; denn der Kl. verfolgt im vorliegenden Verfahren ausdrücklich Ansprüche nur f ü r den genannten Zeitraum. b) Dem Berufungsgericht ist ferner darin zuzustimmen, daß eine Unvereinbarkeit mit dem Zweck deutscher Gesetze grundlegende Unterschiede in den politischen und sozialen Anschauungen voraussetzt (BGHZ 22, 162, 167 8 ). Die auf diese Weise gezogene Grenze ist hier aber nach Ansicht des Senats weit überschritten. aa) Das Wesen der von den Bekl. gegen die Besatzungsmacht erhobenen Forderungen erschöpfte sich nicht, wie das KG meint, darin, daß sie aus einer unerlaubten Handlung stammten. Sie gründeten sich auf die §§84411,1360 ff. und 1610 ff. BGB, Vorschriften, auf die Art. 3 der VO 508 i. V. mit Art. 6 Nr. 2 der DurchfBest. 1 A (GVOB1. Berlin 1952, 285) ausdrücklich verweist. Diese Vorschriften sollen den Unterhalt f ü r den Ehegatten und das Kind sicherstellen, der ihnen durch den Wegfall des ursprünglich Verpflichteten entgangen ist. In der überwiegenden Zahl der Fälle handelt es sich dabei um Beträge, die den Hinterbliebenen die Aufrechterhaltung eines angemessenen Lebensstils ermöglichen und sie vor Not schützen sollen. So ist es auch hier gewesen; die den Bekl. zugebilligte Entschädigung von 900 und später 1100 DM im Monat f ü r zwei Personen läßt ihnen keinen großen Spielraum, zumal sie gemäß dem Art. 8 Nr. 2 der erwähnten DurchfBest. 1 A von vornherein auf gewisse Prozentsätze beschränkt ist. Es würde dem Zweck und Sinn der deutschen gesetzlichen Regelung und ihrem sozialen Charakter widersprechen, wenn es dem Kl. gestattet sein sollte, ein Honorar von rund einem Drittel der Beträge zu beanspruchen, die an die Stelle des den Bekl. entgangenen, notwendigen Unterhalts getreten sind. Das deutsche Gesetz verlangt vielmehr, daß ihnen diese Leistungen im wesentlichen unbeschränkt verbleiben. Dem Gedanken, daß solche Rentenansprüche nicht durch übermäßige Gebühren belastet werden dürfen, hat das deutsche Gesetz auch sonst Rech» IPRspr. 1956-1957 Nr. 4.
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nung getragen. Es ordnet im § 13 III GKG an, daß in diesen Fällen die Gerichts- und Anwaltsgebühren (vgl. § 8 BRAGebO) nur nach dem öfachen Jahresbetrag zu errechnen sind. Damit hat es die weitergehende Vorschrift des § 9 ZPO im Interesse der Rentenberechtigten und -verpflichteten beträchtlich eingeschränkt. cc) Allerdings ist der § 13 III GKG hier ebensowenig unmittelbar anwendbar, wie es die übrigen deutschen Gebührenvorschriften sind. Im Rahmen des Art. 30 EGBGB ist aber ein Vergleich doch zulässig. Denn auf diese Weise ergeben sich Anhaltspunkte dafür, ob ein sehr grobes Mißverhältnis zwischen der vom deutschen Gesetz f ü r angemessen erachteten und derjenigen Vergütung besteht, die der ausländische Rechtsanwalt beansprucht. Bei diesem Vergleich ist auf die gegenwärtige Rechtslage abzustellen; es ist also einerseits die Preußische Landesgebührenordnung außer acht zu lassen und andererseits die Erhöhung der Gebühren durch das Gesetz vom 30. 6. 1965 (BGBl. I 557) zu berücksichtigen. Ein deutscher Rechtsanwalt hätte gemäß dem § 118 BRAGebO höchstens drei Gebühren erhalten. Der Streitwert hätte sich bei der von den Bekl. beanspruchten jährlichen Rente von 20 600 DM zuzüglich der Rückstände gem. dem § 13 III GKG auf rund 250 000 DM bemessen. Drei Gebühren hätten sich danach auf rund 5000 DM belaufen. Demgegenüber verlangt der Kl. fast das Siebenfache und hält seine Ansprüche damit noch nicht einmal f ü r abgegolten . . . dd) Schließlich darf in diesem Zusammenhang nicht unbeachtet bleiben, daß der Arbeitsaufwand des Kl. f ü r die Bekl. nicht bedeutend war und daß er mit der Vereinbarung des Erfolgshonorars ein n u r geringes Wagnis einging • • • c) Auf Grund dieser Erwägungen gelangt der Senat zu dem Ergebnis, daß die von dem Kl. im vorliegenden Prozeß geltend gemachte Forderung von 35 % des bis zum 31. 12. 1955 Erstrittenen weit übersetzt ist und daß die Anwendung des ausländischen Gesetzes, das sie nach den Feststellungen des KG zuläßt, gegen den Zweck verstoßen würde, der mit den §§ 844 II, 1360 ff., 1610 ff. BGB und § 13 III GKG verfolgt wird. Ob diese Anwendung auch als Verstoß gegen die guten Sitten zu werten ist, braucht danach nicht mehr entschieden zu werden. Das bedeutet aber nicht, daß der gesamte Anspruch des Kl. unbegründet ist; denn das Abkommen ist nach ausländischem Recht gültig, und es spielt insoweit keine Rolle, daß es möglicherweise nach dem § 138 BGB nichtig sein könnte, wenn deutsches Recht anwendbar wäre. Deswegen ist zu prüfen, ob ein Teil der Forderung und gegebenenfalls welcher als noch vertretbar i. S. des Art. 30 EGBGB angesehen werden kann. Die Grenze ist insoweit unter Beachtung des Umstands zu ziehen, daß der Art. 30 EGBGB einen Ausnahmetatbestand enthält. Es ist deswegen ein großzügiger Maßstab zugunsten des Kl. anzulegen und ihm zuzubilligen, was überhaupt noch vertretbar erscheint. Bei Anwendung dieser Grundsätze gelangt der Senat zu dem Ergebnis, daß es bei der Entscheidung des LG zu verbleiben hat.
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Die Umstände, die zum Nachteil des Kl. zu werten sind, sind bereits erwähnt. Hinzuzufügen ist noch, daß verschiedene Gerichte den ausländischen Rechtsanwälten im Entschädigungsverfahren unter Anwendung des Art. 30 EGBGB regelmäßig nur einen Streitanteil von 10 % , allerdings von der ganzen erstrittenen Summe, zuzubilligen pflegen (KG, RzW 1958,374 1 0 ; OLG Köln, RzW 1959, 4 6 u ; LG Berlin, RzW 1960, 237 1 2 ). Die dort den Entscheidungen zugrunde liegenden Entschädigungsleistungen sind zum großen Teil ebenfalls dazu bestimmt, den Unterhalt der Betroffenen sicherzustellen, und sind demgemäß mit den Ansprüchen der Bekl. gegen die Besatzungsmacht vergleichbar. Dagegen ist der vom Berufungsgericht angestellte Vergleich mit dem Provisionsanspruch eines Vertreters abzulehnen; solche Provisionsforderungen beruhen auf anderer Grundlage und werden zudem meistens nur den Reingewinn des Geschäftsherrn belasten. Auf der anderen Seite sind gewisse Umstände auch zugunsten der vom Kl. erhobenen Forderung zu berücksichtigen. Sie sind zwar nicht geeignet, die Anwendung des Art. 30 EGBGB auszuschließen, können aber doch die Höhe des ihm zuzubilligenden Betrags beeinflussen. In erster Linie kommt hier der bereits vom KG erwähnte Umstand in Betracht, daß die Bekl. wahrscheinlich ohne die Anregung des Kl. leer ausgegangen wären; es liegt die Annahme nahe, daß sie keine Ansprüche gestellt hätten, wenn der Kl. nicht an sie herangetreten wäre; er hat sie ferner vor möglicherweise entscheidenden Nachteilen dadurch bewahrt, daß er bereits vor Erteilung der Vollmacht die Anmeldung eingereicht und dadurch die am 31. 7. 1952 ablaufende Frist gewahrt hat. Schließlich darf nicht unbeachtet bleiben, daß es die Bekl. selbst gewesen ist, die eine Erhöhung des Streitanteils von 30 °/o auf 35 °/o vorgeschlagen hat. V. Danach erscheint es dem erkennenden Senat, ebenso wie dem LG, angebracht, die zulässige Höchstforderung des Kl. mit dem an sich hohen Satz von 20 °/o des Erstrittenen zu bewerten, aber das nur nach dem Betrag, den die Bekl. für die ersten 10 Jahre erhalten haben."
2. Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigte Bereicherung Siehe auch Nr. 168 5 0 . Die Zuständigkeit der Wiedergutmachungsbehörden und -gerichte setzt voraus, daß die entzogenen Vermögensgegenstände sich zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Bereiches der deutschen Wiedergutmachungsgesetze befunden haben. Ein Deutscher ist gemäß §811 Bundesentschädigungsgesetz unbeschränkt befugt, gegen den Schädiger selbst vorzugehen. Das gleiche Recht hat nach 10 12
IPRspr. 1958-1959 Nr. 40. IPRspr. 1958-1959 Nr. 8.
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 42.
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dem deutsch-niederländischen Ausgleichs- und Finanzvertrag auch ein niederländischer Staatsangehöriger. Zur Frage, welches Recht auf die sogenannte Durchgriffshaftung juristischer Personen für unerlaubte Handlungen anwendbar ist. Die ungerechtfertigte Bereicherung beurteilt sich bei Wertverschiebungen auf Grund wirklicher oder vermeintlicher schuldrechtlicher Beziehungen benach der Rechtsordnung, die diese schuldrechtlichen Beziehungen herrscht oder beherrschen würde; in den übrigen Fällen, also bei einer sogenannten isolierten Wertverschiebung, gilt die Rechtsordnung, in deren Bereich sich die Wertverschiebung vollzogen hat. BGH, Urt. v o m 10. 6. 1965 - V I I ZR 198/63: W M 1965, 787; N J W 1965, 1914. Der Kl., ein Holländer jüdischer Abstammung, war Inhaber von Anteilen der N. V. Theater Mij. in Leiden. Diese Gesellschaft betrieb zwei Lichtspielhäuser in Leiden, die sie von den Eigentümern gepachtet hatte. Der Kl. war „directeur" der Theater Mij.; an seine Stelle trat im Juli 1940 Frau K. Durch Vertrag vom 9. 8. 1940 übertrug die Theater Mij., vertreten durch F r a u K., den „Betrieb" der beiden Filmlichtspiele gegen Zahlung von 25 000 hfl. und Übernahme der bestehenden Verbindlichkeiten an die Intercinema N. V. Diese war eine Tochtergesellschaft der Intertobis N. V. Die Anteile der Intercinema gingen im Jahre 1941 auf die Cautio Treuhand GmbH, am 10. 1. auf die Ufa-Film GmbH (die jetzige Bekl.) und am 7. 7. 1942 auf die niederländische Ufa Maatschappij über, welche eine im Jahre 1918 gegründete Tochtergesellschaft der deutschen Universum Film AG ist. Die Cautio GmbH war eine reichseigene Gesellschaft. Sie war Inhaberin aller Anteile der Anfang 1942 gegründeten Bekl. Diese besaß u. a. alle oder nahezu alle Aktien der deutschen Ufa, über die sie also auf dem Wege über die niederländische Ufa Mij. auch die Intercinema beherrschte. Die holländische Ufa Mij. ist bei Kriegsende mit allem Besitz, also auch mit den Aktien der Intercinema, als Feindvermögen beschlagnahmt, enteignet und später im Handelsregister gelöscht worden. Seit Kriegsende betreibt die Theater Mij. wieder die beiden Lichtspieltheater; ihre Direktoren sind der Kl. und Frau K. Der Kl. behauptet, er sei nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in den Niederlanden wegen seiner jüdischen Abstammung verhaftet und gezwungen worden, die Pachtverträge an den Theatern auf die Intercinema zu übertragen oder jedenfalls seine - erforderliche - Einwilligung dafür zu geben. Der Vertrag vom 9. 8. 1940 sei auf Grund des niederländischen königlichen Beschlusses vom 7. 6. 1940 sowie ferner wegen Zwanges und Wuchers nichtig. Die Bekl. hafte ihm oder der Theater Mij. f ü r die in den Jahren 1940 bis 1944 entstandenen Einnahmen, die ihr in Deutschland zugeflossen seien; die Theater Mij. habe ihm ihre Ansprüche abgetreten. E r hat beantragt, die Bekl. zur Zahlung von 10 000 DM nebst Zinsen zu verurteilen, hilfsweise festzustellen, daß die Bekl. zur Zahlung verpflichtet sei; ferner hat er um Feststellung gebeten, daß die Bekl. gehalten sei, an ihn auch die den Betrag von 10 000 DM übersteigende Bereicherung herauszugeben. Die Bekl. hat die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts sowie die Aktivlegitimation des Kl. bestritten. Sie hat weiter geltend gemacht, daß der Vertrag vom 9. 8. 1940 gültig gewesen sei, daß sie keine Überschüsse vereinnahmt, daß sie nicht f ü r Schulden der Intercinema einzustehen habe und daß die Forderung, soweit sie auf unerlaubte Handlung gestützt werde, verjährt sei.
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Das LG hat den Hauptanträgen im wesentlichen stattgegeben. Das OLG hat die Klage abgewiesen. Die Revision des Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den Gründen: „I. Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts Der Kl. leitet seine Ansprüche aus Vorgängen her, die, wenn seine Behauptungen zutreffen sollten, eine ungerechtfertigte Entziehung i. S. von Art. 1 REG Brit.Z. oder der hier wohl einschlägigen REAO f ü r Berlin darstellen würden. Über solche Entziehungen haben gem. Art. 51 REAO Berlin und Art. 49 REG Brit.Z. grundsätzlich die Wiedergutmachungsbehörden und -gerichte zu befinden, so daß der ordentliche Rechtsweg insoweit ausgeschlossen ist. Voraussetzung dafür ist aber, daß die Wiedergutmachungsorgane überhaupt zuständig sind. Das Berufungsgericht verneint dies unter Hinweis auf die 2. DVO zum MRG 59. Das ist schon deswegen bedenklich, weil die Bekl. f r ü h e r ihren Sitz in Berlin hatte und nicht geprüft worden ist, ob die Anordnung der Alliierten Kommandantur in Berlin vom 21. 9. 1950 (VOB1. Berlin 465) in Betracht kommt, deren Zuständigkeitsvorschriften nicht in allem mit denen der 2. DVO zum MRG 59 übereinstimmen. Eines näheren Eingehens hierauf bedarf es aber nicht, weil die Unzuständigkeit der Wiedergutmachungsorgane bereits aus anderen Erwägungen folgt. Gemäß dem Art. 1 der beiden angeführten Rückerstattungsgesetze unterliegen der Rückerstattung nur .feststellbare Vermögensgegenstände (Sachen und Rechte)'. Diese Gegenstände müssen sich zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Bereichs der deutschen Wiedergutmachungsgesetze befunden haben (BGH, LM Nr. 1 zu Art. 21 REG AmZ 1 ). Nach den Behauptungen des Kl. soll ihm in erster Linie das Pachtrecht an den beiden Theatern entzogen worden sein. Es wurde bis zur Rückübertragung an den Kl. oder die Theater Mij. von der Intercinema ausgeübt und war somit zu keinem Zeitpunkt in der Bundesrepublik belegen. Etwas anders ist die Lage hinsichtlich der Erträgnisse aus diesem Pachtrecht, deren Herausgabe der Kl. verlangt. Hierfür sind Vorschriften in dem Art. 28 REAO Berlin und Art. 27 REG Brit.Z. enthalten. Der Kl. trägt auch vor, daß die Erträgnisse der Bekl. an ihrem deutschen Sitz zugeflossen seien. Aber auch durch einen solchen Zugang bei der Bekl. wäre keine Zuständigkeit der deutschen Wiedergutmachungsorgane begründet worden. Denn sie setzt, wie oben ausgeführt worden ist, voraus, daß ein feststellbarer Gegenstand in ihrem Geltungsbereich vorhanden ist oder war. Fehlt es daran f ü r das Recht, das die Erträgnisse abgeworfen hat, so müssen die Erfordernisse des Art. 1 mindestens f ü r diese Erträgnisse gegeben sein. 1
IPRspr. 1956-1957 Nr. 60.
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Daran fehlt es vorliegend. Sollte die Bekl. die Einnahmen aus den Lichtspieltheatern in bar erhalten haben, so würde das Merkmal der Feststellbarkeit von vornherein entfallen (vgl. Art. 17 REAO Berlin; Art. 16 REG Brit.Z.; ORG Herford, RzW 1956, 351). Nichts anderes hätte zu gelten, wenn die Bekl. durch Banküberweisung in den Genuß der Erträgnisse gelangt sein sollte (Urt. des Senats, RzW 1957, 398 2 ). Das Berufungsgericht hat also die Zuständigkeit der Rückerstattungsgerichte mit Recht verneint (ähnlich BGH, MDR 1957, 31 3 ). II. AHKG 63 Die Bekl. hat in der Revisionsinstanz eingewandt, die Klage sei gemäß Art. 3 AHKG 63 unzulässig, weil die Ufa Mij., die die Aktien der Intercinema innegehabt habe, als Feindvermögen beschlagnahmt, enteignet und gelöscht worden sei. Das geht offensichtlich fehl. Nach jenem Art. 3 dürfen Ansprüche auf Übertragung, Liquidierung oder Übergabe von Vermögensgegenständen, die unter das AHKG 63 fallen, nicht gegen Personen erhoben werden, die sie erworben haben, und auch nicht,gegen diese Vermögensgegenstände' selbst; ferner darf deswegen nicht gegen die Regierung des betreffenden ausländischen Staates vorgegangen werden. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Mit den in Art. 3a genannten Personen sind solche gemeint, die die Gegenstände nach der Konfiskation erworben haben; zu diesem Kreis gehört nicht die Bekl. Der Kl. nimmt auch nicht die eingezogenen Gegenstände in Anspruch; vielmehr verlangt er den nach seiner Behauptung bei der Bekl. verbliebenen Teil der Nutzungen, auf die sich die holländische Beschlagnahme und Einziehung nicht erstreckt haben. III. Deutsch-niederländischer Ausgleichs- und Finanzvertrag Am 1. 8 1963, also nach Erlaß des Berufungsurteils, ist der deutschniederländische Ausgleichs- und Finanzvertrag (BGBl. 1963 II 458, 629) in Kraft getreten (BGBl. 1963 II 1078); er ist vom Revisionsgericht zu beachten (Urt. des Senats, LM Nr. 18 zu AusldSchAbk 4 ). Das Berufungsgericht hat dazu bereits Stellung genommen. Es meint, der niederländische Staat habe gemäß Art. 18 des Schlußprotokolls zwar nicht die Pflicht, wohl aber die Möglichkeit gehabt, die Bekl. von Ansprüchen des Kl. freizustellen. Hierüber sei noch nicht endgültig befunden. Darauf komme es aber nicht an, weil die Forderung ohnehin unbegründet sei. Den Ausführungen des OLG zu jenem Art. 18 kann nicht zugestimmt werden. Nach dieser Vorschrift sind die Niederlande nicht gehalten, deutsche Privatpersonen gemäß dem Art. 15 I Satz 2 des Finanzvertrages freizustellen, falls diese von Niederländern, die aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind, wegen solcher Forderungen in 2 4
IPRspr. 1956-1957 Nr. 81. IPRspr. 1962-1963 Nr. 34.
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 59.
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Anspruch genommen werden, die nach § 8 II BEG unberührt geblieben sind. Damit soll erreicht werden, daß ein niederländischer Geschädigter nicht schlechter gestellt wird als ein in gleicher Lage befindlicher deutscher Geschädigter (Gurslci, WM 1960 Beil. 4, 12). Ein Deutscher ist gemäß dem § 8 II BEG unbeschränkt befugt, gegen den Schädiger selbst vorzugehen. Das gleiche Recht hat demgemäß auch der niederländische Kl. Anders wäre die Lage nur, wenn der niederländische Staat den Kl. wegen der im vorliegenden Prozeß geltend gemachten Forderung bereits entschädigt hätte. Das hat die Bekl. aber nicht dargetan. IV. Londoner Schuldenabkommen Das Berufungsgericht befaßt sich nicht mit den Bestimmungen dieses Abkommens, weil es die Forderung des KI. ohnehin f ü r unbegründet hält. Wie noch darzulegen ist, kann jedoch der Klageanspruch nicht mit der vom OLG gegebenen Begründung verneint werden. Es muß daher auf die Bestimmungen des Abkommens eingegangen werden. Die persönlichen Voraussetzungen f ü r seine Anwendbarkeit sind gem. Art. 4 II b und III b gegeben. Auch sachlich ist es anwendbar, da es sich um nicht vertragliche Geldverbindlichkeiten gemäß dem Art. 4 I a handelt, die gegebenenfalls nach dem Art. 7a zu begleichen sind. V. Ansprüche aus unerlaubter Handlung Das Berufungsgericht wendet insoweit niederländisches Recht an. Es beachtet hierbei, daß gegen die Bekl. gemäß dem Art. 12 EGBGB nicht weitergehende Ansprüche erhoben werden dürfen, als nach deutschem Recht begründet sind. Der Beschwf. greift das nicht an. E r macht aber geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner tatsächlichen Würdigung den § 286 ZPO verletzt; das kann mit der Revision auch dann gerügt werden, wenn sich die sachlich rechtliche Beurteilung nach ausländischem Recht richtet (BGH, N J W 1952, 142"). Das OLG unterstellt, daß die Vertreter der Intercinema eine unrechtmäßige Tat schuldhaft begangen haben, wie sie in den Art. 1401 ff. BW behandelt ist. Es hält aber nicht f ü r erwiesen, daß sich die Bekl. oder ihre Organe daran beteiligt haben. Eine Haftung der Bekl. f ü r die unerlaubte Handlung der Intercinema nach Durchgriffsgrundsätzen entfalle schon deswegen, weil das niederländische Recht einen solchen Durchgriff nicht kenne. Eine der hiergegen gerichteten Rügen hat Erfolg. 1. Allerdings liegt die Rüge, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend geprüft, ob die Organe der Intercinema eine unerlaubte Handlung begangen haben, neben der Sache. Denn es hat, wie bereits erwähnt, eine .unrechtmäßige Tat' dieser Organe unterstellt. 2. Ebenso ist ihm im Ergebnis zuzustimmen, wenn es die Voraussetzungen einer sogenannten Durchgriffshaftung verneint. 5
IPRspr. 1950-1951 Nr. 2.
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Allerdings kann zweifelhaft sein, ob insoweit nicht deutsches Recht maßgebend ist. Wohl richtet sich die Entscheidung der Frage, ob eine zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung in Betracht kommt, nach dem Recht des Tatorts, hier also nach niederländischem Recht. Die Vorgänge, die den Durchgriff begründen sollen, haben sich aber mindestens zum überwiegenden Teil in Deutschland abgespielt, wo die Bekl. von jeher ihren Sitz hatte. Einer endgültigen Stellungnahme hierzu bedarf es aber nicht. Denn das OLG hat in anderem Zusammenhange eine Durchgriffshaftung nach deutschem Recht mit zutreffender Begründung v e r n e i n t . . . Die Bekl. hat gegen ihre Inanspruchnahme aus unerlaubter Handlung vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben. Nach niederländischem Recht wäre sie, wenn man dem Gutachten folgt, das Professor Kegel dem Gericht erstattet hat, unbegründet, da dort die 30jährige Frist gilt. Gemäß dem Art. 12 EGBGB haftet jedoch der Täter nicht schärfer als nach deutschem Recht. Das bedeutet u. a., daß auch die Bestimmung des § 852 BGB zu beachten ist. Die dort vorgesehene Frist von drei Jahren war bei Erhebung der Klage im September 1958 verstrichen. Auch nach Ablauf dieser Frist hat der Täter gemäß dem § 852 II BGB f ü r die ihm zugeflossene Bereicherung einzustehen. Das deutsche Bereicherungsrecht ist in diesem Zusammenhange schon deswegen anwendbar, weil es sich nur um die gemäß dem Art. 12 EGBGB notwendige Untersuchung handelt, ob und inwieweit die deutschen Bestimmungen zur unerlaubten Handlung, und damit auch die des § 852 BGB, f ü r die Bekl. zu einem günstigeren Ergebnis führen als die des niederländischen Rechts mit ihrer 30jährigen Verjährungsfrist. VI. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung Sollte eine solche Haftung aus unerlaubter Handlung entfallen, so könnte sie nicht aus den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB hergeleitet werden. Das Berufungsgericht lehnt sie ab. Es wendet unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH, NJW 1959, 1317«, deutsches Recht an, weil die Bekl. ihren, Sitz stets in Deutschland gehabt habe. Nach deutschem Recht sei die Bekl., so führt es aus, um die von der Intercinema gezogenen Nutzungen nicht unmittelbar bereichert, selbst wenn sie sie später erlangt haben sollte. Auch wenn man unterstelle, daß der Vertrag vom 9. 8. 1940 nichtig sei, würde daraus nur eine Bereicherung der Intercinema, nicht jedoch eine solche der Bekl. folgen. Diese Würdigung ist rechtlich nicht zu beanstanden. 1. Zwar ist es bedenklich, das Kollisionsrecht bei einer ungerechtfertigten Bereicherung nur nach dem Wohnsitz des Schuldners zu bestimmen. Wie der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem Schrifttum im Urteil vom 7.11.1963 - VII ZR 188/61 - , WM 1964, 8 3 ' ausgeführt hat, gilt bei Wertverschiebungen auf Grund wirklicher oder vermeintlicher schuld• IPRspr. 1958-1959 Nr. 49.
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 172.
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rechtlicher Beziehungen die Rechtsordnung, die diese schuldrechtlichen Beziehungen beherrscht oder beherrschen würde; in den übrigen Fällen, also bei einer sogenannten isolierten Wertverschiebung, gilt die Rechtsordnung, in deren Bereich sich die Wertverschiebung vollzogen hat. a) Auch bei Anwendung dieser Grundsätze ist jedoch die Frage, ob die Bekl. durch eine etwaige Entgegennahme der Beträge in Deutschland ungerechtfertigt bereichert ist, nach deutschem Recht zu beurteilen. Die schuldrechtlichen Beziehungen, auf Grund deren sie die Nutzungen erhalten haben würde, betreffen die zwischen ihr und ihren Konzerngesellschaften begründeten; denn zu dem KI. und der Theater Mij. stand sie in keinem Vertragsverhältnis und wollte auch nie ein solches begründen. Ihr Rechtsverhältnis zu den Konzerngesellschaften muß aber, wie anzunehmen ist, nach deutschen Rechtsgrundsätzen beurteilt werden, wenn es darauf überhaupt ankommen sollte. Näher liegt, daß man das Kollisionsrecht in einem solchen Fall auf den Ort abstellt, an dem sich die Wertverschiebung vollzogen hat; das ist nach der Behauptung des Kl. der deutsche Sitz der Bekl. gewesen, an dem sie die Beträge empfangen haben soll. b) Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß ein Bereicherungsanspruch nach deutschem Recht daran scheitert, daß es an der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung fehlt. Das Ergebnis ändert sich nicht, wenn man es auf die Grundsätze der sogenannten Leistungskondiktion abstellt (BGHZ 40, 272, 278). Maßgebend ist dann, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise in den Augen des Empfängers darstellt. Leistende in diesem Sinne war nur die niederländische Konzerngesellschaft der Bekl., nicht die Theater Mij. oder der Kl. 2. Eine andere Beurteilung könnte allerdings in Betracht kommen, wenn sich der Bereicherungstatbestand allein in den Niederlanden vollzogen hätte. Die Revision hat hierzu aber nichts vorgetragen. Es besteht somit kein Anlaß, darauf einzugehen."
3. Unerlaubte Handlungen, Gefährdungshaftung Siehe auch Nr. 50, 55, 59, 60, 62, 63, 66 und BGH, Urt. vom 21. 1. 1965 II ZR 49/63: VersR 1965, 351; Hansa 1965,1502
5 1 . Deliktische Schadensersatzansprüche können sich, wenn das Delikt im Geltungsbereich sowohl eines fremdstaatlichen Rechts als auch des deutschen Hechts begangen worden ist, auf jedes der beiden Rechte stützen. Bei Verschiedenheit der in den beiden Rechtsordnungen getroffenen Regelung ist - außer im Falle des Art. 12 EGBGB - das dem Verletzten günstigere Recht anzuwenden. Der Richter hat das etwa anzuwendende fremdstaatliche Recht von Amts wegen zu ermitteln. 12*
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BGH, Urt. vom 23. 6. 1964 - VI ZR 180/63: BGHWarn 1964 Nr. 183; WM 1964, 947; DB 1964, 1257; MDR 1964, 837; AWD 1964, 301; VersR 1964, 1027; NJW 1964, 2012; DRspr. I (180) 51a; LM Nr. 25a zu Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht); Leitsatz in DRiZ 1964 B 107 Nr. 1405. Die in Düsseldorf ansässige Kl. lieferte seit 1954 in größerem Umfang Waren an die Firma I. in Teheran. Aus diesen Lieferungen steht noch ein Betrag offen, den die Kl. auf etwa 1 Million DM beziffert. Der Bekl. war bei der Firma I. Unterschriftsbevollmächtigter des Generaldirektors und seit dem 16. 8. 1955 Gesellschafter und Direktor. Die Lieferungen der Kl. erfolgten jeweils auf Grund von „Orders". Die Orderbögen vermerkten u. a. an einer im Vordruck vorgesehenen Stelle als „Buyer/Orderer" namentlich bezeichnete Personen und wiesen außer der Unterschrift der I. auch deren Unterschrift auf. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß in einer Reihe von Fällen die in den Orderbögen als Buyer/Orderer aufgeführten Personen die Orderbögen in Wahrheit nicht unterzeichnet haben und die Angaben über den Buyer/Orderer den Tatsachen nicht entsprachen. Unstreitig sind die hier in Rede stehenden Orderbögen für die I. vom Bekl. unterzeichnet worden. Bei seiner Unterschriftsleistung ist ihm klar gewesen, daß die Angaben auf den Orderbögen über die Buyer/Orderer nicht richtig waren. Die Täuschungen haben es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bewirkt, daß die Kl. die bestellten Waren aus Deutschland an die I. geliefert und hierdurch einen Schaden in Höhe der Rechnungsbeträge erlitten hat. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts hat das Berufungsgericht einen deliktischen Anspruch der Kl. nach deutschem Recht bejaht, ist aber zu der Auffassung gelangt, daß dieser verjährt sei.
Aus den Gründen: „1.-2.
...
3. Mit Recht bemängelt die Revision, daß das Berufungsgericht bei diesem negativen Ergebnis seiner Prüfung des Klageanspruchs nach den Maßstäben des deutschen Rechts nicht der Frage nachgegangen ist, ob der Schadensersatzanspruch der Kl. nicht nach iranischem Recht begründet ist. a) Es ist ein auch im deutschen Recht anerkannter allgemeiner Grundsatz des IPR, daß Deliktsstatut die lex loci delicti commissi ist; f ü r Schadensersatzansprüche, die auf unerlaubte Handlung gestützt werden, ist das Recht des Ortes maßgebend, an dem das Delikt begangen wurde. Das Berufungsgericht hat deutsches Recht f ü r anwendbar gehalten, weil in seinem Geltungsbereich, nämlich in Düsseldorf, der Deliktsschaden eingetreten sei. Es trifft zu, daß nach der in der deutschen Rechtsprechung herrschenden Auffassung als Begehungsort neben dem Tatort auch der Ort des Schadenseintritts gilt (RGZ 23, 305, 306; 54, 198, 205; Urt. des erkennenden Senats vom 5. 5.1956 - VI ZR 138/54, MDR 1957, 31, 32 4 ; Kegel bei Soergel-Siebert, BGB V, 9. Aufl., Art. 12 EGBGB Rdz. 1). Nur erscheint es, zumal bei dem Fehlen näherer Darlegungen über die Vorgänge der Schadensverwirklichung, sachlich richtiger, Düsseldorf als Tatort anzusehen, da der Bekl. hier die Kl. mittels der Orderbögen getäuscht und sie zu den Exportdispositionen über die Waren bestimmt hat, die hernach an die I. ausgeliefert wurden (vgl. hierzu RG, J W 1903, 63; RG, SeufTArch. 62 Nr. 150; RG, 1
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Recht 1925 Nr. 1274; BGB-RGRK, 11. Aufl., Anm. 89 vor § 823; StaudingerRaape, BGB, 9. Aufl., Art. 12 EGBGB Anm. VI 2, S . 2 0 2 f . ; Raape, IPR, 4. Aufl., 537; Boehmer, AcP 155, 181, 182; siehe jedoch auch Kegel aaO Art. 12 EGBGB Rdz. 6; Kegel, IPR, 2. Aufl., 240). Allerdings war Düsseldorf n u r weiterer Tatort neben Teheran, wo der Bekl. unmittelbar gehandelt hat. Hier hat er die Orderbögen ausgestellt und an die Kl. abgesandt. Da das in Rede stehende Delikt also sowohl in Teheran im Geltungsbereich des iranischen Rechts als auch in Düsseldorf im deutschen Rechtsgebiet begangen worden ist, wird es auch von beiden Rechtsordnungen beherrscht. Infolgedessen kann sich der Schadensersatzanspruch der Kl. auch auf jedes der beiden Rechte stützen. Das Berufungsgericht hat dies nicht verkannt. Doch hat es nicht die Folgerungen gezogen, die sich hieraus ergeben. b) Kommen in einem Falle der vorliegenden Art die Rechte verschiedener Staaten f ü r die Beurteilung eines deliktischen Schadensersatzanspruchs in Betracht, so liegt es dem Richter ob, bei der rechtlichen Stellungnahme zum Sachverhalt zu prüfen, ob der geltend gemachte Anspruch wenigstens nach einem der Rechte begründet ist. Stellt das eine Recht strengere, das andere dagegen geringere Anforderungen und findet der Klageanspruch in dem letzteren Recht eine ausreichende Stütze, so hat das Gericht - von der hier nicht eingreifenden Ausnahme des Art. 12 EGBGB abgesehen — dieses dem Verletzten günstigere Recht anzuwenden (RG, J W 1903, 63; RG, Recht 1925 Nr. 1274; RGZ 138, 243, 246; BGB-RGRK aaO; Kegel bei Soergel-Siebert, Art. 12 EGBGB Rdz. 1; Kegel, IPR, 237, 241; Staudinger-Raape aaO 205). Ist dem deutschen Richter das fremdstaatliche Recht nicht bekannt, so hat er, wenn er den Klageanspruch nicht schon nach deutschem Recht f ü r begründet hält, das fremde Recht im Rahmen des Möglichen von Amts wegen zu ermitteln, wobei er die Mithilfe der Partei in Anspruch nehmen und sie zu Nachweisen auffordern darf. Der Verstoß gegen diese durch § 293 ZPO begründete Pflicht ist eine Gesetzesverletzung im Sinne der §§ 549, 559 ZPO (vgl. RGZ 39, 371, 376; 126, 196, 202; RG, JW 1912, 196; RG, J W 1934, 835, BGH, MDR 1957, 31, 33 BGH, Urt. vom 24. 11. 1960 - II ZR 9/60, LM Nr. 2 zu § 293 ZPO = NJW 1961, 410 2 ; Stein-JonasSchönke, ZPO, 18. Aufl., § 293 Anm. III; Wieczorek, ZPO, § 293 Anm. D IV b, § 549 Anm. B III c; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 26. Aufl., § 293 Anm. 2; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 494; Dolle, Bemerkungen zu § 293 ZPO, in: Festschrift f ü r Nikisch, 185, 188, 195). c) Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil zum Ausdruck gebracht, die Kl. sei berechtigt gewesen, das ihr günstigere deutsche Recht f ü r den Rechtsstreit gegen den Bekl. zu wählen. Mit dieser Erwägung durfte sich das Berufungsgericht jedoch nicht der Notwendigkeit einer Nachprüfung nach iranischem Recht enthoben sehen. Daß die Kl. ihren Anspruch der Beurteilung lediglich nach deutschem Recht unterstellt hätte, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und kann dem aktenkundig gemach2
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ten Prozeßvortrag der Kl. auch nicht - zumindest nicht in zweifelsfreier W e i s e — entnommen werden. W e n n die Kl. die Ansicht vertreten hat, daß deutsches Recht anwendbar und ihr Klageanspruch nach deutschem Recht begründet sei, so hat sie doch betont, daß auch iranisches Recht zu diesem Ergebnis führe. W i e das Berufungsgericht zu der Annahme gelangt ist, daß der Kl. das deutsche Recht günstiger sei als das iranische Recht, ist nicht ersichtlich; iranisches Recht hat es überhaupt nicht herangezogen, eine vergleichende Würdigung nicht angestellt. d) Das Berufungsurteil ist hiernach rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Soweit es dem Berufungsgericht bei der Ermittlung des einschlägigen iranischen Rechts an greifbaren Erkenntnisquellen gefehlt haben sollte, hätte es die Kl. auffordern sollen, ihm die fehlenden Nachweise zu liefern. W i e die Revision vorträgt, würde die Kl. alsdann das Gutachten des P r o f . Dr. Ferid (Institut f ü r Rechtsvergleichung an der Universität München) und die deutschen Übersetzungen iranischer Gesetzesvorschriften beigebracht haben, die im Revisionsverfahren vorgelegt worden sind. Angesichts des Inhalts dieses Erkenntnismaterials erscheint es nicht ausgeschlossen, daß das Berufungsgericht ohne den dargelegten Rechtsverstoß zu einer anderen Entscheidung als der ausgesprochenen Klagabweisung gelangt wäre. Das angefochtene Urteil kann daher nicht bestehen bleiben." 5 2 . Zu den Rechtsgrundlagen, für Ansprüche gegen den deutschen Fahrer und Halter eines Kraftfahrzeugs, wenn durch einen in Jugoslawien (Rijeka, früher Fiume) verursachten Unfall ein Ausländer als Insasse getötet worden ist. Die in Jugoslawien begangene unerlaubte Handlung eines 19jährigen Deutschen kann auf Verletzung der Aufsichtspflicht gestützte Ansprüche gegen den elterlichen Gewalthaber auslösen, obwohl nach jugoslawischem Recht die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt. Zur Beschränkung des Schadensersatzanspruches wegen mitwirkenden Verschuldens des Geschädigten nach jugoslawischem Recht. O L G Celle, Urt. v o m 12. 7. 1965 - 5 U 77/64: N J W 1966, 302 mit Anm. Dunz; Leitsatz in VersR 1966, 347; RdJ 1966, 244. Die selbst nicht fahrkundige Bekl. (deutsche Staatsangehörige) hatte in ihrem von ihrem fast 20jährigen Sohn gelenkten Pkw eine Urlaubsreise nach Jugoslawien unternommen. Während die Bekl. in Rabac im Hotel wohnte, nächtigte der Sohn auf dem örtlichen Campingplatz und nahm dorthin mit Erlaubnis der Bekl. über Nacht auch den Wagen mit. Ohne Wissen der Bekl. unternahm er in der Nacht mit anderen Jugendlichen, darunter dem Sohn des Kl. (österreichischer Staatsangehöriger) eine Spritztour und verursachte mit dem völlig überladenen Wagen einen Unfall, bei welchem die Söhne beider Parteien getötet wurden. Der Kl. verlangt Ersatz von Überführungs- und Bestattungskosten. Der Senat hat eine Auskunft des Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg darüber eingeholt, nach welchen Gesetzen des Staates Jugoslawien der Fall zu entscheiden ist.
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Aus den Gründen: „Rechtliche Grundlage des mit der Klage verfolgten Anspruchs sind allein die Bestimmungen über unerlaubte Handlungen im weiteren Sinne. Denn vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien bzw. ihren bei dem Unfall getöteten Söhnen sind nicht entstanden, insbesondere ist ein Beförderungsvertrag nicht geschlossen worden. Die Anwendung des deutschen materiellen Rechts nach der sogenannten RechtsanwendungsVO vom 7. 12. 1942 (RGBl. I 706), die noch gilt (BGHZ 34, 222 *), abgedruckt bei SoergelKegel, BGB, 699 und bei Palandt, [BGB] 23. Aufl., 1774, ist hier nicht möglich, da der Kl. und sein getöteter Sohn österreichische Staatsangehörige sind bzw. gewesen sind. Die Klage findet deshalb - soweit es sich um den Tatbestand der unerlaubten Handlung und den Umfang des Schadensersatzes handelt - nach Art. 12 EGBGB ihre Rechtsgrundlage allein in dem materiellen Recht des Staates Jugoslawien. Art. 12 EGBGB läßt erkennen, daß grundsätzlich, ganz gleich welche Staatsangehörigkeit der Täter und der Verletzte bei einer unerlaubten Handlung haben, das Recht des Tatorts gilt (vgl. Soergel-Kegel aaO 711; Staudinger-Raape, [BGB] 9. Aufl., Art. 12 EGBGB Anm. IV 2, S. 197, auch S. 194, 195; BGHZ 23, 65, 67 2 ; 29, 237, 239, 240 3 ; BGH, VersR 1958, 109 4 ; 1961, 518; Volkmann, J W 1929, 900, 901; Binder, RabelsZ 1955, 407; Wussow, Das Unfallhaftpflichtrecht, 8. Aufl., Rdnr. 1797). Durch ein Gesetz vom 23. 10. 1946 (Sluzbeni-list-FVRJ = Amtsblatt der FVRJ Nr. 86/1946) haben alle am 6. 4. 1941 in Jugoslawien geltenden Vorschriften ihre Geltung verloren. Die alten Vorschriften können jedoch als .Rechtsregeln' f ü r die durch neue Vorschriften noch nicht geregelten Verhältnisse angewandt werden, wenn sie nicht mit der neuen Rechts- und Verfassungsordnung in Widerspruch stehen (Art. 4 des Gesetzes). Der Unfallort Rijeka (italienisch: Fiume) gehörte am 6. 4. 1941 nicht zu Jugoslawien, sondern zu Italien. Erst im Friedensvertrag von 1947 trat Italien Rijeka an Jugoslawien ab. Darauf wurde in Rijeka durch jugoslawischen Erlaß vom 15. 9. 1947 das italienische Recht außer Kraft gesetzt und jugoslawisches Recht eingeführt. Soweit dieses nach dem Gesetz vom 23. 10. 1946 die vor dem 6. 4. 1941 geltenden Rechtsregeln umfaßt, wird in Rijeka auf das frühere Recht Kroatiens zurückgegriffen, da Rijeka jetzt zur Volksrepublik Kroatien gehört. In Kroatien galt 1941 das österreichische Zivilrecht nach dem Stande von 1918, insbesondere das ABGB von 1811 einschließlich der Teilnovelle von 1914 bis 1916. Es ist danach von den ,Rechtsregeln' des novellierten ABGB und seinen Nebengesetzen auszugehen sowie von dem Gesetz über die Haftung f ü r Schäden aus dem Betriebe von Kraftfahrzeugen vom 9. 8.1908 (RGBl. 581), jedoch unter Berücksichtigung der neuen jugoslawischen Rechtsprechung. I. Eine Haftung der Bekl. als Kraftfahrzeughalterin scheidet danach aus. 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 47a. * IPRspr. 1958-1959 Nr. 73.
2 4
IPRspr. 1956-1957 Nr. 41. IPRspr. 1956-1957 Nr. 40.
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Zwar bestimmt § 8 I des österreichischen Gesetzes über die Haftung f ü r Schäden aus dem Betriebe von Kraftfahrzeugen vom 9. 8. 1908 folgendes: ,Auch dort, wo die Ansprüche für einen durch den Betrieb eines Kraftfahrzeuges verursachten Schaden nach dem bürgerlichen Recht zu beurteilen sind, haftet der Eigentümer des Kraftfahrzeuges, oder wer nach § 1 an seine Stelle tritt, für das Verschulden der Personen, deren er sich beim Betriebe bedient, insoweit es sich um ihre Dienstleistung beim Betriebe des Kraftfahrzeuges handelt.'
Doch entfällt eine Haftung nach dieser Bestimmung, da der Sohn der Bekl. die verhängnisvolle Fahrt nicht in Erfüllung irgendwelcher Verpflichtungen f ü r die Bekl., sondern auf eigene Initiative, Rechnung und Gefahr unternommen hat. In solchen Fällen, die im jugoslawischen Schrifttum als .private' Fahrten bezeichnet werden, haftet der Eigentümer des Wagens nicht f ü r das Verschulden des Fahrers (vgl. Auskunft des Max-PlanckInstituts). 2. Eine Haftung des getöteten Sohnes der Bekl. nach Kraftfahrzeugsbetriebsrecht, f ü r die die Bekl. als Erbin einzutreten hätte, entfällt ebenfalls, da § 4 I des Gesetzes vom 9. 8. 1908 entsprechend dem deutschen § 8a StVG bestimmt: ,Die Bestimmung der §§ 1 und 2 dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf die Ersatzansprüche aus der Beschädigung von Personen oder Sachen, die mit dem Kraftfahrzeug befördert werden, es sei denn, daß diese Benutzung gegen Entgelt oder im gewerbsmäßigen Personen- oder Sachentransport oder in Diensten oder Aufträgen einer der haftpflichtigen Personen geschah.'
II. Die Klage ist nach jugoslawischem Recht jedoch begründet, weil die Bekl. die ihr obliegende Aufsichtspflicht verletzt hat. Eine dem § 832 des deutschen BGB unmittelbar entsprechende Regelung enthält das österreichische ABGB in den §§ 1308 und 1309. Diese Bestimmungen lauten: ,§ 1308 ABGB: Wenn Wahn- oder Blödsinnige oder Unmündige jemanden beschädigen, der durch irgendein Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat, so kann er keinen Ersatz beanspruchen.' ,§ 1309 ABGB: Außer diesem Falle gebührt ihm der Ersatz von denjenigen Personen, denen der Schaden wegen Vernachlässigung der ihnen über solche Personen anvertrauten Obsorge beigemessen werden kann.'
Diese Vorschriften beziehen sich zwar nur auf Schädigungen durch .Unmündige', d . h . nach § 21 ABGB durch Personen unter 14 Jahren. Doch kann nach österreichischem und jetzt jugoslawischem Recht bei Vernachlässigung der erforderlichen Aufsicht über einen Minderjährigen, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, eine Ersatzpflicht neben dem unmittelbaren Schädiger auch den Aufsichtspflichtigen gemäß § 1301, 1302 ABGB treffen (Klang-Wolff, Komm, zum ABGB IV, 1935, Anm. zu § 1309, S. 76). Die genannten Vorschriften lauten: ,§ 1301 ABGB: Für einen widerrechtlich zugefügten Schaden können mehrere Personen verantwortlich werden, indem sie gemeinschaftlich, unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch Verleiten, Drohen, Befehlen, Helfen, Verhehlen und dergleichen; oder, auch nur durch Unterlassung der besonderen Verbindlichkeit das Übel zu verhindern, dazu beigetragen haben.'
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,§ 1302 ABGB: In einem solchen Falle verantwortet, wenn die Beschädigung in einem Versehen gegründet ist und die Anteile sich bestimmen lassen, jeder nur den durch sein Versehen verursachten Schaden.' Die Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht fällt unter den Begriff: Unterlassung der besonderen Verbindlichkeit, das Übel zu verhindern. Die Aufsichtspflicht der Eltern (und demgemäß ihre H a f t u n g bei Vernachlässigung dieser Pflicht) endet auch nach jugoslawischem Recht mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes. W e n n ein Kind auch nach jugoslawischem Recht mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig wird (vgl. Auskunft des Max-Planck-Instituts), so bestimmt sich doch die Erreichung der Volljährigkeit und damit das Ende der elterlichen Aufsichtspflicht auch gemäß jugoslawischem Kollisionsrecht (wie nach Art. 7, 19 EGBGB) nach deutschem Recht (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl. 1957, Jugoslawien S. 18). Die Bekl. w a r zur Zeit des Unfalls als eheliche Mutter zur F ü h r u n g der Aufsicht über ihren damals noch minderjährigen (noch nicht 20 J a h r e alten) Sohn verpflichtet, der wegen der Minderjährigkeit auch der Aufsicht bedurfte. Daß der Sohn der Bekl. den Sohn des Kl. widerrechtlich tötete (§ 1301 ABGB) u n d damit Schaden zufügte, bedarf keiner weiteren Erörterung. Nach Art. 12 EGBGB stehen jedoch dem Kl. keine weitergehenden Ansprüche zu, als sie gegen die deutsche Bekl. nach deutschem Recht begründet wären (vgl. Staudinger-Raape, VII 211; Soergel-Kegel aaO Rdnr. 55 u n d die oben genannten Zitate der Rechtsprechung). Es ist deshalb jeweils zu prüfen, ob der nach jugoslawischem Recht begründete Anspruch auch in gleichem Umfange nach deutschem Recht gegeben i s t . . . [Es wird die Haftung der Bekl. aus der Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht festgestellt.] II. Die Klage ist aber auch begründet, soweit sie gegen die Bekl. als Erbin ihres Sohnes auf eine unerlaubte Handlung des bei dem Unfall getöteten Sohnes der Bekl. selbst gestützt wird. Rechtliche Grundlagen sind auch hier wieder die Bestimmungen des ABGB, die denen der §§ 823 ff. BGB entsprechen. Maßgebend sind die .Rechtsregeln' der §§ 1294 bis 1297 ABGB. Sie lauten: ,§ 1294: Der Schade entspringt entweder aus einer widerrechtlichen Handlung oder Unterlassung eines Andern; oder aus einem Zufalle. Die widerrechtliche Beschädigung wird entweder willkürlich oder unwillkürlich zugefügt. Die willkürliche Beschädigung aber gründet sich teils in einer bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen; teils in einem Versehen, wenn er aus schuldbarer Unwissenheit oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit, oder des gehörigen Fleißes verursacht worden ist. Beides wird ein Verschulden genannt.' ,§ 1295:1. Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein. II. . . . '
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,§ 1296: Im Zweifel gilt die Vermutung, dafi ein Schade ohne Verschulden eines Andern entstanden sei.' ,§ 1297: Es wird aber auch vermutet, daß jeder, welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig sei, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Wer bei Handlungen, woraus eine Verkürzung der Rechte eines Andern entsteht, diesen Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit unterläßt, macht sich eines Versehens schuldig.' (Vgl. dazu Klang-Wolff, Anm. zu §§ 1294 bis 1297 ABGB, S.8 bis 46; Vukovic, Pravila gradjanskih zakonika [Die Rechtsregeln der Zivilgesetzbücher], Zagreb 1961, 1010-1013; die Regeln der zitierten Bestimmungen gibt die Entscheidung des OG Slowenien vom 1. 3. 1956 in Pravnik [Der Jurist] 1957, Anhang 71 und bei Smole, Civilna pravna praksa [Zivilrechtspraxis] II, Ljubljana 1960, 71, folgendermaßen wieder: ,Die Grundlage der Schadensersatzhaftung ist das Verschulden. Dieses besteht wenigstens in schuldhafter Unwissenheit oder im Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes. Nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts gilt im Zweifel die Vermutung, daß der Schade ohne Verschulden des Schädigers entstanden ist.') Aus den vorgenannten Bestimmungen ergibt sich, daß sich der Begriff des .Versehens', der ein Verschulden und damit eine Ersatzpflicht begründet, mit dem Begriff der Fahrlässigkeit nach deutschem Recht deckt, wonach derjenige fahrlässig handelt, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht läßt (§ 276 I Satz 2 BGB). Der Beweis f ü r ein Verschulden des Schädigers ist vom Geschädigten, d. h. dem Kl., zu führen. Die Frage, ob der Richter eine Behauptung als bewiesen ansieht oder nicht (nicht die Frage der Beweislast - BGH, N JW 1952, 142 s ), bestimmt sich aber nach dem jeweiligen Verfahrensrecht, das an dem Ort gilt, an dem das erkennende Gericht seinen Sitz hat (BGH, JZ 1955, 702 6 ). Maßgebend ist danach das deutsche Verfahrensrecht, nach welchem ein Verschulden des Sohnes der Bekl. nach den Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins festzustellen i s t . . . [Es wird ausgeführt, daß hiernach ein Verschulden des Sohnes feststeht.] Die Bekl. haftet deshalb dem Kl. auch als Erbin ihres Sohnes f ü r dessen unerlaubte Handlung. Die Frage, ob die Bekl. Erbin ihres Sohnes geworden ist und ob sie als solche f ü r dessen Nachlaßverbindlichkeiten haftet, richtet sich wiederum nach deutschem Recht, da diese Frage mit dem Tatbestand der unerlaubten Handlung und dem Umfang der Ersatzpflicht (Art. 12 EGBGB) nichts zu tun hat. Maßgebend sind die §§ 1922, 1925, 1967, 2058, 421 BGB . . . III. Entsprechend den Bestimmungen des § 844 I BGB m u ß die Bekl. dem Kl. auch als dem mittelbar Geschädigten die Beerdigungskosten' ersetzen. Die nach dem jugoslawischen Recht maßgebliche Bestimmung des österreichischen ABGB - § 1327 - lautet: .Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten, sondern auch den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete 6
IPRspr. 1950-1951 Nr. 2.
• IPRspr. 1954-1955 Nr. 1.
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nach dem Gesetz zu sorgen hat, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden.'
(Vgl. dazu Klang-Wolff,
Anm.zu § 1327, S. 149; Vukovic aaO 1038.)
Nach der jugoslawischen Rechtsprechung gehören zu den Beerdigungskosten - wie die Auskunft des Max-Planck-Instituts ergibt — auch die Kosten der Überführung der Leiche aus Jugoslawien ins Ausland (Entscheidung des OBG von 1954, veröffentlicht bei Bazala, Materijalna, odgovornost radnika i privredne organizacije [Zivilrechtliche Haftung der Arbeiter und Wirtschaftsorganisationen] Zagreb 1962, 156, Nr. 146), sowie alle Kosten, welche die .nötige Pietät, Tradition und Gewohnheit' erfordern (Entscheidung des OG Kroatien von 1955, veröffentlicht bei Bazala aaO 157, Nr. 149). Ausdrücklich ausgenommen sind jedoch nach einer Grundsatzentscheidung der Abteilung f ü r Zivilsachen des OG Jugoslawien von 1961, Zibirka 6 (1961) Heft 1, die Kosten f ü r einen Grabstein. Letztere verfolgt der Kl. jedoch mit der Klage nicht mehr. IV. 1. Ein mitwirkendes Verschulden des Kl. selbst, das dieser sich auf seinen Ersatzanspruch anrechnen lassen müßte, ist nicht ersichtlich . . . 2. Dagegen liegt ein mitwirkendes Verschulden des Sohnes des Kl. selbst, das f ü r seinen Tod auch ursächlich war, vor. Dieses mitwirkende Verschulden beschränkt den Anspruch des Kl. sowohl nach dem Recht des Staates Jugoslawien als auch nach deutschem Recht. Zwar ist zu der Frage, ob sich ein mitwirkendes Verschulden des getöteten Geschädigten auf den Anspruch der mittelbar Geschädigten auswirkt, von der jugoslawischen Rechtsprechung und Rechtslehre - soweit ersichtlich - noch nicht Stellung genommen worden. Die österreichische Rechtsprechung und Rechtslehre bejahen jedoch ausdrücklich diese Frage, wobei sie sich auf die §§ 1304 und 1327 ABGB stützen (Klang-Wolff, Bern, zu § 1304 ABGB, S. 64 und zu § 1327 ABGB, S. 153). Die Rechtsregeln dieser Bestimmungen werden in der jugoslawischen Rechtsprechung — wie die Auskunft des Max-Planck-Instituts ergibt — konsequent angewendet. Es ist daher anzunehmen, daß sie die obige Frage positiv entscheiden würde. Nach deutschem Recht ist die Frage positiv nach § 846 BGB geregelt. Die Notwendigkeit der Beschränkung des Schadensersatzanspruches des Kl. wegen eines mitwirkenden Verschuldens seines Sohnes ergibt sich nach jugoslawischem Recht aus § 1304 des österreichischen ABGB. Diese Bestimmung lautet: ,Wenn bei einer Beschädigung zugleich ein Verschulden von seiten des Geschädigten eintritt, so trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnismäßig, und wenn sich das Verhältnis nicht bestimmen läßt, zu gleichen Teilen.'
(Vgl. dazu Klang-Wolff, Anm.zu § 1304 ABGB, S. 57-66; Vukovic aaO Anm. zu § 1304 ABGB, S. 1017). Das Prinzip des mitwirkenden Verschuldens ist - wie die genannte Auskunft des Max-Planck-Instituts ebenfalls ergibt - auch in die neue jugoslawische Rechtsordnung aufgenommen worden. Die jugoslawische Rechtsprechung hat die ,Rechtsregel' des § 1304
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ABGB in einer Reihe von Fällen angewandt und betrachtet sie als vereinbar mit der neuen Rechtsordnung (vgl. dazu die zitierte Rechtsprechung in der Auskunft des Max-Planck-Instituts). Eine Entscheidung des OG Jugoslawien vom 17. 5. 1958 gibt den Inhalt des § 1304 ABGB folgendermaßen wieder: ,Ist der Schaden neben der Verantwortung des Schädigers auch auf die Verantwortung des Geschädigten zurückzuführen, so haftet der Geschädigte gemäß seinem Anteil; kann aber dieses Verhältnis nicht festgestellt werden, so haften sie zu gleichen Teilen.'
Die Rechtsregel des § 1304 ABGB ist nur dann anzuwenden, wenn der Schädiger fahrlässig gehandelt hat. Hat er den Schaden vorsätzlich verursacht, so haftet er auch dann f ü r den ganzen Schaden, wenn der Geschädigte selbst fahrlässig handelte. Hat der Schädiger nicht f ü r den gesamten Schaden einzustehen, so haften in der Regel Schädiger und Geschädigter zu gleichen Teilen. Das mitwirkende Verschulden des Geschädigten kann nur in Ausnahmefällen zum Haftungsausschluß führen. Der jugoslawischen Rechtsprechung und Rechtslehre liegt es fern, den Gedanken des sogenannten .Handelns auf eigene Gefahr' auf Gefälligkeitsfahrten anzuwenden, um durch einen vermuteten Haftungsverzicht des Geschädigten die Haftung des Schädigers auszuschließen (Toroman, Odgovornost vlasnika automobila [Haftung des Kraftfahrzeughalters]: Anali Pravnog fakulteta Beogradu [Jahrbuch der juristischen Fakultät zu Belgrad] 1953, 447). Zu einer völligen Entlastung des Schädigers führt n u r die sogenannte .Einwilligung des Geschädigten' nach dem Grundsatz .volenti non fit iniuria'. Dieser Grundsatz wird jedoch nur in beschränktem Umfang angewandt, z. B. bei ärztlichen Eingriffen und sportlichen Wettbewerben. Die bloße Kenntnis der zukünftigen Gefahr bedeutet nicht die Einwilligung in eine Schadenszufügung. Ein Verschulden des Geschädigten kann nur berücksichtigt werden, wenn zwischen seiner Handlung oder Unterlassung und der Entstehung des Schadens ein Kausalzusammenhang besteht. Darüber entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles. Die Tatsache, daß die mitfahrenden Geschädigten angetrunken waren, begründet nach der Rechtsprechung f ü r sich allein noch nicht ihr Verschulden oder mitwirkendes Verschulden, es sei denn, daß festgestellt wird, daß ihr Verhalten tatsächlich zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (Entscheidungen des OG Kroatien und des OBG von 1958, wiedergegeben bei Bazala, Materijalna odgovornost radnika i privredne organizcije [Zivilrechtliche Haftung der Arbeiter und der Wirtschaftsorganisation], Zagreb 1962, 150, Nr. 115, 116). Die von der jugoslawischen Rechtsprechung angewandten Grundsätze über das mitwirkende Verschulden des Beschädigten sind auch mit der Entscheidung des BGH in BGHZ 34, 355 (363-367) vergleichbar. Die jugoslawischen Gerichte pflegen in den entsprechenden Fällen den Schaden im Verhältnis zu dem Verschulden zwischen dem Schädiger und Geschädigten zu verteilen. Im gewissen Sinne ist das jugoslawische Recht f ü r den Ge-
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schädigten günstiger: Es sieht keinen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (venire contra facta propria) als gegeben an, wenn der unentgeltlich Mitbeförderte gegen den Schädiger Ersatzansprüche geltend macht. Der Geschädigte haftet nämlich nur, soweit sein Verschulden und ein Kausalzusammenhang zwischen seinem Handeln und der Entstehung des Schadens festgestellt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier alle v o r . . . Auch bei Anwendung deutschen Rechts (Art. 12 EGBGB) wäre die Bekl. in gleichem Umfange ersatzpflichtig. Die vorgenannten Erörterungen treffen auch zu, wenn man den Anspruch des Kl. anhand der Bestimmungen der §§ 846, 254, 828 BGB prüft (BGHZ 34, 355 = VRS 20, 241 ff.)." 53a Zur Bestimmung des maßgeblichen Rechts für Unterhalts- und Schmerzensgeldansprüche einer Schweizerin, die bei einem Verkehrsunfall in Italien den ein deutscher Staatsangehöriger schuldhaft verursacht hat, eine ihr Unterhalt gewährende Tochter verloren hat. BGH, Urt. vom 9. 11. 1965 - VI ZR 260/63: FamRZ 1966, 28; VersR 1966, 283. Am 16. 9. 1957 kam es aus Verschulden des deutschen Bekl., der als Fahrer eines Mercedes-Personenkraftwagens das Vorfahrtsrecht nicht beachtete, auf der Staatsstraße zwischen Peschiera [Gardasee] und Verona zu einem schweren Verkehrsunfall. Hierbei wurde das einzige noch lebende Kind der Kl., die am 27. März 1932 geborene Hotelsekretärin Silvia F., getötet, die im anderen unfallbeteiligten Wagen saß und - wie die Kl. - Schweizerin war. Die Kl. nimmt den Bekl. auf Ersatz entgangener finanzieller Unterstützung durch die Tochter und Schmerzensgeld in Anspruch.
Aus den Gründen: „I. Über die haftungsrechtliche Grundlage des Anspruchs auf Ersatz des Unterhaltsausfalls besteht unter den Parteien kein Streit. Das Berufungsgericht hält nach deutschem IPR und mangels einer Rückverweisung des fremden Kollisionsrechts das Recht des italienischen Begehungsorts f ü r maßgebend (Art. 2054 I, 2057 Cc). Entsprechend Art. 12 EGBGB darf der Kl. allerdings nicht mehr als bei Anwendung deutschen Rechts (§ 844 II BGB) zuerkannt werden. F ü r die Unterhaltspflicht hält das Berufungsgericht im Verhältnis der Kl. zu ihrem ehelichen Kind nach dem Tode des Vaters das Heimatrecht der Mutter f ü r entscheidend und gelangt daher insoweit zur Anwendung des schweizerischen Rechts (Art. 328, 329 ZGB), ebenfalls mit der Einschränkung des Art. 12 EGBGB. Von dieser rechtlich bedenkenfreien Beurteilung geht auch die Revision aus. II. . . . III. 1. Das Berufungsgericht geht als Grundlage des Schmerzensgeldbegehrens von Art. 47 des Schweiz. OR aus, indem es unter Hinweis auf Soergel-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 12 EGBGB Bern. 19 bei Zufügung seelischer
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Schmerzen, die selbständiges Delikt ist, als Erfolgsort den Ort der Wahrnehmung (Empfang der Todesnachricht) ansieht. Entsprechend Art. 12 EGBGB nimmt es zutreffend an, daß dem Bekl. keine weitergehende Entschädigung immateriellen Schadens als nach § 847 BGB auferlegt werden könne. Gegen diese Rechtsauffassung erhebt die Revision keine Einwände." 5 4 . Bei einem Zusammenstoß zweier deutscher Ski-Urlauber land findet deutsches Recht Anwendung.
im Aus-
OLG Düsseldorf, Urt. vom 21. 12. 1965 - 4 U 188/65: MDR 1966, 504; Fremdenverkehrsrechtliche Entscheidungen 3 (1968) 217 Nr. 270; Leitsatz in VersR 1966, 856. Aus den Gründen: „Der Bekl. ist dem Kl. gemäß §§ 823, 847 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Für die Beurteilung der Schadensersatzansprüche des Kl. ist deutsches Recht maßgebend. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich dies - wie das LG ausgeführt hat — aus der VO über die Rechtsanwendung bei Schädigungen deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebiets vom 7. 12. 1942 ergibt, deren Fortgeltung bestritten ist (vgl. hierzu bejahend BGHZ 34, 224 verneinend Beitzke, MDR 1959, 883 und NJW 1961, 1996; offengelassen vom OLG Karlsruhe, N J W 1964, 55 2 ). Die Anwendung des deutschen Rechts folgt jedenfalls aus den anerkannten Grundsätzen des IPR. Wenn sich zwei Parteien gleicher Staatsangehörigkeit, wie im vorliegenden Fall, vorübergehend im Ausland aufhalten, ist der gemeinsamen Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt f ü r die anzuwendende Rechtsordnung der Vorrang zu geben. Der wegen des Grundsatzes, daß jedermann sein Verhalten so einzurichten hat, wie es das örtliche maßgebende Recht verlangt, im IPR anerkannte Anknüpfungspunkt des Tatortes erscheint gegenüber dem Personalstatut in einem solchen Falle von minderer Bedeutung (vgl. hierzu auch Kegel, IPR, 2. Aufl. 1964, 242; Palandt-Lauterbach, BGB, Art. 12 EGBGB Anm.4; OLG Karlsruhe, NJW 1964, 55 2 )."
4. Veränderung und Erlöschen von Schuldverhältnissen 5 5 . Der gesetzliche Übergang einer Schadensersatzforderung eines Niederländers aus einem Verkehrsunfall in der Bundesrepublik auf den niederländischen Versicherer bestimmt sich nach dem sogenannten Betriebsstatut, also der Rechtsordnung des Sitzes oder der Niederlassung des Versicherers. 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 47a.
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 39.
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OLG Oldenburg, Urt. vom 16. 12. 1965 - 1 U 80/65: VRS 1966, 161. Die Kl. hat als Versicherer des Kaufmanns H. aus Oldenzaal (Niederlande) die Schäden aus einem Verkehrsunfall reguliert, der sich am 6. 7. 1961 auf der Bundesstraße 65 in der Gemarkung Rabber ereignete. Am Unfall waren beteiligt ein Lastzug des Versicherungsnehmers der Kl. sowie ein Lkw des Müllermeisters N. aus Schröllinghausen, der von diesem selber gelenkt wurde und in dem sich eine Frau S. als Beifahrerin befand. Die Kl. hat vorgetragen, das beklagte Land habe durch Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht den Unfall mitverschuldet. Sie macht daher mit der Klage einen Ausgleichsanspruch gegen das Land geltend. Aus den Gründen: „Die Bauarbeiter des bekl. Landes haben gegen dessen Verkehrssicherungspflicht verstoßen u n d den Unfall vom 6. 7. 1961 d a d u r c h mitverursacht. Das bekl. L a n d h a f t e t deshalb den Unfallgeschädigten N. u n d F r a u S. neben dem Versicherungsnehmer der Kl. als Gesamtschuldner. Da die Kl. f ü r ihren Versicherungsnehmer diesen Schaden reguliert hat, ist der Schadensersatzanspruch der Geschädigten gemäß §§ 840, 426 II BGB auf d e n Versicherungsnehmer der Kl. u n d von diesem auf die Kl. als Versicherer übergegangen. Dieser Forderungsübergang ergibt sich z w a r nicht aus § 67 VVG, da sich die Rechtsbeziehungen zwischen der Kl. u n d ihrem Versicher u n g s n e h m e r nicht nach deutschem Recht, sondern nach niederländischem Recht richten, weil beide ihren W o h n s i t z bzw. ihre Niederlassung in den Niederlanden h a b e n (Betriebsstatut, vgl. Raape, [IPR] 5. Aufl., § 41 Anm. 35, § 47 Nr. 2). Aber nach dem niederländischen Recht besteht gemäß Art. 284 1. Halbs, des Wetboek van Koophandel insoweit eine dem § 67 VVG entsprechende Regelung eines gesetzlichen Forderungsüberganges auf den Versicherer. Die Kl. k a n n d a h e r gegen das bekl. L a n d einen Ausgleichsanspruch gemäß § § 840, 426, 254 BGB geltend machen."
5. Allgemeines Handelsrecht 6. Wertpapierrecht Siehe auch Nr. 221 5 6 . Die Frage, nach welcher Rechtsordnung sich die Befugnis des Inhabers eines Blankowechsels zu dessen Ausfüllung beurteilt, ist nicht nach den Vorschriften der Art. 91 f f . WG zu beantworten, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen über das Schuldstatut. OLG München, Urt. vom 27. 7. 1965 - 5 U 988/65: OLGZ 1966, 34. Der Kl. klagte im Urkundenprozeß drei Wechsel ein, die er blanko ausgestellt und die der Bekl. angenommen hat. Der Zahlungsort war offengelassen, als Wohnort des Bezogenen Schaan in Liechtenstein angegeben.
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Das LG hat die Klage abgewiesen, weil in den Urkunden die Angabe des Wechselnehmers fehlte. Der Kl. hat sich daraufhin selbst als Wechselnehmer eingesetzt und Berufung eingelegt. Aus den Gründen: „In ihrer nunmehrigen Form entsprechen die Wechsel den gemäß Art. 92 I WG maßgebenden Formvorschriften des deutschen Wechselrechts . . . Auch die Frage, ob eine zunächst blanko gegebene Unterschrift nach Ausfüllung des darüber stehenden Textes eine formgerechte Wechselerklärung darstellt, bestimmt sich gemäß Art. 92 I WG nach dem Recht des Ausstellungsortes und damit hier nach deutschem Recht, das in einem nachträglich ausgefüllten Blankett einen ordnungsgemäßen Wechsel erblickt (vgl. Art. 10 W G ) . . . Die Frage, ob der Inhaber eines Blankowechsels zu dessen Ausfüllung berechtigt ist, gehört - da der Blankowechsel vor seiner Ausfüllung noch keine wechselrechtlichen Verbindlichkeiten zu begründen vermag — nicht dem Wechselrecht, sondern dem allgemeinen bürgerlichen Recht an. Dementsprechend richtet sich die Frage, nach welcher Rechtsordnung diese Befugnis zu beurteilen ist, nicht nach den Vorschriften der Art. 91 ff. WG, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen über das Schuldstatut. Im vorliegenden Fall sind die Blankowechsel einschließlich der Annahmeerklärung des Bekl. in Deutschland ausgestellt worden. Sie lauteten auf deutsche Währung. Der Zahlungsort war offengelassen und konnte noch eingesetzt werden; es stand also noch nicht fest, daß nach Vervollständigung des Wechsels Schaan in Lichtenstein gemäß Art. 2 III WG als Zahlungsort gelten werde. Bei dieser Sachlage muß davon ausgegangen werden, daß sich die Befugnis zur Ausfüllung des Wechsel nach deutschem und nicht nach liechtensteinischem Recht richten sollte."
7. Versicherungsrecht Siehe Nr. 55
8. Land- und Lufttransportrecht Siehe auch BGH, Urt. vom 9. 10. 1964 - Ib ZR 226/62: BGH Warn 1964 Nr. 215; NJW 1964, 2348; DB 1964, 1587; VersR 1964, 1205; VRS 27 (1964) 421 Nr. 182; MDR1965,24; AWD 1965,92; LM Nr. 3 zu Warschauer Abkommen; ZLW1965,167. 5 7 . Das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR) gilt nach seinem Art. 1 I Satz 2 ohne Rücksicht auf den Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit der Vertragschließenden. Daraus folgt, daß die CMR auch auf Verträge zwischen Inländern anzuwenden ist, sofern der Vertrag inhaltlich in den Anwendungsbereich der CMR fällt.
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Die Art. 17 f f . CMR regeln die Haftung des Frachtführers nur insoweit, als es sich um den Verlust oder die Beschädigung des Gutes und um die Überschreitung der Lieferfristen handelt. Diese Vorschriften enthalten erkennbar keine abschließende Regelung in dem Sinne, daß der Frachtführer für andere Vertragsverletzungen nicht hafte. Die CMR ist vielmehr nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, daß auf die Haftung des Frachtführers im übrigen die Vorschriften derjenigen nationalen Rechtsordnung anzuwenden sind, der der Vertrag — vorbehaltlich der Anwendung der CMR - untersteht. LG Bremen, Urt. vom 6. 5.1965 - 13 O Nr. 12/1965: Europäisches Transportrecht 691. Die KI. betreibt ein Speditionsunternehmen. Die Bekl. führt internationale Transporte mit Kraftfahrzeugen aus. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Am 30. 6. 1964 befanden sich zwei Kühllastzüge der Bekl. in Lecco, Oberitalien. Die Bekl. suchte für die beiden Lastzüge weitere Ladung. Sie wandte sich daher am 30. 6. 1964 durch ein Fernschreiben an die Kl. und fragte an, ob die Kl. ihr Ladung vermitteln könne. Anschließend kam es zwischen den Parteien zu einer längeren fernschriftlichen Korrespondenz. Während dieses Fernschriftwechsels vereinbarten die Parteien, daß beide Lastzüge der Bekl. Ladung für die Kl. übernehmen sollten. Der eine Lastzug sollte einen Posten Schokolade von Perugia nach Paris befördern. Der andere Lastzug sollte eine Ladung Weinkartons von Dosimo nach Deutschland bringen. Die Bekl. führte die mit der Kl. vereinbarten Transporte nicht durch. Sie ließ ihre beiden Lastzüge vielmehr in Bozen andere Ladung nehmen, die eine Konkurrentin der Kl. angeboten hatte. Die Kl. verlangt Schadensersatz.
Aus den Gründen: „Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt: Zwischen den Parteien sind rechtlich bindende Frachtverträge über den Schokoladentransport von Perugia nach Paris und den Weintransport von Dosimo nach Deutschland zustande gekommen. Die Parteien haben sich am 30. 6. 1964 unstreitig fernschriftlich über die Durchführung der beiden Transporte und die Höhe der zu zahlenden Fracht geeinigt. In diesen Abmachungen lag rechtlich der Abschluß von zwei Frachtverträgen. Die Übernahme der Ladung oder die Ausstellung von Frachtbriefen war zum Zustandekommen der Frachtverträge nicht erforderlich. Wie die Kl. mit Recht vorträgt, beurteilen sich die Rechtsbeziehungen der Parteien nach dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19. 5. 1956 (BGBl. 1961 II 1119), das in der Bundesrepublik am 5. 2. 1962 in Kraft getreten ist. Die CMR gilt nach ihrem Art. 1 f ü r alle Verträge über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mit Kraftfahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der Ablieferungsort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle sämtlich erfüllt. Der Anwendung der CMR steht nicht entgegen, daß die Inhaber der Parteien deutsche Staatsangehörige 13 IPR 1964/65
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sind. Die CMR gilt nach ihrem Art. 11 Satz 2 ohne Rücksicht auf den Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit der Vertragschließenden. Daraus folgt, daß die CMR auch auf Verträge zwischen Inländern anzuwenden ist, sofern der Vertrag, wie im vorliegenden Falle, inhaltlich in den Geltungsbereich der CMR fällt. Die CMR, die keine Unterscheidung von Wagenstellungsvertrag und Beförderungsvertrag (§§ 14, 15 KVO) kennt, enthält für den Abschluß von Frachtverträgen keinerlei Formvorschriften. Die Ausstellung des Frachtbriefes hat nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 4 CMR lediglich deklaratorische Bedeutung. Die Übernahme der Ladung ist gleichfalls keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Frachtvertrag. Der Frachtvertrag ist nach der CMR ebenso wie nach den §§ 425 ff. HGB kein Real-, sondern ein Konsensualvertrag. Die fernschriftlich abgeschlossenen Frachtverträge sind auch zwischen der Kl. und der Bekl. zustande gekommen. W i e die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt haben, ist die Kl. bei ihren Verhandlungen mit der Bekl. nicht als Vertreter der italienischen Versender, sondern entsprechend § 407 HGB im eigenen Namen aufgetreten. Da die Bekl. schuldhaft die Pflichten nicht erfüllt hat, die ihr nach den Frachtverträgen oblagen, ist sie der Kl. schadensersatzpflichtig. Die Haftungsvorschriften der CMR kommen allerdings nicht als Grundlage für eine Schadensersatzpflicht der Bekl. in Frage. Die Art. 17 ff. CMR regeln die Haftung des Frachtführers nur insoweit, als es sich um den Verlust oder die Beschädigung des Gutes und um die Überschreitung der Lieferfristen handelt. Diese Vorschriften enthalten aber erkennbar keine abschließende Regelung in dem Sinne, daß der Frachtführer für andere Vertragsverletzungen nicht hafte (vgl. auch Art. 29 II CMR). Die CMR ist vielmehr nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, daß auf die Haftung des Frachtführers im übrigen die Vorschriften der nationalen Rechtsordnung anzuwenden sind, der der Vertrag - vorbehaltlich der Anwendung der CMR untersteht. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß sich die Schadensersatzpflicht der Bekl. nach deutschem Recht beurteilt. Grundlage für den Schadensersatzanspruch der Kl. ist damit der § 325 BGB." 5 8 . Das Ubereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) ist anwendbar, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der der Ablieferung in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer Vertragsstaat ist. Das gilt auch dann, wenn beide Vertragsteile des Beförderungsvertrages ihren Wohnsitz in demselben Staat haben und wenn sie dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen. OLG Nürnberg, Urt. vom 14. 6. 1965 - 5 U 181/64: A W D 1965, 339. Aus den Gründen: „Auf die Beziehungen der Parteien ist das .Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR)' - BGBl. 1961 I I 1120-anzuwenden.
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a) Nach Art. 1 I Satz 1 gilt dieses Übereinkommen für jeden Vertrag über die endgültige Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrage angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Bekl. sollte die Pilze auf der Straße mittels eines Thermoslastwagens von Jugoslawien nach Deutschland gegen Entgelt befördern. Sowohl Jugoslawien als auch die Bundesrepublik Deutschland sind Unterzeichner des Übereinkommens. Der Umstand, daß sowohl die Kl. als auch die Bekl. ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, hindert die Anwendung des Übereinkommens nicht. Denn nach Art. 1 1 Satz 2 gilt das Übereinkommen ohne Rücksicht auf den Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit der Parteien. Zwar wird nicht ausdrücklich gesagt, daß das Übereinkommen selbst dann gelte, wenn beide Vertragsteile ihren Wohnsitz im selben Staate haben oder wenn sie dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen. Es wird aber auch nicht gesagt, daß das Übereinkommen in diesen Fällen nicht gelte. Es hat deshalb bei der positiven Bestimmung des Art. 1 I Satz 2 zu bleiben, daß ohne Rücksicht auf den Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit der Parteien die Anwendung des Übereinkommens allein durch die im Art. 1 I Satz 1 genannten Voraussetzungen bestimmt wird. Die Präambel des Übereinkommens, in der es heißt, daß die Bedingungen für den Beforderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr geregelt werden sollen, widerspricht dieser Auslegung nicht. Denn die Bezeichnung .international' in diesem Zusammenhang bezieht sich auf den .Güterverkehr'. Dieser ist international, sobald er mehrere Staaten berührt. Die Bezeichnung kann nicht dahin verstanden werden, daß nur für diese Fälle eine Regelung getroffen werden sollte, in denen durch die Beteiligung verschiedener Staatsangehöriger sich .internationale Rechtsbeziehungen' ergeben. b) Die vorstehende Auslegung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens wird durch die Bemerkungen in der Denkschrift, mit der der Entwurf des Übereinkommens dem Bundestag vorgelegt worden ist, gestützt (Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Anlagenband 62, Drucksache 1144). Auch dort heißt es nämlich zur Anwendbarkeit lediglich, daß hierfür der Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit der Parteien des Frachtvertrages ohne Bedeutung seien. Da die Bemerkungen Erläuterungen für das bessere Verständnis durch die Bundestagsabgeordneten darstellen, wäre hier sicher eingefügt worden, daß eine Ausnahme dann gelte, wenn die Parteien dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen, wenn der Wortlaut des Übereinkommens so hätte verstanden werden sollen. Assessor Muth, der bei den Verhandlungen über das Übereinkommen bei der Europäischen Kommission in Genf beratend mitgewirkt hatte (s. Der Güterverkehr 1963, 84), führt hierzu in ,Der Güterverkehr' 1962, 204 aus, daß die CMR für die .grenzüberschreitenden Transporte' der Vertragsstaaten gelte. In ,Der Güterverkehr' 1964, 94 legt er ferner dar, daß im grenz13*
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überschreitenden Güterverkehr die CMR an die Stelle der KVO (Kraftverkehrsordnung) , des HGB (Handelsgesetzbuch) und der AGNB (Allgemeine Beförderungsbedingungen für den gewerblichen Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen) getreten sei, und in ,Der Güterverkehr' 1963, 12, daß die KVO demnach nur noch im innerdeutschen Verkehr Anwendung finde. Hieraus kann entnommen werden, daß die CMR auch dann Anwendung findet, wenn beide Vertragspartner dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen. Denn sonst wäre es unverständlich, daß die KVO nur noch für den innerdeutschen Verkehr gelten sollte. Auch der Aufsatz von Dr. Heinrich Schulze (Der Güterverkehr 1959, 64) läßt dies erkennen. Schulze führt die einzelnen Voraussetzungen für die Anwendung der CMR an, wie sie in deren Art. 1 I Satz 1 niedergelegt sind, und fährt dann fort: ,Sind die vorstehend bezeichneten Voraussetzungen erfüllt, so unterliegt der Beförderungsvertrag — vorbehaltlich sich aus Art. 1 Abs. 4 und 5 ergebender Ausnahmen — stets der CMR. Welchen Wohnsitz oder welche Staatsangehörigkeit die Parteien haben, ist hierfür ohne Bedeutung.' Da weitere Ausführungen fehlen, kann es wohl auch nach der Meinung des Verfassers keine weiteren Ausnahmen geben. Auch er muß deshalb der Auffassung sein, daß die CMR auch dann anzuwenden ist, wenn die Vertragsparteien dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen."
9. See- und Binnenschif fahrtsrecht Siehe auch Nr. 71, 280 Das Urteil des HansOLG Bremen vom 18. 6. 1964 - 2 U 117/63: Hansa 1964, 2374 wird in diesem Band nicht abgedruckt, da ein Revisionsurteil des BGH vom 5. 12. 1966 - II ZR 232/64 - ergangen ist.
5 9 . a) Die Immunität von Staatsschiffen, die im Rahmen privatrechtlicher fiskalischer Tätigkeit verwendet werden, ist im Völkerrecht nicht mehr allgemein anerkannt. Sie sind deshalb weder von fremdstaatlicher Gerichtsbarkeit eximiert noch frei von Arrest, Beschlagnahme oder Vollstreckungsmaßnahmen. b) Die Baltische Staatsreederei ist als juristische Person parteifähig. Für Ansprüche aus einer auf hoher See erfolgten Kollision gilt grundsätzlich das Recht der Flagge. Haben die Schiffe verschiedene Heimatrechte und sind die Haftungssysteme unterschiedlich, so ist jedoch auf die gegenseitigen Ansprüche im Interesse einer einheitlichen Entscheidung die lex fori anzuwenden. Wegen der Zufälligkeit des Gerichtsortes erscheint es allerdings erwägenswert, auch in diesen Fällen auf das Recht der Flagge abzustellen. a) LG Bremen, Urt. vom 21. 12. 1959 - Q Nr. 50/1959: Europäisches Transportrecht 1968, 382. b) LG Bremen, Urt. vom 8. 2. 1962 - O Nr. 335/1959: Europäisches Transportrecht 1968, 390.
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Im November 1959 kollidierten in der Nordsee etwa 5 sm querab Lange-oog Baltrum die Dampfer „Tanar" und „Charkow". Die „Tanar" sank, die „Charkow" wurde beschädigt und lief zur Reparatur in Bremerhaven an. Die „Tanar" wird von der türkischen Kl., die „Charkow" von der „Baltiiskoje Gossudarstwennoje Parochodstwo" (Baltische Staatsreederei) bereedert. In dem ersten Verfahren tritt der Reeder der „Tanar" als Arrestkl. auf. Die Arrestbekl. macht geltend, ein Arrest gegen die „Charkow" sei unzulässig, da es sich bei der „Charkow" um ein Staatsschiff handele. In dem zweiten Verfahren verlangt die Kl. von der Baltischen Staatsreederei Schadensersatz. Die Bekl. hat Widerklage auf Schadensersatz erhoben. Die Parteien streiten über die Parteifähigkeit der Bekl. und über das anwendbare Recht
Aus den Gründen: a) LG Bremen 21.12. 1959 - Q Nr. SOI1959: „Die Arrestbekl. hat glaubhaft gemacht, daß es sich bei der .Charkow' u m ein im Eigentum der UdSSR stehendes Schiff, mithin u m ein Staatsschiff handelt. Die Auffassung der Arrestkl., die Arrestbekl. sei eine öffentlich-rechtliche Körperschaft im Sinne des deutschen Rechtssystems, die zwar möglicherweise dem Staat gehöre, aber doch als juristische Person a m privaten Rechtsverkehr teilnehme, trifft nicht zu. Es ist gerichtsbekannt, daß die UdSSR auf dem Boden sozialistischer Wirtschaftsauffassung steht u n d danach Handel und Wirtschaft beim Staat monopolisiert hat, soweit sie nicht Ausnahmen zuläßt. Die Verwaltung der einzelnen staatlichen Vermögensteile k a n n naturgemäß nicht durch die obersten Staatsorgane vorgenommen werden. Die einzelnen Staatsvermögensteile müssen, u m ü b e r h a u p t wirtschaften zu können, von besonderen Staatsorganen verwaltet werden, u m sie lebensfähig zu erhalten. Das ergibt sich insbesondere f ü r Vermögensteile, die dem Handel u n d der Wirtschaft dienen, u n d die Bildung solcher besonderen staatlichen Verwaltungskörperschaften entspricht deshalb der Notwendigkeit und damit folgend der Übung in gleichem Maße wie es bei Staatsvermögen innerhalb anderer Wirtschaftsauffassungen der Fall ist. W e n n daher die eidesstattliche Versicherung des Oberrechtsberaters Dergatschow ausführt, daß die Arrestbekl. den Rechtscharakter einer Behörde trage, die von Staatsbeamten geleitet werde, so entspricht das nicht n u r dem Wesen sozialistischer Wirtschaftsauffassung, sondern auch der Handhabung in zahlreichen anderen Nationen, die staatliche Handelsflotten unterhalten, wie beispielsweise die USA, die Republik Argentinien, Columbien u n d andere mehr. Die Gerichtsbarkeit des entscheidenden Gerichts über die Arrestbekl. als Staatsunternehmerin ist als Prozeßvoraussetzung von Amts wegen zu p r ü fen; vgl. Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, § 41, 13 (S. 404). Ob der Einwand der Exemtion in dem Vorbringen der Arrestbekl. zu erblicken ist, k a n n deshalb auf sich beruhen. Auf die Exemtion k a n n jedoch verzich1 Die Sache ruht in der Berufungsinstanz. Der Streit über das anwendbare Recht ist vor dem OLG durch Vergleich auf die Anwendung deutschen Rechts erledigt worden und damit unter den Parteien nicht mehr streitig.
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tet werden, u n d in der Tatsache, daß die Arrestbekl. sich auf dieses u n d das Beweissicherungsverfahren in der Hauptsache sachlich eingelassen hat, könnte ein solcher Verzicht erblickt werden; vgl. Dahm, Völkerrecht I, § 41 I, II (S. 245 ff.). Es braucht diese Frage jedoch nicht abschließend g e p r ü f t zu werden: Die Inanspruchnahme der Freiheit vom Arrest durch die Arrestbekl. bedeutet einen Sonderfall der Immunität, deren rechtliche Beurteilung der der allgemeinen Immunität gleich ist; vgl. Dahm, § 40 IV (S. 240). Diese allgemeine Immunität steht der Arrestbekl. nicht zu, u n d damit ist sie auch nicht arrestfrei. Die Frage der Immunität der Arrestbekl. ist nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, das auf Grund von Art. 25 GG innerdeutsches Gesetzesrecht ist, zu prüfen. Völkerrechtlich vereinbart ist die Immunität der Schilfe der Arrestbekl. nicht. Art. X des deutsch-sowjetischen vorläufigen Abkommens vom 6. 5. 1921 (RGBl. 929), das die H a f t b a r m a c h u n g sowjetischer Schiffe u. a. wegen Ersatzansprüchen von Schiifskollisionen ausdrücklich vorsah, ist durch Art. 3 des deutsch-sowjetischen Vertrages vom 12. 10. 1925 (RGBl. 1926 II 2 ff.) a u ß e r Kraft gesetzt worden. (Der in Art. 3 II aaO erwähnte RapalloVertrag vom 17. 2. 1922 [RGBl. II 677] tangiert diese Frage nicht.) Art. 9 II des genannten deutsch-sowjetischen Vertrages vom 12. 10. 1925, der u. a. den Anspruch der Arrestkl. nach dem damaligen Rechtszustande begründet haben könnte, ist durch das Abkommen vom 25. 4. 1958 zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR (in Kraft seit dem 24. 4. 1959 - vgl. BGBl. II 221, 469) nicht erneuert worden. Es bestehen mithin keine direkten vertraglichen Abmachungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland u n d der UdSSR, die ein deutsches Gericht in den Stand versetzen, Schiffe einer Reederei der UdSSR zu arrestieren oder in sie zu vollstrecken, da nach Art. 3 der Anlage zu dem letztgenannten deutsch-russischen Abkommen n u r die Handelsvertretung der UdSSR f ü r ihre Regierung auftritt, u n d diese ist unstreitig f ü r die Arrestbekl. weder sachlich noch formell in diesem Rechtsstreit tätig geworden. Aber auch das Brüsseler Immunitätsabkomm e n gilt weder im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik zur UdSSR noch der Türkei zur letzteren, da die UdSSR diesem Abkommen nicht beigetreten ist. Art. 6 ist entgegen der Auffassung der Arrestkl. nicht anwendb a r ; denn er stellt bezüglich der Nichtmitgliedstaaten n u r den alten Völkerrechtszustand klar (vgl. Riezler, § 42, 8 [S. 412], wie es sich übrigens auch aus dem Wortlaut jenes Art. 6 ergibt. Da es sich hier nicht u m die Anwendbarkeit des Brüsseler Abkommens zugunsten eines nicht beigetretenen Staates handelt, k o m m t es auf die Frage, ob das Abkommen insoweit eine deutsche Auffassung des Völkerrechts festsetzt, die dieses Gericht anzuwenden hätte, nicht an (vgl. hierzu RGZ 157, 389 [395]). Es bleibt danach die Frage übrig, ob es auch heute noch allgemeine Auffassung des Völkerrechts ist, daß Staatsschiffe, insbesondere Handelsschiffe, Immunität, insbesondere gegenüber Arrest, besitzen. In seinem Urteil in der ,Ice-King'-Sache vom 10.12.1921 hat das RG f ü r jene Zeit diese Auffassung noch b e j a h t (vgl. RGZ 103, 274 ff.). Zu jener Zeit stand die Entwicklung
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eigener Staats-Handelsflotten noch durchaus am Anfang, abgesehen von einigen älteren Fällen, wie sie bei Riezler, § 42, 3 und bei Feine, Staatsschiffe: HansRZ 1922, 247 aufgeführt sind. Seitdem ist die Entwicklung eigener Staats-Handelsflotten, insbesondere durch die USA, die UdSSR, aber auch andere schiffahrttreibende Länder sehr viel weitergegangen, und das Auftauchen staatlicher Handelsschiffe in allen Häfen der Erde ist heutzutage eine Selbstverständlichkeit geworden. Dieser Entwicklung der neuesten Zeit hat sich in der Tat das Völkerrecht angepaßt, wie es das RG in jener Entscheidung ausgangs S. 218 bereits hat anklingen lassen. Auch Feine aaO hat sich dieser Auffassung f ü r die damals herrschende Auffassung angeschlossen. Aus der Entscheidung des RG (RGZ 157, 389 - SienaFall) ist f ü r den hier anhängigen Rechtsstreit nichts zu gewinnen, da dieses sich ausschließlich mit der Frage staatsseitig verwendeter Schiffe befaßt. Auch staatsseitig ist die f r ü h e r vertretene Auffassung aufgegeben worden, so durch die USA durch die Note vom 19. 4. 1923 (.Denkschrift' bei Schaps, [Das deutsche Seerecht] 2. Aufl., II 102) und ursprünglich auch durch die UdSSR, jedenfalls im Verhältnis zu Deutschland, wie sich aus den vorgenannten Verträgen vom 6. 5. 1921, Art. X, und 12. 10. 1925, Art. 9 II, ergibt. Völkerrechtlich anerkannt ist heute der Grundsatz staatlicher Immunität, ob voller oder teilweiser, nur noch f ü r solche Schiffe, die iure imperii tätig sind, d. h in Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, nicht dagegen, soweit sie dem ius gestionis angehören, d. h. normale Handelsgeschäfte fiskalisch betreiben. Es kann hierzu verwiesen werden auf Verdroß, Völkerrecht, 3. Aufl., 169; Dahm, § 40 IV (S. 244); Riezler, § 42, 2 und die hier zitierten ausländischen Entscheidungen; ferner Meurer, J W 1928, 3100; Kollhoff, HansRGZ 1929,2 ff. (16). Hiernach kann eine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach der Staatsschiffe immun seien, nur festgestellt werden f ü r solche Staatsschiffe, die mit hoheitlichen Aufgaben tätig sind, nicht f ü r solche, die im Rahmen normalen Handelsverkehrs als Handelsschiffe auf den Weltmeeren tätig sind. In Anlehnung an die eingangs erörterte Frage, daß nämlich die sozialistische Wirtschaftsauffassung der UdSSR ein Staatsmonopol f ü r Handel und Wirtschaft allgemein vorsieht, nach solcher Auffassung mithin die Betätigung des Staates in Handel und Wirtschaft vom Ursprung her alleinige Staatsaufgabe ist, so daß die Betätigung in Handel und Wirtschaft die Betätigung dem Staate innewohnender hoheitlicher Aufgaben darstellt, kann es zweifelhaft sein, ob unter diesem Ausgangspunkt die Handelsschiffe der Arrestbekl. Privat-Handelsschiffen auch anderer Staaten gleichgestellt werden können, d. h. ob die .Charkow' nach dieser grundsätzlichen Wirtschaftsauffassung ihres Flaggenstaates überhaupt als Kauffahrteischiff noch angesehen werden kann. Hierfür sprechen jedoch einmal die Tatsachen, daß nämlich die Kauffahrteischiffe der Staatsreedereien der UdSSR im internationalen Verkehr nicht anders auf treten als privatzugehörige Schiffe auch, daß sie entsprechend auch die f ü r Kauffahrteischiffe international üblichen Unterscheidungssignale führen; zum anderen ist die Frage, ob es sich u m die Ausübung hoheitlicher oder privatrechtlicher fiskalischer Tätigkeit han-
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delt, nach der lex fori zu entscheiden (vgl. Verdross aaO 170). Nach deutscher Auffassung entspricht aber die Tätigkeit, hier der .Charkow' jedenfalls, wie aber auch überwiegend der hier ladenden und löschenden Schiffe der UdSSR, jener Funktion, die zivile Kauffahrer ausüben, nämlich dem Ab- und Antransport ziviler Bedarfsgüter, wie ihn ganz überwiegend der privatrechtlich organisierte Teil der Privat-Handelsflotte durchführt. Danach ist zusammenfassend festzustellen, daß es sich bei der .Charkow' um ein Staatsschiff der UdSSR handelt, daß dieses Staatshandelsschiff im Rahmen privatrechtlicher, fiskalischer Tätigkeit von der Arrestbekl. jedenfalls bei dieser Reise verwendet worden ist, daß die Immunität solcher Schiffe vom Völkerrecht nicht mehr allgemein anerkannt ist, und zwar weder in der Richtung, daß sie von fremdstaatlicher Gerichtsbarkeit eximiert noch frei von Arrest, Beschlagnahme oder Vollstreckungsmaßnahmen sind." b) LG Bremen, Urt. vom 8. 2.1962 - O Nr. 335/1959: „I. . . . II. Keinen Bedenken begegnet die Parteifähigkeit der Bekl. Sie ist nach sowjetischem Recht zu beurteilen; vgl. f ü r viele Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, § 42 I 2 (6. Aufl., S. 168) und den insbesondere dort zitierten Aufsatz von Pagenstecher, ZZP 64, 249 ff., 1. Teil § 1 II, III. Sie ist eine staatliche Organisation, welche die der UdSSR gehörige .Charkow' .exploitiiert' (wie es in der inoffiziellen Übersetzung des im Arrestverfahren vorgelegten Zertifikats des sowjetischen Geschäftsträgers a. i. in der Bundesrepublik, Timoschenko, vom 19. 12. 1959 heißt). Nach der ebenfalls in jenem Verfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Oberrechtsberaters Dergatschow der Handelsvertretung der UdSSR in der Bundesrepublik Deutschland vom 16. 12 1959 ist die Bekl. eine eigene juristische Person des öffentlichen Rechts mit dem Rechtscharakter einer von Beamten geleiteten Behörde, die der UdSSR gehört und den Weisungen des Ministers f ü r die Handelsschiffahrt untersteht. Die Bekl. kann nach dieser eidesstattlichen Versicherung auf Zahlung verklagt werden. (Wenn nach der gleichen eidesstaatlichen Versicherung keine Zwangsvollstreckung gegen die Bekl. betrieben werden kann, so steht das nicht in Übereinstimmung mit dem geltenden deutschen und Völkerrecht; vgl. insoweit die Ausführungen im zitierten Arresturteil dieses Gerichts, die inzwischen von Menzel gebilligt worden sind. Jedoch bedarf diese Frage hier keiner Erörterung.) Die eidesstattliche Versicherung verweist auf Art. 176 Nr. 6 des sowjetischen Seehandelsschiffahrtsgesetzes vom 14. 6.1929 (SSeeG). Diese Auffassung des Oberrechtsberaters Dergatschow kann nach deutschen Rechtsbegriffen insofern mißverständlich sein, als sie die Bekl. einerseits als eigene juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Passivlegitimation f ü r Zahlungsansprüche, andererseits aber als eine von Beamten geleitete Behörde bezeichnet. Wäre sie letzteres, so könnte sie als statio der Sowtorgflot, die ihrerseits dem Seeschiffahrtsministerium der
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UdSSR untergeordnet ist, angesehen werden; vgl. Art. 7 I SSeeG (vgl. englischen Text des SSeeG bei Szirmai-Korevaar, Merchant Shipping Code of the Sovjet-Union, Leyden 1960, IV: Law in Eastern Europe = SzirmaiKorevaar). Diese Bezeichnung ,als von Beamten geleitete Behörde' soll jedoch offenbar nur die öffentlich-rechtliche, die Staatsstellung der Bekl. erläutern. Aus der anderen Kennzeichnung als eigene, der UdSSR gehörige juristische Person des öffentlichen Rechts, die auf Zahlung verklagt werden kann, und aus dem Zertifikat des Geschäftsträgers Timoschenko, nach dem die Bekl. die .Charkow' .exploitiierte', kann es sich um eine der in Art. 6 SSeeG bezeichneten Organisationen, Genossenschaften oder Unternehmungen handeln; vgl. Szirmai-Korevaar, Note 22. Hieraus ist nicht viel f ü r den Rechtsbegriff der Bekl. zu gewinnen - ,Protean Shape' bei Szirmai-Korevaar —, jedoch bezieht sich Art. 6 SSeeG in erster Linie auf die deutschrechtlich öffentlichrechtliche Frage nach den Voraussetzungen f ü r die Flaggenführung. Wer die der UdSSR gehörigen Schiffe bereedert, ergibt sich dagegen aus Art. 7 SSeeG; vgl. Szirmai-Korevaar, Note 26, 25,15, 25a unterb). Hiernach handelt es sich bei der Bekl. um eine der in Art. 7 II SSeeG genannten .anderen Organisationen', die in eigener Verantwortung und in eigener Organisationsform die .Charkow' bereedert. Sie wird in diesem Rechtsstreit als Baltiiskoje Gossudarstwennoje Parochodstwo (Baltische Staatsreederei), bei Szirmai-Korevaar als Baltiiskoje GMP (Gosmorparochodstwo = Gossudarstwennoje Morskoje Parochodstwo; Baltische Staatsreederei) und als solche als juristische Person im Sinne von Art. 6 c SSeeG bezeichnet; vgl. Szirmai-Korevaar, Note 25 Abs. 3, 18. Hiernach bestehen gegen die Parteifähigkeit der Bekl. als einer möglicherweise dem sowjetischen Recht eigentümlichen Erscheinungsform der rechtsfähigen selbständigen juristischen Person keine Bedenken. Das gleiche gilt f ü r die Vertretungsbefugnis ihres nach sowjetischem Recht bestellten Vorstandes, wie er hier von der Bekl. bezeichnet und benannt ist; vgl. Rosenberg, § 49 I Abs. 2, II Abs. 2 (S. 209). III. Kein Streit herrscht unter den Parteien, daß das Verhalten ihrer beiden Schiffe nach dem Internationalen Übereinkommen zur Verhütung von Zusammenstößen auf See 1948 (IÜZ) zu beurteilen ist. Diesem Übereinkommen ist die UdSSR 1954 beigetreten (siehe SzirmaiKorevaar, Einl. S. 15). Die Türk.ei ist auf der Konferenz 1948 nur als Beobachter vertreten gewesen und hat das Schlußprotokoll nicht unterzeichnet (BGBl. II 1953, 607, 609 ff.). Ob f ü r das Schiff der Kl. nach türkischem Recht die Vorschriften dieses Übereinkommens unmittelbar verbindlich sind, bedarf deshalb keiner näheren Untersuchung, weil die Kl. nicht n u r das Verhalten der .Charkow', sondern auch das ihrer ,Tanar' unter Zugrundelegung des IÜZ prüft. Sie will ferner allgemein, nicht nur zu Fragen der Haftung, den Rechtsstreit nach deutschem Recht beurteilt haben; die Regeln des IÜZ sind aber nach dem Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Schiff s-Sicherheits-Vertrag London 1948 vom 22. 12.1953 (BGBl. II 603) Bundesrecht geworden und damit
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mindestens kraft im Prozeß wirksam erklärten Parteiwillens auch gegen die Bekl. anwendbar. IV. Strittig ist dagegen die Frage, welchem Recht die Entscheidung dieses Rechtsstreits folgen soll, und zwar einmal wegen des Verschuldens beider Schiffe und zweitens wegen der Haftung der Parteien. Die Kl. will, da es sich um eine Kollision zweier Schiffe verschiedener Nationen unterschiedlichen Rechtssystems, jedenfalls bezüglich der Haftung, handele, deutsches Recht als Recht des Gerichtsortes unter Hinweis auf die deutsche Rechtsauffassung, notfalls das § 486 HGB völlig entsprechende türkische Recht (vgl. hierzu Sotiropoulos, Die Beschränkung der Reederhaftung, 1962, 266), nämlich Art. 948 des türkischen HGB, angewendet sehen, die Bekl. jedenfalls wegen ihrer Haftung sowjetisches Recht. Die Ansprüche beider Parteien sind deliktischen Ursprungs. Das entspricht dem hierzu als lex fori anzuwendenden deutschen Recht; vgl. Raape, IPR, 5. Aufl., § 55 III, S. 575; Schlegelbetger-Liesecke, Seehandelsrecht, § 485 HGB Anm. 7 Abs. 2; OLG Hamburg, MDR 1955, 615 K Auf deliktische Ansprüche wird grundsätzlich das Recht des Begehungsortes angewendet; vgl. Raape aaO I Abs. 2; Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., § 31, S. 164. Hiernach wäre auf die Ansprüche beider Parteien türkisches und sowjetisches Recht anzuwenden, wobei unterstellt werden kann, daß beide Rechte als Begehungsort den Ort der schädigenden Handlung auf hoher See, das schuldige Schiff, und den Ort des Eintritts des Erfolges, nämlich das geschädigte Schiff ansehen. Beide Rechte weichen jedoch in ihren Rechtssystemen, jedenfalls bezüglich der Haftung, grundlegend voneinander ab, wobei das türkische Recht dessen als § 486 HGB voll entsprechend vorgetragener Inhalt von der Bekl. nicht bestritten ist - von der deutsch-rechtlichen Haftungsbeschränkung auf Schiff und Fracht, das sowjetische von einer wert- und summenmäßig beschränkten, aber nicht gegen das Schiff selbst gerichteten, mithin einer nicht dinglichen Haftung, ausgeht; vgl. §§ 179, 182, 183 SSeeG. F ü r einen solchen Fall jedenfalls ist sich die deutsche Rechtslehre, wenn auch notgedrungen, darin einig geworden, das Recht des Prozeßortes zur einheitlichen Entscheidung des einheitlichen Tatsachenablaufs anzuwenden; vgl. Schaps-Abraham, § 485 HGB Anm. 40, § 734 Anm. 26; auch Raape scheint dieser Ansicht f ü r den Fall zweier schuldiger und widereinander klagender Schiffe zuzuneigen; vgl. aaO VII Abs. 3 a.E., S. 583. Auch die Bekl. kann sich über die Anwendung deutschen Rechts deshalb nicht beklagen - siehe Raape aaO Abs. 4 —, weil der Deliktsort nach ihrem eigenen Völkerrecht innerhalb der von der Sowjet-Union als Territorial-Gewässer und Hoheitsgebiet in Anspruch genommenen Zwölfmeilenzone liegt. Sie wird also nur so gestellt, wie ein anderes Schiff nach ihrem eigenen Recht in der Sowjetunion behandelt werden würde. Zur Schuldfrage selbst gehen beide Parteien davon aus, daß die Verletzung des IÜZ, falls nachgewiesen, einen Anspruch der Gegenseite be1
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gründe. Deshalb ist der Streit über das anzuwendende Recht von beiden Parteien vor allem auf die Regelung der Haftung gezielt. In diesem Zusammenhang ergibt sich f ü r das internationale Seerecht die Frage, ob es richtig ist, die Haftung von Seeschiffen, jedenfalls f ü r auf hoher See entstandene Ansprüche, dem Zufall zu unterwerfen, nämlich der lex fori, oder einem anderen flaggenfremden Recht. Daß es verschiedene Haftungssysteme f ü r Schiffsverbindlichkeiten gibt, ist seit altersher jedem Seefahrttreibenden und mit der Seefahrt im Rechtsverkehr Stehenden bekannt. Diese Haftungsunterschiede sind bisher trotz zahlreicher und immer wiederholter Versuche zu einer Beseitigung und zu einer internationalen Rechtsvereinheitlichung nicht verschwunden. Wer mit einem Seeschiff vertraglich oder aus einem anderen Rechtsgrunde zu tun hat, insbesondere wer eigene Schiffe auf die See entsendet, weiß, daß ihm hieraus Ansprüche gegen Schiffe anderer Haftungssysteme erwachsen können, aber auch, daß er selbst solchen Ansprüchen entgegensehen muß. Wegen dieser Ansprüche sind die verschiedenartigen Haftungssysteme entwickelt, und jeder der internationalen Seefahrt Zugewandte kennt sie. Es erscheint daher dem Gericht abwägenswert, ob — bei Zusammentreffen von Schiffen verschiedener Nationalität und unterschiedlichem Haftungssystem auf hoher See und unter Umständen sogar in Territorialgewässern — nicht die Forderungen gegen Seeschiffe deren eigenem System und nicht dem Zufall des Gerichtsoder eines anderen Anknüpfungsortes nachfolgen sollten. Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits folgt das Gericht jedoch Raape aaO (.Einheitlichkeit in der rechtlichen Beurteilung tut not'), dem BGH in BGHZ 29, 237 (239) 2, der Schuld, Beweislast, die Verteilung des Schadens und die Haftung f ü r Dritte im Interesse einheitlicher Entscheidung tunlichst nach derselben, ein f ü r allemal feststehenden Rechtsordnung entschieden sehen will, neuestens bestätigt durch Schaps-Abraham, § 734 Anm. 27. Das Gericht wendet daher f ü r Schuld, Beweislast, Schadensquotierung und Haftung beider Parteien deutsches Recht an." 60. Bei einer Schiffskollision in deutschen Gewässern ist auf die Ersatzansprüche in vollem Umfang deutsches Recht anzuwenden, auch wenn diese Ansprüche gegen eine ausländische Reederei erhoben werden. LG Bremen, Teil- und Grundurt. vom 13.12.1962 - O Nr. 242/60: Unveröffentlicht 1 . Am 18. 12. 1959 stießen das TS „Alphacca" der niederländischen Kl. und das TS „Nicky" der liberianischen Bekl. auf der Weser zwischen den Ausfahrten „Überseehafen" und „Industriehafen" des Hafens Bremen zusammen. Beide Schiffe erlitten Beschädigungen. Die Parteien legen einander wechselseitig die * IPRspr. 1958-1959 Nr. 73. 1 Vom Abdruck des unveröffentlichten Berufungs- und Revisionsurteils wurde abgesehen, weil die Parteien sich in der Berufungsinstanz ausdrücklich auf die Anwendung des deutschen Rechts geeinigt haben und diese Urteile demgemäß von der Anwendung deutschen Rechts ausgehen: HansOLG Bremen, Urt. vom 15. 10. 1964 - 2 U 32/1963; BGH, Urt. vom 4. 7. 1966 - II ZR 65/65.
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Schuld am Zusammenstoß zur Last. Sie behaupten, der Gegner habe mangels genügender Steuerfähigkeit nicht die rechte Fahrwasserseite gehalten. Die Kl. hat mit der Klage die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung von Schadensersatz und die Bekl. mit der Widerklage die Verurteilung der Kl. zur Zahlung von Schadensersatz sowie zur Duldung der Zwangsvollstreckung begehrt. Die Bekl. hat die Abweisung der Klage, die Kl. die Abweisung der Widerklage beantragt. Das LG hat die Klage abgewiesen und den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt. Aus den Gründen: „An der Kollision vom 18. 12. 1959 sind ein liberianisches und ein holländisches Schiff beteiligt. Auf den Rechtsstreit der Parteien ist jedoch deutsches Recht anzuwenden. Es gilt das Recht des Tatortes bei einer Kollision in deutschen Gewässern, also deutsches Recht. Dabei ist es gleichgültig, ob die Ersatzansprüche gegen ein deutsches oder ein ausländisches Schiff erhoben werden (vgl. RGZ 21, 136; BGH, Hansa 1957, 1867). Deutsches Recht ist nicht nur wegen des Verschuldens, sondern auch wegen der Haftung anzuwenden; BGHZ 29, 237 2 (241 III, IV). Die Ausführungen des BGH in der Entscheidung des von diesem Gericht erstinstanzlich entschiedenen Falles .Burma' ./. , Johanna Schulte', Hansa 1962, 1801 s , erscheinen in Anbetracht der vorzitierten Entscheidungen nicht ohne weiteres verständlich. Der BGH hat in jenem Falle, bei dem ein schwedisches und ein deutsches Schiff beteiligt waren, ausgeführt, daß die Rechtslage gemäß Art. 12 des Brüsseler Übereinkommens (IÜZ) anzuwenden sei, da ein schwedisches Schiff beteiligt und Schweden Vertragsstaat sei. Der BGH hat auf Art. 12 und auch Art. 13 verwiesen. F ü r die Anwendung von Art. 12 wäre jedoch festzustellen gewesen, daß neben dem beteiligten schwedischen auch das deutsche Schiff einem Vertragsstaat angehört, da das IÜZ nach Art. 12 sonst nicht anwendbar wäre. Das Zitat von Art. 13 erscheint f ü r jenen Fall deshalb nicht ohne weiteres verständlich, weil auch dort ein schwerer Zusammenstoß, sogar mit Verlust eines Menschenlebens, stattgefunden hatte. Art. 13 beschäftigt sich aber mit dem Ersatz von Schäden, die nicht durch Zusammenstöße entstanden sind. Dieses Gericht sieht sich auch nicht in der Lage, aus der Entscheidung BGHZ 29, 237 2 zu entnehmen,daß das deutsche Recht nur auf den Zahlungs-, nicht aber auf den Duldungsanspruch anzuwenden wäre. Es hat vielmehr schon in seiner Entscheidung im Rechtsstreit Nosat Doban . . . ./. Baltische Staatsreederei (,Tanar' ./. ,Charkow') vom 8. 2. 1962 - O Nr. 335/1959 4 - diesem Urteil entnommen (trotz derselben Bedenken, die hinsichtlich der Anwendung der Haftungsbestimmungen des deutschen Rechts bei Schiffen anderer Haftungssysteme auch von der Revision in dem in BGHZ 29, 237 entschiedenen Fall geltend gemacht worden sind), daß wegen der dort vom BGH betonten Notwendigkeit, einen einheitlichen tatsächlichen Vorgang auch nach einheitlichem Recht und einheitlichen Rechtsfolgen zu beurteilen, auch bezüglich der Haftung deutsches Recht anzuwenden ist. 2 4
IPRspr. 1958-1959 Nr. 73. Siehe oben Nr. 59 b.
3 IPRspr. 1962-1963 Nr. 47b.
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Das Gericht sieht sich daher genötigt, den von der Bekl. gegen die Kl. geltend gemachten Duldungsanspruch wie den Zahlungsanspruch dem Grunde nach zuzusprechen, ohne daß es einer Erörterung bedarf, ob das Heimatrecht der Kl. eine Haftung mit dem Schiffsvermögen und in welcher Art vorsieht. Für beide Parteien ist, weil der Begehungsort der behaupteten unerlaubten Handlungen Deutschland ist, mithin deutsches Recht in vollem Umfang anzuwenden." 61« Eine Parteivereinbarung über das für die Entstehung des Schiffsgläubigerrechts maßgebende Recht ist insbesondere dann zulässig, wenn das vereinbarte Recht der Nationalität des Schiffes entspricht. LG Hamburg, Urt. vom 18. 3. 1964 - 29 P 18/63: Hansa 1964, 2106. Die Kl. hatte mit der Voreigentümerin des Motorschiffes „G." am 21. 1. 1960 einen Bunkervertrag geschlossen, diese jedoch mit Schreiben vom 23.6.1961 darauf hingewiesen, daß wegen erheblicher Überschreitung des Zahlungsziels Treiböl nur noch auf Grund von Einzelverträgen mit den Kapitänen geliefert werden würde. A m 20. 4. bzw. 16. 5. 1962 lieferten Schwesterfirmen der Kl. auf Veranlassung des Kapitäns in Genua bzw. L a s Palmas Gasöl f ü r die „G." In beiden Fällen bestätigten die Kapitäne in englischer Sprache, sie hätten das ö l „within" ihrer gesetzlichen Kapitäns vollmacht auf Kredit gekauft; alle aus dem Vertrag entstehenden Ansprüche sollten den Vorschriften des deutschen Rechts unterliegen, einschließlich der Schaffung und gesetzlichen W i r k u n g e n des Schiffsgläubigerrechts. Die Kl. hat von der Voreigentümerin Zahlung nicht erhalten und erhob gegen die jetzige Eigentümerin Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff.
Aus den Gründen: „Mit den meisten Fragen, die auch in dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit eine Rolle spielen, hat sich die Kammer schon in ihrem ausführlichen Urteil vom 18. 4. 1962 in der Sache 29 O 166/581 befaßt, das rechtskräftig geworden und in der Zeitschrift Hansa 1962, 2372 bis 2374, unter der (wenig glücklichen) Überschrift ,Die Bodmerei lebt noch!' veröffentlicht worden ist. Hiernach ist im allgemeinen für die Entstehung eines Schiffsgläubigerrechts die lex rei sitae, für die dabei - wie im vorliegenden Falle etwa in Betracht kommende Vertragsmacht des Kapitäns das Recht der Flagge maßgebend. Die genannte Meinung zur Rechtsentstehung deckt sich auch mit derjenigen, die sich aus Anm. 35 zu § 754 HGB in der im Urteil vom 18. 4. 1962 noch nicht berücksichtigten 3. Auflage des Kommentars von Schaps, [Das deutsche Seerecht] bearbeitet von Abraham, ergibt. Es kann dahingestellt bleiben, ob demgegenüber der lex contractus auch für das Schiffsgläubigerrecht der Vorzug zu geben ist, wie die Kl. es ausgeführt hat. Denn mit dem RG (LZ 1913, 687 [689]) und Schaps-Abraham (§ 754 Anm. 33 Abs. 2) ist auch das hier erkennende Gericht der Meinung, daß eine Parteivereinbarung über das für die Entstehung des Schiffsgläubiger1
IPRspr. 1962-1963 N r . 48.
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rechts maßgebende Recht — hier das deutsche — zulässig ist. So unmöglich eine derartige Vereinbarung insbesondere hinsichtlich der Entstehung von Rechten an einem Grundstück auch erscheinen mag, so ist doch kein Grund ersichtlich, eine solche Abrede auf dem Gebiet des Seerechts nicht - unbedenklich (vgl. das RG aaO) - insbesondere dann zuzulassen, wenn das vereinbarte Recht zudem noch der Nationalität (Flagge) des Schiffes entspricht. In diesem Zusammenhang mag bemerkt werden, daß f ü r die Entstehung der den Schiffsgläubigerrechten immerhin verwandten Schiffshypotheken ohnehin das Recht der Flagge gilt, während bei den meisten aus einer Augenblickslage heraus geschaffenen Schiffsgläubigerrechten im allgemeinen die lex rei sitae vor allem auch deshalb angewandt wird, weil bei ihrer Entstehung im Ausland die rasche Feststellung der Rechtslage nach dem Gesetz der Flagge Schwierigkeiten bereiten könnte (vgl. zum einzelnen aus dem Urteil vom 18. 4. 1962: Hansa 1962, 2373 Abs. 1 und die dort genannte Rechtsprechung und Literatur)." 62. Bei einem Rechtsstreit über Ansprüche aus einem Schiffszusammenstoß auf der Waal handelt es sich um eine Rheinschiffahrtssache, für die eine Zuständigkeit der Rheinschiffahrtsgerichte besteht. Die örtliche Zuständigkeit der Rheinschiffahrtsgerichte ist keine ausschließliche. Haben die Parteien in einer Rheinschiffahrtssache vereinbart, daß über Schadensersatzansprüche aus einem Schiffszusammenstoß, der sich auf niederländischem Gebiet ereignet hat, ein bestimmtes deutsches Rheinschiffahrtsgericht entscheiden soll, so wird hierdurch die örtliche Zuständigkeit dieses Gerichts und damit die deutsche Gerichtsbarkeit begründet. Haben die Parteien in einer Rheinschiffahrtssache bei Schadensersatzansprüchen aus einem Schiffsunfall in den Niederlanden die Anwendung deutschen Rechts vereinbart, so gilt revisibles deutsches Haftungsrecht (BSchG, RhSchPVO), nach dem sich auch die Verteilung der Beweislast richtet. BGH, Urt. vom 26. 11. 1964 1 - II ZR 55/63: BGHZ 42, 385; N J W 1965, 489; AWD 1965, 93; VRS 28 (1965) 176 Nr. 77; BB 1965, 104; VkBl. 1965, 254; MDR 1965, 461; DRspr. II (216) 5 5 c ; LM Nr. 18/19 zu RheinschifffahrtspolizeiVO vom 24. 12. 1954; Leitsatz in VersR 1965, 230; LM Nr. 11 zu Art. 12 EGBGB mit Anm. Liesecke; LM Nr. 8 zu § 562 ZPO; LM Nr. 70 zu § 549 ZPO; LM Nr. 2 zu § 14 BinnSchVerfG; J u r J b 6 (1965/66) 204. Der mit Anhang zu Tal fahrende Motorschlepper „Roland" der Kl. stieß am 29. 9. 1959 auf der Waal zwischen Strom-km 870 und 871 mit dem zu Berg fahrenden MTS „Juliet M" der Bekl. zusammen. Die Schadensersatzklage der Eignerin von „Roland" blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. 1 In einem Parallelprozeß mit umgekehrten Parteirollen ist am gleichen Tage ein gleichlautendes Urteil ergangen - II ZR 56/63: VersR 1965, 152; Hansa 1965,
1660.
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Aus den Gründen: „I. Das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort und das Rheinschifffahrtsobergericht Köln g e h e n - o h n e Begründung-davon aus, daß es sich bei dem zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit um eine Rheinschiffahrtssache handelt. Das ist richtig. Nach § 14 II des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen vom 27. 9. 1952 - BSchVerfG - (BGBl. I 641) sind Rheinschiffahrtssachen n u r die in Art. 34 der revidierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. 10. 1868 (sog. Mannheimer Akte) bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, die sich auf Vorgänge auf dem Rhein abwärts von der deutschschweizerischen Grenze bei Basel beziehen. Die Waal, auf der die Schiffe der Parteien zusammenstießen, ist niederländisches Hoheitsgebiet und gehört zum sogenannten konventionellen Rhein (Art. 1 III der Mannheimer Akte). Zur Entscheidung über die Klagen wegen der Beschädigung von Schiffen, welche Schiffer während ihrer Fahrt auf dieser Stromstrecke anderen verursacht haben, sind die Rheinschiffahrtsgerichte kompetent (Art. 34 II c der Mannheimer Akte, Bek. des deutschen Wortlautes der Art. 32 bis 40 usw. vom 27. 9. 1952, BGBl. I 645). Das Rheinschiffahrtsgericht hat seine örtliche Zuständigkeit kraft Parteivereinbarung angenommen. Es braucht hier nicht die Frage erörtert zu werden, ob die Vorschrift des § 549 II ZPO auch f ü r die internationale Zuständigkeit (so BGH, NJW 1953, 222 mit Nachw. 2 ) und nicht nur f ü r die innerstaatliche Zuständigkeit (so Matthies, NJW 1953, 546 f. mit Nachw.) gilt. Denn auch wenn man der letzteren Ansicht folgt, so ergibt die Nachprüfung, daß das Rheinschiffahrtsgericht seine örtliche Zuständigkeit mit Recht angenommen hat. Nur wenn f ü r die Klage ein niederländisches Gericht ausschließlich zuständig wäre, könnte es zweifelhaft sein, ob nach deutschem internationalen Zivilprozeßrecht durch Parteivereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes begründet werden könnte (vgl. § 40 II, auch § 328 I Nr. 1 ZPO). Eine solche ausschließliche Zuständigkeit ist jedoch nicht gegeben. Nach § 14 I BSchVerfG gilt grundsätzlich § 3 I dieses Gesetzes, der eine abweichende Vereinbarung der örtlichen Zuständigkeit ausdrücklich zuläßt. Aus den Mannheimer Akten ergibt sich nichts anderes. Zwar ist nach Art. 35 dieser Akte das niederländische Gericht örtlich zuständig. Diese Vorschrift begründet aber keine ausschließliche örtliche Zuständigkeit (so mit Recht die ständige Rechtsprechung des Rheinschiffahrtsobergerichts Köln, a. A. Die Zentralkommission in Straßburg, s. Wassermeyer, Kollisionsprozeß, 3. Aufl., 25, 40 f. mit Anm. 44). Zur Begründung eines ausschließlichen Gerichtsstandes bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung, die hier fehlt. Vereinbaren die Parteien die Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts (§ 38 ZPO), das einem anderen Staat angehört, so kann dieser Vereinbarung auch nicht etwa deswegen die Anerkennung versagt werden, weil das Verfahren in Rheinschiffahrtsangelegenheiten im wesentlichen kostenfrei ist (Art. 39 der 2
IPRspr. 1952-1953 Nr. 296.
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Mannheimer Akte); dieser rein fiskalische Gesichtspunkt darf bei der Beurteilung keine Rolle spielen. Wenn schon die Parteien nach § 14 II Satz 2 BSchVerfG (und schon vorher nach RGZ 87, 251) auch die sachliche Zuständigkeit abweichend vereinbaren können (ordentliches Gericht statt Rheinschiffahrtsgericht), so muß das erst recht f ü r die örtliche Zuständigkeit gelten. Da hiernach nach deutschem internationalen Zivilprozeßrecht durch Parteivereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts begründet werden konnte, ist auch die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben. II. Da die Revision in erster Linie die Beweislastverteilung, die das Berufungsgericht in Auslegung der Vorschriften der RheinschiffahrtspolizeiVO vorgenommen hat, angreift, bedarf es zunächst der Prüfung, ob die Entscheidung des Berufungsgerichts insoweit gemäß §§ 549, 562 ZPO f ü r die Entscheidung des Revisionsgerichts maßgebend ist. Nach § 549 ZPO ist ausländisches Recht nicht revisibel. Die Schiffe der Parteien sind auf der Waal zusammengestoßen. F ü r die Beurteilung des nautischen Verhaltens der Beteiligten sind an und f ü r sich die f ü r die Waal erlassenen Verkehrsvorschriften maßgebend, die dem niederländischen Recht angehören. Die Verkehrsvorschriften des niederländischen Rechtes werden nicht dadurch revisibel, daß sie in der von der Zentralkommission f ü r die Rheinschiffahrt beschlossenen Fassung mit der deutschen RheinschiffahrtspolizeiVO (vgl. Art. 1 der VO zur Einführung der RheinschiffahrtspolizeiVO vom 24. 12. 1954, BGBl. II 1411) sachlich übereinstimmen (vgl. BGH, NJW 1959, 1873 3 ). Vereinbaren die Parteien die Anwendung deutschen Rechtes, so kann grundsätzlich eine solche Vereinbarung vernünftigerweise nicht dahin ausgelegt werden, daß bei einem Verkehrsunfall im Ausland die Frage des verkehrswidrigen Verhaltens nach den inländischen Verkehrsvorschriften (vgl. z. B. Rechts- oder Linksfahrgebot im Straßenverkehr) beurteilt werden soll. Diese Erwägung spielt aber dann keine Rolle, wenn, wie hier, die ausländischen Verkehrsvorschriften mit den inländischen übereinstimmen. F ü r den Rhein gilt ein einheitliches Verkehrsrecht. Die Vereinbarung der Anwendung deutschen Rechts bringt daher den Willen der Parteien zum Ausdruck, die Vorschriften der deutschen RheinschiffahrtspolizeiVO der Entscheidung ihres Streites zugrunde zu legen. Damit haben die Parteien auch die Frage der Verteilung der Beweislast (vgl. dazu BGHZ 3, 342 4 ; BGH, NJW 1960, 774 unter III 3 a 6 ; SoergelKegel, [BGB] Anm. 311 vor Art. 7 EGBGB der Beurteilung nach deutschem Recht unterstellt, da die Beweislast der deutschen RheinschiffahrtspolizeiVO zu entnehmen ist. Die Parteien konnten eine solche Vereinbarung auch wirksam treffen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Die Parteien können nach deutschem Recht (§ 305 BGB) durch Vertrag ein Schuldverhältnis begründen und den Inhalt eines Schuldverhältnisses ändern. Ist zwischen den Parteien strittig, ob eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung oder Unterlassung vorliegt, so können sie kraft Vertragsfreiheit vereinbaren, daß nach deutschem Recht beurteilt werden soll, 3 5
IPRspr. 1958-1959 Nr. 3. IPRspr. 1960-1961 Nr. 231.
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IPRspr. 1950-1951 Nr. 2.
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ob und in welcher Weise ein Handeln oder Unterlassen vorliegt und welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben. Eine solche Vereinbarung kann, wenn nach dem Recht des ausländischen Begehungsortes kein Schadensersatzanspruch begründet ist, zur Schuldbegründung oder, wenn nach dem ausländischen Recht ein Schadensersatzanspruch gegeben ist, zur Schuldumschaffung in der Weise führen, daß keine Partei wegen der Voraussetzungen, des Inhalts und des Umfangs der Rechtsfolge sich auf das ausländische Recht berufen kann. Liegt eine solche Vereinbarung vor, so entfällt demnach die Prüfung, ob ein Schadensersatzanspruch nach ausländischem Recht gegeben ist; es kommt nur darauf an, ob die Voraussetzungen hierfür nach deutschem Recht bestehen (ähnlich u. a. Raape, Nachträgliche Vereinbarung des Schuldstatuts, in: Festschrift für Boehmer, 111, 122 f.; Soergel-Kegel, Art. 12 EGBGB Anm. 37; vgl. BGH, VersR 1960, 907). Wenn die Parteien die Anwendung deutschen Rechts vereinbaren, so bringen sie damit auch ihren Willen zum Ausdruck, daß die dem materiellen Recht angehörende Frage der Verteilung der Beweislast nach deutschem Recht entschieden wird. Im Hinblick auf die getroffene Vereinbarung kommt es auf die VO vom 7. 12. 1942 (RGBl. I 706) über die Rechtsanwendung bei Schädigung deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebiets nicht an. Hiernach ist revisibles deutsches Haftungsrecht (§ 92 BSchG i. V. m. der RhSchPVO) anzuwenden, nach dem sich auch die Verteilung der Beweislast entscheidet." 6 3 . Bei einem Schiffsunfall auf der deutschen Rheinstrecke kann die Schadensersatzpflicht wegen mangelhafter Auswahl des Kapitäns nach deutschem Recht beurteilt werden, da Tatort einer unerlaubten Handlung nach §831 BGB auch der Ort ist, wo der Verrichtungsgehilfe in Ausführung der Verrichtung dem Dritten widerrechtlich Schaden zugefügt hat. BGH, Urt. vom 3. 12. 1 9 6 4 1 - II ZR 117/63: VersR 1965, 230; Hansa 1965, 1661; V R S 28 (1965) 256 Nr. 109. 6 4 . Eine Parteivereinbarung über die für die Entstehung eines Schiffsgläubigerrechts maßgebende Rechtsordnung ist zulässig. Dies muß insbesondere dann gelten, wenn das vereinbarte Recht dem für die Entstehung geltenden Recht der Flagge entspricht. von Schiffshypotheken Ein Schiffsgläubigerrecht ist dann anzuerkennen, wenn es sowohl nach der lex contractus als auch nach der lex rei sitae begründet ist. Nach den bundesrechtlichen Kollisionsnormen der USA entscheidet über das Entstehen eines „maritime lien", das dem deutschen Schiffsgläubigerrecht entspricht, das am Ort der Lieferung geltende Recht. 1 In derselben Sache ist inzwischen ein weiteres Revisionsurteil ergangen: BGH, Urt. vom 22. 5. 1967 - II ZR 111/65: VersR 1967, 798.
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Die Verjährung von Schiffsgläubigerrechten, die amerikanischem unterstehen, bestimmt sich kraft Rückverweisung nach der lex fori.
Nr. 64 Recht
LG Hamburg, Urt. vom 7. 1. 1965 - 4 O 338/62: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Eine Parteivereinbarung über die für die Entstehung eines Schiffsgläubigerrechts maßgebende Rechtsordnung ist zulässig (RG, LZ 1913, 687 ff.; Schaps-Abraham, [Das deutsche Seerecht] Anm. 33 zu § 754 HGB; so auch das Urt. der Kammer 9 für Handelssachen dieses Gerichts vom 18. 3. 1964 - 29 P 18/63 Gerade bei der Belieferung eines Schiffes mit Bedarfsartikeln muß es den Parteien möglich sein, die Rechtsordnung, nach der sich die Entstehung eines dinglichen Vorrechts richten soll, zu bestimmen, um auf diese Weise die für beide Seiten bedeutsame Frage der Schaffung von Sicherheiten überschaubar zu machen. Dies muß insbesondere dann gelten, wenn das vereinbarte Recht dem für die Entstehung von Schiffshypotheken geltenden Recht der Flagge entspricht... Was die Frage der Entstehung von Schiff sgläubigerrechten . . . anbetrifft, ist nach deutschem IPR amerikanisches Recht anzuwenden. Nach der heute wohl herrschenden Meinung ist ein dingliches Vorrecht dann anzuerkennen, wenn es sowohl nach der lex contractus als auch nach der lex rei sitae begründet ist (RGZ 81, 283 ff.; Wüstendörfer, [Neuzeitliches Seehandelsrecht] 34; Schlegelberger-Liesecke, [Seehandelsrecht], Anm. 1 zu § 754 HGB). Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Sie vermeidet die Gefahr, daß für das Pfandrecht und die zugrunde liegende Forderung verschiedene Rechtsordnungen maßgebend sind. Darüber hinaus steht sie im Einklang mit dem für Sachenrechte herrschenden Prinzip, daß die lex rei sitae bei der Betrachtung nicht ganz ausscheiden darf. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Kaufverträge, die der Schiffseigner oder der Kapitän des Schiffes mit der Lieferfirma in Philadelphia über Treibstoffe bzw. Schmieröle abgeschlossen hat, die an das in Philadelphia liegende Schiff zu liefern waren. Als die lex contractus ist danach das amerikanische Recht anzusehen; denn der Schwerpunkt des obligatorischen Geschäfts lag in dem Staat des ausländischen Vertragspartners. Da das Schiff bei Abschluß des Vertrages in Philadelphia lag, ist als lex rei sitae ebenfalls die amerikanische Rechtsordnung anzusehen. Das Seerecht der Vereinigten Staaten ist Bundesrecht (Gilmore-Black, The Law of Admiralty, 1957, 635). Nach den bundesrechtlichen Kollisionsnormen der USA entscheidet über das Entstehen eines martime lien, das dem deutschen Schiffsgläubigerrecht entspricht, das am Ort der Lieferung geltende Recht (The City of Atlanta, 17 F. 2d 308); es wird nicht auf deutsches Recht zurückverwiesen. Gemäß § 30 subsec. P des Ship Mortgage Act von 1920 (abgedruckt in United States Codes, 1958, Bd. 9 Title 46) gewährt das amerikanische Recht unter anderem für alle Forderungen aus der Lie1
Siehe oben Nr. 61.
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ferung von Bedarfsartikeln (necessaries), zu denen auch Bunker- und Schmieröle zu rechnen sind, ein Schiffsgläubigerrecht (Schaps-Abraham, Anm. 43 zu § 754 HGB; Gilmore-Black aaO 480 ff.). Dabei ist es nach dem Wortlaut der Vorschrift ohne rechtliche Bedeutung, ob es sich um die Bestellung des Schiffseigners oder einer von ihm bevollmächtigten Person handelt (,... upon the order of the owner of such vessel, or of a person authorized by the owner, . . . ' ) . Es mag daher dahingestellt bleiben, wer die fraglichen Bestellungen aufgegeben hat. In jedem Falle sind Schiffsgläubigerrechte entstanden. Was die von der Kl. geltendgemachte Verjährung dieser Schiffsgläubigerrechte anbetrifft, ist deutsches Recht anzuwenden. Das deutsche IPR verweist zwar f ü r die Frage der Verjährung von Schiffsgläubigerrechten auf die Rechtsordnung, der das Schuldverhältnis untersteht (vgl. Schlegelberger-Liesecke, § 901 HGB Rdn. 1; Schaps-Abraham, Vorbem. zu §§ 901 ff. Anm. 2), hier also auf das amerikanische Recht. Doch ist nach amerikanischem Recht f ü r die Verjährung, da es sich nach amerikanischer Auffassung bei der Verjährung um ein prozessuales Institut handelt, die lex fori maßgebend (Raape, IPR, 500; Ernst Rabel, The Conflict of Laws, 1950, 482 f.). Es wird also auf deutsches Recht zurückverwiesen." 65» Für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Konnossement gilt mangels anderweitiger Vereinbarung das Recht des Bestimmungshafens1. OLG Hamburg, Urt. vom 25. 2. 1965 - 6 U 262/63: Hansa 1965, 1788. 66. Das Brüsseler Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über den Zusammenstoß von Schiffen vom 23. September 1910 sagt nur, wann bei einem Schiffszusammenstoß zu haften ist. Die Frage, wie gehaftet wird, insbesondere, was als Verschulden gilt und in welchem Umfang der Schaden zu ersetzen ist, richtet sich dagegen nach den Regeln des Internationalen Privatrechts. Bei dem Zusammenstoß eines niederländischen und eines deutschen Schiffes stehen niederländisches und deutsches Recht als Rechte des Begehungsortes zur Wahl. In einem solchen Fall obliegt es dem Gericht, das dem Verletzten günstigere Recht anzuwenden. a) LG Bremen, Teilurt. vom 4. 2. 1965 - H O 252/63: Unveröffentlicht. b) HansOLG Bremen, Urt. vom 8. 7. 1965 - 2 U 27/65: Unveröffentlicht. Der Kl. ist Reeder des in Bremerhaven beheimateten Schiffes „Nordstern", der Bekl. Reeder des niederländischen Schiffes „Utrecht". Der Kl. verlangt Ersatz des Schadens, der ihm aus dem Zusammenstoß beider Schiffe auf einer Fangreise im Fanggebiet Gammelloch nordwestlich von Island entstanden ist. Das LG Bremen hat einem Teilanspruch stattgegeben; die Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg. 1 Vgl. BGHZ 6, 127 = IPRspr. 1952-1953 Nr. 42; BGHZ 9, 221 = IPRspr. 19521953 Nr. 40; BGHZ 25, 250 = IPRspr. 1956-1957 Nr. 57.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 66a
Aus den Gründen: a) LG Bremen 4. 2.1965 -110 252/63: „Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist einmal das Internationale Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über den Zusammenstoß von Schiffen vom 23. 9. 1910 (Brüsseler Übereinkommen: IÜZ) anzuwenden. Das IÜZ ist im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Niederlanden ausdrücklich bestätigt worden (vgl. Bekanntmachung vom 24. 12. 1954, BGBl. 1955 II 2). Das IÜZ regelt allerdings nur die Frage, wann bei einem Schiffszusammenstoß zu haften ist. Die Frage, wie gehaftet wird, insbesondere, was als Verschulden gilt und in welchem Umfang der Schaden zu ersetzen ist, richtet sich dagegen nach den Regeln des IPR. Nach deutschem IPR ist f ü r den vorliegenden Fall deutsches Recht anzuwenden. Das ergibt sich aus zwei Erwägungen: 1. Die Kl. beruft sich zur Entscheidung dieses Rechtsstreits auf deutsches Recht. Der Bekl. hat nicht widerprochen. Aus diesem prozessualen Verhalten der Parteien entnimmt das Gericht eine stillschweigende Einigung über die Anwendung deutschen Rechts (vgl. Schaps-Apraham, Das deutsche Seerecht, Anm. 22 vor § 734 HGB m. w. Nachw.). Die Ansprüche der Kl. ergeben sich zwar nicht aus einem Vertragsverhältnis, sondern sind nach der deutschen Rechtssystematik, von der das Gericht auszugehen hat (vgl. RGZ 138, 243), als Ansprüche aus unerlaubter Handlung zu qualifizieren; es besteht jedoch kein Hindernis, auch diese Rechtsbeziehungen der Parteien durch Vertrag zu ordnen, sei es auch nur wegen des d a f ü r anzuwendenden Rechts (so auch HansOLG Hamburg, Urt.vom 6. 4. 1961, VersR 1961, 823 1 ; Schaps-Abraham aaO). 2. Aber auch unabhängig von dieser Vereinbarung der Parteien ist deutsches Recht anzuwenden. Auf deliktische Ansprüche wird grundsätzlich das Recht des Begehungsortes angewendet (vgl. Raape, IPR, 5. Aufl., § 55 III, S. 575; BGH, Urt. vom 23. 6. 1964, NJW 1964, 2012 2 ). Als Begehungsort gilt neben dem Tatort auch der Ort des Schadenseintritts (BGH aaO; RGZ 23, 305, 306; 54, 198, 205). Da sich die unerlaubte Handlung des niederländischen Schiffes des Bekl. auch auf dem Schiff der KL, das als deutsches Rechtsgebiet angesehen wird, ausgewirkt hat (vgl. RGZ 138, 243), stehen somit niederländisches und deutsches Recht als Rechte der Begehungsorte zur Wahl. In einem solchen Falle obliegt es dem Gericht, das dem Verletzten günstigere Recht anzuwenden (BGH aaO mit Nachw.). Ist dem deutschen Gericht das fremdstaatliche Recht nicht bekannt, so hat es - nach dem zitierten Urteil des BGH —, wenn es den Klaganspruch nicht schon nach deutschem Recht f ü r begründet hält, das fremde Recht im Rahmen des möglichen von Amts wegen zu ermitteln, wobei es die Mithilfe der Partei in Anspruch nehmen und sie zu Nachweisen auffordern darf. Hier ist der in diesem Urteil beschiedene Teilanspruch der Kl. bereits nach deutschem Recht voll begründet. Niederländisches Recht kann deshalb außer Betracht bleiben." 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 37.
2
Siehe oben Nr. 51.
Nr. 66 b, 67, 68
IV./10. Schuld-, Handels- und Arbeitsrecht
b) HansOLG Bremen 8. 7.1965 -2
213
U 27/65:
„Die Beurteilung des Rechtsstreits richtet sich, w i e das LG mit Recht angenommen hat und wovon auch beide Parteien ausgehen, nach den Regeln des I Ü Z und, soweit dieses keine Regelung trifft, — nunmehr — kraft ausdrücklicher Parteivereinbarung nach dem im übrigen einschlägigen deutschen Recht, so daß es auf die vom LG in letzterer Hinsicht angestellten Erwägungen nicht mehr ankommt. Art. 3, 4 I Ü Z bestimmen, wer im Falle von — verschuldeten — Schiffszusammenstößen f ü r den entstandenen Schaden haftet. Für welches Verschulden und wie gehaftet wird sowie die Frage, was als Verschulden gilt, ist im I Ü Z nicht geregelt (vgl. SchapsAbraham, Das deutsche Seerecht, 2. Aufl., I Ü Z Art. 3, 4 Anm. 1, S. 1101 f.). Hierfür kommen die § § 735, 736, 486, 754 Nr. 9, 761, 774 HGB und die Bestimmungen der Seestraßenordnung (SStrO) in Betracht." 6 7 . Auch wenn die Anwendung US-amerikanischen Frachtrechts in einem Seefrachtvertrag ausdrücklich bestimmt ist, kann sich die Maßgeblichkeit deutschen Rechts aus dem späteren Prozeßverhalten der Parteien ergeben. HansOLG Hamburg, Urt. vom 21. 10. 1965 - 6 U 90/65: Hansa 1966, 911; VersR 1965, 1209. Die Kl. fordert Ersatz des ihr dadurch entstandenen Schadens, daß die von der Bekl. als Verfrachter an die Kl. auszuliefernde Partie Tiefkühlware nach der Entlöschung in Hamburg antaute. Die Kl. war Empfängerin einer Partie tiefgefrorener Langusten, die die Bekl. mit ihrem MS „F." gemäß Konnossement (shortform-Anl.l) übernommen hatte. Nach Nr. 2 der auf die Rückseite der Anl. 1 aufgedruckten Bedingungen unterstand das Konnossement den Bestimmungen des Carriage of Goods by Sea Act of the United States vom 16. 4. 1936- Dennoch hat die Vorinstanz auf das Rechtsverhältnis der Parteien deutsches Recht als Recht des Bestimmungshafens angewandt. Aus den Gründen: „Auf das Rechtsverhältnis det Parteien ist deutsches Recht anzuwenden. Zwar sieht Nr. 2 der shortform-Bedingungen die Anwendung des US-amerikanischen Frachtrechts vor. Die Parteien haben jedoch der Auffassung des LG, daß deutsches Recht anzuwenden sei, nicht widersprochen. Sie haben sich damit stillschweigend seiner Geltung unterworfen."
10. Arbeitsrecht 6 8 . Das auf ein Arbeitsverhältnis anzuwendende Recht ergibt sich in erster Linie aus dem Parteiwillen. In zweiter Linie ist maßgebend, wo der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liegt. Das ist grundsätzlich der Arbeitsort.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 69
BAG, Urt. vom 27. 8. 1964 - 5 AZR 364/63: BAGE 16, 215; A P Nr. 9 zu Internationales Privatrecht - Arbeitsrecht - mit Anm. Gamillscheg; N J W 1965, 319; DB 1965, 40; JuS 1965, 161; Leitsatz in RdA 1964, 437 Nr.254; MDR 1965, 237; DRiZ 1965 B 44 Nr. 630; Das Arbeitsrecht der Gegenwart 1964, 261 Nr. 146. Die Kl. waren Musiker in dem Orchester des Wiener Kapellenleiters M., das den russischen Staatszirkus in den Monaten Februar bis Mai 1961 auf seiner Tournee durch die Bundesrepublik begleitet hat. Der russische Staatszirkus gastierte in neun deutschen Städten und vom 21. bis 28. 2. 1961 in Rotterdam. Der Bekl. war Veranstalter dieser Tournee. Mit der Klage verlangen die Kl. Abgeltung von Ruhe- und Urlaubstagen. Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht hat den Rechtsstreit ohne weiteres nach deutschem Recht beurteilt. Hiergegen bestehen im Ergebnis keine Bedenken. Beide Parteien sind in ihren Rechtsausführungen während dieses Rechtsstreits stets von der Anwendung deutschen Rechts ausgegangen. Dem ist zu entnehmen, daß sie entweder von vornherein ihre Vertragsbeziehungen deutschem Recht unterstellen wollten oder daß dieser Wille jedenfalls jetzt übereinstimmend bei ihnen besteht (vgl. Urt. des Senats vom 30. 5. 1963, A P Nr. 7 Internationales Privatrecht - Arbeitsrecht Nr. I 2 1 ; BGH, Urt. vom 19. 3. 1956, L M Nr. 1 zu Internationales Privatrecht - Allgemeines 2 , und vom 6. 12. 1956, W M 1957, 132 N r . 4 3 ) . Die Parteien haben grundsätzlich die Wahlfreiheit, welches Recht sie ihren arbeitsvertraglichen Beziehungen zugrunde legen wollen (Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht, 101, 140). Selbst wenn aber ein derartiger Parteiwille nicht feststellbar wäre, würden die Rechtsbeziehungen der Parteien nach deutschem Recht und - soweit es darauf ankommt - nach dem Recht des Landes Nordrhein-Westfalen zu beurteilen sein. Die Kl. haben ihre vertraglichen Verpflichtungen, abgesehen von dem Gastspiel in Rotterdam, im Gebiet der Bundesrepublik erfüllt. Dort war ganz überwiegend der Schwerpunkt ihres Arbeitsverhältnisses, ihr Arbeitsort (Gamillscheg aaO 128 ff.; BAGE 7, 362 [363] = AP Nr. 4 Internationales Privatrecht — Arbeitsrecht 4 ). Auch für die Anwendung tariflicher Rechtsnormen, hier des für das Gebiet der Bundesrepublik geltenden BMT Musiker, ist es unerheblich, ob die Arbeit vorübergehend auch im Ausland geleistet wird (Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts I, 7. Aufl., § 18 IV, S. 105). Bei der Prüfung der Frage, welches Landesurlaubsrecht für die Arbeitsverhältnisse der KI. galt, ist von den Regeln des interlokalen Kollisionsrechts, das denen des internationalen Kollisionsrechts folgt, auszugehen 5 ." 6 9 . Welches Recht auf einen Arbeitsvertrag anzuwenden ist, bestimmt im Internationalen Arbeitsrecht in erster Linie der Wille der Vertrag1 3 5
2 IPRspr. 1956-1957 Nr. 23a. IPRspr. 1962-1963 Nr. 51. 4 IPRspr. 195&-1959 Nr. 51. IPRspr. 1956-1957 Nr. 23c. Siehe zu den interlokalrechtlichen Ausführungen IzRspr. 1964-1965 Nr. 59.
Nr. 69
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schließenden. Die Anwendbarkeit des Schwerbeschädigtengesetzes ergibt sich aus dem Territorialitätsprinzip, weil das Arbeitsverhältnis in Deutschland seinen Sitz hatte. Im Bundesgebiet oder im Land Berlin „wohnende" Nichtdeutsche im Sinne des § 1 III SchwBeschG sind diejenigen, die dort ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben. Für den ständigen Aufenthalt genügt, daß der Aufenthalt nach der Natur der Verhältnisse auf eine längere, nicht nur unerhebliche Dauer hinweist. Leistungsansprüche im Sinne des § 1 III SchwBeschG sind materiellrechtlich bestehende Ansprüche. Die Schwerbeschädigteneigenschaft nichtdeutscher Arbeitsopfer wird nicht erst durch einen Rentenbescheid begründet. §11 der 1. Durchführungsverordnung zum SchwBeschG findet auch auf Nichtdeutsche Anwendung. Die Wirkung dieser Vorschrift beschränkt sich dann auf die in § 1 I SchwBeschG aufgestellten Voraussetzungen der Schwerbeschädigteneigenschaft. BAG, Urt. v o m 10. 12. 1964 - 2 AZR 369/63: BAGE 17, 1; Leitsatz in ARSt. 1965, 52 Nr. 70. Der Kl. ist italienischer Staatsangehöriger. Er war seit Dezember 1960 bei der Bekl. als Walzwerkhilfsarbeiter beschäftigt. Am 14. 9. 1961 verlor er bei der Arbeit im Betrieb der Bekl. die linke Hand und einen Teil des linken Unterarms. Dadurch ist er mehr als 50 v. H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte es zunächst ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil sie mit der Bekl. der Meinung war, der Kl. habe den Unfall vorsätzlich herbeigeführt. Sie wurde jedoch durch rechtskräftiges Urteil des SozG Konstanz vom 18. 12. 1962 verurteilt, den Kl. wegen der Folgen des Unfalls zu entschädigen. Nachdem der Kl. am 2. 5. 1962 wieder arbeitsfähig geworden war, kündigte ihm die Bekl. am 4. 5. zum 18. 5. 1962. Der Kl. begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. E r meint, er sei im Zeitpunkt der Kündigung Schwerbeschädigter gewesen. Da die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle fehle, sei die Kündigung unwirksam. Der KI. ist in beiden Vorinstanzen unterlegen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter. Aus den Gründen: „I. In Übereinstimmung mit dem LArbG ist ungeachtet der italienischen Staatsangehörigkeit des Kl. deutsches Recht auf den vorliegenden Fall anzuwenden. In § 7 des hier abgeschlossenen Formulararbeitsvertrages ist vereinbart, daß für das Arbeitsverhältnis deutsches Recht gelten soll. Welches Recht auf einen Arbeitsvertrag anzuwenden ist, bestimmt im Internationalen Arbeitsrecht aber in erster Linie der Wille der Vertragschließenden (vgl. BAGE 13, 121 [124] = AP Nr. 6 Internationales Privatrecht Arbeitsrecht 1 ). Die Anwendbarkeit des Schwerbeschädigtengesetzes ergibt sich im übrigen aus dem dafür maßgeblichen Territorialitätsprinzip, weil 1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 19.
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der Sitz des Arbeitsverhältnisses in Deutschland gewesen ist (vgl. Becker, SchwBeschG, 2. Aufl., Vorbem. 1, S. 75; Gröninger, SchwBeschG, 1962, § 1 Anm.3; Wilrodt-Neumann, SchwBeschG, 2. Aufl., Einl. Anm. 34, S. 57; siehe auch BAGE 7, 357 [359 f.] und 362 [363 f.] = AP Nr. 3 2 und 4 3 Internationales Privatrecht — Arbeitsrecht). II. . . . III. Zu Unrecht nimmt das LArbG jedoch an, der Kl. sei bei Ausspruch der Kündigung nicht Schwerbeschädigter im Sinne des Schwerbeschädigtengesetzes gewesen, so daß es auf eine Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung gemäß § 14 SchwBeschG nicht ankomme. Das f ü h r t zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LArbG. Nach § 1 I Buchst, e in Verbindung mit III SchwBeschG sind - soweit es hier interessiert - Schwerbeschädigte im Bundesgebiet oder im Land Berlin wohnende Nichtdeutsche, die infolge einer gesundheitlichen Schädigung durch Arbeitsunfall im Sinne der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung nicht n u r vorübergehend um wenigstens 50 v. H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert sind und auf Grund dessen Leistungsansprüche haben. Diese Voraussetzungen waren beim Kl. im Zeitpunkt der Kündigung erfüllt. 1. Soweit der Abs. 3 des § 1 SchwBeschG n u r im Bundesgebiet oder im Land Berlin .wohnende' Nichtdeutsche als Schwerbeschädigte anerkennt, kommt es nicht auf einen Wohnsitz im Rechtssinne (§§ 7 ff. BGB) an. Ein Wohnsitz im Bundesgebiet ist allerdings im Fall des Kl. zweifelhaft, weil dazu der Wille zur ständigen Niederlassung gehört. Jedoch ist die Formulierung .wohnende' in § 1 III SchwBeschG als Kurzfassung der im voraufgehenden Absatz 2 verwendeten Begriffe Wohnsitz oder ständiger Aufenthalt zu verstehen; es liegt kein Anhalt dafür vor, daß der Gesetzgeber bezüglich der Nichtdeutschen es im Gegensatz zu Abs. 2 f ü r die Begründung der Schwerbeschädigteneigenschaft auf einen Wohnsitz im Rechtssinne hat abstellen wollen (vgl. Seilmann, SchwBeschG, § 1 Anm. 27; Monjau, SchwBeschG, § 1 Anm. 4; Rohwer-Mann, SchwBeschG, § 1 Anm. 84). Es genügt demnach der ständige Aufenthalt im Bundesgebiet oder im Land Berlin. F ü r die Begründung des ständigen Aufenthalts ist der Wille, den betreffenden Ort zum bleibenden Mittelpunkt der Lebensinteressen zu machen, nicht erforderlich (vgl. Gröninger, SchwBeschG, § 1 Anm. 16; Rewolle, SchwBeschG, § 1 Anm. V 4 b; Rohwer-Mann, § 1 Anm. 81). Es reicht vielmehr aus, daß der Aufenthalt nach der Natur der Verhältnisse auf eine längere, nicht nur unerhebliche Dauer hinweist. Nachdem der Kl. bis zu seinem Unfall etwa neun Monate bei der Bekl. tätig gewesen war, sich auch bei Ausspruch der Kündigung dort aufgehalten und zudem mit der Erhebung der vorliegenden Klage zum Ausdruck gebracht hat, daß er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und damit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erstrebe, ist sein ständiger Aufenthalt im Bundesgebiet f ü r den Zeitpunkt der Kündigung bedenkenfrei zu bejahen. * IPRspr. 1958-1959 Nr. 50.
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2. Auf Grund des rechtskräftigen Urteils des SozG Konstanz vom 18.12. 1962, durch das die Berufsgenossenschaft verurteilt worden ist, den Kl. wegen der Folgen des Unfalls vom 14. 9. 1961 zu entschädigen, steht auch fest, daß die Beschädigung des Kl. auf einen Arbeitsunfall im Sinne der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung zurückgeht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Bekl. ihre Behauptung, der Kl. habe den Unfall vorsätzlich herbeigeführt, auch nach Erlaß des sozialgerichtlichen Urteils noch aufrechterhalten wollte und ob das der Annahme einer Schädigung im Sinne des Schwerbeschädigtengesetzes entgegenstehen würde (so WilrodtNeumann, § 1 Anm. 9 a. E. und 28). Das ergibt sich aus § 1 I der 1. DVO/ SchwBeschG. Nach dieser Vorschrift genügt bei den durch Arbeitsunfall beschädigten Personen im Sinne des § 1 I Buchst, e SchwBeschG für die Anerkennung der Schwerbeschädigteneigenschaft nach § 1 I SchwBeschG und damit für den Nachweis eines Arbeitsunfalls, daß ihnen durch unanfechtbar gewordene Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung Rente gemäß einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 50 v. H. zuerkannt ist. Es besteht kein Grund, diese Vorschrift, wenn sie auch auf § 1 I SchwBeschG verweist und demgemäß nach ihrem Wortlaut auf Deutsche zugeschnitten ist, nicht auch auf Nichtdeutsche anzuwenden. Sie hat dann allerdings nur die Wirkung, daß eine entsprechende Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung die in § 1 I SchwBeschG aufgestellten Voraussetzungen beweist, die infolge der Verweisung des Abs. 3 auf Abs. 1 für Nichtdeutsche ebenso wie für Deutsche gelten; die nach § 1 III SchwBeschG für Nichtdeutsche zusätzlich erforderlichen Merkmale werden von § 1 1 der 1. DVO/SchwBeschG nicht erfaßt. Auch daß dem KI. durch die Entscheidung des SozG Konstanz nicht Rente gemäß einer bestimmten Erwerbsminderung - diese beträgt hier unstreitig wenigstens 50 v. H. — zuerkannt, sondern nur die Entschädigungspflicht der Berufsgenossenschaft dem Grunde nach festgestellt worden ist, steht einer — entsprechenden - Anwendung der genannten Vorschrift nicht entgegen. Diese entsprechende Anwendung ergibt, daß hier von den in § 1 I SchwBeschG genannten Voraussetzungen das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung, was allein streitig sein könnte, auf Grund der Entscheidung des SozG bewiesen ist und damit feststeht. 3. Auf Grund des sozialgerichtlichen Urteils steht weiter fest, daß der Kl. im Zeitpunkt der Kündigung Leistungsansprüche im Sinne der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung hatte. a) Das LArbG nimmt allerdings an, es reiche nicht aus, daß Leistungsansprüche nach der materiellen Rechtslage gegeben seien. Nichtdeutsche seien vielmehr erst von dem Zeitpunkt an Schwerbeschädigte, in dem ihre Rentenansprüche durch rechtskräftigen Bescheid festgestellt seien. Ein solcher Bescheid habe hier im Zeitpunkt der Kündigung nicht vorgelegen. Mit seiner Ansicht, die rechtskräftige Feststellung von Leistungs- (Renten-) Ansprüchen sei für die Schwerbeschädigteneigenschaft Nichtdeutscher
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konstitutiv, befindet sich das LArbG in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (vgl. an Kommentaren zum SchwBeschG: Becker, § 1 Anm. 25; Gröninger, § 1 Anm. 5 b bb; Monjau, § 1 Anm. 4; Rewolle, § 1 Anm. VI; Rohwer-Mann, § 1 Anm. 84; Sellmann, § 1 Anm. 27; Wilrodt-Neumann, § 1 Anm. 4; Zigan, § 1 Anm. 7, 8, 25; ferner Nikisch, Arbeitsrecht I, 3. Aufl., § 22 II 4, S. 201; Ehmke, AR-Blattei, Schwerbeschädigte I, C I 3). Der Senat kann sich dem jedoch nicht anschließen. b) Nach dem Gesetz ist erforderlich, daß Leistungsansprüche bestehen. Das kann aber auch ohne Feststellung durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht der Fall sein. Angesichts des klaren Gesetzeswortlauts müßten, da sich die Literatur f ü r ihre Ansicht auch nicht auf die Gesetzesmaterialien berufen kann, schon ganz erhebliche sonstige Gründe f ü r die von der Literatur vorgenommene einschränkende Auslegung sprechen, damit ihr gefolgt werden könnte. Solche erheblichen Gründe sind hier jedoch nicht gegeben. c) Die Literatur stützt sich vor allem darauf, daß die Fassung des § 1 III des jetzt geltenden SchwBeschG 1953, soweit darin Leistungsansprüche verlangt werden, an die Fassung des früheren § 3 I SchwBeschG 1923 anschließe. Nach dieser früheren Regelung war (für Deutsche) neben einer Beschädigung ein Anspruch auf Pension oder Rente Voraussetzung. Das wurde, insbesondere auch vom RAG in ständiger Rechtsprechung, dahin ausgelegt, daß es sich um einen festgestellten Rentenanspruch handeln müsse, der Rentenbescheid also f ü r die Schwerbeschädigteneigenschaft konstitutiv sei (vgl. RAG, ARS 4, 330; 5, 479; 7, 77; 12, 598; 23, 43; ferner die Nachweise bei Sellmann, § 1 Anm. 20). Der Hinweis auf diese frühere gesetzliche Regelung geht jedoch aus mehreren Gründen fehl. aa) Zunächst ist zu bemerken, daß nach § 3 I SchwBeschG 1923 f ü r die hier interessierenden Arbeitsopfer ßenienansprüche gefordert wurden, während in § 1 III SchwBeschG 1953 Lefsfungwansprüche genannt sind. Schon diese unterschiedliche Wortfassung zeigt, daß von einem Anschluß des neuen Gesetzes an die Fassung der alten Regelung nicht ohne weiteres gesprochen werden kann, dies um so weniger, als es f ü r den Beginn der Schwerbeschädigteneigenschaft und des damit verknüpften Schutzes durchaus von Bedeutung sein kann, ob auf einen Rentenanspruch oder allgemein auf Leistungsansprüche abzustellen ist. So bestehen f ü r die Zeit einer Heilanstaltspflege, wie sie sich in den hier in Betracht kommenden Fällen schwererer Verletzungen häufig an den Unfall anschließen wird, keine Rentenansprüche (vgl. § 559 e I RVO a. F.; § 580 RVO n. F.). Gleichwohl werden aber regelmäßig bereits Ansprüche auf andere Leistungen gegeben sein (vgl. § 558 RVO a. F.; § 547 RVO n. F.). Es erscheint auch nicht sinnvoll, im Anschluß an die Auslegung des § 3 I SchwBeschG 1923 wenigstens einen Bescheid über irgendeine der in Betracht kommenden Leistungen, nicht nur über Rente, zu fordern. Ein Bescheid über andere Leistungen als Rente oder eine an ihrer Statt gewährte Abfindung wird regelmäßig den häufig gerade schwierig zu bestimmenden Grad der Erwerbsminderung nicht erkennen lassen und daher noch nicht
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viel über die Schwerbeschädigteneigenschaft aussagen. Zum anderen schreibt das Gesetz einen förmlichen Bescheid zwar f ü r die Festsetzung der Rente, jedoch nicht hinsichtlich aller übrigen Leistungen vor (vgl. § 1569 a RVO). bb) Gegen einen Anschluß an die Auslegung des § 3 I SchwBeschG 1923 spricht außerdem, daß nach dem SchwBeschG 1953 f ü r die Schwerbeschädigteneigenschaft Deutscher der Rentenbescheid nicht mehr konstitutiv, sondern nur noch ein Beweismittel ist. Das ist in der Rechtsprechung des BAG anerkannt (vgl. BAG, AP Nr. 1 zu § 10 BergmannsversorgungsscheinGesetz NRW; BAGE 5, 208 = AP Nr. 11 zu § 14 SchwBeschG; BAGE 5, 313 = AP Nr. 1 zu § 1 SchwBeschG; BAGE 8, 123 = AP Nr. 19 zu § 14 SchwBeschG) und wird überwiegend auch von der Literatur bejaht (vgl. die Nachweise bei Wilrodt-Neumann, § 1 Anm. 8a). Dies zeigt, daß der Gedanke der Rechtssicherheit, der das RAG ganz wesentlich dazu bestimmt hat, dem Rentenbescheid konstitutive Wirkung beizumessen, in dem jetzt geltenden SchwBeschG insoweit zurücktritt. Es kommt hinzu, daß f ü r die erwähnte Rechtsprechung des RAG noch ein anderer Umstand maßgebend gewesen ist, der in der Fassung des SchwBeschG 1953 nicht mehr berücksichtigt ist. In § 20 SchwBeschG 1923 war wenigstens f ü r Kriegsbeschädigte ausdrücklich der Fall geregelt, daß das Rentenverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war; hier konnte die Hauptfürsorgestelle durch Gleichstellung dem Kriegsbeschädigten bereits vor Abschluß des Rentenverfahrens die Rechte eines Schwerbeschädigten sichern. Aus dieser Regelung hat das RAG eine einleuchtende Begründung f ü r seine Ansicht entnehmen können, daß vor dem rechtskräftigen Abschluß des Rentenverfahrens grundsätzlich die Schwerbeschädigteneigenschaft nicht gegeben sei. Der die Gleichstellung regelnde § 2 SchwBeschG 1953 erfaßt überhaupt nicht solche Personen, die Schwerbeschädigte im gesetzlichen Sinn (§ 1 des Gesetzes) sein können, sondern nur die sog. Minderbeschädigten (Erwerbsminderung zwischen 30-50 v. H.) und die sog. Schwererwerbsbeschränkten (Erwerbsminderung zwar um wenigstens 50 v. H., aber aus anderen als den in § 1 genannten Gründen), läßt also eine vorläufige Gleichstellung eines unter § 1 SchwBeschG fallenden Beschädigten f ü r die Dauer des Rentenverfahrens nicht zu. Damit entfällt aber f ü r das neue Recht auch die soeben erwähnte Begründung, auf die sich das RAG u. a. hat stützen können. d) Es bleibt das von Sellmann (SchwBeschG, § 1 Anm. 27) angeführte Argument, daß es der in § 1 III SchwBeschG mit dem Merkmal,Leistungsansprüche' enthaltenen Einschränkung nicht bedurft hätte, wenn der Gesetzgeber auch bei Nichtdeutschen auf das Erfordernis eines rechtskräftigen Rentenbescheides hätte verzichten wollen, daß das Merkmal ,Leistungsansprüche' also n u r dann einen Sinn habe, wenn es mit der Literaturmeinung im Sinne eines Rentenbescheides ausgelegt werde. Die Erwägung trifft schon in dieser allgemeinen Form nicht zu. Es sind nämlich Fälle denkbar, in denen trotz Arbeitsunfalls Leistungsansprüche nicht gegeben sind, etwa bei Verwirkung oder Verzicht, ferner, jedenfalls nach der
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bis zum 30. 6. 1963 geltenden Fassung der RVO, bei Versäumung der Anmeldefrist gemäß §§ 1546 ff. RVO. Es kann dahinstehen, ob hierhin nicht auch der Fall gehört, daß die Leistungen versagt werden, weil der Verletzte den Unfall beim Begehen einer strafbaren Handlung erlitten hat (§ 557 RVO a. F.; § 554 RVO n. F.), oder ob das deswegen zu verneinen ist, weil die Versagung den Anspruch als solchen unberührt läßt und nur die Zahlung betrifft (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 557). Ferner kann hier unentschieden bleiben, ob die vorsätzliche bzw. absichtliche Herbeiführung des Unfalls (nur) zum Wegfall der Ansprüche führt (§ 556 RVO a. F.; § 553 RVO n. F.) oder ob es dann bereits an einer Schädigung im Sinne des SchwBeschG fehlt (so Wilrodt-Neumann, § 1 Anm. 9 a. E., 28). Mag auch die Zahl der Fälle klein sein, in denen trotz Arbeitsunfalls keine Leistungsansprüche gegeben sind, und daher die einschränkende Wirkung des in § 1 III SchwBeschG enthaltenen Merkmals ,Leistungsansprüche' gering sein, mag die einschränkende Wirkung in der Praxis selbst ganz entfallen, so kann das allein eine dem Wortlaut der Vorschrift nicht entsprechende Auslegung nicht rechtfertigen." 7 0 . Auch ohne eine entsprechende vertragliche Übereinkunft gilt deutsches Arbeitsrecht zwischen einem italienischen Gastarbeiter und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die im Bundesgebiet ihren Sitz und Fertigungsbetrieb hat, deren Geschäftsführer jedoch Italiener sind. ArbG Marburg/Lahn, Urt. vom 8. 3. 1965 - Ca 57/65: DB 1965, 1487; Leitsatz in ARSt. 1965,325 Nr. 441. Die Kl., eine italienische Gastarbeiterin, trat 1963 in die Dienste der Bekl., einer GmbH mit Sitz in der Bundesrepublik, deren Geschäftsführer gleichfalls Italiener sind. Die Parteien schlössen einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der für das Arbeitsverhältnis die Geltung des deutschen Rechts und die Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte vorsieht. Die Kl. begehrt Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses. Aus den Gründen: „Die Klage i s t . . . begründet. Dabei geht die Kammer davon aus, daß auf Grund der von den italienischen Parteien getroffenen Vertragsabrede, gegen deren Zulässigkeit keine rechtlichen Bedenken bestehen, für ihr Arbeitsverhältnis das deutsche Arbeitsrecht gelten soll. Das würde, da Stadt X. Sitz des Betriebes der Bekl. und damit Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis ist, selbst dann gelten, wenn sie eine solche Vereinbarung nicht ausdrücklich getroffen haben würden (BAG, AP Nr. 3 zu Internationales Privatrecht - Arbeitsrecht 4 )." 1
IPRpr. 1958-1959 Nr. 50.
Nr. 71 a
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71. Die Partner eines Heuervertrages können nur die Anwendung bestimmter Zivilrechtsnormen vereinbaren. Dem Hoheitsrecht des jeweiligen Staates (hier: Strafgewalt des Kapitäns nach liberianischem Recht) unterliegen die Parteien unbeeinflußt von jeder Parteiabrede. a) Tarif Schiedsgericht für die deutsche Seeschiffahrt, Tarif Schiedsspruch Nr. 72/64 vom 2 0 . 4 . 1965: Hansa 1965,1647. b) ArbG Hamburg, Urt. vom 18. 8. 1965 - 10 Ca 294/65: Unveröffentlicht. Die Kl. ist eine britische Handelsgesellschaft mit Sitz in London. Sie betreibt ein Reedereiunternehmen. Der Bekl. ist deutscher Staatsangehöriger. Er fuhr auf einem der Schiffe der Kl. als Matrose. Dieses Schiff führt die Flagge der Republik Liberia. In dem zwischen den Parteien geschlossenen schriftlichen Heuervertrag heißt es u. a.: Nr. 3: Für das Heuerverhältnis finden im übrigen der Tarifvertrag und die sonst für das Heuerverhältnis maßgebenden Bestimmungen, einschließlich des Deutschen Seemannsgesetzes, soweit nicht hoheitsrechtliche Bestimmungen berührt werden, Anwendung. Nr. 8: Für alle Streitigkeiten aus diesem Heuervertrag ist das Tarifschiedsgericht für die deutsche Seeschiffahrt ausschließlich zuständig. Am 8. 3. 1964, einem Sonntag, wurde von Besatzungsmitgliedern eine große, an Deck verstaute Manila-Leine über Bord geworfen. Da schon kurz zuvor von einigen Besatzungsmitgliedern mutwillig Schäden auf dem Schiff angerichtet worden waren, ordnete der Kapitän an, daß sämtliche Leinen sofort unter Deck zu verstauen seien. Der Bekl. weigerte sich zusammen mit drei anderen Matrosen, diese Anordnung auszuführen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Schiff im Mittelmeer in internationalen Gewässern. Der Bekl. wurde wegen dieses Vorfalles am 25. 3. 1964 im deutschen Hafen Einswarden von der Kl. fristlos entlassen. Auf sein Verlangen, ihm die restliche Heuer auszuzahlen, erhielt er Anfang April 1964 eine Abschlagszahlung. Die Auszahlung eines Restbestandes von 972 DM verweigerte die deutsche Agentin der Kl. mit der Begründung, der Bekl. sei wegen der Arbeitsverweigerung vom 8. 3. 1964 vom Kapitän nach liberianischem Recht mit dem Entzug von zwei Monatsheuern bestraft worden. Der Bekl. (Schiedski.) hat vor dem Tarifschiedsgericht die restliche Heuer eingeklagt. Gegen den Schiedsspruch hat die Kl. (Schiedsbekl.) Aufhebungsklage zum ArbG Hamburg erhoben. Aus den Gründen: a) Tarifschiedsgericht
für die deutsche Seeschiffahrt
20.
4.1965:
„Für das Heuerverhältnis des KL, der für den Dienst auf einem liberianischen Schiff angeheuert war, gilt in erster Linie das Recht, das zwischen den Parteien vereinbart worden ist (vgl. BAG, AP Nr. 4 zu Internationales Privatrecht 1 ). Laut Heuervertrag aber gilt deutsches Tarifrecht, somit das Seemannsgesetz, soweit nicht hoheitsrechtliche Bestimmungen berührt werden. Die Fassung dieser Bestimmung gibt bereits zu Bedenken Anlaß, ob der Kl. die Vertragsfassung dahin verstehen konnte und mußte, daß - entgegen den Grundsätzen des deutschen Tarifrechts und des deutschen See1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 51.
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Nr. 71 b, 72
mannsgesetzes - auch solche liberianischen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen gelten sollten, die seine Rechte aus dem Heuerverhältnis gegen die bekl. Reederei entscheidend in ihrem Inhalt veränderten. Da von der Bekl. der .Heuervertrag f ü r deutsche Seeleute' als Mustervertrag entworfen worden ist, gehen aber Unklarheiten grundsätzlich zu ihren Lasten. Dies entspricht anerkannten Rechtsgrundsätzen, wie sie im deutschen Recht zu Musterverträgen und allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelt worden sind." b) ArbG Hamburg 18. 8. 1965 - 10 Ca 294/65: „Der Bekl. unterstand bei dem Vorfall am 8. 3. 1964 dem liberianischen Hoheitsrecht. Die Bedenken, die das Schiedsgericht in dieser Hinsicht wegen der nicht ganz klaren Fassung des Heuervertrages gehabt hat, vermag die Kammer nicht zu teilen. Es ist davon auszugehen, daß die Partner eines Vertrages nur die Anwendung bestimmter Zii>iZrechtsnormen vereinbaren können. Dem Hoheitsrecht des jeweiligen Staates unterliegen die Parteien stets, gleichgültig, ob sie es f ü r anwendbar erklärt oder ausdrücklich ausgeschlossen haben. Auf die mehr oder weniger klare Fassung der Nr. 3 des Heuervertrages kommt es deswegen nicht an. Der Bekl. würde selbst dann bei Vorfällen auf hoher See dem Hoheitsrecht des Flaggenstaates und damit in diesem Fall dem liberianischen Straf recht unterstanden haben, wenn im Heuervertrag überhaupt nichts vereinbart worden wäre."
V. SACHENRECHT UND TRUST Siehe auch Nr. 27, 61, 64 72. Die Erbfolge nach einer belgischen Erblasserin richtet sich hinsichtlich des unbeweglichen, in Deutschland belegenen Grundbesitzes kraft Rückverweisung nach deutschem Recht. Soweit die Erbfolge in den Grundbesitz in Frage steht, beurteilt sich auch die Zulässigkeit eines gemeinschaftlichen Testaments der Erblasserin nach deutschem Recht. Über die Frage, ob trotz des formnichtigen Teiles eines Testamentes der formgültige Teil bestehen kann, entscheidet das Recht, dessen Form gewahrt ist. Die Voraussetzungen des Eigentumsüberganges an Grundstücken bestimmen sich grundsätzlich nach dem Recht der Belegenheit. Der Eigentumserwerb an Grundstücken in solchen Gebieten, die im Jahre 1949 zur vorläufigen Grenzberichtigung unter die Verwaltung der Regierung Belgiens gestellt worden sind, ist jedoch auch dann wirksam, wenn der Erwerb während• der Zeit der belgischen Verwaltung gemäß den Erfordernissen des belgischen Rechts erfolgte. OLG Köln, Beschl. vom 8. 8. 1960 - 8 W 16/60: Unveröffentlicht.
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V. Sachenrecht
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Die beiden Beteiligten sind Geschwister. Sie besitzen die belgische Staatsangehörigkeit und wohnen in Hergenrath (Belgien). Am 4. 12. 1919 erwarb der Vater der Beteiligten, der die belgische Staatsangehörigkeit besaß, im Wege der Ansteigerung zusammen mit einigen in der Gemeinde Hergenrath gelegenen Grundstücken auch zwei in Aachen-Bildchen gelegene Grundstücke, die zusammen ein Gut bilden. Auf Grund der in den Versteigerungsbedingungen vorgesehenen Befugnis, binnen drei Tagen nach dem Tage des Zuschlages denjenigen zu benennen, für den er angesteigert habe, benannte der Vater in notarischer Urkunde vom 5. 12. 1919 seine Ehefrau, die Mutter der beiden Beteiligten. Demgemäß wurde diese als Eigentümerin der beiden bezeichneten Grundstücke in das beim Grundbuchamt in Aachen geführt Grundbuch von Hergenrath eingetragen. Am 19. 8. 1944 haben die Eltern der Beteiligten vor einem Notar in Aachen ein gemeinschaftliches Testament errichtet. In ihm erklärten sie, sie seien beide Reichsangehörige; sie setzten sich gegenseitig zu Alleinerben ein, und der Längstlebende von ihnen bestimmte die beiden Beteiligten, ihre Kinder, zu seinen Erben zu gleichen Teilen. Die Mutter ist 1945, der Vater 1953 verstorben. Im Jahre 1949 wurde - neben anderen deutschen Gebietsteilen - auch das Gebiet von Aachen-Bildchen, in dem die beiden bezeichneten Grundstücke liegen, vorläufig unter die Verwaltung der Regierung Belgiens gestellt. Infolgedessen wurden u. a. auch die beim Grundbuchamt in Aachen geführten Grundakten über die im Ortsteil Aachen-Bildchen gelegenen Grundstücke, nicht dagegen die Grundbücher, der zuständigen belgischen Behörde ausgehändigt. Am 20. 12. 1950 ließen die beiden Beteiligten und ihr Vater vor einem Notar in Eupen (Belgien) einen Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrag beurkunden. In dem Schenkungsvertrag übertrug der Vater den beiden Beteiligten (schenkweise) den gesamten, das erwähnte Gut bildenden Grundbesitz, zu dem außer dem in der Gemeinde Hergenrath (Belgien) gelegenen auch die Grundstücke in Aachen-Bildchen gehören, gegen die Verpflichtung der Beschenkten, ihn lebenslänglich standesgemäß zu unterhalten. In der anschließend bei dieser Gelegenheit unter den Beteiligten zu 1) und 2) vereinbarten Auseinandersetzung, die diese auf ausdrücklichen Wunsch ihres Vaters vornahmen, trat der Beteiligte zu 2) den Hälfteanteil an den erworbenen Grundstücken an die Beteiligte zu 1) ab. Diese verpflichtete sich, als Gegenleistung 125 000 belgische Franken an ihren Bruder zu zahlen. Ferner übernahm sie dessen Verpflichtung, den Vater lebenslänglich zu unterhalten. Der Vertrag wurde in der Folge in das Transskriptionsregister beim Hypothekenamt in Malmedy (Belgien) eingetragen. Nachdem auf Grund des deutsch-belgischen Staatsvertrages vom 24. 9. 1956 (BGBl. II 262, Art. I a) Belgien u. a. auch auf die Ausübung der Verwaltung im Gebiet Aachen-Bildchen verzichtet hatte und die belgische Verwaltung auf Grund dessen am 28. 8. 1958 beendet war, leitete das Grundbuchamt in Aachen für die im Ortsteil Aachen-Bildchen gelegenen Grundstücke das Verfahren zur Anlegung von Grundbuchblättern ein. Nach verschiedenen Ermittlungen trug es bei der Anlegung des Grundbuchblattes f ü r die genannten Grundstücke die Beteiligte zu 1) am 11. 9. 1959 als Eigentümerin ein, nachdem es die bevorstehende Anlegung und den Namen der als Eigentümerin Einzutragenden öffentlich bekannt gemacht hatte. Die hiergegen von dem Beteiligten zu 2) mit dem Antrag eingelegte Beschwerde, das Grundbuchamt anzuweisen, gegen die Eintragung der Beteiligten zu 1) als Eigentümerin der erwähnten Grundstücke einen Widerspruch zu vermerken, hat das LG Aachen durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2).
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Aus den Gründen: „Es ist davon auszugehen, daß Eigentümerin der bezeichneten Grundstücke die 1945 verstorbene Mutter war. Nach den insoweit ohne erkennbaren Verfahrensmangel angestellten Ermittlungen hat diese Grundstücke - neben anderen - zwar der Vater am 4. 12. 1919 im Wege der Versteigerung erworben. E r hat aber auf Grund der in Nr. 12 der Versteigerungsbedingungen eingeräumten Befugnis unter dem 5. 12. 1919 erklärt, er habe diese Grundstücke nicht f ü r sich, sondern f ü r seine Ehefrau angesteigert. Auf Grund dessen lauten auch die Eintragungsbewilligungen und der Eintragungsantrag vom 13. 1. 1920 auf Eintragung der Ehefrau. Mit dem am 28. 1. 1945 eingetretenen Tod der Mutter ist der Vater auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments vom 19. 8. 1944 Eigentümer dieser Grundstücke geworden. Erbstatut ist nach dem deutschen IPR grundsätzlich das Heimatrecht des Erblassers, wie aus Art. 24 I und Art. 25 Satz 1 EGBGB folgt (Raape, IPR, § 28 A I 2; Soergel-Kegel, [BGB] Vorbem. II vor Art. 24-26), hier also belgisches Recht; denn maßgebend ist, daß die Mutter der Beteiligten belgischer Staatsangehörigkeit war (Soergel-Kegel aaO). Die deutsche Staatsangehörigkeit hat sie nicht auf Grund des Erlasses zur Durchführung der Wiedervereinigung der Gebiete von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 23. 5. 1940 (RGBl. I 803) und der VO über die Staatsangehörigkeit der Bewohner der Gebiete von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 29. 9. 1941 (RGBl. I 584 in der Fassung der Berichtigung vom 22. 12. 1941 RGBl. I 652) erworben, obgleich sie offenbar zu dem von diesen Bestimmungen erfaßten Personenkreis gehörte. Denn Personen, die zwischen 1938 und 1945 kollektiv eingebürgert worden sind, sind nicht als deutsche Staatsangehörige zu behandeln, wenn sie von ihrem früheren Heimatstaat als seine Staatsangehörige in Anspruch genommen werden (BVerfGE 1, 322 1 ). Belgien hat die von Deutschland durchgeführte Eingliederung des Gebietes, in dem die Erblasserin wohnte, nicht anerkannt und infolgedessen auch nicht die erwähnte deutsche Gesetzgebung über die deutsche Staatsangehörigkeit f ü r die dortige Bevölkerung (vgl. Ausländisches Staatsangehörigkeitsrecht VI, 1955, 30; vgl. auch Bekanntmachung des Bundesministers des Innern vom 21. 4. 1954 im BAnz. Nr. 84 vom 4. 5. 1954 S. 1 - Verbalnote - ) . Nach dem hiernach grundsätzlich maßgeblichen belgischen IPR teilt sich der Nachlaß in unbewegliches und bewegliches Vermögen (Prinzip der Nachlaßspaltung; vgl. Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht, 1959, Einf. Bern. 46). F ü r das erstere ist das Recht des Belegenheitsortes anzuwenden (lex rei sitae), und zwar auch in erbrechtlicher Hinsicht, wie in Belgien (ebenso wie in Frankreich) aus Art. 3 II Cc entwickelt worden ist (vgl. Ferid-Firsching, Einf. Bern. 46; vgl. auch unter: Frankreich Bern. 6, 7). Demnach bestimmt sich die Erbfolge nach der Erblasserin hinsichtlich der bezeichneten beiden Grundstücke nach dem Recht des Gebietes, in dem 1
IPRspr. 1952-1953 Nr. 316a.
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sie zur Zeit des Erbfalles belegen waren (vgl. Art. 27 EGBGB). Das Gebiet Aachen-Bildchen gehörte zu diesem Zeitpunkt (28. 1. 1945) zum Gebiet des Deutschen Reiches. In diesem Zusammenhang ist es ohne rechtlichen Belang, ob sich später f ü r eine Zwischenzeit hieran etwas geändert hat. Demzufolge ist f ü r die Erbfolge nach der Mutter in die beiden bezeichneten Grundstücke deutsches Recht maßgebend. Hiernach sind mit dem Erbfall diese Grundstücke auf den Vater auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments vom 19. 8. 1944 übergegangen. Hierzu ist allerdings Voraussetzung, daß dieses gemeinschaftliche Testament rechtswirksam ist, was das LG keiner näheren P r ü f u n g unterzogen hat. Soweit die letztwillige Verfügung (gemeinschaftliches Testament) die in Deutschland belegenen, hier interessierenden Grundstücke betrifft, gilt f ü r sie deutsches Recht (vgl. oben; lex rei sitae, vgl. Raape, IPR, § 38 B II). Nach ihm beurteilt sich also auch, ob (und daß) ein gemeinschaftliches Testament zulässig ist, was nach dem belgischen Recht nicht der Fall ist (Art. 968 Cc; Raape, IPR, § 38 B V; Ferid-Firsching, Frankreich Bern. 34 Nr. 7, Bern. 97; Hecker, Niederschriften der Rheinischen Notarkammer 1956, 9, 27; vgl. auch Beitzke, Nachlaßspaltung und Testamentsform im IPR, Festschrift Lewald, 235). In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob das gemeinschaftliche Testament auch insoweit gültig ist, als es über die übrige Nachlaßmasse (unbewegliche, nicht in Deutschland belegene Sachen und bewegliches Vermögen) verfügt, oder ob es insoweit etwa ungültig ist. Denn selbst bei Annahme der letzteren Möglichkeit würde hierdurch grundsätzlich nicht die Wirksamkeit des (an sich) gültigen Teiles des gemeinschaftlichen Testamentes beeinträchtigt. Das folgt nicht nur aus § 2085 BGB, der selbst dann anwendbar ist, wenn sich die Form f ü r die verschiedenen Nachlaß teile etwa nach verschiedenem Recht beurteilen sollte, was hier ausdrücklich dahinstehen mag, und nach dem einen (deutschen) Recht eingehalten ist, nach dem anderen (belgischen) Recht etwa nicht. Denn darüber, ob trotz des nichtigen Teiles der gültige bestehen kann, entscheidet das Recht, dessen Form gewahrt ist (OLG Dresden, IPRspr. 1931 Nr. 95, USA - Deutschland; Soergel-Kegel, Vorbem. IV 1 d vor Art. 24-26). Es folgt vielmehr auch daraus, daß (möglicherweise) ein Erblasser, aber zwei Erbstatuten gegeben sind (vgl. Raape, IPR, § 38 A I 3 a und N. 7, § 38 B II 2 und die dortigen Beispiele; Ferid-Firsching, Einf. S. 11 Bern. 20; Grundzüge Deutschland S. 7). Entscheidend ist demzufolge f ü r das vorliegende Verfahren, ob auf Grund des Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrages des Vaters mit den Beteiligten zu 1) und zu 2) vom 20. 12. 1950 die Beteiligte zu 1) das Eigentum an den bezeichneten in Aachen-Bildchen gelegenen Grundstücken erlangt hat. 1. Die Voraussetzungen eines Eigentumsüberganges an den bezeichneten Grundstücken bestimmen sich nach dem Recht der Belegenheit (rex rei sitae; vgl. Raape, IPR, § 56 I). F ü r die Frage ob das Eigentum durch den 15
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Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrag auf die Beteiligte zu 1) übergegangen ist, ist also entscheidend, in welchem Bereich die Grundstücke zur Zeit des Abschlusses des Vertrages gelegen waren. Ohne erkennbaren Rechtsirrtum hat das Beschwerdegericht angenommen, die Grundstücke seien auch zu diesem Zeitpunkt in Deutschland belegen gewesen. Dem steht nicht die MRVO Nr. 184 vom 23. 4.1949 (.Vorläufige Grenzberichtigungen'; ABl. der MilReg. Deutschland Brit. Kontrollgebiet Nr. 28 S. 1083-1084 und Anh. S. 1084-1087) entgegen. Denn durch sie wurde (Art. I) lediglich neben anderen — auch das Gebiet Aachen Bildchen ,vorläufig der Verwaltung der Regierung Belgiens . . . überwiesen und nicht mehr als Teil des britischen Kontrollgebietes Deutschland verwaltet...'. Zu einer staatsund völkerrechtlich endgültigen Grenzberichtigung ist es aber insoweit nicht gekommen. Vielmehr hat Belgien im deutsch-belgischen Staatsvertrag vom 24. 9. 1956 (BGBl. 1958 II 262, Art. 1 Ia; vgl. [BGBl. 1958] II 353) mit Wirkung vom 28. 8. 1958 auf die Ausübimg der Verwaltung in der Ortschaft Aachen-Bildchen verzichtet. Nach dem hiernach anzuwendenden deutschen (Sachen-) Recht wären zum rechtsgeschäftlichen Erwerb des Eigentums an den Grundstücken Auflassung und Eintragung im Grundbuch erforderlich gewesen (§§ 873, 925 BGB). Daran fehlt es aber offensichtlich. Jedenfalls ist die Beteiligte zu 1) nicht im Zusammenhang mit einer etwaigen Auflassung durch ihren Vater und den Beteiligten zu 2) im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen worden. Dieses Erfordernis ist auch nicht im engeren Sinne ersetzt worden durch die Eintragung in das Transskriptionsregister. Außerdem mangelt es aber auch an der erforderlichen Auflassung. Denn diese bedarf - abgesehen von den Bedenken, ob sie inhaltlich überhaupt vorliegt - einer bestimmten Form (§ 925 BGB). Hierzu gehört u. a. die Erklärung vor einem deutschen Notar. Es genügt nicht, wenn sie vor einem ausländischen Notar abgegeben ist. Der Satz ,locus regit actum' gilt f ü r sie nicht (Art. 11 II EGBGB). 2. Indessen ist der Senat, im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Beschwerdegericht, der Auffassung, daß aus den besonderen Gegebenheiten des zu entscheidenden Sachverhalts die nach belgischem Recht f ü r einen Eigentumserwerb [erforderlichen] Voraussetzungen (erwähnter Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrag vom 20. 12. 1950) grundsätzlich ausreichen. Wäre das Gebiet, in dem die Grundstücke gelegen sind, durch die erwähnte MRVO Nr. 184 an Belgien abgetreten worden, so wäre damit ein Statutenwechsel (lex rei sitae; Raape, IPR, 370, 371) mit der Folge eingetreten, daß f ü r die im Jahre 1950 vorgenommene Eigentumsübertragung belgisches Recht gegolten hätte. Eine Abtretung des Gebiets ist zwar, wie bereits erwähnt, nicht erfolgt. Der geschaffene Zustand war aber derart, daß er einer Abtretung nahekommt und jedenfalls rechtlich wie eine solche zu behandeln ist. Hierfür sprechen folgende Umstände: Durch die erwähnte MRVO Nr. 184 wurden, wie bereits hervorgehoben (Art. I), bestimmte Gebiete, so auch der hier interessierende Ortsteil Aachen-
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Bildchen, der Verwaltung der Regierung Belgiens .überwiesen'; sie hörten damit auf, ,als Teil des britischen Kontrollgebiets Deutschland verwaltet' zu werden. Dieser Vorgang war mehr als nur ein Wechsel von einer zu einer anderen Besatzungszone. Das zeigt bereits der Umstand, daß diese Gebiete überhaupt nicht mehr der Verwaltung des Kontrollgebietes Deutschland unterstanden, sondern jetzt der Verwaltung der belgischen Regierung. Hierauf weist auch die Überschrift hin (.vorläufige Grenzberichtigung'). Schließlich zeugen dafür die einleitenden Sätze, aus denen sich ergibt, daß Sinn und Zweck dieser Vorgänge .Grenzberichtigungen' waren, wenn auch — zunächst — .vorläufige'. Am 1. 6. 1948 war in London beschlossen worden, daß an der Westgrenze Deutschlands .gewisse Berichtigungen geringeren Umfanges* vorgenommen werden sollten (vgl. ABl. der MilReg. Deutschland Brit. Kontrollgebiet Nr. 28 Anh. S. 1084). Das Gesamtbild ergibt so, daß es sich um eine Vorstufe endgültiger Grenzberichtigungen (Abtretungen) handelt. Das kam auch darin zum Ausdruck, daß die Verwaltung und die Rechtspflege ausschließlich durch Belgien wahrgenommen wurden (vgl. z. B. die Abgabe der Grundakten). So war zu dieser Zeit eine Eigentumsübertragung an Grundstücken nach deutschem Sachenrecht jedenfalls praktisch nicht durchführbar. Durch den späteren Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien vom 24. 9. 1956 über eine Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze usw. (BGBl. 1958 II 262) wird diese Annahme bestätigt. Zwar werden verschiedene Gebiete, so auch das hier in Frage stehende, nicht endgültig abgetreten, sondern im Gegenteil aus der .Verwaltung' Belgiens entlassen (.Verzicht'). Aber auch andere von Belgien verwaltete Gebiete hat die Bundesrepublik Deutschland .endgültig' an Belgien abgetreten (vgl. Art. I I a und b). Daß eine Abtretung in andere Formen gekleidet sein kann, entspricht zudem der geschichtlichen Erfahrung (vgl. die Form der Verwaltung - Administration - : BosnienHerzegowina; vgl. die Form langfristiger Pacht: Kiautschau 1899). Aus diesen Überlegungen ist, wie bereits angedeutet, zu folgern, daß als Recht der belegenen Sache (lex rei sitae) - zumindest auch - das Recht Belgiens anzuwenden ist, daß also der Sachverhalt so wie bei einem Statutenwechsel zu beurteilen ist. Nur so kann und konnte der praktisch höchst unerfreuliche Zustand vermieden werden, daß während dieser Zeit eine rechtsgeschäftliche Begründung, Übertragung und Belastung dinglicher Rechte an Grundstücken unmöglich war, weil das an sich (als Recht der belegenen Sache) anwendbare deutsche Recht jedenfalls formal nicht verwirklicht werden konnte. Dabei mag dahinstehen, weil ohne rechtliche Bedeutung in diesem Zusammenhang, ob das demnach anwendbare belgische Recht nur neben das deutsche Recht getreten oder allein anzuwenden ist. 3. Wie das LG nicht verkannt hat, bestehen zunächst keine Bedenken, daß auf Grund dieser Rechtsansicht in dem Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrag vom 20. 12. 1950 vor dem Notar in Eupen die Voraussetzungen vorliegen, auf Grund deren die Beteiligte zu 1) Eigentümerin der beiden bezeichneten Grundstücke geworden sein kann (Einigung über den 15*
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Gegenstand, die Unentgeltlichkeit der Übereignung vom Vater der Beteiligten auf die Beteiligten und über die Höhe des Auszahlungsbetrages für die Abtretung des Hälfteanteils). Bedenken können aber aus folgenden Überlegungen erwachsen: Sofern der Vater der Beteiligten zu dieser Zeit etwa nicht Eigentümer der übrigen — auf belgischem Staatsgebiet belegenen - Grundstücke war, weil insoweit das gemeinschaftliche Testament vom 9. 4. 1944 vielleicht keine Wirksamkeit entfaltete, besteht die Möglichkeit, daß die Beteiligte zu 1) an diesen Grundstücken kein Eigentum auf Grund des Schenkungsund Auseinandersetzungsvertrages von 1950 erworben hat, wie das Beschwerdegericht wohl nicht verkennt. Damit entsteht aber die Frage, ob durch eine solche Teilunwirksamkeit der Verträge von 1950 nicht auch der Teil ergriffen wird, der sich auf die hier interessierenden, in Aachen-Bildchen gelegenen Grundstücke bezieht. Die vom LG in diesem Zusammenhang vertretene Meinung, eine Anwendung des § 139 BGB scheide schon deshalb aus, weil vorliegend die Wirksamkeit des Vertrages nach verschiedenen Rechtsordnungen, nämlich einmal nach deutschem zum anderen nach belgischem Recht zu beurteilen sei, ist nicht frei von Rechtsirrtum. Denn einmal wird, auch nach Ansicht des LG, die Wirksamkeit des Vertrages von 1950 nicht durch verschiedene Rechtsordnungen geregelt. Das Beschwerdegericht selbst hat auf diesen Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrag, auch soweit er die beiden in Aachen-Bildchen liegenden Grundstücke betrifft, belgisches Recht angewendet, wie bereits hervorgehoben. Die Anwendung belgischen Rechts entspricht auch dem Willen und den Vorstellungen der Beteiligten, wie den ganzen Umständen zu entnehmen ist. Zudem — das folgt daraus - beantwortet sich bei einer derartigen Annahme die Frage, ob eine (etwaige) Teilunwirksamkeit einen an sich wirksamen Teil ergreift, nach belgischem Recht. Daher trifft es zwar zu, daß § 139 BGB keine Anwendung findet. Es war aber zu prüfen, ob und welche entsprechende Norm des belgischen Rechts einen solchen Sachverhalt regelt. So ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß der Teil der Verträge von 1950, der die in Belgien belegenen Grundstücke betrifft, rechtsunwirksam ist — wovon offenbar auch das LG ausgeht - und auch den Teil der damaligen Vereinbarung ergreift, der sich auf die in Deutschland belegenen Grundstücke bezieht. Da das Beschwerdegericht diese Möglichkeiten nicht in Erwägung gezogen hat und nicht auszuschließen ist, daß auf diesem Rechtsfehler seine Entscheidung beruht (§ 78 GBO), konnte der angefochtene Beschluß aus den ihm gegebenen Gründen keinen Bestand haben. Um den Beteiligten keine Instanz zu nehmen, erschien es angebracht, die Sache zur erneuten Behandlung an das LG zurückzuverweisen. Bei erneuter Prüfung wird das LG aber auch folgendes zu beachten haben: Sofern sich herausstellt, daß die etwaige oben näher bezeichnete Teilunwirksamkeit der Verträge von 1950 diese in ihrem gesamten Umfang erfassen würde, wird rechtlich erheblich, ob und weshalb der Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrag von 1950 jedenfalls insoweit un-
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wirksam sein kann, als er sich auf die in Belgien gelegenen Grundstücke bezieht. W e n n der Vater der Beteiligten im Jahre 1950 Eigentümer auch dieser Grundstücke war, spricht wohl Überwiegendes f ü r die Annahme, daß auch dieser Teil des Schenkungs- und Auseinandersetzungsvertrages rechtswirksam ist. Die Annahme, der Vater sei 1950 auch Eigentümer dieser in Belgien gelegenen Grundstücke gewesen, wäre aber n u r möglich, wenn m a n das gemeinschaftliche Testament von 1944 auch insoweit f ü r rechtsgültig, insbesondere f o r m w i r k s a m hält und ihm auch inhaltlich hinsichtlich dieser Grundstücke Wirksamkeit zuerkennt. F ü r die Formgültigkeit könnte sprechen, daß ein belgischer Staatsangehöriger wirksam unter W a h r u n g der Ortsform zu testieren vermag (Art. 999 Cc). Fraglich kann allerdings sein, ob das Verbot des belgischen Rechts, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten (Art. 968 Cc), Formzwecke verfolgt und daher lediglich die F o r m des Testaments betrifft. Offenbar ist m a n überwiegend der Meinung, daß diese nach belgischer Anschauung zu beurteilende Frage (Qualifikation, vgl. Raape, IPR, § 38 B V) dahin zu beantworten ist, das Verbot betreffe n u r die Form, und die gegen sie verstoßende letztwillige Verfügung sei daher formgültig, ohne daß der deutsche Richter nach dem W a r u m zu fragen habe (Raape aaO und N. 18 u n d 18 a; vgl. auch Wolff, Das IPR Deutschlands, 2. Aufl., § 50 III, auch § 13 II 1; vgl. auch Soergel-Kegel, Vorbem. IV 1 c dd vor Art. 24 bis 26 EGBGB, wenn auch offenbar nicht ohne Bedenken) . Ob die nach dem gemeinschaftlichen Testament gewollten Rechtswirkungen an die unter den oben aufgezeigten Gesichtspunkten etwa als formgültig anzusehenden letztwilligen Verfügungen angeknüpft werden, ist damit allerdings noch nicht abschließend beantwortet (hierüber vgl. Soergel-Kegel, Vorbem. IV 1 vor Art. 24 bis 26). Vielmehr entscheidet das Heimatrecht des Erblassers grundsätzlich darüber, ob erbrechtliche Wirkungen eintreten (Wirkungsstatut). W e n n das Beschwerdegericht nach erneuter P r ü f u n g f ü r diese Fragen demnach belgisches Recht als maßgebend ansehen und d a n n weiterhin die Wirksamkeit der getroffenen Verfügungen verneinen sollte, könnten folgende Überlegungen veranlaßt werden auf Grund des Umstandes, daß die Testatoren im J a h r e 1944 in der Meinung, sie seien deutsche Staatsangehörige und sie wohnten im deutschen Staatsgebiet, sich der Möglichkeiten des deutschen Erbrechts bedienten, wozu sie praktisch ja auch gehalten waren. Selbst wenn m a n im Anschluß an die oben erwähnten Gesichtspunkte der Meinung ist, daß sie die deutsche Staatsangehörigkeit niemals, auch nicht bis zur Beendigung der faktischen deutschen Herrschaftsgewalt besessen haben, könnte es naheliegen, sie so u n d nicht schlechter zu behandeln in ihrem eigenen Interesse und damit vielleicht auch in dem ihres Heimatstaates, als ob sie damals deutsche Staatsangehörige gewesen wären. E r k e n n b a r f ü h r t e eine solche Meinung dahin, die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nach den Regeln zu beurteilen, die im Falle eines Staatswechsels angewendet werden (vgl. Raape,
I P R , § 38 I I ; Soergel-Kegel,
V o r b e m . IV 1 c d d v o r Art. 24 b i s 26
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EGBGB). Das alles beurteilt sich aber nach belgischem Recht. Verneint m a n aber das Eigentum des Vaters an den in Belgien liegenden Grundstücken, wird das Beschwerdegericht zu beachten haben, daß als mögliche Unwirksamkeitsgründe des sich auf die in Belgien belegenen Grundstücke erstrekkenden Teils der Vereinbarungen von 1950 Verschiedenes in Betracht kommt. Einmal kann die Unwirksamkeit bereits daraus folgen, daß der Vater nicht Eigentümer dieser Grundstücke war und deshalb das Eigentum an ihnen auch nicht auf die Beteiligten übertragen hat (.Schenkungsvertrag'). Darüber hinaus ist aber zu erwägen: Zwar könnte, selbst wenn man davon ausginge, der Vater sei insoweit nicht Eigentümer gewesen, vielmehr die beiden Beteiligten als gesetzliche Erben ihrer Mutter (neben einer Berechtigung des Vaters auf Grund des besonders ausgestalteten ,Ehegattenerbrechts' - Nießbrauch an einer bestimmten Nachlaßquote —), die Beteiligte zu 1) auf Grund der Übertragung durch den Beteiligten zu 2) (,Auseinandersetzungsvertrag') dessen Anteil zu dem ihren erworben und damit Alleineigentümerin geworden sein. Bei einer solchen im Wege der Auslegung zu findenden Annahme - was im einzelnen noch zu prüfen wäre - könnte diese Übertragung aber mit rechtlichen Mängeln behaftet sein mit der Folge der Unwirksamkeit - sei es ohne, sei es erst nach Geltendmachen durch den Beteiligten zu 2) - , wenn und soweit der Beteiligte zu 2) etwa irrigerweise davon ausgegangen wäre, er übertrage auf die Beteiligte zu 1) nur das (.Auseinandersetzungsvertrag'), was er soeben vom Vater im Wege der Schenkung (.Schenkungsvertrag') erhalten habe, während er in Wirklichkeit das übertrug, was niemals dem Vater, sondern ihm, dem Beteiligten zu 2), zustand. Bei der Prüfung dieser Gesichtspunkte, die das LG bei der erneuten Behandlung anzustellen haben wird, ist in jedem Falle zu beachten, daß nach dem zum französischen Rechtskreis gehörenden belgischen Recht auch die Verfügungsgeschäfte des Sachenrechts, so die Eigentumsübertragung, kausal sind und ihm ein selbständiger dinglicher Vertrag unbekannt ist (Locher, Rvgl. Hdwb. II 614, 617). Vielmehr schließt der schuldrechtliche Vertrag den dinglichen regelmäßig in sich, so daß eine abstrakte Eigentumsübertragung in der Regel gar nicht denkbar ist. Die Einigung über den Eigentumsübergang wird identifiziert mit dem schuldrechtlichen Kausalvertrag (Friedrich, Rvgl. Hdwb. VI 606, 620). Damit ist ein Mangel des Grundgeschäfts im Gegensatz zum deutschen Recht auch ein Mangel des Verfügungsgeschäfts (Eigentumsübertragung). Das LG wird zu erwägen haben, ob es diese Rechtsfragen, soweit sie sich nach belgischem Recht beantworten, selbst zu beurteilen vermag oder ob es hierzu die Unterstützung eines anerkannten wissenschaftlichen Instituts in Anspruch nehmen will. Das LG hat sich im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwar nicht n u r die tatsächlichen Grundlagen zu verschaffen, sondern hat auch die zur Ermittlung des Rechtssatzes notwendigen Erhebungen selbst anzustellen, wie bereits aus dem Grundsatz der Amtsermittlung folgt (Schlegelberger, [FGG] § 12, 29; Baur, FGG, § 18 II 1; vgl. demgegenüber den nicht anwendbaren § 293 ZPO). Demnach hat es
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auch in Betracht kommendes ausländisches Recht von Amts wegen zu ermitteln. Dabei wird es aber, sofern es sich insbesondere u m die erforderlichen Grundlagen zur Ermittlung des jeweiligen Auslandsrechts handelt, erforderlichenfalls bei den wissenschaftlichen Instituten Unterstützung suchen können (Rechtsgutachten; Keidel, [FGG] § 12, 9). Demnach w a r der angefochtene Beschluß aufzuheben u n d die Sache an das LG zurückzuverweisen." 73. Für den Eigentumsschutz, insbesondere für den Herausgabeanspruch gegen den Besitzer, die Eigentumsvermutungen sowie die Herausgabe im Konkurs, gilt ausschließlich und nicht abdingbar die lex rei sitae. in das einer Gelangt eine Sache aus dem Gebiet einer Rechtsordnung anderen Rechtsordnung, so ist mit dem Gebietswechsel zugleich ein Statutenwechsel verbunden. Ein unter der Herrschaft des alten Sachstatuts abgeschlossener Tatbestand wird auch unter der Herrschaft des neuen Statuts anerkannt. Wechselt eine Sache dagegen das Staatsgebiet, während sich ein sachenrechtlicher Tatbestand noch verwirklicht, entscheidet allein die neue lex rei sitae. Die Begründung eines Eigentumsvorbehaltes (reservation of the right of disposal) kann nicht als abgeschlossener Tatbestand angesehen werden. HansOLG Hamburg, U r t . v o m 2. 6. 1965 - 5 U 101/64: RabelsZ 32 (1968) 535. Siehe dazu Drobnig, Eigentumsvorbehalte bei Importlieferungen nach Deutschland: RabelsZ 32 (1968) 450. Die Kl., die Firma eines Einzelkaufmanns mit Sitz in Zürich, stand mit einem Werftbetrieb der Sch. KG in Hamburg in ständiger Geschäftsverbindung. Sie verkaufte und lieferte der Werft Schiffsbauteile, die sie ihrerseits von verschiedenen Lieferanten in England gekauft hatte. Von dort wurde das Material nach Hamburg verschifft. Über das Vermögen der Inhaberin der Werft wurde der Konkurs eröffnet. Der Bekl. ist Konkursverwalter. Die Kl. hat im ersten Rechtszug die Herausgabe von noch nicht bezahlten, auf der Werft lagernden Schiff sbauteilen verlangt und sich dafür auf einen angeblich vereinbarten Eigentumsvorbehalt (reservation of the right of disposal) gestützt. Nachdem der Bekl. im zweiten Rechtszug die Veräußerung der Schiffsbauteile angezeigt hatte, ist die Kl. zum Zahlungsanspruch übergegangen. Aus den Gründen: „1. Das Rechtsschutzbegehren der Kl. als solches ist nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach deutschem IPR gilt nicht n u r f ü r Grundstücke, sondern auch f ü r bewegliche Sachen k r a f t Gewohnheitsrecht die lex rei sitae, das Statut der Belegenheit. Über das Bestehen dinglicher Rechte entscheidet also das Recht des Staates, in dem die Sache sich befindet (allg. Meinung, vgl. n u r Soergel-Siebert-Kegel, BGB, vor Art. 7 EGBGB Rdnr. 269; RGZ 103, 30;
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BGHZ 39, 173 1 ). Zwar wird gelegentlich auch die Auffassung vertreten, daß die Parteien das maßgebliche Sachstatut vereinbaren können. Einer näheren Auseinandersetzung mit dieser Auffassung bedarf es indes nicht, weil sie nur f ü r die Frage des Eigentumserwerbs vertreten wird (vgl. BayObLG, IPRspr. 1934 Nr. 24; OGHBrZ vom 7. 7. 1949, NJW 1949, 785 2 ; OLG Hamburg vom 25. 10. 1961 3 , mit Besprechung von Meyer-Ladewig in AWD 1963, 261). F ü r den Eigentumsschutz aber, insbesondere f ü r den Herausgabeanspruch gegen den Besitzer (vgl. Wolff, Das IPR Deutschlands, 179; Wolff-Raiser, Sachenrecht, 366, 368) einschließlich der Eigentumsvermutungen (vgl. BGH, NJW 1960, 774 4 ), sowie f ü r die Frage, ob sich der Herausgabeanspruch im Konkurse durchsetzt (vgl. Schnitzer, Handbuch des IPR, II 756; Böckl-Meder, Der Eigentumsvorbehalt im ausländischen Recht, 2. Aufl., 9; Stulz, Der Eigentumsvorbehalt im in- und ausländischen Recht, 3. Aufl., 79), gilt ausschließlich und nicht abdingbar die lex rei sitae. Im Streitfalle ist die lex rei sitae das deutsche Recht, weil sich die Sachen, hinsichtlich derer die Kl. Rechtsschutz begehrt, im Zeitpunkt dieses Begehrens auf deutschem Rechtsgebiet befinden. Der ursprünglich von der Kl. geltend gemachte Herausgabeanspruch ist daher nach § 43 KO in Verbindung mit § 985 BGB zu beurteilen. Nur wenn der Herausgabeanspruch nach diesen Vorschriften begründet wäre, könnte der Kl. der jetzt verfolgte Zahlungsanspruch gemäß § 59 Nrn. 1, 3 KO — eventuell in Verbindung mit § 816 BGB - zustehen. Auch die Begründetheit des geänderten Klagantrages setzt also in jedem Falle voraus, daß die Kl. zu irgendeinem Zeitpunkt einmal Eigentümer der Ware gewesen und dies auch nach der Auslieferung an die Gemeinschuldnerin geblieben ist. 2. a) Daß die Kl. auf Grund ihrer Kaufverträge mit den englischen Lieferfirmen Eigentümer der Schiffsbauteile geworden ist, war schon in erster Instanz unstreitig. Hiervon ist auch im Berufungsrechtszug auszugehen, wo die Kl. erläuternd vorgetragen und der Bekl. nicht bestritten hat, daß sie sämtliche in England eingekauften Schiffsbauteile, soweit sie Gegenstand der Herausgabeklage waren, voll bezahlt hatte. b) Die Kl. hat ihr Eigentum jedoch mit der Auslieferung der Ware an die Gemeinschuldnerin verloren. Nach der herrschenden Meinung im Schrifttum zum deutschen IPR (vgl. Raape, IPR, 5. Aufl., 586 ff., 593 ff.; Soergel-Siebert-Kegel, vor Art. 7 EGBGB Rdnrn. 269, 270; Wolff-Raiser, Sachenrecht, 366; Wolff aaO 175; Frankenstein, IPR, II 38 ff.; Zitelmann, IPR, I 151) und ständiger Rechtsprechung des RG und des BGH (RGZ 103, 30; RGZ 119, 215; BGH, NJW 1960, 774 4 ; BGHZ 39, 173') richtet sich der Eigentumsübergang nach der lex rei sitae. Dieses Recht bestimmt über dingliche Rechte und Pflichten hinsichtlich ihrer Entstehung, ihres Unterganges, ihres Inhaltes und ihres Überganges. Die Entscheidung der Frage, ob jemand das Eigentum an einer Sache erwirbt oder nicht, richtet sich also nach der Rechtsordnung 1 3
IPRspr. 1962-1963 Nr. 60. IPRspr. 1960-1961 Nr. 72.
* IPRspr. 1945-1949 Nr. 9. 4 IPRspr. 1960-1961 Nr. 231.
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des Ortes, an welchem sich die Sache im Zeitpunkt ihrer Veräußerung befunden hat. Aus diesem Grundsatz folgt nun allerdings noch keineswegs, daß sich der Eigentumserwerb im Streitfall schon deshalb nach deutschem Recht richtet, weil sich die Schiffsbauteile jetzt auf deutschem Rechtsgebiet befinden. Vielmehr kann bei der Prüfung der Frage, welche Rechtsordnung als lex rei sitae f ü r die Beurteilung des Eigentumserwerbs maßgeblich ist, nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich die Schiffsbauteile vorher auf englischem Rechtsgebiet befunden haben. F ü r das sachenrechtliche Schicksal der Bauteile kommen also, von der Belegenheit der Sache her gesehen, zwei verschiedene Sachstatute als Anknüpfungspunkt in Betracht. Gelangt eine Sache aus dem Gebiet einer Rechtsordnung in das einer anderen Rechtsordnung, so ist mit dem Gebietswechsel zugleich ein Statutenwechsel verbunden (Raape aaO 587; Frankenstein aaO 42; Zitelmann aaO 151). In einem solchen Fall gilt der Rechtssatz, daß sachenrechtliche Tatbestände nach der lex rei sitae des Zeitpunktes beurteilt werden, in dem sie eintreten (Raape aaO; Zitelmann aaO; Kegel, IPR, 230; BGH aaO). Es ist also jeweils zu prüfen, ob der nach dem alten Sachstatut bedeutsame Tatbestand in dem Zeitpunkt, in welchem die Sache das Staatsgebiet wechselte, schon verwirklicht bzw. abgeschlossen war oder ob der Gebietswechsel im Verlaufe einer noch in der Entwicklung begriffenen Tatbestandsverwirklichung vorgenommen wurde. Wechselt eine Sache das Staatsgebiet, nachdem ein dingliches Recht entstanden, über- oder untergegangen ist oder seinen Inhalt geändert hat, so bleibt es dabei. Ein in diesem Sinne unter der Herrschaft des alten Sachstatuts abgeschlossener Tatbestand wird auch nach dem Gebietswechsel unter der Herrschaft des neuen Sachstatuts anerkannt. Wohlerworbene Rechte gehen also durch einen Gebietswechsel nicht verloren, sondern bestehen im Rahmen der neuen lex rei sitae weiter (allg. Meinung). Wechselt eine Sache aber das Staatsgebiet, während sich ein sachenrechtlicher Tatbestand noch verwirklicht, so entscheidet allein die neue lex rei sitae über den Gesamttatbestand (Soergel-Siebert-Kegel aaO; Frankenstein aaO 44 ff.; Mertens, Eigentumsvorbehalt und sonstige Sicherungsmittel des Verkäufers im ausländischen Recht, 1964, 15). c) Werden diese Grundsätze auf den Eigentumserwerb beim Versendungskauf (mit Gebiets- und Statutenwechsel) übertragen, so sind zwei Fälle zu unterscheiden. Einmal kann das Eigentum schon auf dem Gebiete des alten Sachstatuts (Verkäufer-Statut) übergehen. Dann bleibt es dabei und wird der Käufer von der Rechtsordnung des neuen Sachstatuts (Käufer-Statut) auch dann als Eigentümer anerkannt, wenn er nach dessen Vorschriften kein Eigentum erworben hätte. Geht das Eigentum aber nicht schon unter der Herrschaft des alten Sachstatuts nach dessen Vorschriften über, bleibt der Verkäufer also nach dem Überschreiten der Rechtsgrenze Eigentümer - so wie er es auch schon vorher war - , dann richtet sich der Eigentumserwerb des Käufers insgesamt nach den Vorschriften des neuen Sachstatuts.
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Die erstgenannte Möglichkeit scheidet im Streitfall aus. Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Gemeinschuldnerin das Eigentum an den Schiffsbauteilen erst auf deutschem Rechtsgebiet erwerben sollte. Ob und unter welchen Voraussetzungen dieser Eigentumserwerb eintrat, richtet sich daher grundsätzlich nach deutschem Recht. d) Dies gilt auch dann, wenn sich die Kl. - wie im folgenden unterstellt wird - noch unter der Herrschaft des englischen Rechts das Eigentum an den verkauften Waren wirksam bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten haben sollte. Denn ein derartiger Eigentumsvorbehalt (reservation of the right of disposal) ist nach der Auffassung des Senats kein ,abgeschlossener' sachenrechtlicher Tatbestand, der nach dem Grundsatz der wohlerworbenen Rechte auch von der deutschen Rechtsordnung anerkannt werden muß, sondern ein nicht abgeschlossener, sogenannter .gestreckter' sachenrechtlicher Tatbestand. Die Frage, ob die Begründung eines Eigentumsvorbehalts als abgeschlossener oder gestreckter sachenrechtlicher Tatbestand anzusehen ist, ist — soweit ersichtlich - von den Gerichten bisher nicht entschieden worden. Im Schrifttum zum IPR ist die Wirkung eines Eigentumsvorbehalts bei einem Statutenwechsel nur unvollständig, jedenfalls nicht erschöpfend behandelt Von allen Autoren wird zumeist nur der Fall erörtert, daß eine Sache, f ü r die nach dem alten Sachstatut ein Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart wurde, in ein Gebiet verbracht wird, das einen Eigentumsvorbehalt nicht kennt oder - wie z. B. in der Schweiz - n u r nach erfolgter Registrierung anerkennt. F ü r alle diese Fälle entspricht es einhelliger Meinung, daß der Eigentumsvorbehalt nach Überschreiten der Rechtsgrenze erlischt (vgl. Raape aaO 597; Nußbaum, Deutsches IPR, 308; Kegel, IPR, 231; Frankenstein aaO 56 Anm. 93; Böckl-Meder aaO 8). Diese Fälle stellen jedoch keine vollständige Parallele zu der im Streitfall vorliegenden Problematik dar, weil hier ein Eigentumsvorbehalt von beiden Rechtsordnungen, der englischen und der deutschen, ohne weiteres anerkannt wird. Immerhin ergeben sich aus den zitierten Stellen gewichtige Anhaltspunkte dafür, daß die Verfasser einen Eigentumsvorbehalt nicht als einen abgeschlossenen Tatbestand ansehen. In jüngster Zeit haben sich — soweit ersichtlich — n u r Mertens (Eigentumsvorbehalt und sonstige Sicherungsmittel des Verkäufers im ausländischen Recht, Diss. Berlin 1964) und Privat (Der Einfluß der Rechtswahl auf die rechtsgeschäftliche Mobiliarübereignung im IPR, Diss. Bonn 1964) zu der Problemfrage geäußert. Mertens (aaO 15) führt dazu aus, die Übergabe der Sache unter dem Vorbehalt des Eigentums erzeuge eine nicht abgeschlossene dingliche Schwebelage, einen noch offenen Dauertatbestand, der zur Disposition der neuen lex rei sitae stehe, die ausschließlich über die dingliche Rechtslage entscheide. Demgegenüber meint Privat (aaO 128 ff. unter Hinweis auf Lewald, Frankenstein und Soergel-SiebertKegel), daß der Fall des Eigentumsvorbehalts nur scheinbar in den Problemkreis der nicht abgeschlossenen Tatbestände gehöre, weil bei der bedingten Ubereignung bereits eine dingliche Rechtsänderung stattgefun-
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den habe; der Käufer h a b e nämlich unter der alten lex rei sitae ein Anwartschaftsrecht erworben, und das Recht des Verkäufers sei auflösend bedingt; insoweit sei der Tatbestand der dinglichen Sicherung des Verkäufers (vorläufig) abgeschlossen, und es sei allein Sache der neuen lex rei sitae, wie sie mit den Rechtspositionen der Vertragspartner verfahre. Nach der Auffassung des Senats ist der Meinung von Mertens der Vorzug zu geben, wonach ein Eigentumsvorbehalt keinen abgeschlossenen sachenrechtlichen Tatbestand darstellt. Hierbei handelt es sich — wovon auch die Kl. richtig ausgeht — grundsätzlich u m eine Frage des deutschen IPR. Die P r ü f u n g , ob der nach englischem Recht gesetzte Tatbestand (die reservation of the right of disposal) abgeschlossen ist oder nicht, setzt aber notwendig voraus, daß dieser Tatbestand so gewürdigt wird, wie er sich nach den Vorstellungen des englischen Rechts darstellt, d. h. welche Bedeutung ihm nach der fremden Rechtsordnung zukommt. Insoweit ist mit der Kl. davon auszugehen, daß die englisch-rechtliche reservation of the right of disposal rechtlich und wirtschaftlich die gleiche Bedeutung hat wie der deutsch-rechtliche Eigentumsvorbehalt. Rechtlich gesehen, blieb die Kl. bis zum Eintritt der Bedingung (Zahlung des Kaufpreises) Voll-Eigentümer der W a r e und e r w a r b die Gemeinschuldnerin bis dahin noch kein Eigentum, sondern allenfalls ein dingliches Anwartschaftsrecht (vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, I 206 ff.). Der Eigentumsvorbehalt beschränkt oder ändert also nicht das schon bestehende Eigentum; er verändert n u r die der deutsch-rechtlichen Übereignungserklärung bzw. die dem englisch-rechtlichen Kaufabschluß an sich zukommende Wirkung, das Eigentum sofort zu übertragen, indem er bewirkt, daß die Eigentümerposition des Verkäufers — regelwidrig — verlängert u n d der Eigentumserwerb des Käufers — ebenfalls regelwidrig - hinausgezögert wird. Wirtschaftlich gesehen, dient der Eigentumsvorbehalt ebenso wie die reservation of the right of disposal der dinglichen Sicherung des Verkäufers. Der Unterschied zwischen beiden Rechtsfiguren zeigt sich lediglich in der Art u n d Weise ihrer Begründung. W ä h r e n d nach deutsch-rechtlicher Auffassung zur wirksamen Begründung eines Eigentumsvorbehalts immer zumindest eine empfangsbedürftige Willenserklärung erforderlich ist, die auch stillschweigend abgegeben werden k a n n und deren Auslegung sich nach §§ 133, 157, 242 BGB richtet, stellt das englische Recht zum Teil sehr weitgehende Vermutungen auf, bei denen zum Teil auch an einseitige Verhaltensweisen des Verkäufers angeknüpft wird, die dem Käufer verborgen bleiben. Einer näheren Auseinandersetzung mit Einzelheiten, wie sie sich aus der ,Sale of Goods Act' ergeben, bedarf es indes nicht, weil diese n u r die Begründung, nicht aber die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der reservation of the right of disposal betreffen, die — wie ausgeführt — der des deutschen Eigentumsvorbehalts weitgehend entspricht. Hiervon ausgehend, k a n n der sachenrechtliche Tatbestand ,Eigentumsvorbehalt' hinsichtlich seiner Begründung u n d seiner Auswirkungen nicht
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als abgeschlossener Tatbestand angesehen werden. Durch einen Eigentumsvorbehalt wird kein neues Recht an einer Sache begründet, sondern das schon bestehende Vollrecht lediglich in zeitlicher Hinsicht verlängert, wobei völlig ungewiß bleibt, wie lange dies der Fall sein wird. In der Zeit zwischen der Begründung des Eigentumsvorbehalts und seinem Wegfall infolge Zahlung des Kaufpreises besteht also eine dingliche Schwebelage. Im Streitfall wurde die Schwebelage in England nach englischem Recht begründet; sie prägte das sachenrechtliche Schicksal der Ware während des Schiffstransports, auch noch nach Überschreiten der Rechtsgrenze, und sollte nach den Vorstellungen der Parteien, dem Wesen des Eigentumsvorbehalts entsprechend, erst auf deutschem Rechtsgebiet .aufgelöst', d. h. beendet werden. Ein derartiger sachenrechtlicher Schwebezustand ist aber, solange er besteht, kein abgeschlossener Tatbestand, sondern ein noch in der Entwicklung begriffener ,gestreckter' Tatbestand. Das wird besonders klar, wenn auch der dem sachenrechtlichen Tatbestand zugrunde liegende schuldrechtliche Tatbestand, der Kaufvertrag, mit in die Überlegungen einbezogen wird, wie es im Streitfall auch deshalb angebracht ist, weil das englische Recht nicht scharf zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft und dem dinglichen Verfügungsgeschäft unterscheidet, jedenfalls letzteres nicht vom ersteren abstrahiert. Der Hauptzweck eines Kaufvertrages, auch bei einem Versendungskauf unter Eigentumsvorbehalt, ist die Eigentumsverschaffung an den Käufer gegen Zahlung des Kaufpreises. Der Eigentumsvorbehalt dient, rechtlich und wirtschaftlich gesehen, nur einem Nebenzweck, nämlich der Sicherung der Kaufpreisforderung des Verkäufers. Beide Zwecke realisieren sich bei einem Versendungskauf unter Eigentumsvorbehalt immer - jedenfalls wenn der Verkäufer, wie im Streitfall, vorleistungspflichtig ist - erst im Gebiet der neuen lex rei sitae. Dort entscheidet sich, ob und wann der Hauptzweck des Kaufvertrages erreicht wird; dort auch zeigt sich erst, ob und wie lange der Sicherungszweck des Eigentumsvorbehalts seine beabsichtigten Wirkungen zeitigt. Auch bei dieser Betrachtungsweise wird deutlich, daß der Begründung eines Eigentumsvorbehalts keine abschließende rechtliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung des BGH vom 20. 3. 1963 (BGHZ 39, 173 ff.1) steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Dort war in Frankreich ein (besitzloses) Registerpfandrecht an der dann nach Deutschland verbrachten beweglichen Sache wirksam begründet worden. Hierbei handelt es sich in der Tat um einen abgeschlossenen Tatbestand, nämlich um die nach französischem Recht wirksam und endgültig vollzogene Begründung eines Rechts an einer Sache, den die deutsche Rechtsordnung auch nach erfolgtem Gebiets- und Statutenwechsel hinnehmen mußte. F ü r den Eigentumsvorbehalt, mag er auch in seiner wirtschaftlichen Bedeutung einem besitzlosen Pfandrecht sehr nahe kommen, kann das gleiche nicht gelten, weil ein Eigentumsvorbehalt, wie ausgeführt, kein .Recht an einer Sache' ist. Ob ein wirksam vereinbarter oder sonst begründeter Eigentumsvorbe-
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halt praktisch zum Tragen kommt, richtet sich nach der weiteren Entwicklung des Gesamttatbestandes, die bei der Begründung des Eigentumsvorbehalts noch nicht übersehen werden kann, sondern sich erst später zeigt. Die Begründung eines Pfandrechtes an einer Sache ändert deren sachenrechtliche Lage aber sofort und schafft — im Gegensatz zum Eigentumsvorbehalt - keine dingliche Schwebelage. e) Nach einem Statutenwechsel während einer sachenrechtlichen Schwebelage entscheidet die neue lex rei sitae ausschließlich über die dingliche Rechtslage. Maßgeblich ist also diejenige lex rei sitae, unter deren Geltung sich der Rechtserwerb bzw. Rechtsverlust vollendet bzw. nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes und den Vorstellungen der Vertragsparteien vollenden soll (vgl. Soergel-Siebert-Kegel aaO Rdnr. 278; Frankenstein aaO 42; Sovilla, Eigentumsübertragung an beweglichen körperlichen Gegenständen bei internationalen Käufen, Freiburg/Schweiz 1954; Zitelmann aaO 151; vgl. auch BGHZ 39, 173 ff.*). Nachdem die Schiffsbauteile in das deutsche Rechtsgebiet gelangt sind, ist die maßgebliche lex rei sitae daher das deutsche Recht. Hiernach ist zu prüfen, ob die Kl. ihr Eigentum an den Schiffsbauteilen verloren und die Gemeinschuldnerin es erworben hat. Dabei entscheidet das deutsche Recht über den Gesamttatbestand, also auch über die Tatbestandteile, die sich in England verwirklicht haben. 3. . . . 4. An diesem Ergebnis [daß die Kl. ihr Eigentum an den Schiffsbauteilen verloren hat] ändert der Umstand nichts, daß die Kl. die Kaufverträge mit der Klausel .unter Zugrundelegung der Lieferbedingungen unserer englischen Werke' abgeschlossen h a t . . . Die Bezugnahme eines Verkäufers auf Lieferbedingungen seiner Lieferanten ist rechtlich nicht unbedenklich und jedenfalls dann gemäß § 138 BGB nichtig, wenn sie inhaltlich nichtssagend ist und der erforderlichen Bestimmtheit und Eindeutigkeit weitgehend ermangelt (BGHZ 5, 111, 115; 7, 187, 190; 17, l f f . ; 18, 212, 215 sowie OLG Hamburg, MDR 1964, 321). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Bezugnahme der Kl. auf die Lieferbedingungen ihrer englischen Zulieferer ist schon deshalb völlig unbestimmt, ja nichtssagend, weil ihr Vertragspartner weder die verschiedenen Lieferfirmen der Kl. noch deren — möglicherweise verschiedene — Lieferbedingungen kannte. Im übrigen enthalten die von der Kl. in Bezug genommenen Lieferbedingungen unstreitig keinen Eigentumsvorbehalt, sondern nur ganz allgemein eine Verweisung auf das englische Recht. Das ist zwar an sich — als sogenannte ,materiellrechtliche Verweisung' — zulässig, genügt aber nicht zur wirksamen Begründung eines Eigentumsvorbehalts."
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VI. FAMILIENRECHT
1. Verlöbnis 2. Eheschließung Siehe auch Nr. 108, 111, 112, 170, 288 7 4 . Einem Spanier katholischen Glaubens, der in Deutschland eine Deutsche heiraten will, deren erste Ehe mit einem Deutschen durch ein deutsches Scheidungsurteil geschieden worden ist, kann, sofern diese erste Ehe nach kanonischem und damit auch nach spanischem Recht wirksam zustande gekommen war, Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses bei Lebzeiten des ersten Ehemannes nicht erteilt werden. Die Anwendung spanischen Rechts, für das die Bestimmungen des kanonischen Rechts über die Unauflöslichkeit der Ehe maßgebend sind, ist nicht nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. BGH, Beschl. v o m 1 2 . 2 . 1 9 6 4 - IV AR (VZ) 3 9 / 6 3 B G H Z 41, 136; FamRZ 1964, 188; MDR 1964, 401; StAZ 1964, 129; N J W 1964, 976; JVB1. 1964, 139; DRspr. I (160) 42 c; DRspr. I (180) 51 b; JZ 1964, 617 mit Anm. Wengler; Leitsatz in N J W 1964, 1323 mit Anm. Erwin Fischer; N J W 1964, 2015 mit Anm. Henrich; StAZ 1964, 307 mit Anm. Buchheim; LM Nr. 4 zu Art. 13 EGBGB mit Anm. Johannsen; LM Nr. 1 zu § 10 EheG; LM Nr. 15 zu Art. 30 EGBGB; LM Nr. 1 zu § 23 GVG; DRiZ 1964 B 75 Nr. 993; JurJb 6 (1965/66) 198. Dazu auch Paul Abel, Private International L a w and Germ a n Matrimonial Law: I.C.L.Q. 14 (1965) 674; Dieckmann, Eheschließung eines katholischen Spaniers mit einer geschiedenen Deutschen: JuS 1966, 99 ff. und 168; Neuhaus, Internationales Familienrecht und Grundrechte: FamRZ 1964, 609 ff. Der ASt. ist spanischer Staatsangehöriger und katholischen Bekenntnisses. E r hält sich in W. (Westfalen) auf und will mit der kaufmännischen Angestellten M. H. die Ehe schließen. Diese ist deutsche Staatsangehörige und evangelischen Bekenntnisses. Sie war in ihrer ersten standesamtlich geschlossenen Ehe mit dem Arbeiter E. K. verheiratet. Diese Ehe ist durch Urteil des LG D. geschieden worden. E. K. war gleichfalls nichtkatholischen Bekenntnisses. Der ASt. hat bei dem OLGPräsidenten in Hamm beantragt, ihm gemäß § 10 II EheG Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zu erteilen. Der OLGPräsident hat mit Bescheid vom 23. 7. 1963 den Antrag abgelehnt. Dieser Bescheid ist dem ASt. am 30. 7. 1963 zugestellt worden. Mit einem am 3. 8. 1963 beim OLG Hamm (Westfalen) eingegangenen Schreiben hat der ASt. gerichtliche Entscheidung beantragt, weil er durch Ablehnung der Befreiung in seinen Rechten verletzt worden sei. Das OLG Hamm (Westfalen) sieht den Bescheid des OLGPräsidenten als rechtmäßig an und möchte daher den Antrag zurückweisen. Nach seiner Auffassung ist die Frage, ob in den Gesetzen des Heimatlandes des ASt. ein Ehehindernis be1 In einem unveröffentlichten Beschluß - IV AR (VZ) 40/63 - gleichen Datums hat der BGH mit übereinstimmendem Wortlaut einen Fall entschieden, in dem der Mann ein geschiedener Deutscher, die Frau eine Spanierin katholischen Bekenntnisses war.
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VI./2. Familienrecht
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gründet ist, nach dem fremden Recht zu prüfen und steht hier der Anwendung des spanischen Rechts die Bestimmung des Art. 30 EGBGB nicht entgegen. An dieser Entscheidung sieht sich das OLG Hamm (Westfalen) durch einen Beschluß des OLG Stuttgart vom 12. 11. 1962 - 1 VA 4/62 - (Die Justiz 1963, 34 = StAZ 1963, 157) 2 gehindert. In dieser Entscheidung ist ausgesprochen, daß ein spanischer Staatsangehöriger die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen, deren frühere Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen von einem deutschen Gericht rechtskräftig geschieden worden ist, in der Bundesrepublik eingehen darf. Die Entscheidung ist auf die Erwägung gestützt, daß das einer solchen Eheschließung entgegenstehende spanische Recht dem deutschen ordre public (Art. 30 EGBGB) widerspricht. Das OLG Hamm hat daher die Sache gemäß § 29 I Satz 2 EGGVG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen: „In der Sache selbst ist dem vorlegenden OLG beizutreten. 1. Nach Art. 13 I Satz 1 EGBGB wird die Eingehung der Ehe, sofern auch n u r einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört. Das Gesetz k n ü p f t also an die Staatsangehörigkeit an. F ü r jeden Verlobten ist somit die Ehe nach den Gesetzen des Heimatstaates zu beurteilen (RGZ 132, 416, 417; BGHZ 27, 375, 379 3 ). Dabei k o m m t es auf die Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung an. Das Gesetz will mit der Bestimmung des § 10 EheG vermeiden, daß eine Ehe geschlossen wird, die den Vorschriften des Heimatrechtes eines der Verlobten nicht entspricht und folglich in dessen Heimatstaat nicht anerk a n n t wird. Auch will es dem Standesbeamten die P r ü f u n g erleichtern, ob das maßgebende Heimatrecht des Ausländers die Eheschließung erlaubt (RGZ 152, 23, 33; vgl. auch § 407 I DA - Neufassung 1958). Daher sollen nach § 10 I EheG Ausländer eine Ehe nicht eingehen, bevor sie ein Zeugnis der inneren Behörden ihres Heimatlandes darüber beigebracht haben, daß der Eheschließung ein in den Gesetzen des Heimatlandes begründetes Ehehindernis nicht entgegensteht. Von dieser Verpflichtung zur Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses k a n n nach § 10 II EheG der Präsident des OLG, in dessen Bezirk die Ehe geschlossen werden soll, Staatenlosen und Angehörigen solcher Staaten, deren innere Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen, in besonderen Fällen auch Angehörigen anderer Staaten, Befreiung erteilen. Da in Spanien innere Behörden zur Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses nicht n a m h a f t gemacht sind (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. III, I S. 1, Spanien S. 7; ferner § 404 II DA; Spanien ist hier unter den Ländern, in denen Ehefähigkeitszeugnisse ausgestellt werden, nicht a u f g e f ü h r t ) , besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit der Befreiung. Diese Befreiung kann jedoch nicht nach freiem Ermessen erteilt werden. Vielmehr hat der OLGPräsident an Stelle der ausländischen Behörde zu prüfen, ob der Verlobte die Ehe eingehen kann, ob also durch die Eheschließung in den Heimatstaaten beider Verlobter eine vollgültige E h e entsteht (BGB-RGRK, 10./11. Aufl., § 10 * IPRspr. 1962-1963 Nr. 71.
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 5.
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EheG Anm. 33 und 36). Ist dies zu verneinen, so darf der OLGPräsident die Befreiung nicht erteilen, es sei denn, daß nach Art. 30 EGBGB die Anwendung des ausländischen Rechts ausgeschlossen ist. 2. Da das Heimatrecht jedes Verlobten nach Art. 13 I EGBGB über die Gültigkeit der beabsichtigten Ehe entscheidet, bestimmt es den Kreis der trennenden oder aufschiebenden Ehehindernisse. Es entscheidet somit auch über das Hindernis der Doppelehe, das impedimentum ligaminis (Kegel in Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Art. 13 EGBGB Anm. 13 und 16). Der ASt. ist spanischer Staatsangehöriger. Das spanische Recht kennt keine Rückverweisung (Art. 27 EGBGB) auf deutsches Recht (vgl. Bergmann aaO S. 4 a). Daher beurteilt sich die Frage, ob der ASt. mit Frau H. die Ehe eingehen kann, nach spanischem Recht. Dieses kennt (Art. 42 Cc) zwei Arten von Ehen: die kanonische und die bürgerliche. Die Ehe m u ß kanonisch geschlossen werden, wenn wenigstens einer der Eheschließenden katholisch ist. Die bürgerliche Eheschließung ist zugelassen (se autoriza), wenn keiner der Eheschließenden sich zur katholischen Religion bekennt. Durch diese auf einem Gesetz vom 24. 4. 1958 beruhende Fassung ist klargestellt, daß die kanonische und die bürgerliche Ehe nicht einander gleichgestellt sind, letztere vielmehr nur einen Notbehelf darstellt (Bergmann aaO S. 4). Das Erfordernis der kirchlichen Eheschließung ist nach spanischer Auffassung materiellrechtlicher Natur, also nicht nur ein Formerfordernis (Raape, IPR, 5. Aufl., 247). So kann nach einem Urteil der Audiencia Territorial Madrid vom 10. 4. 1959 (StAZ 1960, 82) ein katholischer Spanier nach spanischem Recht auch im Ausland die Ehe n u r in kanonischer Form eingehen. Der ASt., der der katholischen Kirche angehört, kann somit nach Art. 42 Cc n u r eine kanonische Ehe schließen. Diese richtet sich nach Art. 55 Cc [richtig: Art. 75 Cc] hinsichtlich ihrer Beschaffenheit, ihrer Gültigkeit und überhaupt ihrer rechtlichen Regelung nach den Bestimmungen der katholischen Kirche. Maßgebend sind also nach spanischem bürgerlichen Recht die eherechtlichen Vorschriften des am 19. 5. 1918 in Kraft getretenen CIC. Nach kanonischem Recht ist eine gültig geschlossene und vollzogene Ehe unauflöslich (can. 1118). Kein Ehegatte kann bei Lebzeiten des anderen Ehegatten eine neue Ehe eingehen. Der Eheschließung steht das trennende Ehehindernis des Ehebandes, das impedimentum ligaminis, entgegen. Die neue Ehe wäre gemäß can. 1069 § 1 nichtig. Die frühere Ehe der Frau H. ist zwar nicht in der in can. 1094 vorgesehenen sogenannten tridentinischen Form der Eheschließung geschlossen worden. Diese Form der Eheschließung ist jedoch nach can. 1099 § 2 dann nicht erforderlich, wenn beide Eheschließenden Nichtkatholiken sind. Diese Voraussetzung w a r hier erfüllt, da der geschiedene Ehemann der Frau H. gleichfalls Nichtkatholik war. Die Ehe konnte deshalb in beliebiger Form geschlossen werden. Sie ist nach kanonischem Recht eine gültige Ehe und begründet als solche gleichfalls das Ehehindernis des Ehebandes. Dieses Hindernis ist zwar nur in der Person der Verlobten des ASt. gegeben. Das Verbot der Eingehung einer Ehe seitens eines Verlobten, der in einer gültigen Ehe lebt, oder
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mit einem solchen Verlobten, ist jedoch ein sogenanntes Doppelverbot, das sich in gleicher Weise gegen beide Verlobte richtet. Dies gilt im kanonischen Recht wie auch im deutschen bürgerlichen Recht (vgl. RGZ 136, 142, 144, 145; 151, 313, 317). Diesem Eheverbot unterliegt der ASt., gleichgültig, ob er die Ehe mit F r a u H. in Spanien oder im Ausland eingehen will. Denn ein katholischer Spanier kann auch im Ausland die Ehe nur in kanonischer Form schließen (vgl. das vorerwähnte Urteil der Audiencia Territorial Madrid; ferner Boschan, Europäisches Familienrecht, 3. Aufl., Spanien S. 435). Es besteht sonach kein Zweifel, daß nach kanonischem und damit auch nach spanischem Recht auf Seiten der Verlobten, F r a u H., das Hindernis des Ehebandes besteht und der Eheschließung zwischen ihr und dem ASt. entgegensteht. Die Ehe wäre nach Art. 51 Cc ohne bürgerliche Wirkungen. Eine Befreiung von diesem Hindernis scheidet nach kanonischem und damit auch nach spanischem Recht aus (vgl. Boschan aaO 430). F ü r die Frage der Ehefähigkeit ist nicht ausschließlich auf die Person des einen Verlobten abzustellen. Sie kann nur in bezug auf die beabsichtigte Eheschließung bejaht oder verneint werden. So begründet die Vorschrift des § 404 I DA die Notwendigkeit, im Ehefähigkeitszeugnis beide Verlobte ihrer Persönlichkeit nach zu benennen, mit der Erwägung, es solle durch das Zeugnis der Nachweis erbracht werden, daß der fremde Staatsangehörige nach den Vorschriften seines Heimatrechts mit der bestimmten anderen Person die Ehe schließen kann. Die Prüfung der Ehefähigkeit hat sich folglich auch darauf zu erstrecken, ob nach ausländischem Recht in der Person des anderen Ehegatten ein Ehehindernis vorliegt. Hier kann kein Zweifel darüber bestehen, daß dem ASt. nach spanischem Recht die Fähigkeit zur Eingehung der Ehe mit F r a u H. fehlt. Die in § 10 II EheG vorgesehene Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses darf aber kein Mittel sein, sich über die ausländischen Ehehindernisse hinwegzusetzen (vgl. Raape aaO 317). Die Befreiung kann folglich nicht erteilt werden, es sei denn, daß hier die Anwendung des spanischen Rechts Einschränkungen unterworfen ist. 3. Die Frage, ob einem katholischen Spanier (oder Italiener) die Befreiung dann erteilt werden kann, wenn durch ein deutsches Scheidungsurteil entweder seine eigene frühere Ehe (gemäß Art. 17 III EGBGB) oder eine frühere Ehe seiner deutschen Verlobten geschieden worden ist, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten. Nach der Auffassung des OLG Celle (NJW 1962, 2012 = FamRZ 1963, 91 = StAZ 1963, 66) 4 kann einer katholischen Spanierin, die in Deutschland einen geschiedenen Deutschen heiraten will, die Befreiung nicht erteilt werden (vgl. auch OLG Celle, NJW 1962, 1160 5 und 1963, 2232 6 ). Das OLG Karlsruhe (StAZ 1963, 42) 7 hat einem Italiener, der von seiner ersten deutschen Ehefrau durch Urteil eines deutschen Gerichts geschieden war und eine gleichfalls geschiedene F r a u heiraten wollte, die Befreiung versagt. Ebenso hat das OLG 4 IPRspr. 1962-1963 Nr. 69. • IPRspr. 1962-1963 Nr. 75.
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 68. IPRspr. 1962-1963 Nr. 70.
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München (NJW 1963, 2233) 8 einem nach deutschem Recht geschiedenen italienischen Staatsangehörigen, der eine Deutsche heiraten wollte, das Ehefähigkeitszeugnis verweigert, obwohl er hinsichtlich seiner geschiedenen Ehe auch eine Nichtigkeitserklärung nach katholischem Kirchenrecht erwirkt hatte. Auch das LG Köln (FamRZ 1962, 158) 9 hat ausgesprochen, daß ein italienischer Staatsangehöriger, dessen erste Ehe auf die Klage seiner deutschen Ehefrau im Inland geschieden worden ist, in Deutschland zu Lebzeiten des Partners der ersten Ehe keine neue Ehe eingehen darf. Dagegen hat das OLG Stuttgart (aaO) einem katholischen Spanier Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses zur Eingehung einer Ehe mit einer Verlobten, deren erste, nach katholischem Ritus geschlossenen Ehe durch Urteil eines deutschen Gerichts geschieden worden war, erteilt. Es hat die Befreiung damit begründet, daß die Nichtanerkennung eines zwischen deutschen Staatsangehörigen ergangenen deutschen Scheidungsurteils dem deutschen ordre public widerspreche. Diese Auffassung wird auch vom OLG Braunschweig (Vorlagebeschluß vom 10. 10. 1963, FamRZ 1963, 569) 10 geteilt. Dieses Gericht geht davon aus, daß die Rechtswirksamkeit einer von deutschen Gerichten ausgesprochenen Scheidung eines Deutschen eine selbständige, nach deutschem Recht zu beurteilende Vorfrage ist, die weder von deutschen Behörden noch von deutschen Gerichten verneint werden darf. Im Schrifttum wird die Frage vornehmlich f ü r den Fall erörtert, daß die erste Ehe eines ausländischen Verlobten durch ein gemäß Art. 17 III EGBGB ergangenes, im Heimatstaat des Verlobten aber nicht anerkanntes Urteil eines deutschen Gerichts geschieden worden ist. Die Zulässigkeit einer Wiederverehelichung lehnen f ü r einen solchen Fall u. a. ab: Raape aaO 317 ff.; Wölfl, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., 212; Süß, Die Anerkennung ausländischer Urteile, Festschrift f ü r Rosenberg 1949, 229 ff.; Neumayer, RabelsZ 1955, 66 ff.; Ferid, FamRZ 1961, 401; Beyer, StAZ 1957, 29 ff., 36; Marquardt, StAZ 1963, 46 ff.; Gamillscheg, JZ 1963, 22 ff. (mit weiteren eingehenden Nachweisen f ü r beide Meinungen aus Rechtsprechung und Schrifttum). Dagegen bejahen die Zulässigkeit einer Wiederverehelichung u. a. Kegel aaO Vorbem. 4 6 ^ 8 vor Art. 7 EGBGB, Art. 13 EGBGB Anm. 17, 18; ferner IPR 105, 240 unter Berufung darauf, daß Vorfragen selbständig anzuknüpfen sind und daß die Vorfrage der Gültigkeit des deutschen Scheidungsurteils ausschließlich nach deutschem Recht zu beurteilen ist; Kegel-Lüderitz, FamRZ 1964, 57 ff.; Erman-Marquordt, BGB, 3. Aufl., Art. 13 EGBGB Anm. 5 c und 6 b; Blanke, FamRZ 1963, 93; Dehner, NJW 1963, 2201; Holleaux, FamRZ 1963, 637 Fußn. 2. Dieser Ansicht hat sich auch die 2. Abteilung des Deutschen Rats f ü r IPR angeschlossen (Kegel, RabelsZ 1960, 201, 204). Sie hat zum Eheschließungsrecht in I § A Abs. 2 ihrer Vorschläge die Aufnahme einer Bestimmung angeregt, daß dann, wenn ein deutsches Gericht durch rechtskräftiges Urteil eine Ehe geschieden hat, diese Ehe 8 10
IPRspr. 1962-1963 Nr. 72. IPRspr. 1962-1963 Nr. 78.
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einer erneuten Eheschließung nicht entgegen stehen soll, auch wenn das Urteil in einem ausländischen Staat nicht anerkannt wird (aaO 339). Die Kommission hat diese Auffassung mit der Erwägung begründet, daß die Eigenständigkeit des internationalen Verfahrensrechts nicht vom Internationalen Privatrecht verdrängt werden darf (Kegel aaO 204). Die erstere Meinung verdient den Vorzug. Auszugehen ist von der Bedeutung des Art. 13 EGBGB. Diese Bestimmung stellt sicher, daß eine Ehe, deren Eingehung beabsichtigt ist, allgemein anerkannt wird. Denn der zu erstrebende Normalzustand ist der, daß die Existenz einer Ehe überall gleich beurteilt wird (Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR, 1962, 254). Die Ehe soll deshalb in den in Betracht kommenden Lebensbereichen der künftigen Ehegatten, also nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland und vor allem auch im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten, vollgültig sein. Damit wird vermieden, daß Ehen geschlossen werden, von denen sich der ausländische Ehegatte jederzeit lösen kann, wenn er Deutschland verläßt, in sein Heimatland zurückkehrt und sich dort darauf beruft, daß die Ehe nach seinem Heimatrecht ungültig ist. Die Vorschrift, die in Abs. 1 Satz 1 zunächst auch nur die Eheschließung eines Deutschen mit einem Ausländer regelt, schützt damit den deutschen Staatsangehörigen. Dieser könnte durch die Eingehung einer nicht allgemein, insbesondere nicht im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten, anerkannten Ehe in eine rechtlich schwierige Lage kommen. Einmal könnte, wie bereits dargelegt, der ausländische Ehegatte sich jederzeit von der Ehe und den damit verbundenen Pflichten durch die Rückkehr in seinen Heimatstaat lossagen. Der deutsche Ehegatte hätte in einem solchen Falle keine gesetzliche Handhabe, gegen ihn im Ausland seine Rechte geltend zu machen. Im Falle einer gemeinsamen Übersiedlung in den Heimatstaat des ausländischen Ehegatten hätten beide Ehegatten, also auch der deutsche Staatsangehörige, mit Rücksicht darauf, daß die Ehe nach den Gesetzen dieses Staates nicht anerkannt werden kann, Schwierigkeiten zu erwarten. Auch wäre der deutsche Ehegatte in seiner erbrechtlichen Stellung zumindest insoweit, als es sich um den ausländischen Nachlaß seines Ehegatten handelt, gefährdet. Zudem wären die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder in ihrer Rechtsstellung, namentlich hinsichtlich ihres Erbrechts und ihrer Unterhaltsansprüche, im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten gefährdet. Die Vorschrift des Art. 13 I EGBGB, die die allgemeine Anerkennung der Ehe sichern soll, dient also auch dem Schutz des deutschen Staatsangehörigen. Im Hinblick auf diesen Schutzgedanken verweist das deutsche Recht auf das ausländische Recht und nimmt damit Folgerungen hin, die an sich unserer Rechtsordnung fremd sind. Die Anerkennung der Ehe im Heimatstaat des ausländischen Verlobten erfordert, daß die Normen des ausländischen Rechts in vollem Umfang angewandt werden. Das RG hat daher in der Entscheidung RGZ 78, 234, die die Nichtigkeit der Ehe eines katholischen Österreichers mit einer durch ein deutsches Urteil geschiedenen Deutschen evangelischen Bekenntnisses be16*
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traf, ausgesprochen, daß nach Art. 13 EGBGB eine Ehe nur dann gültig ist, wenn sie nach dem für einen jeden der Verlobten maßgebenden Recht eingegangen werden durfte. In der Entscheidung ist weiter (S. 236) dargelegt, daß jede Verweisung auf fremdes Recht im Zweifel und grundsätzlich als Gesamtverweisung zu verstehen ist. Das RG hat hier die Gültigkeit der Ehe bejaht, der das sogenannte österreichische Hindernis des Katholizismus entgegenstand, nicht etwa auf Grund des Art. 30 EGBGB, sondern nur im Hinblick auf die Bestimmung des § 4 österr. ABGB, nach der die österreichischen Gesetze dann nicht verbindlich sind, wenn durch die Eheschließung keine rechtlichen Folgen in Österreich hervorgerufen werden sollen (ebenso in einem ähnlichen Fall des BayObLG, JW 1918, 375). In einer weiteren Entscheidung (RGZ 136, 142, 146) hat das RG ausgespror chen, daß die Vorschrift des Art. 13 I Satz 1 EGBGB sich auf alle Tatumstände zu erstrecken hat, die in Beziehung zu der Frage stehen, ob eine Ehe gültig ist oder nicht. Diesen Grundsatz hat es in RGZ 160, 396, 403 dahin erläutert, daß bei der gemäß Art. 13 EGBGB gebotenen Prüfung der Fähigkeit zur Eingehung der Ehe das ausländische - hier polnische Recht auch insoweit maßgebend ist, als es eine frühere Ehe als fortbestehend ansieht. Nach der Auffassung des RG ist also gemäß Art. 13 EGBGB auch die Frage der Gültigkeit der früheren Ehe eines der Verlobten nach ausländischem Recht zu beurteilen. Damit ist die Ansicht, es handle sich insoweit um eine selbständige, nach dem Recht des geschiedenen Verlobten zu beurteilende Vorfrage, abgelehnt. Der Senat schließt sich der Auffassung des RG an. Nur dann, wenn sich die Prüfung auch darauf erstreckt, ob der Gültigkeit der beabsichtigten Eheschließung das Hindernis einer früheren, nach Auffassung des ausländischen Rechts noch als fortbestehend anzusehenden Ehe entgegensteht, ist die mit der Vorschrift des Art. 13 EGBGB auch im Interesse des deutschen Verlobten erstrebte allgemeine Anerkennung der Ehe gewährleistet. Dem Gesetzgeber kann es nicht entgangen sein, daß es Rechtsordnungen gibt, die eine einmal gültig geschlossene Ehe als nur durch den Tod eines Ehegatten auflösbar ansehen und deshalb die Fähigkeit zur Wiederverehelichung eines Ehegatten trotz ausgesprochener Scheidung bei Lebzeiten des anderen Ehegatten mit Rücksicht auf das impedimentum ligaminis verneinen. Gleichwohl hat er sich aus den bereits erörterten Gesichtspunkten entschlossen, das ausländische Recht maßgebend sein zu lassen und damit eine solche Folge hinzunehmen. Diese dem Gesetzgeber bekannte und von ihm in Kauf genommene Folge kann auch nicht mit dem Hinweis auf Art. 30 EGBGB beseitigt werden. Die Anwendung ausländischer Bestimmungen, die auf der Vorstellung der Unauflöslichkeit des Ehebandes beruhen, bedeutet keinen Verstoß gegen die guten Sitten (vgl. Neumayer aaO 73) und verstößt auch nicht gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Dies hat das RG in der Entscheidung RGZ 150, 61, 64 ausgesprochen. Es hat hier dargelegt, daß das Gesetz von der Maßgeblichkeit ausländischer Gesetze ausgeht, die eine Scheidung der Ehe dem Bande nach grundsätzlich nicht zulassen. Diese Auffassung findet auch
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eine Stütze in der Bestimmung des Art. 2 III des Haager Eheschließungsabkommens vom 12. 6. 1902 (RGBl. 1904, 221). Nach dieser Vorschrift ist kein Vertragsstaat verpflichtet, eine Ehe schließen zu lassen, die mit Rücksicht auf eine vormalige Ehe — oder auf ein Hindernis religiöser Natur gegen seine Gesetze verstoßen würde. Durch den Beitritt zu diesem Abkommen hat Deutschland zum Ausdruck gebracht, daß es fremde Rechtsordnungen, die das Bestehen des impedimentum ligaminis mit Rücksicht auf eine vormalige Ehe, also trotz deren Scheidung, bejahen, anerkennt. Dem entsprach auch die Handhabung des Art. 13 EGBGB in der Praxis. Dies ergibt sich aus den Erklärungen, die der Vertreter des preußischen Justizministeriums in den Sitzungen des Ausschusses f ü r das Rechtswesen des preußischen Landtags vom 22. 10. und 17. 12. 1929 anläßlich der Beratung eine Antrages auf Einführung des Domizilprinzips bei Statusfragen abgab (RabelsZ 1930, 390 ff., 398, 399). Er führte aus, die Frage, ob Art. 30 EGBGB auf die religiösen Ehehindernisse - gemeint war damit auch das impedimentum ligaminis bei Ehegatten katholischen Glaubens — anzuwenden sei, habe das Justizministerium seit Jahrzehnten beschäftigt; sie sei bisher stets verneint worden; die jahrzehntelange Übung des Justizministeriums gehe dahin, diese religiösen Ehehindernisse zu beachten (vgl. dazu auch Stümpges, Fälle aus der Praxis: StAZ 1929, 109 und 1933, 226, wonach die Praxis nicht einheitlich war). Dabei wies der Vertreter des Ministeriums auch auf die Beratungen anläßlich des Abschlusses des Haager Abkommens hin. Nach seinen Ausführungen hat damals bei der Beratung der Frage, ob einzelne Vertragsstaaten es mit der garantierten Religionsfreiheit f ü r unvereinbar hielten, die Eheschließung aus Gründen religiöser Natur zu untersagen, der deutsche Vertreter betont, daß Deutschland sich verpflichten könne, alle durch die Gesetze der Vertragsgenossen vorgesehenen Ehehindernisse zu respektieren. Nach allem ist die Auffassung, die Anwendung des spanischen Rechts verstoße hier gegen den ordre public im Sinne des Art. 30 EGBGB, abzulehnen. Ein solcher Verstoß kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejaht werden, daß durch die Anwendung des spanischen Rechts die Rechtskraftwirkung eines zwischen deutschen Staatsangehörigen ergangenen Scheidungsurteils mißachtet würde. Der deutsche Gesetzgeber hat im Falle des Art. 13 EGBGB im Interesse des deutschen Ehegatten fremdem Recht Eingang verschafft und es f ü r den deutschen Richter verbindlich erklärt. Folglich erleidet, wie Süß aaO 250 ausführt, die deutsche Rechtsprechung dadurch, daß sich die Autorität des Scheidungsurteils eines deutschen Gerichts an diesen vom materiellen Recht gezogenen Grenzen bricht, keinen Prestigeverlust. Dies gilt um so mehr, weil Ehescheidung und die Fähigkeit zur Wiederverheiratung nicht schlechthin dasselbe sind. Es besteht vielmehr ein fast einheitlicher Brauch, im IPR die Fähigkeit zur Wiederverheiratung nach erfolgter Scheidung einer früheren Ehe nicht der Herrschaft des Ehescheidungsstatuts, sondern den die Ehefähigkeit schlechthin beherrschenden Gesetzen zu unterwerfen (vgl. Neumayer aaO 67). Daher kann das Bestehen eines nach ausländischem Recht gegebenen impedimen-
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tum ligaminis nicht mit dem Hinweis auf die Rechtskraftwirkung eines deutschen Scheidungsurteils verneint werden. Warum diese Meinung ,anstößig' sein soll (so Kegel, RabelsZ i960, 204), ist nicht ersichtlich. Die nach Art. 13 I EGBGB hier gebotene Anwendung des spanischen Rechts verstößt auch nicht gegen die Bestimmungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, verkündet durch Gesetz vom 7. 8. 1952 (BGBl. II 685, 953). Das Abkommen sieht in Art. 12 das Recht vor, eine Ehe nach den nationalen Gesetzen, die die Ausübung dieses Rechts regeln, einzugehen. Diese Bestimmung verweist somit hinsichtlich des Eheschließungsrechts ausdrücklich auf die Gesetzgebung der einzelnen Länder. Die Anwendung spanischen Rechts verstößt auch nicht gegen Art. 14 der Konvention. Von einer Benachteiligung im Sinne dieser Vorschrift könnte nur gesprochen werden, wenn aus den in Art. 14 aufgeführten Gründen ein zusätzliches Ehehindernis über die nationalen Gesetze hinaus geschaffen würde (vgl. OLG München aaO; HansOLG Hamburg, StAZ 1962, 216, 217 u ) . Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Zu prüfen ist weiterhin, ob die nach Art. 13 I EGBGB gebotene Anwendung spanischen Rechts in Widerspruch zu Bestimmungen des Grundgesetzes (Art. 2 I, Art. 3 I, Art. 6 I, Art. 19 II GG) steht und ob mit Rücksicht auf die Bestimmungen des Grundgesetzes die Vorschrift des Art. 13 I EGBGB anders auszulegen ist (vgl. Blanke, FamRZ 1963, 93). Beides ist zu verneinen. Der Gesetzgeber verstößt dadurch, daß er in Art. 13 I EGBGB an die Staatsangehörigkeit und nicht an den Wohnsitz anknüpft, nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 III GG. Denn insoweit kann von einer Benachteiligung oder Bevorzugung wegen der Heimat oder der Herkunft nicht gesprochen werden (vgl. Beitzke, Grundgesetz und Internationalprivatrecht, 19). Auch ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Art. 2 I und 6 I GG liegt insoweit nicht vor. Das Grundrecht auf Freiheit der Eheschließung kann nur im Rahmen der Gesetze, zu denen auch die von unserem Kollisionsrecht bezeichnete fremde Rechtsordnung gehört, ausgeübt werden. Es kann nicht gesagt werden, daß deshalb, weil diese Gesetze eine nach ihrer Auslegung vorliegende Doppelehe verbieten, ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt im Sinne des Art. 19 II GG angetastet werde (vgl. Gamillscheg aaO 24). Weiter ist folgendes zu bedenken: Zwar ist auch das deutsche IPR den Grundsätzen des Grundgesetzes unterworfen. Eine Verletzung dieser Grundsätze liegt aber nicht schon dann vor, wenn das deutsche IPR bei Sachverhalten mit Auslandsbeziehung auf die ausländische Rechtsordnung verweist und wenn diese Rechtsordnung andere oder gar strengere Vorschriften, z. B. über die Eingehung der Ehe, d. h. über das Bestehen von Ehehindernissen irgendwelcher Art enthält. Die Berücksichtigung solcher ausländischer Normen ist, wie bereits dargelegt, von dem Bestreben getragen, der Ehe auch im ausländischen Staat Anerkennung zu verschaffen. Sollen aber die Wirkungen einer Rechtshandlung, wie hier der Eheschließung, über den Geltungsbereich des Grundgesetzes hinausgehen, so können dessen Grundsätze, wie z. B. das Recht auf freie Eheschließung, 11
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mag dieses Recht auch für alle Menschen gelten, nicht entgegen dem ausländischen Recht zur Anwendung k o m m e n (vgl. dazu BGH, FamRZ 1954, 110 1 2 ). In einem solchen Fall können auch bei starker Inlandsbeziehung die ausländischen Normen nicht am deutschen Verfassungsrecht gemessen werden (vgl. Ferid, Besprechung der vorgenannten Schrift von Beitzke, FamRZ 1963, 58, 59). Das Gebot des Schutzes des deutschen Staatsangehörigen hat hier den Vorrang. Nach allem hat der OLGPräsident dem ASt., der mit der Bundesrepublik Deutschland nicht durch das Band der Staatsangehörigkeit verbunden ist, die erbetene Befreiung mit Recht versagt. Der Bescheid des OLGPräsidenten ist somit rechtmäßig." 7 5 . Einer Spanierin katholischen Glaubens, die in Deutschland einen Deutschen heiraten will, dessen erste - nach kanonischem Recht wirksam zustande gekommene — Ehe durch ein deutsches Scheidungsurteil geschieden worden ist, kann bei Lebzeiten der ersten Ehefrau Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses grundsätzlich nicht erteilt werden. Etwas anderes kann gelten, wenn die Spanierin bei der Aufgebotsverhandlung vor dem Standesamt ihre Bereitschaft erklärt hat, bei der Eheschließung eine Erklärung gemäß § 6 II des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 19. August 1957 (RuStAG) abzugeben. In einem solchen Falle kann ihr die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses unter der Auflage erteilt werden, daß die in Aussicht gestellte Erklärung nach § 6 II RuStAG von ihr bei der Eheschließung tatsächlich abgegeben wird. OLG Karlsruhe, Beschl. vom 17. 3. 1964 - VA 3/63: Die Justiz 1964, 118; StAZ 1964, 327; Leitsatz in FamRZ 1964, 366. Die am 20. 2. 1934 in Casarrubios del Monte, Provinz Toledo, geborene ASt. ist spanische Staatsangehörige und katholischen Bekenntnisses. Sie wohnt in Weinheim und will mit dem Kraftfahrer L. die Ehe eingehen. L. ist deutscher Staatsangehöriger und evangelischen Glaubens. Er war in erster Ehe, die am 2. 12. 1960 vor dem Standesbeamten in Weinheim und anschließend vor einem katholischen Geistlichen geschlossen worden war, mit Hedwig, geb. V., verheiratet. Diese Ehe ist durch Urteil des LG Mannheim vom 7. 3. 1962 rechtskräftig aus dem Verschulden des Ehemannes geschieden worden. Scheidungsgrund waren ehewidrige Beziehungen zu der ASt. Die ASt. hat bei dem OLGPräsidenten in Karlsruhe beantragt, ihr gemäß § 10 II EheG Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses zu erteilen. Der OLGPräsident hat den Antrag abgelehnt. Die ASt. hat beim OLG Karlsruhe gerichtliche Entscheidung beantragt. Der Verlobte der ASt., die inzwischen am 21. 1. 1964 ein aus der gemeinsamen Verbindung hervorgegangenes Kind geboren hat, befürwortet den Antrag. Das OLG hat den Antrag dem OLGPräsidenten mit der Bitte um Überprüfung seines Ablehnungsbescheids zurückgereicht 1 . 12
IPRspr. 1954-1955 Nr. 197. Der OLGPräsident hat auf Grund dieses Beschlusses am 7. 4. 1964 seinen Ablehnungsbescheid abgeändert und der ASt. die Befreiung von der Beibringung 1
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Aus den Gründen: „Nach dem f ü r die ASt. maßgebendem spanischem Recht m u ß eine E h e kanonisch, also nach den Bestimmungen der katholischen Kirche, geschlossen werden, wenn wenigstens einer der Eheschließenden katholisch ist (Art. 42 Cc). Nach kanonischem Recht ist eine gültig geschlossene u n d vollzogene Ehe unauflöslich (can. 1118), so daß kein Ehegatte zu Lebzeiten des anderen eine neue E h e eingehen k a n n ; eine solche neue Ehe wäre nichtig (can. 1069 § 1). Da die f r ü h e r e Ehe des Verlobten der ASt. in kanonischer F o r m (can. 1094) geschlossen worden ist, steht somit der beabsichtigten neuen Eheschließung das in der Person des Verlobten bestehende Ehehindernis des Ehebandes entgegen. Bei dieser Sachlage w ü r d e die durch Art. 13 I EGBGB erstrebte allgemeine Anerkennung der zu schließenden E h e allein durch die Eheschließung vor einem deutschen Standesbeamten nicht erreichbar sein. Demzufolge k a n n die ASt. von der ihr im Interesse einer solchen allgemeinen Anerkennung auferlegten Verpflichtung zur Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses (EheG § 10 I) grundsätzlich auch nicht befreit werden. Eine Befreiung käme n u r d a n n in Betracht, w e n n die ASt. sich darauf berufen könnte, daß nach Art. 30 EGBGB die Anwendung des spanischen Rechts ausnahmsweise ausgeschlossen sei, weil die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes, insbesondere gegen den Zweck der deutschen Scheidungsgesetzgebung nach den Bestimmungen über die Rechtskraft deutscher Gerichtsentscheidungen, verstoßen würde. In der Tat ist ein solcher Standpunkt f ü r Anträge der vorliegenden Art mehrfach allgemein vertreten worden (vgl. OLG Stuttgart, Die Justiz 1963, 34 = StAZ 1963, 157 2 ; OLG Braunschweig, F a m R Z 1963, 569 s ). Der BGH hat sich indessen in zwei auf Vorlage hin ergangenenen Beschlüssen vom 12. 2. 1964, von denen einer - IV AR VZ 40/63 -* einen im Ausgangspunkt gleichliegenden Fall betrifft (die zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmte Parallel-Entscheidung IV AR VZ 39/63 4 betrifft den umgekehrten Fall eines Spaniers katholischen Glaubens, der eine Deutsche heiraten will), mit ausführlicher u n d generell überzeugender Begründung d a f ü r entschieden, daß dem Bestreben, der Ehe zwischen Deutschen u n d Ausländern auch im ausländischen Staat Anerkennung zu verschaffen, der Vorzug vor dem f ü r deutsche Scheidungsurteile bestehenden Anerkennungsbedürfnis zu geben ist. Der BGH hat daher in dem Fall IV AR VZ 40/63 ausgesprochen, daß einer Spanierin katholischen Glaubens, die in Deutschland einen Deutschen heiraten will, dessen erste E h e mit einer Deutschen durch ein deutsches Scheidungsurteil geschieden worden ist, bei Lebzeiten der ersten E h e f r a u Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses nicht erteilt werden kann, sofern des Ehefähigkeitszeugnisses unter der Auflage erteilt, daß sie die Erklärung nach § 6 II RuStAG i. d. F. des Gesetzes vom 19. 8. 1957 abgibt. - Vgl. aber den Beschluß des BGH vom 14. 7. 1966 - IV ZB 243/66, BGHZ 46, 87, der auf Vorlage des OLG Bremen ergangen ist. 2 3 IPRspr. 1962-1963 Nr. 71. IPRspr. 1962-1963 Nr. 78. 4 Siehe oben Nr. 74 (Fn. 1).
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die erste Ehe nach kanonischem und damit auch nach spanischem Recht wirksam zustande gekommen war. Der vorliegende Fall wird nun aber durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß die ASt. bei der Aufgebotsverhandlung vor dem Standesamt ihre Bereitschaft erklärt hat, bei der Eheschließung eine Erklärung gemäß § 6 I I des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 19. 8. 1957 (RuStAG) über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit abzugeben. Die ASt. würde also, wenn sie entsprechend dieser Bereitschaftserklärung eine Erklärung gemäß § 6 I I RuStAG ,bei der Eheschließung' abgibt, die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben und damit den vom BGH zutreffend hervorgehobenen Bedenken gegen die Förderung sogenannter hinkender Ehen zwischen .Deutschen und Ausländern' den Boden entziehen. Denn wenn sie auch, solange sie die Erklärung nach § 6 I I RuStAG nicht abgegeben hat, hinsichtlich der Voraussetzungen einer Eheschließung vor einem deutschen Standesbeamten noch als Ausländerin behandelt werden müßte, so würde sie doch mit der Eheschließung einer Inländerin i m vollen Umfange gleichgestellt sein und damit keinen Anlaß f ü r aus fremdem Recht abgeleitete Schutzmaßnahmen mehr bieten. Bei dieser Sachlage erwägt der Senat, ob der ASt. nicht die von ihr begehrte Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses unter der Auflage erteilt werden könnte, daß sie die in Aussicht gestellte Erklärung nach § 6 I I RuStAG tatsächlich bei der Eheschließung abgibt, weil jedenfalls unter solchen Umständen f ü r die Anwendung spanischen Rechts kein Raum zu sein scheint. Gegen die Zulässigkeit einer Befreiung unter Auflagen würden Bedenken nicht zu erheben sein (vgl. Albers, StAZ 1951, 224; 1954, 145, 147). Der Standesbeamte wäre dann gehalten, die Voraussetzungen f ü r die Beurkundung der Eheschließung als gegeben anzusehen, wenn die mit der Befreiung verbundene Auflage bei der Eheschließung durch Unterzeichnung der Erklärung nach § 6 I I RuStAG erfüllt würde. Ein derartiges Ergebnis stände nach Auffassung des Senats auch nicht in unvereinbarem Widerspruch zu den genannten Beschlüssen des BGH, da die betreffenden Vorlagesachen offensichtlich keinen Anlaß boten, die im vorliegenden Fall gegebene besondere Sachlage rechtlich zu würdigen. I m Hinblick hierauf erschien es dem Senat angezeigt, den Antrag zum Zwecke einer Überprüfung und evtl. Abänderung des Ablehnungsbescheides (vgl. EGGVG § 28 I Satz 4) zurückzureichen." 7 6 . Einer Niederländerin, deren Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen rechtskräftig aus einem Grunde geschieden worden ist, den das niederländische Recht als Ehescheidungsgrund nicht kennt, kann Befreiung von der Beibringung des niederländischen Ehefähigkeitszeugnisses nicht erteilt werden. Die Erwägungen, die der Bundesgerichtshof in seinem Beschluß vom 12. Februar 196A1 angestellt hat, greifen auch hier durch.
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Siehe oben Nr. 74.
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OLG Frankfurt, Beschl. vom 23. 3. 1964 - 6 VA 2/63: FamRZ 1964, 295; StAZ 1964, 162; MDR 1964, 598; Leitsatz in DRiZ 1964 B 75 Nr. 996. Nachdem die Ehe, die die ASt. mit einem deutschen Staatsbürger eingegangen war, rechtskräftig geschieden worden ist, beabsichtigt sie, eine neue Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen einzugehen. Der Standesbeamte hat von ihr die Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses der niederländischen Behörden gemäß § 10 EheG gefordert, da die ASt. vor Eingehung der Ehe niederländische Staatsangehörige war und ihre Staatsangehörigkeit durch die Eingehung der ersten Ehe keine Änderung erfahren habe. Das Niederländische General-Konsulat hat die Erteilung des Ehefähigkeitszeugnisses mit der Begründung verweigert, daß der niederländische Staat das deutsche Ehescheidungsurteil nicht anerkenne, weil der im Urteil aufgeführte Scheidungsgrund des § 48 EheG dem niederländischen Recht fremd sei. Die ASt. hat daraufhin durch Gesuch an den OLGPräsidenten in Frankfurt/Main beantragt, sie von dem Erfordernis der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gemäß § 10 II EheG zu befreien. Der OLGPräsident hat den Antrag abgelehnt. Die ASt. hat daraufhin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Aus den Gründen: „Der Antrag ist gemäß § 23 I EGGVG an sich statthaft und fristgerecht eingebracht, sachlich aber nicht begründet. Nach § 10 II Satz 2 EheG soll die Befreiung nur Staatenlosen und Angehörigen solcher Staaten erteilt werden, deren innere Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, da die niederländischen Behörden grundsätzlich Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen. Nach § 10 II Satz 3 EheG darf aber in besonderen Fällen auch Angehörigen anderer Staaten die Befreiung erteilt werden. Gründe, die im vorliegenden Fall eine solche Ausnahme auf Befreiung rechtfertigen würden, liegen aber nicht vor. F ü r diese Entscheidung kommt es maßgeblich darauf an, wie sich die Notwendigkeit der Beachtung des ausländischen Eherechts gemäß Art. 13 EGBGB i. V. m. § 10 EheG zu der Tatsache verhält, daß ein deutsches Ehescheidungsurteil rechtskräftig ergangen ist. Nach der Ansicht einer Mehrzahl von Gerichten (OLG Celle, NJW 1962, 2012 = FamRZ 1963, 91 = StAZ 1963, 66 2 ; NJW 1962, 1160 3 ; 1963, 2232 4 ; OLG Karlsruhe, Die Justiz 1962, 291 = StAZ 1963, 42®; OLG München, NJW 1963, 2233 6 ; LG Köln, FamRZ 1962, 158 7 ) m u ß das nach ausländischem Eherecht bestehende, trennende Ehehindernis des bestehenden Ehebandes beachtet werden und zur Abweisung des Antrags auf Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis führen. Eine gegenteilige Meinung wird vertreten vom OLG Stuttgart, Die Justiz 1963, 34 8 und dem OLG Braunschweig, NJW 1963, 2192 = FamRZ 1963, 569»; diese räumen dem rechtskräftigen Scheidungsurteil die stärkere Wirkung ein mit der Folge, daß die 2
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1962-1963 1962-1963 1962-1963 1962-1963
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aus dem ausländischen Eherecht sich ergebenden Bedenken unbeachtlich erscheinen und deshalb von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses befreit werden könne. Auf Vorlage gemäß § 29 I Satz 2 EGGVG durch das OLG Braunschweig in dem letzterwähnten Beschluß hat inzwischen der BGH mit Beschluß vom 12. 2. 1964 - IV AR (VZ) 39/63 1 (für den Fall der Anwendbarkeit spanischen oder italienischen Eherechts) im Sinne der Unzulässigkeit einer Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses entschieden. Der BGH hat dort ausgeführt, gemäß Art. 13 I Satz 1 EGBGB sei für jeden Verlobten die Ehe nach den Gesetzen seines Heimatstaates zu beurteilen (RGZ 132, 417; BGHZ 27, 379 1 0 ). Dabei komme es auf die Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung an. § 10 EheG wolle im Interesse des deutschen Verlobten eine Eheschließung verhindern, die den Vorschriften des Heimatrechts des anderen (ausländischen) Verlobten nicht entspreche und folglich in dessen Heimatstaat nicht anerkannt werde; auch wolle die Vorschrift dem Standesbeamten die Prüfung erleichtern, ob das maßgebende Heimatrecht die Eheschließung erlaube (RGZ 152, 33; § 407 I DA). Die Prüfung der Ehefähigkeit habe sich dabei auch darauf zu erstrecken, ob nach ausländischem Recht in der Person des anderen Verlobten ein Ehehindernis vorliege; denn die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses dürfe kein Mittel sein, sich über die ausländischen Ehehindernisse hinwegzusetzen. Auch der Umstand, daß die frühere Ehe (hier: der ASt.) durch ein deutsches Gericht rechtskräftig geschieden worden ist, läßt nach der zutreffenden Auffassung des BGH eine Ausnahme hiervon nicht zu. Denn der Zweck des Art. 13 EGBGB ist dahin zu kennzeichnen, daß die neue Ehe des ausländischen Staatsangehörigen im In- und Ausland, vor allem auch in seinem Heimatstaat, anerkannt werden soll. Damit wird vermieden, daß Ehen geschlossen werden, von denen sich der ausländische Ehegatte jederzeit lösen kann, wenn er Deutschland verläßt, in sein Heimatland zurückkehrt und sich dort darauf beruft, daß die Ehe nach seinem Heimatrecht ungültig sei. Unter solchen Umständen könnte dann der deutsche Ehegatte Rechte nicht geltend machen. Seine erbrechtliche Stellung wäre jedenfalls hinsichtlich des ausländischen Nachlasses seines Ehepartners gefährdet. Schließlich wären die aus solcher Ehe hervorgehenden Kinder in ihrer Rechtsstellung, namentlich hinsichtlich ihres Erbrechts und ihrer Unterhaltsansprüche, im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten gefährdet. Art. 13 I Satz 1 EGBGB erweist sich somit als eine Schutzvorschrift zugunsten des deutschen Verlobten. Im Hinblick auf diesen Schutzgedanken nehme - so führt der BGH weiter aus — das deutsche Recht andererseits Folgerungen hin, die an sich unserer Rechtsordnung fremd seien. Auch die Frage nach der Gültigkeit der früheren Ehe eines der Verlobten sei somit nach ausländischem Recht zu entscheiden, da die Verweisung des Art. 13 EGBGB auf das fremde Recht eine Gesamtverweisung darstelle. Der Gesetzgeber habe es also bewußt in Kauf genommen, daß das ausländische Recht auch dann maßgebend sein solle, wenn es trotz ausgesprochener Ehescheidung im Inland die Fähigkeit der Wie10
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derverehelichung mit Rücksicht auf das impedimentum ligaminis verneine. Solche ausländischen Vorschriften verstießen auch nicht gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck deutscher Gesetze und könnten daher nicht durch den Hinweis auf Art. 30 EGBGB beseitigt werden. Die vom RG vertretene Auffassung (RGZ 150, 64), daß das deutsche Recht von der Maßgeblichkeit des ausländischen Rechts ausgehe, werde auch durch Art. 2 III des Haager Eheschließungsabkommens vom 12. 6. 1902 (RGBl. 1904, 221) bestätigt, denn dort sei bestimmt, daß kein Vertragsstaat verpflichtet sei, eine Ehe schließen zu lassen, die unter anderem mit Rücksicht auf eine vormalige Ehe gegen seine Gesetze verstoßen würde. Durch seinen Beitritt zu diesem Abkommen habe Deutschland die Erklärung abgegeben, daß es fremde Rechtsordnungen anerkennen will, die trotz Scheidung der früheren Ehe im deutschen Inland das impedimentum ligaminis bejahen. In der Anwendung des ausländischen Rechts liege kein Verstoß gegen den ordre public im Sinne des Art. 30 EGBGB, denn im Falle des Art. 13 EGBGB habe der deutsche Gesetzgeber im Interesse des deutschen Verlobten dem fremden Recht Eingang verschafft und es f ü r den deutschen Richter verbindlich erklärt; daher erleide die Autorität des Scheidungsurteils des deutschen Gerichts auch keinen Prestigeverlust, zumal zwischen einer Scheidung und der Fähigkeit zur Wiederverheiratung unterschieden werden müsse. In Übereinstimmung hiermit werde im IPR auch allgemein die Fähigkeit zur Wiederverheiratung nach erfolgter Scheidung einer früheren Ehe nicht der Herrschaft des Ehescheidungsstatuts, sondern den die Ehefähigkeit schlechthin beherrschenden Gesetzen unterworfen (Neumeyer, IPR, 67). Diese Rechtsauffassung verstoße auch nicht gegen die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II 685, 953); denn Art. 12 dieser Vereinbarung verweise hinsichtlich des Eheschließungsrechts ausdrücklich auf die Gesetzgebung der einzelnen Vertragsstaaten. Schließlich verstoße die Anwendung des Art. 13 I EGBGB auch nicht gegen Art. 2 I, 3 I, 6 I, 19 II GG. Dadurch, daß der Gesetzgeber in Art. 13 I EGBGB an die Staatsangehörigkeit und nicht an den Wohnsitz anknüpfe, verstoße er nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 III GG, denn insoweit liege eine Bevorzugung wegen der Heimat oder der Herkunft nicht vor. Ebensowenig liege ein Verstoß gegen Art. 2 I und Art. 6 I GG vor, denn das Grundrecht auf Freiheit der Eheschließung könne n u r im Rahmen der Gesetze, zu denen auch die von dem deutschen Kollisionsrecht bezeichnete fremde Rechtsordnung gehöre, ausgeübt werden. Dadurch, daß diese Gesetze eine nach ihrer Auslegung vorliegende Doppelehe verbieten, werde kein Grundrecht in seinem Wesensgehalt im Sinne des Art. 19 II GG angetastet. Schließlich sei auch hier maßgeblich zu berücksichtigen, daß die Verweisung auf die niederländische Rechtsordnung von dem Bestreben getragen sei, der beabsichtigten Ehe auch im ausländischen Staat volle Anerkennung zu verschaffen. Diesen ausführlichen und überzeugenden Erwägungen des BGH schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Sie gelten nicht n u r f ü r den in der
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genannten Entscheidung behandelten Fall eines spanischen oder italienischen Verlobten, dessen Heimatrecht auf das kanonische Recht mit dem Grundsatz der Unauflöslichkeit einer gültig eingegangenen Ehe verweist, sondern müssen auch da Platz greifen, wo das ausländische Recht einer in Deutschland ausgesprochenen Ehescheidung die Wirksamkeit deshalb abspricht, weil sie auf Ehescheidungsgründe gestützt ist, die dem ausländischen Recht fremd sind. Auch hier m u ß der Gedanke durchgreifen, daß zum Schutz des deutschen Verlobten im Inland eine Ehe nicht eingegangen werden darf, wenn sie nicht allgemein, insbesondere nicht im Heimatland des ausländischen Verlobten anerkannt wird. Hiermit erweist sich der erteilte Bescheid des OLGPräsidenten in Frankfurt/Main als rechtmäßig." 77. Bei der Eheschließung eines britischen Staatsangehörigen und einer Deutschen vor einem britischen Armeepfarrer in Deutschland ist keine absolute Nichtehe gegeben, sondern eine nichtige Ehe. Die Ehe ist also durch Nichtigkeitsklage vernichtbar. LG Kleve, Urt. vom 6. 5. 1964 - 2 R 56/64: FamRZ 1964, 365; MDR 1964, 846; Leitsatz in DRiZ 1964 B 75 Nr. 997 und B 108 Nr. 1413. Der Kl. ist britischer Staatsangehöriger und hat am 22. 5. 1948 vor dem Armeepfarrer der Kirche von England in Hannover die katholische Bekl. deutscher Staatsangehörigkeit geheiratet. Über die Heirat wurde eine britische Heiratsurkunde ausgestellt. Die Ehe blieb kinderlos. Seit spätestens 1951 leben die Parteien getrennt. Beide Parteien waren bei der Eheschließung und zur Zeit des gemeinsamen Ehelebens der Überzeugung, eine rechtswirksame Ehe geschlossen zu haben. Später wurde die Bekl. dahin belehrt, daß ihre Ehe nicht gültig sei. Sie heiratete daraufhin am 16. 6. 1956 unter ihrem Mädchennamen vor dem Standesbeamten in Homberg/Niederrhein Heinrich W. Der Kl. beantragt festzustellen, daß die Ehe der Parteien nichtig ist bzw. nicht besteht. Aus den Gründen: „Die Klage ist zulässig und begründet. F ü r die Entscheidung ist das deutsche Gericht jedenfalls deshalb zuständig, weil beide Parteien ihren ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik haben und die Entscheidung nach britischem Recht anerkannt würde (§ 606b Nr. 1 ZPO; Art. III l a und IV l c des deutsch-britischen Abkommens vom 14. 7. 1960, BGBl. 1961 II 301). Zumindest hat sich die Bundesrepublik in dem Unterzeichnungsprotokoll zu a) und b) des vorgenannten deutsch-britischen Abkommens die eigene Entscheidung vorbehalten. Sachlich ist die Nichtigkeitsklage gemäß §§ 11, 13, 15a, 17 EheG, Art. 13 I EGBGB begründet. Allerdings kann die Kammer der Rechtsauffassung nicht folgen, daß eine in Deutschland zwischen einem britischen und einer deutschen Staatsangehörigen geschlossenen Ehe überhaupt keine Ehe sei (vgl. Palandt, [BGB] 21. Aufl., zu § 15 a EheG Anm.2 I a und zu § 11 EheG Anm. 5 a ;
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Hoffmann-Stephan, [EheG] zu § 15 a EheG Anm. 2 A; Raape, MDR 1948, 98; BSG Urt. vom 28. 4. 1959 - 1 RA 4/58, F a m R Z 1959, 278 f. i). Zwar gilt in Deutschland der Grundsatz der obligatorischen Zivilehe (Art. 13 III EGBGB), das heißt grundsätzlich kann im Inland eine Ehe n u r vor dem deutschen Standesbeamten rechtswirksam geschlossen werden (BGHZ 29, 142 2 ; §§ 11 u n d 13 EheG). Diesen Grundsatz hat jedoch § 15 a EheG zugunsten der Eheschließung zwischen Verlobten, von denen keiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, eingeschränkt. Solche E h e n können vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen F o r m geschlossen werden (§ 15 a I EheG). Die genannte Vorschrift ändert nicht n u r die § § 1 1 bis 15 u n d 17 EheG ab, sondern auch Art. 13 III EGBGB. Der durch das britische Foreign Marriage Act von 1892 ordnungsgemäß ermächtigte britische Armeepfarrer übt somit bei der Eheschließung von Angehörigen der britischen Rheinarmee auch nach deutschem Recht Aufgaben des deutschen Standesbeamten aus. Nun hat der Armeepfarrer zwar nach deutschem Recht seine Befugnisse überschritten, als er in Deutschland einen britischen Staatsangehörigen mit einer Deutschen getraut hat. Hierzu w a r er nach deutschem Recht (§ 15 a I EheG) nicht ermächtigt. Die E h e ist daher nach deutschem Recht nichtig, weil bei der Eheschließung die Voraussetzungen des Art. 13 I Satz 1 EGBGB nicht beachtet sind, wonach die Eingehung der Ehe, wenn auch n u r einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird dem er angehört, das heißt, die Bekl. konnte die Ehe n u r vor einem deutschen Standesbeamten wirksam schließen (§§ 11, 13 EheG). Gleichwohl k a n n daraus nach Auffassung der Kammer nicht gefolgert werden, daß ü b e r h a u p t keine Ehe zustandegekommen sei. Die zwischen einem britischen Staatsangehörigen und seiner Verlobten vor einem britischen Armeepfarrer geschlossene Ehe trägt nicht von vornherein den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn. E r übt vielmehr f ü r britische Staatsangehörige standesbeamtliche Aufgaben aus, worauf die Parteien im vorliegenden Falle auch vertraut haben. Es wäre mit dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) nicht zu vereinbaren, wenn sich jedermann auf das Nichtbestehen einer solchen Ehe berufen könnte, zumal durchaus zweifelhaft sein kann, welche Staatsangehörigkeit ein Verlobter hat. Bei Doppelstaatsangehörigkeit des Verlobten, der sowohl deutscher als auch f r e m d e r Staatsangehöriger ist, bestehen selbst in der juristischen Literatur Meinungsverschiedenheiten darüber, ob in diesem Falle der § 15 a EheG anwendbar ist oder nicht (vgl. Palandt, Anm. 2 zu § 15 a EheG; Hoffmann-Stephan, Anm. 2 A zu § 15 a EheG). Es bedarf daher in Fällen der hier vorliegenden Art, in denen ein britischer Staatsangehöriger vor dem britischen Armeepfarrer eine Deutsche geheiratet hat, aus Gründen des öffentlichen Interesses einer ausdrücklichen Nichtigerklärung gemäß §§ 16 ff. EheG. Schon im Interesse etwaiger Kin1
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der aus solchen Ehen, die gutgläubig geschlossen worden sind und bis zum T o d e des einen Ehegatten gute Ehen geblieben sein können, erscheint dieses Erfordernis unabdingbar. Die staatlichen Interessen sind dadurch ausreichend geschützt, daß der Staatsanwalt die Nichtigkeitsklage selbständig betreiben kann (§ 24 EheG, § 634 Z P O ) . I m vorliegenden Falle sind die Voraussetzungen der Ehenichtigkeit gemäß § § 11, 13, 17 I EheG in Verbindung mit Art. 13 I EGBGB erfüllt. Die Parteien haben — wie sich aus ihrer Vernehmung ergibt - auch keine fünf Jahre miteinander gelebt, so daß § 17 I I EheG der Nichtigerklärung nicht entgegensteht. Die zwischenzeitlich von der Bekl. geschlossene neue Ehe wird damit jedenfalls rückwirkend rechtswirksam (vgl. Palandt, zu § 5 Anm. 2 a und zu § 20 Anm. 3) und ein etwaiger Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Eheschließung mit dem Kl. im Jahre 1948 rückwirkend unwirksam ( § 1 7 Nr. 6 RuStAG; Palandt, Einf. 1 b vor § 16 EheG). Nach alledem w a r die Ehe der Parteien gemäß § 17 I EheG f ü r nichtig zu erklären." 7 8 . Die eheliche Abstammung eines Kindes richtet sich gemäß Art. 18 I EGBGB nach dem Recht des Staates, dem der Ehemann angehört. Die Gültigkeit der Ehe, die in Art. 18 EGBGB vorausgesetzt wird, beurteilt sich nach der gemäß Art. 13 EGBGB anwendbaren Rechtsordnung. Die in der Bundesrepublik Deutschland von spanischen Staatsangehörigen in nur kirchlicher Form eingegangenen Ehen sind lediglich dann gültig, wenn sie vor einem von der spanischen Regierung besonders ermächtigten Geistlichen geschlossen worden sind. Kinder aus Ehen, die nicht vor einem besonders ermächtigten Geistlichen geschlossen worden sind, sind im Geburtenbuch als unehelich zu beurkunden, auch wenn sie in Spanien als ehelich angesehen werden. AG Bielefeld, Beschl. v o m 28. 7. 1964 - 20 I I I 240/641: F a m R Z 1964, 566 mit Anm. Weyers. Die spanische Staatsangehörige Vidala Garcia P., die Beteiligte zu 2), hat am 25. 5. 1963 vor einem spanischen Geistlichen im Dom zu Minden mit dem spanischen Staatsangehörigen Rogelio Garrido M., dem ASt., die Ehe geschlossen. Die Eheschließung wurde am 11. 6. 1963 in das Zivilregister des spanischen Konsulats in Bremen eingetragen. Der Standesbeamte in Minden trug auf Grund dieser ihm mitgeteilten Beurkundung die Heirat in das Heiratsbuch des Standesamts Minden ein. Die Beteiligte zu 2) hat am 15. 5. 1964 die Beteiligte zu 1) geboren. Der Standesbeamte hat die Geburt als unehelich beurkundet. Er ist der Ansicht, daß die Beteiligten zu 2) und 3) die Ehe nicht vor einer „ordnungsgemäß ermächtigten Person" im Sinne des § 15a EheG rechtswirksam geschlossen hätten und das Kind somit unehelich sei. Der Beteiligte zu 3) ist der Ansicht, daß die Ehe gültig und das Kind ehelich geboren sei. Er beantragt, den Standesbeamten in Minden anzuweisen, die Geburt des Kindes als ehelich zu beurkunden. 1 Das LG Bielefeld hat sich in dem unveröffentlichten Beschluß vom 9. 10. 1964 - 3a T 195/64 - vollauf dem AG angeschlossen.
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Aus den Gründen: „Der Antrag ist unzulässig. Es handelt sich hier u m eine abgeschlossene Eintragung, deren Berichtigung n u r nach § 47 PStG erfolgen könnte. Einer Anregung, den Antrag nach § 47 zu ändern, bedurfte es hier jedoch nicht, da auch dieser Antrag der Abweisung unterläge. Das Kind gilt nämlich als unehelich, da die Mutter im Sinne des Art. 18 I EGBGB als unverheiratet anzusehen ist. Die eheliche Abstammung eines Kindes richtet sich gemäß Art. 18 I EGBGB, der von der Rechtslehre zur zweiseitigen Kollisionsnorm ausgebaut worden ist (Palandt-Lauterbach, [BGB] Anm. 2 zu Art. 18 m. w. Nachw.), nach dem Recht des Staates, dem der E h e m a n n angehört. Art. 18 EGBGB setzt eine gültige E h e nach deutschem Recht voraus (Soergel-Kegel, [BGB] Art. 18 Anm. 3 u. a.). Der E h e m a n n der Kindsmutter ist spanischer Staatsangehöriger. Schließt er als solcher in Deutschland die Ehe, so richtet sich die Gültigkeit der E h e nach Art. 13 EGBGB (vgl. Soergel-Kegel, Art. 18 Anm. 5; OLG Celle, StAZ 1963, 240 2 m. w. Nachw.). Nach Abs. 3 dieser Vorschrift bestimmt sich die F o r m der Eheschließung ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. Danach hat die von Ausländern im Inland beabsichtige Eheschließung ausschließlich vor dem Standesbeamten zu erfolgen, § 11 EheG. Davon macht jedoch § 15 a EheG eine Ausnahme, wenn keiner der Verlobten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Das ist hier der Fall, da auch die E h e f r a u spanische Staatsangehörige ist. § 15 a setzt aber voraus, daß die die Eheschließung vornehmende Person von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsgemäß ermächtigt ist, nach den dort geltenden Bestimmungen die Ehe zu schließen. Eine gültige Ermächtigung der spanischen Regierung f ü r den katholischen Geistlichen, vor dem die Beteiligten zu 2) u n d 3) die E h e geschlossen haben, liegt hier aber nicht vor. Der Bundesminister des Innern (BMdl) hat mit Schreiben vom 14. 4. 1964 dem Minister des Innern von Nordrhein-Westfalen eine Liste der von der spanischen Regierung in der Bundesrepublik Deutschland ermächtigten spanischen und deutschen Geistlichen übersandt, die Eheschließungen zwischen spanischen Staatsangehörigen vornehmen dürfen. Die Ermächtigung ist durch Runderlaß des Mdl vom 11. 5. 1964 (MB1. N R W 771 ff.) veröffentlicht u n d ist als am 2. 3. 1964 erteilt anzusehen. Sie liegt somit zeitlich nach der von dem spanischen Geistlichen vorgenommenen Trauung. Zur Zeit der Eheschließung, a m 25. 5. 1963, w a r mithin der spanische Geistliche noch nicht von der spanischen Regierung, sondern n u r von d e r katholischen Kirche Spaniens ermächtigt. Eine derartige Ermächtigung reicht jedoch nach § 15 a I EheG nicht aus. Zwar hat das OLG Köln in einem ähnlichen Falle wie hier, nämlich der T r a u u n g zweier griechischer Staatsangehöriger durch einen griechischorthodoxen Priester die Eheschließung als rechtswirksam angesehen u n d § 15 a EheG dahin ausgelegt, daß auch der von der Kirche ermächtigte Geistliche als .ermächtigt' im Sinne des § 15 a EheG anzusehen sei (Beschl. 2
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vom 18. 10. 1963 - 2 WZ 115/63 3 ). Dieser weiten Auslegung kann indessen nicht gefolgt werden. Sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck dieser Bestimmung stehen dieser Auffassung entgegen. Das OLG Köln stellt es in seiner Entscheidung darauf ab, daß nach Art. 13 I die Eingehung der Ehe bei jedem Verlobten nach dessen Heimatrecht zu beurteilen sei. Daraus folge, daß § 15 a EheG eine weite Auslegung verdiene. Dem stehe auch nicht Art. 13 III EGBGB entgegen, denn der Vorbehalt des Abs. 3 gegenüber dem Abs. 1 beruhe lediglich auf dem deutschen ordre public und sei dementsprechend eng auszulegen. Eine an die Person gebundene Ermächtigung sei — wie es dem Wortlaut des § 15 a EheG nach scheine — nicht erforderlich, denn unter Regierung sei auch die gesetzgebende Gewalt zu verstehen, und gerade durch das Gesetz sei der katholischen Kirche die Ermächtigung eingeräumt, allein Trauungen vorzunehmen. Eine Ermächtigung des einzelnen, die Trauung vornehmenden Priesters, bestimme sich daher allein nach kirchenrechtlichen Vorschriften, so daß eine staatliche Ermächtigung ausgeschlossen sei. Eine andere Auffassung würde dazu führen, daß für diese Fälle dem von § 15 a EheG erstrebten Zweck nicht Rechnung getragen werden könne. Es ist zwar richtig, daß Art. 13 III EGBGB auf dem ordre public beruht. E r ist als Vorbehalt zugunsten des deutschen Rechts eine (besondere) ordre-public-Vorschrift, für die auch die in Art. 30 EGBGB entwickelten allgemeinen Grundsätze Anwendung finden (Henrich, FamRZ 1958, 122 f.; Kegel, IPR, 1960, 36; Erman, [BGB] Art. 18 EGBGB Anm. 2). Daraus ergibt sich jedoch kein Anhalt für eine weite Auslegung des § 15 a EheG. Art. 30 EGBGB gilt nämlich dann nicht, wenn der zu beurteilende Sachverhalt keine genügende Inlandsbeziehung aufweist (Raape, IPR, 1961, § 13 IV, S. 93; Palandt-Lauterbach, 1964, Anm. 2 zu Art. 30 EGBGB m. w. Nachw.). Hier aber haben die Beteiligten zu 2) und 3) ihre Ehe nach kanonischem Recht in Deutschland geschlossen und leben noch hier. Ihre Beziehungen sind daher nach Art. 30 EGBGB bzw. nach Art. 13 III EGBGB zu beurteilen. Danach ist die Anwendung des Código civil espagnol ausgeschlossen, wenn sie, wie hier, gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes, den Grundsatz der Ziviltrauung, verstößt. Dieser Grundsatz ist in § 11 EheG festgelegt, die Ausnahme folgt aus § 15 a EheG. Ausnahmevorschriften sind jedoch stets entsprechend ihrem Ausnahmecharakter eng auszulegen. Die Ansicht, die Ermächtigung brauche nicht an die Person gebunden zu sein, steht im Widerspruch zum Wortlaut des § 15 a EheG. Danach wird ausdrücklich bestimmt, daß der die Trauung vornehmende Geistliche von ,der Regierung' ermächtigt sein muß. Unter Ermächtigung ist die Ermächtigung einer bestimmten Person oder eines ganz bestimmten Personenkreises zu verstehen (vgl. Billen, Bedeutung und Auswirkungen des § 15 a EheG, herausgegeben vom Fachverband der Standesbeamten WestfalenLippe in Paderborn, S. 18). Nur das entspricht dem Zweck des § 15 a EheG, der eine klare Abgrenzung und Bestimmung all der Personen treffen will, für die eine besondere Ermächtigung besteht. Das ergibt sich weiterhin aus 3
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dem Prinzip der obligatorischen Zivilehe, das Ausnahmen im Rahmen des § 15 a nur zuläßt, wenn sie vom Staat gewährt werden. Auch wenn unter R e gierung' die gesetzgebende Gewalt und damit die im Código civil espagnol (Cc) ausgesprochene Ermächtigung, die Eheschließung nach den Vorschriften des Codex Juris Canonici (CIC) vorzunehmen, zu verstehen wäre, käme es darauf allein nicht an. Denn die darin enthaltene allgemeine Ermächtigung würde f ü r § 15 a EheG nicht ausreichen, weil die Bestellung und Ermächtigung des Geistlichen sich nur nach kirchenrechtlichen Vorschriften richten und auch nur von der Kirche vorgenommen werden. Das zeigt sich schon darin, daß jeder römisch-katholische Geistliche, also auch ein deutscher katholischer Geistlicher die Trauung vornehmen könnte, da er gemäß can. 1095 CIC eheassistenzberechtigt ist. Zwar ist, wie oben dargetan, nicht erforderlich, daß einer bestimmten Person eine besondere Ermächtigung erteilt wird, aber es muß zumindest ein ganz bestimmter begrenzter Personenkreis ermächtigt sein. Das ist hier nicht der Fall, da die Ermächtigung im Cc einen zu unbestimmten Personenkreis betrifft (vgl. Billen aaO). Es trifft auch nicht zu, daß eine besondere Ermächtigung durch die Regierung wegen der kirchenrechtlichen Besonderheiten nicht möglich sei, denn die spanische Regierung hat — wie sich aus dem oben mitgeteilten Runderlaß des Mdl vom 11. 5. 1964 ergibt - dem BMdl eine Liste der von ihr ermächtigten Personen übergeben und erklärt, daß Änderungen dieser Liste gleichfalls bekanntgegeben werden. Daraus folgt, daß nicht jeder Geistliche ermächtigt ist und war, Trauungen spanischer Staatsangehöriger römisch-katholischer Konfession außerhalb des spanischen Hoheitsgebietes vorzunehmen, denn sonst wäre sie jetzt überflüssig. Nur die von den in der Ermächtigung genannten Geistlichen seit dem 2. 3. 1964 vorgenommenen Trauungen sind als rechtswirksam anzusehen. Soweit diese Personen vor diesem Tage Eheschließungen vorgenommen haben, sind auch diese, wie die von anderen Geistlichen durchgeführten Eheschließungen, nach deutschem Recht unwirksam. Der ASt. begründet seinen Antrag insbesondere damit, daß dem Kinde durch die Eintragung als unehelich infolge der strengen Moralbegriffe der Spanier später in Spanien ein Makel anhängen würde, der ihm jede günstige Entwicklung f ü r die Zukunft versperre. Wohl wegen dieser Folge wird auch die Ansicht vertreten, Art. 13 wolle nur den Abschluß nicht standesamtlicher Ehen in Deutschland verhindern und müsse dann zurücktreten, wenn es um die Frage der Ehelichkeit des Kindes gehe. Die Kinder dieser Nichtehen müßten in Deutschland trotzdem als ehelich angesehen werden, wenn die Ehe nach dem Heimatrecht beider Verlobten allein gültig zustande gekommen sei (Lauterbach in Palandt-Lauterbach, 23. Aufl., Anm. 3 zu Art. 18 EGBGB; Raape in Staudinger-Raape, 9. Aufl., Art. 18 Anm. B IV; KG, J W 1937, 2526). Danach wäre ein solches Kind als ehelich zu beurkunden und hier ein Berichtigungsantrag begründet. Aber dieser wohl mehr auf Billigkeitserwägungen beruhenden nicht konsequenten Ansicht kann nicht gefolgt werden (OLG Celle, StAZ 1963, 240 2 m. w. Nachw.). Nach spanischem Recht liegt eine hinkende Ehe vor. In Spanien gelten die
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Beteiligten zu 2) und 3) als ordnungsgemäß verheiratet, weil die Voraussetzungen des spanischen kanonischem Rechts erfüllt sind, so daß auch ihr Kind nach spanischem Recht als ehelich anzusehen ist. Die vom OLG Celle im Beschluß vom 5. 6. 1963 (StAZ 1963, 241) 2 vertretene gegenteilige Auffassung, die Ehe sei auch in Spanien unwirksam und daher auch dort das Kind unehelich, ist unzutreffend. Denn nach Raape und Lauterbach aaO ist die Ehelichkeit lediglich nach dem ausländischen Recht ohne das deutsche Recht zu beurteilen, während das OLG Celle die Gültigkeit der Ehe für Spanien auch nach deutschem Recht beurteilt. Von den spanischen Behörden braucht deshalb die deutsche Geburtsurkunde, die das Kind als unehelich ausweist, nicht als verbindlich angesehen zu werden, sofern die Kindeseltern die nach spanischem Recht gültige Trauung nachweisen. Insoweit bestehen keine Schwierigkeiten, da die Eheschließung am 11. 6. 1963 in das Zivilregister des spanischen Konsulats in Bremen eingetragen und den Eheleuten darüber eine Urkunde ausgehändigt worden ist. Schließlich muß eben jeder, der sich in einem fremden Staat aufhält, damit rechnen, daß sein Heimatrecht durch gewisse Normen seines Gastlandes beschränkt wird. Diese Beschränkungen müßte sich auch ein Deutscher im Auslande durch die dort geltenden Bestimmungen des fremden Rechtssystems gefallen lassen. Da die Mutter somit als nichtverheiratet anzusehen ist, gilt nach deutschem Recht das Kind als unehelich. Der Standesbeamte in Minden hat daher zu Recht die Geburt des Kindes als unehelich beurkundet." 7 9 . Die von einer minderjährigen Deutschen mit einem Griechen in Gretna Green (Schottland) geschlossene Ehe ist gültig zustande gekommen, aber auf hebbar, wenn die nach deutschem Recht erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters fehlt. AG Hamburg, Beschl. vom 28. 7. 1964 - 115 S VII S 858: FamRZ 1964, 532. 80. Das auf dem Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 15. Februar 1947 beruhende Verbot der Eheschließung mit Ausländern ist in den sowjetischen Einzelrepubliken an dem Tage außer Kraft getreten, an dem die zuständigen Exekutivkomitees das „Zentralgesetzblatt" mit dem aufhebenden Erlaß vom 26. November 1953 erhalten haben. Die Registrierung der Ehe begründet nach sowjetischem Recht eine gesetzliche Vermutung für die Gültigkeit der Ehe. LG Stuttgart, Urt. vom 5. 8. 1964 - 5 S 6/63: Unveröffentlicht. Die Kl. ist die am 21. 8. 1954 geborene Tochter des Bekl. Alfred Sch. und der Emilia Sch. geb. P. Sie verlangt von dem Bekl. Unterhaltsleistungen. Der Bekl. hat während seines Aufenthaltes in der Sowjetunion am 7. 1. 1954 vor dem Standesamt in Lystemsk (Udmurtische ASSR) mit Emilia geb. P. die Ehe geschlossen. Die Eheschließung wurde vom Dorfsowjet am selben Tage im 17*
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Standesregister eingetragen und ist bisher nicht gelöscht worden. Der Bekl. bestreitet die Gültigkeit der Eheschließung. Das AG hat u. a. ein Gutachten des Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Die Kl. legte ein Gutachten von Prof. Dr. Swerdlow aus Moskau vor. Das AG hat der Unterhaltsklage stattgegeben. Der Bekl. hat Berufung eingelegt. Aus den Gründen: „Die Berufung ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Die Kl. ist ein eheliches Kind des Bekl. und hat gegen ihn einen Anspruch auf Unterhaltsleistungen. I. 1. Die zwischen dem Bekl. und Emilia P. geschlossene Ehe ist gültig. Die Mutter der Kl. ist sowjetische Staatsangehörige, der Bekl. ist und war auch zur Zeit der Eheschließung deutscher Staatsangehöriger. Nach deutschem IPR (Art. 13 EGBGB) wird die Eingehung der Ehe, sofern auch nur einer der Verlobten Deutscher ist, f ü r jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem dieser zur Zeit der Eheschließung angehörte. Nach deutschem Recht, das demnach bezüglich des Bekl. anzuwenden ist, ergeben sich keine Schwierigkeiten. Der Bekl. war zur Zeit der Eheschließung volljährig und hat die Ehe vor dem zuständigen Standesbeamten (in diesem Falle dem Dorfsowjet) geschlossen (§§ 3,13 EheG). Im vorliegenden Verfahren sind Zweifel an der Wirksamkeit der Eheschließung bzw. der Gültigkeit der Ehe aus dem Heimatrecht der Mutter der Kl. entstanden, weil seit dem Jahre 1947 ein auf dem Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 15. 2. 1947 beruhendes und auf Grund dieses Erlasses in das Familiengesetzbuch des RSFSR (Art. 6) aufgenommenes Verbot der Eheschließung mit Ausländern bestand und weil dieses Verbot in der RSFSR (also auch der Udmurtischen ASSR, wo der Ort der Eheschließung - Lystemsk — liegt) am 7. 1. 1954 noch nicht formell außer Kraft gesetzt worden war. Dies ist vielmehr erst durch den Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 21. 1. 1954 erfolgt, der die im Zusammenhang mit der Aufhebung des Verbots stehenden Änderungen im Ehe-, Familien- und Vormundschaftsrecht der RSFSR vornahm. Zuvor hatte das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR seinen das Verbot aussprechenden Erlaß aus dem Jahre 1947 mit dem Erlaß vom 26. 11. 1953 wieder aufgehoben und gleichzeitig mit dieser Aufhebung die Präsidien der Obersten Sowjets der Unionsrepubliken (,Einzelrepubliken') angewiesen, die sich aus diesem Erlaß ergebenden Änderungen in die Gesetzgebung der Unionsrepubliken (,Einzelrepubliken') einzuführen (vgl. den im Gutachten des Max-Planck-Instituts vom 20. 9. 1961 wiedergegebenen Wortlaut des Erlasses). Dieser Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR ist am 1. 12. 1953 im Verordnungsblatt des Obersten Sowjets der UdSSR (.Zentralgesetzblatt') veröffentlicht worden. Der Bekl. meint, weil Ehe- und Familienrecht in die Gesetzgebungskompetenz der Einzelrepubliken falle, habe der Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR nur den Charakter eines verbindlichen Grundsatzes', im übrigen aber keine
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Rechtswirksamkeit auf dem Gebiet des Familienrechts der Einzelrepubliken. Diese Ansicht steht im Widerspruch zum Inhalt der Gutachten des Max-Planck-Instituts und zu den Äußerungen von Prof. Dr. Swerdlow sowie des Rechtsanwaltskollegiums Moskau. Nach deren übereinstimmenden Darlegungen hat ein Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR auch dann, wenn er zugleich eine .Anordnung an die Regierungen der Einzelrepubliken' enthält, unmittelbare Gesetzeskraft. Solche Unionsgesetze treten laut Art. 3 der VO des Zentralen Exekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare vom 1. 1. 1927 in Verbindung mit der VO des Zentralen Exekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare vom 6. 2. 1925 (falls in ihnen das Datum f ü r das Inkrafttreten nicht bereits bestimmt ist) an dem Tage in Kraft, an dem die zuständigen Exekutivkomitees in den Einzelrepubliken die den Unionserlaß enthaltende Ausgabe des .Zentralgesetzblattes' erhalten. Das LG hat deshalb über die Deutsche Botschaft in Moskau eine Auskunft der zuständigen Stelle in der Udmurtischen ASSR über den Eingang des ,Zentralgesetzblattes' vom 1. 12. 1953 bei dem f ü r Lystemsk zuständigen Exekutivkomitee eingeholt; diese Auskunft hat der Ministerrat der Udmurtischen ASSR am 28. 1. 1964 in folgender Form erteilt: ,Der Ministerrat der Udmurtischen ASSR bescheinigt, daß die Ehe des Bürgers Alfred Sch. und der Bürgerin Emilia P., die den Familiennamen des Mannes Sch. angenommen hat, am 7. 1. 1954 auf vorgeschriebene Weise und in entsprechender Form vom Dorf Sowjet von Lystemsk registriert worden ist. Von den Brautleuten wurden alle erforderlichen Dokumente vorgelegt. Der Angestellte des Standesamtes, der die Ehe registriert hat, kannte den Inhalt des Erlasses des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 23. 11. 1953 über die Aufhebung des Verbots der Eheschließung sowjetischer Staatsbürger mit Ausländern.' 2. Das LG sieht als bewiesen an, daß zum Zeitpunkt der Eheschließung des Bekl. mit Emilia P. dem zuständigen Standesbamten in Lystemsk bzw. dessen Behörde das ,Zentralgesetzblatt' vom 1.12. 1953 mit dem Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 26. 11. 1953 bereits zugegangen w a r . . . 3. W a r aber der Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 26. 11. 1953 infolge des Eingangs des .Zentralgesetzblatts' bei den zuständigen Behörden in der Udmurtischen ASSR schon vor dem 7. 1. 1954 in Kraft getreten, so bestanden am 7. 1. 1954 in der Udmurtischen ASSR auf dem Gebiet des Familienrechts zwei einander widersprechende Gesetze, nämlich der Unionserlaß vom 26. 11. 1953 und Art. 6 des Familiengesetzbuchs der RSFSR. Aus Art. 19 und 20 der Sowjetischen Verfassung von 1936 ist zu entnehmen, daß in einem solchen Falle das Unionsgesetz den Vorrang vor dem Recht der Einzelrepublik hat. Dieser verfassungsmäßige Vorrang des Unionsgesetzes vor dem Recht der Einzelrepublik hat nach Auffassung des LG die gleiche rechtliche Bedeutung, wie sie Art. 3 GG der Bundesrepublik Deutschland (Gleichberechtigung von Mann und Frau) vor der formellen Aufhebung bzw. Änderung entgegenstehender gesetzlicher Bestimmungen hatte; damals war auch nach deutschem Recht das der
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Verfassung entgegenstehende Recht schon vor dessen formeller Aufhebung bzw. Änderung nicht mehr anzuwenden. Das LG gelangt also zu dem Ergebnis, daß die Eheschließung der Parteien wirksam war, weil das Verbot der Eheschließung mit Ausländern nicht mehr galt. II. 1. Nach Art. 2 des Familiengesetzbuches der RSFSR ist die Registrierung der Ehe bei den Organen für das Personenstandswesen ein unbestreitbarer Beweis für das Bestehen der Ehe (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, unter UdSSR). Die Ehe des Bekl. mit der Mutter der Kl. ist registriert worden; die Registrierung ist bisher weder aufgehoben noch geändert worden. Die Registrierung der Ehe begründet auch nach sowjetischem Recht — ähnlich dem deutschen — eine gesetzliche Vermutung für die Gültigkeit der Ehe. Sollte ein Minister der Udmurtischen ASSR oder ein sonstiger Verwaltungsfunktionär dem Bekl. wirklich gesagt haben, er sei ledig, weil die Ehe nichtig sei, so wäre dies nur die unverbindliche Äußerung einer Rechtsansicht gewesen, die unzutreffend war. Auch in der Sowjetunion erfolgt die Entscheidung über die Nichtigkeit bzw. Aufhebung einer Ehe (gleich deren Scheidung) nur durch die Gerichte. Die Eintragung ,ledig' in den Entlassungspapieren durch einen Verwaltungsangestellten war also ohne rechtliche Wirkung. Die Ehe des Bekl. mit der Mutter der Kl. ist weder von einem deutschen noch von einem sowjetischen Gericht für nichtig erklärt oder auf sonstige Weise aufgelöst worden. Selbst wenn also zur Zeit der Eheschließung das Ausländereheverbot in der Udmurtischen ASSR noch gegolten haben sollte, könnte keiner der beiden Ehepartner sich jetzt (mangels eines entsprechenden gerichtlichen Ausspruchs) auf die Nichtigkeit der Ehe berufen (vgl. Palandt, Komm, zum BGB, 23. Aufl., Anm. 3 zu Art. 13 EGBGB). Die Ehe würde demnach sowohl nach deutschem als auch nach sowjetischem Recht selbst dann als bestehend (und damit als wirksam geschlossen) gelten, wenn Emilia P. als sowjetische Staatsangehörige bei der Eheschließung noch gegen das Ausländereheverbot verstoßen haben sollte. I I I . Die Ehelichkeit eines Kindes wird gemäß einem aus Art. 18 EGBGB entnommenen Grundsatz nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Ob die Kl. ein eheliches Kind ist, bestimmt sich also nach deutschem Recht. Die Kl. ist während der Ehe geboren worden; der Bekl. hat nicht bestritten, daß er mit der Mutter der Kl. während der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt hat. Die Kl. ist also ein eheliches Kind (§ 1591 BGB). Ihr Unterhaltsanspruch gegen den Bekl. ist gemäß Art. 19 EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen. Ihr Anspruch ergibt sich also aus §§ 1601 ff. BGB; danach ist der Bekl. verpflichtet, ihr den ihrer Lebensstellung entsprechenden und zur Deckung ihres Lebensbedarfs notwendigen Unterhalt zu gewähren und dabei alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kl. Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (§ 1603 I I BGB). Die vom Bekl. geäußerte Vermutung, die Kl. sei nicht unterhaltsbedürftig, weil sie in der Sowjetunion als uneheliches Kind behandelt werde und infolgedessen eine staatliche Unterhaltsrente erhalte, entbehrt der
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Grundlage. Die Kl. stammt aus einer auch nach sowjetischem Recht wirksam geschlossenen Ehe, die dazu noch kraft der Registrierung den unbestreitbaren Beweis der Gültigkeit hat. Das schließt aus, daß die Kl. eine staatliche Unterhaltsrente erhält, wie sie sonst möglicherweise uneheliche Kinder in der Sowjetunion bekommen." 8 1 « Die eheliche Abstammung eines Kindes wird gemäß Art. 18 I EGBGB nach den Gesetzen des Heimatstaates des Ehemannes der Mutter beurteilt. Jedoch ist die Frage, ob zwischen den Eltern des Kindes eine Ehe besteht, nach dem sich aus Art. 13 EGBGB ergebenden Eheschließungsstatut zu entscheiden. Priester der griechisch-orthodoxen Kirche, die nach den Bestimmungen dieser Kirche zur Mitwirkung bei Trauungen zuständig sind, sind nicht schon auf Grund dieser kirchlichen Zuständigkeit im Sinne des § 15 a EheG ermächtigt, in Deutschland bei Eheschließungen griechischer Staatsangehöriger orthodoxen Glaubens mitzuwirken. Die Erfordernisse des § 15 a EheG sind auch erfüllt, wenn die Regierung eines Staates, der die religiöse Trauung als rechtswirksam anerkennt, der Bundesrepublik gegenüber Geistliche benennt, die nach dem Recht dieses Staates zur Mitwirkung nach dem kirchlichen Recht befugt sind. Die griechisch-orthodoxen Geistlichen, die in der Anlage zu einer an das Auswärtige Amt gerichteten Verbalnote der Königlich Griechischen Botschaft in Bonn vom 15. Juni 1964 aufgeführt sind, sind im Sinne des § 15 a EheG ermächtigt, bei der Eheschließung zwischen griechischen Staatsangehörigen orthodoxen Glaubens in der Bundesrepublik mitzuwirken. Diese Ermächtigung hat keine rückwirkende Kraft. Dem deutschen Standesbeamten gegenüber kann der Nachweis einer in dieser Form geschlossenen Ehe nur durch die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der Eintragung der Ehe in das gemäß § 15 all EheG geführte Standesregister erbracht werden. a) HansOLG Bremen, Vorlagebeschl. vom 13. 8. 1964 - 1 W 41/64: Leitsatz in N J W 1964, 1828. b) BGH, Beschl. vom 22. 1. 1965 - I V ZB 441/64: BGHZ 43, 213; M D R 1965, 469; N J W 1965, 1129; F a m R Z 1965, 311 mit Anm. Bosch; StAZ 1965, 152; JZ 1965, 531 mit Anm. Wengler; DA Vorm. 1965, 356; DRspr. I (180) 54 a und 54 d; Leitsatz in L M Nr. 6 zu Art. 13 EGBGB mit Anm. Baske; L M Nr. 2 zu § 11 EheG; L M Nr. 1 zu § 15a EheG; L M Nr. 1 zu Art. 18 EGBGB; DRiZ 1965 B 76 Nr. 1032; B W N o t Z 1965, 255. Siehe dazu Neuhaus, Das Vorfragenproblem bei Feststellung des Status von Kindern nur kirchlich getrauter Ausländer: F a m R Z 1965, 541. Die am 4. 10. 1963 geborene Beteiligte zu 1) ist ein gemeinsames Kind der Beteiligten zu 2) und 3). Die Eltern sind griechische Staatsangehörige und bekennen sich zur griechisch-orthodoxen Kirche. Sie haben am 26. 8. 1962 vor dem Pfarrer der griechisch-orthodoxen Kirche, Ch. Z., in Hamburg die Ehe nach dem Ritus dieser Glaubensgemeinschaft geschlossen. Der Pfarrer hat die kirchliche
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Trauung bescheinigt. Eine besondere Ermächtigung des Geistlichen zur Vornahme von Eheschließungen hat nicht vorgelegen. Vor dem zuständigen deutschen Standesbeamten haben die Eltern erst am 29. 11. 1963 die Ehe geschlossen. Nach der Geburt des Kindes hat der Standesbeamte diese in das Geburtenbuch eingetragen und dabei die Mutter mit ihrem Mädchennamen aufgeführt. Weiter ist eingetragen, daß der Beteiligte zu 2) das Kind als von ihm erzeugt anerkenne. Das Kind ist demnach durch den Eintrag im Geburtenbuch als uneheliches Kind ausgewiesen. Die Eltern haben gemäß § 47 PStG beantragt, den Eintrag dahingehend zu berichtigen, daß das Kind im Geburtenbuch als ihr gemeinsames eheliches Kind ausgewiesen wird. Das AG hat diesen Antrag zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, daß die Vorfrage, ob die Mutter in einer gültigen Ehe lebe, nach den allgemeinen Kollisionsnormen der Art. 11 und 13 EGBGB zu beurteilen sei, und daß hier die Ausnahmevorschrift des § 15a EheG nicht anwendbar sei, da der Geistliche der griechisch-orthodoxen Kirche bei der Eheschließung nicht auf Grund einer besonderen Ermächtigung der griechischen Regierung gehandelt habe. Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 4) (der Senator f ü r Inneres) als Aufsichtsbehörde Beschwerde zum Zwecke der Herbeiführung einer höchstrichterlichen Entscheidung eingelegt. Das LG hat der Beschwerde stattgegeben und den Standesbeamten angewiesen, den Eintrag dahin zu berichten, daß die Beteiligte zu 1) ein eheliches Kind der Beteiligten zu 2) und 3) ist. Der Entscheidung liegt die Auffassung zugrunde, daß eine besondere Ermächtigung des Priesters durch die griechische Regierung zur Vornahme von Eheschließungen nicht erforderlich sei, da in der Übertragung der zivilen Trauungsgewalt auf die Kirche eine allgemeine Ermächtigung der zur griechisch-orthodoxen Kirche gehörigen Priester zur Vornahme von Eheschließungen liege und damit die Voraussetzung des § 15a EheG erfüllt sei. Der Beteiligte zu 4) hat sofortige weitere Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den Beschluß des AG wiederherzustellen. Aus den Gründen: a) HansOLG Bremen 13. 8.1964 -1W
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„Der Senat möchte auf die sofortige weitere Beschwerde die Entscheid u n g des LG a b ä n d e r n u n d der Beschwerde des Beteiligten zu 4) stattgeben. Der Senat ist in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen der Ansicht, d a ß die F r a g e nach der Ehelichkeit der Beteiligten zu 1) sich nach d e r Vorf r a g e richtet, ob durch die Eheschließung der Beteiligten zu 2) u n d 3) nach griechisch-orthodoxem Ritus eine nach deutschem Recht w i r k s a m e E h e geschlossen w o r d e n ist, ob diese Eheschließung also der F o r m des § 15 a EheG genügt. Nach Auffassung des Senats wird die vom LG v o r g e n o m m e n e Auslegung des § 15 a EheG nicht v o m W o r t l a u t des Gesetzes getragen u n d findet ebenfalls keine Stütze in dem Sinn dieser Vorschrift. Die Eheschließ u n g der Beteiligten zu 2) u n d 3) vor einem Priester der griechisch-orthodoxen Kirche ist z w a r nach ihrem Heimatrecht wirksam, k a n n jedoch nach Auffassung des Senats keine w i r k s a m e Eheschließung n a d i deutschem Recht darstellen, da der Priester Ch. Z. keine von der griechischen Regier u n g zur V o r n a h m e von Eheschließungen ordnungsgemäß ermächtigte P e r s o n w a r u n d d a h e r diese Voraussetzung des § 15 a EheG nicht e r f ü l l t ist.
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Der Senat ist jedoch durch den Beschluß des OLG Köln vom 18. 10. 1963 1 gehindert, in d e r beabsichtigten Weise zu entscheiden . . . Die Sache w a r d a h e r gemäß § 28 II FGG dem BGH vorzulegen. Im einzelnen w ü r d e der Senat zu der sofortigen weiteren Beschwerde wie folgt Stellung n e h m e n : Die sofortige weitere Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung des LG B r e m e n b e r u h t auf einer Verletzung des Gesetzes. Nach § 15 a EheG k a n n eine E h e zwischen Verlobten, von denen keiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer d e r Verlobten besitzt, o r d n u n g s g e m ä ß ermächtigten Person, in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen F o r m geschlossen werden. Durch die nach griechisch-orthodoxem Ritus vorgenommene T r a u u n g der Beteiligten zu 2) u n d 3) ist die von den griechischen Gesetzen (Art. 1367 des griechischen BGB) vorgeschriebene F o r m gewahrt u n d eine nach griechischem Recht w i r k s a m e E h e geschlossen worden. Das Vorliegen einer nach dem Heimatrecht der Beteiligten w i r k s a m e n Eheschließung reicht aber allein nicht aus, auch die weitere Voraussetzung des § 15 a EheG, ,die V o r n a h m e der Eheschließung durch eine von der Regierung des Landes o r d n u n g s g e m ä ß ermächtigte P e r s o n ' als erfüllt anzusehen. H i n z u k o m m e n m u ß , d a ß f ü r den die Eheschließung vornehmenden Priester eine von d e r griechischen Regierung ausgestellte, auf seine P e r s o n bezogene, o r d n u n g s m ä ß i g e Ermächtigung zur V o r n a h m e von T r a u ungen vorliegt. Eine solche ausdrückliche Bestellung des Priesters Ch. Z. seitens des griechischen Staates ist aber nach der A u s k u n f t des griechischen Generalkonsuls in H a m b u r g vom 19. 11. 1963 nicht erfolgt. Dieser in § 15 a EheG vorgesehenen administrativen Bestellung k a n n auch nicht eine generelle gesetzliche Ermächtigung des Heimatstaates gleichgestellt werden, die — lediglich - zum Inhalt hat, d a ß die vor dem Priester im Ausland a u ß e r h a l b Griechenlands geschlossene E h e nach griechischem Recht w i r k s a m zustande gekommen ist. Bei der Auslegung des § 15 a EheG ist zunächst von dem W o r t l a u t des Gesetzes auszugehen. Die Vorschrift ist durch KRG Nr. 52 vom 21. 4. 1947 - Änderung des KRG Nr. 16 - EheG (KR ABl. 273) in das EheG eingefügt worden. Bei der Auslegung ist d a h e r nicht von dem deutschen Text, sondern dem zugrunde liegenden englischen u n d französischen Text auszugehen (der russische Text lautet entsprechend; so Dölle in der f ü r das BMdl erstatteten Rechtsa u s k u n f t vom 26. 7. 1963). Der englische Text, soweit e r hier von Bedeutung ist, lautet: ,As an exception to the provisions of Sections 11, 12, 13, 14, 15 and 17 of this law, a marriage between parties neither of whom is a German national, may be concluded before a person duly empowered by the Government of the country of which either party is a national, according to the form prescribed by the law of that country.' 1
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Der französische Text lautet: ,Par dérogation aux dispositions des articles 11, 12, 13, 14, 15 et 17 de la présente Loi, le mariage entre deux parties contractantes dont aucune n'est ressortissant allemand, peut être célébré devant toute personne dûment habilitée par le gouvernement du pays dont l'un des futurs époux est ressortissant, conformément aux formes fixées par les lois dudit pays.' Die in diesen Texten gebrauchte Formulierung ,die formgerechte oder ordnungsgemäße Ermächtigung durch die Regierung des Landes' (Weinhold, Fachwörterbuch f ü r Rechtspflege u n d Verwaltung, 1949 u n d Basedow, Wörterbuch der Rechtssprache) h a t in der deutschen Übersetzung einen gleichlautenden Ausdruck gefunden. Dem Wortlaut nach scheidet daher eine andere als durch die Regierung erfolgte Ermächtigung aus. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes k a n n nicht herangezogen werden, u m eine etwaige Abweichung vom Wortlaut zu rechtfertigen, da .Materialien', aus denen der Wille des Gesetzgebers geschlossen werden könnte, zur Zeit nicht zugänglich sind (Weyers, § 15 a EheG u n d die kirchlichen Trauungen: F a m R Z 1964, 169, 172 Anm. 36). Auch mit der Zweckbestimmung des eingefügten § 15 a EheG ist nach Auffassung des Senats keine vom Wortlaut abweichende Auslegung zu begründen. Es besteht kein Anhaltspunkt d a f ü r , d a ß der Kontrollratsgesetzgeber mit dieser Vorschrift z. B. eine Erleichterung der Eheschließung f ü r alle aus den osteuropäischen Ländern kommenden Flüchtlinge schaffen wollte, deren Priester von den entsprechenden Landesregierungen keine Trauungsermächtigung bekamen. Mit § 15 a EheG sollte vielmehr n u r f ü r die in Deutschland stationierten alliierten Streitkräfte und Besatzungsangehörigen eine Ausnahme vom Formzwang des deutschen Rechts geschaffen und die Eheschließung erleichtert werden. Jedenfalls gibt auch diese beschränktere Zweckbestimmung dem Gesetze einen vernünftigen Sinn, so daß eine weitergehende Auslegung nicht schon deshalb geboten ist, weil das Gesetz sonst sinnlos wäre. Eine Untersuchung des .Foreign Marriage Act von 1892', das dem englischen Mitgesetzgeber des KRG Nr. 52 vorlag und als Muster gedient haben könnte, ergibt dazu noch folgendes: In diesem Gesetz ist zunächst bestimmten, vom Secretary of State schriftlich mittels eines ,marriage w a r r a n t ' (Eheschließungsbevollmächtigung) oder durch .marriage régulations' ermächtigten Personen die Trauungsgewalt im Ausland mit Wirksamkeit f ü r das Heimatrecht übertragen; darüber hinaus den Militärgeistlichen. Es handelt sich also einmal u m einen Personenkreis, der durch besondere Vollmacht seitens der Regierung administrativ ermächtigt wird, zum anderen, bei den Militärgeistlichen, um eine Personengruppe, die gleichfalls durch staatliche Bestellung zur seelsorgerischen Tätigkeit in der T r u p p e berufen ist u n d deren Amtsausübungsbefugnis lediglich u m die Trauungsgewalt erweitert ist. Die Eheschließungsbefugnis im Ausland liegt somit auch nach englischem Recht in den Händen eines bestimmten, der einzelnen Person nach besonders staatlich ermächtigten oder zumindest privilegierten Personenkreises. Diese Beschränkung u n d Einengung, zumindest des
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englischen Rechts, ist in § 15 a EheG durch die Formulierung ,von der Regierung des Landes ermächtigt' übernommen worden. Zu dem Ergebnis, d a ß dem § 15 a EheG eine solche individualisierende Bedeutung zugesprochen werden m u ß , kommt auch Dölle aaO; so auch f ü r den hier vorliegenden Fall Raape, IPR, 5. Aufl., 248; BGB-RGRK (Wüstenberg) 10./11. Aufl., § 15 a EheG Anm. 8. Danach ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber des KRG Nr. 52 die E h e zwischen den in diesem Gesetz genannten Personen nicht schon dann f ü r wirksam erklären wollte, wenn sie in der von den Gesetzen ihres Heimatlandes vorgeschriebenen Weise geschlossen wurde, sondern als weitere Voraussetzung forderte, d a ß dies vor einer von der Regierung des Landes ordnungsmäßig bestellten Person geschah. Da eine solche Ermächtigung des Priesters durch die griechische Regierung nicht erfolgt ist, haben die Beteiligten zu 2) und 3) durch die nach griechisch-orthodoxem Ritus vorgenommene Trauung zwar eine nach ihrem Heimatrecht, nicht aber nach deutschem Recht wirksame Ehe geschlossen. Nach deutschem Recht liegt vielmehr eine Nichtehe vor. Die Mutter der Beteiligten zu 1) ist daher als unverheiratet im Sinne des Art. 18 I EGBGB anzusehen. Zu diesem Ergebnis k o m m t auch der Beschluß des OLG Celle vom 5. 6. 1963 - 5 Wx 34/63, F a m R Z 1964, 209 2 in einem ähnlich gelagerten, Spanien betreffenden Falle. Dieser Auffassung soll die spanische Regierung dadurch Rechnung getragen haben, daß sie bestimmte in der Bundesrepublik amtierende römischkatholische Geistliche zur Vornahme von Eheschließungen zwischen spanischen Staatsangehörigen ermächtigt hat. Die Beteiligte zu 1) ist das uneheliche Kind der Beteiligten zu 3) u n d erst durch die am 29.11.1963 vor dem deutschen Standesbeamten erfolgte Eheschließung gemäß § 1719 BGB ehelich geworden." b) BGH 22. 1. 1965 - IV ZB 441164: „1. . . . 2. Das Rechtsmittel ist auch begründet. a) Nach § 21 I Nr. 1 PStG werden in das Geburtenbuch die Vor- u n d Familiennamen der Eltern . . . eingetragen. Ist das Kind unehelich, so ist die Mutter einzutragen. Hat der uneheliche Vater oder der E h e m a n n der Mutter nach der Geburt des Kindes seine Vaterschaft in öffentlicher Urk u n d e anerkannt, so ist gemäß § 29 II PStG das Anerkenntnis auf Antrag eines Beteiligten am Rande des Geburtseintrags zu vermerken. Der Standesbeamte in Bremen hat sonach die Geburt des Kindes richtig beurkundet, es sei denn, daß das Kind bereits bei der Geburt ein eheliches Kind der Beteiligten zu 2) u n d 3) war. b) Die eheliche'Abstammung eines Kindes wird gemäß Art. 18 I EGBGB nach den deutschen Gesetzen beurteilt, wenn der E h e m a n n der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes Deutscher ist oder, falls er vor der Geburt des Kindes gestorben ist, zuletzt Deutscher war. Diese einseitige Kollisions2
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n o r m ist von der Rechtsprechung und Rechtslehre zu einer allseitigen Kollisionsnonn des Inhalts entwickelt worden, daß die Ehelichkeit eines Kindes nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird, dem der E h e m a n n der Mutter zu dem in Betracht kommenden Zeitpunkt angehört oder angehört hat. Aus Art. 18 ist sonach die Rechtsordnung zu entnehmen, die d a r ü b e r entscheidet, ob zwischen einem Kinde und seiner Mutter und deren Ehem a n n bestimmte Rechtsfolgen deswegen eintreten, weil bei oder vor der Geburt des Kindes die Mutter E h e f r a u w a r (so Kegel, IPR, 2. Aufl. 1964, 306). Die Anwendbarkeit der Kollisionsnorm des Art. 18 setzt also das Bestehen einer Ehe voraus. Dies gehört somit zum Tatbestand der Norm. Schon aus diesem Grunde ist die Frage, ob die Mutter des Kindes mit dessen Vater in einer gültigen E h e lebt, nicht nach dem gemäß Art. 18 maßgeblichen Recht zu beantworten. Außerdem ist zu erwägen, daß von der Gültigkeit einer Ehe verschiedene andere Rechtsfolgen abhängen, so z. B. die persönlichen Ehewirkungen, das Ehegüterrecht, das Erb- und Pflichtteilsrecht. Diese Folgen beurteilen sich, soweit sie als H a u p t f r a g e n auftreten, möglicherweise nach verschiedenen Rechtsordnungen. W ü r d e auch die Frage nach der Gültigkeit der Ehe jeweils dem IPR der in Betracht kommenden Hauptfrage unterworfen, so wäre unter Umständen die Frage nach dem Bestehen einer Ehe verschieden zu beantworten, also z. B. in bezug auf die Kinder zu bejahen, im Verhältnis der Eheleute zueinander aber zu verneinen (Kegel aaO 117; Staudinger-Raape, [BGB] 9. Aufl., Art. 18 EGBGB Anm. B IV). Der Senat ist aus diesen Gründen der Auffassung, daß die Frage, ob zwischen den Eltern des Kindes eine Ehe besteht, nicht nach dem gemäß Art. 18 EGBGB in Betracht kommenden Recht, sondern nach dem sich aus Art. 13 EGBGB ergebenden Eheschließungsstatut zu entscheiden ist. Gleicher Auffassung sind RG, LZ 1914, 869; BayObLG, F a m R Z 1964, 45 Nr. 13»; OLG München, OLGRspr. 42, 98; KG, F a m R Z 1961, 483 Nr. 174 2 ; OLG Celle, F a m R Z 1964, 209 Nr. 97 3 ; ferner Kegel aaO 117, 307 und in Soergel-Siebert, [BGB] 9. Aufl., Art. 18 EGBGB Anm. 5; Raape aaO und in IPR, 5. Aufl., 343; Dölle, Zur Behandlung der bigamischen Ehe im IPR, Festschrift f ü r Boehmer, 1954, 134, 142; Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl. 1954, 81, 213; Henrich, Zur Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes im IPR: F a m R Z 1958, 122. Die gegenteilige Ansicht wird vertreten von Nußbaum, Deutsches IPR, 1932, 141, 172; Lewald, Das deutsche IPR, 1931, 129, 130; Melchior, Die Grundlagen des deutschen IPR, 1932, 260; Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR, 1962, 239; Wengler, Die Ehelichkeit der Kinder aus hinkenden E h e n griechischer Staatsangehöriger in Deutschland: JR 1963, 41 ff. Diese Ansicht ist ersichtlich von dem Bestreben geleitet, die Kinder aus nichtigen Ehen oder aus Ehen, die wegen Formmangels als nicht bestehend anzusehen sind, in ihren Rechten nach Möglichkeit den ehelichen Kindern gleichzustellen. Hier geht es jedoch nicht u m Rechtsansprüche, die einem solchen Kind aus einer derartigen E h e erwachsen können, soiidem u m den Status des Kindes selbst. Dabei ist zu 1 3
IPRspr. 1962-1963 Nr. 100. IPRspr. 1962-1963 Nr. 98.
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bedenken, daß Ehe und Familie eine Einheit bilden. Fehlt es im Zeitpunkt der Geburt eines Kindes an einer von der deutschen Rechtsordnung anerkannten Eheschließung der Eltern, so kann auch dem Kind nicht der Status eines ehelichen Kindes zugesprochen werden. Es kann daher auch nicht im Geburtenbuch als ehelich eingetragen werden. Demgemäß schreibt § 25 der AVO/PStG vom 12. 8. 1957 (BGBl. I 1139) vor, daß der Standesbeamte bei der Anzeige der Geburt eines ehelichen Kindes die Vorlage eines Auszugs aus dem Familienbuch oder der Heiratsurkunde der Eltern verlangt. In das Familienbuch sind nach § 12 II Nr. 1 PStG Ort und Tag der Eheschließung der Ehegatten einzutragen. Eine solche Eintragung dient der Klarstellung und Sicherung des Status der Eltern wie der Kinder. Welche Bedeutung dieser Eintragung beizumessen ist, ist auch aus den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2 . 1 2 . 1 9 5 0 (BGBl. 778) zu ersehen, nach dessen § 1 Eheschließungen der dort erwähnten Art die Wirkungen einer ordnungsgemäßen Eheschließung erlangen, sofern sie in das Familienbuch des Hauptstandesamtes in Hamburg eingetragen sind. Eine ähnliche Regelung findet sich hinsichtlich der von verschleppten Personen oder Flüchtlingen in der Zeit vom 8. 5. 1945 bis zum 1. 8. 1948 in Deutschland vor einem Geistlichen nach den Vorschriften des Religionsbekenntnisses dieses Geistlichen eingegangenen Ehen in Art. 6 des AHKG Nr. 23 über die Rechtsverhältnisse verschleppter Personen und Flüchtlinge vom 17.3. 1950 (AHK ABl. 140). Ist eine Ehe im Inland nicht in der von der deutschen Rechtsordnung vorgeschriebenen Form geschlossen worden und kann sie deshalb nicht durch einen Auszug aus dem Familienbuch oder durch eine die Wahrung dieser Form aufzeigende Heiratsurkunde nachgewiesen werden, dann ist der Standesbeamte nicht in der Lage, das Kind als eheliches Kind in das Geburtenbuch einzutragen und dadurch zu beurkunden, daß es den Status eines ehelichen Kindes hat. So bezeichnet auch § 191 VI Satz 3 DA (Neufassung 1958) Kinder aus einer nicht vor einem Standesbeamten oder einer nach § 15 a EheG zuständigen Stelle geschlossenen Ehe als schlechthin unehelich. Ein Kind ist somit nur dann ein eheliches Kind und kann folglich nur dann als ein eheliches Kind im Geburtenbuch eingetragen werden, wenn seine Eltern in einer von der deutschen Rechtsordnung vorgeschriebenen oder doch anerkannten Form die Ehe geschlossen haben und wenn dies in den in Betracht kommenden Personenstandsbüchern eingetragen ist. Auch aus diesen Erwägungen ist in Übereinstimmung mit dem AG und dem LG davon auszugehen, daß die Frage nach dem Bestehen einer Ehe zwischen den Eltern des Kindes nach den allgemeinen Kollisionsnormen der Art. 11 und 13 EGBGB zu beurteilen ist. c) Art. 11 EGBGB läßt über die Form eines Rechtsgeschäfts grundsätzlich das Wirkungsstatut entscheiden; wahlweise genügt aber auch die Einhaltung der Ortsform. Jedoch läßt Art. 13 EGBGB für die Form einer im Inland geschlossenen Ehe ausschließlich die deutschen Gesetze maßgebend sein. Nach § 11 EheG kommt eine Ehe nur zustande, wenn die Eheschließung vor einem Standesbeamten stattgefunden hat. Bei fehlender Mit-
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Wirkung eines Standesbeamten ist sonach, sofern nicht die Voraussetzungen des § 11 II EheG vorliegen, eine Nichtehe gegeben. Diese Vorschrift ist durch § 15 a EheG durchbrochen. Nach dieser Bestimmung kann eine Ehe zwischen Verlobten, von denen keiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Die Vorschrift, die eine Eheschließung von Ausländern in Deutschland in einer anderen als in der von § 11 EheG vorgeschriebenen Form ermöglicht, ist durch das KRG Nr. 52 vom 21. 4. 1947 (KR ABl. 273) in das Ehegesetz eingefügt worden. Sie ändert Art. 13 III EGBGB ab und ist, wie diese Bestimmung, als Kollisionsnorm anzusehen (Raape, Die Form der Eheschließung nach internationalem Recht mit Bezug auf das KRG Nr. 52 vom 21. 4. 1947, in Festschrift f ü r Kiesselbach, 1947, 141, 145). Bei Einfügung des § 15 a EheG mag zunächst an Eheschließungen von Angehörigen der Besatzungsmächte gedacht gewesen sein. Dies läßt ein Vergleich mit dem kurze Zeit später von der Republik Österreich erlassenen Bundesgesetz vom 21. 5. 1947 über die Wirksamkeit von Eheschließungen vor Funktionären der Besatzungsmächte (österr. BGBl. 1947 Nr. 117, S. 630) erkennen. Die Vorschrift des § 15 a EheG gilt jedoch allgemein und auch zeitlich uneingeschränkt f ü r alle Auländer. Maßgebend f ü r ihre Auslegung sind die fremdsprachigen Texte. Gesetzesmaterialien stehen zur Auslegung nicht zur Verfügung (Raape, Festschrift Kiesselbach 148; Sonnenberger, Die religiöse Eheschließung von Ausländern in Deutschland und § 15 a EheG: StAZ 1964, 289, 291; Weyers, § 15 a EheG und die kirchlichen Trauungen: FamRZ 1964, 169, 172 Fußn. 36). Der vom LG im Anschluß an die Entscheidung des OLG Köln (aaO) vertretenen Auffassung, daß der Pfarrer Ch. Z. bereits im Zeitpunkt der Trauung eine von der Regierung Griechenlands ordnungsgemäß ermächtigte Person im Sinne des § 15 a EheG war, kann nicht beigetreten werden. Vielmehr ist der Auffassung des vorlegenden OLG beizupflichten. Der deutsche Text der Vorschrift gibt, wie das vorliegende OLG zutreffend ausgeführt hat, die im englischen und französischen Text gebrauchten Formulierungen sinngemäß wieder. Der englische Text lautet: , . . . before a person duly empowered by the government . . . ' . Darunter ist eine von der Regierung formgerecht bevollmächtigte oder ermächtigte Person zu verstehen (vgl. Basedow, Wörterbuch der Rechtssprache, EnglischDeutsch) . Der gleiche Sinn kommt der im französischen Text gebrauchten Wendung: ,... devant toute personne dûment habilitée par le gouvernement . . . ' zu (vgl. Weinhold, Fachwörterbuch f ü r Rechtspflege und Verwaltung, Französisch-Deutsch, unter .dûment' ( = ordnungsgemäß) und .habiliter* ( = ermächtigen, die Befugnis erteilen, befähigen) ; ferner Wicher, Handwörterbuch der französischen Rechtssprache unter .habiliter') . Auch die im russischen Text gebrauchte Formulierung bedeutet eine Bevollmächtigung oder Ermächtigung (vgl. Sonnenberger aaO 292).
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e) Die Wirksamkeit einer Eheschließung nach § 15 a EheG setzt voraus, daß die Ehe in der von den Gesetzen des ausländischen Staates vorgeschriebenen F o r m geschlossen wird und daß außerdem die mitwirkende Person zu dieser Mitwirkung bei Eheschließungen im Ausland durch die Regierung ermächtigt ist. Als von der Regierung ermächtigt kommen in erster Linie diplomatische und konsularische Vertreter anderer Staaten in Betracht; aber auch Verwaltungsstellen und Armeegeistliche der in der Bundesrepublik stationierten ausländischen Streitkräfte können ermächtigt sein (Raape, Festschrift Kiesselbach 148; Bolle, Familienrecht I, 1964, § 18 E II 3 b, S. 227). Ob eine Person von der Regierung ordnungsgemäß zur Mitwirkung bei Eheschließungen im Ausland ermächtigt ist, richtet sich nach dem Recht des Entsendestaates. Das OLG Köln (aaO) läßt eine generelle staatliche Ermächtigung zur Anwendbarkeit des § 15 a EheG genügen und leitet eine Ermächtigung dieser Art f ü r die Geistlichen der orthodoxen Kirchen aus der Bestimmung des Art. 1367 des griechischen ZGB ab. Nach dieser Vorschrift besteht die Ehe von Angehörigen der östlichen orthodoxen Kirchen ohne kirchliche T r a u u n g durch einen Priester dieser Kirchen nicht. Die Vorschrift gilt auch f ü r Eheschließungen, die im Ausland stattfinden (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht II, Griechenland, Anm. 1 zu Art. 1367 ZGB; Markianos, Griechische Rechtsprechung zum Familienund Erbrecht des ZGB 1946-1959: RabelsZ 25 [1960] 69, 72). Entgegen der vom LG übernommenen Meinung des OLG Köln läßt sich jedoch hieraus nicht f ü r jeden nach den Bestimmungen des griechischen Kirchenrechts zur Mitwirkung bei T r a u u n g e n zuständigen Geistlichen der orthodoxen Kirchen eine Ermächtigung im Sinne des § 15 a EheG herleiten. Nach der vom griechischen Gesetzgeber anerkannten Lehre der griechisch-orthodoxen Kirche ist die Ehe ein Sakrament, so daß der T r a u u n g eine sakramentale Natur zukommt (Rammos, Die Eheschließung nach geltendem griechischen Recht: F a m R Z 1955, 166, 167; ferner: Die Diskussion über die kirchliche und die Zivilehe in Griechenland: ZfRV 1962, 1, 2; Stefanopulos, Die Eheschließung nach griechischem Recht: ÖJZ 1959, 451; Maridakis, Le mariage des Grecs orthodoxes hors de Grèce: Rev. crit. 1952, 661). Der griechische Gesetzgeber hat wohl der in kirchlich-sakramentaler F o r m geschlossenen Ehe die Rechtsgültigkeit zugesprochen u n d dem kirchlichen Eheschließungsrecht auch staatlich-rechtliche Folgen beigemessen. Eine Eheschließung vor einem Geistlichen der griechisch-orthodoxen oder einer anderen orthodoxen Kirche entspricht somit der von den Gesetzen Griechenlands vorgeschriebenen Form. Damit ist jedoch nicht schon das zweite E r f o r d e r nis der Bestimmung des § 15 a EheG, nämlich eine besondere Ermächtigung, gerade im Ausland bei Eheschließungen mitzuwirken, erfüllt. Daher sind Priester der griechisch-orthodoxen Kirche, die nach den Bestimmungen dieser Kirche zur Mitwirkung bei Trauungen zuständig sind, nicht schon auf Grund dieser kirchlichen Zuständigkeit im Sinne des § 15 a EheG ermächtigt, in Deutschland bei Eheschließungen griechischer Staatsangehöriger, die Mitglieder der griechisch-orthodoxen Kirche sind, mitzu-
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wirken. Diese Auffassung wird auch im Schrifttum nahezu einhellig vertreten, so von Raape in Festschrift f ü r Kiesselbach 148, 149; Dölle, Familienrecht aaO und in Festschrift f ü r Raape 149, 169 Fußn. 31; Sonnenberger aaO 290, 296. Dort sind (S. 290 Fußn. 10) weitere zahlreiche Hinweise auf das Schrifttum enthalten, ebenso bei Weyers aaO 170 Anm. 13. Letzterer stellt es entscheidend auf die in § 15 a II EheG vorgesehene Registrierung ab und spricht dem Erfordernis spezieller Ermächtigung einen Eigenwert ab (auch in FamRZ 1964, 568), erachtet aber gleichfalls (S. 171) Geistliche der östlich-orthodoxen Kirchen nicht als im Sinne des § 15 a EheG vom Staat zur Vornahme von Trauungen ermächtigt. f) Das deutsche Recht kennt n u r die Eheschließung vor dem Standesbeamten, also die obligatorische Zivilehe ( § 1 1 EheG). Wer eine kirchliche Trauung vor einer standesamtlichen Eheschließung vornimmt, begeht nach § 67 PStG eine Ordnungswidrigkeit. Die Vorschrift des § 15 a EheG ändert an dem Grundsatz des deutschen Rechts, daß die Mitwirkung bei der Eheschließung ausschließlich eine Funktion des Staates ist, nichts. Dies kommt in der Bestimmung zum Ausdruck, daß die Ehe vor einer von der Regierung des Landes ordnungsgemäß ermächtigten Person geschlossen werden muß. An die Stelle des Standesbeamten, der gemäß §§ 53, 54 PStG von der Gemeinde ausdrücklich bestellt werden muß, tritt hier die von der ausländischen Regierung ermächtigte Person. Damit wird es bei Wahrung des Grundsatzes der obligatorischen Zivilehe den Angehörigen ausländischer Staaten ermöglicht, die Ehe in der Form ihres Heimatstaates zu schließen. Dadurch, daß eine von dem ausländischen Staat bevollmächtigte Person bei der Eheschließung in Deutschland mitwirkt, übernimmt der Staat die Gewähr f ü r eine seinen Gesetzen entsprechende formgerechte Eheschließung. Nur bei Übernahme dieser Gewähr und nur, wenn auch deren Verlautbarung in einer den Erfordernissen der Rechtssicherheit in Deutschland genügenden Form sichergestellt war, konnte eine Eheschließung in der Sonderform des § 15 a EheG von der deutschen Rechtsordnung anerkannt werden, ohne deren Grundlagen anzutasten und deren Zwecke zu gefährden. Wenn die Ehe nach dem Recht eines Staates geschlossen wird, in dem es zum Aufgabenbereich des Staates gehört, bei der Eheschließung mitzuwirken, so wird dieses Interesse hinreichend dadurch gewahrt, daß die f ü r den Staat bei dem Akt der Eheschließung mitwirkende Person durch einen Akt ermächtigt wird, der ihre Mitwirkungsbefugnis begründet. Eine solche Mitwirkung kann naturgemäß nicht erfolgen, wenn nach der f ü r die Eheschließung maßgebenden Rechtsordnung die unter Mitwirkung eines Geistlichen vollzogene religiöse Trauung vom Staat als rechtswirksam anerkannt wird, ohne daß der Mitwirkung des Geistlichen hierbei der Charakter einer staatlichen Funktion zuerkannt wird. Es geht nicht an, aus diesem Grunde den Angehörigen dieser Staaten die Möglichkeit einer Eheschließung, wie sie in § 15 a EheG vorgesehen ist, zu versagen. Den Erfordernissen des § 15 a I EheG wird in einem solchen Fall voll genügt, wenn die Regierung des betreffenden Staates der Bundesrepublik gegenüber Geistliche benennt die nach dem Rechte dieses Staates zur Mitwirkung nach dem
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kirchlichen Recht befugt sind. Durch diese Benennung bürgt die Regierung des betreffenden Staates dafür, daß durch die Mitwirkung des von ihr benannten Geistlichen die von diesem in Deutschland vollzogene Eheschließung im Sinne seiner Rechtsordnung eine wirksame Ehe begründet. Erforderlich f ü r diese Benennung ist eine Kundgabe seitens eines dazu völkerrechtlich berufenen Organs des sogenannten Entsendestaates. Die Königlich Griechische Botschaft in Bonn hat dem Auswärtigen Amt mit Verbalnote vom 15. 6. 1964 eine Liste von in der Bundesrepublik tätigen griechisch-orthodoxen Geistlichen übermittelt und mitgeteilt, daß die in der anliegenden Liste aufgeführten Geistlichen ermächtigt sind, Eheschließungen zwischen griechischen Staatsangehörigen orthodoxen Dogmas in der nach den griechischen Gesetzen vorgeschriebenen Form in Übereinstimmung mit § 15 a EheG vorzunehmen. Damit sind die in dieser Liste aufgeführten Geistlichen, unter ihnen auch der Pfarrer, jetzt Archimandrit, Ch. Z. in Hamburg, als im Sinne des § 15 a EheG von der Regierung des Königreichs Griechenland ermächtigte Personen anzusehen. Diese Erklärung konnte jedoch erst wirksam werden, als sie beim Auswärtigen Amt eingegangen war. Eine Rückwirkung kommt ihr somit nicht zu. Der Pfarrer Ch. Z. hat somit am 26. 10. 1962 die Trauung ohne die nach § 15 a EheG erforderliche Ermächtigung vorgenommen. g) Weiter ist auf folgendes hinzuweisen: Nach § 15 a II EheG erbringt eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der so geschlossenen Ehe in das Standesregister, das von der dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführt wird, vollen Beweis der Eheschließung. Die Eheschließung muß somit in ein Standesregister eingetragen werden, das von einer dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführt wird. Diese Person braucht nicht mit der von der Regierung des Landes zur Mitwirkung bei Eheschließungen ermächtigten Person identisch zu sein. Sie muß jedoch vom Staat zur Führung eines Standesregisters ermächtigt sein. Die Eintragung in das Kirchenbuch genügt also nicht. Dadurch wird sichergestellt, daß der ausländische Staat die Verantwortung f ü r die ordnungsgemäße Erfüllung derjenigen Aufgaben übernimmt, die nach dem PStG den staatlichen Standesbeamten obliegen. Die in § 15 a II EheG vorgesehene Eintragung hat zwar keine konstitutive Bedeutung. Sie dient an sich nur der Beurkundung. Jedoch muß aus dem Ausdruck .voller Beweis' und der Bestimmung des § 15 a II Satz 2 EheG gefolgert werden, daß eine gültige Eheschließung nur dann als nachgewiesen anzusehen ist, wenn die Eheschließung in das vorgesehene Standesregister eingetragen ist und wenn dem deutschen Standesbeamten des Bezirks, in dem die Eheschließung stattfand, eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der Ehe in das Standesregister vorgelegt wird. Die von dem Pfarrer Ch. Z. am 26. 8. 1962 ausgestellte Eheschließungsbescheinigung erfüllt diese Voraussetzungen nicht. h) Die Eltern des Kindes haben somit durch ihre Trauung vor dem Pfarrer der griechisch-orthodoxen Kirche keine nach deutschem Recht wirksame Ehe geschlossen. Nach deutschem Recht liegt vielmehr eine Nichtehe 18 IPR 1964/65
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vor. Die Mutter des Kindes ist daher als im Zeitpunkt der Geburt des Kindes unverheiratet anzusehen. Die Beteiligte zu 1) ist deshalb das uneheliche Kind der Beteiligten zu 3) und erst durch die am 29. 11. 1963 vor dem deutschen Standesbeamten erfolgte Eheschließung ehelich geworden. IV. Mit Recht hat daher das AG Bremen den Berichtigungsantrag der Beteiligten zu 2) und 3) zurückgewiesen. Deshalb muß der Beschwerde der Aufsichtsbehörde gegen den Beschluß des A G stattgegeben und der Beschluß des A G wiederhergestellt werden." 8 2 . Eine von griechischen Staatsangehörigen vor dem Priester der griechisch-orthodoxen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland geschlossene Ehe kann nicht als formgültig angesehen werden, wenn der Geistliche nicht durch einen speziellen staatlichen Hoheitsakt bestimmt worden ist. Die Geburt eines aus einer solchen Ehe hervorgegangenen Kindes ist im Geburtsregister
als unehelich
zu
beurkunden.
O L G Celle, Vorlagebeschl. vom 5. 11. 1964 - 5 W x 72/64: F a m R Z 1965, 43; Leitsatz in N J W 1965, 224; D A V o r m . 1965, 63. Am 23. 8. 1963 schlössen die griechischen Staatsangehörigen Joannis Ch. und Afroditi A. vor dem von seiner Heimatkirche dazu ermächtigten Pfarrer der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Hannover, dem Pater Dr. Antonios A., nach dem Ritus der griechisch-orthodoxen Kirche die Ehe. Die Eheschließung wurde in das Standesregister der Kirchengemeinde eingetragen. Am 27. 12. 1963 zeigte Joannis Ch. dem Standesbeamten in Rethen/Aller an, daß seine ihm nach griechisch-orthodoxem Ritus angetraute Ehefrau ein Kind geboren habe. Der Standesbeamte hatte Zweifel, ob er die Geburt des Kindes als ehelich oder als unehelich zu beurkunden habe. Er ersuchte das AG Verden/Aller, diese Frage gemäß § 45 I I PStG zu entscheiden. Das AG hat mit Beschluß vom 30. 6. 1964 den Standesbeamten angewiesen, die Geburt als ehelich zu beurkunden. Die gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde des Landkreises Fallingbostel hat das LG mit Beschluß vom 11. 8. 1964 zurückgewiesen. Der Landkreis Fallingbostel hat gegen diesen ihm am 14. 8. 1964 zugestellten Beschluß am 20. 8. 1964 sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Aus den Gründen: „Der Senat hält die rechtzeitig und ordnungsgemäß eingelegte (§§ 49 I Satz 1 und II, 48 PStG, 27, 29 I und II Satz 3, 22 FGG) weitere Beschwerde des Landkreises f ü r begründet, möchte den angefochtenen Beschluß und den des AG vom 30. 6. 1964 aufheben und den Standesbeamten anweisen, die Geburt des Kindes als unehelich zu beurkunden. Der Senat sieht sich aber an einer entsprechenden Entscheidung gemäß § 28 II F G G durch den auf weitere Beschwerde ergangenen Beschluß des O L G Köln vom 18. 10. 1963 - 2 W x 115/63 - (FamRZ 1964, 2 1 0 f . ) 1 gehindert und legt die Sache deshalb dem B G H vor 2 . 1 2
IPRspr. 1962-1963 Nr. 65. Der BGH hat die Sache mit Beschl. vom 31. 3. 1965 - IV ZB 622/64 (unver-
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D e r Senat v e r t r i t t f o l g e n d e Ansicht: Die E n t s c h e i d u n g des OLG Köln geht z u t r e f f e n d d a v o n aus, d a ß die Ehelichkeit eines Kindes g e m ä ß Art. 18 EGBGB, d e n die R e c h t s p r e c h u n g z u e i n e r v o l l k o m m e n e n zweiseitigen K o l l i s i o n s n o r m a u s g e b a u t h a t (vgl. OLG Köln a a O 211), nach d e n Gesetzen des Staates zu b e u r t e i l e n ist, d e m d e r E h e m a n n d e r M u t t e r z u r Zeit d e r Geburt des Kindes a n g e h ö r t . D a s OLG Köln läßt d a n n die F r a g e offen, welches Recht d a r ü b e r entscheidet, o b eine gültige E h e i m Sinne des Art. 18 EGBGB vorliegt. Diese F r a g e k o n n t e v o m S t a n d p u n k t des OLG Köln auch o f f e n bleiben, d a nach seiner Mein u n g s o w o h l nach d e m H e i m a t r e c h t der griechischen S t a a t s a n g e h ö r i g e n als auch n a c h d e u t s c h e m Recht, n ä m l i c h § 15 a EheG, eine gültige E h e vorlag. Der Senat k a n n die F r a g e a b e r nicht u n e n t s c h i e d e n lassen, d a er d e r Ansicht des OLG Köln, w o n a c h eine nach d e u t s c h e m Recht gültige E h e v o r liegt, nicht zu folgen v e r m a g . D a ß die V o r f r a g e , o b die Mutter des Kindes in e i n e r gültigen E h e i m Sinne des Art. 18 EGBGB lebt, nicht nach d e m a u s Art. 18 EGBGB f o l g e n d e n Recht, s o n d e r n mit d e r h e r r s c h e n d e n A u f f a s s u n g nach den Kollisionsn o r m e n d e r Art. 11 u n d 13 EGBGB zu b e a n t w o r t e n ist, h a t d e r Senat m i t Beschluß v o m 5. 6. 1963 - 5 W x 34/63 - ( F a m R Z 1964, 209 u n d die d o r t zitierte R e c h t s p r e c h u n g u n d S c h r i f t t u m ) 3 entschieden. D a r a n ist f e s t z u halten. D a n a c h liegt hier eine Nichtehe vor. Nach d e r V o r b e h a l t s k l a u s e l d e s Art. 13 I I I EGBGB k a n n n ä m l i c h eine E h e i m I n l a n d auch v o n A u s l ä n d e r n gültig lediglich v o r e i n e m S t a n d e s b e a m t e n geschlossen w e r d e n ( § 1 1 E h e G ) , w e n n nicht die A u s n a h m e v o r s c h r i f t des § 15 a E h e G Platz greift. D a s ist h i e r jedoch nicht der F a l l . Nach § 15 a EheG (eingefügt d u r c h KRG 52 v o m 21. 4. 1947 - KR ABl. 273) k a n n eine E h e v o n Nichtdeutschen v o r einer von d e r R e g i e r u n g des L a n d e s , dessen Staatsangehörigkeit einer d e r Verlobten besitzt, o r d n u n g s g e m ä ß e r m ä c h t i g t e n P e r s o n in d e r von d e n Gesetzen dieses L a n d e s vorgeschriebenen F o r m geschlossen w e r d e n . H ä l t m a n sich eng a n den W o r t l a u t dieser B e s t i m m u n g , so sind seine V o r a u s s e t z u n g e n sicher nicht e r f ü l l t . D e n n ein staatlicher Akt d e r königlich-griechischen Regierung, d e r die P e r son des P a t e r s Dr. A. b e t r i f f t , liegt nicht vor. Ü b e r die o r d n u n g s m ä ß i g e E r m ä c h t i g u n g im Sinne des § 15 a E h e G entscheidet d a s öffentliche Recht des b e t r e f f e n d e n Auslandes. H a u p t s ä c h l i c h ist a n d i p l o m a t i s c h e V e r t r e t e r , K o n suln, Militärgeistliche u n d Mitglieder a u s l ä n d i s c h e r S t r e i t k r ä f t e gedacht (Erman-Hefermehl, [BGB] A n m . 3 , Hoffmann-Stephan, EheG, 1950, A n m . 3, Palandt-Lauterbach, [BGB] 23. Aufl., Anm. 2 b, Soergel-Vogel, [BGB] A n m . 3, sämtlich zu § 15 a E h e G ; Massfeller-Hoffmann, PStG, § 15 a E h e G v o r § § 3 ff. PStG R d n . 11, 14; Dölle, R a a p e - F e s t s c h r i f t , 1948, 169 A n m . 3 1 ; Kiesselbach-Festschrift, 1947, 148; d e r Senat, F a m R Z 1964, 2 0 9 3 - f ü r öffentlicht) an das OLG Celle zurückgegeben, weil nach dem Beschl. des BGH vom 22. 1. 1965 - IV ZB 441/64 (oben Nr. 81b) die Notwendigkeit für eine Entscheidung weggefallen war. 3 IPRspr. 1962-1963 Nr. 98. 18*
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spanische Staatsangehörige). Pater Dr. A. ist nur von seiner Kirche bevollmächtigt worden, Eheschließungen in Deutschland vorzunehmen. Die Ausk u n f t der griechischen Botschaft vom 25. 1. 1964 besagt nichts über eine besondere staatliche Ermächtigung des Paters. Die Auskunft verweist lediglich auf das griechische ZGB und meint - wie das OLG Köln (aaO) darin liege die Ermächtigung. Der Auskunft ist nicht die nach § 15a EheG erforderliche besondere Ermächtigung zu entnehmen; die Auskunft enthält vielmehr nur eine rechtliche Würdigung, die - wie noch darzulegen sein wird nicht zutrifft. In der Tat ist eine besondere staatliche Ermächtigung einer bestimmten Person, wie sie der Wortlaut des § 15 a EheG verlangt, f ü r griechische Staatsangehörige gar nicht denkbar (vgl. Weyers, FamRZ 1964, 169, 171). Nach Art. 1367 f. des griechischen ZGB (vom 15. 3. 1940, abgedruckt bei Bergmann, [Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht] Griechenlands. 17) sind Zivilehen in Griechenland nicht zugelassen. Griechisch-orthodoxe Christen können die Ehe wirksam n u r vor dem Priester eingehen (Art. 1367 I Satz 1 ZGB). Eine ohne diese kirchliche Form abgeschlossene Ehe besteht nicht, es liegt eine Nichtehe vor(Rammos, FamRZ 1955, 166; vgl. auch die in RabelsZ 25 [1960] 72 zitierte griechische Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn die Ehe im Ausland geschlossen wird (Art. 11, 13 griech. ZGB - Bergmann, Griechenland S. 17). Der griechische Gesetzgeber hat die von ihm vorgefundene kirchliche Form der Eheschließung als f ü r sich verbindlich anerkannt und damit zu erkennen gegeben, daß er nicht in einen der Kirche seit langem zustehenden Bereich eingreifen will. Die Anerkennung jeder formmäßigen religiösen Eheschließung wird in Griechenland daher als wesentlicher Bestandteil der Religionsfreiheit angesehen (Tsatsos, Festschrift f ü r Carl Schmitt, 1959, 246). Mit Recht weist Rietdorf (StAZ 1963, 1, 4) darauf hin, daß die Regierungen von Staaten mit ausschließlich kirchlicher Eheschließung nicht bereit seien, eine ausdrückliche Ermächtigung f ü r Einzelpersonen zu erteilen, weil sie sich nach ihrer Rechtslage nicht dazu befugt fühlen; weil die Ermächtigung von der Kirche selbst ausgesprochen und staatlich nur sanktioniert werde. Rietdorf empfiehlt deshalb (aaO), die ausländischen Behörden im Interesse ihrer Staatsangehörigen aufzufordern, gleichwohl eine staatliche Ermächtigung f ü r den Einzelfall auszusprechen. Das hat der griechische Staat bisher nicht getan. Das OLG Köln geht davon auch aus (aaO 212). Das OLG Köln f ü h r t dann aber zur Begründung seiner Ansicht aus: Der Wortlaut des § 15 a EheG könne insofern f ü r das Erfordernis einer besonderen, an die Person gebundenen Ermächtigung sprechen, als danach eine Ermächtigung durch die ,Regierung' des ausländischen Staates vorausgesetzt werde. Jedoch sei nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber (Kontrollrat!) mit dem Begriff der ,Regierung' bewußt ausschließlich das höchste Organ der vollziehenden Gewalt gemeint habe, das nach dem deutschen Sprachgebrauch unter diesem Begriff verstanden werde, und nicht vielmehr überhaupt das berufene höchste Staatsorgan also zumindest auch das Organ der gesetzgebenden Gewalt; denn es könne dem Gesetzgeber des § 15 a EheG
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nicht unterstellt werden, absichtlich außer acht gelassen zu haben, daß eine auf Gesetz beruhende Ermächtigung keinesfalls eine geringere Wirkung haben könne, als eine solche, die lediglich durch einen Regierungsakt im Rahmen der vollziehenden Gewalt ausgesprochen werde. Wenn man danach nicht schon bei gesetzlichen Ermächtigungen den Begriff ,Regierung' in § 15 a EheG seinem Wortlaut nach bei weitherziger Auslegung als erfüllt ansehen wolle, so müsse § 15 a EheG auf diese Fälle mindestens sinngemäß als erfüllt angesehen werden, wenn, wie im griechischen Recht, kraft allgemeiner gesetzlicher Ermächtigung seitens des Staates die Trauungsgewalt allein der Kirche zustehe und die besondere Ermächtigung des einzelnen Priesters sich infolgedessen nach kirchenrechtlichen Vorschriften bestimme, so daß der Staat selbst eine besondere Ermächtigung nicht zu erteilen vermöge. Diese Ansicht des OLG Köln, die Grundlage seiner Entscheidung ist, vermag der Senat nicht zu teilen. § 15 a EheG enthält nach seiner Einordnung im Gesetz und seiner Fassung zwar nur Ausnahmen von den Bestimmungen des Ehegesetzes. In Wahrheit ist § 15 a EheG aber eine Kollisionsnorm, die im Rahmen ihres Anwendungsbereiches die Vorbehaltsklausel des Art. 13 I I I EGBGB aufhebt (so auch OLG Köln aaO), nun aber nicht, wie das OLG Köln (aaO) meint, die Grundsatznorm des Art. 13 I EGBGB wieder zur Geltung bringt, wonach die Eingehung der Ehe bei jedem Verlobten nach seinem Heimatrecht zu beurteilen ist. Wäre das der Sinn und Zweck des § 15 a EheG und wäre es genügend (so OLG Köln), daß der Gesetzgeber des Landes allgemein die Kirche ermächtigt, Eheschließungen vorzunehmen, so hätte es nicht der Bestimmung bedurft, daß eine nach deutschem Recht gültige Ehe bei Ausländern nur vorliegt, wenn sie vor einer ,von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsmäßig ermächtigten Person' geschlossen ist. Es hätte dann genügt zu bestimmen, daß eine von Ausländern im Inland geschlossene Ehe nach dem Inlandsrecht als gültig anzuerkennen sei, wenn sie von der von den Gesetzen des Landes vorgeschriebenen Form geschlossen ist; es hätte ein bloßes Anerkenntnis des ausländischen Heimatrechts ausgereicht, eventuell verbunden mit dem Gebot, die Registrierung der Eheschließung sicherzustellen. Gerade ein solches bloßes Anerkenntnis des ausländischen Heimatrechtes ist aber durch Einfügung des § 15 a EheG nicht erfolgt. Das OLG Köln übersieht, daß § 15 a EheG ,die Gesetze des Landes' ausdrücklich nennt und fordert, daß die Eheschließung in der von ihnen vorgeschriebenen Form erfolgt. Wäre das genügend - wie das OLG Köln im Ergebnis meint so wäre es nicht verständlich, warum der Gesetzgeber des § 15 a EheG zusätzlich noch eine staatliche Ermächtigung der betreffenden Person erfordert, die die Eheschließung ,nach den Gesetzen des Landes' vornimmt. Es trifft zwar zu, daß § 15 a EheG durch den Kontrollrat eingefügt worden ist und dieser dabei nicht an Fälle wie den vorliegenden gedacht haben mag. Das ändert aber nichts daran, daß § 15 a EheG deutsches Recht ist und nur
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im Zusammenhang mit der gesamten deutschen Rechtsordnung zu sehen und losgelöst (objektiviert) von etwaigen Vorstellungen des Gesetzgebers im Rahmen der Rechtsordnung auszulegen ist, zumal da etwaige Materialien zu § 15 a EheG nicht bekannt sind (vgl. Weyers, FamRZ 1964, 169, 172 Fußn. 36). Geht man von dieser Stellung und Bedeutung des § 15 a EheG aus, so verbietet sich auch eine analoge Anwendung auf den vorliegenden Fall. § 15 a EheG ist — wie dargetan - eine Ausnahmevorschrift gegenüber Art. 13 I I I EGBGB und als solche Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Immerhin legt Art. 13 I I I EGBGB für seinen Geltungsbereich den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe nicht nur aus Zweckmäßigkeitserwägungen (wie z.B. Erfassung aller Ehen in Registern), sondern als Grundsatz des Primates des Staates vor der Kirche in Fragen, die die Eheschließung betreffen, fest (vgl. den Vorläufer des Art. 13 I I I EGBGB = § 41 des Reichsgesetzes vom 6. 2. 1875 über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung). Ein Einbruch in diesen Grundpfeiler der Rechtsordnung eines Staates ist deshalb nur zulässig, wenn die besonderen Voraussetzungen der Ausnahmeregelung erfüllt sind. Eben um dem Grundsatz der deutschen Rechtsordnung, d. h. dem Grundsatz der obligatorischen Zivilehe — der insoweit der Rechtsordnung vieler anderer Staaten der Erde entspricht Genüge zu leisten, bestimmt § 15 a EheG, daß eine Ehe von Ausländern nach deutschem Recht nur als gültig anerkannt wird, wenn wenigstens bei der Bestimmung der Person, die die Eheschließung nach dem ausländischen Recht vornimmt, ein staatlicher Hoheitsakt — mag es auch einer der ausländischen Staatsgewalt sein - für den Einzelfall mitgewirkt hat. Daran fehlt es hier. Liegen danach die Voraussetzungen des § ,15 a EheG nicht vor, so ist die von den Eltern des Kindes geschlossene Ehe nach Art. 13 I I I EGBGB eine Nichtehe. Nach Art. 18 EGBGB ist das Kind als unehelich anzusehen. Der Senat hält deshalb die weitere Beschwerde für begründet." 8 3 . Haben katholische Spanier in Deutschland vor einem katholischen Priester die Ehe geschlossen, so ist diese gemäß § 15 a des Ehegesetzes nach deutschem Recht gültig, wenn die Eheschließung in einem spanischen Standesregister eingetragen ist. Es kommt dann nicht darauf an, ob der katholische Priester von der spanischen Regierung zur Vornahme der Trauung persönlich ermächtigt war. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 27. 11. 1964 - 3 W 316/64: FamRZ 1965, 144; N J W 1965, 1140; Leitsatz in DRiZ 1965 B 45 Nr. 634 und B 76 Nr. 1035. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind spanische Staatsangehörige katholischen Bekenntnisses. Sie schlössen am 10. 2. 1962 vor einem katholischen Priester, nämlich dem deutschen Pater Dr. Dietrich E. in der Pfarrkirche St. Dionysius in Krefeld die Ehe. Am 13. 6. 1963 gebar die Beteiligte zu 2) ein Kind, das den Namen Rosa Maria erhielt. Am 19. 7. 1963 schlössen die Beteiligten zu 1) und 2) die Ehe vor dem deutschen Standesbeamten in Krefeld.
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Die Geburt des Kindes Rosa Maria trug der Standesbeamte im Geburtenbuch ein; er bezeichnete dabei die Beteiligte zu 2) nicht als Ehefrau des Beteiligten zu 1) und trug dessen Namen nicht ein, weil er der Ansicht ist, die Beteiligten zu 1) und 2) seien im Zeitpunkt der Geburt des Kindes nach deutschem Recht nicht gültig verheiratet gewesen. Nachdem die Beteiligten zu 1) und 2) vor dem Standesbeamten die Ehe geschlossen hatten, machte dieser von der Geburt des Kindes und der späteren Eheschließung dem Vormundschaftsgericht Mitteilung. Das Vormundschaftsgericht hatte jedoch Bedenken gegen die Einleitung des Verfahrens zur Feststellung der Legitimation des Kindes durch die spätere Ehe, weil es der Ansicht ist, daß die Beteiligten zu 1) und 2) bereits im Zeitpunkt der Geburt des Kindes nach deutschem Recht gültig verheiratet gewesen seien. Auf die Bitte des Standesbeamten um Anweisung hat das AG die Eintragung eines Berichtigungsvermerkes in das Geburtenbuch angeordnet, daß die Beteiligte zu 2) die Ehefrau des Beteiligten zu 1) sei. Die sofortige Beschwerde der Aufsichtsbehörde des Standesbeamten hat das LG zurückgewiesen. Hiergegen hat die Aufsichtsbehörde sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Aus den Gründen: „Ob das Kind der Beteiligten zu 2) nach deutschem Recht, gegebenenfalls nach deutschem IPR, ehelich oder unehelich ist, steht hier . . . nicht zur Entscheidung, sondern allein die Frage, ob die Beteiligten zu 1) und 2) zur Zeit der Geburt des Kindes in einer gültigen Ehe lebten. Ob das der Fall war, ist nach deutschem IPR zu beurteilen (vgl. Beschl. des Senats vom 17. 4. 1964 - 3 W 390/63, JMB1. NRW 1964, 163»). Die Antwort auf diese Frage ergibt sich entgegen der Meinung des LG nicht aus Art. 14 EGBGB. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf die Rechtsbeziehungen der Ehegatten zueinander, nicht aber auf die Form der Eheschließung. Für diese schreibt vielmehr Art. 13 III EGBGB vor, daß sie sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen bestimmt, wenn die Ehe im Inland geschlossen wird. Nach deutschem Recht, nämlich nach § 11 I EheG, kommt eine Ehe zustande, wenn die Eheschließung vor einem deutschen Standesbeamten stattgefunden hat. Jedoch kann gemäß § 15 a I EheG zwischen Verlobten, von denen keiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, eine nach deutschem Recht gültige Ehe auch vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Da die Beteiligten zu 1) und 2) erst nach der Geburt des Kindes die Ehe vor dem deutschen Standesbeamten geschlossen haben, hängt die Entscheidung der Frage, ob die Mutter des Kindes im Zeitpunkt der Geburt gültig verheiratet war, somit davon ab, ob die vor der Geburt vor dem katholischen Priester vollzogene Trauung als eine nach deutschem Recht gültige Eheschließung angesehen werden kann, ob also diese Trauung die Voraussetzungen des § 15 a EheG erfüllt. Das ist nach der Auffassung des Senats entgegen der Ansicht des LG zu bejahen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift treffen jedenfalls insoweit zu, als die Beteiligten zu 1) und 2) nicht deutsche Staatsangehörige, sondern Spa1
Siehe unten Nr. 93.
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nier sind und die vor dem katholischen Priester vollzogene T r a u u n g ihrer F o r m nach den Gesetzen Spaniens entspricht (Art. 42 II, 75 Cc). Es bedarf daher der P r ü f u n g , ob der katholische Priester, nämlich der deutsche Pater Dr. E., persönlich von der spanischen Regierung ermächtigt war, die Trauung spanischer Staatsbürger nach katholischem Ritus vorzunehmen. Das ist allerdings zu verneinen. Denn nach der Feststellung des LG besaß der Pater im Zeitpunkt der Trauung eine solche persönliche Ermächtigung noch nicht, wenn ihm auch die Betreuung der spanischen Gastarbeiter oblag. Müßte die T r a u u n g aus diesem Grunde als unwirksam angesehen werden, hätte sie auch nicht ohne weiteres nachträglich dadurch wirksam werden können, daß dem Pater die Ermächtigung später, mit W i r k u n g vom 2. 3. 1964 erteilt worden ist, wie sich aus dem Runderlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. 5. 1964 - I B 3 / 1 4 . 55. 33 (MB1. 771) ergibt. Die nachträgliche Erteilung der Ermächtigung ließ die vorangegangene Eheschließung nicht ohne weiteres wirksam werden (Hoffmann-Stephan, EheG, § 11 Anm. 5; Palandt, BGB, § 17 EheG A n m . 2 ) . Nach spanischem Recht richtet sich die F o r m der Eheschließung nach römisch-katholischem Kirchenrecht (Art. 42 II, 75 Cc). Der Senat trägt Bedenken, daraus zu folgern, daß das spanische Recht damit jeden römischkatholischen Priester allgemein ermächtige, im Rahmen seiner kirchenrechtlichen Zuständigkeit Eheschließungen von Spaniern mit in Spanien bürgerlichrechtlichen Wirkungen vorzunehmen, und daß es deshalb einer zusätzlichen JEinze/ermächtigung nicht bedürfe. Das wird jedenfalls von der herrschenden Meinung mit Recht verneint (vgl. Weyers, FamRZ 1964, 169, 171). Durch die schon zur Zeit der Trauung dem Pater obliegende Betreuung der spanischen Gastarbeiter ist das noch nicht behoben. Ob diese Frage f ü r das griechische Recht bejaht werden kann, wie das OLG Köln (FamRZ 1964, 210) 2 meint, k a n n hier dahingestellt bleiben. Nach Auffassung des Senats k o m m t es aber trotz des Wortlauts der Vorschrift des § 15 a I EheG jedenfalls hier auf eine Ermächtigung des Priesters nicht entscheidend an. Es m u ß zunächst berücksichtigt werden, daß die Vorschrift des § 15 a EheG durch ein Gesetz des Kontrollrats eingefügt worden ist. I h r W o r t l a u t ist ersichtlich von Rechtsvorstellungen der im Kontrollrat vertretenen ausländischen Mächte beeinflußt. E r zwingt daher nicht unabweisbar zu d e r Annahme, es sei dem Gesetzgeber, nämlich dem Kontrollrat, gerade entscheidend darauf angekommen, daß eine solche Trauung nach deutschem Recht als wirksame Eheschließung n u r dann, anerkannt werden sollte, wenn die Person, vor der die Trauung vollzogen wurde, eine persönliche Ermächtigung der Regierung des Heimatlandes eines der Verlobten hatte {Weyers aaO 172). Vielmehr m u ß auf Sinn und Zweck dieser Vorschrift abgestellt werden. Wenn keiner der Verlobten deutscher Staatsbürger ist, so soll einerseits ihnen auch im Inland die Möglichkeit eröffnet werden, eine gültige Ehe in einer F o r m zu schließen, die jedenfalls im Heimatland eines Verlobten als gültige Eheschließung anerkannt wird. Andererseits 5
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soll eine Trauung nicht als nach deutschem Recht wirksame Eheschließung anerkannt werden, wenn sie von keinem der Heimatländer der Verlobten als wirksame Eheschließung anerkannt wird. Entscheidend kam es also dem Gesetzgeber darauf an, daß eine im Inland, aber den deutschen Formvorschriften nicht entsprechende Trauung als wirksame Eheschließung nur dann anerkannt werden sollte, wenn diese Trauung wenigstens in dem Heimatland eines der Verlobten als wirksame Eheschließung anerkannt wird. Als ein untrügliches und sicheres Mittel, das festzustellen, hat der Gesetzgeber ersichtlich eine persönliche Ermächtigung der Person, vor der die Trauung vorgenommen wird, durch die Regierung des Heimatlandes eines der Verlobten angesehen. Soll aber die persönliche Ermächtigung nur ein Mittel sein, um das sicherzustellen, so bestehen nach Auffassung des Senats keine Bedenken, anstelle dieses einen vom Gesetz ausdrücklich angeführten Mittels auch andere Mittel treten zu lassen, wenn nur durch diese der volle und sichere Beweis erbracht wird, daß die so vollzogene Trauung im Heimatland wenigstens eines der Verlobten als wirksame Eheschließung anerkannt wird. Wie in vielen Ländern, die die Form der Eheschließung dem katholischen Kirchenrecht überlassen, bildet auch nach spanischem Recht die Eintragung der Eheschließung in das staatliche Standesregister den vollen Beweis für das Bestehen der Ehe und für ihre bürgerlichrechtliche Anerkennung im Inland (Art. 53 II, 76 II Cc). Wäre also die vor dem katholischen Priester vollzogene Trauung der Beteiligten zu 1) und 2) in das spanische Standesregister eingetragen, so wäre damit der volle Beweis dafür erbracht, daß durch diese Trauung die Ehe nach spanischem Recht wirksam geschlossen worden ist und nach spanischem Recht als solche uneingeschränkt anerkannt wird. Eine weitere Nachprüfung dieser - wie oben dargelegt — allein entscheidenden Frage durch den deutschen Standesbeamten oder das Gericht würde sich dann erübrigen. Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 15 a II EheG. Nach dieser erbringt eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der nach § 15 a I EheG geschlossenen Ehe in das Standesregister, das von der dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführt wird, vollen Beweis der Eheschließung. Das muß sinngemäß auch für den vorliegenden Sonderfall gelten. Mit der Eintragung der Trauung in einem spanischen Standesregister wären somit die Voraussetzungen des § 15 a I EheG seinem Sinn nach erfüllt. Dieser sinngemäßen Auslegung der Vorschrift des § 15 a EheG kann nicht entgegengehalten werden, die Bestimmung sei eine Ausnahmevorschrift und daher eng auszulegen. Selbst wenn sie eine Ausnahmevorschrift wäre, bedeutet das nicht, daß sie ausschließlich nach ihrem Wortlaut zu beurteilen wäre und ihr Sinn und Zweck unberücksichtigt bleiben müßte. Sie kann aber auch nicht als Ausnahmevorschrift angesehen werden. Sie ist zwar eine Ausnahme von der Bestimmung des Art. 13 I I I EGBGB. Aber diese Vorschrift ist bereits eine Ausnahme von dem in Art. 13 I EGBGB enthaltenen Grundsatz, daß die Eingehung der Ehe grundsätzlich nach dem
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Heimatrecht der Verlobten zu beurteilen ist (vgl. den oben angezogenen Beschluß des Senats). Die Vorschrift des § 15a EheG ist also eine Einschränkung der Ausnahmevorschrift des Art. 13 I I I EGBGB und führt insoweit zu dem Grundsatz des Art. 13 I EGBGB zurück. Es kommt also darauf an, ob die von Pater E. vorgenommene Trauung im spanischen Standesregister eingetragen ist. Darüber hat das LG, das von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, keine Feststellung getroffen. Das nötigt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das LG. Vielmehr kann der Senat die Feststellung selbst treffen. Auf Anfrage des LG hat nämlich der spanische Generalkonsul in Düsseldorf durch das von ihm persönlich unterzeichnete und mit Dienststempel versehene Schreiben vom 13. 6. 1964 ausdrücklich bestätigt, daß die Trauung im Standesregister des Konsulats eingetragen sei. Es bestehen nach Auffassung des Senats keine Bedenken, die Eintragung damit als nachgewiesen anzusehen. Die von Pater Dr. E. am 10. 2. 1962 vorgenommene Trauung ist also eine nach § 15 a EheG wirksame Eheschließung. Die Mutter des Kindes, die Beteiligte zu 2), war daher im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit dem Beteiligten zu 1) auch nach deutschem Recht gültig verheiratet. Sie hätte daher im Geburtenbuch als Ehefrau des Beteiligten zu 1) bezeichnet und der Beteiligte zu 1) hätte mit eingetragen werden müssen. Da das nicht geschehen ist, hat das AG zu Recht insoweit die Berichtigung der Eintragung im Geburtenbuch angeordnet." 8 4 . Die im deutschen Inland geschlossene konfessionelle Nichtehe hat von dem Erwerb der Staatsangehörigkeit Israels ab die Wirkung einer formgültigen Ehe mit allen sich daraus ergebenden Rechtsfolgen. OLG München, Urt. vom 17. 12. 1964 - 10 b EU 141/62 II: R z W 1965, 169; Leitsatz in R z W 1965, 422 mit Anm. Perles. Aus den Gründen: „Der Kl. stehen . . . nach §§ 16, 17 I BEG bis zu ihrer Verheiratung Entschädigungsansprüche zu. Sie hat am 21. 9. 1948 in München mit ihrem jetzigen Ehemann rituell die Ehe geschlossen. Die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach deutschen Gesetzen (Art. 13 I I I EGBGB). Da jedoch eine standesamtliche Registrierung der Ehe nicht erfolgt ist, ist eine Ehe im Sinne der §§ 11 I, 13 EheG nicht zustandegekommen. Die Ausnahme nach KRG 52, beide Eheschließenden sind Ausländer, Bundesgesetz über die Anerkennung von Nottrauungen aus der Zeit von Januar 1945 bis 1. 8. 1948, Gesetz vom 2. 12. 1950 (BGBl. 778), liegen nicht vor. Es liegt somit im Gegensatz zu dem in R z W 1960, 470 Nr. 36 angeführten Fall einer formgültig geschlossenen, aber vernichtbaren Ehe eine Nichtehe vor. Das schließt aber nicht aus, daß die konfessionelle, im Inland geschlossene Ehe außerhalb der deutschen Grenzen als gültig angesehen wird.
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Die Kl. und ihr Ehemann sind am 9. 6. 1949 nach Israel ausgewandert. Der Staat ist am 14. 5. 1948 errichtet worden, die Kl. ist daher nach dem am 14. 7. 1952 in Kraft getretenen Staatsbürgerschaftsgesetz israelische Staatsangehörige geworden. Zwar hat es von der Gründung des Staates Israel bis zum Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsgesetzes an einer positiven Regelung der Staatsangehörigkeit gefehlt. Da aber das israelische Staatsangehörigkeitsgesetz den Besitz einer weiteren Staatsangehörigkeit mit der des Staates Israel f ü r vereinbar hält und auch Juden, die sich bereits vor der Gründung des Staates Israel in seinem Gebiet niedergelassen haben, die Staatsangehörigkeit zuspricht und der Staat Israel ein Staat der Juden sein will, der ihnen ein Leben in Freiheit ermöglicht, kann kein Zweifel bestehen, daß auch die Kl. mit der Einwanderung die israelische Staatsangehörigkeit, der sie sich auch berühmt, erworben hat (BGH, RzW 1964, 130 Nr. 27 1 ). Ob die Kl. möglicherweise die Staatsangehörigkeit erst später erworben haben könnte, kann offenbleiben, da die Kapitalentschädigung nur bis zu diesem Zeitpunkt verlangt wird. Im Staate Israel genießt das religiöse Recht den absoluten Vorrang vor anderen Vorschriften; bei den jüdischen Gerichten haben die im Buche Eben Haeser aufgenommenen Bestimmungen unangefochtene Geltung als - Das jüdische Eherecht - . Nach dem vorliegenden Ehevertrag, der zwischen dem Verlöbnis und dem Stehen unter dem Traghimmel des Brautpaares verlesen wird, sind nach dem erholten Gutachten [des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München] die Formerfordernisse des jüdischen religiösen Rechts gewahrt worden, somit wird der rituellen Eheschließung im Bundesgebiet im Heimatstaat der Kl., also im Ausland, die Wirkung einer formgültigen Ehe zuerkannt. Daß die Kl. und ihr Ehemann im Augenblick der Eheschließung noch nicht israelische Staatsangehörige waren, ändert an der Rechtswirkung als Ausfluß des religiösen Rechtes nichts. Die im September 1948 im Bundesgebiet zunächst formnichtige Ehe ist nach israelischer Auffassung vom Tage ihrer Eingehung wirksam gewesen, ohne daß es weiterer Förmlichkeiten als der in dem Ehevertrag bekundeten bedurft hätte. Die Kl. ist nach ihrem nunmehrigen Heimatrecht rechtsgültig verheiratet. Sie lebt in einer rechtsgültigen Ehe mit allen sich daraus ergebenden Rechtsfolgen. Ihre Witwenansprüche im Sinne des BEG sind aber durch die Wiederverheiratung begrenzt, weil in diesem Zeitpunkt ihre anderweitige Versorgung als gesichert anzusehen ist. Jedoch darf der Entschädigungsberechtigte nicht schlechter gestellt werden, als wenn er im Inland verblieben wäre, denn in diesem Fall läge weiter zunächst eine Nichtehe vor. Mit dem Zeitpunkt, in dem das Heimatrecht der Kl. nach dem Erwerb der israelischen Staatsangehörigkeit aus der Nichtehe eine gültige Ehe werden ließ, verliert die Kl. die f ü r die Zeit des Witwenstandes bestimmten Leistungen nach dem BEG. In Ubereinstimmung mit dem Gutachten der Universität München nimmt der Senat als den entscheidenden Tag den Einreise- bzw. Einwanderungstag der Kl. in Israel, das ist der 9. 6. 1949, an. Bis zu diesem 1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 243.
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Zeitpunkt wird auch die Kapitalentschädigung verlangt, weitere Erwägungen über das mögliche Ende des Entschädigungszeitraumes erübrigen sich nach dem Klageantrag." 8 5 . Eine Spanierin, die von der katholischen Kirche abgefallen und in die evangelisch-lutherische Kirche eingetreten ist, kann in Deutschland einen geschiedenen Deutschen in der Form des deutschen Rechtes heiraten. AG Hannover, Beschl. vom 19. 1. 1965 - 85 I I I 89/64: StAZ 1965, 158. Aus den Gründen: „Der ASt. ist in erster Ehe geschieden. Er beabsichtigt, mit der spanischen Staatsangehörigen Elisa Calvo M. eine zweite Ehe einzugehen. Der Standesbeamte hat den Erlaß eines Aufgebots und damit die Eheschließung der Verlobten abgelehnt. Die höchstrichterlichen Entscheidungen, welche die Eheschließungen spanischer Staatsangehöriger in der Bundesrepublik zum Gegenstand haben und diese mit einem geschiedenen Verlobten für unzulässig halten, gehen von den Voraussetzungen aus, daß der spanische Verlobte der katholischen Kirche angehört. In dem hier zur Entscheidung stehenden Falle gehört aber keiner der Verlobten der katholischen Kirche an; denn die Verlobte spanischer Staatsangehörigkeit ist nicht nur aus dieser Kirche ausgetreten, sondern darüber hinaus von dieser Kirche abgefallen, indem sie ausweislich einer Bescheinigung vom 18. 11. 1964 zur evangelisch-lutherischen Kirche übergetreten ist. In stärkerer Form als dieser ist ein Abfall von der katholischen Kirche schlechterdings nicht denkbar. Danach untersteht die spanische Verlobte den Grundsätzen des katholischen Kirchenrechts nicht mehr (OLG Celle, Beschl. vom 25. 6. 1962 - 5 VA 3/621). Sie ist daher auch nicht mehr gehindert, in Deutschland nach deutschem Recht zu heiraten, denn für nichtkatholische Christen oder Nichtchristen erkennt auch das kanonische Recht nach dem Recht, das zur Zeit und an dem Ort der Eheschließung galt, die nach dessen Recht verbindlichen Formen der Eheschließung, also auch die Form der standesamtlichen Eheschließung an ([OLG Hamm] StAZ 1964, 50 2 ). Eine Gefahr, daß die beabsichtigte Ehe der Verlobten als sogenannte hinkende Ehe in Spanien angesehen werden könne, besteht demnach nicht. Es besteht daher auch kein Anlaß, den Verlobten die Eheschließung zu verweigern. Gemäß § 45 PStG war der Standesbeamte daher zur Vornahme des Aufgebots und der Eheschließung anzuweisen." 8 6 . Zu den rechtlichen Mitteln des Personensorgeberechtigten, die Eheschließung der minderjährigen Tochter in Schottland zu verhindern. AG Hennef/Sieg, Urt. vom 25. 1. 1965 - 2 C 390/64: MDR 1966, 414.
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Die Kl. ist die Mutter einer achtzehnjährigen Tochter, die seit dem 12. 6. 1964 E h e f r a u des Bekl. ist. Die Eheschließung fand gegen den Willen der Kl., der Inhaberin der elterlichen Gewalt, in Dumfries, Schottland, statt. Bereits einige Zeit vor der Eheschließung hatte sich die Tochter aus dem elterlichen Hause entfernt und war zum Bekl. gezogen. Dieser war vom Prozeßbevollmächtigten der Kl. vergeblich aufgefordert worden, die Tochter der Kl. wieder zurückzuführen. Die Kl. hatte alsdann bei dem AG - Vormundschaftsgericht - in Siegburg am 22. 5. 1964 einen Beschluß erwirkt, wonach sie berechtigt war, die Rückführung ihrer Tochter unter Zuhilfenahme polizeilicher Gewalt zu erzwingen. Nach einer letzten erfolglosen Abmahnung durch den Prozeßbevollmächtigten der Kl. versuchte dieser am 30. 5. 1964 unter Zuhilfenahme eines Polizeibeamten, den Beschluß des Vormundschaftsgerichts a u s f ü h r e n zu lassen. Der Bekl. w a r jedoch in seiner W o h n u n g nicht anzutreffen. E r konnte ebensowenig wie seine jetzige E h e f r a u unter der vom zuständigen Postbeamten in E r f a h r u n g gebrachten Adresse gef u n d e n werden. Es stellte sich heraus, daß der Bekl. schon zu diesem Zeitpunkt zusammen mit seiner jetzigen E h e f r a u nach Schottland gereist war und die Eheschließung in die Wege geleitet hatte. Verschiedene Maßnahmen der Kl. - ein Arrestverfahren und ein einstweiliges Verfügungsverfahren, beide beim LG Bonn - , die Eheschließung zu verhindern, scheiterten infolge Zeitnot, da die Eheschließenden in Schottland einen Dispens hinsichtlich des üblichen dreiwöchigen Aufenthalts erlangt und die Ehe schon nach etwa vierzehn Tagen hatten schließen können. Die Kl. verlangt von dem E h e m a n n ihrer Tochter Ersatz der Kosten, die sie bei dem erfolglosen Versuch aufgewendet hat, die Eheschließung ihrer Tochter in Schottland zu verhindern.
Aus den Gründen: „Die Kl. hat mit Hilfe ihres Prozeßbevollmächtigten versucht, den Bekl. durch entsprechende Gerichtsbeschlüsse an seinem Tun zu hindern. Die ihr dabei entstandenen Kosten sind eine adäquate Folge des unrechtmäßigen Verhaltens des Bekl. Die Kl. war berechtigt und gezwungen, um ihr Personensorgerecht für die Tochter wahrnehmen zu können - dazu ist sie gesetzlich verpflichtet —, in der erfolgten Weise gegen den Bekl. vorzugehen. Dieser behauptet zu Unrecht, daß die Kl. die Eheschließung in Schottland auf keinen Fall hätte verhindern können und daß ihre rechtlichen Mittel erschöpft gewesen seien, nachdem es ihr nicht gelungen wäre, die Rückführung der Tochter unter Zuhilfenahme polizeilicher Gewalt zu erzwingen. Zwar ist es richtig, daß das geltende deutsche Recht zur Verhinderung dieser unerwünschten Eheschließungen keine unmittelbare Handhabe bietet, da das Erfordernis der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters kein zwingendes Erfordernis einer wirksamen Eheschließung ist, die in Schottland geschlossenen Ehen daher zunächst gültig bleiben (vgl. §§ 3, 30 EheG). Auch vom schottischen Recht ist keine Hilfe zu erwarten. Eine dahingehende Entwicklung schien sich anzubahnen, als 1957 der zuständige schottische Registrar im Falle eines volljährigen Deutschen, der eine minderjährige Holländerin heiraten wollte, auf Widerspruch des holländischen Vaters die Vornahme der Eheschließung ablehnte. Er stützte sich dabei auf den schottischen Marriage Act von 1939, wonach die Verlobten bei der Eheschließung versichern müßten, daß keine gesetzlichen Hindernisse für eine Eheschließung vorlägen. Wenn das Heimatrecht der Verlobten eine Genehmigung des gesetzlichen Vertreters fordere, diese aber
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fehle, läge daher ein Ehehindernis vor. Die höhere Instanz, der Court of Session, Edinburgh, hat sich dieser Auffassung in seinem Urteil vom 27. 11. 1958 indessen nicht angeschlossen. In der Begründung wird gesagt, daß man im Anschluß an das kanonische Recht zwei Arten von Ehehindernissen unterscheiden müsse, die fundamentalen, die eine Eheschließung von vornherein nichtig machten, und die relativen, die die Ehe zunächst gültig ließen. Das Fehlen der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters gehöre zur zweiten Kategorie. Es handle sich hier um einen Umstand, der sich nur auf die Durchführung der Eheschließung bezöge. Die Durchführung richte sich aber nach schottischem Recht, das ein solches Erfordernis nicht kenne. Abhilfe könne nur durch den Gesetzgeber erfolgen. Anträge an schottische Gerichte, durch einstweilige Anordnungen die Eheschließung zu verhindern, haben nach diesem höchstrichterlichen Urteil schwerlich Aussicht auf Erfolg. Dennoch konnte in einem Falle eine Eheschließung einer minderjährigen Tochter in Schottland verhindert werden, weil deren Vater mit einer in Deutschland erwirkten einstweiligen Verfügung ein schottisches Gericht zum Einschreiten gegen die Eheschließung veranlassen und diese noch rechtzeitig verhindern konnte (vgl. dazu Erdsiek, N J W 1960, 2232)." 87. Die Ehe, die ein römisch-katholischer Deutscher mit einer Frau irakischer Staatsangehörigkeit und chaldanischen Glaubens vor dem römischkatholischen Priester in Bagdad geschlossen hat, ist gültig. LG Mannheim, Urt. vom 29. 1. 1965 - 1 R 105/63: Unveröffentlicht. Der am 25. 9. 1938 in Ploesti/Rumänien geborene, ledige Kl. und die am 17. 7. 1938 in Bagdad geborene, ledige Bekl. haben am 23. 6. 1958 vor dem römischkatholischen Priester des Karmeliterordens in Bagdad-Koradat Mariam die Ehe geschlossen. Der Kl. ist deutscher Staatsangehöriger und römisch-katholisch. Die Bekl. besitzt die irakische Staatsangehörigkeit und ist chaldanisch. Die Parteien verzogen im Jahre 1960 von Bagdad nach Heidelberg und übersiedelten im November 1960 von dort nach Mannheim. Der Kl. ist seit November 1961 in Mannheim polizeilich gemeldet. Am 2. 2. 1961 begab sich die Bekl. wiederum nach Bagdad, wo sie sich noch heute aufhält. Der Kl. hat Klage auf Scheidung erhoben. Aus den Gründen: „Das angerufene Gericht ist zur Entscheidung über die Ehescheidungsklage zuständig. Der Kl. ist nach wie vor deutscher Staatsangehöriger, was er durch Vorlage seines gültigen Reisepasses nachgewiesen hat. Die Bekl. ist irakische Staatsangehörige. § 606 b ZPO kommt nicht zur Anwendung, weil der Kl. Deutscher ist. Ob auch die Bekl. in Mannheim ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte und somit beide Parteien in Mannheim ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn des § 606 I ZPO gehabt haben, konnte dahingestellt bleiben; denn die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts ergibt sich aus § 606 II ZPO; denn der Kl. hat jetzt
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seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Mannheim, wo er in Arbeit steht und polizeilich gemeldet ist, während die Bekl. sich in Bagdad, also im Ausland, aufhält. Die Ehescheidungsklage ist materiell-rechtlich nach deutschem Recht zu beurteilen; denn gemäß Art. 17 I EGBGB richtet sich die Scheidung nach dem Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Klageerhebung. Art. 17 EGBGB setzt f ü r die Scheidung voraus, daß eine Ehe besteht. Diese Vorfrage ist nach herrschender Auffassung selbständig nach Art. 13 und Art. 11 EGBGB zu entscheiden (Soergel-Siebert-Kegel, BGB, 9. Aufl. 1961, Bern. 2 zu Art. 17 EGBGB mit weiteren Nachweisen). Gemäß Art. 11 II EGBGB kommt eine im Ausland geschlossene Ehe formgültig zustande, wenn die Form des Abschlußortes beachtet wird. Das irakische Familienrecht verweist hinsichtlich der Gültigkeit der Eheschließung auf die Rechtsvorschriften der Glaubensgemeinschaft der Eheschließenden (Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bagdad vom 7. 11. 1964). Beide Parteien sind Christen. Die Chaldanische Kirche ist mit Rom uniert (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Irak Vorbem. S. 1). Nach der übereinstimmenden Erklärung beider Parteien wurde die Ehe vor dem römisch-katholischen Priester des Karmeliterordens in Bagdad unter Hinzuziehung von zwei Zeugen geschlossen. Beide Parteien waren zur Zeit der Eheschließung ehefähig, da nach dem Codex Iuris Canonici Personen des männlichen Geschlechts bereits mit Vollendung des 16. Lebensjahres, Personen weiblichen Geschlechts mit Vollendung des 14. Lebensjahres die Ehefähigkeit erlangen (can. 1067 § 1). Es liegt also eine nach römisch-katholischem Kirchenrecht und damit nach irakischem Recht formgültig geschlossene Ehe vor. Die materielle Gültigkeit der Ehe beurteilt sich gemäß Art. 13 I Satz 1 EGBGB nach dem Heimatrecht eines jeden Verlobten, hinsichtlich des Ehemannes nach deutschem und hinsichtlich der Ehefrau nach irakischem Recht. Der Kl. war zur Zeit der Eheschließung erst 19 Jahre alt, also nicht ehemündig. Die Nichtbeachtung der Ehemündigkeit hat f ü r den Bestand der Ehe keine Wirkung. Da der Kl. minderjährig war, bedurfte er gemäß § 3 EheG der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Diese lag, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, nicht vor. Das Fehlen der Einwilligung hatte zur Folge, daß die Aufhebung der Ehe vom Zeitpunkt der Eheschließung von dem Kl., solange er beschränkt geschäftsfähig war, bzw. von seinem gesetzlichen Vertreter im Wege der Klage gemäß § 30 EheG begehrt werden konnte. Dieser Mangel ist indessen geheilt und damit die Aufhebung gemäß § 30 II EheG ausgeschlossen, weil der Kl. unstreitig nach Erlangung seiner Volljährigkeit, d. h. nach dem 17. 7. 1959, die Ehe mit der Bekl. fortgesetzt und damit bestätigt hat. Nach irakischem Recht war die Ehe materiell-rechtlich gültig. Für die nichtislamischen Personen kommen in familienrechtlichen Fragen die Vorschriften der Religionsgemeinschaft, der sie angehören, zur Anwendung. Wie oben dargelegt, liegt eine nach kirchlichem Recht wirksame Ehe vor. Die Bekl. war zudem zur Zeit der Eingehung der Ehe nach iraki-
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schem Recht bereits volljährig, da die Volljährigkeit durch das Bürgerliche Gesetzbuch allgemein auf das 18. Lebensjahr festgesetzt ist (Bergmann, Irak, S. 5)." 88« Weder nach spanischem noch nach deutschem Recht bestehen Bedenken gegen die Gültigkeit einer Ehe, die im Februar 1938 in Spanien vor dem Municipalrichter geschlossen worden ist. BGH,.Urt. vom 10. 2. 1965 - IV ZR 71/64: Unveröffentlicht. Der am 14. 6. 1914 geborene deutsche Kl. war im spanischen Bürgerkrieg als Offizier der kommunistischen internationalen Brigade in der Ortschaft V., Provinz Toledo, stationiert. Dort lernte er Ende 1937 die am 1. 3. 1917 geborene Bekl., Tochter eines spanischen Gastwirts, kennen. Am 28. 2. 1938 schlössen beide vor dem Bezirksrichter in V. die Zivilehe. Der Kl. ist religionslos, die Bekl. römisch-katholischen Glaubens. Der Kl. begehrt die Scheidung seiner Ehe mit der Bekl.
Aus den Gründen: „Bedenken gegen die Gültigkeit dieser Eheschließung bestehen weder nach spanischem noch nach deutschem Recht. Zu der Zeit, als die Ehe geschlossen wurde, galt in Spanien noch das Bürgerliche Gesetzbuch i. d. Fassung des Gesetzes über die Eheschließung vom 28. 6. 1932. Nach diesem Gesetz konnte in Spanien die Ehe, auch wenn ein Teil oder beide Teile katholisch waren, gültig vor dem Municipalrichter geschlossen werden, wie es hier geschehen ist (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 1938, 712, 717). Dieses Gesetz ist zwar nach der Beendigung des Bürgerkriegs in Spanien durch das Gesetz vom 12. 3. 1938 aufgehoben. Dadurch haben jedoch die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Form des aufgehobenen Gesetzes vom 28. 6. 1932 geschlossenen Ehen ihre Gültigkeit nicht verloren (Bergmann aaO 3. Aufl., Bd. III, Spanien S. 34 Fußn. 1; [Mezger-Maury, Matrimonios Españoles ante Tribunales Franceses:] International Law Quarterly 1951, 143, 146,147). Die Eheschließung war aber auch nach deutschem Recht wirksam. Nach Art. I I I Satz 2 EGBGB genügte hinsichtlich ihrer Form die Beobachtung der Gesetze des Ortes, an dem die Ehe geschlossen wurde, also des spanischen Rechts. Die Ehefähigkeit der Bekl. ist, da sie damals spanische Staatsangehörige war, auf Grund des deutschen IPR (Art. 7 I, Art. 13 I Satz 1 EGBGB) nach spanischem Recht zu beurteilen, nach welchem Minderjährige mit Erlaubnis des Vaters die Ehe schließen konnten (Bergmann, 1938, 714). Daß der Vater der Bekl. der Eheschließung zugestimmt hat, ist unstreitig." 89« Der Auslegung des § 15 a Ehegesetz in dem Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 19651 ist zuzustimmen. OLG Frankfurt, Beschl. vom 26. 4. 1965 - 6 W 422/64: StAZ 1965, 218. 1
Siehe oben Nr. 81b.
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Die am 19. 11. 1962 geborene Beteiligte zu 1) ist ein gemeinsames Kind der Beteiligten zu 2) und 3). Diese sind griechische Staatsangehörige. Sie haben a m 4. 2. 1962 vor dem namentlich nicht genannten Geistlichen der griechisch-orthodoxen St. Andreas-Kirche in F r a n k f u r t (Main) die E h e nach dem Ritus dieser Glaubensgemeinschaft geschlossen. Der Standesbeamte h a t die Geburt der Beteiligten zu 1) unter Nummer 314/1962 im Geburtenbuch eingetragen und dabei die Beteiligte zu 3) mit dem Familiennamen des Beteiligten zu 2) und als dessen E h e f r a u aufgeführt. Die Beteiligte zu 1) ist demnach als eheliches Kind ausgewiesen. Der Landrat h a t als Aufsichtsbehörde der Standesämter seines Kreises bei dem AG die Berichtigung dieses Eintrags im Geburtenbuch dahin beantragt, daß darin alle Worte gelöscht werden, die eine bestehende E h e zwischen den Beteiligten zu 2) und 3) und die Beteiligte zu 1) als eheliches Kind ausweisen. E r hat vorgetragen, die Eltern hätten keine nach deutschem Recht gültige Ehe geschlossen, da der Geistliche der griechisch-orthodoxen Kirche in F r a n k f u r t (Main) zur Vorn a h m e der Eheschließung nicht im Sinne des § 15a EheG ermächtigt gewesen sei. Das AG hat dem Antrag stattgegeben und die Berichtigung angeordnet. Auf die sofortige Beschwerde des Landrats hat das LG diesen Beschluß aufgehoben und den Berichtigungsantrag zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, ein griechisch-orthodoxer Geistlicher sei eine ordnungsmäßig ermächtigte Person im Sinne des § 15a EheG, da nach griechischem Zivilrecht Angehörige der griechischorthodoxen Kirche nur vor einem ihrer Geistlichen eine E h e wirksam schließen könnten. Die E h e der Eltern der Beteiligten zu 1) sei daher gültig und diese deren eheliches Kind. Gegen diese Auffassung wendet sich der L a n d r a t mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
Aus den Gründen: „1. Nach § 15 a II EheG erbringt eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der Eheschließung von Ausländern in der von den Gesetzen ihres Landes vorgeschriebenen Form und vor einer von der Regierung ihres Landes ordnungsgemäß dazu beauftragten Person in einem Standesregister den vollen Beweis der Eheschließung. Sie muß somit in einem Standesregister eingetragen sein, das nur von einer von dem ausländischen Staat dazu ermächtigten Person geführt werden kann. Die Eintragung in einem Kirchenbuch genügt nicht, um dem deutschen Standesbeamten eine gültige Eheschließung von Ausländern im Inland nachzuweisen (BGH, Beschl. vom 22. 1. 1965 - IV ZB 4 4 1 / 6 4 . • • 2. Abgesehen davon hat das LG ferner die Bedeutung der Bestimmung des § 15 a I EheG verkannt und es infolgedessen auch unterlassen, insoweit die notwendigen Ermittlungen anzustellen. Es hat sich der Ansicht des OLG Köln in dessen Beschluß vom 18. 10. 1963 2 angeschlossen, die der BGH auf die Vorlage des OLG Bremen mit seiner oben angeführten Entscheidung vom 22. 1. 1965 nicht gebilligt hat. Der Senat schließt sich der ausführlich begründeten Ansicht des BGH an. Danach sind Priester der griechisch-orthodoxen Kirche, die nach den Bestimmungen dieser Kirche zur Mitwirkung bei Trauungen zuständig sind, nicht schon auf Grund dieser kirchlichen Zuständigkeit im Sinne des § 15 a I EheG ermächtigt, in Deutschland bei Eheschließungen griechischer 2
IPRspr. 1962-1963 Nr. 65.
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Staatsangehöriger orthodoxen Glaubens mitzuwirken. Vielmehr muß die für den ausländischen Staat bei dem Akt der Eheschließung mitwirkende Person durch einen Akt ermächtigt sein, der ihre Mitwirkungsbefugnis begründet. Diesem Erfordernis wird voll genügt, wenn die Regierung des betreffenden Staates der Bundesrepublik gegenüber Geistliche benennt, die nach dem Recht dieses Staates zur Mitwirkung nach dem kirchlichen Recht befugt sind. Durch diese Benennung bürgt die Regierung des betreffenden Staates dafür, daß durch die Mitwirkung des von ihr benannten Geistlichen die von diesem in Deutschland vollzogene Eheschließung im Sinne seiner Rechtsordnung eine wirksame Ehe begründet. Erforderlich für diese Benennung ist eine Kundgabe seitens eines dazu völkerrechtlich berufenen Organs des sogenannten Entsendestaates. Ob die Eheschließung zwischen den Beteiligten zu 2) und 3) nach diesen Rechtsgrundsätzen wirksam vorgenommen worden ist, läßt sich schon deswegen nicht prüfen, weil der Name des griechisch-orthodoxen Geistlichen, der die Eheschließung am 4. 2. 1962 vorgenommen hat, aus den Akten nicht bekannt ist. Sollte es nach den Ausführungen zu 1) noch darauf ankommen, so wird das LG diesen Namen ermitteln und danach bei dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland anfragen müssen, ob und wann dieser Geistliche von der griechischen Regierung der Bundesrepublik gegenüber als eine zur Vornahme von Eheschließungen griechischer Staatsangehöriger griechisch-orthodoxen Glaubens in der Bundesrepublik ordnungsmäßig ermächtigte Person bekanntgegeben worden ist. Sollte diese Erklärung allerdings erst nach dem 4. 2. 1962 bei der Bundesregierung eingegangen sein, so wäre die Ermächtigung unbeachtlich, da sie keine rückwirkende Kraft hat (vgl. BGH aaO)." 8 9 A. Die in Gretna Green von minderjährigen Deutschen ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter geschlossene Ehe ist in Deutschland als wirksam anzuerkennen, jedoch gemäß § 30 I Ehegesetz durch Urteil aufhebbar. AG Frankfurt, Beschl. vom 3. 6. 1965 - Hö 4 UR I I I 8/64: StAZ 1966, 147; Leitsatz in RdJ 1969, 92. Die ASt. begaben sich im März des Jahres 1964 ohne Kenntnis ihrer gesetzlichen Vertreter und ohne deren Einverständnis hierzu „presently" (= aufenthaltlich) nach Hazeldean/Schottland und schlössen am 25. 3. 1964 vor dem Standesbeamten (Registrar für den Kreis Gretna) nach den Bestimmungen der Marriage (Scotland) Act, 1939 - Marriage Notice (Scotland) Act, 1878 - die Ehe. Unmittelbar nach der Eheschließung kehrten sie in die Bundesrepublik Deutschland zurück, da der ASt. zu 1) seiner Wehrpflicht nachkommen mußte. Mit Antrag vom 2. 4. 1964 beantragte der ASt. zu 1) im Einverständnis seines sorgeberechtigten Vaters bei dem Standesbeamten in H. gemäß § 15a I, I I PStG die Anlegung eines Familienbuches. Die ASt. zu 2) hat am 9. 4. 1964 diesem Antrage zugestimmt, ferner am 26. 5. 1964 deren Mutter. Von der Anhörung des Vaters der Beteiligten zu 2) gemäß § 15a I I PStG war im Hinblick auf dessen berufliche Verhinderung abgesehen worden.
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Der Standesbeamte hat den Vorgang über den Landrat als untere Aufsichtsbehörde dem Gericht gemäß § 45 II PStG zur Entscheidung vorgelegt, ob auf Grund der schottischen Heiratsurkunde der ASt. vom 25. 3. 1964 das Familienbuch anzulegen oder der Antrag zurückzuweisen sei. Im Laufe des vorliegenden Verfahrens haben die ASt. mit nunmehriger Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter sowie nach Volljährig- und Ehemündigkeitserklärung des ASt. zu 1) vor dem Standesamt in H. gemäß der 1. DVO zum EheG die Eheschließung wiederholt. Aus den Gründen: „Auf die Vorlage des Standesbeamten, welche sich f ü r das weitere Verfahren als Ablehnung f ü r die Amtshandlung darstellt, war dieser anzuweisen, das Familienbuch auf der Grundlage der schottischen Heiratsurkunde der ASt. anzulegen. Die Anlegung eines Familienbuches ist formal aus § 15 a PStG zulässig, da der dem Familienbuch-Antrag zugrunde liegende Rechtsakt nicht im Geltungsbereich des PStG erfolgte und beide ASt. Deutsche im Sinne des Art. 116 GG sind (§ 69 c PStG). Der Antrag ist auch begründet. Voraussetzung f ü r die Anlegung eines Familienbuches gemäß § 15 a PStG ist eine außerhalb des Geltungsbereiches des PStG geschlossene und auch nach deutschem Recht anzuerkennende Ehe. Das britisch-schottische Recht wendet im Gegensatz zu Deutschland und der Mehrheit anderer Staaten das Domizil-Prinzip als international-rechtlichen Anknüpfungspunkt an (Henrich, StAZ 1960, 100). Es stellt also nicht auf die Staatsangehörigkeit ab. Da die ASt. wegen der insoweit strengen Voraussetzung ein sogenanntes .domicile of choice' im Hinblick auf die kurze Zeit ihres Aufenthalts in Schottland nicht begründen konnten, mußte allerdings der Standesbeamte in Gretna das Domizilrecht der ASt. beachten (Art. 27 EGBGB), so daß Art. 13 EGBGB Anwendung findet. Hiernach hatte der Registrar das Heimatrecht der Verlobten anzuwenden, soweit es sich um Geschäftsrecht handelte und dieses nicht durch die günstigere Ortsform ausgeschlossen war. Die Form der Eheschließung selbst richtete sich demgegenüber nach Ortsrecht (vgl. Boschan, Europäisches Familienrecht, 2. Aufl., 108 ff.). Nach Art. 11 I Satz 2 EGBGB genügt f ü r die Form eines Rechtsgeschäfts das Ortsrecht. Anhaltspunkte dafür, daß der Registrar im vorliegenden Falle gegen das Ortsrecht verstoßen habe, liegen nicht vor. In Schottland können ebenso wie in England Minderjährige nach Vollendung des 16. Lebensjahres die Ehe eingehen, ohne daß sie hierzu einer Volljährig- und Ehemündigkeitserklärung bedürfen. Zustimmen müssen allerdings der Eheschließung die gesetzlichen Vertreter der Minderjährigen, im Regelfalle also deren Eltern, sonst Vormünder, Personen- und Sorgeberechtigte pp. Nachdem beide ASt. das 16. Lebensjahr vollendet hatten, mußte sich der Registrar nur über allenfalls vorhandene andere Ehehindernisse vergewissern. Die bei der vorgeschriebenen Befragung durch den Registrar abgegebene Erklärung der ASt., daß ihnen Ehehindernisse nicht bekannt seien, ist im Hinblick auf die Ehefähigkeit nach der ,lex fori' nicht als wahrheitswidrig anzusehen, so daß insoweit vom 19*
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schottischen Recht her gesehen keine Formverletzung bestand. W e n n — soweit ersichtlich - eine ausdrückliche Einwilligung der gesetzlichen Vertreter der ASt. im Zeitpunkt der Eheschließung in Schottland nicht bestand, so berührte dies die Gültigkeit der Ehe nicht (Boschan aaO 107). Andere Formverstöße sind von dem vorlegenden Standesbeamten nicht behauptet und auch anderweit nicht ersichtlich geworden. Da die Ortsform somit gewahrt ist, ist nach deutschem Recht (Art. I I I Satz 2 EGBGB) davon auszugehen, daß die Eheschließung als wirksam auch in Deutschland anzuerkennen ist. Die fehlende Einwilligung der gesetzlichen Vertreter rechnet zur F o r m des Geschäftsrechts, so daß f ü r die Folgen dieser Formverletzung deutsches Recht anzuwenden ist. Dies bedeutet, daß die Ehe der ASt. gültig, jedoch zunächst gemäß § 30 I EheG durch Urteil aufhebbar war. Die gesetzlichen Vertreter haben seinerzeit die Aufhebung der Ehe nicht begehrt. Sie haben vielmehr im weiteren Verlauf ihre ausdrückliche schriftliche Einwilligung zu einer Wiederholung der Eheschließung nach § 13 der 1. DVO zum EheG erklärt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist die Aufhebung der Ehe daher ausgeschlossen worden (§ 30 I I EheG). Da der Anlegung des Familienbuches hiernach keine rechtlichen Hindernisse entgegenstanden — im übrigen die mangelnde Legalisation der schottischen Heiratsurkunde als öffentliche Urkunde im Sinne des § 15 b PStG wegen der aus einem anderen Falle der Standesamtsaufsichtsbehörde bekannten Unterschrift des Registrars keine Bedenken in bezug auf die Beweiskraft erweckt - war der Standesbeamte in H. entsprechend anzuweisen." 9 0 . § 15 a II Ehegesetz setzt eine besondere Ermächtigung des Registerführers voraus. Eine Bescheinigung über die Eintragung der Ehe nach §15a II EheG erbringt jedoch nur dann den vollen Beweis der Eheschließung, wenn auch die Person, vor der die Ehe geschlossen worden ist, von der Regierung ihres Landes besonders ermächtigt worden ist. LG Wiesbaden, Beschl. vom 8. 11. 1965 - 4 T 258/64: StAZ 1966, 290. Aus den Gründen: „Nach § 15 a EheG kann eine Ehe von Nichtdeutschen vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen F o r m geschlossen werden. Nach § 15 a I I EheG erbringt eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der Eheschließung von Ausländern in der von den Gesetzen ihres Landes vorgeschriebenen F o r m und vor einer von der Regierung ihres Landes ordnungsgemäß dazu beauftragten Person in einem Standesregister den vollen Beweis der Eheschließung. Nach Ansicht der Kammer muß daher nicht nur eine Ermächtigung des Geistlichen vorliegen, vor dem die Ehe geschlossen wird, sondern es muß
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auch der Beamte des Konsulats ermächtigt sein, das Standesregister zu führen. Der BGH betont in seinem Beschluß vom 22. 1. 1965 (BGHZ 43, 213 = FamRZ 1965, 311 mit abl. Anm. von Bosch S.314 = JZ 1965, 531 mit abl. Anm. von Wengler = StAZ 1965, 152 = MDR 1965, 469 = N J W 65, 1 1 2 9 ) d a ß die mit der Führung des Standesregisters beauftragte Person nicht mit der von der Regierung des Landes zur Mitwirkung bei der Eheschließung ermächtigten Person identisch zu sein braucht. Eine Ermächtigung des Geistlichen Dr. K., vor dem am 4. 2. 1962 die Ehe der Beteiligten zu 2) und 3) geschlossen wurde, liegt nach der Anlage 1 des Erlasses des Hess. Mdl vom 7. 7. 1965, Staatsanzeiger f ü r das Land Hessen 1965, 846 Nr. 720 nicht vor. Eine nachträgliche Ermächtigung ist nach Ansicht des BGH nicht zulässig. Die Kammer kann daher im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung auch nicht den Ausführungen des OLG Düsseldorf (FamRZ 1965, 144 mit zustimmender Anmerkung der Redaktion = NJW 1965, 1190) 2 folgen. Dieses f ü h r t aus, es komme nicht auf die Einzelermächtigung des Geistlichen an, vor dem die Ehe geschlossen wurde, wenn die Eheschließung in ein staatliches Register eingetragen werde. Sinn und Zweck des § 15a EheG gehe dahin, den sicheren Beweis zu erbringen, daß die vollzogene Trauung im Heimatland wenigstens eines der Verlobten als wirksame Eheschließung anerkannt werde. Ein solcher Beweis sei aber mit der Eintragung der Ehe in einem bei dem Konsulat geführten Standesregister geführt. Die Bescheinigung des Konsulats, die mit der persönlichen Unterschrift des Konsuls oder seines Vertreters und dem Dienststempel versehen sei, erbringe daher den vollen Beweis einer wirksamen Eheschließung nach § 15 a II EheG, ohne daß geprüft werden müsse, ob der Geistliche besonders ermächtigt sei. Nach den Ausführungen des BGH (vgl. zu III g im oben zitierten Beschluß) erbringt nur dann eine Bescheinigung des zuständigen Konsulats über die Eintragung der Ehe vollen Beweis, wenn die Ehe nach § 15 a I EheG geschlossen wurde. Das ergibt sich auch aus dem Gesetzeswortlaut des § 15a II Satz 1 EheG. Dort heißt es: ,Eine beglaubigte Abschrift der Eintragung einer so geschlossenen Ehe in das Standesregister . . . ' . Dieses ,so' kann sich nur auf den Abs. 1 des § 15 a beziehen, obgleich es dem Zweck der Vorschrift zuwiderläuft, eine Eheschließung von Ausländern derart zu erschweren, daß sowohl der Nachweis der Ermächtigung des Geistlichen als auch die Ermächtigung des Registerführers besonders nachgewiesen werden muß (so jetzt auch Neuhaus, FamRZ 1965, 311). Ist somit der Geistliche, vor dem die Ehe geschlossen wurde, nicht ermächtigt, kann auch eine Bescheinigung nach § 15 a II EheG keinen vollen Beweis der Eheschließung erbringen. Es war daher auch nicht zu prüfen, ob der Konsulatsbeamte besonders ermächtigt war." 91. Zur Wirksamkeit einer dem spanischen Recht entsprechenden kanonischen Eheschließung in Deutschland ist nach § 15 a Ehegesetz erforder1
Siehe oben Nr. 81b.
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Siehe oben Nr. 83.
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lieh, daß sie durch einen von der spanischen Regierung hierzu ordnungsgemäß und speziell ermächtigten katholischen Geistlichen vorgenommen wird.
BayObLG, Beschl. vom 15. 12. 1965 - BReg. 2 Z 32/65: BayObLGZ 1965, 450; FamRZ 1966, 147; StAZ 1966, 111; DRspr. I (180) 57 a; Leitsatz in BayJMBl. 1966, 26. Am 15. 6. 1963 haben Enrique Pindado D. und Maria del Pilar G. R., beide spanische Staatsangehörige römisch-katholischen Bekenntnisses, vor dem katholischen Ortspfarrer Max B. in Holzkirchen die Ehe nach kanonischem Recht geschlossen. Das Spanische Generalkonsulat in München trug die Eheschließung in Band IV Nr. 196 des von ihm geführten Heiratsbuches ein und stellte den Eheleuten am 10. 9. 1963 eine Konsularbescheinigung über die vollzogene Eheschließung und eine Abschrift der konsularischen Heiratsbucheintragung aus, damit auf Grund dieser Urkunden die Eheschließung auch in das Heiratsbuch des Standesamts Holzkirchen eingetragen werden könne. Der Standesbeamte in Holzkirchen hielt jedoch f ü r die Gültigkeit der Ehe im deutschen Rechtsbereich die Nachholung der Eheschließung vor dem deutschen Standesbeamten und hiezu wiederum die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses f ü r erforderlich. Das Gesuch der Eheleute um Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses lehnte der OLGPräsident in München aber ab, weil die ASt. nach spanischem Recht bereits durch die kanonische Trauung seitens des katholichen Pfarrers in Holzkirchen auch f ü r den deutschen Rechtskreis wirksam die Ehe geschlossen hätten und die Eheschließung vom deutschen Standesbeamten auf Grund der kirchlichen Trauungsurkunde und der konsularischen Heiratsurkunde in Verbindung mit der Konsularbescheinigung gemäß 15a II EheG in das Heiratsbuch einzutragen sei. Der Standesbeamte folgte der Rechtsauffassung des OLGPräsdenten nicht. Einen Antrag der Eheleute, ihre Eheschließung gemäß § 15a EheG in das Heiratsbuch des Standesbeamten Holzkirchen einzutragen, lehnte er ab. Daraufhin stellte das Landratsamt Miesbach als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten zum AG München den Antrag, den Standesbeamten zur Eintragung der Eheschließung vom 15. 6. 1963 in das Heiratsbuch anzuhalten. Das AG München hat diesem Antrag stattgegeben. Auf sofortige Beschwerde des Landratsamts Miesbach hat das LG München I die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben und den Antrag abgelehnt. Hiergegen hat das Landratsamt Miesbach sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Zwischenzeitlich hatten sich Enrique Pindado D. und Maria del Pilar G. R. in Holzkirchen durch den von der spanischen Regierung ausdrücklich hiezu ermächtigten katholischen Geistlichen Kaplan Félix Säez F. aus München nochmals trauen lassen, um der Gefahr vorzubeugen, daß ihre Ehe in Deutschland nicht anerkannt würde. Die Ehe ist vom Spanischen Generalkonsulat in München am 13. 6. 1964 in das dort vom konsularischen Standesamt geführte Heiratsbuch eingetragen worden. Auf Grund einer übersetzten und beglaubigten Abschrift dieser Heiratseintragung und einer Konsularbescheinigung über die vollzogene Eheschließung hat sodann auch der Standesbeamte in Holzkirchen am 2. 11. 1964 unter Nr. 40 in das Heiratsbuch eingetragen, daß die Genannten „am 12. 6. 1964 in Holzkirchen vor dem von der spanischen Regierung ordnungsgemäß ermächtigten katholischen Geistlichen H. H. Félix Sâez F., wohnhaft in München" die Ehe geschlossen haben. Von dieser zweiten Eheschließung und ihrer Registrierung hat das Landratsamt noch im Laufe des Verfahrens vor dem LG Kenntnis erhalten. Es hat aber dennoch die Erstbeschwerde aufrechterhalten und die weitere Beschwerde er-
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hoben, weil von der Wirksamkeit der ersten Eheschließung vom 15. 6. 1963 auch die Richtigkeit des Eintrages der zweiten Eheschließung vom 12. 6. 1964 in das Heiratsbuch des Standesamts Holzkirchen abhänge. Aus den Gründen: „1. . . . 2. Zutreffend hat das LG der Eheschließung vor dem katholischen Ortspfarrer in Holzkirchen für den deutschen Rechtsbereich keine Wirkung zuerkannt und damit auch keine Veranlassung gefunden, eine Berichtigung der auf Grund der Trauung durch den Kaplan Félix Sáez F. vorgenommenen Heiratsbucheintragung anzuordnen. a) Die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, bestimmt sich grundsätzlich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen (Art. 13 III EGBGB). Sie muß, um Wirkungen in der Bundesrepublik Deutschland zu haben, vor einem deutschen Standesbeamten geschlossen sein (§§ 11, 13 EheG). Dieser Grundsatz ist durch § 15 a EheG, der durch das KRG Nr. 52 vom 21. 4. 1947 (KR ABI. 273) eingefügt wurde, durchbrochen. Nach dieser den Art. 13 III EGBGB ändernden Kollisionsnorm kann als Ausnahme von den Bestimmungen der §§ 11, 13 EheG eine Ehe zwischen Verlobten, von denen keiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten hat, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen Form geschlossen werden. b) Enrique Pindado D. und Maria del Pilar G. R. bekennen sich zur katholischen Religion und sind, wie die beglaubigte Abschrift ihrer Heiratseintragung beim Standesamt des Spanischen Generalkonsulats in München hinreichend ausweist, spanische Staatsangehörige; die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt keines von ihnen. Für sie als Spanier römisch-katholischer Konfession gilt die Eheschließungsform des Art. 42 II des Código civil vom 24. 7. 1889 i. d. F . vom 24. 4. 1958 ( = Cc). Nach dieser Bestimmung ihres Heimatrechts muß die Ehe kanonisch geschlossen werden, wenn wenigstens einer der Eheschließenden sich zur katholischen Religion bekennt. Die kanonische Ehe richtet sich hinsichtlich ihrer Beschaffenheit, ihrer Gültigkeit und überhaupt hinsichtlich ihrer rechtlichen Regelung nach den Bestimmungen der katholischen Kirche (Art. 75 Cc). Die nach den Bestimmungen des kanonischen Rechts geschlossene Ehe erzeugt von der Eheschließung an volle bürgerliche Wirkungen (Art. 76 Cc). Pfarrer Max B. besaß als Ortspfarrer von Holzkirchen dort kanonische Traugewalt (can. 1095 § 1 CIC; Eichmann-Mörsdorf, Lehrbuch des Kirchenrechts II, 10. Aufl., § 149, S. 238, 241). Daß er die Trauung in der Form des kanonischen Rechts (can. 1094 CIC; Eichmann-Mörsdorf aaO § 148, S. 235) vorgenommen hat, ist durch die beglaubigte Abschrift der konsularischen Heiratseintragung und die über die vollzogene Eheschließung erteilte Konsularbesch einigung vom 10. 9 . 1 9 6 3 erwiesen. c) Zur Wirksamkeit einer solchen dem spanischen Recht entsprechenden kanonischen Eheschließung in Deutschland ist aber nach der deutschen
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Kollisionsnorm des § 15 a I EheG weiter erforderlich, daß sie durch eine von der spanischen Regierung hiezu ordnungsgemäß ermächtigte Person vorgenommen wird. Zur Anwendung dieser deutschen Gesetzesbestimm u n g hat der BGH am 22. 1. 1965, BGHZ 43, 213 = F a m R Z 1965, 311 = JZ 1965, 531 = N J W 1965, 1129 = StAZ 1965, 152 = MDR 1965, 4 6 9 1 (siehe dazu Neuhaus, F a m R Z 1965, 541) entgegen dem OLG Köln, FamRZ 1964, 210 = StAZ 1964, 272 2 mit überzeugender Begründung ausgesprochen, Priester der griechisch-orthodoxen Kirche, die nach den Bestimmungen dieser Kirche zur Mitwirkung bei Trauungen zuständig sind, seien nicht schon auf Grund dieser kirchlichen Zuständigkeit im Sinne des § 15 a EheG ermächtigt, in Deutschland bei Eheschließungen griechischer Staatsangehöriger orthodoxen Glaubens mitzuwirken. Jedoch seien die E r f o r d e r nisse des § 15 a EheG erfüllt, wenn die Regierung des Staates, der die religiöse T r a u u n g als rechtswirksam anerkennt, der Bundesrepublik gegenüber Geistliche benennt, die nach dem Recht dieses Staates zur Mitwirkung bei der kirchlichen T r a u u n g befugt sind. W a s hier f ü r die kirchliche T r a u ung nach Art. 1367 des griechischen ZGB ausdrücklich entschieden ist, gilt in gleicher Weise f ü r die kanonische Eheschließung nach Art. 42 Cc; die Rechtslage ist in beiden Fällen im Grundsatz durchaus die gleiche. d) In Beachtung dieser Rechtslage hat die Spanische Botschaft in Bonn f ü r ihre Regierung dem Auswärtigen Amt mit Verbalnote vom 2. 3. 1964 eine Liste der von der Spanischen Regierung in der Bundesrepublik Deutschland ermächtigten spanischen und deutschen Geistlichen übermittelt, die Eheschließungen zwischen spanischen Staatsangehörigen vornehmen dürfen. In dieser (später mehrfach ergänzten) Liste steht der Kaplan Félix Sâez F. in München, nicht aber der P f a r r e r Max B. in Holzkirchen (RdErl. des Mdl von Hessen vom 8. 5. 1964 und 2./10. 6. 1964, StAZ 1964, 184f., sowie vom 18. 8. 1964, StAZ 1964, 266, 267; RdErl. des Mdl von Rheinland-Pfalz vom 24. 6. 1964, StAZ 1964, 215, u n d vom 10. 9. 1964, StAZ 1964, 269 f.; RdErl. des Mdl von Schleswig-Holstein vom 9. 7. 1964, StAZ 1964, 246 f., und vom 3. 9. 1964, StAZ 1964, 306 f.; Entschl. des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 3. 8. 1964, BayStA 1964, 99, dazu die Liste f ü r Bayern in BayStA 1964, 116 f.). Die Ehe ist darnach f ü r den deutschen Rechtskreis wirksam nicht schon durch P f a r r e r B. a m 15. 6. 1963, sondern erst durch den Kaplan Félix Sâez F. a m 12. 6. 1964 geschlossen worden. 3. Wie Eheschließungen vor dem deutschen Standesbeamten von diesem in dem Heiratsbuch zu beurkunden sind (§ 14 II EheG, § 9 PStG), so fordert auch das spanische Recht ungeachtet der kirchlichen Registrierung (can. 1103 § 1 CIC; Eichmann-Mörsdorf aaO § 152, S. 252) eine Eintragung der Heirat in das staatliche Standesregister (Zivilregister, Art. 77 Cc, Art. 16 des Gesetzes vom 8. 6. 1957 über das Zivilregister - Standesamtsgesetz - ) ; diese standesamtliche Registrierung hat - wie in Deutschland keine konstitutive, sondern eine bloß deklaratorische Bedeutung u n d dient lediglich Beweiszwecken (Art. 53 II, Art. 76 I, II Cc, Art. 70 des Standes1
Siehe oben Nr. 81b.
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amtsgesetzes). Eheschließungen von Spaniern in Deutschland werden von den spanischen Konsulaten standesamtlich registriert (Art. 10 Nr. 2, Art. 16 des Standesamtsgesetzes, Art. 51, 68 der D V O zum Standesamtsgesetz vom 14.11. 1958). 4. Nach § 15 a I I EheG erbringt eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der in der F o r m des § 15 a I EheG geschlossenen Ehe in das Standesregister, das von der dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführt wird, vollen Beweis der Eheschließung. Der deutsche Standesbeamte des Bezirkes, in dem die Eheschließung stattfand, hat auf Grund der Vorlage einer solchen beglaubigten Abschrift eine Eintragung in das Heiratsbuch zu machen und eine Abschrift zu den Akten zu nehmen (siehe dazu auch § 459 c D A ) . Der Spanische Generalkonsul in München hat als Standesbeamter (Art. 51 der erwähnten DVO zum Standesamtsgesetz) sowohl die vor dem Pfarrer Max B. als auch die vor dem Kaplan Félix Sâez F. vorgenommene Eheschließung in das von ihm geführte Heiratsbuch eingetragen und j e hierüber dem deutschen Standesbeamten eine beglaubigte Abschrift der konsularischen Eheeintragung (Heiratsurkunde) und eine Konsularbescheinigung vorgelegt. Infolge der Beweiskraft dieser Urkunden war der Standesbeamte zwar einer Prüfungspflicht darüber enthoben, ob die Ehe in der von den spanischen Gesetzen vorgeschriebenen F o r m geschlossen worden, also nach spanischem Recht wirksam ist. Er mußte aber als weitere in § 15 a I EheG geforderte Voraussetzung der Wirksamkeit dieser Eheschließung im deutschen Rechtsbereich prüfen, ob der Priester, der die Trauung vornahm, von der spanischen Regierung hiezu ordnungsgemäß ermächtigt war (Massfeller-Hoffmann, PStG, vor § § 3 ff. PStG EheG § 15 a Rdnr. 26; wohl auch BGH aaO). Da dies zwar bei dem Kaplan Félix Sâez F., nicht aber bei dem Pfarrer Max B. der Fall war, hat der Standesbeamte mit Recht es unterlassen, die vor dem Pfarrer B. vorgenommene Trauung in das Heiratsbuch einzutragen, dagegen die Eheschließung vor dem Kaplan Félix Säez F. richtig - wie geschehen - eingetragen." 9 2 . Die in Deutschland vor einem griechisch-orthodoxen Geistlichen geschlossene Ehe von Griechen orthodoxen Bekenntnisses ist auch nach deutschem Recht gültig, wenn die Eheschließung in das Standesregister beim Griechischen Generalkonsulat eingetragen worden ist. Auf eine individuelle Ermächtigung des Geistlichen kommt es dann nicht an. AG Mönchengladbach, Beschl. v o m 22. 12. 1965 - 15 I I I 23/65: F a m R Z 1966, 310. Die griechischen Staatsangehörigen Joannis A. und Kaliopi L., beide griechisch-orthodoxer Konfession, wurden am 15. 7. 1962 von dem Pfarrer der griechisch-orthodoxen Kirche Nordrhein-Westfalen in Viersen getraut. Die Eheschließung wurde vom Standesbeamten in Viersen im Heiratsbuch eingetragen. Joannis A. ist am 10. 3. 1963 in Mönchengladbach verstorben. Der derzeitige Aufenhalt der Ehefrau, die zwischenzeitlich einen Antrag auf Gewährung von Witwenrente gestellt hat, ist nicht bekannt. Ihre Anhörung konnte daher nicht erfolgen.
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Der Standesbeamte in Viersen beantragt unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 22. 1. 1965 (oben Nr. 81b), den Heiratseintrag zu löschen, da der Priester nicht ordnungsgemäß vom griechischen Staat zu Trauungen ermächtigt gewesen sei. Das Kgl. Griechische Generalkonsulat in Düsseldorf hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, die Eheschließung sei am 7. 9. 1962 im dortigen Standesregister registriert worden. Damit sei die Ehe standesamtlich eingetragen und werde selbstverständlich vom griechischen Staat anerkannt. Aus den Gründen: „Der Antrag ist nicht begründet, da die von den Brautleuten geschlossene Ehe wirksam und auch nach deutschem Recht gültig ist. Ausländer können unter den in § 15 a I EheG bestimmten Voraussetzungen in Deutschland auch dann die Ehe schließen, wenn sie nicht von einem deutschen Standesbeamten getraut werden. Eine dieser Voraussetzungen ist, daß die E h e in der von den Gesetzen des betreffenden ausländischen Staates vorgeschriebenen Form geschlossen worden ist. Insofern bestehen hier keine Bedenken, da die Trauung von einem griechisch-orthodoxen Priester vorgenommen wurde. § 15 a I EheG verlangt allerdings weiter, daß derjenige, der das (ausländische) Brautpaar traut, von der Regierung des Landes dazu ordnungsgemäß ermächtigt ist. Eine Ermächtigung in diesem Sinne erfolgte erst dadurch, daß die Kgl. Griechische Botschaft in Bonn dem Auswärtigen Amt mit Verbalnote vom 15. 6. 1964 eine Liste griechisch-orthodoxer Geistlicher überreichte und mitteilte, diese Geistlichen seien zur Vornahme von Eheschließungen ermächtigt. Es kann insoweit auf die Ausführungen des BGH (aaO), insbesondere zu 2 e - 2 f Bezug genommen werden. Die Ehe wurde im vorliegenden Falle bereits 1962 geschlossen, es fehlte dem amtierenden Priester damals also die notwendige Ermächtigung. Gleichwohl war die Eheschließung wirksam. Nach Ansicht des Gerichts kommt es bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht entscheidend auf eine Ermächtigung des Priesters an. Die Eheschließung wurde nämlich, wie der Kgl. Griechische Generalkonsul in Düsseldorf unter dem 9. 11. 1965 mitgeteilt hat, im Standesregister des Generalkonsulats eingetragen. Der Generalkonsul hat ferner erklärt, die Ehe werde selbstverständlich vom griechischen Staat anerkannt. Das OLG Düsseldorf hat in einem Beschluß vom 27. 11. 1964 (NJW 1965, 1140) 1 überzeugend dargelegt, daß mit der Eintragung der Trauung in das Standesregister die Voraussetzungen des § 15 a I EheG seinem Sinn nach erfüllt werden (ebenso Weyers, FamRZ 1964, 173; Bosch, FamRZ 1965, 314, 315). Dieser Entscheidung, auf deren Gründe Bezug genommen wird, schließt das Gericht sich an. Sie behandelt zwar die Eheschließung spanischer Staatsangehöriger, ihre Grundsätze müssen aber auch f ü r die Trauung griechischer Staatsangehöriger gelten. Der hier vertretenen Auffassung dürfte die oben erwähnte Entscheidung des BGH nicht entgegenstehen. Der dort behandelte, vom OLG Bremen vorgelegte Sachverhalt läßt erkennen, daß die Eheschließung nur im Kirchenbuch, nicht aber im Standesregister eingetragen worden war. Der BGH hat die zeitlich vorher ergangene Entscheidung des OLG Düsseldorf in sei1
Siehe oben Nr. 83.
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nem Beschluß nicht erwähnt. Die Ausführungen des BGH sprechen nach Meinung des Gerichts eher f ü r als gegen die vom OLG Düsseldorf vertretene Ansicht. Entscheidend ist, wie der BGH selbst dargelegt hat, daß der ausländische Staat die Gewähr f ü r eine seinen Gesetzen entsprechende f o r m gerechte Eheschließung übernimmt und er dies in genügender F o r m verlautbart (zu 2 f ) . Dem d ü r f t e durch die Eintragung im Standesregister, wenn es von einer dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführt wird, hinreichend Rechnung getragen werden. Der BGH f ü h r t zu dem Wesen einer derartigen Eintragung aus: „Dadurch wird sichergestellt, daß der ausländische Staat die Verantwortung f ü r die ordnungsgemäße E r f ü l lung derjenigen Aufgaben übernimmt, die nach dem PStG den staatlichen Standesbeamten obliegen." Wollte m a n der Auffassung des Gerichts nicht folgen, so würden daraus im übrigen auch bedenkliche Härten f ü r die Betroffenen entstehen können. Das zeigt gerade der vorliegende Sachverhalt. Im Regelfall k a n n die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung dadurch .geheilt' werden, daß die ausländischen Eheleute vor einem deutschen Standesbeamten nochmals heiraten. Das ist hier nicht möglich, da der E h e m a n n zwischenzeitlich gestorben ist. Der E h e m a n n hat - wie anzunehmen ist — zu seinen Lebzeiten als Gastarbeiter Beiträge zur deutschen Sozialversicherung abgeführt. Der griechische Staat erkannte und erkennt die Ehe als gültig an. Der deutsche Staat hat dadurch, daß er die Eheschließung gleichfalls durch seinen Standesbeamten eintragen ließ, in einer Art Selbstbindung seine A n e r k e n n u n g ' ausgesprochen. Der E h e m a n n durfte also, wenn er f ü r sich und seine Familie die Sozialversicherungsbeiträge abführte, darauf vertrauen, dies werde gegebenenfalls seiner E h e f r a u zugute kommen. Es k a n n aber k a u m Rechtens sein, daß der Staat einerseits die Eheschließung als wirksam beurkundet und den E h e m a n n demgemäß hinsichtlich der Sozialabgaben zur Leistung heranzieht, andererseits aber später eine Witwenrente sollte verweigern können, weil die Eheschließung nach deutschem Recht wegen eines - unverschuldeten — Mangels ungültig gewesen sei. Auch im Hinblick darauf, ist eine Gesetzesauslegung geboten, die im Rahmen des Zulässigen und Vertretbaren unbillige Härten f ü r den Betroffenen vermeidet (vgl. auch RGZ 142, 36, 4 0 f f . ; B G H Z 29, 163, 170f.). Nach alledem ist die a m 15. 7. 1962 geschlossene Ehe gültig. Durch die Eintragung im Standesregister beim Generalkonsulat in Düsseldorf ist deutschen Behörden gegenüber der schlüssige Beweis der Eheschließung erbracht (vgl. Palandt, BGB, 24. Aufl., Anm. 3 zu § 15 a EheG). Es besteht kein Anlaß, unter diesen Umständen die Eintragung beim Standesamt Viersen zu löschen. Zwar lag und liegt dem Standesbeamten keine beglaubigte Abschrift der Eintragung in das Standesregister vor (vgl. § 15 a II EheG). Diesem Formmangel ist aber dadurch abgeholfen, daß der Kgl. Griechische Generalkonsul durch eine von ihm persönlich unterschriebene Mitteilung bescheinigt hat, die Ehe sei im Standesregister des Generalkonsulats a m 7. 9. 1962 unter Nr. 110/62 registriert worden. Der Antrag war daher zurückzuweisen."
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3. Persönliche Ehewirkungen Siehe auch Nr. 206, 209, 244
9 3 • Die Eintragungen in den deutschen Personenstandsbüchern müssen und können nur die Rechtsverhältnisse wiedergeben, die sich aus dem deutschen Prioatrecht, gegebenenfalls aus dem deutschen Internationalen Privatrecht ergeben. Eine Eintragung unter Berücksichtigung ausländischen Rechts ist jedenfalls dann unzulässig, wenn das deutsche Internationale Privatrecht das ausländische Recht für den deutschen Rechtskreis nicht angewandt wissen will. Der Erwerb des Familiennamens des Mannes durch die Frau infolge der Eheschließung ist eine Wirkung der Ehe und ist daher nach deutschem Internationalen Privatrecht dem Ehewirkungsstatut zu unterstellen. Ist die von einem Ausländer vor einem deutschen Standesbeamten geschlossene Ehe nur nach deutschem Recht gültig, dagegen nach dem Heimatrecht des Ausländers ungültig, so richten sich die Wirkungen einer solchen Ehe gleichwohl nicht schlechthin nach deutschem Recht. Vielmehr gilt entweder das Heimatrecht des Mannes, oder die Heimatrechte beider Ehegatten sind nach dem Grundsatz des schwächeren Rechts zu kumulieren. Welchen Familiennamen ein Kind aus einer solchen Ehe führt, richtet sich nach dem Heimatrecht des Vaters. Wenn das Heimatrecht des Vaters insoweit vom deutschen Recht abweicht, ist die Eintragung eines Vermerks über den sich aus dem Heimatrecht des Vaters ergebenden Familiennamen des Kindes ins Geburtenbuch gleichwohl unzulässig. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 17. 4. 1964 - 3 W 390/63 1 : StAZ 1965, 18; JMB1.NRW 1964, 163; Leitsatz in FamRZ 1964, 569 und 1965, 397. Der Beteiligte zu 1), spanischer Staatsbürger katholischen Bekenntnisses, schloß mit der Beteiligten zu 2), die deutsche Staatsangehörige und evangelisch ist, am 29. 8. 1962 vor dem Standesbeamten in Iserlohn die Ehe. Am 10. 1. 1963 gebar die Beteiligte zu 2) eine Tochter, die den Vornamen Gabriele erhielt. Auf die von ihm erbetene und ihm fernmündlich erteilte Anweisung des AG Wuppertal trug der Standesbeamte in Mettmann im Geburtenbuch als Familiennamen der Mutter des Kindes „M. F." ein. „F." ist der Mädchenname von deren Mutter. Er bezeichnet die Mutter als Ehefrau des Beteiligten zu 1). Der Beteiligte zu 3) als untere staatliche Verwaltungsbehörde und Aufsichtsbehörde des Standesbeamten hat beim AG die Berichtigung dieser Eintragung dahin beantragt, daß das Kind kein eheliches Kind sei und der Familienname der Mutter richtig „M." lauten müsse. Er hat den Standpunkt vertreten, die Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) sei eine sogenannte hinkende Ehe, die Wirksamkeit 1 Der Beschluß der zweiten Instanz des LG Wuppertal vom 27. 9. 1963 ist in IPRspr. 1962-1963 Nr. 85 abgedruckt.
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nur in Deutschland habe, nicht dagegen in Spanien, dem Heimatstaat des Beteiligten zu 1), da dieser eine auch dort gültige Ehe nur vor einem katholischen Priester schließen könne. Sowohl für die Frage, ob das Kind ehelich oder unehelich sei, als auch für die Frage, ob die Beteiligte zu 2) mit der Heirat den Familiennamen ihres Mannes erworben habe, sei das spanische Recht anzuwenden. Nach diesem sei das Kind unehelich, und die Beteiligte zu 2) habe den Namen des Beteiligten zu 1) nicht erworben. Das AG hat die Berichtigung der Eintragung dahin angeordnet, daß die Mutter und das eheliche Kind den Familiennamen „F." führten. Es ist der Ansicht, daß das Kind im Geburtenbuch als eheliches Kind einzutragen sei, da die Ehe der Eltern nach deutschem Recht gültig sei. Der Familienname der Mutter und des Kindes richte sich dagegen nach spanischem Recht. Nach diesem aber hätten weder die Mutter noch das Kind den Familiennamen des Mannes erworben. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 3) rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Eintragung dahin zu berichtigen, daß der Familienname der Mutter „D.-V." laute. Unter Aufgabe seiner früheren Ansicht ist er der Auffassung des AG beigetreten, daß das Kind ehelich sei. Sowohl die Mutter als auch das Kind hätten nach deutschem Recht den Familiennamen des Mannes und Vaters erworben. Der eingetragene Familienname der Mutter müsse daher berichtigt werden. Eine Eintragung des Familiennamens des Kindes sei im Geburtenbuch nicht vorgesehen, daher unzulässig. Das LG hat den Beschluß des AG abgeändert und angeordnet, daß als Familienname der Mutter „D.-V. geb. M." berichtigend einzutragen sei. Gegen den Beschluß des LG hat der Beteiligte zu 3) sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Aus den Gründen: „Ohne Rechtsfehler hat das LG die Erstbeschwerde für zulässig erachtet (§§ 48 I, 49 I, 21, 22 I FGG). Die von ihm getroffene Sachentscheidung ist dagegen nicht frei von Rechtsirrtum. Denn die Eintragung entspricht in der Form, die der Standesbeamte und das LG ihr gegeben haben, nicht den gesetzlichen Vorschriften. Gemäß § § 2 1 PStG, 9 I AVO zum PStG sind in das Geburtenbuch u. a. Vor- und Familienname der Eltern, Zeitpunkt und Ort der Geburt, Geschlecht und Vorname des Kindes einzutragen. Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Standesbeamten vorgenommenen und vom LG angeordneten Eintragung können nur hinsichtlich der Namen der Eltern obwalten; alle übrigen Eintragungen sind sachlich richtig. Die Eintragung der Namen beider Eltern, also die Bezeichnung der Mutter des Kindes als Ehefrau des Beteiligten zu 1), ist nur zulässig, wenn diese im Zeitpunkt der Geburt des Kindes gültig verheiratet waren. Das war hier der Fall. Denn die von den Beteiligten zu 1) und 2) vor dem deutschen Standesbeamten geschlossene Ehe ist nach deutschem Recht gültig (Art. 13 III EGBGB). F ü r die Gültigkeit der Ehe nach deutschem IPR kommt es daher auf die Staatsangehörigkeit der Ehegatten nicht an. Ob die vor dem deutschen Standesbeamten geschlossene Ehe auch nach spanischem Recht gültig ist, ist für die Eintragung im Geburtenbuch des deutschen Standesbeamten unerheblich. Die Personenstandsbücher sind für den deutschen Rechtskreis geschaffen; ihre Eintragungen müssen und
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können daher n u r die Rechtsverhältnisse wiedergeben, die sich aus dem deutschen Privatrecht, gegebenenfalls aus dem deutschen internationalen Privatrecht ergeben. Eine Eintragung unter Berücksichtigung ausländischen Rechts ist jedenfalls dann unzulässig, wenn das deutsche IPR dieses ausländische Recht f ü r den deutschen Rechtskreis nicht angewandt wissen will. Art. 13 III EGBGB bestimmt aber gerade, daß die Wirksamkeit einer im Inland geschlossenen Ehe selbst dann nicht nach ausländischem Recht zu beurteilen ist, wenn einer der Ehegatten oder sogar beide Ausländer sind (vgl. auch BayObLG, FamRZ 1964, 45 2 ). Die Eintragung beider Eltern und die Bezeichnung der Mutter als Ehef r a u des Beteiligten zu 1) sind somit rechtlich zutreffend. Die vom LG angeordnete berichtigende Eintragung des Familiennamens der Mutter entspricht dagegen nicht dem Gesetz. Sie wäre nur dann richtig, wenn f ü r die Frage, welchen Namen die Mutter führt, deutsches Recht maßgebend wäre, wie das LG angenommen hat. Dann würde die Mutter auf Grund der nach deutschem Recht gültigen Eheschließung gemäß § 1355 Satz 1 BGB den Familiennamen ihres Ehemannes führen. Der Senat vermag jedoch der Auffassung des LG, daß diese Frage nach deutschem Recht zu beantworten sei, nicht beizutreten. Ohne Rechtsfehler sind die Ausführungen des LG insoweit, als es dem Erwerb oder Nichterwerb des Familiennamens des Ehemannes durch die Ehefrau nicht als einen Ausfluß des Persönlichkeitsrechts, sondern mit der herrschenden Meinung als eine Wirkung der Ehe aufgefaßt und deshalb dem Ehewirkungsstatut unterstellt hat (KG, NJW 1963, 51 3 ; BGH, NJW 1960, 1059 4 ; Soergel-Kegel, BGB, Art. 7 EGBGB Anh. Anm. 2, Art. 14 Anm. 25; Palandt, BGB, Art. 14 EGBGB Anm. 4 c). Ebensowenig kann die Ansicht des LG beanstandet werden, daß Art. 14 EGBGB weder unmittelbar noch entsprechend angewandt werden kann, da weder beide Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit haben oder gehabt haben, noch beide Ehegatten Ausländer gleicher Staatsangehörigkeit sind oder waren. Hier hat vielmehr der Beteiligte zu 1) die spanische Staatsangehörigkeit, während die Beteiligte zu 2) nach wie vor deutsche Staatsangehörige ist. Sie hat nämlich durch die Heirat mit dem spanischen Staatsangehörigen nicht die spanische Staatsangehörigkeit erworben, weil die Ehe nach spanischem Recht mangels kirchlicher Trauung nicht gültig ist (Art. 42 II, 75 Cc). Ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Eheschließung gemäß § 17 Nr. 6 RuStAG ist nicht eingetreten, da die genannte Vorschrift gemäß Art. 3 II GG nicht mehr anzuwenden ist (KG aaO). Daß in einem solchen Fall deutsches Recht anzuwenden sei, wie das LG meint, ist dagegen rechtlich unzutreffend. Diese Ansicht wird mit der vom LG gegebenen Begründung, soweit ersichtlich, nur vom LG Düsseldorf (MDR 1952, 623) 5 vertreten. Das KG ist dieser Ansicht nicht gefolgt (aaO); sie wird, soweit ersichtlich, auch im Schrifttum überwiegend nicht geteilt (Soergel-Kegel, Art. 14 Anm. 4, nicht 2 IPRspr. 1962-1963 Nr. 100. * IPRspr. 1960-1961 Nr. 128.
s 5
IPRspr. 1962-1963 Nr. 81. IPRspr. 1952-1953 Nr. 114.
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eindeutig in Anm. 39; Palandt, Art. 14 Anm. 2). Die herrschende Meinung wählt als Anknüpfungspunkt entweder das Heimatrecht des Mannes oder kumuliert die Heimatrechte beider Ehegatten nach dem Grundsatz des schwächeren Rechts (KG aaO; Soergel-Kegel aaO). Dieser Ansicht ist beizutreten. Es besteht auch kein hinreichender Anlaß, wenigstens bei einer hinkenden Ehe ausnahmsweise deutsches Recht anzuwenden. Das deutsche internationale Familienrecht bestimmt als Anknüpfungspunkt grundsätzlich die Staatsangehörigkeit (Soergel-Kegel, Art. 13 EGBGB Vorbem. 5-7). Davon könnte somit allenfalls in besonderen Ausnahmefällen abgegangen werden. Ein solcher liegt bei einer hinkenden Ehe nicht vor. Dabei muß beachtet werden, daß schon die Vorschrift des Art. 13 III EGBGB, die allein das Entstehen einer hinkenden Ehe ermöglicht, eine Ausnahme von dem sich aus Art. 13 I ergebenden Grundsatz darstellt, daß die Eingehung der Ehe nach dem Heimatrecht der Ehegatten zu beurteilen ist. Bei einer hinkenden Ehe wird vielfach in Schrifttum und Rechtsprechung - ob mit Recht, bedarf hier keiner Erörterung auch von der Vorschrift des Art. 17 EGBGB abgewichen, nach der auch f ü r die Scheidung der Ehe grundsätzlich das Heimatrecht der Ehegatten maßgebend ist, und die Scheidung einer solchen Ehe ausnahmsweise dem deutschen Recht unterstellt. Stellt somit bei der hinkenden Ehe die Anwendung deutschen Rechts auf die Eheschließung und auf ihre Scheidung eine Ausnahme von der Regel dar, so erscheint es nicht so widersinnig, wie das LG meint, wenn wenigstens f ü r die Wirkungen der Ehe der Anknüpfungspunkt beibehalten wird, der sonst grundsätzlich im deutschen internationalen Familienrecht verwendet werden soll. Abgesehen davon spricht besonders der Umstand gegen die Ansicht des LG, daß eine hinkende Ehe diese Eigenschaft verlieren kann, nämlich dadurch, daß die Ehegatten die Eheschließung auch in der Form vornehmen, die der Heimatstaat des ausländischen Ehegatten anerkennt. Wird aber aus einer hinkenden Ehe eine in Deutschland und im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten anerkannte Ehe, so würde sich die Anwendung deutschen Rechts hinsichtlich der Wirkungen der Ehe jedenfalls nicht mehr mit den Erwägungen des LG rechtfertigen lassen. Es träte nämlich in einem solchen Fall u. U. bei der Frau nachträglich eine Namensänderung ein, wenn die Wirkungen der Ehe dann nach ausländischem Recht beurteilt werden müßten und dieses ausländische Recht einen Erwerb des Familiennamens des Ehemannes durch die Ehefrau nicht vorsieht. Der Senat kann aus diesen Erwägungen der Ansicht des LG nicht beitreten. An den gemeinsamen Aufenthalt beider Ehegatten in Deutschland anzuknüpfen und aus diesem Grund deutsches Recht anzuwenden, verbietet sich nach geltendem Recht, das, wie oben ausgeführt, grundsätzlich n u r die Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt zuläßt (KG aaO; SoergelKegel, Art. 13 Vorbem. 6, Art. 14 Anm. 6 und 39). Auch würden sich bei einem Wegzug der Familie nach Spanien die gleichen geschilderten Schwierigkeiten ergeben.
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Es bleibt somit nur die Möglichkeit, das spanische Recht als das Heimatrecht des Ehemannes gelten zu lassen oder spanisches und deutsches Recht, das Heimatrecht der Frau, nach dem Grundsatz des schwächeren Rechts zu kumulieren. Beide Möglichkeiten führen hier zu demselben Ergebnis. Das spanische Recht sieht nämlich bei Heirat einen Erwerb des Familiennamens des Mannes durch die F r a u nicht vor (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. III, Spanien S. 13 Fußn. 2; [Alvarez] StAZ 1952, 260; [E. Peters] 1957, 53). Dieses Recht ist daher als das schwächere Recht anzuwenden. Die Beteiligte zu 2) hat somit nach deutschem IPR trotz wirksamer Eheschließung den Namen behalten, den sie nach deutschem Recht vor der Ehe führte, also ihren Mädchennamen ,M.'. Eine Ehefrau hat nach spanischem Recht jedoch das Recht, allerdings nicht die Pflicht, ihrem Mädchennamen den Vatersnamen des Mannes unter Verwendung des Verbindungswortes ,de' anzufügen. Da sie, wie aus den Stellungnahmen ihres Mannes in diesem Verfahren hervorgeht, ersichtlich Wert darauf legt, den Namen in einer Form zu führen, aus der auch in Deutschland entnommen werden kann, daß sie eine verheiratete F r a u ist, kann ohne weiteres unterstellt werden, daß sie von diesem Recht Gebrauch machen will. Sie führt somit den Familiennamen ,M. de D.'. Die Anwendung spanischen Rechts verstößt hier nicht gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes (Art. 30 EGBGB), und zwar schon deshalb nicht, weil die Vorschrift des § 1355 Satz 1 BGB, nach welcher der Ehe- und Familienname der Name des Mannes ist, heute nach § 1355 Satz 2 BGB f ü r die Frau nicht mehr uneingeschränkt gilt, diese vielmehr berechtigt ist, dem Namen ihres Mannes ihren Mädchennamen hinzuzufügen (KGaaO). Der Beschluß des LG mußte daher, wie geschehen, abgeändert werden. Die Eintragung im Geburtenbuch muß nicht nur sachlich richtig, sondern auch vollständig sein. In dieser ihr nunmehr gegebenen Form ist sie das auch. Zutreffend hat das LG weder einen Vermerk über die Ehelichkeit oder Unehelichkeit des Kindes noch die Angabe seines Familiennamens im Geburtenbuch f ü r erforderlich und zulässig gehalten. § 21 PStG schreibt f ü r das Geburtenbuch weder die Eintragung des Familiennamens des Kindes noch einen Vermerk darüber vor, ob das Kind ehelich oder unehelich ist. Diese Fragen können und müssen grundsätzlich durch rechtliche Schlußfolgerung aus den in § 21 PStG allein zugelassenen Eintragungen beantwortet werden. So hat der Standesbeamte in den Geburtsschein (§ 61 PStG) und die Geburtsurkunde (§ 62 PStG) den Familiennamen des Kindes aufzunehmen, ,der sich aus dem Geburtseintrag ergibt' (§ 63 AVO zum PStG). Er hat die Frage, welchen Familiennamen das Kind trägt, und damit auch unmittelbar die Frage, ob es ehelich oder unehelich ist, da davon in der Regel die Beantwortung der ersten Frage abhängen wird, nach deutschem Recht, gegebenenfalls also nach deutschem IPR zu entscheiden.
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Ein Vermerk im Geburtenbuch selbst ist nur für besondere Fälle vorgesehen, nämlich wenn über diese Fragen anderweit eine bindende Feststellung getroffen worden ist oder sich der Name des Kindes nachträglich geändert hat (§§ 30-31 a PStG). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Nach den gesetzlichen Vorschriften nicht vorgesehene Eintragungen in Personenstandsbüchern sind grundsätzlich unzulässig. Zu erwägen bleibt jedoch, ob nicht über den Wortlaut des Gesetzes hinaus Vermerke im Geburtenbuch dann zulässig und geboten sind, wenn die Gefahr besteht, daß ohne einen solchen Vermerk aus der Eintragung eine unrichtige Schlußfolgerung gezogen werden könnte (vgl. Giffhorn, StAZ 1956, 90). Eine solche Gefahr kann u. a. dann bestehen, wenn aus den Eintragungen im Geburtenbuch nicht hervorgeht, daß für rechtliche Schlußfolgerungen aus ihnen nicht deutsches nationales, sondern deutsches internationales Privatrecht anzuwenden ist, und letzteres zu einer anderen Rechtsfolge führt als ersteres. Ob aus diesem Grunde ein Vermerk über die Ehelichkeit oder Unehelichkeit eines Kindes notwendig und zulässig sein kann, kann hier auf sich beruhen, weil das Kind der Beteiligten zu 1) und 2) sowohl nach deutschem nationalen, als auch nach deutschem internationalen Privatrecht ehelich ist. Nach deutschem nationalen Recht ist das Kind gemäß § 1593 BGB ehelich, weil es während der Ehe geboren ist, der Vater die Ehelichkeit nicht angefochten hat und die Unehelichkeit nicht festgestellt ist. Nach deutschem internationalen Privatrecht ist gemäß Art. 18 EGBGB für die Frage, ob das Kind ehelich ist, das Heimatrecht des Vaters, also spanisches Recht maßgebend (BayObLG aaO). Nach Art. 110 Nr. 3 Cc gilt ein Kind, das in den ersten 180 Tagen nach der Eheschließung geboren ist, als ehelich, wenn der Vater es ausdrücklich oder stillschweigend als sein Kind anerkannt hat. Da, wie oben bereits dargelegt, die Ehe der Eltern nach deutschem I P R gültig ist, ist das Kind nach der Eheschließung geboren (BayObLG aaO). In seiner Stellungnahme in diesem Verfahren hat der Vater das Kind ausdrücklich als sein Kind anerkannt. Ob das Kind in Spanien als eheliches Kind anerkannt wird oder nicht, ist für die Eintragung in dem Geburtenbuch des deutschen Standesbeamten aus denselben Erwägungen unerheblich, auf Grund deren es, wie oben bereits ausgeführt, nicht darauf ankommt, ob die Ehe der Eltern nach spanischem Recht gültig ist und ob sie in Spanien als Ehe anerkannt wird. Ist also das Kind in jedem Falle ehelich, gleichgültig ob deutsches nationales oder deutsches internationales Recht angewandt wird, besteht insoweit keine Gefahr, daß die vorgeschriebenen Eintragungen im Geburtenbuch ohne Beifügung eines klarstellenden Vermerks zu einer falschen Beantwortung dieser Fragen führen könnten. Insoweit ist daher ein Vermerk nicht erforderlich und daher jedenfalls unzulässig. Aber auch wegen des Familiennamens des Kindes kann und darf ein Vermerk nach dem geltenden Recht nicht eingetragen werden. 20 IPR 1964/65
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Zwar wird hier die Anwendung deutschen nationalen und deutschen internationalen Rechts nicht zu demselben Ergebnis führen. Nach deutschem nationalen Recht würde das Kind als eheliches Kind gemäß § 1616 BGB den Familiennamen des Vaters führen, also ,D. V.' heißen. Nach deutschem I P R wird in entsprechender Anwendung des Art. 19 EGBGB das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kind nach dem Heimatrecht des Vaters zu beurteilen sein. Nach spanischem Recht ist aber das Kind berechtigt, den Namen seines Vaters und den seiner Mutter zu führen (Art. 114 Nr. 1 Cc). Das Kind wird somit den Namen ,D.-M.' führen. Insoweit könnte, worauf das LG zutreffend hingewiesen hat, der Eintrag im Geburtenbuch ohne einen klarstellenden Vermerk gegebenenfalls zu einer unrichtigen Schlußfolgerung hinsichtlich des Familiennamens des Kindes, insbesondere zu einer unrichtigen Angabe in einem Geburtsschein oder einer Geburtsurkunde führen. Diese Gefahr reicht jedoch für sich allein nicht aus, einen Vermerk zur Klarstellung in den Geburtseintrag aufzunehmen, der im Gesetz nicht vorgesehen ist. Randvermerke in den Personenstandsbüchern haben nach dem Gesetz nur die Aufgabe, den ursprünglichen Eintrag richtigzustellen, sei es, daß dieser von Anfang an unrichtig war oder infolge einer Änderung nachträglich unrichtig geworden ist, sei es, daß ein bestimmtes Personenstandsmerkmal mit bindender Wirkung anders festgestellt worden ist. Keiner dieser Fälle ist hier gegeben. Der Gesetzgeber hat auch bei der Neufassung des PStG keinen Anlaß genommen, für derartige Fälle einen Vermerk im Geburtenbuch zuzulassen oder vorzuschreiben, obwohl ihm die aufgezeigte Gefahr bewußt gewesen sein muß. Hinzu kommt hier, daß die Gefahr einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht besonders groß ist, weil nicht nur der Familienname des Vaters, der einen ausländischen Klang hat, sondern vornehmlich die Tatsache, daß nach dem Eintrag die Mutter des Kindes, obwohl Ehefrau des Vaters, nicht dessen Familiennamen trägt, einer mit dem Personenstandsrecht vertrauten Person, insbesondere also dem Standesbeamten einen genügend deutlichen Hinweis darauf gibt, daß dieser Personenstandsfall unter Umständen gemäß deutschem I P R und daher gegebenenfalls nach ausländischem Recht beurteilt werden muß. Aus den Sammelakten (§ 93 DA) wird dann der Standesbeamte unschwer die Staatsangehörigkeit der Eltern, insbesondere des Vaters feststellen können (vgl. auch Giffhorn aaO)." 9 4 . Eine deutsche Frau, die einen Niederländer geheiratet hat, darf im Heiratsbuch mit dem Namen des Mannes unterzeichnen, da die niederländischen Ehefrauen üblicherweise im täglichen Leben den Familiennamen des Mannes führen und die Verwaltung das auch im amtlichen Schriftverkehr duldet. OLG Oldenburg, Beschl. vom 14. 7. 1964 - 5 W x 23/64
Unveröffentlicht.
Vgl. aber OLG Oldenburg, Vorlagebeschl. vom 16. 9. 1964 - 5 Wx 55/64 (unten Nr. 95 a) und BGH, Beschl. vom 12. 7. 1965 - IV ZB 497/64 (unten Nr. 95 b). 1
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9 5 . Besitzen nicht beide Ehegalten die deutsche Staatsangehörigkeit, so entscheidet sich die Frage, ob die Ehefrau durch die Eheschließung den Namen des Mannes erwirbt, nach dem Ehewirkungsstatut. Als solches ist, soweit es sich um den Namenserwerb der Ehefrau handelt, jedenfalls auch das Heimatrecht des Ehemannes heranzuziehen. Eine Ehefrau, deren Name sich nach dem niederländischen Recht richmit ihrem Mädchentet, muß in den deutschen Personenstandsbüchern namen als dem ihr rechtmäßig zustehenden Namen bezeichnet werden. a) O L G Oldenburg, Vorlagebeschl. v o m 16. 9. 1964 - 5 W x 55/64: F a m R Z 1964, 630; StAZ 1965, 47; NdsRpfl. 1964, 241; Leitsatz in N J W 1964, 2372; DRiZ 1965 B 14 Nr. 259. b) BGH, Beschl. v o m 12. 7. 1965 - I V ZB 497/64: B G H Z 44, 121; JZ 1966, 177 mit Anm. Wengler; N J W 1965, 2052; F a m R Z 1965, 552; M D R 1965, 895; StAZ 1965, 299; DRspr. I (180) 55 a; Leitsatz in L M Nr. 1 zu Art. 14 EGBGB mit Anm. Johannsen und L M Nr. 2 zu § 1355 BGB. Die ASt. Luise Bi. hat als deutsche Staatsangehörige am 8. 8. 1962 vor dem Standesamt in N. mit dem niederländischen Staatsangehörigen Jan Pieter Bo. die Ehe geschlossen. Den Eheleuten ist am 3. 6. 1963 in N., dem Wohnsitz der Eheleute, ein Sohn geboren worden. Im Geburtenbuch des Standesamts N. wurden als Eltern des Kindes „Ludwig Bo." eingetragen: „Jan Pieter Bo. und Luise Bi." Die ASt. hat beantragt anzuordnen, daß das Geburtenbuch durch Beischreibung eines Vermerks dahin berichtigt werde, daß die Mutter des Kindes Luise Bo. geborene Bi. sei. Das AG hat dem Antrag stattgegeben und eine dementsprechende Anordnung getroffen. Auf die sofortige Beschwerde der Standesamtsaufsichtsbehörde hat das LG den Beschluß des AG aufgehoben und den Antrag der ASt. zurückgewiesen. Diese hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluß des LG aufzuheben und den Beschluß des AG wiederherzustellen. Aus den Gründen: a) OLG Oldenburg
16. 9. 1964 - 5 Wx 55/64:
„I. II. . . . I I I . Da die ASt. und ihr Ehemann gemeinsam die niederländische Staatsangehörigkeit besitzen, sind ihre persönlichen Beziehungen einschließlich des Familiennamens der ASt. gemäß dem aus Art. 14 EGBGB folgenden Grundsatz (vgl. Soergel-Siebert-Kegel, [BGB] Art. 14 EGBGB Rdn. 1; Palandt-Lauterbach, [BGB] Art. 14 EGBGB Anm. 2) nach dem gemeinsamen Heimatrecht, also nach niederländischem Recht, zu beurteilen. Es steht nun außer Streit, daß eine Frau nach niederländischem Recht ihren angestammten Mädchennamen auch nach der Eheschließung behält. Eine dem § 1355 BGB entsprechende Bestimmung fehlt in den Niederlanden. Allerdings führt eine niederländische Ehefrau gleichwohl im täglichen Leben und im gesellschaftlichen Umgang fast ausschließlich den Namen des Ehemannes. Auch in Urkunden verwendet sie vielfach den Namen des Mannes. In standesamtlichen Urkunden dagegen w i r d allein der Mädchenname der Frau genannt (vgl. Ficker, Das Recht des bürgerlichen 20*
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Namens, 1950, 95; Krüger, AcP 156 [1957] 232; van Sasse van Ysselt, StAZ 1964, 85). Zweifelhaft ist, in welchem Umfange die Verwaltungspraxis die Verwendung des Mannesnamens durch die Ehefrau duldet oder selbst diesen Namen verwendet (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1963, 2231 = StAZ 1964, 17 mit Anm. dazu x ). Das OLG F r a n k f u r t aaO folgert aus diesen Umständen, daß nach der Rechtsauffassung in den Niederlanden - unabhängig von der etwaigen Entstehung eines Gewohnheitsrechts — die Ehefrau, wenn sie nach der Eheschließung mit dem Namen ihres Mannes im Rechtsverkehr auftritt, keinen falschen Namen führe. Es hält deshalb weiter f ü r zulässig, daß eine deutsche F r a u bei ihrer Eheschließung mit einem Niederländer den Heiratseintrag im Heiratsbuch des Standesamts mit dem Namen des Ehemannes unterschreibt. Der erkennende Senat hat dieser Auffassung zunächst in einem Beschluß mit gleichem Sachverhalt zugestimmt - 5 Wx 23/64 2, vermag nach erneuter Überprüfung an dieser Ansicht aber nicht m e h r festzuhalten. Zwar weicht der vorliegende Sachverhalt etwas von dem vom OLG F r a n k f u r t entschiedenen ab: Hier handelt es sich darum, welcher Name f ü r die Mutter in das Geburtenbuch einzutragen ist; dort war die Frage zu entscheiden, mit welchem Namen eine gerade verheiratete E h e f r a u die Eintragung im Heiratsbuch unterschreiben darf oder muß (§ 11 II PStG). Indessen ist kein formeller oder sachlicher Grund ersichtlich, weshalb das Namensrecht bei den Eintragungen im Heiratsbuch anders sollte beurteilt werden können oder müssen als bei denen im Geburtenbuch; beide sind standesamtliche Urkunden. Trotz der äußerlichen Abweichung im Sachverhalt handelt es sich in beiden Fällen n u r um die gleiche entscheidende Rechtsfrage: Welcher Familienname kommt der deutschen Ehefrau eines Niederländers f ü r die Eintragung in die standesamtlichen Urkunden zu? IV. Wenn in § 21 Nr. I PStG vorgeschrieben ist, daß u. a. die Familiennamen der Eltern eines Kindes in das Geburtenbuch einzutragen sind, so können damit — schon aus Gründen eines richtigen Abstammungsnachweises - nur die Namen gemeint sein, die dem Vater und der Mutter von Rechts wegen zukommen, und nicht auch solche Namen, die die Eltern im täglichen Leben aus Liebhaberei (z. B. Künstlernamen) oder wegen allgemeiner Üblichkeit (z. B. bei eingebürgerten, vom bürgerlichen Namen aber abweichenden Hofesnamen) führen mögen. Nur der einer Person rechtlich zustehende Name ist der Name im Sinne des § 21 Nr. 1 PStG. Das gleiche gilt nach Auffassung des Senats f ü r die Unterschrift einer E h e f r a u unter der Eheschließungsurkunde; denn eine Unterschrift setzt voraus, daß mit dem richtigen, d. h. dem rechtlich zustehenden Namen unterschrieben wird. Da der ASt. nach den geschriebenen niederländischen Gesetzen kein Recht zur Führung des Namens ihres Ehemannes zusteht, könnte sie n u r dann verlangen, mit dessen Namen in die standesamtlichen Urkunden, 1 IPRspr. 1962-1963 Nr. 84 a. Vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. vom 3. 12. 1964, unten Nr. 97. * Siehe oben Nr. 94.
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namentlich das Geburtenbuch, eingetragen zu werden, wenn ihr ein solcher Anspruch auf Grund Gewohnheitsrechtes zustände, da eine bloße Übung noch keine Rechte verleiht. Eine solche Rechtsquelle kann jedoch hier nicht festgestellt werden. Es mag dahinstehen, ob die im Gegensatz zum geschriebenen Recht stehende Übung in den Niederlanden, die Ehefrau im Rechtsverkehr des täglichen Lebens und im gesellschaftlichen Umgang mit dem Namen des Ehemannes zu bezeichnen, auf der Überzeugung des niederländischen Volkes beruht, insoweit einer rechtlichen Notwendigkeit zu entsprechen (Enneccerus-Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, § 39; BGHZ 23,107, 119), und ob sie damit gewohnheitsrechtlichen Charakter gewonnen hat. Wenn im Gebrauch des Namens f ü r verschiedene Lebensbereiche - hier: Umgang im täglichen und gesellschaftlichen Leben, Verwaltungspraxis, Eintragung in standesamtliche Urkunden - schon tatsächliche und dauernd geübte Unterschiede bestehen, kann zur Beantwortung der Frage, ob f ü r den einen oder anderen Bereich ein Gewohnheitsrecht entstanden ist, nur von dessen jeweiligen Verhältnissen ausgegangen werden. Deshalb darf selbst ein f ü r den Umgang im täglichen Rechtsleben etwa entstandenes Gewohnheitsrecht nicht ohne weiteres auf den gesondert behandelten Bereich der Eintragungen in standesamtlichen Urkunden angewandt werden. Dafür aber, daß speziell f ü r die Ausfüllung solcher Urkunden eine zu einem Gewohnheitsrecht verdichtete Übung dahin besteht, eine Ehefrau mit dem Namen des Ehemannes zu bezeichnen, liegen keine Anhaltspunkte vor. Danach hat die ASt. kein Recht darauf, im Geburtenbuch ihres Sohnes mit dem Namen ihres Ehemannes eingetragen zu werden. V. Ob der ausschließlichen Anwendung niederländischen Rechts entgegengehalten werden kann, daß die ASt. auch deutsche Staatsangehörige und ihrem Ehemann gegenüber gleichberechtigt (Art. 3 II GG) ist, erscheint sehr zweifelhaft. Dieser Frage braucht indessen der Senat nicht nachzugehen. Selbst wenn die Staatsangehörigkeit der ASt. stärker oder sogar ausschließlich in den Vordergrund gestellt würde, so wären die Rechtsbeziehungen der ASt. zu ihrem niederländischen Ehemann allenfalls nach den Rechtsgrundsätzen zu beurteilen, die f ü r Eheleute verschiedener Staatsangehörigkeit maßgebend sind. Die überwiegende Meinung geht nun dahin, daß in solchen Fällen das Heimatrecht des Mannes entscheidend sei (Soergel-Siebert-Kegel, Art. 14 EGBGB Rdn. 4). Bei Beteiligung einer deutschen Ehefrau wird dieser Grundsatz allerdings wegen Art. 3 II, 117 I GG nicht zum Zuge kommen können. Dann können nur die Heimatrechte beider Eheleute angewandt werden, jedoch — anders als die ASt. meint — n u r mit der Maßgabe, daß in jedem Einzelfall das jeweils schwächere Recht entscheidet (Soergel-Siebert-Kegel aaO). Das bedeutet hier: Die ASt. könnte n u r dann den Namen ihres Mannes gemäß § 1355 BGB schlechthin und auch f ü r standesamtliche Beurkundungen verwenden, wenn das auch nach dem Recht des Mannes zulässig wäre. Da das nach dem in diesem Einzelfall schwächeren niederländischen Recht jedoch nicht statthaft ist, kann die ASt. sich auch auf § 1355 BGB nicht stützen.
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Nr. 9 5 b
Nach Auffassung des Senats steht deshalb der ASt. in keinem Fall das Recht zu, mit dem Namen des Ehemannes in standesamtliche Urkunden, vornehmlich ins Geburtenbuch ihres Sohnes, eingetragen zu werden. Dieses Ergebnis zwingt zur Vorlage der Sache an den BGH gemäß § 28 FGG." b) BGH 12. 7.1965 - IV ZB 497/64: „1. Durch die am 8. 8. 1962 erfolgte Eheschließung mit einem Niederländer hat die ASt. die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren, da die Vorschrift des § 17 Nr. 6 RuStAG auf Grund des Art. 3 II in Verbindung mit Art. 117 I GG am 1. 4. 1953 außer Kraft getreten ist. Gleichzeitig ist sie durch die Heirat nach Art. 5 I des niederländischen Staatsangehörigkeitsgesetzes niederländische Staatsangehörige geworden. Die in der Nachkriegszeit ergangenen besonderen Vorschriften, die den Erwerb der niederländischen Staatsangehörigkeit durch deutsche Frauen, die Niederländer heirateten, ausschlössen oder erschwerten (Beschl. vom 17. 11. 1945, Gesetz vom 29. 12. 1950), betreffen keine Eheschließungen, die nach dem am 13. 1. 1951 erfolgten Inkrafttreten des zuletzt genannten Gesetzes erfolgt sind (Czapski, RabelsZ 1950/51, 483). Es ist also davon auszugehen, daß der Ehemann der ASt. ausschließlich die niederländische, die ASt. selbst dagegen die deutsche und die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt. Die Rechtsordnung oder die Rechtsordnungen, nach denen sich der Name, den die ASt. seit ihrer Verheiratung führt, bestimmt, sind deshalb nach den Regeln des IPR zu ermitteln. 2. Das Haager Ehewirkungsabkommen, das im Verhältnis zu den Niederlanden wieder angewendet wird (Bekanntmachung vom 24. 12. 1954, BGBl. 1955 II 1), ist in diesem Zusammenhang schon deshalb ohne Bedeutung, weil es keine Bestimmungen enthält, aus denen sich etwas d a f ü r ergibt, nach welcher Rechtsordnung sich die Namensführung der Ehefrau regelt (Palandt-Lauterbach, BGB, 24. Aufl., Anh. zu Art. 14 EGBGB Anm. 1). 3. Nach der in der Rechtsprechung und im Schrifttum herrschenden, als zutreffend anzuerkennenden Ansicht entscheidet sich die Frage, welchen Familiennamen eine Frau nach der Eheschließung führt, nach den Regeln, die auf Grund des Art. 14 EGBGB f ü r die Beurteilung der mit der Heirat eintretenden persönlichen Ehewirkungen entwickelt worden sind (BayObLG, StAZ 1955, 260, 261 M BayObLGZ 1956, 345, 351 2 ; KG, FamRZ 1963, 43, 44 3 ; LG Frankfurt/Main, NJW 1963, 1745"; Staudinger-Raape, BGB, 9. Aufl., Art. 14 EGBGB Anm. 14 B II 2 k; Raape, IPR, § 31 IV 2, S. 326; Palandt-Lauterbach, Art. 14 EGBGB Anm. 4 c; Erman-Marquordt, BGB, 3. Aufl., Art. 14 EGBGB Anm. ic;Soergel-Siebert-Kegel,BGB,9. Aufl., Art. 14 EGBGB Randn. 25; Kegel, IPR, 2. Aufl., § 17 IV 1, S. 213; Maßfeller-Hoffmann, PStG, § 11 Randn. 34). Das sonst f ü r das Namensrecht maßgebende Personalstatut muß zurücktreten, wenn es sich darum handelt, ob durch eine Eheschließung eine Namensänderung eingetreten ist, 1 s
IPRspr. 1954-1955 Nr. 8. IPRspr. 1962-1963 Nr. 81.
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 12. IPRspr. 1962-1963 Nr. 84 b.
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ähnlich wie das nach Art. 22 I EGBGB f ü r die Wirkungen der Kindesannahme maßgebende Recht darüber bestimmt, ob f ü r das Kind infolge der Adoption ein Namenswechsel eintritt (Beschl. des Senats, FamRZ 1960,229, 231 5 ). Denn die deutsche Rechtsordnung rechnet die Übertragung des Mannesnamens auf die Frau zu den Wirkungen der Ehe, wie die Stellung des § 1355 BGB zeigt. Daraus ergibt sich, daß nach dem deutschen IPR die f ü r die Ehewirkungen maßgebende Rechtsordnung auch darüber bestimmt, welchen Namen die F r a u nach der Eheschließung führt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Eheschließung nach dem in Betracht kommenden ausländischen Recht eine Auswirkung auf die Namensführung hat. Es entspricht einem in der Rechtsprechung herrschenden Grundsatz, daß weitgehend das inländische Recht nach der in ihm durchgeführten Systematik den Anwendungsbereich der Kollisionsnormen bestimmt (RGZ 95, 164, 166; 138, 243, 245; 145, 121, 128; 163, 367, 375, 376; RG, WarnRspr. 1930 Nr. 43; OGHZ 4, 194, 196«; BGHZ 29, 137, 139 7 ; BGH, NJW 1959, 1317 8 ; 1960, 1720, 1721 9 ). Der Grundsatz ist gegenüber anderen Vorschlägen, die im Schrifttum f ü r die Lösung des Qualiflkationsproblems gemacht worden sind, aufrechtzuerhalten, jedenfalls wenn, wie es hier der Fall ist, das eigene Recht keine Systemlücke aufweist, die seine Anwendung unmöglich macht. Dagegen will Wengler die Frage, ob die Ehefrau mit der Eheschließung den Namen ihres Mannes erwirbt, in erster Linie nach ihrem Heimatrecht beantworten, weil allgemein f ü r den Namen das Personalstatut des Namensträgers maßgebend sei; gegebenenfalls sei das Ehewirkungsstatut mit heranzuziehen und möglicherweise .anzugleichen' (NJW 1963, 593, 2230). Ihm ist Ficker beigetreten (Festschrift f ü r Nipperdey, I 297, 308). Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Wäre sie richtig, so wäre in der Frage, ob der Mannesname mit der Eheschließung auf die Ehefrau übergeht, von vornherein gerade das Heimatrecht des Ehemannes weitgehend ausgeschaltet, obwohl sich nach diesem Recht der Name des Mannes bestimmt und es sich darum handelt, ob durch die Vermittlung des Mannes sein Name auf eine weitere, nicht notwendig diesem Recht unterstehende Person übertragen wird. Im übrigen würden auch dann, wenn sich der Name der Ehefrau grundsätzlich nach ihrem Personalstatut richten würde, nicht alle Schwierigkeiten ausgeräumt, die Wengler und Ficker vermeiden möchten. Folgt man ihrer Ansicht, so könnten im deutschen Rechtsbereich lebende Eheleute Mißdeutungen ausgesetzt sein, wenn der Mann die deutsche, die Frau eine ausländische Staatsangehörigkeit besäße und nach ihrem Personalstatut den Mädchennamen weiterführen müßte. Dem Anliegen, vor allem die deutsche Ehefrau vor solchen Mißdeutungen zu schützen, kann Rechnung getragen werden, indem in den in Betracht kommenden öffentlichen Urkunden in den Fällen, in denen die Ehefrau ihren Mädchennamen behält, bei richtiger Namensangabe Formulierungen gebraucht 5 7 9
IPRspr. 1960-1961 Nr. 128. IPRspr. 1958-1959 Nr. 112. IPRspr. 1960-1961 Nr. 23.
• IPRspr. 1950-1951 Nr. 29. IPRspr. 1958-1959 Nr. 49.
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werden, die einen Zweifel an dem familienrechtlichen Stand der Ehefrau und an der Person ihres Ehemannes nicht aufkommen lassen. Es besteht aber kein hinreichender Grund, in diesem Zusammenhang von dem erwähnten allgemeinen Rechtssatz abzuweichen, daß die Systematik des deutschen inländischen Rechts f ü r den Anwendungsbereich der Vorschriften des deutschen IPR maßgebend ist. 4. Der Name, den die ASt. seit ihrer Eheschließung führt, richtet sich also nach den Vorschriften derjenigen Rechtsordnung oder derjenigen Rechtsordnungen, die die Ehewirkungen regeln, zu denen die Übertragung des Mannesnamens auf die Ehefrau gehört. Die die persönlichen Ehewirkungen behandelnde Vorschrift des Art. 14 EGBGB trifft keine ausdrückliche Bestimmung darüber, welches Recht anzuwenden ist, wenn nicht beide Eheleute die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Auf die allgemeinen Grundsätze, die aus ihr f ü r diese Fälle abgeleitet worden sind, braucht nidit eingegangen zu werden. F ü r die hier zu entscheidende Frage, ob die Ehefrau durch die Eheschließung den Namen des Ehemannes erwirbt, sind folgende Erwägungen maßgebend. Wenn in einer Rechtsordnung vorgesehen ist, daß eine Ehefrau mit der Heirat den Familiennamen ihres Ehemannes erwirbt, so hat diese Wirkung der Eheschließung einen besonderen Charakter, weil der Name, den die Ehefrau nunmehr trägt, sich von demjenigen ihres Ehemannes ableitet. Da sich aber das f ü r den Namen des Ehemannes maßgebende Recht nach dessen Personalstatut bestimmt, kann auch die Übertragung des Mannesnamens auf die Ehefrau als Auswirkung der Eheschließung nur in Betracht kommen, wenn die Rechtsordnung des Staates, dem der Ehemann angehört, sie vorsieht oder zuläßt. Es wäre ein von außen kommender unangebrachter Eingriff in das f ü r den Mannesnamen maßgebende Recht, das sich nach seinem Personalstatut bestimmt, wenn die Ehefrau ausschließlich nach Maßgabe einer anderen Rechtsordnung den vom Namen des Ehemannes abgeleiteten Familiennamen erhielte. Außerdem könnte es, wenn das Personalstatut des Mannes außer Betracht bliebe und etwa allein auf das Personalstatut der Ehefrau abzustellen wäre, Unzuträglichkeiten und Schwierigkeiten geben. Solche Schwierigkeiten könnten etwa auftreten, wenn die Ehefrau den Mannesnamen entgegen dessen Personalstatut erworben hätte, dieses aber bei einer späteren Ehescheidung das maßgebende Statut f ü r die Scheidung oder deren namensrechtliche Folgen wäre und es nunmehr an der dort nicht vorgesehenen, aber gerade auch vom Standpunkt dieser Rechtsordnung aus angebrachten Möglichkeit einer Untersagung der weiteren Führung des Mannesnamens durch die Frau fehlte. Derartige Schwierigkeiten werden zwar auch dann nicht ganz ausgeschlossen, wenn die Übertragung des Mannesnamens auf die Ehefrau nicht im Widerspruch zum Personalstatut des Mannes erfolgt; sie lassen sich im IPR nicht völlig vermeiden. Aber sie werden doch gemindert, wenn in der Frage der Übertragung des Mannesnamens auf die F r a u durch die Eheschließung als Ehewirkungsstatut das Mannesrecht mindestens mit herangezogen wird.
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Dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter widerspricht das nicht, auf alle Fälle dann nicht, wenn man annimmt, daß auch das Personalstatut der Ehefrau maßgebend ist und die Übertragung des Mannesnamens auf die Ehefrau nur erfolgt, falls diese Rechtsordnung sie ebenfalls vorsieht. Dazu, ob es auch auf das Personalstatut der F r a u ankommt, braucht jedoch nicht abschließend Stellung genommen zu werden, weil, wie im folgenden auszuführen ist, nach dem als Personalstatut des Mannes in Betracht kommenden niederländischen Recht, das im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit von dem Gericht der weiteren Beschwerde selbständig anzuwenden und auszulegen ist (Beschl. des Senats, FamRZ 1960, 229, 230 5 ), die Ehefrau mit der Heirat nicht den Namen des Ehemannes erwirbt und weil schon deshalb die Ehefrau eines Niederländers nicht unter dessen Namen in den deutschen Personenstandsbüchern eingetragen werden kann. 5. Nach niederländischem Recht richtet sich der Name nach dem Personalstatut des Namensträgers (van Sasse van Ysselt, StAZ 1964, 84, 85, mit Angaben über niederländisches Schrifttum). Doch verweist das niederländische Redit, was den Familiennamen der ASt. betrifft, nicht auf das deutsche Recht zurück; denn da die ASt. außer der deutschen auch die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt und außerdem ihr Ehemann Niederländer ist, sind f ü r ihren Familiennamen nach niederländischem Recht die dort geltenden Sachnormen maßgebend (van Sasse van Ysselt, StAZ 1964, 84, 85; 1965, 49). Diese gehen dahin, daß die F r a u auch nach der Eheschließung ihren bisherigen Familiennamen behält, doch ist es üblich, daß sie ihrem Namen die Bezeichnung: .Ehefrau (es folgt der Name des Ehemannes)' anfügt (Fichier de documentation der Commission internationale de l'état civil, Fiche III Pays-Bas, 3, in deutscher Übersetzung StAZ 1964, 17; van Sasse van Ysselt, StAZ 1964, 84, 85). Darüber hinaus pflegt in den Niederlanden eine Ehefrau sich selbst im täglichen Leben und im allgemeinen Rechtsverkehr unbeanstandet mit dem Namen ihres Ehemannes zu bezeichnen, und es ist auch allgemeiner Brauch, daß sie n u r mit diesem Namen angesprochen wird; dabei handelt es sich nach niederländischer Auffassung um mehr als eine nur tatsächliche Übung (Auskunft des niederländischen Vertrauensanwalts der deutschen Botschaft in Den Haag, mitgeteilt in einem Beschluß des OLG Frankfurt/Main, StAZ 1965, 48, 49 1 0 ; F ick er, Recht des bürgerlichen Namens, 95; Krüger, AcP 156 [1957] 232, 244). Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, in den Niederlanden habe sich ein Gewohnheitsrecht dahin entwickelt, daß der rechtmäßige Name der Frau derjenige ihres Ehemannes sei. Dahingehenden im deutschen Rechtsbereich geäußerten Auffassungen sind niederländische Stellen entgegengetreten, und auch die in dem Rundsdireiben des Bundesministers des Innern vom 12. 7. 1963 enthaltene Wendung, in den Niederlanden führe die Frau gewohnheitsrechtlich den Namen des Mannes im täglichen Leben (StAZ w
Siehe unten Nr. 97.
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1963, 231, 233), ist in den Niederlanden als zu stark empfunden worden (Anm. der Schriftleitung zu dem Beschl. des OLG Frankfurt/Main, der Anlaß zu dem Vorlegungsbeschluß, gegeben hat, StAZ 1964, 17 11 ; van Sasse van Ysselt, StAZ 1965, 49). In niederländischen standesamtlichen Urkunden wird eine Ehefrau immer mit ihrem Mädchennamen bezeichnet (Auskunft des Leiters der staatlichen Inspektion der Melderegister in Den Haag, StAZ 1948, 40). Zwar ist es im niederländischen Rechtsschrifttum beanstandet und als Torheit und vollkommene Verkennung des wirklichen Rechts bezeichnet worden, daß in den Niederlanden von einer Ehefrau verlangt wird, standesamtliche Urkunden mit ihrem Mädchennamen zu unterschreiben (Asser-Wiarda, Personen- und Familienrecht, 1957, 1145); aber dem kann keine ausschlaggebende Bedeutung f ü r die Beurteilung der Rechtslage beigemessen werden, da diese Meinung sich in der Rechtspraxis nicht durchgesetzt hat. 6. Es ergibt sich daraus, daß auch in den deutschen Personenstandsbüchern eine Ehefrau, deren Name sich nach dem niederländischen Recht richtet, mit ihrem Mädchennamen bezeichnet werden m u ß ; denn als Name im Sinne des § 21 I Nr. 1 PStG kommt nur derjenige Name in Betracht, der der betreffenden Person rechtmäßig zusteht, nicht dagegen ein anderer Name, auch wenn er üblicherweise und tatsächlich unbeanstandet geführt wird. Die Notwendigkeit, daß die Eintragungen in den Personenstandsbüchern die bezeichneten Personen eindeutig und zweifelsfrei erkennen lassen, erlaubt es entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt/Main nicht, Ausnahmen von dem Grundsatz zu machen, daß f ü r sie in diesen Eintragungen allein die Namen angegeben werden, die ihnen rechtmäßig zustehen. Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, daß es in den Niederlanden möglicherweise hingenommen würde, wenn eine Ehefrau trotz gegenteiliger Anweisung des Standesbeamten den Heiratseintrag mit dem Namen ihres Mannes unterzeichnen würde (van Sasse van Ysselt, StAZ 1965, 49, 50). F ü r den inländischen Rechtsbereich gilt der Grundsatz, daß in den Personenstandsbüchern die richtigen Personennamen anzugeben sind. Demgegenüber kann den zur Begründung der gegenteiligen Auffassung geltend gemachten Erwägungen, die Ehefrau sei Mißhelligkeiten ausgesetzt, wenn sie in amtlichen Urkunden mit ihrem Mädchennamen bezeichnet werde, keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß es möglich und angebracht ist, die F r a u auch in solchen Urkunden als Ehefrau des namentlich angegebenen Ehemannes zu bezeichnen und damit von vornherein solche Mißhelligkeiten zu vermeiden. Doch läßt der Umstand, daß die ASt. in dem Eintrag der Geburt ihres Kindes in dem Geburtenbuch nicht als Ehefrau gekennzeichnet ist, keine Berichtigung dieses Eintrags zu, da die Eintragung nicht unrichtig ist. Sie ergibt im übrigen, daß das Kind Ludwig Bo., dessen Geburt beurkundet ist, das eheliche Kind der angegebenen Eltern ist, da der Name des Vaters bei einem unehelichen Kind nicht eingetragen wird." 11
IPRspr. 1962-1963 Nr. 84 a und c.
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96. Entgegen der deutschen Rechtslage erwirbt eine Frau, die einen niederländischen Staatsangehörigen heiratet, mangels niederländischer Rechtsvorschriften nicht den Familiennamen des Mannes. Die deutsche Frau darf deshalb den Heiratsantrag nicht mit dem Namen ihres Mannes unterschreiben. AG Frankfurt, Beschl. vom 27. 11. 1964 - Hö 4 UR III 22/64: Unveröffentlicht. 9 7 . Der Senat hält an seiner Ansicht fest, daß im Falle der Heirat eines Niederländers mit einer deutschen Staatsangehörigen vor einem deutschen Standesamt die Ehefrau mit dem Namen des Mannes unterzeichnen darf1. OLG Frankfurt, Beschl. vom 3. 12. 1964 - 6 W 159/64: FamRZ 1965, 45; StAZ 1965, 48 mit Anm. van Sasse van Ysselt. Am 22. 3. 1962 schloß die verwitwete Frau Christina P. geb. L. mit dem niederländischen Staatsangehörigen Istvan K. vor dem Standesbeamten in F. die Ehe. Sie unterschrieb die Heiratsurkunde mit ihrem Mädchennamen Christina L. Der ASt. erwirkte daraufhin gemäß § 47 PStG vom AG Wiesbaden einen Beschluß, der zu dem Heiratseintrag eine Beischreibung des Inhalts anordnete, daß berichtigend vermerkt werden sollte, die Unterschrift der Ehefrau hätte richtig nicht Christina L., sondern Christina P. geb. L. gelautet. Alsdann legte der ASt. gegen diesen Beschluß Beschwerde ein mit dem Antrag, den Berichtigungsbeschluß dahin zu ändern, daß die Unterschrift der Ehefrau nicht Christina L., sondern Christina K. geb. L. lauten müsse. Durch den angefochtenen Beschluß hat das LG der Beschwerde stattgegeben. Zur Begründung hat es sich dabei im wesentlichen auf den Beschluß des Senats 6 W 237/63 (NJW 1963, 2231 = FamRZ 1963, 571 = Rpfleger 1963, 415) 2 berufen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des ASt. mit dem Antrag, den amtsgerichtlichen Beschluß wieder herzustellen. Aus den Gründen: „Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft und ordnungsmäßig angebracht, sachlich aber nicht begründet. In seinem vorerwähnten Beschluß hat der Senat ausführlich dargelegt, daß Namensunterschriften in Personenstandsurkunden im Verfahren nach § 47 PStG berichtigungsfähig sind. An dieser Rechtsansicht wird festgehalten. Der Senat hat ferner in seinem Beschluß die Auffassung vertreten, es könne die Frage dahingestellt bleiben, ob das Recht zur Namensführung nach dem Personalstatut (so Wengler, NJW 1963, 593) oder nach dem Ehewirkungsstatut oder dem Heimatrecht des Ehemannes (so die herrschende Meinung) zu beurteilen sei, da die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzende Ehefrau eines Niederländers nach allgemeiner Rechtsauffassung 1
Vgl. aber OLG Oldenburg, Vorlagebeschl. vom 16. 9. 1964 - 5 Wx 55/64, oben Nr. 95 a und BGH, Beschl. vom 12. 7. 1965 - IV ZB 497/64, oben Nr. 95 b. 2 IPRspr. 1962-1963 Nr. 84 a.
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in den Niederlanden keinen falschen Namen führe, wenn sie mit dem Namen des Mannes im Rechtsverkehr auftrete, wobei übrigens dahinstehen könne, ob diese allgemeine Praxis bereits zu einer gewohnheitsrechtlichen Änderung des bestehenden positiv-rechtlichen Rechtszustandes geführt habe, wie dies das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 12. 6. 1963 (GMB1. 247, veröffentlicht in StAZ 1963, 231) annehme. Sowohl nach niederländischer wie auch deutscher Rechtshandhabung werde es der deutschen F r a u eines Niederländers nicht verwehrt, im täglichen Leben den Namen ihres Mannes zu führen und damit Unterschriften zu leisten. Dieser Beschluß des Senats ist in StAZ 1964, 17 2 von der Schriftleitung mit einer kritischen Anmerkung versehen worden, worin diese die Ausführungen des Senats beanstandet, daß die Verwaltungspraxis in den Niederlanden es allgemein zulasse, daß die Ehefrau sogar amtliche Schriftstücke mit dem Mannesnamen unterzeichne. Zwar dürfe die Verwaltung den Namen des Mannes hinzufügen, an erster Stelle aber stehe stets der Mädchenname der Ehefrau. Die Ausdrucksweise in dem Erlaß des Bundesministers des Innern aaO sei ungenau, wenn dort gesagt werde, daß die Ehefrau eines Niederländers den Namen des Mannes gewohnheitsrechtlich im täglichen Leben führe. Ein Gewohnheitsrecht sei hier nicht gegeben; daher werde in offiziellen Urkunden, z. B. in standesamtlichen Urkunden und in Pässen in den Niederlanden die Ehefrau immer mit ihrem Mädchennamen bezeichnet und zu näherer Kennzeichnung dann oft noch hinzugefügt,Ehefrau von . . . ' . Die vom Senat vermutete allgemeine Rechtsauffassung in den Niederlanden über die Führung des Mannesnamens durch die Frau auch im Rechtsverkehr könne somit nicht festgestellt werden. Auf Rückfrage des Senats hat inzwischen der Bundesminister des Innern mitgeteilt, er beabsichtige, den 2. Halbsatz seines oben erwähnten Rundschreibens wie folgt neu zu fassen , . . . nach gewohnheitsmäßiger Übung f ü h r t sie ihn aber im täglichen Leben'. E r hat sich dabei auf eine Auskunft des niederländischen Vertrauensanwalts der deutschen Botschaft in Den Haag bezogen, in der über das Namensführungsrecht der Ehefrau eines niederländischen Staatsangehörigen u . a . folgendes gesagt wird: Das niederländische Recht enthalte hierzu keine Vorschrift. Tatsächliche Übung sei es, daß die Ehefrau im täglichen Leben den Namen ihres Ehemannes führe; niemand spreche eine verheiratete Frau mit ihrem Mädchennamen an, ,ja es wäre fast eine Beleidigung, so etwas zu tun'. Im Rechtsverkehr, z. B. bei Unterzeichnung von Urkunden, genüge es, wenn die verheiratete F r a u mit dem Namen des Mannes unter Beifügung des eigenen Namens (geborene . . . ) unterzeichne. Sogar die bloße Unterzeichnung mit dem Mannesnamen sei ausreichend, wenn vor dem Vornamen die Bezeichnung F r a u oder Witwe stehe. Die niederländische Gesetzgebung treffe keine Bestimmung darüber, wie man Urkunden zu unterzeichnen habe. Nach einer Entscheidung des Höge Raad vom 6. 5. 1910 (W 9025) sei die Unterzeichnung mit dem Namen, den man führt, eine solche im Sinne des Gesetzes; die Ehefrau führe aber nicht ihren Mädchennamen, sondern den Namen des
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Ehemannes und könne daher mit diesem rechtsgültig unterzeichnen. In Reisepässen und in notariellen Urkunden werde der Mädchenname der Ehefrau mit dem Zusatz ,Ehefrau von . . . ' aufgeführt. In Standesamtssachen werde allgemein verlangt, daß die Ehefrau mit dem Mädchennamen unterzeichne. Diese Praxis habe Professor Wiarda in seiner Bearbeitung des Kommentars von Asser, Personen- und Familienrecht, 1957, 1145, als eine Torheit und vollkommene Verkennung des wirklichen Rechts bezeichnet. Die Frau habe zwar kein echtes Gewohnheitsrecht, den Namen ihres Ehemannes zu tragen. Es handle sich hierbei aber um mehr als um eine nur tatsächliche Übung, wenn sie es tue. Auf Grund dieser Sachverständigendarlegungen der Rechtsverhältnisse in den Niederlanden sieht der Senat keinen Anlaß, von seiner in dem vorerwähnten Beschluß vertretenen Rechtsauffassung abzugehen. Zwar kann die Meinung nicht aufrechterhalten werden, daß sich das Recht, den Namen des Mannes zu führen, bereits zu einem Gewohnheitsrecht verstärkt habe. Der Senat sieht sich aber in seiner Auffassung bestätigt, daß keine niederländische Gesetzesvorschrift besteht, die der Frau eines Niederländers zur Pflicht machte, mit ihrem Mädchennamen und nicht mit dem Mannesnamen zu unterzeichnen. Sieht man von der vorgenannten Übung der Standesämter, der Paß-Stellen und der Notare ab, so ergibt sich, daß die Ehefrau in allen übrigen Beziehungen des täglichen Lebens, also auch im sonstigen Rechtsverkehr, regelmäßig den Namen ihres Mannes führt. Diese tatsächliche Übung hat sich somit offensichtlich in einem ganz erheblichen Umfang durchgesetzt, da nur so die Kritik von Wiarda an den abweichenden Übungen einzelner Dienststellen verstanden werden kann. Schon diese Überlegungen lassen das vom LG gefundene Ergebnis als tragbar erscheinen. Als ein weiterer, bedeutsamer Umstand kommt aber hinzu, daß die Eheleute, die hier in Deutschland die Ehe geschlossen haben, in aller Regel in der Bundesrepublik zu verbleiben beabsichtigen. Im alltäglichen Leben und im Rechtsverkehr schlechthin innerhalb der Bundesrepublik besteht aber auch für die deutsche Ehefrau eines Inländers nicht nur die Möglichkeit, sondern geradezu eine zwingende Notwendigkeit, sich mit dem Namen des Mannes entsprechend den für deutsche Eheleute insoweit bestehenden Ordnungsvorschriften und zugleich in Übereinstimmung mit der allgemeinen Übung in den Niederlanden zu bezeichnen, sofern sie nicht das Risiko eingehen wollte, nachteilige Folgen aus ihrem abweichenden Verhalten zu erfahren. Denn ihr wird beispielsweise ein Einschreibebrief oder ein Wertpaket von der Post nicht oder jedenfalls nicht ohne langwierige Auseinandersetzungen ausgehändigt werden, wenn diese auf den Mädchennamen der F r a u lauten sollten. Andererseits wird der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung gegen eine solche Ehefrau nicht, mindestens nicht ohne weiteres, durchführen, wenn der Zwangs Vollstreckungstitel auf ihren Mädchennamen ausgestellt wäre. Auch würde eine in Deutschland lebende Ehefrau eines Niederländers, die nicht im täglichen Leben den Namen ihres Mannes als den ihrigen gebraucht, sich Peinlichkeiten aussetzen, weil bei Gebrauch eines anderen Namens die Vermutung aufkäme, sie sei nicht
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seine legitime Ehefrau, sondern lebe nur in eheähnlicher Gemeinschaft mit ihm zusammen. Aus allen diesen Erwägungen erscheint die Auffassung des LG zutreffend. Die weitere Beschwerde mußte somit als unbegründet zurückgewiesen werden." 9 8 . Die Wiederannahme eines früheren Ehenamens für eine geschiedene Frau richtet sich nach dem Personalstatut des früheren Ehemannes zur Zeit der Auflösung dieser Ehe. Das portugiesische Recht läßt eine derartige Wiederannahme nicht zu. AG Hamburg, 14. 1. 1965 - 60 I I I 4/65: StAZ 1965, 157. Aus den Gründen: „Die ASt., die infolge Eheschließung die portugiesische Staatsangehörigkeit erworben und die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, ist nach Auflösung dieser Ehe am 21. 5. 1955 eine neue Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen W . eingegangen. Diese Ehe wurde am 5. 6. 1958 rechtskräftig geschieden. Nach dem gemäß Art. 14 EGBGB anzuwendenden deutschen Recht hat die ASt. gemäß § 1355 BGB den Namen W . erhalten. Diesen Namen hat sie auch nach der Ehescheidung behalten; denn die Namensführung der Frau aus geschiedener Ehe richtet sich nach herrschender Meinung nach dem Scheidungsstatut. Das ist gemäß Art. 17 EGBGB das Heimatrecht des Mannes, hier mithin das deutsche Recht, welches in § 54 EheG bestimmt, daß die geschiedene Frau den Familiennamen des Mannes behält. Unter Berufung auf ihr Heimatrecht, welches ihr verbietet, den Familiennamen des Mannes nach der Scheidung weiter zu führen, hat die ASt. am 2. 1. 1964 bei dem Standesamt Hamburg-Altona eine Erklärung nach § 55 I I EheG über die Wiederannahme ihres früheren Namens ,d. S.' abgegeben. Der Standesbeamte hat die Entgegennahme dieser Erklärung abgelehnt. Hiergegen richtet sich der Antrag der ASt. vom 17. 12. 1964. Der Antrag ist nach § 45 PStG zulässig. Die Aufsichtsbehörde ist gehört worden. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Welchen Namen die ASt. nach Scheidung der Ehe nach ihrem Heimatrecht zu führen hat und ob ein Verlust des Ehenamens bei entsprechender Erklärung der ASt. in das Familienbuch alter Art eingetragen werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Eine Wiederannahme des früheren Ehenamens ,d. S.' nach § 55 EheG ist jedenfalls nicht möglich. Nach herrschender Auffassung richtet sich die Wiederannahme eines früheren Ehenamens für eine geschiedene Frau nach dem Personalstatut des früheren Ehemannes zur Zeit der Auflösung dieser Ehe (Raape, IPR, 5. Aufl., 326; Ficker, Das Recht des bürgerlichen Namens, 134; Kegel in Soergel-Siebert, BGB, Anm. 91 zu Art. 17 EGBGB). Das ist im vorliegenden Fall das portugiesische Recht, da der frühere Ehemann d. S. bis zu seinem Tode unbestritten die portugiesische Staatsange-
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hörigkeit besaß. Da auch das Personalstatut der ASt. das portugiesische Recht ist, käme die Wiederannahme des früheren Ehenamens durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten n u r in Frage, wenn eine solche Wiederannahme nach portugiesischem Recht zulässig ist. Das ist nicht der Fall. Das portugiesische Recht enthält eine dem § 55 II EheG entsprechende Regelung nicht. Mithin hat der Standesbeamte des Standesamts Hamburg-Altona die Entgegennahme der Erklärung der ASt. vom 2. 1. 1964 zu Recht abgelehnt. Dem Antrag gemäß § 45 PStG konnte daher nicht entsprochen werden." 99. Die Klage, mit der ein Italiener vor einem deutschen Gericht die Feststellung begehrt, daß es ihm gestattet sei, von seiner italienischen Ehefrau getrennt zu leben, ist eine Feststellungsklage, für deren Zulässigkeit ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis gefordert wird. OLG Nürnberg, Urt. vom 29. 1. 1965 - 6 U 107/64: FamRZ 1965, 150; Leitsatz in DRiZ 1965 B 39 Nr. 526. Die Parteien besitzen die italienische Staatsangehörigkeit und haben am 19. 12. 1959 in Italien die Ehe geschlossen. Der letzte gemeinsame Aufenthaltsort war im Bezirk Nürnberg. Die Bekl. befindet sich wieder in Italien. Nach der Behauptung des Kl. leben die Parteien seit Ende 1960 getrennt, nach der Behauptung der Bekl. seit Mai 1962. Beide Parteien sind mit der Trennung einverstanden. Der Kl. hat Feststellung begehrt, daß ihm gestattet sei, von der Bekl. getrennt zu leben, da sie seit 1963 ehebrecherische Beziehungen zu R. unterhalte. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, das Gericht könne das Getrenntleben nicht gestatten, da das italienische Recht ein Recht zur Verweigerung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht kenne. Die im italienischen Recht vorgesehene Trennung von Tisch und Bett sei mit dem Recht zum Getrenntleben nicht gleichzusetzen. Der Kl. hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Aus den Gründen: „Das Rechtsmittel ist zulässig, denn der Kl. hat es frist- und formgerecht eingelegt und begründet. Es hat aber keinen Erfolg, denn dem Kl. fehlt das rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung (§ 256 ZPO). Es kann dahinstehen, ob italienisches Gewohnheitsrecht ein materielles Recht zum Getrenntleben im Sinne des § 1353 II BGB kennt, denn nach deutschem Prozeßrecht, das nach feststehender Rechtsprechung auch dann anzuwenden ist, wenn materiellrechtlich nach ausländischem Recht zu entscheiden ist, handelt es sich bei dem Klagebegehren um eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis f ü r die Zulässigkeit der Klage voraussetzt. Auch der Eheprozeß kennt Feststellungklagen. Daß Feststellungsklagen, abgesehen von den in § 606 ZPO ausdrücklich bezeichneten, unter den Voraussetzungen des § 256 ZPO im Eheprozeß nicht zulässig sein sollten, findet im Gesetz keine Stütze. Der Fall, daß das Bedürfnis f ü r eine Feststellungklage wie die vorliegende besteht, wird allerdings selten ein-
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treten. Daher ist es erklärlich, daß die Rechtsprechung es bei einem Streit über die Verpflichtimg zur Herstellung des ehelichen Lebens im allgemeinen mit Leistungsklagen zu tun hat und auch im Schrifttum meist nur von solchen gesprochen wird. Es wird aber auch die Möglichkeit anerkannt, daß auf Duldung der Verweigerung der Herstellung der ehelichen Gemeinschaft oder auf Feststellung des Verweigerungsrechts geklagt wird (vgl. Staudinger, [BGB] 11. Aufl., § 1353 Vorbem. Nr. 43; OLG Hamm, FamRZ 1957, 53; OLG Düsseldorf, FamRZ 1960, 155; OLG Koblenz, N J W 1962, 350; Soergel-Siebert, [BGB] § 1353 Anm. 27; Palandt, [BGB] Einf. vor § 1353 Anm. 3; RGZ 150, 70). Eine solche Sache ist, weil sie die Herstellung des ehelichen Lebens zum Gegenstand hat, Ehesache. Diese Klage ist als negative Feststellungsklage das Gegenstück zu der Klage auf Wiederherstellung des ehelichen Lebens. Da beide Parteien jegliches Interesse an der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft verloren haben und im beiderseitigen Einverständnis getrennt leben, ist nicht ersichtlich, worin das Interesse des Kl. an alsbaldiger Feststellung seines etwaigen Rechts zum Getrenntleben und zur Verweigerung der ehelichen Lebensgemeinschaft bestehen könnte. Ein Rechtsschutzbedürfnis, das in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist, ergibt sich nicht aus etwaigen künftigen Beweisschwierigkeiten, weil das Beweissicherungsverfahren eine solche Gefahr abwenden könnte (BGHZ 18, 41 1 ). Auch die Besorgnis, die Bekl. könnte ihre bisherige Zustimmung zum Getrenntleben widerrufen, begründet kein Rechtsschutzbedürfnis, denn durch einen solchen Widerruf könnte dem Kl. kein wirklicher Nachteil drohen. Daß der Kl. sich eine gesicherte Grundlage für die Anerkennung eines vor einer anderen Behörde oder einem italienischen Gericht zu verfolgenden Anspruches verschaffen will, behauptet er selbst nicht. Selbst dann wäre erst zu prüfen, ob das begehrte Feststellungsurteil von der anderen Behörde oder dem anderen Gericht als Grundlage für die dortige Entscheidung anerkannt werden würde (BGH, N J W 1960, 1297 2 ) . " 100. Wird eine Deutsche durch Heirat mit einem Ausländer Doppelstaaterin, so sind die persönlichen Beziehungen der Ehegatten zueinander einschließlich des Familiennamens der Frau stets nach dem Heimatrecht, das sie gemeinsam haben, zu beurteilen. Unterschreibt eine Deutsche die Beurkundung ihrer Eheschließung mit einem französischen Staatsangehörigen vor einem deutschen Standesbeamnicht ten mit dem Namen ihres Mannes, so ist diese Namensunterschrift unrichtig. BayObLG, Beschl. vom 8. 6. 1965 - BReg. 2 Z 330/64: BayObLGZ 1965, 221; JZ 1966, 182; N J W 1965, 2060; StAZ 1965, 302; MDR 1965, 994; FamRZ 1965, 565 mit Anm. der Red.; DRspr. I (180) 55 b-c; Leitsatz in OLGZ 1966, 193; N J W 1966, 304 mit Anm. Brintzinger; BayJMBl. 1966, 23. 1
IPRspr. 1954-1955 Nr. 64.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 170.
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Der französische Staatsangehörige Albert B. und die Deutsche Erika Rosina L. schlössen am 8. 8. 1961 vor dem Standesbeamten in Kraiburg a. Inn die Ehe. Die Eheschließung wurde unter Nr. 12 im Heiratsbuch des Standesamts beurkundet. Dabei unterschrieb die Ehefrau die Eintragung mit „Erika B., geb. L.". Das Landratsamt M. als Aufsichtsbehörde des Standesamtes Kraiburg a. Inn beanstandete diese Unterschrift. Nach französischem Recht erwerbe die Ehefrau durch die Eheschließung nicht den Familiennamen des Ehemannes. Die Ehefrau hätte deshalb mit ihrem Mädchennamen unterschreiben müssen. Das Landratsamt stellte darum zum AG Traunstein den Antrag, eine Berichtigung der Namensunterschrift dahin anzuordnen, daß der Familienname der Ehefrau richtig „L." sei. Das AG Traunstein lehnte mit Beschluß vom 1. 4. 1964 den Berichtigungsantrag ab. Die hiegegen erhobene Beschwerde des Landratsamts hat das LG Traunstein am 12. 10. 1964 als unbegründet zurückgewiesen. AG und LG führten im wesentlichen übereinstimmend aus, nach französischem Recht verliere die Ehefrau mit der Eheschließung zwar nicht ihren Mädchennamen. Sie werde jedoch während der Ehe gewohnheitsrechtlich mit dem Namen ihres Ehemannes bezeichnet. Kraft dieses Gewohnheitsrechts habe sie auch die Eintragung der Eheschließung im Heiratsbuch so wie geschehen unterschreiben dürfen. Gegen die Entscheidung des LG hat das Landratsamt M. weitere Beschwerde eingelegt. Es beharrt auf seiner Meinung, daß durch die Heirat keine Änderung im Namensrecht der Erika L. eingetreten sei und diese deshalb die Eintragung der Eheschließung im Heiratsbuch mit ihrem Mädchennamen hätte unterzeichnen müssen. Aus den Gründen: „1. . . . 2. E r i k a Rosina L. war bis zu ihrer Eheschließung deutsche Staatsangehörige. Mit der Eheschließung mit dem Franzosen Albert B., f ü r deren Gültigkeit Art. 170 I Cc die Wahrung der deutschen F o r m (§ 13 EheG) genügen läßt, erwarb sie die französische Staatsangehörigkeit (Art. 37 des französischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 19. 10. 1945 i. d. F . vom 24. 5. 1951, abgedruckt bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Bd. II, Frankreich S. 5 ) . Sie wäre nur dann nicht Französin geworden, wenn die Vorbehalte in den Art. 38, 39 und 40 des angeführten Gesetzes eingegriffen hätten, nämlich wenn sie vor der E h e schließung die Ausschlagung der französischen Staatsangehörigkeit erklärt hätte (Art. 38), wenn die französische Regierung durch eine Verfügung dem Erwerb der französischen Staatsangehörigkeit widersprochen hätte (Art. 39) oder wenn sie aus Frankreich ausgewiesen oder ihr durch eine noch nicht aufgehobene Anordnung ein Aufenthalt angewiesen gewesen wäre (Art. 4 0 ) . Über das Vorliegen eines solchen Ausnahmetatbestandes ist nichts bekannt; es fehlt an jeglichem Anhaltspunkt für seine Annahme. Ihren Status als Deutsche hat E r i k a Rosina L. trotz Erwerbs der französischen Staatsangehörigkeit weiterhin behalten. § 17 Nr. 6 RuStAG vom 22. 7. 1913, wonach eine Deutsche durch Eheschließung mit einem Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit verlor, widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 I I GG und ist darum gemäß Art. 117 1 GG seit dem. 1. 4. 1953 außer Kraft. Sonach ist E r i k a Rosina L. nunmehr zugleich deutsche und französische Staatsangehörige (Lichter, Die Staatsangehörigkeit nach 21
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deutschem u n d ausländischem Recht, 2. Aufl., 120, 648; Massfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl., § 17 Anm. 5 b ) . 3. Ob eine Deutsche durch Eheschließung mit einem ausländischen Staatsangehörigen den Familiennamen des Mannes erwirbt, ist nach den Normen der Rechtsordnung zu beurteilen, die vom deutschen IPR berufen wird. a) Der Name ist ein Mittel zur Kennzeichnung des Menschen; er unterscheidet die einzelne Person im bürgerlichen und gesellschaftlichen Leben von anderen Menschen. Wegen des engen Zusammenhangs des Namens mit der Persönlichkeit eines Menschen wird das Namensrecht dem Personenrecht zugerechnet; in Ermangelung einer anderweitigen gesetzlichen Regelung wird es grundsätzlich nach dem Personalstatut des Namensträgers beurteilt (BayObLGZ 1956, 345, 347 = StAZ 1957, 9 5 , 9 6 B a y O b LGZ 1960, 418, 422 = StAZ 1961, 43, 44 2 ; BayObLGZ 1961, 305, 308 = StAZ 1962, 75, 76 = MDR 1962, 408 3 ; BayObLGZ 1962, 401, 403 = StAZ 1963, 119 4 ; BayObLGZ 1964, 377, 379 = StAZ 1965, 126 5 ; KG, N J W 1963, 51, 52 je mit zahlreichen weiteren Nachweisen). b) Das Personalstatut gilt jedoch f ü r das Namensrecht nicht ausnahmslos. In zahlreichen Fällen wird das Namensrecht an den Familienstand gek n ü p f t und dessen Änderungen unterworfen, so bei der Annahme an Kindes Statt (§ 1758 BGB), der Legitimation durch nachfolgende Ehe (§1719 BGB), der Ehelichkeitserklärung (§§ 1736, 1616 BGB), der Eheschließung (§ 1355 BGB), der Einbenennung (§ 1706 II Satz 2 BGB) und dem Namenswechsel der geschiedenen F r a u (§§ 55 bis 57 EheG). Nach der in Rechtsprechung und Rechtslehre überwiegenden Meinung beurteilt sich in diesen Fällen die N a m e n s f ü h r u n g und der Namenswechsel nicht nach dem Personalstatut des Namensträgers, sondern nach demjenigen Recht, welches f ü r das familienrechtliche Verhältnis maßgebend ist. Insbesondere wird angenommen, daß der Erwerb des Mannesnamens durch die F r a u infolge Eheschließung nach dem Ehewirkungsstatut (Art. 14 EGBGB) zu beurteilen ist (Raape, IPR, 5. Aufl., § 31 A IV 2, S. 326; Soergel-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 14 EGBGB Rdnr. 25; Palandt, BGB, 24. Aufl., Art. 14 EGBGB Anm. 4 c ; Erman-Marquordt, BGB, 3. Aufl., Art. 14 EGBGB Anm. 4 c; Ficker, Das Recht des bürgerlichen Namens, 101, 102; Schmidt-Peters, Die Eintragungen in deutsche Personenstandsbücher in Fällen mit Auslandsberührung, 67; BayObLG, StAZ 1955, 260 7 ; BayObLGZ 1956, 345, 351 = StAZ 1957, 9 5 K G , FamRZ 1961, 483 = StAZ 1962, 4 1 8 ; KG, N J W 1963, 51, 52 = StAZ 1962, 329 9 mit der dort angeführten weiteren Literatur; OLG Oldenburg, StAZ 1965, 47; a. A. Wengler, N J W 1963, 593 und 2230, der grundsätzlich an das Personalstatut des Namensträgers a n k n ü p f t ) . 1
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 12. IPRspr. 1960-1961 Nr. 19. 5 Siehe oben Nr. 13. 7 IPRspr. 1954-1955 Nr. 8. • Siehe oben 95 a.
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IPRspr. IPRspr. IPRspr. IPRspr.
1960-1961 1962-1963 1962-1963 1960-1961
Nr. 17. Nr. 11. Nr. 81. Nr. 107,
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c) Nach Art. 14 EGBGB werden die persönlichen Rechtsbeziehungen deutscher Ehegatten zueinander nach den deutschen Gesetzen beurteilt, auch wenn die Ehegatten ihren Wohnsitz im Ausland haben. Die deutschen Gesetze finden auch Anwendung, wenn der Mann die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, die Frau sie aber behalten hat. Diese einseitige Kollisionsnorm haben Rechtslehre und Rechtsprechung zu einer zweiseitigen vollkommenen Kollisionsnorm ausgebaut und aus ihr den Grundsatz entwickelt: die persönlichen Rechtsbeziehungen von Ehegatten (und damit auch ihr Namensrecht) werden nach ihrem Heimatrecht beurteilt (RGZ 91, 406; Palandt, Art. 14 EGBGB Anm. 2; Erman-Marquordt, Art. 14 EGBGB Anm. 1 a; Ficker, StAZ 1955, 214). Haben die Ehegatten eine verschiedene Staatsangehörigkeit, so ist nach der in Lehre und Rechtsprechung herrschenden Auffassung das Heimatrecht des Mannes maßgebend (Raape aaO § 31 A I mit Fußn. 107 a, S. 324; Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., § 41 I, S. 197; Ficker, StAZ 1955, 214; OLG Celle, MDR 1949, 356 10 ; OLG Düsseldorf, JMB1. NRW 1953, 172; Rdschr. d. BMI vom 12. 7. 1963, GMB1. 1963, 247 = StAZ 1963, 231; RdErl. d. Nds. Mdl vom 16. 9. 1964, StAZ 1964, 304; vgl. im übrigen die Zusammenstellung bei Soergel-Kegel, Art. 14 EGBGB Fußn. 7). Nach anderer Meinung soll das Heimatrecht beider Ehegatten zu berücksichtigen sein, jedoch so, daß kein Ehegatte mehr verlangen kann, als wozu ihn sein Heimatrecht berechtigt und das Heimatrecht des anderen diesen verpflichtet (Grundsatz des schwächeren Rechts; so Palandt, Art. 14 EGBGB Anm. 2; Soergel-Kegel, Art. 14 EGBGB Rdnr. 4; OLG Düsseldorf, NJW 1961, 1583 " ) ; darnach würde die Frau durch die Eheschließung den Familiennamen des Mannes als Ehenamen nur dann erwerben, wenn beide Rechtsordnungen ihr diesen zusprechen. Eine dritte Meinung will im Anschluß an das Haager Ehewirkungsabkommen vom 17. 7. 1905 (Art. 9 II), aus dem jedoch Frankreich ausgeschieden ist (vgl. Palandt, Anh. zu Art. 15 EGBGB Anm. 1), das letzte gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten entscheiden lassen, wenn dies nicht möglich ist, die lex fori (Nußbaum, Deutsches IPR, § 24, S. 147, 148; vgl. Erman-Marquordt, Art. 14 EGBGB Anm. 3 b). Es bedarf hier keines näheren Eingehens auf diese Streitfragen. Wird eine Deutsche durch Heirat mit einem Ausländer Doppelstaaterin, so sind die persönlichen Beziehungen der Ehegatten zueinander einschließlich des Familiennamens der Frau stets nach dem Heimatrecht, das sie gemeinsam haben, zu beurteilen (Raape aaO § 9 II vorjetzter Absatz, S. 57; Nußbaum aaO § 24 II, S. 147, 148; wohl auch Wolff aaO § 41 I, S. 197; Soergel-Kegel, Art. 14 EGBGB Rdnr. 5 und Erman-Marquordt, Art. 14 EGBGB Anm. 3 b am Ende). Dieser Grundsatz folgt unmittelbar aus Art. 14 EGBGB, der ein übereinstimmendes Personalstatut der Eheleute erstrebt und zur Erreichung dieses Zieles deren (gemeinsames) Heimatrecht maßgebend sein läßt (OLG Oldenburg, StAZ 1965, 47 9 ). 4. Da Albert B. und seine Ehefrau gemeinsam die französische Staatsangehörigkeit besitzen, ist sonach die Frage, ob die Ehefrau den Familien10 11 IPRspr. 1945-1949 Nr. 5 b. IPRspr. 1960-1961 Nr. 98. 21 *
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namen ihres Mannes zu führen berechtigt ist und sich demgemäß bei der Unterzeichnung der Heiratseintragung des Namens „B." bedienen durfte, nach dem französischen Recht zu entscheiden. a) Das französische Recht enthält keine Bestimmung, daß die Frau durch die Änderung ihres Personenstandes als Folge der Eheschließung den Namen des Ehemannes erwerbe; die F r a u behält vielmehr ihren Mädchennamen. Gewohnheitsrechtlich bezeichnet sie sich jedoch mit dem Namen des Mannes. In der Verwaltungspraxis wird diese Übung anerkannt (Rdschr. d. BMI vom 12. 7. 1963, GMB1. 1963, 247 = StAZ 1963, 231). Nach Boschan, Europäisches Familienrecht, 3. Aufl., 127, besteht in Frankreich die Übung, daß die Frau den Mannesnamen führt, als deren „allgemeine Ehepflicht". b) Daß kein Gesetz über eine Namensänderung der Frau als Folge der Eheschließung bestimmt, schließt ein Recht der Frau, den Namen ihres Ehemannes zu gebrauchen, noch nicht aus. Wohl mag es zunächst n u r eine gesellschaftliche Sitte gewesen sein, Frauen mit dem Namen ihres Mannes zu nennen (Ficker, StAZ 1955, 214; Mulle, StAZ 1955, 215), und es mag nur als Kundgabe ihres ehelichen Standes erschienen sein, wenn Frauen im täglichen Gebrauch den Namen ihres Mannes führten (Peters, Rpfleger 1953, 110, 111). Diese tatsächliche Übung hat aber die Kraft eines Rechtes, den Namen des Ehemannes zu benutzen, dadurch erlangt, daß der Gesetzgeber sie ausdrücklich anerkannte. Art. 299 II Cc bestimmt in seiner Fassung vom 6. 2. 1893: ,Die Ehescheidung bewirkt, daß jeder der Ehegatten den Gebrauch seines Namens wieder aufnimmt (Dalloz, Code civil, Ausgabe 1963; Bergmann, 2. Aufl., Frankreich S. 219). Diese Regelung gewinnt nur einen Sinn, wenn während der Ehe der eigene ursprüngliche Name nicht gebraucht werden mußte, der F r a u also neben ihrem Mädchennamen auch der Gebrauch des Mannesnamens zustand; nur in solchem Falle läßt sich von der Wiederaufnahme des Gebrauches seines Namens durch jeden der Ehegatten sprechen. Noch klarer zeigt Art. 311 Cc in seiner durch Gesetz vom 18. 2. 1938 erhaltenen Fassung die Rechtslage an, wenn er in Abs. 1 bestimmt: ,Das Urteil auf körperliche Trennung oder ein späteres Urteil kann der Frau untersagen, den Namen ihres Gatten zu tragen, oder sie ermächtigen, ihn nicht zu tragen' (Bergmann, 3. Aufl., Frankreich S. 54; Dalloz aaO). Würde der F r a u in der Ehe ohnehin nicht erlaubt sein, den Mannesnamen zu tragen, so hätte es wohl nicht der Schaffung der Möglichkeit bedurft, ihr im Falle einer Trennung von Tisch und Bett (Art. 239 II Cc) durch gerichtliches Urteil die Führung dieses Namens zu untersagen. Noch weniger wäre es nötig gewesen, sie ausdrücklich zu ermächtigen, den Namen des Mannes nicht zu tragen, wenn sie dazu überhaupt kein Recht hätte. c) Behält so die Frau trotz Eheschließung an sich ihren Mädchennamen bei, so hat sie als Ehefrau doch auch das Recht, den Namen ihres Ehemannes zu führen (vgl. Bergmann, 3. Aufl., Frankreich S. 48 Fußn. 3). 5. Das Recht, den Mannesnamen zu tragen, gestattete der Ehegattin, die Eintragung der Eheschließung im Heiratsbuch des Standesamts Krai-
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bürg a. Inn mit dem Familiennamen ihres Mannes ,B.' verbunden mit dem Zusatz ,geb. L.' zu unterschreiben (§ 452 I DA). Unterschreibt eine Deutsche die Beurkundung ihrer Eheschließung mit einem französischen Staatsangehörigen vor einem deutschen Standesbeamten mit dem Namen ihres Mannes, so ist diese Namensunterschrift nicht unrichtig. Daß die Ehefrau auch ihren Mädchennamen weiterbehält, gebietet eine Berichtigung nicht. 6. Die Vorinstanzen haben darnach zu Recht die beantragte Anordnung einer Berichtigung der Namensunterschrift der Ehefrau des Albert B. abgelehnt. Die weitere Beschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen." 1 0 1 . Heiratet eine geschiedene Frau einen Ausländer, nach dessen Heimatrecht nicht seinen Familiennamen, so noch nach der Wiederheirat gemäß §55 I Ehegesetz ihren durch öffentlich beglaubigte Erklärung gegenüber dem wieder annehmen.
erhält sie aber kann sie auch Mädchennamen Standesbeamten
AG Frankfurt, Beschl. vom 15. 10. 1965 - Hö 4 UR III 15/65: FamRZ 1966, 41; StAZ 1966, 147 mit Anm. Sachse; DRspr. I (164) 105 a. Aus den Gründen: „Offensichtlich hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 55 EheG beabsichtigt, einer Frau, deren Ehe geschieden wurde, in einem vereinfachten Verfahren, das Recht zu geben, nach dem Scheitern ihrer Ehe wieder ihren Mädchennamen anzunehmen. Die geschiedene Frau soll also die freie Wahl haben, den durch die Ehe erlangten Familiennamen fortzuführen oder aber - weil sie an diesem Namen nicht mehr festgehalten sein will — ihren Mädchennamen wieder anzunehmen. Heiratet eine deutsche F r a u wieder einen deutschen Mann, so erhält sie gemäß § 1355 BGB den Familiennamen des Mannes. Es geht ihr Recht nach § 55 EheG, das höchst persönlicher Natur ist, verloren, denn sie erhält kraft Gesetzes einen neuen Namen. Eine andere Rechtslage ergibt sich jedoch dann, wenn eine deutsche F r a u einen Ausländer heiratet und nach dessen Heimatrecht nicht seinen Namen erhält. Einen derartigen Fall hat der Gesetzgeber nicht berücksichtigt. Nach Sinn und Zweck des § 55 EheG muß hier davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber, hätte er f ü r solche Fälle eine Regelung treffen wollen, eine dem § 55 I EheG entsprechende Bestimmung auch f ü r die Abgabe der Erklärung nach Eingehung der neuen Ehe getroffen hätte, das höchstpersönliche Recht der aus einer früheren Ehe geschiedenen F r a u hier also ausnahmsweise mit der Wiederverheiratung nicht untergegangen wäre, sondern fortbestehen würde. Die bestehende Gesetzeslücke ist hiernach im Wege einer erweiternden Auslegung zu § 55 I EheG auszufüllen, w o f ü r auch der Gesichtspunkt spricht, daß einer deutschen Frau nicht die Wahrnehmung eines ihr verliehenen Rechts durch anders
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geartete und vom Gesetzgeber mangels Voraussehbarkeit nicht berücksichtigte Regeln ausländischer Rechtsordnungen vereitelt werden darf;" 1 0 2 . Eine deutsche Staatsangehörige mit einem chilenischen Staatsangehörigen
erhält durch die Eheschließung nicht den Namen des Mannes.
LG Göttingen, Beschl. vom 23. 12. 1965 - 1 T 146/64: StAZ 1967, 50. Aus den Gründen: „Die Beschwerde ist nicht begründet, weil die Beschwf. trotz ihrer Eheschließung mit dem chilenischen Staatsangehörigen H. H. weiterhin nur ihren Mädchennamen führt. Das ist in dem angefochtenen Beschluß im Ergebnis zutreffend ausgeführt worden. Auch der BGH hat die Richtigkeit der Rechtsauffassung des AG in einem Beschluß vom 12. 7. 1965 - I V ZB 497/64 - 1 , in dem ein rechtlich gleich zu behandelnder Fall der Anwendung niederländischen Namensrechts entschieden worden ist, bestätigt. Danach ist es auch im vorliegenden Fall von entscheidender Bedeutung, daß der inzwischen wieder geschiedene Ehemann der Beschwf. durch die Eheschließung nach den Vorschriften des RuStAG nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, sondern ausschließlich chilenischer Staatsangehöriger geblieben ist, während die Beschwf. ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Aus diesen Gründen ist die dem deutschen Recht eigene, in § 1355 BGB bestimmte Wirkung der Eheschließung, wonach der Familienname des Mannes auch der Ehefrau zukommt, nicht eingetreten, weil nicht beide Eheschließende deutsche Staatsangehörige waren, daher die deutschen Vorschriften über die Rechtswirkungen der Eheschließung nach Art. 14 EGBGB nicht unmittelbar anzuwenden sind und weil weiterhin das chilenische Recht als die für den inzwischen wieder geschiedenen Ehemann bestimmende Rechtsordnung laut Auskunft der chilenischen Botschaft vom 22. 9. 1964 einen Erwerb des Mannesnamens durch die Frau auf Grund Eheschließung nicht kennt. Hierin gleicht der vorliegende Fall dem vom BGH entschiedenen Fall. Die vom BGH aus diesen Umständen abgeleitete Rechtsfolge, daß der deutschen Ehefrau der Familienname ihres ausländischen Ehemannes nicht zukommt, trifft deshalb auch für den vorliegenden Fall zu. Sie beruht auf der Erwägung, daß der Erwerb des Mannesnamens durch die Ehefrau eine besondere Wirkung der Eheschließung ist, die nur dann eintreten kann, wenn die für den Mann maßgebende Rechtsordnung es vorsieht oder zuläßt. Denn sonst wäre es ,ein von außen kommender, unangebrachter Eingriff in das für den Mannesnamen maßgebende Recht', wie der BGH in seiner zitierten Entscheidung wörtlich ausführt, ,wenn die Ehefrau ausschließlich nach Maßgabe einer anderen Rechtsordnung (nämlich des deutschen Rechts) den vom Namen des Ehemannes abgeleiteten Familiennamen 1
Siehe oben Nr. 95 b.
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erhielte'. Weil das f ü r den Familiennamen des Mannes maßgebende Recht immer durch die Rechtsordnung desjenigen Staates bestimmt wird, dem der Mann angehört, muß vielmehr der fremden Rechtsordnung auch die Bestimmung überlassen bleiben, ob sich der Familienname des betreffenden Ausländers auf Grund Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen auf diese erstrecken soll. Da das chilenische Recht aber eine solche Namenserstreckung nicht vorsieht oder zuläßt, hat die Beschwf. durch ihre Eheschließung mit dem chilenischen Staatsangehörigen H. H. dessen Familiennamen nicht erworben. Diese f ü r die Beschwf. ungünstige Rechtslage, in deren Beurteilung die Kammer den Erwägungen des BGH folgt, ist von den deutschen Behörden anzuerkennen, weil sie weder den guten Sitten noch dem Zweck eines deutschen Gesetzes widerspricht (Art. 30 EGBGB). Soweit der Beschwf. dadurch Mißhelligkeiten entstehen, kann dem durch geeignete Zusätze zu ihrem Namen — etwa: ,Geschiedene Ehefrau des chilenischen Staatsangehörigen H. H.' — in ihren Ausweis- und sonstigen Personalpapieren begegnet werden, wie auch der BGH in seinem Beschluß ausgeführt hat. Allerdings kommt die Eintragung eines solchen Zusatzes in das Heiratsoder Geburtenbuch nicht in Betracht, weil der Heiratseintrag nach § 11 II PStG von der Ehefrau lediglich mit dem ihr nach der Eheschließung rechtlich zukommenden Familiennamen zu unterzeichnen ist (vgl. MassfellerHoffmann, Komm, zum PStG, Rdn. 77 zu § 11) und weil die Beschwf. in dem ihren Sohn Dietrich betreffenden Geburtseintrag nach § 21 I Nr. 1 PStG ebenfalls nur mit dem ihr rechtmäßig zustehenden Familiennamen zu bezeichnen ist (so auch der BGH in der zitierten Entscheidung). In bezug auf diese Personenstandsurkunden erübrigt sich ein derartiger Zusatz zu dem Namen der Beschwf. aber auch deshalb, weil bereits der Wortlaut und Sinnzusammenhang der Eintragung unzweideutig ergeben, daß die Beschwf. im Zeitpunkt dieser Eintragungen die Ehefrau des H. H. gewesen ist."
4. Eheliches Güterrecht Siehe auch Nr. 244, 298
1 0 3 . Ein Belgier, der mit seiner Ehefrau gleicher Staatsangehörigkeit im gesetzlichen Güterstand lebt, ist zur alleinigen Verfügung über eine Forderung befugt, die den Ehegatten zur gesamten Hand zusteht. Zur Zwangsvollstreckung in die Forderung genügt analog § 740 I ZPO ein Titel gegen den Ehemann. KG, Urt. vom 22. 9. 1964 - 18 W (Erf) 2114/63: RzW 1965, 12 1
Ein Überprüfungsantrag gegen diese Entscheidung ist vom ORG am 14. ,6. 1966 - ORG/A/3913 - für unzulässig erklärt worden.
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Die ASt. sind belgische Staatsangehörige, die im gesetzlichen Güterstand des belgischen Rechts leben. Auf Grund eines Vergleiches steht ihnen zur gesamten Hand ein rückerstattungsrechtlicher Schadensersatzanspruch gegen den AGg. zu. Der Ehemann hat einen Teil des Anspruchs abgetreten, ein anderer Teil ist auf Grund eines Titels gegen den Ehemann gepfändet worden. Aus den Gründen: „Gegen die Abtretung von rückerstattungsrechtlichen Ansprüchen bestehen gemäß § 8 BRüG keine Bedenken. Nach § 398 tritt durch die Abtretung an die Stelle des bisherigen Berechtigten der neue Berechtigte (vgl. Blessin- Wilden, Komm, zum BRüG, Anm. 12 zu § 8 BRüG). Die Abtretung ist auch nicht etwa deshalb f ü r den AGg. unbeachtlich, weil sie nur vom ASt. zu 1) unterzeichnet ist, während der Anspruch beiden ASt. zur gesamten Hand zusteht. Denn die zusätzliche Unterzeichnung der Abtretungserklärung durch die ASt. zu 2) ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Der ASt. zu 1) ist zur alleinigen Verfügung über den den beiden ASt. zur gesamten Hand zustehenden Rückerstattungsanspruch und damit auch zu Teilabtretungen befugt. Die Befugnis des ASt. zu 1) ergibt sich aus den Bestimmungen des belgischen Code civil. Denn auf Grund der belgischen Staatsangehörigkeit beider ASt. bestimmen sich ihre persönlichen Rechtsbeziehungen zueinander und das zwischen ihnen geltende eheliche Güterrecht allein nach belgischem Recht (vgl. Palandt, BGB, 21. Aufl., Anm. 1 zu Art. 14 und Anm. 1 zu Art. 15 EGBGB). Der gesetzliche Güterstand des belgischen Rechts ist eine Mobiliar- und Errungenschaftsgemeinschaft (vgl. Delva, FamRZ 1961, 233ff.). Dabei begründet es rechtlich keinen Unterschied, ob der den ASt. aus dem Vergleich vom 18. 5. 1962 zustehende Anspruch dem gemeinschaftlichen Vermögen der ASt. oder zumindest teilweise dem persönlichen Vermögen der ASt. zu 2) zuzurechnen ist. Denn der ASt. zu 1) hat als Ehemann sowohl gemäß Art. 1421 des belgischen Cc das alleinige Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das gemeinschaftliche Vermögen als auch gemäß Art. 1428 Cc das Verwaltungsrecht über das persönliche Vermögen seiner Ehefrau. Lediglich zu Verfügungen über Grundstücke, die zum persönlichen Vermögen seiner Ehefrau gehören, bedarf er ihrer Zustimmung. Diese Ausnahme liegt hier nicht vor. Das LG hat bereits mit zutreffenden Erwägungen darauf hingewiesen, daß die belgische Regelung des gesetzlichen Güterstandes angesichts der ihr zum Teil recht ähnlichen vertraglichen Güterstände im deutschen Recht nicht gegen den ordre public (Art. 30 EGBGB) v e r s t ö ß t . . . Die Pfändung von rückerstattungsrechtlichen Ansprüchen ist gemäß § 8 BRüG zulässig. Auf Grund der Pfändung ist es dem AGg. kraft gesetzlicher Bestimmung ausdrücklich verboten, an die ASt. zu zahlen (§ 829 ZPO). Der Umstand, daß ein Duldungstitel gegen die ASt. zu 2) nicht vorliegt, steht der Wirksamkeit der Pfändung nicht entgegen. Denn entsprechend der Regelung des § 740 I ZPO ist ein Titel gegen den ASt. zu 1) als erforderlich und genügend anzusehen. Insoweit ist nicht belgisches Recht, sondern allein
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deutsches Zivilprozeßrecht anzuwenden. International gilt für das Verfahrensrecht stets der Grundsatz, daß das Recht anzuwenden ist, das am Sitz des mit der Sache befaßten Gerichts gilt (vgl. Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 6. Aufl., 24, 828; Palandt, Vorbem. 15 zu Art. 7 EGBGB und Anm. 1 zu Art. 14 EGBGB). Zwar ist in der deutschen Z P O keine Bestimmung enthalten, die die Voraussetzungen f ü r die Vollstreckung in das gemeinschaftliche Vermögen der Ehegatten oder in das persönliche Vermögen der Ehefrau beim gesetzlichen Güterstand des belgischen Rechts regelt. Gegen eine entsprechende Anwendung des § 740 I Z P O auf diesen Fall bestehen jedoch keine Bedenken. Denn die dieser Vorschrift zugrundeliegende Interessenlage entspricht im wesentlichen derjenigen beim gesetzlichen Güterstand des belgischen Rechts; hier wie dort steht einem Ehegatten die alleinige Verwaltung über abgrenzbare Teile des den Ehegatten gehörenden Vermögens zu. Zu Unrecht meinen demgegenüber die ASt., der ASt. zu 1) sei, soweit es sich um persönliches Vermögen seiner Ehefrau handele, nach Art. 1428 des belgischen Cc nur für Aktivprozesse, nicht jedoch f ü r Passivprozesse legitimiert. Da die sich aus dem Rückerstattungsvei-gleich ergebende Forderung den ASt. ,zur gesamten Hand' zusteht, ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, daß sie nicht dem persönlichen Vermögen eines Ehegatten, sondern ihrem gemeinschaftlichen Vermögen zuzurechnen ist. Davon abgesehen ist auch bezüglich des persönlichen Vermögens der ASt. zu 2) eine Einschränkung des Verwaltungsrechts des ASt. zu 1) auf Aktivprozesse aus dem Gesetz nicht zu entnehmen. Es kann vielmehr nicht zweifelhaft sein, daß der Ehemann in der Lage sein muß, auch Passivprozesse zu führen, um eine ordnungsgemäße Verwaltung des persönlichen Vermögens seiner Ehefrau zu gewährleisten." 1 0 4 . Der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts nach Art. 15 II EGBGB findet auch auf Volksdeutsche Flüchtlinge Anwendung. In Ungarn war im Jahre 1946 die Errungenschaftsgemeinschaft gesetzlicher Güterstand. Bei diesem Güterstand kann nach Auflösung der Ehe jeder Ehegatte die Hälfte des zum Errungenschaftsgemeinschaftsgut des anderen Ehegatten gehörenden Vermögens herausverlangen. LG Ulm, Teilurt. vom 26. 3. 1965 - 3 0 55/62: Unveröffentlicht. Die Parteien haben am 22. 9. 1930 vor dem Standesamt Magyarboly in U n g a r n die E h e geschlossen. I m Jahre 1946 wurden sie als Volksdeutsche aus U n g a r n ausgewiesen und leben seitdem im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die E h e der Parteien w u r d e durch Urteil des L G U l m vom 28. 4. 1961 - rechtskräftig seit 8. 9. 1961 - geschieden. Die Kl. begehrt vom Bekl. im W e g e der Stufenklage Auskunft über den B e stand seines Vermögens und Ausgleich des Zugewinns. Gegen den Bekl. ist hinsichtlich der Auskunftserteilung Teilversäumnisurteil vom 24. 7. 1964 ergangen. Hiergegen hat er Einspruch eingelegt. V o m Max-Planck-Institut f ü r ausländisches und internationales Privatrecht in H a m b u r g w u r d e eine Rechtsauskunft darüber eingeholt, welches gesetzliche Güterrecht in Ungarn im Jahre 1946 gegolten hat.
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Aus den Gründen: „Der Güterstand der Parteien w u r d e nach Art. 8 GleichberG nicht in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1363 ff. BGB übergeleitet, da die Parteien vor Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes nicht im gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes gelebt haben. Nach Art. 15 II EGBGB sind f ü r das eheliche Güterrecht die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Mann zur Zeit der Eingehung der E h e angehörte. Da die Parteien a m 22. 9. 1930 in Ungarn die E h e geschlossen haben, ist somit ungarisches Güterrecht anzuwenden, obgleich die Parteien inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. Der Gleichberechtigungsgrundsatz nach Art. 3 II GG steht der Anwendung des Art. 15 II EGBGB nicht entgegen. Hierüber hat das erkennende Gericht zu entscheiden (vgl. BVerfG Beschl. vom 7. 5. 1963, Rpfleger 1963, 230 *). Art. 15 II steht jedenfalls d a n n nicht in Widerspruch zu Art. 3 II GG wenn beide Ehegatten zur Zeit der Eingehung der E h e dem gleichen Staate angehörten. In diesem Fall ist f ü r beide Parteien das gleiche ausländische Güterrecht maßgebend. Eine Vorrangstellung des Mannes ist nicht gegeben (vgl. BGH, JZ 1964, 27 2 u n d Paul Thieme, MDR 1963, 85). Die Frage, ob Art. 15 II EGBGB auch auf Volksdeutsche Flüchtlinge Anwendung findet, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten (vgl. Haegele, F a m R Z 1964, 594 mit Literaturhinweisen). Es wird teilweise die Mein u n g vertreten, die Bestimmung des Art. 15 II EGBGB sei auf die Millionen von Volksdeutschen Flüchtlingen nicht anzuwenden, da diese Bestimmimg auf die Fälle eines massenweisen Staatsangehörigkeitswechsels nicht gemünzt sei. Es ist aber Aufgabe des Gesetzgebers, den Art. 15 II EGBGB entsprechend zu ändern, wenn dessen Folgen auf Volksdeutsche Flüchtlinge keine Anwendung finden sollen. Die Gerichte sind nicht befugt, aus Zweckmäßigkeitsgründen gegen das Gesetz zu entscheiden (Art. 97 I GG). Der BGH hat durch Beschluß vom 21. 6. 1963 (JZ 1964, 27) 2 entschieden, d a ß der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts nach Art. 15 II EGBGB auch auf Flüchtlinge Anwendung findet. Danach ist f ü r das Güterrecht das Heimatrecht in der F o r m maßgebend, in der es zur Zeit des Wechsels der Staatsangehörigkeit bestand, während etwaige Änderungen nach diesem Zeitpunkt unberücksichtigt bleiben (sogenannte Versteinerung des Güterrechts). Die Kammer sieht keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des BGH abzuweichen. Im vorliegenden Fall ist somit ungarisches Güterrecht anzuwenden, und zwar in der Form, in der es bei der Vertreibung der Parteien aus Ungarn im J a h r e 1946 gegolten hat, denn zu diesem Zeitpunkt haben die Parteien nach der Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts f ü r ausländisches und internationales Privatrecht durch die VO Nr. 7970 M. E. vom 12. 7. 1946 die ungarische Staatsangehörigkeit verloren. Zu dieser Zeit gab es in Ungarn nach der Auskunft des o. a. Instituts kein kodifiziertes Güterrecht. Es f a n d jedoch gewohnheitsrechtlich der Entwurf eines ungarischen Pri1
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vatrechtsgesetzbuches vom Jahre 1928 Anwendung. Danach galt in Ungarn Errungenschaftsgemeinschaft, die sich praktisch von der Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht kaum unterscheidet. W i e aus dem Wortlaut des § 140 des Entwurfs zu entnehmen ist, verbleibt das Errungenschaftsgemeinschaftsgut, das dem Zugewinn nach deutschem Recht entspricht, im Vermögen des jeweiligen Ehegatten. Es bestand also keine Gesamthandsgemeinschaft. Nach der Auflösung der Ehe kann jeder Ehegatte die Hälfte des zum Errungenschaftsgemeinschaftsgut des anderen Ehegatten gehörenden Vermögens herausverlangen. Nach § 155 des Entwurfs kann statt der Naturalteilung verlangt werden, daß der Errungenschaftsgemeinschaftsanteil in Geld ausgefolgt wird. Dies beantragt die Kl. mit dem Antrag Nr. 2 ihrer Stufenklage. Da somit der Ausgleichsanspruch der Kl. begründet ist, ist auch der Anspruch auf Auskunftserteilung über den Bestand des Vermögens des Bekl. gerechtfertigt. Eine Auskunftspflicht entsprechend § 1379 BGB ist zwar in dem ungarischen Gesetzentwurf nicht ausdrücklich geregelt. Diese Auskunftspflicht hinsichtlich des zur Ausgleichung zu bringenden Vermögens entspricht aber einem allgemeinen Rechtsgedanken, da ohne eine Auskunft über den Bestand des Vermögens des Bekl. der Ausgleichsanspruch der Kl. gar nicht zu verwirklichen ist. § 1379 BGB ist daher entsprechend anzuwenden. Der Bekl. kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung und damit die Auskunftspflicht nicht unter entsprechender Anwendung des § 1381 BGB wegen grober Unbilligkeit verweigern, da für eine solche keine Anhaltspunkte vorliegen . . . Das Teilversäumnisurteil vom 24. 7. 1964 ist daher aufrechtzuerhalten, jedoch mit der Maßgabe, daß der Bekl. über den Bestand seines Vermögens im Zeitpunkt der Trennung und nicht der Rechtskraft des Scheidungsurteils Auskunft zu erteilen hat. Nach § 141 des ungarischen Gesetzentwurfs endet nämlich die Eirrungenschaftsgemeinschaft schon mit der Trennung, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft dauernd abgebrochen ist." 1 0 5 . Es wird daran festgehalten, daß der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts, auch soweit er die Volksdeutschen Flüchtlinge betrifft, nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt. BayObLG, Beschl. vom 10. 8. 1965 - BReg. l b Z 61/65: BayObLGZ 1965, 326; DNotZ 1966, 234; F a m R Z 1965, 612; Rpfleger 1966, 51; MDR 1966, 238; DRspr. I (180) 56a; Leitsatz in BayJMBl. 1966, 24. Aus den Gründen: „Das BayObLG hat bereits wiederholt entschieden, daß der Grundsatz von der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts (Art. 15 I I EGBGB) auch für die Volksdeutschen Flüchtlinge gilt (BayObLGZ 1959, 89 1961, 123 2 ; 1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 120.
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1963, 45 3 ). An dieser Ansicht, die nunmehr auch der BGH vertritt (BGHZ 40, 32 4 ), wird festgehalten. Die dagegen vorgetragenen Einwendungen der weiteren Beschwerde, die sich im wesentlichen an die Ausführungen von Riedel (Rpfleger 1963, 230; vgl. auch Rpfleger 1963, 283) anschließen, überzeugen nicht; sie sind schon in den angeführten Entscheidungen des BGH und des BayObLG widerlegt. Die weitere Beschwerde stützt sich (ebenso wie Riedel aaO) besonders auf die Behauptung, es sei der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt, weil Flüchtlinge deutscher Staatsangehörigkeit durch die Anwendung des Art. 15 II EGBGB anders behandelt würden als Einheimische. Auch wenn der Entscheidung BVerfGE 16, 80 ( = Rpfleger 1963, 230) 5 zu entnehmen sein sollte, daß die Vorschriften des IPR, obgleich sie als bloße Ordnungsvorschriften n u r der Bestimmung der anzuwendenden Rechtsordnung dienen (vgl. BayObLGZ 1959, 89, 9 8 1 9 6 1 , 123, 126 2 ), der unmittelbaren Einwirkung des Art. 3 I GG unterliegen (so Riedel, Rpfleger 1963, 230, 232), kann hieraus nicht abgeleitet werden, daß der Art. 15 II EGBGB wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG verfassungswidrig sei. Der Gleichheitssatz verbietet nur, daß wesentlich Gleiches ungleich, nicht dagegen, daß wesentlich Ungleiches entsprechend der bestehenden Ungleichheit ungleich behandelt wird (BVerfGE 1, 14,16 Leitsatz 18). Der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts (Art. 15 II EGBGB) hängt mit dem Prinzip der wohlerworbenen Rechte zusammen (BGHZ 40, 32, 35 4 ); in die durch eine bestehende Ehe begründeten Rechte und Pflichten soll nicht durch einen Statutenwechsel eingegriffen werden, es sei denn, die Ehegatten ändern diese Rechte und Pflichten durch einen Ehevertrag selbst ab. Hieraus ergibt sich der wesentliche Unterschied zwischen Personen, die eine Ehe unter der Geltung des BGB (a. F.) geschlossen haben, und solchen Personen, die eine Ehe unter der Geltung ausländischen Rechts geschlossen haben. Bei diesem Personenkreis bestehen infolge der bisherigen Geltung eines mit dem deutschen Recht nicht übereinstimmenden Güterrechts andere Rechte und Pflichten, als sie in einem gesetzlichen Güterstand des BGB bestünden. Schon diese wesentliche Ungleichheit rechtfertigt eine ungleiche Behandlung. Die gleichen Erwägungen sind auch von Bedeutung bei der Frage, warum durch den Art. 8 I Nr. 3 bis 5 GleichberG nicht einmal alle bis zum 1. 7. 1958 bestehenden gesetzlichen Güterstände des BGB in den jetzigen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft übergeleitet wurden, ein Umstand, den die weitere Beschwerde übersieht. Ausgenommen von der Überleitung ist die Gütertrennung des BGB alter Fassung dann, wenn sie als gesetzlicher Güterstand nach den §§ 1418, 1426 BGB a. F. oder deshalb eingetreten war, weil die Gütergemeinschaft ohne weitere vertragliche Bestimmung aufgehoben wurde (§ 1436 BGB a. F.; hierzu Kipp-Wolff, Familienrecht, 7. Aufl., § 59 II 1 c Fußn. 3). In diesen Fällen wurde sie, ebenso wie 3 5
IPRspr. 1962-1963 Nr. 86. IPRspr. 1962-1963 Nr. 89.
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die vertraglich vereinbarte Gütertrennung, in die Gütertrennung nach dem BGB neuer Fassung übergeleitet (Art. 8 I Nr. 5 GleichberG). Die weitere Beschwerde geht davon aus, die Gütertrennung nach dem ABGB sei allgemein ungünstiger als die Zugewinngemeinschaft nach dem BGB neuer Fassung (so ausdrücklich auch Riedel, Rpfleger 1963, 202 und 231). Das trifft nicht zu. Günstiger geregelt ist in der Zugewinngemeinschaft nur das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten (§ 1371 I BGB gegenüber § 1931 I BGB). Dieser Besserstellung des überlebenden Ehegatten entspricht aber eine Schlechterstellung der erbberechtigten Verwandten, insbesondere der Kinder des erstversterbenden Ehegatten, was möglicherweise dessen Interessen widerspricht. Schon deshalb kann nicht davon gesprochen werden, daß der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts dazu führe, daß Flüchtlingen, die in der alten Heimat geheiratet haben, eine schlechtere Rechtsstellung eingeräumt würde als den Einheimischen oder solchen Flüchtlingen, die in der Bundesrepublik die Ehe geschlossen haben. Flüchtlinge, die in der alten Heimat geheiratet haben, werden eben nicht allgemein schlechter gestellt; vielmehr wird innerhalb dieser Personengruppe derart unterschieden, daß ein Teil (die erbberechtigten Verwandten) besser, ein anderer Teil (die überlebenden Ehegatten) schlechter gestellt werden. Ebensowenig wie in der Entscheidung BGHZ 40, 32 4 besteht auch hier Anlaß, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob der Art. 15 II EGBGB insoweit mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung (Art. 3 II GG) vereinbar ist, als er an die Staatsangehörigkeit des Mannes anknüpft. Die Beschwf. hatte zur Zeit der Eheschließung die gleiche Staatsangehörigkeit wie ihr Ehemann, so daß f ü r beide Ehegatten das gleiche Recht maßgebend war. Nach dem Art. 15 II EGBGB ist somit maßgebend das in der Tschechoslowakei bis zur Vertreibung des Erblassers und der Beschwf. (BayObLGZ 1959, 89, 101 f. 1 ) geltende österreichische ABGB (BayObLGZ 1959, 89, 95 f.; 1961, 123, 127 4 , je mit weiteren Nachweisen), das f ü r das ehemalige Güterrecht keine nach dem Art. 27 EGBGB zu beachtende Rückverweisung enthält (BayObLGZ 1961, 126 f.). Da der Erblasser keinen Ehevertrag abgeschlossen hat, galt f ü r seine Ehe die Gütertrennung nach dem ABGB (BayObLGZ 1959, 89, 95 f.; 1961, 123, 127). Auf sie ist der § 1371 I BGB nicht anwendbar."
5. Ehescheidung, Ehetrennung Siehe auch Nr. 5, 99, 227, 228, 229, 230, 233, 234, 242, 264
1 0 5 A. Zur Eheschließung chen in Deutschland.
und Ehescheidung
eines orthodoxen
Grie-
LG Mannheim, Urt. vom 17. 3. 1959 - 8 R 227/57: FamRZ 1961, 218 mit Anm. Neuhaus.
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Die Parteien haben am 4. 12. 1948 vor dem Standesbeamten in Mannheim und am 15. 7. 1951 vor dem Erzpriester der Griechisch-Orthodoxen Kirche des Heiligen Alexander Newski in Mannheim die Ehe miteinander geschlossen. Der jetzt 58 Jahre alte Kl. ist griechischer Staatsangehöriger und griechisch-orthodoxer Konfession. Die jetzt 32 Jahre alte Bekl. war von Geburt Deutsche und ist jetzt griechische Staatsangehörige; ihre Konfessionszugehörigkeit ist ungeklärt. Kinder sind aus der Ehe der Parteien nicht hervorgegangen. Der letzte eheliche Verkehr war 1957. Seitdem leben die Parteien ständig voneinander getrennt. Mit der Behauptung, die Bekl. habe seit 1957/58 ehewidrige Beziehungen zu einem anderen Mann unterhalten und dadurch die eingetretene starke Ehezerrüttung verschuldet, begehrt der Kl. nach griechischem Recht Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Bekl. Die Bekl. hat Widerklage erhoben. Aus den Gründen: „I. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen LG Mannheim ergibt sich aus §§ 606, 606 b Nr. 1 ZPO, zumal Griechenland die von einem deutschen Gericht ergangene Entscheidung anerkennt, wenn — wie in dem anhängigen Verfahren — das deutsche Gericht mangels einer ausschließlichen Zuständigkeit der griechischen Gerichte auch nach griechischem Prozeßrecht zuständig (vgl. OLG Dresden, Urt. vom 3. 7. 1940 mit zust. Anm. von Lauterbach, DR 1940, 1955 f.) und griechisches Eherecht angewendet worden ist (vgl. Wieczorek, [ZPO] Anm. C III e — Griechenl a n d - z u §606 ZPO). II. Im vorliegenden Fall war gemäß Art. 17 I und IV EGBGB f ü r die Klage des Mannes und f ü r die Widerklage der F r a u griechisches Recht maßgebend, weil beide Parteien im Zeitpunkt der Entscheidung griechische Staatsangehörige sind und die Scheidung sowohl nach dem ausländischen als auch nach dem deutschen Recht zulässig sein würde. Nach Art. 13 I EGBGB war davon auszugehen, daß ungeachtet der f ü r die Eheschließung im Inland gemäß Art. 13 III- EGBGB maßgebenden deutschen .Formvorschriften das Zustandekommen der von den Parteien eingegangenen Ehe in Ansehung eines jeden der damaligen Verlobten nach den Gesetzen des Staates zu beurteilen ist, dem er seinerzeit angehört hat. Dies hat zur Folge, daß die Ehe nach deutschem Recht gemäß §§ 11 ff. EheG bereits durch die am 4. 12. 1948 vor dem Standesbeamten in Mannheim stattgefundene Trauung, nach griechischem Recht hingegen gemäß Art. 1350 ff., insbesondere Art. 1367, 1368 des griechischen BGB, erst durch die am 15. 7. 1951 von dem Erzpriester der Griechisch-Orthodoxen Kirche des Heiligen Alexander Newski in Mannheim vorgenommene kirchliche Trauung zustandegekommen ist. Denn abweichend von dem deutschen Recht kennt das griechische Recht nur die kirchliche Form der Eheschließung, und zwar gilt der kirchliche Trauzwang auch f ü r die Eheschließung von Griechen im Ausland, selbst dann, wenn hierbei nur einer der beiden Verlobten — wie im vorliegenden Falle der jetzt klagende Mann - Grieche ist (vgl. Boschan, Europäisches Familienrecht [Ausland] 2. Aufl., 93f.). Die Tatsache, daß die kirchliche Trauung der Parteien am 15. 7. 1951 ohne die hierzu nach Art. 1368 Satz 1 des griech. BGB erforderliche Erlaubnis des Bischofs oder des Archimandriten in München vorgenommen worden ist, steht nach dem durch
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Gesetz vom 28. 8. 1924 eingefügten [jetzigen] Satz 2 des Art. 1368 griech. BGB der rechtlichen Gültigkeit der Eheschließung nicht m e h r entgegen (vgl. auch Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., I. Bd., Griechenland S. 12 F u ß n . 1 zu Art. 1368). III. Von Bedeutung f ü r die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist jedoch weiterhin der Umstand, daß durch die zweite Eheschließung der Parteien, nämlich durch die nach griechischem Recht allein maßgebende kirchliche T r a u u n g a m 15. 7. 1951, die jetzt bekl. E h e f r a u nach den Staatsangehörigkeits-Bestimmungen der Art. 14—28 des griech. BGB die griechische Staatsangehörigkeit erworben hat (vgl. auch Wieczorek, Anm. C I I c 3 zu § 606 ZPO). Infolge des rechtswirksamen E r w e r b s der griechischen Staatsangehörigkeit vor dem 1. 4. 1953, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gleichberechtigungsgrundsatzes gemäß Art. 3 II, 117 I GG, hat aber die bekl. E h e f r a u nach Art. 16 I GG i. V. m. § 17 Nr. 6 des damals noch unbeschränkt geltenden RuStAG ihre bis dahin besessene deutsche Staatsangehörigkeit endgültig verloren (vgl. BGHZ 19, 266 = FamRZ 1956, 8 3 1 u n d Fuchs, DRiZ 1959, 69 ff., insbes. 70 unten), was zur Folge hat, daß n u n m e h r auch auf ihre Widerklage nicht m e h r deutsches Recht gemäß Art. 17 III EGBGB, sondern gemäß Art. 17 I EGBGB n u r noch griechisches Recht Anwendung finden kann. IV. Klage und Widerklage sind nach Art. 1442, 1451 des griech. BGB begründet, da durch Verschulden beider Parteien im ehelichen Verhältnis eine so starke Zerrüttung eingetreten ist, daß nach den Umständen die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft f ü r beide die Scheidung beantragenden Ehegatten unerträglich geworden ist. Auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der stattgefundenen Beweisaufnahme hat die Kammer die Uberzeugung gewonnen, daß die Ehe der Parteien an dem mit einer rechten ehelichen Gesinnung nicht zu vereinbarenden schuldhaften Verhalten beider Parteien gescheitert ist. Vor allem ist auf Grund der glaubhaften u n d insoweit übereinstimmenden Angaben beider Parteien anläßlich ihrer richterlichen Vernehmung erwiesen, daß sich beide Teile in schuldhafter Weise über die ihnen als Ehegatten obliegenden Pflichten hinweggesetzt haben. Denn die Bekl. hat zugegebenermaßen von Sommer 1957 bis in das J a h r 1958 hinein - d. h. also auch noch nach dem von ihr selbst f ü r den Monat November 1957 angegebenen letzten ehelichen Verkehr — mindestens ehewidrige Beziehungen zu einem anderen Mann (wahrscheinlich dem Zeugen Antoni N.) unterhalten, w ä h r e n d umgekehrt der Kl. eingestandenermaßen seit Sommer 1957 keinen Unterhalt m e h r f ü r die Bekl. geleistet hat. Es liegt auf der Hand, daß die eingetretene hoffnungslose Ehezerrüttung ausschließlich auf das Verhalten beider Parteien zurückzuführen ist. Da unter den obwaltenden Umständen und nach ihren ausdrücklichen Erklärungen keiner der beiden Ehegatten m e h r ein Interesse an der Aufrechterhaltung ihrer E h e hat, besteht auch keinerlei Aussicht m e h r auf eine spätere Versöhnung der Parteien. Ebensowenig konnte angesichts des Er1
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gebnisses der mündlichen Verhandlung und der stattgefundenen Beweisaufnahme ein Ausschluß des beiderseitigen Scheidungsrechts gemäß Art. 1442 Satz 2 des griech. BGB festgestellt werden. Da schließlich den beiderseitigen Scheidungsbegehren weder Verzeihung (Art. 1447 des griech. BGB) noch Fristablauf (Art. 1448 griech. BGB) entgegenstehen, war auf Klage und Widerklage die Ehe der Parteien, und zwar weil das Verschulden beider Parteien letztlich gleich schwer wiegt, aus beiderseitigem Verschulden gemäß Art. 1442, 1450, 1451 Nr. 1 griech. BGB zu scheiden. Mit Rücksicht darauf, daß nach deutschem Recht die am 4. 12. 1948 vor dem Standesbeamten in Mannheim und nach griechischem Recht die am 15. 7. 1951 vor dem Erzpriester der Griechisch-Orthodoxen Kirche des Heiligen Alexander Newski in Mannheim stattgefundene Eheschließung der Parteien maßgebend ist, erschien es geboten, den im Urteilstenor erfolgten Ausspruch der Scheidung auf beide Trauungen zu erstrecken. Dies erschien im übrigen um so mehr angebracht, als die jetzt bekl. Ehefrau bei der stattgefundenen Eheschließung am 4. 12. 1948 noch deutsche Staatsangehörige war und erst durch die am 15. 7. 1951 vorgenommene kirchliche Trauung ihre deutsche Staatsangehörigkeit infolge des Erwerbs der griechischen Staatsangehörigkeit verloren hat." 106. Da Unterhaltsansprüche geschiedener Eheleute Nebenfolgen der Scheidung sind, unterstehen sie grundsätzlich nach Art. 17 II EGBGB demjenigen Recht, das die Scheidung selbst beherrscht. Zur Frage, ob dieser Grundsatz auch auf einen Unterhaltsverzicht von Sudetendeutschen anzuwenden ist, den diese im Jahre 1928 anläßlich der Scheidung vor einem tschechischen Gericht vereinbart haben. AG Tirschenreuth, Beschl. vom 16. 4. 1962 - C 99/61: Unveröffentlicht. Die Parteien waren Eheleute. Sie waren vor ihrer Vertreibung als Sudetendeutsche im Gebiet der CSSR beheimatet. Die Ehe der Parteien wurde im Jahre 1928 vor dem Kreisgericht Brüx/CSSR ohne Schuldausspruch im beiderseitigen Einverständnis geschieden. Die Kl. hat seinerzeit auf Unterhalt verzichtet. Sie ist jetzt arbeitsunfähig und lebt von Fürsorgeunterstützung. Sie erhebt nunmehr Klage gegen ihren geschiedenen Ehemann mit dem Antrag, diesen ab 1. 12. 1961 zur Zahlung einer monatlich vorauszahlbaren Unterhaltsrente von 150 DM kostenpflichtig zu verurteilen. Für diese Klage beantragt die Kl. die Bewilligung des Armenrechts. Der Bekl. wurde gehört und hat eine Unterhaltspflicht bestritten. Das Gericht hat ein Gutachten vom Institut für Rechtsvergleichung der Universität München (Prof. Dr. Ferid) eingeholt, auf das Bezug genommen wird. Aus den Gründen: „Die Klage bietet nach dem Gutachten des Prof. Ferid, dem sich das Gericht voll anschließt, keine Aussicht auf Erfolg. Da Unterhaltsansprüche geschiedener Eheleute Nebenfolgen der Scheidung sind, unterstehen sie grundsätzlich nach Art. 17 I I EGBGB demjenigen
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Recht, das die Scheidung selbst beherrscht. Die Parteien besaßen im Zeitpunkt der Scheidung die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit. F ü r Unterhaltsansprüche, die auf dem Gesetz beruhen, kommt daher das im Zeitpunkt der Scheidung maßgebliche tschechische Recht zur Anwendung. Der vorliegende Fall weicht von der Regel insofern ab, als sich der Ausschluß von Unterhaltsansprüchen der Ehefrau gegen ihren geschiedenen Ehemann nicht aus dem Gesetz, sondern aus einer vertraglichen Vereinbarung (Unterhaltsverzicht) ergibt. Schwierigkeiten treten insofern auf, als der tschechische Staat 1938 bzw. 1939 okkupiert und dem Reich einverleibt wurde. Dadurch entstand ein Bruch in der Rechtsordnung, weil sie fortan nicht mehr als tschechisches Recht, sondern als deutsches Partikularrecht fortgelten konnte. Im Jahre 1945 schließlich wurde der tschechische Staat wieder gegründet. Infolge dieser Vorgänge ergeben sich mehrere Möglichkeiten: 1. Man schaltet die Unwandelbarkeit des Statuts aus und löst die Frage rein kollisionsrechtlich. 2. Man „mauert" das Rechtsverhältnis unter Beibehaltung der Unwandelbarkeit ein, d. h. man bringt tschechisches Recht zur Anwendung, wie es bis zum Untergang des tschechischen Staates bestand und berücksichtigt weder die Änderungen, die nach der Eingliederung ins Reich vorgenommen wurden, noch die Änderungen nach der Wiederherstellung der CSSR. 3. Man berücksichtigt entgegen 2) die im Partikularrecht eingetretenen Änderungen bis zum Untergang der Partikularrechtsordnung. 4. Man geht davon aus, daß die Partikularrechtsordnung durch die heute in Deutschland geltende Rechtsordnung ersetzt wurde. 5. Man betrachtet den heutigen tschechischen Staat als Fortsetzung des alten und löst das Problem n u r intertemporal. Das Gericht ist - dem Gutachten des Prof. Ferid folgend - der Ansicht, daß nur zwischen den ersten beiden Möglichkeiten gewählt werden kann, während die Alternativen 3 - 5 auszuscheiden sind (vgl. Gutachten). Das österreichische und ihm folgend das tschechische Recht unterscheiden zwischen .Trennung' und .Scheidung'. Bei der .Scheidung' ist unter Beibehaltung des Ehebandes nur die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben worden (§§103 ff. ABGB). Hingegen führte die .Trennung' (§§ 13 ff. des tschechoslowakischen Ehegesetzes vom 25. 5. 1919) zur Aufhebung des Ehebandes. Die Trennung entspricht somit der Scheidung nach deutschem Recht. Im vorliegenden Fall steht nicht fest, ob die Ehe der Parteien .geschieden' oder .getrennt' worden ist. Das Bestehen etwaiger Unterhaltsansprüche muß daher nach beiden Möglichkeiten untersucht werden. Geht man von der .Einmauerung' des Rechtsverhältnisses unter Beibehaltung der Unwandelbarkeit aus, so ergibt sich folgendes: a) Bei einverständlicher .Scheidung' (Trennung von Tisch und Bett) war ein vertraglicher Ausschluß der an sich nach § 91 ABGB bestehenden Unterhaltspflicht möglich; § 105 ABGB. 22
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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b) Bei einverständlicher .Trennung' verlor § 91 ABGB (Unterhaltsanspruch) seine Anwendbarkeit. Es bedurfte vielmehr der freiwilligen Übernahme der Unterhaltsverpflichtung. Vom Untergang der Unterhaltsansprüche gab es eine Ausnahme. Nach § 1266 ABGB konnte der an der Trennung schuldlose Teil .volle Genugtuung' (darunter wurde auch standesgemäßer Unterhalt verstanden) verlangen. Die Anwendung des § 1266 ABGB scheiterte jedoch bei einverständlicher Trennung daran, daß auf die Frage der Schuld nicht eingegangen wurde. Auch bei Schuldlosigkeit der Ehefrau konnte der Anspruch aus § 1266 ABGB durch Vertrag ausgeschlossen werden. Damit war die Vereinbarung über den Unterhaltsverzicht wirksam und endgültig. Vorbehalte aus Art. 30 EGBGB ergeben sich nicht, weil die Anwendung der erwähnten Vorschriften nicht gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstieße und auch mit den guten Sitten zu vereinbaren ist. Geht man von der Wandelbarkeit des Rechtsverhältnisses aus, so ergibt sich folgendes: Der Vertrag über den Unterhaltsverzicht wurde vor dem Inkrafttreten des deutschen Ehegesetzes in den sudetendeutschen Gebieten geschlossen. Das deutsche Ehegesetz kann daher nur Bedeutung haben, wenn es sich Rückwirkung beilegt. Das ist nicht der Fall. Durch die VO vom 22. 12. 1938 (RGBl. I 1987) wurde das Ehegesetz des Deutschen Reiches auf das Gebiet des Sudetenlandes erstreckt. Die VO vom 20. 7. 1939 (RGBl. I 1309) hat das Ehegesetz auch auf solche Personen f ü r anwendbar erklärt, die im Gebiet des seinerzeitigen Protektorates lebten und die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen. Die VO vom 22. 12. 1938 enthält Überleitungsvorschriften, die auch f ü r Fragen des Unterhalts Übergangsbestimmungen schaffen. a) Bei einverständlicher Scheidung im Sinne des österreichischen Rechts: § 31 der Verordnung vom 22. 12. 1938 bestimmte, daß die Wirkung der Scheidung durch das Inkrafttreten des Ehegesetzes nicht berührt wird. Somit verblieb es bei den Unterhaltsregeln des ABGB. Auch wenn nach § 32 der VO vom 22. 12. 1938 eine Scheidung alten Rechts in eine Scheidung neuen Rechts umgewandelt wurde, blieben die früheren vertraglichen Vereinbarungen wirksam. b) Bei einverständlicher Trennung alten Rechts: Die Vorschriften des neuen Ehegesetzes waren gemäß § 29 I der VO vom 22. 12. 1938 maßgeblich. Jedoch sollten die bei der Trennung getroffenen vertraglichen Regelungen fortbestehen. Somit ergibt sich, daß auch bei Wandelbarkeit des Statutes Unterhaltsansprüche der Kl. nicht bestehen, da durch die Änderung des alten Rechts durch das Ehegesetz 1938 einschließlich der Überleitungsbestimmungen frühere Unterhaltsvereinbarungen, hier also der Unterhaltsverzicht, unangetastet bleiben sollten.
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Auch unter dem Gesichtspunkt des § 323 ZPO kann kein Unterhalt gefordert werden. Die Anwendung des § 323 ZPO scheidet schon deshalb aus, weil es sich um eine vertragliche Vereinbarung handelt, die nicht mit Hilfe des § 323 ZPO beseitigt werden kann. Im übrigen gibt § 323 ZPO keine materiellrechtliche Grundlage für eine Abänderung ab, sondern setzt vielmehr diese nach dem zuständigen materiellen Recht voraus. Die Klage kann daher unter keinem der in Betracht kommenden Gesichtspunkte Erfolg haben. Aus diesem Grunde muß der Kl. wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung das Armenrecht verweigert werden." 1 0 7 . Bei einer Scheidung nach ausländischem Recht hat das deutsche Scheidungsurteil einen Schuldausspruch bereits dann zu enthalten, wenn der Scheidungsgrund auf einem Verschulden beruht. Art. 276 des niederländischen BW, der für die Lösung des Bandes außer dem Urteil noch die Eintragung in das Register des Standesamts fordert, steht der Scheidung durch ein deutsches Gestaltungsurteil nicht entgegen. LG Berlin, Urt. vom 2. 3. 1964 - 32 R 28/64
Unveröffentlicht.
1 0 8 . Die vor einem Standesbeamten in Straßburg zwischen einer schen und einem Moslem tunesischer Staatsangehörigkeit eingegangene ist gültig. Bei einuerständlicher Scheidung nach tunesischem Recht ist für Schuldausspruch im Scheidungsurteil kein Raum.
DeutEhe einen
LG Mannheim, Urt. vom 11. 12. 1964 - 1 R 152/63: Unveröffentlicht. Der KI., ein Tunesier moslemischer Religion, begehrt Scheidung von der BekL, einer Deutschen. Die Parteien hatten vor dem Standesbeamten in Straßburg geheiratet. Die Bekl. ist mit der vom Kl. erstrebten Scheidung einverstanden und gibt zu, vor und nach dem letzten ehelichen Verkehr ehebrecherischen Umgang mit einem Amerikaner gehabt zu haben. Das Gericht hat eine Rechtsauskunft des Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht an der Universität Heidelberg eingeholt. Aus den Gründen: „Gemäß Art. 17 I EGBGB ist für die Scheidung das Heimatrecht des Mannes maßgebend. Ferner muß nach deutschem Recht ein Scheidungsgrund gegeben sein (Art. 17 IV E G B G B ) . Die Scheidung ist nach dem ausländischen Heimatrecht des Mannes auszusprechen. Der Scheidungsgrund braucht im ausländischen und deutschen Recht nicht der gleiche zu sein (Kegel, [Soergel-Siebert, BGB] 9. Aufl. 1961, Bern. 20 zu Art. 17 E G B G B 1 Ebenso LG Berlin, Urt. vom 4. 2. 1965 - 32 R 500/64: Unveröffentlicht. Mit Leitsatz 1 übereinstimmend: LG Berlin, Urt. vom 9. 3. 1964 - 32 R 112/63 und Urt. vom 5. 7. 1965 - 32 R 353/64: beide unveröffentlicht.
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u n d die dort angeführte Rechtsprechung). Art. 17 EGBGB setzt f ü r die Scheidung voraus, daß eine E h e besteht. Die von den Parteien vor dem Standesbeamten in Straßburg geschlossene Ehe ist sowohl formell wie auch materiell gültig geschlossen. Gemäß Art. I I I Satz 2 EGBGB k o m m t eine im Ausland geschlossene Ehe formgültig zustande, wenn die F o r m des Abschlußortes beachtet wird. Nach Art. 165 Cc ist die Ehe vor dem Standesbeamten zu schließen. Die materielle Gültigkeit der Ehe beurteilt sich gem ä ß Art. 13 I Satz 1 EGBGB nach dem Heimatrecht eines jeden Verlobten, also hinsichtlich des Kl. nach tunesischem Recht. Das tunesische Recht enthält keine Rückverweisung, die gegebenenfalls nach Art. 27 EGBGB zu beachten wäre. Es erklärt gemäß Art. 4 des Dekrets über Konflikte hinsichtlich des Personalstatuts vom 12. 7. 1956 in der Fassung des Gesetzes vom 27. 9. 1957: Wird der Rechtsstreit von zwei Personen geführt, die zwei verschiedenen Personalstatuten unterliegen, so ist das für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebende Recht nach folgenden Gesichtspunkten zu bestimmen: 1. Das Heimatrecht jeder Partei: hinsichtlich des Personenstandes und der Geschäftsfähigkeit und der Ehevoraussetzungen. 2.
...
(abgedruckt bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, unter Tunesien S. 8 ff.).
Das Familienrecht ist in Tunesien durch den a m 13. 8. 1956 erlassenen Code du Statut Personnel - im folgenden CSP - geregelt. Anhaltspunkte dafür, daß die vom tunesischen Recht geforderten Voraussetzungen f ü r eine wirksame Eheschließung nicht gegeben oder Ehehindernisse bestanden haben, sind nicht vorhanden (vgl. Art. 3 CSP ff. u n d die eingeholte Rechtsauskunft). Insbesondere ist das nach islamischem Recht vorgeschriebene Ehehindernis wegen Glaubensverschiedenheit der Eheleute nicht gegeben. W ä h r e n d f ü r eine moslemische F r a u die E h e mit einem Nicht-Moslem nicht erlaubt ist, besteht umgekehrt kein Ehehindernis f ü r eine Eheschließung zwischen einem Moslem u n d einer Christin (Milliot, Introduction ä l'Etude du Droit Musulman, 1953, 288). Die Scheidungsklage ist, wie oben bereits erwähnt, materiellrechtlich nach dem Heimatrecht des Ehemannes, also nach tunesischem Recht zu beurteilen. Das tunesische Kollisionsrecht enthält keine Rückverweisung, die nach Art. 27 EGBGB gegebenenfalls zu beachten wäre. Es bestimmt vielmehr in dem oben angeführten Dekret über Gesetzeskonflikte hinsichtlich des Personalstatuts im Art. 4 Nr. 2: Wird der Rechtsstreit von zwei Personen geführt, die zwei verschiedenen Personalstatuten unterliegen, so ist das für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebende Recht nach folgenden Gesichtspunkten zu bestimmen: 1. . . . 2. Das Heimatrecht des Ehemannes, das zur Zeit der Eheschließung in Geltung war: hinsichtlich der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Ehegatten, des ehelichen Güterrechts, der Ehescheidung, Verstoßung und Trennung. (abgedruckt bei Bergmann aaO).
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Die Scheidung der Ehe richtet sich hiernach nach tunesischem Recht. Der tunesische Code du Statut Personnel vom 13. 8. 1956 hat die Ehescheidung in den Bestimmungen der Art. 29 ff. geregelt, die teilweise vom islamischen Recht abweichen. Während letzteres sowohl die Verstoßung der Frau seitens des Ehemannes als auch den Scheidungsvertrag kennt, läßt das tunesische Recht n u r die vom Gericht ausgesprochene Scheidung zu (Art. 30 CSP). Das Gericht kann aber diese n u r aussprechen, wenn ein vom Gericht vorgenommener Versöhnungsversuch erfolglos geblieben ist (Art. 32 CSP). Im vorliegenden Falle ist der in der ersten mündlichen Verhandlung vorgenommene Sühneversuch zufolge beiderseitiger Ablehnung einer Versöhnung gescheitert. Das Scheidungsbegehren des Kl. ist nach Art. 31 Nr. 2 CSP begründet. Die genannte Bestimmung sieht die Scheidung der Ehe im Falle des gegenseitigen Einverständnisses der Ehegatten vor (vgl. die eingeholte Rechtsauskunft). Die Bekl. hat bei ihrer Vernehmung ausdrücklich erklärt, mit der vom Kl. erstrebten Scheidung einverstanden zu sein. Die Bekl. hat weiterhin bei ihrer Vernehmung glaubwürdig eingeräumt, auch nach dem letzten ehelichen Verkehr ihren ehebrecherischen Umgang mit einem Amerikaner fortgesetzt zu haben. Da der Ehebruch nicht verziehen ist, ist auch nach deutschem Recht ein Scheidungsgrund, und zwar gemäß § 42 EheG gegeben. Die Ehe der Parteien war daher auf die Klage auf Grund des gegenseitigen Einverständnisses der Parteien gemäß Art. 31 Nr. 2 CSP zu scheiden. Bestritten ist, ob und wann das deutsche Urteil bei einer Scheidung nach ausländischem Recht einen Schuldausspruch enthalten muß. Vereinzelt wird ein Schuldausspruch überhaupt nur bei einer Scheidung nach deutschem Recht f ü r zulässig und geboten gehalten. Wegen der ausschließlich prozessualen Natur des deutschen Schuldausspruchs wird andererseits von der deutschen Rechtsprechung ein solcher immer f ü r nötig gehalten, wenn der ausländische Scheidungsgrund auf Verschulden beruht, ohne daß auf die Erheblichkeit des Verschuldens nach dem ausländischen Recht geachtet wird. Andere Urteile halten zwar den Schuldausspruch n u r f ü r zulässig und geboten, wenn die Schuld nach ausländischem Recht erheblich ist, lassen aber nicht erkennen, ob sie Erheblichkeit f ü r den Scheidungsgrund oder f ü r die Nebenfolgen der Scheidung verlangen (vgl. Kegel, Bern. 57 zu zu Art. 17 EGBGB). Dem entspricht es, wenn bei einverständlicher Scheidung nach ausländischem Recht ein Schuldausspruch abgelehnt wird, weil f ü r ihn hier kein Raum ist (so auch Kegel, Bern. 57 zu Art. 17 EGBGB). Da die Ehe der Parteien auf Grund gegenseitigen Einverständnisses zu scheiden ist, war die Scheidung, wie vom Kl. zuletzt beantragt, ohne Schuldausspruch auszusprechen." 109. Nach Art. 17 EGBGB ist grundsätzlich das Heimatrecht des Mannes für die Scheidung maßgebend. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz zugunsten des deutschen Rechts gilt jedoch dann, wenn nach dem Heimatrecht
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des Mannes eine Ehe nicht zustande gekommen ist, wohl aber nach deutschem materiellen Recht. Die Scheidung der Ehe eines Franzosen mit einer Deutschen, die ihren gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland haben, richtet sich kraft Rückverweisung des französischen Kollisionsrechts nach deutschem materiellen Recht. Zur Weitergeltung des französischen Kollisionsrechts in Algerien nach der Unabhängigkeitserklärung. LG Mannheim, Urt. vom 21. 5. 1965 - 1 R 169/64: Unveröffentlicht. Das Gericht hat ein Rechtsgutachten des Institutes für Internationales Recht an der Universität Kiel eingeholt. Der die Scheidung begehrende Kl., der jetzt algerischer Staatsangehöriger ist, hat als französischer Staatsangehöriger mit der deutschen Bekl. am 8. 9. 1961 vor dem Standesbeamten in Mannheim die Ehe geschlossen. Der Kl. ist Mohammedaner, die Bekl. evangelischer Konfession. Das nach Art. 170 Cc erforderliche Aufgebotsverfahren im Heimatstaat des Kl. hat stattgefunden. Die Parteien lebten bis zum 10. 1. 1965 gemeinsam in Mannheim. In der Zeit von April bis Dezember 1963 hielten sie sich in Algerien auf.
Aus den Gründen: „Die Scheidung setzt voraus, daß eine gültige Ehe besteht. Die Form der Ehe, die im Inland geschlossen ist, bestimmt sich nach Art. 13 III EGBGB nach den deutschen Gesetzen, d. h. die Ehe muß, um Wirkung in Deutschland zu haben, vor dem deutschen Standesbeamten in gehöriger Form geschlossen sein (§§ 11, 13 EheG). Die Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die materielle Gültigkeit der Ehe zwischen einem Ausländer und einer Deutschen ist nach Art. 13 I EGBGB nach dem Heimatrecht eines jeden Verlobten im Zeitpunkt der Eingehung der Ehe zu beurteilen. Der Kl. besaß zu dieser Zeit die französische Staatsangehörigkeit. Art. 13 I Satz 1 EGBGB verweist auf das französische Recht, und zwar sowohl auf das materielle als auch auf das Kollisionsrecht (Gutachten; [Soergel-Siebert-]Kegel, BGB V, 1961, Art. 13 EGBGB Randz. 92). Auf Grund der überzeugenden, mit Literaturhinweisen belegten Ausführungen des Gutachters ist davon auszugehen, daß in Algerien bis zu seiner Unabhängigkeit das französische Kollisionsrecht galt. Das französische Recht enthält in Art. 170 Cc eine Kollisionsnorm des Inhalts, daß im Ausland von Franzosen mit Ausländern nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Ehen gültig sind, sofern zuvor in Frankreich ein Aufgebotsverfahren stattgefunden hat. Das französische Recht verweist also unter dem Vorbehalt, daß gewisse Formalien in Frankreich erfüllt sind, auf das Recht des Eheschließungsortes zurück. Gemäß Art. 27 EGBGB ist f ü r den Fall einer Rückverweisung des nach Art. 13 EGBGB maßgeblichen ausländischen Rechts deutsches Recht auf den betreffenden Sachverhalt anzuwenden. Das deutsche Recht nimmt die Rückverweisung als Sachnormverweisung an und bricht die Verweisungskette ab (Gutachten; Kegel, aaO Randz. 15, 16 zu Art. 27 EGBGB und Randz. 92
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zu Art. 13 EGBGB). Die Voraussetzungen nach französischem Redit - Aufgebot, Einhaltung der Vorschriften über Ehefähigkeit — sind vom Kl. erfüllt, was durch die Urkunde des französischen Konsulats in Baden-Baden vom 23. 7. 1961 bestätigt wird. Hiernach w a r festzustellen, daß zwischen den Parteien zunächst eine gültige Ehe bestanden hat. Ob die Ehe auch noch im Zeitpunkt der Erhebung der Scheidungsklage gültig ist, hängt davon ab, ob das französische Kollisionsrecht auch noch nach der Erlangung der Unabhängigkeit durch die Republik Algerien weitergilt oder ob es entweder ersatzlos aufgehoben oder durch neue algerische Bestimmungen ersetzt ist, die eine andere Behandlung von im Ausland geschlossenen Ehen algerischer Staatsangehöriger vorsehen als das französische Recht. Eine derartige Änderung des materiellen Rechts Algeriens wäre f ü r die deutsche Rechtsanwendung beachtlich, da es sich bei einer solchen Veränderung der Rechtslage nicht um eine Änderung des Personalstatuts des Kl. durch den Wechsel in den Rechtsbeziehungen eines anderen Staates und einem damit verbundenen Staatsangehörigkeitswechsel handelt (Gutachten; Kegel aaO Randz. 107 u n d 108 vor Art. 7 EGBGB).
Mit der Erlangung der Unabhängigkeit durch die Republik Algerien wurde von Frankreich ein selbständiger Staat abgespalten, in dem jedoch das auf seinem Territorium in Kraft befindliche Recht zunächst uneingeschränkt weitergalt. Die Fortgeltung des bisherigen Redits in der Republik Algerien regelt das .Überleitungsgesetz bezüglich der Erneuerung der am 31. 12. 1962 in Kraft befindlichen Gesetzgebung bis zur Entstehung durch neue Gesetze' vom 31.12.1962. Die maßgeblichen Vorschriften dieses Gesetzes lauten: ,Gesetz Nr. 62-157 Erläuterungen: Die erste Sitzungsperiode der verfassunggebenden Nationalversammlung geht zu Ende. Die Umstände haben es noch nicht gestattet, dem Land eine seinen Bedürfnissen und seinen Bestrebungen entsprechende Gesetzgebung zu gewähren. Doch ist es nicht möglich, das Land ohne Recht zu lassen. Daher besteht Anlaß, auf die am 31. 12. 1962 in Kraft befindliche Gesetzgebung mit Ausnahme der Vorschriften zurückzugreifen, die der nationalen Souveränität Algeriens entgegenstehen, bis die Nationalversammlung dem Land neue Gesetze geben kann. Die verfassunggebende Nationalversammlung hat beraten und beschlossen; der Regierungschef, Präsident des Ministerrates, verkündet das Gesetz folgenden Wortlauts : Art. 1: Die am 31. 12. 1962 in Kraft befindliche Gesetzgebung wird, mit Ausnahme der der nationalen Souveränität Algeriens entgegenstehenden Bestimmungen, aufrechterhalten. Art. 2: Alle Bestimmungen und Verfügungen, die die innere oder äußere Souveränität des algerischen Staates beeinträchtigen, kolonialen oder diskriminierenden Charakter tragen oder die normale Ausübung demokratischer Freiheiten erschweren, sind als null und nichtig zu betrachten. (Loi no. 62-157 du 31 décembre 1962 tendant à la réconduction jusqu'à nouvel ordre de la législation en vigueur au 31 décembre 1962 J. O. [Algerien] no. 2 vom 2. 1. 1963, S. 11)
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Die Weitergeltung des französischen Kollisionsrechts auf Grund der oben angeführten Artikel des .Überleitungsgesetzes' hängt einmal davon ab, ob das französische Kollisionsrecht nach dem algerischen .ordre public' und nach den an eine Weitergeltung geknüpften Voraussetzungen des ,Uberleitungsgesetzes' fortgeltungsfähig ist, und zum anderen, ob es nach anfänglicher Fortgeltung durch neues algerisches Recht inzwischen ersetzt worden ist. Das mohammedanische Recht hat als ein religiöses, nicht an staatliche Grenzen gebundenes Recht seiner Natur nach ein Kollisionsrecht nicht entwickelt (Gutachten; Farran, Matrimonial Law of the Sudan, London 1963, 203). Das hat aber im Zuge der Erlangung der Unabhängigkeit der mohammedanischen Staaten (Ägypten, Sudan, Marokko usw.) nicht dazu geführt, daß in diesen Staaten die durch die europäischen Mächte eingeführten kollisionsrechtlichen Rechtssätze wieder beseitigt wurden. Vielmehr werden sie auch weiterhin angewandt, so etwa im Sudan (Gutachten; Farran aaO 203; Brintzinger, Bemerkungen zum Ehe- und Familienrecht des Sudan: StAZ 1964, 337), oder in modernen Kodifikationen als nationales Recht aufgenommen, wie z. B. in Ägypten (Gutachten; Kapitel I: Die Gesetze und ihre Anwendung, § 2 Anwendung der Gesetze — örtliche Gesetzeskollision, Art. 10 ff. des ägyptischen ZGB, wiedergegeben in deutscher Übersetzung bei Makarov, Quellen des IPR, 2. Aufl. 1953, Bd. I Gesetzestexte: Ägypten). Die Republik Algerien hat bisher ein kodifiziertes neues Kollisionsrecht nicht erlassen. Jedoch hat sich das algerische Außenministerium dahin geäußert, daß nunmehr alle von mohammedanischen Algeriern im Ausland mit nicht-mohammedanischen Ausländern geschlossenen Ehen als .null' angesehen werden, es sei denn, sie werden durch eine vom algerischen Standesamt zu vollziehende .régularisation' anerkannt (vgl. die Auskunft der deutschen Botschaft in Algerien vom 23. 6. 1964). Es besteht die Absicht, eine derartige Regelung in den zu erlassenden ,Code civil algérien' aufzunehmen. Die Deutsche Botschaft hat ihrer Auskunft hinzugefügt, daß in Algerien keine Klarheit über die Fortgeltung des französischen Rechts besteht. Bei dieser Rechtslage mußte die Frage, ob die von den Parteien geschlossene Ehe auch jetzt nach algerischem Recht gültig ist oder nicht, offen bleiben. Die Klärung dieser Frage konnte indessen dahingestellt bleiben, weil in jedem Fall - sei es, die Ehe wäre in Deutschland gültig, in Algier aber nicht und es läge eine hinkende Ehe vor, sei es, die Ehe der Parteien wäre nach wie vor voll gültig — deutsches Recht der Entscheidung zugrunde zu legen ist. Nach Art. 17 EGBGB ist grundsätzlich das Heimatrecht f ü r die Scheidung maßgebend (Kegel aaO Randz. 127). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt jedoch dann, wenn nach dem Heimatrecht des Mannes eine Ehe nicht zustande gekommen ist, wohl aber nach deutschem materiellen Recht (so die herrschende Auffassung; Palandt, Komm, zum BGB, 24. Aufl. 1965, Anm. 4 b zu Art. 17 EGBGB; RGZ, 105, 363 [365, 366] ; KG, J W 1936, 2464; Kegel aaO Randz. 22 zu Art. 17 EGBGB). Hiernach wäre materiell-rechtlich deutsches Scheidungsrecht anzuwenden, wenn es sich bei der Ehe der Par-
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teien um eine in Deutschland gültige, aber im Ausland ungültige Ehe handeln würde. Das gleiche würde gelten, wenn man unterstellt, daß die von der algerischen Regierung beabsichtigte Änderung des Kollisionsrechts im Rahmen des neuen Code civil algérien bereits geltendes Recht ist. Geht man indessen von der Weitergeltung des französischen Kollisionsrechtes in der Republik Algerien aus, so ist gleichfalls deutsches materielles Scheidungsrecht anzuwenden; denn Art. 17 I EGBGB verweist auf das Heimatrecht des Ehemannes als dem f ü r die Scheidung maßgeblichen Recht, und zwar sowohl auf das materielle als auch auf das Kollisionsrecht. Art. 3 III Cc bestimmt, daß Franzosen ,den Gesetzen über den Zivilstand und die Handlungsfähigkeit der Personen', auch wenn sie im Ausland sind, unterliegen (Gutachten; Makarov, Quellen des IPR, 2. Aufl. 1953, Bd. I Gesetzestexte: Frankreich S. 8). Das heißt, das französische Kollisionsrecht erklärt f ü r Statusfragen das eigene Recht immer f ü r maßgebend, also auch f ü r Franzosen im Ausland. Lehre und Rechtsprechung haben indessen f ü r den Fall der sogenannten Mischehen, d. h. der Ehen zwischen einem Franzosen und einer Ausländerin oder umgekehrt, eine von Art. 3 III Cc abweichende Regelung getroffen. F ü r derartige Ehen soll das Recht des gemeinsamen Wohnsitzes zur Anwendung kommen (Gutachten; Batiffol, Traité élémentaire de Droit International Privé, 3. Aufl. 1959, 514; Ernst Mezger, Die jüngste Entwicklung auf den Gebieten der Scheidung von Franzosen in Deutschland und der Unterhaltsklagen deutscher unehelicher Kinder gegen ihre französischen Erzeuger: JZ 1960, 660 ff., 661; Urteil des Kassationshofes vom 17. 4. 1953 [Fall Rivière], Rev. crit. 1953, 412ff.; Urt. des Kassationshofes vom 17. 11. 1958 [Fall Del Torchio], Rev. crit. 1959, 482ff.; Urt. der 1. Kammer des Appellationsgerichtshofes Paris vom 26. 6. 1959 [Fall Patino], Rev. crit. 1959, 700 ff.). Die Parteien hatten am 29. 9. 1964, dem Zeitpunkt der Klageerhebung, ihren gemeinsamen Wohnsitz in Mannheim. Der Kl. hat nach seiner Rückkehr aus Algerien Mannheim zum Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse gemacht. Er hat seine Tätigkeit als Frisör in einem Mannheimer Salon wiederaufgenommen. Er ist auf Grund seiner Anmeldung zum Melderegister als in Mannheim wohnhaft polizeilich registriert . . . E r hat mit der Bekl., die als Telefonistin in einer Mannheimer Firma tätig ist, bis zum 10. 1. 1965, also nahezu ein J a h r in einer gemeinsamen Wohnung zusammengelebt. Die Bekl. ist seit ihrer Rückkehr aus Algerien in Mannheim gleichfalls wohnhaft und polizeilich gemeldet. Hiernach war festzustellen, daß, sofern die Weitergeltung des französischen Kollisionsrechts in der Republik Algerien anzunehmen ist, deutsches Scheidungsrecht zufolge Rückverweisung f ü r die Scheidung der Ehe der Parteien anzuwenden ist." 110. Bei der Scheidung einer Ehe, bei der ein Ehegatte Staatsangehöriger der DDR, der andere bulgarischer Staatsangehöriger ist und beide im Gebiet der DDR wohnen, haben die Gerichte der DDR ausschließlich das Eherecht der DDR anzuwenden.
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Bezirksgericht Magdeburg, Urt. vom 29. 5. 1965 - 3 BF 199/64: NJ 1966, 319 mit Anm. Latka. Der Kl. besitzt die deutsche, die Verkl. die bulgarische Staatsangehörigkeit. Beide wohnen im Bezirk Magdeburg. Im Ehescheidungsverfahren machte die Verkl. geltend, daß eine Scheidung für sie eine unzumutbare Härte bedeute, insbesondere, wenn sie ohne Schuldausspruch erfolge. Das Kreisgericht hat die Klage auf Ehescheidung abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kl. Berufung eingelegt. Er rügt u. a., daß das Kreisgericht nicht gemäß Art. 24 II des Rechtshilfevertrages zwischen der DDR und der Volksrepublik Bulgarien neben der EheVO auch das bulgarische Personenund Familiengesetz vom 9. 8. 1949 angewendet hat. Aus den Gründen: „Entgegen der Ansicht der Berufung war gem. Art. 24 II des Vertrages zwischen der DDR und der Volksrepublik Bulgarien über den Rechtsverkehr in Zivil-, Familien- und Strafsachen vom 27. 1. 1958 (GBl. I 713) das materielle Recht der DDR anzuwenden. Dies ergibt sich aus dem letzten Satz des Art. 24 II, der folgenden Wortlaut hat: ,Die Gerichte wenden bei der Entscheidung das Recht ihres Staates an.' Da im vorliegenden Falle das Kreisgericht W. (DDR) angerufen wurde, war demzufolge auch das materielle Recht der DDR für Ehescheidungen, also die EheVO anzuwenden. Mit Recht hat daher das Kreisgericht seiner Entscheidung § 8 EheVO zugrunde gelegt." 111. § 17 Nr. 6 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, nach welchem eine Deutsche durch Heirat mit einem Ausländer ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlor, gilt in der Bundesrepublik und in der sowjetischen Besatzungszone nicht mehr. In Deutschland erfolgt die Scheidung einer Ehe, wenn der Ehemann ausländischer Staatsangehöriger ist, nicht nach dessen Heimatrecht, sondern nach deutschem Recht, falls die Ehe nur in Deutschland, nicht aber nach dem Heimatrecht des Mannes wirksam ist. Das griechische Recht erkennt die Ehe eines Griechen, der Angehöriger der griechisch-orthodoxen Kirche ist, nur an, falls sie vor einem griechischorthodoxen Priester nach dem Ritus dieser Kirche geschlossen ist. Das gilt auch dann, wenn die Ehe mit einem Ausländer, der nicht Angehöriger dieser Kirche ist, im Ausland geschlossen wird. OLG Düsseldorf, Urt. vom 13. 10. 1965 - 3 U 76/65: FamRZ 1966, 451; DRspr. I (180) 60a. In beiden Fundstellen ist als Datum der Entscheidung versehentlich der 3. 10. 1965 angegeben. Die Kl. ist Deutsche evangelischer Konfession, der Bekl. ist griechischer Staatsangehöriger griechisch-orthodoxer Konfession. Sie haben am 13. 10. 1956 vor dem Standesbeamten in Brandenburg (SBZ) die Ehe geschlossen; eine Trauung vor einem griechisch-orthodoxen Priester nach dem Ritus dieser Kirche ist nicht erfolgt. Später kam die Familie in die Bundesrepublik.
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Auf die Klage der Kl. hat das LG die Ehe der Parteien aus § 43 EheG geschieden. Gegen dieses Urteil hat der Bekl. Berufung eingelegt, mit der er Widerklage mit dem Antrag erhebt, die Ehe auch aus dem Verschulden der Kl. zu scheiden.
Aus den Gründen: „Für das vorliegende Ehescheidungsverfahren ist die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben. Die Sondervorschrift des § 606 b ZPO greift nicht ein, weil die Kl. - nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien - die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. Stein-Jonas-Pohle, ZPO, 18. Aufl., § 606 b Anm. II 1; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 28. Aufl., § 606 b Anm. 2 A). Diese hat sie insbesondere durch ihre Eheschließung am 13. 10. 1956 mit dem Bekl., der griechischer Staatsangehöriger ist, nicht kraft Gesetzes verloren, gleidigültig, ob diese Frage nach dem Recht der Bundesrepublik oder nach dem der sowjetischen Besatzungszone, in der die Parteien geheiratet haben, zu beurteilen ist. Allerdings verlor eine Deutsche bei ihrer Heirat mit einem Ausländernach § 17 Nr. 6 RuStAG ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Diese Vorschrift ist aber in der Bundesrepublik mit Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes am 1. 4. 1953 gemäß Art. 117 I GG in Wegfall gekommen (so BVerwG, StAZ 1960, 12 1 ; Rdschr. des BMdl vom 6. 4. 1954, StAZ 1954, 105; Lichter, Die Staatsangehörigkeit, 2. Aufl., 119 f.; vgl. auch BGH, NJW 1964, 2013 2 ). In der Sowjetischen Besatzungszone verliert eine Deutsche durch Heirat mit einem Ausländer nach § 2 der AO vom 30. 8. 1954 (ZB1. DDR 1954, 431 = StAZ 1954, 248), die am 1. 9. 1954 in Kraft getreten ist (§ 4 dieser AO), ihre deutsche Staatsangehörigkeit ebenfalls nicht m e h r . . . Die Widerklage ist nach deutschem Recht zu beurteilen. Allerdings gilt die Vorschrift des Art. 17 III EGBGB, nach welcher f ü r die Ehescheidungsklage einer Frau mit deutscher Staatsangehörigkeit die deutschen Gesetze maßgebend sind, nicht f ü r die Widerklage des Mannes, wenn dieser — wie im vorliegenden Falle - die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt; vielmehr sind hierfür grundsätzlich die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Mann zur Zeit der Klageerhebung angehört (Art. 17 I EGBGB), und es kommt weiter darauf an, daß die Scheidung auch nach deutschem Recht zulässig ist (Art. 17 IV EGBGB). Dieser Grundsatz gilt jedoch im vorliegenden Falle nicht, sondern es tritt deutsches Recht anstelle des Heimatrechts des Bekl., weil die Ehe der Parteien nur in Deutschland, nicht aber nach dem Heimatrecht des Bekl. Wirkung hat (vgl. Soergel-Siebert-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 13 EGBGB Anm. 54, Art. 17 EGBGB Anm. 54 und Art. 17 EGBGB Anm. 22; Palandt, BGB, 24. Aufl., Art. 17 EGBGB Anm. 4 b und 6 a sowie Art. 13 EGBGB Anm. 6 a). Das griechische Recht erkennt die Ehe eines Griechen, der Angehöriger der griechisch-orthodoxen Kirche ist, selbst dann, wenn sie mit einem Ausländer, der nicht Angehöriger dieser Kirche ist, im Ausland geschlossen wird, nur an, falls sie vor einem griechisch1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 225.
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Siehe oben Nr. 5.
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orthodoxen Priester nach dem Ritus dieser Kirche geschlossen ist (Art. 1367 I griech. ZGB; vgl. auch BGH, F a m R Z 1956, 8 3 3 ; BGH, N J W 1965, 1129, 1131 4 ; Bergmann, Internationales Ehe- u n d Kindschaftsrecht, Art. 1367 griech. ZGB Anm. 1 u n d 2; Rammos, F a m R Z 1955, 166 u n d 206; Bendermacher-Geroussis, Das Staatsangehörigkeitsrechtin Griechenland, 17; Lichter aaO 659). Diese Voraussetzung fehlt jedoch im vorliegenden Fall. Die Parteien haben übereinstimmend glaubhaft bekundet, daß sie ihre Ehe n u r vor dem Standesbeamten, nicht aber auch vor einem griechisch-orthodoxen Priester nach dem Ritus dieser Kirche geschlossen haben; dies entspricht auch dem Inhalt des vorgelegten Familienstammbuches. Nach dem somit anwendbaren § 43 EheG ist die E h e der Parteien auch auf die Widerklage des Bekl. aus dem Verschulden der Kl. zu scheiden."
6. Eheliche Abstammung Siehe auch Nr. 78, 80, 81, 82, 93, 132, 150, 158 und HansOLG Hamburg, Beschl. vom 14. 1. 1964 - 2 W 172/63: DA Vorm. 1964, 256 1 1 2 . Kinder aus einer standesamtlich nicht registrierten, nach mosaischem Ritus in Frankreich vor einem Rabbiner Ehe haben nicht die Stellung von ehelichen Kindern.
sondern nur geschlossenen
BFH, Urt. vom 13. 5. 1964 - VI 61/63: Leitsatz in DB 1964, 1177. 1 1 3 . Das englische Recht kennt die Anfechtung der Ehelichkeit eines während bestehender Ehe geborenen Kindes in einem besonderen Verfahren nicht. Über die Unehelichkeit ist incidenter zu entscheiden, wenn sie von jemandem geltend gemacht wird, und zwar in dem Verfahren, in dem sie eine Rolle spielt. Das Fehlen eines besonderen Verfahrens zur Feststellung der Unehelichkeit schließt die Anwendung des englischen Rechts nicht nach Art. 30 EGBGB aus. Im Common Law wird die Ehelichkeit eines Kindes vermutet, wenn seine Mutter zur Zeit der Empfängnis oder Geburt verheiratet ist; diese Vermutung ist widerlegbar. Es besteht kein Anlaß, von den Erfordernissen des § 30 PStG abzugehen, wenn nach Art. 18 II EGBGB die Möglichkeit der Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unehelichkeit des Kindes nach deutschem Recht gegeben ist. OLG H a m m , Beschl. vom 30. 6. 1964 - 15 W 399/63 1 : F a m R Z 1965, 90; StAZ 1965, 129; DAVorm. 1965, 222; Leitsatz in DRiZ 1965 B 44 Nr. 631. s IPRspr. 1954-1955 Nr. 213. Siehe oben Nr. 81 b. 1 Der Beschluß der ersten Instanz: AG Bielefeld vom 22. 4. 1963 - 20 III 30-31/63 nebst Sachverhalt ist abgedruckt in IPRspr. 1962-1963 Nr. 97.
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Aus den Gründen: „Aber auch der vom Oberkreisdirektor in Minden an das AG Bielefeld gerichtete Antrag, die Berichtigung des Geburtseintrags gemäß § 47 PStG anzuordnen, ist nicht begründet. Mit dieser Berichtigung wird eine Klarstellung erstrebt, daß das Kind Ingrid unehelich geboren worden ist. Dazu ist vorweg auszuführen: Nach Art. 18 I EGBGB wird die Ehelichkeit eines Kindes nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem der Ehemann zur Zeit der Geburt des Kindes angehört hat (RG, J W 1938, 108; die Maßgeblichkeit des Heimatrechts des Mannes verstößt nicht gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz, vgl. OLG Hamm, FamRZ 1959, 28). Voraussetzung f ü r die Anwendung des Art. 18 I EGBGB ist es, daß die Eltern des Kindes im Zeitpunkt der Geburt in einer gültigen Ehe gelebt haben. Diese Vorfrage ist nach Art. 13 EGBGB zu beurteilen (OLG Hamm, FamRZ 1959, 28 [zu Art. 22] 2 ; Henrich, FamRZ 1958, 122). Nach dieser Vorschrift haben die Beteiligten zu 2) und 3) in einer gültigen Ehe gelebt; denn die Ehe vor dem Standesbeamten in Detmold ist unter Beachtung der deutschen Vorschriften geschlossen worden (Abs. 3 des Art. 13 EGBGB). Diese Eheschließung wird auch in England als rechtsgültig anerkannt, da das englische IPR die Beobachtung der Ortsform genügen läßt (Boschan, Europäisches Familienrecht, 3. Aufl., 177; Dicey, Conflict of Laws, 7. Aufl., 230). Ist demnach Art. 18 I EGBGB anwendbar, so ist weiter zu prüfen, welches Recht vom englischen Rechtsstandpunkt f ü r die Beurteilung der Ehelichkeit des Kindes Ingrid maßgebend ist; denn auf diese Rechtsordnung verweist Art. 18 I EGBGB, da der Ehemann der Frau N. im Zeitpunkt der Geburt des Kindes Engländer gewesen ist. Nach Art. 27 EGBGB wäre eine Verweisung des internationalen englischen Kindschaftsrechts auf deutsches Recht oder das Recht eines dritten Staates zu beachten. Im englischen internationalen Kindschaftsrecht herrscht Streit darüber, welches Recht entscheiden soll, ob ein Kind ehelich oder unehelich ist. Einigkeit besteht lediglich darüber, daß an das Domizil anzuknüpfen ist, da die Frage nach der Ehelichkeit eines Kindes eine Statusfrage ist. Streitig ist jedoch, wessen Domizil maßgebend sein soll (vgl. Bergmann, Internationales Ehe und Kindschaftsrecht II, Großbritannien S. 11; Boschan aaO 183). Ein Teil der Lehre knüpft an das Domizil des Kindes bei dessen Geburt an, da dessen Status in Rede steht. Dieses Ursprungsdomizil des Kindes ist bei einem ehelichen Kinde das Domizil des Vaters bei der Geburt, bei einem unehelichen Kind das Domizil der Mutter bei der Geburt. Da aber gerade darüber entschieden werden soll, ob das Kind ehelich oder unehelich ist, f ü h r t diese Auffassung n u r dann zu einem brauchbaren Ergebnis, wenn die Kindesmutter und deren Ehemann zur Zeit der Geburt des Kindes dasselbe Domizil hatten (Cheshire, Private International Law, 6. Aufl. 1961, 416, 424). Deshalb knüpft ein anderer Teil der englischen Rechtslehre f ü r die Frage der Ehe1
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lichkeit eines Kindes an das Domizil des Ehemannes der Kindesmutter an (Lipstein in Festschrift für Ernst Rabel, 1953, 611-630; Wolff, Private International Law, 2. Aufl. 1950, 381). Zu der Streitfrage braucht jedoch nicht Stellung genommen zu werden, denn Lieselotte N. teilte das Domizil ihres Ehemannes. Dann hat aber auch Ingrid N. — gleichgültig, ob sie als ehelich oder als unehelich anzusehen ist - das gemeinsame Domizil der Eheleute N. als Ursprungsdomizil erworben. Leslie N. hatte ein englisches Ursprungsdomizil. Er hat dieses nicht dadurch verloren, daß er als Soldat für längere Zeit nach Deutschland versetzt wurde; zumal die Rückkehr Leslie N.s nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst nach England zeigt, daß er sein englisches Ursprungsdomizil hat beibehalten wollen (Dicey aaO 108 f.). Er hatte demnach bei der Geburt des Kindes Ingrid ein englisches Domizil. Frau N. hatte ein deutsches Ursprungsdomizil. Dieses Domizil hat sie durch ihre - auch nach englischem Recht als gültig anzusehende - Ehe mit Leslie N. verloren und das Domizil ihres Ehemannes erworben. Das gilt auch in den Fällen, in denen die Ehefrau das Rechtsgebiet, in dem ihr Ehemann domiziliert ist, nie betreten hat (vgl. Dicey aaO 119). Mithin hatten die Eheleute N. im Zeitpunkt der Geburt ein englisches Domizil. Daher hatte auch Ingrid N., gleichgültig, ob sie als ehelich oder als unehelich anzusehen ist, ein englisches Domizil. Das englische IPR verweist nun auf englisches materielles Recht. Das bedeutet hier, daß die Frage, ob Ingrid ehelich oder unehelich ist, nach materiellem englischen Recht zu beurteilen ist. Das englische Recht kennt eine dem § 1593 BGB entsprechende Vorschrift, wonach die Unehelichkeit eines während bestehender Ehe geborenen Kindes nur geltend gemacht werden kann, wenn sie auf Anfechtungsklage hin rechtskräftig festgestellt worden ist, nicht. Die Unehelichkeit kann vielmehr von jedermann in jedem Verfahren, in dem diese Frage eine Rolle spielt, vorgebracht werden. Das Gericht hat dann incidenter über die Frage der Ehelichkeit oder Unehelichkeit, soweit sie das Recht beeinflußt, zu entscheiden (Bergmann aaO 38; Boschan aaO 182). Dieser incidenter getroffenen Entscheidung kommt eine Wirkung gegen jedermann nicht zu; sie gilt nur unter den Parteien des Rechtsstreits, in dem sie getroffen wurde. Das Fehlen eines besonderen Verfahrens zur Feststellung der Unehelichkeit schließt die Anwendung des englischen Rechts nach Art. 30 EGBGB nicht aus. Nach Art. 30 ist die Anwendung des ausländischen Rechts nur ausgeschlossen, wenn sie im Einzelfall zu einem untragbaren Ergebnis führt, nicht aber schon dann, wenn sie allgemein die Möglichkeit eines solchen Konflikts in sich trägt. Hier führt aber die Anwendung englischen Rechts, wie sich aus Nachstehendem ergibt, zu durchaus tragbaren Ergebnissen. Vom englischen Recht her gesehen ist es unbedenklich, wenn das AG in einem Verfahren nach § 47 PStG über die Ehelichkeit oder Unehelichkeit eines Kindes incidenter entscheidet. Nach Common Law ist ein Kind dann ehelich, wenn die Eltern zur Zeit der Zeugung oder der Geburt verheiratet waren. Bei einem während der Ehe geborenen Kind wird vermutet, daß
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der E h e m a n n der Mutter auch der Vater des Kindes ist (Boschan aaO 181 f.). Die Vermutung ist widerlegbar. Doch m u ß der Gegenbeweis .schwerwiegend, exakt u n d überzeugend' sein. So k a n n die Vermutung durch das Verhalten der Beteiligten - d. h. der Kindesmutter, des Ehemannes und des natürlichen Vaters - unter Berücksichtigung aller näheren Umstände widerlegt werden, wenn dieses stark u n d unwiderstehlich zu dem Schluß führt, daß das Kind nicht von dem E h e m a n n , sondern von einem anderen abstammt. Dabei wird besonderes Gewicht auf das Verhalten des Mannes gelegt, der als natürlicher Vater in Betracht k o m m t (The Aylesford Peerage [1885] 11 A. C. 1; Bromley, Family Law, 1957, 264). Hiervon ausgehend ist das AG unter eingehender Würdigung aller wesentlichen Umstände - ebenso wie das Gutachten Prof. Kegel vom 5. 2. 1962 — zu dem Ergebnis gelangt, daß das Kind Ingrid nach englischem Recht als unehelich anzusehen sei. Dem ist zuzustimmen. Zu den Ausführungen des AG — auf die verwiesen werden k a n n — ist ergänzend zu bemerken: Nach Births and Deaths Registration Act, 1953 Art. 10 wird in das Geburtsregister der eheliche Vater des Kindes eingetragen, wenn er selbst u n d die Mutter des Kindes dies gemeinsam beantragen. Bei Widerspruch des Ehemannes gegen diese Eintragung gilt die Unehelichkeit des Kindes als erwiesen (Boschan aaO 182). Der nach der Geburt des Kindes mit dem britischen Generalkonsulat geführte Schriftwechsel sowie die Schreiben des deutschen Sozialausschusses in London legen die Annahme nahe, daß bei weiterer Sachaufklärung sich ergibt, daß der E h e m a n n N. seiner Eintragung als Vater des Kindes Ingrid in das beim britischen Generalkonsulat in Düsseldorf gef ü h r t e Geburtsregister widersprochen hat. Ist demnach das Kind Ingrid als unehelich anzusehen, so bestehen zwischen ihm und dem E h e m a n n N. keine familienrechtlichen Beziehungen. Das Rechtsverhältnis des Kindes zu seiner Mutter ist gemäß Art. 20 EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen, da F r a u N. - unbeschadet ihrer Heirat mit einem britischen Staatsangehörigen - ihre deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten hat (Art. 16 I Satz 2 GG; einen Antrag, als britische Staatsangehörige registriert zu werden, hat F r a u N. nicht gestellt; vgl. sec. 6 subsec. 2 Britisch Nationality Act, 1948). Nach § 4 RuStAG hat das Kind Ingrid mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Nun ist zwar nach dem hier maßgeblichen englischen Recht das Kind Ingrid als unehelich anzusehen; daraus folgt aber noch nicht, daß der Standesbeamte dies berichtigend im Geburtenbuch zu vermerken hat. Mag auch der Standesbeamte beim Auftreten zwischenstaatlicher Sachverhalte grundsätzlich gehalten sein, den Eintrag in Übereinstimmung mit allen diesbezüglichen Kollisionsnormen und den über sie anzuwendenden ausländischen Rechtsnormen zu fertigen (vgl. Schmitt-Peters, Die Eintragungen in deutsche Personenstandsbücher in Fällen mit Auslandsberührung, 1960, 84-89), so ist doch f ü r die Frage, ob ein einmal vorgenommener, abgeschlossener Eintrag berichtigt werden kann, allein deutsches Recht m a ß gebend. Das bedeutet hier: Ein Vermerk des Inhalts, ,daß das Kind (Ingrid) den Familiennamen B. trägt, da der E h e m a n n der Mutter, Leslie N.,
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nicht der Vater des Kindes ist', darf nur dann in das Geburtenbuch eingetragen werden, wenn dies nach den Bestimmungen des PStG und seinen Ausführungsbestimmungen statthaft ist. Auszugehen ist von § 21 PStG. Diese Bestimmung schreibt für das Geburtenbuch weder die Eintragung des Familiennamens des Kindes noch einen Vermerk darüber vor, ob das Kind ehelich oder unehelich ist. Diese Fragen können grundsätzlich nur durch rechtliche Schlußfolgerung aus den in § 21 PStG allein zugelassenen Eintragungen (z. B. Namen der Eltern des Kindes) beantwortet werden (vgl. § 61 c PStG, Ausstellung eines Geburtsscheines durch den Standesbeamten). Nach § 30 PStG ist ein Randvermerk im Geburtenbuch einzutragen, wenn die Abstammung oder der Name eines Kindes mit allgemein bindender Wirkung festgestellt oder wenn der Personenstand oder der Name des Kindes geändert wird. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil es an einer Feststellung der Unehelichkeit des Kindes ,mit allgemein bindender Wirkung' — d. h. mit Wirkung gegen jedermann - fehlt; denn dies setzt die Entscheidung eines deutschen Gerichts voraus, die im Verfahren nach §§ 64 c ff. ZPO ergangen ist, oder aber eine gleichzuachtende Entscheidung eines ausländischen Gerichts. Dem Beschluß des Vormundschaftsgerichts Detmold vom 8. 2. 1962 kommt eine solche Wirkung gegen jedermann hinsichtlich der Frage, ob das Kind Ingrid ehelich oder unehelich ist, nicht zu. Nach § 47 PStG kann ein abgeschlossener Eintrag auf gerichtliche Anordnung hin berichtigt werden. Unter Berichtigung ist die nachträgliche Änderung des Wortlauts einer abgeschlossenen Eintragung zu verstehen, und zwar durch Richtigstellung einer von Anfang an bestehenden Unrichtigkeit. Die Unrichtigkeit muß also bereits zur Zeit der Eintragung bestanden haben (OLG Köln, N J W 1960, 2343; Pfeiffer-Strickert, [PStG] §47 Anm.4). Stellt sich nach abgeschlossenem Eintrag die Unehelichkeit eines Kindes heraus, so folgt daraus zwar auch, daß die Eintragung von Anfang an unrichtig gewesen ist. Dies kann aber nun nicht im Wege eines Vermerks nach § 47 PStG berichtigt werden. Vielmehr ist ein gerichtlicher Vermerk grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 30 PStG zulässig (vgl. zum alten Recht Stölzel, PStG, 2. Aufl., § 26 Anm. 9 und § 65 Anm. 3). Die Voraussetzungen des § 30 PStG liegen hier aber nicht vor. Es mag sich die Frage erheben, ob von diesem Grundsatz dann eine Ausnahme zu machen ist, wenn es verfahrensrechtlich für die Beteiligten unmöglich ist, eine den Anforderungen des § 30 PStG genügende gerichtliche Entscheidung zu erwirken. Doch braucht hierauf nicht näher eingegangen zu werden; denn es besteht hier nach Art. 18 I I EGBGB die Möglichkeit der Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unehelichkeit des Kindes nach deutschem Recht, da die Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Es besteht daher kein Anlaß, hier von den Erfordernissen des § 30 PStG abzugehen." 114. Nach niederländischem Recht steht das Recht auf Anfechtung der Ehelichkeit nur dem Vater zu. Das niederländische Recht schließt jedoch
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die Erhebung einer negativen Feststellungsklage des gegen den Ehemann der Mutter nicht aus.
des scheinehelichen
Kin-
LG Aachen, Urt. vom 22. 7. 1964 - 4 R 356/63: DAVonn. 1966, 285; StAZ 1966, 115 (dort mit falschem Datum) mit Anm. van Sasse van Ysselt. Die Mutter der am 3. 11. 1953 geborenen Kl. war früher mit dem Bekl. verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des LG Aachen vom 29. 7. 1953 geschieden. Sowohl der Bekl. als auch die Mutter der Kl. sind niederländische Staatsangehörige. Seit dem 4. 6. 1962 ist die Mutter der Kl. wieder verheiratet. Mit der Behauptung, ihre Mutter habe bereits seit Juli 1951 von dem Bekl. getrennt gelebt, zwischen ihr und dem Bekl. habe seitdem kein Geschlechtsverkehr mehr stattgefunden, beantragt die Kl. festzustellen, daß sie kein Kind des Bekl. sei.
Aus den Gründen: „Die Klage ist nach § 640 ZPO zulässig. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 642 I ZPO. Die eheliche Abstammung der Kl. richtet sich gemäß Art. 18 EGBGB nach niederländischem Recht. Nach niederländischem Recht steht das Recht auf Anfechtung der Ehelichkeit im Gegensatz zum deutschen Recht nur dem Vater zu (Art. 307 ff. BW). Aus Art. 324 ergibt sich jedoch, daß das Kind auf Feststellung seines Personenstandes klagen kann. Diese Regelung schließt die Möglichkeit ein, daß das Kind auch auf Feststellung klagen kann, der als sein Vater geltende Ehemann seiner Mutter sei in Wahrheit nicht sein Vater. Das niederländische Recht schließt jedenfalls die Erhebung einer negativen Feststellungsklage, als welche das Begehren der Kl. aufzufassen ist, nicht aus. Was die Begründetheit der Klage angeht, so gilt der Bekl. zwar als Vater der Kl., weil die Kl. während des Bestehens der Ehe gezeugt worden ist (Art. 306 B W ) ; auch gilt die eheliche Abstammung der Klägerin von dem Beklagten durch die in das standesamtliche Register eingetragene Geburtsurkunde als bewiesen (Art. 316 BW). Gleichwohl kann die Kl. ihren Personenstand anfechten und geltend machen, daß sie nicht von dem Bekl. abstamme, weil ihre tatsächliche Stellung mit ihrem aus ihrer Geburtsurkunde ersichtlichen Personenstand nicht übereinstimmt (Art. 318 BW). So lebt die Kl. zusammen mit ihrer Mutter nicht etwa bei dem Bekl., sondern bei dem jetzigen Ehemann ihrer Mutter, von dem sie abzustammen behauptet. Ferner behandelt der Bekl. die Kl. nicht als sein Kind, wie auch die Kl. weder in der Gesellschaft noch unter den näherstehenden Verwandten als Kind des Bekl. anerkannt worden ist. Das genügt aber, um die tatsächliche Stellung der Kl. als eheliches Kind des Bekl. in Frage zu stellen (vgl. Art. 317 BW). Da somit eine ununterbrochene Stellung der Kl. als eheliches Kind des Bekl. nicht vorliegt, kann die Abstammung der Kl. durch Zeugen bewiesen werden (Art. 319 Satz 1 BW). Eines schriftlichen Beweises, wie ihn Art. 319 Satz 2 1. Alternative verlangt, bedarf es im vor23
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liegenden Fall nicht, weil die Schlußfolgerung der außerehelichen Abs t a m m u n g der Kl. auf unbezweifelbaren Tatsachen beruht, die genügend gewichtig sind, u m den Beweis der A b s t a m m u n g der Kl. durch Zeugen zuzulassen (Art. 319 Satz 2 2. Alternative). Auf Grund der Aussage der Mutter der Kl., a n deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln kein Anlaß besteht, steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, d a ß die Zeugin bereits seit d e m J a h r e 1951 von dem Bekl. getrennt lebt u n d d a ß sie seitdem keinen Geschlechtsverkehr m e h r mit dem Bekl. gehabt hat. E s ist deshalb unmöglich, d a ß die Kl. von dem Bekl. a b s t a m m e n k a n n . " 115. Die Abstammung eines in der Ehe mit einem Marokkaner geborenen deutschen Kindes wird kraft Rückverweisung des marokkanischen Rechts nach den deutschen Vorschriften beurteilt. Bei unklarer oder von der deutschen gesetzlichen Regel abweichender Namensableitung darf als Ausnahme von dem Grundsatz, daß in Personenstandsbüchern nicht vorgesehene Eintragungen unzulässig sind, im Geburtenbuch zu dem Vornamen des Kindes der Familienname hinzugefügt werden. AG Bielefeld, Beschl. vom 14. 10. 1964 - 20 III 200/62: StAZ 1965, 219 mit Anm. Bussert. Am 5. 10. 1962 schlössen vor einem deutschen Standesbeamten die deutsche Staatsangehörige G. S. und der marokkanische Staatsangehörige Ali ben Be. ben Ba. die Ehe. Am 21. 11. 1962 gebar die Ehefrau ein Kind, das die Vornamen Mohamed Ali Albert erhalten hat und als unehelich im Geburtenbuch eingetragen worden ist. Am 13. 5. 1962 hat der Ehemann der Kindesmutter vor dem Vormundschaftsgericht Bielefeld zu Protokoll erklärt: „Ich erkenne hiermit an, der Vater des vorgenannten Kindes zu sein. Ich habe in der Empfängniszeit vom 23. 1. bis 24. 5. 1962 mit der Kindesmutter, meiner jetzigen Ehefrau, geschlechtlich verkehrt. Das Kind Mohamed Ali Albert stammt von mir ab." Der Oberkreisdirektor Bielefeld als Standesamtsaufsichtsbehörde beantragt, 1. den Geburtseintrag des Kindes dahin zu berichtigen, daß Ali ben Be. ben Ba. als Ehemann der Kindesmutter eingetragen wird, damit es als ehelich erscheint, weil das Kind durch die nachträgliche Anerkennung ehelich geworden sei, 2. den Familiennamen des Kindes „ben Ali" zu vermerken, weil die Namensableitung unklar sei. Aus den Gründen: „Der Antrag ist begründet. Der E h e m a n n der Kindesmutter ist m a r o k k a n i s c h e r Staatsangehöriger islamischen Glaubens. Die F r a g e nach der Ehelichkeit des Kindes w i r d nach d e m von der Rechtslehre u n d Rechtsprechung aus der einseitigen Kollisionsnorm des Art. 18 EGBGB ausgestalteten Grundsatz nach den Gesetzen des Staates, dem der E h e m a n n zur Zeit der Geburt des Kindes angehört, hier also m a r o k k a n i s c h e m Recht, beurteilt, wobei Rück- u n d Weiterverweisung nach Art. 27 EGBGB zu beachten ist (Palandt-Lauterbach, [BGB] Art. 18 EGBGB Anm. 2; Soergel-Siebert-Kegel, [BGB] Art. 18 EGBGB
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Anm. 11). Das marokkanische IPR enthält nun keine ausdrückliche Kollisionsnorm über die Frage der Abstammung (vgl. Bergmann, [Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht] Marokko A 2, S. 3). Sie richtet sich nach der Rechtsprechung der Cour d'Appel de Rabat vielmehr nach dem Heimatrecht des Kindes (vgl. Cour d'Appel de Rabat vom 20. 3. 1961, Revue de Droit Marocain 1961, 310 f.). Anknüpfungspunkt ist danach die Staatsangehörigkeit des Kindes (Raape, IPR, 5. Aufl., 47). Die marokkanische Staatsangehörigkeit hat das Kind nach dem hierfür geltenden marokkanischen Recht nicht erworben. Nach Art. 6 Nr. 1 des marokkanischen Dahir vom 6. 9. 1958, enthaltend das Gesetz über die Staatsangehörigkeit (Bergmann aaO Marokko S. 2), ist Marokkaner das Kind, das von einem marokkanischen Vater abstammt. Das ist hier nicht der Fall. Zwar ist das Kind in der Ehe geboren, aber nach Art. 85 des Dahir vom 18. 12. 1957 / 22. 11. 1957 (Bergmann aaO S. 22) wird das Kind nur dann als ehelich angesehen, ,wenn seit der Eheschließung eine Frist verstrichen ist, die der geringsten Dauer der Schwangerschaft entspricht, und wenn die Möglichkeit für geschlechtliche Beziehungen zwischen den Ehegatten bestanden hat; ohne diese Vermutung kann die Ehelichkeit eines Kindes nicht unter Bezugnahme auf die Eheschließung geltend gemacht werden.' Hier ist aber das Kind bereits innerhalb von 7 Wochen nach der Eheschließung geboren. Der Ehemann der Kindesmutter ist deshalb nicht ohne weiteres als Vater des Kindes anzusehen; das Kind ist danach vielmehr unehelich, Art. 82 Nr. 2 des Dahir vom 18. 12. 1957 / 22. 11. 1957 (vgl. [Renner] StAZ 1959, 164). Das uneheliche Kind wird aber legitimiert durch Anerkennung der Vaterschaft entweder in einer öffentlichen Urkunde oder durch schriftliche unzweideutige Erklärung des Vaters, Art. 95 des Dahir vom 18. 12. 1957 / 22. 11. 1957. Die Abstammung des Kindes auf Grund eines Anerkenntnisses muß aber nach Art. 8 des Dahir vom 6. 9. 1958 festgestellt werden. Sie hat danach auf die Staatsangehörigkeit nur dann einen Einfluß, wenn sie während der Minderjährigkeit des Kindes festgestellt worden ist. Dabei muß sie gemäß den Vorschriften festgestellt werden, die für das Personalstatut des Aszendenten als Rechtsquelle für die Staatsangehörigkeit maßgebend sind (Bergmann aaO S. 3). Entscheidend ist danach das Personalstatut des Kindesvaters, der hier Marokkaner islamischen Glaubens ist. Es gelten deshalb für die Feststellung der Abstammung die Bestimmungen des Art. 92 des Gesetzes über das Personen- und Erbrecht vom 22. 11. 1957 (Bergmann aaO S. 23), die erfordern, daß der Erklärende männlichen Geschlechts ist; daß er urteilsfähig ist; daß das anerkannte Kind unbekannter Abstammung ist und daß die Erklärungen des Anerkennenden nicht durch Gründe oder Vermutungen widerlegt sind. Diese letzten Voraussetzungen sind mit der Vaterschaftsanerkennung zu Protokoll des Gerichts vom 13. 5. 1963 nicht erfüllt. Denn die malekitische Rechtsschule, deren Rechtsgrundsätze auch nach dem Erlaß des Gesetzes vom 22. 11. 1957 gelten, wie sich aus Art. 82 (Bergmann aaO S. 22), der besagt, daß ,alle Fälle, die nicht unter Anwendung dieses Gesetzes entschieden werden können, unter Bezugnahme auf die herrschende Meinung oder die ständige Rechtsprechung nach der male23»
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kitischen Schule zu entscheiden sind', ergibt, stellt hier an die letzte Voraussetzung hohe Anforderungen. Danach dürfen die gegebenen Umstände nicht gegen die Ehelichkeit des Kindes sprechen; das Kind darf nach der Sachlage nicht ,in der Sünde' erzeugt sein (vgl. Wengler, StAZ 1964, 149). Aus den gegebenen Daten der Eheschließung und der Geburt sowie auch aus der Erklärung des Ehemannes der Kindesmutter selbst ergibt sich eindeutig, daß das Kind vor der Ehe ,in der Sünde' gezeugt ist. Es gilt deshalb als illegitim und ,hat gar keine Rechtsbeziehung zum Vater und kann auch nicht durch irgendwelche legitimierenden Tatsachen oder Rechtsakte in eine solche Rechtsbeziehung gebracht werden' (Wengler aaO; Art. 83 Nr. 3). Die Anerkennung ist damit durch Vermutung widerlegt (vgl. AG Hamburg vom 13. 3. 1964, StAZ 1964, 164 1 ; Wengler aaO 150). Das Kind ist somit nicht Marokkaner. Es besitzt aber die deutsche Staatsangehörigkeit (Art. 2 des Ges. zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 19. 12. 1963, BGBl. I 982, § 4 RuStAG; Hoff mann, StAZ 1964, 35 ff.), denn die Kindesmutter hat durch ihre Eheschließung die marokkanische Staatsangehörigkeit nicht erworben (Art. 10 des Dahir vom 6. 9. 1958) und die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren ( § 1 7 RuStAG, Art. 16 I Satz 2 GG; [Renner] StAZ 1959, 163). Da nach der Rechtsprechung der Cour d'Appel de Rabat das Gesamtproblem der Abstammung des Kindes sich nach dem Heimatrecht des Kindes richtet und hier das Kind Deutscher ist, verweist das marokkanische Recht auf deutsches Recht zurück. Nach deutschem Recht aber ist das Kind gem. § 1591 BGB ehelich geboren. Da das Kind als unehelich eingetragen ist, war dem Antrage zu 1) stattzugeben. Auch der Antrag zu 2) ist begründet. Zwar sieht das PStG bei der Beurkundung der Geburt des Kindes nur die Eintragung des Vornamens des Kindes vor, § 21 PStG. Daraus wird geschlossen, daß ein Vermerk über den Familiennamen des Kindes nicht eingetragen werden dürfe. Insbesondere reiche die Gefahr, bei Kindern von Vätern mit ausländischer Staatsangehörigkeit ohne Vermerk des Familiennamens des Kindes zu einer falschen Namensableitung zu gelangen, nicht aus, einen Vermerk über den Familiennamen vorzunehmen. ,Der Gesetzgeber habe auch bei der Neufassung des PStG keinen Anlaß genommen, f ü r derartige Fälle einen Vermerk im Geburtenbuch zuzulassen oder vorzuschreiben obwohl ihm die aufgezeigte Gefahr bewußt gewesen sein müsse' (OLG Düsseldorf vom 17. 4. 1964, JMB1. NRW 1964, 163 2 ; ebenso die vorinstanzliche Entscheidung des LG Wuppertal, StAZ 1964, 52 3 ). Diesen Entscheidungen kann aber nicht gefolgt werden. Ihnen ist entgegenzuhalten, daß das PStG auf deutsche Verhältnisse ausgerichtet ist und nach deutschem Recht sich in der Regel der Familienname aus der Eintragung der Eltern bzw. der Mutter in Verbindung mit §§ 1616, 1706 BGB ergibt. Damit aber der Familienname des Kindes eindeutig aus dem Buche zu ersehen ist bzw. dieses den Familiennamen enthält, ist eine ganz genaue Führung des Buches darüber vorgeschrieben, ob die Mutter verheiratet oder 1 3
Siehe unten Nr. 150. IPRspr. 1962-1963 Nr. 85.
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Siehe oben Nr. 93.
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geschieden oder der Ehemann für tot erklärt ist mit Angabe des Tages der Eheauflösung usw. (§ 26 AVO/PStG, § 190 DA). Es kann daraus gefolgert werden, daß das Buch den Familiennamen des Kindes durch Bezugnahme auf das Gesetz (z. B. BGB) enthalten muß und daß nur aus praktischen Erwägungen im Hinblick auf die gesetzliche Namensregelung davon Abstand genommen worden ist, es ausdrücklich auszusprechen (vgl. § 190 DA). Diese Folgerung ergibt sich auch aus § 30 PStG, nach dem ein Randvermerk einzutragen ist, wenn der Name des Kindes sich geändert hat (vgl. auch § 31 PStG). Die Eintragung einer Namensänderung kann aber nur erfolgen, wenn ein Name bereits eingetragen ist. Das Erfordernis der Eintragung des Familiennamens des Kindes im Geburtenbuch folgt weiter auch aus § § 61 c, 62 PStG; denn Geburtsschein und Geburtsurkunde, in die der Familienname des Kindes aufzunehmen ist, sind ein Auszug aus dem Buch nur mit dem Unterschied, daß der Geburtsschein die Änderungen des Personenstandes nicht erkennen läßt. Die Urkunde (Geburtsschein) muß mit dem Eintrag übereinstimmen; der Eintrag muß also den Familiennamen enthalten. Mithin wird mit dem nach § 21 PStG zwingend zu machenden Angaben auch der Familienname des Kindes eingetragen, wenn auch durch Bezugnahme indirekt. Eine nochmals ausdrückliche Angabe des Familiennamens wäre daher eine Doppeleintragung und ist deshalb unzulässig. Wenn aber der Familienname des Kindes nicht aus der Beziehung zu den Eltern bzw. der Mutter ersichtlich sein kann, z. B. wenn der Name des ehelichen Kindes anders lautet als der Name des Vaters oder das Kind bei der Geburt noch keinen Familiennamen hat, wie das uneheliche Kind im Staate Florida (USA), muß er zur Vervollständigung der Angaben des Buches besonders vermerkt werden, weil er im ersten Falle sonst in Folge der Bezugnahme auf das Gesetz und der damit verbundenen normalen Ableitung unrichtig eingetragen wäre (vgl. AG Bielefeld vom 23. 6. 1961 4 und 30. 5. 1962, StAZ 1962, 102 f. und 1964, 75). Die Praxis ist auch in den Fällen, in denen eine gesetzliche Namensableitung nicht möglich ist, wie z. B. bei persönlichem Adel des Kindesvaters (Schmitt-Peters, Eintragungen in deutsche Personenstandsbücher in Fällen mit Auslandsberührung, 1960, 73), bei Erbhofbauern (Maßfeller, Die Führung der Personenstandsbücher in Musterbeispielen, 1939, 171 f.; § 260 I I I DA 1938), bei Genanntnamen auf Grund der VO des Oberpräsidenten von Westfalen vom 22. 2. 1828 (vgl. AG Bielefeld, StAZ 1964, 75 und 1961, 343), so verfahren oder hat dem Elternnamen einen Vermerk angefügt. Wenn auch der Entwurf einer VO des BMdl zur Durchführung des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des PStG dahingehend, einen Vermerk über dem vom Kind gegenwärtig zu führenden Familiennamen außerhalb des Eintrags aufzunehmen, bei der Beratung der PStG-Novelle abgelehnt worden ist (vgl. Mulle, StAZ 1955, 217; Schmitt-Peters aaO 90 Anm. 9), so kann daraus doch nicht geschlossen werden, daß die Angabe des Familiennamens grundsätzlich, also auch in einzelnen Ausnahmefällen wie bei abweichender oder unklarer Namensfolge, unzulässig wäre; denn das Gesetz regelt allgemein den Nor4
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malfall, bei dem eine Hinzufügung des Namens beim Kinde überflüssig ist (vgl. Bussert, StAZ 1964, 76 Anm. 1). Dem Gesetzgeber war auch diese Praxis bekannt, und es ist nicht ersichtlich, daß er dagegen Stellung genommen hätte. Schließlich kann bei abweichender oder unklarer Namensableitung das Geburtenbuch nur mit einem Vermerk über den Familiennamen seinen Zweck der richtigen und damit vollständigen Wiedergabe der Personenstandsangaben des Kindes erfüllen und der Standesbeamte bei Erteilung einer Geburtsurkunde oder Geburtsscheines seiner Verpflichtung aus §§ 61 c, 62 PStG zur Angabe des Familiennamens nachkommen. Denn Grundlage für die Ausstellung einer mit dem Eintrag übereinstimmenden Urkunde kann nur die Eintragung selbst sein, ohne daß der Standesbeamte Vermerke außerhalb des Eintrags oder die Akten berücksichtigen muß; der Name muß aus dem Eintrag ablesbar sein. Deshalb war auch vom Gesetzgeber ein Vermerk außerhalb des Eintrags abzulehnen. Bei Eintragung der Kinder von ausländischen Staatsangehörigen darf der Standesbeamte nicht überfordert werden, zumal auch heute noch zahlreiche ehrenamtliche Standesbeamte tätig sind. Endlich ist zu bedenken, daß sich jetzt über eine Million ausländische Arbeitnehmer der verschiedensten Nationalität (Engländer, Holländer, Spanier, Portugiesen, Italiener, Griechen, Marokkaner usw.) in der Bundesrepublik befinden und sehr viele davon infolge Eheschließung und Geburten usw. standesamtlich erfaßt werden müssen. Es kann wohl mit Sicherheit gesagt werden, daß der Gesetzgeber weder bei Erlaß des PStG noch bei den späteren Änderungen diesen Zustand in Rechnung gestellt hat und dem Standesbeamten hat zumuten wollen, die für die Ausstellung von Urkunden erforderliche Kenntnis des deutschen I P R und des jeweiligen ausländischen Rechts für die richtige Namensableitung zu besitzen. Der Gesetzgeber hat eben - wie dargetan - das Gesetz und damit das Geburtenbuchformular für deutsche und nicht auch ausländische Verhältnisse schaffen wollen. Deshalb kann die Eintragung des Familiennamens zum Vornamen bei nicht klarer Namensableitung als Ausnahme von der Regel nicht als unzulässig angesehen werden. Hier richtet sich der Name des Kindes in Anwendung des Art. 19 EGBGB nach marokkanischem Recht, dem Heimatrecht des Vaters (Kegel, IPR, 1960, 290 und 116). Danach erhält das Kind den Namen des Vaters, Gesetz vom 4. 9. 1915 mit Änderungsgesetzen (vgl. [Renner] StAZ 1959, 164). Nach der bisherigen marokkanischen Sitte besteht der Name des Kindes aus dem Vornamen des Vaters, wobei diesem ,ben' oder ,bent' - ,Sohn' .Tochter' - vorgesetzt wird. Es gibt aber auch echte Familiennamen. Ein Familienname wird in Marokko durch Eintragung in das Register der Personenstandsbehörde verliehen oder bestätigt, Art. 6 des Dahir vom 8. 3. 1950. Hier behauptet der Kindesvater, daß er einen solchen Familiennamen führe, weil sein Vater als Dorfvorsteher zur Führung des Familiennamens Be. berechtigt sei. Die angestellten Nachforschungen haben jedoch diese Behauptung nicht bestätigt. Da nach diesem Sachverhalt für den später eine Urkunde ausstellenden Standesbeamten unklar sein muß, wie der richtige Familienname des Kindes lautet, war dem Antrag zu 2) stattzugeben."
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VI./6. Familienrecht der ehelichen Abstammung
359 nach New
Yorker
AG Stolberg, Beschl. vom 18. 2. 1965 - 4 VII 5345: Unveröffentlicht. Der ASt. ist der zweite Ehemann der Kindsmutter, deren Kind amerikanischer Staatsangehörigkeit aus ihrer ersten Ehe mit einem Amerikaner stammt. Der ASt. ist der Auffassung, daß das Kind nach amerikanischem Recht unehelich sei, und begehrt Feststellung, daß es durch seine Eheschließung mit der Mutter die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangt hat. Aus den Gründen: „Nach Art. 18 I EGBGB beurteilt sich die eheliche Abstammung nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes. Die Vorschrift regelt sich zwar nur f ü r den Fall, in dem der Ehemann Deutscher ist. Art. 18 I EGBGB ist aber unstreitig auch auf ausländische Muttergatten anzuwenden (Soergel-Siebert-Kegel, [BGB] 9. Aufl. 1961, Bern. 11 zu Art. 18 EGBGB, S. 825 mit Nachw. aus der Rechtsprechung). Diese Verweisung auf amerikanisches Recht als das Heimatrecht des Ehemannes der Mutter ist auf das amerikanische IPR gerichtet. Art. 18 EGBGB ist zwar in Art. 27 EGBGB nicht enthalten. Dies erklärt sich aber daraus, daß Art. 18 EGBGB als einseitige Kollisionsnorm gefaßt ist. Eine Rückverweisung auf deutsches Recht ist beachtlich (LG Düsseldorf, HRR 1937 Nr. 1321; Kegel aaO Bern. 38 zu Art. 18, S. 831). Die Verweisung auf das Recht der USA ist unvollständig, da die USA einen Viel-Rechtsstaat bilden. Nur wenige Rechtsmaterien sind durch die Bundesverfassung einheitlich geregelt; im übrigen hat jeder Einzelstaat eine eigene Rechtsordnung. Auch fehlt ein interlokales Recht auf Bundesebene (vgl. Nußbaum, Grundzüge des IPR, 1952, 54-56; Kegel, IPR, 1964, 135). Die maßgebliche Teilrechtsordnung m u ß durch eine weitere Anknüpfung bestimmt werden; diese ist an das deutsche IPR anzubauen (Unteranknüpfung) (Kegel, IPR, 138-139). Zum Teil wird an die Staatsbürgerschaft innerhalb der Vereinigten Staaten angeknüpft, da jeder Nordamerikaner die Staatsangehörigkeit des Bundesstaates besitzt, in dem er sein Domizil hat (Raape, IPR, 5. Aufl. 1961, 149-150; vgl. sec. 1 § 1 des Amendment XIV zur Verfassung der USA, U.S.C.A., Constitution, Teil 2). Die deutsche Rechtsprechung wählt als zusätzlichen Anknüpfungspunkt den Wohnsitz (BGHZ 27, 47, 51 = NJW 1958, 830, 831 OLG Karlsruhe, DNotZ 1957, 424 = FamRZ 1957, 224 2 ). Um bei verschiedenen Wohnsitzbegriffen der Einzelstaaten Doppelwohnsitz und Wohnsitzlosigkeit zu vermeiden, empfiehlt es sich, analog Art. 29 EGBGB auf den gewöhnlichen Aufenthalt abzustellen, wie es im deutschen interlokalen Privatrecht geschieht (Soergel-Siebert-Kegel, Bern. 11 vor 1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 1.
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 136.
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Art. 7 EGBGB mit Nachw.; LG Bielefeld, N J W 1957, 1074, 1075 3 ; Kegel, in Karl Arnold-Festschrift, 1955, 75 f.). Da der erste Ehemann sowohl seine Wohnung als auch seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in New York hat, kann die Frage, welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist, dahingestellt bleiben. Das somit berufene IPR des Staates New York ist nicht gesetzlich geregelt. Es muß aus den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen entnommen werden. Danach befolgt man in Übereinstimmung mit den übrigen US-Staaten den common-law-Grundsatz, daß die Ehelichkeit bzw. Unehelichkeit des Kindes nach dem Recht des Wohnsitzes der Eltern zu bestimmen ist. Bei verschiedenem Wohnsitz des Vaters und der Mutter ist auch eine verschiedene Bestimmung vorzunehmen (Bergmann, Internationales Eheund Kindschaftsrecht, Bd. VI, USA S. 66; Cheatham-Goodrich-GriswoldReese, Cases and Materials on Conflict of Laws, Ch. 14 sec. 5, S. 828; § 138 Restatement, Conflict of Laws). Wohnsitz des Ehemannes der Kindesmutter ist New York. Der Wohnsitz der Ehefrau zur Zeit der gültigen Ehe bei der Geburt des Kindes war ebenfalls New York; denn während der Dauer der Ehe teilt die Frau den Wohnsitz des Mannes; wechselt sein Wohnsitz, so folgt der ihrige (Matter of Daggett, 255 N.Y. 243; Matter ofHoneyman, 192 N.Y.S. 910; Matter ofBushbeg, 112, N.Y.S. 262; Beate, Conflict of Laws I, § 27. 2, S. 197). Lebt die F r a u von ihrem Gatten getrennt, so bleibt doch ihr Wohnsitz der des Mannes, wenn die Ehe noch besteht (Beate aaO S„ 198). Zum Zeitpunkt der Geburt galt noch die Bestimmung des § 119 Domestic Relations Law. Der Family Court Act, in dessen § 115 die Ehelichkeit von Kindern geregelt ist, trat im Staat New York erst am 1. 9. 1962 in Kraft. Mangels abweichender Übergangsgesetze kann diese Regelung auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Nach Domestic Relations Law bestand die generelle Vermutung, daß ein Kind, das während einer gültigen Ehe geboren oder gezeugt worden ist, ein eheliches ist. Diese Vermutung enthält die weitere Vermutung, daß der Ehemann der Mutter der Vater ihres Kindes ist (Ploscowe and Freed, Family Law, Cases and Materials, 1963, 537-539; Selected Essays on Family Law, 1950, 368-371). Diese Vermutung der Ehelichkeit eines in einer gültigen Ehe geborenen Kindes ist eine der strengsten Vermutungen, die das Gesetz kennt (Boardman's New York Family Law with Forms, 1964, Ch. VIII § 115.01, S. 457). Nach § 119 Domestic Relations Law ist ein Kind unehelich, wenn es von einer verheirateten Frau geboren wird, die aber ein ganzes J a h r vor der Geburt des Kindes von ihrem Ehemann getrennt lebt: , . . . a child born to a married woman while she and her husband were separated for an entire year prior to its birth.' Die Vermutung der ehelichen Geburt des Kindes ist so stark, daß bei der Widerlegung an den Beweis strenge Anforderungen gestellt werden. Es 3
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ist der Beweis nötig, daß die einjährige Trennung unter Bedingungen stattgefunden hat, die keine Grundlage f ü r den Glauben bilden, daß Mann und Ehefrau während dieser Zeit haben zusammenkommen können (Com. of Public Weifare v. Koehler, 284 N.Y. 260, 30 N.E. 2 d 587 [1940]; Boardman's New York Family Law, § 115.01, S. 458). Allein der Beweis der einjährigen Trennung genügt nicht, die ursprüngliche Vermutung der Ehelichkeit zu widerlegen. Der Beweis, daß die Ehegatten während der einjährigen Trennung nicht zusammengekommen sind, m u ß ,exakt und überzeugend' — ,clear and convincing' — sein. Die Partei, die die Unehelichkeit des Kindes behauptet, muß jede vernünftige Möglichkeit der Ehelichkeit des Kindes durch glaubwürdigen Beweis zerstreuen. Dieser Beweis muß sehr überzeugend sein (In re Newin's Will, 213 N.Y.S. 2 d 255 [1961]; Boardman's New York Family Law, Ch. VIII § 115.01, S.458). Die Widerlegung der Ehelichkeitsvermutung ist nur in einem Gerichtsverfahren möglich. Der materielle Umfang eines Rechtes wird davon berührt, ob es unbeschränkt oder nur in einem bestimmten Verfahren geltend gemacht werden kann. Die materiellrechtlichen Grenzen der Ehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe geboren ist, werden enger und weiter gezogen, je nachdem die Geltendmachung der Unehelichkeit unbeschränkt zulässig ist oder die vorgängige erfolgreiche Durchführung eines Verfahrens erfordert (SoergelSiebert-Kegel, Art. 18 EGBGB Rdn. 23). Nach New Yorker Recht ist f ü r die Feststellung der Ehelichkeit bzw. Unehelichkeit eine Gerichtsentscheidung erforderlich. Diese Gerichtsentscheidung ist aber nicht einem besonderen Verfahren zugewiesen, sondern sie kann nicht nur in der Ehenichtigkeitsklage (Civil Practice Act sec. 1135), sondern unter beschränkten Umständen auch im Scheidungsverfahren, in der Unterhaltsklage, der Klage auf gleiches Erbrecht und in dem Verfahren vor Strafgerichten (vgl. zu diesem Absatz C.J.S. ,Bastards' § 15 Note 67; In re Lentz, 283 N.Y.S. 749 Note 1, 2, 6; 750 [1]) entschieden werden. Da über die Unehelichkeit des Kindes keine Entscheidung eines amerikanischen Gerichts herbeigeführt worden ist, muß von der Ehelichkeit des Kindes ausgegangen werden. Eine eigene Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts zur Feststellung der Unehelichkeit des Kindes ist nicht begründet. F ü r die Anfechtung der Ehelichkeit ist nunmehr die ausschließliche Zuständigkeit des LG gegeben (Art. 18 II EGBGB, § 642 ZPO)." 1 1 7 . Der Anwendung der italienischen Bestimmungen über die Ehelichkeitsanfechtung steht die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB nicht entgegen. KG, Urt. vom 13. 4. 1965 - 6 U 1248/64: Unveröffentlicht.
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Der Kl. und die Mutter des Bekl., die beide italienische Staatsangehörige sind, sind seit dem 13. 8. 1959 verheiratet. Der Bekl. wurde am 7. 8. 1963 in Berlin geboren. Der Kl. hat die Ehelichkeit des Bekl. angefochten. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Kl. Aus den Gründen: „Da die Eltern des Bekl., seine Mutter und der Kl., italienische Staatsangehörige sind, ist gemäß Art. 18 EGBGB das italienische Recht für die Prüfung der Frage maßgebend und entscheidend, ob dem Kl. ein Recht zur Anfechtung der Ehelichkeit des Bekl. zusteht. Zwar ist diese Bestimmung als eine einseitige Kollisionsnorm formuliert. Nach einhelliger Auffassung enthält diese Vorschrift aber den allgemeinen Grundsatz, daß die Ehelichkeit eines Kindes nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird, dem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört (vgl. Palandt-Lauterbach, BGB, 24. Aufl., zu Art. 18 EGBGB Anm. 2). Eine Rückverweisung auf die Anwendung des deutschen Rechtes ist im italienischen Recht in dieser Hinsicht aber nicht enthalten. Der Kl. ist nach Art. 231 Cc als der Ehemann der Vater der während der Ehe empfangenen Kinder. Die Beiwohnung zwischen den Eheleuten wird gemäß Art. 232 Cc vermutet, wenn das Kind nach Ablauf von 180 Tagen nach der Eheschließung oder bis zum Ablauf von 300 Tagen nach der Auflösung der Ehe geboren ist. Da der Bekl. während des Bestehens der E h e des Kl. mit der Mutter des Bekl. empfangen und geboren wurde, gilt er als das eheliche Kind des Kl. Der Kl. hat die Ehelichkeit des am 7. 8. 1963 geborenen Bekl. rechtzeitig angefochten. Mit der am 17. 10. 1963 zugestellten Klage ist die Dreimonatsfrist zur Anfechtung der Ehelichkeit, die mit der Kenntnis des Ehemannes von der Geburt des Kindes beginnt, gemäß Art. 244 Cc gewahrt worden. In Übereinstimmung mit dem LG ist aber im Ergebnis festzustellen, daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anfechtung der Ehelichkeit des Bekl. in dem gegebenen Fall nicht vorliegen. Nach Art. 235 Nr. 1 Cc kann der Ehemann die Ehelichkeit eines während der E h e empfangenen Kindes anfechten, wenn er in der Zeit zwischen dem 300. und dem 180. Tag vor der Geburt wegen Abwesenheit oder aus anderen Gründen seiner Ehefrau tatsächlich unmöglich beiwohnen konnte. Unter dem Begriff der tatsächlichen Unmöglichkeit im Sinne dieser Bestimmung ist schon nach dem Wortlaut nur eine Unmöglichkeit physischen Charakters zu verstehen. Der Begriff der sogenannten moralischen Unmöglichkeit der Beiwohnung auf Grund der psychologischen Einstellung der Ehegatten zueinander, wie ihn die schweizerische Rechtsprechung zu Art. 254 ZGB entwickelt hat, ist der italienischen Rechtsprechung fremd (vgl. StellaRichter-Sgroi, Commentario de Codice civile, Delle persone e della famiglia, 1958, Art. 235 Anm. 5). Eine tatsächliche Unmöglichkeit im Sinne dieser Vorschrift ist aber nicht schon dann gegeben, wenn die Ehegatten nicht ge-
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meinsam in einer W o h n u n g leben. Es m u ß vielmehr im konkreten Fall jede Möglichkeit ausgeschlossen gewesen sein, daß sich die Ehegatten während der Empfängniszeit unter Umständen haben treffen können, die ihnen eine Beiwohnung ermöglichte, wenn sich z. B. der E h e m a n n w ä h r e n d der Empfängniszeit im Krankenhaus aufgehalten hat (Torrente-Pescatore, Commentario de Codice civile, 1963, Art. 235 Anm. 1). Die von dem Kl. im zweiten Rechtszug aufgestellte Behauptung, er habe sich mit der Mutter des Bekl. w ä h r e n d der Empfängniszeit n u r in Gegenwart Dritter getroffen, ist nicht geeignet, die Möglichkeit einer Beiwohnung seinerseits mit der Mutter des Bekl. auszuschließen. Aus diesem Vorbringen des Kl. k a n n allenfalls der Schluß gezogen werden, daß es w ä h r e n d der Treffen, bei denen Zeugen zugegen waren, zum Geschlechtsverkehr nicht gekommen ist, nicht aber, daß ein Zusammentreffen, bei dem eine Beiwohnung stattfinden konnte, während der Empfängniszeit ü b e r h a u p t unmöglich gewesen ist. Von Bedeutung ist, daß f ü r die Eheleute die Möglichkeit bestanden hat, sich allein zu treffen, da sie beide in Berlin waren. Tatsachen, die die Folgerung zulassen, daß ein solches Zusammentreffen zwischen dem Kl. und der Mutter des Bekl. während der Empfängniszeit tatsächlich unmöglich gewesen ist, hat der Kl. aber nicht vorgetragen. Auch die Voraussetzungen f ü r eine Anfechtung nach Art. 235 Nr. 3 Cc sind nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift k a n n der E h e m a n n die Ehelichkeit eines w ä h r e n d der Ehe empfangenen Kindes anfechten, wenn er während der E m p f ä n g niszeit von seiner E h e f r a u gesetzlich getrennt gelebt hat. Eine einverständliche Trennung der Ehegatten - wie in dem vorliegenden Fall - reicht aber nicht aus, u m diese Voraussetzung zu erfüllen. Vielmehr hätte die Trennung unter Mitwirkung des Gerichts erfolgen müssen. Zwar hatte" dem Kl. nicht die Möglichkeit zugestanden, durch ein deutsches Gericht die Trennung seiner Ehe gemäß Art. 150 Cc herbeizuführen, weil diese Möglichkeit der Gestaltung der ehelichen Beziehungen dem deutschen Recht f r e m d ist und durch die Herstellung des Getrenntlebens ohne die Folge der Scheidung ein der deutschen sozialen Ordnung widersprechender Zustand geschaffen w ü r d e (vgl. RGZ 55, 345 ff.). Aus dem gleichen Grunde hätte der Kl. auch die gerichtliche Bestätigung einer einverständlichen Trennung durch ein deutsches Gericht gemäß Art. 158 Cc nicht erreichen können. Gleichwohl hätte der Kl. auch in Deutschland die gemäß Art. 235 Nr. 3 Cc erforderliche Voraussetzung des gesetzlichen Getrenntlebens herbeiführen können. I h m hätte die Möglichkeit zugestanden, auf Feststellung klagen zu können, daß ihm ein Grund zu einem Getrenntleben der Ehegatten zustehe. Das italienische Recht gewährt neben der Trennungsklage und der gerichtlichen Bestätigung der einverständlichen Trennung dem Ehegatten auch die Möglichkeit, die gerichtliche Feststellung zu verlangen, daß ein Grund zum Getrenntleben vorliegt (vgl. Jayme, Spannungen bei der Anwendung italienischen Familienrechts durch deutsche Gerichte, 78, 85). Gegen die Zulässigkeit dieser Klage vor einem deutschen Gericht bestehen
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keine Bedenken, da nach deutschem Recht nach herrschender Ansicht eine solche Feststellung gleichfalls zulässig ist (vgl. RGZ 150, 70; OLG Düsseldorf, FamRZ 1960, 155). F ü r den Kl. wäre es auch nicht unzumutbar gewesen, die Trennungsklage in Italien anzustrengen, auch wenn das Verfahren, da gemäß Art. 707 Codice della procedura civile das persönliche Erscheinen vor Gericht erforderlich ist, mit erheblichen Kosten verbunden gewesen wäre. Die Klage kann auch nicht mit Erfolg auf Art. 235 Nr. 4 Cc gestützt werden. Nach dieser Bestimmung kann der Ehemann die Ehelichkeit anfechten, wenn die Ehefrau während der Empfängniszeit Ehebruch begangen und dem Ehemann die Schwangerschaft sowie die Geburt des Kindes verheimlicht hat. Nach dem Ergebnis der im ersten Rechtszug durchgeführten Beweisaufnahme hat es das LG zutreffend als erwiesen angesehen, daß die Mutter des Bekl. dem Kl. weder die Schwangerschaft noch die Geburt des Bekl. verheimlicht h a t . . . Nach dem italienischen Recht steht dem Kl. somit nicht das Recht zu, die Ehelichkeit des Bekl. anzufechten. Die Kritik von seiten der italienischen Rechtslehre an der Regelung der Ehelichkeitsanfechtung berechtigt den deutschen Richter nicht, entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut von Art. 235 Nr. 4 Cc zu entscheiden. Das wäre nur dann möglich, wenn die italienische höchstrichterliche Rechtsprechung die Anfechtung der Ehelichkeit in einem weiteren Umfange, als das Gesetz es vorsieht, insbesondere in einem Fall wie dem gegebenen, zugelassen hätte. Das Vorliegen einer solchen Rechtsprechung hat der Kl. weder behauptet noch konnte sie aus den dem Senat zugänglichen und von ihm herangezogenen Quellen festgestellt werden. Der Anwendung des italienischen Rechts steht auch die Vorbehaltsklausel von Art. 30 EGBGB nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung ist die Anwendung des ausländischen Gesetzes ausgeschlossen, wenn seine Anwendung gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Bei der Beurteilung der Frage, ob das ausländische Recht durch Art. 30 EGBGB ausgeschlossen wird, ist allerdings nicht der Inhalt des ausländischen Gesetzes f ü r sich allein entscheidend, sondern es ist darauf maßgebend abzustellen, ob die Anwendung dieses Gesetzes in dem konkreten Fall zu einem Ergebnis führen würde, das nach deutscher Auffassung den guten Sitten oder dem Zweck eines deutschen Gesetzes widersprechen würde (vgl. BGHZ 22, 163 Dabei ist Art. 30 EGBGB als eine Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Dies haben das frühere RG und ihm folgend der BGH ausgesprochen (vgl. Palandt, zu Art. 30 EGBGB Anm. 2). Das ausländische Recht soll also n u r dann ausgeschlossen werden, wenn das Ergebnis f ü r deutsche Anschauungen untragbar sein würde, wenn also der Unterschied zwischen den staatspolitischen und sozialen Anschauungen ,auf denen das fremde Recht und auf welchen das konkurrierende deutsche Recht beruht, so erheblich ist, 1
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daß die Anwendung des ausländischen Rechts unmittelbar die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde' (vgl. RGZ 60, 296; 169, 245). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das deutsche Rechtsleben wird in einem erheblichen Maße nicht berührt. Alle Beteiligten sind hier von Geburt an italienische Staatsangehörige. Die Tatsache, daß das italienische Recht die Ehelichkeitsanfechtung abweichend von dem deutschen Recht nur unter bestimmten eng begrenzten Voraussetzungen zuläßt, bedeutet f ü r sich gesehen noch keinen Verstoß gegen die guten Sitten und gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Der italienische Gesetzgeber hat damit in Anlehnung an das französische Recht dem allgemeinen Interesse an der Aufrechterhaltung des Familienstandes und der Wahrung des Familienfriedens gegenüber den Interessen des Ehemannes an der Ausschließung des fremden Kindes aus der Familie den Vorrang eingeräumt. Der deutsche Gesetzgeber hat zwar bei der Regelung der Ehelichkeitsanfechtung vorrangig die Interessen des Mannes berücksichtigt. Daß er aber bei der Neuregelung der Ehelichkeitsanfechtung durch das FamRÄndG vom 11. 8. 1961 (BGBl. I 1221; GVB1. Berlin 1121) auch dem Interesse an der Wahrung des Familienfriedens eine erhöhte Bedeutung beigemessen hat, ergibt sich allein aus der neu eingeführten Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit auf die ersten zehn Lebensjahre des Kindes gemäß § 1594 IV BGB. Wenn daher der italienische Gesetzgeber die Anfechtung zwar zuläßt, wenn die Ehefrau dem Ehemann die Schwangerschaft und die Geburt des Kindes verheimlicht hat, nicht dagegen, wenn sie ihm von ihren ehebrecherischen Beziehungen zu einem anderen Mann und deren Folgen offen Mitteilung gemacht hat, so mag das darauf beruhen, daß eine Ehelichkeitsanfechtung n u r in den Fällen zu einem Erfolg f ü h r e n soll, in denen es offensichtlich ist, daß das Kind nicht von dem Ehemann stammt. Wenn eine Ehefrau ihrem Ehemann die Schwangerschaft und die Geburt des Kindes verheimlicht, dürfte es auf der Hand liegen, daß der Ehemann nicht der Erzeuger des Kindes ist. Daß aber der Erfolg der Ehelichkeitsanfechtung nicht davon abhängig sein soll, daß die Ehefrau ihre ehebrecherischen Beziehungen zugesteht, ergibt sich aus Art. 235 letzter Satz Cc, wonach die Erklärung der Mutter allein nicht geeignet ist, die Vaterschaft des Mannes auszuschließen. Unvereinbar mit dem deutschen Rechtsempfinden wäre es somit, wenn das italienische Recht dem Ehemann jegliche Anfechtungsmöglichkeit versagen würde, was aber nicht der Fall ist. Der außereheliche Erzeuger hat als der nicht unmittelbar Betroffene außer Betracht zu bleiben. Auch aus der Tatsache allein, daß die Eheleute ihren Wohnsitz in Deutschland haben, ergibt sich noch keine ins Gewicht fallende Inlandsbeziehung. Die Anwendung des italienischen Rechts verstößt auch nicht gegen Art. 6 GG, da die Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeit gerade der Aufrechterhaltung einmal begründeter Familienbande und damit dem Schutz der Familie dienen soll.
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Die Versagung der Anfechtungsmöglichkeit bedeutet auch für den Bekl. noch keine Benachteiligung. Da das italienische Recht gemäß Art. 149 Cc die Scheidung der Ehe nicht kennt, besteht für ihn nicht die Möglichkeit, daß er durch eine Eheschließung seiner Mutter mit dem angeblichen Erzeuger nachträglich legitimiert wird. Der Bekl. würde vielmehr im Falle einer erfolgreichen Anfechtung durch die folgende Anerkennung von Seiten des Erzeugers auch nicht die günstige Rechtsstellung erlangen, die das italienische Recht in diesem Falle vorsieht. Denn gemäß Art. 21 EGBGB kommt das Recht des Staates, dem die Mutter angehört, nur hinsichtlich der Unterhaltspflicht zur Anwendung, nicht aber hinsichtlich der sonstigen Rechtsverhältnisse zwischen dem Kind und dem Erzeuger. Diese bestimmen sich vielmehr in entsprechender Anwendung von Art. 19 und 20 EGBGB nach dem Recht des Staates, dem der Erzeuger angehört (vgl. Palandt-Lauterbach, zu Art. 21 EGBGB Anm. 5)."
7. Eltern und eheliches Kind Siehe auch Nr. 80, 93, 167, 205, 237, 242, 286, 287, 288, 289, 292
1 1 8 . Die Übertragung des Personensorgerechts bestimmt sich gemäß Art. 19 EGBGB nach dem Heimatrecht des Vaters. Nach belgischem Recht kann das Personensorgerecht für das eheliche Kind auf die Mutter übertragen werden, wenn das Interesse des Kindes dies nötig macht und die Mutter mit Duldung des Ehemannes von diesem getrennt lebt oder einen Grund zum Getrenntleben hat. LG Aachen, Beschl. vom 1. 7. 1958 - 7 T 116/57: Unveröffentlicht. Die Eltern des Kindes Hannelore sind belgische Staatsangehörige; ihr Wohnsitz ist Düren. Die Ehegatten leben seit Mitte 1946 getrennt. Seit der Trennung lebt das Kind bei der Mutter. Lediglich von Mitte April 1952 bis Anfang August 1952 befand sich Hannelore in einem Heim. Der Vater hat bereits zweimal versucht, seine Ehe mit der Kindesmutter scheiden zu lassen. Seine erste, im Jahre 1949 anhängig gemachte Klage wurde durch Urteil vom 12. 4. 1950 des LG Aachen abgewiesen, die zweite, im Dezember 1953 erhobene Klage durch Urteil des LG vom 11. 1. 1955. In der Berufungsinstanz hat der Vater seine Scheidungsklage dann zurückgenommen. Aus den beiden landgerichtlichen Urteilen ergibt sich, daß Eheverfehlungen der Kindesmutter, die nach belgischem Recht die Scheidung rechtfertigen könnten, nicht vorliegen. Die Mutter hat wiederholt beantragt, ihr das Personensorgerecht f ü r Hannelore zu übertragen. Ihren letzten dahingehenden Antrag vom 7. 12. 1956 hat das AG durch Beschluß vom 14. 2. 1957 unter Bezugnahme auf die Gründe der früheren Entscheidungen (Beschl. des AG Düren vom 3. 11. 1952 und Beschl. des LG Aachen vom 19. 12. 1952) zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat die Mutter Beschwerde eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ihr das Personensorgerecht zu übertragen. Der Vater hat um Zurückweisung der Beschwerde gebeten.
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Aus den Gründen: „Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über das Personensorgerecht ist gegeben, da alle Beteiligten ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik haben (vgl. Soergel-Kegel, BGB, 8. Aufl., Art. 19 EGBGB Bern. III 3). Da die Eltern und das Kind belgische Staatsangehörige sind, richtet sich das Rechtsverhältnis zwischen ihnen und dem Kind nach belgischem Recht (vgl. Art. 19 EGBGB). Nur soweit das deutsche Recht, insbesondere § 1666 BGB, dem Kinde einen weitergehenden Schutz gewährt als das ausländische Gesetz, könnte deutsches Recht auf dem Wege über Art. 30 EGBGB Anwendung finden. Das belgische Recht gewährt aber ähnlich wie das deutsche Recht in § 1666 BGB gegen mißbräuchliche oder nachlässige Ausübung der elterlichen Gewalt einen ausreichenden Schutz (vgl. Soergel-Kegel aaO II 3 b; Boschan, Europäisches Familienrecht, 11). Nach belgischem Recht steht die elterliche Gewalt und damit das Recht und die Pflicht, f ü r die Person des Kindes zu sorgen (droit de garde), bei Bestehen der Ehe grundsätzlich Vater und Mutter gemeinsam zu, wie sich aus dem Wortlaut des Art. 372 Cc ergibt. Doch wird sie, solange der Vater lebt und hierzu fähig ist, vom Vater ausgeübt (Art. 373 Cc). Die elterliche Gewalt der Mutter ruht solange. Leben die Eltern getrennt, so werden grundsätzlich die Rechte des Vaters hierdurch nicht berührt. Die elterliche Gewalt, insbesondere die Form der Ausübung durch den Vater allein, ist schon beim Zusammenleben der Eltern einer weitgehenden gerichtlichen Kontrolle unterworfen. Das Gericht hat alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die das Interesse des Kindes gebieterisch fordert (vgl. De Page, Traité élémentaire de droit civil belge I, 2. Aufl. 1939, 845 ff., 864 ff.; Collard-DeSloovers, La puissance paternelle, Nr. 19 ff. in: Les Novelles, Droit Civil II, 1938 mit Nachw.). Daraus ergibt sich, daß die Ausübung der elterlichen Gewalt sich vor allem nach dem Interesse des Kindes richtet. Soweit Art. 373 Cc das strenge Vorrecht des Ehemannes statuiert, stellt er auf die Verhältnisse während des Zusammenlebens der Ehegatten ab. Dieser Grundsatz kann daher nicht ohne weiteres auf anomale Verhältnisse, wie sie das tatsächliche Getrenntleben der Ehegatten mit sich bringt, Anwendung finden (vgl. De Page aaO 867). Neben den Interessen des Kindes hat die Rechtsprechung der belgischen Gerichte bei der Regelung des Personensorgerechts der Frage Bedeutung beigemessen, wen die Schuld an der Trennung trifft. Nach dieser Rechtsprechung kann das Personensorgerecht auf die Mutter übertragen werden, wenn das Interesse des Kindes dies nötig macht und die Mutter mit Duldung des Ehemannes getrennt lebt oder einen Grund zum Getrenntleben hat (vgl. Gent 10. 8. 1870, lt. Répertoire pratique de droit belge Bd. 10, Stichwort Puissance paternelle Nr. 315; vgl. auch in diesem Zusammenhang Brüssel 28. 2. 1925, La Belgique Judiciaire 1926, 56). Die Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter ist daher zulässig. Bei der Ablehnung der Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter unter Be-
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rufung auf die Gründe der ablehnenden Beschlüsse aus dem Jahre 1952 hat das AG übersehen, daß inzwischen eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist. Im Jahre 1952 bestanden nach den angestellten Ermittlungen berechtigte Bedenken, der Mutter das Sorgerecht zu übertragen, weil sie damals übernervös und leicht erregbar war. Nach den neuerlichen Berichten des zuständigen Stadtjugendamtes sind Mutter und Kind inzwischen zur Ruhe gekommen. Das Kind hat eine günstige Entwicklung genommen. Die Betreuung des Kindes durch die Mutter war ordentlich und gab in letzter Zeit zu Klagen keinen Anlaß. Die ursprünglichen Bedenken gegen die erzieherischen Fähigkeiten der Mutter sind daher ausgeräumt. Hinzukommt, daß das Kind Hannelore inzwischen in ein Alter gekommen ist, in dem die reine tatsächliche Betreuung und Beaufsichtigung des Kindes allmählich in den Hintergrund tritt, dagegen Fragen der Berufswahl, der Berufsausbildung, Regelung eines Arbeitsverhältnisses und dergleichen Dinge zu entscheiden sind. Bei dem langjährigen Streit der Eltern um das Personensorgerecht besteht jedoch die Gefahr, daß die Eltern sich über diese Fragen nicht einigen können. Da das Kind in der Vergangenheit schon erheblich unter dem Zwist der Eltern zu leiden hatte, erfordert es das Kindesinteresse, um jede Möglichkeit einer erneuten Hemmung oder Beeinträchtigung in seiner Entwicklung auszuschließen, daß nunmehr hinsichtlich der Personensorge klare Verhältnisse geschaffen werden. Das ist nur derart möglich, daß die bisherige Trennung zwischen tatsächlicher Personensorge, die von der Mutter ausgeübt worden ist, und dem Personensorgerecht, das dem Vater zustand, beseitigt wird. Da jedoch ein Herauslösen des Kindes aus seiner bisherigen Umgebung bei der Mutter, in der es nun, abgesehen von einer etwa viermonatigen Heimunterbringung im Jahre 1952, seit elf Jahren lebt und in der es sich günstig entwickelt hat, nicht verantwortet werden kann, kann das nur dadurch geschehen, daß der Mutter das Personensorgerecht übertragen wird. Da der Vater sich offensichtlich von der Ehe innerlich losgelöst hat und die Schuld an dem Getrenntleben der Elternteile trägt, ist mit einer Ubertragung des Personensorgerechts auf die Mutter auch dem Grundsatz der Rechtsprechung der belgischen Gerichte, daß die Frau in solchen Fällen durch die Trennung nicht leiden soll, gleichfalls Rechnung getragen. Auf die Beschwerde der Mutter war daher der angefochtene Beschluß aufzuheben und ihr das Personensorgerecht zu übertragen." 119. Ist die Ehe eines cypriotischen Staatsangehörigen mit einer Deutschen in Deutschland rechtskräftig geschieden worden und erkennt das Heimatrecht des Mannes die Entscheidung nicht an, so besteht auch entgegen der cypriotischen Zuständigkeitsbestimmung eine Notzuständigkeit der inländischen Gerichte zur Regelung der elterlichen Gewalt. Materiellrechtlich ist das englische Civil Law anzuwenden. AG Calw, Beschl. vom 25. 2. 1964 - GR 38/62: Unveröffentlicht.
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Die Ehe der Eltern von Stephanie und Max P. ist durch rechtskräftiges Urteil des LG Tübingen aus alleinigem Verschulden des Vaters geschieden worden. Wie sich aus dem Urteil ergibt und wie dies die Mutter bei ihrer richterlichen Anhörung auch bestätigt hat, besitzt der Vater schon seit der Scheidung die cypriotische Staatsangehörigkeit. Er hatte mit der Mutter am 8. 6. 1957 in London vor dem Superintendent Registrar for the District of Holborn die Ehe geschlossen. Die Mutter ist Deutsche. Es ist darüber zu entscheiden, wem die elterliche Gewalt über die Kinder zu übertragen ist. Das Gericht hat eine Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht eingeholt.
Aus den Gründen: „Die in Frage stehende elterliche Gewalt über Stephanie und Max P. erfordert zunächst Klarheit über die Wirksamkeit der Eheschließung ihrer Eltern und der damit zusammenhängenden Frage der ehelichen Abstammung. Denn da die Ehe im Ausland geschlossen wurde und der Mann kein Deutscher ist, ist auch hier IPR anzuwenden. Dabei sind gemäß Art. I I I EGBGB hinsichtlich der formellen Wirksamkeit der Eheschließung die Formvorschriften des Heimatrechts beider Eheleute maßgebend, wobei es genügt, wenn diejenigen am Orte der Eheschließung gewahrt wurden; gemäß Art. 13 I EGBGB kommt es f ü r die materielle Wirksamkeit der Ehe ebenfalls auf das beiderseitige Heimatrecht an. Nach den Ausführungen des Gutachters über die in diesem Zusammenhang in Frage stehenden britischen bzw. cypriotischen Rechtsnormen kann davon ausgegangen werden, daß z. Z. der Eheschließung auch nach dem Heimatrecht von Glafcos P. (der damals, als Cypern noch nicht selbständig war, britischer Staatsangehöriger gewesen sein muß) die Ehe formell und materiell wirksam geschlossen wurde. Hinsichtlich der Ehelichkeit der Zwillinge kommt es gemäß Art. 18 EGBGB gleichfalls auf das Heimatrecht des Ehemannes der Mutter im Zeitpunkt der Geburt der Kinder an, und also auf englisches Recht. Nach den Ausführungen des Gutachters zu dieser Frage gelten nach englischem Recht ähnliche Grundsätze wie im deutschen Recht; hiernach steht der Umstand, daß die Ehe knapp vier Monate vor der Geburt der Kinder geschlossen wurde, zumindest der Rechtsvermutung ihrer Ehelichkeit nicht entgegen. Es macht hierbei auch keinen Unterschied, ob Glafcos P. im Zeitpunkt der Geburt der Kinder statt in England in Cypern seinen Wohnsitz hatte, da ein Gleiches auch nach dem damals dort geltenden Recht gilt. Es ist daher auch nach den in Frage stehenden ausländischen Rechtsvorschriften davon auszugehen, daß Stephanie und Max P. eheliche Kinder von Glafcos P. aus seiner Ehe mit Gudrun H. sind. Dabei bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen ihnen und ihren Eltern gemäß Art. 19 EGBGB mit Rücksicht auf die ausländische Staatsangehörigkeit des Vaters ebenfalls nach dessen Heimatrecht, und zwar nunmehr nach cypriotischem Recht, nachdem der Vater - infolge der zwischenzeitlichen Selbständigkeit von Cypern - Staatsangehöriger dieses Landes geworden ist. Wie nün hierzu der Gutachter überzeugend ausführt, ist die Frage, ob und inwieweit über24
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haupt (auf Cypern fortgeltendes) entsprechendes englisches Recht angewendet werden kann, mit der Frage der gerichtlichen Zuständigkeit verknüpft, die ihrerseits davon abhängt, wo die Kinder im Zeitpunkt der in Frage stehenden Entscheidungen wohnen. Nach englischem Kollisionsrecht ist aber in Sorgerechtsfragen die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts nur dann gegeben, wenn die betreffenden Kinder auch in dem betreffenden Staat - nach englischem Recht - ihren Wohnsitz haben. Nach englischem Recht indes teilen die Kinder während des Bestehens der Ehe ihrer Eltern den Wohnsitz lediglich ihres Vaters im Zeitpunkt ihrer Geburt. Dieser Wohnsitz aber befand und befindet sich bis heute jedenfalls nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Folglich könnte nach dem gemäß Art. 19 EGBGB maßgeblichen englischen Recht eine Entscheidung über Fragen der elterlichen Gewalt gar nicht ergehen. Dabei wird die nach englischem Recht zu beurteilende - Frage des Wohnsitzes der Kinder als desjenigen ihres Vaters im Zeitpunkt ihrer Geburt auch nicht durch die von einem deutschen Gericht ausgesprochene Scheidung berührt. Denn auch diese Scheidung wird aus denselben Gründen mangelnder Zuständigkeit des deutschen Gerichts nach cypriotischem bzw. britischem Recht nicht anerkannt. Auch schon deswegen steht daher an sich gar kein — nach britischem Recht zu beurteilendes - Bedürfnis f ü r eine Regelung der elterlichen Gewalt in Frage. Indes kann hierbei nicht darüber hinweggesehen werden, daß die vorhandene deutsche Ehescheidung als solche schlechthin eine Regelung der elterlichen Gewalt erforderlich macht. Deswegen anerkennt der Gutachter zumindest die Notwendigkeit einer .fiktiven' Anwendung des Sachstatuts als des nach dem Heimatrecht des Vaters in Frage stehenden materiellen Rechts. Hiernach aber gelten die Rechtsregeln des englischen Civil Law als des zumindest dem möglicherweise konkurrierenden kirchlichen (orientalischen) Recht übergeordneten Rechts. Nach ihrem Inhalt ist f ü r die in Frage stehende vormundschaftsgerichtliche Entscheidung in erster Linie das Kindeswohl maßgebend. Die so gebotene Anwendung ausländischen Rechts wird auch nicht etwa, wie vom Gutachter weiter untersucht, durch eine etwa fehlende deutsche internationale gerichtliche Zuständigkeit in Frage gestellt. Hiernach ist f ü r die Sachentscheidungsbefugnis deutscher Gerichte in Angelegenheiten des IPR mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung davon auszugehen, ob es sich um eine rein erkennende oder aber um eine gestaltende gerichtliche Tätigkeit handelt. Denn da in den letztgenannten Fällen das deutsche Gericht nach fremdem Recht .gestaltet', sich also unter dieses Recht stellt, muß es bei solchen Entscheidungen folgerichtig auch die Zuständigkeitsregeln des angewandten fremden Rechts beachten. Hiernach wäre daher wegen der bereits dargelegten fehlenden deutschen Zuständigkeit auch die internationale Zuständigkeit an sich nicht gegeben. Indes ist nach den weiteren überzeugenden Ausführungen des Gutachters aus denselben Erwägungen eine ,Notzuständigkeit' zu bejahen, nach denen wie dargelegt, in fiktiver Weise das Heimatrecht des Vaters anzuwenden ist. Denn in beiden Fällen würde es angesichts des vorhandenen dringenden Bedürfnisses f ü r
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eine inländische Regelung der elterlichen Gewalt über die in Deutschland bei ihrer Mutter und getrennt vom Vater lebenden Kinder, nachdem von einem deutschen Gericht die Ehe der Eltern rechtskräftig geschieden worden ist, einer Rechtsverweigerung gleichkommen, wenn aus den erwogenen Gründen keine Entscheidung ergehen könnte." 120. Das Recht der Eltern zur Vomamenserteilung ist ein Ausfluß ihres Personensorgerechts und bestimmt sich daher nach der gemäß Art. 19 EGBGB anwendbaren Rechtsordnung. Familiennamen als Mittelnamen, wie im amerikanischen Recht, sind nach deutschem Recht im allgemeinen nicht zulässig, weil eine solche Namensgebung der staatlichen Ordnung zuwiderläuft. AG Bielefeld, Beschl. vom 26. 2. 1964 - 20 III 219/63: StAZ 1964, 222. Der Vater des Kindes ist deutscher Staatsangehöriger, die Mutter ist amerikanische Staatsangehörige. Beide haben übereinstimmend ihrem Sohn den Vornamen Nicolas und als Mittelnamen den Familiennamen der Mutter L. beigelegt, weil das Kind auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitze und es in den USA vielfach üblich sei, dem Kind als Mittelnamen den Mädchennamen der Mutter zu erteilen. Der Standesbeamte hat die Geburt ohne Vornamenseintragung beurkundet und die Sache dem AG zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob diese Namen einzutragen seien.
Aus den Gründen: „Das eheliche Kind hat mit der Geburt infolge der Abstammung von einem deutschen Vater gemäß §§ 3, 4 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Die Kindesmutter als Ausländerin hat aber mit ihrer Eheschließung nicht kraft Gesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, § 6 des 3. StARegG vom 19. 8. 1957 (BGBl. I 1251). Sie ist, wie sich aus dem Familienbuch ergibt, amerikanische Staatsangehörige verblieben. Das Kind stammt mithin auch von einer Amerikanerin ab. Nach sec. 301 a Nr. 7 des Immigration and Nationality Act, 1952 (INA) erwirbt ein Kind, das außerhalb der USA und deren auswärtigen Besitzungen von Eltern geboren ist, deren einer Teil Bürger der US und deren anderer Teil Ausländer ist, die US-Staatsbürgerschaft, wenn der US-Elternteil vor der Geburt des Kindes in den USA oder einer ihrer auswärtigen Besitzungen 10 Jahre gewohnt hat, davon mindestens 5 Jahre nach Erreichung des 14. Lebensjahres. Danach reicht die US-Staatsangehörigkeit der Mutter schlechthin nicht aus, damit das Kind die US-Staatsangehörigkeit durch Geburt erwirbt. Es ist hier vielmehr der Nachweis der Kindesmutter erforderlich, daß sie 5 Jahre vor und 5 Jahre nach ihrem 14. Lebensjahre in den USA oder ihren Besitzungen gelebt hat. Diesen Nachweis hat sie durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 13. 2. 1964 nach der Überzeugung des Gerichts erbracht. Somit ist nachgewiesen, daß das Kind mit der Geburt auch die US-Staatsangehörigkeit erworben hat. Es ist Doppelstaater mit der Geburt. 24 *
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Es ist zwar nicht zu verkennen, daß die Eltern des Kindes im Hinblick auf die amerikanische Staatsangehörigkeit des Kindes ein Interesse daran haben können, dem Kinde den in Amerika üblichen und zulässigen Zwischennamen (vgl. [Klein] StAZ 1950, 284; [Denk] 1963, 82) zu erteilen. Es mag auch im Interesse des Kindes liegen, insbesondere wenn dieses sich vor dem 25. Lebensjahre für die Beibehaltung der amerikanischen Staatsbürgerschaft entscheidet, das amerikanische Bürgerrecht nicht verlieren will und seinen Wohnsitz in die USA verlegt (sec. 301 b INA) und sodann den Mittelnamen urkundlich als erteilt nachweisen möchte. Das setzt aber voraus, daß die Eltern zur Erteilung dieses Zwischennamens berechtigt waren. Diese Berechtigung haben die Eltern hier jedoch nicht. Das Recht der Eltern zur Vornamenserteilung ist ein Ausfluß ihres Personensorgerechtes. Welches Personensorgerecht bei verschiedener Staatsangehörigkeit der Eltern gilt, regelt Art. 19 EGBGB. Nach dieser Vorschrift, die nach Rechtslehre und Rechtsprechung zu einer vollständigen Kollisionsnorm ausgebaut worden ist und nicht gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau nach Art. 3 II GG verstößt (Erman, [BGB] Art. 19 EGBGB Anm. 1 b), wird das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und einem ehelichen Kinde nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem der Vater, und falls dieser gestorben ist, dem die Mutter angehört. Zu diesem Rechtsverhältnis gehört auch das Recht und die Pflicht der Personensorge (Soergel-Kegel, [BGB] 8. Aufl., Art. 19 EGBGB Bern. II 3; Palandt-Lauterbach, [BGB] Anm. 4 zu Art. 19; Staudinger-Raape, [BGB] Art. 19 X 1; Erman-Marquordt, Art. 19 Bern. 4). Da der Kindesvater deutscher Staatsangehöriger ist, findet für beide Elternteile allein deutsches Personensorgerecht Anwendung; auf die Tatsache, daß das Kind Doppelstaater und, wie die Mutter, amerikanischer Staatsbürger ist, kommt es nach dem Gesetz nicht an, weil das Gesetz mit seiner Regelung die Rechtseinheit in der Familie will (Staudinger-Raape, Art. 19 Anm. II 2). Es gilt daher für die Vornamensgebung als Ausfluß des Personensorgerechts auch deutsches Recht. Nach diesem können zwar auch ausländische Vornamen gewählt werden, aber die Zulässigkeit dieser Namen ist nach dem für deutsche Vornamen geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Dabei ist die Gebräuchlichkeit einer Bezeichnung als Vorname in anderen Ländern bei uns nicht maßgebend (Schmitt-Peters, Die Eintragung in deutsche Personenstandsbücher in Fällen mit Auslandsberührung, 92, 95). Die Wahl der Vornamen ist frei, aber durch die Namensgebung darf die allgemeine Sitte und staatliche Ordnung nicht verletzt werden. Familiennamen als Mittelnamen, wie im amerikanischen Recht, sind nach deutschem Recht im allgemeinen nicht zulässig, weil eine solche Namensgebung der staatlichen Ordnung zuwiderläuft (Schmitt-Peters aaO 96; § 172 DA). Nur ausnahmsweise hat die Rechtsprechung den Familiennamen als Vornamen (Zwischennamen, Mittelnamen) z. B. zwecks Ehrung von Vorfahren zugelassen, wenn diese Namensgebung, auch soweit der Familienname noch nicht als Vorname verwendet worden ist, als Ausdruck echter Familientradition auf örtlichem Gewohnheitsrecht (Ostfriesland, Nordschleswig) beruht (BGH, Urt. vom 4. 2. 1959, StAZ 1959,
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210) oder der Familienname durch die Gepflogenheit, ihn als Vornamen zu verwenden, einen entsprechenden Bedeutungswandel erfahren hat, er also seiner Bedeutung nach zu einem echten Vornamen geworden ist (SchlHOLG vom 14. 3. 1957, StAZ 1957, 321). Im vorliegenden Falle liegt aber ein solches deutsches örtliches Gewohnheitsrecht (Hamburg, Bielefeld) nicht vor; auf das amerikanische Gewohnheitsrecht kommt es hier, wie bereits dargetan, nicht an. Die Kindeseltern können daher auch dem Kinde nicht den Familiennamen der Mutter als Mittelnamen erteilen. Die in der Vorlage liegende Eintragungsablehnung war daher zu bestätigen." 121. Einstweilige Maßnahmen im Rahmen des § 1666 BGB sind zulässig, gleichgültig, ob der Vater die deutsche oder die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt. HansOLG Hamburg, Beschl. vom 3. 3. 1964 - 2 W 28/64: Unveröffentlicht. Das AG Hamburg hat durch den Beschluß vom 17. 1. 1964 für die Dauer eines nach § 1666 I BGB eingeleiteten Verfahrens das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die Kinder der Jugendbehörde übertragen. Mit Beschluß vom 21. 1. 1964 hat das AG die Jugendbehörde ermächtigt, die Kinder den Eltern notfalls mit Gewalt wegzunehmen. Sie befinden sich jetzt in einem von der Jugendbehörde bestimmten Heim. Durch den angefochtenen Beschluß vom 31. 1. 1964 hat das LG die Beschwerde des Vaters gegen beide Beschlüsse des AG zurückgewiesen. Der Vater hat weitere Beschwerde eingelegt. Aus den Gründen: „1. Zutreffend geht das LG davon aus, daß die deutschen Gerichte auch in dem Fall international zuständig sind, wenn der Vater österreichischer Staatsangehöriger sein sollte, und daß sich das Verfahren nach deutschem Recht bestimmt (vgl. Palandt, [BGB] 23. Aufl., Art. 19 EGBGB Anm. 5). 2. Eine einstweilige Anordnung ist in Angelegenheiten, die die elterliche Gewalt betreifen - so auch im Rahmen des § 1666 BGB - zulässig, wenn ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Einschreiten besteht (Keidel, [FGG] 8. Aufl., § 19 FGG Note 25). Gegen eine solche Verfügung des AG ist die Beschwerde und gegen deren Zurückweisung die weitere Beschwerde statthaft (Keidel, § 19 FGG Note 30). Ob eine solche vorläufige Maßnahme erforderlich ist, entscheidet der Richter im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens (Keidel, § 19 FGG Note 26); diese Ermessensausübung ist von dem Gericht der weiteren Beschwerde nur darauf überprüfbar, ob die Instanzgerichte von ihrem Ermessen einen rechtlich fehlerhaften Gebrauch gemacht haben oder dieses auf ungenügende oder verfahrenswidrig zustandegekommene Feststellungen gestützt haben (Keidel, § 27 FGG Note 27). In dieser Richtung lassen sich Bedenken nicht erheben. a) W i e das LG zutreffend hervorgehoben hat, sind die einstweiligen Maßnahmen im Rahmen des § 1666 BGB auch dann zulässig, wenn im Hin-
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blick auf die Staatsangehörigkeit des Vaters gemäß Art. 19 EGBGB das österreichische Recht anzuwenden wäre, das nicht auf deutsches Recht zurückverweist (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht IV, Österreich S. 9 ff.), da auch nach österreichischem Recht Eingriffe in die elterliche Gewalt des Vaters möglich sind (§§ 177, 178, 187 ABGB). b) Sachlich begründet das LG eingehend an Hand der i h m vorliegenden Unterlagen, woraus es einen Verdacht auf die Gefährdung der Kinder durch die Eltern herleitet. Ein solcher — auf hinreichende Anhaltspunkte gestützter - Verdacht reicht aus, u m eine vorläufige Maßnahme bis zur vollen Aufklärung des Sachverhaltes anzuordnen (vgl. auch Art. 23 II EGBGB)." 1 2 2 . Das deutsche Vormundschaftsgericht hat auf die Sorgerechtsregelung über das britische eheliche Kind eines britischen Staatsangehörigen, das seinen Wohnort in Deutschland hat, kraft Rückverweisung deutsches Recht anzuwenden. Es ist befugt, die entgegenstehende Entscheidung eines englischen Gerichts zu ändern. AG Lüdenscheid, Beschl. v o m 28. 4. 1964 - X 470/63: Unveröffentlicht. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben am 30. 3. 1948 die Ehe geschlossen, die Beteiligte zu 2), zunächst deutsche Staatsangehörige, erwarb mit der Heirat die britische Staatsangehörigkeit ihres Ehemannes. In England wurde am 24. 7. 1949 das einzige Kind Alfred, britischer Staatsangehöriger, geboren. Infolge einer Ehezerrüttung, von der nicht festgestellt werden kann, welcher der Beteiligten sie schuldhaft verursacht hat, hielt sich die Mutter häufig in der Bundesrepublik auf. Am 21. 6. 1954, als Mutter und Kind in Deutschland weilten, stellte der High Court of Justice das Kind auf Antrag des Vaters unter Gerichtsvormundschaft und ordnete an, das Kind zurückzubringen. Die Mutter leistete Folge. Vor einer erneuten Ausreise nach Deutschland, im Juni 1955, mußte die Mutter dem Gericht schriftlich erklären, daß sie das Kind vor dem 15. 8. 1955 nach England zurückbringen werde. Sie hielt sich jedoch an dieses Versprechen nicht, sondern lebt seitdem mit dem Kind ununterbrochen in der Bundesrepublik. Daraufhin erließ der High Court of Justice erneut am 12. 12. 1955 eine Anordnung, daß das Kind in den Zuständigkeitsbereich des Vormundschaftsgerichts gebracht werden sollte. Am 4. 12. 1954 hatte die Mutter wieder die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, die britische jedoch nicht aufgegeben. Eine von ihr beim LG Hagen eingereichte Scheidungsklage sowie die Widerklage des Vaters wurden in erster Instanz und der Berufungsinstanz abgewiesen. Der Vater hat die Mutter aufgefordert, den Jungen unverzüglich zu ihm zurückzubringen. Die Mutter hat daraufhin am 19. 7. 1963 beim Vormundschaftsgericht in Lüdenscheid den Antrag gestellt, ihr das Personensorgerecht f ü r das Kind zu übertragen; hilfsweise zu bestimmen, daß der Aufenthaltsort des Kindes weiterhin Lüdenscheid bleibt. Aus den Gründen: „Das Vormundschaftsgericht Lüdenscheid ist — entgegen der Ansicht des Vaters - zur Entscheidung über den Antrag der Mutter berufen. Obwohl der Junge britischer Staatsangehöriger ist, ist das Vormundschaftsgericht, in dessen Bereich der Minderjährige seinen Wohnsitz oder
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Aufenhaltsort hat, nach deutschem und englischem Recht zuständig. Nach deutschem Recht ist die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach §§ 43 I, III, 35 FGG gegeben. Nach englischem Recht ist das Vormundschaftsgericht Lüdenscheid zuständig, weil es durch den Wohn- und Aufenthaltsort des Kindes die sogenannte Jurisdiction' besitzt (Gutachten des Max-PlanckInstitutes f ü r ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg, vom 10. 7. 1958; RGZ 170, 198; BayObLG vom 6. 2. 1962, NJW 1962, 1013 1 ). F ü r die Entscheidung ist deutsches Recht anzuwenden. Zwar bestimmt Art. 19 EGBGB, daß das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde, wenn der Vater ein Ausländer ist, nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird, dem der Vater angehört. Jedoch enthält das englische Recht eine Rückverweisung auf deutsches Recht. Es verknüpft nämlich in Sorgerechtssachen die Frage des anzuwendenen Rechts mit der Frage der gerichtlichen Zuständigkeit. Besitzt demnach ein deutsches Gericht die ,Jurisdiction' zur Sorgerechtsregelung, so wendet das auch sein eigenes Recht an. Nach deutschem Gesetz ist der Antrag der Mutter begründet. Die Eltern leben nicht nur vorübergehend getrennt. Das Vormundschaftsgericht m u ß daher auf Antrag eines Beteiligten entscheiden, wem von den Eltern die elterliche Gewalt (Recht und Pflicht, f ü r die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen) zufallen soll. Daß dabei die Mutter nur die Übertragung des Personensorgerechts' beantragt hat, hindert das Gericht nicht, ihr die volle elterliche Gewalt zu übertragen, da dies im Interesse des Kindes (gesetzliche Vertretung) unerläßlich ist. Nach §§ 1672, 1671 III BGB muß das Vormundschaftsgericht die Regelung treffen, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse dem Wohl des Kindes am besten dient. Dabei soll nicht übersehen werden, daß der Vater seinen Sohn liebt und ihn zu Weihnachten auch regelmäßig besucht. Aber andererseits ist zu beachten, daß Alfred seit Juni 1955 ununterbrochen in Lüdenscheid lebt, hier in einer deutschen Umgebung aufwächst, die ihm lieb und vertraut ist und deutsche Schulen besucht. Er hat den größten Teil seines bisherigen Lebens hier verbracht, wohl erzogen und versorgt von seiner Mutter. Bei seiner richterlichen Anhörung hat er glaubhaft erklärt, daß er sich fürchte, zu seinem Vater nach England gehen zu müssen, daß ihm dieser fremd sei und daß er auf jeden Fall bei seiner Mutter bleiben möchte. Das Vormundschaftsgericht ist der Überzeugung, daß die Herausnahme des Jungen aus seiner ihm vertrauten Umgebung seine kontinuierliche Entwicklung stören und sein seelisches und körperliches Wohl erheblich gefährden würde. Dabei tritt noch hinzu, daß die Mutter den Unterhalt ihres Sohnes bisher fast allein bestritten hat und der Vater keinen Unterhalt leistet. Infolgedessen ist es f ü r das Wohl des Minderjährigen unerläßlich, daß seiner Mutter die elterliche Gewalt übertragen wird. 1
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Dieser Entscheidung des deutschen Vormundschaftsgerichts steht nicht entgegen, daß der High Court of Justice f r ü h e r eine andere Anordnung getroffen hat. Gegen die Anerkennung der Entscheidung des englischen Gerichts sprechen, soweit ersichtlich, keine Rechtsgründe, es wird daher von der Gültigkeit der Entscheidungen auch in der Bundesrepublik ausgegangen. Aber sowohl englisches wie auch deutsches Recht kennen bei vormundschaftsgerichtlichen Entscheidungen keine materielle Rechtskraft, bei Vorliegen der Voraussetzungen können im Interesse des Kindes die getroffenen Entscheidungen jederzeit geändert werden." 1 2 3 . Bedenken gegen die Anwendung des § 1666 BGB bei türkischen Staatsangehörigen bestehen nicht, zumal auch das Bürgerliche Gesetzbuch der Türkei vorsieht, daß Kinder, die körperlich oder geistig gefährdet sind, der Obhut der Eltern entzogen werden. LG Hanau, Beschl. vom 29. 4. 1964 - 2 T 54/64: RdJ 1965, 185 mit Anm. Karl-Heinz Deutsch. Sorgerechts1 2 4 . Die Anwendung der im syrischen Recht vorgesehenen regelung nach geschiedener Ehe ist bei einer starken Inlandsbeziehung nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. KG, Beschl. vom 11. 5.1964 - 1 W 228/64: Unveröffentlicht. Die Ehe der Eltern des Kindes F. wurde aus beiderseitigem Verschulden rechtskräftig geschieden. Der Vater ist Syrer, die Mutter Deutsche. Das AG hat durch einen Beschluß vom 9. 4. 1963 gemäß § 1671 BGB bestimmt, daß die elterliche Gewalt über das Kind der Mutter zustehen soll. Das LG hat die Beschwerde des Vaters zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine weitere Beschwerde. Aus den Gründen: „Das LG hat zutreffend mit der örtlichen Zuständigkeit des AG Zehlendorf nach den §§ 43 I, 36 I Satz 1 FGG auch die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts bejaht (vgl. Senat in FamRZ 1963, 5 7 6 J a n sen, FGG, Vorbem. 5 Abs. 2 vor § 35 m. w. Nachw.). Insofern bestehen schon deswegen keine Bedenken, weil alle Beteiligten, sowohl die Kinder als auch beide Eltern, sich im Inland befinden. Das LG ist auch mit Recht davon ausgegangen, daß nach Art. 19 EGBGB grundsätzlich syrisches Recht anzuwenden wäre. Denn F. ist auch nach syrischem Recht ehelich, da der Vater sich zumindest durch die Anmeldung bei dem syrischen Konsulat zu dem Kinde bekannt hat (Art. 129 des syrischen Loi sur le Statut Personnel vom 17. 9. 1953 - L.S.P.) und Art. 19 1
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EGBGB auch f ü r die Rechtsverhältnisse zwischen ehelichen Kindern und ihren Eltern nach der Scheidung gilt (Kegel in Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Art. 19 EGBGB Randn. 10). Nach syrischem Recht stehen die Pflege und die Erziehung der Knaben bis zur Vollendung des siebenten und der Mädchen bis zur Vollendung des neunten Lebensjahres, allein der Mutter zu (Art. 137, 139, 146 L.S.P.). Danach geht die Personensorge auf den Vater über. Bei dem Tod des Vaters ist die Personensorge nicht Aufgabe der Mutter, sondern Aufgabe der nächsten männlichen Verwandten des Vaters. Außerdem steht dem Vater die Sorge f ü r das Vermögen des Kindes von der Geburt bis zur Volljährigkeit zu (Art. 170, 172 L.S.P.). Diese Rechte stehen der Mutter und dem Vater kraft Gesetzes zu, ohne Rücksicht darauf, ob die Ehe besteht oder geschieden ist. Der Richter kann das Sorgerecht der Mutter f ü r den Sohn bis zum vollendeten neunten, f ü r die Tochter bis zum vollendeten elften Lebensj a h r erstrecken (Art. 147 L.S.P.). Eine weitergehende Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter sieht das syrische Recht nicht vor. Dem LG ist darin beizutreten, daß die Anwendung des syrischen Rechts im vorliegenden Fall nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen ist. Von der Sorgerechtsregelung wird neben dem syrischen Vater die in Deutschland lebende deutsche Mutter betroffen. Damit ist die Inlandsbeziehung so stark, daß die deutschen Verfassungsgrundsätze nicht außer acht gelassen werden dürfen (Kegel in Soergel-Siebert, Art. 30 EGBGB Randn. 16; vgl. ferner Beitzke, Grundgesetz und Internationalprivatrecht, 1961, 35). Nach Art. 6 II Satz 1 GG ist die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Art. 3 II GG bestimmt, daß Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Der Gesetzgeber des Grundgesetzes ist von der Vereinbarkeit beider Bestimmungen ausgegangen. Das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 II GG wirkt also über Art. 6 II Satz 1 auch auf die Ordnung der elterlichen Gewalt. Im deutschen Recht werden der Vater und die Mutter in den Bestimmungen über die elterliche Gewalt gleichbehandelt (BVerfGE 10, 54). Auch nach der Scheidung der Eltern ist keine unterschiedliche Behandlung von Vater und Mutter zulässig. Die Vorschrift des § 1671 BGB macht grundsätzlich das Wohl des Kindes zur Richtschnur der vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung über die elterliche Gewalt nach der Scheidung. Die elterliche Gewalt wird nicht nach starren Regeln dem einen oder dem anderen Elternteil zugeteilt, sondern in jedem Fall entscheidet der Vormundschaftsrichter, der sich auch über einen gemeinsamen Vorschlag der Eltern hinwegsetzen kann, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die starre Regelung des syrischen Rechts läßt eine Berücksichtigung des Kindeswohls nicht zu und nimmt der Mutter jedes Recht zur Erziehung des Sohnes spätestens nach dem neunten Lebensjahr. Das syrische Recht weicht damit so erheblich von dem Verfassungsgrundsatz der Gleichberechtigung ab, daß die Anwendung des syrischen Rechts unmittelbar die Grundlagen des deutschen staatlichen Lebens angreifen würde (ständige Recht-
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sprechung des RG, vgl. z. B. RGZ 114, 171; Senat in N J W 1963, 5 3 2 ) . Die Anwendung des syrischen Rechts, soweit-es die elterliche Gewalt und die Sorge für die Person des Kindes regelt, ist für den deutschen Vormundschaftsrichter untragbar (vgl. OLG Neustadt, FamRZ 1963, 5 1 3 ; OLG München, N J W 1960, 1771 = F a m R Z 1960, 3 7 2 4 und Kegel in Soergel-Siebert, Art. 19 EGBGB Randn. 53 zur Anwendung der ähnlichen Regelung des iranischen Rechts). Da das syrische Recht keine Vorschriften enthält, die anstelle der Bestimmungen über die Personen- und Vermögenssorge angewendet werden könnten, muß auf das deutsche Recht zurückgegriffen werden. Nach § 1671 I BGB bestimmt das Vormundschaftsgericht, welchem Elternteil die elterliche Gewalt zustehen soll. Dabei ist die Regelung zu treffen, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse am besten dem Wohl des Kindes entspricht." 1 2 5 . Die elterliche Gewalt über ein eheliches Kind eines Persers bestimmt sich nach der Scheidung der Ehe der Eltern nach persischem Recht. Danach ist das Personensorgerecht für eine Tochter bis zum vollendeten siebenten Lebensjahr der Matter zu übertragen. AG Schwäbisch-Hall, Beschl. vom 21. 5. 1964 - 2 GR 25/64: FamRZ 1965, 517. Aus den Gründen: „Fest steht nicht zuletzt unter Berücksichtigung dessen, was in den dem Richter vorliegenden Ehescheidungsakten ermittelt wurde, daß der Vater und die Mutter die persische Staatsangehörigkeit besitzen, die Mutter zudem auch die deutsche, und die Tochter persische Staatsangehörige ist. Der Vater lebt in Persien, die Mutter hält sich mit dem Kinde im Bezirk des AG Schwäbisch Hall, das Vormundschaftsgericht ist, auf. Es ist daher, zumal das Haager Vormundschaftsabkommen vom 12.6.1902 nicht die Sorgerechtsregelung nach dem § 1671 BGB vornimmt, das deutsche sachliche Recht anzuwenden, dann die örtliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts Schwäbisch Hall aus § 43 I FGG und damit auch aus § 36 FGG abzuleiten, weil auch ein Sachzusammenhang mit dem nach § 606 ZPO vorausgegangenen Scheidungsverfahren besteht. Mithin ist das Vormundschaftsgericht Schwäbisch Hall für eine Entscheidung zuständig. Die Mutter irrt aber mit dem Vorbringen, deutsches Recht entscheide darüber, was hinsichtlich der elterlichen Gewalt im vollen Umfange, beziehungsweise dann auch eines Teiles, zu gelten habe. Abzustellen ist vielmehr in erster Linie auf Art. 19 EGBGB, mit dem Grundsatz, maßgebend sei das Heimatrecht des Vaters, also hier das des persischen Vaters. Daran vermag 2 4
IPRspr. 1962-1963 Nr. 81. IPRspr. 1960-1961 Nr. 187.
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 104.
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auch der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und F r a u nichts zu ändern. Es besteht mindestens zur Zeit auch keine Notwendigkeit zu prüfen, ob unter Umständen die Anwendung des ausländischen Rechts, also der persischen Rechtsbestimmungen, mit Rücksicht auf die Vorbehaltsklausel in Art. 30 EGBGB entfällt und dann allein deutsches Recht gilt. F ü r die jetzt zu treffende Entscheidung kommt es daher nicht darauf an, wie unter Berücksichtigung des in erster Linie maßgeblichen Kindesinteresses die Frage zu beantworten ist, ob der Vater oder die Mutter Inhaber der elterlichen Gewalt sein müßte, wobei das Scheidungsurteil ohne jede Bedeutung wäre, weil die Auflösung der Ehe aus § 48 EheG erfolgend, keine Stellung dazu nahm, welcher Elternteil an dem Zerfall der Ehe schuld war. Wie dem Richter bekannt, regelt aber das persische Recht — die Mutter erwarb von Rechts wegen mit der Eheschließung auch die persische Staatsangehörigkeit - die Frage, was hinsichtlich der ehelichen Kinder gelten soll dahin, daß diese, sofern es sich um Töchter handelt, bis zum vollendeten 7. Lebensjahr bei der Mutter verbleiben, also ähnlich wie die früheren Bestimmungen des deutschen BGB. Die Mutter ist also mithin grundsätzlich zur Wahrnehmung des Personensorgerechts als Teil der elterlichen Gewalt auch nach persischem Recht befugt, insoweit die im wohlverstandenen Kindesinteresse liegenden Maßnahmen zu treffen. Diese Auffassung vertritt zudem auch der Vater in seinem Schriftsatz vom 30. 3. 1964, sich damit auf den Boden des persischen Rechts stellend. Es kann daher keine Rede davon sein, der Mutter die elterliche Gewalt in vollem Umfange zuzuweisen, sondern es rechtfertigt sich nur eine Feststellung nach Maßgabe des verfügenden Teiles dieses Beschlusses [Übertragung des Personensorgerechts]." 126« Die Übertragung der elterlichen Gewalt über ein Kind aus der geschiedenen Ehe eines Spaniers römisch-katholischen Glaubens und einer Deutschen richtet sich nach den spanischen Vorschriften über die Trennung von Tisch und Bett. AG Hamburg, Beschl. vom 16. 7. 1964 - 115 X R 11030: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Das AG Hamburg ist international und örtlich zuständig, weil die Kinder zumindest ihren Aufenthalt in Hamburg haben (§§ 43, 36 FGG). Das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und ihren Kindern wird nach Art. 19 EGBGB, der von Rechtsprechung und Lehre zu einer vollständigen Kollisionsnorm ausgebaut worden ist, nach dem Heimatrecht des Vaters beurteilt. Dieses Recht regelt insbesondere die elterliche Gewalt und entscheidet auch die Fragen, welche sich hinsichtlich der Ausübung der elterlichen Gewalt aus der Scheidung der Eltern ergeben. Da der Kindesvater Spanier ist, gelangt im vorliegenden Falle spanisches Recht zur Anwendung. Eine Rückverweisung des spanischen Rechts findet nicht statt. Aus
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Art. 9 Cc ist zu entnehmen, daß nach spanischem IPR die elterliche Gewalt über die Kinder stets nach der Staatsangehörigkeit des Vaters bestimmt wird. Innerhalb Spaniens gelten verschiedene Rechtsordnungen, und zwar das sogenannte gemeinspanische Recht und verschiedene sogenannte Foralrechte. Das wesentliche Kriterium zur Bestimmung der Rechtsgebietszugehörigkeit ist der Geburtsort. Da der Vater in oder bei Alicante / Provinz Valencia geboren zu sein scheint, wo gemeinspanisches Recht gilt, ist der Código civil anzuwenden. Darüber hinaus bestimmt Art. 12 I Satz 2 Cc, daß die Bestimmungen des vierten Titels des ersten Buches, nämlich die Vorschriften über die Ehe (Art. 41—107), in allen Provinzen Spaniens verbindlich sind. Es ist das spanische Recht bezüglich der Trennung von Tisch und Bett anzuwenden. Da das geltende spanische Recht eine Ehescheidung dem Bande nach nicht zuläßt, gibt es keine Bestimmungen, welche die Ausübung der elterlichen Gewalt nach Scheidung der Eltern regeln. Es finden sich — abgesehen von dem Fall der Nichtigerklärung der Ehe (Art. 70 Cc) - nur Vorschriften für den Fall einer Trennung von Tisch und Bett unter Aufrechterhaltung des Ehebandes. Es entspricht jedoch allgemeiner Auffassung, daß die für die bloße Trennung bestehenden Regeln auf ausländische Scheidungen anzuwenden sind. Ausländische Scheidungsurteile werden in Spanien als Trennungsurteile anerkannt. Auch dürfen die Kinder nicht unter der hinkenden Familienrechtssituation leiden. Daher ist es geboten, für die Länder, die eine Scheidung dem Bande nach nicht kennen, die Regeln über das Sorgerecht bei Trennung von Tisch und Bett heranzuziehen. Grundsätzlich wäre hierfür allerdings erforderlich, daß die Ehe der Eltern in Spanien anerkannt wird. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nur dann erfüllt, wenn der standesamtlichen Eheschließung eine kirchliche vor einem katholischen Priester vorangegangen oder nachgefolgt ist. Andernfalls läge nach spanischer Auffassung eine Nichtehe vor. Art. 42 II Cc bestimmt, daß die Ehe kanonisch geschlossen werden muß, wenn wenigstens einer der Eheschließenden sich zur katholischen Religion bekennt. Die Eltern haben sich zwar zunächst nur standesamtlich trauen lassen, im Jahre 1949 jedoch die kirchliche Trauung nachgeholt. Nach Art. 75 Cc richtet sich die kanonische Ehe hinsichtlich ihrer rechtlichen Regelung nach den Bestimmungen der katholischen Kirche. Da aber nach deutschem Recht eine nach spanischem Recht gültige Ehe geschieden worden ist, darf die Anwendung des dieser Situation entsprechenden spanischen Rechts nicht deshalb ausgeschlossen sein, weil Spanien eine Ehecheidung bzw. Ehetrennung im vorliegenden Falle nicht anerkennt, sondern von einer Nichtehe ausgeht. Die somit in Betracht kommende Vorschrift des Art. 73 Cc lautet: Das rechtskräftige Trennungsurteil hat folgende Wirkungen: Nr. 2: Die Kinder bleiben unter der Gewalt und dem Schutz des unschuldigen Ehegatten oder werden ihm unterstellt. Sind beide schuldig, so kann der
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Richter nach seinem Ermessen entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzbuches einen Vormund für die Kinder bestellen . . . Wenn jedoch bei dem Urteil über die Trennung aus besonderen Gründen eine Entscheidung über die Sorge für die Kinder getroffen ist, so muß es trotz der vorhergehenden Bestimmungen bei dieser Entscheidung bleiben. Aus ähnlichen Gründen kann, soweit keine Entscheidung getroffen ist, der mit der Vollstreckung befaßte Richter gleichfalls nach seinem Ermessen gemäß den Besonderheiten des Falles entscheiden. Art. 73 Nr. 2 V Cc läßt dem Ermessen des Richters weiten Spielraum. Hiernach w a r der Mutter die elterliche Gewalt über beide Kinder zu übertragen, da die Interessen und das W o h l der Kinder diese Regelung erfordern. Der Vater hat sich seit m e h r als zehn Jahren vollständig von den Kindern abgewandt u n d sich nicht m e h r u m sie gekümmert. Sein derzeitiger Aufenthalt ist unbekannt. I h m k a n n daher nicht die elterliche Gewalt anvertraut werden. Dagegen sind die Kinder bei der Mutter gut aufgehoben u n d versorgt. Es schadet nicht, daß sie berufstätig ist u n d während ihrer Arbeitszeit die Kinder nicht betreuen kann, d a der Sohn 16 J a h r e alt wird und auch die Tochter bereits elf J a h r e alt ist. Vielmehr dient es dem W o h l der Kinder am besten, wenn die elterliche Gewalt der f ü r sie tatsächlich sorgenden Mutter zusteht." 127. Die deutschen Vormundschaftsgerichte sind internationalrechtlich zur Regelung der elterlichen Gewalt über die Kinder geschiedener ausländischer Ehegatten zumindest für den Fall berufen, daß die beteiligten ausländischen Personen in Deutschland leben. Das deutsche Verfahrensrecht ist anzuwenden. Die Zuständigkeitsregelung des Art. 155 I Codice civile steht der Regelung durch das deutsche Vormundschaftsgericht nicht entgegen. Die Regelung des Sorgerechts oder der elterlichen Gewalt nach Scheidung der Ehe ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dem der Kindesvater angehört. Das nach deutschem Recht gemäß Art. 17 III EGBGB ergangene Scheidungsurteil ist dem gerichtlichen Ausspruch der gesetzlichen Trennung der Ehegatten nach italienischem Recht regelmäßig gleichzustellen, zumindest dann, wenn die Gründe, die zur Scheidung der Ehe geführt haben, den im italienischen Recht für die Trennung ausreichenden Gründen gleichkommen. Die Auswahl des Elternteils, dem die Kinder nach Art. 155 I Codice civile zuzuweisen sind, richtet sich nach dessen besserer Fähigkeit, für die Erziehung und Ausbildung der Kinder zu sorgen. Dabei ist nicht die elterliche Gewalt als solche einem Elternteil zu übertragen, sondern lediglich die Ausübung der elterlichen Gewalt oder der ihr zugehörigen Einzelrechte. OLG Hamm, Beschl. vom 21. 8. 1964 - 15 W 67/64: F a m R Z 1965, 92; Leitsatz in DRiZ 1965 B 44 Nr. 632. Die Ehe der beteiligten Eltern hat das LG Essen aus dem alleinigen Verschulden des Vaters wegen Ehebruchs geschieden. Aus der Ehe ist außer der
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minderjährigen Tochter Marisa der am 9. 7. 1954 geborene Sohn Ralf hervorgegangen, für den der Heteiligte zu 1) die Vaterschaft in Abrede stellt. Die elterliche Gewalt über Marisa nimmt er für sich in Anspruch, während er der Übertragung der elterlichen Gewalt über Ralf auf die Mutter zustimmt. Das AG hat durch Beschluß vom 29. 6. 1962 die elterliche Gewalt über beide Kinder der Mutter übertragen. Die Beschwerde des Vaters, mit der er weiterhin die Übertragung der elterlichen Gewalt über die Tochter auf sich erstrebt, hat das LG durch Beschluß vom 14. 2. 1964 zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Mutter das Recht erhält, Marisa zu sich zu nehmen sowie für ihren Unterhalt, ihre Erziehung und ihren Unterricht zu sorgen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Vaters, zu der die Mutter sich nicht geäußert hat. Der Vater ist von Geburt italienischer Staatsangehöriger. Die Mutter, die durch die Eheschließung ebenfalls italienische Staatsangehörige geworden war, hat durch die am 7. 3. 1961 erfolgte Aushändigung der Einbürgerungsurkunde des Regierungspräsidenten in Düsseldorf vom 1. 12. 1960 die deutsche Staatsangehörigkeit wiedererlangt. Die Tochter Marisa hat durch Geburt die italienische Staatsangehörigkeit erworben. Für die Scheidung der Ehe der Eltern war das deutsche Gericht nach § 606 ZPO zuständig; es hat die Ehe gemäß Art. 17 III EGBGB nach deutschem Scheidungsrecht, und zwar auf Grund des § 42 EheG, geschieden.
Aus den Gründen: „Mit Recht hat das AG als deutsches Vormundschaftsgericht die Zuständigkeit f ü r die Regelung der elterlichen Gewalt über Marisa nach der Scheidung der Ehe ihrer Eltern in Anspruch genommen. In Übereinstimmung mit dem AG und LG ist davon auszugehen, daß die deutschen Vormundschaftsgerichte internationalrechtlich zur Regelung der elterlichen Gewalt (oder des Verkehrs der Eltern mit den Kindern) auch dann berufen sind, wenn die geschiedenen Ehegatten (oder - wie hier - einer von ihnen) ausländischer Staatsangehörigkeit sind; ausgenommen sind nur exterritoriale Personen. Diese Auffassung, die durchweg in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten wird, gründet sich auf die allgemeine Fürsorgepflicht, die dem Staat gegenüber den in seinem Gebiet befindlichen Personen zukommt, oder auf eine entsprechende Anwendung der §§ 43, 44 FGG, zumindest f ü r den Fall, daß die beteiligten ausländischen Personen in Deutschland leben (vgl. KG, J W 1939, 350; RGZ 170, 198; BayObLGZ 1952, 723 [gemeint 74] 1 und NJW 1959, 1038 2 ; Beschl. des erkennenden Senats 15 W 561 und 562/58, FamRZ 1959, 28 3 ; Erman-Marquordt, BGB, 3. Aufl., Art. 19 EGBGB Anm. 8; Palandt, BGB, 23. Aufl., Art. 19 EGBGB Anm. 5; Soergel-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 19 EGBGB Rdz. 31 u.a.; Raape, IPR, 5. Aufl., § 32 Anm. 6; Beitzke, Sorgerechtsregelung bei Ausländerkindern, Festschrift f ü r H. Lehmann II, 1956, 493 ff., bes. 497, 499, 501). Was von der internationalen Zuständigkeit gilt, gilt auch von dem anzuwendenden Verfahrensrecht. Mithin hat das LG die Beschwerde des Vaters mit Recht zugelassen (§§ 19, 20, 57 I Nr. 9 FGG); damit ist auch die weitere Beschwerde zulässig (§ 27 FGG); diese ist auch in rechter Form eingelegt wor1 3
IPRspr. 1952-1953 Nr. 317. IPRspr. 1960-1961 Nr. 115.
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
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den. Sachlich ist sie nicht gerechtfertigt, weil der angefochtene Beschluß nicht auf einem Rechtsfehler beruht. Ohne Rechtsirrtum hat das LG - insoweit in Übereinstimmung mit der Ansicht des Vaters - seiner Entscheidung italienisches Recht zugrunde gelegt. Die Regelung des Sorgerechts oder der elterlichen Gewalt nach geschiedener Ehe gehört zum Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern und ist daher gemäß Art. 19 EGBGB in der dieser Vorschrift von Lehre und Rechtsprechung gegebenen Ausgestaltung zu einer vollständigen Kollisionsnorm nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dem der Kindesvater angehört (RGZ 170, 198; Erman aaO und Anm. 1 a; Palandt, Art. 19 E G B G B A n m . 2 ; Soergel
a a O Rdz. 1, 8, 16; Raape
a a O u n d A n m . 7, § 3 0
C I, S. 316), hier also nach italienischem Recht. Die Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn die Ehe der Kindeseltern geschieden ist (RGZ 162, 329), und widerspricht auch nicht dem Grundsatz der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, weil sie keine unmittelbare sachlich-rechtliche Bevorzugung des einen Elternteils gegenüber dem anderen wegen seines Geschlechtes enthält, sondern das Heimatrecht eines Elternteils im Interesse der Familieneinheit maßgebend sein läßt (Stellungnahme des Max-Planck Institutes f ü r ausländisches und internationales Privatrecht vom 8. 5. 1953, RabelsZ 18 [1953] 120; BGH, NJW 1954, 837 4 zu Art. 17 EGBGB; Beschl. des erkennenden Senats aaO; LG Berlin vom 9. 11. 1956 - 83 T 625/56 5 ). Das italienische Recht kennt allerdings keine Scheidung der Ehe dem Bande nach, sondern n u r die persönliche Trennung (separazione personale oder legale), deren Ausspruch vom Gericht jeder der Ehegatten beim Vorliegen bestimmter Gründe begehren kann. F ü r diesen Fall bestimmt Art. 155 Cc: ,Das Gericht, das die Trennung ausspricht, hat auch zu bestimmen, welcher Ehegatte die Kinder zu sich nehmen und für ihren Unterhalt, ihre Erziehung und ihren Unterricht sorgen soll. In allen Fällen kann das Gericht anordnen, daß die Kinder in einer Erziehungsanstalt oder bei einer dritten Person unterzubringen sind. Der Vater und die Mutter behalten das Recht, die Erziehung der Kinder zu überwachen, ohne Rücksicht darauf, bei wem sie untergebracht sind.'
Nach einer im IPR weithin anerkannten Auffassung sind Vorfragen, die f ü r eine Entscheidung von Bedeutung sind, selbständig anzuknüpfen (vgl. Soergel, Art. 19 Rdz. 49). So beurteilt sich nach Art. 17 EGBGB und den Grundsätzen über die Rechtskraft deutscher Scheidungsurteile, ob die Eltern wirksam geschieden sind (vgl. Soergel aaO). Beitzke (aaO 497, 499, 501) hält es zur Regelung der Personenstandsverhältnisse von im Inland wohnhaften Ausländern f ü r unerläßlich, inländische Gerichtsstände zur Verfügung zu stellen; er führt weiter aus, die Sorgerechtsregelung, bei der es in erster Linie nicht um Maßnahmen gegen die Eltern, sondern um Fürsorge f ü r das Kind gehe, sei nur eine Folgeerscheinung der Scheidung und könne daher folgerecht nicht auf Inländer beschränkt werden. Das müsse um so mehr gelten, als die Sorgerechtsregelung keine endgültigen Verhält4
IPRspr. 1954-1955 Nr. 90.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 109.
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nisse schaffe, sondern im Kindesinteresse geändert werden könne, so daß Raum für eine spätere abweichende Entscheidung des Heimatstaates bleibe. Sei die Scheidung in Deutschland erfolgt, so könne schon aus dieser Tatsache die Kompetenz zur Sorgerechtsregelung abgeleitet werden; wer die Ehe scheide, sollte es folgerecht nicht ablehnen, auch die Scheidungsfolgen zu regeln. Soweit ohne Rücksicht auf den Standpunkt des Heimatstaates des Vaters die Ehe geschieden werde, etwa - wie hier - wegen der deutschen Staatsangehörigkeit der Frau (§ 606 III ZPO, Art. 17 III EGBGB), seien die deutschen Gerichte erst recht gehalten, die Sorgerechtsregelung vorzunehmen, weil der Heimatstaat des Vaters hier keine Sorgerechtsregelung vornehmen könne, wenn er sie nicht in solchen Fällen als eine für einfaches Getrenntleben vornehme. Wenn in einem derartigen Fall die maßgebliche Rechtsordnung - hier Italien - die Scheidung nicht anerkenne, also bei einer sogenannten hinkenden Scheidung, müsse das deutsche Vormundschaftsgericht eine Sorgerechtsregelung treffen; es beim bisher geltenden Zustand zu belassen, würde bedeuten, daß man auf einen guten Teil der Scheidungswirkungen verzichte; auch dürfe das Kind nicht unter der hinkenden Scheidung leiden. Diese könne nichts am Kindschaftsstatut ändern. Die deutschen Gerichte müßten die Sorgerechtsregelung nach italienischem Recht treffen, und da dieses keine Scheidung dem Bande nach kenne, die Regeln über das Sorgerecht bei Scheidung von Tisch und Bett zu Hilfe nehmen (aaO 506). Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob diesen an sich folgerichtigen Ausführungen beizustimmen ist; denn auch wenn man von der selbständigen Anknüpfung der Vorfrage absieht, unterliegt die Entscheidung des LG keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Alsdann kommt es darauf an, ob das nach deutschem Recht gemäß Art. 17 III EGBGB wirksam ergangene Scheidungsurteil einer gesetzlichen Trennung nach italienischem Recht gleichzustellen ist (vgl. LG Berlin aaO). Diese Frage ist hier zu bejahen. Italien nimmt allerdings in Statussachen seiner eigenen Staatsangehörigen nicht die ausschließliche Zuständigkeit für sich in Anspruch. Laut Bekanntmachung vom 23. 12. 1952 (BGBl. II 986) wird das Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9. 3. 1936 (RGBl. 1937 II 145) zwischen der Bundesrepublik und Italien seit dem 1. 10. 1952 wieder gegenseitig angewendet. Nach Art. 3 dieses Abkommens sind in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung gefällt wurde, zuständig, wenn die Parteien Angehörige dieses Staates sind oder dort ihren Wohnsitz haben. Letztere Voraussetzung war im vorliegenden Falle für die Eltern gegeben, weil sie in Deutschland seit langem ihren Wohnsitz hatten. Nach Art. 4 des Abkommens ist die Anerkennung des Urteils nur zu versagen, wenn die Entscheidung Bestimmungen enthält, die gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen. Wenn auch das italienische Recht eine Scheidung der Ehe dem Bande nach nicht kennt, so ist damit noch nicht gesagt, daß das italienische Gericht der im Ausland ausgesproche-
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nen Scheidung einer Ehe wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten die Anerkennung versagen müßte, wenn einer der Ehegatten die italienische Staatsangehörigkeit, der andere aber eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, wie es hier zur Zeit der Ehescheidung der Fall war. Wie bei Bergmann (Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Bd. I Abschn. J 1 Italien S. 7 Anm. 1) mitgeteilt wird, haben z. B. das Appellationsgericht in Mailand in einer Entscheidung vom 5. 4. 1949 (1034/48) und das Appellationsgericht in Turin in einem Urteil vom 14. 10. 1949 (Repertorio der Entscheidungen 82/1949, 356) ausgesprochen, daß ein solches Urteil eines ausländischen Gerichts keine Verletzung des italienischen ordre public enthalte. Bergmann führt allerdings auch eine Entscheidung des Kassationshofs in Rom vom 5. 8. 1950 (Monitore dei Tribunali 1950, 305) an, die einen abweichenden Standpunkt einnimmt. Selbst wenn die Rechtsprechung der italienischen Gerichte in dieser Frage danach nicht einheitlich ist, zeugen die zuerst genannten Entscheidungen doch davon, daß es mit dem italienischen Recht nicht unvereinbar ist, der im Ausland ausgesprochenen Scheidung der Ehe eines Italieners mit einer Ausländerin gewisse Wirkungen beizulegen (vgl. Raape, § 30 A V 1, S. 302 f. Fußn. 89 Nr. 4). Dann aber liegt es nahe, die Scheidung im Auslande ebenso zu behandeln wie die gesetzliche Trennung der Ehe nach italienischem Recht. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß die Gründe, die zu der Scheidung der Ehe geführt haben, den im italienischen Recht für die Trennung ausreichenden Gründen wenigstens gleichkommen. Nach Art. 1511 Cc kann die Trennung verlangt werden wegen Ehebruchs, böslicher Verlassung, Ausschreitungen, grausamer Behandlung, Bedrohung oder Beleidigung, sofern diese schwerer Art sind. Nach Art. 151 II ist die Trennungsklage wegen Ehebruchs des Mannes nicht zulässig, wenn nicht Umstände vorliegen, welche die Handlung zu einer schweren Beleidigung der Frau gestalten. Im vorliegenden Falle ist danach zu prüfen, ob derartige erschwerende Umstände zu bejahen sind. Hier ist die Scheidung ausgesprochen worden wegen Ehebruchs des Mannes, und zwar in einem Rechtsstreit, in dem der Ehemann sich nicht von einem Rechtsanwalt hat vertreten lassen, sich aber - ebenso wie die Ehefrau - im Armenrechtsprüfungsverfahren eingehend zur Sache hat äußern können. Das Vormundschaftsgericht darf hier, um zu einer zutreffenden Beurteilung zu gelangen, nicht vom Schuldspruch des Urteils allein ausgehen, zumal das italienische Recht einen derartigen Schuldspruch in der Form des deutschen Scheidungsrechts nach §§ 52 f. EheG offenbar nicht kennt, wenngleich aus Art. 156 Cc zu entnehmen ist, daß sich aus dem Urteil, das die Trennung ausspricht, ergeben muß, welcher Ehegatte die Schuld an der Trennung trägt. Da es hier darauf ankommt, die näheren Umstände des Ehebruchs festzustellen und zu würdigen, mußte daher der Inhalt des Scheidungsurteils und darüber hinaus, zumal das Verfahren einseitig geführt worden war, auch der übrige Inhalt der Akten, soweit er für die Umstände des Ehebruchs von Bedeutung ist, insbesondere der Inhalt der Niederschrift vom 27. 6. 1961 über die An25 IPR 1964/65
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h ö r u n g der Ehegatten, bei der Entscheidung herangezogen werden, wie das LG es auch getan hat. Nach der Feststellung des LG hat der Vater nach der Trennung der Ehegatten etwa 1 l h J a h r e lang ein ehebrecherisches Verhältnis zu einer F r a u M. unterhalten, aus dem ein Kind hervorgegangen ist; andererseits hat auch die Mutter nach ihrem Eingeständnis ehebrecherische Beziehungen zu anderen Männern unterhalten, denen der Sohn Ralf und ein weiteres am 29. 2. 1956 geborenes und a m 12. 4. 1956 verstorbenes Kind entstammten. Nach dem Inhalt der Scheidungsakten könnten die ehebrecherischen Beziehungen der Mutter denen des Vaters vorangegangen oder etwa gleichzeitig gewesen sein. Die damalige Behauptung der Mutter, der Vater habe, als die Ehegatten zwar getrennt, aber noch in der Ehewohnung gelebt hätten, eine Dirne mit in diese W o h n u n g gebracht — ein solcher Tatbestand w ü r d e ohne weiteres ein erschwerender Umstand im Sinne defs Art. 151 II Cc gewesen sein - , k a n n nach den Erklärungen des Vaters hierzu nicht als erwiesen angesehen werden. Gleichwohl sieht der Senat in der Beurteilung des LG, die Umstände hätten hier den Ehebruch des Vaters zu einer schweren Beleidigung der Mutter gestaltet, keinen Rechtsfehler, selbst wenn m a n bedenkt, daß auch das Verhalten der Mutter beleidigend f ü r den Vater gewesen sein k a n n ; denn gegenseitige Beleidigungen verlieren ihren Charakter als Straftaten nicht durch die Wechselseitigkeit (vgl. § § 198, 199 StGB). Mit Recht hat demnach das LG die Scheidung nach deutschem Recht der gesetzlichen Trennung nach italienischem Recht gleichgeachtet. D a n n konnte es die in Art. 155 I Cc f ü r den Fall der Trennung vorgesehene Regelung treffen. Dagegen k a m eine Anwendung des Art. 318 Cc, wie der Vater sie wünscht, nicht in Betracht, da diese Vorschrift f ü r die intakte Ehe gilt. Wie sich aus der allgemein anerkannten Anwendung des deutschen Verfahrensrechts ergibt, steht die Zuständigkeitsregelung des Art. 155 I Cc, wonach das Gericht, das die Trennung ausspricht, auch über die Regelung der elterlichen Gewalt zu befinden hat, der Regelung durch das deutsche Vormundschaftsgericht nicht entgegen (vgl. Soergel, Art. 19 EGBGB Rdz. 31; OLG Hamm, HEZ 2,341 BayObLGZ 1952, 74 *). Hinsichtlich des Inhalts der Regelung ist dem LG - im Einvernehmen mit der Ansicht des Italienischen Generalkonsulats in Köln (Schreiben vom 8. 5. 1963 an das AG) - darin zu folgen, daß das W o h l des Kindes, also nicht etwa die Schuld eines der Elternteile an Scheidung oder Trennung m a ß gebend zu sein hat. Die Auswahl des Elternteils, dem die Kinder nach Art. 155 I Cc zuzuweisen sind, richtet sich ausschließlich nach dessen besserer Fähigkeit, f ü r die Erziehung u n d Ausbildung der Kinder zu sorgen (Entsch. des Kassationsgerichts vom 3. 8. 1951, a n g e f ü h r t im eben erwähnten Schreiben des Italienischen Generalkonsulats in K ö l n ) . . . Das LG hat demzufolge die Beschwerde des Vaters gegen die vom AG angeordnete Übertragung der elterlichen Gewalt zurückgewiesen; jedoch hat es - im Gegensatz zum AG - entsprechend der im Art. 155 I Cc getroffenen Regelung bestimmt, daß die Mutter das Recht erhalte, Marisa zu sich 6
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zu nehmen sowie für ihren Unterhalt, ihre Erziehung und ihren Unterricht zu sorgen. Es weist zutreffend darauf hin, daß das italienische Recht im Gegensatz zum BGB eine Übertragung der elterlichen Gewalt nicht kenne. Die vom L G getroffene Regelung hat nicht nur formale Bedeutung. Vielmehr stehen der französische Code civil und seine Tochterrechte auf dem Standpunkt, daß die Rechte der elterlichen Gewalt ihrer Substanz nach unverlierbar und unentziehbar sind (Art. 316, 155 Codice civile bes. Abs. 3 dort), daß daher im Falle der Scheidung oder Trennung lediglich die Ausübung der elterlichen Gewalt oder der ihr zugehörigen Einzelrechte auf einen Ehegatten allein übertragen wird; eine solche Regelung kann aber unbedenklich vom deutschen Vormundschaftsgericht getroffen werden (vgl. Beitzke aaO 506 f . ) " . 1 2 8 . Der deutsche Vormundschaftsrichter darf in einem Verfahren nach § 1666 BGB vorläufige Anordnungen unter Zugrundelegung deutschen materiellen Rechts auch gegenüber ausländischen Staatsangehörigen treffen, wenn die Staatsangehörigkeit des Vaters ungeklärt oder das anzuwendende Recht nicht zu übersehen ist. OLG Hamm, Beschl. vom 12. 11. 1964 - 15 W 335/64: F a m R Z 1965, 89; DRspr. I (180) 53 b. Aus den Gründen: „ W e n n die Vorinstanzen die Frage, welche Staatsangehörigkeit die Kinder und der Vater besitzen, ungeklärt gelassen haben, so ist das im Ergebnis f ü r dieses Verfahren nicht zu beanstanden. Nach dem Inhalt der Akten und der auch dem L G zugänglich gewesenen Akten 3 Z X I I 82 AG Rheine ( = 5 T 504/64 LG Münster) betreffend die Anordnung der Fürsorgeerziehung über den Sohn Reinhard Z. besteht die Möglichkeit, daß die Kinder und der Vater die polnische Staatsangehörigkeit besitzen. Da sich der Vater als ,Exilpole' bezeichnet, ist es außerdem möglich, daß er unter den Kreis der sogenannten .verschleppten Personen und Flüchtlinge' im Sinne von Art. 10 A H K G 23 v o m 17. 3. 1950 oder der sogenannten .heimatlosen Ausländer' im Sinne des Bundesgesetzes vom 15. 4. 1951 fällt. Würde er die in diesen Gesetzen geforderten Voraussetzungen erfüllen, wäre, sofern das EGBGB auf das polnische Heimatrecht des Vaters verweist, gleichwohl deutsches Recht maßgebend, da sich der Vater in Deutschland aufhält (Art. 1 A H K G 23). W ä r e der Vater schließlich staatenlos, so wäre nach Art. 29 EGBGB ebenfalls deutsches Recht anzuwenden. Für die örtliche Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts ist die Frage, welche Staatsangehörigkeit die Kinder besitzen, ohne Bedeutung. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich auch bei Kindern mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach § § 43 I, 36 FGG (vgl. BayObLG, N J W 1962, 1013 ^ Beschl. des Senats v o m 7. 12. 1962 - 15 W 154/61 2 ; Keidel, 1
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FGG, 8. Aufl., § 36 Rdz. 12). Daß hier das AG Rheine örtlich zuständig ist, unterliegt keinen Bedenken. Auch die f ü r den Fall der ausländischen Staatsangehörigkeit der Kinder bisher nicht geprüfte internationale Zuständigkeit des AG Rheine, die eine selbständige Verfahrensvoraussetzung neben der örtlichen Zuständigkeit bildet, ist zu bejahen. Wohnt eine ausländische Familie in Deutschland, so ist das deutsche Vormundschaftsgericht befugt, die erforderlichen Maßnahmen zur Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und ehelichen Kindern zu treffen; diese Befugnis ergibt sich daraus, daß in Personensorgesachen die örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts regelmäßig einen hinreichenden Anknüpfungspunkt f ü r seine internationale Zuständigkeit bildet und daß dem Staat gegenüber den in seinem Gebiet befindlichen Personen eine allgemeine Fürsorgepflicht zukommt (vgl. BayObLG aaO; BayObLGZ 1959, 8 = N J W 1959, 1038 3 ; Beschl. des Senats aaO und vom 29. 3. 1957 - 15 W 119/57 4 ; Erman-Marquordt, BGB, 3. Aufl. 1962, Art. 19 EGBGB Anm. 8; Kegel in Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl. 1961, Art. 19 EGBGB Rdz. 44). Bei polnischer Staatsangehörigkeit des Vaters wäre gemäß Art. 19 EGBGB grundsätzlich polnisches materielles Recht maßgebend, da Art. 19 heute einhellig als allseitige Kollisionsnorm angesehen wird (vgl. BayObLG aaO; Soergel-Siebert aaO Rdz. 1 m. w. Nachw.) und sich auch auf Beschränkungen der elterlichen Gewalt nach Art des § 1666 BGB erstreckt (vgl. Soergel-Siebert aaO Rdz. 21 m. w. Nachw.); Art. 23 EGBGB - auch sein Abs. 2 kommt nicht zur Anwendung, da sich diese Vorschrift n u r auf Vormundschaften und Pflegschaften im eigentlichen Sinne, nicht aber auch auf Maßnahmen nach Art des § 1666 BGB bezieht (vgl. Soergel-Siebert aaO Rdz. 8 m. w. Nachw.; Beschl. des Senats vom 29. 3. 1957 4 ). Mithin wäre, sofern der Vater die polnische Staatsangehörigkeit besitzt und auch nicht die Vorschriften des AHKG 23 oder des Bundesgesetzes vom 25. 4. 1951 anwendbar sein sollten, polnisches materielles Recht dafür maßgebend, ob und unter welchen Voraussetzungen den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht f ü r ihre Kinder entzogen werden kann (dazu vgl. f ü r eine zu beachtende Rück- und Weiterverweisung das polnische Gesetz über das IPR vom 2. 8.1926, abgedruckt bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Polen III B 1, und f ü r das Familienrecht Art. 60, 61 und 62 des Gesetzes vom 27. 6. 1950, ebenfalls abgedr. bei Bergmann aaO III B 5). Das alles mag indessen f ü r das weitere Verfahren von Bedeutung sein. Hier handelt es sich jedoch lediglich um eine vorläufige Anordnung, bei der es darum geht, eine Gefährdung der Kinder durch ein möglichst ungesäumtes Einschreiten zu verhüten. Das deutsche Vormundschaftsgericht muß in solchen Fällen entsprechend der dem deutschen Staat zukommenden Fürsorgepflicht über die sich in seinem Gebiet aufhaltenden Kinder, gleichgültig welche Staatsangehörigkeit sie besitzen, rasch und ohne Verzögerung einschreiten können. Dies wäre aber regelmäßig nicht möglich, wenn das Vormundschaftsgericht verpflichtet sein 3
IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 141.
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würde, zunächst die Staatsangehörigkeit des Vaters zu klären und sich sodann Gewißheit über das anzuwendende Recht zu verschaffen. Deshalb darf der deutsche Richter, wenn die Staatsangehörigkeit des Vaters ungeklärt oder das anzuwendende Recht nicht zu übersehen ist, im Rahmen eines Verfahrens nach § 1666 BGB vorläufige Anordnungen unter Zugrundelegung deutschen materiellen Rechts treffen (vgl. BayObLGZ 25, 369 ff.; Beschluß des Senats vom 29. 3. 1957 - 15 W 119/57 4 ). Hier ist unklar, ob der Vater Pole ist und, falls dies zutreffen sollte, ob er unter die Vorschriften des AHKG 23 oder des Bundesgesetzes vom 25. 4. 1951 fällt. Die Klärung dieser Fragen hätte einige Zeit erfordert. Deshalb konnten die Vorinstanzen für dieses Verfahren vom deutschen materiellen Recht ausgehen." 129» Für die Zuteilung der elterlichen Gewalt über ein eheliches Kind, dessen Vater israelischer Staatsangehöriger ist, ist kraft Räckverweisung deutsches Recht maßgebend, wenn das Kind sein Domizil in Deutschland hat. LG München I, Beschl. vom 25. 2. 1965 - 13 T 55/63: Unveröffentlicht. Das AG hat die elterliche Gewalt über das Kind aus der geschiedenen Ehe eines israelischen Staatsangehörigen und einer Deutschen der Mutter übertragen. Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Vaters .
Aus den Gründen: „1. a) Das AG München war zur Entscheidung über die elterliche Gewalt gemäß § 43 I mit § 36 FGG örtlich zuständig. Diese Bestimmungen sind auch anwendbar, wenn das Kind eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. BayObLGZ 1962, 39 1 ; Keidel, FGG, 8. Aufl., § 36 Rdz. 12). Für die Frage der örtlichen Zuständigkeit kann daher dahingestellt bleiben, ob sich der Wohnsitz des Kindes nach israelischem oder deutschem Recht bestimmt. In dem für die örtliche Zuständigkeit nach § 43 FGG maßgebenden Zeitpunkt der Antragstellung (29. 5. 1962) konnte der Wohnsitz des Kindes nur in München gelegen sein, wo damals beide Eltern wohnten. Sollte das Kind keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt haben, so würde sich die örtliche Zuständigkeit nach seinem inländischen Aufenthalt bestimmen, den es auf jeden Fall in München hatte. b) Auch die neben der örtlichen Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens als selbständige Verfahrensvoraussetzung zu prüfende internationale Zuständigkeit ist für das AG München gegeben. Die örtliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts bildet hierfür den Anknüpfungspunkt (vgl. BayObLGZ 1959, 12 2 ; 1962, 4 0 1 ) . Auf die Staatsangehörigkeit des Kindes kommt es dabei nicht an (BayObLGZ 1963,124 3 ). 1 3
IPRspr. 1962-1963 Nr. 102. IPRspr. 1962-1963 Nr. 107.
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2. F ü r die Entscheidung ist auch das sachliche deutsche Recht anzuwenden. a) An sich wird das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern u n d einem ehelichen Kind, wenn der Vater ein Ausländer ist, nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem der Vater angehört. In diesem Sinn haben Lehre und Rechtsprechung die unvollständige Kollisionsnorm des Art. 19 EGBGB zu einer vollständigen ausgebaut (vgl.BGHZ21,306, 312 4 ; BayObLGZ 1962, 40 1 ). Diese kollisionsrechtliche Grundregel ist durch die Einführung des Gleichberechtigungsgrundsatzes (Art. 3 II GG) nicht berührt worden (Soergel-Kegel, [BGB] Anm. 9 vor Art. 13 EGBGB m. w. Nachw.). Zur Beurteilung des vorliegenden Falles ist daher vom israelischen Recht auszugehen. Dieses verweist jedoch auf das deutsche Recht zurück. b) Das Institut f ü r Rechtsvergleichung der Universität München hat in seinem Gutachten vom 8. 9. 1964 auf die Änderung der Rechtslage durch das in Israel am 7. 11. 1962 in Kraft getretene Capacity and Guardianship Law vom 7 th Av 5722 (7. 8. 1962) hingewiesen, nach dessen sec. 77 f ü r die in diesem Gesetz behandelten Angelegenheiten, zu denen nach ch. 2 (Parents and Minor Children) auch die Regelung des Gewaltverhältnisses nach Scheidung der Elternehe gehört, das Recht des Wohnsitzes des Minderjährigen maßgeblich ist. In dem bezeichneten Gutachten ist im wesentlichen ausgeführt, daß eine ausschließliche Zuständigkeit der Rabbinatsgerichte nicht gegeben sei, vielmehr nach Art. 53 Nr. 2 der Palestine Order in Council von 1922 i. d. F. von 1947 diese Gerichte nur f ü r die Regelung einer elterlichen Vormundschaft und Personensorge, und zwar nur fakultativ bei Einverständnis aller Parteien zuständig, im übrigen aber die Zivilgerichte kompetent seien. Daraus folge, daß f ü r das deutsche Gericht die Kollisionsregel der sec. 77 des Capacity and Guardianship Law beachtlich werde, denn die israelischen Zivilgerichte würden diese Vorschrift gleichfalls anwenden, vgl. Lankin, Biennal Survey of Israel Law 1960-1961, Universität Jerusalem S. 55 in der Note zu Hed v. The Attorney General. Die Frage einer Rückverweisung hänge davon ab, wo das Kind sein Domizil habe. Nach israelischer Auffassung teile das Kind das Domizil der Mutter, wenn diese es nach der Scheidung zu sich genommen habe. Wenn die Eltern geschieden seien, ohne daß eine Vereinbarung über die Kinder getroffen worden sei, so könne die Mutter, aber müsse nicht, ihren Sohn bis zu sechs Jahren und ihre Tochter bis zur Pubertät zu sich nehmen. Das Gericht könne, wie Scheftelowitz, The Jewish Law of Family and Inheritance-and its Application in Palestine, 124, feststelle, in jedem Fall eine anderweitige Anordnung f ü r das Domizil der minderjährigen Kinder treffen, wenn es in ihrem Interesse liege. Die Übertragung der elterlichen Gewalt auf die Mutter durch den angefochtenen Beschluß des AG München vom 14. 11. 1962 könne unbedenklich als eine anderweitige Regelung in diesem Sinne angesehen werden, da auch nach israelischem Recht Sorgerecht und domicile in engem Zusammenhang stünden. Da die Mutter ihr Domizil in Deutschland habe 4
IzRspr. 1954-1957 Nr. 368 b.
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und das Mündel das Domizil der Mutter teile, finde somit nach sec. 77 des Capacity and Guardianship Law eine Rückverweisung auf deutsches Recht statt. c) Diesem überzeugenden Gutachten schließt sich die Kammer an. Die vom Beschwf. dagegen erhobenen Einwendungen gehen fehl. Die Entscheidung richtet sich somit infolge Rückverweisung aus dem israelischen Recht nach deutschem Recht." 130. Die örtliche Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts bildet einen Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit. Zur Regelung der elterlichen Gewalt im italienischen Recht. Bei einer faktischen Trennung der Eltern ist die elterliche Gewalt nach den gleichen italienischen Vorschriften zu regeln, die nach dem Ausspruch der rechtlichen Trennung der Ehe anzuwenden sind. LG Wiesbaden, Beschl. vom 2. 3. 1965 - 4 T 132/64: FamRZ 1965, 284. Die Eltern des Kindes leben getrennt. Zwischen ihnen schwebt ein Scheidungsverfahren. Der Vater besitzt die italienische Staatsangehörigkeit. Durch den angefochtenen Beschluß ist das Besuchsrecht des Vaters geregelt worden. Die Kammer hat ein Rechtsgutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht eingeholt.
Aus den Gründen: „Mit Recht hat das Vormundschaftsgericht die Zuständigkeit f ü r eine Regelung des Besuchsrechts in Anspruch genommen. Die Zuständigkeit ergibt sich indessen nicht aus Art. 7 des Haager Vormundschaftsabkommens vom 12. 6. 1902. Diese Vorschrift rechtfertigt ein Eingreifen des deutschen Gerichts nur, wenn dringende öffentliche Interessen dies erfordern. Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor. Die Zuständigkeit ergibt sich nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. zuletzt Beschl. vom 19. 3. 1964 - 4 T 36/64) aus §§ 43 I, 36 FGG. Diese Vorschriften sind auch anwendbar, wenn ein Kind die ausländische Staatsangehörigkeit besitzt. Bei der Ermittlung der Zuständigkeit kann es dahingestellt bleiben, ob sich der Wohnsitz des Kindes nach dem ausländischen oder dem deutschen Recht bestimmt oder ob das Kind den Wohnsitz vom Vater oder von der Mutter herleitet. Da das Kind in Wiesbaden seinen Wohnsitz hat, ist dieser f ü r die örtliche Zuständigkeit nach § 43 FGG maßgebend, zumal auch beide Eltern in Wiesbaden wohnen (vgl. KG, FamRZ 1962, 480 1 ; Schwimann, FamRZ 1959, 325; BayObLG, FamRZ 1959, 364 2 ). Neben der örtlichen Zuständigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens die internationale Zuständigkeit als selbständige Verfahrensvoraussetzung zu prüfen. Die Anknüpfungspunkte f ü r die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Angelegenheiten der Personensorgeregelung bei ge1
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trenntlebenden Eltern sind weder völkerrechtlich noch durch die deutsche Gesetzesgebung geregelt. Es finden weder Art. 23 I EGBGB noch - wie bereits oben erwähnt - das Haager Vormundschaftsabkommen auf diese Angelegenheiten Anwendung. Eine deutsche internationale Zuständigkeit wird im übrigen nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein ausländischer Staat sich f ü r zuständig erklärt. Internationale Zuständigkeiten der Gerichte verschiedener Staaten treten daher zunächst als konkurrierende auf (vgl. BayObLG aaO 365). Als möglichen Anknüpfungspunkt f ü r die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind verschiedene Kriterien von Rechtsprechung und der Rechtslehre in Betracht gezogen worden (vgl. die Zusammenstellungen bei Kegel in Soergel, [BGB] Art. 19 EGBGB Anm. III 3 und BayObLG aaO). Dabei bildet die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts — wie sie oben begründet worden ist — einen Anknüpfungspunkt f ü r die deutsche internationale Zuständigkeit (vgl. KG aaO und NJW 1960, 248, 250 = FamRZ i960, 244»; ferner jetzt auch OLG Hamm, FamRZ 1965, 92 4 mit Hinweis auf Beitzke, Sorgerecht bei Ausländerkindern, in: Festschrift f ü r H. Lehmann, 1956, II 493 ff.). Die internationale Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ist daher zu Recht angenommen worden. Das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und den ehelichen Kindern wird, wenn der Vater ausländischer Staatsangehöriger ist, nach den Grundsätzen des Staates beurteilt, dem der Vater angehört. In diesem Sinne ist Art. 19 EGBGB zu einer vollständigen Kollisionsnorm erweitert worden (vgl. KG aaO; BayObLG aaO 364 jeweils m. w. Nachw. und BGB-RGRK IV, Familienrecht 2. Teil, 1963, Anm. 13 zu § 1672). Diese kollisionsrechtliche Grundregel ist durch die Einführung des Gleichberechtigungsgrundsatzes (Art. 3 II GG) - wie auch das Gutachten des Max-Planck-Institutes erklärt nicht berührt worden. Maßgebend ist daher das italienische Recht, denn dieses sieht keine Zurückverweisung auf das materielle deutsche Recht vor (vgl. Gutachten). Nach italienischem Recht steht dem Vater die elterliche Gewalt allein zu (vgl. Art. 316 Satz 2 Cc vom 12. 3. 1942, Text bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht II, Italien; vgl. ferner Boschan, Europäisches Familienrecht, 3. Aufl., 213). Dem Vater kann die elterliche Gewalt nur entzogen werden, wenn er die Erziehungspflicht zum schweren Schaden des Kindes verletzt oder vernachlässigt (vgl. Art. 330, 331 Cc). Solche Gründe liegen nicht vor. Der Vater behält die volle elterliche Gewalt - mit dem Recht, sein Kind jederzeit zu sehen —, wenn er sich von seiner Familie getrennt hat. Bestimmungen, die das Recht des Vaters f ü r den Fall einer faktischen Trennung der Eltern regeln, fehlen daher im italienischen Recht. Es fehlen auch - da das italienische Recht keine Scheidung der Ehe kennt Vorschriften darüber, wie die elterliche Gewalt nach dem gerichtlichen Ausspruch der Lösung der Ehe (vgl. Art. 149 ff. Cc) zu regeln ist. Die Kammer sieht jedoch mit dem Gutachten keine Bedenken, die Vorschriften ents
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Siehe oben Nr. 127.
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sprechend anzuwenden, die für den Fall des Ausspruches der Trennung der Ehe aus Verschulden des Mannes maßgebend sind. Eine solche entsprechende Anwendung hält die Kammer auch bei einer nur faktischen Trennung für zulässig, wie dies etwa § 1672 BGB vorsieht. Daraus folgt weiter, daß die für diesen Fall aufgestellten Bichtlinien auch anzuwenden sind, wenn nur geregelt werden soll, wann der Vater das Kind besuchen kann, wobei es bei dieser Regelung auf die Frage, wer die Trennung verschuldet hat, nicht ankommen kann. Maßgebend für die oben genannten Anordnungen nach Art. 155 Cc ist — wie das Gutachten unter Heranziehung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze darlegt — das W o h l des Kindes (vgl. auch zur Anwendung italienischen Rechts und den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten Luther, FamRZ 1962, 346, zugleich zu Jayme, Spannungen bei der Anwendung italienischen Familienrechts durch deutsche Gerichte, Schriften zum deutschen und europäischen Zivil-, Handels- und Prozeßrecht Bd. 13, 1961). Nach diesem Gesichtspunkt hat das AG zu Recht eine Besuchsregelung getroffen. Grundsätzlich hat dieses Beisammensein ohne Beisein einer Aufsichtsperson zu erfolgen, da der Zweck des Besuchsrechts — das natürliche unbefangene Zusammensein zwischen Kind und Elternteil — durch die Anwesenheit dritter Personen nicht erreicht werden kann. Schon nach der deutschen Regelung in § 1634 BGB ist die Anwesenheit Dritter gegen den Willen des Verkehrsberechtigten eine Ausnahme (vgl. die Zusammenstellungen bei Staudinger-Schwoerer, [BGB] 10./11. Aufl. 1964, Rdz. 72 ff. und Lange-Soergel, Rdz. 15 zu § 1634). Schwerwiegende Gründe, die von der Rechtsprechung für die Bestellung eines Überwachungspflegers anerkannt werden, liegen nicht vor." 1 3 1 . Nach der in Deutschland erfolgten Ehescheidung eines italienischen Staatsangehörigen und seiner deutschen Frau ist das Verhältnis zwischen den Eltern und Kindern nach den italienischen Vorschriften über die Ehetrennung zu beurteilen, sofern die Gründe, die zur Ehescheidung geführt haben, den Trennungsgründen des italienischen Rechts wenigstens gleichkommen. AG Wanne-Eickel, Beschl. vom 29. 3. 1965 - 5 X 697/64: Unveröffentlicht. Durch Urteil des Zivil- und Strafgerichtshofs in Turin vom 5. 1. 1954 ist gemäß Art. 158 Cc unter Aufrechterhaltung des Ehebandes die Trennung der Kindeseltern ausgesprochen worden; die Eltern besaßen damals die italienische Staatsangehörigkeit. Mit Zustimmung des Kindesvaters hat die Mutter für sich und die Kinder Umberto und Noris um die deutsche Staatsangehörigkeit nachgesucht. Diese Kinder und die Mutter haben laut Einbürgerungsurkunde vom 16./29. 6. 1959 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Das LG Wuppertal hat durch Urteil vom 28. 4. 1964 die Ehe der Eltern gemäß § 48 EheG geschieden und ein Verschulden der Mutter an der Scheidung festgestellt. Die Kinder befinden sich seit langem bei der Mutter. In der Entscheidung des italienischen Gerichts heißt es, daß die Kinder Umberto und Noris der Mutter
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anvertraut bleiben, die für den Unterhalt sorgen -wird, für die Erziehung und den Unterricht, und die dazu ermächtigt ist, die Kinder mit nach Deutschland zu nehmen. Die Mutter bittet, ihr die elterliche Gewalt zu übertragen. Aus den Gründen: „Das beschließende Gericht ist f ü r die getroffene Entscheidung internationalrechtlich zuständig. Das folgt daraus, daß der deutsche Staat gegenüber den in seinem Gebiet sich aufhaltenden Personen eine allgemeine Fürsorgepflicht zu erfüllen hat, sowie aus einer entsprechenden Anwendung der den §§ 44, 45 FGG zugrunde liegenden Rechtsgedanken. Auf die zutreffenden Ausführungen des OLG Hamm (FamRZ 1965, 92 f.) denen das Gericht sich nach Uberprüfung in vollem Umfang anschließt, wird Bezug genommen. Nach Art. 19 EGBGB konnte der Mutter nicht die volle elterliche Gewalt allein übertragen werden. § 1671 BGB ist als Vorschrift des deutschen Rechts nicht anwendbar, vielmehr gilt Art. 155 Gc. Art. 19 EGBGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, daß f ü r das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern das Heimatrecht des Vaters maßgebend sein soll. Ein Widerspruch dieser Regelung zu Art. 3 GG ist nicht ersichtlich; eine sachlich-rechtliche Bevorzugung eines Elternteils liegt in dieser Regelung nicht (vgl. auch BGH, LM Nr. 1 zu Art. 17 EGBGB 2 ). Art. 155 Cc betrifft das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern nach der persönlichen Trennung. Eine Scheidung der Ehe ist nach italienischem Recht nicht möglich. Gleichwohl kann das nach Art. 17 III EGBGB wirksam ergangene Scheidungsurteil einem auf Trennung lautenden Urteil im Sinne des italienischen Rechts gleichgestellt werden (vgl. dazu im einzelnen OLG Hamm aaO), sofern die Gründe, die zur Ehescheidung geführt haben, den Trennungsgründen italienischen Rechts wenigstens gleichkommen. Hier ist die Scheidung nach § 48 EheG wegen mehr als dreijähriger Heimtrennung der Eltern ausgesprochen worden. Einen entsprechenden Grund zur Ehetrennung kennt das italienische Recht nur in der Form der böslichen Verlassung (Art. 151 I Cc). Ob eine vorbehaltlose Gleichstellung dieser Gründe möglich ist, erscheint zweifelhaft, kann jedoch im vorliegenden Fall im Ergebnis dahinstehen. Zu der dem Scheidungs- und dem Trennungsgrund gemeinsamen Auflösung der tatsächlichen Lebensgemeinschaft kommt hier nämlich hinzu, daß die Kindesmutter ein Verschulden an der Ehescheidung trifft, weil sie die Ehe gebrochen hat. Der Ehebruch berechtigt aber auch nach italienischem Recht zu dem Verlangen auf gesetzliche Trennung. In den Scheidungsausspruch spielt der Ehebruch, wenn auch n u r innerhalb des Schuldspruchs, mit hinein. Demgegenüber fällt es im Rahmen dieses Verfahrens nicht entscheidend ins Gewicht, daß der Ehebruch nicht der tragende Grund f ü r die Ehescheidung ist. Überdies kann auch das Verhalten der Kindesmutter während der Heimtrennung als ,böslich' im 1
Siehe oben Nr. 127.
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Sinne von Art. 151 I Cc angesehen werden. Dem Umstand, daß die Kindesmutter die Rolle des klagenden Teils ergriffen hat, kommt demgegenüber keine erhebliche Bedeutung zu. Maßgebend f ü r die Regelung des Verhältnisses zwischen den Eltern und den Kindern ist daher die Vorschrift des Art. 155 Cc. Die elterliche Gewalt kann hiernach dem Wesen nach nicht entzogen werden. Es ist jedoch einer der Ehegatten zu bestimmen, welcher die Kinder zu sich zu nehmen hat und f ü r ihren Unterhalt, ihre Erziehung und ihren Unterricht sorgen soll. Die Übertragung dieser Rechte auf die Kindesmutter entspricht dem übereinstimmenden Willen der Eltern und dem Wohle der Kinder. Wie der Kindesvater selbst einräumt, sind seine Wohnverhältnisse so beengt, daß er zur Zeit die Kinder nicht zu sich nehmen könnte. Die wiederverheiratete Kindesmutter bewohnt mit ihrem Ehemann und den Kindern eine geräumige Neubauwohnung. Schon diese äußeren Lebensumstände bei der Kindesmutter sind f ü r die Entwicklung der Kinder günstiger. Darüber hinaus würde eine Änderung der bestehenden Verhältnisse, daß nämlich die Kinder bei der Mutter aufwachsen, ihre geistige und leibliche Entwicklung unterbrechen und damit ihrem leiblichen und geistigen Wohl abträglich sein. Da § 1671 BGB nicht gilt, steht das Verschulden der Mutter an der Scheidung der getroffenen Regelung nicht entgegen. Die Übertragung der genannten Rechte mußte sich auch auf das Kind Hans-Gerd erstrecken. Es gilt nach § 1593 BGB vorerst als ehelich. Die Scheidung der Ehe ist erst nach seiner Geburt ausgesprochen worden. Die Anwendbarkeit des § 1593 BGB folgt, da die Kindesmutter deutsche Staatsangehörige ist, aus Art. 18 II Satz 1 EGBGB. Im übrigen würde nach italienischen Recht das gleiche gelten (Art. 238 Cc)." 132. Die Ehelichkeit eines Kindes aus der Ehe eines iranischen Staatsangehörigen schiitischen Glaubens und einer Deutschen richtet sich nach dem iranischen Zivilgesetzbuch. Dieses ist auch für die Sorgerechtsregelung maßgebend. Eine vom iranischen Recht abweichende Vereinbarung der Eltern ist unwirksam. AG Hamburg, Beschl. vom 9. 4. 1965 - 111 VIII F 3981: Unveröffentlicht. Der iranische Staatsangehörige F. hat am 28. 4. 1956 vor dem Standesbeamten in Hamburg eine Deutsche geheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des LG Hamburg vom 9. 10. 1957 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Im Scheidungsverfahren haben die Eheleute einen Vergleich folgenden Wortlauts geschlossen: „Das Recht der Sorge für die Person des Sohnes der Parteien soll vorbehaltlich der Entscheidung durch das Vormundschaftsgericht bis zur Vollendung des 5. Lebensjahres des Kindes der Mutter zustehen. Für die spätere Zeit soll eine weitere Einigung der Parteien bzw. eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts herbeigeführt werden." Das Kind befindet sich seit der Scheidung in Gristede/Oldenburg, bei der Familie der Schwester seiner Mutter.
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Die Mutter hat nunmehr beantragt, gemäß dem im Scheidungsverfahren abgeschlossenen und oben angeführten Vergleich ihr die elterliche Gewalt zu übertragen. Der Vater hat um Abweisung dieses Antrages gebeten und um eine Entscheidung nachgesucht, festzustellen, daß die elterliche Gewalt ihm zustehe.
Aus den Gründen: „Gemäß Art. 19 EGBGB ist das Rechtsverhältnis der Eltern zu ihren ehelichen Kindern nach dem Heimatrecht des Vaters zu beurteilen, und zwar auch f ü r den Fall, daß der Vater nicht Deutscher ist. Art. 19 EGBGB ist zu einer allseitigen Kollisionsnorm ausgebaut worden. Das gilt auch f ü r die Frage, wie sich die Personensorge über eheliche Kinder aus geschiedenen Ehen gestaltet. Deshalb war zunächst zu prüfen, ob das Kind ehelich ist. Nach Art. 18 EGBGB ist die Ehelichkeit des Kindes nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter zu beurteilen. Hierzu ist festzustellen, daß zwischen den Eltern zur Zeit der Geburt des Kindes eine gültige Ehe bestanden hat. Für die Form der Eheschließung schreibt das deutsche Recht f ü r eine in Deutschland erfolgte Eheschließung nach Art. 13 III EGBGB die standesamtlich geschlossene Ehe vor. Diese Form der Eheschließung ist auch im vorliegenden Fall nach iranischem Recht als wirksam anzusehen (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl. 1952 ff., Iran S. 14). Damit ist also davon auszugehen, daß die Eheleute F. seit dem 28. 4. 1956 in gültiger Ehe gelebt haben. Nach dem Grundsatz des Art. 18 I EGBGB ist f ü r die zur Entscheidung stehende Frage das iranische Recht anzuwenden, weil der Ehemann die iranische Staatsangehörigkeit besitzt. Das iranische Kollisionsrecht spricht keine Rückverweisung auf deutsches Recht aus, die gemäß Art. 27 EGBGB zu beachten wäre. Es enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, nach welcher Rechtsordnung die eheliche oder uneheliche Abstammung eines Kindes zu beurteilen ist. Das maßgebliche iranische ZGB gilt n u r f ü r Mohammedaner der schiitischen Glaubensrichtung. Von dem Vater ist unwidersprochen erklärt worden, daß er dieser Glaubensrichtung angehört. Aus Art. 964 ZGB des iranischen Zivilgesetzbuches, der lautet: Die Beziehungen zwischen den Eltern und den Kindern bestimmen, sich nach dem Heimatrecht des Vaters, vorbehaltlich des Falles, in dem die Abstammung des Kindes nur der Mutter gegenüber festgestellt ist und in welchem sich die Beziehungen des Kindes zu seiner Mutter nach dem Heimatrecht der letzteren richten,
ist zu entnehmen, daß die Ehelichkeit eines Kindes nach dem Heimatrecht des Vaters zu beurteilen ist. Gemäß Art. 1158 des iranischen ZGB gilt das während der Ehe geborene Kind als das des Mannes, es sei denn, daß zwischen dem Geschlechtsverkehr und der Geburt weniger als sechs oder mehr als 10 Monate liegen . . . Somit ist von der Ehelichkeit des Kindes auszugehen. F ü r die Frage der Personensorge enthält das iranische Gesetzbuch in Art. 1169 die Regelung, daß die Mutter das Recht der Sorge f ü r die Person
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während der ersten zwei J a h r e nach der Geburt, nach dieser Zeit die Personensorge der Vater hat mit der Ausnahme der weiblichen Kinder, über die der Mutter bis zur Erreichung von sieben J a h r e n die Sorge zusteht. Das gilt auch f ü r den Fall der Scheidung. Daraus m u ß also gefolgert werden, d a ß die Personensorge über das Kind unter Anwendung des iranischen Rechts dem Vater zusteht. Die von dieser gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung der Eltern ist unwirksam. Nach Art. 10 des iranischen Gesetzbuches verpflichten private Vereinbarungen diejenigen, die sie geschlossen haben, sofern sie nicht ausdrücklich den Gesetzen zuwiderlaufen. Vorliegende Vereinbarung betrifft einen Gegenstand, den das iranische Gesetz zwingend geregelt hat. Damit ist eine abweichende Vereinbarung der Eltern unwirksam. W i r d der zwischen den Eltern geschlossene Vergleich so aufgefaßt, daß das Vormundschaftsgericht ohne Bindung an ein positives Recht als Mittler zwischen den Eheleuten entscheiden soll, so ist zü beachten, daß das iranische ZGB keine Vorschrift enthält, aus der die Zulässigkeit einer Sorgerechtsvereinbarung entnommen werden könnte. Das iranische Recht kennt Eheverträge und Scheidungsverträge, aber keine Vereinbarung über die Sorge f ü r die ehelichen Kinder. Die gesetzlich angeordnete Verteilung der Personensorge ist demgemäß als zwingend anzusehen, so daß eine davon abweichende Vereinbarung unzulässig ist. Das folgt insbesondere aus Art. 1168 des iranischen Gesetzbuches, der den Eltern die Sorge f ü r die Person der Kinder ausdrücklich zu einer nicht entziehbaren Pflicht macht. Es w ü r d e aber eine Verleugnung dieser Pflicht bedeuten, wenn der Vater, dem sie gem. Art. 1169 in bezug auf einen m e h r als zweijährigen Sohn obliegt, die Personensorge auf die Mutter übertragen könnte. Schließlich w a r zu prüfen, ob gemäß Art. 30 EGBGB die Anwendung des iranischen Rechts im vorliegenden Fall zu einem unerträglichen Ergebnis f ü h r e n w ü r d e (vgl. OLG Neustadt/W., Beschl. vom 30. 8. 1962, F a m R Z 1963, 51 1 ). Hier bestehen derartige Bedenken jedoch nicht. Das Kind wächst bei der Schwester der Mutter auf. Über die dortigen Verhältnisse wird von Seiten der zuständigen Jugendbehörde günstig berichtet. Der Vater hat hierzu ausdrücklich . . . erklärt, daß er einstweilen nicht beabsichtigt, den Aufenthalt des Kindes zu verändern. Mit dem W o h l des Kindes ist also die im iranischen Recht vorgesehene Regelung über die Verteilung der Personensorge, wie sie vom Gericht angefordert wurde, durchaus vereinbar. Der von der Mutter gestellte Antrag auf Übertragung der elterlichen Gewalt f ü r das Kind war demgemäß zurückzuweisen. Das Gericht hielt es f ü r geboten, zur Klarstellung der rechtlichen Verhältnisse auszusprechen, daß die elterliche Gewalt gemäß der gesetzlichen Regelung dem Vater zusteht." 1
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1 3 3 . Zur Regelung der elterlichen Gewalt durch ein deutsches Gericht nach Scheidung der Ehe eines Staatsangehörigen der Vereinigten Arabischen Republik und einer Deutschen. AG Hamburg, Beschl. vom 21. 5. 1965 - 110 X A 4062: Unveröffentlicht. Die Eltern haben vor dem Standesamt in Hamburg die Ehe geschlossen. Die Mutter ist Deutsche, der Vater Staatsangehöriger der Vereinigten Arabischen Republik. Die am 26. 12. 1957 geborene Tochter L. ist ihr gemeinsames Kind. Es gehört der mohammedanischen Religion an und hat die ägyptische Staatsangehörigkeit. Die Ehe der Eltern ist durch rechtskräftiges Urteil des LG Hamburg vom 3. 12. 1958 aus Verschulden des Vaters geschieden worden. In dem zu Protokoll des LG geschlossenen Vergleich haben die Eltern vereinbart, daß das Sorgerecht für die Tochter der Mutter zustehen soll. Das Kind lebt bei der Mutter. Der Vater hält sich - soweit bekannt - an einem unbekannen Ort in Ägypten auf. Um das Kind hat er sich seit der Ehescheidung nicht mehr gekümmert.
Aus den Gründen: „Den letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten die Eltern in Hamburg. F ü r die Regelung der elterlichen Gewalt ist das Vormundschaftsgericht Hamburg gem. §§ 36, 43 FGG zuständig; denn das nach Art. 922 der ägypt. ZPO f ü r die Entscheidung zuständige Gericht des Wohnortes des Vaters kann nicht bestimmt werden, weil sein Aufenthalt unbekannt ist. Auch das Gericht in Kairo ist nicht zuständig, weil nicht feststeht, daß der Vater sich nicht in Ägypten aufhält (Art. 68 der ägypt. ZPO). Die deutsche internationale Zuständigkeit ist gegeben, weil nach Sachlage ein dringendes im Inland zu befriedigendes Fürsorgebedürfnis besteht (anhängiges Staatsangehörigkeitsverfahren vor dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg - Rechtsamt - Abteilung f ü r Staatsangehörigkeitsangelegenheiten) und durch die Entscheidung des Gerichts eine sogenannte Justizverweigerung vermieden wird. Gemäß Art. 3 des Gesetzes Nr. 118 der VAR vom 30. 7. 1952, das gemäß Art. 19 EGBGB als Heimatrecht des Vaters zur Anwendung kommt, ist dem Vater die elterliche Gewalt über die Tochter, die ihm auch nach der Ehescheidung gemäß Art. 380, 420 des in der VAR gewohnheitsrechtlich geltenden Gesetzentwurfs von 1870 über das Personen- und Erbrecht (Statut personnel et successions d'après le rite hanafite) zusteht, zu entziehen. Denn er hat sich während seiner mehrjährigen Abwesenheit nicht um das Kind gekümmert und auch entgegen seiner in dem Vergleich vom 3.12.1958 eingegangenen Verpflichtung keinen Unterhalt gezahlt. Er hat damit die Erziehung des Kindes ,durch Mangel an Sorgfalt und Anleitung gefährdet'. Gemäß Art. 5 des Gesetzes Nr. 118 der VAR vom 30. 7.1952 war die elterliche Gewalt (zu der auch die Vertretung des Kindes gehört) der Mutter zu übertragen. Denn die zunächst berufenen Verwandten väterlicherseits kommen f ü r die Übertragung nicht in Betracht. Denn sie befinden sich soweit bekannt - mit unbekanntem Wohnsitz im Ausland. Die in zweiter Linie berufenen Verwandten mütterlicherseits scheiden aus. Denn sie ge-
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hören nicht der gleichen Religionsgemeinschaft an wie das Kind. Die Mutter erfüllt die in Art. 5 Satz 2 an sie gestellten Anforderungen. Denn sie ist wegen ihres .ordentlichen Lebenswandels bekannt' und fähig, sich um die Erziehung (des Kindes) zu kümmern." 134. Hängt die örtliche Zuständigkeit des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom Wohnsitz einer Person ab, so ist die Frage, ob und wo ein Ausländer einen Wohnsitz im Inland hat, nach der lex fori, also nach deutschem Recht zu beurteilen. In Angelegenheiten, welche die Zuteilung der elterlichen Gewalt über ein eheliches Kind betreffen, bildet die örtliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts einen Anknüpfungspunkt für die deutsche internationale Zuständigkeit. Für die Zuteilung der elterlichen Gewalt über ein eheliches Kind, dessen Vater französischer Staatsangehöriger ist, ist französisches Recht maßgebend. Eine Rückverweisung auf das deutsche Recht kann dem französischen Recht nicht entnommen werden. Zur Entscheidung über das Sorgerecht hinsichtlich der Person und des Vermögens für ein eheliches Kind nach Scheidung auf Grund französischen Rechts. BayObLG, Beschl. vom 8. 6. 1965 - BReg. 1 b Z 28/65: Unveröffentlicht. Die weitere Beschwerde richtet sich gegen die Übertragung der elterlichen Gewalt auf die Mutter nach Scheidung der Ehe. Vater und Kind besitzen die französische Staatsangehörigkeit; die Mutter ist Deutsche. Aus den Gründen: „Gegen die Annahme der örtlichen Zuständigkeit des AG Starnberg bestehen keine Bedenken. Bei Prüfung der örtlichen Zuständigkeit durften die Vordergerichte auf jeden Fall deutsches Recht zugrunde legen; denn wenn die Zuständigkeit des Gerichts der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, hier die des Vormundschaftsgerichts, nach § 43 mit § 36 FGG vom Wohnsitz einer Person, hier des Kindes, abhängt, so ist die Frage, ob und wo ein Ausländer einen Wohnsitz im Inland hat, nach der lex fori zu beurteilen (BayObLGZ 1963, 52, 53 KG, FamRZ 1961, 3 8 3 2 ) . . . Auch die internationale Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts konnte das LG unbedenklich bejahen. Die örtliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts bildet, jedenfalls in den die elterliche Gewalt betreffenden Angelegenheiten, einen Anknüpfungspunkt für die deutsche internationale Zuständigkeit (BayObLGZ 1959, 8 S ; 1962, 39, 4 0 4 ; 1963, 123, 124 5 ) . Die Tatsache, daß möglicherweise auch eine Zuständigkeit fran1 3 5
IPRspr. 1962-1963 Nr. 150. IPRspr. 1958-1959 Nr. 208. IPRspr. 1962-1963 Nr. 107.
2 4
IPRspr. 1960-1961 Nr. 223. IPRspr. 1962-1963 Nr. 102.
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zösischer Gerichte gegeben ist, schließt die deutsche internationale Zuständigkeit nicht aus (BayObLGZ 1959, 8, 11; Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 43 zu Art. 19 EGBGB). Keinen rechtlichen Bedenken begegnet ferner die Annahme des Beschwerdegerichts, daß f ü r die Entscheidung des vorliegenden Falles das sachliche französische Recht anzuwenden ist. Die Rechtsverhältnisse zwischen den Eltern und ihrem ehelichen Kinde werden, wenn der Vater Ausländer ist, nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem der Vater angehört. In diesem Sinne haben Rechtslehre und Rechtsprechung die unvollständige Kollisionsnorm des Art. 19 EGBGB zu einer vollständigen ausgebaut (BayObLGZ 1959, 8, 13»; 1962, 39, 40 4 ; 1963, 123, 126® je mit weiteren Hinweisen). Daran, daß sich das maßgebende Recht nach der Staatsangehörigkeit des Vaters richtet, hat der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 II GG) nichts geändert (BayObLGZ 1959, 8, 13; 1962, 39, 40 mit weiteren Hinweisen). Maßgebend ist daher, da der Vater des Kindes französischer Staatsangehöriger ist, das französische Recht. Zu prüfen ist aber auch, ob dieses Recht etwa auf das deutsche Recht zurückverweist. Die Tatsache, daß der Art. 27 EGBGB den Art. 19 EGBGB nicht erwähnt, stünde dem nicht entgegen, da Art. 27 EGBGB einen allgemeinen Grundsatz ausspricht (Palandt-Lauterbach, [BGB] 24. Aufl., Anm. 3 zu Art. 27 EGBGB; BGH, N J W 1958, 750 6 ) .Eine Rückverweisung auf deutsches Recht verneint der Senat aber im Anschluß an das Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München (Prof. Dr. Ferid; vgl. auch Holleaux, in: Das internationale Familienrecht Deutschlands und Frankreichs, 1955, 195, 205). Maßgebend f ü r die Entscheidung über die Zuteilung der elterlichen Gewalt und ihre Auswirkung sind daher Art. 302, 303 und 389 § 1 Cc, die auch das LG seiner Beschlußfassung zugrunde gelegt hat. Das Beschwerdegericht f ü h r t zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Nach französischem Recht sei nach der Scheidung der Ehe zunächst dem Ehegatten die Sorge f ü r das Kind und damit auch die gesetzliche Vertretung zu übertragen, welcher die Ehescheidung erwirkt habe, also dem mit seinem Scheidungsbegehren obsiegenden Teil. Dies sei aber keine starre Regel. Im Ergebnis habe das französische Gericht eine ebenso freie Stellung wie das deutsche auf Grund § 1671 BGB. Nach französischem Recht könne allerdings nicht über die elterliche Gewalt als solche, sondern lediglich über das Sorgerecht entschieden werden. Diese Entscheidung habe auch die Übertragung der gesetzlichen Vertretung an den Ehegatten zur Folge, dem die Sorge zugesprochen werde. Es bedürfe daher nicht einer Entziehung der elterlichen Gewalt insoweit, als es sich um die Vertretungsbefugnis handle. Maßgebend f ü r die Entscheidung nach Art. 302 Cc sei hier entsprechend wie nach § 1671 III Satz 1 BGB allein das Wohl des Kindes . . . « IPRspr. 1958-1959 Nr. 39.
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Die Auslegung des in erster Linie für die Entscheidung maßgebenden Art. 302 Cc durch das Beschwerdegericht begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Diese Bestimmung lautet: ,Art. 302: Les enfants seront confiés à l'époux qui a obtenu le divorce, à moins que le tribunal, sur la demande de la famille, ou du ministère public, et au vu des renseignements recueillis en application de l'article 238 (alinéa 3), n'ordonne, pour le plus grand avantage des enfants, que tous ou quelques-uns d'eux seront confiés aux soins, soit de l'autre époux, soit d'une tierce personne.' Deutsch: Die Kinder werden dem Ehegatten, der die Scheidung erwirkt hat, anvertraut, es sei denn, daß das Gericht auf den Antrag der Familie oder der Staatsanwaltschaft unter Berücksichtigung der gemäß Art. 238 eingezogenen Erkundigungen zum Besten der Kinder anordnet, daß alle oder einige derselben der Fürsorge, sei es des anderen Ehegatten, sei es einer dritten Person anvertraut werden sollen. Halbsatz 1 dieser Vorschrift kann hier nicht angewendet werden, denn im gegebenen Fall hat nicht etwa ein Ehegatte die Scheidung erwirkt, vielmehr ist diese auf Klage und Widerklage beider Ehegatten ausgesprochen worden. Auch sind beide Ehegatten als schuld an der Scheidung erachtet worden. Es haben also beide Ehegatten die Scheidung herbeigeführt. Keineswegs kann aber angenommen werden, daß nach Art. 302 Cc in einem solchen Fall das Kind beiden Ehegatten anvertraut werden soll, denn diese Vorschrift hat, wie schon ihr Wortlaut ergibt, zum Ziel, daß das Kind einem Ehegatten oder einer dritten Person anvertraut wird. E s kann dahinstehen, ob vor einem deutschen Gericht ein Antrag der Familie oder der Staatsanwaltschaft im Sinn von Art. 302 Halbsatz 2 Cc im gegenwärtigen Verfahren überhaupt gestellt werden konnte. Auf jeden Fall liegt ein solcher Antrag nicht vor, so daß an sich die Voraussetzungen des Art. 302 Halbsatz 2 nicht zutreffen. Die Sachlage, wie sie hier gegeben ist — Scheidung auf beiderseitige Klage und aus beiderseitigem Verschulden —, hat in Art. 302 Cc keine ausdrückliche Regelung gefunden. Diesem ist aber zu entnehmen, daß sich auch in einem solchen F a l l die Entscheidung, welchem Ehegatten das Kind anvertraut werden soll, nach dem Besten des Kindes richtet. Diese Auffassung hat im Ergebnis auch das Beschwerdegericht seiner Beschlußfassung zugrunde gelegt. Sie entspricht der Rechtsmeinung des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München, das darlegt: Zwar ist nach französischem Recht zunächst dem Ehegatten die Sorge und damit auch die gesetzliche Vertretung zu übertragen, welcher die Ehescheidung erwirkt hat, also dem im Scheidungsverfahren siegreichen Teil. Dies ist aber keine starre Regel. E s hat vielmehr im Ergebnis das französische Gericht eine ebenso freie Stellung wie das deutsche auf Grund § 1671 BGB i. d. F . des GleichberG. Diese Rechtsmeinung ergibt sich auch aus Juris-Classeur Civil, Art. 216 bis 330 Cc, Abschnitt: Des effets du divorce, Fascicule I I I : Effets du divorce à l'égard des enfants, von M. Alain Simon, S. 9 Nr. 38 bis 40; ähnlich 26
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auch Fuzier-Herman, Code Civil Annoté, 1935, Anm. 13, 14, 19, 32 und 35 zu Art. 302 Cc. Die Entscheidung (zum Besten der Kinder) im Sinn des Art. 302 Cc kommt ihrem Wesen nach der Regelung, die das Vormundschaftsgericht nach § 1671 III Satz 1 BGB zu treffen hat, gleich. Hiernach hat dieses Gericht die Regelung vorzunehmen, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Diese Entscheidung erfordert, daß unter dem Gesichtspunkt des allein maßgebenden Kindeswohls die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Eltern und ihre sonstigen Lebensumstände eingehend geprüft und gegeneinander abgewogen werden. Das Gericht hat dabei insbesondere in Betracht zu ziehen: Die Persönlichkeit und die erzieherische Eignung der Eltern, aber auch ihre wirtschaftliche Lage, ihre Wohnungsverhältnisse, die Möglichkeit der Unterbringung und Betreuung des Kindes, schließlich auch den Grad der inneren Bereitschaft jedes Elternteils, das Kind zu übernehmen und die Verantwortung f ü r seine Versorgung, Beaufsichtigung und Erziehung zu tragen (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschl. vom 6. 5. 1965 BReg. l b Z 35/65)." 1 3 5 . Die örtliche und internationale Zuständigkeit des inländischen Vormundschaftsgerichts zur Regelung der elterlichen Gewalt über das Kind aus der im Inland geschiedenen Ehe italienischer Staatsangehöriger ist gegeben, wenn das Kind im Inland seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat besteht. und dort ein Fürsorgebedürfnis Die im Rahmen des Art. 19 EGBGB sich ergebende Vorfrage, ob die Ehe der Eltern geschieden ist, ist im Wege der sogenannten selbständigen Anknüpfung gemäß Art. 17 EGBGB sowie nach den Regeln über die Rechtskraft inländischer Scheidungsurteile zu beantworten. Da das italienische Recht Normen über die Regelung der elterlichen Gewalt nach Scheidung der Ehe nicht kennt, sind nach den Grundsätzen der Angleichung im Internationalen Privatrecht die für den Fall der „separazione personale" geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Diese Anwendung wird bereits durch das inländische Scheidungsurteil gerechtfertigt; es bedarf nicht der Feststellung, ob im konkreten Fall nach italienischem Recht die Voraussetzungen einer „separazione personale" vorgelegen haben. OLG Saarbrücken, Beschl. vom 14. 7. 1965 - 5 W 26/65: OLGZ 1965, 366; NJW 1966, 308; FamRZ 1966, 42; ZB1JR 1966, 136; DRspr. I (180) 60 c; JB1. Saar 1965,197. Die am 19. 5. 1961 vor dem Standesamt in Freudenstadt geschlossene Ehe der beteiligten Eltern hat das LG Rottweil rechtskräftig aus dem alleinigen Verschulden des Vaters gemäß § 43 EheG wegen schwerer Eheverfehlungen geschieden. Aus der Ehe ist die am 14. 9. 1961 geborene Tochter Michaela hervorgegangen. Der Vater, von Geburt italienischer Staatsangehöriger, ist nach der Scheidung wieder nach Italien zurückgekehrt, während die Mutter mit der ge-
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meinsamen Tochter im Haushalt der Großmutter mütterlicherseits in Deutschland lebt. Die Mutter besitzt die deutsche und, infolge der Eheschließung, auch die italienische, das Kind besitzt nur die italienische Staatsangehörigkeit. Das AG B. hat durch Beschluß vom 18. 1. 1965 gemäß § 1671 BGB der Mutter die elterliche Gewalt übertragen. Die Beschwerde des Vaters hat das LG Saarbrücken zurückgewiesen. Hiergegen hat er weitere Beschwerde eingelegt.
Aus den Gründen: „In Übereinstimmung mit dem Beschwerdegericht ist sowohl die örtliche Zuständigkeit des AG B. wie auch die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu bejahen. Die Regelung der elterlichen Gewalt stellt eine vormundschaftsgerichtliche Einzelverrichtung dar. Die örtliche Zuständigkeit hierfür ergibt sich aus den §§ 43 I, 36 I FGG. Dabei ist der Umstand unerheblich, daß das Kind Michaela nach Art. 1 Nr. 1 des italienischen Gesetzes über die Staatsangehörigkeit vom 13. 6. 1912 die italienische Staatsangehörigkeit erworben hat. Denn die genannten Bestimmungen sind auch dann anwendbar, wenn das Kind eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt (BayObLGZ 1962, 39 1 ; BayObLGZ 1963, 123 2 ; KG, NJW 1961, 1584 = FamRZ 1961, 383 s ; Keidel, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 8. Aufl. 1963, § 36 Rdn. 12). Bei der Ermittlung der Zuständigkeit kann dahingestellt bleiben, ob sich der Wohnsitz des Kindes nach italienischem (Sachstatut) oder deutschem Recht (lex fori) bestimmt oder ob er sich vom Vater oder von der Mutter herleitet. Hatte die Tochter keinen Wohnsitz in Deutschland, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach ihrem inländischen Aufenthalt; diesen hat sie im Bezirk des AG B. Eine Auslandsbeziehung, welche die Prüfung der deutschen internationalen Zuständigkeit erforderlich macht, besteht vorliegend, weil Vater und Kind nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und der Vater sich im Ausland aufhält. Die Anknüpfungspunkte f ü r die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Angelegenheiten der elterlichen Gewalt sind weder völkerrechtlich noch durch die deutsche Gesetzgebung geregelt; insbesondere können in diesem Zusammenhang weder das Haager Vormundschaftsabkommen noch Art. 23 EGBGB herangezogen werden (vgl. hierzu BayObLGZ 1959, 8 ff. = NJW 1959, 1038 ff. m. w. Nachw. 4 ). Anerkannt als Anknüpfungspunkt ist aber eine bestehende örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach den §§ 43 I, 36 I FGG, weil Wohnsitz oder Aufenthalt des Kindes, an die sie sich anschließt, enge Beziehungen zum Inland darstellen, die das Tätigwerden der inländischen Gerichte zulassen. Dies gilt auch dann, wenn ein Elternteil — wie hier der Vater — sich im Ausland aufhält (BayObLGZ 1959, 8 ff. m. w. Nachw. 4 ; BayObLGZ 1962, 39 1 ; BayObLGZ 1963, 123 2 ). Hat das Kind in Deutschland Wohnsitz oder Aufenthalt, so rechtfertigt es die dem Kinde gegenüber obliegende, im Be1 s
26 *
IPRspr. 1962-1963 Nr. 102. IPRspr. 1960-1961 Nr. 223.
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 107. IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
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reich der Territorialhoheit zu erfüllende Fürsorgepflicht zu bestimmen, wie in Deutschland Erziehungsrechte - auch ausländischer Eltern - sich auswirken sollen (vgl. u. a. Beitzke, in Festschrift für H. Lehmann, 1956, II 499). Im Ansatz zutreffend hat das Beschwerdegericht den Art. 19 EGBGB herangezogen. Das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kind wird, wenn der Vater Ausländer ist, nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem der Vater angehört. In diesem Sinne haben Lehre und Rechtsprechung die einseitige Kollisionsnorm des Art. 19 EGBGB zu einer allseitigen entwickelt. Diese kollisionsrechtliche Grundregel ist durch die Einführung des Gleichberechtigungsgrundsatzes (Art. 3 II GG) nicht berührt worden und weiterhin in Geltung geblieben. Denn sie enthält keine unmittelbar sachlichrechtliche Bevorzugung des einen Elternteiles gegenüber dem anderen, sondern läßt im Interesse der Familieneinheit das Heimatrecht eines Elternteiles maßgebend sein. Zur Beurteilung der Frage, nach welchem Recht sich bei verschiedener Staatsangehörigkeit der Eltern das Rechtsverhältnis zwischen ihnen und einem ehelichen Kind richten soll, bedarf es zur Vermeidung einer untragbaren Rechtsverwirrung einer eindeutigen Regelung, wie sie Art. 19 EGBGB vorsieht (u. a. KG, IPRspr. 1954-1955 Nr. 102; BGH, N J W 1954, 837 zu Art. 17 EGBGB m. w. Nachw. 5 ). Hiernach ist gemäß Art. 19 EGBGB, in Übereinstimmung mit Art. 20 Cc, die Regelung der elterlichen Gewalt nach italienischem Recht vorzunehmen. Dieses kennt jedoch keine Scheidung der Ehe dem Bande nach und verfügt infolgedessen auch nicht über Rechtsnormen betreffend die Regelung der elterlichen Gewalt nach der Scheidung. Wenn das Beschwerdegericht mangels einer derartigen Regelung im italienischen Rechtsbereich die dortigen allgemeinen Vorschriften über die elterliche Gewalt heranzieht, diese indessen als gegen Art. 30 EGBGB verstoßend ansieht und dann seine Entscheidung auf § 1671 BGB stützt, so kann dem nicht gefolgt werden. Beantwortet man die im Rahmen des Art. 19 weiterhin zu stellenden Anknüpfungsfragen dahingehend, daß auch sämtliche innerhalb der Entscheidung zu beurteilenden einzelnen Rechtsverhältnisse (sog. .Vorfragen') der italienischen Rechtsordnung zu unterwerfen sind - wovon das LG offenbar ausgeht - , so handelt es sich allerdings bei den Eltern des Kindes im Hinblick auf das italienische Scheidungsverbot weder um geschiedene noch um auf Grund eines Urteils getrennt lebende Ehegatten mit der Folge, daß - ohne Vorliegen einer Normenlücke — gemäß Art. 316 Cc nach wie vor dem Vater die elterliche Gewalt zustände. Ein solches Ergebnis rechtfertigte es auch nicht ohne weiteres, unter Anwendung des Art. 30 EGBGB die deutsche Rechtsordnung für anwendbar zu erklären. Dies könnte selbst dann zweifelhaft sein, wenn der genannte Rechtszustand endgültig und unabänderlich wäre, da das von dem ausländischen Recht angeordnete Verbleiben der elterlichen Gewalt beim Vater trotz der im Inland wirksamen Scheidung keineswegs gegen die guten 5
IPRspr. 1954-1955 Nr. 90.
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Sitten und wohl auch nicht gegen tragende Grundsätze des deutschen Rechts ,in einer die Grundlagen des deutschen staatlichen und sozialen Lebens erschütternden Weise' verstoßen würde, insbesondere das in § 1671 III Satz 2 BGB enthaltene Vorrecht des schuldlos geschiedenen Elternteils nicht als ein solcher Rechtsgrundsatz - sondern lediglich als eine, in Kauf zu nehmende, rechtliche Verschiedenheit - zu werten und auch der Widerspruch zu dem Gleichberechtigungsgrundsatz der deutschen Verfassung, wie das LG selbst annimmt, nicht als ausreichend im Sinne des Art. 30 zu betrachten wäre. Vorliegend kommt hinzu, daß, wie noch zu zeigen sein wird, auch nach italienischem Recht unter Heranziehung des Art. 155 Cc (vgl. die Hilfsbegründung des LG) eine der deutschrechtlichen Regelung annähernd gleichwertige Lösung gefunden werden kann, welche nach allgemeiner Auffassung auch im Rahmen des Art. 30 gegenüber dem vollständigen Rückgriff auf die inländischen Rechtsnormen den Vorrang besitzt (u. a. Palcmdt, [BGB] 24. Aufl., Art. 30 EGBGB Anm. 4). Bei zutreffender Beurteilung der Anknüpfungsfrage ist dagegen der im deutschen IPR herrschenden Ansicht zufolge - insoweit abweichend vom Ausgangspunkt des LG - derart zu verfahren, daß Vorfragen, die f ü r die Entscheidung von Bedeutung sind, nach der f ü r sie jeweils zuständigen deutschen IPR-Norm selbständig angeknüpft werden müssen (vgl. Kegel in Soergel-Siebert, [BGB] 9. Aufl. 1961, Vorbem. 46 f. zu Art. 7 EGBGB sowie die dort zitierte Literatur und Rechtsprechung; u. a. auch BGH, MDR 1965, 469 6 ). F ü r diese Sonderanknüpfung spricht entscheidend das Anliegen einer gleichmäßigen Beurteilung eines Rechtsverhältnisses im Rahmen der jeweils zu treffenden Entscheidung (.innerer Entscheidungseinklang'), während die sogenannte unselbständige Anknüpfung, die auch das — bedingende — einzelne Rechtsverhältnis der jeweils verschiedenen, durch die IPR-Norm zugewiesenen Rechtsordnung unterstellt, zu einer unerwünschten unterschiedlichen Beurteilung und zu einer Zersplitterung der Rechtsverhältnisse führt (vgl. Kegel aaO). Zu diesen Vorfragen gehört hier - neben der Frage der Ehelichkeit des Kindes, der Minderjährigkeit etc. (vgl. u. a. Art. 7, 13, 14, 15, 18, 22 ff. EGBGB) - auch die Frage der Wirksamkeit der ergangenen Scheidung der Ehe, so daß nach der insoweit in Betracht kommenden Vorschrift des Art. 17 EGBGB und den Regeln über die Rechtskraft deutscher Scheidungsurteile auch im Rahmen der Entscheidung gem. Art. 19 EGBGB die Eltern des Kindes als geschieden zu betrachten sind (s. a. Kegel, Art. 19 Anm. 49). Da das italienische Recht f ü r diesen Fall eine Regelung in bezug auf die elterliche Gewalt nicht vorsieht, ist nunmehr ein echter „Normenmangel" festzustellen. Dieser muß nach den im IPR geltenden Regeln zunächst im Wege der Angleichung in der Weise behoben werden, daß in erster Linie versucht wird, unter Wahrung des wesentlichen Gehalts des vorrangigen, ausländischen Rechts durch Anwendung verwandter Vorschriften in, soweit erforderlich, abweichender Form eine Lösung zu finden. Auf diese Weise wird die an sich maßgebende Rechtsordnung wenigstens im Rahmen • Siehe oben Nr. 81 b.
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des Möglichen wirksam. Erst wenn sich eine solche Lösung — als Mittel, um aus kollisionsrechtlichen Gründen entstandene Harmoniestörungen im Zusammenwirken mehrerer Rechtsordnungen zu beheben - als nicht durchf ü h r b a r erweist, kann auf ein sonstiges materielles Recht - ggf. auf die lexi fori - zurückgegriffen werden (vgl. u. a. Kegel, vor Art. 7 Anm. 71 f.). Im Rahmen der hiernach gebotenen Angleichung sind vorliegend die italienischen Bestimmungen über das Sorgerecht im Falle einer Trennung von Tisch und Bett heranzuziehen (vgl. KG, IPRspr. 1954-55 Nr. 102; OLG Hamm, FamRZ 1965, 92 m. w. Nachw. 7 ; Beitzke aaO 506). F ü r den Fall der persönlichen Trennung (.separazione personale' oder .legale'), deren Anordnung durch das Gericht jeder der Ehegatten beim Vorliegen bestimmter Gründe (Art. 151 Cc) begehren kann, bestimmt Art. 155 Cc: Das Gericht, das die Trennung ausspricht, hat auch zu bestimmen, welcher Ehegatte die Kinder zu sich nehmen und für ihren Unterhalt, ihre Erziehung und ihren Unterricht sorgen soll. In allen Fällen kann das Gericht anordnen, daß die Kinder in einer Erziehungsanstalt oder bei einer dritten Person unterzubringen sind. Der Vater und die Mutter behalten das Recht, die Erziehung der Kinder zu überwachen, ohne Rücksicht darauf, bei wem sie untergebracht sind.
Was den Umfang der Angleichung betrifft, so ist der Senat der Ansicht, daß es weder eines die Trennung zulassenden Urteils eines italienischen Gerichts bedarf, noch daß im einzelnen geprüft zu werden braucht, ob im konkreten Fall die materiellen Voraussetzungen einer Trennung vorgelegen haben. Es muß vielmehr als ausreichend erachtet werden, daß mit Rücksicht auf die verbindliche Wirkung des Scheidungsurteils den Ehegatten jedenfalls ein Getrenntleben gestattet ist und demnach im Bereich der deutschen Rechtsordnung ein dringendes Bedürfnis besteht, unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge f ü r das in Deutschland lebende Kind die Ausübung der elterlichen Gewalt zu regeln. Eine solche Regelung käme daher auch dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des Art. 151 Cc — etwa im Falle einer Scheidung nach § 48 EheG — nicht vorlägen (vgl. hinsichtlich des Gedankens der Notwendigkeit einer Regelung mit Rücksicht auf die anzuerkennende Scheidung Beitzke aaO 506). Der Senat weicht zwar mit der hier zur Anknüpfungsfrage vertretenen Auffassung insoweit von den o. a. Entscheidungen des KG und des OLG Hamm ab, als dort, nach der Methode der unselbständigen Anknüpfung, ausschließlich aus der Sicht des italienischen Rechts gefragt worden ist, ob das deutsche Scheidungsurteil im konkreten Falle einer .separazione personale' gleichgestellt werden kann. Da vorliegend auch diese Voraussetzungen erfüllt sind, entfällt jedoch eine Vorlagepflicht nach § 28 II FGG. Unter Bezugnahme auf die beiden Entscheidungen ist nämlich festzustellen, daß es auch nach italienischem Recht zulässig ist, einer im Ausland ausgesprochenen Scheidung der Ehe eines Italieners mit einer Ausländerin gewisse Wirkungen beizulegen (vgl. OLG Hamm aaO). Zur Gleichstellung bedarf es auch nicht der vorherigen Anerkennung des Scheidungsurteils durch das 7
Siehe oben Nr. 127.
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italienische Appellationsgericht nach Art. 797 der ital. ZPO vom 28. 10. 1940 (vgl. KG aaO). Voraussetzung ist aber, daß die Gründe, die zur Scheidung der Ehe geführt haben, auch den Ausspruch der .separazione personale' gerechtfertigt hätten. Derartige Gründe haben hier vorgelegen. Denn in den ehewidrigen Beziehungen des Ehemannes zu einer anderen F r a u ist zugleich eine Beleidigung schwerer Art gegenüber der Ehefrau im Sinne des Art. 151 Cc zu sehen (vgl. auch KG aaO). Das Beschwerdegericht konnte unter den gegebenen Umständen - insbesondere in Anbetracht des früheren Verhaltens des Vaters (Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kinde), der geordneten Verhältnisse der Mutter, sowie im Hinblick auf Alter und Geschlecht des Kindes - des weiteren ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangen, daß mit Rücksicht auf das auch nach italienischem Recht gem. 155 Cc maßgebende Kindeswohl eine Unterbringung bei der Mutter diesem Wohl am besten entspricht. F ü r eine Übertragung weitergehender Rechte auf die Mutter über die Regelung des Art. 151 Cc hinaus fehlt es dagegen an einer ausreichenden Rechtsgrundlage. Wie oben ausgeführt, ist das italienische Recht auch nach der vorliegend vertretenen Auffassung in dem größtmöglichen Umfange zur Geltung zu bringen. Ein Bedürfnis nach einer noch weitergehenden Anpassung ist nicht vorhanden, da das Wohl des Kindes es nicht zwingend erfordert, daß der Mutter die gesamte elterliche Gewalt übertragen wird. Das italienische Recht sieht eine solche Übertragung, soweit ersichtlich, nicht vor; die gelegentlich als zulässig erachtete Übertragung sämtlicher Einzelbefugnisse (der Ausübung, nicht der Substanz nach) würde einen, vorliegend nicht gegebenen, Tatbestand nach Art. 330 f. Cc voraussetzen." 136. Die Regelungen des nach Art. 19 EGBGB an sich maßgeblichen ägyptischen Personalstatutsgesetzbuches über die elterliche Gewalt nach geschiedener Ehe oerstoßen gegen das Gründgesetz und können nach Art. 30 EGBGB vom deutschen Vormundschaftsrichter nicht angewendet werden. Es ist auf § 1671 BGB zurückzugreifen. LG Berlin, Beschl. vom 4. 10. 1965 - 83 T 7/62: Unveröffentlicht. Die Ehe der Eltern wurde durch rechtskräftiges Urteil des LG Berlin vom 12. 6. 1961 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. In einem gerichtlich protokollierten Vergleich vom selben Tage einigten sich die Eltern dahingehend, daß die elterliche Gewalt über ihre Tochter der Mutter zustehen sollte. Der Vater und die Tochter sind ägyptische Staatsangehörige, während die Mutter Deutsche ist. Auf ihren Antrag hat das AG Schöneberg durch Beschluß vom 11. 11. 1961 der Mutter die elterliche Gewalt übertragen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Vaters.
Aus den Gründen: „Nach Art. 19 EGBGB, der auch f ü r die Rechtsverhältnisse zwischen ehelichen Kindern und ihren Eltern nach der Scheidung gilt (Soergel-Siebert-
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Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 10 zu Art. 19 EGBGB), ist grundsätzlich vom Heimatrecht des Vaters, also dem ägyptischen Recht, auszugehen. Das Kind ist nach ägyptischem Recht ehelich, da es mehr als sechs Monate nach der Eheschließung geboren ist (Art. 333 I Personalstatutsgesetz). Eine Rückverweisung findet nicht statt. Selbst wenn die Vermögenssorge nicht unter die Wirkungen der Ehe gemäß Art. 13 I ZGB vom 16. 7. 1948 fallen sollte, sondern nach Art. 16 ZGB zu regeln wäre, ist in beiden Fällen ägyptisches Recht maßgebend. Denn f ü r die Ehewirkungen ist das Heimatrecht des Ehemannes im Zeitpunkt der Eheschließung, f ü r die Vermögensverwaltung das Heimatrecht der zu schützenden Person maßgebend. Sowohl der Vater als auch die Tochter sind aber ägyptische Staatsangehörige. Auszugehen ist vom Personalstatutsgesetzbuch von 1875, das f ü r den hanefitischen Ritus gilt. Es findet regelmäßig auch dann Anwendung, wenn, wie hier, ein Ägypter keiner besonderen religiösen Gemeinschaft angehört. Nach diesem ägyptischen Recht steht der Mutter das Recht zu, f ü r ihr Kind - sei es während der Ehe oder nach ihrer Auflösung - zu sorgen und ihm die seinem kindlichen Alter entsprechende Pflege angedeihen zu lassen (sog. .hadanah'). Dieses Recht erlischt bei Knaben mit Vollendung des 7. Lebensjahres, bei Mädchen mit Vollendung des 9. Lebensjahres. In diesem Alter hat der Vater auch das Recht, das Kind herauszuverlangen und zu sich zu nehmen (Art. 380, 391 Personalstatutsgesetz). Eine Verlängerung dieses rein tatsächlichen Personensorgerechts ist nach dem Dekretsgesetz Nr. 25 vom 10. 3. 1929 nur bis zum 11. bzw. 9. Lebensjahr des Kindes möglich. Dem Vater gebührt die umfassende väterliche Gewalt, die sowohl das Personensorge- als auch das Vermögenssorgerecht einschließt. Sie geht beim Tode des Vaters nicht auf die Mutter, sondern auf dessen nächste männliche Verwandte über (Art. 434 Personalstatutsgesetz). Sollte die Hadanah - etwa weil sich die Mutter mit einem anderen Mann wiederverheiratet hat, der seinerseits nicht zu dem Kind in einem ein Ehehindernis begründenden Verwandtschaftsverhältnis steht (Art. 383 Personalstatutsgesetz) — enden, so geht das tatsächliche Personensorgerecht auf andere Verwandte des Kindes, zunächst auf die mütterliche Großmutter über. Ein Vertrag, wonach die Mutter einen Sohn über das gesetzliche Alter hinaus bei sich behalten kann oder die Hadanah nicht durch anderweitige Verheiratung enden soll, ist nichtig (Art. 287 Personalstatutsgesetz). Diese starre Regelung des ägyptischen Rechts, die eine Berücksichtigung des Kindeswohles nicht zuläßt und der Mutter jedes Recht zur Erziehung des Mädchens spätestens nach Vollendung des 11. Lebensjahres nimmt, verstößt gegen Art. 30 EGBGB. Sie weicht so erheblich von dem deutschen Verfassungsgrundsatz der Gleichberechtigung ab, daß ihre Anwendung unmittelbar die Grundlagen des deutschen staatlichen Lebens angreifen würde und f ü r den deutschen Vormundschaftsrichter untragbar ist (vgl. OLG Neustadt, FamRZ 1963, 5 1 O L G München, NJW 1960, 1771 2 ; KG 1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 104.
* IPRspr. 1960-1961 Nr. 187.
Nr. 137
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1 W 228/64 8 ; Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 53 zu Art. 19 EGBGB jeweils zur ähnlichen Regelung des syrischen bzw. iranischen Rechts). Da alle Beteiligten im Inland leben, ist die Inlandsbeziehung so stark, daß die deutschen Verfassungsgrundsätze nicht außer acht gelassen werden d ü r f e n (SoergelSiebert-Kegel, Anm. 16 zu Art. 30 EGBGB). Da das ägyptische Recht keine Vorschriften enthält, die anstelle d e r Bestimmungen über die Personen- und Vermögenssorge treten könnten, ist auf das deutsche Recht zurückzugreifen. Nach § 1671 I BGB bestimmt das Vormundschaftsgericht, welchem Elternteil die elterliche Gewalt zustehen soll. Dabei ist die Regelung zu treffen, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse am besten dem W o h l des Kindes entspricht." 137« Bei einer Sorgerechtsregelung nach italienischem Recht setzt die Anwendbarkeit des Art. 155 Codice civile nicht voraus, daß das in Deutschland ergangene Scheidungsurteil in Italien als Trennungsurteil wirksam wäre. Die Anwendung des Art. 155 Codice civile verstößt nicht gegen Art. 30 EGBGB. LG Berlin, Beschl. vom 6. 10. 1965 - 83 T 329/64: Unveröffentlicht. Die Ehe der Eltern wurde aus alleinigem Verschulden des Vaters geschieden. Die Eltern und das Kind besitzen die italienische Staatsangehörigkeit. Die Mutter hat ihre durch Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit behalten. Zu entscheiden ist über die Sorgerechtsregelung für das Kind. Aus den Gründen: „Die internationale Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ist gegeben, da das Kind in Deutschland seinen Aufenthalt hat (BGHZ 21, 306 KG, F a m R Z 1958, 426 2 ; BayObLG, F a m R Z 1960, 38; Soergel-SiebertKegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 36 zu Art. 19 EGBGB; Keidel, [BGB] 8. Aufl., F u ß n . 2 der Anm. 2 zu Art. 35 FGG). Sie setzt nicht voraus, daß Italien die deutsche Sorgerechtsentscheidung anerkennen w ü r d e (BayObLG, F a m RZ 1959, 364 s ). In der Sache selbst war die Entscheidung über das Sorgerecht nach italienischen Vorschriften zu treffen. Die Regelung des Sorgerechts bzw. der elterlichen Gewalt gehört zum Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern u n d Kindern. Sie bestimmt sich gemäß Art. 19 EGBGB, der als eine vollständige Kollisionsnorm anzusehen ist, nach dem Heimatrecht des Vaters (RGZ 170, 198; OLG H a m m , F a m R Z 1965, 92, 93 *; Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 1, 16 zu Art. 19 EGBGB; Palandt-Lauterbach, [BGB] 24. Aufl., Anm. 5 zu Art. 19 EGBGB). Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn die Ehe der Eltern geschieden ist (RGZ 162, 329). Sie 3 2 4
Siehe oben Nr. 124. IzRspr. 1958-1959 Nr. 196. Siehe oben Nr. 127.
1 3
IzRspr. 1954-1957 Nr. 368 b. IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
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widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I I GG, weil sie keine sachlich-rechtliche Bevorzugung des einen Elternteils enthält, sondern aus Ordnungsgründen das Heimatrecht des einen Elternteils im Interesse der Familieneinheit maßgebend sein läßt (BGH, N J W 1954, 837«; SoergelSiebert-Kegel, Anm. 9, 10 vor Art. 13 EGBGB). Eine Rückverweisung auf deutsches Recht findet nicht statt. Vielmehr verweist auch das italienische Recht auf das Heimatrecht des Vaters (Art. 20 Cc). Für die Verteilung des Sorgerechts war von Art. 155 I 1 Cc auszugehen. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, das die Trennung ausspricht, auch zu bestimmen, welcher Ehegatte die Kinder zu sich nehmen sowie für ihren Unterhalt, ihre Erziehung und ihren Unterricht sorgen soll. Diese Bestimmung trifft jedoch im italienischen Recht nur den Fall der aus bestimmten Gründen vom Gericht ausgesprochenen Trennung der Ehegatten (,separazione personale' oder ,legale'). Eine Scheidung, bei der die Ehe dem Bande nach aufgelöst wird, ist dem italienischen bürgerlichen Recht unbekannt. Nach Auffassung der Kammer bestehen keine Bedenken dagegen, das nach Art. 17 I I I EGBGB wirksame deutsche Scheidungsurteil einer gesetzlichen Trennung nach italienischem Recht gleichzustellen, soweit die Anwendbarkeit der italienischen Vorschriften über die Trennungsfolgen gemäß Art. 19 EGBGB in Frage steht. Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob im konkreten Fall die Scheidungsgründe den im italienischen Recht für die Trenung ausreichenden Gründen wenigstens gleichkommen. Wenn es hierauf abzustellen wäre, würde allerdings im vorliegenden Fall eine in Italien wirksame Scheidung nicht vorliegen... Auf die Tatsache, daß die Scheidungsgründe für eine Trennung nach italienischem Recht nicht ausgereicht hätten, kann es jedoch für die Anwendbarkeit des Art. 155 Cc nicht ankommen. Die Kammer vertritt mit Beitzke (Sorgerechtsregelung bei Ausländerkindern, Festschrift für H. Lehmann, 1956, I I 493 ff., 506) die Auffassung, daß bei derartigen .hinkenden Scheidungen', die in Deutschland wirksam und in dem nach Art. 19 EGBGB maßgeblichen ausländischen Staat unwirksam sind, vom Vormundschaftsgericht gleichwohl eine Sorgerechtsregelung getroffen werden kann und daß hierbei grundsätzlich die materiell-rechtlichen Vorschriften anzuwenden sind, die der betreffende ausländische Staat für den Fall der gesetzlichen Trennung von Eheleuten bereithält. Andernfalls käme man zu dem untragbaren Ergebnis, daß die deutschen Vormundschaftsgerichte, obwohl ihre internationale Zuständigkeit für eine Sorgerechtsregelung gegeben ist und diese von der Anerkennung durch den ausländischen Staat nicht abhinge, die Folgen einer in Deutschland wirksamen Ehescheidung ungeregelt lassen müßten. Es ist aber auch keine Notwendigkeit ersichtlich, die in Deutschland maßgeblich gewesenen Scheidungsgründe im Einzelfall an den italienischen Trennungsvorschriften zu messen. Die deutsche Scheidung und die italienische Trennung sind als Institutionen, soweit das Schicksal der Kinder aus diesen Ehen in Frage steht, so ähnlich, daß sie 5
IPRspr. 1954-1955 Nr. 90.
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ohne Rücksicht auf die Einzelheiten der gesetzlichen Scheidungs- und Trennungsgründe gleich behandelt werden können. Die Kammer k a n n daher den Ausführungen im Gutachten Prof. Wenglers nicht folgen, daß die Anwendung des Art. 155 Cc stets ein in Italien wirksames Trennungsurteil voraussetzt. Soweit sie f r ü h e r eine andere Auffassung vertreten hat (Beschl. vom 9. 11. 1956 - 83 T 625/56 6 ), wird diese Ansicht aufgegeben. Der Anwendung des Art. 155 Cc steht auch nicht entgegen, daß die Regelung n u r von dem Gericht vorgenommen werden kann, das die Trennung ausgesprochen hat. Die Zuständigkeitsregelung dieser Vorschrift hat dem deutschen Verfahrensrecht, das nach allgemeinen Grundsätzen den Vorrang hat, zu weichen, so daß das inländische Vormundschaftsgericht zuständig ist (OLG H a m m , F a m R Z 1965, 92, 94 4 ; Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 31 zu Art. 19 EGBGB). Die Anwendung der Vorschrift des Art. 155 Cc verstößt schließlich auch nicht gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes (vgl. Art. 30 EGBGB). Die nach dem italienischen Recht allein vorgesehene Möglichkeit, der Mutter die Ausübung, nicht aber die volle elterliche Gewalt zu übertragen, ist nicht mit dem Anstandsgefühl aller gerecht und billig Denkenden unvereinbar u n d daher nicht sittenwidrig. Ebensowenig ist der Zweck eines deutschen Gesetzes - in vorliegendem Falle § 1671 BGB oder Art. 3 II GG - verletzt. Ein solcher Verstoß liegt n u r vor, wenn der Unterschied zwischen den staatspolitischen und sozialen Anschauungen, auf denen das fremde und das konkurrierende deutsche Recht beruhen, so erheblich ist, daß durch die Anwendung des ausländischen Rechts die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angegriffen werden. Auch ist ein Verstoß gegeben, wenn dadurch wesentliche Verfassungsgrundsätze, die eine unverrückbare Grundlage des deutschen staatlichen oder sozialen Lebens bilden, verletzt werden (BGH, N J W 1964, 2013, 2014 7 ). Das gilt nicht ohne weiteres f ü r jeden Verstoß gegen die Gleichberechtigung (BGH, N J W 1964, 2013 7 ). Sie ist keine unverrückbare Grundlage des staatlichen oder sozialen Lebens. Das ergibt sich schon aus Art. 117 GG, der f ü r die Gleichberechtigung nach Inkrafttreten des Grundgesetzes eine Übergangsregelung unter Fortbestand des entgegenstehenden Rechtes anordnete. § 1671 BGB ist ebensowenig wie Art. 3 II GG, soweit es um die elterliche Gewalt geht, Bestandteil des deutschen ordre public (Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 53 zu Art. 19). Die italienische Regelung, die der Mutter die Möglichkeit der Personensorge bis zur Vollendung der Volljährigkeit des Kindes gibt, ist f ü r die deutsche Rechtsordnung nicht untragbar. Eine unmittelbare Ü b e r p r ü f u n g des Art. 155 Cc nach dem Maßstab des Art. 3 II GG, ohne die Grenze des Art. 30 EGBGB zu berücksichtigen, ist nicht vorzunehmen. Dadurch würde die Grenze zwischen internationalem und materiellem Privatrecht verwischt werden (BGH, N J W 1964, 2013 7 ; Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 10 vor Art. 13 EGBGB). Das deutsche Vormundschaftsgericht ist daher befugt, gemäß Art. 155 Cc über die Regelung der Personensorge zu entscheiden. Bei der Entschei6 IPRspr. 1960-1961 Nr. 109.
7
Siehe oben Nr. 5.
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dung ist das Wohl des Kindes maßgebend. Die Schuld eines Elternteils an der Scheidung oder Trennung ist, wie auch Professor Wengler in seinem Gutachten ausgeführt hat, unerheblich (OLG Hamm, FamRZ 1965, 92,94 4 ). Das Gericht hat die körperlichen, moralischen, wirtschaftlichen und sozialen Umstände abzuwägen, die für den Verbleib des Kindes bei einem Elternteil sprechen. Nach Überzeugung der Kammer entspricht es dem Kindeswohl am besten, wenn es bei der Mutter bleibt und ihr die nach Art. 155 Cc umschriebene Personensorge übertragen wird . . . " 138« Bei der Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen einem Elternteil und dem Kinde handelt es sich um ein Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und dem ehelichen Kinde im Sinne des Art. 19 EGBGB. Das italienische Recht kennt keine dem § 163A BGB entsprechende Regelung des persönlichen Verkehrs. Daraus folgt aber nicht, daß eine Besuchsregelung zu unterbleiben hat. Vielmehr ist aus Art. 155 Codice civile die Befugnis des Gerichts abzuleiten, das Überwachungsrecht eines Elternteils zu regeln. Hierfür ist nach deutschem Recht die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts und nicht diejenige des Prozeßgerichts gegeben. LG Berlin, Beschl. vom 6. 10. 1965 - 83 T 335/64: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Bei der Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen einem Elternteil und dem Kinde handelt es sich um ein Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und dem ehelichen Kinde im Sinne des Art. 19 EGBGB (SoergelSiebert-Kegel, [BGB, 9. Aufl.] Anm. 28, 44 zu Art. 19 EGBGB). Für die Entscheidung sind daher nach dieser vollständigen Kollisionsnorm die Gesetze maßgebend, die im Heimatstaat des Vaters gelten. Anwendbar ist somit entsprechend der Staatsangehörigkeit des Vaters das italienische Recht. Eine Rückverweisung findet nicht statt (Art. 20 I Cc). Das italienische Recht kennt keine dem § 1634 BGB entsprechende Regelung des persönlichen Verkehrs. Daraus folgt aber nicht, daß eine Besuchsregelung zu unterbleiben hat. Die Kammer hat der Mutter durch Beschluß vom 6. 10. 1965 (83 T 329/64) 1 gem. Art. 155 Cc das Recht zugesprochen, das Kind zu sich zu nehmen sowie für seinen Unterhalt, seine Erziehung und seine Ausbildung zu sorgen. Nach Art. 155 III Cc haben der Vater und die Mutter das Recht, die Erziehung der Kinder zu überwachen, ohne Rücksicht darauf, bei wem diese untergebracht sind. In Übereinstimmung mit dem Landgericht Wiesbaden (FamRZ 1965, 284, 285) 2 ist aus Art. 155 Cc die Befugnis des Gerichts abzuleiten, unter Berücksichtigung des bei Anwendung dieser Bestimmung zu beachtenden Kindeswohls das Überwachungsrecht eines Elternteils zu regeln. Im Rahmen dieser Regelung ist auch über die vorliegenden Anträge des Vaters zu entscheiden. Es 1
Siehe oben Nr. 137.
2
Siehe oben Nr. 130.
N r . 139
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ist unerheblich, ob gegebenenfalls nach italienischem Recht diese Überwachung nur im ordentlichen Prozeßwege zu regeln und durchzusetzen ist. Denn die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Prozeß- und Vormundschaftsgericht wird vom deutschen Recht allein bestimmt (Palandt-Lauterbach, [BGB]24. Aufl., Anm. 5 zu Art. 19 EGBGB). Die hier beantragte Verkehrsregelung zum Zwecke der Erziehungsüberwachung unterliegt aber nach deutschem Recht der Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts. In der Sache selbst bestehen keine Bedenken, die Grundsätze anzuwenden, die für eine Verkehrsregelung nach § 1634 BGB maßgeblich sind." 139. Die Sorgerechtsregelung nach Scheidung der Ehe im Recht verstößt nicht gegen den ordre public.
libyschen
AG Maulbronn, Beschl. vom 14. 10. 1965 - I GR 473/63: Unveröffentlicht. Die E h e der Eltern des Kindes J. w u r d e durch Urteil des O L G Stuttgart aus beiderseitigem, aber überwiegendem Verschulden des Vaters geschieden. Der Vater und das Kind sind libysche Staatsangehörige mohammedanischen Glaubens, die Mutter besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Gericht hat darüber zu entscheiden, w e m die elterliche Gewalt über das Kind J. zu übertragen ist. Es w u r d e ein Gutachten des Max-Planck-Institutes f ü r ausländisches und internationales Privatrecht in H a m b u r g vom 7. 8. 1965 eingeholt.
Aus den Gründen: „Da der Vater libyscher Staatsangehöriger ist, ist gemäß Art. 19 EGBGB libysches Recht auf die Frage der Übertragung der elterlichen Gewalt über das Kind J. anzuwenden. Nach libyschem Recht - islamisches Recht der malekitisdien Rechtsschule — gilt J. an sich als uneheliches Kind, da es früher als sechs Monate (nämlich schon fünf Monate) nach der Eheschließung seiner Eltern geboren wurde. Da nach libyschem Recht die Legitimation unehelicher Kinder sowohl durch ausdrückliches als auch durch stillschweigendes Anerkenntnis des Vaters erfolgen kann, besteht kein Zweifel daran, daß sie im vorliegenden Fall durch den seit Jahren um sein Kind kämpfenden Vater erfolgt ist. Die elterliche Gewalt über ein Kind nach Scheidung der Ehe seiner Eltern zerfällt in Libyen in zwei Teile: die ,hadana', bedeutend das Recht der tatsächlichen Personensorge, und die ,wilaya', die die sonstige elterliche Gewalt umfaßt, soweit sie nicht unter die ,hadana' fällt. I. Die ,hadana' steht nach dem Gutachten des Max-Planck-Institutes vom 7. 8. 1965 (vgl. auch Art. 102 des marokkanischen Gesetzbuchs des Personen* und Erbrechts) grundsätzlich der Mutter bis zum Beginn der Pubertät zu, die beim Fehlen äußerer Merkmale der Geschlechtsreife mit dem vollendeten 18. Lebensjahr angenommen wird. Nach Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht III, Libyen S. 8 soll dagegen das Sorgerecht der Mutter bei Knaben schon nach dem 7. Lebensjahr enden.
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Die Frage, welche Ansicht richtig ist, bedarf jedoch vorliegend jedenfalls z. Z. noch keiner endgültigen Entscheidung, da J. erst 4 1 h Jahre alt ist, so daß das Problem erst in 2 V* Jahren akut werden kann. Voraussetzung f ü r die Übertragung der ,hadana' auf die Mutter ist, daß sie geistig und körperlich gesund ist, einen anständigen Lebenswandel führt und die sichere Pflege des Kindes gewährleistet. Am Vorliegen dieser Voraussetzungen bei der Mutter bestehen keine Zweifel. Insbesondere ist es auch kein Hinderungsgrund, daß sie im Gegensatz zu J., der dem mohammedanischen Glauben angehört, Christin ist. Der Mutter kann jedoch nach libyschem Recht das Sorgerecht (hadana) entzogen werden, wenn sie a) einen mit dem Kinde nicht verwandten Mann heiratet, b) den Wohnsitz des Kindes ohne Genehmigung des Vaters an einen mehr als 6 ,berid' (ca. 130 km) von diesem entfernten Ort verlegt, c) der Vater an einem mehr als 6 ,berid' vom Wohnsitz der Mutter entfernten Ort zieht. Zu a) kommt die Entziehung nur dann in Frage, wenn das vom Vater innerhalb eines Jahres nach Wiederverheiratung der Mutter beantragt wird und der Entzug im Interesse des Kindes l i e g t . . . Das wohlverstandene Interesse des Kindes J. fordert deshalb nicht den Entzug, sondern im Gegenteil die Erhaltung des Sorgerechtes der Mutter, zumal keine tatsächlichen Anhaltspunkte d a f ü r aufgetaucht oder auch nur angedeutet worden sind, daß der jetzige Ehemann der Mutter nachteilig auf die Erziehung des Kindes eingewirkt hat oder einzuwirken beabsichtigt. Bei den Entziehungsgründen zu b) und c), die dem klassischen islamischen Recht entstammen, kann nach Ansicht des Gutachters des MaxPlanck-Instituts und des von ihm zitierten Rechtswerkes Clavel, Droit Musulman du Statut Personnel et des Successions, Paris 1895, f ü r den heutigen Richter die starre Entfernungsangabe von 6 ,berid' — 130 km nicht mehr maßgebend sein, sondern allein der Umstand, ob das Recht des Vaters zum Besuch des Kindes durch den Wegzug vereitelt wird. Davon kann unter Berücksichtigung der guten Verkehrsverhältnisse bei Wohnsitzen zwischen Mühlacker und Bonn keine Rede sein. Somit war der Mutter das Recht der tatsächlichen Personensorge (hadana) f ü r das Kind J. zu übertragen. II. Das übrige Recht der elterlichen Gewalt (wilaya) über ein eheliches Kind steht nach erfolgter Ehescheidung nach libyschem Recht grundsätzlich dem Vater zu, auch wenn er schuldig geschieden ist. Art. 109 des bereits zitierten marokkanischen Gesetzbuches des Personen- und Erbrechts faßt dieses Recht dahin zusammen, daß der Vater über die ordentliche Erziehung und den Schulbesuch des Kindes zu wachen habe, wozu er es nach Art. 111 dieses Gesetzes entsprechend besuchen darf. Ebenso ist er Inhaber der Vertretungsmacht des Kindes und des Vermögenssorgerechts. Dieses Sorgerecht kann dem Vater entzogen werden, wenn er sich eines kriminellen oder sittlichen Vergehens gegenüber dem Kinde schuldig macht.
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Die Mutter beruft sich zu Unrecht auf das Vorliegen eines solchen Entziehungstatbestandes. Der Vater hat zwar am 26. 2. 1964 J . entgegen der ihm erteilten gerichtlichen Weisung nicht zur Mutter zurückgebracht und sich insoweit evtl. eines Vergehens gem. § 235 StGB schuldig gemacht. E r zahlt auch dem Kinde seit Juli 1964 keinen Unterhalt und verstößt deshalb - seine Zahlungsfähigkeit vorausgesetzt - evtl. gegen 170 b StGB. Beide Vergehen, ihren objektiven und subjektiven Tatbestand unterstellt, sind aber offensichtlich nicht das, was das mohammedanische Recht Libyens unter kriminellen oder sittlichen Vergehen des Vaters gegenüber dem Kinde verstanden wissen will. Sowohl § 235 StGB als auch § 170 b StGB bezwekken nicht in erster Linie den Schutz des Kindes, sondern den Schutz der Familiengemeinschaft (vgl. z . B . Schönke, [StGB] § 235 Anm. I, § 170b Anm. I). Ganz abgesehen davon muß bei der Würdigung der Frage, ob sich ein Vergehen des Vaters gegen das Kind richtet, wesentlich auf dessen Motive zu achten sein. Nur wenn sie darauf ausgehen, dem Kinde zu schaden, wird eine Entziehung der elterlichen Gewalt ins Auge zu fassen sein. Somit war entsprechend dem libyschen Recht dem Vater die elterliche Gewalt zu übertragen, soweit sie nicht von der Mutter auszuüben ist. Diese Regelung des libyschen Rechtes verstößt nicht gegen Art. 30 EGBGB. Der diesbezüglichen Ansicht der Mutter kann nicht gefolgt werden. Art. 30 EGBGB, wonach die Anwendung ausländischen Rechtes ausgeschlossen ist, wenn sie gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde, ist eine Ausnahmevorschrift, die demgemäß mit Vorsicht und eng auszulegen ist (vgl. Palandt, BGB, Art. 30 EGBGB Anm. 2). Nicht jede Abweichung ausländischen Rechts von einem deutschen Gesetz, und sei es auch das Grundgesetz selbst, zwingt zu einer Anwendung der Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB. Der BGH hat erst kürzlich mit Recht betont, daß ausländische Sachrechtsnormen nicht einfach am deutschen Verfassungsrecht gemessen werden können (vgl. BGH, FamRZ 1964, 188 ff., 192 *), und in einer weiteren Entscheidung, die sich mit der Vereinbarkeit ausländischen Rechts mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter des Art. 3 II GG befaßt (vgl. BGH, FamRZ 1964, 496 2 ), erklärt, daß die Anwendung ausländischen Rechts nicht immer schon ohne weiteres ausgeschlossen ist, wenn sie gegen Art. 3 GG verstößt, wobei angedeutet worden ist, daß nur bei besonders groben Verstößen gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz der Vorbehalt des Art. 30 EGBGB zum Zuge kommen könne. Prüft man unter diesen Gesichtspunkten die libysche Sorgerechtsregelung, so kann gegen sie aus Art. 30 EGBGB ein Einwand nicht hergeleitet werden. Ein Verstoß - und noch dazu ein besonders grober - gegen das Grundrecht des Art. 6 II GG ist nicht ersichtlich. Diese Bestimmung garantiert das natürliche Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Auch das libysche Recht geht davon aus, daß beide Elternteile die Kinder pflegen und erziehen sollen. Daß es dabei die Art und den Umfang des Erziehungsrechtes von vornherein in bestimmter Weise auf die beiden 1
Siehe oben Nr. 74.
2
Siehe oben Nr. 5.
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Elternteile verteilt, ist kein Verstoß gegen das Grundgesetz als solches, sondern lediglich eine von der deutschen Regelung abweichende Art der Ausgestaltung dieses Grundrechtes. Diese für Vater und Mutter unterschiedliche Regelung der elterlichen Gewalt mag hingegen eine Abweichung vom Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter des Art. 3 II GG sein. W i e bereits erwähnt, greift aber Art. 30 EGBGB nicht bei jedem denkbaren Verstoß gegen ein deutsches Grundrecht ein, sondern wie der BGH (FamRZ 1964, 498) noch einmal zusammenfassend hervorgehoben hat, nur dann, wenn die ausländische Regelung in solch krassem Gegensatz zum Zweck eines deutschen Gesetzes steht, daß durch die Anwendung des ausländischen Rechts die Grundlagen des deutschen staatlichen und wirtschaftlichen Lebens angegriffen würden, wenn wesentliche Verfassungsgrundsätze, die eine unverrückbare Grundlage des deutschen staatlichen oder sozialen Lebens bilden, verletzt würden. Der BGH hat dann mit Recht weiter ausgeführt, es treffe nicht zu, daß immer schon dann die Grundlagen des deutschen staatlichen oder sozialen Lebens beeinträchtigt oder ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet würde, wenn das anzuwendende ausländische Recht dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter nicht in dem Maße Rechnung trägt, wie das Grundgesetz. Er hat darauf hingewiesen, daß es das GG selbst zugelassen hat, daß das der Gleichberechtigung der Geschlechter entgegenstehende Recht nach Art. 117 I GG bis zum 31. 3. 1953 in Kraft blieb. Ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter kann aber in der libyschen Regelung des Sorgerechtes nach Ehescheidung jedenfalls dann nicht gesehen werden, wenn das Kind, wie im vorliegenden Fall, vermögenslos ist. Denn nur die ausschließliche Übertragung des Vermögenssorgerechts auf den Vater unter völligem Ausschluß der Mutter beeinträchtigt den Grundsatz des Art. 3 I I GG erheblich. Hinsichtlich des Personensorgerechts unterscheiden sich die Rechte der Eltern zumindest in den hier interessierenden ersten sieben Lebensjahren des Kindes (folgt man der Auffassung des Max-Planck-Institutes, das die marokkanische gesetzliche Regelung auf seiner Seite hat, dann gilt das auch für die übrige Zeit) nur unwesentlich, wobei die Rechte der Mutter, der die gesamte tatsächliche Sorge zusteht, wohl sogar leicht überwiegen dürften. Art. 30 EGBGB ist deshalb auf die Frage der Anwendbarkeit des libyschen Rechts zur Personensorge für Kinder aus geschiedenen Ehen in seiner Gesamtheit nicht anwendbar." 140. Die vorläufige Entziehung des einem syrischen Vater zustehenden Personensorgerechts richtet sich nicht nach Art. 23 II EGBGB, sondern nach Art. 19 EGBGB. Die syrischen Vorschriften über die Entziehung der elterlichen Gewalt geben dem Kind keinen ausreichenden Schutz im Sinne des § 1666 BGB. Ihre Anwendung ist nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. Es ist auf § 1666, gegebenenfalls §§ 1679, 1680 BGB zurückzugreifen.
Nr. 140
VI./7. Familienrecht
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LG Berlin, Beschl. vom 25. 11. 1965 - 83 T 516/65: Unveröffentlicht. Das Kind S. entstammt der Ehe seines syrischen Vaters, der Mohammedaner ist, und seiner deutschen Mutter. Die Eltern leben in Ehescheidung. In diesem Verfahren hat die Kindesmutter den Antrag gestellt, ihr gemäß § 627 ZPO das Personensorgerecht für S. zuzuerkennen. Das AG hat durch Beschluß vom 22. 9. 1965 beiden Eltern gemäß § 1666 BGB im Wege einstweiliger Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter entzogen und dem Jugendamt Steglitz als Pfleger übertragen. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Vater mit seiner Beschwerde. Er beantragt Aufhebung des Beschlusses und Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf sich.
Aus den Gründen: „Die deutsclie internationale Zuständigkeit des AG war gegeben. Anknüpfungspunkte f ü r die deutsche internationale Zuständigkeit ist in Personensorgesachen die örtliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichtes nach den §§ 36, 43 FGG (BayObLG, FamRZ 1959, 364 Danach ist f ü r vormundschaftsgerichtliche Maßnahmen, die nicht eine Vormundschaft oder Pflegschaft betreffen, örtlich zuständig das Gericht, in dessen Bezirk das Kind seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob S. ihren Wohnsitz im Bezirk des AG Lichterfelde hat, jedenfalls hat sie bei Beginn dieses Verfahrens bei ihren Eltern in Lichterfelde gewohnt, sich also ständig dort aufgehalten. Unbeachtlich f ü r die deutsche internationale Zuständigkeit ist es, daß Art. 19 EGBGB, der das Rechtsverhältnis zwischen dem ehelichen Kind und seinen Eltern regelt, auf das Auslandsrecht verweist. Die Verweisung betrifft nämlich nur das materielle, nicht das Verfahrensrecht (BayObLG aaO). F ü r die Frage nach dem anzuwendenden materiellen Recht ist ausschließlich Art. 19, nicht Art. 23 EGBGB maßgebend (BayObLG, J W 1934, 699 ff.; KG, KGJ 45,18 ff.; Palandt-Lauterbach, Komm, zum BGB, 24. Aufl., Art. 23 EGBGB Anm. 1 a; Soergel-Siebert-Kegel, Komm, zum BGB, 9. Aufl., Art. 19 EGBGB Anm. 7). Die im vorliegenden Fall vorgenommene Pflegerbestellung ist gerade keine vorläufige Maßregel im Sinne des Art. 23 II EGBGB (vgl. Palandt-Lauterbach aaO Anm. 6 b). Art. 19 EGBGB ist zwar nur als einseitige Kollisionsnorm ausgestaltet, ist jedoch von Lehre und Rechtsprechung zu einer vollständigen Kollisionsnorm ausgebaut worden Art. (Palandt-Lauterbach, Art. 19 EGBGB Anm. 2; Soergel-Siebert-Kegel, 19 EGBGB Anm. 1). Das bedeutet, daß im vorliegenden Falle grundsätzlich ausländisches Recht anzuwenden ist. Der Vater besitzt gemäß Art. 1 a des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Vereinigten Arabischen Republik (VAR) Nr. 82 von 1958 die Staatsangehörigkeit der VAR. Das Kind hat dieselbe Staatsangehörigkeit nach Art. 2 Nr. 1 dieses Gesetzes (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., VAR S. 2, 3). 1
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 208. IPR 1964/65
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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Da der Vater Mohammedaner ist, gilt für ihn das Dekretgesetz über das Personalstatut Nr. 59 vom 17. 9. 1953 (Bergmann aaO 79). Die Anwendung des Heimatrechtes ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Anwendung des ausländischen Rechtes gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde (Art. 30 EGBGB). § 1666 I BGB bezweckt, dem Kinde gegenüber dem Inhaber der elterlichen Gewalt Schutz zu gewähren, wenn er durch sein Verhalten das geistige oder leibliche Wohl des Kindes gefährdet. Einen gleichen Schutz kennt das Dekretgesetz über das Personalstatut Nr. 59 nicht. Nach Art. 1701 dieses Gesetzes haben der Vater und nach ihm der Großvater väterlicherseits die Sorge für die Person des Minderjährigen und die Verwaltung seines Vermögens. Während aber das Gericht gemäß Art. 173 das Recht zur Vermögensverwaltung einschränken oder aufheben kann, wenn das Vermögen durch schlechte Geschäftsführung gefährdet wird, fehlt eine entsprechende Bestimmung für das Personensorgerecht. Somit ist die Anwendung des Heimatrechtes des Vaters nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen, weil es gegen den Schutz des § 1666 BGB verstößt (BayObLG, JW 1934, 699ff.; KG, KGJ 45, 18ff.). Die dadurch entstehende Lücke wird durch deutsches Recht ausgefüllt (KG, JW 1936, 2472), wovon auch das AG ausgegangen ist. Es war an der Entscheidung auch nicht etwa durch den im Scheidungsverfahren gestellten Antrag nach § 627 ZPO gehindert (vgl. Stein-Jonas-Schönke, Komm, zur ZPO, § 627 Anm. I I I 3). Die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes des Vaters ist jedoch nicht nach § 1666 BGB gerechtfertigt... Die Beschwerde ist aber unbegründet, soweit sie sich gegen die Pflegerbestellung richtet. Eine Anordnung dahingehend, daß dem Vater die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes allein zusteht, kommt nach den §§ 1680, 1679 I BGB nicht in Betracht. Die zitierten Vorschriften finden auch im vorliegenden Falle Anwendung, da die im Heimatrecht des Vaters bestehende Lücke nicht allein durch die Vorschrift des § 1666 I BGB, sondern auch die damit zusammenhängenden, den Schutz des Kindes bezwekkenden Personensorgerechtsbestimmungen des BGB auszufüllen ist, zu denen die §§ 1680, 1679 I BGB gehören."
8. Uneheliches Kind Siehe auch Nr. 174, 250, 285
141. Zur Versagung des Armenrechts für die Unterhaltsklage des unehelichen Kindes, wenn der Bekl. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Italien hat. LG Stuttgart, Beschl. vom 28. 2. 1964 - 6/3 T 40/63: DAVorm. 1964, 269.
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Aus den Gründen: „Aus dem Vorbringen des Kl. geht hervor, daß der Bekl. nicht n u r seinen Wohnsitz, sondern auch seinen gewöhnlichen Aufenhalt in Italien hat. Infolgedessen müßte das AG Backnang (als das nach § 23 a ZPO zuständige Gericht) bei der Entscheidung über den Unterhaltsanspruch italienisches Recht anwenden. Nach Art. 1 I des Übereinkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 (BGBl. 1961 II 1013) bestimmt sich zwar der Unterhaltsanspruch eines Kindes nach Grund und Höhe nach dem Recht desjenigen Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. In Art. 2 heißt es jedoch: .Abweichend von den Bestimmungen des Art. 1 kann jeder Vertragsstaat sein eigenes Recht für anwendbar erklären, a) wenn der Unterhaltsanspruch vor einer Behörde dieses Staates erhoben wird, b) wenn die Person, gegen die der Anspruch erhoben wird, und das Kind die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzen, und c) wenn die Person, gegen die der Anspruch erhoben wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staate hat.' Das Übereinkommen vom 24. 10. 1956 ist f ü r die Bundesrepublik Deutschland und f ü r Italien am 1. 1.1962 in Kraft getreten (vgl. BGBl. 1962 II 16). Italien hat von dem in Art. 2 bezeichneten Vorbehalt Gebrauch gemacht. Die Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens vom 27. 12. 1961 (BGBl. 1962 II 16) enthält folgende Erklärung: .Hinsichtlich des Übereinkommens vom 24. 10. 1956 erklärt die italienische Regierung unter Berufung auf die in Art. 2 vorgesehene Befugnis, daß auf die in den Buchstaben a), b) und c) dieses Artikels erwähnten Fälle italienisches Recht anwendbar ist.' Dadurch, daß in dieser Erklärung der italienischen Regierung von den in den Buchstaben a), b) und c) erwähnten Fällen die Rede ist, ist klargestellt, daß italienisches Recht anzuwenden ist, wenn einer dieser drei Fälle vorliegt, also nicht nur dann, wenn sämtliche unter a)-c) bezeichneten Voraussetzungen in einem Fall gegeben sind. Nach italienischem Recht rechtfertigt der Vortrag im Schriftsatz vom 23. 7. 1963 den Unterhaltsanspruch gegen den Bekl. nicht. Auf Grund der Vorschriften des Codice civile ist der (natürliche) Erzeuger dem (unehelichen) Kind nämlich n u r dann unterhaltspflichtig, wenn er das Kind .anerkannt' hat oder wenn ,die natürliche Kindschaft' durch Urteil festgestellt ist (vgl. Art. 261 und 277 Cc, auszugsweise übersetzt und abgedruckt in Tomforde-Diefenbach-Webler, Das Recht des unehelichen Kindes und seiner Mutter im In- und Ausland). Über eine Anerkennung des Kl. durch den Bekl., die unter Beobachtung der Art. 250 ff. zu erfolgen hätte, ist nichts vorgetragen. Die gerichtliche Feststellung der natürlichen Vaterschaft ist nur in folgenden Fällen möglich: 1. Wenn die Mutter und der angebliche Vater, als die Empfängnis erfolgte, offenkundig wie Ehegatten zusammengelebt haben; 27»
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2. wenn sich die Vaterschaft mittelbar aus einem Zivil- oder Strafurteil ergibt oder aus einer unzweideutigen schriftlichen Erklärung des als Vater in Anspruch Genommenen; 3. wenn Raub oder Notzucht zur Zeit der Empfängnis festgestellt ist; 4. wenn der Besitz des Personenstandes eines natürlichen Kindes vorliegt; (Art. 270: Der Besitzstand eines natürlichen Kindes ergibt sich aus mehreren Tatsachen, welche in ihrer Gesamtheit einen gewichtigen Anhalt für das Kindschaftsverhältnis zwischen einer Person und dem als Vater in Anspruch Genommenen begründen. In jedem Fall müssen folgende Tatsachen zusammentreffen: Daß die Person von dem von ihr als natürlichen Vater in Anspruch Genommenen wie sein Kind behandelt worden ist und daß derselbe wie ein Vater für ihren Unterhalt, ihre Erziehung und ihre Unterbringung gesorgt hat; daß sie dauernd im gesellschaftlichen Verkehr wie ein solches anerkannt worden ist.) Der Unterhalt f ü r das Kind bestimmt sich nach der Vorschrift des Art. 147. Das Urteil, das die natürliche Kindschaft feststellt, hat die Wirkung der Anerkennung. Der Richter kann auch die Anordnungen treffen, die er f ü r die Ernährung, Erziehung oder Ausbildung des Kindes oder f ü r die Vormundschaft bezüglich seiner Vermögensinteressen f ü r vorteilhaft hält (vgl. Art. 277). Haben beide Eltern das Kind anerkannt, so müssen sie alle Kosten anteilsmäßig tragen (vgl. Art. 261). Da die beabsichtigte Klage bei Zugrundelegung des Vorbringens im Schriftsatz vom 23. 7. 1963 keinen Erfolg haben könnte, hat das AG Backnang dem Kl. die einstweilige Kostenbefreiung zu Recht verweigert (vgl. § 114 ZPO). Unter diesen Umständen erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die Frage, ob das Armenrecht auch deshalb nicht bewilligt werden könnte, weil dem Kl. ein einfacherer Weg zur Geltendmachung und Durchsetzung etwaiger Unterhaltsansprüche gegen den Bekl. zur Verfügung steht. Das Haager 1 Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. 6. 1956 (BGBl. 1959 II 151, in Kraft getreten f ü r Italien am 27. 8. 1958, f ü r die Bundesrepublik Deutschland am 19. 8. 1959) hat, wie es in der Präambel (Art. 1) heißt, den Zweck, die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs zu erleichtern, den eine Person, die sich im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei befindet, gegen eine andere Person, die der Gerichtsbarkeit einer anderen Vertragspartei untersteht, erheben zu können glaubt. Dieser Zweck wird mit Hilfe von Stellen verwirklicht, die als Übermittlungs- und Empfangsstellen bezeichnet werden. Nach dem Inhalt der Vorschriften des Übereinkommens m u ß angenommen werden, daß die nunmehr geschaffenen Möglichkeiten f ü r die Geltendmachung und Verwirklichung eines Unterhaltsanspruchs eines in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Kindes gegen seinen der italienischen Gerichtsbarkeit unterstehenden unehelichen Erzeuger eine Verbesserung gegenüber dem sonst einzuschlagenden Weg (Klage vor dem deutschen Gericht im Gerichtsstande des § 23 a ZPO, anschließendes Verfahren nach Maßgabe des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kin1
Es muß lauten: New Yorker Übereinkommen . . .
Nr. 142,143
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dem vom 15. 4. 1958, BGBl. 1961 I I 1006) darstellen. Auf jeden Fall dürfte das Verfahren nach den Vorschriften des Übereinkommens vom 20. 6. 1956 weniger umständlich sein. Ob sich dies in der bisherigen Praxis gezeigt hat, ist allerdings der Kammer nicht bekannt. Einer Klärung dieser Frage bedurfte es nicht, weil das Armenrecht schon aus den vorher angegebenen Gründen nicht bewilligt werden kann." 142. Der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes einer Italienerin gegen den italienischen Erzeuger beurteilt sich nach deutschem Recht, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. LG Tübingen, Urt. vom 29. 7. 1964 - 1 S 37/64: DAVorm. 1965, 58 Aus den Gründen: „Daß das AG deutsches Recht angewandt hat, ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Bekl. greift die Kollisionsnorm des Art. 21 EGBGB, derzufolge italienisches Recht anzuwenden wäre, weil die Mutter des Kl. italienische Staatsangehörige ist, nicht Platz. Sie ist im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Italien durch Art. 1 des Haager Abkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 (BGBl. 1961 I I 1013) ersetzt. Danach richtet sich die Beantwortung der Frage, ob, in welchem Ausmaß und von wem ein Kind Unterhalt verlangen kann, nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wechselt das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so wird vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an das Recht des Staates angewendet, in dem das Kind seinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Anknüpfungspunkt ist demnach nicht die Staatsangehörigkeit der Mutter, sondern der gewöhnliche Aufenthaltsort des Kindes. Dieser ist hier M., Kr. Tübingen. Danach ist deutsches Recht anzuwenden. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, daß Italien von der Möglichkeit des Art. 2 des Abkommens, nämlich sein eigenes Recht für anwendbar zu erklären, Gebrauch gemacht hat. Denn die Voraussetzungen, unter denen von der Bestimmung des Art. 1 abgewichen werden kann, sind deshalb nicht gegeben, weil der Unterhaltsanspruch nicht vor einer italienischen Behörde erhoben wird und weil die Person, gegen die der Anspruch erhoben wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Italien hat. Es bewendet daher dabei, daß im vorliegenden Falle materielles deutsches Recht zur Anwendung kommt." 143. Abgesehen von der Unterhaltspflicht ist auf das Rechtsverhältnis des unehelichen Kindes zu seinem Vater in analoger Anwendung der Art. 19 und 20 EGBGB das Heimatrecht des Vaters anzuwenden. Eine gerichtliche Feststellung der blutmäßigen Abstammung ist daher nur zulässig, soweit das Heimatrecht des Vaters eine solche Feststellungsklage erlaubt. Dem griechischen Recht ist eine solche Klage unbekannt. LG Berlin, Urt. vom 17. 12. 1964 - 32 R 183/63: Unveröffentlicht.
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Der KL, uneheliches Kind einer deutschen Mutter, begehrt die Feststellung seiner Abstammung vom Bekl. Dieser ist griechischer Staatsangehöriger. Hilfsweise beantragt er, den Bekl. zu verurteilen anzuerkennen, daß der Kl. von ihm abstammt. Das Gericht hat eine Auskunft des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Aus den Gründen: „Die Zulässigkeit der in erster Linie erhobenen Klage auf Feststellung der blutmäßigen Abstammung, die sich nach den verfahrensrechtlichen Grundsätzen des deutschen Rechts bestimmt, ergibt sich aus den §§ 640, 644, 256 ZPO. Gemäß Art. 20 EGBGB entscheidet das Heimatrecht der Mutter n u r über das Rechtsverhältnis des unehelichen Kindes zur Mutter. Darüber, welches Recht f ü r das Rechtsverhältnis des unehelichen Kindes zu seinem Vater maßgebend ist - abgesehen von der Unterhaltspflicht, Art. 21 EGBGB - , enthält das deutsche IPR keine ausdrückliche Regelung. Hierüber entscheidet in analoger Anwendung der Art. 19, 20 EGBGB das Heimatrecht des Vaters (Soergel, BGB, 9. Aufl., Art. 20 EGBGB Rdn. 1; [OLG Düsseldorf] FamRZ 1957, 182 1 ). Eine gerichtliche Feststellung der blutmäßigen Abstammung ist daher n u r zulässig, soweit das maßgebende Recht, nämlich das Heimatrecht des Vaters, eine solche Feststellungsklage erlaubt, nicht dagegen, soweit es den Rechtsweg insoweit verschließt (Soergel, Art. 21 Rdn. 21, 27, 37). Im vorliegenden Fall m u ß also, da der Bekl. die griechische Staatsangehörigkeit besitzt und das griechische Recht eine Rückverweisung nicht ausspricht, griechisches Recht als Heimatrecht des Bekl. zur Anwendung kommen. Das griechische Recht kennt neben der in den Art. 1532, 1533 griech. ZGB geregelten freiwilligen Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde die Klage auf gerichtliche Anerkennung der Vaterschaft, Art. 1540 griech. ZGB (unvollkommene gerichtliche Anerkennung), die sowohl von der Mutter als auch vom Kind gegen den Vater erhoben werden kann. Nach der vom Max-Planck-Institut eingeholten Auskunft liegt die funktionelle Bedeutung dieser gerichtlichen Anerkennung, die in der Form eines Feststellungsurteils erfolgt, allein darin, daß sie das Kind berechtigt, vom Vater Unterhalt zu verlangen, Art. 1545 griech. ZGB, daß es sich also n u r um Feststellung der sogenannten Zahlvaterschaft handele. Die Klage sei danach nicht eine solche auf Feststellung der blutmäßigen Abstammung des Kindes. Desgleichen erfolge durch die im Art. 1555 griech. ZGB geregelte vollkommene gerichtliche Anerkennung, durch die das uneheliche Kind alle Rechte eines freiwillig anerkannten Kindes erwirbt, keine Feststellung der blutmäßigen Abstammung des unehelichen Kindes vom Vater, da die Abstammung ohne wirklichen Beweis mehr oder weniger vermutet werde. 1
IPRspr. 1956-1957 Nr. 125.
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Nach der Auskunft des genannten Institutes gibt es nach griechischem Recht, nämlich nach Art. 127 des Einführungsgesetzes zum griech. ZGB neben der besonderen Feststellungsklage auf gerichtliche Anerkennung der Vaterschaft zwar eine allgemeine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Die Bestimmungen der Art. 1540 ff. ZGB sind jedoch lex specialis gegenüber Art. 127 des Einführungsgesetzes zum ZGB und auf die Klage des Kindes gegen den unehelichen Erzeuger nicht anwendbar. Das Max-Planck-Institut, dessen Ausführungen auf der von ihm zitierten Literatur und Rechtsprechung beruhen und denen das Gericht folgt, stellt abschließend fest, daß dem griechischen Recht eine Klage auf Feststellung der blutmäßigen Abstammung des unehelichen Kindes unbekannt sei. Der Hauptantrag des Kl. konnte somit nicht zum Erfolg führen. Aber auch der Hilfsantrag auf Anerkennung, daß der Kl. vom Bekl. abstammt, konnte keinen Erfolg haben. Es mag dahinstehen, ob für diesen das AG grundsätzlich zuständig wäre. Da es sich im vorliegenden Falle um keine ausschließliche Zuständigkeit handelt (Baumbach, ZPO, 26. Aufl., § 23 GVG Anm. 10) und der Bekl. zugestimmt hat, ist die Zuständigkeit des LG Berlin gegeben, §§ 38 ff. ZPO (vgl. Baumbach, § 23 GVG Anm. 3; Übersicht 3 vor § 1 ZPO). Der Hilfsantrag ist aber unbegründet. Der Hilfsantrag ist auf Art. 1540,1545 des griech. ZGB gestützt. Das griechische Recht findet aber keine Anwendung. Es ist vielmehr gemäß Art. 21 1. Halbsatz EGBGB deutsches Recht anzuwenden. Das deutsche Recht kennt aber eine Klage auf Anerkennung der Vaterschaft nicht." 1 4 4 . Es ist mit der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht offensichtlich unvereinbar, daß der Vater für sein uneheliches Kind nicht nur bis zum 18., sondern bis zum 21. Lebensjahr Unterhalt leistet. LG Regensburg, Urt. vom 11. 2. 1965 - S 276/64: DAVorm. 1965, 152; DAVorm. 1966, 153. Der Bekl. ist deutscher Staatsangehöriger und Vater der 1946 unehelich geborenen Kl. Diese besitzt - wie ihre Mutter - die österreichische Staatsangehörigkeit und hat in Österreich ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Sie w u r d e 1964 mit Auszeichnung f ü r reif zum Besuch einer Hochschule erklärt und will ihre Studien a n einer Hochschule fortsetzen. D e r Bekl. stellte seine Unterhaltszahlungen mit Vollendung des 18. Lebensjahres der Kl. ein. Mit der Klage begehrte die Kl. die Verurteilung des Bekl., ihr bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit eine monatliche Unterhaltsrente von 80 D M zu bezahlen. D a s A G hat der Klage auf Grund des österreichischen Rechts bis zum Zeitpunkt der Vollendung des 21. Lebensjahres der Kl. stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Bekl. mit der Berufung.
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Aus den Gründen: „Auf Grund des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956, das nach der Bekanntmachung vom 27. 12. 1961 ab 1. 1. 1962 f ü r die BRD gilt (BGBl. II 16), wurde Art. 21 EGBGB modifiziert. Danach kann ein Kind (auch uneheliches, unverheiratetes und noch nicht 21 Jahre altes Kind, Art. 2 IV) in dem Ausmaße, demnach auch f ü r eine Zeit und von demjenigen Unterhalt verlangen, wie es sich nach dem Recht des Staates bestimmt, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 1 I). Nur dann, wenn das Recht des Aufenthaltsstaates jeden Anspruch auf Unterhalt versagt, sind nicht die Bestimmungen des Haager Übereinkommens, sondern die internationalen Kollisionsnormen maßgebend (Art. 3). Auch darf von der Anwendung des durch das Übereinkommen f ü r anwendbar erklärten Rechts nur dann abgesehen werden, wenn seine Anwendung mit der öffentlichen Ordnung des Staates, dem die angerufene Behörde angehört, .offensichtlich unvereinbar' ist (Art. 4). Diese Bestimmung ähnelt in etwa der Vorschrift des Art. 30 EGBGB, geht aber in den Voraussetzungen noch darüber hinaus. Es ist mit dem in der BRD geltenden Recht nicht offensichtlich unvereinbar, daß der uneheliche Vater f ü r sein Kind nicht bloß bis zum 18., sondern bis zum 21. Lebensjahr Unterhalt leistet, zumal Art. 6 V GG bereits vorsieht, daß den unehelichen Kindern durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen f ü r ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen sind wie den ehelichen Kindern. Eine Beschränkung der Unterhaltspflicht gegenüber ehelichen Kindern auf das 18. Lebensjahr sieht § 1603 BGB nicht vor. Ein Unterhaltsanspruch über das 18. Lebensjahr hinaus bis zum 21. Lebensjahr steht somit deutschem Recht nicht offensichtlich unvereinbar entgegen. E r ist auch mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 III GG (Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz) zu vereinbaren. Denn jedes Kind, das durch das Haager Übereinkommen betroffen ist, wird gleichgestellt. Bei dem Haager Übereinkommen handelt es sich um eine Ausgestaltung einer Kollisionsnorm des IPR. Dessen Bestimmungen stellen aber notwendige Ordnungsvorschriften zwecks eindeutiger Bestimmung des anzuwendenden Rechts dar und stehen selbst dann, wenn n u r ein Teil deutscher Staatsbürger davon betroffen ist (z. B. bei der Frage des Güterrechts f ü r vertriebene Deutsche ehemaliger anderer Staatsangehörigkeit) , nicht im Gegensatz zu Art. 3 III GG (vgl. BayObLGZ 1959, 89, 97 f. 1 ; 1961, 123, 126 f. 2 ). Dem Begehren der Kl. steht auch nicht der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Unterhaltsanspruchs (vgl. Erman, Art. 21 Anm. 2 c u. 10 A; [LG Bielefeld] NJW 1957, 1074 3 ; [LG Kassel, NJW, 1961] 1728 4 , [LG Berlin, NJW] 1962,1682 5) entgegen. 1 3 5
IPRspr. 1958-1959 Nr. 120. IPRspr. 1956-1957 Nr. 132. IPRspr. 1962-1963 Nr. 129.
2 4
IPRspr. 1960-1961 Nr. 101 a. IPRspr. 1960-1961 Nr. 127.
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Das maßgebliche Unterhaltsstatut f ü r die Kl., nämlich das ABGB, blieb unverändert. Es wird nach wie vor nach diesen Vorschriften bestimmt. N u r Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB w u r d e zu Ungunsten des deutschen Unterhaltspflichtigen abgeändert, mit der Folge, daß n u n m e h r das bisherige Unterhaltsstatut in größerem Ausmaße zum Zuge kommt. Das gilt bereits f ü r die seit Inkrafttreten des Haager Übereinkommens fällig werdenden und gewordenen Unterhaltsraten, also auch f ü r die von der Kl. seit Klageerhebung am 7. 6. 1964 geforderten Unterhaltsbeträge. Gemäß §§ 166, 141 ABGB ist es die Pflicht des unehelichen Vaters, allein f ü r den Unterhalt des Kindes zu sorgen, bis es sich selbst ernähren kann. I n der österreichischen Bechtsprechung und Lehre wird hieraus eine Unterhaltspflicht bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit angenommen. W a n n die Selbsterhaltungsfähigkeit erlangt wird, ist jeweils Tatfrage. Hierbei ist darauf abzustellen, wie die Bedürfnisse und das Vermögen des Kindes, seine Fähigkeiten, das Vermögen des Unterhaltspflichtigen und der Stand der Beteiligten beschaffen sind. Hat das Kind eine besonders hervortretende Begabung, d a n n wird u. U. der Unterhalt auch noch f ü r die Zeit eines Hochschulstudiums zuerkannt. Die Selbsterhaltungsfähigkeit ist nämlich nicht auf ein bestimmtes Lebensalter oder auf den Abschluß der gewöhnlichen Schulpflicht abzustellen. Sie richtet sich vor allem zunächst nach der Berufsbefähigung des Kindes. I h m sind vom unehelichen Vater die Mittel zur Ausbildung zur Verfügung zu stellen, die ihm die Erlangung einer seinen Fähigkeiten gemäßen Lebensstellung ermöglichen. Allerdings können die Mittel zum Hochschulstudium nicht schlechthin, nicht ohne Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse des Vaters gefordert werden (Schey, [ABGB] 1902, § 166 A n m . 6 ABGB), anders aber bei einem besonders begabten Abiturienten (OGH 3.10.1951, EvBl. 1951 Nr. 129)." 145. Für die Klage auf Feststellung der Nicht-Vaterschaft matrecht des klagenden angeblichen Erzeugers maßgebend.
ist das Hei-
OLG Karlsruhe, Urt. vom 19. 2. 1965 - 2 U 326/64: Die Justiz 1965, 236; N J W 1965, 1537; DRspr. I (180) 5 6 b ; Leitsatz in F a m R Z 1965, 579 Nr. 331 ; DRiZ 1965 B 104 Nr. 1378. Die Bekl. wurde am 14. 1. 1960 unehelich geboren. Der Kl. hatte während der vom 18. 3. 1959 bis 16. 7. 1959 laufenden gesetzlichen Empfängniszeit mit der Mutter der Bekl., die die spanische Staatsangehörigkeit besitzt, geschlechtlich verkehrt. In einem am 23. 1. 1960 vor der Amtsvormundschaft Herisau (St. Gallen) zwischen der Bekl. und deren Mutter einerseits und dem Kl. andererseits abgeschlossenen „Vergleich" erkannte der Kl. die Vaterschaft zu dem bekl. Kinde an und verpflichtete sich zur Unterhaltszahlung. Dieser Vergleich wurde am 20. 6. 1960 durch die Vormundschaftskommission Herisau im Sinne von Art. 421 Nr. 8 des Schweiz. ZGB genehmigt. Der Kl. hat gegen die Bekl. Klage auf Feststellung seiner Nicht-Vaterschaft erhoben und zur Begründung vorgetragen: Schon vor Abgabe seiner Anerkenntniserklärung habe er erhebliche Bedenken gegen seine Vaterschaft gehabt, die Kindesmutter habe es jedoch verstanden, ihn zu dem Anerkenntnis zu veranlassen.
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Die Bekl. hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen: An der Feststellungsklage bestehe kein rechtliches Interesse. Erst nach reiflicher Überlegung und aus freier Willensentschließung habe der KI. die Anerkenntniserklärung abgegeben. Aus den von ihm vorgetragenen Gründen lasse sich nicht darauf schließen, daß ein anderer als Vater in Betracht komme. Die Klage stelle vielmehr nur den Versuch dar, von der Unterhaltspflicht freizuwerden, nachdem sich ihre Mutter mit dem Kl. überworfen habe. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, es fehle an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Auf die Berufung des Kl. hat das OLG das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen. Aus den Gründen: „I. Das angerufene Gericht ist f ü r die Entscheidung zuständig. Gemäß § 13 ZPO wird der allgemeine Gerichtsstand durch den Wohnsitz bestimmt. Nach § 11 I Satz 2 BGB teilt ein uneheliches Kind den Wohnsitz der Mutter. Wo jemand in Deutschland Wohnsitz hat, richtet sich auch bei Ausländern nach deutschem Recht; § 13 ZPO macht die §§ 7 ff. BGB f ü r den Gerichtsstand zu seinem Bestandteil (vgl. KG, J W 1936, 3571; BaumbachLauterbach, [ZPO] Erl. zu § 13 ZPO). II. Auf den Rechtsstreit findet das materielle deutsche Recht Anwendung, so daß es f ü r die Entscheidung nicht auf die Frage ankommt, welche Staatsangehörigkeit die Bekl. oder deren Mutter besitzt. Dies folgt zwar nicht aus Art. 21 EGBGB, der f ü r das Verhältnis zwischen dem unehelichen Kind und dem Vater an die Gesetze des Staates anknüpft, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört, sondern aus einer Analogie zu den Art. 19, 20 EGBGB. Art. 21 befaßt sich nämlich ausschließlich mit dem Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes, während sich die Art. 19, 20 mit dem allgemeinen Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern einerseits und dem unehelichen Kind und der Mutter andererseits beschäftigen. Da in den beiden letztgenannten Vorschriften nicht an die Staatsangehörigkeit des Kindes angeknüpft wird, ist auch f ü r die Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen unehelichem Kind und Erzeuger nicht von der Staatsangehörigkeit des Kindes, sondern von der des Erzeugers auszugehen. Nach herrschender Meinung ist demnach f ü r die Klage auf Feststellung der Nicht-Vaterschaft das Heimatrecht des Vaters bzw. des die Klage erhebenden — angeblichen - Erzeugers maßgebend (vgl. Staudinger-Raape, [BGB] zu Art. 21 EGBGB Anm. G I, II, IV 1; Raape, IPR, 1961, 368 II; Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., 219 Abs. 3; Kegel, IPR, 2. Aufl., 329 f.; Neuhaus, Die Verpflichtungen des unehelichen Vaters im deutschen IPR, 1953, 13 f.; Palandt-Lauterbach, [BGB] Anm. 3 a zu Art. 21 EGBGB; OLG Düsseldorf, FamRZ 1957, 183 1 m. w. Nachw.). Der gegenteiligen Ansicht von Müller-Freienfels, der vom Heimatrecht des Kindes ausgeht (FamRZ 1957, 148ff.), vermochte der Senat nicht beizupflichten." 1
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1 4 6 . Art. 21 EGBGB unterwirft lediglich die Unterhaltsforderung des unehelichen Kindes dem Heimatrecht der Mutter, nicht die Feststellung der blutmäßigen Abstammung. Das gilt auch dann, wenn mit der erhobenen Statusklage in erster Linie beabsichtigt ist, ein abweisendes Unterhaltsurteil zu beseitigen. Für die sich aus der außerehelichen Vaterschaft ergebenden Rechtsfolgen maßgebend. ist analog Art. 18, 19 EGBGB das Heimatrecht des Erzeugers Das griechische Recht kennt nicht ein dem deutschen Recht entsprechendes Rechtsverhältnis, das auf der blutmäßigen Abstammung des unehelichen Kindes von seinem Erzeuger beruht. O L G Stuttgart, Urt. vom 13. 5. 19651 - 3 U 16/65: FamRZ 1965, 522 mit Anm. der Red.; DAVorm. 1965, 360; DRspr. I (180) 59a; Leitsatz in DRiZ 1965 B 108 Nr. 1452; Die Justiz 1966, 183. Der Kl. ist der in Stuttgart geborene Sohn der ledigen Margot S., die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Der Bekl. ist griechischer Staatsangehöriger und wohnt seit mehr als zehn Jahren in Stuttgart. Er hält sich zur Zeit in Griechenland auf. Gegen ihn hat der Kl. beim AG Stuttgart bereits zweimal Klage mit dem Antrag erhoben, den Bekl. zur Zahlung einer Unterhaltsrente zu verurteilen. Die erste Klage wurde zurückgenommen, weil die Mutter des KI. die Aussage verweigert hatte, die zweite durch Prozeßurteil abgewiesen, weil dem Bekl. die Kosten des Vorprozesses noch nicht erstattet worden waren. Eine dritte Klage hat das LG Stuttgart im zweiten Rechtszug durch Urteil vom 23. 1. 1963 als unbegründet abgewiesen, weil nicht bewiesen sei, daß der Bekl. der Mutter des Kl. in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe. Der Kl. begehrt nunmehr mit der am 20. 6. 1964 erhobenen Statusklage festzustellen, daß der Bekl. der Vater des Kl. ist. Aus den Gründen: „I. . . . II. W i e das LG im Ergebnis richtig dargelegt hat, kann die Statusklage festzustellen, daß der Bekl. der außereheliche Vater des Kl. ist, deshalb keinen Erfolg haben, weil das hier maßgebende Heimatrecht des Bekl. die Feststellung eines solchen Rechtsverhältnisses nicht oder nicht mehr zuläßt. 1. Das anzuwendende Recht kann nicht aus Art. 21 EGBGB bestimmt werden. Diese Vorschrift hatte bei ihrem Inkrafttreten nur eine Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters im Auge, wie sie § 1708 BGB statuierte und gemäß § 644 a. F. Z P O nur im ordentlichen Prozeß, nicht im Statusverfahren geltend gemacht werden konnte. Die Zulassung der Klage auf Feststellung der blutmäßigen Abstammung durch das RG und den B G H (vgl. B G H Z 5, 396; 17, 252) hat den Inhalt und die Tragweite der Kollisions1 Der BGH hat dem Kl. das Armenrecht für die Revisionsinstanz verweigert, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, Beschl. vom 22. 10. 1965 - IV ZA 19/65, vgl. Anm. der Red. in FamRZ 1966, 31.
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norm des Art. 21 EGBGB nicht verändert. Sie unterwirft weiterhin lediglich die Unterhaltsforderung des Kindes gegen seinen Erzeuger dem Heimatrecht der unehelichen Mutter. Sie ist aus drei Gründen nicht maßgebend für das hier im Statusprozeß festzustellende Rechtsverhältnis (so allgemeine Meinung: OLG Düsseldorf, FamRZ 1957, 182 2 ; Müller-Freienfels, FamRZ 1957, 147; Kegel in Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Art. 21 EGBGB Anm. 16ff.; Raape, IPR, 5. Aufl., 361, 368; Kegel, IPR, 2. Aufl., 325ff.; Wolff, Das IPR Deutschlands, 2. Aufl., 187; Lauterbach in Palandt, BGB, 24. Aufl., Anm. 5 zu Art. 21 EGBGB): a) Die vollständige deutsche Kollisionsnorm des Art. 21 EGBGB, die den Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes dem Recht des Staates zuordnet, dem die Mutter des Kl. im Zeitpunkt der Geburt angehört hat, ist eine Ausnahmevorschrift. Sie durchbricht die Grundregel des deutschen IPR, daß sich das Rechtsverhältnis des Kindes zu seinen Eltern, insbesondere zu seinem Vater nach den Gesetzen des Staates, dem der Vater oder auch die Mutter angehören (vgl. Art. 18, 19, 20, 22 EGBGB), zu richten hat, also die Staatsangehörigkeit dessen, der in erster Linie aus dem Rechtsverhältnis verpflichtet wird, das anzuwendende Recht bestimmen solle. Die Regelung des Art. 21 EGBGB hat auch im ausländischen Recht kaum eine Parallele (Raape, IPR, 5. Aufl., 361, 362). Wegen seines Ausnahmecharakters ist eine ausdehnende Auslegung des Art. 21 EGBGB nicht angezeigt. b) Im Gegensatz zur Unterhaltspflicht im Sinne des Art. 21 EGBGB, die lediglich eine schuldrechtliche Bindung zwischen dem unehelichen Kind und seinem Erzeuger herstellt und im Prozeß nur zwischen diesen Parteien festgestellt werden kann, wirkt ein nicht mehr anfechtbares Urteil, das auf eine Statusklage des unehelichen Kindes gegen seinen angeblichen Erzeuger ergangen ist, Rechtskraft für und gegen alle (§ 643 ZPO). Es stellt im Falle des Obsiegens des Kindes das auf der blutmäßigen Abstammung beruhende Rechtsverhältnis der Parteien grundsätzlich unangreifbar fest. Dieses Rechtsverhältnis erschöpft sich schon nach geltendem Recht nicht nur darin, daß ein Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes nicht mehr geleugnet werden kann. Es ist die Grundlage dafür, daß das Kind im Falle der Heirat der Eltern ehelich werden oder für ehelich erklärt werden kann, daß eine natürliche Verwandtschaft im Sinne des § 4 EheG und die Strafbarkeit des Beischlafs nach § 173 StGB gegeben ist. Vor allem aber hat die Feststellung der unehelichen Vaterschaft gemäß § 643 ZPO eine heute noch nicht voll übersehbare künftige Wirkung, nämlich dann, wenn der Gesetzgeber dem Verfassungsgebot des Art. 6 V GG nachkommt oder im Falle der weiteren Säumnis das BVerfG aus Art. 3 I und III GG gezwungen ist, die bisherige, gesetzlich normierte (§ 1589 II BGB) Benachteiligung der unehelichen Kinder im Vergleich zu den ehelichen Kindern, insbesondere im Verhältnis zum Vater, zu beseitigen oder auch nur abzuschwächen, und die Rechtsprechung Grundsätze entwickeln muß, die dem Kind verwandtschaftliche Beziehungen mit weit über die be* IPRspr. 1956-1957 Nr. 125.
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schränkte Unterhaltspflicht des § 1708 BGB hinausgehenden Rechtsfolgen gewähren. Deshalb kann auch der Umstand, daß die vorliegende Statusklage, wie der Kl. ausdrücklich hervorhebt, in erster Linie dazu dienen soll, gemäß § 644 BGB n. F . die Rechtskraft des Urteils des LG Stuttgart, das den nach Art. 21 EGBGB, § 1708 BGB geltend gemachten Unterhaltsanspruch des Kl. gegen den Bekl. abgewiesen hat, zu beseitigen, eine Anwendung des Art. 21 EGBGB auf das hier festzustellende Rechtsverhältnis nicht rechtfertigen. Die in § 644 BGB n. F . angeordnete Durchbrechung der Rechtskraft des Unterhaltsurteils ist nur eine Folge der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines familienrechtlichen Verhältnisses zwischen den Parteien des Unterhaltsprozesses, beschränkt aber nicht die vorbezeichnete Tragweite des Statusurteils, die erheblich über die Feststellung oder den Ausschluß der Unterhaltspflicht hinausgeht und durch das Motiv, aus dem der Amtsvormund die Abstammungsklage erhoben hat, nicht berührt wird. c) Die Regelung des Art. 21 EGBGB ist allein aus dem das deutsche Unehelichenrecht beherrschenden Ab stammung s system verständlich, das grundsätzlich nur die durch die Geburt vermittelten Beziehungen des unehelichen Kindes zur Mutter anerkennt, ein familienrechtliches Verhältnis des Kindes zum Erzeuger verneint und dessen Beziehungen zum Kind auf die Pflicht, Unterhalt zu leisten, beschränkt. Die Anknüpfung an das Heimatrecht der nach diesem System allein mit dem unehelichen Kind verwandten Mutter ist schwerlich vereinbar mit dem Anerkennungssystem des romanischen Rechtskreises, auch des griechischen Rechts, das ein familienrechtliches Verhältnis des Erzeugers, j a sogar der Mutter zum unehelichen Kind regelmäßig erst auf Grund einer Anerkennung zuläßt, die Anerkennung durch den Erzeuger aber mit Rechtsfolgen ausstattet, die dem unehelichen Kind annähernd die Stellung eines ehelichen geben. Die entsprechende Anwendung des Art. 21 EGBGB auf das gesamte familienrechtliche Verhältnis des unehelichen Kindes einer deutschen Mutter zu seinem ausländischen Erzeuger würde die Möglichkeit der Anerkennung durch einen französischen, niederländischen, griechischen usw. Vater ausschließen und damit dem Kind den Aufstieg in eine Rechtsstellung, die der des ehelichen Kindes recht nahe kommt, abschneiden. Eine solche Tragweite kann einer Bestimmung des deutschen IPR, die sich ausdrücklich nur auf die Unterhaltspflicht des außerehelichen Erzeugers bezieht, nicht zuerkannt werden. 2. Die danach vorhandene Lücke des deutschen I P R ist mit der herrschenden Meinung (OLG Düsseldorf, F a m R Z 1957, 182 2 ; Kegel in SoergelSiebert, BGB, 9. Aufl., Anm. 21 zu Art. 21 E G B G B ; Kegel, I P R , 2. Aufl., 327; Palandt, BGB, 24. Aufl., Anm. 3 a zu Art. 21 EGBGB) analog zu Art. 18 und 19 EGBGB durch die Anknüpfung an das Heimatrecht dessen zu schließen, der über die Leistung des Unterhalts hinaus als Vater des unehelichen Kindes mit den sich ergebenden Rechtsfolgen wie E r b - oder Pflichtteilsrecht des Kindes, Sorgepflicht des Vaters usw. festgestellt werden soll: a) Die Lücke kann nicht dadurch ausgefüllt werden, daß das am Wohnsitz der Mutter, des Vaters oder des Kindes geltende Recht für maßgebend
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erachtet wird. Denn das Domizilprinzip ist dem deutschen IPR, soweit höchstpersönliche Rechtsbeziehungen, insbesondere familienrechtliche Verhältnisse einer Rechtsordnung zuzuordnen sind, völlig fremd. Das gleiche gilt f ü r den kontinentaleuropäischen Rechtskreis. b) Eine Anknüpfung an das Personalstatut der Mutter hat nicht nur, weil Art. 21 EGBGR unanwendbar erscheint, auszuscheiden. Sie wäre, da das deutsche IPR noch von patriarchalischen Erwägungen geleitet ist, systemwidrig und vor allem mit den hier allein zu bewertenden Interessen des Kindes und seines Erzeugers unvereinbar. Das familienrechtliche Verhältnis zwischen unehelichem Kind und seinem Vater kann nicht nach dem Heimatrecht einer Dritten bestimmt werden, die anders als die Ehef r a u keine rechtliche Bindung zum Erzeuger des Kindes hat. c) Die noch offenstehende Wahl zwischen dem Heimatrecht des Kindes, f ü r das Müller-Freienfels (FamRZ 1957, 147) und nach seinen durch den Senat nicht nachprüfbaren Angaben (FamRZ aaO Note 35 und 36) scheinbar auch Neumayer und Neuhaus eintreten, und dem Heimatrecht des Erzeugers muß zugunsten des letzteren getroffen werden. Es mag aus Gründen der Einheitlichkeit des Rechts, das f ü r die Beziehungen des Kindes zu Vater und Mutter maßgebend ist, angezeigt erscheinen, das Rechtsverhältnis dieser drei Personen nach dem Heimatrecht des Kindes zu bestimmen. Das geltende Recht kennt jedoch die Anknüpfung an das Personalstatut des Kindes nicht. Sie ist nicht einmal f ü r den Fall der Adoption, bei der entscheidend die Rechtsstellung des Kindes verändert wird, zugelassen (Art. 22 EGBGB). Das deutsche IPR verweist vielmehr grundsätzlich auf das Heimatrecht des Vaters, soweit seine Beziehungen zu einem Kind zu beurteilen sind (Art. 18,19 EGBGB). Auch die Abwägung der Interessen des unehelichen Kindes und des Erzeugers fordert nicht die Heranziehung des Kindesstatuts, insbesondere, wenn man als Maßstab die Wertungen des deutschen Sachrechts anlegt. Es verneint noch eine aus der Verwandtschaft fließende rechtliche Bindung des Erzeugers zu dem unehelichen Kind. Auch die erfolgreiche Abstammungsklage stellt, allerdings im Gegensatz zu dem Postulat des Art. 6 V GG n u r eine schwache familienrechtliche Bindung her. Das Interesse des außerehelichen Erzeugers, von einer persönlichen Verantwortung, wie sie den Vater eines ehelichen Kindes betrifft, unbehelligt zu bleiben, wird im geltenden deutschen Recht weitgehend gewahrt und dem Interesse des unehelichen Kindes an einer möglichst engen Beziehung zum Vater vorangestellt. Die Gründe hierfür sind mannigfacher, zum Teil weltanschaulicher oder religiöser Art, deren Berücksichtigung zum Nachteil des Kindes hier, weil dem Grundsatz der Gleichberechtigung (Art. 3 GG) widersprechend, nicht vertretbar wäre. Aber ein Grund, nämlich die Familie des Vaters vor den Konflikten, die die Verantwortung des Vaters f ü r seine unehelichen Kinder notwendig in seine Beziehungen zu seinen ehelichen Kindern und deren Mutter hineinträgt, im Einklang mit Art. 6 I und II GG zu schützen, verdient Beachtung und muß bei der Bewertung der Interessen des Vaters ins Gewicht fallen. Das tatsächliche Überwiegen der Belange des Erzeu-
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gers gegenüber denen des unehelichen Kindes im geltenden deutschen Familienrecht legt es nahe, auch im deutschen IPR die stärkere Stellung des Vaters anzuerkennen und an sein Heimatrecht anzuknüpfen. Selbst die Interessen der deutschen unehelichen Kinder, über deren familienrechtliches Verhältnis zu einem ausländischen Erzeuger im Inland entschieden wird, widerstreben nicht grundsätzlich der dargelegten Auffassung; denn in einer großen Anzahl, wenn nicht der Mehrzahl der Fälle, kann das Personalstatut des ausländischen Erzeugers dem Kind einer deutschen Mutter günstiger sein als das deutsche Recht. Wie bereits ausgeführt, lassen es eine Reihe von Rechtsordnungen, so auch das griechische Recht zu, daß unter gewissen Voraussetzungen das außereheliche Kind einer Deutschen nach dem Heimatrecht seines Erzeugers eine Rechtsstellung erlangt, die der eines ehelichen Kindes zwar nicht voll entspricht, aber sie fast erreicht (vgl. Art. 1537 bis 1540 des griech. ZGB). Entscheidend ist letztlich der von Kegel (aaO) zutreffend dargelegte Gesichtspunkt, daß die Rücksicht auf Gesetze und Angehörige anderer Staaten gebietet, das Personalstatut dessen, den wie den unehelichen Erzeuger in erster Linie Pflichten und Verantwortung aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis zum unehelichen Kind treffen sollen, also das Heimatrecht des Vaters heranzuziehen. 3. Das mithin maßgebende griechische Recht, das nicht auf das deutsche zurückverweist (Art. 20 des griech. ZGB), kennt ein dem deutschen Recht entsprechendes Rechtsverhältnis, das auf der blutmäßigen Abstammung des unehelichen Kindes von seinem Erzeuger beruht, nicht (Art. 1540 ff. des griech. ZGB); der auf die Feststellung eines solchen Rechtsverhältnisses gerichtete Klagantrag m u ß abgewiesen werden. Eine Auslegung oder Änderung des Klagantrags dahin, gemäß Art. 1540 des griech. ZGB den Bekl. zur Anerkennung des Kl., die diesem unter den Voraussetzungen des Art. 1555 aaO annähernd die Stellung eines ehelichen Kindes gemäß Art. 1537 bis 1539 aaO verschaffen würde, zu verurteilen, könnte der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen: a) Eine Klage auf Anerkennung nach griechischem Recht wäre verspätet. Sie kann n u r innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach der Geburt des unehelichen Kindes geltend gemacht werden (Art. 1544 des griech. ZGB). Die Frist war am 21. 12. 1960, also längst vor Einreichung und Zustellung der vorliegenden Klage abgelaufen. b) Die gerichtliche Geltendmachung der Unterhaltsansprüche des Kl. gemäß Art. 21 EGBGB nach deutschem Recht in den Verfahren des AG Stuttgart hat die 5-Jahresfrist des Art. 1544 des griech. ZGB aus zwei Gründen nicht unterbrochen: Einmal statuiert Art. 1544 des griech. ZGB eine Ausschlußfrist, die der des § 1594 IV BGB entspricht. Vor allem aber deckt sich der Streitgegenstand der Unterhaltsklage nicht mit dem der Statusklage oder der Klage auf Anerkennung nach Art. 1540 des griech. ZGB. Der Anspruch auf Anerkennung im Sinne des Art. 1540 ist nach Inhalt und Tragweite völlig verschieden von der in den Vorprozessen geltend gemachten Unterhaltsschuld des Bekl. nach deutschem Recht. Die Anerkennung
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ist, wenn überhaupt, erstmals mit dem am 5. 7. 1963 eingereichten Armenrechtsgesuch verlangt worden. c) Die Anwendung des Art. 1544 des griech. ZGB auf den vorliegenden Streitfall verstößt weder gegen die guten Sitten noch den Zweck deutscher Gesetze (Art. 30 EGBGB). Die Regelung des griechischen Rechts benachteiligt den Kl. nicht ungebührlich. Das deutsche Recht kennt ebenfalls vergleichbare Fristen (§ 1594 I und IV, § 1596 II, § 1599 BGB), die der vernünftigen Erwägung Rechnung tragen, daß nach Ablauf eines nicht zu k u r z bemessenen Zeitraums ein Streit über die Abstammung eines Kindes ausgeschlossen sein solle. d) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der dem materiellen Recht zugehörigen 5—jährigen Ausschlußfrist des Art. 1544 des griech. ZGB k o m m t aus den Gründen, die im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt sind, nicht in Betracht." Ihl.Der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes einer Spanierin gegen den deutschen Erzeuger beurteilt sich gemäß Art. 21 EGBGB nach spanischem Recht. Obgleich das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, findet das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 keine Anwendung, weil Spanien das Abkommen nicht ratifiziert hat. Das uneheliche Kind ist nach spanischem Recht nicht in dem Stande eines natürlichen Kindes, wenn der deutsche katholische Erzeuger geschieden ist, weil der geschiedene deutsche Mann sich in Deutschland nicht mit der spanischen Mutter verheiraten kann. Auch ein rechtskräftiges deutsches Statusurteil ist ein endgültiges Zivilurteil im Sinne von Art. 140 Nr. 1 span. Código civil, aus welchem sich die Vaterschaft ergibt. Das Verbot der direkten oder indirekten Vaterschaftsnachforschung des Art. 141 span. Código civil greift daher nicht ein. LG Hamburg, Urt. vom 11. 8. 1965 - 18 S 89/63 (19 C 377/62): ZB1JR 1967, 90; DRspr. I (180) 62 c. Dazu Müller-Freienfels, Zu Unterhaltsklagen mit Auslandsberührung von in der Bundesrepublik lebenden Kindern: ZB1JR 1967, 61-70. Die Kl. wurde am 1. 4. 1960 in Hamburg von der spanischen Mutter katholischer Konfession geboren. Diese ist seit 1959 in Hamburg berufstätig. Der KI. ist die Jugendbehörde Hamburg gemäß Art. 23 EGBGB zum Vormund bestellt worden, nachdem das Heimatland Spanien die Übernahme der Fürsorge mit dem Hinweis abgelehnt hat, der Vater sei Deutscher. Der Bekl., den die Kl. auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nimmt, ist deutscher Staatsangehörger katholischer Konfession. Seine Ehe wurde im Jahre 1954 geschieden. Durch Urteil des LG Hamburg vom 12. 5. 1964 ist rechtskräftg festgestellt worden, daß die unehelich geborene Kl. vom Bekl. abstammt. Das AG hat die Klage abgewiesen, da die Kl. die Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs nach spanischem Recht nicht dargetan habe. Hiergegen wendet die Kl. sich mit der Berufung. Das Gericht hat vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg ein Rechtsgutachten über das materielle spanische Recht eingeholt.
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Aus den Gründen: „Mit dem AG ist davon auszugehen, daß der Unterhaltsanspruch gemäß Art. 21 EGBGB nach spanischem Recht zu beurteilen ist. Denn unstreitig ist die Kl. von einer spanischen Staatsangehörigen in Deutschland unehelich geboren worden. Eine andere Beurteilung könnte n u r dann Platz greifen, wenn das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 (BGBl. 1961 II 1013) auf den vorliegenden Fall bereits Anwendung finden könnte. Denn gemäß Art. 1 dieses Übereinkommens soll die Frage, ,ob, in welchem Ausmaße und von wem ein Kind Unterhalt verlangen kann, sich nach dem Rechte des Staates (bestimmen), in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat'. ,Kind' ist im Sinne des Übereinkommens u. a. jedes uneheliche Kind (Art. 1 III des Abkommens). Zu den Unterzeichnerstaaten des Abkommens gehört zwar auch Spanien, jedoch ist es von Spanien bisher nicht ratifiziert worden (vgl. Palandt-Lauterbach, [BGB] 24. Aufl. 1965, Anh. zu Art. 21 EGBGB Anm. 2). Dieser Umstand steht aber einer Anwendung der Grundsätze des Abkommens im vorliegenden Rechtsstreit entgegen (vgl. Art. 7, 8 des Abkommens; Strupp-Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, 1962, 534; BaUreich im Handbuch der Sozialwissenschaften II, 1961, 347). Somit verbleibt es hier gemäß Art. 21 EGBGB bei spanischem Recht. Gemäß Art. 9 span. Cc in der Fassung des Art. I der Verordnung des Staatschefs vom 15. 7. 1954 (zitiert bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Bd. III, Spanien) sind ,die Gesetze über die Rechte und Pflichten der Familie, über den Personenstand f ü r Spanier maßgebend, auch w e n n sie sich im Ausland aufhalten'. Das spanische Recht unterscheidet zwischen sogenannten natürlichen und solchen unehelichen Kindern, die nicht im Stand von natürlichen Kindern sind, u n d gewährt ihnen unterschiedliche Unterhaltsansprüche. Im Sinne dieser Unterscheidung ist die KI. als illegitimes Kind im letztgenannten Sinne anzusehen. Denn die Voraussetzungen des Art. 119 II Cc sind nicht gegeben. Es k a n n hier nicht davon ausgegangen werden, daß die Kl. außerhalb der Ehe von Eltern geboren worden ist, welche sich zur Zeit der Empfängnis ohne oder mit Dispens hätten heiraten können. Der Bekl. war zu der hier maßgeblichen Zeit geschieden. Eine Scheidung widerspricht dem spanischen ordre public; selbst ein protestantischer Deutscher, dessen Zivilehe in Deutschland geschieden worden ist, k a n n sich in Deutschland nicht mit einer spanischen Staatsangehörigen verheiraten, die sich - wie hier die Kindesmutter - zur katholischen Religion bekennt (Bergmann aaO S. 16 b Anm. 2, S. 9 Anm. 3). Die Kl. k a n n als illegitimes Kind im vorerwähnten Sinne von dem Bekl. Unterhalt gemäß Art. 139, 143 Cc verlangen. Sie vermag ihr Recht auf Unterhalt gegen ihn gemäß Art. 140 Nr. 1, 141 Cc geltend zu machen und k a n n sich dabei auf das rechtskräftige Urteil des LG H a m b u r g vom 12. 5. 1964 stützen, durch welches festgestellt worden ist, daß sie vom Bekl. ab28
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stammt. Dieses Urteil stellt im Sinne des Art. 140 Nr. 1 Cc ein endgültiges Zivilurteil dar, aus dem sich die Vaterschaft ergibt. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist dieses Urteil nicht als .nichtig' anzusehen. Die Auffassung, das Urteil sei im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich, weil nach spanischem Recht die Statusklage nicht hätte anhängig gemacht werden können, geht fehl. In Art. 140 Cc heißt es, daß das Recht auf Alimentation nur dann geltend gemacht werden kann, wenn die Vaterschaft sich aus einem endgültigen Zivilurteil ergibt oder ausdrücklich anerkannt worden ist. Ferner bestimmt Art. 141 Cc, daß außer in den vorgenannten Fällen keine Klage bei Gericht angenommen wird, welche direkt oder indirekt die Feststellung der Vaterschaft von unehelichen Kindern zum Ziele hat, die nicht natürliche Kinder im Sinne des spanischen Gesetzes sind. Auf die vom Bekl. beantragte Einholung eines vom spanischen Generalkonsulat zu benennenden Experten des spanischen Rechts darüber, ob bei illegitimen Kindern ein Prozeß mit dem Ziel der Ermittlung des Vaters zulässig sei, kommt es nicht an. Es kann unterstellt werden, daß von spanischen Gerichten die erhobene Statusklage als unzulässig erachtet worden wäre. Hier ist jedoch davon auszugehen, daß nunmehr in Gestalt des rechtskräftigen Urteils vom 11. 5. 1964 ein endgültiges Zivilurteil im Sinne des Art. 140 Nr. 1 Cc vorhanden ist und die vorliegende Klage danach im Sinne des Art. 141 Cc als zulässig anzusehen ist. Schließlich ist bei der Würdigung der Bedeutung des gemäß § 640 ZPO ergangenen Statusurteils zu beachten, daß f ü r das Prozeßverfahren die am Orte des Prozeßgerichts geltende Rechtsordnung (lex fori), also hier die deutsche ZPO, gilt, wobei es gleichgültig ist, ob es sich bei den Parteien um In- oder Ausländer handelt (BGH, Urt. vom 30. 7. 1954, JZ 1955, 702*). Ferner ist zu berücksichtigen, daß das Verbot der Nachforschung der Vaterschaft in anderen als den im Gesetz genannten Fällen nicht zum spanischen ordre public gehört und ausländische Entscheidungen, durch welche Eltern unehelicher Kinder verurteilt worden sind, in Spanien anerkannt werden (Bergmann aaO S. 21 Anm. 4). Der Unterhaltsanspruch der Kl. ist in der von ihr geltend gemachten Höhe begründet. Denn die Eltern des unehelichen Kindes, das kein natürliches Kind im Sinne des spanischen Gesetzes ist, schulden diesem ,die zur Erhaltung notwendige Unterstützung' und haben ihm ,die Kosten f ü r den Besuch einer Volksschule und die Ausbildung zu einem Beruf, einem Handwerk oder einer beamteten Stellung zu verschaffen' (Art. 143 II Cc). Dabei sind diese Ansprüche von der Leistungsfähigkeit, dem Vermögen und dem sozialen Stande des Verpflichteten unabhängig und richten sich nur nach den Existenzbedürfnissen des Kindes, wobei einerseits ein strenger Maßstab angelegt wird, andererseits sich der uneheliche Vater auf seine etwaige Leistungsunfähigkeit nicht berufen kann (vgl. Gutachten des Max-Planck-Instituts und den Zusammenhang der Bestimmungen der Art. 143,146 Cc). 1
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Da die Kl. in Hamburg lebt, ist ihr Bedarf im Sinne des Art. 143 Cc auf den Betrag der in Hamburg f ü r uneheliche Kinder geltenden Mindestsätze zu bemessen, wie sie von ihr n u r noch geltend gemacht werden. Der Bekl. ist insoweit in voller Höhe verpflichtet, obgleich nach Art. 134 I Cc grundsätzlich beide Eltern im gleichen Rang verpflichtet sind und auf jeden von ihnen ein ihren Vermögensverhältnissen entsprechender Anteil entfällt (Gutachten). Der Unterhaltsanspruch der Kl. gegen ihre Mutter ist angesichts des unstreitigen Sachverhalts gemäß -Art. 139, 140 Nr. 3, 143 Cc grundsätzlich gegeben. Dabei richtet sich die Bemessung des Anteils nach den Vermögensverhältnissen der Kindesmutter und des Bekl. (Art. 145 I Cc). Das bedeutet, daß vorliegend bei dem Bekl. von einem Einkommen von ca. DM 500, bei der Kindesmutter von einem solchen von allenfalls etwa DM 400 monatlich - unter Berücksichtigung einer Lohnerhöhung ab 1. 1. 1965 — auszugehen ist. Hiernach würde den Bekl. mehr als die Hälfte der Unterhaltsforderung treffen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß die von den deutschen Vätern zu leistenden Unterhaltsbeträge, wie sie auch f ü r Hamburg in Betracht kommen, bereits den von der Mutter zu leistenden Betrag, der durch die Pflege und tatsächliche Sorge f ü r die Person des Kindes gewährt wird, berücksichtigen. Im Hinblick hierauf hat der Bekl. f ü r den geltend gemachten Barbedarf vollen Umfanges aufzukommen. Dabei ist auch in Betracht gezogen worden, daß der Unterhaltspflichtige nach Art. 149 Cc grundsätzlich ein Wahlrecht besitzt, ob er den festgesetzten Unterhaltsbetrag leisten oder den Unterhaltsberechtigten in seinen Hausstand aufnehmen will. Der Bekl., der trotz Feststellungsurteils vom 12. 5. 1964 im vorliegenden Rechtsstreit seine Vaterschaft in Abrede nimmt, hat nicht erkennen lassen, daß er gewillt ist, die Kl. in seinen Haushalt aufzunehmen. Nachdem er bislang das Recht auf elterliche Gewalt weder beansprucht noch ausgeübt und im Sinne des spanischen Rechts die Kl. im Stich gelassen hat, kommt nur noch die Leistung von Unterhalt in Geld in Betracht. In diesem Punkt, wie auch sonst, schließt sich die Kammer den überzeugenden Ausführungen der Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts an, die mit dem System des spanischen Código civil nach Auffassung der Kammer vollen Umfangs in Einklang steht. Darauf, daß eine Verneinung der Unterhaltspflicht des Bekl. nach spanischem Recht gegen den deutschen ordre public (Art. 30 EGBGB) verstoßen würde, kommt es nach allem nicht mehr an."
9. Legitimation Siehe auch Nr. 293, 294 und HansOLG Hamburg, Beschl. vom 14. 1. 1964 - 2 W 172/63: DA Vorm. 1964, 256 1 4 8 . Erstinstanzliche Entscheidungen zur Legitimation eines unehelichen Kindes durch Heirat der deutschen Mutter mit dem Kindesvater a) indischer Staatsangehörigkeit (Hindu), b) algerischer Staatsangehörig28 *
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keit, c) pakistanischer Staatsangehörigkeit, hörigkeit, e) türkischer Staatsangehörigkeit, keit.
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d) libanesischer Staatsangef ) irakischer Staatsangehörig-
a) AG Göppingen, Beschl. vom 8. 1. 1964 - 1 GRA I 362/63: Unveröffentlicht. b) AG Hamburg, Beschl. vom 12. 2. 1964 - 111 VII G 7283 1 : DAVorm. 1964, 46; StAZ 1964, 164. c) AG Hamburg, Beschl. vom 31. 3. 1964 - 111 VIII B 14417: DAVorm. 1964, 134. d) AG Hamburg, Beschl. vom 28. 4. 1964 - 113 VII P 5836: Unveröffentlicht. e) AG Hamburg, Beschl. vom 27. 1. 1965 - 111 VII F 4806: HaSta 1965, 16. f) AG Berlin-Neukölln, Beschl. vom 27. 1. 1965 - 50 VII A 1807: Unveröffentlicht. a) AG Göppingen 8.1. 1964 - 1 GRA 1362/63: Aus den Gründen: „Die Legitimation eines unehelichen Kindes richtet sich nach dem Recht des Vaters, d. h. nach dem Recht des Staates, dem der Vater im Zeitpunkt der Eheschließung angehört (Art. 22 EGBGB; Palandt, [BGB] 21. Aufl., Art. 22 EGBGB Anm. 2). Über das internationale und indische Kindschaftsrecht wurde beim Max-Planck-Institut in Hamburg Rechtsauskunft eingeholt. Das Rechtsgutachten vom 29. 11. 1963 ergab, daß das AG Göppingen zwar zuständig ist, daß aber die Voraussetzungen f ü r eine Legitimationsfeststellung nicht gegeben sind. Da der Vater sein Domizil nach wie vor in Indien hat, ist das dortige Recht f ü r die Legitimation maßgebend. Das indische Recht erkennt nur den in der Ehe erzeugten und geborenen Sohn als ehelich an. Nur dieser ist als ,Sohn' im Sinne des Allgemeinen HinduRechts anzusehen (von Adoptivsöhnen abgesehen). Besondere Rechtsgewohnheiten, die eine Legitimation unehelicher Kinder durch nachgefolgte Eheschließung zulassen, sollen sich in einzelnen Gegenden Indiens und vielleicht auch in einzelnen Kasten und Familien bis in die Gegenwart erhalten haben. Falls der Kindsvater ein solches Gewohnheitsrecht, an welches strenge Anforderungen zu stellen wären, f ü r sich in Anspruch nehmen wollte, hätte er dieses Recht glaubhaft zu machen und näher darzulegen. Er konnte aber bei seinen Anhörungen zu dieser Frage nichts vortragen; es ist daher davon auszugehen, daß f ü r ihn kein besonderes Gewohnheitsrecht seines indischen Heimatlandes gilt. Demzufolge ist auf die allgemeinen Grundsätze des Hindu-Rechts zurückzugreifen. Diese sehen eine Legitimation eines unehelichen Kindes durch nachfolgende Eheschließung sei1 Übereinstimmend: AG Hamburg, Beschl. vom 13. 3. 1964 - 110 VIII D 4833: Unveröffentlicht; AG Hamburg, Beschl. vom 8. 1. 1965 - 113 VII M 8936: HaSta 1965, 15.
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ner Eltern nicht vor. Zu prüfen war noch die Frage, ob die Anwendung des Hindu-Rechts gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes (den deutschen ordre public) verstößt, da nach deutschem Recht (§ 1719 BGB) das Kind ehelich wäre. Diese Frage ist zu verneinen. Dem o. a. Rechtsgutachten des Max-Planck-Instituts war zu entnehmen, daß dann eine Möglichkeit bestände, die Ehelichkeit des Kindes festzustellen, wenn der Vater sein indisches Domizil aufgeben und f ü r immer in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben sollte. Da der Kindsvater aber am 19. 8. 1963 gegenüber dem Vormundschaftsgericht selbst erklärt hat, er sei als Praktikant im Maschinenbau in der Bundesrepublik Deutschland tätig und werde in etwa drei Jahren mit seiner Ehefrau und dem Kinde nach Indien zurückkehren, liegen die Voraussetzungen f ü r eine Legitimation nicht vor." b) AG Hamburg
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VII G 7283:
Aus den Gründen: „Da der Vater zur Zeit der Legitimation die algerische Staatsangehörigkeit besitzt, ist die Frage, ob das Kind durch die Heirat des Vaters mit der Mutter die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, gemäß Art. 22 EGBGB nach algerischem Recht zu beurteilen. Entscheidend ist dabei, ob das Kind die algerische Staatsangehörigkeit erworben hat. Bei der Frage der ehelichen oder unehelichen Abstammung des Kindes ist gemäß Art. 18 I EGBGB das Heimatrecht des Ehemannes der Mutter anzuwenden. Nach der staatlichen Selbständigkeit Algeriens im Juli 1962 hat die algerische Regierung erklärt, daß das bisher geltende Recht auch nach der Erlangung der Unabhängigkeit in Kraft bleiben solle, soweit es der Souveränität Algeriens nicht widerspricht und von den zuständigen algerischen Stellen nicht geändert wird (Dalloz, Répertoire de Droit Civil, Mise à jour, 1963 .Algérie' Nr. 1). In Algerien galt französisches Recht. Nach französischem IPR beurteilt sich die Frage der Abstammung nach dem Personalstatut der Beteiligten und damit nach deren Staatsangehörigkeit. Besitzen Vater und Kind eine unterschiedliche Staatsangehörigkeit, wie im vorliegenden Falle, so ist nach der jetzt herrschenden Meinung in der französischen Rechtsprechung und Literatur das Heimatrecht des Kindes entscheidend (Boyer, in: Das internationale Familienrecht Deutschlands und Frankreichs, 1955, 236, 238ff.; Batiffol, [Traité élémentaire de droit international privé] Nr. 477 - jeweils mit weiteren Nachweisen auch aus der französischen Rechtsprechung. Vgl. auch LG Nürnberg-Fürth. StAZ 1961, 134 1 ). Nach algerischem Staatsangehörigkeitsrecht ist algerischer Staatsangehöriger kraft Abstammung das Kind, das von einem algerischen Vater ab1
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stammt. F ü r die Frage der Abstammung findet sich in dem algerischen Staatsangehörigkeitsgesetz keine ausdrückliche Bestimmung, nach welchem Recht diese Frage zu beurteilen ist. Es wird das islamische und das besondere Gewohnheitsrecht je nach Religion und Stammeszugehörigkeit angewandt (Dalloz aaO Nrn. 172ff.; Jules Roussier, Le mariage et sa dissolution dans le statut civil algérien, 1960, 9 ff., 35 ff.). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß der Vater zur malekitischen Schule gehört, weil Angaben über die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ritus fehlen (vgl. Art. 4 der Ordonnance vom 23. 11. 1944). Nach dieser Rechtsschule ist eine Feststellung der ehelichen Abstammung auf Grund eines Vaterschaftsanerkenntnisses dann ausgeschlossen, wenn das Kind aus einer unehelichen Verbindung stammt. Kinder aus einem unehelichen Verkehr sind illegitim und stehen in keinerlei rechtlicher Beziehung zu dem Erzeuger (Marcel Morand, Etudes de droit musulman algérien, 1960, 40 m. w. Nachw.). Im vorliegenden Fall sprechen die Umstände eindeutig dafür, daß das Kind aus einem außerehelichen Geschlechtsverkehr hervorgegangen ist; der Vater hat die Unehelichkeit des Kindes in seiner Anerkennungserklärung vom 6. 6. 1963 ausdrücklich erwähnt. Damit kann die Abstammung des Kindes von seinem algerischen Vater nicht festgestellt werden, so daß auch ein Erwerb der algerischen Staatsangehörigkeit kraft Abstammung gemäß Art. 6 Nr. 1 des algerischen Staatsangehörigkeitsgesetzes nicht in Betracht kommt. Gemäß § 4 II RuStAG besitzt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit verweist das algerische IPR auf das deutsche Recht zurück. Nach deutschem Recht ist das Kind unehelich geboren. Die weitere Voraussetzung f ü r die Feststellung der Legitimation, daß es von seinen Eltern vor oder nach der Eheschließung anerkannt worden ist, liegt ebenfalls vor. Nach den obigen Ausführungen ergibt sich weiterhin, daß f ü r die Frage der Legitimation die deutschen Gesetze gemäß Art. 27 EGBGB anzuwenden sind. Nach dem in Algerien weiter geltenden französischen Recht bestehen keine Sonderbestimmungen über die Legitimation durch nachfolgende Ehe. Nach jetzt herrschender Meinung ist dem Heimatrecht des Kindes der Vorzug zu geben. Damit weist das algerische Recht auf das deutsche Recht zurück, so daß die Legitimation des Kindes durch die Eheschließung der Eltern nach deutschem Recht zu beurteilen war. Damit ist festzustellen, daß mit Wirkung f ü r Deutschland das Kind durch die Eheschließung der Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erhalten hat." c) AG Hamburg 31. 3.1964 -111 VIIIB
1U17:
Aus den Gründen: „Deutsches Recht war deshalb anzuwenden, weil eine gemäß Art. 27 EGBGB zu beachtende Rückverweisung vorliegt. Da der Vater pakistanischer Staatsangehöriger ist, kommt f ü r die Frage, ob der Vater seinem Kind
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durch Legitimation die Stellung eines ehelichen Kindes verschaffen kann, gemäß Art. 22 EGBGB das Heimatrecht des Vaters zur Anwendung. Gesetzliche Normen über das f ü r die Legitimation unehelicher Kinder maßgebende Recht bestehen jedoch in Pakistan nicht. Man kann jedoch auf das einschlägige englische Recht zurückgreifen. Dabei muß von den Kollisionsnormen des Commonwealth ausgegangen werden. Danach liegt eine Rückverweisung auf das deutsche Recht dann vor, wenn der Vater zur Zeit der Geburt des Kindes und zur Zeit der nachfolgenden Eheschließung mit der Kindesmutter nach pakistanischer Auffassung in Deutschland domiziliert gewesen ist. Der Begriff des Domizils wird in Pakistan im Anschluß an das englische Recht bestimmt. Unter dem ,domicile' ist demnach das Land oder Rechtsgebiet zu verstehen, in dem sich eine Person tatsächlich mit der Absicht aufhält, dort immer zu bleiben oder letzten Endes dorthin zurückzukehren. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist davon auszugehen, daß der Vater sowohl im Zeitpunkt der Geburt als auch im Zeitpunkt der Eheschließung mit der Kindesmutter sein Domizil in Deutschland gehabt hat. Der Vater hat sich in Deutschland seinen eigenen Lebenskreis aufgebaut. E r arbeitet als Dipl. Ingenieur bei einer Tiefbaufirma . . . Außerdem promoviert er an der Technischen Hochschule Hannover. Zwar sind seine Zukunftspläne noch nicht derart fest umrissen, daß mit Sicherheit gesagt werden kann, der Vater werde f ü r immer in Deutschland bleiben. Diese Voraussage ist jedoch niemals mit endgültiger Sicherheit möglich, weil viele Tatsachen auftreten können, die einen einmal in der Vergangenheit gefaßten Entschluß auch hinfällig machen können. Es muß genügen, daß der Vater sich einen eigenen Lebenskreis aufgebaut hat und darüber hinaus gewisse Anzeichen vorhanden sind, die darauf schließen lassen, daß der Vater auch künftig in Deutschland bleiben wird. Derartige Anhaltspunkte sind vorhanden." d) AG Hamburg
28. 4. 1964 -113
VII P 5836:
Aus den Gründen: „In entsprechender Anwendung von Art. 22 EGBGB ist zwar f ü r die Frage der Legitimation allgemein das Recht des Vaters maßgebend, und das in Libanon mangels eigener internationalprivatrechtlicher Vorschriften angewandte französische Recht enthält dazu keine ausdrückliche Bestimmung; Rechtsprechung und Literatur knüpfen aber hier an das Recht der Beteiligten und, wenn dies nicht einheitlich ist, an das Heimatrecht des Kindes an. Da das Kind sowohl nach deutschem als nach libanesischem Recht die deutsche Staatsangehörigkeit hat, bedeutet das, daß das deutsche Recht anzuwenden ist. Die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes ergibt sich nach deutschem Recht aus § 4 RuStAG. Nach libanesischem Recht, wo das Familienrecht Sache der Religionsgemeinschaften ist und der Vater sunnitischen (mohammedanischen) Bekenntnisses ist, richtet sich die Staatsangehörigkeit da-
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nach, von welchem der Elternteile zuerst die Abstammung feststeht. Das ist die Mutter, weil die Abstammung von ihr bereits mit der Geburt feststand, während die Abstammung vom Vater erst mit dessen Anerkenntnis festgestellt werden konnte. Da die Mutter jedenfalls zur Zeit der Geburt des Kindes deutsche Staatsangehörige war, ist folglich auch von der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes auszugehen. Das Vormundschaftsgericht hat über die Rechtslage ein Gutachten des Max-Planck-Instituts f ü r ausländisches und internationales Privatrecht eingeholt, dem es sich mit den vorliegenden Ausführungen im wesentlichen anschließt." e) AG Hamburg 27. 1. 1965 -111 VII F 4806: Aus den Gründen: „Gemäß Art. 22 EGBGB ist türkisches Recht als Heimatrecht des Vaters anzuwenden. Eine Rücküberweisung findet nicht statt (s. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. VI, I T 2, III, 2). Gemäß Art. 247 des türkischen ZGB vom 17. 2. 1926 erhält ein unehelich geborenes Kind durch die Heirat seiner Eltern die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. Die vor dem deutschen Standesamt geschlossene Ehe wird in der Türkei anerkannt (Bergmann, Bd. VI, I T 2, S. 5 und 19) f ) AG Berlin-Neukölln
27. 1. 1965 - 50 VII A 1807:
Aus den Gründen: „Der Kindesvater ist irakischer Staatsangehöriger. Gemäß Art. 22 I EGBGB bestimmt sich die Legitimation eines unehelichen Kindes n u r dann nach deutschen Gesetzen, wenn der Vater z. Z. der Legitimation die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Dieser einseitigen Kollisionsnorm ist der Grundsatz zu entnehmen, daß sich die Legitimation nach den Gesetzen des Staates richtet, dem der Vater z. Z. der Legitimation angehört. Im vorliegenden Fall ist das irakische Heimatrecht des Vaters allein entscheidend und § 1719 BGB nicht anwendbar, weil das Heimatrecht des legitimierenden Vaters nicht die deutschen Gesetze f ü r maßgebend erklärt (Art. 27 EGBGB). Eine entsprechende Rückverweisung findet sich im irakischen IPR nicht. Art. 19 V des irakischen ZGB vom 4. 6. 1951 (deutsche Übersetzung in Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 17. Lieferung, Bd. II ,Außer-Europa\ II J 5 Irak III B 1) erklärt vielmehr in diesem Falle allein irakisches Recht f ü r anwendbar. Das anzuwendende irakische Recht kennt ein der Legitimation des § 1719 BGB entsprechendes Rechtsinstitut nicht. Der irakischen Rechtsordnung ist überhaupt der Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern fremd. Die Rechtsverhältnisse innerhalb der Familie werden durch das irakische Personenstandsgesetz (IrPStG) v. 19. 12. 1959 (vgl. Bergmann, 20. Lieferung, Bd. III, Irak III B 2) geregelt. Art. 51 IrPStG behandelt das
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Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses infolge ehelicher Geburt. Im Anschluß daran behandeln die Art. 51 ff. IrPStG das Entstehen eines solchen Verhältnisses kraft Anerkennung der Elternschaft und Kindschaft. Andere Tatbestände als eheliche Geburt bzw. Anerkenntnis, die den Eintritt der Kindschaftswirkungen auslösen, kennt das IrPStG nicht. Das irakische Kindschaftsrecht weicht insoweit von der deutschen Rechtsordnung ab, widerspricht jedoch nicht dem ordre public des Art. 30 EGBGB. Das Vormundschaftsgericht kann deshalb nicht gemäß Art. 31 I PStG feststellen, daß eine Legitimation des Kindes durch die Eheschließung seiner Eltern eingetreten ist. Das Vormundschaftsgericht kann aber in analoger Anwendung des § 31 I PStG die Feststellung treffen, daß das unehelich geborene Kind kraft irakischen Rechts einem ehelichen gleichsteht. Die gegen die analoge Anwendung des § 31 I PStG vorgebrachten Bedenken (vgl. Soergel-Siebert-Kegel, BGB, 9. Aufl., Rdnr. 14 zu Art. 22 EGBGB; Beitzke-Bachmann, Der Personenstand heimatloser Ausländer in Deutschland, 54; Nds. Mdl, Erlasse v. 26. 11. 1949 und 8. 2. 1950, beide StAZ 1950, 77) kann das Gericht nicht teilen. Für ein analoges Verfahren nach § 3 1 1 PStG spricht der Sinn dieser Bestimmung. Sinn und Zweck der Beteiligung des Vormundschaftsgerichtes ist es nämlich, die rechtlich oft sehr schwierigen Fragen der Ehelichkeit eines Kindes einem Gerichtsverfahren vorzubehalten und nicht dem Standesbeamten aufzubürden (Gymnich, StAZ 1960, 132). Es hat daher seinen Grund, das Vormundschaftsgericht erst recht zu beteiligen, wenn der Kindesvater nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und sein Heimatrecht nicht einmal den Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern kennt (so Gymnich aaO, auf den in Pfeiffer-Strickert, PStG, 1961, Rdnr. 15 zu § 31 zustimmend verwiesen wird; Maßfeller, StAZ 1950, 159 unter 3a; LG Tübingen, StAZ 1955, 138 *). Der Vater hat seine Vaterschaft am 25. 9. 1964 urkundlich anerkannt. Nach Art. 52 IrPStG steht das unehelich geborene Kind unabhängig von einer etwaigen Eheschließung der Eltern einem ehelichen Kinde gleich. Denn Art. 52 IrPStG bestimmt, daß der Vater des Kindes auch derjenige ist, der die Vaterschaft anerkannt hat. Nach irakischem Recht ist deshalb in diesem Falle der Erzeuger als Vater des Kindes mit allen Rechten und Pflichten anzusehen. Als Kind seines Vaters gehört der Erzeugte nach irakischem Recht kraft Gesetzes zu des Vaters Familie, ist mit ihm unmittelbar verwandt, führt seinen Namen und teilt seinen Wohnsitz; zwischen Vater und Kind bestehen gesetzliche Unterhaltspflichten (Bergmann, Bd. I I ,Außer-Europa\ I I J 5, Irak I I I ; Bd. I I I , Irak I I I B 2 a. E.). Damit steht das Kind nicht anders da, als wenn es nach deutschem Recht ehelich geboren wäre." 1 4 9 . Durch erweiternde Auslegung des § 31 PStG wird die Feststellung des Vormundschaftsgerichts ermöglicht, daß das Kind eines iranischen Vaters nach dessen Heimatrecht schon vor der formgültigen Eheschließung 1
IPR 1954-1955 Nr. 116.
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seiner Eltern die Stellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, sofern der Vater im Zeitpunkt der Zeugung glaubte, nach iranischem Recht bereits gültig verheiratet zu sein. LG Berlin, Beschl. vom 14. 2. 1964 - 83 T 311/62
DAVorm. 1964, 332.
150. Die Legitimation eines deutschen Kindes durch Eheschließung seiner Mutter mit dem marokkanischen Vater richtet sich grundsätzlich gemäß Art. 22 EGBGB nach marokkanischem Recht. Dieser Grundsatz kann jedoch nur dann angewendet werden, wenn das Kind unehelich ist. Die Unehelichkeit des Kindes bestimmt sich gemäß Art. 18 I EGBGB nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter. AG Hamburg, Beschl. vom 13. 3. 1964 - 111 V I I G 7047: StAZ 1964, 164; Leitsatz in DAVorm. 1964, 205. Der marokkanische Staatsangehörige Mustapha S. und die deutsche Staatsangehörige Helga G. haben am 15. 3. 1963 vor dem Standesamt H.-F. die Ehe geschlossen. Die Ehefrau ist die Mutter des unehelichen Kindes Nordin G., geboren am 6. 11. 1961 in Hamburg. Der Ehemann hat am 8. 4. 1963 zu Protokoll des AG H. anerkannt, der Vater des Kindes zu sein. Aus den Gründen: „Da der Vater des Kindes die marokkanische Staatsangehörigkeit besitzt, ist die Frage der Legitimation des Kindes durch nachfolgende Eheschließung grundsätzlich gemäß Art. 22 EGBGB nach marokkanischem Recht zu entscheiden. Dieser Grundsatz kann jedoch nur dann angewendet werden, wenn das Kind unehelich ist. Die Unehelichkeit des Kindes richtet sich gemäß dem von Lehre und Rechtsprechung zu einer allseitigen Kollisionsnorm ausgebauten Art. 18 I EGBGB nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter, es sei denn, daß diese Rechtsordnung eine gemäß Art. 27 EGBGB zu beachtende Rück Verweisung auf deutsches Recht enthält. Das marokkanische I P R enthält keine ausdrückliche Kollisionsnorm über die Frage der Abstammung. Nach der Rechtsprechung der Cour d'Appel de Rabat richtet sich diese nach dem Heimatrecht des Kindes. Die Abstammung ist nach der Staatsangehörigkeit des Kindes zu beurteilen. Die Entscheidung, ob jemand die Staatsangehörigkeit eines Staates besitzt, richtet sich nach einem international anerkannten Grundsatz nach dem Recht dieses Staates. Das Kind Nordin G. hat, obwohl es von einem marokkanischen Staatsangehörigen abstammt, nicht die marokkanische Staatsangehörigkeit erlangt. Die Abstammung des Kindes konnte nicht gemäß Nr. 6 und 8 des marokka1 Die Entscheidung stimmt wörtlich mit dem Beschl. des LG Berlin vom 15. 3. 1963 - 83 T 216 und 228/62 überein. Dieser ist abgedruckt in IPRspr. 1962-1963 Nr. 119.
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nischen Dahir vom 6.9.1958 (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Marokko S.2) enthaltend das Gesetz über die Staatsangehörigkeit festgestellt werden. Einer solchen Feststellung steht Art. 92 Nr. 4 des Gesetzes über das Personen- und Erbrecht vom 22. 11. 1957 (vgl. Bergmann, aaO S. 23) entgegen. Nach dieser Bestimmung in Verbindung mit den Rechtsgrundsätzen der malekitischen Rechtsschule, die vor diesem Gesetz in Marokko Geltung hatten, aber auch nach dem Erlaß des Gesetzes Geltung behalten haben, soweit sie dem Gesetz nicht entgegenstehen, ist die Anerkennung dann durch Vermutungen widerlegt, wenn die Umstände gegen die Ehelichkeit des Kindes sprechen. Solche Umstände sind gegeben. Das Kind Nordin G. stammt eindeutig aus einem außerehelichen Verkehr. Dieser ist aber nach marokkanischem Recht nicht erlaubt. Das Kind besitzt vielmehr gemäß § 4 II RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit. Es liegt somit eine Rückverweisung auf deutsches Recht vor. Nach deutschem Recht ist das Kind Nordin G. unehelich, so daß die Voraussetzung des Art. 22 EGBGB erfüllt ist. Aber auch f ü r die Frage der Legitimation des Kindes durch nachfolgende Eheschließung verweist das marokkanische Kollisionsrecht auf das deutsche Recht zurück. Das ergibt sich aus der maßgebenden Rechtsprechung der Cour d'Appel de Rabat, nach der das Gesamtproblem der Abstammung eines Kindes nach dessen Heimatrecht zu beurteilen ist. Die Voraussetzungen f ü r die Feststellung der Legitimation des Kindes durch nachfolgende Eheschließung nach deutschem Recht (§ 1719 BGB) sind gegeben." 1 5 1 . Die Legitimation des unehelichen Kindes einer deutschen Mutter durch deren Eheschließung mit einem Franzosen, der die Vaterschaft anerkennt, bestimmt sich nach französischem Recht. Die Legitimationsfeststellung erfordert keine Überprüfung der Richtigkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses. AG Hamburg, Beschl. vom 6. 7. 1964 - 115 X V 2937: FamRZ 1965, 286; DAVorm. 1965, 196. Am 13. 7. 1944 wurde Rita H. als uneheliches Kind der deutschen Staatsangehörigen Elly H., verwitwete S., in D. (Grenzmark Posen-Westpreußen) geboren. Die Geburt wurde im Geburtsregister von D. eingetragen. Am 18. 10. 1947 erkannten die Kindesmutter und der französische Staatsangehörige Camille V. vor dem Bürgermeister der Gemeinde L. F. (Provinz Seine-Maritime) in einer öffentlichen Urkunde an, die Eltern des Kindes zu sein. Sie sind am 22. 11. 1947 in L. F. miteinander die Ehe eingegangen. Ihre Tochter wohnt seit dem 20. 6. 1963 in Hamburg. Sie beabsichtigt, hier einen deutschen Staatsangehörigen zu heiraten.
Aus den Gründen: „Gemäß § 31 PStG war festzustellen, daß Rita H. durch die Eheschließung ihrer Eltern ehelich geworden ist. Das AG Hamburg ist international zuständig, da die Geburt des Kindes in einem deutschen Geburtenbuch beurkundet ist, ferner weil die Tochter
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zur Zeit der Legitimation Deutsche war (§ 31 I PStG). Auch wenn - wie es hier der Fall ist - ein ausländisches Sachstatut für die Legitimation weitergehende Erfordernisse aufstellt als das deutsche Recht, besitzt das deutsche Vormundschaftsgericht die internationale Zuständigkeit für eine Feststellung gemäß § 31 PStG. Das AG Hamburg ist auch örtlich zuständig, weil die Tochter in Hamburg zumindest ihren Aufenthalt hat (§§ 31 II PStG, 43 I, 36 I FGG). Die Legitimation eines unehelichen Kindes richtet sich im deutschen I P R gemäß einem von Lehre und Rechtsprechung aus Art. 22 I EGBGB abgeleiteten Grundsatz nach den Gesetzen des Staates, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört hat, also hier nach französischem Recht (vgl. Palandt-Lauterbach, BGB, 23. Aufl. 1964, Art. 22 EGBGB Anm. 2; Kegel, IPR, 2. Aufl. 1964, 335f.). Eine Rück Verweisung des französischen Rechts auf das deutsche Recht, die zu beachten wäre, ist nicht nachweisbar. Eine gesetzliche Regelung in Frankreich fehlt. Die französische Rechtsprechung ist hinsichtlich der Frage, nach welchem Recht sich die Legitimation eines unehelichen Kindes richtet, gespalten. Die Entscheidungen knüpfen an das Heimatrecht des Vaters, an das des Kindes oder kumulativ an beide Heimatrechte an (vgl. J. M. de la Moutte in: Das internationale Familienrecht Deutschlands und Frankreichs, 1955, 343ff. m. w. Nachw.; Serick, RabelsZ 18 [1953] 639 N. 3). Das französische materielle Recht kennt die Legitimation eines unehelichen Kindes durch Eheschließung seiner Eltern. Nach Art. 331 Cc werden die außerhalb einer Ehe geborenen Kinder, mit Ausnahme der im Ehebruch gezeugten, durch die nachfolgende Eheschließung ihrer Eltern legitimiert, wenn diese sie vor der Eheschließung rechtmäßig anerkannt haben oder bei der Eheschließung anerkennen. Das Anerkenntnis eines unehelichen Kindes hat durch öffentliche Urkunde zu erfolgen, sofern es nicht in seiner Geburtsurkunde erfolgt ist (Art. 334 Cc). Die durch nachfolgende Eheschließung legitimierten Kinder haben dieselben Rechte, als wenn sie in dieser Ehe geboren wären (Art. 333 Cc). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle erfüllt. Beide Elternteile haben das uneheliche Kind vor der Eheschließung in einer öffentlichen Urkunde anerkannt. Dieses hat daher mit der Eheschließung der Eltern die Stellung eines ehelichen Kindes der Eheleute V. erhalten. Dabei brauchte das Vormundschaftsgericht nicht nachzuprüfen, ob Camille V. der Erzeuger des Kindes ist. Nach französischem Recht wird das uneheliche Kind auch dann legitimiert, wenn der Mann, der es anerkennt und die Mutter heiratet, nicht sein leiblicher Vater ist, wenn also das Vaterschaftsanerkenntnis den tatsächlichen Abstammungsverhältnissen nicht entspricht. Die in Art. 331 Cc für die Legitimation vorgeschriebenen Anerkennungsklärungen stellen nicht auf das blutsmäßige Band, sondern ausschließlich auf den formalen Akt der Anerkennung ab, wie sich insbes. aus Art. 339 Cc ergibt. Der Anwendung dieses Grundsatzes steht auch nicht der deutsche ordre public (Art. 30 EGBGB) entgegen. Denn auch dem deutschen Recht ist es nicht unbekannt, daß jemand als Vater angesehen wird, obwohl
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der Mangel tatsächlicher Abstammung offensichtlich ist. Darüber hinaus läßt auch das französische Recht die tatsächlichen Abstammungsverhältnisse nicht gänzlich unberücksichtigt, da es in Art. 339 Cc jedem, der daran ein Interesse hat, das Recht gibt, das Vaterschaftsanerkenntnis anzufechten (str.; wie hier KG, JZ 1958, 3661 mit zust. Anm. von Schwoerer; LG Freiburg, JZ 1956, 2532 mit zust. Anm. von Schwoerer; LG Ravensburg, DAVorm. 32 [1959/60] 231; Hamburg-Altona, DAVorm. 28 [1955/56] 3503; Schmitt, Die Eintragungen in deutsche Personenstandsbücher in Fällen mit Auslandsberührung, 1960, 151 ff.)." 152. Die Anwendung der niederländischen Legitimationsvorschriften, die eine Legitimation durch den Nichtvater zulassen, wird nicht durch Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. LG Weiden, Beschl. vom 22. 7.1964 - 3 T 83/63: Unveröffentlicht. Johann B. w u r d e am 6. 2. 1923 als uneheliches Kind einer deutschen Mutter in B ä r n a u geboren. Der natürliche Vater des Johann B. steht nicht fest. A m 15. 7. 1931 heiratete die Kindesmutter in Amsterdam den niederländischen Staatsangehörigen Leonardus Z., der Johann B. als sein Kind anerkannte. D a s AG, das ein Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München eingeholt hatte, lehnte eine Anordnung auf Beischreibung der Legitimation am Rande des Geburtseintrags gemäß § 45 II PStG ab, da es gegen den in Art. 30 E G B G B niedergelegten deutschen ordre public verstoße, w e n n ein M a n n das uneheliche Kind seiner E h e f r a u als das seinige anerkenne, o b w o h l er in Wirklichkeit nicht der natürliche Vater dieses Kindes sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
Aus den Gründen: „Maßgeblich dafür, ob die Beischreibung erfolgen darf oder nicht, ist sowohl das niederländische Recht als auch das deutsche Recht. Das niederländische Recht läßt, wie das Gutachten des rechtsvergleichenden Instituts darlegt, die Legitimation eines unehelichen Kindes auch dann zu, wenn der anerkennende Vater in Wirklichkeit nicht der natürliche Vater des Kindes ist. Im romanischen Rechtsbereich, zu dem insoweit das niederländische Recht und auch der Code civil gehören, beruht das Unehelichenrecht nicht, wie im deutschen Recht, in erster Linie auf der Abstammung, sondern auf dem formalen Akt der Anerkennung durch den Vater; nach niederländischem Recht kann jeder Mann mit Zustimmung der Mutter deren natürliches Kind anerkennen, es sei denn, daß während des Empfängniszeitraums gesetzliche Hindernisse gegen eine Ehe mit der Mutter bestanden. Die Tatsache der natürlichen Abstammung spielt nur insofern eine Rolle, als nur der natürliche Vater ein Recht zur Anerkennung hat und seine Anerkennung nicht anfechten kann. Derjenige, der nicht der natürliche Vater ist, kann die Vaterschaft anerkennen und die Anerkennung jederzeit 1 3
IPRspr. 1956-1957 N r . 120. I P R s p r . 1954-1955 N r . 108.
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IPRspr. 1954-1955 N r . 109.
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anfechten; über die Anfechtung wird durch Urteil entschieden. Nach alledem stellt sich das niederländische Legitimationsrecht als ein von dem deutschen Legitimationsrecht verschiedenes Rechtsinstitut dar. Die deutschen Gesetze stehen jedoch der nach niederländischem Recht erfolgten Legitimation nicht entgegen. Die Tatsache, daß Leonardus Z. in Wirklichkeit nicht der Vater des Kindes ist, steht der Anwendung des niederländischen Rechts gemäß der erweiterten Kollisionsnorm des Art. 22 EGBGB nicht entgegen. Die Frage, ob der Ehemann der Mutter der Vater des Kindes ist, wird ausschließlich nach dem Legitimationsstatut, also nach dem Heimatrecht des Mannes zur Zeit der Legitimation beurteilt (vgl. KG, JZ 1958,366 *). Das niederländische Recht legt, wie oben bereits ausgeführt, der Legitimation durch den Nichtvater im wesentlichen die gleichen rechtlichen Wirkungen bei wie der Legitimation durch den natürlichen Vater. Die Anwendung der niederländischen Legitimationsvorschriften wird auch nicht durch Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. Dies hat das KG aaO hinsichtlich des französischen Rechts, das dem niederländischen in den entscheidenden Bestimmungen gleich ist, überzeugend dargelegt. Daß Johannes B. durch die Legitimation seine deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, wenn die Legitimation als rechtswirksam anerkannt ist, rechtfertigt es nach Ansicht der Kammer nicht, dem deutschen ordre public Geltung zu verschaffen. Durch die in den Niederlanden erfolgte Legitimation ist eine nach niederländischem Recht vollgültige Familie geschaffen worden. Dem Zusammenhalt dieser Familie ist mehr Gewicht beizumessen, als dem Interesse des Staates daran, einen Staatsangehörigen nicht zu verlieren. Schließlich verstößt es auch nicht gegen den Zweck des deutschen Legitimations- und Personenstandsrechts (Art. 30 EGBGB), daß in das Geburtenbuch eine bewußte Unwahrheit hineingetragen wird, wenn die Legitimation vermerkt wird. Das KG aaO weist mit Recht darauf hin, daß dieser Umstand im Hinblick auf die Vermutung, daß ein in der Ehe geborenes Kind grundsätzlich als ehelich zu gelten hat, auch wenn seine Unehelichkeit offenbar ist, mit dem deutschen Rechtsdenken nicht schlechthin unvereinbar ist. Ferner ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß § 26 des PStG ausdrücklich die Eintragung eines fingierten Personenstandes in das Geburtenbuch zuläßt. Daß nach niederländischem Recht der anerkennende Nichtvater sein Anerkenntnis jederzeit anfechten kann, verstößt ebenfalls nicht gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Das deutsche Personenstandsrecht nimmt es, da der eheliche Vater die Ehelichkeit des Kindes anfechten kann, in Kauf, daß zunächst ein unrichtiger Personenstand in das Geburtenbuch eingetragen wird. Dieser Personenstand gilt als richtig, bis die Unehelichkeit rechtskräftig festgestellt ist, und wird erst auf Grund eines rechtskräftigen Urteils mit einem Randvermerk in dem Geburtenbuch geändert (§§ 1593 BGB, 30 PStG)." 1
IPRspr. 1956-1957 Nr. 120.
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1 5 3 . Zur Legitimation des unehelichen Kindes einer geschiedenen schen durch deren Eheschließung mit dem italienischen Kindesvater.
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AG Stuttgart, Beschl. v o m 4.11.1964 - D 7 Nr. 1152/64: HaSta 1965, 2. Aus den Gründen: „Nach dem v o m Vater des Kindes in Urschrift vorgelegten Eheveröffentlichungs- und Ehefähigkeitszeugnis des Standesbeamten seiner Heimatgemeinde Palermo v o m 21. 10.1963 ist die am 18. 2. 1964 geschlossene Ehe der Eltern des Kindes nach italienischem Recht rechtsgültig. Durch die in dem Zeugnis enthaltene Erklärung: ,Der Eheschließung zwischen den Obengenannten . . . im Ausland, rechtskräftig nach italienischem Gesetz, steht kein bekanntes Hindernis entgegen', kommt zugleich zum Ausdruck, daß auch die Ehescheidung der Mutter des Kindes als nach dem italienischen Gesetz rechtsgültig anerkannt w i r d (da sonst nach italienischem Recht eine Eheschließung nicht hätte erfolgen können), so daß der Rechtswirksamkeit des von der Mutter am 18.2.1964 abgegebenen Mutterschaftsanerkenntnisses nicht mehr mit dem Einwand begegnet werden kann, die Mutter sei zur Zeit der Empfängnis noch verheiratet gewesen (Art. 252 Cc), und es deshalb einer Delibation des Scheidungsurteils in Italien durch eine gerichtliche Entscheidung nicht mehr bedarf." 1 5 4 . Die durch Heirat der deutschen unehelichen Mutter mit einem franund Anerkenntnis des Kindes nach franzözösischen Staatsangehörigen sischem Recht eintretende Legitimation verstößt gegen den deutschen ordre public, wenn der Ehemann der Mutter nicht der Erzeuger des Kindes ist und das über 14 Jahre alte Kind nicht einwilligt. O L G Karlsruhe, Beschl. v o m 31. 12.1964 - 5 W 174/64: O L G Z 1965, 99; JZ 1965, 648; F a m R Z 1965, 624; D A V o r m . 1965, 325; Leitsatz in F a m R Z 1965, 579 Nr. 332; B W N o t Z 1965, 350; Die Justiz 1966, 133. Die Kindesmutter hat am 17. 3. 1949 den Sohn Norbert, am 29. 9. 1955 den Sohn Thomas unehelich geboren. Durch Beschluß des AG Lahr vom 28. 6. 1961 ist ihr nach § 1666 BGB das Personensorgerecht über beide Kinder entzogen und auf das Kreisjugendamt Lahr übertragen worden; seit dem 6. 6. 1962 befinden sich beide Kinder in einer Pflegestelle. Am 29. 11. 1963 hat die Kindesmutter in E. (Elsaß) die Ehe mit dem französischen Staatsangehörigen Marcel Camille T. geschlossen, der nicht der Erzeuger der Kinder ist. Zuvor hatten beide am Tage ihrer Eheschließung die Kinder in der nach Art. 331 Cc vorgeschriebenen Form als ihre Kinder anerkannt. Durch Beschluß vom 11. 12. 1963 hat das AG Lahr festgestellt, daß Norbert und Thomas S. durch nachfolgende Ehe legitimiert worden seien. Auf die frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Norbert S. hat das LG Offenburg durch den angefochtenen Beschluß diese Entscheidung aufgehoben, soweit sie den Beschwf. betrifft, weil im vorliegenden Falle die Anwendung französischen Rechts durch Art. 30 EGBGB ausgeschlossen sei.
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Gegen diese Entscheidung haben die Kindesmutter und ihr Ehemann sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Wiederherstellung des Beschlusses des AG erstreben. Aus den Gründen: „Das LG hat mit der herrschenden Meinung Art. 22 I EGBGB angewendet und angenommen, daß sich auf Grund dieser Bestimmung die Legitimation der Kinder nach französischem Recht beurteile. In einem Falle wie dem vorliegenden könnte dies insofern auf einem Zirkelschluß beruhen, als die Anwendbarkeit französischen Rechts aus der Vaterschaft des Beschwf. herzuleiten wäre, diese Vaterschaft aber ihrerseits (da der Beschwf. nicht Erzeuger der Kinder ist) wiederum n u r aus der Anwendung französischen Rechts folgen würde. Diese Frage — vgl. dazu schon Schwoerer, StAZ 1953, 145 Anm. 3 - kann aber ebenso auf sich beruhen, wie die weitere, ob hier Art. 22 II EGBGB entsprechend anzuwenden wäre, weil die ,Anerkennung' im Ergebnis einer Adoption gleichkomme (kritisch zu dieser Auslegung insbesondere Schwoerer, StAZ 1953, 149 und JZ 1956, 255). Denn einer Anwendung von Art. 331 Cc stünde jedenfalls im vorliegenden Falle die Bestimmung des Art. 30 EGBGB entgegen. Mit Recht hat es das LG als einen Grundsatz des deutschen Bürgerlichen Rechtes angesehen, daß der Personenstand eines Kindes, das das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist, ohne Rücksicht auf seinen Willen nur dann eine Änderung erfahren kann, wenn der Erzeuger des Kindes die Kindesmutter heiratet: In diesem Falle folgt die Legitimation des Kindes unmittelbar aus dem Gesetz (§ 1719 BGB); sie tritt nach unbestrittener Auffassung auch ohne und sogar gegen den Willen nicht nur des Kindes, sondern auch der Eltern ein. In den sonstigen Fällen einer Änderung des Personenstandes ist - soweit die Änderung nicht auf einem Urteilsspruch beruht - die Einwilligung des über 14 Jahre alten Kindes unumgänglich, sofern dieses nicht geschäftsunfähig ist. Das Gesetz geht davon aus, daß das Kind in diesem Alter nicht mehr bloßes Objekt des Handelns seiner Eltern sein kann, sondern daß sich seine Persönlichkeit (vgl. Art. 2 I GG) soweit entwickelt hat, daß jedenfalls eine einschneidende Veränderung des Personenstandes nicht ohne weiteres gegen seinen Willen eintreten darf. Dies folgt insbesondere aus § 1726 I i.V.m. § 1728 BGB, wonach ein uneheliches Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist, nur mit seiner Einwilligung f ü r ehelich erklärt werden kann. Entsprechend bestimmt § 1751 II BGB, daß ein beschränkt geschäftsfähiges Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, den Adoptionsvertrag nur selbst schließen kann. Die Möglichkeit, daß ein unehelich geborenes Kind (außer durch Adoption) seinen Personenstand von einem Manne ableiten kann, der nicht sein Erzeuger ist, besteht nach deutschem Recht nicht. Ob dies nach Art. 30 EGBGB einer Anwendung von Art. 331 Cc in jedem Falle entgegensteht, in dem - wie hier - das Vaterschaftsanerkenntnis wahrheitswidrig abgegeben worden ist, braucht nicht entschieden zu werden (gegen die Anwendung von Art. 30 EGBGB LG Freiburg, JZ
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1956, 253 1 mit Anm. von Schwoerer und KG, JZ 1958, 366 2 mit Anm. von Schwoerer sowie Schwoerer, StAZ 1953, 147 f. und Palandt-Lauterbach, [BGB] Anm. 4a zu Art. 22 EGBGB; a. A. Raape, IPR, 4. Aufl., 360, 361 und LG Memmingen, JZ 1957, 28 3 ). Denn daraus, daß die Ehelichkeitserklärung eines über 14 Jahre alten Kindes selbst dann nicht gegen seinen Willen erfolgen kann, wenn sie von seinem Erzeuger beantragt worden ist, daß ferner ein über 14 Jahre altes Kind n u r mit seiner Zustimmung adoptiert werden kann, ist zu schließen, daß es dem Zweck des deutschen Gesetzes zuwider laufen würde, wenn ein über 14 Jahre altes Kind gegen seinen Willen zum ehelichen Kind eines Mannes erklärt werden würde, der nicht sein Erzeuger ist. Dem steht nicht die vom KG aaO angestellte Überlegung entgegen, daß die Rechtslage bei Legitimation des Kindes durch den NichtErzeuger sich im Ergebnis nicht von derjenigen unterscheide, die eintrete, wenn der Ehemann davon absehe, die Ehelichkeit eines nicht von ihm erzeugten Kindes anzufechten (§§ 1594ff. BGB). Denn diese gesetzliche Regelung beruht auf anderen Erwägungen. Mag sie auch nach der ursprünglichen Fassung des BGB auf den Grundgedanken zurückzuführen sein, daß allein dem Ehemann die Entscheidung über den Personenstand des Kindes zustehen solle (vgl. Soergel-Siebert-Lange, [BGB] Vorbem. 1 vor § 1591 BGB), so ist doch heute anerkannt, daß dieser Grundgedanke nicht mehr ausschlaggebend sein kann. Die Regelung der §§ 1591 ff. BGB dient vielmehr — neben der vorläufigen Sicherung des Familienstandes des Kindes — vornehmlich dem Familienfrieden (Staudinger-Lauterbach, [BGB] § 1591 Bern. 2 BGB). Dementsprechend steht nunmehr auch dem Kinde selbst in den gesetzlich geregelten Fällen ein eigenes Anfechtungsrecht insbesondere dann zu, wenn die Ehe der Eltern aufgelöst ist (§ 1596 I Nr. 2 BGB), aber auch, wenn sie zwar noch besteht, aber aus anderen Gründen der Familienfriede nachhaltig gestört ist (mehr als dreijährige Trennung der Eltern, § 1596 I Nr. 2 BGB; schwere Verfehlungen des Ehemannes, § 1596 I Nr. 4 BGB). Aus der jetzigen Regelung der §§ 1594ff. BGB lassen sich daher keine Gründe mehr gegen eine Anwendung des Art. 30 EGBGB in einem Falle wie dem vorliegenden herleiten. Dem LG ist daher darin zuzustimmen, daß Norbert S. nicht dadurch legitimiert worden ist, daß seine Mutter die Ehe mit Herrn T. geschlossen hat und beide zuvor das Kind als das ihre anerkannt haben. Der Umstand, daß Norbert S. nicht nur eine doppelte Staatsangehörigkeit, sondern auch einen „hinkenden Personenstand" erhält, da er nach französischem Recht als Franzose und als eheliches Kind des Beschwf. gilt, nötigt zu keiner anderen Entscheidung. So wenig wünschenswert diese Folge auch ist (KG aaO; Schwoerer, JZ 1958, 255), so kann sie doch nicht dazu führen, die erwähnten Grundsätze des deutschen Rechts (vgl. auch Art. 2 I GG) gegenüber denjenigen des französischen Rechts zurücktreten zu lassen. Auch andere Überlegungen sprechen nicht dagegen, im vorliegenden Falle Art. 30 EGBGB anzuwenden. Die Erwägung, daß regelmäßig das 1 3
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 109. IPRspr. 1956-1957 Nr. 121. I P R 1964/65
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 120.
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uneheliche K i n d mit der (aus d e m französischen Recht herzuleitenden) Rechtsstellung des ehelichen Kindes z u f r i e d e n sein dürfte (Schwoerer, JZ 1956, 255 und 1958, 368), w i r d hier dadurch ausgeräumt, daß N o r b e r t S. selbst gegen die Entscheidung des A G sofortige Beschwerde eingelegt und damit seinen entgegenstehenden W i l l e n in rechtlich wirksamer F o r m ausgedrückt hat. Da der Kindesmutter seit m e h r als drei Jahren das Personensorgerecht entzogen ist, scheidet ebenso die Überlegung aus (vgl. Schwoerer, JZ 1956, 255), daß das K i n d ohnehin in der neuen F a m i l i e aufwachsen w e r d e und daß es in diesem Falle seinem Interesse besser entspreche, w e n n es den Status eines ehelichen Kindes erlange. Schließlich kann auch die Überlegung nicht durchgreifen, daß i m F a l l e der A n w e n d b a r k e i t des f r a n zösischen Rechts das K i n d die Möglichkeit behalte, die Anerkennung nach A r t . 339 Cc anzufechten. Dies u m so weniger, als das K i n d in einem etwaigen Anfechtungsprozeß die Beweislast tragen und dabei die U n m ö g lichkeit der ehelichen Abstammung beweisen müßte (vgl. Schwoerer, JZ 1958, 368). O b w o h l der Senat, anders als das K G in d e m v o n i h m entschiedenen F a l l (JZ 1958, 366 2 ) , Art. 30 E G B G B anwendet, b e d u r f t e es keiner V o r l a g e der Sache an den B G H . Denn der Senat hatte darüber zu entscheiden, o b die A n w e n d u n g v o n Art. 331 Cc dann gegen den Zweck des deutschen Gesetzes verstößt, w e n n das K i n d über 14 Jahre alt und nicht mit der Änderung seines Personenstandes einverstanden ist; auf diese Rechtsfrage hatte das K G bei seiner Entscheidung nicht einzugehen, da es sich dort u m ein K i n d handelte, das erst sechs Jahre alt und somit noch geschäftsunfähig w a r . " 1 5 5 . Nach italienischem Recht bewirkt die nachfolgende Eheschließung der Kindeseltern keine Legitimation, wenn ein Elternteil zur Zeit der Empfängnis noch verheiratet war und seine Scheidung in Italien nicht anerkannt wird. Bei besonders starker Inlandsbeziehung der Beteiligten ist jedoch anstelle des nach Art. 22 EGBGB maßgeblichen italienischen Rechts gemäß Art. 30 EGBGB deutsches Recht auf die Legitimation anzuwenden. L G Tübingen, Beschl. v o m 19. 1. 1965 - 3 GR 38/64: D A V o r m . 1965, 323. Das Kind Sandra B. wurde am 5. 2. 1963 von der Kandidatin der Medizin Ute B. in Helmstedt außerehelich geboren. Der Erzeuger des Kindes, Dr. med. Umberto R., italienischer Staatsangehörigkeit, war zu diesem Zeitpunkt noch mit der früheren Ehefrau Winifred W . verheiratet; die Ehe wurde durch Urteil des OLG Stuttgart vom 27. 8. 1963 rechtskräftig geschieden, nachdem dem Ehemann Dr. R. im Jahre 1961 durch einstweilige Verfügung des Zivilgerichts in Perugia (Italien) die Trennung von Tisch und Bett gestattet worden war. Eine Anerkennung des Scheidungsurteils in Italien erfolgte nicht. Am 4. 3. 1964 erkannten vor dem Standesamt in Jungingen, Krs. Hechingen, Dr. R. seine Vaterschaft und die Kindesmutter ihre Mutterschaft an. Bei der Anhörung am 8. 9. 1964 vor dem AG - Vormundschaftsgericht - Tübingen wiederholten beide Elternteile ihre Anerkenntniserklärungen. Beide schlössen am 21. 7.1964 vor dem Standesbeamten in Stuttgart die Ehe, nachdem Dr. R. vom OLGPräsidenten in Stuttgart Befreiung von der Verpflichtung zur Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses erteilt worden war. Das Kind Sandra wohnt bei seinen Eltern in Tübingen.
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Das AG - Vormundschaftsgericht - Tübingen hat im Legitimationsfeststellungsverfahren die Kindesmutter und den Erzeuger angehört und durch Beschluß vom 30. 11. 1964 festgestellt, daß Sandra B. durch die Eheschließung ihrer Mutter mit dem Erzeuger nicht eheliches Kind der Eheleute Dr. Umberto und Ute R. geworden ist. Das AG stützt diese Entscheidung auf Art. 22 EGBGB und Art. 281, 252 Cc. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Eheleute R. Aus den Gründen: „1. Das Legitimationsstatut bestimmt sich grundsätzlich, da der Erzeuger des Kindes italienischer Staatsangehöriger ist, gemäß Art. 22 EGBGB nach italienischem Recht (BGH, FamRZ i960, 229 BayObLG, FamRZ 1958, 385 2 m. w. Nachw.). Art. 280 läßt eine Legitimation durch nachfolgende Eheschließung grundsätzlich zu, schließt diese Möglichkeit aber gemäß Art. 281 f ü r die Fälle aus, in denen ein Kind gemäß Art. 251-253 nicht anerkannt werden kann. Gemäß Art. 252 I Cc konnte die Kindesmutter das Kind wirksam anerkennen, da sie z. Z. der Empfängnis nicht verheiratet war. Nach dem Wortlaut des Art. 252 II Cc kommt dagegen eine wirksame Anerkennung durch den Erzeuger des Kindes nicht in Betracht, da dieser z. Z. der Empfängnis verheiratet w a r und seine Ehe nicht durch Tod seines (früheren) Ehegatten aufgelöst worden ist. Diese gesetzliche Regelung des italienischen Codice civile hat das AG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend wiedergegeben. Allerdings bedeutet die Verweisung auf ausländisches Recht, daß der deutsche Richter auch die ausländische Rechtsprechung und Rechtspraxis zu beachten hat (RGZ 150, 2838). Auch insoweit trifft jedoch der Beschluß des AG im Ergebnis zu. a) Die Rechtsentwicklung in Italien ist allerdings allgemein über den Wortlaut des Art. 252 II Cc hinausgegangen. Sie läßt zumindest im internationalen Bereich eine Anerkennung von Ehebruchskindern außer im Fall der Eheauflösung durch Tod auch bei rechtskräftiger Scheidung durch ein ausländisches Gericht im Falle der Anerkennung dieses Urteils durch die italienischen Behörden zu (vgl. Jayme, Spannungen bei der Anwendung italienischen Familienrechts durch deutsche Gerichte, 1961, 128; Luther, FamRZ 1962, 347 je mit Nachw.). Diese Entwicklung hat sich nach 1945 gegen den Widerstand der italienischen Rechtslehre (vgl. Cicu, La filiazione, 1951, Iii; Martini, Nota critica all'art. 252 Cod. civ.: Giurisprudenza Italiana 1945, IV 15 ff.) in der Rechtsprechung angebahnt und entspricht heute herrschender italienischer Rechtsauffassung. Bereits mit Urteil vom 14. 5. 1950 (II Foro Italiano 74 [1951] I Sp. 222 ff.) hat das Berufungsgericht Perugia ausgeführt, der Zweck des Gesetzes verlange die Gleichbehandlung von Eheauflösung durch Tod und durch Scheidung, da auch im letzteren Falle der Schutz der Familie und der Ehre des verletzten Ehegatten in Wegfall komme; das Gericht hat diese Erwägung durch den Hinweis auf die historische Entwicklung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen bekräftigt. Dieser Ansicht entspricht das Gutachten des Staatsrates 1
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 128.
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 129.
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(II. Abt.) vom 12. 1. 1949 Nr. 5 (Archivio di ricerche giuridica 1950 S. 18 mit zust. Anm. Roehrssen). Der Staatsrat hat diese Meinung auch in der Folgezeit aufrechterhalten (Entscheidung vom 15.4.1955 Nr. 221 Abt. IV, Il Foro Italiano 1956, III Sp. 58). Wenn auch entsprechende Gesetzesentwürfe in den Jahren 1954 und 1958 nicht verwirklicht wurden, entspricht diese Entwicklung in der Rechtsprechung doch der heute herrschenden Meinung (vgl. Mario Stella Richter und V. Sgroi, in: Commentario del Codice civile, I. Buch, 2. Band: Delle persone e della famiglia, 1958, 112 f. mit Nachw.; Bove, Sull'applicabilità dell'articolo 252 c.c.: Diritto e Giurisprudenza 1956, 399, 402; Loiacono, Lo sciogimento del matrimonio per divorzio e l'articolo 252 c.c.: Rivista del Diritto Matrimoniale 1958 I S. 202 ff.). b) Die genannten Autoren und Entscheidungen betonen jedoch übereinstimmend, daß diese Ansicht n u r f ü r den Fall gelte, daß das ausländische Scheidungsurteil in Italien f ü r vollstreckbar erklärt bzw. anerkannt wird (divorzio reso esecutivo bzw. riconosciuto). Zwar berichtet Luther aaO von einer weitergehenden Auflockerung der italienischen Judikatur. Eine dahingehende herrschende Meinung in der Rechtsprechimg und Lehre hat sich jedoch nicht feststellen lassen. Da eine Anerkennung des Scheidungsurteils vom 27. 8.1963 in Italien nicht erfolgt ist, scheidet eine Legitimation des Kindes nach italienischem Recht aus. 2. Die Legitimation ist jedoch gemäß § 1719 BGB eingetreten. Die Kammer sieht in der Anwendung des italienischen Rechts unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Falles einen Verstoß gegen die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB. Das AG setzt sich in seiner ausführlich begründeten Entscheidung mit dieser Ansicht ebenfalls auseinander, verneint im Ergebnis aber einen Verstoß gegen den deutschen ordre public. Diese Auffassung wird, wie das AG zutreffend dargetan hat, auch von der Rechtsprechung insbesondere einiger Oberlandesgerichte vertreten (OLG Frankfurt, NJW 1956, 672 f f . s ; OLG Celle, NJW 1954, 1891 4 ; OLG Hamm, FamRZ 1959, 28 5 ; ebenso z.B. Kegel in Soergel-Siebert, [BGB] Art. 22 Rdn. 52; W.Müller, Die Justiz 1956, 293f.; Schwoerer, FamRZ 1958, 386; ferner LG Hannover, StAZ 1955, 289 6 ). Sie beruht darauf, daß eine den Schutz der Familie und der Reinheit der Ehe bezweckende ausländische Regelung auch von den deutschen Gerichten zu beachten ist. Unter Berücksichtigung der oben gezeigten Entwicklungstendenzen des italienischen Rechts einerseits und der grundsätzlichen Tragweite des Art. 30 EGBGB andererseits (vgl. BGHZ 22, 167; 28, 384 7 ; 42, 7 8 ) hält die Kammer jedoch die gegenteilige, insbesondere im Schrifttum vertretene und auf den Einzelfall abstellende Ansicht f ü r zutreffend (vgl. Erman-Marquordt, [BGB] Art. 22 EGBGB Anm. 6; Palandi-Lauterbach, [BGB] Art. 22 Anm. 4 a; 3 5 7
IPRspr. 1956-1957 Nr. 5. IPRspr. 1960-1961 Nr. 115. IPRspr. 1958-1959 Nr. 110.
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 106 b. IPRspr. 1954-1955 Nr. 106 a. Siehe oben Nr. 5.
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H. Krüger, NJW 1955, 549; Neumayer, Festschrift Dölle II 202; wohl auch Bosch, FamRZ 1955, 54 zu Nr. 45; Raape, IPR, 4. Aufl. 1955, 354; ebenso LG Frankfurt, StAZ 1954, 156»; LG Frankfurt, NJW 1955, 1595 10 - aufgehoben durch OLG Frankfurt aaO - ; LG Karlsruhe vom 15. 5.1952 - 2 T 115/52"; AG Worms, DAVorm. 28 [1956] 328 12 ; auch Neuhaus, RabelsZ 20 [1955] 344ff. hält diese Ansicht f ü r zumindest vertretbar). Dabei ist zunächst der Gedanke der Familieneinheit, die durch Art. 6 I GG geschützt wird, maßgebend. In dieser Hinsicht ist es wenig folgerichtig, wenn entgegen der nunmehr herrschenden Meinung (BGH, NJW 1964, 976, 978 13 mit zus. Anm. Henrich S. 2015 f.; BGH, NJW 1964, 2013 ff8 mit Anm. Lüderitz, NJW 1965, 38 ff.; Jayme, NJW 1965, 18 f.; a. A. OLG Stuttgart, StAZ 1963, 15714) eine neue Eheschließung durch Befreiung vom Erfordernis eines Ehefähigkeitszeugnisses (§ 10 II EheG) zugelassen, also bei der Eingehung der neuen Ehe außer Betracht gelassen wird, daß nach italienischem Recht eine Doppelehe vorliegt, und andererseits bei Bestimmung der Wirkungen dieser neuen Ehe darauf abgehoben wird, daß nach italienischem Recht die erste Ehe nicht wirksam aufgelöst ist (vgl. auch PalandtLauterbach, Art. 17 EGBGB Anm. 6 b cc a. E.). Weiter muß es bedenklich erscheinen, entgegen dem Verfassungsgrundsatz des Art. 6 V GG eine grobe Diskriminierung eines unehelichen Kindes auszusprechen, die noch über das im geltenden deutschen Recht bestehende Maß hinausgeht. Demgegenüber trifft es zwar grundsätzlich zu, daß sich das Grundgesetz nach allgemeiner Auffassung keine über das Gebiet der Bundesrepublik hinausgehende Wirkung zulegen kann. Wenn jedoch im internationalen Bereich die italienische Praxis eine Legitimation durch nachfolgende Ehe dann zuläßt, wenn das ausländische Scheidungsurteil in Italien anerkannt wird, so kann unter dem Gesichtspunkt des deutschen ordre public gegenüber einem solchen Statutenwechsel der Fall nicht anders behandelt werden, in dem eine besonders starke Inlandsbeziehung der neuen Ehe den Anknüpfungspunkt f ü r das inländische Recht darstellt. Eine solche besondere Inlandsbeziehung besteht hier. Der Ehemann Dr. R. ist seit vielen Jahren als Arzt im deutschen Berufsleben verwurzelt; ferner leben beide Eheleute und das Kind Sandra auch auf die Dauer in Deutschland und haben nicht vor, nach Italien zurückzukehren. Diese besonderen Umstände rechtfertigen unter dem Gesichtspunkt des Art. 30 EGBGB eine Anwendung deutschen Rechtes." 156. Die Anerkennung eines Kindes als ehelich durch einen sudanesischen Staatsangehörigen mohammedanischen Glaubens kann der Legitimation im Sinne von Art. 22 EGBGB gleichgestellt werden. AG Hamburg-Wandsbek, Beschl. vom 30. 3.1965 - 8 VII S 265: DAVorm. 1965,157; HaSta 1969, 6. » IPRspr. 1952-1953 Nr. 7. 11 IPRspr. 1952-1953 Nr. 195 a. 13 Siehe oben Nr. 74.
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 114. IPRspr. 1954-1955 Nr. 115. " IPRspr. 1962-1963 Nr. 71. 12
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Aus den Gründen: „Die Legitimation unehelicher Kinder richtet sich gemäß Art. 22 EGBGB, der von Rechtsprechung und Lehre zu einer allseitigen Kollisionsnorm ausgebaut worden ist, nach dem Heimatrecht des Vaters. Im vorliegenden Falle ist sudanesisches Recht anzuwenden. Nach sudanesischem Recht findet in Familienstandssachen von Mohammedanern ausschließlich das religiöse Recht des Islam Anwendung. Der Vater des Kindes gehört dem mohammedanischen Glauben an. Auch das Kind gilt als Moslim, da nach mohammedanischem Recht ein Kind dann als Moslim gilt, wenn auch nur ein Elternteil dem mohammedanischen Glauben angehört. Die Rechtsbeziehungen zwischen einem mohammedanischen Vater und seinem Kind bestimmen sich auch dann allein nach islamischem Recht, wenn die Mutter der christlichen Religion angehört. Das hiernach im vorliegenden Falle anwendbare religiöse Recht des Islam kennt das Rechtsinstitut der Legitimation durch nachfolgende Ehe nicht. Legitim sind grundsätzlich nur Kinder, die aus einer gültigen Ehe hervorgehen. Jeglicher außereheliche Verkehr ist nach mohammedanischen religiösen und damit auch rechtlichen Vorstellungen unerlaubt. Die daraus hervorgehenden Kinder stehen in keinerlei Rechtsbeziehungen zum Vater. Diese Härte des mohammedanischen Rechts wird jedoch abgemildert durch das Ersatzinstitut der Anerkennung eines Kindes durch den Vater als eheliches Kind. Durch eine solche Anerkennung erlangt das Kind endgültig den vollen Status eines ehelichen Kindes. Es handelt sich bei dieser Anerkennung nicht um eine konstitutive Verleihung des ehelichen Status an ein Kind, das vorher unehelich war; denn grundsätzlich kann nach mohammedanischem Recht einem illegitim geborenen Kind die Stellung eines legitimen Kindes überhaupt nicht verschafft werden, da nach mohammedanischer Auffassung damit die Tatsache illegitimen Verkehrs sanktioniert würde. Es handelt sich nach islamischer Auffassung hierbei vielmehr um eine deklaratorische Anerkennung des ehelichen Status eines Kindes, der vorher nicht zweifelsfrei war. Daß die Möglichkeit eines Zweifels über die Ehelichkeit eines Kindes überhaupt bestehen kann, beruht darauf, daß nach mohammedanischem Recht die Ehe weitgehend formlos durch bloße übereinstimmende Erklärung der Eheschließenden in Gegenwart von zwei Zeugen zustande kommt. Die Anwesenheit eines Geistlichen und eine Eintragung in ein Register sind zwar weitgehend üblich, aber f ü r die rechtliche Wirksamkeit der Eheschließung nicht erforderlich. Beweis f ü r eine erfolgte Eheschließung kann durch direkte Beweismittel wie auch durch Indiztatsachen geführt werden, denen unter Umständen vermutungsbegründende Wirkung zukommen kann. Eine solche Vermutungswirkung kommt insbesondere dem Anerkenntnis der ehelichen Vaterschaft zu. Wird ein Kind von seinem Vater als eheliches Kind anerkannt, so wird damit die Vermutung geschaffen, daß er mit der Mutter die Ehe geschlossen hatte. Auf diesem Wege kommt dann auch dem anerkannten Kind die Stellung eines ehelich-legitimen Kindes zu. Ein
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Widerruf der einmal erfolgten Anerkennung durch den Vater ist nicht möglich. Im einzelnen setzt eine wirksame Anerkennung folgendes voraus: a) Es muß eine Anerkennung als eheliches Kind vorliegen, wobei die Anerkennung eines Kindes im Zweifel als Anerkennung des Kindes als eheliches Kind gilt. Die Anerkennung kann auch stillschweigend durch konkludentes Handeln erklärt werden, so z. B., wenn der Vater das Kind durch Aufnahme in seine Familie wie sein eigenes Kind behandelt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle dadurch erfüllt, daß der Vater am 12.1. 1965 vor der Jugendbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg in einer Urkunde anerkannt hat, der Vater des Kindes zu sein, sowie ferner durch die am 27.1.1965 erfolgte — sowohl nach deutschem als auch nach sudanesischem Recht gültige - Eheschließung vor einem deutschen Standesbeamten (vgl. Art. 13 EGBGB) mit der Mutter seines Kindes. Vaterschaftsanerkenntnis und nachfolgende Eheschließung setzen zwar nach deutschem Recht begrifflich die bisherige Nichtexistenz einer Ehe voraus. Die Bedeutung dieser Akte muß jedoch hier aus der Vorstellungswelt des mohammedanischen Rechts gewertet werden. Von dort aus gesehen kann jedoch bei Abgabe dieser Erklärungen eine wirksame Eheschließung bereits vorgelegen haben, so daß es im Sinne des mohammedanischen Rechts möglich ist, daß weder das deutsche Vaterschaftsanerkenntnis noch die nachfolgende Eheschließung konstitutive Bedeutung f ü r die wahre Rechtslage haben. b) Ferner ist Voraussetzung einer wirksamen Anerkennung, daß nicht nachgewiesen ist, daß das Kind einer illegitimen, d. h. einer außerehelichen und ungültigen ehelichen Verbindung entstammt. Dieser Nachweis ist nach mohammedanischer Auffassung nur dann gegeben, wenn objektiv feststeht, daß im Zeitpunkt der Erzeugung des Kindes eine Ehe im Sinne des mohammedanischen Rechts entweder überhaupt nicht oder jedenfalls n u r als ungültige Ehe bestanden hat. Im vorliegenden Falle ist nicht positiv festgestellt, daß nach mohammedanischer Auffassung im Zeitpunkt der Erzeugung des Kindes keine gültige Eheschließung vorgelegen hat. c) Voraussetzung einer wirksamen Anerkennung ist ferner, daß nicht ausgeschlossen ist, daß das Kind tatsächlich von dem Anerkennenden abstammt, insbesondere muß ein genügender Altersunterschied zwischen dem Anerkennenden und dem Kind gegeben sein. Die Altersverhältnisse widersprechen im vorliegenden Falle der Vermutung der Vaterschaft nicht. Das Anerkenntnis ist von der mohammedanischen Rechtstheorie als Mittel entwickelt worden, um die starren Grundsätze des mohammedanischen Rechts über die legitime Kindschaft auf dogmatisch einwandfreiem Wege mit den Bedürfnissen der Praxis in Einklang zu bringen. In seiner praktischen Wirkung läuft das Anerkenntnis mohammedanischen Rechts auf die Konstituierung eines Rechtsverhältnisses hinaus. Besonders deutlich wird dies durch die Tatsache, daß ein einmal abgegebenes
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Anerkenntnis nicht widerrufen werden kann. Das Anerkenntnis mohammedanischen Rechts kann daher der Legitimation im Sinne von Art. 22 EGBGB gleichgestellt werden. Nach dem Grundgedanken des § 31 PStG hatte das Gericht die Feststellungen über den Status des Kindes zu treffen. Es mußte durch ein gerichtliches Verfahren Klarheit über einen Personenstand geschaffen werden, der sich ohne Mitwirkung staatlicher Organe geändert hat. Diese Änderung muß in dem Personenstandsregister nach deutschem Recht vermerkt werden. Hierfür soll durch den vorliegenden gerichtlichen Feststellungsbeschluß eine verläßliche Grundlage geschaffen werden." 1 5 7 . Zur Legitimation eines unehelichen Kindes nach dem Recht von Kuwait. Die durch eine Anerkennung erlangte Rechtsstellung eines ehelichen Kindes kann in dem Verfahren nach § 31 PStG festgestellt werden. AG Hamburg, Beschl. vom 9. 6.1965 - 113 VII J 3597: DAVorm. 1965, 226. Das Kind wurde am 25. 5. 1963 in Hamburg von einer deutschen Mutter geboren. Am 16. 1. 1964 erkannte der kuwaitische Staatsangehörige A. vor dem Standesbeamten in Hamburg gemäß § 29 PStG an, der Vater des „unehelich geborenen" Kindes zu sein. Der Anerkennende ist sunnitischer Mohammedaner der hanefitischen Richtung. Am 19. 2. 1964 schlössen die Kindesmutter und der Vater vor dem Standesbeamten in Hamburg die Ehe. Am gleichen Tage erklärten die Eheleute gegenüber dem zuständigen Vormundschaftsgericht ihr Einverständnis mit einer Feststellung der Legitimation des Kindes. In einer notariellen Urkunde vom 10. 12. 1964 erklärte der Ehemann, daß er der legitime Vater des Kindes sei.
Aus den Gründen: „Das AG Hamburg ist zur Feststellung der Legitimation nach § 31 PStG international zuständig. Die Geburt des Kindes ist im deutschen Personenstandsregister eingetragen. Das deutsche IPR verweist sowohl hinsichtlich der Frage der ehelichen oder unehelichen Abstammung des Kindes als auch bei unehelicher Abstammung hinsichtlich seiner etwaigen Legitimation auf das Recht von Kuwait. Dazu ist folgendes zu bemerken: Für die Prüfung der ehelichen oder unehelichen Abstammung des Kindes ist nach herrschender Meinung selbständig nach Art. 18 EGBGB anzuknüpfen. Gemäß Art. 18 I EGBGB beurteilt sich die eheliche Abstammung nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter. Zwar bestimmt Art. 18 EGBGB dies nur für den Fall, daß der Ehemann Deutscher ist. Nach Lehre und Rechtsprechung ist diese Vorschrift aber zu einer allseitigen Kollisionsnorm ausgeweitet worden. Nach dem deutschen IPR richtet sich die Legitimation eines unehelichen Kindes gemäß dem von Lehre und Rechtsprechung aus der einseitigen Kollisionsnorm des Art. 22 I EGBGB hergeleiteten Grundsatz nach den Gesetzen des Staates, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört.
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Das Recht von Kuwait nimmt die in Art. 18 und Art. 22 EGBGB ausgesprochene Verweisung des deutschen IPR an. Dazu ist folgendes auszuführen: Das in Kuwait geltende IPR ist nicht kodifiziert. In Kuwait sind jetzt für alle Streitfragen, auch solche, bei denen nicht islamische Ausländer beteiligt sind, die einheimischen Gerichte islamisch-rechtlicher Verfassung zuständig. Das islamische Recht kennt kein internationales, sondern nur ein interreligiöses Privatrecht. Danach ist der Konfliktsfall bei Beteiligung eines Mohammedaners und eines Nichtmohammedaners mit der Anwendung des für den Mohammedaner geltenden Rechts gelöst, denn der Islam „dominiert und darf nicht dominiert werden". Es ist also das Heimatrecht des Vaters anzuwenden. Nach dem Heimatrecht des Vaters ist das Kind als legitimes Kind anzusehen. Dazu ist folgendes zu sagen: Die Legitimität eines Kindes hängt nach islamischem Recht - und zwar nach allen seinen Schulen - vom Tatbestand des sogenannten „firash" ab. Firash ist die legitime geschlechtliche Verbindung eines Mannes mit einer Frau. Diese legitime Verbindung muß zur Zeit der Erzeugung des Kindes schon bestanden haben; andernfalls ist das Kind illegitim. Es kann dann auch durch keine nachträgliche Handlung (Eheschließung, Anerkennung) mehr legitimiert werden. Zu den legitimen Geschlechtsverbindungen gehört die geschlechtliche Verbindung in einer gültigen Ehe. Eine legitime geschlechtliche Verbindung im Sinne dieser Bestimmung kann jedoch auch bei irrtümlicher Annahme des Bestehens einer rechtlichen Erlaubnis zum Geschlechtsverkehr bestehen und ferner beim Bestehen einer „mangelhaften Ehe" unter gewissen Voraussetzungen. Dafür, daß hier eine gültige Ehe nach islamischem Recht zustande gekommen war, ist ein Anhalt nidit gegeben. Es ist auch kein Anhalt dafür gegeben, daß eine irrtümliche Annahme des Bestehens einer rechtlichen Erlaubnis zum Geschlechtsverkehr bestanden hat. Auf die Frage, ob der Nachweis des Bestehens einer mangelhaften Ehe in dem vorbezeichneten Sinne hier geführt werden kann, kommt es nicht an. Denn als Beweismittel für die Legitimität eines Kindes stellt das islamische Recht in dem Fall, daß die Legitimität eines Kindes behauptet wird, aber der Nachweis des konkreten Legitimationsgrundes - hier evtl. die mangelhafte Ehe - schwer oder gar nicht zu führen ist, dem präsumtiven Vater die Anerkennungserklärung zur Verfügung. Eine solche Anerkennungserklärung hat der Vater abgegeben. Sie ist in der vor dem Notar abgegebenen Erklärung vom 10. 12. 1964 zu sehen; denn in dieser Erklärung hat der Vater das Kind als ein legitimes Kind anerkannt. Das ist nach hanefitischer Auffassung Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anerkenntnisses. Deshalb kann auch in der vor dem Standesbeamten am 1 6 . 1 . 1 9 6 4 abgegebenen Erklärung eine gültige Erklärung nicht gesehen werden. Das schadet aber der Wirksamkeit der späteren notariellen Urkunde nicht. Auch die weiteren Voraussetzungen, die nach hanefitischer Auffassung für die Gültigkeit des Anerkenntnisses vorliegen müssen, sind gegeben. Der Anerkennende war zur Zeugung des Kindes altersmäßig in der Lage. Das Kind war auch unbekannter Abstammung. Diese Voraussetzung wäre nach hanefitischer Auffassung nur dann
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nicht gegeben, wenn die legitime Abkunft des Kindes von einem anderen Manne festgestanden hätte. Das war aber nicht der Fall. Einer Zustimmung des Kindes zum Anerkenntnis bedarf es nicht. Nach hanefitischem Recht ist die Zustimmung des Kindes nur erforderlich, wenn das Kind sich im urteilsfähigen Alter befindet, was nach altislamischer Auffassung je nach dem Entwicklungsstand, aber frühestens mit sieben Jahren einsetzt. Dieses Alter hat das Kind aber noch nicht. Anhaltspunkte, die der Gültigkeit des Anerkenntnisses entgegenstehen, sind danach nicht ersichtlich. Die durch eine Anerkennung erlangte Rechtsstellung eines ehelichen Kindes kann in dem Verfahren nach § 31 PStG festgestellt werden. Zweck des § 31 PStG ist es, durch ein gerichtliches Verfahren Klarheit über die Veränderung des Personenstandes eines unehelichen Kindes zu schaffen, um die Richtigkeit der Eintragungen im deutschen Personenstandsregister zu gewährleisten. Auch dort, wo nach ausländischem Recht ein gültiges Anerkenntnis vorliegt, besteht für den mit der Registerführung beauftragten Standesbeamten ein Redürfnis nach Klarstellung. Zwar erwähnt § 31 PStG den Fall der einfachen Anerkennung mit Legitimationswirkung nicht. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, daß § 31 PStG eine Feststellung der Legitimation, die auf andere Art als durch Eheschließung erfolgt ist, nicht zuläßt. Die oft schwierigen Feststellungen müssen dem gerichtlichen Verfahren vorbehalten bleiben. Der Standesbeamte wäre im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 30 PStG mit einer solchen Entscheidung über die Eintragung überfordert." 158. Voraussetzung ehelichkeit des Kindes. nach Art. 18 EGBGB zu Zitr Legitimität eines
für die Anwendung des Art. 22 EGBGB ist die UnBei der Prüfung der Abstammung des Kindes ist entscheiden. Kindes nach tunesischem Recht.
AG Reutlingen, Reschl. vom 21. 7. 1965 - I GR 201/64: Unveröffentlicht. Das Kind B. w u r d e am 18. 8. 1963 unehelich geboren. Die Mutter des Kindes besitzt die italienische, der Vater die tunesische Staatsangehörigkeit. A m 24. 10. 1964 haben die Eltern das Kind in notarieller F o r m anerkannt, nachdem sie am 15. 5. 1964 vor dem Standesamt die E h e geschlossen hatten. Die Legitimation durch die nachfolgende E h e soll festgestellt werden.
Aus den Gründen: „Die Legitimation eines unehelichen Kindes richtet sich nach einem aus Art. 22 I EGRGB abgeleiteten Grundsatz nach den Gesetzen des Staates, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Dieser Grundsatz wird durch Art. 3 II GG nicht berührt. Voraussetzung für die Anwendung des Art. 22 EGBGR ist die Unehelichkeit des Kindes. Bei der Prüfung der Abstammung des Kindes ist nach Art. 18 EGBGB zu entscheiden.
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Nach Art. 18 I EGBGB beurteilt sich die eheliche Abstammung nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter. Dieser ist tunesischer Staatsangehöriger algerischer Herkunft. Das deutsche IPR verweist hinsichtlich der Abstammung wie auch der Legitimation auf das Recht Tunesiens. Zu prüfen bleibt jedoch, ob das tunesische IPR eine nach dem Grundsatz des Art. 27 EGBGB zu beachtende Rückverweisung auf das deutsche Recht enthält. Das tunesische IPR ist hauptsächlich in dem ,Décret du 12 Juillet 1956' geregelt, das als Ehelichkeits- und Legitimationsstatut das Recht des Vaters, also das tunesische Recht anerkennt. Zur Frage der Ehelichkeit eines Kindes sagt das Personenrechtsgesetz vom 13. 8.1956 (PRG) nichts. Es bestimmt jedoch hinsichtlich der Abstammung in Art. 68 PRG ,Die Abstammung wird begründet durch die Beiwohnung, das Anerkenntnis seitens des Vaters oder das Zeugnis von zwei oder mehr ehrbaren Personen.' Art. 68 PRG ist also die gesetzliche Grundlage für die Entscheidung über die Ehelichkeit des Kindes. Unter ,Beiwohnung' ist nach diesem Gesetz nur die legitime geschlechtliche Verbindung eines Mannes mit einer Frau zu verstehen, die im Zeitpunkt der Erzeugung bestanden haben muß. Zu den legitimierten Geschlechtsverbindungen gehören: a) die gültige Ehe, b) Geschlechtsverkehr auf Grund irrtümlicher Annahme des Bestehens einer rechtlichen Erlaubnis, c) die fehlerhafte Ehe. Zu a) : Das Zustandekommen einer gültigen Ehe setzt im tunesischen Recht zunächst den beiderseits erklärten Eheschließungswillen der Partner voraus. Art. 3 PRG besagt: eine Ehe wird nur durch die Einigung der beiden Ehewilligen geschlossen. Diese Einigung ist durch das tunesische PStG vom 1. 8. 1957 an feste Formen gebunden. Nach Art. 31 PStG wird in Tunesien die Ehe vor zwei Notaren oder vor dem Standesbeamten in Gegenwart von zwei ehrbaren Zeugen geschlossen. Im Ausland wird die Ehe von Tunesiern vor den diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Tunesiens oder nach Ortsrecht geschlossen. Die Eltern des Kindes haben ihre Ehe vor dessen Geburt weder in diplomatischer Form noch nach deutschem Ortsrecht geschlossen. Eine gültige Ehe im Zeitpunkt der Zeugung entfällt. Zu b) : Die Lehre vom Irrtum als Legitimitätsgrund geht davon aus, daß an sich jeder Geschlechtsverkehr, der nicht innerhalb einer Ehe oder im Konkubinat mit einer Sklavin stattfindet, rechtswidrig ist, da dem Grundsatz nach die Frau dem Manne verboten ist und dieser Grundsatz nur durch die bestimmten Erlaubnistatbestände der Ehe und der Sklaverei eingeschränkt wird. Demnach führt der Irrtum des Mannes über die Identität der Partnerin oder über die Rechtmäßigkeit der Beiwohnung trotz Kenntnis aller Tat-
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umstände oder über die Gültigkeit eines - in Wirklichkeit mangelhaften Ehekontraktes zur Gleichstellung einer an sich unrechtmäßigen Verbindung mit einer gültigen Ehe zur Legitimität eines dabei erzeugten Kindes. Für einen Irrtum des Mannes bei dem lange vor der standesamtlichen Trauung erfolgten Verkehr mit der Kindsmutter ist kein Anhaltspunkt ersichtlich. Zu c): Auch das in einer fehlerhaften Ehe gezeugte Kind ist nach islamischem Recht ein legitimiertes Kind. Das tunesische Recht hat diesen Grundsatz übernommen (s. Art. 21, 22 und 71 PRG sowie in Art. 36 PStG). In Art. 71 PStG wird bestimmt, daß unabhängig von der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Ehe das von einer verheirateten Frau sechs oder mehr Monate nach der Eingehung der Ehe geborene Kind den Ehemann zum Vater hat. Wenn die Eltern sich mindestens sechs Monate vor dessen Geburt nachweislich auf die alsbaldige Eingehung der Ehe auch nur formlos geeinigt haben, wird das Kind nach dem Wortlaut des PStG legitimiert. Doch auch diese formlose Einigung entfällt, weil in der italienischen Heimat der Mutter wie auch in Deutschland weder nach staatlichem noch nach kirchlichem Recht eine Eheschließung formlos erfolgen kann. Schließlich kann auch das Anerkenntnis des Vaters nach der Geburt des Kindes keine Wirkung für den Status des Kindes haben, nachdem die Eltern vor dessen Geburt keinen Eheschließungsakt vollzogen und einen solchen auch nicht behauptet haben. Das Kind bleibt nach wie vor illegitim und kann durch die nachfolgende Ehe seiner Eltern nicht legitimiert werden. Ein Legitimationsverfahren nach deutschem Recht entfällt. Es muß also festgestellt werden, daß das Kind durch nachfolgende Ehe seiner Eltern nicht ehelich geworden ist. Die einzige Möglichkeit für den Vater, dem Kinde die Rechtsstellung eines ehelichen Status zu verschaffen, ist die Adoption." 159. Ein deutsches uneheliches Kind wird nach französischem Recht legitimiert, wenn die deutsche Mutter einen französischen Mann heiratet, die Ehegatten sodann das Kind als das ihrige anerkennen und anschließend ein Urteil erwirken, durch das festgestellt wird, daß das Kind seit der Heirat tatsächlich die Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten hat. Die Legitimation ist nach französischem Recht auch wirksam, wenn es offenkundig ist, daß der anerkennende Ehemann nicht der Erzeuger des Kindes ist. Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public liegt darin nicht. LG Freiburg, Beschl. vom 26. 7.1965 - 4 T 61/65: FamRZ 1965, 622; DAVorm. 1965, 255; DRspr. I (180) 59b-c. Die natürliche Vaterschaft des Kindes steht nicht fest. Die Kindesmutter hat nach der Geburt des Kindes mit dem französischen Staatsangehörigen D. die Ehe geschlossen. Nach der Eheschließung wohnten die Eheleute zunächst in Frankreich. Vor dem dortigen Standesbeamten anerkannten sie nach französischem Recht das Mündel als ihr Kind. Durch Jugement des Tribunal d'Instance de
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Huningue wurde daraufhin nach Art. 331 III Cc festgestellt, daß das Kind den tatsächlichen Stand eines gemeinschaftlichen Kindes der Eheleute besitzt. Das AG hat es abgelehnt, die Legitimation des Kindes festzustellen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Aus den Gründen: „Die Kammer hat bereits f r ü h e r in einem ähnlich liegenden Fall entschieden, daß das deutsche Vormundschaftsgericht unter Anwendung f r a n zösischen Rechts (Art. 22 EGBGB) den Eintritt der Legitimation festzustellen hat, wenn ein französischer Staatsangehöriger eine Deutsche heiratet u n d dabei deren uneheliches Kind anerkennt, obwohl er nicht der Vater ist (JZ 1956, 253 mit zust. Anm. von Schwoerer1). Der vorliegende Fall bietet keine Veranlassung, von der f r ü h e r vertretenen Auffassung abzuweichen. Der hier zu entscheidende Fall weicht in tatsächlicher Hinsicht zwar insoweit von dem f r ü h e r e n ab, als in jenem die Anerkennung durch die Kindesm u t t e r u n d deren E h e m a n n bereits vor der Eheschließung erfolgte und somit die Legitimationswirkung mit der Eheschließung nach Art. 331 I Cc eintrat, während im vorliegenden Fall die Anerkennung der Eheschließung nachfolgte. Dies ändert aber im Ergebnis an der rechtlichen Beurteilung nichts. Die Legitimation ist lediglich nicht schon mit der Eheschließung, sondern erst mit Erlaß des Jugement des Tribunal d'Instance de Huningue vom 7.12.1962 eingetreten. W e n n die Anerkenntniserklärungen vor oder bei der Eheschließung (Art. 331 I Cc) versäumt werden, so m u ß zur Herb e i f ü h r u n g der Legitimation neben der Eheschließung und dem nachfolgenden Anerkenntnis als weiteres Erfordernis noch ein gerichtliches Urteil hinzutreten, das feststellt, daß das Kind seit der Eheschließung den tatsächlichen Stand eines gemeinschaftlichen Kindes besitzt (Art. 331 III Cc), dies ist durch das genannte Jugement ausdrücklich geschehen. Ein rechtlicher Unterschied besteht aber zwischen einer Legitimation nach Art. 331 I Cc und einer solchen nach Art. 331 III Cc nicht. Beide haben dieselben Wirkungen. Die durch eine nachfolgende Eheschließung legitimierten Kinder haben dieselben Rechte, wie wenn sie in dieser E h e geboren w ä r e n (Art. 333 Cc), wobei ,nachfolgende Eheschließung' nicht so zu verstehen ist, daß diese dem Anerkenntnis nachfolgte, sondern daß durch die Eheschließung, die auch nach Art. 331 III Cc eine wesentliche Voraussetzung ist und ohne die es nach französischem Recht eine Legitimation nicht gibt, die Legitimation eingetreten ist. Das AG k a m offenbar deshalb zu der Auffassung, das ,Jugement' sei nicht mit der Legitimation nach deutschem Recht, sondern mit d e r Adoption vergleichbar, weil es das .Jugement' isoliert betrachtet hat, während dieses im Zusammenhang mit der Eheschließ u n g und der nachfolgenden Anerkennung lediglich als weitere Voraussetzung f ü r den Eintritt der Legitimationswirkung gesehen werden m u ß . Wie die Kammer in ihrer f r ü h e r e n Entscheidung (aaO) bereits dargelegt hat, ist die Legitimation nach französischem Recht auch wirksam, wenn es 1
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offenkundig ist, daß der anerkennende E h e m a n n nicht der Erzeuger des Kindes ist (ebenso LG Memmingen, JZ 1957, 28 2 ; AG Hamburg, F a m R Z 1965, 286 3 ). Die Kammer vermag jedoch insoweit d e r Ansicht des AG u n d des LG Memmingen (aaO), die Feststellung der Legitimation unter Anwendung des französischen Rechts verstoße gegen den deutschen ordre public (Art. 30 EGBGB), wenn der anerkennende E h e m a n n der Kindesmutter nicht der Erzeuger des Kindes ist, nicht zu folgen. Nach Art. 30 EGBGB ist die Anwendung eines ausländischen Gesetzes n u r d a n n ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Hierbei handelt es sich u m eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist. Ein Verstoß gegen Art. 30 EGBGB liegt n u r vor, wenn der Unterschied zwischen den staatspolitischen oder sozialen Anschauungen, auf welchen das f r e m d e Recht u n d auf welchen das konkurrierende deutsche Recht beruht, so erheblich ist, daß die Anwendung des ausländischen Rechts zu einem Ergebnis f ü h r t , das den deutschen Sitten oder den Grundlagen der deutschen Gesetzgebung widerstreitet. Dies ist aber hier nicht der Fall. Grundlegende Belange der deutschen Rechtsordnung werden durch das französische Legitimationsrecht nicht betroffen (RGZ 73, 366; AG München 20. 7. 1939, JFG 20, 213). Zwar unterscheidet sich das deutsche Abstammungsprinzip grundsätzlich von dem französischen Anerkennungsprinzip, jedoch ist dieser Unterschied nicht so tiefgehend, als daß es sich nicht mit dem Sinn und Zweck unserer Rechtsordnung vereinbaren ließe. Nach § 1720 II BGB wird z. B. auch vermutet, daß der Mann der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt habe, w e n n er die Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat. Nach der Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses des Vormundschaftsgerichts ist eine Anfechtung n u r noch nach § 1721 BGB möglich. Der Mann k a n n nach § 1721 Satz 2 BGB die Ehelichkeit nicht anfechten, wenn er bei der Eheschließung die Umstände kannte, die f ü r die Unehelichkeit des Kindes sprechen. Hier wird also auch nach deutschem Recht in Kauf genommen, daß ein Kind als eheliches gilt, obwohl der Ehem a n n nicht der Erzeuger ist. Andererseits ist auch nach dem französischen Recht das Anerkennungsprinzip nicht bis zur letzten Konsequenz durchgeführt, da gem. Art. 339 Cc die Möglichkeit einer Anfechtung der Anerkennung u n d der damit verbundenen Legitimitationswirkung besteht. Trotz gewisser Unterschiede ist die französische Rechtsordnung ebenso wie die deutsche bestrebt, dem unehelichen Kind die gleichen Rechte wie einem ehelichen zu verleihen. Sowohl das deutsche wie das französische System dienen dem Interesse des unehelichen Kindes und haben gleichermaßen eine sittliche Berechtigung (LG Freiburg aaO; Schtvoerer aaO)." 160. Ein uneheliches Kind wird nicht ehelich, wenn der ägyptische Erzeuger die deutsche Mutter heiratet. Das nach Art. 22 EGBGB maßgebliche 2
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Siehe oben Nr. 151.
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ägyptische Familienrecht kennt keine Legitimation durch nachfolgende Ehe. Der Erlaß eines Legitimationsfeststellungsbeschlusses in entsprechender Anwendung des § 31 PStG ist in solchen Fällen nicht möglich. LG Berlin, Beschl. vom 15. 10.1965 - 83 T 351/65: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Ist ein uneheliches Kind durch die Eheschließung seiner Eltern ehelich geworden (§ 1719 BGB), so stellt das Vormundschaftsgericht nach § 31 I Satz 1 PStG dies fest, falls die Geburt des Kindes im Geburtenbuch beurkundet oder das Kind infolge der Legitimation in ein Familienbuch einzutragen ist. Diese Vorschrift findet allgemein auch dann Anwendung, wenn ein ausländisches Kind im Inland geboren und im Geburtenbuch eingetragen ist, da es f ü r die Anwendung dieser Norm dahingestellt bleiben kann, ob sich die Legitimation nach deutschem oder aüsländischem Recht beurteilt. Ob jedoch eine Legitimation durch nachfolgende Eheschließung stattgefunden hat, richtet sich nach den Gesetzen des Staates, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört hat, Art. 22 I EGBGB (vgl. Pfeiffer-Strickert, PStG, 1961, zu § 31 Rdn. 15). Es ist hier von ägyptischem Recht auszugehen. Eine gemäß Art. 27 EGBGB beachtliche Rückverweisung auf das deutsche Familienrecht findet nach dem ägyptischen Kollisionsrecht nicht statt. Sofern im übrigen Monira neben der deutschen Staatsangehörigkeit ( § 4 1 Satz 1 RuStAG) auch die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Arabischen Republik (Ägypten) besitzen sollte, weil sie von einem Vater „abstammt", der diese Staatsangehörigkeit besitzt (Art. 2 I Nr. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Vereinigten Arabischen Republik Nr. 82 von 1958), hätte dies nach Art. 25 II des ägyptischen BGB vom 16. 7. 1948 zur Folge, daß das ägyptische Recht vorgeht. Dem ägyptischen Recht ist ein weltliches Familienrecht unbekannt. Es findet religiöses Recht Anwendung, und zwar grundsätzlich das 1875 verkündete Gesetzbuch über das Personenrecht und die Erbfolge nach dem hanefitischen Ritus (Personalstatut). Dieses Statut ist in Ermangelung anderer Gesetze als das gemeine ägyptische Recht anzusehen, das regelmäßig ohne Rücksicht auf den religiösen Ritus anzuwenden ist. Da der Vater Moslem ist und ein f ü r ihn geltendes Sonderstatut nicht angeben kann, hat die Kammer keine Bedenken gegen die Anwendung des mohammedanischen Personalstatuts hanefitischen Ritus. Dieses Recht kennt nun aber die Legitimierung eines außerhalb der Ehe geborenen Kindes durch nachfolgende Eheschließung nicht. Nach Art. 333 des Personalstatuts ist ein Kind nur dann ehelich, wenn es während einer gültigen Ehe wenigstens sechs Monate nach deren Eingehung geboren ist oder wenn es vor dem Ablauf dieser Frist nach der Eheschließung geboren ist und der Ehemann es formell anerkennt, ohne zu erklären, daß es einem
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unerlaubten Akt entsprossen ist. Das gleiche ergibt sich aus Art. 343 des Personalstatuts, wonach, der Verführer einer Frau, die infolge der unerlaubten Beziehungen schwanger geworden ist, die Ehelichkeit des wenigstens sechs Monate nach der Eheschließung geborenen Kindes nicht bestreiten kann und bei einer früheren Geburt als Vater gilt, wenn er es anerkennt, ohne zu erklären, daß das Kind die Frucht eines unerlaubten Umganges ist. Nun kann allerdings gemäß Art. 350 des Personalstatuts ein Mann ein Kind, dessen Abstammung unbekannt ist, mit der Wirkung anerkennen, daß seine Vaterschaft festgestellt wird, sofern zwischen ihm und dem Kind ein entsprechender Altersunterschied besteht. Diese Anerkennung erzeugt aber n u r die Wirkung einer natürlichen Kindschaft (Art. 350 II des Personalstatuts). Das Kind wird dadurch nicht ehelich, wenn es auch dem Vater gegenüber eine ähnliche Rechtsstellung erlangt. Der Mutter gegenüber ändert sich die Rechtsstellung des Kindes durch diese Anerkennung überhaupt nicht, selbst wenn der Anerkennende sie heiratet oder mit ihr bereits verheiratet ist. Es bleibt ihr außerehelich geborenes Kind und gilt nicht, wie es nach deutschem Recht bei der Legitimation durch nachfolgende Ehe der Fall ist, als gemeinschaftliches eheliches Kind. Hinzu kommt, daß der Ehemann der Mutter in der öffentlichen Urkunde vom 27. 5. 1964 das Kind als von ihm gezeugt anerkannt hat, was einer Anerkennung im Sinne des Art. 350 I des Personalstatuts entgegensteht, weil er damit die Abstammung des Kindes offenbart hat, diese aber nach der vorgenannten Vorschrift unbekannt sein muß. Die gleichzeitig mit der Anerkennung abgegebene Erklärung der außerehelichen, also unerlaubten Zeugung des Kindes durch den Anerkennenden nimmt der Anerkennung, ebenso wie es gemäß Art. 333 und 343 des Personalstatuts der Fall ist, die anderenfalls eintretende gesetzliche Wirkung. Aber selbst wenn man annehmen wollte, daß das Kind durch die Anerkennung nach ägyptischem Recht hanefitischen Ritus im Falle der Eheschließung des Anerkennenden mit der Mutter die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes beider Ehegatten erlangt und daß hier die materiellen Voraussetzungen f ü r eine solche Anerkennung vorliegen, so kann dies die beantragte vormundschaftsgerichtliche Feststellung nach § 31 PStG nicht rechtfertigen. Denn in diesem Falle wäre die Anerkennung rechtsähnlich einer Annahme an Kindes Statt, wie sie das deutsche Recht kennt, und damit gemäß Art. 22 II EGBGB unwirksam, weil die nach § 1747 I Satz 1 BGB erforderliche Einwilligung der Mutter, die gemäß § 1748 III BGB gerichtlich oder notariell beurkundet sein muß, nicht erfolgt ist (vgl. KG, DR 1940, 1375, 1377). Die Einwilligungserklärung wird nicht etwa dadurch überflüssig, daß die Mutter den Annehmenden geheiratet hat. Wenn das AG Hamburg (StAZ 1964, 74) 1 der Anerkennung nach hanefitischem Recht die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung gemäß § 1723 BGB gleichsetzen will und in diesem Fall die Einwilligungserklärung der Mutter mit Rücksicht auf die Eheschließung nicht f ü r erforderlich hält, so hat es hier1
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bei außer acht gelassen, daß die Abweichungen dieser beiden Rechtsinstitutionen zu groß sind, um sie im Sinne des Art. 22 II EGBGB gleichsetzen zu können. Denn das entscheidende Merkmal für die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung ist nicht, wie bei Art. 350 des hanefitischen Personalstatuts, die Anerkennungserklärung seitens des Mannes, sondern der vormundschaftsgerichtliche Beschluß. Außerdem setzt die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung voraus, daß das Kind von dem Mann gezeugt ist, als dessen eheliches Kind es erklärt werden soll, während für die Anerkennung nach hanefitischem Recht die Vaterschaft des Anerkennenden insoweit ohne Bedeutung ist. In dem Falle aber erschiene eine entsprechende Anwendung des § 31 PStG bei Annahme einer Adoption oder einer Legitimation durch Ehelichkeitserklärung als zu weitgehend (vgl. Maßfeller, StAZ 1950, 159). Die Regelung des ägyptischen Rechts verstößt auch nicht gegen den ordre public. Wenn das ägyptische Recht entscheidenden Wert darauf legt, daß der einer unehelichen Geburt zugrunde liegende .unerlaubte Akt' nicht förmlich bekannt wird, so kann in einer derartigen Regelung weder ein Verstoß gegen die guten Sitten noch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes (insb. Art. 6 GG) gesehen werden (vgl. für den ähnlichen Fall der Ehebruchskinder OLG Frankfurt, N J W 1956, 6 7 2 2 und OLG Celle, N J W 1954, 1 8 9 1 V
10. Adoption, Pflegekindschaft 1 6 1 . Art. 22 II EGBGB ist nur auf deutsche Kinder sowie auf staatenlose Kinder mit ständigem Aufenthalt in Deutschland zur Zeit der Adoption anzuwenden. AG Hannover, Beschl. vom 8. 7. 1964 - 85 UR I I I 51/64:. StAZ 1965, 80. Am 24. 5. 1945 hat die damals unverehelichte Arbeiterin Zenobia U. in Hannover eine Tochter geboren, die den Vornamen Kornelje erhielt. Die Kindesmutter stammt aus Polen. Sie wurde am 28. 8. 1922 in Lodz geboren und lebte nach dem Kriege im Ausländerlager in Hannover. Am 6. 6. 1949 hat die Kindesmutter in Toronto (Kanada) den Arbeiter J a n G. geheiratet. Beide Eheleute haben die kanadische Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben. Durch den Adoptionsbeschluß des Grafschaftsgerichts der Grafschaft Peel der Provinz Ontario vom 27. 3. 1963 haben die Eheleute G. die Kornelje U. gemeinschaftlich adoptiert und ihren Namen in Angela Cornelia G. geändert. Die Adoptierte besitzt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Auch eine Vormundschaft ist in der Bundesrepublik über die Adoptierte nicht geführt worden. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik in Toronto hat auf Veranlassung des Direktors für Jugendwohlfahrt beim Wohlfahrtsministerium der Provinz Ontario gebeten, über die Adoption den Randvermerk gemäß § 30 PStG beischreiben zu lassen. Das zuständige Standesamt hat den Antrag dem AG gemäß § 4 5 PStG zur Entscheidung vorgelegt. 2
IPRspr. 1956-1957 Nr. 5.
30 IPR 1964/65
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 106 b.
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Aus den Gründen: „Nach Art. 22 I EGBGB richtet sich die Annahme an Kindes Statt nach den Gesetzen des Staates, dem der Annehmende zur Zeit der Annahme angehört. Da die Eheleute Jan und Zenobia G. kanadische Staatsangehörige sind, ist die Rechtswirksamkeit der Adoption der Kornelje U. allein nach dem Recht zu beurteilen, das in Kanada f ü r die Provinz Ontario gilt. Daß dieses Recht im Adoptionsbeschluß des Grafschaftsgerichts der Grafschaft Peel in der Provinz Ontario vom 27. 3.1963 richtig angewendet worden ist, kann ohne weiteres unterstellt werden. Maßgebend ist daher auch f ü r den deutschen Geltungsbereich der Adoptionsbeschluß des Grafschaftsgerichts Peel, nach dem die Kornelje U. von den Eheleuten Jan und Zenobia G. adoptiert ist und nunmehr den Namen Angela Cornelia G. tragen soll. Soweit bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer im Auslande vollzogenen Adoption auch die Vorschrift des Art. 22 II EGBGB zu beachten ist, handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift zugunsten deutscher Kinder. Die Adoptierte hat aber die deutsche Staatsangehörigkeit niemals besessen, und ihre Staatsangehörigkeit, die sie durch die Geburt erworben hatte, ist nicht zu ermitteln gewesen. F ü r diesen Fall wäre der Art. 29 EGBGB entsprechend anzuwenden, denn soweit f ü r Verschleppte und Flüchtlinge nach dem Kriege Sondervorschriften erlassen worden sind, ist dies erst nach der Auswanderung der Kindesmutter und der Adoptierten geschehen. Maßgeblich wäre danach auch im Anwendungsfall des Art. 22 II EGBGB jedenfalls nicht deutsches Recht. Schließlich bestehen auch keine Bedenken, die Beischreibung der Namensänderung anzuordnen, denn die vom Grafschaftsgericht Peel beschlossene Namensänderung ist eine Wirkung der Adoption und daher in der Bundesrepublik zu beachten." 162« Um einer nach ausländischem (englischem) Recht verfügten Adoption eines deutschen außerehelichen Kindes im deutschen Rechtsbereich Wirksamkeit zu verleihen, muß zu ihr die nach deutschem Recht erforderliche Einwilligung des Kindes hinzutreten. Die vormundschaftsgerichtlich genehmigte Einwilligung des Amtsvormundes eines solchen Kindes in die ausländische Adoptionsverfügung kann dieser mit der Wirkung nachfolgen, daß die Adoption auch im deutschen Rechtsbereich wirksam ist. OLG Celle, Beschl. vom 29. 7.1964 - 5 Wx 45/64: FamRZ 1964, 578; StAZ 1964, 327; NJW 1965, 44 mit Anm. Lamberg; NdsRpfl. 1964, 252; DA Vorm. 1965,155; DRspr. I (180) 53 c; Leitsatz in DNotZ 1965, 429 Nr. 3; RdJ 1965, 43; DRiZ 1965 B 10 Nr. 173; BWNotZ 1965, 36. Das Kind A. G. M. ist auf Grund einer Adoptionsverfügung des englischen Jugendgerichts in D. vom 24. 4. 1960 von den Eheleuten Ernest und Anneliese A. geb. M. adoptiert worden.
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Die Mutter des Kindes hat ihre Einwilligung zu der Adoption in notariell beurkundeter Form am 19. 1. 1960 erklärt. Das Jugendamt der Stadt Göttingen als Amtsvormund hat in die Adoption in einfacher Schriftform am 9. 3. 1960 eingewilligt. Unter dem 11. 1. 1962 wurde diese Einwilligung in einer notariellen Verhandlung wiederholt. Das Vormundschaftsgericht Göttingen genehmigte die Einwilligungserklärung des Stadtjugendamtes durch Beschluß vom 10. 8. 1962. Unter dem 17. 9. 1963 teilte das Stadtjugendamt sowohl den Eheleuten A. als auch dem Jugendgericht in D. mit, daß die Adoption des Kindes durch Beschluß vom 10. 8. 1962 genehmigt worden sei. Schließlich erklärte das Jugendamt Göttingen unter dem 23. 1.1964 gegenüber den annehmenden Eheleuten A. und dem Jugendgericht in D. seine „Zustimmung" zur Adoption. Das Vormundschaftsgericht in Göttingen hat den Standesbeamten um Beischreibung des entsprechenden Randvermerks im Geburtenbuch des Kindes gemäß § 30 PStG ersucht. Der Standesbeamte hat Bedenken gegen die Wirksamkeit der Adoption in Deutschland gehabt und die Sache gemäß § 45 PStG dem AG Göttingen vorgelegt. Dieses hat mit Beschluß vom 26. 2. 1964 den Standesbeamten angewiesen, den Adoptionsvermerk im Geburtenbuch einzutragen. Nach erfolgloser Beschwerde wurde sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Aus den Gründen: „Die Entscheidung des LG, daß die in England verfügte Adoption über den englischen Rechtsbereich hinaus auch im deutschen Rechtsbereich wirksam sei, beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung. Das LG hat das Vorliegen der Voraussetzungen des hier maßgebenden Art. 22 EGBGB rechtsfehlerfrei bejaht. Die Voraussetzungen des Art. 22 I, nach dem sich die Adoption nach den Gesetzen des Staates zu richten hat, dem die Annehmenden zur Zeit der Annahme angehören, sind gegeben. Da die Eheleute A. als Annehmende die englische Staatsangehörigkeit besitzen, ist englisches Recht anzuwenden. Gegen die Wirksamkeit der Adoption in England bestehen keine Bedenken, zumal nach englischem Recht die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts nicht erforderlich ist. Um der nach ausländischem (hier: englischem) Recht verfügten Adoption im deutschen Rechtsbereich Wirksamkeit zu verleihen, muß jedoch zu der Auslandsadoption die nach den deutschen Gesetzen erforderliche Einwilligung des Kindes und eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, (kumulativ) hinzutreten (Art. 22 II EGBGB). Die Einwilligung der Mutter des unehelichen Kindes, zu der das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, ist erfolgt (§. 1747 BGB). Soweit in Art. 22 II weiterhin die Einwilligung des angenommenen Kindes zu der Auslandsadoption verlangt wird, hat das Kind hier zwar nicht selbst eingewilligt. Dies ist aber auch nicht erforderlich. Da das Kind noch nicht 14 Jahre alt ist, tritt an die Stelle seiner Einwilligung die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, hier also des Jugendamtes der Stadt Göttingen als Amtsvormund, die der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf (§ 17511 BGB). Das LG hat das Vorliegen dieser Einwilligung rechtsfehlerfrei bejaht, indem es die .Zustimmung' des Stadtjugendamts vom 23. 1.1964 (hilfsweise) zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat. 30»
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 162
Die .Zustimmung' vom 23.1.1964 ist rechtswirksam. Ihre Rechtswirksamkeit hängt nicht davon ab, ob der Art. 22 II dahin auszulegen ist, daß es sich bei den in ihm geforderten Einwilligungen u n d damit auch bei der hier in Rede stehenden ,Zustimmung' u m einseitige oder vertragliche Parteierklärungen handelt. Auch wenn es sich bei ihr u m ein einseitiges Rechtsgeschäft handeln sollte, wäre sie wirksam. I h r geht - wie es § 1831 Satz 1 BGB f ü r einseitige Rechtsgeschäfte vorschreibt - die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vom 10. 8. 1962 voraus. Daß die .Zustimmung' vom 23.1. 1964 durch die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erfaßt wird, hat das LG rechtsfehlerfrei bejaht. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die seiner Auffassung entgegenstehen, daß der Sinn und Zweck der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vom 10. 8.1962 dahin gehe, grundsätzlich die Einwilligung des Jugendamtes zu dieser Adoption zu genehmigen, wobei es keinen Unterschied mache, ob die Einwilligung vorher oder nachher erklärt worden ist oder eine oder mehrere Einwilligungen besonders in Bezug genommen worden sind. Die mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung versehene Einwilligung vom 23.1. 1964 konnte der ausländischen (hier: englischen) Adoptionsverfügung auch mit der W i r k u n g nachfolgen, daß die Adoption im deutschen Rechtsbereich wirksam ist. Der Senat weicht insofern von der in den Gründen des Beschlusses des OLG Celle vom 14. 4. 1954 (JZ 1954, 702) 1 gemachten beiläufigen Bemerkung ab, daß die genehmigte Einwilligung der Auslandsadoption vorausgehen müsse, u n d folgt mit den Vorinstanzen der in der Rechtsprechung (BayObLG, Beschl. vom 25.7.1956, N J W 1957, 25 2 ; so beiläufig auch OLG Hamm, Vorlagebeschl. vom 9. 6.1959, StAZ 1960, 98 = N J W 1959, 1704 3 ) und Literatur (Beitzke, Unwirksame Auslandsadoptionen: StAZ 1953, 97; Bergmann, Neues Adoptionsrecht in Großbritannien: StAZ 1952, 68; Raape, IPR, 5. Aufl. 1961, 394 Anm. 171) weit überwiegend vertretenen Meinung. Zur Begründung wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem Beschluß des BayObLG (aaO) Bezug genommen, denen der Senat im vollen Umfang beitritt. Von der in dem Beschluß des OLG Celle vom 14.4.1954 (aaO) lediglich beiläufig gemachten Bemerkung abzuweichen, hatte der Senat u m so weniger Bedenken, als mit ihr u. U. lediglich zum Ausdruck gebracht werden sollte, d a ß es im Regelfall wünschenswert ist, wenn die mit Genehmigung versehene Einwilligung der Auslandsadoption vorausgeht. Da somit die angefochtene Entscheidung schon auf Grund der mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung versehenen Einwilligung vom 23.1. 1964 rechtsfehlerfrei ist, b e d u r f t e es nicht noch einer Erörterung d e r Frage, ob die der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vorausgehende Einwilligung vom 9. 3.1960 und deren Wiederholung vom 11.1.1962 wirksam sind. Der Senat hat keinen Anlaß, die Sache dem BGH vorzulegen. 1 3
IPRspr. 1954-1955 Nr. 125. IPRspr. 1958-1959 Nr. 138 b.
2
IPRspr. 1956-1957 Nr. 136 a.
Nr. 163
VL/10. Familienrecht
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Die hier vertretene Rechtsauffassung weicht - soweit festgestellt werden konnte - weder von einer Entscheidung des BGH noch von der eines anderen Oberlandesgerichts ab (§ 28 II FGG). Eine Abweichung von dem durch den Vorlagebeschluß des OLG Hamm (aaO) veranlaßten Beschluß des BGH vom 4.3.1960 (StAZ 1960, 206) 4 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil er die hier allein interessierende Frage, ob die mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung versehene Einwilligung der Adoptionsverfügung mit Wirkung f ü r den deutschen Rechtsbereich nachfolgen kann, nicht beantwortet hat. Eine Abweichung von dem Beschluß des BayObLG (aaO) liegt nicht vor; er ist vielmehr als im vollen Umfang zutreffend in Bezug genommen worden. Eine Abweichung liegt ferner weder von der in dem Vorlagebeschluß des OLG Hamm (aaO) zum Ausdruck gekommenen Rechtsauffassung, noch von dem Beschluß des OLG Karlsruhe vom 29. 8. 1956 (StAZ 1958, 208 6 ) vor. Die vom OLG Hamm negativ und vom OLG Karlsruhe positiv beantwortete Frage, ob die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zu einer ausländischen Adoptionsverfügung nachfolgen kann, bedarf hier keiner Entscheidung, weil - wie schon ausgeführt - die .Zustimmung' des Stadtjugendamtes vom 23. 1.1964 schon vor ihrem Erlaß vormundschaftsgerichtlich genehmigt war. Im übrigen nähert sich das OLG Hamm weitgehend der hier vertretenen Rechtsauffassung an, in dem es am Ende seiner Entscheidung zum Ausdruck bringt, daß es in der Frage, ob die mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung versehene Einwilligung des gesetzlichen Vertreters noch nachgeholt werden könne, der vom Senat im vollen Umfang in Bezug genommenen Entscheidung des BayObLG (aaO) zuneige. Schließlich war der Senat auch nicht zur Vorlage genötigt, weil er von der in dem Beschluß des OLG Celle vom 14.4.1954 (aaO) beiläufig gemachten Bemerkung abweicht. Bei der Entscheidung, von der abgewichen werden soll, muß es sich nicht um die desselben, sondern um die eines anderen Oberlandesgerichts handeln (§ 28 II FGG). Die sofortigen weiteren Beschwerden sind mithin als unbegründet zurückzuweisen." 1 6 3 . Die entgegen Art. 22 I EGBGB nach ausländischem Recht (insbesondere durch ausländischen Staatsakt) vollzogene Adoption eines Ausländers durch einen Deutschen wird in der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls dann nicht anerkannt, wenn eine gleiche inländische Adoption trotz der gerichtlichen Bestätigung nach § 1756 BGB unwirksam wäre. BayObLG, Beschl. vom 19.11.1964 - BReg. l b Z 6/63: BayObLGZ 1964, 385; MDR 1965, 205; FamRZ 1965, 95; StAZ 1965, 73; NJW 1965, 502; JR 1965, 227; DRspr. I (180) 53 d; Leitsatz in OLGZ 1965, 99; 4
IPRspr. 1960-1961 Nr. 128.
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 136 b.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 163
BWNotZ 1965, 88; DNotZ 1965, 429 Nr. 4; DAVorm. 1965, 125; BayJMBl. 1965, 43; DRiZ 1965 B 45 Nr. 633 und B 46 Nr. 667. Der Erblasser lebte in Rauscha (deutsches Ostgebiet unter fremder Verwaltung). Er hinterließ keine letztwillige Verfügung. Hinterbliebene sind seine Witwe und sein Sohn. Ein weiteres Kind war von den Eheleuten durch Beschluß des Kreisgerichts W. (Polen) vom 24. 9. 1953 adoptiert worden. Der Erblasser starb am 10. 9. 1959. Das AG erteilte einen Teilerbschein für die Witwe und das adoptierte Kind. Hiergegen wendet sich der Sohn mit der weiteren Beschwerde. Er trägt vor, die Adoption sei unwirksam, weil der Erblasser nicht zugestimmt habe und weil die Ehefau im Adoptionsverfahren wahrheitswidrig angegeben habe, daß die Eheleute keine Kinder hätten. Aus den Gründen: „1. Ein unbeschränkter Erbschein (§ 2353 BGB), wie er hier vorliegt, kann anders als der gegenständlich beschränkte Erbschein (§ 2369 BGB) nur erteilt werden, wenn — von der hier nicht vorliegenden, in BayObLGZ 1961, 176 1 erörterten Ausnahme abgesehen — der Erblasser nach deutschem materiellem Recht beerbt wird (vgl. BayObLGZ 1958, 34, 37 2 ; 1961, 176, 178 1 ; 1964, 291 3 ; Palandt-Keidel, BGB, 23. Aufl., § 2369 Anm. 2 a, b). Diese Voraussetzung des unbeschränkten Erbscheins ist n u r erfüllt, wenn der Erblasser beim Tod deutscher Staatsangehöriger oder Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit nach Art. 116 I GG (Art. 24, 25 EGBGB, Art, 9 II Nr. 5 FamRÄndG vom 11.8.1961) oder Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. 7.1951 (BGBl. 1953 II 559) mit Wohnsitz oder - in Ermangelung eines Wohnsitzes - mit Aufenthalt in der Bundesrepublik (Art. 1, 12; BayObLGZ 1963, 52 4 ) oder Staatenloser mit gewöhnlichem Aufenthalt oder - mangels eines solchen - mit Aufenthalt in der Bundesrepublik war (Art. 29 EGBGB). Der unbeschränkte Teilerbschein ist darnach unrichtig (§ 2361 BGB), wenn der Erblasser beim Tod weder deutscher Staatsangehöriger w a r noch einen der erwähnten Ersatztatbestände erfüllte. Der Teilerbschein leidet in diesem Fall außerdem noch daran, daß er offenbar in Anwendung des deutschen Erbrechts (ohne § 1371 BGB) erteilt worden ist und daß sich die Beerbung nach dem maßgebenden ausländischen Erbrecht (Heimatrecht des Erblassers) abweichend vom deutschen Recht gestalten kann. Feststellungen des LG über die deutsche Staatsangehörigkeit des Erblassers oder einen der oben erwähnten Ersatztatbestände fehlen. Sie sind aber f ü r die sofortige Einziehung des Teilerbscheins entbehrlich; denn der Erbschein ist, wie sogleich unter 2 darzulegen sein wird, selbst dann unrichtig und einzuziehen, wenn der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war oder einen der Ersatztatbestände erfüllte. 2. Die Unrichtigkeit des Erbscheins folgt in diesem Fall daraus, daß die nach polnischem Recht vollzogene Adoption in der Bundesrepublik Deutsch 1 3
IPRspr. 1960-1961 Nr. 228. Siehe unten Nr. 304.
2 4
IPRspr. 1958-1959 Nr. 143. IPRspr. 1962-1963 Nr. 150.
Nr. 163
VI./10. Familienrecht
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land nicht anerkannt wird und das im Erbschein bezeugte gesetzliche Erbrecht des Adoptivkindes nicht erzeugte. W a r der Erblasser bei seinem Tod deutscher Staatsangehöriger (wofür der Akteninhalt eine gewisse Wahrscheinlichkeit bietet), so war er auch im Zeitpunkt der Adoption im Jahre 1953 deutscher Staatsangehöriger. Denn die Möglichkeit, daß er zwischen der Adoption und seinem Tod als in den polnisch verwalteten deutschen Ostgebieten Ansässiger die deutsche Staatsangehörigkeit erworben oder einen der oben 1 erwähnten Ersatztatbestände geschaffen hat, kann ausgeschlossen werden. Die im folgenden zu erörternden Grundsätze über Anerkennung von Adoptionen von Ausländern seitens Deutscher wären auch dann anwendbar, wenn etwa der Erblasser auf Grund des polnischen Gesetzes vom 28.4.1946 (Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht, Polen Grdz. 27; Geilke, Staatsangehörigkeitsrecht von Polen, 29,101) die polnische Staatsangehörigkeit erworben hätte. F ü r einen solchen Erwerb könnte sprechen, daß die polnische Vormundschaftsbehörde die Adoption nach polnischem materiellen Recht vollzog; dies aber setzte voraus, daß der Annehmende (Erblasser) polnischer Staatsangehöriger war (Art. 23 des poln. Gesetzes über IPR vom 2. 8.1926 - Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., III Polen S. 12). Gleichwohl verlor der Erblasser durch den etwaigen Erwerb der polnischen Staatsangehörigkeit die etwaige deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wenn er seinen Wohnsitz oder Aufenthalt in den noch zum deutschen Inland zu rechnenden deutschen Ostgebieten unter fremder Verwaltung hatte (§ 25 RuStAG; Ferid-Firsching aaO; Palandt, Art. 7 EGBGB Vorbem. 7 a; OLG Celle, NJW 1952, 475 5 ). Er wäre dann Doppelstaater gewesen und von den deutschen Gerichten bei der Anwendung des deutschen IPR insbesondere des Art. 22 EGBGB und des deutschen internationalen Verfahrensrechts als deutscher Staatsangehöriger zu behandeln (RGZ 150, 382; BGHZ 3, 178 6 ; Palandt, Anm. 7 a, Erman, [BGB] 3. Aufl., Anm. 6 b, je vor Art. 7 EGBGB; Keidel, FGG, § 73 Anm. 12; vgl. allerdings auch Soergel-Kegel, [BGB] Art. 29 EGBGB Anm. 29; Ferid, RabelsZ 23 [1958] 498). Geht man dementsprechend von der Möglichkeit aus, daß der Erblasser bei der Adoption als deutscher Staatsangehöriger (oder gleich einem solchen) zu behandeln war, so ergibt sich f ü r die Wirksamkeit der Adoption: a) Bei der nach polnischem Recht vorgenommenen Adoption handelt es sich (abweichend vom deutschen Recht) um eine Adoption (nicht durch Vertrag, sondern) durch Entscheidung der Vormundschaftsbehörde (Art. 67 § 1 poln. Familienkodex vom 27.6.1950 - Bergmann aaO Polen S. 21; Boschan, Europäisches Familienrecht, 3. Aufl., 347). F ü r diese Adoption hat die polnische Vormundschaftsbehörde möglicherweise ihre internationale Zuständigkeit nach dem polnischen internationalen Verfahrensrecht und entsprechend der bei polnischer Staatsangehörigkeit des Adoptierenden bestehenden Anwendbarkeit des polnischen Adoptionsrechts (Art. 23 des poln. Ges. über IPR vom 2. 8.1926) angenommen. 5
IPRspr. 1950-1951 Nr. 156.
« IPRspr. 1950-1951 Nr. 159.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 163
Die Adoptionsentscheidung der polnischen Vormundschaftsbehörde ist als Entscheidung der freiwilligen Gerichtsbarkeit (unter Bezugnahme auf Art. 27 ff. des poln. Gesetzes über streitloses Verfahren in Familien- und Vormundschaftssachen vom 27. 6.1950) ergangen. Die Wirksamkeit dieser Entscheidung in Deutschland beurteilt sich nach den Grundsätzen über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen im Inland. Im vorliegenden Fall ist die polnische Behörde in den deutschen Ostgebieten tätig geworden, die durch das Potsdamer Abkommen vom 2. 8.1945 unter polnische Verwaltung gestellt wurden. Infolge der Einführung der polnischen Verwaltung in diesen Ostgebieten kann der Anwendung des polnischen materiellen und Verfahrensrechts nicht von vornherein die Anerkennung versagt werden (vgl. Erman, Art. 7 EGBGB Vorbem. 4 a; Baade, StAZ 1958, 29; FeridFirsching aaO Polen Grdz. 26 letzter Abs.; LG Bremen, FamRZ 1960, 154 7 mit Anm. von Beitzke). b) Grundsätzlich werden rechtsgestaltende ausländische Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Bundesrepublik anerkannt (BGHZ 19, 240 8 ; 20, 323, 334»; BayObLGZ 1959, 8, 24 mit Nachw. und Anm. FamRZ 1959, 364 und E J F A II 7 1 0 ; Schwimann, FamRZ 1959, 325; ferner SoergelKegel, Anm. 314 vor Art. 7 EGBGB, Anm. 46 zu Art. 19; Kegel, IPR, § 20 VIII 5; Lent-Habscheid, Freiwillige Gerichtsbarkeit, § 30; Dölle, DNotZ 1961, Sonderheft 29; Beitzke, Festschrift f ü r Lehmann, 496, 502; RGZ 80, 262; 81, 377; 162, 329; 166, 367; OLG Köln, StAZ 1963, 43; vgl. auch Raape, IPR, 5. Aufl., § 19 B, § 35 II). Gleiches gälte auch, wenn die Entscheidung der polnischen Vormundschaftsbehörde nicht als Entscheidung der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern als Verwaltungsakt anzusehen wäre (vgl. RGZ 80, 262; Soergel-Kegel, Anm. 315 vor Art. 7 EGBGB; Wieczorek, ZPO, § 328 Anm. B II; Raape, IPR, § 19 B; Schnitzer, IPR, I 204; Nagel, N J W 1960, 985). c) Der Grundsatz der Anerkennung ausländischer Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt aber nicht, wenn sich die Bundesrepublik nach dem deutschen internationalen Verfahrensrecht eine ausschließliche internationale Zuständigkeit f ü r die behördliche Mitwirkung bei der Adoption beilegt (BayObLG aaO; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 211, 533; Lent-Habscheid aaO; im besonderen f ü r die Adoption: Soergel-Kegel, Anm. 37, Staudinger-Raape, 9. Aufl., Anm. D IV 1 a, Erman-Marquordt, 3. Aufl., Anm. 4 f, Achilles-Greiff, [BGB] 23. Aufl., Anm. 5, je zu Art. 22 EGBGB; Raape, IPR, § 35 II; Frankenstein, IPR, § 72 A II 5; Kipp, Familienrecht, 7. Aufl., § 99 N. 12; Keidel, Anm. 9 a, Jansen, FGG, Erg. Anm. 5 a, je zu § 66 FGG; Beitzke, StAZ 1948, 54; OLG Köln, FamRZ 1964, 466 = StAZ 1963, 43 1:l ). Dies folgt schon daraus, daß die Anerkennung ausländischer Entscheidungen auf dem Grundsatz beruht, daß die internationalen Zuständigkeiten grundsätzlich konkurrierende sind (BayObLG aaO mit Nachw.); damit entfällt die Grundlage f ü r die Anerkennung in der Bundes7
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 114. IzRspr. 1954-1957 Nr. 322. 11 IPRspr. 1962-1963 Nr. 215.
IPRspr. 1954-1955 Nr. 4. IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
Nr. 163
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republik, sobald die Bundesrepublik die ausschließliche Zuständigkeit beansprucht. aa) Nach herrschender Lehre (Staudinger, Erman, Achilles-Gr ei f f , Raape, Frankenstein, Kipp, Jansen aaO; Sternberg, J W 1913, 573) beansprucht die Bundesrepublik in §66 II FGG eine solche ausschließliche internationale Zuständigkeit f ü r die Adoption seitens Deutscher. Nach dieser Auffassung kann die Adoption im vorliegenden Fall - unter der erwähnten Voraussetzung, daß der Annehmende (Erblasser) bei der Adoption als deutscher Staatsangehöriger oder gleich einem solchen zu behandeln war - nicht anerkannt werden. bb) Gegen die herrschende Lehre sind in neuerer Zeit Bedenken von Soergel-Kegel, Art. 22 EGBGB Anm. 37 geltend gemacht worden (unentschieden Keidel, FGG, § 66 Anm. 9 a; OLG Köln aaO). F ü r die abweichende Auffassung können immerhin beachtliche Gründe ins Feld geführt werden: Internationale Zuständigkeiten auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind grundsätzlich keine ausschließlichen, sondern konkurrierende (BayObLGZ 1959, 8 1 0 ). Der Zweck des § 66 II FGG ist möglicherweise nicht der, die ausländische internationale Zuständigkeit abzulehnen, sondern nur, ein deutsches Gericht zur Verfügung zu stellen, um den im Ausland wohnenden Deutschen nicht zu zwingen, ein ausländisches Gericht in Anspruch zu nehmen und um ihn nicht rechtsschutzlos zu stellen, wenn kein ausländisches Gericht sich bereit findet, die Adoption nach dem maßgebenden deutschen materiellen Recht (Art. 22 I EGBGB) zu bestätigen. Hierfür könnte insbesondere die ähnliche Rechtslage bei § 36 II, §§ 38, 39, 43 I, § 73 II FGG sprechen. Insbesondere f ü r den vergleichbaren § 648 II ZPO hat BGHZ 19, 240® anerkannt, daß er keine ausschließliche deutsche internationale Zuständigkeit begründet. Audi dem Art. 22 I EGBGB, der die Anwendung des deutschen Rechts auf die Adoption vorschreibt, möchte nicht zu entnehmen sein, daß er auch die Anwendung des deutschen Verfahrensrechts vorschreibt (vgl. BayObLGZ 1959,8 10 ; Erman, Art. 14 EGBGB Anm. 8). Soweit die Anerkennung einer ausländischen internationalen Gerichtsbarkeit bei der Adoption seitens Deutscher zu dem dem Art. 22 I EGBGB widersprechenden Ergebnis führt, daß ausländisches materielles Recht auf die Adoption seitens Deutscher zur Anwendung gelangt, könnte die Lösung nach den sonst bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen einschlägigen Gesichtspunkten (Art. 30 EGBGB, § 328 I Nr. 3, 4 ZPO) gesucht werden — statt unter dem Gesichtspunkt der ausschließlichen deutschen internationalen Zuständigkeit. cc) Die Frage, ob die deutsche internationale Zuständigkeit bei Adoptionen seitens Deutscher eine ausschließliche ist, kann jedoch auf sich beruhen. Im vorliegenden Fall kann die Adoption aus den unter e) darzulegenden Gründen selbst dann nicht anerkannt werden, wenn man den polnischen Vormundschaftsbehörden eine konkurrierende internationale Zuständigkeit einräumt. d) Aus den gleichen Erwägungen kann auch dahinstehen, ob der Adoptionsentscheidung der polnischen Vormundschaftsbehörde etwa die Aner-
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kennung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes zu versagen ist (entsprechend Art. 30 EGBGB, § 328 I Nr. 4 ZPO; BGHZ 19, 240, 244 8 ; BayObLGZ 1959, 8, 25 10 ; SoergelKegel, Art. 8 EGBGB Anm. 11). Gleiches gilt f ü r die Versagung der Anerkennung entsprechend § 328 I Nr. 3 ZPO oder wegen Nichtigkeit der Adoptionsentscheidung schon nach polnischem Recht (z. B. wegen Fehlens des Antrags des Annehmenden nach Art. 67 § 1 des polnischen Familienkodex vom 27. 6. 1950) - vgl. BayObLGZ 1959, 24, 25 10 . e) BGHZ 19, 240, 244 hat an die Anerkennung einer ausländischen Entmündigung eines Deutschen zusätzliche Anforderungen (über Art. 30 EGBGB hinaus) gestellt (ablehnend Soergel-Kegel, Art. 8 EGBGB Anm. 11). Darnach hängt die Anerkennung der ausländischen Entmündigung davon ab, daß der gesetzliche Tatbestand, auf den die Entmündigung gestützt wird, auch nach deutschem Recht einen Entmündigungsgrund bildet. Eine entsprechende Einschränkung der Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist aus folgenden Erwägungen veranlaßt: Wird die Adoption eines Ausländers seitens eines Deutschen, wie es dem Art. 22 I EGBGB entspricht, durch Annahmevertrag und gerichtliche Bestätigung nach deutschem Recht bewirkt, so unterliegt die Adoption trotz der gerichtlichen Bestätigung - mit den aus § 1756 BGB folgenden Beschränkungen - nach wie vor der Prüfung auf sachliche Mängel (BGHZ 2, 62, 64; 27, 130; Palandt, Anm. 3, Erman, Anm. 2, je zu § 1756 BGB). Dies gilt zunächst f ü r die gerichtliche Bestätigung seitens des nach § 66 FGG zuständigen deutschen Gerichts. Hat ein ausländisches Gericht die Bestätigung erteilt, so kann nichts anderes gelten; denn der Entscheidung des ausländischen Gerichts kann keine stärkere Bindungskraft beigelegt werden, als der Entscheidung des deutschen Gerichts. Dies muß auch dann gelten, wenn das ausländische Gericht - statt die gerichtliche Bestätigung auszusprechen - die Adoption mittels Staatsakts vorgenommen hat. Denn eine ausländische Entscheidung kann nicht dadurch stärkere Bindungskraft erlangen, daß sie — vom deutschen Recht (Art. 22 I EGBGB) aus gesehen — das falsche Recht, nämlich statt des deutschen das heimische Adoptionsrecht angewandt hat. Die Bindungskraft der ausländischen Adoptionsentscheidung könnte vielleicht dann nicht zur Bindungskraft einer deutschen Adoptionsentscheidung in Beziehung gesetzt und an ihr gemessen werden, wenn die beiden Entscheidungen voneinander grundlegend verschieden wären. Das ist aber nicht der Fall. Allerdings bestehen Unterschiede zwischen der deutschrechtlichen Vertragsadoption mit gerichtlicher Bestätigung einerseits und der ausländischen (insbesondere der polnischrechtlichen) Adoption durch Staatsakt andererseits, die es ausschließen mögen, in Deutschland eine ausländische Adoption gerichtlich zu bestätigen, wenn das nach Art. 22 I EGBGB maßgebende Heimatrecht des Annehmenden die Adoption durch Staatsakt vollzieht (KG, NJW 1960, 248 m. w. Nachw. 1 2 ; BayObLGZ 1956, 285 l s ; 1957, 118 14 ; 1962, 151 15 ; vgl. auch 34, 362; 1959, 12 14
IPRspr. 1958-1959 Nr. 140. IPRspr. 1956-1957 Nr. 137.
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 136. IPRspr. 1962-1963 Nr. 139.
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8, 19; IPRspr. 1956-1957 Nr. 134, S. 429 ff., Nr. 137, S.446; Jansen, FGG, Erg. § 66 Anm. 6 b aa; abweichend Soergel-Kegel, Art. 22 EGBGB Anm. 15, 39, 41). Bei aller Verschiedenheit der beiden Adoptionsformen handelt es sich im Grunde aber doch um die gleiche Rechtseinrichtung der Adoption (vgl. OLG München, IPRspr. 1956-1957 Nr. 135, S. 430; OLG Karlsruhe aaO 440; OLG Nürnberg, SJZ 1950, 910 18 ; Staudinger, Anm. D IV 2 b, SoergelKegel, Anm. 15, 41, je zu Art. 22 EGBGB). Darnach können beide Adoptionsformen durchaus zueinander in Verbindung gesetzt werden und kann die Bindungskraft der ausländischen Adoptionsentscheidung an der Bindungskraft einer deutschen Adoptionsentscheidung gemessen werden. Für eine Einschränkung der Anerkennung der ausländischen Adoptionsentscheidung fällt ferner ins Gewicht, daß auch Art. 22 II EGBGB eine soldie Einschränkung vorsieht im Falle einer ausländischen Adoptionsentscheidung, durch die die Adoption eines Deutschen seitens eines Ausländers bewirkt werden soll. Die darnach - trotz der ausländischen Adoptionsentscheidung - zulässige Prüfung der Adoption auf Nichtigkeitsgründe kann nur unter Zugrundelegung des deutschen Rechts geschehen, da Art. 22 I EGBGB dessen Anwendung vorschreibt. Dadurch gelangt man zu einem BGHZ 19, 245 8 entsprechenden Ergebnis, daß die deutschen Gerichte ausländische Adoptionsentscheidungen darauf nachprüfen, ob der Adoption bei Anwendung des deutschen Rechts ein Nichtigkeitsgrund anhaftet. Diese Prüfung ergibt - immer unter der Voraussetzung, daß der annehmende Erblasser bei der Adoption deutscher Staatsangehöriger war (oben 2 Einleitung) - , daß die Adoption wegen Verstoßes gegen das Erfordernis der Kinderlosigkeit der Annehmenden (§ 1741 BGB) nichtig ist (vgl. BayObLG, JW 1925, 2792). Allerdings kann nach dem durch das FamRÄndG vom 11.8.1961 geschaffenen § 1745 a BGB vom Erfordernis der Kinderlosigkeit befreit werden. Solange aber diese Befreiung nicht erteilt ist — wobei dahingestellt bleiben kann, ob eine nachträgliche Befreiung zulässig ist - , fehlt der Adoption die gesetzliche Voraussetzung der Kinderlosigkeit der Annehmenden. 3. Der Teilerbschein muß daher eingezogen werden (§ 2361 BGB). Die Durchführung der Einziehung obliegt dem AG (BayObLGZ 1954, 71; 1962, 299, 317)." 1 6 4 . Das Domizil einer unehelichen Mutter im amerikanischen Staat Ohio wird nach dem Recht dieses Staates regelmäßig von ihrem in Deutschland lebenden Kind geteilt. Die Adoption dieses Kindes durch einen Staatenlosen mit Domizil im Staate Ohio richtet sich in den Regelfällen nach dem Recht dieses Staates; eine gleichwohl nach deutschem Recht in Deutschland vorgenommene Adoption ist unwirksam.
1S
IPRspr. 1950-1951 Nr. 89.
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BayObLG, Beschl. vom 9. 7.1965 - BReg. l a Z 151/64: BayObLGZ 1965, 245; StAZ 1965, 275; MDR 1965, 911; DAVorm. 1966, 61; Leitsatz i n D N o t Z 1966, 431 Nr. 5; OLGZ 1966, 205; RdJ 1966, 21; BayJMBl. 1966, 23. Das Kind Peter G. wurde am 27. 6. 1948 von der ledigen Hausgehilfin Anna G. (jetzt verehelichte Sa.), die damals die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, in Bad Tölz geboren. Als Erzeuger wird Emmeran H. in Z. bei Dietramszell in Anspruch genommen. Kurz nach der Geburt brachte die Mutter das Kind zu ihrer verheirateten Schwester Hildegard S. nach Ergoldsbach, Landkreis Mallersdorf. Seitdem befindet es sich bei den Eheleuten S., die es wie ein eigenes Kind aufzogen, während ihre Ehe kinderlos blieb. Die Kindsmutter blieb nach der Entbindung weiter in Bad Tölz, bis sie am 14. 10. 1950 in Moosburg einen aus Jugoslawien stammenden Staatenlosen, Dragutin Sa., heiratete. Die Eheleute Sa. wanderten dann nach den USA aus, wo sie seitdem in Westlake/Ohio eine Landschaftsgärtnerei betreiben. Im September 1961 kamen die Eheleute Sa. besuchsweise nach Ergoldsbach. Erst bei dieser Gelegenheit lernte das Kind seine Mutter, die inzwischen die amerikanische Staatsbürgerschaft erworben hatte, mit Bewußtsein kennen. Anläßlich dieses Aufenthalts schloß der damals noch staatenlose Ehemann der Mutter mit deren Einwilligung mit Peter G. am 11. 9. 1961 einen notariellen Vertrag, in dem er Peter G. an Kindes Statt annahm. Für das Kind handelte der Amtsvormund mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts; das damals 13 Jahre alte Kind selbst wurde hierzu nicht befragt und erst einige Tage nach Vertragsschluß hiervon in Kenntnis gesetzt. Der Adoptionsvertrag wurde durch das AG, Vormundschaftsgericht, Mallersdorf mit Beschluß vom 25. 10. 1961 bestätigt. Der Beschluß wurde Notar Dr. F., der von Dragutin Sa. Zustellungsvollmacht erhalten hatte, am 27. 10. 1961 zugestellt. Seitdem wurde davon ausgegangen, das Kind sei von Dragutin Sa. an Kindes Statt angenommen; es führt den Familiennamen Sa. Die Eheleute Sa. kehrten wieder nach Ohio/USA zurück, während das Kind in Ergoldsbach blieb. Nach der Entlassung aus der Volksschule trat es bei dem Schlossermeister B. in Ergoldsbach die Lehre an. Dragutin Sa., der später ebenfalls die amerikanische Staatsangehörigkeit erwarb, kam im Januar 1963 erneut nach Deutschland, um das Kind nach Amerika zu holen. Dieses weigerte sich aber mitzugehen, um nicht aus der gewohnten Umgebung und der begonnenen Lehre gerissen zu werden, zumal ihm sowohl seine Mutter als auch insbesondere Dragutin Sa. fast völlig fremd waren. Für den Fall einer zwangsweisen Verbringung nach den USA drohte es mit Selbstmord. Mit Beschluß vom 29. 1. 1963 schränkte das AG Mallersdorf auf Antrag des Kreisjugendamts Mallersdorf das Personensorgerecht der Eheleute Sa. bis zur endgültigen Entscheidung einstweilen dahingehend ein, daß das Recht der Aufenthaltsbestimmung für Peter ihnen entzogen und einem Pfleger übertragen wurde; als Pfleger wurde das Kreisjugendamt Mallersdorf bestellt. Mit Beschluß vom 29. 10. 1963 schränkte das AG Mallersdorf die elterliche Gewalt von Dragutin Sa. endgültig dahingehend ein, daß das Recht der Aufenthaltsbestimmung ihm entzogen und einem Pfleger übertragen wurde; als Pfleger wurde wiederum das Kreisjugendamt Mallersdorf bestellt. Das LG Landshut wies die Beschwerde von Dragutin Sa. gegen diesen Beschluß am 18. 12. 1963 zurück. Mit Beschluß vom 9. 1. 1964 ergänzte das AG Mallersdorf den Beschluß vom 29.10. 1963 dahingehend, daß auch der Mutter Anna Sa. das Recht der Aufenthaltsbestimmung entzogen und dem Kreisjugendamt Mallersdorf übertragen wurde. Die Beschwerde der Kindesmutter wurde vom LG Landshut mit Beschluß vom 17. 2. 1964 zurückgewiesen. Die weiteren Beschwerden der Mutter und ihres Ehemannes richteten sich gegen die Beschlüsse des LG Landshut.
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Aus den Gründen: „II. 1 . . . . 2. Es k a n n zunächst dahingestellt bleiben, ob Peter seinen Wohnsitz noch in Ergoldsbach oder bei seiner Mutter in Westlake, Ohio/USA h a t (vgl. § § 8 , 11 BGB, soweit deutsches Recht anwendbar ist). Auch wenn davon ausgegangen würde, daß er in Deutschland keinen Wohnsitz habe, h a t er doch seinen Aufenthalt in Ergoldsbach. Das AG Mallersdorf ist daher örtlich zuständig, §§ 43 I, 36 I Satz 1 FGG. Schon daraus ergibt sich, jedenfalls in Personensorgesachen, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte (BayObLGZ 1959, 8, 15 1962, 39, 4 0 2 ; 1963, 123, 124 s ). 3. Die Vorinstanzen haben ihrer Entscheidung unter Hinweis auf den Art. 19 Satz 2 EGBGB ohne nähere Begründung deutsches Recht, insbesondere den § 1666 BGB, zugrunde gelegt. Ob dies, wenn die Adoption gültig wäre, rechtlich zuträfe, obwohl Dragutin Sa. die deutsche Staatsangehörigkeit nie besaß, m u ß im Hinblick auf die Ausführungen unter Nr. 4 nicht entschieden werden. 4. A) Maßnahmen von der Art, wie sie nach deutschem Recht im § 1666 BGB vorgesehen sind, können n u r gegen den Inhaber der elterlichen Gewalt getroffen werden, gegen Dragutin Sa. also nur, wenn die Adoption des Kindes Peter G. gültig ist. Die Gültigkeit richtet sich nach dem von Art. 22 I EGBGB bestimmten Recht. Nach der jetzt allgemein vertretenen Ansicht ist aus Art. 22 I EGBGB zu entnehmen, daß sich die Annahme an Kindes Statt allgemein nach den Gesetzen des Staates richtet, dem der Annehmende zur Zeit der Annahme angehört (BGH, StAZ 1960, 206, 207 4 ; BayObLGZ 1956, 285, 287»; Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 1, Palandt, [BGB] 24. Aufl., Anm. 2, je zu Art. 22 EGBGB). Dragutin Sa. w a r zu dieser Zeit staatenlos. Es k a n n dahinstehen, ob er die Voraussetzungen des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. 7.1951 (BGBl. 1953 II 560) erfüllt; nach dessen Art. 12 ist maßgebend das Recht des Landes seines Wohnsitzes, in Ermangelung eines Wohnsitzes das Recht des Aufenthaltslandes. Greift das Genfer Abkommen nicht ein, so ist nach dem Art. 29 EGBGB maßgebend das Recht des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Wie das Beschwerdegericht festgestellt hat, hält er sich seit seiner Auswanderung in Westlake im amerikanischen Staat Ohio auf: es m u ß angenommen werden, daß er dort auch seinen Wohnsitz hat. Maßgebend ist daher in jedem Fall das Recht dieses Staates einschließlich der Normen über Rück- und Weiterverweisung (BGH aaO; BayObLGZ 1957, 118, 123). B) Es braucht hier nicht ausgeführt zu werden, ob das Recht des Staates Ohio auf das Domizilrecht des Kindes oder des Annehmenden verweist (hierzu BGH aaO 208; BayObLGZ 1957, 118, 123«; KG, N J W 1960, 248 7 1 3 5 7
IPRspr. IPRspr. IPRspr. IPRspr.
1958-1959 Nr. 208. 1962-1963 Nr. 107. 1956-1957 Nr. 136. 1958-1959 Nr. 140.
2
IPRspr. 1962-1963 Nr. 102. IPRspr. 1960-1961 Nr. 128. « IPRspr. 1956-1957 Nr. 137. 4
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mit Anm. Beitzke; Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Bd. IV Teil USA Einl. III A 4 i - S. 65; Neuhaus, DRZ 1949, 9. Beih e f t 7, 9; Bachmann, StAZ 1955, 36; Reithmann, DNotZ 1955, 133, 138; Brühl, N J W 1958, 1381; Müller, F a m R Z 1956, 174; vgl. auch Gündisch, StAZ 1955, 115; Wengler, N J W 1959, 127). In beiden Fällen ist nämlich dasselbe Recht, das des Staates Ohio, anzuwenden. a) Wie in allen anderen nordamerikanischen Staaten gibt es auch in Ohio keine Bestimmungen darüber, welche Rechtsordnung f ü r die Adoption m a ß gebend ist; vielmehr wird n u r geprüft, welcher Staat die internationale Zuständigkeit (Jurisdiction) f ü r die D u r c h f ü h r u n g des Adoptionsverfahrens besitzt (hierzu und zum Folgenden das zum vorliegenden Fall erstattete Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München, Prof. Dr. M. Ferid, vom 11.1. 1965). Bei Bejahung der Jurisdiktion wendet das Gericht das Recht an, aus dem es seine Jurisdiktion herleitet. Hierin liegt eine „versteckte Kollisionsnorm", die zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht d a n n f ü h r t , wenn nach amerikanischer Auffassung die Jurisdiktion (zumindest auch) der deutschen Gerichte f ü r die Adoption gegeben ist. b) F ü r die Frage, ob nach dem Recht des Staates Ohio eine Rückverweisung (durch Anerkennung der Jurisdiktion der deutschen Gerichte) vorliegt, ist ausschließlich der Inhalt dieser Rechtsordnung maßgebend. Auch die Qualifikation der Vorfragen (z. B. Wohnsitz - Domizil) bemißt sich nach diesem Recht. Nur wenn dieses unter Anwendung der ihm eigenen Begriffe auf das deutsche Recht zurückführt, liegt eine nach dem Grundsatz des Art. 27 EGBGB zu beachtende Rückverweisung vor. Soweit es also darauf ankommt, wo einer der Beteiligten sein Domizil hat, ist dieser Begriff als Bestandteil der Rückverweisungsnorm nach amerikanischem Recht zu beurteilen (RGZ 145, 85; BayObLGZ 1958, 34, 39 8 ; KG, IPRspr. 1933, Nr. 53 a, S. 122; Bachmann aaO); der deutsche WohnsitzbegrifF k a n n keine Rolle spielen. c) Im Staat Ohio gibt es keine Kodifikation des Kollisionsrechts (Ferid aaO). Die Regeln des Richterrechts (Common Law) sind in einer, allerdings privaten Sammlung zusammengefaßt, die zwar keine Gesetzeskraft hat, aber großes Ansehen genießt, nämlich im Restatement of the Law of Conflict of Laws (1934). Die f ü r das Adoptionsrecht geltenden Regeln finden sich in einer Neubearbeitung, die niedergelegt ist in Tentative D r a f t s Nr. 4 (1957). Sie lauten in deutscher Ubersetzung (nach Ferid aaO): § 142: Ein Staat hat Jurisdiction', die Adoption zu gewähren, wenn a) er der Domizilstaat des Kindes oder des Annehmenden ist, und b) er .personal Jurisdiction' über den Annehmenden und das Kind oder dessen Gewalthaber hat. § 143: Die Adoption eines nach § 142 befugten Staates äußert in einem Drittstaat die gleiche Wirkung wie eine Inlandsadoption. Maßgebend ist hiernach also das Domizil eines oder beider Beteiligten. 8
IPRspr. 1958-1959 Nr. 143.
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Der Supreme Court of Ohio stellte in einer Entscheidung vom 19. 4. 1954, 54 N. E. 2d 289 (nach Ferid aaO) auf das Domizil des Annehmenden zur Zeit der Adoption ab. Der Court of Appeals of Ohio gründete in einer Entscheidung vom 16. 5. 1951, 113 N . E . 2d 697 (nach Ferid aaO) die Jurisdiktion f ü r die Adoption auf das gemeinsame Domizil des Adoptivkindes u n d des Annehmenden. In einer weiteren Entscheidung vom 31. 3. 1942, 51 N . E . 2d 221 (nach Ferid aaO) griff er auf das Restatement (a. F.) zurück u n d f ü h r t e aus: „Der Status der Adoption wird geschaffen entweder vom Recht des Domizilstaates des Kindes oder der Adoptiveltern, wobei im letzteren Fall weitere Voraussetzung ist, daß der Gewalthaber oder das Kind selbst, wenn es Waise ist, der Jurisdiktion des Staates unterliegen." Hierbei ist bemerkenswert, daß er dabei nicht eine damals geltende Regel heranzog, wonach ein Gerichtsstand (also nicht die Jurisdiktion) auch durch den Aufenthalt des Kindes begründet werden konnte. Hieraus ergibt sich, daß eine Jurisdiktion vom Recht des Staates Ohio n u r d a n n anerkannt wird, wenn mindestens einer der Beteiligten sein Domizil (im Sinn des amerikanischen Rechts) in dem Staat hat, dessen Gerichte tätig wurden. Hat dagegen das Kind in diesem Staat n u r seinen Aufenthalt (residence), nicht aber sein Domizil, so k a n n die Annahme der Jurisdiktion auch f ü r diesen Fall nicht als Allgemeinregel des amerikanischen Konfliktsrechts angenommen werden (Ferid aaO). Zwar wurde in Schrifttum und Entscheidungen vereinzelt an den Aufenthalt des Kindes angeknüpft (Nachweise bei Dopffel, Anerkennung ausländischer Adoptionen, RabelsZ 1957, 220, 234 f. N. 68; vgl. Ferid aaO; BGH, StAZ 1960, 206, 208 4 ohne weiteren Nachweis). Entscheidungen von Gerichten des Staates Ohio, die in diese Richtung gehen, sind jedoch nicht bekannt geworden. Zwar bestimmt ch. 3107 sec. 02 Ohio Revised Code - in deutscher Übersetzung - (nach Ferid aaO): Eheleute gemeinsam oder ein Stiefelternteil, der mit dem natürlichen oder gesetzlichen Elternteil des Kindes verheiratet ist, oder auch sonstige Dritte, können den Adoptionsantrag beim Probate Court ihres Aufenthalts oder des Geburtsortes, gesetzlichen Wohnsitzes oder Aufenthalts des Kindes oder auch dort stellen, wo es öffentlich betreut wird. Gleiches gilt für den Namenswechsel des Kindes. Hierbei dürfte es sich jedoch lediglich u m eine Vorschrift handeln, welche die örtliche Zuständigkeit betrifft, ohne Rückschlüsse auf die zwischenstaatliche Jurisdiktion zuzulassen, zumal die oben erwähnten Entscheidungen der Gerichte des Staates Ohio niemals die Zuständigkeitsvorschrift des Adoptionsstatuts, sondern n u r die Regeln des Restatements zur Begründung der eigenen oder Anerkennung der f r e m d e n Jurisdiktion herangezogen haben. Die in der Entscheidung BGH, StAZ 1960, 206, 208 4 erwähnte Entscheidung des Probate Court Logan County, Ohio, vom 28. 3. 1955 stellt lediglich fest, daß die Annehmenden .place of residence' im Staat Ohio haben und daß dort auch ,present place of residence' des Kindes ist. Der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, ob das Gericht hieraus lediglich seine örtliche Zu-
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ständigkeit oder auch seine internationale Zuständigkeit ableitet. Aus der Entscheidung ergibt sich auch nicht, ob das Gericht seine internationale Zuständigkeit nicht schon deshalb f ü r gegeben hielt, weil die Annehmenden in Ohio place of residence (hier ersichtlich im Sinn von domicile gebraucht - zur gelegentlichen unscharfen Verwendung dieser Begriffe vgl. Feiid aaO) hatten. Wenn es hiernach auch nicht völlig auszuschließen ist, daß nach dem Recht des Staates Ohio eine Jurisdiktion auch dort besteht, wo das Kind lediglich seinen Aufenthalt hat, so kann dies doch nicht mit Sicherheit festgestellt werden; vielmehr sprechen erhebliche Gründe dagegen. Die Entscheidung des BGH, StAZ 1960, 206, 208 4 zwingt nicht zur Vorlage an den BGH. Dort ist nur beiläufig erwähnt, daß die internationale Zuständigkeit des amerikanischen Gerichts auch durch den bloßen Aufenthalt des Kindes begründet werden kann, ohne daß die Entscheidung darauf gestützt ist. Da weitere Ermittlungen über den Inhalt des ausländischen Rechts keinen Erfolg versprechen, ist davon auszugehen, daß ein derartiger Rechtssatz im Staat Ohio nicht besteht (vgl. BGH, N J W 1961, 410, 412 9 ). d) Dragutin Sa. hatte zur Zeit des Abschlusses und der Bestätigung des Adoptionsvertrags sein Domizil im Sinn des amerikanischen Rechts (zu diesem Begriff Nußbaum, Grundzüge des IPR unter besonderer Berücksichtigung des amerikanischen Rechts, 128; Ferid aaO; vgl. auch BayObLGZ 1958, 34, 40 8 ) in Westlake/Ohio; denn schon damals hatte er dort seine ständige Wohnung und betrieb dort seine Landschaftsgärtnerei. e) Auch Peter G. hatte sein Domizil im Sinne des amerikanischen Rechts schon vor Abschluß des Adoptionsvertrags in Westlake/Ohio. Als uneheliches Kind teilte er nach einer allgemein gültigen Grundregel das Domizil der Mutter (Ferid-Firsching, Internationales Nachlaßrecht, II. Teil USA Rz. 44; Ferid aaO; Bachmann aaO; LG II Berlin, IPRspr. 1933 Nr. 53b, S. 123, 124), die wiederum das Domizil des Ehemannes teilt; auf mögliche Ausnahmen von dieser Grundregel ist sogleich einzugehen. Anders als nach deutschem Recht (§§ 11, 8 BGB; hierzu BGHZ 7, 104) ist es jedoch nicht möglich, daß der Vater des ehelichen Kindes oder entsprechend die Mutter des unehelichen Kindes das Domizil des Kindes unabhängig vom eigenen Domizil bestimmt. Vielmehr ist das vom Domizil der Eltern abgeleitete Domizil des Kindes ein domicile by Operation of law, das durch privaten Willensakt nicht geändert werden kann (Ferid-Firsching aaO; Ferid aaO). Wechselt das Domizil der Eltern, so ändert sich damit auch das Domizil des Kindes (Ferid aaO). Von dem Grundsatz, daß das Kind das Domizil der Mutter teilt, gibt es zwar mehrere Ausnahmen, von denen hier aber keine zutrifft. aa) Heiratet die Mutter einen Mann, der nicht der Vater des Kindes ist, so wird das Domizil der Mutter nach einer möglicherweise auch in Ohio geltenden Regel Domizil des Kindes nur dann, wenn die Mutter tatsächlich bei ihrem Ehemann lebt (Ferid aaO). Diese Vorausetzung ist hier erfüllt. 9
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bb) Eine weitere Ausnahme gilt für Kinder, die von den Eltern verlassen wurden (Ferid aaO). Die hierzu bekanntgewordenen Entscheidungen (Ferid aaO) stellen dabei vor allem darauf ab, ob die Eltern auf das Kind endgültig verzichtet haben. Von Bedeutung ist hier eine Entscheidung des Probate Court of Preble County, Ohio vom 4 . 8 . 1952, 114 N.E. 2d 311 (nach Ferid aaO), in der davon ausgegangen wird, daß im Ohio Case Law der Begriff des abandonment (Verlassens) bisher nicht definiert sei, und die unter Bezugnahme auf Entscheidungen anderer Staaten (in deutscher Übersetzung) ausführt: Feststehende Definition scheint zu sein, daß jedes Verhalten eines Elternteils abandonment darstellt, welches den festen Vorsatz offenbart, alle elterlichen Pflichten zu übergehen und alle elterlichen Ansprüche auf das Kind aufzugeben. Insbesondere wurde die Auffassung vertreten, daß die bloße Erlaubnis, daß das Kind eine Zeitlang ungestört in der Sorge eines anderen blieb, kein abandonment ist, wenn die Eltern eines Kindes, das ohne Vereinbarung oder sonstige Vorkehrung für seinen Unterhalt in der Sorge und Obhut Dritter sich befindet, sich rein de facto eines Beitrags hierzu enthalten.
Verschiedenen Entscheidungen anderer Staaten (Ferid aaO) ist zu entnehmen, daß das Ausbleiben von Unterhaltszahlungen noch nicht den Begriff des Verlassens erfüllt, wenn das Kind in angemessener Pflege untergebracht ist. Das LG hat in den angefochtenen Beschlüssen zu dieser Frage keine Feststellungen getroffen. Eine Zurückverweisung der Sache an das LG erübrigt sich jedoch, da weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind und die tatsächlichen Feststellungen an Hand der Akten getroffen werden können (BGH, N J W 1955, 1070; BGHZ 35, 135, 142; BayObLGZ 1954, 1, 4; 1958, 306, 308; ebenso zuletzt Beschl. vom 26. 2.1965 - BReg. 1 b Z 350/64; Keidel, FGG, 8. Aufl., § 27 Anm. 59). Die Mutter hatte sich schon vor ihrer Verehelichung mit Dragutin Sa. trotz dahingehender Bemühungen des Kreisjugendamts Mallersdorf geweigert, das Kind dem unehelichen Vater abzugeben, der bereit gewesen wäre, es in Pflege zu nehmen. Am 15. 9.1950, wenige Wochen vor ihrer Eheschließung, erklärte sie gegenüber dem Kreisjugendamt Mallersdorf: ,Ich bin die Mutter des o. a. Kindes und gebe dem Kreisjugendamt bekannt, daß ich in nächster Zeit heirate und voraussichtlich auswandern werde. Mein Kind Peter ist bei meiner Schwester, Frau S., in Ergoldsbach in Pflege untergebracht, und ich will auf alle Fälle, daß Peter bei meiner Schwester bleibt. Das Jugendamt weiß ja selbst, daß die Frau des Kindsvaters das Kind bei sich haben möchte, und es kann der Fall eintreten, daß während meiner Abwesenheit eines Tages das Kind bei meiner Schwester abgeholt wird. Ich erkläre dem Jugendamt gegenüber, daß es mein Wille ist, daß das Kind solange bei meiner Schwester bleibt, bis ich es in das Auswanderungsland nachholen werde.'
In verschiedenen Äußerungen der Pflegemutter und des Kindes wird zwar vorgetragen, das Kind habe keine Beziehungen zur Mutter. Diese habe sich nicht mehr um das Kind gekümmert, seit sie es bei Familie S. untergebracht habe. Immerhin steht aber fest, daß die Mutter von den USA aus 31
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wiederholt Briefe, Geld und Pakete geschickt hat. Hierauf beruft sich nicht nur die Mutter, die auch jetzt noch vorträgt, sie habe niemals die Absicht gehabt, ihren Sohn f ü r immer der Schwester (Pflegemutter) zu überlassen; auch die Pflegemutter und das Kind geben an, daß die Mutter ab und zu Geld und Pakete geschickt hat, wobei die Pflegemutter den Wert der Sendungen insgesamt mit etwa 500 DM angibt. Aus diesen Umständen ergibt sich, daß die Mutter, mag sie sich auch nicht ausreichend um das Kind gekümmert haben, doch zu keiner Zeit auf das Kind ganz verzichten und es endgültig aufgeben wollte. Sie hat also das Kind nicht im Sinn der erwähnten Ausnahmeregel verlassen. cc) Eine weitere Ausnahme ist gegeben, wenn ein Kind unter Vormundschaft steht und der Vormund die Befugnis hat, das Domizil des Kindes zu begründen; diese Befugnis steht nur einem Vormund zu, der zugleich die Personensorge ausübt (Ferid aaO). Die Mutter hatte jedoch die Personensorge und im besonderen das Recht der Aufenthaltsbestimmung nicht nur, solange sie deutsche Staatsangehörige war (§§ 1707 I, 1631 I BGB). Auch nach amerikanischer Auffassung hat die Mutter eine natürliche Muttervormundschaft und das Recht zur Aufenthaltsbestimmung; dieses Recht geht nur dann auf den Vormund über, wenn dieser an ihrer Stelle in der Personensorge eingerückt ist, z. B. weil ihr die Personensorge entzogen oder weil sie gestorben ist (Ferid aaO). Da diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, konnte der Amtsvormund kein Domizil begründen. dd) Eine letzte Ausnahme kommt möglicherweise dann in Betracht, wenn sich das Kind bei einem Meister in der Lehre befindet (Ferid aaO). Dies war bei Peter zur Zeit der Bestätigung des Adoptionsvertrags noch nicht der Fall. f) Steht somit fest, daß weder Dragutin Sa. noch Peter G. ihr Domizil im Sinn des amerikanischen Rechts in Deutschland hatten, als der Adoptionsvertrag bestätigt wurde, so ergibt sich daraus, daß nach dem Recht des Staates Ohio eine Jurisdiktion der deutschen Gerichte f ü r die Adoption nicht anerkannt wird, daß also keine Rückverweisung vorliegt. Vielmehr ist die Adoption nach den Gesetzen des Staates Ohio zu beurteilen. C) Nach dem Recht des Staates Ohio wird die Adoption durch Staatsakt vorgenommen (BGH, StAZ 1960, 206, 208 4 ; Bergmann aaO S. 191; Ferid aaO). Zwar erkennen die USA Auslandsadoptionen auch dann an, wenn sie in vertraglicher Form vorgenommen wurden; Voraussetzung hierfür ist aber, daß die Gerichte des Staates, in dem der Adoptionsvertrag geschlossen wurde, nach amerikanischer Auffassung Jurisdiktion gehabt hatten (Ferid aaO). Dies ist hier nicht der Fall. Unter diesen Umständen kann die vorliegende Adoption nicht mit einer Anerkennung im Staat Ohio rechnen; andererseits kann aber auch die Bestätigung des Adoptionsvertrags durch das deutsche Vormundschaftsgericht nicht als Staatsakt im Sinne des amerikanischen Rechts (Adoptionsdekret) angesehen werden, der die Adoption bewirken könnte. Die Adoption ist daher nach dem hier anzuwendenden Recht des Staates Ohio unwirksam.
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D) Das Recht des Staates Ohio läßt die Adoption eines über 12 Jahre alten Kindes nur mit dessen schriftlicher Zustimmung zu; auf Ausnahmen von diesem Grundsatz braucht nicht eingegangen zu werden, da ihre Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Peter G. war beim Abschluß des Adoptionsvertrags bereits 13 Jahre alt. Wenn das Kind die Zustimmung nur selbst, nicht durch seinen gesetzlichen Vertreter, geben kann, müßte auch das Fehlen der Zustimmung des Kindes zur Unwirksamkeit der Adoption führen (Ferid aaO). Nähere Erörterungen hierzu erübrigen sich jedoch, da die Adoption, wie dargelegt, schon aus einem anderen Grund unwirksam ist. 5. Da keine Annahme an Kindes Statt zustandegekommen ist, hat Dragutin Sa. nie die elterliche Gewalt über Peter G. erhalten. Die Beschlüsse des AG Mallersdorf vom 29. 10. 1963 und des LG Landshut vom 18. 12. 1963, die eine Beschränkung der elterlichen Gewalt von Dragutin Sa. aussprechen, sind deshalb gegenstandslos. Sie waren aus diesem Grunde aufzuheben; der Antrag des Kreisjugendamts Mallersdorf auf Beschränkung des Sorgerechts des Beschwf. Dragutin Sa. war insoweit zurückzuweisen. III. 1. Infolge der Nichtigkeit der Adoption konnte die Mutter nicht nach dem § 1757 II BGB (vgl. hierzu Soergel-Lade, [BGB] Anm. 2 zu § 1757; Motive IV 980ff.; Kremer, FamRZ 1955, 238 gegen BGB-RGRK Anm. 2 zu § 1757; Kipp-Wolff, Familienrecht, 7. Aufl., § 92 I, S. 398) oder einer etwa entsprechenden Bestimmung des Rechts von Ohio die rechtliche Stellung der ehelichen Mutter erlangen. Die Mutter war f r ü h e r deutsche Staatsangehörige und besitzt nunmehr die amerikanische Staatsbürgerschaft. Selbst wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, ist das Rechtsverhältnis zwischen ihr und ihrem Kind deshalb gemäß Art. 20 Satz 2 EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen; denn jedenfalls das Kind ist deutsch geblieben. Danach hat die Mutter das Recht, f ü r die Person des Kindes zu sorgen, womit auch das Recht der Aufenthaltsbestimmung verbunden ist (§§ 1707, 1631 I BGB). Der Beschwf. Anna Sa. steht dieses Recht allein zu, da die Adoption keinen Bestand hat; soweit ihr Sorgerecht beschränkt wurde, sind die angefochtenen Beschlüsse trotz der Unwirksamkeit der Adoption nicht gegenstandslos. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß nach Sachlage die Amtsvormundschaft über das Kind Peter G. fortbesteht (§ 40 JWG), da das Recht der Mutter zur Aufenthaltsbestimmung auch gegenüber dem Vormund durchgesetzt werden kann, solange es nicht nach dem § 1666 BGB beschränkt ist (BayObLGZ 32, 394)."
11. Vormundschaft, Pflegschaft, Jugendrecht Siehe auch Nr. 287 165. Die Fürsorgeerziehung kann auch gegenüber ausländischen staatenlosen Minderjährigen angeordnet werden. 31 *
oder
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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OLG Hamm, Beschl. vom 6.5.1964 - 15 W 137/64: ZB1JR 1965, 111; •JMBI. N R W 1964, 186; Leitsatz in FamRZ 1964, 581; DRiZ 1964 B 110 Nr. 1473; NDV 1965, 245. Auf Antrag des Jugendamtes der Stadt Rheine hat das AG durch Beschluß vom 28. 1. 1964 den Minderjährigen, der die polnische Staatsangehörigkeit besitzt, der vorläufigen Fürsorgeerziehung überwiesen. Die Eltern haben sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG als unbegründet zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich ihre sofortige weitere Beschwerde. Aus den Gründen: „Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, daß die polnische Staatsangehörigkeit des Minderjährigen kein Hindernis ist, ihn der Fürsorgeerziehung zu überweisen, sofern die übrigen Voraussetzungen der §§ 63 ff. JWG gegeben sind. Es ist heute allgemein anerkannt, daß Fürsorgeerziehung auch gegenüber ausländischen oder staatenlosen Minderjährigen angeordnet werden kann, da diese Maßregel neben der Besserung des Jugendlichen zugleich dem öffentlichen Interesse und dem Schutz der deutschen Jugend vor dem verderblichen Einfluß verwahrloster ausländischer Minderjähriger dient (vgl. RGZ 117, 376; BayObLGZ 1953, 290 1 m. w. Nachw.; Riedel, JWG, 3. Aufl., Vorbem. 9 vor § 55)." 166. Im Geltungsbereich des US REG ist die Rechtsivirksamkeit von Anmeldungen des von einem polnischen Gericht bestellten Abwesenheitspflegers für jüdische Verschollene mit polnischer Staatsangehörigkeit, die in Deutschland lebten, zu bejahen (im Anschluß an ORG/IlI/586 und III/516 in RzW1957,178,306). Der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit auf Grund des Gesetzes vom 31. März 1938 (Dz. U. Nr. 22 Pos. 191) trat nach fünfjähriger Abwesenheit nicht automatisch ein. Beginn und Ende einer ausländischen Pflegschaft über einen Ausländer sowie der Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht des Pflegers richten sich für inländische Rechtsverhältnisse gemäß Art. 23 EGBGB nach dem Recht des Heimatstaates des Abwesenden. Die Wiedergutmachungsorgane dürfen die Ordnungsmäßigkeit der Anordnung einer solchen Pflegschaft grundsätzlich nicht prüfen. Wird ein Verschollener mit ausländischer Staatsangehörigkeit, der unter ausländischer Pflegschaft steht, nach § 12 II VerschG mit Wirkung für das im Inland befindliche Vermögen und damit für rückerstattungsrechtliche Ansprüche gegen das Reich für tot erklärt, so liegen vom Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Beschlusses an Verfügungen des Abwesenheitspflegers über das inländische Vermögen des für tot Erklärten außerhalb seiner Vertretungsmacht. OLG München, Beschl. vom 30. 10.1964 - W i 72/63: R z W 1965, 62. 1
IPRspr. 1952-1953 Nr. 233.
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In der Wiedergutmachungssache geht es darum, ob ein Vergleich des Abwesenheitspflegers der verschollenen Verfolgten den Ansprüchen der Erben der Verfolgten entgegensteht. Die Verfolgten besaßen die polnische Staatsangehörigkeit und kamen 1941 bzw. 1945 ums Leben. Der Abwesenheitspfleger wurde am 2.11. 1949 vom Amtsgericht Lodz bestellt. Durch Beschluß des AG München II vom 1. 10. 1951 sind die Verfolgten für tot erklärt worden. Aus den Gründen: „1.2.... 3. Die Kammer hat die Zuständigkeit der polnischen Gerichte für die Anordnung der Pflegschaft bejaht und eine Nachprüfung, ob die Bestellung rechtmäßig erfolgt sei, f ü r ausgeschlossen angesehen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach Art. 23 EGBGB ist die Anordnung einer Pflegschaft über einen Ausländer grundsätzlich Sache des Heimatstaats; dessen Recht entscheidet über die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Entstehens und des Endes der Pflegschaft. Deshalb ist die durch den Heimatstaat angeordnete Pflegschaft anzuerkennen, somit auch die dem Pfleger dadurch beigelegte Vertretungsmacht (Staudinger-Raape, BGB, 9. Aufl., Anm. B I, Siebert-Kegel, BGB, 9. Aufl., Anm. 1, 23, je zu Art. 23 EGBGB). Die vom Pfleger innerhalb seiner Vertretungsmacht in Deutschland abgeschlossenen Rechtsgeschäfte sind wirksam (Staudinger-Raape aaO). Zu Unrecht meint die Beschwerde, der Nachprüfung durch ein deutsches Gericht seien n u r die Zuständigkeit f ü r die Anordnung und die sonstigen formellen Voraussetzungen entzogen; dagegen hätte die Kammer prüfen müssen, ob nach deutschen Vorschriften eine Abwesenheitspflegschaft hätte angeordnet werden dürfen. Nach deutschem Recht sei dies nur zulässig gewesen, wenn die Verfolgten nach polnischem Recht der Fürsorge bedurft hätten. Das sei auch ohne Kenntnis der polnischen Gesetze zu verneinen, da ein Toter nicht der Fürsorge bedürfe. a) Die Anordnung der Pflegschaft beruht nach Ansicht der Kammer auf den polnischen Allgemeinen Vorschriften über das Bürgerliche Recht (Gesetz vom 18. 7.1950 Titel II Teil I Kap. 4 Art. 28, 31 § 1 bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., II Polen S. 19). Darnach endet die Pflegschaft mit der .Beendigung der Sache', zu deren Erledigung der Pfleger bestellt worden ist, andernfalls dadurch, daß die Vormundschaftsbehörde die Pflegschaft mit ,dem Wegfall des Grundes' aufhebt (Art. 34 §§ 1, 2 a a O ) . . . b) Die Unwirksamkeit der Pflegschaft ergibt sich nicht etwa schon deshalb, weil die Verschollenen zur Zeit der Anordnung .längst schon tot waren'. Soweit die Beschwerde anschließend ausführt, das Verfahren sei zu einer Zeit durchgeführt worden, zu der die Verfolgten bereits f ü r tot erklärt waren, kann sich dies jedenfalls nicht auf die Anordnung, sondern allenfalls auf die Fortdauer der Pflegschaft beziehen. Ende 1949 war aber der Tod von Verfolgten, die Maßnahmen der nationalsozialistischen Gewalthaber unterworfen waren, wie es hier der Fall war, noch nicht gewiß. Das ergeben die Erfahrungen der Wiedergutmachungsorgane und z. B.
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auch die Entscheidung ORG/III/581; dort wurde der Berechtigte erst im Jahre 1954 ausfindig gemacht... 4. Die Kammer hat ihre Ansicht nicht näher begründet, daß die im Ausland angeordnete Pflegschaft nach § 1921 III BGB am 1. 10. 1951 geendet habe (wobei dahingestellt bleiben kann, ob dieser Tag der der Rechtskraft der Todeserklärung ist). a) Diese Ausführungen begegnen nach dem oben Dargelegten rechtlichen Bedenken und enthalten auch einen Widerspruch zum Ausgangspunkt der Kammer, daß nämlich Art. 23 EGBGB eingreife. Auch für die Beendigung einer ausländischen Pflegschaft ist ausländisches Recht maßgebend. Indessen ist dem im Rahmen der Beschwerde der ASt. nicht weiter nachzugehen, da jedenfalls das Ergebnis der Kammer insoweit nicht zu beanstanden i s t . . . b) c) . . . d) Die Todeserklärung eines Ausländers im Inland ,mit Wirkung f ü r das im Inland befindliche Vermögen' (§ 12 I I VerschG vom 15.1.1951, BGBl. I 63), zu dem rückerstattungsrechtliche Ansprüche gegen das Reich gehören, stellt eine Ausnahme zu dem Grundsatz dar, der für die internationale Zuständigkeit der Todeserklärung und ihre Rechtswirkungen im I P R gilt: grundsätzlich besteht dafür die ausschließliche Zuständigkeit des Heimatrechts des Verschollenen. An die Stelle des darnach geltenden .Personalstatuts' tritt in dem bezeichneten Umfang ausnahmsweise das .Wirkungsstatut'. Schwierigkeiten ergeben sich für die rechtliche Beurteilung daraus, daß auf diese Weise der Verschollene im Inland als tot, f ü r den Kreis seines Heimatrechts aber als lebend anzusehen ist. In dem bezeichneten Umfang wird durch die Ausnahmeregelung das Heimatrecht des Verschollenen verdrängt, so daß über die Wirkung der Todeserklärung deutsches Recht entscheidet (Staudinger-Raape aaO Art. 9 Anm. A I, C I 2). Die Wirkung der Todeserklärung nach § 12 I I VerschG ist ,zum Besten des deutschen Rechtsverkehrs' angeordnet (Staudinger-Raape aaO Anm. A I a. E.). Das tritt in Fällen wie hier besonders deutlich hervor, denn Rückerstattungsleistungen sollen nach dem Zweck der Rückerstattungsgesetzgebung den Verfolgten oder ihren nächsten Angehörigen als Erben zukommen. Das würde u. U. verhindert, wenn man annehmen wollte, Verträge eines ausländischen Pflegers über inländisches Vermögen seien ohne Rücksicht auf die Todeserklärung den Erben gegenüber wirksam. Vielmehr besteht die Wirkung der Todeserklärung nach § 12 I I VerschG in einem solchen Fall darin, daß das inländische Vermögen der für tot Erklärten der Verfügungsmacht des Pflegers entzogen ist, so daß dieser bei Rechtsgeschäften darüber ohne Vertretungsmacht im Namen der Erben handelt (§ 177 BGB), solche Abmachungen ohne deren Genehmigung also wirkungslos bleiben." 1 6 7 . Sofern der niederländische Heimatstaat nach Scheidung der Ehe des niederländischen Vaters die Fürsorge für die Kinder nicht übernimmt, ist gemäß Art. 3 des Haager Vormundschaftsabkommens vom 12. Juni
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1903 eine Vormundschaft nach deutschem Recht EGBGB ist auf diesen Fall nicht anzuwenden.
anzuordnen.
Art. 19
AG Berlin-Charlottenburg, Beschl. vom 17. 5.1965 - 52 VII H 12378: Unveröffentlicht. Der Vater und die Kinder sind niederländische Staatsangehörige, die Mutter besitzt die deutsche und niederländische Staatsangehörigkeit. Die Ehe der Kindeseltern wurde durch rechtskräftiges Urteil des LG Berlin aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Die Eltern haben zu Protokoll des LG die Vereinbarung getroffen, daß die elterliche Gewalt für die aus ihrer Ehe stammenden Kinder dem Ehemann übertragen werden soll; das gleiche soll für eine etwa anzuordnende Vormundschaft gelten. Mit Schreiben vom 26. 8. 1964 hat das Niederländische Generalkonsulat mitgeteilt, daß die niederländischen Vormundschaftsbehörden nicht tätig zu werden gedenken, und angeregt, gemäß Art. 23 EGBGB in Verbindung mit Art. 3 des Haager Vormundschaftsabkommens vom 12. 6. 1902 Vormundschaft und Gegenvormundschaft anzuordnen. Die Kindesmutter ist damit einverstanden, daß der Kindesvater Vormund wird, bittet jedoch, sie zum Gegenvormund zu bestellen. Der Kindesvater hat dem widersprochen und die Auffassung vertreten, daß keine Umstände vorliegen, die die Anordnung einer Gegenvormundschaft nach § 1792 BGB als angezeigt erscheinen lassen.
Aus den Gründen: „Das Gericht ist örtlich zuständig (§ 36 FGG). Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 23 I EGBGB in Verbindung mit Art. 3 des Haager Vormundschaftsabkommens vom 12.6.1902 (RGBl. 1904, 240), dessen tatsächliche Voraussetzungen auf Grund des Schreibens des niederländischen Generalkonsulats vom 26. 8. 1964 als gegeben anzusehen sind. Die Voraussetzungen des § 1773 BGB liegen deshalb vor, weil nach dem gemäß Art. 19 EGBGB anzuwendenden niederländischen Recht die elterliche Gewalt mit der Auflösung der Ehe beendet wird. F ü r den Fall der Auflösung der Ehe durch Scheidung sieht das niederländische Recht vor, daß ein Elternteil zum Vormund bestellt werden muß (Art. 284, 152 a B W ) ; es muß jedoch Gegenvormundschaft angeordnet werden (Art. 375 I B W ) . Das Max-Planck-Institut hat in seiner Rechtsauskunft vom 9. 7. 1962 in der Vormundschaftssache P. - 50 X 1134.60 AG Lichterfelde - die Auffassung vertreten, daß der im Falle einer Ehescheidung nach niederländischem Recht gegebene Vormundschaftsfall zum Bereich des Kindschaftsstatuts gerechnet werden müsse, da es um die Fortsetzung der elterlichen Gewalt ginge, und daß Art. 19 EGBGB gelte. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Sie würde bedeuten, daß unter Anwendung des Art. 284, 152 a, 375 I B W Vormundschaft unter Berufung eines Elternteils zum Vormund und unter Bestellung eines Gegenvormundes - gegebenenfalls des anderen Elternteils - angeordnet werden muß. Das würde zwangsläufig aber auch bedeuten müssen, daß auf die Führung der Vormundschaft
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und der Gegenvormundschaft niederländisches Recht anzuwenden ist. Hiergegen besteht folgendes grundsätzliches Bedenken: Ob in Deutschland eine Vormundschaft nach ausländischem Recht überhaupt geführt werden kann, hängt entscheidend davon ab, ob das deutsche Vormundschaftswesen auch über alle diejenigen Institutionen verfügt, die das ausländische Recht voraussetzt und ohne die es nicht praktikabel ist. Es ist z. B. ohne weiteres denkbar, daß dem Gegenvormund ausländischen Rechts Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, die das deutsche Vormundschaftswesen wegen seiner anderen Ausgestaltung nicht zur Verfügung stellen kann. Das könnte leicht zu unhaltbaren und das Interesse des Mündels erheblich gefährdenden Konsequenzen führen. Ob derartige Konsequenzen bei Anwendung von niederländischem Recht auf die Führung der Vormundschaft zu besorgen wären, kann dahingestellt bleiben. Allein die Möglichkeit, daß sie sich bei Anwendung irgendeines ausländischen Rechts auf die Führung der Vormundschaft ergeben könnten, zwingt nach Ansicht des Gerichts zu der Auffassung, daß ein sich aus dem ausländischen Recht ergebendes vormundschaftsgerichtliches Fürsorgebedürfnis einem deutschen Gericht sinnvoll n u r durch Bereitstellung der Institute des deutschen Rechts behoben werden kann. Dieser Vorstellung entspricht die Regelung des Haager Vormundschaftsabkommens. Gegen seine Anwendung spricht nach Ansicht des Gerichts kein zwingender Grund. Wenn das niederländische Recht im Falle der Scheidung einer Ehe einen Vormundschaftsfall f ü r gegeben ansieht, so m u ß das hingenommen werden; es erscheint nicht als ratsam, die andersartige Regelung des deutschen Rechts als Leitbild zu nehmen und zu dem Ergebnis zu kommen, daß es sich sachlich um einen dem § 1671 BGB entsprechenden Rechtsfall handele und deshalb unter Inkaufnahme bedenklicher Konsequenzen nicht das Haager Vormundschaftsabkommen, sondern Art. 19 EGBGB und somit in jeder Hinsicht niederländisches Recht anzuwenden sei. Aus allem folgt, daß dem niederländischen Recht lediglich zu entnehmen ist, daß nach ihm hinsichtlich der Kinder Hendrik und Dirk ein Vormundschaftsfall gegeben ist, den der niederländische Staat nicht zu beheben gedenkt und der deshalb nach dem Haager Vormundschaftsabkommen durch ausschließliche Anwendung des deutschen Rechts zu beheben ist. Somit war zunächst Vormundschaft gemäß § 1773 BGB einzuleiten. Gegen die Eignung des Kindesvaters f ü r das Amt des Vormundes bestehen keine Bedenken. Dieser war deshalb zum Vormund zu bestellen. Es erschien jedoch als angebracht, gemäß § 1792 I BGB Gegenvormundschaft einzuleiten und die Kindesmutter zum Gegenvormund zu bestellen. Entscheidend war hierfür die Überlegung, daß das Gericht zwar nicht durch eine vom IPR gebotene Anwendung des niederländischen Rechts verpflichtet ist, Gegenvormundschaft einzuleiten, daß es aber doch ein nobile officium ist, den Vorstellungen und Wünschen des ausländischen Rechts im Rahmen des Möglichen durch Bereitstellung eines etwa entsprechenden Instituts Rechnung zu tragen."
VII. Erbrecht
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12. Sonstige Verwandtschaft VII. ERBRECHT Siehe auch Nr. 7, 10, 25, 72, 202, 297, 304, 309 1 6 8 . Das Erbstatut bestimmt, ob ein Miterbe zur Einklagung von Rechten für den Nachlaß befugt ist oder ob er dies einem Nachlaßverwalter (administrator) überlassen muß. Das Erbstatut entscheidet darüber, ob ein Schriftstück eine Verfügung von Todes wegen enthält. BGH, Urt. vom 29.1.1964 - V ZR 209/61: WM 1964, 348; NJW 1964, 1124 (ohne IPR-Teil). Die Parteien sind Miterbinnen. Die Erblasserin, die in New York gelebt hatte und Ende September 1953 nach Deutschland gekommen war, um hier ihren Lebensabend zu verbringen, ist im Dezember 1953 in Deutschland verstorben. Die Erblasserin schrieb am 22. 11. 1953 an ihre Bank in München, der Zweigniederlassung eines Bankhauses gleichen Namens in New York: „Ich bitte Sie, meine in meinem Depot ruhenden Wertpapiere und meine Guthaben nach meinem Ableben an meine Nichte (die Bekl.) auszuhändigen." Diese sogenannte Bankanweisung richtete sich nach dem Klagvortrag nicht nur an die Filiale in Deutschland, sondern auch an den Vizepräsidenten der Hauptniederlassung im Ausland, der zugleich Generalbevollmächtigter der Erblasserin und späterer Nachlaßverwalter war. Die Bekl. hat auf Grund dieses Schreibens nach dem Tod der Erblasserin Dego-Aktien aus dem Depot bekommen und sie verkauft. Die Kl. fordert diese an die Erbengemeinschaft zurück. LG und OLG haben der Klage stattgegeben. Das OLG hat den Fall ohne weiteres nach deutschem Recht beurteilt. Die Revision der Bekl. führte zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung. Aus den Gründen: „Im neuerlichen Berufungsverfahren wird darüber hinaus im Hinblick auf die Auslandsberührungen des Sachverhalts die internationalprivatrechtliche Frage zu prüfen sein, ob überhaupt die deutsche oder eine ausländische Rechtsordnung zum Zuge kommt. Es handelt sich nach dem Klagvortrag um die Rückabwicklung einer dem Recht widersprechenden Vermögensverschiebung, nämlich die Rückholung von dem Nachlaß angeblich zu Unrecht verlorengegangenen Vermögensstücken (Dego-Aktien) zum Nachlaß. Die ursprüngliche Vermögensträgerin (Erblasserin) hatte bis kurz vor ihrem Tode Wohnsitz und Aufenthalt im Ausland (New York, USA). Über ihre Staatsangehörigkeit ist bisher keine Feststellung getroffen; doch spricht vieles dafür, daß sie Ausländerin war (vgl. den Klagvortrag, für ihre Beerbung sei unstreitig das Recht des Staates New York maßgebend, sowie den Umstand, daß das deutsche Nachlaßgericht mit der gleichen Begründung nach § 2369 BGB einen auf das Ver-
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mögen im deutschen Inland beschränkten Erbschein erteilt hat). Die umstrittenen Werte der Erblasserin lagen nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils bei der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Bank. Die sogenannte Bankanweisung der Erblasserin vom 22. 11. 1953 richtete sich nach dem Klagvortrag nicht nur an die Filiale im Inland, sondern auch an den Vizepräsidenten der Hauptniederlassung im Ausland, der zugleich ihr Generalbevollmächtigter und späterer Nachlaßverwalter war. War die Erblasserin deutsche Staatsangehörige, so wurde sie allerdings grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihren früheren Auslandswohnsitz und Aufenthalt nach deutschem Recht beerbt (Art. 24 I EGBGB; BGHZ 19, 315 1 ; Senatsurteil vom 15.4.1959 - V ZR 5/58, LM Nr. 9 zu Art. 7ff. EGBGB [Deutsches intern. Privatrecht] = NJW 1959, 1317 = MDR 1959, 651 = WM 1959, 662 = RabelsZ 1960, 313 m. Anm. Knauer2; Raape, IPR, 5. Aufl., § 38 A I 1, S. 412; Nußbaum, Deutsches IPR, 1932, § 50 II a, S. 349f.; Kegel bei Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Vorbem. 3 vor Art. 24 EGBGB). W a r sie dagegen Ausländerin, so wurde sie grundsätzlich nach dem Recht ihres Heimatstaats beerbt, und zwar auch dann, wenn ihr Inlandsaufenthalt in den letzten Lebensmonaten bereits zu einem Inlandswohnsitz geführt haben sollte, was ebenfalls nicht aufgeklärt ist (Art. 25 Satz 1 EGBGB sowie die obigen Fundstellen). Im letzteren Fall bestimmt das ausländische Recht bereits darüber, ob die Kl. zur Einklagung von Rechten f ü r den Nachlaß überhaupt und allein befugt ist oder dies etwa einem Nachlaßverwalter (administrator; BGHZ 7, 339, 343) überlassen muß (Aktivlegitimation); denn diese Frage betrifft einerseits den Problemkreis der Verwaltung des Nachlasses und andererseits den Erbschaftserwerb und das Verhältnis der Miterben zueinander und unterliegt deshalb dem Erbstatut (vgl. Kegel aaO Vorbem. 16, 18 vor Art. 24 EGBGB; Raape aaO § 38 D VIII, S. 443; Nußbaum aaO § 50 II b, S. 352; Knauer aaO 319 f). W a r die Erblasserin Ausländerin, so bestimmt das ausländische Recht als Erbstatut grundsätzlich auch darüber, ob eine wirksame Verfügung von Todes wegen vorliegt, durch die der Bekl. die umstrittenen Werte zugewendet worden sind (vgl. Kegel aaO Vorbem. 27ff.; Raape aaO § 38 B, S. 422ff.; Nußbaum aaO § 51 I, S. 359fT); dafür kommt möglicherweise das nach New York gegangene Stück der Bankanweisung vom 22. 11.1953 in Betracht (vgl. dazu hinsichtlich der möglichen Bedeutung eines „trust" das genannte Senatsurteil vom 15. 4. 1959 2 sowie Knauer, Anm. dazu aaO 332ff.), und zu ihrer Beurteilung können u. U. die Beziehungen zwischen der ausländischen Bank und ihrer inländischen Zweigniederlassung hinsichtlich des Dego-Depots erheblich sein (die rechtliche Unselbständigkeit der Zweigniederlassung gilt grundsätzlich auch, wenn Staatsgrenzen zwischen ihnen liegen; RGZ 108, 265, 267; Kegel aaO Rdn. 27 zu Art. 10; s. jedoch in schuldrechtlicher Hinsicht auch BGHZ 2, 218, 223; 9, 34, 38ff. 3 , sowie Raape, § 42 II, S. 485 Fußn. 47). In diesem Zusammenhang kann wiederum die den sachlichen Kern des Streits zwischen den Parteien bil1 3
IPRspr. 1954-1955 Nr. 136. IPRspr. 1952-1953 Nr. 37.
2
IPRspr. 1958-1959 Nr. 49.
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VII. Erbrecht
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dende Frage von Bedeutung sein, ob die Erblasserin der Bekl. die umstrittenen Werte zu unentgeltlichem Verbleib oder nur zu treuhänderischer Verwertung (Bezahlung von Krankheits- und Beerdigungskosten) zugedacht hatte. (Zur internationalprivatrechtlichen Behandlung von Bereicherungsansprüchen s. das genannte Senatsurteil, die Anm. von Knauer dazu sowie Zweigert, SJZ 1947, 247 ff., Raape aaO § 51, S. 527 ff., Kegel aaO Vorbem. 264ff. vor Art. 7)." 1 6 9 . Das Erbstatut ist nicht nur für den Erbgang, sondern auch für die Rechtsbeziehungen der Erben untereinander maßgebend. Die Einschränkung des Staatsangehörigkeitsprinzips in Art. 25 Satz 2 EGBGB gilt nicht für die Beerbung eines italienischen Staatsangehörigen mit letztem Wohnsitz in Deutschland, da nach italienischem Recht ein in Italien wohnender Deutscher ausschließlich nach den deutschen Gesetzen beerbt wird (Art. 23 disposizioni prel. zum Codice civile). Ein dem „Privilegium Germanicum" des deutschen Rechts entsprechendes „Privilegium Italicum" gibt es im italienischen Recht nicht. Die Anwendung des italienischen Rechts in der Frage, ob und inwieweit ein Miterbe eine zum Nachlaß gehörige Sache benutzen darf, verstößt nicht gegen den in Art. 30 EGBGB normierten ordre public, da die deutsche Regelung der §§ 2038, 743 BGB sich nicht wesentlich von Art. 1102 Codice civile unterscheidet. OLG Nürnberg, Urt. vom 20. 10.1964 - 2 U 104/64: AWD 1965, 93. 1 7 0 . Das Kollisionsrecht des Staates New York verweist für die Erbfolge in das bewegliche Vermögen auf das Recht des letzten Domizils, bezüglich des unbeweglichen Nachlasses auf das Recht des Belegenheitsortes. Nach dem im Staate New York geltenden Erbrecht erhält die überlebende Ehefrau neben Geschwistern des Erblassers 10000 Dollar voraus und die Hälfte des Restnachlasses. Das Recht auf die 10000 Dollar ist kein Vorausvermächtnis, sondern ein echtes Erbrecht. Zur Anerkennung der freien Ehe eines rassisch Verfolgten als Vorfrage für dessen Beerbung. LG Berlin, Beschl. vom 30. 6. 1965 - 83 T 117/65: Unveröffentlicht. Der in Deutschland geborene und 1938 in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewanderte jüdische Arzt Dr. Hermann L. - der Erblasser - verstarb als amerikanischer Staatsangehöriger am 1. 8. 1947 in New York, seinem letzten W o h n sitz. Die zwischen dem Erblasser und der Beteiligten beabsichtigte Eheschließung k a m infolge der nationalsozialistischen Gesetzgebung und der Nachkriegsverhältnisse nicht zustande. Die Beteiligte war bei der Auswanderung des Erblassers in Berlin zurückgeblieben. Erst einige Jahre nach seinem Tode gelang ihr die Auswanderung in die Vereinigten Staaten. Der freien Verbindung des Erblassers mit der Beteiligten erkannte die Landesjustizverwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg durch Anordnung vom 28. 3. 1960 gemäß § 1 I des Gesetzes über die Anerkennung freier E h e n rassisch und politisch Verfolgter vom 23. 6. 1950
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(BGBl. 226) in Verbindung mit dem Änderungsgesetz vom 7. 3. 1956 (BGBl. I 104) die Rechtswirkungen einer gesetzlichen Ehe zu. Als Tag der Eheschließung gilt nach dieser Anordnung der 1. 10. 1935. In einer vor dem öffentlichen Notar Sam D. in New York am 13. 2. 1961 abgegebenen Erbeslegitimationserklärung beantragte die Beteiligte, ihr einen auf den im Inland befindlichen beweglichen Nachlaß des Erblassers beschränkten gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, wonach sie Alleinerbin bis zu einem Reinnachlaß von 10 000 Dollar und hinsichtlich des 10 000 Dollar übersteigenden Nachlasses Erbin zu 1 h und die beiden Geschwister des Erblassers zu je l U Erben geworden sind. Sie gab an, daß der inländische Nachlaß des Erblassers nur aus Entschädigungsansprüchen bestehe. Das AG Schöneberg erteilte am 28. 8. 1963 den beantragten Erbschein, jedoch ohne Beschränkung auf den beweglichen Nachlaß. Auf Anregung des Entschädigungsamtes Berlin zog das AG mit Beschluß vom 29. 12. 1964 diesen Erbschein ein, weil die Beteiligte nicht Miterbin geworden sei. Die Einziehung ist bereits vollzogen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, mit der sie einen neuen, dem eingezogenen Erbschein gleichlautenden Erbschein verlangt. Aus den Gründen: „Mit Recht h a t d a s AG d e n a m 28. 8. 1963 erteilten Erbschein g e m ä ß § 2361 I Satz 1 BGB eingezogen, weil sich ergeben hat, d a ß er unrichtig ist. Die Einziehung des Erbscheins erweist sich allerdings n u r im Ergebnis als gerechtfertigt. Die Gründe, auf die das AG die Erbscheinseinziehung stützt u n d die das Entschädigungsamt zu seiner Einziehungsanregung v e r a n l a ß t haben, sind nicht gerechtfertigt. W o h l ist mit dem AG davon auszugehen, d a ß f ü r die Beerbung des Erblassers das Recht des Staates New York m a ß gebend ist. Denn aus den unvollständigen Kollisionsnormen der Art. 24 I, 25 Satz 1 EGBGB ist der Grundsatz herzuleiten, d a ß jeder nach den Gesetzen des Staates beerbt wird, d e m er zur Zeit seines Todes angehört h a t (RGZ 91, 139; Palandt, BGB, 23. Aufl., Art. 24 EGBGB Anm. 2). Bei seinem Tode a b e r besaß der Erblasser die Staatsangehörigkeit des amerikanischen Gliedstaates New York, weil er als Bürger der USA dort sein Domizil hatte. Da das Konfliktsrecht des Staates New York hinsichtlich des beweglichen Vermögens auf das Recht des letzten Domizils des Erblassers verweist, wird der E r b l a s s e r nach den dort geltenden erbrechtlichen Vorschriften beerbt. N u r bezüglich des unbeweglichen Nachlasses weist das Kollisionsrecht des Staates New York auf das Recht des Belegenheitsortes weiter. Nach dem im Staate New York geltenden E r b r e c h t erhält die überlebende E h e f r a u im Falle des Vorversterbens der Eltern des Erblassers bei kinderlos gebliebener E h e neben den Geschwistern des Erblassers 10000 Dollar vorweg u n d die H ä l f t e des Restnachlasses. Dieses Recht der W i t w e auf 10000 Dollar vorweg ist nicht als bloßes Vorausvermächtnis, s o n d e r n als Recht a m Nachlaß bis zu dieser Höhe, also als echtes Erbrecht, anzusehen, so d a ß die Fassung des eingezogenen Erbscheins, die von einem E r b r e c h t d e r Witwe ausgeht, insoweit nicht zu beanstanden ist. Die familienrechtliche Vorfrage, ob die Beteiligte die zu i h r e r B e r u f u n g als gesetzliche E r b i n erhebliche Rechtsstellung als E h e f r a u des Erblassers hat, ist selbständig a n z u k n ü p f e n . Es ist allerdings streitig, ob diese V o r f r a g e nach d e m Kolli-
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sionsrecht des Forumstaates (Palandt aaO Anm. 3; Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Art. 13 Rdz. 70), also hier nach deutschem internationalen Familienrecht (Art. 13 EGBGB), oder nach dem Kollisionsrecht des auf die Hauptfrage anwendbaren Rechts (Wengler, RabelsZ 1934, 148 und Gutachten vom 22. 12. 1961 in 63/41 VI 4895/56 des AG Schöneberg), also hier nach dem internationalen Familienrecht des Staates New York, zu beurteilen ist. Diese Streitfrage bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil sowohl das deutsche als auch das Kollisionsrecht des Staates New York vorschreibt, daß sich die Frage, ob die formellen und sachlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen einer gültigen Ehe des Erblassers mit der Beteiligten gegeben sind, nach internem deutschen Recht beurteilt. Nach der deutschen Kollisionsnorm des Art. 13 EGBGB bestimmen sich die Form der Eheschließung und die sachliche Wirksamkeit der Ehe nach den deutschen Gesetzen, weil die Verlobten in dem Zeitpunkt für den ihrer freien Verbindung die Rechtswirkungen einer Ehe zuerkannt worden sind, Deutsche waren und die Ehe als in Deutschland geschlossen gilt. Nach den Kollisionsnormen des Staates New York beurteilen sich die Wirksamkeit des Formalaktes der Eheschließung und die wirksame Begründung des ehelichen Status nach dem Ort der Eheschließung (Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht II, 1961, US Grdz. C I Rdz. 36 d). Als Ort der Eheschließung muß aber Berlin angesehen werden, weil hier 1935 die freie Verbindung des Erblassers mit der Beteiligten bestanden hat, der auf Grund eines deutschen Gesetzes durch die Landesjustizverwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg die Rechtswirkungen einer am 1.10. 1935 geschlossenen Ehe zuerkannt worden sind. Daß diese Rechtsstellung der Beteiligten erst nachträglich mit rückwirkender Kraft eingeräumt worden ist, ist ohne Bedeutung, weil dies nur eine rechtsstaatliche Anerkennung einer durch die nationalsozialistische Gesetzgebung verhinderten Eheschließung in Deutschland darstellt. Da das Konfliktsrecht des Staates New York hinsichtlich des ehelichen Status der Beteiligten auf die deutsche Rechtsordnung verweist und diese der freien Verbindung der Beteiligten mit dem Erblasser die Rechtswirkungen einer Ehe zuerkennt, kommt es nicht darauf an, daß die interne Rechtsordnung des Staates New York einer dort bestehenden freien Verbindung die Anerkennung einer gesetzlichen Ehe versagt. Die Beteiligte ist daher ohne Rücksicht darauf, daß sich die Erbfolge in den in Deutschland befindlichen beweglichen Nachlaß des Erblassers nach der internen Rechtsordnung des Staates New York beurteilt, als erbberechtigte Ehefrau des Erblassers anzusehen. Dennoch war der eingezogene Erbschein unrichtig, so daß seine Einziehung gemäß § 2361 I Satz 1 BGB gerechtfertigt ist. Seine Unrichtigkeit ergibt sich schon daraus, daß er unter Verletzung des § 2353 BGB nicht antragsgemäß erteilt worden ist. Die Beteiligte hatte die Erteilung eines auf das im Inland befindliche bewegliche Vermögen des Erblassers gegenständlich beschränkten Erbscheins beantragt, während der erteilte Erbschein die Beschränkung auf das bewegliche Vermögen nicht enthielt. Abgesehen von der sich aus dieser Gesetzesverletzung ergebenden Unrichtigkeit, die mög-
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licherweise durch den mit der Beschwerde gestellten neuen Erbscheinsantrag geheilt w o r d e n ist, w a r es aber auch sachlich erforderlich, den E r b schein ausdrücklich auf das bewegliche Inlandsvermögen des Erblassers zu beschränken, weil hinsichtlich des unbeweglichen Inlandsvermögens, u n a b hängig vom W e r t des Nachlasses, die Beteiltigte neben den Geschwistern des Erblassers n u r Miterbin ist. Denn insoweit richtet sich die Erbfolge nach deutschem Recht, weil das hier a n sich a n w e n d b a r e Recht des amerikanischen Gliedstaates New York auf deutsches Recht zurückverweist, w a s gemäß Art. 27 EGBGB beachtlich ist. Der Umstand, daß der inländische Nachlaß nach den Angaben der Beteiligten n u r aus Entschädigungsansprüchen besteht, sich also im beweglichen Vermögen erschöpft, rechtfertigt die Fassung ,den im Inlande befindlichen Nachlaß' nicht, weil diese Fassung die Rechtslage nicht k l a r erkennen läßt. Überdies enthielt der eingezogene Erbschein keinen Hinweis d a r a u f , d a ß der Erbfolge das Recht des USA Gliedstaates New York zugrunde liegt. Auch das Fehlen dieser Angabe macht den Erbschein unrichtig u n d rechtfertigt seine Einziehung (Palandt, § 2369 Anm. 3). F e r n e r m u ß aus dem Erbschein eindeutig hervorgehen, was bei dem eingezogenen Erbschein nicht der Fall war, d a ß sich die W e r t grenze von 10 000 Dollar, bis zu der die Beteiligte Alleinerbin ist, auf den gesamten Reinnachlaß, also nicht n u r auf den in Deutschland befindlichen Reinnachlaß bezieht. Auch insoweit w a r der Erbschein u n g e n a u u n d damit unrichtig. Der Erbschein vom 28. 8. 1963 ist d a h e r im Ergebnis mit Recht eingezogen worden, so d a ß die gegen die Einziehung gerichtete Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen werden m u ß t e . " 1 7 1 . Zu den besonderen hört die Höfeordnung.
Vorschriften
im Sinne des Art. 28 EGBGB
ge-
BGH, Beschl. vom 14. 7.1965 - V BLw 1/65: R d L 1965, 234; MDR 1965, 818; LM Nr. 1 zu Art. 28 EGBGB; DRspr. II (282) 144a; Leitsatz in F a m R Z 1965, 562 Nr. 309; DNotZ 1966, 438. Der am 25. 6. 1963 verstorbene Landwirt Max R. (Erblasser), der die Schweizer Staatsangehörigkeit besaß, war Eigentümer einer landwirtschaftlichen Besitzung in Deutschland in Größe von etwa 50 ha mit einem Einheitswert von 135 400 DM. Der Erblasser hat in einem privatschriftlichen Testament vom 1. 7. 1961 seine zweite Ehefrau als Vorerbin, seinen Sohn aus zweiter Ehe, Max R., als Nacherben eingesetzt und angeordnet, daß der Sohn aus erster Ehe, Kurt R., eine lebenslängliche Rente von 500 DM jährlich erhalten solle. Die Witwe Helene R. hat beantragt, zu ihrer Einsetzung als Hofvorerbin die Zustimmung zu erteilen. Der AGg. Kurt R. hat diesem Antrag widersprochen mit der Begründung, daß für die Erbfolge nicht deutsches, sondern Schweizer Recht maßgebend sei. Der vom Erblasser hinterlassene Grundbesitz sei auch deshalb kein Hof im Sinne der Höfeordnung, weil der Vater dem Gericht gegenüber ausdrücklich erklärt habe, daß sein Anwesen keine Hofeigenschaften haben solle. An dem Ausgang des Verfahrens sei er zumindest wegen der Bemessung der ihm zustehenden Abfindung interessiert.
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Das AG (Landwirtschaftsgericht) hat das Testament des Erblassers „genehmigt". Das OLG hat die sofortige Beschwerde des AGg. mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Einsetzung der ASt. als Hoferbin des vom Erblasser hinterlassenen Grundbesitzes zugestimmt wird. Mit der (vom OLG zugelassenen) Rechtsbeschwerde erstrebt der AGg. die Abweisung des Antrages der ASt. Letztere bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels. Aus den Gründen: „Eine Zustimmung gemäß § 7 II HöfeO kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um die Vererbung eines Hofes im Sinne der HöfeO handelt. Die Besitzung des Erblassers entspricht den nach § 1 I HöfeO an die Hofeigenschaft zu stellenden Anforderungen. Sie ist, da der Einheitswert mehr als 10 000 DM beträgt, mit dem Inkrafttreten der HöfeO unabhängig vom Willen des Eigentümers ein Hof geworden. Daß der Erblasser nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, steht der Entstehung der Hofeigenschaft nicht entgegen. Eine dem § 12 in Verbindung mit § 1 I Nr. 2 REG entsprechende Bestimmung, nach der die Erbhofeigenschaft grundsätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit des Eigentümers voraussetzte, ist in der Höfeordnung nicht enthalten. Unerheblich ist, daß im Zeitpunkt des Erbfalles kein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen war, weil eine landwirtschaftliche Besitzung, bei der die Voraussetzungen des § 1 I und II HöfeO vorliegen, kraft Gesetzes Hofeigenschaft erlangt, auch wenn der Hofvermerk noch nicht eingetragen ist. Die Erbfolge in den vom Erblasser hinterlassenen Grundbesitz ist, wie das OLG und auch das AG zutreffend ausführen, nach deutschem Recht zu beurteilen. Ein Ausländer, der zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inland hat, wird zwar nach Art. 25 I Satz 1 EGBGB nach den Gesetzen des Staates beerbt, dem er zur Zeit seines Todes angehörte. Diese Vorschrift findet jedoch nach Art. 28 EGBGB keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht im Heimatstaat des Ausländers, sondern in einem Staatsgebiet befinden, nach dessen Gesetzen sie besonderen Vorschriften unterliegen. Dies bedeutet, daß f ü r die Beerbung deutsches Recht maßgebend ist, wenn es sich um Gegenstände handelt, die sich in Deutschland befinden und nach deutschen Gesetzen besonderen Vorschriften unterliegen. Zu den besonderen Vorschriften im Sinne des Art. 28 EGBGB gehört die HöfeO mit ihrer vom allgemeinen Recht abweichenden Erbregelung. Dies ist auch die im Schrifttum überwiegend vertretene Auffassung, der sich der Senat anschließt (Erman, BGB, 3. Aufl., Art. 28 EGBGB Anm. 2; Länge-Wulff, HöfeO, 5. Aufl., § 1 Anm. 16 Abs. 3; Palandt, BGB, 24. Aufl., Art. 28 EGBGB Anm. 4; Baade, SchlHA 1959, 33, 36; OLG Köln, RdL 1955, 82 4 ). Die gegenteilige Auffassung von Kegel (IPR, 2. Aufl., 142, 143 sowie bei Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Art. 28 EGBGB Anm. 11 Fußn. 10) findet im Gesetz keine Stütze. Besondere Vorschriften im Sinne des Art. 28 EGBGB enthielten vor allem die durch Art. 64 EGBGB aufrechterhaltenen Landesgesetze über das Anerbenrecht in Ansehung landwirtschaftlicher 1
IPRspr. 1954-1955 Nr. 133.
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Grundstücke. Art. 28 EGBGB gilt jedoch nicht nur für die beim Inkrafttreten des BGB bereits bestehenden Sondervermögen, sondern auch für Gegenstände, die durch später erlassene Vorschriften einer besonderen Regelung unterworfen wurden, wie das bei der HöfeO der Fall ist. Die HöfeO stellt partielles Bundesrecht dar (BGHZ 33, 208, 213). Sie ist für den Bereich der früheren Britischen Zone erlassen worden und in diesem Gebiet an die Stelle der früheren landesrechtlichen Anerbengesetze getreten, die durch das Reichserbhofgesetz aufgehoben und durch das KRG Nr. 45 wieder in Kraft gesetzt waren. Daß die HöfeO sich nicht auf das ganze Bundesgebiet erstreckt, steht der Anwendung des Art. 28 EGBGB nicht entgegen. Dem OLG ist deshalb darin zuzustimmen, daß für die Vererbung des vom Erblasser hinterlassenen Grundbesitzes die Vorschriften der HöfeO maßgebend sind." 1 7 2 . Die Zwangserbrechte des überlebenden Ehegatten und der Abkömmlinge eines chilenischen Erblassers richten sich auch dann nach chilenischem Recht, wenn dieses wegen des beweglichen Nachlaßvermögens auf deutsches Recht zurückverweist. Im Rahmen des deutschen Erbscheinsverfahrens, das dem chilenischen Recht der Form nach unbekannt ist, können diese Zwangserbrechte auf besondere Erklärung des Berechtigten berücksichtigt werden, während nach chilenischem Recht für ihre Geltendmachung eine besondere Klage nötig ist. LG Berlin, Beschl. vom 2 1 . 7 . 1965 - 83 T 391/64: Unveröffentlicht. Der Erblasser, der Ehemann der Beteiligten zu 1), starb am 10. 10. 1962 im Krankenhaus von Lienz (Österreich). Der Erblasser war chilenischer Staatsangehöriger und hatte seinen letzten Wohnsitz in Berlin-West. Er hinterließ zwei letztwillige privatschriftliche Verfügungen. Am 22. 8. 1943 hatte er die Beteiligte zu 1) als befreite Vorerbin und seine einzige Tochter aus der Ehe mit der Beteiligten zu 1) als Nacherbin und Ersatzerbin eingesetzt. In dem zweiten Testament vom 29. 7. 1953 schloß er die Beteiligte zu 1) und seine Tochter von der Erbschaft aus und verfügte, demgegenüber könne auch nicht das Gesetz über den Pflichtteil zur Anwendung gebracht werden. Er setzte in dem Testament seine Brüder zu gleichen Teilen als Erben ein. Die Beteiligte zu 1) und ihre Tochter sind ebenso wie der Erblasser chilenische Staatsangehörige. Der inzwischen verstorbene Bruder des Erblassers, Arturo F., ist ebenfalls Chilene. Dessen Ehefrau ist die Beteiligte zu 2). Der ebenfalls inzwischen verstorbene Bruder Albert F. ist deutscher Staatsangehöriger. Seine Ehefrau ist die Beteiligte zu 3). Der Nachlaß des Erblassers in Deutschland besteht nur aus beweglichem Vermögen. Nach Einholung eines Rechtsgutachtens der Universität Kiel hat das AG am 12. 8. 1963 der Beteiligten zu 1) und ihrer Tochter einen gegenständlich beschränkten gemeinschaftlichen Teilerbschein erteilt, durch den die Beteiligte zu 1) für den inländischen Nachlaß zu 1 /u und die Tochter zu */u als Erben ausgewiesen werden. Die Beteiligte zu 1) hat diesen Erbschein, obwohl er nicht ihrem Antrag entsprach, nicht angefochten. Am 14. 11. 1963 hat das AG einen gegenständlich beschränkten zweiten und letzten Teilerbschein des Inhalts erteilt, daß Arturo F. zu 1 /u und Albert F. zu Va Erben des inländischen Nachlasses sind. Der Erbscheinsantrag war zunächst
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von Arturo F. allein, ein späterer Berichtigungsantrag aber zugleich im Namen des deutschen Bruders Albert gestellt worden. Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, diesen letzten Erbschein wegen Unrichtigkeit einzuziehen. Sie hat ausgeführt, dieser Erbschein sei unter Verletzung chilenischen Rechts erteilt worden. Das AG hat durch Beschluß vom 12. 5. 1964 die Einziehung dieses Erbscheins abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1). Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Teilerbschein vom 14. 11. 1963 einzuziehen. Sie erklärt ausdrücklich zugleich im Namen der Tochter die Anfechtung des zweiten Testamentes u. a. deswegen, weil der chilenische Erblasser nach seinem Heimatrecht nicht habe zuungunsten seiner Ehefrau und Tochter letztwillig verfügen dürfen. Im übrigen streiten die Beteiligten über die Testierfähigkeit des Erblassers.
Aus den Gründen: „Gemäß § 2361 I Satz 1 BGB ist ein Erbschein einzuziehen, wenn er unrichtig ist. Diese Vorschrift ist anwendbar, weil sich die Voraussetzungen für die Einziehung eines für den Nachlaß eines Ausländers erteilten Erbscheins nach deutschem Recht bestimmen (Soergel-Siebert-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 69 vor Art. 24 EGBGB). In dem beanstandeten Teilerbschein vom 14.11.1963 hat das AG die Erbquote für den chilenischen Bruder Arturo F . unrichtig angegeben. Sie beträgt nicht 1/u, sondern 1/s des Nachlasses. Das AG hat zunächst mit Recht seine Zuständigkeit bejaht. Die internationale Zuständigkeit für Nadilaßsachen ist gegeben, weil, soweit es die Brüder des Erblassers betrifft, deutsches Erbrecht die Erbfolge beherrscht (vgl. Soergel-Siebert-Kegel, [BGB] Anm. 54, 67 vor Art. 24 EGBGB; Keidel, [FGG] 8. Aufl., Anm. 6 zu § 73 FGG). Nach Art. 25 Satz 1 EGBGB in Verbindung mit Art. 955 I, 16 Cc ist bei einem chilenischen Erblasser der im Ausland lebt, hinsichtlich des beweglichen Vermögens das Recht des letzten Wohnsitzes anzuwenden. Da der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Berlin West hatte, woran der zeitweilige Aufenthalt in Österreich nichts ändert, und in Deutschland nur bewegliches Vermögen vorhanden war, ist mithin das deutsche Recht anzuwenden. Die internationale Zuständigkeit wird nicht davon berührt, daß sich die Zwangserbrechte der Ehefrau und der ehelichen Kinder nach chilenischem Recht (Art. 15 Nr. 2 Cc) richten. Im vorliegenden Verfahren geht es nur um die nach deutschem Recht zu beurteilenden Erbrechte der beiden Brüder des Erblassers. Durch den beanstandeten Erbschein werden nicht die Zwangserbrechte der Beteiligten zu 1) und ihrer Tochter ausgewiesen. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit für die Erteilung des Erbscheins ergibt sich aus §§ 72, 73 I FGG. Bei der Feststellung der Erbrechte der beiden Brüder des Erblassers ist in Übereinstimmung mit dem AG davon auszugehen, daß das zweite Testament vom Jahre 1953 gültig ist. Die Form des handschriftlichen Testaments, die gemäß Art. I I I Satz 2 EGBGB auch nach der Ortsform beurteilt werden kann (Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 35 vor Art. 24 EGBGB), ist nach den Bestimmungen des BGB (§2247) eingehalten. DerNachweis derTestier32
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Unfähigkeit des Erblassers zur Zeit der Testamentserrichtung ist nicht erbracht. Grundsätzlich beurteilt sich die Fähigkeit, ein Testament zu errichten, nach dem Heimatrecht beim Tode des Erblassers (Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 27 vor Art. 24 EGBGB), also nach chilenischem Recht. Dieser Grundsatz wird aber im vorliegenden Fall von der Regelung des Art. 25 Satz 2 EGBGB durchbrochen. Diese Vorschrift f ü h r t dazu, daß sich der Nachlaß in zwei selbständige Massen aufspaltet, die jede f ü r sich zu beurteilen sind (Staudinger-Raape, [BGB] 9. Aufl. 1931, VI/2 317 c). Nach Art. 25 Satz 2 EGBGB kann ein Deutscher erbrechtliche Ansprüche auch dann geltend machen, wenn sie nur nach den deutschen Gesetzen begründet sind, es sei denn, daß nach dem Recht des Staates, dem der Erblasser angehörte, f ü r die Beerbung eines Deutschen, welcher seinen Wohnsitz in diesem Staate hatte, die deutschen Gesetze ausschließlich maßgebend sind. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Bruder des Erblassers, Albert F., war zur Zeit des Todes des Erblassers Deutscher, wie sich aus der bei den Akten befindlichen Fotokopie eines Personalausweises vom 31. 7.1962 ergibt. Da das chilenische Recht dem Wohnsitzprinzip folgt (vgl. Art. 955 Cc), wären f ü r den Nachlaß eines Deutschen mit letztem Wohnsitz in Chile also nicht die deutschen Gesetze maßgebend. Der Bruder Albert F. hat seine Erbansprüche auch geltend gemacht, wozu jede Berufung auf den Anspruch in rechtlich erheblicher Weise genügt (Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 9 zu Art. 25 EGBGB). Zwar ist der gemeinschaftliche Teilerbschein, der Gegenstand dieses Verfahrens ist, ursprünglich nur von dem anderen Bruder Arturo beantragt worden. Die spätere Berichtigung des gestellten Erbscheinantrags ist aber zugleich im Namen des deutschen Bruders Albert erfolgt. Darin ist eine rechtserhebliche Geltendmachung zu erblicken. Da nach dem Testament vom Jahre 1953 dem Bruder Albert die eine Hälfte zustehen soll und hinsichtlich dieser Hälfte das deutsche Recht gemäß Art. 25 Satz 2 EGBGB Vorrang hat, um dem deutschen Staatsangehörigen die Erbschaft auf der Grundlage einer vermuteten Vergeltung gegen Benachteiligungen deutscher Erblasser im Ausland zu sichern, ist auch in Übereinstimmung mit dem Gutachten der Kieler Universität f ü r die Verteilung dieser Hälfte die Gültigkeit des Testaments nach deutschem Recht zu prüfen. [Es folgt die Gültigkeitsprüfung nach deutschem und chilenischem Recht.] Bei der Verteilung des Nachlasses ist daher sowohl nach dem deutschen als auch nach dem chilenischen Recht von der Gültigkeit der zweiten letztwilligen Verfügung auszugehen. Die Erbfolge selbst hat von der Vorschrift des Art. 25 EGBGB auszugehen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist f ü r die Beerbung des chilenischen Erblassers dessen Heimatrecht maßgebend. Das chilenische Kollisionsrecht, auf das ebenfalls durch Art. 25 EGBGB verwiesen wird (RGZ 136, 361, 365), verweist seinerseits auf das deutsche Recht, mindestens soweit es um das bewegliche Vermögen des Erblassers geht (Art. 955 Cc). Diese Rückverweisung f ü h r t zur Anwendung des deutschen sachlichen Rechts, nicht aber auch nach Art. 27 EGBGB des deutschen Kollisionsrechts (RGZ 136, 361, 366; KG, J W 1937, 2527; Soergel-Siebert-
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Kegel, Anm. 25 zu Art. 27). Wie jedoch das Gutachten der Kieler Universität an Hand des chilenischen Schrifttums überzeugend ausgeführt hat, besteht indessen bei der Rückverweisung des chilenischen Rechts auf die deutsche Rechtsordnung eine Ausnahme. Die Zwangserbrechte des überlebenden Ehegatten und der legitimen Abkömmlinge richten sich nach chilenischem Recht (Art. 15 Nr. 2 Cc) und sind daher auch bei der Entscheidung nach den im übrigen anwendbaren deutschen sachlich-rechtlichen Vorschriften zu beachten. Die Voraussetzungen für Zwangszuwendungen chilenischen Rechts sind sowohl bei der Beteiligten zu 1) als auch bei der Tochter gegeben. Nach Art. 1184 III, 1191 Cc fallen 2/4 des Nachlasses an die eheliche Tochter, V« des Nachlasses gebührt der Beteiligten zu 1) als Ehegattenanteil (Art. 1172ff., 1178 Cc). Das Erfordernis für die Zubilligung des vollen Ehegattenanteils, daß der überlebende Ehegatte kein eigenes Vermögen haben darf (Art. 1176 Cc), ist erfüllt... Die Geltendmachung der. Zwangserbrechte, die die Beteiligte zu 1) zugleich im Namen ihrer Tochter ausdrücklich durch Anfechtungserklärung für sich in Anspruch genommen hat, ist nicht dadurch gehindert, daß nach chilenischem Recht hierzu eine besondere Klage nötig ist, die auf Umgestaltung des Testaments zu richten ist (Art. 1216 I Cc). Im Rahmen des deutschen Erbscheinsverfahrens, das dem chilenischen Recht der Form nach unbekannt ist, weil dort das gerichtlich bekräftigte und eventuell ergänzte Testament zum Nachweis der Erbfolge genügt, können auch diese Zwangserbrechte berücksichtigt werden. Das deutsche Nachlaßgericht ist zuständig, wenn seine Tätigkeit der Verwirklichung der maßgeblichen ausländischen Rechtsordnung dienen soll, das ausländische Recht eine solche Mitwirkung billigt und die Tätigkeit des deutschen Gerichts dem ausländischen Recht nicht wesensfremd ist (Keidel, FGG, 8. Aufl., Anm. 6 zu § 73; Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 55 vor Art. 24 EGBGB). Das deutsche Erbscheinsverfahren dient der Verwirklichung der Zwangserbrechte chilenischen Rechts und ist dem dortigen Klageverfahren nicht wesensfremd. Ob Noterbrechte im Wege der Klage oder von Amts wegen auf besondere Erklärung des Berechtigten berücksichtigt werden, ist nur ein formeller Unterschied. Inwieweit das chilenische Recht deutsche gerichtliche Maßnahmen in dieser Hinsicht billigt, ist zwar unbekannt. Es kann aber auch dahingestellt bleiben, weil der deutsche Erbschein primär Verkehrsinteressen dient und — wie hier — im allgemeinen kein Grund bestehen dürfte, den Erbschein auf ausländische Nachlaßgegenstände zu erstrecken (Soergel-Siebert-Kegel, Anm. 68 vor Art. 24 EGBGB). Bei der Berechnung der Erbteile würden daher auf Grund chilenischen Rechts s/4 des Nachlasses an die Beteiligte zu 1) und ihre Tochter fallen. Diese Rechtsfolge, durch die für die testamentarischen Erben nur noch 1U des Nachlasses übrig bliebe, ist jedoch nicht mit der Vorschrift des Art. 25 Satz 2 EGBGB zu vereinbaren. Diese Bestimmung, mag sie auch rechtspolitisch für bedenklich gehalten werden, sichert den deutschen Erben des ausländischen Erblassers den Vorrang. Sie kann sogar dazu führen, daß der 32*
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deutsche Erbe den ganzen Nachlaß erhält, wenn er etwa durch Testament zum alleinigen Erben eingesetzt worden ist. Denn es heißt in der genannten Bestimmung, daß der deutsche Erbe seine Ansprüche auch dann geltend machen kann, wenn seine Ansprüche mir nach dem deutschen Recht begründet sind. Somit kommt es auf Grund des Art. 25 Satz 2 EGBGB gar nicht zur Verweisung auf das ausländische Recht. Dieses findet vielmehr nur insoweit Anwendung, als Art. 25 Satz 2 EGBGB nicht den ganzen Nachlaß verteilt. Daraus ergibt sich, daß dem deutschen Bruder Albert F. die Hälfte des Nachlasses zusteht. Die restliche Hälfte ist dann nach chilenischem Recht bzw., soweit es auf deutsches Recht zurückverweist, nach diesem zu beurteilen. Diese zweite Nachlaßhälfte bildet eine selbständige Nachlaßmasse (Staudinger-Raape, 9. Aufl. 1931, VI/2 317 c). Dreiviertel dieser Nachlaßmasse werden daher durch die Zwangserbrechte aufgezehrt, und zwar erhalten, nunmehr ins Verhältnis zum ganzen Nachlaß gesetzt, die Tochter l U, die Beteiligte zu 1) Vs und der chilenische Bruder Arturo F. 1/s des Nachlasses. Die vom AG im beanstandeten Teilerbschein für letzteren ausgewiesene Quote von Vi4 ist daher unrichtig und die Einziehung des Erbscheins gerechtfertigt. Die im Teilerbschein vom 12. 8. 1963 für die Beteiligte zu 1) und ihre Tochter ausgewiesenen Erbanteile sind ebenfalls unrichtig. Zwar ist dieser Teilerbschein nicht angefochten worden, die Einziehung wird von Amts wegen vorzunehmen sein. Der vom Institut für IPR der Universität Kiel vorgeschlagenen Lösung, weder deutsches noch chilenisches Kollisionsrecht anzuwenden, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die im Gutachten für ausschlaggebend erachteten wirtschaftlichen Erwägungen können nicht von der Bindung an das Gesetz befreien. Im übrigen ist bei der Abwägung der wirtschaftlichen Gesichtspunkte außer acht gelassen worden, daß der halbe Erbanteil des deutschen Bruders mit Pflichtteilsansprüchen der Beteiligten zu 1) und ihrer Tochter gemäß deutschem Recht belastet ist, denn das Vorrecht des Art. 25 Satz 2 EGBGB befreit zwar von der Anwendung des ungünstigen ausländischen Rechts und verteilt daher den Nachlaß nach deutschem Recht. Daraus ergibt sich aber gleichzeitig die Belastung mit den nach deutschem Recht zu beurteilenden Pflichtteilsrechten. Diese Pflichtteile sind für die nach deutschem Recht zu beurteilende Nachlaßhälfte des deutschen Bruders gemäß §§ 2303, 1931 I Satz 1, 1924 I BGB ohne Anwendung des § 1371 BGB zu ermitteln." 1 7 3 . Das nach deutschem Internationalen Privatrecht maßgebende Erbstatut gilt auch für die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers. Das internationale ungarische Erbrecht enthält keine Rückverweisung; es geht von der Nachlaßeinheit aus. Ist für die Erbfolge nach einem ausländischen Erblasser im Ausland ein Erbschein erteilt worden, so sind die deutschen Nachlaßgerichte an diesen jedenfalls dann nicht gebunden, wenn bei ihnen ein (gegenständlich beschränkter) Erbschein (Testamentsvollstreckerzeugnis) beantragt und erteilt werden kann.
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Kennt das ausländische (hier ungarische) Recht eine durch Gericht oder Behörde zu ve'rfügende Entlassung des Testamentsvollstreckers nicht, so kann das deutsche Nachlaßgericht einen gleichwohl auf die Entlassung gerichteten Antrag abweisen, ohne die Frage der internationalen Zuständigkeit abschließend prüfen zu müssen. Ist der Testamentsvollstrecker (nach ungarischem Recht) zugleich Miterbe, so können die anderen Miterben sein Recht zur Vermögensverwaltung mit der Wirkung widerrufen, daß die Stellung des Testamentsvollstreckers endet. B a y O b L G , Beschl. v o m 10. 11. 1965 - BReg.. l b Z 105 u n d 106/65: B a y O b L G Z 1965, 376; L e i t s a t z i n OLGZ 1966, 336; B a y J M B l . 1966, 25. Der Erblasser T h o m a s Desider M.-H. wurde a m 25. 10. 1902 in Budapest geboren. 1936 oder 1937 schloß er die E h e mit F r a u Dr. med. Gustava Isabel P. de M. Vom J a h r e 1955 an hielt sich der Erblasser wiederholt in Deutschland bei F r a u Dr. med. Herta W. auf, deren E h e mit einem Stiefsohn des Erblassers geschieden war. Im März 1959 gebar F r a u Dr. W . ein uneheliches Kind, dessen Vaterschaft der Erblasser zu Niederschrift eines deutschen AG a n e r k a n n t hat. Mit gerichtlich bestätigtem Vertrag vom Oktober 1959 n a h m F r a u Dr. W . das Kind an Kindes Statt an. Der Erblasser errichtete a m 12.10.1955 in München ein notarielles Testament, in dem er seine E h e f r a u und F r a u Dr. W. zu gleichen Teilen als E r b e n einsetzte. Am 3. 2. 1960 errichtete er in München einen notariellen Testamentsnachtrag, in welchem er sein uneheliches Kind als Ersatzerben f ü r F r a u Dr. W. einsetzte. Außerdem ordnete er an, daß F r a u Dr. W. oder der Ersatzerbe auf jeden Fall das ganze in Deutschland befindliche Vermögen erhalten sollte. Ferner bestimmte er F r a u Dr. W. zum Testamentsvollstrecker. Der Erblasser hatte seinen letzten Wohnsitz in Madrid. E r ist dort am 17. 6. 1962 verstorben. Zum Nachlaß in Deutschland gehört u. a. ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück. F r a u Dr. W. erklärte a m 8.11.1962, sie nehme das Testamentsvollstreckeramt an. Sie beantragte die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses f ü r die im Inland befindlichen Nachlaßgegenstände. Sie erklärte außerdem, sie nehme die Erbschaft an. Ihrem Antrag trat die Witwe des Erblassers entgegen. Am 19. 10. 1963 erließ das AG folgenden Beschluß: E s wird, falls gegen diesen Beschluß nicht binnen vier Wochen Beschwerde eingelegt wird, unter Beschränkung auf den im Inland befindlichen Nachlaß ein Testamentsvollstreckerzeugnis des Inhalts erteilt werden, daß die Ärztin Dr. Herta W. nach ungarischem Recht zum Testamentsvollstrecker des am 17. 6.1962 in Madrid verstorbenen Erblassers T h o m a s M.-H. ernannt worden ist. Das AG ging davon aus, daß der Erblasser noch bei seinem Tod ungarischer Staatsangehöriger war und daß deshalb auf die Beerbung ungarisches Recht anzuwenden ist. Es erachtete die im Testament vom 3. 12. 1960 enthaltene Ernennung der Testamentsvollstreckerin f ü r wirksam und f ü h r t e aus, durch die Einwendungen der Witwe werde die Wirksamkeit der Anordnung nicht beeinträchtigt. Diese hatte vorgetragen, es bestehe die Gefahr, daß die Testamentsvollstrekkerin ihre Verwaltungsbefugnisse mißbrauchen werde. Gegen den Beschluß erhob die Witwe des Erblassers Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben u n d den Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses zurückzuweisen. Sie machte im wesentlichen geltend: Die beiden Testamente verstießen gegen die guten Sitten. Dies ergebe sich auch bei Anwendung ungarischen Rechts aus dem Art. 30 EGBGB. Der
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
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Erblasser habe Frau Dr. W. dadurch, daß er sie zur Erbin einsetzte und zur Testamentsvollstreckerin ernannte, für den ehebrecherischen Verkehr belohnen wollen. Auch habe er sie gegenüber der Ehefrau bevorzugt. Der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses stehe im übrigen entgegen, daß die Testamentsvollstreckerin zu entlassen sei; hiefür sei ein wichtiger Grund gegeben. Sie habe sich an dem außerhalb Deutschlands befindlichen Nachlaß des Erblassers zu bereichern versucht, insbesondere habe sie Nachlaßgegenstände aus der Schweiz nach Deutschland verbracht. Die Beschwf. legte eine Urkunde vor, wonach der Richter des erstinstanzlichen Gerichts 15 in Madrid am 5. 2. 1963 die Witwe zur alleinigen Erbin des verstorbenen Ehemannes erklärt hatte. Nach dieser Urkunde war davon ausgegangen worden, daß der Erblasser kein Testament hinterlassen hat. Frau Dr. W. trat der Beschwerde entgegen. Mit Schriftsatz vom 7. 7. 1964 erklärte die Witwe, sie beantrage die Entlassung der Testamentsvollstreckerin. Diese trat dem Antrag entgegen. Mit Beschluß vom 7. 10. 1964 wies das AG S. diesen Antrag als unzulässig zurück. Es verneinte seine internationale Zuständigkeit für die beantragte Entscheidung und führte außerdem aus, das maßgebende ungarische Recht kenne keine Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Gericht. Gegen diesen Beschluß legte die Witwe des Erblassers Beschwerde ein. Frau Dr. W. trat der Beschwerde entgegen. Mit Beschluß vom 19. 7. 1965 wies das LG M. II die Beschwerde gegen den Beschluß des AG vom 19. 10. 1963 (Ankündigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses) als unbegründet zurück. Es bejahte die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses. Für die Beurteilung der Erbfolge erachtete es ungarisches Recht für anwendbar und die beiden Testamente des Erblassers für rechtsgültig. Die Voraussetzungen für einen Widerruf des Rechts der Testamentsvollstreckerin zur Vermögensverwalterin verneinte es. Mit Beschluß vom selben Tag wies das LG auch die Beschwerde gegen den Beschluß des AG vom 7. 10. 1964 (Ablehnung der Testamentsvollstreckerentlassung) als unbegründet zurück. Es billigte die Auffassung des AG, daß für die von der Beschwf. begehrte Maßnahme die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts nicht gegeben sei. Ferner hob es hervor, daß auch das ungarische Recht keine Entlassung eines Testamentsvollstreckers durch eine staatliche Behörde kenne. Gegen die vorstehend genannten Beschlüsse des LG legte die Witwe des Erblassers weitere Beschwerden ein. Sie beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben, den Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zurückzuweisen und ihrem Antrag auf Abberufung der Testamentsvollstreckerin stattzugeben. Sie macht insbesondere geltend, die beiden letztwilligen Verfügungen des Erblassers seien wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Selbst wenn deren Rechtsgültigkeit aber zu bejahen wäre, sei das Recht der Testamentsvollstreckerin zur Vermögensverwaltung wirksam widerrufen. Frau Dr. W. beantragt, die weiteren Beschwerden zurückzuweisen. Aus den Gründen: „A. Anzuwendendes Recht 1. Aus den Art. 24, 25 EGBGB ergibt sich der allgemeine Grundsatz, daß jeder nach den Gesetzen des Staates beerbt wird, dem er zur Zeit seines Todes angehört - Erbstatut (Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 3 vor Art. 24 EGBGB; Erman-Marquordt, [BGB] 3. Aufl., Anm. 1 zu Art. 24, 25 EGBGB; Palandt-Lauterbach, [BGB] 24. Aufl., Anm. 2 zu Art. 24 EGBGB).
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Die Entscheidung über die Erbfolge eines Ausländers setzt also die Feststellung seiner Staatsangehörigkeit zur Zeit seines Todes voraus. 2. Das LG hat seine Auffassung, daß der Erblasser zur Zeit seines Todes die ungarische Staatsangehörigkeit besessen habe, im wesentlichen begründet wie folgt: Nach den glaubwürdigen Angaben der Witwe habe der Erblasser bis zum Ende des zweiten Weltkriegs die ungarische Staatsangehörigkeit besessen und sei als ungarischer Staatsbürger bei der ungarischen Gesandtschaft in Madrid registriert gewesen . . . Nach einer am 27.4.1940 beglaubigten Abschrift einer von der ungarischen Gesandtschaft in Madrid am 24.4.1940 ausgestellten Urkunde sei der Erblasser zu diesem Zeitpunkt seit 1925 bei der ungarischen Gesandtschaft registriert gewesen. Damit sei die Erklärung der Witwe voll glaubhaft, daß der Erblasser noch bis zum Ende des zweiten Weltkriegs bei der ungarischen Gesandtschaft in Madrid als ungarischer Staatsbürger in der Konsulatsmatrikel registriert gewesen sei und die ungarische Staatsangehörigkeit besessen habe. In Übereinstimmung mit dem Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München (Professor Dr. Ferid) vom 31.1.1963 sei deshalb davon auszugehen, daß der Erblasser infolge der Eintragung in die Konsulatsmatrikel die ungarische Staatsangehörigkeit nicht verloren habe (s. § 31 des ungarischen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 20.12.1879, abgedruckt ebenso wie die im folgenden erwähnten Gesetze über die Staatsbürgerschaft bei Szlezak, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Ungarn, 1959; § 2 des ungarischen Gesetzes vom 1. 9.1939). In der Folgezeit habe der Erblasser durch zehnjährigen Auslandsaufenthalt - einen Verlustgrund nach bisherigem ungarischen Recht - die ungarische Staatsangehörigkeit nicht mehr verlieren können, da bis zum Inkrafttreten des ungarischen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 30.12.1948 (1.1.1949), das diesen Verlustgrund nicht mehr kannte, keine 10 Jahre mehr verstrichen seien. Anhaltspunkte dafür, daß der Erblasser etwa aus einem anderen Grund (§§ 11,16,17 des zuletzt genannten Gesetzes) die ungarische Staatsangehörigkeit verloren habe, bestünden nicht. Es fehlten auch Anhaltspunkte darüber, daß in der Zeit nach dem Inkrafttreten des neuen ungarischen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 6. 6.1957 (1.10.1957) ein Verwaltungsakt gegen den Erblasser ergangen sei, durch den ihm seine Staatsangehörigkeit aberkannt worden sei. Ein automatischer Verlust der ungarischen Staatsangehörigkeit habe nicht mehr eintreten können. Das LG konnte auf Grund der von ihm getroffenen Feststellungen in Übereinstimmung mit dem Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 31.1.1963 (Professor Dr. Ferid) unbedenklich annehmen, daß der Erblasser die ungarische Staatsangehörigkeit, die er durch Abstammung (§ 3 des ungarischen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 20.12.1879) erworben hatte, bis zu seinem Tode nicht verloren hat.
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Das Beschwerdegericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, daß die Erbfolge nach dem Erblasser sich nach ungarischem Recht bemißt. Die aus dem Art. 25 Satz 1 EGBGB sich ergebende Verweisung auf das ungarische Recht unterliegt keiner Ausnahme. Dieses enthält keine Rückverweisung. Das IPR ist in Ungarn nicht kodifiziert. Die §§ 81 ff. der VO Nr. 6/1958 des Justizministers über das Nachlaßverfahren (abgedruckt bei Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht III, Ungarn, Texte Nr. 6), im folgenden als VO bezeichnet, enthalten lediglich Verfahrensvorschriften f ü r Fälle mit Auslandsberührung. Soweit nicht völkerrechtliche Verträge besonderes bestimmen, gilt auch in Ungarn der Grundsatz, daß sich das Erbstatut nach dem Heimatrecht des Erblassers richtet (so auch das angeführte Gutachten; ferner § 117 des Gesetzentwurfes über das IPR, abgedruckt bei Makarov, Quellen des IPR I, Ungarn S. 5; auch Ferid-Firsching aaO Grundzüge C Rdz. 46 bis 48). Nach einer Entscheidung des ungarischen obersten Gerichtshofs vom 28. 10. 1952 (s. Ferid-Firsching aaO Grundzüge C Rdz. 48) gilt der Grundsatz der Nachlaßeinheit (auch Professor Dr. Ferid in seinem Rechtsgutachten vom 31. 1.1963). Erbstatut ist daher auch bezüglich der Immobilien das Heimatrecht des Erblassers. Nach diesem f ü r die ungarischen Gerichte und Notare bindenden Grundsatz ist der gesamte in Deutschland belegene Nachlaß eines ungarischen Staatsbürgers nach ungarischem Erbrecht zu beurteilen (das angeführte Gutachten). Daß der Erblasser ein Grundstück in Deutschland hinterlassen hat, ändert somit an der Anwendung ungarischen Erbrechts nichts. Auch der Umstand, daß der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Spanien hatte, führt zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Die Ausnahmevorschrift des Art. 25 Satz 2 EGBGB scheidet hier aus, denn ihre Anwendung setzt voraus, daß es sich um einen ausländischen Erblasser mit letztem Wohnsitz in Deutschland handelt (BGHZ 19, 315, 319 1 ; Erman-Marquordt, Anm. 12 a, Paiandt, Anm. 2, je zu Art. 25 EGBGB). Das Erbstatut gilt insbesondere auch f ü r die Rechtsstellung eines Testamentsvollstreckers (KG, RJA 15, 28; Soergel-Kegel, Anm. 23 vor Art. 24 EGBGB). B. Zuständigkeit 1. Zuständigkeit f ü r den Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses : F ü r die Behandlung dieses Antrags, bei dem sich die Stellung des Testamentsvollstreckers, wie dargelegt, nach ausländischem (hier ungarischem) Recht bemißt, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des AG S. daraus, daß sich im Bezirk dieses Gerichts Gegenstände aus dem Nachlaß des Erblassers befinden und dieser als Ausländer (ungarischer Staatsbürger) zur Zeit seines Todes weder Wohnsitz noch Aufenthalt im Inland hatte (§ 73 III FGG; Keidel, [FGG] Anm. 28 zu § 73 FGG). 1
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Die internationale Zuständigkeit zur Erteilung eines gegenständlich beschränkten Zeugnisses f ü r den Testamentsvollstrecker, dessen Befugnisse sich nach ausländischem (hier ungarischem) Rechte richten, folgt aus dem § 2368 III in Verbindung mit dem § 2369 BGB (KG, KGJ 36 A 109, 110; JFG 15, 78, 81; Staudinger-Firsching, [BGB] 11. Aufl., Anm. 32 zu § 2368 BGB; vgl. BayObLGZ 1961, 4, 8 2 ). Das bei der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses einzuschlagende Verfahren richtet sich auch dann, wenn f ü r die Erbfolge und damit f ü r die Ernennung und die Aufgaben des Testamentsvollstreckers ausländisches (hier ungarisches) Recht maßgebend ist, nach deutschem Recht (KG, KGJ 36 A 110; BayObLGZ 1961, 4, 9; Staudinger-Firsching, Anm. 13 zu § 2369 BGB). Die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts wird nicht dadurch beeinträchtigt oder ausgeschlossen, daß nach den bei den Akten befindlichen Unterlagen das erstinstanzielle Gericht 15 in Madrid am 5.2.1963 einen Erbschein erteilt hat, in dem bezeugt ist, daß der Erblasser von seiner Witwe auf Grund Gesetzes allein beerbt worden ist. An einen ausländischen Erbschein sind die deutschen Gerichte jedenfalls dann nicht gebunden, wenn ein deutscher - gegenständlich beschränkter — Erbschein beantragt wird und erteilt werden kann (Soergel-Kegel, Anm. 71 vor Art. 24 EGBGB; KG, JFG 16, 23, 30; s. auch KG, JFG 17, 342; JR 1954, 464, 465). Das gleiche muß auch f ü r die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses gelten, das sich in seinem rechtlichen Charakter bezüglich der hier wesentlichen Gesichtspunkte vom Erbschein nicht unterscheidet (§ 2368 BGB; auch Soergel-Kegel, Anm. 72 vor Art. 24 EGBGB). Das Nachlaßgericht und ebenso das Beschwerdegericht konnten also selbständig unter Heranziehung der vorhandenen Unterlagen - Testamente - über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses entscheiden; sie waren an die Annahme des spanischen Gerichts, es liege gesetzliche Erbfolge ohne Testamentsvollstreckung vor, nicht gebunden. 2. Zuständigkeit f ü r den Antrag auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin; Entscheidung über diesen Antrag: a) Auch die Behandlung dieses Antrags ist eine Nachlaßsache (vgl. § 2227 BGB; § 72 FGG). Aus den unter 1 angegebenen Gründen ist die örtliche Zuständigkeit des AG S. f ü r die Entscheidung über diesen Antrag ebenfalls gegeben (§ 73 III FGG). b) Bestritten ist, ob das deutsche Nachlaßgericht zur Entscheidung über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers, dessen Rechtsstellung sich nach ausländischem Recht richtet, international zuständig ist. Ausgehend von dem Grundsatz, daß das Gericht (Behörde) der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Nachlaßsachen im allgemeinen nur dann zuständig ist, wenn das inländische Recht f ü r den betreffenden Fall maßgebend ist (BayObLGZ 1958, 34, 37® mit weiteren Hinweisen), verneinen die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums die internationale Zuständigkeit f ü r die Entscheidung über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers, dessen Rechts2
IPRspr. 1960-1961 Nr. 143.
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 143.
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Stellung sich nach ausländischem Recht richtet (vgl. KG, KGJ 41 A 62, 65ff.; Keidel, Anm. 15 zu § 73 FGG; Firsching, Deutsch-amerikanische Erbfälle, 1965, 135, 136; Reichhof, Die staatliche Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte, Diss. München 1938, 74; s. auch OLG Neustadt, JZ 1951, 644 4 , das die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts zur E r n e n n u n g eines Testamentsvollstreckers verneint hat, dessen Rechtsstellung sich nach niederländischem Recht richtet). Demgegenüber lehrt die Rechtswissenschaft in zunehmendem Maße, die deutschen Nachlaßgerichte könnten auch dann tätig werden, wenn ausländisches Erbrecht gilt, soferne dieses ähnliche Maßnahmen kennt wie das deutsche (Soergel-Kegel, Anm. 55 vor Art. 24 EGBGB; Kegel, IPR, 2. Aufl., § 21 IV 1; Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., 255; Neuhaus, JZ 1951, 646; Drobnig, JZ 1959, 317, 318; siehe auch Keidel, Anm. 6 zu § 73 FGG). Soergel-Kegel aaO Anm. 55 nehmen darüber hinausgehend an, daß es f ü r die Bejahung der internationalen Zuständigkeit genüge, wenn das deutsche Verfahren mit dem ausländischen materiellen Erbrecht verträglich ist, gleichviel, ob das ausländische Recht ähnliche Maßnahmen kennt; vorausgesetzt ist aber des weiteren, daß sich, wie hier, Nachlaßgegenstände in Deutschland befinden. c) Im gegenwärtigen Fall bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts f ü r die Entscheidung über den Antrag auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin gegeben ist. Das deutsche Nachlaßgericht k a n n jedenfalls deshalb nicht tätig werden, weil dem maßgebenden ungarischen Recht, wie im folgenden dargelegt werden wird, eine durch ein Gericht oder eine Behörde (Notar) zu verfügende Entlassung des Testamentsvollstreckers unbekannt ist (vgl. Kegel, IPR, § 21 IV 1, S.366; siehe auch Niemeyer, NiemeyersZ 13, 21, 27f.; Neuhaus aaO 646). Das ungarische Recht regelt die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers lediglich in den § § 7 7 bis 80 VO. In den dort wiedergegebenen Regeln ist die Mitwirkung einer staatlichen Stelle (Notar) bei der Testamentsvollstreckung n u r f ü r den Beginn der Testamentsvollstreckung vorgesehen. Nach dem § 7 7 V O wird, falls der Erblasser durch Testament einen Testamentsvollstrecker ernennt, dieser nach der E r ö f f n u n g des Testaments von dem Notar (siehe § 28 der VO) von seiner E r n e n n u n g benachrichtigt u n d ihm mitgeteilt, daß er eine Ablehnung der Ernennung binnen acht Tagen nach der Zustellung erklären müsse. Außerdem stehen dem Testamentsvollstrecker nach dem § 78 III VO gewisse Rechte hinsichtlich seiner Anhörung in der Nachlaßverhandlung - durch den Notar - zu. Der Testamentsvollstrecker wird aber hinsichtlich seines Verwaltungsrechts (s. § 78' I u n d II VO) als Beauftragter des Erben angesehen (§ 79 I VO). E r hat, wie in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München (Professor Dr. Ferid) vom 18. 3. 1963 anzunehmen ist, die Rechtsstellung eines Bevollmächtigten der Erben. ,Die E r b e n können das Recht des Testamentsvollstreckers zur Vermögensver1
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waltung durch gemeinsame Erklärung für sie alle oder mit Wirkung nach Maßgabe der Erklärung widerrufen' (§ 79 II der VO). Darnach kennt das ungarische Recht die Entlassung des Testamentsvollstreckers durch eine staatliche Behörde (hier den mit dem Nachlaßverfahren betrauten Notar) nicht. Unter diesen Umständen kann auch das deutsche Nachlaßgericht nicht die Entlassung eines Testamentsvollstreckers, dessen Rechtsstellung sich nach ungarischem Recht bemißt, aussprechen. d) Die Auffassung des LG, das AG habe den Antrag auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin mit Recht zurückgewiesen, ist somit auf jeden F a l l im Ergebnis zu billigen. Die Frage, ob im gegenwärtigen Fall ein wirksamer Widerruf im Sinn des § 79 II VO vorliegt, muß deshalb bei der Behandlung dieses Verfahrensgegenstandes nicht geprüft werden; sie ist bei der Entscheidung betreffend die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses zu erörtern. Die weitere Beschwerde, die sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin richtet, ist sonach unbegründet. C. Sachliche Würdigung des Antrags auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses 1. Das Beschwerdegericht hat im wesentlichen ausgeführt: Was die Erfüllung der Formvorschriften für die beiden Testamente angehe, so könne gemäß Art. I I I Satz 2 EGBGB von den deutschen Formvorschriften ausgegangen werden. Diesen sei genügt. Der Erblasser habe nach ungarischem Recht in seinem Testament vom 5. 2 . 1 9 6 0 eine Testamentsvollstreckung anordnen und den Testamentsvollstrecker ernennen können. Die Frage, ob die letztwilligen Verfügungen des Erblassers sittenwidrig seien, müsse zunächst nach ungarischem Recht beurteilt werden. Als Rechtsgrundlage komme der § 200 II Satz 2 des ungarischen Gesetzes IV vom J a h r e 1959 über das ZGB der ungarischen Volksrepublik 5 in Betracht, in dem bestimmt ist, daß ein Vertrag auch dann nichtig ist, ,wenn er offensichtlich gegen die Interessen des werktätigen Volkes oder die Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens verstößt'. Nach dem § 205 UZG sei diese Vorschrift auf einseitige Rechtsgeschäfte, somit auch auf testamentarische Verfügungen, entsprechend anzuwenden. Da nur offensichtliche Verstöße in dem § 200 II Satz 2 UZG genannt seien, sei die Vorschrift eng auszulegen. Der Maßstab sei also anders als nach dem § 138 BGB. Ein offensichtlicher Verstoß gegen den § 200 II Satz 2 UZG sei im gegenwärtigen Fall zu verneinen. Da nach ungarischem Recht die Einsetzung der Testamentsvollstreckerin (auch wenn sie im Zusammenhang damit getroffen worden sei, daß Frau Dr. W . und ihr vom Erblasser gezeugtes uneheliches Kind vom Erblasser von Todes wegen bedacht worden seien) nicht sittenwidrig sei, könne unerörtert bleiben, ob die Beschwf. überhaupt 5 UZG; bei der Zitierung von Vorschriften des ZGB werden die deutschen Übersetzungen in Ferid-Firsching aaO III, Ungarn Texte Nr. 1 und in „Zivilgesetzbuch der ungarischen Volksrepublik, Budapest 1960", zugrunde gelegt.
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befugt wäre, eine Nichtigkeit der letztwilligen Verfügungen des Erblassers wegen Verstoßes gegen den § 200 UZG durch Anfechtung geltend zu machen. Die Einsetzung des Erben und eines Ersatzerben sei nach ungarischem Recht zulässig (§§ 636, 640 UZG), so daß aus der Einsetzung eines Ersatzerben nichts f ü r die Ungültigkeit des Testaments vom 3. 2.1960 hergeleitet werden könne. Die Anwendung des ungarischen Rechts sei auch nicht durch den Vorbehalt im Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. Der (etwa im Antrag der Beschwf. liegende) Widerruf des Rechts der Testamentsvollstreckerin zur Vermögensverwaltung stehe der Ausstellung des Zeugnisses nicht im Wege. Entgegen der Auffassung des Gutachtens des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 11.8.1964 sei der Widerruf nach dem § 78 II VO n u r dann wirksam, wenn er durch gemeinsame Erklärung der Erben erfolge. Eine abweichende Regelung sei im Gesetz nicht f ü r den Fall vorgesehen, daß ein Miterbe als Testamentsvollstrecker bestimmt worden sei. Der Grundgedanke des § 181 BGB könne nicht ohne weiteres angewendet werden. Wenn n u r einer der Miterben das Recht des Testamentsvollstreckers zur Vermögensverwaltung nicht widerrufen wolle, habe der Testamentsvollstrecker, auch wenn er nicht Miterbe sei, eine selbst von einer Mehrheit der Miterben bis zur Abwicklung des Nachlaßverfahrens nicht zu widerrufende Stellung. Gerade weil es auf den übereinstimmenden Willen der Miterben ankomme und weil die Stellung des Testamentsvollstreckers schwach ausgestaltet sei, könne der Wille eines Miterben nicht nur deshalb außer Betracht bleiben, weil dieser Miterbe auch die schwache Stellung eines Testamentsvollstreckers habe. 2. Das f ü r die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses maßgebende Verfahren richtet sich, wie bereits dargetan, nach deutschem Recht (lex fori; Soergel-Kegel, Anm. 69 vor Art. 24 EGBGB; Kegel, IPR 2. Aufl., § 22 III; KG, JR 1951, 762«), Das AG konnte daher über die Erteilung eines auf den inländischen Nachlaß eines Ausländers beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses auch einen sog. Vorbescheid erlassen, (vgl. BGHZ 20, 255; Keidel, Anm. 1 zu § 84 FGG). 3. Wie die Ausführungen unter A ergeben, hat das LG zutreffend angenommen, daß sich die Erbfolge nach ungarischem Recht richtet und daß sich somit auch die Rechtsstellung des in dem Testament vom 5. 2.1960 ernannten Testamentsvollstreckers nach diesem Recht bemißt. Hinsichtlich der Formgültigkeit dieses und des Testaments vom 12. 10. 1955 ist das Recht des Errichtungsortes maßgebend (Art. I I I Satz 2 EGBGB; Soergel-Kegel, Anm. 35 vor Art. 24 EGBGB; BayObLGZ 1957, 376, 381 7 ; ebenso das ungarische Recht, s. Ferid-Firsching aaO Grundzüge C Rdn. 52). Mit Recht hat das LG angenommen, daß die beiden Testamente den Vorschriften der §§ 2232, 2238 I, §§ 2240, 2241, 2241a und 2242 I BGB genügen. 4. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Frage, ob das die Testamentsvollstreckerernennung enthaltende Testament vom 5. 2. 1960 etwa gesetz- oder sittenwidrig ist, zunächst nach ungarischem 6
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Rechte richtet; denn es handelt sich um einen den Inhalt und die Wirkungen des Testaments betreffenden Umstand (vgl. Soergel-Kegel, Anm. 28, 41, 48 vor Art. 24 EGBGB; Kegel, IPR, § 21 III 2 c; Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht I, Deutschland Grundzüge C III Rdn. 48; ErmanMarquordt, Anm. 3 a zu Art. 24, 25 EGBGB; BayObLGZ 1957, 376, 381). Zu prüfen ist in einem solchen Fall grundsätzlich auch, ob der Art. 30 EGBGB, also der ordre public der lex fori (des deutschen Rechts), eingreift (vgl. Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., § 53; Staudinger-Raape, 9. Aufl., Anm. I zu Art. 25 EGBGB; Soergel-Kegel, Anm. 92 vor Art. 24 EGBGB; RG, J W 1912, 22). Im gegenwärtigen Fall kann aber f ü r die Entscheidung dahinstehen, ob die Einsetzung von Frau Dr. W. als Miterbin und insbesondere ihre Bestimmung zur Testamentsvollstreckerin im Hinblick auf den Art. 30 EGBGB in Verbindung mit dem § 138 BGB als unwirksam anzusehen ist, ferner ob die Witwe zur Geltendmachung der Nichtigkeit des Testaments vom 5. 2. 1960 durch .Anfechtung' im Sinne der §§ 653, 654 UZG im Hinblick darauf überhaupt befugt ist, daß gesetzlicher Erbe gemäß § 607 I mit IV UZG allein das uneheliche Kind des Erblassers ist (s. dazu Ferid-Firsching aaO Grundzüge E Rdz. 68) und der Witwe kraft Gesetzes n u r ein Nießbrauchsrecht im Sinn der §§ 615, 616 UZG zusteht (vgl. Ferid-Firsching aaO Rdz. 71; Das ungarische Zivilgesetzbuch in fünf Studien, Budapest 1963, 355). Denn wie aus dem folgenden hervorgeht, muß das Recht des Testamentsvollstreckers zur Vermögensverwaltung im Sinn des § 79 II der VO auf jeden Fall als widerrufen angesehen werden, so daß der Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses auch bei Unterstellung der Gültigkeit des Testaments vom 5. 2.1960 unbegründet ist. 5. Wie bereits unter B 2 c dargelegt ist, ist die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers im ungarischen Recht lediglich in den §§ 77 bis 80 VO geregelt. Die Stellung als Testamentsvollstrecker erwirbt der hierzu vom Erblasser Ernannte auf Grund dieser Ernennung; es bedarf anders als nach deutschem Recht (§ 2202 BGB) keiner ausdrücklichen Annahme des Amtes. Dem Ernannten steht lediglich ein Ablehnungsrecht zu ( § 7 7 VO). Seine Rechtsstellung endet mit der Beendigung des Nachlaßverfahrens und mit dem Widerruf seiner Bestellung (s. § 78 Ia, § 79 II VO). Über seinen Aufgabenbereich bestimmt der § 78 VO folgendes: I. Der Testamentsvollstrecker a) verwaltet nach Maßgabe der im Testament enthaltenen Verfügung den Nachlaß, bis die Erben diesen Auftrag widerrufen oder das Nachlaßverfahren beendet wird, b) kontrolliert nach Maßgabe der im Testament enthaltenen testamentarischen Auflagen. II. Das Recht zur Verwaltung des Nachlaßvermögens erstreckt sich - falls das Testament nicht eine dem entgegengesetzte Anordnung enthält - auch auf die Erfüllung der nicht mehr stundbaren Forderungen und auf die Eintreibung der Nachlaßforderungen.
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III. Der Testamentsvollstrecker kann bei der Errichtung eines Inventars der Nachlaßgegenstände, bei der Anhörung hinsichtlich der Sicherung des Nachlasses und bei der Nachlaßverhandlung anwesend sein; er muß von dem Termin der Inventarerrichtung, der Anhörung und der Nachlaßverhandlung unterrichtet werden. § 79 I VO bezeichnet den Testamentsvollstrecker hinsichtlich seines Verwaltungsrechtes als Beauftragten der Erben, eine Rechtsstellung, die wie bereits dargetan, auch als die eines Bevollmächtigten der Erben anzusehen ist. Der in § 79 II VO vorgesehene Widerruf des Rechts des Testamentsvollstreckers zur Vermögensverwaltung beendet sein Verwaltungsrecht, wie sich aus dem § 78 I a VO ergibt. Zu seinem Verwaltungsrecht muß auch die Kontrolle etwaiger im Testament enthaltener Auflagen (s. § 78 I b VO) gerechnet werden; denn auch die Aufsicht über die Erfüllung der nach § 642 UZG als letztwillige Verfügung zulässigen Auflagen ist ein Gegenstand der Verwaltung und betrifft in der Regel das Nachlaßvermögen (vgl. zum deutschen Recht Palandt, Anm. 1, Staudinger-Seybold, Anm. 4 je zu § 2194 BGB; Staudinger-Dittmann, Anm. 16 zu § 2205 BGB). Auch das Recht zur Teilnahme an der Inventarerrichtung, bei der Anhörung hinsichtlich der Sicherung des Nachlasses und bei der Nachlaßverhandlung (§ 78 III VO) ist ein Ausfluß seines Rechts zur Vermögensverwaltung (vgl. § 4 VO insbesondere III und IV; §§ 50, 52, 53, 57 ff. der VO); denn es handelt sich hier um Angelegenheiten, welche die Feststellung und die Sicherung des Nachlaßvermögens sowie die Auseinandersetzung der Erbschaft betreffen. Daraus ergibt sich, daß durch einen wirksamen uneingeschränkten Widerruf des Rechts des Testamentsvollstreckers zur Vermögensverwaltung nach dem § 79 II VO seine Rechtsstellung im ganzen endet. Der § 78 I a VO enthält in dieser Beziehung keine Einschränkung, sondern bringt zum Ausdruck, daß der Widerruf die gleiche Wirkung hat wie die Beendigung des Nachlaßverfahrens. 6. Die Zulässigkeit der Erteilung eines auf den inländischen Nachlaß eines ausländischen Erblassers beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses ergibt sich, wie bereits oben dargelegt, aus dem § 2368 III in Verbindung mit dem § 2369 BGB (Palandt, Anm. 4, Soergel-Eder, Anm. 2, je zu § 2369 BGB). Im gegenwärtigen Fall steht ihr auch der unter 5 erwähnte Umstand nicht entgegen, daß der Testamentsvollstrecker nach dem § 77 VO seine Rechtsstellung unmittelbar auf Grund der Ernennung durch letztwillige Verfügung des Erblassers erwirbt und daß es keiner förmlichen Annahme des Amtes bedarf; denn der hier vorliegende Unterschied zwischen dem deutschen und dem ungarischen Recht liegt mehr im verfahrensrechtlichen Bereich. Der Senat tritt insoweit dem Gutachten von Professor Dr. Ferid vom 11. 8.1964 bei (s. auch KG, J W 1925, 2142, 2143; LG Frankfurt, J W 1936, 1154, 1155; Kegel, IPR, § 21 IV 2). Da grundsätzlich die Erteilung des auf den inländischen Nachlaß eines ausländischen Erblassers beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses zulässig ist, obwohl sich in einem solchen Fall Erbfolge und Testamentsvoll-
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Streckerernennung nach ausländischem Recht beurteilen (siehe KG, KGJ 36 A 109, 110; JFG 15, 78, 81; Soergel-Eder, Anm. 2 zu § 2368 BGB), kann zudem der verhältnismäßig geringfügige Rechtsunterschied die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses grundsätzlich nicht hindern. Vorweg ist hier zu prüfen, ob die Rechtsstellung des im Testament vom 5. 2. 1960 ernannten Testamentsvollstreckers nicht durch Widerruf nach dem § 79 II VO geendet hat. a) Nach deutschem Recht ist im Rahmen des Verfahrens über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers (§ 2227 BGB) vorweg von Amts wegen zu untersuchen, ob sein Amt nicht wegen vollständiger Erfüllung seiner Aufgaben geendet hat (KG, JFG 14, 275; BayObLGZ 1953, 357; OLG Köln, MDR 1963, 763; Palandt, Anm. 1 zu § 2227 BGB; Keidel, Anm. 5 zu § 81 FGG; s. auch BGHZ 41, 23, 25). Auch im Verfahren über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ist vom Nachlaßgericht zu prüfen, ob die Aufgaben des Testamentsvollstreckers völlig erledigt sind (BayObLGZ 1956, 186, 190; KG, R J A 17, 60, 62; J R 1965, 20; Palandt,
A n m . 3, Staudinger-Firsching,
Anm.
28, je zu § 2368 BGB). Wie das KG, JR 1965, 20, entschieden hat, kann einem Testamentsvollstrecker allerdings auch ein Testamentsvollstreckerzeugnis in der Weise erteilt werden, daß die Beendigung des Amtes in diesem Zeugnis vermerkt wird. Wie sich aus diesem Beschluß ergibt, setzt die Erteilung eines solchen Zeugnisses aber einen darauf gerichteten Antrag voraus. Ein solcher Antrag fehlt hier. Im gegebenen Fall ist es auch bei Annahme des Widerrufs der Testaments vollstreckerstellung nicht geboten, die Sache zur P r ü f u n g einer anderweitigen Antragstellung zurückzuverweisen (vgl. BayObLGZ 1965, 166, 179), denn nach Sachlage soll das beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis vor allem dazu führen, der Antragstellerin ein Zeugnis an die Hand zu geben, auf Grund dessen sie über die inländischen Nachlaßgegenstände, insbesondere den Grundbesitz des Erblassers, verfügen kann. b) Es kann unterstellt werden, daß die Witwe des Erblassers auf Grund Testaments Miterbin nach ihrem verstorbenen Ehemann geworden ist (§ 623 I, § 636 I UZG). Ihren Antrag vom 7. 7. 1964 auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin, der dieser am 13. 7.1964 mitgeteilt worden ist, konnte das LG unbedenklich als uneingeschränkte Widerrufserklärung nach dem § 79 II VO ansehen, denn die Beschwf. brachte damit zum Ausdruck, daß sie der Rechtsstellung der BeschwGg. als Testamentsvollstrekkerin ein Ende setzen wollte. Unter Anwendung ungarischen Rechts ist also zu klären, ob diese Erklärung der als Miterbin zu V« eingesetzten Witwe des Erblassers allein genügt, um die Wirkung eines Widerrufs des Rechts der Testamentsvollstreckerin zur Vermögensverwaltung im Sinn des § 79 II VO herbeizuführen, obwohl diese ebenfalls Miterbin zu V2 ist und an dem Testamentsvollstreckeramt festhält.
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Das ungarische Recht enthält keine weiteren Vorschriften über die Testamentsvollstreckung als die aus der VO aufgeführten. Es bietet also keine dem Gesetz unmittelbar zu entnehmende Lösung des gegenwärtigen Falles. Wie sich aus den § 607 II, § 636 I, §§ 638, 639 und insbesondere aus dem § 682 UZG ergibt, kennt das ungarische Recht auch die Rechtseinrichtung der Einsetzung von Miterben und der Erbengemeinschaft. Es regelt deren Rechtsstellung in dem § 682 UZG. Für die Gemeinschaft der Miterben gelten die allgemeinen Vorschriften über das Miteigentum, abgesehen von dem hier nicht interessierenden Fall der Geltendmachung von Nachlaßforderungen (§ 682 II UZG). Das Miteigentum ist in den §§ 139 bis 149 UZG geregelt. Darnach können die Miterben nur gemeinsam über Nachlaßgegenstände (§ 143 Abs. b UZG), jeder Miterbe aber über seinen Miterbenanteil verfügen (§ 145 I UZG; Ferid-Firsching aaO Grundzüge G II Rdz. 106). Jeder Miterbe kann zum Schutz des Eigentumsrechts selbständig auftreten (§ 146 UZG); er kann auch die zur Wahrung und Erhaltung der Substanz unbedingt notwendigen Arbeiten vornehmen; jeder Miterbe hat den auf ihn entfallenden Teil solcher Verwendungen zu tragen. Vor solchen Ausgaben müssen jedoch die Miterben nach Möglichkeit verständigt werden. Über andere Verwendungen, die den Umfang der ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht übersteigen, beschließen die Miterben im Verhältnis ihrer Erbanteile mit Stimmenmehrheit (§ 142 UZG). Einstimmigkeit ist erforderlich zu Verwendungen, die den Umfang der ordnungsmäßigen Wirtschaft übersteigen (§ 143 Abs. a UZG). Der Gedanke des Interessenkonflikts, den das LG im gegenwärtigen Fall mit Recht in seine Erwägungen einbezogen hat, ist auch dem ungarischen Recht nicht fremd. Im Rahmen des Gesellschaftsrechts (§§ 571 ff. UZG) bestimmt der § 574 UZG, der die Geschäftsführung und Vertretung regelt, in Abs. 3, daß die Mitwirkung eines Gesellschafters bei der Erledigung bestimmter Angelegenheiten durch einstimmigen Beschluß der übrigen Gesellschafter ausgeschlossen werden kann. Auf eine Zweimanngesellschaft angewendet, ermöglicht dieser Grundsatz, daß ein Gesellschafter den anderen von der Mitwirkung bei bestimmten Angelegenheiten ausschließen kann. Der ausgeschlossene Gesellschafter hat allerdings ein Überwachungsrecht (§ 574 IV UZG). Aber auch der Grundgedanke, der dem § 181 BGB zugrunde liegt, ist dem ungarischen Recht bekannt. Es bestimmt im § 221 Satz 1 UZG: ,Der Vertreter darf nicht handeln, wenn die Gegenpartei oder gegenteilig interessierte Partei er selbst ist oder jemand, den gleichfalls er vertritt.' Auch die Bestellung eines Ergänzungspflegers wegen eines Interessengegensatzes in der Person der Eltern oder des Vormundes ist im ungarischen Recht vorgesehen (§ 225 I UZG). c) Bevor die hier erörterte Frage abschließend gewürdigt wird, erscheint es zweckmäßig, auf gewisse Parallelfälle des deutschen Rechts hinzuweisen. aa) Nach dem § 2038 I BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Miterben grundsätzlich gemeinschaftlich zu. Nach dem § 2038 II in Verbindung mit dem § 745 BGB kann diese innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung durch einen Mehrheitsbeschluß
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geregelt werden, der freilich der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechen m u ß (Staudinger-Seybold, Anm. 13, Palandt A n m . 3 b, je zu § 2038 BGB). Kein Stimmrecht hat der Miterbe in eigenen Angelegenheiten z. B. hinsichtlich der Einziehung einer Forderung, deren Schuldner der Miterbe selbst ist. In BayObLGZ 6, 326, 332 ist ausgesprochen, daß es unmöglich ist, widerstreitende Interessen gleichzeitig wahrzunehmen, und daß zahlreiche Vorschriften im deutschen Recht diesejn Rechtsgedanken Ausdruck geben (zustimmend Staudinger aaO Anm. 13 unter a, BGB-RGRK, 11. Aufl., Anm. 8, Palandt, Anm. 3 b, je zu § 2038 BGB; Kipp-Coing, Erbrecht, 11. Aufl., § 114 IV 2 Fußn. 25). Diese Auffassung ist in einem ähnlich gelagerten Fall von BayObLGZ 1964, 350, 356 bestätigt worden. bb) Nach dem § 712 I BGB kann die einem Gesellschafter durch Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung durch einstimmigen Beschluß oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Bei einer Zweimanngesellschaft ist nach herrschender Auffassung (vgl. Staudinger-Keßler, Anm. 4 zu § 712 BGB) der von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter f ü r sich allein befugt, dem geschäftsführenden Mitgesellschafter die Geschäftsführung zu entziehen (s. insbesondere RGZ 162, 63, 83). Auch beim Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH darf, wenn ein wichtiger Grund behauptet wird (siehe § 38 II mit § 46 Nr. 5 GmbHG), der Betroffene geschäftsführende Gesellschafter nicht mitstimmen (Baumbach-Hueck, [GmbHG] 10. Aufl., Anm. 2 B zu § 38GmbHG; Hachenburg, [GmbHG] 6. Aufl., Anm. 2 und 10 zu § 38, Anm. 23 zu § 47 GmbHG; RGZ 138, 98). d) Professor Dr. Ferid hat in dem Gutachten vom 11.8.1964 die Rechtsmeinung vertreten, der Testamentsvollstrecker sei hinsichtlich des Widerrufs seines Rechts zur Vermögensverwaltung wegen Interessenkonflikts ausgeschlossen, obwohl er Miterbe sei. E r f ü h r t dazu aus: Die gegenteilige Auffassung würde dem Testamentsvollstrecker eine unwiderrufliche Stellung geben, wenn er Miterbe sei. Dies sei aber nicht der Sinn der ungarischen Regelung, welche die Stellung des Testamentsvollstreckers recht schwach ausgestaltet und vom Willen der Miterben abhängig gemacht habe. Es müsse daher, wenn der Testamentsvollstrecker selbst Miterbe sei, die Erklärung der übrigen Erben genügen, um die Stellung des Testamentsvollstreckers zu widerrufen. Das müsse sogar dann gelten, wenn die widerrufenden Miterben in ihrer Gesamtheit einen geringeren Anteil am Nachlaß inne hätten als der Testamentsvollstrecker selbst. Der Senat tritt dieser Auffassung bei. Sie findet ihre Stütze vor allem auch darin, daß, wie dargelegt, dem ungarischen Zivilrecht der Rechtsgedanke des Interessenkonflikts geläufig ist und das UZG in dem § 221 Satz 1 selbst eine dem § 181 BGB ähnliche Vorschrift enthält. Die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers nach ungarischem Recht ist, wie wiederholt bemerkt, lediglich die eines Beauftragten und nach 33
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außen hin eines Bevollmächtigten der Erben. § 79 II VO gibt ihnen dementsprechend das Recht, diesen Auftrag und die damit verbundene Vollmacht jederzeit zu widerrufen. Es handelt sich hierbei, wenn Miterben eingesetzt sind, um eine Verwaltungshandlung im Sinn des § 682 in Verbindung mit den §§ 142, 143 UZG. Ist der Testamentsvollstrecker zugleich Miterbe, so ist er nach dem mindestens entsprechend anzuwendenden § 221 Satz 1 UZG von der Mitwirkung bei einer Rechtshandlung, welche seine eigene Stellung als Beauftragten und Bevollmächtigten der Miterben betrifft, ausgeschlossen, denn er ist in dieser Stellung zugleich Vertreter des anderen Miterben. Daraus ergibt sich, daß zum Widerruf im Sinn des § 79 II VO allein der oder die anderen Miterben berufen sind, die selbst nicht die Stellung eines Testamentsvollstreckers inne haben, daß dagegen der Testamentsvollstrecker, der zugleich Miterbe ist, von der Mitwirkung bei dieser Verwaltungshandlung ausgeschlossen ist. Das Beschwerdegericht hat die Rechtslage verkannt. Es hat insbesondere übersehen, daß das UZG in dem § 221 Satz 1 eine dem § 181 BGB ähnliche Vorschrift besitzt, die zumindest ihrem Grundgedanken nach heranzuziehen ist. Auf diesem Rechtsirrtum beruht der angefochtene Beschluß. Wenn nämlich das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers widerrufen ist, hat seine Rechtsstellung geendet und die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist ausgeschlossen. Die angefochtene Entscheidung unterliegt daher der Aufhebung. e) Da weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die gebotene Sachentscheidung selbst treffen. Die etwaige Testamentsvollstreckerstellung der Frau Dr. W. hat mit dem Zugehen der Widerrufserklärung an sie auf jeden Fall aus den oben angeführten Gründen geendet (vgl. § 213 I, § 214 I, §§ 222, 223 UZG; § 79 II der VO). Ein diese Rechtsstellung bezeugendes Testamentsvollstreckerzeugnis kann ihr daher nicht erteilt werden. Der Beschluß des AG vom 19.11. 1963 und der diese Entscheidung bestätigende Beschluß des LG vom 19. 7.1965 waren daher aufzuheben; der Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses war abzuweisen." 1 7 4 . Die für das Erbrecht erhebliche Vorfrage, in welcher Form der Beweis der Abstammung zu erbringen ist, beantwortet sich nach Maßgabe des IPR desjenigen Landes, dessen Recht über die Hauptfrage der Beerbung zu entscheiden hat. Die in Art. 340 Code civil vorgesehene Ausschlußfrist zur Erhebung der Abstammungsklage widerspricht nicht dem deutschen ordre public. Daß ein uneheliches Kind nach polnischem Recht einem ehelichen Kind gleichgestellt ist, bedeutet nicht, daß ihm der Nachweis der Abstammung für die Erbberechtigung erspart werden soll. AG Berlin-Charlottenburg, Beschl. vom 26. 11.1965 - 62 VI 712/64: Unveröffentlicht.
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Der im Juni 1964 verstorbene und zuletzt in Berlin-Charlottenburg wohnhaft gewesene Erblasser Konstanty K. war ledig und polnischer Staatsangehöriger. Eine Verfügung von Todes wegen hat er nicht hinterlassen. Die Beteiligte zu 1) behauptet, seine außereheliche Tochter zu sein. Sie besitzt die französische Staatsangehörigkeit und ist in Casablanca wohnhaft. Sie ist der Ansicht, daß sie nach polnischem Recht Alleinerbin des Erblassers sei. Die Beteiligte zu 1) hat zum Nachweis ihres Erbrechts ihre Geburtsurkunde vorgelegt, die am 25. 7. 1964 von dem Officier de l'Etat-Civil der Mairie des 10. Arrondissements in Paris ausgestellt worden ist. Außerdem beruft sie sich auf Briefe des Erblassers, in denen er sie als seine Tochter bezeichnet habe. Das Nachlaßgericht hat ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Wilhelm Wengler eingeholt. Das Gericht hat der Beteiligten zu 1) eine Frist zur Führung des Beweises gesetzt, daß der Erblasser die Vaterschaft anerkannt habe. Die Frist ist ergebnislos verstrichen. Aus den Gründen: „Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Erbscheins zu ihren Gunsten als Alleinerbin des Erblassers war zurückzuweisen; denn die Beteiligte zu 1) hat den Nachweis f ü r ihre Abstammung von dem Erblasser bisher nicht erbracht. Die Beerbung des Erblassers, der unbestritten polnischer Staatsangehöriger war, richtet sich gemäß Art. 25 EGBGB nach dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes hatte. Das somit anwendbare polnische Recht schließt nach Art. 28 I des Gesetzes vom 2. 8. 1926 eine Rückverweisung auf das Recht des letzten Wohnsitzes oder das Recht der belegenen Sache aus, so daß f ü r die Erbfolge nur polnisches Recht zur Anwendung kommt. Maßgebend dafür ist das polnische Dekret vom 8. 10.1946, das durch Art. III Nr. 7 des Einführungsgesetzes zum polnischen Zivilgesetzbuch (EGZGB) vom 23. 4.1964 aufgehoben ist. Seit dem 1.1. 1965 gilt das ZGB, doch finden nach Art. LI EGZGB die Erbrechtsnormen Anwendung, die im Zeitpunkt des Todes galten. Das sind die Art. 16 ff. des Dekrets vom 8.10.1946. Art. 17 § 1 des Dekrets bestimmt, daß in erster Linie die Kinder eines Erblassers zur Erbfolge berufen sind. Uneheliche Kinder waren gemäß Art. 20 des Dekrets n u r dann gegenüber dem Vater und dessen Familie erbberechtigt, wenn sie .legitimiert, anerkannt oder gleichgestellt' waren. Diese Bestimmung ist durch Art. VII des Einführungsgesetzes zum Familienrechtsgesetz vom 27. 6. 1950 ausdrücklich aufgehoben worden, nachdem im Art. II dieses Gesetzes .sämtliche Beschränkungen' außerehelicher Kinder entfallen waren. Dadurch wurden die unehelichen Kinder den ehelichen gleichgestellt. Es kam also nur darauf an, ob die Beteiligte zu 1) eine Tochter des Erblassers ist. F ü r die Frage, in welcher Form dieser Beweis zu erbringen ist, ist in erster Linie das IPR des Landes zu beachten, dessen Recht die Hauptfrage zu entscheiden hat, also das polnische IPR. Das polnische IPR-Gesetz vom 2. 8.1926 bestimmt im Art. 21 Nr. 1, daß f ü r die Feststellung der unehelichen Vaterschaft das Recht des Staates maßgebend ist, dem die Mutter und das Kind zur Zeit der Geburt angehört haben. Die Mutter und das Kind, die Beteiligte zu 1), waren französische Staatsangehörige, so daß 33»
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französisches Recht zur Anwendung gelangt. Da nach Art. 36 des polnischen IPR-Gesetzes die Verweisung als Gesamtverweisung anzusehen ist, ist das französische Kollisionsrecht zu beachten. Dieses stellt es ebenfalls auf das Heimatrecht des Kindes ab, so daß f ü r den Nachweis der Abstammung materielles französisches Recht Anwendung findet. Diese Ausführungen decken sich mit dem eingeholten Rechtsgutachten, dem sich das Nachlaßgericht in vollem Umfang anschließt. Die Beteiligte zu 1) hat zwar ihre Geburtsurkunde vorgelegt, doch ergibt sich aus dieser Urkunde nicht, daß sie von dem Erblasser anerkannt worden ist. Da die Urkunde erst nach dem Erbfall ausgestellt worden ist, hätte sie im Falle einer Anerkennung der Vaterschaft durch den Erblasser einen entsprechenden Vermerk tragen müssen. Durch die von dem Erblasser an die Beteiligte zu 1) gerichteten Briefe kann der Beweis der Abstammung nicht geführt w e r d e n . . . Eine Abstammung der Beteiligten zu 1) von dem Erblasser durch Geburtsurkunde oder Anerkenntnis der Vaterschaft ist nicht nachgewiesen. Nach französischem Recht kann die Abstammung noch durch Feststellungsklage des unehelichen Kindes gegenüber dem Vater geltend gemacht werden. Dies ist nach Art. 340 Cc nur binnen einer Ausschlußfrist von einem J a h r nach Erreichung der Volljährigkeit des unehelichen Kindes möglich. Da die Beteiligte zu 1) aber nicht einmal vorgetragen hat, eine solche Klage jemals erhoben zu haben, und da sie jetzt 57 Jahre alt ist, ist nach französischem Recht keine Vaterschafts-Feststellungsklage mehr möglich. Die von der Beteiligten zu 1) offenbar vertretene Auffassung, daß diese Ausschlußfrist dem deutschen ordre public widerspreche, vermag das Nachlaßgericht nicht zu teilen, zumal sich eine Binnenbeziehung in Gestalt einer persönlichen Verknüpfung der Beteiligten zu 1) zu Deutschland (etwa Wohnsitz) nicht erkennen läßt. Die Anwendung des französischen Rechts bei der Frage des Nachweises der Abstammung könnte, weil die Hauptfrage des anzuwendenden Erbrechts nach polnischem Recht zu beurteilen ist, ausgeschlossen sein, wenn mit der Schlechterstellung des unehelichen Kindes gegen den polnischen ordre public verstoßen wurde. Diese Frage kann indessen unentschieden bleiben; denn auch nach polnischem Recht käme zum Nachweis der Abstammung der Beteiligten zu 1) von dem Erblasser nach dessen Tod n u r eine gerichtliche Feststellungsklage in Betracht. Eine Erhebung dieser Klage, die gegen einen von einem polnischen Gericht zu bestellenden Pfleger zu richten wäre, hat die Beteiligte zu 1) bisher nicht nachgewiesen. Sie verspricht nach der Überzeugung des Nachlaßgerichts auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Ansicht der Beteiligten zu 1) in deren Schriftsatz vom 8. 7.1965, daß die Aufhebung des polnischen Dekrets vom 8. 10.1946 über das Erbrecht durch Art. III Nr. 7 des Einführungsgesetzes zum polnischen ZGB vom 24. 3.1964 aufgehoben worden sei und daß damit feststehe, daß ein uneheliches Kind nach polnischem Recht auch ohne irgendein formelles Anerkenntnis oder ohne irgendeine Legitimation erbberechtigt sei, vermag
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das Nachlaßgericht nicht zu teilen. Die Beteiligte zu 1) übersieht dabei, daß auch ein eheliches Kind nach polnischem Recht den Abstammungsnachweis führen muß. Es ist nicht einzusehen, aus welchen Gründen ein uneheliches Kind in Bezug auf den Nachweis der Abstammung besser gestellt sein soll als ein eheliches. Daß ein uneheliches Kind nach polnischem Recht einem ehelichen Kind gleichgestellt ist, bedeutet, w i e es die Beteiligte zu 1) zu meinen scheint, jedenfalls nicht, daß ihr der Nachweis der Abstammung erspart werden soll." 1 7 5 . Nach kanadischem internationalen Erbrecht ist für das unbewegliche Nachlaßvermögen die lex rei sitae (Gesetz am Liegenschaftsort) und für den beweglichen Nachlaß das Recht des letzten Wohnsitzes (domicile) maßgebend. Wenn ein ehemaliger Deutscher, der nach Emigration die kanadische Staatsangehörigkeit erworben hat, sein „domicile of choice" in Kanada aufgibt und stirbt, ohne einen neuen Wohnsitz begründet zu haben, so ist für die Beerbung auf das „domicile of origin" zurückzugreifen und somit deutsches Erbrecht anzuwenden. LG Berlin, Beschl. vom 22. 12.1965 - 83 T 278/63: Unveröffentlicht. Der Erblasser ist am 3. 1. 1949 auf der Fahrt von Kanada nach Australien auf hoher See verstorben. Die Beteiligten sind seine gesetzlichen Erben. Sie streiten im Erbscheinsbeschwerdeverfahren darüber, ob für die Beerbung kanadisches oder deutsches Erbrecht Anwendung findet. Zum Nachlaß gehört unbewegliches und bewegliches Vermögen. Der am 29. 7. 1901 in Berlin als Sohn deutscher Eltern geborene Erblasser betrieb seit 1935 eine Berliner Konfektionsfirma. Als Jude wurde er in Deutschland rassisch verfolgt und verließ daher im Jahre 1939 vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges seinen Berliner Wohnsitz; er arbeitete zunächst in London als Diener. Im Mai 1940 wurde der Erblasser als feindlicher Ausländer interniert und im Juli des gleichen Jahres von England nach Kanada in ein Internierungslager deportiert; um die Jahreswende 1941/42 wurde er wieder freigelassen. Er bezog anschließend eine Wohnung (möbliertes Zimmer) in Ontario/Kanada und arbeitete bis zum Kriegsende bei der dortigen Zensurbehörde. Seine deutsche Staatsangehörigkeit hatte er auf Grund des § 1 der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz vom 25. 11. 1941 verloren; als Staatenloser erhielt er auf Antrag im Dezember 1945 das von dem Secretary of State of Canada ausgestellte „Certificate of Naturalization Nr. 205820 Ser. A.", wobei er in dieser Einbürgerungsurkunde als „British subject" bezeichnet wurde. Inzwischen erwarb er - nach Studium des kanadischen Verwaltungsrechts - den Titel „Bachelor of Administration". Nach Kriegsende arbeitete er als kaufmännischer Angestellter und Vertreter. In den Jahren 1947/1948 ging es dem Erblasser in Ottawa wirtschaftlich schlecht. Im Dezember 1948 trat er deshalb die Schiffsreise auf dem britischen Dampfer „La Estancia" zu seinem Bruder nach Australien an, während der er verstorben ist. Der Erblasser wollte sich in Australien eine neue Existenz aufbauen und nicht wieder nach Kanada zurückkehren. Dem Gericht liegen Gutachten des Solicitors bei dem Supreme Court von England und Wales Gottschalk sowie von Prof. Wengler (Universität Berlin) und Prof. Cowen (Universität Melbourne) vor.
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Aus den Gründen: „Wie unter den Beteiligten unstreitig ist, hatte der Erblasser seine deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund des § 1 der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz vom 25. 11. 1941 (RGBl. I 722) als im Ausland (Kanada) lebender Volljude verloren. Im Zeitpunkt seines Todes besaß er die kanadische Staatsangehörigkeit, wobei dahingestellt werden kann, ob er diese Rechtsstellung bereits mit Aushändigung des ,Certificate of Naturalization' vom 19. 12. 1945 seitens des Secretary of State of Canada oder erst durch das am 1. 1. 1947 in Kraft getretene kanadische Staatsangehörigkeitsgesetz — Bürgerschaftsgesetz - (Canadian Citizenship Act, 1946) erworben hat, dessen Teil II Art. 9 I a in deutscher Übersetzung lautet: , Jeder, der nicht von Geburt kanadischer Staatsangehöriger (Bürger) ist, ist ein kanadischer Staatsangehöriger, wenn a) diesem eine Naturalisierungsurkunde erteilt worden ist oder der Name desselben in einer solchen mit aufgeführt worden ist und er nicht ein Ausländer vor dem 1. 1. 1947 geworden i s t . . Der Umstand, daß nach Teil IV Art. 21 des gleichen Gesetzes kanadische Staatsangehörige als ,British subject' bezeichnet werden, ändert nichts daran, daß die kanadische ,citizenship' eine echte Staatsangehörigkeit im Sinne des Völkerrechts und des deutschen IPR darstellt (Wengler, Gutachten; im Ergebnis ebenso Cowen, Gutachten). Der Erblasser hat die in den Jahren 1945—1947 erworbene kanadische Staatsangehörigkeit bis zu seinem Tode nicht verloren, weil er weder nach dem 1. 1. 1947 eine andere Staatsangehörigkeit beantragt noch einen Verlusttatbestand im Sinne des Bürgerschaftsgesetzes von 1946 - etwa durch insoweit rechtsunerhebliche Aufgabe eines kanadischen Wohnsitzes - erfüllt hat. Der Erblasser war also zum Zeitpunkt seines Todes Ausländer. Nach den von Lehre und Rechtsprechung zu einer vollständigen Kollisionsnorm ausgearbeiteten Art. 24 und 25 EGBGB wird jeder nach den Gesetzen des Staates beerbt, dem er zur Zeit seines Todes angehört (Erbstatut; RGZ 91, 139; BGHZ 19, 316 *). Rückverweisungen des in Betracht kommenden ausländischen Erbrechts auf deutsches Recht sind nach Art. 27 EGBGB zu beachten. Da der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Ottawa in der Provinz Ontario/Kanada hatte, ist hier zunächst kanadisches Erbrecht maßgebend (Art. 25 EGBGB). An diesem letzten Wohnsitz besteht kein Streit unter den Beteiligten... Daß der Erblasser - bis zum Betreten des Frachters ,La Estancia' im Dezember 1948 — Ottawa oder doch die Provinz Ontario als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen ansah, liegt auf der Hand; denn er lebte dort von 1942 (Entlassung aus dem Internierungslager) bis Dezember 1948 immerhin sechs Jahre - also nicht nur vorübergehend - , und er hatte in dem Antrag vom 16.12.1945 auf Einbürgerung versichert, in Kanada Wohnsitz zu haben und weiter beibehalten zu wollen. Damit war es ihm . . . im Jahre 1946 auch Ernst. E r hatte sich auch eine Existenz geschaffen, was aus seiner jahrelangen Tätigkeit in der kanadischen Ver1
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waltung und d e m A b l e g e n eines Universitätsexamens (.bachelor auf public administration' b z w . Erlangung des ,degree of public administration') hervorgeht. Diese Mühe hätte sich erübrigt, w e n n d e r Erblasser seinerzeit nicht in Kanada hätte arbeiten w o l l e n . Also hat er z w e i f e l l o s zunächst einmal einen W o h n s i t z in Ontario begründet. (Der Gegenmeinung Cowens, der Erblasser habe einen W o h n s i t z durch W a h l in E n g l a n d durch N i e d e r lassung 1939 begründet und niemals aufgegeben, f o l g t die K a m m e r nicht.) F ü r K a n a d i e r mit letztem kanadischen W o h n s i t z bestimmt nun das kanadische Recht in der P r o v i n z Ontario (Devolution of Estates A c t ) f o l g e n d e s : (Deutsche Übersetzung des Art. 2) ,1. Alles dingliche und persönliche Eigentum, das übertragen wird auf irgendeine Person, ohne daß irgendjemand anderes ein Recht hat, es durch Überleben zu übernehmen, soll bei seinem Tode - ob mit oder ohne Testament - und ungeachtet irgendeiner testamentarischen Verfügung auf seinen persönlichen Vertreter jeweils übergehen und auf ihn übertragen werden als Treuhänder f ü r diejenigen Personen, die durch Gesetz als Begünstigte dazu berechtigt sind; und dieses Vermögen (oder Eigentum) soll vorbehaltlich der Zahlung seiner Schulden und soweit über dieses Vermögen nicht durch Vertrag, Testament, Übereinkommen oder andere wirksame Verfügung verfügt worden ist, verwaltet, behandelt und verteilt werden, als ob es persönliches Eigentum wäre, über das nicht in dieser Weise verfügt worden ist. 2. Dieser Absatz findet Anwendung auf Vermögen, über das jemand testamentarisch eine Generalverfügungsgewalt ausübt, als ob es Vermögen wäre, das ihm übertragen worden ist. 3. Dieser Absatz soll nicht Anwendung finden auf Nachlaßdeszendenten oder auf persönliches Vermögen, mit Ausnahme beweglichen Vermögens, das mit Grund und Boden verknüpft ist, irgendeiner Person, die zur Zeit ihres Todes ihren Wohnsitz außerhalb Ontarios hatte.'
Hieraus f o l g t , daß das kanadische Kollisionsrecht eine Aufspaltung des Nachlasses in unbewegliches und bewegliches V e r m ö g e n v o r n i m m t , f ü r I m m o b i l i e n die lex rei sitae (Gesetze a m Liegenschaftsort) und f ü r M o b i lien das Recht des letzten W o h n s i t z e s (domicile) des Erblassers f ü r die Vererbung maßgebend sein läßt (Wengler, Gutachten, und Cowen, Gutachten). D e r Erblasser ist als Mitglied einer Erbengemeinschaft nach seinem a m 15. 4. 1936 verstorbenen Vater E d m u n d L . an Schweizer Grundv e r m ö g e n beteiligt gewesen, f e r n e r gehören zum deutschen inländischen Nachlaß Wiedergutmachungs(Rückerstattungs-)anspräche, die Immobilien gleichzusetzen sind. Hinsichtlich dieser Rückerstattungsansprüche — zu deren Realisierung der Erbschein u. a. benötigt w i r d - steht daher die Anwendbarkeit deutschen Rechts für die Erbfolge fest. W a s den beweglichen Nachlaß anbetrifft - zu d e m u. a. Ansprüche nach d e m B E G g e h ö r e n , . . . so hängt die F r a g e nach d e m anzuwendenden E r b recht also d a v o n ab, ob der Erblasser den nach der Freilassung aus der Internierung in der P r o v i n z Ontario begründeten W o h n s i t z später a u f g e g e b e n hat oder nicht. F ü r die P r o v i n z Ontario gelten die Grundsätze des englischen Domizilrechts (Wengler, Gutachten; Gottschalk, Gutachten); und z w a r gehen das englische und damit auch das kanadische Kollisionsrecht d a v o n aus, daß jeder Mensch zur Ordnung seiner rechtlichen Beziehungen
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ein domicile haben muß. In Betracht kommt der ursprüngliche — von Geburt und Herkunft herrührende - Wohnsitz (domicile of origin), dann der Wohnsitz durch Wahl (domicile of choice). Bei Aufgabe des domicile of choice ohne oder vor Gründung eines neuen domicile tritt die sogenannte .revival of domicile of origin* ein, das heißt, es ist zurückzugehen bei ehelichen Kindern auf das Recht des domicile, das die Person im Zeitpunkt ihrer Geburt erworben hat; dies entspricht dem domicile des Vaters (Wengler, Gutachten unter Hinweis auf Castel, Private International Law, 1960, 62; Dicey-Morris, Conflict of Laws, 7. Aufl. 1958, 113). Allerdings ist auch vom deutschen Gericht als Bestandteil des materiellen englischen Domizilrechts die gegen einen Wechsel bzw. die Aufgabe des domicile of choice sprechende Vermutung zu beachten (Wengler, Gutachten, und Gottschalk, Gutachten, beide unter Hinweis auf Halsbury's Laws of England, 3. Aufl. 1954, Bd. 7, sec. 33, S. 18); d. h. die Vermutung m u ß in jedem Falle mit vollkommener Klarheit von demjenigen widerlegt werden, der sich auf das Gegenteil beruft. Die Kammer ist auf Grund des Ermittlungsergebnisses zu der Uberzeugung gelangt, daß der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes den Wohnsitz in Ontario (Ottawa) endgültig aufgegeben hatte, weil er in Australien sich mit Hilfe seines Bruders . . . eine neue Existenz aufbauen und nicht nach Kanada wieder zurückkehren wollte. Diese Feststellung rechtfertigt sich auf Grund folgender Tatsachen... [wird ausgeführt]. Der Erblasser hatte also zum Zeitpunkt seines Todes keinen kanadischen Wohnsitz mehr. E r hatte aber auch noch keinen neuen Wohnsitz in Australien begründet, weil er auf hoher See gestorben, es also noch nicht zu einer faktischen Niederlassung in Australien gekommen war (Wengler, Gutachten; Cowen, Gutachten; die Gegenmeinung von Gottschalk, Gutachten der sich auf eine Entscheidung aus dem Jahre 1820 stützt, wonach das neue Land zum domicile of choice wird, wenn der Erblasser auf der F a h r t dorthin verstorben ist - vermag die Kammer nicht zu überzeugen). Infolgedessen ist auf das domicile of origin zurückzugreifen. Nach übereinstimmenden Erklärungen beider Beteiligten ist der Erblasser Sohn deutscher Eltern und in Berlin geboren sowie aufgewachsen; sein ursprünglicher Wohnsitz - den er bis zur Auswanderung im Jahre 1939 beibehielt war Berlin. Infolgedessen ist auch für den beweglichen Nachlaß deutsches Erbrecht anwendbar."
VIII. URHEBER- UND VERLAGSRECHT 175A. Das KunstUG und das LitUG haben nur einen territorial begrenzten Geltungsbereich und können deshalb auf Rechte, die ihren Ursprung im Ausland haben, nur dann Anwendung finden, wenn dies durch internationale Übereinkunft gerechtfertigt ist. OLG Köln, Urt. vom 14. 7.1965 - 6 U 102/64: Ufita 47 (1966) 331.
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RECHTSSCHUTZ
Siehe auch Nr. 183 1 7 6 . Im territorialen Geltungsbereich eines Warenzeichens kann dem dort berechtigten Zeicheninhaber ein Verbrauch seiner Zeichenrechte nur dann entgegengehalten werden, wenn der Verbrauch des Rechts auf Handlungen beruht, die der örtlich berechtigte Zeicheninhaber selbst oder ein Dritter vorgenommen hat, der ihm gegenüber dazu befugt war. Die Konfiskationswirkungen der niederländischen Maßnahmen gegenüber deutschem Feindvermögen sind, obwohl sie sich auf den Bereich des niederländischen Staates beschränken, bei der Rechtsanwendung in der Bundesrepublik zu berücksichtigen. Die Art. 85 und 86 des EWG-Vertrages richten sich nicht gegen diejenigen Schranken, die das nach dem Territorialitätsprinzip aufgebaute geltende Warenzeichenrecht dem zwischenstaatlichen Handel dort errichtet, wo die Warenein- oder -ausfuhr bestehende Zeichenrechte verletzt. OLG Hamm, Urt. vom 17.1.1964 - 4 U 209/63: GRUR Ausl. 1964, 636; A W D 1964, 124; W u W 1964, 535; Leitsatz in GRUR Ausl. 1965, 375 Nr. 1170. Die ASt. stellt Wasch- und Reinigungsmittel her, darunter die zeichenrechtlich geschützten Erzeugnisse Persil, Pril, Sil und Dixan. Sie nimmt für diese Erzeugnisse im Gebiet der Bundesrepublik Zeichen- und Ausstattungsschutz in Anspruch. Die ASt. verlangt von einem deutschen Händler im Wege der einstweiligen Verfügung, den Vertrieb aus Holland eingeführter Persil-Erzeugnisse zu unterlassen. In den Niederlanden ist das Wortzeichen Persil nach dem letzten Kriege für die Nederlandsche Persil Maatschappij N. V. in Jutphaas eingetragen worden. Diese Gesellschaft hat die vomAGg. eingeführten Erzeugnisse als „Persil-Ideaal", „Pril" und „Dixan" gekennzeichnet. Die Packung „Persil-Ideaal" unterschied sich durch den roten Grundton der Verpackung von den in der Bundesrepublik vertriebenen „Persil"-Packungen der ASt., die in einem grünen Farbgrundton gehalten sind. Die Packungen der Artikel „Pril" und „Dixan" trugen als Aufdruck ein kleines, in roter Farbe gehaltenes Oval mit der Inschrift „Persil". Der AGg. konnte die holländische Ware zu Preisen anbieten, die unter den gebundenen Endverbraucherpreisen lagen, die die ASt. in der Bundesrepublik für ihre Erzeugnisse gleichen Namens vorschreibt. Die ASt. trägt vor, der AGg. habe ihr beim Bundespatentamt eingetragenes und international registriertes Warenzeichen „Persil" verletzt. An der holländischen Persil-Gesellschaft sei sie nicht beteiligt; diese habe das „Persil"-Warenzeichen erworben, nachdem die ASt. in den Niederlanden enteignet worden sei. Sie habe ihre Marke nicht zurückerwerben können, vielmehr sei ihr auf einen entsprechenden Antrag hin eine „totale Schutzverweigerung" für die Niederlande mitgeteilt worden. Der Einzelhändler wandte demgegenüber ein, die niederländische Gesellschaft verwende das „Persil"-Zeichen mit Duldung der ASt. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des LG Bochum hat eine dem Antrag entsprechende einstweilige Verfügung erlassen. Diese ist durch Urteil des LG Bochum bestätigt worden. Hiergegen richtet sich die Berufung.
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Aus den Gründen: „Demgemäß hat sich die sachliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Untersuchung der Frage zu beschränken, ob der AGg. mit dem Verkauf und mit dem Feilhalten des Warenartikels ,Persil' holländischen Ursprungs das beim Bundespatentamt eingetragene und international registrierte Wortzeichen ,Persil' der ASt. verletzt. Diese Frage ist mit dem LG zu bejahen; die ASt. hat die Voraussetzungen einer vom AGg. insoweit begangenen Zeichenverletzung i. S. der §§ 15, 24 WZG ausreichend glaubhaft gemacht. 1. Daß der ASt. im Bereich der Bundesrepublik Deutschland das Zeichenrecht an dem auch international f ü r die ASt. registrierten Wortzeichen ,Persil' zusteht, wird vom AGg. nicht in Zweifel gezogen und ist im übrigen von der ASt. urkundlich ausreichend belegt worden. 2. Zu Unrecht hat der AGg. einzuwenden versucht, durch den Zusatz ,Ideaal' sei eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Klagezeichen ,Persil' und dem Gegenzeichen ,Persil-Ideaal' ausgeschlossen worden. Das LG hat diesen Einwand zutreffend f ü r unbegründet erachtet, wie keiner weiteren Erörterung bedarf. 3. Widerlegt ist die vom AGg. der ASt. entgegengehaltene Annahme, die Nederlandsche Persil-Maatschappij N. V. verwende das .Persil'-Zeichen in den Niederlanden mit Duldung durch die ASt. oder sogar kraft eines vom Zeichenrecht der ASt. abgeleiteten Rechtes. a) Diese Annahme zu widerlegen war allerdings, wie dem AGg. zuzugeben ist, hier in der Tat Sache der ASt.; denn da ihr beim Bundespatentamt in die Zeichenrolle eingetragenes ,Persil'-Wortzeichen zugleich als internationale Marke registriert ist, steht der ASt. grundsätzlich auch in den Niederlanden sowohl das Recht auf eine dem inländischen Zeichen entsprechende Eintragung einer nationalen Marke in den Niederlanden (Art. 2 und 6 PVÜ in der Londoner Fassung) als auch der Anspruch auf einen dem inländischen Schutz entsprechenden Schutz der international registrierten Marke zu (Art. 4 I MMA, Londoner Fassung). Sowohl die Niederlande als auch die Bundesrepublik Deutschland sind nämlich Vertragsstaaten der PVÜ von 1883 und des MMA von 1891. Die Bundesrepublik betrachtet sich in der Frage der Verbandszugehörigkeit als Rechtsnachfolgerin des früheren Deutschen Reiches; sie wird auch von den übrigen Verbandsstaaten und dem Internationalen Büro in Bern inzwischen einhellig wieder als Verbandsstaat anerkannt. Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und den Niederlanden gelten sowohl die PVÜ als auch das MMA in der Londoner Fassung von 1934; die noch nicht ratifizierte Lissaboner Fassung von 1958 ist f ü r das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. b) Die ASt. hat jedoch glaubhaft gemacht, daß ihr f ü r den Bereich der Niederlande der Rechtsschutz f ü r ihr in der Bundesrepublik Deutschland wirksam eingetragenes und international registriertes Wortzeichen .Persil' wegen eines in den Niederlanden unter den Nr. 111 105, 111 109, 111 112 und 111 127 nat. am 1. 2. 1952 f ü r die Nederlandsche Persil Maatschappij
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N. V. in Jutphaas eingetragenen nationalen Warenzeichens versagt wird. Eine beglaubigte Ablichtung der totalen Schutzrechtsverweigerung vom 21. 5. 1952 ist in der Verhandlung vorgelegt worden. Diese Verweigerung des Zeichenschutzes nach den internationalen Abmachungen der PVÜ und des MMA wegen entgegenstehender nationaler Zeichen hält sich in Einklang mit den Bestimmungen in Art. 6 B I Nr. 1 PVÜ (London), Art. 5 MMA (London). c) Das holländische nationale Zeichenrecht der holländischen .PersilFirma', das zur Schutzrechtsverweigerung gegenüber der ASt. f ü r den Bereich der Niederlande geführt hat, ist, wie die ASt. ebenfalls glaubhaft gemacht hat, infolge kriegsbedingter Enteignungsmaßnahmen des holländischen Staates entstanden. Bei der Rechtslage, wie sie zu Beginn des letzten Krieges bestand, hätte ein derartiges Recht an dem ,Persil'-Zeichen der ASt. unter Verletzung des Zeichenschutzes, den die PVÜ und das MMA gewährleisten, in den Niederlanden an sich nicht entstehen können, weil sich die ASt. mindestens auf den Schutzanspruch f ü r ihr international registriertes deutsches .Persil'-Zeichen, möglicherweise auch auf ein eigenes in den Niederlanden eingetragenes gleichlautendes nationales Zeichen zu berufen vermocht hätte. Diese in den Niederlanden .belegene' zeichenrechtliche Rechtsposition der ASt. ist jedoch durch die niederländische VO Nr. E 133 vom 20.10.1944 über feindliches Vermögen (vgl. den Abdruck in BlfPMZ 1950, 171) beschlagnahmt (Art. 3) und einer besonderen Behörde zur Verwaltung des Feindvermögens (dem Beheersinstituut) zur Verwaltung übertragen worden (Art. 10), u n d zwar mit der Ermächtigung zu jeder Verfügung über die beschlagnahmten Rechte einschließlich ihrer Veräußerung (Art. 11). Es ist anerkannt ( u n d beispielsweise auch aus der Entscheidung des BGH - I b ZR 87/61, GRUR 1963, 527 - .Waldes Koh-i-noor' 1 zu folgern), daß sich die W i r k u n g einer solchen Konfiskation von Feindvermögen auch auf eine zeichenrechtliche Rechtsposition erstreckt, die nur auf den Schutzrechten beruht hat, die das MMA f ü r eine IR-Marke begründete; es ist deshalb in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die ASt. zu Beginn des letzten Krieges f ü r ihr .Persil'-Zeichen einen Schutzanspruch in Holland n u r aus der internationalen Registrierung oder auch der Eintragung einer gleichen nationalen holländischen Marke herleiten konnte. d) Die Konfiskationswirkungen der niederländischen Maßnahmen gegen deutsches Feindvermögen sind bei der Rechtsanwendung in der Bundesrepublik anzuerkennen (KRG Nr. 5 vom 30. 10. 1945, ferner Art. 3 des AHKG Nr. 63 vom 31. 8. 1951, abgedruckt in BlfPMZ 1951, 297; vgl. auch die angezogene ,Waldes-Koh-i-noor' - Entscheidung des BGH). Die W i r kungen der Konfiskation erstrecken sich - darüber herrscht auch unter den Parteien kein Streit - lediglich auf den Bereich des niederländischen Staates (vgl. BGH aaO). e) Wie der AGg. zutreffend vorträgt, konnte allerdings ein in den Niederlanden beschlagnahmtes deutsches Warenzeichen später durch den in die Zeichenrolle des DPA eingetragenen Inhaber eines übereinstimmenden 1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 157.
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deutschen Zeichens von dem niederländischen Beheersinstituut gegen Zahlung gewisser Gebühren zurückerworben werden (Bekanntmachung des Beheersinstituuts in BlfPMZ 1951, 371); die ursprünglich bis zum 1.4.1952 laufende Anmeldefrist f ü r solche Rückerstattungsgesuche wurde bis zum 1. 7. 1952 verlängert (vgl. die Bekanntmachungen in BlfPMZ 1952, 99 und 143, ferner noch 1954, 33). Ein derartiger Rückerwerb setzte jedoch voraus, daß die holländische Verwaltung des Feindvermögens über das in den Niederlanden belegene Zeichenrecht nicht bereits anderweitig verfügt und insbesondere das Zeichenrecht nicht an einen anderen Interessenten veräußert hatte. Dazu war die Verwaltungsbehörde nach den oben angeführten niederländischen Rechtsvorschriften ermächtigt; auf Grund eines besonderen niederländischen Gesetzes betr. Maßnahmen über Fabrik- und Handelsmarken, die infolge der VO über feindliches Vermögen in Staatseigentum übergegangen sind (abgedruckt in BlfPMZ 1950, 350), war eine Weiterübertragung des in den Niederlanden belegenen Zeichenrechts auch ohne Übertragung der Fabrik oder des Handelsunternehmens möglich, so daß Bedenken aus Art. 6 quater PVÜ (London) in Verbindung mit Art. 9 ter MMA (London) insoweit nicht herzuleiten sind. f) Im vorliegenden Falle hat die ASt. mit der Vorlage des Bescheides über die totale Schutzrechtsverweigerung ausreichend glaubhaft gemacht, daß in der Tat ihre in Holland belegenen, als Feindvermögen konfiszierten Rechte an dem Wortzeichen .Persil' am 1.2.1952 auf einen anderen Rechtsträger, nämlich auf die Nederlandsche Persil Maatschappij N. V. in Jutphaas, übertragen worden sind. Diese Firma hat die Rechte an dem ,Persil'Zeichen mithin nicht, wie der AGg. vorgetragen hat, .derivativ', d. h. durch Rechtsgeschäft von der ASt. erworben. g) Es kann auch nicht, wie der AGg. außerdem geltend gemacht hat, davon die Rede sein, daß das in den Niederlanden am 1. 9.1952 f ü r die holländische ,Persil'-Firma begründete Zeichenrecht nur deshalb hätte entstehen können, weil die ASt. dabei eine Verletzung ihrer eigenen besseren Rechte geduldet oder ihre besseren Rechte bewußt verschwiegen hätte. Aus den niederländischen Bestimmungen über die Behandlung des deutschen Feindvermögens ergibt sich vielmehr, daß die ASt. vor einem Rückerwerb ihrer konfiszierten Rechte kein eigenes (besseres) Recht an ihren in Holland belegenen ehemaligen Warenzeichen mehr hatte und selbst durch einen fristgerecht gestellten Antrag auf Rückerstattung, wie er seit 1951 möglich war, eine anderweitige Verfügung der holländischen Behörden über die konfiszierten Rechte nicht zu hindern vermochte. Für die rechtliche Beurteilung des Zeichenrechtserwerbes durch die holländische ,Persil'Firma ist es deshalb ohne Bedeutung, ob die ASt. etwa mit dem Erwerb durch die holländische ,Persil'-Firma, zu der sie bis zum Ende des letzten Krieges anscheinend gewisse Verbindungen gehabt hatte, einverstanden war und ob sie den Rechtserwerb der holländischen Firma vielleicht sogar dadurch gefördert hatte, daß sie selbst keinen Antrag auf Rüdeübertragung stellte; Anhaltspunkte f ü r solche Feststellungen sind im übrigen dem unterbreiteten Tatsachenstoff nicht einmal zu entnehmen.
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4. F ü r die Prüfung des geltend gemachten zeichenrechtlichen Anspruchs der ASt. ist mithin davon auszugehen, daß die vom AGg. aus den Niederlanden eingeführten .Persil'-Packungen nicht durch die ASt. als die in der Bundesrepublik allein zu einer solchen Kennzeichnung mit dem ,Persil'Zeichen berechtigte Zeicheninhaberin (§ 15 WZG), sondern durch die in den Niederlanden nach dem dortigen Rechtszustand berechtigte Inhaberin des ,Persil'-Zeichens mit diesem Wortzeichen versehen worden sind; denn die niederländische ,Persil'-Firma ist auch heute noch rechtlich von dem Unternehmen der ASt. verschieden und nicht etwa in der Zwischenzeit mit der ASt. als Rechtsperson vereinigt worden. Das ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des AGg. über seine Ermittlungen wegen etwaiger rechtlicher Zusammenhänge zwischen der ASt. und der holländischen ,Persil'-Firma. 5. Damit steht fest, daß der AGg. in Gestalt der aus den Niederlanden eingeführten ,Persil'-(bzw. .Persil-Ideaal'-) Packungen Ware feilgehalten oder in Verkehr gebracht hat, die widerrechtlich mit dem in der Bundesrepublik f ü r die ASt. geschützten .Persil'-Zeichen gekennzeichnet worden ist. Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, kann sich der AGg. nicht darauf berufen, daß die eingeführte Ware in den Niederlanden durch die dortige Zeichenrechtsinhaberin rechtmäßig mit dem ,Persil'-Zeichen gekennzeichnet worden und - durch Verkauf an den AGg. - in Verkehr gebracht worden ist. Damit mag der Zeichenschutz der holländischen Zeicheninhaberin (für den Geltungsbereich ihres holländischen Zeichens) verbraucht sein; das Zeichenrecht der ASt. wird indessen durch die Tätigkeit der holländischen Zeicheninhaberin nicht berührt. Das folgt aus dem Territorialitätsprinzip, das im Zeichenrecht gilt. Im territorialen Geltungsbereich eines Warenzeichens kann dem dort berechtigten Zeicheninhaber ein Verbrauch seiner Zeichenrechte n u r dann entgegengehalten werden, wenn der Verbrauch des Rechtes aus solchen Handlungen hergeleitet werden soll, die entweder der örtlich berechtigte Inhaber eines Zeichens selbst oder ein Dritter vorgenommen hat, der dazu gerade gegenüber jenem örtlich berechtigten Zeicheninhaber befugt war. Wer dagegen nach dem jeweils geltenden Territorialrecht im Verhältnis zu dem Rechtsinhaber nicht befugt ist, eine Ware mit dessen Zeichen zu versehen und in Verkehr zu bringen, kann durch unbefugte Kennzeichnung und durch unbefugtes Inverkehrbringen der unbefugt gekennzeichneten Ware die Rechte des territorial berechtigten Zeicheninhabers keinesfalls verbrauchen und damit zum Erlöschen bringen. Das muß auch dann gelten, wenn die Ware außerhalb des territorialen Geltungsbereiches eines Zeichenrechtes - und nach der dortigen Rechtslage u. U. sogar regelmäßig — mit dem Zeichen versehen und in Verkehr gebracht worden ist; andernfalls wäre ein Warenzeichen selbst innerhalb seines territorialen Geltungsbereichs gegenüber der E i n f u h r solcher Waren schutzlos, die ohne Erlaubnis des Zeicheninhabers außerhalb des territorialen Schutzbereichs (z. B. in einem Lande, das den internationalen Markenabkommen nicht beigetreten ist) mit dem Zeichen versehen sind und zwecks Verkaufs in den territorialen Schutzbereich des Zeichens eingeführt werden. Diese
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Auffassung über die Tragweite des Territorialitätsprinzips im Warenzeichenrecht liegt auch den von den Parteien angezogenen Entscheidungen des OLG Düsseldorf vom 29.3.1963 (2 U 180/62) 2 und der ,Maja'Entscheidung des OLG F r a n k f u r t vom 22. 2. 1962 (GRUR 1963, 31) 3 zugrunde. Sie entspricht ebenso dem Standpunkt der Rechtsprechung in der Schweiz und in Österreich, soweit er aus den in der Verhandlung vorgelegten Urteilen des Schweizerischen BG vom 12. 2.1952 (,Lux', GRUR Ausl. 1953, 42), vom 13.3. 1959 (,His Master's Voice', GRUR Ausl. 1960, 256 und vom 4. 10. 1960 (.Philips', GRUR Ausl. 1961, 294) sowie des österreichischen OGH vom 29. 3. 1960 (,Seeburg', GRUR Ausl. i960, 557) abzulesen ist. 6. Vergeblich beruft sich der AGg. demgegenüber darauf, daß unbeschadet des Territorialitätsprinzips die Widerrechtlichkeit der Warenkennzeichnung durch die holländische ,Persil'-Firma hier deshalb entfalle, weil die ASt. mit der Zeichenverwendung durch die holländische Firma in den Niederlanden in irgendeiner Weise einverstanden sei. a) Auf eine Ermächtigung der holländischen Firma zur Benutzung des Zeichens der ASt. vermag sich der AGg. jedenfalls bei dem hier in Rede stehenden Erzeugnis .Persil' bzw. ,Persil-Ideaal' nicht zu stützen; denn insoweit benutzt die holländische Firma das ,Persil'-Zeichen bei der Kennzeichnung ihrer Erzeugnisse in Holland kraft eigenen Rechts, wie oben dargelegt worden ist. Dazu bedarf sie nach der in den Niederlanden bestehenden Rechtslage hinsichtlich des ,Persil'-Zeichens keiner Ermächtigung im rechtstechnischen Sinne; eine derartige, durch die ASt. ausgesprochene Ermächtigung wäre f ü r den Geltungsbereich des niederländischen Zeichenrechts gegenstandslos und ohne rechtliche Bedeutung, weil die ASt. in den Niederlanden ein Recht an dem Warenzeichen ,Persil' nicht mehr besitzt und folglich auch nicht in irgendeiner Form vergeben kann. Bei den Erzeugnissen ,Dixan' und ,Pril' mag die Rechtslage möglicherweise anders sein, sofern in den Niederlanden, weil eine kriegsbedingte Enteignung dieser Zeichen u. U. nicht vorliegt; entsprechende Zeichenrechte oder Ausstattungsrechte der ASt. bestehen oder doch geltend gemacht werden könnten; dann wäre nämlich davon auszugehen, daß die Zeichen- oder Ausstattungsrechte der ASt. von der holländischen ,Persil'-Firma bei jenen beiden Erzeugnissen nur auf Grund eines von den Rechten der ASt. abgeleiteten Rechts benutzt werden, und diese Sachlage könnte Rückschlüsse darauf zulassen, daß jedenfalls bei den genannten Packungen auch der zusätzliche Aufdruck des (holländischen) Zeichens ,Persil' - in rotem ovalem Feld auf dem Einverständnis der ASt. beruht. Ob infolgedessen ein zeichenrechtlicher Anspruch der ASt. gegen den Vertrieb von holländischem ,Dixan' oder ,Pril' mit ,Persil'-Aufdruck in rotem ovalem Felde etwa zu versagen wäre, steht indessen . . . im vorliegenden Verfahren nicht zur Entscheidung. 2 3
IPRspr. 1962-1963 Nr. 158 a. IPRspr. 1962-1963 Nr. 156. Vgl. jetzt auch die Revisionsentscheidung des BGH in diesem Bande Nr. 177.
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F ü r die hier allein zu beurteilende Kennzeichnung holländischen ,Persils' k a n n jedenfalls von einer Ermächtigung der holländischen F i r m a zur Verwendung des .Persil'-Zeichens nicht die Rede sein. Die vom AGg. angezogene .Maja'-Entscheidung des OLG F r a n k f u r t (GRUR 1963, 31) 3 paßt deshalb auf den vorliegenden Fall nicht; denn in dem ,Maja'-Fall w a r der Inhaber des inländischen Zeichens mit dem Inhaber des gleichen ausländischen Zeichens, das zur Kennzeichnung importierter W a r e benutzt worden war, identisch. b) Dafür, daß der holländischen F i r m a durch die ASt. etwa gestattet worden wäre, ihr (holländisches) ,Persil'-Zeichen zur Kennzeichnung gerade solcher W a r e zu benutzen, die zur Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland bestimmt ist, trägt der AGg. nichts vor. Es ist auch nicht etwa so, daß die ASt. selbst aus den Niederlanden W a r e einführte, die dort mit dem (holländischen) ,Persil'-Zeichen versehen worden wäre, wie es sich ähnlich in dem vom Schweizerischen BG entschiedenen ,Philips'-Fall (GRUR Ausl. 1961, 294) verhielt. c) Schließlich vermag der AGg. auch nicht mit Erfolg geltend zu machen, die Widerrechtlichkeit der Warenkennzeichnung durch die holländische F i r m a entfalle wegen einer konzernmäßigen Verbundenheit zwischen der ASt. und der holländischen Firma. Richtig ist allerdings, daß die Rechtsprechung beispielsweise einer inländischen !Toc/ifergesellschaft f ü r ihr im Inland geltendes Warenzeichen den Zeichenschutz gegenüber solchen W a r e n versagt hat, die die ausländische Muttergesellschaft im Ausland auf Grund eines ihr im Ausland zustehenden Zeichenrechts mit dem gleichen Zeichen versehen und ins Inland eingeführt hat (vgl. die bereits angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 29. 3 . 1 9 6 3 2 - betreffend das Zeichen ,Revlon' - und die ebenfalls schon angezogene ,Philips'-Entscheidung des Schweizerischen BG, GRUR Ausl. 1961, 294). Die genannten Entscheidungen begründen die Ablehnung des Zeichenschutzes mit der Erwägung, daß der Verkehr in derartigen Fällen über die H e r k u n f t der W a r e aus einem und demselben Konzern (oder Stammhaus) im Grunde ü b e r h a u p t nicht getäuscht werde. Einer Stellungnahme zu dieser Rechtsmeinung f ü r Auslegung des Begriffes der widerrechtlichen Warenkennzeichnung i. S. des § 24 WZG bedarf es indessen im vorliegenden Verfahren nicht; denn der AGg. hat ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte f ü r eine konzernmäßige Verbundenheit zwischen der ASt. u n d der holländischen ,Persil'-Firma nicht glaubhaft gemacht... 7. Ohne Erfolg b e r u f t sich der AGg. in diesem Zusammenhang auf die Art. 85 und 86 des EWG-Vertrages. Diese Bestimmungen verbieten gewisse Beeinträchtigungen des zwischenstaatlichen Handels d u r d i Abreden oder durch den Mißbrauch tatsächlicher Machtstellungen; sie richten sich jedoch nicht gegen diejenigen Schranken, die das nach dem Territorialitätsprinzip aufgebaute geltende Warenzeichenrecht dem zwischenstaatlichen Handel dort errichtet, wo die Warenein- oder -ausfuhr bestehende Zeichenrechte verletzt. Das ebenfalls weitgehend mit internationalen Abreden verfloch-
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tene Zeichenrecht der EWG-Mitgliedstaaten ist nämlich durch den EWGVertrag nicht außer Kraft gesetzt worden. Von einer den Handel beschränkenden Abrede zwischen der ASt. und der holländischen ,Persil'-Firma kann überdies hinsichtlich der holländischen .Persil'-Erzeugnisse nach dem Vorbringen beider Parteien ohnehin nicht die Rede sein, jedenfalls nicht im Hinblick auf den hier allein interessierenden Handel zwischen den Niederlanden und der Bundesrepublik. Allenfalls ließe sich sagen, daß die zeichenrechtliche Rechtslage, wie sie bezüglich des ,Persil'-Zeichens wegen der Folgen der kriegsbedingten Konfiskation des .Persil'-Zeichens in den Niederlanden eingetreten ist, im Ergebnis einem den zwischenstaatlichen Handel beschränkenden Gebietsaufteilungsabkommen gleichkommt. Das ist jedoch die Folge des geltenden Warenzeichenrechts und nicht einer Abrede, die unter Verstoß gegen Art. 85 EWGVertrag getroffen worden wäre. Mit dem Hinweis auf die Bestimmungen des EWG-Vertrags vermag sich der AGg. daher nicht gegen den zeichenrechtlichen Unterlassungsanspruch der ASt. zu verteidigen." 1 7 7 . Ein Zeicheninhaber, der übereinstimmende Warenzeichen im Ausland und im Inland hat registrieren lassen, kann die Einfuhr seiner unverändertenOriginalwctre in das Inland auf Grund seines inländischen Zeichenrechtes nicht untersagen, wenn er die Ware im Ausland mit dem Zeichen versehen und dort in den Verkehr gebracht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Zeicheninhaber einem Dritten das Recht zum Alleinvertrieb seiner Waren und zur ausschließlichen Benutzung seines Warenzeichens für das Inland eingeräumt hat („Maja"'). BGH, Urt. vom 22.1.1964 - Ib ZR 92/62 h BGHZ 41, 84; GRUR 1964, 372 mit Anm. Hefermehl; GRUR Ausl. 1964, 202 mit Anm. Beier; NJW 1964, 972; DB 1964, 581; AWD 1964, 122; MDR 1964, 388; W u W 1965, 49; MA 1964, 242; Leitsatz in LM Nr. 25 zu Art. 7ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht); LM Nr. 55 zu § 24 WZG mit Anm. Behle; LM Nr. 34 zu § 15 WZG; BB 1964, 446; MittDVGR 1964, 26 und 40; BlfPMZ 1964, 277; GRUR Ausl. 1964, 647 Nr. 1945; J u r J b 5 (1964-65) 189. Siehe ferner Heiseke, Zwischenstaatlicher Waren vertrieb und Warenzeichenrecht: DB 1966, 329-332 und Tessin, Warenzeichenschutz der Einfuhr von Originalware - Anmerkungen zum Maja-Urteil des Bundesgerichtshofes: BB 1964, 580 f. Die Firma M.S.A. in Barcelona ist Inhaberin mehrerer Warenzeichen, die sowohl beim DPA als auch in Spanien und zum Teil auch international registriert sind. Die Zeicheninhaberin stellt in Spanien Seife her, die sie mit Verpackungen versieht, die ihr „Maja"-Warenzeichen tragen; sie verkauft derartige Ware in Spanien an Großhändler. Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hat die Zeicheninhaberin der Kl. das Recht zum Alleinvertrieb ihrer Erzeugnisse übertragen und sie ermäch1 Die Entscheidung der Vorinstanz OLG Frankfurt, Urt. vom 22. 2. 1962 VI U 54/61 - findet sich in IPRspr. 1962-1963 Nr. 156.
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tigt, die beim DPA eingetragenen Warenzeichen zu benutzen, sowie im eigenen Namen und für eigene Rechnung alle Ansprüche geltend zu machen, die sich aus Verletzungen der deutschen Warenzeichen ergeben. Der Bekl. hat bei spanischen Großhändlern Seifen der Warenzeicheninhaberin gekauft, die diese in Spanien mit den „Maja"-Warenzeichen versehen und an den dortigen Großhandel geliefert hatte; er hat diese Waren sodann in Deutschland in den Handel gebracht. Gestützt auf die Rechte an den fraglichen Warenzeichen, hat die Kl. u. a. die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Bekl. hinsichtlich der Einfuhr und des Inverkehrbringens der Waren im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sowie Verurteilung zur entsprechenden Auskunft begehrt. Das LG hat der Klage im wesentlichen stattgegeben, das OLG hat sie abgewiesen. Aus den Gründen: „I. Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, das Wesen des Warenzeichens bestehe nach der eindeutigen Regelung des § 1 WZG in dem Zweck, die Ware des Zeicheninhabers im geschäftlichen Verkehr von den Waren anderer zu unterscheiden; dieser Zweck liege auch anderen Vorschriften des Warenzeichengesetzes (§§ 8, 11 Nr. 2, 4 II Nr. 1 WZG) zugrunde und gebe den Maßstab dafür ab, ob die Gefahr einer Verwechslung des Zeichens mit denen anderer Gewerbetreibender gegeben sei. Dementsprechend setze der warenzeichenrechtliche Unterlassungsanspruch nur dort ein, wo die kennzeichnende Wirkung des Zeichens mißbraucht oder beeinträchtigt werde, indem der Verkehr über die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betriebe getäuscht werde... Die Inhaberschaft am Warenzeichen gewährleiste weder ein Verkaufsmonopol noch die Einhaltung von schuldrechtlichen Verträgen, die über die Benutzung des Zeichens oder über den Vertrieb der damit gekennzeichneten Waren geschlossen würden; sie biete daher nach allgemeiner Auffassung auch keine Handhabe für die Lenkung des Absatzes der Ware. Der Vertrieb echter, d. h. vom Zeicheninhaber selbst gekennzeichneter und in den Verkehr gebrachter Ware könne daher, gleich wer später mit ihr Handel treibe, nicht aus warenzeichenrechtlichen Gründen beanstandet werden; die dem Zeicheninhaber nach § 15 WZG vorbehaltenen Befugnisse der Kennzeichnung und des Inverkehrbringens der Ware seien damit erschöpft. Dies sei einhellige Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum bei einem Inverkehrbringen der Ware im Inland. Das gleiche müsse aber auch gelten, wenn der Inhaber des inländischen Warenzeichens die Ware im Ausland gekennzeichnet und dort in Verkehr gebracht habe. Aus dem im Zeichenrecht herrschenden Territorialitätsprinzip folge nichts Gegenteiliges; dieser Grundsatz verbiete es nicht, auch Maßnahmen, die im Ausland stattgefunden haben, als ,Verbrauchshandlungen' zu werten, die im Sinne des § 15 WZG als ein .Versehen' der Ware mit dem Zeichen und als deren .Inverkehrbringen' anzusehen seien. Unterstützend weist das Berufungsgericht darauf hin, daß auch sonstige im Ausland vorgenommene Handlungen sich auf die Rechtsmacht aus dem inländischen Zeichenrecht auswirken können, wie die Aufgabe des Geschäftsbetriebes ( § 1 1 Nr. 2 WZG) oder die im Ausland 34
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erklärte Zustimmung des Zeicheninhabers zur Verwendung des Zeichens im Inland. Die gegenteilige Auffassung führe zu der Folgerung, daß die im Ausland vom Zeicheninhaber gekennzeichnete Ware, wenn sie in das Inland verbracht werde, hier der Beschlagnahme wegen rechtswidriger Anbringung des Zeichens unterliege (§ 28 WZG) . . . II. Die Revision rügt Verletzung der §§ 15 und 24 WZG. Sie vertritt mit dem Landgericht die Auffassung, aus dem Territorialitätsgrundsatz, wie er seit der Entscheidung des RG vom 20.9.1927 (RGZ 118, 76) allgemein anerkannt ist, müsse gefolgert werden, daß im Ausland vorgenommene Maßnahmen des Zeicheninhabers nicht die Wirkung einer Erschöpfung der Rechte aus dem inländischen Warenzeichen haben könnten. Darauf, ob das inländische und das inhaltlich gleiche ausländische Zeichen demselben Inhaber oder verschiedenen Personen zustehe, komme es nicht an. Die Revision beruft sich hierfür insbesondere auf die in Österreich herrschende Rechtsprechung und auf das ihrer Ansicht nach denselben Standpunkt vertretende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 13. 3. 1959 (GRUR Ausl. 1960, 256). III. Die Revision kann keinen Erfolg haben. 1. Die Klageansprüche, zu deren Geltendmachung im eigenen Namen die Kl. als Inhaberin einer schuldrechtlichen Zeichenlizenz (vergl. BGH, GRUR 1957, 34 - Hadef) und auf Grund der von der Zeicheninhaberin abgegebenen besonderen Ermächtigungserklärung befugt ist (BGHZ 4, 153, 164; Krieger in: Die Warenzeichenlizenz, rechtsvergleichende Untersuchungen über die gemeinschaftliche Benutzung von Warenzeichen, 1963, 48), stützen sich auf §§ 15, 24 WZG. Danach kann auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr Waren mit einem nach diesem Gesetz geschützten Warenzeichen eines anderen widerrechtlich versieht oder wer derart widerrechtlich gekennzeichnete Waren in Verkehr bringt. Die Entscheidung hängt davon ab, ob der Bekl. widerrechtlich gekennzeichnete Waren in den inländischen Verkehr gebracht hat. Das ist mit dem angefochtenen Urteil zu verneinen. 2. Die Frage, ob die der Klage zugrunde liegenden, aus dem Zeichenrecht fließenden Befugnisse des Inhabers des Warenzeichens durch das Inverkehrbringen der mit dem ,Maja'-Zeichen versehenen Waren im Ausland verbraucht worden sind, ist nach der inländischen Rechtsordnung zu beurteilen, unter der das erteilte Inlandszeichen steht (RGZ 51, 263, 268). Deshalb bedarf keiner Prüfung, ob das der Zeicheninhaberin aus den f ü r sie in Spanien eingetragenen inhaltsgleichen Warenzeichen zustehende Recht infolge des in Spanien erfolgten Inverkehrbringens der später in das Gebiet der Bundesrepublik eingeführten Ware erschöpft ist. Zu entscheiden ist vielmehr, ob die Kl. die Klagansprüche aus ihrem inländischen Zeichenrecht herleiten kann. Das ist zu verneinen. a) F ü r den Fall, daß der Inhaber eines inländischen Warenzeichens die mit dem Zeichen versehene Ware im Inland in Verkehr bringt, steht in Rechtsprechung und Rechtslehre seit langem fest, daß mit diesem Vor-
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gang das alleinige Recht des Zeicheninhabers zum Inverkehrsetzen der so gekennzeichneten Ware (§ 15 I WZG) .erschöpft' ist. Diese Auffassung wird zutreffend damit begründet, daß der Rechtsinhaber damit die in dem Zeichenrecht liegenden Vorteile wahrgenommen habe und daß einem weiteren Verbietungsrecht die gebotene Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs entgegenstehe; schon der erste Abnehmer soll die vom Zeicheninhaber oder mit seiner Erlaubnis gekennzeichnete und in Verkehr gebrachte Ware frei verwerten können, und auch der weitere Verkehr soll in dem Vertriebe der Ware nicht gehindert sein (RGZ 50, 229; 51, 263, 266; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 8. Aufl., Anm. 17 zu § 15 WZG; Finger, GRUR 1941, 402, 403). Für den inländischen Verkehr bedeutet dies, daß der Zeicheninhaber den Vertriebsweg der Ware nur aufgrund schuldrechtlicher Verträge, nicht aber im Wege von Vertretungsrechten aus §§ 15, 24 WZG bestimmen kann; die Fassung des Gesetzes (§ 24 WZG) trägt diesem Grundsatz Rechnung. Einen Anspruch auf Unterlassung hat die Rechtsprechung dem Zeicheninhaber daher nur dann gegeben, wenn bei dem weiteren Vertrieb der Ware in die berechtigten Belange des Zeicheninhabers hinsichtlich des als solchen weiterbestehenden Zeichenrechts eingegriffen wird; ein solcher Eingriff ist als gegeben erachtet worden, wenn der weitere Vertrieb den unrichtigen Eindruck der Herkunft der Ware aus dem Betriebe des Zeicheninhabers erwecken konnte, so, wenn die Ware inzwischen einer Veränderung unterzogen (RGZ 161, 38) oder mit einer anderen Ware verbunden wurde (RGZ 130, 246). Nur in derartigen, die Herkunfts- oder Garantiefunktion des Zeichens beeinträchtigenden Fällen ist der weitere Vertrieb der Ware in der abgeänderten Form unter dem geschützten Zeichen als ein widerrechtliches neues Anbringen des Zeichens gewertet worden. Dagegen sind selbst ausdrückliche Rechtsvorbehalte des Zeicheninhabers nicht geeignet, die Erschöpfung seines alleinigen Rechts zum Inverkehrsetzen zu hindern, da einerseits das überwiegende Interesse des Geschäftsverkehrs dem entgegensteht, andererseits durch den mit dem erstmaligen Inverkehrsetzen der rechtmäßig gekennzeichneten Ware durch den Zeicheninhaber bewirkten Verbrauch des .Vertriebsrechtes' der Schutz der Herkunfts- und Garantiefunktion des Warenzeichens, der allein Zweck des Zeichenrechtes ist, nicht angetastet wird. Die Auffassung der Revision, das Recht aus der Eintragung des Warenzeichens sei - auch soweit das Recht zum Inverkehrsetzen in Frage stehe - als ein die Ware begleitendes, das Sacheigentum an dieser einschränkendes Recht anzusehen, das überall dort geltend gemacht werden könne, wo das wirtschaftliche Interesse des Zeicheninhabers, den Vertriebsweg der Ware zu bestimmen, beeinträchtigt sei, ist weder mit der Eigentumsordnung noch dem Wesen des Zeichenrechtes vereinbar; denn in der Hand des ersten Erwerbers und jedes Wiederverkäufers besteht der bestimmungsgemäße Gebrauch der Ware in aller Regel in der Veräußerung, während das Warenzeichenrecht nicht dazu bestimmt ist, dem Zeicheninhaber ein Vertriebsmonopol bis zum Endverbraucher zu sichern. 34*
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b) F ü r den hier zu entscheidenden Fall, daß der inländische Zeicheninhaber selbst die Ware im Ausland mit dem Zeichen versehen und dort in Verkehr gebracht hat, gilt nichts Abweichendes. Dies ist in der deutschen Rechtsprechung stets angenommen worden, solange diese in dem inländischen Warenzeichenrecht ein persönlichkeitsrechtliches, über die Grenzen des Erteilungsstaates hinaus zu schützendes Rechtsgut sah. Der Begründung dieser Rechtsprechung ist allerdings der Boden entzogen, seitdem anerkannt ist, daß der Schutz des Warenzeichens sich auf das Gebiet des Erteilungsstaates beschränkt (RGZ 118, 76). Ob der seitdem anerkannte Territorialitätsgrundsatz auch dem Ergebnis jener Rechtsprechung entgegensteht, ist dagegen bisher in der Bundesrepublik Deutschland höchstrichterlich nicht entschieden und umstritten. Vielfach wird angenommen, der Inhaber des inländischen Zeichens könne sich gegen den Gebrauch des Zeichens im Inland wenden, wenn ein anderer Inhaber eines entsprechenden ausländischen Warenzeichens die Ware im Ausland mit diesem versehen und dort in Verkehr gebracht habe; kraft des Territorialitätsgrundsatzes sei die Sache so zu sehen, als ob die Ware erst bei ihrer Einfuhr mit dem inländischen Zeichen versehen worden sei; was vorher im Ausland geschehen sei, müsse f ü r die zeichenrechtliche Beurteilung außer Betracht bleiben (öst. OGH, GRUR Ausl. 1960, 557; Schweiz. BG, GRUR Ausl. 1964, 27, 28 - Columbia; Pinzger, MuW 1932, 409; Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl., 305; von Gamm, W R P 1962, 79). Nach einer anderen Ansicht ist, selbst wenn die inhaltsgleichen Warenzeichen im Inland und Ausland f ü r verschiedene Inhaber eingetragen sind, ein Vertretungsrecht des inländischen Zeicheninhabers n u r zu bejahen, wenn die Gefahr einer Beeinträchtigung des Zeichenrechts in Gestalt der Herkunftstäuschung gegeben ist. Eine solche Täuschungsgefahr ist bei gegebener Sachlage unter Umständen verneint worden, wenn es sich um die Einfuhr der vom Hersteller im Ausland rechtmäßig mit dem Warenzeichen versehenen und in Verkehr gesetzten Originalware ins Inland handelt, in dem das Warenzeichen beispielsweise f ü r eine Tochtergesellschaft des Herstellers geschützt ist, der das Alleinvertriebsrecht f ü r das Inland von dem Hersteller eingeräumt worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, BB 1963, 489 2 ; Schweiz. BG, GRUR Ausl. 1959,241 und 1961,294; Schwed. Höchster Gerichtshof vom 21. 10. 1960 nach Brann, GRUR Ausl. 1961, 404). Es wird jedoch auch die Auffassung vertreten, daß selbst in dem hier gegebenen Falle der Identität der Zeicheninhaber nach dem Territorialitätsgrundsatz f ü r die Abgrenzung der Befugnisse aus dem inländischen Warenzeichen alles außer Betracht bleiben müsse, was mit der Ware vor ihrer Einfuhr ins Inland geschehen sei (Troller, GRUR Ausl. 1960, 244; Miosga, MA 1963, 507 ff. - anders noch MA 1963, 39, 43ff.; Gerstenberg, MA 1961, 407, 409; dagegen OLG Hamburg, GRUR 1953, 177 3 ; HR der Niederlande, GRUR Ausl. 1957, 259; Callmann, GRUR Ausl. 1959, 228, 231; vgl. aber auch derselbe in GRUR 1963, 461 ff.; Krieger aaO 24 ff.). 8
IPRspr. 1962-1963 Nr. 158 a.
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IPRspr. 1952-1953 Nr. 269.
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Diese Betrachtungsweise verkennt Sinn und Wesen des Territorialitätsgrundsatzes, der im einzelnen verschiedene Bedeutung hat; im Zeichenrecht besagt er zwar, daß ausländische Warenzeichenrechte nicht durch Inlandshandlungen, inländische Zeichenrechte nicht durch Auslandshandlungen verletzt werden können und daß auch der Bestand dieser Rechte im allgemeinen nicht von dem Bestand der demselben Zeicheninhaber zustehenden entsprechenden ausländischen Registerrechte abhängig ist (vgl. z . B . Raape, I P R , 5. Aufl., 638; Deutsch, Wettbewerbstatbestände mit Auslandsbeziehung, 1962, 21 ff.). Dagegen ist jener Grundsatz nicht ohne Einschränkungen auch dahin aufzufassen, daß im Ausland vorgenommene Maßnahmen schlechthin ohne Einfluß auf die aus dem inländischen Zeichenrecht fließenden Einzelbefugnisse bleiben müßten (Beier in: Die Warenzeichenlizenz, 1963, 593; Steindorff, Sachnormen im I P R , 135ff., 173, 183). So ist, wie das Berufungsgericht zu Recht hervorhebt, beispielsweise die Tatsache zu berücksichtigen, daß der im Ausland liegende Geschäftsbetrieb, zu dem das Warenzeichen gehört, nicht mehr fortgesetzt wird ( § 1 1 1 Nr. 2 WZG). Gleiches kann auch für Handlungen des Markeninhabers gelten, die auf seinem freien Willen beruhen. Das wertende Urteil über die Widerrechtlichkeit des im Inland erfolgenden Zeichengebrauchs schließt daher nicht aus, unter Beachtung der Interessenlage auch Maßnahmen des Zeicheninhabers zu berücksichtigen, die sich außerhalb des Geltungsgebietes des Inlandszeichens ereignet haben. Wann einer im Ausland vorgenommenen Kennzeichnung der Originalware und ihrem dortigen Inverkehrbringen Einfluß auf diese Wertung beizumessen ist, kann nur unter Würdigung der Zwecke des Warenzeichenrechts und unter Abwägung der Interessen des Zeicheninhabers gegen diejenigen des Wirtschaftsverkehrs beantwortet werden. Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, besteht der Hauptzweck des Warenzeichens darin, die Herkunft der Ware aus dem Betriebe des Zeicheninhabers zu kennzeichnen (§ 1 WZG). Dagegen gehört der Schutz des Interesses des Zeicheninhabers daran, den Weitervertrieb der von ihm in Verkehr gesetzten Waren nach verschiedenen Ländern unterschiedlich regeln zu können, keinesfalls zum Wesen des Zeichenrechts; dieses Interesse bildet daher keinen ausreichenden Grund, zugunsten jeden Zeichens — auch bei Fehlen besonderer wettbewerblich bedeutsamer Umstände — ein Verbot des inländischen Inverkehrbringens der von demselben Zeicheninhaber im Ausland gekennzeichneten und in Verkehr gebrachten W a r e zu rechtfertigen. Zeichenrechtlichen Verbietungsansprüchen gegenüber einem Weitervertrieb der W a r e steht vielmehr auch in diesen Fällen der auf den Schutz der Herkunfts- und Garantiefunktion des Warenzeichens beschränkte Zweck des Zeichenrechtes sowie das Interesse des Wirtschaftsverkehrs an der freien Weiterverwendung der vom Zeicheninhaber selbst rechtmäßig gekennzeichneten und in Verkehr gebrachten W a r e entgegen. Mag der Warenverkehr zwischen den Ländern vielfachen Beschränkungen unterliegen, so ist er doch in aller Regel weder rechtlich noch tatsächlich an die Grenzen der Staaten gebunden, wovon auch die Revision ausgeht. Schon der Um-
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stand, daß Erwerber von auf ausländischen Märkten angebotenen Waren auch inländische Wiederverkäufer sein können und daß angesichts der heutigen Verflechtung der Wirtschaft der .Markt' f ü r eine Ware schwerlich nach Landesgrenzen abgesteckt werden kann, verbietet es, dem Inverkehrbringen einer rechtmäßig mit einem Warenzeichen versehenen Ware seitens des Zeicheninhabers eine unterschiedliche rechtliche Bedeutung beizumessen, je nachdem, ob das erstmalige Inverkehrbringen im Ausland oder Inland stattfindet. Denn es würde eine unerträgliche Belastung des Verkehrs darstellen, wenn der Erwerber vor Weiterveräußerung der Ware prüfen müßte, ob das auf der Ware bereits bei ihrem Kauf angebracht gewesene Warenzeichen in dem jeweiligen Bestimmungslande zugunsten des Herstellers geschützt ist und dieser etwa der E i n f u h r der rechtmäßig gekennzeichneten und in Verkehr gebrachten Ware in das fragliche Land auf Grund seines dortigen Warenzeichens entgegentreten kann und will. Die gegenteilige Auffassung, wonach eine solche Rechtsmacht dem Zeicheninhaber infolge der territorialen Natur des Warenzeichens zustehen soll, obwohl er sich der Ware bereits entäußert hat, würde darüber hinaus dazu führen, daß auf Grund eines Warenzeichens, das nichts anderes als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft und Qualität der W a r e sein soll, eine räumliche Aufteilung der Marktgebiete nach Staatsgrenzen und damit eine entsprechende Festlegung der Preise und des Vertriebsweges möglich wäre, ohne daß dagegen aus kartellrechtlichen Gründen oder aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen über die Marktordnung Einwendungen erhoben werden könnten. Demgegenüber wird zwar geltend gemacht, der Erwerber der Ware sei ja nicht gehindert, diese einzuführen; nur dürfe er sie nicht mit dem Warenzeichen weitervertreiben. Das ist jedoch nicht stichhaltig; die Entfernung des Zeichens ist vielfach mit großen Schwierigkeiten und Kosten verbunden; handelt es sich um eine die Form der Ware betreffende Ausstattung, f ü r die auch in dieser Frage grundsätzlich nichts anderes als f ü r das wesensgleiche Warenzeichenrecht gelten könnte, so kann die Ware bei Beseitigung dieser Form überhaupt unverwertbar werden. Dazu kommen noch wettbewerbsrechtliche Bedenken, die einer vom Zeicheninhaber nicht gestatteten Entfernung des mit der Ware fest verbundenen Warenzeichens entgegenstehen können (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs-und Warenzeichenrecht, 8. Aufl., Anm. 138 zu § 1 UWG). Der Territorialitätsgrundsatz kann deshalb nicht dazu führen, alles unbeachtet zu lassen, was mit der Ware vor ihrer E i n f u h r geschehen ist. Vielmehr handelt es sich n u r um die Frage, ob unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und des Schutzzwecks des Zeichenrechts die E i n f u h r der so gekennzeichneten Ware als ein widerrechtliches, neues Kennzeichnen der Ware anzusehen, oder aber als ein vom Zeicheninhaber in Kauf zu nehmender Weitervertrieb der Ware im Inland nach ihrem rechtmäßigen Inverkehrbringen im Ausland zu werten ist. Das letztere trifft im Streitfall zu, weil durch diesen Weitervertrieb nicht in den zeichenrechtlich geschützten Rechtskreis des Markeninhabers ein-
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gegriffen wird. Als durch die E i n f u h r der mit dem Warenzeichen versehenen W a r e beeinträchtigt kämen in derartigen Fällen lediglich die dem Warenzeichen wesenseigenen Aufgaben der Herkunftskennzeichnung oder der Garantie f ü r die gleichbleibende Eigenschaft der gekennzeichneten W a r e (vgl. hierzu BGHZ 1, 241, 246; RGZ 161, 29, 38) in Betracht; die letztere Funktion läßt das Berufungsgericht zu Unrecht beiseite. In dem hier gegebenen Falle ergibt aber der Sachvortrag der Kl. keine Anhaltspunkte dafür, daß durch die beanstandete Einfuhr ihrer unveränderten Originalware ins Inland eine Täuschung über die Herkunft der W a r e aus ihrem Betriebe oder eine Beeinträchtigung der Garantiefunktion ihres Zeichens zu befürchten sei. Mit Recht hebt das Berufungsgericht schließlich noch hervor, daß die Frage der Erschöpfung des Rechtes zum Inverkehrbringen bei dem Recht aus dem Patent anders zu beurteilen sein mag; der Unterschied ist im Wesen des Warenzeichenrechts begründet, das seine Entstehung nicht wie das Patentrecht in erster Linie einer schutzwürdigen geistigen Leistung des Rechtsinhabers verdankt, kein Benutzungsrecht verleiht und nur dem Schutz der Herkunfts- und Garantiefunktion des Warenzeichens dienen soll, während das Patentrecht dem Erfinder das alleinige Recht verleiht, die Erfindung auszuwerten und über sie zu verfügen. Dieser Unterschied wirkt sich auch bei Beantwortung der Frage nach Art und Umfang der Rechtsmacht aus, die diese Schutzrechte verleihen." 1 7 8 . Ist die Lizenz, welche die Benutzung auf ein bestimmtes
zung, daß das Untersagungsrecht bietes
eines Warenzeichens
gestattet,
Gebiet beschränkt, so bedeutet diese territoriale des Zeicheninhabers
außerhalb
Begrendieses Ge-
weiterbesteht.
L G Bochum, Urt. v o m 20. 4.1964 - 9 H O 204/63: A W D 1964, 369. Die Kl. stellt Wasch- und Reinigungsmittel her, darunter die zeichenrechtlich geschützten Erzeugnisse Persil, Pril undDixan. Die niederländische Firma Nederlandsche Persil Maatschappij N.V., die ebenfalls Waschmittel produziert, verwendet auf den Packungen ihrer Erzeugnisse auch die Markennamen Persil, Dixan und Pril und hat auf sämtliche Packungen zusätzlich eine rote Ellipse mit der Aufschrift „Persil" angebracht. Der Bekl. - ein Lebensmittel-Einzelhändler - importiert die Waschmittel der niederländischen Firma, die mit den genannten Warenzeichen versehen sind, in die Bundesrepublik und veräußert sie dort im Rahmen seines Geschäftsbetriebes; sie sind billiger als die Waschmittel der Kl. Die Kl. erblickt darin eine Verletzung ihrer Warenzeichenrechte und verlangt vom Bekl., den Vertrieb der aus Holland eingeführten Erzeugnisse zu unterlassen. Der bekl. Händler wandte ein, das niederländische Herstellerunternehmen bezeichne seine Erzeugnisse mit den Warenzeichen der Kl. auf Grund einer ihm für Holland gewährten Lizenz. Da die Waren in den Niederlanden rechtmäßig in den Verkehr gelangt seien, sei der warenzeichenrechtliche Schutz verbraucht. Das LG Bochum hat der Klage stattgegeben.
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Aus den Gründen: „Die in Holland produzierten Waschmittel sind daher widerrechtlich mit dem Zeichen ,Persil' versehen und dürfen daher in der Bundesrepublik nicht in Verkehr gebracht werden 1 . Nicht anders verhält es sich mit den Waschmitteln, die mit Dixan und Pril gekennzeichnet sind. Es kann dahin stehen, ob diese Waschmittel schon deshalb nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, weil sie ausnahmslos auf der roten Ellipse das Zeichen ,Persil' tragen, was bereits eine Verletzung des Rechts der Kl. darstellt. Auch wenn das Persilzeichen nicht an der Packung angebracht wäre, könnte die Kl. dem Bekl. den Vertrieb von importiertem ,Dixan' und ,Pril' untersagen. Zwar ist hier — anders als bei Persil - nicht auszuschließen, daß die niederländische Firma die Warenzeichen auf Grund einer sog. Lizenz der Kl. benutzt. Wenn eine uneingeschränkte Erlaubnis der Kl. vorläge, wäre selbst unter Berücksichtigung des Territorialitätsprinzips die Benutzung des Zeichens möglicherweise nicht mehr rechtswidrig. Die mit dem Zeichen versehene Ware wäre rechtmäßig in den Verkehr gebracht und der Zeichenschutz verbraucht. Indessen liegt dieser Fall schon nach dem eigenen Vorbringen des Bekl. nicht vor. Der Lizenzvertrag, kraft dessen der niederländischen Firma die Benutzung der Zeichen Dixan und Pril erlaubt sein soll, ist nicht uneingeschränkt, sondern enthält ein Gebietsschutzabkommen. Dies bedeutet, daß die mit den fraglichen Zeichen versehenen Waren n u r innerhalb der Staatsgrenzen der Niederlande in Verkehr gebracht werden dürfen, während die Benutzung des Zeichens f ü r solche Waren verboten bleibt, die f ü r den grenzüberschreitenden Warenverkehr bestimmt sind. Dabei darf allerdings nicht verkannt werden, daß das Kennzeichnen der Ware mit dem Warenzeichen und demgemäß das Inverkehrbringen der Ware innerhalb der Niederlande zunächst einmal - auch vom Standpunkt des Inlands aus - auf Grund der Lizenz rechtmäßig erfolgt zu sein scheint, selbst wenn später die Ware exportiert wird. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu dem Fall, in dem - wie bei Persil - das Recht zur Benutzung des Zeichens lediglich aus niederländischen Rechtsnormen und nicht aus der Ermächtigung des deutschen Zeicheninhabers hergeleitet wird; in solchem Fall (Persil) steht von vornherein fest, daß das Kennzeichnen und das Inverkehrbringen der Ware in Holland rechtswidrig war. Wird jedoch die Ware unter Verletzung des Gebietsschutzabkommens in die Bundesrepublik eingeführt, so wird erkennbar, daß das Kennzeichnen dieser importierten Ware mit dem Warenzeichen doch nicht rechtmäßig war. Denn die nicht ausschließlich im holländischen Handelsverkehr bleibenden Waren durften nicht mit dem Warenzeichen versehen werden. Im Zeitpunkt der E i n f u h r hat sich dann herausgestellt, daß das Kennzeichnen rechtswidrig war. Aus dem rechtmäßig erscheinenden Inverkehrsetzen von Dixan und Pril in Holland folgt auch nicht, daß nun das Warenzeichenrecht endgültig verbraucht sei. Es 1 Vgl. insoweit ausführlich die oben unter Nr. 176 abgedruckte Entscheidung des OLG Hamm vom 17. 1. 1964, auf die das LG Bochum hier Bezug nimmt.
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ist zwar anerkannten Rechts, daß durch rechtmäßiges Inverkehrsetzen das Markenrecht grundsätzlich erschöpft wird; ist die mit der Marke versehene Ware einmal in Verkehr gebracht, so verletzt der Abnehmer der Ware das Warenzeichenrecht nicht, wenn er die vom Markeninhaber gekennzeichnete Ware weiter gewerblich verwendet und veräußert. Dieser Grundsatz folgt aus dem ausschließlichen Gebrauchs- und Untersagungsrecht des Zeicheninhabers: Hat er die gekennzeichnete Ware in Verkehr gebracht und sich seines Eigentums daran begeben, dann verliert er auch die mit dem Zeichen verbundenen Schutzrechte (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. vom 29. 3. 1963 2 U 180/62 2 ). Nur von daher kann der Grundsatz verstanden werden, daß rechtmäßiges Inverkehrsetzen das Markenrecht verbrauche, und von daher erfährt der Grundsatz auch seine Einschränkung: Rechtmäßiges Inverkehrbringen führt zum Verbrauch des Warenzeichens nur dann, wenn es der Zeicheninhaber selber ist, der die Ware in Verkehr gebracht hat, oder wenn mit seiner Zustimmung die Ware im Inland in Verkehr gebracht wird, und allenfalls noch dann, wenn der Zeicheninhaber einem ausländischen Lizenznehmer eine räumlich und zeitlich unbegrenzte Ermächtigung zur Benutzung seines Zeichens gegeben hat. Denn nur unter diesen Voraussetzungen ist das ausschließliche Gebrauchs- und Untersagungsrecht erloschen. Ist dagegen die gekennzeichnete Ware von einem Lizenznehmer in Verkehr gesetzt, dessen Lizenz sich auf das Ausland beschränkt und territorial begrenzt ist, dann liegt ein .Gebrauch' durch den Zeicheninhaber selber nicht vor und das Untersagungsrecht ist nur insoweit untergegangen, als die Lizenz reicht. Die Begrenzung der Lizenz auf ein bestimmtes Gebiet bedeutet, daß außerhalb dieses Gebietes das Untersagungsrecht des Zeicheninhabers weiterhin Gültigkeit hat. Wird die gekennzeichnete Ware im Wege des Exports außerhalb des Lizenzgebiets in Verkehr gebracht, geschieht das rechtswidrig, da - wie gesagt - außerhalb des Lizenzgebiets das dem Zeichenrecht innewohnende Untersagungsrecht nicht verbraucht ist (vgl. Urt. des schweizerischen BG, GRUR Ausl. 1961, 295; Baumbach-Hefermehl, [Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht] Anm. 12 und 46 zu § 24 WZG). Nur die Erlaubnis, die mit den Marken Dixan und Pril versehenen Waren außer in Holland auch in der Bundesrepublik in Verkehr zu bringen, würde die Einfuhr und die Weiterveräußerung der niederländischen Erzeugnisse in der Bundesrepublik zu einer rechtmäßigen machen. Da aber nach der eigenen Darstellung des Bekl. eine so weitgehende Erlaubnis durch die Kl. nicht erteilt ist, ist das Inverkaufbringen der in Holland hergestellten Waschmittel ,Dixan' und ,Pril' in Deutschland rechtswidrig und kann dem Bekl. von der Kl. kraft ihres Untersagungsrechts verboten werden. Daran ändern auch die Bestimmungen des EWG-Vertrages nichts. Es ist nicht ihre Funktion, das Warenzeichenrecht außer Kraft zu setzen, wie die Kammer bereits in der Entscheidung vom 24. 7. 1963 ausgeführt hat." 3 * IPRspr. 1962-1963 Nr. 158 a. 3 Die Entscheidung des LG Bochum vom 24. 7. 1963 ist vom OLG Hamm, Urt. vom 17. 1. 1964, bestätigt worden, vgl. oben Nr. 176.
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1 7 9 . Die deutsche Vertriebsgesellschaft einer ausländischen Herstellerfirma kann auf Grund des für sie in Deutschland eingetragenen, mit der Fabrikmarke der Muttergesellschaft identischen Warenzeichens ( „Revlon" ) keine weitergehenden Verbietungsansprüche geltend machen als die Muttergesellschaft selbst und daher die Einfuhr der von dieser im Ausland in Verkehr gebrachten Originalware nicht verhindern. OLG Düsseldorf, Urt. v o m 14. 7 . 1 9 6 4 - 2 U 153/63»: GRUR Ausl. 1965, 204; W u W 1965, 147; A W D 1964, 262; Leitsatz in BB 1964, 988; GRUR Ausl. 1965, 374 Nr. 1166. Dazu Heiseke, Zwischenstaatlicher Warenvertrieb und Warenzeichenrecht: DB 1966, 3 2 9 - 3 3 2 . Die Parteien streiten über den Vertrieb von kosmetischen Erzeugnissen, welche die amerikanische Revlon Products Corporation oder deren Tochtergesellschaften herstellen und als Revlon-Erzeugnisse auf den Markt bringen. Die amerikanische Herstellerin hatte diese Waren zunächst ihrerseits seit 1952 in der Bundesrepublik vertrieben und acht Warenzeichen angemeldet, die den Bestandteil „Revlon" enthalten und deren ältestes das im Jahre 1952 angemeldete und 1953 eingetragene Zeichen „Revlon Lastron" ist. Ende 1955 wurde dann die Kl. unter Mitwirkung der amerikanischen Herstellerin, die später sämtliche Geschäftsanteile übernahm, unter der Firmenbezeichnung „Deutsche Revlon GmbH" gegründet. Ihr wurde f ü r das Gebiet der Bundesrepublik und Westberlins das Alleinvertriebsrecht f ü r Revlon-Erzeugnisse übertragen. Sie vertreibt diese Kosmetika über Fachgeschäfte und neuerdings auch über Kaufhäuser im Rahmen eines besonderen Kundendienstes. Auf die Anmeldung vom 29. 5. 1962 wurde zu ihren Gunsten in beschleunigten Verfahren am 2. 8. 1962 das Zeichen „Revlon" unter Nr. 764 060 eingetragen. Die Bekl. ist ein bekanntes Versandhandelsgeschäft und unterhält auch einige Kaufhäuser. Im F r ü h j a h r 1962 importierte sie von einem vertraglich nicht gebundenen holländischen Händler Revlon-Erzeugnisse und nahm diese in ihren Versandkatalog auf. Daraufhin kam es zu Verhandlungen zwischen den Parteien, in denen sich die Kl. nach den Behauptungen der Bekl. grundsätzlich bereiterklärte, sowohl Kaufhäuser als auch den Versandhandel der Bekl. mit RevlonErzeugnissen zu beliefern. Nachdem dieser Regelung aus Kreisen des Einzelhandels widersprochen worden war, lehnte die Kl. die Ausführung von Bestellungen der Bekl. ab und forderte diese zu einer Unterlassungsverpflichtung auf. Demgegenüber nimmt die Bekl. das Recht in Anspruch, Original-Erzeugnisse der amerikanischen Herstellerin auch dann unter der Bezeichnung „Revlon" vertreiben zu dürfen, wenn diese Waren nicht über die KI. importiert worden sind. Die Kl. hat Klage wegen Verletzung ihrer Kennzeichenrechte an der Bezeichnung „Revlon" erhoben. Das LG hat die Kl. abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: „Nach der zutreffenden Ansicht des LG verletzt die Bekl. keine Kennzeichenrechte der Kl. Zwar benutzt sie beim Vertrieb von kosmetischen Erzeugnissen die Bezeichnung .Revlon', a n welcher die Kl. Warenzeichen-, 1 Das Urteil ist rechtskräftig, da die Revision zurückgenommen wurde. Die Entscheidung der ersten Instanz LG Düsseldorf, Urt. vom 16. 7. 1963, ist abgedruckt in der IPRspr. 1962-1963 Nr. 158 b.
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Ausstattungs- und Firmenrechte in Anspruch nimmt. Doch handelte die Bekl. nicht widerrechtlich, da die strittige Bezeichnung ausschließlich f ü r solche Waren benutzt wird und benutzt werden soll, welche das amerikanische Stammunternehmen des Revlon-Konzerns bzw. deren Tochtergesellschaft hergestellt und rechtmäßig unter der Bezeichnung .Revlon' auf den Markt gebracht haben. In dem ähnlich gelagerten Maja-Fall 2 hat der BGH bereits mit überzeugender Begründung ausgeführt, daß das Kennzeichenrecht allein den Schutz der Herkunfts- und Garantiefunktion eines Zeichens bezweckt und nicht dazu bestimmt sei, dem Zeicheninhaber ein weitergehendes Vertriebsmonopol zu sichern oder eine Festlegung des Vertriebsweges der Ware zu ermöglichen. Das aus dem Ausschließlichkeitsrecht folgende Verbietungsrecht des Zeicheninhabers sei verbraucht, wenn er selbst die Ware mit dem Zeichen versehe und in den Verkehr bringe und der Abnehmer nichts anderes tue, als die rechtmäßig gekennzeichnete Ware bestimmungsgemäß zu gebrauchen oder weiter zu vertreiben. Auf diese Weise würden einerseits die zeichenrechtlichen Belange des Rechtsinhabers hinlänglich gewahrt und andererseits die Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs nicht unangemessen behindert. Diese Grundsätze seien seit langem anerkannt f ü r den Fall, daß der Inhaber eines deutschen Kennzeichens die Ware im Inland erstmals in Verkehr bringe. Berücksichtige man die Schutzzwecke des Zeichenrechtes und wäge man die Interessen des Zeicheninhabers und des Wirtschaftsverkehrs gegeneinander ab, dann müsse in der modernen international verflochtenen Wirtschaft das gleiche auch dann gelten, wenn ein Zeicheninhaber, der übereinstimmende Kennzeichen im Inland und im Ausland besitze, die Ware erstmals im Ausland auf dem Markt bringe. Die E i n f u h r dieser im Ausland gekennzeichneten und in Verkehr gebrachten unveränderten Originalware sei lediglich als ein vom Zeicheninhaber in Kauf zu nehmender Weitervertrieb der Ware zu werten und nicht als ein widerrechtliches erneutes Kennzeichnen und Inverkehrbringen dieser Ware. Der Senat tritt diesen Erwägungen im vollen Umfang bei. Daraus folgt im Streitfall, daß jedenfalls die amerikanische Muttergesellschaft ihrerseits nicht befugt wäre, den Vertrieb unveränderter Revlon-Erzeugnisse auf Grund ihrer deutschen Kennzeichenrechte zu verbieten, solange nicht aus irgendwelchen besonderen Gründen die Herkunfts- und Gütefunktion dieser Kennzeichen beeinträchtigt werden. Der Streitfall unterscheidet sich allerdings vom Maja-Urteil des BGH dadurch, daß die Klage nicht auf die Inlandsrechte der ausländischen Muttergesellschaft, sondern auf eigene Kennzeichen der deutschen Tochtergesellschaft gestützt ist. Dieser tatbestandliche Unterschied rechtfertigt jedoch keine grundsätzlich abweichende Würdigung. Das LG hat die kennzeichenrechtlichen Ansprüche der deutschen Tochtergesellschaft deshalb abgewiesen, weil das amerikanische Stammhaus in der Bundesrepublik über ältere und damit bessere Rechte als die Kl. verfüge 1
BGH, Urt. vom 22. 1 .1964 - I b ZR 92/62, oben Nr. 177.
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und weil daher die Kl. auf Grund ihrer prioritätsjüngeren Rechte nicht solche Handlungen verbieten könne, welche gegenüber der amerikanischen Herstellerin rechtmäßig seien (vgl. im einzelnen das in GRUR 1964, 146 abgedruckte Urteil 1 ). Im vorangegangenen Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist der Senat ebenfalls zur Abweisung der kennzeichenrechtlichen Ansprüche gelangt und hat dabei unter anderem ausgeführt, daß die Kl. sich nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt als abhängige Tochtergesellschaft ebenso behandeln lassen müsse wie das amerikanische Stammunternehmen (vgl. das in GRUR 1964, 207 abgedruckte Urteil 3 ). Eine erneute Überprüfung im vorliegenden ordentlichen Verfahren f ü h r t zu keinem abweichenden Ergebnis, und zwar auch dann nicht, wenn man berücksichtigt, daß die Kl. eine gegenüber der amerikanischen Muttergesellschaft rechtlich selbständige Rechtspersönlichkeit ist und eine eigenverantwortliche Tätigkeit ausübt. Die beiden zuvor genannten Urteile werden letzten Endes übereinstimmend von der Erwägung geleitet, daß die Kl. nicht mehr Verbietungsrechte geltend machen kann als die amerikanische Herstellerin. Daß diese Erwägung richtig ist, folgt aus dem Wesen der Kennzeichenrechte, wie es namentlich in § 1 UWG zum Ausdruck kommt: Warenkennzeichnungen dienen zur Unterscheidung der so gekennzeichneten Waren von den Waren anderer. Die Kl. bedient sich ihrer Kennzeichenrechte aber gerade nicht zu dem Zweck, die von ihr vertriebenen Waren von Waren der amerikanischen Herstellerin zu unterscheiden. Sie hat nicht etwa eine eigene unterscheidungskräftige Händlermarke, sondern ein Kennzeichen gewählt, das mit der Fabrikmarke der Herstellerin übereinstimmt, was zumindest eine stillschweigende Duldung der Herstellerin als der Inhaberin älterer Rechte voraussetzt. Die enge Zusammengehörigkeit der beiderseitigen Marken zeigt sich darin, daß unter der gleichen Bezeichnung die gleiche Ware vertrieben wird, so daß sich Herkunfts- und Gütefunktion der beiderseitigen Kennzeichen jedenfalls im Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens der Ware decken. Da somit die Kl. darauf verzichtet hat, eine Bezeichnung zu wählen, die im Verhältnis zum Kennzeichen der amerikanischen Stammfirma eine selbständige Herkunfts- und Gütefunktion ausüben könnte, kann sie grundsätzlich auch keine weitergehenden Verbietungsrechte beanspruchen als das amerikanische Stammhaus. Gegenüber diesen grundsätzlichen Erwägungen hat auch die Kl. in der letzten mündlichen Verhandlung nichts Uberzeugendes vorbringen können. Es bleibt daher nur noch zu prüfen, ob im Streitfall auf Grund besonderer Umstände eine Beeinträchtigung der allein maßgeblichen Herkunfts- oder Gütefunktionen des Klagekennzeichens anzunehmen wäre. Daß die Herkunftsfunktion in zeichenrechtlich unzulässiger Weise beeinträchtigt wird, wenn die Bekl. Originalerzeugnisse der amerikanischen Herstellerin unter der Bezeichnung .Revlon' vertreibt, ist nur schwer vorstellbar . . . s
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In dem erwähnten Maja-Urteil hebt der BGH ausdrücklich hervor, daß neben der Herkunftsfunktion der Kennzeichen auch die weitere Funktion der Garantie für die gleichbleibende Güte der so gekennzeichneten W a r e zu berücksichtigen sei. Entgegen der Ansicht der Kl. läßt sich aber auch keine Beeinträchtigung dieser Gütefunktion im zeichenrechtlich erheblichen Sinne feststellen. Die Gütefunktion eines Kennzeichens ist eine Folgewirkung der gesetzlich anerkannten Herkunftsfunktion, da der Verkehr aus der gleichbleibenden Herkunft der Ware ihre gleichbleibende Beschaffenheit und Güte folgert. Es ist daher zweifelhaft, ob der Gütefunktion überhaupt eine von der Herkunftsfunktion losgelöste selbständige zeichenrechtliche Bedeutung zukommen kann (vgl. dazu Beier in der Anmerkung zum MajaUrteil in GRUR Ausl. 1964, 205 unter Hinweis auf RGZ 161, 29). Soweit ersichtlich, ist denn auch die Gütefunktion bislang nur in solchen Fällen entscheidungserheblich gewesen, in denen die Originalware durch Dritte in irgendeiner Weise verändert und damit zugleich die Herkunftsfunktion tangiert worden war. Begrenzt man die zeichenrechtliche Tragweite der Gütefunktion auf derartige Fälle, dann ist sie im Streitfall ohne besondere Bedeutung, da die Bekl. unstreitig unveränderte Originalware vertreibt. Selbst wenn man aber die Gütefunktion des Klagekennzeichens für sich allein betrachtet, dann ergibt sich im Streitfall kein abweichendes Ergebnis. Die Kl. hat dazu in der letzten mündlichen Verhandlung besonders hervorgehoben, sie gewährleiste auf Grund ihrer Verkaufsmethoden und ihres Kundendienstes, daß dem Letztverbraucher stets ein für das jeweilige Land ausgewähltes Sortiment an frischer Ware, also eine besondere Qualität, angeboten werde, was bei modeabhängigen und leicht verderblichen Kosmetika besonders wichtig sei. An diesen Qualitätsstandard sei der Verkehr gewöhnt. Die Bekl. könne ihn nicht gewährleisten, so daß zumindest die Gefahr bestehe, daß sie überalterte Ware anbiete und damit den Ruf der Revlon-Erzeugnisse schädige. Angesichts dieser Besonderheiten mögen im Einzelfall wettbewerbsrechtliche Ansprüche gemäß § § 1, 3 UWG gegeben sein, wenn der Ruf der Revlon-Erzeugnisse wirklich dadurch gefährdet wird, daß nachweislich schlechte W a r e ausgeliefert wird. Daß dies bislang geschehen sei, hat die Kl. nicht substantiiert vorgetragen, noch unter Beweis gestellt. Das ist bei einem so angesehenen Unternehmen wie der Bekl. auch nicht wahrscheinlich. Keinesfalls würde diese Möglichkeit es rechtfertigen, der Bekl. unter zeichenrechtlichen Gesichtspunkten generell den Vertrieb unveränderter Originalware unter der strittigen Bezeichnung zu untersagen. Die Kl. berücksichtigt nicht hinreichend, daß eine Marke kein umfassendes Güterversprechen verbrieft und beispielsweise den Verbraucher nicht gegen Beschaffenheitsänderungen durch den Hersteller sichert. Sie garantiert, daß eine Ware mit derjenigen Qualität in den Verkehr gelangt, die ihr vom Zeicheninhaber verliehen wurde. Insoweit ist aber zwischen den Original-Revlon-Erzeugnissen, welche die Kl. und die Bekl. vertreiben, keinerlei Güteunterschied erkennbar. Insbesondere stimmen beide auch darin überein, daß sie nach einiger Zeit verderben. Das ist eine Eigenschaft, die den kosmetischen E r -
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Zeugnissen von Anfang an anhaftet, wobei die Herstellerin zur Kontrolle auf Überalterung lediglich geheime Vermerke anbringt, statt dem Verkehr in geeigneter Weise eine eigene Kontrolle zu ermöglichen. Wenn nun die Herstellerin derartige Waren mit einer bestimmten Kennzeichnung versieht und ohne besondere Vorkehrungen auf den Markt bringt, dann kann diese Kennzeichnung auch nur eine der Eigenart der Ware entsprechend begrenzte Gütefunktion ausüben und nicht dagegen sichern, daß jener wesenseigene .Mangel' der Ware nicht in Erscheinung treten wird. Diesen Gesichtspunkt muß auch die Kl. gegen sich gelten lassen. Anders als die amerikanische Herstellerin trifft sie zwar mit Hilfe ihres Kundendienstes besondere Maßnahmen, um die Qualität der Ware auch nach ihrer Auslieferung zu überwachen und damit der der Ware wesenseigenen Gefahr der Verschlechterung zu begegnen. Diese zusätzlichen Maßnahmen rechtfertigen es aber nicht, ihr kraft Zeichenrechtes ein Vertriebsmonopol für Revlon-Erzeugnisse zuzuerkennen. Denn da sich ihr Kennzeichen von der Fabrikmarke der Herstellerin nicht unterscheidet, ist es — wie erwähnt nicht geeignet, eine über die Gütefunktion der Herstellermarke hinausgehende Gütefunktion zu verkörpern und einen weitergehenden zeichenrechtlichen Schutz zu entfalten als das Zeichen der amerikanischen Herstellerin." 180. Ist bei einem schuldrechtlichen Vertrag, der eine Auslandsbeziehung aufweist, eine ausdrückliche oder stillschweigend getroffene Vereinbarung über die anzuwendende Rechtsordnung nicht festzustellen, so muß der sogenannte mutmaßliche Wille der Parteien über die anzuwendende Rechtsordnung festgestellt werden. Dabei handelt es sich weniger um die Ermittlung hypothetischer subjektiver Vorstellungen der Parteien, als um Intervernünftige, im Wege ergänzender Rechtsfindung vorzunehmende essenabwägung auf objektiver Grundlage. Gehen die Parteien im Rechtsstreit übereinstimmend von einem Recht als dem maßgebenden aus, so ist das beim Fehlen sonstiger eindeutiger Hinweise auf einen objektiven Schwerpunkt des Rechtsgeschäfts ein sehr starkes Beweiszeichen für einen mutmaßlichen Willen in dieser Richtung. Die Bestimmung der maßgebenden Rechtsordnung für den schuldrechtlichen Vertrag nach dem mutmaßlichen Parteiwillen führt regelmäßig zu einem einheitlichen Anknüpfungspunkt für alle sich aus dem Vertrage ergebenden Verpflichtungen. Dagegen kann das Erfüllungsgeschäft, insbesondere eine Rechtsübertragung, als solche nach einer anderen Rechtsordnung zu beurteilen sein als das ihm zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft. Das Erfüllungsgeschäft der Übertragung eines eingetragenen Warenzeichens ist nach dem Recht des Landes zu beurteilen, in dem das Zeichen eingetragen ist. BGH, Urt. vom 21. 10. 1964 - Ib ZR 22/63: GRUR Ausl. 1965, 504; A W D 1965, 455; Leitsatz in GRUR 1965, 665; MittDVGR 1966, 8.
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Auf Grund einer Anmeldung des K a u f m a n n s Karl Friedrich Baumann vom 22. 9. 1949 ist beim Greife des Handelsgerichts von Paris das Warenzeichen „Carla" unter der Nummer 56 569 eingetragen worden; B a u m a n n brachte später das Warenzeichen in die von ihm und den beiden Gesellschaftern der jetzigen Kl. zu Anfang des Jahres 1958 gegründete Bekl. ein, f ü r die nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen das Warenzeichen n u n m e h r eingetragen ist. Im Juni 1959 einigten sich die drei Gesellschafter der Bekl. - B a u m a n n und die Eheleute Me. - in E r w a r t u n g der Rückgliederung des Saarlandes dahin, daß die Eheleute Me. aus der bekl. Gesellschaft ausscheiden und daß in Z u k u n f t bestimmte Erzeugnisse im Gebiet des Saarlandes und der Bundesrepublik n u r durch die Bekl. oder ihren Rechtsnachfolger, in Frankreich dagegen n u r noch durch die Eheleute Me. oder ein von ihnen in Frankreich zu gründendes Untern e h m e n oder dessen Rechtsnachfolger hergestellt und vertrieben werden dürften. Die Eheleute Me. schieden sodann aus der Bekl. aus und gründeten in Sarreguimines die Kl. Diese meldete beim Greife des Handelsgerichts von Paris unter Vorlage eines zwischen den Prozeßparteien privatschriftlich geschlossenen Vertrages vom 12. 5. 1960 den Übergang des Warenzeichens an. Nr. 4 dieses Vertrages lautet: „Gleichzeitig übergibt die Firma Carla Gewürzfabrik Karl Friedr. Baumann GmbH in Saarbrücken hiermit an die Firma Carla in Sarreguemines die in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen über die Anmeldung des Warenzeichens .Carla' f ü r Frankreich. Die Firma Carla Gewürzfabrik Karl Friedr. B a u m a n n GmbH in Saarbrücken erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, daß das Warenzeichen .Carla' in Frankreich n u r von der Firma Carla in Sarreguemines benutzt werden darf. Sie ist deshalb damit einverstanden, daß das Warenzeichen gemäß § 8 WZG vom 5. 5. 1936 auf die Firma Carla S. ä. r. 1. in Sarreguemines übertragen wird." Durch Zwischenbescheid wurde die Kl. von der französischen Registerbehörde darauf hingewiesen, daß die Angabe des Ortes und Datums der Anmeldung und der Nummer der Eintragung des Warenzeichens notwendig sei, u m dem Antrag zu entsprechen. Einer Aufforderung der Kl., eine ergänzende Erklärung abzugeben, ist die Bekl. nicht nachgekommen. Die Kl. hat daher mit der vorliegenden Klage beantragt festzustellen, daß es sich bei dem auf Grund des Vertrages vom 12. 5. 1960 von der Bekl. an die Kl. abgetretenen Warenzeichen „Carla" um die Warenzeichenanmeldung handelt, die am 22. 9. 1949 unter der Nummer 56 569 beim Greife du Tribunal de Commerce in Paris eingereicht wurde. Die Bekl. hat Abweisung der Klage beantragt. Sie hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage in Abrede gestellt und behauptet, nicht das Warenzeichenrecht selbst übertragen, sondern n u r den Gebrauch des Zeichenrechts f ü r das französische Gebiet gestattet zu haben. Der Vertrag vom 12. 5. 1960 sei auch unverbindlich; sie sei damals rechtlich nicht mehr in der Lage gewesen, über das Warenzeichen zu verfügen, da ihr damaliger Geschäftsführer B. das Zeichen schon durch Vertrag vom 7. 5. 1960 an den K a u f m a n n Mi. übertragen habe. Das LG und das OLG haben der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Revision. Die Revision wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Urteilsformel die Fassung eines dem Berufungsurteil inhaltlich entsprechenden Leistungsurteils erhielt.
Aus den Gründen: „Das Berufungsurteil folgert die Verpflichtung der Bekl. zur Abgabe der in Frage stehenden Erklärung bereits aus der von der Kl. behaupteten Übertragung
des Warenzeichens als solcher,
i n d e m es auf den Vertrag v o m
12. 5.1960 französisches Recht anwendet. Dazu führt es aus, den Vertragschließenden sei es darum gegangen, den Geschäftsbetrieb, der seinen Sitz
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in Saarbrücken hatte, für die Zeit nach der Rückgliederung des Saarlandes in zwei voneinander völlig unabhängige Betriebe, nämlich den Betrieb in Saarbrücken und ein neu zu gründendes Unternehmen in Frankreich aufzuteilen; der in Frankreich vorhandene Kundenstamm und die dort eingeführte Marke habe für dieses Unternehmen erhalten werden sollen; der Wille der Parteien sei dahin gegangen, nur das französische Markenrecht, dieses aber ganz auf die Kl. zu übertragen; dafür spreche auch die allerdings verfehlte Bezugnahme auf § 8 des deutschen WZG. Das infolge der Rückgliederung des Saarlandes abgespaltene, im Saarland entsprechend §§ 1 ff. des Gesetzes über die Eingliederung des Saarlandes auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes vom 30. 6. 1959 (BGBl. I 388) aufrechterhaltene deutsche Warenzeichenrecht sei dagegen nicht mit übertragen worden; für die Übertragung des französischen Zeichenrechts sei hiernach französisches Recht maßgebend. Aus Art. 1135 und 1160 Cc und dem Dekret vom 27.2. 1891 ergebe sich als Folge der Übertragung des Zeichenrechts die dem § 402 BGB entsprechende Verpflichtung der Bekl., den .vollen Erwerb' des Zeichenrechts durch die Kl. zu unterstützen, zu dem nach französischem Recht die Umschreibung im Zeichenregister gehöre. Da diese aber wiederum eine Urkunde mit einem Inhalt voraussetze, aus dem sich auch Datum und Ort der Anmeldung sowie die Nummer der Zeicheneintragung ergeben, sei die Bekl. verpflichtet, die .Umschreibungsurkunde zu erstellen'. Diese Ausführungen werden von der Revision als den Auslegungsgrundsätzen des deutschen Rechts (§§ 133, 157 BGB) widersprechend angegriffen; bei Anwendung dieser Vorschriften hätte, so meint die Revision, das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß nicht eine Übertragung des Zeichenrechts, sondern nur eine Überlassung des Gebrauchs, also die Einräumung einer Lizenz gewollt gewesen sei, von der allein der als Zeuge vernommene Geschäftsführer der Bekl. auch stets gesprochen habe. Dieser Angriff hat im Ergebnis keinen Erfolg. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich das Klagebegehren bei der hier gegebenen besonderen Sachlage allerdings nicht schon allein aus dem Übertragungsgeschäft als solchem rechtfertigen; vielmehr bedarf es der Heranziehung der diesem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Abrede der Parteien, die - wie noch auszuführen ist - nach deutschem Recht zu beurteilen ist. 1. Der Vertrag vom 12.5. 1960 hatte nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Parteien eine schuldrechtliche Abrede und zugleich ein Erfüllungsgeschäft zum Inhalt; der Streit geht nur darum, welchen Inhalt die schuldrechtliche Abrede und demzufolge auch das Erfüllungsgeschäft gehabt hat. Ist bei einem schuldrechtlichen Vertrag, der eine Auslandsbeziehung aufweist - wie im Streitfall - eine ausdrückliche oder stillschweigend getroffene Vereinbarung über die anzuwendende Rechtsordnung nicht festzustellen, so muß der sogenannte mutmaßliche (hypothetische) Wille der Parteien über die anzuwendende Rechtsordnung festgestellt werden; dabei handelt es sich, wie in der Rechtsprechung des BGH
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stets angenommen worden ist, weniger um die Ermittlung hypothetischer subjektiver Vorstellungen der Parteien, als um eine vernünftige, im Wege ergänzender Rechtsfindung vorzunehmende Interessenabwägung auf objektiver Grundlage; es ist nach einem Anknüpfungspunkt zu suchen, der sich aus der Eigenart des zu entscheidenden Sachverhalts und aus der Interessenlage unter Berücksichtigung objektiver Gesichtspunkte ergibt; besonderes Gewicht kommt dabei der Frage zu, wo sich der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses befindet (BGHZ 7, 231, 235 vgl. zuletzt BGH, N J W 1961, 25 2 ). Regelmäßig führt diese Bestimmung der Rechtsordnung zu einem einheitlichen Anknüpfungspunkt für alle sich aus dem Vertrage ergebenden Verpflichtungen, nicht zu einer für beide Parteien getrennten (RGZ 68, 203, 207; BGH, N J W 1961, 25); dagegen kann das Erfüllungsgeschäft, insbesondere eine Rechtsübertragung, als solche nach einer anderen Rechtsordnung zu beurteilen sein als das ihm zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft (Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 252 vor Art. 7 EGBGB). Die Frage, welches Recht nach dem sogenannten hypothetischen Parteiwillen anzuwenden ist, unterliegt als Rechtsfrage der Nachprüfung des Revisionsgerichts, da es sich um ergänzende Rechtsfindung handelt (BGHZ 9, 221, 223 3 ; Raape, IPR, 5. Aufl., 475). Der VIII. Zivilsenat hat allerdings ausgeführt (NJW 1961, 25 2 ), bei der Ermittlung dieses hypothetischen Willens handele es sich wesentlich um eine der Nachprüfung im Revisionsverfahren entzogene tatrichterliche Beurteilung. Das ist jedoch nicht als eine Abkehr von der vorbezeichneten Rechtsprechung anzusehen; diese ist lediglich dahin klarzustellen, daß der sogenannte Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses, nach dem sich die Frage des anzuwendenden Rechts weitgehend beantwortet, seinerseits davon abhängen kann, worauf der rechtsgeschäftliche Wille der Vertragschließenden überhaupt gerichtet war; die Beantwortung dieser Frage ist allerdings weitgehend dem Tatrichter vorbehalten. So hängt auch im vorliegenden Fall die Frage, wo der Schwerpunkt des gesamten Vertragsverhältnisses liegt, wesentlich davon ab, auf welchen rechtlichen und wirtschaftlichen Erfolg sich der Wille der Parteien richtete, so insbesondere, ob sie eine endgültige, volle Übertragung des Zeichenrechts ohne Begründung eines Dauerschuldverhältnisses, oder aber eine Lizenzgewährung mit dauernden gegenseitigen Rechten und Pflichten, insbesondere mit einem Recht der Kündigung aus wichtigem Grunde gewollt haben. In einem derartigen Falle gehört, wie der Revision einzuräumen ist, die Frage, auf welchen Erfolg sich der Parteiwille richtet, zu den vorab zu ermittelnden Voraussetzungen für die Beantwortung der Frage nach dem anzuwendenden Recht; diese Vorfrage aber ist, da noch kein anzuwendendes Recht für das Rechtsverhältnis feststeht, nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu beantworten, soweit es um die Ermittlung des Parteiwillens geht. Auf die Frage, inwie1 3
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IzRspr. 1945-1953 Nr. 213 b. IPRspr. 1952-1953 Nr. 40. IPR 1964/65
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 28.
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weit bei dieser Auslegung auch die nach dem in Betracht kommenden ausländischen sachlichen Recht gegebenen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten als Objekt des Parteiwillens zu berücksichtigen sind, braucht im Streitfall nicht eingegangen zu werden, weil nach dem insoweit übereinstimmenden Parteivortrag im Rahmen beider in Frage stehenden Rechtsordnungen als Gestaltungsmöglichkeiten nur entweder die Übertragung des Zeichenrechts oder die Überlassung des Zeichengebrauchs in Betracht kommen. 2. Die Anwendung französischen Rechts auf die Übertragung des französischen Warenzeichenrechts als solche stellt sich jedoch auch bei dieser vorausgehenden Anwendung der Auslegungsregeln des deutschen Rechts hinsichtlich des rechtsgeschäftlichen Parteiwillens als zutreffend dar. Mit Recht hat das Berufungsgericht bei der Auslegung des Vertrages den von den Parteien verfolgten Zweck entscheidend berücksichtigt. Dieser bestand nach den rechtsirrtumsfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in der Teilung des ursprünglich einheitlichen Geschäftsbetriebes in zwei unabhängige Unternehmen, deren eines (die Kl.) das fragliche Warenzeichen im französischen Gebiet allein sollte benutzen dürfen; das Berufungsgericht legt den Vertrag ferner dahin aus, der Alleingesellschafter der Bekl. habe in den französischen Betrieb nicht mehr hineinreden wollen, und stellt dazu die Erwägung an, nach französischem Recht könne der Inhaber eines Warenzeichens gegen Dritte, die das Zeichen benutzen, n u r vorgehen, wenn er als Zeicheninhaber eingetragen sei. F ü r die hier zunächst allein zu entscheidende Frage, ob der Wille der Vertragschließenden sich auf Übertragung des französischen Zeichenrechts oder n u r auf Einräumung einer Gebrauchserlaubnis gerichtet hat, hätte das Berufungsgericht noch darauf hinweisen können, daß der Lizenznehmer nach französischem Recht nicht befugt ist, die Verletzungsklage zu erheben (Kraßer, in: Die Warenlizenz, 1963, 94, 108); die Einräumung einer bloßen Lizenz hätte der Kl. daher nicht diejenige Rechtsstellung verschafft, die sie nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Willen der Vertragschließenden haben sollte, denn die Kl. wäre dann f ü r die Wahrnehmung ihrer Zeichenrechte in Frankreich auf die Mitwirkung der Bekl. angewiesen gewesen, die sich um den zu errichtenden französischen Betrieb nicht kümmern, sondern ihn selbstständig wirtschaften lassen wollte. Auch die übrigen Umstände der Vereinbarung - keine zeitliche Begrenzung der Rechtseinräumung, Übergabe der schriftlichen Unterlagen über die Anmeldung des französischen Warenzeichens, Bezugnahme auf die Vorschrift des § 8 des deutschen WZG — sprechen auch bei Anwendung der Auslegungsregeln des deutschen Rechts eher für, jedenfalls aber nicht gegen das vom Berufungsgericht gewonnene Auslegungsergebnis. 3. Wollten aber die Parteien die volle Übertragung des französischen Zeichenrechts, so ist dem Berufungsgericht weiter jedenfalls darin beizupflichten, daß auf die Übertragung des Zeichenrechts als solche, also auf das Erfüllungsgeschäft, französisches Recht anzuwenden ist. F ü r die Abtretung von Forderungen (RGZ 65, 357; RG, SeuffArch. 79, 353; BGH,
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WM 1957,1574 4) und die Übertragung von urheberrechtlichen Befugnissen (vgl. OLG München, GRUR Ausl. i960, 75 5 ) entspricht dies der in der Rechtsprechung herrschenden Auffassung (vgl. Soergel-Kegel, 9. Aufl., Anm. 250 vor Art. 7 EGBGB). Dasselbe muß grundsätzlich auch f ü r die Übertragung des Rechts aus einem eingetragenen Warenzeichen angenommen werden; soweit im Schrifttum f ü r die Abtretung von Forderungen demgegenüber geltend gemacht wird, es sei allgemein oder doch in Fragen des Schuldnerschutzes an das Recht des Schuldnerwohnsitzes anzuknüpfen, bedarf es keiner Stellungnahme, denn f ü r die Übertragung von Zeichenrechten scheidet dieser Anknüpfungspunkt aus. Die f ü r das übertragene Recht maßgebende Rechtsordnung entscheidet insbesondere darüber, ob das Recht übertragbar ist (RGZ 20, 234; RG WarnRspr. 1917 Nr. 113; OLG München aaO). Da nach französischem Recht das Warenzeichen ohne Geschäftsbetrieb übertragen werden kann, hängt die Wirksamkeit der Übertragung des Zeichenrechts oder des auf sie gerichteten schuldrechtlichen Vertrages deshalb nicht davon ab, ob der Geschäftsbetrieb, zu dem das Zeichen bis zur Übertragung gehörte, mit übertragen worden ist. 4. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gehört nun allerdings nach französischem Recht zum .vollen Erwerb' des Zeichenrechts auch die Umschreibung im Register. Obwohl ein voller Erwerb danach möglicherweise noch nicht gegeben ist, folgert das Berufungsgericht die Pflicht der Bekl., der Kl. zum vollen Erwerb behilflich zu sein, schon aus dem Umstand, daß die Bekl. das Zeichenrecht .übertragen habe'. Die Auffassung des Berufungsgerichts ist insoweit, wie auch sein Hinweis auf die entsprechenden Vorschriften des deutschen Rechts (§§ 413, 402 BGB) erkennen läßt, offenbar die, daß die Verpflichtung der Bekl. zur Ausstellung einer zur Umschreibung des Zeichenrechts dienenden Urkunde sich nach französischem Recht schon aus dein abstrakten Übertragungsgeschäft ergebe. a) Bei dieser Begründung des Klageanspruchs schon aus der Rechtsübertragung als solcher ist das Berufungsgericht — ohne dies allerdings näher darzulegen - offenbar weiter davon ausgegangen, daß nach französischem Recht die Übertragung des Zeichenrechts auf die Kl. nicht wirksam wäre, wenn dasselbe Recht schon vorher durch den Vertrag vom 7. 5.1960 auf den Kaufmann Mi. übertragen worden wäre. Deshalb hat das Berufungsgericht diese Frage geprüft. Ob es bei dieser Prüfung französisches oder deutsches Recht angewandt hat, läßt das Urteil wiederum nicht erkennen. Das nötigt jedoch nicht zu einer Aufhebung des Urteils zur Klärung dieser Frage. Denn die Revision macht nicht etwa geltend, es sei französisches Recht auf diese Vereinbarung anzuwenden und es sei dem Berufungsgericht bei der Feststellung des Inhalts dieses ausländischen Rechts ein Verfahrensfehler unterlaufen. Sie macht vielmehr nur geltend, auf den Vertrag sei deutsches Recht anzuwenden und die Rechtsanwendung des Berufungsgerichts verstoße gegen §§ 133, 157 BGB. 4
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 32.
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 153.
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b) Aber auch, wenn man mit der Revision die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die Vereinbarung vom 7. 5.1960 annimmt, kann die Revision im Ergebnis keinen Erfolg haben. Zwar bestehen rechtliche Bedenken gegen die Meinung des Berufungsgerichts, das Zeichenrecht sei deshalb nicht wirksam auf Mi. übertragen worden, weil der damalige Geschäftsführer und Alleininhaber der Geschäftsanteile der bekl. Gesellschaft die Übertragung im eigenen Namen erklärt habe. F ü r die Revisionsinstanz ist deshalb davon auszugehen, daß das Warenzeichen schon am 7. 5.1960 wirksam an einen Dritten übertragen worden und somit die spätere Übertragung desselben Zeichens zugunsten der Kl. nicht wirksam war. Infolgedessen ist dem Berufungsurteil die rechtliche Grundlage insoweit entzogen, als es die Pflicht der Bekl. zur Abgabe der geforderten ergänzenden Erklärung allein schon aus dem Übertragungsgeschäft selbst herleitet. Aber dieselbe Verpflichtung ergibt sich jedenfalls aus dem im Vertrage vom 12. 5.1960 nach der vom Berufungsgericht getroffenen Auslegung ferner enthaltenen Grundgeschäft, dessen Wirksamkeit von der Unwirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts nicht berührt wird. Danach fiel die Übertragung des Zeichenrechts in den Rahmen der Gesamtvereinbarung über das Ausscheiden der jetzigen Gesellschafter der Kl. aus der Bekl. und ihrer Auseinandersetzung mit dem verbleibenden Gesellschafter der Bekl. Nach diesem Vertrage ist die Bekl. verpflichtet, der Kl. das französische Zeichenrecht zu verschaffen und deshalb auch, Erklärungen abzugeben, die - wie das Berufungsgericht feststellt - nach dem französischen Verfahrensrecht erforderlich sind, um die Umschreibung im Register zu bewirken. Die Erfüllung dieser Verpflichtung ist auch bei Wirksamkeit der behaupteten voraufgehenden Abtretung des Rechts an den Warenzeichen an Mi. nicht etwa objektiv unmöglich gewesen oder geworden; sie kann daher ohne Rücksicht auf diese behauptete Abtretung gefordert werden. Das Berufungsgericht hat diese Verpflichtung augenscheinlich aus den Vorschriften der Art. 1135 und 1160 Cc hergeleitet. Dagegen erhebt die Revision Bedenken, die jedoch im Ergebnis nicht zu einer anderen Beurteilung führen können. Auch wenn das Erfüllungsgeschäft - hier die Übertragung des Zeichenrechts - nach ausländischem Recht zu beurteilen ist, kann allerdings f ü r das zugrunde liegende Rechtsgeschäft inländisches Recht maßgebend sein (vgl. Soergel-Kegel aaO Anm. 252); f ü r den Standpunkt der Revision, daß insoweit deutsches Recht anzuwenden sei, spricht das Verhalten der Parteien im Rechtsstreit, die übereinstimmend vorgetragen haben, daß französisches Recht nur anzuwenden sei, soweit die .dingliche' Übertragung des französischen Zeichenrechts in Frage stehe; so hat die Kl. aus § 242 BGB die vertragliche Nebenpflicht der Bekl. zur Abgabe der geforderten Erklärung hergeleitet; die Bekl. hat die Nichtigkeit des Grandgeschäfts nach deutschem Recht geltend gemacht, weil das abgetretene Recht im Zeitpunkt der Erklärung schon nicht mehr der Bekl. zugestanden habe, und sie hat deshalb die Vorschriften der §§ 402, 413 als nicht anwendbar bezeichnet. Gehen aber die Parteien im Rechtsstreit übereinstim-
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mend von einem Recht als dem maßgebenden aus, so ist das beim Fehlen sonstiger eindeutiger Hinweise auf einen objektiven Schwerpunkt des Rechtsgeschäfts ein sehr starkes Beweiszeichen für einen mutmaßlichen Willen in dieser Richtung (BGH, L M Nr. 1 6 und 17 7 zu Art. 7 ff. EGBGB Deutsches intern. Privatrecht). Es kommt hier hinzu, daß die fragliche Vereinbarung nur einen Teil einer Auseinandersetzung zwischen Gesellschaftern einer inländischen Gesellschaft bildete. Da das Berufungsgericht in bezug auf den schuldrechtlichen Teil des Vertrages vom 12.5.1960 keinen gegenteiligen Willen der Parteien festgestellt und auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgehoben hat, die gegen die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf diesen Teil des Vertrages sprechen, muß hiernach von der Anwendbarkeit dieses Rechts ausgegangen werden. Diesen Standpunkt haben in der Revisionsverhandlung auch beide Parteien vertreten. Aber auch nach deutschem Recht ergibt, wie bereits unter 2 erörtert worden ist, die Auslegung des Willens der Parteien zweifelsfrei, daß die Bekl. verpflichtet ist, der Kl. das französische Zeichenrecht zu verschaffen und ihr deshalb dabei behilflich zu sein, die Umschreibung des französischen Warenzeichens herbeizuführen; dazu gehört, daß die Bekl. die nach dem französischen Verfahrensrecht erforderlichen ergänzenden Erklärungen abgibt, und zwar in Schriftform, da diese Form den selbstverständlichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs entspricht (§ 157 BGB)." 181« Hat ein Inhaber eines in Deutschland geschützten Zeichens (auch IR-Marke) das Zeichen ausschließlich im Ausland benutzt und sind mit dem Zeichen versehene Waren auch nicht durch Dritte im Inland in Verkehr gebracht worden, dann ist das Zeichen im deutschen Rechtsgebiet ein sogenanntes Vorratszeichen. LG Düsseldorf, Urt. vom 30.9.1965 - 4 b O 38/65: GRUR 1966, 379; Leitsatz in MittDVGR 1966, 43. Die Kl., die in den Niederlanden eine Weinbrennerei und Likörfabrik betreibt, ist Inhaberin des niederländischen Warenzeichens „Rembrandt", das mit einer Priorität vom 30. 7. 1895 unter der Nr. 11 127 für verschiedene Spirituosen registriert ist. Auf Grund dieser Heimateintragung hat die Kl. das Zeichen auch international registrieren lassen. Die erste internationale Registrierung wurde am 7. 6. 1915 unter der Nr. 16 839 vorgenommen und jeweils vor Schutzablauf durch Hinterlegung der IR-Marke Nr. 88146 am 6.12. 1934 und Nr. 180668 am 11. 11. 1954 unter Wahrung der Priorität erneuert. Die IR-Marke ist ein Wort-Bildzeichen, das aus dem Namen „Rembrandt" und einem Porträt des Malers Rembrandt besteht und für die Waren „Liqueurs, amers, genièvre et autres boissons spiritueuses destinées" eingetragen ist. Eine Schutzverweigerung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist nicht ausgesprochen worden. Die Kl. hat in der Bundesrepublik Deutschland, und zwar in Neuß eine Tochtergesellschaft, die zwar rechtlich selbständig, wirtschaftlich aber von der Kl. abhängig ist und ihren Weisungen unterliegt. « IPRspr. 1956-1957 Nr. 23 a.
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Die Kl. hat mit der IR-Marke oder dem Namen „Rembrandt" gekennzeichnete Spirituosen weder in dem Gebiet des früheren Deutschen Reiches noch bisher im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder in Westberlin in Verkehr gebracht. Die Bekl. stellt her und vertreibt Spirituosen. Sie ist Inhaberin folgender Warenzeichen: Nummer 790 328 Flaschenausstattung „Rembrandt" - eingetragen für „Weinbrand" auf Grund einer Anmeldung vom 7. 4. 1964, Nummer 672 920 Wortzeichen „Rembrandt", eingetragen auf Grund einer Anmeldung vom 22. 1. 1955 für die Waren „Weine und Spirituosen", Nummer 685556 Flaschenausstattung „Rola Rembrandt", eingetragen auf Grund einer Anmeldung vom 29. 4. 1955. Sie benutzt seit dem Jahre 1955 zur Kennzeichnung eines von ihr hergestellten Weinbrandes den Namen „Rembrandt". Die Kl. erblickt hierin und in der Eintragung der Warenzeichen eine Verletzung bzw. Störung ihres sich aus der IR-Marke ergebenden Zeichenrechts. Ihr könne nicht entgegengehalten werden, es handle sich bei ihren Zeichen, soweit sie jetzt Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beanspruche, um ein Vorratszeichen, für das ein schutzwürdiges Interesse fehle. Sie versehe seit dem Jahre 1920 einen von ihr erzeugten Genever mit dem Namen „Rembrandt" und liefere dieses Erzeugnis in verschiedene westafrikanische Länder sowie an in den Niederlanden ansässige Schiffsausrüster. Die im Ausland vorgenommene Benutzung eines Warenzeichens stehe der im Inland vorgenommenen Benutzung gleich. Die Kl. hat auf Unterlassung, Löschung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht geklagt. Aus den Gründen: „Die Kl. hat unstreitig bisher das Zeichen noch nicht auf dem deutschen Markt benutzt. Nach ihrem eigenen Vorbringen hat sie lediglich die Verpackung eines von ihr erzeugten Genevers mit der Marke in den Niederlanden versehen und die so gekennzeichnete Ware in Westafrika und in Holland durch Auslieferung an Schiffsausrüster in Verkehr gebracht. Das bedeutet, daß sich die Klägerin des Zeichens durch in Deutschland vorgenommene eigene Handlungen nicht bedient hat. Es kann angesichts der bisherigen Benutzungshandlungen auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Ware, sei es mit oder ohne Willen der Kl. bisher überhaupt auf den deutschen Markt gelangt ist, so daß auch eine hier begangene mittelbare Benutzung ausscheidet. Das Gericht hat zwar in Erwägung gezogen, daß eine Ausrüstung deutscher Schiffe in einem niederländischen Hafen (vgl. Reimer, Patentgesetz, 2. Aufl., zu § 6 Anm. 2) oder ein nachfolgendes Inverkehrbringen der so übernommenen Waren auf hoher See durch Verkauf an Passagiere oder Besatzungsmitglieder (vgl. Benkard, Patentgesetz, 4. Aufl., zu § 2 Anm. 35) einer Benutzung auf dem inländischen Festland vielleicht gleich zu erachten ist. Es fehlt indessen an einem entsprechenden substantiierten Vorbringen der KI. Mangels näherer Angaben der Kl. darüber, in welchem Umfang und wann sie in den Niederlanden ansässige Schiffsausrüster mit Spirituosen beliefert hat, die mit dem Zeichen .Rembrandt' gekennzeichnet waren, kann auch nicht kraft der Erfahrung des Lebens angenommen werden, daß über die Schiffsausrüster die Ware auch auf deutsche Schiffe gelangt ist.
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IX. Gewerblicher Rechtsschutz
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Hat ein Inhaber eines in Deutschland geschützten Zeichens das Zeichen ausschließlich im Ausland benutzt und ist mit dem Zeichen gekennzeichnete Ware im Inland auch nicht durch Dritte in Verkehr gebracht worden (mittelbare Benutzung des Zeichens durch dessen Inhaber), dann ist das Zeichen im deutschen Rechtsgebiet ein sogenanntes Vorratszeichen, also ein Zeichen, das der Zeicheninhaber nicht sofort benutzen, sondern für künftige Benutzung vorrätig halten will. Die Frage, ob im Ausland vorgenommene Handlungen auf inländische Zeichenrechte von Einfluß sind, läßt sich nicht einheitlich beantworten. Für das sich aus einem inländischen Zeichen ergebende Vertretungsrecht ist entschieden, daß der Zeicheninhaber, wenn er die Ware im Ausland mit dem Zeichen versehen und dort in Verkehr gebracht hat, die Einfuhr und den weiteren Vertrieb im Inland nicht untersagen kann (vgl. BGH, GRUR 1964, 372 - .Maja' 1 ). Der BGH hat in dieser Entscheidung als maßgeblich die Zwecke des Warenzeichenrechts und die Abwägung der Interessen des Zeicheninhabers gegen diejenigen des Wirtschaftsverkehrs angesehen (aaO 374 r. Sp.). Geht man von diesen Grundsätzen auch im vorliegenden Fall aus, so ergibt sich, daß ausschließlich im Ausland vorgenommene Benutzungshandlungen ein im Inland geschütztes Zeichen hier noch nicht zu einem benutzten Zeichen machen. Zeichenschutz im Inland kann gemäß § 1 WZG derjenige erwerben, der sich in seinem Geschäftsbetrieb zur Unterscheidung seiner Waren von den Waren anderer eines Warenzeichens bedienen will. Da das Zeichenrecht dem Territorialitätsgrundsatz unterliegt, beschränkt sich der Schutz des im Inland eingetragenen Zeichens (dem eine IR-Marke insoweit gleichsteht) allein auf das Inland. Gewährt das deutsche Warenzeichenrecht hiernach lediglich die Möglichkeit, für das Inland ein anderes an der Benutzung ausschließendes Recht zu erwerben, so folgt aus § 1 WZG, daß der Erwerber des Zeichenrechts den Willen haben muß, sich im Inland des Zeichens zu bedienen. Wäre sein Wille von Anfang an und endgültig darauf gerichtet, das Zeichen ausschließlich im Ausland zu benutzen, und zwar in dem Sinne, daß auch eine eventuelle Benutzung im Inland für ihn außer Betracht bleibt, bedürfte er keines Vertretungsrechts im Inland. Den Willen, das Zeichen im Inland zu benutzen, kann er aber nur dadurch verwirklichen, daß er entweder selbst im Inland Waren mit seinen Zeichen kennzeichnet bzw. so gekennzeichnete Waren in Verkehr bringt oder mittelbar an einem Inverkehrbringen im Inland mitwirkt. Diese Beurteilung berücksichtigt auch die Interessen des Zeicheninhabers und der Allgemeinheit. Die Feststellung, daß ein bisher im Inland unbenutzt gebliebenes Zeichen trotz im Ausland vorgenommener Benutzungshandlungen ein Vorratszeichen ist, macht das Zeichen nicht wirkungslos. Audi ein Vorratszeichen genießt vollen Zeichenschutz. Es kann nur durch Hinzutreten weiterer Umstände an Kraft verlieren. Der Inhaber eines Zeichens, der seine mit dem Zeichen versehenen Waren — gleichviel aus welchen Gründen - vorerst nur auf ausländischen Märkten absetzen will, gleichwohl aber durch Eintragung des Zeichens bei dem 1
Siehe oben Nr. 177.
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deutschen Patentamt Vorsorge dafür getroffen hat, daß ihm niemand durch Erwerb eines identischen Zeichens den späteren Absatz seiner Waren im Inland erschwert, steht keineswegs schutzlos da. Insbesondere wird man bei Waren, die in steigendem Maße im Ausland vertrieben werden, zumal wenn es sich um Nachbarländer handelt, auch bei längerer Nichtbenutzung des Zeichens im Inland häufig auf einen Benutzungswillen des Zeicheninhabers im Inland schließen können. Deshalb sind die von den Prozeßbevollmächtigten der Kl. in dieser Richtung ausgesprochenen Befürchtungen unbegründet. Den Interessen des Zeicheninhabers kann bei der weiteren Prüfung, ob er aus seinem Zeichen, obgleich dieses ein Vorratszeichen ist, Vertretungsrechte herleiten kann, hinreichend Rechnung getragen werden." X. UNLAUTERER W E T T B E W E R B 182. In der Bundesrepublik begangene Handlungen beurteilen sich wettbewerbsrechtlich nach deutschem Recht, wenn die Gewerbetreibenden auf dem deutschen Markt miteinander in Wettbewerb stehen. BGH, Urt. vom 22.1.1964 - 1 b ZR 100/62: Unveröffentlicht. Die Kl. hat ihren Sitz in Wien und stellt seit langem in ihrem dortigen Betrieb Saiten und Zubehörteile, darunter Feinstimm-Saitenhalter, für Musikinstrumente her und vertreibt diese. Der Bekl. befaßt sich in seinem nach 1945 in Tennenlohe bei Erlangen aufgebauten Unternehmen u. a. ebenfalls mit der Herstellung und Vertrieb von Feinstimm-Saitenhaltern für Streichinstrumente. Die Kl. nimmt den Bekl. wegen sklavischen Nachbaus der äußeren Formgestaltung ihres Feinstimmsaitenhalters und wegen Verletzung ihres Ausstattungsschutzes in Anspruch und klagt u. a. auf Unterlassung. Der Bekl. hat geltend gemacht, daß die Kl. als österreichische Firma nicht in Deutschland auf Unterlassung von angeblich wettbewerbswidrigen Handlungen klagen könne. Österreich gewähre im umgekehrten Falle Ausländern keinen Rechtsschutz. E r selbst führe seine ganze Produktion nach den USA aus. Auch aus diesem Grunde könne die Kl. nicht in Deutschland auf Unterlassung klagen. Die Kl. behauptet dagegen, der Bekl. vertreibe seine Saitenhalter auch auf dem deutschen Markt. Das LG hat die Verhandlung auf den Unterlassungsanspruch beschränkt und der Klage durch Teilurteil stattgegeben. Das OLG hat den Unterlassungsanspruch abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Kl.
Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht geht davon aus, daß ein österreichischer Staatsangehöriger, auch wenn er seine Hauptniederlassung in Österreich habe, auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere auf den Gebieten des Wettbewerbs- und Warenzeichenrechts, nach der Pariser Verbandsübereinkunft einem deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt sei. Die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts sieht es als gegeben an, weil es hierfür genüge, daß ein Teil des Wettbewerbsverstoßes, nämlich die Her-
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Stellung der Ware, im Inland begangen worden sei, während der Vertrieb im Ausland erfolge. Außerdem habe der Bekl. einen Teil seiner W a r e in der Bundesrepublik Deutschland verkauft u n d verkaufe sie auch heute noch dort, wie die von der Kl. vorgelegten, in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Feinstimmer bewiesen. Gegen die Bejahung der internationalen Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts sind Bedenken nicht zu erheben, wenn dieses f ü r die Entscheidung örtlich zuständig ist (BGH, GRUR 1958, 189, 196 - Zeiß 1 ). Nachdem die Vorinstanzen ihre Zuständigkeit f ü r die Klage in vollem Umfang bejaht haben, ist in der Revisionsinstanz f ü r eine P r ü f u n g dieser Frage kein Raum m e h r (vgl. § 549 II ZPO; BGH, GRUR 1960, 372, 376f. Kodak 2 ) 8 . Auch gegen die Annahme der Klagberechtigung der Kl. bestehen keine Bedenken. Der Umstand, daß die Kl. in der Bundesrepublik Deutschland keine Hauptniederlassung besitzt (§ 28 UWG), steht der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem deutschen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht entgegen. Denn Österreich ist der Londoner Fassung der Pariser Übereinkunft beigetreten. Nach Art. 10 b i s PVÜ aber wird der Wettbewerbsschutz nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb trotz der Vorschrift des § 28 UWG allen Verbandsangehörigen zuteil (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- u. Warenzeichenrecht, 8. Aufl., Art. 2 PVÜ Anm. 2). Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt auch zutreffend nach deutschem Recht beurteilt. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stehen die Parteien — im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung des I. Zivilsenats des BGH vom 3 0 . 6 . 1 9 6 1 (BGHZ 35, 329 - Kindersaugflasche *) zugrunde lag — auch auf dem deutschen Markt mit ihren Feinstimmhaltern miteinander in Wettbewerb, wo der Bekl. auch die beanstandeten Halter herstellt. Dies aber rechtfertigt die Anwendung deutschen Rechts auf die in der Bundesrepublik und in Berlin (West) begangenen Handlungen des Bekl., deren Verbot mit dem Unterlassungsantrag begehrt wird, ohne daß es einer P r ü f u n g bedürfte, ob und in welchem Umfange der Bekl. seinen Halter in das Ausland liefert. Soweit als Anspruchsgrundlage Ausstattungsschutz (§ 25 WZG) in Betracht kommt, folgt dies aus Art. 2 PVÜ, soweit dagegen die Klage auf unzulässigen sklavischen Nachbau (§ 1 UWG) gestützt wird, aus Art. 10 b i s PVÜ (BGH, GRUR 1955, 342 f . - R h e i n p f a l z 5 ) . " 183. Nach dem deutsch-französischenHerkunftsabkommen vom 8. März 1960 (BGBl. 1961 II 22) bestimmt das Ursprungsland darüber, unter welchenVoraussetzungen und in welchem Umfang eine geographische Bezeichnung in dem anderen Land geschützt werden soll. 1 3 4
2 IPRspr. 1956-1957 Nr. 170. IzRspr. 195&-1959 Nr. 144. Vgl. aber die Entscheidung des Großen Senats vom 14. 6. 1965, unten Nr. 224. 5 IPRspr. 1960-1961 Nr. 155. IPRspr. 1954-1955 Nr. 160.
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Das französische Recht schützt nicht nur gegen die unerlaubte Verwendung einer „appellation contrôlée" in identischer Form, sondern auch gegen die unbefugte Benutzung einer Bezeichnung, die mit einer „appellation contrôlée" lediglich verwechselbar ist. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf die Verkebtrsauffassung in dem Lande abzustellen, in dem die Erzeugnisse in einem Wettbewerbsverhältnis stehen. LG Düsseldorf, Urt. vom 15. 9.1964 - 4b O 28/64 GRUR Ausl. 1965, 363; WRP 1965, 32; Leitsatz in BlfPMZ 1965, 327; GRUR Ausl. 1966, 404 Nr. 1299. Die Bekl. benutzt zur Kennzeichnung eines von ihr in der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen französischen Rosé-Weins die Bezeichnung „Remané". Diese Bezeichnung ist ihr als Warenzeichen unter der Nr. 740 277 (angemeldet am 5. 5. 1960) geschützt; außerdem ist für die Bekl. das Warenzeichen Nr. 740454 „Remany" (angemeldet am 11. 8. 1960) eingetragen. Die Firma der Bekl. lautet „Remané Weinmarken Gesellschaft mit beschränkter Haftung". In Frankreich ist durch zwei Decrets des Präsidenten der französischen Republik vom 11. 9. 1936 (J. O. 1936, 10 235) bestimmt worden, daß Anspruch auf die appellations contrôlées „Vosne Romanée", „Romanée-Saint-Vivant", „Romanée-Conti" und „La Romanée" nur Rotweine haben, die bestimmte, einzeln aufgeführte Voraussetzungen erfüllen und in bestimmten, einzeln aufgeführten Weinanbaugebieten Burgunds geerntet worden sind. Zu diesen Weinen gehört der Rosé-Wein der Bekl. nicht. Der Kl. hält die Verwendung der Bezeichnung „Remané" sowie die Eintragung der Warenzeichen „Remané" und „Remany" sowie die unter Verwendung des Wortes „Remané" gebildete Firma der Bekl. für unzulässig. Er erklärt, er sei die mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Organisation, die durch Art. 20 I des décret-loi vom 30. 7.1935 bestellt worden sei. Diese Organisation, die in der genannten Vorschrift als „Comité national des appellations d'origine de vins ou eaux-de-vie" bezeichnet worden sei, habe durch Verordnung vom 16. 7. 1947 den Namen „Institut national des appellations d'origine" erhalten. Der Kl. hat beantragt, der Bekl. zu untersagen, die mit der Bezeichnung „La Romanée" verwechslungsfähige Bezeichnung „Remané" für einen Rosé-Wein zu benutzen, der den Voraussetzungen des Decrets vom 11.9.1936 nicht entspricht. Außerdem verlangt der Kl. Löschung der Handelsfirma und der Warenzeichen Nr. 740 277 und 740 454. Aus den Gründen: „I. Der Kl. ist zur Geltendmachung der mit den Klageanträgen verfolgten Ansprüche aktiv legitimiert. 1. Nach Art. 7 II des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen vom 8.3. 1960 (BGBl. 1961 II 22), das am 7.5.1961 in Kraft getreten ist (Bekanntmachung vom 20. 4.1961, BGBl. II 482), kann der Anspruch auf Unterlassung der Benutzung einer der in der Anlage B des Abkommens aufgeführten Bezeichnungen vor den Gerichten der Bundes1
Die Parteien haben sich nach Erlaß des Urteils außergerichtlich verglichen.
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republik Deutschland auch von Verbänden, Vereinigungen u n d Einrichtungen mit Sitz in der Französischen Republik, welche die beteiligten Erzeuger, Hersteller oder Händler vertreten, geltend gemacht werden, soweit die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland dies deutschen Verbänden, Vereinigungen und Einrichtungen ermöglicht. Die Befugnis deutscher Verbände, Vereinigungen und Einrichtungen zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen richtet sich nach § 13 I UWG. 2. Der Kl. erfüllt die in § 13 I UWG aufgestellten Voraussetzungen. a) Der Kl. ist parteifähig im Sinne des § 50 I ZPO. Denn wie sich aus den Ausführungen von Roubier (Le droit de la propriété industrielle II, Paris 1954, 791, Abschn. A Abs. 2) ergibt, ist er mit dem Comité national des appellations d'origine de vins ou eaux-de-vie identisch, das gemäß Art. 20 I des décret-loi vom 30. 7. 1935 bestellt worden ist und dem durch die ebengenannte Vorschrift Rechtsfähigkeit verliehen worden ist; lediglich der Name des Comité ist durch décret vom 16. 7.1947 geändert worden und h a t die im Urteilseingang angegebene Fassung erhalten. b) Der Kl. ist auch ein Verband, welcher der Förderung gewerblicher Interessen dient. Das ergibt sich aus Art. 23 I des décret-loi vom 3. 7.1935, wonach das Comité national dazu beitragen kann, daß die Ursprungsbezeichnungen in Frankreich u n d im Ausland geschützt werden, u n d wonach es im Interesse dieses Schutzes auch vor Gericht auftreten kann. 3. Die Befugnis, nach § 13 I UWG als Kl. aufzutreten, ist nicht auf die Verfolgung des Unterlassungsanspruchs beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Geltendmachung der Ansprüche auf Löschung der F i r m a u n d der Warenzeichen der Bekl. Der Wortlaut des § 13 I UWG ist zu eng gefaßt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 9. Aufl. 1964, § 13 UWG Anm. 1 und 4). Die Vorschrift gewährt die Klagebefugnis f ü r Verbände sowohl bezüglich des Anspruchs auf künftige Unterlassung wettbewerbswidriger Maßnahmen, als auch bezüglich des Anspruchs auf Beseitigung eines bereits geschehenen Eingriffs (vgl. Baumbach-Hefermehl, § 13 Anm. 4 u n d BGH, GRUR 1962, 315, 319 - Deutsche Miederwoche). Der Anspruch auf Löschung der Firmenbezeichnung der Bekl. u n d der Anspruch auf Löschung der f ü r die Bekl. eingetragenen Warenzeichen sind solche Beseitigungsansprüche. Die dem Kl. durch Art. 7 II gewährte Klagebefugnis erstreckt sich mithin auch auf sie. II. Der Unterlassungsanspruch ist auch sachlich begründet. 1. Die Rechtsgrundlage f ü r den Anspruch bildet Art. 4 I des Abkommens (vgl. Krieger, GRUR Ausl. 1960, 400, 409, 410). Art. 4 I des Abkommens ist zwar keine eigentliche materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage, wie sie das deutsche Recht sonst kennt. Die deutsche Seite hat auf die Einarbeitung einer besonderen Anspruchsgrundlage in das Abkommen mit Rücksicht auf die andersartige Systematik des f r a n zösischen Rechts verzichtet (vgl. Krieger aaO 409). Art. 4 I des Abkommens stellt aber mit der Verweisung auf die im Recht der beiden Vertragsstaaten vorgesehenen Rechtsbehelfe klar, daß bei einer mit den Bestimmungen des Abkommens nicht zu vereinbarenden Benutzung der durch das Ab-
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k o m m e n geschützten geographischen Bezeichnungen sämtliche Rechtsbehelfe des nationalen Rechts gegeben sind, gleichgültig, ob es sich u m zivilrechtliche, strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe handelt (Kriegei aaO 409 r. Sp.). 2. Die Bezeichnung ,Remané' ist mit den Bestimmungen des Abkommens, nämlich mit Art. 3 und der Anlage B zum Abkommen, nicht zu vereinbaren. a) Zwar ist der von der Bekl. unter der Bezeichnung ,Remané' vertriebene Rosé-Wein ein französisches Erzeugnis, wie es Art. 3 des Abkommens verlangt. b) Art. 3 des Abkommens gibt aber die in der Anlage B zum Abkommen a u f g e f ü h r t e n Bezeichnungen n u r unter den in der Gesetzgebung der französischen Republik vorgesehenen Voraussetzungen f ü r die Benutzung in der Bundesrepublik frei. Diese Voraussetzungen, die f ü r die appellations , (La) Romanée', ,Romanée-Conti', ,Romanée-Saint-Vivant' u n d ,Vosne-Romanée' in den beiden Decrets des Präsidenten der Französischen Republik vom 11.9.1936 a u f g e f ü h r t sind, erfüllt der unter der Bezeichnung ,Remané" vertriebene Rosé-Wein der Bekl. unstreitig nicht. c) Mit der Bezeichnung ,Remané' wird zwar keine der ebengenannten appellations contrôlées in identischer F o r m benutzt. aa) Das Abkommen schützt indes nicht n u r gegen die unerlaubte Verwendung einer appellation contrôlée in identischer F o r m , sondern es gew ä h r t auch Schutz dagegen, daß f ü r ein Erzeugnis, welches die betreffenden Voraussetzungen nicht erfüllt, eine Bezeichnung benutzt wird, die mit der dazugehörigen appellation contrôlée verwechselbar ist. Das ergibt sich aus Art. 3 des Abkommens, wonach die in der Anlage B zum Abkommen aufgeführten Bezeichnungen n u r unter denselben Voraussetzungen benutzt werden dürfen, wie sie in der französischen Gesetzgebung vorgesehen sind. Daraus ist zu entnehmen, daß die Anwendung des französischen Rechts nicht n u r insoweit vorgeschrieben werden sollte, als es u m die Einhaltung der Voraussetzungen geht, von denen die F ü h r u n g einer appellation contrôlée abhängig ist, sondern daß sie auch f ü r den Umfang des zu gewährenden Schutzes vorgeschrieben werden sollte. Krieger spricht davon, daß die deutsche Seite vorgeschlagen habe, die in den Anlagen zum Abkommen aufgeführten geographischen Bezeichnungen beider Länder im anderen Land jeweils in demselben Umfang wie im Ursprungsland zu schützen, u n d k u r z darauf bezeichnet er es als logisch, das Ursprungsland darüber bestimmen zu lassen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem U m f a n g eine geographische Bezeichnung im anderen Land geschützt werden solle (aaO 406 1. Sp.). bb) Nach französischem Recht ist es nicht n u r unzulässig, eine appellation contrôlée f ü r ein den Voraussetzungen nicht genügendes Erzeugnis in identischer F o r m zu usurpieren, sondern ebenso ist die Verwendung einer mit einer appellation contrôlée verwechselbaren Bezeichnung verboten. Hierzu wird auf die Entscheidung der Cour de cassation vom 18.1. 1955 2 verwiesen. Durch sie ist eine Bezeichnung untersagt worden, in der * Vgl. GRUR Ausl., Fortl. Ber. Nr. 1641/57.
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eine Weinbezeichnung mit einer anderen Kennzeichnung verbunden worden war, welche mit einer appellation contrôlée klanglich gleichartig w a r . Auch Roubier (aaO 776) betont unter Hinweis auf die Rechtsprechung französischer Gerichte, daß die appellation nicht vollständig ü b e r n o m m e n zu sein brauche, sondern daß es genüge, wenn eine Bezeichnung in E r scheinung trete, die Anlaß zu Verwechslungen gebe. cc) Die Bezeichnung ,Remané' ist mit der appellation ,La Romanée' verwechslungsfähig. W e n n auch die Rechtsnorm (Schutz auch gegen n u r verwechslungsfähige Bezeichnungen) dem französischen Redit zu entnehmen ist, so ist doch f ü r die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht die Ansicht französischer, sondern die Auffassung der deutschen Verkehrskreise maßgebend. Denn nach französischer Rechtsauffassung ist ebenso wie nach deutschem Recht auf die Ansicht der Käufer des angebotenen Erzeugnisses abzustellen. Das ergibt die erwähnte Entscheidung der Cour de cassation von Paris, wo ausdrücklich von einer Verwirrung in der Ansicht der Käufer die Rede ist. Ferner sei auf die Ausführungen von Roubier (aaO 776) zum Gesetz vom 6. 5.1919 sowie f ü r den Bereich des französischen Markenrechts auf Baeumer (Schutzfähigkeit u n d Schutzumfang der Marke im französischen Recht, 1964, 93) verwiesen. Demgegenüber b e r u f t sich der KI. zu Unrecht auf Krieger (aaO 408). W e n n dieser sagt, es komme f ü r den Schutz französischer Bezeichnungen auf den jeweiligen Stand der französischen Verkehrsauffassung an, so ist zu beachten, daß er f o r t f ä h r t : , . . . soweit diese ü b e r h a u p t Grundlage des Schutzes der französischen Bezeichnungen ist und nicht wegen gesetzlicher Regelungen als Beurteilungsgrundlage ausscheidet.' Krieger meint hier also den Fall, d a ß der Schutz als solcher auf der Verkehrsauffassung beruht, so wie er in anderen Fällen auf den f ü r die appellations contrôlées getroffenen gesetzlichen Regelungen beruht. Eine solche Rolle spielt die Verkehrsauffassung hier aber nicht. Schutzgrundlage ist vielmehr auch im vorliegenden Falle die im Gesetz- und Verordnungswege erfolgte Regelung, und die Verkehrsauffassung hat hier lediglich den Maßstab d a f ü r zu liefern, ob eine Bezeichnung mit einer appellation contrôlée verwechselt werden k a n n und d a h e r der identischen Usurpation der appellation contrôlée gleichzubehandeln ist. Ähnliches gilt f ü r die kurz darauf gemachte Bemerkung Kriegers, das Abkommen stelle einen Eingriff in die freie Entwicklung der Verkehrsauffassung n u r insofern dar, als es die französischen Bezeichnungen in der Bundesrepublik Deutschland dem Einfluß der deutschen Verkehrsauffassung . . . entziehe (aaO 408). Schon der folgende Satz macht das deutlich. Dort heißt es, es komme f ü r den Schutz der deutschen Bezeichnungen in Frankreich künftig nicht m e h r darauf an, wie sie in F r a n k reich verstanden würden, sondern allein darauf, welche Bedeutung die deutschen beteiligten Verkehrskreise ihnen beilegten; ebenso sei umgekehrt die deutsche Verkehrsauffassung nicht m e h r Grundlage des Schutzes der französischen Bezeichnungen in der Bundesrepublik. Diese Bemerkung zeigt, daß Krieger n u r von der Verkehrsauffassung über die Bedeutung der
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Bezeichnungen - d. h. über ihre Bedeutung als geographische Herkunftshinweise und ihre Bekanntheit als solche — spricht. Auf wessen Verkehrsauffassung es nach dem Abkommen für Fragen der Verwechslungsfähigkeit ankommen soll, ist dagegen diesen Ausführungen Kriegers nicht zu entnehmen. Ist mithin nach französischem Recht auf die Verkehrsauffassung der Käufer abzustellen, so kommt es auf die deutsche Verkehrsauffassung an. Denn da das Erzeugnis ,Remane' nach dem unwiderlegt gebliebenen Vortrag der Bekl. in Frankreich nicht vertrieben wird, stehen die ,Romanee'-Weine und der ,Remane'-Wein nur beim Angebot an den deutschen Käufer in einem Wettbewerbsverhältnis. Nach deutscher Verkehrsauffassung ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen ,La Romanee' und ,Remane' dem Klange nach gegeben... 3. Nach alledem kann der Kl. gemäß Art. 4 I in Verbindung mit Art. 3 des Abkommens verlangen, daß die Bekl. es unterläßt, die mit der Bezeichnung ,La Romanee' verwechslungsfähige Bezeichnung .Remane' für einen Rose-Wein zu benutzen, der den Voraussetzungen der Decrets vom 11.9. 1936 nicht entspricht. III. Auch der Anspruch auf Löschung der Firma der Bekl. durch Streichung des Firmenbestandteils ,Remane' ist begründet. Die Rechtsgrundlage bildet auch hier Art. 4 I des Abkommens, der, wie oben zu II 1 dargelegt, alle in der Gesetzgebung der Vertragsstaaten vorgesehenen gerichtlichen oder behördlichen Maßnahmen zur Unterdrükkung unzulässiger Bezeichnungen zuläßt... IV. Schließlich ist auch der Anspruch auf Löschung der beiden für die Bekl. eingetragenen Warenzeichen Nr. 740 277 und 740454 nach Art. 4 I des Abkommens begründet... V. Die Bekl. kann sich sowohl gegenüber dem Unterlassungsanspruch als auch gegenüber den Löschungsansprüchen nicht darauf berufen, daß sie bei Inkrafttreten des deutsch-französischen Abkommens schon wohlerworbene Rechte an der Bezeichnung .Remane' gehabt habe. Art. 8 des Abkommens gewährt lediglich eine zweijährige Aufbrauchsfrist, die bereits abgelaufen ist." 184. Das Verhalten des ausländischen Konkurrenten im Wettbewerb auf deutschem Rechtsgebiet ist auch dann nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen, wenn der Kampf ausschließlich um ausländische Kunden geführt wird. Ob das wettbewerbliche Verhalten nach deutschem Recht sittenwidrig ist, muß jedenfalls dann nach der Auffassung der deutschen Gewerbetreibenden dieser Branche und nicht nach der Meinung der ausländischen Kunden beurteilt werden, wenn der Maßstab der deutschen Gewerbetreibenden strenger ist. LG Frankfurt, Urt. vom 28.10.1965 - 2/6 Q 243/65: BB 1966, 263.
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X. Unlauterer Wettbewerb
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Eine amerikanische Luftverkehrsgesellschaft (AGg. zu 1) und die deutsche Tochtergesellschaft einer amerikanischen Getränkeherstellerin (AGg. zu 2) planten die Durchführung einer vorweihnachtlichen Lotterie unter den in Deutschland lebenden US-Soldaten und ihren Angehörigen, bei der an jedem DezemberTag 300 Dollar verlost werden sollten. Die Teilnahmeberechtigung sollte u. a. davon abhängen, daß der Teilnehmer eine Plakette einsandte, die an den Flaschen der AGg. zu 2) angebracht war. Außerdem mußte er nachweisen, daß er einen Flugschein für einen Flug in die USA im Monat Dezember gebucht und angezahlt hatte. Eine deutsche (ASt. zu 1) und eine amerikanische Fluggesellschaft (ASt. zu 2) verlangten im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der geplanten Lotterie mit der Begründung, bei den Teilnehmern würde durch die Lotteriebedingungen der Eindruck erweckt, sie müßten einen Flug bei der AGg. zu 1) buchen und eine Flasche der AGg. zu 2) kaufen, um bessere Gewinnchancen zu haben; das sei jedoch wettbewerbswidrig. Die AGg. machten demgegenüber geltend, deutsches Wettbewerbsrecht sei nicht anwendbar; jedenfalls aber sei zu berücksichtigen, daß die allein angesprochenen amerikanischen Soldaten großzügigere Maßstäbe anlegten als deutsche Verbraucher. Aus den Gründen: „1. Der vorgetragene Sachverhalt ist nach deutschem Recht, insbesondere dem deutschen Wettbewerbsrecht zu beurteilen. Die ASt. machen unlautere Wettbewerbshandlungen der AGg. geltend und damit Ansprüche aus unerlaubter Handlüng, zumindest im weiteren Sinne (BGH, GRUR 1955, 3 5 1 ; BGHZ 35, 329, 3 3 3 1 ) . Daß diese Handlungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik begangen wurden, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Allerdings trifft es zu, daß die Werbung der AGg., soweit sie der Kammer zur Beurteilung vorliegt, sich innerhalb eines Absatzmarktes vollzieht, der sich ausschließlich mit ausländischen Staatsangehörigen, die im Inland stationiert sind, als Kundenkreis befaßt. Die AGg. wollen mit diesem Einwand offensichtlich geltend machen, daß es sich im Grunde um eine im Ausland begangene Wettbewerbshandlung handele, über die nach ausländischem Recht zu entscheiden sei. I m Schrifttum (vgl. Ubersicht bei Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 9. Aufl., Einl. UWG Rn. 121-123) und neuerdings in der Rechtsprechung (vgl. BGHZ 35, 329 wird wohl auch die Auffassung vertreten, daß nicht stets der Ort, an dem ein Tatbestandsmerkmal einer unerlaubten Handlung verwirklicht wurde, der für die Anknüpfung maßgebende Begehungsort sein müsse. E i n e r weiteren Auseinandersetzung mit den hierzu entwickelten Theorien zur Bestimmung des Begehungsortes bedarf es jedoch nicht. Andererseits konnte es auch offenbleiben, ob nicht ausländische Unternehmen, gleich ob sie nur untereinander im Wettbewerb um ausländische Kunden stehen, immer dann schon deutschen Wettbewerbsregeln unterliegen, wenn sich der Wettbewerb innerhalb des deutschen Gebietes vollzieht. 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 155.
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Die AGg. verkennen nämlich, daß die ASt. zu 1) - und auch die Antragsgegnerin zu 2) — in ihrem wettbewerblichen Verhalten jedenfalls im Gebiet der Bundesrepublik nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen sind. Darin stimmen Schrifttum und Rechtsprechung auch überein (aaO). Die Auffassung der AGg. würde hier zu untragbaren Ergebnissen führen. Wäre das Verhalten des ausländischen Wettbewerbers im Wettbewerb auf deutschem Rechtsgebiet, wenn auch im Kampf um ausschließlich ausländische Kunden, nach ausländischem Recht zu werten und dann zulässig, nach deutschem Wettbewerbsrecht jedoch unzulässig, so müßte dies dazu führen, daß dem deutschen Mitbewerber dieser Markt f ü r das Vorgehen mit den gleichen Werbemethoden verschlossen wäre. Dieses Ergebnis ist nicht zu billigen. Die Anwendung ausländischen Rechts wäre dann auch gemäß Art. 30 EGBGB ausgeschlossen, denn der Zweck des UWG, f ü r den Leistungswettbewerb innerhalb des deutschen Rechtsgebietes gleiche rechtliche Voraussetzungen zu schaffen, würde zunichte gemacht. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, daß dieser Rechtsstreit nach dem deutschen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und den hierzu entwickelten deutschen Rechtsgrundsätzen zu entscheiden ist. 2. Die Beurteilung nach deutschem Recht ergibt, daß die von den AGg. geplante Lotterie und die d a f ü r betriebene Werbung in der vorliegenden Form gegen die guten kaufmännischen Sitten im Wettbewerb verstoßen und deshalb zu untersagen sind, §§ 1, 13 U W G . . . [wird ausgeführt]. Die AGg. machen geltend, daß der durchschnittliche amerikanische Leser ein solches Vorgehen großzügiger beurteile und nicht als anstößig empfinde. Sie haben allerdings über diese allgemein gehaltenen Feststellungen hinaus Einzelheiten hierzu nicht vorgetragen. Letztlich ist dieser Einwand aber auch nicht erheblich. Sittenwidrig ist ein Verhalten in erster Linie dann, wenn es dem Anstandsgefühl der verständigen und anständigen Durchschnittsg'eiuer&etreibenden dieser Branche zuwiderläuft (BGHZ 15, 364), denn sie können über das zu bewertende Verhalten des Mitbewerbers ein Urteil haben. Aus den eingangs angestellten Erwägungen muß, wenn nicht ein unbilliges Ergebnis erzielt werden soll, hier mit dem Maßstab des deutschen Gewerbetreibenden gemessen werden, der auch an das wettbewerbliche Verhalten der ASt. zu 1) und der AGg. zu 2) zu legen ist. Dessen Auffassung von guten Sitten im Wettbewerb widerspricht es aber, einem Mitbewerber Kunden durch diese Art von Werbung wegzufangen. Es ist zwar richtig, daß die Meinung des Durchschnittsgewerbetreibenden nicht allein maßgebend sein muß. Der Auffassung des vernünftigen Durchschnittskunden kommt aber nur dann Bedeutung zu, wenn bei Zugrundelegung der Anschauungen der Gewerbetreibenden den schutzwürdigen Belangen der Allgemeinheit nicht hinreichend Rechnung getragen wird, also etwa die Mehrheit eines Gewerbezweiges eine Werbemaßnahme nicht als anstößig empfindet, die von der Allgemeinheit jedoch als unsittlich angesehen wird. Es wird auf jeden Fall die strengere Auffassung
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der erwähnten Verkehrskreise den Ausschlag geben müssen (BaumbachHefermehl, Einl. Rn. 57; BGH, GRUR 1960, 558, 561). Schon aus diesem Grund kann hier eine etwa abweichende Auffassung ausländischer Kundenkreise keine Berücksichtigung finden (so auch wohl Baumbach-Hefermehl, Einl. Rn. 64 am Ende)."
XI. ÖFFENTLICHES RECHT
1. Enteignung Siehe auch Nr. 6, 16, 17, 27, 176, 213
185. Es wird daran festgehalten, daß eine sudetendeutsche juristische Person, deren Vermögen von der Tschechoslowakei enteignet worden ist, mit ihrem in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Vermögen weiter besteht. BGH, Urt. vom 21.1. 1965 - II ZR 120/62: BGHZ 43, 51; NJW 1965, 969; MDR 1965, 458; WM 1965, 227; BB 1965, 265; Leitsatz in LM Nr. 1 zu § 90 GenG mit Anm. Fischer; LM Nr. 1 zu § 91 GenG. Aus den Gründen: „Der Senat hat in seinem Urteil vom 11. 7. 1957 - II ZR 318/55 (BGHZ 25, 134, 151 f . ) 1 in Übereinstimmung mit der Bank deutscher Länder, der Landeszentralbank von Bayern und dem Bayerischen Staatsministerium f ü r Finanzen den Standpunkt vertreten, die Bekl. [die Zentralkasse Sudetendeutscher Genossenschaften eGmbH] sei kein Kreditinstitut im Sinne des Währungsgesetzes, da sie zur Zeit der Währungsumstellung mangels Genehmigung der zuständigen Bankaufsichtsbehörde keine Bankgeschäfte habe betreiben dürfen. Er hält an dieser Ansicht auch nach nochmaliger Prüfung fest. Gurski (WM 1963, 1078, 1080-1085) sucht dieser Rechtsprechung dadurch den Boden zu entziehen, daß er den Fortbestand von juristischen Personen leugnet, die ihren Sitz in der Tschechoslowakei hatten, dort enteignet worden sind, in der Bundesrepublik aber Vermögen besaßen. E r hält zwar f ü r richtig, daß Enteignungsmaßnahmen eines Staates nur das im Machtbereich dieses Landes belegene Vermögen erfaßten und nicht über dessen Grenzen hinausgriffen, meint aber, es sei nicht überzeugend, daß juristische Personen, die in ihrem Sitzstaat enteignet würden, außerhalb dieses Landes um ihres dort belegenen, enteignungsfrei bleibenden Ver1
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 21. IPR 1964/65
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mögens willen fortbeständen (aaO 1084f.). Zwingend sei allein, daß das enteignete Unternehmen auf das von der Enteignung nicht erfaßte Auslandsvermögen nicht zugreifen könne. Die Nichtanerkennung der Enteignungswirkungen auf das Auslandsvermögen des betroffenen Unternehmens mache es nicht notwendig, „eine neue Rechtsträgerschaft zu konstruieren und über sie einen bloßen Vermögensteil für parteifähig zu erklären". Das ist nicht richtig. Auch wenn die juristische Person durch den hoheitlichen Zwangseingriff im Sitzstaat vernichtet wird, ihre Organe entmachtet werden und ihren Sitz verliert, besteht sie mit ihrem enteignungsfrei gebliebenen Auslandsvermögen weiter. Das enteignungsfrei gebliebene extraterritoriale Vermögen wird nicht herrenlos. Es ist aber auch keine rechtsträgerlose Vermögensmasse, sondern gehört nach wie vor der von dem Zwangseingriff betroffenen juristischen Person. Insoweit galt auch die Vertretungsmacht ihrer vertretungsberechtigten Organe bis zum Ablauf der Bestallungszeit weiter. Soll der hoheitliche Zwangseingriff keine übergreifende Wirkung haben, so muß auch der mit der totalen Vernichtung der juristischen Person im Sitzstaat verbundene Verlust des statutarischen Sitzes für den extraterritorialen Fortbestand der juristischen Person ohne rechtliche Bedeutung bleiben. Denn sonst käme man über die Vernichtung des statutarischen Sitzes zur Vernichtung der juristischen Person außerhalb der Grenzen des enteignenden Staates. Grundsätzlich bestimmt zwar das Recht des Sitzstaates, unter welchen Voraussetzungen eine juristische Person entsteht, lebt und vergeht. Soweit aber für staatliche Zwangseingriffe gegen eine juristische Person über den Hoheitsbereich hinausgreifende Wirkungen in Betracht kommen, ist ihnen die Anerkennung zu versagen. Mit dieser Begründung hat der Senat in seinem Urteil vom 11. 7. 1957 (BGHZ 25, 134, 143 f.) 1 den Fortbestand der betroffenen juristischen Person angenommen. Er hat weiter ausgeführt (aaO 147f.), daß die Mitgliedschaften an einer solchen juristischen Person ihr Weiterleben dem Fortbestande der Rechtsperson verdanken. Entgegen der Annahme von Gurski geht es also nicht um die Schaffung einer neuen Rechtsträgerschaft und nicht um die Ausstattung eines trägerlos gewordenen Vermögensteils mit Parteifähigkeit."
186. Eine Enteignung von Wertpapieren ergreift nicht die im Papier verkörperten Mitgliedschafts- und Forderungsrechte, sofern die juristische Person, an der die Mitgliedschaftsrechte bestehen und gegen die sich die Forderungen richten, außerhalb der Grenzen des enteignenden Staates besteht. Ein Verfahrensbegehren ist unzulässig, wenn es darauf abzielt, einer Enteignungsmaßnahme eines ausländischen Staates unter Umgehung des Territorialitätsprinzips Wirksamkeit zu verschaffen. OLG Celle, Beschl. vom 25. 3. 1965 - 1 W x 7/64: Unveröffentlicht.
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Aus den Gründen: „Ein Gesetzesverstoß ist . . . darin zu sehen, daß das LG den Umfang seiner Sachleitungs- und Aufklärungspflicht nicht voll berücksichtigt hat. Dieser Verstoß beruht darauf, daß es der Frage, ob das vorliegende Verfahren möglicherweise dazu dient, einer Enteignungsmaßnahme des tschechoslowakischen Staates unter Verstoß gegen den Schutzzweck des Territorialitätsprinzips (BGHZ 25, 147 Wirksamkeit zu verschaffen, keine hinreichende Beachtung geschenkt hat. Es entspricht den anerkannten Rechtsgrundsätzen des IPR, daß Enteignungsmaßnahmen eines Staates n u r das Vermögen ergreifen, das seiner Gebietshoheit unterliegt, ihre Wirkungen also an der Grenze des Landes enden, von dem sie ausgegangen sind (so BGHZ 2, 218 [222]; 5, 27 [35] 2 ; 9, 34 [38] 3 ; 12, 79 [84] 4 und ständig). Bei der Enteignung von Wertpapieren könnte der Belegenheitsstaat allenfalls das Papier als solches enteignen; die Enteignung ergreift aber nicht die im Papier verkörperten Mitgliedschafts- und Forderungsrechte, sofern die juristische Person, an der die Mitgliedschaftsrechte bestehen und gegen die sich die Forderungsrechte richten, außerhalb der Grenzen des enteignenden Staates besteht (vgl. BGHZ 25, 192 1 ; SoergelSiebert-Kegel, [BGB] Bern. 456 vor Art. 7 EGBGB). Deshalb ist die Enteignungsmaßnahme des tschechoslowakischen Staates, die sich auf Grund des Dekrets Nr. 108/45 des Präsidenten der CSR gegen das angemeldete Wertpapier des Anmelders richtete, in der Bundesrepublik ohne rechtliche Wirkung geblieben und hat in dem vom tschechoslowakischen Staat eingeleiteten Verfahren zur Ablehnung der seinerzeit angemeldeten Rechte geführt. Wäre das vorliegende Verfahren darauf gerichtet, den tschechoslowakischen Staat doch noch in den Genuß der mit dem enteigneten Wertpapier verknüpften Rechte zu setzen, wäre also der Anmelder als Berechtigter zu diesem Zweck nur vorgeschoben, so würde dieses Verfahren auf die Herbeiführung eines rechtswidrigen Erfolges, nämlich auf die Umgehung des Territorialitätsprinzips abzielen. Ein solches Verfahrensbegehren ist unzulässig; denn es ist selbstverständlich, daß der Rechtsschutz der Gerichte nicht zur Herbeiführung eines rechtswidrigen Erfolges in Anspruch genommen werden darf. Ob begründete Anhaltspunkte in dieser Richtung hier vorliegen, bedarf noch weiterer Aufklärung und P r ü f u n g . . . " 187« Eine juristische Person, deren Vermögen in ihrem ausländischen Heimatstaat enteignet worden ist, besteht in der Bundesrepublik Deutschland als Rechtspersönlichkeit fort, da ihr dort belegenes Vermögen von defr Enteignung nicht betroffen wird. OLG Hamm, Beschl. vom 19. 8.1965 - 15 W 157/65: OLGZ 1965, 329. 1 3
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 21. IPRspr. 1952-1953 Nr. 37.
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IzRspr. 1945-1953 Nr. 413. IzRspr. 1945-1953 Nr. 400 a.
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188« Es entspricht den anerkannten Rechtsgrundsätzen des Internationalen Prioatrechts, daß Enteignungsmaßnahmen eines Staates nur das Vermögen ergreifen, das seiner Gebietshoheit unterliegt, ihre Wirkung also an der Grenze des Landes endet, von dem sie ausgegangen sind. LG Hannover, Beschl. vom 1. 11. 1965 - 30 WK 9/685 N: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Es entspricht den anerkannten Rechtsgrundsätzen des IPR, daß Enteignungsmaßnahmen eines Staates nur das Vermögen ergreifen, das seiner Gebietshoheit unterliegt, ihre Wirkung also an der Grenze des Landes endet, von dem sie ausgegangen sind (ständige Rechtsprechung des BGH; vgl. OLG Celle, Beschl. vom 25. 3. 1965 - Wx 7/ 6 4 l ) . Die hier gemeldeten Wertpapiere konnte die tschechoslowakische Republik nicht enteignen, weil sie nicht bei ihr belegen waren, sondern sich in Drittverwahrung in Berlin befanden. Die Enteignung konnte auch nicht die im Papier verkörperten Mitgliedschafts- und Forderungsrechte ergreifen, weil die Ausstellerin, gegen die sich diese Rechte richten, außerhalb der Grenzen der die Enteignung dekretierenden CSSR bestand. Demgemäß ist die Enteignungsmaßnahme des tschechoslowakischen Staates, welche die Enteignung der Gläubigerrechte aus dem Titel Nicht-Anmeldung zur Konskription gemäß Dekret des Präsidenten der CSSR Nr. 95/1945 GS zurückführte, hinsichtlich der angemeldeten Wertpapiere der Anmelder in der Bundesrepublik Deutschland ohne rechtliche Wirkung geblieben." 1 8 9 . Eine juristische Person, deren Vermögen in ihrem ausländischen Heimatstaat enteignet worden ist, besteht grundsätzlich in der Bundesrepublik Deutschland mit ihrem hier belegenen Vermögen fort. Das gilt auch für eine Stiftung, die eine kulturelle Einrichtung ist. Es ist sinnwidrig, den satzungsmäßigen Sitz in einem Land als fortbestehend anzusehen, das den Bestand und die Rechtsinhaberschaft der juristischen Person nicht anerkennt und wo von der juristischen Person nichts mehr übriggeblieben ist. Eine im Ausland enteignete Stiftung kann ihre Rechte in der Bundesrepublik Deutschland unabhängig davon geltend machen, ob sie ihren 'rechtlichen Sitz rechtswirksam in die Bundesrepublik Deutschland verlegt oder hier einen zweiten Sitz begründet hat. Ist eine Stiftung im Ausland als selbständiger Rechtsträger wirksam entstanden und in Deutschland ohne weiteres anerkannt worden, so kann ihr Untergang im Heimatstaat nicht dazu führen, daß sie in Deutschland neu genehmigt werden müßte, um weiter zu bestehen. Eine innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestehende Stiftung kann nach der Enteignung ihres ausländischen Vermögens als „werbende" Stiftung weiterbestehen. 1 Siehe oben Nr. 186.
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BGH, Urt. vom 29.11. 1965 - III ZR 198/63: WM 1966, 221; AWD 1966, 102; DB 1966, 461. Die beklagte Stiftung wurde am 5. Februar 1905 vom russischen Minister des Innern bestätigt. Stifter war der im Jahre 1903 verstorbene B., der die Gründung der Stiftung in einem Testament vom Jahre 1901 angeordnet, den Satzungsentwurf beigefügt und die Stiftung mit erheblichem Vermögen ausgestattet hatte. Zu dem Vermögen gehörte auch der von B. im Jahre 1885 unter der Firma B. in Leipzig gegründete Musikverlag, der nach dem zweiten Weltkrieg nach Bonn verlegt und dort im Handelsregister eingetragen wurde. In Rußland stellte das Kuratorium seine Tätigkeit gegen Ende des Jahre 1917 ein. Das dortige Vermögen wurde eingezogen oder auf andere Weise der Verfügung des Kuratoriums entzogen. Am 10. September 1920 wurde in einer Sitzung in Leipzig in Abwesenheit zweier Kuratoren und des Leiters des Leipziger Verlages beschlossen, die Tätigkeit des Kuratoriums in Paris zu eröffnen. Die Kl., die seit 1928 ohne Erfolg mehrere Klagen mit dem Ziel, das Vermögen der Stiftung zu erlangen, anhängig gemacht haben, begehren mit der gegenwärtigen Klage als angebliche Erbeserben des Stifters von der bekl. Stiftung, seit dem Berufungsrechtszug auch von den Kuratoren, die Übergabe eines Verzeichnisses des gesamten in- und ausländischen Betriebsvermögens des von der Stiftung verwalteten Musikverlages B. sowie Rechnungslegung über die Verwaltung des Verlages seit dem 1. 1. 1950, ferner Abtretung oder Herausgabe der aus dem Verzeichnis ersichtlichen Rechte und Sachen und Herauszahlung des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Endbetrages, hilfsweise die Herauszahlung des Erlöses aus der Liquidation des Musikverlages. Nach Meinung der Kl. ist die Stiftung erloschen. Die Vorinstanzen haben zuungunsten der Kl. entschieden. Diese verfolgen mit der Revision ihre Anträge weiter. Aus den Gründen: „Von seiner zu billigenden Annahme aus, daß die bekl. Stiftung ein Opfer der allgemeinen Enteignungsmaßnahmen in der Sowjetunion geworden sei, durfte das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision die Grundsätze des Territorialitätsprinzips zur Anwendung bringen, nach dem die Wirkung einer Enteignung da aufhört, wo die Gebietshoheit der enteignenden Macht endet und ein staatlicher Zwangseingriff gegen eine juristische Person nur innerhalb der Machtgrenzen des ihn anordnenden Staates wirkt. Eine juristische Person, deren Vermögen in ihrem ausländischen Heimatstaat enteignet wird, besteht demnach grundsätzlich in der Bundesrepublik fort (vgl. u. a. das Urt. des IV. ZS im Vorprozeß IV ZR 204/57 vom 5. 2. 1958 1 sowie BGHZ 23, 333, 336 2 ; 25, 134 s ; 32, 257 4 ; 33, 195 5 ). Andernfalls würden die Wirkungen eines ausländischen Zwangseingriffs im Inland anerkannt. Das bedeutet: Die bekl. Stiftung hat, nachdem sie in der Sowjetunion ihr Vermögen eingebüßt hat und rechtlich untergegangen ist, mit dem von dem Zwangseingriff und seinen Auswirkungen nicht erfaßten, in der Bundesrepublik belegenen und daher enteignungsfrei gebliebenen Vermögen 1 3 5
IPRspr. 1958-1959 Nr. 38. IPRspr. 1956-1957 Nr. 21. IPRspr. 1960-1961 Nr. 76.
2 4
IzRspr. 1954-1957 Nr. 231. IPRspr. 1960-1961 Nr. 75.
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(hier zumindest mit dem Musikverlag B. in Bonn) fortgelebt und lebt hier auch jetzt noch weiter. Daß die bekl. Stiftung eine kulturelle Einrichtung und keine Handelsgesellschaft ist, steht dem, anders als die Revision meint, nicht entgegen. Die Revision nimmt an, im vorliegenden Falle fehle ein Bedürfnis, die Grundsätze des Territorialitätsprinzips anzuwenden, denn es seien weder Gesellschafter noch Gläubiger der Stiftung vorhanden, während die Rechtsprechung zum Territorialitätsprinzip lediglich den Gläubigern unter dem Liquidationsgesichtspunkt den Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen eröffnen soll. Der Revision ist soviel zuzugeben, daß anfänglich die Grundsätze des Territorialitätsprinzips im Blick auf die Notwendigkeit eines Schutzes der Gläubiger und auch der Schuldner (vgl. RGZ 129, 98, 105) einer wie hier von einem ZwangseingrifF einer anderen Staatsgewalt betroffenen Rechtsperson angewendet wurden. Im weiteren Verlauf setzte sich aber die Auffassung durch, Sinn und Inhalt des Territorialitätsprinzips sei vor allem, unberechtigte Eingriffe eines Staates in den Hoheitsbereich eines anderen Staates zu unterbinden und es zu verhindern, daß ein Staat Hilfestellung zu einem - bisher unvollständigen — Wirksamwerden von Maßnahmen eines anderen Staates leistet (vgl. BGHZ 23, 333, 337f. 2 ; 32, 256, 261 4 ). Der tragende Grund f ü r die Anwendung des Territorialitätsprinzips ist heute die Beschränkung staatlicher Zwangsmaßnahmen auf das Gebiet des handelnden Staates, nicht die Erhaltung einer Zugriffsmöglichkeit von Gläubigern, auch nicht der Vermögensschutz deutscher Staatsbürger. Zu dem Fortleben der Stiftung sind noch folgende Erwägungen anzustellen: Ein Fortbestand der bekl. Stiftung in der Bundesrepublik kann nicht etwa damit in Abrede gestellt werden, die Stiftung habe ihren Sitz nach Paris verlegt; denn das Berufungsgericht verneint eine wirksame Sitzverlegung dorthin u. a. mit der das Revisionsgericht bindenden (§ 549 ZPO) Erwägung, nach französischem Recht sei hierzu eine Genehmigung oder Bestätigung der französischen Behörden erforderlich gewesen, die aber nicht erfolgt sei. Die von den Bekl. erwähnte de facto-Existenz und Anerkennung der Stiftung in Paris reicht nicht aus, u m die bekl. Stiftung als nicht in der Bundesrepublik fortbestehend anzunehmen. Daß die in der Bundesrepublik fortbestehende Stiftung ihren Sitz in Petersburg weiter behalten hat, darin kann allerdings dem Berufungsgericht nicht zugestimmt werden. Es ist sinnwidrig, den satzungsmäßigen Sitz in einem Land als fortbestehend anzusehen, das den Bestand und die Rechtsinhaberschaft der juristischen Person selbst nicht anerkennt und wo von der juristischen Person nichts mehr übrig geblieben ist (BGHZ 19, 102, 105f. 8 ; 33, 195, 203«; 38, 36, 40 7 ; 43, 51, 55 8 ; BGH, WM 1959, 322»; Beitzke, JZ 1963, 361). Ob man der Stiftung einen faktischen Sitz, etwa in Bonn als dem Ort des Musikverlages zuerkennen will (vgl. hierzu Beitzke aaO) oder ob man, weil man f ü r einen Sitz einen konstitutiven Akt z. B. einen Be« IPRspr. 1954-1955 Nr. 200. Siehe oben Nr. 185.
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 58. » IzRspr. 1958-1959 Nr. 73.
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Schluß über die Verlegung oder Neubegründung des Sitzes fordert, die juristische Person bis zur Vornahme dieses Aktes ohne inländischen Sitz als existent betrachten will (vgl. hierzu BGHZ 33, 204 5 ; BGH, WM 1959, 322 9 ), kann auf sich beruhen bleiben. Keine der beiden Auffassungen steht der Ansicht entgegen, daß die bekl. Stiftung in der Bundesrepublik fortbesteht. Deshalb hat der I. Zivilsenat im Urteil vom 24. 7.1957 - I ZR 21/56, LM Nr. 18 zu § 12 BGB 10 (vgl. auch Urt. I ZR 50, 150/57 vom. 6. 2. 1959, LM Nr. 79 zu § 1 U W G " ) auch entschieden, daß die in der Ostzone enteignete Carl-Zeiss-Stiftung ihre Rechte in der Bundesrepublik geltend machen kann, unabhängig davon, ob sie ihren rechtlichen Sitz rechtswirksam in die Bundesrepublik verlegt oder hier einen zweiten Sitz begründet habe. Ferner kann der Revision insofern nicht gefolgt werden, als sie den Fortbestand der bekl. Stiftung damit leugnen will, daß sie in der Bundesrepublik nicht einer Staatsaufsicht und staatlichen Mitwirkung unterliege. Die bekl. Stiftung ist, wovon das Revisionsgericht auszugehen hat, in Rußland als selbständiger Rechtsträger wirksam entstanden. Als ausländische juristische Person ist sie in Deutschland ohne weiteres anerkannt worden. Ihr Untergang im Heimatstaat kann nicht dazu führen, daß sie in der Bundesrepublik (neu) genehmigt werden müßte, um weiter zu bestehen. Darüber hinaus ist dem Berufungsgericht darin beizutreten, daß die staatliche Aufsicht kein begriffsnotwendiges Merkmal der Stiftung ist. Das BGB enthält keine Bestimmungen über eine Staatsaufsicht, es setzt sie n u r voraus. Nach dem öffentlichen Recht der einzelnen Bundesländer unterstehen die Stiftungen nur in der Regel einer Staatsaufsicht; nötig ist sie nicht in jedem Fall, was darin augenfällig wird, daß z. B. im Freistaat Bayern nur die öffentlichen Stiftungen der Staatsaufsicht unterliegen (Stiftungsgesetz vom 26. 11. 1954, BayBS II 661 Art. 34). Die Frage kann nicht die sein, ob die Stiftung einer Staatsaufsicht unterliegt und deshalb fortbesteht, sondern höchstens die, ob die in der Bundesrepublik fortbestehende Stiftung nicht nach dem f ü r sie in Betracht zu ziehenden Landesrecht einer Staatsaufsicht und auch einer Publikationspflicht unterliegt. Selbst wenn aber keine Aufsicht über die bekl. Stiftung in der Bundesrepublik bestehen sollte, so lassen die Erwägungen des Berufungsgerichts, der in der Satzung zum Ausdruck gelangte Wille des Stifters sei dahin zu verstehen, daß die Stiftung gleichwohl weiter bestehen solle, einen Rechtsfehler nicht erkennen. Dem Stifter kam es, wie das Berufungsgericht dargelegt hat, vor allem darauf an, daß sein Ziel, die russische Musik zu verbreiten und zu fördern, erreicht werde. Die bekl. Stiftung besteht, worin dem Berufungsgericht ebenfalls beizupflichten ist, auch als eine sich betätigende Stiftung fort. Die Möglichkeit, eine innerhalb der Bundesrepublik bestehende Stiftung nach der Enteignung ihres ausländischen Vermögens als „werbende" Stiftung weiterbestehend anzusehen, hat im Grunde bereits der I. Zivilsenat f ü r die Carl10
IzRspr. 1954-1957 Nr. 222.
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IzRspr. 1958-1959 Nr. 140.
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Zeiss-Stiftung in seinen genannten Urteilen v o m 24. 7.1957 - I Z R 21/5610 und v o m 6. 2. 1959 - I Z R 50, 150/5711 bejaht. Es ist auch nicht einzusehen, daß eine im Ausland enteignete juristische Person, die im Inland als fortbestehend angenommen wird, stets nur im Liquidationsstadium weiterbestehen könne und es Sache der Beteiligten sei, sie wieder in Gang zu bringen (so auch Raape, I P R , 5. Aufl., § 66 I V ) . I m vorliegenden Fall haben die Kuratoren den der Stiftung gehörenden Verlag - soviel geben die Feststellungen des angefochtenen Urteils her - und die Stiftungsgeschäfte, wenn auch in beschränktem Umfang, weitergeführt. Daß die Möglichkeit der Fortführung beschränkt war, ist rechtlich ohne Belang (vgl. das mehrfach erwähnte BGH-Urteil I ZR 21/56 v o m 24. 7. 1957)." 1 9 0 . Das Auslandsvermögen einer juristischen Person, die ihren Sitz im Gebiet des konfiszierenden Staates hat, kann wegen der territorial beschränkten Wirkung von Hoheitsmaßnahmen auch auf dem Weg über eine Konfiskation aller Mitgliedschaftsrechte nicht erfaßt werden. Art. 10 I des deutsch-niederländischen Finanzoertrages vom 8. April 1960 erfüllt den Tatbestand einer Enteignung. BGH, Beschl. v o m 2. 12. 1965 - I I Z R 81/62: A W D 1966, 60; W M 1966, 111; DB 1966, 977; Leitsatz in N J W 1966, 696. Der Vater der Kl., deutscher Staatsangehörigkeit, war alleiniger Gesellschafter der 1920 gegründeten IAK, einer Aktiengesellschaft niederländischen Rechts. Dieser Aktienbesitz ist auf Grund der niederländischen VO über das Feindvermögen vom 20. 10. 1944 konfisziert worden. Die Rechte aus diesem Aktienbesitz sind durch Erbgang und Erbauseinandersetzungsvertrag auf die KI. übergegangen. Die Aktiengesellschaft ist als Holdinggesellschaft gegründet worden. Sie besitzt 98 °/o der GVGmbH (im folgenden GVG), die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hatte und hat. Das niederländische Beheers-Instituut, das die beschlagnahmten Aktien für das Königreich der Niederlande verwaltet, bestellte den niederländischen Rechtsanwalt V. zunächst als Treuhänder, dann als Direktor (Vorstand) und schließlich als Liquidator der IAK. Die letztere Funktion ist später dem Bekl. übertragen worden. Die restlichen 2 %> Geschäftsanteile an der GVG standen der NVGmbH (im folgenden NVG) zu, die wirtschaftlich dem Vater der Kl. gehörte. Am 10. 12. 1948 beriefen die IAK und die NVG den bisherigen Geschäftsführer der GVG ab und bestellten den Rechtsanwalt Dr. W . zu deren Geschäftsführer. Die GVG ist mangels Neufestsetzung ihrer Kapitalverhältnisse aufgelöst worden (§ 80 DM-Bilanzgesetz). Die Kl. ist der Ansicht, die Konfiskation der Aktien ihres Vaters habe nur innerhalb des niederländischen Hoheitsgebiets Wirkungen äußern können und dem niederländischen Staat keinerlei Rechte an der GVG verschafft Das in der Bundesrepublik belegene Vermögen der IAK - das ist ihr Anteilsbesitz an der GVG - sei von der Enteignung nicht erfaßt worden und habe sich verselbständigt. Sie, die Kl., sei die alleinige Aktionärin dieser Spaltgesellschaft. Weil die niederländische Aktiengesellschaft infolge hoheitlichen Zwangseingriffs ihre Mitgliedschaft an der GVG eingebüßt habe, habe sie Dr. W. nicht zum Geschäftsführer und den Bekl. nicht zum Liquidator dieser GmbH bestellen können. Am 29. 11. 1957 hat die Kl. als „alleinige Aktionärin" der Spalt-IAK eine Hauptversammlung
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abgehalten, sich zum Liquidator dieser Gesellschaft bestellt, München zum Sitz derselben bestimmt und einen Aufsichtsrat gewählt. Mit der Klage verlangt die Kl. festzustellen, daß die Bestellung des Bekl. zum Liquidator nichtig war, und ihn zu Rechnungslegung, Herausgabe des Erlöses und Schadensersatz zu verurteilen.
Aus den Gründen: „I. II. . . . III. Die Revision wäre, falls sie vor dem Inkrafttreten des deutschniederländischen Finanzvertrages vom 8. 4. 1960 (BGBl. 1963 II 629) - abgekürzt FinV — zur Entscheidung gekommen wäre, mit der Begründung zurückgewiesen worden, die Konfiskation der Aktien des Vaters der Kl. als des alleinigen Gesellschafters der IAK habe nicht die von dieser Aktiengesellschaft gehaltenen Geschäftsanteile an der GVG erfaßt. Der VII. Zivilsenat des BGH hat in seinem Urteil vom 5. 5. 1960 - VII ZR 92/58 - (BGHZ 32, 256, 259 den Standpunkt vertreten, das Auslandsvermögen einer juristischen Person, die ihren Sitz im Gebiet des konfiszierenden Staates habe, könne wegen der territorial beschränkten Wirkung von Hoheitsmaßnahmen auch auf dem Weg über eine Konfiskation aller Mitgliedschaftsrechte nicht erfaßt werden. Er hat diesen Standpunkt in seinem Urteil vom 6. 10.1960 - VII ZR 136/59 - bekräftigt (BGHZ 33, 195, 197) 2 . Der II. Zivilsenat hat sich dieser Auffassung in seinem Urteil vom 23.1. 1961 - II ZR 204/59 - (WM 1961, 347) 3 angeschlossen und ist hierbei in seinem Urteil vom 20. 2.1961 - II ZR 274/58 - (WM 1961, 423) 4 verblieben (vgl. auch BGHZ 43, 51, 54ff. 5 ). E r sieht auch nach erneuter Prüfung keinen Anlaß, hiervon abzugehen. IV. Wenn auch das Berufungsurteil bereits am 23.2.1962 verkündet worden und der deutsch-niederländische Finanzvertrag erst am 1. 8/ 1963 in Kraft getreten ist (vgl. die Bekanntmachung vom 29. 7. 1963, BGBl. II 1078), so ist dieser Vertrag doch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 9, 101; BGH, LM Nr. 18 zu AuslSchuldabk 6 ), weil anzunehmen ist, daß er alle von ihm geregelten Rechtsverhältnisse ohne zeitliche Grenze erfassen will. V. Nach Art. 10 I FinV steht das Königreich der Niederlande d a f ü r ein, daß niederländische Aktiengesellschaften, deren ganzes ausgegebenes Kapital als deutsches Vermögen kraft des .Besluit Vijandelijk Vermögen' auf das Königreich der Niederlande übergegangen ist, ihre am 1. 8. 1963 in der Bundesrepublik befindlichen Vermögenswerte den vormaligen deutschen Aktionären oder ihren Rechtsnachfolgern zur freien Verfügung stellen; das sollte jedoch dann nicht gelten, wenn das ausgegebene Kapital bis zum Tage der Unterzeichnung des Vertrages, also bis zum 8. 4. 1960, vom niederländischen Staat bereits dritten Personen übertragen war und soweit 1 3 5
IPRspr. 1960-1961 Nr. 75. IPRspr. 1960-1961 Nr. 78. Siehe oben Nr. 185.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 76. IPRspr. 1960-1961 Nr. 80. IPRspr. 1962-1963 Nr. 34.
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nicht das übrige Vermögen der Gesellschaft zur Deckung der Gesellschaftsschulden ausreicht. Die Parteien stimmen darin überein, daß diese Ausnahmen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind. Sie gehen nunmehr auch davon aus, daß der hier gegebene Fall einer Konfiskation von Mitgliedschaftsrechten einer niederländischen Aktiengesellschaft, deren alleiniger Aktionär ein Deutscher war und die in der Bundesrepublik befindliche Vermögenswerte besaß, allein durch Art. 10 I FinV geregelt ist. Das entspricht einer gemäß § 272 b ZPO eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes. Danach hat die niederländische Delegation den Standpunkt vertreten, die niederländische Beschlagnahme der im Besitz eines Deutschen befindlichen Mitgliedschaftsrechte einer niederländischen Einmann-Gesellschaft habe auch das in der Bundesrepublik belegene Gesellschaftsvermögen erfaßt, während von deutscher Seite geltend gemacht wurde, daß nach der Rechtsprechung des BGH hoheitliche Maßnahmen auf Grund der niederländischen Feindvermögens-Gesetzgebung nach dem Territorialitätsprinzip nur im niederländischen Hoheitsbereich Wirkungen hätten äußern und daher das bundesdeutsche Vermögen der betroffenen Aktiengesellschaft nicht hätten ergreifen können (Spaltungstheorie). Die Auskunft besagt weiter: Eine Einigung auf einen der beiden Rechtsstandpunkte habe nicht erzielt werden können, die niederländische Delegation sei insbesondere nicht bereit gewesen, Verpflichtungen f ü r die Fälle zu übernehmen, in denen der niederländische Staat über die beschlagnahmten Anteile an niederländischen Gesellschaften oder deren Vermögen in der Bundesrepublik bereits durch Übertragung an Dritte verfügt hatte'; Art. 10 I FinV treffe ,unter Verzicht auf eine Stellungnahme zu den gegensätzlichen Rechtsauffassungen eine praktische Regelung f ü r die Zukunft'. Diese Regelung sei abschließend und gehe dahin: a) Bei Einmann-Gesellschaften, bei denen alle Gesellschaftsanteile als deutsches Vermögen von der niederländischen Feindvermögens-Gesetzgebung betroffen wurden, werde das bei Inkrafttreten des Vertrages noch vorhandene Gesellschaftsvermögen den vormaligen deutschen Aktionären oder ihren Rechtsnachfolgern zur freien Verfügung gestellt, b) Es verbleibe dagegen bei den vor diesem Zeitpunkt auf Grund der niederländischen Feindvermögens-Gesetzgebung getroffenen Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen zugunsten Dritter. Die Kl. hält diese Auskunft im tatsächlichen f ü r richtig, meint aber, aus der mangelnden Einigung und dem Wortlaut des Art. 10 I FinV ergebe sich, daß es lediglich bei bis zum 8. 4.1960 vom Königreich der Niederlande vorgenommenen Übertragungen des .ausgegebenen Kapitals' - das seien hier die von der IAK ausgegebenen zehn Aktien - , nicht aber bei Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen habe verbleiben sollen. Außerdem habe das Königreich der Niederlande gar nicht über das Gesellschaftsvermögen der IAK, nämlich deren Geschäftsanteile an der GVG, verfügt. Schon der Wortlaut des Art. 10 I FinV steht der Ansicht der Kl. entgegen. Über das .ausgegebene Kapital' wird durch Übertragung der An-
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teilsrechte, also durch Übertragung der Aktien oder Geschäftsanteile, verfügt. Ist es zu einer solchen Verfügung gekommen, so behält die Gesellschaft ihr in der Bundesrepublik belegenes Vermögen. Hierbei geht die getroffene Regelung ersichtlich davon aus, daß, nachdem ein Dritter anstelle des Königreichs der Niederlande Gesellschafter geworden ist, ohne erneuten staatlichen Eingriff n u r noch die juristische Person über das ihr gehörende, gleichviel wo belegene Vermögen verfügen kann. Darum ist das Gesellschaftsvermögen bereits, soweit es um Verfügungen über das Nominalkapital geht, Gegenstand der Regelung des Finanzvertrages. Dieser Vertrag legt aber auch fest, daß es bei allen bis zum 8. 4.1960 getroffenen Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen verbleiben soll. Er bestimmt, daß dem vormaligen deutschen Alleingesellschafter oder seinen Rechtsnachfolgern n u r das beim Inkrafttreten des Finanzvertrages noch vorhandene bundesdeutsche Gesellschaftsvermögen herausgegeben zu werden braucht, falls das Königreich der Niederlande die konfiszierten Anteilsrechte nicht aus der Hand gegeben hat. Das bedeutet, daß es bei früheren Verfügungen über derartiges Gesellschaftsvermögen verbleibt. Soweit das niederländische Gesellschaftsvermögen zur Schuldendeckung nicht ausreicht, sind selbst nach dem 8. 4. 1960 noch Verfügungen über das in der Bundesrepublik belegene Gesellschaftsvermögen zulässig. Denn in diesem Fall ist von dem beim Inkrafttreten des Finanzvertrages vorhandenen bundesdeutschen Gesellschaftsvermögen nur das zur Verfügung zu stellen, was nicht zur Schuldendeckung mit benötigt wird. Jedenfalls ergeben aber die Umstände, unter denen es zu der in Art. 10 I FinV niedergelegten Vereinbarung gekommen ist, und der Zweck dieser Abmachung, daß es bei allen Maßnahmen verbleiben sollte, die bis zum 8. 4.1960 ergriffen worden waren und das bundesdeutsche Gesellschaftsvermögen von Einmanngesellschaften betrafen. Da Art. 10 I FinV unstreitig von beiden Vertragsseiten als eine abschließende Regelung gewollt war, ist keine Vertragslücke vorhanden und f ü r die Anwendung der Spaltungstheorie kein Raum. Wenn die niederländische Seite dem deutscherseits verfochtenen Standpunkt unzugänglich war, aber wenigstens f ü r die Zukunft eine Regelung zu treffen und noch vorhandenes Vermögen zur Verfügung zu stellen bereit war, so konnte deutscherseits n u r entweder auf eine vertragliche Regelung verzichtet werden, um den deutschen Gerichten die Anwendung der Spaltungstheorie auch weiterhin zu ermöglichen, oder auf das Erreichbare eingegangen werden. Die Bundesrepublik hat sich f ü r den Kompromiß und das damit notwendigerweise auch von deutscher Seite erforderliche Nachgeben entschieden. Sinn und Zweck dieses Nachgebens kann nicht gewesen sein, die Möglichkeit f ü r die Anwendung der Spaltungstheorie offen zu lassen und es für die niederländische Seite bei den Folgen zu belassen, die sich f ü r sie aus der Fortsetzung der deutschen Rechtsprechung zur Spaltungstheorie ergaben. Es kann auch nicht dem Willen beider Seiten des deutsch-niederländischen Finanzvertrages entsprochen haben, die gefundene Regelung auf das Nominalkapital der betroffenen Gesellschaften zu beschränken und nicht auf das mit diesem Ka-
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pital gewonnene oder erarbeitete Gesellschaftsvermögen zu erstrecken. Denn das würde, wie das vorliegende Klagebegehren zeigt, dazu führen, daß das Königreich der Niederlande oder von ihm eingesetzte Personen Schadensersatz- und sonstigen Ansprüchen ausgesetzt blieben, und das war bei einer Verständigung weder sinnvoll noch vertretbar. Es kann daher n u r Sinn und Zweck des Art. 10 I FinV gewesen sein, alle Rechtsfolgen aus der hoheitlichen Erfassung hundertprozentiger deutscher Beteiligungen an niederländischen Gesellschaften zu ordnen. Dies bedeutet, daß sowohl die deutsche wie die niederländische Seite im grundsätzlichen an ihrem Standpunkt festhielt und daß die niederländische Seite das nach ihrem Standpunkt beschlagnahmte, jedoch noch nicht veräußerte deutsche Vermögen freigeben sollte und sich die deutsche Seite damit abfand, daß es im übrigen bei den niederländischen Maßnahmen verblieb. Damit wird aber auch deutlich, daß die Regelung des Art. 10 I FinV einen unter Art. 14 GG fallenden Eingriff enthält. Nach der oben unter III aufrechterhaltenen Rechtsprechung des BGH ergreift die Konfiskation der Mitgliedschaftsrechte des alleinigen deutschen Gesellschafters einer ausländischen Kapitalgesellschaft nicht deren inländisches Vermögen. Die Beschlagnahme der Aktien des Vaters der Kl. an der niederländischen IAK erfaßte daher nicht automatisch deren Geschäftsanteile an der GVG, da diese Gesellschaft ihren Sitz auf deutschem Territorium hatte und Geschäftsanteile am Sitz der Gesellschaft ,belegen' sind und die Geschäftsanteile der IAK an der GVG darum f ü r den beschlagnahmenden Staat extraterritoriales Vermögen waren. Hätte das Königreich der Niederlande mit der Beschlagnahme der Aktien an der niederländischen IAK auch deren Geschäftsanteile an der GVG erfassen wollen, so hätte die Konfiskation insoweit .effektuiert' werden müssen. Das ist, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt hat, nicht geschehen. Das Königreich der Niederlande war daher bei Anwendung der Spaltungstheorie nicht Gesellschafter der GVG und darum auch nicht berechtigt, f ü r diese Gesellschaft einen Liquidator zu bestellen. Die Einsetzung eines Liquidators durch einen Nichtgesellschafter ist nichtig. Der Bekl. ist daher, vom Standpunkt der Spaltungstheorie her gesehen, nicht Liquidator der GVG geworden und war deshalb auch nicht befugt, als solcher tätig zu werden. Nach der in Art. 10 I FinV getroffenen Regelung dagegen ist das Königreich der Niederlande durch die Konfiskation der Aktien an der IAK anstelle des Vaters der Kl. Gesellschafter der GVG geworden und dies bis zur Freigabe der Geschäftsanteile an der GVG geblieben. Es war daher berechtigt, die Rechte eines Gesellschafters dieser Gesellschaft wahrzunehmen und hat darum zeitweise die Kl. aus ihrer Gesellschafterstellung und ihren -rechten verdrängt. Schon diese Rechtsfolge des Art. 10 I FinV erfüllt den Tatbestand der Enteignung, denn sie hat zeitweise zu einer Vermögensentziehung der Kl. geführt. Art. 10 I FinV deckt aber auch die vom Bekl. vorgenommenen Verfügungen über Vermögen der GVG. Das liegt auf der Hand, wenn der Bekl. wirk-
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sam zum Liquidator bestellt worden ist und darum berechtigt war, die Funktionen eines Liquidators auszuüben. Es ist nicht aufgeklärt, auf welche Weise er als Liquidator eingesetzt worden ist. Geschah dies durch hoheitliche Anordnung, so war seine Bestellung bis zum Inkrafttreten des Finanzvertrages unwirksam, da ein ausländischer Staat auf deutschem Territorium ohne Zustimmung des deutschen Hoheitsträgers keine Hoheitsakte vornehmen kann. Leitet der Bekl. seine Befugnisse aus einem privatrechtlichen Akt her, so hätte seine Bestellung der Mitwirkung oder wenigstens Zustimmung der Mitgesellschafterin des Königreichs der Niederlande, also der NVG, bedurft, und es steht nur f ü r die am 10.12.1948 vorgenommenen Rechtshandlungen fest, daß diese Gesellschaft hinzugezogen worden ist. Wäre davon auszugehen, daß der Bekl. nicht wirksam berufen worden ist, so würde er sich mit den von ihm vorgenommenen Grundstücksveräußerungen gegenüber den Grundstückserwerbern der Haftung nach § 179 BGB und bei Verschulden auch Schadensersatzansprüchen sowohl diesen Dritten als auch der GVG gegenüber ausgesetzt und möglicherweise Regreßansprüche gegen das Königreich der Niederlande erworben haben. Es ist undenkbar, daß es nach dem Zustandekommen der Regelung des Art. 10 I FinV bei derartigen Ansprüchen verbleiben und das Königreich der Niederlande insoweit Prozessen vor deutschen Gerichten ausgesetzt bleiben sollte. Darum ist der Auskunft des Auswärtigen Amtes darin zu folgen, daß der in Art. 10 I FinV verwendete Ausdruck ,zur Verfügung stellen' keine Verfügung im deutschen sachenrechtlichen Sinne, sondern jedes tatsächliche Verhalten meint, das das Königreich der Niederlande im Zusammenhang mit Maßnahmen auf Grund seiner Feindgesetzgebung irgendwelchen Ansprüchen aussetzte. Auch hieran zeigt sich, daß Art. 10 I FinV den Tatbestand der Enteignung erfüllt, da ohne diese Regelung derartige Ansprüche hätten erhoben und verfolgt werden können. Das Auswärtige Amt räumt ein, daß Art. 10 I FinV in Fällen wie dem hier vorliegenden den deutschen Anteilseignern nicht in vollem Umfang die Rechtsstellung gibt, die sie bei Anwendung der Spaltungstheorie gehabt hätten. Gleichwohl sieht es in dieser Bestimmung keinen unter Art. 14 GG fallenden Eingriff, weil sie den deutschen Anteilseignern immerhin f ü r den noch nicht an Dritte veräußerten Teil des (unmittelbar oder auch nur mittelbar betroffenen) Vermögens f ü r die Zeit nach dem Inkrafttreten des Finanzvertrages die Rechtsstellung gewährleistet, die die Anteilseigner nach der Spaltungstheorie beanspruchen konnten. Aber damit kommt m a n nicht daran vorbei, daß die Anteilseigner oder hier die GVG keine Entschädigung d a f ü r erhalten, daß sie die in der kritischen Zeit vorgenommenen Verfügungen über ihr Vermögen und die Einsetzung eines nicht ihrem Willen entsprechenden Liquidators hinnehmen müssen. Auch wer der entschädigungslosen Konfiskation der Anteilsrechte an einer ausländischen Einmanngesellschaft die Anerkennung im Inland mit dem ordre public oder, wie Serick (Rechtsform und Realität juristischer Personen) beim Mißbrauch der Rechtsperson versagt, kommt nicht umhin, dem Art. 10 1 FinV, wenn er so, wie oben verstanden, anzuwenden ist, Ent-
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eignungscharakter zuzusprechen. Denn auch dann war die Kl. zeitweise aus ihrer Gesellschafterstellung und ihren -rechten verdrängt und ist kein Schadensersatzanspruch aus den Liquidationsgeschäften des Bekl. gegeben. Féaux de la Croix (Festschrift f ü r Philipp Möhring, 23 ff.) befürwortet eine obligationsrechtliche Lösung und billigt dem enteignungsbetroffenen Gesellschafter in entsprechender Anwendung des § 738 I Satz 2 BGB einen seiner Beteiligung entsprechenden Anspruch auf den (fiktiven) Liquidationsüberschuß desjenigen Vermögens zu. das die ausländische Gesellschaft in der Bundesrepublik besitzt. Auch vom Standpunkt dieser Auffassung aus verletzt Art. 10 I FinV den Art. 14 III GG. Denn die Liquidationsmasse und damit der gedachte obligatorische Anspruch sind durch die Veräußerungsgeschäfte des Bekl. nachhaltig verkürzt worden. Die Revision verneint einen Verstoß gegen Art. 14 III GG auch im Hinblick auf die unstreitige Tatsache, daß das Königreich der Niederlande unter keinen Umständen bereit war, seinen Standpunkt f ü r die Zeit vor dem Inkrafttreten des Finanzvertrages aufzugeben. Sie meint in Übereinstimmung mit dem Auswärtigen Amt: Wenn die Bundesregierung bei internationalen Verhandlungen vor der Frage stehe, ob sie das Erreichbare annehmen oder die Verhandlungen scheitern lassen solle, sei sie nach dem Saarurteil des BVerfG (BVerfGE 4, 157, 169) berechtigt, auf das Erreichbare einzugehen, selbst wenn die Vereinbarung dem Grundgesetz nicht voll entspreche. Im Unterschied zum Saarurteil geht es hier darum, ob die Bundesrepublik durch einen völkerrechtlichen Vertrag das Eigentum des einzelnen antasten kann. In einem solchen Fall stellt sich nicht die Frage, ob die Bundesregierung bloß solche völkerrechtlichen Verträge abschließen kann, die die Normen des Grundgesetzes wahren. Nach Art. 14 III GG ist eine Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit zulässig, wenn das Gesetz, durch das sie erfolgt oder auf Grund dessen sie vorgenommen wird, die Art und das Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Bundesregierung kann daher völkerrechtliche Verträge, die Enteignungen vornehmen oder zu Enteignungen berechtigen, abschließen, wenn der Vertrag selbst oder das Zustimmungsgesetz eine Entschädigungsklausel enthält. Von der Gültigkeit des Art. 10 I FinV hängt die Entscheidung über die Revision ab. Denn sie müßte zur Klageabweisimg führen, wenn diese Bestimmung wirksam wäre, und das ist bisher nicht der Fall, weil Art. 10 I FinV gegen Art. 14 III GG verstößt. Daher war gemäß Art. 100 I GG das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen."
2. Währungs- und Devisenrecht Siehe auch Nr. 197, 208 1 9 1 . Auf Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung, die die französische Währung berührt und gegen französische Devisenkontrollbestimmungen verstößt, kann in Deutschland nicht geklagt werden.
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Zur Frage, unter welchen Umständen sich die Beachtlichkeit der französischen Devisenvorschriften für die Hauptschuld auch auf eine Garantieverpflichtung auswirkt. BGH, Urt. vom 21. 5. 1964 - VII ZR 23/64: WM 1964, 768; AWD 1964, 228; DB 1964, 1409. Der Bekl. J. ist Gesellschafter der aus dem Prozeß ausgeschiedenen bekl. FA-GmbH i. L. (im folgenden: FA); er war früher auch ihr Geschäftsführer. Die Kl., eine Aktiengesellschaft liechtensteinischen Rechts, ist ebenfalls Gesellschafterin dieser GmbH; ihr Bevollmächtigter war der Kaufmann H. Die FA bezog aus Frankreich Wein und Cognac. Die Kl. behauptet, die FA habe mit ihr vereinbart, daß ein Teil dieser Importe aus Guthaben beglichen werden sollte, die ihr (der Kl.) bei Firmen in Frankreich zustanden. Das sei auch geschehen. Den Gegenwert habe die FA unmittelbar an die Kl. überwiesen. Der Bekl. hat eine solche Verrechnung bestritten und behauptet, die FA habe alle Lieferungen selbst bezahlt. Jedoch habe ihre Lieferfirma M. aus ihrem Hamburger Guthaben an die Kl. am 12. 3. 1958 26 434,80 DM in der Hoffnung überwiesen, den Betrag aus dem französischen Guthaben der Kl. erstattet zu erhalten. Der angebliche Schuldner der Kl. habe aber die Zahlung verweigert, so daß die Kl. um jenen Betrag zu Lasten der Firma M. bereichert gewesen sei. Durch Schreiben vom 14. 7. 1959 bestätigte die Kl. der FA den Abschluß eines mündlich vereinbarten Vertrags. Darin war u. a. (zu b) vorgesehen, daß die Kl. auf ein Konto des Bekl. 27253 DM überweisen sollte, die dann „von Bordeaux" an sie zurückzuzahlen waren. Die FA und der Bekl. hatten die Garantie dafür zu übernehmen, daß der Betrag spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Überweisung wieder bei der Kl. einging. Gemäß lit. d) des Schreibens verpflichtete sich die Kl., ihre Geschäftsanteile an der FA dem Bekl. zur Verfügung zu stellen. Die Kl. bat um Gegenbestätigung, die die FA am 28. 7. 1959 erteilte. Dieser Brief, den der Bekl. als Geschäftsführer der FA und im eigenen Namen unterzeichnete, stimmte im Wortlaut nicht voll mit dem der Kl. vom 14. 7.1959 überein. Im Oktober 1959 überwies die Kl. 27253 DM auf ein Bankkonto des Bekl. in Cognac, der sie nach seinen Behauptungen sofort an M. weiterleitete. Weder dieser noch der Bekl. noch die FA haben den Betrag der Kl. zurückerstattet. Die Kl. hat den Bekl. und die FA aus der von ihnen übernommenen Garantie (zu lit. b des Schreibens vom 14. 7. 1959) in Anspruch genommen und ihre Verurteilung zur Zahlung von 27 253 DM nebst Zinsen beantragt. Das LG hat den Bekl. und die FA nach dem Klageantrag verurteilt. Das OLG hat die Klage gegen die FA abgewiesen, der Berufung des Bekl. jedoch nicht stattgegeben. Dessen Revision führte insoweit, als er verurteilt worden ist, zur Aufhebung und Zurückverweisung. • Aus den Gründen: „I. Das Abkommen vom 14./28. 7. 1959 ist zwischen einer liechtensteinischen Aktiengesellschaft und Deutschen geschlossen worden; es bezog sich u. a. auf Rechtsverhältnisse, die in Frankreich abzuwickeln waren. Danach erhebt sich die Frage, welches Recht maßgebend ist. Das Berufungsgericht hat sie nicht geprüft; es ist von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen.
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Hiergegen bestehen keine Bedenken. Nach deutschem IPR entscheidet insoweit in erster Linie der Parteiwille. Vorliegend haben die Parteien die Rechtslage bis in die Revisionsinstanz allein nach deutschem Recht behandelt. Daraus ist zu entnehmen, daß sie sich spätestens im Laufe des Prozesses darüber geeinigt haben (u. a. BGHZ 40, 320, 323 f.*). II. Der Bekl. J. hat in der Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, die Kl. könne aus dem Abkommen vom 14./28. 7.1959 schon deswegen keine Rechte geltend machen, weil es in den hier maßgebenden Teilen mit dem französischen Devisenrecht unvereinbar gewesen sei. Bereits dieser Einwand führt zur Aufhebung des Urteils. 1. Die Kl. hat behauptet, der von ihr gemäß lit. b des Abkommens zu zahlende Betrag habe zu neuen Einkäufen der FA in Frankreich dienen sollen; gegenüber der Devisenbehörde habe aber angegeben werden sollen, er sei der Gegenwert f ü r bereits erfolgte Lieferungen. Daß eine solche Täuschung beabsichtigt war, wiederholte die Kl. unmißverständlich. Der Bekl. J. schildert den Sachverhalt zwar anders. Aber auch er behauptet, man habe beabsichtigt, die eingefrorene Forderung der Kl. oder des H. im Widerspruch zu den französischen Devisenvorschriften verwertbar zu machen. Die FA hat ferner behauptet, man habe mit der Überweisung der rd. 27 000 DM die französischen Devisenbehörden täuschen wollen. Bei dieser Sachlage ist damit zu rechnen, daß die Verpflichtung der Kl., das Geld an den Bekl. J. in Frankreich zu überweisen, sowie dessen Bemühungen, die Rücküberweisung durch eine französische Firma zu erreichen, einen Verstoß gegen die französischen Devisengesetze enthalten. Er wäre gemäß dem Art. VIII Abschn. 2 b des Abkommens über den Internationalen Währungsfonds (sog. Abkommen von Bretton-Woods) - BGBl. 1952 II 637 - auch von den deutschen Gerichten zu berücksichtigen. Diese Vorschrift besagt, daß aus Devisenkontrakten, die die Währung eines Mitglieds berühren und die im Gegensatz stehen zu den von dem Mitglied . . . aufrecht erhaltenen oder eingeführten Devisenkontrollbestimmungen, in den Gebieten der Mitglieder nicht geklagt werden kann. Frankreich ist dem Abkommen beigetreten (BGBl. 1959 II 583). Daraus folgt, daß vorliegend die französischen Devisenvorschriften zu beachten sind (vgl. auch Urt. des Senats, MDR 1962, 563 2 ). 2. Allerdings sind diese Voraussetzungen f ü r die etwaige Zahlungspflicht des Bekl. J. gegenüber der Kl. nicht gegeben, soweit sie außerhalb Frankreichs in Deutscher Mark zu erfüllen ist. Das ändert aber nichts an der Rechtslage. Die Garantieverpflichtung gemäß b) des Abkommens vom 14./28. 7. 1959 ist auf das engste und untrennbar mit den übrigen Bestimmungen jener Vertragsstelle verknüpft. Sie tritt überhaupt nur an die Stelle der möglicherweise verbotenen Handlung, wenn und soweit es nämlich den Bekl. nicht gelang, die französische Firma zur Überweisung an die Kl. zu veranlassen. Unter solchen Umständen teilt die Garantie das Schicksal der Hauptverpflichtung. Der Fall liegt nicht 1
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anders, als wenn Schadensersatz wegen Nichterfüllung einer verbotenen Handlung verlangt wird; auch in diesem Falle hat der BGH einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung i. S. des § 1041 I Nr. 2 ZPO bejaht (Urt. vom 3. 10.1956 - V ZR 32/55, WM 1956, 1432, 1434»; Urt. des Senats vom 27. 2. 1964 - V I I ZR 134/62, WM 1964, 549 4 ). Das Berufungsgericht wird also in erster Linie zu prüfen haben, ob die Abmachungen der Beteiligten gegen die französischen Devisengesetze verstoßen und ob danach der Kl. von den deutschen Gerichten Rechtsschutz gewährt werden darf. III... IV. Unter lit. d des Schreibens vom 14./28. 7 . 1 9 5 9 hat sich die Kl. verpflichtet, ihren Geschäftsanteil an der FA dem Bekl. abzutreten. Diese Verpflichtung ist nichtig, weil sie der F o r m des § 15 IV GmbHG entbehrt (vgl. auch Art. 11 EGBGB)." 1 9 2 . Gegenstände, die durch staatlichen Willensakt Geld geworden sind - wie der englische Goldsovereign durch den „Coinage Act, 1870-", behalten diese Eigenschaft so lange, bis sie durch einen Willensakt desselben Staates außer Kurs gesetzt werden. Die Bildung von Gewohnheitsrecht ist kein solcher Willensakt, der das Geld außer Kurs setzen könnte. BGH, Beschl. vom 7. 7 . 1 9 6 4 - 5 StR 573/63: BGHSt. 19, 357; WM 1964, 953; N J W 1964, 1629; MDR 1964, 934; Leitsatz in LM Nr. 5 zu § 146 StGB mit Anm. Willms; JR 1964, 349. Das Schöffengericht in Wilhelmshaven hat im objektiven Verfahren durch Urteil 581 Goldmünzen zu je einem Sovereign eingezogen, die der Einziehungsbeteiligte Sch. mit 19 weiteren Goldmünzen in Arabien kaufte, in die Bundesrepublik einführte und am 2. 5. 1959 bei der Volksbank in Wilhelmshaven zum Verkauf einzahlte. Die eingezogenen Goldmünzen sind nachgemachte englische Goldsovereigns. Das LG Oldenburg hat auf die Berufung des Einziehungsbeteiligten das Urteil des Schöffengerichts aufgehoben und die Einziehung mit der Begründung abgelehnt, daß der englische Goldsovereign seine Eigenschaft als Geld verloren habe. Das OLG Oldenburg beabsichtigt, die Revision der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil zu verwerfen. Es will der Auffassung des LG, daß der englische Goldsovereign kein Geld mehr sei, im Ergebnis beitreten. Da es hierbei von der Rechtsansicht, die der beschließende Senat in seinem Urteil BGHSt. 12, 344 1 vertreten hat, abweichen würde, hat es die Sache gemäß § 121 II GVG dem BGH vorgelegt2. Aus den Gründen: „Der beschließende Senat hält daran fest, daß der englische Goldsovereign noch Geld im Sinne der Strafvorschriften gegen Falschmünzerei ist. 3 1 2
4 Siehe unten Nr. 274. IPRspr. 1956-1957 Nr. 197. IPRspr. 1962-1963 Nr. 162. OLG Oldenburg 5. 11. 1963, IPRspr. 1962-1963 Nr. 165.
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Hierbei geht er - wie schon in seinem f r ü h e r e n Urteil - davon aus, daß der englische Goldsovereign durch ein englisches Gesetz, den .Coinage Act, 1870', f ü r das Vereinigte Königreich zum gesetzlichen Zahlungsmittel bestimmt worden ist und daß Gegenstände, die so durch staatlichen Willensakt Geld geworden sind, diese Eigenschaft so lange behalten, bis sie durch einen Willensakt desselben Staates außer Kurs gesetzt, d. h. aus dem Zahlungsmittelumlauf endgültig herausgenommen werden. Dies folgt aus dem Währungsmonopol des Staates. Nur er, nicht die Gesellschaft bestimmt, welche Tauschmittel gesetzliches Zahlungsmittel sein und wie lange sie es bleiben sollen (vgl. F. A. Mann, Das Recht des Geldes, 1960,16-18). Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob lediglich ein Gesetz oder auch die Entscheidung eines Gerichts des Ausgabestaates Geld außer Kurs setzen kann. Ebensowenig braucht er im vorliegenden Fall zu entscheiden, ob die Außerkurssetzung ausdrücklich erklärt werden m u ß oder ob es genügt, daß der Wille des Ausgabestaates zur Außerkurssetzung dem Zusammenhang eines Gesetzes oder einer gerichtlichen Entscheidung zu entnehmen ist. Denn es besteht weder ein englisches Gesetz noch eine Entscheidung eines englischen Gerichts, durch die der englische Goldsovereign ausdrücklich oder stillschweigend außer Kurs gesetzt worden wäre. Dies stellt auch der Vorlegungsbeschluß nicht in Abrede. Der Beschluß legt zutreffend dar, daß die in und unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg erlassenen englischen Gesetze, die die Einwohner des Vereinigten Königreichs zur Ablieferung von Goldmünzen verpflichteten, Regelungen f ü r Notzeiten enthielten und daher im Gegensatz zur Auffassung des LG den Goldsovereign aus dem Zahlungsmittelumlauf nicht endgültig herausnahmen. E r meint nur, der englische Goldsovereign habe seine Eigenschaft als Geld durch Gewohnheitsrecht verloren. Der beschließende Senat k a n n dieser Auffassung nicht beitreten. Sie übersieht, daß die Außerkurssetzung von Geld einen staatlichen Willensakt voraussetzt, also einen Willensakt derjenigen Organe des Staates, die de jure oder de facto zu seiner Willensbildung berufen sind, und daß die Bildung von Gewohnheitsrecht kein solcher Willensakt ist. Dieses wird vielm e h r gerade dadurch gekennzeichnet, daß es sich ohne oder sogar gegen den Willen jener Organe entwickelt. Es k a n n schon aus diesem Grunde Geld, das der Staat geschaffen hat, nicht a u ß e r Kurs setzen (vgl. F. A. Mann aaO). Hinzu kommt, d a ß im vorliegenden Fall das (vermeintliche) Gewohnheitsrecht, auf das sich der Vorlegungsbeschluß beruft, im wesentlichen daraus hergeleitet wird, daß der englische Goldsovereign auf Grund jahrealter Übung und Rechtsüberzeugung der a m internationalen Geld- und Zahlungsverkehr beteiligten Handelskreise n u r noch als W a r e betrachtet und behandelt werde. Dabei bleibt ungewiß, ob und in welchem Umfang diese (angebliche) Rechtsüberzeugung vom englischen Volk geteilt wird. Ein Gewohnheitsrecht, das sich ohne Einverständnis des englischen Volkes entwickelt hat, k a n n auch aus diesem Grunde dem englischen Goldsovereign seine Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel nicht nehmen.
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Im übrigen wird die (angebliche) Rechtsüberzeugung der genannten Handelskreise von der Mehrheit der außerdeutschen Gerichte, deren Entscheidungen dem Senat bekannt sind, keineswegs geteilt. In der Rechtsprechung dieser Gerichte überwiegt nach wie vor die Rechtsmeinung, daß der englische Goldsovereign noch Geld ist. Auf die Ubersicht in BGHSt. 12, 3 4 4 1 wird verwiesen. Dieser Meinung ist inzwischen auch der Kassationshof des Kantons Genf in seinem Beschluß vom 11. 5. 1960 in der Sache gegen Glarner beigetreten. Daß der englische Goldsovereign in Zypern und Portugal nicht mehr im Zahlungsmittelumlauf ist, bedeutet nur, daß Zustände, die der Senat in seinem früheren Urteil zur Erläuterung seiner Erwägungen angeführt hatte, heute nicht mehr bestehen. An der Richtigkeit dieser Erwägungen ändert das nichts." 193. Für eine Forderung, die einem fremden Schuldstatut unterliegt, ist nach den Grundsätzen des vermuteten Parteiwillens ein neues Währungsstatut zu bestimmen, wenn sich ihr Inhalt durch spätere Währungseingriffe des fremden Landes und deren unmittelbare Folgen grundlegend ändern würde und wenn die Beteiligten im Zeitpunkt dieses Eingriffs jede Beziehung zu dem fremden Lande verloren haben. BGH, Urt. vom 18. 2. 1965 - VII ZR 240/63: BGHZ 43, 162; JZ 1965, 448 mit Anm. F.A.Mann; N J W 1965, 1127; JuS 1965, 325; MDR 1965, 475; WM 1965, 338; AWD 1965, 120; Leitsatz in LM Nr. 27/28 zu Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht) mit Anm. Rietschel; DB 1966, 1232. Die Kl., die damals polnische Staatsangehörige war, war seit etwa 1935 für die V.-Werke in Warschau, ihrem Wohnsitz, tätig. Um der Rassenverfolgung als Jüdin zu entgehen, kam sie im Jahre 1943 unter falschem Namen nach Deutschland. Sie zog 1945 nach Schweden und erwarb, nachdem sie zunächst staatenlos gewesen war, im Jahre 1955 die dortige Staatsangehörigkeit. Der Bekl. war persönlich haftender Gesellschafter der V.-Werke KG in Leipzig. Sein Betrieb wurde im Jahre 1945 von den sowjetzonalen Behörden entschädigungslos enteignet. Er verlegte den Sitz seiner Firma 1948 in die Bundesrepublik Deutschland und baute dort den Betrieb mit Hilfe eines staatsverbürgten Kredits wieder auf. Die Kl. behauptet, eigentlicher Inhaber des polnischen Betriebs sei der Bekl. gewesen; aus politischen und wirtschaftlichen Gründen sei sie aber nach außen als Inhaberin aufgetreten. In den Jahren 1935 bis 1939 habe sie insgesamt 26 000 Zl in den Betrieb eingezahlt. Das habe sie in Übereinstimmung mit dem Bekl. getan, weil dieser die Beträge wegen der damals bestehenden Transferschwierigkeiten nicht in ZI habe aufbringen können. Sie verlangt unter Berufung auf das LSchA Rückzahlung dieser Beträge und hat zuletzt die Verurteilung des Bekl. zur Zahlung von 14 000 DM nebst 4 °/o Zinsen seit dem 1. 1. 1954 begehrt. Aus den Gründen: „Die Kl. hat sich mit der Regelung der Schuld nach dem LSchA einverstanden erklärt. Das Berufungsgericht, das sowohl für die Regelung wie 37 »
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auch zur Entscheidung über Bestand und Höhe der Forderung zuständig war (Art. 15 Anl. IV LSchA; § 11 AusfG/LSchA), hält den Bekl. nach den Bestimmungen dieses Abkommens zur Rückzahlung f ü r verpflichtet. Es meint aber, die Schuld sei durch das polnische Gesetz vom 28.10.1950 im Verhältnis 100:3 umgestellt worden; unter Berücksichtigung des Kurses f ü r den neuen Zl könne die Kl. deswegen nur 831,20 DM beanspruchen. Diese Ausführungen können nicht gebilligt werden. 1. Allerdings bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung des LSchA. a) Die Forderung entspringt ,aus anderen Verträgen als Anleihe- oder Kreditverträgen'. Demnach fällt sie unter den Art. 4 I c LSchA. Sie war auch vor dem 8. 5. 1945 fällig. Das Berufungsgericht hat zwar diese Fälligkeit irrtümlich nach deutschem und nicht dem hier maßgebenden polnischen Recht beurteilt. Es kann aber unbedenklich davon ausgegangen werden, daß auch nach letzterem die von dem OLG festgestellte, ausdrückliche RückZahlungsverpflichtung des Bekl. dazu geführt hat, daß er bereits vor dem 8. 5. 1945 zur alsbaldigen Begleichung verpflichtet war. b) Die persönlichen Voraussetzungen f ü r die Anwendung des LSchA sind gegeben. Der Bekl. hatte seit spätestens 1948 seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland (Art. 4 II b LSchA). Die Kl. war seit 1945 in Schweden ansässig, das dem LSchA beigetreten ist (Art. 4 III b LSchA; BGBl. 1953 II 556). c) Die Forderung fällt unter die Bestimmung des Art. 1 II Nr. 1 und 4 der Anl. IV zum LSchA. Zwar entspringt sie nicht unmittelbar aus Warenlieferungen und Dienstleistungen. Sie hat aber einen damit verwandten Charakter; denn die Kl. verlangt zum überwiegenden Teil Bezahlung dafür, daß sie Waren f ü r den Bekl. angeschafft hat und f ü r ihn tätig geworden ist. Die Rückzahlungsund Zinsbedingungen richten sich, was das Berufungsgericht bisher nicht beachtet hat, nach den Art. 26-28 und 31 f. der Anl. IV zum LSchA. Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn man auf den Art. 4 i. V. m. dem Art. 36 der Anl. IV zum LSchA zurückgreift. 2. Gemäß dem Art. l i l a LSchA ist die Schuld in der Währung zu begleichen, in der sie gemäß den Bedingungen des Schuldverhältnisses zahlbar ist. Das war hier ursprünglich die polnische Währung aus der Zeit bis Herbst 1939. Sie besteht heute nicht mehr. Das LSchA und die Anl. IV enthalten keine Bestimmungen darüber, wie eine solche Schuld zu behandeln ist. a) Art. 13 LSchA und Art. 8 der Anl. IV sind nicht anwendbar. Denn sie beziehen sich n u r auf Währungen, f ü r die noch Kurse oder Paritäten festgestellt werden. Das trifft f ü r die polnische Vorkriegswährung nicht zu. b) Eine Goldklausel gemäß dem Art. 7 Anl. IV haben die Parteien nicht vereinbart... 3. Es muß also aus dem Schuldverhältnis selbst ermittelt werden, was der Bekl. zu zahlen hat. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß dieses Schuldverhältnis, weil es dem polnischen Recht unterstehe, von dem polnischen Gesetz und der dazu
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ergangenen VO des Ministerrats vom 28.10.1950 erfaßt werde, gemäß denen .privatrechtliche Verpflichtungen zwischen physischen Personen' im Verhältnis von 100 : 3 Zl umzurechnen seien. Der Senat vermag dem nicht zuzustimmen. a) Die Frage, welche Wirkungen solche nachträglichen Eingriffe eines ausländischen Staates auf Rechtsverhältnisse haben, die von deutschen Gerichten zu beurteilen sind, wird von der Rechtsprechung und im Schrifttum verschieden beantwortet. So wird die Ansicht vertreten, daß fremde wirtschaftspolitische Vorschriften und Währungseingriffe n u r dann berücksichtigt werden dürfen, wenn der ausländische Staat die Macht besitzt, sie durchzusetzen (Kegel bei Soergel-Siebert, [BGB] Vor Art. 7 EGBGB Anm. 222 ff. und 483); das wäre hier nicht der Fall gewesen, denn die Parteien hatten nach 1945 keine Beziehungen mehr zu Polen. In der neueren Rechtsprechung hat man darauf abgestellt, ob es sich um öffentliches oder privates Recht handelt. Bei öffentlichem Recht, das der Verwirklichung wirtschafts- oder staatspolitischer Ziele des rechtsetzenden Staates dient, hat sich der BGH regelmäßig zum sog. Territorialitätsprinzip bekannt, während er beim privaten auf die Parteiautonomie verwiesen hat (u.a. Urt. d. Senats BGHZ 31, 367 mit Nachw. 1 ). Vorliegend hat das Berufungsgericht nicht geprüft, ob die polnische Umstellung in diesem Sinne als öffentliches oder privates Recht anzusehen ist. b) Die Frage kann aber auf sich beruhen, weil die polnischen Umstellungsvorschriften aus dem Jahre 1950 hier in keinem Falle angewendet werden können. Unterliegen sie dem Territorialitätsprinzip, so entfällt ihre Anwendbarkeit nach dem oben Gesagten von vornherein. Nicht anders ist die Rechtslage, wenn sie dem privaten Bereich angehören. Das Schuldstatut ist gemäß ständiger Rechtsprechung in erster Linie nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Willen der Parteien zu bestimmen; wenn dieser nicht zu ermitteln ist, nach ihrem vermuteten (hypothetischen) Willen und äußersten Falls nach dem Erfüllungsort. Das OLG sagt nicht ausdrücklich, wonach es sich gerichtet hat; aus den Umständen ergibt sich aber, daß es entweder auf den stillschweigenden oder den vermuteten Parteiwillen abgestellt hat. Beide Arten dieses Parteiwillens zwingen zu dem Schluß, daß die polnischen Umstellungsvorschriften hier unanwendbar sind, auch wenn sie f ü r das Kollisionsrecht nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sein sollten. Daß die Kl. und der Bekl. die Änderung der währungsrechtlichen Lage bei Begründung des Schuldverhältnisses in Rechnung gestellt haben, ist ausgeschlossen; demgemäß entfällt die Annahme eines stillschweigenden Parteiwillens, soweit er sich auf diese Umstände bezieht. Ebenso fehlt es an jedem Anhalt dafür, daß die Parteien ihre Abmachungen später ausdrücklich oder stillschweigend ergänzt haben. Auch aus dem vermuteten Parteiwillen ergibt sich kein Hinweis auf die Anwendbarkeit eines bestimmten Währungs- und Umstellungsrechts, wenn 1
IzRspr. 1958-1959 Nr. 136.
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m a n allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt. Dieser vermutete Parteiwillen richtet sich gemäß der Rechtsprechung des BGH sowohl zum interzonalen wie zum internationalen Privatrecht nicht nach den subjektiven Vorstellungen der Beteiligten, sondern nach einer objektiven Interessenabwägung, bei der die jeweiligen Umstände des einzelnen Falls zu berücksichtigen sind (u.a. BGH, N J W 1952, 540 2 ; BGHZ 9, 221, 223 3 ; 17, 89, 92 4 ; 19, 110, 112 5 ; BGH, WM 1957, 1367 = MDR 1958, 86«). Als das vorliegende Schuldverhältnis entstand, waren die späteren Umwälzungen auch bei einer solchen objektiven Betrachtung nicht vorauszusehen; deswegen f ü h r t eine Interessenabwägung, die sich nach den damaligen Verhältnissen richtet, nicht weiter. Hierauf würde es allerdings nicht ankommen, wenn m a n das nach dem vermuteten Parteiwillen ermittelte Schuldstatut f ü r unabänderlich hält. Denn d a n n würden die polnischen Umstellungsvorschriften in jeder Hinsicht anwendbar sein, wenn sie, wovon im Hinblick auf die fehlende Stellungnahme des OLG auszugehen ist, nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen wären. Ein solches Ergebnis w ü r d e aber der Lage des Falls nicht gerecht. Der BGH hat im Rahmen des interzonalen Privatrechts bereits mehrfach ausgesprochen, daß neben dem eigentlichen Schuldstatut ein besonderes W ä h rungsstatut zu ermitteln ist, wenn sich die währungsrechtliche Entwicklung in dem betreffenden Lande so weit von ihrem Ausgangspunkt entfernt hat, daß eine Übertragung auf das alte Schuldverhältnis nicht m e h r möglich ist (vgl. die oben angeführten Entscheidungen des BGH). Das ist zwar bisher n u r f ü r den im J a h r e 1948 eingetretenen Fall geschehen, daß das ursprünglich einheitliche deutsche Währungsgebiet in zwei neue voneinander abweichende Währungsgebiete gespalten wurde, so d a ß nichts anderes übrigblieb, als die Rechtsbeziehungen der Parteien einem davon zu unterstellen. Ähnliche Erwägungen sind aber auch d a n n geboten, wenn das alte Währungsgebiet erhalten bleibt, jedoch grundlegenden währungsu n d umstellungsrechtlichen Änderungen unterworfen wird. Auch hier fehlt es an jedem vernünftigen Grunde, die Parteien einem solchen Eingriff, der das Schuldverhältnis vollkommen umgestalten würde, zu unterwerfen, wenn sie keinerlei Beziehungen m e h r zu jenem Lande haben. Deswegen m u ß dann, ebenso wie in den vom BGH entschiedenen Fällen, nach einem neuen Währungsstatut gesucht werden, das den veränderten Verhältnissen gerecht wird. Vorliegend hatten beide Teile im J a h r e 1950 keine Verbindung mit Polen. Die Kl. hatte dieses Land im J a h r e 1943 verlassen und w a r d a n n staatenlos geworden; danach hat sie schließlich die schwedische Staatsangehörigkeit erworben. Der Bekl. ist Deutscher und hatte spätestens 1945 seinen polnischen Betrieb verloren, in dem die Schuld entstanden war. Seitdem fehlt es f ü r beide an jedem Anknüpfungspunkt, der geeignet wäre, 2 4
IzRspr. 1945-1953 Nr. 402 b. IzRspr. 1954-1957 Nr. 146. • IzRspr. 1954-1957 Nr. 92.
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IPRspr. 1952-1953 Nr. 40. IPRspr. 1954-1955 Nr. 22.
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einen Zusammenhang mit der weiteren Währungsentwicklung in Polen herzustellen. Unter solchen Umständen ist es nicht angängig, der grundlegenden polnischen Währungsumstellung und den sich aus ihr ergebenden unmittelbaren Folgen noch irgendeinen Einfluß auf das Rechtsverhältnis zuzubilligen. Vielmehr ist auch hier ein neues Währungsstatut auf objektiver Grundlage zu bestimmen, das sich nach den Umständen im Zeitpunkt des Währungseingriffs zu richten hat. Der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses lag im Jahre 1950 dort, w o der Bekl. seinen Wohnsitz und seine geschäftliche Niederlassung hatte. Das war die Bundesrepublik Deutschland. Deswegen ist die Höhe der Forderung, die sich vor 1939 auf 26000 Zl belief, nach deutschem Recht in D M zu bestimmen (vgl. BGHZ 1,109,112 f. 7 und 17, 89, 92 4 ). Im übrigen bleibt die Forderung dem ursprünglichen Schuldstatut, also dem polnischen Recht, unterworfen. Der vom Senat in dem Urteil v o m 24. 3. 1960 - V I I ZR 44/59 ( W M 1960, 940) 8 behandelte Fall lag insofern anders, als noch Anknüpfungspunkte zum deutschen Währungsgebiet verblieben waren. Soweit jedoch in jenem Urteil Ausführungen enthalten sind, die nicht in allem mit den obigen übereinstimmen, wird daran nicht festgehalten. c) Die Forderung lautete auf eine fremde Währung; sie wurde bereits aus diesem Grunde nicht von der deutschen Währungsumstellung im Jahre 1948 erfaßt (BGH, N J W 1958, 1390 9 ). Ihre Höhe muß also nach anderen Gesichtspunkten ermittelt werden. Hierfür kommen, ebenso wie nach dem Jahre 1923 bei der sog. freien Aufwertung, die Grundsätze des § 242 BGB in Betracht. Es ist also zu prüfen, welcher Betrag nach den besonderen Umständen des Falls und den Vermögensverhältnissen der Beteiligten angemessen ist (vgl. u. a. RGZ 123, 371 m. Nachw.)." 1 9 4 . Nach brasilianischem Recht ist die Vereinbarung einer Zahlung in fremder Währung unwirksam, wenn der Vertrag in Brasilien zu erfüllen ist. Statt des vereinbarten Betrages wird ein in Cruzei'ros umgerechneter Betrag geschuldet. Für die Bestimmung des Währungs Statut es ist an den Schuldnerwohnsitz oder an die Lage des Schuldnervermögens anzuknüpfen. OLG Karlsruhe, Urt. vom 15.12.1965 - 1 U 30/65: W M 1966, 1312. Die Parteien sind deutsche Staatsangehörige. Der Kl., der im Jahre 1914 in Chile geboren wurde, verzog im März 1959 nach Brasilien, wo er in Säo Paulo den Bekl. kennenlernte. Dieser hielt sich seit 1954 in Südamerika auf, 1958/59 in Säo Paulo. Der Kl. gab dem Bekl. im April 1959 den Betrag von 5550 US $ für geschäftliche Zwecke. Der Bekl. unterschrieb dafür am 14. 4. 1959 folgende Zahlungsverpflichtung: „Bestätige und deklariere, daß ich mich verpflichte, Herrn L. (Kl.), wohnhaft IPRspr. 1950-1951 Nr. 59. • IPRspr. 1958-1959 Nr. 100.
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hier, den Wert von Crz. 777000, gedeckt durch Wechsel gleichen Werts und mit Verfalltag am 15. 5. 1959, im Gegenwerte von Dollars über genau US $ 5 550 zu übergeben. Säo Paulo, den 14. 4. 1959." Der erwähnte Wechsel wurde vom Bekl. ausgestellt. Da der Bekl. in der Folgzeit nur 66 US $ zahlte, erwirkte der KI. am 1. 10. 1959 eine weitere Erklärung des Bekl.: „Ich,... verpflichte mich, folgendes einzuhalten: 1. Alles mir mögliche zu unternehmen, um innerhalb der nächsten 14 Tage 100-200 US $ zur Tilgung der Hauptschuld zu überweisen. 2. Den Betrag von 5550 US $ unter allen Umständen bis zum 15. 10. 1959 zu bezahlen. 3. Die Monatszinsen in Höhe von 3 °/o auf 5550 US $ für die Zeit vom 15. 5. bis 15. 10. 1959, also 832,50 US $ abzüglich des unter 1) aufgeführten Betrages und der Summe von 66 US $, die am 13. 8. 1959 an Herrn L. (Kl.) gezahlt wurden, werden von mir bis zum 15. 11. 1959 bezahlt werden." Der Bekl., der schon im Mai 1959 nach Rio de Janeiro übersiedelt war, kehrte im Oktober 1959 nach Europa zurück. Er hielt sich in der Schweiz, in England und Frankreich auf. Seit 1961 lebt er in Deutschland. Der Kl. verlangt mit seinem Hauptantrag im Urkundenprozeß vom Bekl. Zahlung von 5550 US $ nebst 1 ®/o Monatszinsen hieraus seit 15. 5. 1959, und zwar in Deutscher Mark zu dem am Tage der Zahlung in Deutschland geltenden Kurs. Von den Zinsen seien die am 13. 8. 1959 geleisteten 66 US $ abzuziehen. Das LG hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Berufung des Bekl. Er rügt, daß das LG zu Unrecht zur Zahlung des Gegenwertes von US-Dollar verurteilt habe. Es habe allenfalls zu einer Zahlung in Cruzeiros verurteilen dürfen. Seiner Ansicht nach seien die beiden Schuldversprechen nach brasilianischem Recht nichtig. Das LG hat ein Gutachten des Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Das Berufungsgericht hat Auskünfte der Deutschen Bundesbank und des Internationalen Währungsfonds erbeten. Die Parteien haben Privatgutachten ihrer brasilianischen Rechtsanwälte vorgelegt. Aus den Gründen: „1.2.... 3. Das LG hat zu Recht angenommen, daß die oben zitierten beiden Urkunden als abstrakte Schuldversprechen anzusehen sind. Da die Person des Gläubigers (Kl.) sich aus der Urkunde vom 14. 4. 1959 ergibt, besteht an der Aktivlegitimation des Kl. kein Zweifel. Der Senat ist auch von der Gläubigerstellung des Kl. bezüglich der Urkunde vom 1. 10. 1959 überzeugt, denn der Bekl. bestreitet nicht mehr, daß er diese Urkunde unterschrieben und sie dem Kl. ausgehändigt hat. Aus dem Zusammenhang des Textes ergibt sich, daß der Kl. Gläubiger der bezifferten Haupt- und Nebenschuld ist. Dem LG ist auch darin beizutreten, daß für die rechtliche Beurteilung der Urkunden brasilianisches Recht anzuwenden ist (Schuldoertragsstatut). Die Parteien haben z. Z. des Vertragsschlusses sowohl ihr Domizil als auch den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Interessen in Südamerika gehabt. Mit dem empfangenen Geld sollte unstreitig ein in Brasilien abzuwickelndes Geschäft finanziert werden; die Rückzahlung sollte in Brasilien erfolgen. Nicht nur die brasilianische Währung, die in der Urkunde vom
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14.4.1959 genannt ist, sondern auch die portugiesische Sprache, in der die Urkunden abgefaßt sind, läßt darauf schließen, daß keiner der Vertragspartner damals daran dachte, seine schuldrechtlichen Beziehungen dem deutschen Recht zu unterstellen, etwa weil er die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Somit spricht alles dafür, daß das Recht des Erfüllungsortes des abstrakten Schuldversprechens — brasilianisches Recht - anzuwenden ist (vgl. Kegel, IPR, 2. Aufl. 1964, 225 ff., 231). Es läßt in seinem Rechtskreis abstrakte Schuldversprechen zu. Das ergibt sich aus der in erster Instanz eingeholten Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts. 4. Dieses wie auch die von den Parteien im Berufungsverfahren vorgelegten Privatgutachten der brasilianischen Rechtsanwälte stimmen darin überein, daß nach brasilianischem Recht die Vereinbarung einer Zahlung in fremder Währung unwirksam ist und statt des vereinbarten Devisenbetrages ein in Cruzeiros umzurechnender Betrag geschuldet wird. Die Umrechnung hat zu dem am Tage der Entstehung der Verbindlichkeit geltenden Cruzeiro-Kurs zu erfolgen, wodurch allein der Zweck dieser Währungsklausel erreicht wird. Nicht richtig ist somit die Ansicht des Berufungskl., das Rechtsgeschäft sei insgesamt nichtig. Das alles folgt aus der Fortgeltung der brasilianischen Dekrete Nr. 23501 vom 27. 11. 1933 (Verbot der Eingehung von Fremdwährungsschulden) und Nr. 22626 vom 7. 4. 1933 in Verbindung mit Art. 4 § 3 des Gesetzes vom 26.12.1951 (Einschränkung der Zinsfreiheit; Wirkung des Verstoßes gegen das Wucherverbot) . Art. 2 des Dekrets Nr. 23 501 lautet: Von den Veröffentlichungen dieses Dekrets an ist es bei Strafe der Nichtigkeit keit verboten, in Verträgen, die in Brasilien zu erfüllen sind, Zahlung in einer Währung zu vereinbaren, die nicht durch ihren gesetzlichen Wert festgelegte Landeswährung ist. Art. 1 des Dekrets Nr. 22 626 lautet: Verboten und nach den Bestimmungen dieses Gesetzes strafbar ist es, in irgendwelchen Verträgen Zinssätze zu vereinbaren, die mehr als doppelt so hoch wie der gesetzliche Satz sind. (6 Vo nach Código civil Art. 1062.) 5. Mit der Bejahung der Gültigkeit dieser Normen ist aber noch nicht ohne weiteres die Frage ihrer Anwendbarkeit durch ein deutsches Gericht bejaht. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen privatem und öffentlichem Kollisionsrecht; f ü r letzteres gilt das Prinzip der Territorialität; d. h., daß Bestimmungen des öffentlichen Rechts, wozu auch devisenrechtliche Bestimmungen gehören, nicht über die Landesgrenzen hinaus wirken (BGHZ 31, 370-372 Kegel, IPR, 404). Das Dekret Nr. 23 501 ist offensichtlich ein staatlicher Eingriff in Geldforderungen, der in währungs- und damit wirtschaftspolitischer Absicht erfolgte. Da die brasilianische Währung nicht stabil war, sollte das Publikum daran gehindert werden, auf eine ausländische Währung auszuwei1
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chen. Nach herrschender Meinung sind derartige Währungseingriffe nur in den territorialen Grenzen der Macht des fremden Staates anzuerkennen. Während beim Schuldvertragsstatut meist an den Ort des Vertragsschlusses oder den Erfüllungsort angeknüpft wird, knüpft man f ü r die Anerkennung von Währungseingriffen (Währungsstatut) an den Schuldnerwohnsitz oder die Lage des Schuldnervermögens an (BGHZ 7, 234—2362; 17, 92-94 3 ; 29, 327-328 4 ; Kegel aaO; vgl. Staudinger-Coing, [BGB] 11. Aufl., § 134 Anm. 20. Anderer Auffassung: Wolff, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., 158-159, 162; Raape, IPR, 5. Aufl., 536, 540-544). Allerdings ist die Anerkennung ausländischer währungsrechtlicher Eingriffe über den Machtbereich des ausländischen Staates hinaus aufgrund völkerrechtlicher Verträge möglich. Für das internationale Devisenrecht könnte sich die Notwendigkeit der Anerkennung brasilianischen Devisenrechts aus dem Abkommen über den Internationalen Währungsfonds ergeben, dem die Bundesrepublik nach dem Gesetz vom 28. 7. 1952 (BGBl. II 637) beigetreten ist, ebenso wie Brasilien, was sich aus der Auskunft der Deutschen Bundesbank vom 12. 8. 1965 ergibt. Indessen stehen die in vorliegendem Fall maßgeblichen brasilianischen Devisenbestimmungen einer Verurteilung des Bekl. zur Zahlung von US-Dollar oder Deutscher Mark nicht entgegen, weil sie keine .Devisenkontrollbestimmungen' im Sinne des Art. VIII 2 b des Abkommens über den Internationalen Währungsfonds sind. Das m u ß aus den Auskünften der Deutschen Bundesbank und der Rechtsabteilung des Internationalen Währungsfonds vom 22. 9. 1965 entnommen w e r d e n . . . Es verbleibt daher bei den oben gemachten Ausführungen, daß das brasilianische Währungsstatut nicht anzuwenden ist. Im vorliegenden Falle läßt sich auch ein übereinstimmender Parteiwille, die Schuldversprechen dem Dekret Nr. 23 501 zu unterstellen, nicht annehmen: In beiden Urkunden wird ein zu zahlender Wert von 5550 US $ genannt, was gegen das Dekret Nr. 23501 verstößt. Der Kl. wäre aber ganz sicher nicht bereit gewesen, seine Forderung dem brasilianischen Dekret Nr. 23 501 zu unterstellen, wenn er es gekannt hätte. Der Bekl. hätte, wenn er vom KI. Dollar erhalten oder bereits übergebene Dollar noch länger behalten wollte, auf diesen berechtigten Wunsch des Kl. eingehen müssen. Somit ergibt die Interessenabwägung, daß sich aufgrund des (hypothetischen) Parteiwillens nicht an das brasilianische Währungsrecht anknüpfen läßt. Es bleibt zu prüfen, welches Währungsrecht dann gelten soll. Das Schuldversprechen vom 1.10. 1959 wurde kurz vor der endgültigen Ausreise des Bekl. abgegeben (Ausreisetag 15. 10.1959). Da er bis dahin nichts bezahlt hatte und danach sowohl seinen Wohnsitz als auch seine Einkünfte in Westeuropa hatte (Schweiz, Frankreich, England, Bundesrepublik), ist f ü r äasWährungsstatut deutsches Recht zugrunde zu legen. Denn der Bekl. lebt seit 1961 in der Bundesrepublik; das gesamte Schuldnervermögen bzw. alle Schuldnereinkünfte sind hier belegen. 2 4
IzRspr. 1945-1953 Nr. 213 b. IzRspr. 1958-1959 Nr. 114.
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IzRspr. 1954-1957 Nr. 146.
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Da - wie ausgeführt - Schuldvertragsstatut und Währungsstatut zur Anwendung verschiedenen Rechts führen und die brasilianischen Währungseingriffe nach dem anzuwendenden deutschen Währungsrecht unbeachtlich sind, schuldet der Bekl. die in seinem Schuldversprechen genannte Summe von 5550 US $ nebst Zinsen, abzüglich am 13. 8. 1959 bezahlter 66 US $. Der Kl. kann nach dem Dekret Nr. 22 626 in Verbindung mit Art. 1062 Cc nur 1 %> Monatszinsen beanspruchen. Soweit darüber hinaus Zinsen vereinbart sind (insgesamt 3%> monatlich), ist die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen das Dekret Nr. 22 626 unwirksam. Dieses ist insoweit eine zivilrechtliche Vorschrift, also auch von den deutschen Gerichten zu beachten... Am 1.10.1959 wurden nur die Monatszinsen f ü r die Zeit vom 15. 5. bis 15.10.1959 ausgerechnet. Das Schuldversprechen enthält keine Angabe darüber, welcher Zinssatz f ü r den Fall der Nichtzahlung ab 15. 10. 1959 gelten soll. Da es sich hier um einen Urkundenprozeß aufgrund eines abstrakten Schuldversprechens handelt, kann das Versprechen nicht einfach im Wege der Auslegung dahin erweitert werden, daß ab 15. 10. 1959 noch jahrelang 3 °/o Monatszinsen geschuldet sein sollen. Es sind vielmehr nur 1 °/o Monatszinsen f ü r die in der Urkunde genannte Zeit von fünf Monaten zuzusprechen, das sind 277,50 US $. Mangels einer entsprechenden Zusage des Bekl. in den vom Kl. vorgelegten Urkunden kann der Kl. daher ab 15.10.1959 lediglich Verzugszinsen fordern, deren Höhe sich nach brasilianischem Recht bestimmt. Es sind nach Art. 1062 Cc 6 % f ü r das Jahr. Da das deutsche Recht die Verurteilung des Bekl. zur Zahlung umgerechneter inländischer Währung entsprechend der in den Schuldurkunden festgelegten ausländischen Währung (US-Dollar) zuläßt, hat das LG im Ergebnis mit Recht dem Hauptantrag des Kl. stattgegeben."
3. Handelsbeschränkungen 4. Kartell- und Monopolrecht 5. Rückerstattung Siehe auch Nr. 7, 10, 50, 166, 213, 296 Hingewiesen wird auf OLG Frankfurt, Beschl. vom 24. 9. 1965 - 10 (2) W 55/ 63 R: RzW 1966, 17. Die Entscheidung wurde aufgehoben durch ORG, 3. Senat, Beschl. vom 26. 4. 1966 - ORG/III/754: ORGE (3. Senat) 12, 155 = RzW 1966, 551. Der Beschluß des KG vom 3. 5. 1965 - 15/14 W 269/63: RzW 1965, 494 wird in diesen Band nicht aufgenommen, da die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.
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195« Die Gerichtsbarkeit der Wiedergutmachungsbehörden der vormals Britischen Zone ist nicht gegeben, wenn es sich um die Entziehung einer Forderung handelt, die außerhalb des Geltungsbereichs des Rückerstattungsgesetzes belegen war. ORG, 2. Senat Herford, Entsch. vom 15.1.1964 - ORG/II/887: R z W 1964, 256 mit Anm. Herzfeld. Aus den Gründen: „Auf jeder Stufe des Verfahrens ist von Amts wegen zu prüfen, ob die Wiedergutmachungsbehörden der vormals Britischen Zone im vorliegenden Fall die Gerichtsbarkeit ausüben können. Nach dem Territorialitätsprinzip, das auch f ü r das REG gilt, ist für die Beantwortung dieser Frage entscheidend, ob sich der beanspruchte Gegenstand gegenwärtig im Geltungsbereich des REG befindet oder vor seinem Untergang hier befand. Eine Forderung ist dort belegen, w o der Schuldner seinen Wohnsitz hat (Mezger, ORG/II/413 1 ; Königsberger, ORG/II/602, 603). I m vorliegenden Fall war also die Versicherungsforderung des Geschädigten in N e w York belegen, so daß die Vorinstanzen den Schadensersatzanspruch wegen dieser schon mangels Gerichtsbarkeit hätten abweisen müssen, ohne auf die Frage einzugehen, ob das Reich über die Versicherungsforderung als solche im Sinne des Art. 11 REG verfügt hat. Insoweit war daher der angefochtene Beschluß abzuändern." 1 9 6 . Das US-REG ist dann anwendbar, wenn der entzogene Vermögensgegenstand entweder in dessen Bereich entzogen wurde oder in dessen Bereich belegen ist oder wctr. Das US-REG ist nicht anwendbar, wenn ein im Ausland entzogener Vermögensgegenstand lediglich durch den Geltungsbereich des Gesetzes befördert wurde. OLG München, Beschl. vom 30. 4.1964 - W i 51/62: R z W 1964, 356». Der jüdische ASt. war Inhaber eines Engros-Geschäfts für Modistenzubehör in Wien mit einer Zweigniederlassung in Prag. Als für das Geschäft in Wien ein Treuhänder eingesetzt wurde, begab sich der ASt. im Mai 1938 nach Prag; er besaß die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit. Von Prag aus wanderte er im Jahre 1939 nach Ecuador aus; dorthin dirigierte er auch Waren ausländischen Ursprungs, die er aus dem Transitlager in Wien ausführen durfte. 46 Kolli mit Modestoffen ließ er auf den Transportweg bringen. Sie gelangten an die Speditionsfirma M. V. in Triest; dort lagerten sie zunächst wegen der Unmöglichkeit der Weiterbeförderung. Die Speditionsfirma teilte dem ASt. später mit, das Speditionsgut sei von den deutschen Wehrmachtsbehörden beschlagnahmt und im IzRspr. 1960-1961 Nr. 141. Die Entscheidung ist rechtskräftig, nachdem der 3. Senat des ORG im Fall Nr. 2162 den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen hat, da keine ausreichenden Gründe für den Nachprüfungsantrag ersichtlich seien. 1 1
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November 1944 an den Beauftragten der „Rohstoff-Handelsgesellschaft m.b.H." (ROGES) auf den Verteilerbahnhof Simbach in Bayern gelangt. Der ASt. macht auf Grund des BRüG Schadensersatzansprüche gegen das Reich geltend. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der ASt. mit der sofortigen Beschwerde. Aus den Gründen: „1. . . . 2. Die Kammer hatte . . . zu prüfen, ob ihr das US REG die Gerichtsbarkeit für die Entscheidung dieser Sache beigelegt hat. Das hängt davon ab, ob die Vermögensgegenstände des ASt. im Sinne dieses Gesetzes in dessen Geltungsbereich ,belegen' waren. Die grundlegenden Erwägungen enthält die CoRA-Entscheidung 398 vom 26. 2. 1954 (RzW 1954, 199) 2 . Danach ist Anknüpfungspunkt für die Anwendung des Gesetzes in erster Linie der Ort der Entziehung. Eine solche Anknüpfung scheidet hier aus, da die von der Kammer als möglich angesehene Entziehung außerhalb des Geltungsbereichs des US REG stattgefunden hat ^Beschlagnahme' in Triest). Im übrigen ist die Gerichtsbarkeit nach diesem Gesetz nur gegeben, wenn sich der entzogene Vermögensgegenstand in dessen Geltungsbereich befindet (so bei Ansprüchen auf Rückerstattung in Natur) oder befunden hat (so bei Ansprüchen wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe). Diese Ansicht liegt der Rechtsprechung im Bereich des US REG zu Grunde; ihr ist weiterhin zu folgen. Diese Grundsätze haben CoRA und der III. Senat des ORG gerade auch für ,Lift'Fälle mehrfach bestätigt (so insbesondere CoRA-Entsch. 458 in R z W 1955, 2 9 9 s ; Entsch. ORG/III/631 in R z W 1958, 131": keine Abhilfe nach dem REG, wenn die entzogenen Vermögensgegenstände nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes .verbracht' worden sind). Danach hängt die Entscheidung hier davon ab, ob die Kolli des ASt. im Geltungsbereich des US REG nach der Entziehung .belegen' waren. Keine der angeführten Entscheidungen besagt ausdrücklich etwas darüber, ob die Belegenheit eine gewisse Dauer voraussetzt, ob sie also zu verneinen ist, wenn entzogene Vermögensgegenstände lediglich durch den Geltungsbereich des Gesetzes befördert werden. Nach der CoRA-Entscheidung 398 schadet es nicht, wenn der entzogene Gegenstand ,kurze Zeit nach der Entziehung verbraucht oder zerstört wurde'. Keine dieser Entscheidungen enthält Ausführungen, wie sie Wilden für § 5 Satz 2 BRüG aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift folgert (WM 1953, 70 unter Nr. 2), daß nämlich diese Vorschrift anwendbar sei, wenn sich im Ostsektor von Berlin entzogene Vermögensgegenstände ,heute noch dort befinden', oder daß sich das Surrogat eines entzogenen Vermögensgegenstandes im Geltungsbereich des BRüG ,nach wie vor in der Hand des Surrogaterwerbers' befinde. Jedoch kommt in diesen Ausführungen und in denen der Kammer, daß sich der entzogene Gegenstand während einer gewissen Dauer im Bereich des 2 4
IPRspr. 1954-1955 Nr. 38. IPRspr. 1956-1957 Nr. 61.
3
IPRspr. 1954-1955 Nr. 39.
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Gesetzes befunden haben muß, die zutreffende Erwägung zum Ausdruck. Die CoRA-Entscheidung 458 lehnt es ab, die Gerichtsbarkeit zu bejahen, wenn die Entziehung außerhalb des Geltungsbereichs des US REG erfolgte und der Vermögensgegenstand auch später nicht dorthin verbracht wurde. Sie hält d a f ü r nicht die Kette f ü r ausreichend, deren Glieder die Verfolgung des Juden im Geltungsbereich des Gesetzes, die dadurch veranlaßte Auswanderung, die Versendung des Umzugsgutes ins Ausland und die Wegnahme dieses Gutes im Ausland bilden. Eine solche rückbezügliche Wirkung durch die Gebiete hindurch, durch welche das Gut seinen Weg zu dem Ort genommen hat, an dem der Verlust eingetreten ist, würde nach Ansicht von CoRA die Anwendbarkeit des Rückerstattungsgesetzes über den vorgesehenen sowie über den durch seine Bestimmung erlaubten Anwendungsbereich hinaus erweitern. Diese Auffassung sei zu dehnbar und unbestimmt, um der Ausübung einer durch Sondergesetzgebung erteilten Sonderbefugnis als feste Grundlage dienen zu können. Diese Bedenken stehen der Übernahme der Ausführungen von Schwarz zur Zuständigkeit gemäß § 5 BRüG (RzW 1959, 193) f ü r die Zuständigkeit nach dem US REG entgegen, daß nämlich die Vermögensgegenstände auf dem Transport f ü r dessen Dauer ,als im Bereich der durchfahrenen Strecke' belegen anzusehen seien. Diese ,höchst mobile Belegenheit' gibt keine sichere Grundlage f ü r die Entscheidung darüber, ob ein Rückerstattungsgesetz und welches anwendbar ist. Vielmehr ist mit Heinrich (RzW 1959, 443, 444), auf dessen Ausführungen sich die Kammer bezogen hat, anzunehmen, daß die Belegenheit n u r bei einer gewissen Dauer zu bejahen ist. Dem stimmt übrigens die Beschwerde grundsätzlich zu. Allerdings erlaubt diese Ansicht keine begrifflich scharfe Abgrenzung. Jedenfalls ist keine Gerichtsbarkeit auf Grund des US REG gegeben, wenn ein im Ausland entzogener Vermögensgegenstand lediglich durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes befördert worden ist. 3. Die Kammer hat ohne Rechtsverstoß ausgeführt, der nach Simbach adressierte Waggon sei dort eingetroffen und nach Brandenburg a. d. Havel weitergeleitet worden, ohne daß feststellbar sei, ob er dort auch eingetroffen sei; jedenfalls sei er in das Gebiet der heutigen Ostzone befördert worden. Die Beschwerde meint, man habe die beschlagnahmten Güter zunächst in Simbach in Sicherheit gebracht. Dort habe sie ein Beauftragter der Rohstoff-Handelsgesellschaft in Empfang genommen, gesichtet und entweder an den ursprünglichen Absender oder nach Döbern (ebenfalls außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik) geleitet. Von einem durchgehenden Transport von Triest aus in das Gebiet der Ostzone könne keine Rede sein. Der erste Transport habe in Simbach geendet; der Aufenthalt dort sei etwas anderes als eine bloß bahntechnisch bedingte Durchfahrt auf einem einheitlichen Transportwege gewesen. Die Sichtung der Güter habe einige Zeit beansprucht. Dieser Angriff richtet sich gegen die Beweiswürdigung der Kammer und bleibt erfolglos, weil die Beweiswürdigung frei von Rechtsverstoß ist. Die
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zum Teil auf Vermutungen gestützte Ansicht der Beschwerde ist allenfalls möglich; daß aber ein anderer Ablauf als der von der Kammer festgestellte möglich ist oder näherliegt, läßt keinen Rechtsverstoß der Kammer erk e n n e n . . . Da der Wagen am 26. 11. 1944 nach den unbeanstandeten Feststellungen der Kammer in Triest abgegangen war und schon am 3. 12.1944 Simbach in Richtung Brandenburg verlassen hatte, befand sich das Transportgut auf diesem Bahnhof f ü r keine Zeitspanne, die ausreicht, die Belegenheit in Simbach zu bejahen, zumal unter Berücksichtigung der damaligen Transportverhältnisse (Zwangsaufenthalte durch Fliegergefahr und Überlastung der Transportwege)." 1 9 7 . Die Wegnahme von Devisen im Jahre 19A4- bei der Einlieferung, in ein KZ-Lager begründet auch dann Rückerstattungsansprüche aus schwerer Entziehung gegen das Deutsche Reich, wenn die Devisen kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges in einem der baltischen Staaten auf dem sogenannten schwarzen Markt unterVerstoß gegen die dortige Devisengesetzgebung erworben worden waren. OLG München, Beschl. vom 30. 7.1964 - Wi 19/64: RzW 1964, 498. Aus den Gründen: „Die Ausführungen der Kammer zum Einfluß der litauischen Devisengesetzgebung auf die Ansprüche der ASt. halten dagegen . . . der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Viel näher als die von der Kammer erörterten Bedenken hätte die Frage gelegen, ob überhaupt die Devisengesetzgebung Litauens beachtet werden darf. Gerade für Gesetze solchen Inhalts sind die Staatsgrenzen noch am ehesten zugleich Grenzen der Wirksamkeit (vgl. Raape, Deutsches IPR, l.Aufl., § 5 0 a : Das Devisenrecht). Selbst wenn aber der Erwerb der ASt. nach litauischem Recht strafbar gewesen sein sollte, wird damit der Besitz der ASt. an diesen Vermögensgegenständen rückerstattungsrechtlich nicht bedeutungslos. Nach den Ausführungen der Kammer . . . bedurfte der Erwerb der Devisen im Jahre 1939 und später zwar der Genehmigung, war aber ohne solche nicht von Anfang an und endgültig nichtig. Die Ausführungen der Kammer ergeben nichts dafür, daß etwa verbotswidrig erworbene Devisen dem Staate verfielen. Nach alledem verschaffte ein Erwerb dieser Art keinen Besitz, der - wie z. B. der Besitz des Diebes — auf Eigenmacht beruhte und damit mit einem Makel anderer Art behaftet war als der hier erlangte Besitz. Mag der Erwerb der ASt. genehmigungspflichtig gewesen sein, so konnte doch deren Rechtsposition durch eine Genehmigung zu vollem Eigentum erstarken. Ein solcher Besitz ist als feststellbarer Vermögensgegenstand im Sinne des Rückerstattungsrechts zu beurteilen (Senatsbeschluß Wi 55/57; ORG/A/1042 in RzW 1959, 18 1 ). 1
IzRspr. 1958-1959 Nr. 159.
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Dieselbe rechtliche Beurteilung gilt für die Zeit nach der Besetzung Litauens durch die Sowjetunion im Sommer 1940." 198. Ungarische Staatsangehörige können wegen der Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages keine rückerstattungsrechtlichen Schadensersatzansprüche gegen Deutschland geltend machen. HansOLG Hamburg, Beschl. vom 28.8.1964 - 5 WiS 137/63»: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: ,,a) Art. 30 IV dieses Vertrages [des von Ungarn mit den Hauptalliierten am 10. 2. 1947 geschlossenen Friedensvertrages] besagt in der Übersetzung von Menzel, Die Friedensverträge von 1947 — eine textlich, nicht sachlich hiervon etwas abweichende Übersetzung findet sich u. a. in dem von der Redaktion der .Wandlung' herausgegebenen Band ,Die Friedensverträge' folgendes: ,Unbeschadet dieser und anderer Verfügungen der Besatzungsmächte in Deutschland zugunsten Ungarns und ungarischer Staatsangehöriger verzichtet Ungarn für sich selbst sowie für ungarische Staatsangehörige auf alle Forderungen gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige, die am 8. Mai [1945] ausstanden, mit Ausnahme der Forderungen aus Verträgen und anderen eingegangenen Verbindlichkeiten und aus erworbenen Rechten aus der Zeit vor dem 1. 9. 1939. Dieser Verzicht umfaßt alle Schulden, alle zwischenstaatlichen Forderungen aus Abmachungen, die im Verlauf des Krieges vereinbart wurden, sowie alle Forderungen aus Verlusten und Schäden, die während des Krieges entstanden sind.' Es handelt sich hierbei also schon rein sprachlich um eine bewußt weitgefaßte Formulierung (vgl. Gurski, BB 1954, 811 und Urteil des italienischen Kassationshofes — Vereinigte Zivilsenate — Nr. 285 vom 2. 2.1953 zu einer entsprechenden Klausel in Art. 77 IV des italienischen Friedensvertrages, mitgeteilt in BB 1954, 148). Sie hat gegenüber Ungarn wegen dessen Teilnahme am Kriege auf der Seite Deutschlands Strafcharakter (vgl. Granow, AöR 77 [1951/52], 74; Menzel, Die Forderungsverzichtsklausel gegenüber Deutschland in den Friedensverträgen von 1947-Rechtsgutachten - , 17) und sollte die Hauptalliierten bei der Realisierung ihrer Ansprüche bevorzugen. 1
Wörtlich übereinstimmend: HansOLG Hamburg, Beschl. vom 9. 9. 1964 5 WiS 11/64 (unveröffentlicht). Dieser Beschluß wurde aufgehoben vom ORG, 2. Senat Herford, Entsch. vom 16. 12. 1966 - ORG/II/1034: ORGE (2. Senat) 7, 922. Die Entscheidung des ORG wird in IPRspr. 1966-1967 abgedruckt. - Der Beschl. des HansOLG Hamburg vom 28. 8. 1964 wurde vom ORG Herford ohne Stellungnahme zur Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages aus einem verfahrensrechtlichen Grund aufgehoben: Entsch. vom 14. 10. 1965 - ORG/II/ 1033. Das Verfahren blieb sodann bis zur Grundsatzentscheidung des ORG Herford vom 16.12. 1966 ausgesetzt.
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Ansprüche aus Entziehungen beruhen ebenso wie solche aus sonstigen Verfolgungen auf allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. BGH vom 22. 6. i960, RzW 1960, 553 Nr. 13 2 ; Harmening, [REG] Einl. 5 vor Art. 1; v. Godin, [Rückerstattungsgesetze] Art. 15 US-REG Bern. 1). Sie wurden durch die Rückerstattungsgesetze und das BEG daher nicht erst begründet, sondern lediglich modifiziert und entstanden bereits mit der einzelnen Verfolgung. Soweit diese in die Kriegszeit fiel, löste sie also schon damals einen Anspruch des Verfolgten aus einem Verlust und Schaden aus. Dieser Anspruch wurde von der vorstehend wiedergegebenen Verzichtsklausel grundsätzlich mit umfaßt. F ü r Ansprüche aus dem BEG ist dies auch als h. M. zu bezeichnen (vgl. OLG Celle vom 30. 7.1957, RzW 1957, 400 3 ; OLG München vom 25.10.1959, RzW 1960, 94 4 ; BGH vom 22.6.1960, RzW 1960, 553 2 ; Blessin-Ehrig-Wilden, BEG, 3. Aufl., ÄndG Art. I Bern. 33 ff., S. 173ff.; Weiß, RzW 1963, 49ff.; vgl. auch van Dam-Loos, BEG, Einl. 4). Nichts anderes kann aber f ü r Rückerstattungsansprüche gelten (vgl. Blessin-Wilden, BRüG, Einl. Bern. 19; Kemper-Burkhardt, BRüG, § 2 Bern. 3; f ü r eine Gleichbehandlung beider Anspruchsarten trotz im übrigen gegenteiliger Auffassung auch Schüler, RzW 1959, 344 und 1960, 19). Solche Ansprüche unterliegen entgegen Gurski, Das Abkommen über deutsche Auslandsschulden, Art. 5 Bern. 37, S. 219, dem Verzicht, obwohl sie ihrer Natur nach auf die rei vindicatio zurückgehen. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Verzichtsklausel stützen die Ansicht Gurskis, der Verzicht erstrecke sich bloß auf Geldforderungen. Gurski selbst läßt denn auch aaO jede Begründung aus den Nebenfriedensverträgen heraus f ü r seinen Meinungswechsel gegenüber BB 1954, 811 vermissen. Daß die dort auch noch von Gurski vertretene Auffassung, der Verzicht umfasse Ansprüche aller Art, allein richtig ist, zeigt ferner ein Vergleich der Verzichtsklausel in Art. 30 IV des Friedensvertrages mit dem auch Ungarn von den Hauptalliierten in Art. 30 II und III zugestandenen Recht, jedenfalls f ü r die Zeit ab 20. 1.1945 von Deutschland Naturalrestitution zu begehren. Würde die Vindikation von dem Verzicht nicht umfaßt, so bedürfte es einer solchen Hervorhebung der Restitution nicht; auch wäre die dort vereinbarte zeitliche Schranke wirkungslos. Unabhängig hiervon kommt f ü r den vorliegenden Fall hinzu, daß nicht eine Naturalrestitution, sondern allein eine Schadensersatzforderung, also eine Geldforderung, im Streit i s t . . . Ebensowenig hält die Auffassung des KG (zwei Entscheidungen des 18. Senats vom 15. 9.1959, RzW 1960, 18 und 143 5) und Schülers (RzW 1959, 346 und 1960, 19) einer Prüfung stand, der Verzicht erstrecke sich lediglich auf Ansprüche aus Kriegsmaßnahmen, Rückerstattungs- wie Entschädigungsansprüche beruhten aber nicht auf solchen Maßnahmen, sondern auf Verfolgungstatbeständen. Schon der BFM hat in RzW 1961, 301 zutreffend Zweifel gegenüber der Berechtigung dieser Argumentation geäußert. Sie erweist sich in der Tat sowohl im Hinblick auf den Umstand, daß Deutschland und Ungarn während der überwiegenden Kriegsdauer nicht Feinde, 2 4
IPRspr. 1960-1961 Nr. 61. IPRspr. 1958-1959 Nr. 92.
38 IPR 1964/65
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IPRspr. 1956-1957 Nr. 72. IPRspr. 1958-1959 Nr. 81.
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sondern Verbündete waren, als auch angesichts des Wortlauts der Verzichtsklausel als nicht haltbar. Diese Klausel enthält keine kausale, sondern lediglich eine rein temporale Verbindung der Anspruchsursache mit dem Krieg. Ein anderes Ergebnis läßt sich entgegen dem KG, Schüler und dem BFM (aaO) aber auch nicht aus der .Unbeschadet-Klausel' zu Eingang der Verzichtsklausel gewinnen. Die ,Unbeschadet-Klausel' bezieht sich auf die jeweils davor getroffenen Maßnahmen (vgl. Gurski, Abkommen aaO Bern. 41 a, S. 230), also hier auf die bereits erwähnte beschränkte Zulassung einer Naturalrestitution. Sie erstreckt sich allein auf .dispositions', worunter .Anordnungen' und .Verfügungen' (vgl. die Wortbücher von Flügel, 4. Aufl.; Erdsiek u n d v. Beseler), nicht aber Gesetze verstanden werden können, die ohne jeden Bezug auf Ungarn erlassen worden sind. Auf einem ähnlichen Mißverständnis beruht die Auffassung des KG und Schülers (aaO), die Anwendbarkeit des REG auf Ansprüche von Ungarn lasse sich trotz der Verzichtsklausel auch aus Art. 30 III des Friedensvertrages herleiten. Dort heißt es in der Übersetzung Menzels allerdings wie folgt: ,Die Wiederherstellung und Rückerstattung ungarischen Eigentums in Deutschland wird in Übereinstimmung mit den Maßnahmen durchgeführt, die die Besatzungsmächte in Deutschland bestimmen werden.' Diese Vereinbarung k a n n indessen nicht isoliert betrachtet werden. Im Zusammenhang gelesen bezieht sie sich allein auf das kurz zuvor in Art. 30 II auch Ungarn zugestandene beschränkte Recht auf Naturalrestitution solcher Gegenstände, die noch nach dem 20. 1.1945 mit Gewalt oder Zwang nach Deutschland verbracht worden waren, nachdem Ungarn mit den Hauptalliierten einen Waffenstillstand geschlossen hatte. Art. 30 III des Friedensvertrages wird somit nicht vom REG, sondern vom 5. Teil des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 26. 5. 1952 (BGBl. 1955 II 405 ff.) ausgefüllt. Schließlich ist auch der Hinweis Schülers aaO darauf, daß Ungarn in dem Friedensvertrag n u r gegenüber Deutschland verzichtet habe, die Bundesrepublik aber mit dem Deutschland des Friedensvertrages nicht identisch sei, kein stichhaltiges Argument gegen die hier vertretene Meinung. Demgegenüber haben bereits das OLG München (aaO) und der BGH (RzW 1960, 553) 2 überzeugend nachgewiesen, daß die Parteien des Friedensvertrages mit Ungarn und der übrigen sogenannten Nebenfriedens Verträge unter der Sammelbezeichnung .Deutschland' sowohl das Deutsche Reich als auch alle seine etwaigen Nachfolger auf dem alten deutschen Staatsgebiet verstanden haben. Diese Auslegung f ü h r t angesichts des Zeitpunktes, zu dem die Verträge bereits geschlossen worden sind, und angesichts des noch immer nicht zur Ruhe gekommenen Streits über das rechtliche Schicksal des ehemaligen Deutschen Reichs auch allein zu praktikablen Ergebnissen. b) Es k a n n dahingestellt bleiben, ob der von Ungarn im Friedensvertrag ausgesprochene Verzicht die Rückerstattungsansprüche seiner Staatsangehörigen k r a f t Hoheitsaktes oder k r a f t eines im Völkerrecht zulässigen Erlaßvertrages (vgl. Dahm, Völkerrecht, III 115 und 260; Verdroß, Völker-
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recht, 4. Aufl., 124; Wengler, Völkerrecht, 255) zugunsten Deutschlands als Drittem vernichtet hat (vgl. Menzel, Gutachten 23; Feaux de la Croix, in: Festschrift f ü r Bilfinger, 66; Schüler, RzW 1959, 344). Nach beiden Ansichten führte der Verzicht unmittelbar zum Untergang bzw. zur Hemmung der Ansprüche mit der Folge, daß letztere gegen Deutschland nicht mehr oder zumindest nicht bis zu einer abweichenden Regelung geltend gemacht werden können. Dies wird von Schüler in RzW 1960, 19 bei seinem Hinweis übersehen, Deutschland gehöre nicht zu den Partnern des Friedensvertrages mit Ungarn. Dies wird aber gleichfalls vom BGH bei der P r ü f u n g der Frage übersehen, ob und wie die Verzichtsklauseln in den Nebenfriedensverträgen innerdeutsches Recht geworden seien (vgl. etwa die Urt. vom 22. 6. i960, RzW 1960, 553 2 und vom 2. 10. 1963, RzW 1964, 34 5"). Beides ist entbehrlich, da dem Verzicht unmittelbare Wirkung zukommt. c) Wie Menzel in seinem Rechtsgutachten S. 42 bereits angedeutet hat, kann der auch von Ungarn ausgesprochene Verzicht durch einen deutschen Gesetzgebungsakt oder - wie hier ohne weiteres ergänzt werden kann internationalen Vertrag wenn vielleicht auch nicht rückwirkend, so doch f ü r die Zukunft beseitigt werden. Daß solches auch zugunsten der Ansprüche ungarischer Staatsangehöriger geschehen wäre, läßt sich aber nicht feststellen. Diese Wirkung kommt zunächst dem REG nicht zu. Allerdings ist es nach Art. 1 I REG Zweck des Gesetzes, in möglichst großem Umfang beschleunigt die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an natürliche oder juristische Personen zu bewirken, denen sie in der maßgebenden Zeit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Auffassung oder der politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus ungerechtfertigt entzogen worden sind. Auch ist nach Art. 6 REG dabei anspruchsberechtigt, wem der Vermögensgegenstand jetzt gehören würde, wenn er nicht entzogen worden wäre. Beide Bestimmungen zusammen machen somit deutlich, daß die Anspruchsberechtigung im allgemeinen unabhängig von der Nationalität des Verfolgten und des Berechtigten vom Gesetz gewährt wird (vgl. v. Godin, 2. Aufl., Art. 1 US-REG Bern. 5). Soweit die Verfolgungsmaßnahme, welche die Entziehung darstellte oder bewirkte, sich gegen einen Ausländer richtete und dadurch zugleich ein völkerrechtswidriger Akt war, durchbricht das REG demgemäß den Grundsatz, daß solche Akte generell nur Ansprüche von Staat zu Staat auslösen (vgl. Granow aaO 69; Dahm aaO 254). Hieraus allein läßt sich jedoch nicht darauf schließen, solche Ansprüche könnten nunmehr trotz des kurz zuvor erklärten Verzichts auch von ungarischen Staatsangehörigen erhoben werden. Für diese Schlußfolgerung gibt es im REG keinerlei Anhaltspunkte. Sie lassen sich entgegen Schüler aber auch nicht aus dem Grundsatz herleiten, daß jüngere Spezialgesetze älteren generell vorgingen. Um diesen Grundsatz anwenden zu können, fehlt es an allen Voraussetzungen. Der Friedensvertrag mit Ungarn ist kein Gesetz. Rückerstattungsgesetze wurden nicht von allen Parteien erlassen, welche die Nebenfriedensverträge 6a
38 *
Siehe unten Nr. 201 A.
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abgeschlossen haben. Die Gesetze wurden ersichtlich nicht mit den Friedensverträgen abgestimmt. Davon abgesehen enthält f ü r Restitutionsansprüche von Ungarn das REG gegenüber dem Friedensvertrag nicht die speziellere Regelung. Diese bringt im Gegenteil der Friedensvertrag, wie bereits gezeigt wurde. Sowohl deswegen, aber auch wegen des engen zeitlichen Zusammenhanges zwischen dem Abschluß der Friedensverträge einerseits und dem Erlaß der Rückerstattungsgesetze andererseits hätte es somit - wiederum entgegen Schüler (aaO) — nicht eines ausdrücklichen Ausschlusses, sondern der ausdrücklichen Zulassung von Rückerstattungsansprüchen ungarischer Antragsteller im Gesetz bedurft. In Ermangelung einer solchen Zulassung müssen diese Ansprüche daher weiter als ausgeschlossen angesehen werden. Ebensowenig ist die Verzichtswirkung des ungarischen Friedensvertrages durch den Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 26. 5. 1952 (BGBl. 1955 II 405) beseitigt worden. Dieser Ansicht steht nicht entgegen, daß der ungarische Friedensvertrag nicht in der Anlage zum Schreiben des Hohen Kommissars der Vereinigten Staaten vom 26. 5. 1952 (BGBl. 1955 II 511) aufgeführt worden ist und somit auch nicht zu den Verträgen und internationalen Abkommen gehört, deren Fortdauer mit Art. 2 II des Überleitungsvertrages vereinbart worden ist. Wie bereits oben unter b) ausgeführt ist, hängt die Wirksamkeit des Vertrages nicht von seiner Uberführung in nationales deutsches Recht ab. Im übrigen ist Ungarn in Art. 5 des V. Teiles des Überleitungsvertrages ausdrücklich mit erwähnt worden. Dort findet sich eine ausführliche Regelung der äußeren Restitutionen, welche auch Ungarn von den Hauptalliierten in Art. 30 II und III des Friedensvertrages jedenfalls f ü r die Zeit nach dem 20. 1.1945 zugestanden worden sind. Dies zeigt, daß zumindest die vormaligen Besatzungsmächte dem Vertrag vom 26. 5. 1952 die zuvor von ihnen in den Nebenfriedensverträgen getroffenen Regelungen haben zugrunde legen wollen. Eine andere Absicht ist auch nicht im III. Teil des Überleitungsvertrages, welcher die innere Rückerstattung behandelt, zum Ausdruck gekommen. Dort ist die Fortgeltung der Rückerstattungsgesetze vereinbart worden, und die Bundesrepublik hat die Verpflichtung übernommen, diese Gesetze und die d a f ü r vorgesehenen Programme f ü r die Rückerstattung und Übertragung in vollem Umfang und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln beschleunigt durchzuführen. Diese Formulierung läßt lediglich die Deutung zu, daß die Bundesrepublik den von den Besatzungsmächten auf dem Gebiete der Rückerstattung geschaffenen Rechtszustand hinnehmen und erfüllen solle. Sie kann aber nicht dahin verstanden werden, daß die bestehenden Rechte erweitert, Ansprüche, auf die wie im Falle Ungarns wirksam verzichtet war, neu begründet und Grundsätze des Völkerrechts wie der, daß Völkerrechtsverletzungen nur Ansprüche von Staat zu Staat auslösen, zum Nachteil der Bundesrepublik geändert werden sollten. Die abweichende Ansicht Schülers, RzW 1960, 197 und des BGH im Urteil vom 2. 10. 1963, RzW 1964, 34 «a, welches allerdings einen Fall des BEG, nicht des REG betrifft, beruht darauf, daß dort
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der enge sachliche Zusammenhang zwischen der Verpflichtungsübernahme der Bundesrepublik einerseits u n d der bei Abschluß des Überleitungsvertrages bestehenden Rechtslage [andererseits] übersehen wird. Sie erweist sich dadurch als irrtümlich u n d nicht überzeugend. Aber auch das LSchA vom 27. 2. 1953, welches durch das Gesetz vom 24. 8.1953 (BGBl. II 331) ab 16. 9. 1953 Gesetzeskraft erlangt hat, ist auf den Rechtsverlust ungarischer Verfolgter und ihrer Nachfolger ohne Einfluß gewesen. Es hat allenfalls diesen Rechtsverlust noch dadurch verstärkt, d a ß es in Art. 5 IV die Nebenfriedensverträge zum Bestandteil des Abkommens erhoben hat. Daß dies n u r bezüglich Geldforderungen geschehen sei (so Gurski, Abkommen, Art. 5 Bern. 37, S. 219 entgegen Gurski, BB 1954, 811), ist nicht richtig. Gurski selbst r ä u m t aaO ein, daß der im Abk o m m e n verwendete Ausdruck ,Rechte' bzw. .rights' bzw. .droits' dingliche u n d sonstige Rechte nicht schuldrechtlicher Art mit u m f a ß t . Seinem Hinweis auf Art. 4 des Abkommens fehlt jede Überzeugungskraft. Allerdings sind dort n u r Geldverbindlichkeiten als zu regeln positiv bezeichnet. Demgegenüber grenzt aber Art. 5 I bis IV den Umfang der Schuldenregelung negativ ab und sichert ihre Durchführung, indem die Bestimmung im Interesse der Gesamtheit der Gläubigermächte u n d Gläubiger die Bundesrepublik und die deutsche Wirtschaft gegen die Inanspruchnahme wegen der dort a u f g e f ü h r t e n Ansprüche schützt. (Über dies Verhältnis von Art. 4 und 5 vgl. Gurski, Abkommen, Art. 5 Bern. 1 u n d BB 1954, 909; Féaux de la Croix aaO 40; BGH vom 21.6.1955, N J W 1955, 1437 [1435] 6 u n d vom 14.12.1955, N J W 1956, 343 7 .) Schon hieraus folgt, d a ß Art. 4 zur Auslegung von Art. 5 des Abkommens nicht herangezogen werden kann. Der Schutzzweck gebietet im Gegenteil sogar eine möglichst weite Auslegung von Art. 5, u m die D u r c h f ü h r u n g des gesamten Abkommens auch wirklich nachhaltig zu sichern. Bei allem darf schließlich nicht übersehen werden, daß hier n u r noch Schadensersatzansprüche, d. h. Geldforderungen im Streit sind und daß überdies die ganze Frage n u r dann von Bedeutung sein könnte, wenn entgegen der oben zu b) vertretenen Auffassung die W i r k u n g des Anspruchsverzichts von dessen ausdrücklicher Übernahme in ein deutsches Gesetz abhängen würde. Denn daß Art. 5 IV zugunsten eines Staates (und seiner Angehörigen), der weder das Abkommen mit abgeschlossen hat noch ihm später beigetreten ist, Ansprüche begründen sollte, die nicht schon vorher bestanden, läßt sich selbstverständlich nicht feststellen. Aber auch auf sonstige Klauseln des LSchA können die Ansprüche von Ungarn nicht gestützt werden. Dies gilt zunächst f ü r die Anlage VIII zu Art. 5 II des Abkommens. Durch sie wurde vereinbart, Art. 5 II d ü r f e nicht so ausgelegt werden, als würden dadurch Rechte gemäß den in der Bundesrepublik geltenden Rechtsvorschriften oder den von der Bundesrepublik zuvor geschlossenen Abkommen beeinträchtigt werden. Hiermit wurde den Bedenken einzelner Regierungsvertreter begegnet, durch die Formulierung von Art. 5 II des Abkommens könnten u. a. auch Wiedergutmachungs- u n d Restitutionsforderungen ausgeschlossen werden (vgl. Gurski, Abkommen, 6
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Art. 5 Bern. 10, S. 191). Daß diese Anlage unmittelbar über etwaige Ansprüche von Ungarn nichts aussagt, ist außer Streit. Aber auch ihre rechtsähnliche Anwendung auf solche Ansprüche ist nicht möglich (Gurski aaO 192; BGH vom 21.6. 1955, NJW 1955, 1435 6 und vom 22.6. 1960, RzW 1960, 553 2 ). Der gegenteiligen Auffassung Schülers (RzW 1959, 344; gegen ihn noch der BGH im Urteil vom 22. 6.1960 aaO) und des BGH (im Urteil vom 2.10.1963, RzW 1964, 34 5") fehlt jede Berechtigung. Hierbei ist davon auszugehen, daß sich die Frage nach der Rechtsnatur der Anlagen zum LSchA nicht allgemein beantworten läßt. Die Rechtsnatur muß vielmehr f ü r jede einzelne Bestimmung in den Anlagen gesondert geprüft werden (vgl. Gurski, Abkommen, 1. Vorbem. 1 b S. 98). Die Anlage VIII hat danach lediglich die Funktion einer Klarstellung dahingehend, daß durch Art. 5 II des Abkommens die Alliierten und ihre Staatsangehörigen nicht Ansprüche verlieren sollten, die zuvor gerade zu ihren Gunsten begründet worden waren. Ihr kommt dagegen keinerlei anspruchsbegründende Wirkung zu. Demgemäß fehlt ihr auch die Macht, zugunsten ungarischer Staatsangehöriger Ansprüche zu begründen, die erstere durch den Friedensvertrag rechtswirksam verloren haben. Unabhängig hiervon verbietet sich eine Analogie auch schon deshalb, weil gerade die verschiedenen Regelungen in Art. 5 zeigen, daß die Partner des LSchA durchaus eine differenzierte Behandlung der einzelnen Staaten und ihrer Angehörigen beabsichtigten, Dagegen läßt sich nicht sagen, daß eine Differenzierung dem Gebiet der Restitutionen grundsätzlich wesensfremd sei. Denn eine solche ist auch in Art. 5 des V. Teils des Überleitungsvertrages f ü r äußere Restitutionen vorgesehen. Ebensowenig ist Art. 26 des Abkommens eine geeignete Grundlage f ü r die Rückerstattungsansprüche ungarischer Staatsangehöriger. Wie die Anmerkung Gurskis zu Art. 26 zeigt, ist bei der Vereinbarung dieser Norm, welche die Wirksamkeit anderer Abkommen durch das LSchA unberührt läßt, an andere Abkommen als den Überleitungsvertrag gedacht worden. So erklärt es sich wohl auch, daß Art. 26 und der Überleitungsvertrag in dem Urteil des BGH vom 22. 6. 1960 (RzW 1960, 553) 2, durch welches die Entschädigungsansprüche eines Österreichers abgewiesen worden sind, keine Erwähnung gefunden haben. Aber selbst wenn der Überleitungsvertrag als anderes Abkommen im Sinne von Art. 26 verstanden wird, wie es der BGH im Urteil vom 2. 10. 1963 (RzW 1964, 34) getan hat, mit welchem er den Entschädigungsansprüchen eines Ungarn stattgegeben hat, ist die Rechtslage keine andere. Denn auch der Uberleitungsvertrag hat nicht die infolge des Friedensvertrages untergegangenen Ansprüche neu belebt, sondern lediglich der Bundesrepublik zur Pflicht gemacht, die bestehenden Ansprüche, zu denen solche ungarischer Staatsangehöriger nicht gehören, zu erfüllen. Schließlich f ü h r t auch der Erlaß vom 18. 4. 1961 (mitgeteilt in RzW 1961, 301) mit welchem der BFM sein Einverständnis damit erklärte, daß ab sofort Einwendungen aus den Forderungsverzichten in den Nebenfriedensverträgen nicht mehr erhoben würden, zu keiner anderen Beurtei-
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lung. E r gibt lediglich die persönliche Auffassung des BFM wieder. I h m fehlt jedoch jegliche, die Gerichte bindende Kraft. Eine solche k ä m e mangels einer gesetzlichen Grundlage h i e r f ü r nicht einmal dem ausdrücklich erklärten Verzicht auf diese Einwendung zu. Es ist daher nicht entscheidungserheblich, daß der Verfahrensvertreter des Deutschen Reichs in der vorliegenden Sache die Entscheidung ausdrücklich in das Ermessen des Senats gestellt hat. d) Es bleibt somit n u r noch zu erwägen, ob nicht allgemeine Rechtsgrundsätze zu einer Bejahung der geltend gemachten Ansprüche trotz des in dem Friedensvertrag erklärten Verzichts f ü h r e n . Solche Erwägungen wurden vom BGH in seinem die Entschädigungsansprüche eines Österreichers behandelnden Urteil vom 22. 6.1960 noch entschieden zurückgewiesen. Sie haben aber das den Ansprüchen eines Ungarn stattgebende Urteil vom 2. 10.1963 deutlich beeinflußt. Auf diesem Weg k a n n der Senat dem BGH nicht folgen. Dabei ist davon auszugehen, daß die Bundesrepublik im R a h m e n ihrer Kräfte zu Wiedergutmachungsleistungen grundsätzlich bereit ist. Sie hat deshalb nicht n u r zugunsten der Alliierten u n d ihrer Angehörigen die Auslegungsvereinbarung in der Anlage VIII zu Art. 5 II des LSchA getroffen, sondern auch bereits mit einer Reihe neutraler Staaten, deren Forderungen durch Art. 5 III LSchA zurückgestellt worden sind, Sonderabkommen zwecks Wiedergutmachung geschlossen. Schließlich hat sie in Art. 3 I des Zustimmungsgesetzes vom 28. 6.1963 (BGBl. II 791) zum Vertrag vom 2. 6.1961 mit Italien, welches in Art. 77 IV seines Friedensvertrages wie Ungarn auf jegliche Ansprüche gegen Deutschland verzichtet hatte u n d dessen Verzicht ebenfalls in Art. 5 IV LSchA bestätigt worden ist, sogar ausdrücklich angeordnet, der Verzicht finde gegenüber Rückerstattungsansprüchen keine Anwendung. Daß alle diese Abkommen und Gesetze die Ansprüche ungarischer Staatsangehöriger weder unmittelbar noch mittelbar stützen, bedarf an dieser Stelle keiner ausführlichen Erörterungen mehr. Nachzutragen bleibt insoweit lediglich, daß auch die Meistbegünstigungsklausel in Art. 6 des V. Teiles des Uberleitungsvertrages zu keiner anderen Beurteilung f ü h r t . Sie bezieht sich allein auf die äußere Restitution, w ä h r e n d hier die allgemeine innere Restitution in Frage steht. Deren Grenzen zu verschieben, kann selbst d a n n noch nicht Aufgabe des Richters sein, wenn und nachdem der Gesetzgeber dies schon mehrfach getan hat. Wie die Entstehungsgeschichte des LSchA zeigt, beruht die darin getroffene Schuldenregelung, zu der u. a. die Bestätigung des von Ungarn erklärten Anspruchsverzichts gehört, wesentlich auf den Versicherungen der deutschen Delegation, die zu übernehmenden Verpflichtungen stellten die äußerste noch tragbare Belastung dar (vgl. Gurski, Abkommen, Art. 5 Bern. 1 c, S. 179). Entsprechend gehen die Verzichtserklärungen in den Nebenfriedensverträgen auf Vorstellungen zurück, welche die Hauptalliierten von Anfang an ihrer Regelung der Kriegsfolgen zugrunde legten (vgl. Granow aaO 74). Schließlich sind in Art. 5 II bis IV LSchA die einzelnen Machtgruppen bewußt unter-
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schiedlich behandelt worden (vgl. Feaux de la Croix aaO 40 ff.). Der u. a. von Ungarn erklärte Anspruchsverzicht stellt sich danach als Glied einer Kette von internationalen Regelungen politischer und finanzieller Art von größter Tragweite dar. Ihn außer acht zu lassen, kann unübersehbare Schwierigkeiten auslösen. Finanziell insbesondere könnte hierdurch der Schuldendienst der Bundesrepublik allgemein oder doch zumindest die Tilgung der aus anerkannten Rückerstattungsansprüchen herrührenden Forderungen beeinträchtigt werden. Alle diese Gefahren richtig abschätzen zu können, ist dem Richter versagt. Daher muß der Richter sich selbst zugunsten von Wiedergutmachungsansprüchen jedes Eingriffes in das geschilderte Vertragssystem enthalten." 199. Die Verzichtsklausel des Art. 30 IV des Friedensvertrages vom 10. Februar 1947 zwischen Ungarn und den Alliierten Mächten schließt Rückerstattungsansprüche ungarischer Staatsangehöriger aus. LG München I, Beschl. vom 14. 12. 1964 - I W K N 187/63 159; Leitsatz in R z W 1965, 307 mit Anm. Cohn.
R z W 1965,
Aus den Gründen: „Zur Klarstellung der Frage, ob die angegebene Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages im vorliegenden Fall eine speziellere Regelung gegenüber den Bestimmungen des MRG 59 darstellt, war zu prüfen, ob Ungarn durch die Verzichtsklausel auf Ansprüche der Art, wie sie vom ASt. geltend gemacht werden, verzichtet hat. Gemäß der Fassung der Verzichtsklausel kann darüber kein Zweifel bestehen. Bei den Effekten des ASt. handelt es sich weder um ein Eigentum, das nach dem 20. 1. 1945 im Sinne von Abs. 2 des Art. 30 Friedensvertrag nach Deutschland gebracht worden ist, noch um solches im Sinne von Abs. 4, welches vor dem 1.9.1939 in Deutschland bestand. Zur Zeit des Abschlusses des Friedensvertrages war das US-MRG 59 noch nicht erlassen (10. 11. 1947). Etwaige Schadensersatzansprüche des ASt. gegen das Deutsche Reich w a r e n m i t einer erfolgten
Unrechtshandlung bereits seinerzeit entstanden gewesen. Es kann also keine andere Folgerung gezogen werden, als daß wegen einer etwaigen Entziehung von Effekten des ASt. der Staat Ungarn in dem Friedensvertrag auf Forderungen gegenüber dem Deutschen Reich zu Lasten des ASt. verzichtet hat. Es ist kein völkerrechtlicher Gesichtspunkt ersichtlich, daß dieser Verzicht von Seiten des Heimatstaates des ASt. für diesen nicht verbindlich wäre. Zweifelhaft kann nicht sein, daß der Verzicht für das im 1 Gegen den Beschluß wurde sofortige Beschwerde eingelegt. Das OLG München hat das Verfahren auf Antrag des ASt. ruhen lassen, da vor dem Bundesfinanzministerium über den Abschluß einer Vereinbarung verhandelt werde, durch die alle Ansprüche ungarischer Geschädigter abgegolten werden sollen, die sich auf Entziehungen in Konzentrationslagern außerhalb Ungarns erstrekken.
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Verfahren auftretende Deutsche Reich Verbindlichkeit hat. Die alliierten Mächte haben seinerzeit die Hoheitsrechte des Deutschen Reiches wahrgenommen und f ü r dieses gehandelt; allenfalls einen Vertrag zu dessen Gunsten, als Drittem, abgeschlossen. Aus Abs. 3 des Art. 30 Friedensvertrag kann zu Gunsten des ASt. kein Anspruch hergeleitet werden. Wenn dort von der Wiederherstellung und Wiedererstattung ungarischen Eigentums in Deutschland die Rede ist, so ergibt der Zusammenhang der einzelnen Absätze des Art. 30, worauf es hierbei ankommt. Die geäußerte Absicht der .Wiederherstellung' bezieht sich auf Vorkriegseigentum Ungarns in Deutschland, das vom Verzicht des Abs. 4 des Art. 30 ausgenommen worden ist. Die .Zurückerstattung' bezieht sich auf das nach dem 20.1. 1945 nach Deutschland verbrachte ungarische Vermögen. Was zwischen dem 1. 9.1939 und dem 20. 1. 1945 an ungarischem Vermögen nach Deutschland verbracht worden ist und soweit dieses aus Ansprüchen gegen Deutschland oder deutsche Staatsangehörige bestand, wurde vom Verzicht erfaßt. Bei letzterem sind Schadensersatz- wie auch Herausgabeforderungen gemeint. Bestand es aus Sachen, die als feindliches Vermögen durch die Alliierten beschlagnahmt waren, ohne bis dahin in alliiertes Eigentum übergeführt worden zu sein, so waren diese Sachen nach Abs. 1 des Art. 30 freizugeben. Sie erfaßte also der Verzicht ebenfalls nicht. Nach der Darstellung des ASt. waren dessen Sachen noch während des Krieges abhanden gekommen und nicht mehr auffindbar. Es handelt sich darnach um Schadensersatzforderungen des ASt. gegen das Deutsche Reich zur Zeit des Abschlusses des Friedensvertrages. Solche sind durch den Verzicht erfaßt. Die .Unbeschadetklausel' im Abs. 4 des Art. 30, wo es heißt: .Unbeschadet . . . irgendwelcher Anordnungen zugunsten Ungarns und ungarischer Staatsangehöriger durch die Besatzungsmächte Deutschlands' bezieht sich auf jenes Vermögen Ungarns und ungarischer Staatsangehöriger, das die Besatzungsmächte an Ungarn nach Kriegsende entweder direkt oder an einzelne ungarische Staatsangehörige, ferner an ungarische Repatriierungskommissionen durch Sonderanordnungen zurückgegeben haben. Bei diesen Regelungen sollte es verbleiben. Aus bei der Kammer anhängig gewesenen Verfahren ist gerichtsbekannt, daß solches während des Krieges hierher verschleppte Eigentum an ungarische Repatriierungskommissionen nach Kriegsende teilweise zurückgegeben worden ist, auch daß alliierte Mächte selbst ungarisches Eigentum nach Ungarn in jener Zeit zurückgebracht haben (I WKN 37/64, 32/62, 111/62); teilweise hat man es aber auch an ungarische Privatpersonen ausgehändigt. Entsprechendes Eigentum wurde außerdem zum Teil als Kriegsbeute behandelt und ins Ausland, u. a. nach den USA, gebracht (I WKN 32/62). Wenn von irgendwelchen Anordnungen in Abs. 4 des Art. 30 die Rede ist, wird also klargestellt, daß jenes durch Einzelverfügungen (dispositions) bereits zurückgegebene ungarische Eigentum, welches nicht zum Komplex des Abs. 1 oder des Abs. 3 gehört (Vorkriegseigentum in Deutschland und nach dem 20.1.1945 verschlepptes Eigentum), durch den Verzicht nicht erfaßt wird, sondern daß es bei der
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bereits erfolgten Regelung sein Bewenden haben soll. Es ist nicht anzunehmen, daß durch den Art. 30 des Friedensvertrages nicht eine abschließende Regelung über ungarisches Eigentum in Deutschland getroffen worden ist; ebenso auch nicht, daß man keine abschließende einschlägige Regelung hinsichtlich der Forderungen Ungarns und ungarischer Staatsangehöriger geschaffen hat, die mit dem Krieg unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang stehen. Wäre dem nicht so, so hätte man Ungarn die Möglichkeit gelassen mit neuen Wünschen und Forderungen an die Besatzungsmächte Deutschlands schon auf Grund des Friedensvertrages heranzutreten. Die Alliierten wollten aber, wie es der Sinn des Verzichtes ergibt, die Rechte Ungarns gegenüber Deutschland zwecks Befriedigung der eigenen Reparationsforderungen beschneiden. Es ist also nicht erklärlich, welchen Sinn die Regelungen des Art. 30 haben sollten, wenn nicht einen Schlußstrich über ungarische Vermögensangelegenheiten in Deutschland zu ziehen. Ohne Zweifel war es f ü r die Zeit nach Abschluß des Friedensvertrages f ü r die Besatzungsmächte in Deutschland nicht ausgeschlossen, in ihrem Besatzungsgebiet Regelungen zu Gunsten Ungarns oder ungarischer Staatsangehöriger zu treffen, obwohl auf entsprechende Vermögenswerte im Friedensvertrag verzichtet war. Man kann nicht folgern, daß insoweit bereits vorweg vom Verzicht Ausnahmen vorliegen. E r hätte sonst überhaupt keine Bedeutung gehabt, da sich jedermann auf künftige Ausnahmen jeder Art hätte berufen können. Man muß also folgern, daß auch beim Vorbehalt f ü r künftige Anordnungen zunächst der Verzicht zu gelten hatte. Der Vorbehalt kann sich auch n u r auf Einzelanordnungen, nicht auf Gesetze erstrecken. Die Verwendung des Wortes ,dispositions' im englischen Text läßt höchstens auf Einzelmaßnahmen schließen, nicht auf Gesetze (OLG H a m b u r g - V WiS 137/63 2 ; OLG H a m b u r g - V WiS 11/64 3 ). Rechte des ASt. gegen das Deutsche Reich aus einer Entziehung waren demnach jedenfalls durch den Verzicht erloschen. Bei dem angegebenen Ergebnis war weiter zu prüfen, ob solche untergegangenen Rechte des ASt. durch den Erlaß des MRG 59 am 10.11.1947 wieder aufgelebt sind. Das US-MRG 59 trifft allgemeine Regelungen f ü r Verfolgte im Sinne des Art. 1 MRG 59, ohne hierbei eine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Staatsangehörigkeit zu machen. Diese allgemeine Regelung konnte nicht den Personenkreis erfassen f ü r den bereits, wie beim ASt., ein Verzicht vorliegt. Die allgemeine Regelung f ü r Rückerstattungsbetroffene könnte f ü r den ASt. nur dann gelten, wenn im MRG 59 gesondert ausgesprochen wäre, daß die bereits getroffene Sonderregelung des Verzichts f ü r ungarische Staatsangehörige nicht anwendbar ist. Die Aufhebung der Sonderregelung des Verzichts f ü r ungarische Staatsangehörige wird im MRG 59 oder einem dazu ergangenen Gesetz nicht ausgesprochen. Es muß daher dabei verbleiben, daß der oben angeführte Verzicht zu Lasten des ASt. nach wie vor gilt, so daß er mit etwaigen Ansprüchen nach dem MRG 59 ausgeschlossen ist. Der angeführte Verzicht war 2
Siehe oben Nr. 198.
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Siehe oben Nr. 198 Fn. 1.
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von Amts wegen zu berücksichtigen und demzufolge der Antrag des ASt. als unbegründet abzuweisen (vgl. im wesentlichen zustimmend Weiss, R z W 1963, 49; Kommentar von Kemper-Burkhardt, Anm. 3 zu § 2 BRüG; Kommentar Blessin-Wilden, Anm. 19 Einl. zum BRüG; Kammerentscheidung I W K N 111/62 vom 19. 7.1963 in Sachen Pesti '/. Deutsches Reich; OLG Hamburg in 5 WiS 137/632; OLG Hamburg in 5 WiS 11/643; a.A. Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums in R z W 1960, 553 und KG, R z W 1960, 143. Es ist allerdings der Sachverhalt nicht bekannt, worauf letztere Stellungnahmen Bezug nehmen. Wie dargelegt, sind nicht alle Rückerstattungsansprüche von ungarischen Staatsangehörigen nach dem MRG 59 ausgeschlossen; also nicht jene, die sich auf Vorkriegseigentum in Deutschland beziehen)." 2 0 0 » Der Geltendmachung von rückerstattungsrechtlichen Schadensersatzansprächen ehemals Verfolgter ungarischer Staatsangehörigkeit steht zur Zeit der Verzicht des Art. 30 Abs. 4 des Ungarischen Friedensvertrages vom 10. 2.19U7 entgegen. LG Berlin, Beschl. vom 1. 6. 1965 - 154 W G K 369/62: R z W 1965, 400. Aus den Gründen: „Der Geltendmachung der rückerstattungsrechtlichen Schadensersatzansprüche steht jedoch Art. 30 IV des ungarischen Friedensvertrages vom 10. 2. 1947 entgegen (in Übersetzung abgedruckt in R z W 1960, 143 und 1963, 50). Hiernach hat Ungarn für sich selbst sowie für die ungarischen Staatsangehörigen auf alle Forderungen gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige - mit Ausnahme der Vorkriegsverbindlichkeiten — verzichtet, die am 8. 5. 1945 ausstanden. Zwar hat der BGH in R z W 1964, 34, 35 ausgesprochen, daß diese Verzichtsklausel sich nicht auf Wiedergutmachungsansprüche nach dem Bundesentschädigungsgesetz erstrecke. Für den Bereich des Bundesrückerstattungsgesetzes hat das KG in R z W 1960, 143 (Beschl. vom 15. 9. 1959 - 18 W 1027/59«) entschieden, daß die Verzichtsklausel des Art. 30 IV des ungarischen Friedensvertrages nur Schäden betreffe, die durch Kriegshandlungen, Besatzungsmaßnahmen und wirtschaftspolitische Anordnungen des besetzenden Staates gegen den BeIegenheitsstaat entstanden sind; dagegen sollen Schäden, die durch rassische Individual- oder Kollektivverfolgungshandlungen verursacht worden sind, von der Verzichtsklausel nicht erfaßt werden. W i e jedoch das HansOLG Hamburg im Beschluß vom 28. 8.1964 - 5 WiS 137/1963, A f W 6, 430-453 2, ferner im Beschluß vom 9. 9.1964 - 5 WiS 11/1964 3 - und ihm folgend das LG München I im Beschluß vom 14. 12. 1964, R z W 1965, 159 4 ausgesprochen haben, können ungarische Staatsangehörige, jedenfalls zur Zeit infolge der von Amts wegen zu berücksichtigenden Verzichtsklausel 1 3
IPRspr. 1958-1959 Nr. 81 a. Siehe oben Nr. 198 Fn. 1.
2 4
Siehe oben Nr. 198. Siehe oben Nr. 199.
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keine rückerstattungsrechtlichen Schadensersatzansprüche gegen Deutschland geltend machen. Wie das HansOLG Hamburg (aaO) mit Recht ausgeführt hat, ist die Auffassung des KG (RzW 1960, 143) l , der Verzicht erstrecke sich lediglich auf Ansprüche aus Kriegsmaßnahmen, unhaltbar, da der Wortlaut der Verzichtsklausel eindeutig ist. Diese Klausel enthalte keine kausale, sondern lediglich eine rein zeitliche Verbindung der Anspruchsursache mit dem Krieg. Die ,Unbeschadet-KlauseI' zu Eingang der Verzichtsklausel beziehe sich allein auf die beschränkte Zulassung der vorgesehenen Naturalrestitution. Art. 30 I I I des Friedensvertrages erstrecke sich nur auf das in Art. 30 I I zugestandene Recht auf Naturalrestitution wegen der nach dem 20.1. 1945 nach Deutschland verbrachten Gegenstände. Auch die Auseinandersetzung des HansOLG Hamburg mit der vom BGH geführten Begründung (aaO), die sich auf den Überleitungsvertrag vom 26. 5. 1952 und das LSchA vom 27. 2. 1953 stützt, ist überzeugend. Das Gericht kommt zu der Auffassung, daß keine Bestimmung getroffen worden ist, die rückerstattungsrechtliche Schadensersatzansprüche neu begründen soll, auf die — vor diesen Abkommen, wie im Fall Ungarns — rechtswirksam verzichtet worden ist. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarungen, deren Inhalt von politischen und finanziellen Erwägungen getragen ist. Zwar hat sich die Bundesrepublik bereit erklärt, im Rahmen ihrer politischen Auffassung und der finanziellen Gegebenheiten Wiedergutmachung zu leisten. In den Fällen, in denen durch Friedensvertragsregelung eindeutige und rechtsgültige Verzichte auch auf Ansprüche der vorliegenden Art zum Ausdruck gekommen sind, können nur Sonderregelungen zur Wiedergutmachung führen. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich daraus, daß die Bundesrepublik in Art. 3 I des Zustimmungsgesetzes vom 28.6.1963 (BGBl. I I 791) zum Vertrag vom 2. 6.1961 mit Italien, welches in Art. 77 IV seines Friedensvertrages wie Ungarn auf jegliche Ansprüche gegen Deutschland verzichtet hatte und dessen Verzicht ebenfalls in Art. 5 IV LSchA bestätigt worden ist, ausdrücklich angeordnet hat, daß der Verzicht gegenüber Rückerstattungsansprüchen keine Anwendung findet. Eine Regelung über Wiedergutmachungsleistungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ungarn ist bisher nicht getroffen worden. Somit entfällt z. Z. jeglicher Rückerstattungsanspruch ungarischer Staatsangehöriger, denen aus Gründen des Art. 1 REAO in Verbindung mit § 5 BRüG feststellbare Vermögensgegenstände entzogen worden sind. Soweit Verlagerungsgüter nach dem im Friedensvertrag genannten Datum vom 20.1. 1945 aus Ungarn herausgeschafft und noch vorhanden waren, sind sie an den Ungarischen Staat restituiert worden (vgl. Auskunft des Bundesamtes für äußere Restitution in Bad Homburg vom 28. 5. 1962, Archiv für W G K 6, 250-253)." 2 0 1 . Die Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages ist für Ansprüche aus dem Bundesrückerstattungsgesetz zu beachten.
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KG, Beschl. vom 2. 7. 1965 - 18 W 853/64»: RzW 1965, 440; Leitsatz in RzW 1965, 539 mit Anm. Cohn; RzW 1966, 11 mit Anm. Schüler; RzW 1966,160 mit Anm. Rheinboldt. Aus den Gründen: „Zutreffend geht der angefochtene Beschluß davon aus, daß hier n u r ein rückerstattungsrechtlicher Schadensersatzanspruch nach § 5 BRüG in Frage kommt, weil nach dem eigenen Vortrag der ASt. der beanspruchte Hausrat ,im verlassenen Heim', also in ihrer W o h n u n g in Szeged (Ungarn) und damit außerhalb des Geltungsbereichs des BRüG, in Verlust geraten ist. Ob die einzelnen Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift gegeben sind, braucht jedoch zunächst nicht erörtert zu werden. Denn ein etwaiger Rückerstattungsanspruch scheitert schon daran, daß er durch Verzicht untergegangen ist. Der in Art. 30 IV des zwischen den Alliierten u n d Assoziierten Mächten u n d Ungarn a m 10.2.1947 in Paris abgeschlossenen Friedensvertrags (vgl. Menzel, [Die Friedensverträge von 1947, in: Quellen f ü r Politik und Völkerrecht I, 1948] Friedensverträge f ü r Ungarn: Art. 30 IV [S. 158]; wörtlich damit übereinstimmend Verzichtsklauseln der übrigen Bündnisstaaten des Deutschen Reiches: f ü r Italien: Art. 77 IV [Menzels. 90]; f ü r Bulgarien: Art. 26 IV [Menzel S. 173]; f ü r Rumänien: Art. 28IV [Menzel S. 189]) enthaltene Anspruchsverzicht Ungarns zugunsten Deutschlands u m f a ß t auch den etwaigen Rückerstattungsanspruch der ASt. Alle in dieser Bestimmung aufgestellten Wirksamkeitsvoraussetzungen sind sowohl hinsichtlich der Person der ASt. als auch des von i h r geltend gemachten Rückerstattungsanspruchs erfüllt, wobei zur Auslegung der Verzichtsklausel auf den gemäß Art. 42 des Friedensvertrages maßgebenden englischen Text (ebenso m a ß gebend der nicht zur Verfügung stehende russische Text) zurückzugreifen ist. 1. Zunächst ergibt sich aus Abs. 4 von Art. 30, daß Ungarn nicht n u r f ü r sich selbst, sondern auch ,on behalf of Hungarian nationals' verzichtet hat. Diese Formulierung bedeutet nicht n u r eine Erklärung des Verzichts ,für' ungarische Staatsangehörige oder eine solche ,in deren Namen', sondern hat weitergehend den Inhalt ,auf Rechnung' der ungarischen Staatsangehörigen u n d rechtfertigt die Auslegung, daß der Verzicht zu deren Lasten erklärt wurde. Dazu w a r Ungarn auch berechtigt; denn es ist, abgesehen von der Frage, inwieweit ein Staat nach innerstaatlichem Recht zu solchem Vorgehen verfassungsgemäß berechtigt ist, jedenfalls im Völkerrecht allgemein aner1 Das ORG Berlin hat in seiner Entscheidung vom 24. 2. 1967 den Antrag auf Überprüfung zurückgewiesen: ORGE Berlin 25, 38; RzW 1967, 199. Die Ansicht des KG zur Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages wird vom ORG abgelehnt, wobei zur Begründung auf ORG Berlin, Beschl. vom 6. 12. 1966 ORG/A/4168: RzW 1967, 57, verwiesen wird. Letztere Entscheidung wird in IPRspr. 1966-1967 abgedruckt.
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kannt, daß es den Staaten freisteht, auch die privaten Rechtsbeziehungen ihrer Angehörigen — selbst ohne deren Zustimmung — zum Gegenstand von zwischenstaatlichen Vereinbarungen zu machen (vgl. hierzu Dahm, Völkerrecht, III 119; Menzel, [Die Forderungsverzichtsklausel gegenüber Deutschland in den Friedensverträgen von 1947, Rechtsgutachten, 1955, in: Veröffentlichungen der Forschungsstelle f ü r Völkerrecht und ausländisches Recht der Universität Hamburg] (Gutachten) 29ff. vor allem 30f., 34f.; ebenso BGH vom 22.6.1960, RzW 1960 553, 554, 555 2 und vom 2.10.1963, RzW 1964, 34, 35 2"). Dieses Recht u m f a ß t auch das Recht des Vertragsstaates, nach seinem politischen Ermessen über Ansprüche zu verfügen, die ihrer Entstehung nach nicht Rechte des Staates selbst, sondern Individualansprüche seiner Angehörigen sind. Der Staat ist insbesondere auch berechtigt, auf diese Individualansprüche zu verzichten. Dabei k a n n es dahinstehen, ob m a n die Erstreckung der W i r k u n g des völkerrechtlich vereinbarten Anspruchsverzichts auf den Individualgläubiger als Auswirkung eines einseitigen ,Hoheitsaktes' des Staates (so Dahm, Völkerrecht, III 119, 260; im Ergebnis auch Féaux de la Croix, [Betrachtung zum LSchA, in: Festschrift Bilfinger, 1954] 67), als solche seiner ,Personalhoheit' (hierzu BGH v. 22.6. 1960, RzW 1960, 555), oder seines auf der diplomatischen Schutzpflicht beruhenden Vertretungsrechtes (Menzel, Gutachten 30 u. 31) ansieht, oder ob m a n als deren Rechtsgrundlage die zivilrechtsartige Konstruktion eines im Völkerrecht zulässigen Erlaßvertrages zu Lasten eines Dritten (hierzu Féaux de la Croix 66) annimmt. In jedem Falle wird die Rechtsposition der ASt. durch die Einbeziehung der .ungarischen Staatsangehörigen' als Aktivbeteiligte von der Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages betroffen. Der Anspruchsverzicht betrifft die ASt., weil sie beim Inkrafttreten des Vertrages am 15. 9. 1947 ungarische Staatsangehörige gewesen i s t . . . Es k a n n hier dahingestellt bleiben, ob der Anspruchsverzicht generell f ü r alle ungarischen Staatsangehörigen oder entsprechend dem Territorialitätsprinzip (vgl. hierzu Wengler, Völkerrecht, II 936ff.; Verdroß, Völkerrecht, 316ff.; Gurski, BB 1954, 909ÎT., 911 links; außerdem Féaux de la Croix aaO 67, besonders Anm. 107; Weiss, RzW 1963, 49, 53 Nr. 3) n u r f ü r diejenigen gilt, die ihren Wohnsitz am Stichtag im ungarischen Staatsgebiet hatten. Denn nach den Gegebenheiten des Falles k a n n davon ausgegangen werden, daß die ASt. am 15. 9. 1947 ihren Wohnsitz in Ungarn gehabt hat. 2. Der zu Lasten der ASt. von Ungarn erklärte Verzicht bezieht sich auch auf Wiedergutmachungsansprüche, also auch auf die rückerstattungsrechtlichen Schadensersatzansprüche der ASt. Denn die Verzichtsklausel ,Hungary waives all Claims' ist umfassend. Sie bedeutet nicht n u r einen Verzicht auf .Forderungen', also auf obligatorische Ansprüche, sondern schließt auch alle n u r denkbaren Ansprüche aus jeglichem Rechtsgrund ein (so Gurski, BB 1954, 911 rechts oben und in [Das Abkommen über deutsche Auslandsschulden] (Abkommen) Anm. 37 zu Art. 5 auf S. 220, Mittel2
IPRspr. 1960-1961 Nr. 61.
2
* Siehe unten Fn. 8.
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absatz. Dessen vom OLG H a m b u r g im Beschl. vom 28. 8. 1964 zu 5 WiS 137/63 3 zitierte angebliche Meinungsänderung gegenüber BB 1954, 911 betrifft nicht die Auslegung der Verzichtsklausel der Friedensverträge selbst, sondern ihre Einordnung in Abs. 4 des Art. 5 LSchA). E r u m f a ß t damit sowohl Ansprüche aus dinglichem Recht als auch solche auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung. Zudem stellt Satz 2 des Abs. 4 von Art. 30 des englischen Friedensvertragstextes ausdrücklich außer den ,debts\ also den Geldschulden, noch die ,Claims f o r loss or damage', also vindikatorische und deliktische Ansprüche als Gegenstand des Verzichts fest. Denn ,claim' bedeutet .Rechtsanspruch' und ist (nach Erdsiek) Oberbegriff f ü r ,claim f o r money' = .Geldforderung', ,claim ad rem' = .dinglicher Anspruch' und auch f ü r ,claim in tort' — Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung; ähnlich definiert Weissenstein: ,the claim' als Anspruch auf eine Leistung, der ebenso aus einem dinglichen Recht wie aus der ,chose of action', einem Schuldverhältnis, entstammen kann. Entsprechend wird im letzten Satz des Abs. 4 von Art. 30 klargestellt, daß ,the waiver' = ,der Verzicht' u m f a ß t .debts', also eigentliche Geldschulen, ,all intergovernmental Claims' = alle zwischenstaatlichen Ansprüche und ,all Claims f o r loss or damage' = alle Ansprüche aus Verlust oder Schaden, .arising during the w a r ' = die während des Krieges entstanden sind, wobei ,during' zeitlich verstanden werden m u ß . Der englische Originalwortlaut der Verzichtsklauseln rechtfertigt also keineswegs die wohl auf der Übersetzung bei Menzel beruhende Auffassung, es handele sich jeweils in Abs. 4 des betreffenden Artikels der Nebenfriedensverträge n u r um einen echten .Forderungs-Verzicht', weil die Klausel n u r Ansprüche schuldrechtlicher Natur betreffe (so Weiss, RzW 1963, 51). Ebensowenig k a n n das ,Rechtsgutachten über die Forderungsverzichtsklausel' Menzels die Gegenmeinung stützen; denn das Gutachten befaßt sich n u r mit dem Schicksal einer privatrechtlichen Forderung zwischen zwei F i n n e n . Bei dieser beschränkten Fragestellung hatte Menzel keinen Anlaß, eine weitergehende Bedeutung des Wortes .claim' zu prüfen. Aus der Formulierung .Claim for loss arising during the war' läßt sich keine andere Beurteilung gewinnen. Im Gegensatz zu seiner f r ü h e r e n Rechtsauffassung (vgl. die Entscheidungen 18 W 1027/59 und 18 W 1253/ 59, beide vom 15.9.1959, RzW 1960, 18 und 143 4 ), die aufgegeben wird, vertritt der Senat die Ansicht, daß nach dem Sprachgehalt das W o r t .during', welches auf die zeitliche Dauer abstellt, n u r zeitlich, nicht kausal gemeint sein kann. Außerdem wird zur Bezeichnung eines kausalen Entstehens die Formulierung .arising f r o m ' im Englischen gebraucht (so Enzyklopädisches Wörterbuch von Muret-Sanders-Springer, Teil I, 1962, 76). Hinzu kommt, daß die Stelle im engsten inneren Zusammenhang steht mit der im vorausgehenden Satz datumsmäßig erfolgten Begrenzung der Verzichtswirkung auf die Zeit vom 1. 9. 1939 bis 8. 5. 1945, also auf die Kriegszeit, und vor allem mit der Erörterung der zwischenstaatlichen An3
Siehe oben Nr. 198 (und dort Fn. 1).
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Sprüche ,entered into in the course of the war', die ebenfalls ausdrücklich auf den Verlauf des Krieges, nicht auf die Verursachung durch den Krieg, abstellt. 3. Die einheitliche Konzeption der Abs. 2 und 4 des Art. 30 ergibt zudem, daß nach der Absicht der vertragschließenden Staaten, vor allem der der siegreichen Alliierten, Wiedergutmachungsansprüche gerade nicht generell von dem in Abs. 4 festgelegten Anspruchsverzicht ausgenommen werden sollten; denn Abs. 2 des Art. 30 läßt eine Naturalrestitution in ganz beschränktem Umfange ausdrücklich zu, nämlich für Ansprüche auf solche feststellbaren Vermögensgegenstände, die nach dem 20. 1. 1945 - dem Tage des Waffenstillstandes zwischen den Hauptalliierten und der am 23.12. 1944 in Debrecen gebildeten ungarischen Gegenregierung unter Generaloberst Bela Miclos v. Dalnoki - durch deutsche Streitkräfte oder Behörden zwangsweise von Ungarn nach Deutschland verbracht worden sind. Die Zeitschranke des 20. 1. 1945 für die Zulassung von Rückerstattungsansprüchen wäre sinnlos, wenn Rückerstattungsansprüche als solche von dem Anspruchsverzicht des Abs. 4 überhaupt nicht berührt würden. Die Errichtung dieser Schranke in Abs. 2 des Art. 30 beweist im Gegensatz gerade, daß generell Rückerstattungsansprüche Gegenstand der Verzichtsklausel in Abs. 4 sind. Dieser Rechtsgehalt des Abs. 2 kann übrigens auch aus seiner Wortfassung ,shall be eligible for restitution' gefolgert werden. Diese ist, da ,eligible' eigentlich .wählbar, geeignet, qualifiziert, in Betracht kommend' (so Erdsiek) heißt, dahin auszudeuten, daß nur der nach dem 20. 1. 1945 erfolgte Entziehungsfall bei Verbringung nach Deutschland für die Rückerstattung überhaupt in Betracht kommen kann*. Die Rückerstattung sollte nach dem nur auf Abs. 2 bezogenen Abs. 3 des Art. 30 nach Maßgabe der von den Besatzungsmächten in Deutschland bestimmten Mittel ,shall be effected', also bewirkt — oder ausgeführt — werden. Absatz 3 des Art. 30 enthält auch keine neue Konstituierung von Rückerstattungsansprüchen für rassisch verfolgte Ungarn als Ausnahme von dem Generalprinzip des Abs. 4, sondern lediglich die Durchführungsanordnung für die in Abs. 2 beschränkt zugelassene Rückerstattung durch Deutschland. Die ,Unbeschadet-Klausel' des Abs. 4 ist nur in dem Sinne zu verstehen, daß die nach Abs. 2 zugelassene, nach Abs. 3 abzuwickelnde Restitution von dem Generalverzicht des Abs. 4 nicht miterfaßt wird, auch wenn dessen personelle und zeitliche Voraussetzungen vorlägen, insbesondere auch, wenn sie am 8. 5. 1945 ausstand (so im Ergebnis OLG Hamburg vom 28. 8.1964 und 9.9. 1964 3 ). Die Unbeschadetklausel nimmt zwar auch noch ,any other dispositions in favour of Hungary and Hungarian nationals by the Powers occupying Germany' von dem Anspruchsverzicht aus. Sachlich fallen aber die zeitlich später ergangenen Rückerstattungsgesetze nicht unter den Vorbehalt des Absatzes 4 von Art! 30, denn sie sind keine ,other dispositions' im Sinne der Unbeschadetklausel. Es ist zwar richtig, daß die Rückerstattung von den Besatzungsmächten veranlaßt (vgl. Schüler, RzW 1960, 535 ff. 537) und die materiell über §§ 5, 1 BRüG auch diesem Verfahren zu-
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gründe liegende Berliner Rückerstattungsanordnung als BK/O (49) 180 von diesen erlassen worden ist. Damit ist diese jedoch wie andere von den Besatzungsmächten erlassene Rückerstattungsgesetze allenfalls als ,measures' im Sinne von Abs. 3, nämlich als von den Besatzungsmächten für die Rückerstattung in Deutschland bestimmte Maßnahme anzusehen, nach der die beschränkte Rückerstattung nach Abs. 2 des Art. 30 durchzuführen ist. Die Rückerstattungsgesetze sind keinesfalls .Verfügungen oder Anordnungen zugunsten Ungarns' im Sinne der Unbeschadetklausel des Abs. 4. Denn sie lassen Rückerstattungsansprüche für Ungarn nicht ausdrücklich zu, was zum Ausschluß der Verzichtswirkung des Art. 30 IV erforderlich sein würde (so auch OLG Hamburg in den Beschlüssen v. 28. 8 . 1 9 6 4 und 9. 9. 1964 3 ). Ungarn und die ungarischen Staatsangehörigen sind in den in Betracht kommenden deutschen Rückerstattungsgesetzen nirgends auch nur erwähnt. 4. F ü r die materielle Einbezogenheit der Rückerstattungsansprüche generell in den Anspruchsverzicht des Art. 30 Abs. 4 spricht ferner, daß die Alliierten in Art. 27 des Friedensvertrages Ungarn ohne zeitliche Beschränkung zur Wiedergutmachung aller Verfolgungsschäden aus diskriminierenden Gründen verpflichtet haben. Damit trugen die Alliierten und gleichzeitig Ungarn dem allgemein anerkannten Grundsatz des Völkerrechts Rechnung, daß der zum Verzicht auf Individualansprüche von seinem Verzichtsstaat verpflichtete Staatsangehörige von jenem entsprechend entschädigt werden muß (so OLG München vom 25. 10. 1959, R z W 1960, 94 ff. 5 , entsprechend Wengler, Völkerrecht, I 256 Anm. 1; BlessinWilden, [BRüG] Anm. 19 der Einleitung [Weiss aaO Anm. 34 meint sogar, daß auch ein entschädigungsloser Verzicht im Völkerrecht nicht gegen den ordre public verstoße; ähnlich Menzel, Gutachten 37 ff. vor allem 40 unten]). In Art. 27 I hat sich Ungarn verpflichtet, die Rückerstattung des Eigentums, welches in Ungarn wegen der rassischen Herkunft oder Religion des Eigentümers seit dem 1. 9 . 1 9 3 9 Gegenstand von Beschlagnahme-, Einziehungs- oder Kontrollmaßnahmen gewesen ist, durchzuführen und für den Fall der Unmöglichkeit der Rückerstattung die Zahlung einer angemessenen Entschädigung hierfür vorzunehmen. Damit zeigt sich die Absicht der Alliierten, die Rückerstattung für sämtliche seit dem 1. 9 . 1 9 3 9 erfolgten Entziehungsfälle dem ungarischen Staate aufzuerlegen, und zwar ohne zeitliche Begrenzung, etwa durch die Stichtage des Art. 30, nämlich dem 20. 1. 1945 und dem 8. 5. 1945. Auf diese Weise ordneten die Alliierten kraft ihrer Siegerstellung die Frage der Rückerstattung für Vermögensverluste auf ungarischem Gebiet aus rassischen Gründen bereits für die ganze Kriegszeit zu Lasten des ungarischen Staates, nicht aber zu Lasten des Deutschen Reiches, und zwar nach dem Territorialitätsprinzip zugunsten aller der ungarischen Gerichtshoheit unterstehenden rassisch verfolgten Personen. Bemerkenswert dabei ist, daß - wie in Art. 30 IV - hier rein zeitlich auf den Kriegsbeginn, nicht aber auf für Verfolgungsmaß 5
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nahmen eventuell kausale Ereignisse abgestellt wird. Der innere Zusammenhang zwischen Art. 27 und Art. 30 II und IV des ungarischen Friedensvertrages liegt auf der Hand; als Ausnahme von der regelmäßigen Rückerstattungspflicht des ungarischen Staates gegenüber seinen zum Anspruchsverzicht gezwungenen Staatseingesessenen seit dem 1. 9. 1939 ohne zeitliche Begrenzung in die Zukunft sollte n u r die durch Art. 30 II zu Lasten Deutschlands angeordnete Restitutionsverpflichtung f ü r solches ungarisches Eigentum gelten, das nach dem 20. 1. 1945 noch gewaltsam aus Ungarn nach Deutschland verbracht worden ist. Wenn der ungarische Staat seiner Pflicht den nach Art. 27 Rückerstattungsberechtigten gegenüber nicht oder nicht im hinreichenden Umfange nachgekommen sein sollte, so wäre das eine innerstaatliche Angelegenheit Ungarns. Sie würde jedenfalls nicht eine Einschränkung oder gar eine Aufhebung des grundsätzlichen Anspruchsverzichts auch auf rückerstattungsrechtliche Ansprüche aus Art. 30 IV des Friedensvertrages bewirken. 5. Auch die in der Verzichtsklausel gesetzten zeitlichen Voraussetzungen sind gewahrt. Denn der von der ASt. verfolgte Rückerstattungsanspruch ist nach dem 1. 9.1939 entstanden. Er ist mit dem konkret schadenstiftenden Ereignis (so richtig Weiss aaO zu IV, 2 auf S. 53 und BGH, RzW 1960, 554 2 ), mit dem behaupteten Verlust des Hausrats im Zuge der im April 1944 erfolgten Konzentration und im Juni 1944 nachfolgenden Deportation zur Entstehung gelangt. Da die Verfolgung der ASt. mit ihrer Befreiung am 22. 4. 1945 beendet war, stand der Anspruch der ASt. am 8. 5. 1945 noch aus. E r wurde nicht erst durch die Wiedergutmachungsgesetze begründet, sondern von ihnen lediglich modifiziert (so f ü r Entschädigungsansprüche BGH, RzW 1960, 554 2 ; OLG München vom 25.10.1959, RzW 1960, 94 f. 5 und Weiss aaO 52 zu IV, 1; entsprechend f ü r Rückerstattungsansprüche: OLG Hamburg vom 28. 8. 1964 und 9. 9.1964 3) . . . 6. Der von Ungarn erklärte Anspruchsverzicht gilt zu Gunsten des AGg. Er wurde nach seinem Wortlaut,against Germany' angeordnet... Obwohl das Deutsche Reich selbst weder zu den Vertragsparteien noch zu den Signatarstaaten des Friedensvertrages gehört, handelt es sich bei der Konstituierung der Verzichtsklausel zugunsten Deutschlands dennoch nicht um eine,res inter alios gesta' (vgl. hierzu Granow [AÖR77 (1951/52)] 74f. im gleichen Sinne), sondern um einen über eine faktische Begünstigung hinausgehenden echten Vertrag zugunsten eines Dritten, der den AGg. unmittelbar von allen durch den Verzicht erfaßten Verpflichtungen befreit (OLG München vom 25. 10. 1959, RzW 1960, 95 6 ). Die Zulässigkeit des Abschlusses solcher Verträge und ihre Rechtswirksamkeit zugunsten des nicht vertragschließenden Drittstaates ist in der Völkerrechtslehre allgemein anerkannt (hierzu Verdross aaO 184; Dahm aaO III 112ff., 115; vor allem Wengler aaO I 254 ff.), insbesondere solcher zwischenstaatlichen Vereinbarungen, durch die der verpflichtete Staat - hier Ungarn - den berechtigten Staaten - hier den Alliierten - gegenüber die Zulässigkeit von Rechtsgütereingriffen des dritten Staates - hier Deutschland - anerkennt (so Wengler aaO I 256, 257 unter Hinweis auf die Nebenfriedensverträge
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in Anm. 1 S. 257), also auf seine Rechte wegen derartiger Eingriffe zugunsten des dritten Staates verzichtet... 7. Infolge des zwischen den Alliierten und Ungarn vereinbarten Anspruchsverzichts ist der im Streit befindliche Rückerstattungsanspruch der ASt. mit dem Inkrafttreten des Friedensvertrages am 15. 9. 1947 untergegangen. Diese Rechtsfolge des Abs. 4 von Art. 30 ergibt sich bereits aus der Bedeutung der englischen Begriffe ,to waive a Claim' und ,waiver', deren Ubersetzung mit ,auf einen Rechtsanspruch verzichten, sich eines Rechts begeben' und .Aufgabe, Verzicht, Beseitigung von Rechten', auch von Menzel in seiner ausführlichen Wortinterpretation im ,Rechtsgutachten' und nach den dort benutzten Wörterbüchern für richtig gehalten wird. Nach deutschem Sprachgebrauch kann nach der Auffassung des Senats damit nur ein völliges Erlöschen des vom Verzicht betroffenen Rechtes gemeint sein (so auch Menzel als Ergebnis seines Rechtsgutachtens vor allem auf S. 16, 23, 27, 44). Die im Schrifttum und in der Entschädigungsrechtsprechung vertretene Auffassung, die Verzichtsklausel bedeute nur eine Hemmung des Anspruchs (so Weiss, RzW 1963, 51 zu II, 4; hierzu auch Wilmanns, BB 1955, 820; Tedesco, BB 1955, 821 f.; Pater und Escher, BB 1958, 153; hiergegen im Sinne der Ansicht des Senats Henn, BB 1955, 1115 und Gurski, BB 1954, 909 ff.), vermag nicht zu überzeugen. Maßgebend ist vielmehr der im Wortlaut des Vertrages zum Ausdruck gekommene Erklärungswille der Vertragsparteien (so auch für völkerrechtliche Verträge zugunsten Dritter: Dahm aaO III 116 zu 4). Die insoweit eindeutigen Bestimmungen des Vertrages lassen weder den Schluß zu, daß die Verzichtsklausel nur ein Provisorium bedeutet, welches entfalle, sobald die Gefährdung der alliierten Reparationsansprüche nicht mehr zu befürchten sei, noch kann aus ihm gefolgert werden, daß sie nur eine .Zurückstellung' der betroffenen Ansprüche, ein zeitlich begrenztes Prozeßhindernis bedeuten sollten, nicht aber eine rechtsvernichtende Einwendung aufgrund eines endgültigen materiellen Verzichts. Während in der Rechtsprechung des BGH der IV. Zivilsenat im Urteil vom 14. 12. 1955 (BGHZ 19, 259 ff., 266) 6 diese Rechtsfragen nur erörtert und nicht entschieden hat, hat sich der II. Zivilsenat im Urteil vom 31.1. 1955 (BGHZ 16, 208 ff., 210) 7 klar auf den hier vertretenen Standpunkt gestellt, daß mit Abschluß des Friedensvertrages der Anspruch des verzichtenden Staates oder seines Angehörigen gegenüber Deutschland oder dem deutschen Schuldner endgültig erloschen sei, und zwar unter ausdrücklicher Berufung auf die Ansicht von Gurski (BB 1954, 909ff.). Dieser kommt für die inhaltlich mit der Regelung der Nebenfriedensverträge übereinstimmende Verzichtsklausel des österreichischen Staatsvertrages von 1955 zu dem gleichen Ergebnis (ebenso für Art. 77 IV des italienischen Nebenfriedensvertrages, Urteil des italienischen Kassationshofes vom 2. 2.1953, BB 1954, 148 Nr. 293) und legt die wirtschaftlichen Folgen der Erlöschenswirkung des Verzichts dar. 8
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8. Der am 15. 9.1947 erloschene Rückerstattungsanspruch der ASt. ist auch in der Folgezeit nicht neu entstanden. Eine solche Wirkung haben die Rückerstattungsgesetze etwa als jüngere Spezialgesetze im Gegensatz zu älteren Generalklauseln (entgegengesetzter Ansicht: Schüler, RzW 1959, 346) nicht. Denn einmal ist der ungarische Friedensvertrag kein mit dem BRüG und der Berliner REAO vergleichbares ,Gesetz' (so auch OLG Hamburg in den Beschlüssen vom 28. 8.1964 und 9. 9. 1964 s ). Zum anderen enthalten nicht die deutschen Rückerstattungsgesetze, sondern gerade der Friedensvertrag die für ungarische Verfolgte und die Regelung ihrer Ansprüche speziellen Bestimmungen, nämlich die ausdrückliche Verpflichtung des ungarischen Staates zur Rückerstattung in Art. 27 des Friedensvertrages und den generellen Anspruchsverzicht wegen solcher Ansprüche gegen Deutschland in Art. 30. Die Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages ist auch nicht durch einen späteren Staatsvertrag außer Kraft gesetzt worden, auch nicht durch eine entsprechende internationale Vereinbarung zwischen den Alliierten und Deutschland als dem begünstigten Drittstaat. Die zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Hauptalliierten abgeschlossenen Staatsverträge, der sogenannte Überleitungsvertrag vom 26. 5. 1952 und das LSchA vom 27. 2. 1953, enthalten weder eine ausdrückliche Aufhebung der Verzichtsklausel, noch eine Neubegründung der vom Verzicht erfaßten Rückerstattungsansprüche von Ungarn. Der .Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen' vom 26. 5. 1952 ist im Rahmen der sogenannten ,Bonner Verträge' abgeschlossen worden, die erforderlich waren, um die bei der Beendigung des Besatzungsstatutes nach Begründung der Bundesrepublik Deutschland entstehenden Probleme zu lösen. Er wurde auch demgemäß erst im Zusammenhang mit dem Zustimmungsgesetz vom 24. 3. 1955 zu den Protokollen über die Beendigung des Besatzungsregimes vom 23. 10. 1954 (BGBl. 1955 II 213 ff., 219) am 30. 3. 1955 veröffentlicht (BGBl. II 301 ff., 405). Entsprechend enthält dieser Vertrag zwischen den Westalliierten und der Bundesrepublik Deutschland in seinem, die innere Restitution betreffenden Teil III nur die .Überleitung' der durch die früheren Besatzungsmächte angeordneten Wiedergutmachung in das Rechtssystem der Bundesrepublik. Denn es wurde hier in Art. 1 die Fortgeltung der bereits bestehenden Rückerstattungsgesetze vereinbart. Dabei verpflichtete sich die Bundesrepublik lediglich in Art. 3 zur Aufrechterhaltung der in Art. 1 aufgeführten Rechtsvorschriften, in Art. 2 zu ihrer beschleunigten Durchführung und schließlich in Art. 4 zur Erfüllung der den Berechtigten gegen das Deutsche Reich zuerkannten Ansprüche. Irgendeine Erweiterung der bestehenden Rechte enthält der die eigentliche Rückerstattung betreffende Teil III des Überleitungsvertrages nirgends, auch keinen Hinweis irgendwelcher Art, daß nicht oder nicht mehr bestehende Ansprüche durch den Vertrag neu oder wieder begründet werden sollten. Der Wortlaut des Teiles III des Überleitungsvertrages rechtfertigt deshalb nicht, die vom BGH in seiner Entscheidung vom 2. 10. 1963 (veröffentlicht in RzW 1964, 34 ff.,
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36 8 zu Teil IV des Uberleitungsvertrages getroffene Feststellung, die zur Durchführung aller Wiedergutmachungsansprüche erlassenen deutschen Gesetze würden nicht von dem ungarischen Anspruchsverzicht berührt, zu verallgemeinern und auf Rückerstattungsansprüche auszudehnen. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Auffassung des BGH f ü r den dort entschiedenen Entschädigungsfall nach Maßgabe des ihr zugrunde liegenden, von Teil III völlig abweichenden Textes und Inhaltes des die Entschädigung betreffenden Teils IV des Uberleitungsvertrages zutreffend ist. Jedenfalls findet sie im Vertrage keine Stütze f ü r das BRüG, das von der Bundesrepublik Deutschland in Erfüllung der in Teil III des Überleitungsvertrages übernommenen Verpflichtungen erlassen worden i s t . . . Auch das LSchA hat die Verzichtsklausel der Nebenfriedensverträge von 1947 nicht beseitigt. Dieses am 27. 2. 1953 in London unterzeichnete .Abkommen über deutsche Auslandsschulden' ist ein multilateraler Staatsvertrag, den die Bundesrepublik Deutschland mit den Hauptalliierten und zahlreichen anderen europäischen und außereuropäischen Ländern (Liste der beteiligten Gläubigerländer bei Gurski, Abkommen, Bd. I S. IX) zur Herstellung von .normalen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den anderen Staaten' (aus der Präambel des Londoner Abkommens BGBl. 1953 II 336) abgeschlossen hat. Nach seinem materiellen Inhalt sind durch das Abkommen nur die — bereits bestehenden - privatrechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Staaten der westlichen Welt normalisiert und geordnet worden. Die Londoner Schuldenregelung ähnelt also einem Vergleichs- oder Konkursverfahren, das auf internationaler Ebene geregelt worden ist und abgewickelt wird (so Féaux de la Croix aaO 56). Dabei wird lediglich die Frage behandelt, wie eine Schuld, falls sie besteht, neu geordnet werden soll, nicht aber die materielle Berechtigung der zu regelnden Ansprüche geprüft (so ausführlich Féaux de la Croix 49-60). Schon diese reine Ordnungsfunktion des LSchA ohne Rücksicht auf die materielle Begründetheit der zu ordnenden Schulden widerspricht der Annahme, daß durch das Londoner Abkommen der materielle Rechtsverlust der ungarischen Verfolgten wieder ausgelöscht, also - positiv - ihre verlorenen Ansprüche wieder belebt worden sein könnten. In der Tat enthält das Abkommen auch keine derartigen positiven Bestimmungen. Es verweist vielmehr im Gegenteil in Art. 5 IV in wörtlicher und zeitlicher Anlehnung an den Text der jeweiligen, die Verzichtsklauseln enthaltenden Bestimmungen der Nebenfriedensverträge die ehemaligen Bündnisstaaten des Deutschen Reiches und deren Staatsangehörige auf die ,in den einschlägigen Verträgen getroffenen Bestimmungen'. Damit sind die Verzichtsklauseln der Nebenfriedensverträge nicht n u r Bestandteil des Londoner Abkommens, sondern auch infolge des deutschen Zustimmungsgesetzes vom 24. 8. 1953 und der Veröffentlichung mit Gesetzeskraft am 27. 8. 1953 im BGBl. 1953 II 331 innerdeutsches Recht gewor8
Siehe unten Nr. 201A.
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den (so BGH vom 2.10.1963, RzW 1964, 34, 35f. 8 ; BGH vom 22.6.1960, RzW 1960, 553, 554 2 ; BGH vom 31. 1. 1955, BGHZ 16, 208ff„ 210f. 7 ; ebenso Gurski, BB 1954, 910; Weiss, RzW 1963, 51), dessen Anwendbarkeit in Berlin ebenfalls mit Wirkung vom 27. 8. 1953 ab sich aus der Bekanntmachung des entsprechenden Übernahmegesetzes vom 2. 9. 1953 ergibt (GVB1. Berlin 979). Die Fortgeltung des Verzichts im Rahmen des Abkommens entspricht auch der insoweit übereinstimmenden ratio beider Staatsverträge: die Abschirmung der Schuldnerin .Bundesrepublik' gegen Ansprüche der ehemaligen Verbündeten des Deutschen Reiches zugunsten der Reparationsforderungen der Siegerstaaten und zugunsten der Schuldenregelung f ü r die Gläubigerstaaten (hierzu auch OLG Hamburg in den Beschlüssen vom 28. 8. und 9. 9. 1964 3 ; Gurski, BB 1954, 909 Nr. 1 Abs. 2). Aus dieser ratio heraus fallen auch die vindikationsähnlichen Rückerstattungsansprüche ebenso unter Art. 5 IV des Londoner Abkommens (ähnlich im Ergebnis OLG Hamburg) wie unter die Verzichtsklauseln der Friedensverträge, worauf die in Übereinstimmung mit diesen auch hier gewählte englische Formulierung ,Claims' in Art. 5 IV des Londoner Abkommens und die dortige Erwähnung von .rights' außer ,obligations' im Gegensatz zu der in Art. 4 des Londoner Abkommens f ü r die zu regelnden Schulden gewählte Vokabel .debts' hinweist. Dem Fortbestand des danach durch das LSchA nicht aufgehobenen, sondern durch Art. 5 IV als dessen Bestandteil fortdauernden Anspruchsverzichts steht auch die Anlage VIII zum Londoner Abkommen nicht entgegen (anderer Ansicht BGH vom 2. 10. 1963, RzW 1964, 34 ff. 8 ). Sie ist ganz eindeutig dem Abkommen n u r als .Vereinbarte Auslegung des Art. 5 II' beigefügt und besagt, daß der lediglich die ehemaligen Kriegsgegner Deutschlands betreffende Abs. 2 des Art. 5 nicht so ausgelegt werden dürfe, ,als würden dadurch Rechte gemäß in der Bundesrepublik geltenden Rechtsvorschriften beeinträchtigt'. Damit sollte die Einbeziehung von Wiedergutmachungsansprüchen in die Zurückstellungsanordnung des Art. 5 II vermieden werden (so Gurski, Abkommen, Anm. 10 zu Art. 5 auf S. 191). Wenn diese Anlage VIII nicht nur gemäß ihrer Überschrift auf Abs. 2, sondern auch auf andere in Art. 5 enthaltene Bestimmungen hätte angewendet werden sollen, wäre bei der sorgfältigen Redigierung des Vertrages bestimmt eine andere, mindestens weniger bestimmte Überschrift gewählt worden. Überzeugend hat hierzu der BGH in seinem früheren Urteil vom 22. 6. 1960 (RzW 1960, 553 ff., 555) 2 in Übereinstimmung mit der damals angefochtenen Entscheidung des OLG München vom 25. 10. 1959 (RzW 1960, 94, 95) 5 ausgeführt, daß die in der Anlage VIII enthaltene, vereinbarte Auslegungsregel f ü r Abs. 2 keinesfalls auch Abs. 4 betreffen könne, weil sie eben f ü r Abs. 4 nicht vereinbart und nicht beabsichtigt gewesen sei. Diese von den Vertragsparteien des Londoner Abkommens auch nach der Auffassung des Senats ausdrücklich gewollte Regelung entspricht auch dem Strafcharakter der Nebenfriedensverträge. Denn sie billigt die in Anlage VIII den ehemaligen Feindstaaten Deutschlands und deren Angehörigen zugestandene Möglichkeit zur Geltendmachung von Wiedergutma-
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chungsansprüchen, trotz der f ü r sie grundsätzlich nach Art. 5 II geltenden Rückstellung, den ehemaligen Bündnisstaaten Deutschlands und deren Angehörigen nicht zu. Dies wird nicht berücksichtigt, wenn der BGH im Urteil vom 2. 10. 1963 (RzW 1964, 34 ff., 36 8 ) und schon vor dieser Entscheidung Schüler (RzW 1959, 346 und 1960, 535) meinen, f ü r die Gläubiger der Ansprüche der Kategorie der Abs. 2 und 4 dürfe, soweit sie zum Kreise der Verfolgten gehören, keine verschiedene Regelung gelten. Zudem wird dabei übersehen, daß f ü r die Angehörigen der beiden Staatengruppen auch nach dem eigentlichen Vertragstext des Art. 5 des Londoner Abkommens eine verschiedene Regelung gilt; während gemäß Abs. 2 nur die Prüfung der Ansprüche der Angehörigen der Siegermächte zurückgestellt wird, werden die der Bündnisstaaten nach den Bestimmungen der Friedensverträge behandelt. Dies bedeutet aber im Regelfall, daß sie wegen des in dem Londoner Abkommen ausdrücklich bestätigten Anspruchsverzichts überhaupt keine Rückerstattungsansprüche geltend machen können, sondern auf die ihnen zugewiesenen Ansprüche gegen ihre Heimatstaaten angewiesen sind. Es bedurfte deshalb überhaupt keiner der Anlage VIII entsprechenden Auslegungsregel f ü r den Abs. 4 des Art. 5 des Londoner Abkommens, diese wäre vielmehr sinnlos. Die Anwendung der Anlage VIII auch auf Abs. 4 .wegen des Zusammenhangs' der Abs. 2, 3 und 4 (so BGH, RzW 1964, 36 8 ) scheidet aus diesem Grunde ebenso aus, wie sie sich schon aus der audrücklichen Bezogenheit dieser Auslegungsregel auf Abs. 2 verbietet (ebenso Gurski, Abkommen, Anm. 10 zu Art. 5 auf S. 192, 3. Abs.; BGH, RzW 1960, 555 2 ). Die Folgerung des Bundesgerichtshofes, daß die Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages gemäß Art. 26 des Londoner Schuldenabkommens in Verbindung mit Teil IV des Überleitungsvertrages f ü r Entschädigungsansprüche unbeachtlich sei, ist f ü r das vorliegende Rückerstattungsverfahren ohne Belang. Denn die in Art. 26 vorgesehene Freistellung früherer Abkommen von der Wirksamkeit der Vorschriften des Londoner Schuldenabkommens könnte überhaupt n u r dann Bedeutung haben, wenn das frühere Abkommen - nämlich der Überleitungsvertrag — der Gläubigerin eine Anspruchsgrundlage verschafft hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, da f ü r Rückerstattungsverfahren der Teil III des Überleitungsvertrages den ungarischen Anspruchsverzicht nicht außer Kraft gesetzt hat. Zudem ist der Überleitungsvertrag - jedenfalls in seinem die innere Restitution betreffenden Teil III - kein .Abkommen zur Regelung deutscher Auslandsschulden' (vgl. hierzu auch OLG Hamburg in den Beschlüssen vom 28. 8. und 9. 9. 1964 3 mit gleichem Ergebnis; andererseits a.A. f ü r Entschädigungsfälle: BGH vom 2. 10. 1963, RzW 1964, 34 ff.8). 9. Die vom Bundesfinanzminister in RzW 1961 auf Seite 301 veröffentlichte, undatierte .Mitteilung' bezüglich der Durchführung des Bundesrückerstattungsgesetzes ist f ü r dieses Verfahren unbeachtlich. Es handelt sich um eine innerbehördliche Dienstanweisung des Ministers an die Oberfinanzpräsidenten dahingehend, ,im Interesse einer beschleunigten und
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umfassenden Rückerstattung Einwendungen aus dem Forderungsverzicht nicht mehr zu erheben und eingelegte Rechtsmittel zurückzunehmen'. Denn die rechts vernichtende Wirkung des die Antragstellerin betreffenden Anspruchsverzichts ist von Amts wegen zu beachten. Die Beachtung des Verzichts ist nicht in das Belieben des Schuldners gestellt (so BGHZ 16, 211 7 ; Gurski, BB 1954, 910), denn es handelt sich nicht um ein Leistungsverweigerungsrecht (Gurski aaO), sondern um eine dem Parteiwillen entzogene gesetzliche Norm, der die Gerichte Rechnung zu tragen haben (so auch BGHZ 16, 212). Hinzu kommt, daß nach der f ü r das anhängige Rückerstattungsverfahren gemäß Art. 61 II REAO in Verbindung mit § 12 FGG geltenden Offizialmaxime das Verfahren weitgehend der Disposition der Parteien entzogen ist. Im übrigen hat im anhängigen Verfahren der AGg. von dieser Weisung des Bundesfinanzministers nicht einmal erkennbar Gebrauch gemacht, insbesondere hat er in allen Instanzen ausdrücklich die Zurückweisung des geltend gemachten Anspruchs beantragt. Darüber hinaus hat der AGg. keinen Einfluß darauf, auf welche Gründe das Gericht seine, seinen Anträgen stattgebende Entscheidung stützt. Zudem ist ein Erlaß des zuständigen Ressortministers, auch wenn er auf der grundsätzlichen Bereitschaft der Bundesrepublik zu möglichst umfassender Wiedergutmachung basiert, nicht geeignet, die völkerrechtliche Verpflichtung Deutschlands seinen Gläubigerstaaten gegenüber aus dem LSchA und damit seine Begünstigung aus dem ungarischen Friedensvertrage zu beeinflussen. 10. Zu einer Veränderung dieser zwischenstaatlichen Vertragsbeziehungen, die n u r Teilstücke der völligen Neuordnung der Nachkriegswirtschaft sind, ist ein Staatsvertrag erforderlich, zu dessen Abschluß mit Ungarn die Bundesrepublik durch das LSchA - in Abänderung ihrer bis dahin unabdingbaren völkerrechtlichen Verpflichtung zur Geltendmachung des Verzichts - nunmehr berechtigt ist (vgl. hierzu Weiss, RzW 1963, 51 unter 3; Gurski, Abkommen, Anm. 10 zu Art. 5, letzter Absatz S. 192, 193; Féaux de la Croix aaO 41 oben). Da die Eingliederung der Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages über das Londoner Abkommen in die innerdeutsche Gesetzgebung feststeht, ist außerdem ihre Abänderung oder Aufhebung durch deutsches Gesetz nötig (die Notwendigkeit einer späteren deutschen .Ausgleichsgesetzgebung' hierzu deutet bereits Menzel an: Gutachten 42). Die Bundesrepublik hat dieser Erwägung, daß nur so verfahren werden kann, auch bereits in bezug auf die Länder Österreich und Italien Rechnung getragen. Beide Staaten hatten - Österreich in Art. 23 II des Staatsvertrages vom 15. 5. 1955 und Italien in Art. 77 IV des Friedensvertrages vom 10. 2. 1947 - einen dem Art. 30IV des ungarischen Friedensvertrages entsprechenden Anspruchsverzicht erklärt. Nunmehr hat die Bundesrepublik mit der Republik Österreich die Frage der .Schäden von Verfolgten' in dem Finanz- und Ausgleichsvertrag vom 27. 11. 1961 neu geregelt. In dem Zustimmungsgesetz vom 21. 8. 1962 zu diesem Abkommen ist in den Art. 5 und 6 ausdrücklich bestimmt, daß Art. 23 III des Staats-
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Vertrages auf Ansprüche aus dem BEG und auf rückerstattungsrechtliche Ansprüche aus dem BRÜG keine Anwendung findet (BGBl. 1962 II 1041, 1042). Zwischen der Republik Italien und der Bundesrepublik kam am 2. 6. 1961 ein ähnlicher Vertrag über .Leistungen zugunsten verfolgter italienischer Staatsangehöriger' zustande, dem durch deutsches Gesetz vom 28. 6. 1963 zugestimmt worden ist. Die auf Art. 77 IV des italienischen Nebenfriedensvertrages bezüglichen gleichen Bestimmungen befinden sich in den Art. 2 und 3 des Zustimmungsgesetzes (BGBl. 1963 II 791 fT.). Eine solche Regelung ist bisher zugunsten der Verfolgten aus Ungarn nicht erfolgt, insbesondere ist bis jetzt die Verzichtsklausel des Art. 30 IV des ungarischen Friedensvertrages nicht durch deutsches Gesetz f ü r unanwendbar erklärt worden."
6. Entschädigung Siehe auch Nr. 8, 11, 50, 84, 240, 311, 312 Das Urteil des OLG München vom 30.11.1965 - 17 EU 384/65 (RzW 1966, 179) •wird im Hinblick auf die Revisionsentscheidung des BGH vom 29. 5.1969 - IX ZR 34/67 - in diesem Band nicht abgedruckt.
2 0 1 A. Die Verzichtsklausel des Art. 30 Abs. 4 des ungarischen Friedensvertrages hat für Ansprüche aus dem Bundesentschädigungsgesetz keine Gültigkeit. BGH, Urt. vom 2.10.1963 - IV ZR 297/62: RzW 1964, 34. Aus den Gründen: „1. . . . 2. Dagegen kann der Ansicht der Revision, der Forderungsverzicht in Art. 30 IV des ungarischen Friedensvertrages vom 10. 2. 1947 stehe dem Entschädigungsanspruch des Kl. entgegen, nicht beigetreten werden. Denn diese Verzichtsklausel bezieht sich nicht auf Ansprüche aus dem BEG. Nach dieser Bestimmung hat Ungarn, unbeschadet dieser und anderer Verfügungen der Besatzungsmächte in Deutschland zugunsten Ungarns und ungarischer Staatsangehöriger, f ü r sich selbst sowie für ungarische Staatsangehörige auf alle Forderungen gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige verzichtet, die am 8. 5. 1945 ausstanden, mit Ausnahme der Forderungen aus Verträgen und anderen eingegangenen Verbindlichkeiten und aus erworbenen Rechten aus der Zeit vor dem 1. 9. 1939. Dieser Verzicht umfaßt alle Forderungen aus Abmachungen, die im Verlauf des Krieges vereinbart wurden, sowie alle Forderungen aus Verlusten oder Schäden, die während des Krieges entstanden sind. a) Es besteht allerdings kein Zweifel daran, daß der Kl. bis zu seiner Flucht aus Budapest im Jahre 1956 die ungarische Staatsangehörigkeit besaß.
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b) Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, daß die Verzichtsklausel sich nicht nur auf Forderungen Ungarns, sondern auch auf solche ungarischer Staatsangehöriger erstreckt. W i e der Senat in seinem Urteil vom 22. 6. 1960 (LM Nr. 2 zu österreichischer Staatsvertrag = R z W 1960, 533 Nr. 13 mit weiteren Verweisungen) ausgeführt hat, hat sich im Völkerrecht der Satz herausgebildet, daß es im Belieben der Staaten steht, private Rechtsbeziehungen ihrer Staatsangehörigen auch ohne deren Zustimmung zum Gegenstand von vertraglichen Vereinbarungen zu machen, und daß dieses Recht auch das Recht des vertragschließenden Staates umfaßt, auf Forderungen seiner Staatsangehörigen ohne ihre Zustimmung zu verzichten. Dieses Recht des Staates, über Privatrechte seiner Angehörigen zu verfügen, beruht nicht darauf, daß diese Rechte der Staatsgewalt des betreffenden Staates wegen ihrer Belegenheit unterworfen sind, sondern auf der Personalhoheit des Staates über seine Staatsangehörigen, die unabhängig von dem jeweiligen Aufenthalt des Staatsangehörigen auch dann besteht, wenn sich der Staatsangehörige in dem Bereich eines fremden Staates aufhält. c) Die Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages ist auch innerdeutsches Recht geworden. Das ergibt sich aus dem Inhalt des Londoner Schuldenabkommens (LSchA) vom 27. 2. 1953 (BGBl. I I 331, 556). Gemäß Art. 5 IV LSchA werden die gegen Deutschland oder deutsche Staatsangehörige gerichteten Forderungen von Staaten, die vor dem 1. 9. 1939 in das Reich eingegliedert oder am oder nach diesem Zeitpunkt mit ihm verbündet waren, und von Staatsangehörigen dieser Staaten aus Verpflichtungen, die zwischen dem Zeitpunkt der Eingliederung (bei mit dem Reich verbündet gewesenen Staaten dem 1. 9. 1939) und dem 8. 5. 1945 eingegangen worden sind, oder aus Rechten, die in dem genannten Zeitraum erworben worden sind, gemäß den Bestimmungen behandelt, die in den einschlägigen Verträgen getroffen worden sind oder noch getroffen werden. Dieses Abkommen ist dadurch, daß der Bundestag ihm durch Gesetz vom 24. 8. 1953 zugestimmt hat und daß es mit Gesetzeskraft im BGBl. (1953 I I 331) veröffentlicht worden ist, für die Bundesrepublik geltendes Gesetzesrecht geworden (vgl. Urt. des Senats vom 22. 6. 1960 - IV ZR 47/60 - aaO 553 mit weiteren Verweisungen). Das gleiche gilt über Art. 5 IV LSchA für den ungarischen Friedensvertrag (vgl. auch: Weiß, R z W 1963, 49 ff. [51]). Die Verzichtsklausel dieses Vertrages ist daher in den Grenzen des LSchA innerdeutsches Recht geworden. d) Das LSchA ergibt aber, daß der Begriff der .Forderungen' in der Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages sich nicht auf Wiedergutmachungsansprüche nach dem B E G erstreckt. Hierfür sprechen folgende Gesichtspunkte: aa) Gemäß Art. 26 LSchA berührt keine Bestimmung des LSchA die Wirksamkeit anderer Abkommen zur Regelung von Verbindlichkeiten, welche die Regierung der Bundesrepublik Deutschland vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens abgeschlossen hat. Zu den .Abkommen' im Sinne 1
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dieser Vorschrift gehört der Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (sog. Überleitungsvertrag) vom 26. 5. 1952 (BGBl. 1955 II 405). Durch Teil IV dieses Vertrages verpflichteten die alliierten Mächte die Bundesrepublik, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung zu entschädigen. Danach erkennt die Bundesrepublik die Verpflichtung an, Personen, die wegen ihrer politischen Überzeugung, aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung verfolgt wurden und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen oder ihrem.wirtschaftlichen Fortkommen erlitten haben (mit Ausnahme feststellbaren Vermögens, das der Rückerstattung unterliegt), eine angemessene Entschädigung sicherzustellen. Ferner sollten Personen, die aus Gründen der Nationalität unter Mißachtung der Menschenrechte verfolgt wurden und gegenwärtig politische Flüchtlinge sind, die den Schutz ihres früheren Heimatlandes nicht mehr genießen, eine angemessene Entschädigung erhalten, soweit ihnen ein dauernder Gesundheitsschaden zugefügt worden ist. Alle Ansprüche aus diesen auf Wiedergutmachung gerichteten Vereinbarungen und den zu deren Ausführung erlassenen deutschen Gesetzen sind somit gemäß Art. 26 LSchA von der Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages unberührt geblieben. bb) Unterstützend hierfür ist auf folgendes hinzuweisen: Art. 5 IV LSchA steht in engem Zusammenhang mit Art. 5 II und III aaO. Art. 5 II aaO stellt die aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Forderungen von Staaten, die sich mit Deutschland im Kriegszustand befanden oder deren Gebiet von Deutschland besetzt war, und von Angehörigen dieser Staaten gegen das Reich, Art. 5 III die gleichen Forderungen von Staaten, die sich während dieses Krieges mit Deutschland nicht im Kriegszustand befanden oder deren Gebiet nicht von Deutschland besetzt war, und von Staatsangehörigen dieser Staaten gegen das Reich bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurück. Zu Art. 5 II LSchA gehört die Anlage VIII LSchA über die vereinbarte Auslegung des Art. 5 II aaO. Danach darf diese Bestimmung nicht so ausgelegt werden, als würden dadurch Rechte gemäß den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften oder solche Rechte beeinträchtigt, die aus Abkommen hergeleitet werden können, welche vor der Unterzeichnung des LSchA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einer Partei dieses Abkommens unterzeichnet wurden. Unter diese Anlage VIII fällt das BEG; denn es ist eine in der Bundesrepublik Deutschland geltende Rechtsvorschrift, und es beruht, ebenso wie die vorangegangenen entschädigungsrechtlichen Gesetze, auf dem vom 26. 5. 1952, also aus der Zeit vor dem LSchA stammenden Überleitungsvertrag. Die Anlage VIII wurde gelegentlich der Besprechungen mit den Regierungsvertretern der Gläubigerländer im Februar 1953 formuliert, um gewissen Bedenken einzelner Regierungsvertreter zu begegnen. Diese bezogen sich insbesondere darauf, daß durch die Formulierung von Art. 5 II aaO Wiedergutmachungsforderungen und Verpflichtungen ähnlicher Art ausgeschlossen werden könnten, über die in den Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Bestimmungen enthalten sind und auf die in den Bonner
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Verträgen Bezug genommen wird (vgl. Gurski, LSchA, Art. 5 Anm. 10, S. 191; ferner: Urt. des BGH vom 26. 2. 1963 - V I ZR 94/61, R z W 1963, 525). Mit diesen Bedenken waren offensichtlich Teil IV des Überleitungsvertrages, also die Grundlage der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Entschädigung der Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, und das damals bereits bestehende US-REG gemeint. Die Anlage V I I I LSchA gilt aber nicht nur für Art. 5 II, sie kann auch für die Auslegung von Art. 5 I I I und IV LSchA wegen des Zusammenhangs dieser drei Bestimmungen nicht unberücksichtigt bleiben. In erkennbarer Systematik behandelt Art. 5 II aaO die Reparationsforderungen der Siegermächte, Abs. 3 diejenigen der Neutralen und Abs. 4 diejenigen von Ländern, die in das Reich eingegliedert oder nach dem 1. 9. 1939 mit ihm verbündet waren. Wenn in Anl. V I I I LSchA die Siegermächte mit ihren Reparationsforderungen hinter die Entschädigungsansprüche zurücktreten, so kann für die Neutralen und die früheren Feinde, welche in Anl. V I I I hinter den Siegermächten rangieren, nichts anderes gelten. An dem abweichenden Standpunkt des Senats im Urt. vom 22. 6. 1960 (aaO 555) wird nicht festgehalten. Dafür, daß die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland über die Wiedergutmachung vom LSchA und damit von der Verzichtsklausel des ungarischen Friedensvertrages nicht berührt werden sollte, sprechen auch die Verhandlungen vor dem Abschluß des LSchA (vgl. BT-Drucks. 1. Wahlperiode 1949, Nr. 4478, Anl. 3 betr. Informelle Besprechungen über die Regierungsanfragen zu dem Entwurf des Abkommens über Deutsche Auslandsschulden, Protokoll vom 29. 1. 1953 S. 8-9 Nr. 61 und 65, Protokoll vom 6. 2. 1953 S. 71 Nr. 2; Drucks. Nr. 4260 S. 173). Das BEG geht somit dem Art. 5 IV LSchA vor. Demgemäß hat die Bundesrepublik Deutschland mit einer Reihe von neutralen Staaten, deren Forderungen durch Art. 5 I I I LSchA zurückgestellt worden sind, Sonderabkommen zwecks Wiedergutmachung geschlossen." 2 0 2 . Wer näch dem Tode seines Ehegatten nach maßgeblichem französischen Recht den Nießbrauch an der Hälfte des Nachlasses erwirbt, ist als Erbe im Sinne des § 46 II BEG anzusehen, ohne daß es einer gerichtlichen Einweisung in das Nießbrauchsrecht bedürfte. Er kann seinen Anteil an dem Entschädigungsanspruch allein und im eigenen Namen geltend machen. OLG Frankfurt, Urt. vom 7. 1. 1964 - 8 U 72/62 - E: R z W 1964, 382. D e r Kl. hatte 1941 die wegen ihrer jüdischen Abstammung im Jahre 1933 aus Frankfurt/Main nach Frankreich ausgewanderte Bertel M. geheiratet. Diese w u r d e 1942 von deutschen Behörden in Poitiers verhaftet, nach Drancy eingeliefert und am 25. 3. 1943 nach L u b l i n - M a j d a n e k deportiert. V o n dort ist sie nicht zurückgekehrt. Nach dem Erbschein des A G W i e s b a d e n vom 6. 5. 1958, in dem als Todestag der 8. 5. 1945 vermutet wird, sind ihre E r b e n ihre Mutter zu und ihre beiden Schwestern zu je 3/e; dem Kl. steht gemäß Art. 767 Cc der Nießbrauch an der Hälfte des Nachlasses zu.
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Der KI. hat Entschädigung für Schaden am Leben und für Schaden an Freiheit nach seiner Ehefrau beantragt. Außerdem hat die Mutter der Verfolgten die gleichen Entschädigungsansprüche erhoben. Durch Bescheid vom 22. 1. 1959 hat die Entschädigungsbehörde der Mutter und dem Kl. als Erben eine Entschädigung für Freiheitsschaden in Höhe von 3750 DM zugebilligt. Dieser Bescheid wurde dem damaligen Vertreter der Mutter am 3. 2. 1959 zugestellt. Ihm wurde auch die zugesprochene Entschädigung am 17. 2. 1959 ausgezahlt. Auf dessen Gegenvorstellung hin änderte die Entschädigungsbehörde diesen Bescheid am 27. 4. 1959 dahin, daß der festgesetzte Entschädigungsanspruch der Mutter der Verfolgten als alleinberechtigter Erbin und dem Kl. an der Hälfte des Nachlasses der Nießbrauch zustehe. Der Kl. verlangte die Auszahlung der ihm zustehenden Hälfte der Haftentschädigung. Die Entschädigungsbehörde lehnte dies unter Hinweis auf den Inhalt des Erbscheins ab. Im Wege der Klage hat der Kl. die Zahlung einer Entschädigung von 2625 DM nach seiner verstorbenen Ehefrau beantragt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kl. mit der Berufung.
Aus den Gründen: „Nach §§ 46 II, 50 BEG ist ein Entschädigungsanspruch wegen Freiheitsschadens vor Festsetzung oder rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung nur vererblich, wenn der Verfolgte von seinem Ehegatten oder seinen Kindern, Enkeln oder Eltern beerbt wird. Als Erbe im Sinne dieser Bestimmungen ist auch der Kl. als Nießbrauchsberechtigter nach französischem Recht an der Hälfte des Nachlasses anzusehen. Dies hat der BGH in seinem Urteil vom 20. 11. 1959 (RzW 1960, 212) 1 mit überzeugender Begründung entschieden. Zwar war in diesem Fall das belgische Erbrecht anzuwenden, dieses stimmt aber insoweit mit dem hier maßgeblichen französischen Erbrecht überein. Die Meinung des Bekl., diese Ansicht des BGH betreffe nur den dort entschiedenen Fall, daß außer dem Nießbraucher keine nach §§ 46 II, 50 BEG erbberechtigten Rechtsnachfolger vorhanden seien, vermag der Senat nicht zu teilen. Ob der Nießbrauchsberechtigte als Erbe im Sinne des Entschädigungsrechts anzusehen ist, ist eine ganz allgemeine Frage, die unabhängig davon zu entscheiden ist, wer die sonstigen Erben sind. Die von dem Bekl. gemachte Einschränkung ist auch dem genannten BGH-Urteil nicht zu entnehmen. Der Kl. ist also neben seiner Schwiegermutter Erbe nach seiner in der Deportation verstorbenen Ehefrau geworden. Entgegen der Ansicht des LG und des Bekl. ist ihm sein Nießbrauchsrecht an der Hälfte des Nachlasses auch unmittelbar mit dem Erbfall zugefallen. E r bedurfte keiner gerichtlichen Einweisung in dieses Recht. Dies war noch nach dem Gesetz vom 26. 3. 1957 der Fall; danach bedurfte der nießbrauchsberechtigte Ehegatte nach französischem Recht der gerichtlichen Besitzeinweisung in dieses Recht. Dieser Rechtszustand wurde durch die Ordonnance Nr. 58-1307 vom 23. 12. 1958 geändert. Hierdurch wurde der überlebende Ehegatte unter die Erben eingereiht, die einer Besitzeinweisung nicht mehr bedürfen (vgl. RabelsZ 25 [1960] 582 Nr. 24). Dem 1
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entspricht das vom Kl. vorgelegte Schreiben des Notars Ph. P., Paris, vom 21. 6. 1963, wonach weder Erben noch Nießbrauchsberechtigte eine Erbschaftsbescheinigung, eine Besitzeinweisung oder eine andere gerichtliche Urkunde benötigten, um den Anfall der Erbschaft zu beweisen. Zu dieser Frage hat der BGH in dem obengenannten Urteil nicht Stellung genommen, er hat deren Prüfung vielmehr dem OLG Köln, an das er die Sache zurückverwiesen hat, überlassen. Es ist jedoch zu beachten, daß die Rechtslage insoweit nach dem hief nicht interessierenden belgischen Recht anders sein kann, daß möglicherweise dort eine der französischen Ordonnance vom 23. 12. 1958 entsprechende Bestimmung nicht erlassen wurde. Der Kl. ist also im Sinne der §§ 46 II, 50 BEG anspruchsberechtigt, ohne daß er einer Besitzeinweisung in sein Nießbrauchsrecht bedarf. Der Kl. kann auch seinen Anteil am Entschädigungsanspruch allein und im eigenen Namen geltend machen. Diese Frage bestimmt sich allein nach dem für die Beerbung des Verfolgten maßgebenden ausländischen Recht (vgl. BGH aaO). Nach deutschem Erbrecht bilden zwar mehrere Erben bis zur Auseinandersetzung (§ 2042 BGB) eine Gesamthandsgemeinschaft (§ 2032 BGB), innerhalb deren jeder Miterbe die Leistung eines Nachlaßanspruchs nur an alle Erben gemeinschaftlich fordern kann (§ 2039 BGB). Das französische Recht kennt dagegen eine solche Gesamthandsgemeinschaft der Erben nicht, es geht vielmehr nach Art. 826 Cc von der Bruchteilsgemeinschaft (vgl. § 420 BGB) aus. Hiernach kann jeder Miterbe seinen Anteil an dem Nachlaß allein geltend machen und Leistung an sich fordern (vgl. auch Brunn, R z W 1959, 481 mit weiteren Nachweisen). Der Kl. ist deshalb aktiv legitimiert, wenn er seinen Anspruch auf den Nießbrauch an der Hälfte des Nachlasses geltend macht. Dem Kl. ist auch darin zuzustimmen, daß Haftentschädigung an die Erben seiner Ehefrau für die Zeit bis zum 8. 5. 1945 zu zahlen ist. Nach § 180 I BEG wird vermutet, daß die Verfolgte an diesem Tag verstorben ist. Dieser Zeitpunkt findet sich auch in dem Erbschein nach der Verfolgten. Ein anderer Todeszeitpunkt ist in einem hierfür vorgesehenen Verfahren nicht festgestellt worden... Den Erben steht somit Haftentschädigung für die 35 Monate vom 1. 6. 1942 bis zum 8. 5. 1945, also in Höhe von insgesamt 5250 DM zu. Da der Kl. Nießbrauchsberechtigter an der Hälfte des Nachlasses ist, steht ihm eine Entschädigung in Höhe von 2625 DM zu. Daß ein Teil dieses Betrages bereits an die Mutter der Verfolgten ausgezahlt worden ist, kann auf den Anspruch des Kl. keinen Einfluß haben." 2 0 3 . Auch nach dem Inkrafttreten des Vertrages zur Regelung der Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten, über weitere finanzielle Fragen aus dem sozialen Bereich (Finanz- und Ausgleichsvertrag) zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vom 27. November 1961 - in Kraft getreten in der Bundesrepublik Deutschland durch das Gesetz vom 21. August 1962 (BGBl. II 1041, 1437) hat die Vorschrift des § 160 Abs. 2 Satz 2 BEG ihre Rechtsgültigkeit behal-
Nr. 203 ten. Diese Vorschrift Grundgesetzes.
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nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz
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BGH, Urt. vom 11. 3. 1964 - IV ZR 216/63: RzW 1964, 393; LM Nr. 24 zu § 160 BEG 1956. Die jüdische Kl. ist am 11. 6. 1917 in Wien geboren. Im Jahre 1938 wanderte sie nach dem Anschluß Österreichs an Deutschland nach Belgien aus. Dort schloß sie 1939 mit dem Staatenlosen Sch. die Ehe. Ihr Ehemann wurde während des zweiten Weltkrieges nach dem Osten deportiert und ist seitdem verschollen. Die Kl. hat in Belgien in der Zeit vom 7. 6. 1942 bis zum 3. 9. 1944 den Judenstern getragen sowie illegal und in Lagerhaft gelebt. Am 21. 6. 1950 schloß die Kl. in Belgien eine neue Ehe mit dem Österreicher D. Die Kl. begehrt Entschädigung für Schaden an Freiheit und an Körper und Gesundheit. Die Entschädigungsbehörde Köln hat den Antrag der Kl. durch den Bescheid vom 15. 8. 1961 abgelehnt, weil sie keine Ansprüche nach dem BEG geltend machen könne. Ihre gegen den ablehnenden Bescheid erhobene Klage blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Mit der von dem erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Kl. ihre Klageansprüche weiter. Das bekl. Land beantragt, die Revision der Kl. zurückzuweisen. Aus den Gründen: „1. . . . 2. Wenn das Berufungsgericht weiter der Auffassung ist, daß der Kl. auch keine Ansprüche gemäß den §§ 160 ff. BEG als Staatenloser oder Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention zustehen, so hält auch diese Auffassung des Berufungsgerichts den Angriffen der Revision stand. a) Zu Unrecht macht die Kl. zunächst geltend, daß sie Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention sei, da es ihr als Jüdin wegen der gegen die Juden durchgeführten nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen nicht zugemutet werden könne, in ihr Heimatland zurückzukehren. Daß es die Kl. nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und der Wiederherstellung des österreichischen Staates vernünftigerweise nicht ablehnen kann, nach Österreich zurückzukehren, hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 8. 7. 1959 - IV ZR 65/59, RzW 1959, 517 Nr. 33, mit Recht angenommen. Nicht der österreichische Staat oder seine Regierung haben österreichische jüdische Bürger aus rassischen Gründen verfolgt, es waren vielmehr die nationalsozialistischen Machthaber, die nach der rechtswidrigen Besetzung Österreichs diese Verfolgungsmaßnahmen verübt haben. b) Rechtliche Bedenken bestehen auch nicht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Kl. auch nicht als Staatenlose im Sinne des § 160 II BEG Ansprüche wegen Freiheits- und Gesundheitsschadens geltend machen könne. Das Berufungsgericht f ü h r t zur Begründung seiner Auffassung aus, es möge dahinstehen, ob überhaupt die Voraussetzungen des § 160 II Satz 1 BEG in der Person der Kl. erfüllt seien. Das erscheine zweifelhaft, weil sie unstreitig nach Beendigung der Verfolgung ihre alte
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österreichische Staatsbürgerschaft wiedererworben habe. Jedenfalls schließe § 160 II Satz 2 BEG die Kl. von der deutschen Entschädigung aus. Nach dieser Vorschrift seien solche Verfolgte nicht nach § 160 II Satz 1 BEG anspruchsberechtigt, die als Österreicher durch die Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hätten und durch den Verlust dieser Staatsangehörigkeit staatenlos geworden seien. Wie unschwer erkennbar sei, treffe diese Bestimmung vorliegend nach ihrem eindeutigen Wortlaut zu, denn die Kl. sei 1938 zunächst durch den Anschluß Österreichs an Deutschland deutsche Staatsangehörige und dann durch den Verlust dieser Staatsangehörigkeit Staatenlose geworden. Im übrigen würde § 160 II Satz 2 BEG die Kl. auch von der deutschen Entschädigung ausschließen, wenn man diese Vorschrift entgegen ihrem klaren Wortlaut nur dann anwenden wollte, wenn ein Verfolgter durch die Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hätte, dann durch den Verlust dieser Staatsangehörigkeit zunächst staatenlos und auf Grund des am 10. 7. 1945 erlassenen Gesetzes über die Überleitung in die österreichische Staatsbürgerschaft mit Wirkung vom 27. 4. 1945 wieder Österreicher geworden sei. Das LG habe nämlich unter Bezugnahme auf die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Staatsangehörigkeitsrechts in jeder Hinsicht zutreffend dargelegt, daß die Kl. nicht erst durch die Eheschließung mit D., sondern bereits 1945 mit Wirkung vom 27. 4. 1945 wieder die österreichische Staatsangehörigkeit erworben habe. Bei jeder der beiden von dem erkennenden Senat ins Auge gefaßten Möglichkeiten der Auslegung des Gesetzes sei es ohne Bedeutung, ob die Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit bereits 1939 auf Grund der Eheschließung mit einem Staatenlosen oder 1941 auf Grund der 11. VO zum Reichsbürgergesetz (RBG) verloren habe. 3. Diese Ausführungen lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Zutreffend ist zunächst, daß die Kl., die f r ü h e r Österreicherin war, auf Grund des Reichsgesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 (RGBl. I 237) die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Das ergibt sich aus § 1 I und II der auf Grund von Art. III des vorgenannten Gesetzes erlassenen VO über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. 7. 1938 (RGBl. I 790). Danach fiel die bisherige österreichische Bundesbürgerschaft fort. Es gab nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit). Der Wechsel von der österreichischen zur deutschen Staatsangehörigkeit ist am 13. 3. 1938, dem Zeitpunkt der .Wiedervereinigung', eingetreten, da zu diesem Zeitpunkt Österreich als selbständiger souveräner Staat untergegangen ist (vgl. Lichter, Die Staatsangehörigkeit, 2. Aufl., Anm. IV 1, S. 221). 4. Ihre deutsche Staatsangehörigkeit hat die Kl., wie sich aus § 17 Nr. 6 RuStAG vom 22. 7. 1913 (RGBl. 583) ergibt, durch ihre im Jahre 1939 erfolgte Eheschließung mit dem Staatenlosen Sch. verloren. Durch diese Heirat ist sie staatenlos geworden. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht, das sich insoweit die Rechtsansicht des LG zu eigen gemacht hat, der Auf-
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fassung, daß die Heirat mit einem Staatenlosen nach dem RuStAG vom 22. 7. 1913 nicht den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bewirkt habe. Diese Auffassung ist f ü r die heutige Rechtslage, wie sie sich auf Grund des Art. 16 I Satz 2 GG ergibt, zutreffend (vgl. Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Arun. II 2 c zu Art. 16). W a s jedoch die Frage des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit der Kl. wegen ihrer Eheschließung mit dem Staatenlosen Sch. anlangt, so ist f ü r die Auslegung des § 17 Nr. 6 RuStAG von der zur Zeit der Heirat bestehenden Rechtslage auszugehen. F ü r diesen Zeitpunkt k a n n es keinem Zweifel unterliegen, daß unter den Begriff .Ausländer' schlechthin jede Person zu verstehen ist, die die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt, also nicht n u r jemand, der eine f r e m d e Staatsangehörigkeit besitzt, sondern auch ein Staatenloser (vgl. Lichter aaO Anm. V zu § 8 RuStAG, S. 75; vgl. auch BGHZ 19, 267 5. Danach ist die Kl. nicht erst im J a h r e 1941 durch § 2 der 11. VO zum RBG, sondern bereits im J a h r e 1939 auf Grund ihrer Eheschließung mit einem Staatenlosen staatenlos geworden. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Kl. ihre auf Grund der VO vom 3. 7. 1938 verlorene Staatsangehörigkeit auf Grund des österreichischen Gesetzes über die Überleitung in die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsüberleitungsgesetz) vom 10. 7. 1945 mit Wirkung vom 27. 4. 1945 wiedererworben. Die Auffassung des Berufungsgerichts beruht auf der Auslegung eines österreichischen Gesetzes. Sie unterliegt gemäß § 549 I ZPO nicht der rechtlichen Nachprüfung durch den erkennenden Senat. Hat danach die KI. ihre f r ü h e r e österreichische Staatsbürgerschaft auf Grund der Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich a m 17. 3. 1938 verloren und auf Grund des Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes vom 27. 4. 1945 wiedererlangt, so sprechen wichtige Gründe f ü r die Auffassung, daß die Kl. bei dieser Rechtslage nicht eine neue, sondern ihre f r ü here Staatsbürgerschaft wiedererworben hat, so daß § 160 II Satz 1 BEG zu ihren Gunsten keine Anwendung finden kann. 6. Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht, da in jedem Falle § 160 II Satz 2 BEG den Anspruch der Kl. ausschließt. Nach dieser Vorschrift steht der E r w e r b einer neuen Staatsbürgerschaft dem Anspruch entgegen, wenn der Verfolgte als Österreicher durch die Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatte und durch den Verlust dieser Staatsangehörigkeit staatenlos geworden ist. Gegen die Rechtswirksamkeit dieser Vorschrift bestehen keine Bedenken. Durch den Abschluß des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Regelung von Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten, über weitere finanzielle Fragen und Fragen aus dem sozialen Bereich vom 27. 11. 1961 (vgl. BGBl. II 1044) hat sich die Rechtslage nicht geändert. Zwar finden nach Art. 5 I des Gesetzes vom 21. 8. 1962 (BGBl. II 1041), durch das die deutsche Bundesrepublik dem Finanz- und Aus1
IPRspr. 1954-1955 Nr. 213.
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gleichsvertrag vom 27. 11. 1961 zugestimmt hat, die Bestimmungen des Art. 23 I I I des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich vom 15. 5. 1955 auf Ansprüche nach dem BEG vom 29. 6. 1956 in der jeweils geltenden Fassung keine Anwendung. Die Vorschrift des § 160 II Satz 2 BEG beruht jedoch nicht auf dem im Staatsvertrag ausgesprochenen Verzicht. Für den Ausschluß österreichischer Staatsangehöriger aus dem Kreis der als Staatenlose und Flüchtlinge nach den §§ 160 ff. BEG anspruchsberechtigten Personen ist vielmehr die Erwägung maßgebend, daß österreichische Staatsangehörige in dem wiedererstandenen Österreich einen Staat haben, an den sie sich um Schutz und Hilfe wenden können. Die Bundesrepublik hat sich entschlossen, Flüchtlinge und Staatenlose in dem aus dem Gesetz ersichtlichen Umfang in die Entschädigung einzubeziehen, weil dieser Personenkreis infolge der Ereignisse des zweiten Weltkrieges und der in der Nachkriegszeit in einer Reihe von Staaten eingetretenen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen keinen Staat haben, an den sie sich wegen des ihnen durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen zugefügten Schadens halten können. Diese Erwägungen gelten für österreichische Staatsangehörige nicht. Aus diesem Grunde bestand auch kein hinreichender Grund, ihnen Ansprüche nach den §§ 160 ff. BEG zuzuerkennen. Diese Gesetzeslage ist auch durch den Abschluß des Finanz- und Ausgleichsvertrages vom 27. 11. 1961 nicht geändert worden. Dabei fällt wesentlich ins Gewicht, daß die Bundesrepublik Deutschland sich gemäß Art. 12 des genannten Vertrages an den Aufwendungen der Republik Österreich zur Abgeltung von Vermögensverlusten politisch Verfolgter und zur Aufstockung des im Rahmen des österreichischen Bundesgesetzes vom 18. 1. 1956 errichteten Hilfsfonds mit einem Betrag von 95 Millionen DM beteiligt. Aus diesen Gründen kann auch nicht die Rede davon sein, daß die Vorschrift des § 160 II Satz 2 BEG gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt. Die Lage der Verfolgten, die als Österreicher durch die Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten und durch den Verlust dieser Staatsangehörigkeit staatenlos geworden sind, ist eine ganz andere als die Lage der übrigen Verfolgten, die als Staatenlose oder Flüchtlinge nach Beendigung der Verfolgung eine neue Staatsangehörigkeit erworben haben. Es ist daher aus diesem Grunde berechtigt, die Verfolgten, die als Österreicher durch die Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten und durch den Verlust dieser Staatsangehörigkeit staatenlos geworden sind, entschädigungsrechtlich anders zu behandeln und sie von der Entschädigung der Staatenlosen und Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention auszuschließen." 2 0 4 . Ein Anspruch auf Entschädigung wegen Schadens an Eigentum besteht nicht, wenn Umzugsgut auf einem deutschen Schiff auf hoher See oder in einem fremden Hafen verloren gegangen oder zerstört worden ist.
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BGH, Urt. vom 3. 6. 1964 - IV ZR 208/63: RzW 1964, 383; LM Nr. 24 zu § 51 BEG 1956; Leitsatz in MDR 1964, 741 Nr. 17; DRiZ 1964 B 106 Nr. 1375. Aus den Gründen: „Die Revision wendet sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Eigentumsschaden nicht im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. 12. 1937 eingetreten ist. Sie bezieht sich für ihre Ansicht auf den völkerrechtlichen Grundsatz, daß die Schiffe auf hoher See als .schwimmende Heimatteile' (.territoires flottants') dem Recht des Staates unterstehen, dessen Flagge sie nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts zu führen berechtigt sind und führen. Hieraus folgert die Revision, daß das Deutsche Reich nach völkerrechtlichen und gemäß Art. 4 WeimRV auch innerstaatlichen Normen über deutsche Handelsschiffe auf hoher See und in fremden Küstengewässern die Gebietshoheit ausübte. Dieser Meinung der Revision kann nicht gefolgt werden. Nach Art. 2 WeimRV bestand das Reichsgebiet aus den Gebieten der deutschen Länder. Mit dieser Bestimmung sollten die Grenzen des Reiches bezeichnet werden (Anschütz, [Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919] 14. Aufl., Anm.2 zu Art. 2 WeimRV). Das Recht eines Staates zur Ausübung seiner Hoheitsgewalt ist jedoch nicht schlechthin auf sein Staatsgebiet beschränkt. So ist zwar das offene Meer frei von der Gebietshoheit. Jedoch unterliegen auf hoher See alle Schiffe, also nicht nur Kriegsschiffe, sondern auch Handelsschiffe, der ausschließlichen oder teilweisen Jurisdiktion des Flaggenstaates. Sie werden mit Rücksicht darauf, daß die Rechtsordnung des Flaggenstaates auf sie in weitem Umfang Anwendung findet, vielfach als ,schwimmende Gebietsteile', als .territoires flottants' bezeichnet (Guggenheim, Lehrbuch des Völkerrechts I, 1948, 413; Verdroß, Völkerrecht, 4. Auflage, 218; Dohm, Völkerrecht, I 619; Strupp, Grundzüge des positiven Völkerrechts, 5. Auflage 1932, 126, 140; Ridder, .Gebietshoheit' in Wörterbuch des Völkerrechts, I 624 ff.). Ähnlich sind bei Oppenheim-Lauterpacht, International Law, 7. Auflage, I, § 172 a, die Handelsschiffe auf hoher See als .Fictional Parts of Territory' bezeichnet. Jedoch ist hier in § 264 darauf hingewiesen, daß diese Schiffe nicht in jeder Beziehung als ,floating portions of the flag State' angesehen werden können. Diese Vorstellung ,fiktiver Gebietsteile' führt nach Dahm (aaO) in die Irre, während die Bezeichnung .schwimmende Staatsgewalt' nach Verdroß (aaO) überschwenglich und nach Ridder (aaO) mißverständlich ist. Nach Strupp (aaO 126 Anm. 1) ist das Schiff kein territoire flottant, es ist jedoch .assimilé'. Die Frage, inwieweit Handelsschiffe auf hoher See oder in fremden Küstengewässern nach völkerrechtlichen Grundsätzen dem Flaggenstaat und dessen Gebiet zugerechnet werden können, bedarf hier jedoch keiner abschließenden Beurteilung. Nach § 51 I BEG hat ein Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Eigentum zur Voraussetzung, daß der Schaden 40*
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im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. 12. 1937 eingetreten ist. Damit ist der Entschädigungsanspruch bewußt auf Schäden beschränkt, die durch Vorgänge innerhalb der Grenzen des Altreichsgebietes eingetreten sind. Es werden somit nicht alle Eigentumsschäden, die im Machtbereich des Nationalsozialismus eingetreten sind, entschädigt. Mag f ü r diese Beschränkung auch der Gedanke der Abgrenzung gegenüber Reparationstatbeständen bestimmend gewesen sein, so geht es doch nicht an, diese vom Gesetzgeber bewußt gezogene Grenze, die auch der Behebung von Zweifeln dient, im W e g e einer ausdehnenden Auslegung zu durchbrechen. Dies wäre aber der Fall, wenn der Begriff des Altreichsgebietes auf deutsche Schiffe, die sich auf hoher See oder in fremden Küstengewässern befanden, erweitert würde. Die Zugehörigkeit dieser Schiffe zum Hoheitsgebiet des deutschen Reiches beruht darauf, daß auf ihnen in weitgehendem Maße die deutsche Rechtsordnung Anwendung findet. Damit ist jedoch nicht auch die weitere Voraussetzung des § 51 I BEG erfüllt, nämlich die Zugehörigkeit zum deutschen Hoheitsgebiet nach dem Stande vom 31. 12. 1937. Der Begriff des Altreichsgebietes ist fest umrissen. Diese klare Grenzziehung würde verwischt werden, wenn deutsche Schiffe unabhängig davon, ob sie sich in den zum Altreichsgebiet gehörigen deutschen Hoheitsgewässern befanden, diesem Gebiet zugerechnet würden. Können schon Eigentumsschäden, die z. B. in Österreich auf Donauschiffen eingetreten sind, nicht entschädigt werden, so muß dies zumindest in gleicher Weise auch f ü r Schäden gelten, die auf Schiffen in fremden Küstengewässern oder auf hoher See eingetreten sind. Eine Berücksichtigung derartiger Schäden kann nur durch den Gesetzgeber erfolgen (vgl. z. B. § 13 BRüG). Ein Anspruch auf Entschädigung wegen Schadens an Eigentum nach § 51 I BEG besteht somit nicht, wenn Umzugsgut auf einem deutschen Schiff auf hoher See oder in einem fremden Hafen verloren gegangen oder zerstört worden ist." 2 0 5 . Bei Kindefrn deutscher Staatsangehöriger, die zusammen mit ihrer Familie ins Ausland verschleppt sind und nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst, b KgfEG als Kriegsgefangene gelten, endet die Verschleppung weder mit der Erreichung der Volljährigkeit noch durch die Eheschließung mit einem ausländischen Staatsangehörigen oder Volkszugehörigen, es sei denn, daß sie nach der Erreichung der Volljährigkeit oder vor der Eheschließung von einer ihnen gegebenen Möglichkeit, nach Deutschland auszureisen, keinen Gebrauch gemacht haben. Einem während der Verschleppung eines Elternteiles geborenen ehelichen Kinde steht die Kriegsgefangenenentschädigung zu, wenn derjenige Elternteil entschädigungsberechtigt ist, der im Zeitpunkt der Gebart des Kindes nach dem gemäß Art. 19 EGBGB anzuwendenden Recht das Personensorgerecht entweder allein oder zusammen mit dem anderen Elternteil hat. Nach Art. 38, AI, A3 des sowjetischen Gesetzbuches über Ehe, Familie und Vormundschaft vom 19. November 1925 in der Fassung der Novellen
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steht das Personensorgerecht Eltern gemeinsam zu.
für eheliche minderjährige
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beiden
BVerwG, Urt. vom 26. 8. 1964 - V C 128 u n d 129/63: BVerwGE 19, 204; ROW 1965, 134; DVB1. 1965, 482; JR 1966, 150; DRspr. V (523) 74 c. Die Mutter der Kl. war ursprünglich litauische Staatsangehörige, erhielt aber im Jahre 1941 nach erfolgter Umsiedlung im Wege der Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. Im März 1945 wurde sie im Alter von 13 Jahren mit ihrer Mutter, der Großmutter der Kl., beim Vormarsch der sowjetischen Truppen in Pommern festgenommen und in die Sowjetunion verschleppt, wo sie im Jahre 1952 den Vater der Kl., den sowjetischen Staatsangehörigen S., heiratete. Am 18. 6. 1954 wurde der Kl. zu 1) in einem Lager bei Kirowgrad/Swerdlowsk, am 28. 8. 1955 die Kl. zu 2) in A. Kreis Kaunas, geboren. Die KI. und ihre Eltern erhielten im Jahre 1960 die Ausreisegenehmigung und trafen am 3. 5. 1960 im Grenzdurchgangslager Friedland ein. Im Jahre 1961 erhielten die KI. die Heimkehrerbescheinigung. Ihre Mutter besitzt den Vertriebenenausweis A. Der Antrag der Mutter der Kl. auf Gewährung von Kriegsgefangenenentschädigung hatte Erfolg. Der für die Kl. gestellte Antrag wurde dagegen ablehnend entschieden. Das VG hat die gegen die Verwaltungsbescheide erhobenen Klagen abgewiesen. Gegen diese Urteile haben die KI. Revision eingelegt.
Aus den Gründen: „Das VG hat zutreffend entschieden, daß die Kl. im Zeitpunkt der Antragstellung die Rechtsstellung von Deutschen besaßen. Die Mutter der Kl. ist Vertriebene nach § 1 II Nr. 3 des BVFG in der Fassung vom 23. 10. 1961 (BGBl. I 1883). Sie hat als deutsche Volkszugehörige nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen Litauen, wohin sie im Verlaufe ihrer Verschleppung zurückgelangt war, verlassen und ist in das Gebiet der Bundesrepublik ausgesiedelt worden. Sie hatte einen Wohnsitz in den Vertreibungsgebieten auch nicht erst nach dem 8. 5. 1945 begründet, vielm e h r hatte sie ihren Wohnsitz vor ihrer Verhaftung im März 1945 schon immer in den Vertreibungsgebieten gehabt, nämlich zunächst in Litauen und später in dem zur Zeit unter polnischer Verwaltung stehenden Teil Pommerns. Die Mutter der Kl. hat also im Mai 1960 als Vertriebene nach § 1 II Nr. 3 BVFG (Aussiedlerin) in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. 12. 1937 A u f n a h m e gefunden und ist demnach Deutsche im Sinne des Grundgesetzes. Diese Eigenschaft erstreckt sich nach Art. 116 I GG auf die Kl. als ihre Abkömmlinge. Dem VG ist auch darin beizupflichten, daß die deutsche Staatsangehörigkeit der Mutter der Kl. hieran nichts ändert. Denn ein deutscher Volkszugehöriger verliert diese Eigenschaft nicht dadurch, daß er die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt. Die Kl. hatten somit im Zeitpunkt ihrer Anträge die Rechtsstellung von Deutschen nach Art. 116 I GG . . . Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats teilen minderjährige Kinder das Schicksal derjenigen erwachsenen Personen, in deren Obhut sie sich befinden (vgl. Urt. vom 15. 4. 1959 - BVerwG V C 274/57, vom 13. 1.
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1960 - BVerwG V C 254-259/58 und vom 14. 10. 1960 - BVerwG V C 235/59). Da die Mutter der Kl. im Zeitpunkt der Festnahme noch minderjährig war und sich in der Obhut ihrer Mutter, der Großmutter der Kl., befand, richtet sich ihre Rechtsstellung nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz (KgfEG) nach derjenigen ihrer Mutter. Die Mutter der Kl. ist zwar während ihres Zwangsaufenthalts in der Sowjetunion volljährig geworden, so daß das Bestimmungsrecht über ihren Aufenthalt von da ab ihr und nicht mehr ihrer Mutter zustand. Jedoch ist nicht ersichtlich, daß die Mutter der Kl. nach Erlangung des eigenen Aufenthaltsbestimmungsrechts an dem Willen, nach Deutschland auszureisen, nicht mehr festgehalten hätte. Ebensowenig ist ersichtlich, daß die Mutter der Kl. durch ihre Eheschließung gehindert wurde, eine f ü r sie bestehende Ausreisemöglichkeit auszunutzen. Es findet deshalb auf sie die in dem Urteil des erkennenden Senats vom 1. 6. 1964 - BVerwG V C 56, 51 und 52/63 1 entwickelte Grundsatz Anwendung, der dahin lautet: Bei Kindern deutscher Staatsangehöriger, die zusammen mit ihrer Familie ins Ausland verschleppt sind und nach § 2 II Nr. 1 Buchst, b KgfEG als Kriegsgefangene gelten, endet die Verschleppung weder mit der Erreichung der Volljährigkeit noch durch die Eheschließung mit einem ausländischen Staatsangehörigen oder Volkszugehörigen, es sei denn, daß sie nach der Erreichung der Volljährigkeit oder vor der Eheschließung von einer ihnen gegebenen Möglichkeit, nach Deutschland auszureisen, keinen Gebrauch gemacht haben. Daraus folgt indessen noch nicht, daß auch die KI. Anspruch auf Kriegsgefangenenentschädigung haben. Zwar hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 19. 7. 1961 - BVerwG V C 66/60 (DÖV 1962, 67) entschieden, daß nicht nur solche Kinder, die mit den sie betreuenden Erwachsenen zusammen interniert oder verschleppt worden sind, die Rechtsstellung dieser Erwachsenen teilen, sondern daß auch während der Verschleppung geborenen Kindern Kriegsgefangenenentschädigung zusteht, wenn ihre erwachsenen Angehörigen, in deren Obhut sie sich befunden haben, entschädigungsberechtigt sind. Indessen begegnet die Anwendung dieses Grundsatzes n u r dann keinen Schwierigkeiten, wenn bei einem in der Verschleppung geborenen ehelichen Kinde, das sich in der Obhut seiner Eltern befunden hat, beide Elternteile entschädigungsberechtigt sind. Ist nur ein Elternteil entschädigungsberechtigt, so bedarf es der Deutung, was unter .Obhut' zu verstehen ist. Anders als die Festhaltung auf engbegrenztem Raum unter dauernder Bewachung stellt die Verschleppung nicht in erster Linie eine tatsächliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit unter Anwendung körperlichen Zwanges, sondern einen Eingriff in das Freizügigkeits- lind damit in das Aufenthaltsbestimmungsrecht dar. Ob das Kind durch seine Geburt die 1
Das Urteil stimmt wörtlich mit den folgenden drei Absätzen überein; Leitsatz in DÖV 1965, 285. - Vgl. ferner BVerwG, Urt. vom 30. 6. 1965 - V C 227/62: ROW 1966, 79. Die Entscheidung übernimmt ebenfalls den hier entwickelten Grundsatz.
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Verschleppteneigenschaft erwirbt, kann daher nur nach den Verhältnissen desjenigen Elternteiles beantwortet werden, der f ü r das Kind das Recht ausübt, dessen Aufenthalt zu bestimmen. Dieses Recht wird nach § 1631 I BGB von dem Personensorgerecht umfaßt. In Fällen der hier erörterten Art bedeutet daher ,Obhut' das Recht und die Pflicht, f ü r die Person des Kindes zu sorgen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Nur wenn derjenige Elternteil entschädigungsberechtigt ist, der in dem f ü r den Erwerb der Verschleppteneigenschaft maßgebenden Zeitpunkt der Geburt des Kindes das Personensorgerecht hat, kann auch das Kind seine Entschädigungsberechtigung von diesem Elternteil ableiten. Steht das Personensorgerecht beiden Eltern zu, so wirkt sich die Entschädigungsberechtigung auch nur eines Elternteiles zugunsten des Kindes aus. Das f ü r die Feststellung des Personensorgerechts anzuwendende Recht ist dabei nach Art. 19 EGBGB zu ermitteln. Aus alledem ergibt sich in Fortführung der mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 19. 7. 1961 eingeleiteten Rechtsprechung folgender Grundsatz: Einem während der Verschleppung eines Elternteiles geborenen ehelichen Kinde steht die Kriegsgefangenenentschädigung zu, wenn derjenige Elternteil entschädigungsberechtigt ist, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes nach dem gemäß Art. 19 EGBGB anzuwendenden Recht das Personensorgerecht entweder allein oder zusammen mit dem anderen Elternteil hat. Nach Art. 19 EGBGB beurteilt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde nach den Gesetzen des Staates, dem der Vater und, falls dieser gestorben ist, die Mutter angehört (RGZ 170, 198). Der Vater der Kl. war, wie sich aus dem Tatbestand der angefochtenen Urteile ergibt, im Zeitpunkt der Geburt der Kl. sowjetischer Staatsangehöriger. Die Frage, welchem Elternteil das Personensorgerecht im Zeitpunkt der Geburt der Kl. zustand, beantwortet sich daher nach Art. 38, 41, 43 des sowjetischen Gesetzbuches über Ehe, Familie und Vormundschaft vom 19. 11. 1925 in der Fassung der Novellen, insbesondere der Gesetze vom 2. 3. 1940, 11. 10. 1943, 16. 4. 1945 und 2. 4. 1947 (s. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Bd. V Teil UdSSR S. 8 ff. [12]). Nach Art. 38 dieses Gesetzbuches werden alle Maßnahmen hinsichtlich der Kinder von beiden Elternteilen gemeinsam getroffen. Nach Art. 41 sind die Eltern verpflichtet, f ü r die nichtvolljährigen Kinder zu sorgen. Nach Art. 43 liegt der Schutz der die Person und das Vermögen betreffenden Interessen der nicht volljährigen Kinder den Eltern ob, die vor dem Gericht und anderen Behörden die Vertreter der Kinder sind. Somit stand nach dem hier maßgebenden sowjetischen Recht im Zeitpunkt der Geburt der Kl. das Personensorgerecht beiden Eltern gemeinsam zu. Das hat nach dem in dem Urteil des erkennenden Senats vom 1. 6. 1964 BVerwG V C 54, 55 und 57/63 2 - entwickelten Grundsatz die Folge, daß den Kl. die Kriegsgefangenenentschädigung vom Zeitpunkt ihrer Geburt bis zu ihrer Aussiedlung in das Bundesgebiet zu gewähren ist, weil ihre 2
Das Urteil ist abgedruckt in DÖV 1965, 423.
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Mutter entschädigungsberechtigt ist und weil diese im Zeitpunkt der Geburt der Kl. das Personensorgerecht zusammen mit dem Vater hatte." 2 0 6 . Hat eine verfolgte Ehefrau vor ihrer Auswanderung im Geschäft ihres Mannes mitgearbeitet, so ist die Frage, ob diese Mitarbeit zur wirtschaftlichen Nutzung der Arbeitskraft oder um der Ehe willen geleistet wurde, nach den Lebensverhältnissen der Eheleute vor der Auswanderung in Deutschland zu beurteilen, auch wenn bei ausländischer Staatsangehörigkeit der Ehegatten das für die Rechtsbeziehungen der Ehegatten untereinander nach Art. 14 EGBGB maßgebende fremde Recht eine Pflicht der Ehefrau zur unentgeltlichen Mitarbeit im Geschäft ihres Mannes nicht kennt. BGH, Urt. vom 20. 1. 1965 - I V ZR 54/64: L M Nr. 16 zu § 65 BEG 1956; Leitsatz in F a m R Z 1965, 552 Nr. 299. Aus den Gründen: „1. Der Kl. steht eine Entschädigung wegen der verfolgungsbedingten Aufgabe ihrer Tätigkeit in dem Geschäft der Offenen Handelsgesellschaft, der ihr Ehemann als persönlich haftender Gesellschafter angehörte, nur zu, wenn sie hierdurch in der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Arbeitskraft geschädigt wurde. Das folgt aus den Bestimmungen der § § 65, 66, 67, 87, 88, 113 BEG; § 2 der 3. DV/BEG . . . 2. Es kommt daher für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob die Kl. zur wirtschaftlichen Nutzung ihrer Arbeitskraft oder im Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft im Geschäft ihres Mannes und seines Teilhabers mitgearbeitet hat. Diese Frage ist nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten zu entscheiden, dabei ist nicht ausschlaggebend, ob eine Pflicht der Ehefrau zur Mitarbeit nach § 1356 I I BGB a. F. besteht. Audi dann, wenn etwa das nach Art. 14 EGBGB für die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zueinander anzuwendende fremde Recht eine Pflicht der Ehefrau zur Mitarbeit im Geschäft des Mannes nicht kennt, kann der Tatrichter aus den Umständen, die f ü r die Ehe und die wirtschaftliche Lage der Ehegatten bedeutsam sind, die Überzeugung gewinnen, daß die Ehefrau nicht um des Erwerbes willen mitgearbeitet hat. Unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten hat das Berufungsgericht die Verhältnisse, in denen die Kl. und ihr Ehemann seit 1918 in Deutschland lebten, geprüft. Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe Art. 14 EGBGB nicht beachtet und sei deshalb zu unrichtigen Ergebnissen gekommen, ist somit unbegründet." 2 0 7 . Die Zustellung eines Bescheides in einer Entschädigungssache ist ein öffentlich-rechtlicher Akt, der sich bei einer Zustellung mit Postrückschein an einen in den USA wohnhaften Zustellungsempfänger im Ausland vollzieht. Grundsätzlich kann ein Staat in einem anderen Staat keinen solchen Akt der Staatsgewalt vornehmen. Eine Ausnahme macht nur das
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Bundesentschädigungsgesetz. Die besonderen Umstände des Entschädigungsverfahrens rechtfertigen diese Ausnahme. Ein ausländischer Rechtsanwalt, der einen Anspruchsteller in einem Entschädigungsverfahren vertritt, muß sich darüber informieren, auf welche Weise die deutschen Behörden in Entschädigungssachen Bescheide wirksam zustellen können. Anderenfalls ist ein Wiedereinsetzungsgesuch gegen die Versäumung der Klagefrist unbegründet. OLG Stuttgart, Urt. vom 25. 2. 1965 - 7 U 2648: RzW 1965, 278. Aus den Gründen: „1. Die Klage ist verspätet erhoben worden. Da der Kl. im außereuropäischen Ausland wohnt, konnte er innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Zustellung des Bescheids Klage erheben (§ 210 II BEG). Der den Antrag wegen Schadens an Körper und Gesundheit ablehnende Bescheid vom 19. 12. 1961 ist dem in New York wohnhaften damaligen Bevollmächtigten des Kl., Rechtsanwalt Dr. H., am 22. 12. 1961 zugestellt worden. Die Klagschrift hätte daher spätestens am 22. 6. 1962 beim LG Stuttgart eingehen müssen. Sie ist aber erst am 12. 7. 1962 eingekommen. Die mit Postrückschein erfolgte Zustellung des Bescheids ist rechtswirksam erfolgt und hatte die Klagfrist in Lauf gesetzt. Bescheide der Entschädigungsbehörde können nach dem Verwaltungszustellungsgesetz i. d. F. vom 21. 1. 1960 in Verbindung mit § 197 I BEG im Ausland mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staates oder der in diesem Staat befindlichen konsularischen oder diplomatischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zugestellt werden. Da dieses Verfahren zeitraubend ist und folglich zu einer Verzögerung der Wiedergutmachung führen könnte, sieht § 197 II BEG bei Wohnsitz des Zustellungsempfängers außerhalb des Geltungsbereichs des BEG noch zwei weitere Zustellungsarten vor, nämlich die Zustellung durch Aufgabe zur Post in entsprechender Anwendung der §§ 174, 175 ZPO und die Zustellung mit Postrückschein (BGH, RzW 1963, 517). Der BGH hat in der genannten Entscheidung die Zustellung mit Postrückschein als wirksam angesehen, wenn die Wahl dieser Zustellungsart aus den Unterlagen zu ersehen und ein Nachweis der Zustellung vorhanden ist. Das Landesamt hat im Bescheid vom 19. 12. 1961 links oben vermerkt: ,Mit Postrückschein!'. Der Postrückschein f ü r den Bescheid vom 19. 12. 1961 befindet sich in den Entschädigungsakten. In diesem Schein hat .Anita H.' f ü r den Zustellungsempfänger Rechtsanwalt Dr. H. bestätigt, daß die Sendung am 22. 12. 1961 richtig ausgehändigt worden ist. Es ist nicht erforderlich, daß der Bescheid dem Bevollmächtigten des Kl. persönlich übergeben wird. Ebenso wie bei der in §§ 181, 183 ZPO vorgesehenen Ersatzzustellung ist es hier ausreichend, daß das zuzustellende Schriftstück einem zur Familie des Zustellungsempfängers gehörenden erwachsenen Hausgenossen oder an eine in der Familie dienende
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erwachsene Person oder bei einem Rechtsanwalt auch einem in dessen Geschäftslokal anwesenden Gehilfen oder Schreiber übergeben wird. Daß Anita H. (vermutlich die Ehefrau oder eine Verwandte des Rechtsanwalts Dr. H.) nicht zu diesem Personenkreis gehört, wird nicht behauptet. Sollte die von der Entschädigungsbehörde gewählte Zustellungsart nicht den Vorschriften des Staates New York / USA entsprechen, so berührt dies nicht die Wirksamkeit der Zustellung; denn es handelt sich um ein Verfahren vor einer deutschen Behörde, f ü r das die deutschen Verfahrensvorschriften maßgebend sind. Das BEG sieht die Zustellung von Bescheiden an im Ausland wohnhafte Anspruchsteller durch Postrückschein in § 197 II Satz 2 ausdrücklich vor. Die Zustellung ist ein öffentlich-rechtlicher Akt, der bei einer Zustellung mittels Postrückschein im Ausland vollzogen wird. Zwar kann, wie der BGH in RzW 1964, 559 1 ausgesprochen hat, ein Staat in einem anderen Staat grundsätzlich keinen solchen Akt der Staatsgewalt vornehmen (so zur Zustellung eines Aufenthaltsverbots an eine im Ausland wohnhafte Person auch der Hess. VGH, DÖV 1959, 473 2 ). Deshalb ist weder im Verwaltungszustellungsgesetz noch in der ZPO eine Zustellung im Ausland durch Postrückschein vorgesehen. Die einzige Ausnahme von dieser Regel macht das BEG. Die besonderen Umstände, die im Entschädigungsverfahren gegeben sind, rechtfertigen diese Ausnahme. Bei den im Ausland wohnhaften Zustellungsempfängern handelt es sich nur um einen beschränkten Kreis von Personen, die auf Grund ihrer Antragstellung selbst die Rechtsbeziehungen zu den deutschen Entschädigungsorganen aufgenommen haben. Das westliche Ausland anerkennt die deutsche Wiedergutmachung und unterstützt sie. Zum Teil ist die Wiedergutmachungspflicht sogar durch Verträge mit den ausländischen Staaten festgelegt worden. So hat sich die Bundesrepublik Deutschland im IV. Teil des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Folgen — Überleitungsvertrag - i. d. F. der Bekanntmachung vom 30. 3. 1955 (BGBl. II 405) gegenüber den USA, England und Frankreich verpflichtet, Entschädigung an durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen Geschädigte zu leisten und die wirksame und beschleunigte Verhandlung und Entscheidung über einschlägige Entschädigungsansprüche sicherzustellen. Die Schaffung der Möglichkeit einer Zustellung von Bescheiden durch die amerikanische Post dient dieser Verpflichtung zu einer beschleunigten Behandlung der Entschädigungsansprüche. Daher stellen sich die Vereinigten Staaten von Amerika in Entschädigungssachen auch nicht gegen diese einfache Art der Zustellung (für Israel siehe OVG Münster, RzW 1963, 575). Der vom Klägervertreter zitierte Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Jahre 1956 (BGBl. II 488) steht der von der Entschädigungsbehörde gewählten Zustellungsart nicht entgegen. In diesem Vertrag hat sich jeder Vertragsteil verpflichtet, den Staatsangehörigen des anderen Vertragsteils jederzeit gerechte und billige Behandlung 1
Siehe unten Nr. 240.
* IPRspr. 1958-1959 Nr. 194.
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zu gewähren (Art. I Abs. 1). Den Staatsangehörigen des einen Vertragsteils soll im Gebiet des anderen Vertragsteils hinsichtlich des Zutritts zu den Gerichten und Verwaltungsgerichten sowie Amtsstellen aller Instanzen für die Verfolgung wie auch für die Verteidigung ihrer Rechte Inländerbehandlung gewährt werden (Art. VI Abs. 1). Inländerbehandlung bedeutet dabei, daß die Staatsangehörigen des anderen Vertragsteils nicht weniger günstig behandelt werden dürfen als die eigenen Staatsangehörigen (Art. X X V ) . Durch die Zustellung mit Postrückschein ist keine ungünstigere Behandlung der amerikanischen Staatsangehörigen gegenüber den deutschen Staatsangehörigen ersichtlich; denn auch innerhalb Deutschlands ist eine Zustellung durch die Post möglich (§ 193 ZPO). 2. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unbegründet. Gegen die Versäumung der Klagfrist ist gem. §§ 209 BEG, 233 ZPO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich. Voraussetzung hierfür ist aber, daß die Fristversäumnis auf einem Naturereignis oder einem sonstigen unabwendbaren Ereignis beruht. Eine solche Sachlage hat beim Kläger nicht vorgelegen. Er konnte nicht geltend machen, daß er gehindert gewesen sei, die Klage rechtzeitig zu erheben. Er beruft sich darauf, er habe die Klage gerade deshalb nicht rechtzeitig erhoben, weil er davon ausgegangen sei, daß ihm der Bescheid nicht wirksam zugestellt und die Klagfrist nicht in Lauf gesetzt worden sei. Danach hat er die Klagfrist sogar bewußt verstreichen lassen. Das wird dadurch bestätigt, daß der Klägervertreter die Klagschrift und das Wiedereinsetzungsgesuch bereits am 9.6.1962 abgefaßt hat, also zu einer Zeit, zu der die Klagschrift ohne weiteres noch rechtzeitig bis zum 22. 6. 1962 beim LG Stuttgart eingereicht werden konnte. Der Kl. war bereits im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertreten. Wenn ein ausländischer Anwalt einen Anspruchsteller in einem Entschädigungsverfahren in Deutschland vertritt, muß er sich darüber informieren, auf welche Art die deutschen Entschädigungsbehörden Zustellungen bewirken können. Hatte er Zweifel an der Gültigkeit der deutschen gesetzlichen Bestimmungen über die Zustellung, so durfte er seinem Mandanten nicht das Risiko der Versäumung der Klagfrist aufbürden. Er hätte sich vielmehr an Hand der deutschen Rechtsprechung davon überzeugen müssen, ob seine Ansicht von den deutschen Gerichten geteilt wird. Er hätte dabei feststellen können, daß die Zustellung mit Postrückschein im Entschädigungsverfahren durch die deutsche Rechtsprechung nicht als unwirksam angesehen wird. Er durfte es nicht darauf ankommen lassen, bewußt die Klagfrist verstreichen zu lassen, um eine Entscheidung zu seiner Rechtsansicht herbeizuführen. Das Verhalten seines Bevollmächtigten muß sich der Kl. anrechnen lassen, so daß die Versäumung der Klagfrist für den Kl. nicht auf einem unabwendbaren Ereignis beruht." 2 0 8 . Sind über 5000 DM hinausgehende Ausbildungskosten nach der Währungsumstellung in fremder Währung entstanden, so sind sie in der Weise zu erstatten, daß der Fremdwährungsbetrag nach dem Kurswert,
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der zur Zeit der Aufwendung der Ausbildungskosten Deutsche Mark umgerechnet wird.
maßgebend
Nr. 208 ist, in
BGH, Urt. vom 3. 3. 1965 - IV ZR 95/64: RzW 1965, 429 mit Anm. Brunn; LM Nr. 18 zu § 116 BEG 1956; Leitsatz in LM Nr. 5 zu § 244 BGB. Aus den Gründen: „Gemäß § 116 I BEG hat der Verfolgte Anspruch auf eine Beihilfe zu den Aufwendungen, die bei der Nachholung seiner Ausbildung erwachsen oder erwachsen sind. Die Beihilfe beträgt 5000 DM. Nachgewiesene höhere Ausbildungskosten sind bis zu einem weiteren Betrage von 5000 DM zu erstatten. Der Kl. sind nachgewiesene höhere Ausbildungskosten in fremder Währung entstanden. Die Frage ist, ob der Fremdwährungsbetrag nach dem Kurswert, der zur Zeit der Leistung der Entschädigung in Deutschland, oder nach dem Kurswert, der zur Zeit der Aufwendung der Ausbildungskosten in Israel maßgebend ist, in Deutsche Mark umgerechnet wird. Nach § 244 BGB, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, kann eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Inland in Deutscher Mark gezahlt werden, und zwar nach dem Kurswert, der zur Zeit der Zahlung f ü r den Zahlungsort maßgebend ist. Der Erstattungsanspruch des Verfolgten gemäß § 116 I Satz 3 BEG wegen nachgewiesener, den Betrag von 5000 DM überschreitender Ausbildungskosten ist zwar eine Geldschuld im Sinne des § 244 I BGB, da sie auf Übereignung von Geldzeichen in Höhe einer bestimmten Geldsumme gerichtet ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich aber nicht um eine in ausländischer Währung „ausgedrückte" Geldschuld, obwohl die Kl. die ihr zu erstattenden Aufwendungen in israelischen Pfunden geleistet hat. Jedoch ist eine auf Zahlung einer Geldsumme gehende Leistungspflicht nur dann in einer bestimmten Währung „ausgedrückt", wenn der Inhalt der Verpflichtung die Geldleistung in ausländischer Währung bezeichnet (RGZ 109, 61, 62). Der Begriff der auf fremde Währung lautenden Schuldverpflichtung ist also gleichbedeutend mit dem einer in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschuld in § 244 BGB. Eine solche Fremdwährungs- oder Valutaschuld liegt demnach vor, wenn der Inhalt der Verpflichtung die geschuldete Leistung in ausländischer Währung bezeichnet (RGZ 168, 240, 245). Das ist hier nicht der Fall, obwohl die Kl. f ü r die Nachholung ihrer Ausbildung israelische Pfunde aufgewendet hat. Der Entschädigungsanspruch nach dem BEG ist niemals auf Leistung in fremder Währung, sondern auf Zahlung des Entschädigungsbetrages in Deutscher Mark gerichtet. Ein Entschädigungsanspruch nach dem BEG hat" also keine in ausländischer Währung „ausgedrückte" Geldschuld im Sinne des § 244 BGB zum Gegenstande. Daß ein Entschädigungsanspruch nach dem BEG auf Zahlung in deutschem Gelde gerichtet ist, kommt auch in § 11 BEG zum Ausdruck. § 11 BEG ist nur eine Umstellungsvorschrift. Sie läßt aber erkennen, daß die
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Entschädigung eine Schuld ist, die auf Leistung einer Geldsumme in Deutscher Mark gerichtet ist. Demgegenüber stellt § 57 I I BEG eine auf Entschädigung f ü r Auswanderungskosten beschränkte Ausnahme dar (Urt. des Senats v o m 4. November 1959 - I V ZR 143/59, R z W 1960, 173 Nr. 33). Die Vorschrift des § 52 I I , I I I BEG besagt nichts f ü r die hier zu entscheidende Frage, da sie die Entschädigung in ihrer H ö h e nach dem (in deutscher Währung zu berechnenden) Wiederanschaffungswert bzw. nach den jetzt aufzuwendenden Kosten f ü r die Wiederherstellung bemißt. Bei dem Anspruch aus § 116 I Satz 3 BEG (Kosten von mehr als 5000 D M ) handelt es sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, um einen Erstattungsanspruch (Blessin-Ehrig-Wilden, Bundesentschädigungsgesetze, 3. Aufl., § 116 BEG Anm. 7, S. 750, 751; van DamLoos, BEG, § 116 BEG Anm. 7, S. 549). Aus dem Wesen des Erstattungsanspruchs folgt, daß in diesem Falle nachgewiesene, über 5000 D M hinausgehende, in ausländischer Währung nach dem 21. 6. 1948 aufgewandte Ausbildungskosten nicht nach dem Kurswert, der zur Zeit der Leistung der Entschädigung in Deutschland, sondern nach dem Kurswert, der zur Zeit der Aufwendung der Ausbildungskosten in dem Fremdwährungsgebiet maßgebend ist, in Deutsche Mark umgerechnet werden müssen. Das Berufungsgericht irrt, wenn es glaubt, den inzwischen eingetretenen Kaufkraftverlust des israelischen Pfundes der Kl. anlasten zu können. W i e vielmehr die Revision zutreffend ausführt, entspricht es dem Begriff der Erstattung und dem Sinn und Zweck der Entschädigung, wenn die Kl. angesichts des inzwischen eingetretenen Geldwertschwundes einen Ausgleich f ü r diesen mindestens insoweit erhält, als das bekl. Land insgesamt nicht mehr aufwenden muß, wie wenn die Erstattung im frühest möglichen Zeitpunkt vorgenommen worden wäre."
209« Macht das verheiratete Kind eines getöteten Verfolgten für die Zeit vor dem 1. April 1957 auf Grund der damals geltenden Fassung des § 7 der 1. DV/BEG Anspräche auf Waisenrente geltend, weil es von dem Ehegatten wegen dessen anderer Unterhaltsverpflichtungen nicht unterhalten werden könne, so bestimmt sich die Rangfolge der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Ehegatten ohne Rücksicht auf das Ehewirkungsstatut nach deutschem Recht. O L G Koblenz, Urt. v o m 11.5. 1965 - 3 U ( W g ) 250/63: R z W 1965, 369. Die KI. beansprucht eine Waisenrente nach ihren verstorbenen Eltern. Diese sind im Jahre 1942 durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen umgekommen. Zur Begründung ihres Antrages hat die Kl. vorgebracht: Bis Ende 1955 sei sie Lehrling gewesen. Ihr Einkommen sei so gering gewesen, daß sie keine Einkommensteuererklärung habe einreichen müssen. Es sei eigentlich nur ein Ersatz ihrer Fahrspesen und ein Taschengeld gewesen. Erst nach Beendigung der Lehrzeit hätte sie normale Einnahmen erzielen können. Ihr Ehemann sei zunächst noch Student gewesen, so daß er nicht für sie habe sorgen können. Sie sei deshalb durch ihre Schwester unterstützt worden. Der Ehemann habe auch
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für seine krebskranke Mutter bis zu ihrem Tode im Jahre 1954 sorgen müssen und dafür erhebliche Aufwendungen gemacht. Erst seit 1955 könne ihr Ehemann für sie sorgen. Die Entschädigungsbehörde hat einen Anspruch auf Waisenrente für die Zeit vom 1. 1. 1951 bis zum 31. 12. 1954 abgelehnt. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage hat das LG abgewiesen. Dagegen wendet sich die Kl. mit der Berufung. Aus den Gründen: „Selbst wenn man aber davon ausgeht, daß trotz des eindeutigen Wortlautes der Vorschriften der §§ 22 und 23 der 1. DV/BEG in der Fassung vom 17. 9. 1954 auch verheiratete Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres Waisenrente verlangen können, sei es, daß man auch auf den hier in Betracht kommenden Zeitabschnitt § 7 I der 1. DV/BEG in der Fassung vom 23. 11. 1956 anwendet (so BGH, BzW 1964, 411), sei es, daß man die Anspruchsberechtigung aus der Verweisung auf das Beamtenrecht herleitet (so BGH, RzW 1962, 73), so steht der Kl. gleichwohl ein Anspruch auf Waisenrente f ü r die Zeit vom 1. 1. 1951 bis zum 31. 12. 1954 aus einem anderen Grunde nicht zu. Denn wenn nach dem Willen des Gesetzgebers die beamtenrechtlichen Besoldungsvorschriften den unverrückbaren Maßstab dafür abgeben sollen, unter welchen Voraussetzungen und f ü r welchen Zeitraum Kinder von Verfolgten Waisenrente zusteht, so m u ß nach Auffassung des Senats in Konsequenz der Anpassung auf Waisenrente an die beamtenrechtlichen Besoldungsvorschriften auch die Frage, ob die verheiratete Waise von ihrem Ehegatten unterhalten werden kann, unter Zugrundlegung der nach deutschem Recht geltenden Rangfolgen der jeweiligen gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten, Kindern, Verwandten aufsteigender Linie usw. beurteilt werden. Wollte man dies nicht anerkennen, so würden unter Umständen Waisen fremder Staatsangehörigkeit - nämlich Angehörige von Staaten, die eine Rangfolge in der Unterhaltspflicht nicht kennen - besser gestellt sein als verheiratete Kinder von deutschen Verfolgten. Die fremden Staatsangehörigen könnten sich darauf berufen, ihr Ehegatte sei wegen seiner Aufwendungen f ü r seine Mutter nicht in der Lage, sie zu unterhalten, während bei deutschen Staatsangehörigen solche Aufwendungen unberücksichtigt blieben. Die Frage des anzuwendenden Rechts ist nach Ansicht des Senats hier anders zu beurteilen als bei der Frage der Unterhaltspflicht der Ehegatten und Verwandten, deren Unterhaltsleistungen dazu führen, daß ein Elternteil nicht bedürftig im Sinne des § 17 I Nr. 5 BEG ist; denn hier ist nicht auf das deutsche Beamtenrecht verwiesen, das seinerseits dem Beamten den Kinderzuschlag ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit gewährt. Die Frage der Unterhaltspflicht f ü r den zuletzt erwähnten Fall hat der BGH mit Recht nach den Gesetzen zu beurteilen, nach denen sich die persönlichen Verhältnisse der Ehegatten in dem in Betracht kommenden Zeitraum bestimmen (RzW 1963, 113). F ü r den vorliegenden Fall muß deshalb gelten, daß die Ehefrau nach § 1609 BGB den Vorrang vor der Mutter ihres Ehegatten hat, wenn dieser außerstande ist, beiden Unterhalt zu gewähren. Daraus
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folgt, daß die von dem Ehemann der Kl. f ü r seine Mutter erbrachten Leistungen bei der Prüfung der Frage, ob er seine Ehefrau unterhalten konnte, nicht berücksichtigt werden können. Aber auch, wenn man die deutschen Vorschriften hinsichtlich der Rangfolge der Unterhaltspflicht nicht f ü r anwendbar hielte, könnte nichts anderes gelten. Nach dem von der Kl. vorgelegten Rechtsgutachten gilt im Staate New York nämlich eine ähnliche Regelung. Nach dem New York State Family Court Act ist die Verpflichtung eines Ehegatten, Frau und Kinder zu unterhalten, eine primäre gegenüber derjenigen zum Unterhalt eines Elternteiles."
7. Wertpapierbereinigung Siehe auch Nr. 186, 188, 309 2 1 0 » Teilgutscheine der Konversionskasse den sind nicht bereinigungsfähig.
für deutsche
Auslandsschul-
KG, Beschl. vom 23. 3. 1964 - 1/2 W 2677/62: WM 1964, 646 mit Anm. der Schriftleitung. Aus den Gründen: „Nach § 1 I AuslWBG sind Auslandsbonds im Sinne dieses Gesetzes Wertpapiere der in der Anlage zum Gesetz aufgeführten Art. Im Abschnitt B des Verzeichnisses der Auslandsbonds sind Schuldverschreibungen der Konversionskasse f ü r deutsche Auslandsschulden aufgeführt und hierunter zu Nummer 11 und 12 3°/oige Schuldverschreibungen Alte und Neue Ausgabe vom 1. 7. 1936 und vom 1. 6. 1937. Die angemeldeten Teilgutscheine stimmen in Währung, Zinssatz und Ausgabetag mit den Schuldverschreibungen der in Abschnitt B unter Nr. 11 des Verzeichnisses aufgeführten Art überein. Ebenso wie diese Schuldverschreibungen sind die als Teilgutscheine bezeichneten Wertpapiere der Konversionskasse Urkunden, in denen dem Inhaber der Urkunde die Zahlung eines bestimmten Betrages und eine bestimmte Verzinsung versprochen wird. Beide Arten sind Schuldverschreibungen auf den Inhaber nach § 793 I Satz 1 BGB. Die angemeldeten Teilgutscheine unterscheiden sich von den Schuldverschreibungen nur dadurch, daß die Teilgutscheine über niedrigere Beträge, 10 $ und 20 $, ausgestellt worden sind als die Schuldverschreibungen, die über runde Summen von 100 $ und dem Mehrfachen davon lauten. Mehrere Teilgutscheine konnten jedoch gegen Schuldverschreibungen umgetauscht werden. Angesichts der weitgehenden Ubereinstimmung zwischen Schuldverschreibungen und Teilgutscheinen liegt der vom Beschwf. gezogene Schluß nahe, daß die angemeldeten Teilgutscheine ihrer rechtlichen Natur nach den in dem Verzeichnis der Auslandsbonds aufgeführten Schuldverschreibungen gleichstehen. Eine Prüfung der Bereinigungsgesetzgebung und der Gesetzesmaterialien ergibt jedoch, daß Teilgutscheine nicht zu den auf aus-
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ländische Währung lautenden Schuldverschreibungen der Konversionskasse im Sinne des AuslWBG gehören. Die in dem Verzeichnis der Auslandsbonds verwendeten Bezeichnungen der bereinigungsfähigen Wertpapiere geben nicht die Rechtsnatur des verbrieften Anspruchs, sondern den Namen der Wertpapierart wieder. Dies zeigen Bezeichnungen wie Goldschuldverschreibungen, Sterling-Schuldverschreibungen, Franken-Schuldverschreibungen (die Währung ist noch besonders angegeben), Teilschuldverschreibungen (Obligationen), Obligationen, Obligation I, Verpflichtungsscheine, Zinstilgungsscheine, Sterlingbonds, Inhaberteilschuldverschreibungen, Serial Gold Bonds, Ten Year Gold Loan usw. Hierzu heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 1 des Gesetzes, daß im Interesse einer eindeutigen Unterrichtung der Öffentlichkeit die dem Gesetz unterliegenden Wertpapierarten namentlich aufgeführt werden (BT-Drucks. 3584 I. Wahlperiode). Daß der Gesetzgeber keine Wertpapiergruppen, sondern genau bestimmte einzelne Wertpapierausgaben erfassen wollte, lassen ferner die 12. DVO vom 11. 8. 1956 zum AuslWBG, die getrennte Zinsscheine in die Bereinigung einbezieht (BGBl. 1956 I 742), und das Gesetz zur Bereinigung der auf Reichsmark lautenden Wertpapiere der Konversionskasse vom 5. 3. 1955 (BGBl. I 86; GVB1. 169) erkennen, das in § 6 neben Schuldverschreibungen Schuldscheine (Scrips) und Teilgutscheine gesondert aufführt. Der Grund für dieses Vorgehen des Gesetzgebers läßt sich der Begründung zum AuslWBG entnehmen. Es sollten nur Wertpapiere in das Gesetz aufgenommen werden, für deren Bereinigung ein Bedürfnis festgestellt worden war (Drucks. 3584 aaO). Hierzu findet sich eine Erläuterung in einem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 10. 9. 1952 (WM 1952, 663). Dort wird ausgeführt, daß von einer Aufnahme von Wertpapieren auch dann abgesehen worden sei, wenn sich die Durchführung des Bereinigungsverfahrens wirtschaftlich nicht verantworten ließe, weil ein ausgesprochenes Mißverhältnis zwischen den Kosten der Bereinigung und dem möglicherweise zu erwartenden Nutzen für Aussteller und Gläubiger bestehe. Um Wertpapiere noch berücksichtigen zu können, für deren Bereinigung sich das Bedürfnis später zeigte, wurde die Möglichkeit einer Ergänzung des Verzeichnisses durch Rechtsverordnung innerhalb von zwei Jahren vorgesehen (§ 1 II AuslWBG). Das Verzeichnis der bereinigungsfähigen Wertpapiere ist ferner in zwei Durchführungsverordnungen vom 21. 2. 1953 und vom 27. 8. 1954 (BGBl. 1953 I 31 und 1954 I 267) erweitert worden, ohne daß Teilgutscheine berücksichtigt worden sind. Der Gesetzgeber hat schließlich auch die Gelegenheit, das Verzeichnis im Zusammenhang mit dem AuslandsbondsEntschädigungsgesetz vom 10. 3. 1960 (BGBl. I 177; GVB1. Berlin 420) zu ergänzen, nicht wahrgenommen. Wollte man nunmehr das Bereinigungsverfahren im Wege der Auslegung auf Wertpapiere erstrecken, die nach ihren sachlich rechtlichen Merkmalen den Wertpapieren des gesetzlichen Verzeichnisses gleichstehen, so liefe dies dem mit dem gesetzlichen Verzeichnis verfolgten Zweck zuwider.
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Für die angemeldeten Teilgutscheine kann daher ein Feststellungsverfahren nach § 4 AuslWBG nicht durchgeführt werden." 211. Es ist daran festzuhalten, daß nur solche Wertpapierausgaben den Vorschriften des Auslandsbondsbereinigungsgesetzes unterliegen, die in dem Verzeichnis zu§ 1 AuslWBG namentlich bezeichnet sind. Der Ausschluß der auf ausländische Währung lautenden Teilgutscheine der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden verstößt nicht gegen das Grundgesetz oder die Verfassung von Berlin. KG, Beschl. vom 21. 9. 1964 - 1 W 1157/64: WM 1964, 1278 mit Anm. der Schriftleitung. Aus den Gründen: „Der Senat hält nach Überprüfung an seiner Entscheidung fest, daß nur solche Wertpapierausgaben den Vorschriften des AuslWBG unterliegen, die in dem Verzeichnis zu § 1 AuslWBG namentlich bezeichnet sind. Eine Übereinstimmung der angemeldeten Wertpapiere mit einer in dem Verzeichnis beschriebenen Wertpapierausgabe in Rechtscharakter, Währung, Begebungsland, Ausgabetag und Verzinsung reicht nicht aus. Für diese Gesetzesauslegung wird auf die Gründe des Beschlusses vom 23. 3. 1964 Bezug genommen (WM 1964, 646) K Die gegen diese Auslegung unter Berufung auf das Grundgesetz und die Verfassung von Berlin erhobenen Angriffe der Beschwf. greifen nicht durch. Zutreffend geht die Beschwerdebegründung davon aus, daß Gesetze im Rahmen der rechtlich möglichen Auslegung im Einklang mit der Verfassung ausgelegt werden müssen (vgl. BVerfG, NJW 1964, 1219, 1221 und 1563, 1564). Wenn sich allerdings ein Widerspruch zwischen dem Gesetz und der Verfassung durch Auslegung nicht beseitigen läßt, kann die Anmeldung auch nicht zum Erfolg führen, da das Gericht das Gesetz nicht ergänzen darf (BVerfGE 3, 19, 29). Wortlaut und Fassung des Auslandsbondsbereinigungsgesetzes sowie seine Entstehungsgeschichte sprechen zwar gegen eine Einbeziehung der angemeldeten Teilgutscheine. Eine Auslegung dahin, daß die Teilgutscheine unter das Gesetz fallen, die in allen wesentlichen Merkmalen mit den aufgeführten Wertpapierausgaben übereinstimmen, ist jedoch nicht unmöglich. Der Ausschluß der Teilgutscheine von der Regelung des AuslWBG verstößt jedoch nicht gegen das Grundgesetz oder die Verfassung von Berlin. 1. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG, auf den sich die Beschwf. in erster Linie beruft, verbietet dem Gesetzgeber, willkürlich unterschiedliche Regelungen zu treffen. Für die ungleiche Behandlung muß sich ein sachlich einleuchtender Grund, ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender Anlaß finden. Gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung 1
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Siehe oben Nr. 210. IPR 1964/65
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wird durch eine tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in bezug auf den zu ordnenden Gegenstand der Gesetzgebung verstoßen (ständige Rechtsprechung des BVerfG vgl. BVerfGE 1, 14, 52; 4, 7 und 144, 155; 15, 126, 150ff„ 313, 319, 320, 337, 343). Daß f ü r die Beschränkung des AuslWBG auf die namentlich angeführten Wertpapierausgaben ein in der Natur der Sache wurzelnder Grund gegeben ist, läßt die Begründung des Regierungsentwurfs erkennen (BT-Drucks. 1. Wahlperiode Nr. 3584 S. 12). Die Bereinigung der auf ausländische Währung lautenden Deutschen Schuldverschreibungen war wegen der tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten, die bei diesen Wertpapieren bestehen, nicht in die allgemeine Wertpapierbereinigung aufgenommen, sondern einem eigenen Gesetz vorbehalten worden. Es bestanden Zweifel an der Wirksamkeit einer in Deutschland durchgeführten Bereinigung auch f ü r das Ausland, weil sich die Schuldner bei der Ausstellung weitgehend ausländischem Recht und ausländischer Gerichtsbarkeit unterworfen hatten. Darum sind zunächst Besprechungen mit den Vertretern der Gläubigerländer geführt worden, und ihr Ergebnis ist das Gesetz. Zugleich waren zur Ergänzung des Gesetzes zweiseitige Abkommen in Aussicht genommen worden. Die hieraus zu ersehende Abhängigkeit der gesetzlichen Regelung von dem Einverständnis der Vertreter anderer Staaten ist ein sachlich einleuchtender Grund f ü r die Beschränkung der gesetzlichen Regelung auf bestimmte Wertpapierausgaben. Eine Bereinigung n u r allgemein gekennzeichneter Wertpapiere konnte dazu führen, daß die Anwendung des Gesetzes von den in den Verhandlungen mit den Gläubigerländern gewonnenen Ergebnissen abwich. Es war zwar denkbar, daß gerade die Vertreter der Gläubigerländer später noch eine Erweiterung der Bereinigung wünschten. Dem trug das Gesetz ohne Beeinträchtigung der Gewißheit über die zu bereinigenden Wertpapierausgaben dadurch Rechnung, daß es in § 1 II eine Ergänzung des Verzeichnisses durch Rechtsverordnung innerhalb von zwei Jahren zuließ. Die Bereinigung ließ sich auch nicht von der Auslandsbeziehung lösen. Denn eine Bereinigung ohne die ausländischen Gläubiger, also nur f ü r deutsche Gläubiger, hätte das Ziel jeder Wertpapierbereinigung, die Klärung der bestehenden Rechte und Verbindlichkeiten, verfehlt. Sachlich rechtfertigen läßt es sich ferner auch, bei der Feststellung des Kreises der bereinigungsfähigen Wertpapiere den Aufwand zu berücksichtigen, den die Bereinigung erfordern würde, und bei einem ausgesprochenen Mißverhältnis zwischen diesem Aufwand und dem Nutzen der Bereinigung f ü r Aussteller und Gläubiger auf eine Bereinigung zu verzichten. Der Staat kann nicht ohne jede Beachtung des Verhältnisses von Aufwand und Erfolg tätig werden, und die Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes liegt innerhalb des weiten Ermessensspielraumes, den das Grundgesetz dem Gesetzgeber einräumt (vgl. BVerfGE 4, 7). Eine Überschreitung oder ein Mißbrauch dieses Ermessensspielraums liegt hier nicht vor. Die Wertpapierbereinigung ist auch nicht n u r zur Wiederherstellung der Rechte des einzelnen Wertpapiereigen-
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tümers und im Interesse der Gesellschaften, deren Mitgliedsrechte in den Wertpapieren verbrieft waren, eingeleitet worden. Sie sollte gleichermaßen helfen, den Lastenausgleich möglichst gerecht durchzuführen und Steuerausfällen entgegenzuwirken, sowie im Interesse des Wirtschaftslebens die Ordnung des Wertpapierwesens wiederherstellen (Amtl. Begründung, abgedruckt bei Eichhorn, Handbuch f ü r die Wertpapierbereinigung, 252). Bei der Beurteilung der f ü r die Regelung im Auslandsbondsbereinigungsgesetz maßgebenden Gesichtspunkte kann daher nicht ausschließlich oder in erster Linie auf die Rechte des einzelnen Wertpapiereigentümers gesehen werden. 2. Die gesetzliche Regelung greift nicht in das Eigentum der Beschwf. ein. § 50 AuslWBG erklärt nur die Auslandsbonds f ü r kraftlos, die nach dem Gesetz angemeldet werden können (der Sonderfall des § 6 AuslWBG kann hier außer Betracht bleiben). Die Gültigkeit anderer Auslandsbonds bleibt unberührt (vgl. BT-Drucks. 1. Wahlperiode Nr. 3584 S. 14 unter D zu § 1). Die Gewährleistung des Eigentums durch die Verfassung schließt nicht den Anspruch ein, daß der Gesetzgeber dem Eigentümer bei Schwierigkeiten, sein Recht zu beweisen, zu Hilfe kommt. Im übrigen stellen die allgemeinen Gesetze im Falle des Verlusts von Urkunden ein Aufgebotsverfahren zur Verfügung, mit dessen Hilfe der Inhaber der Urkunde seine volle Rechtsstellung wiedererlangen kann. F ü r das Aufgebot von Inhaberschuldverschreibungen gelten die §§ 1004 ff. ZPO. Die Beschwf. hat nicht dargetan und es ist auch nicht offensichtlich, daß sie f ü r die angemeldeten Teilgutscheine ein Aufgebotsverfahren nicht einleiten kann." 2 1 2 . §31 Nr. 2 Allgemeines Kriegsfolgengesetz schließt auch Anspräche derjenigen juristischen Personen mit Sitz im Sudetenland von der Ablösung aus, die vor dem Jahre 1919 nach österreichischem Recht gegründet worden sind und in der Folgezeit nach tschechoslowakischem Recht weiterbestanden haben. KG, Beschl. vom 13. 9. 1965 - 1 W K F 1322/65: WM 1965,1297. Aus den Gründen: „§ 31 Nr. 2 AKG schließt Ansprüche aus der 41/!%>igen Anleihe des Deutschen Reiches von 1939, 2. Ausgabe, von der Ablösung aus, soweit sie am 8. 5. 1945 der tschechoslowakischen Republik, tschechoslowakischen Staatsangehörigen oder juristischen Personen zugestanden haben, die nach tschechoslowakischem oder deutschem Recht errichtet worden sind und am 8. 5. 1945 ihre Hauptniederlassung in der tschechoslowakischen Republik gehabt haben. Die angemeldeten Schuldverschreibungen gehören zu der bezeichneten Anleihe. Entgegen der Meinung des Anmelders und in Übereinstimmung mit der Prüf stelle muß davon ausgegangen werden, daß der Anmelder von der Ablösung ausgeschlossen wäre, sofern er am 8. 5. 1945 Gläubiger der Forderung gegen das Deutsche Reich gewesen ist. Das Gesetz spricht zwar aus41 *
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drücklich nur von dem tschechoslowakischen und von dem deutschen Recht als Recht des Errichtungsstatuts, das ebenso wie im LSchA und abweichend von der herrschenden Meinung im deutschen I P R als Anknüpfungstatsache für die Zurechnung einer juristischen Person zu einem bestimmten Staatsgebiet gewählt worden ist. Wenn man den Begriff der Rechtsordnung, nach der eine juristische Person errichtet worden ist, rein historisch verstehen wollte, würde allerdings der Ausschluß nur juristische Personen betreffen, die zwischen 1919 und 1938 während der Geltung des tschechoslowakischen Rechts und zwischen 1938 und 1945 während der Geltung des deutschen Rechts neu gegründet worden sind. Eine rein historische Auslegung wird jedoch dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht gerecht. Die Ablösungsansprüche aus dieser Reichsanleihe wurden ausgeschlossen, weil die Schuldverschreibungen seinerzeit im Umtausch gegen Staatspapiere der CSR ausgegeben worden sind und die Bundesrepublik gegenüber den bezeichneten Gläubigergruppen nicht f ü r eine Schuld der tschechoslowakischen Republik einstehen wollte, was das wirtschaftliche Ergebnis einer Anerkennung dieser Ansprüche gewesen wäre (BT-Drucks. 2. Wahlperiode Nr. 1659 S. 13, 66). Juristische Personen sollen dem tschechoslowakischen Staatsgebiet zugerechnet werden, wenn ihre Rechtspersönlichkeit dem dort geltenden Recht entspringt und sie ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt im Gebiet der CSR gehabt haben. Das letztere Erfordernis ist mit dem Begriff der Hauptniederlassung, die erste Voraussetzung mit dem Recht der Errichtung ausgedrückt. Von Bedeutung kann daher nicht allein das Recht sein, nach dem eine juristische Person einmal gegründet worden ist. Wesentlich ist auch das Retíht, nach dem die juristische Person weiterlebt, dem sie also ihr Fortleben verdankte. Dies w a r f ü r die nach österreichischem Recht errichteten juristischen Personen nach der Gründung der CSR das tschechoslowakische Recht. Denn nur als solches konnte das österreichische Recht fortgelten. Die von dem Anmelder vertretene Auslegung des Gesetzes hätte dagegen die Folge, daß die Ansprüche der vor dem Jahre 1919 gegründeten juristischen Personen bedient [werden], dagegen nicht die Ansprüche der juristischen Personen, die während der Zugehörigkeit des Sudetenlandes zu Deutschland entstanden sind. Für diese Unterscheidung ist kein Grund ersichtlich. Eher hätte eine Bevorzugung der juristischen Personen in Betracht gezogen werden können, die unter der Geltung des deutschen Rechts errichtet worden sind."
8. Deutsche Auslandsschulden Siehe auch Nr. 193, 198, 200, 201, 201A 2 1 3 . Zur Reichweite des im ungarischen Friedensvertrag chenen Verzichts auf Forderungen Ungarns und ungarischer höriger gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige.
ausgesproStaatsange-
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KG, Beschl. vom 1. 2. 1965 - 1 W Umw. 892/64: OLGZ 1965, 207; WM 1965, 296 mit Anm. der Schriftleitung. Die ASt. beanspruchen als Gläubiger die Umstellung eines Uraltguthabens bei der A.-Bank. Das Guthaben ist auf einem Kontokorrentkonto, das f ü r die F.Fabrik AG in Budapest geführt wird, verbucht. Der Kontokorrentverkehr ruht seit dem 21. 4. 1945, als die Bank ihre Tätigkeit einstellte. Die F.-Fabrik AG ist a m 19. 6. 1941 als Aktiengesellschaft des ungarischen Rechts mit dem Sitz in Budapest gegründet worden. Sämtliche Aktien gehörten der im J a h r e 1923 gegründeten B.AG gleichfalls in Budapest, deren Aktien die ASt. in Händen hatten. Im Jahre 1944 wurden die ASt. gezwungen, die Verwaltung ihres ungarischen Vermögens f ü r 25 J a h r e der SS zu überlassen. D a f ü r wurde ihnen die Ausreise in das neutrale Ausland gestattet. Am 14. 6. 1944 hielten sie in P. bei Wien eine Generalversammlung der B.AG ab, in der sie unter anderem beschlossen, daß die B.AG die Aktien der F.-Fabrik AG zu gleichen Teilen auf ihre Aktionäre, die ASt., übertrage. In einer am selben Tag abgehaltenen Generalversammlung der F.-Fabrik AG beschlossen die ASt. alsdann als Aktionäre der F.-Fabrik AG, daß das außerhalb Ungarns belegene Vermögen dieser Gesellschaft als separate Ausschüttung zu gleichen Teilen auf die Aktionäre übertragen werde. In einer weiteren Generalversammlung der F.-Fabrik AG am 7. 4. 1946 in Portugal wiederholten die ASt. im Hinblick auf den Abtransport von Maschinen und Rohstoffen nach Österreich, Deutschland oder der Tschechoslowakei in den letzten Kriegsmonaten den Beschluß, das Auslandsvermögen als Sonderdividende an die Aktionäre auszuschütten. Die ASt. kehrten nicht nach Ungarn zurück. Die Geschäftsführung der F.Fabrik AG wie auch anderer ungarischer Gesellschaften der ASt. wurde den Gesellschaftsorganen und den Aktionären durch einen Erlaß der ungarischen Regierung mit Wirkung vom 1. 12.1946 entzogen. Auf Grund des § 3 des Gesetzes XXV vom 8. 5. 1948 enteignete der ungarische Staat die Aktien der F.-Fabrik AG. F ü r das Vermögen der F.-Fabrik AG in der Bundesrepublik bestellte das AG Augsburg einen Abwickler. Der Abwickler hat in seiner Eigenschaft als Liquidator und als Bevollmächtigter der ASt. und der Direktion der F.-Fabrik AG, n u n m e h r in Augsburg u n d New York, das bei der A.-Bank bestehende Guthaben auf Grund des UEG angemeldet. Durch eine E r k l ä r u n g vom 20. 3. 1959 hat er den Umstellungsanspruch der Gesellschaft an die ASt. abgetreten. Die A.-Bank h a t die Umwandlung abgelehnt. Die Beschwf. haben gerichtliche Entscheidung beantragt. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen haben die ASt. sofortige Beschwerde eingelegt.
Aus den Gründen: „Die Umwandlung des Reichsmarkguthabens nach § 1 I UEG vom 21. 9. 1953 (BGBl. I 1439) zugunsten der Beschwf. hat zur Voraussetzung, daß die Beschwf. die Forderung gegen die A.-Bank geltend machen können. Das ist nicht der Fall, weil auf die Forderung aus dem Guthaben, mag sie der F.-Fabrik AG oder den Beschwf. zugestanden haben, in Art. 30 IV des ungarischen Friedensvertrages verzichtet worden ist. Art. 30 IV bestimmt: .Unbeschadet dieser und anderer Verfügungen der Besatzungsmächte in Deutschland zugunsten Ungarns und ungarischer Staatsangehöriger verzichtet Ungarn f ü r sich selbst sowie f ü r ungarische Staatsangehörige auf alle Forderungen gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige, die a m 8. 5. 1945 ausstanden, mit Ausnahme der Forderungen aus Verträgen und anderen eingegangenen Verbindlichkeiten und aus erworbenen Rechten aus der Zeit vor
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dem 1. September 1939. Dieser Verzicht ist so zu verstehen, daß er Schulden, alle zwischenstaatlichen Forderungen aus Abmachungen, die im Verlauf des Krieges vereinbart wurden, sowie alle Forderungen aus Verlusten oder Schäden, die während des Krieges entstanden sind, einschließt.'
(Vgl. Menzel, Die Friedensverträge von 1947, in: Quellen für Politik und Völkerrecht I, 1948). I. Der Verzicht Ungarns bedurfte zu seiner Wirksamkeit nach dem Völkerrecht nicht der Mitwirkung des Schuldners (Menzel, Die Forderungsverzichtsklausel gegenüber Deutschland in den Friedensverträgen von 1947, Rechtsgutachten, 1955, in Veröffentlichungen der Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches Recht der Universität Hamburg, 29 f., 34, 40; Dahm, Völkerrecht, I 523 f.; McNair, Legal Effects of War, Cambridge 1948, 391). Daher kann es dahingestellt bleiben, ob Frankreich, Großbritannien, die UdSSR und die Vereinigten Staaten bei der Vereinbarung des Verzichts zugleich als Besatzungsmächte und Inhaber der Obersten Staatsgewalt in Deutschland gehandelt haben. Außerdem hat die Bundesrepublik sich in Art. 5 IV des Abkommens vom 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden (BGBl. 1953 II 331; GVB1. Berlin 79) verpflichtet, die gegen Deutschland oder deutsche Staatsangehörige gerichteten Forderungen Ungarns und ungarischer Staatsangehöriger aus der Zeit zwischen dem 1. 9. 1939 und dem 8. 5. 1945 nach den Bestimmungen der einschlägigen Verträge zu behandeln. Diese Verpflichtung ist durch das Zustimmungsgesetz vom 21. 8. 1953 und die Veröffentlichung im BGBl, innerstaatliches Recht geworden, an das die Gerichte gebunden sind. Der Verzicht ist völkerrechtlich unabhängig davon gültig, ob das innerstaatliche Recht Ungarns einen Verzicht in dieser Form oder mit diesem Inhalt als Enteignung zuläßt (vgl. Geck, Die völkerrechtlichen Wirkungen verfassungswidriger Verträge, 1963, 37, 222). Die in dem Verzicht liegende Enteignung zieht ferner nicht notwendig die Beschränkung des Verzichts auf Vermögen nach sich, das in dem Gebiet des verzichtenden Staates belegen ist. Das Recht des Staates, über Privatrechte seiner Angehörigen zu verfügen, beruht auf der Personalhoheit des Staates über seine Staatsangehörigen. Demgemäß hängt dies Recht nicht von dem Aufenthaltsort der Staatsangehörigen oder der Belegenheit des Vermögens ab (BGH, RzW 1960, 553, 555 ferner BGHZ 19, 258 2 ). Demgegenüber wird allerdings die Meinung vertreten, daß der Staat nicht für außerhalb seines Gebiets ansässige Staatsangehörige verzichten könne, da seine Gesetze nur innerhalb des Landes gelten und er sich zur Durchsetzung eines Verzichts wirksam nur gegenüber im Lande wohnenden Staatsangehörigen verpflichten könne (Gurski, BB 1954, 901, 911). Bei dieser Begründung wird verkannt, daß es nicht um die Frage der Geltung staatlicher Gesetze und die faktische Möglichkeit geht, den Gesetzen Gehorsam zu verschaffen, sondern um die rechtliche Möglichkeit des Staates, im Völkerrecht mit verbindlicher Wirkung für seine Staatsangehörigen Verträge über deren Privatrechte zu schließen. Diese Befugnis ist ein Aus1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 61.
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 73.
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fluß der Personalhoheit und wirkt kraft dieses zwischen Staat und Staatsangehörigen bestehenden Rechtsbandes. Soweit sich der Verzicht auf Vermögen im Ausland bezieht, kann möglicherweise derjenige Staat, in dessen Gebiet sich das Vermögen befindet, der durch den Verzicht vorgenommenen Enteignung die Anerkennung versagen. Insofern mögen der Verwirklichung des Verzichts durch die Souveränität dritter Staaten Grenzen gesetzt sein. F ü r die Bundesrepublik ist aber der von Ungarn erklärte Verzicht jedenfalls durch das LSchA verbindlich geworden, und die Verbindlichkeit schließt die Anerkennung seiner Wirkungen für das Gebiet der Bundesrepublik ein (vgl. KG, N J W 1961, 1313 8 ). Die Unabhängigkeit der Rechtswirksamkeit des Verzichts im Völkerrecht von dem Geltungsbereich staatlicher Gesetze spricht auch gegen die Annahme, der Verzicht habe nur in dem Umfang erklärt werden sollen und sei nur mit der Wirkung entgegengenommen worden, die die mit dem Verzicht verbundene Enteignung haben könne. Da mit der Verzichtsklausel jedenfalls auch der Zweck verfolgt wurde, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands ungemindert durch Ansprüche der mit Deutschland zeitweise vereinigten oder verbündeten Staaten für die Forderungen der alliierten Mächte zu erhalten (BGHZ 19, 258, 2 6 5 2 ; Gtfrski, Außenwirtschaftsrecht, Das Abkommen über deutsche Auslandsschulden, 2. Aufl., Art. 5 Randn. 34), mußte der Verzicht so weit reichen, wie dies rechtlich möglich war. Ein von vornherein territorial begrenzter Verzicht hätte eine Einbeziehung ausländischer Forderungen ausgeschlossen. W a r der Verzicht dagegen umfassend, so konnte er sich durch die Anerkennung des Staates, in dem die Forderung belegen war, auch auf dieses Vermögen erstrecken. Vor allem aber würde eine Herausnahme des nicht in Ungarn befindlichen Vermögens den Verzicht seines wesentlichen Inhalts berauben. Denn Forderungen, auf die sich der Verzicht vornehmlich bezieht, sind nach der herrschenden öffentlich-rechtlichen Theorie (vgl. BGHZ 31, 367, 3 7 0 - 3 7 4 4 ; Kegel, IPR, 2. Aufl., 404) am Wohnsitz des Schuldners belegen, sofern nicht besondere Umstände, wie etwa eine hypothekarische Sicherung, hinzutreten. Die territoriale Beschränkung würde also bedeuten, daß gerade Forderungen gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige von dem Verzicht ausgenommen wären. Diese Folge nötigt zu dem Schluß, daß der Verzicht die in Deutschland belegenen Forderungen umfaßt (Entscheidung der Vereinigten Zivilsenate des italienischen Kassationshofs vom 2. 2. 1953, mitgeteilt B B 1954, 148; BGHZ 16, 207«; 19, 2 5 8 2 ) . Ob die Ansicht von Gurski zutrifft, daß Forderungen gegen deutsche Schuldner außerhalb des Währungsgebietes der DM (West) nicht unter den Verzicht fallen (aaO Randn. 36), bedarf keiner Entscheidung. Denn der Schuldner hat seinen Sitz in diesem Währungsgebiet. Die Beschwerde will eine Nichtgeltung des Verzichts für ungarische Staatsangehörige mit Wohnsitz außerhalb Ungarns aus Art. 84 Buchst, b 3 5
IPRspr. 1960-1961 Nr. 69. IPRspr. 1954-1955 Nr. 72.
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IzRspr. 1958-1959 Nr. 136.
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des deutsch-österreichischen Vermögensvertrages (BGBl. 1958 II 129) herleiten. Diese Bestimmung schreibt vor, daß Art. 22 des österreichischen Staatsvertrages nicht auf deutsche Staatsangehörige Anwendung findet, die außerhalb Deutschlands und Österreichs leben. Da die Bundesrepublik und Österreich zu einer Änderung des von den Alliierten mit Österreich geschlossenen Staatsvertrages nicht berechtigt gewesen seien, meint die Beschwerde, daß diese Vorschrift des Vermögensvertrages als Auslegung des Art. 22 des Staatsvertrages betrachtet werden müsse. Der Begriff der Staatsangehörigkeit sei aber in Art. 23 des Staatsvertrages ebenso zu verstehen, und Art. 23 enthalte den gleichen Verzicht auf die Rechte österreichischer Staatsangehöriger wie Art. 30 IV des ungarischen Friedensvertrages. Hierbei wird übersehen, daß der Vermögensvertrag in Art. 85 für den Verzicht gerade keine Ausnahme zugunsten österreichischer Staatsangehöriger im Ausland macht und daß außerdem die Verzichtsklausel des österreichischen Staatsvertrages sich grundlegend von der Verzichtsklausel im ungarischen Friedensvertrag unterscheidet (vgl. Gurski, Abkommen aaO Randn. 34). In Art. 23 III des Staatsvertrages (abgedruckt bei Gurski, Randn. 4 1 b ) heißt es, daß Österreich verzichtet „unbeschadet der Gültigkeit bereits getroffener Regelungen". Eine solche Regelung war in Art. 5 IV des - früher in Kraft getretenen - LSchA getroffen worden. Die dort vereinbarte Behandlung der Forderung verbündeter oder eingegliederter Staaten gemäß den Bestimmungen der einschlägigen Verträge steht unter dem Vorbehalt, daß die einschlägigen Verträge eine Regelung der Forderungen zulassen oder künftig zulassen werden. Die Zulässigkeit einer solchen Regelung wird dem österreichischen Staatsvertrag entnommen (Gurski aaO Randn. 41 b, 3). Die abweichende Regelung im deutschösterreichischen Vermögensvertrag beruht demnach auf einem Vorbehalt im österreichischen Staatsvertrag, der in dem ungarischen Friedensvertrag fehlt. Der Vermögensvertrag stellt sich nicht als Auslegung, sondern als selbständige Regelung dar. Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich des ungarischen Friedensvertrages können deshalb aus der Regelung im Verhältnis zu Österreich nicht gezogen werden. II. Der Verzicht ergreift auch die vorliegende Forderung. 1. Eine Verfügung der Besatzungsmächte zugunsten Ungarns oder ungarischer Staatsangehöriger, die nach den Eingangsworten des Art. 30 IV von dem Verzicht nicht berührt wird, ist weder allgemein für Vermögenswerte der in Rede stehenden Art noch im besonderen für das angemeldete Guthaben getroffen worden. Das UEG regelt die Umwandlung bestehender Reichsmarkguthaben in Neugeldguthaben in Deutscher Mark. Das Gesetz setzt mithin den Bestand der Forderung voraus. Seine Vorschriften enthalten keine Anordnungen über die Forderung zugunsten der Gläubiger. Ferner kann das UEG auch als Teil der Währungsgesetzgebung, die von den Besatzungsmächten begonnen worden ist, nicht zu den Verfügungen der Besatzungsmächte im Sinne des Friedensvertrages gerechnet werden. Denn ein Gesetz kann nur dann als Verfügung der Besatzungsmächte angesehen werden, wenn das Gesetz seine bindende und verpflichtende Kraft
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aus der Besatzungsgewalt herleitet (BGH, RzW 1960, 553, 556 *). Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen durch neues Bundesrecht gewährte Ansprüche dem einzelnen Ausländer trotz des Verzichts Forderungen verschaffen können (vgl. Granow, AöR 77 [1951/52] 67, 78), stellt sich hier nicht, weil das UEG keine neuen Forderungen begründet. 2. Auf die zeitliche Begrenzung des Forderungsverzichts braucht nicht eingegangen zu werden, da die von den Beschwf. beanspruchte Forderung erst nach dem 1. 9. 1939, aber vor dem 8. 5. 1945 entstanden ist. 3. Neben der zeitlichen wird abweichend von der angeführten Rechtsprechung des italienischen Kassationshofs und des BGH eine inhaltliche Begrenzung des Verzichts auf Ansprüche angenommen, die auf während des Krieges entstandenen Verlusten und Schäden beruhen. Durch den Verzicht sollen nach dieser Meinung nur Schäden durch Kriegshandlungen, Besatzungsmaßnahmen irgendwelcher Art oder wirtschaftspolitische Anordnungen des besetzenden Staates in seiner Eigenschaft als Kriegsgegner und Feindstaat erfaßt werden (so KG, RzW 1960, 143« und 1960, 18 7 zur gleichlautenden Verzichtsklausel des rumänischen Friedensvertrages mit zust. Anm. von Schule). Dieser Auslegung kann der Senat nicht folgen. Zunächst ist die im zweiten Satz des Art. 30 IV enthaltene Aufzählung von Forderungsgruppen nicht erschöpfend. Der amtliche englische Text beginnt im zweiten Satz des Art. 30 IV mit den Worten: „This waiver shall be deemed to include". To include heißt, etwas als Teil eines Ganzen erfassen (Oxford Dictionary of Current English, 1951), etwas in sich einschließen (Muret-Sander, Englisch-Deutsch, 1962), daß insbesondere auch die namentlich genannten Gegenstände gemeint sind (Black, Law-Dictionary, 4. Aufl.). Gemeint ist also, daß der Verzicht die genannten Forderungsgruppen einschließt, nicht, daß er sich nur auf diese Forderungen bezieht. Zum anderen sind nicht alle drei Forderungsgruppen, sondern nur die zwischenstaatlichen Forderungen und die Forderungen aus während des Krieges entstandenen Verlusten und Schäden auf den Krieg bezogen, nicht die Schulden (,debts'). Der Text verknüpft die zweite und die dritte Gruppe jede für sich in besonderer Weise mit dem Krieg. Es ist daher nicht möglich, eine der beiden Arten von Beziehungen zu dem Krieg und zu kriegerischen Ereignissen mit der Gruppe der Schulden zu verbinden. In jedem Fall aber verbietet es der Zweck, der von den Siegerstaaten mit der Verzichtsklausel verfolgt wurde, Forderungen bestehen zu lassen, die mit Kriegslieferungen zusammenhängen, und hierzu gehört auch die angemeldete Forderung. 4. Die Meinungsverschiedenheiten über die Endgültigkeit des Verzichts (vgl. BGHZ 19, 2 5 8 2 ; Gurski, Abkommen aaO Randn. 34; Wilmanns, B B 1955, 821; Herrn, B B 1955, 1115) sind für die Entscheidung über die Umstellung des Guthabens ohne Bedeutung. Denn das UEG kennt keine Umstellung ohne gegenwärtiges Verfügungsrecht des Gläubigers. Die Anerkennung der Umwandlungsfähigkeit führt nach § 29 UEG unmittelbar zur Gutschrift eines umgestellten Betrages in Deutscher Mark. Das Neugeld8
IPRspr. 1960-1961 Nr. 81 a.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 81 b.
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guthaben ist, sofern es sich um ein Sparguthaben gehandelt hat, mit gesetzlicher Kündigungsfrist, sonst nach § 29 II Satz 2 UEG als Sichteinlage zu führen. III. Schließlich hat das LG ohne Rechtsirrtum die persönlichen Voraussetzungen des Verzichts f ü r gegeben gehalten . 1. Sofern die Forderung noch der F.-Fabrik AG zugestanden hat, als der Friedensvertrag in Kraft trat, erfaßte der Verzicht Ansprüche der Aktiengesellschaft, da die Hauptverwaltung der Gesellschaft ihren Sitz in Ungarn hatte und sie nach ungarischem Recht errichtet worden war. Damit liegen sowohl der nach deutschem IPR f ü r das anzuwendende Recht maßgebende Umstand, der Sitz der Verwaltung (Kegel, IPR, 205, 206; Palandt-Lauterbach, BGB, 24. Aufl., Art. lOEGBGBErl. 2), als auch der nach Art. 3 Buchst, j LSchA vereinbarte Anknüpfungspunkt, das Errichtungsstatut, in Ungarn. Die F.-Fabrik AG ist erst nach dem Inkrafttreten des Friedensvertrages enteignet worden, so daß ein daraus etwa folgender Verlust ihres Sitzes in Ungarn oder ein zweiter neuer Sitz der Spaltgesellschaft in Deutschland (BGHZ 33, 195 = WM 1960, 1272 8 ; BGHZ 38, 36 = WM 1962, 1257») erst nach dem Verzicht eingetreten oder entstanden sein könnte. Die Entziehung der Verwaltungs- und Geschäftsführung durch den ungarischen Staat im Jahre 1946 stellt noch keine Enteignung dar. Denn das Vermögen oder die Mitgliedschaftsrechte sind dadurch noch nicht weggenommen worden. Die einer Beschlagnahme ähnliche Übernahme der Gesellschaftsleitung durch den Staat wirkte zwar nur innerhalb Ungarns. F ü r das ausländische Vermögen einschließlich des Vermögens in Deutschland behielten die Gesellschaftsorgane ihre Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis (Soergel-Kegel, BGB, 9. Aufl., vor Art. 7 Randn. 451; BGH, N J W 1955, 1151 10 ; vgl. auch BGH, N J W 1960, 7 7 4 " ) . Die von dem BGH entwickelten Grundsätze über die sogenannte Spaltgesellschaft setzen voraus, daß die Gesellschaft im Staate ihres Sitzes infolge der Enteignung entweder untergegangen ist oder mit neuen Mitgliedern fortgesetzt wird. Diese Voraussetzung ist mit der Entziehung der Geschäftsführung noch nicht eingetreten, mag diese auch faktisch eine Vorstufe der Enteignung bilden. 2. Die Beschwf. selbst waren noch ungarische Staatsangehörige, als der ungarische Friedensvertrag in Kraft trat und der Forderungsverzicht wirksam wurde. Die Beschwf. meinen, daß ihr Staatsangehörigkeitsverhältnis zu dem ungarischen Staat nur noch der Form nach bestanden habe, da der ungarische Staat sie nicht vor den Verfolgungsmaßnahmen der SS geschützt habe und eine Rückkehr nach dem Kriege auf Grund der innenpolitischen Entwicklung unzumutbar gewesen sei. Daher habe Ungarn auch nicht mehr mit Wirkung f ü r sie verzichten können. Es mag sein, daß sich dem Völkerrecht der Rechtssatz entnehmen läßt, der Staat könne aus der Staatsangehörigkeit keine Rechte mehr herleiten, wenn er dem Staatsangehörigkeitsverhältnis durch sein Verhalten gegen8 10
IPRspr. 1960-1961 Nr. 76. IzRspr. 1954-1957 Nr. 215.
» IPRspr. 1962-1963 Nr. 58. 11 IPRspr. 1960-1961 Nr. 150.
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über den Staatsangehörigen die unabdingbare Grundlage entzieht. Die Rechtfertigung für diese Folgerung könnte darin gefunden werden, daß im Völkerrecht die Staatsangehörigkeit nicht als Zustand einer einseitigen Unterworfenheit des einzelnen unter eine Staatsgewalt, sondern als eine Beziehung gegenseitiger Rechte und Pflichten, ein Schutz- und Treueverhältnis betrachtet wird (Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs 1955, 4, 23; Heydte, Völkerrecht I, 1958, 256). Hieraus könnte geschlossen werden, daß ein Staat, von dem Staatsangehörige aus politischen Gründen irgendwelcher Art (einschließlich Gründen der Rasse) den Tod, längere Freiheitsberaubung oder Deportation zu gewärtigen haben, durch die Verleugnung seiner Pflichten aus dem Staatsangehörigkeitsverhältnis auch seine Rechte hieraus einbüßt (vgl. Schwarzenberger, International Law I, 3. Aufl., 377; Wengler in Festschrift für Schätzel, 1960, 545, 558; Dahm aaO). Dabei mag es keinen Unterschied bedeuten, ob der Staat selbst handelt oder seine Staatsangehörigen nicht vor dem Zugriff einer dritten Macht in Schutz nimmt. In einem solchen Fall könnte der Staat auch nicht auf Privatrechte der von ihm verfolgten oder preisgegebenen Staatsangehörigen verzichten. Der vorliegende Sachverhalt bildet jedoch keine hinreichende tatsächliche Grundlage für die Annahme, daß die ungarische Staatsangehörigkeit der Beschwf. aus solchen Gründen bereits bei Inkrafttreten des ungarischen Friedensvertrages materiell nicht mehr bestand. Die Gefahr, die ihnen von Verfolgungen durch deutsche Dienststellen in Ungarn oder durch Ungarn selbst gedroht hatte, war mit dem Abzug der deutschen Truppen und dem Wechsel der Regierungsform in Ungarn vorüber. Daß den Beschwf. anschließend in der Zeit bis zum Friedensvertrag bei einer Rückkehr nach Ungarn Tod, längere Haft oder Verschleppung gedroht habe, etwa weil die Beschwf. Inhaber großer Unternehmen waren, haben die Beschwf. nicht vorgetragen. Die politische Entwicklung in Ungarn bis zum Friedensvertrag bietet für eine solche Annahme keine zuverlässigen Anhaltspunkte. Die endgültige Machtergreifung durch den Kommunismus liegt später, und die staatlichen Enteignungsmaßnahmen richteten sich noch nicht gegen die Industrie. Im übrigen könnte die Sozialisierung der großen Unternehmen für sich genommen nicht als eine Verfolgungsmaßnahme gewertet werden, die die Staatsangehörigkeit berührt. Die Behandlung der ASt. als ungarische Staatsangehörige kann ferner nicht unter Berufung auf Art. 8 des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 19. 11. 1951 (BGBl. 1953 II 559; GVB1. Berlin 1954, 284) abgelehnt werden. Hiernach werden außergewöhnliche Maßnahmen, die gegen die Person, das Eigentum oder die Interessen der Staatsangehörigen eines bestimmten Landes ergriffen werden können, von den vertragschließenden Staaten auf einen Flüchtling, der formell ein Staatsangehöriger dieses Staates ist, allein wegen seiner Staatsangehörigkeit nicht angewendet. Zu Maßnahmen dieser Art kann der Verzicht im ungarischen Friedensvertrag nicht gerechnet werden. Denn er ist dem ungarischen Staat vor dem Abschluß der Flüchtlingskonvention sowie der
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Verkündung des Zustimmungsgesetzes auferlegt worden, und seine Anerkennung durch den Gläubigerstaat ist keine außergewöhnliche Maßnahme gegen den verzichtenden Staat und seine Staatsangehörigen. IV. Die Beschwf. weisen noch darauf hin, daß sie durch die Anwendung der Verzichtsklausel auf das angemeldete Guthaben schlechter gestellt würden, als wenn ihnen der nationalsozialistische Staat das Guthaben seinerzeit aus Gründen der Rasse entzogen hätte. Denn dann stünde ihnen jetzt ein Rückerstattungsanspruch zu. Daß die SS ihnen lediglich die Verwaltung ihres ungarischen Vermögens weggenommen habe, dürfe doch nicht zu einem Verlust führen, der nicht eingetreten wäre, wenn ihnen das Vermögen selbst entzogen worden wäre. Diese Erwägung kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn hierbei wird verkannt, daß die Entziehung der Verwaltung durch die SS mit deren Vertreibung aus Ungarn aufgehoben war. Es bedurfte keiner Verfügung irgendwelcher Art, also auch nicht im Sinne des Art. 30 I V des Friedensvertrages, um den Beschwf. im Verhältnis zu Deutschland die durch die SS entzogene Macht über ihr Vermögen zurückzugeben. Die Ablehnung der Umwandlung des Guthabens beruht nicht auf einem Entziehungsakt seitens Deutschlands, sondern ausschließlich auf einem Akt des ungarischen Staates (vgl. auch ORG Berlin, W M 1965, 25)." 2 1 4 . Nach Art. 5 IV Satz 2 des Londoner Schuldenabkommens müssen auch im Verhältnis österreichischer Gläubiger zu deutschen Schuldnern die Bestimmungen des Londoner Schuldenabkommens angewendet werden, soweit solche Schulden nach dem Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 geregelt werden können, soweit sie also nicht von dem Forderungsverzicht dieses Vertrages betroffen worden sind. Nach Art. 89 des deutsch-österreichischen Vermögensvertrages werden Zinsforderungen nur für die Zeit ab 1. Januar 1953 als noch bestehende Ansprüche anerkannt. Die Frage, in welcher Weise diese Forderungen zu erfüllen sind, ist dem Londoner Schuldenabkommen und seinen Anlagen und Ausführungsbestimmungen vorbehalten. Art. 32 II Anlage IV des Londoner Schuldenabkommens ist keine Sollvorschrift, sondern enthält eine bereits vollzogene Streichung der Zinsschuld für die angegebene Zeit. BGH, Urt. vom 4. 11. 1965 - I I ZR 169/63: W M 1965, 1287; A W D 1966, 140. Die Kl. hat ihren Sitz in Wiener Neustadt (Niederösterreich). Sie lieferte vor dem Zweiten Weltkrieg und während "desselben der Bekl., die ihren Sitz in Frankfurt (Main) hatte, Metallwaren. Bei Kriegsende bestand ein Saldo zugunsten der Kl. Über die Kl. wurde die öffentliche Verwaltung nach dem österreichischen Verwaltungsgesetz und am 31. 7. 1957 das Konkursverfahren eröffnet. Die Kl. hat den im Verhältnis 10 :1 umgestellten Betrag des Saldos nebst 4®/o Zinsen seit dem 1. 1. 1953 eingeklagt. Das vom LG eingeholte Gutachten des Schiedsgerichts des österreichisch-deutschen Vermögensvertrages vom 28. 11. 1961 (Zahl 27) betrachtete die Forderung als bereits geregelt im Sinne des Art. 22
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des österreichisch-deutschen Vertrages zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen vom 15.6.1957 (BGBl. 1958 II 129). Die Beklagte zahlte die Klagsumme nebst 4 % Zinsen seit dem 1. 1.1958. Beide Parteien erklärten die Hauptsache insoweit für erledigt. Die Kl. hat noch 4 % Zinsen für die Zeit vom 1.1. 1953 bis zum 31.12.1957, hilfsweise für die Zeit vom 1. 1.1945 bis 31.12. 1952, verlangt. Sie hat ferner beantragt, gegebenenfalls ein Gutachten des Schiedsgerichts über die Frage der Zinspflicht einzuholen und das Verfahren auszusetzen. Zur Begründung der Zinsforderung hat sie auf Art. 89 Vermögensvertrag verwiesen. Die Bekl. hat Klagabweisung beantragt. Sie hält Art. 32 II der Anlage IV LSchA für maßgeblich, nach dem Zinsen für die Zeit vom 1. 1.1953 bis zum 31. 12. 1957 nicht geschuldet werden sollen. Das LG hat die restliche Zinsforderung abgewiesen und die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Bekl. auferlegt. Das OLG hat der Berufung wegen der restlichen Zinsforderung stattgegeben und insoweit nach dem Hauptantrag erkannt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihren Antrag auf Abweisung dieses Teils der Klage weiter. Die Kl. beantragt, die Revision zurückzuweisen. Aus den Gründen: „Der Klage, die zutreffend den öffentlichen Verwalter als gesetzlichen Vertreter der Kl. bezeichnet (BGH, NJW 1960, 774!), lag eine Forderung zugrunde, die nach dem Gutachten des Schiedsgerichts vom Verzicht der Republik Österreich und ihrer Staatsangehörigen auf Forderungen gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige (Art. 23 III des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich vom 15. 5. 1955) nicht betroffen worden ist, weil sie bereits im Sinne des Art. 22 Vermögensvertrag „geregelt" war (Gutachten vom 28. 11. 1961 Zahl 27, Punkt 1 des Beschlusses, Bd. I Bl. 85 GA). Für die Verzinsung dieser Forderung, die allein noch im Streit ist, hat das Berufungsgericht Art. 89 Vermögensvertrag herangezogen, welcher lautet: „Soweit österreichische Gläubiger von deutschen Schuldnern ... für auf Grund dieses Vertrages zu erfüllende Forderungen vertragliche oder gesetzliche Zinsen beanspruchen können, hat der deutsche Schuldner an den österreichischen Gläubiger nur ab 1. 1.1953 fällig gewordene oder fällig werdende Zinsen, und zwar nur in der vereinbarten oder gesetzlichen Höhe, jedoch nicht mehr als 4 % jährlich zu zahlen..." Dementsprechend hat das Berufungsgericht gemäß dem Hauptantrag 4 ®/o Zinsen für die Zeit vom 1. 1. 1953 bis zum 31. 12. 1957 zugesprochen. Es führt aus, daß Art. 32 II der Anlage IV LSchA dem nicht entgegenstehe. Dort ist vorgesehen: „Für die Zeit vom 1. 1. 1953 bis zum 31. 12. 1957 sollen Zinsen nicht geschuldet werden." Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen diese Auffassung. Nach Art. 5 IV Satz 2 LSchA müssen auch im Verhältnis österreichischer Gläubiger zu deutschen Schuldnern die Bestimmungen des LSchA angewendet werden, soweit solche Schulden nach den maßgeblichen Verträ1
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gen, d. h. hier des Staatsvertrages vom 15. 5. 1955, geregelt werden können. Das ist der Fall, soweit nicht der Forderungsverzicht eingreift (vgl. Weitnauer, AWD 1960, 186). Über den Umfang des Forderungsverzichts trifft der Vermögensvertrag im einzelnen Bestimmungen. Art. 89 des Vertrages ergibt, daß Zinsforderungen überhaupt nur f ü r die Zeit ab 1. 1. 1953 als noch bestehende Ansprüche anerkannt werden. Die Frage, in welcher Weise diese Forderungen zu erfüllen sind, ist dem LSchA und seinen Anlagen und Ausführungsbestimmungen vorbehalten (Art. 5 IV Satz 2). F ü r alte Handelsforderungen ist Art. 32 der Anlage IV LSchA maßgebend. Zwar ist die hier in Frage stehende Hauptforderung, um deren Verzinsung es geht, nicht im internationalen Warenverkehr entstanden (vgl. Art. 1 Anl. IV LSchA). Sie entstammt dem innerdeutschen Verkehr. Ihrem Charakter nach ist sie aber den alten Handelsforderungen am ähnlichsten (Art. 36 Anl. IV) und daher auch bezüglich der Verzinsung ihnen gleichzusetzen (vgl. Gurski, Das Abkommen über deutsche Auslandsschulden, 2. Aufl., 608). Es steht hiernach nicht die Anwendbarkeit und Auslegung der Bestimmungen des Vermögensvertrages in Frage, so daß unter Aussetzung des Verfahrens ein Gutachten des Schiedsgerichts gemäß Art. 108 I a, 110 Vermögensvertrag einzuholen wäre. Auch die Auslegung des Art. 119 Vermögensvertrag, der f ü r einen Vorrang des LSchA vor den Bestimmungen des Vermögensvertrages herangezogen worden ist (Gurski aaO 608; Weitnauer aaO 186, 187), braucht nicht geprüft zu werden. Art. 119 Vermögensvertrag bestimmt: „Die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland und der deutschen Schuldner aus dem Abkommen vom 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden werden durch die Bestimmungen dieses Vertrages nicht berührt." Das Schiedsgericht des österreichisch-deutschen Vermögensvertrages hat im übrigen bereits in seinem Gutachten vom 28. 11. 1961 (Zahl 25, S. 33) ausgeführt, es lasse sich aus Art. 119 Vermögensvertrag eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Prüfung der Frage, ob der Erfüllung einer nach dem Vermögensvertrag bestehenden Geldforderung im Einzelfall Bestimmungen des Schuldenabkommens oder der von der Bundesrepublik Deutschland zur Ausführung des Schuldenabkommens erlassenen Gesetze entgegenstehen, nicht herleiten. Das Berufungsgericht hat den hiernach f ü r die Erfüllung der streitigen Zinsforderung auch unabhängig von Art. 119 Vermögensvertrag maßgeblichen Art. 32 II Anl. IV LSchA im Anschluß an Gurski, Das Abkommen über deutsche Auslandsschulden, 1. Aufl. 1953, Anl. IV Hinweise Nr. 36, als bloße Sollvorschrift betrachtet. Dieser Auffassung, die Gurski bereits aaO in der 2. Auflage aufgegeben hatte (Erl. 44 zu Art. 5 des Abkommens, S. 235), ist nicht zu folgen. Der Wortlaut der deutschen Fassung des internationalen Abkommens (.sollen Zinsen nicht geschuldet werden'), auf den sich das Berufungsgericht stützt, kann nicht entscheidend sein, sondern läßt bereits die näherliegende Auslegung einer vollzogenen Streichung der Zinsschuld f ü r die angegebene Zeit zu, die in den gleichstehenden auslän-
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dischen Fassungen deutlich als gewollt erkennbar ist (z. B. französische Fassung: .aucun intérêt n'est dû'). Der Hauptantrag ist hiernach unbegründet. Auch dem Hilfsantrag der Kl., ihr Zinsen f ü r die Zeit vom 1. 1. 1945 bis 31. 12. 1952 zuzusprechen, kann nicht stattgegeben werden. Es mag auffallen, daß der Vermögensvertrag den Zinsenlauf am 1. 1. 1953 beginnen läßt und f ü r die vorangegangene Zeit die Zinsen streicht, während das Abkommen für die alten Handelsforderungen Zinsen bis 31. 12. 1952 gewährt und vom 1. 1. 1953 an bis zum 31. 12. 1957 streicht. Möglicherweise liegt ein Redaktionsversehen bei der Abfassung des Vermögensvertrages vor (Gurski aaO 607). Es ist freilich in Betracht zu ziehen, daß Art. 89 Vermögensvertrag für die Verzinsung anderer Ansprüche (z. B. Vermächtnisforderungen) durchaus noch von Bedeutung sein kann, also nicht gegenstandslos wäre, wie die Kl. meint. Da Art. 89 Zinsansprüche für die Zeit vor dem 1.1. 1953 eindeutig ausschließt, kommt die Einholung eines Gutachtens des Schiedsgerichts nicht in Betracht. Vielmehr ist mit dem LG auch der Hilfsantrag f ü r unbegründet zu erachten."
XII. ZIVILPROZESSRECHT 1. Rechtsstellung v o n A u s l ä n d e r n v o r deutschen Gerichten Siehe auch Nr. 239, 240, 243 2 1 5 . Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch der Staat Israel sind dem Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909, 409) beigetreten (BGBl. 1957 Ii 1677). Ein Angehöriger des Staates Israel ist nach Art. 17 des Übereinkommens deshalb nicht verpflichtet, in Deutschland Sicherheit für die Prozeßkosten zu leisten. Auf die Frage, ob die Gegenseitigkeit gewahrt ist (§ 110 II Nr. 1 ZPO), kommt es bei dieser Sachlage nicht an. OLG Nürnberg, Urt. vom 14. 5. 1964 - 2 U 236/63: Leitsatz in Rpfleger 1966, 326. 216. Ein Angehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika ist als Kläger vor den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland stets von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten befreit, wenn er seinen ständigen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik hat. Dies ergibt sich aus Art. VI des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 in Verbindung mit Nr. 6 a des Protokolls zu diesem Vertrage (BGBl. 1956 II 488). OLG Nürnberg, Urt. vom 18. 6. 1964 - 3 U 40/64: A W D 1964, 302; Leitsatz in Rpfleger 1966, 325.
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Aus den Gründen: „Der Bekl. hält diese [im Leitsatz wiedergegebene] Auffassung f ü r falsch. Er beruft sich auf die Fassung der Nr. 6 a des Protokolls, wonach die Befreiung nur eintritt, wenn der Staatsangehörige den ständigen Aufenthalt im Bezirk des Gerichts hat, vor dem das Verfahren anhängig ist. Da der Kl. allenfalls, so meint er, seinen ständigen Aufenthalt in F r a n k f u r t am Main habe, F r a n k f u r t am Main aber nicht im Bezirk des LG Nürnberg-Fürth (und auch nicht im Bezirk des OLG Nürnberg) liege, trete die Befreiung nach dem allein maßgebenden, den Willen des Gesetzgebers klar zum Ausdruck bringenden Text des Protokolls nicht ein. Der Senat kann diesen Ausführungen aus zwei Gründen nicht folgen. Erstens muß auch f ü r Gesetze und Staatsverträge der Grundsatz gelten, daß bei ihrer Auslegung nicht am Buchstaben zu haften, sondern ihr Sinn — ,der wirkliche Wille des Gesetzgebers' - zu ermitteln ist. Der ausschlaggebende Gesichtspunkt, weshalb § 110 ZPO die Angehörigen fremder Staaten als Kläger auf Verlangen des Beklagten zur Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten verpflichtet, ist der, daß es in aller Begel Schwierigkeiten bereitet, eine im Falle der Abweisung der Klage gegen den ausländischen Kläger ergangene Kostenentscheidung im Auslande zur Vollstreckung zu bringen (so z.B. Stein-Jonas, [ZPO] I zu § 110 ZPO). Diese Schwierigkeiten entfallen aber schon dann, wenn der Kläger seinen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, nicht erst dann, wenn er ihn gerade im Bezirk des Prozeßgerichts hat. Es wäre vollkommen unverständlich, warum ein Amerikaner f ü r eine Klage an seinem Aufenthaltsort in F r a n k f u r t am Main von der Sicherheitsleistung befreit, f ü r dieselbe Klage in Nürnberg sicherheitspflichtig sein sollte, obwohl doch die Vollstreckungsmöglichkeiten f ü r den im Nürnberger Bezirk ansässigen Beklagten in beiden Fällen die gleichen sind. Zweitens ist nicht allein der deutsche Wortlaut des Vertrages und des Protokolls maßgebend, sondern der Wortlaut beider Sprachen ist verbindlich, wie im Schlußabsatz des Vertrages und des Protokolls ausdrücklich vereinbart ist. Der Wortlaut in englischer Sprache lautet aber ,if the nationals have their permanent residence . . . in the territory of that Party before the courts of which the suit is pending.' Hier ist also kein Mißverständnis darüber möglich, daß nicht der Aufenthalt im Gerichtsbezirk, sondern im territory entscheidend ist. Gerade im vorliegenden Falle, wo beide Parteien Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika sind, wird man an dem englischen Text nicht achtlos vorübergehen dürfen. Im übrigen hat bereits Bülow-Arnold in Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen mit Recht darauf hingewiesen, daß der deutsche Wortlaut an dieser Stelle ungenau ist. Er führt aus (B I 391.5 Note 16, E 991.81b Note 23 a), daß der deutsche Text richtig lauten müßte: ,Die Befreiung tritt jedoch n u r ein, wenn der Staatsangehörige in dem Gebiet des Vertragsteils, vor dessen Gerichten das Verfahren anhängig ist,
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den ständigen Aufenthalt hat.' Auch er meint ausdrücklich, nur so gebe die Regelung einen Sinn." 217. Ungarische Kläger brauchen vor deutschen Gerichten wegen der Prozeßkosten keine Sicherheit zu leisten, da nach den ungarischen Gesetzen ein Deutscher im gleichen Fall zur Sicherheitsleistung nicht verpflichtet ist. LG Frankenthal, Zwischenurt. vom 8. 10. 1964 - 3 0 79/64: Unveröffentlicht. Der Kl. ist ungarischer Staatsangehöriger. Er verlangt von dem Bekl. Rückzahlung eines Darlehens. Der Bekl. erhebt die Einrede der mangelnden Sicherheit für die Prozeßkosten. Aus den Gründen: „Die Einrede ist zu verwerfen. Denn die Voraussetzungen des § 110 II Nr. 1 ZPO sind erfüllt. Zwar läßt sich nicht feststellen, daß das Haager Zivilprozeßabkommen, das ohne weiteres die Angehörigen der beteiligten Staaten von der Sicherheitsleistung befreit, zwischen Ungarn und der Deutschen Bundesrepublik wieder in Kraft getreten ist. Indessen kann auch unabhängig von einer staatsvertraglichen Regelung die Befreiung von einer Sicherheitspflicht vorliegen, wenn nach den Gesetzen Ungarns ein Deutscher im gleichen Fall zur Sicherheitsleistung nicht verpflichtet ist. Hierzu hat der Kl. eine Bestätigung des ungarischen Justizministeriums vom 23. 1. 1963 vorgelegt, wonach den Staatsbürgern der Deutschen Bundesrepublik in Verfahren vor den ungarischen Gerichten die Begünstigung der Befreiung von der Sicherheitsleistung wegen der Prozeßkosten zuteil wird. Es handelt sich hierbei ersichtlich nicht um eine bloße Meinungsäußerung des ungarischen Justizministeriums, sondern um eine Bestätigung des dort geltenden Rechtszustandes. Denn aus § 89 des Gesetzes III vom Jahre 1952 über die Zivilprozeßordnung in Ungarn geht hervor, daß hinsichtlich des Bestehens der Gegenseitigkeit die Erklärung des Justizministers maßgebend ist. Entscheidend allein kann deshalb nur sein, daß sich der ungarische Staat gesetzlich f ü r verpflichtet hält, die Deutschen von der Sicherheitsleistungspflicht freizustellen. Da dies in der vorgelegten Erklärung des ungarischen Justizministeriums bestätigt wird, ist damit der Beweis f ü r das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 II Nr. 1 ZPO als erbracht anzusehen. Eine Sicherheitsleistung kann deshalb nicht angeordnet werden." 218. Im Ausland wohnende Personen, die früher deutsche Staatsangehörige waren und durch die Verfolgungsmaßnahmen des Nationalsozialismus zum Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit veranlaßt wurden, sind in Rechtsstreitigkeiten, in denen Ansprüche aus dem Rechtsgebiet 42 IPR 1964/65
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der Wiedergutmachung hergeleitet werden, von der Verpflichtung Sicherheitsleistung nach §110 ZPO freigestellt.
zur
BVerwG, Zwischenurt. vom 28. 9. 1965 - I C 2/65: RzW 1966, 239; Leitsatz in MDR 1966, 82 Nr. 75. Die Kl., die aus Gründen der Rasse unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgt worden ist, früher die deutsche Staatsangehörigkeit besaß und die amerikanische Staatsangehörigkeit erworben hat, begehrt im Wege der Wiedergutmachung, sie auf das Vorliegen der fachlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Zahnarztberufes zu prüfen und ihr bejahendenfalls die Bestallung als Zahnärztin zu erteilen. Nachdem sie vor dem VG obgesiegt hatte, hob das Berufungsgericht auf die Berufung der Bekl. das Urteil des VG auf und wies die Klage ab. Die Revision wurde zugelassen. Nach Einlegung der Revision durch die Kl. beantragte die Bekl. mit Rücksicht auf die amerikanische Staatsangehörigkeit der Kl. anzuordnen, daß die Kl. der Bekl. wegen der Prozeßkosten Sicherheit zu leisten hat. Aus den Gründen: „Dem Antrag der Bekl. war der Erfolg zu versagen. E r stützt sich auf § 173 VwGO in Verbindung mit § 110 I ZPO. Geht man zunächst allein von den Vorschriften der ZPO aus, so wäre eine Verpflichtung der Kl. zur Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten zu bejahen. Diese Verpflichtung tritt zwar nach § 110 II Nr. 1 ZPO nicht ein, wenn nach den Gesetzen des Staates, dem der Kl. angehört, ein Deutscher im gleichen Falle zur Sicherheitsleistung nicht verpflichtet wäre. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Nach Art. VI Abs. 1 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (BGBl. 1956 II 488), dem Bundestag und Bundesrat zugestimmt haben (Gesetz vom 7. 5. 1956, BGBl. II 487), wird zwar den Staatsangehörigen des einen Vertragsteils im Gebiet des anderen Vertragsteils hinsichtlich des Zutritts zu den Gerichten und Verwaltungsgerichten f ü r die Verfolgung wie auch f ü r die Verteidigung ihrer Rechte Inländerbehandlung gewährt. Unter Nr. 6 des Protokolls zu diesem Vertrag (BGBl. 1956 II 502) wird sodann unter Bezug auf Art. VI Abs. 1 bestimmt, daß Staatsangehörigen des einen Vertragsteils in der Eigenschaft als Kläger vor den Gerichten des anderen Vertragsteils eine Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten in denjenigen Fällen nicht auferlegt werden darf, in denen ein Staatsangehöriger des anderen Vertragsteils davon befreit ist. Die Befreiung tritt jedoch n u r ein, a) wenn der Staatsangehörige den ständigen Aufenthalt im Bezirk des Gerichts hat, vor dem das Verfahren anhängig ist, b) wenn der Staatsangehörige in diesem Bezirk ausreichendes Immobilienvermögen zur Deckung der Kosten besitzt. Beide Voraussetzungen erfüllt die Kl. nicht.
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Jedoch ist der vorliegende Fall nicht ausschließlich nach den Vorschriften der ZPO zu beurteilen. Zunächst sind diese Vorschriften nach § 173 VwGO auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren nur .entsprechend anzuwenden'. Ob diese entsprechende Anwendung auch die Vorschrift des § 110 ZPO umfaßt, mag bereits zweifelhaft sein (siehe hierzu LVG Köln, RzW 1960, 239 1 ; Baumbach-Lauterbach, Komm, zur ZPO, 28. Aufl., Anm. 4 zu § 110 ZPO; vgl. auch OVG Lüneburg, DÖV 1957, 462 f ü r den Geltungsbereich der MRVO 165). Dieser Frage brauchte aber nicht nachgegangen zu werden. Für den Senat war entscheidend, daß sich die Klage auf Wiedergutmachungsrecht stützt. In einem solchen Streitverfahren verbietet sich grundsätzlich die Anordnung einer Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten der beklagten Partei. Hier hat vielmehr der Gedanke im Vordergrund zu stehen, daß die Geschädigten im Zuge der Verfolgung ihre Heimat und meist auch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben und daß der Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit eine Folgeerscheinung der nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen gewesen ist. Es geht nicht an, daß das beklagte Land aus den Auswirkungen dieses Unrechts, f ü r das es im Wege der Wiedergutmachung einzustehen hat, verfahrensrechtliche Vorteile zieht und die Ausländereigenschaft der geschädigten Partei vielleicht sogar mit dem Erfolg benutzt, sie an der Durchführung ihrer auf der Verfolgung beruhenden Ansprüche zu behindern. Diejenigen im Ausland wohnenden Personen, die f r ü h e r deutsche Staatsangehörige waren und durch die Verfolgungsmaßnahmen des Nationalsozialismus zum Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit veranlaßt wurden, sind daher in Rechtsstreitigkeiten, in denen Ansprüche aus dem Rechtsgebiet der Wiedergutmachung hergeleitet werden, hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vorschrift des § 110 ZPO so zu behandeln, als ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit noch besäßen, und damit von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung freigestellt (OLG Koblenz, RzW 1951, 88 2 ; LVG Köln aaO; f ü r das Rückerstattungsverfahren ferner RK Rottweil, RzW 1950, 158 3 ; RK Offenburg, RzW 1950, 159 4 ; RK Trier aaO 6 ; RK Ravensburg, RzW 1951, 87; mit Einschränkungen OLG Freiburg, RzW 1950, 135® und OLG Tübingen, RzW 1950, 386 7 ). Dem entspricht es auch, daß in den Verfahren vor den Entschädigungsgerichten ein besonderer Ausländervorschuß f ü r die Gerichtskosten nicht in Betracht kommt (vgl. § 225 BEG vom 29. 6. 1956 [BGBl. I 559]; Wieczorek, Komm, zur ZPO, E II b zu § 110 ZPO). Nur bei offenbar mutwilliger Rechtsverfolgung kann ein Gerichtskostenvorschuß erhoben werden. Eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung auf den vorliegenden Fall scheidet schon deshalb von vornherein aus, weil es sich hier um eine wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits zugelassene Revision handelt. Der Antrag der Bekl. auf Anordnung einer Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten war daher zurückzuweisen." 1 3 5 7
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IPRspr. IPRspr. IPRspr. IPRspr.
1958-1959 1945-1949 1945-1949 1950-1951
Nr. 175. Nr. 39. Nr. 43. Nr. 31.
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IPRspr. 1950-1951 Nr. 32. IPRspr. 1945-1949 Nr. 40. IPRspr. 1945-1949 Nr. 41.
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2. Gerichtsbarkeit Siehe auch Nr. 59 2 1 9 . Zur Frage der Gerichtsbarkeit, wenn ein nicht mehr für matische Zwecke benutztes Berliner Grundstück eines ausländischen tes Gegenstand des Verfahrens ist.
diploStaa-
ORG Berlin, Beschl. vom 29. 6. 1964 - ORG/A/3020: ORGE Berlin 21, 47 Nr. 723; RzW 1964, 499. Aus den Gründen: „Was die Gerichtsbarkeit angeht, haben beide Vorinstanzen auf die Entscheidungen des Gerichts in den Sachen ORG/A/1333 (Entsch. Nr. 468, ORGE Berlin 13, 3 6 ) 1 und ORG/A/1896 (Entsch. Nr. 469, ORGE Berlin 13, 53) Bezug genommen, in denen festgestellt wurde, ,daß die Grundlage der Immunität von Grundstücken ihre tatsächliche Benutzung für diplomatische Zwecke ist' (ORG/A/1333) bzw. ,daß die Diplomatengrundstücke Immunität genießen, weil ihr Besitz diplomatischen Zwecken dient u n d sie auch tatsächlich f ü r diese Zwecke benutzt werden' (ORG/A/1896). Demgemäß hat das LG seine Entscheidung von der Antwort auf die Frage abhängig gemacht, ob gesagt werden k a n n oder nicht, ,daß das f r ü h e r zu diplomatischen bzw. konsularischen Zwecken benutzte Gebäude heute dem gleichen Zweck dient'. Diese Frage hat es indessen verneint, weil die Jugoslawische Militärmission ihre Tätigkeit schon seit 1953 nicht m e h r in dem Grundstück R.Straße 17/18, sondern in dem Grundstück T.Straße 18 ausübe und Vorrechte nicht f ü r beide Grundstücke, sondern, wenn überhaupt, n u r f ü r dasjenige in Anspruch nehmen könne (T.Straße 18), das tatsächlich als ihr offizieller Sitz benutzt wird. Auch das KG ist zu der Feststellung gelangt, daß hoheitliche Funktionen ,in dem streitigen Grundstück schon seit fast einem Jahrzehnt nicht m e h r ausgeübt werden, sondern auf einem anderen, diesem Zweck gewidmeten Grundstück', weshalb ,der Gerichtsbarkeit der Wiedergutmachungsbehörden nichts im Wege steht'. Demgegenüber hat sich die Verpflichtete im Überprüfungsverfahren darauf beschränkt, ohne jede Begründung ,die Unzuständigkeit der deutschen Wiedergutmachungsgerichte' zu rügen. Abgesehen davon, daß es somit an der nach Art. 16 der Geschäfts- und Verfahrensordnung des ORG erforderlichen .Darlegung der Gründe' fehlt, auf die der Ü b e r p r ü f u n g s a n t r a g gestützt wird, sieht das Gericht auch sonst keinen Anlaß einzugreifen, weil nicht erkennbar ist, inwiefern die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Vorinstanzen zur Frage der Gerichtsbarkeit unrichtig sein sollen. Immerhin sei noch bemerkt, daß inzwischen vom BVerfG in einem Verf a h r e n betreffend eine Klage gegen die Volksrepublik Jugoslawien auf Be1
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willigung der Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich des Eigentums an dem Grundstück T.Straße 18 am 30. 10. 1962 (2 BvM 1/60, N J W 1963, 435) 2 festgestellt worden ist, daß die Immunität eines Gesandtschaftsgrundstücks nur so weit reiche, ,wie es die Erfüllung der Aufgaben der diplomatischen Mission fordert', daß eine Grundbuchberichtigungsklage ,die diplomatische Mission nicht in der Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt' und daß solchenfalls mithin ,die deutsche Gerichtsbarkeit nicht ausgeschlossen ist'. Hiernach kann von einer Ausschließung der deutschen Gerichtsbarkeit dann um so weniger die Rede sein, wenn in einem Grundstück überhaupt keine diplomatische Tätigkeit mehr ausgeübt wird." 2 2 0 . Die Zustellung von Vollstreckungstiteln und unmittelbare Vollstreckungshandlungen durch den Gerichtsvollzieher auf dem exterritorialen Gebiet einer ausländischen Botschaft sind unzulässig. AG Bonn, Beschl. vom 1. 9.1964 - 21 M 2042/64: MDR 1965,144; DRspr. IV (480) 31 a; DGVZ 1965, 94. Aus den Gründen: „Der Gerichtsvollzieher dürfte wegen § 18 GVG auf dem exterritorialen Gebiet der Botschaft der Schuldnerin weder die Zustellung des Titels noch eine Vollstreckungshandlung vornehmen, da seine Tätigkeit in beiden Fällen einen Akt hoheitlicher Gewalt darstellen würde, und zwar auch die Zustellungshandlung, obwohl sie hier nach § 699 I Satz 4 in Verbindung mit § 166 ZPO nicht von Amts wegen, sondern im Parteibetrieb erfolgt. Der Gläubigerin ist zwar zuzugeben, daß die Rechtsentwicklung der letzten Jahrzehnte von einer grundsätzlich unbeschränkten Staatsimmunität zu einer mehr und mehr restriktiven Anwendung dieses Grundsatzes geführt hat. In Konsequenz dieser Entwicklung hat auch das BVerfG ( N J W 1963, 1732 ff.) 1 die Frage bejaht, daß selbst ausländische Staaten, obwohl sie generell exterritorial sind, u. U. der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegen können, wenn sie nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich tätig geworden sind. Es hat allerdings in dieser Entscheidung nur zur Zulässigkeit von Klagen gegen ausländische Staaten Stellung genommen, während der Grundsatz des § 18 GVG für den gesamten Bereich der ZPO, also sowohl für das Erkenntnis- als auch für das Zwangsvollstreckungsverfahren gilt. Ob diese Unterwerfung der Exterritorialen unter die inländische Gerichtsbarkeit sich unter denselben Voraussetzungen stets auch auf das Verfahren der Zwangsvollstreckung erstreckt, kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn mag man auch im Einzelfall gegen exterritoriale Personen oder Staaten neben dem Erkenntnisverfahren bestimmte, spezifisch geeignete Arten der Zwangsvollstreckung, wie z. B. die Pfändung von Forderungen gegen inländische Drittschuldner, für zulässig erachten, so ist doch jedenfalls die Ausdehnung von derartigen Akten hoheitlicher Gewalt, wie Zustellung von Vollstreckungstiteln und insbesondere unmittelbare Voll2
IPRspr. 1962-1963 Nr. 170.
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streckungshandlungen durch den Gerichtsvollzieher sie darstellen, auf das exterritoriale Gebiet einer ausländischen Botschaft, d. h. bis in den Herrschaftsbereich des ausländischen Staates, ausgeschlossen. Einmal reicht nämlich die staatliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik jeweils nur bis an die Grenzen solcher exterritorialer Gebiete, die insoweit praktisch Ausland sind. Zum anderen würden so weitreichende Einwirkungsmöglichkeiten des inländischen Staates mit Sinn und Zweck der aus dem Völkerrecht entwickelten Exterritorialitätsvorschriften in Widerspruch stehen. Deren wesentlicher Inhalt bildet vor allem eine Garantie dafür, daß den Exterritorialen reibungsloser Verkehr und Geschäftsablauf gewährleistet und jede Behinderung oder Störung ihrer diplomatischen Mission vermieden werden soll. Daß aber schon die von der Gläubigerin erstrebte Zustellung und selbstverständlich erst recht die darüber hinaus beabsichtigten Zwangsvollstreckungshandlungen durch den Gerichtsvollzieher zumindest derartige Störungen verursachen können bzw. mit Sicherheit mit sich bringen, liegt auf der Hand. Aus den gleichen Erwägungen heraus hat das AG Bonn bereits mit seinem Beschluß vom 18. 1. 1961 - 23 M 1239/60 - (abgedruckt in MDR 1961, 511) 2 den Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, dessen Gegenstand eine Forderung gegen eine ausländische Botschaft als Drittschuldnerin sein sollte, versagt, weil unter Berücksichtigung aller auch n u r theoretischen Möglichkeiten, insbesondere in Anbetracht des Ausschlusses einer öffentlichen Zustellung, ein solcher Beschluß niemals der Drittschuldnerin gültig zugestellt und daher nicht wirksam werden kann. Zustellungen an Exterritoriale selbst, so auch an ausländische Staaten bzw. die diese vertretenden Botschaften, sind demgegenüber in Fällen wie dem vorliegenden auf dem nach den Vorschriften der §§ 199, 202 ZPO vorgesehenen diplomatischen Wege und, wenn dieser nicht beschreitbar ist, weil z. B. entsprechende erforderliche Verträge mit dem betreifenden ausländischen Staat fehlen, im Wege der öffentlicheen Zustellung nach § 203 III ZPO zu bewirken."
3. Zuständigkeit in vermögensrechtlichen Angelegenheiten Siehe auch Nr. 33, 62, 182, 258, 282 2 2 1 . a) Art. 93 Wechselgesetz steht der Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung nicht entgegen. Die Bestimmung besagt nur, daß das materielle Recht des Zahlungsortes anzuwenden ist, nicht jedoch, daß der Zahlungsort auch der Gerichtsstand sein soll. Für den Ablauf des Gerichtsverfahrens gilt der Grundsatz der „lex fori", so daß im Wechselprozeß vor einem deutschen Gericht nur die von der ZPO zugelassenen Einwendungen erhoben werden können. 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 204.
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XII./3. Zivilprozeßrecht
b) Die §§ 512 a, 549 II ZPO streitig ist, ob nach deutschem oder ein ausländisches Gericht hängig gemachten Rechtsstreits
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sind auch dann (analog) anzuwenden, wenn internationalen Prozeßrecht ein deutsches zur Entscheidung eines in Deutschland anberufen ist.
a) LG Hamburg, Urt. vom 15. 6. 1964 - 61 P 28/63: Unveröffentlicht. b) HansOLG Hamburg, Urt. vom 5. 11. 1964 - 6 U 176/64: Unveröffentlicht 1 . Die Kl., eine Hamburger Firma, ist Ausstellerin und Inhaberin eines von der Bekl. akzeptierten, in Bregenz am 22. 11.1963 zahlbar gewesenen Wechsels, der am 25. 11. mangels Zahlung zu Protest gegangen ist. Die Kl. begehrt, im Wechselprozeß klagend, Verurteilung der Bekl., einer Firma mit Sitz in Österreich, zur Zahlung der Wechselsumme nebst Zinsen und Kosten. Der Wechsel war von der Bekl. zur Begleichung einer Kaufpreisschuld begeben worden. Dem Kaufvertrag lagen die Verkaufs- und Lieferbedingungen der Kl. zugrunde. Sie lauten in Nr. 15: „Als Gerichtsstand für beide Teile, auch für Klagen im Urkundenprozeß aus Scheck oder Wechsel, gilt bei allen sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Unstimmigkeiten ausschließlich Hamburg." Die Bekl. meint, eine Vereinbarung über den Gerichtsstand Hamburg sei unwirksam, weil Art. 93 WG zwingenden Rechts sei. Vorsorglich fechte sie den Kaufvertrag wegen Irrtums an und mache Gewährleistungsansprüche geltend. Das LG hat der Klage durch Vorbehaltsurteil bis auf einen Teil des Zinsanspruches stattgegeben. Die Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: a) LG Hamburg
15. 6. 1964 -61 P 28/83:
„Gerichtsstand f ü r die Klage aus dem Wechsel ist H a m b u r g entsprechend der Nr. 15 der Vertragsinhalt gewordenen Verkaufs- u n d Lieferbedingungen der Kl. Die in § 603 I ZPO aufgeführten Gerichtsstände sind keine ausschließlichen; demnach ist die Vereinbarung eines Gerichtsstandes f ü r Wechselklagen möglich . . . Der Gerichtsstandsvereinbarung steht auch der Art. 93 WG nicht entgegen. Dieser Artikel bestimmt nur, daß f ü r den vorliegenden Fall das materielle Recht des Zahlungsortes anzuwenden ist, nicht jedoch, daß d e r Zahlungsort auch der Gerichtsstand sein soll. Gemäß Art. 93 WG ist auf den vorliegenden Fall materielles österreichisches Recht anzuwenden. Nach Nr. 15 der Bedingungen ist insoweit die Geltung deutschen Rechts nicht wirksam vereinbart worden. Denn eine solche den Art. 93 WG abändernde Klausel ist n u r wirksam, wenn sie sich aus dem Wechsel selbst ergibt. Ein derartiger Zusatz fehlt jedoch auf dem vorliegenden Papier . . . Das österreichische WG vom 16. 2. 1955 f u ß t ebenso wie das deutsche WG auf dem Genfer Wechselrechtsabkommen. Demgemäß stimmen die Texte der Gesetze fast wörtlich überein . . . 1 Vgl. aber den Beschl. des Großen Senats des BGH vom 14. 6. 1965, unten Nr. 224.
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Nach Art. 48 I Nr. 2 österr. WG kann eine Verzinsung der Wechselsumme mit 5 % p. a. seit dem Verfalltag gefordert werden. Nach österreichischer Rechtsprechung ist hierbei jedoch Art. 73 österr. WG ( = Art. 73 des deutschen WG) zu beachten, wonach bei der Berechnung einer gesetzlichen Frist der Tag, von dem an sie zu laufen beginnt, nicht mitzuzählen ist. Demnach kann eine Verzinsung der Wechselsumme nicht schon vom 22. 11., sondern erst vom 23. 11. 1963 an begehrt werden (OLG Wien, Urt. vom 12. 11. 1954, ÖJZ 1955, 24 Nr. 8). F ü r den Ablauf des Gerichtsverfahrens gilt der Grundsatz der „lex fori", wonach deutsches Verfahrensrecht anzuwenden ist. Im Wechselprozeß sind demnach die von der Bekl. erhobenen Einwendungen der Anfechtung und der Gewährleistungsmängel gemäß §§ 602, 592, 598 ZPO als im Urkundenprozeß unstatthaft zurückzuweisen." b) HansOLG Hamburg 5. Ii. 1964-6
U 176/64:
„Die Berufung der Bekl. hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, soweit die Bekl. sie darauf stützt, daß das LG seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des RG, der der BGH gefolgt ist (LM Nr. 13 zu § 549 ZPO, WM 1960, 441 *) und der sich der erkennende Senat anschließt, sind die §§ 512 a, 549 II ZPO auch dann (analog) anzuwenden, wenn streitig ist, ob nach dem hier maßgeblichen deutschen internationalen Prozeßrecht ein deutsches oder ein ausländisches Gericht zur Entscheidung eines in Deutschland anhängig gemachten Rechtsstreits berufen ist. Dem Senat ist daher die Prüfung der Frage versagt, ob die Gerichtsstandsklausel der Lieferungsbedingungen der Kl. f ü r den gegenwärtigen Rechtsstreit anzuwenden ist." 222. § 23 a ZPO begründet keinen Gerichtsstand für den Anspruch Kindesmutter auf Zahlung der Entbindungskosten.
der
LG Bremen, Beschl. vom 3. 3. 1965 - 9 T 109/65: DAVorm. 1966, 50. Aus den Gründen: „Das AG hat die Terminsanberaumung in Übereinstimmung mit dem HansOLG Hamburg, MDR 1953, 109, mit Recht abgelehnt, weil der Bekl. der deutschen Gerichtsbarkeit nicht untersteht. § 23 a ZPO begründet entgegen der Ansicht der Kl. keinen Gerichtsstand f ü r den geltend gemachten Anspruch aus § 1715 BGB. Denn dieser ist kein Unterhaltsanspruch, sondern ein Entschädigungsanspruch eigener Art (einhellige Ansicht, vgl. Erman [BGB], Paiandt [BGB], Anm. 1 zu § 1715), der auch hinsichtlich des Gerichtsstands nicht einem Unterhaltsanspruch gleichgestellt werden kann (BGB-RGRK, Anm. 3 zu § 1715). Die von der Beschwerde zitierte gegen1 IPRspr. 1960-1961 Nr. 177. Vgl. aber den Beschl, des Großen Senats vom 14. 6.1965, unten Nr. 224.
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teilige Ansicht des LG Bonn, N J W 1959, 1044, überzeugt deswegen nicht, weil auch andere, eindeutig Nicht-Unterhalts-Ansprüche im 4. Buch des BGB behandelt sind."
2 2 3 « Es spricht gegen eine aus dem hypothetischen Parteiwillen herzuleitende Vereinbarung der Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, daß das Urteil des deutschen Gerichts im Heimatstaat des Beklagten nicht vollstreckbar wäre. OLG Zweibrücken, Beschl. vom 25. 3. 1965 - 2 W 114/64: Leitsatz in Rpfleger 1967, 4. Die in den Vereinigten Staaten von Amerika und Israel wohnenden Parteien, offensichtlich nicht (mehr) deutsche Staatsangehörige, wanderten als rassisch Verfolgte vor dem Kriege aus Deutschland aus. Der ebenfalls ausländische ASt. meldete für die AGg. zu 1) - Mutter der AGg. zu 2) und 3) - beim Bezirksamt für Wiedergutmachung in A. Entschädigungsansprüche an. Die AGg. zu 1) kündigte den Auftrag später. Der ASt. beansprucht von den AGg. eine angeblich vereinbarte Erfolgsprovision in Höhe von 3394 DM aus der der AGg. zu 1) später vom Bezirksamt für Wiedergutmachung ausgezahlten Entschädigung. Er bittet um das Armenrecht für eine auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage gegen die drei AGg. Das LG hat dem ASt. das Armenrecht durch den angefochtenen Beschluß versagt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des ASt. blieb ohne Erfolg. Aus den Gründen: „Ein deutsches Gericht wäre für die vom ASt. beabsichtigte Klage nur zuständig, wenn dies nach den Regeln der ZPO und des internationalen Zivilprozeßrechts zulässig wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Nach § 12 ZPO ist das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist. Nach § 13 ZPO wird der allgemeine Gerichtsstand einer Person durch den Wohnsitz bestimmt. Unstreitig wohnt aber keiner der AGg. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und schon gar nicht im Landgerichtsbezirk B. Es liegt auch kein besonderer Gerichtsstand vor. Den Ausführungen des LG, wonach die besonderen Gerichtsstände der §§ 23, 29, 34 ZPO hier nicht gegeben sind, ist in vollem Umfang beizutreten. Das deutsche Gericht ist auch nicht vereinbarter Gerichtsstand (§§ 38 ff. ZPO). Eine ausdrückliche Abmachung besteht nicht; sie kann hier auch nicht durch einen .hypothetischen Parteiwillen' ersetzt werden. Es fehlt nämlich an jedem Anhaltspunkt dafür, daß die Parteien, als die AGg. zu 1) dem ASt. wegen ihrer Entschädigungsansprüche einen Auftrag gab, für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung hinsichtlich des Provisionsanspruchs die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts hätten vereinbaren wollen oder daß dies ihrer damaligen Interessenlage entsprochen hätte; hiergegen sprechen die gesamten Umstände, nicht zuletzt die Staatsangehörigkeit der Beteilig-
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ten, ihr Wohnsitz, die Natur des Geschäfts, daß alle rechtlich bedeutsamen Erklärungen in Amerika abgegeben wurden. Einer solchen Prorogation auf ein deutsches Gericht durch Ausländer oder im Ausland wohnende Parteien stände hier weiter entgegen, daß das Urteil des deutschen Gerichts im Heimatstaat der AGg. nicht vollstreckbar wäre, dieses Urteil also nur theoretische Bedeutung hätte (vgl. hierzu Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 1949, 308; s.a. Baumbach-Lauterbach, ZPO, § 38; SteinJonas, ZPO, 19. Aufl., § 38 Anm. IV). Eine nicht arme Partei würde in solchem Falle keinesfalls die Entscheidung eines deutschen Gerichts anstreben. Ist also die Zuständigkeit des deutschen Gerichts zu verneinen, so bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob der Anspruch des ASt. auch materiell begründet ist, was die AGg. in Frage stellen." 2 2 4 . In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche können die Berufung und die Revision auch darauf gestützt werden, daß das Gericht mit Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommen hat. BGH, Beschl. vom 14. 6. 1965 - GSZ 1/65: BGHZ 44, 46; JZ 1966, 237 mit Anm. Neuhaus; WM 1965, 714; ZZP 80 (1967) 311; AWD 1965, 275; N J W 1965, 1665; MDR 1965, 723; DAWRd. 1965, 190; AP Nr. 3 zu § 512a ZPO; DRspr. IV (416) 155 a; Leitsatz in JuS 1965, 458 mit Anm. Bahr; LM Nr. 4 zu § 512 a ZPO mit Anm. Schneider; LM Nr. 71 zu § 549 ZPO; DRiZ 1965 B 115 Nr. 1613; RdA 1966, 199 Nr. 107. Siehe dazu auch Schütze, örtliche und internationale Zuständigkeit: AWD 1966, 9 4 f . ; Cohn und Schütze, Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte: AWD 1966, 211 f.; H. J. Maier, Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit durch die Rechtsmittelinstanz: N J W 1965, 1650-1652; Cohn, Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit durch die Rechtsmittelinstanz: N J W 1966, 287-288. Aus den Gründen: „1. Nach §§ 512 a, 549 II ZPO können in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche Berufung und Revision nicht darauf gestützt werden, daß das untere Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat. Das RG hat wiederholt ausgesprochen, diese Bestimmungen seien nicht nur anzuwenden, wenn zu entscheiden sei, welches von mehreren deutschen Gerichten örtlich, sondern auch wenn in Frage stehe, ob überhaupt ein deutsches, oder nicht ein ausländisches Gericht zuständig sei (WarnRspr. Ergänzungsband 1915 Nr. 247; RGZ 126, 196, 199; LZ 1930, 1502 Nr. 6; RGZ 150, 265, 268). Der BGH hat sich - wie auch das BAG (Urt. I AZR 258/57 vom 13. 5. 1959 = AP Internat. Privatrecht Nr. 4 ) 1 - dieser Rechtsprechung angeschlossen (LM Nr. 13 zu § 549 = 1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 51.
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NJW 1953, 222, 223 2 ; JZ 1956, 535 3 ; GRUR 1960, 372, 377"; WM 1960, 441« und Ib ZR 100/62 vom 22. 1. 1964°). Der VIII. Zivilsenat will von ihr abweichen und hat durch den Beschluß VIII ZR 304/62 vom 9. 12. 1964 7 gemäß § 136 GVG dem Großen Senat f ü r Zivilsachen die Frage vorgelegt: ,Können die Berufung und die Revision darauf gestützt werden, das untere Gericht habe zu Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommen?'
Der Große Senat bejaht diese Frage. 2. Die ZPO regelt die internationale Zuständigkeit, d. h. die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher Gerichte und der Zuständigkeit ausländischer Gerichte nicht ausdrücklich und unmittelbar (Ausnahme: § 606b ZPO), sondern grundsätzlich nur mittelbar durch stillschweigende Verweisung auf die Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO über den Gerichtsstand: Soweit nach diesen Vorschriften ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, ist es nach deutschem Recht auch international, d. h. im Verhältnis zu ausländischen Gerichten zuständig. Auf dieser Verknüpfung von örtlicher und internationaler Zuständigkeit im deutschen Zivilprozeßrecht beruht die bisherige Rechtsprechung zu §§ 512 a, 549 II ZPO. Sie folgert, diese Bestimmungen müßten auch f ü r die internationale Zuständigkeit gelten, „weil die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die örtliche Zuständigkeit die Gerichtsgewalt der deutschen Gerichte nicht nur im Verhältnis zueinander regelten, sondern zugleich mittelbar dem Ausland gegenüber die Grenze f ü r die Ausübung der deutschen Gerichtsbarkeit zögen" (so: RGZ 126, 196 ff.; 150, 265, 268). Dabei wird aber verkannt, daß diese positiv-rechtliche Regelung andere Rechtsordnungen stellen f ü r die internationale Zuständigkeit selbständige Voraussetzungen auf (vgl. Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 210 f.) — die örtliche und die internationale Zuständigkeit nur in ihren Voraussetzungen (§§ 12 ff. ZPO) miteinander verknüpft. Trotz dieser Verknüpfung bleiben örtliche Zuständigkeit und internationale Zuständigkeit etwas Verschiedenes: Die örtliche Zuständigkeit verteilt die Streitsachen unter die deutschen erstinstanzlichen Gerichte, die internationale Zuständigkeit dagegen regelt, ob eine Streitsache mit Auslandsbeziehungen von deutschen oder von ausländischen Gerichten entschieden werden soll. Es kann dahinstehen, ob mit Rücksicht auf diese funktionelle Verschiedenheit die internationale Zuständigkeit eine selbständige Prozeßvoraussetzung neben der örtlichen Zuständigkeit bildet, wie im internationalen Zivilprozeßrecht überwiegend angenommen wird (Neuner, Internationale Zuständigkeit, 1929, 45 Anm. 189; Pagenstecher, RabelsZ 1937, 346 ff.; Reu, Die staatliche Zuständigkeit im IPR, 1938, 89; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 1949, 318; Matthies, Deutsche internationale Zuständigkeit, 2 4 6
IPRspr. 1952-1953 Nr. 296. IzRspr. 1958-1959 Nr. 144. Siehe oben Nr. 182.
3 5 7
IPRspr. 1954-1955 Nr. 4. IPRspr. 1960-1961 Nr. 177. Siehe oben Nr. 33.
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1955, 63; a. A. Kralik, ZZP 1961, 26 ff.). In jedem Fall stellt sich die Frage, ob die Bestimmungen der ZPO, die sich außerhalb des Titels .Gerichtsstand' mit der örtlichen Zuständigkeit befassen, also nicht deren Voraussetzungen regeln, auch f ü r die internationale Zuständigkeit gelten. Die Antwort auf sie ist nicht schon aus der positiv-rechtlichen Verknüpfung der Voraussetzungen der beiden Zuständigkeiten logisch zu erschließen, sie ist vielmehr nur durch eine Auslegung dieser Bestimmungen, im vorliegenden Fall also der §§ 512 a, 549 II ZPO, zu gewinnen. 3. Der Sinn und Zweck der §§ 512 a, 549 II ZPO ergeben sich vornehmlich aus ihrer Entstehungsgeschichte. § 549 II ZPO ist im Rahmen der Novelle vom 5. 6. 1905 (RGBl. I 536), die eine Entlastung des RG bezweckte, in die ZPO eingefügt worden. Die Bestimmung wurde erst auf Grund der Beratungen der Reichstagskommission in den Entwurf aufgenommen und sollte, wie es in der Begründung heißt, ,noch in verstärktem Maße das RG von Zuständigkeitsstreitigkeiten befreien' (zitiert nach: Materialien zu dem Gesetz vom 5. 6. 1905, betreffend die Änderungen der ZPO, Erstes Heft der Beihefte zur OLGRspr. 1905, 114). § 512a ZPO entstammt der Zivilprozeßnovelle vom 13. 2. 1924 (RGBl. I 135, 143). Sie schnitt im Interesse der Entlassung der Rechtsmittelgerichte und der Beschleunigung des Verfahrens dem Beklagten die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit schon in der Berufungsinstanz ab. Das Gesetz hat demnach das Interesse der beklagten Partei, nur vor dem f ü r sie örtlich zuständigen Gericht in einen Rechtsstreit hineingezogen zu werden, dem allgemeinen Interesse nachgesetzt, die oberen Instanzen von Zuständigkeitsstreitigkeiten zu entlasten und das Verfahren zu beschleunigen. Nach der gesetzlichen Interessenbewertung kommt danach einem Streit über die örtliche Zuständigkeit nur noch eine mindere Bedeutung zu, wenn ein unteres Gericht sich einmal f ü r zuständig erklärt und den Instanzenzug eröffnet hat. Geht man von diesem Sinn und Zweck des Gesetzes aus, so ist es in der Tat zureichend gerechtfertigt, bei einmal bejahter örtlicher Zuständigkeit diese der Nachprüfung durch die übergeordneten Instanzen zu entziehen. a) Bei der - zu unterstellenden - Gleichwertigkeit der deutschen erstinstanzlichen Gerichte (vgl. RG, LZ 1930, 1502 Nr. 6) kann die beklagte Partei weder im Hinblick auf die Gestaltung des gerichtlichen Verfahrens noch auf die Entscheidung ein sachliches Interesse daran haben, daß statt des AG oder des LG, das seine örtliche Zuständigkeit bejaht hat, ein anderes AG oder LG den Rechtsstreit entscheide. Welches deutsche Gericht auch immer entscheiden mag, es wird dasselbe Verfahrensrecht und dasselbe materielle Recht anwenden. Ein Interesse, das Verfahren vor ein anderes Gericht zu ziehen, kann deshalb die beklagte Partei n u r im Hinblick auf solche Umstände haben, die sich nicht auf Verfahren und Rechtsanwendung, sondern lediglich auf die örtliche Lage des erstinstanzlichen Gerichts beziehen. Insbesondere ist die beklagte Partei in der Regel daran interessiert, nicht in einem vom Kläger angenommenen besonderen Gerichtsstand, sondern in ihrem durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bestimmten allgemeinen Gerichtsstand verklagt zu werden.
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Andererseits werden die Belange der staatlichen Rechtspflege überhaupt nicht dadurch berührt, von welchem erstinstanzlichen Gericht ein bestimmter Rechtsstreit entschieden wird. Das Gesetz konnte deshalb mit gutem Grund den weiteren Streit über die örtliche Zuständigkeit, wenn das untere Gericht seine örtliche Zuständigkeit bejaht hatte, als unbedeutend ansehen und von den höheren Instanzen ausschließen. Die gesetzliche Regelung entspricht also voll ihrem Sinn und Zweck, wenn man sie (nur) auf den Streit über die örtliche Zuständigkeit anwendet. b) Die Interessenlage ist aber eine wesentlich andere, wenn die beklagte Partei sich darauf beruft, das untere Gericht habe zu Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommen. Dabei ist von dem f ü r die Problemlage typischen Fall auszugehen, daß die beklagte Partei Ausländer oder eine Person mit Auslandsbeziehungen ist. Der beklagten Partei kommt es in diesem Fall darauf an, daß nicht ein deutsches Gericht, sondern ihr Heimatgericht die Rechtssache entscheidet. Dieses Interesse erschöpft sich nicht darin, daß ein f ü r die beklagte Partei günstiger gelegenes Gericht mit dem Prozeß befaßt wird — dieser Gesichtspunkt ist hier nur von untergeordneter Bedeutung. Die beklagte Partei hat an einer Entscheidung durch ihr Heimatgericht das natürliche Interesse jedes Staatsangehörigen, daß sein Staat, dessen Organisation und Funktionsweise er kennt, dessen Sprache er spricht und dem er auf mannigfache Weise verbunden ist, auch seiner Rechtssache sich annimmt, und nicht ein fremder Staat. Das Gewicht dieses Interesses ist mit dem Interesse eines Beklagten, der seine Rechtssache statt von dem einen von einem anderen gleichgeordneten Gericht seines Heimatstaates entschieden wissen will, nicht zu vergleichen. Es kommt hinzu, daß die internationale Zuständigkeit — anders als die örtliche - auch über das Verfahrensrecht entscheidet, nach dem der Rechtsstreit abgewickelt wird. Denn nur das deutsche Gericht wendet deutsches Prozeßrecht, das ausländische Gericht aber sein eigenes Verfahrensrecht an. Darüber hinaus hängt von der internationalen Zuständigkeit nicht selten auch ab, nach welchem materiellen Recht die Rechtssache entschieden wird. Wird die deutsche internationale Zuständigkeit bejaht, so bestimmt das deutsche IPR, nach welchem materiellen Recht das streitige Rechtsverhältnis zu beurteilen ist; wird aber die deutsche internationale Zuständigkeit verneint (und r u f t deshalb der Kläger ein ausländisches Gericht an), so entscheidet dieses nach dem IPR seines Landes über die anzuwendende Rechtsnorm. Demgemäß kann die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit - im Gegensatz zur Entscheidung über die örtliche — schon die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen. Dies kann ferner - abgesehen von der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung des IPR — auch schon dann zutreffen, wenn die Rechtsordnung des anderen Staates von einer ganz anderen Auffassung vom Wesen und Zweck des Rechts oder von einer von der deutschen wesentlich verschiedenen Methode der Rechtsanwendung ausgeht.
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In dieselbe Richtung weisen für die internationale Zuständigkeit die Belange der staatlichen Rechtspflege. Diese werden nicht berührt, wenn die Parteien darüber streiten, ob ein Rechtsstreit vom LG A oder ob er vom LG B zu entscheiden ist, wohl aber, wenn in Frage steht, ob eine Rechtssache mit Auslandsbeziehungen überhaupt von einem deutschen Gericht oder von einem ausländischen Gericht entschieden werden soll. Es handelt sich dann darum, wieweit die deutschen Gerichte in Rechtssachen mit Auslandsbeziehungen eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch nehmen. Diese Frage hat, aus dem Blickpunkt der staatlichen Rechtspflege gesehen, den gleichen Rang wie die Entscheidung über die Grenzen der deutschen Gerichtsbarkeit im engeren Sinne, also etwa in den Fällen der Immunität (für die auch das RG die Anwendbarkeit der §§ 512 a, 549 I I ZPO verneint; RGZ 157, 389, 392). Da mithin bei einem Streit über die internationale Zuständigkeit - anders als bei einem Streit über die örtliche Zuständigkeit - sowohl die Interessen der beteiligten Einzelnen als auch die Belange der staatlichen Rechtspflege in hohem Maße betroffen werden, kann nicht angenommen werden, das Gesetz, das nur Streitpunkte minderer Bedeutung von den höheren Instanzen ausschließen wollte, meine hier auch die internationale Zuständigkeit, wo es nur von der örtlichen Zuständigkeit spricht (im Ergebnis ebenso: Neuner aaO 45 Anm. 189; Pagenstecher aaO 337 ff., 442 ff.; Reu, Die staatliche Zuständigkeit im IPR, 1938, 200 Anm.; Kallmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, 1946, 23 Anm. 6; Riezler aaO 318; Matthies aaO 81 ff.; ders., N J W 1953, 546, 547; Gamillscheg, Anm. zu BAG, A P Internat. Privatrecht Nr. 4; Stein-Jonas-Pohle, ZPO, 19. Aufl., vor § 12 Bern. V 3). 4. Nur eine solche Auslegung steht auch im Einklang mit der Behandlung der übrigen Prozeßvoraussetzungen in den Rechtsmittelinstanzen. So ist die Frage der sachlichen Zuständigkeit, unter die auch die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen ordentlichen Gerichten und Arbeitsgerichten fällt, in allen Instanzen nachprüfbar, obgleich sie von ungleich geringerem Gewicht ist als die Frage der Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts. Die Frage des innerdeutschen Gerichtsweges ist in allen Instanzen sogar von Amts wegen nachzuprüfen. Es wäre widerspruchsvoll, könnten Berufung und Revision darauf gestützt werden, daß statt der deutschen ordentlichen Gerichte die deutschen Arbeitsgerichte oder Verwaltungsgerichte oder Sozialgerichte oder Finanzgerichte zuständig seien, nicht aber darauf, daß statt des deutschen ein ausländisches Gericht zur Entscheidung berufen war. Die Frage des Vorlagebeschlusses war deshalb zu bejahen. Die zu erwartende Mehrbelastung der Rechtsmittelgerichte, insbesondere des BGH, muß wegen des Gewichts der eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung nahelegenden Gründe in Kauf genommen werden." 2 2 5 . Grundsätzlich können die Parteien wirksam die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts vereinbaren.
ausschließliche
OLG München, Urt. vom 30. 6. 1965 - 7 U 1144/63: OLGZ 1966, 38.
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Aus den Gründen: „Hatten somit die Parteien das Gericht in Montreal als ausschließlich zuständig vereinbart, so sind sie d a r a n auch vom Standpunkt des deutschen Prozeßrechts her gebunden. Die getroffene Gerichtsstandsklausel enthält eine Derogation der Zuständigkeit eines deutschen Gerichts. Obwohl d a r ü b e r keine positiven gesetzlichen Vorschriften bestehen, ist eine solche grundsätzlich als zulässig zu erachten (dazu Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 1949, 300 ff.; RG, J W 36, 3185). Bedenken, die sich im konkreten Fall der Wirksamkeit einer derartigen Vereinbarung entgegenstellen können, bestehen, auch wenn m a n die in dem Gutachten des Rechtsvergleichenden Instituts der Universität München vom 17. 3. 1965 aufgezählten P u n k t e in Betracht zieht, nicht. Insbesondere liegt im gegenwärtigen Streitfall weder ein deutscher ausschließlicher Gerichtsstand vor, noch ist die Kl. durch die Vereinb a r u n g klaglos gestellt, noch bestehen gegen die Vollstreckungsmöglichkeit des Urteils zumindest in die in Kanada liegenden Vermögenswerte der Bekl. ersichtliche Hinderungsgründe. Daß eine .ausschließliche' Zuständigkeit des Gerichts von Montreal vom Standpunkt des kanadischen Rechtes von den Parteien nicht wirksam v e r einbart' werden konnte, k a n n im Einklang mit den Ausführungen des genannten Gutachtens als unbeachtlich angesehen werden, da eine solche Zuständigkeit bereits nach den Vorschriften des h i e r f ü r maßgebenden Rechts von Quebec gesetzlich festgelegt worden ist, Art. 28 Cc von Quebec in Verbindung mit Art. 94 Code de Procedure Civil von Quebec und sec. 30 des Quebec Companies Act."
4. Zuständigkeit in Ehe- und Kindschaftssachen Siehe auch Nr. 87, 145, 246, 249 2 2 6 . Ein deutsches Urteil, das die Ehe französischer Staatsangehöriger scheidet, wird in Frankreich nur anerkannt, wenn die Parteien bei Klageerhebung ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Nach § 606 b Nr. 1 ZPO hängt davon die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts ab. LG Kaiserslautern, Urt. vom 7. 1. 1964 - 4 R 198/63
Unveröffentlicht.
Die Parteien haben am 19. 10. 1946 vor dem Standesbeamten in Vif (Isère) Frankreich, die Ehe geschlossen. Beide Parteien sind französische Staatsangehörige. Der Bekl. besaß die französische Staatsangehörigkeit bereits vor der Eheschließung, die Kl. erwarb sie nach der Eheschließung. 1 In einem späteren Urteil vom 11. 10. 1966 - 4 R 87/66 hat das LG die Ehe der Parteien geschieden und ihren Wohnsitz in Deutschland bejaht. Das Urteil wird abgedruckt in IPRspr. 1966-1967.
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Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Parteien war in Kaiserslautern, wo die Kl. auch heute noch wohnt. Der Bekl. hat die Kl. an Ostern 1960 verlassen und lebt seit dieser Zeit in Frankreich. Die Kl. begehrt Scheidung ihrer Ehe. Aus den Gründen: „Da keine der Parteien die deutsche, sondern beide die französische Staatsangehörigkeit besitzen; kann nach § 606b Nr. 1 ZPO von einem deutschen Gericht über die Scheidungsklage sachlich nur entschieden werden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort eines der Ehegatten im Inland gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt werden wird. Diese letzte Voraussetzung ist nicht gegeben. Ein ausländisches Scheidungsurteil wird in Frankreich n u r anerkannt, wenn nach französischem internationalem Zivilprozeßrecht das Urteilsgericht zuständig war (Stein-Jonas, [ZPO] § 606 b Anm. VII). Nach den Regeln, die sich in der französischen Rechtsprechung und Lehre entwickelt haben, hängt die Zuständigkeit des deutschen Gerichtes davon ab, daß die Parteien bei Klageerhebung ihren Wohnsitz in Deutschland haben (Mezger, JZ 1960, 666; Stein-Jonas, ZPO, § 606 b VII Fußn.44; Palandt-Lauterbach, BGB, Art. 17 EGBGB Anm. V i a ; vgl. auch Serick, FamRZ 1955, 313; wohl auch in diesem Sinne Wieczorek, ZPO, § 606 C IHe). Daran fehlt es in vorliegendem Falle, da der Bekl. seit 1960 in Frankreich lebt und die Kl. nach französischem Recht, das hier f ü r die Frage, ob die Parteien in Deutschland einen Wohnsitz haben, maßgebend ist (Mezger, JZ 1960, 666), den Wohnsitz ihres Mannes teilt (Art. 108 Cc; Bergmann, [Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht] Bd. II S. 39). Da ein materielles Urteil keine Aussicht hätte, in Frankreich anerkannt zu werden, ist die Klage nach § 606 b ZPO unzulässig und mußte abgewiesen werden." 227. Die deutschen Gerichte sind nach Art. IV Abs. 1 Buchst, c des deutsch-britischen Abkommens vom U. Juli 1960 (BGBl. 1961 II 302) zur Scheidung der Ehe britischer Staatsangehöriger zuständig, wenn ihre Zuständigkeit nach englischem Recht anerkannt wird. Die Anerkennung des Urteils ist nach englischem Recht gewährleistet, wenn die Eheleute in der Bundesrepublik ein „domicile of choice" begründet haben. Die Ehefrau kann ein „domicile of choiceu allein begründen, wenn sie der Ehemann böswillig verlassen hat odefr wenn sie länger als drei Jahre an dem neuen Domizil wohnt. LG Köln, Urt. vom 14. 1. 1964 - 14 R 156/63: NJW 1964, 2114; Leitsatz in FamRZ 1964, 633 Nr. 373; DRiZ 1965 B 52 Nr. 794. Die Parteien, beide britische Staatsangehörige, haben 1950 vor dem Standesbeamten in Bolton die Ehe geschlossen. Seit dem 11. 11. 1956 leben die Parteien
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getrennt. Von 1953 bis 1956 wohnten sie regelmäßig in Köln. Die Kl. lebt seit diesem Zeitpunkt ständig in Köln. Die Kl. beantragt, die Ehe aus dem Verschulden des Bekl. zu scheiden. Sie behauptet, der Bekl. habe sie am 11. 11.1956 böswillig verlassen und erklärt, er wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben. Im Jahre 1957 sei er nur einmal auf der Durchreise zu ihr gekommen. Seither fehle jede Spur von ihm. Aus den Gründen: „Die deutschen Gerichte sind nach Art. IV Abs. 1 Buchst, c des deutschbritischen Abkommens vom 14. 7. 1960 (BGBl. 1961 II 302 [306]) f ü r die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zuständig, wenn die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach englischem Recht anerkannt werden wird. Das ist der Fall. Wie sich aus der Meldebestätigung der Stadt Köln f ü r die Kl. . . . ergibt, hat die Kl. zumindest seit dem Jahre 1956 ihren festen Wohnsitz in Köln. Die Kl. hat darüber hinaus bei ihrer Vernehmung als Partei glaubwürdig und überzeugend bekundet, daß die Parteien schon seit 1954 Köln als ständigen gemeinsamen Wohnsitz gewählt und damit zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht hatten. Nach englischem Recht, das als Heimatrecht des Bekl. hier in Betracht kommt (Art. 17 I EGBGB), wird die zu fällende Entscheidung auch anerkannt werden. Das englische Recht beansprucht in diesem Falle keine Zuständigkeit f ü r sich. Denn das englische IPR steht unter der Herrschaft des Domizilprinzips (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Großbritannien S. 9). Die Parteien haben ihr Domizil in Köln begründet. Durch freie Willensentschließung haben sie im Jahre 1954 das bei der Geburt erworbene ,domicile of origin' zugunsten des .domicile of choice' in Köln aufgegeben. Nach älterer englischer Rechtsprechung (vgl. die umfangreichen Nachweise in der Entscheidung dieser Kammer vom 28. 4. 1959, NJW 1959, 1591 f . 1 sowie die von Dopffel in RabelsZ 23 [1958] 298ff., 317, Henrich, Der Domizilbegriff im englischen IPR: RabelsZ 25 [1960] 456 ff., 488, Brintzinger, Zur Anerkennung von Scheidungen englischer Ehen durch deutsche Gerichte in England: JZ 1960, 346 ff., 349) bestände allerdings dieses ,domicile of choice' f ü r die Parteien nicht mehr in Köln, da der Bekl. nach der glaubwürdigen Bekundung der Kl. bei ihrer Vernehmung als Partei sowie nach den Ergebnissen umfangreicher Fahndungen nach seinem Verbleib, die der Kammer urkundlich vorgelegt wurden, seit den 11. 11. 1956 nicht mehr in Köln wohnt. Nach der früheren englischen Rechtsprechung konnte die Ehefrau ein selbständiges .domicile of choice' während des Bestehens der Ehe nicht begründen (vgl. die von Dopffel aaO, Henrich aaO und Brintzinger aaO zitierten Entscheidungen Travers v. Holley und Le Mesurier v. Le Mesurier sowie die bei Graupner, NJW 1954, 825, zitierten Entscheidungen). Nach neuerer Auffassung in der englischen Rechtsprechung kann indessen auch die Ehefrau allein ein ,domicile of choice' begründen, wenn sie der Ehemann böswillig verlassen 1
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hat oder wenn sie länger als drei Jahre an dem neuen Domizilort wohnt (vgl. vor allem die Entscheidung Robinson-Scott v. Robinson-Scott, High Court of Justice vom 6. 11. 1957, zitiert in RabelsZ 23 [1958] 288ff., 297). Der Richter Karminski geht bei der Entscheidung Robinson-Scott v. Robinson-Scott davon aus, daß die englischen Gerichte die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichtes gelten lassen sollten, wenn die Ehefrau tatsächlich drei Jahre lang ihren Aufenthalt im Gebiet des ausländischen Gerichts hatte. Denn die englischen Gerichte würden nach Auffassung des Richters Karminski bei Nachweis eines gleichartigen Aufenthalts in England ihre Zuständigkeit bejahen. Aus diesem Grunde sei eine gleiche Behandlung ausländischer Scheidungsurteile bei gleichen Voraussetzungen nur logisch. Die örtliche Zuständigkeit des LG Köln ergibt sich aus § 606 b II ZPO, da die Kl. ihr ,domicile of choice' seit mehr als drei Jahren ausschließlich in Köln hat. Für die sachliche Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist deutsches Recht maßgebend. Das englische IPR, das nach Art. 17 1 EGBGB als Heimatrecht des Bekl. für maßgebend erklärt ist, verweist auf deutsches Recht zurück. Denn das I P R Großbritanniens erklärt das Recht des Staates für anwendbar, in dem die Ehegatten (vgl. Bergmann aaO 9, Wieczorek, Komm, zur ZPO, § 606 Anm. G I I I e und LG Köln, N J W 1959, 1592 oder zumindest einer von ihnen (so seit der oben zitierten Entscheidung Robinson-Scott v. Robinson-Scott) ihr Domizil haben. Gemäß Art. 27 EGBGB nimmt das deutsche I P R die Rückverweisung an. Das Scheidungsbegehren der Kl. ist gemäß § 43 EheG begründet... Diese Verfehlungen des Bekl. sind schwere Eheverfehlungen im Sinne des § 43 EheG. Sie können auch gemäß Art. 17 I I EGBGB zur Scheidung führen. Denn nach dem Matrimonial Causes Act, sec. 18 (1) Nr. 1 b ist bösliches Verlassen auch nach dem Heimatrecht des Bekl. ein Scheidungsgrund. Da nach den getroffenen Feststellungen den Bekl. die Schuld an der Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses der Parteien trifft und seine Verfehlungen nicht verziehen sind, muß gemäß § 52 I EheG seine Schuld im Urteilstenor ausgesprochen werden. Dieser Schuldausspruch ist auch gemäß Art. 17 II EGBGB möglich, obwohl er im englischen Scheidungsrecht nicht vorgesehen ist. Denn das englische Recht kennt nur eine Scheidung wegen Verschuldens, so daß sich dort eine besondere Schuldfeststellung erübrigt. Im Rahmen der vorliegenden Entscheidung muß aber die Schuld des Bekl. festgestellt werden, damit nicht zweifelhaft ist, daß die Scheidung wegen schuldhafter Eheverfehlungen des Bekl. ausgesprochen worden ist (vgl. dazu Soergel-Kegel, [BGB] Art. 17 EGBGB Randn.57)." 2 2 8 . Zur internationalen Zuständigkeit sachen algerischer Staatsangehöriger.
deutscher
Gerichte
in
Ehe-
LG Kiel, Urt. vom 11. 3. 1964 - 8 R 79/63: FamRZ 1964, 446; Leitsatz in DRiZ 1964 B 116 Nr. 1587.
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Der 1929 in Algerien im Dorfe Ait R'Zine, Département Sétif, geborene Kl. und die 1935 im gleichen Dorfe geborene Bekl. haben 1950 nach religiösem Recht die Ehe miteinander geschlossen. Die Ehe wurde am 7. 3. 1954 beim Standesamt der früheren Gemeinde Akbou, Département Sétif, registriert. Die Parteien sind Mohammedaner und besitzen die algerische Staatsangehörigkeit. Der in Neumünster wohnhafte Kl. hat Klage auf Scheidung der Ehe erhoben, seine Klage aber in der letzten mündlichen Verhandlung unter Zustimmung der Bekl. zurückgenommen. Die in Algier wohnhafte Bekl. hat Widerklage erhoben mit dem Antrage, die Ehe der Parteien zu scheiden. Der Kl. und Widerbekl., der sich ausdrücklich der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen hat, stellt zur Widerklage keinen Antrag. Er wurde persönlich vernommen und hat im wesentlichen ausgesagt: Die Bekl. und er seien Moslems. Sie gehörten keiner Sekte an und insbesondere nicht zu den Mozabiten. Sie stammten beide aus der Kleinen Kabylei. Er gebe zu, daß er die Bekl. 1954 verlassen habe und nicht gewillt sei, zu ihr zurückzukehren und die eheliche Gemeinschaft mit ihr wieder aufzunehmen. Er wolle mit ihr nichts mehr zu tun haben. Er räume ein, daß er zwei Kinder mit einer anderen Frau habe. Das Gericht hat ein Gutachten des Instituts f ü r Internationales Recht an der Universität Kiel eingeholt. Aus den Gründen: „Nachdem d e r KI. seine Klage zurückgenommen hat, w a r n u r noch ü b e r die Widerklage zu entscheiden. Das LG Kiel ist gemäß § 606 b Nr. 1 ZPO z u r Entscheidung dieses Rechtsstreits b e r u f e n . Falls nämlich keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, k a n n von einem deutschen Gericht in der Sache entschieden werden, ,wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes o d e r der F r a u im Inland gelegen ist u n d nach dem Heimatrecht des Mannes die von d e m deutschen Gericht zu fällende Entscheidung a n e r k a n n t w e r d e n wird'. Alle diese Voraussetzungen liegen hier vor. Beide Parteien besitzen die algerische Staatsangehörigkeit. Das ergibt sich, wie der Sachverständige in seinem vom Gericht eingeholten Gutachten in überzeugender Weise im einzelnen a u s g e f ü h r t h a t - die Zitate u n d Quellenangaben sind zum Teil diesem Gutachten e n t n o m m e n —, aus Chapter II Art. 5 in Verbindung mit Art. 2 I des algerischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 2. 4. 1963 (Loi no. 63-96 p o r t a n t Code de la nationalité algérienne, in: J o u r n a l Officiel de la République algérienne - J. O. R. A. - Nr. 18 vom 2. 4. 1963 S. 306-309 u n d Berichtigung in J. O. R. A. Nr. 20 v o m 12. 4. 1963 S. 338). Nach Art. 5 dieses Gesetzes besitzt die algerische Staatsangehörigkeit das Kind eines algerischen Vaters, u n d nach Art. 2 I gelten die Bestimmungen ü b e r die Zuerkennung der algerischen Staatsangehörigkeit durch Abstammung auch f ü r Personen, die vor dem Tag des Ink r a f t t r e t e n s dieser Bestimmungen geboren sind. Da beide Parteien - wie sich mit Deutlichkeit aus der H e i r a t s u r k u n d e ergibt — von algerischen E l t e r n geboren sind, besitzen sie somit die Staatsangehörigkeit der Republik Algerien durch Abstammung. Der Kl. hat auch seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, n ä m lich in Neumünster. 43*
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Was schließlich die Frage der Anerkennung des deutschen Ehescheidungsurteils nach dem Heimatrecht des Kl. angeht, so ist sie nach den Regeln dieses Heimatrechts, also nach dem Recht der Republik Algerien, zu beantworten. Da der algerische Staat noch nicht über eine eigene Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts verfügt, beläßt das ,Überleitungsgesetz' vom 31. 12. 1962 (Loi no. 62-157 du 31 décembre 1962 tendant à la réconduction jusqu'à nouvel ordre, de la législation en vigueur au 31 décembre 1962, in: J. O. R. A. Nr. 2 vom 11.1.1963 S. 11) Art. 1: Die am 31. 12. 1962 in Kraft befindliche Gesetzgebung wird, mit Ausnahme der der nationalen Souveränität Algeriens entgegenstehenden Bestimmungen aufrechterhalten. Art. 2: Alle Bestimmungen und Verfügungen, die die innere und äußere Souveränität des algerischen Staates beeinträchtigen, kolonialen oder diskriminierenden Charakter tragen oder die normale Ausübung demokratischer Freiheiten erschweren, sind als null und nichtig zu betrachten. das bisher in Algerien geltende Recht ausdrücklich weiter in Kraft, soweit es nicht dem algerischen ordre public widerspricht. Ein eigenes IPR hat die Republik Algerien noch nicht entwickelt, so daß unter dem Vorbehalt des Art. 2 des ,Uberleitungsgesetzes' vom 31. 12. 1962 auf das vor der Erlangung der Selbständigkeit geltende Recht zurückzugreifen ist. In den algerischen Départements, die vor der Erlangung der Selbständigkeit zu Frankreich zählten, galt - abgesehen von den dem religiösen Recht unterworfenen Rechtsmaterien der ,statuts civils locaux' (lokalen Personalstatute) - das französische Recht als ,droit commun' (gemeines Recht) — vgl. Canac, Les Perspectives d'Evolution du Statut Civil des Musulmans et la Réforme des Règles du Mariage musulman en Algérie: Revue Juridique et Politique d'Outre-mer 13 [1959] 55) — und damit auch das IPR Frankreichs. Das französische IPR verstößt auch nicht gegen den „ordre public" des Art. 2 des .Überleitungsgesetzes', da die mohammedanischen Rechtstraditionen kein eigenes Kollisionsrecht entwickelt haben (vgl. Farran, Matrimonial Law of the Sudan, London 1963, 203), das während der französischen Herrschaft über Algerien unterdrückt worden wäre. Somit ist Voraussetzung f ü r die Anerkennung des Ehescheidungsurteils, daß das von der Bekl. und Widerkl. angerufene Gericht nach französischem Recht zuständig ist, daß das nach französischem IPR anwendbare Recht angewendet wird und daß das Verfahren keine erheblichen Mängel aufweist (vgl. Batiffol, Traité élémentaire de Droit International Privé, 3. Aufl. 1959, Nr. 753ff., S. 841 ff.; Mezger, Scheidung von Franzosen im Ausland im Licht der neuesten französischen Rechtsprechung, in: Festschrift f ü r Hans Lewald, Basel 1953, 317ff.; Serick, FamRZ 1955, 311 ff.; Mezger, JZ 1960, 660ff.; Raape, IPR, 5. Aufl. 1961, 300 Anm. 85; LG Tübingen, JZ 1956, 255 »). Zuständig f ü r die von der Bekl. erhobene Widerklage ist nach Art. 12 des Décret Nr. 59-1.082 des Präsidenten der Französischen Republik vom 17. 9. 1959 - Journal Officiel de la République Française (J.O.R. F.) vom 1
IPRspr. 1954-1955 Nr. 93.
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19. 9. 1959, S. 9. 139 - das Gericht am Wohnsitz des beklagten Ehegatten, hier also des Kl. und Widerbekl. Durch dieses Décret finden die Bestimmungen über die Ehescheidung der Ordonnance Nr. 5 9 - 2 7 4 vom 5. 2. 1959 J . O . R . F . vom 11. 2. 1959, S. 1.860 - eine nähere Ausgestaltung. Diese Ordonnance und damit das zu ihrer Ausführung ergangene Décret vom 1 7 . 9 . 1959 kommen als Heimatrecht des Kl. zur Anwendung. Nach Art. 1 der Ordonnance erstreckt sich nämlich ihr Anwendungsbereich unter Vorbehalt der Bestimmung des Art. 10 - Nichtanwendung auf Anhänger des Ibaditischen Ritus (Mozabiten) - auf Personen, deren Status und Rechts- und Handlungsfähigkeit von einem der in den algerischen Départements oder den Départements der Oasen und der Sahara in Kraft befindlichen lokalen Personalstatute bestimmt wird. Damit gilt die Ordonnance für alle Départements Nord- und Südalgeriens und alle den lokalen Personalstatuten unterworfenen Personen mit Ausnahme der Mozabiten. Da die Parteien nicht dem ibaditischen Ritus angehören und sie auch nicht unter das in der Großen Kabylei geltende Gewohnheitsrecht fallen - sie stammen, wie der Kl. glaubhaft bekundet hat, aus der Kleinen Kabylei - (vgl. Roussier, Mariage et Divorce en Algérie, in: Die Welt des Islams N. F . 6 [1959/61] 253), gelten für sie die Bestimmungen der Ordonnance und des Décret vom 17. 9. 1959, die nach Art. 9 der Ordonnance ausdrücklich auch auf vor Inkrafttreten der Ordonnance geschlossene Ehen Anwendung finden. Die Ordonnance und das Décret stellen auch keinen Verstoß gegen Art. 2 des .Überleitungsgesetzes' vom 31. 12. 1962 dar, obwohl vor diesen Bestimmungen für die mohammedanischen Algerier das Recht der taläq galt, der Ehescheidung oder Verstoßung gemäß den Vorschriften der islamischen Rechtstraditionen. Denn diese Regelung bedeutet nicht eine erzwungene Übernahme des französischen Privatrechts, sondern steht in Einklang mit der Entwicklung in zahlreichen islamischen Staaten, die durch staatliche Gesetze Eheschließung und Ehescheidung der mohammedanischen Rechtstradition entzogen haben, so u. a. Ägypten im J a h r e 1955 und Tunesien im Jahre 1956 (vgl. Canac aaO 67; Schacht, Islamic Law in Contemporary States: The American Journal of Comparative Law 8 [1959] 133-147; Schacht, Problems of Modern Islamic Legislation: Studia Islamica 12 [1960] 9 9 - 1 2 9 ) , und entspricht den Forderungen mohammedanischer Rechtslehrer (vgl. Roussier, Le Mariage et sa Dissolution dans le Statut civil local algérien, Alger 1960, 25). Nach alledem ist, da der Widerbekl. seinen Wohnsitz im Bereich des LG Kiel hat, dieses Gericht nach Art. 12 des Décret vom 17. 9. 1959 für die Widerklage zuständig. Auch die — für algerische Rechtsverhältnisse hilfsweise heranzuziehenden — Art. 14 und 15 Cc stehen der Anerkennung des Urteils in Algerien nicht entgegen, da die in Algerien wohnhafte Widerkl. mit ihrer Widerklage das deutsche Gericht angerufen hat und beide Parteien mit der Erhebung der Widerklage vor dem deutschen Gericht ausdrücklich einverstanden sind (vgl. Batiffol aaO Nr. 754 ff., S. 852). Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung von Franzosen - wie gezeigt, gilt dies für Algerier
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entsprechend - dann zuständig, wenn der beklagte Franzose ausdrücklich auf die französische Zuständigkeit, die f ü r einen Franzosen immer gegeben ist, verzichtet und er seinen Wohnsitz in Deutschland hat (vgl. Palandt, [BGB] 20. Aufl., Art. 17 EGBGB Anm. 6 a unter .Einzelfälle usw.'). Das Gericht ist auch nach § 606 ZPO f ü r die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig; denn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Kl. liegt im Bereich des LG Kiel. Nach Art. 3 III Cc, der f ü r algerische Staatsangehörige entsprechend anzuwenden ist, ist auf die Scheidung von Franzosen das französische Recht als Heimatrecht anzuwenden. Dies entspricht auch dem deutschen Kollisionsrecht. Da eine Rückverweisung gemäß Art. 27 EGBGB vom französischen (algerischen) IPR nicht stattfindet, ist nach Art. 17 1 EGBGB f ü r die Scheidung der Ehe der Parteien das algerische Recht maßgebend. Schließlich erfüllt das Verfahren vor dem deutschen Gericht auf jeden Fall die Mindestanforderungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Der Kl. und Widerbekl. als beklagter Ehegatte ist zu jedem Verhandlungstermin persönlich geladen und auch gehört worden. Es ist demnach damit zu rechnen, daß die Entscheidung des angerufenen deutschen Gerichts in Algerien anerkannt werden wird, so daß das LG Kiel f ü r die Widerklage der Bekl. nach § 606 b Nr. 1 ZPO zuständig ist. Die Widerklage ist auch begründet. Auf das Scheidungsbegehren der Bekl. und Widerkl. ist, wie ausgeführt, gemäß Art. 17 1 EGBGB das algerische Recht anzuwenden. Art. 11 des Décret vom 17. 9. 1959 gestattet die Ehescheidung sowohl wegen Ehebruchs des anderen Ehegatten wie auch wegen Ausschreitungen, Mißhandlungen und schweren Beleidigungen durch den anderen Ehegatten, wenn diese letzteren Handlungen eine schwere und wiederholte Verletzung der ehelichen Pflichten darstellen und die Aufrechterhaltung des ehelichen Bandes unerträglich machen. Das willentliche Verlassen des gemeinschaftlichen Haushalts durch den einen Ehegatten wird nach französischem (algerischem) Recht als eine solche Beleidigung angesehen und stellt somit einen Scheidungsgrund dar (vgl. Planiol-Ripert, Traité élémentaire de droit civil I, 4. Aufl. 1948, 398 Nr. 1099; Dalloz, Répertoire de droit civil II, 1952, unter .divorce' Nr. 243-247). Der Kl. hat selbst eingeräumt, daß er die Bekl. ohne stichhaltigen Grund verlassen habe und sich hartnäckig weigere, zu ihr zurückzukehren. Dieses Verhalten beleidigt die Bekl. nicht nur schwer, sondern stellt auch eine fortgesetzte schwere Verletzung der ehelichen Pflichten dar und macht die Aufrechterhaltung des ehelichen Bandes unerträglich. Weiter hat der Kl. eingeräumt, daß er hier mit einer anderen Frau zwei Kinder habe. Auf Grund seiner eigenen Aussage ist also auch ein wiederholter Ehebruch des KI. als erwiesen anzusehen. Damit ist das Scheidungsbegehren der Bekl. und Widerkl. nach Art. 11 des Décret vom 17. 9. 1959 begründet. Auch nach § 43 des deutschen EheG - dies ist gemäß Art. 17 IV EGBGB ebenfalls zu prüfen - wäre die Ehe zu scheiden. Denn das Verhalten des
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KI. stellt eine schwere Eheverfehlung dar, durch die er die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, daß die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann. Weil eine der Vorschrift des § 52 EheG entsprechende Bestimmung sow o h l im Code civil als auch in dem Décret v o m 17. 9. 1959 fehlt, konnte nicht ausgesprochen werden, daß der Kl. die Schuld an der Scheidung trägt. Für das deutsche Recht ist ein Schuldausspruch nicht wesentlich. Nach alledem war die E h e der Parteien auf die Widerklage ohne Schuldausspruch zu scheiden." 229« Die für die deutsche internationale Zuständigkeit zur Ehescheidung in § 606 b Nr. 1 ZPO geforderte Anerkennung der Entscheidung nach dem Heimatrecht des Mannes setzt nach dem Recht der Volksrepublik China voraus, daß die Scheidung freiwillig und durch ein amtliches Verfahren nach den geltenden Gesetzen erfolgt. Bei einer Scheidung nach ausländischem Recht braucht das deutsche Scheidungsurteil keinen Schuldausspruch zu enthalten, wenn die Scheidung auf freiwilliger Basis beruht. LG Berlin, Urt. vom 16. 3. 1964 - 32 R 111/63 1 : Unveröffentlicht. Die Parteien haben am 29. 4. 1950 vor dem Standesamt in Leipzig die Ehe geschlossen. Die Kl. ist von Geburt Deutsche. Durch die Eheschließung mit dem Bekl. hat sie die chinesische Staatsangehörigkeit erworben. Sie besitzt jetzt die national-chinesische Staatsangehörigkeit, während der Bekl. der Volksrepublik China angehört. Im März 1961 hat der Bekl. die Kl. verlassen und ist von Berlin nach Nürnberg übergesiedelt. Die Kl. behauptet, der Bekl. weigere sich beharrlich, die eheliche Lebensgemeinschaft fortzusetzen. Sie sei mit einer Scheidung ohne Schuldausspruch einverstanden. Die Kl. beantragt daher, die Ehe der Parteien zu scheiden. Der Bekl. hat im Verhandlungstermin erklärt, daß er gleich der Kl. die Ehescheidung wünsche, und zwar ohne Schuldausspruch. Ferner haben beide Parteien in einer zu den Akten überreichten Erklärung vom Februar 1964 ihr Einverständnis mit einer Scheidung ihrer Ehe ohne Schuldausspruch auf freiwilliger Basis zum Ausdruck gebracht, und der Bekl. hat darin seine grundlose und beharrliche Weigerung, die Ehe fortzusetzen, zugestanden. Die Parteien haben weiter erklärt, daß eine Vermögensauseinandersetzung nicht stattzufinden brauche, weil kein Vermögen vorhanden sei, und daß sie sich über den Hausrat geeinigt hätten. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts (internationale Zuständigkeit) ist gegeben. Nach § 606 b Nr. 1 ZPO kann, w e n n keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, v o n einem deutschen Gericht in der Sache nur 1 Für eine einverständliche Scheidung nach tunesischem Becht in Leitsatz 2 übereinstimmend: LG Berlin, Urt. vom 14.5. 1964 - 32 R 281/63: Unveröffentlicht.
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entschieden werden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes oder der F r a u im Inland gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt werden wird. Im vorliegenden Fall haben beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland. Die Kl. hält sich seit langer Zeit in Berlin auf und geht hier ihrem Beruf nach. Der Bekl., der bis zur Trennung der Parteien ebenfalls in Berlin gelebt hat, hält sich seit 1961 in Nürnberg auf und ist dort berufstätig. Nach dem Recht der Volksrepublik China wird - wie dem Schreiben der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Berlin-Karlshorst vom 26. 8. 1963 zu entnehmen ist — eine ausländische Entscheidung in Ehesachen anerkannt, .falls sie auf Grund der Freiwilligkeit der beiden Seiten und durch ein amtliches Verfahren nach geltenden Gesetzen erfolgt'. Diese Voraussetzungen liegen, wie sich aus den späteren Ausführungen ergibt, vor. Auf die Klage findet, da nicht entscheidend ist, ob die Volksrepublik China, der der Bekl. angehört, allgemein völkerrechtlich anerkannt wird (Soergel-Siebert, [BGB] Anm. 99 vor Art. 7 EGBGB; Wolff, [Das IPR Deutschlands] 3. Aufl., § 18 II), gemäß Art. 17 I EGBGB das Recht der Volksrepublik China als Heimatrecht des Bekl. unter Berücksichtigung deutschen Rechts Anwendung (Art. 17 IV EGBGB). Nach Art. 17 I Satz 1, II Satz 2 des EheG der Volksrepublik China vom 13. 4. 1950 (abgedruckt in RabelsZ 1951, 121 ff.) ist den Ehegatten die Ehescheidung zu gewähren, wenn sie beide wirklich selbst die Scheidung wünschen und die Fragen der Kinder und des Vermögens tatsächlich angemessen geregelt sind. Die Kl. hat durch die Erhebung der Scheidungsklage ihr Scheidungsbegehren zum Ausdruck gebracht. Hiermit hat sich der Bekl. im Termin am 16.5.1963 einverstanden erklärt. Darüber hinaus haben sich beide Ehegatten in der gemeinsamen Erklärung vom Februar 1964 freiwillig mit einer Scheidung ihrer Ehe ohne Schuldausspruch einverstanden erklärt. Beide Parteien wünschen also wirklich selbst die Scheidung. Eine Vermögensauseinandersetzung brauchte nicht zu erfolgen, da, wie die Parteien in der genannten Erklärung übereinstimmend bestätigt haben, kein Vermögen vorhanden ist und sie sich über den Hausrat bereits geeinigt haben. Da die Ehe kinderlos ist, entfällt eine diesbezügliche Regelung. Das vom Bekl. zugegebene und somit als erwiesen anzusehende Verhalten, nämlich die grundlose und beharrliche Weigerung, die Ehe fortzusetzen, stellt gleichzeitig eine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 43 des deutschen EheG vom 20. 2. 1946 dar, denn er hat dadurch das eheliche Verhältnis schuldhaft so tief zerrüttet, daß mit der Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht zu rechnen ist. Die Ehe der Parteien war daher gemäß Art. 17 des EheG der Volksrepublik China vom 13. 4. 1950 zu scheiden.
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Die Frage, ob das deutsche Scheidungsurteil einen Schuldausspruch zu enthalten hat, bestimmt sich nach dem Recht der Volksrepublik China. Dieses sieht einen Ausspruch des Verschuldens nicht vor. Ein Schuldausspruch braucht auch nach der teilweise vertretenen Auffassung, daß in das deutsche Urteil ein solcher bereits dann aufzunehmen ist, wenn der Scheidungsgrund auf einem Verschulden beruht (vgl. Soergel-Siebert, Randn. 55 ff. zu Art. 17 EGBGB), nicht zu erfolgen, da die Scheidung in vorliegendem Fall auf freiwilliger Basis beruht." 230. Heimatrecht im Sinne von § 606 b Nr. 1 ZPO ist bei einem amerikanischen Staatsangehörigen das Recht desjenigen Gliedstaates, der aufgrund des Domizils die Kompetenz zur Regelung der Ehescheidung in Anspruch nehmen kann. Ein Angehöriger der amerikanischen Streitkräfte erwirbt an dem Ort, an dem er als Soldat stationiert wird, grundsätzlich kein Domizil. Das internationale Scheidungsrecht des Staates New York enthält eine versteckte Rückverweisung auf die lex fori. LG Mannheim, Urt. vom 24. 4. 1964 - 1 R 191/63: Unveröffentlicht. Die in Altlussheim bei Mannheim geborene Kl. und der im Staate New York geborene Bekl. haben im Jahre 1957 im Staat New York die Ehe geschlossen. Beide Parteien besitzen die Staatsangehörigkeit der USA. Die Kl. begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Bekl. Der Bekl. gehört der amerikanischen Armee an und war zunächst in Oswego (Staat New York) und Fort Dix (New Jersey), später zeitweise in Westdeutschland stationiert. Seit Oktober 1961 befindet er sich bei den Streitkräften in Pirmasens. Die Kl. wohnt bei ihren Eltern in Altlussheim, nachdem sie zwischenzeitlich mit dem Bekl. in Fort Dix gelebt hatte. Seit Frühjahr 1962 ist die Kl. in Mannheim berufstätig. Das Gericht hat ein Gutachten des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg eingeholt.
Aus den Gründen: „Das deutsche Gericht ist f ü r die Entscheidung f ü r die beantragte Scheidung zuständig. Nach § 606 b Nr. 1 ZPO darf, sofern keiner der beiden Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, von einem deutschen Gericht in der Sache nur entschieden werden, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Mannes oder der Frau im Inland gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt werden wird. Beide Parteien sind Staatsangehörige der USA. Ob der Bekl. durch seine Stationierung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 606 b ZPO in Westdeutschland begründet hat, konnte dahingestellt bleiben; denn bei der Kl. sind die Voraussetzungen erfüllt, die man an das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthaltsortes im Sinne der ZPO knüpft. Die Kl. hat bei ihrer Vernehmung glaubwürdig dargelegt, daß sie sich von
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ihrem Ehemann endgültig getrennt hat und nunmehr wieder bei ihren Eltern in Altlussheim lebt. Sie beabsichtigt, weiterhin f ü r unbestimmte Zeit in Deutschland zu bleiben und Deutschland zum Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse zu machen. Sie ist in Altlussheim, wie sich aus der vorgelegten Aufenthaltsbescheinigung vom 21. 4. 1964 ergibt, polizeilich gemeldet und ist berufstätig. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts hängt davon ab, ob die Entscheidung des deutschen Gerichts von dem Heimatstaat des Ehemannes anerkannt wird. Der Bekl. besitzt die Staatsangehörigkeit der USA; demnach richtet sich die Frage der Anerkennung der zu fällenden Entscheidung nach dem Recht der USA. In den USA ist jedoch die Regelung des Scheidungsrechts Sache der einzelnen Bundesstaaten. Heimatstaat des Ehemannes ist derjenige Staat der USA, der auf Grund des in ihm gelegenen Domizils des Ehemannes die Kompetenz zur Regelung der Ehescheidung in Anspruch nehmen kann. Aus der eingehenden Untersuchung in dem eingeholten Gutachten ergibt sich, daß der Bekl. durch seine Geburt das domicil of origin im Staate New York erworben hat. Ein anderes Domizil hat er nach den überzeugenden Ausführungen in diesem Gutachten nicht erworben, insbesondere kein domicil by choice an den Orten, an denen er als Soldat stationiert war, also insbesondere nicht in Fort Dix, auch nicht in Pirmasens, wo er z. Z. stationiert ist. Die überwiegende Lehre und Rechtsprechung der amerikanischen Gerichte geht nämlich dahin, daß ein Angehöriger der Streitkräfte an dem Ort, an dem er als Soldat stationiert wird, grundsätzlich kein Domizil erwirbt (vgl. die zahlreichen Nachweise in dem eingeholten Gutachten). Ausnahmsweise wird nach den Ausführungen des Gutachtens die Begründung eines Domizils am Garnisonsort dann bejaht, wenn der Soldat an diesem Ort die Voraussetzungen f ü r die Begründung eines .domicil 'erfüllt. Hierzu ist jedoch erforderlich, daß er nicht nur dort mit seiner Familie zusammenlebt, sondern daß er außerdem den Willen bekundet und in die Tat umsetzt, dort ein ,home' in dem f ü r die Begründung eines domicil by choice erforderlichen Sinne zu haben (vgl. Gutachten; Stevens v. Allen, 71 So. 936; Trigg v. Trigg, 41 S. W. 2 d 583). Erforderlich ist also nicht bloß, daß sich der Soldat lediglich während seines Garnisonaufenthalts an dem betreffenden Ort aufhalten will, sondern er muß auch nach Beendigung der Dienstzeit dort weiterhin leben bzw. sich dort aufhalten wollen (vgl. Sealg v. United States, 7 F. Suppl. 734). Aus der Vernehmung des Bekl. ergibt sich, daß er n u r während der Dauer seiner Stationierung als amerikanischer Soldat in Deutschland zu verweilen beabsichtigt. Da der Bekl. an Orten außerhalb des Staates New York Aufenthalt nur in seiner Eigenschaft als Angehöriger der US-amerikanischen Streitkräfte nahm und an diesen Orten auch nur auf Grund seiner Zugehörigkeit zur US-amerikanischen Armee verblieb, hat er sein ,domicil of origin' in New York durch ein neu gegründetes .domicil by choice' nicht verloren. Er ist, wie das Gutachten überzeugend ausführt, nach amerikanischer Auffassung auch heute noch im Staate New York domiziliert. Das bedeutet, daß dem Staate New York nach amerikanischer Auffassung die Kompetenz zur Regelung der Scheidung des Ehemannes zusteht und Hei-
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matrecht im Sinne des § 606 b ZPO allein das Recht des Staates New York ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der USA (vgl. Entscheidung des Supreme Court der Vereinigten Staaten in 50 L. Ed. 867 und weitere Nachweise im Gutachten) gilt der Grundsatz, daß die in einem anderen Staat ausgesprochene Scheidung nur dann anerkannt wird, wenn dieser andere Staat nach der Auffassung des zur Anerkennung berufenen Staates Jurisdiction' hatte. Diese Jurisdiction ist aber nach den Ausführungen des Gutachtens n u r gegeben, wenn einer der beiden Ehegatten in dem Urteilsstaate im Zeitpunkt der Urteilsfällung domicil hatte (Gutachten mit Nachweisen). Im vorliegenden Falle hat die Kl. nach amerikanischer Auffassung, wie der Sachverständige in seinem Gutachten darlegt, in Deutschland domicil. Die Kl., die von Geburt Deutsche ist, beabsichtigt, wie sie glaubwürdig dargelegt hat, nach ihrer Scheidung in ihrer alten Heimat zu bleiben, dort sich eine neue Existenz aufzubauen und damit Deutschland zum Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse zu machen. Sie ist bereits bei der Firma BBC Werk Rheinhausen als Arbeiterin tätig. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts ist hiernach gegeben. Nach Art. 17 EGBGB ist das materielle Scheidungsrecht dem Heimatrecht des Ehemannes zu entnehmen, soweit nicht die Kollisionsnormen des Staates New York eine Rückverweisung enthalten (RGZ 136, 361). Das amerikanische Recht enthält keine ausdrücklichen Kollisionsnormen über das in Scheidungssachen anzuwendende Recht, sondern lediglich Regelungen über die internationale Zuständigkeit (Jurisdiction) in Scheidungsprozessen. Da die amerikanischen Gerichte in Scheidungssachen, falls sie sich f ü r zuständig erklären, jeweils das eigene Recht anwenden, fallen internationale Zuständigkeit und anzuwendendes Recht zusammen. In dieser Koppelung von Jurisdiction und anzuwendendem materiellen Recht ist eine versteckte Rückverweisung auf die lex fori (RGZ 136, 361; OLG Hamburg, J W 1937, 2530; LG Kassel, J W 1953, 307 ^ zu sehen. Da das deutsche IPR gemäß Art. 27 EGBGB diese Rückverweisung auf das deutsche Recht annimmt, ist auf die Scheidung materiell-deutsches Recht anzuwenden." 2 3 1 . Das deutsche Gericht ist zur Scheidung der Ehe luxemburgischer Staatsangehöriger, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, gemäß § 606 b Nr. 1 ZPO international zuständig. LG Wiesbaden, Urt. vom 16. 6. 1964 - 3 R 355/63: Unveröffentlicht. Die Parteien haben am 10. 4. 1943 vor dem Standesbeamten der Stadt Luxemburg geheiratet. Sie sind luxemburgische Staatsangehörige. Der KI. hat sich im Jahre 1950 von der Bekl. getrennt und lebt seit 1961 in Wiesbaden. Die Bekl. wohnt in Luxemburg. 1
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Der Kl. hat die Klage, nachdem die Bekl. Widerklage erhoben hat, zurückgenommen. Die Bekl. behauptet, der Kl. habe sich einer anderen Frau zugewandt, mit der er in einem ehebrecherischen Verhältnis lebe. Die Bekl. beantragt im Wege der Widerklage, die Ehe der Parteien zu scheiden und den Kl. für den allein schuldigen Teil zu erklären. Der Kl. stellt zur Widerklage keinen Antrag. Es ist ein Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt worden. Aus den Gründen: „Die Widerklage, über die nach Rücknahme der Klage allein zu entscheiden ist, ist zulässig und begründet. Der Rechtsstreit kann, obwohl beide Parteien nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, vor einem deutschen Gericht entschieden werden. Gemäß § 606 b Nr. 1 ZPO kann in einem derartigen Fall die deutsche Gerichtsbarkeit dann ausgeübt werden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes oder der F r a u im Inland gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt wird. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der gewöhnliche Aufenthaltsort des Kl. ist in Deutschland gelegen. Scheidungsurteile deutscher Gerichte entfalten nach dem eingeholten Gutachten ihre Wirkung in Luxemburg grundsätzlich ohne weiteres, und zwar auch dann, wenn beide Parteien die Luxemburger Staatsangehörigkeit besitzen. Eine besondere Anerkennung ist nur dann erforderlich, wenn das Urteil zur Grundlage einer Vollstreckung dienen soll oder wenn es zu einem Streit Anlaß gibt. Die Anerkennung wird in diesen Fällen dann erteilt, wenn das deutsche Gericht sowohl nach den Regeln des Luxemburger internationalen Prozeßrechts als auch nach deutschem Recht zuständig war und die Ehescheidung nach Luxemburger Recht beurteilt worden ist. Nach Luxemburger internationalem Prozeßrecht ist f ü r Scheidungsklagen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Eheleute ihren Wohnsitz haben (Art. 234 des Luxemburger BGB). Beide Parteien haben ihren Wohnsitz im Bezirk des angerufenen Gerichts, nämlich in Wiesbaden. Der Kl. wohnt hier seit 1961, er ist seitdem ordnungsgemäß polizeilich gemeldet. Seinen früheren Wohnsitz in Luxemburg hat er schon vor langer Zeit aufgegeben. Dies ergibt sich aus der bereits seit 1950 bestehenden Trennung von der Bekl. und dem Umstand, daß er sich außerhalb von Luxemburg eine neue berufliche Existenz aufgebaut hat. Die Bekl. wohnt allerdings noch in Luxemburg. Dies ändert aber nichts daran, daß auch sie ihren Wohnsitz in Wiesbaden hat, da sie kraft Gesetzes (Art. 108 lux. BGB) als Ehefrau den Wohnsitz ihres Ehemannes teilt. Die weiteren Voraussetzungen einer Anerkennung sind, wie sich aus dem Folgenden ergibt, ebenfalls erfüllt. Das angerufene Gericht ist zur Entscheidung sachlich und örtlich zuständig. Gemäß § 606 ZPO ist die Scheidungsklage, falls die Parteien einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nicht gehabt haben, vor demjenigen Landgericht zu erheben, in dessen Bezirk der gewöhnliche
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Aufenthaltsort der beklagten Partei gelegen ist. Für die Widerklage ist der Kl. beklagte Partei. Sein gewöhnlicher Aufenthaltsort liegt im Bezirk des angerufenen Gerichts, nämlich in Wiesbaden. Bei der sachlichen Prüfung der Widerklage ist Luxemburger Recht anzuwenden. Dies ergibt sich aus Art. 17 EGBGB. Hiernach sind für die Scheidung einer Ehe die Gesetze desjenigen Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Klageerhebung angehört, im vorliegenden Fall also die Gesetze des Großherzogtums Luxemburg. Aus Art. 229 lux. BGB kann das Scheidungsbegehren der Bekl. allerdings nicht hergeleitet werden. Nach dieser Bestimmung kann wegen Ehebruchs des Mannes Scheidung nur dann verlangt werden, wenn er seine Konkubine in die gemeinsame Wohnung aufgenommen hat. Hierfür ist nichts vorgetragen. Die Widerklage ist aber aus Art. 231 lux. BGB begründet, da sich der Kl. einer schweren Beleidigung der Bekl. schuldig gemacht hat. Er hat Beziehungen zu einer anderen Frau aufgenommen, mit der er zusammen lebt. Dies hat er bei seiner Parteivernehmung zugegeben. Hierdurch hat er die Bekl. in ihrer Würde als Ehefrau schwer gekränkt. Ihrem Scheidungsbegehren muß daher stattgegeben werden. Die Feststellung eines Verschuldens in der Urteilsformel muß unterbleiben, da das Luxemburger Recht hierfür keine Grundlage bietet." 2 3 2 . Die internationale Zuständigkeit zur Scheidung einer Ehe von Franzosen setzt nach § 606 b Nr. 1 ZPO die Anerkennung der deutschen Entscheidung in Frankreich voraus. Dafür ist erforderlich, daß die beklagte Partei eindeutig zu erkennen gegeben hat, daß sie auf die Anwendung von Art. 15 Code civil verzichtet und daß der Wohnsitz im französischen Sinne, also der Hauptwohnsitz, zur Zeit der Klageerhebung in Deutschland begründet war. L G Berlin, Urt. vom 22. 6. 1964 - 32 R 144/64: Unveröffentlicht.
233« Die für die deutsche internationale Zuständigkeit zur Ehescheidung in § 606 b Nr. 1 ZPO geforderte Anerkennung der Entscheidung nctch dem Heimatrecht des Mannes setzt nach dem Recht von El Salvador voraus, daß die Parteien ihr Domizil im Sinne des salvadorianischen Rechts in Deutschland haben und das deutsche Gericht die Vorschriften des salvadorianischen materiellen Eherechts und des Verfahrensrechts berücksichtigt. Bei einer Scheidung nach ausländischem Recht ist ein Schuldausspruch immer dann in die Urteilsformel aufzunehmen, wenn das anzuwendende ausländische Recht an die Schuld irgendwelche Folgen knüpft, auch wenn ein ausdrücklicher Schuldausspruch nach dem ausländischen Recht nicht vorgeschrieben ist. LG Hamburg, Urt. vom 11. 8. 1964 - 5 R 85/58 l : Unveröffentlicht. 1 Zu Leitsatz 1 bezieht sich das Gericht auf das Urt. des LG Hamburg vom 14. 12. 1955 - 5 R 372/55 = IPRspr. 1954-1955 Nr. 95.
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Die Kl. belgischer Staatsangehörigkeit begehrt Scheidung von dem Bekl., der Staatsangehöriger von El Salvador ist. Aus den Gründen: „I. . . . Dagegen hat das Gericht die telefonische Äußerung des Bekl. aus dem April 1958, die Kl. sei ein .Feigling' und eine .Lügnerin', nicht zur Begründung des Urteils heranziehen können, obwohl der Bekl. bei seiner Vernehmung vor dem Prozeßgericht zugegeben hat, diese Worte zu der KI. gesagt zu haben. Denn nach den Vorschriften des § 582 Zivilprozeßordnung von El Salvador sind Geständnisse einer Partei in Ehesachen kein Beweismittel. Mit Rücksicht darauf, daß das vorliegende Urteil wegen der Frage der Anerkennung durch den Heimatstaat des Bekl. auch den dortigen Verfahrensvorschriften Genüge tun muß, hat das Gericht davon abgesehen, diese nach deutschen Verfahrensgrundsätzen als erwiesen anzusehenden Verfehlungen des Bekl. im Urteil mit zu verwenden. II. . . . III. Der Schuldausspruch erfolgt aus § 52 II Satz 1 EheG als Teil des anzuwendenden deutschen Verfahrensrechts. Da beide Parteien Verschuldensgründe (Art. 146 BGB von El Salvador) f ü r die Scheidung gesetzt haben, sind sie beide an der Scheidung schuldig. Dieser Schuldausspruch ist nach der feststehenden Rechtsprechung der Kammer jedenfalls immer dann in die Urteilsformel aufzunehmen, wenn das anzuwendende ausländische Recht an die Schuld des einen oder anderen Teils irgendwelche Folgen knüpft, auch wenn ein ausdrücklicher Schuldausspruch nach dem ausländischen Recht nicht vorgeschrieben ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn nach salvadorianischem Recht hat die Schuldigerklärung des einen oder anderen Teils erhebliche Folgen, z. B. f ü r die Frage der eventuellen Wiederheirat, die Verteilung der elterlichen Gewalt und die Güterverteilung (Art. 151 BGB von El Salvador). Der beiderseitige Schuldausspruch ist deshalb in die Urteilsformel mit aufgenommen worden. Dagegen hat das Gericht sich nicht in der Lage gesehen, das überwiegende Verschulden des Bekl. entsprechend § 52 II Satz 2 EheG auszusprechen. Zwar wiegt das Verschulden des Bekl. nach der Überzeugung des Gerichts schwerer als dasjenige der Kl. Jedoch kennt das salvadorianische Recht nach den Feststellungen des Gerichts den Begriff des überwiegenden Verschuldens nicht; es qualifiziert vielmehr verschiedene Verschuldensarten und bewertet das Verschulden aus Art. 145 Nr. 2, 3, 6 und 9 anders als dasjenige aus Art. 145 Nr. 1, 4, 5, 7 und 8 (vgl. Art. 151 Nr. 3 BGB von El Salvador). Diese differenzierten Verschuldensformen entsprechen jedoch nicht dem Begriff des überwiegenden Verschuldens, insbesondere auch nicht hinsichtlich der Folgen, so daß das Gericht die überwiegende Schuld des Bekl. in der Urteilsformel nicht feststellen konnte (Palandt-Lauterbach, [BGB] Art. 17 Anm. 5 EGBGB)."
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2 3 4 . Heimatrecht im Sinne von § 606 b Nr. 1 ZPO ist bei einem amerikanischen Staatsangehörigen das Recht desjenigen Einzelstaates, in welchem er sein Domizil hat. Die Schaffung eines Wahldomizils setzt nach amerikanischem Recht die Absicht voraus, an dem tatsächlichen Aufenthaltsort ein neues Heim zu gründen. Zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen nach dem Recht des Staates Colorado. L G Heidelberg, Urt. v o m 10. 12. 1964 - 1 R 151/65: M D R 1965, 663; Die Justiz 1965, 239; Leitsatz in DRiZ 1965 B 115 Nr. 1621. Die Parteien haben am 20. 9. 1957 vor dem Standesbeamten in Denver/Colorado (USA) die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die Kl. ist am 15. 2. 1936 in Cortez/Colorado, der Bekl. am 11. 5. 1936 in Denver/Colorado geboren. Beide Parteien besitzen die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika und sind protestantischen Bekenntnisses. Sie haben nach ihrer Verheiratung zunächst zusammen in Denver gewohnt und dort beide gearbeitet. Im November 1960 haben sie ihre Arbeitsstellen aufgegeben und Amerika verlassen, um durch Europa zu reisen. Sie hielten sich zunächst ein Jahr lang gemeinsam in Spanien auf. Dort hatte der Bekl. auch gearbeitet. Im November 1961 kamen die Parteien nach Deutschland, wo sie zuerst kurze Zeit bei Freunden in Stuttgart und sodann einen weiteren Monat lang - bis Januar 1962 - bei Freunden in München wohnten. Der Aufenthalt bei diesen Gastgebern geschah jeweils nur besuchsweise. Die Parteien waren dabei polizeilich nicht gemeldet. Während des Aufenthalts in München hat sich der Bekl. von der Kl. getrennt. Er verließ Anfang 1962 die Kl. und siedelte nach Mannheim über. Im Laufe des Jahres 1964 ist der Bekl. nach Eppelheim umgezogen, wo er jetzt noch wohnt. Er ist zur Zeit als Zivilangestellter bei der amerikanischen Armee in Mannheim beschäftigt. Die Kl. ist, nachdem sie vom Bekl. verlassen worden war, weiterhin in München geblieben und hat sich zu diesem Zeitpunkt entschlossen, München zu ihrem ständigen Wohnsitz zu machen. Sie hat sich dort im März 1962 eine eigene Wohnung genommen und arbeitet seit April 1962 als Sekretärin. Beide Parteien beabsichtigen, in Deutschland auf unabsehbare Zeit zu verbleiben. Die Kl. begehrt die Scheidung der Ehe aus der Schuld des Bekl., der sie verlassen habe. Aus den Gründen: „ I . Die Klage ist zulässig. 1. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist nach § 606 b Nr. 1 Z P O gegeben. Beide Parteien besitzen eine ausländische Staatsangehörigkeit und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Unter diesen Voraussetzungen kann von einem deutschen Gericht über die Scheidungsklage nur entschieden werden, wenn nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt werden wird. Dieses Zulässigkeits-Erfordernis ist erfüllt. Heimatrecht im Sinne von § 606 b Nr. 1 Z P O als das Recht des Staates, dem der Mann angehört, ist f ü r den Bekl. zunächst das Recht der Vereinigten Staaten. Diese Feststellung genügt allerdings nicht. Dem amerikanischen Bundesrecht kann nämlich keine Antwort auf die Frage entnommen
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werden, ob das deutsche Scheidungsurteil im Gebiet der USA anerkannt werden wird, weil das Ehescheidungsrecht und die Scheidungsgerichtsbarkeit in den Zuständigkeitsbereich der Einzelstaaten fällt und demgemäß die Entscheidung über die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile ausschließlich Sache der amerikanischen Bundesstaaten ist. Ein US-Bundesangehöriger besitzt die Staatsangehörigkeit (state citizenship) desjenigen Einzelstaates, in welchem er sein Domizil hat (sec. 1 des XIV. Zusatzartikels der Bundesverfassung). Auf diese Einzelstaatsangehörigkeit ist vom deutschen Richter, soweit das Recht der Einzelstaaten in Frage steht, abzustellen ( N u ß b a u m , Grundzüge des IPR, 1952, 133; ferner StaudingerRaape, Komm, zum BGB, 9. Aufl., VI/2, 1931, 37 ff.; Firsching in Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Bd. VI, USA S. 4 ff.; abweichend Kegel, IPR, 2. Aufl. 1964, 161, und ders. in SoergelSiebert, BGB V, 9. Aufl., 1961, Nr. 111 vor Art. 7 EGBGB). Das Recht dieses Einzelstaates gibt auch über die nach § 606 b Nr. 1 ZPO relevante Frage Auskunft, ob das deutsche Scheidungsurteil in den Vereinigten Staaten anerkannt wird. Nach den gemeinen Grundsätzen des amerikanischen Rechts beansprucht nämlich derjenige Gliedstaat die Kompetenz zur Regelung der eherechtlichen Verhältnisse, insbesondere der Scheidung, in dem wenigstens einer der Ehegatten seinen Wohnsitz hat (Nußbaum, aaO 136; Schwenk, Scheidung amerikanischer Ehen durch deutsche Gerichte: NJW 1955, 1707 ff., 1709). Der Bekl. hat gegenwärtig in keinem Staat der USA einen Wohnsitz. Er hat sein früheres Domizil in Colorado aufgegeben und einen Wohnsitz in Deutschland begründet. Maßgebend f ü r diese Feststellung sind die amerikanischen Rechtsgrundsätze über das .domicil' (RGZ 126, 353; LG Heidelberg, FamRZ 1955, 74 ff., 75 1 ; Schwenk, NJW 1955, 1708), und zwar - worauf Kegel (Urteilsanm. in FamRZ 1955, 75 ff.) zutreffend hinweist — das Recht desjenigen Bundesstaates, in welchem ein Domizil in Frage steht. In Colorado, wo der Bekl. ein Domizil hatte und möglicherweise noch haben könnte, sind allerdings keine von den gemein-amerikanischen Regeln über die Begründung bzw. Beibehaltung eines Domizils abweichenden Rechtsgrundsätze ersichtlich. Nach diesen amerikanischen Rechtsregeln hat der Bekl. in Deutschland ein ,domicil of choice' begründet. Die Schaffung eines solchen Wahldomizils setzt außer dem tatsächlichen Aufenthalt am betreffenden Ort die Absicht voraus, dort ein neues Heim (home) zu gründen (Goodrich, Handbook of the Conflict of Laws, 3. Aufl. 1949, 60 ff.; Nachweise bei Hackworth, Digest of International Law II, 1941, 382). Eine Absicht, dauernd zu bleiben, verlangt das amerikanische Recht im Gegensatz zum englischen jedoch nicht (Goodrich aaO 65; BayObLGZ 1958, 35 ff., 40 2 ). Zwar begründen Aufenthalte im Verlaufe einer Reise kein Domizil, sofern die Rückkehr und Wiederaufnahme von Wohnung und Arbeit am Ausgangsort beabsichtigt ist. Der derzeitige Wohnsitz des Bekl. in Eppelheim ist jedoch nicht ein bloßer Durchgangsaufenthalt im Verlaufe einer geplanten Reise. Der Bekl. hat, indem er hier 1
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W o h n u n g und feste Arbeit a u f n a h m , einen neuen Lebensmittelpunkt geschaffen. E r hält sich in dieser Gegend schon seit fast drei J a h r e n auf u n d hat keine Pläne, in absehbarer Zeit nach Denver zurückzukehren; er will vielmehr auf unbestimmte Zeit in Deutschland bleiben. Die besonderen Regeln über die F o r t d a u e r des letzten Domizils vor Diensteintritt f ü r Militärangehörige (vgl. Schwenk, N J W 1955, 1708) gelten f ü r den Bekl. - der erst in Deutschland als Zivilangestellter zur amerikanischen Armee gestoßen ist - nicht (vgl. auch LG Heidelberg, F a m R Z 1955, 74 *). Der Bekl. hat daher in Deutschland ein Domizil im Sinne des amerikanischen Rechts begründet, welches nach dem Grundsatz, daß jedermann jeweils n u r ein Domizil haben k a n n (vgl. Firsching bei Bergmann aaO USA S.44), f ü r den Fortbestand des .domicil of birth' in Colorado keinen Raum läßt. Hat der Bekl. somit gegenwärtig kein Domizil in den USA u n d deshalb dort zur Zeit in scheidungsrechtlicher Hinsicht kein Heimatrecht im Sinne von § 606 b Nr. 1 ZPO, so ist daraus nicht zu folgern, daß er im Sinne dieser Bestimmung als Staatenloser zu betrachten wäre. Bei amerikanischen Staatsangehörigen, die ihr Domizil nach Deutschland verlegt und deshalb in den Vereinigten Staaten kein Domizil m e h r haben, ist zur Bestimmung des Heimatrechts in scheidungsrechtlicher Hinsicht an das letzte amerikanische Domizil anzuknüpfen (Kegel, Urteilsanm. in FamRZ 1955, 75 ff.; allgemein Firsching aaO 5; im Ergebnis ebenso LG Heidelberg aaO u n d ohne Eingehen auf die Problematik wohl auch BGHZ27,47ff. 3 ). Diese Betrachtungsweise wird entsprechend im Erbrecht nach Art. 25 EGBGB auf den E r b f a l l eines in Deutschland verstorbenen Amerikaners, der im Zeitp u n k t des Todes in den USA kein Domizil hatte, angewendet (BayObLGZ 1958, 35 ff.2; Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht, 1961, II, US Rdnr. 37 c). Diese Lösung ist auch interessengemäß. F ü r den Fall, daß sich der Bekl. später einmal zur Rückkehr in die Vereinigten Staaten entschließen sollte, spricht jedenfalls die größere Wahrscheinlichkeit d a f ü r , daß er in seinen f r ü h e r e n Heimatstaat zurückkehrt u n d dort die Frage der Anerkennung seiner Scheidung am ehesten akut wird. Die Frage der Anerkennung des begehrten Scheidungsurteils ist daher nach dem Recht von Colorado zu beurteilen. Hierbei k a n n auf die allgemeinen amerikanischen Grundsätze über die Anerkennung ausländischer Ehescheidungen zurückgegriffen werden. Die Regeln des amerikanischen interlokalen Rechts sind dabei nicht unmittelbar anzuwenden. Auch die ,full faith and credit clause' (Art. IV sec. 1 der Bundesverfassung), die zur Anerkennung von Urteilen eines Bundesstaates in den anderen Bundesstaaten verpflichtet, gilt nicht gegenüber ausländischen Urteilen. Die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile wird von den amerikanischen Gerichten lediglich als ein Akt internationaler Höflichkeit (comity) in den Grenzen des ordre public betrachtet (Hackworth aaO 382 ff.; Schwenk, N J W 1955, 1708). In diesem Rahmen werden allerdings tatsächlich ann ä h e r n d die gleichen Regeln befolgt, nach denen sich auch die interlokale Anerkennung von Scheidungen richtet. Diese Regeln besagen f ü r den vor3
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 1. IPR 1964/65
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liegenden Fall: Ein ausländisches Scheidungsurteil wird von den nordamerikanischen Bundesstaaten anerkannt, wenn die ausländische Gerichtsbarkeit nach amerikanischer Auffassung gegeben war, was dann der Fall ist, wenn zumindest eine der Parteien ihr Domizil im Urteilsstaat hatte (Nußbaum aaO 234; Rabel, The Conflict of Laws I, 2. Aufl. 1958, 500 ff., 506; Hackworth aaO 382 ff.). Dieser Grundgedanke kann auch dem Uniform Divorce Recognition Act von 1948 entnommen werden, wenngleich eine unmittelbare Anwendung dieses Gesetzes, das nur die interlokale Anerkennung regelt und von Colorado nicht ratifiziert ist, f ü r den vorliegenden Sachverhalt nicht in Betracht kommt. Nach § 1 des Gesetzes, der auf allgemeinen amerikanischen Grundsätzen fußt, wird das Scheidungsurteil eines Bundesstaates in demjenigen anderen Bundesstaat nicht anerkannt, in welchem beide Parteien bei Einleitung des Scheidungsverfahrens ihren Wohnsitz hatten. Das bedeutet umgekehrt, daß ein Bundesstaat keine ausschließliche Scheidungsgerichtsbarkeit beansprucht, also das Scheidungsurteil eines anderen Bundesstaates — und entsprechend das Urteil eines fremden Staates - anerkennt, wenn nur ein Ehegatte im Gebiet dieser anderen Gerichtsbarkeit domiliziert war. Im Recht von Colorado findet sich zudem eine die Gerichtszuständigkeit dieses Staates einschränkende Bestimmung, wonach ein Ehegatte während des letzten Jahres vor Erhebung der Scheidungsklage ,bona fide resident and Citizen' von Colorado gewesen sein muß (Martindale-Hubbell, Law Directory, 93. Aufl. 1961, IV, Colorado Law Digest, unter ,Divorce'). Für die Scheidung von Ehen, bei denen diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, beansprucht Colorado keine Gerichtszuständigkeit. Der Bekl. hat - wie schon dargelegt - sein Domizil in Deutschland. Auch die Kl. hatte vor Klageerhebung ein Domizil in Deutschland. Ihr früheres Domizil in Colorado ist damit jedenfalls erloschen. Es brauchte nicht entschieden zu werden, ob die Kl. das Domizil des Bekl. teilt oder ob sie gemäß der neueren amerikanischen Auffassung, die ein getrenntes Domizil der Ehefrau f ü r das Scheidungsrecht in weitem Umfang anerkennt (vgl. Rabel aaO 432 ff.), einen eigenen Wohnsitz in München begründen konnte, indem sie sich dort f ü r unbestimmte Zeit niederließ und eine dauernde Arbeit annahm. Bei beiden Parteien handelt es sich nicht um ein Scheindomizil, das die Nichtanerkennung des deutschen Scheidungsurteils durch die amerikanischen Gerichte zur Folge haben würde (dazu Rabel aaO 544; BGHZ 27, 47 ff., 51 8 ). Nach dem bisherigen Verlauf des zunächst gemeinsamen und später getrennten Europa-Aufenthaltes der Parteien ist der Verdacht ausgeschlossen, daß sie sich zu dem Zweck in Deutschland niedergelassen haben, um in den Genuß der deutschen Scheidungsgerichtsbarkeit zu gelangen. Da keine Partei ein Domizil in Colorado hat, sondern beide ihr Domizil in Deutschland haben, sind nach dem Recht von Colorado nicht die Gerichte dieses Staates f ü r die Scheidung zuständig, sondern deutsche Gerichte. In prozessualer Hinsicht ist die Anerkennung des deutschen Scheidungsurteils durch die Behörden von Colorado deshalb gesichert.
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Das vom zuständigen ausländischen Gericht angewendete materielle Scheidungsrecht wird von den amerikanischen Gerichten bei der Frage der Anerkennung des ausländischen Urteils im allgemeinen nicht nachgeprüft; wie das materielle Recht geartet ist, bleibt f ü r die Anerkennung des Urteils durch die amerikanischen Gerichte in aller Regel gleichgültig. Mit der deutschen Gerichtszuständigkeit ist vom amerikanischen Standp u n k t aus auch die Anwendbarkeit des deutschen materiellen Scheidungsrechts gegeben. Nach gemein-amerikanischem IPR ist als sachliches Scheidungsrecht die lex fori maßgebend (vgl. Restatement of the Law of Conflict of Laws, 1934, § 135; Firsching bei Bergmann aaO 54; Raape, IPR, 5. Aufl. 1961, 281; LG Kassel, N J W 1953, 307 ff., 308 4 ). Daß die Behörden von Colorado in der Anwendung des deutschen Ehescheidungsrechts auf den vorliegenden Sachverhalt einen Verstoß gegen den amerikanischen ordre public sehen und deshalb die Anerkennung verweigern würden, ist nicht anzunehmen, zumal d a n n nicht, wenn die Entscheidung zugleich auch vom materiellen Ehescheidungsrecht des Staates Colorado getragen wird (siehe unten II 3). 2. Innerhalb der somit gegebenen internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ist das erkennende Gericht nach § 606 II Satz 1 ZPO örtlich zuständig. Ein Gerichtsstand des gegenwärtigen bzw. letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Parteien (§ 606 I ZPO) ist nicht gegeben, weil die Parteien nach dem h i e r f ü r maßgebenden deutschen Recht (vgl. BGHZ 27, 47 ff. 8 ) in Deutschland zu keiner Zeit einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Der gemeinsame, jeweils n u r vorübergehende Aufenthalt der Parteien in Stuttgart und München, wo sie nach ihrer Ankunft in Deutschland jeweils f ü r kurze Zeit bei Freunden unterkamen, erfüllt den Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht. In beiden Fällen fehlte das im Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes vorausgesetzte Merkmal einer gewissen Dauer (vgl. Baumbach-Lauterbach, ZPO, 28. Aufl. 1965, Anm. 3 A zu § 606 ZPO), zumal die Parteien zum damaligen Zeitp u n k t noch nicht über ihren weiteren Verbleib in Deutschland entschieden hatten. Der Bekl. hat aber im LG-Bezirk Heidelberg seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort. Dies ist auf Grund der bereits getroffenen Feststellung, daß er hier sein Domizil hat, ohne weiteres zu bejahen, denn die Anforderungen an die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes sind noch leichter, jedenfalls aber nicht strenger, als die einer Domizilbegründung nach amerikanischem Recht. II. Die Klage ist auch begründet. 1. Die Klage ist nach deutschem materiellem Scheidungsrecht zu beurteilen. Nach Art. 17 EGBGB sind f ü r die Ehescheidung die Gesetze des Staates maßgebend, dem der E h e m a n n zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Diese Verweisung f ü h r t zunächst auf das Kollisionsrecht u n d materielle Scheidungsrecht von Colorado als desjenigen Einzelstaates der USA, in welchem der Bekl. sein letztes amerikanisches Domizil hatte; im 4
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Rahmen des Art. 17 1 EGBGB gilt insofern das gleiche wie bei der Verweisung in § 606 b Nr. 1 ZPO (vgl. Kegel, FamRZ 1955, 75 ff.). Auf die Ausführungen unter I 1 wird insoweit Bezug genommen. Nach den gemeinen international-privatrechtlichen Grundsätzen der amerikanischen Bundesstaaten - auch derjenigen von Colorado - wendet die nach amerikanischem Recht zur Scheidung international zuständige Gerichtsbarkeit die lex fori an (siehe oben). Das ist das deutsche Ehescheidungsrecht, weil auf Grund des in Deutschland belegenen Domizils des Bekl. das deutsche Scheidungsforum gegeben ist. Diese Rückverweisung im amerikanischen Recht wird von Art. 27 EGBGB angenommen mit der Folge, daß das deutsche materielle Scheidungsrecht anzuwenden ist (RGZ 136, 361 ff., 366; Schwenk, NJW 1955, 1709; Kegel in Soergel-Siebert, Rdnr. 115 zu Art. 17 EGBGB; Raape, IPR, 280 ff.); dies gilt auch dann, wenn man den Renvoi im amerikanischen Recht als Gesamtverweisung sowohl auf das deutsche materielle Recht wie auf deutsches Kollisionsrecht betrachtet (zum Problem: Schwenk aaO; RGZ 136, 361 ff., 365). 2. Das Scheidungsbegehren der Kl. ist nach § 43 Satz 1 EheG gerechtfertigt . . . 3. Das Scheidungsbegehren der Kl. wäre auch nach dem sachlichen Ehescheidungsrecht von Colorado (Colorado Revised Statutes 1953 und 1957, ch. 46) gerechtfertigt. Nach diesem Recht (zum folgenden: MartindaleHubbell aaO) bildet das bösliche Verlassen seit einem J a h r (desertion for one year) einen Scheidungsgrund. Dieser Tatbestand ist selbst dann erfüllt, wenn man der Tatsache Rechnung trägt, daß die Verzeihung (condonation) auch im Recht von Colorado als Verteidigung gegenüber dem Scheidungsverlangen zugelassen ist und deshalb die Dauer der Verlassung erst vom Zeitpunkt des letzten ehelichen Verkehrs der Parteien (Oktober 1963) an rechnet. F ü r die Annahme eines bösgläubigen Zusammenwirkens der Kl. mit dem Bekl. (collusion) besteht kein Anhaltspunkt, da die Kl. glaubhaft versichert hat, daß sie die Rückkehr des Bekl. gewünscht und diesen dazu mehrfach ernsthaft aufgefordert habe, was vom Bekl. auch bestätigt wurde." 235. Das deutsche Gericht ist nach § 606 b Nr. 1 ZPO zur Scheidung der Ehe amerikanischer Staatsangehöriger international zuständig, wenn eine'r der Ehegatten gewöhnlichen Aufenthalt und Domizil in Deutschland hat, während der andere Ehepartner im Staate California domiziliert ist. LG Lüneburg, Urt. vom 16. 2. 1965 - 4 R 725/64: Unveröffentlicht. Die Parteien haben am 1.11. 1960 in Corwallis, Kr. Benton, Staat Oregon (USA), vor einem Militär-Geistlichen der amerikanischen Luftwaffe die Ehe miteinander geschlossen. Sie sind beide Staatsangehörige der USA. Die Parteien hatten nach der Heirat ihren gemeinsamen Wohnsitz in der Stadt Salinas im Staat California. Im Sommer 1963 kam der Bekl. als Angehöriger der US-amerikanischen Streitkräfte nach Deutschland. Im Oktober 1963 folgte ihm die Kl. nach. Sie wohnt seitdem in einer vom Bekl. beschafften Mietwohnung in G.,
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Kreis Celle. Der Bekl. teilte zunächst diese Wohnung. Am 12. 2. 1964 zog er in die Kaserne seiner Truppe. Seitdem leben die Parteien getrennt voneinander. Die Kl. begehrt die Scheidung der Ehe. Aus den Gründen: „Gemäß § 606b ZPO ist die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben. Der gewöhnliche Aufenhalt der Kl. liegt im Inland. Es ist auch zu erwarten, daß die deutsche Entscheidung nach dem Heimatrecht des Bekl. anerkannt werden wird. Nach § 1 des vom Staate California angenommenen Uniformgesetzes über die Anerkennung von Ehescheidungen (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., USA S. 80) erkennt California eine unter einer anderen Gerichtsbarkeit erwirkte Scheidungsklage nicht an, wenn beide Ehegatten im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens ihr Domizil in diesem Staate hatten. Dieses der Anerkennung entgegenstehende Hindernis ist vorliegend nicht gegeben. Zwar dürfte der Bekl. sein Domizil noch im Staate California haben. Die Kl. dagegen hat ihr Domizil in der Bundesrepublik. Da sie seit dem 12. 2.1964 vom Bekl. getrennt lebt, konnte sie ein von seinem Domizil abweichendes eigenes Domizil begründen [Bergmann aa047). Sie hat es dadurch getan, daß sie nicht alsbald nach Herbeiführung der Trennung in die USA zurückgekehrt, sondern in der Bundesrepublik geblieben ist, hier die ursprünglich für das Zusammenleben mit dem Bekl. beschaffte Wohnung beibehalten hat und am 15. 2. 1964 über diese Wohnung einen zweijährigen Mietvertrag geschlossen hat. Sie hat für diese Wohnung Möbel angeschafft. Sie bemüht sich, die deutsche Sprache zu erlernen, und nimmt am gesellschaftlichen Verkehr ihrer Umgebung teil. Dadurch ist nach außen ihre Absicht, für eine unbestimmte, nur der Mindestdauer nach feststehende Zeit in Deutschland zu bleiben, erkennbar geworden. Die Klage ist begründet. Nach kalifornischem Recht, das nach Art. 17 I EGBGB maßgebend ist, kann Scheidung begehren, wer von seinem Ehegatten seelisch grausam behandelt oder seit einem Jahr böswillig verlassen worden ist (Bergmann aaO 95)." 2 3 6 . Ein in der Bundesrepublik Deutschland lebendes eheliches Kind englischer Staatsangehörigkeit teilt den Wohnsitz seines englischen Vaters. Liegt dieser Wohnsitz in England, ist eine Zuständigkeit des deutschen Gerichts für die Klage des Kindes auf Anfechtung der Ehelichkeit gemäß § 642 I ZPO nicht gegeben. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 26. 3. 1965 - 3 W 66/65: DAVorm. 1965, 159. Aus den Gründen „Das LG hat der ASt. das Armenrecht für die beabsichtigte Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg versagt und ausgeführt, es sei örtlich unzuständig.
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Die Beschwerde der ASt. ist zulässig. Sie kann aber keinen Erfolg haben. Das LG hat seine Unzuständigkeit mit Recht angenommen. Die Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit kann nach § 642 I ZPO nur bei einem allgemeinen Gerichtsstand erhoben werden. Der AGg. als künftiger Bekl. hat im Bezirk des angerufenen LG nicht seinen allgemeinen Gerichtsstand. Er hat hier weder Wohnsitz (§ 13 ZPO) noch Aufenthalt (§ 16 ZPO). Auch daß hier sein letzter Wohnsitz war, ist zumindest nicht hinreichend glaubhaft. Es kommt in diesem Zusammenhange nämlich nicht auf den letzten Wohnsitz im Inland, sondern auf den letzten Wohnsitz überhaupt an (vgl. Baumbach-Lauterbach, Komm, zur ZPO, 28. Aufl., § 16 Anm. 2), und die ASt. trägt selbst vor, der AGg. habe zuletzt in Watford, England, gewohnt. Hinzukommt, daß er als britischer Staatsangehöriger im Bezirk des angerufenen Gerichts nur während seiner Militärzeit stationiert war. Nach britischem Recht, nach dem im Hinblick auf seine Staatsangehörigkeit sein Wohnsitz bestimmt werden muß, ist zweifelhaft, ob er am Garnisonsort überhaupt einen Wohnsitz begründet hat (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Großbritannien Abschnitt III 2). Nach § 642 ZPO ist die Anfechtungsklage dann, wenn der Bekl., wie im vorliegenden Falle, im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, bei dem LG zu erheben, bei dem der Kläger seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nach dem eigenen Vorbringen der künftigen Kl., der ASt., ist aber nicht glaubhaft, daß sie im Bezirk des angerufenen Gerichts einen allgemeinen Gerichtsstand hat. Der Gerichtsstand des Wohnsitzes (§ 13 ZPO) ist auch bei ihr nicht gegeben. Sie ist als während der Ehe geborenes Kind des AGg. wie dieser britische Staatsangehörige (Teil 2 sec. 5 des britischen Staatsangehörigkeitsgesetzes, abgedruckt bei Bergmann aaO) und teilt dessen Wohnsitz (Bergmann aaO Abschnitt III A 2). Es mag sein, daß sie den Wohnsitz nicht kennt. Das ist aber ohne ausschlaggebende Bedeutung. Es kommt nach § 16 ZPO und damit auch f ü r 642 I ZPO darauf an, ob der Wohnsitz besteht. Erst wenn das nicht der Fall ist, wird der allgemeine Gerichtsstand des Aufenthaltsortes begründet. Diese Voraussetzungen sind nicht dargetan."
5. Durchführung des Verfahrens Siehe auch Nr. 21, 32, 46, 50, 59, 99, 207, 221, 250, 251, 282, 283 2 3 7 . Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung auf Übertragung des Personensorgerechtes über die gemeinschaftlichen Kinder ist für die Dauer des Scheidungsprozesses, der zwischen ausländischen Staatsangehörigen vor einem deutschen Gericht anhängig ist, allein § 627 ZPO maßgebend, ohne daß es darauf ankommt, ob das Heimatrecht der ausländischen Staatsangehörigen eine solche Übertragung gestattet.
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HansOLG Hamburg, Beschl. vom 8. 5. 1963 - 2 W 84/63: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Die gemäß § 627 I V Z P O zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Auszugehen ist davon, daß während des Schwebens eines Scheidungsprozesses zwischen ausländischen Staatsangehörigen vor einem deutschen Gericht f ü r den Erlaß einer einstweiligen Anordnung auf Übertragung des Personensorgerechtes über die gemeinschaftlichen Kinder auf einen der Ehegatten für die Dauer des Scheidungsprozesses allein § 627 Z P O maßgebend ist und daß es nicht darauf ankommt, ob das Heimatrecht der ausländischen Staatsangehörigen eine solche Übertragung gestattet (so OLG Karlsruhe, Beschl. vom 22. 4. 1957, FamRZ 1957, 271 OLG München, Beschl. v o m 7. 3. 1960, N J W 1960, 1771 2 ; Baumbach-Lauterbach, [ZPO] 26. Aufl., Anm. 5 zu § 627 ZPO, S. 969; a. M. KG, Beschl. vom 23. 6. 1941, DR 1941, 2072). Von diesem Ausgangspunkt aus ist es im vorliegenden Fall gleichgültig, was das italienische Recht hinsichtlich des Personensorgerechts über eheliche Kinder bestimmt, ob insbesondere nach ihm etwa das Personensorgerecht über die drei Kinder der Parteien dem AGg. zusteht, ob die Übertragung des Personensorgerechts auf die ASt. überhaupt oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist und ob diese Voraussetzungen gegeben sind, sondern es ist gemäß § 627 Z P O allein entscheidend, ob es nach Lage der Verhältnisse geboten ist, das Personensorgerecht über die drei Kinder der Parteien während der Dauer des Scheidungsprozesses auf die ASt. zu übertragen. Dies ist der Fall, da die drei Kinder erst zehn, fünf und vier Jahre alt sind und deswegen eher zur Mutter als zum Vater gehören und da außerdem die Verhältnisse der ASt., die bei ihrer Mutter wohnt und als Postangestellte tätig ist, geregelter als die Verhältnisse des AGg. sind. Daher hat das LG, da von dem AGg. bisher auch nicht hinreichend dargetan ist, daß die ASt. neben der durch ihre Heirat erworbenen italienischen Staatsangehörigkeit nicht mehr die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, und da demgemäß von der Zuständigkeit des LG f ü r die Scheidungsklage gemäß § 606 Z P O auszugehen ist, mit Recht durch den Beschluß vom 28. 12. 1962 das Personensorgerecht über die drei Kinder auf die ASt. übertragen, und die Beschwerde des AGg. gegen den landgerichtlichen Beschluß ist nicht begründet." 2 3 8 . Auf Antrag des unterhaltsberechtigten Kindes ist ein im Gerichtsstand des § 23 a ZPO gegen den in Italien lebenden Unterhaltspflichtigen ergangenes Urteil nach § 199 ZPO zuzustellen. LG Osnabrück, Beschl. vom 5. 3. 1964 - 8 T 34/64: DA Vorm. 1964, 208.
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IPRspr. 195&-1957 Nr. 118.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 187.
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Aus den Gründen: „Mit vorliegender Beschwerde des Kl. wird beanstandet, daß das in dem Unterhaltsrechtsstreit gegen den Bekl. ergangene Versäumnisurteil nicht auch nach § 199 ZPO zugestellt worden ist. Dem Bekl. war unter Hinweis auf § 174 ZPO die Klage gemäß § 199 ZPO zugestellt worden. Auf Antrag des Kl. sollte die Zustellung des Versäumnisurteils durch Vermittlung der Geschäftsstelle erfolgen (§ 508 I ZPO). Das AG hat daraufhin das Urteil durch Aufgabe bei der Post zustellen lassen (§ 175 ZPO). In dem den Antrag auf Zustellung gemäß § 199 ZPO zurückweisenden Beschluß des AG, gegen den sich die Beschwerde des Kl. richtet, führte das AG unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen des deutsch-italienischen Abkommens vom 9. 3. 1936 und des Übereinkommens über Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiete der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. 4. 1958 aus, daß eine weitere Zustellung nicht erforderlich gewesen sei. Der Kl. ist der Ansicht, daß die Zustellung nach § 175 ZPO nicht zweckmäßig sei, da ein so zugestelltes Urteil später in Italien möglicherweise nicht vollstreckt werden könne. Es handele sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde, die in Italien über die Vollstreckbarkeit des Urteils zu entscheiden habe. Bei einer Zustellung nach § 175 ZPO könne der Gegner durchaus einwenden, daß er nicht in den Besitz des letztlich so bedeutungsvollen Urteils gelangt sei. Die Beschwerde mußte Erfolg haben. Aus den vom Kl. hervorgehobenen Bedenken entspricht es seinem wohlverstandenen Rechtsschutzinteresse, die Zustellung des Versäumnisurteils nach § 199 ZPO durchzuführen. Nach Art. 2 Nr. 2 Abs. 2 des Übereinkommens vom 15. 4. 1958 darf im Falle einer Versäumnisentscheidung die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden, wenn die Vollstreckungsbehörde in Anbetracht der Umstände des Falles der Ansicht ist, daß die säumige Partei ohne ihr Verschulden von dem Verfahren keine Kenntnis hatte. Mag auch die Klage nach § 199 ZPO zugestellt worden sein, so könnte sich die Vollstreckungsbehörde in Italien doch auf den Standpunkt stellen, daß die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils zu versagen ist, weil das Urteil, das den Bekl. zur Zahlung von Unterhaltsrente verpflichtet, diesem nicht bekannt sei. Um diesem Einwand wirksam begegnen zu können, ist der neben § 175 ZPO möglichen Zustellung gemäß § 199 ZPO der Vorzug zu geben." 2 3 9 . Die Zustellung durch Niederlegung bei der Postanstalt und Mitteilung in der bei Briefen üblichen Weise ist wirksam, auch wenn es sich um einen Ausländer handelt. Eine Wiedereinsetzung ist dann nicht möglich, wenn die Benachrichtigung seitens der Post unbeachtet gelassen wird. Denn der Ausländer, der sich in Deutschland als Unternehmer betätigt, muß sich mit den Bestimmungen des deutschen Rechts vertraut machen. Er kann nicht damit gehört werden, die Vorschriften über die Zustellung durch Niederlegung bei der Post seien ihm nicht bekannt gewesen und er habe deshalb von der Zustellung des Urteils keine Kenntnis erhalten.
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LArbG Düsseldorf, Urt. vom 18. 8. 1964 - 8 Sa 271/64: Leitsatz in DB 1965, 296. 2 4 0 . Die Vorschriften der §§ 17 i, 175 ZPO über die Zustellung durch Aufgabe zur Post an Personen, die im Ausland wohnen, sind auch im Verfahren vor den Entschädigungsgerichten anwendbar. BGH, Beschl. vom 16. 9. 1964 - I V ZB 294/64: R z W 1964, 559; L M Nr. 70 zu § 209 BEG; MDR 1964, 995. Die Kl. hatte Entschädigungsansprüche geltend gemacht. Die Klage ist durch Urteil des LG vom 12.11.1963 zurückgewiesen worden. Dieses Urteil wurde dem Prozeßbevollmächtigten, Dr. M. in London, der beim OLG in D. als Rechtsanwalt zugelassen ist, am 17. 12. 1963 durch Aufgabe zur Post zugestellt. Die von dem Prozeßbevollmächtigten der Kl. unterzeichnete Berufungsschrift ging am 21. 3. 1964 bei dem Berufungsgericht ein. Nachdem Dr. M. darauf hingewiesen worden war, daß die Berufungsfrist versäumt sei, hat er beantragt, der Kl. gegen die Versäumung der Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Berufungsgericht hat die Berufung verworfen. Mit der Beschwerde begehrt die Kl. die Aufhebung dieses Beschlusses. Aus den Gründen: „Die Beschwerde ist nicht begründet. Zutreffend hat der Berufungsrichter ausgeführt, daß die Zustellung des landgerichtlichen Urteils durch Aufgabe zur Post nach § § 174, 213 ZPO, 209 I BEG rechtswirksam erfolgt ist und die Berufungsfrist in Lauf gesetzt hat. Rechtsanwalt Dr. M. ist beim OLG D. als Rechtsanwalt zugelassen, jedoch von den sich aus § 27 B R A O ergebenden Pflichten gemäß § 213 aaO befreit. Nach § 30 I, I I aaO ist er daher gehalten, einen in D. wohnhaften ständigen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen. Unterläßt er die Bestellung, so kann die Zustellung an ihn durch Aufgabe zur Post (§§175, 192, 213 Z P O ) erfolgen. Daß Rechtsanwalt Dr. M. einen ständigen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat, hat er nicht behauptet. Er hat ihn auf jeden Fall dem L G in dem hier anhängigen Rechtsstreit nicht namhaft gemacht, wie das Berufungsgericht festgestellt hat. Unter diesen Umständen durfte ihm das Urteil des LG durch Aufgabe zur Post zugestellt werden (Beschl. des Senats vom 23. 12. 1963 - I V ZB 495/63). Zu Unrecht macht die Beschwerde geltend, die § § 174, 175 Z P O seien im Entschädigungsverfahren nicht anwendbar, weil sie mit der Eigenart dieses Verfahrens nicht vereinbar seien, § 209 I BEG aber nur eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften der Z P O vorsehe. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Vorschriften über die Zustellung durch Aufgabe zur Post an Personen oder Bevollmächtigte, die im Ausland wohnen, soll Schwierigkeiten vermeiden, die sich sonst f ü r die Zustellung im Ausland ergeben. Die Zustellung ist ein öffentlichrechtlicher Akt, grundsätzlich kann ein Staat im Gebiet eines anderen Staates keinen Akt der Staatsgewalt vornehmen. Die Zustellung im diplomatischen W e g ist umständlich und vielfach nicht durchführbar und kann zu unliebsamen Ver-
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zögerungen führen. Um dem zu entgehen, ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post eingeführt, bei der sich der Zustellungsakt ausschließlich im Inland vollzieht. Die Gründe, die für die Zustellung auf diesem Weg sprechen, gelten auch für das Entschädigungsverfahren. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber in § 197 I I BEG ausdrücklich vorgesehen, daß die Vorschriften der §§ 174, 175 ZPO auch im Verfahren vor der Entschädigungsbehörde entsprechende Anwendung finden, wenn der Zustellungsempfänger nicht im Geltungsbereich des BEG wohnt. Völlig abwegig ist es, wenn die Kl. geltend macht, daß dann die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten am Ort oder im Bezirk eines jeden Prozeßgerichts notwendig werde. W i e sich aus § 30 BRAO ergibt, ist das gerade dann nicht notwendig, wenn der Prozeßbevollmächtigte bei einem deutschen Gericht als Rechtsanwalt zugelassen ist. Der Prozeßbevollmächtigte muß dann nur seinen ständigen Zustellungsbevollmächtigten in der Klage oder einem besonderen Schriftsatz namhaft machen. Ist der Bevollmächtigte kein bei einem deutschen Gericht zugelassener Rechtsanwalt, dann muß er freilich einen Zustellungsbevollmächtigten bestellen, der den Anforderungen der §§ 174, 175 ZPO genügt. Diese Last muß er aber auf sich nehmen, wie sich aus § 197 I I BEG ergibt. Denn wenn diese Vorschriften der § § 174, 175 ZPO sogar im Verfahren vor den Entschädigungsbehörden für anwendbar erklärt werden, dann gelten sie erst recht im Verfahren vor den Entschädigungsgerichten." 2 4 1 . Die ausländische Konkurseröffnung gige Urteilsverfahren keinen Einfluß.
hat auf das im Inland anhän-
Schiedsgericht bei der Kammer für Außenhandel der DDR, Schiedsspruch vom 8. 12. 1964 - SG 403/83/63: Außenhandel und innerdeutscher Handel 1967 Nr. 9, Beilage: Recht im Außenhandel S. 8. Dazu: Völter, Inlandsprozesse bei Auslandskonkurs: Außenhandel und innerdeutscher Handel 1965 Nr. 3, Beilage: Recht im Außenhandel S. 4-7. Aus den Gründen: „Entgegen den vom Konkursverwalter geäußerten Argumenten hatte sich der Schiedsausschuß auch in diesem Verfahren von den Prozeßgesetzen der lex fori leiten zu lassen. Nach deren Bestimmungen (§§ 1025 ff. ZPO) ist durch Schiedsvertrag (Akzeptierung der Geschäftsbedingungen des Kl. seitens des Bekl.) die Zuständigkeit dieses Schiedsgerichtes wirksam vereinbart worden. Auf das bereits vor Konkurseröffnung anhängige Verfahren konnte die Konkurseröffnung keinen Einfluß haben. Gemäß § 237 der KO ist sogar die Zwangsvollstreckung gegen das Inlandsvermögen eines Schuldners möglich, über dessen Vermögen im Auslande ein Konkurs eröffnet wurde. Damit ist eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß nach den insofern in der DDR geltenden Rechtsvorschriften der Konkurs dem Territorialitätsprinzip unterworfen ist. Das im Ausland eröffnete Konkursverfahren erfaßt lediglich das dort befindliche, nicht aber das Inlandsvermögen des Schuld-
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ners. Daraus waren unmittelbare Schlußfolgerungen auch f ü r den Fortgang des Urteilsverfahrens zu ziehen, nämlich dergestalt, daß § 240 ZPO im Falle eines Auslandskonkurses nicht angewandt wird, vielmehr das Verfahren trotz eines solchen Konkurses gegen den Schuldner, nicht aber gegen die Masse geführt werden kann. Gleichfalls werden aus diesen Gründen weder eine Klageerhebung noch eine Zwangsvollstreckung im Inland durch die Tatsache verhindert, daß der Gläubiger seine Forderung angemeldet hat." 242. In einem Scheidungsrechtsstreit zwischen der deutschen Mutter und dem italienischen Vater können auch einstweilige Anordnungen gemäß § 627 ZPO über das Sorgerecht für das gemeinschaftliche Kind getroffen werden, weil im Rahmen des deutschen Verfahrens die deutschen prozeßrechtlichen Normen anzuwenden sind. Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung kann nicht deshalb versagt werden, weil die Ausnahmeregelung des Art. 17 HI EGBGB zur Folge haben kann, daß das deutsche Ehescheidungsurteil im Heimatstaat des Ehemannes nicht anerkannt wird. HansOLG Hamburg, Beschl. vom 8. 1. 1965 - 2 W 9/65: Unveröffentlicht. Das LG hat im Scheidungsrechtsstreit zwischen der deutschen Mutter und dem italienischen Vater das Sorgerecht im Wege der einstweiligen Anordnung auf die Mutter übertragen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vaters.
Aus den Gründen: „Es ist nach dem bisherigen Vorbringen davon auszugehen, daß die ASt. die deutsche Staatsangehörigkeit nicht gemäß § 17 Nr. 6 RuStAG durch die Eheschließung mit dem AGg. und auch nicht gemäß § 25 I RuStAG durch den Einbürgerungsantrag des AGg. verloren hat. Die beiden gesetzlichen Regelungen sind wegen Verstoßes gegen Art. 3 II GG gemäß Art. 117 1 GG mit Ablauf des 31. 3. 1953 außer Kraft getreten (Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl., 55, 60, 63). Die ASt. hat auch ihren deutschen Reisepaß und ihren Bundespersonalausweis, beide lautend auf ihren jetzigen Familiennamen, vorgelegt. Dagegen besitzt das gemeinsame Kind auf Grund der italienischen Gesetze nach dem bisherigen Vorbringen die italienische Staatsangehörigkeit (Lichter, Die Staatsangehörigkeit nach deutschem und ausländischem Recht, 2. Aufl., 680). Es hat nicht gemäß dem Gesetz zur Änderung des RuStAG vom 19. 12. 1963 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, weil es mit der Geburt die italienische Staatsangehörigkeit erlangte und nicht staatenlos wurde. Gemäß Art. 17 III EGBGB sind f ü r die Scheidungsklage der ASt. die deutschen Gesetze maßgebend. Gemäß § 606 II ZPO ist das LG Hamburg f ü r die Scheidungsklage zuständig. Damit ist auch die Zuständigkeit f ü r
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den Erlaß einstweiliger Anordnungen gemäß § 627 ZPO gegeben, weil im Rahmen des deutschen Verfahrens die deutschen prozeßrechtlichen Normen anzuwenden sind (OLG München, FamRZ 1960, 372 1 ; KG, DR 1941, 2072; Stein-Jonas, ZPO, 18. Aufl., § 627 VIII; OLG Karlsruhe, FamRZ 1960, 371 2 ; Beitzke, in: Festschrift f ü r Heinrich Lehmann, 1956, 501; Palandt, [BGB] 24. Aufl., Art. 19 EGBGB Anm. 5). Es kann dahinstehen, ob die Sachentscheidung allein auf Grund der Vorschrift des § 627 ZPO (Stein-Jonas, § 627 VIII; OLG Karlsruhe, FamRZ 1957, 271 3 ; OLG München, FamRZ 1960, 3 7 2 B a u m b a c h - L a u t e r b a c h , ZPO, 28. Aufl., § 627 Anm. 5) erfolgen kann oder ob das deutsche Gericht an das nach den Vorschriften des IPR anzuwendende ausländische Recht gebunden ist (Beitzke aaO 506; Soergel-Kegel, BGB, 9. Aufl., Art. 19 EGBGB Rdn. 27; Palandt, Art. 19 Anm. 5; KG, DR 1941, 2072). Entsprechend Art. 19 EGBGB wird das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und ehelichen Kindern nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem der Vater angehört (Palandt, Art. 19 Anm. 2). Nach Art. 155 des italienischen Cc vom 16. 3. 1942 hat das Gericht, das die Trennung ausspricht, auch zu bestimmen, welcher Ehegatte die Kinder zu sich nehmen soll. Es kann daher auch nach italienischem Recht die Personensorge auf die Mutter übertragen werden. Es kann auch eine entsprechende einstweilige Regelung während des Rechtsstreits über die Trennung angeordnet werden. Das Interesse der 2 ' ^ j ä h r i g e n Tochter der Parteien erfordert ein Verbleiben bei der Mutter zumindest während der Zeit des Rechtsstreits. Das Kind lebt seit mehr als einem J a h r getrennt vom AGg. mit der ASt. zusammen. Es würde einen nicht zu verantwortenden Eingriff in die Lebensverhältnisse der Tochter bedeuten, wenn sie jetzt von der Mutter getrennt würde, ohne daß feststeht, wo sie nach Abschluß der Rechtsstreitigkeiten endgültig verbleiben wird. Ein so kleines Mädchen gehört ohnehin grundsätzlich in die Obhut der Mutter. Die Entscheidung des Landgerichts Genua vom 17. 9. 1964 ist erst mehrere Monate nach dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung des LG Hamburg ergangen. Sie kann daher wegen des Widerspruchs zu der deutschen Entscheidung nicht anerkannt werden (vgl. Art. 4 des deutsch-italienischen Abkommens über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9.3.1936; Bülow-Arnold, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 449.4; BayObLG, FamRZ 1959, 364, 369 4 ). Durch die Ausnahmeregelung des Art. 17 III EGBGB kann es dazu kommen, daß das deutsche Ehescheidungsurteil im Heimatstaat des Ehemannes nicht anerkannt wird und daß auch die Nebenentscheidungen keine Anerkennung finden. Das entbindet die deutschen Gerichte jedoch nicht von der Verpflichtung, das in Deutschland geltende Recht anzuwenden. Die Versagung einer einstweiligen Anordnung würde bedeuten, daß man das deut1 IPRsDr. 1960-1961 Nr. 187. » IPRspr. 1956-1957 Nr. 118.
= IPRspr. 1958-1959 Nr. 118. IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
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sehe Recht in wesentlichen Teilen nicht zur Geltung bringen würde (Beiizke aaO 506; BayObLG, FamRZ 1959, 364, 368). Es kann auch keine Rede davon sein, daß die ASt. nur deshalb Italien verlassen hat, um eine ihr günstige Sorgerechtsregelung zu erzielen. Sie hat vielmehr die eheliche Gemeinschaft beenden und in ihren Heimatstaat zurückkehren wollen. Nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse ist auf jeden Fall während der Dauer des Ehescheidungsstreites der Schwerpunkt des persönlichen Lebens des Kindes in Deutschland zu finden, so daß hier auch eine Sorgerechtsregelung zu ergehen hat (Schwimann, FamRZ 1959, 332, 333)." 243. Das gemäß § 23 a ZPO international zuständige deutsche Gericht kann nicht verlangen, daß dem Armenrechtsgesuch für eine Unterhaltsklage gegen einen Griechen eine Übersetzung in dessen Landessprache beigefügt wird, damit dieser zum Armenrechtsgesuch Stellung nehmen kann. LG Frankenthal, Beschl. vom 22.4.1965 - 2 T 4/65: DAVorm. 1965, 154; MDR 1966, 244. Das AG hat der ASt. das Armenrecht zur Durchführung einer Unterhaltsklage gegen ihren in Griechenland lebenden angeblichen Erzeuger schon deshalb versagt, weil die ASt. sich durch ihren Amtsvormund aus Kostengründen weigere, eine Übersetzung des Armenrechtsgesuchs in die griechische Sprache zwecks Übersendung an den AGg. gemäß § 118 a ZPO vorzulegen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der ASt. mit Ziel der Armenrechtsbewilligung.
Aus den Gründen: „Die Beschwerde ist begründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob es im vorliegenden Falle vor Bewilligung des Armenrechts der Anhörung des AGg. nach § 118 a ZPO überhaupt bedarf. Dieser lebt, wie dem Inhalt der vorgelegten Akte des Amtsvormunds (Mitteilung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Athen vom 6. 11. 1964) zu entnehmen ist, in Griechenland und bereitet sich auf die Auswanderung nach Australien vor. Besondere Gründe im Sinne des § 118a I Satz 2 ZPO könnten deshalb unter Umständen die Anhörung des AGg. unzweckmäßig erscheinen lassen (vgl. Baumbach-Lauterbach, [ZPO] 27. Aufl., Anm. 1 C zu § 118a ZPO). Auch wenn man die Anhörung im Regelfalle im Sinne des Art. 103 I GG in Übereinstimmung mit der Entscheidung des BayVerfG (NJW 1962, 627) f ü r zwingend erforderlich erachtet, ergibt sich hieraus noch nichts, was gegen die Verfassungsmäßigkeit der Ausnahmeregelung des § 118 a I Satz 2 ZPO beim Vorliegen „besonderer Gründe" sprechen könnte. Die Gründe der Entscheidung des BayVerfG (aaO) lassen diese Frage auch ausdrücklich offen. Hält jedoch das AG dessen ungeachtet eine Anhörung des Gegners vor Entscheidung über das Armenrechtsgesuch und die Übersendung einer Übersetzung desselben f ü r erforderlich, ist die Vorlage einer Übersetzung in die Landessprache des AGg. nicht Voraussetzung f ü r die Bewilligung des Armenrechts. Die Gerichtssprache ist im
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Verhältnis zwischen der Gesuchstellerin und dem Gericht die deutsche Sprache. Sache der ASt. ist es, das Armenrechtsgesuch entsprechend der Vorschrift des § 118 ZPO dem Gericht vorzulegen. Hält dieses zur Vorbereitung seiner Entscheidung die Anhörung des Gegners oder die Vornahme einzelner Erhebungen für erforderlich, sind die Kosten dieses Prüfungsverfahrens zunächst aus der Gerichtskasse zu zahlen. Ein Vorschuß ist schon deshalb nicht zu verlangen, weil gerade über die Befreiung von einem Vorschuß zu befinden ist (vgl. Baumbach-Lauterbach, Anm. 2 zu § 118 a ZPO). In gleicher Weise hat aber das Gericht auch eine mit Kosten verbundene Übersetzung, die erforderlich ist, von Amts wegen anfertigen lassen. Eine Vorschußpflicht für den Gesuchsteller besteht nicht. Eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung der in AVO d. JM vom 1.2.1965 (JB1. 1965, 43) enthaltenen Bestimmungen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland scheidet aus. Sie betrifft die im Übermittlungsübereinkommen vom 20. 6. 1956 (in Kraft seit 19. 8. 1959 - BGBl. I I 1377) benannten Fälle, in denen über eine Ubermittlungsstelle im Inland und eine Empfangsstelle im Ausland alle geeigneten Schritte, einschließlich Klageerhebung, unternommen werden sollen, um die Leistung von Unterhalt herbeizuführen. Weil die Justizbehörde in diesem Falle nicht als Gericht und nicht als Auftraggeber in Betracht kommt, kann sie in solchen Fällen auch verlangen, daß der wirkliche Auftraggeber die erforderlichen Übersetzungen beschafft (vgl. OLGPr. - 93 E - 1/62 vom 25. 5. 1962). Dieser Fall liegt jedoch hier nicht vor. Die ASt. beabsichtigt vielmehr, nicht im Ausland, sondern vor dem AG Speyer/Rhein als dem nach § 23 a ZPO zuständigen Gericht (ab 1.1.1962 in Kraft: vgl. Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern — BGBl. II 15), Klage zu erheben, und hat deshalb an dieses Gericht ein Armenrechtsgesuch gerichtet. Maßnahmen, die dieses Gericht im Rahmen des Armenrechtsprüfungsverfahrens trifft, sind demgemäß dessen eigene unmittelbare Maßnahmen. Sie stellen nicht etwa nur eine behördliche Hilfeleistung dar, um der ASt. die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland im Sinne der AVO d. JM vom 1. 2. 1965 zu ermöglichen." 2 4 4 . Bei verschiedener Staatsangehörigkeit der Ehegatten kann die Leistung eines Prozeßkostenvorschusses nach deutschem Recht jedenfalls dann gemäß § 627 ZPO angeordnet werden, wenn das ausländische Heimatrecht des einen Ehepartners nicht sofort festgestellt werden kann. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 19. 8. 1965 - 18 W 168/ 65: FamRZ 1965, 616. Die Parteien führen gegeneinander einen Ehescheidungsprozeß. Die Ehefrau besitzt die deutsche, der Ehemann die italienische Staatsangehörigkeit.
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Aus den Gründen: „Die Beschwerde des AGg. ist nicht begründet. Die ASt. kann einen Prozeßkostenvorschuß von 500 DM, zahlbar in monatlichen Beträgen von 50 DM, verlangen. Ein solcher Vorschuß steht ihr nach deutschem Recht zu, wenn auch der AGg. die italienische Staatsangehörigkeit besitzt. a) Das ergibt sich unmittelbar aus § 627 ZPO, sofern man diese Bestimmung allein als ausreichende Rechtsgrundlage ansieht f ü r die Auferlegung eines solchen Vorschusses. Vor deutschen Gerichten gilt stets deutsches Prozeßrecht. b) Folgt man der Ansicht zu a) nicht, so ist die Vorschußpflicht aus § 1360 a IV BGB begründet. Diese Vorschrift und nicht etwa italienisches Recht ist anzuwenden. Zwar kommt in Betracht, daß bei der Frage der Prozeßkostenvorschußpflicht nach Art. 14 bzw. Art. 15 EGBGB (vgl. Soergel-Siebert, BGB, 9. Aufl., Anm. 22 zu Art. 14 EGBGB) das Heimatrecht beider Ehegatten zu berücksichtigen ist (Soergel-Siebert, Anm. 4 zu Art. 14, Anm. 1 zu Art. 15 EGBGB), hier also deutsches und italienisches Recht. Kann das ausländische Recht aber seinem Inhalt nach nicht sofort festgestellt werden, so ist im Fall des § 627 ZPO deutsches Recht anzuwenden (Soergel-Siebert, Anm. 23 zu Art. 14 EGBGB mit Nachweisen in Fußn. 25 zu Art. 14 EGBGB; vgl. insbesondere RGZ 62, 400, 404; KG, J W 1936, 3577). Hier würde die Ermittlung des italienischen Rechts eine schnelle vorläufige Regelung der Vorschußfrage unmöglich machen. Die Parteien haben dazu nichts beigebracht. Die erforderliche Einholung eines Gutachtens würde längere Zeit in Anspruch nehmen."
6. Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit und Rechtskraft Siehe auch Nr. 46, 242, 257, 277 2 4 5 . Das Vorliegen eines rechtskräftigen, im Inland anzuerkennenden ausländischen Urteils führt in einem inländischen Rechtsstreit zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand in der Regel nicht zur Klagabweisung als unzulässig, sondern zu einem mit dem ausländischen inhaltlich übereinstimmenden Sachurteil. BGH, Urt.vom 20. 3. 1964 - V ZR 34/62: WM 1964, 617; NJW 1964, 1626; MDR 1964, 587; BGHWarn 1964 Nr. 92; JR 1964, 384; AWD 1965, 94; DRspr. IV (415) 67 a; LM Nr. 13 zu § 328 ZPO; Leitsatz in LM Nr. 79 zu § 256 ZPO; DRiZ 1964 B 83 Nr. 1156, B 115 Nr. 1575 und DB 1964, 877. Die Parteien sind Schwestern. Ihre Mutter, die belgische Staatsangehörige Frau Louise C. (Erblasserin), ist am 18. 6. 1956 in Locarno (Schweiz) gestorben. Sie hinterließ Vermögen in Belgien, Deutschland, Holland, Österreich und der Schweiz
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sowie ein am 6. 3. 1954 in Orselina (Schweiz) in französischer Sprache errichtetes eigenhändiges Testament. Die Bekl. hält das Testament wegen Testierunfähigkeit der Mutter und wegen Willensmängeln für unwirksam. Sie führt deshalb vor dem Amtsgericht LocarnoStadt einen Anfechtungsprozeß. In Österreich wurde eine Klage der Bekl. auf Feststellung der Ungültigkeit des Testaments rechtskräftig abgewiesen. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Kl. die Feststellung der Rechtsgültigkeit des Testaments. LG und OLG haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Bekl. ihren Klageabweisungsantrag weiter. Aus den Gründen: „I. . . . II. Ein Sachurteil im vorliegenden Rechtsstreit ist zulässig trotz der ausländischen Prozesse zwischen den Parteien. a) Vor dem Amtsgericht in Locarno-Stadt (Schweiz) f ü h r t die Bekl. gegen die KI. wegen des Testaments einen Anfechtungsprozeß. Dafür, daß er bereits rechtskräftig entschieden wäre, besteht kein Anhaltspunkt. . . . Dann scheidet aber der Einwand der Rechtskraft (§§ 325, 328 ZPO) aus, ohne daß es darauf ankommt, ob die deutsche Rechtsordnung ein rechtskräftiges Urteil im Prozeß von Locarno anerkennen würde. Der Rechtsstreit in der Schweiz begründet im vorliegenden Verfahren auch nicht den Einwand der Rechtshängigkeit (§ 263 ZPO). Dieser kann zwar auch auf ein ausländisches Verfahren gestützt werden, wenn nämlich die Voraussetzungen f ü r die Anerkennung eines späteren Urteils nach § 328 ZPO gegeben sind (RGZ 49, 340, 344f.; 158, 145, 147). Der Einwand scheitert aber bereits an der zeitlichen Reihenfolge des Beginns beider Prozesse. Er gilt nur im späteren Prozeß wegen des früheren. Die vorliegende Klage ist aber bereits 1958 erhoben und die in Locarno frühestens im Juli 1959... b) In Österreich hat die Bekl. gegen die KI. Klage u. a. auf Feststellung der Ungültigkeit des Testaments auf Grund desselben Sachverhalts erhoben. Die Klage wurde rechtskräftig als unbegründet abgewiesen (Urt. des OGH in Wien vom 5. 7.1961 - 5 Ob 149/61). Der Streitgegenstand dieses Prozesses und der Streitgegenstand der vorliegenden Klage sind insoweit identisch (dort negative, hier positive Feststellungsklage hinsichtlich desselben Rechtsverhältnisses). Das Berufungsgericht hält die Rechtskraft dieser Entscheidung hier nicht f ü r beachtlich, weil mangels eines einschlägigen Staatsvertrags zwischen Deutschland und Österreich die Gegenseitigkeit im Sinn von § 328 I Nr. 1 ZPO nicht verbürgt sei; es nimmt dafür Bezug auf zwei frühere Entscheidungen (BGH, JZ 1954, 244, 2 4 5 L G Stuttgart, NJW 1956, 956 2 ). Aber diese Entscheidungen sind überholt durch den Rechtshilfevertrag zwischen den beiden Staaten vom 6. 6. 1959, der am 29. 5. 1960 im Inland in Kraft getreten ist (Gesetz vom 8. 3. 1960, BGBl. II 1245, Bekanntmachung vom 4. 5. 1960, BGBl. II 1523; AusfG vom 8. 3. 1960, BGBl. I 169). Nach diesem Vertrag werden die in Zivilsachen ergangenen Entscheidungen der Gerichte des einen Staates, durch die in einem Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit über Ansprüche der Par1
IPRspr. 1952-1953 Nr. 305.
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 185.
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teien erkannt wird, im andern Staat in der Regel anerkannt (Art. 1, Art. 4). Ein Ausnahmefall (Art. 2, Art. 3 II) ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Die in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken der Revision gegen die Anerkennung des österreichischen Urteils sind unbegründet. Daß der Staatsvertrag auf bei seinem Inkrafttreten bereits anhängig gewesene Verfahren nicht wirke, trifft nicht zu. Das gälte nur, wenn sein Inkrafttreten insoweit durch besondere Übergangsvorschriften hinausgeschoben wäre. Derartige f ü r den vorliegenden Fall einschlägige Übergangsvorschriften enthält der Vertrag jedoch nicht; die Übergangsvorschrift seines Art. 19 schließt vielmehr seine Geltung nur f ü r solche Schuldtitel aus, die vor dem 1.1. 1960 entstanden sind, und erklärt den Vertrag auf später entstandene Titel ohne Einschränkung f ü r anwendbar. - Daß das Berufungsgericht den Staatsvertrag nicht beachtet hat, ist zwar ein Rechtsfehler. Er führt jedoch nicht in jedem Falle zur Aufhebung des Berufungsurteils, sondern nur dann, wenn dies auf ihm beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§§ 549, 563 ZPO). Ein Verstoß des österreichischen Urteils gegen die öffentliche Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland würde zwar zur Versagung seiner Anerkennung führen (Art. 2 Nr. 1 des Staatsvertrags); es kann aber nicht schon damit schlüssig behauptet werden, daß das österreichische Gericht die — nach österreichischem Recht zu beurteilenden — international-privatrechtlichen Fragen nicht genügend behandelt habe. Auch im übrigen liegt keinerlei Anhaltspunkt f ü r den behaupteten Verstoß vor, abgesehen davon, daß auch zwei Instanzgerichte der Bundesrepublik Deutschland im vorliegenden Verfahren bei sachlicher Prüfung zu demselben Ergebnis gelangt sind wie die österreichischen Gerichte. — Unzutreffend ist auch die Erwägung, das österreichische Urteil stütze sich auf das f ü r Grundstücke geltende Recht des Lageortes und könne deshalb f ü r das in Deutschland allein vorhandene bewegliche Vermögen nicht maßgebend sein; denn der Staatsvertrag stellt f ü r die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen auf ihr Ergebnis und nicht auf ihre Begründung ab. — Offen bleiben kann, ob die Rechtskraftwirkung des österreichischen Urteils f ü r den vorliegenden deutschen Prozeß dann in Frage gestellt wäre, wenn sich jenes Urteil bewußt n u r Wirkung f ü r das in Österreich belegene Vermögen beigelegt hätte; denn eine derartige Selbstbeschränkung klingt zwar im erstinstanzlichen Urteil des LG Salzburg vom 30. 12. 1960 an, ist jedoch in dem allein maßgebenden letztinstanzlichen Urteil des OGH Wien nicht mehr enthalten. Nach allem ist die rechtskräftige österreichische Entscheidung über die Wirksamkeit des Testaments entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revision im Inland anzuerkennen. Die rechtskräftige Entscheidung über einen Streitgegenstand in einem Rechtsstreit (Erstprozeß) bewirkt in jedem Fall, daß nicht n u r die Parteien, sondern auch die Gerichte in einem weiteren Rechtsstreit zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand (Zweitprozeß) an die Entscheidung im Erstprozeß inhaltlich in dem Sinne gebunden sind, daß 45 IPR 1964/65
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sie über den Streitgegenstand nicht in einer vom Urteil des Erstprozesses abweichenden Weise entscheiden können (BGH vom 16. 1. 1951 - I ZR 3/50, L M Nr. 1 zu § 268 ZPO; Stein-Jonas-Schönke, ZPO, 18. Aufl., § 322 I I 2 und V I I I ; Wieczorek, ZPO, § 322 B I I I ; vgl. Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., § 148 I I 3; Nikisch, Zivilprozeßrecht, 1950, 406). Das hat im Regelfall darüber hinaus zur Folge, daß in einem Zweitprozeß überhaupt kein Sachurteil ergehen kann, sondern die Zweitklage als unzulässig (durch Prozeßurteil) abgewiesen werden muß (Rosenberg aaO 4; Stein-Jonas-Schönke aaO V I I I 5); offen bleiben kann, ob dies daran liegt, daß im Regelfall das Rechtsschutzinteresse für einen inhaltlich doch zum selben Ergebnis wie der Erstprozeß führenden — Zweitprozeß fehlt (Senatsurteil vom 3. 4. 1957 - V ZR 111/56, L M Nr. 7 zu § 325 ZPO = N J W 1957, 1111; Stein-Jonas-Schönke aaO V I I I 5 und vor § 253 IV 2 b; vgl. RGZ 110, 117, 118 f.) oder ob es sich dabei um eine eigene Prozeßvoraussetzung (die des Noch-nicht-rechtskräftig-entschieden-Seins) handelt (Rosenberg aaO 4 b). Doch erleidet diese Regel eine Ausnahme dann, wenn im Einzelfall aus besonderen Gründen ein Bedürfnis nach einem nochmaligen (inhaltsgleichen) Urteil besteht (BGH aaO; RGZ 88, 267, 269 und 110 aaO; Rosenberg aaO; Stein-Jonas-Schönke aaO; Wieczorek aaO B I I a). Ein solches Bedürfnis ist dann, wenn das Urteil im Ausland ergangen ist, in der Regel und so auch im vorliegenden Fall zu bejahen, weil das Vorhandensein des genannten ausländischen Urteils nicht, wie das eines inländischen Urteils, ohne weiteres seine Verbindlichkeit auch innerhalb des deutschen Rechtsgebiets ergibt (vgl. § 328 ZPO, sowie Baumbach-Lauterbach, ZPO, 27. Aufl., § 722 Anm. 1 C). Die Revision hat denn auch in dieser Richtung keine Bedenken erhoben. III. Aus der Rechtskraft des österreichischen Urteils und seiner Anerkennung im Inland folgt jedoch, daß das deutsche Gericht hinsichtlich des Inhalts seines Sachurteils an den Inhalt des österreichischen Urteils gebunden ist (oben I I b ) . Das österreichische Urteil hat die negative Feststellungsklage der damaligen Kl. und jetzigen Bekl. als unbegründet abgewiesen. Dadurch steht mit Wirkung für die Parteien und das deutsche Gericht fest, daß das umstrittene Testament gültig, also rechtswirksam ist. Tatsachen, die erst nach dem der österreichischen Entscheidung zugrunde liegenden Zeitpunkt eingetreten wären und eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt haben könnten, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Aus diesem Grunde ist das angefochtene Urteil im Ergebnis richtig und die Revision unbegründet, ohne daß es auf weiteres ankommt." 2 4 6 . Zur Zulässigkeit einer Eheaufhebungs- und Scheidungsklage bei Rechtshängigkeit einer Eheauflösungsklage in Island. § 606 ZPO begründet für die Scheidung einer Ehe die ausschließliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte, sofern beide oder einer der Ehegatten deutsche Staatsangehörige sind. Ob die Rüge der Unzuständigkeit des ausländischen Gerichts bereits als Einlassung auf den Prozeß im Sinne des § 328 I Nr. 2 ZPO anzusehen ist
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oder ob nicht zu fordern ist, daß der Beklagte zu erkennen gegeben hat, sein Recht vor diesem Gericht nehmen zu wollen, erscheint zumindest fraglich. HansOLG Hamburg, Beschl. vom 14. 10. 1964 - 1 W 74/64: FamRZ 1965, 151. Aus den Gründen: „Die Beschwerde des ASt. [Ehemannes] ist nach § 127 Satz 2 ZPO zulässig. Sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 I Satz 1 ZPO). 1. Bereits die Zulässigkeit der vom Beschwf. beabsichtigten Klage auf Aufhebung, hilfsweise auf Scheidung seiner Ehe mit der AGg. erscheint zweifelhaft. Der Klage könnte der von Amts wegen zu beachtende Einwand der Rechtshängigkeit entgegenstehen (§§ 263 II Nr. 1, 274 II Nr. 4 ZPO), da die AGg. - die in Reykjavik (Island) wohnt und die isländische Staatsangehörigkeit besitzt - im Jahre 1963 in Island eine Scheidungsklage erhoben hat und dieser Rechtsstreit noch vor dem isländischen Gericht schwebt. Es ist anerkannt, daß einer im Inland erhobenen Klage auch auf Grund eines im Auslande anhängigen Rechtsstreits der Einwand der Rechtshängigkeit entgegengesetzt werden kann, und zwar dann, wenn das in diesem Rechtsstreit zu erwartende Urteil im Inland Anerkennung zu erlangen fähig ist (vgl. RGZ 49, 340, 344; 158, 145, 147; BGH, WM 1964, 617 1 ; Baumbach-Lauterbach, ZPO, § 263 Anm.4 A; Stein-Jonas, ZPO, § 263 Anm. III 5; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 1949, 453; Neuhaus, RabelsZ 20 [1955] 219 f.; Schneider, NJW 1959, 88; a. A. Schütze, NJW 1963, 1486 f.). Das gilt auch f ü r Ehesachen (vgl. BGH, FamRZ 1958, 18 = NJW 1958, 103 2 und FamRZ 1961, 70 3 ; OLG München, NJW 1964, 979 = FamRZ 1964, 444 4 ). Allerdings bestehen hier gegen das Vorliegen dieser Voraussetzungen gewisse Bedenken, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage, ob die vom Beschwf. beabsichtigte Klage bereits rechtshängig ist, als auch hinsichtlich der Frage, ob ein in Island ergehendes Scheidungsurteil im Inland anerkannt werden kann. Nach deutschem Prozeßrecht ist in Ehesachen auch bei Verschiedenheit der Klaggründe, d. h. derjenigen Tatsachen, die den Anspruch rechtlich stützen sollen, der Einwand der Rechtshängigkeit begründet. Jede Aufhebungs- und Scheidungsklage ergreift hier den Bestand der Ehe in seinem ganzen Umfang (vgl. RGZ 104, 155, 156; Baumbach-Lauterbach, Einf. 3 A vor § 614; Stein-Jonas, § 263 Anm. III 3 b). Dies beruht auf der eigentümlichen Gestaltung des Prozeßverfahrens in Ehesachen. Vornehmlich die in § 616 ZPO bestimmte Ausschlußwirkung eines klagabweisenden Urteils 1 3
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Siehe oben Nr. 245. IPRspr. 1960-1961 Nr. 200.
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IzRspr. 1954-1957 Nr. 307. Siehe unten Nr. 264.
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und die dadurch bedingte erweiterte Rechtskraftwirkung fordern hier einen erweiterten Begriff der Rechtshängigkeit. Das bedeutet jedoch noch nicht, daß auch eine in Island erhobene Scheidungsklage den Bestand der Ehe in vollem Umfang rechtshängig macht. Dazu bedürfte es vielmehr der Prüfung, ob im isländischen Eheverfahrensrecht Grundsätze gelten, die den deutschen Regeln entsprechen. Ließe sich diese Frage nicht aufklären, so würde sich das zum Nachteil des insoweit beweisbelasteten Beschwf. auswirken. Der Anerkennung eines in Island ergehenden Scheidungsurteils könnten § 328 I Nr. 1 und 2 ZPO entgegenstehen. Nach § 328 I Nr. 1 ZPO ist die Anerkennung ausgeschlossen, wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind. Hiernach fehlt dem ausländischen Gericht die Zuständigkeit, wenn f ü r die deutschen Gerichte eine ausschließliche Zuständigkeit in Anspruch genommen wird. Das ist hier der Fall, da der Beschwf. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Denn § 606 ZPO begründet f ü r die Scheidung einer Ehe die ausschließliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte, sofern beide oder einer der Ehegatten deutsche Staatsangehörige sind (vgl. KG, NJW 1964, 981 = FamRZ 1964, 262 B ; OLG München, NJW 1963, 1158 = FamRZ 1964, 43«; BaumbachLauterbach, ZPO, § 328 Anm. 7 B a; Stein-Jonas-Schönke-Pohle, ZPO, Anh. zu § 328 Anm. IV 1; Neuhaus, FamRZ 1958, 13 f. und 1964, 20). Insoweit vermag der Senat den Ausführungen des angefochtenen Beschlusses v. 15. 7. 1964 nicht zu folgen. Nach § 606 a Nr. 2 und 3 ZPO steht aber die Vorschrift des § 606 ZPO einer Anerkennung der ausländischen Entscheidung nicht im Wege, wenn die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt im Ausland gehabt haben oder der Beklagte die Anerkennung der Entscheidung beantragt. Daß die Parteien ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. von § 606 a Nr. 2 ZPO zuletzt in Island gehabt haben, wird man nur dann bejahen können, wenn man hierfür anders als in § 606 ZPO schon Getrenntleben im selben Lande genügen läßt. F ü r eine solche Auslegung des § 606 a Nr. 2 ZPO könnte der Zweck des Gesetzes sprechen, die Anerkennung eines ausländischen Urteils nicht an den deutschen Zuständigkeitsvorschriften scheitern zu lassen, wenn sich die Ehe hauptsächlich im Auslande verwirklicht hat. Nach § 328 I Nr. 2 ZPO ist die Anerkennung weiter ausgeschlossen, wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe zugestellt ist. Der Beschwf. könnte sich auf den Prozeß allenfalls dadurch eingelassen haben, daß er die Unzuständigkeit des isländischen Gerichts rügte. Ob dies bereits als Einlassung anzusehen ist (so Baumbach-Lauterbach, ZPO, § 328 Anm. 3A; Stein-Jonas-SchönkePohle, ZPO, § 328 Anm. V 2) oder ob nicht zu fordern ist, daß der Be5
Siehe unten Nr. 262.
• IPRspr. 1962-1963 Nr. 192.
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klagte zu erkennen gegeben hat, sein Recht vor diesem Gericht nehmen zu wollen (so Rosenberg, Zivilprozeßrecht, 9. Aufl. 1961, 746), erscheint zumindest fraglich. Folgte man der zweiten Ansicht, so wäre zweifelhaft, ob die Übersendung der isländischen Klagschrift durch die isländische Botschaft auf dem Postwege den Anforderungen des § 328 I Nr. 2 ZPO genügt. Der Senat sieht sich jedoch nicht veranlaßt, die vorstehend hinsichtlich der Zulässigkeit der beabsichtigten Klage aufgeworfenen Fragen abschließend zu entscheiden, da die beabsichtigte Klage auf jeden Fall unbegründet erscheint. Sowohl die Aufhebungsklage als auch die Scheidungsklage bieten sachlich keine Aussicht auf Erfolg [wird ausgeführt]. 2.
...
3. Dem Beschwf. bleibt es unbenommen, die Anerkennung eines etwa in Island ergehenden Scheidungsurteils bei der Landesjustizverwaltung in Hamburg zu beantragen (Art. 7 § 1 FamRÄndG). Die Voraussetzungen für eine Anerkennung dürften gegeben sein, da in diesem Falle die fehlende Zuständigkeit des isländischen Gerichts nicht entgegensteht (§ 606 a Nr. 3 ZPO) und auf die Einhaltung des § 328 I Nr. 2 ZPO verzichtet werden kann. Daß ein isländisches Scheidungsurteil den Beschwf. schlechter stellen würde als das Urteil eines deutschen Gerichts, ist nicht ersichtlich." 2 4 7 . Wer bei Vorliegen eines ausländischen Scheidungsurteils die Scheidung derselben Ehe noch einmal im Inland betreiben will, ist gehalten, zunächst eine Entscheidung der Landes Justizverwaltung über die Anerkennung oder Nichtanerkennung des ausländischen Urteils herbeizuführen. Tut er das nicht, so liegt ein Prozeßhindernis vor, obwohl mangels einer Entscheidung der Landesjustizverwaltung das ausländische Urteil vom inländischen Gericht nicht als anerkannt angesehen werden darf. HansOLG Hamburg, Beschl. vom 13. 7. 1965 - 6 W 87/65: MDR 1965, 828; Leitsatz in FamRZ 1965, 573 Nr. 325. Aus den Gründen: „Zutreffend ist das LG zu dem Ergebnis gekommen, daß der Fortführung des Scheidungsprozesses zur Zeit ein Prozeßhindernis entgegensteht. Der Kl. verkennt den Sinn und Zweck des Art. 7 § 1 FamRÄndG. Die Übertragung des Anerkennungsverfahrens auf die Landesjustizverwaltung soll eine einheitliche Entscheidung der meist recht schwierigen Fragen des internationalen Privat- und Prozeßrechts gewährleisten; sie soll aber nicht dem Kläger die Möglichkeit geben, durch Zurückziehung seines Antrages und durch Verweigerung seiner Mitwirkung im Anerkennungsverfahren das Prozeßgericht zu zwingen, das ausländische Urteil ohne Prüfung seiner Wirksamkeit für das Inland völlig unbeachtet zu lassen und damit gegen die Grundprinzipien des § 328 ZPO und des deutsch-britischen Abkommens vom 14. 7. 1960 zu verstoßen. Die Regelung, daß dem Prozeßgericht die Anerkennungsprüfung in eigener Zuständigkeit versagt ist, bedeutet
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nicht, daß sie nun - je nach Wunsch des Klägers — überhaupt nicht mehr stattzufinden hat. Vielmehr muß zunächst das Anerkennungsverfahren durchgeführt werden, bevor das Scheidungsverfahren fortgesetzt werden kann. Wenn der Kl. also eine Sachentscheidung des Scheidungsgerichts herbeiführen will, muß er das Seinige dazu tun, daß die Landesjustizverwaltung das Anerkennungsverfahren durchführen kann. Dazu gehört die Stellung und Aufrechterhaltung eines Antrages und die Beibringung der erforderlichen Unterlagen. Eine Einlassung auf das ausländische Verfahren im Sinne des § 328 I Nr. 2 Z P O ist damit nicht verbunden." 2 4 8 . Der Einwand der Rechtshängigkeit in Hinblick auf einen Prozeß der Parteien über den gleichen Streitgegenstand vor einem Gericht in Tunis greift nicht durch, weil die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Tunesien nicht verbürgt ist, so daß die Anerkennung eines in jenem Rechtsstreit erstrittenen Urteils gemäß 328 I Nr. 5 ZPO ausgeschlossen ist. LG Duisburg, Urt. vom 8. 10. 1965 - 11 P 29/65: Fremdenverkehrsrechtliche Entscheidungen 3 (1968) 74 Nr. 217. des ausländischen 2 4 9 . Die bloße „Möglichkeit" einer Anerkennung Urteils begründet die Einrede der Rechtshängigkeit noch nicht. Die von dem ausländischen Gericht zu erwartende Entscheidung muß vielmehr zumindest „fähig" sein, im deutschen Rechtsgebiet anerkannt zu werden. Es bedeutet keinen unzulässigen Eingriff in die Zuständigkeit der Justizverwaltung, wenn das Scheidungsgericht bei der Prüfung der Einrede der Rechtshängigkeit inzidenter auch die Frage mitentscheidet, ob das von dem ausländischen Scheidungsgericht zu erwartende Urteil im deutschen Rechtsgebiet anzuerkennen sein wird. OLG Frankfurt, Urt. vom 11. 11. 1965 - 15 U 63/65: Unveröffentlicht. Der Kl. ist deutscher Staatsangehöriger. Er hat, als er im Jahre 1957 als Lektor an der Universität Poitiers (Frankreich) tätig war, dort am 26. 4. 1957 die Bekl. geheiratet, die die französische Staatsangehörigkeit besitzt. Ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben die Parteien in Marburg/Lahn gehabt. Im Frühjahr 1964 begab sich die Bekl. zur Entbindung ihres zweiten Kindes zu ihren Eltern nach Poitiers. Sie ist seitdem trotz Aufforderung des Kl. nicht an den gemeinsamen Wohnsitz in Marburg/Lahn zurückgekehrt, sondern hat im Juni 1964 vor dem Tribunal Civil de Grande Instance in Poitiers Ehescheidungsklage erhoben. Mit der am 11.9. 1964 beim LG Marburg/Lahn eingegangenen Klage betreibt der Kl. seinerseits die Ehescheidung mit der Begründung, die Bekl. verweigere die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft. Die Bekl. hat, ohne sich zunächst zur Sache selbst zu erklären, geltend gemacht, infolge des schon bei dem Gericht in Poitiers anhängigen Scheidungsrechtsstreits sei die vom Kl. erhobene Scheidungsklage unzulässig; im übrigen sei das LG Marburg/Lahn für das Scheidungsverfahren unzuständig, weil am 12. 11. 1964 das Gericht in Poitiers durch besondere Entscheidung seine Zuständigkeit festgestellt habe, was gemäß § 606 a ZPO auch für das vorliegende Verfahren bindend sei.
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Der Einzelrichter des LG hat nach abgesonderter Verhandlung die Einreden der Rechtshängigkeit und Unzuständigkeit durch Zwischenurteil gemäß §§ 274 II Nrn. 1 und 4, 275 ZPO verworfen. In den Gründen seiner Entscheidung hat er ausgeführt, die Einrede der Rechtshängigkeit sei dann nicht als gegeben anzusehen, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts im Inland voraussichtlich nicht anerkannt werden würde. So liege es aber im vorliegenden Fall, denn die Voraussetzungen des § 606 a ZPO, unter denen ein Urteil des Gerichts in Poitiers anerkannt werden könne, seien nicht gegeben. Ebensowenig könne die Einrede der Unzuständigkeit des vom Kl. angerufenen Gerichts durchgreifen, denn die Bestimmung des § 606 ZPO, die für den vorliegenden Fall die ausschließliche Zuständigkeit des LG Marburg/Lahn begründe, brauche ebenfalls nur dann zurückstehen, wenn es darum gehe, eine von einer ausländischen Behörde getroffene Entscheidung anzuerkennen. Eine solche Entscheidung stelle aber die von dem Gericht in Poitiers über seine eigene Zuständigkeit gefaßte Entschließung nicht dar. Vielmehr sei unabhängig davon, daß nach französischem Recht ein Scheidungsverfahren in Poitiers durchgeführt werden könne, für einen in Deutschland anhängig gemachten Scheidungsprozeß das LG Marburg/Lahn ausschließlich zuständig. Die Bekl. hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und die Einrede der Rechtshängigkeit aufrechterhalten. Die Bekl. meint, das Urteil des französischen Gerichts müsse in Deutschland anerkannt werden.
Aus den Gründen: „Die Berufung der Bekl. ist form- und fristgerecht eingelegt und somit zulässig. Sachlich begründet ist sie jedoch nicht. Die Einrede der Rechtshängigkeit ist nicht gegeben. Nach § 263 II Nr. 1 ZPO k a n n diese Einrede jeweils n u r d a n n erhoben werden, wenn w ä h r e n d der Dauer der Rechtshängigkeit von einer Partei die Streitsache anderweit anhängig gemacht wird. Dabei ist davon auszugehen, daß zwar jede Klageerhebung vor einem deutschen Gericht den Klageanspruch - u n d bei Ehesachen auch die dem anderen E h e p a r t n e r etwa zustehenden Scheidungsrechte (s. RGZ 104, 157) - anhängig macht, daß andererseits aber die Anerkennung eines ausländischen Verfahrens und seiner Wirkungen f ü r inländische Prozesse nicht weiterreichen k a n n als die Anerkennung eines im Ausland ergangenen Urteils (RGZ 49, 344; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl. 1960, 480). Die von dem ausländischen Gericht zu erwartende Entscheidung m u ß also mindestens ,fähig' sein, im deutschen Rechtsgebiet a n e r k a n n t zu werden (so RGZ 158, 147). Die bloße .Möglichkeit' einer Anerkennung des ausländischen Urteils begründet dagegen die Einrede der Rechtshängigkeit noch nicht (so besonders f ü r Ehesachen Stein-Jonas-Schönke, Komm, zur ZPO, 17. Aufl., Anm. II 1 c zu § 615; abweichend Wieczorek, ZPO, Anm. A I zu § 328; vermittelnd Schneider, N J W 1959, 88). Noch viel weniger genügt zur Begründung der Einrede der Rechtshängigkeit etwa - wie die Bekl. unter Berufung auf die Entscheidung des BGH, N J W 1961, 124 1 meint - , d a ß ,in einem anderen geordneten und funktionierenden Verfahren, abgesehen von einem vorübergehenden allgemeinen Stillstand der Rechtspflege, tatsächlich zur Sache entschieden werden kann'. W e n n der BGH 1
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aaO eine solche zusätzliche Voraussetzung f ü r die Einrede der Rechtshängigkeit aufgestellt hat, so besagt dies nichts dafür, daß etwa ohne Rücksicht auf die von einer solchen Entscheidung zu erwartenden, in § 328 ZPO ausdrücklich geregelten Rechtskraftwirkungen die Anhängigmachung eines Verfahrens vor einem deutschen Gericht ausgeschlossen wäre. Zutreffend hat hiernach das angefochtene Urteil darauf abgestellt, ob die Anerkennung des von dem französischen Gericht in Poitiers zu erlassenden Urteils zu erwarten ist. Allerdings ist nun die Frage der Anerkennung ausländischer Entscheidungen gerade in Ehesachen durch Art. 7 § 1 FamRÄndG vom 11. 8. 1961 (BGBl. I 1221) primär den Landesjustizverwaltungen übertragen worden, die im Einzelfall zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen der §§ 328, 606 a ZPO gegeben sind. Diese Zuständigkeitsregelung kann aber f ü r das Scheidungsgericht kein Hinderungsgrund sein, im Rahmen der Entscheidung über die Einrede der Rechtshängigkeit selbständig zu prüfen, ob das in einem ausländischen Scheidungsverfahren zu erwartende Urteil voraussichtlich anzuerkennen ist. Denn das Anerkennungsverfahren der Landesjustizverwaltung kann erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen ausländischen Entscheidung eingeleitet werden; die Landes Justizverwaltung kann also in dem hier allein interessierenden Stadium der Anhängigkeit beider Verfahren überhaupt nicht tätig werden. Es bedeutet somit - entgegen der Auffassung des Kl. - keinen unzulässigen Eingriff in die Zuständigkeit der Justizverwaltung, wenn das Scheidungsgericht bei der Prüfung der Einrede der Rechtshängigkeit inzidenter auch die Frage mitentscheidet, ob das von dem ausländischen Scheidungsgericht zu erwartende Urteil im deutschen Rechtsgebiet anzuerkennen sein wird. Diese Frage ist aber im vorliegenden Falle zu verneinen. Nach § 328 I Nr. 1 ZPO ist die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ausgeschlossen, wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind. Gemäß § 606 I ZPO ist f ü r Klagen auf Scheidung das LG ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt gehabt haben. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt beider Parteien befand sich aber vorliegend in Marburg/Lahn, so daß auch f ü r die von der Bekl. erhobene Scheidungsklage das LG Marburg/Lahn und nicht ein französisches Gericht zuständig war. Allerdings steht nach § 606 a ZPO die Zuständigkeitsregelung des § 606 ZPO unter gewissen Voraussetzungen der Anerkennung einer von einer ausländischen Behörde getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht gegeben. Daß die Bekl. des hier anhängigen Verfahrens die französische Staatsangehörigkeit besitzt, deckt nicht den Tatbestand des § 606a Nr. 1 ZPO; denn wenn dort die Anerkennung der ausländischen Entscheidung unter der Voraussetzung zugelassen wird, daß der .Beklagte' eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, so kann damit nur die in dem ausländischen Verfahren beklagte Partei gemeint sein, wie sich allein schon daraus ergibt, daß § 606 a ZPO lediglich die Anerken-
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nung der ausländischen Entscheidung regelt, also den Fall eines zweiten im Inland anhängigen Verfahrens an sich überhaupt nicht betrifft. Im übrigen entspricht allein diese Auslegung auch dem Sinn des Gesetzes, der dahin geht, die Zuständigkeitsbestimmungen dort zu lockern, wo das Scheidungsbegehren sich gegen einen ausländischen Staatsangehörigen richtet, dem nicht in gleichem Maße wie einem deutschem Staatsangehörigen die deutsche Gerichtsbarkeit gewährleistet sein muß. Bekl. in dem vor dem französischen Gericht in Poitiers anhängigen Scheidungsverfahren ist aber der Kl. des vorliegenden Rechtsstreits, also ein deutscher Staatsangehöriger, womit die Anwendbarkeit des § 606 a Nr. 1 ZPO ausscheidet. Das gleiche gilt auch f ü r die Ausnahmevorschrift der Nrn. 2 und 3 des § 606 a ZPO; denn der .Beklagte' in dem Verfahren vor dem französischen Gericht (d. h. der Kl. des vorliegenden Prozesses) hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und wird, wie er ausdrücklich erklärt hat, keinen Antrag auf Anerkennung der von dem französischen Gericht zu erwartenden Entscheidung stellen. Ist hiernach die Anerkennung jener Entscheidung als ausgeschlossen anzusehen, so bildet das vor dem französischen Gericht anhängige Verfahren auch keinen Hinderungsgrund f ü r die Durchführung des vorliegenden Scheidungsprozesses vor dem hiesigen LG. Die Einrede der Rechtshängigkeit ist daher durch das angefochtene Urteil mit Recht verworfen worden. Ebensowenig kann die von der Bekl. erhobene Einrede der Unzuständigkeit des LG Marburg Erfolg haben. Da die Parteien ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Marburg/Lahn gehabt haben, ist nach § 606 ZPO dieses LG f ü r die Scheidungsklage ausschließlich zuständig. Dem steht nicht entgegen, daß das Gericht in Poitiers sich seinerseits f ü r die dort anhängig gemachte Scheidungsklage durch besonderen Beschluß ausdrücklich als zuständig erklärt hat. Denn jene Entscheidung ist f ü r das hier anhängige Verfahren nicht bindend; f ü r sie gilt vielmehr das oben bereits über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen Gesagte in gleicher Weise."
7. Rechts- und Amtshilfe 250« Der von einem deutschen Jugendamt „in Vertretung" des österreichischen Jugendamtes abgeschlossene Unterhaltsvergleich Vater eines unehelichen Kindes kann in Deutschland nicht für bar erklärt werden.
mit dem vollstreck-
LG Kempten, Beschl. vom 12. 7. 1965 - T 110/65: DAVorm. 1965, 253. Das Kreis jugendamt Schongau hat in Vertretung des Bezirks jugendamtes Voitsberg/Österreich am 2. 4. 1964 im Wege der Amtshilfe mit dem AGg., der deutscher Staatsangehöriger ist, einen Unterhaltsvergleich geschlossen. Das Bezirksjugendamt Voitsberg ist Amtsvormund des Kindes Siegfried D., dessen Erzeuger der AGg. ist.
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Am 8. 3.1965 ersuchte das Bezirksjugendamt Voitsberg das AG Schongau um die Vollstreckbarerklärung des Unterhaltsvergleichs. Das AG Schongau hat mit Beschluß vom 8. 4. 1965 den Antrag abgelehnt. Dagegen hat die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg sofortige Beschwerde eingelegt. Die Kammer hat ein Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München erholt, auf das verwiesen wird. Aus den Gründen: „1. Die Zulässigkeit einer Vollstreckbarerklärung des vor dem Kreisjugendamt Schongau abgeschlossenen Unterhaltsvergleichs nach den Bestimmungen des Haager Übereinkommens vom 15. 4. 1958 (BGBl. 1961 II 1005): Zweck dieses Abkommens ist gemäß Art. 1, in den Vertragsstaaten die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Klagen internationalen oder innerstaatlichen Charakters sicherzustellen, die den Unterhaltsanspruch von Kindern unter 21 Jahren zum Gegenstand haben. Die Folge ist, daß Unterhaltsvergleiche, jedenfalls soweit sie außerhalb des streitigen Verfahrens erfolgen, nicht unter die Bestimmungen dieses Abkommens fallen. Dies geht nicht nur aus dem Wortlaut des Art. 1, sondern auch aus allen übrigen Bestimmungen des Abkommens hervor, wo stets von einer Entscheidung die Rede ist. Ebenso läßt die Bezeichnung des Abkommens selbst als .Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern' darauf schließen. Das Haager Übereinkommen bildet somit keine Rechtsgrundlage f ü r eine Vollstreckbarerklärung des Unterhaltsvergleichs. 2. Vollstreckbarerklärung nach Art. 13 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. 6. 1959 [BGBl. 1960 II 1246]: Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung werden öffentliche Urkunden, die in dem einen Staat errichtet und dort vollstreckbar sind, in dem anderen Staat wie rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen vollstreckt. Nach Abs. 1 Satz 2 gehören zu diesen Urkunden insbesondere auch die in Unterhaltssachen vor einer Verwaltungsbehörde — Jugendamt — aufgenommenen Verpflichtungserklärungen und Vergleiche. Der hier in Frage stehende Unterhaltsvergleich könnte also in Deutschland f ü r vollstreckbar erklärt werden, wenn er in Österreich errichtet und vollstreckbar wäre. a) Der Vergleich ist vor dem Kreisjugendamt in Schongau aufgenommen worden. Dieses hat sich dabei eines österreichischen Formulars bedient, wie es die österreichischen Jugendämter untereinander bei Amtshilfeersuchen gebrauchen. Danach handelt das Kreisjugendamt Schongau ,in Vertretung des Amtsvormundes', des Bezirksjugendamts Voitsberg. b) Bei der hier zu entscheidenden Frage, ob dieser Unterhaltsvergleich als in Österreich errichtet angesehen werden kann, ist der grundsätzliche Unterschied zu berücksichtigen, der zwischen der Amtshilfe zweier funktio-
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nell gleicher Behörden eines Landes und der Amtshilfe der Behörden eines Landes gegenüber denen eines anderen Landes besteht. Im ersten Falle kann die ersuchte Behörde, die innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches dieselben Befugnisse wie die ersuchende Behörde hat, alle Handlungen vornehmen, die die letztere vorzunehmen hat. Im zwischenstaatlichen Bereich jedoch beschränkt sich die Amtshilfe auf unselbständige Handlungen, die bestimmt sind, die Tätigkeiten des anderen Staates zu ergänzen (Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht IV, Zürich 1936, 354). Wenn jedoch eine ersuchte Behörde eine vollständige, in sich abgeschlossene Amtshandlung innerhalb ihres normalen Zuständigkeitsbereichs vornimmt, so können Wirkungen und Tragweite dieser Amtshandlungen nur nach ihrem eigenen Recht, nicht nach fremdem Recht beurteilt werden. Dies folgt aus dem Prinzip der Territorialität des öffentlichen Rechts, nach dem diese Behörden tätig werden. Wenn das Bezirksjugendamt Voitsberg in der Beschwerdebegründung anführt, nach dem Haager Unterhaltsabkommen sei österreichisches Recht anzuwenden (der gewöhnliche Aufenthalt des Mündels ist in Österreich), und diese Verweisung umfasse sowohl materielles als auch formelles Recht, so beruht dies auf einer Verkennung des fundamentalen Unterschieds zwischen materiellem und Verfahrensrecht einerseits und privatem und öffentlichem Recht andererseits. Das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 bezieht sich lediglich auf die materielle, privatrechtliche Verpflichtung. Unterhalt zu leisten, enthält aber weder eigene Verfahrensvorschriften noch eine Verweisung auf fremde Verfahrensvorschriften. Im Verfahrensrecht gilt ebenso wie im öffentlichen Recht unbestritten der Grundsatz der Territorialität, d. h. jede Behörde wird nach den Verfahrensvorschriften ihres Landes tätig. So hat der deutsche Richter stets deutsches Zivilprozeßrecht anzuwenden (Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 1949, 91), ebenso wie jede Verwaltungsbehörde nach dem Verwaltungsrecht ihres Staates tätig wird. In gleicher Weise bestimmt sich die Wirkung einer von der Verwaltungsbehörde vorgenommenen Handlung nach inländischem Verwaltungsrecht, soweit diese Wirkungen das Inland betreffen. Nach deutschem Recht kann das Kreisjugendamt Schongau keinen vollstreckbaren Unterhaltsvergleich aufnehmen. Diese Wirkung kann auch nicht auf dem Umweg über die Anwendung österreichischen Verfahrensrechts erreicht werden. Dieses gilt nur f ü r die Tätigkeit österreichischer Verwaltungsbehörden; diese können nach den Vorschriften des österreichischen Jugendwohlfahrtsgesetzes vollstreckbare Unterhaltsvergleiche aufnehmen. Die gesetzlich verliehene Befugnis können die österreichischen Verwaltungsbehörden jedoch nicht auf ausländische Behörden übertragen. Wenn das Kreisjugendamt Schongau ,in Vertretung' des Bezirksjugendamts Voitsberg den Vergleich aufgenommen hat, so kann damit nicht die gleiche Wirkung erzielt werden, wie wenn das Bezirksjugendamt Voitsberg selbst den Vergleich aufgenommen hätte. Zu erwähnen bleibt, daß auch in Österreich der vor dem deutschen Kreis-
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jugendamt aufgenommene Unterhaltsvergleich nicht vollstreckbar wäre, da das österreichische Jugendwohlfahrtsgesetz nur die von österreichischen Jugendämtern aufgenommenen Unterhaltsvergleiche für vollstreckbar erklärt. Damit liegen die Voraussetzungen des Art. 13 des Vertrages vom 6. 6. 1959 nicht vor. Der Unterhaltsvergleich ist weder in Österreich aufgenommen noch dort vollstreckbar. Er kann also auch nicht gemäß Art. 13 des genannten Übereinkommens in Deutschland für vollstreckbar erklärt werden. Mit Recht hat daher das AG Schongau den Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde erwies sich als unbegründet und war zurückzuweisen."
8. Anerkennung und Vollstreckung deutsdier Entscheidungen im Ausland Siehe auch Nr. 226 bis 235, 242 2 5 1 . Gegen einen in Frankreich lebenden Fremdenlegionär kann der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes nach dem Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956 (BGBl. 1959 II 151) durchgesetzt werden. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage im Inland im Gerichtsstand des § 23 a ZPO ist zu bejahen, wenn zu erwarten ist, daß der Erzeuger später einmal in die Bundesrepublik Deutschland kommt. LG Stuttgart, Beschl. vom 23. 3. 1964 - 6/3 T 37/63: DAVorm. 1964, 132. Aus den Gründen: „Soweit der angefochtene Beschluß das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses auf Seiten der Kl. verneint, kann ihm jedoch nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, daß Frankreich dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. 4. 1958 (BGBl. 1961 I I 1006) bisher nicht beigetreten ist. Das besagt jedoch nicht, daß aus Unterhaltsurteilen deutscher Gerichte gegen Fremdenlegionäre nicht vollstreckt werden könnte. Frankreich ist dem UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. 6. 1956 (BGBl. 1959 I I 149, 151) beigetreten. Nach Art. 6 gehört zu den Aufgaben der Empfangsstelle u. a. die Vollstreckung einer Entscheidung oder eines anderen gerichtlichen Titels auf Zahlung von Unterhalt. Selbst in Fällen, in denen nur ein Versäumnisurteil über eine Unterhaltsverpflichtung vorliegt, besteht die Möglichkeit, ein Exequaturverfahren oder auch das vereinfachte Lohnpfändungsverfahren (Pfändung des Soldes) gegen einen Fremdenlegionär durchzuführen (vgl. hierzu Tomforde-Diefenbach-Webler,
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Das Recht des unehelichen Kindes und seiner Mutter im In- und Auslande, Frankreich S. 8 VI .Fremdenlegionäre'). Abgesehen davon, daß die höchstrichterliche französische Rechtsprechung in den letzten Jahren ohnehin den Standpunkt vertreten hatte, daß nach den Grundsätzen des IPR auf die Vaterschaftsklage des unehelichen Kindes dessen Heimatrecht Anwendung findet, gilt f ü r Frankreich seit dem 1. 7. 1963 auch das Haager Ubereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 (vgl. BGBl. 1961 II 1013 und BGBl. 1963 II 911). Nach Art. 1 dieses Ubereinkommens bestimmt sich der Unterhaltsanspruch eines Kindes nach Grund und Höhe nach dem Recht desjenigen Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die mit der Vollstreckung aus Urteilen deutscher Gerichte befaßten französischen Stellen lehnen eine solche auch nicht deshalb ab, weil das Unterhaltsrecht unehelicher Kinder in Frankreich völlig anders geregelt ist als in der Bundesrepublik Deutschland. Die Vollstreckung deutscher Unterhaltsurteile verstößt nach französischer Auffassung nicht gegen den ordre public. Zwar hat das uneheliche Kind die Möglichkeit, seine Unterhaltsansprüche gegen einen französischen Fremdenlegionär direkt nach den Bestimmungen des UN-Übereinkommens geltend zu machen (vgl. dazu TomfordeDiefenbach-Webler aaO 9). Dieser Weg wird in der Regel der einfachere sein. Im vorliegenden Falle kann das Rechtsschutzinteresse auf seiten der Kl. deswegen, weil ein einfacherer Weg zur Verfügung stünde, jedoch nicht verneint werden. Da der Bekl. - sofern er überhaupt noch der Fremdenlegion angehört - aller Voraussicht nach in einigen Jahren in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehren wird, hat die Kl. ein Bedürfnis an der Erlangung eines deutschen Unterhaltstitels, aus dem ohne weiteres die Zwangsvollstreckung betrieben werden könnte." 2 5 2 . Auch bei Berücksichtigung des Umstandes, daß deutsche Versäumnisurteile in Spanien nicht vollstreckbar sind, ist die beabsichtigte Unterhaltsklage eines deutschen unehelichen Kindes gegen einen in sein Heimatland zurückgekehrten spanischen Gastarbeiter als angeblichen Erzeuger jedenfalls dann nicht mutwillig im Sinne des § Iii ZPO, wenn gewisse Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Rückkehr des Schuldners nach Deutschland gegeben sind. LG Aachen, Beschl. vom 6. 7. 1964 - 6 T 3/64: DAVorm. 1965, 124; Leitsatz in MDR 1964, 927 Nr. 55; DRiZ 1965 B 18 Nr. 331. Aus den Gründen: „Die Beschwerde der ASt. gegen den ihr das Armenrecht entziehenden Beschluß des AG Eschweiler vom 4. 6. 1964 ist zulässig und begründet.
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Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob mit Rücksicht darauf, daß eine Änderung der Sach- und Rechtslage nach der Bewilligung des Armenrechts nicht eingetreten ist, eine Entziehung des Armenrechts gemäß § 121 ZPO aus den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses überhaupt in Betracht gezogen werden durfte. Denn jedenfalls ist die Feststellung des AG, die beabsichtigte Rechtsverfolgung der ASt. sei mutwillig, unter den vorliegenden Umständen nicht gerechtfertigt. Ob nach spanischem Recht die Feststellung der unehelichen Vaterschaft nur zulässig ist, wenn der Kindesmutter bei der Zeugung Gewalt angetan worden ist oder der Vater sich schriftlich zu seiner Vaterschaft bekannt hat, ist unerheblich. Gemäß Art. 21 EGBGB ist der Unterhaltsrechtsstreit nach deutschem Recht zu entscheiden, weil die Mutter der ASt. deutsche Staatsangehörige ist. Die zutreffende Feststellung des AG, daß deutsche Versäumnisurteile in Spanien nicht vollstreckt werden können, läßt für sich allein die von der ASt. beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheinen. Dabei mag dahinstehen, ob mit hochgradiger Wahrscheinlichkeit - wie das AG annimmt - die Möglichkeit ausgeschlossen werden kann, daß der AGg. sich in dem Rechtsstreit vertreten läßt, beispielsweise durch einen z. Z. in Deutschland als Gastarbeiter tätigen Landsmann. Entscheidend gegen die Annahme einer mutwilligen Rechtsverfolgung spricht, daß der AGg. in den bei den Akten befindlichen, an die Kindesmutter gerichteten Briefen angekündigt hat, er werde als Gastarbeiter nach Deutschland zurückkehren, sobald er einen Paß für die Ausreise besitzt. Anhaltspunkte dafür, daß dieses Vorhaben nicht ernst gemeint oder die Verwirklichung dauernd unmöglich ist, sind nicht ersichtlich. Es ist daher zumindest durchaus möglich, daß der AGg. in absehbarer Zeit nach Deutschland zurückkehrt. Mit Rücksicht hierauf würde auch eine verständige, zahlungsfähige Partei von einem Unterhaltsrechtsstreit derzeit nicht absehen, zumal im Falle einer alsbaldigen rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits nach der Rückkehr des AGg. sogleich vollstreckt werden könnte und bei einer späteren Durchführung des Prozesses die Erfolgsaussichten der ASt. infolge des Zeitablaufs möglicherweise geringer wären." 2 5 3 . Ein ausländisches Unterhaltsurteil kann in den USA in der Regel nicht vollstreckt werden. Zur Versagung des Armenrechts für eine Unterhaltsklage gegen einen amerikanischen Soldaten im Gerichtsstand des § 23 a ZPO. LG Tübingen, Beschl. vom 19. 10. 1964 - I T 104/64: DAVorm. 1964, 303. Aus den Gründen: „Das AG hat die erbetene einstweilige Kostenbefreiung mit Recht verweigert. Die in dem angefochtenen Beschluß vertretene Rechtsauffassung ergibt sich, wie auch die Beschwerde nicht verkennt, zwangsläufig aus der gegenwärtig hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen geübten amerikanischen Rechtspraxis. Da-
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nach kann ein ausländisches Unterhaltsurteil in den USA aus Gründen des ordre public in der Regel nicht vollstreckt werden. Die Aussicht aber, daß ein ausländischer Unterhaltsgläubiger auf Grund eines im Ausland erwirkten Vollstreckungstitels von einem Schuldner in den USA ohne Inanspruchnahme der Vollstreckungsorgane Unterhaltszahlungen erhält, ist so gering, daß sie bei der nach § 114 I Satz 2 ZPO gebotenen Prüfung der Realisierungsmöglichkeiten eines zuerkannten Anspruchs außer Betracht bleiben kann. Dies gilt auch dann, wenn Unterhaltsschuldner ein Angehöriger der Streitkräfte ist. Es mag zwar sein, daß Soldaten der US-Army, die ihre Unterhaltspflicht vernachlässigen, Gefahr laufen, von ihrem Kommandeur disziplinarisch bestraft zu werden. Indessen wird, wie das an die Mutter des ASt. gerichtete Schreiben vom 25. 3. 1964 erkennen läßt, der Disziplinarvorgesetzte bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen unehelicher Kinder sich nur einschalten, wenn die Unterhaltsverpflichtung auf Grund eines Vaterschaftsanerkenntnisses oder einer gerichtlichen Entscheidung eindeutig feststeht, wobei jedoch Versäumnisurteile ausländischer Gerichte, die sowohl nach amerikanischem Bundesrecht wie auch nach dem Recht der Einzelstaaten von der Anerkennung durch die amerikanischen Behörden praktisch ausgeschlossen sind, nicht als ausreichende Grundlage für ein disziplinarisches Vorgehen anzusehen sein dürften. Da der AGg. seine Vaterschaft offenbar bestreitet, wird er im übrigen auch kaum zulassen, daß gegen ihn Versäumnisurteil ergeht. Fraglich ist auch, ob er im Falle streitiger Durchführung des Rechtsstreits bei Eintritt der Rechtskraft eines etwaigen der Klage stattgebenden Erkenntnisses noch der Armee angehören und ob er disziplinarische Maßnahmen zum Anlaß nehmen würde, den zuerkannten Anspruch zu erfüllen, oder im Hinblick auf den Grundsatz, daß kein amerikanischer Staatsbürger gezwungen werden kann, in einem fremden Staat Recht zu nehmen, sich nicht vielmehr mit Erfolg gegen eine Bestrafung zur Wehr setzen würde." 2 5 4 . Nach islamischem Recht ist der außereheliche Vater mit seinem Kinde nicht verwandt, und es bestehen für ihn keinerlei Unterhaltspflichten. Diese Rechtslage ist Gegenstand des ordre public in Marokko, so daß die Anerkennung und Vollstreckung eines Unterhaltsurteils in Marokko ausgeschlossen ist. AG Frankfurt, Beschl. vom 16. 12. 1964 - 34 C 1871: DAVorm. 1965, 123. Der außerehelich geborene Kl. will den Bekl. auf Zahlung von Unterhalt und auf Feststellung der Vaterschaft verklagen. Der Bekl. ist marokkanischer Staatsangehöriger und lebt in Rabat/Marokko. Es ist nicht vorgetragen, daß er im Bundesgebiet Vermögen oder Einkommen besitze, das im W e g e der Zwangsvollstreckung in Anspruch genommen werden könnte.
Aus den Gründen: „Die Rechtsverfolgung des Kl. ist als mutwillig anzusehen, weil eine das Armenrecht nicht beanspruchende Partei von einer Prozeßführung absehen würde.
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Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde wird zwar nach Art. 21 EGBGB nach deutschem Recht beurteilt, weil die Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Es kann auch zugunsten des Kl. unterstellt werden, daß die Klage vor dem nach § 23 a ZPO zuständigen AG Frankfurt sachlich Erfolg haben würde, gleichwohl kann das Armenrecht nicht bewilligt werden, weil die Anerkennung und Vollstreckung eines solchen Urteils in Marokko ausgeschlossen ist und eine das Armenrecht nicht beanspruchende Partei unter diesen Umständen von der Prozeßführung absehen würde. Der Bekl. ist marokkanischer Staatsangehöriger und als solcher offensichtlich auch Mohammedaner. Nach islamischem Recht ist der außereheliche Vater mit seinem Kinde nicht verwandt, und es bestehen ihm gegenüber keinerlei Unterhaltspflichten. Diese Rechtslage ist Gegenstand des ordre public in Marokko, und demzufolge weigern sich die dortigen Behörden und Gerichte, bereits die Zustellung einer entsprechenden Klage im diplomatischen Wege vorzunehmen. Darüber hinaus ist die Anerkennung und Vollstreckung eines obsiegenden Urteils in Marokko aus den gleichen Gründen ausgeschlossen. Die beabsichtigte Klage hätte demnach nur Aussicht auf Erfolg, wenn sie dem Bekl. innerhalb der Bundesrepublik zugestellt werden könnte und wenn die Vollstreckung eines obsiegenden Urteils im Inlande möglich wäre. Dafür hat der Kl. trotz einer Auflage vom 14. 8. 1964 bis jetzt nichts dargetan, und das Armenrecht mußte daher gemäß § 114 ZPO verweigert werden." 2 5 5 . Das Armenrecht für eine Unterhaltsklage des deutschen unehelichen Kindes gegen den in seinem Heimatstaat befindlichen jugoslawischen Vater ist zu versagen, weil eine Zwangsvollstreckung aus deutschen Titeln in Jugoslawien nicht möglich ist. AG Schwetzingen, Beschl. vom 20. 1. 1965 - I C 299/63: DAVorm. 1965, 123. Aus den Gründen: „Die Voraussetzungen für die Gewährung des Armenrechts gemäß § 114 I ZPO sind nicht gegeben, da eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage, und zwar in rechtlicher und in tatsächlicher Hinsicht (vgl. Thomas-Putzo, [ZPO] § 114 ZPO Anm. 2 a) nicht gegeben ist. Insbesondere muß für die hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage verlangt werden, daß aus einem auf die Klage ergehenden Urteil erfolgreich die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann (vgl. Beschl. des LG Tübingen vom 19. 10. 1964, DAVorm. 1964, 303 Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.
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Siehe oben Nr. 253.
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Der ASt. trägt durch Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 16. 9. 1964 selbst vor, daß sich der Bekl. zur Zeit in Jugoslawien befindet. Abgesehen davon, daß wegen des außerordentlich geringen Lohnniveaus in Jugoslawien die Zwangsvollstreckung dort generell kaum Aussicht auf Erfolg verspricht, ist eine Zwangsvollstreckung aus deutschen Titeln in Jugoslawien schlechthin nicht möglich (vgl. Tomforde-Diefenbach-Webler, Das Recht des unehelichen Kindes und seiner Mutter im In- und Auslande, 5. Aufl. 1962, Abt. Jugoslawien Rdnr. 5). Aus diesem Grunde war das Armenrechtsgesuch abschlägig zu bescheiden." 256. Ein deutsches Unte'rhaltsurteil, das zugunsten des unehelichen Kindes im Gerichtsstand des § 23 a ZPO gegen einen in Amsterdam wohnhaften niederländischen Staatsangehörigen ergeht, wird in den Niederlanden nicht vollstreckt. AG Tübingen, Beschl. vom 3.12.1965 - 6 C 807/65: DAVorm. 1966, 29. Aus den Gründen: „Zwar ist das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. 4. 1958 nach Art. 16 II des Ubereinkommens am 28. 4. 1964 auch f ü r die Niederlande in Kraft getreten (Bekanntmachung des Auswärtigen Amts vom 26. 10. 1964, BGBl. II 784). Die Niederlande haben jedoch bei der Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde gemäß Art. 18 des Ubereinkommens folgenden Vorbehalt erklärt: ,Im Königreich der Niederlande werden Entscheidungen einer Behörde eines anderen Vertragsstaates, deren Zuständigkeit durch den Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten begründet ist, nicht auf Grund des Übereinkommens anerkannt oder für vollstreckbar erklärt.' Da die Zuständigkeit des AG Tübingen n u r gemäß § 23 a ZPO, also auf Grund des allgemeinen Gerichtsstandes des ASt. gegeben ist, könnte eine Vollstreckung des angestrebten Urteils nicht auf dieses Übereinkommen gestützt werden. Soweit sich der ASt. auf den am 15. 9. 1965 in Kraft getretenen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 30. 8. 1962 (BGBl. 1965 II 26 ff.; Bekanntmachung über Inkrafttreten BGBl. 1965 II 1155) beruft, muß er sich Art. 19 dieses Vertrags entgegenhalten lassen, der bestimmt: .Dieser Vertrag berührt nicht die Bestimmungen anderer Verträge, die zwischen beiden Staaten gelten oder gelten werden und die für besondere Bechtsgebiete die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen oder anderer Schuldtitel regeln.' 46 IPR 1964/65
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Damit findet dieser Vertrag neben dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern im vorliegenden Fall keine Anwendung. Doch auch ohne die Bestimmung des Art. 19 würden die Niederlande nach Art. 2 b des Vertrags dem angestrebten Urteil des AG Tübingen die Anerkennung versagen, da f ü r das AG Tübingen ,eine Zuständigkeit nach diesem Vertrag oder nach einem anderen Vertrage, der zwischen beiden Staaten gilt, nicht anzuerkennen ist.' Nach Art. 4 des Vertrags wäre nämlich das AG Tübingen nur zuständig, a) wenn der Bekl. zur Zeit der Einleitung des Verfahrens in der Bundesrepublik wohnen würde oder b) wenn die Zuständigkeit des AG Tübingen vereinbart wäre oder c) wenn sich der Bekl. auf das Verfahren zur Hauptsache vor dem AG Tübingen einlassen würde, was jedoch nicht der Fall ist, wie schon im vorangegangenen Verfahren offensichtlich wurde 1 . Die Vollstreckung eines auf Grund des § 23 a ZPO ergangenen Urteils ist also auch bei dem derzeitigen Rechtszustand nicht möglich."
9. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten Siehe auch Nr. 245, 248, 250, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 284 Siehe ferner OLG Köln, Urt. vom 30. 7. 1964 - 1 U 25/64. Die Entscheidung ist zusammen mit dem erstinstanzlichen Urteil des LG Köln vom 19. 12. 1963 in IPRspr. 1962-1963 Nr. 187 abgedruckt.
2 5 7 . Ist die Gegenseitigkeit nicht verbürgt, so kann das Urteil eines ausländischen Gerichts auch dann nicht anerkannt werden, wenn auf den Streitfall das Recht eben des Staates anwendbar ist, dem jenes Gericht angehört. BGH, Urt. vom 30. 6. 1964 - VI ZR 88/63: WM 1964, 879; DB 1964, 1258; MDR 1964, 840; BGHWarn 1964 Nr. 187; LM Nr. 14 zu § 328 ZPO; AWD 1965, 94; DRspr. IV (415) 68a; Leitsatz in NJW 1964, 2109 Nr. 5; DRiZ 1964 B 115 Nr. 1577 und 1965 B 19 Nr. 360. Beide Parteien sind türkische Staatsangehörige und haben ihren Wohnsitz in der Türkei. Der Bekl. besitzt in Frankfurt (Main) Vermögen. Der Kl. war für den Bekl. tätig. Der Bekl. verpflichtete sich, dem Kl. als Remuneration für die geleistete und noch zu leistende Tätigkeit und seine Bemühungen einen Betrag von 50000 türkischen Pfund zu zahlen. Als der Bekl. in der Folgezeit die Zahlung verweigerte, erhob der Kl. in der Türkei gegen den Bekl. Klage auf Zahlung dieser Summe. Die Klage wurde durch Urteil des Handelsgerichts in Istanbul abgewiesen. Der türkische Kassationshof bestätigte diese Entscheidung. Inzwischen war der Kl. auch im gegenwärtigen Rechtsstreit gegen den Bekl. vorgegangen. Nach Beendigung des in der Türkei geführten Rechtsstreits hat der 1 In demselben Fall war das Armenrecht schon einmal verweigert worden: LG Tübingen, Beschl. vom 3. 7. 1963 - 1 T 65/63, IPRspr. 1962-1963 Nr. 201.
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Bekl. die Einrede der Rechtskraft erhoben und geltend gemacht, daß es für die vorliegende Klage zum mindesten an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil über den Streitgegenstand in einem mit allen Rechtsgarantien ausgestatteten Verfahren entschieden worden sei. Das OLG hat den Bekl. verurteilt, 30000 türkische Pfund zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Revision des Bekl. Aus den Gründen: „Die Revision kann keinen Erfolg haben. 1. Zutreffend haben die vorinstanzlichen Gerichte die deutsche Gerichtsbarkeit ohne Rücksicht darauf f ü r gegeben gehalten, daß die Parteien die türkische Staatsangehörigkeit besitzen und in der Türkei ihren Wohnsitz haben. Der Bekl. hat in F r a n k f u r t (Main) Vermögen und ist mit diesem der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen (vgl. § 23 ZPO). 2. Mit Recht ist das Berufungsgericht der Ansicht, daß die Rechtskraft des in der Türkei ergangenen klagabweisenden Urteils den gegenwärtigen Prozeß und die eigene Sachprüfung der angegangenen deutschen Gerichte nicht hindert. Die Entscheidung des türkischen Gerichts kann nach § 328 I Nr. 5 ZPO hier nicht anerkannt und berücksichtigt werden, weil die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. In der Türkei werden nämlich nach Art. 540 des türkischen Zivilprozeßgesetzes ausländische Urteile in Zivil- und Handelssachen nicht anerkannt, wenn zwischen der Türkei und dem betreffenden anderen Staat keine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung besteht. Im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur Türkei gilt aber n u r die begrenzte Vereinbarung über die Vollstreckbarerklärung von Kostenentscheidungen gegen den abgewiesenen Kläger (Art. 3, 4 des deutsch-türkischen Abkommens über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28. 5. 1929 - RGBl. 1930 II 7 - , zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei wieder in Kraft gesetzt am 1. 3. 1952 lt. Bekanntmachung über die Wiederanwendung deutsch-türkischer Vorkriegsverträge vom 29.5.1952 - BGBl. II 608). Hiervon abgesehen, werden die Urteile deutscher Gerichte in der Türkei also nicht anerkannt und ist die Gegenseitigkeit daher nicht verbürgt. Bei dem Zahlungsverlangen des Kl. handelt es sich nicht um einen Prozeßgegenstand, der unter die erwähnte Vollstreckbarkeitsvereinbarung fiele. Allerdings beansprucht der Kl. u. a. auch Ersatz f ü r einen Teil der Prozeßkosten, die ihm in seinem Rechtsstreit gegen den Bekl. auf Zahlung der zugesagten Sondervergütung von den türkischen Gerichten entstanden sind. Zur Tragung dieser Kosten ist der Bekl. dort aber nicht als abgewiesener Kläger verurteilt worden; geklagt hat vielmehr der Kl. und er ist in dem dortigen Rechtsstreit unterlegen. Der Bekl. hat auch nicht etwa behauptet, daß der Kl. in jenem Prozeß verurteilt worden sei, eben diejenigen Kosten dem Bekl. zu erstatten, die der Kl. in dem gegenwärtigen Rechtsstreit gegen ihn geltend macht. Ob dem Kostenersatzanspruch des Kl., wenn dem so wäre, mit Rücksicht auf die deutsch-türkische Vollstreckbarkeits46 *
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Vereinbarung aus dem Urteil des türkischen Gerichts eine Einwendung entgegengesetzt werden könnte, braucht daher nicht erörtert zu werden. 3. Die Revision vertritt die Ansicht, die Vorschrift des § 328 I Nr. 5 ZPO greife nicht ein, weil dessen Grundgedanke im vorliegenden Fall keine Anwendung finde. Sie meint, grundsätzlich sei von einer Anerkennung ausländischer Urteile auszugehen; das Gesetz schaffe in § 328 ZPO n u r Ausnahmetatbestände. Diese stellten aber sämtlich auf den Schutz deutscher Belange ab und hätten zur Voraussetzung, daß eine deutsche Interessenlage auf dem Spiel stehe. Daran fehle es hier, weil beide Parteien türkische Staatsangehörige seien und weder ihren Wohnsitz noch auch ihren ständigen Aufenthalt in Deutschland hätten, irgendeine Divergenz zwischen dem ausländischen und dem deutschen Recht auch nicht in Frage komme. Der Revision kann hierin nicht gefolgt werden. Es braucht hier nicht auf die Frage eingegangen zu werden, ob nach dem System des deutschen Rechts die Anerkennung ausländischer Urteile Regel oder Ausnahme ist (vgl. einerseits Seuffert-Walsmann, ZPO, 12. Aufl., § 328 Anm. 2 a; Wieczorek, ZPO, § 328 Anm. B IIa; Zöller, ZPO, 9. Aufl., § 328 Anm. Abs. 1; andererseits Förster-Kann, ZPO, 3. Aufl., § 328 Anm. 1; Stein-JonasSchönke, ZPO, 18. Aufl., § 328 Anm. I 1; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 26. Aufl., § 328 Anm. 1 A; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., 745). Denn da im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur Türkei die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, ist nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 328 I Nr. 5 ZPO die Anerkennung der Entscheidung eines türkischen Gerichts ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 328 I Nr. 5 ZPO stellt nicht darauf ab, ob ein deutscher oder ausländischer Staatsangehöriger Prozeßpartei ist, wo die Partei ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder ob deutsches oder fremdes Recht auf den Streitfall anwendbar ist. Soweit das Gesetz in diesem Bereich deutsche Belange f ü r schutzbedürftig hält, ist dem in den Vorschriften der Nrn. 1 bis 4 des § 328 I ZPO Rechnung getragen worden. Die daneben bestehende Regelung des § 328 I Nr. 5 ZPO hat selbständige Bedeutung. Sie liegt auf dem Gebiet rechtspolitischer zwischenstaatlicher Beziehungen und ist nicht aus den in den Nrn. 1 bis 4 ins Auge gefaßten besonderen Schutzzwecken heraus zu verstehen. Ist die Gegenseitigkeit nicht verbürgt, so ist die Anerkennung des ausländischen Gerichtsurteils ausgeschlossen, ohne daß es noch darauf ankommt, ob sich Bedenken gegen die Anerkennung auch aus den Gesichtspunkten der Nrn. 1 bis 4 erheben. Derartige Bedenken gewinnen überhaupt erst dann Gewicht, wenn die Anerkennung nicht schon mangels verbürgter Gegenseitigkeit ausgeschlossen ist. 4. Eine andere Beurteilung erscheint auch nicht darum gerechtfertigt, weil das deutsche IPR, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, f ü r die Beurteilung der streitigen Rechtsbeziehungen der Parteien türkisches Recht maßgebend sein läßt und somit auf das Recht eben des Staates verweist, dessen Gericht in dem vorgelegten Urteil entschieden hat. Die Revision hat nicht behauptet und es bietet sich auch kein Anhalt f ü r die Annahme, daß in der Türkei in Fällen einer vom türkischen Kollisionsrecht
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bestimmten Maßgeblichkeit des deutschen Rechts entgegen der oben bezeichneten türkischen Gesetzesvorschrift solche Urteile anerkannt würden, die von deutschen Gerichten erlassen worden sind. Da die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, ist in Deutschland daher auch in dem umgekehrten Falle die Anerkennung ausgeschlossen. F ü r den deutschen Richter, an den ein nach türkischem Recht zu beurteilender Streitfall herangetragen wird, stellt ein Urteil, das von einem türkischen Gericht bereits erlassen worden ist, gewiß eine aufschlußreiche Erkenntnisquelle dar; er ist aber nicht davon befreit, sich über den Streitfall unter Heranziehung und Zugrundelegung des türkischen Rechts ein eigenes Urteil zu bilden und in der Sache selbständig zu entscheiden. 5. Die Revision sieht in der Klage einen unzulässigen Versuch des Kl., die Rechtskraft des von dem türkischen Gericht erlassenen Urteils zu umgehen; es sei eine unzulässige Rechtsausübung, daß der Kl. die dort rechtskräftig aberkannte Forderung in einem Lande geltend mache, das rechtskräftige Urteile türkischer Gerichte nicht anerkenne. Die Verleugnung des rechtskräftigen Urteils, das im Heimatstaat der Parteien in ordnungsmäßigem Verfahren ergangen sei, widerspreche den guten Sitten und der öffentlichen Ordnung und könne, falls dem nicht schon das türkische Recht entgegenstehe, jedenfalls nach Art. 30 EGBGB nicht hingenommen werden. Auch hiermit kann die Revision keinen Erfolg haben. Da die Anerkennung des türkischen Gerichtsurteils ausgeschlossen ist, ist es als solches im vorliegenden Rechtsstreit schlechthin unbeachtlich (Stein-Jonas-Schönke, § 328 Anm. I 2; Rosenberg aaO 747). Daher kann es keine Berücksichtigung finden, daß der Kl. mit seinem Anspruch auf die Sondervergütung durch das Urteil des türkischen Gerichts abgewiesen worden ist. Für die Erwägungen, die die Revision auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Entscheidung des türkischen Gerichts anstellt, ist daher kein Raum. Auf Riezler (Internationales Zivilprozeßrecht, 1949, 523) kann sich die Revision zur Stützung ihrer Ansicht nicht berufen. Riezler hat (unter Bezugnahme auf Hinweise von Bartin, Valéry, Frankenstein und Neumeyer) erwähnt, daß ein nicht anerkanntes ausländisches Urteil unter Umständen als eine neue Tatsache - nicht in seiner Eigenschaft als Urteil - Beachtung finden müsse, so etwa, wenn eine Schadensersatzklage darauf gegründet werde, daß der Gegner das ausländische Urteil in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise herbeigeführt habe, oder wenn es f ü r die Entscheidung eines Rechtsstreits auf die Gutgläubigkeit der Partei über eine bestimmte Rechtslage ankomme und es in dieser Hinsicht von Bedeutung sei, ob die Partei auf die Richtigkeit des ausländischen Urteils vertraut habe. Im vorliegenden Falle geht es nicht um derartige Tatbestandswirkungen. Die Revision stellt vielmehr unmittelbar auf den sachlichen Inhalt der Entscheidung des türkischen Gerichts ab, u m ihm f ü r die Entscheidung des gegenwärtigen Rechtsstreits Geltung zu verschaffen. Das geht nicht an. 6.
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7. Ausländisches Recht ist nach § 549 ZPO irrevisibel; die Revision kann nicht darauf gestützt werden, daß durch das angefochtene Urteil das ausländische Recht verletzt worden sei. Soweit sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts wendet, daß die fünfjährige Verjährung des Anspruchs auf die Sondervergütung durch die Erhebung der Klage vor dem türkischen Gericht und jede weitere Prozeßhandlung der Partei oder des Gerichts wieder unterbrochen worden sei und jeweils von neuem zu laufen begonnen habe, greift die Revision allerdings auf deutsches Recht zurück. Wenn das türkische Gerichtsurteil, so meint die Revision, nach § 328 I Nr. 5 ZPO in Deutschland nicht anerkannt werde, so könne auch nicht anerkannt werden, daß die voraufgegangenen Prozeßhandlungen Verjährungsunterbrechende Wirkung gehabt hätten. Die Revision rührt hiermit eine Rechtsfrage an, die sich dann stellt, wenn über die Verjährung nach deutschem Recht zu entscheiden ist und es darauf ankommt, ob eine vor ausländischen Gerichten erhobene Klage die Verjährung unterbrochen hat (vgl. hierzu einerseits RG, J W 1926, 374, RGZ 129, 385, 389; Frankenstein, IPR I, 1926, 371 f., 598 f.; andererseits Neumeyer in seiner Anmerkung zu der erstgenannten Entscheidung J W 1926, 374; Katinszky, Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung vor ausländischen Gerichten: RabelsZ 9 [1935] 855 ff.). Hier bestimmt sich die Verjährung jedoch ausschließlich nach türkischem Recht. Mit den von der Revision angestellten Erwägungen kann es daher nicht angegriffen werden, daß nach der auf das türkische Recht gegründeten Feststellung des Berufungsgerichts die Verjährung durch den vor den türkischen Gerichten geführten Prozeß unterbrochen worden ist."
258« Der deutsch-österreichische Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. Juni 1959 ist auf Schuldtitel, die eine Verpflichtung zur Leistung eines gesetzlichen Unterhalts zum Gegenstand haben, für die nach dem 31. Dezember 1959 fällig werdenden Leistungen auch dann anzuwenden, wenn die Schuldtitel vor dem 31. Dezember 1959 entstanden sind. Die Abänderung rechtskräftiger österreichischer Unterhaltstitel zum Zweck der Anpassung an nachträglich veränderte Verhältnisse ist deutUnterhaltsvollschen Gerichten jedenfalls nach Inkrafttreten des Haager streckungsabkommens am 1. Januar 1962 gestattet. LG Stuttgart, Urt. vom 1. 7. 1964 - 4 S 357/62: MDR 1964, 1011; Leitsatz in FamRZ 1965, 95 und DRiZ 1965 B 19 Nr. 358. Die Kl., die in Österreich unehelich geboren wurde und dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, erwirkte bei österreichischen Gerichten zwei Unterhaltstitel gegen den österreichischen Bekl., der seit mehreren Jahren in Deutschland wohnt. Mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 13. 5. 1958 wurde der Bekl. zunächst zu Unterhaltsleistungen für einige Monate verurteilt. Der Beschluß des Bezirksgerichts Scheibbs vom 5. 12. 1959 sprach dann eine Zahlungspflicht bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes aus.
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Die Kl. stellte den Antrag, diese Titel für vollstreckbar zu erklären und ihr im Wege der Unterhaltserhöhung eine ab 1. 8.1962 monatlich im voraus zu zahlende Rente von 60 DM zuzusprechen. Das AG hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Bekl. mit der Berufung, nachdem ihm durch Beschluß vom 25. 7. 1963 das Armenrecht bewilligt worden ist. Er trägt u. a. vor, das Urteil des Bezirksgericht Wien sei ihm nie zugestellt worden und die Rechtskraftbescheinigung auf diesem Urteil bestehe zu Unrecht. Aus den Gründen: „Der deutsch-österreichische Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. 6. 1959 (BGBl. 1960 II 1246) ist auf Schuldtitel (Exekutionstitel), die, wie im vorliegenden Fall, eine Verpflichtung zur Leistung eines gesetzlichen Unterhaltes zum Gegenstand haben, für die nach dem 31. 12. 1959 fällig werdenden Leistungen auch dann anzuwenden, wenn, wie hier, die Schuldtitel (Exekutionstitel) in der Zeit vom 1. 5. 1945 bis zum 31. 12. 1959 entstanden sind (Art. 19 II dieses Vertrages). Hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung wegen dieser Leistungen ist also die Gegenseitigkeit im Sinne von § 328 I Nr. 5 ZPO verbürgt. Hingegen können die beiden Titel wegen der nach ihnen aus früherer Zeit geschuldeten Unterhaltsleistungen nicht für vollstreckbar erklärt werden, weil bis zum 31. 12. 1959 weder nach dem erwähnten Vertrag noch nach anderen Staatsverträgen die gegenseitige Anerkennung verbürgt war. Der Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 21. 6. 1923 (RGBl. 1924 II 55) war mit der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich im Jahre 1938 gegenstandslos geworden und durch die Trennung beider Staaten im J a h r 1945 nicht wieder aufgelebt (LG Wuppertal 1 und LG Nürnberg-Fürth 2 , MDR 1952, 303; LG Klagenfurt, N J W 1953, 1597). Soweit also wegen Unterhaltsforderungen der Kl. aus der Zeit vom 22. 11. 1956 bis zum 12. 9. 1957 und wegen der Prozeßkosten die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltsurteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien ausgesprochen wurde, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Gleiches g i l t . . . , soweit die Zwangsvollstreckung wegen der vom 29. 9. 1959 bis zum 31. 12. 1959 fällig gewordenen Unterhaltsbeträge für zulässig erklärt ist. Soweit dagegen der Beschluß des Bezirksgerichts Scheibbs den Bekl. ab 1. 1. 1960 jeweils zum Monatsersten zur Zahlung von monatlich 180 ö. S. verurteilt hat, ist die Zwangsvollstreckung gegen den Bekl. in der Bundesrepublik Deutschland zulässig. In diesem Umfang besteht das angefochtene Urteil als Vollstreckungsurteil bezüglich aller vom 1. 1. 1960 bis zum 31. 7. 1962 fällig gewordener Unterhaltsbeträge nach Maßgabe der Exekutionstitel zu Recht. Eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit der österreichischen Entscheidungen findet nicht statt (§ 7231 ZPO). 1
IPRspr. 1952-1953 Nr. 306.
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IPRspr. 1950-1951 Nr. 149.
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Einwendungen gegen den materiellen Anspruch können im Verfahren nach §§ 722 ff. ZPO nur geltend gemacht werden, sofern sie erst nach Erlaß der ausländischen Entscheidung entstanden sind (Stein-Jonas-Schönke, [ZPO] § 723 Anm. I 2; AusfG vom 8. 3. 1960 [BGBl. I 109] § 5; AusfG vom 18. 7. 1961 [BGBl. I 1033] § 4 I). Solche Einwendungen konnte der Bekl. nicht vorbringen. Seine Absicht, gegen das österreichische Urteil das Wiederaufnahmeverfahren zu betreiben, steht dem Erlaß des Vollstreckungsurteils durch das zuständige deutsche Gericht nicht im Wege (Stein-JonasSchönke aaO Anm. I 3). Trotz der Behauptung des Bekl., ihm sei das Urteil des Bezirksgerichts Wien Innere Stadt nie zugestellt worden, bedarf es nach Ansicht der Kammer keines weiteren Beweises dafür, daß beide österreichischen Entscheidungen die formelle Rechtskraft erlangt haben, als der den vorgelegten Urteilsausfertigungen beigefügten, vom jeweiligen Leiter der Geschäftsabteilung unterzeichneten Rechtskraftzeugnisse. Den Beweis der inhaltlichen Unrichtigkeit dieser öffentlichen Urkunden hat der Bekl. nicht angetreten. Im übrigen besteht auch nach österreichischem Recht die Möglichkeit der Ersatzzustellung, etwa durch Niederlegung bei der Post (§ 104 ÖZPO), so daß wirksam zugestellt worden sein kann, ohne daß der Bekl. in den Besitz der beiden Entscheidungen kam. Auffallend ist auch, daß der Bekl., obwohl er spätestens im Verfahren außer Streitsachen vor dem Bezirksgericht Scheibbs von dem gegen ihn ergangenen Unterhaltsurteil Kenntnis erhielt, in dem zum Erlaß des Unterhaltsbeschlusses führenden Verfahren die fehlende Zustellung anscheinend nicht gerügt hat. Daß der vorgelegte Nachweis der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit ausreichend ist, ergibt sich im übrigen aus Art. 7 Nr. 2 b des deutsch-österreichischen Vertrages vom 6. 6. 1959 (BGBl. 1960 II 1246). Ein Verstoß der Anerkennung des Urteils und des darauf zurückgehenden Beschlusses gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes (§ 328 I Nr. 4 ZPO) ist nicht anzunehmen. Auch ist kein anderer Grund ersichtlich, der die Anerkennung und damit die Vollstreckbarerklärung ausschlösse (vgl. Art. 2 des Haager Übereinkommens über Unterhaltsentscheidungen [BGBl. 1961 II 1005 und BGBl. 1962 II 15]). Zulässig und begründet ist auch der Klagantrag, im Wege der Unterhaltserhöhung der Kl. eine ab 1. 8. 1962 monatlich im voraus zu zahlende Rente von 60 DM zuzusprechen, dem das AG in vollem Umfang stattgegeben hat. Einer endgültigen Entscheidung der im Beschluß über die Bewilligung des Armenrechts in vorliegender Sache vom 25. 7. 1963 aufgeworfenen allgemeinen Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klage auf Abänderung ausländischer Urteile und anderer Schuldtitel über künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen gemäß § 323 ZPO bei Gerichten in der Bundesrepublik Deutschland zulässig ist, bedarf es nicht. Vielmehr geht es nur darum, ob und in welchem Umfang nach den gegenwärtig geltenden zwischenstaatlichen Verträgen die Abänderung österreichischer Unterhaltstitel, insbesondere von Urteilen und Gerichtsbeschlüssen,
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zum Zweck der Anpassung an nachträglich eingetretene veränderte Verhältnisse durch deutsche Gerichte zugelassen werden kann. § 323 ZPO äußert, soweit nach dieser Vorschrift durch die Abänderung gerichtlicher Entscheidungen deren innere Rechtskraft beseitigt wird, rein verfahrensrechtliche Wirkungen. Daher können Bedenken gegen eine Abänderung der hier in Betracht kommenden österreichischen Unterhaltstitel durch deutsche Gerichte auch nur prozeßrechtlicher Art sein, während es nicht darauf ankommt, ob der zugrundeliegende Unterhaltsanspruch nach deutschem oder österreichischem materiellem Recht zu beurteilen ist. Wie schon im Beschluß vom 25. 7. 1963 ausgeführt wurde, ist aber auch die Schlußfolgerung, soweit einer ausländischen Entscheidung Rechtskraft nach ausländischem Recht innewohne, greife die Bestimmung des § 323 ZPO nicht Platz (so Daumbach-Lauterbach, ZPO, 26. Aufl., § 323 Anm. 1), in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend und gerade im Fall der nach Inkrafttreten des deutsch-österreichischen Vertrages in Zivil- und Handelssachen vom 6. 6. 1959, also nach dem 29. 5. 1960 (vgl. BGBl. II 1523), und nach Inkrafttreten des Haager Übereinkommens vom 15. 4. 1958, also nach dem 1. 1. 1962 (BGBl. 1962 II 15), vor einem deutschen Gericht erhobenen Klage auf Abänderung eines österreichischen Unterhaltsurteils oder Unterhaltsbeschlusses abzulehnen. § 4 II des deutschen Ausführungsgesetzes vom 18. 7. 1962 (BGBl. I 1033) zum Haager Übereinkommen über Unterhaltsentscheidungen sieht, einem Grundsatz des internationalen Rechts entsprechend, die Zulässigkeit von Einwendungen gegen den Anspruch selbst gemäß § 767 ZPO vor, sofern n u r die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung entstanden sind, in der ihre Geltendmachung letztmals möglich gewesen wäre. Wenn aber das Vollstreckungsgericht im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht schlechthin an den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung gebunden ist, so wäre es wenig sinnvoll, eine prozessuale Gestaltungsklage mit dem Ziel, bei Klageerhebung vorliegenden, nicht den Grund, sondern nur die Höhe des Unterhaltsanspruchs betreffenden veränderten Umständen Rechnung zu tragen, allein deshalb nicht zuzulassen, weil die ausländische Rechtskraft entgegenstehe. Daß dies dem Sinn weitgehender Anerkennung der gegenseitigen Entscheidungen zuwiderlaufe, der dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern zugrunde liegt, ergibt sich einmal aus der in Art. 3 dieses Übereinkommens bestimmten gleichrangigen Entscheidungszuständigkeit der Behörden des Aufenthaltsortes des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltsverpflichteten, zum anderen aber ausdrücklich aus Art. 8 des Übereinkommens, wonach auch f ü r die eine Verurteilung zu Unterhaltsleistungen abändernde Entscheidung der zuständigen Behörde die Anerkennung und Vollstreckung nach Maßgabe der Art. 1 bis 7 des Übereinkommens gewährleistet ist (wie hier Baumbach-Lauterbach aaO Schlußanhang V, Bern, zu § 4 1 AusfG, S. 1807).
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Eine mit Grundsätzen des österreichischen Verfahrensrechtes unvereinbare Beeinträchtigung der Rechtskraft österreichischer Unterhaltsentscheidungen kann sich aus dieser Handhabung nicht ergeben. Ist doch nach österreichischem Prozeßrecht die Erhöhung der durch Urteil zuerkannten Unterhaltsrente eines unehelichen Kindes bei jeder Änderung maßgeblicher Verhältnisse und nach einem weniger förmlichen Verfahren unter Anlegung weniger strenger Maßstäbe möglich, als § 323 ZPO dies vorschreibt (vgl. Tomforde-Diefenbach-Webler, Das Recht des unehelichen Kindes und seiner Mutter im In- und Ausland, 5. Aufl., Österreich S. 8 ff., ferner die in der Manz'schen Ausg. der österr. Gesetze Bd. II — ABGB, herausg. von Dr. H. Kapfer, 26. Aufl. 1960 - zu § 166 ABGB unter Nrn. 37 und 39 angeführten Entscheidungen). Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für den Erlaß des Vollstreckungs- und Abänderungsurteils ergibt sich aus Art. 3 Nr. 1 des Haager Übereinkommens über Unterhaltsentscheidungen in Verbindung mit §§ 13 ZPO, 23 GVG. Wie schon im Armenrechtsbeschluß ausgeführt, ist auch bei der Entscheidung über die Abänderungsklage in eine erneute Nachprüfung von Einwendungen über den Grund nicht einzutreten, weshalb die vom Bekl. gegen seine Zahlvaterschaft angeführten Behauptungen und Beweismittel nicht berücksichtigt werden können. Ob eine wesentliche Änderung der für die Bestimmung der Höhe des in den österreichischen Entscheidungen zugesprochenen Unterhalts maßgebenden Verhältnisse eingetreten ist (§ 323 I ZPO), muß nach österreichischem sachlichen Recht festgestellt werden (Art. 1 I des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 [BGBl. 1961 II 1013], das seit 1. 1. 1962 in Kraft ist [BGBl. 1962 II 16] und der Kollisionsnorm des Art. 21 EGBGB vorgeht. Auf die in der Entscheidung des OGH Wien vom 12. 6. 1963 [DAVorm. 1963, 316] erwähnten österreichischen Vorbehalte gemäß Art. 2 des Haager Übereinkommens vom 24. 10. 1956 ist hier nicht einzugehen, weil ohnehin österreichisches Recht zur Anwendung kommt). Gemäß § 166 ABGB richtet sich die Höhe des vom Erzeuger an das außerehelich geborene Kind zu zahlenden Unterhalts (.Verpflegung') nach seinem Vermögen, d. h. nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Diese hat sich seit Erlaß des Beschlusses des Bezirksgerichts Scheibbs am 5. 12. 1959 wesentlich gebessert. Damals verdiente der Bekl. monatlich 1384,59 ö. S., während er ab August 1962 fast stets über 500 DM monatlich verdiente, was, grob gerechnet, der Kaufkraft von 3600 ö. S. gleichkam. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, daß diese Einkommenssteigerung eine wesentliche Veränderung der die Entscheidungsgrundlage für den Beschluß des Bezirksgerichts Scheibbs bildenden Verhältnisse darstellt. Für die Ermittlung der Höhe des angemessenen Unterhalts, der nunmehr auf Grund der seit dem 1. 8. 1962 bestehenden Verhältnisse festzusetzen ist, bedient sich die Kammer der in der österreichischen Gerichtspraxis allgemein angewandten, auch in den abzuändernden Entscheidun-
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gen ausdrücklich erwähnten Faustregel, wonach folgende Sätze den Bedürfnissen des Kindes und der Leistungsfähigkeit des Vaters regelmäßig entsprechen: 1 5 % des Nettoeinkommens des Vaters, falls dieser sonst für niemand zu sorgen hat; 2 %> weniger, falls er der Ehefrau unterhaltspflichtig ist, und je 1 °/o weniger für jede weitere Unterhaltsverpflichtung (vgl. Tomforde-Diefenbach-Webler aaO 4)." 259. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Gegenseitigkeit im Sinne der §§ 328 I Nr. 5, 723 II ZPO als verbürgt anzusehen ist. Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und der Republik Südafrika ist die Gegenseitigkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen auf sofortige Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verbürgt. BGH, Urt. v. 30. 9. 1964 - VIII ZR 195/61: BGHZ 42, 194; WM 1964, 1210; NJW 1964, 2350; DB 1964, 1588; AWD 1964, 394; MDR 1965, 127; ZZP 78 (1965) 158; DRspr. IV (415) 67 c-d; Leitsatz in LM Nr. 16 zu § 328 ZPO mit Anm. Schneider; DRiZ 1965 B 19 Nr. 361. Die KI. haben in der Republik Südafrika gegen den Bekl., der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ein Urteil des Supreme Court of South Africa (Witwatersrand Local Division) zu Johannisburg vom 16. 4. 1957 erwirkt, durch das der Bekl. verurteilt worden ist, an die Kl. bestimmte Beträge zu zahlen. Wegen dieser Beträge zuzüglich festgesetzter Kosten und Gebühren der Kl. hat das genannte Gericht einen „Vollstreckungsbefehl" (Anweisung an den zuständigen Gerichtsvollzieher, in das bewegliche Hab und Gut des Bekl. zu vollstrecken) erlassen. Die Kl. beabsichtigen, aus den beiden Titeln gegen den Bekl. in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstrecken. Mit der vorliegenden Klage haben sie gemäß § 722 ZPO beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil und aus dem „Vollstreckungsbefehl" für zulässig zu erklären. Der Bekl. hat um Abweisung der Klage gebeten. Er hat u. a. geltend gemacht, die Voraussetzungen, die gemäß § 328 I Nr. 1, 2, 4 und 5 ZPO für die Anerkennung eines ausländischen Urteils gegeben sein müßten, seien nicht erfüllt; ein Vollstreckungsurteil dürfe daher gemäß § 723 II Satz 2 ZPO nicht ergehen. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil die Gegenseitigkeit im Verhältnis der Republik Südafrika zur Bundesrepublik nicht verbürgt sei. Auch dem erst im zweiten Rechtszuge gestellten Hilfsantrag der Kl., den Bekl. zur Zahlung der Urteilsbeträge und der Kosten zu verurteilen, hat das Berufungsgericht nicht stattgegeben. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Bekl. begehrt, verfolgen die Kl. ihren Hauptantrag weiter. Aus den Gründen: „I. Das Berufungsgericht hat zutreffend die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, auf die sich der Bekl. mit Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Natur der dem südafrikanischen Urteil zugrundeliegenden Ansprüche der KI. berufen hatte, verneint. Ausschließlich zuständig für sämtliche auf ausländische Urteile gestützte Vollstreckungsklagen nach
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§ 722 ZPO sind vielmehr die ordentlichen Zivilgerichte (§§ 722 II, 802 ZPO). II. Das Berufungsgericht hat, mit dem LG übereinstimmend, die Gegenseitigkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile in der Republik Südafrika als nicht verbürgt angesehen. Es hat ausgeführt: Da die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Südafrika nicht durch einen Staatsvertrag geregelt sei, da es ferner in der Republik Südafrika an einer gesetzlichen Regelung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile fehle, könne die Gegenseitigkeit nur dann als verbürgt gelten, wenn eine ständige Praxis der südafrikanischen Gerichte ergebe, daß Urteile deutscher Gerichte in der Republik Südafrika anerkannt würden. Die Kl. hätten jedoch nicht einen einzigen Fall nachweisen können, in dem ein deutsches Urteil in der Republik Südafrika anerkannt worden sei. Das Urteil des High Court of South-West Africa vom 20. 3. 1959 in Sachen der E. AG gegen S., das die Kl. im Berufungsrechtszug vorgelegt haben, sei kein Vollstreckungsurteil, sondern ein selbständiger zweiter Schuldtitel f ü r den dem vorausgegangenen Urteil zugrundeliegenden Anspruch. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. III. Im Sinne der §§ 723 II, 328 I Nr. 5 ZPO ist die Gegenseitigkeit gewährleistet, wenn die Vollstreckung eines deutschen Urteils in dem Staat, dessen Urteil in Deutschland vollstreckt werden soll, auf keine wesentlich größeren Schwierigkeiten stößt als die Vollstreckung dieses Urteils in Deutschland. Diese Gegenseitigkeit braucht nicht f ü r die Vollstreckung aller Urteile eines deutschen Gerichts in jenem Staate begründet zu sein. Es genügt, daß sie es f ü r ein Urteil des Inhalts des in Deutschland zu vollstreckenden ausländischen Urteils ist (partielle Verbürgung) (ebenso: Stein-Jonas, ZPO, 18. Aufl., § 328 Anm. VIII B; Wieczorek, ZPO, § 328 Anm. E V a 2). F ü r den vorliegenden Fall ist deshalb nur von Interesse, ob das Urteil eines deutschen Gerichts, das den Schuldner zur sofortigen Zahlung eines bestimmten Geldbetrages verurteilt, in der Republik Südafrika nicht schwieriger zu vollstrecken ist als in Deutschland das von den Kl. gegen den Bekl. erwirkte Urteil. Bei der Beantwortung dieser Frage kann allerdings im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der nationalen Rechtsordnungen eine völlige Übereinstimmung des beiderseitigen Anerkennungsrechts nicht verlangt werden. Das würde praktisch bedeuten, die Verbürgung der Gegenseitigkeit in jedem Falle zu verneinen. Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob das beiderseitige Anerkennungsrecht und die Anerkennungspraxis bei einer Gesamtwürdigung im wesentlichen gleichwertige Bedingungen f ü r die Vollstreckung eines Urteils gleicher Art im Ausland schaffen (vgl. RGZ 7, 406, 413f.; 48, 377, 381; 70, 434, 438f.). Dabei kann es auch gerechtfertigt sein, einzelne Erschwerungen, die das ausländische Recht der Vollstreckung deutscher Urteile bereitet, als durch Erleichterungen in anderen Punkten
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kompensiert anzusehen. Überhaupt ist bei der Prüfung, ob die Gegenseitigkeit verbürgt ist, kein formaler und kleinlicher Maßstab anzuwenden. Der Grundsatz, die Gegenseitigkeit müsse verbürgt sein, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts in Deutschland vollstreckbar sein soll, war von jeher rechtspolitisch umstritten (so schon: von Bahr, Theorie und Praxis des IPR, 2. Aufl., I 286 ff., II 506 ff.); überwiegend wird seine innere Berechtigung und seine Eignung, das mit ihm verfolgte Ziel zu fördern, negativ beurteilt (Kleinfeller, J W 1924, 1326 ff.; Kisch, ZAkDR 1937, 705ff.; Süß, Die Anerkennung ausländischer Urteile, in Festgabe f ü r Leo Rosenberg, 1949, 237ff.; Nagel, JblntR II. Bd. S. 338fr. 1 ). Wenn dies auch den Richter nicht von der Anwendung des Gesetzes befreit, so ist es jedenfalls ein ausreichender Grund, an das Erfordernis der Verbürgung der Gegenseitigkeit nicht zu strenge Anforderungen zu stellen, zumal die Rücksicht auf die Bedürfnisse des internationalen Rechtsverkehrs im Zuge der modernen Entwicklung des zwischenstaatlichen Verkehrs und Handels in dieselbe Richtung weist. In Anwendung dieser Grundsätze bejaht der Senat auf Grund der ihm zustehenden selbständigen Prüfung (RGZ 115, 103, 104 f.; 145, 74, 78; 150, 374, 379) im vorliegenden Fall die Voraussetzung des § 328 I Nr. 5 ZPO. IV. In der Republik Südafrika ist, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, die Anerkennung ausländischer Urteile der vorliegenden Art nicht vom Gesetzgeber, also nicht durch ,Statute law' geregelt. Dagegen sieht das durch die Rechtsprechung entwickelte .common law of procedure' die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile vor. Dieses common law entspricht, von einigen Besonderheiten abgesehen, die auf das f r ü h e r in Südafrika geltende ,Roman-Dutch law of procedura' zurückgehen (Dold-Joubert, The Union of South Africa, The Development of its Laws and Constitution, London 1955, 354), dem in Großbritannien und Nordirland geltenden common law (so auch das in der Revisionsinstanz von dem Sachverständigen Prof. Dr. Bülow erstattete Rechtsgutachten, im folgenden als .Gutachten' bezeichnet). 1. Nach dem common law wird ein ausländisches, auf eine bestimmte Geldsumme lautendes, Urteil unter folgenden Bedingungen anerkannt: a) Das ausländische Gericht muß nach dem Recht der Republik Südafrika ,international' zuständig gewesen sein (vgl. Hahlo-Kahn, The Union of South Africa, The Development of its Laws and Constitution, London and Cape Town 1960, 756; ebenso f ü r das englische Recht: Cheshire, Private International Law, 5. Aufl., Oxford 1957, 608 ff.; Martin Wolff, Private International Law, 2. Aufl., Oxford 1950, 258). Das ist bei einer auf Geldzahlung gerichteten Klage dann der Fall, wenn der Bekl. zur Zeit der Klageerhebung im Urteilsstaat seinen Wohnsitz hat oder sich dort aufhält (Hahlo-Kahn aaO: er m u ß ,domiciliary' oder .resident' oder .physically present' sein) oder, wenn er sich der ausländischen Gerichtsbarkeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend (z. B. durch freiwilliges Erscheinen vor Gericht ohne Zuständigkeitsrüge) unterworfen oder Widerklage 1
Gemeint ist wohl Schriftenreihe der deutschen Gruppe der AAA II (1962) 43ff.
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(Hahlo-Kahn aaO) erhoben hat. Ist eine juristische Person beklagt, so ist die Zuständigkeit gegeben, wenn sie nach dem Recht des Urteilsstaates gegründet ist, wenn sie sich dessen Gerichtsbarkeit unterworfen hat oder wenn sie dort ihr Hauptgeschäft oder eine Niederlassung betreibt und der Klageanspruch dort entstanden ist und sich unmittelbar oder mittelbar auf den Betrieb des Hauptgeschäfts oder der Niederlassung bezieht (Gutachten). b) Die Entscheidung des ausländischen Gerichts muß endgültig (HahloKahn aaO 758: ,final and complete'; vgl. auch Herbstein-van Winsen, The Civil Practice of the Superior Courts in South Africa, Cape Town, Wynberg, Johannisburg 1954, 452) in dem Sinne sein, daß die Instanz, die sie erlassen hat, sie nicht mehr abändern darf. Rechtskräftig braucht sie dagegen nicht zu sein. Allerdings wird die Anerkennung regelmäßig verweigert, wenn im Ausland ein Rechtsmittelverfahren anhängig ist (HahloKahn aaO). Diese Voraussetzungen sind im wesentlichen nicht enger als die Voraussetzungen f ü r die Anerkennung eines auf eine bestimmte Geldsumme lautenden Urteils in Deutschland. Zu a) § 328 I Nr. 1 ZPO verlangt f ü r die Anerkennung eines ausländischen Urteils entsprechend, daß die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, auch nach den deutschen Gesetzen zuständig waren. Allerdings ist der Katalog der Gerichtsstände des deutschen Rechts, die zugleich internationale Gerichtsstände sind, umfangreicher als der Katalog der internationalen Gerichtsstände der Republik Südafrika. Das deutsche Recht kennt zusätzlich noch die Gerichtsstände des Vermögens (§ 23 ZPO), des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) und der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO), die im Südafrikanischen Anerkennungsrecht nicht als internationale Gerichtsstände gelten. Das hat zur Folge, daß deutsche Urteile, die in diesen Gerichtsständen erlassen sind, in der Republik Südafrika nicht anerkannt werden. Damit scheidet ein Teil deutscher Urteile f ü r die Anerkennung in Südafrika aus. Das hindert jedoch die Annahme der Gegenseitigkeit nicht. Entscheidend ist vielmehr, daß die international allgemein anerkannten Gerichtsstände, nämlich der Gerichtsstand des Wohnsitzes (§ 13 ZPO) und der vereinbarte Gerichtsstand (§§ 38, 39 ZPO) (vgl. dazu Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, 232), sowie der wichtige Gerichtsstand der Niederlassung (§21 ZPO) auch in der Republik Südafrika als internationale und daher bei der Anerkennung eines ausländischen Urteils beachtliche Gerichtsstände angesehen werden. Dagegen handelt es sich bei dem Gerichtsstand des Vermögens um einen im internationalen Rechtsverkehr unerwünschten Gerichtsstand (Jellinek aaO 217 ff.), der auch in den deutschen Vollstreckungsverträgen mit Österreich (vom 6. 6. 1959, BGBl. 1960 II 1245, Art. 2 Nr. 4), Griechenland (vom 4. 11. 1961, BGBl. 1963 II 109, Art. 3 Nr. 4), Belgien (vom 30. 6. 1958, BGBl. 1959 II 765, Art. 3 Nr. 9) sowie mit Großbritannien und Nordirland (vom 14. 7. 1960, BGBl. 1961 II 301, Art. IV Abs. 1 Buchst, b) nur in eng begrenztem Umfang Aufnahme gefunden hat. Dasselbe gilt auch f ü r die Gerichts-
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stände der unerlaubten Handlung und des Erfüllungsortes. Mit Recht weist der Sachverständige Prof. Dr. Bülow in seinem Rechtsgutachten darauf hin, daß sich schon vor der Geltung des deutsch-britischen Vollstrekkungsvertrages die Ansicht durchgesetzt hatte, im Verhältnis der Bundesrepublik zu Großbritannien und Nordirland sei die Gegenseitigkeit verbürgt (Stein-Jonas aaO Anm. VIII E 21; Wieczorek aaO Anm. E V b; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 25. Aufl., Anh. nach § 328; Bülow-Arnold, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 933, Länderteil E Großbritannien und Nordirland S. 42 f.; Süß aaO 247; Mosheim, JZ 1952, 650), obgleich das englische Recht hinsichtlich der Gerichtsstände dieselben Einschränkungen enthält wie das südafrikanische. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß das RG, das in seiner Entscheidung RGZ 7, 406, 414 ff. einen gegenteiligen Standpunkt eingenommen hatte, allein darauf abgestellt hat, daß der Gerichtsstand der Unterwerfung (noch) nicht eindeutig anerkannt sei. Zu b) Das deutsche Recht verlangt f ü r die Vollstreckungsklage die Rechtskraft des ausländischen Urteils (§ 723 II Satz 1 ZPO). Damit geht es über die Anforderungen des südafrikanischen Rechts hinaus. 2. Sofern die zu 1 erörterten Voraussetzungen erfüllt sind, ist das ausländische Urteil im Bereich des common law grundsätzlich verbindlich und in der Sache selbst nicht nachprüfbar (Hahlo-Kahn aaO 759: ,conclusive and unimpeachable upon its merits'), weder auf die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen und der Anwendung des Rechts auf den festgestellten Tatbestand, noch hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens (Gutachten; f ü r das englische Recht Cheshire aaO 629, 630: ,The English tribunal . . . cannot sit as a Court of Appeal against a judgement pronounced by a court which was competent to exercise Jurisdiction over the parties'). Dabei handelt es sich nach Cheshire um eine allgemein anerkannte Rechtslage (,established beyond any doubt'). Der Bekl. kann jedoch einwenden, das Urteil widerspreche a) den Erfordernissen der .natürlichen Gerechtigkeit' (.natural justice'; vgl. Hahlo-Kahn aaO 758; f ü r das englische Recht Wolff aaO 266) oder b) der - im südafrikanischen Rechtssinne verstandenen — .public policy' (Hahlo-Kahn aaO; f ü r das englische Recht: Wolff aaO), also dem .ordre public', oder c), es sei durch .fraud' erlangt (Hahlo-Kahn aaO 759; f ü r das englische Recht: Cheshire aaO 630, 636 ff.; Wolff aaO 267 ff.), oder d) die Urteilsschuld sei verjährt .superannuated' - , oder das Urteil sei verbraucht - ,stale' (Herbstein-van Winsen aaO 452). a) Die Grundsätze der .natural justice' sind verletzt, wenn das Urteil nicht von einem unparteiischen Gericht erlassen worden ist, wenn der Bekl. von dem der Entscheidung vorangehenden Verfahren keine Kenntnis erlangen konnte oder wenn ihm das rechtliche Gehör verweigert worden ist (Hahlo-Kahn aaO 758). b) Ein Verstoß gegen die .public policy' wird nur in extremen Fällen angenommen. Aus der südafrikanischen Gerichtspraxis sind nach HahloKahn (aaO) nur zwei Entscheidungen bekannt, die sich damit befassen.
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In der einen wurde einem ausländischen Urteil, das auf dauerndes Getrenntleben der Parteien erkannt hatte, die Anerkennung verweigert, in der anderen wurde ein englisches Urteil, in dem die Rechtsgültigkeit einer wucherischen Vereinbarung (Rückzahlung der doppelten Darlehenssumme sowie Zinsen) angenommen worden war, n u r teilweise (hinsichtlich der einfachen Darlehenssumme sowie der Zinsen) bestätigt. c) Der Einwand, der Kl. habe das Urteil durch f r a u d erlangt, kann sich auf ,intrinsic fraud', wie auch auf ,extrinsic fraud' gründen. Wendet der Bekl. intrinsic fraud ein, so muß er nachweisen, daß das Beweisergebnis falsch war und auf betrügerische Weise zur Täuschung des Gerichts herbeigeführt wurde, daß das Gericht in Kenntnis der wahren Sachlage anders entschieden haben würde und schließlich, wenn eine falsche Zeugenaussage das Beweisergebnis beeinflußt hat, daß die begünstigte Partei an der falschen Aussage beteiligt war (Gutachten). .Extrinsic f r a u d ' liegt vor, wenn eine Partei durch arglistiges Verhalten (.fraudulent conduct') der anderen Partei an einer ordnungsmäßigen Verteidigung gehindert wird (Gutachten). Auch das deutsche Recht (§ 723 I ZPO) läßt trotz grundsätzlichen Verbots, die materiellrechtliche und verfahrensmäßige Gesetzmäßigkeit des ausländischen Urteils zu überprüfen (§ 723 I ZPO) (Verbot der révision au fond), f ü r besonders schwerwiegende Fälle eine Überprüfung mit der Folge zu, daß gegebenenfalls dem ausländischen Urteil die Anerkennung und Vollstreckbarkeit versagt wird (§ 328 I Nrn. 1 bis 4 ZPO). Diese Ausnahmen sind den Einwendungen, die das common law der im Auslandsprozeß unterlegenen Partei vor den Gerichten der Südafrikanischen Union einräumt, im ganzen gleichwertig. Der vor einem deutschen Gericht mit der Vollstreckungsklage in Anspruch genommene Bekl. ist auch insoweit im wesentlichen nicht günstiger gestellt als der in Deutschland Verurteilte, gegen den in der Republik Südafrika eine Vollstreckungsmöglichkeit geschaffen werden soll: Zu a) Die Mißachtung der natural justice, wie sie nach südafrikanischem Recht verstanden wird, hindert auch in Deutschland die Anerkennung. Sowenig, wie in der Republik Südafrika das Urteil eines parteiischen Gerichts anerkannt wird, sowenig darf in Deutschland ein ausländisches Urteil anerkannt werden, das nicht von einem im Einzelfalle unabhängigen Gericht erlassen wurde; einem solchen Urteil wäre, weil es gegen grundlegende deutsche Verfahrensnormen verstieße, nach § 328 I Nr. 4 ZPO die Anerkennung zu versagen ( Wieczorek aaO Anm. E IV b 2 ; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 551). Das gleiche gilt, wenn der Bekl. keine Kenntnis von dem ausländischen Verfahren erlangen konnte (§ 328 I Nr. 2 ZPO) oder wenn ihm das rechtliche Gehör verweigert worden ist (§ 328 I Nr. 4 ZPO; vgl. Wieczorek aaO). Hiervon abgesehen kennt das südafrikanische Recht sowenig wie das deutsche Recht Vorbehalte gegenüber der Anerkennung und Vollstreckung von Versäumnisurteilen. Das zeigt sich am Urteil in der Sache E. AG gegen S., das sich auf ein deutsches Versäumnisurteil gründet (vgl. auch Gutachten).
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Zu b) Ein Verstoß gegen die public policy im Sinne des südafrikanischen Rechts wird im allgemeinen auch nach deutschem Recht, nämlich nach § 328 I Nr. 4 ZPO, der Anerkennung eines ausländischen Urteils entgegenstehen. Entscheidend ist dabei, daß an diesen Einwand in Südafrika strenge Anforderungen gestellt werden und daß der Grundsatz, gesetzmäßig begründete Rechte seien in ihrem Bestände zu erhalten, als Bestandteil der .öffentlichen Ordnung' angesehen wird (Gutachten). Schon die Tatsache, daß die südafrikanische Rechtsliteratur nur zwei Fälle anzuführen vermag, in denen die public policy für die Ablehnung der Anerkennung ausschlaggebend war, beweist die Geltung dieser Regeln. Ob einem ausländischen Urteil, das auf dauerndes Getrenntleben der Parteien erkennt, auch in Deutschland die Anerkennung zu versagen wäre, kann dahinstehen, weil der vorliegende Fall eine Stellungnahme nur zur Frage der Teilverbürgung auf dem Gebiete vermögensrechtlicher Streitigkeiten der hier in Frage stehenden Art erfordert. Im anderen Falle, den Hahlo-Kahn (vgl. oben 2 b) schildern, dürfte das Urteil auch in Deutschland nicht anerkannt werden, wenn seine tatsächlichen Feststellungen den Tatbestand des Wuchers erfüllten: denn § 138 II BGB gehört zu den Vorschriften, deren Verletzung nach § 328 I Nr. 4 ZPO die Nichtanerkennung nach sich zieht (vgl. Wieczorek aaO Anm. E IV b 3). Es liegt im übrigen in der Natur der Sache, daß die von Nation zu Nation verschiedenen rechtlichen, sittlichen, sozialen und wirtschaftlichen Anschauungen eine unterschiedliche Auffassung darüber bedingen, was zu den grundlegenden Vorschriften der öffentlichen Ordnung gehört. Die Achtung vor der Eigenständigkeit eines jeden Volkes erfordert es, gerade in dieser Hinsicht keine zu strengen Maßstäbe anzulegen und die Gegenseitigkeit nicht schon deshalb zu verneinen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß ein deutsches Urteil, das sich nach deutscher Auffassung mit dem deutschen ,ordre public' verträgt, in einem anderen Staate als dessen .ordre public' zuwiderlaufend betrachtet wird. Zu c) Die Einwendungen, das Urteil sei durch fraud erlangt, sind auch dem deutschen Recht nicht fremd. Nach § 328 I Nr. 4 ZPO ist die Anerkennung eines ausländischen Urteils zu verweigern, wenn sie gegen die guten Sitten (oder den Zweck eines deutschen Gesetzes) verstoßen würde. Der Tatbestand des Sitten verstoß es ist sicherlich dann erfüllt, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen einem deutschen Urteil wegen Verletzung des § 826 BGB keine Folge gegeben wird. Denn es kann nicht angehen, die Vollstreckung eines ausländischen Urteils zuzulassen, wenn unter denselben tatsächlichen Gegebenheiten der Vollstreckung aus einem deutschen Urteil mit einer auf § 826 BGB gestützten Klage begegnet werden könnte. Was die einzelnen Voraussetzungen anlangt, die den Einwand des fraud begründen, so stimmen sie weitgehend mit denjenigen überein, die nach deutschem Recht gegenüber einem deutschen Urteil einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB rechtfertigen, der auch auf Unterlassung der Vollstreckung gehen oder einredeweise geltend gemacht werden kann (vgl. RGZ 36, 249ff.; 61, 359, 361; 67, 152, 153). So ist es in der Rechtsprechung 47 IPR 1964/65
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des RG anerkannt, daß ein Verstoß gegen die guten Sitten bei planmäßigem Zusammenarbeiten mit falschen Zeugen (JW 1926, 1148) oder im Falle des Meineids einer Partei (RGZ 46, 75) vorliegt. Entsprechen diese Fälle den Tatbeständen, die im südafrikanischen Recht als intrinsic f r a u d gelten, so kennt das deutsche Recht auch dem Begriff des extrinsic f r a u d zuzuordnende sittenwidrige Verhaltensweisen, z. B. die Erwirkung der Rechtskraft eines Versäumnisurteils durch das arglistige Versprechen, von dem Urteil keinen Gebrauch zu machen (RGZ 36, 249 ff.), oder die Ausübung sittenwidrigen Drucks auf den Gegner, sich nicht zu verteidigen (RGZ 132, 274 f.). Es besteht somit in diesem Zusammenhang eine weitgehende Übereinstimmung des südafrikanischen und des deutschen Anerkennungsrechts. Zu d) Die Einreden, die Urteilsschuld sei verjährt oder der Titel sei verbraucht, können in Deutschland auch einem rechtskräftigen deutschen Urteil entgegengesetzt werden (§ 767 II ZPO). Sie können folglich auch gegenüber einem ausländischen Urteil erhoben werden. 3. Verfahrensmäßig wird nach dem common law allerdings das ausländische Urteil, anders als nach § 722 ZPO, nicht als solches f ü r vollstreckbar erklärt (vgl. f ü r das englische Recht: Wolff aaO 272). Es begründet jedoch ein selbständiges, vom ursprünglichen Schuldgrund gelöstes Recht, das mit einer neuen Klage (actio judicati) geltend gemacht werden kann. Deren Gegenstand bildet ausschließlich der durch das ausländische Urteil geschaffene und verbriefte neue, nicht etwa der sachlich-rechtliche Anspruch, auf den das Urteil zurückgeht. Diese Klage führt folgerichtig (vgl. das Urteil des High Court of South-West-Africa vom 20. 3. 1959 in Sachen der E. AG gegen S.) nicht zu einer Vollstreckbarerklärung des deutschen Urteils, sondern zu einem Sachurteil gleichen Inhalts mit dem deutschen Urteil; wobei dieses die alleinige rechtliche Grundlage f ü r jenes bildet. Dieser verfahrensrechtliche Unterschied ist jedoch f ü r die Verbürgung der Gegenseitigkeit ohne Bedeutung. Er ist lediglich theoretischer Natur und stellt den Kläger, der aus dem deutschen Urteil in Südafrika vollstrecken will, nicht schlechter als den Kläger, der f ü r das Urteil eines Gerichts der Republik Südafrika ein Vollstreckungsurteil nach § 722 ZPO beantragt. Dabei ist es gleichgültig, ob der Kläger das ordentliche Verfahren auf Erlaß eines .vorläufigen Urteils' (.provisional sentence') wählt (Gutachten). Beide Verfahrensarten stehen ihm zur Verfügung (Herbstein-van Winsen aaO 453). Bei der Klage, die den Erlaß eines provisional sentence zum Ziele hat, handelt es sich um eine aus dem alten Roman-Dutch law überkommene Besonderheit des südafrikanischen Prozeßrechts (vgl. DoldJoubert aaO 356; Herbstein-van Winsen aaO 431; s. auch Beck's Theory and Principles of Pleading in Civil Actions, 2. Aufl., Durban 1952, 272). Sie ist, im Gegensatz zur gewöhnlichen Klage, nicht bei einem Magistrate's Court, sondern nur beim Supreme Court zugelassen (Herbstein-vanWinsen aaO 432). Dieses Verfahren bietet dem Kläger gegenüber dem deutschen Verfahren nach § 722 ZPO insofern Vorteile, als es in der Regel schneller zu einem Titel führt.
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Allerdings sind mit diesem Verfahren im Vergleich zur deutschen Vollstreckungsklage auch Nachteile verbunden; denn der Kläger muß, wenn er aus dem provisional sentence vollstrecken will, in jedem Falle Sicherheit leisten (Beck-Isaacs aaO 273; Dold-Joubert aaO 357), und er kann in den Fällen, in denen f ü r eine gewöhnliche Klage aus einem ausländischen Urteil die Magistrates' Courts zuständig sind (vgl. Herbstein-van Winsen aaO 453; .Denkschrift' von Getz, Behr, Ogus &Jafflt S. 5f.), nur einen Titel über die - geringeren - Kosten erlangen, die ihm bei einer Klage vor einem Magistrate's Court entstanden wären (Herbstein-van Winsen aaO 453, 462). Aber auf diese Nachteile kommt es nicht an. Denn der Kl. ist auf dieses Verfahren nicht angewiesen und kann daher diese Nachteile vermeiden. V. Das common law unterwirft alle ausländischen Urteile denselben Regeln. Es gilt also auch für deutsche Urteile. Eine entsprechende gerichtliche Praxis in der Republik Südafrika läßt sich zwar bislang nur mit dem von den Kl. vorgelegten provisional sentence des High Court of South-West Africa (nunmehr: Supreme Court of South Africa South-West Africa Division; vgl. Gutachten) nachweisen. Das hindert jedoch nicht die Annahme, daß die Regeln des common law allgemeine Anwendung finden. Denn von einem Land, dessen Rechtsordnung im wesentlichen dem englischen Vorbild entspricht und in dem die Rechtsprechung nach rechtsstaatlichen Grundsätzen unabhängigen Gerichten anvertraut ist, kann, solange nicht das Gegenteil erwiesen ist, erwartet werden, daß das geltende Recht auch in der Rechtspraxis verwirklicht wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie hier, sich diese Erwartung, wenn auch bisher nur in einem einzigen Urteil, bestätigt findet. Demnach ist im Gegensatz zu den Vorinstanzen im Verhältnis zwischen der Rundesrepublik Deutschland und der Republik Südafrika die Gegenseitigkeit im Sinne des § 328 ZPO als verbürgt anzusehen. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Da der Rekl. weitere Einwendungen erhoben hat, die eine tatsächliche Prüfung erfordern, ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. " 260. Zur Vollstreckbarerklärung selzahlungsauftrages.
eines in Österreich ergangenen
Wech-
HansOLG Hamburg, Urt. vom 17. 12. 1964 - 6 U 236/64: MDR 1965, 393 (dort mit falschem Aktenzeichen). Der AGg. war Anfang 1960 für etwa drei Monate als Handelsvertreter für die ASt. in Wien tätig. In diesem Zusammenhang übergab er ihr als Kaution ein Blankoakzept. Die ASt. vervollständigte den Wechsel. Sie beantragte beim Handelsgericht Wien den Erlaß eines Wechselzahlungsauftrages gegen den AGg. Das geschah. Da der AGg. unter der in dem Antrag angegebenen Adresse in Wien nicht mehr wohnte, sondern inzwischen seinen Wohnsitz nach Hamburg verlegt hatte, ersuchte das Handelsgericht das AG Hamburg-Wandsbek um Zustellung des Wechselzahlungsauftrages. Daraufhin wurde dieser dem Vermieter des AGg. am 24.1. 47*
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1964 zugestellt. Der Vermieter übergab das zugestellte Schriftstück dem AGg. am 29.1. 1964, als dieser von einer Geschäftsreise zurückkehrte. Da der AGg. in der im Wechselzahlungsauftrag vorgesehenen Frist von drei Tagen keine Einwendungen erhob, erklärte das Handelsgericht den Wechselzahlungsauftrag am 6. 2. 1964 für vollstreckbar. Durch einen Rechtsanwalt in Wien beantragte der AGg. am 10. 2.1964 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig sachliche Einwendungen gegen die Wechselforderung. Dieser Antrag wurde durch Beschluß des Handelsgerichts vom 12. 2.1964 zurückgewiesen. Ein dagegen eingelegtes Rechtsmittel blieb erfolglos. Die ASt. begehrt die Vollstreckbarerklärung des Wechselzahlungsauftrages. Das LG hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der ASt. Aus den Gründen: „1. . . . 2. Gemäß Art. 1 I Satz 1 des Vertrages 1 sind die in Zivil- und Handelssachen ergangenen Entscheidungen der österreichischen Gerichte im Inland grundsätzlich anzuerkennen. In Abs. 2 wird ausdrücklich klargestellt, daß u. a. auch „Zahlungsaufträge" dazugehören. Hierunter ist auch der hier vorliegende Wechselzahlungsauftrag gemäß § 557 ÖZPO zu rechnen (Bülow-Arnold, Internationaler Rechtsverkehr, 465.7 Anm. 30). Nach Art. 2 des Vertrages darf die Anerkennung nur bei bestimmten Tatbeständen versagt werden, wobei die Wendung ,darf' dem Richter kein freies Ermessen hierüber vorbehalten will. Vielmehr hat er die Versagungstatbestände nach den üblichen Verfahrensgrundsätzen festzustellen (ähnlich Bülow-Arnold aaO Anm. 32). Der AGg. bezieht sich auf die Versagungsgründe zu Nrn. 1 - 3 und 5. Das LG hält nicht f ü r dargetan, daß der Nachweis ordnungsgemäßer Zustellung erbracht sei. Es hat sich dabei auf die Erörterungen zu Art. 7 Nr. 2 des Vertrages, d. h. auf die Frage der Vollstreckbarerklärung beschränkt, ohne zuvor die andere der Anerkennung zu prüfen. Das w a r allerdings von seinem Standpunkt aus nicht erforderlich. Die vom AGg. angeführten Versagungsgründe sind jedoch nicht gegeben. a) Zunächst läßt sich anhand des Vortrages des AGg. nicht feststellen, daß die ASt. arglistig gehandelt hat, indem sie ihre Wechselklage beim Handelsgericht in Wien geltend gemacht hat. Unstreitig hatte der AGg. ihr einen Blankowechsel übergeben, als er seinerzeit als Handelsvertreter f ü r die in Wien ansässige ASt. tätig war. Es ist daher davon auszugehen, daß die Parteien sich bei Übergabe des Blanketts darüber einig gewesen sind, daß Zahlungsort des Wechsels Wien sein sollte, die ASt. also den Wechsel jedenfalls insoweit nicht abweichend von der getroffenen Abrede vervollständigt hat. Damit war aber auch die örtliche Zuständigkeit des 1 Gemeint ist der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivilund Handelssachen vom 6. 6. 1959 (BGBl. 1960 II 1246).
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Handelsgerichts Wien gegeben. Denn gemäß § 89 der österreichischen Jurisdiktionsnorm (im folgenden kurz JN) können aus einem Wechsel verpflichtete Personen vom Inhaber beim Gericht des Zahlungsorts belangt werden. Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts ergibt sich aus § 5 1 Nr. 8 JN. Daraus, daß die ASt. eine falsche, nämlich die alte Wiener Anschrift des AGg. in den Zahlungsauftrag hineingenommen hat - die Gründe hierfür sind unklar - , ist diesem kein Nachteil erwachsen. Vielmehr ist ihm der Zahlungsauftrag unstreitig in Hamburg zugestellt worden. Von einer Erschleichung des Gerichtsstandes oder einem sonst arglistigen Verhalten der ASt. in diesem Zusammenhang kann daher keine Rede sein. b) Der Versagungstatbestand der Nr. 2 - Nichteinlassung auf das Verfahren - setzt weiter voraus, daß dem AGg. der Zahlungsauftrag nicht entsprechend den österreichischen Zustellungsvorschriften zugestellt worden ist oder daß er von der Zustellung nicht so zeitgerecht hat Kenntnis nehmen können, daß er sich auf das Verfahren einlassen konnte. aa) Gemäß §§ 559, 550 ÖZPO ist der Wechselzahlungsauftrag dem Bekl. nach den f ü r die Klage geltenden Vorschriften zuzustellen. Hierzu bestimmt § 507 ÖZPO, daß in diesem Falle § 106 ÖZPO gilt. Danach können Klagen nur zu .eigenen Händen' des Bekl. oder bestimmter Bevollmächtigter zugestellt werden. Nach § 108 ÖZPO (Überschrift: .Heilung von Zustellungsmängeln') gilt eine Zustellung, die den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht, in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Danach hat die unstreitige Übergabe des Zahlungsauftrags an den AGg. am 29. 1. 1964 die Bedeutung einer wirksamen Zustellung, wie das auch im Wiedereinsetzungsverfahren von den damit befaßten Wiener Gerichten festgestellt worden ist. bb) Nr. 2 b kommt hier nicht in Betracht. Der AGg. hat nicht vorgetragen, daß er trotz der Zustellung vom 29.1.1964 von dem Inhalt des zugestellten Schriftstückes nicht sogleich habe Kenntnis nehmen können, um sich noch rechtzeitig auf das Verfahren einlassen zu können. Sein Einwand, die ihm gesetzte Dreitagefrist sei zu knapp bemessen gewesen, ist als solcher unerheblich. Gemäß § 757 I ÖZPO kann der Kläger des Wechselverfahrens .begehren, daß dem Beklagten aufgetragen werde, binnen der unerstreckbaren Frist von drei Tagen bei sonstiger Exekution die Wechselschuld nebst den ausgewiesenen Nebenforderungen und den angesprochenen und vom Richter bestimmten Kosten zu bezahlen oder seine Einwendungen dagegen zu erheben (Zahlungsauftrag)'. Diese Frist ist eine Notfrist, die vom Richter nicht verlängert werden kann (§ 128 I ÖZPO). Es gibt bei Versäumung nur eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 146 ff. ÖZPO, die der AGg. hier vergeblich beantragt hat. Man wird zwar nicht annehmen können, daß mit den entsprechenden Entscheidungen der Wiener Gerichte hierüber schon feststeht, daß der AGg. im Sinne der Nr. 2 b des Vertrages rechtzeitig von der Zustellung hat Kenntnis nehmen und sich auf das Verfahren hat einlassen können. Denn diese Frage ist vom deutsch-
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österreichischen Vertrage ersichtlich dem deutschen Richter zugewiesen worden. Der AGg. hat aber im gegenwärtigen Verfahren nicht dargelegt, warum er sich nicht sofort durch seinen Wiener Anwalt an das Handelsgericht Wien gewandt hat und dieser dort erst am 10. 2.1964 Anträge gestellt hat. c) Der AGg. nimmt auch Nr. 3 f ü r sich in Anspruch, jedoch zu Unrecht, da, wie bereits unter a) ausgeführt, das Handelsgericht Wien sachlich und örtlich zuständig war. Ein ausschließlich deutscher Gerichtsstand oder ein solcher in einem dritten Staate besteht nicht. d) Schließlich hat die ASt. auch nicht den Gerichtsstand gemäß § 88 II JN in Anspruch genommen. Danach ist unter Kaufleuten der auf der vom Käufer angenommenen Faktura angegebene Gerichtsstand maßgeblich. Das kommt hier nicht in Betracht. Nach alledem ist der Wechselzahlungsauftrag vom 25.11.1963 im Inland anzuerkennen. Gemäß Art. 4 des Vertrages darf diese Entscheidung n u r auf das Vorliegen von Versagungsgründen, nicht aber im übrigen, d. h. sachlich, nachgeprüft werden. 3. Die Entscheidung ist gemäß Art. 5 I des Vertrages f ü r vollstreckbar zu erklären, da sie in Österreich ausweislich des Stempelaufdrucks des Handelsgerichts Wien vom 6. 2.1964 vollstreckbar und nach den vorstehenden Ausführungen in Deutschland anzuerkennen ist. Das LG vermißt den gemäß Art. 7 II des Vertrages vorgeschriebenen Nachweis, daß der Zahlungsauftrag dem AGg. .ordnungsgemäß zugestellt worden ist.' Dieser Nachweis ist nach der Vorschrift durch eine gerichtliche Bestätigung über den Zustellungsvorgang zu erbringen. Der Senat hält die Auffassung des LG, daß die unstreitige Tatsache der Übergabe des Zahlungsauftrags an den AGg. am 29.1.1964 als Nachweis nicht ausreiche, f ü r unrichtig. Nach dem unstreitigen Sachverhalt steht fest, daß die Zustellung in einer Form vor sich gegangen ist, die gemäß § 108 ÖZPO wirksam ist. Dieser Vorgang kann weder in einer Zustellungsurkunde enthalten noch Gegenstand einer gerichtlichen Wahrnehmung gewesen sein. Es wäre widersinnig, sollte daran die Vollstreckbarkeit des Titels scheitern. Die Vorschrift des Art. 7 II Satz 2 des Vertrages ist auch keine Wirksamkeitsvoraussetzung f ü r die Vollstreckbarerklärung, sondern muß als Ordnungsvorschrift, insbesondere f ü r das Beschlußverfahren gemäß § 1042 a I Satz 1 ZPO, aufgefaßt werden. Im übrigen ist in § 4 Satz 3 des Ausführungsgesetzes [BGBl. 1960 II 769] f ü r einen ähnlichen Fall Nachweis der Voraussetzungen, die nach dem Inhalt des Titels f ü r seine Vollstreckbarkeit erforderlich sind - ausdrücklich der Tatsache gedacht, daß die erforderlichen Nachweise durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht geführt werden können, und zwar dahin, daß dann mündliche Verhandlung anzuordnen sei. Diese Bestimmung lehnt sich an die des § 731 ZPO an (Begründung des Gesetzes zu § 4, BT-Drucks. Nr. 1420 S. 7, 3. Wahlperiode). Dieser Gedanke muß auch im vorliegenden Fall in Betracht kommen, zumal hier schon aufgrund der Einwendungen des AGg. mündliche Verhandlung angeordnet worden war."
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2 6 1 . Ein französisches Zivilurteil, durch das ein Deutscher wegen eines Verkehrsunfalls in Frankreich nach französischem Recht zur Leistung von Schadensersatz verurteilt wird, ist in Deutschland anzuerkennen, da die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Frankreich insoweit verbärgt ist. LG Gießen, Urt. vom 24. 2.1965 - 3 0 343/64: DAVorm. 1966, 124 ; MDR 1965,986. Der Kl. ist Franzose und wohnt in Frankreich, der Bekl. ist Deutscher und lebt in Deutschland. Durch rechtskräftiges Versäumnisurteil des Amtsgerichts in SaintJulien-en-Genevois (Haute-Savoie) in Frankreich vom 10.12.1963 wurde der Bekl. wegen eines in Frankreich geschehenen Verkehrsunfalles nach französischem Recht kostenpflichtig zu Schadenersatz verurteilt. Der Kl. begehrt ein deutsches Vollstreckungsurteil. Aus den Gründen: „Die Klage ist nach § § 722, 723 ZPO begründet, weil die Gegenseitigkeit im Sinne von § 328 I Nr. 5 ZPO zwischen Deutschland u n d Frankreich durch die Rechtsprechung verbürgt und ein Anerkennungshindernis im Sinne von § 328 I Nr. 1 bis 4 ZPO nicht gegeben ist. F ü r die Verbürgung der Gegenseitigkeit nach § 328 I Nr. 5 ZPO ist ein Staatsvertrag weder Voraussetzung noch, wenn ihm die Gerichtspraxis nicht folgt, ausreichend (Baumbach, ZPO, 28. Aufl. 1965, Anm. 6 zu § 328, S. 686 mit RGZ 70, 438 - Urt. vom 26.3.1909 betr. Kalifornien). Deshalb kam es auf die vom Kl. über die Rechtsprechung französischer Gerichte aufgestellten Behauptungen an . . . Der Kassationshof, oberster französischer Gerichtshof, stellt in dem Urteil vom 7.1. 1964 [Rev. crit. 1964, 344 = F a m R Z 1965, 46] fünf Voraussetzungen auf, die der französische Richter im Exequaturverfahren als Ausdruck und Begrenzung (l'expression et la limite) seiner P r ü f u n g s b e f u g nis nachzuprüfen hat: a) ob das ausländische Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, Zuständigkeit besessen hat, b) ob das Verfahren ordnungsmäßig durchgeführt worden ist, c) ob nach den Regeln des französischen IPR das richtige Recht gewandt worden ist, d) ob das Urteil mit dem französischen .ordre public international' einbar ist u n d e) ob das Urteil nicht auf einer Gesetzesumgehung (fraude ä la beruht.
eine
anverloi)
Der materielle Inhalt der ausländischen Entscheidung wird danach grundsätzlich anerkannt und weder nach dem ausländischen noch nach französischem Rechte geprüft. So erkennt der Kassationshof die Verurteilung zur Leistung rückständigen Unterhaltes an, der nach französischem Recht nicht zu f o r d e r n wäre.
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Das Urteil des Kassationshofes v o m 8. 1 . 1 9 6 3 zeigt die gleiche Einstellung. Das Urteil der Cour d'Appel in Paris v o m 2 1 . 1 0 . 1 9 5 5 [RabelsZ 1957, 5 3 3 - 5 3 7 = Clunet 1956, 164] w a r ihr m i t eindringlichen F o r m u l i e r u n g e n vorhergegangen: In Erwägung, daß eine solche Prärogative, die dazu f ü h r t , wenigstens zunächst die Geltung und Autorität selbst der vorschriftsmäßigsten und bestbegründeten ausländischen Entscheidungen zu leugnen und herabzusetzen, u n d die diejenigen, die sie erstritten haben, zwingt, in Frankreich abermals das Wagnis eines neuen Prozesses auf sich zu nehmen, in erster Linie dem Grundsatz einer guten internationalen Zusammenarbeit im Rechtswesen widerstreitet, welche sich nicht vereinbaren läßt mit dem grundsätzlichen Mißtrauen gegen ausländische Gerichte, wie es in dieser Prüfungsbefugnis zum Ausdruck kommt; in Erwägung andererseits, daß die Theorie der Prüfungsbefugnis heutzutage das Rild einer anachronistischen Rechtseinrichtung bietet, die sich gegenwärtig nicht mehr rechtfertigen läßt; daß sie tatsächlich zurückgeht auf eine Zeit, in der die Begriffe noch sonderbar verwirrt waren über die Art, wie m a n die Kontrolle (die berechtigt ist, sof e r n sie in vernünftigen Grenzen ausgeführt wird) von ausländischen Urteilen praktizieren könnte, deren Anwendung und Vollstreckung in Frankreich begehrt wird; daß sie obendrein neuerdings auf allen Gebieten verdrängt wird durch eine wachsende Zahl von internationalen Abkommen; in Erwägung, daß es unter diesem Gesichtspunkt sogar überraschen könnte, wenn ein französisches Gericht k r a f t der Theorie der Prüfungsbefugnis dazu gelangen wird, sich gewissermaßen zur Berufungsinstanz über ausländische Richter aufzuwerfen, mit der Wirkung, daß es gegebenenfalls die von diesen gegebenen Auslegungen ihrer eigenen Gesetzgebung, wenn sie auf den Rechtsstreit anwendbar ist, kontrollieren würde; in Erwägung jedoch, daß der wesentliche Nachteil in der praktischen (zuweilen fast unüberwindlichen) Schwierigkeit liegt, vor der der französische Richter in tatsächlicher Hinsicht stehen k a n n und oft auch steht, Umstände zutreffend zu würdigen, die sich auf weit entfernte Verhältnisse beziehen, deren Umwelt ihm f r e m d ist, so daß es praktisch unmöglich ist, die Tatsachen, die i h m oft unvollständig unterbreitet werden, zu ergänzen, noch viel weniger sie vernünftig zu interpretieren; daß das Risiko, welches notwendig nicht zu trennen ist von der Nachprüfung, deren Vorrecht er sich a n m a ß e n würde, in vielen Fällen noch in unvorhersehbarer Weise zu Lasten der Parteien erhöht werden würde. Diese Haltung, die das Grundsatzurteil v o m 7 . 1 . 1964 näher bestimmt, deckt sich wesentlich mit § 328 ZPO. Sie w ü r d e das w e g e n eines in Deutschland geschehenen Verkehrsunfalles v o n einem deutschen Gerichte nach deutschem Rechte erlassene Urteil o h n e materielle Nachprüfung in Frankreich anerkennen u n d vollstrecken. Das Urteil des BGH v o m 30. 9. 1964, N J W 1964, 2350 fr. 1 , stimmt damit wesentlich überein. E s hält nicht nur m i t den französischen Urteilen daran fest, daß die Verbürgung der Gegenseitigkeit nicht v o n einem Staatsvertrag u n d nicht einmal v o n gezielter Wechselseitigkeit abhängt, sondern daß schon die innere Rechtsordnung des anderen Staates f ü r die Gegenseitigkeit 1
Siehe oben Nr. 259.
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bürgen kann. Das Urteil stellt vielmehr auch f ü r die Art der Prüfung einen Leitsatz auf: Überhaupt ist bei der Prüfung, ob die Gegenseitigkeit verbürgt ist, kein formaler und kleinlicher Maßstab anzuwenden, ... zumal die Rücksicht auf die Bedürfnisse des internationalen Rechtsverkehres im Zuge der modernen Entwicklung des zwischenstaatlichen Verkehrs und Handels in dieselbe Richtung weist. Auch dem RG genügte, vor 60 Jahren, im Urteile vom 16. 12. 1904, J W 1905, 87 statt des Staatsvertrages die ,konstante Übung der Gerichte'. Aber die Erklärung des Appellations- und Kassationshofes zu Bern hatte der Feststellung konstanter Übung das Adverb .regelmäßig' hinzugefügt. Das genügte, um die .Gewähr f ü r die durchgehende Anerkennung der in gleichartigen Fällen ergangenen Erkenntnisse' zu vermissen. Einige Einzelheiten belegen sogleich die andere Haltung des BGH: Es genügt, wenn das .beiderseitige Anerkennungsrecht und die Anerkennungspraxis bei einer Gesamtwürdigung im wesentlichen gleichwertige Bedingungen f ü r die Vollstreckung eines Urteils gleicher Art im Ausland schaffen', wenn also die Vollstreckung im anderen Lande ,auf keine wesentlich größeren Schwierigkeiten stößt'. Wo eine nur ,partielle Verbürgung' hinzunehmen ist, weil die Gegenseitigkeit bezüglich aller Urteile fehlt, hat auch f ü r sie kein formaler und kleinlicher Maßstab zu gelten. Die Möglichkeit, daß ein deutsches Urteil, das sich mit dem deutschen ,ordre public' verträgt, in einem anderen Staate als dessen ,ordre public' zuwiderlaufend betrachtet wird, reicht jedenfalls nicht aus, die Gegenseitigkeit schlechthin zu verneinen. Überspitzten Anforderungen setzt der BGH generell die Überlegung entgegen, daß das Verlangen nach völliger Übereinstimmung des Anerkennungsrechtes ,praktisch bedeuten würde, die Verbürgung der Gegenseitigkeit in jedem Falle zu verneinen'. Allerdings bestehen zu dem Streitfall zwei wesentliche Unterschiede: Zum einen bejaht der BGH die Gegenseitigkeit zu der Republik Südafrika trotz Fehlens eines Staatsvertrages, einer dem § 328 ZPO entsprechenden gesetzlichen Regelung (.Statute law') und einer mit Deutschland bestehenden festen Praxis, weil das von der Rechtsprechung entwickelte Recht (,common law of procedura') die Anerkennung aller ausländischen Urteile, also auch der deutschen, erwarten läßt, .solange nicht das Gegenteil' seiner Verwirklichung durch die Praxis der südafrikanischen Gerichte .erwiesen' ist. Hingegen sind die drei französischen Urteile erst die Anfänge einer zu allgemeiner Gültigkeit strebenden Rechtsprechung, von der sich die bisherige, jedenfalls f ü r Deutschland, eindeutig unterschied. Zum anderen bejaht der BGH die Gegenseitigkeit zwischen Deutschland und Südafrika Jedenfalls dann, wenn, wie hier, sich diese Erwartung, wenn auch bisher nur in einem einzigen Urteile, bestätigt findet', während die ausländischen Urteile, um die es in den drei französischen Urteilen geht, durch die Gerichte in Istambul, Lissabon und New York erlassen waren. Ein einem deutschen Urteile durch ein französisches erteiltes Exequatur ist bisher nicht bekannt.
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Dennoch erscheint die jetzt begehrte Anerkennung notwendig. Denn die Aufgeschlossenheit, die der BGH bejaht, ist den beiderseitigen Anerkennungen nicht nur förderlich, sondern die Voraussetzung dafür, daß sie Raum gewinnen. Die umfangreiche Prüfung, die der BGH der Vergleichung der deutschen mit den südafrikanischen Verhältnissen widmet, beleuchtet den weiten Spielraum, den das jeweils vergleichende entscheidende Ermessen hat. Es mögen hieraus folgende Befürchtungen sein, die Wieczorek, [ZPO] Handausg. 1960, Anm. E V a zu § 328 ZPO, S. 971, zu der oben angeführten Auffassung von Baumbach mit RGZ 70, 438, es könne trotz bestehenden Rechtssatzes die tatsächliche Übung fehlen, bemerken läßt, diese Auffassung .sollte nicht gebilligt werden'. Daher erscheint ein Wettlauf guten Willens, nicht im voraus wegen möglicher Enttäuschungen gehemmt, das richtige Verfahren, sofern nur an der Richtigkeit des Zieles nicht zu zweifeln ist. Für diese aber sprechen überzeugende Erscheinungen jüngerer Zeit. Auf den modernen Handel und Verkehr wies schon der BGH hin. Das Nachrichtenwesen tritt hinzu, das sich über Raum und Zeit erhebt, und um so unnatürlicher wird allenthalben der Mangel an universellem öffentlichem und privatem Recht erlebt. Es erscheint kein Zufall, daß soeben ohne Staatsvertrag und .obligatorische Vollstreckung' der Vollstreckung deutscher Unterhaltsurteile in der Sowjetunion nähergetreten wird (hess. JMB1. 1965, 1). Das Übereinkommen vom 20.6.1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland, nach dem auch inländischen Titeln Bedeutung zukommen kann, stellt Rechtsbeziehungen auch zwischen Deutschland, Jugoslawien, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn her (BGBl. 1959 II 1377; hess. JMB1. 1965, 41 ff.). Auf ihre Weise tragen auch die größeren Paktsysteme in der Welt zur Förderung zwischenstaatlicher Rechtsbeziehungen bei, indem sie zunächst das politische Gewicht der inneren nationalen Grenzen mindern und damit letztlich, gewollt oder ungewollt, dem zwischenstaatlichen Recht schlechthin den Boden auch im Alltag der Völker vorbereiten. Im westlichen Teil der Welt erlebt das Deutschland durch die Art, wie nach dem NATO-Truppenstatut von 1951 samt Zusatzvereinbarungen von 1959 (BGBl. 1961 II 1183 ff.) im Territorium des ,Aufnahmestaates' sich die Rechtsbereiche von .Entsendestaaten' und .Aufnahmestaat' wechselseitig ergänzen: Zivilgerichtsbarkeit des Aufnahmestaates über die Mitglieder der Truppe des Entsendestaates; Zusammenarbeit der Behörden beider Staaten bei der Beschaffung von Beweismitteln; Unterstützung der Zustellungs- und Vollstreckungsbeamten des Aufnahmestaates bei Amtshandlungen in militärischen Anlagen des Entsendestaates; obligatorische und fakultative Übernahme der Zustellung durch den Entsendestaat; generelle Vollstreckungshilfe des Entsendestaates (Truppenstatut Art. VIII Nr. 9 und 10 - BGBl. aaO 1204; Zusatzvereinbarungen Art. 34 Nr. 1 und 4, 36 Nr. 2, Art. 32 Nr. 1 - BGBl. aaO 1246, 1247, 1244). Daß auch die Wirklichkeit den Rechtssätzen entspricht, bestätigt in .Justizverwaltung' Verlag Carl Heymann, Köln - Berlin, Februarheft 1965, die Einführung in der Abhandlung über diese Fragen. Auch der
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engere, aber u m so intensivere Bereich der Verträge der europäischen Gemeinschaften gehört hierher, mit der ideellen Steigerung der von den Regierungen der Mitgliedsstaaten des Europarates unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die auch das interne Recht der Staaten gleichen tragenden Grundsätzen unterwirft, ein europäischer ordre public, in Deutschland durch das Gesetz vom 7. 8. 1952 (BGBl. II 685). Zwischen Deutschland und Frankreich aber hat die gemeinsame Grenze und E r f a h r u n g ein Maß von Annäherung gebracht, das es angesichts jener das Rechtsbild der Welt bestimmenden Erscheinungen unnatürlich erscheinen ließe, wenn die Gegenseitigkeit im Sinne von § 328 I Nr. 5 ZPO weiterhin auf sich warten ließe. F ü r das im einzelnen Falle erkennende Gericht ist dabei gleichgültig, ob andere Gerichte beider L ä n d e r schon in diesem Sinne entschieden u n d vielleicht künftig n u r so .regelmäßig' entscheiden werden, wie das RG das, unter den anderen Verhältnissen des Jahres 1904 rechtserheblich, von den Gerichten des Kantons Bern befürchtete. Demgemäß ist zwischen Deutschland und Frankreich die Gegenseitigkeit im Sinne von § 328 I Nr. 5 ZPO im Hinblick auf den jetzt zu entscheidenden Prozeß heute als verbürgt anzusehen. Bedenken aus § 328 I Nr. 1 und 3 ZPO bestehen nicht. Die Anerkennung des französischen Urteils verstößt auch nicht gegen die .inländische öffentliche Ordnung', die in § 328 I Nr. 4 ZPO mit dem Hinweis auf die .guten Sitten' und den .Zweck eines deutschen Gesetzes' gemeint ist (Wieczorek, Anm. E IV zu § 328 ZPO, S. 969). Zwar wäre einem deutschen Gerichte, das als erstes Gericht auf die Klage des französischen Kl. über die Folgen der in Frankreich geschehenen unerlaubten Handlung zu entscheiden gehabt hätte, die Grenze des Art. 12 EGBGB gesetzt gewesen. Aber diese Grenze ist f ü r das deutsche Gericht, das n u r über das E x e q u a t u r nach §§ 722, 723 ZPO zu entscheiden hat, grundsätzlich belanglos. Der weite Spielraum zwischen der durch Art. 12 EGBGB und der durch § 328 I Nr. 4 ZPO gezogenen Grenze ist dadurch bestimmt, daß n u r die .unmittelbaren Grundlagen des deutschen staatlichen und wirtschaftlichen Lebens' gemeint sind, hingegen nicht Verstöße gegen dispositives Recht, auch nicht die grundsätzliche Verschiedenheit von inländischem und ausländischem Recht, selbst ein Verstoß gegen die guten Sitten n u r bei besonderer Verwerflichkeit (Wieczorek, Anm. E IV a 1, c 1, c 2, S. 969, 970). Auch der BGH aaO widerspricht zu § 328 I Nr. 4 ZPO ,zu strengen Maßstäben'. Das Urteil, dessen Vollstreckbarkeitserklärung der Kl. begehrt, enthält nichts, was im Sinne von § 328 I Nr. 4 ZPO erheblich erscheinen könnte. Die Anerkennung des Versäumnisurteils steht auch im Einklang mit § 328 I Nr. 2 ZPO. Denn erstens erscheint es richtig, insoweit statt einer von Amts wegen vorzunehmenden P r ü f u n g in Übereinstimmung mit dem Wortlaut von §§ 722, 723, 328 ZPO abzuwarten, ob der Bekl. geltend macht, daß das ausländische Verfahren an einem Mangel im Sinne von § 328 I Nr. 2 ZPO kranke. Ist nämlich der Bekl. durch eine Versäumnisentscheidung ohne Ankündigung überrascht worden, so wird er diese ein-
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fache Tatsache an den Anfang seiner Verteidigung stellen, auch außerhalb des Anwaltsprozesses. Zweitens kann, sofern der Bekl. überhaupt unterrichtet wurde, auch ein sich aus § 328 I Nr. 2 ZPO ergebender formeller Mangel nach § 187 ZPO als geheilt angesehen werden, nachdem diese Heilungsmöglichkeit aus Gründen der Zweckmäßigkeit über die ursprüngliche Enge der §§ 181 bis 186 ZPO hinausgewachsen ist. Drittens entspricht dem die Einlassung des Bekl. Denn er hat sich, obwohl ein im Sinne v o n § 328 I Nr. 2 ZPO erheblicher Mangel leicht festzustellen und die sicherste und schnellste Verteidigung gewesen wäre, nur mit dem Gedanken des § 3 2 8 1 Nr. 5 ZPO verteidigt... Der Bekl. hat die Frage des Gerichtes, warum er seine Rechte in dem französischen Verfahren nicht gewahrt habe, mit dem Hinweis auf die Möglichkeit eines durch die Beteiligung seiner Versicherung geschehenen Versehens beantwortet."
10. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Ehe- und Kindschaftssachen Siehe auch Nr. 246, 247, 249 2 6 2 . Wenn die Voraussetzungen des § 606 a ZPO vorliegen, steht der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen die ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte nach § 606 ZPO nicht entgegen. Dagegen bleibt das weitere Erfordernis unberührt, daß die Gerichte des ausländischen Entscheidungsstaats nach den deutschen Zuständigkeitsvorschriften zuständig gewesen sein müssen. Im gerichtlichen Verfahren zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen besteht keine Vorlegungspflicht. KG, Beschl. vom 30. 1. 1964 - 1 VA 3/63: FamRZ 1964, 262; N J W 1964, 981; StAZ 1965, 45; DRspr. IV (418) 103 c; Leitsatz in DRiZ 1964 B 83 Nr. 1166. Der ASt. schloß am 19. 3. 1934 vor dem Deutschen Konsulat in Barranquilla (Kolumbien) die Ehe mit Mary H. Am 17. 3. 1961 erwirkte die Ehefrau bei dem Juzgado Tercero Civil del Distrito Judicial Morelos in Chihuahua, Chih. (Mexiko) ein Urteil, durch das die Ehe wegen Unvereinbarkeit der Charaktere geschieden wurde. Zur Zeit der Durchführung des Scheidungsverfahrens hatte der Mann seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Barranquilla, die Frau in Pigeon Island, St. Lucia (Britisch Westindien), wo sie am 24. 4. 1961 eine neue Ehe einging. Der Mann ist deutscher Staatsangehöriger, während die Frau die britische Staatsangehörigkeit besitzt. Ob sie außerdem die deutsche Staatsangehörigkeit hat, ist nicht festgestellt. Der Ehemann hat bei dem Senator f ü r Justiz von Berlin nach Art. 7 § 1 FamRÄndG vom 11.8.1961 (BGBl. I 1221) beantragt festzustellen, daß die Voraussetzungen f ü r die Anerkennung des Ehescheidungsurteils vorliegen. Der Senator f ü r Justiz hat den Antrag durch einen Bescheid vom 9.10. 1963 mit der Begründung abgelehnt, daß das mexikanische Gericht nach den deutschen Gesetzen, deren Geltung in Mexiko unterstellt, f ü r die Scheidung nicht zuständig gewesen und deshalb die Anerkennung des Scheidungsurteils nach § 328 I Nr. 1 ZPO ausgeschlossen sei. Hiergegen hat der Ehemann die Entscheidung des KG beantragt.
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Aus den Gründen: „Der Antrag ist nach Art. 7 § 1 IV FamRÄndG zulässig. E r ist jedoch nicht begründet. Der Senator f ü r Justiz w a r zur Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung zuständig, da keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder im Inland eine neue Ehe schließen will (Art. 7 § 1 II Satz 3 FamRÄndG). Der angefochtene Bescheid hat die Voraussetzungen f ü r eine Anerkennung mit Recht verneint. Die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils ist nach § 328 I Nr. I ZPO ausgeschlossen, wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind. Hiernach fehlt dem ausländischen Gericht die Zuständigkeit, wenn f ü r die deutschen Gerichte eine ausschließliche Zuständigkeit in Anspruch gen o m m e n wird. Das ist hier zwar der Fall, da der ASt. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Denn § 606 ZPO begründet f ü r die Scheidung einer Ehe die ausschließliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte, sofern beide oder einer der Ehegatten deutsche Staatsangehörige sind. Nach § 606 a Nr. 2 und 3 ZPO steht aber die Vorschrift des § 606 ZPO einer Anerkennung der ausländischen Entscheidung nicht im Wege, wenn der Beklagte des Scheidungsverfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat oder die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt im Ausland gehabt haben oder der Beklagte die Anerkennung der Entscheidung beantragt. Jede dieser Voraussetzungen, von denen eine allein genügt, u m das Hindernis der ausschließlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte zu beseitigen, ist hier erfüllt. Nach § 328 I Nr. 1 ZPO hängt die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts jedoch weiter davon ab, daß die Gerichte dieses Staates, die dortige Geltung der deutschen Zuständigkeitsvorschriften unterstellt, international zuständig wären (RGZ 51, 135; 75, 147; BayObLG, J W 1925, 63; KG, J W 1932, 3822; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 27. Aufl., § 328 Erl. 2 A; SteinJonas-Schönice, ZPO, 18. Aufl., Erl. IV1; Wieczorek, ZPO, § 328 Erl. E I b 1 u n d 2; Jansen, FGG, Erg. 1962, Art. 7 § 1 FamRÄndG Anm. 8 a ) . Diese Zuständigkeit fehlte den mexikanischen Gerichten. Nach § 606 ZPO wären sie f ü r die Scheidungsklage zuständig, wenn einer der Ehegatten die mexikanische Staatsangehörigkeit besitzt. Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Nach § 606 b Nr. 1 ZPO könnten die mexikanischen Gerichte die Zuständigkeit außerdem in Anspruch nehmen, wenn einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Mexiko hat und nach dem Heimatrecht des Mannes die Entscheidung des mexikanischen Gerichts a n e r k a n n t wird oder einer der Ehegatten staatenlos ist. Keiner der Ehegatten hält sich gewöhnlich in Mexiko auf, so daß auf die weiteren Voraussetzungen nicht eingegangen zu werden braucht. Auch der Sonderfall einer Zuständigkeit nach § 606 b Nr. 2 ZPO ist nicht gegeben. Das Hindernis der mangelnden Züständigkeit des ausländischen Gerichts wird anders als das Hindernis der ausschließlichen Zuständigkeit deutscher
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Gerichte durch § 606 a ZPO nicht beseitigt. Diese Wirkung wird allerdings dem § 606 a ZPO im ganzen oder wenigstens der Nr. 3 dieser Vorschrift vielfach beigemessen (§ 606a im ganzen: OLG München, NJW 1963, 1158 = FamRZ 1964, 4 3 S t e i n - J o n a s - S c h ö n k e , § 606a Erl. III; Wieczorek, ZPO, Handausgabe, § 606 a Erl. C II und c 1; anscheinend auch Breetzke in Krüger-Breetzke-Nowack, GleichberG, §606a Randn. 2; Kegel, IPR, § 20 III 4, S. 248, n u r f ü r §606a Nr. 3; Baumbach-Lauterbach, §606a Erl. 2 B d; Jansen, Art. 7 § 1 FamRÄndG Erl. 8 a; Drobnig, FamRZ 1961, 341, 343; Gamillscheg, Festschrift f ü r Dölle, 1963, II 289, 300). Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigetreten werden (ebenso Neuhaus, FamRZ 1958, 13 und 1964, 18 zu II; Zöller, ZPO, 9. Aufl., § 606a Erl. 1; anscheinend auch BGH, FamRZ 1961, 427 2 ). I. § 606 a ZPO besagt, daß die Vorschrift des § 606 ZPO der Anerkennung einer von einer ausländischen Behörde getroffenen Entscheidung unter bestimmten Voraussetzungen nicht entgegensteht. In § 606 ZPO wird die ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte geregelt, während sich die allgemeine Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach den §§ 606 und 606 b ZPO richtet. Wenn § 606 a ZPO von den beiden Voraussetzungen f ü r die Anerkennung, die § 328 I Nr. 1 ZPO erfordert, außer der ausschließlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte auch noch das Erfordernis der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nach den deutschen Gesetzen ausräumen sollte, müßte in § 606 a ZPO neben dem § 606 auch der § 606 b ZPO angeführt sein. Denn gerade § 606 b ZPO ist maßgebend f ü r die Fälle, in denen ein Gericht über eine Ehe von Ausländern oder Staatenlosen entscheidet. Er schreibt - f ü r die internationale Zuständigkeit - vor, in welcher Beziehung einer der Ehegatten zu einem Staat stehen muß, dessen Staatsangehörigkeit die Eheleute nicht besitzen, damit die Gerichte dieses Staates f ü r die Entscheidungen in der Ehesache zuständig sind. Von dieser Zuständigkeitsvoraussetzung befreit § 606 a ZPO schon nach seinem Wortlaut nicht. II. Die Entstehungsgeschichte des § 606 a ZPO gibt keinen Hinweis darauf, daß der Gesetzgeber beabsichtigte, unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift auf jede Beziehung eines der Ehegatten zu dem Staat des entscheidenden Gerichts zu verzichten. § 606 a ZPO geht auf den früheren § 606 II ZPO zurück, der durch die 4. DVO/EheG vom 25. 10. 1941 (RGBl. I 654) in die ZPO eingefügt worden ist. Bis dahin bestand in Ehesachen keine Sondervorschrift f ü r die Anerkennung ausländischer Entscheidungen. Der frühere § 606 ZPO regelte die ausschließliche und die sonstige (örtliche) Zuständigkeit in Ehesachen in der Weise, daß Abs. 1 die Voraussetzungen der ausschließlichen Zuständigkeit und die Abs. 2 bis 4 die Voraussetzungen der nicht ausschließlichen Zuständigkeit enthielten. Erst der durch die 4. DVO/EheG eingeführte neue Abs. 2 des § 606 ZPO brachte eine Bestimmung f ü r die Anerkennung aus1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 192.
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IPRspr. 1960-1961 Nr. 197.
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ländischer Entscheidungen in Ehesachen neben § 328 ZPO. Diese stand nach der Neufassung des § 606 zwischen der Regelung der ausschließlichen Zuständigkeit in Abs. 1 und der Regelung der sonstigen Zuständigkeit in Abs. 3 und bestimmte, daß die Vorschriften des Abs. 1 der Anerkennung nicht entgegenstehen sollten, wenn der Mann nicht Deutscher war oder seinen Aufenthalt nicht im Inland hatte. Der neue Abs. 2 des § 606 bezog sich also nur auf die ausschließliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte und nicht auf ihre, sonstige Zuständigkeit. An die Stelle des § 606 II trat auf Grund des GleichberG vom 18. 6. 1957 (BGBl. I 609) der § 606 a. Nunmehr betrifft § 606 n u r noch die ausschließliche Zuständigkeit. Die Regelung der sonstigen Zuständigkeit wurde in § 606 b verselbständigt. In folgerichtiger Übernahme der Bestimmung des früheren § 606 II ZPO, daß Abs. 1 der Anerkennung nicht entgegenstehe, heißt es in § 606 a, daß die Vorschriften des § 606 der Anerkennung nicht entgegenstehen. Geändert wurden die Voraussetzungen f ü r die erleichterte Anerkennung aus zwei Gründen, nämlich einmal, um den Grundsatz der Gleichberechtigung zu verwirklichen, und zum anderen, um die internationale Zuständigkeit an die nationale Zuständigkeit anzupassen (Reinicke, Protokoll der 66. Sitzung des Unterausschusses ,Familienrechtsgesetz' des Ausschusses f ü r Rechtswesen und Verfassungsrecht, Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode, vom 12. 11. 1956; vgl. ferner das Protokoll der 69. Sitzung am 30.11. 1956). Die Bestimmung § 606 a Nr. 3 ZPO geht auf eine Anregung der Landesjustizverwaltung Berlin zurück, welche die Anerkennung f ü r den Fall ermöglichen wollte, daß die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt im Inland gehabt haben und eine Ehegatte im Ausland wohnt und dort ein Scheidungsurteil erwirkt. Hier sollte der im Inland verbliebene deutsche Beklagte nicht gezwungen werden, seinerseits bei einem deutschen Gericht auf Scheidung zu klagen. Auf Vorschlag des Bundesjustizministers, der nicht zwischen Deutschen und Ausländern unterscheiden wollte, wurde die Voraussetzung der deutschen Staatsangehörigkeit des Beklagten nicht aufgenommen. Die folgenden Erörterungen, soweit sie protokolliert sind, ergeben nicht mit Deutlichkeit, ob sich die Mitglieder des Ausschusses der Unterscheidung zwischen dem Hindernis der ausschließlichen Zuständigkeit der deutschen Gerichte und dem Hindernis mangelnder Zuständigkeit des ausländischen Gerichts bewußt gewesen sind. Soweit Beispiele gebracht wurden, bezogen sie sich auf Fälle, in denen das ausländische Gericht nach den deutschen Gesetzen zuständig gewesen wäre (vgl. die Protokolle der 74. und der 75. Sitzung des Unterausschusses am 10. und 12.1. 1957). Dagegen begründete der Abgeordnete Dr. Wahl die Bestimmung des § 606 a Nr. 3 im schriftlichen Bericht des Ausschusses f ü r Rechtswesen und Verfassung damit, daß die fehlende Zuständigkeit des ausländischen Gerichts kein Hindernis f ü r die Anerkennung sein solle, wenn der Beklagte die Abweichung der Zuständigkeitsordnung des Auslandes von dem nunmehr eingeführten Zuständigkeitsrecht nicht rüge (BT-Drucks. 2. Wahlp. zu 3409 S. 43). Diese Bemerkung konnte sich nur
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auf die ausschließliche Zuständigkeit beziehen, da nur diese geändert werden sollte. Die Entstehungsgeschichte läßt sich demnach als Stütze f ü r einen Ausschluß auch der Zuständigkeit nach deutschem Recht nicht heranziehen. Sie spricht eher f ü r das Gegenteil. III. Das Erfordernis einer Zuständigkeit des ausländischen Gerichts auch unter den Voraussetzungen des § 606 a ZPO ist nicht deshalb wenig sinnvoll, weil dann, wie das OLG München (aaO) meint, die Vorschriften der §§ 606 a und 606 b ZPO einander nicht entsprechen. Eine solche Übereinstimmung wurde im GleichberG nicht angestrebt. Die Zuständigkeitsregelung f ü r Ausländer in § 606 b ZPO wurde wegen ihres engen Zusammenhanges mit dem IPR bewußt nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung geändert (Protokoll der 66. Sitzung des Unterausschusses; vgl. ferner den Bericht des Abg. Dr. Wahl aaO zu § 606b ZPO). Ein gemeinsames Merkmal der Erleichterung der Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen und der Zuständigkeit in Ehesachen von Ausländern und Staatenlosen liegt allerdings darin, daß beide — mit Ausnahme des § 606 a Nr. 3 - eine Beziehung der Ehegatten zum Ausland voraussetzen. Die Antwort auf die Frage, wie beschaffen und wie stark diese Beziehung sein soll, muß aber nicht notwendigerweise f ü r beide Regelungen gleich ausfallen. Bei der Regelung der Zuständigkeit f ü r Nichtdeutsche kann, wie auch die Beratungen zum GleichberG zeigen, die Rücksicht auf die Rechtsordnungen anderer Staaten ein wesentlicher Gesichtspunkt sein, während der Umfang des Verzichts auf die eigene ausschließliche Zuständigkeit f ü r Deutsche von den Prinzipien und Interessen der eigenen Rechtsordnung bestimmt werden kann. Damit die Entscheidung eines ausländischen Gerichts anerkannt werden kann, müssen daher u. U. die Voraussetzungen f ü r die Zuständigkeit in § 606 b ZPO und die Voraussetzungen f ü r die Erleichterung der Anerkennung in § 606 a ZPO nebeneinander erfüllt sein, ohne daß hierin ein Widersprach gesehen zu werden braucht (vgl. auch Neuhaus aaO). Wenn man dagegen allein die Voraussetzungen des § 606 a ZPO f ü r die Anerkennung genügen läßt, kann ein beliebiges ausländisches Gericht oder eine ausländische Behörde über die Ehe entscheiden, sofern das Gericht oder die Behörde nach ihrem Recht zuständig ist. Im Falle des § 606 a Nr. 3 ZPO braucht nicht einmal eine Beziehung eines Ehegatten zu dem ausländischen Entscheidungsstaat vorhanden zu sein. Dies bedeutet, daß auf eine Rechtfertigung der Zuständigkeit nach allgemeinen, über das einzelne nationale Recht hinausreichenden Gesichtspunkten verzichtet und den Ehegatten freie Hand in der Wahl des Scheidungsgerichts gelassen wird. Beides begegnet entschiedenen Bedenken. ,Es liegt in der Natur der Sache, daß die Organe eines Staates nur solche Ehen lösen können, die in irgendeiner rechtlich erheblichen Beziehung zu diesem Staat stehen' (BGHZ 30, 1, 3 = NJW 1959, 1032 3 ). Eine Vereinbarung des Scheidungsgerichtsstandes 3
IzRspr. 1958-1959 Nr. 179.
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steht in der Regel in unmittelbarem Zusammenhang mit einer vereinbarten Scheidung, die als Scheidungsgrund dem deutschen Scheidungsrecht fremd ist. Wenn durch § 606 a ZPO - im ganzen oder in seiner Nr. 3 - sowohl die Anknüpfung der ausländischen Zuständigkeit an eine Beziehung zu dem Staat des entscheidenden Gerichts hätte entfallen als auch eine unbeschränkt freie Gerichtsstandsvereinbarung in Ehesachen hätte zugelassen werden sollen, hätte eine so einschneidende Bestimmung einen unzweideutigen Ausdruck im Gesetz finden müssen. § 606 a ZPO befreit somit nicht von dem Erfordernis der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nach den deutschen Zuständigkeitsvorschriften. Es braucht daher nicht auf die Frage eingegangen zu werden, ob einem Mißbrauch der Möglichkeit, die Zuständigkeit zu vereinbaren, auf Grund des Art. 6 GG begegnet werden kann (Johannsen, Anm. zu LM § 606 ZPO Nr. 9) oder ob einem Mißbrauch des § 606 a ZPO in seiner weiten Auslegung mit Hilfe der übrigen Anerkennungsvoraussetzungen des § 328 ZPO entgegengetreten werden könnte (OLG München aaO). Der Senat ist nicht genötigt, die Sache wegen der Abweichung von der Entscheidung des OLG München (aaO) dem BGH zur Entscheidung vorzulegen. Eine Vorlegungspflicht entsprechend § 28 II FGG oder § 29 I EGGVG besteht in dem Verfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG nicht (Jansen, FGG, Erg. 1962, Art. 7 § 1 FamRÄndG Anm. 10 a; Keidel, FGG, 8. Aufl., Vorbem. 31 vor § 19; a. M. Lent-Habscheid, Freiw. Gerichtsbarkeit, 4. Aufl., § 11 1 3 ) . Denn die Entscheidung des OLG ist nach Art. 7 § 1 VI Satz 4 FamRÄndG endgültig, und unter den Verfahrensvorschriften des FGG, die nach Art. 7 § 1 VI Satz 3 für das Verfahren vor dem OLG sinngemäß gelten, wird § 28 II FGG nicht angeführt. Ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, wie Habscheid (aaO) meint, liegt nicht vor. In der Begründung zu dem Entwurf des FamRÄndG (BT-Drucks. 3. Wahlp. Nr. 530 S. 32) wird zu Art. 8 § 5 des Entwurfs (jetzt Art. 7 § 1) wegen des Verfahrens vor dem OLG auf die Begründung zu Art. 8 § 4 des Entwurfs verwiesen, der die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses für Ausländer regelte; dort wird ausgeführt, der BGH solle mit diesen Angelegenheiten nicht befaßt werden. Inzwischen ist zwar nur Art. 8 § 5 des Entwurfs in Art. 7 § 1 FamRÄndG Gesetz geworden, während für das Verfahren zur Anfechtung von Justizverwaltungsakten über die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses für Ausländer die allgemeinen Vorschriften der §§ 23 ff. EGGVG gelten, so daß insoweit eine Vorlegungspflicht nach § 29 I EGGVG besteht. Hiernach läßt sich allenfalls sagen, daß der Ausschluß der Vorlegungspflicht in Art. 7 § 1 FamRÄndG nicht folgerichtig sei, nicht aber, daß er auf einem Versehen des Gesetzgebers beruhe." 2 6 3 . Liegt eine der Voraussetzungen des § 606 a ZPO vor, dann ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen von den deutschen Zuständigkeitsvorschriften nicht mehr abhängig. 48 IPR 1964/65
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Das Ehescheidungsurteil von Ausländern in einem dritten Staate kann auch bei Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 606 a ZPO nur anerkannt werden, wenn das auch der Heimatstaat tut. Wegen der abweichenden Ansicht des Gerichts von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts besteht keine rechtliche Möglichkeit zur Vorlage an den BGH. OLG München, Beschl. v o m 2 . 4 . 1 9 6 4 - VA 3 / 6 3 : F a m R Z 1964, 4 4 2 ; N J W 1964, 9 8 3 ; DRspr. IV (418) 103 d und IV (470) 8 8 d; Leitsatz in F a m R Z 1964, 5 1 1 mit Anm. Neuhaus; DRiZ 1 9 6 4 B 8 3 Nr. 1167 und D R i Z 1 9 6 5 B 19 Nr. 3 5 9 . Die deutsche Staatsangehörige Lieselotte T. B. (ASt.) heiratete am 20. 8. 1954 vor dem Standesamt München II den amerikanischen Staatsangehörigen Eugene R. B. und übersiedelte im Dezember 1954 zu ihrem Mann nach den USA, wo sie im Staate New York ihren Wohnsitz begründete. Am 25. 5. 1958 erwarb sie auf ihren Antrag die amerikanische Staatsbürgerschaft. Vom gleichen Zeitpunkt ab trat der Verlust ihrer deutschen Staatsangehörigkeit ein. Am 2 2 . 1 1 . 1958 trennte sie sich wieder von ihrem Mann, kehrte in die Bundesrepublik Deutschland zurück und hält sich seitdem in München auf. Ihr Mann behielt seinen Wohnsitz in New York und leitete von dort aus vor dem Zivilgericht für den Bezirk Bravos im Staate Chihuahua (Mexiko) die Scheidung der E h e ein. Beide Parteien ließen sich im Scheidungsrechtsstreit vertreten. Durch Urteil des Dritten Zivilgerichts für den Bezirk Bravos (Chihuahua, Mexiko) vom 12. 5.1962 - Nr. 88883 wurde die E h e wegen Unverträglichkeit (Inkompatibilität) der Charaktere geschieden. Das Urteil ist rechtskräftig (endgültig). Am 6. 10. 1962 schloß der geschiedene Ehemann mit Shirley A. B. im Staate New York eine neue Ehe, nachdem er zuvor ein „Affidavit for License to Marry" abgegeben hatte, in dem das mexikanische Scheidungsurteil sowie der Scheidungsgrund angeführt waren. Die ASt., die am 20. 11. 1963 die deutsche Staatsangehörigkeit wieder erwarb, beantragte beim Bayerischen Staatsministerium der Justiz die Anerkennung des mexikanischen Scheidungsurteils. Dieses lehnte die Anerkennung durch Bescheid vom 2. 7. 1962 im wesentlichen mit der Begründung ab, dem Antrag stehe § 328 I Nr. 1 ZPO i. V. m. § 606 b Nr. 1 ZPO entgegen. Gegen den Bescheid des Bayrischen Staatsministeriums der Justiz hat die ASt. durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Aus den Gründen: „Der Antrag erwies sich als sachlich begründet. 1. Der Senat hat in seiner Entscheidung v o m 25. 2. 1 9 6 3 ( N J W 1 9 6 3 , 1158 = F a m R Z 1964, 4 3 = StAZ 1964, 13 = B a y S t A 1964, 128) 1 die gesetzlichen Voraussetzungen f ü r die Anerkennung eines mexikanischen Scheidungsurteils nach § 6 0 6 a ZPO bejaht. E r v e r t r a t den Standpunkt, daß bei Vorliegen einer d e r Voraussetzungen des § 6 0 6 a d e r Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in E h e s a c h e n deutsche Zuständigkeitsvorschriften nicht entgegenstehen. Demgegenüber vertritt das KG in Berlin in seinem, soweit ersichtlich, noch nicht veröffentlichten Beschluß v o m 1
IPRspr. 1962-1963 Nr. 192.
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30. 1. 1964 - 1 VA 3/63 - 2 die Auffassung, daß auch in den Fällen des § 606 a die Gerichte des ausländischen Entscheidungsstaates nach den deutschen Zuständigkeitsvorschriften zuständig gewesen sein müßten (§§ 606 b, 328 I Nr. 1 ZPO). Dem Senat liegt dieselbe Rechtsfrage erneut zur Entscheidung vor. Nach nochmaliger Überprüfung seines Standpunkts hat er die Uberzeugung gewonnen, daß die Bestimmung des § 606 a weder zu der vom KG vertretenen Auslegung zwingt noch die vom Senat mit der herrschenden Meinung (Stein-Jonas-Schönke, ZPO, Anm. III zu § 606 a; Wieczorek, ZPO Handausgabe, Anm. C II zu § 606 a; Baumbach-Lauterbach, ZPO, Anm. 2 B d zu § 606 a - f ü r die Nr. 3; wohl auch Krüger-BreetzkeNowack, GleichberG, Randn. 2 zu § 606 a; Kegel, IPR, 1960, 248; Drobnig, FamRZ 1961, 341; Gamillscheg, Festschrift f ü r Dölle, 1963, II 289, 350; Jansen, FGG, ErgBd. 1962, Anm. 8 a zu Art. 7 § 1; a. A. Neuhaus, FamRZ 1958, 13; 1964, 18) vertretene Auslegung verbietet. Da aber schutzwürdige deutsche Interessen der Auffassung des Senats nicht entgegenstehen und die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen ohne Rücksicht auf eine hypothetische deutsche Zuständigkeit einem praktischen Bedürfnis entspricht, insbesondere nicht selten die nochmalige Durchführung eines Scheidungsprozesses entbehrlich macht, hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Wegen dieser von der Entscheidung des KG abweichenden Meinung besteht, wie auch das KG ausgeführt hat, keine rechtliche Möglichkeit, die Sache dem BGH zur Entscheidung vorzulegen. Nach Art. 7 VI Satz 1 FamRÄndG ist das Verfahren vor dem OLG ein solches der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Soweit aber die Bestimmungen des FGG über das Beschwerdeverfahren sinngemäß auf das Verfahren vor dem OLG anzuwenden sind, führt sie das Gesetz in Art. 7 § 1 VI Satz 3 aaO ausdrücklich an. Nicht erwähnt ist jedoch die in § 28 FGG normierte Vorlegungspflicht an den BGH (ebenso Keidel, FGG, 8. Aufl., Vorbem. 31 vor § 19; Jansen, Anm. lOe zu Art. 7 FamRÄndG; a. A. Lent-Habscheid, FGG, 4. Aufl., § 1 1 1 3 ) . Eine entsprechende Heranziehung des § 29 EGGVG kommt nicht in Frage, weil die durch § 179 VwGO eingeführten §§ 23 ff. EGGVG, die sich mit der gerichtlichen Überprüfung von Justizverwaltungsakten befassen, auf das Verfahren nach Art. 7 § 1 aaO nicht anwendbar sind (Jansen aaO). 2. Soweit ersichtlich, haben sich seit der Senatsentscheidung vom 25. 2. 1963 zu der hier zu entscheidenden Rechtsfrage n u r der Senator f ü r Justiz in Berlin in dem nicht veröffentlichten Bescheid vom 9. 10. 1963 Nr. 3465 46/63, den das KG mit dem oben erwähnten Beschluß vom 30. 1. 1964 bestätigt hat, und Neuhaus (FamRZ 1964, 18) kritisch geäußert. Übereinstimmend fordern sie auch bei § 606 a die Beachtung der deutschen internationalen Zuständigkeit nach § 606 b. Während aber der Senator f ü r Justiz und das KG die Anerkennung an der mangelnden deutschen internationalen Zuständigkeit scheitern lassen, billigt Neuhaus im Ergebnis die Entscheidung des Senats. 2
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Siehe oben Nr. 262.
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a) Die von der Gegenmeinung ins Feld geführte Entstehungsgeschichte des § 606 a zwingt nach Ansicht des Senats nicht notwendig zu der Auffassung, daß auch in den Fällen des § 606 a die deutsche internationale Zuständigkeit nach § 606 b i. V. m. § 328 I Nr. 1 vom ausländischen Gericht beachtet sein muß, weil der Abgeordnete Dr. Wahl im schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses f ü r Rechtswesen u n d Verfassungsrecht (Anh. zu BT-Drucks. 3409 S. 43) offenbar nicht n u r von der ausschließlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach § 606 ZPO, sondern ü b e r h a u p t von der Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates nach dem deutschen internationalen Prozeßrecht befreit haben wollte. Daß sich seine Bemerkung n u r auf die ausschließliche deutsche Zuständigkeit bezogen h a b e n soll, läßt sich jedenfalls nicht mit der vom KG angeführten Deutlichkeit feststellen. Der Senator f ü r Justiz hält es f ü r am schwerwiegendsten, daß das OLG München in seinem oben erwähnten Beschluß das BGH-Urteil vom 28. 6. 1961 (FamRZ 1961, 427 = LM Nr. 1 zu § 606 a ZPO) 3 verkannt habe. Wie indes Neuhaus (aaO II 1 u n d F u ß n . 19) ausgeführt hat, liefert aber gerade dieses BGH-Urteil ein Beispiel d a f ü r , wie § 606 a zu lesen ist, nämlich daß diese Bestimmung (§ 606 a) nicht n u r von § 606, sondern auch von § 328 I Nr. 1 dispensiert, wobei allerdings der BGH ohne Begründung ein anderes, frei geschaffenes Hindernis der Anerkennung (das Vorliegen der österreichischen Gerichtsbarkeit) aufstellt. Auch das weitere vom Senator f ü r Justiz zitierte BGH-Urteil vom 30. 11. 1960 (FamRZ 1961, 203) 4 , das die Anerkennung einer sowjetzonalen Ehescheidung zum Gegenstand hat, bestätigt nach der Auffassung des Senats nicht die Gegenmeinung. Die hier interessierenden Ausführungen des BGH lauten: , . . . nach § 606 a ZPO ist es möglich, die Gerichtsbarkeit der Gerichte eines fremden Staates, die an sich nach den zur Zeit des Erlasses des Urteils maßgebenden Umständen nicht gegeben war, mit Rücksicht darauf als gegeben hinzunehmen, daß die beklagte Partei nach dem E r l a ß des Urteils durch den Antrag auf Anerkennung dieses Urteils erklärt, sie wolle das Urteil gegen sich gelten lassen . . . W e n n beides (Verstoß gegen elementare Gebote der sittlichen Ordnung oder des Rechts der Bundesrepublik Deutschland oder Verletzung schutzwürdiger Belange einer deutschen, insbesondere der beklagten Partei) nicht der Fall ist, insbesondere wenn der Beklagte in den Fällen des § 328 I Nr. 1, 2, 3 ZPO selbst das Urteil gelten lassen will, ist die Anerkennung auszusprechen . . . ' Auch wenn m a n hierin noch keine abschließende Beurteilung des BGH zur Frage der Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen erblickt, läßt sich doch aus dieser Entscheidung f ü r die Gegenmeinung nichts gewinnen. Im Gegenteil deutet auch der BGH an, daß jedenfalls im Falle des § 606 a Nr. 3 (Antrag der beklagten Partei) auch die deutsche internationale Zuständigkeit kein Hindernis der Anerkennung darstellt. b) Der Senat sieht weder eine rechtliche Notwendigkeit noch ein deutsches schutzwürdiges Interesse, die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in den Fällen des § 606 a a n einem deutschen hypothetischen Ge3
IPRspr. 1960-1961 Nr. 197.
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IzRspr. 1960-1961 Nr. 178a.
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richtsstand scheitern zu lassen. Sofern das ausländische Gericht oder die ausländische Behörde nach ihrem Recht zur Entscheidung über die Ehescheidung zuständig ist, sollen nach § 606 a deutsche Zuständigkeitsvorschriften kein Hindernis der Anerkennung sein. Die immer wieder geäußerten Befürchtungen, es könnten auch deutsche Parteien im Ausland Scheidungsmöglichkeiten wahrnehmen, sind nach der Auffassung des Senats unbegründet. Abgesehen davon, daß durch die deutsche Vorbehaltsklausel (ordre public) des § 328 I Nr. 4 ZPO bei Verstößen gegen elementare Gebote der sittlichen Ordnung oder des Rechts oder bei Verletzung schutzwürdiger deutscher Interessen die Anerkennung etwa erschlichener Entscheidungen versagt werden kann, dürften deutsche Parteien, die eine Ehescheidung herbeizuführen beabsichtigen, nach der Praxis der deutschen Gerichte in Ehesachen keinesfalls auf die wesentlich kostspieligeren und nicht selten langwierigeren Scheidungsmöglichkeiten im Ausland verwiesen sein. Will sich die beklagte Partei gegen die Scheidung zur Wehr setzen, dann kann der Kläger die Anerkennung eines im Ausland erwirkten Scheidungsurteils gegen den Willen der beklagten Partei über § 606 a nicht durchsetzen; auch im Falle der Nr. 2 des § 606a (gewöhnlicher Aufenthalt der beklagten Partei im Ausland oder letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland) wäre die deutsche Partei durch § 328 I Nrn. 2, 3 und 4 ausreichend geschützt. Gewiß liegt in der vom Senat vertretenen Auslegung des § 606 a ein Verzicht auf nationale Zuständigkeiten zu gunsten ausländischer Zuständigkeitsvorschriften (KG aaO), der im Falle des § 606 a Nr. 3 (,wenn der Beklagte die Anerkennung beantragt') im Ergebnis auf eine dem deutschen Recht fremde (nachträgliche) prorogatio fori hinausläuft (Neuhaus aaO); hierin vermag aber der Senat, worauf auch der BGH aaO hingewiesen hat, kein Hindernis der Anerkennung zu erblikken. Daß damit für deutsche Parteien eine unbeschränkt freie Gerichtsstandsvereinbarung in Ehesachen eröffnet sei, wie das KG befürchtet, trifft nicht zu, weil solchen Vereinbarungen der deutsche ordre public entgegenstünde. Da die ASt. im gegenwärtigen Fall ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland (New York) hatte und außerdem als Bekl. des damaligen Rechtsstreits die Anerkennung beantragt hat, erfüllt sie die Voraussetzungen des § 606 a Nr. 2 (letzte Alternative) und Nr. 3. Nach Ansicht des Senats stehen unter diesen Umständen der Anerkennung des mexikanischen Scheidungsurteils deutsche Zuständigkeitsvorschriften nicht entgegen. c) Die Bestimmungen des § 328 I Nr. 2 (Versäumnisentscheidungen gegen eine deutsche Partei) oder Nr. 3 (Benachteiligung der deutschen Partei in bestimmten Fällen) stehen der Anerkennung nicht entgegen. Wohl erwarb die ASt. nach der Scheidung, nämlich am 20. 11. 1963, wieder die deutsche Staatsangehörigkeit; im maßgebenden Zeitpunkt der Durchführung des Scheidungsprozesses war sie indes amerikanische Staatsbürgerin. Davon aber ganz abgesehen, hat sich die ASt. auf diese Vorschriften nicht berufen.
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d) Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 25. 2. 1963 ausgesprochen hat, befreit die Bestimmung des § 606 a nicht von der Prüfung der Frage, ob die ausländische Entscheidung nicht gegen den deutschen ordre public (§ 328 I Nr. 4) verstößt. Ein solcher Verstoß ist hier nicht ersichtlich. Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall um ein mexikanisches Scheidungsurteil, das die Parteien seinerzeit möglicherweise unter Ausschaltung der Gerichte des Heimatstaates New York erwirkten und das als Scheidungsgrund die sowohl dem deutschen Recht als auch dem des Heimatstaates New York unbekannte .Unverträglichkeit der Charaktere' a n f ü h r t ; da aber der Heimatstaat des Mannes (New York) diesem wieder eine Heiratslizenz erteilte und seine Wiederverehelichung im Staate New York am 6. 10. 1962 gestattete, läßt sich eine Verletzung der deutschen Vorbehaltsklausel nicht feststellen. 3. Schließlich hält der Senat auch daran fest, daß das Scheidungsurteil von Ausländern in einem dritten Staate nur anerkannt werden kann, wenn das auch der Heimatstaat tut (Art. 17 EGBGB, vgl. die Literaturhinweise des Senats in NJW 1963, 1158). Neuhaus aaO stellt bei Beantwortung dieser Frage auf das Scheidungsstatut ab und vertritt den Standpunkt, daß bei ausländischem Scheidungsstatut die Bestimmung des § 328 völlig verdrängt werde. E r ist der Ansicht, daß dann, wenn der Heimatstaat eine einverständliche Scheidung zwar nicht vor den eigenen Gerichten, aber ihre Durchführung im Ausland dulde, Deutschland keinen Grund habe, einer solchen Scheidung aus prozessualen Erwägungen nach § 328 die Anerkennung zu verweigern, etwa weil keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gerichtsstaate hatte. E r will daher den § 328 auf ausländische Scheidungsurteile nur dann anwenden, wenn Scheidungsstatut das deutsche Recht ist. Da in dem vom Senat f r ü h e r entschiedenen Fall ausländisches Scheidungsstatut (des Staates New Jersey) und im gegenwärtigen Fall das des Staates New York maßgebend ist, teilt Neuhaus im Ergebnis die vom Senat vertretene Auffassung. Im Zeitpunkt der Scheidung waren beide Ehegatten amerikanische Staatsbürger. Durch die Vorlage einer vom deutschen Generalkonsul in New York beglaubigten Ablichtung der Urkunde über die Registrierung der Eheschließung sowie von Ablichtungen der eidesstattlichen Angaben zur Erreichung der Heiratserlaubnis (,Affidavit for License to Marry') und der Heiratsurkunde f ü r die zweite Eheschließung des Mannes ist ausreichend dargetan, daß der geschiedene Ehemann der ASt. mit Erlaubnis der zuständigen amerikanischen Behörde des Staates New York am 6. 10. 1962 wieder geheiratet hat. Obwohl im Staate New York die Ehescheidung nur wegen Ehebruchs zulässig ist (Bergmann, [Internationales Ehe und Kindschaftsrecht] Bd. III, USA S. 26, 125), haben sich die vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz in der angefochtenen Entscheidung geäußerten Bedenken über die Anerkennung im Heimatstaat nicht bestätigt. Es besteht nunmehr kein Anlaß, in die Anerkennung des Scheidungsurteils durch den Heimatstaat irgendeinen Zweifel zu setzen.
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Zusammenfassend war daher unter Aufhebung der Entscheidung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 2. 7. 1962 festzustellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des mexikanischen Scheidungsurteils vom 12. 5. 1962 gegeben sind." 2 6 4 . Es verstößt gegen den deutschen ordre public, wenn das ausländische Gericht die ihm bekannte deutsche Rechtshängigkeit nicht berücksichtigt. Das in Argentinien derzeit geltende Recht läßt eine Scheidung der Ehe dem Bande nach nicht zu. Es bleibt offen, ob das argentinische Kollisionsrecht nach dem Domizilprinzip auf das Recht eines anderen Staates zurückverweist. Das Ausländer betreffende Scheidungsurteil eines dritten Staates kann in Deutschland nur anerkannt werden, wenn dies auch der Heimatstaat tut. OLG München, Beschl. vom 2. 4. 1964 - V A 1/64: F a m R Z 1964, 444; StAZ 1964,195; N J W 1964, 979; Leitsatz in DRiZ 1965 B 10 Nr. 182. Die österreichische Staatsangehörige Melitta R. heiratete am 18. 9. 1958 vor dem Standesbeamten in Salzburg den argentinischen Staatsangehörigen Sergio R. Infolge der schlechten Lebensverhältnisse in Argentinien und wegen Erkrankungen der ASt. kehrte diese mit den Kindern mit Einwilligung ihres Ehemannes am 1. 2. 1960 nach Europa zurück und ist seit März 1960 ständig in Salzburg wohnhaft. Der Ehemann R., der von 1948 bis 1954 und dann von 1959 bis zum Sommer 1962 in Argentinien gelebt hatte, verlegte im Juli 1962 seinen Aufenthalt nach München und nahm am 30. 7. 1962 bei dem American Committee for Liberation eine Reschäftigung auf, die noch andauert. Mit Schriftsatz vom 15. 9. 1962, eingegangen am 18. 9.1962, erhob der Ehemann R. bei dem LG München I gegen die ASt. Scheidungsklage mit der Regründung, seine Frau habe ihn grundlos verlassen. Diese Klage wurde der ASt. im Rechtshilfeweg durch das Rezirksgericht Salzburg am 8. 10. 1962 durch Hinterlegung bei dem Postamt zugestellt. Am 30. 11.1962 erhob die ASt. ihrerseits bei dem Landesgericht Salzburg Scheidungsklage gegen ihren Ehemann, weil dieser sie fortgesetzt lieblos behandelt habe. Der Ehemann ließ sich auf diesen Rechtsstreit zur Sache nicht ein, erhob vielmehr nur die Einrede der „Streitanhängigkeit", weil der Zulässigkeit des Verfahrens vor dem Landesgericht Salzburg das beim LG München I anhängige Scheidungsverfahren entgegenstehe. Durch Urteil vom 16. 5.1963 hat das Landesgericht Salzburg die Ehe der Streitteile nach § 49 des österreichischen EheG wegen schwerer Ehe Verfehlungen aus dem Verschulden des Ehemannes geschieden. Das Urteil ist seit dem 14. 6. 1963 rechtskräftig. Daraufhin setzte das LG München I durch Reschluß vom 20.6.1963 das Verfahren bis zur Klärung der Frage, ob das Urteil des Landesgerichts Salzburg in Deutschland anerkannt wird, aus. Die ASt. beantragte festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung des Ehescheidungsurteils des Landesgerichts Salzburg vom 16. 5. 1963 gegeben seien. Durch Entscheidung vom 6. 9. 1963 lehnte das Rayerische Staatsministerium der Justiz den Antrag ab. Es vertritt die Ansicht, daß der Anerkennung des österreichischen Scheidungsurteils der deutsche ordre public (§ 328 I Nr. 4 ZPO) entgegenstehe, weil das österreichische Gericht die deutsche Rechtshängigkeit nicht berücksichtigt habe. Gegen diese Entscheidung hat die ASt. die Entscheidung des OLG München beantragt. Sie ist der Ansicht, daß die Wirkungen der deutschen Rechtshängig-
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keit in Österreich nicht eintreten konnten, weil dieses Gebiet nicht unter deutscher Gerichtsbarkeit stehe. Aus den Gründen: „Der Antrag ist nicht begründet. Die Entscheidung der Landes Justizverwaltung entspricht in förmlicher und sachlicher Hinsicht der Rechtslage. Sie hat zu Recht ihre Zuständigkeit bejaht, weil der am Verfahren beteiligte Sergio R. (Ehemann der ASt.) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Bayern (München) hat (Art. 7 § 1 II Satz 1 FamRÄndG vom 11. 8. 1961 [BGBl. I 1221]). Nach der in den Ehescheidungsakten des LG München I befindlichen Bescheinigung des American Committee for Liberation in München vom 7. 3. 1963 ist dieser seit dem 30. 7. 1962 in ungekündigter Dauerstellung dort beschäftigt. Entgegen der Auffassung der ASt. steht damit außer Zweifel, daß sich ihr Ehemann nicht nur vorübergehend zum Zwecke der Durchführung der Ehescheidung in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, sondern f ü r eine gewisse Dauer und mit einer gewissen Regelmäßigkeit in München verweilt, also in München seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des deutschen Prozeßrechts begründet hat (vgl. BGHZ 27, 4 7 B a u m b a c h - L a u t e r b a c h , ZPO, Anm. 3 A zu § 606). Ausländische Entscheidungen in Ehesachen bedürfen keiner Anerkennung durch die Landesjustizverwaltung, wenn beide Ehegatten bei Erlaß der Entscheidung Angehörige des Entscheidungsstaates waren (Art. 7 § 1 I Satz 3 FamRÄndG). Andere Entscheidungen ausländischer Gerichte bedürfen der Anerkennung. Die sachlichen Voraussetzungen der Anerkennung sind bei Parteien mit fremder Staatsangehörigkeit (die ASt. besitzt die österreichische, ihr Ehemann die argentinische Staatsangehörigkeit) nach § 328 I Nr. 1 und 4 ZPO i. V. mit §§ 606 bis 606 b ZPO u n d Art. 17 EGBGB zu beurteilen. Als Kl. des österreichischen Ehescheidungsprozesses kann die ASt. nach § 606 a Nr. 2 (letzte Alternative) ZPO die Anerkennung beantragen, weil die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland (Argentinien) hatten. Nach der Rechtsprechung des Senats (NJW 1963, 1153 = FamRZ 1964, 43 2 ; a. A. KG in dem, soweit ersichtlich, nicht veröffentlichten Beschluß vom 30. 1. 1964 - 1 VA 3/63 3 ) läßt diese Vorschrift die Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteils ohne Rücksicht auf deutsche Zuständigkeitsvorschriften zu. Die Anerkennung wäre demnach auf Grund deutscher Zuständigkeitsvorschriften nicht ausgeschlossen. Davon abgesehen, stünde hier auch die deutsche internationale Zuständigkeit nach § 328 I Nr. 1 i. V.m. § 606b Nr. 1 ZPO der Anerkennung nicht entgegen, weil mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt der ASt. im Entscheidungsstaat Österreich die Gerichte ihres Heimatstaates bei sinngemäßer Anwendung der deutschen Zuständigkeitsvorschriften zuständig waren. 1 3
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Die Anerkennung des österreichischen Scheidungsurteils scheitert aber sowohl an der deutschen Vorbehaltsklausel (ordre public) des § 328 I Nr. 4 ZPO als auch an der nicht zu erwartenden Anerkennung durch den Heimatstaat des Ehemannes (Argentinien). 1. a) Die deutsche Vorbehaltsklausel schließt die Anerkennung eines ausländischen Urteils nicht nur bei einer Verletzung elementarer Gebote der Sittenordnung oder deutscher schutzwürdiger Belange, sondern auch bei einem Verstoß gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes aus. Wie die Landesjustizverwaltung im angefochtenen Bescheid hervorhebt, stellt nicht jeder Widerspruch des ausländischen Rechts mit einem deutschen Gesetz auch schon einen Verstoß gegen die Grundsätze der deutschen Vorbehaltsklausel dar, und es ist daher auch nicht jedem ausländischen Urteil, das auf Grund eines vom deutschen Recht abweichenden Gesetzes ergeht, die Anerkennung zu versagen. Sie ist aber nach den in der Rechtsprechung herausgebildeten und vom Schrifttum gebilligten Grundsätzen dann ausgeschlossen, wenn das die Grundlage der Entscheidung bildende ausländische Recht vom deutschen in einer Weise abweicht, daß seine Anwendung geeignet wäre, unmittelbar die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens anzugreifen (vgl. statt vieler RGZ60, 296; 93, 183; 132, 193; Wieczorek, ZPO, Anm. E IV a 1, b 2 zu § 328). Die Anerkennung ist daher zu versagen, wenn sie gegen besonders wichtige, bestimmte qualifizierte Zwecke der deutschen Rechtsordnung verstoßen würde (vgl. Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, 545). Das gilt auch, wenn grundlegende Verfahrensvorschriften nicht beachtet sind, wie sie die deutsche Zivilprozeßordnung fordert (Wieczorek aaO). b) Zu diesen fundamentalen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung zählt nach der völlig einheitlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Rechtslehre auch das im deutschen Zivilprozeßrecht verankerte Institut der Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit nach österreichischem Recht) des § 263 ZPO (vgl. RGZ 49, 344f.; 158, 147; BGH, NJW 1958, 103 f. 4 ; 1961, 124 5 ; Stein-Jonas-Schönke, ZPO, Anm. III 5 zu § 263; Wieczorek, Anm. D IV a zu § 274, Anm. A I zu § 328; Baumbach-Lauterbach, Anm. 2 B zu § 263; Schneider, N J W 1959, 88; weitere Literaturhinweise bei Schütze, N J W 1963, 1486, der allerdings die herrschende Meinung ablehnt). Durch die Beachtung der Rechtshängigkeit soll der ungestörte Ablauf des Verfahrens gesichert und ein der Würde und dem Ansehen der Rechtspflege abträglicher Wettlauf um die frühere rechtskräftige Entscheidung nicht nur im Inland, sondern entgegen der Auffassung der ASt. auch im Verhältnis zu ausländischen Gerichten verhindert werden (vgl. Wieczorek, Anm. C I b 1 zu § 322). Dieser f ü r eine geordnete Rechtspflege wesentliche Grundsatz des deutschen Prozeßrechts würde mißachtet, wenn eine Partei des früher begonnenen Verfahrens die Einrede der Rechtskraft des im später begonnenen Verfahren, jedoch früher erlassenen Urteils entgegensetzen könnte. Dieselben Wirkungen f ü r das Inland würde die Anerkennung eines unter diesen Voraussetzungen im Ausland ergangenen Urteils * IzRspr. 1954-1957 Nr. 307.
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auslösen, weil sie die Entscheidung des früher angegangenen inländischen Gerichts, wie im vorliegenden Fall, verhindern würde. c) Das Scheidungsurteil des Landesgerichts Salzburg vom 16. 5. 1963 hat die deutsche Rechtshängigkeit in dem zwischen den Parteien beim LG München I schwebenden Ehescheidungsprozeß außer acht gelassen. Zwar hat sich das österreichische Gericht mit der vom Bekl. erhobenen Einrede der deutschen Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit) auseinandergesetzt; der Senat vermag jedoch die im Urteil angeführten Gründe, welche die Nichtbeachtung der deutschen Rechtshängigkeit rechtfertigen sollen, nicht anzuerkennen. Nach deutscher Auffassung hindert die frühere Rechtshängigkeit nicht nur bei solchen Entscheidungen die Durchführung oder den Fortgang eines Rechtsstreits im Ausland, die im Inland vollstreckt werden können, wie das österreichische Gericht meint, sondern in gleichem Umfang auch bei solchen in Ehe- und Familienstandssachen. Es läßt sich auch in Art. 14 des deutsch-österreichischeil Staatsvertrages über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 8. 3. 1960 (BGBl. II 1245; BGBl. I 169) keine gesetzliche Grundlage dafür finden, daß die deutsche Rechtshängigkeit in Ehe- und Familienstandssachen von den österreichischen Gerichten außer acht gelassen werden kann. Zwar sieht Art. 17 dieses Vertrages die Beachtung der Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit) in dem anderen Vertragsstaat für die unter den Vertrag fallenden Rechtsgebiete ausdrücklich vor; es kann aber aus der Tatsache, daß Art. 14 aaO Ehe- und Familienstandssachen aus dem Vertrag ausklammert, nicht der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, daß damit auch die deutsche Rechtshängigkeit unbeachtet bleiben kann; denn in Art. 17 des Staatsvertrages wurde ein von beiden Vertragsstaaten anerkannter Rechtsgrundsatz (vgl. Schütze aaO Fußn. 3) für die vom Vertrag umfaßten Rechtsgebiete lediglich ausdrücklich kodifiziert. Schließlich konnte nach Ansicht des Senats das österreichische Gericht die deutsche Rechtshängigkeit auch nicht mit dem Hinweis ausräumen, daß der Bekl. gar nicht die Gleichheit des Rechtsgrundes, der auch im Ehescheidungsverfahren Voraussetzung für die Streitanhängigkeit sei, behauptet habe; denn nach deutschem Zivilprozeßrecht ( § 6 1 6 ZPO) erstreckt sich die Rechtshängigkeit auf alle Scheidungs- und Eheaufhebungsgründe, die in dem früheren Rechtsstreit geltend gemacht wurden oder geltend gemacht werden konnten. Dieser Rechtssatz bezweckt eine einheitliche Entscheidung über das Fortbestehen der Ehe und verhindert einander widersprechende Entscheidungen. Auch wenn dem österreichischen Verfahrensrecht eine dem § 616 ZPO entsprechende Bestimmung fremd ist, stand auch für das österreichische Gericht in dem später anhängig gewordenen Verfahren die nach deutschem Recht eingetretene umfassende Rechtshängigkeit des Ehescheidungsbegehrens außer Zweifel. Das österreichische Gericht hätte die Rechtshängigkeit in Deutschland nur dann außer acht lassen dürfen, wenn das in Deutschland zu erlassende, auf Ehescheidung lautende Urteil keine Aussicht auf Anerkennung in der Republik Österreich gehabt hätte. Hierfür sind jedoch keine Gründe ersichtlich.
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Die Rechtshängigkeit mit ihren prozessualen Folgen ist eine notwendige Voraussetzung des Instituts der Rechtskraft, welche die endgültige Erledigung eines Rechtsstreits auf Grund eines einzigen Verfahrens n u r dann entfalten kann, wenn von vorneherein d a f ü r Sorge getragen ist, daß tatsächlich n u r ein Verfahren über den Rechtsstreit durchgeführt wird. Die Grundsätze über die Anerkennung eines ausländischen Urteils, das im Widerspruch zu einem in derselben Sache von einem inländischen Gericht gefällten rechtskräftigen Urteil steht, sind hier entsprechend anzuwenden, weil die Anerkennung eines solchen ausländischen Urteils zu einer Durchbrechung des im deutschen Recht verankerten Grundsatzes der Rechtshängigkeit f ü h r e n u n d damit den Zweck eines deutschen Gesetzes vereiteln würde. Unter diesen Umständen ist die Anerkennung des österreichischen Scheidungsurteils wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public (§ 328 I Nr. 4 ZPO) ausgeschlossen. 2. Nach der Rechtsprechung des Senats (NJW 1963, 1158 = F a m R Z 1964, 43) 2 k a n n das Scheidungsurteil von Ausländern in einem dritten Staate n u r anerkannt werden, wenn das auch der Heimatstaat tut (Art. 17 EGBGB; ebenso Raape, IPR, 1961, 314; Palandt, BGB, Anm. 6 b cc zu Art. 17 EGBGB; Erman, BGB, Anm. 13 a, b, d zu Art. 17 EGBGB; Jansen, FGG, Ergänzung 1962, Anm. 8 a zu Art. 7 § 1 FamRÄndG; a. A. SoergelSiebert-Kegel, BGB, Randn. 73 zu Art. 17 EGBGB). Nach der Auffassung des Senats hat das österreichische Scheidungsurteil keine Aussicht auf Anerkennung in Argentinien. a) Nach Art. 64 des Gesetzes über die Zivilehe (Bergmann, Internationales Ehe- u n d Kindschaftsrecht, Bd. I Argentinien S. 30) besteht die Scheidung in der persönlichen Trennung der Ehegatten ohne Auflösung des Ehebandes. Eine rechtskräftige Auflösung der E h e wird n u r durch den Tod eines der Ehegatten herbeigeführt (Art. 81 aaO). Eine Scheidung dem Band nach sah lediglich Art. 31 des Gesetzes Nr. 14 394 vom 14. 12. 1954 (Bergmann aaO 38, 39) vor, wenn ein J a h r nach dem Scheidungsurteil verstrichen war. Nach dem Sturz der Regierung P e r o n ist diese Bestimmung durch Dekret Nr. 4070 vom 1. 3. 1956 wieder aufgehoben worden. Das derzeit in Argentinien geltende Recht gestattet demnach keine Ehescheidung. b) Es bleibt zu prüfen, ob die Kollisionsnormen des argentinischen Eherechts eine Rückverweisung auf deutsches Recht oder eine Weiterverweisung auf das Recht eines dritten Staates enthalten (Art. 27 EGBGB). Eine solche Rückverweisung — zwar nicht nach dem Staatsangehörigkeits-, wohl aber nach dem Domizilprinzip — bejaht Ferid in seinem Gutachten vom 8. 2. 1963, das im Rechtsstreit des Ehemannes R. gegen die ASt. vor dem LG München I vorgelegt wurde. Ob dem Gutachten gefolgt werden kann, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, weil das österreichische Scheidungsurteil auch nach dem Ergebnis dieses Gutachtens in Argentinien n u r anerkannt würde, wenn der E h e m a n n zur Zeit der Scheidung in Österreich seinen Wohnsitz gehabt hätte. Davon k a n n aber keine Rede sein. F ü r die Entscheidung bleibt daher argentinisches Recht maßgebend, das derzeit eine Scheidung dem Bande nach nicht erlaubt. Das Eheschei-
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dungsurteil des Landesgerichts Salzburg hat somit in Argentinien die Ehe nicht aufgelöst. Die Anerkennung des österreichischen Scheidungsurteils durch die zuständige deutsche Behörde nach Art. 7 § 1 FamRÄndG würde aber im Hinblick auf die bindende Wirkung für Gerichte und Verwaltungsbehörden (Art. 7 § 1 VIII aaO) zu dem Ergebnis führen, daß dem Ehemann R. trotz Fortbestehens seiner Ehe in Argentinien in der Bundesrepublik Deutschland eine weitere Eheschließung durch die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses nach § 10 II EheG ermöglicht werden müßte. Die Anerkennung des österreichischen Scheidungsurteils in der Bundesrepublik Deutschland ist daher auch aus diesem Grunde ausgeschlossen (Art. 17, 13 EGBGB). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war somit als unbegründet zurückzuweisen." 265. Die Anerkennung eines niederländischen Scheidungsurteils verstößt nicht allein deshalb gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes, weil es als Versäumnisurteil ergangen ist. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 13. 4. 1964 - 3 VA 4/63: Unveröffentlicht. Der Beteiligte zu 1), der deutscher Staatsangehöriger ist, heiratete am 5.12. 1929 vor dem Standesbeamten in Amsterdam die Beteiligte zu 2), die niederländische Staatsangehörige war. Beide nahmen in Amsterdam Wohnung. Nachdem der Beteiligte zu 1) im Jahre 1944 verhaftet worden war, erhob die Beteiligte zu 2) im Jahre 1945 Scheidungsklage beim Landgericht Amsterdam und erwirkte dort am 30. 8. 1945 ein Versäumnisurteil, durch das die Ehe wegen Ehebruchs des Beteiligten zu 1) geschieden wurde. Auf ihren Antrag wurde die Scheidung am 26. 9.1946 im Register des Standesamts Amsterdam eingetragen. Am 24.1. 1947 schloß der Beteiligte zu 1) eine neue Ehe, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind, von denen eines noch lebt. Im Jahre 1958 begehrte die Beteiligte zu 2) vor niederländischen Gerichten die Streichung des Scheidungsvermerks im Standesamtsregister; sie unterlag in drei Rechtszügen. Mit einer beim LG Aachen erhobenen Klage auf Feststellung, daß die Ehe mit dem Beteiligten zu 1) nicht aufgelöst sei, wurde sie abgewiesen. Danach hat der Beteiligte zu 1) bei dem Justizminister des Landes NordrheinWestfalen beantragt festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung des Versäumnisurteils des Landgerichts Amsterdam vom 30. 8. 1945 vorlägen. Die Beteiligte zu 2) hat gebeten festzustellen, daß die Voraussetzungen nicht vorlägen. Mit seinen Entscheidungen vom 18. 7. 1963 hat der Justizminister dem Antrag des Beteiligten zu 1) entsprochen und den Antrag der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 2) beantragt die Entscheidung des OLG. Aus den Gründen: „Für den Antrag an die Landesjustizverwaltung ist gemäß Art. 7 § 1 III Satz 2, VII FamRÄndG vom 11. 8. 1961 (BGBl. I 1221) ein rechtliches Interesse an der Anerkennung oder Nichtanerkennung des Urteils ausreichend. Ein solches Interesse berechtigt daher auch zur Stellung eines Antrags auf Entscheidung des OLG.
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Die Beteiligte zu 2) hat ein solches rechtliches Interesse an der Nichtanerkennung des Scheidungsurteils. Die Beteiligten waren auf Grund der von ihnen im Jahre 1929 vor dem niederländischen Standesbeamten geschlossenen Ehe nicht nur nach niederländischem Recht, sondern auch nach deutschem IPR gültig verheiratet (Art. 11 I Satz 2 EGBGB). Die vom Beteiligten zu 1) im Jahre 1947 geschlossene neue Ehe wäre daher gemäß § 20 EheG nichtig, wenn in diesem Zeitpunkt die Ehe zwischen den Beteiligten nach deutschem Recht noch bestanden hätte. Die Beteiligte zu 2) wäre dann gemäß § 24 I EheG befugt, Nichtigkeitsklage zu erheben. Das wäre nicht der Fall, wenn die frühere Ehe bereits durch das Urteil des niederländischen Gerichts auch nach deutschem Recht wirksam aufgelöst gewesen wäre. Das niederländische Scheidungsurteil ist nach deutschem Recht wirksam, wenn es anerkannt werden kann und die zuständige Landesjustizverwaltung festgestellt hat, daß die Voraussetzungen f ü r die Anerkennung vorliegen (§ 328 ZPO, Art. 7 § 1 I Satz 1 FamRÄndG). Diese Feststellung hat der Justizminister getroffen. Unerheblich ist, daß sie erst nach der zweiten Eheschließung des Beteiligten zu 1) ergangen ist (BGH, FamRZ 1961, 427 4 ). Aus dieser Rechtslage ergibt sich das rechtliche Interesse der Beteiligten zu 2) an der Beseitigung der Entscheidungen des Ministers. Ihr Antrag ist somit zulässig; er ist jedoch nicht begründet. Die Entscheidungen des Ministers sind ohne Verfahrensverstoß ergangen und zutreffend. Der Justizminister war sachlich und örtlich zuständig (Art. 7 § 1 I Satz 1, II Satz 1 FamRÄndG). Beide Parteien haben die erforderlichen Anträge gestellt (Art. 7 § 1 III Satz 1, VII FamRÄndG). Ihr rechtliches Interesse an den von ihnen begehrten Feststellungen ergibt sich aus den obigen Ausführungen über die Berechtigung der Beteiligten zu 2) zur Stellung des Antrags auf Entscheidung des OLG. Das Scheidungsurteil des niederländischen Gerichts könnte dann nicht anerkannt werden, wenn einer der in § 328 I ZPO angeführten Gründe f ü r die Versagung der Anerkennung gegeben wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Ob das niederländische Gericht zur Entscheidung über die Scheidung der Ehe der Beteiligten nach deutschem Recht zuständig war (§ 328 I Nr. 1 ZPO), kann dahinstehen. Selbst wenn diese Frage verneint werden müßte, würde das der Anerkennung des Urteils nicht entgegenstehen, da der Bekl. des damaligen Rechtsstreits die Anerkennung des Urteils begehrt (§ 606 a Nr. 3 ZPO). Der Umstand, daß § 606a ZPO zur Zeit des Erlasses des niederländischen Urteils und auch im Zeitpunkte der zweiten Eheschließung noch nicht galt, ist unerheblich. Die Entscheidung über die Anerkennung des Urteils ist nach dem jetzt geltenden Recht zu treffen. Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 328 I Nr. 2 ZPO vorliegen. Auf den Schutz dieser Vorschrift hat der Beteiligte zu 1), der die Anerkennung begehrt, ausdrücklich verzichtet. Das ist zulässig (Baumbach-Lauterbach, ZPO, 27. Aufl., § 328 Anm. 3 C). 1
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Da das niederländische Gericht die Ehe wegen Ehebruchs des Beteiligten zu 1) geschieden hat und Ehebruch auch nach deutschem Recht ein Scheidungsgrund ist (§ 42 EheG), steht auch § 328 I Nr. 3 ZPO der Anerkennung des Urteils nicht entgegen. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit ist nicht Voraussetzung f ü r die Anerkennung; Art. 7 § 1 I Satz 2 FamRÄndG geht insoweit dem § 328 I Nr. 5 ZPO vor. Die Anerkennung verstößt auch nicht gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes (§ 328 I Nr. 4 ZPO). Dem Urteil kann unter diesem Gesichtspunkt die Anerkennung nicht deshalb versagt werden, weil die Beteiligte zu 2) nach ihrer Behauptung das Versäumnisurteil im Einverständnis mit dem Beteiligten zu 1) erwirkt hat. Trifft diese Behauptung zu, so verstößt es weder gegen die guten Sitten noch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes, wenn die Beteiligten das von ihnen beiden angeblich erstrebte Urteil nach dessen Anerkennung gegen sich gelten lassen müssen (Wieczorek, ZPO, § 328 Anm. E IV b 2). Zu einer anderen Beurteilung kann auch nicht führen, daß das niederländische Urteil ein Versäumnisurteil und durch dieses die Scheidung der Ehe der Beteiligten ausgesprochen worden ist. Zwar ist nach deutschem Verfahrensrecht ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten im Ehescheidungsrechtsstreit unzulässig (§ 618 IV ZPO). Diese Vorschrift hat ersichtlich den Zweck, vereinbarte Scheidungen zu verhindern, die nach deutschem Recht unzulässig sind. Der Verstoß gegen die Vorschrift des § 618 IV ZPO würde jedoch n u r dann dazu zwingen, dem niederländischen Urteil die Anerkennung zu versagen, wenn die genannte Vorschrift zu den Grundlagen der deutschen Rechtsordnung gehören und nicht n u r auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen würde (RGZ 114, 171; Stein-Jonas, ZPO, 18. Aufl., § 328 Anm. VII). Ob das eine oder das andere der Fall ist, kann zweifelhaft sein (vgl. Wieczorek aaO; LG Dresden, J W 1935, 3493; OLG Stuttgart, StAZ 1962, 78 2 ). Das kann jedoch hier auf sich beruhen. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles bedeutet nämlich die Anerkennung des niederländischen Versäumnisurteils auf Scheidung der Ehe weder einen Verstoß gegen die guten Sitten noch einen solchen gegen die Grundlagen der deutschen Rechtsordnung. Selbst wenn, wie die Bekl. zu 2) behauptet, die Beteiligten damals vereinbart haben sollten, sich nur zum Schein scheiden zu lassen, um ihr in den Niederlanden befindliches Vermögen vor der Beschlagnahme als feindliches Vermögen zu retten, und damals übereinstimmend willens gewesen sein sollten, einander erneut zu heiraten, sobald es die politischen Verhältnisse wieder erlauben würden, kann dpch die Tatsache nicht unbeachtet bleiben, daß der Beteiligte zu 1) sich von der Beteiligten zu 2) in der Folgezeit endgültig abgewandt und eine andere F r a u geheiratet hat. Diese Ehe besteht nunmehr seit mehr als 17 Jahren; aus ihr sind zwei Kinder hervorgegangen. Die Beteiligte zu 2) kann ernstlich nicht erwarten, daß der Beteiligte zu 1) die frühere Ehe mit ihr fortsetzen wird, selbst wenn das 2
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niederländische Urteil nicht anerkannt und auf ihre Klage die zweite Ehe des Beteiligten zu 1) für nichtig erklärt werden würde. Die Versagung der Anerkennung des Scheidungsurteils würde also der Beteiligten zu 2) im wesentlichen nur für ihren Unterhaltsanspruch gegen den Beteiligten zu 1) eine ihr günstigere Rechtsgrundlage schaffen. Das rechtfertigt aber unter den hier gegebenen Umständen nicht die Annahme, daß die Anerkennung gegen die guten Sitten oder den Zweck der deutschen Rechtsordnung verstößt. Bei dieser Sachlage kann es nicht einmal als sicher angesehen werden, ob die Beteiligte zu 2), selbst wenn das niederländische Urteil nicht anerkannt würde, mit einer Nichtigkeitsklage Erfolg haben würde. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Beteiligte zu 1) einer solchen Klage mit Erfolg den Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegensetzen (vgl. BGHZ 30, 140 3) und seinerseits eine Klage auf Scheidung seiner Ehe mit der Beteiligten zu 2) gemäß § 48 EheG mit Erfolg erheben könnte. Mit Recht hat daher der Justizminster festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung des niederländischen Urteils vorliegen, und den entgegengesetzten Antrag der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Deren Antrag auf Abänderung dieser Entscheidungen durch das Gericht mußte daher zurückgewiesen werden." 266« Die von einem Staatsangehörigen der Vereinigten Arabischen publik vor seinem Generalkonsul in Hamburg widerruflich erklärte vatscheidung kann nicht nach Art. 7 § 1 Familienrechtsänderungsgesetz erkannt werden.
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HansOLG Hamburg, Beschl. vom 24. 11. 1964 - 2 a VA 2/64: StAZ 1965, 249. Der ASt. ist Staatsangehöriger der Vereinigten Arabischen Republik (VAR) und hat am 29. 7.1955 in Beirut mit der libanesischen Staatsangehörigen Akabi Lionne A. in islamischer Form die Ehe geschlossen; bei ihrem Übertritt zum Islam hat die Ehefrau den Namen T. H. angenommen. Nach einer schriftlichen Bescheinigung des Generalkonsulats der Vereinigten Arabischen Republik in Hamburg vom 2. 3. 1964 hat der ASt. am gleichen Tage in Gegenwart zweier Zeugen den Ehescheidungsschwur geleistet mit den Worten: „Ich, Mohammed H. Ali, scheide mich von meiner Ehefrau T. H. in widerruflicher Ehescheidung, und dies ist die erste Scheidung." Im Verfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG vom 11. 8.1961 hat der ASt. bei dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg - Landesjustizverwaltung - beantragt, es möge festgestellt werden, daß die Voraussetzungen f ü r eine Anerkennung der Ehescheidung vorliegen. Durch den Bescheid vom 21. 9. 1964 hat die Landesjustizverwaltung diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Behörde ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Bescheinigung des Generalkonsulats als eine „Entscheidung" im Sinne des Art. 7 § 1 I FamRÄndG anzusehen sei. Jedenfalls handele es sich nicht um eine im Ausland getroffene Entscheidung. Innerhalb ihres Staatsgebietes sei die Bundesrepublik allein zur Rechtsetzung und Rechtsausübung berufen. Ungeachtet des Vorrechtes der Exterritorialität gehörten die 3
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Räume der Gebäude ausländischer Vertretungen zum Inland und seien grundsätzlich der Rechtsordnung des Empfangsstaates unterstellt. Um so mehr gelte das für Konsulatsgebäude, die nur hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit von der inländischen Gerichtsgewalt ausgenommen seien. Gegen diesen ablehnenden Bescheid hat der ASt. das HansOLG angerufen. Aus den Gründen: „Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach Art. 7 § 1 IV FamRÄndG zulässig, nachdem die Landesjustizverwaltung das Gesuch des ASt. zurückgewiesen hat. In der Sache selbst muß dem Antrag der Erfolg versagt bleiben, weil die angefochtene Entscheidung zu billigen ist. Die Landesjustizverwaltung ist nach Art. 7 § 1 I FamRÄndG nicht schlechthin dazu berufen, eine Ehescheidung als solche anzuerkennen. Vielmehr darf sie lediglich Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehescheidung ausgesprochen worden ist, daraufhin prüfen, ob die Voraussetzungen f ü r eine Anerkennung der Entscheidung vorliegen. Das ergibt bereits der reine Gesetzeswortlaut. Nun mag es zutreffen, daß der Begriff .Entscheidung' nach Sinn und Zweck des Gesetzes im weitesten Sinne verstanden werden m u ß und nicht nur Urteilssprüche staatlicher Gerichte, sondern auch Erkenntnisse geistlicher Rechtsprechungsorgane oder behördliche Akte - wie etwa die Registrierung einer Ehescheidung - umfaßt (vgl. hierzu Jansen, FGG, Erg. 1962, Anm. 3 zu Art. 7 § 1 FamRÄndG und den Wortlaut des § 606a ZPO). Die als .Schriftliche Bescheinigung über Ehescheidung' bezeichnete Urkunde des Generalkonsulats vom 2. 3. 1964 hat indessen keine Entscheidungsqualität. Das Schriftstück stellt nach Form und Inhalt nichts anderes dar als ein Protokoll, durch das eigene Erklärungen des ASt. beurkundet werden. Der ASt. hat in Gegenwart von Zeugen in der Form einer eidlichen Aussage das im ägyptischen Gesetzbuch über das Personenrecht nach dem hanefitischen Ritus unter Art. 217 vorgesehene Recht der widerruflichen Verstoßung ausgeübt. Nach den Grundsätzen jener Rechtsordnung erfordert eine solche Verstoßung lediglich eine private Willenserklärung (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. VI, VAR S. 32 ff., insbes. S. 48, 49). Eine Privatscheidung dieser Art ist dem förmlichen Anerkennungsverfahren nur zugänglich, wenn sie von einer ausländischen Behörde in einem Register verlautbart wird (Stein-Jonas-Schönke, ZPO, 18. Aufl., Anh. nach § 328 Bern. II 1; Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Art. 17 EGBGB Anm. 65 sowie Jansen aaO). Im vorliegenden Falle kommt eine Registrierung nicht in Betracht. Einer erweiterten Auslegung des Art. 7 § 1 FamRÄndG kann nicht das Wort geredet werden. Sie würde dem offensichtlichen Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Die gesetzliche Regelung steht nämlich in einem inneren Zusammenhang mit der Vorschrift des § 328 ZPO und soll Klagen auf Feststellung der Wirksamkeit einer ausländischen Entscheidung entbehrlich machen. Dementsprechend sind die sachlichen Voraussetzungen
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der Anerkennung nach den Bestimmungen des § 328 I Nr. 1 bis 4 ZPO in direkter oder entsprechender Anwendung zu beurteilen, was bei rein privaten Scheidungserklärungen widersinnig wäre. Um so weniger kann eine Anerkennung erlaubt sein, wenn die Scheidung nur widerruflich ausgesprochen ist. Ob die Ehe endgültig aufgelöst ist, würde dann nämlich von weiteren Umständen abhängen, die aus der Urkunde nicht ersichtlich sind. Aus Art. 232 des ägyptischen Gesetzes folgt, daß der Ehemann während der Wartezeit das Recht der Wiederaufnahme durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssige Handlungen ausüben darf. Auch über den Ablauf der Wartezeit kann Ungewißheit bestehen, da die Frist nach Art. 235 des ägyptischen Gesetzes ,mit dem 10. Tage nach der Beendigung der dritten Menstruation der Frau' zu Ende geht; damit werden keine hinreichend bestimmten Grenzen gesetzt. Der zu prüfende Ehescheidungsakt darf aber keine Unklarheiten über die Endgültigkeit oder den Zeitpunkt der Scheidung aufkommen lassen." 267. Dem Feststellungsverfahren nach Art. 7 Familienrechtsänderungsgesetz unterliegen nicht Privatscheidungen unter Mitwirkung einer ausländischen Behörde im Inland, da diese Vorschrift mit dem Wort „Ausland" auf den Ort der Scheidung abstellt. KG, Beschl. vom 1. 3. 1965 - 1 VA 1/65: FamRZ 1966, 149; StAZ 1966, 113. Die Eltern des jetzt sechs Jahre alten Iman Alexander S. haben am 4. 1. 1958 vor dem Standesbeamten des Standesamts Cloppenburg die Ehe geschlossen. Der Ehemann war in Awali/Bahrein (Persischer Golf) tätig. Am 30. 10. 1958 hat der Ehemann vor dem Generalkonsulat der Vereinigten Arabischen Republik in Frankfurt am Main eine Erklärung über die Scheidung der Ehe abgegeben. Das Generalkonsulat hat die Scheidung registriert und eine Scheidungsurkunde ausgestellt. Der Aufenthaltsort des Ehemanns ist seitdem unbekannt. Frau S. ist am 30.11.1960 in Oldenburg i. O. gestorben. Das Kind lebt bei seiner Großmutter und deren Ehemann, den das AG Cloppenburg zum Vormund bestellt hat. Auf Anregung des Standesamts I in Berlin (West), bei dem der Vormund die Eintragung einer Namensberichtigung beantragt hat, hat der Vormund im Namen seines Mündels bei der zuständigen LandesjustizVerwaltung den Antrag gestellt, die Scheidung der Ehe der Eltern des Kindes anzuerkennen. Der nach Art. 7 § 1 II Satz 3 FamRÄndG vom 11.8.1961 (BGBl. I 1221) für den Antrag zuständige Senator für Justiz von Berlin hat den Antrag durch einen Bescheid vom 22. 1.1965 als unzulässig zurückgewiesen, weil die Scheidungserklärung nicht im Ausland, sondern im Inland abgegeben worden sei.
Aus den Gründen: „Der frist- und formgerecht gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das KG ist nach Art. 7 § 1 IV FamRÄndG zulässig. Ihm m u ß aber der Erfolg versagt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen f ü r das Anerkennungsverfahren nicht gegeben sind. Art. 7 § 1 I Satz 1 FamRÄndG läßt eine Feststellung der Landesjustizverwaltung, daß die Voraussetzungen f ü r die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehe49 IPR 1964/65
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Sachen vorliegen, nur zu f ü r Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, dem Bande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Parteien festgestellt ist. In dem angefochtenen Bescheid ist bereits darauf hingewiesen worden, daß der Ehemann die Scheidung vor dem Generalkonsulat der Vereinigten Arabischen Republik in F r a n k f u r t am Main, also im Inland erklärt hat. Dort ist die Erklärung entgegengenommen und die Scheidungsurkunde ausgestellt und registriert worden. Ungeachtet der Anwendung ausländischen Rechts und der Mitwirkung einer nichtdeutschen Behörde ist die Scheidung im Inland geschehen. Der von dem Gesetz gebrauchte Begriff des Auslandes ist territorial zu verstehen. Das ergibt die eindeutige Fassung des Gesetzes, das mit den Worten ,im Ausland' nicht auf die Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz der Eheleute oder die staatliche Zugehörigkeit einer beteiligten Behörde, sondern auf den Ort der Scheidung abstellt. Demnach kann die Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, nicht' im Verfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG getroffen werden. Es ist Sache jedes einzelnen, mit der Anerkennungsfähigkeit der Ehescheidung befaßten Gerichtes oder einer damit befaßten Behörde, in eigener Zuständigkeit und nach den f ü r sie maßgebenden Rechtsvorschriften darüber zu befinden, ob die Ehescheidung anzuerkennen ist (vgl. Jansen, FGG, Ergänzung 1962, FamRÄndG Art. 7 § 1 Anm. 7). Das gilt auch f ü r den Standesbeamten bei der Entscheidung darüber, ob eine Eintragung in ein Personenstandsbuch oder ein Familienbuch vorzunehmen ist. Gegen eine Entscheidung, in der die Anerkennung der Scheidung abgelehnt wird, kann das Kind, vertreten durch seinen Vormund, gegebenenfalls die vorgesehenen Rechtsmittel einlegen. Hiernach ist der Antrag mit Recht als unzulässig zurückgewiesen worden." 268« Wenn die Voraussetzungen des § 606 a ZPO gegeben sind, steht die ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte nach § 606 ZPO der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen nicht entgegen. Das Fehlen der internationalen Zuständigkeit im übrigen verhindert jedoch die Anerkennung des ausländischen Urteils. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 30. 12. 1965 - 3 VA 6/65: OLGZ 1966, 370; FamRZ 1966, 200 mit Anm. Partikel; JMB1.NRW 1966, 191. Die Beteiltigte zu 2) schloß mit Herbert M. am 2. 6. 1950 vor dem Standesbeamten in Berlin-Neukölln die Ehe. Beide Ehegatten waren und sind deutsche Staatsangehörige. Ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten sie in New York. Durch rechtskräftiges Urteil des Zivilgerichts des Bezirks Bravos, Chihuahua (Mexiko) vom 19. 1.1963 wurde die Ehe geschieden. Die Beteiligte zu 2) hat bei dem Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen beantragt, festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung dieses Urteils vorlägen. Der Justizminister hat den Antrag abgelehnt. Die Beteiligte zu 2) beantragt die Entscheidung des OLG.
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Aus den Gründen: „Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet. Gemäß § 328 I Nr. 1 ZPO ist die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichtes ausgeschlossen, wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind. Das ist regelmäßig der Fall, wenn und soweit die Bundesrepublik Deutschland die ausschließliche Zuständigkeit f ü r den vom ausländischen Gericht entschiedenen Rechtsstreit f ü r sich in Anspruch nimmt. Besteht eine ausschließliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes nicht, so hängt die Anerkennung des Urteils des ausländischen Gerichts davon ab, ob nach den deutschen Zuständigkeitsvorschriften, wenn diese im Entscheidungsstaat anwendbar wären, irgendein Gericht dieses Staates zuständig wäre (RGZ51, 135). Nach §§ 606, 606 b ZPO ist, wenn auch n u r ein Ehegatte deutscher Staatsangehöriger ist, f ü r Ehesachen stets ein deutsches Gericht ausschließlich zuständig. F ü r die Scheidung der Ehe der ASt. wäre gemäß § 606 III ZPO das LG Berlin ausschließlich zuständig. Diese ausschließliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes steht jedoch gemäß § 606 a Nr. 2 und 3 ZPO der Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils nicht entgegen, da die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt im Ausland, nämlich in New York gehabt haben und die ASt., die Bekl. in dem Scheidungsrechtsstreit vor dem mexikanischen Gericht war, die Entscheidung beantragt. Das Urteil des mexikanischen Gerichts könnte somit anerkannt werden, wenn ein mexikanisches Gericht, hätten in Mexiko die Zuständigkeitsvorschriften des deutschen Rechts gegolten, zuständig gewesen wäre. Eine solche Zuständigkeit wäre aber, wie der Justizminister in seinem ablehnenden Bescheid zu Recht ausgeführt hat, nicht gegeben gewesen. Hätte in Mexiko die Vorschrift des § 606 b ZPO gegolten, so hätte, da keiner der Ehegatten die mexikanische Staatsangehörigkeit besaß oder besitzt, ein mexikanisches Gericht nur entscheiden dürfen, wenn wenigstens einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Mexiko gehabt hätte und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem mexikanischen Gericht gefällte Entscheidung anerkannt würde. Keiner der Ehegatten hat aber jemals in Mexiko seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Deshalb war ein mexikanisches Gericht nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig. § 328 I Nr. 1 ZPO steht daher der Anerkennung des Urteils des mexikanischen Gerichts entgegen. In der Rechtsprechung (OLG München, NJW 1963, 1158»; NJW 1964, 983 2 ) und auch im Schrifttum (Übersicht bei OLG München, NJW 1963, 1158) wird die Ansicht vertreten, die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen sei von den deutschen Zuständigkeitsvorschriften überhaupt nicht abhängig, wenn die Voraussetzungen des § 606 a ZPO 1
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 192.
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Siehe oben Nr. 263.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 268
gegeben seien. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen (ebenso mit überzeugenden Gründen KG, NJW 1964, 981 3 ). F ü r die Ansicht des Senats spricht zunächst der Gesetzeswortlaut. § 606 a ZPO bestimmt ausdrücklich, daß nur die Vorschrift des § 606 ZPO der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung unter den dort genannten Voraussetzungen nicht entgegenstehe. § 606 ZPO betrifft aber nur den ausschließlichen Gerichtsstand f ü r Klagen in Ehesachen. Die Vorschrift des § 606 b, die sich über den nicht ausschließlichen Gerichtsstand verhält, ist in § 606 a ZPO nicht erwähnt. Aus dem Wortlaut muß gefolgert werden, daß das Fehlen der internationalen Zuständigkeit überhaupt der Anerkennung eines ausländischen Urteils in Ehesachen nach wie vor gemäß § 328 I Nr. 1 ZPO entgegensteht. Zu demselben Ergebnis f ü h r t auch ein Vergleich der Vorschriften der §§ 606 bis 606 b ZPO in ihrer heutigen Fassung mit den früheren Fassungen des § 606 ZPO, wie das KG (aaO) überzeugend dargelegt hat. Auf dessen Ausführungen wird insoweit verwiesen. Entgegen ihrem Wortlaut dürften die genannten Bestimmungen n u r ausgelegt werden, wenn feststünde, daß der Gesetzgeber gerade diese Auslegung gewollt habe, es sich also um eine echte Lücke im Gesetz handeln oder - was hier näher liegen würde — ein Redaktionsversehen vorliegen würde. Dagegen spricht zunächst schon die Tatsache, daß ein solcher Wille des Gesetzgebers sich in der neuen Fassung unschwer und eindeutig hätte zum Ausdruck bringen lassen. In der Vorschrift des § 606 a hätte außer der Bestimmung des § 606 n u r zusätzlich die Bestimmung des § 606 b aufgeführt zu werden brauchen, oder es hätte einfach anstelle des § 606 und des § 606 b ZPO die Vorschrift des § 328 I Nr. 1 ZPO in § 606 a ZPO angeführt werden können. Hätte der Gesetzgeber von der in § 328 I Nr. 1 ZPO angeführten Voraussetzung f ü r die Anerkennung eines Scheidungsurteils in vollem Umfange absehen wollen, so hätte dies in der oben zuletzt genannten Art und Weise leicht zum Ausdruck gebracht werden können. Hinzu kommt, daß die Materialien zum GleichberG, durch welches die Vorschrift des § 606 ZPO geändert und die Bestimmungen des § 606 a und 606 b neu eingefügt worden sind, nicht mit Sicherheit erkennen lassen, ob dies tatsächlich der Wille des Gesetzgebers war. Auch das hat das KG (aaO) eingehend dargelegt. Die Bemerkung des Abgeordneten Dr. Wahl im Ausschußbericht (Anl. zur BT-Drucks. 3409 der 2. Wahlperiode) läßt nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen, ob sie sich nur auf die ausschließliche Zuständigkeit des § 606 ZPO oder auf sämtliche Zuständigkeitsvorschriften überhaupt bezieht. Würde man von der Voraussetzung des § 328 I Nr. 1 ZPO bei Ehesachen schlechthin absehen, würde das praktisch zu einer weiteren Erleichterung der Ehescheidung führen. Selbst deutsche Staatsbürger, die im Gebiet der Bundesrepublik wohnen, könnten im beiderseitigen Einverständnis sich 3
Siehe oben Nr. 262.
Nr. 269
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in einem dritten Staat, dessen Gerichte dazu bereit sind, scheiden lassen, und eine solche Entscheidung müßte anerkannt werden, wenn der Ehegatte, der im Scheidungsrechtsstreit der Beklagte war, die Anerkennung beantragt. Diese könnte dann nur noch gemäß § 328 I Nr. 4 ZPO verweigert werden, nämlich wenn die Anerkennung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Ob eine solche Erleichterung der Scheidung den rechtspolitischen Vorstellungen des Gesetzgebers entsprechen würde, erscheint zweifelhaft, insbesondere da der Gesetzgeber durch die spätere Änderung des § 48 II EheG und die Einfügung des neuen Abs. 1 in die Bestimmung des § 547 ZPO zu erkennen gegeben hat, daß er eher dazu neigt, die Ehescheidung zu erschweren, als sie zu erleichtern. Unter diesen Umständen kann es nicht von Bedeutung sein, ob etwa keine rechtliche Notwendigkeit und kein schutzwürdiges Interesse besteht, die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in den Fällen des § 606 a ZPO an einem deutschen hypothetischen Gerichtsstand scheitern zu lassen, eine Auffassung, die das OLG München (NJW 1964, 983, 984) 1 vertritt. Auf die rechtspolitischen Vorstellungen des Gerichts kann es jedenfalls solange nicht ankommen, als nicht feststeht, daß sie den rechtspolitischen Vorstellungen des Gesetzgebers entsprechen. Das aber kann, wie oben ausgeführt, hier gerade nicht mit Sicherheit festgestellt werden. In einem zweifelhaften Fall ist es nicht Aufgabe des Gerichts, eine Rechtsvorschrift nach seinen rechtspolitischen Vorstellungen auszulegen. Vielmehr muß es dem Gesetzgeber überlassen bleiben, das Gesetz zu ändern, falls dessen Wortlaut seinen gesetzgeberischen Willen nicht richtig wiedergeben sollte. Das Abweichen des Senats von den Entscheidungen des OLG München zwingt nicht zur Vorlegung der Sache an den BGH, da die Vorschrift des § 28 II FGG in diesem Verfahren nicht gilt (vgl. KG aaO). Der Justizminister hat demnach mit Recht den Antrag der ASt. abgelehnt. Ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist somit unbegründet und mußte zurückgewiesen werden."
11. Durchführung der Zwangsvollstreckung Siehe auch Nr. 59, 103, 220 2 6 9 « Die Zwangsversteigerung eines Schiffes, das entweder im See- oder im Binnenschiffsregister eingetragen ist, erfolgt gemäß § 864 ZPO nach den Vorschriften über die Zwangsversteigerung in das unbewegliche Vermögen. Das gilt auch für die Zwangsversteigerung ausländischer Schiffe, soweit sie Schiffsregisterpflichtig wären, wenn es sich um ein deutsches Schiff handeln würde (§ 171 ZVG). AG Glückstadt, Beschl. vom 19. 8. 1964 - 1 K 4/64-V-: SchlHA 1965, 19.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1964 und 1965
Nr. 270
12. Anwalts- und Kostenrecht Siehe auch Nr. 43, 49, 240 2 7 0 . Der Umfang der Kosten, welche die unterlegene Partei der siegreichen erstatten muß, bestimmt sich nach deutschem Prozeßrecht, ohne Rücksicht darauf, nach welchem Recht die streitig gewesenen Ansprüche und Rechtsbeziehungen der Parteien zu beurteilen waren. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Vefrkehrsanwalts für die Revisionsinstanz ist auch dann zu verneinen, wenn auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ausländisches Recht anzuwenden ist. Wenn das Gericht auch gehalten ist, das für die Entscheidung wesentliche ausländische Recht von Amts wegen zu erforschen, so kann es nach § 293 ZPO hierbei doch die Mithilfe der Parteien beanspruchen und ihnen entsprechende Auflagen machen. Die angemessenen Kosten für ein auslandsrechtliches Gutachten, das in Erfüllung einer derartigen Auflage überreicht wird, sind erstattungsfähig. OLG Köln, Beschl. vom 6. 4. 1965 - 8 W 24/65: Leitsatz in Rpfleger 1967, 100. Die Kl., eine belgische Aktiengesellschaft, machte gegen den Bekl. Zahlungsansprüche geltend. Der Bekl. war ihr Handelsvertreter in der Bundesrepublik. In der Berufungsinstanz wies das OLG die Parteien in zwei Auflagebeschlüssen auf die für die Entscheidung erheblichen Rechtsfragen hin und gab ihnen auf, sich unter Zugrundelegung des für ihre Vertragsbeziehungen maßgeblichen belgischen Rechts zu diesen Fragen zu äußern. In Erfüllung dieser Auflagen überreichte die Kl. ein Gutachten ihres Verkehrsanwaltes V. aus Brüssel, während der Bekl. ein Gutachten des belgischen Rechtsanwaltes E. vorlegte. Nachdem die Sache vom Revisionsgericht an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden war, nahm die Bekl. schließlich mit Einwilligung der Kl. ihre Berufung zurück. Das LG hatte der Klage stattgegeben. Aufgrund der Berufungsrücknahme erklärte das OLG den Bekl. des Rechtsmittels der Berufung durch Beschluß vom 18. 2. 1964 für verlustig und legte ihm die Kosten der Berufungsund Revisionsinstanz auf. In dem Kostenfestsetzungsbeschluß hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des LG unter den vom Bekl. zu erstattenden Kosten auch die Kosten des belgischen Rechtsanwalts V. berücksichtigt, den der Bekl. als Verkehrsanwalt in Anspruch genommen hatte. Als Kosten des Verkehrsanwalts sind berücksichtigt eine 10/10 Gebühr für die erste Instanz, je eine 13/10 Gebühr für die beiden Rechtsmittelinstanzen und eine Gebühr von 700 DM für das in der Berufungsinstanz erstattete Gutachten. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß hat der Bekl. erfolglos Erinnerung eingelegt. In seiner sofortigen Beschwerde gegen den auf seine Erinnerung ergangenen Beschluß des LG vertritt der Bekl. die Auffassung, die Kostenerstattung müsse sich nach dem für die Rechtsbeziehungen der Parteien geltenden belgischem Recht richten. Da das belgische Recht eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht kenne, seien die vom Urkundsbeamten festgesetzten Kosten nicht erstattungsfähig. Die durch die Tätigkeit des belgischen Verkehrsanwaltes, insbesondere durch die Erstattung des Gutachtens, entstandenen Kosten seien zudem im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen, da das deutsche Gericht die für die Entscheidung maßgebenden belgischen Rechtssätze von Amts wegen habe ermitteln müssen.
Nr. 270
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Aus den Gründen: „Die statthafte und auch sonst in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet. Die Pflicht des Bekl. zur Tragung der Prozeßkosten steht auf Grund des gegen ihn ergangenen erstinstanzlichen Urteils in Verbindung mit dem Beschluß des OLG vom 18. 2. 1964 dem Grunde nach rechtskräftig fest. Der Umfang der von ihm zu erstattenden Kosten bestimmt sich ohne Rücksicht darauf, nach welchem Recht die streitig gewesenen Ansprüche und Rechtsbeziehungen der Parteien zu beurteilen waren, nach deutschem Prozeßrecht, und zwar nach § 91 ZPO. Hiernach kann die Kl. die ihr erwachsenen Kosten insoweit erstattet verlangen, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 I ZPO). Das belgische Recht ist im Rahmen dieser Vorschrift lediglich f ü r die Höhe der erstattungsfähigen Kosten von Bedeutung; denn die Kl. kann aus der Tätigkeit des belgischen Verkehrsanwalt einen Erstattungsanspruch nur bis zur Höhe der Vergütung herleiten, die der Anwalt unter Berücksichtigung des belgischen Rechts tatsächlich beanspruchen darf. Das belgische Recht kennt indessen keine festen Gebührensätze. Den von der Kl. geltend gemachten Gebühren liegt die deutsche BRAGebO zugrunde. Die Verkehrsgebühren f ü r die einzelnen Instanzen sind nach §§ 52 I, 11 I BRAGebO auf der Grundlage der jeweils maßgebenden Streitwerte richtig angesetzt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß Gebühren in dieser Höhe nach belgischem Recht als unangemessen gelten und daher nicht beansprucht werden können. Die Erstattungsfähigkeit der Verkehrsgebühren kann jedoch n u r f ü r die erste Instanz und die Berufungsinstanz bejaht werden. Denn nur in diesen beiden Tatsacheninstanzen bestand f ü r die mit dem deutschen Rechtswesen nicht vertraute Kl. die Notwendigkeit, sich f ü r den Verkehr mit ihrem jeweiligen deutschen Prozeßbevollmächtigten eines belgischen Anwalts zu bedienen, der dem Prozeßbevollmächtigten die notwendigen Informationen in tatsächlicher Hinsicht, gleichzeitig aber auch die Kenntnis der f ü r den Rechtsstreit erheblichen belgischen Rechtssätze zu vermitteln imstande war. Dieser Gesichtspunkt trifft f ü r die Revisionsinstanz nicht zu. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Verkehrsanwalts f ü r die Revisionsinstanz wird in der Kostenrechtsprechung grundsätzlich verneint, weil die Revision ein auf die rechtliche Würdigung des Streitstoffes beschränktes Rechtsmittel ist (vgl. etwa BGH, Rpfleger 1959, 110; OLG Schleswig, KostRspr. Nr. 32 zu § 91 I ZPO 1 ; OLG Celle, KostRspr. Nr. 48 zu § 91 I ZPO; OLG Hamm, KostRspr. Nr. 138 zu § 91 I ZPO; ferner die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 29. 10. 1964 - 8 W 73/64 - , vom 6.11.1964 - 8 W 68/64 - und vom 1.12.1964 - 8 W 70/64 - ) . Der Umstand, daß auf die Rechtsbeziehungen der Parteien belgisches Recht anzuwenden war, vermag eine von diesem Grundsatz abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Nach § 549 I ZPO ist es nämlich dem Revisionsgericht verwehrt, die Anwendung ausländischen Rechts nachzuprüfen. Der 1
IPRspr. 1960-1961 Nr. 209.
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f ü r die Revisionsinstanz bestellte Prozeßbevollmächtigte brauchte sich daher nicht mit Fragen des belgischen Rechts auseinanderzusetzen und bedurfte daher anders als die Prozeßbevollmächtigten der Vorinstanzen keiner Unterrichtung durch einen belgischen Anwalt. Die von dem Urkundsbeamten berücksichtigte Verkehrsgebühr f ü r die Revisionsinstanz ist mithin als nicht erstattungsfähig abzusetzen. Durch die Ausarbeitung des Gutachtens über die in den Auflagenbeschlüssen des OLG aufgeworfenen Fragen des belgischen Rechts hat Rechtsanwalt V. eine über die bloße Unterrichtung des Prozeßbevollmächtigten hinausgehende und daher durch die f ü r die Berufungsinstanz zuzubilligende Verkehrsgebühr nicht abgegoltene anwaltliche Tätigkeit entwickelt. Die f ü r diese zusätzliche Tätigkeit beanspruchte Gebühr von 700 DM ist allerdings übersetzt. Nach der Vorschrift des § 21 BRAGebO, auf die sich die Kl. in ihrem Kostenfestsetzungsantrag bezieht, erhält der Rechtsanwalt f ü r die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens mit juristischer Begründung eine angemessene Gebühr. Die Gebühr ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Schwierigkeit und des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit nach billigem Ermessen zu bestimmen (§§ 21 Satz 2, 12 BRAGebO). Die Bedeutung der Angelegenheit drückt sich im Gegenstandswert aus, der sich hier im Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens (vor Erhebung der Widerklage) auf 8664 DM belief. Eine nach diesem Wert berechnete volle Gebühr beträgt unter Berücksichtigung des f ü r die Berufungsinstanz geltenden 3/10-Zuschlages 318,50 DM. Nach Auffassung des Senats wird eine Vergütung in dieser Höhe der Schwierigkeit und dem Umfang der von Rechtsanwalt V. bei der Ausarbeitung des Gutachtens entwickelten anwaltlichen Tätigkeit durchaus gerecht... Der als angemessen zu erachtende Betrag von 318,50 DM ist erstattungsfähig, da die Beibringung des Gutachtens angesichts der mangelnden eigenen Kenntnis des Gerichts von den in Betracht kommenden belgischen Rechtssätzen, insbesondere aber zur Erfüllung der gerichtlichen Auflagenbeschlüsse notwendig war. Entgegen der Ansicht des Bekl. konnte die Kl. im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht etwa diese Beschlüsse unberücksichtigt lassen und es dem Gericht anheimgeben, die belgischen Rechtssätze selbst zu ermitteln. Wenn das Gericht auch gehalten war, das f ü r die Entscheidung wesentliche fremde Recht von Amts wegen zu erforschen, so konnte es nach § 293 ZPO hierbei doch die Mithilfe der Parteien beanspruchen und ihnen entsprechende Auflagen machen (vgl. RGZ 39, 376; Baumbach-Lauterbach, [ZPO] 27. Aufl., Anm. 2 zu § 293 ZPO). Der Bekl. selbst hat dem Rechnung getragen und zur Erfüllung der Auflagen des OLG ein Gutachten des belgischen Rechtsanwalts E. (und später ein Ergänzungsgutachten) überreicht. Die beiderseits überreichten Gutachten haben die Klärung des Rechtsstreits gefördert, da sie in wesentlichen Punkten übereinstimmten und das OLG daher nur noch zu einem Teil der in dem Auflagenbeschluß formulierten Fragen des belgischen Rechts Sachverständigenbeweis zu erheben brauchte."
Nr. 271
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2 7 1 . Zur Frage, ob eine ausländische, durch einen ausländischen Rechtsbeistand vertretene Prozeßpartei eine Streitwertbeschwerde mit dem Ziel der Heraufsetzung des Streitwertes einlegen kann, weil das Mandatsverhältnis zwischen Rechtsvertreter und Partei einer anderen Rechtsordnung unterliegt als das Prozeßrechtsverhältnis und nach dieser Rechtsordnung dem Rechtsbeistand ein höheres Honorar gebührt als nach deutschem Recht. a) SchlHOLG, Beschl. vom 21. 5. 1965 - 1 W 223/64: SchlHA 1965, 266. b) LG Lübeck, Beschl. vom 14. 10. 1965 - 7 T 421/65: SchlHA 1966, 112. Die in der Schweiz wohnhaften Kl., vertreten durch einen Schweizer Rechtsbeistand, haben beim AG die Vollstreckbarkeitserklärung ihres in der Schweiz erstrittenen Unterhaltstitels erwirkt, aus dem seit dem Urteil erhebliche Rückstände aufgelaufen waren. Das AG hat bei der Streitwertfestsetzung nur die Rückstände bis zum Urteil berücksichtigt. Die Kl. erstreben die Berücksichtigung der Rückstände bis zum Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung, also eine Erhöhung des Streitwerts. Sie führen aus, sie müßten ihren Rechtsvertreter nach Schweizer Recht unter Zugrundelegung dieses höheren Streitwertes honorieren und hätten ein Interesse daran, daß der für die Kostenerstattung maßgebende Streitwert ebenso hoch festgesetzt werde. Das LG hatte die Beschwerde als solche des Rechtsbeistandes angesehen, weil die Partei selbst nicht beschwert sei, und sie als unzulässig verworfen.
Aus den Gründen: a) SchlHOLG 21. 5. 1965 - 1 W 223f64: „Das LG hat eine Beschwerde beschieden, die nicht erhoben war. Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben. Da es an einer Vorentscheidung fehlt und überdies § 568 III ZPO einer weiteren Beschwerde entgegensteht, ist der Senat gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden. Der Beschluß gibt jedoch Anlaß zu einigen Hinweisen. Die vom LG zitierte ständige Rechtsprechung des Senats (vgl. Schienther, SchlHA 1961, 291 Nr. 47), daß eine Partei durch einen zu niedrigen Streitwert nicht beschwert werde, gilt, wie stets zum Ausdruck gebracht worden ist, f ü r den Regelfall. Hier liegt aber ein Ausnahmefall vor, weil das Mandatsverhältnis zwischen Rechtsvertreter und Partei einer andern Rechtsordnung unterliegt als das Prozeßrechtsverhältnis, aus dem der Kostenerstattungsanspruch hergeleitet wird. Möglicherweise schulden deshalb hier die ASt. nach schweizerischem Recht ihrem Rechtsvertreter ein höheres Honorar, als sie es vom AGg. nach deutschem Recht erstattet verlangen können. Sie haben dann durchaus ein rechtliches Interesse, daß der f ü r das Erstattungsverhältnis maßgebende Streitwert heraufgesetzt werde, damit im Ergebnis möglichst der gleiche Kostenbetrag festgesetzt wird, den sie im Innenverhältnis schulden. Daß das schweizerische Recht und das deutsche hier wirklich zu einem wesentlich anderen Streitwert führen, erscheint dem Senat aber nicht wahr-
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Nr. 272
scheinlich, denn die angefochtene amtsgerichtliche Wertfestsetzung unterliegt Bedenken [wird ausgeführt]." b) LG Lübeck 14.10.1965 -7T 421/65: „Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Beschwf. durch einen zu niedrigen Streitwert nicht beschwert sind und deshalb keine Beschwerde mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwertes einlegen können. Entgegen der Ansicht der Beschwf. mußte das LG auch in diesem Falle gemäß § 574 ZPO zunächst die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde prüfen. Denn das SchlHOLG hatte in seinem f ü r das LG maßgebenden Beschluß vom 21. 5. 1965 - 1 W 223/64 [vorstehend unter a) ] die Beschwerde der ASt. nicht uneingeschränkt, sondern nur unter bestimmten, vom LG noch zu klärenden Voraussetzungen f ü r zulässig erklärt. Die Nachprüfung durch das LG hat nun ergeben, daß die ASt. selbst auch in diesem besonders gelagerten Fall kein Interesse an einer Herauf Setzung des Streitwerts haben können. Nach der Rechtsprechung des SchlHOLG (Beschl. vom 8. 5. 1959 - 7 W 72/59 - 1 ; vgl. Schienther, SchlHA 1961, 337 Nr. 134) ist die übliche Vergütung eines notwendigerweise herangezogenen ausländischen Rechtsanwalts im deutschen Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig, auch wenn sie höher als die eines deutschen Anwalts ist. Dieser Rechtsprechung hat sich das LG Lübeck in einem Fall aus der freiwilligen Gerichtsbarkeit angeschlossen (Beschl. vom 28. 2. 1962 - 7 T 201/62 - ) . Der gleiche Grundsatz muß folgerichtig f ü r die Vergütung eines ausländischen Rechtsbeistandes gelten, dessen Zuziehung in diesem Fall zweifellos notwendig war. Die ASt. brauchen also nicht zu befürchten, daß ihnen nach deutschem Recht ein geringerer Betrag als die ihrem Rechtsbeistand nach schweizerischem Recht geschuldete angemessene Entschädigung erstattet wird. Sie haben also auch aus diesem Gesichtspunkt kein Interesse an einer Erhöhung des vom Gericht festgesetzten Streitwertes. Nach den Darlegungen der ASt., die das LG nicht anzweifelt, steht ihrem Rechtsbeistand nach schweizerischem Recht keine Vergütung nach einer festen Gebührenordnung, sondern eine angemessene Entschädigung zu, deren Höhe sich nach der Arbeitsleistung, dem Zeitaufwand, der Verantwortung und auch nach dem Streitwert richtet. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Streitwert insoweit nach schweizerischem Recht oder nach deutschem Recht zu errechnen wäre und ob die Streitwertfestsetzung des deutschen Gerichts f ü r die Höhe der nach schweizerischem Recht zu ermittelnden angemessenen Entschädigung überhaupt von Bedeutung ist. Fest steht dann auch jedenfalls, daß die ASt. selbst kein Interesse an einer Heraufsetzung des Streitwertes haben können, weil sich durch eine Heraufsetzung des Streitwertes ihre Verbindlichkeit gegenüber ihrem Rechtsbeistand nicht verringern, sondern allenfalls noch erhöhen könnte." 272. Wird ein ausländischer Rechtsanwalt bei einem vor einem deutschen Gericht anhängigen Rechtsstreit in seinem Heimatland als Verkehrsund Beweisanwalt tätig, richten sich seine Gebühren nach der ausländi1 IPRspr. 1960-1961 Nr. 209.
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sehen, für das betreffende Land maßgebenden Gebührenordnung (hier: Österreich ). Hat die Wahrnehmung eines Beweistermins im Ausland durch den ausländischen Rechtsanwalt höhere Kosten verursacht als die Wahrnehmung dieses Termins durch einen deutschen Prozeßbevollmächtigten, so sind diese höheren Kosten zu erstatten, es sei denn, daß die Kosten bei Wahrnehmung des Termins durch den Prozeßbevollmächtigten wesentlich niedriger ausgefallen wären. OLG Nürnberg, Beschl. vom 29. 7 . 1 9 6 5 - 5 W 73/ 65: Leitsatz in Rpfleger 1966, 324 lit. f. 2 7 3 . Einer Partei, die im Ausland wohnt und bei der Kenntnisse des deutschen Rechts und der deutschen Gerichtsverfassung nicht zu vermuten sind, wird allgemein das Recht zugebilligt, sich am Ort ihrer Niederlassung eines mit dem deutschen Recht vertrauten ausländischen Anwalts oder ihres im Bundesgebiet ansässigen deutschen Vertrauensanwaltes als Verkehrsanwalt zu bedienen. Die hierdurch efrwachsenen Kosten sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und damit erstattungsfähig anzuerkennen. Diese Auffassung erweist sich jedenfalls dann als zutreffend, wenn die im Ausland ansässige Partei auf der Klägerseite gestanden und die Hilfe des ausländischen oder deutschen Verkehrsanwalts für das erstinstanzliche Verfahren in Anspruch genommen hat. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch beurteilt sich nach der lex fori, auch wenn dem Kläger bei Erhebung der Klage vor einem Gericht seines Heimatlandes kein Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten zugestanden hätte. OLG Hamm, Beschl. vom 2 0 . 9 . 1 9 6 5 - 14 W 18/ 65: Leitsatz in Rpfleger 1 9 6 6 , 1 9 3 lit. i und 194 lit. e. Die in Holland ansässige Kl. ließ durch den Rechtsanwalt Sch. in Köln, der sie in ihren in der Bundesrepublik anfallenden Rechtssachen ständig berät und vertritt, beim AG Essen gegen die dort ansässige Bekl. wegen einer Restforderung von 3070 DM aus der Lieferung von 600 Sack ägyptischen Zwiebeln einen Zahlungsbefehl erwirken. Nach Widerspruch der Bekl. wurde der Rechtsstreit an das LG Essen verwiesen. Der Rechtsanwalt Sch. blieb nach der Verweisung als Verkehrsanwalt tätig. Er führte die Korrespondenz mit dem Prozeßbevollmächtigten der Kl. und entwarf auch die von diesem eingereichten Schriftsätze. Durch Urteil vom 6.10. 1964 wurde die Bekl. nach dem Antrag aus dem Zahlungsbefehl und in die Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Die Kl. hat u. a. die Erstattung der Kosten verlangt, die ihr durch die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts Sch. in Köln entstanden sind. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des LG hat diese Kosten unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgebühr voll zugebilligt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Bekl. hat das LG durch Beschluß vom 29. 1. 1965 zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung des LG wendet sich die Bekl. mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie die Absetzung der Verkehrsgebühr begehrt. Zur Begründung trägt sie vor, die Kl. habe die Klage nach der zwischen den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung in Holland erheben müssen, wo sie keinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten gehabt haben würde. Wenn
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sie schon vor einem deutschen Gericht geklagt habe, sei die Hinzuziehung eines zweiten Rechtsanwalts nicht erforderlich gewesen. Sie habe ausreichende Kenntnisse des deutschen Prozeßrechts, und ihre Angestellten kämen häufig nach Deutschland. Aus den Gründen: „Der begehrten Kostenfestsetzung kann die Bekl. nicht mit dem Hinweis begegnen, daß die Kl. nach der zwischen den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung ihre Klage habe in Holland erheben müssen, wo sie keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Anwaltskosten gehabt haben würde. Nachdem sie den von ihr behaupteten Mangel der örtlichen und internationalen Zuständigkeit des LG Essen im Prozeß nicht gerügt hat und das der Kostenfestsetzung zugrunde liegende Urteil des LG Essen vom 6.10. 1964 ergangen ist, liegt gegen die Bekl. ein inländischer Kostentitel vor, und der prozessuale Kostenerstattungsanspruch der Kl. beurteilt sich nach der lex fori, also nach deutschem Zivilprozeßrecht, das eine Erstattung der Anwaltskosten vorsieht und im § 92 II Satz 1 ausdrücklich bestimmt, daß die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind. Es kann also n u r darum gehen, ob hinsichtlich der Kosten, die der Kl. aus der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts Sch. in Köln erwachsen sind, die Voraussetzungen vorliegen, unter denen sie ihre Erstattung vom Gegner verlangen kann. Diese Frage ist aber zu bejahen. Da Rechtsanwalt Sch., wie seine dem Senat vorliegenden Handakten ergeben, den Verkehr mit dem Essener Prozeßbevollmächtigten der Kl. vermittelt, insbesondere die von diesem eingereichten Schriftsätze entworfen hat, sind ihm die in zutreffender Höhe geltend gemachten Kosten als Verkehrsgebühr nach § 52 BRAGebO erwachsen. Diese ist auch als erstattungsfähig anzuerkennen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind die Kosten des Verkehrsanwalts entsprechend dem Grundsatz des § 91 ZPO n u r dann erstattungsfähig, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Es reicht also nicht aus, daß es f ü r die Partei einfacher, bequemer oder auch zweckmäßiger gewesen ist, ihren Prozeßbevollmächtigten durch einen Rechtsanwalt informieren zu lassen. Das gilt auch dann, wenn es sich bei diesem um einen sogenannten Vertrauensanwalt handelt, der ständig die Rechtsangelegenheiten der Parteien erledigt und deshalb auch zur Information des Prozeßbevollmächtigten herangezogen worden ist. Es ist vielmehr immer erforderlich, daß die Partei nach sorgfältiger P r ü f u n g unter Berücksichtigung der Eigenart und Schwierigkeit des Prozesses und ihrer persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften nicht in der Lage war, ihren Prozeßbevollmächtigten selbst durch persönliche Rücksprache oder auf schriftlichem Wege zu informieren. Diese Grundsätze können indes nicht ohne weiters f ü r den hier vorliegenden Fall gelten, daß die Verkehrsgebühr von einer Partei erstattet verlangt wird, die im Ausland ansässig ist. Einer solchen Partei, die im Ausland wohnt und bei der Kenntnisse des deutschen Rechts und der deutschen Gerichtsverfassung nicht zu
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vermuten sind, wird in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein das Recht zugebilligt, sich am Ort ihrer Niederlassung eines mit dem deutschen Recht und der deutschen Gerichtsverfassung vertrauten ausländischen Anwalts oder ihres im Bundesgebiet ansässigen deutschen Vertrauensanwaltes als Verkehrsanwalt mit der Folge zu bedienen, daß die hierdurch erwachsenen Kosten als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und damit erstattungsfähig anzuerkennen sind (vgl. OLG Frankfurt, Büro 1963, 213; Willenbücher, Kostenfestsetzungsverfahren, 16. Aufl., 205; ferner OLG Düsseldorf, MDR 1955, 241 hinsichtlich der Inanspruchnahme eines ausländischen Anwalts und OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 99 hinsichtlich der Zuziehung eines in der Bundesrepublik ansässigen deutschen Vertrauensanwalts) . Ob dem in dieser Allgemeinheit zu folgen ist, kann unentschieden bleiben. Diese Auffassung erweist sich jedenfalls dann als zutreffend, wenn die im Ausland ansässige Partei auf der Klägerseite gestanden und die Hilfe des ausländischen oder deutschen Verkehrsanwalts f ü r das erstinstanzliche Verfahren in Anspruch genommen hat. In diesem Falle greift nämlich ohne Frage das in der Rechtsprechung zur Begründung der Erstattungsfähigkeit der Verkehrsgebühr angeführte Argument durch, daß sich die im Ausland ansässige Partei nur mit Hilfe eines mit dem deutschen Recht und der deutschen Gerichtsverfassung vertrauten Rechtskundigen über die zweckmäßigerweise zu ergreifenden prozessualen Maßnahmen schlüssig werden und insbesondere die Vorkehrungen treffen kann, die im Hinblick auf ihre Vertretung in dem vor einem deutschen Gericht zu führenden Rechtsstreit geboten sind. Hiernach sind aber die Kosten, die der Kl. aus der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts Sch. als Verkehrsanwalt f ü r den ersten Rechtszug erwachsen sind, erstattungsfähig, ohne daß es der vom LG angestellten Prüfung bedürfte, ob die Bekl. auch deshalb zur Erstattung der Verkehrsgebühr verpflichtet ist, weil die Kosten einer Reise der Kl. zu ihrem Prozeßbevollmächtigten nach Essen ebenso oder fast so hoch wie die verlangte Verkehrsgebühr gewesen wäre. Diese Frage dürfte aber, wenn es auf sie ankäme, in Übereinstimmung mit dem LG ebenfalls zu bejahen sein, weil der Kl., die sich insoweit nicht auf irgendwelche in Deutschland beschäftigte Angestellte verweisen zu lassen braucht, bei Nichtinanspruchnahme des Rechtsanwalts Sch. das Recht hätte zugebilligt werden müssen, mindestens einmal ihren Prozeßbevollmächtigten aufzusuchen und die dadurch entstandenen, nicht wesentlich geringeren Kosten von der Bekl. erstattet zu verlangen. Danach muß die sofortige Beschwerde zurückgewiesen werden."
13. Schiedsgerichtsbarkeit Siehe auch Nr. 36, 46 2 7 4 . Zur Frage, inwieweit ein ausländischer Schiedsspruch auf seine sachliche Richtigkeit nachzuprüfen ist, wenn davon die Entscheidung abhängt, ob seine Anerkennung gegen die öffentliche Ordnung verstößt.
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BGH, Urt. v o m 27. 2. 1964 - VII ZR 134/62: B G H W a r n 1964 Nr. 81; W M 1964, 549; D B 1964, 801; A W D 1964, 193; MDR 1964, 590; D A W R d . 1964, 126 u n d 170; KTS 25 (1964) 172; LM Nr. 4 zu § 1044 ZPO. Der AGg. k a u f t e von der in den Niederlanden ansässigen ASt. laut Schlußschein vom 28.11. 1958 ca. 400 t holländischen Hafer zum Preise von 27 hfl je 100 kg. Auf dem F o r m u l a r befindet sich unter dem Vordruck „Schiedsgericht" der Vermerk: „D.N.V. II - Schiedsgericht: Rotterdam". Damit war das Schiedsgericht des Comités van Graanhandelaren in Rotterdam gemeint. Der AGg. beantragte in der Folgezeit auf Grund einer Ausschreibung der zuständigen deutschen Außenhandelsstelle und einer Bekanntmachung der Einf u h r - und Vorratssteile f ü r Getreide und Futtermittel (EVSt), von ihm 1200 t Hafer zu übernehmen. Die EVSt k a u f t e von ihm jedoch laut Vertrag vom 18. 2. 1959 n u r 140 t. Am 6. 3. 1959 teilte der AGg. der ASt. mit, daß er die Erfüllung des Vertrags ablehne. Diese rief darauf das Schiedsgericht an und erwirkte wegen der ersten, im F e b r u a r 1959 fällig gewordenen Rate von 100 t einen Spruch, durch den der AGg. verurteilt wurde, 6250 hfl zu zahlen; der Spruch wurde am 29. 9. 1959 vom Oberschiedsgericht bestätigt. Der AGg. hat die Urteilssumme nebst Zinsen u n d Kosten entrichtet. Am 23. 4. 1960 verurteilte das Schiedsgericht den AGg. ferner, wegen der restlichen 300 t insgesamt 16500 hfl nebst Zinsen zu zahlen; seine Berufung wies das Oberschiedsgericht am 21. 9. 1960 zurück. Die ASt. hat beantragt, die beiden Schiedssprüche vom 23.4. und 21. 9.1960 f ü r vollstreckbar zu erklären, und zwar, nachdem der AGg. im Laufe des Prozesses 4500 hfl beglichen hatte, n u r noch in Höhe von 12000 hfl. Der AGg. hat u m Zurückweisung dieses Antrags gebeten. E r hat u. a. geltend gemacht, daß die Anerkennung der Schiedssprüche gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Das LG hat den Schiedsspruch des Oberschiedsgerichts f ü r vollstreckbar erklärt. Das OLG hat die Berufung des AGg. zurückgewiesen, der zusätzlich die Feststellung erbeten hatte, daß der Oberschiedsspruch im Inlande nicht anzuerkennen sei. Mit der Revision verfolgt der AGg. seine im zweiten Rechtszuge gestellten Anträge weiter. Die ASt. bittet, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Aus den Gründen: „A. Das OLG stellt fest, daß nach d e m erklärten W i l l e n der Beteiligten i m 2. Rechtszuge nur noch der Oberschiedsspruch Gegenstand der Verhandlung war. D e m g e m ä ß erstreckt sich auch die Verhandlung in der Revisionsinstanz n u r hierauf. Es geht ferner in Übereinstimmung mit den Parteien davon aus, daß es sich u m einen ausländischen Schiedsspruch handelt, da er v o n e i n e m institutionellen Schiedsgericht an seinem i m Ausland gelegenen Sitz gefällt w o r d e n sei. D e m ist zuzustimmen. Die Frage, ob der Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären ist, p r ü f t das Berufungsgericht nur an H a n d des § 1044 ZPO. E s begründet dies damit, daß sich die ASt. g e m ä ß d e m Art. 5 des Genfer A b k o m m e n s zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche v o m 26. 9. 1927 (RGBl. 1930 II 1067; BGBl. 1955 II 3) f ü r die Anwendbarkeit des deutschen Verfahrensrechts entschieden u n d daß das Gericht dies zu beachten habe.
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Dem k a n n in dieser F o r m nicht gefolgt werden. Der Art. 5 Genfer Abk o m m e n eröffnet den Parteien nicht eine solche Wahlmöglichkeit, sondern gewährt ihnen n u r das Recht der sogenannten Meistbegünstigung. Sie können also auf das nationale Recht insoweit zurückgreifen, als es f ü r sie im Verhältnis zum Genfer Abkommen eine günstigere Regelung enthält (u. a. Baumbach-Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, § 32 D I; Stein-Jonas, [ZPO] § 1044 VIII 6). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben; denn der hier einschlägige § 1044 II Nr. 2 ZPO gewährt der ASt. gegenüber dem Art. 1 e Genfer Abkommen keine Erleichterungen. Demnach ist die Frage, ob die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die öffentliche Ordnung verstößt, n u r nach dem Genfer Abkommen zu beantworten. Der I r r t u m des Rerufungsgerichts ist aber ohne Einfluß auf das Ergebnis, weil seine Erwägungen ausnahmslos auch auf den Art. 1 e Genfer Abk o m m e n zutreffen. Dessen Wortlaut unterscheidet sich von dem des § 1044 II Nr. 2 ZPO im wesentlichen darin, daß im letzteren auch ein Verstoß gegen die guten Sitten erfaßt wird; darauf kommt es vorliegend nicht an. R. Das Rerufungsgericht verneint einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung der Rundesrepublik. Es f ü h r t aus: Das Urteil des Oberschiedsgerichts wäre mit der öffentlichen Ordnung nicht vereinbar, wenn es den AGg. zu einer verbotenen Handlung verurteilt hätte. Das wäre zu bejahen gewesen, w e n n von ihm verlangt worden wäre, m e h r als die ihm zugebilligten 140 t H a f e r in die Rundesrepublik einzuführen (§§ 8 III, 21 GetreideG i. V. mit dem § 5 der 2. DVO dazu). Ebenso wäre es als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung anzusehen, wenn das Oberschiedsgericht den Rekl. zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt hätte, weil er eine solche s t r a f b a r e Handlung nicht begangen hatte. Einen solchen Inhalt habe das Urteil aber nicht. Zwar enthalte es gewisse Unklarheiten. Es bleibe aber die Möglichkeit offen, daß das Schiedsgericht die H a f t u n g des AGg. bejaht habe, weil er das Risiko f ü r die Erteilung der Einfuhrgenehmigung und damit f ü r die Erfüllbarkeit des Vertrags übernommen habe. Eine dahingehende Vereinbarung u n d demgemäß auch eine entsprechende Verurteilung stehe mit den deutschen Gesetzen im Einklang. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. I. In erster Linie beruft sie sich darauf, das OLG habe einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung immerhin f ü r möglich erachtet; sie meint, das genüge, u m dem Schiedsspruch die Anerkennung zu versagen. Dem kann allerdings nicht zugestimmt werden. Grundsätzlich sind im Ausland ordnungsmäßig zustandegekommene Schiedssprüche sowohl nach dem Genfer Abkommen wie nach dem § 1044 ZPO anzuerkennen. Hiervon machen die erwähnten Gesetze n u r dann eine Ausnahme, wenn die darin angegebenen Mängel vorhanden sind. Sie müssen also uneingeschränkt festgestellt werden; ein dahingehender Verdacht genügt ebenso wenig wie eine solche Möglichkeit. Das hat der Senat bei einem inländischen Schiedsspruch f ü r den Aufhebungsgrund des § 1041 I
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Nr. 2 ZPO, der ebenfalls einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung behandelt, bereits ausgesprochen (BGHZ 30, 89, 94); es besteht kein Anlaß, den seinem Sinn und Wortlaut gleichbedeutenden Art. 1 e Genfer Abkommen anders zu verstehen. II. Dagegen sind die Ausführungen des Berufungsgerichts in anderer Richtung bedenklich. 1. Zwar kann der Revision nicht gefolgt werden, soweit sie ausführt, gegen die öffentliche Ordnung verstoße nicht nur die Anerkennung einer Schadensersatzforderung wegen Nichterfüllung, sondern ebenso die einer vertraglichen Risiko-(Garantie)Übernahme, wenn es sich um die Nichtabnahme von Getreide handele, dessen Einfuhr nach Deutschland verboten sei. Der BGH hat in dem Urteil vom 3. 10. 1956 - V ZR 32/55 - (WM 1956, 1432, 1434) 1 ausgeführt, einem Schiedsspruch sei die Anerkennung zu versagen, wenn er dem Bekl. eine Schadensersatzpflicht auferlegt, weil er eine verbotene Vertragsleistung nicht erbracht hat. Daran ist festzuhalten. Ein Garantieversprechen der Art, wie es das OLG annimmt, hat aber einen anderen Inhalt. Bei ihm würde die Haftung des AGg. nicht aus der Nichterfüllung einer solchen verbotenen Handlung folgen, sondern daraus, daß er die Voraussetzungen f ü r die erlaubte Einfuhr nach Deutschland nicht geschaffen hat. Eine dahingehende Vereinbarung und ein sie bestätigender Schiedsspruch sind ebenso zulässig wie das Einstehen f ü r einen unmöglichen Erfolg (RG, SeuffArch. 75 Nr. 9; BGB-RGRK § 306 Anm. 3 m. w. Nachw.). 2. Der Beschwf. macht aber mit Recht geltend, daß ihn das Schiedsgericht in Wirklichkeit nicht wegen Verletzung eines solchen Garantieversprechens verurteilt hat. a) Die Auslegung des Oberschiedsspruchs ist eine Rechtsfrage, die der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegt (BGHZ 24, 15, 20). Sie wird hier dadurch erschwert, daß die von der ASt. vorgelegten Übersetzungen in verschiedenen Punkten unzureichend sind, weil sie sich nicht den Regeln der deutschen Sprache anpassen; zudem enthalten sie auch offensichtliche Fehler. Trotzdem lasse sie den Inhalt und Sinn der Sprüche noch so deutlich erkennen, daß dem Senat eine Auslegung auf ihrer Grundlage möglich ist. Er gelangt zu demselben Ergebnis wie das Berufungsgericht, daß das Schiedsgericht den AGg. mindestens auch deswegen zur Zahlung verurteilen wollte, weil er das .Risiko' f ü r die Beschaffung der Einfuhrunterlagen übernommen hat. Das ist aber nicht allein entscheidend. In den Urteilen BGHZ 27, 249, 254 2 und 30, 89, 94 f. hat der Senat ausgesprochen, das Gericht sei im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung oder Aufhebung eines Schiedsspruchs weder an die rechtliche Beurteilung noch an die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden, soweit es sich u m den Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 2 ZPO (Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung) handelt. Dasselbe hat f ü r den Fall des § 1044 II 1
IPRspr. 1956-1957 Nr. 197.
1
IzRspr. 1958-1959 Nr. 2.
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Nr. 2 ZPO oder des Art. 1 e Genfer Abkommen zu gelten. Die danach erforderliche Prüfung ergibt, daß die Annahme des Schiedsgerichts unmöglich ist, der AGg. habe die uneingeschränkte Haftung dafür übernommen, daß der Hafer nach Deutschland eingeführt werden dürfe. Im Schlußschein vom 28.11. 1958 heißt es: .Falls eine Ausschreibung seitens der deutschen Regierung nicht erfolgen sollte, ist Verkäuferin bereit, die Ware zurückzuhandeln, wobei je nach Marktlage ein Minimalpreis von hfl 25,50 per 100 kg dem Käufer garantiert wurde.' Daraus ergibt sich, daß der AGg., wenn überhaupt keine .Ausschreibung' (gemeint ist im wesentlichen die Annahme durch die EVSt) erfolgte, 1,50 hfl je 100 kg an die ASt. zu zahlen hatte. Dementsprechend hatte er auch nicht bestritten, daß er ein dahingehendes Risiko tragen sollte; den sich auf diese Weise f ü r die letzten 300 t ergebenden Garantiebetrag von 4500 hfl hat er im Laufe des Prozesses bezahlt. Das Oberschiedsgericht ist der Ansicht, diese Beschränkung auf 1,50 hfl je 100 kg habe nur f ü r den Fall gelten sollen, daß überhaupt keine Ausschreibung erfolgte, nicht jedoch f ü r den, daß sie unzureichend ausfiel. Für diesen letzteren Fall der unzureichenden Ausschreibung hat es dem AGg. das volle Risiko aufgebürdet. Diese Auslegung ist willkürlich; das Schiedsgericht hat sie nicht begründet, sie widerspricht dem unmißverständlichen Vertragsinhalt und findet auch sonst keine Rechtfertigung im Sachverhalt. Wenn der AGg. f ü r den Fall, daß keine Ausschreibung erfolgte, nur f ü r 1,50 hfl je 100 kg einzustehen hatte, dann mußte das ebenso f ü r die unzureichende Ausschreibung gelten; denn f ü r den Rest fehlte sie eben. Es ist danach nicht zu verstehen, wie das Schiedsgericht eine volle Garantieübernahme durch den AGg. annehmen konnte. Seine Auslegung ist, soweit sie sich auf einen Betrag von mehr als 1,50 hfl je 100 kg bezieht, bei vernünftiger Betrachtung schlechthin unverständlich und unmöglich. Der Senat gelangt somit zu dem Ergebnis, daß der Schiedsspruch insoweit eindeutig falsch ist. Das ist zwar in der Regel kein Aufhebungsgrund. Anderes hat aber zu gelten, wenn davon die Entscheidung abhängt, ob dem Spruch die Anerkennung wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zu versagen ist. Der Staat kann es nicht hinnehmen, daß mit einer unvertretbaren Begründung ein Ergebnis erzielt wird, das bei richtiger tatsächlicher und rechtlicher Beurteilung mit seinen unabdingbaren Gesetzen unvereinbar ist. Deswegen kommt es in diesem Zusammenhange auch nicht darauf an, ob das Schiedsgericht die deutschen Gesetze umgehen wollte oder ob es sich geirrt hat; denn maßgebend sind insoweit n u r der objektive Sachverhalt und das Ergebnis. b) Aus dem Gesagten folgt, daß die Zahlungspflicht des AGg., soweit sie den Betrag von 1,50 hfl je 100 kg übersteigt, nicht aus einem Garantieversprechen hergeleitet werden kann. Nach den Umständen des Falles verbleibt vielmehr keine andere Möglichkeit als die, daß er auf Grund des Schiedsspruchs vollen Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages leisten soll. 50
IPR 1964/65
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3. Das bedeutet aber nicht ohne weiteres, daß die Anerkennung des Spruchs mit der öffentlichen Ordnung unvereinbar ist. a) Die EVSt hat dem AGg. unstreitig 140 t Hafer abgenommen. Er war danach in jedem Falle verpflichtet, den Vertrag mit der ASt. in dieser Höhe zu erfüllen. Daß diese Teilerfüllung abgelehnt habe, behauptet er selbst nicht. Eine Menge von 100 t ist in den früheren Schiedssprüchen behandelt, die der AGg. erfüllt hat. Die restlichen 40 t entfallen auf die hier streitigen Schiedssprüche. Insoweit steht der Art. 1 e Genfer Abkommen einer Verurteilung des AGg. zur Leistung von vollem Schadensersatz von vornherein nicht entgegen. b) Auch hinsichtlich des Restes ist nicht sicher, daß der AGg. deshalb zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden ist, weil er eine verbotene Leistung nicht erbracht hat. Die §§ 8 I I I und 21 GetreideG verboten nur die Einfuhr des Hafers in die Bundesrepublik oder die dort vorzunehmende Verarbeitung und Verwertung, wenn die EVSt die Übernahme ablehnte. Daß sich der AGg. zu solchen Handlungen verpflichtet hatte, geht aus dem Schlußschein vom 28. 11. 1958 nicht hervor. Seine Verpflichtungen erschöpften sich nach dessen Wortlaut darin, daß er den Hafer abzunehmen und zu bezahlen hatte. Das hätte er auch im Ausland tun können, ohne gegen ein deutsches Gesetz zu verstoßen; devisenrechtliche Verbote standen dem jedenfalls nicht entgegen, wie sich auch aus der Auskunft der Außenhandelsstelle vom 24. 8. 1961 ergibt. Wenn das Oberschiedsgericht den AGg. also nur deswegen zur Schadensersatzzahlung verurteilt hätte, weil er die Abnahme in den Niederlanden und die Bezahlung verweigerte, so würden gegen die Anerkennung eines solchen Spruchs keine Bedenken bestehen. Die Rechtslage könnte aber anders zu beurteilen sein, wenn, wie der AGg. in seiner Berufungsbegründung behauptet hat, die in dem Schlußschein enthaltene Klausel ,transit ausdeklariert' bedeuten würde, daß der Hafer nur dazu bestimmt war, nach Deutschland ausgeführt zu werden, und wenn das Schiedsgericht dies übernommen hätte. Hätte sich der AGg. zu einer solchen Ausfuhr verpflichtet, dann könnte ein Schiedsspruch, der ihn verurteilte, weil er ohne Verletzung deutscher Gesetze dieser Verpflichtung nicht nachkommen konnte, allerdings nicht anerkannt werden. Die Frage, ob die fragliche Klausel eine solche Bedeutung hat, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Von ihrer Beantwortung hängt auch die dahingehende Auslegung des Schiedsspruchs ab. Das Urteil ist also aufzuheben und die Sache zur Nachholung der gemäß den Ausführungen zu a und b erforderlichen Prüfung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen." 2 7 5 . Nach englischem Richterrecht muß ein rechtswirksamer Schiedsspruch abschließend, zweifelsfrei, folgerichtig und durchführbar sein.
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Auch ein feststellender ausländischer Schiedsspruch oder ein ausländischer Schiedsspruch, der vorab über den Grund entscheidet, kann für vollstreckbar erklärt werden. HansOLG Hamburg, Urt. vom 15. 4. 1964 - 5 U 116/1963: Unveröffentlicht. Die Parteien streiten um die Vollstreckbarerklärung eines vom Schiedsgericht der Imported Meat Trade Association (IMTA) in London erlassenen Schiedsspruches. Die AGg., die OHG S. in Hamburg, hatte der ASt., der J. M. Limited in London, im Dezember 1960 ungefähr 200 ts „Uruguayes frozen cow beef" verkauft. Die Abnehmerin der ASt. rügte Schlechtlieferungen des Gefrierfleisches. Über ihre Klage entschied das Schiedsgericht der IMTA und verurteilte die ASt. zur Schadensersatzleistung. Daraufhin machte die ASt. vor dem Schiedsgericht der IMTA, das die Parteien für Streitigkeiten vereinbart hatten, ihren Schadensersatzanspruch gegen die AGg. geltend. Am 2.10. 1961 fällte das Schiedsgericht der IMTA folgenden Spruch: „We, the Arbitrators, do hereby award that: 1. J. M. Limited are entitled to reject the 203 Hindquarters of Bull Beef ex the Uruguay Star and 310 Hindquarters of Bull Beef ex the s.s. Corinaldo and to recover from S. Company 18 1/4 d. per lb. on the net weight of such 513 Hindquarters of Bull Beef. 2. S. Company shall bear and pay all charges whatsoever incurred or payable in respect of such 513 Hindquarters of Bull Beef (including without prejudice to the generality of the foregoing, Dock weigh-over, Customs Entry, Duty, Port Dues, haulage and cold storage charges) together with any sorting charges arising at the Cold Store in respect of the total of 280 Hindquarters of Beef ex the Uruguay Star and 454 Hindquarters of Beef ex the Corinaldo. 3. S. Company shall bear and pay the cost of an arbitration dated 5th June, 1961 amounting to £ 52.10.0d. as a result of which J. M.'s Buyer was allowed to reject 513 Hindquarter M.'s Buyer was allowed to reject 513 Hindquarter of Bull Beef, mentioned above. 4. S. Company shall bear and pay all legal costs, charges and expenses incurred by J. M. of London Limited in defending an appeal to the Appeals Committee of the Imported Meat Trade Association on the 27th July, 1961, over and above the taxed costs of the appeal payable in any event by J. M.'s Buyer." Der AGg. wurden auch die Kosten und Auslagen des Verfahrens auferlegt. Hinsichtlich der Nrn. 3 und 4 wurde der Spruch durch Beschluß des LG vom 26. 3. 1963 rechtskräftig für vollstreckbar erklärt. Wegen der Ansprüche, auf die sich die Nrn. 1 und 2 des Spruches beziehen, erhob die ASt. gegen die AGg. vor dem LG eine Leistungsklage. Da die AGg. die Leistungsklage auch mit Einwendungen bekämpft, über die nach Ansicht der ASt. durch den Schiedsspruch rechtskräftig entschieden worden sei, hat diese den Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Nrn. 1 und 2 sowie der Kostenentscheidung des Spruches vom 2. 10. 1961 gestellt. Zur Begründung hat die ASt. vorgetragen: Vor dem Schiedsgericht der IMTA in London habe sie seinerzeit Klage auf Feststellung ihrer Schadensersatzberechtigung erhoben. Wegen der Ungewißheit hinsichtlich der Höhe des Schadens habe sie einen bezifferten Ersatzanspruch nicht einklagen können. 50 *
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Die AGg. hat geltend gemacht: Der Schiedsspruch dürfe nicht für vollstreckbar erklärt werden, weil er die Schadensersatzverpflichtung nur dem Grunde nach feststelle. Mithin sei dadurch das Verfahren vor dem Londoner Schiedsgericht nicht ausgeschlossen worden; die Entscheidung über die Höhe des Ersatzanspruches stehe noch aus. Nach Widerspruch der AGg. gegen den Beschluß gemäß § 1042 a ZPO hat das LG dem Antrag der ASt. durch Urteil vom 30. 8.1963 vollen Umfanges entsprochen. Gegen dieses Urteil hat die AGg. Berufung eingelegt. Aus den Gründen: „1.
...
2. Ein ausländischer Schiedsspruch wird in dem f ü r inländische Sprüche geltenden Verfahren f ü r vollstreckbar erklärt, soweit nicht Staatsverträge ein anderes bestimmen, § 1044 I ZPO. Der in Rede stehende ist ein ausländischer Schiedsspruch, denn er ist nicht nach deutschem, sondern nach englischem Verfahrensrecht ergangen (h. M.: vgl. BGHZ 21, 365 = NJW 1956, 1838 1 ; HansOLG Hamburg, N J W 1955, 390 2 ). Bei dem Schiedsgericht der IMTA handelt es sich um ein institutionelles Schiedsgericht. Dessen Sprüche sind mithin nach dem Recht seines Sitzes zu behandeln (BGH aaO; Wieczorek, [ZPO] Erl. F I a 5 zu § 1025 ZPO; Baumbach-Lauterbach, [ZPO] Bern. 1 B zu § 1044 ZPO). Das Schiedsgericht der IMTA hat seinen Sitz in London. Von den in Betracht zu ziehenden Staatsverträgen sind nur das Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24. 9. 1923 (RGBl. 1925 II 47) und das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. 9. 1927 (RGBl. 1930 II 1068) anzuwenden. Das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. 6. 1958 ist f ü r die Bundesrepublik Deutschland am 28. 9. 1961 mit dem nach Art. I Abs. 3 zulässigen Vorbehalt in Kraft getreten, daß nur solche Schiedssprüche anerkannt werden, die in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates ergangen sind (BGBl. 1962 II 102). Das Vereinigte Königreich von Groß-Britannien und Nordirland ist bisher noch nicht Vertragsstaat geworden (vgl. BaumbachSchwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 1963, 262 oben; Baumbach-Lauterbach, Einl. IV D), so daß das Abkommen hier nicht angewendet werden kann. Das deutsch-britische Vollstreckungsabkommen vom 14. 7. 1960, das seit dem 15. 7. 1961 in Kraft getreten ist (BGBl. 1961 II 301 und 1025), kommt nicht in Betracht, weil es sich nur auf die Vollstreckung von Entscheidungen staatlicher Gerichte bezieht (vgl. Art. III Abs. 1). Das Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln und das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche — in Groß-Britannien Bestandteile des Arbitration Act, 1950 - sind im Verhältnis zur Bundesrepublik nach der Unterbrechung nach dem zweiten Weltkrieg seit dem 13. 3. 1953 wieder in Kraft getreten (Nr. 18 der Bekanntmachung über die Wiederanwendung deutsch-britischer Vorkriegsverträge BGBl 1953 II 116). 1
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 187.
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Auf Art. 5 des Genfer Abkommens, wonach sie von dem Londoner Schiedsspruch auch gemäß § 1044 ZPO Gebrauch machen kann, hat sich die ASt. nicht berufen. Eine stillschweigende Berufung auf die Vorschrift (zu weitgehend insoweit: Wieczorek, Bd. V, Anm. a zum Genfer Abkommen) kann hier nicht angenommen werden. Im übrigen ist es praktisch ohne Bedeutung, ob die ASt. das Genfer Abkommen oder die Bestimmung des § 1044 ZPO zugrunde legt. Denn die zur Zeit gültige Fassung des § 1044 ZPO ist in Anlehnung an das Genfer Abkommen gewählt worden (vgl. Volkmar, J W 1930, 2745 ff.; Stein-Jonas-Schönke [ZPO], 18. Aufl., Anm. I und VIII A). Die allgemeinen Voraussetzungen f ü r die Anerkennung des Schiedsspruchs gemäß Art. I Abs. 1 des Genfer Abkommens sind gegeben — [wird ausgeführt]. Die Erfordernisse des Art. II Abs. 2 Buchstaben a bis c des Genfer Abkommens sind gegeben — [wird ausgeführt]. Die Voraussetzungen des Art. I Abs. 2 d des Genfer Abkommens sind gleichfalls gegeben. Der Londoner Schiedsspruch stellt eine endgültige Entscheidung dar. Das richtet sich ebenfalls nach englischem Recht (Baumbach-Schwab, Kap. 32 II d, S. 256). Das englische Schiedsgerichtswesen ist gesetzlich geregelt in dem Arbitration Act, 1950, Teil I. In Betracht zu ziehen ist ferner die Schiedsgerichtsordnung der IMTA. Diese geht dem Arbitration Act vor (vgl. sec. 22 der Arbitration Rules). Der Spruch entspricht den formellen Erfordernissen dieser Regelung. Er ist auf einem amtlichen Formblatt der IMTA aufgezeichnet; die Schiedsrichter haben ihn handschriftlich unterzeichnet (vgl. sec. 23 der Arbitration Rules, Anhang). Einer Begründung bedurfte der Spruch nicht. Im Gegensatz zum deutschen (vgl. § 1044 I Nr. 5 ZPO) kennt das englische Recht einen Begründungszwang im allgemeinen nicht (vgl. Schottelius, Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1957, 35). Weder die Arbitration Rules noch der Arbitration Act, 1950 sehen einen Begründungszwang vor. - Anhaltspunkte dafür, daß der Schiedsspruch nicht mehr fortbestehe, sind nicht ersichtlich. - Von einer Zustellung oder Niederlegung ist die Wirksamkeit des englischen Schiedsspruchs im Gegensatz zum deutschen (vgl. § 1039 ZPO) nicht abhängig. Der englische Schiedsspruch wird wirksam, sobald er gefällt worden ist (vgl. Kahn, Deutsches und englisches Recht des schiedsgerichtlichen Verfahrens, 21 unten). Nur um die Anfechtungsfristen in Lauf zu setzen, ist vorgesehen, daß der Spruch den Parteien bekannt gemacht wird (Kahn aaO). Entsprechend sec. 24 Part II der Arbitration Rules hat der Sekretär des Schiedsgerichts den Spruch bekannt gemacht. Der Spruch ist endgültig und bindend f ü r die Parteien hinsichtlich aller durch ihn geregelten Angelegenheiten (sec. 23 und 25 der Schiedsgerichtsordnung der IMTA). Denn unstreitig ist eine Berufung an den Council of the Association, die n u r binnen 14 Tagen seit Erlaß des Schiedsspruchs möglich gewesen wäre, nicht eingelegt worden. Auch vor den staatlichen Gerichten kann der Spruch nicht mehr angefochten werden: Eine solche
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Anfechtungsmöglichkeit ist regelmäßig nur innerhalb von 6 Wochen seit der Veröffentlichung des Spruches gegeben (vgl. Kahn aaO 23 oben). Mithin entfallen auch alle Erwägungen im Hinblick auf Art. 2 I a, Art. 1 II d und Art. 3 des Genfer Abkommens. Eine Reihe weiterer Voraussetzungen der Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs sind nach dem maßgebenden englischen Recht weder in der Schiedsgerichtsordnung der IMTA noch im Arbitration Act, 1950 enthalten, sondern durch das Richterrecht herausgebildet worden. Danach m u ß ein rechtswirksamer Schiedsspruch abschließend, zweifelsfrei, folgerichtig und durchführbar sein; die vor das Schiedsgericht gebrachten Angelegenheiten muß er entscheiden, darf aber nicht darüber hinausgehen (vgl. Rüssel, The Law of Arbitration, 223; Wilke, NiemeyersZ 35, 209) [wird ausgeführt]. Hinsichtlich der von den Parteien in den Mittelpunkt des vorliegenden Verfahrens gerückten Frage, ob der Spruch über die von der ASt. erhobene Klage vollen Umfanges erkannt hat, braucht nicht entschieden zu werden, ob das Schiedsgericht einen feststellenden Spruch oder über den Grund des Anspruchs einen Zwischenspruch gefällt hat. Denn das eine wie das andere ist nach englischem Schiedsverfahrensrecht zulässig gewesen, und in dem einen wie dem anderen Falle kann der Spruch nach dem hierfür maßgebenden deutschen Verfahrensrecht f ü r vollstreckbar erklärt werden; ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung der Bundesrepublik (Art. 1 II e des Genfer Abkommens) liegt insoweit nicht vor. Nach englischem Recht hängt die Zulässigkeit eines feststellenden Schiedsspruches von der Art des Streitfalles und der Vereinbarung der Schiedsparteien ab (vgl. Rüssel aaO 225). Ist der im Schiedsgerichtsverfahren verfolgte Anspruch auf eine Feststellung gerichtet, welche Rechte einer Partei zustehen - im Gegensatz zu einem genau bezifferten Leistungsanspruch - , so muß der Schiedsrichter die entsprechende Feststellung treffen (vgl. Rüssel aaO). - Darüber, ob das englische Schiedsgericht auch eine Vorabentscheidung über den Grund fällen durfte, enthalten — soweit ersichtlich — die Arbitration Rules der IMTA nichts. Jedoch ergibt sich aus den Vorschriften des Arbitration Act 1950, auf die Nr. 22 der Schiedsgerichtsordnung der IMTA verweist, die Zulässigkeit einer derartigen Entscheidung. Der Arbitration Act gestattet in sec. 14 dem Schiedsrichter, einen .interim award' ( = Zwischenschiedsspruch) zu fällen. Der Begriff eines solchen ,interim award' ist in dem Schiedsgerichtsgesetz nicht im einzelnen definiert. Nach dem Sinnzusammenhang kann es sich aber n u r um eine Entscheidung handeln, der noch eine weitere folgt. Darunter würde auch die Vorabentscheidung über den Grund fallen. Eine solche wird offenbar auch von Rüssel (aaO 225) f ü r zulässig gehalten. Auf einen derartigen Zwischenschiedsspruch sind sämtliche anderen Vorschriften anzuwenden, die f ü r eigentliche und das Verfahren insgesamt abschließende Schiedssprüche gelten (Arbitration Act sec. 14). F ü r ihn ist auch sec. 16 maßgebend, wonach jeder Schiedsspruch endgültig und bindend ist. Bei Entscheidungsreife darf ihn der Schiedsrichter jederzeit erlassen (sec. 13).
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Was das deutsche Verfahrensrecht angeht, so steht außer Zweifel, daß ein feststellender Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären ist . . . Auch Schiedssprüche, die vorab über den Grund entscheiden, sind für vollstreckbar zu erklären (h. M.: RGZ 69, 52 ff., 56 und Baumbach-Schwab, Kap. 24 B I, S. 194 [generell]; jedenfalls dann, wenn das Schiedsgericht mit dem Grundspruch seine Tätigkeit als erledigt ansieht: RGZ 110, 118 ff., 122; RGZ 169, 52 ff.; RG JW 1935, 1088f.; Baumbach-Lauterbach, Bern. 2 A zu § 1025 und Bern. 4 A zu § 1040 ZPO; Sieg, JZ 1962, 753; a. A. Schönke-Schröder-Niese, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 488; GrimmRochlitz, Das Schiedsgericht in der Praxis, 1959, 93). Die erwähnte Streitfrage (Grundspruch Abschluß des gesamten Verfahrens vor dem Schiedsgericht oder nicht) kann hier auf sich beruhen. Wenn unterstellt wird, es habe sich um einen Grundschiedsspruch gehandelt, spricht schon der Inhalt des Spruches dafür, daß das Schiedsgericht damit seine Tätigkeit als erledigt ansah. Derartiges erhellt auch aus dem Umstand, daß der Spruch die gemäß Nr. 22 der Arbitration Rules übliche Kostenentscheidung enthält. Es ist auch sinnvoll, den Spruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären: Die ASt. hat ein berechtigtes Interesse daran, daß für den bei dem LG anhängigen Rechtsstreit über die Leistungsklage ein bereits vorliegender Grundschiedsspruch unanfechtbar wird und damit einem rechtskräftigen Urteil zwischen den Parteien (vgl. § 1043 ZPO) gleichsteht. Schutzwürdige Interessen der AGg. werden dadurch nicht verletzt: Gegen den Grund ihrer Schadensersatzverpflichtung will sich diese, wie sie immer wieder erklärt, nicht zur Wehr setzen. Daß die ASt. den Anspruch der Höhe nach jetzt vor einem deutschen staatlichen Gericht weiterverfolgt, kann ihr nur recht sein. Schließlich kann sich die AGg. nicht darauf berufen, daß ihr in dem Schiedsgerichtsverfahren nicht das rechtliche Gehör gewährt worden sei (Art. 2 I b Genfer Abkommen). Die AGg. bestreitet nicht, von dem Schiedsgerichtsverfahren rechtzeitig genug Kenntnis erhalten zu haben, um ihre Verteidigungsmittel geltend machen zu können. Von dieser Möglichkeit hat die AGg. keinen Gebrauch gemacht; sie hat sich an dem Verfahren überhaupt nicht beteiligt. Nach Nr. 18 der Schiedsgerichtsordnung der IMTA konnte in diesem Falle ohne ihre Beteiligung entschieden werden. Gemäß dem für die Frage einer Verletzung des rechtlichen Gehörs maßgeblichen deutschen Recht (vgl. Baumbach-Schwab aaO 257) ist dieser Grundsatz bei einem derartigen Sachverhalt nicht verletzt (vgl. BGH, KTS 1961, 44)." 2 7 6 . Soll ein ausländischer Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt werden, so ist die Frage, ob in dem Schiedsverfahren das rechtliche Gehör versagt worden ist, nach deutschem Recht als dem Recht des anerkennenden Staates zu beurteilen. HansOLG Hamburg, Urt. vom 10. 9. 1964 - 6 U 40/64»: Unveröffentlicht. 1 Das Urteil der ersten Instanz LG Hamburg vom 27. 11. 1963 ist nebst Sachverhalt abgedruckt in IPRspr. 1962-1963 Nr. 212.
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Aus den Gründen: „Die zulässige Berufung der ASt. hat keinen Erfolg. Das LG hat den Antrag, die beiden Schiedssprüche für vollstreckbar zu erklären, mit Recht abgelehnt und ferner zutreffend festgestellt, daß sie im Inland nicht anzuerkennen s i n d . . . 1. a) Das Verfahren des angerufenen Gerichts bestimmt sich nach deutschem Prozeßrecht. Gemäß § 1044 I ZPO sind für die Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruches, d. h. eines solchen, der ausländischem Prozeßrecht untersteht, in erster Linie die hierüber geschlossenen Staatsverträge maßgebend. Als solche kommen hier das Genfer Abkommen vom 26. 9. 1927 (RGBl. 1930 II 1068) und als Grundlage hierfür (vgl. Art. 1 I dieses Abkommens) das Genfer Protokoll vom 24. 9. 1923 (RGBl. 1925 I I 47) in Betracht. Beide Staatsverträge sind sowohl im Verhältnis zwischen Deutschland und Portugal, dem Sitz der ASt., als auch im Verhältnis zwischen Deutschland und Großbritannien, dem Sitz des Schiedsgerichts, anwendbar (vgl. Baumbach-Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 1960, 245 ff.). Nach dem Genfer Protokoll werden von den vertragschließenden Staaten Schiedsverträge anerkannt, durch die sich u. a. in Handelssachen die Parteien eines Vertrages verpflichten, Streitfragen aus dem Vertrage ganz oder zum Teil einem Schiedsverfahren zu unterwerfen, wenn die Parteien der Gerichtsbarkeit verschiedener Vertragsstaaten unterworfen sind, und zwar auch dann, wenn das Schiedsverfahren in einem anderen Staate stattfindet als dem, dessen Gerichtsbarkeit jede der Parteien unterworfen ist (Art. 1 I des Genfer Protokolls). Das trifft hier zu, wie nicht ausgeführt zu werden braucht. Die weiteren Voraussetzungen des Art. 1 I des Genfer Abkommens — Erlaß des Schiedsspruches in einem Vertragsstaat und zwischen Personen, die der Gerichtsbarkeit eines Vertragsstaates unterliegen — sind gleichfalls nicht zweifelhaft. Ebensowenig bestehen Bedenken wegen des Vorliegens der weiteren positiven Erfordernisse der Anerkennung und Vollstreckung des Art. 1 I I a bis d des Genfer Abkommens . . . In Art. 1 II e des Abkommens wird darüber hinaus gefordert, daß die Anerkennung oder Vollstreckung des Spruches nicht der öffentlichen Ordnung oder den Grundsätzen des öffentlichen Rechts des Landes widerspricht, in dem er geltend gemacht wird, d. h. dem deutschen ordre public. Daß der Spruch nicht inhaltlich hiergegen verstößt, bedarf keiner Hervorhebung. Jedoch könnte die unter den Parteien streitige Frage, ob der AGg. in ausreichendem Maße das rechtliche Gehör gewährt worden ist, schon unter diese Bestimmung zu subsumieren sein (so z. B. Schröder in Schönke, Die Schiedsgerichtsbarkeit in Zivil- und Handelssachen in Europa I, 1944, 38 f.). Das könnte Bedeutung für die Frage der Darlegungs- und Beweislast haben, auf die hier abzustellen ist. Nach Art. 2 I b des Genfer Abkommens ist nämlich, auch wenn die in Art. 1 II vorgesehenen Voraussetzungen gegeben sind, die Anerkennung
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und Vollstreckung zu versagen, wenn der Richter feststellt, daß die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, nicht zeitig genug vom schiedsgerichtlichen Verfahren Kenntnis erlangt hat, um ihre (Angriffsund Verteidigungs-) Mittel geltend machen zu können. Dieser Einwand bezieht sich, wie allgemein anerkannt und auch vom LG betont worden ist, nicht nur auf rechtzeitige Terminsbenachrichtigung, sondern auch darauf, daß der Partei das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist (z. B. Baumbach-Schwab aaO 257 m. w. Nachw.). Nach dem Aufbau des Genfer Abkommens fällt die Behauptungs- und Beweislast f ü r die aufgeführten positiven Voraussetzungen des Art. 1 II der ASt. und f ü r die negativen Voraussetzungen des Art. 2 I der AGg. zu (Volkmar, Internationales Jahrbuch f ü r das Schiedsgerichtswesen in Zivil- und Handelssachen II, 1929, 132). Hinsichtlich der Frage des rechtlichen Gehörs könnte hier daher eine Art Konkurrenz der beiderseitigen Behauptungs- und Beweislast bestehen. Das braucht im vorliegenden Fall aber nicht abschließend entschieden zu werden. Es kann vielmehr zugunsten der ASt. davon ausgegangen werden, daß insoweit die AGg. die Darlegungs- und Beweislast trägt. b) Der Streit der Parteien geht darum, ob der AGg. dadurch, daß sie selbst von der Einreichung des Schriftsatzes des Prozeßbevollmächtigten M. der ASt. vom 22. 12. 1960 keine Kenntnis erlangt hat . . . das rechtliche Gehör versagt worden ist. Diese Frage ist nach deutschem Recht als dem Recht des anerkennenden Staates zu beurteilen (allgemeine Meinung z. B. Baumbach-Schwab aaO 257) . . . Die Stellung des O. [angeblich Prozeßbevollmächtigter der AGg.] im Verhältnis zu den Parteien und zum Schiedsgericht sowie seine eventuelle Vertretungsbefugnis bestimmen sich, da diese Fragen das Verfahren des Schiedsgerichts betreffen, nach englischem Recht." 277. Das tschechische Kollisionsrecht verweist hinsichtlich der Handlungsfähigkeit einer OHG auf das deutsche Recht. Zu den Normen, welche die Handlungsfähigkeit der OHG betreffen, sind lediglich die §§ 50 f f . ZPO in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 124 bis 127 HGB zu rechnen. Die Regelung des § 129 IV HGB gehört nicht dazu. Die Zustellung eines tschechischen Schiedsspruchs, der gegen eine deutsche OHG ergangen ist, kann wirksam an einen Gesellschafter der OHG erfolgen, wenn diese im Zeitpunkt der Zustellung aufgelöst war. Auch ausländische Schiedssprüche haben zwischen den Parteien grundsätzlich die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Um diese Wirkung auszulösen, bedarf es nicht der Vollstreckbarerklärung. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Anerkennung eines Schiedsspruchs der tschechoslowakischen Handelskammer in Prag gegen den deutschen ordre public verstößt. Bei Verstößen, die unter § 1041 I Nr. 6 ZPO fallen, sind die guten Sitten verletzt. Damit sind auch die Voraussetzungen von § 1044 II Nr. 2 ZPO und von Art. V Abs. 2 b des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 erfüllt.
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HansOLG Hamburg, Urt. vom 14. 10. 1964 - 5 U 28/64: Unveröffentlicht. Die Kl., eine GmbH mit Sitz in Hamburg, klagt aus abgetretenem Recht gegen die Bekl. als Gesellschafter einer OHG auf Bezahlung einer Summe, zu der das Schiedsgericht der tschechoslowakischen Handelskammer die OHG verurteilt hat. Die Bekl. waren die Gesellschafter der OHG mit Sitz in Hamburg. Im Oktober 1958 schloß die OHG mit dem Außenhandelsunternehmen f ü r die E i n f u h r und Ausfuhr chemischer Erzeugnisse und Rohstoffe, der Firma C. in Prag, einen Kaufvertrag, nach welchem der OHG das Lösungsmittel Aromatol geliefert werden sollte. Der Kaufvertrag enthält folgende „Freundschaftsklausel": „Beide Teile verpflichten sich bei Erfüllung dieses Vertrages, evtl. vorkommende Schwierigkeiten in freundschaftlichem Geiste zu lösen. Sollte eine Einigung nicht zustande kommen, werden die Streitsachen endgültig und rechtsverbindlich nach der Verfahrensordnung der tschechoslowakischen Handelskammer in P r a g von einem entsprechend dieser Ordnung bestimmten Schiedsrichter entschieden." Als es in Ausführung des Vertrages zu Streitigkeiten kam, rief die C. das Schiedsgericht gegen die OHG an. Am 9. 4. 1961 fällte das Schiedsgericht einen Spruch, mit dem es die OHG zur Zahlung der Kaufpreissumme verurteilte. Der Schiedsspruch wurde der C. a m 1. 7.1961 zugestellt. Durch notariellen Vertrag vom 31. 5. 1961 wurde die OHG mit Wirkung vom 1. 6.1961 aufgelöst. Das Handelsgeschäft wurde an die E h e f r a u e n beider Bekl. veräußert und übertragen. Die Forderungen und Verbindlichkeiten der bisherigen Inhaber sind nicht übernommen. Dies wurde am 4. 7. 1961 ins Handelsregister eingetragen. Am 5. 7. 1961 wurde der Schiedsspruch dem Bekl. zu 2) persönlich mit Einschreiben zugestellt. Am 7. 12. 1961 trat die C. ihre Forderungen aus dem Schiedsspruch sowie aus dem diesem zugrundeliegenden Sachverhalt gegen die OHG und die Bekl. an die Kl. ab. Die Kl. h a t vorgetragen: Sie stütze die Klage in erster Linie auf den Schiedsspruch, n u r hilfsweise und subsidiär auf den zwischen der OHG u n d der C. geschlossenen Kaufvertrag. Nach §§ 128, 129 HGB hafteten die Bekl. f ü r die Schuld der OHG. Es bestehe f ü r die Klage auch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil wegen § 129 IV HGB der Schiedsspruch zur Vollstreckung nicht ausreiche. Die Bekl. haben geltend gemacht: Aus der Rechtsnatur der OHG folge, daß bei einer von der OHG abgeschlossenen Schiedsklausel auch die Gesellschafter n u r vor einem Schiedsgericht in Anspruch genommen werden könnten. Der Schiedsspruch sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, weil die OHG schon vor der Zustellung an den Bekl. zu 2) aufgelöst worden sei. Außerdem sei der Schiedsvertrag nach § 1025 II ZPO unwirksam, weil er unter Druck abgeschlossen worden sei. Der OHG sei auch das rechtliche Gehör versagt worden. Ferner habe , die C. durch offensichtlich unrichtigen Vortrag das Schiedsgericht getäuscht, das Verhalten der C. sei als Prozeßbetrug zu werten und stelle einen Restitutionsgrund gemäß § 580 Nr. 4 ZPO dar. Die Kl. hat ein Gutachten der Karls-Universität Prag vom 9.4. 1963 zum Beweis des tschechischen Rechts zur Akte gereicht. Durch Urteil vom 18. 10. 1963 hat das LG der Klage stattgegeben. Die Bekl. haben Berufung eingelegt.
Aus den Gründen: „Das LG hat der Klage im Ergebnis mit Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig (1) und begründet (2). (1) Die Einrede rechtskräftiger Entscheidung der Sache steht dem Klagbegehren nicht entgegen.
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Allerdings ist der Schiedsspruch vom 9. 4. 1961 gültig. Das auf den ausländischen Spruch anwendbare tschechische Recht (vgl. BGHZ 21, 365 = N J W 1956, 1838 = JZ 1956, 27«; HansOLG Hamburg, N J W 1955, 390 2 ) bietet keinen Anhalt f ü r das Fehlen der Wirksamkeitsvoraussetzungen. Die Parteien des Schiedsgerichtsverfahrens sind seinerzeit darüber einig gewesen, daß sie durch die vereinbarte Schiedsklausel gebunden sind. Den Einwand der Schiedsbekl., die Klage sei verfrüht erhoben worden, hat das Schiedsgericht f ü r unberechtigt erklärt. Der Schiedsspruch ist wirksam zugestellt worden: Dies bedarf keiner Begründung, soweit die Zustellung gemäß § 4 I der Verfahrensordnung an die Zedentin in Rede steht. Jedoch ist das auch der Fall, soweit es die Zustellung an die OHG betrifft. Da die Zustellung zu dem Verfahren gehört, ist das tschechische Recht m a ß gebend. Dieses verweist hinsichtlich der Handlungsfähigkeit der OHG auf das deutsche Recht (vgl. § 1 des Gesetzes über das internationale und interlokale Privatrecht und über die Rechtsstellung der Ausländer auf dem Gebiete des Privatrechts vom 11. 3. 1948; hinsichtlich der Prozeßfähigkeit auch: § 607 der tschechischen Bürgerlichen Gerichtsordnung vom 25. 10. 1950). Nach §§ 125 I, 126 I HGB genügte die Zustellung an den Bekl. zu 2). Daß die OHG im Zeitpunkt der Zustellung bereits aufgelöst war, ist unerheblich: Infolge der Auflösung hörte die OHG nicht auf, Prozeßpartei zu sein. Einmal k a n n niemand aus einem Prozeßrechtsverhältnis eigenmächtig ausscheiden (Baumbach-Lauterbach, [ZPO] Bern. 2 G b und c zu § 50 ZPO). Zum anderen treten nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. RGZ 64, 77 f.; 124, 150; 141, 277 ff.) die Gesellschafter ohne weiteres an die Stelle der aufgelösten Gesellschaft. Insoweit wird, was im Erkenntnisverfahren selbst gilt, erst recht f ü r die Zustellung der abschließenden Entscheidung zu gelten haben. Mithin k o m m t es weder darauf an, ob im Zeitpunkt der Zustellung noch ungeteiltes Gesellschaftsvermögen vorhanden war, noch darauf, ob - wie die Kl. jetzt vorträgt — das Schiedsgericht auf Betreiben der Zedentin der Kl. den Spruch a m 30. 5. 1963 noch dem Bekl. zu 1) zugestellt hat. Grundsätzlich hat der Schiedsspruch zwischen den Parteien auch die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils, § 1040 ZPO. Das gilt auch f ü r ausländische Schiedssprüche (vgl. Stein-Jonas-Schönke, [ZPO] 18. Aufl., Anm. IV zu § 1040 ZPO; Wieczorek, [ZPO] Erl. A I b zu § 1040 ZPO). Um diese Wirkung auszulösen, bedarf es nicht der Vollstreckbarerklärung in dem d a f ü r vorgesehenen Verfahren (vgl. Baumbach-Lauterbach, Bern. 3 zu § 1040 ZPO). Dabei k a n n im vorliegenden Zusammenhange offen bleiben, ob die im Vollstreckbarerklärungsverfahren möglichen Einwendungen auch hier ohne weiteres dem Schiedsspruch entgegengesetzt werden können. Der Schiedsspruch ist aber nicht zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ergangen. Daß nach tschechischem Recht, das die OHG nicht kennt, praktisch die Bekl. Partei des Schiedsverfahrens waren, ist unerheb1
IPRspr. 1956-1957 Nr. 197.
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IPRspr. 1954-1955 Nr. 187.
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lieh. Das tschechische Kollisionsrecht (vgl. § 1 des oben erwähnten Gesetzes vom 11. 3. 1948) verweist hinsichtlich der Handlungsfähigkeit der OHG auf deutsches Recht. Damit sind zwar auch die Grundsätze der zitierten Rechtsprechung des RG zu berücksichtigen, wonach die persönlich haftenden Gesellschafter der OHG ohne weiteres Partei werden, wenn die OHG fortfällt, und auch ihre persönlichen Einreden geltend zu machen haben. Jedoch können diese Erwägungen hier nicht die Annahme tragen, der in Rede stehende Schiedsspruch sei zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ergangen. Denn Voraussetzung wäre gewesen, daß die Rekl. seinerzeit in das schiedsgerichtliche Erkenntnisverfahren eingetreten wären. Das ist nicht der Fall gewesen: Jenes Verfahren war schon beendet, als die OHG aufgelöst wurde. Das beschriebene Eintreten der Bekl. im Zustellungsverfahren ist insoweit ohne Bedeutung. Die Bekl. können der Kl. die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit nicht mit Erfolg entgegensetzen. Uber Art. II Abs. 3 des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. 6. 1958 (BGBl. 1961 II 122; f ü r die CSSR seitdem 8.10.1959 gültig, Baumbach-Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Kap. 33 A, S. 262; f ü r die Bundesrepublik Deutschland zwar erst seit dem 28. 9. 1961 in Kraft, Bekanntmachung vom 23. 3. 1962, BGBl. 1962 II 102, gleichwohl aber jedenfalls in einem Falle wie dem vorliegenden zugrunde zu legen) ist als lex fori § 274 II Nr. 3 ZPO anzuwenden. Bereits erwähnt worden ist, daß die Parteien des Schiedsgerichtsverfahrens von der gültigen Vereinbarung einer Schiedsklausel (vgl. Art. II Abs. 1 und 2 des UN-Übereinkommens) ausgegangen sind. Die Bekl. sind als persönlich haftende Gesellschafter der OHG auch an diese Schiedsklausel gebunden. Die Frage ist nach der Verweisungsnorm des § 1 des Gesetzes vom 11. 3. 1948 gemäß deutschem Recht zu entscheiden. Zu Unrecht hat das LG die Bindung der Gesellschafter an die von der OHG vereinbarte Schiedsklausel v e r n e i n t . . . [wird ausgeführt]. Zweifelhaft ist, ob die Kl. als Zessionarin gebunden ist. Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht sicher, daß nach dem maßgebenden tschechischen Recht die nach § 404 BGB gegebene Möglichkeit, im Rahmen prozessualer Einwendungen der Zessionarin die Einrede des Schiedsvertrages entgegenzuhalten, ausgeschlossen ist. Manches spricht dafür, daß die §§ 262 I, 266 des ZGB der Tschechoslowakei vom 25. 10. 1950 dem § 404 BGB entsprechend auszulegen sind. Das von der Kl. vorgelegte Gutachten von Professor Dr. Stajgr von der Universität Prag vom 9. 4. 1963 meint zwar, die Schiedsklausel binde die Zessionarin als Singularsukzessorin nicht. Nicht unbedenklich erscheint es aber, diese Ansicht lediglich auf den Kommentar von Neumann zu den f r ü h e r dort geltenden österreichischen Zivilprozeßgesetzen zu stützen (vgl. Neumann, Komm, zu den Zivilprozeßgesetzen II, 4. Aufl., Wien 1928, zu § 577, S. 1479), zumal das Gutachten selbst zutreffend darauf hinweist, daß die Frage schon damals streitig gewesen ist. Indessen braucht dieser Problematik nicht weiter nachgegangen zu werden. Die Einrede des Schiedsvertrages entfällt hier aus fol-
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genden Gründen: Allerdings kann die Schiedsklausel nicht als bereits konsumiert betrachtet werden. Wird die Bindung der Gesellschafter an die von der OHG vereinbarte Klausel bejaht, so kann diese grundsätzlich erst dann als verbraucht gelten, wenn sie auch dazu verwandt worden ist, sich Titel gegen die Gesellschafter zu verschaffen. Das ist hier nicht der Fall. Insoweit ist ohne Bedeutung, daß das tschechische Recht eine OHG nicht kennt und die persönlich haftenden Gesellschafter unter dem Namen der OHG als Partei behandelt. Denn es verweist hinsichtlich der Handlungsfähigkeit der OHG auf das deutsche Recht, das grundsätzlich zwischen OHG und persönlich haftenden Gesellschaftern unterscheidet. Der übliche Zweck eines Schiedsvertrages ist es nun, den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, gegeneinander rechtskräftige Titel zu erwirken. Dieser Zweck des Schiedsvertrages ist hier unerfüllt geblieben: Die C. hat nur einen Titel gegen die OHG, nicht gegen die Bekl. als persönlich haftende Gesellschafter erlangt . . . Jedoch entfällt die Einrede des Schiedsvertrages hier auf Grund folgender Erwägung: Der Schiedsvertrag muß u. a. immer dann als erloschen gelten, wenn sich das Schiedsgericht mit Recht oder Unrecht f ü r unzuständig erklärt hat (Schönke-Schröder-Niese, Zivilprozeßrecht, 8. Aufl. 1956, 479; Baumbach-Schwab aaO 78). Von einem Erlöschen des Schiedsvertrages muß jedenfalls bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden auch dann ausgegangen werden, wenn sich das ausländische Schiedsgericht nach dem maßgeblichen Recht f ü r unzuständig erklären muß. Derartige Voraussetzungen sind hier gegeben: F ü r ein Verfahren gegen die Bekl. persönlich ist vor dem Prager Schiedsgericht schon deshalb kein Raum, weil aus dem rechtskräftigen Schiedsspruch gegen die OHG in der CSSR gegen die persönlich haftenden Gesellschafter vollstreckt werden kann. Dem steht die Verweisung des § 1 des Gesetzes vom 11. 3. 1948 nicht entgegen. Sie f ü h r t nämlich nicht dazu, daß das Schiedsgericht der tschechoslowakischen Handelskammer auch die Bestimmung des § 129 IV HGB beachten muß. Diese Vorschrift gehört nicht zu den Bestimmungen, auf welche die tschechische Kollisionsnorm verweist. Denn es liegt nur eine Teil Verweisung hinsichtlich der Handlungsfähigkeit der OHG vor. Zu den Normen, welche die Handlungsfähigkeit der OHG betreffen, sind lediglich die §§ 50 ff. ZPO in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 124 bis 127 HGB zu rechnen. Die Regelung des § 129 IV HGB gehört nicht dazu: Sie soll in erster Linie sicherstellen, daß die Gesellschafter Gelegenheit behalten, ihre persönlichen Einwendungen zu erheben (Geßler-Hefermehl-Hildebrandt-Schröder, HGB II, 4. Aufl. 1963, Anm. 15 zu § 129). Da das Prager Schiedsgericht die Bestimmung des § 129 IV HGB nicht zu beachten hat, m u ß es ein Schiedsgerichtsverfahren gegen die Bekl. als persönlich haftende Gesellschafter der OHG f ü r unstatthaft halten. Ein Rechtsschutzbedürfnis f ü r eine neue Schiedsgerichtsklage in Prag besteht nicht. Zu diesem Ergebnis gelangt auch das von der Kl. vorgelegte Gutachten. Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob bereits allein aus der Bestimmung des § 436 der Bürgerlichen Gerichtsordnung vom 25. 10. 1950 folgt, daß aus dem Schiedsspruch in der CSSR gegen die persönlich haftenden Gesellschafter selbst vollstreckt wer-
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den könne (vgl. Gutachten). Denn maßgebend ist bereits, daß das tschechische Recht die OHG nicht kennt und § 129 IV HGB nicht zu beachten hat. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß für die vorliegende Klage ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist. (2) Daß die Klage begründet ist, ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Die Bekl. haben als persönlich haftende Gesellschafter der OHG für deren Verbindlichkeiten gemäß § 128 HGB gesamtschuldnerisch einzutreten. Daran ändert nichts der Umstand, daß die OHG inzwischen aufgelöst und die Firma von den Ehefrauen beider Bekl. übernommen worden ist. Die Schuld der OHG ist durch den Schiedsspruch vom 9. 4. 1961 rechtskräftig festgestellt worden. Daß der Schiedsspruch nach dem maßgebenden Recht rechtswirksam zustande gekommen ist, ist bereits ausgeführt worden. Die Bekl. können nun zwar dem Schiedsspruch in erster Linie weitere, vor allem mit der möglichen Verletzung unseres ordre public zusammenhängende Einwendungen entgegensetzen, welche die OHG hätte erheben können. Derartige Einwendungen sind aber nicht gerechtfertigt. Darauf, daß die OHG auf die Besetzung des Prager Schiedsgerichts keinen Einfluß nehmen konnte, können sich die Bekl. mit Erfolg nicht berufen. Denn die OHG mußte mit solchen Verhältnissen, die bei den institutionellen Schiedsgerichten der Ostblockstaaten üblich sind, von vornherein rechnen, als sie mit der C. den Handel aufnahm und sich der Schiedsgerichtsordnung unterwarf. Das gleiche hat zu gelten im Hinblick darauf, daß die Schiedsrichter möglicherweise als Angestellte des tschechoslowakischen Staates oder staatlicher tschechoslowakischer Unternehmen in ihrer Unabhängigkeit beeinträchtigt sein könnten (vgl. hinsichtlich der insoweit ähnlichen jugoslawischen Verhältnisse das bei Ladendorf, Prozeßführung im Ausland und Mängelrüge im ausländischen Recht II, Jugoslawien S. 18, zitierte Urt. des OLG Frankfurt - 4 U 217/58 - vom 19. 5. 1959 3 ). Mit ihrem Einwand, der Schiedsvertrag sei seinerzeit unter dem Druck der C. abgeschlossen worden, können die Bekl. ebenfalls nicht durchdringen. Eine aus solchem Grunde gegebene Unwirksamkeit nach dem gemäß Art. V Abs. 1 a des UN-Übereinommens anzuwendenen tschechischen Recht ist nicht festzustellen. Aber auch die Voraussetzungen des nach Art. V Abs. 2 b des UN-Übereinkommens zu berücksichtigenden § 1025 II ZPO liegen nicht vor. Einmal ist entscheidend, daß die OHG sich seinerzeit insoweit rügelos auf das Verfahren vor dem Prager Schiedsgericht eingelassen hat. Zum anderen besteht kein hinreichender Anhalt dafür, daß die Zedentin der Kl. auf Grund ihrer wirtschaftlichen Überlegenheit die OHG genötigt habe, die Schiedsklausel zu vereinbaren . . . Auch mit ihrem Einwand, der OHG sei in dem Schiedsgerichtsverfahren das rechtliche Gehör versagt worden, können die Bekl. keinen Erfolg haben. Der Einwand ist zulässig gemäß Art. V Abs. 1 b des UN-Übereinkommens und nach deutschem Recht zu prüfen (Baumbach-Schwab aaO 239 mit Hinweis auf HansOLG, HRR 1932, 1615). Die Voraussetzungen, 3
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unter denen angenommen werden kann, einer Partei sei das rechtliche Gehör versagt worden, sind nicht e r f ü l l t . . . Die Bekl. können nicht mit dem Einwand durchdringen, die Vertreter der Zedentin hätten in dem Schiedsgerichtsverfahren einen Prozeßbetrug und eine Falschaussage begangen. Der Einwand ist zulässig. Daß weder das UN-Übereinkommen noch die Bestimmung des § 1044 ZPO den Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 6 ZPO ausdrücklich nennt, ist unschädlich: Wo Verstöße vorliegen, die unter § 1041 I Nr. 6 ZPO fallen, ist gegen die guten Sitten verstoßen, sind also die Voraussetzungen von § 1044 II Nr. 2 ZPO und damit auch des Art. V Abs. 2 b des UN-Übereinkommens erfüllt (vgl. im Hinblick auf § 1044 II Nr. 2 ZPO: Baumbach-Schwab aaO 238; die ordre-public-Klausel des Art. V Abs. 2 b des UN-Übereinkommens entspricht der ZPO-Bestimmung, ist lediglich kürzer gefaßt, Baumbach-Schwab aaO 270) . . . " [Im folgenden wird ausgeführt, daß der Einwand nicht durchgreift.] 278. Der Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs des Wirtschaftsgerichts des Staates New York steht nicht entgegen, daß der Schiedsspruch keine schriftliche Begründung enthält. LG Berlin, Beschl. vom 4. 12. 1964 - 81 OH 8/64: KTS 27 (1966) 182. Aus den Gründen: „Dem Antrage der ASt. auf Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs vom 9. 3. 1964 war der Erfolg nicht zu versagen. Die Voraussetzungen f ü r die Vollstreckbarkeitserklärung eines ausländischen Schiedsspruchs ergeben sich aus § 1044 I ZPO in Verbindung mit § 1042 ZPO. Dies gilt jedoch nur insoweit, als f ü r den vorliegenden Fall nicht die besonderen Vorschriften eines Staatsvertrages Anwendung finden. Für die Frage, wann ein ausländischer Schiedsspruch vorliegt, ist nach der in Deutschland von der herrschenden Meinung vertretenen Auffassung entscheidend, ob ein Schiedsverfahren deutschem oder ausländischem Recht unterliegt (vgl. Baumbach-Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 231 m. w. Nachw.; vgl. u . a . Baumbach-Lauterbach, ZPO, 27. Aufl., Bern. 1 B zu § 1044). Vorliegend sind die Parteien, wie sich aus dem Schiedsspruch selbst entnehmen läßt und wie jedenfalls auch von der AGg. nicht in Abrede gestellt worden ist, in dem zwischen ihnen geschlossenen Schiedsvertrag vom 26.11. 1962 dahin übereingekommen, daß der Streitfall durch das Schiedsgericht f ü r Wirtschaftssachen in der American Arbitration Association zu entscheiden ist. Hierbei handelt es sich, wie aus der urkundlichen Erklärung des Edwin W. Dippold vom 15. 5. 1964 hervorgeht, um ein ständiges institutionelles Schiedsgericht, das kraft der Satzung der AAA1, einer gemeinnützigen-pädagogischen-mitgliedschaftlichen und nach Gesetzen des Staates 1
American Arbitration Association. Edwin W. Dippold ist Sekretär der AAA.
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New York aufgebauten Vereinigung, besteht. Solche Schiedsgerichte verfahren grundsätzlich nach dem Recht ihres Sitzes (vgl. hierzu RGZ 116, 194). Das mit dem Schiedsspruch vom 9. 3. 1964 abgeschlossene Schiedsgerichtsverfahren unterliegt mithin ausländischem Recht, und der vorbezeichnete Schiedsspruch ist ein ausländischer im Sinne des § 1044 ZPO (vgl. in diesem Zusammenhang Baumbach-Schwab, Abschn. VII Kap. 30 II). Da auf den vorliegenden Fall die Vorschriften des auch in Berlin geltenden deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. 10. 1956 (BGBl. II 490) Anwendung finden, ergeben sich die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeitserklärung aus §§ 1044 I, 1042 ZPO nur insoweit, als die Vorschriften des deutsch-amerikanischen Vertrages vom 29. 10. 1956 nichts anderes bestimmen. Hier bildet, da die USA den Genfer Verträgen nicht beigetreten sind, Art. 6 II des vorgenannten Vertrages die einzige vertragliche Grundlage für die Anerkennung von Schiedsverträgen und die Vollstreckung von Schiedssprüchen zwischen den Parteien. Die Vorschriften des Art. 6 II Satz 2 und 3 des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. 10. 1956 besagen, daß in einem Verfahren zur Vollstreckbarkeitserklärung, das vor dem zuständigen Gericht eines Vertragsteiles anhängig gemacht wird, ein ordnungsmäßig auf Grund von Schiedsverträgen ergangener und nach den Gesetzen des Ortes, an dem er gefällt wurde, endgültiger vollstreckbarer Schiedsspruch als bindend angesehen werden soll. Das Gericht muß ihn für vollstreckbar erklären, außer wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen setzt demnach einmal voraus, daß der Schiedsspruch auf einem gültigen Schiedsvertrag beruht, insbesondere muß dieser zwischen Staatsangehörigen oder Gesellschaften der Bundesrepublik Deutschland und der USA abgeschlossen sein. Letzteres ist vorliegend bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 26. 11. 1962 der Fall. Da sonstige Gründe, die gegen die Gültigkeit dieses Vertrages sprechen könnten, von den Parteien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, ist davon auszugehen, daß der Schiedsvertrag, auf dem der Schiedsspruch vom 9. 3. 1964 beruht, rechtsgültig zustandegekommen ist. Für die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ist weiterhin Voraussetzung, daß der Schiedsspruch nach den Gesetzen des Ortes, an dem er ergangen ist, endgültig und vollstreckbar ist. Die Kammer sieht dabei als den Ort, an dem der Schiedsspruch erlassen worden ist, den Tagungsort des Schiedsgerichts an. Als endgültig gilt ein Schiedsspruch, wenn er in der Form erlassen, gegebenenfalls zugestellt und niedergelegt ist, die das jeweilige Verfahrensrecht vorschreibt, und wenn keine Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch mehr gegeben sind. Wie sich aus dem die ,Bestätigung des Schiedsspruchs' aussprechenden Urteil des Supreme Court des Staates New York vom 21. 4. 1964 und der urkundlichen Erklärung des
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Edwin W . Dippold vom 15. 5. 1964 entnehmen läßt, hat das Schiedsverfahren, wie im übrigen auch die AGg. nicht in Abrede gestellt hat, ,in jeder Hinsicht den Regeln entsprochen', und der Schiedsspruch ist .ordnungsgemäß bestätigt und ausgestellt worden'. Darüber hinaus sind nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der ASt. die Erkenntnisse des Schiedsgerichts der AAA nach dem im Staate New York geltenden Prozeßrecht rechtskräftig. Im übrigen ist der Schiedsspruch vom 9. 3. 1964 durch das Oberste Gericht des Staates New York bestätigt worden. Es ist nach alledem davon auszugehen, daß dieser Schiedsspruch ,ein endgültiger' im Sinne des Art. 6 II Satz 2 des Staatsvertrages vom 29. 10. 1956 ist. Welche Bedeutung daneben dem Begriff .vollstreckbar' zukommt, ist zweifelhaft. Insbesondere ist fraglich, ob .vollstreckbar' im Sinne abstrakter Vollstreckungsfähigkeit gemeint ist oder ob der Schiedsspruch auch im Heimatstaate für vollstreckbar erklärt sein muß. Dafür, daß der deutsch-amerikanische Freundschaftsvertrag ein Doppelexequatur vorsieht (die Vollstreckbarerklärung im Anerkennungsstaat und im Vollstreckungsstaat), ist aus den Bestimmungen dieses Vertrages nichts Näheres zu entnehmen, so daß der Begriff .vollstreckbar' nur im Sinne einer abstrakten Vollstreckungsfähigkeit auszulegen und ein entscheidender Unterschied zu dem Begriff .endgültig' nicht festzustellen ist. Beruht nach alledem aber der Schiedsspruch vom 9. 3. 1964 auf einem gültigen Schiedsvertrag und ist er endgültig und vollstreckbar, dann können Anerkennung und Vollstreckung nur versagt werden, wenn der Schiedsspruch gegen die guten Sitten oder gegen die öffentliche Ordnung des Vollstreckungsstaates verstößt (Art. 6 II Satz 3 des Staatsvertrages vom 29. 10. 1956). Ein solcher Verstoß liegt hier aber nicht vor. Die AGg. sieht einen nach Art. 6 II Satz 3 des Staatsvertrages vom 29. 10. 1956 zur Versagung der Vollstreckbarkeitserklärung ausreichenden Grund darin, daß der Schiedsspruch vom 9. 3. 1964 keine schriftliche Begründung enthält. Sie ist der Meinung, daß das Gericht infolgedessen außerstande sei, im Rahmen des Verfahrens über die Vollstreckbarkeitserklärung zu prüfen, ob der Schiedsspruch einen Verstoß gegen die guten Sitten enthält. Gerade das sei aber hier der Fall, denn die ASt. erhalte nach dem Schiedsspruch ,nicht weniger als 16 000 Dollar für nichts'. Diese Einwendungen greifen indessen nicht durch. Daß der Schiedsspruch keine schriftliche Begründung enthält, stellt noch keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten dar. Zwar ist nach deutschem Recht grundsätzlich jedes streitige Urteil schriftlich zu begründen (vgl. § 313 ZPO), und auch jeder Beschluß soll trotz fehlender ausdrücklicher Regelung (§ 329 ZPO) eine schriftliche Begründung enthalten (h. M.; vgl. für viele Baumbach-Lauterbach, Bern. 1 A zu § 329 ZPO). Dennoch gibt es schon in der ZPO Ausnahmen von dieser Regel, und sowohl Versäumnisurteile wie auch Anerkenntnisurteile (vgl. § 313 I I I ZPO) und Arreste und einstweilige Verfügungen (wenn letztere auch wegen Fehlens der Anhörung des Verfügungs- oder Arrestgegners keine Entscheidungen im eigentlichen Sinne sind) brauchen eine schrift51
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liehe Begründung nicht zu enthalten, obwohl sie mit Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfen anfechtbar sind. Ferner entscheidet z. B. das BVerfG, worauf die ASt. mit Recht hinweist, auch ohne schriftliche Begründung darüber, ob eine Verfassungsbeschwerde zuzulassen ist oder nicht. In dem Fehlen einer schriftlichen Begründung f ü r den Schiedsspruch vom 9. 3. 1964 liegt daher noch kein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen die öffentliche Ordnung. Soweit die AGg. einen Verstoß gegen die guten Sitten daraus herleiten will, daß wegen Fehlens einer schriftlichen Begründung nicht nachgeprüft werden könne, ob sie der Schiedsspruch nicht zu einer im Sinne des § 138 BGB sittenwidrigen .Leistung f ü r nichts' verpflichte, ist darauf hinzuweisen, daß diese Frage dem materiellen Recht angehört und ein Verlangen ihrer Nachprüfung durch das Gericht im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens darauf hinausläuft, den ergangenen Schiedsspruch auf seine sachliche Richtigkeit hin zu überprüfen. Eine sachliche Nachprüfung des Schiedsspruchs ist jedoch grundsätzlich nicht zulässig (vgl. Baumbach-Schwab, Abschn. VII Kap. 34, Bern. I l d a. E.). Da sonstige Gründe, die die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 6 II Satz 3 des Staatsvertrages vom 29. 10. 1956 rechtfertigen könnten, nicht gegeben sind — insbesondere liegt eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs in bezug auf die AGg. nicht vor, denn sie ist nach dem Inhalt des Schiedsspruchs vom 9. 3. 1964 mit ihren Behauptungen und Beweisangeboten gehört worden - , war dem Antrage der ASt. vom 23. 6. 1964 der Erfolg nicht zu versagen." 279. Die Zulässigkeit von Einwendungen, die der Schuldner gegenüber dem durch Schiedsspruch festgestellten Anspruch selbst mit der Vollstreckungsgegenklage oder im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung geltend macht, bestimmt sich auch bei ausländischen Schiedssprüchen nach § 767 II ZPO. Hat der Schuldner mit einer Gegenforderung vor dem Schiedsgericht nicht aufgerechnet, so kann er vor dem ordentlichen Gericht im Verfahren über die Vollstreckungsgegenklage oder über die Vollstreckbarerklärung dann noch aufrechnen, wenn das Schiedsgericht entweder für die Entscheidung über die aufgerechnete Gegenforderung nicht zuständig war oder wenn feststeht, daß es darüber trotz gegebener Zuständigkeit nicht entschieden hätte. BGH, Urt. vom 7. 1. 1965 - VII ZR 241/63: BGHWarn 1965 Nr. 14; WM 1965, 293; NJW 1965, 1138; MDR 1965, 374; LM Nr. 28 zu § 767 ZPO; KTS 26 (1965) 153; ZZP 78 (1965) 383; Leitsatz in DB 1965, 473; BB 1965, 605. Der ASt. hat beantragt, einen am 29. 10. 1957 von einem Schiedsgericht in Vaduz (Liechtenstein) erlassenen Schiedsspruch, durch den die AGg. zur Zahlung von 120000 sfrs nebst Zinsen verurteilt worden waren, für vollstreckbar zu erklären. Das LG und das OLG hatten dem Antrag entsprochen. Das Urteil des OLG hat der erkennende Senat durch das Urteil VII ZR 55/61 vom 22. 11. 1962 (BGHZ 38,
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259) 1 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Dieses hat das landgerichtliche Urteil wiederum bestätigt. Mit ihrer Revision wenden sich die AGg. weiter gegen die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Der ASt. beantragt, die Revision zurückzuweisen. Aus den Gründen: „Im ersten Revisionsurteil hat der Senat dem Berufungsgericht aufgegeben zu prüfen, ob die von den AGg. zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bestehen. 1. Das OLG f ü h r t aus, die Aufrechnung sei nach liechtensteinischem Recht zu beurteilen. Nach dem in Liechtenstein geltenden § 1438 des österreichischen ABGB bedürfe es zur Aufrechnung keiner Aufrechnungserklärung; vielmehr trete automatisch eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeiten (Kompensation) ein. Die eingetretene Kompensation müsse ebenso wie der nach deutschem Recht eine Aufrechnungserklärung voraussetzende Aufrechnungseinwand im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs berücksichtigt werden. Dem ist beizutreten. Der Senat hat im ersten Revisionsurteil dargelegt, weshalb eine vor dem Schiedsgericht erklärte Aufrechnung, mit der sich das Schiedsgericht nicht befaßt hat, vom ordentlichen Gericht zu berücksichtigen ist. Die d a f ü r maßgebenden Gründe treffen auch dann zu, wenn die Kompensationswirkung ohne Aufrechnungserklärung eintritt, das Schiedsgericht aber auf die Gegenforderungen des Schuldners nicht eingeht. Es darf dem Schuldner die Möglichkeit nicht völlig genommen werden, mit seinen Gegenforderungen die Forderung des Gläubigers abzuwehren, und es m u ß ihm deshalb dieses Recht, wenn das Schiedsgericht darauf keine Rücksicht genommen hat, noch vor dem ordentlichen Gericht zustehen, gleichviel, ob er vor dem Schiedsgericht eine Aufrechnungserklärung abgegeben hat (und sie abgeben mußte) oder sich auf die Tilgung durch Kompensation berufen hat. 2. Unter den Gegenforderungen, die die AGg. vor dem Berufungsgericht geltend gemacht haben, sind zwei Forderungen, auf die sie sich vor dem Schiedsgericht noch nicht berufen hatten. F ü r diese erhebt sich die Frage, ob ihrer Berücksichtigung nicht die entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 767 II ZPO entgegensteht. a) Nach dieser Bestimmung sind - jedenfalls gegenüber inländischen Schiedssprüchen — Einwendungen nur insoweit möglich, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach der letzten Verhandlung vor dem Schiedsgericht entstanden sind. Das Schrifttum wendet, wie im ersten Revisionsurteil angeführt ist, diesen Grundsatz auf ausländische Schiedssprüche teilweise nicht an und läßt Einwendungen ohne die Beschränkung des § 767 II ZPO zu, wenn sie dem Schuldner nach dem ausländischen Recht möglich wären. 1
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IPRspr. 1962-1963 Nr. 211.
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b) Der erkennende Senat hat dagegen in dem Urteil BGHZ 34, 274 2 die Zulässigkeit von Einwendungen auch gegenüber einem ausländischen Schiedsspruch nach der Vorschrift des § 767 II ZPO beurteilt. Demgemäß hat er auch im ersten Revisionsurteil des vorliegenden Rechtsstreits ausgesprochen, daß dem inländischen Schuldner gegenüber einem ausländischen Schiedsspruch jedenfalls die Einwendungen zustehen, die er nach § 767 II ZPO gegenüber einem inländischen Schiedsspruch erheben könnte. c) Der Senat bleibt aber auch im übrigen bei dem in BGHZ 34, 274 eingenommenen Standpunkt, also dabei, daß der inländische Schuldner gegenüber einem ausländischen Schiedsspruch auch keine weiteren Einwendungen geltend machen kann als gegenüber einem inländischen Schiedsspruch. In dem von der deutschen ZPO zur Verfügung gestellten Verfahren über die Vollstreckbarerklärung müssen beide Teile, Gläubiger und Schuldner, die in § 767 ZPO getroffene Regelung hinnehmen und sich gefallen lassen, daß bei der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs Einwendungen in dem durch § 767 II ZPO bestimmten Umfang möglich sind, nicht in geringerem und auch nicht in weiterem Umfang. Nach § 795 ZPO sind die Vorschriften der §§ 724 bis 793, also auch § 767 ZPO, auf die in § 794 ZPO erwähnten Schuldtitel entsprechend anzuwenden, soweit nicht die §§ 795 a - 800 ZPO Abweichendes bestimmen. Bei den in § 794 I Nr. 4 a ZPO als Vollstreckungstiteln genannten f ü r vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen ist kein Unterschied gemacht zwischen inländischen und ausländischen Schiedssprüchen. Da auch die §§ 795 a - 800 über die Zulässigkeit von Einwendungen gegen den Anspruch selbst f ü r Schiedssprüche, anders als f ü r gewisse andere Schuldtitel (§ 796 II, § 797 IV ZPO), nichts anordnen, ist es nicht gerechtfertigt, den § 767 II ZPO auf ausländische Schiedssprüche nicht anzuwenden. d) Was aber f ü r die Zulässigkeit der Einwendungen im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage gilt, ist auch, wie schon im ersten Revisionsurteil ausgeführt, im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung jedenfalls dann maßgebend, wenn hierzu mündlich verhandelt wird. e) Dem durch einen ausländischen Schiedsspruch verurteilten Schuldner bleibt danach nur die Möglichkeit, Einwendungen, die etwa nach ausländischem Recht über den Rahmen des § 767 II ZPO hinaus möglich sind, im Ausland geltend zu machen und auf Grund dieser Einwendungen dort die Aufhebung des Schiedsspruchs herbeizuführen. Gelingt ihm dies, solange vor dem deutschen Gericht das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung noch schwebt, so wird die Vollstreckbarerklärung abgelehnt; und auch nach der Vollstreckbarerklärung kann er deren Aufhebung noch erreichen, wenn der Schiedsspruch im Ausland aufgehoben wird (§ 1044 IV ZPO; Baumbach-Schwab, Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Kap. 31 E II). f) Wie ausgeführt, ist nach dem entsprechend anzuwendenden § 767 II ZPO eine materiellrechtliche Einwendung im Verfahren auf Vollstreckbar8
IPRspr. 1960-1961 Nr. 220.
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erklärung nicht mehr zulässig, wenn der AGg. sie schon vor dem Schiedsgericht hätte erheben können. Das gilt auch für den Einwand der Aufrechnung (Kompensation). Hier kann es aber, jedenfalls bei einem ausländischen Schiedsspruch, zweifelhaft sein, ob sich das Schiedsgericht mit einer vom Schiedsbeklagten eingewandten Gegenforderung befaßt hätte oder das nach den für es maßgebenden Vorschriften auch nur hätte tun dürfen. Ob solche Zweifel im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung geklärt werden können und müssen, mag fraglich sein. Im vorliegenden Fall bestehen solche Zweifel nicht; vielmehr steht fest, daß das Schiedsgericht die Aufrechnung mit den erwähnten zwei Gegenforderungen nicht zugelassen hätte. Aus dem Zweck des § 767 II ZPO hat der Senat im ersten Revisionsurteil den Schluß gezogen, daß der AGg. einen beim Schiedsgericht erhobenen, jedoch nicht zugelassenen Aufrechnungseinwand im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung wiederholen darf, einerlei, ob das Schiedsgericht zu Recht oder zu Unrecht auf die Gegenforderung nicht eingegangen ist. Dann aber muß folgerichtig auch dem AGg. gestattet sein, im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung mit solchen Gegenforderungen noch aufzurechnen, für die das Schiedsgericht nach Gesetz oder Vertrag nicht zuständig war. Dem sind die Fälle gleichzustellen, in denen feststeht, daß das Schiedsgericht, wäre die Aufrechnung bei ihm vorgebracht worden, sich mit ihr trotz gegebener Zuständigkeit nicht befaßt hätte. Ein von vornherein zweckloser Aufrechnungseinwand ist dem Schiedsbeklagten nicht anzusinnen." 2 8 0 . Ob ein Schiedsvertrag rechtswirksam ist, durch den die Zuständigkeit eines ausländischen Schiedsgerichts vereinbart ist, beurteilt sich nach dem Recht des Schiedsgerichts (lex fori). Nach englischem Recht genügt die Konnossementsklausel „All terms, conditions and exceptions of Charter Party shall be considered as embodied in this Bill of Lading" nicht, um die zwischen den Vertragsparteien der Charterparty vereinbarte Zuständigkeit eines Schiedsgerichts Bestandteil des Konnossements werden zu lassen. LG Hamburg, Zwischenurt. vom 26. 1. 1965 - 22 O 146/64: Unveröffentlicht. Aus den Gründen: „Die Einrede, daß der Rechtsstreit durch Schiedsgericht zu entscheiden sei, ist unbegründet. Zwar begründet nach deutschem Prozeßrecht (§ 274 I I I ZPO) ein Schiedsvertrag eine prozeßhindernde Einrede. Ob jedoch ein Schiedsvertrag, durch den die Zuständigkeit eines ausländischen Schiedsgerichts vereinbart ist, rechtswirksam ist, ist eine Frage des internationalen Prozeßrechts, die durch die lex fori entschieden wird (vgl. hierzu Raape, IPR, 5. Aufl., § 54 I mit Anm. 142 und § 54 I V ) . Lex fori ist aber für ein
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Schiedsgericht in London das englische Recht. Nach englischem Recht genügt jedoch die Konnossementsklausel ,A11 terms, conditions and exceptions of Charter Party shall be considered as embodied in this Bill of Lading' nicht, um die zwischen den Vertragsparteien der Charterparty vereinbarte Zuständigkeit eines Schiedsgericht ,in the City of London' Bestandteil des Konnossements (Bill of Lading) werden zu lassen. Dies folgt zur Überzeugung des Gerichts aus den Ausführungen der auf dem Gebiet des englischen Seefrachtrechts anerkannten Autoren Scrutton, Charter Parties and Bills of Lading, 16. Aufl., 65 ff. und Carver Colinvaux, Carriage of Goods by Sea, 1963, I 356, 357. Danach wird von englischen Gerichten eine allgemeine Bezugsklausel des Konnossements auf die Bedingungen der Charterpartie in ihrer Wirkung grundsätzlich nur auf solche Bedingungen der Charterpartie bezogen, die der Verfrachter und Empfänger in bezug auf die Ausführungen der Frachtreise sowie die Löschung und Auslieferung des Frachtgutes zu erfüllen haben. Um jedoch der Bezugsklausel eine weitere Bedeutung zu geben, insbesondere auch eine Schiedsklausel der Charterpartie gegenüber dem Konnossementsinhaber wirksam werden zu lassen, ist erforderlich, daß dies in ,the wording of the incorporating clause' deutlich zum Ausdruck gelangt. Das Gericht schließt sich auf Grund seiner eigenen durch das Studium der englischen Rechtsquellen gewonnenen Erkenntnis der in den Entscheidungen des BGHZ29, 120 (123) 1 und des OLG Bremen, Hansa 1964, 2374 2 vertretenen Meinung an, daß bei Anwendung englischen Rechts die Bezugsklausel der Konnossemente zur Begründung der Schiedsgerichtseinrede nicht genügt." 2 8 1 . Die für eine Schiedsabrede maßgebende sich in erster Linie nach dem übereinstimmenden
Rechtsordnung Parteiwillen.
bestimmt
BGH, Urt. vom 28. 6. 1 9 6 5 - V I I Z R 128/63: W M 1965, 1014. 2 8 2 . Über den Einwand der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts ist nach deutschem Recht als dem Recht des angerufenen und in der Sache tätigen Gerichts zu entscheiden. LG Bonn, Urt. vom 14. 7. 1965 - 12 (10) O 126/64: Unveröffentlicht. Der Kl. ist Direktor der in Liège errichteten Firma H. Diese Firma hat, vertreten durch den Kl., am 7. 5. 1956 in Liège mit der Bekl. einen Vertrag geschlossen. Danach sollte die Firma H. an die Bekl. Verbandspäckchen liefern, welche die Bekl. dann in Verkaufslizenz vertreiben sollte. Nr. 12 des Vertrages bestimmt, daß im Streitfalle hinsichtlich der Anwendung des vorliegenden Vertrages sich die Parteien der unanfechtbaren Entscheidung eines Schiedsgerichts unterwerfen, zu dem jede der Parteien sowie der Präsident des Handelsgerichtshofes in Liège je einen Schiedsrichter ernennen sollte.
1
IPRspr. 1958-1959 Nr. 71b.
1
Vgl. den Hinweis vor Nr. 59.
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Aus den Gründen: „Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Klage abzuweisen, weil die von der Bekl. erhobene prozeßhindernde Einrede, daß der Rechtsstreit durch Schiedsrichter zu entscheiden ist (§ 274 I I Nr. 3 Z P O ) , zulässig erhoben und sachlich begründet ist. 1. Für die Entscheidung über die Prozeßeinrede ist deutsches Recht anzuwenden. Mag auch die Bekl. der Auffassung sein, das der Klageforderung zugrundeliegende Rechtsverhältnis sei dem Willen der damaligen Vertragschließenden entsprechend nach belgischem Rechte zu entscheiden, so ist doch die prozessuale Vorfrage des Einwandes der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit - nur diesen Einwand meint die Bekl. offensichtlich, auch wenn sie sich auf die Unzuständigkeit' des angerufenen Gerichtes beruft — nach deutschem Recht als dem Recht des angerufenen und in dieser Sache tätigen Gerichtes zu entscheiden (vgl. Kegel, I P R , 1960, 343). Daß sich die Bekl. insbesondere auf die Vereinbarung der Zuständigkeit eines ausländischen Schiedsgerichts beruft, ist für die Zulässigkeit dieser Einrede ohne Bedeutung (vgl. Art. 1 des Genfer Protokolls über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr v. 24. 9.1925 - RGBl. I I 47; Wieczorek, ZPO, Anm. B I I I Abs. 1 [gemeint ist wohl D I I I Abs. 1 zu § 274]). 2. Für die demnach maßgebliche Frage, ob die geltend gemachte Klageforderung von einer Schiedsvertragsabrede umfaßt ist oder nicht, ist also entsprechend § 1027 I I Z P O davon auszugehen, daß sowohl zwischen der Firma H. und der Bekl. als auch zwischen dem Kl. selbst und der Bekl. als jeweils zwischen Kaufleuten — ein Schiedsvertrag formlos und sogar stillschweigend abgeschlossen werden konnte. Deshalb ist insbesondere auch die als Nr. 12 des Vertrages vom 7. 5. 1956 zwischen der Firma H. und der Bekl. verabredete Schiedsklausel rechtswirksam zustandegekommen und für den Kl. bindend." 2 8 3 . Bei einem ausländischen Schiedsspruch ist die Klage auf Feststellung zulässig, daß der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist. Das Rechtsschutzinteresse für eine derartige Klage entfällt jedoch, wenn auch Klage auf Vollstreckbarkeitserklärung erhoben wird. Denn beiden Klagen liegt dasselbe Rechtsschutzziel zugrunde: Sowohl bei der Feststellungsklage wie bei der Klage auf Vollstreckbarkeitserklärung handelt es sich lediglich um die Frage der Anerkennung des ausländischen Schiedsspruchs oder deren Versagung; auch bei der Feststellungsklage wird nicht die rechtsgestaltende Anerkennung der Wirkung des ausländischen Schiedsspruchs erstrebt. Wenn ein deutscher Käufer von einem deutschen Importeur ausländische Ware kauft und beide Vertragsparteien in der Bundesrepublik ansässig sind, muß der Käufer nicht damit rechnen, daß in den Lieferbedingungen des Verkäufers ein ausländisches Schiedsgericht vorgesehen ist. Die Klausel ist daher trotz Unterzeichnung der Bedingungen nicht Bestandteil des Kaufvertrages geworden, weil ohne Kenntnis der Schiedsklausel eine Unterwer-
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fung des Käufers unter diese Bedingung von vornherein als ausgeschlossen erscheint. Grundlage des Schiedsspruchs muß ein gültiger Schiedsvertrag sein. Liegt ein solcher nicht vor, so ist de'r ausländische Schiedsspruch rechtsunwirksam und der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung abzulehnen. OLG Nürnberg, Urt. vom 26. 11. 1965 - 6 U 73/64: K T S 27 (1966) 111. 2 8 4 . Die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs nach dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 setzt voraus, daß die Partei, die um die Vollstreckbarkeitserklärung nachsucht, den Text einer Schiedsvereinbarung vorlegt. Die in dem Übereinkommen für eine solche Vereinbarung geforderte Schriftform ist nicht gewahrt, wenn die eine Partei der anderen lediglich einen Kontrakt zugesandt hat, der eine vorgedruckte Schiedsklausel enthielt. LG Bremen, Urt. v o m 16. 12.1965 - 12-OH 2/1965
Unveröffentlicht.
Aus den Gründen: „Der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung ist abzulehnen, da der Schiedsspruch der Nederlandsche Vereeniging voor den Handel in gedroogde Zuidvruchten, Specerijen en aanverwandte Artikelen vom 9. 4. 1965 gemäß § 1044 I I Nr. 1 Z P O rechtsunwirksam ist. Unter Zugrundelegung niederländischen Rechts ergibt sich nämlich, daß zwischen den Parteien eine Schiedsgerichtsvereinbarung nicht besteht. Die Vollstreckbarkeitserklärung richtet sich ganz nach deutschem Verfahrensrecht. Gemäß § 1044 I Z P O wird nämlich ein ausländischer Schiedsspruch, der nach dem f ü r ihn maßgebenden Recht verbindlich geworden ist, in dem für inländische Schiedssprüche vorgeschriebenen Verfahren f ü r vollstreckbar erklärt, soweit nicht Staatsverträge ein anderes bestimmen. Zwar bestehen Staatsverträge, in denen das Verfahren der Vollstreckbarkeitserklärung von Schiedssprüchen eine vom deutschen Verfahrensrecht unterschiedliche Regelung erfahren hat. So ist jedoch das in erster Linie in Frage kommende UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. 6.1958, das für die Bundesrepublik Deutschland seit dem 28. 9. 1961 in Kraft ist (BGBl. 1961 I I 121), unanwendbar. Dem UN-Übereinkommen, das nur zwischen den Vertragsstaaten dieses Übereinkommens gilt, ist allerdings 1964 auch das Königreich der Niederlande beigetreten (BGBl. 1964 I I 1232). Die Voraussetzungen zur Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs nach dem UN-Übereinkommen sind jedoch gemäß Art. I V und V Abs. 1 a des UN-Übereinkommens nicht erfüllt. Die Partei, die um die Vollstreckbarkeitserklärung nachsucht, also die ASt., hat nämlich u. a. den Text einer Schiedsvereinbarung im Sinne des Art. I I des UN-Übereinkommens vorzulegen. Die Formvorschrift für eine solche Vereinbarung ist jedoch nicht 1
Die Parteien haben sich in der Berufungsinstanz verglichen.
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XIII./l. Freiwillige Gerichtsbarkeit
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gewahrt. Gemäß Art. II Abs. 2 des UN-Übereinkommens ist nämlich unter einer schriftlichen Vereinbarung' im Sinne des Art. II Abs. 1 des UN-Übereinkommens eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. Während im Fernschreibwechsel die Vereinbarung einer Schiedsklausel noch nicht erfolgte, hat die ASt. der AGg. anschließend lediglich einen Kontrakt zugeschickt, der die vorgedruckte Schiedsklausel enthielt. Damit ist die im UN-Übereinkommen geforderte F o r m nicht gewahrt. Auch andere Staatsverträge kommen für die beantragte Vollstreckbarkeitserklärung nicht in Betracht. Insbesondere ist gemäß Art. VII Abs. 2 des UN-Übereinkommens das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 2 6 . 9 . 1927 im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande außer Kraft getreten, nachdem das UN-Übereinkommen für beide Staaten verbindlich geworden ist. E s bleibt somit dabei, daß das subsidiäre deutsche Verfahrensrecht zur Anwendung kommt (Art. VII Abs. 1 UN-Übereinkommen) . Gemäß § 1044 II Nr. 1 ZPO ist der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung abzulehnen, wenn der Schiedsspruch rechtsunwirksam ist; für die Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs ist, soweit nicht Staatsverträge ein anderes bestimmen, das für das Schiedsverfahren geltende Recht maßgebend. Die Frage der Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs vom 9. 4. 1965 ist demnach nach niederländischem Recht zu beurteilen, da sich das Schiedsverfahren vor dem Rotterdamer Schiedsgericht nach niederländischem Recht bestimmte und Abweichendes regelnde Staatsverträge nicht bestehen. Der Schiedsspruch vom 9. 4 . 1 9 6 5 ist rechtsunwirksam, da das Rotterdamer Schiedsgericht irrtümlich vom Bestehen einer Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien ausgegangen ist, während es tatsächlich nicht einmal zum Abschluß eines Kaufvertrages gekommen ist, so daß es schon an der Voraussetzung des einer Schiedsvereinbarung zugrunde liegenden Vertrages fehlt." XIII. FREIWILLIGE
GERICHTSBARKEIT
1. Namens- und familienrechtliche Sachen Siehe auch Nr. 93, 113, 115, 118, 119, 122, 127, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 137, 138, 140, 149, 151, 152, 157, 160 2 8 5 . Ist die Mutter eines unehelichen Kindes Italienerin, der Erzeuger des Kindes Italiener und verheiratet, so kann ein Vaterschaftsanerkenntnis im deutschen Geburtenbuch nicht beigeschrieben werden. Ein bereits eingetragenes Anerkenntnis ist zu löschen.
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LG Darmstadt, Beschl. vom 6. 7.1964 - 5 T 199/64: StAZ 1964, 329; DAVorm. 1965,125; Leitsatz in FamRZ 1965, 95. Armando S; hat am 7. 11. 1963 in öffentlicher Urkunde anerkannt, der Vater des am 26. 4. 1962 von Irene M. geborenen unehelichen Kindes zu sein. Auf seinen Antrag wurde das Anerkenntnis im Geburtenbuch beigeschrieben. Nachträglich hat er erklärt, noch in Italien in gültiger Ehe zu leben. Er hat die Löschung des Vaterschaftsanerkenntnisses beantragt, weil das Anerkenntnis nach italienischem Recht unwirksam sei. Der Vater und die Mutter des unehelichen Kindes sind italienische Staatsangehörige. Mit Beschluß vom 21. 2.1964 hat das AG Darmstadt die Eintragung eines Randvermerks im Geburtenbuch angeordnet, wonach das Vaterschaftsanerkenntnis des Armando S. unwirksam ist und gelöscht wird. Gegen diesen Beschluß hat der Magistrat der Stadt Darmstadt als Aufsichtsbehörde Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Auffassung, daß das Vaterschaftsanerkenntnis, auch wenn es nach dem Heimatrecht des Vaters nichtig sei, im Geburtenbuch eingetragen werden dürfe, weil es nach deutschem Recht für die Unterhaltsansprüche des Kindes gewisse Rechtswirkungen habe. Aus den Gründen: „Das AG hat nach Ansicht der Kammer mit Recht die Löschung des Vaterschaftsanerkenntnisses angeordnet. Das Anerkenntnis war zu löschen, weil es nach italienischem Recht als Willenserklärung nichtig ist und als Geständnis der Beiwohnung im Geburtenregister nicht berücksichtigt werden darf. 1. Die Gültigkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses richtet sich ausschließlich nach italienischem Recht, weil der Vater und die Mutter des unehelichen Kindes Italiener sind. Ein Spannungsverhältnis zwischen dem Heimatrecht des Vaters und dem der Mutter, wie im Falle eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter, kann nicht auftreten. Nach Art. 20, 21 EGBGB ist f ü r den Unterhaltsanspruch des Kindes und f ü r ein Vaterschaftsanerkenntnis hier nur italienisches Recht anwendbar. Es ist daher nicht darüber zu entscheiden, ob ein nach italienischem Recht nichtiges Vaterschaftsanerkenntnis im deutschen Personenstandsregister verlautbart werden darf, wenn die Kindesmutter Deutsche ist, weil in diesem Fall das in dem nichtigen Anerkenntnis enthaltene Geständnis der Beiwohnung nach deutschem Recht f ü r die Eintragung im Geburtenregister ausreiche (so OLG Frankfurt/M., StAZ 1953, 253 und offenbar auch Schmitt-Peters, Die Eintragung in deutsche Personenstandsbücher in Fällen mit Auslandsberührung, 188 ff.). 2. Das Vaterschaftsanerkenntnis ist nach italienischem Recht nichtig, weil der Vater in Italien verheiratet ist. Zwar kennt auch das italienische Recht ein Vaterschaftsanerkenntnis. Der Vater eines unehelichen Kindes kann seine Vaterschaft gemäß Art. 254 Cc in der Geburtsurkunde oder in einer Erklärung nach der Geburt oder der Empfängnis vor einem Zivilstandesbeamten oder einem Vormundschaftsrichter oder in einer öffentlichen Urkunde oder einem Testament anerkennen. Der natürliche Erzeuger m u ß das anerkannte Kind nach Art. 147 Cc unterhalten, erziehen
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und unterrichten. Das Kind führt den Namen des Anerkennenden oder den des Vaters, wenn beide Eltern es anerkannt haben (Art. 262 Cc). Nach Art. 252 Cc können Ehebruchskinder nur von dem Elternteil anerkannt werden, der zur Zeit der Empfängnis nicht verheiratet war. Falls die Ehe durch Tod aufgelöst ist, ist die Anerkennung auch durch einen Elternteil zulässig, der zur Zeit der Empfängnis verheiratet war. Sind eheliche oder legitimierte Kinder vorhanden, so ist die Anerkennung in diesem Fall unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Der Kindesvater S. durfte daher ein Anerkenntnis nicht abgeben. Es war ihm verboten, weil er in gültiger Ehe lebt. Das dem Verbot zuwider abgegebene Anerkenntnis ist null und nichtig. Wenn auch der verheiratete Vater eines unehelichen Kindes weder ein Vaterschaftsanerkenntnis abgeben noch auf Feststellung der natürlichen Vaterschaft verklagt werden darf (Art. 278 Cc), kann das Kind gem. Art. 433 Cc gegen seinen Erzeuger auf Unterhalt klagen, wenn sich neben weiteren Voraussetzungen die Vaterschaft aus einer unzweideutigen schriftlichen Erklärung ergibt (Art. 279 Nr. 3 Cc). 3. Ist das Vaterschaftsanerkenntnis nach italienischem Recht nichtig und ist auch für den Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes italienisches Recht maßgebend, darf eine Beischreibung des Vaterschaftsanerkenntnisses im deutschen Geburtenbuch nicht erfolgen. a) Aus einem nichtigen Vaterschaftsanerkenntnis können — soweit es sich um die Wirkungen des Anerkenntnisses handelt - keinerlei Rechte, auch nicht für den Unterhalt des Kindes - hergeleitet werden. Denn nach italienischem Recht ist das Anerkenntnis eines Ehebruchskindes als nicht geschehen zu behandeln. Diesen Grundsatz würde es zuwiderlaufen, wenn es im deutschen Geburtenbuch beigeschrieben werden dürfte, obwohl die Eintragung im italienischen Standesregister verboten ist. Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich auch aus einer weiteren Erwägung. W i r d ein Vaterschaftsanerkenntnis eines Italieners im deutschen Standesregister eingetragen, hätte es die sich aus § 30 PStG ergebende Beweiskraft. Denn das Vaterschaftsanerkenntnis besitzt nach italienischem Recht, im Gegensatz zu deutschem Recht, eine konstitutive Bedeutung. Mit dem Anerkenntnis werden die Abstammung des Kindes, das Namensrecht und das Erziehungsrecht geregelt. Wird ein italienisches Vaterschaftsanerkenntnis eingetragen, dann erweckt dies den Rechtsschein, daß mit Abgabe des Anerkenntnisses die angegebenen Rechtswirkungen eingetreten sind. Denn nach § 30 I PStG ist ein Randvermerk einzutragen, wenn die Abstammung oder der Name eines Kindes mit allgemein bindender Wirkung festgestellt oder wenn der Personenstand oder der Name des Kindes geändert wird. Ein Vaterschaftsanerkenntnis kann aufgrund der Eintragung im deutschen Standesregister eine deklaratorische oder eine konstitutive Bedeutung haben, je nach der Rechtsordnung, die für das Anerkenntnis maßgebend ist. Für die Eintragung eines Anerkenntnisses mit nur deklaratorischer Wirkung ist § 29 PStG vorgesehen, für die mit konstitutiver Wirkung dagegen § 30 PStG. Der Leser eines Randvermerks, mit dem ein italienisches Vaterschaftsanerkenntnis verlautbart wird, muß in den Fällen, in denen die Eltern des
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natürlichen Kindes Italiener sind, den Eindruck gewinnen, Abstammung, Name und Erziehungsrecht seien durch das Anerkenntnis festgestellt, was bei einer Eintragung nach § 29 PStG nicht denkbar wäre. Durch eine solche Eintragung wird demnach das Standesregister unrichtig. Eine unrichtige Eintragung muß beseitigt werden. Das gilt in vorliegendem Fall insbesondere deshalb, weil die italienische Staatsangehörigkeit der Kindeseltern aus der Eintragung hervorgeht. b) Die Beischreibung des Anerkenntnisses ist auch nicht mit der Begründung aufrecht zu erhalten, es genüge hierfür, daß in dem nichtigen Anerkenntnis das Geständnis des Vaters enthalten sei, der Kindesmutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (so OLG Frankfurt, StAZ 1953, 253 1 für das Anerkenntnis eines italienischen Vaters bei deutscher Staatsangehörigkeit der Kindesmutter). Unterstellt man, daß die Eintragung eines Vaterschaftsanerkenntnisses im Geburtenbuch wegen der Bedeutung für den Unterhaltsanspruch vorgesehen ist, dann mag die Auffassung vertretbar sein, die Eintragung des nichtigen Anerkenntnisses sei zulässig, weil in ihm das Geständnis der Beiwohnung enthalten sei. Ist aber, wie in vorliegendem Fall, italienisches Recht auch für den Unterhaltsanspruch maßgebend, dann ist mit dieser Begründung die Eintragung des Randvermerks nicht zulässig. Nach italienischem Recht darf ein Kind seinen außerehelichen Vater, dem nach Art. 252 Cc die Abgabe eines Anerkenntnisses verboten ist, nur dann auf Unterhalt verklagen, wenn sich seine Vaterschaft aus einer unzweideutigen schriftlichen Erklärung ergibt (Art. 279 Cc). Insofern wird zwischen dem Vaterschaftsanerkenntnis, das für die Abstammung, den Namen und das Erziehungsrecht bedeutsam ist, und der unzweideutigen schriftlichen Erklärung des Art. 279 Cc, die sich nur auf den Unterhaltsanspruch auswirken kann, unterschieden. Man würde diese Unterscheidung verwischen, wenn man die Eintragung des Valerschaftsanerkenntnisses für zulässig erachtete, weil in der unzweideutigen schriftlichen Erklärung des Art. 279 Cc auch das Geständnis der Beiwohnung in der Empfängniszeit enthalten ist. Aus diesem Grund reicht die in dem nichtigen Vaterschaftsanerkenntnis enthaltene Zugabe, mit der Kindesmulter innerhalb der Empfängniszeit verkehrt zu haben, für die Beiichreibung des Anerkenntnisses nicht aus, wenn die Kindeseltern Italiener sind. c) Die Beischreibung des Vaterschaftsanerkenntnisses im Geburtenbuch hat aber auch nach deutschem Recht nach Ansicht der Kammer eine über die Unterhaltsregelung hinausgehende Bedeutung. Es leuchtet nicht ein, warum die bloße Zahlvaterschaft im Personenstandsregister verlautbart werden sollte . . . Die Eintragung eines Anerkenntnisses im Geburtenbuch ist im Interesse des unehelichen Kindes geschaffen worden, für das es eine personenstandsrechtliche Bedeutung hat, wenn der Vater seine Vaterschaft in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat. Denn wenigstens für das Personenstandsregister ist die Abstammung auf diese Weise klargestellt (vgl. hierzu Pfeiffer-Strickert [PStG] Anm. 2 zu §29 PStG). Bei dieser Beur1
IPRspr. 1952-1953 Nr. 224.
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teilung des Vaterschaftsanerkenntnisses müßte die Beischreibung gelöscht werden, wenn sich herausstellt, daß sie als Willenserklärung nichtig ist. Aus dem vorgenannten Grund ist die Löschung des Vaterschaftsanerkenntnisses mit Recht angeordnet worden. Die Beschwerde der Aufsichtsbehörde mußte zurückgewiesen werden." 286« Die deutschen Gerichte sind zur Regelung der elterlichen Gewalt nach Scheidung international zuständig, wenn die Kinder ihren ständigen Aufenthalt in Deutschland haben. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der englische Heimatstaat des Vaters die ausschließliche Zuständigkeit für die Sorgerechtsregelung in Anspruch nimmt und die deutsche Entscheidung nicht anerkennen wird. Dadurch daß der englische High Court of Justice die Kinder bereits zu für eine „ Wards of the Court" erklärt hat, wird das Rechtsschutzbedürfnis Sorgerechtsentscheidung der deutschen Gerichte nicht ausgeschlossen, da nach englischem Recht außerdem ein „guardian" zu betrufen ist, dem die „custody" zusteht. Die „custody" entspricht in etwa dem Personensorgerecht des deutschen Rechts. LG Hamburg, Beschl. vom 11.11.1964 - I T 186/64: Unveröffentlicht. Durch den angefochtenen Beschluß hat das AG die elterliche Gewalt über die Kinder Janet, geboren am 11. 2.1958, und Donald, geboren am 20. 12.1959, gemäß § 1671 BGB auf die Mutter übertragen. Die Ehe der Eltern wurde am 15. 5.1963 aus dem Verschulden des Vaters vom LG Hamburg geschieden. Die Eltern hatten bei der Scheidung in einem Vergleich vereinbart, daß die elterliche Gewalt über die Kinder der Mutter zustehen sollte. Die Mutter besitzt die deutsche und die britische, der Vater die britische Staatsangehörigkeit. Der Vater wohnt in Berkeley Cres, New Barnet, Herts, England. Die Mutter wohnt mit den Kindern in Hamburg. Sie hatte am 14. 1. 1961 die eheliche Wohnung in England mit den Kindern verlassen, da der Vater ihr durch einen von ihm hervorgerufenen Streit Anlaß dazu gegeben hatte. Sie war damals nach Hamburg zurückgekehrt. Durch den angefochtenen Beschluß hat das AG die elterliche Gewalt über die Kinder auf die Mutter übertragen. Der englische High Court of Justice hatte zuvor am 30. 5. 1963 die Kinder zu „Wards of the Court" erklärt. Gegen den Beschluß des AG vom 4. 11. 1963 hat der Vater Beschwerde eingelegt. Er hält die deutschen Gerichte für international nicht zuständig und meint, jedenfalls habe die Mutter sich die deutsche internationale Zuständigkeit erschlichen. Aus den Gründen: „Die Beschwerde ist zulässig (§§ 19, 20, 57 Nr. 9 FGG), jedoch nur zum Teil begründet. Die deutschen Gerichte sind international zuständig, da die Kinder ihren ständigen Aufenthalt im Inland haben (vgl. §§ 43, 36 FGG). Dieser bemißt sich als Verfahrensbegriff nach deutschem Recht, nicht nach englischem Recht (domicile). Die örtliche Zuständigkeit nach § 36 FGG bildet einen ausreichenden Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit
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der deutschen Gerichte (so im Ergebnis OLG Hamburg, Beschl. vom 3. 3. 1964 - 2 W 28/64»). Der ständige Aufenthalt der Kinder im Inland stellt eine wichtige Beziehung zum Inland dar, die die Tätigkeit der deutschen Gerichte rechtfertigt (BayObLG, FamRZ 1959, 364ff. 2 ). Angesichts des dauernden Aufenthalts der Kinder in der Bundesrepublik liegt der Sachverhaltsschwerpunkt und damit auch der Schwerpunkt des Regelungsbedürfnisses im Inland. Denn der zu regelnde Sachverhalt konzentriert sich in der Person der Kinder und tritt daher dort auf, wo die Kinder sich dauernd aufhalten (vgl. Schwimann, FamRZ 1959, 330 ff. [333]). Dem steht nicht entgegen, daß der Vater Ausländer ist und auch im Ausland wohnt. Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts stellt deshalb noch keine Ausübung von Hoheitsrechten im Ausland dar. Zwar wird durch die Regelung in das Elternrecht eines Ausländers eingegriffen. Die Folgen, die die Entscheidung f ü r den Vater mit sich bringt, sind aber nur Auswirkungen einer inländischen Entscheidung infolge der Auslandsbeziehung, jedoch keine Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt im Ausland (BayObLG aaO 367). Im übrigen stellt die Sorgerechtsregelung nicht in erster Linie eine Maßnahme gegen den Vater dar, sondern bedeutet zu allererst Fürsorge für das Kind. Die Territorialhoheit erlaubt es den deutschen Gerichten aber, die inländische Handhabung der Erziehung derjenigen Kinder zu regeln, die sich im Inland aufhalten (vgl. auch Beitzke, Festschrift f ü r Lehmann, 1956, 499). Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß Großbritannien die ausschließliche Zuständigkeit f ü r Sorgerechtsregelungen in Anspruch nimmt und die deutsche Entscheidung nicht anerkennen wird (vgl. Raape, IPR, 5. Aufl., 354 Anm. 131). Da die deutsche internationale Zuständigkeit sich nach deutschem Verfahrensrecht bemißt, kann das ausländische internationale Verfahrensrecht die deutsche Zuständigkeit nicht einschränken. Eine Vorschrift im deutschen Recht aber, nach der die deutsche internationale Zuständigkeit hinter einer ausländischen ausschließlichen internationalen Zuständigkeit zurücktritt, besteht außer der Regelung des § 606 b I ZPO nicht (vgl. dazu BayObLG aaO 368). Im übrigen kennt das deutsche Recht .hinkende' Entscheidungen deutscher Gerichte, die im Ausland nicht anerkannt werden, wie zum Beispiel im Falle des § 606 b ZPO (vgl. BayObLG aaO 368). Gerade an den Vorschriften der §§ 606, 606 b ZPO erweist sich überdies, daß es bei der Sorgerechtsregelung nach der Scheidung der Eltern nicht auf die Anerkennung dieser Regelung durch den Heimatstaat eines Elternteiles entscheidend ankommen darf. Ist nämlich die deutsche Gerichtsbarkeit f ü r die Scheidung der Ehe eines Ausländers deshalb gegeben, weil - wie hier - der andere Teil Deutscher ist, dann ist es möglich, daß diese Scheidung im Heimatstaat des Ausländers nicht anerkannt wird und deshalb auch eine Sorgerechtsregelung nach Scheidung der Eltern durch den fremden Staat nicht mög1
Siehe oben Nr. 121.
2
IPRspr. 1958-1959 Nr. 208.
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lieh ist. Dann w ü r d e aber — stellt m a n auf die Anerkennung der deutschen Entscheidungen im Ausland ab - eine Regelung der elterlichen Gewalt sowohl im Ausland wie auch - mangels Anerkennung der deutschen Entscheidungen - im Inland ausgeschlossen sein, obwohl ein starkes Fürsorgebedürfnis besteht, u n d zwar dort, wo die Kinder sich a u f h a l t e n (vgl. dazu Beitzke aaO 501). Angesichts dieser drohenden Schwierigkeiten bei der Scheidung der E h e einer Deutschen mit einem Ausländer rechtfertigt sich die Annahme der deutschen internationalen Zuständigkeit f ü r die Sorgerechtsregelung sogar in besonderem Maße dann, wenn ein deutsches Gericht - unbeschadet der Anerkennung oder Nichtanerkennung seiner Entscheidung im Heimatstaat des anderen ausländischen Ehepartners - deshalb f ü r die Scheidung zuständig war, weil der eine Teil Deutscher ist oder war. W e r in einem solchen Fall die Ehe unbeschadet der Frage der Anerkennung des Urteils im Heimatstaat des ausländischen Partners scheidet, soll auch die Folgen und notwendigen Konsequenzen ebenfalls ohne Rücksicht auf die Anerkennung der Entscheidung, die das Sorgerecht betrifft, regeln, jedenfalls dann, wenn die betroffenen Kinder sich - wie hier - im Inlande aufhalten (vgl. dazu Beitzke aaO 502). Die mangelöde Anerkennung der Entscheidung steht auch unter einem anderen Aspekt der internationalen deutschen Zuständigkeit nicht entgegen. Allerdings verweist Art. 19 EGBGB f ü r die Anwendung des materiellen Rechts auf das britische Recht. Angesichts des rechtsgestaltenden Charakters der Sorgerechtsregelung wird n u n die Ansicht vertreten, materielles u n d Verfahrensrecht seien untrennbar miteinander verbunden, so daß beide .gleichlaufen' müßten. Das wird damit begründet, daß sich der materielle Gesetzesbefehl bei rechtsgestaltenden Akten nicht unmittelbar an die Rechtssubjekte wende, sondern in erster Linie an den Richter, der als verlängerter Arm der eigenen materiellen Rechtsordnung das subjektive Recht erst schaffen und gestalten solle. Da somit die Rechtslage noch nicht vorgegeben sei, sondern erst durch den inländischen Richter geschaffen werden müsse, könnten inländische Gerichte zur D u r c h f ü h r u n g des ausländischen Gesetzesbefehls - also zur Kreation ausländischen Rechts - nicht legitimiert sein, es sei denn, die nach dem materiellen Recht anzuwendende Rechtsordnung verweise auf inländisches Recht zurück oder ermächtige die inländischen Gerichte durch Anerkennung ihrer Entscheidung (vgl. Nachweise bei Schwimann aaO 330 ff. [331]). Das Argument, daß bei Anwendung ausländischen Rechts rechtsgestaltende Akte n u r von den ausländischen Behörden und Gerichten erlassen werden können, überzeugt jedoch nicht (vgl. Schwimann aaO 331). In einem wichtigen Bereich rechtsgestaltender richterlicher Akte - nämlich dem Scheidungs- u n d Ehelichkeitsanfechtungsverfahren - richtet sich die Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch bei Anwendung ausländischen Rechts nicht nach ausländischem Recht (vgl. Schwimann aaO 331; § 606 b ZPO; Soergel, [BGB] Art. 17 EGBGB Anm. III 2 a bb, cc, Art. 18 IV 2, 3; BayObLG aaO 368).
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Im übrigen sind ohnehin die Unterschiede zwischen der rechtsgestaltenden und erkennenden Tätigkeit der Gerichte weitgehend nivelliert worden. Denn die Sorgerechtsregelung stellt ebenso eine Subsumtion von Tatsachen unter vorgegebene Rechtsnormen dar — mag sie auch rechtsgestaltende Wirkung haben - wie die Tätigkeit des erkennenden Richters (vgl. Schwimann aaO 331). Damit nähern sich Rechtsschöpfung und Rechtsfindung einander an, während auf der anderen Seite bei der Tätigkeit des erkennenden Richters diese Annäherung ebenfalls zu verzeichnen ist, da zum Reispiel die Auslegung starke Elemente des Rechtsschöpferischen in sich trägt (vgl. Schwimann aaO 331). Auch die Tatsache, daß die Kinder zunächst in England wohnten und erst mit der Mutter nach Deutschland gekommen sind, steht der Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht entgegen. Denn die Kinder sind nicht willkürlich oder arglistig aus ihrer bisherigen Umgebung nach Deutschland verbracht worden (vgl. Schwimann aaO 333). Allerdings genügt der Aufenthalt im Inland als Anknüpfungspunkt f ü r die internationale Zuständigkeit dann nicht, wenn er n u r vorübergehend ist oder in erster Linie zu dem Zweck begründet worden ist, die internationale Zuständigkeit eines fremden Staates zu umgehen und die deutsche internationale Zuständigkeit zu begründen (vgl. Schwimann aaO 333). Ein solcher Vorwurf kann der Mutter jedoch nicht gemacht werden. Wie in dem Scheidungsurteil des LG Hamburg festgestellt ist, hat die Mutter ihren geschiedenen Ehemann mit den Kindern am 14.1.1961 verlassen und ist nach Deutschland übergesiedelt, weil der geschiedene Ehemann ihr durch einen von ihm hervorgerufenen Streit begründeten Anlaß dazu gegeben hat. Der Vater hat selbst bei seiner persönlichen Anhörung im Scheidungsverfahren zugegeben, daß das der Fall war, und die von der Mutter gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestätigt. Das ergibt sich aus der beigezogenen Scheidungsakte. Angesichts dieser Sachlage kann jedenfalls nicht gesagt werden, daß die Reise der Mutter mit den Kindern nach Hamburg in erster Linie den Zweck hatte, die Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu begründen und die Zuständigkeit der englischen Gerichte zu umgehen. Die deutsche internationale Zuständigkeit wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der High Court of Justice noch vor dem Reschluß des AG am 30. 5. 1963 die Kinder zu Wards of the Court erklärt und damit eine Einrichtung geschaffen hat, die Ähnlichkeit mit einer Vormundschaft aufweist (vgl. Halsburg-Simonds, The Laws of England XXI, 3. Aufl. 1957, 217, 219, 294, 340; Bromley, Family Law, 1957, 278). Diese englische Entscheidung wird zwar auch in Deutschland anerkannt, da ausländische Entscheidungen, die das Rechtsverhältnis der ausländischen Staatsangehörigen zu ihren Kindern regeln, grundsätzlich auch im Inland verbindlich sind und Gründe, die der Anerkennung entsprechend dem Grundsatz von § 328 ZPO entgegenstehen könnten, nicht zu erkennen sind (RayObLG aaO 370). Diese Tatsache und die Priorität der englischen Entscheidung vermögen jedoch den deutschen Gerichten nicht die internationale Zuständigkeit zu nehmen, ebensowenig wie das ausländische internationale Verfahrens-
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recht die deutsche internationale Zuständigkeit nach deutschem Verfahrensrecht ausschließen kann. Im übrigen würde der Verlust der deutschen Zuständigkeit bedeuten, daß die deutschen Gerichte in vielen Fällen dann nicht entscheiden könnten, wenn die Entscheidung im wesentlichen in Deutschland vollzogen werden müßte und deshalb ein besonderes Bedürfnis f ü r eine deutsche Entscheidung besteht (BayObLG aaO 369). Die Entscheidung des High Court könnte danach n u r dann eine Anordnung der deutschen Gerichte verhindern, wenn sie einer Entscheidung der deutschen Gerichte über das Sorgerecht das Rechtsschutzbedürfnis nehmen würde (BayObLG aaO 369). Das ist jedoch nicht der Fall. Der High Court hat bisher noch nicht abschließend über die Verteilung des Sorgerechts (custody) entschieden. Werden nämlich Kinder zu Wards of the Court erklärt, so wird außerdem ein guardian, dem die custody - das Sorgerecht - zusteht, berufen. Dabei kann auch ein Elternteil zum guardian ernannt werden mit der Folge, daß ihm dann das Sorgerecht zusteht (Bromley aaO 278; Halsbunj aaO 341). Da der High Court einen guardian noch nicht bestellt und damit auch noch nicht über das Sorgerecht entschieden hat, sondern gerade — wie der Beschwf. selbst vorträgt - seinerseits eine Sorgerechtsentscheidung wegen der mangelnden .effectiveness' solange nicht treffen will, wie der Beschluß des AG besteht, wird durch die Anordnung des High Court vom 30. 5.1963 allein das Rechtsschutzbedürfnis f ü r eine Sorgerechtsentscheidung der deutschen Gerichte nicht ausgeschlossen. Aus denselben Gründen vermag auch die vor dem High Court bestehende Rechtshängigkeit der Sache das Rechtsschutzbedürfnis f ü r die deutsche Entscheidung nicht auszuschließen (BayObLG aaO 370, 369). Die Beschwerde ist n u r zum Teil begründet. Gemäß Art. 19 EGBGB ist - weil der Vater englischer Staatsangehöriger ist - das common law anzuwenden. Danach war ursprünglich zu seinen Lebzeiten n u r der Vater zur Sorge über seine ehelichen Kinder berechtigt (custody) (Bromley, Family Law, 1957, 277ff.). Nach der equity-Rechtsprechung hatte sich jedoch schon f r ü h der Grundsatz durchgesetzt, daß bei Streitigkeiten über die Sorge des Kindes das Wohl des Kindes ausschlaggebender Maßstab sei (vgl. Bromley aaO 278, 293, 298). Die Regeln der equity-Rechtsprechung sind insoweit den allgemeinen Regeln des common law übergeordnet (Bromley aaO 278). Somit kann das Gericht eine abweichende Entscheidung treffen, wenn es dem Wohl des Kindes entspricht. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Sorgerecht f ü r jüngere Kinder der Mutter zuzusprechen ist, da diese noch in besonderem Maße der mütterlichen Liebe und Pflege bedürfen (Halsbury-Simonds, The Laws of England XXI 3. Aufl. 1957, 194; Bromley aaO 292). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Weiter ist wichtig, wie die Eltern ihre elterlichen Verpflichtungen in der Vergangenheit wahrgenommen haben und ob etwa ihr eigenes Verhalten dazu geführt hat, daß die Kinder an eine bestimmte Umgebung gewöhnt worden und in dieser aufgewachsen sind, so daß es f ü r die Kinder von 52 IPR 1964/65
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Nachteil wäre, sie aus dieser Umgebung herauszureißen (vgl. Lyons v. Blenkin [1821], Jacob 245 und Bromley aaO 293) . . . Die Eltern haben bei der Scheidung eine Vereinbarung dahin getroffen, daß das Sorgerecht über die Kinder der Mutter zustehen sollte. Daran ist das Gericht auch nach englischem Recht gebunden, es sei denn, die Regelung wäre mit dem Wohl der Kinder nicht vereinbar (Bromley aaO 288). Die Vereinbarkeit mit dem Wohl der Kinder steht nach der Überzeugung der Kammer jedoch außer Zweifel. Zu berücksichtigen ist ferner, daß die Ehe aus dem Verschulden des Vaters geschieden worden ist und daß auch nach englischer Rechtsauffassung eine Vermutung d a f ü r spricht, daß es besser ist, dem unschuldigen Elternteil das Sorgerecht zu übertragen (Bromley aaO 298). Diese Vermutung ist aufgrund der bisherigen Ermittlungen bestätigt worden. Allerdings m u ß der Beschluß des AG dahingehend eingeschränkt werden, daß der Mutter nur das Personensorgerecht f ü r die Kinder zusteht. Es ist dies der Begriff der ,custody' im englischen Recht, dem in etwa die Personensorge des deutschen Rechts entspricht. Nach englischem Recht haben die Eltern nicht die Befugnis, kraft ihrer Eigenschaft als Eltern ihre Kinder in Vermögensangelegenheiten zu vertreten (Halsbury aaO 201). Nur soweit in Vermögensangelegenheiten eine Vertretung erforderlich ist, kann vom Gericht ein guardian bestimmt werden, wobei allerdings den Eltern der Vorzug zu geben ist (vgl. Halsbury aaO 209). Ein solches Bedürfnis besteht jedoch zur Zeit nicht. Die custody berechtigt die Eltern, jegliche zur Erziehung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und in diesem Rahmen auch Verträge abzuschließen. Die Übertragung des Sorgerechts im Sinne der englischen custody ist auch mit der Entscheidung des High Court vom 30. 5. 1963, durch die die Kinder zu Wards of the Court erklärt worden sind, vereinbar. Obwohl diese Regelung — wie bereits dargelegt — in Deutschland anerkannt werden kann, steht die Entscheidung der Kammer nicht im Widerspruch zu der vom High Court getroffenen Regelung. Die Übertragung der custody auf einen Elternteil ist nämlich - wie ebenfalls schon ausgeführt - auch im Rahmen der Anordnung, durch die die Kinder zu Wards of the Court erklärt worden sind, möglich, und zwar derart, daß ein Elternteil zum guardian ernannt wird und er auf diese Weise die custody erhält (vgl. Bromley aaO 278; Halsbury aaO 341). Die Kammer trägt keine Bedenken, im Wege der Angleichung an die deutschen Verhältnisse, die auch nach englischem Recht unter den gegebenen Umständen mögliche Verteilung der .custody' auf den einen oder anderen Elternteil durch eine Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter zu erreichen. Die Kammer konnte auch dem Hilfsantrag des Vaters nicht stattgeben, mit dem begehrt wird, der Mutter die Ausübung des Sorgerechts n u r solange zu gestatten, bis das zuständige englische Gericht eine Sorgerechtsregelung trifft.
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Dazu besteht keine Veranlassung. Es ist zu berücksichtigen, daß die deutschen Gerichte nicht im Rahmen einer Notzuständigkeit tätig geworden sind. Außerdem würden die deutschen Gerichte durch eine nur vorläufige Regelung ihre Zuständigkeit selbst wieder in Frage stellen und vor der konkurrierenden Zuständigkeit der englischen Gerichte zurückweichen. Gerade dazu aber besteht kein Grund, wie bereits oben dargelegt worden ist. Schließlich soll auch nach englischem Recht die Sorgerechtsregelung endgültig sein, da nur so das Wohl des Kindes ausreichend gewahrt werden kann (vgl. Halsburg aaO 194). Endlich besteht auch kein Bedürfnis füi eine nur vorläufige Regelung. Wie der Beschwf. selbst vorgetragen hat, will der englische High Court ohnehin solange keine eigene Sorgerechtsregelung treffen, wie der Beschluß des AG besteht." 2 8 7 . Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich in Personensorgesachen aus der örtlichen Zuständigkeit eines deutschen Vormundschaftsgerichts. Die Bestimmung des §11 Satz 2 JWG gilt entsprechend, wenn das Kind zwar nicht im Inland, wohl aber im Ausland einen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. BayObLG, Beschl. vom 29.12. 1964 - BReg. l a Z 250/64: BayObLGZ 1964, 443; FamRZ 1965, 155; N J W 1965, 869; Rpfleger 1965, 236; Leitsatz in DRiZ 1965 B 79 Nr. 1096; BayJMBl. 1965, 44; BWNotZ 1965, 188. Das Kind I. S. ist aus der Ehe der Beschwf. mit ihrem früheren Ehemann R. S. hervorgegangen; es besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ehe der Eltern ist durch rechtskräftiges Urteil des LG Kempten im Jahre 1959 geschieden worden; entsprechend einer Vereinbarung der Eltern hat das AG Weiler-Lindenberg die elterliche Gewalt über das Kind der Mutter übertragen. Beide Eltern sind wieder verheiratet. Die Mutter befindet sich mit dem Kind in G./Tessin (Schweiz), der Vater in L./Allgäu. Mit Schreiben vom 28. 6. 1963 beantragte der Vater beim AG Berlin-Schöneberg, seinen persönlichen Verkehr mit dem Kind zu regeln und ihm zu gestatten, das Kind jährlich während der Sommerferien auf zwei Wochen zu sich zu nehmen. Dieses Gericht gab die Sache an das AG Weiler-Lindenberg ab, das dem Vater am 19. 6. 1964 diese Befugnis zuerkannte. Die Beschwerde der Mutter hatte keinen Erfolg. Sie hat weitere Beschwerde eingelegt.
Aus den Gründen: „Das AG Weiler-Lindenberg war zur Entscheidung zuständig. I. S. besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit, hat aber im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt. Zuständig war daher zunächst das AG Berlin-Schöneberg (§§ 43, 36 II Satz 1 FGG), das aber die Sache mit bindender Wirkung (§ 36 II Satz 2 FGG) am 4. 7. 1963 an das AG Weiler-Lindenberg abgegeben hat. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich — jedenfalls in Personensorgesachen — aus der örtlichen Zuständig52*
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keit eines deutschen Vormundschaftsgerichts (BayObLGZ 1959, 8 1 ) . Dabei kommt es weder darauf an, ob sich ein Teil der Beteiligten im Ausland befindet (aaO), noch braucht geprüft zu werden, ob die Entscheidung der deutschen Gerichte im Ausland anerkannt wird (aaO 18 ff.). Nach der Sachlage konnte das LG davon ausgehen, daß der Vater die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, so daß der Entscheidung das deutsche sachliche Recht (§ 1634 BGB) zugrunde zu legen ist (Art. 19 Satz 1 EGBGB). Dabei ist es unerheblich, daß der Vater nicht die elterliche Gewalt hat (Palandt, [BGB] 24. Aufl., Anm. 2 zu Art. 19 EGBGB)... Nach dem § 48 I Satz 2 JWG mußte das Vormundschaftsgericht vor seiner Entscheidung das zuständige Jugendamt hören. Die Zuständigkeit des Jugendamts richtet sich nach dem § 11 JWG. Da I. S. einen gewöhnlichen Aufenthaltsort zwar nicht in der Bundesrepublik Deutschland, wohl aber im Ausland hat, führt weder die unmittelbare Anwendung des Satzes 1 noch des Satzes 2 des § 11 JWG, der übrigens erst durch das Änderungsgesetz vom 11.8.1961 (BGBl. I 1193) seine jetzige Fassung erhalten hat, zur Bestimmung des zuständigen Jugendamts. Satz 2 im besonderen regelt jedenfalls nach seinem Wortlaut nur den Fall, daß das Kind, wie dies bei Landfahrern und ähnlichen Personen vorkommt (Jans-Happe, Anm. 3 B zu § 1 1 JWG), überhaupt keinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Eine Beteiligung der entsprechenden ausländischen Behörde, in deren Bezirk sich das Kind gewöhnlich aufhält, scheidet seihon deshalb aus, weil dem zuständigen Jugendamt durch das Gesetz verschiedene Pflichten auferlegt sind (vgl. z. B. § 1694 BGB, § 48 I Satz 1 JWG), was bei einer ausländischen Behörde nicht möglich ist. Aus der Regelung des § 48 JWG i. V. m. § 11 JWG kann auch nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, daß in Fällen der vorliegenden Art eine Beteiligung des Jugendamts überhaupt nicht gewollt sei. Dem Grundgedanken des Gesetzes entspricht eine andere Auffassung, zumal nicht erkennbar ist, weshalb auf die Erfahrungen und Fachkenntnisse des Jugendamts verzichtet werden sollte, wenn es, wie hier, über die Persönlichkeit des Verkehrsberechtigten und die Verhältnisse bei ihm sachdienliche Auskunft geben kann. In entsprechender Anwendung des § 11 Satz 2 JWG ist hier als zuständig das Jugendamt anzusehen, in dessen Bezirk das Bedürfnis der öffentlichen Jugendhilfe hervortritt; das ist im vorliegenden Fall das Kreisjugendamt L. (Bodensee), da in dessen Bezirk der persönliche Verkehr mit dem Vater stattfinden soll. Dieses Jugendamt ist ordnungsgemäß gehört worden." 2 8 8 . Vor der Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses für eine Deutsche ist ihre Ehefähigkeit nach deutschem Recht zu prüfen. Die Prüfung der Ehefähigkeit ihres ausländischen Verlobten ist Aufgabe der für die Eheschließung zuständigen Auslandsstelle. Für die Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses ist jedoch erforderlich, daß in der Person des Ausländers kein doppelseitig wirkendes deutsches Ehehindernis besteht. Ein derartiges Hindernis ist nicht gegeben, wenn kein Auseinandersetzungs1
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Zeugnis gemäß § 9 Ehegesetz für den ausländischen Verlobten hinsichtlich seines minderjährigen ehelichen Kindes deutscher Staatsangehörigkeit vorliegt. AG Hamburg, Beschl. vom 8 . 1 . 1 9 6 5 - 60 III 3/1965: StAZ 1965,185. Die deutsche ASt. will in Schweden die Ehe mit dem schwedischen Staatsangehörigen B. eingehen, der ein in Rostock lebendes eheliches Kind hat, das noch minderjährig ist. Sie beantragt hierzu das nach schwedischem Gesetz erforderliche Ehefähigkeitszeugnis bei dem nach § 69 b I PStG zuständigen Standesbeamten des Standesamts Hamburg-Altona. Der Standesbeamte hat Bedenken, das Ehefähigkeitszeugnis ohne Vorlage eines Zeugnisses nach § 9 EheG hinsichtlich des schwedischen Verlobten auszustellen und legt daher die Sache dem AG zur Entscheidung vor. Die Aufsichtsbehörde hat Stellung genommen. Sie teilt die Bedenken des Standesbeamten. Aus den Gründen: „Die Vorlage ist nach § 45 II PStG zulässig. Die Bedenken des Standesbeamten sind jedoch nicht gerechtfertigt. Der Standesbeamte darf die Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses nicht von der Vorlage eines Zeugnisses nach § 9 EheG abhängig machen. § 9 enthält ein einseitiges Ehehindernis (Eheverbot), das sich gegen den Verlobten richtet, der das Zeugnis beibringen m u ß . Es gilt f ü r alle Personen, deren Ehefähigkeit sich nach deutschem Recht richtet. Ausländer, deren Ehefähigkeit sich nicht nach deutschem Recht richtet, brauchen daher ein Zeugnis nach § 9 EheG nicht vorzulegen. Selbst dann nicht, wenn das Rechtsverhältnis zwischen Vater und Kind sich nach Art. 19 EGBGB nach der deutschen Rechtsordnung bestimmt. Das von Giffhorn in StAZ 1956, 178 und von Massfeller-H off mann, [PStG] vor §§ 3 ff. PStG Anm.24 b) zu § 9 EheG erörterte Problem zeigt sich hier nicht. Dort handelt es sich u m die Frage, ob im schutzwürdigen Interesse des deutschen Kindes dem Art. 19 EGBGB gegenüber Art. 13 EGBGB der Vorzug zu geben und die Eheschließung von der Vorlage eines Zeugnisses nach § 9 EheG abhängig zu machen ist, während hier lediglich zur Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses die Ehefähigkeit der deutschen ASt. zu p r ü f e n ist. Hierbei darf nicht außer acht bleiben, daß die zum Schutze des Kindes berufene deutsche Rechtsordnung, eine dem § 9 EheG entsprechende Schutzvorschrift nicht kennt. Nach interZoira/rechtlichen Regeln ist die Rechtsordnung des ständigen Aufenthalts maßgeblich, hier der sowjetischen Besatzungszone, deren Eherecht zumindest faktisch in der VO über Eheschließung u n d E h e a u f lösung vom 24.11. 1955 geregelt ist. W e n n nach § 488 IV DA der Standesbeamte selbst d a n n das Ehefähigkeitszeugnis ausstellen muß, wenn in der Person des ausländischen Verlobten nach dessen Heimatrecht ein Ehehindernis besteht, das den Standesbeamten zur Ablehnung der Eheschließung berechtigen würde, d a n n k a n n er die Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses erst recht nicht ablehnen, wenn in der Person des Ausländers n u r ein einseitiges Ehehindernis einer f ü r ihn f r e m d e n Rechtsordnung vorliegt.
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Die Tätigkeit des Standesbeamten hat sich bei der Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses f ü r die ASt. auf die Feststellung 1) des Bestehens eines Ehehindemisses in der Person der ASt. (§ 488 I DA), 2) der Persönlichkeit des ausländischen Verlobten (§ 489 I DA), 3) des Bestehens eines doppelseitig wirkenden deutschen Ehehindernisses in der Person des ausländischen Verlobten (§ 488 I DA), zu beschränken. Zur P r ü f u n g der Ehefähigkeit des ausländischen Verlobten ist der Standesbeamte nicht zuständig u n d berechtigt, was aus dem Wortlaut des § 489 I DA und daraus hervorgeht, daß er ein Ehefähigkeitszeugnis f ü r den Ausländer nicht fordern darf. In Übereinstimmung mit dieser Auffassung u n d unter Klärung des zwischen § 488 I und § 489 I DA scheinbar bestehenden Widerspruchs lautet § 358 II des E n t w u r f s einer neuen Dienstanweisung (DA 1963 I I ) : ,(2) Vor Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses hat der Standesbeamte folgendes zu beachten: 1. sind beide Verlobte Deutsche oder unterliegen sie deutschem Recht (§ 130), so ist ihre Ehefähigkeit nach deutschem Recht in gleicher Weise zu prüfen, als ob ein Aufgebot für eine inländische Eheschließung anzuordnen sei; 2. ist nur ein Verlobter Deutscher, so ist seine Ehefähigkeit nach deutschem Recht zu prüfen, jedoch ist für den ausländischen Verlobten kein Ehefähigkeitszeugnis und keine Befreiung hiervon zu fordern. Die Prüfung der Ehefähigkeit des ausländischen Verlobten ist Aufgabe der für die Eheschließung zuständigen Stelle. Vor Ausstellung des Ehefähigkeitszeugnisses ist jedoch von dem ausländischen Verlobten der übliche Nachweis über die Richtigkeit zu den Angaben seiner Person zu fordern und zu prüfen, ob in seiner Person ein doppelseitig wirkendes deutsches Ehehindernis liegt; z. B. das Ehehindernis des Ehebruchs oder der Doppelehe.' Da das Fehlen des Zeugnisses nach § 9 EheG f ü r den ausländischen Verlobten ein doppelseitig wirkendes Eheverbot nicht darstellt u n d die Ehefähigkeit der ASt. nicht beeinträchtigt, erweisen sich die Bedenken des Standesbeamten als unberechtigt. E r w a r daher anzuhalten, diese Bedenken bei der Entscheidung über die Erteilung des Ehefähigkeitszeugnisses fallen zulassen." 289. Das deutsche Gericht ist für die Sorgerechtsregelung international zuständig, wenn die Ehe in Deutschland geschieden ist und das Kindeswohl die Sorgerechtsregelung erfordert. Nach niederländischem Recht muß für das Kind ein Hauptvormund und ein in den Niederlanden lebender Gegenvormund bestellt werden. Das deutsche Gericht kann nur die Entscheidung über die Bestellung des Hauptvormundes treffen. Den Gegenvormund muß ein niederländisches Gericht bestellen. AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Beschl. vom 22. 2. 1965 - GR 738/64: Unveröffentlicht. Die Eltern und das Kind haben die niederländische Staatsangehörigkeit. Die Mutter hat außerdem noch die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ehe der Eltern wurde durch Urteil des LG Stuttgart vom 24. 7. 1964 aus Verschulden des Vaters
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geschieden. Die Eltern haben in der Ehescheidungssache vor dem LG Stuttgart vereinbart, daß die elterliche Gewalt der Mutter übertragen werden soll. Der Vater bestreitet die Zuständigkeit des deutschen Gerichts. Er bringt vor: Für die Regelung der elterlichen Gewalt über ein Kind, das zwar in Deutschland geboren ist, aber die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt, sei ein niederländisches Gericht zuständig. Aus den Gründen: „Das deutsche Gericht ist für die Sorgerechtsregelung zuständig, wenn die Ehe in Deutschland geschieden ist und das Kindeswohl die Sorgerechtsregelung erfordert. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Es geht nicht an, die Frage der Regelung der elterlichen Gewalt lange Zeit im ungewissen zu lassen. Es können Entscheidungen erforderlich werden (z. B. Impfung, Operation, Beschaffung eines Passes usw.), die eine klare Regelung der Frage der elterlichen Gewalt erfordern. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist daher gegeben (vgl. Palandt, Komm, zum BGB, 21. Aufl., Anm. 5 zu Art. 19 EGBGB). Nach niederländischem Recht muß für das Kind ein Hauptvormund und ein in den Niederlanden lebender Gegenvormund bestellt werden (Art. 401 II B W ) . Das deutsche Gericht kann nur die Entscheidung über die Bestellung des Hauptvormundes treffen. Der Gegenvormund muß durch ein niederländisches Gericht bestellt werden. Wegen der Bezeichnung des zuständigen Gerichts in den Niederlanden für die Bestellung des Gegenvormunds hat sich das AG Stuttgart-Bad Cannstatt bereits an die Niederländische Botschaft in Bonn gewendet. Die Mutter beantragt, ihr die elterliche Gewalt über das Kind zu übertragen, bzw. sie zum Hauptvormund für das Kind zu bestellen. Die Jugendämter Stuttgart und Ludwigsburg befürworten diesen Antrag. Der Vater hat in der Sache bisher keinen Antrag gestellt. Es entspricht dem Wohl des Kindes, die Mutter zum Hauptvormund zu bestellen. Die Übertragung der elterlichen Gewalt auf den Vater würde dem § 1671 I I I BGB und damit dem Art. 30 EGBGB widersprechen und ist daher unzulässig. Die Übertragung der Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes auf einen Vormund oder Pfleger wäre nicht gerechtfertigt, da die Mutter nach dem Bericht des Jugendamtes Ludwigsburg vom 19. 1. 1965 das Kind gut versorgt. Die Möglichkeit, daß die Mutter mit ihrem jetzigen Ehemann und dem Kind nach den USA auswandert und damit das nach deutschem Recht bestehende Verkehrsrecht des Vaters nicht ausgeübt werden kann, rechtfertigt es nicht, eine mit § 1671 I I I BGB nicht im Einklang stehende Anordnung zu treffen." 290« Der buchstabengetreuen Umschreibung von griechischen in lateinische Buchstaben kann vor der Übertragung nach phonetischen Gesichtspunkten der Vorzug gegeben werden. OLG Frankfurt, Beschl. vom 12. 4.1965 - 6 W 609/64: StAZ 1965, 303.
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Der AGg. zu 1) ist griechischer Staatsangehöriger und hält sich seit dem Jahre 1942 in Deutschland auf. Nach seinen Angaben wurden im Heiratseintrag sein Vorname mit „Georges" und sein Familienname mit „W." beurkundet. Entsprechend lauten seine und die Unterschriften seiner Ehefrau im Heiratseintrag sowie im Geburtseintrag seines Sohnes, des AGg. zu 2), die Angaben über den Familiennamen von Vater und Mutter. In seinem Einbürgerungsverfahren hat der AGg. zu 1) eine in neugriechischer Sprache verfaßte Urkunde des Bürgermeisters von Thessaloniki über seine Eintragung in den Männermatrikeln dieser Stadt vorgelegt. Das gab der Aufsichtsbehörde des Standesamts Veranlassung, die Anordnung zu beantragen, daß durch Beischreibung der Vorname des AGg. in „Georgios" und sein Familienname in „W." und entsprechend auch die Namensunterschriften im Heiratseintrag sowie die Angaben im Geburtseintrag berichtigt würden. Das AG hat dem Antrag stattgegeben. Es hat sich dabei auf die Ansicht von Reck in DÖV 1960, 331 ff. berufen, nach der der buchstabengetreuen Umschreibung vor der nach phonetischen Gesichtspunkten der Vorzug zu geben ist. Das LG gab der sofortigen Beschwerde der AGg. nicht statt. Es hat die Ausführungen des AG im Interesse der Rechtssicherheit und der Klarheit der Umschreibung gebilligt. Gegen diesen ihm am 11. 12. 1964 zugestellten Beschluß haben die AGg. am 24.12. 1964 sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Sie rügen mangelnde Sachaufklärung und Verletzung des rechtlichen Gehörs. Aus den Gründen: „Die nach §§ 48 I, 49 PStG, 22, 27 FGG zulässige Beschwerde ist sachlich nicht begründet. Das LG hat das Gesetz nicht verletzt. F ü r eine weitere Aufklärung des Sachverhalts bestand keine Veranlassung. Zwar ist die Umschreibung von W o r t e n aus der einen in die andere Sprache zunächst eine Tatfrage, weil die Regeln der Rechtschreibung zu beachten sind. Soweit aber diese Regeln keine sichere Auskunft darüber geben, liegt es im richterlichen Ermessen, welche von mehreren Umschreibungsmöglichkeiten zu wählen ist, u m dem E r f o r d e r n i s der Richtigkeit der Umschreibung gerecht zu werden. Dieser Fall ist hier gegeben, da im Neugriechischen Buchstaben verwendet werden, f ü r die es keine entsprechenden in der lateinischen Schrift gibt. W e n n das LG daher die Umschreibungsmethode guthieß, die es aus Gründen der Rechtssicherheit f ü r die Beste hält, so braucht es dazu keine weitere Sacha u f k l ä r u n g durch Einholung von Gutachten zu betreiben. Diese hätten das Gericht nicht von der eigenen Entscheidung darüber befreit, ob die laut- oder die buchstabengetreue Umschreibung oder eine gemischte Methode den Vorschriften über die Eintragung in den Personenstandsregistern gerecht wird. Das LG hat sein Ermessen auch nicht verkannt. Es hat die Vorzüge der von Reck vorgeschlagenen Methode gewürdigt u n d sie besonders in d e r Sicherheit im Rechtsverkehr gesehen. Das ist ein beachtlicher Gesichtspunkt, gegen den nichts einzuwenden ist. Der Vorschlag von Reck ist überzeugend, u n d es k a n n bei ihm nichts gefunden werden, was mit den Regeln einer Umschreibung sachlich nicht zu vereinbaren wäre. Zwar schreibt § 112 IV DA vor, daß bei Fremdsprachen, die a n d e r e als lateinische Buchstaben verwenden, der Name nach seinem Klang u n d den Lautregeln der deutschen Rechtschreibung zu schreiben sei. Diese inner-
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dienstliche Weisung an den Standesbeamten bindet aber weder das Gericht (Pfeiffer-Strickert, PStG, § 1 Anm. 3), noch gibt sie dem einzelnen Staatsbürger ein durchsetzbares Recht (BayObLG, StAZ i960, 320). Nach diesen Darlegungen ist auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht zu erkennen. Die vom LG bestätigte Anordnung des AG ist mit dem Gesetz vereinbar und in einem nicht zu beanstandenden Verfahren getroffen worden." 2 9 1 . Eine ausschließliche internationale Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts zur Sorgerechtsregelung nach Scheidung der Ehe ergibt sich daraus, daß der Vater deutscher Staatsangehöriger ist und die Entscheidung sich folglich gemäß Art. 19 EGBGB nach deutschem Recht richtet. AG Berlin-Schöneberg, Beschl. vom 12.7.1965 - 50 X 985/64: Unveröffentlicht. Die Ehe der Kindeseltern ist durch rechtskräftiges Urteil des LG Berlin vom 30.11. 1964 aus beiderseitigem Verschulden der Ehegatten geschieden worden. In einem gerichtlichen Vergleich vom gleichen Datum haben die Eltern vereinbart, daß die elterliche Gewalt für das aus der Ehe hervorgegangene Kind Bettina der Mutter übertragen werden solle. Das Kind lebt bei den mütterlichen Großeltern in Davos-Platz und ist dort nach Mitteilung der Vormundschaftsbehörde des Kreises Davos, die eine provisorische Vormundschaft für das Kind errichtet hat, sehr gut aufgehoben. Die noch minderjährige Kindesmutter (geboren am 21.11.1944), die Schweizerin ist, wurde in der Schweiz unter Vormundschaft gestellt und befindet sich zur Nacherziehung in dem Mädchenheim Wienerberg, St. Gallen. Der Vater, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und in Berlin wohnhaft ist, hat sich auf die Anfragen des Gerichts und des Jugendamts Neukölln zur Regelung der elterlichen Gewalt nicht geäußert. Aus den Gründen: „Für die Regelung der elterlichen Gewalt nach der Scheidung der Kindeseltern ist gemäß § § 43, 36 I I FGG das AG Schöneberg örtlich zuständig, weil das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt hat. Die ausschließliche internationale Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts ergibt sich daraus, daß der Vater deutscher Staatsangehöriger ist und die Entscheidung sich folglich gemäß Art. 19 EGBGB nach dem deutschen Recht richtet... Die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes muß . . . gemäß § 1671 V BGB einem Vormund übertragen werden. Da das Kind in der Schweiz lebt und dort voraussichtlich auch bleiben wird, wäre es nicht zweckmäßig, wenn die Vormundschaft hier geführt würde. Im Interesse des Kindes ist daher die Auswahl und Bestellung des Vormunds gemäß § 47 FGG der Vormundschaftsbehörde des Kreises Davos übertragen worden, die sich bereit erklärt hat, die Vormundschaft zu übernehmen."
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2 9 2 . Die internationale Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts zur Sorgerechtsregelung nach Scheidung ergibt sich aus seine'r örtlichen Zuständigkeit. Die Anwendung der Regeln über die Verteilung der elterlichen Gewalt im syrischen (islamischen) religiösen Recht verstößt gegen den deutschen ordre public. L G München I, Beschl. v o m 30. 8.1965 - 13 T 343/65: Unveröffentlicht. Die Ehe des syrischen Staatsangehörigen Radwan A. und seiner Ehefrau Elfriede A. wurde durch Urteil des LG München I vom 16. 6.1964 aus Alleinverschulden des Ehemanns rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe ist das Kind Galeb A., geb. 16. 4. 1958, hervorgegangen. Das Kind lebt im Haushalt der Mutter in München. Der Vater hat seinen Wohnsitz in Algier. Am 10. 12. 1964 beantragte die Mutter beim AG München, ihr die elterliche Gewalt über das Kind Galeb zu übertragen. Das AG erholte zur Frage der Anwendung syrischen Rechts ein Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 28. 4-1965, in dem in Ergänzung zu einem in einem anderen Verfahren des AG München erstatteten Gutachten vom 24. 2. 1964 ausgeführt wird, daß sich die Erteilung der elterlichen Gewalt im vorliegenden Falle nach deutschem Recht bestimmt, und übertrug mit Beschluß vom 24. 6. 1965 die elterliche Gewalt der Mutter. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Vater mit der Beschwerde. Aus den Gründen: „1. Das AG München w a r zur Entscheidung zuständig. Z w a r handelt es sich bei dem Vater um einen syrischen Staatsangehörigen, so daß sich das Rechtsverhältnis zu seinem ehelichen Kinde grundsätzlich nach syrischem Recht beurteilt (Art. 19 EGBGB; Palandt, BGB, 24. Aufl., Art. 19 EGBGB Anm. 2). Die deutsche internationale Zuständigkeit f ü r das AG München zur Sachentscheidung ergibt sich jedoch aus seiner örtlichen Zuständigkeit (.Palandt aaO Anm. 5; B a y O b L G Z 1959, 8 1 ; [ B a y O b L G ] F a m R Z 1962, 480, 481 2 ). Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § § 43 I, 36 I Satz 1 FGG, da das Kind jedenfalls seinen inländischen Aufenthalt in München hat. Die von dem Vater vorgetragene Entscheidung des Vormundschaftsgerichts in Homs/Syrien läßt die deutsche internationale Zuständigkeit unberührt (BayObLGZ 1959, 8, 23), so daß das AG München dadurch an einer Sachentscheidung grundsätzlich nicht gehindert war. 2. Die elterliche Gewalt ist zu Recht der Mutter übertragen worden. Die Frage der Verteilung der elterlichen Gewalt über das Kind Galeb A. beurteilt sich grundsätzlich nach syrischem Recht, da sein Vater die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (Palandt aaO Anm. 2). Maßgebend ist danach das syrische (islamische) religiöse Recht (Gutachten v o m 24. 2.1964). Die Kammer ist jedoch in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München v o m 28.4.1965 der Auffassung, daß die Anwendung der diesbezüg-
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liehen Regeln des syrischen Rechts gegen den deutschen o r d r e public verstößt u n d daher ausgeschlossen ist (Art. 30 EGBGB). Die sich ergebende Lücke ist mit deutschem Recht zu schließen (vgl. Gutachten vom 28. 4. 1965)." 293. Aus § 31 PStG ist die internationale Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts im Verfahren der Feststellung der Legitimation eines unehelich geborenen Kindes durch nachfolgende Ehe seiner Eltern herzuleiten, um eine Eintragung im deutschen Geburtenbuch zu ermöglichen, auch wenn gemäß Art. 22 EGBGB für die Legitimation ausländisches materielles Recht anzuwenden ist. Einer vorgängigen Entscheidung eines ausländischen Gerichts bedarf es nicht. OLG Stuttgart, Beschl. vom 24. 9. 1965 - 8 W 202/65: DAVorm. 1966, 92 ; Leitsatz in Die Justiz 1966,14. Das Kind Stephen R. wurde am 22. 12.1961 in Ludwigsburg außerehelich geboren. Die Eltern des Kindes, Sieglinde Mc K. und Roy Patton D., haben am 26. 1.1962 vor dem Standesamt Kornwestheim die Ehe geschlossen. Durch Beschluß vom 21. 5.1962 hat das AG die Feststellung abgelehnt, daß das Kind durch die Eheschließung der ASt., Eheleute D., die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangt habe. Das AG ist davon ausgegangen, das deutsche Gericht sei nicht zuständig, da Roy Patton D. Angehöriger der amerikanischen Streitkräfte sei. Die Beschwerde des Kreisjugendamts (als Amtsvormund) hat das LG durch Beschluß vom 29. 6. 1962 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Kreisjugendamts. Aus den Gründen: „1. Das LG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, das deutsche Gericht könne die Gerichtsbarkeit im vorliegenden Falle ausüben, anzuwenden sei das materielle Recht des Staates Tennessee/USA, da der Vater des Kindes Angehöriger dieses Staates sei. Das LG hat d a n n jedoch angenommen, nach dem Recht des Staates Tennessee sei eine gerichtliche Anerkennung des dortigen Kreisgerichts (county court) erforderlich; solange eine solche Anordnung nicht vorliege, könne das deutsche Vormundschaftsgericht die Legitimation nicht feststellen. Diese Auffassung verkennt, daß aus § 31 I PStG die internationale Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichts herzuleiten ist (vgl. BayObLG, FamRZ 1958, 384 ^ 1959, 375 2 ; OLG F r a n k f u r t , F a m R Z 1958, 232 3 ). Das deutsche Vormundschaftsgericht ist zur Entscheidung berufen, ohne vorgängige Entscheidung eines ausländischen Gerichts. Das vorliegende Verfahren ist erforderlich, u m eine Eintragung im deutschen Geburtenbuch zu ermöglichen; n u r auf Grund des rechtskräftigen, die Legi1 3
IPRspr. 1958-1959 Nr. 129. IPRspr. 1958-1959 Nr. 201.
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 142.
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timation aussprechenden Beschlusses des Vormundschaftsgerichts ( § 3 1 I I I PStG) kann die Legitimation im deutschen Geburtenbuch eingetragen werden ( § 3 1 V S a t z l P S t G ) . Die vom LG zitierte gesetzliche Vorschrift des Staates Tennessee kann übrigens nicht so verstanden werden, daß sie auch den vorliegenden Fall umfaßt, in dem das Kind nicht in dem Gebiet der USA geboren wurde und die Mutter und damit auch das Kind deutsche Staatsangehörige sind. Hinzuzufügen ist, daß auch die Vormundschaft für das Kind erst mit der Feststellung der Legitimation durch das Vormundschaftsgericht endet (§ 1883 BGB). 2. Die Legitimation setzt nach dem Recht des Staates Tennessee voraus, daß sich der Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet. Diese tatsächlichen Umstände, insbesondere daß der Ehemann der Mutter Erzeuger des Kindes ist, hat das LG ohne Rechtsirrtum festgestellt. Hinsichtlich der Eheschließung liegt die Heiratsurkunde des Standesamts Kornwestheim vor; ferner hat der Ehemann der Mutter die Vaterschaft anerkannt und hat die Mutter erklärt, dieses Vaterschaftsanerkenntnis sei richtig, nur ihr (jetziger) Ehemann habe mit ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit verkehrt. Im Hinblick auf diese Erklärungen haben das AG und LG keine sonstigen Ermittlungen (§ 12 FGG) angestellt, wogegen keine rechtlichen Bedenken bestehen. 3. Da somit alle erforderlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Legitimation vorliegen, ist das Rechtsbeschwerdegericht in der Lage, selbst ohne Zurückverweisung zu entscheiden und in Abänderung der Beschlüsse des AG und LG dem Antrage stattzugeben." 2 9 4 . Fallen die Tatsachen, welche die örtliche Zuständigkeit begründen, mit den für die Sachentscheidung maßgeblichen Tatsachen zusammen, so ist die Zuständigkeit eines jeden Gerichts gegeben, das nach den verschiedenen Möglichkeiten der Sachentscheidung in Betracht kommen kann. Ist zweifelhaft, ob ein uneheliches Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, und hat es weder Wohnsitz noch Aufenthalt im Bundesgebiet, so ist das Gericht für die Feststellung der Legitimation durch nachfolgende Eheschließung örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge hervortritt. BayObLG, Beschl. vom 25.10.1965 - BReg. l a Z 27/65: BayObLGZ 1965, 366; FamRZ 1966, 377; N J W 1966, 356; DAVorm. 1966, 174; DRspr. IV (470) 103 a; Leitsatz in OLGZ 1966, 234; N J W 1966, 786 mit Anm. Herdemerten; BayJMBl. 1966, 25; RdJ 1966, 218. Die seit 1937 verwitwete Friederike Maria B., geborene K., damals österreichische Staatsangehörige, gebar am 20. 4. 1947 in München einen Knaben, der die Vornamen Alwin Erwin erhielt. In das Geburtenbuch des Standesamts München III wurde eingetragen, Friederike H., geborene K., wohnhaft in München bei ihrem Ehemann, Ehefrau des Bauunternehmers Diplomingenieur Albin H., wohnhaft in München, habe das Kind geboren. In Wirklichkeit waren die Mutter des Kindes und Albin H. damals nicht verheiratet. Erst am 11. 8.1948 schlössen
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sie vor dem Standesamt München III die Ehe, die am 23. 6.1949 durch Urteil des LG München I wieder geschieden wurde. Das Personensorgerecht für das Kind, das als ehelich betrachtet wurde, wurde am 23. 3.1953 der Mutter übertragen, die seit Anfang 1953 mit ihrem Kind in Wien wohnt. Die Mutter wurde nach ihrer Angabe am 20. 12. 1951 aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen. Dem minderjährigen Alwin Erwin wurde am 26.3.1958 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Der Beschwf. Albin H. besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Entsprechend dem Antrag des Beschwf. ordnete das AG München am 22.6. 1961 an, der Eintrag im Geburtenbuch sei dahin zu berichtigen: „Das Kind wurde geboren von Friederika Maria B., geborene K., Witwe seit dem Jahre 1937, ohne Beruf, wohnhaft in München. Die Angaben über den Kindesvater entfallen." Daraufhin stellte die Mutter den Antrag, die Legitimation des Kindes durch die nachfolgende Eheschließung der Eltern festzustellen. Das AG München erließ am 24. 1.1964 einen derartigen Beschluß. Die von Albin H. eingelegte sofortige Beschwerde wies das LG am 9. 4. 1965 zurück. Dagegen wendet er sich mit der weiteren Beschwerde. Aus den Gründen: 2. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, daß zur Feststellung der Legitimation des Kindes durch die nachfolgende Eheschließung der Eltern (§ 31 PStG) die deutschen Gerichte international zuständig sind, da das Geburtenbuch, in das die Legitimation einzutragen ist, am Geburtsort in Deutschland geführt wird (BayObLGZ 1959, 47, 48 1 ; Keidel, [FGG] 8. Aufl., Anm. 5 zu § 69 FGG; Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 28 zu Art. 22 EGBGB). 3. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den Grundsätzen des FGG. Dabei ist der § 43 II von vorneherein u n a n w e n d b a r . Denn, als das Vormundschaftsgericht mit der vorliegenden Sache befaßt wurde, w a r keine Vormundschaft, Pflegschaft oder Beistandschaft f ü r das Kind bei einem deutschen Gericht anhängig. Nicht in Betracht k o m m t ferner der § 36 I FGG, weil Alwin E r w i n weder Wohnsitz noch Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. a) Dagegen käme der § 36 II i. V. mit dem § 43 I FGG, wonach das AG Schöneberg in Berlin-Schöneberg zuständig ist, zum Zuge, w ä r e davon auszugehen, daß das Kind Deutscher ist. W ä r e der anderen Annahme zu folgen, daß das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt, so wäre nach den Darlegungen des OLG F r a n k f u r t ( N J W 1958, 636) 8 , denen sich der Senat (ebenso, wie es das LG in dem angefochtenen Beschluß getan hat) anschließt, das Gericht als das zuständige zu erachten, ,in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge hervortritt'. Dies entspricht dem Rechtsgedanken, der in den § § 37 II und 44 FGG seinen Ausdruck gefunden hat (ebenso Soergel-Kegel, Anm. 29 zu Art. 22 EGBGB; Keidel, Anm. 7 zu § 44 FGG). Da es sich u m die Eintragung im Geburtenbuch des Standesamts München handelt, wäre also das AG München zur Entscheidung im ersten Rechtszug berufen. 1
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b) Die Antwort auf die Frage, ob das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder nicht, hängt davon ab, ob das Kind — was erst mit der rechtskräftigen Entscheidung feststeht (§ 31 III Satz 1 PStG) - nach den deutschen Gesetzen wirksam legitimiert ist. Eben diese Frage ist aber auch der eigentliche Gegenstand des Verfahrens. Die für die örtliche Zuständigkeit maßgebenden Tatsachen fallen demnach mit den die Sachentscheidung bestimmenden Tatsachen zusammen. Dazu ist im einzelnen zu bemerken: Das Kind Alwin Erwin ist unehelich geboren und teilte zunächst die österreichische Staatsbürgerschaft seiner Mutter ( § 3 1 Satz 3 des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 10. 7.1945 - StGBl. Nr. 60, S. 82). Es hat die deutsche Staatsangehörigkeit, da ein anderer Erwerbsgrund nicht ersichtlich ist, in der Folge nur erworben, wenn es durch die Eheschließung der Mutter mit dem Beschwf. im Jahre 1948 legitimiert worden ist (§ 5 RuStAG). Daß das Kind unter der Voraussetzung einer wirksamen Legitimation die damit erworbene Staatsangehörigkeit wieder verloren hätte, ist entgegen der Meinung des LG nicht anzunehmen oder wenigstens sehr unwahrscheinlich. Zwar wurde die Mutter nach ihrer Angabe am 20. 11.1951 aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen, und ihrem minderjährigen Kinde wurde am 26.3. 1958 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Es fehlen jedoch Anhaltspunkte für das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen, bei welchen eine unter elterlicher Gewalt stehende Person aus dem deutschen Staatsverband entlassen werden kann (§ 19 I und II RuStAG; vgl. zu Abs. 2 Maß feller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl., Anm. 6 Abs. 2 und 6 a zu § 19 RuStAG) oder bei welchen sie durch Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25 I i.V. mit § 19 RuStAG) die deutsche Staatsangehörigkeit verliert. c) Im Zivilprozeß bemißt sich der Gerichtsstand, wenn die für die Zuständigkeit maßgebenden Tatsachen mit den klagebegründenden Tatsachen zusammenfallen, nach dem tatsächlichen Vortrag des Klägers, der insoweit keines Beweises bedarf (Wieczorek, [ZPO] Anm. B II a 1 zu § 12 ZPO; Stein-Jonas-Pohle, [ZPO] 19. Aufl., Anm. III 3 vor § 12 ZPO, je mit Angabe der Rechtsprechung). Auf das Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit läßt sich dieser Grundsatz (jedenfalls, soweit kein Antragsverfahren in Frage steht) nicht anwenden. Das RG führte ihn u. a. auf die .Struktur' des Zivilprozeßverfahrens zurück, in welchem eine besondere, vorgängige Erörterung und Entscheidung der Zuständigkeitsfrage vorgesehen ist (§§ 274, 275 ZPO; vgl. dazu RGZ 29, 371; 95, 268, 270), eine Möglichkeit, die im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit mindestens zurücktritt. Der Grundsatz beruht ferner auf dem Gedanken, daß es für die Zuständigkeit auf den behaupteten Anspruch ankomme (RGZ 158, 1, 2). Auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit lassen sich schon die Stellung eines Beteiligten und die Anregung, das Verfahren in Gang zu bringen, nicht mit der Stellung des Klägers im Zivilprozeß und der Klage vergleichen. Es hängt von Zufällig-
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keiten ab, welcher Beteiligte diese Anregung gibt. Es ist überdies möglich, daß es an einer solchen Anregung überhaupt fehlt und daß das Verfahren von Amts wegen eingeleitet und betrieben wird. Gleichwohl ist es auch hier nicht angängig, in der Entscheidung über die Zuständigkeit jene über die Hauptsache vorwegzunehmen. Es widerspräche allen Grundsätzen einer wirtschaftlichen Verfahrensgestaltung, kämen die Gerichte in einem Fall wie dem vorliegenden, möglicherweise nach Erschöpfung des Rechtsmittelzuges, zu dem Ergebnis, daß sie, weil das Kind nicht legitimiert worden ist, n u n nicht etwa in der Sache entscheiden dürften, sondern ihre örtliche Zuständigkeit zu verneinen hätten. Das Verfahren wäre an ein anderes Gericht abzugeben und hätte bei diesem neu zu beginnen. Das wäre u m so m e h r untragbar, als es jedenfalls denkgesetzlich nicht auszuschließen ist, daß das andere Gericht in der Hauptsache zu einem anderen Ergebnis gelangt; da die vorhergehende, auf Erwägungen der örtlichen Zuständigkeit beruhende Abgabe nicht bindet (Keidel, Anm. 5 vor § 3), könnte das nun befaßte Gericht seinerseits seine Zuständigkeit verneinen. Dem Erfordernis, die örtliche Zuständigkeit auf jeden Fall vor der Sachentscheidung zu klären, entspricht es, den beiden Gerichten, die nach den verschiedenen Möglichkeiten der Sachentscheidung in Betracht k o m m e n können, die örtliche Zuständigkeit zuzubilligen, wobei demjenigen Gericht der Vorzug gebührt, das zuerst in der Sache tätig geworden ist (§ 4 FGG). Damit ist ein allgemeiner Grundsatz gefunden, der über den gegenwärtigen Fall hinaus Geltung beanspruchen kann. E r wird den praktischen Bedürfnissen gerecht, da er eine endgültige, von der Entscheidung der Sache schlechthin unabhängige Klärung der Zuständigkeitsfrage erlaubt. Auch dem Fall wird Rechnung getragen, daß das zuerst angegangene Gericht sich einer Tätigkeit in der Sache enthält, weil es die Entscheidung durch das andere Gericht als zweckmäßig ansieht. In dem etwa entstehenden Zuständigkeitsstreit (§ 5 FGG) k a n n das übergeordnete Gericht Erwägungen der Zweckmäßigkeit Raum geben (Keidel, Anm. 6 zu § 4 FGG; Anm. 24 zu § 5 FGG; Jansen, [FGG] Anm. 3 zu § 5 FGG). Hiernach waren im vorliegenden Fall sowohl das AG Schöneberg als auch das AG München zuständig. Das letztere ist durch sein Tätigwerden allein zuständig geworden (Keidel, Anm. 6, Jansen, Anm. 2, je zu § 4 FGG). d) N u r ergänzend ist zu bemerken: Es würde zu keinem anderen Ergebnis f ü h r e n , wäre der feststehende und vom Streit der Eltern unabhängige Sachverhalt zugrunde zu legen, daß nämlich das Kind von der Zeit der Geburt bis zur Eheschließung der Mutter, also bis zur Zeit, zu der das Fürsorgebedürfnis hervortrat, n u r die österreichische Staatsangehörigkeit besessen hat. Ohne Einfluß auf die Entscheidung wäre es ferner, wenn das Kind entgegen der Annahme unter b und entgegen aller Wahrscheinlichkeit eine durch Legitimation erworbene, zunächst n u r unterstellte deutsche Staatsangehörigkeit nachträglich wieder verloren hätte. Auch dann wäre das AG München, und zwar als einziges, zuständig gewesen.
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Es mag schließlich noch bemerkt werden, daß in diesem Zusammenhang nicht erörtert werden muß, ob der unter c dargelegte Grundsatz auch dann noch gilt, wenn sich etwa die Umstände, welche die örtliche Zuständigkeit begründen, und diejenigen, welche f ü r die Sachentscheidung erheblich sind, n u r zum Teil decken. 4. Da der Beschwf. zu der Zeit, die f ü r die Legitimation in Betracht kommt, also zur Zeit der Eheschließung (11. 8.1948), die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, bestimmt sich die Legitimation des unehelichen Kindes nach deutschem Recht (Art. 22 I EGBGB)."
2. Nachlaßsachen Siehe auch Nr. 163, 172, 173, 304 2 9 5 « Die nach Kriegsende unter vorübergehende niederländische Verwaltung gestellten deutschen Gemeinden sind nach Wiederherstellung der deutschen Hoheitsrechte auch für die Zwischenzeit als Inland im Sinne des § 73 FGG anzusehen. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 1.10.1964 - 12 AR 15/64: JMB1. NRW 1965, 94. Der im Juli 1953 verstorbene Erblasser hatte seinen letzten Wohnsitz in Elten (Landkreis Rees). Die Gemeinde Elten war von 1949 bis zum Inkrafttreten des deutsch-niederländischen Grenzvertrages vom 8. 4.1960 unter vorläufige niederländische Verwaltung gestellt. Im April 1964 beantragten die Kinder des Erblassers bei dem AG Emmerich die Erteilung eines Erbscheins. Die Amtsgerichte Emmerich und Berlin-Schöneberg streiten über ihre Zuständigkeit. Das OLG bestimmte gemäß § 5 FGG das AG Emmerich zum zuständigen Gericht. Aus den Gründen: „Das AG Emmerich ist f ü r die Erteilung des am 15. 4.1964 beantragten Erbscheins zuständig. Die örtliche Zuständigkeit f ü r die dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen bestimmt sich nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte (§ 73 I FGG). Das war im vorliegenden Fall Elten (Landkreis Rees). Die Ansicht des AG Emmerich, der Erblasser habe zur Zeit des Erbfalles im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt gehabt, weil die Gemeinde Elten am 23. 7.1953 unter niederländischer Auftragsverwaltung gestanden habe, so daß die Zuständigkeit des AG Schöneberg in Berlin-Schöneberg gegeben sei (§ 73 II FGG), wird nicht geteilt. Die Regierungen Belgiens, Frankreichs, Luxemburgs, der Niederlande, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten haben am 1. 6. 1948 in London ,an der Westgrenze Deutschlands mit vorläufiger Wirkung gewisse Berichtigungen geringeren Umfangs' beschlossen und hierüber am
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22. 3. 1949 in Paris ein Protokoll unterzeichnet. Auf Grund der zur Durchführung dieser Vereinbarung mit Wirkung vom 2 3 . 4 . 1 9 4 9 erlassenen MRVO Nr. 184 (Brit.Z.) (ABl. Nr. 28 S. 1083) - geändert durch MRVO Nr. 204 vom 10. 9. 1949 und AHKG Nr. 20 vom 9. 2. 1950 (AHK ABl. 102) wurde u. a. die Gemeinde Elten .vorläufig der Verwaltung der Regierung der Niederlande überwiesen und nicht mehr als Teil des britischen Kontrollgebiets Deutschlands verwaltet'. Die endgültige Entscheidung über die staatliche Zugehörigkeit der Gemeinde Elten blieb einem mit Deutschland abzuschließenden Friedensvertrag vorbehalten. Auf diese ihm vorläufig übertragenen Rechte hinsichtlich der Gemeinde Elten hat das Königreich der Niederlande in Art. 4 des deutsch-niederländischen Grenzvertrages vom 8. 4. 1960 (BGBl. 1963 II 463) verzichtet. Auf Grund des Art. 1 dieses Grenzvertrages, dem der Deutsche Bundestag mit Gesetz vom 10. 6 . 1 9 6 3 (BGBl. 1963 II 458) zugestimmt hat, ist die Gemeinde Elten mit Wirkung vom 1. 8. 1963 wieder der deutschen Verwaltung unterstellt worden. Die Gemeinde Elten befand sich mithin vom 2 3 . 4 . 1 9 4 9 bis 31. 7.1963 unter vorläufiger niederländischer Verwaltung. Das hatte zwar zur Folge, daß in dieser Zeit in ihrem Gebiet die deutschen Hoheitsrechte und damit die deutsche Gerichtsbarkeit durch das AG Emmerich vorübergehend nicht ausgeübt werden konnten. An ihrer Zugehörigkeit zum deutschen Staatsgebiet und an der deutschen Staatsangehörigkeit der dort lebenden Deutschen hatte sich aber dadurch nichts geändert. Nach Wiederherstellung der deutschen Hoheitsrechte kann deshalb für die Frage, ob Elten zur Zeit des Erbfalls Inland im Sinne der Zuständigkeitsvorschriften des § 73 FGG war, heute nicht mehr entscheidend sein, daß dieses Gebiet — ohne endgültige staats- und völkerrechtliche Wirkung - vorübergehend ausländischer Verwaltung unterstand. Vielmehr ist Elten, nachdem es wieder uneingeschränkt zum Geltungsbereich des deutschen Rechts gehört und deutscher Gerichtsbarkeit untersteht, auch für Vorgänge, die in die Zeit vom 2 3 . 4 . 1 9 4 9 bis 31. 7.1963 fallen, als Inland im Sinne des § 73 FGG anzusehen. Die Art. 22 bis 31 des deutsch-niederländischen Grenzvertrages vom 8. 4. 1960 enthalten insoweit keinen Vorbehalt. Das AG Emmerich, zu dessen Bezirk die Gemeinde Elten gehört, ist mithin zur Bearbeitung des vorliegenden Erbscheinsantrags örtlich zuständig (§ 73 1 FGG)." 296« Die deutsche internationale Zuständigkeit ist für die Ausstellung von gegenständlich beschränkten Erbscheinen nach § 2269 BGB stets zu bejahen. Ist inländischer Nachlaßgegenstand ein Anspruch im rückerstattungsrechtlichen Erfüllungsverfahren, so ist das Nachlaßgericht des Ortes zur Erteilung eines Erbscheines zuständig, an dem die für die Bescheiderteilung zuständige Oberfinanzdirektion ihren Sitz hat. LG Berlin, Beschl. vom 6. 10. 1965 - 84 AR 32/65: RzW 1966, 208. 53 IPR 1964/65
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Die ASt. hat bei dem AG Schöneberg die Ausstellung eines auf das inländische Vermögen des brasilianischen Erblassers Dr. Albert E., zuletzt wohnhaft in Säo Paulo/Brasilien, beschränkten Erbscheins beantragt. Das AG Schöneberg hält sich für örtlich unzuständig und hat die Akten zuständigkeitshalber an das AG Charlottenburg gesandt. Dieses hält sich ebenfalls für örtlich unzuständig, da sich im Bezirk des AG Schöneberg Entschädigungsansprüche befinden, hingegen im Bezirk des AG Charlottenburg keine Nachlaßgegenstände vorhanden seien. Das AG Charlottenburg hat die Sache gemäß § 5 FGG dem LG Berlin als dem gemeinschaftlich oberen Gericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites vorgelegt.
Aus den Gründen: „Der Erblasser war Ausländer (Brasilianer kraft Naturalisation) und hatte zur Zeit des Erbfalls weder Wohnsitz noch Aufenthalt im Inland. Sein letzter Wohnsitz war in Säo Paulo/Brasilien. F ü r den vorliegenden Fall ist gemäß § 73 III FGG jedes deutsche Gericht, in dessen Bezirk sich Nachlaßgegenstände befinden, mit Bezug auf alle im Inland befindlichen Gegenstände zur Erbscheinserteilung zuständig. Die internationale Zuständigkeit bedarf f ü r die Ausstellung von Erbscheinen nach § 2369 BGB keiner besonderen Prüfung, sondern ist hierfür stets zu bejahen (vgl. BayObLG, RzW 1961, 478, 479 mit weiteren Nachweisen 1 ). Als Nachlaßgegenstand kommt in dem vorliegenden Verfahren die Erfüllung eines Anspruchs auf Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände nach der REAO in Betracht. Der Erblasser hatte im Jahre 1939 Schmucksachen an das staatliche Leihamt (heute im Ostsektor Berlins gelegen) zwangsweise abliefern müssen. F ü r den Rückerstattungsanspruch ist nach herrschender Meinung nicht der Sitz des Schuldners, sondern der Ort, an dem sich die Sache befindet (KG, Rpfleger 1961, 439 2 ) oder an dem die Sache entzogen worden ist (BayObLG, RzW 1961, 478 *), f ü r die örtliche Zuständigkeit des Nachlaßgerichts maßgebend. Diese Grundsätze, f ü r das rückerstattungsrechtliche Feststellungsverfahren aufgestellt, können jedoch f ü r das rückerstattungsrechtliche Erfüllungsverfahren keine Geltung haben. Beide Verfahren sind vom Gesetzgeber klar getrennt und unterliegen besonderen Verfahrensvorschriften. Das rückerstattungsrechtliche Feststellungsverfahren endet u. a. mit der Feststellung des Schadens und Verurteilung zum Ersatz dieses Schadens. Demgegenüber wird die Erfüllungsschuld der Bundesrepublik Deutschland als rückerstattungsrechtliche Geldverbindlichkeit in einem vereinfachten Erfüllungsverfahren (als Amtsverfahren) festgestellt (§§ 38-43 BRüG). Dieses Verfahren liegt in den Händen der Oberfinanzdirektionen, in Berlin bei der Sondervermögens- und Bauverwaltung bei dem Landesfinanzamt Berlin in Berlin 12 (Charlottenburg) . . . Mithin ist, da sich der rückerstattungsrechtliche Erfüllungsanspruch gegen eine Gebietskörperschaft richtet, der Anspruch gegen diese Gebietskörperschaft dort belegen, wo die diese Gebietskörperschaft vertretende Behörde ihren Sitz hat. Das ist im vorliegenden Fall die Sondervermögens- und 1
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Bauverwaltung beim Landesfinanzamt Berlin in Berlin 12 (Charlottenburg) . Da diese Behörde im Bezirk des AG Charlottenburg liegt, ist das AG Charlottenburg örtlich zuständig." 2 9 7 . Das deutsche Nachlaßgericht, das zur Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins unter Zugrundelegung italienischen Rechts international zuständig ist, kann auch die in jenem Recht vorgesehene Erklärung der minderjährigen Erben entgegennehmen, sie nähmen die Erbschaft unter dem Vorbehalt des Inventars an. Haben die minderjährigen Erben eines italienischen Staatsangehörigen, der seinen Wohnsitz zur Zeit des Todes in Deutschland hatte und dessen Nachlaß sich ausschließlich in Deutschland befindet, die Erbschaft unter dem Vorbehalt des Inventars vor dem deutschen Nachlaßgericht angenommen, so ist dieses Gericht auch zur Anordnung der Inventarerrichtung berufen. Diese Inventarerrichtung kann nach deutschem Verfahrensrecht angeordnet und durchgeführt werden. Sie bewirkt die beschränkte Haftung der Erben nach italienischem Recht, wenn sie innerhalb der nach diesem Recht vorgesehenen Frist erfolgt. BayObLG, Beschl. vom 2. 12.1965 - BReg. 1 b Z 67/65: BayObLGZ 1965, 423; N J W 1967, 447; JuS 1967, 330; DRspr. I (180) 64 d; Leitsatz in OLGZ 1966,340; DNotZ 1967, 51 Nr. 6; MDR 1966, 330; BayJMBI. 1966, 26. Dazu: Heldrich, Fragen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte: N J W 1967, 417 ff.; Neuhaus, Zur internationalen Zuständigkeit in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit: N J W 1967, 1167 f. Am 19. 2. 1963 starb in München der verheiratete Fotograf Roman Z. Er war italienischer Staatsangehöriger und hatte seinen letzten Wohnsitz in Aufkirchen, AG Starnberg. Er hinterließ seine Ehefrau Ursula Z. und die beiden minderjährigen Kinder Peter, geb. 15. 2. 1952, und Romano Z., geb. 7. 4. 1953. Die beiden Kinder besitzen ebenfalls die italienische Staatsangehörigkeit. Der Erblasser hatte keine letztwillige Verfügung getroffen. Sein gesamter Nachlaß, zu dem kein Grundbesitz gehört, befindet sich in Deutschland. Am 25. 7. 1963 erklärte Ursula Z. zu Niederschrift des AG Starnberg als gesetzliche Vertreterin ihrer beiden Kinder Peter und Romano, daß sie im Namen der Kinder die ihnen auf Grund gesetzlichen italienischen Erbrechts zufallende Erbschaft unter dem Vorbehalt der Errichtung des Inventarverzeichnisses annehme. Ferner beantragte sie die Erteilung eines gemeinschaftlichen beschränkten Erbscheins des Inhalts, daß der Erblasser von seinen beiden Kindern je zur Hälfte beerbt worden ist. Am 25. 7. 1963 erteilte das AG Starnberg Erbschein nach Antrag; in diesem ist bezeugt, daß der Erblasser auf Grund Gesetzes nach italienischem Erbrecht von seinen Kindern je zur Hälfte beerbt worden ist. Am 26. 3. 1964 legten die Erben ein Nachlaßverzeichnis vor. Mit Schreiben vom 30. 6. 1964 stellten die Erben beim AG Starnberg Antrag auf Inventarerrichtung. Am 24. 7. 1964 lehnte das AG Starnberg den Antrag ab. Es nahm an, daß dem deutschen Nachlaßgericht die internationale Zuständigkeit für eine derartige Maßnahme fehle. 53*
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Gegen diesen Beschluß legten die Erben Beschwerde ein mit dem Ziel, den Beschluß des AG aufzuheben und ihrem im ersten Rechtszug gestellten Antrag stattzugeben. Mit Beschluß vom 3. 5.1965 wies das LG München II die Beschwerde der Erben als unbegründet zurück. Es bejahte die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den gestellten Antrag, nahm aber an, Ziel und Zweck des Antrags, nämlich eine Haftungsbeschränkung, seien durch eine Maßnahme des deutschen Gerichts nicht erreichbar. Gegen diesen Beschluß erhob der anwaltschaftliche Vertreter f ü r die Erben, die gesetzlich durch ihre Mutter vertreten sind, weitere Beschwerde mit dem Antrag, den Beschluß des AG aufzuheben und dem Antrag auf Inventarerrichtung stattzugeben. Sie wenden sich insbesondere gegen die Annahme des LG, der nach italienischem Recht vorgeschriebenen Eintragung der Inventarerrichtung in das Erbschaftsregister komme konstitutive Wirkung zu. Sie machen weiter geltend, der Zweck dieses Registers, Mißbräuche zu vermeiden, könne auch durch gleichwertige Maßnahmen des deutschen Verfahrensrechts erreicht werden. Hierfür genüge die Zusammenfassung aller Erklärungen und ihre Niederlegung in den Nachlaßakten. Eine Eintragung der Annahme der Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung in das Grundbuch sei schon deshalb nicht erforderlich, da zum Nachlaß kein Grundbesitz gehöre. Das Institut f ü r Rechtsvergleichung der Universität München (Professor Dr. Ferid) erstattete im Verlauf des Verfahrens am 3. 7. 1963 und 26.11. 1964 Gutachten. Auf Ersuchen des Senats fertigte es unter dem 11. 10. 1965 ein weiteres Gutachten über die Rechtslage. Aus den Gründen: „Die weitere Beschwerde ist statthaft, sie ist formgerecht erhoben, die Erben sind beschwerdeberechtigt (§§ 27, 29, 20 FGG mit § 2003 BGB). 1. Anzuwendendes Recht: Aus den Art. 24, 25 EGBGB ergibt sich der allgemeine Grundsatz, daß jeder nach den Gesetzen des Staates beerbt wird, dem er zur Zeit seines Todes angehört - Erbstatut (Soergel-Kegel, [BGB] 9. Aufl., Anm. 3 vor Art. 24 EGBGB; Erman-Marquordt, [BGB] 3. Aufl., Anm. 1 zu Art. 24, 25 EGBGB; Palandt-Lauterbach, [BGB] 24. Aufl., A n m . 2 zu Art. 24 EGBGB). Die Entscheidung über die Erbfolge eines Ausländers setzt daher die Feststellung seiner Staatsangehörigkeit zur Zeit seines Todes voraus. Da der Erblasser zur Zeit seines Todes die italienische Staatsangehörigkeit besessen hat, ist für die Erbfolge das italienische Recht maßgebend. Das Erbstatut, hier das italienische Recht, gilt f ü r alle Fragen des sachlichen Erbrechts. Etwas anderes gälte nur, w e n n das italienische Recht auf das Ortsrecht (deutsches Recht) zurückverwiese. Eine solche Zurückverweisung kennt aber das italienische Recht nicht, denn es bestimmt in Art. 23 der Disposizioni preliminari zum Codice civile v o n 1942, daß sich die Erbfolge, w o immer sich der Nachlaß befindet, nach dem Recht des Staates regelt, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehört hat (BayObLGZ 1957, 376, 3 8 1 4 ; 1961, 4, 8 2 ; Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht II, Italien, Grundzüge C I Rdnr. 8, 9; ebenso Gutachten Ferid v o m 3. 7. 1963). 1
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2. Zuständigkeit f ü r die Behandlung des Antrags auf Inventarerrichtung: Die Entscheidung des AG, betreffend die Erteilung eines Erbscheins über die Erbfolge nach Roman Z. ist im gegenwärtigen Verfahren nicht nachzuprüfen. Es mag immerhin des Zusammenhangs wegen bemerkt werden, daß das AG - Nachlaßgericht - Starnberg seine örtliche und internationale Zuständigkeit ohne Rechtsirrtum angenommen hat (§ 73 1 FGG; § 2369 BGB; BayObLGZ 1961, 4, 8 2 ; Palandt, A n m . 2 a zu § 2369 BGB). Das AG Starnberg ist bei Erteilung des gegenständlich beschränkten Erbscheins vom 25. 7. 1963 übrigens zutreffend davon ausgegangen, daß sich die gesetzliche Erbfolge, die in Ermangelung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers Platz greift, nach italienischem Recht richtet und der Erblasser somit gemäß Art. 566 Cc von seinen beiden Kindern beerbt worden ist, während die Witwe nach Maßgabe des Art. 581 Cc n u r Anrecht auf einen Nießbrauch in Höhe von Vs der Erbschaft hat, der kein Erbrecht ist und deshalb auch im Erbschein nach § 2369 BGB nicht anzugeben war (BayObLGZ 1961,4). In gegenwärtiger Sache handelt es sich um die Verbescheidung des Antrags auf Inventarerrichtung, welchen die im Erbschein ausgewiesenen Erben gestellt haben. Diese Angelegenheit ist eine Nachlaßsache (§ 72 FGG; vgl. § 2003 BGB). Die örtliche Zuständigkeit des AG Starnberg zur Entscheidung über den Antrag ergibt sich daher ebenfalls aus dem § 73 I FGG. Näherer Prüfung bedarf die Frage, ob das deutsche Nachlaßgericht international zuständig ist. a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte hängt - von den hier nicht einschlägigen Ausnahmen der anderweitigen Regelung eines Staatsvertrags, der vorläufigen Sicherungsmaßnahmen und des Fremdrechtserbscheins nach dem § 2369 BGB abgesehen — grundsätzlich davon ab, daß auf den Erbfall das deutsche materielle Recht Anwendung findet (Grundsatz des Gleichlaufs; BayObLGZ 1961, 176, 177»; 1959, 8, 11 4 ; 1958, 34, 37 5 ; 1956, 119®, 236 7 ; Beschl. vom 10. 11. 1965 - BReG. 1 b Z 105, 106/65 8 ; Soergel-Kegel, Anm. 54 vor Art. 24 EGBGB; Palandt-Lauterbach, Anm. 19b zu Art. 24, 25 Anm. 3 zu Art. 24 EGBGB; Erman-Marquordt, EGBGB; Keidel, [FGG] 8. Aufl., Anm. 6 zu § 73 FGG; Raape, IPR, 5. Aufl., § 39 I). Die Rechtswissenschaft lehrt allerdings in zunehmendem Maße, die deutschen Nachlaßgerichte könnten auch dann tätig werden, wenn ausländisches Erbrecht gilt, soferne dieses gleiche oder ähnliche Maßnahmen kennt wie das deutsche (Soergel-Kegel, Anm. 55 vor Art. 24 EGBGB; Kegel, IPR, 2. Aufl., § 21IV 1; Wölfl, Das IPR Deutschlands, 3. Aufl., 255; Neuhaus, JZ 1951, 646; Drobnig, JZ 1959, 317, 318; siehe auch Keidel, Anm. 6 zu § 73 FGG). Das gleiche müßte dann gelten, wenn eine im ausländischen Recht vorgesehene Maßnahme verlangt wird, zu der es im deutschen Recht eine wenigstens ähnliche Rechtseinrichtung gibt. Soergel-Kegel aaO nehmen darüber hinausgehend an, daß es f ü r die Bejahung der inter3 5 7
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IPRspr. 1958-1959 Nr. 208. « IPRspr. 1956-1957 Nr. 211a. 6 Siehe oben Nr. 173.
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nationalen Zuständigkeit genüge, wenn das deutsche Verfahren mit dem ausländischen materiellen Erbrecht verträglich ist, gleichviel, ob das ausländische Recht ähnliche Maßnahmen kennt; vorausgesetzt wird dabei aber des weiteren, daß, was hier einschlägig ist, der Erblasser bei seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt hat. In Anm. 62 aaO legen sie weiterhin dar, die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte sei über die Nachlaßsicherung hinaus in allen Fällen anzunehmen, in denen ein Bedürfnis nach Fürsorge für Nachlaßberechtigte und Nachlaß gläubiger bestehe (Fürsorgezuständigkeit, ebenso Kegel, IPR, § 21IV 1). Der Ansicht, daß die deutschen Nachlaßgerichte grundsätzlich nicht tätig werden dürfen, wenn ausländisches Recht anzuwenden ist, widerspricht ferner Reich in seiner Freiburger Dissertation 1957: .Können deutsche Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wenn sie ausländisches materielles Recht anzuwenden haben, Verrichtungen vornehmen, die von ähnlichen damit vergleichbaren richterlichen Tätigkeiten aus dem deutschen Recht wesensverschieden sind, oder die das deutsche Recht nicht kennt?' (16 ff., 20ff.). Auch BayObLGZ 1959, 8, 12 4 erachtet als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit die Notzuständigkeit auf jeden Fall in Vormundschaftssachen für gegeben (ebenso Dölle, Kernprobleme des internationalen Rechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Deutscher Notartag 1961,29, 34, 36, 40). b) Im gegenwärtigen Verfahren ist vorweg zu prüfen, ob nach deutschem IPR die (nach italienischem Erbrecht erforderliche) Annahme der Erbschaft vor einem deutschen Nachlaßgericht erklärt werden konnte. aa) Zu diesem Zweck sind zunächst die in Betracht kommenden Vorschriften des italienischen Erbrechts darzustellen. Nach italienischem Recht wird die Erbschaft mit der Annahme erworben; diese wirkt zurück auf den Augenblick der Eröffnung der Erbfolge und damit auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers (Art. 459 mit 456 Cc). Durch die mit dem Erbfall eintretende Berufung zur Erbschaft (Art. 456, 457 Cc) erwirbt der Berufene noch nicht das Vermögen des Verstorbenen, sondern erst das Recht, dieses durch Annahme zu erwerben (Ferid-Firsching aaO Grundzüge III Rdnr. 196, 197). Durch die Erbschaftsannahme wird der Zwischenzustand beendet. Die Erbschaft kann ohne Vorbehalt oder unter der Rechtswohltat (dem Vorbehalt) des Inventars angenommen werden (Art. 470 I Cc). Erbschaften, die Minderjährigen angefallen sind, können nur unter dem Vorbehalt des Inventars und unter Beachtung der Bestimmungen in den Art. 321 und 374 Cc angenommen werden (Art. 471 Cc). Minderjährige verlieren die Rechtswohltat der Inventarerrichtung erst, wenn sie bei Ablauf eines Jahres nach der Erreichung der Volljährigkeit nicht die in Art. 484 ff. Cc aufgestellten Erfordernisse erfüllt haben (Art. 489 Cc). Ist, wie hier, der Vater gestorben, so übt, ebenso wie dies im deutschen Recht der Fall ist (§ 1681 I BGB), die Mutter die elterliche Gewalt über die minderjährigen Kinder aus (Art. 316 Cc); sie vertritt die Kinder (Art. 316
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Satz 3 und Art. 320 Cc). Sie kann die Annahme der den minderjährigen Kindern angefallenen Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung ohne Genehmigung des Vormundschaftsgericht erklären. Dies ergibt sich aus dem Art. 321 Cc in Verbindung mit dem Art. 374 Nr. 3 Cc (FeridFirsching aaO Grundzüge V Rdnr. 211 und Gutachten Ferid vom 3. 7. 1963). Die Annahme der Erbschaft unter dem Vorbehalt des Inventars hat nach italienischem Recht durch Erklärung vor einem Notar oder vor dem Urkundsbeamten der Prätur zu geschehen, in deren Bezirk die Erbfolge eröffnet wurde (Art. 484 I Cc), also im Bereich des letzten Wohnsitzes des Erblassers (Art. 456 Cc). Sie ist in das bei dieser Prätur geführte Verzeichnis der Erbschaften (Erbschaftsregister) einzutragen (Art. 484 I Satz 2 Cc). Nähere Bestimmungen über die Führung dieses Registers enthält der Art. 52 der Durchführungsbestimmungen zum Cc ( = DBestCc; abgedruckt mit deutscher Übersetzung in Ferid-Firsching aaO Italien Texte C H I und lediglich in deutscher Übersetzung in der vom Max-Planck-Institut herausgegebenen Übersetzung des italienischen ZGB, 1965, 571, 580, 581). Die Erklärung über die Annahme der Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung wird in den ersten der drei Teile dieses Registers eingetragen. Das Register kann jedermann einsehen, der es beantragt (Art. 53 II DBestCc). Der Vorbehalt der Inventarerrichtung bewirkt vor allem eine Trennung des Nachlasses vom persönlichen Vermögen des Erben. Infolgedessen gilt: 1. Der Erbe behält gegenüber dem Nachlaß alle Rechte und Pflichten, welche er gegenüber dem Erblasser hatte, außer denjenigen, welche durch den Tod erloschen sind. 2. Der Erbe ist nicht zur Zahlung der Nachlaßverbindlichkeiten und der Vermächtnisse über den Wert der ihm zugefallenen Nachlaßgegenstände hinaus verpflichtet (Art. 490 Nr. 1 und 2 Cc; vgl. auch Ferid-Firsching aaO Grundzüge V Rdnr. 214). Auch der unter Vorbehalt der Inventarerrichtung Annehmende wird aber Erbe, mithin insbesondere Eigentümer der zum Nachlaß gehörenden Vermögensgegenstände (Ferid-Firsching aaO). Die Wirkung der Vorbehaltsannahme tritt nach italienischem Recht jedoch nur dann ein, wenn ein den Bestimmungen der Prozeßordnung (Art. 769 ff. des Codice di Procedura Civile = CPrC; mit Übersetzung abgedruckt bei Ferid-Firsching aaO Italien, Texte D) entsprechendes Inventar vor oder nach der Annahmeerklärung errichtet wird (Art. 484 III Cc). F ü r die Annahmeerklärung durch Minderjährige gilt hinsichtlich des Zeitpunkts der Inventarerrichtung die bereits oben erwähnte Vorschrift des Art. 489 Cc. Die Inventarerrichtung selbst hat nach dem Art. 769 I CPrC entweder durch den Urkundsbeamten des Prätors oder einen vom Erblasser durch Testament oder vom Prätor bezeichneten Notar zu erfolgen. Der hierauf gerichtete Antrag kann aber nicht bei irgendeinem Prätor gestellt werden; zuständig ist vielmehr der Prätor, in dessen Gerichtsbereich die Erbschaft eröffnet wurde, also der Prätor, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte (Art. 456 Cc; Gutachten Ferid vom 26. 11. 1964 unter
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Bezugnahme auf Redenti, Diritto Processuale Civile III, 1954, 397; ebenso offenbar auch Onofrio, Commentario al Codice di Procedura Civile II, 1957,419, Textnr. 1207 b). Wie Ferid aaO weiter darlegt, kommt daneben noch die Zuständigkeit des Prätors in Betracht, der auf Ersuchen des nach Art. 456 Cc berufenen Prätors die Versiegelung von in seinem Bezirk gelegenen Nachlaßgegenständen angeordnet hat. Ist das Inventar nach der Annahmeerklärung errichtet, so muß der Beamte, der es aufgenommen hat, innerhalb eines Monats das Datum in das Erbschaftsregister eintragen lassen (Art. 484 V Cc). bb) Die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts zur Entgegennahme der Erklärung über die Erbschaftsannahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung durch Minderjährige hat das AG bei Erteilung des Erbscheins zutreffend bejaht. Der Senat tritt insoweit dem Gutachten Ferid vom 3. 7. 1963 bei. F ü r diese Auffassung spricht vor allem der Umstand, daß f ü r die Erteilung eines beschränkten Erbscheins, der eine Erbfolge nach ausländischem Recht bezeugt, unter der Voraussetzung, daß sich Nachlaßgegenstände im Inland befinden, das deutsche Nachlaßgericht nach dem § 2369 BGB international zuständig ist. Es handelt sich um eine gerichtliche Aufgabe, die aufs engste mit der Erbscheinserteilung zusammenhängt und, wie hier, die Voraussetzung f ü r die Erteilung bildet. Ebenso wie Soergel-Kegel, Anm. 55 vor Art. 24 EGBGB, die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts f ü r die Entgegennahme der Erbschaftsausschlagung durch einen in Deutschland wohnhaften Ausländer bejahen, muß dies auch f ü r die Erklärung der Erbschaftsannahme gelten (vgl. hiezu Reich aaO 22; Firsching, DNotZ 1963, 329, 333; Niemeijer, NiemeyersZ 13 [1903] 21, 46). Die Frage, ob die Erbschaftsannahme unter dem Vorbehalt des Inventars, wenn sie vor einem deutschen Gericht erklärt wird, die ihr nach italienischem Recht zukommende Wirkung hat, wird im folgenden unter 3 behandelt werden. c) Auch die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts f ü r die Verbescheidung des Antrags auf Inventarerrichtung muß jedenfalls in gegenwärtiger Sache bejaht werden. aa) Das LG hat hierzu im wesentlichen ausgeführt: Die Rechtsauffassung, daß f ü r vorläufige Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich eines ausländischen Nachlasses das deutsche Nachlaßgericht auf jeden Fall international zuständig sei, sei hier ohne Belang, da es sich bei der Inventarerrichtung um keine vorläufige Sicherungsmaßnahme handle. In Schrifttum und Rechtslehre werde die Ansicht vertreten, daß über die Nachlaß Sicherung hinaus eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte immer bejaht werden müsse, wenn ein Bedürfnis f ü r Nachlaßberechtigte und Nachlaßgläubiger bestehe. Dies komme insbesondere auch in BayObLGZ 1961, 176 ff. 3 zum Ausdruck. Die damit gegebene Abweichung vom herrschenden Grundsatz der Statu [t] szuständigkeit könne jedoch nicht verallgemeinert werden. Eine Abweichung vom Grundsatz des Gleichlaufs
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sei aber, wie sich ebenfalls aus BayObLGZ 1959, 8 ff4 ergebe, dann angebracht, wenn genügende Anknüpfungspunkte für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorhanden seien. Als derartige Anknüpfungspunkte kämen z. B. in Betracht die Belegenheit der Sache (Nachlaß), Notzuständigkeit bei Ablehnung eines Eingreifens seitens ausländischer Behörden, Gebietshoheit, sowie deutsche örtliche Zuständigkeit. Hier sei der Erblasser von seinen minderjährigen Kindern beerbt worden, die, ebenso wie der Erblasser, in Deutschland geboren seien und die im Landkreis Starnberg ihren festen Wohnsitz hätten. Auch der gesamte Nachlaß befinde sich in Deutschland. Eine örtliche Zuständigkeit der italienischen Gerichte bestehe nach den überzeugenden Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 3. 7. 1963 und 26. 11. 1964 nicht. Eine Inventarerrichtung vor einem italienischen Gericht scheide also aus, zum anderen seien die Anknüpfungspunkte persönlicher und materieller Art seitens der Erben für eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte so stark, daß es unbillig wäre, den Grundsatz der Statu [t] szuständigkeit anzuwenden. ,Das Fehlen der Zuständigkeit eines italienischen Gerichts würde auch für die minderjährigen Erben eine allgemeine Rechtsverweigerung bedeuten.' Aus dem Gesichtspunkt des Fürsorgebedürfnisses müsse daher die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts ausnahmsweise bejaht werden. Es erscheine vor allem auch geboten, die im Vormundschaftsrecht zu § 43 FGG entwickelten Grundsätze (vgl. BayObLGZ 1959, 8 ff.4) entsprechend anzuwenden. bb) Die Auffassung des LG deckt sich im Ergebnis mit der Meinung des Senats. Bereits unter a) wurde dargetan, daß der Grundsatz, die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte setze (abgesehen von ihrer Zuständigkeit für vorläufige Sicherungsmaßnahmen und Erteilung beschränkter Erbscheine und Testamentsvollstreckerzeugnisse) die Anwendung inländischen Rechts auf die Erbfolge voraus, nicht ausnahmslos gilt. Richtig ist, daß die Inventarerrichtung anders als die Erbschaftsannahme mit der Erteilung des beschränkten Erbscheins nach dem § 2369 BGB nicht in unmittelbarem Zusammenhang steht. Es kommt aber der Gesichtspunkt der Zuständigkeit aus Gründen des Fürsorgebedürfnisses, der im § 74 FGG angedeutet ist (vgl. Soergel-Kegel, Anm. 62 vor Art. 24 E G B G B ; Dölle aaO), oder der Notzuständigkeit (BayObLGZ 1959, 8, 1 2 4 ; Reu, Die staatliche Zuständigkeit im IPR, 1938, 111) in Betracht. Im einzelnen ist hiezu auszuführen: Nach italienischem Erbrecht können die minderjährigen Erben, welche die Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung angenommen haben, ihre Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten nur durch Errichtung des Nachlaßinventars beschränken (Art. 484, 490 Cc; Ferid-Firsching aaO Grundzüge G V Rdnr. 210, 211). F ü r die Errichtung des Inventars ist aber, da der Erblasser seinen Wohnsitz nicht in Italien, sondern in Deutschland hatte, kein italienisches Gericht zuständig. Wie bereits oben unter b dargetan, kann nach dem Art. 769 II
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CPrC die Errichtung des Inventars nur bei dem Prätor beantragt werden, in dessen Gerichtsbezirk die Erbschaft eröffnet wurde, also zu dessen Bezirk der Ort gehört, an dem sich der letzte Wohnsitz des Erblassers befand (Art. 456 Cc). Die oben angeführte Zuständigkeit des Prätors, der die Versiegelung von Nachlaßgegenständen vorgenommen hat, kann hier als nicht einschlägig außer Betracht bleiben. Der Senat folgt insoweit der in dem Gutachten Ferid vom 26. 11. 1964 niedergelegten, auf das Schrifttum zum italienischen Recht gestützten Auffassung. Im gegenwärtigen Fall würde die Verneinung der internationalen Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts zu einer Verweigerung des Rechtsschutzes gegenüber den ASt. führen. Sie könnten weder in ihrem Heimatstaat noch in dem Land, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte und sie selbst ihren Wohnsitz haben, die zur Erreichung der beschränkten Erbenhaftung erforderlichen Schritte unternehmen. Diese Tatsache rechtfertigt es, den für die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte im allgemeinen geltenden Grundsatz des Gleichlaufs zu durchbrechen und hier die internationale Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts zur Inventarerrichtung zu bejahen. Das gilt um so mehr, als es sich um minderjährige Erben handelt, die die Erbschaft nach italienischem Recht überhaupt nur unter dem Vorbehalt des Inventars annehmen konnten, weil sie vom italienischen Gesetzgeber als besonders schutzbedürftig angesehen werden (vgl. hiezu allgemeinBayObLGZ 1961,176, 178 3 ; Schwimann, FamRZ 1959, 325, 331; Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht IV, 1936, 76, 114 Fußn. 6; Wahl, RabelsZ 1936, 40, 46; Reich aaO 20; Niemeyer, NiemeyersZ 13 [1903] 21, 47; Beitzke, Festschrift für Lehmann, II 493, 497; Kegel, IPR, § 21 IV 1). Mit dem LG kann also davon ausgegangen werden, daß das deutsche Nachlaßgericht, hier das örtlich zuständige AG Starnberg, auch international zuständig ist zur Entscheidung über den Antrag, die Inventarerrichtung anzuordnen. 3. Weiterer Prüfung bedarf aber die Frage, ob es sich bei der Inventarerrichtung etwa um eine dem deutschen Nachlaßgericht wesensfremde Tätigkeit handelt und insbesondere etwa das ausländische Recht sein Tätigwerden ausschließt (vgl. Kegel, IPR, § 2 1 I V , S. 366). a) Das LG hat hierzu im wesentlichen folgendes ausgeführt: Sowohl dem deutschen, wie dem italienischen Recht sei das Rechtsinstitut der Inventarerrichtung bekannt. Während nach deutschem Recht die Inventarerrichtung den Erben die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung erhalte, habe diese nach italienischem Recht die unmittelbare Beschränkung der Erbenhaftung zur Folge. Die Vorschriften des italienischen Rechts für die Inventarerrichtung (Art. 769 bis 777 des CPrC) wichen zwar in verschiedenen Punkten von den deutschen verfahrensrechtlichen Formen ab, dies sei aber bedeutungslos. Grundsätzliche Voraussetzung für die Annahme einer .wesenseigenen Zuständigkeit' des deutschen Nachlaßgerichts sei jedoch, daß die sachlichrechtlichen Bestimmungen des italienischen Erbrechts bei der Errichtung des Inventars im Inland auch vollzieh-
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b a r seien. Dies sei hier nicht der Fall. Nach dem Art. 484 I u n d II Cc unterliege die Annahme der Erbschaft unter Vorbehalt des Inventars dem Publikationserfordernis der Eintragung in das Erbschaftsregister und in das Grundpfandregister. In Art. 484 IV und V Cc sei weiterhin vorgeschrieben, d a ß die Inventarerrichtung mit dem Datum in das Erbschaftsregister einzutragen sei. Diese Vorschriften hätten aber nicht n u r förmlichen, sondern auch materiell-rechtlichen Charakter. Die Eintragung der Vorbehaltsann a h m e und der Inventarerrichtung in das Erbschaftsregister sei ein zwingendes Erfordernis f ü r deren Wirksamkeit und damit f ü r den Eintritt der Haftungsbeschränkung. Dem deutschen Recht sei ein Erbschaftsregister unbekannt. Ein Registereintrag könne also vom deutschen Nachlaßgericht ü b e r h a u p t nicht vorgenommen werden. Unter diesen Umständen sei es dem deutschen Nachlaßgericht verwehrt, ein die H a f t u n g der E r b e n beschränkendes Inventar nach italienischem Recht ,zu errichten'. Das italienische Recht sei insoweit nicht .ausführfähig'. Der Antrag auf Inventarerrichtung sei daher materiellrechtlich nicht begründet. Ein Antrag auf Inventarerrichtung durch die E r b e n nach deutschem Recht sei nicht eindeutig gestellt. Ein solcher sei zwar als zulässig zu erachten; die von den Erben und Beschwf. beabsichtigte materiell-rechtliche W i r k u n g der Haftungsbeschränkung nach italienischem Recht sei aber mit einer derartigen Inventarerrichtung nicht verbunden. b) Zu erörtern ist nach der Sachlage zunächst, ob die Eintragung der Erbschaftsannahme unter dem Vorbehalt des Inventars nach dem Art. 484 I, II Cc in das Erbschaftsregister rechtsgestaltenden oder n u r rechtsfeststellenden Charakter hat. Ferid vertritt in seinem Gutachten vom 11. 10. 1965 die Auffassung, die Eintragung der Erbschaftsannahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung in das Erbschaftsregister u n d in das Grundbuch (Art. 484 I, II CC) sei nicht konstitutiv. E r stützt sich dabei d a r a u f , daß diese Auffassung in Italien eindeutig herrschend sei. Dem Gutachten ist in dieser Hinsicht zu entnehmen: Das Kassationsgericht hat in einer Entscheidung vom 20. 5. 1954 (Foro Italiano 1955 I 55; teilweise wiedergegeben in dem angeführten Gutachten) an H a n d der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ausgeführt, daß jede Sanktion der Unwirksamkeit wegen Unterlassung der Eintragung im E r b schaftsregister wie der Beischreibung im Grundbuch ausgeschlossen sei. Das genannte Gericht habe dies f ü r die Beischreibung im Grundbuch in dem von ihm entschiedenen Fall ausdrücklich festgestellt. Giannattasio, Commentario del Cc, 1959, Buch II Bd. I Delle Successioni, Anm. 6 zu Art. 484 Cc n i m m t an: ,Es handelt sich (bei der Eintragung oder Beischreibung) um eine Aufgabe, die nicht der Partei, sondern dem Urkundsbeamten übertragen ist. Von dessen Verschulden würde deshalb der Verlust der Haftungsbeschränkung abhängen, wollte man der gegenteiligen Auffassung folgen. Die Haftungsbeschränkung ist dagegen für wirksam zu erachten, wenn die Erklärung vorliegt und das Inventar aufgestellt wurde. Einzige Folge des Unterlassens der Eintragung der Erklärung oder des Datums der Inventarerrichtung im Erbschaftsregister
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oder der Beischreibung (im Grundbuch) ist es, daß man nicht zur Auszahlung der Gläubiger und Vermächtnisnehmer oder zur konkursmäßigen Liquidierung des Nachlasses übergehen kann, ohne das Recht der Beschränkung zu verlieren. Für diese Maßnahme ist bestimmt, daß die Frist von einem Monat seit der Beischreibung oder dem Vermerk des Datums der Inventarerrichtung verstrichen sein muß (Art. 495 und 498 Cc).' Im gleichen Sinn heißt es bei Ferri in Commentario del Cc von ScialojaBranca, Successioni in Generale, 1964, Anm. 2 zu Art. 484 Cc: ,Die Eintragung im Erbschaftsregister und die Beischreibung (im Grundregister) werden allgemein nicht für konstitutiv gehalten. Ihr Fehlen macht daher die Vorbehaltsannahme nicht unwirksam, sondern hindert den Erben nur, Zahlungen an Gläubiger und Vermächtnisnehmer vorzunehmen (Art. 495); dagegen wird die öffentliche Beurkundung für die Vorbehaltsannahme als wesentliches Element angesehen, dessen Fehlen ihre Unwirksamkeit zur Folge hat, denn es handelt sich dabei gerade um die Geschäftsform.' Weiterhin führen Cicu-Messineo, Trattato di Diritto Civile e Commerciale, Bd. XLII, Successioni per Causa di Morte, Allg. Teil, 1961, 192, aus: ,Mir scheint, daß der Ausschluß dieses Ergebnisses (d. h. der konstitutiven Wirkung des Eintrags ins Erbschaftsregister) sich ergibt aus der Vorschrift, nach welcher ein Anfallberechtigter, der nicht im Besitz des Nachlasses ist, das Inventar innerhalb von drei Monaten aufzustellen hat, wenn er die Annahmeerklärung vor der Inventarerrichtung abgegeben hat, und daß diese Frist nicht ab Eintragung, sondern von der Abgabe der Erklärung an läuft (Art. 487): Wenn das Geschäft (d. h. die Erklärung) erst mit der Eintragung zustandekäme, könnte die Frist auch erst von dieser ab laufen. In der Tat ist die Bekanntmachung, wenn man die Eintragung als solche betrachten will, nicht darauf gerichtet, ein Verhalten der Adressaten zu bestimmen, um sie in die Lage zu versetzen, den Schutz ihrer Rechte wahrzunehmen. Wenn sie gegen den Erben als unbeschränkt Haftenden vorgehen wollen, so müssen sie die Erbeneigenschaft beweisen: diesen Beweis erbringen sie mit dem Nachweis der Vorbehaltsannahme, indem sie die Annahmeurkunde vorweisen, aus welcher zugleich der Ausschluß der unbeschränkten Haftung hervorgeht. Noch weniger kann nach Vorstehendem die Beischreibung im Grundbuch als konstitutiv betrachtet werden.' Die vom Kassationsgericht und den angeführten Schriftstellern vertretene Auffassung wurde, wie Ferid in seinem Gutachten darlegt, auch zum früheren Recht vor 1942, insbesondere auch vom Kassationsgericht vertreten. Die gegenteilige Anschauung wird nach Ferid aaO nur vereinzelt zum Ausdruck gebracht. Der Senat schließt sich der insbesondere vom Kassationsgericht vertretenen Auslegung des Art. 484 I, II Cc an. Im Gegensatz zu den Darlegungen des LG ist deshalb davon auszugehen, daß die Eintragung der Vorbehaltsannahme in das Erbschaftsregister und ins Grundbuch keinen zwingenden Charakter hat, also keine Voraussetzung der Wirksamkeit ist. Der Umstand, daß nach italienischem Recht eine Eintragung ins Erbschaftsregister stattzufinden hat, hinderte hiernach das deutsche Nachlaßgericht nicht, die Annahme der Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung entgegenzunehmen. E s handelt sich nicht um eine für das deutsche Gericht wesensfremde Tätigkeit. Die abweichende Auffassung von Reich aaO 57, 58 berücksichtigt nicht die Ergebnisse des italienischen Schrifttums und der
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Rechtsprechung. Übrigens sieht auch Niemeyer in NiemeyersZ 13 [1903] 21, 51, 55 allgemein die der Entgegennahme der Erbschaftsannahmeerklärung cum beneficio inventarii durch ein deutsches Nachlaßgericht als zulässig an. c) Was die Eintragung der Inventarerrichtung in das Erbschaftsregister selbst anlangt, so schreibt der Art. 484 V Cc lediglich vor, daß der aufnehmende Beamte innerhalb Monatsfrist das Datum der Inventarerrichtung in das Erbschaftsregister eintragen lassen muß. In Ferid-Firsching aaO Grundzüge G V Rdnr. 212 Fußn. 1 sind hiezu Cicu-Messineo aaO 75 angeführt, die darauf hinweisen, daß nach dem Regierungsbericht zur Gesetzesvorlage die Unterlassung der Datumseintragung nicht die Rechtsbeständigkeit der Vorbehaltsannahme in Frage stellen sollte. In seinem Gutachten vom 11. 10. 1965 kommt Ferid zu der Auffassung, daß es die Wirksamkeit der Inventarerrichtung nicht beeinträchtigt, wenn die Eintragung des Datums im Erbschaftsregister unterbleibt. E r verweist dazu auf folgende Ausführungen im italienischen Schrifttum: Cicu-Messineo aaO 193 ff. bemerken: ,Es ist nicht genügend, daß das Inventar gemacht wird: es muß innerhalb einer bestimmten Frist errichtet werden, nach deren Ablauf die Annahme der Erbschaft zwar bestehen bleibt, jedoch ohne die Haftungsbeschränkung. Deshalb verlangt der neue Codice abweichend vom alten, daß der Zeitpunkt der Inventarerrichtung im Register vermerkt wird, in das die Annahmeerklärung eingetragen ist, denn daraus ergibt sich, ob die Rechtswohltat erlangt ist oder nicht. Aber, wie man gesehen hat, hindert die mangelnde Datumsanzeige im Register die Erlangung der Rechts wohltat nicht: es wird dann nur dem Erben die Beweislast dafür obliegen, daß das Inventar innerhalb der gesetzlichen Frist errichtet wurde, indem er das Schlußprotokoll des Inventars vorweist.'
Azzctritti-Martinez-Azzaritti, Successioni per Causa di Morte e Donazioni, 3. Aufl. 1959, 76, gelangen ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die Unterlassung des Datumsvermerks die Wirksamkeit der Inventarerrichtung nicht berührt; sie schreiben: .Einzige Folge der Unterlassung der Eintragung des Datums der Inventarerrichtung besteht darin, daß man nicht ohne den Verlust der Rechtswohltat Zahlungen an Gläubiger und Vermächtnisnehmer vornehmen kann, da ausdrücklich der Ablauf eines Monats seit dem Vermerk des Datums der Inventarerrichtung zwingend erforderlich ist.'
Wie Ferid in seinem Gutachten weiter ausführt, vertreten auch Ferri in Commentario del Cc von Scialoja-Branca aaO Anm. 4 zu Art. 484 Cc am Ende und Giannattasio (wie das unter b wiedergegebene Zitat ergibt) diese Auffassung. Ferid stellt als Ergebnis fest, es bestehe im italienischen Schrifttum Übereinstimmung darüber, daß die Nichteintragung des Datums die Inventarerrichtung selbst in ihrer Wirkung, die Haftungsbeschränkung herbeizuführen, nicht berührt, daß vielmehr die Meinungen nur darüber auseinandergehen, welche Folgen das Unterlassen des Vermerks im übrigen hat. Während Cicu-Messineo aus ihm lediglich eine Umkehrung der Beweis-
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last f ü r die Rechtzeitigkeit der Errichtung des Inventars folgerten, wenden die übrigen Autoren den Art. 495 Cc an. Dieser bestimmt in Abs. 1 Satz 1, daß nach Ablauf eines Monats, gerechnet von der in Art. 484 Cc vorgesehenen Transkription oder von der im selben Artikel f ü r den Fall eines nach der Erklärung errichteten Inventars bestimmten Vormerkung der Erbe die Nachlaßgläubiger und die Vermächtnisnehmer in der Reihenfolge ihrer Meldung unbeschadet ihrer Vorzugsrechte auszuzahlen hat. Die in Art. 495 I Cc vorgesehene Frist spielt auch f ü r das bei Widerspruch von der Gläubigerseite eintretende konkursmäßige Befriedigungsverfahren unter Einschaltung des Notars eine Rolle (Art. 498 Cc; FeridFirsching aaO Grundzüge H IV Rdnr. 264). Nach Art. 505 I Cc verwirkt der Erbe, der bei Vorliegen eines Widerspruchs nicht die Bestimmungen des Art. 498 Cc beachtet, den Vorbehalt des Inventars. Wie oben angeführt, meinen Giannattasio und Azzaritti-Martinez-Azzaritti im Gegensatz zu der ebenfalls oben wiedergegebenen Stellungnahme von Cicu-Messineo, die Nichteintragung des Datums in das Erbschaftsregister habe darüber hinaus zur Folge, daß der Erbe nicht ohne die Rechtswohltat der Haftungsbeschränkung zu verlieren, Zahlungen an die Gläubiger und Vermächtnisnehmer leisten kann. d) Der Senat tritt der von Ferid in seinem Gutachten vom 11.10.1965 dargelegten Auffassung bei, daß es die Inventarerrichtung selbst in ihrer Wirksamkeit nicht berührt, wenn das Datum der Inventarerrichtung nicht im. Erbschaftsregister eingetragen wird, daß also trotzdem die Haftungsbeschränkung eintritt. Diese Anschauung findet ihre Stütze nicht n u r in den überzeugenden Darlegungen von Cicu-Messineo (s. oben unter b), sondern auch darin, daß, wie unter b dargetan, die Rechtsprechung und das überwiegende Schrifttum annehmen, auch die Unterlassung der Eintragung der Vorbehaltsannahme selbst im Erbschaftsregister (und im Grundbuch) beeinträchtigte deren Wirksamkeit nicht. Ist dies aber bei der die Haftungsbeschränkung vorbereitenden Rechtshandlung der Fall, dann kann auch f ü r die hinzutretende Inventarerrichtung selbst nichts anderes gelten. Der Art. 495 I Cc steht dem nicht entgegen. Er folgt auf die Bestimmungen, welche die Wirkungen der Vorbehaltsannahme in Verbindung mit der Inventarerrichtung regeln (Art. 490 Cc), und enthält, wie sich sowohl aus seinem Inhalt als auch aus seiner Stellung im Gesetz ergibt, keine Gültigkeitsvoraussetzung f ü r den Eintritt der beschränkten Erbenhaftung im Sinn des Art. 490 Cc, sondern eine Regel f ü r die Liquidation der unter Vorbehalt angenommenen Erbschaft. Dasselbe gilt f ü r den Art. 498 Cc. Es bedarf keiner abschließenden Stellungnahme, ob die Nichteintragung des Datums im Erbschaftsregister tatsächlich die von Giannattasio und Azzaritti-Martinez-Azzaritti im Hinblick auf Art. 495 Cc behauptete Wirkung hat oder ob der Auffassung von Cicu-Messineo beizupflichten ist; denn dem Eintritt der Haftungsbeschränkung als solcher durch die im Anschluß an die Vorbehaltsannahme durchgeführte Inventarerrichtung stehen der Art. 495 I Cc und damit auch der Art. 498 I Cc auf keinen Fall entgegen. Selbst wenn aber mit Giannattasio und Azzaritti-Martinez-Azzaritti an-
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genommen werden müßte, daß die Nichteintragung der Inventarerrichtung in das Erbschaftsregister bei der Nachlaßabwicklung zum Wiederaufleben der unbeschränkten E r b e n h a f t u n g führt, so handelte es sich hier u m eine Sanktion, welche die Verletzung der Art. 495 I, 498 I Cc voraussetzt. I m folgenden wird aber dargelegt werden, daß nicht n u r die Inventarerrichtung selbst in gegenwärtiger Sache wirksam nach deutschem Verfahrensrecht ausgeführt werden kann, sondern daß sich auch das Verfahren der Nachlaßabwicklung nach den Vorschriften des deutschen Rechts richtet. Wird aber das italienische Verfahrensrecht gegen das deutsche Recht ausgetauscht, so ist f ü r eine Sanktion, die n u r an die Verletzung des italienischen Verfahrensrechts a n k n ü p f e n kann, kein Raum. Obwohl ein Eintrag in das Erbschaftsregister nach Errichtung des Nachlaßinventars in Deutschland nicht möglich ist, k a n n deshalb die unbeschränkte E r b e n h a f t u n g nicht etwa deshalb wieder aufleben, weil die Frist des Art. 495 I Cc von den Erben nicht gewahrt werden kann. e) Der Auffassung des LG, die Inventarerrichtung durch ein deutsches Nachlaßgericht könne im gegebenen Fall deshalb nicht angeordnet werden, weil ihr Ziel, nämlich die Haftungsbeschränkung nach italienischem Recht, nicht erreicht werden könne, k a n n sich der Senat nach alledem nicht anschließen. Der angefochtene Beschluß m u ß daher aufgehoben werden. 4. Rechtsanwendung bei der Inventarerrichtung: Die beantragte Anordnung der Inventarerrichtung hat, wie sich aus dem folgenden ergibt, nach deutschem Recht zu erfolgen. a) Wie bereits oben unter 1 dargelegt, gilt f ü r die Erbfolge und damit f ü r alle erbrechtlichen Fragen in gegenwärtiger Sache italienisches Recht. Es gilt auch f ü r die Haftung f ü r die Nachlaßschulden u n d damit auch f ü r die Voraussetzungen und den Eintritt der Haftungsbeschränkung (vgl. Soergel-Kegel, Anm. 21 vor Art. 24 EGBGB; Lewald, Das deutsche IPR, 339, 340). Andererseits steht das Verfahren unter der lex fori (SoergelKegel, Anm. 310 vor Art. 7 EGBGB mit Hinweisen). Die lex fori bestimmt also z. B. über Verfahrensarten und Verfahrenshandlungen des Gerichts und der Beteiligten (Soergel-Kegel aaO; Kegel, IPR, § 22 III). Des weiteren gilt f ü r das internationale Verfahrensrecht der Grundsatz der Austauschbarkeit von Verfahrensarten und Verfahrensvorschriften; deutsche u n d ausländische Verfahrensarten sind grundsätzlich austauschbar. Das Recht des Verfahrensorts bestimmt die Verfahrensart; ob am Verfahrensort eigenes oder fremdes materielles Recht angewendet wird, gilt gleich (Kegel, IPR, § 20 VIII 3, § 21 IV 1; vgl. auch Wahl, RabelsZ 1936, 40, 49; Reich aaO 20). Allerdings k a n n das deutsche Gericht bei Unverträglichkeit der deutschen Verfahrensart mit dem ausländischen materiellen Erbrecht nicht tätig werden; es k a n n auch keine nach ausländischem Recht gebotene, mit dem deutschen Verfahren unverträgliche Tätigkeit übernehmen (Kegel aaO § 2 1 IV 1). Wie Ferid im Gutachten vom 11. 10. 1965 unter Wiedergabe der einschlägigen Stellen des Schrifttums ausführt, hat sich auch die italienische Rechtslehre mit dem Problem der Austauschbarkeit des Verfahrens befaßt.
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Monaci, L'Efficacia Deila Legge Nello Spazio, 1954, S. 198 Nr. 100 äußert sich hierzu folgendermaßen: ,Um zu bestimmen, ob der Erbe nur einfach die Befugnis hat, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen, oder ob er auch die Möglichkeit hat, sie mit der Rechtswohltat des Inventars anzunehmen, muß man das Heimatrecht des Erblassers befragen, das Erbstatut ist. Alles aber, was das Verfahren und die zu erfüllenden Voraussetzungen betrifft, damit der Erbe nicht unbeschränkt aus den Nachlaßverbindlichkeiten haften muß, wie zum Beispiel die Annahme mit der Rechtswohltat des Inventars, muß nach den Gesetzen des Ortes beurteilt werden, wo der Nachlaß eröffnet wird, d. h. dem letzten Wohnsitz des Erblassers, oder vom Gesetz des Ortes, in welchem sich die Nachlaßgüter befinden.'
Wie Ferid aaO weiter ausführt, hat dieser Grundsatz auch tatsächlich in der italienischen Praxis seinen Niederschlag gefunden. In dem von fünf italienischen Notaren bearbeiteten Italienteil des Sammelwerkes Les Régimes Matrimoniaux et les Successions en Droit International Privé, 1963, zum VII. Internationalen Kongreß des lateinischen Notariats, S. 803 ff. ,Les Successions en Droit International Italien' heißt es S. 836: .Hinsichtlich der Modalitäten der Annahme bedarf es einiger Klarstellungen. Um festzustellen, ob der Erbe nur das Recht hat, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen, oder ob er die Möglichkeit hat, sie vorbehaltlich des Inventars anzunehmen, entscheidet sich nach dem Heimatrecht des Erblassers. Demgegenüber muß alles, was das zu verfolgende Verfahren oder die Bedingungen betrifft, die erfüllt sein müssen, damit der Erbe nicht unbeschränkt haftet für die Beziehungen, die auf dem Nachlaß liegen, wie z. B. die Annahme unter der Rechtswohltat des Inventars, nach dem am Ort der Nachlaßeröffnung geltenden Recht oder dem Recht des Belegenheitsortes der Nachlaßgegenstände beurteilt werden.'
Auch Raggi, L'Efficacia Degli Atti Stranieri Di Volontaria Giurisdizione, 1941, unterwirft, wie Ferid bemerkt, die Art der Inventarerrichtung als Formfrage dem Recht, das allgemein für die Form gilt. Die Inventarerrichtung zählt Raggi zu den bloß feststellenden, registrierenden Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, S. 46/47, und stellt sodann S. 49 fest: ,Betreffs der Norm, welche die Wirksamkeit der ausländischen bloß bezeugenden Akte betrifft, kann man nur das (Verfahrens-) Recht befragen, welches die F o r m dieser Akte beherrscht.'
Hierzu beruft sich Raggi auf Ausführungen Morellis in Foro Italiano 1933 colonna 899-900, wo dieser darlegt, daß es sich bei der Frage, ob ausländische bezeugende Gerichtsakte für Italien Wirksamkeit erlangen, nicht um ein Problem der Anerkennung ausländischer Hoheitsakte, sondern um ein bloßes Formproblem handle, das sich nach dem vom Kollisionsrecht berufenen Formstatut richte, vgl. Raggi aaO 47, 48 Fußn. 1 und 49 Fußn. 1. Ferid kommt zu dem Ergebnis, daß die Inventarerrichtung nur dann nach italienischem Verfahrensrecht zu geschehen habe, wenn sie vor italienischen Behörden erfolge. Im übrigen unterliege sie, wie er weiter darlegt, den Formen, die am Errichtungsort gelten, hier also dem deutschen Recht als dem Recht am Ort der Eröffnung des Nachlasses; die italienische Rechtsordnung erkennt die in Deutschland vorgesehene Form an. Das ist der
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XIII./2. Freiwillige Gerichtsbarkeit
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Grund, aus dem Ferid die Frage bejaht, ob ein nach den §§ 2001 bis 2003 BGB errichtetes Inventar nach italienischem Recht die Haftungsbeschränkung herbeiführt. b) Nach dem Art. 484 III Cc muß das die Haftungsbeschränkung bewirkende Inventar in den von der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Formen errichtet werden. Zu verweisen ist zunächst auf die Darstellung unter 2 b aa. Wie dort näher dargelegt, ist zur Errichtung des Inventars der Urkundsbeamte des Prätors oder ein von ihm bezeichneter Notar zuständig (Art. 769 CPrC). Die Art. 770 bis 777 CPrC enthalten weitere Vorschriften über die Inventarerrichtung. Aus der Gesamtheit der getroffenen Bestimmungen ergibt sich, daß es lediglich Formvorschriften sind, die allerdings, worauf das LG zutreffend hinweist, in verschiedenen Punkten von den deutschen verfahrensrechtlichen Normen abweichen, welche die Errichtung des Inventars betreffen. Nach Sachlage kommen f ü r einen etwaigen Austausch der italienischen gegen die deutschen Verfahrensvorschriften nur die Vorschriften über das gerichtliche Inventar nach dem § 2003 BGB in Betracht. Nach dieser Bestimmung hat das Nachlaßgericht auf Antrag des Erben entweder das Inventar selbst aufzunehmen oder die Aufnahme einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten oder Notar zu übertragen (Abs. 1). Der Erbe ist verpflichtet, die zur Aufnahme des Inventars erforderlichen Auskünfte zu erteilen (Abs. 2). Das von einer anderen Stelle errichtete Inventar ist von dieser beim Nachlaßgericht einzureichen (Abs. 3). In Bayern sind auf Grund der Ermächtigung in Art. 148 EGBGB die Amtsgerichte als Nachlaßgerichte von der Zuständigkeit zur Errichtung des Inventars ausgeschlossen (Art. 10 III AGGVG). Nach dem Art. 33 II AGGVG kann das Nachlaßgericht allerdings dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Aufnahme des Inventars übertragen. Dies soll aber nur geschehen, wenn anzunehmen ist, daß der Wert des Nachlasses ohne Abzug der Schulden den Betrag von 5000 DM nicht oder nicht erheblich übersteigt (Art. 33 III AGGVG); § 901 Satz 2 Nachlaßordnung, die hierfür eine Wertgrenze von 2000 DM vorsah, ist insoweit überholt. Von dem erwähnten Sonderfall abgesehen, ist die Aufnahme des Inventars in Bayern einem Notar zu übertragen (§ 90 I Satz 1 Nachlaßordnung mit Art. 2 Nr. 1 NotariatsG; § 20 II Bundesnotarordnung). Im übrigen gilt f ü r das Verfahren: Das Nachlaßgericht hat den Notar oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, welchem die Aufnahme des Nachlaßinventars übertragen wird, von der Übertragung zu benachrichtigen (§ 92 I NachlO); sie ist auch den Erben mitzuteilen (§ 92 II NachlO). Für die Aufnahme des Nachlaßinventars durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gelten die §§ 94 bis 97 NachlO (§ 93 NachlO). F ü r die Notare bestimmt der § 262 II der Geschäftsordnung f ü r das Notariat in Bayern vom 30.10. 1913 (JMB1. 231; BayBS VJU III 297), daß der Notar nach den §§ 94 bis 97 NachlO verfährt. Das amtliche Organ hat das Inventar unabhängig von den Angaben der Erben, aber unter Benützung der von ihnen erteilten Auskünfte aufzunehmen 54
IPR 1964/65
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(Firschin 577i Art
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> ' ' ' > ' 455, 493, 764, 821, 871 Art. 14: 279, 302, 307, 310, 312, 318, 322, 323, 326, 405, 632, 703 Art- 1 5 : 330> 3 3 1 ' 3 3 2 ' 3 3 3 , 4 0 5 ' 703> 8^2 . Art. 16: 852 Art. 17: 9, 10, 11, 13, 14, 241, 242, 287, 302, 318, 334, 335, 336, 339, 340, 341, 344, 345, 347, 383, 384, 394, 405, 410, 673, 6 7 4 . 678> 680> 683> 685> 691> 692, 693, 699, 700, 758, 760, 763. 764 Art. 18: 256, 262, 267, 268, 275, 278, 35, 349, 352, 353, 354, 359, 361. 3 6 2 > 369, 395, 396, 405, 428, 429, 430, 437, 442, 456, 457,458,459 Art. 19: 185, 262, 306, 358, 366, 367, 369, 370, 372, 374, 375, 376, 3 7 8 ' 379- 383- 388> 39°- 3923 9 4 ' 396- 3 9 8 ' 400- 404- 4054 0 7 - 408> 4 0 9 ' 4 1 ° - 412> 413> 417- 4 2 2 ' 4 2 6 ' 428- 4 2 9 ' 43°4 7 7 - 4 8 7 > 4 8 8 > 6 3 1 . 7 °0> 8 1 5 > 817,820,821,825,826 Art. 20: 351, 366, 422, 426, 428, 483, 765,810 Art. 21: 366, 421, 422, 423, 424, 425, 4 26, 427, 428, 429, 430, 431, 433, 718, 720, 730, 810 Art. 22: 311, 428, 430, 436, 437, 439, 440, 442, 443, 444, 446, 448, 451, 454, 456, 457, 458, 461, 463, 464, 465, 466, 467, 468, 471, 473, 474, 475, 477, 832 Art. 22ff.: 405 Art. 23: 374, 388, 392, 485, 486, 487 342
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Gesetzesverzeichnis Art. 24: 30, 32, 81, 224, 470, 490, 492, 502, 518, 836, 868, 869 Art. 25: 5, 18, 30, 32, 224, 470, 490, 491, 492, 495, 497, 498, 499, 500, 502, 504, 515, 518, 689, 836, 869 Art. 27: 9, 225, 240, 291, 333, 340, 342, 349, 354, 359, 396, 400, 438, 440, 442, 459, 463, 478, 494, 498, 518, 678, 692, 763 Art. 28: 495,496 Art. 29: 18, 22, 45, 52, 53, 328, 359, 387, 466, 470, 477, 869 Art. 30: 10, 11, 12, 13, 14, 15, 50, 54, 62, 76, 77, 79, 102, 104, 148, 157, 169, 170, 171, 172, 173, 240, 244, 245, 248, 252, 257, 304, 327, 338, 350, 364, 367, 377, 379, 397, 404, 405, 408, 411, 415, 416, 417, 424, 432, 435, 441, 444, 446, 448, 449, 450, 452, 453, 462, 473, 474, 491, 508, 509, 560, 725, 823, 827 Art. 31: 103 Art. 64: 495 Art. 148: 849 Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 24. 3. 1897 (RGBl. 97) i. d. F. vom 20. 5. 1898 (RGBl. 713) § 1 7 1 : 773 Grundbuchordnung vom 24. 3. 1897 (RGBl. 139) i. d. F. vom 5. 8.1935 (RGBl. 1 1073) § 2 9 : 852,853 § 3 3 : 852 §35: 3,4,5 § 3 9 : 103 § 78: 228 Handelsgesetzbuch vom 10. 5.1897 (RGBl. 219) g l : 157 § 1 3 : 110 §§ 124ff.: 797 § 125: 795 § 126: 795 § 128: 798 § 1 2 9 : 797,798 § 1 4 6 : 109 § 2 0 0 : 108 § 3 4 3 : 157 § 3 5 2 : 160 § 3 5 3 : 160 § 4 0 7 : 194
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§§425 fT.: 194 §486: 202 Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 20. 5. 1898 (RGBl. 771) § 4 : 831 § 5 : 831 § 1 2 : 4,616,828 § 19: 382,813 § 2 0 : 382,813,836 § 2 1 : 301 § 2 2 : 37,274,301,824 § 2 7 : 105,274,382,824,836 § 28: 265, 274, 310, 406, 469, 753, 755, 773 § 2 9 : 274,836 § 3 5 : 375 § 36: 376, 378, 379, 387, 389, 391, 398, 399, 403, 417, 444, 473, 477, 487, 813, 819, 825, 826, 829 § 3 7 : 829 § 3 8 : 473 § 3 9 : 473 § 43: 375, 376, 378, 379, 382, 387, 389, 391, 398, 399, 403, 417, 444, 473, 477, 813, 819, 825, 826, 829, 841 § 4 4 : 382,394,829 § 4 5 : 394 § 4 7 : 825 § 4 8 : 301 § 4 9 : 301 § 5 7 : 382,813 § 6 6 : 473,474 § 7 2 : 497,505,837 § 73: 473, 497, 504, 505, 832, 833, 834, 837, 869 § 74: 841 § 145: 107,109 § 1 4 6 : 109 Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 26. 7.1900 (RGBl. 871) § 1 2 : 111 Gesetz, betreffend Änderungen der Zivilprozeßordnung vom 5.6.1905 (RGBl. 536): 668 Börsengesetz vom 27. 5.1908 (RGBl. 215) § 5 2 : 161 § 5 3 : 161 § 6 1 : 161 Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. 5.1908 (RGBl. 263) § 6 7 : 191 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. 6. 1909 (RGBl. 499) § 1: 540, 541, 560
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Gesetzesverzeidmis
§ 3 : 541 § 13: 555, 560 § 2 8 : 553 Reichsversicherungsordnung vom 19. 7. 1911 (RGBl. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I 779) §§503 ff.: 117 § 5 4 7 : 218 § 5 5 3 : 220 § 5 5 4 : 220 § 5 5 6 : 220 § 5 5 7 : 220 § 5 5 8 : 218 § 5 5 9 : 218 § 5 8 0 : 218 §§1546ff.: 220 § 1569a: 219 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. 7. 1913 (RGBl. 583) i. d. F. vom 19. 8. 1957 (BGBl. I 1251) § 3 : 371 § § 3 f f . : 877 § 4: 351, 356, 371, 438, 439, 443, 463 § 5 : 830 § 6: 249, 371, 863, 872, 873, 874 § 8 : 863,877 § 13: 877 § 17: 8, 30, 52, 255,302, 310,321,335, 347, 356, 624, 625,699, 861, 881, 882 §§ 18ff.: 881 § 19: 830 § 2 2 : 882 § 2 3 : 861,881 § 2 4 : 882 § 25: 471, 699, 830, 861, 862, 876,877 Verfassung des Deutschen Reichs vom 11.8. 1919 (RGBl. 1383) Art. 2: 627 Art. 4: 627 Art. 109: 41, 50, 54, 55, 63,66 Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 12.1.1923 (RGBl. 157) § 3 : 218,219 § 2 0 : 219 VO über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. 2.1924 (RGBl. I 135): 668 Gesetz über Wechsel- und Scheckzinsen vom 3. 7. 1925 (RGBl. I 93) Art. 2: 192 Art. 10: 192 Art. 91 ff.: 192 Art. 92: 192 Art. 93: 663
Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen (Versicherungsaufsichtsgesetz) vom 6. 6.1931 (RGBl. I 315) § 106: 855 §§106 ff.: 111 Reichserbhofgesetz vom 29. 9.1933 RGBl. 1685) § 1: 495 Gesetz über den Aufbau der Sozialversicherung vom 5. 7.1934 (RGBl. I 577): 115 Die Deutsche Gemeindeordnung vom 30.1. 1935 (RGBl. I 49) Art. 13: 97 Vergleichsordnung vom 26. 2.1935 (RGBl. 1321) § 2 : 856 § 2 8 : 856 Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung vom 13. 12.1935 (RGBl. I 1478) Art. 1: 149 Art. 8: 149 Zwölfte VO zum Aufbau der Sozialversicherung (Ersatzkassen der Krankenversicherung) vom 24.12. 1935 (RGBl. I 1537) i. d. F. der 15. VO zum Aufbau der Sozialversicherung vom 1. 4.1937 (RGBl. I 439) § 2 : 117 Kraftverkehrsordnung für den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 30. 3. 1936 (Reichs-VerkehrsBlatt B 151) § 1 4 : 194 § 1 5 : 194 Warenzeichengesetz vom 5. 5.1936 (RGBl. II 134) i. d. F. vom 18. 7.1953 (BGBl. I 643) § 1 : 529,533,551 § 4 : 529 § 8 : 529,544,546 § 11: 529,533 § 15: 522, 525, 529, 530, 531 § 2 4 : 522,527,530,531 § 2 5 : 553 § 2 8 : 530 Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien vom 30.1.1937 (RGBl. 1107) § 5 : 106 § 1 4 : 106 § 1 6 : 106
Gesetzesverzeichnis
903
Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3.1938 (RGBl. I 237) Art. 3: 624
VO über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. 7. 1938 (RGBl. I 790) § 1: 624,625 Erste VO zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet (Ehegesetz) vom 27. 7. 1938 (RGBl. 1 923) § 13: 292 §29: 10 Gesetz über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen vom 31. 7. 1938 (RGBl. I 973) §40: 30 VO über die vorläufige Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 12.10.1938 (RGBl. I 1437): 118 Gesetz über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich vom 21.11.1938 (RGBl. 11641): 90 VO zur Einführung des großdeutschen Eherechts in den sudetendeutschen Gebieten vom 22.12.1938 (RGBl. I 1987) §29: 338 §31: 338 §32: 338 Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden von 1938, eingeführt durch RdErl. vom 9.1.1939 (RMBliV Sp. 81), i. d. F. vom 14.1.1958 (Beilage zum BAnz. Nr. 11) §112: 42,824 § 113: 42 § 172: 372 § 190: 357 § 191: 269 §260: 357 §404: 239,241 §407: 239,251 §452: 325 § 459c: 297 §488: 821,822 §489: 822
Gesetz über die Änderung und Ergänzung familienrechtlicher Vorschriften und über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 12. 4.1938 (RGBl. 1380): 46
Zweite VO über die Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 9. 2.1939 (RGBl. I 181) § 7 : 117
§32: 106 §34: 108 §37: 110,855 S 29: 855 §206: 106 §292: 111 AusführungsVO des Reichsjustizministers über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters (Handelsregisterverfügung) vom 12. 8.1937 (DJ 1937,1251) §40: 106 §43: 106 Personenstandsgesetz vom 3. 11. 1937 (RGBl. I 1146) i. d. F. vom 8. 8.1957 (BGBl. 11125) § 9 : 296 § 11: 308,327 § 12: 269 § 15a: 291 § 15b: 292 § 21: 267,301, 304,308,314,327, 352, 356,357 §26: 446 §29: 267,811,812 § 30: 352, 357, 446, 458, 811 §§30ff.: 305 § 31: 357,441, 444, 456, 458, 463, 464, 465, 827,828,829,830 §45: 284,318,319,821 §47: 256: 349,350,352 §48: 274,824 §49: 37,274,824 §53: 272 §54: 272 §61: 304,352,357,358 §62: 304,357,358 §67: 272 § 69c: 291 Gesetz über die Änderung von Familien- und Vornamen vom 5.1.1938 (RGBl. I 9) i. d. F. vom 18. 5.1957 (BGBl. I 518) und vom 29.8.1961 (BGBl. I 1621): 42,69 § 3 : 885
904
Gesetzesverzeichnis
Verschollenheitsgesetz vom 4. 7.1939 (RGBl. 11186) i. d. F. vom 15.1. 1951 (BGBl. I 63) § 12: 21, 24, 25, 26, 29, 30, 32, 34, 486 § 24: 35 § 2 6 : 35 § 29: 35 Erlaß des Führers und Reichskanzlers zur Durchführung der Wiedervereinigung der Gebiete von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 23. 5. 1940 (RGBl. I 803): 224 VO über die Staatsangehörigkeit der Bewohner von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 23. 9.1941 (RGBl. I 584, 652): 224
VO zur Durchführung und Ergänzung des Ehegesetzes und zur Vereinheitlichung des internationalen Familienrechts (4. DVO zum Ehegesetz) vom 25.10. 1941 (RGBl. I 654): 750 Elfte VO zum Reichsbürgergesetz vom 25. 11. 1941 (RGBl. I 722): 19,624 § 1: 518 § 2 : 625,865,866,868 § 3 : 866 VO über die Rechtsanwendung bei Schädigung deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebiets vom 7.12. 1942 (RGBl. I 706): 183, 190
b) Besatzungsrecht Kontrollrat Kontrollratsgesetz Nr. 1 (Aufhebung von Nazi-Gesetzen) vom 20. 9. 1945 (KR ABl. 6): 866 Proklamation Nr. 2 des Kontrollrats vom 20. 9.1945 (KR ABl. 8) Nr. 3a: 91, 116 Kontrollratsgesetz Nr. 5 (Übernahme und Erfassung des deutschen Vermögens im Ausland) vom 30. 10. 1945 (KR ABl. 27): 523 Kontrollratsgesetz Nr. 16 (Ehegesetz) vom 20. 2. 1946 (KR ABl. 77) § 3 : 260,285,287 § 4 : 428 § 9 : 821,822 § 10: 239, 241, 248, 250, 251,453, 764 § 11: 253, 254, 255, 256, 257,269,270, 272, 275, 279, 282, 295, 342 §§ 11 ff.: 254,334 § 13: 253, 254, 255, 260, 282,295,321 342 § 14: 296 § 15a: 253, 254, 256, 257, 258, 264, 265, 266, 267, 269, 270, 271, 272, 273, 275, 276, 277, 278, 279, 280,
281, 282, 289, 292, 293, 295, 296, 297, 298, 299, 871 §§ 16ff.: 254 § 17: 253,254,255 § 2 4 : 255,765 § 3 0 : 285,287,292 § 4 2 : 341,766 § 43: 348, 674, 678, 680,692 § 48: 379, 394, 406, 767, 773 § 5 2 : 674,679,686 § § 5 2 f f . : 385 § 5 4 : 318 § 5 5 : 318,319,325 § § 5 5 f f . : 322 Kontrollratsgesetz Nr. 45 (Aufhebung der Erbhofgesetze und Einführung neuer Bestimmungen über land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) vom 20. 2. 1947 (KR ABl. 256): 496 Kontrollratsgesetz Nr. 52 (Änderung des Kontrollratsgesetzes Nr. 16 Ehegesetz -) vom 21. 4.1947 (KR ABl. 273): 265, 266, 267, 270, 275, 282, 295
Militärregierungen Gesetz Nr. 52 (Am. Z.) (Sperre und Kontrolle von Vermögen) vom 25.10. 1945 (MR ABl. Am. Z. 1946 Ausg. A S. 24) Art. VII 9e: 91, 116 Höfeordnung vom 24.4.1947 (Anlage B zur VO Nr. 84) (MR ABl. Brit. Z. Nr. 18 S. 505) § 1 : 495
§ 7: 495 § 12: 495 Gesetz Nr. 59 (Am. Z.) (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände) in Kraft 10.11. 1947 (MR ABl. Am. Z. Ausg. G S. 1): 589, 590, 600 Art. 1: 602
Gesetzesverzeichnis VO Nr. 184 (Vorläufige Grenzberichtigungen) vom 23. 4. 1949 (MR ABl. Brit. Z. Nr. 28 S. 1083 und Anh. S. 1084): 833 Art. 1: 226 Gesetz Nr. 59 (Brit. Z.) (Rüdeerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände a n Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen), in Kraft 12. 5. 1949 (MR ABL Brit. Z. Nr. 28 S. 1169) Art. 1: 175,595 Art. 6: 595 Art. 11: 588 Art. 16: 176 Art. 27: 175 Art. 49: 175 Anordnung der Alliierten Kommandantur Berlin Nr. BK/O (49) 180 vom 26. 7. 1949 betr. Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen (VOB1. Groß-Berlin I 221): 609, 834 Art. 1: 175,604 Art. 6: 18 Art. 17: 176 Art. 28: 175
Alliierte Hohe Zweite VO zur Ausführung des Gesetzes Nr. 59 der Brit. MilReg. (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen) , in Kraft 27. 3. 1950 (AHK ABl. 144): 175 Gesetz Nr. 20 (Änderung der VO Nr. 184 der Brit. MilReg. - Vorläufige Grenzberichtigungen - ) vom 9. 2.1950 (AHK ABl. 102): 833 Gesetz Nr. 23 über die Rechtsverhältnisse verschleppter Personen und Flüchtlinge vom 17. 3.1950 (AHK Westdeutsche Gesetz des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebiets: Tarifvertragsgesetz vom 9.4.1949 (WiGBl. 55) § 2 : 123
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Art. 44: 1 9 , 2 0 , 2 1 , 2 9 , 3 0 , 3 2 , 3 3 Art. 51: 175 Art. 61: 616 Anordnung der Alliierten Kommandantur Berlin Nr. BK/0 (50) 82 vom 21. 9. 1950 betr. Anwendung der Anordnung BK/O (49) 180 (örtliche Zuständigkeit und Kostenbestimmung) (VOB1. Berlin 465): 175 VO Nr. 508 der Alliierten Kommandantur Berlin (Entschädigung f ü r Besatzungsschäden) vom 21. 5. 1951 (AK ABl. 257): 168 Art. 3: 171 Durchführungsbestimmung Nr. 1 zur VO Nr. 508 der Brit. MilReg. Berlin (Entschädigung f ü r Besatzungsschäden) vom 23. 6. 1951 (VOB1. Berlin 535) Art. 2: 168 Art. 3: 168 Art. 6: 168 Durchführungsbestimmung Nr. 1-A zur VO Nr. 508 (Entschädigung f ü r Besatzungsschäden) vom 27. 3. 1952 (AK ABl. 485) Art. 6: 171 Art. 8: 171
Kommission ABl. 140) i. d. F. des Gesetzes Nr. 48 vom 1. 3.1951 (AHK ABl. 808): 45 Art. 1: 52,53,387 Art. 6: 269 Art. 10: 387 Gesetz Nr. 63 zur Klarstellung der Rechtslage in bezug auf deutsches Auslandsvermögen und andere im Wege der Reparation oder Rückerstattung erfaßte Vermögensgegenstände vom 31. 8. 1951 (AHK ABl. 1107): 103 Art. 3: 104,176,523 Art. 4b: 91,116 Verwaltungen Gesetz des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebiets über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (DMBilanzgesetz) vom 21. 8. 1949 (WiGBl. 279) § 2 : 854
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Gesetzesverzeichnis
c) Bundesrecht Grundgesetz vom 23. 5.1949 (BGBl. 1): 65 Art. 2: 246, 252, 448, 449 Art. 3: 12, 246, 252, 261, 302, 309, 310, 321, 330, 332, 333, 335, 372, 377, 390, 392, 394, 400, 404, 410, 411, 415, 416, 424, 428, 430, 458, 641, 699, 873, 875 Art. 6: 246, 252, 254, 365, 377, 415, 424, 428, 430, 453, 465, 753 Art. 14: 14, 572, 573, 574 Art. 15: 14 Art. 16: 8, 335, 351, 356, 625, 873, 874,875,876 Art. 17: 321, 335 Art. 19: 246:252 Art. 25: 43, 58,198 Art. 72: 2 Art. 75: 2 Art. 97: 103,330 Art. 100: 574 Art. 103: 701 Art. 116: 91, 116, 291, 470, 629, 862, 863, 865, 867, 869, 871, 878, 879, 880, 881, 882 Art. 117: 13, 309, 310, 347, 411, 416, 699,873 Art. 124: 2 Art. 125: 2 Art. 134: 86 Gesetz über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter vom 23. 6. 1950 (BGBl. 226) i V. m. Änderungsgesetz vom 7.3. 1956 (BGBl. I 104) § 1:491 Gesetz über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) vom 4. 11.1950 (BGBl. 721) i. d. F. vom 24.11.1951 (BGBl. I 901) § 8 : 783,786 §21: 783,786 Gesetz über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12.1950 (BGBl. 778): 282 § 1: 269 Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts vom 15.1. 1951 (BGBl. I 59) Art. 2 § 1: 24, 26, 27
Zweite DVO zum Getreidegesetz: Bestimmungen über Verwendung und Vermahlung von Brotgetreide sowie Erweiterung der Anbietungspflicht, Meldepflicht vom 7. 3.1951 (BGBl. I 207) § 5 : 783 Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. 4. 1951 (BGBl. I 269): 52, 387,388 § 8 : 53 Gesetz zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts (Zuständigkeitsergänzungsgesetz) vom 7. 8. 1952 (BGBl. I 407) § 1: 91, 116 § 10: 80 Gesetz zur Bereinigung von deutschen Schuldverschreibungen, die auf ausländische Währung lauten (Bereinigungsgesetz f ü r deutsche Auslandsbonds), vom 25. 8. 1952 (BGBl. I 553) § 1 : 639,640,641,642 § 4 : 641 § 6 : 643 §50: 643 Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen vom 27.9.1952 (BGBl. I 641) § 3 : 207 § 14: 207,208 Straßenverkehrsgesetz vom 19.12.1952 (BGBl. I 837) § 8a: 184 Erste DVO zum Bereinigungsgesetz für deutsche Auslandsbonds (Ergänzung des Verzeichnisses der Auslandsbonds) vom 21. 2.1953 (BGBl. I 31): 640 Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) vom 19. 5. 1953 (BGBl. I 201) i. d. F. vom 23.10. 1961 (BGBl. I 1883) § 1: 629,862,863,869 §6: 862 § 15: 862, 869, 870 § 105: 870
Gesetzesverzeichnis Gesetz über die Beschäftigung von Schwerbeschädigten vom 16. 6.1953 (BGBl. I 389) § 1 : 216,217,218,219,220 § 2 : 219 § 14: 216 Gesetz zur Ausführung des Abkommens vom 27. 2.1953 über deutsche Auslandsschulden vom 24. 8. 1953 (BGBl. 1 1003; 1955 I 57; 1956 I 99 und 758): 613,618 § 11: 580 Sozialgerichtsgesetz vom 3. 9.1953 (BGBl. I 1239) §202: 6 Arbeitsgerichtsgesetz vom 3. 9. 1953 (BGBl. I 1267) § 1 0 : 123 Gesetz über die Ergänzung von Vorschriften des Umstellungsrechts und über die Ausstattung der Berliner Altbanken mit Ausgleichsforderungen (Umstellungsergänzungsgesetz) vom 21. 9.1953 (BGBl. I 1439): 648 § 1: 645 § 2 9 : 649, 650 Erste VO zur Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes vom 18. 3. 1954 (BGBl. I 40) § 1 : 217 Neunte DVO zum Bereinigungsgesetz für deutsche Auslandsbonds (Zweite Ergänzung des Verzeichnisses der Auslandsbonds) vom 16. 8. 1954 (BGBl. I 267): 640 VO zur Einführung der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung vom 24.12. 1954 (BGBl. II 1411) Art. 1: 208 Erstes Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22.2. 1955 (BGBl. I 65): 861 § 1:879,880,881,882 § 3 : 879,880,881 § 5 : 881 § 6 : 880 § 7 : 880 § 8 : 879 Gesetz zur Bereinigung der auf Reichsmark lautenden Wertpapiere der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden vom 5.3.1955 (BGBl. I 86) § 6 : 640
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VO über die Außerkraftsetzung der vor dem Inkrafttreten des Bundesvertriebenengesetzes von den Ländern für Vertriebene und Flüchtlinge ausgestellten Ausweise vom 8. 3. 1955 (BGBl. I 103): 870 Gesetz über Todeserklärung nach der Konvention der Vereinten Nationen vom 6. 4.1950 über die Todeserklärung Verschollener vom 7. 7. 1955 (BGBl. I 401): 22 Bundeswahlgesetz vom 7. 5.1956 (BGBl. I 383) § 12: 882 § 16: 880,882 Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz) vom 29. 6.1956 (BGBl. I 559): 593, 620 § 8 : 177 § 10: 893 § 11: 636 § 16: 282 § 17: 282,638 § 4 6 : 621,622 § 5 0 : 621,622 § 5 1 : 627,628 § 5 2 : 637 § 5 7 : 637 § 6 5 : 632 § 66: 632 § 6 7 : 632 § 8 7 : 632 § 8 8 : 632 § 113: 632 § 116: 636,637 § 160: 623, 624, 625,626,896 §§ 160 fT.: 623,626 §180: 19,20,21,22,27,35,36 § 183: 149 § 197: 633,634,698 §209: 635,697 §210: 633 §225: 659 Wehrpflichtgesetz vom 21. 7.1956 (BGBl. I 651) § 1: 882 Zwölfte DVO zum Bereinigungsgesetz für deutsche Auslandsbonds (Selbständige Anmeldung von Zinsscheinen) vom 11. 8. 1956 (BGBl. I 742): 640
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Gesetzesverzeichnis
Erste VO zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes i. d. F. der Anlage zur VO vom 23. 11.1956 (BGBl. I 864): § 7 : 638 § 2 2 : 638 § 2 3 : 638 Gesetz über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener vom 8.12.1956 (BGBl. I 908) § 2 : 630 Dritte VO zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes vom 20. 3. 1957 (BGBl. I 270) § 2 : 632 Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Bechts vom 18. 6. 1957 (BGBl. 1 609): 751,752 Art. 8 1 : 332,333 Bundesgesetz zur Begelung der rückerstattungsrechtlichen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reichs und gleichgestellter Rechtsträger (Bundesrückerstattungsgesetz) vom 19. 7. 1957 (BGBl. I 734) § 1: 608 § 2 : 18 § 5 : 30,590,604,605,608 § 7a: 29,30 § 8 : 328 § 13: 628 § § 3 8 f f . : 834 Gesetz zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. 7. 1957 (BGBl. I 861) Art. IX § 1 : 151 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26. 7.1957 (BGBl. I 907) § 8 : 172 § 11: 775 § 12: 776 § 2 1 : 776 § 5 2 : 775, 780 § 1 1 8 : 172 Gerichtskostengesetz vom 26. 7. 1957 (BGBl. I 941) § 1 3 : 172 Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundesvertriebenengesetzes vom 27. 7. 1957 (BGBl. I 1207): 870 VO zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 12. 8. 1957 (BGBl. 11139) § 9 : 301 § 2 5 : 269
§ 26: 357 § 6 3 : 304 Drittes Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 19. 8. 1957 (BGBl. I 1251): 249 Art. I: 371,873 Art. II: 872, 873,874,875 Art. V: 872 Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz) vom 5.11.1957 (BGBl. I 1747) § 3 1 : 643,887 Gesetz über die Eingliederung des Saarlandes auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes vom 30.6. 1959 (BGBl. I 388) §§ 1 ff.: 544 Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. 8. 1959 (BGBl. I 565) § 1 : 148 § 2 7 : 697 §30:697,698 Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.1. 1960 (BGBl. I 17; GVB1. Berlin 207): 633 § 137: 50 § 173: 658,659 § 179: 755 Gesetz zur Ausführung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 6. 6. 1959 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstrekkung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 8. 3. 1960 (BGBl. 1169) § 4 : 742 § 5 : 728 Gesetz zur näheren Regelung der Entschädigungsansprüche für Auslandsbonds (Auslandsbonds-Entschädigungsgesetz) vom 10.3.1960 (BGBl. I 177): 640 Gesetz über das Kreditwesen vom 10.1 1961 (BGBl. I 881) § 1: 854 § 5 3 : 854 Bundesnotarordnung vom 24. 2. 1961 (BGBl. 198) § 2 0 : 849
Gesetzesverzeichnis Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. 4. 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 18. 7.1961 (BGBl. 1 1033) § 4 : 728,729 Gesetz f ü r Jugendwohlfahrt vom 11. 8. 1961 (BGBl. 1 1206) § 11: 820 § 4 0 : 483 § 4 8 : 820 § § 6 3 f f . : 484 Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Familienrechtsänderungsgesetz) vom 11. 8.1961 (BGBl. I 1221): 365 Art. 7: 709, 712, 749, 753, 755, 760, 764, 765, 766, 768, 769, 770 Art. 9: 470,869 Gesetz zu dem Vertrag vom 27. 11. 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Regelung von Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten, über weitere finanzielle Fragen und Fragen aus dem sozialen Bereich (Finanz- und Ausgleichsvertrag) vom 21. 8. 1962 (BGBl. II 1041) Art. 5: 616, 625 Art. 6: 616
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Gesetz zu dem Vertrag vom 2.6. 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Regierung über Leistungen zugunsten italienischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind, vom 28. 6. 1963 (BGBl. II 791) Art. 2: 617 Art. 3: 599,604,617 Gesetz zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 19. 12. 1963 (BGBl. I 982) Art. 2: 356 Drittes Umstellungsergänzungsgesetz vom 22. 1. 1964 (BGBl. I 33) § 7 : 116 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) vom 5. 8. 1964 (BGBl. I 593) § 3 0 : 82 Gesetz zur Änderung der Bundesgebührenordnung f ü r Rechtsanwälte und anderer Gesetze vom 30. 6. 1965 (BGBl. 1 577): 172 Gesetze zur Regelung der Rechtsverhältnisse nicht mehr bestehender öffentlicher Rechtsträger (Rechtsträgerabwicklungsgesetz) vom 6. 9. 1965 (BGBl. I 1065) § 2 : 118 § 2 5 : 118 § 2 7 : 91, 100,116,118
d) Recht der DDR Anordnung über die Gleichberechtigung der F r a u im Staatsangehörigkeitsrecht vom 30. 8.1954 (ZB1. 431) § 2 : 347 § 4 : 347
VO über Eheschließung und Eheauflösung vom 24.11. 1955 (GBl. I 849): 821
§ 8 : 346
e) Landesrecht Baden-Württemberg
Bayern
Gemeindeordnung f ü r Baden-Württemberg vom 25. 7. 1955 (GBl. 129) § 8 : 97 § 9 : 97
Notariatsgesetz vom 9.6.1899 (GVB1. Beilage IV zum Landtagsabschied S. 137) Art. 2: 849
Gesetzesverzeichnis
910
Bekanntmachung über das Nachlaßwesen (NachlaßOrdnung) vom 20.3. 1903 (JMB1.1 459) §90: 849 §92: 849 §93: 849 §94: 850 §95: 850 §97: 850 Geschäftsordnung für das Notariat in Bayern vom 30. 10.1913 (JMB1. 231) §262: 849 VO über Kosten, Gebühren und Auslagen im Rückerstattungsverfahren vom 20. 12. 1948 (GVB1.1949, 13) § 6 : 151 Gemeindeordnung f ü r den Freistaat Bayern vom 25. 1. 1952 (GVB1.19) Art. 11: 97 Art. 12: 97 Stiftungsgesetz vom 26.11. 1954 (GVB1. 301) Art. 34: 567 Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 17.11. 1956 (GVB1. 249) Art. 10: 849 Art. 33: 849 Berlin Gesetz über die Anwendung des Gesetzes betreffend das Abkommen vom 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden vom 2. 9. 1953 (GVB1. 979): 614
Hessen Hessische Gemeindeordnung vom 25. 2. 1952 (GVB1. 11) § 16: 97 Niedersachsen Niedersächsische Gemeindeordnung vom 4. 3. 1955 (GVB1. 55) § 17: 97 Nordrhein-Westfalen Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28.10.1952 (GVB1. 283) §14: 97 Rheinland-Pfalz Gemeindeordnung (Teil A des Selbstverwaltungsgesetzes) vom 5.10.1954 (GVB1. 117) § 8 : 97 AusführungsVO des Justizministers vom 1. 2.1965 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (JB1.43): 702 Schleswig-Holstein Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein vom 24.1. 1950 (GVB1. 25) § 14: 97
II. Ausländisches Recht Algerien
Argentinien
Gesetz Nr. 62-157 vom 31.12.1962 über die einstweilige Fortgeltung der Gesetze (J. O. de la République algérienne Nr. 2 vom 11. 1.1963 S. 11) Präambel: 343 Art. 1: 343, 676 Art. 2: 343,676,677 Gesetz Nr. 63-96 vom 2.4.1963: Code de la nationalité algérienne (J. O. de la République algérienne Nr. 18 vom 2. 4. 1963 S. 306) Art. 2: 675 Art. 5: 675 Art. 6: 438
Gesetz Nr. 2393 vom 2.11.1888 über die Zivilehe i. d. F. des Gesetzes Nr. 2681 vom 7.11.1889 Art. 64: 763 Art. 81: 763 Gesetz Nr. 14394 vom 14.12.1954 über Veränderungen im Recht der Minderjährigen und im Familienrecht Art. 31: 763 Dekret Nr. 4070 vom 1. 3. 1956 über die Suspendierung der gesetzlichen Bestimmung über die Ehescheidung: 763
Gesetzesverzeichnis Australien Science and Industry Research Act, 1949 Art. 8: 69, 70, 71 Art. 9: 71,72 Art. 10: 71, 72 Art. 27: 71,72 Code Civil Art. 3: Art. 372: Art. 373: Art. 968: Art. 999: Art. 1421: Art. 1428:
Belgien 224 367 367 225,229 229 328 328,329 Brasilien
Código civil Art. 1062: 587 Dekret Nr. 22626 vom 7. 4.1933 (Bestimmung über die Vertragszinsen) Art. 1: 585 Dekret Nr. 23501 vom 27.11.1933 (Verbot der Eingehung von Fremdwährungsschulden) : 586 Art. 2: 585 Gesetz Nr. 1521 vom 26.12.1951 (Änderung der Bestimmungen über Wirtschaftsverbrechen) : 585 Chile Código civil vom 14. 12. 1855 Art. 15: 497,499 Art. 16: 497 Art. 955: 497,498 Art. 1172 fr.: 499 Art. 1176: 499 Art. 1178: 499 Art. 1184: 499 Art. 1191: 499 Art. 1216: 499 China
(Volksrepublik)
Ehegesetz vom 13.4.1950 (Übersetzung in RabelsZ 1951, 121) Art. 17: 680 Estland VO des Landesrats betreffend die Staatsbürgerschaft der Demokratischen Republik Estland vom 26.11. 1918 (Staatsanzeiger Nr. 1 Pos. 1): 57
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Staatsbürgerschaftsgesetz vom 27.10. 1922 (Staatsanzeiger Nr. 136) § 1 : 57 Frankreich Code civil Art. 3: 345,678 Art. 14: 677 Art. 15: 677,685 Art. 88ff.: 21 Art. 108: 672 Art. 170: 321,342 Art. 239: 324 Art. 299: 324 Art. 302: 400,401,402 Art. 303: 400 Art. 311: 324 Art. 331: 444, 448,450, 461 Art. 333: 444, 461 Art. 334: 444 Art. 339: 444,445, 450,462 Art. 340: 516 Art. 389: 400 Art. 826: 622 Art. 1135: 544, 548 Art. 1160: 544,548 Dekret vom 30. 7. 1935 über den gewerblichen Rechtsschutz bei Weinen und anderen alkoholischen Getränken (J. O. 31. 7. 1935 S. 8314) Art. 23: 555 Ordonnance vom 19. 10.1945 - Code de la nationalité française Art. 37: 321 Art. 38: 321 Art. 39: 321 Art. 40: 321 Gesetz Nr. 57-379 vom 26. 3. 1957 über das Erbrecht des überlebenden Ehegatten und der Aszendenten (J. O. 27. 3. 1957 S. 3205) : 621 Ordonnance Nr. 58-1307 vom 23.12. 1958 über Besitzeinweisung gesetzlicher E r b e n (J. O. 25. 12. 1958 S. 11809): 621,622 Ordonnance Nr. 59-274 vom 4. 2. 1959 über E h e n in den Departements Algeriens, Oasis und Saoura (J.O. 11.2. 1959 S. 1860) Art. 1: 677 Art. 9: 677 Art. 10: 677
Gesetzesverzeichnis
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Dekret Nr. 59-1082 vom 17. 9. 1959 über die Anwendung der Ordonnance Nr. 59-274 vom 4. 2. 1959 über E h e n in den Departements Algeriens, Oasis und Saoura (J. O. 19. 9. 1959 S. 9139) Art. 11: 678 Art. 12: 676,677 Griechenland Zivilgesetzbuch vom 15. 3. 1940, in Kraft 23. 2. 1946 Art. 11: 276 Art. 13: 276 Art. 14-28: 335 Art. 20: 431 Art. 1350ff.: 334 Art. 1367: 265, 271, 276, 296, 334, 348 Art. 1367 fr.: 276 Art. 1368: 334 Art. 1442: 335,336 Art. 1447: 336 Art. 1448: 336 Art. 1450: 336 Art. 1451: 335,336 Art. 1532: 422 Art. 1533: 422 Art. 1537: 431 Art. 1537 ff.: 431 Art. 1539: 431 Art. 1540: 422,423,431 Art. 1540ff.: 423,431 Art. 1544: 431,432 Art. 1545: 422,423 Art. 1555: 422 Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch vom 30. 1. 1941 Art. 127: 423 Großbritannien England Coinage Act, 1870: 578 Foreign Marriage Act, 1892: 254, 266 British Nationality Act, 1948 sec. 5: 694 sec. 6: 351 Arbitration Act, 1950: 788, 789 sec. 13: 790 sec. 14: 790 sec. 16: 790 sec. 32: 156 Matrimonial Causes Act, 1950 sec. 18: 674 Births and Deaths Registration Act, 1953 sec. 10: 351
Schottland Marriage (Scotland) Act, 1939: 285 Irak Zivilgesetzbuch vom 4. 6. 1951 Art. 19: 440 Gesetz Nr. 176 vom 19.12.1959 über das Personalstatut Art. 51: 440 Art. 51 ff.: 441 Art. 52: 441 Iran Zivilgesetzbuch i. d. F. vom 16. 2. 1935 Art. 10: 397 Art. 964: 396 Art. 1158: 396 Art. 1168: 397 Art. 1169: 396,397 Israel Palestine Order in Council, 1922 Art. 53: 390 Staatsbürgerschaftsgesetz vom 1. 4. 1952: 283 Capacity and Guardianship Law, 57221962 sec. 77: 390: 391 Italien Codice di procedura civile vom 28. 10. 1940 Art. 707: 364 Art. 769: 839,841,849 Art. 769 ff.: 839,842 Art. 770ff.: 849 Art. 771: 850 Art. 772: 850 Art. 773: 850 Art. 775: 850 Art. 797: 407 Codice civile vom 16. 3.1942 Disposizione sulla legge in generale Art. 20: 404,410,412 Art. 23: 491,836 Art. Art. Art. Art. Art. Art.
147: 420,810 149: 366 149ff.: 392 150: 363 151: 385, 386, 394, 395, 406, 407 155: 383, 386, 387, 393, 394, 395, 405, 406, 407, 410, 411,412, 700 Art. 156: 385 Art. 158: 363 Art. 231: 362
Gesetzesverzeichnis Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.
232 : 362 235 : 362,363,364,365 238: 395 244: 362 250ff.: 419 251 ff.: 451 252: 447,451,811,812 254: 810 261: 419,420 262: 811 270: 420 277: 419,420 278: 811 279: 811,812 280: 451 281: 451 316: 387,392,404, 838 318: 386 320: 839 321: 838,839 330: 392 330ff.: 407 331: 392 374: 838, 839 433: 811 456: 838,839, 840, 842 457: 838 459: 838 470: 838 471: 838,850 476: 850 490: 839,841, 846,850 495: 846, 847, 850 498: 846, 847,850 484: 839,840,841,843, 846,849 Art. 484ff.: 838 Art. 485: 850 Art. 489: 838, 839, 850,851 Art. 505: 846,850 Art. 566: 837 Art. 581: 837 Art. 1102: 491 Art. 2054: 189 Art. 2057: 189 Dekret Nr. 318 vom 30.3.1942 (Einführungs- und Ubergangsbestimmungen zum Codice civile) Art. 52: 839 Art. 53: 839 Jugoslawien Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch von 1811 § 21: 184 §1294: 185 58 IPR 1964/65
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§ 1295: 185 § 1296: 186 §1297: 186 § 1301: 184,185 § 1302: 184,185 § 1304: 187, 188 § 1308: 184 § 1309: 184 § 1327: 186,187 Gesetz über die Haftung f ü r Schäden aus dem Betriebe von K r a f t f a h r zeugen vom 9. 8.1908 (österr. RGBl. Nr. 162) § 4 : 184 § 8 : 183,184 Gesetz über die Außerkraftsetzung der Rechtsvorschriften, die vor dem 6. 4. 1941 galten, und der während des Krieges erlassenen Vorschriften vom 23. 10.1946 (ABl. Nr. 86) Art. 4: 183 Kanada Canadian Citizenship Act, 1946 Teil II Art. 9: 518 Teil IV Art. 21: 518 Ontario Devolution of Estates Act, 1886 sec. 2: 519 Quebec Civil Code, 1866 sec. 28: 671 Code of Civil Procedure, 1897 sec. 94: 671 Companies Act, 1925 sec. 30: 671 Lettland Gesetz betreffend die Staatsangehörigkeit vom 23. 8. 1919 (GBl. Nr. 127) i. d. F. vom 7.10.1921 Art. 1: 57 Art. 2ff.: 57 Art. 8: 57 Liechtenstein Personen- und Gesellschaftsrecht vom 20. 1. 1926 (LGB1. Nr. 4) Art. 494: 112 Art. 534-551: 111 Art. 548: 112 Art. 932a siehe Gesetz vom 10. 4. 1928 (LGB1. Nr. 6): 75, 78
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Das Treuunternehmen und andere Ergänzungen des Personen- und Gesellschaftsrechts vom 10. 4. 1928 (LGB1. Nr. 6) (als Art. 932a eingefügt in das Personen- und Gesellschaftsrecht) § 1: 76,78 § 3 : 78 § 7 : 78 § 15: 78 § 17: 79 § 161: 79 §162: 79 Luxemburg Code civil Art. 108: Art. 229: Art. 231: Art. 234:
684 685 685 684 Marokko
Gesetz vom 4. 9. 1915 über den Personenstand in der französischen Zone von Marokko: 358 Dahir vom 8. 3. 1950 über die Änderung der Gerichtsbezirke in der französischen Zone von Marokko Art. 6: 358 Dahir Nr. 1.57.343 vom 22. 11.1957 betreffend die Anwendung der Bücher I und II des Personen- und Erbrechts Art. 82: 356 Art. 92: 355,443 Art. 102: 413 Art. 109: 414 Art. 111: 414 Dahir Nr. 1.57.379 vom 18.12. 1957 betreffend das Personen-und Erbrecht Art. 82: 355 Art. 85: 355 Art. 95: 355 Dahir Nr. 1.58.250 vom 6. 9. 1958 enthaltend das Gesetz über Staatsangehörigkeit Art. 6: 355,442 Art. 8: 355,442 Art. 10: 356
Burgerlijk Wetboek vom 10. 4.1838 Art. 152a: 487 Art. 160: 9,13 Art. 174: 852 Art. 174ff.: 852 Art. 177: 852,853 Art. 264: 9 Art. 266: 9 Art. 273: 9, 13 Art. 276: 339 Art. 284: 487 Art. 306: 353 Art. 307 ff.: 353 Art. 316: 353 Art. 317: 353 Art. 318: 353 Art. 319: 353,354 Art. 324: 353 Art. 375: 487 Art. 401: 823 Arl. 879: 18 Art. 899: 18 Art. 899a: 18 Art. 903: 18 Art. 1401 ff.: 177 Gesetz über die Staatsangehörigkeit und Eingesessenheit vom 12.12. 1892 mit Änderung durch Gesetz vom 20.12.1951 Art. 5: 310 Handelsgesetzbuch (Wetboek van Koophandel) i. d. F. vom 5.11. 1936 Art. 284: 191 VO über Feindvermögen vom 20.10. 1944 (StB E 133) Art. 3: 523 Art. 10: 523 Art. 11: 523 Gesetz betreffend die Errichtung von Sterbeurkunden von Verschollenen vom 2. 6.1949 (StB J 227) Art. 2: 36 Art. 5: 36 Art. 8: 36 Staatsangehörigkeitsgesetz vom 29.12. 1950 (StB K 658): 310 Stiftungsgesetz vom 31. 5. 1956 (StB 327) Art. 24: 7
Niederlande
Österreich
Allgemeine Bestimmungen für die Gesetzgebung des Königreichs der Niederlande vom 15. 5. 1829 i. d. F. vom 26. 4. 1917 Art. 6: 9
Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch von 1811 § 4 : 244 § 141: 425 § 166: 425, 730
Gesetzesverzeichnis § 177: 374 § 178: 374 § 187: 374 § 5 4 7 : 887 § 1438: 803 Gesetz vom 1. 8.1895 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm) (RGBl. Nr. 111) § 5 1 : 741 § 8 8 : 742 § 8 9 : 741 Gesetz vom 1. 8.1895 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozeßordnung) (RGBl. Nr. 113) § 104: 728 § 106: 741 § 108: 741,742 § 128: 741 § 146ff.: 741 §507: 741 §550: 741 §557: 740 § 559: 741 §757: 741 Gesetz vom 22.11. 1918 über Umfang, Grenzen und Beziehungen des Staatsgebietes von Deutschösterreich (StGBl. Nr. 40) § 1: 884 Gesetz vom 5. 12. 1918 über das deutschösterreichische Staatsbürgerrecht (StGBl. Nr. 91): 64 § 1: 884 Gesetz über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden vom 3.4.1919 (StGBl. Nr. 211): 40,65, 883,884 § 1 : 64 § 2 : 64 Vollzugsanweisung des Staatsamtes f ü r Inneres und Unterricht und des Staatsamtes f ü r Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und W ü r d e n vom 18. 4. 1919 (StGBl. Nr. 237) § 1: 884 VO über Förderabgaben vom Erdöl in den Alpen- und Donau-Reichsgauen sowie im Reichsgau Sudetenland vom 5. 11. 1942 (RGBl. I 642): 1, 2 58*
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Verfassungsgesetz über die Wiederherstellung des Rechtslebens in Österreich (Rechts-Überleitungsgesetz) vom 1. 5.1945 (StGBl. Nr. 6): 109 §2: 2 Gesetz über die Überleitung in die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaf ts-Überleitungsgesetz) vom 10. 7.1945 (StGBl. Nr. 59): 624,625,878 § 1: 887 Gesetz vom 10. 7. 1945 über den E r w e r b und Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft (StGBl. Nr. 60) § 3 : 830 Bundesgesetz vom 21. 5.1947 über die Wirksamkeit von Eheschließungen vor Funktionären der Besatzungsmächte (BGBl. Nr. 117): 270 Bundesgesetz vom 16. 2. 1955 betreffend das Wechselrecht (Wechselgesetz) (BGBl. Nr. 49) Art. 48: 664 Art. 73: 664 Bundesgesetz vom 12. 7.1960, betreffend die Regelung der Förderabgaben von Bitumen (Bruttoprozente) (BGBl. Nr. 151) §8: 2 Bundesgesetz vom 31. 3.1965 über Aktiengesellschaften (Aktiengesetz 1965) (BGBl. Nr. 98) § 2 6 2 : 109 Polen Gesetz über die Zuständigkeit des Rechts f ü r die inneren Privatrechtsverhältnisse (Das Privatrecht zwischen den Teilgebieten) vom 2.8. 1926 (Dz.U. Nr. 101 Pos. 580): 22 Gesetz betreffend das f ü r internationale Privatrechtsverhältnisse geltende Recht vom 2. 8.1926 (Dz.U. Nr. 101 Pos. 581): 388 Art. 4: 22 Art. 21: 515 Art. 23: 471 Art. 28: 515 Art. 36: 516 Gesetz betreffend die polnische Staatsangehörigkeit aller polnischen Volkszugehörigen, die in den wiedergewonnenen Gebieten w o h n h a f t sind, vom 28. 4. 1946 (Dz.U. Nr. 15 Pos. 106): 471
Gesetzesverzeichnis
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Dekret über das Erbrecht vom 8.10. 1946 (Dz.U. Nr. 60 Pos. 328): 516 §§ 16ff.: 515 § 17: 515 §20: 515 Familienkodex vom 27. 6. 1950 (Dz.U. Nr. 34 Pos. 308; 1953 Nr. 31 Pos. 124) Art. 60: 388 Art. 61: 388 Art. 62: 388 Art. 67: 471,474 Einführungsgesetz zum Familienrechtsgesetz vom 27. 6.1950 (Dz.U. Nr. 34 Pos. 309) Art. II: 515 Art. VII: 515 Gesetz über streitloses Verfahren in Familien- und Vormundschaftssachen vom 27. 6.1950 (Dz.U. Nr. 34 Pos. 310) Art. 27 ff.: 472 Gesetz über die Allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 18. 7.1950 (Dz.U. Nr. 34 Pos. 311) Art. 28: 485 Art. 31: 485 Art. 34: 485 VO des Ministerrats betreffend SchuldUmstellung (Währungsreform) vom 28. 10.1950 (Dz.U. Nr. 50 Pos. 461): 581 Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch vom 23. 4.1964 (Dz.U. Nr. 16 Pos. 93) Art. III: 515, 516 Art. LI: 515 Rumänien Dekretgesetz vom 29.12.1918 über die Verleihung der Bürgerrechte an die jüdische Bevölkerung (Monitorul Oficial Nr. 223): 885 VO vom 13. 10. 1923 über die Anwendung der Bestimmungen der Friedensverträge und ihrer Annexe, betr. den Erwerb und den Verlust der rumänischen Staatsangehörigkeit (Monitorul Oficial Nr. 172) . Art. 1: 886 Art. 2: 886 Staatsangehörigkeitsgesetz vom 23. 2. 1924 (Monitorul Oficial Nr. 41) Art. 54: 886 Art. 56: 886 Art. 65: 886
Art. 68: 886 Art. 70: 886 VO über die Feststellung der rumänischen Staatsangehörigkeit vom 15. 4. 1924 (Monitorul Oficial Nr. 85): 886 Gesetz Nr. 261 über die Regelung der Staatsbürgerschaft der Bewohner Nordsiebenbürgens vom 2. 4.1945 (Monitorul Oficial Nr. 78) Art. 1: 889 Art. 3: 889 DVO Nr. 12 über die Regelung der Staatsbürgerschaft der Bewohner Nordsiebenbürgens vom 11. 8.1945 (Monitorul Oficial Nr. 182) Art. 10: 889 El S a l v a d o r Código civil vom 20.11.1912 Art. 145: 686 Art. 146: 686 Art. 151: 686 Código de processo civil von 1916 §582: 686 Schweiz Zivilgesetzbuch vom 10.12.1907 Art. 254: 362 Art. 328: 189 Art. 329: 189 Art. 518: 130 Schlußtitel zum ZGB Art. 55: 130 Obligationenrecht vom 30. 3. 1911 Art. 47: 189 Art. 216: 130 Gesetz des Kantons Basel-Stadt vom 27. 4. 1911 betreffend die Einführung des schweizerischen Zivilgesetzbuchs §§230 ff.: 130 Spanien civil vom 24. 7.1889 9: 380,433 12: 380 41-107: 380 42: 240,248,280,295,296,302, 380 51: 241 53: 281,296 70: 380 73: 380,381 75: 240,280,295,302,380 76: 281, 295, 296 77: 296 110: 305
Código Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.
Gesetzesverzeichnis Art. 114: 306 Art. 119: 433 Art. 134: 435 Art. 139: 433, 435 Art. 140: 433, 434, 435 Art. 141: 433,434 Art. 143: 433,434,435 Art. 146: 434 Art. 149: 435 Gesetz vom 28. 6. 1932 über die Zivilehe (aufgehoben durch Gesetz vom 12. 3. 1938) : 288 Gesetz vom 8. 6.1957 über das Zivilregister Art. 10: 297 Art. 16: 296,297 Art. 70: 296 Gesetz vom 24. 4. 1958 über die Zivilehe: 240 Dekret vom 14. 11. 1958 (DVO zum Zivilregistergesetz) Art. 51: 297 Art. 68: 297 Syrien Gesetz Nr. 59 über das Personalstatut vom 17. 9. 1953 Art. 129: 376 Art. 137: 377 Art. 139: 377 Art. 146: 377 Art. 147: 377 Art. 170: 377, 418 Art. 172: 377 Art. 173: 418 Slaatsangehörigkeitsgesetz Nr. 82 von 1958 Art. 1: 417 Art. 2: 417 Tschechoslowakei Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch von 1811 § 9 1 : 337,338 §§103ff.: 337 § 105: 337 § 1266: 338 Gesetz vom 28. 10. 1918 über die Errichtung des selbständigen tschechoslowakischen Staates (GS Nr. 11) : 94, 98 Gesetz vom 25. 5. 1919 betreffend Abänderungen der Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Förmlichkeiten des Ehevertrages, die Ehetrennung und die Ehehindernisse (GS Nr. 320) § § 1 3 f f . : 337
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Gesetz vom 14. 7. 1927 über die Organisation der politischen Verwaltung (GS Nr. 125) : 94 Dekret des Präsidenten der Republik über die Wiederherstellung der Rechtsordnung vom 3. 8.1944 (Tschechoslowakisches ABl. London Nr. 11), durch Bekanntmachung des Innenministers vom 27. 7. 1945 veröffentlich in GS 1945 Nr. 30: 93 Verfassungsdekret des Präsidenten der Republik vom 4. 12. 1944 über die Nationalausschüsse und die vorläufige Nationalversammlung (Tschechoslowakisches ABl. London Nr. 18), durch Bekanntmachung des Innenministers vom 3. 8. 1945 veröffentlicht in GS 1945 Nr. 43: 95 Regierungsverordnung vom 5. 5.1945 über die Wahl und den Zuständigkeitsbereich der Nationalausschüsse (GS Nr. 4) § 2 : 95 Dekret vom 19. 5.1945 über die nationale Verwaltung der Vermögenswerte der Deutschen (GS Nr. 5) : 101 Regierungsverordnung betreffend Änderungen der VO vom 5. 5.1945 (GS Nr. 4) vom 7. 8.1945 (GS Nr. 44) : 95 Verfassungsdekret des Präsidenten der Republik vom 23. 6. 1945 über die Bekanntmachung der außerhalb der Tschechoslowakischen Republik erlassenen Rechtsvorschriften (GS Nr. 22)
§ 2 : 93 Regierungsverordnung vom 24. 8. 1945 über den vollständigen Wortlaut der VO über die Wahl und den Zuständigkeitsbereich der Nationalausschüsse (GS Nr. 45) : 95 Dekret des Präsidenten der Republik vom 20. 10. 1945 über die Anmeldung von Einlagen und anderen Geldforderungen bei Geldanstalten wie auch von Lebensversicherungen und Wertpapieren (GS Nr. 95) : 564 Dekret vom 25.10. 1945 über die Konfiskation des feindlichen Vermögens und über die Fonds der nationalen Erneuerung (GS Nr. 108) : 101
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Dekret des Präsidenten der Republik vom 27. 10. 1945 über die gebietsmäßige Organisation der von den Nationalausschüssen ausgeübten Verwaltung (GS Nr. 121) § 12: 94 § 18: 98 Gesetz vom 19. 12. 1945 betreffend die Genehmigung, Ergänzung und Abänderung der Vorschriften über die Erneuerung der Rechtsordnung (GS 1946 Nr. 12) : 94 Gesetz über das internationale u n d interlokale Privatrecht und über die Rechtsstellung der Ausländer auf dem Gebiete des Privatrechts vom 11. 3.1948 (GS Nr. 41) § 1: 795,796,797 Verfassung der Tschechoslowakischen Republik vom 9. 5. 1948 (GS Nr. 150) Art. 149: 102 Bürgerliches Gesetzbuch vom 25. 10. 1950 (GS Nr. 141) § 2 6 2 : 796 § 2 6 6 : 796 Gesetz betreffend das Verfahren in Zivilsachen vom 25. 10.1950 (GS Nr. 142) §436: 797 § 6 0 7 : 795 Gesetz vom 3. 3.1954 über die Nationalausschüsse (GS Nr. 13) § 4Ï 95, 98 Gesetz vom 24. 10. 1955 über die Nationalunternehmen und einige andere Wirtschaftsorganisationen (GS Nr. 51) § 9 : 15 Gesetz vom 9. 4. 1960 über die gebietsmäßige Gliederung des Staates (GS Nr. 36) § 6 : 95 § 16: 99 Gesetz vom 25. 5. 1960 über die Nationalausschüsse (GS Nr. 65): 101, 102 Regierungsverordnung vom 10. 6. 1960 über die Ausdehnung des Zuständigkeits- und Aufgabenbereichs der Nationalausschüsse und über die Organisation und die Tätigkeit ihrer Organe (GS Nr. 71) : 95,101 Verfassung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik vom 11.7. 1960 (GS Nr. 100) Art. 8: 102 Art. 11: 102
Art. 86: 95,101 Art. 90: 102 Tunesien Code du Statut Personnel vom 13. 8. 1956 Art. 3: 459 Art. 3ff.: 340 Art. 21: 460 Art. 22: 460 Art. 29ff.: 341 Art. 30: 341 Art. 31: 341 Art. 32: 341 Art. 68: 459 Art. 71: 460 Dekret iiber Gesetzeskonflikte hinsichtlich des Personalstatuts vom 12. 7. 1956 i. d. F. vom 27. 9. 1957: 459 Art. 4: 340 Code du Statut Personnel vom 1. 8. 1957 Art. 31: 459 Art. 36: 460 Türkei Zivilgesetzbuch Art. 247: 440 Zivilprozeßordnung Art. 540: 723 Handelsgesetzbuch vom 13. 5. 1929 Art. 948: 202 UdSSR Bundesgesetzgebung Dekret des Allrussischen Zentral-Exekutivkomitfees über die Aufhebung der Stände und der bürgerlichen Ränge vom 10. (23.) 11. 1917 (SU RSFSR Nr. 3 Pos. 31): 37, 38, 39, 40, 43, 44, 45, 49, 56, 58, 59,68, Art. 1: 48 Art. 2: 48 VO des Zentralen Exekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 6. 2.1925 über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetze und Verfügungen der Regierung der UdSSR sowie der Anordnungen ihrer Behörden: 261
Gesetzesverzeichnis VO des Zentralen Exekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 1. 6. 1927 über die Ergänzung der VO vom 6. 2. 1925 über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetze und Verfügungen der Regierung der UdSSR sowie der Anordnungen ihrer Behörden Art. 3: 261 Gesetzbuch fahrt der Art. 6: Art. 7: Art. 176: Art. 179: Art. 182: Art. 183:
über die SeehandelsschiffUdSSR vom 14. 6. 1929 201 201 200 202 202 202
Verfassung (Grundgesetz) der UdSSR vom 5.12. 1936 Art. 19: 261 Art. 20: 261 Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 6. 11. 1940 über die provisorische Anwendung der Straf-, Zivil- und Arbeitsgesetzbücher der RSFSR auf dem Gebiet der Lettischen und Estnischen SSR ( W S SSSR Nr. 46): 31 VO des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 22. 8. 1945 (nicht veröff.; eine Zusammenfassung des Inhalts in: Russkaja Pravoslavnaja Cerkov; Ustrojstvo, polozenie, dejatelnost, hrsg. vom Moskauer Patriarchat, 1958, S. 26): 122, 123 Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 15. 2. 1947 über das Verbot von Ehen zwischen Bürgern der UdSSR und Ausländern: 260 Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 26. 11. 1953 über die Aufhebung des Erlasses vom 15. 2. 1947 über das Verbot von Ehen zwischen Bürgern der UdSSR und Ausländern ( W S SSSR Nr. 20): 260, 261 Grundlagen der Zivilgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken vom 8. 12. 1961 Art. 11: 122
919 RSFSR
VO des Rates der Volkskommissare vom 28.10. 1921 über die Entziehung der Staatsbürgerschaftsrechte hinsichtlich einiger im Ausland lebender Personen (SU RSFSR Nr. 72 Pos. 578): 38,44,58 Dekret des Allrussischen Zentral-Exekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare vom 15. 12. 1921 über die Entziehung der Staatsbürgerschaftsrechte hinsichtlich einiger im Ausland lebender Personen (SU RSFSR 1922 Nr. 1): 38, 44, 58 Zivilgesetzbuch der RSFSR vom 11.11. 1922: 32 Gesetzbuch über Ehe, Familie und Vormundschaft vom 19.11.1926 (SU RSFSR Nr. 82 Pos. 612) Art. 2: 262 Art. 6: 260,261 Art. 36: 631 Art. 38: 631 Art. 41: 631 Art. 43 : 631 VO vom 8. 4. 1929 über religiöse Vereinigungen: 122,123 Transkaukasische SFSR Dekret vom 1. 5. 1923 über die Entziehung der Staatsbürgerschaftsrechte hinsichtlich einiger im Ausland lebender Personen: 45 Ungarn G.A. L/1879 über den Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft vom 20. 12. 1879 § 2 : 61
§ 3 : 503 § 3a: 61 § 5 : 52 §31: 503 VO Nr. 6500/1921 Korm. über die Bekanntmachung und Durchführung der Staatsangehörigkeitsbestimmungen des Friedensvertrages von Trianon vom 28.9. 1921 § 1: 888 §3:
888
§ 4 : 888
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Gesetzesverzeichnis
Gesetzentwurf über das Internationale Privatrecht von 1928 (siehe Makaiov, Quellen des IPR, Ungarn S. 2) § 117: 504 § 140: 331 § 141: 331 § 155: 331 G.A. XIII/1939 zur Änderung und Ergänzung des über den Erwerb und Verlust der ungarischen Staatsbürgerschaft ergangenen G.A. L/ 1879 vom 1.9.1939 § 2 : 503 G.A. XXVI/1940 über die Rückgliederung der befreiten östlichen und siebenbürgischen Landesteile zur Heiligen Ungarischen Krone und deren Vereinigung mit Ungarn vom 6. 10. 1940 § 4 : 888 VO Nr. 526/1945 M.E. über die Aufhebung der Rechtsvorschriften, die sich auf die Gebietsveränderungen und die Einverleibung der von Rumänien, der Tschechoslowakei und von Jugoslawien rückgegliederten Gebiete bezogen: 888, 889 VO Nr. 5070/1945 M.E. betreffend den einstweiligen Nachweis der ungarischen Staatsbürgerschaft vom 21. 7. 1945: 889 VO Nr. 7970/1946 M.E. bezüglich des Verlusts der ungarischen Staatsbürgerschaft der nach Deutschland Umgesiedelten vom 12. 7. 1946: 330 G.A. IV/1947 über die Aufhebung einiger Titel und Rangbezeichnungen vom 3. 1. 1947: 52 § 1 : 53 § 3 : 53 § 4 : 54 G.A. LX/1948 über die Staatsbürgerschaft vom 30. 12.1948 § 11: 503 § 16: 503 § 17: 503 §§25ff.: 889 G.A. III/1952 betreffend die Zivilprozeßordnung vom 6. 6. 1952 §89: 657 G.A. V/1957 über die Staatsbürgerschaft vom 6. 6. 1957: 503 VO Nr. 6/1958 über das Nachlaßverfahren vom 4. 7. 1958 § 4 : 510 §28: 506 §50: 510
§52: 510 §53: 510 §§57ff.: 510 §77: 510 §§77ff.: 506,509 §78:506,508,509,510 § 79: 506, 507, 509, 510,511, 514 §§81 ff.: 504 G.A. IV/1959 Zivilgesetzbuch der Ungarischen Volksrepublik, in Kraft 1. 5. 1960 §§ 139ff.: 512 § 142: 512, 514 § 143: 512,514 § 145: 512 § 146: 512 §200: 507,508 §205: 507 §213: 514 §214: 514 §221: 512,513,514 §222: 514 §223: 514 §225: 512 §§571 ff.: 512 §574: 512 §607: 509,512 §615: 509 §616: 509 §623: 511 §636: 508,511,512 §638: 512 §639: 512 §640. 508 §642 : 510 §653: 509 §654: 509 §682. 512,514
Uruguay Código de comercio Art. 192: 143 Art. 193: 143 Art. 399: 143 Vereinigte Arabische Republik (Ägypten) Gesetzbuch über das Personenrecht und die Erbfolge nach dem hanefitischen Ritus von 1875 i. d. F. des Gesetzes vom 10. 3.1929 Art. 217: 768 Art. 232 : 769
Gesetzesverzeichnis Art. 235: 769 Art. 287: 408 Art. 333: 408,463,464 Art. 343: 464 Art. 350: 464,465 Art. 380: 398,408 Art 383: 408 Art. 391: 408 Art. 420: 398 Art. 434: 408 Zivilgesetzbuch Nr. 131 von 1948 Art. 13: 408 Art. 16: 408 Art. 25: 463 Gesetz Nr. 77 über das Verfahren in Zivil- und Handelssachen vom 29.6. 1949 i. d. F. des Gesetzes Nr. 126 vom 12. 8. 1951 Art. 68: 398 Art. 922: 398 Gesetzesdekret Nr. 118 über die Entziehung der elterlichen Gewalt vom 30. 7. 1952 Art. 3: 398 Art. 5: 398,399 Staatsangehörigkeitsgesetz Nr. 82 von 1958 Art. 2: 463
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Vereinigte Staaten von Amerika Bundesgesetzgebung Constitution Amendment 14: 359, 688, 689 Ship Mortgage Act, 1920 (U.S.C. 1958 Title 46 ch. 25) sec. 30: 210 Immigration and Nationality Act, 1952 sec. 301a: 371 sec. 301b: 372 Uniform Divorce Recognition Act, 1949 sec. 1: 690,693 Colorado Colorado Revised Statutes 1953 und 1957 ch. 46: 692 New York Penal Law, 1909 sec. 270: 147 sec. 271: 147 Domestic Relations Law, 1909 sec. 119: 360 Civil Practice Act, 1920 sec. 1135: 361 Family Court Act, 1962 sec. 115: 360 Ohio Ohio Revised Code ch. 3107.02: 479
III. Kanonisches Recht Codex Iuris Canonici can.1067: 287 can. 1069: 207,229, 240, 248 can. 1094: 240,248,295
can. 1095: can.1099: can.1103: can. 1118:
258, 295 240 296 240,248
IV. Staatsverträge Revidierte Rheinschiffahrts-Akte zwischen Preußen, Baden, Bayern, Frankreich, Hessen und den Niederlanden (Mannheimer Akte) vom 17.10.1868 (PrGS 1869, 798, 836) (teilweiser Abdruck in BGBl. 1952 I 645) Art 1: 207 Art. 34: 207 Art. 35: 207 Art. 39: 207
Pariser Verbandsübereinkunft vom 20.3. 1883 zum Schutze des gewerblichen Eigentums, revidiert in Brüssel am 14. 12.1900, in Washington am 2. 6. 1911, im Haag am 6. 11. 1925 und in London am 2. 6. 1934 (RGBl. 1937 II 583) Art. 2: 522,553 Art. 6: 522,523,524 Art. 10: 553
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Madrider Abkommen vom 14. 4.1891 betreffend die internationale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarken, revidiert in Brüssel am 14. 12. 1900, in Washington am 2.6. 1911, im Haag a m 6.11.1925 (RGBl. 1928 II 196) und in London a m 2. 6. 1934 (RGBl. 1937 II 608) Art. 4: 522 Art. 5: 523 Art. 9: 524 Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung vom 12. 6. 1902 (RGBl. 1904, 221) mit Bekanntmachung vom 24.12. 1954 (BGBl. 1955 II 1) Art. 2: 245,252 Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze und der Gerichtsbarkeit auf dem Gebiete der Ehescheidung und der Trennung von Tisch und Bett vom 12.6.1902 (RGBl. 1904, 231) gekündigt mit Wirkung vom 1. 6. 1934 (RGBl. II 26) Art. 2: 10 Haager Abkommen zur Regelung der Vormundschaft Minderjähriger vom 12. 6. 1902 (RGBl. 1904, 240) Art. 3: 487 Art. 7: 391 Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 17. 7.1905 (RGBl. 1909, 409) mit Bekanntmachung vom 17. 1. 1927 (RGBl. II 16) und vom 25. 11. 1953 (BGBl. II 602): 657 Art. 17: 655 Haager Abkommen, betreffend den Geltungsbereich der Gesetze in Ansehung der Wirkungen der E h e auf die Rechte und Pflichten der Ehegatten in ihren persönlichen Beziehungen und auf das Vermögen der Ehegatten vom 17. 7. 1905 (RGBl. 1912, 453) mit Bekanntmachung vom 14. 2.1955 (BGBl. II 188): 310 Art. 2: 852 Art. 8: 852 Art. 9: 323 Brüsseler Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über den Zusammenstoß von Schiffen vom 23. 9.1910 (RGBl. 1913, 49) mit
Bekanntmachung vom 5. 3. 1954 (BGBl. II 467) und vom 24.12.1954 (BGBl. 1955 II 2): 212 Art. 3: 213 Art. 4: 213 Art. 12: 204 Art. 13: 204 Friedensvertrag der Ukrainischen Volksrepublik mit den Mittelmächten vom 27.1.1918 in Brest-Litowsk: 48 Friedensvertrag zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien und der Türkei einerseits und Rußland andererseits vom 3. 3./27. 8. 1918 in Brest-Litowsk (RGBl. 479, 1154): 44, 48 Staatsvertrag zwischen der Republik Österreich und den Alliierten und Assoziierten Mächten (St. Germain) vom 10.9.1919 (StGBl. 1920 Nr. 303): 64, 884 Art. 70: 885, 888 Art. 71 ff.: 885 Friedensvertrag zwischen Rußland u n d Estland vom 2. 2. 1920 Art. IV: 57 Vertrag von Trianon vom 4. 6.1920 zwischen den Alliierten und Assoziierten Mächten und Ungarn Art. 61: 888 Art. 63: 888 Art. 64: 888 Friedensvertrag zwischen Rußland u n d Lettland, geschlossen in Riga a m 11.8. 1920: 56 Art. 8: 57 Vorläufiges Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und der RSFSR über die Erweiterung des Tätigkeitsgebiets der beiderseitigen Delegationen f ü r Kriegsgefangenenfürsorge vom 6. 5. 1921 (RGBl. 929) A r t . X : 198,199 Deutsch-russischer Vertrag von Rapallo vom 17. 7. 1922 (RGBl. II 677): 198 Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und der Republik Österreich über Rechtsschutz und Rechtshilfe vom 21. 6. 1923 (RGBl. 1924 II 55): 727
Gesetzesverzeichnis Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24. 9. 1923 (RGBl. 1925 II 47) mit Bekanntmachung vom 23.12.1952 (BGBl. II 986): 788 Art. 1: 792,807 Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der UdSSR vom 12. 10. 1925 (RGBl. 1926 II 2) Art. 3: 198 Art. 9: 198,199 Brüsseler Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Immunitäten der Staatsschiffe vom 10. 4.1926 (RGBl. 1927 II 483; 1936 II 303) Art. 6: 198 Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.9.1927 (RGBl. 1930 II 1068; BGBl. 1955 II 3): 788 Art. 1: 783 784, 785, 786, 790, 792, 793 Art. 2: 790,791,792,793 Art. 5: 782,783,789,790 Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik über den Rechtsverkehr in Zivilu n d Handelssachen vom 28. 5. 1929 (RGBl. 1930 II 7, 608) Art. 3: 723 Art. 4: 723 Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9. 3. 1936 (RGBl. 1937 II 145) mit Bekanntmachung vom 23. 12. 1952 (BGBl. II 986): 696 Art. 3: 384 Art. 4: 384,700 Abkommen zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien, getroffen in München, am 29. 9. 1938 (RGBl. II 853): 90 Abkommen über den Internationalen W ä h r u n g s f o n d s (Bretton Woods) vom 22. 7. 1944 (BGBl. 1952 II 637) Art. VIII: 576,586 Potsdamer Abkommen vom 2. 8.1945: 472 Abschn. XIII: 99 Friedensvertrag der Alliierten und Assoziierten Mächte mit Italien vom 10.2.1947: 183 Art. 77: 599, 604,611,616,617
923
Friedensvertrag der Alliierten und Assoziierten Mächte mit Ungarn vom 10. 2.1947 Art. 27: 609,610,612 Art. 30: 592, 593, 594, 596, 600, 601, 602, 603, 604, 605, 607, 608, 609, 610, 611, 612, 616, 617, 645, 648, 649 Art. 42: 605 Internationaler Schiffs-SicherheitsVertrag London vom 10. 6. 1948: Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (BGBl. 1953 II 603, 607, 760): 201,202 Konvention der Vereinten Nationen über die Todeserklärung Verschollener vom 6. 4. 1950 (BGBl. 1955 II 701, 706; 1956 II 329) Art. 6: 22 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte vom 4. 11.1950 (BGBl. 1952 II 685,953): 747 Art. 12: 246,252 Art. 14: 246 Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19.6. 1951 (BGBl. 1961 II 1190) Art. VIII: 746 Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. 7. 1951 (BGBl. 1953 II 559; 1954 II 619): 46 Art. 1: 470,869,891,892,894,895 Art. 8: 651 Art. 12: 45, 52, 53, 470, 477, 869 Abkommen über deutsche Auslandsschulden (Londoner Schuldenabkommen) vom 27. 2. 1953 (BGBl. II 333, 556; 1954 II 1012) Präambel: 613 Art. 3: 650 Art. 4: 177,580,597,614 Art. 5: 597 599, 604, 607, 613, 614, 615, 618, 619, 620, 646, 648, 653, 654 Art. 7a: 177 Art. 11: 580 Art. 13: 580 Art. 26: 598,615,618, 619 Anlage IV Art. 1: 580,654 Art. 7: 580 Art. 8: 580 Art. 15: 580
924
Gesetzesverzeichnis
Art. 26ff.: 580 Art. 31 f.: 580 Art. 32: 653; 654 Art. 36: 580,654 Anlage VIII 597, 598, 599, 614, 615, 619, 620 Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 26. 5. 1952 in der gemäß Liste IV zu dem am 23. 10. 1954 in Paris unterzeichneten Protokoll über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland geänderten Fassung (BGBl. 1955 II 213, 405) Art. 2: 596 Teil III: 596,613,615 Art. 1: 612 Art. 2: 612 Art. 3: 612 Art. 4: 612 Teil IV: 613, 615,619,620, 634 Teil V: 594 Art. 5: 596,598 Art. 6: 599 Teil VI Art. 2: 103 Art. 3: 104 Bekanntmachung über die Wiederanwendung deutsch-britischer Vorkriegsverträge vom 13.3.1953 (BGBl. II 116) Nr. 18: 788 Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. 10. 1954 (BGBl. 1956 II 487, 763) Art. I: 635 Art. VI: 635,655,658,800,801,802 Art. XXV: 635 Protokoll Nr. 6: 656,658 Staatsvertrag über die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich vom 15. 5.1955 (BGBl. Nr. 152): 612 Art. 22: 648,653 Art. 23: 616,626,648 Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. 6.1956 (BGBl. 1959 II 149, 1377): 702 Art. 1: 420 Art. 6: 716
Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19. 5. 1956 (BGBl. 1961 II 1119) Art. 1: 193,194,195,196 Art. 4: 194 Art. 17: 194 Art. 29: 194 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über eine Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze und andere die Beziehungen zwischen beiden Ländern betreffende Fragen vom 24. 9. 1956 (BGBl. 1958 II 262) Art. 1: 226,227 Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. 10. 1956 (BGBl. 1961 II 1013; 1962 II 16): 715 Art. 1: 419, 421, 424, 433, 717, 730 Art. 2: 419,421,424,730 Art. 3: 424 Art. 4: 424 Art. 7: 433 Art. 8: 433 Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.3.1957 (BGBl. II 766; 1958 II 64) Art. 85: 527,528 Art. 86: 527 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen vom 15. 6.1957 (BGBl. 1958 II 129, 225; österr. BGBl. 1958 Nr. 119) Art. 22: 653 Art. 84: 647 Art. 89: 653, 654, 655 Art. 108: 654 Art. 110: 654 Art. 119: 654 Vertrag zwischer der DDR und der Volksrepublik Bulgarien über den Rechtsverkehr in Zivil-, Familienund Strafsachen vom 27.1.1958 (GBl. DDR I 713) Art. 24: 346 Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der
Gesetzesverzeichnis Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4. 1958 (BGBl. 1961 II 1005; 1962 II 15): 420, 702, 716 Art. 1: 714 Art. 1-7: 729 Art. 2: 696,728 Art. 3: 729,730 Art. 8: 729 Art. 16: 721 Art. 18: 721 Abkommen über allgemeine Fragen des Handels und der Seeschiffahrt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR vom 25. 4. 1958 (BGBl. 1959 II 221, 469): 198 Art. 3 der Anlage: 198 Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. 6. 1958 (BGBl. 1961 II 121; 1962 II 102) Art. I: 788,789 Art. II: 789,796,808,809 Art. IV: 808 Art. V: 798,799,808 Art. VII: 809 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30. 6. 1958 (BGBl. 1959 II 766) Art. 3: 734 Bekanntmachung über den Geltungsbereich der Abkommen über den Internationalen Währungsfonds und über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vom 6. 5.1959 (BGBl. II 583): 576 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. 6. 1959 (BGBl. 1960 II 1245, 1523): 704, 729 Art. 1: 705,740 Art. 2: 705,734,740,741 Art. 3: 705 Art. 4: 705,742 Art. 5: 742
925
Art. 7: 728,740,742 Art. 13: 714,716 Art. 14: 762 Art. 17: 762 Art. 19: 705, 727 Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. 8.1959 (BGBl. 1961 II 1218) Art. 32: 746 Art. 34: 746 Art. 36: 746 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen vom 8. 3. 1960 (BGBl. 1961 II 23, 482) Art. 3: 556,558 Art. 4: 555,558 Art. 7: 554 Art. 8: 558 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über den Verlauf der gemeinsamen Landesgrenze, die Grenzgewässer, den grenznahen Grundbesitz, den grenzüberschreitenden Binnenverkehr und andere Grenzfragen (Grenzvertrag) vom 8. 4. 1960 (BGBl. 1963 II 463, 636) Art. 1: 833 Art. 4: 833 Art. 22-31: 833 Vertrag zwischen dem Königreich der Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland über die Regelung finanzieller Fragen und über Leistungen zugunsten niederländischer Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vom 8. 4. 1960 (Finanzvertrag) (BGBl. 1963 II 629, B36) Art. 10: 569, 570, 571, 572, 573, 574 Art. 15: 176 Schlußprotokoll Art. 18: 176 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in
926
Gesetzesverzeichnis
Zivil- und Handelssachen vom 14. 7. 1960 (BGBl. 1961 II 301): 709 Art. III: 253,788 Art. IV: 253,673,734 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Leistungen zugunsten italienischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind, vom 2. 6. 1961 (BGBl. 1963 II 791,793): 599,604,617 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 4.11.1961 (BGBl. 1963 II 109) Art. 3: 734
Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Regelung von Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten, über weitere finanzielle Fragen und Fragen aus dem sozialen Bereich (Finanz- und Ausgleichsabkommen) vom 27.11. 1961 (BGBl. 1962 II 1044): 616, 625 Art. 12: 626 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 30. 8. 1962 (BGBl. 1965 II 26, 1155) Art. 2: 722 Art. 4: 721,722 Art. 19: 722
VERZEICHNIS DER ENTSCHEIDUNGEN (1) nach Gerichten Die Zahlen verweisen auf die Nummern der Entscheidungen U = Urteil, B = Beschluß, E = Entscheidung, TU = Teilurteil, ZU = Zwischenurteil, VB = Vorlagebeschluß, f = nur Hinweis
Obergerichte Bundesverfassungsgericht B 12. 2.1964 - X BvR 253/63
.
302
Bundesgerichtshof U 2.10.1963 - IV ZR 297/62 .201A U 22. 1. 1964 - Ib ZR 92/62 . . 177 U 22. 1.1964 - Ib ZR 100/62 . 182 U 29. 1. 1964 - V ZR 209/61 . . 168 B 12. 2. 1964 - IV AR (VZ) 39/63 74 B 12. 2.1964 - IV AR (VZ) 40/63 74t U 27. 2.1964 - VII ZR 134/62 . 274 U 11. 3.1964 - IV ZR 216/63 . . 203 U 20. 3.1964 - V ZR 34/62 . . 245 U 29. 4. 1964 - IV ZR 93/63 . . 5 U 29. 4.1964 - IV ZR 194/63 . 311 U 21. 5. 1964 - VII ZR 23/64 . 191 U 3. 6. 1964 - IV ZR 208/63 . 204 U 23. 6.1964 - VI ZR 180/63 . 51 U 24. 6.1964 - V ZR 59/63 . . 1 U 30. 6. 1964 - VI ZR 88/63 . . 257 U 1. 7. 1964 - VIII ZR 266/62 . 38 B 7. 7. 1964 - 5 StR 573/63 . . 192 B 16. 9.1964 - IV ZB 294/64 . 240 U 30. 9.1964 - VIII ZR 195/61 . 259 U 9. 10. 1964 - Ib ZR 226/62 vor 57t U 21. 10. 1964 - Ib ZR 22/63 . . 180 U 23. 11. 1964 - II ZR 200/62 . . 40 U 23.11.1964 - VIII ZR 117/63 . 41 U 26.11.1964 - II ZR 55/63 . . 62 U 26.11.1964 - II ZR 56/63 . . 62t U 3. 12.1964 - II ZR 117/63 . 63 U 9. 12. 1964 - VIII ZR 304/62 . 33 U 7. 1. 1965 - VII ZR 241/63 . 279 U 8. 1. 1965 - IV ZR 63/64 . . 9 U 20. 1.1965 - IV ZR 54/64 . . 206 U 21. 1. 1965 - II ZR 120/62 . . 185 U 21. 1. 1965 - II ZR 49/63 vor 51t B 22. 1. 1965 - IV ZB 441/64 . 81b
U U u B u u u u u u u u B B u u u u u B
10. 2.1965 18. 2.1965 3. 3.1965 31. 3. 1965 1. 4. 1965 10. 6.1965 14. 6. 1965 21. 6. 1965 22. 6. 1965 28. 6.1965 30. 6. 1965 9. 7. 1965 12. 7.1965 14. 7.1965 8. 10. 1965 28.10. 1965 4. 11. 1965 9. 11. 1965 29. 11.1965 2. 12.1965
-
IV ZR 71/64 . .
88
_ VII ZR 240/63 . 193 _ IV ZR 95/64 . . 208 -
IV ZB 622/64 VII ZR 68/63. VII ZR 198/63 GSZ 1/65 . . II ZR 51/63 . V ZR 55/64 . VII ZR 128/63 VIII ZR 71/64 Ib ZR 83/63 . IV ZB 497/64 V BLw 1/65 . IV ZR 255/64 VII ZR 171/63 II ZR 169/63 . VI ZR 260/63 III ZR 198/63 II ZR 81/62 .
Bundesverwaltungsgericht U 29. 8. 1957 - I C 20/55 . . . U 1. 6. 1964 - V C 54, 55 und 57/63 . U 1. 6. 1964 - V C 56, 51 und 52/63 . U 26. 8. 1964 - V C 128 und 129/63 . B 5. 3.1965 - VII B 116/62 . U 1. 6. 1965 - I C 112/62 . . . U 30. 6.1965 - V C 227/62 . U 28. 9. 1965 - I C 93/63 . . . U 28. 9.1965 - I C 2/65 . . .
. 82t . 44 . 50 . 224 . 47 . 34 . 281 . 4 . 6 . 95b . 171 . 312 49 . . 214 53 . . 189 . 190 301
. 205f . 205t . .
205 15 305 . 205t 306 218
Bundesarbeitsgericht U 27. 8. 1964 - 5 AZR 364/63 . U 10. 12. 1964 - 2 AZR 369/63 .
68 69
Verzeichnis der Entscheidungen nach Gerichten
928
Bundessozialgericht U 25. 6.1964 - 4 RJ 343/61 . .
3
Bundesfinanzhof U 13. 5.1964 - V I 61/63
. . .
112
Bayerisches Oberstes Landesgericht B B B B B B B B B B B B B B B
10. 9. 1964 17.11.1964 19.11. 1964 29. 12. 1964 17. 3.1965 23. 3.1965 8. 6. 1965 8. 6. 1965 9. 7. 1965 23. 7. 1965 10. 8. 1965 11. 8.1965 25. 10. 1965 9. 11. 1965 10.11.1965
-
BReg la Z 109/64 BReg 2 Z 237/64 BReg l b Z 6/63 BReg la Z 250/64 BReg l b Z 293/64 BReg 2 Z 65/64 BReg l b Z 28/65 BReg 2 Z 330/64 BReg la Z 151/64 BReg 2 Z 7/65 BReg l b Z 61/65 BReg 2 Z 12/65 BReg la Z 27/65 BReg 2 Z 28/65 BReg l b Z 105 und 106/65
304 13 163 287 25 27 134 100 164 28 105 17 294 20 173
B 2.12.1965 - BReg l b Z 67/65 297 B 15. 12.1965 - BReg 2 Z 32/65 91 Kammergericht B 30. 1. 1964 B 23. 3. 1964 B 11. 5. 1964 U 17. 9.1964 B 21. 9.1964 U 22. 9. 1964 B 1. 2. 1965 B 1. 3. 1965 U 13. 4.1965 B 3. 5.1965 B B B
-
4. 5. 1965 2. 7. 1965 6. 9.1965 -
B 13. 9. 1965 B 30. 9.1965 B 21. 12. 1965 -
West 1 VA 3/63 . . . 262 1/2 W 2677/62 . 210 1 W 228/64 . . 124 19 U Entsdi. 507/64 8 1 W 1157/64 . . 211 18 W (Erf.) 2114/63 103 l W U m w . 892/64 213 1 VA 1/65 . . . 267 6 U 1248/64 . . 117 15/14 W 269/63 vor 195f 14 W 715/60 . 10 18 W 853/64 . 201 1 W Umw. 1038/65 26b 1 W K F 1322/65 212 1 W Umw. 1490/65 30 18 W 1516/61 . 310
Oberlandesgerichte Bremen U 18. 6. 1964 VB 13. 8.1964 U 15.10.1964 U 8. 7.1965
-
Celle B 29. 7.1964 VB 5. 11.1964 B 25. 3.1965 U 12. 7. 1965
-
Düsseldorf B 13. 4.1964 B 17. 4. 1964 U 21. 4. 1964 U 14. 7. 1964 B 1.10.1964 B 27. 11. 1964 B 26. 3. 1965 B 19. 8. 1965 U 13. 10.1965 U 21.12.1965 B 30.12. 1965 Frankfurt U 7. 1. 1964 B 23. 3. 1964
-
—
-
—
2 1 2 2
U 117/63 W 41/64 U 32/63 . U 27/65 .
vor . . .
59f 81a 60t 66b
5 5 1 5
W x 45/64 W x 72/64 W x 7/64 . U 77/64 .
. . . .
162 82 186 52
U U B B B B
3. 6. 1964 24. 6. 1964 3. 12. 1964 12. 4.1965 26. 4.1965 24. 9.1965
U 11. 11. 1965
—
-
_ -
_
-
_ _
3 VA 4/63 . 3 W 390/63 2 U 114/61 2 U 153/63 12 A R 15/64 3 W 316/64 3 W 66/65 . 18 W 168/65 3 U 76/65 . 4 U 188/65 3 VA 6/65 . 8 U 72/62 . 6 VA 2/63 .
. . . . . . . . . . . .
265 93 21 179 295 83 236 244 111 54 268 202 76
-
-
22 7 U 202/63. . . 37 7 U 213/61 . . 97 6 W 159/64 . . 6 W 609/64 . . 290 89 6 W 422/64 . . 10 (2) W 55/63 R vor 195f 15 U 63/65 . . 249
Hamburg B 8. 5.1963 B 14. 1.1964
-
_ -
B U B B U u B U B U B U U
u
3. 3.1964 15. 4. 1964 28. 8. 1964 9. 9. 1964 10. 9. 1964 14.10. 1964 14. 10.1964 5.11.1964 24. 11.1964 17. 12. 1964 8. 1. 1965 25. 2. 1965 2. 6. 1965 2. 6. 1965
-
-
_ -
2 W 84/63 . . . 2 W 172/63 vor vor 2 W 28/64 . . . 5 U 116/63. . . 5 W i S 137/63 . 5 W i S 11/64 . . 6 U 40/64 . . . 5 U 28/64 . . . 1 W 74/64 . . 6 U 176/64 . . 2a VA 2/64 . . 6 U 236/64 . . 2 W 9/65 . . . 6 U 262/63 . . 5 U 87/64 . . . 5 U 101/64 . .
237 112t 148t 121 275 198 198t 276 277 246 221b 266 260 242 65 46 73
Verzeichnis der Entscheidungen nach Gerichten B 13. 7.1965 - 6 W 87/65 . . . U 21. 10.1965 - 6 U 90/65 . . . Hamm U 17. 1. 1964 B 6. 5. 1964 B 30. 6. 1964 B 21. 8.1964 B 12.11. 1964 B 22. 6.1965 B 19. 8. 1965 B 20. 9.1965 -
4 U 209/63 . . . 15 W 137/64 . 15 W 399/63 . 15 W 67/64 . 15 W 335/64 . 15 W 294/64 . 15 W 157/65 . 14 W 18/65 .
Karlsruhe B 17. 3.1964 B 31.12. 1964 U 19. 2.1965 U 15.12. 1965
VA 3/63 . 5 W 174/64 2 U 326/64 1 U 30/65 .
247 67
. . . . . . .
176 165 113 127 128 298 187 273
. . . . . . . .
75 154 145 194
Uli.
5.1965 - 3 U (Wg) 250/63
209
Köln B 8. U 30. B 6. B 9. U 14.
8. 1960 7.1964 4.1965 4.1965 7. 1965
-
8 W 16/60 . 1 U 25/64 8 W 24/65 . 2Wx 44/64 6 U 102/64
München B 2. 4.1964 B 2. 4. 1964 B 30. 4.1964 B 30. 7.1964 B 30. 10.1964 U 17. 12.1964
-
VA 3/63 . . . . VA 1/64 . . . . Wi 51/62 . . . Wi 19/64 . . . Wi 72/63 . . . 10b EU 141/62 II
-
Koblenz
. . 72 vor 257f . . 270 . . 16 . . 175A 263 264 196 197 166 84
929
U 30. 6. 1965 - 7 U 1144/63 . . 225 U 27. 7.1965 - 5 U 988/65 . . 56 U 30. 11.1965 - 17 EU 384/65 vor 201Af Nürnberg U 14. 5. 1964 - 2 U 236/63 . . 215 U 18. 6.1964 - 3 U 40/64 . . . 216 U 20.10.1964 - 2 U 104/64 . . 169 U 29. 1.1965 - 6 U 107/64 . . 99 U 14. 6.1965 - 5 U 181/64 . . 58 B 29. 7.1965 - 5 W 73/65 . . . 272 U 26.11. 1965 - 6 U 73/64 . . . 283 Oldenburg B 14. 7.1964 - 5 Wx 23/64 . . VB 16. 9.1964 - 5 Wx 55/64 . . . U 16. 12. 1965 - 1 U 80/65 . . .
94 95a 55
Saarbrücken B 14. 7.1965 - 5 W 26/65 . . . TU 13. 10.1965 - 1 U 201/62 . .
135 48
Schleswig B 21. 5. 1965 - 1 W 223/64 . . 271a Stuttgart U 9. 6. 1964 U 9. 6. 1964 U 25. 2. 1965 U 7. 5. 1965 U 13. 5. 1965 B 24. 9. 1965
. . . . . .
23a 23b 207 45 146 293
ZweibrUcken B 25. 3.1965 - 2 W 114/64 . .
223
-
13/6 U 4/64 13/6 U 40/64 7 U 2648 . 10 U 10/65 . 3 U 16/65 . 8 W 202/65
. . . . . .
Landgerichte Aachen B 1. 7. B 6. 7. U 22. 7. B 28. 7.
1958 1964 1964 1964
Berlin B 14. U 2. U 9. U 16. U 14. B 19.
-
7 6 4 7
T T R T
116/57 3/64 . 356/63 198/64
. . . .
. . . .
118 252 114 2
2. 1964 - 83 T 311/62 . . 149 3. 1964 — 32 R 28/64 . . 107 3. 1964 - 32 R 112/63 . . 107t 3. 1964 - 32 R 111/63 . . 229 5. 1964 - 32 R 281/63 . . 229f 6. 1964 - (153 WGK) 45 WGA 11704/59 (593/63) 7 U 22. 6. 1964 - 32 R 144/64 . . 232 B 4. 12.1964 - 81 OH 8/64 . . 278 59
IPR 1964/65
U U B B B U B B B B B B B B U B
17.12.1964 4. 2. 1965 22. 3. 1965 1. 6.1965 30. 6. 1965 5. 7. 1965 21. 7. 1965 4. 10.1965 6. 10. 1965 6.10.1965 6.10. 1965 15. 10. 1965 25.11. 1965 29. 11. 1965 15. 12.1965 22. 12. 1965
_ 32 R 183/63 . . 143 — -
32 R 500/64 . . 107t 84 T Umw. 16/64 26a 154 WGK 369/62 200 83 T 117/65 . . 170 32 R 353/64 . . 107t 83 T 391/64 . . 172 83 T 7/62 . . . 136 83 T 329/64 . . 137 83 T 335/64 . . 138 84 AR 32/65 . . 296 83 T 351/65 . . 160 83 T 516/65 . . 140 84 T Umw. 63/62 31 32 84 O 7/64 . . . 83 T 278/63 . . 175
Verzeichnis der Entscheidungen nach Gerichten
930 Bielefeld B
9. 10. 1964 - 3a T 195/64 . .
78f
Bochum U 20. 4.1964 - 9 HO 204/63 . .
178
U 11. 8. 1965 - 18 S 89/63 . . .
147
Hanau
Bonn U 14. 7.1965 - 12 (10) O 126/64 282
60 66a 222 57 284
B
285
6. 7. 1964 - 5 T 199/64
. .
B 29. 4. 1964 - 2 T 54/64 . . .
59a 59b
B
1. 11. 1965 - 30 WK 9/685 N
Düsseldorf U 15. 9. 1964 B 21. 9. 1964 U 30. 9. 1965 Frankenthal B 13. 3.1964 ZU 8. 10. 1964 B 22. 4.1965 Frankfurt U 10. 1. 1964 TU 3. 7.1964 B 27.11. 1964 U 28. 10. 1965 -
29/65
. .
248
4b O 28/64 . . 14 T 320/64 . . 4b O 38/65 . .
183 24 181
1 T 326/63 . . 3 O 79/64 . . . 2 T 4/65 . . .
303 217 243
3/3 O 98/63 3/3 O 33/63 7 KfR 48/64 2/6 Q 243/65
35 39 309 184
. . . .
. . . .
Freiburg B 10. 4. 1964 - 2 T 2/64 . . . B 26. 7. 1965 - 4 T 61/65 . . .
300 159
Gießen U 24. 2. 1965 - 3 O 343/64
. .
261
. .
102
Göttingen B 23. 12. 1965 - 1 T 146/64
188
Heidelberg U 10. 12. 1964 - 1 R 151/65
. .
234
Kaiserslautern U 7. 1. 1964 - 4 R 298/63 . . 226 U 11. 10. 1966 - 4 R 87/66 . . . 226f Kempten B 12. 7. 1965 - T 110/65
Duisburg U 8. 10. 1965 - U P
123
Hannover
Bremen U 21. 12. 1959 - Q Nr. 50/59 . . U 8. 2. 1962 - O Nr. 335/59 . . TU und U 13. 12. 1962 O Nr. 242/60 . TU 4. 2. 1965 - 11 0 252/63 . . B 3. 3. 1965 - 9 T 109/65 . . . U 6. 5. 1965 - 13 O Nr. 12/65 . U 16. 12. 1965 - 12 OH 2/65 . . Darmstadt
' Hamburg U 18. 3. 1964 U 15. 6. 1964 U 11. 8. 1964 B 11. 11. 1964 U 7. 1.1965
ZU 26.1.1965 - 22 O 146/64 . . 280 U 29. 1.1965 - 62 O 173/61 . . 42 U 23. 7.1965 - 81 O (Entsch.) 90/65 . 11
. . .
250
U 11. 3.1964 - 8 R 79/63 . . .
228
Kiel
Kleve U 6. 5. 1964 - 2 R 56/64 . . .
77
Köln Lüneburg U 14. 1. 1964 U 16. 2. 1965 Lübeck B 14.10. 1965 Mannheim U 17. 3. 1959 U 24. 4. 1964 B 29. 6. 1964 U 11. 12. 1964 U 29. 1. 1965 U 21. 5. 1965
-
7 T 421/65 8 R 227/57 . 1 R 191/63 4 T 54/63 . 1 R 152/63 1 R 105/63 1 R 169/64
München I B 14.12.1964 U 11. 2. 1965 B 25. 2. 1965 B 19. 8. 1965 B 30. 8.1965
-
I WKN 187/63 . 199 6 0 803/62 . . 43 13 T 55/63 . . 129 16 T 36/63, 1/64 18 13 T 343/65 . . 292
- 14 R 156/63 . . - 4 R 725/64 . . . . . . . . .
227 235
. 271b 105 A . 230 . 12 . 108 . 87 . 109
Osnabrück -
29 P 18/63 61 P 28/63 5 R 85/58 . 1 T 186/64 4 O 338/62
. . 61 . . 221a . . 233 . . 286 . . 64
B
5. 3. 1964 - 8 T 34/64 . . .
Regensburg U 11. 2.1965 - S 276/64
. . .
238 144
Verzeichnis der Entscheidungen nach Gerichten Stuttgart B 28. 2.1964 B 23. 3.1964 U 1. 7.1964 U 5. 8.1964
-
6/3 T 40/63 6/3 T 37/63 4 S 357/62 . 5 S 6/63 .
. . 141 . . 251 . . 258 . . 80
Tübingen U 29. 7.1964 - I S 37/64 . . . 142 B 19.10.1964 - I T 104/64 . . 253 B 19. 1.1965 - 3 GR 38/64 . . 155
Amtsg Berlin-Charlottenburg B 17. 5. 1965 - 52 VII H 12378 . 167 B 26.11.1965 - 62 VI 712/64 . . 174 Berlin-Neukölln B 27. 1.1965 - 50 VII A 1807 . 148 f Berlin-Schiineberg B 12. 7.1965 - 50 X 985/64 . . 291 Bielefeld B 26. 2.1964 - 20 III 219/63 . . B 28. 7. 1964 - 20 III 240/64 . . B 14.10.1964 - 20 III 200/62 . . Bonn B
120 78 115
1. 9.1964 - 21 M 2042/64 . 220
Calw
Frankfurt B 27.11. 1964 B 16.12.1964 B 3. 6.1965 B 15.10.1965 Glückstadt
-
119
Hö 4 UR III 22/64 96 34 C 1871/64 . . 254 Hö 4 UR III 8/64 89A Hö 4UR III 15/65 101
B 19. 8.1964 - 1 K 4/64 V . . 269 Göppingen B
59
-
111 VII G 7283 110 VIII D 4833 111 VII G 7047 . 111 VIII B 14417 113 VII P 5836 115 X V 2937 . 115 X R 11030 . 115 S VII S 858
148b 148f 150 148c 148d 151 126 79
104
Weiden B 22. 7.1964 - 3 T 83/63 . . .
152
Wiesbaden U 16. 6. 1964 - 3 R 355/63 . . B 2. 3.1965 - 4 T 132/64 . . B 8.11. 1965 - 4 T 258/64 . . .
231 130 90
richte B B B B B B B B B
31. 8. 8. 14. 27. 9. 21. 9. 30.
7.1964 1.1965 1. 1965 1. 1965 1.1965 4. 1965 5.1965 6.1965 9. 1965
-
66 AR 1183/63 . 60 III 3/65 . . 113 VII M 8936 60 III 4/65 . . 111 VII F 4806 111 VIII F 3981 110 XA 4062. . 113 VII J 3597 66 HRB 2974 .
29 288 148f 98 148e 132 133 157 299
Hamburg-Wandsbek B 30. 3. 1965 - 8 VII S 265 . .
156
Hannover B 8. 7. 1964 - 85 UR III 51/64 B 19. 1.1965 - 85 III 89/64 . .
161 85
Hennef/Sieg . .
86
Lüdenscheid B 28. 4.1964 - X 470/63 . . .
122
Maulbronn B 14. 10. 1965 - I GR 473/63 . .
139
Mönchengladbach B 22. 12. 1965 - 15 III 23/65 . .
8. 1.1964 - 1 GRA I 362/63 148a
Hamburg B 12. 2. 1964 B 13. 3.1964 B 13. 3.1964 B 31. 3.1964 B 28. 4.1964 B 6. 7. 1964 B 16. 7. 1964 B 28. 7. 1964
Ulm TU 26. 3.1965 - 3 O 55/62 . . .
U 25. 1. 1965 - 2 C 390/64
B 25. 2. 1964 - GR 38/62 . . .
931
92
Reutlingen B 21. 7. 1965 - I GR 201/64 . .
158
Schwäbisch Hall B 21. 5. 1964 - 2 GR 25/64 . .
125
Schwetzingen B 20. 1.1965 -
1 C 299/63 . .
Stolberg B 18. 2.1965 - 4 VII 5345 . . .
255 116
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
932
Stuttgart B 4. 11. 1964 - D 7 Nr. 1152/64
153
Stuttgart-Bad Cannstatt B 22. 2. 1965 - GR 738/64 . . .
289
Tirschenreuth B 16. 4.1962 - C 99/61 . . . .
106
Traunstein B 29. 9. 1965 - UR III 11 mit 14/65 . . Tübingen B
19
3. 12. 1965 - 6 C 807/65 . . .
256
Wanne-Eikel B 29. 3.1965 - 5 X 697/64 . . .
131
Arbeitsgerichte LArbG Düsseldorf U 18. 8.1964 - 8 Sa 271/64 . .
239
ArbG Hamburg U 18. 8. 1965 - 10 Ca 294/65 . .
71b
ArbG Marburg/Lahn U 8. 3.1965 - Ca 57/65 . . . .
70
Verwaltungsgerichte BayVGH U 15. 11. 1965 - Nr. 17 V 64 . .
307
OVG Lüneburg U 6.10. 1964 - II OVG A 27/63 U 5. 1. 1965 - II OVG A 87/61
308 14
OVG Münster U 21. 7. 1964 - II A 387/64
vor 12f
VG Braunschweig 28. 2. 1963 - I A 89/62 . . . 308f
RUckerstattungsgerichte ORG Berlin B 29. 6.1964 - ORG/A/3020
.
219
ORG Herford B 15. 1. 1964 - ORG/II/887
. .
195
Schiedsgerichte Tarifschiedsgericht für die deutsche deutsche Seeschiffahrt 20. 4.1965 - Nr. 72/64 . . . . 71a Deutsche Demokratische Republik Bezirksgeridit Magdeburg U 29. 5. 1965 - 3 B F 199/64 . .
110
Schiedsgericht bei der Kammer fttr Außenhandel 30. 5. 1964 - SG 403/1/63 . . . 36 8. 12. 1964 - SG 403/83/63 . . . 241
(2) nach Fandstellen Die Zahlen der linken Kolonne weisen auf die Fundstelle hin, die der rechten geben die Nummer der Entscheidung an. 1965 52 Nr. 70 325 Nr. 441
Arbeitsrecht in Stichworten 69 70 Arbeitsrechtliche Praxis
IPR-Arbeitsrecht Nr. 9
68
ZPO § 512a Nr. 3
224
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
1966 331
933
Archiv für Urheber-, Film- (Funk-) und Theaterrecht . . . .175A Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters
1964 90 122 124 193 228 264 301 301 302 369 394 395
. . . . . . . . .
35 177 176 274 191 179 5 51 216 178 259 38
1965 30 92 93 93 94 94 94 94 120 175 175 176
33 vor 57f 62 169 21 33 245 257 193 22 23a 23b
177 275 297 298 339 455 456 1966 60 102 140
29 224 6 4 58 180 49 190 189 214
Bayerisches Justizministerialblatt 1965 43 43 44 107 107
. .
13 163 287 25 27
1966 23 23 24 24 25
100 164 28 105 20
25 25 26 26
173 294 91 297
Bayerisches Standesamt 1965 15
13 Bayerische Verwaltungsblätter
1965 386
305
1966 95
307
Blatt fUr Patent-, Muster- und Zeidienwesen 1964 277
177
1965 327
183
Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 402.10 Namensänderungsgesetz § 3 Nr. 19 . . 15 1964 261 Nr. 146 .
Das Arbeitsrecht der Gegenwart 68 Das Standesamt
1964 129 162
74 76
164 164 195
148b 150 264
222 275 307
120 308f 74
934
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
327 . 327 . 330 . 392 . 1965 18 . 45 . 47 . 48 . 73 . 80 . 102. 126. 129 .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
75 162 12 285
. . . . . . . . ,. . . ., . . . . . . .. . .. . . .
. . . . . . . .
. 93 . 262 . 95a . 97 . 163 . 161 . 308 . 13 113
132 . . . . 152 157 158 185 188 218 219 247 249 275 299 302 303
vor 12t 81b 98 85 288 15 89 115 16 266 164 95b 100 290
1966 48 . 111 . 115 . 147 . 147 . 149 . 170 . 290 . 1967 50 . 130.
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. 9 . 91 . 114 . 89A . 101 . 267 . 20 . 90
. . . . . . . . . .
102 14
Der Amtsvormund 1964 46 . 132 . 134 . 205 . 208 . 256. 256. 269 . 303 . 332 . 1965 58 . 63 .
. . . . . . . . . . .. .. . . . . . .
. . . . . . ., . . .
. . 148b . . 251 . . 148c . . 150 . . 238 vor 112f vor148f . . 141 . . 253 . . 149
. . . . . . . ,
142 82
123 123 124 125 125 152 154 155 157 159 196 222 . . . . . . 226 253
254 255 252 163 285 144 243 162 156 236 151 113 157 250
255 . 323 . 325. 356. 360 . 1966 29 . 50 . 61 . 92 . 124 . 153 . 174 . 285 .
.
. . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. 159 . 155 . 154 . 81b . 146
. . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . . . . .
256 222 164 293 261 144 294 114
Der Außenhandel und der innerdeutsche Handel. Beilage: Recht im Außenhandel (siehe auch: Sozialistische Außenwirtschaft) 1967 Nr. 9 S. 8 . . . 241 Der Betrieb 1964 581 801 877 1177 1257 1258 1258 1259
. . . . . . . .
. . .
. . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. 177 . 274 . 245 . 112 . 51 . 1 . 257 21
1297 1332 1409 1587 . . . . 1588 1965 40 139 296
38 5 191 vor 57t 259 68 33 239
473 1487 1966 461 977 978 1232
. . . . . . 279 70 . . . . . . . . . .
. .
. . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
189 190 4 193
Der Betriebs-Berater 1964 446 . . 988 . .
. . . . . . . .
177 179
1965 104 261
..
62 33
265 . . . . . . 185 605 . . . . . . 279 1966 263 . . . . . . 184
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
935
Der deutsche Rechtspfleger 1965 172 233 236
9 2 287
1966 51 193 194
105 273 273
324 325 326 1967 4 100
272 216 215 223 270
Der Hamburger Standesbeamte 1965 2 15 16
153 148f 148e
1964 242
177
1969 6
156
Der Markenartikel
Deutsche Außenwirtschaftsrundschau 1964 126 170
274 274
1965 190 190
192 208 223
47 33 6
236 431 438 1967 51
298 164 171
4 224
Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung
1965 94
220
1965 423 429 429 433
33 162 163 24
Deutsche Notar-Zeitschrift 747 748 748 1966 234
25 5 45 105
297
Deutsche Rechtsprechung I (110) 63 b 9 I (160) 42 c 74 I (164) 105 a 101 I (180) 51a 51 51b 74 52 b 5 53 a 38 53 b 128 53 c 162 53 d 163 54 a 81b 54 b-c . . . . 33 54 d 81b 55 a 95b 55 b-c . . . . 100 55 d 6 56 a 105
56 b 57 a 57 c 59 a 59 b-c . . . . 60 a 60 b 60 c 62 c 64 d II (216) 55 c II (282) 144 a IV (415) 67 a 67 c-d . . . . 68 a IV (416) 151 e
145 91 49 146 159 111 10 135 147 297 62 171 245 259 257 1
155 a . 156 a . IV (418) 103 c . 103 d . IV (470) 88 d . 103 a . IV (480) 31a . V (518) 26a . 27c . 28b . V (523) 74c . V (549) 186 c . 195 b . 215 b .
. . . . . . . .
224 4
. . . . . . . .
262 263
. . . . . . . .
263 294
. . . .
220
. . . . . . . . . . . .
305 306 307
. . . .
205
. . . . 308 . vor 12f . . . . 312
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
936
Deutsche Riditerzeitung Beilage: Rechtsprechung und Schrifttum M54 B 75 B 75 B 75 B 83 B 83 B 83 B 106 B 107 B 108 B 110 B 115 B 115 B 116
Nr. 993 Nr. 996 Nr. 997 Nr. 1156 Nr. 1166 Nr. 1167 Nr. 1375 Nr. 1405 Nr. 1413 Nr. 1473 Nr. 1575 Nr. 1577 Nr. 1587
. 74 . 76 . 77 . 245 . 262 . 263 . 204 . 51 . 77 . 165 . 245 . 257 . 228
1965 B B B B B B B B B B B B B
9 9 10 10 14 18 19 19 19 19 39 44 44
Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.
169 . 171 . 173 . 182 . 259 . 331 . 358 . 359 . 360 . 361 . 526 . 629 . 630 .
22 5 162 264 95a 252 258 263 257 259 99 33 68
B B B B B B B B B B B B B B B B B
44 44 45 45 46 52 66 76 76 79 81 104 108 108 109 115 115
Nr. 631 . Nr. 632 . Nr. 633 . Nr. 634 . Nr. 667 . Nr. 794 . Nr. 842 . Nr. 1032 . Nr. 1035 . Nr 1096 . Nr. 1139 . Nr. 1378 . Nr. 1452 . Nr. 1453 . Nr. 1473 . Nr. 1621 . Nr. 1613 .
113 127 163 83 163 227 23a 81b 83 287 9 145 146 6 2 234 224
Deutsches Verwaltungsblatt 1965 164 168 . . . 482
.
308 vor 12f 205
1966 113 352 384
312 305 307
Die Aktiengesellschaft 1965 16 365
21 47
1966 132
28
Die Justiz Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg 1964 118
75
1965 236 239 272 309
145 234 45 23a
1966 14 133 183
293 154 146
Die Öffentliche Verwaltung 1964 164 266
302 308f
1965 243 285 423
308 205f 205-j-
772 851 1966 242
305 306 312
Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen 1965 99 99 207 329 335
154 163 213 187 25
342 366 1966 34 38 142
289 135 56 225 48
193 205 234 336 340 370
100 164 294 173 297 268
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
937
Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Münster and Lüneburg 20
153 . . . 418
. vor 12f 308
Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen 1964 291 377 385 443
304 13 163 287
1965 77 108 221 245
25 27 100 164
294 326 366 372 376 423 450
28 105 294 20 173 297 91
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts 16 215 19 357
68
17
1
69
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen 192 Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
41 42
84 136
177 74
7 70
5 1
194 385 43 21 51 80
259 62 33 185 9
162 213 44 46 121 183
Entscheidungen des Bundessozialgerichts 21
151
17 224
3 Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 302 Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
19 204 21
205
21 200
305
Entscheidungen des Obersten Rückerstattungsgerichts Berlin 47
219
Entscheidungen des Obersten Rückerstattungsgerichts 3. Senat 12 155. . . . vor 195f
193 81b 224 95b 49
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
938
Europäisches Transportredit 1966 691
3
57
1968 382 390
59a 59b
Fremdenverkehrsrechtliche Entscheidungen 74 217
248 54 Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
1964 372
177
1965 665
180
1966 104 379
6 181
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Auslandsteil) 1964 202 636 647 Nr. 1945
.
177 176 177
1965 32 204 374 Nr. 1166
.
183 179 179
375 Nr. 1170 504 1966 404 Nr. 1299
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Berichte) 1967 219 Nr. 1663 . 6 GmbH-Rundschau 1965 69 22 Hansa Zentralorgan für Schiffahrt, Schiffbau, Hafen 1964 1965 1661 2106 61 1502. . . . vor 51f 1788 2374 . . . . vor 59f 1647 71a 1966 1660 62f 911 1964/65 189
1964 617 1965 99 237 1964 349 384 1964 501
177
74 5 224
192 245
5
Juristen-Jahrbuch 1965/66 197 5 Juristenzeitung 448 193 531 81b 580 4 648 154 Juristische Rundschau 1965 227 163 Juristische Schulung 1965 161 68 325 193 458 224
.
176 180
.
183
63 65 67
198 204 204
74 33 62
1966 177 182
95b 100
1966 150
205
1967 330
297
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
939
Justizblatt des Saarlandes 1965 197
135 Justizministerialblatt für Nordrhein-Westfalen
1964 163 186
93 165
1965 94
295
1966 191
268
Justizverwaltungsblatt 1964 139
74 Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen
1964 172 189
274 300
1965 153
279
1966 111 182
283 278
Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs BEG 1956 § 51 Nr. 24 . 204 § 65 Nr. 16 . 206 § 116 Nr. 18 . 208 § 160 Nr. 24 . 203 § 209 Nr. 70 . 240 BinnSchVerfG § 14 Nr. 2 . . 62 BGB § 244 Nr. 5 . 208 § 675 Nr. 34 . 49 § 1355 Nr. 2 . 95b EGBGB Art. 7 ff. (Deutsches intern. Privatrecht) Nr. 25 . 177 51 Nr. 25a 33 Nr. 26 . Nr. 27/28 139 62 Art. 12 Nr. 11 . 74 Art. 13 Nr. 4 . Nr. 6 . 81b Art. 14 Nr. 1 . 95b 5 Art. 17 Nr. 3 .
Art. 18 Nr. 1 . 81b Art. 28 Nr. 1 . 171 74 Art. 30 Nr. 15 . 5 Nr. 16 . Nr. 17 . 6 49 Nr. 18 . EheG 74 § 10 Nr. 1 . . § 11 Nr. 2 . . 81b § 15a Nr. 1 . . 81b Genfer Konvention 312 Nr. 9 GenG § 90 Nr. 1 . . 185 § 91 Nr. 1 . . 185 GVG 74 § 23 Nr. 1 . . Rheinschiff ahrtspolizeiVO v. 24.12.1954 62 Nr. 18/19 . . . StGB § 146 Nr. 5 . . 192 VerschG 9 § 12 Nr. 1 . .
Warschauer Abkommen Nr. 3 . . . vor WZG § 15 Nr. 34 . . § 24 Nr. 55 . . ZPO § 50 Nr. 17 . Nr. 18 . § 256 Nr. 79 . § 328 Nr. 13 . Nr. 14 . Nr. 16 . § 512a Nr. 4 . § 549 Nr. 69 . Nr. 70 . Nr. 71 . § 561 Nr. 35 . § 562 Nr. 7 . Nr. 8 . Nr. 10 . § 767 Nr. 28 . § 1044 Nr. 4 .
57f 177 177 4 6 245 245 257 259 224 1 62 224 49 1 62 4 279 274
Mitteilungen aus der Praxis Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg 1964 284 1965 36
5 162
88 188 188 255
163 9 287 81b
302 308 350
25 2 154
940
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen Mitteilnngen der Rheinischen Notarkammer
1964 651
24
Mitteilungsblatt Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 1064 26 40
177 177
1966 8 20 43
180 6 181
Monatsschrift liir Deutsches Redit 1964 386 388 401 587 590 598 741 837 837 840 846 912 927 934 995 1009 1011
. . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
302 177 74 245 274 76 204 1 51 257 77 5 252 192 240 29 258
1965 24 . 127 . 144 . 205 . 237 . 374 . 378 . 393 . 458 . 461 . 469 . 470 . 475 . 663 . 665 . 723 . 768 .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
vor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57f 259 220 163 68 279 33 260 185 62 81b 9 193 234 25 224 305
804 . . 818 . . 828 . . 895. . 903 . . 911 . . 914 . . 986 . . 994 . . 1966 82 . . 129 . . 238. . 244 . . 315 . . 329 . . 330 . . 334 . . 414 . . 439 . . 504 . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. 6 . 171 . 247 . 95b . 4 . 164 . 28 . 261 . 100
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. 218 . 312 . 105 . 243 . 49 . 20 . 297 . 299 . 86 . 306 54
Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 1965 245 . . . . . .
165 Neue Juristische Wochenschrift
1964 972 976 979 981 983 1124 1323 1626 1629 1828 1902 2012 2013 2015
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. 177 . 74 . 264 . 262 . 263 . 168 . 74 . 245 . 192 . 81a . 1 . 51 . 5 . 74
2109 2114 2348 2350 2355 2372 1965 38 44 224 319 487 489 502 869
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . 257 . . 227 vor 57f . . 259 . . 22 . . 95a
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. 5 . 162 . 82 . 68 . 33 . 62 . 163 . 287
912 . 969 . 1127 . 1129 . 1138 . 1139 . 1140 . 1438 . 1537 . 1664 . 1665 . 1666 . 1914 . 2052 . 2060 .
.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
9 185 193 81b 279 23a 83 25 145 6 224 4 50 95b 100
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen 1966 296 302 304
49 52 100
308 317 356 696
135 307 294 190
941
772 786 1967 447
49 294 297
Neue Justiz 1966 319
110 Niedersächsische Rechtspflege
1964 241 252
95a 162 Recht der Arbelt
1964 437
68
1966 199
224
Recht der Jugend 1965 43 185
162 123
1966 21 218 244
164 294 52
1969 92
89A
Redit der Landwirtschaft 1965 234
171 Redit in Ost und West
1965 29 134
302 205
1966 79
205f
Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht 1964 34 62 256 356 382 383 392 393 498 499 555 559
. . . . .. .. . . . . . . .. .. .. . . ..
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. .201A . . 166 . . 195 . . 196 . . 202 . . 204 . . 311 . . 203 . . 197 . . 219 . . 8 . . 240
1965 12 62 159 169 278 307 369 375 400 422 429 440 474
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
103 166 199 84 207 199 209 43 200 84 208 201 25
494 539 574 1966 11 17 140 160 167 179 208 239 274 551
. . . . vor195f . . . . . . 201 . . . . . . 9 . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . .
. . 201 vor195f . . 312 . . 201 . . 310 vor 201Aj. . . 296 . . . 218 . . . 11 . vor 195t
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen
942
Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs 181 86 307 Schleswig-Holsteinlsche Anzeigen 1965 19
269
1966 112
271b
Sozialistische Außenwirtschaft. Beilage: Recht in der Außenwirtschaft (bis 1967: Der Außenhandel und der innerdeutsche Handel) 1967 Nr. 9 S. 8 . . .
241
1968 Nr. 2 S. 6 . . .
36
The American Journal of International Law
1966 597
27 Verkehrsblatt
1965 254
62 Verkehrs rechts-Sammlung
27 421 . . . .
28 vor 57f
62 63
256
31 161
55
1966 283 347 856 . . . . .
.
53 52 54
. . .
279 4 6
Versidterungsrecht 1964 1027 1205.... 1965 152 230
51 vor 57t 62t 62
230 63 351 . . . . vor 51f 6 6 8 . . . . vor 257-f 1209 67
Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland 17 (1965) Nr. 100 . . .
.
14
Nr. 136 . . . Nr. 240 . . .
. .
305 307
Warneyer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen 1964 Nr. 81 . . . Nr. 92 . . .
. .
274 245
Nr. 183 . . . . 51 Nr. 187 . . . . 257 Nr. 215 . . . vor 57t
1965 Nr. 14 . . . Nr -148 . . . Nr. 173 . . .
Wertpapier-Mitteilungen Teil IV 1964 348 549
168 274
617 646 768
245 210 191
879 908 947
257 1 51
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen 192 38 259 211
953 . 1023 . 1210 . 1278 . 1965 82 . 102 . 126 . 227 . 293 . 296
33 41 40 185 279 213
338 366 440 571 714 766 787 824 859 868
.. .. . . .. . . . . .. .. . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. 193 . 9 . 309 . 26a . 224 . 47 . 50 . 4 . 6 . 34
1014 1202 1255 1287 1297 1966 111 221 418 1312
943 . . . . . .
281 30 26b 214 212
.
190 189 31 194
. . . . . . .
247 145 154 105 244 159 154
. . . . . . . . . .
53 298 101 135 91 267 268 10 92 294 111
.
147
Wettbewerb in Recbt und Praxis
1965 32 .
183 Wirtschaft nnd Wettbewerb
1965 49
1968 535 .
177
147 . . . . . . 179 176 375 . . .
Zeltschrift f ü r ausländisches und internationales Privatredit 73 Zeitschrift f ü r das gesamte Familienrecht
1961 218 . 1964 188 . 262 . 295 . 365 . 366 . 442 . 444 . 446 . 496 . 511 . 532 . 566 . 569 . 578 . 581 . 630 . 633 . 1965 43 . 45
1965 167 . . .
105A 74 262 76 77 75 263 264 228 5 263 79 78 93 162 165 95a 227 82 97
89 . . 90. . 92 . . 95 . . 95 . . 95 . . 144 . . 150 . . 151 . . 155 . . 270 . . 284 . . 286 . . 311 . . 397 . . 517 . . 522 . . 552 . . 552 . . 562 . . 565 . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
128 113 127 163 258 ' 285 83 99 246 287 9 130 151 81b 93 125 146 95b 206 171 100
573 579 579 612 616 622 624 1966 28 39 41 42 147 149 200 210 310 377 451 1967 90
Zeltschrift f ü r Luftrecht und Weltraumrechtsfragen . vor 57f
944
Verzeichnis der Entscheidungen nach Fundstellen Zeltschrift für Zivilprozeß
1965 158 383
259 279
1966 450
4
1967 311
224
Zentralblatt für Jugendrecht and Jugendwohlfahrt 1965 111
165
1966 136
135
1967 90
147
SACHVERZEICHNIS Die Zahlen verweisen auf die Seiten. Zahlen ohne nähere Angaben beziehen sich auf das deutsche (internationale Privat- und Verfahrens- sowie Staatsangehörigkeits-) Recht. Auswärtige Staaten werden durch folgende Abkürzungen bezeichnet: Alg. Arg. B. Bras. Bulg. Cal. Chi. Col. CSSR CypDDR Eng. F. Gr. I. Ir. Isr. Jap. Jor. Jug. Ka. Ku. Lett. Lib. Lie. Lux.
Algerien Argentinien Belgien = Brasilien = Bulgarien = California = Chile = Colorado = Tschechoslowakei = Cypern = Deutsche Demokratische = Republik England = Frankreich = s Griechenland Italien = Irak = Israel = Japan = Jordanien = Jugoslawien = Kanada = Kuwait Lettland = Libanon = Liechtenstein = = Luxemburg =
=
Ma. NI. N.Y. ö. Pak. Pol. Por. Ru. Salv. Scho. Schwz. Sp. SU Sud. Südafr. Syr. Ten. Tun. Tür. Ung. Ur. US
= = = = = = = = = = =
= = =
= =
= = =
= =
VAR
=
VChina
=
Marokko Niederlande New York Österreich Pakistan Polen Portugal Rumänien El Salvador Schottland Schweiz Spanien Sowjetunion Sudan Südafrika Syrien Tennessee Tunesien Türkei Ungarn Uruguay Vereinigte Staaten von Amerika Vereinigte Arabische Republik Volksrepublik China
Außerdem wird bei ausländischem Recht die Abkürzung IP = Internationales Privatrecht verwendet. Der Umlaut ist nicht berücksichtigt. A
Abänderungsklage 339, 728-730 Abgeschlossener Tatbestand 233-237 Abschlußstatut 126 f. Abstammung s. Eheliche Abstammung Adel 39, 41, 51, 63, 66 ö. 64 f., 883 f. SU 38-40, 41-46, 47^19, 56, 67 f. Ung. 50, 53 f. 60 IPR 1964/65
- , ausländischer, Verdeutschung 42, 50 - , Enteignung 54, 58 f. ordre public 39 f., 54, 68 s. a. Name Adoption 466, 467 f., 474 f., 477 Ka. 466 Ohio IP 477-482, 482 f. Pol. 471 f.
946
Sachverzeichnis
Adoption (Forts.) - , Anerkennung ausländischer Entscheidungen 466-469, 471-475 - , internationale Zuständigkeit 472 f., 477 Name 466 - , ordre public 473 f. Ägypten s. Vereinigte Arabische Republik Algerien, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 676-678 - , Ehescheidung 678 - , Legitimation IP 437, 438 - , Rechtszustand nach Unabhängigkeit 342-344, 676 - , Staatsangehörigkeit 675 - - d e s Kindes 437 f. Änderung ausländischer vormundschaftsgerichtlicher Entscheidungen 376 Anerkenntnis 158 Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Adoptivsachen 466-469, 471-475 Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 708 f., 709 f., 712 f., 749-753, 754-759, 760-764, 765-767, 768 f., 769 f., 771-773 Alg. 676-678 Arg. 763 Col. 689 f. Eng. 253, 673 F. 685 I. 384 f. Lux. 684 Nl. 8 Salv. 685 US 681-683, 687 f. VChina 680 - , Anerkennung im Heimatstaat 758, 763 - , Anwendung des richtigen Rechts 766 - , Einlassung des Beklagten 708 f., 765 - , ordre public 758, 761-763, 766 f. - , Privatscheidung 768 f., 769 f. - , Verbürgung der Gegenseitigkeit 766 - , Zuständigkeit des Urteilsstaates 708, 712 f., 749-753, 754-757, 760, 765, 771-773 Anerkennung ausländischer Todeserklärungen 18-20, 21 f., 24-27, 36 Anerkennung von Kindern F. 444 f., 448-450, 461 f.
Gr. 422 f., 431 f. I. 810 f. Ir. 440 f. Ku. 457 f. Libyen 413 Ma. 355 f. Nl. 445 f. Sud. 454-456 VAR 463-465 Anerkenung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 727 f. F. 716 f. I. 696 Jug. 720 f. Ma. 720 Nl. 721 f. Sp. 718 US 718 f. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in sonstigen vermögensrechtlichen Angelegenheiten 704 f., 723-725, 732739, 740-742, 743-748 F. 743 f. Südafr. 732-739 Tür. 723 f. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 782-786, 788-791, 792 f., 798 f., 799-802, 808 f. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Sorgerechtsentscheidungen 700, 816 Angleichung s. Anpassung Anknüpfung bei Mehrrechtsstaaten 359 f., 380 Annahme an Kindes Statt s. Adoption Anordnungen s. Einstweilige Anordnungen Anpassung 34 f., 83, 311 f., 380, 392 f., 405 f., 410, 818 Anscheins vollmacht 128 f. Anwalt, Recht der Berufsausübung 167 f. Anwaltskosten 775, 777 f., 778 f., 780 f. Anwaltsvertrag 145 f., 166-169 Besatzungsrecht 170 Erfolgshonorar 145-149, 169-173 N.Y. 147 f. - , Gebührenvorschriften 172 - , Vergütungsanspruch bei Entlassung N.Y. 150 f.
Sachverzeichnis Anwendung ausländischen Rechts 313, 451 s. a. Zuständigkeit, wesenseigene Appellation contrôlée 556 Arbeitsunfall 217 Arbeitsvertrag 214, 215 f., 220, 221 - , Anwendung tariflicher Rechtsn o r m e n 214 - , Schwerbeschädigteneigenschaft 215-220 Argentinien, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 763 - , Ehescheidung 763 f. Armenrecht, Übersetzung der Klageschrift 701 f. - , Unterhaltsklage des unehelichen Kindes 420 f., 717 f., 718 f., 719 f., 720 f. Aufenthalt, gewöhnlicher 359 f., 681 f., 691, 708, 760 —, ständiger 216 Auflassung 225 f. R. 230 - , F o r m 226 - , Statutenwechsel 226, 229 Aufrechnung Lie. 803 Auseinandersetzungszeugnis 821 Ausländisches Recht, Anwendung 313, 451 - , E r m i t t l u n g 4 f., 6, 147, 169, 181 f., 212, 230 f., 776 - , Revisibilität 2, 7, 9, 50, 177, 208, 726, 775 f. Australien, Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe 135 f. - , Schenkung 135 B Baltische Staatsreederei, Rechtsfähigkeit 197, 200 f. Befreiung von der Reibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses 239, 241, 248, 250 Belegenheit 175, 224 f., 231, 589 f. - , F o r d e r u n g 146, 588, 647 rückerstattungsrechtlicher E r f ü l lungsanspruch 834 f. Belgien, Auflassung 230 - E h e g ü t e r r e c h t 328 - , elterliche Gewalt 367 f. - , Erbrecht IP 224 - , gemeinschaftliches Testament 225, 229 - , Staatsangehörigkeit 224 - , Verwaltung deutscher Gebiete 226 f.
947
Bereicherung 141, 178 f., 490 f. Reschlagnahme s. Enteignung Reweislast 157 f., 186, 208 s. a. Ausländisches Recht, Ermittlung Börsentermingeschäft Eng. 161 f. Rotschaftsangehörige, Exterritorialität 661 f. Botschaftsgrundstück, Exterritorialität 660 f. Brasilien, Schuldversprechen 584 f. - , Währungsrecht 585 f. Bulgarien, Vertretungsmacht einer Außenhandelsvertretung 127 f. C California, Ehescheidung 693 Cessio legis 191 Chile, Erbrecht IP 498 - , Name der E h e f r a u 326 f. Zwangserbrecht 499 f. China s. Volksrepublik China Colorado, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 689 f. - . D o m i z i l 688 f. Ehescheidung IP 691 f. - , internationale Zuständigkeit in Ehesachen 690 Columbia, Name 61 f. Culpa in c o n t r a h e n d o 158 Eng. 158 f. Custody s. Elterliche Gewalt Cypern, elterliche Gewalt 369 f. - , internationale Zuständigkeit in Vormundschaftssachen 369 f. D DDR, Ehescheidung 346 - , juristische Person des öffentlichen Rechts, Fortbestand 92 - , Staatsangehörigkeit 347 Delikt 159, 177 f., 180 f., 183-189, 189 f., 190, 191, 202 f., 204 f., 208 f., 209, 212 f. Jug. 183-189 Nl. 178 ö . 185-187 - , Distanz- 180, 189 f. - , Durchgriffshaftung 177 f. - , F o r d e r u n g s ü b e r g a n g auf Versicherung 191 - , Gefälligkeitsfahrt 188 - , gemeinsames Personalstatut 190
Sachverzeichnis
948
Delikt (Forts.) Günstigkeitsprinzip 181, 212 Inländerschutz 178, 185 - , Parteiwille 208 f., 212 f. Schmerzensgeld 189 f. V e r j ä h r u n g 178 - , Verletzung der Aufsichtspflicht 184 f. - , Verrichtungsgehilfe 209 Devisenrecht 576 f., 585 f., 591 Bras. 585 f. Domizil Col. 688 f. Eng. 349 f., 370, 673 f., 694 Isr. 390 Ohio 477 f., 480 Ontario 519 f. N. Y. 360, 682 f. Pak. 439 US 60 f., 360, 477 f., 480, 682 f., 688 f., 693 Doppelehe s. Ehehindernis des bestehenden Bandes Doppelstaater 61, 253, 309, 323, 371, 471 E Ehefähigkeitszeugnis, Ausstellung 821 f. - , Befreiung 239, 241, 248, 250 E h e f r a u , Name 302, 304, 306, 307-314, 315, 315-318, 318 f., 322-325, 325 f., 326 f. Chi. 326 f. F. 324 f. Nl. 306, 307-314, 315, 315-318 Por. 318 f. Sp. 304 Ehegüterrecht 328, 330, 852 B. 328 CSSR 333 ö . 333 Ung. 330 f. - , Auskunft über Vermögen 331 - , ordre public 328 Prozeßkostenvorschuß 703 - , Statutenwechsel 330 f., 331 f. - , Versteinerung 330 - , Volksdeutsche Flüchtlinge 330 f., 331 f. Ehehindernis, der Glaubensverschiedenheit 340 - , des bestehenden Bandes 240, 248, 250, 252, 284 Sp. 240 f., 248, 284
- , E r w e r b deutscher Staatsangehörigkeit bei Eheschließung 249 Fehlen der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters 259, 285 f., 287, 288, 291 f. - , ordre public 244 f., 252 s. a. Ehefähigkeitszeugnis, Wiederheirat nach Ehescheidung Ehe, hinkende 249, 251, 258 f., 284, 303, 344, 347 Eheliche Abstammung 256, 258, 262, 267 f., 305, 348, 349, 353, 354, 359, 362, 395, 396, 456 f., 458 f. Eng. 349-351, 369 I. 362-366, 395 I r a n 396, 441 f. Ma. 355 f., IP 442 Nl. 353 f. N. Y. 360 f. Sp. 305 Tun. 459 ordre public 350, 364-366 Ehelichkeitsanfechtung, internationale Zuständigkeit 694 Ehenichtigkeit 253, 262 Ehesachen, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in - 708 f., 709 f., 712 f., 749-753, 754-759, 760764, 765-767, 768 f., 769 f., 771-773 Alg. 676-678 Arg. 763 Col. 689 f. Eng. 253, 673 F. 685 I. 384 f. Lux. 684 Nl. 8 Salv. 685 US 681-683, 687 f. VChina 680 - , Anerkennung im Heimatstaat 758, 763 - , Anwendung des richtigen Rechts 766 Einlassung des Beklagten 708 f., 765 - , ordre public 758, 761-763, 766 f. Privatscheidung 768 f., 769 f. - , Zuständigkeit des Urteilsstaates 708, 712 f., 749-753, 754-757, 760, 765, 771-773 Ehescheidung 9-11, 287, 334, 336 f., 339 f., 344, 346, 347, 383 f., 405, 410, 674, 680, 683, 685, 691 f., 693, 699 Alg. 678 Arg. 763 f. Cal. 693
Sachverzeichnis Ehescheidung (Forts.) Col. IP 691 f. CSSR 337 f. DDR 346 Eng. IP 674 F. IP 345 Gr. 335 f. Lux. 685 Nl. 9, 13 f., 339 N. Y. IP 683, 758 Salv. 686 Tun. 340 f. US 689 VChinä 680 - , elterliche Gewalt nach - s. Elterliche Gewalt bei hinkender Ehe 344 f., 347 hinkende - 383 f., 405, 410 - , Name der Ehefrau 318, 325 ordre public 10-14 - , Schuldausspruch 339, 341, 674, 679, 681, 685, 686 - , Statutenwechsel 337 f. - , Unterhalt 336 f. Wiederheirat 240, 248, 250, 252, 284 s. a. Trennung von Tisch und Bett Eheschließung 239 f., 243 f., 248, 250 f., 260, 268, 284, 287, 303, 340, 342, 369, 493, 871 I. 447 Ir. 287 N. Y. IP 493 Sp. 240 f. SU 260-263 Tun. 340 - , Ermächtigung des Priesters 254, 256-259, 264-267, 269-274, 275-278, 279-282, 289 f., 292 f., 295 f., 298 f., 871 Eng. 254 Gr. 264-267, 269-274, 275-278, 289 f., 298 f. Sp. 256-259, 279-282, 295 f. Form (sonstige) 282, 284, 287, 288, 301, 303, 334, 342, 369, 396, 493, 765 Eng. 266 f., IP 349 F. IP 342 Gr. 334 f., 347 f. Isr. 283 N. Y. IP 493 Sp. 240 f., 248, 288, 380 f. Sud. 454 - , Grundgesetz 246, 252, 254 - , Menschenrechtskonvention 246, 252 - , Minderjähriger 259, 285-288, 291 Scho. 259, 285 f., 291 f. ordre public 244-246, 248, 252, 257 61
I P R 1964/65
949
- , rassisch Verfolgter 493 - , Registrierung 259, 262, 273, 281, 289, 292 f., 296 f., 298 f. Gr. 273, 289, 298 f. Sp. 259, 281, 296 f. . SU 262 f. - , nach Scheidung im Inland 240-242, 248, 250-252, 284 - , Statutenwechsel 283 Ehewirkungen, persönliche 302, 307, 309-312, 322 f., 632, 852 - - G e t r e n n t l e b e n 319 f. — , Name der Ehefrau 302, 304, 306, 307-314, 315, 315-318, 318 f., 322325, 325 f., 326 f. Chi. 326 f. F. 324 f. Nl. 306, 307-314, 315, 315-318 Por. 318 f. Sp. 304 - - , Pflicht zur Mitarbeit 632 — , Prozeßkostenvorschuß 703 — , Unterhalt 336 f., 638 f. CSSR 337 f. Eigentum 92 CSSR 102 - , Herausgabeanspruch gegen den Besitzer 232 Eigentumserwerb 232 - , Statutenwechsel 232 f., 236 f. Eigentumsschutz 231 f. Eigentumsvermutung 232 Eigentumsvorbehalt 234 f. Eng. 234 f. - , Statutenwechsel 234 f. Einstweilige Anordnungen, elterliche Gewalt 373 f., 388 f., 695, 699 f. - , Prozeßkostenvorschuß 703 El Salvador, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 685 -Ehescheidung 686 Elterliche Gewalt 367, 369, 372, 375, 376, 378 f., 383, 388, 390, 392, 394, 396, 398, 400, 404, 407 f., 409 f., 412, 413, 417, 487 f., 631, 700, 815, 820, 823, 825, 826 B. 367 f. Cyp. 369 f. Eng. IP 375 f., 817-819 F. 400-402 I. 383, 386 f., 392 f., 394 f., 404-107, 410-412, 412 f., 700, 838 f. Iran 379, 396 f. Isr. IP 390 f. Libyen 413-416 Nl. 487 f., 823
950
Sachverzeichnis
Elterliche Gewalt (Forts.) Sp. 379-381 SU 631 f. Syr. 376 f., 417 f., 826 f. Tür. 376 VAR 398 f., 407-409 - , Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Sorgerechtsentscheidungen 700, 816 - , custody 817 f. einstweilige Anordnungen 373 f., 388 f., 695, 699 f. hinkende Sorgerechtsregelung 814 ordre public 367, 377 f., 379, 397, 404 f., 408 f., 411, 415 f., 418, 826 f. Verkehrsrecht 392, 412, 820 I. 392 f., 412 f. England, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 253, 673 Börsentermingeschäft 161 f. - , culpa in contrahendo 158 f. - , custody 817 f. - , Domizil 349 f., 370, 673 f., 694 - , eheliche Abstammung 349-351, 369 - , Ehescheidung IP 674 - , Eheschließungsform 254, 266 f., IP 349 - , Eigentumsvorbehalt 234 f. elterliche Gewalt IP 375 f., 817-819 internationale Zuständigkeit in Ehesachen 673 f. - , internationale Zuständigkeit in Vormundschaftssachen 374 f., 814 - , reservation of the right of disposal 234 f. - , Schiedsspruch 160 - , Schiedsvertragsform 56 - , wards of the court 816 f. Wirksamkeit eines Schiedsspruchs 789 f. - , Wirksamkeit eines Schiedsvertrages 156 f., 805 f. - , Zinsanspruch aus Vertrag 160 Enteignung, Adel 54, 58 f. - , Gerichtsbarkeit 104 juristische Person 15 f., 88, 100,103, 561 f., 563, 565-568, 569-574, 650 - , Klage gegen den Erwerber 176 - , ordre public 15 f., 104 - , Sitz einer juristischen Person 562, 566 f., 650 - , Territorialitätsprinzip 103, 563, 565, 569 Warenzeichen 523
- W e r t p a p i e r 563 f. s. a. Spaltgesellschaft, Spaltungstheorie Entschädigung, Anspruchsberechtigung österreichischer Verfolgter 623-626 - , im Ausland festgesetzter Todeszeitpunkt 21 f., 23-28, 35 f. —, Erfolgshonorar des Anwalts 169173 Flüchtling 896 -.Minderjährige 629-631 - , Mitarbeit des Ehegatten 632 - , Rangfolge der Unterhaltsverpflichtungen 638 f. - , Rechtsberatung 149 Rechtsmittelfrist 633 - , Todesvermutung 622 - , Umrechnung von Fremdwährungsaufwendungen 636 f. - , Vererblichkeit 621 - , Verlust auf hoher See 627 f. - , Verlust in fremden Küstengewässern 627 f. Wiedereinsetzung 635 - , Wirkung der Wiederverheiratung 283 - , Zustellung 633-635, 697 f. Erbrecht 18, 29 f., 81, 224, 470, 490, 492, 502, 504, 515, 836, 847 B. IP 224 Chi. IP 498 F. 621 f. I. IP 491, 836-850 Ka. IP 518-520 Nl. 18 N. Y. 492-494 ö. 886 f. Pol. 515 Ung. IP 504 - , administrator 490 - , Erbschein 3-6, 470, 493 f., 497, 505 f., 832, 837, 869 - , Eröffnung des Erbganges SU 29 f., 32 f. - , gemeinschaftliches Testament 225 B. 225,229 - , Höfeordnung 495 f. Inventarerrichtung 837, 847 Nachweis in Grundbuchsachen 3-6 ordre public 491, 508 f. - , Statutenwechsel 229 f. -.Testament 490 Ung. 507 f. - , Testamentsauslegung 81 - , Testamentsform 497
Sachverzeichnis Erbrecht (Forts.) Testamentsvollstrecker Sch wz. 130 Ung. 506 f., 509 f., 511-514 - , Testamentsvollstreckerzeugnis 504, 510 Testierfähigkeit 497 f. Zwangs- Chi. 499 f. Erfolgshonorar des Anwalts 145-149, 169-173 N.Y. 147 f - , ordre public 147 f., 169-173 Erfüllungsort 126, 139 Ermittlung ausländischen Rechts 4 f., 6, 147, 169, 181 f., 212, 230 f., 776 Exterritorialität von Gesandtschaftsangehörigen 661 f. - des Gesandtschaftsgrundstücks 660 f.
F Familieneinheit 372, 383 Feststellung ausländischen Rechts s. Ermittlung Flüchtling 466, 477, 623, 651 f. - , Güterstand 330 f., 331 f. - seigenschaft 891 f. - , Statutenwechsel 45 f., 52 f. - , Verlust der -seigenschaft 893-896 s. a. Staatsangehörigkeit, Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit Forderungsübergang, gesetzlicher s. Cessio legis Form, Auflassung 226 - d e r Eheschließung 282, 284, 287, 288, 301, 303, 334, 342, 369, 396, 493, 765 Eng. 266 f., IP 349 F. 1P 342 Gr. 334 f., 347 f. Isr. 283 N.Y. IP 493 Sp. 240 f., 248, 288, 380 f. Sud. 454 s. a. Eheschließung, Ermächtigung des Priesters, Registrierung - , gemeinschaftliches Testament 229 B. 229 - , Grundstückskaufvertrag 153 - K a u f v e r t r a g 130 - , Schiedsvertrag 808 f. Eng. 156 - , Teilunwirksamkeit 225 - T e s t a m e n t 497 - , Veräußerung des Geschäftsanteils 577 f. 61 *
951
- V o l l m a c h t 130 Schwz. 130 f. - W e c h s e l 192 Forderungsverzicht in den Friedensverträgen mit den Alliierten ö. 648, 653 f. Ru. 888 Ung. 592-600, 600-603, 603 f., 605617, 617-620, 645-650, 880 Frachtvertrag 194, 213 Frankreich, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 685 - , Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 716 f. - , Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten 743 f. - , Anerkennung von Kindern 444 f., 448-450, 461 f. - , Ehescheidung IP 345 Eheschließungsform IP 342 - , elterliche Gewalt 400-402 - E r b r e c h t 621 f. - , internationale Zuständigkeit in Ehesachen 672 - , Name der Ehefrau 324 f. - , Nießbrauch des erbenden Ehegatten 621 f. - , Legitimation 444 f., 448-450, 461 f. - , Staatsangehörigkeit der Ehefrau 321 - , uneheliche Kinder 516, IP 717 - , Ursprungsbezeichnung 555-558 - , Warenzeichen 546 Freiwillige Gerichtsbarkeit, Maßgeblichkeit der lex fori 412 f., 847 - , wesenseigene Zuständigkeit 499, 842-844 s. a. Adoption, Grundbuchsachen, Nachlaßsachen, Todeserklärung, Vormundschaftssachen Fürsorgeerziehung 484
G Gebietskörperschaft, Fortbestand 90-100 - , ordre public 102 Gefälligkeitsfahrt s. Delikt Geldeigenschaft des Goldsovereign 577-579 Gerichtsbarkeit 208, 670, 723 - , Gebiete unter vorläufiger niederländischer Verwaltung 833
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Sachverzeichnis
Gerichtsbarkeit (Forts.) - , Gesandtschaftsgrundstück 660 f. - , Rückerstattung 588, 589 Zustellung an Exterritoriale 661 - , Zwangsvollstreckung gegen Exterritoriale 661 f. Gerichtsstandsvereinbarung 663, 665, 671 - , Bedeutung f ü r das Vertragsstatut 139 - , mutmaßlicher Parteiwille 665 f. Gesamtvertretung 131 Gesandtschaftsangehörige, Exterritorialität 661 f. Gesandtschaftsgrundstück, Exterritorialität 660 f., 661 f. Geschäftsbesorgungsvertrag, anwaltlicher 149 f. N.Y. 150 Geschäftsfähigkeit s. Volljährigkeit Gesellschaft, Pflegschaft f ü r - 80 Gesetzesumgehung 112-115, 563, 701, 816, 858 f. Gewöhnlicher Aufenthalt s. Aufenthalt, gewöhnlicher Gleichheit vor dem Gesetz 9, 12 f., 246, 252, 309, 313, 330, 332 f., 372, 377, 379, 383, 390, 392, 394, 400, 404, 408 f., 409-411, 415 f., 424, 458, 641 f., 874 f. s. a. Verfassung und IPR Goldsovereign, Geldeigenschaft 577579 Gretna Green 259, 291 f. Griechenland, Anerkennung von Kindern 422 f., 431 f. - , Ehescheidung 335 f. - . E h e s c h l i e ß u n g s f o r m 264-267, 269274, 275-278, 289 f., 298 f., 334 f., 347 f. - , Eheschließungsregistrierung 273, 289, 298 f. - , Staatsangehörigkeit der E h e f r a u 335 - , uneheliche Kinder 422 f., 431 f. Grundbuchsachen, E r m i t t l u n g ausländischen Rechts 4-6 - , öffentliche Urkunde als Eintragungsgrundlage 4 - , Nachweis der Erbfolge 3 - 6 - , Nachweis der Verfügungsberechtigung ausländischer Ehegatten 852 f. G r ü n d e r h a f t u n g 108 Grundrechte s. Gleichheit vor dem Gesetz, Verfassung u n d IPR Grundstücksübereignung s. Auflassung
Gutachten ü b e r ausländisches Recht, Kosten 776 Güterrecht s. Ehegüterrecht H Handelsregister, E i n t r a g u n g gesetzlicher Vertreter 854 f. Handelsvertretervertrag 140, 142 Handlungsfähigkeit einer Gesellschaft CSSR I P 795 Heimatvertriebener s. Flüchtling Heuervertrag 221 f. Höfeordnung, Erbrecht 495 f.
I Immunität s. S t a a t e n i m m u n i t ä t Indien, Legitimation 436 f. Internationale Zuständigkeit, Adoption 472 f. - , Ehelichkeitsanfechtung 694 - , Ehesachen 8, 253, 286 f., 334, 347, 672, 673, 675, 679 f., 681, 684, 685, 687, 693, 708, 712 f., 749-753, 754757, 760, 765, 771-773 Col. 690 Eng. 673 f. F. 672 Lux. 684 - , Nachlaßsachen 497, 505, 832-834, 837 f., 840-843, 869 Revisibilität 125, 553, 666-670 - , vermögensrechtliche Angelegenheiten 105-107, 207 f., 426, 553,664, 665, 722, 723 , N a c h p r ü f u n g in der Rechtsmittelinstanz 125, 664, 666-670 , Rheinschiffahrtsgericht 207 f. , Vergleichsverfahren 856-858 - , Vormundschaftssachen 367, 370 f., 373, 374 f., 376, 378, 379, 382-384, 387 f., 389, 391 f., 394, 398, 399 f., 403 f., 409, 417, 443 f., 456, 477, 487, 813-817, 819 f., 823, 825, 826, 827, 829-832 Cyp. 369 f. Eng. 374 f., 814 Isr. 390 Irak, Eheschließung 287 - , legitime Kindschaft 440 f. - . V o l l j ä h r i g k e i t 287 f. Iran, elterliche Gewalt 379, 396 f. - , legitime Kindschaft 396, 441 f.
Sachverzeichnis Israel, Domizil 390 Eheschließungsform 283 - . elterliche Gewalt IP 390 f. - , internationale Zuständigkeit in Vormundschaftssachen 390 - , Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten 655 - , Staatsangehörigkeit 283 Italien, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 384 f. - , Anerkennung von Kindern 447, 451, 810 f. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 696 - , eheliche Abstammung 362-366, 395 - , Eheschließung 447 - , elterliche Gewalt 383, 386 f., 392 f., 394 f., 404-407, 410-412, 412 f., 700, 838 f - , Erbrecht IP 491, 836-850 - , Getrenntleben der Ehegatten 319 f. Inventarerrichtung 838-850 - , Legitimation 447, 451 - , Staatsangehörigkeit 64 - - des Kindes 699 - , uneheliche Kinder 419 f., 810 f. - , Verkehrsrecht 392 f., 412 f. J Juden, Ausbürgerung 865-868 Jugendamt, Zuständigkeit 820 Jugoslawien, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 720 f. - D e l i k t 183-189 - , Geltung kroatischen Rechts 183 - , Volljährigkeit IP 185 Juristische Personen, Anerkennung 76, 82 f., 110 - , Enteignung 15 f., 88,100,103, 561 f., 563, 565-568, 569-574, 650 - , Genehmigung 76, 78 f., 82 - , Gründungstheorie 107 f. - , liechtensteinischen Rechts 73-75, 75-79, 110-115 - , des öffentlichen Rechts, Fortbestand 90-100 - , des öffentlichen Rechts, Untergang 84-88, 115-119, 119-121 - , ordre public 76 f., 79,111-115 - , Personalstatut 107 - , Rechtsfähigkeit 70, 73-75, 75 f., 83, 92, 110, 200 f. - , Sitz nach Enteignung 562, 566 f., 650 - , Sitz im Gründungsstadium 106
953
- S i t z t h e o r i e 107 f. - , Sitzverlegung 73-75, 100 - , ultra-vires-Lehre 70-72 - , Vermögen 86, 118 f. - , Vertretung im Konkurs 653 -,Wertpapierbereinigung 643 f. K Kalifornien s. California Kanada, Adoption 466 - , Erbrecht IP 518-520 - , Staatsangehörigkeit 518 s. a. Ontario Kapitän, Strafgewalt 222 -.Vollmacht 205 Kaufvertrag 125-127, 130, 131 f., 136139, 141, 152, 155 f., 210, 237 - , Form 130, 153 s. a. Vertragsstatut Kind, Anerkennung F. 444 f., 448-450, 461 f. Gr. 422 f., 431 f. I. 810 f. Ir. 440 f. Ku. 457 f. Libyen 413 Ma. 355 f. Nl. 445 f. Sud. 454-456 VAR 463-465 - , Name 306, 357 f., 372 Ma. 358 Sp. 306 - , Staatsangehörigkeit 371, 439, 699, 830 Alg. 437 f. I. 699 Lib. 439 f. Ma. 355,442 ö. 830 US 371 - W o h n s i t z 389,399,403 s. a. Adoption, Eheliche Abstammung, Elterliche Gewalt, Legitimation, Uneheliche Kinder Kommissionsvertrag 141 Konkurs 232 - , Einfluß auf Prozesse 698 f. - , Herausgabeanspruch im - 232 - , Territorialitätsprinzip 698 f. - , Vertretung juristischer Personen 653 - , Wirkung eines ausländischen -es 857, 859 Konnossement 211
Sachverzeichnis
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Kosten, Anwalt 775, 777 f., 778 f., 780 f. - , Gutachten über ausländisches Recht 776 - , Sicherheitsleistung Isr. 655 Ung. 657 US 656 f., 658 f. Kuwait, Anerkennung von Kindern 457 f. - , legitime Kindschaft 457 f. L Landtransportrecht, Anwendungsbereich der CMR 193 f., 194-196 Lebensvermutung 18 Legitimation 436, 437, 438 f., 439, 440, 442 f., 444, 446, 448, 451, 454, 456, 458, 461, 463, 832 Alg. IP 437, 438 F. 444 f., 448-450, 461 f. I. 447, 451 Indien 436 f. Ir. 440 f. Iran 441 f. Ku. 457 f. Lib. IP 439 Libyen 413 Ma. 355 f., IP 443 Nl. 445 f. Pak. IP 439 Sud. 454-456 Ten. 828 Tun. 459 f. Tür. 440 VAR 463-465 - , von Ehebruchskindern 451—453 - , ordre public 437, 444 f., 446, 448450, 452 f., 462, 465 Lettland, Annexion 30 f. - , deutsches Okkupationsrecht 31 f. - , Einführung des Zivilrechts der SU 31 - , Staatsangehörigkeit 57 - - der Ehefrau 30 Libanon, Legitimation IP 439 - , Staatsangehörigkeit des Kindes 439 f. Libyen, elterliche Gewalt 413-416 - , Legitimation 413 Liechtenstein, Aufrechnung 803 - , juristische Personen 73-75, 75-79, 110-115 Luxemburg, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 684
- , Ehescheidung 685 - , internationale Zuständigkeit in Ehesachen 684 M Maritime lien US 210 f. Marokko, Anerkennung von Kindern 355 f. - , Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 720 - , eheliche Abstammung 355 f., IP 442 - , Legitimation 355 f., IP 443 - , Name des Kindes 358 - , Staatsangehörigkeit der Ehefrau 356 - , Staatsangehörigkeit des Kindes 355, 442 - , uneheliche Kinder 720 Materiellrechtliche Verweisung 237 Matrimonium claudicans s. Ehe, hinkende Mehrrechtsstaaten, Anknüpfung 359 f., 380 N Nachlaßsachen, internationale Zuständigkeit 497, 505, 832-834, 837 f., 840-843, 869 - , wesenseigene Zuständigkeit 499, 842-844 s. a. Freiwillige Gerichtsbarkeit Name 39, 41,46, 47, 51, 55, 60, 63,66 Columbia 61 f. US 61 f. - , Adoption 466 - , der Ehefrau 302, 304, 306, 307-314, 315, 315-318, 318 f., 322-325, 325 f., 326 f. Chi. 326 f. F. 324 f. Nl. 306, 307-314, 315, 315-318 Por. 318 Sp. 304 - , des Kindes 306, 357 f., 372 Ma. 358 Sp. 306 - , ordre public 50, 62 f. - , Statutenwechsel 46, 52 f., 59, 62, 64 f. - , Treu und Glauben 49 - , Umschreibung 824 f. s. a. Adel New York, anwaltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag 149 f.
Sachverzeichnis New York (Forts.) - , Domizil 360, 682 f. - , eheliche Abstammung 360 f. - , Ehescheidung IP 683, 758 - , Eheschließung IP 493 - , Eheschließungsform IP 493 - E r b r e c h t 492-494 - , Erfolgshonorar 147 f. - , unbefugte Anwaltstätigkeit 147 - , Vergütungsanspruch des entlassenen Anwalts 150 f. - , Vertragsstatut 147 Niederlande, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 8 - , Anerkennung von Kindern 445 f. - , Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 721 f. -.Delikt 178 - , eheliche Abstammung 353 f. - , Ehescheidung 9, 13 f., 339 - , elterliche Gewalt nach Ehescheidung 487 f., 823 -.Erbrecht 18 - , Feststellung des Todeszeitpunktes 19 - , Legitimation 445 f. - , Name der Ehefrau 306, 307-314, 315, 315-318 - , Staatsangehörigkeit der Ehefrau 8, 310 -Stiftung 7 - , Todeserklärung 36 - , Verwaltung deutscher Gebiete 832 f. - , Vormundschaft 487 f., 823 - , Warenzeichen 523 f. - , Wohnsitz der Ehegatten 9, 13 Nießbrauch F. 621 f. Notzuständigkeit, Vormundschaftssachen 370 f., 398 O Offene Handelsgesellschaft, Personalstatut 109 Ohio, Adoption IP 477-482, 482 f. - . D o m i z i l 477 f., 480 Ontario, Domizil 519 f. Ordre public, Abschaffung der Adelsbezeichnungen 39 f., 54, 68 - , Adoption 473 f. - , Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 758, 761763, 766 f. -.Ehegüterrecht 328 - , Ehehindernis 244 f., 252
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- , eheliche Abstammung 350, 364-366 - , Ehescheidung 10-14 - , Eheschließung 244-246, 248, 252, 257 - , elterliche Gewalt 367, 377 f., 379, 397, 404 f., 408 f., 411, 415 f., 418, 826 f. - , Enteignung 15 f., 104 - , Erbrecht 491, 508 f. - , Erfolgshonorar 147 f., 169-173 - , Gebietskörperschaft 102 - , juristische Personen 76 f., 79, 111115 - , Legitimation 437, 444 f., 446, 448450, 452 f., 462, 465 - , Name 50, 62 f., 304, 327 - , Rechtsfähigkeit tschechoslowakischer Nationalunternehmen 14-16 - , Schiedsvertrag 157 - , Treuunternehmen liechtensteinischen Rechts 76 f., 79, 111-115 - , uneheliche Kinder 424, 432, 516 f. - , Unterhaltsverzicht 338 - , Verfassung 11-13, 377, 408 f., 411, 415 f., 424, 453 - W e t t b e w e r b 560 Österreich, Adel 64 f., 883 f. - , Anerkennung ausländischer Entscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten 704 f -.Delikt 185-187 -.Ehegüterrecht 333 - , Erbrecht 886 f. - , Forderungsverzicht im Friedensvertrag 648, 653 f. - , Staatsangehörigkeit 64, 624 f., 878 f., 884 f., 886 f. — des Kindes 830 - , uneheliche Kinder 425, 730 f. - , Vollstreckbarkeitserklärung eines Unterhalts Vergleichs 714 f. -.Wechselklage 740-742
P Pakistan, Domizil 439 - , Legitimation IP 439 Parteiautonomie, Delikt 208 f., 212 f. - , Grenzen 155,163 - , Hoheitsrecht des Staates 222 - , Sachenrecht 232 - , Schiff sgläubigerrecht 205 f. —, Schiffszusammenstoß 201 f. s. a. Vertragsstatut Parteifähigkeit 7, 14, 70 - , Baltische Staatsreederei 200 f. .-, Russisch-Orthodoxe Kirche 121
Sachverzeichnis
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Personalhoheit 43, 58 Personalstatut 18 - , Gründervereinigung 108 - , juristische Person 107 —, offene Handelsgesellschaft 109 Personenstandsbuch, Eintragungen 301 f., 304-306, 314, 351 f., 356-358, 458,811-813 Pfandrecht s. Registerpfandrecht Pflegschaft 485 Pol. 485 f. - , Gesellschaft 80 Polen, Adoption 471 f. - , Anerkennung einer ausländischen Todeserklärung 22 - , Erbrecht 515 - , Pflegschaft 485 f. - , Staatsangehörigkeit 471 —, uneheliche Kinder IP 515 - , Währungsrecht 580 f. Portugal, Name der Ehefrau 318 f. Privatscheidung VAR 769 - , Anerkennung 768 f., 769 f. Prozeß, Abänderungsklage 339, 728730 - , Ausschluß des Zeugenbeweises Ur. 143 - , Geständnis Salv. 686 - , Konkurseröffnung 698 f. - , Maßgeblichkeit der lex fori 329, 412 f., 434, 664, 698, 715, 780, 792, 805 Parteifähigkeit 7, 14, 70,121, 200 f. - , Prozeßkostenvorschuß, einstweilige Anordnung 703 - , Rechtshängigkeit 704, 707 f., 710, 711 f., 761-763,817 - , Rechtskraftwirkung ausländischer Entscheidungen 704-706, 709 f., 723, 725, 795 f. - , Rechtsschutzinteresse 319, 807 - , Sicherheitsleistung für die Kosten Isr. 655 Ung. 657 US 656 f., 658 f. - , Streitwertbeschwerde 777 f. - , Wechselklage ö . 740-742 s. a. Armenrecht, Ausländisches Recht, Gerichtsbarkeit, Internationale Zuständigkeit
Q Qualifikation, Anerkennung der Vaterschaft 445 f., 448, 454, 457, 464 f.
- , Ausfüllungsbefugnis bei Blankowechsel 192 - , Ausschluß des Zeugenbeweises 143 - , Beweisvorschriften 158 - , Entstehung einer Stiftung 83 - , Entzug der elterlichen Gewalt 388, 417 - , gemeinschaftliches Testament 229 - , Name der Ehefrau 302, 311, 315 f., 322 -.Verjährung 211 R Rechtsanwalt s. Anwalt Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz, räumlicher Geltungsbereich 149 Rechtsfähigkeit 29 - , juristische Person 7,14, 70, 73, 75 f., 77 f., 83, 92, 110, 200 f. - , Russisch-Orthodoxe Kirche 122-124 Rechtshängigkeit 704, 707f., 710, 711 f., 761-763, 817 Rechtshilfe 715 Rechtskraftwirkung ausländischer Entscheidungen 155, 704-706, 709 f., 723, 725, 795 f. Rechtsschutzinteresse, Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruchs 807 - , Getrenntleben der Ehegatten 319 Rechtsverweigerung 370 f. Rechtswahl s. Parteiautonomie, Vertragsstatut Registerpfandrecht 236 f. Renvoi s. Rückverweisung Reservation of tjie right of disposal 234 f. Res in transitu s. Rückerstattung Retorsion 103 Revision, ausländisches Recht 2, 7, 9, 50, 177, 208, 726, 775 f. - , Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens 167, 545 - , internationale Zuständigkeit 125, 553, 666-670 Rheinschiffahrtsgericht s. Internationale Zuständigkeit Rückerstattung, ausländische Todeserklärung 19-21 - , Belegenheit des Erfüllungsanspruchs 834 f. - , Entstehungszeitpunkt des Anspruchs 610 - , Feststellung des Todeszeitpunktes 29
Sachverzeichnis Rückerstattung (Forts.) - , Gerichtsbarkeit 588, 589 res in transitu 589 f. Verstoß gegen ausländische Devisengesetzgebung 591 Rückverweisung 342 f., 359, 400 kraft abweichender Qualifikation 211
Nachlaßspaltung 224 f. versteckte - 375, 390 f., 478, 683, 692 Rumänien, Forderungsverzicht im Friedensvertrag 888 Staatsangehörigkeit 885 f., 889 f. Rußland s. Sowjetunion S Sachenrecht, abgeschlossener Tatbestand 233-237 -.Parteiwille 232 - , wohlerworbene Rechte 233 f. s. a. Auflassung, Belegenheit, Eigentum, Eigentumserwerb, Eigentumsschutz, Eigentumsvermutung, Eigentumsvorbehalt, Registerpfandrecht, Reservation of the right of disposal, Schiffsgläubigerrecht Schenkung 134 f., 228 Schiedsgerichtsvereinbarung, Bedeutung f ü r das Vertragsstatut 132, 136-139, 156 Schiedsspruch, Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen - s 782-786, 788-791, 792 f., 798 f., 799-802, 808 f. - , Aufrechnung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung 803-805 - , Rechtskraftwirkung eines ausländischen - s 155, 795 f. - , Vorbedingung f ü r Klage Eng. 160 - , Wirksamkeit CSSR 795 Eng. 789 f. Schiedsvertrag 155,806, 807, 808 f. Eng. 156 f., 805 f. - , Abänderung 156 - , Bindung der Gesellschafter 796 - , Bindung des Zessionars 796 - , Einrede des - s 155 - E r l ö s c h e n 797 - , Form 808 f. Eng. 156 - , ordre public 157 Schiff, in fremden Küstengewässern 627 f. - , auf hoher See 627 f.
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- , Zwangsversteigerung 773 Schiffsgläubigerrecht 205 f., 210 Schiffshypothek 206 Schiffszusammenstoß 202 f., 204 f., 208, 212 f. - , Verrichtungsgehilfe 209 Schottland, Eheschließung Minderjähriger 259, 285 f., 291 f. Schuldversprechen Bras. 584 f. Schweiz, Form der Vollmacht 130 f. - , Testamentsvollstrecker 130 Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten Isr. 655 Ung. 657 US 656 f. - , Wiedergutmachung US 658 f. Sitz einer juristischen Person s. Juristische Person Sorgerechtsregelung s. Elterliche Gewalt Sowjetunion, Adel 38-40, 4 1 ^ 6 , 4749, 56, 67 f. -.Eheschließung 260-263 - , Eheschließungsregistrierung 262 f. - , elterliche Gewalt 631 f. - , Eröffnung des Erbgangs 29 f., 32 f. -, Rechts- und Parteifähigkeit 121-124, 200 f. - , Staatsangehörigkeit 37 f., 44 f., 48 f., 56-58, 66 f. - , Todeserklärung 32 f. s. a. Lettland Spaltgesellschaft 80, 85 f., 88,120 f., 570 f., 650 Spaltungstheorie 100, 103 Spanien, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 718 - , Bestimmung der maßgebenden Teilrechtsordnung 380 - , Ehehindernis des bestehenden Bandes 240 f., 248, 284 - , eheliche Abstammung 305 - E h e s c h l i e ß u n g 240f. - , Eheschließungsform 240 f., 248, 256-259, 279-282, 288, 295 f., 380 f. - , Eheschließungsregistrierung 259, 281, 296 f. - , elterliche Gewalt 379-381 - , Name der Ehefrau 304 - , Name des Kindes 306 - , uneheliche Kinder 433-435, 718 Staatenimmunität 197-199 Staatenloser 387, 625 Staatensukzession 85 f., 92 f., 116
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Sachverzeichnis
Staatsangehörigkeit 224, 624 f., 629, 699 Alg. 675 B. 224 I. 64 Isr. 283 Ka. 518 Lett. 57 Ö. 64, 624 f., 878 f., 884 f., 886 f. Pol. 471 Ru. 885 f., 889 f. SU 37 f., 44 f., 48 f., 56-58, 66 f. Ung. 503, 650 f., 888 f. - , ausgebürgerter J u d e n 865-868 Bewohner Nord-Siebenbürgens 888-890 Deutsche ohne deutsche - 862-865, 869-871, 879-882 - , doppelte 61, 253, 309, 323, 371, 471 - , der E h e f r a u 8, 249, 302, 310, 321, 335, 347, 351, 699, 872 f. DDR 347 F. 321 Gr. 335 Lett. 30 Ma. 356 Nl. 8, 310 - , bei Heimatrecht in der Bukowina 883-886 - , des Kindes 371, 439, 699, 830 Alg. 437 f. I. 699 Lib. 439 f. Ma. 355, 442 ö . 830 US 371 - , nichtige E h e 255 - , Verfassung 873-875 - , Verlust durch E r w e r b einer ausländischen - 860-862, 876 f. Statutenwechsel, Auflassung 226, 229 Ehegüterrecht 330 f., 331 f. - . E h e s c h e i d u n g 337 f. - E h e s c h l i e ß u n g 283 - , Eigentumserwerb 232 f., 236 f. - , Eigentumsvorbehalt 234 f. - , Erbrecht 229 f. - , Flüchtling 45 f., 52 f. - , Name 46, 52 f., 59, 62, 64 f. - , uneheliche Kinder 424 f. - V e r t r a g 163 Stellvertretung s. Vertretung, Vollmacht Stiftung 75 f., 81-83 Nl. 7 - E n t e i g n u n g 565-568 Streitwertbeschwerde 777 f.
Südafrika, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten 732-739 Sudan, Anerkennung von Kindern 454-456 - , Eheschließungsform 454 - , legitime Kindschaft 454—456 Sudetenland s. Tschechoslowakei Syrien, elterliche Gewalt 376 f., 417 f., 826 f. T Tennessee, Legitimation 828 Territorialitätsprinzip 43, 58, 103, 216, 563, 565, 569, 580, 585,606, 698 f. s. a. Warenzeichen Testament s. Erbrecht Todeserklärung 21, 25, 29, 32 f., 36, 486 Nl. 36 SU 32 f. - , Anerkennung einer ausländischen 18-20, 21 f., 24-27, 36 Pol. 22 - , Konkurrenz inländischer u n d ausländischer - 19-21,23-28 Todesvermutung 18 T r a n s p o r t v e r t r a g 194, 213 T r e n n u n g von Tisch u n d Bett s. Elterliche Gewalt, Italien T r e u u n t e r n e h m e n liechtensteinischen Rechts 75-79, 110-115 - , ordre public 76 f., 79,111-115 Tschechoslowakei, Ehegüterrecht 333 - , Ehescheidung (Sudetenland) 337 f. - E i g e n t u m 102 - , Gebietskörperschaft (Sudetenland) 90-104 - , Gemeinderecht 94 f., 98 f., 101 f. - , Handlungsfähigkeit einer Gesellschaft IP 795 - , juristische Person (Sudetenland) 84-88, 115-119 - , Rechtsfähigkeit von Nationaluntern e h m e n 14-16 - , Staatensukzession 92 f., 116 - , Unterhalt der Ehegatten (Sudetenland) 337 f. - , W i r k s a m k e i t eines Schiedsspruchs 795 Tunesien, eheliche Abstammung 459 - , Ehescheidung 340 f. -.Eheschließung 340 - , legitime Kindschaft 459 f.
Sachverzeichnis T ü r k e i , A n e r k e n n u n g u n d Vollstreckung ausländischer Entscheid u n g e n in vermögensrechtlichen Angelegenheiten 723 f. elterliche Gewalt 376 Legitimation 440 U Ultra-vires-Lehre 70-72 Umschreibung des N a m e n s 824 f. Umstellung, U m w a n d l u n g von Uraltguthaben 645 f., 648 f. Uneheliche Kinder 351, 366, 419, 421, 422, 426, 427—431, 433, 483, 715, 718, 720, 730, 810 F. 516, I P 717 Gr. 422 f., 431 f. I. 419 f., 810 f. Ma. 720 ö . 425, 730 f. Pol. I P 515 Sp. 433-435, 718 - , ordre public 424, 432, 516 f. - , Statutenwechsel 424 f. s. a. A n e r k e n n u n g von Kindern, Eheliche Abstammung, U n t e r h a l t Unerlaubte H a n d l u n g s. Delikt Ungarn, Adel 50, 53 f. -.Ehegüterrecht 330f. - . E r b r e c h t I P 504 - , Forderungsverzicht im Friedensvert r a g 592-600, 600-603, 603 f., 605617, 617-620, 645-650, 880 - , Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten 657 - , Staatsangehörigkeit 503, 650 f., 888 f. - , T e s t a m e n t 507 f. - , Testamentsvollstrecker 506 f., 509 f., 511-514 Ungerechtfertigte Bereicherung s. Bereicherung Unlauterer W e t t b e w e r b S.Wettbewerb Unterhalt, A n e r k e n n u n g u n d Vollstreckung ausländischer Entscheid u n g e n in Unterhaltssachen 727 f. F. 716 f. I. 696 Jug. 720 f. Ma. 720 Nl. 721 f. Sp. 718 US 718 f. - , Ehegatten 336 f., 638 f. CSSB 337 f.
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— , Abänderungsklage 339 - , eheliche Kinder 262 f. - R e c h t s h i l f e 702 - , uneheliche Kinder 419,421, 422,424, 427 f., 433, 715, 718, 720, 730, 810 F. I P 717 I. 419 f., 810 f. Ma. 720 ö . 425, 730 f. Sp. 433-435, 718 , Abänderungsklage 728-730 Unterhaltsvergleich, Vollstreckbarkeitserklärung 714-716 ö . 714 f. Unterhaltsverzicht, o r d r e public 338 Unwandelbarkeit eines Statuts s. Statutenwechsel Uraltguthaben, U m w a n d l u n g 645 f., 648 f. Urheberrecht 520 Ursprungsbezeichnung 554 F. 555-558 Uruguay, Ausschluß des Zeugenbeweises 143
V V a t e r s c h a f t s a n e r k e n n u n g s. Anerkenn u n g von K i n d e r n Verdeutschung ausländischer Adelsbezeichnungen 42, 50 Vereinigte Arabische Bepublik, Ane r k e n n u n g von K i n d e r n 463—465 - , elterliche Gewalt 398 f., 407-409 - , legitime Kindschaft 463-465 - , Privatscheidung 769 Vereinigte Staaten von Amerika, A n e r k e n n u n g ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 681-683, 687 f. - , A n e r k e n n u n g u n d Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen 718 f. - , Bestimmung der m a ß g e b e n d e n Teilrechtsordnung 359 f. - , Domizil 60 f., 360, 477 f. 480,682 f., 688 f., 693 - , Ehescheidung 689 - , m a r i t i m e lien 210 f. - N a m e 61 f. - , Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten 656 f., 658 f. - , Staatsangehörigkeit des Kindes 371 s. a. California, Colorado, Columbia New York, Ohio, Tennessee V e r f a h r e n s. P r o z e ß
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Sachverzeichnis
Verfassung und IPR 11-13, 246 f., 252 f., 377, 408 f., 411,415 f., 424, 453 s. a. Gleichheit vor dem Gesetz Vergleichsverfahren, Gesetzesumgehung 858 f. internationale Zuständigkeit 856858 - , Wirkung eines ausländischen - s 857, 859 Verjährung, Delikt 178 - , Schiffsgläubigerrecht 211 - , Unterbrechung durch Klage 726 Verkehrsregelung s. Vormundschaftssachen Versicherungsvertrag 191 Versteinerung des Güterrechts 330 Vertrag, Teilunwirksamkeit 228 f. - , Statutenwechsel 163 - , Zustandekommen 126 f. Vertragsstatut 125 f., 130, 131 f., 133, 134 f., 136-139, 140, 141,142, 145 f., 152,155 f., 162 f., 166 f., 191,192,194, 210, 213, 214, 228, 237, 544-546, 580 f. - , Abänderung 163, 165 - , ausdrücklicher Parteiwille 133, 152 - , Erfüllungsgeschäft 545 - , Erfüllungsort 126, 139 - , Gerichtsstandsvereinbarung 139 - , mutmaßlicher Parteiwille 132,134 f., 140,141,142, 145 f., 166 f., 210, 544546 - , Prozeßverhalten der Parteien 141, 152, 163 f., 213, 214, 548 f., 575 f. - , Schiedsgerichtsvereinbarung 132, 136-139, 156 stillschweigender Parteiwille 132, 136-139, 141, 163 f. s. a. unter den einzelnen Verträgen Vertretung 157 - , Gesamtvertretung 131 - , ohne Vertretungsmacht 131 s. a. Vollmacht Vertretungsmacht - , Außenhandelsvertretung Bulg. 127 f. Volksrepublik China, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 680 - , Ehescheidung 680 Volljährigkeit Ir. 287 f. Jug. IP 185 Vollmacht 128 f. - , Anscheinsvollmacht 128 f. -.Bestehen 128 f. - , Form 130, 157, Schwz. 130 f.
- , des Kapitäns 205 - , Umfang 128 f., 157 s. a. Vertretung Vollstreckbarkeitserklärung eines Unterhaltsvergleichs 714-716 Vollstreckung ausländischer Entscheidungen s. Anerkennung Vorfrage 185, 189, 242-244, 256, 258, 264, 268, 275, 287, 340,349,383, 396, 404 f., 456, 492 f., 515 Vorlegungspflicht im Ehescheidungsanerkennungsverfahren 753, 755, 773 Vormundschaft Nl. 487 f., 823 Vormundschaftssachen, Änderung ausländischer Entscheidungen 376 - , Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen 466469, 471—475, 700, 816 - , einstweilige Anordnungen 373 f., 388 f., 695, 699 f. - , internationale Zuständigkeit 367, 370 f., 373, 374 f., 376, 378, 379, 382384, 387 f., 389, 391 f., 394, 398, 399 f., 403 f., 409, 417, 443 f., 456, 477, 487, 813-817, 819 f., 823, 825, 826, 827, 829-832 Cyp. 369 f. Eng. 374 f., 814 Isr. 390 - , Verkehrsregelung 392, 412, 820 I. 392 f., 412 f. s. a. Freiwillige Gerichtsbarkeit, Notzuständigkeit W Währungsrecht 580-583, 585-587 Bras. 585 f. Pol. 580 f. - , Umrechnung in Entschädigungssachen 636 f. s. a. Devisenrecht, Goldsovereign, Uraltguthaben Währungseingriffe 581 Warenzeichen 522, 553 F. 546 Nl. 523 f. - , Enteignung 523 - , EWG-Vertrag 527 f., 537 - , Gebietsschutzabkommen 536 - , Import von im Ausland in Verkehr gebrachter Ware 525-527, 529-535, 536 f., 538-542 - , Rechtsnatur 529, 537, 540
Sachverzeichnis Warenzeichen (Forts.) - , Territorialitätsprinzip 525 f., 529 f., 532-534, 536, 551 f. - , Übertragung von - 544, 546-549 - , Vorratszeichen 550 f. Wechsel 663 f. - , Befugnis zur Ausfüllung eines Blankowechsels 192 - , Form 192 Wechselklage ö . 740-742 Wertpapier, Enteignung 563 f. s. a. Wechsel Wertpapierbereinigung, Gleichheitssatz 641 f. - , juristische Person 643 f. - , Teilgutscheine 639-641, 641-643 Wesenseigene Zuständigkeit s. Zuständigkeit Wettbewerb 554 f. - , ausländischer Wettbewerber im Inland 553, 560 - , Begehungsort 559 - , ordre public 560 - , Sittenwidrigkeit 560 f. - , Verwechslungsgefahr 557 f. Wiederheirat nach Ehescheidung 240, 248, 250, 252, 284
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Wohlerworbene Rechte 233 f., 332, 558 Wohnsitz 345, 359, 426, 672 - , Ehegatten Nl. 9. 13 - , Kind 389, 399, 403 Z Zinsanspruch 160,587 Eng. 160 - , deutsche Auslandsschulden 653-655 Zuständigkeit, wesenseigene 499, 842-844 der Wiedergutmachungsorgane 175 f. s. a. Gerichtsstand, Internationale Zuständigkeit Zustellung 633-635, 696, 697 f. Zwangsversteigerung, Schiff 773 Zwangsvollstreckung, auf dem exterritorialen Gebiet einer ausländischen Botschaft 661 f. - , in das Vermögen von Ehegatten 329 Zweigniederlassung 490 Zypern s. Cypern
M A T E R I A L I E N ZUM A U S L Ä N D I S C H E N UND INTERNATIONALEN PRIVATRECHT
1 | Das Zivilgesetzbuch von Griechenland (1940) mit dem Einführungsgesetz Übersetzt und eingeleitet von Demetrius Gogos 1951. VIII, 308 Seiten. Brosch. DM 39.60
2 | Quellen des internationalen Privatrechts Zusammengestellt von A. N. Makarov Loseblattausgabe. 2. Auflage Band I: Gesetzestexte. 1954. XXXVI, 1248 Seiten. Lw. DM 158.-
3 | Internationale Rechtsprechung zum Genfer Einheitlichen Wechsel- und Scheckrecht Herausgegeben und eingeleitet von E. von Caemmerer Im Institut bearbeitet von Malte von Bargen unter Mitwirkung von Günther Späth 1954. XX, 528 Seiten. Brosch. DM 51.-, Lw. DM 5 5 -
4 | Quellen des internationalen Privatrechts Zusammengestellt von A. N. Makarov Loseblattausgabe 2. Auflage Band II: Texte der Staats vertrage 1960/1961, LIV, 1079 Seiten. Lw. DM 166.-
5 | Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Eherechts Vorgelegt im Auftrag der Eherechtskommission des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht von Wolfgang Lauterbach 1962. XI, 186 Seiten. Brosch. DM 22.-, Lw. DM 26.-
6 | Italienisches Zivilgesetzbuch (1942) Nebst Einführungs,- Durchführungs- und Übergangsvorschriften Eingeleitet von Gerhard Luther, Hamburg. Übersetzung des Gesetzestextes von Hans Lackner, Bozen - Erwin Langer, Meran - Mariano San Nicolö, München - Josef Raffeiner, Bozen, - Otto Vinatzer, Bozen. Bearbeitet von H. J. Becher, Bad Godesberg. 2. Auflage 1968. XXVIII, 623 Seiten. Brosch. DM 51.-, Lw. DM 57.-
7 | Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Kindschafts-, Vormundschafts- und Pflegschaftsrechts Vorgelegt im Auftrag der Familienrechtskommission des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht von Wolfgang Lauterbach 1966. XIII, 271 Seiten. Brosch. DM 35.-, Lw. DM 40.WALTER D E GRUYTER & CO., BERLIN J. C. B. MOHR (PAUL SIEBECK) TÜBINGEN
M A T E R I A L I E N ZUM A U S L Ä N D I S C H E N UND INTERNATIONALEN PRIVATRECHT
8 | Internationale Rechtsprechung zum Genfer Einheitlichen Wechsel- und Scheckrecht. 2. Folge Eine Übersicht über die Rechtsprechung von Deutschland, Frankreich, Finnland, Österreich und der Schweiz. Herausgegeben von Ernst von Caemmerer Bearbeitet von Volker Beuthin und Osvi Lahtinen. 1967. XIX, 409 Seiten. Brosch. DM 65.-, Lw. DM 71.-
9 | Die materielle Gültigkeit von Kaufverträgen Ein rechts vergleichender Bericht Erstattet im Auftrage der UNIDROIT vom Max-Planck-Institut f ü r ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg Band I: Abhandlung. 1968. XIII, 203 Seiten Band II: Texte. 1968. VII, 95 Seiten. Zusammen Lw. DM 72.-
10 | Die Anwendung ausländischen Rechts im Internationalen Privatrecht Festveranstaltung und Kolloquium anläßlich des 40jährigen Bestehens des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht vom 6. bis 8. Juli 1966 in Hamburg. Im Institut bearbeitet von Dierk Müller 1968. VI, 219 Seiten. Brosch. DM 34.-, Lw. DM 39.-
11 | Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht 1965 und 1966 Veröffentlicht im Auftrage des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht von Murad Ferid, Gerhard Kegel, Konrad Zweigert. 1968. VII, 918 Seiten. Brosch. DM 128.-, Lw. DM 136.-
12 | Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Erbrechts Vorgelegt im Auftrag der Erbrechtskommission des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht von Wolfgang Lauterbach 1969. XII, 193 Seiten. Brosch. DM 30.-, Lw. DM 3 5 -
13 | Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht 1967/68 Veröffentlicht im Auftrage des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht von Murad Ferid, Gerhard Kegel, Konrad Zweigert 1970. Ca. 1100 Seiten. Brosch. ca. DM 158-, Lw. ca. DM 166.WALTER D E GRUYTER & CO., BERLIN J. C. B. MOHR (PAUL SIEBECK) TÜBINGEN