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German Pages 770 [772] Year 1957
MAX-PLANCK-INSTITUT F Ü R A U S L Ä N D I S C H E S U N D INTERNATIONALES PRIVATRECHT
Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts in den Jahren 1952 und 1953 Im Institut bearbeitet von
A. N. MAKAROV
Sonderveröffentlichung AUSLÄNDISCHES
der Zeitschrift für
und INTERNATIONALES
PRIVATRECHT
19 5 7
WALTER DE GRUYTER & CO.
J . C . B . M O H R (PAUL S I E B E C K )
BERLIN
TÜBINGEN
© A. N. Makarov J . C. B . Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1957 Alle Rechte vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen Printed in Germany Satz und Druck: Buchdruckerei Eugen Göbel, Tübingen Einband: Heinr. Koch, GroEbuchbinderei, Tübingen
VORWORT Der vorliegende Bericht umfaßt Entscheidungen aus den Jahren 1952 und 1953 sowie einige ältere, die dem Bearbeiter erst nach Abschluß des vorigen Berichts bekannt geworden sind. Auch in diesem Band sind viele Entscheidungen abgedruckt, die bisher nicht veröffentlicht waren. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen ist dem Bearbeiter von Herrn Professor Dr. Ferid aus dem Archiv des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München zur Verfügung gestellt worden. Der Bearbeiter möchte ihm auch an dieser Stelle seinen verbindlichsten Dank dafür aussprechen. Der Bearbeiter hat sich auch diesmal auf die Wiedergabe der Urteile und Beschlüsse beschränkt, ohne sie kritisch zu würdigen; nur offensichtliche Irrtümer sind wiederum in den Fußnoten berichtigt oder in den Leitsätzen mit einem „sie" versehen worden. Einige Worte sind in diesem Vorwort über den XV. Abschnitt der Sammlung (Staatsangehörigkeit) zu sagen. In den bisherigen Bänden wurden in dem entsprechenden Abschnitt nur solche Entscheidungen aufgenommen, die sich mit Staatsangehörigkeitsfragen im Rahmen privatrechtlicher Sachen befaßten. Bis zum Inkrafttreten der beiden Gesetze zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22. 2. 1955 (BGBl. I 65) und vom 17. 5. 1956 (BGBl. I 431) sind aber die wichtigsten Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsfragen nicht in privatrechtlichen, sondern in straf- und verwaltungsrechtlichen Verfahren ergangen. Auf diese Entscheidungen haben sich auch die Entscheidungen in privatrechtlichen Sachen öfters berufen. Es wurde daher in dem vorliegenden Bericht ausnahmsweise von der bisherigen Übung abgewichen. Der Bearbeiter möchte Herrn Privatdozent Dr. jur. Franz Gamillscheg, der wiederum die große Mühe des Korrekturenlesens und der Zusammenstellung der Register (mit Ausnahme des Gesetzesverzeichnisses) auf sich genommen hat, auch an dieser Stelle seinen verbindlichsten Dank aussprechen. Das Gesetzesverzeichnis hat Fräulein Uta Leyh zusammengestellt; auch ihr gebührt mein besonderer Dank. Im Juni 1957
A. N. Makarov Zitierweise: IPRspr. 1952—1953 Nr.
INHALT I. Allgemeine Lehren. Nr. 1—11 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Notwendigkeit der Feststellung des anzuwendenden Rechts . . Ermittlung und Revisibilität ausländischer Vorschriften Nr. 1 . . Rück- und Weiterverweisung Nr. 2—i Statutenwechsel Qualifikation Nr. 5 Nichtanwendung ausländischen Rechts wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes Nr. 6—11 . .
II. Personen- und Gesellschaftsrecht. Nr. 12—18
9 19
Namensrecht Nr. 12—17 (S. 13) — Todeserklärung Nr. 18 (S. 40) III. Form der Rechtsgeschäfte
40
IV. Obligationenrecht. Nr. 19—34
40
IVa. Handels- und wirtschaftsrechtliche Ergänzungen. Nr. 35—42. . . 1. 2. 3. 4.
113
Allgemeines Versicherungsrecht Nr. 35—37 Transportrecht Nr. 38—39 Seerecht und Binnenschiffahrtsrecht Nr. 40—42
113 113 132 150
IVb. RUckerstattungs- und Entschädigungsrecht. Nr. 43—74
159
IVc. Wertpapierbereinigung. Nr. 75—93
215
V. Sachenrecht. Nr. 94 VI. Familienrecht. Nr. 95—233
228 229
1. Ehe Nr. 95—175 229 Verlöbnis Nr. 95 (S. 229) — Form der Eheschließung Nr. 96—103 (S. 230) — Voraussetzungen der Eheschließung Nr. 104—106 (S. 243) — Nichtigkeit der Ehe Nr. 107—109 (S. 246) — Aufhebung der Ehe Nr. 110—110 a (S. 251) — Persönliche Beziehungen der Ehegatten Nr. 111—114 (S. 252) — Ehegüterrecht Nr. 115—117 (S. 259) — Ehescheidung Nr. 117 a—175 (S. 269) 2. Verwandtschaft Nr. 176—230 337 Eheliche Abstammung Nr. 176—184 (S. 337) — Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kindern Nr. 185—198 a (S. 349) — Uneheliche Kinder Nr. 199—227 (S. 375) — Adoption Nr. 228—230 (S. 436)
VI
Inhalt 3. Vormundschaft Nr. 231—232 4. Jugendrecht Nr. 233
VII. Erbrecht. Nr. 234—241 VIII. Patent-, Gebrauchsmuster- und Urheberrecht. Nr. 242—268 . . . . Patentrecht Nr. 242—245 (S. 478) — AHKG Nr. 8 Nr. 246—266 (S. 488) — Urheberrecht Nr. 267—268 (S. 530)
447 451 453 478
IX. Warenzeichenrecht. Nr. 269—271
542
X. Unlauterer Wettbewerb. Nr. 272
546
XI. Währungs- und Devisenrecht. Nr. 273—275 XII. ZivilprozeBreeht. Nr. 276—312 1. Rechtsstellung von Ausländern vor deutschen Gerichten Nr. 276 bis 285 Annenrecht Nr. 276—278 (S. 551) — Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten Nr. 279—285 (S. 553) 2. Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte Nr. 286—304 a Gerichtsbarkeit über fremde Staaten Nr. 286—290 (S. 565) — Gerichtsstand Nr. 291 (S.577) — Zuständigkeit deutscher Gerichte und ihre Einschränkungen Nr. 292—297 (S. 583) — Zuständigkeit in Ehesachen Nr. 298—304 a (S. 599) 3. Ausländische Staatshoheit 4. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen Nr. 305—310 5. Anerkennung eines ausländischen Verfahrens 6. Rechtshilfe Nr. 311—312
546 551 551 565
616 616 624 624
XIII. Freiwillige Gerichtsbarkeit, Notariats- und Urkundenwesen . . . .
635
XIV. Konkursrecht XV. Staatsangehörigkeitsrecht. Nr. 313—322 Doppelte Staatsangehörigkeit Nr. 313 (S. 635) — Deutsche Staatsangehörigkeit Nr. 314—315 (S. 635) — österreichische Staatsangehörigkeit Nr. 316—318 c (S. 637) — Anwendung des Erlasses vom 19. 5. 1943 Nr. 318 d—318 e (S. 674) — Ausländische Staatsangehörigkeit Nr. 319 bis 322 (S. 680)
635 635
XVI. Fremdenrecht. Nr. 323—330
683
Gesetzesverzeichnis I. Deutsches Recht II. Ausländisches Recht III. Staatsverträge
694 694 711 719
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
722
Sachverzeichnis
737
Druckfehlerverzeichnis
759
ABKÜRZUNGEN ABGB Abi., AmtsBl. ADS ADSp a. F. AG AGBGB AHK AHKG AHK Abi. AnfKläg. Antrg. Antrst. AO AOG ArbGeb. ArbGG, AGG Arch.öff.R., AöR Ast.Kod. AusfG AusfVO, AVO AV
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BAnz. = BAufsA f ü r das Vers u. Bausparwesen = BayerJMBl. BayGVBl. BayObLG BayObLGZ
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BB BBG Bekl. Bekm. Beschl. Beschw. Beschwf., BeschwG BezirksG. BezG BG BGBl. BGE BGes., BG BGG BGH BGHZ BIEM BinnSchG
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Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (österr.) Amtsblatt Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen alte Fassung Amtsgericht, Aktiengesellschaft Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Alliierte Hohe Kommission Gesetz der Alliierten Hohen Kommission Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Anfechtungskläger Antragsgegner Antragsteller Anordnung Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 1934 Arbeitgeber Arbeitsgerichtsgesetz v. 1926 bzw. 1953 Archiv des öffentlichen Rechts Astykos Kodix (Griechenland) Ausführungsgesetz Ausführungsverordnung Allgemeine Verfügung Bundesanzeiger Bundesaufsichtsamt f ü r das Versicherungs- und Bausparwesen Bayerisches Justizministerialblatt Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Betriebsberater Bundesbeamtengesetz Beklagter Bekanntmachung Beschluß Beschwerde Beschwerdeführer, Beschwerdegericht Bezirksgericht Bundesgericht Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichts (Schweiz) Bundesgesetz Bonner Grundgesetz Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bureau International de l'Edition Michanique Binnenschiffahrtsgesetz
VIII BJM BlfPMZ BlIntPrR BLVW
Abkürzungen
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BVB1. BVerfG BVerfGE BWB, BW BZ, Br. Z. Cc Clunet CORA CSR DA DAvorm. DDR DevG DevRdsch. DFG DJ DNotZ DÖV DP DPA DR DRiZ, DRichtZ DRP DRZ DV DVB1. DVO e. A. eGmbH EheG EheRefG Einf. Entsch. JFR, E J F Erg. Bd. ErgGes. Erl. FamGB FamRZ FGG Flüchtl. Ges. F. V. R. J.
Bundesjustizminister Blätter f ü r Patent-, Muster- und Zeichenwesen Blätter f ü r internationales Privatrecht (Beilage z u r Leipziger Zeitschrift) Bayerisches Landesamt f ü r Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung Bundesministerium der Justiz Zeitschrift f ü r internationales Recht, begründet von Böhm, fortgeführt von Niemeyer Board of Review Zeitschrift f ü r ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Amtsblatt des Bundesministeriums f ü r Verkehr Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Burgerlijk Wetboek (Niederlande) Britische Zone
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Code Civil, Codice civile J o u r n a l d u droit international Court of Restitution Appeals Tschechoslowakische Republik
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Dienstanweisung Der Amtsvormund, f r ü h e r Rundbrief des Deutschen Instituts f ü r Jugendhilfe Deutsche Demokratische Republik Devisengesetz Deutsche Devisen-Rundschau Deutsche freiwillige Gerichtsbarkeit Deutsche Justiz Deutsche Notarzeitung Die öffentliche Verwaltung displaced person Deutsches Patentamt Deutsches Recht Deutsche Richterzeitung Deutsches Reichspatent Deutsche Rechtszeitschrift Deutsche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung
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einstweilige Anordnung eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht Ehegesetz Ehereformgesetz (Tschechoslowakei) Einführung Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht Ergänzungsband Ergänzungsgesetz Erlaß Familiengesetzbuch Ehe und Familie (Familienrechtszeitschrift) Reichsgesetz betreffend die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Flüchtlingsgesetz Föderative Volksrepublik Jugoslawien
Abkürzungen G, Ges. GBA GBl., Ges.Bl. GBO GEMA GG GKG GmbH, GmbHGes. GmbH Rdsch. GMB1. GMG Gr. Sen. f. Zivils. GRUR
GVG GVB1. GVOBI.VW
Halbs. HansGZ, HGZ Hans.RGZ Hauptbl. Hess. StAnz. HEZ
HGB HLKO HRR HuW, H W HZPrAbk. i. d. F. Inf. Brief d. B L V W
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IRO IRSO i. S. IzRspr.
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Jgd, JgdR JM JMB1., JMinBI. JN J. 0 . JR, Jur. Rundsch. JTC JW JWG JZ
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IX
Gesetz Grundbuchamt Gesetzblatt Grundbuchordnung Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Grundgesetz Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Gesetz betreffend die Ges. m. b. H. Rundschau für GmbH Gesetz- und Ministerialblatt Gebrauchsmustergesetz Großer Senat für Zivilsachen Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Zeitschrift des deutschen Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigentums Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten W i r t schaftsgebietes Halbsatz Hanseatische Gerichtszeitung Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitung (früher HansGZ) Hauptblatt Staatsanzeiger f ü r das Land Hessen Höchstrichterliche Entscheidungen. Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und Obersten Gerichte in Zivilsachen Handelsgesetzbuch Haager Landkriegsordnung Höchstrichterliche Rechtsprechung Haus und Wohnung Haager Zivilprozeßabkommen in der Fassung Informationsbrief des Bayerischen Landesamtes für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung International Refugee Organisation Jewish Restitution Successor Organisation in Sachen, im Sinne Interzonale Rechtsprechung Joint Export-Import Agency Joint Foreign Exchange Agency (Devisenkontrollamt) Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Jugend, Jugendrecht Justizministerium Justizministerialblatt Jurisdiktionsnorm (Österreich) Journal Officiel Juristische Rundschau Jewish Trust Corporation Juristische Wochenschrift Jugendwohlfahrtsgesetz Juristenzeitung
X
Abkürzungen
Kl. KO Komm. KRAB1. KRG KRGR KRProkl. KunstUrhG
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KVO KWB, KWpB
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LAG LASG LG LitUG, LitUrhG, LUG
Kläger Konkursordnung Kommentar Amtsblatt des Kontrollrates in Deutschland Kontrollratsgesetz Kommentar der Reichsgerichtsräte Kontrollratsproklamation Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie Kraftverkehrsordnung Kammer f ü r Wertpapierbereinigung
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MAB1. MB1. MDR MittBl. MR MRAB1. MRG MRVO MuSchG Nachw. NAG Nat. Soz., NS NdsRpfl. n. F. NJ NJW NJW/RzW Nov. ÖBGB1. öffentlVerw. OFICOMEX OG DDR OGHBrZ OGHZ OGR OHG OLG OLGR OVG
Landesarbeitsgericht Gesetz zur Sicherung von Forderungen f ü r den Lastenausgleich Landgericht Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Landesverwaltungsgericht Leipziger Zeitschrift
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Ministerialamtsblatt Ministerialblatt Monatsschrift f ü r deutsches Recht Mitteilungsblatt Militärregierung Amtsblatt der Militärregierung Deutschland Militärregierungsgesetz Militärregierungsverordnung Mutterschutzgesetz Nachweis Bundesgesetz, betreffend die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter (Schweiz) Nationalsozialismus Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Ausgabe A der Neuen Juristischen Wochenschrift: Rechtsprechung zur Wiedergutmachung Novelle Bundesgesetzblatt (Österreich) öffentliche Verwaltung Office du Commerce Extérieur Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik Oberster Gerichtshof f ü r die Britische Zone Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes f ü r die Britische Zone in Zivilsachen Cour Supérieure pour les Restitutions Rastatt Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Oberverwaltungsgericht
Abkürzungen PatG, PG PolPras. PrAGBGB
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RAG RAnwO RArbMin. RBF RBG, RBUrgG RBI. RBU RdA RdErl. RE REAO Recht REG RegBI., RGB1. Rev. crit. REVO RG RGB1. RGRK, RGRKomm.
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RJM RJWG RK RMB1. RMBliV RMdl, R M I RMdJ RSFSR Rsp., Rspr. RUG RuStAG, RuStG Rvgl. Hdwb. SaarlRStZ SchlHA Sen. SeufFArch. SHG SJZ, Suddt.JZ SRZ, SRStZ StA StAG StAnz.
Patentgesetz Polizeipräsident Preußisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Personenstandsgesetz
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RGZ
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XI
Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Rechtsanwaltsordnung Reichsarbeitsministerium Rechtsbeschwerdeführer Reichsbürgergesetz Regierungsblatt Revidierte Berner Übereinkunft Recht der Arbeit Runderlaß Rückerstattung Rückerstattungsanordnung Das Recht, Rundschau für den deutschen Juristenstand Rückerstattungsgesetz Regierungsblatt > Revue critique de droit international privé Rückerstattungsverordnung Nr. 120 Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgerichtsrätekommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen, Amtliche Sammlung Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts, zusammengestellt im Reichsjustizamte Reichs justizminister Reichsjugendwohlfahrtsgesetz Restitutionskammer Reichsministerialblatt Reichsministerialblatt für die innere Verwaltung Reichsminister des Innern Reichsminister der Justiz Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik Rechtsprechung Rechtsüberleitungsgesetz ( Österreich) Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Rechtsvergleichendes Handwörterbuch Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Schleswig-Holsteinische Anzeigen Senat Seufferts Archiv für Entscheidungen der Obersten Gerichte Soforthilfegesetz Süddeutsche Juristenzeitung Saarländische Rechtszeitschrift, nunmehr: Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Staatsangehörigkeit Staatsangehörigkeitsgesetz Staatsanzeiger
XII
Abkürzungen
StAZ StGBI. StÜG TestG TO TVG UG, UmstG ÜG UnlWG, UWG Urt. U. S. C. US-HKGes. VA VAG, VersAufG VereinhG Verf. VerlG Veröff. VerschG VersR, VR Verw. VG VGH VN
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Zeitschrift f ü r Standesamtswesen, n u n m e h r : Das Standesamt Staatsgesetzblatt (Österreich) Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz (Österreich) Testamentsgesetz Tarifordnung Tarifvertragsgesetz Umstellungsgesetz Uberleitungsgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Urteil United States Code Gesetz der Alliierten Hohen Kommission, Amerikanische Besatzungszone Versicherungsarchiv Versicherungsaufsichtsgesetz Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege 1950 Verfassung Gesetz über das Verlagsrecht Veröffentlichung Verschollenheitsgesetz Versicherungsrecht VerwaltungsVerwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Versicherungsnehmer Verordnung Verordnungsblatt Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherung Vorbemerkung Versicherungsunternehmen Versicherungsvertragsgesetz Vereinigtes Wirtschaftsgebiet Warneyers Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts Wiedergutmachungsbehörde Wertpapierbereinigungsgesetz Weimarer Reichsverfassung Wiedergutmachung; Wechselgesetz Wiedergutmachungsamt Wiedergutmachungskammer Wertpapiermitteilungen Württemberg Wirtschaft und Wettbewerb Warenzeichengesetz Zeitschrift der Akademie f ü r Deutsches Recht Zentralblatt Zivilgesetzbuch (Schweiz) Zeitschrift f ü r das gesamte Handels- und Konkursrecht Zentraljustizblatt f ü r die Britische Zone Zivilkammer Zivilsenat Zeitschrift f ü r Deutschen Zivilprozeß
I. ALLGEMEINE LEHREN
1. Notwendigkeit der Feststellung des anzuwendenden Rechts Siehe Nr. 20, 113, 151, 212, 291
2. Ermittlung und Revisibilität ausländischer Vorschriften Siehe auch Nr. 21, 35, 113, 268 1. Fehlende Information und die Notwendigkeit, sich mit ausländischem Recht vertraut zu machen, rechtfertigen nicht den Antrag des beigeordneten Armenanwalts, ihn von dem Pflichtmandat zu entbinden. — Z P O § 115 Z. 3. OLG Celle, Beschl. vom 13. 2. 1953 — 4 W 52/53: NJW 6 (1953) 1719. Aus den Gründen: „Die vom Beschwf. angeführten Gründe rechtfertigen nicht die Aufhebung seiner Beiordnung als Armenanwalt. Daß seine Partei ihn zur Zeit ohne Information läßt, ist ohne Bedeutung, da sie jederzeit diese Säumnis beheben kann. Daß der Beschwf. das französische Recht nicht beherrscht, entbindet ihn nicht von der Pflicht, sich die zur sachgemäßen Vertretung seiner Partei notwendigen Rechtskenntnisse zu verschaffen. Solange das Gericht keinen Anlaß findet, der von dem Beschwf. vertretenen Partei das Armenrecht zu entziehen, hat der Beschwf. als Armenanwalt die sich aus seiner Beiordnung ergebenden Pflichten wahrzunehmen. Ihm kommt es nicht zu, durch Niederlegung seines Mandats der armen Partei das Recht zu nehmen, das ihr wegen der Armenrechtsbewilligung kraft Gesetzes zusteht (§ 115 Z. 3 ZPO), da er damit im Ergebnis die Bewilligung des Armenrechts hinfällig machen würde."
3. Rück- und Weiterverweisung Siehe auch Nr. 109, 112, 120, 157, 175, 179, 201—203, 226, 228—230, 236, 238, 304a 2 . Die deutschen Gerichte sind für eine Ehenichtigkeitsklage zuständig, wenn die Frau im Zeitpunkt der Eheschließung Deutsche war. Die Eingehung der Ehe wird für jeden Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört. In Dänemark herrscht das Domizilprinzip. Die 1
Intern. Privatrecht 1952 und 1953
2
Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 2
Rückverweisung des dänischen IPR auf das deutsche Recht hat der deutsche Richter zu beachten. — EGBGB Art. 13, 27; ZPO §§ 114, 606; RuStAG § 17. Schleswig-Holsteinisches OLG Schleswig, Beschl. vom 21. 1. 1953 und Urteil vom 7. 4. 1953 — 2 U 172/52: SchlHA 200 (1953) 205. Aus den Gründen: „Der bekl. Ehemann ist dänischer Staatsangehöriger. Er kam 1943 als Angehöriger der Organisation Todt nach Deutschland. Am 19. 12. 1944 schloß er mit der bekl. Ehefrau vor dem Standesamt B. die Ehe. Zur Zeit der Eheschließung war er mit der Dänin A. F. verheiratet, mit der er am 19. 7. 1927 vor dem Pfarramt in K. in Dänemark die Ehe eingegangen war. Dieser ersten Ehe entstammen vier Kinder. Als der Bekl. die zweite Ehe schloß, verschwieg er, daß er verheiratet war. Am 1. 2. 1946 wurde er von der britischen Besatzungsmacht auf Fehmarn festgenommen und nach Dänemark gebracht. Dort verurteilte ihn das dänische Gericht L. am 16. 12. 1946 wegen Doppelehe zu drei Jahren Gefängnis. Nach Verbüßung von zwei Jahren wurde er entlassen, kehrte zu der beklagten Ehefrau nach B. zurück und setzte mit ihr die eheliche Lebensgemeinschaft fort. Auch aus dieser Ehe sind vier Kinder hervorgegangen. Die beiden jüngsten dieser Kinder sind erst nach Rückkehr des beklagten Ehemannes aus der dänischen Strafhaft in den Jahren 1950 und 1952 geboren. Auf die Klage der dänischen Ehefrau wurde die erste Ehe des beklagten Ehemannes am 8. 11. 1949 durch das rechtskräftige Urteil des Gerichts L. geschieden. Das LG hat gemäß dem Antrag des Oberstaatsanwalts durch Urteil vom 26. 9. 1952 die Ehe der beiden Beklagten f ü r nichtig erklärt. Es hat die Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Entscheidung bejaht und ausgeführt: Nach Art. 13 EGBGB sei für jeden Verlobten, wenn auch nur einer ein Deutscher sei, die Eingehung der Ehe nach den Gesetzen des Staates zu beurteilen, dem er angehöre. Dementsprechend beurteile sich auch das Recht des Staatsanwalts zur Klage auf Nichtigkeit der Ehe. Für den beklagten Ehemann komme also dänisches Recht, f ü r die beklagte Ehefrau deutsches Recht zur Anwendung. Da nach dänischem Recht die zweite Ehe nach Auflösung der ersten fortbestehen könne, während sie nach deutschem Recht gleichwohl für nichtig zu erklären sei, gelte der Grundsatz, daß das „ärgere Recht" vorgehe. Nach deutschem Recht sei daher die Ehe f ü r nichtig zu erklären, da unzweifelhaft die Voraussetzungen einer Doppelehe vorlägen (§ 20 EheG). Gegen dieses ihnen am 17. 10. 1952 zugestellte Urteil haben die Bekl. Berufung eingelegt. Sie verfolgen weiterhin ihren Antrag, die Klage abzuweisen . . . Die Bekl. bitten, ihnen für den Berufungsrechtszug das Armenrecht zu bewilligen. Ihrem Begehren kann jedoch nicht entsprochen werden. Denn die mit der Berufung beabsichtigte weitere Rechtsverteidigung bietet keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die deutschen Gerichte sind, wie das LG zutreffend angenommen hat,
I. Allgemeine Lehren
Nr. 3
3
f ü r die Entscheidung über die Nichtigkeitsklage zuständig. Zwar ist keiner der Ehegatten gegenwärtig deutscher Staatsangehöriger. Denn der beklagte Ehemann ist Däne, und die beklagte Ehefrau hat dadurch, daß sie mit einem Ausländer die Ehe geschlossen hat, die deutsche Staatsangehörigkeit verloren ( § 17 Ziff. 6 RuStG). Da aber die beklagte Ehefrau zur Zeit der Eheschließung deutsche Staatsangehörige war und der Staatsanwalt auf Nichtigerklärung der Ehe klagt, haben die deutschen Gerichte über die Klage zu befinden (§ 606 I I I Ziff. 2 Z P O ) . Für die Entscheidung des Streitfalles ist ausschließlich deutsches Recht anzuwenden. Die Eingehung der Ehe wird allerdings, wenn auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, für jeden Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört (Art. 13 I S. 1 EGBGB). Das infolgedessen auf den bekl. Ehemann anwendbare dänische Recht verweist aber auf deutsches Recht zurück. In Dänemark gilt nach ständigem Gerichtsund Verwaltungsbrauch das Domizilprinzip. Danach sind für einen Dänen alle im Ausland vorgenommenen Rechtshandlungen nach dem Recht des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, zu beurteilen (Raape, I P R 3 48 und 54; Schnitzer, Handbuch des I P R 3 1 123; Hoeck, Das Personalstatut im dän. intern. Eherecht (1938) 24; vgl. auch Bergmann, Intern. Ehe- und Kindschaftsrecht I 83). Diese Rückverweisung des dänischen internationalen Privatrechts auf das deutsche Recht hat der deutsche Richter zu beachten (Art. 27 EGBGB). Da f ü r die beklagte Ehefrau wegen ihrer früheren deutschen Staatsangehörigkeit ohnehin deutsches Recht Anwendung findet, ist somit hier allein das deutsche Recht maßgebend. Nach deutschem Recht ist aber die Klage begründet" (wird ausgeführt). 3 . Das österreichische ABGB enthält keine Kollisionsnormen über Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes; der überwiegende Teil der Rechtsprechung und der Rechtslehre hat sich aber für die Anwendbarkeit der lex fori entschieden. Aus den für die Gerichtspraxis maßgebenden Gesichtspunkten heraus ist die Beachtung der Rückverweisung durchaus gesund, wo sie zur Anwendung des eigenen Rechts des Richters führt. Die Rückverweisung ist auch im Falle des Art. 21 EGBGB zu beachten. — EGBGB Art. 21, 27; 4. D V O zum EheG § 15. AG Karlstadt, Urt. v o m 18. 9. 1950 — C 176/49. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das AG Karlstadt ist gem. § 12 Z P O örtlich und gem. § 23 GVG sachlich zuständig. Zur Frage der anzuwendenden Privatrechtsordnung wird auf das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung 1 Bezug genommen. Danach ist der vorliegende Rechtsstreit nach dem z. Z. der Geburt des Kindes in Siebenbürgen geltenden österreichischen Recht (Art. 21 EGBGB), nämlich dem des ABGB, zu entscheiden. Den Ausführungen des vorgenannten Gutachtens kann nicht in allem beigetreten werden. Nach der Feststellung 1
1 *
Institut für Rechtsvergleichung der Universität München.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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aaO enthält das ABGB keine Kollisionsnormen über das Recht des Unterhaltsanspruchs eines unehelichen Kindes; der überwiegende Teil der Rechtsprechung und Rechtslehre aber hat sich f ü r die Anwendbarkeit der lex fori entschieden, so daß, wenn das deutsche internat. Privatrecht eine Gesamtverweisung überhaupt, und insbesondere Art. 21 EGBGB eine Rückverweisung zulassen, das deutsche Recht anzuwenden ist. Das RG hat immer von neuem betont, die Verweisung des deutschen Kollisionsrechts auf eine fremde Rechtsordnung bedeute eine Verweisung nicht nur auf die materiellen Normen dieses Rechts, sondern auch auf dessen Kollisionsnormen, sei also eine Gesamtverweisung. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Begründung des RG, die von der Rechtslehre heftig umstritten ist, nämlich, daß der deutsche Richter, der ein bestimmtes ausländisches Recht anzuwenden hat, möglichst so urteilen soll, wie der Richter dieses Rechtsgebiets urteilen würde, oder daß es nicht angehe, ein fremdes materielles Recht anzuwenden, das selbst nicht angewendet werden wolle, zutreffend ist. Aus den f ü r die Gerichtspraxis maßgebenden Gesichtspunkten heraus jedenfalls ist, wie auch Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands 2 (1949) § 15 richtig feststellt, die Beachtung der Riickverweisung durchaus gesund, wo sie zur Anwendung des eigenen Rechts des Richters führt. Nach Wolff steht auch Art. 27 EGBGB der Beachtlichkeit der Rückverweisung in anderen als den dort aufgezählten Fällen nicht entgegen. Auch nach Ferid, Der Neubürger im internationalen Privatrecht 33, sowie nach Palandt, EGBGB Art. 27. Anm. 3, zählt diese Vorschrift die Fälle der Rückverweisung nicht abschließend auf, so daß eine analoge Anwendung f ü r den Fall des Art. 21 EGBGB nicht nur zulässig, sondern nach Palandt, EGBGB Art. 21 Anm. 1 auf Grund der authentischen Interpretation des Gesetzgebers der 4. DVO zum Ehegesetz § 15 zu berücksichtigen ist. Im übrigen ist auch ein Gesetzesumgehungsversuch, womit die Unbeachtlichkeit der Verweisung auf die jeweilige lex fori ferner begründet wurde, im vorliegenden Fall nicht zu befürchten, da die Streitsteile ohne Zweifel nicht freiwillig, oder gar aus diesem Grunde, ihre Heimat verlassen haben. Es ist also, da die Rückverweisung des nach Art. 21 EGBGB f ü r die Beurteilung der Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters maßgebenden Rechts zu beachten ist, das Recht des mit der Entscheidung des Rechtsstreites befaßten Gerichts, nämlich das des deutschen BGB anzuwenden . . . " 4. Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Die Rückverweisung des Heimatrechts der Mutter auf das deutsche Recht ist zu beachten. — EGBGB Art. 21, 27; 4. DVO zum EheG §§ 12, 15; Schweiz. NAG Art. 2, 8; Schweiz. ZGB, Schlußtitel Art. 59. LG Flensburg, Urt. vom 17. 12. 1952 — 5 S 105/51: MDR 7 (1953) 298; Revue critique 42 (1953) 792 mit Anm. von Makaroo.
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Aus den Gründen: „Diese Vorschrift (§ 1708 BGB) ist auf den vom Kl. geltend gemachten Anspruch anzuwenden. Nach Art. 21 EGBGB wird die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter z. Z. der Geburt des Kindes angehört. Da die Mutter z. Z. der Geburt des Kindes Schweizer Bürger war, ist demnach Schweizer Recht anzuwenden. Diese Verweisung auf Schweizer Recht bezieht sich jedoch nicht nur auf die materiellen Vorschriften, sondern auch auf die Regelung des IPR im Schweizer Recht, d. h. insbesondere auf die im Schweizer Recht enthaltene Verweisung auf deutsches Recht. Das ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus Art. 27 EGBGB. Art. 21 ist hier nicht erwähnt. Die Rspr. ist darin einig, daß Art. 27 einen allgemeinen Grundsatz ausspricht und die E r w ä h n u n g weiterer Vorschriften des deutschen IPR nur deshalb unterblieben ist, weil sie nur einseitige Kollisionsnormen enthalten (Palandt 8 Anm. 3 zu Art. 27), d. h. weil sie nicht ausdrücklich sagen, wann ausländisches Recht anzuwenden ist, sondern lediglich, inwieweit deutsches Recht anwendbar ist. Aber auch bei dieser weiteren Auslegung des Art. 27 ergibt sich nicht, daß Art. 21 ebenfalls eine Verweisung auf die Rückverweisung nach Schweizer Recht enthält; denn Art. 21 ist eben keine unvollständige, sondern eine vollständige Kollisionsnorm. E r sagt nicht nur, inwieweit deutsches Recht anzuwenden ist, sondern auch, wann ausländisches Recht berücksichtigt werden muß. Dennoch enthält auch Art. 21 eine Verweisung auf die im ausländischen Recht geltende Rückverweisung. Staudinger-RaapeBern. K II zu Art. 21 folgt zwar der Meinung, daß der in Art. 27 ausgesprochene Grundsatz nicht auf die Fälle des Art. 21 anzuwenden sei, aber er betont, daß er sich dieser Meinung nicht ohne Bedenken angeschlossen hat. Das RG (RGZ 78, 234) geht als selbstverständlich davon aus, daß auch Art. 21 eine Verweisung auf das ausländische IPR enthält, und betont, daß Art. 27 keine Ausnahmevorschrift darstelle, sondern n u r die Regel zum Ausdruck bringe. Allerdings bezieht sich diese Entsch. nicht auf einen Fall des Art. 21. Zu diesem Problem n a h m die 4. DVO zum EheG vom 25. 10. 1941 Stellung, die die Rechtslage nach der Eingliederung Österreichs, des Sudetenlandes und des Protektorates Böhmen-Mähren darstellte. Sie wiederholt in § 12 den Wortlaut des Art. 21 EGBGB und sagt in § 15: „Sind nach dem Recht eines fremden Staates, dessen Gesetze in den vorstehenden Vorschriften f ü r maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden, dann sind die deutschen Gesetze maßgebend." Sie spricht also den Grundsatz des Art. 27 ohne Beschränkung auf bestimmte Rechtsverhältnisse aus. In dieser Bestimmung ist eine authentische Interpretation des anerkannt unvollständigen Wortlauts des Art. 27 EGBGB zu erblicken, eine redaktionelle Verbesserung des änderungsbedürftig gewordenen Textes (Middcl, DR 1943, 685; Massfeiler, DR 1941,2531). Zwar ist die 4. DVO inzwischen aufgehoben worden, aber als bedeutsames Mittel f ü r die Auslegung des Art. 27 kann sie nach wie vor verwendet werden. Auch Soergel", Art. 21 Anm. 1, Enneccerus10143 und Pcdandt-Lauterbach", Art. 21 Anm. 1 treten f ü r die entsprechende
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Anwendung des Art. 27 auf die Fälle des Art. 21 ein. Diesem Standpunkt schließt sich die Kammer aus der Erwägung heraus an, daß im allgemeinen die analoge Anwendung einer Bestimmung auf ähnliche Verhältnisse dem Umkehrschluß vorzuziehen ist. Diese Auslegung führt dazu, daß einerseits das ausländische Recht, auf das verwiesen wird, in seiner Gesamtheit angewendet werden kann und daß andererseits auf Grund der im ausländischen Recht enthaltenen Verweisung von deutschen Gerichten deutsches Recht zugrunde zu legen ist (AG Stuttgart, J W 1931, 157). Das Schweizer Recht verweist nun für den vorliegenden Fall auf deutsches Recht zurück. Nach Art. 2 des (Schweizer) Bundesgesetzes betreffend die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter vom 25. 6. 1891 (NAG; abgedruckt bei Schnitzer, Handbuch des IPR 3 829) unterliegen die Niedergelassenen und Aufenthalter in bezug auf die in Art. 1 erwähnten zivilrechtlichen Verhältnisse (nämlich Personen-, Familien- und Erbrecht) der Gerichtsbarkeit des Wohnsitzes, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich den Gerichtsstand der Heimat vorbehält. Bezüglich des Unterhaltsanspruches unehelicher Kinder enthält das NAG keinen Vorbehalt. Nach Art. 8 NAG bestimmt sich nämlich nur der Familienstand, insbesondere die Frage der ehelichen oder unehelichen Geburt und die Frage der Wirkung einer freiwilligen Anerkennung oder einer durch die Behörde erfolgten Zurechnung Unehelicher nach dem Heimatrecht. Dabei handelt es sich um familienrechtliche Bestimmungen, während der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes nach Schweizer Recht nicht als familienrechtliche Angelegenheit angesehen wird, sondern als schuldrechtliche. Es bleibt also bei dem allgemeinen Grundsatz, der in Art. 2 NAG zum Ausdruck gekommen ist (Schnitzer 428). Maßgebend ist also das Recht des Wohnsitzes des in Anspruch Genommenen (Schnitzer 428, Raape, IPR 3 234). Nun bezieht sich das NAG zunächst nur auf die Verhältnisse zwischen den verschiedenen Kantonen in der S c h w e i z A b e r Art. 59 des Schlußtitels zum Schweizer ZGB vom 10. 12. 1907 (abgedruckt bei Bergmann, Intern. Ehe- und Kindschaftsrecht 2 I 640) besagt, daß das NAG f ü r die Rechtsverhältnisse der Schweizer im Auslande und der Ausländer in der Schweiz in Kraft bleibt. Das NAG behandelt also nicht nur interlokales, sondern auch internationales Privatrecht. Aus Art. 2 NAG i. V. mit Art. 59 ZGB ergibt sich also, daß ein Schweizer im Auslande dem ausländischen Recht unterliegt. Das muß um so mehr gelten, wenn es sich um einen Ausländer im Auslande handelt, der von einem Schweizer in Anspruch genommen wird. Schnitzer 429 weist z. B. darauf hin, daß gegen einen Ausländer, der sich nur in einer Schweizer Lehranstalt aufhält (er begründet dort nach Schweizer Recht keinen Wohnsitz) Schweizer Recht nicht angewendet werden kann. Das Schweizer BG wendet denn auch auf Unterhaltsansprüche Schweizer Kinder gegen Deutsche, die sich z. Z. der Empfängnis in Deutschland aufhielten, deutsches Recht an (JW 1926, 437). Ob nach Schweizer 1 Der zweite Titel des NAG (Art. 28—31) befaßt sich mit den zivilrechtlichen Verhältnissen der Schweizer im Ausland und der dritte (Art. 32—34) mit den zivilrechtlichen Verhältnissen der Ausländer in der Schweiz.
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Recht der Aufenthalt z. Z. der Empfängnis oder der Geburt maßgebend ist (vgl. Schnitzer 429), kann dahinstehen, da der Bekl. sich stets in Deutschland aufgehalten hat."
4. Statutenwechsel Siehe Nr. 38
5. Qualifikation Siehe auch Nr. 33, 34, 38, I i i , 113, 115, 116, 150, 175, 178, 229, 238 5 . Die aus der Tschechoslowakei ausgewiesenen Volksdeutschen haben ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren. Nach interlokalem Privatrecht, das in dieser Hinsicht dem internationalen Privatrecht folgt, richtet sich nicht nur die Unterhaltspflicht, sondern auch die Prozeßkostenvorschußpflicht nach den Regeln des Art. Ii und nicht nach denen des Art. 15 EGBGB. Die Prozeßkostenvorschußpflicht des Ehemannes ist nach dem BGB nicht als Teil des Ehegüterrechts, sondern als persönliche Ehewirkung anzusehen. — EGBGB Art. 14, 15; ZPO § 627; VO vom 20. 4. 1939 über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch ehem. tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit. OLG München, Beschl. vom 15. 5. 1953 — 7 U 584/53: NJW 6 (1953) 906; MDR 7 (1953) 490; BayerJMBl. 1953, 178. Aus den Gründen: „I. 1. Die beiden Parteien, Volksdeutsche Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei, haben dort am 3. 5. 1941 ohne Abschluß eines Ehevertrages die Ehe geschlossen. Sie hatten damals und in der Folge ihren Wohnsitz in der Tschechoslowakei (damaliges Sudetenland). Sie besaßen vor dem 1. 3. 1938 die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit. Die Parteien wurden nach dem Krieg aus der Tschechoslowakei ausgesiedelt bzw. ausgewiesen und haben seitdem ihren Wohnsitz und Aufenthalt in Deutschland (Bundesrepublik) . Zwischen den Parteien ist ein Ehescheidungsverfahren im Berufungsverfahren anhängig. 2. Die Bekl. hat beantragt, durch einstweilige Anordnung ( = e. A.) dem Kläger die Bezahlung eines monatlichen Unterhalts von 350.— DM f ü r sie und das bei ihr befindliche gemeinsame Kind — einschließlich eines freiwillig bezahlten Betrages von 200.— DM — und weiter die Bezahlung eines Prozeßkostenvorschusses ( = Vorschuß) von 300.— DM f ü r die Berufungsinstanz, eventuell in Raten, aufzuerlegen. II. Die am 1. 4. 1953 u. a. auf dem Gebiet des Familienrechts eingetretene Rechtsänderung macht es erforderlich, die bisherigen Auffassungen über die Regelung des Unterhalts und des Prozeßkosten-Vorschusses im Rahmen des § 627 ZPO einer Nachprüfung zu unterziehen. Die familienrechtlichen Bestimmungen des BGB gelten ab 1. 4. 1953 nur
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in dem Umfang weiter, als sie dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht widersprechen (Art. 117 GG). Das in Art. 117 GG vorgesehene Anpassungsgesetz zu Art. 3 II GG ist nicht ergangen. Es ist deshalb dem Art. 3 II GG „entgegenstehendes Recht" seit 1. 4. 1953 außer Kraft. Art. 3 II GG gilt somit mit Ablauf des 31. 3. 1953 uneingeschränkt, auch insoweit als bisher entgegenstehende, durch Art. 117 GG aufrechterhaltene Bestimmungen galten . . . III. 1. Zunächst ist in Hinsicht auf die hier in Frage stehenden Leistungen, insbesondere bezüglich des Vorschusses, die Frage bestritten, ob die e. A. nach § 627 ZPO nur verfahrensrechtliche Vorschrift ist, d. h. ob der Richter damit diese Leistungen nur auferlegen darf, soweit diese im sonstigen sachlichen Recht begründet sind (Ansicht a), oder aber, ob diese Vorschrift sachlich-rechtlichen Inhalt in dem Sinne hat, daß der Richter auch insoweit ohne strikte Bindung an sonstige sachlichrechtliche Vorschriften, also rechtsgestaltend, diejenigen vorläufigen Regelungen treffen kann, die sich mit Rücksicht auf das Ehescheidungsverfahren und im Zusammenhang damit als notwendig erweisen (Ansicht b). 2. Bei Zugrundelegung der ersteren Auffassung — Ansicht a) — ist somit das sachliche Recht festzustellen. a) Für letzteres ist, da die vorliegenden Rechtsverhältnisse dem Familienrecht entspringen, die Staatsangehörigkeit der Parteien maßgebend (Art. 14 und 15 EGBGB). Die Parteien erwarben auf Grund § 1 der VO vom 20. 4. 1939 spätestens ab 1. 3. 1939 die deutsche Staatsangehörigkeit, die sie auch im Zeitpunkt der Eheschließung besaßen und auch weiterhin behalten haben (vgl. BVerfG, B. vom 28. 5. 1952 \ NJW 1952, 777). Es galt aber für sie, da sie im Sudetenland Wohnsitz und Aufenthalt hatten, als deutsches Recht das f ü r das Familienrecht weiter gültige Recht des österr. ABGB (vgl. Brühl, NJW 1952, 332; vgl. auch VO über die deutsche Staatsangehörigkeit vom 5. 2. 1934, sowie RG DR 1944, 854). b) Hier ist somit das interlokale Privatrecht zu berücksichtigen, das wiederum den Regeln des internationalen Privatrechts folgt. Es kommen Art. 14 und 15 EGBGB in Frage. Für Rechtsverhältnisse, die aus dem ehelichen Güterrecht herzuleiten sind, gilt grundsätzlich unwandelbar das sachliche Recht zur Zeit der Eheschließung; das wäre hier das österr. AGBGB (Art. 15 EGBGB). Es ist bestritten, ob — wie hier — auch Volksdeutsche Flüchtlinge, die als Deutsche in das deutsche Gebiet aufgenommen sind, dieser Regel gemäß nach diesem früheren Recht zu beurteilen sind (so Brühl, NJW 1952, 333), oder ob in solchen Fällen grundsätzlich — abweichend von der Regel des Art. 15 EGBGB — das deutsche Recht ihres jetzigen Wohnsitzes anzuwenden ist (so u. a. Erman-Marquordt, EGBGB vor Art. 13 EGBGB Anm. 8; Art. 15 EGBGB Anm. 9 d ; Beitzke, JR 1952, 141). Diese Frage brauchte aber hier nicht entschieden zu werden. Der Senat ist nämlich zur Auffassung gekommen, daß nicht nur die 1
Siehe unten Nr. 316 a.
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Unterhaltspflicht — was unstreitig ist — , sondern auch die Prozeßkostenvorschußpflicht -— was allerdings äußerst bestritten ist — aus noch darzulegenden Gründen auf den persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten beruhen und deshalb nach BGB mit den durch den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau eingetretenen Änderungen zu beurteilen sind (Art. 14 EGBGB). Die Anwendung des deutschen Prozeßrechts ergibt sich ohnehin aus dem Grundsatz lex fori. 3. Der Senat hat sich in der angeführten Streitfrage zu § 627 Z P O (oben I I I 1) bezüglich des Unterhalts und des Vorschusses der Ansicht b angeschlossen." Die weiteren Ausführungen betreffen deutsches Recht.
6. Nichtanwendung ausländischen Rechts wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes Siehe auch Nr. 15, 16, 26, 28, 30, 36, 37, 85, 87, 112, 165, 181, 182, 193, 191, 195 a, 199—201, 203—206, 213, 214, 216, 226, 294, 307 6 . Das tschechoslowakische Enteignungsdekret vom 25. 10. 1945 hat nach anerkannten Völkerrechtsgrundsätzen nur innerhalb des tschechoslowakischen Staatsgebietes Rechtswirkung erzeugt. Die Anwendung dieses Dekrets, das eine im deutschen Recht nicht vorgesehene entschädigungslose Enteignung vorschreibt, ist durch Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. — EGBGB Art. 30; ABGB § § 329, 367, 368; tschechoslow. Dekret vom 25. 10. 1945. AG Berchtesgaden, Urt. v. 18. 7. 1951 — C 499/50. Ungedruckt. Die Kl. sind ausgewiesene Sudetendeutsche und hatten bis zum Kriegsende ihren Wohnsitz in T.-B. Sie waren u. a. unstreitig Eigentümer der ihnen mit Urteilstenor zuerkannten Schlafzimmermöbel und -einrichtungsgegenstände. Sie mußten im Zuge der Aussiedlung aus dem Sudetenland nach dem Zusammenbruch 1945 ihre Heimat verlassen und konnten nach den damaligen tschechischen Bestimmungen nur 50 kg Gepäck mitnehmen. Ihre gesamte Habe, u.a. auch das streitgegenständige Schlafzimmer, mußten sie zurücklassen. Gemäß eines Dekrets des damaligen tschechischen Staatspräsidenten Benesch v o m 19. 5. 1945 war über das Vermögen der ausgesiedelten Deutschen Beschlagnahme angeordnet und ein Vermögensverwalter eingesetzt worden. Durch Dekret vom 25. 10. 1945 ist dies Vermögen zugunsten des tschechischen Staates entschädigungslos enteignet worden. Der Buchdrucker O. C., der ebenfalls in T.-B. seinen Wohnsitz hatte und Nachbar der Kl. war, blieb zunächst von der Aussiedlung verschont, da er als Antifaschist galt und eine Antifa-Legitimation erhalten hatte. Er vertauschte 1946 eine Kücheneinrichtung mit dem klagegegenständlichen Schlafzimmer der Kl. und transportierte zusammen mit seinen eigenen Möbeln und sonstigen beweglichen Vermögen dieses Schlafzimmer im Jahre 1946 nach Deutschland. Da er die Antifa-Legitimation hatte, war es ihm auch nach den seinerzeitigen tschechischen Bestimmungen erlaubt, seine gesamte bewegliche Habe mitzunehmen.
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Als die Kl. unter dem Eigentum des C. ihr Schlafzimmer wieder erkannten, haben sie auf Herausgabe geklagt. C. ist inzwischen gestorben und als Bekl. treten seine Erben auf. Aus den Gründen: „Die Klage war in vollem Umfange begründet. Denn die Kl. sind nach wie vor rechtmäßige Eigentümer der mit der Klage herausverlangten Schlafzimmermöbel. Die Kl. haben daran weder durch die tschechischen Enteignungsdekrete noch durch gutgläubigen Erwerb des verstorbenen Erstbekl. C. das Eigentum verloren. Abgesehen davon, daß die Bekl., wenn auch unter Verwahrung gegen die Kostenlast den Anspruch anerkannt haben, sind die Bekl. als Rechtsnachfolger des verstorbenen O. C. auch bei streitiger Rechtslage samtverbindlich zur Einwilligung in die Herausgabe an die Kl. verpflichtet. Durch das Dekret des tschechischen Staatspräsidenten vom 19. 5. 1945 ist lediglich die Beschlagnahme des Vermögens der Sudeten- und Reichsdeutschen sowie die Einsetzung eines Sequesters angeordnet worden. Durch dieses Dekret haben sonach die Kl. nicht ihr Eigentum, sondern lediglich ihre Verfügungsbefugnis verloren. Das Enteignungsdekret vom 25. 10. 1945 hat nach anerkannten Völkerrechtsgrundsätzen nur innerhalb des tschechischen Staatsgebietes Rechtswirkung erzeugt. Über die Grenzen hinweg vermag dieses Dekret keine Rechtswirkungen zu haben. Art. 30 EGBGB schreibt ausdrücklich vor, daß die Anwendung ausländischer Gesetze ausgeschlossen ist, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstößt. Dies ist unzweifelhaft bei dem tschechischen Enteignungsdekret vom 25. 10. 1945 der Fall, nachdem es sich bei diesem Dekret um eine im deutschen Recht nicht vorgesehene und nicht gebilligte entschädigungslose Enteignung handelt. Dieses Dekret ist auch nicht durch das Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945 gedeckt. Es mag dahin gestellt bleiben, ob die Aussiedlung aus der Tschechoslowakei und aus dem Sudentenland nur diejenigen Deutschen betreffen sollte, die erst nach dem 1. 10. 1938 in das Sudetenland und das Protektorat verzogen sind. Jedenfalls sollte nach den Potsdamer Beschlüssen die Aussiedlung ordnungsgemäß und human erfolgen. Von einer Vertreibung, entschädigungslosen Enteignung und von Aussiedlungsgreueln war im Potsdamer Abkommen keinesfalls die Rede. Solche tatsächlich geschehenen Maßnahmen widersprachen und widersprechen auch in höchstem Maße den allgemeinen verbindlichen Grundsätzen der UN-Charta. Außerdem ist das Enteignungsdekret vom 25. 10. 1945 zeitlich nach dem Potsdamer Abkommen ergangen und somit nicht davon umfaßt. Die Auffassung des verstorbenen Erstbekl., dieses Dekret sei von den Teilnehmern des Potsdamer Abkommens gebilligt, ist sonach nicht zutreffend. Darauf, welche Eigentumsverhältnisse durch einen eventuellen späteren Friedensvertrag beschlossen werden, konnte es im gegenwärtigen Rechtsstreit nicht ankommen. Der Rechtsstreit war nach derzeitigem Recht zu entscheiden. Eine Rechtsvergleichung mit dem Versailler Vertrag und dem
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Vertrag von Rapallo erschien bei völlig veränderter politischer Lage nicht angebracht. Das Gericht schließt sich hinsichtlich der Anwendbarkeit des Art. 30 EGBGB und der daraus resultierenden Nichtanerkennung des tschechischen Enteignungsdekrets der herrschenden Rechtsprechung an (vgl. LG Kassel in NJW 1948, 628 = IPRspr. 1945—1949, Nr. 2 und AG Waiblingen, Urteil v. 21. 6. 1948, IPRspr. 1945—1949, Nr. 3) und der Lehre (vgl. Arndt, SJZ 1948, 144) an. Der verstorbene Erstbekl. konnte sich aber auch nicht auf gutgläubigen Erwerb der Möbel durch Tausch seiner Küche berufen. Die Voraussetzungen der §§ 367, 368, 329 ff. ABGB, die Anwendung finden (vgl. Palandt, Vorbem. vor Art. 13 EGBGB) lagen nicht vor, denn O. C. wußte, daß die Kl. Eigentümer der Schlafzimmer waren. Der eingesetzte Sequester ist kein befugter Gewerbsmann im Sinne des § 367 ABGB, er hatte lediglich das Recht der Inbesitznahme und der Verwaltung, nicht aber ein Verfügungsrecht. Ein eventueller guter Glaube des C. an das Verfügungsrecht wird aber nach dem ABGB ebensowenig geschützt wie nach dem BGB . . . " 7. Die Legitimation eines unehelichen Kindes richtet sich nach dem Heimatrecht des Vaters zur Zeit der Legitimation. Der Anwendung der Vorschrift des niederländischen Rechts, nach welcher ein uneheliches Kind durch nachfolgende Eheschließung seiner Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes nicht erlangen kann, wenn es im Ehebruch gezeugt wurde, steht die deutsche Vorbehaltsklausel (Art. 30 EGBGB) entgegen. Daß ein in Deutschland erlassener Legitimationsfeststellungsbeschluß in den Niederlanden möglicherweise ohne rechtliche Wirkung bleibt, ist auf die Entscheidung ohne Einfluß. — EGBGB Art. 22, 30; PStG § 48; niederl. BWB Art. 327. LG Frankfurt/M., Beschl. vom 6. 12. 1953 — 2/9 T 107/53: StAZ 7 (1954) 156; DAvorm. XXVII (1954) 45. Aus den Gründen: „Gerrit H. und Erich H. wurden von der damaligen Witwe Sophie Hedwig R., geborene H., in den Jahren 1943 und 1945 in Deutschland unehelich geboren. Der Vater der Kinder, Jan PI., der sich damals als niederländischer Staatsangehöriger in Deutschland aufhielt und dort die Mutter kennengelernt hatte, war zu dieser Zeit noch mit seiner ersten Frau Rykje P. verheiratet. Nach der Scheidung dieser Ehe am 19. 10. 1945 heiratete der Vater am 11. 10. 1946 in Frankfurt/Main die Mutter der Kinder, seine jetzige zweite Ehefrau. Auf Antrag der Eheleute PI. stellte das AG Frankfurt/M. durch zwei Beschlüsse fest, daß die unehelich geborenen Kinder Gerrit H. und Erich H. die Rechtsstellung ehelicher Kinder des Schreiners Jan PI. erlangt haben. Durch den angefochtenen Beschluß des gleichen Gerichts wurden diese Beschlüsse mit der Begründung aufgehoben, daß sich die Legitimation unehelicher Kinder nach dem Recht des Heimatstaates des Vaters richte. Da der Vater niederländischer Staatsangehöriger sei und die Kinder in Ehe-
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bruch gezeugt seien, könnten sie nach Art. 327 des niederländischen bürgerlichen Gesetzbuches (N1BGB) nicht durch nachfolgende Eheschließung ihrer Eltern legitimiert werden. Die beiden minderjährigen Kinder hätten daher durch die am 11. 10. 1946 erfolgte Eheschließung ihrer Eltern nicht die Stellung ehelicher Kinder erlangt. Die nach § 48 PStG zulässige sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und sachlich begründet. Aus Art. 22 EGBGB ist der Grundsatz zu entnehmen, daß sich die Legitimation eines unehelichen Kindes nach den Gesetzen des Heimatstaates des Vaters zur Zeit der Legitimation richtet (Palandt, Anm. 2 zu Art. 22 EGBGB). Es ist somit niederländisches Recht anzuwenden. Aus Art. 327 in Verbindung mit Art. 335 des N1BGB ergibt sich, daß ein uneheliches Kind durch nachfolgende Eheschließung seiner Eltern nicht die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangen kann, wenn es im Ehebruch gezeugt wurde. Danach kann eine Legitimation der Kinder mit Wirkung f ü r den Geltungsbereich des niederländischen Rechts nicht stattfinden. Der Anerkennung dieser Rechtsfolge auch f ü r den Geltungsbereich des deutschen Rechts steht jedoch im vorliegenden Fall die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB entgegen, da die Anwendung des niederländischen Gesetzes gegen die guten Sitten verstoßen würde (so auch Raape, IPR 3 240, 242; vgl. auch denselben in Staudinger0 (1931) zu Art. 22, B II 1). Zwar genügt es zur Annahme eines Sittenverstoßes nicht, daß ein bloßer Widerstreit mit Gerechtigkeit und Sittlichkeit, wie sie nach allgemeiner Auffassung im Inland verstanden werden, festzustellen ist, sondern es muß ein erheblicher Verstoß gegen die sittlichen Grundanschauungen der deutschen Rechtsgemeinschaft vorliegen (Raape aaO 65 ff., wohl zu weitgehend RGZ 60, 296), wobei immer darauf abzustellen ist, ob das Ergebnis im gerade gegebenen Fall den deutschen Sitten erheblich zuwiderläuft. Entscheidend ist also nicht der Inhalt des ausländischen Gesetzes, sondern seine Anwendung auf den einzelnen Fall (RGZ 150, 283 [285/6]; Planck, EGBGB 3, Art. 30, Anm. 1 und 2). Dies wiederum hängt nicht unwesentlich von der Stärke der jeweiligen Inlandsbeziehungen des zu entscheidenden Falles ab. Eine Würdigung des Sachverhalts unter diesen Gesichtspunkten muß im vorliegenden Falle zur Nichtanwendung des ausländischen Gesetzes führen. Die Anwendung der niederländischen Gesetzesregel hätte hier nämlich zur Folge, daß zwar den Eltern die Legalisierung ihres vorab ehebrecherischen Verhältnisses durch den Abschluß einer rechtsgültigen Ehe gestattet wäre, die aus der ehebrecherischen Verbindung stammenden Kinder dagegen ihr Leben lang als unehelich gelten müßten. Die Kinder allein hätten mithin die Last eines Makels zu tragen, an dessen Entstehung sie selbst keinen Anteil haben. Dieses Ergebnis widerspricht den in Deutschland herrschenden allgemeinen Grundanschauungen von Gerechtigkeit und Sittlichkeit. Hierzu kommt fernerhin, daß ein Beieinanderleben von Eheleuten mit eigenen, aber unehelichen Kindern in familiärer Gemeinschaft unseren gesellschaftlichen und rechtlichen Vorstellungen als anstößige Anomalie erscheint. Schließlich ist auch in Betracht zu ziehen, daß die In-
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landsbeziehung des Falles stark ist. Beide Kinder sind in Deutschland geboren, die Mutter und sie selbst waren zumindest Deutsche, und die Ehe der Eltern ist in Deutschland geschlossen worden. Daß ein in Deutschland erlassener Legitimationsfeststellungsbeschluß in Holland möglicherweise ohne rechtliche Wirkung bleibt, ist auf die Entscheidung ohne Einfluß. Ein Interesse der minderjährigen Kinder an der Feststellung ihrer Ehelichkeit f ü r den Geltungsbereich des deutschen Rechts besteht schon deshalb, weil sie jederzeit nach Deutschland zurückkehren können. Hierneben ist die Frage, ob den Kindern in Holland das Recht, den Namen ihrer Eltern trotz des in Deutschland ergangenen, die Ehelichkeit feststellenden Beschlusses verweigert werden wird, ohne Bedeutung." 8 . Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kind wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört hat. Die Anwendung des sowjetischen Rechts, nach welchem die Vaterschafts- und Unterhaltsklage untersagt ist, wird durch die deutsche Vorbehaltsklausel ausgeschaltet. — EGBGB Art. 21, 30; FamGB der R S F S R Art. 25, 29, 30; V O des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR v o m 8. 7. 1944, Art. 20. AG München, Urt. vom 23. 4. 1952 — 15 C 1950/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München v o m 24. 3. 1952 war die Kindsmutter zur Zeit der Geburt des Kl. sowjetische Staatsangehörige, wie sie dies auch heute noch ist. Da nach Art. 21 EGBGB die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kind nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört hat, ist für die Unterhaltsansprüche des klagenden Kindes daher russisches Recht maßgebend. Über den Inhalt des hiernach anzuwendenden Rechts hat das Institut f ü r Rechtsvergleichung der Universität München folgendes Rechtsgutachten erstattet: 1. Bis 1944 galt in der Sowjetunion der Grundsatz der völligen Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder. Die Bestimmungen darüber waren in den Familiengesetzbüchern der einzelnen Bundesrepubliken enthalten. So bestimmte z. B. Art. 25 des Familiengesetzbuches der R S F S R von 1926 (deutsche Ubersetzung bei Heinrich Freund, Das Zivilrecht der Sowjetunion, 1. Abt., 1. Lieferung, [1927] S. 33): „Die gegenseitigen Rechte der Kinder und Eltern beruhen auf Blutsverwandtschaft. Kinder, deren Eltern miteinander nicht verheiratet sind, genießen die gleichen Rechte wie Kinder, die von Personen stammen, die in einer Ehe leben." I m gleichen Sinne waren die Art. 1 des ukrainischen Gesetzbuches von 1926 (aaO S. 82) und Art. 37 des weißrussischen Familiengesetzbuches von 1927 (aaO S. 179) gefaßt. 2. Eine radikale Änderung dieser Rechtslage hat die V O des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR vom 8. 7. 1944 gebracht (Iswestija v o m 9. 7. 1944 Nr. 162). Durch diese V O hat der Bundesgesetzgeber die obliga-
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torische Registrierung der Ehe eingeführt und im Art. 20 dieser VO folgende Bestimmung getroffen: „Das bestehende Recht der Mutter auf gerichtliche Vaterschaftsklage und auf Alimentenklage f ü r ein Kind, das von einer Person stammt, mit welcher sie nicht in einer registrierten Ehe lebt, wird aufgehoben." Dieser bundesrechtlichen Neuregelung haben sich die einzelnen Bundesrepubliken angepaßt. Die Neufassung der entsprechenden Artikel des Familiengesetzbuches der RSFSR datiert vom 16. 4. 1945 (englische Übersetzung: Gsovski, Soviet Civil Law II (1949) 248 ff.). Das absolute Verbot der Vaterschaftsklage und der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ist in den Art. 29 des Familiengesetzbuches aufgenommen worden. Kinder, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung vom 8. 7. 1944 geboren sind und von Eltern stammen, die keine registrierte Ehe geschlossen haben, haben auch keine Erbansprüche gegenüber dem Vater (Art. 30, der diese Ansprüche nur f ü r die vor dem 8. 7. 1944 geborenen Kinder kennt). Gemäß Art. 28 des Familiengesetzbuches erfolgt durch nachträgliche Eheschließung der Eltern des unehelichen Kindes automatisch seine Legitimation. Obwohl der Gesetzgeber die Bezeichnung „uneheliche Kinder" nicht gebraucht, entspricht die Rechtsstellung der Kinder, die nicht aus einer registrierten Ehe geboren sind, der von unehelichen Kindern. Es muß erwähnt werden, daß die weggefallenen Unterhaltsansprüche durch Gewährung einer geringen staatlichen Unterstützung an die Mutter ersetzt werden (Gsovski aaO I [1948] 121, der von „a small fixed amount" spricht). 3. Die unter 2. geschilderten sowjetischen Rechtsnormen werden durch Art. 30 EGBGB von einer Anwendung im Inland ausgeschaltet. Es tritt somit auf dem Wege über Art. 30 EGBGB deutsches Recht mit der Maßgabe ein, daß dem Kinde, welchem das Unterhaltsstatut jeglichen Unterhalt versagt, der Mindestsatz an Unterhalt zu gewähren ist, der f ü r seinen Lebensbedarf benötigt wird. (Näheres zur Anwendung des Art. 30 EGBGB vgl. in den entsprechenden Anmerkungen zu Art. 21 und 30 EGBGB bei Staudinger-Raape). Diesem Rechtsgutachten schließt sich das erkennende Gericht an .." 9 . Auf die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes ist das Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes anzuwenden (hier polnisches Recht), jedoch können nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach deutschen Gesetzen begründet sind. Das polnische Recht bejaht die Unterhaltspflicht des außerehelichen Vaters neben der der Mutter und bestimmt, daß die Höhe der Unterhaltsleistungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Bedürfnissen des Berechtigten und dem Vermögensstand des Verpflichteten zu stehen habe. Die primäre natürliche und sittliche Verpflichtung des Erzeugers gegenüber dem von ihm gezeugten Kinde ist eine mit dem deutschen ordre public so eng verbundene Norm, daß sie auch nicht teilweise durch Abwälzung dieser Verpflichtung auf andere beeinträchtigt werden darf. — EGBGB Art. 21, 30; BGB §§ 1708, 1717; poln. Dekret über das Familienrecht vom 22. 1. 1946, Art. 4, 47. AG Karlstadt, Urt. vom 11. 2. 1952 — C 12/50: DAvorm. XXV (1952) 144.
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Aus den Gründen: „Da die Mutter des klagenden Kindes z. Z. von dessen Geburt polnische Staatsangehörige war, ist gemäß Art. 21 EGBGB polnisches Recht anzuwenden, jedoch können nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach deutschen Gesetzen begründet sind. Das polnische Recht darf jedoch insoweit nicht angewendet werden, als es gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde (Art. 30 EGBGB). Wie aus dem Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München zu entnehmen ist, gilt seit 1. 7. 1946 in Polen ein einheitliches Familienrecht, enthalten in dem Dekretgesetz vom 21. 1. 1946. Gemäß Art. 47 I dieses Gesetzes gilt als Kindsvater, wer der Kindsmutter zwischen dem 300. und dem 180. Tage vor der Geburt des Kindes beigewohnt hat. Bei dem Bekl. treffen diese Voraussetzungen zu. Die Vorschrift könnte nur dann nicht angewendet werden, wenn die Beiwohnung des Bekl. mit der Kindesmutter erst am 180. Tage vor der Geburt des Kindes stattgefunden hätte, denn nach deutschem Recht (§ 1717 II BGB) endet die gesetzliche Empfängniszeit schon am 181. Tage vor der Geburt. Nach der Aussage der Zeugin B. kommt ein solcher Zeitpunkt der Beiwohnung nicht in Frage, so daß der Bekl. auf Grund des anzuwendenden polnischen Rechtes als Vater des Kindes zu gelten hat. Dieses Recht bejaht die Unterhaltspflicht des außerehelichen Vaters neben der der Mutter, doch bestimmt Art. 4 I im Gegensatz zu der Vorschrift des § 1708 BGB, welche den Umfang der Unterhaltspflicht des Vaters ausschließlich auf die Lebensstellung der Mutter abstellt, daß die Höhe der Unterhaltsleistungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Bedürfnissen des Berechtigten und dem Vermögensstand des Verpflichteten zu stehen haben. Als Unterhalt wird ein Betrag verlangt, der als das Mindeste anzusehen ist, das für Ernährung, Bekleidung usw. eines Kindes aufgewendet werden muß. Den Bekl. von einem Teil dieses Mindestunterhaltes zu befreien, würde die teilweise Abwälzung des Unterhaltes auf andere bedeuten. Das Gericht geht einig mit der im genannten Gutachten in zwar anderem Zusammenhang vertretenen Auffassung, die primäre natürliche und sittliche Verpflichtung des Erzeugers erscheine als eine mit dem inländischen ordre public so eng verbundene Norm, daß sie auch nicht teilweise durch Abwälzung auf andere beeinträchtigt werden darf. Es ist deshalb nicht nur die Vorschrift des Art. 56 I des Dekretgesetzes vom 22. 1. 1946, nach welchem die Verpflichtung zur Leistung des Unterhaltes und der Erziehung des Kindes auch auf beiden Familien lastet, gemäß Art. 30 EGBGB als unanwendbar anzusehen, sondern auch des Art. 4 I dann, wenn eine Mindestleistung an Unterhalt verlangt wird. Der Bekl. konnte also mit seiner Einwendung, er habe infolge Kriegsgefangenschaft und Arbeitslosigkeit kein Einkommen gehabt, nicht gehört werden. Es war vielmehr bei der Beurteilung seiner Unterhaltspflicht die Vorschrift des § 1708 BGB zu Grunde zu legen. Wie erwähnt stellen die verlangten Unterhaltsbeträge in Höhe von
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25 D M monatlich bis 19. 5. 1951 und von da ab in Höhe von 35 D M Mindestsätze dar, so daß auf die Lebensstellung der Mutter nicht näher eingegangen zu werden brauchte. Die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung dauert gemäß Art. 57 I des Dekretgesetzes v o m 22. 1. 1946 so lange, bis das Kind die Fähigkeit erlangt, seinen Unterhalt durch eigene Arbeit zu verdienen. Da diese Fähigkeiten im allgemeinen mit der Vollendung des 16. Lebensjahres eintritt, war dieser Zeitpunkt in Übereinstimmung der Vorschrift des § 1708 BGB entsprechend dem Antrag der Kl. als das Ende der Unterhaltspflicht des Bekl. zu bestimmen. Soweit vor dem Eintritt der Währungsreform (20. 6. 1948) fällig gewordene Unterhaltsbeiträge verlangt werden, waren diese gemäß § 16 des Umstellungsgesetzes auf Vio des Reichsmarkbetrags festzulegen. Antragsgemäß war auch dahin zu erkennen, daß die v o m Bekl. geschuldeten Beträge auf ein von der Kl. zu bezeichnendes Sperrkonto in der Westzone einzuzahlen sind, da ein freier Zahlungsverkehr v o m Bundesgebiet in das sowjetische Besatzungsgebiet Deutschlands auf Grund der M R G 52 und 53 nicht stattfindet." 10. Die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes gegen den Erzeuger sind grundsätzlich nach dem Heimatrecht der Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes zu beurteilen (hier belgisches Recht). Die Volksdeutschen Ausgewiesenen aus Jugoslawien sind den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Auf sie findet daher die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 21, 2. Halbsatz EGBGB Anwendung. Die Vorschriften des belgischen Rechts betr. die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes verstoßen gegen den Zweck der deutschen Gesetze, weil sie allzusehr hinter Das belgische Recht darf daher nicht zur diesen Gesetzen zurückbleiben. Anwendung kommen. — EGBGB Art. 21, 30; BGB § § 1705 ff; belg. Code civil Art. 340 b. AG Mannheim, Urteil vom 17. 4. 1952 — 5 C 605/50 l . Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der Klage war mit der Maßgabe stattzugeben, daß die Kl. lediglich Unterhalt v o m Tage der Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres verlangen kann. I m übrigen war die Klage abzuweisen, denn einerseits können gemäß Art. 21 EGBGB keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht werden als nach den deutschen Gesetzen begründet sind, andererseits muß aber gemäß Art. 30 EGBGB, vorliegendenfalls nach Auffassung des Gerichts, nicht belgisches Recht, sondern deutsches Recht, also die Vorschriften § § 1705 ff. BGB zur Anwendung kommen. Selbst wenn man belgisches Recht, also Art. 340 b ff. Code civil, der Entscheidung zugrunde legen würde, könnte die Kl. nur Unterhalt bis zur Vollendung ihres 16. Lebensjahres verlangen, denn gemäß Art. 21 EGBGB verstößt die weitergehende Forderung der Kl., nämlich das Unterhaltsverlangen bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres, gegen die deutschen 1
Bestätigt durch LG Mannheim 26. 8. 1952, unten Nr. 199.
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Gesetze (§ 1717 BGB). Das Gericht vermochte der Ansicht der Kl. nicht zu folgen, daß der Bekl. jugoslawischer Staatsangehöriger sei und deshalb die Vergünstigung des Art. 21 EGBGB nicht für sich in Anspruch nehmen könne. Wie sich aus dem von dem Bekl. dem Gericht vorgelegten Vermögenszeugnis vom 13. 9. 1950 ergibt, wurde er in Jugoslawien am 8. 10. 1925 geboren. Da seine Eltern zu jener Zeit offenbar die jugoslawische Staatsangehörigkeit besaßen, wurde er ebenfalls nach dem Personalitätsprinzip und auch nach dem Territorialstaatsprinzip jugoslawischer Staatsangehöriger. Der Bekl. und seine Eltern kamen aber im Zuge der allgemeinen Zwangsausweisung der Volksdeutschen aus dem jetzigen Staatsgebiet Jugoslawien nach N. (Bundesrepublik). Während die ausweisenden Staaten also auch Jugoslawien, den Ausgewiesenen die betr. Staatsangehörigkeit entzogen, fehlt es bisher innerhalb des Bundesgebietes noch an einer gesetzlichen Regelung, welche den ausgewiesenen Deutschen, also den Flüchtlingen und Vertriebenen, die deutsche Staatsangehörigkeit verleiht. Aus dieser Tatsache können aber nach Auffassung des Gerichts keinerlei nachteilige Folgen für die betr. Flüchtlinge und Vertriebenen hergeleitet werden, insbesondere, daß man ihnen die Vergünstigungen versagt, welche die deutschen Gesetze, vorliegendenfalls Art. 21 EGBGB, den deutschen Reichsangehörigen gewähren. Das Gericht hält vorliegendenfalls aber die Anwendung belgischen Rechts nicht für zulässig, da die Anwendung des belgischen Rechts in diesem Falle nicht nur gegen die guten Sitten, sondern vor allem gegen den Zweck des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere gegen die Vorschriften über die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder verstößt. Während Art. 340 b Code civil eine Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters an ganz bestimmte einzelne Voraussetzungen knüpft und bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen dem unehelichen Kinde keinen Unterhaltsanspruch einräumt, muß das ausländische Recht hier als allzusehr hinter dem deutschen Recht zurückbleibend angesehen werden. Die Tendenz in der deutschen Rechtsentwicklung geht angesichts der sozialen Strömung, welche das deutsche Rechtsgefüge immer mehr und mehr beherrscht, dahin, dem unehelichen Kind bei einer künftigen Änderung der bestehenden Gesetze noch eine bessere, nicht nur familiäre, sondern auch wirtschaftliche, Stellung innerhalb des Staates und der Familie einzuräumen, als sie das BGB in seinen entsprechenden Vorschriften normiert hat. Angesichts dieser Entwicklung würde es einen durch nichts gerechtfertigten Rückschritt bedeuten, wollte man vorliegendenfalls den Unterhaltsanspruch der Kl. an die strengen und verhältnismäßig engen Voraussetzungen knüpfen, welche der Code civil in den entsprechenden Vorschriften aufstellt. Überdies bedeutet es einen Verstoß gegen die Sitten, wenn man den Unterhaltsanspruch der syphiliskranken und geistig zurückgebliebenen Kl. verneinen und damit die Kl. der öffentlichen Fürsorge zur Last fallen lassen wollte, weil nach dem belgischen Recht auf Grund der strengen Voraussetzungen eine Unterhaltsverpflichtung des Bekl. nicht bestünde, während umgekehrt nach deutschem Recht der Bekl. durchaus zur Unterhaltsleistung herangezogen werden könnte . . . " 2
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11. Die Vorschriften des italienischen Rechts über die Voraussetzungen des Unterhaltsanspruches eines unehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger widersprechen den guten Sitten oder dem Zweck eines deutschen Gesetzes. Statt dieser nach Art. 21 EGBGB maßgeblichen Vorschriften ist deutsches Recht anzuwenden. — EGBGB Art. 21, 30; ital. Codice civile Art. 17, 20 der disposizioni preliminari, Art. 269, 270. AG Geislingen (Steige), Urt. vom 6. 6. 1953 — C 302/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „ I . Obwohl die Kl. italienische Staatsangehörige ist, richtet sich ihr Unterhaltsanspruch im vorliegenden Fall nach deutschem Recht. Nach den klaren und überzeugenden Ausführungen im Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, denen das Gericht sich anschließt, wird zwar gemäß Art. 21 EGBGB die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters nach den Gesetzen des Staates behandelt, dem die Kindsmutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört hat. Nach demselben Recht ist auch die Frage zu beantworten, wer im Sinne der Unterhaltspflicht als unehelicher Vater in Anspruch genommen werden kann. Da die Kindsmutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes italienische Staatsangehörige war, sind diese Fragen demnach gemäß Art. 21 EGBGB nach italienischem Recht zu prüfen. Nach diesem Recht müssen aber, um den unehelichen Vater in Anspruch nehmen zu können, folgende Tatsachen zusammentreffen, nachdem der Bekl. die Anerkennung der Kl. verweigert hat: daß die Person von demjenigen, den sie als ehelichen Vater in Anspruch nimmt, als Kind behandelt worden ist; daß dieser wie ein unehelicher Vater zum Unterhalt, zur Erziehung und zu ihrer Unterbringung beigetragen hat; daß sie von der Gesellschaft fortwährend entsprechend behandelt worden ist (vgl. Art. 17, 20 der einleitenden Bestimmungen über das Gesetz im allgemeinen und 269, 270 CC). Da diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind, wäre die Unterhaltsklage der KL, allein auf italienisches Recht gestützt, abzuweisen. In diesem Falle greift aber, da die Anwendung der ausländischen N o r m den guten Sitten oder dem Zweck eines deutschen Gesetzes widerspricht, nach herrschender deutscher Rechtspraxis und Rechtslehre die Kollisionsnorm des Art. 30 EGBGB ein, so daß sich infolge Einschiebens der Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB der hier geltend gemachte Unterhaltsanspruch allein nach den Vorschriften des deutschen bürgerlichen Rechts richtet..."
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II. PERSONEN- UND GESELLSCHAFTSRECHT Siehe auch Nr. 45 b, 89, 229, 262; Gesellschaftsrecht: 20, 21, 29, 77, 83, 85, 262, 279 Namensrecht 18. Das Namensrecht einer Person ist als Persönlichkeitsrecht grundsätzlich nach dem Personalstatut des Namensträgers, d. h. nach dem Recht seines Heimatstaates zu beurteilen. Das Recht des Ausländers auf Führung seines Namens in Deutschland wird in gleicher Weise wie das Recht des Inländers nach § 12 BGB gegen Verletzungen geschützt, nur kann dem Ausländer kein weitergehender Schutz, als nach § 12 BGB vorgesehen, gewährt werden. Die Frage, ob in Deutschland vom Namen des Ausländers ein unbefugter Gebrauch gemacht wird, ist nach deutschem Recht zu beurteilen. — BGB § 12. BGH, Urt. vom 15. 1. 1953 — IV ZR 67/52: JZ 8 (1953) 728 mit Anm. von Ficker. Die Kl. ist die Witwe des während des „Dritten Reiches" ausgebürgerten und 1935 in Frankreich verstorbenen H. v. G. Der verklagte Verein ist unter dem Namen „H. v. G.-Gesellschaft e. V." am 14. 9. 1950 in das Vereinsregister in D. eingetragen worden. Er verfolgt nach § 2 seiner Satzung den Zweck, im Sinne H. v. G.s für eine Verständigung zwischen Deutschland und Polen zu wirken und die Beziehungen zwischen beiden Völkern zu pflegen und zu fördern. Die Kl., die in der Bundesrepublik wohnt, aber französische Staatsangehörige ist, macht geltend, sie habe ein berechtigtes Interesse daran, dem Bekl. die unbefugte Verwendung ihres Familiennamens zu untersagen. Mit der Klage hat sie beantragt, dem Bekl. zu verbieten, den Namen H. v. G.-Gesellschaft e. V. zu führen. Der Bekl. vertritt die Auffassung, daß seine Bestrebungen sich mit denen H. v. G.s decken. Das Namensrecht der Kl. werde überhaupt nicht verletzt, da er dem Familiennamen der Kl. den Vornamen H. hinzugefügt habe. Im übrigen sei H. v. G. eine Persönlichkeit der Zeitgeschichte, so daß er, der Bekl., in entsprechender Anwendung von § 23 I Nr. 1 KunstUrhG berechtigt sei, den Namen H. v. G.-Gesellschaft zu führen. Die Klage war in allen drei Instanzen erfolgreich. Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung über den Anspruch der Kl. zutreffend deutsches Recht, nämlich die Bestimmungen des § 12 BGB, zugrunde gelegt, obwohl die Kl. französische Staatsangehörige ist. Das Namensrecht einer Person ist zwar, wie allgemein anerkannt wird, als Persönlichkeitsrecht grundsätzlich nach dem Personalstatut des Namensträgers, d. h. nach dem Recht seines Heimatstaates zu beurteilen. Danach wäre die Frage, ob der Kl. das von ihr geltend gemachte Namensrecht zusteht und welchen Inhalt es hat, nach französischem Recht zu entscheiden (vgl. RGZ 95, 271/272). Dieses Namensrecht ist im vorliegenden Fall nicht streitig. Streitig ist aber zunächst, in welchem Umfang das un2 *
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bestrittene Recht der Kl. zur Führung des Familiennamens v. G. in Deutschland Schutz genießt. Das RG (RGZ 117, 218) hat hierzu ausgesprochen, daß das Recht des Ausländers auf Führung seines Namens in Deutschland in gleicher Weise gegen Verletzungen geschützt werde wie das Recht des Inländers nach § 12 BGB, nur könne dem Ausländer kein weitergehender Schutz, als nach § 12 BGB vorgesehen, gewährt werden, auch wenn ihm ein solcher nach dem Recht seines Heimatstaates zukomme. Dieser Grundsatz ist auch im Schrifttum allgemein anerkannt worden (Palandt10, Amn. 1 zu § 12 BGB und Anm. 2 im Anhang zu Art. 7 EGBGB; Soergel, Anm. I 3 zu § 12 BGB; Ficker, Das Recht des bürgerlichen Namens (1950) 177 f.; Raape, IPR 3 420 f.; Adler, Der Name im deutschen u. österr. Recht [1921] 145). Es bestehen keine Gründe, davon abzuweichen. Der Streit der Parteien geht vor allem darum, ob der bekl. Verein mit der Führung des Namens „H. v. G.-Gesellschaft" den Namen der Kl. gebraucht und ob er ihn unbefugt gebraucht. Diese Frage ist, da es sich insoweit auch um das ihm von der Kl. streitig gemachte Namensrecht des Bekl. handelt, aus dem diesem einem Ausländer gegenüber keine weitergehenden, aber auch keine geringeren Befugnisse erwachsen können als gegenüber einem Inländer, nach deutschem Recht zu beurteilen. Schließlich ist auch dafür, ob das Interesse eines ausländischen Namensträgers durch den unbefugten Gebrauch seines Namens verletzt wird, deutsches Recht maßgebend, wenn vor einem deutschen Gericht der Schutz des Namens in Anspruch genommen wird. Denn es handelt sich hierbei um eine Voraussetzung für die Gewährung des Namensschutzes, ohne deren Vorliegen dieser Schutz nach deutschem Recht allgemein nicht gewährt werden k a n n . . . " 1 3 . Das Namensrecht ist ein Bestandteil des Personenrechts und nach dem Heimatrecht des Namensträgers zu beurteilen. Die Bestimmung des deutschen Verfassungsrechts, nach welcher Adelsprädikate als Namensbestandteile gelten, erstreckt sich auch auf ausländische Adelige, wenn sie in Deutschland sind. Übersetzungen ausländischer Adelsprädikate sind nicht zulässig. — Weimarer Verf. Art. 109 III; Bonner GG Art. 3 I. OLG Tübingen, 1. ZS, Beschl. vom 24. 6. 1953 — GR 13/53: StAZ 6 (1953) 233. Aus den Gründen: „Nach den vom LG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist, gehört der Namensträger dem ungarischen Adel an. Dem Gesamtzusammenhang der Gründe läßt sich außerdem entnehmen, daß er ungarischer Staatsangehöriger ist. Die vom Beschwf. begehrte Abänderung der Einträge in den bezeichneten Registern betrifft den Namen des Beschwg. Das Namensrecht ist ein Bestandteil des Personenrechts. Nach deutschem internationalem Privatrecht gilt für dieses das Heimatrecht, RGZ 117, 218, Palandt, Anhang 2 zu Art. 7 EGBGB. In welcher Form der Beschwg. seinen Namen zu führen hat, bestimmt sich somit nach ungarischem Recht. Zum Namcnsrecht gehören
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auch die Bestimmungen über das Führen eines Adelsprädikates ( J W 1932, 2818). Adelsprädikate gelten nach Art. 109 I I I W e i m V e r f . als Namensbestandteile. An diesem Rechtszustand hat Art. 3 I des GG nichts geändert. Diese Bestimmung erstreckt sich auch auf ausländische Adelige, wenn sie in Deutschland sind. Auch ihre Adelsbezeichnungen sind daher lediglich als Namensbestandteile zu behandeln ( K o e r n e r , StAZ 1951, 180). Grundsätzlich folgt daraus, daß der Name entsprechend dem Heimatstatut zu führen ist und daß eigenmächtige Übersetzungen unzulässig sind. Ob dies dort uneingeschränkt zu gelten hat, w o es sich nur darum handelt, Namen, die in gleicher Weise der deutschen und einer anderen Sprache zugehören, der deutschen Schreibweise anzupassen, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls sind Ubersetzungen, durch die überhaupt erst im Deutschen erkennbar wird oder werden soll, daß der ausländische Staatsangehörige adlig ist, weil die deutsche Sprache das ausländische Adelsprädikat nicht kennt, nicht zulässig; so mit Recht Koerner aaO. Dies aber trifft gerade auf die ungarischen Adelsbezeichnungen zu. W i e sich aus dem Gutachten des Deutschen Adelsarchivs v o m 28. 2. 1953 überzeugend ergibt, ist im Ungarischen das an den Namen oder an eine Ortsbezeichnung, die dem Namen beigefügt ist, angehängte „ i " der Hinweis auf die Adelszugehörigkeit. Die ungarische Sprache kennt sonach als Adelsprädikat die Bezeichnung „ v o n " nicht. Daraus folgt, daß sich der ungarische Staatsangehörige, dem das heimatliche „ i " zusteht, sich auch in Deutschland seiner bedienen darf. Es aber kurzerhand mit „ v o n " zu übersetzen, geht nicht an. Zwar weist demgegenüber der Beschwg. darauf hin, daß dieses „ i " ein adjectivum provenientiae sei, daß es also dasselbe bedeute wie „ v o n " . Dies mag zutreffen. Es reicht aber noch nicht dafür aus, den Namensbestandteil kurzerhand zu übersetzen. Namen dürfen nicht übersetzt werden. Demgegenüber kommt es auch nicht darauf an, daß in den älteren Urkunden die Partikel mit „ d e " bezeichnet wurde. Der Ansicht des LG, wonach es zulässig sei, Namensbestandteile, die in ihrer ausländischen F o r m die Herkunft von einem bestimmten Ort bezeichnen, in der sinngemäßen deutschsprachigen F o r m zu führen, vermag der Senat nicht zu billigen." 14. Für das Namens- und Adelsrecht ist das Personalstatut maßgebend, das durch die Staatsangehörigkeit der betreffenden Person bestimmt wird. Dem russischen vorrevolutionären Recht war ein Adelsprädikat in Gestalt der Partikel „von", „de" usw. der Regel nach unbekannt. Eine Befugnis, die ausländische adlige Herkunft durch Beifügung der Partikel „von" zum ausländischen adligen Familiennamen kenntlich zu machen, kann weder früher noch gegenwärtig in Deutschland anerkannt werden. — EGBGB Art. 29; Weimarer Verf. Art. 109. KG (West), Beschl. vom 5. 11. 1951 — 1 W 1648/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Standesämter Berlin-W. und Berlin-T. haben in den eingangs bezeichneten standesamtlichen Urkunden den Namen des Antrst. bzw. seiner
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Kinder und seiner Ehefrau mit „T." aufgeführt. Der Antrst. hat bei den Standesämtern eine Berichtigung der Urkunden dahin beantragt, daß sein Name „von T." laute. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, daß er einer russischen Adelsfamilie entstamme. Er sei daher zur Führung des Partikels „von" auch in Deutschland berechtigt. Hierfür hat er sich auf zwei Gutachten vom 20. bzw. 24. 7. 1950 berufen, die von dem Deutschen Adelsarchiv in Wrisbergholzen bzw. von der Vereinigung des Adels in Bayern in München herrühren und die er überreicht hat. Das Gutachten des Deutschen Adelsarchivs ist von dessen russischem Sachverständigen, dem ehemals Kaiserlich-Russischen Garde-Stabsrittmeister G. von Kudriawtzow erstattet. Darin wird dem Antrst. die Berechtigung zur Führung der Partikel „von" als Namensbestandteil mit folgender Begründung zuerkannt: Auf Grund eines Erlasses des Kaisers Nikolaus I von Rußland, der den russischen Uradel berechtigt habe, im Auslande das Prädikat „von" oder „de" zu führen, sei die Berechtigung des Antrst. gegeben. Der genannte Erlaß sei nach Vereinbarung zwischen Nikolaus I, dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV, dem französischen König und dem österreichischungarischen Kaiser ergangen und bis zur russischen Revolution (1917) allgemein im Auslande anerkannt worden. Nach der russischen Revolution sei im Nansen-Komitee des Völkerbundes vereinbart worden, daß auch weiterhin die Erlasse des russischen Kaiserreichs f ü r die im Auslande befindlichen Russen, die einen sogenannten Nansen-Paß bekamen, gelten sollten. Die russischen Emigranten, die unter dem Schutze des NansenKomitees gestanden hätten, hätten in den Ländern, in denen sie wohnten, gesetzlich wie Einheimische behandelt werden sollen. Da in Deutschland der Adel das Prädikat „von" als Namensbestandteil führe, dürften die Mitglieder des russischen Uradels dasselbe tun. Die gutachtliche Äußerung der Vereinigung des Adels in Bayern, erstattet von dem Staatsoberarchivar Freiherrn von Waldenfels, läßt sich dahin aus, daß keinerlei Bedenken dagegen beständen, wenn der Antrst. den Adelstitel „von" als Bestandteil seines Namens führe. Der Antrst. gehöre einer russischen Uradelsfamilie an und könne gemäß dem Erlaß des Zaren Nikolaus I im Auslande sich des Prädikats „von" bedienen. Dieser Erlaß sei im Auslande allgemein anerkannt gewesen. Die Aufsichtsbehörde über die beiden Standesämter hat den Berichtigungsantrag des Antrst. dem AG Berlin-Schöneberg zur Entscheidung mit dem Bemerken vorgelegt, daß sie sich dem Antrage nicht anschließen könne. Im Gegensatz zu dem Brauch der germanischen und romanischen Völker, die adligen Namen dadurch zu kennzeichnen, daß dem eigentlichen Familiennamen ein sogenanntes Adelsprädikat („von", „of" „af", „de", „di" usw.) vorangestellt werde, sei den slawischen Völkern ein solcher Zusatz nicht bekannt. Bei ihnen sei die Zugehörigkeit zum Adel in anderer Weise ausgedrückt worden. Für Ausländer gelte das f ü r ihren bisherigen Heimatstaat maßgebliche Standes-(Adelsrecht). Ob auch Ausländer eine deutsche Standesbezeichnung führen könnten, richte sich nach dem einzelnen deutschen Landesrecht. In Preußen hätten sich einwandernde Ausländer adliger Herkunft nicht ohne weiteres des deutschen
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Adelszeichens „von" bedienen dürfen. Hierzu habe es vielmehr eines landesherrlichen Hoheitsaktes bedurft, nämlich der ausdrücklichen Aufnahme in den preußischen Adel durch förmliches Diplom oder durch eine andere konstitutive Form landesherrlicher Willensäußerung. In den übrigen deutschen Ländern hätten ähnliche Bestimmungen gegolten. Das AG Berlin-Schöneberg hat ein Sachverständigengutachten über die Frage, ob der Antrst. seinem Namen das deutsche Adelsprädikat „von" hinzuzusetzen berechtigt sei, von dem Konsul a. D. und gerichtlich eingetragenen Dolmetscher der russischen Sprache Max Pache, Berlin-W., eingeholt. Der Gutachter hat die Beweisfrage verneint mit folgender Begründung: Der Antrst. sei nach seiner Angabe staatenlos. Daher komme für ihn das Becht der letzten Staatsangehörigkeit in Betracht (Art. 29 EGBGB). Es komme demnach für ihn als ehemaligen Kaiserlich-russischen Staatsangehörigen das Becht des Svod Zakonov zur Anwendung, d. h. das Becht des früheren russischen Kaiserreichs. Aus den Personalangaben des Antrst. anläßlich seiner Eheschließung im Jahre 1942 vor dem Standesamt BerlinW. sei zu entnehmen, daß der in Moskau verstorbene Vater des Antrst. infolge seines Dienstranges als „Generalinspektor" nach den Bestimmungen des kaiserlich-russischen Ständegesetzes bereits erblicher Adliger gewesen sei, falls er nicht schon vorher zum russischen Uradel gehört habe. Offenbar habe der Vater des Antrst. danach den Familiennamen T. ohne die Partikel „von" geführt. Denn der russische Adel habe an sich nicht das Becht vermittelt, das Adelsprädikat „von" zu führen, das dem russischen Ständerecht (Band IX des Svod Sakonov) unbekannt gewesen sei. Zum Baltischen Stammadel, dem allein die Partikel „von" zugestanden habe (Provinzialrecht der Ostsee-Gouvernements, II. Teil, Ständerecht) habe die Familie T. augenscheinlich nicht zugehört. Es habe auch das HeroldinDepartement des Dirigierenden Senats in St. Petersburg am 18. 1. 1910 eine Entscheidung dahin getroffen, daß „gemäß mehrfachen Erläuterungen des Dirigierenden Senats die Partikel „von" nur den Familien zugeeignet werden kann, die ihre Zugehörigkeit zu Familien ausländischer Herkunft, die diese Partikel führen, nachweisen, oder den Geschlechtern, die mit ihr in die Matrikel der Baltischen Gouvernements eingetragen sind, und deren Vorfahren mit ihr in den Dokumenten über ihre adlige Herkunft vermerkt sind". Dieser Ukas sei, soweit ihm bekannt sei, bis zur politischen Umwälzung in Rußland im Jahre 1917 der letzte gewesen, der diese Frage behandelt habe. Es könne auch als sicher unterstellt werden, daß dem Heroldin-Departement des Dirigierenden Senats bei seiner o. a. Entscheidung im Jahre 1910 der von dem Gutachter von Kudriawtzow zitierte Ukas des Zaren Nikolaus I, wenn ein solcher existierte, ebenfalls bekannt gewesen sei. Im Hinblick auf die angegebene Entscheidung des Dirigierenden Senats von 1910 habe auch im Jahre 1925 das LG Schweidnitz es abgelehnt, einem staatenlosen russischen Edelmann die Berechtigung zur Führung des Adelsprädikats „von" als Namensbestandteil zuzuerkennen. Die Entscheidung des LG Schweidnitz vom 6. 10. 1925 und eine Be-
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sprechung dazu von G. v. Freymann seien abgedruckt in der „Zeitschrift f ü r Ostrecht", Jahrgang 1927. Das AG Berlin-Schöneberg hat nach einem Hinweis darauf, daß ihm die vorgenannte „Zeitschrift für Ostrecht" nicht erreichbar gewesen sei, durch Beschluß vom 10. 1. 1951 den Berichtigungsantrag des Antrst. zurückgewiesen und ausgeführt: Der russische Adel sei von Peter dem Großen, der durch die Rangtafel von 1722 alle Beamten und Offiziere in 14 adlige Rangklassen eingeteilt habe, auf den Staatsdienst gegründet worden. Mit ihm sei — von Fürstenund Grafentiteln abgesehen — keine Adelsbezeichnung verbunden gewesen. Daß der Antrst. einer russischen Adelsfamilie angehört habe, erscheine nach seinem eigenen Vorbringen in Verbindung mit den Ausführungen des Konsuls a. D. P. in seinem Gutachten vom 28. 12. 1950 nicht zweifelhaft. Damit sei aber noch nicht die Frage beantwortet, ob der Antrst. als früherer russischer Adliger auch in Deutschland die Adelspartikel „von" führen dürfe. Dies richte sich nicht nach russischen Bestimmungen, maßgebend sei vielmehr allein das deutsche Recht. Es sei aber kein deutsches Gesetz bekannt, daß einem früheren russischen Adligen die Führung der Adelsbezeichnung „von" in Deutschland gestatte. Die Ausführungen in dem Schreiben des Deutschen Adelsarchivs vom 20. 7. 1950 seien nicht überzeugend. Erlasse des russischen Zaren seien in Deutschland nicht verbindlich, Auch bei den Vereinbarungen des Nansen-Komitees könne es sich nur um Empfehlungen handeln, die keine Gesetzeskraft hätten. Im übrigen könne daraus, daß nach den Empfehlungen des Nansen-Komitees russische Emigranten in den Gastländern wie Einheimische behandelt werden sollten, keineswegs gefolgert werden, daß Angehörige des russischen Adels in Deutschland das Prädikat „von" ihrem bereits den russischen Adel umfassenden Namen hinzusetzen dürften. Diese Auffassung scheine auch durch die von dem Sachverständigen P. in seinem Gutachten zitierte Entscheidung des Landgerichts Schweidnitz vom 6. 10. 1925 gestützt zu werden, deren genauer Inhalt dem Gerichte allerdings nicht bekannt sei und auch nicht habe festgestellt werden können. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hat der Antrst. Beschwerde eingelegt und diese in erster Linie darauf gestützt, daß seine sämtlichen Urkunden, die er während des letzten Krieges als Angehöriger der Deutschen Wehrmacht hinsichtlich der ihm verliehenen Auszeichnungen erhalten habe, auf „von T." lauteten, desgleichen sein Personalausweis. Durch Beschluß vom 15. 6. 1951 hat das LG Berlin ohne vorherige Anhörung des beteiligten Aufsichtsamts für Standesämter beim Senator für Inneres in Berlin den angefochtenen Beschluß des AG aufgehoben und die beiden Berliner Standesämter entsprechend den Anträgen des Antragstellers zu Berichtigungen angewiesen. Das LG hat in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt: Der Antrst. habe im Laufe des Beschwerdeverfahrens eine Anzahl von Dokumenten, seine Person betreffend, zu den Akten überreicht, aus denen sich ergebe, daß er immer den Namen „von T." getragen habe. Das AG habe außer acht gelassen, daß es im vorliegenden Falle nicht darauf an-
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komme, ob der Antrst. die Bezeichnung „von" als ein besonderes Adelsprädikat aus der russischen Zarenzeit tragen dürfe oder nicht. Maßgebend sei allein die Frage, ob der Name des Antrst. „von T." laute oder nicht. Nach der Weimarer Verfassung von 1919 (Art. 109 III S. 2), die insoweit auch heute noch sinngemäß anzuwenden sei, gebe es in Deutschland keine Adelsprädikate mehr. Vielmehr seien die Bezeichnung „von" und andere frühere Adelsbezeichnungen lediglich ein Teil des Namens. Es sei also von der Frage auszugehen, ob der Antrst. mit Recht den Namen „von T." trage oder nicht. Dies sei zu bejahen. Auch der vom AG gehörte Sachverständige P. gehe davon aus, daß der Antrst. einer alten russischen Adelsfamilie, die den Namen „von" getragen habe, angehört habe. Aus den von dem Antrst. überreichten Unterlagen, sowohl aus seinem Arbeitsbuch wie auch aus den Besitzzeugnissen über Kriegsauszeichnungen, gehe hervor, daß er immer „von T." genannt worden sei. Es sei daher erwiesen, daß sein Name „von T." sei. Mit der fristgerecht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde begehrt der Senator f ü r Inneres in Berlin die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und die Zurückweisung der Beschwerde des Antrst. gegen die Entscheidung des AG. Zur Begründung der weiteren Beschwerde hat der Senator f ü r Inneres im wesentlichen seine früheren Ausführungen wiederholt und anheimgestellt, gegebenenfalls noch ein weiteres Gutachten des Reichspräsidialrats i. R. Dr. jur. Bernhard Koerner, Wiedensahl bei Stadthagen, einzuholen, der früher längere Zeit im ehemaligen Preußischen Heroldsamt und im Preußischen Justizministerium tätig gewesen sei und daher mit den hier interessierenden Fragen besonders vertraut sei. Der Senator f ü r Inneres ist der Auffassung, daß es im vorliegenden Falle gerade zu klären sei, ob der Antrst. mit Recht den Namen „von T." trage oder nicht. Die vom LG angeführten Unterlagen, wie Arbeitsbuch und Besitzzeugnisse, seien keineswegs geeignet, den Beweis dafür zu erbringen, daß der Antrst. sich mit Recht „von T." bezeichne. Auch habe das LG sich zu Unrecht zur Begründung seines Standpunktes auf das Gutachten des Konsuls a. D. Pache berufen. Dieser habe gerade im Gegenteil die Berechtigung des Antrst. zur Führung der Partikel „von" verneint. . . Der Senat hat durch Beschluß vom 21.9. 1951 entsprechend dem Antrage des Senators f ü r Inneres ein Sachverständigengutachten des Reichspräsidialrats i. R. Dr. Bernhard Koerner darüber eingeholt, ob Angehörige des russischen Adels, falls sie ihren Wohnsitz in Deutschland begründen, hier gemäß einer Konvention oder auf Grund sonstiger völkerrechtlicher Abmachungen oder Usancen berechtigt sind, ihrem Familiennamen das Wörtchen „von" vorzusetzen. In seinem Gutachten vom 28. 9. 1951, auf dessen Inhalt im einzelnen verwiesen wird, ist der Gutachter im wesentlichen dem Gutachten des Konsuls a. D. Pache beigetreten. Die beiden Beteiligten hatten durch Abschriftübersendung Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Gutachten des Reichspräsidialrats i. R. Dr. Koerner . . . Der Senat hat ferner vom Kaiser-Wilhelm-Institut f ü r ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin-Dahlem, Boltzmannstraße 1, eine Auskunft über die angebliche Vereinbarung zwischen dem russischen Zaren
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Nikolaus I. mit König Friedrich Wilhelm IV., dem österreichisch-ungarischen Kaiser und dem französischen König eingeholt. Das Institut hat sich unter dem 18. 10. 1951 dahin geäußert, daß die angebliche Vereinbarung nicht habe ermittelt werden können. Das Institut ist aber der Meinung, daß sie gegenstandslos geworden sei, wenn sie überhaupt bestanden habe. Nähere Angaben darüber seien aber in den Bemerkungen G. v. Freymanns zu dem Beschlüsse des LG Schweidnitz vom 6. 10. 1925 in der Zeitschrift für Ostrecht 3 927, 265 ff. enthalten, der dem Senat zur Verfügung gestellt wurde. Der nach § 49 PStG gegebenen, frist- und formgerecht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde des Senators f ü r Inneres war der Erfolg nicht zu versagen, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG), die zu ihrer Aufhebung und zu einer Endentscheidung im Sinne der Anträge des Senators f ü r Inneres führen muß. Das Wörtchen „von" im Familiennamen konnte vor Inkrafttreten der Weimarer „Verfassung des Deutschen Reichs" vom 11. 8. 1919 Adelsbezeichnung oder Teil des Namens oder beides bedeuten. Soweit es als Adelsprädikat geführt wurde, ist durch Artikel 109 III S. 2 Weim. Verf., dessen Weitergeltung weder durch das GG vom 23. 5. 1949 noch durch die Verfassung von Berlin vom 1. 9. 1950 ausgeschlossen ist, ausgesprochen, daß es nunmehr nur noch als Teil des Namens gelten soll, auf den die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen und öffentlichen Rechts über die Familiennamen unbeschränkt Anwendung finden (vgl. Anschütz, Kommentar zur Weimarer Verfassung 6 [1927] Anm. 5 zu Art. 109). Die Führung des Wörtchens „von" im Familiennamen nach Inkrafttreten der Weimarer Verfassung, dessen Artikel 109 III S. 2 außerdem die weitere Verleihung von Adelsbezeichnungen verbot, setzt also voraus, daß es als Adelsbezeichnung oder als Teil des Namens im Zeitpunkte des Inkrafttretens der Weimarer Verfassung einer bestimmten Person zustand, von der es dann ohne weiteres als Teil des Namens auf ihre ehelichen Abkömmlinge überging. Zur Prüfung der Frage, ob eine Namensführung dieser Art heute berechtigt ist, bedarf es daher entgegen der insofern rechtsirrigen Meinung des LG eines Zurückgehens darauf, woher die Berechtigung zu der betreffenden Namensführung hergeleitet ist. Hierzu ist deshalb, sofern das Prädikat „von" als früheres Adelszeichen in Frage steht, wenn also der heutige Namensführer für die von ihm in Anspruch genommenen Namensführung auf seine adlige Herkunft sich beruft, eine Adelsprüfung notwendig. Die Auffassung des LG in den Gründen des angefochtenen Beschlusses würde demgegenüber auf die Sanktionierung einer nach dem gegenwärtig geltenden öffentlichen Recht unzulässigen, weil willkürlich angenommenen Namensführung hinauslaufen. Der Antrst. leitet seine Berechtigung zur Führung der Partikel „von" in seinem Familiennamen von dem Umstände her, daß sein Vater als kaiserlich-russischer Staatsangehöriger im Range eines Generalinspektors in Moskau dem erblichen russischen Adel angehört habe. Dieser Begründung des Antrst. kann aus rechtlichen Erwägungen nicht beigetreten werden.
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Das Namensrecht ist privates Persönlichkeitsrecht, das Adelsrecht ist Standesrecht. Für beides ist als Personenrecht das Personalstatut maßgebend, welches durch die Staatsangehörigkeit der betreffenden Person bestimmt wird, von der ein Personenrecht hergeleitet wird. Da der Antrst. seine Berechtigung zur Führung der Partikel „von" in seinem Familiennamen von seinem Vater und dessen adligem Stande herleitet, so kommt es f ü r die Entscheidung der Frage, ob der Antrst. die Partikel „von" in seinem Namen führen darf, darauf an, ob sein Vater als kaiserlich-russischer Adliger hierzu berechtigt war. Die Beantwortung der Frage richtet sich demgemäß nach kaiserlich-russischem Recht und ist nach diesem zu verneinen. Dem russischen Ständerecht (Svod Sakonov) war an sich ein Adelsprädikat der Art, wie es für den deutschen und romanischen Adel in Gestalt der Partikel von, de etc. vor dem eigentlichen Familiennamen üblich war, unbekannt (vgl. von Freymann, Zeitschrift f ü r Ostrecht 1927, 266, in seiner zustimmenden Besprechung zu einem Beschluß des LG Schweidnitz vom 6. 10. 1925, in dem derselbe Fall behandelt ist, wie er jetzt vorliegt). Der Antrst. hat sich auf eine angeblich Mitte des vorigen Jahrhunderts zwischen dem russischen Zaren Nikolaus I., dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV., dem französischen König und dem österreichisch-ungarischen Kaiser abgeschlossene Konvention berufen, nach welcher es russischen Edelleuten gestattet worden sei, im Auslande ihrem russischen Familiennamen die Partikel „von" oder „de" usw. vorzusetzen. Der hier beschließende Zivilsenat ist dieser Angabe in der Erwägung nachgegangen, daß im Falle ihres Zutreffens die willkürliche Annahme eines dem Antrst. nicht zukommenden Familiennamens in Frage gestellt sein könnte. Die Existenz der angegebenen Konvention ließ sich indessen nicht ermitteln, kann aber auch dahingestellt bleiben. Denn mit Rücksicht darauf, daß das insoweit maßgebliche Heroldin-Departement des kaiserlich-russischen Dirigierenden Senats in St. Petersburg mehrmals, und zwar in den Jahren 1872, 1896, 1905, 1907 und 1910, auf entsprechende Anfragen immer wieder klargestellt hatte, welchen ganz bestimmten Adelskategorien in Rußland die Beifügung der Partikel „von" zu dem adligen Familiennamen zukomme, ohne die besagte Konvention überhaupt jemals auch nur zu erwähnen (vgl. von Freymann aaO), muß angenommen werden, daß diese nicht mehr in Geltung war, wenn sie überhaupt einmal gegolten hat. Der Antrst. hat aber selbst nicht behauptet, daß sein Vater unter eine der vom Dirigierenden Senat ausdrücklich genannten Adelskategorien fiel, denen die Führung der Partikel „von" nach dem maßgeblich kaiserlich-russischen Ständerecht gestattet war. Danach hatten das Recht zur Führung des Adelsprädikats „von" in Rußland, abgesehen von den Personen, die ein dahingehendes Zeugnis des Heroldin-Departements hatten, nur solche Personen, die einem ausländischen Adelsgeschlecht, dem die Partikel „von" zukam und das in Rußland anerkannt war, angehörten, oder in eine der Adelsmatrikeln der Baltischen Ritterschaften auf Grund der ihren Vorfahren bereits zustehenden Berechtigung eingetragen waren (vgl. Zeitschrift f ü r Ostrecht 1927, 267). Da keine dieser Voraussetzungen auf den Vater des Antrst. zutrifft, hat
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dieser keine Berechtigung, seinem Familiennamen, mag er auch adliger Herkunft sein, die Partikel „ v o n " beizufügen. Eine Befugnis, die ausländische adlige Herkunft durch Beifügung der Partikel „ v o n " zum ausländischen adligen Familiennamen kenntlich zu machen, kann weder früher noch gegenwärtig in Deutschland anerkannt werden. Die gleiche Auffassung hat auch der frühere Preußische Minister des Innern nach dein ersten Weltkriege bei Einbürgerungsgesuchen adliger russischer Emigranten vertreten und demgemäß dieselben ohne die von ihnen zuweilen beanspruchte Partikel „ v o n " eingebürgert (vgl. Zeitschrift für Ostrecht 1927, 268). Demgegenüber kann der abweichenden Meinung privater deutscher Adelsvereinigungen, deren Äußerungen der Antrst. überreicht hat, eine rechtserhebliche Bedeutung, auf die es allein ankommt, nicht beigemessen werden." 15. Alle Staatsangehörigen des vorrevolutionären Rußlands erlangten im Jahre 1917 automatisch die sowjetische Staatsangehörigkeit. Alle russischen Adelsbezeichnungen wurden durch das sowjetische Gesetz vom 10. 11. 1917 beseitigt. Eine besondere Vorsilbe für die Kennzeichnung von Adelsnamen gab es im russischen Recht der Regel nach nicht. Russische Adlige sind in Deutschland grundsätzlich nicht berechtigt, die Partikel „von" zu führen. — EGBGB Art. 30; russisches Gesetz vom 10. 11. 1917 über die Abschaffung des Adels. LG Hamburg, Beschl. vom 7. 10. 1953 — 1 T 384/52; StAZ 7 (1954) 111. Aus den Gründen: „ I m Jahre 1927 heiratete die Beschwf. den ehemaligen russischen Staatsangehörigen Boris U. (von) G. Sie wurde in das Heiratsregister des Standesamts 3 in Hamburg als Frau von G. eingetragen. Das Rechtsamt des Senates der Hansestadt Hamburg stellte im Jahre 1952 den Antrag, diese Eintragung zu berichtigen. Nach seiner Ansicht ist die Eintragung des Adelsprädikates zu Unrecht erfolgt, da der Ehemann der Frau Olga G. nicht berechtigt gewesen sei, den Namen „ v o n " G. zu führen. Dieser habe nämlich als damaliger russischer Staatsangehöriger, selbst wenn er dem alten russischen Erbadel angehören sollte, durch das russische Gesetz vom 10. 11. 1917 zumindest in diesem Zeitpunkt das Recht zum Führen einer Adelsbezeichnung verloren. Durch Beschluß des AG Hamburg vom 1. 7. 1952 wurde dem Antrage des Rechtsamtes stattgegeben und das Heiratsregister des Standesamts Rotherbaum dahingehend berichtigt, daß der Familienname der Antragsgegnerin G. sei. Gegen diesen Beschluß hat die Antrg. sofortige Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdeschrift führt sie folgendes aus: Ihr geschiedener Ehemann sei der Sohn des Dozenten an der kaiserlich-russischen Militärakademie Dr. med. Nicolai von G. W i e sein Vater, dessen Vorfahren deutscher Abstammung seien, gehöre auch er zum alten russischen Erbadel. Die ihm aus diesem zustehenden Rechte habe er nicht durch das Gesetz von 1917 verloren, da er schon vorher nicht mehr russischer Staatsangehöriger ge-
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wesen sei und daher nicht mehr unter das Gesetz falle. Dieses von den Bolschewisten erlassene Gesetz habe vielmehr lediglich diejenigen Personen betroffen, die sich vorher bei den Sowjets hätten registrieren lassen. Dies habe aber ihr geschiedener Ehemann, der bis 1921 aktiv gegen die Bolschewisten in der weißrussischen Armee gekämpft habe, nicht getan. Auch seien die Kämpfer der weißrussischen Armee von den Sowjets zu Feinden des Sowjetstaates erklärt worden, wodurch sie offiziell ihre russische Staatsangehörigkeit verloren hätten. Zwar sei es richtig, daß ihr geschiedener Ehemann in Rußland nicht die Bezeichnung „von" vor dem Familiennamen geführt hat; dieses sei aber nur deswegen nicht geschehen, weil es in Rußland an einer entsprechenden Adelsbezeichnung gefehlt habe. Seine Papiere hätten jedoch bei seiner Übersiedlung nach Deutschland im Jahre 1922 auf „de" G. gelautet. Dieses „de" sei dann bei seiner Registrierung in Deutschland in das dem „de" entsprechende „von" umgewandelt worden. Sie sei deshalb als ehemalige Ehefrau des G. berechtigt, den Namen „von" G. zu führen. In einer Erwiderung auf die Beschwerdeschrift der Frau Olga G. bestreitet das Rechtsamt, daß der Ehemann G. bereits vor Erlaß des Gesetzes von 1917 die russische Staatsangehörigkeit verloren habe. Es behauptet vielmehr, daß alle Staatsangehörigen des Zarenreichs automatisch, ohne vorherige Registrierung, die sowjetische Staatsangehörigkeit erlangt hätten. Die sofortige Beschw. ist form- und fristgerecht eingelegt worden, jedoch sachlich nicht begründet. Die Beschwf. ist nämlich deswegen nicht berechtigt, die Bezeichnung „von" vor ihrem Namen zu führen, weil auch ihrem geschiedenen Ehemann, von dem sie die Berechtigung der Führung der Adelsprädikate ableitet, die Befugnis hierfür fehlt. Wie sein Vater war der geschiedene Ehemann der Beschwf. russischer Staatsangehöriger. Diese Staatsangehörigkeit hat er nicht etwa dadurch verloren, daß er sich im Jahre 1917 nicht registrieren ließ. Alle Staatsangehörigen des zaristischen Rußlands erlangten vielmehr automatisch die sowjetische Staatsangehörigkeit, und zwar bereits im Jahre 1917 (vgl. Meder, Das Staatsangehörigkeitsrecht der UdSSR und der baltischen Staaten 16). Auch hat der ehemalige Ehemann der Beschwf. nicht dadurch, daß er in der weißrussischen Armee gegen die Sowjets kämpfte, ohne weiteres seine russische Staatsangehörigkeit verloren. Erst durch VO vom 28. 10. und 15. 12. 1921 wurden diejenigen Personen, die freiwillig in Heeren, die gegen die Sowjets kämpften, dienten, der russischen Staatsangehörigkeit — und zwar nicht etwa mit rückwirkender Kraft — f ü r verlustig erklärt (vgl. Meder 19). Da somit der Ehemann der Beschwf. nicht dadurch, daß er in der weißrussischen Armee gegen die Sowjets kämpfte, seine russische Staatsangehörigkeit verloren haben kann, fällt er unter das Gesetz vom 10. 11. 1917, nach dem alle Adelsbezeichnungen russischer Staatsangehöriger beseitigt wurden. Selbst wenn also der Ehemann der Beschwf. vorher berechtigt gewesen wäre — diese Frage brauchte hier gar nicht geprüft zu werden —, in Deutschland die Adelsbezeichnung „von" zu führen, hätte er als russischer Staatsangehöriger auf Grund dieses Gesetzes diese Berechtigung verloren. Gegen die Anerkennung dieses russischen Gesetzes in Deutschland bestehen
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keine Bedenken, da die Voraussetzungen des Art. 30 EGBGB nicht vorliegen. Schon aus diesen Erwägungen heraus ist die sofortige Beschwf. zurückzuweisen. Doch auch aus einem anderen Grunde sind der Ehemann G. und die Beschwf. nicht befugt, in Deutschland die Adelsbezeichnung „von" vor ihrem Namen zu führen. Eine besondere Vorsilbe für die Kennzeichnung von Adelsnamen gibt es nämlich in der russischen Sprache — gleichgültig, ob es sich um Dienst-, Beamten- oder Erbadel handelt — nicht (vgl. KG vom 5. 11. 1951 — 1 W 1 6 4 8 / 5 1 F r e y m a n n , Zeitschrift f ü r Ostrecht, 1927, 266) und auch die Voraussetzungen, nach denen im russischen Recht die Berechtigung besteht, eine Adelsbezeichnung im Auslande zu führen, sind hier nicht gegeben. Der geschiedene Ehemann der Beschwf. gehörte nämlich weder einem ausländischen Adelsgeschlecht an, dessen Angehörigen die Partikel „von" zustand und das in Rußland als solches anerkannt war, noch war er in einer der Adelsmatrikeln der Baltischen Ritterschaften eingetragen, noch hat er ein Zeugnis des Heroldin-Departement des kaiserlichrussischen Regierenden Senates in St. Petersburg, wonach er als Angehöriger des russischen Erbadels berechtigt ist, die Adelsbezeichnung „von" zu führen. Zwar behauptet die Beschwf., daß ihr geschiedener Ehemann in einem Adelsbuch eines Gouvernements eingetragen gewesen sei und somit ein solches Zeugnis des Heroldin-Departement erhalten könnte. Da sie jedoch nicht behauptet, daß ihr Ehemann ein solches Zeugnis auch besitze, der Besitz aber allein die Berechtigung zur Führung der Adelsbezeichnung im Ausland gewährt, ist ihre Behauptung und damit ihr angebotener Zeugenbeweis unbeachtlich für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde. Die Tatsache aber allein, daß der geschiedene Ehemann der Beschwf. „aus dem erblichen Adel des Gouvernements Kasan" stammt, kann jedenfalls nicht die Berechtigung erzeugen, in Deutschland die Adelspartikel „von" zu führen. Diese Auffassung ist auch im Einvernehmen mit den maßgeblichen russischen Dienststellen ständig sowohl vom Preußischen Heroldsamt als auch später vom Preußischen Minister des Innern und vom Reichsinnenministerium vertreten und in sämtlichen hiermit in Zusammenhang stehenden Verfahren zur Anwendung gebracht worden (vgl. Bescheid des LVG Düsseldorf vom 23. 9. 1952 — 5 K 148/52; Urteil des KG vom 5. 11. 1951 Zeitschrift f ü r Ostrecht 1927, 268). Schließlich kann eine Berechtigung zur Führung der Adelsbezeichnung „von" seitens der Beschwf. auch nicht daraus hergeleitet werden, daß das Polizeipräsidium in Berlin ihrem geschiedenen Ehemann im Jahre 1922 Ausweise auf den Namen „von G." ausstellte. Das Polizeipräsidium in Berlin war nämlich nach dem damals geltenden Recht nicht zur Vornahme einer Namensänderung zuständig (vgl. LVG Düsseldorf, 5 K 148/52). Auch durch die ununterbrochene Führung des Namens „von G." seit ihrer Heirat im Jahre 1927 hat die Beschwf. nicht die Berechtigung erlangt, sich rechtswirksam „von G." zu nennen. Eine rechtswirksame Namensänderung kann nämlich ausschließlich nach den Bestimmungen des Ge1
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setzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. 1. 1938 (RGBl. I S. 9) erfolgen, und zwar selbst dann, wenn der falsche Name irrtümlich auch in amtlichen Schriftstücken Verwendung gefunden hat (LVG Düsseldorf, K 148/52). Aus allem ergibt sich, daß die sofortige Beschwerde zurückzuweisen war." 16. Für die Abschaffung des Adels in der Tschechoslowakei war nicht die möglicherweise deutschfeindliche Einstellung entscheidend, sondern der Gedanke der Herstellung der Gleichheit vor dem Gesetz. Die Abschaffung des Adels in einem fremden Staat verstößt nicht gegen die guten Sitten oder die Zwecke deutscher Gesetze. Art. 30 EGBGB spricht einen allgemeinen Grundsatz des internationalen Rechts aus und ist daher nicht nur im internationalen Privatrecht, sondern auch im internationalen Verwaltungsrecht anzuwenden. Für Personen, die in den seit 1938 an das Deutsche Reich angegliederten Gebieten das Recht zur Führung von Adelsbezeichnungen verloren hatten, brachte die Angliederung keinen Wiedererwerb der Adelsbezeichnungen, auch nicht als Namensbestandteile. Ein Staatsangehörigkeitsausweis hat keine konstitutive, sondern nur eine deklaratorische Wirkung. — EGBGB Art. 30; Weimarer Verf. Art. 109; Bonner GG Art. 3. VerwG München, Urt. vom 22. 10. 1953 — V b 1724/50: StAZ 8 (1955) 135 mit Anmerkung von Schrembs. Aus den Gründen: „Eine Einverleibung der Adelsbezeichnungen in den Namen, wie dies nach Art. 109 I I I der Weimarer Reichsverfassung der Fall war, fand nach tschechoslowakischem Recht nicht statt. Der Anfechtungski. macht nun gegenüber der Tatsache, daß der Stadtrat M. diese Gesetzgebung auch heute noch auf ihn angewendet wissen will, folgendes geltend, und zwar teils ausdrücklich, teils sinngemäß: 1. Die Abschaffung des Adels im Gebiet der tschechoslowakischen Republik sei eine gegen das Deutschtum gerichtete Maßnahme gewesen, da es einen tschechischen Adel in Böhmen und Mähren nicht gegeben habe, und eine solche Maßnahme dürfe von deutschen Behörden nicht berücksichtigt werden. Hierzu ist zu sagen: Es kann sein, daß bei diesen Gesetzgebungsmaßnahmen des neugegründeten tschechoslowakischen Staates gewisse Tschechisierungsgedanken mitgespielt haben; entscheidend aber war der Gedanke der Herstellung der Gleichheit vor dem Gesetz, und dieser hatte damals auch in anderen Staaten, vor allem in Österreich und (in abgeminderter Form) in Deutschland zur Abschaffung des Adels geführt. Auch blieben ja den Angehörigen des bisherigen Adels ihre zum Großteil deutschsprachigen Namen erhalten; die Abschaffung des Adels war also nicht mit einer Tschechisierung des Namens verbunden. W ä r e die Abschaffung des Adels durch den tschechoslowakischen Staat eine gegen das deutsche Volkstum gerichtete Maßnahme gewesen, so wäre es außerdem sicherlich nach der Schaffung des Protektorats Böhmen und Mähren im Jahre 1939 zu einer
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Aufhebung dieser Gesetzgebung gekommen, was unbestritten nicht der Fall ist. 2. Die Adelsgesetzgebung der tschechoslowakischen Republik verstoße gegen den ordre public und sei daher nach Art. 30 EGBGB nicht anzuwenden. Hiervon ist richtig, daß Art. 30 EGBGB einen allgemeinen Grundsatz des internationalen Rechts ausspricht und daher nicht nur im Internationalen Privatrecht Anwendung zu finden hat (das in Art. 7 ff. EGBGB geregelt ist), sondern auch im Internationalen Verwaltungsrecht, um dessen Grundsätze es hier geht. Es kann aber keine Rede davon sein, daß die Abschaffung des Adels in einem fremden Staat gegen die guten Sitten oder die Zwecke deutscher Gesetze verstoßen hätte, selbst dann nicht, wenn nicht gleichzeitig in Deutschland selbst die Adelsvorrechte beseitigt worden wären. 3. Mit der Eingliederung des Restgebietes des tschechoslowakischen Staates (nach Abtrennung der sudetendeutschen und anderer Gebiete im Herbst 1938 und der Verselbständigung der Slowakei) in das Deutsche Reich als „Protektorat Böhmen und Mähren" im F r ü h j a h r 1939 und der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die im Protektorat ansäßigen Angehörigen des deutschen Volkstums durch die Verordnung vom 20. 4. 1939 seien die Bestimmungen über die Abschaffung des Adels im Protektorat außer Kraft getreten, zumindest in der Form, daß dort auch der Art. 109 III der Weimarer Reichsverfassung gegolten habe und die bisherigen Adelsprädikate usw. Bestandteile des Familiennamens geworden seien. Hierzu ist zu sagen: Nach den vom Gericht angestellten Ermittlungen enthält weder das Reichsgesetzblatt der Jahre 1939—1945 noch das Verordnungsblatt des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren (später des Deutschen Staatsministers in B. und M.) eine verkündete Rechtsvorschrift, wonach die Gesetzgebung des tschechoslowakischen Staates über die Abschaffung des Adels nunmehr ihrerseits aufgehoben oder Art. 109 III der Weimarer Verfassung eingeführt worden wäre; lediglich die Strafbestimmung f ü r die Führung von Adelsprädikaten wurde anscheinend abgeschafft. Aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen aber kann ein Wiedererwerb der Adelsbezeichnungen bei derartigen staats- und völkerrechtlichen Veränderungen, wie sie im F r ü h j a h r 1939 stattfanden, nicht abgeleitet werden; es war im Gegenteil auch ein Grundsatz der deutschen Staatspraxis bei den Gebietserweiterungen seit 1938, daß das bisherige Recht bis zu seiner ausdrücklichen Aufhebung nach Maßgabe der nunmehrigen Gesetzgebungsnormen aufrechterhalten blieb und daß das im bisherigen Reichsgebiet geltende Recht erst ausdrücklich eingeführt werden mußte, um in dem neuen Gebiet Geltung zu haben (vgl. z. B. Art. II des Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938, RGBl. I S. 237, oder Art. 12 des Erlasses über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939, RGBl. 1 S. 485). Wenn die Anfechtungsgegnerin zur Stützung ihrer Auffassung auf einen Erlaß des früheren RMdl vom 27. 12. 1934 hinweist, wonach Ausländer nur unter dem Namen einzubürgern sind, den sie zur Zeit ihrer Einbürgerung nach Heimatrecht zu führen hatten, so kann demgemäß dieser Rechtsauffassung nur beigetreten werden; es ist dann Sache desjenigen, der die
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deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat und einen anderen Namen führen will (z. B. Ablegung einer aus slawischen Sprachen stammenden Endung), ein Namensänderungsverfahren zu beantragen. In der gleichen Linie liegt es, wenn die Anfechtungsgegnerin in dem genannten Schriftsatz einen RdErl. des Reichsmin. d. Innern vom 18. 5. 1938 anführt, der f ü r die Frage der Wiederaufnahme früherer Adelsbezeichnungen durch ehemalige österreichische Staatsangehörige nach dem Anschluß davon ausgeht, daß die totale Abschaffung des Adels nach dem ersten Weltkrieg in Österreich auch nach der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich zu beachten sei und daß Adelsbezeichnungen durch Angehörige des ehemaligen österreichischen Adels auch nicht in der in Art. 109 III der Weimarer Verfassung vorgesehenen Form (Namensbestandteil) geführt werden dürften, es sei denn, daß in einem Namensänderungsverfahren die Wiederannahme der früheren Adelsbezeichnungen als Namensbestandteil genehmigt worden sei. Nach Auffassung des Gerichts ist damit der Rechtsstandpunkt, wie er auch heute noch maßgebend ist, zutreffend wiedergegeben worden. 4. Mit der Erteilung des Staatsangehörigkeitsausweises im Jahre 1939, in dem die Adelsbezeichnung enthalten gewesen sei, sei dem Anfechtungski. sein früherer Adel wieder verliehen worden. Diese Meinung ist rechtlich nicht haltbar. Zunächst hat ein Staatsangehörigkeitsausweis überhaupt keine konstitutive Wirkung; er verleiht nicht die deutsche Staatsangehörigkeit (wie eine Einbürgerungsurkunde), sondern bescheinigt nur den Besitz dieser aus anderem Rechtsgrund (hier durch die VO vom 20. 4. 1939) erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit. Es ist zwar richtig, daß bei der Eingliederung des Protektorats Böhmen und Mähren nicht (wie bei der Gebietserweiterung im März 1938) die gesamte Bevölkerung des einverleibten Gebietes die deutsche Staatsangehörigkeit im Wege der Rechtsetzung verliehen erhielt, sondern daß hiervon gewisse Personengruppen ausgeschlossen waren, und daß demgemäß die Erteilung des Staatsangehörigkeitsausweises eine gewisse Uberprüfung der Antragsteller notwendig machte; gleichwohl ist nach der Rechtslage nicht daran zu zweifeln, daß die Erteilung des Staatsangehörigkeitsausweises nur deklaratorische Wirkungen hatte und daß z. B. auch jemand, der die Voraussetzungen der VO vom 20. 4. 1939 erfüllte, aber keinen Staatsangehörigkeitsausweis beantragte, trotzdem damals die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Durch eine solche nur bestätigende Urkunde kann aber eine Adelsbezeichnung, die einmal verloren gegangen ist, nicht wieder rechtswirksam erworben werden. Aber auch wenn es sich bei dem Staatsangehörigkeitsausweis um eine Einbürgerungsurkunde handeln würde, wäre die Rechtslage nicht anders. Denn die Rechtswirkung einer Verleihungsurkunde geht nur soweit, als sie nach ihrem Inhalt eine Rechtsänderung vornehmen will; eine Einbürgerungsurkunde verleiht daher die neue Staatsangehörigkeit, enthält aber, wenn die Namensabgabe unrichtig ist (z. B. eine falsche Schreibweise aufweist), nicht zugleich eine Namensänderung, sondern beweist allenfalls, daß die einbürgernde Behörde den von ihr angewandten Namen f ü r den richtigen hielt. Denn eine Namensänderung ist immer nur 3
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in einem besonderen hierauf gerichteten Verfahren, nicht aber stillschweigend möglich. 5. Mit der Zwangsaussiedlung der deutschen Staatsangehörigen aus dem tschechoslowakischen Staat und ihrer Verpflanzung in das Gebiet der Bundesrepublik müßten die Grundsätze, die f ü r den hier eingesessenen Adel gelten, auch für die Neubürger gelten, d. h. es müsse auch ihnen erlaubt sein, ihre ehemaligen Adelsbezeichnungen wieder anzunehmen, und zwar in der durch Art. 109 III der Weimarer Verfassung geregelten Form. Dieser Einwand wiegt am schwersten. Schon der unter Ziff. 3 angeführte RdErl. des früheren Reichsmin. d. Innern vom 18. 5. 1938 läßt erkennen, daß die unterschiedliche Behandlung dieses Problems im Altreich einerseits und in den eingegliederten Gebieten andererseits auf die Dauer nicht tragbar sei, er kündigt eine Vereinheitlichung an. Immerhin ließ sich damals eine unterschiedliche Behandlung noch einige Zeit lang damit rechtfertigen, daß (wie auf zahlreichen anderen Rechtsgebieten) in den verschiedenen Teilen des Reichsgebietes aus der geschichtlichen Entwicklung heraus verschiedenes Recht gelte und eine Rechtsvereinheitlichung nicht übers Knie gebrochen werden könne; der kurz darauf ausgebrochene Krieg konnte eine weitere Verzögerung der Rechtsangleichung rechtfertigen. Heute dagegen ist es infolge der Umsiedlung der ehemals im tschechoslowakischen Staat lebenden Deutschen in das Bundesgebiet so, daß innerhalb des gleichen Rechtsgebiets Angehörige des ehemaligen Adels, die zugleich deutsche Staatsangehörige sind, leben, bei denen die Adelsbezeichnungen teils Namensbestandteil sind, teils nicht als Namensbestandteil geführt werden dürfen. Es läßt sich in dieser Hinsicht mit gutem Grund die Auffassung vertreten, daß hiermit gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG verstoßen werde, da ein vernünftiger Grund f ü r diese unterschiedliche Behandlung nicht einzusehen ist. Auch wenn man diese Meinung vertritt, kann man aber nicht daraus folgern, daß nunmehr allgemein die im Bundesgebiet lebenden Angehörigen früherer Adelsfamilien, denen die f ü r sie ursprünglich zuständige Gesetzgebung ihrer Heimatstaaten die Adelsbezeichnungen aberkannt hatte, diese ohne weiteres wieder annehmen dürften oder sie von selbst wieder erworben hätten. Zunächst einmal könnte die Herstellung der Gleichheit ja auch in der Weise geschehen, daß der Gesetzgeber nunmehr auch den Angehörigen des früheren reichsdeutschen Adels die Adelsbezeichnungen entzieht. Vor allem aber ist folgendes zu beachten: Soweit nicht kraft Gesetzes eine Änderung des Familiennamens eintritt (z. B. anläßlich gewisser familienrechtlicher Vorgänge) oder das Gesetz ausnahmsweise eine einseitige Erklärung des Namensträgers an bestimmte Behörden zur Namensänderung genügen läßt (z. B. Erklärung der schuldlos geschiedenen Ehefrau über die Wiederannahme ihres früheren Familiennamens), geschieht jede Änderung des Familiennamens — und hierzu zählt nach dem eingangs Gesagten auch die Annahme einer Adelsbezeichnung — nur durch eine verwaltungsbehördliche Entscheidung auf Grund des mehrfach erwähnten Namensänderungsgesetzes von 1938. Demgemäß kann aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG höchstens der Schluß gezogen werden, daß die Verwaltungsbehörde, die Änderungen des Familiennamens be-
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willigt, verpflichtet ist, auf Antrag eines deutschen Staatsangehörigen (oder eines nach Art. 116 GG Gleichgestellten), dem selbst oder dessen Vorfahren durch die Adelsgesetzgebung seines damaligen Heimatstaates die Adelsbezeichnung entzogen worden ist, eine Änderung seines Familiennamens in der Weise zu genehmigen, daß die Adelsbezeichnung in den Familiennamen aufgenommen wird. Solange aber nicht im Namensänderungsverfahren der Familienname in dieser Weise ergänzt worden ist, ist ein Angehöriger des ehemaligen böhmischen Adels auch nicht unter Berufung auf Art. 3 I GG berechtigt, die Adelsbezeichnung wieder anzunehmen. 6. Die Adelsbezeichnung wird auch von anderen in Westdeutschland lebenden Angehörigen des ehemaligen böhmischen Adels ungehindert geführt. Hierzu ist zu sagen: Es wird von dem Anfechtungski. nicht behauptet, daß der Stadtrat M. anderen Angehörigen dieser Personengruppe die Führung der Adelsbezeichnungen gestattet oder bei diesen geduldet habe; es scheint vielmehr so zu sein, daß andere Kreisverwaltungen in dieser Hinsicht eine andere Praxis üben als der Stadtrat M. Der Anfechtungski. aber kann dadurch nicht in seinen Rechten verletzt sein, daß andere Behörden in ähnlichen Fällen anders verfahren, es kann aber auch nicht dadurch ihm gegenüber Ermessenfehlgebrauch begangen worden sein. Aber selbst wenn der Stadtrat M. es gewesen wäre, der bei anderen Personen der gleichen Gruppe die Führung der Adelsbezeichnung geduldet hätte, könnte sich der Anfechtungskläger hierauf nicht berufen; denn nach dem oben Gesagten ist er zur Führung der Adelsbezeichnung nicht berechtigt, und niemand hat deswegen allein ein Recht darauf, daß ihm gegenüber von Rechtsvorschriften nicht Gebrauch gemacht wird, weil anderen Personen in der gleichen Lage gegenüber zu Unrecht diese Bestimmungen nicht angewandt wurden (VGH 68,4). Die Anfechtungsklage ward demgemäß als unbegründet abzuweisen." 17. Das ungarische Staatsangehörigkeitsreclit kennt nur Einzelausbürgerungen. Berichtigungsverfahren und Namensfeststellungsverfahren stehen selbständig nebeneinander. Die Berichtigung von Eintragungen in Personenstandsbüchern wird nicht dadurch gehindert, daß die mit ihr getroffene Namensfeststellung einen Ausländer betrifft. Das Namensrecht eines Ausländers ist als Persönlichkeitsrecht nach dem Rechte seines Heimatstaates zu beurteilen. Eine eigenmächtige Übersetzung ausländischer Namen oder Adelsbezeichnungen in die entsprechenden deutschen Bezeichnungen ist unzulässig. — PStG § 47; Ges. über die Rechtsstellung der heimatlosen Ausländer vom 25. 4. 1951; A H K G Nr. 23; ungarisches Ges. IV/1947 über die Abschaffung der Adelsprädikate; ungarisches Staatsangehörigkeitsgesetz LX/1948. AG Braunschweig, Beschl. vom 17. 10. 1953 — 31 I I I 100/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „I. Der Antrg. ist am 4. 4. 1919 in Budapest als Sohn des ungarischen Staatsangehörigen J. S. geboren und ungarischer Staatsangehöriger. I m Jahre 1940 wurde er nach Deutschland arbeitsverpflichtet. Er wurde in S. 3 *
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beschäftigt. Dort heiratete er am 4. 7. 1942. Aus seiner Ehe ist das am 16. 11. 1942 in B. geborene Kind Brigitte hervorgegangen. Im Jahre 1943 kehrte der Antrg. nach Ungarn zurück. Um die Jahreswende 1944/1945 flüchtete er aus Ungarn nach S. Er untersteht der Obhut der von den Vereinten Nationen beauftragten Internationalen Flüchtlingsorganisation. I. In seiner Heiratsurkunde und der Geburtsurkunde seines Kindes ist der Antrg. mit dem Familiennamen „S. von S." eingetragen, der in der Geburtsurkunde des Kindes auch als Familienname der Mutter beurkundet ist. Die Antrst. als zuständige Standesamtsaufsichtsbehörde beantragen, die Berichtigung der Eintragungen dahin anzuordnen, daß der Familienname des Antragsgegners „S." lautet. Sie bestreiten dem Antrg. als ungarischem Staatsangehörigen das Recht zur Führung des Familiennamens „S. von S." mit der Begründung, es habe in Ungarn keine Adelsprädikate gegeben, die obendrein durch das ungarische Gesetz IV vom 14. 1. 1947 abgeschafft worden seien . . . 3. Das Gericht hat sich erfolglos um die Herbeischaffung einer vollständigen ungarischen standesamtlichen Urkunde bemüht. Der Antrg. hat dazu vorgebracht, er habe seine Geburtsurkunde mit dem Vermerk in ungarischer Sprache, daß ihm der Name „von S" durch Verfügung des ungarischen Innenministeriums vom 12. 5. 1938 verliehen worden sei, auf Veranlassung der Stadt S. zwecks Ausstellung eines neuen Passes an seine in Budapest wohnende Mutter gesandt und nicht zurückerhalten; die Ausstellung einer ungarischen Geburtsbescheinigung mit Bestätigung des Adelspränomens scheiterte an dem ungarischen Gesetz vom 14. 1. 1947 und an den derzeitigen dortigen politischen Verhältnissen . . . Das Gericht hat den Antrg. und seine Ehefrau persönlich vernommen und eine Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts f ü r ausländisches und internationales Privatrecht in Tübingen vom 2. 7. 1953 über bestimmte Fragen des ungarischen Namensrechtes e i n g e h o l t . . . II. Der Berichtigungsantrag ist begründet. 1. Nach den vorliegenden Urkunden besteht an der fortdauernden ungarischen Staatsangehörigkeit des Antrg. kein Zweifel. Das ungarische Gesetz vom 30. 12. 1946 läßt keine kollektive Ausbürgerung früherer Einwohner Ungarns, sondern nur eine Einzelausbürgerung zu (Beitzke-Bachmann, Der Personenstand heimatloser Ausländer in Deutschland [1952] 19 und 79). Eine solche hat der Antrg. nicht dargetan, ebensowenig den Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit. Der frühere ungarische Verlustgrund des zehnjährigen Auslandsaufenthalts gilt nach dem ungarischen Gesetz vom 24. 12. 1948 LX/1948 nicht mehr (vgl. Ferid, StAZ 1951, 66). Der Antrg. besitzt also weiter die ungarische Staatsangehörigkeit. Da er einen Ausweis der „IRO" vorgelegt hat, finden auf seine Rechtsstellung das BGes. über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. 4. 1951 (BGBl. 1951 I S. 269) und das neben diesem Gesetz subsidiär geltende (vgl. Maßfeiler, StAZ 1951, 130, 155) Gesetz Nr. 23 der Alliierten Hohen Kommission vom 17. 3. 1950 (AHKAB1. 1950 S. 140) Anwendung. 2. Die Ausländereigenschaft des Antrg. gibt Veranlassung zur Prüfung
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der Vorfrage, ob das vorliegende Verfahren, in dem über eine Berichtigung nach § 47 PStG entschieden werden soll, nicht eine — gegenüber Ausländern unzulässige (vgl. Maßfeller aaO 160) — Namensfeststellung gemäß § 8 des Gesetzes vom 5. 1. 1938 (RGBl. 1938 I S. 9) zum tatsächlichen Gegenstande hat. Die Frage ist zu verneinen. Das Berichtigungsverfahren und das Namensfeststellungsverfahren stehen selbständig nebeneinander (vgl. Bay. ObLG 3. 10. 1952, N J W 1952, 1377 mit Nachweisungen). Kann also im Berichtigungsverfahren der Nachweis der Unrichtigkeit von Eintragungen in Personenstandsbüchern geführt werden, so wird die Anordnung ihrer Berichtigung nicht dadurch gehindert, daß die mit ihr getroffene „Namensfeststellung" einen Ausländer betrifft. Anderenfalls könnte auch der unberechtigten Inanspruchnahme deutscher Namen und Adelsbezeichnungen durch Ausländer nicht wirksam begegnet werden. 3. Das unter Ziff. 1 genannte BGes. vom 25. 4. 1951 f ü h r t in seinem Katalog der zu behandelnden Rechtsangelegenheiten das Namensrecht nicht auf. Nach Art. I des AHKG Nr. 23 werden, soweit das EGBGB bestimmt, daß die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, maßgebend sind, die Rechtsverhältnisse einer verschleppten Person oder eines Flüchtlings nach dem Recht des Staates beurteilt, in welchem die Person oder der Flüchtling zu der maßgebenden Zeit den gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. Da der Antrg. zur Zeit der beanstandeten Eintragungen seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte (1942), würde danach das deutsche Recht maßgebend sein, falls das Gesetz Nr. 23 Anwendung findet. Letzteres k a n n zweifelhaft sein, da es sich bei den fraglichen Eintragungen um einen Tatbestand handelt, der zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes Nr. 23 (31. 3. 1950) bereits abgeschlossen war und daher nach dem früheren Heimatrecht zu beurteilen sein möchte (vgl. Beitzke-Bachmann aaO 81 und 83). Die Frage k a n n aber unentschieden bleiben, denn auch nach deutschem internationalem Privatrecht ist das Namensrecht eines Ausländers als Persönlichkeitsrecht nach dem Rechte seines Heimatstaates zu beurteilen (KG 15. 4. 1932, J W 1932, 2818 = IPRspr. 1932 Nr. 11; StaudingerRaape", Vorbem. vor Art. 7 EGBGB; Ficker, Das Recht des bürgerlichen Namens [1950] 25 f.). Dies ist eine allgemein anerkannte Regel (Dölle in der Rechtsauskunft vom 2. 7. 1953, Bl. 65 ff.). Demgemäß bestimmt auch Art. 7 I des deutsch-ungarischen Abkommens vom 1. 9. 1941 über Mitteilungen und Ersuchen auf dem Gebiete des Personenstandswesens (RGBl. 1942 II S. 355), daß die beiderseitigen Standesbeamten den Familiennamen eines Angehörigen des anderen Staates n u r in der seinem heimatlichen Rechte entsprechenden F o r m in die Personenstandsbücher einzutragen haben. 4. Die Entscheidung hängt danach von der Beantwortung der Frage ab, ob der Antrg. nach dem im J a h r e 1942 geltenden ungarischen Recht zur F ü h r u n g des Namens „T. S. von S." berechtigt war. Spätere Änderungen des ungarischen Rechts haben schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil sie die Richtigkeit der beanstandeten Eintragungen nicht berühren. Das Gericht kommt auf Grund der vorliegenden Urkunden und Auskünfte
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sowie auf Grund der eigenen Erklärungen des Antrg. zur Verneinung der Frage. a) Den unter Ziffer 1 2 c 1 bezeichneten deutschen und IRO-Ausweisen könnte, da die teilweise auf ihrer Rückseite befindlichen Stempelmarken, Stempelabdrücke und Sichtvermerke offensichtlich keinerlei namensrechtliche Bedeutung haben, eine namensbeweisende Wirkung nur dann zuerkannt werden, wenn sie auf eine personenstandsrechtlich erhebliche ungarische Urkunde zurückgingen. Einen dahingehenden Eindruck erweckt allein die bürgermeisterliche Bescheinigung vom 23. 7. 1942, indem sie dem in der Heiratsurkunde (mit offenbaren Schreibfehlern) als „S. von S." bezeichneten Antrg. bescheinigt, er besitze außer dem vorläufigen Fremdenpaß auch einen Heimatschein der Residenzhauptstadt Budapest vom 16. 5. 1942. Dieser Eindruck täuscht aber. Denn der ungarische Heimatschein vom 16. 5. 1942 ist für „S." ausgestellt. Ebenso besagt die ungarische standesamtliche Bescheinigung Nr. 5818/1938 vom 12. 5. 1938 nicht mehr, als daß der Antrg. seinen Namen mit ministei'ieller Genehmigung in „S." geändert hat. An der Richtigkeit der Übersetzung des Dolmetschers Kiraly zu zweifeln besteht kein Anlaß. Nur die genannte Bescheinigung und der erwähnte Heimatschein mit ihrem notariell beglaubigten Inhalt kommen als Grundlage für die Entscheidung des Gerichts in Betracht. Wenn der Antrg. sich der Urschrift der Bescheinigung vom 12. 5. 1938 entäußert hat, ohne sich ihren vollen Inhalt zu sichern, so muß er sich gefallen lassen, daß seine Angabe über einen weiteren Vermerk auf dieser Bescheinigung des Inhalts, er habe seine Berechtigung zur Führung des Adelspränomens „S. v. S." nachgewiesen, keine Berücksichtigung finden kann. Dies um so mehr, als es nach Körner, Ausländische Adelsbezeichnungen, StAZ 1951, 180, in Ungarn keine Adelsprädikate gegeben hat. b) Der Streit der Parteien darüber, ob es in Ungarn Adelsbezeichnungen gab, ist im übrigen nebensächlich. Der Antrg. hat selbst eingeräumt, daß eine in ungarischer Sprache auf seinen Namen als „S. von S." oder „von S." ausgestellte Urkunde nicht existiert. Selbst wenn für nachgewiesen erachtet werden könnte, daß der Antrg. sich in Ungarn „S. i S." zu nennen berechtigt war, ist er nicht berechtigt, sich im amtlichen deutschen Verkehr als „S. von S." oder als „von S." zu bezeichnen. Eine eigenmächtige „Ubersetzung" ausländischer Namen oder Adelsbezeichnungen in die entsprechenden deutschen Bezeichnungen ist im deutschen Personenstandsrecht seit jeher als unzulässig erachtet worden. Schon im Jahre 1903 schreibt Kekule von Stradonitz, Archiv für öffentliches Recht 18, 191, 203, das Heroldsamt sei zuständig und befugt, etwa einem italienischen „Duca" zu untersagen, sich in Preußen „Herzog" zu nennen. Körner betont aaO, daß ein ungarischer „Molnar" seinen Namen nicht eigenmächtig in „Müller" ändern dürfe und daß auch eine Ubersetzung der ausländischen Partikel „de" in „von" rechtlich verboten sei. Die Richtlinien des früheren Reichsministers des Inneren f ü r die Bearbeitung der Anträge auf Änderung des Familiennamens (Anlage seines Runderlasses vom 8. 1. 1938, abgedruckt bei Emig, Perso1
Hier nicht abgedruckt.
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nenstandsgesetz 2 273 ff.) bestimmen in Abschnitt VI, daß die Übersetzung eines ausländischen Namens in einen deutschen Namen (z. B. von Orlowski in Adler) als Namensänderung zu behandeln und daß die Deutschschreibung eines ausländischen Namens grundsätzlich nicht zu bewilligen sei. Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung über die Änderung und Feststellung von Familiennamen sowie über die Änderung von Vornamen vom 18. 12. 1951 (Nds. MB1. 1952, S. 39) lassen im Abschnitt VIII ihrer Anlage ebenfalls erkennen, daß die Übersetzung eines ausländischen Namens in einen deutschen Namen oder die Ersetzung eines ausländischen Namens durch einen deutschen Namen als Anträge auf Namensänderung anzusehen sind. Das Gericht tritt der Auffassung in der Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts in Tübingen vom 2. 7. 1953 bei, daß eine Übersetzung ungarischer Adelsprädikate in das deutsche „von" auch nach dem deutsch-ungarischen Abkommen vom 1. 9. 1941 nicht zulässig war. Es wurde zwar zeitweise in Deutschland stillschweigend geduldet, daß Ausländer sich z. B. bei vorübergehendem Aufenthalt einer ihrer heimatlichen Adelsbezeichnung entsprechenden deutschen Adelsbezeichnung bedienten (vgl. Kekule von Stradonitz aaO). Auf derselben Linie lag die auch im diplomatischen Sprachgebrauch übliche Verwendung des deutschen „von" für anderslautende ausländische Adelsprädikate (z. B. von Horthy, von Sztojay). Ein für den deutschen Standesbeamten personenstandsrechtlich verbindliches Gewohnheitsrecht hat sich daraus aber angesichts der entgegenstehenden Rechtsübung und Rechtsüberzeugung, die aus den erwähnten Verwaltungsvorschriften und Lehrmeinungen spricht, nicht entwickeln können. Der Antrg., der seit vielen Jahren in Deutschland ansässig und kaufmännisch tätig ist, kann sich auf jene unverbindlichen Gestattungen und den aus ihnen teilweise in die deutsche Umgangssprache der neueren Zeit übergegangenen ungenauen Sprachgebrauch nicht mit Erfolg berufen. c) Schließlich kann auch die Angabe des Antrg., selbst in ungarischen standesamtlichen Urkunden sei die Partikel „von" in der teilweise als Amtssprache zugelassen gewesenen deutschen Sprache enthalten gewesen, an der Entscheidung nichts ändern. Nach der Rechtsauskunft des MaxPlanck-Instituts konnte die Eintragung des (früheren) deutschen Adelsprädikates „von" in eine ungarische standesamtliche Urkunde nur dann erfolgen, wenn es sich um eine Person handelte, die dem (früheren) deutschen Adelsstande angehörte bzw. wenn (nach 1919) das Prädikat „von" einen Teil des Namens dieser Person nach deutschem Recht bildete. Diese Voraussetzung trifft auf den Antrst. nach seiner eigenen Darstellung über den Erwerb seiner ungarischen Adelsbezeichnung nicht zu. Sollte etwa, wofür kein Anhaltspunkt vorliegt, entgegen diesem Rechtszustande der Name des Antragsgegners nach 1938 in einer ungarischen Matrikel in deutscher Sprache als „S. von S." oder als „von S." angegeben sein, vielleicht während des im letzten Kriege zunehmenden deutschen Einflusses in Ungarn oder in irriger Auslegung der Verhandlungen, die nach dem Schreiben der „Ungarischen Kanzlei" vom 20. 6. 1952 zwischen Deutschland und Ungarn über die gegenseitige Anerkennung von Adelsbezeichnungen geschwebt
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haben, so müßte einer solchen ausländischen Verleihung eines deutschen Namensbestandteiles die Anerkennung ihrer inländischen Rechtswirksamkeit versagt werden (vgl. auch Beitzke-Bachmann aaO 122). 5. Nach alledem ist festzustellen, daß die Bezeichnung des Antrg. in seiner Heiratsurkunde und in der Geburtsurkunde seines Kindes als „S. von S." unrichtig und daß sein richtiger Name „S." ist. Auch seine Ehefrau und sein Kind haben nach dem auf sie anzuwendenden ungarischen Recht den Familiennamen des Antrg. erworben (Ges. Art. L: 1879 und § 94 Ges. Art. XXXI: 1894 nach Boschan, Europäisches Familienrecht 323, 329). Es ist daher die Berichtung, wie geschehen, anzuordnen (§ 47 PStG)." Todeserklärung Siehe auch Nr. 50
1 8 . Für die Todeserklärung eines 1943 an der Ostfront gefallenen Volksdeutschen Angehörigen der ungarischen Wehrmacht sind deutsche Gerichte zuständig. Auf die Todeserklärung findet deutsches Recht Anwendung. — VerschG § 4 I; Bayer. VO vom 28. 7. 1948; Bayer. Gesetz über die Bekanntmachung in den Fällen der Kriegsverschollenheit vom 4. 5. 1949. AG Pfarrkirchen, Beschl. vom 2. 6. 1950 — II 45/49. Ungedruckt. Aus den Gründen: „U., Volksdeutscher in Ungarn, ist zuletzt Angehöriger einer ungarischen Wehrmachtseinheit an der Ostfront gewesen und ist seit dem 10. 1. 1943 kriegsverschollen. Dem Todeserklärungsantrag seiner Ehefrau E. U., geb. B., wohnhaft in W., war stattzugeben, da die Voraussetzungen des § 4 I VerschG mit VO vom 28. 7. 1948 (GVB1. S. 154) glaubhaft dargetan und das Verfahren nach dem Gesetz über die Bekanntmachung in den Fällen der Kriegsverschollenheit vom 4. 5. 1949 (GVB1. S. 102) keine gegenteiligen Tatsachen ergeben hat V III. FORM DER RECHTSGESCHÄFTE Siehe Nr. 38, 96—104, 107—109, 125, 127, 138, 165, 176, 193, 234, 240
IV. OBLIGATIONENRECHT Siehe auch Nr. 37—42, 200, 268, 291
1 9 . In den Kriegsjahren entstandene privatrechtliche Forderungen eines französischen Staatsangehörigen gegen ein deutsches Transportunternehmen sind gemäß dem Pariser Reparationsabkommen auf den französischen Staat übergegangen. Für ein deutsches Gericht ist das Rechtsverhältnis der 1
Die Maßgeblichkeit des deutschen Rechts wird nicht begründet.
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an dem Forderungsübergang Beteiligten, soweit es nur diese betrifft, nach französischem Recht (hier Ausführungsgesetz zum Pariser Reparationsabkommen) zu beurteilen. Der Wirksamkeit des Forderungsüberganges steht das deutsche Recht nicht entgegen, da es sich nicht um eine entschädigungslose Enteignung handelt. — Pariser Reparationsabkommen Art. 2. LG Mannheim, Urt. vom 8. 5. 1953 — 1 O 35/52: NJW 6 (1953) 1833; Nachrichten der Studiengesellschaft f. privatrechtliche Auslandsinteressen 1954, 30. Die Bekl. war in den Jahren der deutschen Besetzung in Elsaß-Lothringen als Fuhrunternehmerin mit Transportaufträgen f ü r den Güternahverkehr betraut. Sie gehörte damals als freiwilliges Mitglied der Wirtschaftsorganisation Reichsgruppe Kraftfahrgewerbe, Fachgruppe Fuhrgewerbe an und war gleichzeitig Mitglied der Arbeitsgemeinschaft des deutschen Fuhr- und Kraftfahrgewerbes. Sie erhielt damals durch ihre Arbeitsgemeinschaft jeweils öfter Großaufträge zugeteilt und bediente sich bei Durchführung dieser Aufträge wieder eingesessener Firmen. So auch 1944 des Kl. f ü r Transporte (Fuhraufträge) im Räume Metz. Der Kl., französischer Staatsangehöriger, zu Zeit wohnhaft in Frankreich, behauptet nun: Die Bekl. habe ihm damals 1944 laufend Fuhraufträge erteilt, die er auch ausgeführt habe. Auf Grund dieser Leistungen stehe ihm heute noch ein Anspruch in Höhe von insgesamt 1826.10 DM gegen die Bekl. zu. Diese Forderung sei zwar vor der Währungsreform entstanden, er könne aber unbeschadet der Währungsumstellung als französischer Staatsangehöriger wahrscheinlich den vollen Betrag in DM verlangen, begnüge sich aber vorerst bis zur endgültigen gesetzlichen Regelung dieser Frage mit einer Geltendmachung von Vio des genannten Betrages. Es ist Beweis erhoben durch Erhebung eines Gutachtens des Max-Planck Instituts f ü r ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. Aus den Gründen: „Der geltend gemachte Anspruch des Kl. ist ein solcher des bürgerlichen Rechts. Er ist zur Zeit des Krieges entstanden und dem Kl. nach seiner von der Bekl. nicht bestrittenen Behauptung bis heute noch nicht vergütet. Da beide Parteien z. Z. der Klageerhebung in verschiedenen Staaten ihre Niederlassung bzw. ihren Wohnsitz haben, steht außer Zweifel, daß die Rechtsregeln des internationalen Privatrechts Anwendung finden. Die Bekl. bestreitet nicht, daß der Anspruch des Kl. entstanden sei und auch eine Zeitlang fortbestanden habe. Sie bestreitet jedoch, daß der Anspruch zur Zeit noch in der Person des Kl. bestehe, denn sie habe bei Abschluß des dem Anspruch zugrunde liegenden Vertrages als sogenannte Beauftragte der ehem. deutschen Reichsregierung gehandelt. Diese ihre ehem. Rechtsstellung bewirke es, daß sie den Bestimmungen des Pariser Reparationsabkommens unterliege, wonach das gesamte deutsche Auslandsvermögen zur Deckung auch derjenigen Ansprüche bestimmt sei, die französischen Staatsbürgern gegen ehem. Dienststellen des Deutschen Reiches
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oder Beauftragten des Reichs auf Grund privater Rechtsgeschäfte noch zustünden. Der E i n w a n d der Bekl. konnte somit n u r d a n n Erfolg haben, w e n n festgestellt bzw. erwiesen wurde, d a ß die Bekl. in der damaligen Zeit Ausübender der deutschen Reichsregierung (Agent gouvernemental) i. S. des Art. 2 a des Reparationsabkommens war. Nach dem W o r t l a u t des Pariser Reparationsabkommens m u ß es sich bei der vom Kl. geltend gemachten F o r d e r u n g a) u m eine kriegsbedingte F o r d e r u n g handeln, b) zum a n d e r n m u ß die Bekl. als handelnd f ü r die deutsche Regierung angesehen werden. Da n u n die Bekl. in ihrer damaligen Stellung im besetzten Gebiet damit b e a u f t r a g t war, den T r a n s p o r t v e r k e h r zentralisiert zu organisieren u n d eine solche Organisation gerade wegen der Kriegsanspannungen damals notwendig wurde, besteht kein Zweifel darüber, daß es sich bei der von dem Kl. geltend gemachten F o r d e r u n g u m eine kriegsbedingte F o r d e r u n g handelt, zumal Art. 2 c des gleichen Abkommens eine ausdrückliche Regelung der Vorkriegsschulden u n d der Vorkriegswerte trifft. Auch die zweite Alternative war zu bejahen. Die Bekl. war u n d ist zwar eine Organisation des Privatrechts. Sie k a n n auch auf Grund ihrer genossenschaftlichen Grundlage und ihrer Ausstattung mit eigenem Betriebsvermögen nicht als sogenannte Reichsgesellschaft angesehen werden. Sie war nicht kapitalmäßig mit dem ehem. Reich verbunden. Sie war auch nicht als eine Gesellschaft zum Zwecke der Kriegsführung errichtet. Der BGH hat entschieden, daß ein zur E r f ü l l u n g staatlicher L e n k u n g s a u f g a b e n herangezogenes U n t e r n e h m e n seinen privatrechtlichen Charakter b e w a h r t hat und d a ß somit auch seine Rechtsgeschäfte im Bereich des privaten Rechts verblieben sind. Das schließt aber nicht aus, daß die Bekl., was der Kl. bestreitet, unter den Begriff der Agence i. S. des Pariser Reparationsabk o m m e n s fällt. Dies ergibt sich eindeutig aus der Bescheinigung des RMdl v. 8. 9. 1943 sowie auch aus den Buchungsanzeigen des T r a n s p o r t k o r p s Speer u n d den in den H a u p t a k t e n befindlichen Erlassen u n d Anweisungen des RVerkehrsMin. an die mit den Transporten beauftragten Dienststellen u n d Arbeitsgemeinschaften. Die Bekl. war hiernach insbes. als Abrechnungsstelle u n d Organisationszentrum f ü r das Transportwesen eingesetzt, wobei sie mit staatlichen Mitteln arbeitete u n d der Staatsaufsicht unterstand. Die so charakterisierte F u n k t i o n der Bekl. m u ß dem Begriff des staatlich beliehenen Unternehmens unterstellt werden, wobei zu unterscheiden ist, ob dieses im Einzelfalle Aufgaben der schlichten Hoheitsverwaltung oder solche der privaten Verwaltung w a h r g e n o m m e n hat. Die Bekl. hat damals zweifelsohne staatliche Aufgaben auf dem Gebiete der „Daseinsvorsorge" w a h r g e n o m m e n . Die Kammer hat d a h e r in voller Übereinstimmung mit dem Gutachter keine Bedenken, die Bekl. als Beauftragte der damaligen Reichsregierung u n d ihre F u n k t i o n als die E r f ü l l u n g hoheitlicher Aufgaben anzusehen. Wie der Gutachter weiter a u s f ü h r t , ist auch dem französischen öffentlichen Recht der Begriff des sogenannten beliehenen Unternehmens in den F o r m e n der sogenannten „services publics" u n d der „travaux publics"
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nicht fremd und es bestehen auch keine Bedenken, das beliehene Unternehmen als „Service public" dem Begriff des „agent public" zu unterstellen. Findet nun das Pariser Reparationsabkommen auf vorl. Fall Anwendung, so ergibt sich als weitere Folge aus diesem Abkommen, daß die französische Regierung alle Forderungen ihrer Staatsangehörigen, die sich gegen das ehemalige Deutsche Reich, seine Dienststellen und die Beauftragten dieser Dienststellen richten, der Beschlagnahme unterworfen hat (Partie I Art. 2 a des Reparationsabkommens). Hierbei bewirkt gleichzeitig die Beschlagnahme auf der einen Seite einen Forderungsübergang auf die französische Regierung, denn diese will sich nach dem Wortlaut des Reparationsabkommens durch deutsche Vermögenswerte für die beschlagnahmte Forderung befriedigen. Das Abkommen des französischen Staates ist auch f ü r die französischen Staatsangehörigen als Privatgläubiger verbindlich. Das Abkommen selbst wurde von Frankreich bereits am 13. 2. 1946 ratifiziert. Am 5. 3. 1946 erging ein französisches Gesetz, welches den materiellen Inhalt des Reparationsabkommens ausdrücklich zum französischen innerstaatlich verbindlichen Recht erklärte. Somit ist auch die Auffassung des Kl. widerlegt, wonach das Reparationsabkommen nur eine „res inter alias acta" darstelle und daher auf das Rechtsverhältnis unter den Parteien keinen Einfluß habe. Das deutsche private Recht steht einem Ubergang des Rechts des französischen Kl. auf seine eigene Regierung nicht entgegen, da nach deutschem Recht sogar eine formlose Abtretung zulässig ist und somit erst recht eine sogenannte „cessio legis". Das gleiche gilt für die Belange des Völkerrechts; zum mindesten ergeben sich aus den Regeln des Völkerrechts keine Gründe dafür, die Wirkung der hier in Frage stehenden französischen Gesetzgebung zu verneinen, zumal es sich bei der aus Reparationsabkommen erwachsenen Rechtsfolge nicht um eine entschädigungslose Enteignung, sondern um eine „cessio legis" handelt, denn der französische Gläubiger hat nach dem Ausführungsgesetz zum Gesetz vom 5. 3. 1946 (Loi Nr. 47/520) das Recht, seine untergegangene Forderung in gleicher Höhe zum Schadensausgleich bei der französischen Sequesterbehörde anzumelden. Zusammenfassend war festzustellen: Die französische Ausführungsgesetzgebung zum Pariser Reparationsabkommen statuiert einen Forderungsübergang von der Einzelperson auf den Staat, welcher dann die Reparationsverrechnung vornehmen soll. Für ein deutsches Gericht ist das Rechtsverhältnis der an dem Forderungsübergang Beteiligten (hier Kl. und Staat), soweit es nur diese betrifft, nach französischem Recht zu beurteilen. Der Wirksamkeit des Forderungsübergangs steht das deutsche Recht nicht entgegen, da es sich nicht um eine entschädigungslose Enteignung handelt. Der Forderungsübergang wird auch nicht dadurch gehindert, daß die Bekl. eine juristische Person des Privatrechts ist, denn sie handelte z. Z. der Entstehung der Forderung in Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Da somit die Voraussetzung der französischen Gesetzgebung bzw. des Reparationsabkommens erfüllt waren, war der Kl. nicht mehr als aktiv legitimiert anzusehen, die Forderung geltend zu machen."
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20. Nach deutschem internationalem Privatrecht richtet sich die Haftung der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft für ihre Verbindlichkeiten grundsätzlich nach dem die Personenvereinigung beherrschenden Recht, d. h. nach der Rechtsordnung am Sitz der Gesellschaft. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß unter Umständen etwas Abweichendes gilt, daß insbesondere die Parteien des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes vereinbaren können. — Die Haftung der Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft kann sich auch dann nach ausländischem Recht bestimmen, wenn für die Schuld der Gesellschaft, für die die Gesellschafter in Anspruch genommen werden, deutsches Recht gilt. — Die Wirkung von Hoheitsakten, die in Vermögensrechte von Privatpersonen eingreifen, beschränkt sich auf das Gebiet des betreffenden Staates. — HGB §§ 105 ff., 128, 159; BGB §§ 133, 157, 242, 705 ff.; ZPO §§ 23, 139, 286; UmstG § 13; AHKG Nr. 63; Ges. über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. 4.1900; deutsch-chinesische Vereinbarungen vom 20. 5.1921; chinesisches Ges. über die Anwendung des ausländischen Bechts vom 5. 8. 1918; chinesisches ZGB § 681; chinesisches Ges. über die Handelsgesellschaften vom 13. 1. 1914. BGH, Urt. vom 17. 12. 1953 — IV ZR 114/53: (in Auszügen) Der Betrieb 7 (1954) 231; BB 9 (1954) 242, 246; Rundschau f ü r GmbH 45 (1954) 74. Die KI. ist die geschiedene Ehefrau des Kaufmanns W. L. Dieser war seit 1922 Angestellter und seit 1945 Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft, die unter der Firma C. & Co mit dem Hauptsitz in Schanghai in China betrieben wurde. Persönlich haftender Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft war auch der im Jahre 1948 in Hamburg verstorbene Kaufmann O. L. Die Bekl. ist seine alleinige Erbin. Die Kl. hat behauptet, sie habe seit etwa 1930 ein Konto bei der Firma C. & Co — im folgenden die Firma genannt — unterhalten, das im September 1945 ein Guthaben in Höhe von 35 294,14 Schweizer Franken aufgewiesen habe. Dieses Guthaben sei aus Zuwendungen ihres früheren Ehemanns entstanden, der als Angestellter der Firma an ihrem Gewinn beteiligt gewesen sei. Das Konto sei stets in Schweizer Franken geführt und von der Firma in solchen angelegt worden. Im Jahre 1948 seien ihr von dem Sohn der Bekl., dem Kaufmann O. L. jun., auf ihr Guthaben 11 000 Schweizer Franken ausbezahlt und die Zahlung weiterer 6600 Franken in Aussicht gestellt worden. Es bestehe deshalb noch ein Restguthaben in Höhe von 24 294,14 Schweizer Franken, deren Zahlung sie in deutscher Währung von der Bekl. begehre. Die Guthabenforderung unterliege als eine auf ausländische Währung lautende Forderung nicht der Umstellung nach dem Währungsgesetz. Sie sei berechtigt, die Zahlung ihres Guthabens in deutscher Währung von der Bekl. zu verlangen. Da diese die Zahlung verweigert, hat die Kl. Klage erhoben und beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an sie, die Kl., 23 358,82 DM nebst 4 °/o Zinsen seit dem 1.1. 1946 zu zahlen. Die Bekl. hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat bestritten, daß der Kl. die von ihr behaupteten Forderungen gegen die Firma zuständen (wird ausgeführt). Das gesamte Geschäftsver-
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mögen der Firma in China sei in Verlust geraten. Nach § 242 BGB könne die Kl. von ihr, der Bekl., keine Zahlung verlangen. Wenn ein Anspruch bestehe, dann sei er in Reichsmark entstanden und unterliege der Umstellung im Verhältnis 10 : 1. Die Forderung der Kl. sei auch durch die Gesetze der Militärregierung beschlagnahmt worden, da es sich um eine solche eines Inländers gegen eine ausländische Firma handele. Der Geltendmachung einer Valutaforderung stünden auch devisenrechtliche Bestimmungen entgegen. Für die Haftung der Gesellschafter der Firma C. & Co. gelte chinesisches Recht, da sie ihren Sitz in China gehabt und im Handelsregister des Deutschen Konsulats in Schanghai nicht eingetragen gewesen sei. Wenn aber deutsches Recht anzuwenden sei, dann sei die Forderung nach § 159 HGB verjährt, da die Firma spätestens im Jahre 1946 aufgelöst worden s e i . . . Die Kl. ist diesen Behauptungen der Bekl. entgegengetreten. Diese könne sich auf § 242 BGB nicht berufen. Die Frankenbeträge der Firma seien in der Schweiz einbezahlt und gerettet worden. Die Bekl. habe 90 872,68 Schw. Fr. aus diesem Guthaben der Firma erhalten. Ferner habe sie sich ein bei dem Schweizer Bankverein f ü r die Firma einbezahltes Guthaben in Höhe von ca. 110 000 Franken angeeignet. Die Bekl. schulde der Firma auch noch den Betrag von 705 000 RM. Die Firma sei im Handelsregister des Deutschen Konsulats Schanghai eingetragen, aber dort nicht gelöscht worden. Die Forderung sei daher nicht verjährt. Devisenrechtliche Vorschriften stünden der Klage nicht entgegen. Das LG Hamburg hat die Bekl. zur Zahlung eines Betrages von 23 358,82 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Juli 1952 (Tag der Klagezustellung) verurteilt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Bekl. blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter . . . Aus den Gründen: „I. 1. Die Kl. leitet den mit der Klage geltend gemachten Anspruch aus einem zwischen ihr und der Firma C. & Co. bestehenden Vertragsverhältnis her. Sie nimmt die Bekl. f ü r die von ihr behauptete Verbindlichkeit in Anspruch, weil der verstorbene Ehemann der Bekl., der Kaufmann O. L. sen., als persönlicher Gesellschafter der Firma f ü r ihre Verbindlichkeiten hafte und diese Haftung die Bekl. nunmehr als seine Alleinerbin treffe. Beide Voraussetzungen f ü r den Erfolg der Klage, das Vertragsverhältnis und die Haftung der Bekl. als Erbin eines Gesellschafters f ü r die daraus erwachsenen Verbindlichkeiten der Firma, sind voneinander getrennt zu untersuchen, insbesondere hinsichtlich der Anwendung des f ü r ihre Beurteilung maßgebenden materiellen Rechts. Es ist daher in erster Linie zu prüfen, ob zwischen der Kl. und der Firma ein wirksames Vertragsverhältnis begründet worden ist, welchen Inhalt dieses hat, und ob der Kl. daraus fällige Ansprüche, wie sie sie geltend macht, zustehen. 2. Bevor jedoch die damit zusammenhängenden Fragen erörtert werden, ist auf die Rüge der Revision einzugehen, die Klage sei deshalb abzuweisen, weil eine etwa bestehende Forderung der Kl. als deutsches Auslandsver-
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mögen beschlagnahmt sei und deswegen auch die Bekl. von der Kl. auch dann nicht in Anspruch genommen werden könne, wenn die Klageforderung rechtsgültig entstanden sei. Der Berufungsrichter hält den von der Bekl. hierauf gestützten Einwand f ü r unbegründet. Seinen Ausführungen ist im Ergebnis zuzustimmen. Zutreffend führt er zunächst aus, daß die Vorschriften des KRG 5 keine Anwendung finden können. Dieses Gesetz ist nach Art. 5 des AHKG Nr. 63 nur noch anwendbar, wenn es sich um deutsches Vermögen handelt, das in einem der im Anhang zum Gesetz aufgeführten Länder belegen ist. Zu diesen Ländern gehört China nicht. Maßgebend sind daher lediglich die Bestimmungen des AHKG Nr.-63. Nach Art. 2 Nr. (1) (a) dieses Gesetzes gelten die Rechte der früheren Eigentümer und sonstigen Berechtigten an Vermögensgegenständen, die unter Art. I Abs. (1) (a) fallen, in dem Zeitpunkt der Übertragung oder Liquidation als erloschen. Nach Art. I Abs. (a) (i) fallen unter die Bestimmungen des Gesetzes Gegenstände, die bei oder vor dem Inkrafttreten des Gesetzes in einem ausländischen Staat gelegen waren und in deutschem Eigentum standen und die nach dem 1. 9. 1939 nach dem Recht dieses Staates oder auf Grund einer Vereinbarung mit diesem Staat nach dem Recht eines anderen Staates übertragen oder liquidiert worden sind oder werden in Verfolg von Maßnahmen, die die Regierung eines Staates, die der Erklärung der Vereinten Nationen vom 1.1. 1942 beigetreten ist, im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Deutschland getroffen hat. Art. 3 des AHKG Nr. 63 erklärt Klagen gegen Personen für unzulässig, „die Eigentum oder Besitz an solchen Vermögensgegenständen erworben haben, oder gegen diese Vermögensgegenstände". Diese letztere Vorschrift trifft den vorliegenden Fall nicht. Für diesen Fall kommt es nur darauf an, ob die den Gegenstand der Klage bildende Forderung in China „belegen" war und durch Maßnahmen der chinesischen Regierung auf Grund von Vereinbarungen mit der chinesischen Regierung übertragen oder liquidiert worden ist. Der Berufungsrichter ist der Ansicht, es könne dahingestellt bleiben, ob unter Art. I und II AHKG Nr. 63 Maßnahmen fielen, die in China gegen deutsches Vermögen gerichtet worden sind oder werden. Diese „Beschlagnahme" würde nach Ansicht des Berufungsrichters jedenfalls nur bedeuten können, daß die Forderung gegen die offene Handelsgesellschaft C. & Co. erloschen sei. Der persönliche Gesellschafter L. habe seinen Wohnsitz stets außerhalb des enteignenden Staates gehabt, der Anspruch gegen ihn sei dem Zugriff des Staates, der die Enteignung ausgesprochen habe, in jedem Falle entzogen gewesen. Der Berufungsrichter bezieht sich für seine Darlegungen auf das Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 1. 2. 1952, I ZR 123/50 (BGHZ 5, 35). Wie dort ausgeführt wird, unterliegen Sachen und Gegenstände dem Zugriff staatlicher Hoheitsakte nur, die sich im Machtbereich des betreffenden Staates befinden. Eine Forderung ist nach deutschem internationalem Privatrecht, so wird in dieser Entscheidung weiter ausgeführt, da belegen, wo der Schuldner seinen jeweiligen Wohnsitz hat, wie aus der einen allgemeinen Rechtsgedanken enthaltenden Vorschrift des
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§ 23 II ZPO gefolgert werden und wie allgemein anerkannt sei. Daraus schließt der I. Zivilsenat, auf dessen ausführliche Begründung hier verwiesen werden kann, daß, wenn für eine Verbindlichkeit mehrere Personen als Gesamtschuldner haften, wie die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, der gegen einen Gesellschafter gerichtete Haftungsanspruch dem Zugriff staatlicher Zwangsmaßnahmen immer nur da unterliegen kann, wo der Anspruch auch tatsächlich realisierbar ist, d. h. also an dem Wohnsitz des Gesellschafters. Der Gläubiger einer Forderung, für die mehrere Schuldner als Gesamtschuldner hafteten, sei daher nicht gehindert, seine Forderung gegen denjenigen Gesellschafter geltend zu machen, der der Zwangsgewalt des enteignenden Staates nicht unterliege, weil er in dessen Gebiet seinen Wohnsitz nicht habe. Die unmittelbare Übertragung dieser Erwägungen auf den vorliegenden Fall verbietet sich schon darum, weil es sich hier nicht um die Anwendung der Grundsätze des deutschen internationalen Privatrechts, sondern um die des AHKG Nr. 63 handelt. Es ist daher an und f ü r sich nicht auszuschließen, den Begriff der Belegenheit einer Forderung im Sinne dieses Gesetzes anders zu verstehen als in dem des deutschen internationalen Privatrechts. Indessen kann diese Frage für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf sich beruhen. Selbst wenn man unterstellt, daß der Begriff der Belegenheit im AHKG Nr. 63 nicht in demselben Sinne zu verstehen sei, wie nach deutschem Kollisionsrecht, kann das Ergebnis, zu dem das Berufungsgericht gelangt ist, kein anderes sein. Keine der Parteien hat in den Vorinstanzen vorgetragen, daß die Forderung der Kl. durch Maßnahmen der chinesischen Regierung übertragen oder liquidiert sei. Die Bekl. hat immer den Standpunkt vertreten, daß die Forderung der KI. durch die Besatzungsmächte beschlagnahmt sei, nicht aber, daß sie der Kl. durch Maßnahmen der chinesischen Regierung entzogen sei. Daß die Gesetzgebung der Besatzungsmächte, die sich in dem nunmehr allein maßgebenden AHKG Nr. 63 darstellt, zu einer Entziehung der Forderung nicht geführt hat, ist oben dargelegt. Dieses Gesetz nimmt selbst keine Vermögensentziehung vor, sondern beschränkt sich darauf, im Ausland erfolgte oder noch erfolgende Liquidationen und Übertragungen deutschen Eigentums für das Gebiet der Bundesrepublik zu sanktionieren (BGH 29. 1. 1953, BGHZ 8, 378 [ 3 8 2 ] ) W e n n die Bekl. sich auf Maßnahmen chinesischer Behörden oder auf chinesische Gesetze, die unmittelbar eine Entziehung oder Liquidation aussprechen, hätte berufen wollen, dann hätte sie das zum mindesten substantiiert behaupten müssen. Daß sich dies von selbst verstünde, kann der Revision nicht zugegeben werden. Die Rechtslage des deutschen Vermögens in China ist durchaus unklar (vgl. z. B. die Aufsätze von Lorentz über das Schicksal der deutschen Warenzeichen in China in GRUR 1948, 192 und 1950, 368). Ohne substantiierte Behauptung der Bekl., daß die in der Person der Kl. entstandenen Rechte durch Maßnahmen einer ausländischen Regierung entzogen worden seien, konnte der Berufungsrichter nicht annehmen, daß die Vermögensrechte der Kl. dieser 1
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entzogen seien. Es kann dahinstehen, ob er nach § 139 ZPO verpflichtet gewesen wäre, die Bekl. auf eine Ergänzung ihres Vortrages hinzuweisen. Auf einer Nichtanwendung dieser Vorschrift beruht das angefochtene Urteil nicht. Denn das, was die Bekl. nach ihrer eigenen Behauptung vorgebracht hätte, wenn sie von dem Berufungsgericht auf die maßgebenden Gesichtspunkte hingewiesen worden wäre, würde das Ergebnis dieses Rechtsstreits nicht berührt haben. Die Behauptung, daß deutsche Vermögenswerte in China überhaupt „beschlagnahmt" worden wären, würde nicht genügen. Dieser Begriff ist weitergehend als der der Übertragung und der Liquidation, er umfaßt auch den Fall, daß dem Rechtsinhaber durch Gesetz oder Verwaltungsanordnung eine Verfügungsbeschränkung (sogenanntes „Einfrieren" der Rechte) auferlegt ist. Eine bloße Verfügungsbeschränkung würde aber nicht genügen, um Art. I (a) (i) AHKG Nr. 63 anzuwenden. Insoweit gilt die allgemein anerkannte Regel, daß sich die Wirkung von Hoheitsakten, die in Vermögensrechte von Privatpersonen eingreifen, nur auf das Gebiet des betreffenden Staates beschränken. Die Wirkung solcher Verfügungsbeschränkungen ist durch das AHKG Nr. 63 nicht sanktioniert. Dieses Gesetz ist streng und einschränkend auszulegen, weil es gegenüber dem normalen Rechtsleben einen ungewöhnlichen Eingriff in private Rechtsverhältnisse bedeutet (vgl. für die Auslegung entsprechender Vorschriften des Versailler Vertrags RGZ 112, 81 [83]). Was die Bekl. an tatsächlichen Behauptungen vorgebracht hätte, bezieht sich nur auf die Beschlagnahme und die Liquidation des Vermögens der offenen Handelsgesellschaft C. & Co. Daraus ergibt sich noch nicht, daß die Forderungen der Kl., die als Verbindlichkeit der Firma auf dem Vermögen lasteten, durch dieselben oder gleichartige Hoheitsakte des chinesischen Staates betroffen worden sind. Der Eingriff in das Vermögen einer Person bedeutet keineswegs ohne weiteres und unmittelbar einen solchen in das Vermögen derjenigen, deren Rechte sich gegen das „beschlagnahmte" Vermögen richten. Es ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn der Berufungsrichter auf Grund des ihm unterbreiteten Sachvorbringens der Parteien die Rechte der Kl. durch das AHKG Nr. 63 nicht für betroffen hält. Unbenommen bleibt es der Bekl., in der erneuten Verhandlung vor dem Berufungsgericht ihr Vorbringen zu ergänzen. 3. Rechtlich bedenkenfrei sind auch die Ausführungen des Berufungsurteils, soweit sie die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf das Vertragsverhältnis zwischen der Kl. und der Firma als solches betreffen. Der Berufungsrichter führt hierzu aus, die Firma C. & Co. in China sei von deutschen Staatsangehörigen gegründet worden. Daß sie im Handelsregister des Deutschen Konsulats in Schanghai eingetragen worden sei, habe die Kl. nicht dartun können. Es möge sein, daß für die Frage der Rechts- und Parteifähigkeit sowie das Verhältnis der Gesellschafter zu Dritten bei ausländischen Gesellschaften das Recht des Sitzes anzuwenden sei. Jedoch sei hier davon auszugehen, daß die Gesellschafter sich für das Verhältnis untereinander und zu den bei der Gesellschaft beschäftigten deutschen Staatsangehörigen und den damit in Zusammenhang stehenden Geschäften der Anwendung des deutschen Rechts unterworfen hätten. Bei Schuld-
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Verhältnissen sei f ü r die Frage, welches Recht anzuwenden sei, in erster Linie der Parteiwille maßgebend. Dieser sei unbedenklich für das vorliegende Rechtsverhältnis auf Geltung des deutschen Rechts gerichtet, auch bezüglich der Haftung der Gesellschafter. Den Ausführungen des Berufungsrichters kann aus Rechtsgründen insoweit nicht entgegengetreten werden, als sie sich auf das Vertragsverhältnis zwischen der Kl. und der Firma beziehen. Es handelt sich um ein Schuldverhältnis. Ob ein solches nach deutschem oder ausländischem Recht zu beurteilen ist, weil es Anknüpfungspunkte sowohl zu der deutschen als auch einer ausländischen Rechtsordnung besitzt, ist, wenn es der Beurteilung eines deutschen Gerichts unterliegt, nach deutschem internationalem Privatrecht zu entscheiden. Bei Schuldverhältnissen entscheidet darüber in erster Linie der ausdrücklich erklärte oder aus den Umständen zu entnehmende Parteiwille. Dies ist in der Rechtsprechung der deutschen Gerichte, insbesondere der des RG, allgemein anerkannt. Insoweit werden auch von der Revision keine durchgreifenden Beanstandungen erhoben. Auch aus dem in dem Berufungsurteil festgestellten Sachverhalt und den von den Parteien in den früheren Rechtszügen aufgestellten Sachbehauptungen ist nichts zu entnehmen, was der in dem Berufungsurteil ausgesprochenen Ansicht entgegenstünde. Inhalt und Rechtsfolgen des zwischen der Kl. und der Firma bestehenden Rechtsverhältnisses, auf das sich der Klageanspruch gründet, sind daher nach deutschem Recht zu bestimmen. Der Revision kann, wenigstens soweit es sich um das Vertragsverhältnis zwischen der Firma und der Kl. handelt, auch nicht darin gefolgt werden, daß die Feststellung des Berufungsgerichts, die Vertragsparteien hätten sich dem deutschen Recht unterworfen, unter Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften getroffen worden sei. Sie meint, keine der Parteien habe sich in dem Rechtsstreit auf die stillschweigende Unterwerfung der Gesellschafter unter deutsches Recht berufen. Wenn sich der Berufungsrichter auf eine solche stütze, so sei damit § 128 ZPO verletzt. Die Bekl. sei durch diese Feststellung überrascht worden, sie hätte sich auf das Zeugnis L. berufen, daß sich die Gesellschafter auch nicht stillschweigend dem deutschen Recht unterworfen hätten. Diese Ausführungen der Revision sind nicht stichhaltig. Die Parteien sind in dem Rechtsstreit zunächst davon ausgegangen, daß deutsches Recht zur Anwendung zu kommen habe. Erstmals gegen Ende der Berufungsinstanz hat die Bekl. geltend gemacht, die Firma C. & Co. sei eine offene Handelsgesellschaft chinesischen Rechts, weil sie ihren Sitz in China gehabt habe. Dort habe sie ihre Geschäfte betrieben. Die Kl. müsse beweisen, daß die Bekl. als Witwe eines verstorbenen Inhabers für die Schulden der Gesellschaft hafte. Diesen Ausführungen ist die Kl. in ihrem Schriftsatz vom 2. 4. 1953 entgegengetreten, indem sie darauf hinwies, daß es sich um ein Rechtsverhältnis zwischen einer rein deutschen Firma auf der einen und deutschen Depositären auf der anderen Seite handele. Diese Ausführungen der Kl. konnten nach Lage der Sache nur so verstanden werden, daß die Anwendung deutschen Rechts mit Rücksicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit der Gesellschafter und ihres Vertragspartners in Frage käme. •1 Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Eine solche konnte aber in Anbetracht des Umstandes, daß der Sitz der Firma sich außerhalb Deutschlands befand, nur in Betracht kommen, wenn sich die an den in Frage kommenden Rechtsverhältnissen beteiligten Personen ausdrücklich oder stillschweigend dem deutschen Recht unterworfen hatten. Damit war dem Berufungsrichter von einer Partei die Frage unterbreitet, ob sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts nicht aus einer stillschweigenden Unterwerfung herleiten lasse. Der Berufungsrichter war infolgedessen nicht gehindert, eine entsprechende Feststellung zu treffen, zumal da die Bekl. die tatsächlichen Behauptungen der Klägerin in dem Schriftsatz vom 2. 4. 1953 nicht bestritten hat. Damit erledigt sich auch die weitere Rüge der Bekl. zu diesem Punkt, die dahin geht, durch die unter Verletzung des § 139 ZPO getroffene Feststellung sei sie verhindert worden vorzutragen, daß der verstorbene Ehemann der Bekl. nicht deutscher, sondern peruanischer Staatsangehöriger gewesen sei. Wenn die Kl. behauptet hat, es habe sich bei der Firma der Gesellschaft um eine rein deutsche Firma gehandelt, so konnte dies nur dahin verstanden werden, daß alle Gesellschafter deutsche Staatsangehörige waren, zumal da vorher nichts Abweichendes behauptet worden war. Die Bekl. hat der Behauptung der Kl. über den deutschen Charakter der Firma nicht widersprochen. Das Berufungsgericht hatte daher keine Veranlassung, die Staatsangehörigkeit der Gesellschafter zum Gegenstand einer Erörterung nach § 139 ZPO zu machen. 4. Nach der vom Berufungsrichter als richtig angenommenen und von der Revision nicht angegriffenen Darstellung der Kl. ist ihr Guthaben bei der Firma aus Zuwendungen ihres früheren Ehemanns erwachsen, der bei der Firma angestellt war (wird ausgeführt). Auch die Fälligkeit des Anspruchs ist mit dem Berufungsrichter zu bejahen. Sieht man den von der Kl. geltend gemachten Anspruch als Darlehensforderung an, so ist grundsätzlich mangels einer anderen Vereinbarung der Beteiligten die Fälligkeit nach § 609 BGB von einer vorherigen Kündigung abhängig. Der Berufungsrichter meint, die Rückforderungen der Kl. gegenüber den Gesellschaftern seien als etwa nötige Kündigungen auch gegenüber der Gesellschaft anzusehen, da ein besonderer Geschäftsbetrieb der Gesellschaft nicht mehr bestehe. Die Gesellschafter seien als ermächtigt anzusehen, die Kündigung f ü r die Gesellschaft entgegenzunehmen, auch wenn sie nicht allein vertretungsberechtigt sein sollten. Diese Erwägungen sind im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, wenn auf die offene Handelsgesellschaft C. & Co. die Vorschriften des deutschen Rechts anzuwenden sind (wird ausgeführt). Aber auch wenn man für die hier zu entscheidende Frage der Fälligkeit der Forderung davon ausgeht, daß das Gesellschaftsverhältnis nach chinesischem Recht zu beurteilen und eine Kündigung der Darlehensforderung gegenüber einer nach diesem Recht vertretungsberechtigten Person nicht ausgesprochen worden ist, kann die Fälligkeit der Klageforderung nicht verneint werden. Es ergibt sich aus den festgestellten Umständen und aus dem Verhalten der Parteien, daß sie die Forderung als fällig angesehen und behandelt haben. Das Berufungsgericht stellt fest, daß am Sitz der
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Firma in Schanghai ein Geschäftsbetrieb nicht mehr besteht. Auch die Revisionsbegründung geht in anderem Zusammenhang davon aus, daß die Gesellschaft aufgelöst sei. Die geschäftlichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gläubigern bedürfen daher der Abwicklung. Unter diesen Umständen ist die Fälligkeit der Forderung auch ohne Kündigung zu bejahen. Damit erledigt sich auch die von der Revision aus § 196 I Nr. 8 BGB erhobene Verjährungseinrede, ohne daß darauf eingegangen zu werden braucht, ob die Bekl. diese Einrede in den Vorinstanzen überhaupt wirksam erhoben hat, da sie sich nur auf die Verjährung des Anspruchs aus dem nicht anzuwendenden § 159 HGB berufen hatte. 5. Die Revision bemüht sich weiter aus verschiedenen Gründen herzuleiten, daß eine Forderung der Kl. gegen die Firma und besonders gegen den verstorbenen Gesellschafter L. wegen Verstoßes des der Forderung zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts gegen das Gesetz (§ 134 BGB) nicht bestehen könne. Soweit sich die Revision dabei auf die Aussage L. beruft, im Kriege sei überflüssiges Kapital eingezahlt worden, darüber möge er sich aber nicht äußern, um niemand zu belasten, so kann sie daraus nichts herleiten. Die Aussage des Zeugen bezieht sich auf Vorgänge, die sich gegen Ende der geschäftlichen Tätigkeit der Firma in China abspielten. Dadurch wird aber der Anspruch der Kl. nicht berührt. Denn das Berufungsurteil stellt von der Revision unbeanstandet fest, daß das Guthaben nicht erst durch Einzahlungen im letzten Augenblick entstanden sei. Mehr Gewicht hat die Rüge der Revision, eine auf Schweizer Franken lautende Forderung habe gegen den verstorbenen Ehemann der Bekl. nicht entstehen können, da die deutschen devisenrechtlichen Bestimmungen f ü r die Begründung einer Valutaschuld nicht beachtet worden seien. Auch dieser Angriff der Revision geht aber fehl. Da die Vereinbarungen der Vertragsteile vor dem Ende des Krieges getroffen sind, kann es sich nur um die Folgen eines etwaigen Verstoßes gegen die bis zum Erlaß des MRG 53 in Kraft gewesenen deutschen Devisenbestimmungen handeln. Das Berufungsgericht will die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen damit ausräumen, daß sie der Begründung einer Valutaschuld deswegen nicht entgegenstünden, weil die Beteiligten im Ausland gewesen seien. Damit meint der Richter wohl, daß sich das Geschäft wegen seines Abschlusses im Ausland durch Erklärungen zwischen damals nicht im Inland ansässigen Personen dem Geltungsbereich des damals geltenden deutschen Devisenrechts entziehe. Denn der Umstand, daß der Gesellschafter L. in der in Frage kommenden Zeit einen inländischen Wohnsitz gehabt habe, kann ihm nicht entgangen sein. Der Ansicht des Berufungsrichters kann zwar nicht gefolgt werden, doch kommt es darauf für die Entscheidung nicht an. Aus dem Vortrag der Parteien ist nicht ersichtlich, wann die Vereinbarung zwischen der Kl. bzw. ihrem Ehemann und der Firma getroffen worden ist und wann die Einzahlungen zugunsten der Kl. jeweils gemacht worden sind. Es läßt sich daher nicht ersehen, gegen welche der verschiedenen, sich einander seit 1931 ablösenden Devisengesetze und Devisenverordnungen die von der Firma 4 *
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mit der Kl. oder ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarungen und Zuwendungen verstoßen haben sollen. Es kann aber auch dahingestellt bleiben. Am weitesten gehen die staatlichen Eingriffe in die Vertragsfreiheit der Privatpersonen unter dem letzten deutschen Devisengesetz aus der Zeit vor 1945, dem vom 12. 12. 1938, das erst durch das MRG 53 n. F. (Art. XII) aufgehoben worden ist. Wie schon die Richtlinien f ü r die Devisenbewirtschaftung vom 19. 12. 1936, die unter der Geltung des Devisenbewirtschaftungsgesetzes von 1935 erlassen waren (Richtlinie I 7), bestimmten auch die Richtlinien für die Devisenbewirtschaftung vom 22. 12. 1938 unter Teil I Nr. 5, daß die Beschränkungen und Verbote des Devisengesetzes und der Durchführungsvorschriften, soweit sich aus dem Wortlaut oder Inhalt der Vorschrift nichts anderes ergibt, ohne Rücksicht auf die Rechtsnatur, die Ansässigkeit oder Staatsangehörigkeit der Person gelten, die die Rechtshandlung vornimmt. Nach den Darlegungen in dem Kommentar von FladBerghold-Fabricius zum Devisengesetz 1938 (2. Aufl.) Bd. II B 24 Anm. 2 zu Richtlinie I, 15 galt f ü r das Devisenrecht das Territorialitätsprinzip: Es erfaßte alle Personen, Sachen, Rechte und Rechtsverhältnisse, die zum deutschen Hoheitsgebiet in räumlicher Beziehung standen. Eine solche bestand nach Ansicht der Kommentatoren auch dann, wenn der betreffende Wert sich im Ausland befand, aber einem Inländer (im Sinne der Devisengesetze) gehörte. Bei Schuldverhältnissen ist die räumliche Beziehung vorhanden, wenn einer der daran als Gläubiger oder Schuldner Beteiligten Inländer im devisenrechtlichen Sinne ist. Beitzke führt in seinem Werk Juristische Personen im Internationalprivatrecht und Fremdenrecht (1938) 15 aus, das inländische Devisenrecht ergreife alle Rechtsverhältnisse, gleichgültig welcher Rechtsordnung sie sonst unterstehen mögen (gegen ihn Gutzwiller, Der Geltungsbereich der Währungsvorschriften [1940] 74). Im vorliegenden Fall könnte eine Inlandsbeziehung nur dadurch hergestellt sein, daß durch die Geschäfte der Firma auch der Gesellschafter L. gebunden und verpflichtet war, der im Sinne der Devisengesetze Deviseninländer war. Selbst wenn man aber unterstellt, daß die deutsche Devisengesetzgebung wegen dieser Beziehungen auch das Rechtsverhältnis zwischen der Kl. und der Firma erfaßt hätte, so kann daraus die Unwirksamkeit desselben nicht hergeleitet werden. Es ist keine devisenrechtliche Bestimmung ersichtlich, aus der die Nichtigkeit des zwischen der Kl. bzw. der Firma abgeschlossenen schuldrechtlichen Darlehens- oder Verwahrungsvertrages herzuleiten wäre. Verboten waren grundsätzlich nur Erfüllungsgeschäfte, nicht aber Verpflichtungsgeschäfte (Flad-Berghold-Fabricius aaO I Vorbem. II C zum Abschnitt A S. 61). Verpflichtungsgeschäfte waren nur ausnahmsweise verboten, insbesondere bei Kreditgewährung an Devisenausländer und in den besonderen, hier nicht vorliegenden Fällen des § 45 des DevG von 1938. Ein allgemeiner Grundsatz, daß Deviseninländer Verpflichtungen zur Leistung von Geld in ausländischer Valuta nicht eingehen durften, bestand nicht. Nur die Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit war nach § 14 Nr. 1 und 2 DevG 1938 verboten. Dieses Leistungsverbot war jedoch kein endgültiges.
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Es stand stets unter dem Vorbehalt der Genehmigung des Geschäfts durch die zuständige Behörde. Demgemäß bestimmte § 64 aaO, daß Geschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot oder eine Beschränkung verstoßen, nichtig sind (Abs. 1), daß sie aber vom Zeitpunkt der Vornahme an wirksam sind, wenn sie nachträglich genehmigt werden (Abs. 2). Bedarf aber ein Verpflichtungsgeschäft nicht der Genehmigung, wohl aber das seiner Erfüllung dienende Verfügungsgeschäft, dann ist der schuldrechtliche Vertrag wirksam geschlossen und nicht schwebend unwirksam, da die Erfüllung n u r ungewiß, nicht aber dauernd rechtlich unmöglich ist (Palandt, BGB 11 Anm. 9 zu § 275). Dieser Standpunkt ist auch vom RG f ü r die Devisengesetzgebung vertreten worden (RGZ 151, 35 [38]; J W 1937, 1401). Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Vertragschließenden von vornherein die Absicht hatten, die Erfüllung der Verpflichtung unter Verletzung der bestehenden Devisenvorschriften vorzunehmen. D a f ü r gibt aber der vorgetragene Sachverhalt keinen Anhaltspunkt, zumal da die Vertragschließenden sich damals außerhalb des Reichsgebietes aufhielten und nicht damit rechnen konnten, daß die Durchführung der von ihnen vorgenommenen Transaktionen im Inland erfolgen solle oder müsse oder die deutsche Devisenbewirtschaftung irgendwie berühren konnte (vgl. auch § 64 III Nr. 2 DevG 1938, wonach die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nicht zum Nachteil von Personen geltend gemacht werden kann, die im Ausland ansässig sind, es sei denn, daß sie die Nichtigkeit kannten). Nur dann, wenn die erforderliche Genehmigung versagt wird, entfällt die Möglichkeit der Erfüllung endgültig und wird die Verpflichtung nach § 275 BGB unwirksam (Palandt aaO). Auch h i e r f ü r ist aus dem Vortrag der Parteien nichts zu entnehmen. Ebensowenig läßt sich die Unwirksamkeit des zwischen der F i r m a und der Klägerin bzw. ihrem E h e m a n n vorgenommenen Geschäfts aus den Vorschriften des MRG 53 herleiten. Dies ist abgesehen davon, daß dieses Geschäft unter keine der Bestimmungen des Art. I des Gesetzes fällt, schon deswegen nicht möglich, weil es vor dem Inkrafttreten desselben vorgen o m m e n ist und dem Gesetz rückwirkende Kraft nicht beizulegen ist (Truckenbrodt, MDR 1951, 83). Wie sich aus diesen Erwägungen ergibt, waren die Vertragsparteien durch die Devisengesetzgebung Deutschlands nicht gehindert, eine Valutaschuld zu begründen, wie es dadurch geschehen ist, daß das Guthaben der Kl. auf Schweizer Franken gestellt war. Damit verlieren die Angriffe der Revision ihre Grundlage, die auf der von der Revision angenommenen irrigen Voraussetzung beruhen, gegen den Ehem a n n L. habe eine Valutaschuld nicht begründet werden können, es habe allenfalls eine der Umstellung im Verhältnis 10 : 1 unterliegende Reichsmarkschuld des Gesellschafters L. entstehen können. 6. Das Guthaben der Kl. bei der F i r m a und die entsprechende Verbindlichkeit der Bekl. ist auf Schweizer F r a n k e n gestellt. Es handelt sich demnach im Sinne des auf das Vertragsverhältnis anzuwendenden deutschen Rechts um eine Schuld, die der Umstellung nicht unterliegen kann, weil sie keine Reichsmark Verbindlichkeit im Sinne des § 13 UmstG ist. Zu einer umgestellten Reichsmarkforderung wird die Klageforderung auch dann
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nicht, wenn sie auf Zahlung eines Reichsmarkbetrages gerichtet ist, der sich aus dem Forderungsbetrag durch Umrechnung nach dem am Tage der Zahlung am Zahlungsort maßgebenden Kurs des Schweizer Franken ergibt. Denn auch dann fehlt es an einer f ü r die Anwendung des Umstellungsgesetzes wesentlichen Geldsummenschuld. Der Umfang der Schuld wird hier nicht durch ein Vielfaches der deutschen Währungseinheit, sondern durch Umstände bestimmt, die außerhalb der deutschen Währungsregelung liegen, es handelt sich deshalb um eine Geldwertschuld im Sinne des Umstellungsrechts (BGHZ 7, 134 [137]). Es kann hier nur die Frage aufgeworfen werden, ob der Anspruch der Kl. nicht unmittelbar auf die Zahlung in Schweizer Franken gerichtet ist, so daß sie keine Zahlung in deutscher Währung verlangen kann, unbeschadet der Befugnis der Bekl., nach § 244 BGB in deutschem Geld zu zahlen. Der Berufungsrichter hat einen auf Markzahlung gerichteten Anspruch angenommen, weil von den Parteien stillschweigend vereinbart sei, daß die in Auslandswährung ausgedrückte Schuld von der Gläubigerin auch in inländischer Währung nach dem Kurs der Erfüllungszeit verlangt werden könne. Die Vereinbarung der fremden Währung sei im Hinblick auf die Unsicherheit der örtlichen (chinesischen) Auslandswährung und die Vermögensanlagen der Firma in der Schweiz geschehen. Maßgebend sei der Gedanke der Wertsicherung gewesen. Hätten die Parteien die Rückkehr ins Inland nach Aufgabe der Position in China bedacht, so hätten sie Zahlung in deutscher Währung gewollt, daher sei unabhängig von § 244 BGB auch ein Recht der Gläubigerin anzunehmen, auch deutsche Währung nach dem geltenden Kurs zu verlangen. Es kann der Revision nicht zugegeben werden, daß das Ergebnis, zu dem der Berufungsrichter hier kommt, auf einer Verletzung des § 286 ZPO und der §§ 133 und 157 BGB beruhe. Die Ausführungen des Berufungsurteils, besonders ihr oben zitierter letzter Satz zeigen, daß die Beziehung auf den Parteiwillen nicht eine solche auf einen ausdrücklichen oder als stillschweigend aus den getroffenen Vereinbarungen zu entnehmenden, aber tatsächlich vorhanden gewesenen Willen bedeutet, sondern auf einen sogenannten hypothetischen Willen, der in Wahrheit eine dem Richter obliegende Ergänzung des Vertrages (§ 157 BGB) f ü r einen nicht von den Parteien vorhergesehenen und vorhersehbaren Fall auf Grund einer vernünftigen Interessenabwägung auf rein objektiver Grundlage darstellt (BGHZ 7, 231 1 [235]; NJW 1952, 540 2 ff.). Hier handelt es sich nicht um die Feststellung einer inneren oder äußeren Tatsache, sondern um einen Fall der Rechtsanwendung auf bestimmte Tatsachen. Eine Verletzung des § 286 ZPO kann in derartigen Fällen nur vorliegen, wenn bestimmte Parteibehauptungen, die für die Interessenabwägung erheblich sind, nicht beachtet oder unter Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften festgestellt sind. Daß dies geschehen sei, hat die Revision nicht behauptet. Damit entfällt schon die Möglichkeit einer Verletzung des § 286 ZPO durch die hier vom Berufungsrichter getroffene „Feststellung". Aber auch die Rüge 1 2
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 213 b. Ebda. Nr. 402 b.
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der Revision, §§ 137, 157 BGB seien verletzt, ist nicht begründet. Eine Vereinbarung, daß die Schuld durch effektive Zahlung Schweizer Franken zu bewirken sei, ist nicht getroffen. Das ergibt sich aus den Gründen, aus denen die Bemessung der Schuld in Schweizer Franken nach der Feststellung des Berufungsurteils erfolgt ist. An dem ausdrücklich erklärten Parteiwillen darf eine ergänzende Auslegung des Vertrages nur insoweit etwas ändern, als es der Vertragszweck erfordert. Einer Ergänzung bedurfte im vorliegenden Fall das von den Vertragsparteien ausdrücklich Vereinbarte nur insoweit, als der ursprünglich vorgesehene Zahlungsort infolge nicht vorhergesehener Umstände wegfiel und durch einen inländischen Zahlungsort ersetzt werden muß. Dieser Sachlage entspricht es, den Vertrag dahin zu ergänzen, daß die in fremder Währung ausgedrückte Schuld dann zwar in deutscher Währung zur Zeit der Zahlung, aber durch die Leistung eines deutschen Markbetrages zu erfüllen ist, der dem ursprünglich vereinbarten Fremdwährungsbetrag entspricht. Anzunehmen, wie die Revision es will, daß die Vertragslücke nicht durch Annahme einer Valutaschuld, sondern einer Reichsmarkschuld hätte ausgefüllt werden dürfen, setzt sich mehr als notwendig über das ausdrücklich Vereinbarte hinweg. Die durch den Wegfall des ursprünglichen Zahlungsorts entstandene Lücke hat der Berufungsrichter rechtlich unangreifbar ausgefüllt. 7. Die Bekl. hat sich weiter darauf berufen, eine RückZahlungsverpflichtung bestehe nur insoweit, als es gelungen sei, Firmenvermögen aus dem Zusammenbruch für die Gesellschafter zu retten. Das leitet die Revision einmal daraus her, daß die Vereinbarung der Schuld nach der ausdrücklich getroffenen Feststellung des Berufungsurteils in Schweizer Währung auch erfolgt sei, weil die Firma Vermögensanlagen in der Schweiz gehabt habe. Darin kann ihr nicht gefolgt werden (wird ausgeführt). II. 1. Zutreffend sind dagegen die Angriffe der Revision gegen die Erwägungen des Berufungsrichters, mit denen er die Frage, ob die Bekl. als Erbin des persönlichen Gesellschafters O. L. sen. f ü r die Verbindlichkeiten der Firma hafte, nach Vorschriften des deutschen Rechts entscheidet. Sie müssen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache führen. Das Berufungsgericht stellt, ebenso wie bei dem Vertragsverhältnis zwischen der Kl. und der Firma, auch f ü r diese Frage auf den Parteiwillen ab. Es nimmt im vorliegenden Fall eine stillschweigende Vereinbarung über die Geltung des deutschen Rechts an, weil sich die Gesellschafter durch die Gründung einer als ofTene Handelsgesellschaft bezeichneten Firma und ihr Auftreten als Mitinhaber mit der Anwendung dieses Rechts einverstanden erklärt hätten. Bei Schuldverhältnissen sei f ü r die Frage, welches Recht anzuwenden sei, in erster Linie der Parteiwille maßgeblich. Dieser sei unbedenklich f ü r das vorliegende Rechtsverhältnis auf Geltung des deutschen Rechts auch bezüglich der Haftung der Gesellschafter gerichtet gewesen. Die Revision vertritt dagegen die Ansicht, die Voraussetzungen der Haftung der Gesellschafter f ü r die Verbindlichkeiten der Firma seien nach
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chinesischem Recht zu beurteilen, da die Firma ihren Sitz in China gehabt habe. Der Ansicht der Revision ist grundsätzlich beizustimmen. Die Voraussetzungen, unter denen die Gesellschafter einer Handelsgesellschaft f ü r ihre Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden können, und der Inhalt und Umfang der sich daraus ergebenden Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen die einzelnen Gesellschafter ist nicht so sehr eine Auswirkung der Verträge und der sonstigen Rechtsverhältnisse zwischen der Gesellschaft und Dritten, als eine solche des zwischen den Gesellschaftern begründeten Gesellschaftsverhältnisses. Bei der offenen Handelsgesellschaft steht im Vordergrund der gemeinsame Zweck, der Betrieb des Handelsgewerbes im Interesse der Gesamtheit der Gesellschafter. Das Wesen einer solchen Handelsgesellschaft ist, auch wenn sie keine juristische Persönlichkeit besitzt, dem der juristischen Personen außerordentlich ähnlich, daraus erwächst ein berechtigtes Bedürfnis nach einem die Personenvereinigung beherrschenden Personalstatut, das die Organisation der Handelsgesellschaft einheitlich regelt (RGZ 36, 172 [177]; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht [1931] Nr. 65). Das hat in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre des deutschen internationalen Privatrechts dazu geführt, die Rechtsverhältnisse auch der nicht rechtsfähigen Handelsgesellschaften zu dritten Personen (Außenwirkungen des Gesellschaftsverhältnisses) dem Recht des Sitzes der Gesellschaft zu unterstellen, ohne Rücksicht darauf, ob die Gesellschaft nur aus Ausländern oder Inländern oder teilweise aus In- und Ausländern besteht, weil der Schwerpunkt der Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und Nichtgesellschaftern am Ort ihrer gewerblichen Tätigkeit liegt (RGZ 23, 31 [33] und bei Bolze, Praxis des Reichsgerichts Bd. 1 Nr. 41, Bd. 11 Nr. 9; RG in HansGZ 1920 Hauptblatt S. 106, Nr. 53; RGRK zum HGB (1. Aufl.) Bd. 1 Allg. Einl. Anm. 42 S. 20; Düringer-Hachenburg-Geiler HGB 3 Bd. I, Allg. Einl. Anm. 17 d; Flechtheim ebda. Bd. II, Vorbem. 3 vor § 105; GeßlcrHefermehl, HGB 2 § 106 Anm. VII 2; Lewald aaO; Nußbaum, Deutsches Internationales Privatrecht 206 f.). Zu den Außenwirkungen der Gesellschaft im Gegensatz zu den Rechtsbeziehungen unter den Gesellschaftern selbst (Innenverhältnis) gehört auch die Haftung der Gesellschafter f ü r rechtsgeschäftliche oder andere Verbindlichkeiten, die im Betrieb der Gesellschaft entstanden sind (Nußbaum aaO 207 mit Nachweisen). Deshalb kann sich die Haftung der Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft nach ausländischem Recht bestimmen, obwohl f ü r die Schuld der Gesellschaft, f ü r die der Gesellschafter in Anspruch genommen wird, deutsches Recht gilt (RG in HansGZ 1920 Hauptbl. 106, Nr. 53). Aus dem Umstand, daß die Verbindlichkeit der Firma nach deutschem Recht zu beurteilen ist, darf nicht gefolgert werden, daß auch die Haftung der Bekl. und ihre Voraussetzungen nach diesem Recht zu beurteilen seien. Allerdings ist die Frage der Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden nach deutschem internationalem Privatrecht nur grundsätzlich nach dem Recht des Sitzes der Gesellschaft zu entscheiden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß unter besonderen Umständen etwas Ab-
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weichendes gelten kann; daß insbesondere auch die Parteien eines Gesellschaftsvertrages ausdrücklich oder stillschweigend etwas anderes vereinbaren (so auch Geiler in Düringer-Hachenburg aaO Anm. 17 d, S. 49, wo ausgeführt wird, daß f ü r die Frage der Schuldenhaftung das Personalstatut der Gesellschaft in erster Linie entscheidet). Wie das RG in RGZ 23, 31 annimmt, beruht die Haftung des Gesellschafters nach Maßgabe des Rechts des Sitzes der Gesellschaft darauf, daß sich der Gesellschafter dem Recht des ausländischen Sitzes unterwirft. Daraus folgert der Gerichtshof, daß eine Ausnahme nach den konkreten Umständen des Falles, bei Unkenntnis des fremden Rechts, bei anzunehmender Ubereinstimmung des fremden und des einheimischen Rechts, sowie bei ausdrücklich erklärtem oder konkludentem Willen der Parteien, sich dem einheimischen Recht zu unterwerfen, begründet wird. Wie v. Bar in Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts I 346 Anm. 4 ausführt, können Schwierigkeiten aus der grundsätzlichen Anwendung des am Sitz der Gesellschaft geltenden Rechts entstehen, wenn die Gesellschaft in einem Lande (z. B. im Orient) errichtet wird, in welchem das lokale Recht f ü r Europäer keine Geltung hat. Auch Nußbaum aaO 207 Anm. 5 erkennt wenigstens f ü r das Innenverhältnis einer von Deutschen (Hamburgern) in Übersee betriebenen Handelsgesellschaft die Möglichkeit der Anwendbarkeit deutschen Rechts an. 2. Gründe, die die Anwendung des chinesischen Rechts ausschließen, sind nicht ersichtlich. Bis zum Eintritt Chinas in den ersten Weltkrieg unterstanden in China ansässige Deutsche und deutsche Schutzgenossen der deutschen Konsulargerichtsbarkeit nach Maßgabe des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. 4. 1900 (RGBl. S. 213). Die bürgerlichrechtlichen Rechtsverhältnisse der in den Konsulargerichtsbezirken Ansässigen wurden grundsätzlich nach Vorschriften des deutschen Rechts geregelt (§§ 2, 19 I des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit). Dasselbe galt u. a. auch f ü r offene Handelsgesellschaften, die in einem Konsulargerichtsbezirk ihren Sitz hatten, wenn die Gesellschaften sämtlich Deutsche waren (§ 19 II aaO). Die Verträge, auf denen das Recht des Deutschen Reichs zur Ausübung der Konsulargerichtsbarkeit beruhte, sind durch den Eintritt Chinas in den ersten Weltkrieg auf Seiten der Alliierten aufgehoben u n d nicht wieder in Kraft gesetzt worden (Liszt-Fleischmann, Völkerrecht 1 2 213). Durch die Deutsch-Chinesischen Vereinbarungen vom 20. 5. 1921, die durch das deutsche Gesetz vom 5. 7. 1921 (RGBl. S. 829) bestätigt worden sind, hat Deutschland der Beseitigung der deutschen Konsulargerichtsbarkeit zugestimmt (vgl. die Erklärung des deutschen Bevollmächtigten vom 20. 5. 1921 und des chinesischen Ministers des Äußern vom 20. 5. 1921 (RGBl. S. 831 und 832). Auf Grund des Art. III der Vereinbarung (RGBl. 1921 S. 833, 834) waren Deutsche, die sich in China aufhielten, hinsichtlich ihrer Person und ihres Vermögens der chinesischen Gerichtsbarkeit unterworfen und verpflichtet, sich nach den Gesetzen des Aufenthaltslandes (China) zu richten. Das Deutsche Reich hat damit anerkannt, daß chinesisches Recht angewandt werden kann. 3. Die Feststellung, ob chinesisches oder deutsches Recht f ü r die Entscheidung der hier interessierenden Frage der Haftung der Bekl. maß-
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gebend ist, wäre entbehrlich, wenn das chinesische Recht diese Frage in d e m gleichen Sinn entschiede wie § 128 HGB. Dies ist nicht der Fall. Möglicherweise k o m m t § 681 des BGB der Republik China (deutsche Übersetzung Bänger, Zivil- u n d Handelsgesetzbuch sowie Wechsel- und Scheckrecht von China, Bd. 73 der Arbeiten zum Handels-, Gewerbe- u n d Landwirtschaftsrecht, herausgegeben von E. Heymann [Marburg 1934] 101 ff.) oder § 35 des Chinesischen Gesetzes über die Handelsgesellschaften vom 13. 1. 1914, revidiert durch das Gesetz vom 26. 12. 1929 (deutsche Ubersetzung des Gesetzes i. d. F. von 1929 von Bänger in Zeitschrift f ü r das gesamte Handels- u n d Konkursrecht Bd. 98, S. 297 fl'.) zur Anwendung. § 681 lautet in deutscher Übersetzung: „Reicht das Gesellschaftsvermögen zur E r f ü l l u n g der Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so h a f t e n die Gesellschafter als Gesamtschuldner f ü r den nicht gedeckten Teil." § 35 ordnet an: „ W e n n das Vermögen der Gesellschaft zur E r f ü l l u n g ihrer Verbindlichkeiten nicht ausreicht, so h a f t e n die Gesellschafter als Gesamtschuldner." Zum Unterschied vom deutschen Recht ist nach diesen Vorschriften die H a f t u n g der Gesellschafter f ü r Gesellschaftsschulden subsidiär, sie tritt n u r ein, wenn u n d soweit das Vermögen der Gesellschaft unzureichend ist (vgl. zur Auslegung dieser Bestimmungen Bänger, Chinesisches Gesetzbuch 58 u n d derselbe in Z H a n d R Bd. 98 S. 292 F u ß n . 20). Die Frage, ob deutsches oder chinesisches Recht Voraussetzungen u n d U m f a n g der Haftung der Bekl. bestimmt, k a n n d a h e r nicht unentschieden bleiben, da nicht feststeht, ob u n d in welcher H ö h e Gesellschaftsvermögen der F i r m a noch v o r h a n d e n oder zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger v e r f ü g b a r ist. 4. Der von dem Berufungsrichter festgestellte Sachverhalt u n d das Vorbringen der Parteien reicht aber auch sonst nicht aus, u m zu entscheiden, ob deutsches oder chinesisches Recht maßgebend ist, und im letzteren Fall, welche Vorschriften des chinesischen Rechts in Betracht k o m m e n . a) Aus dem Sachvortrag der Parteien ist nicht ersichtlich, w a n n die unter der F i r m a C. & Co. mit dem Sitz in Schanghai betriebene Handelsgesellschaft begründet worden ist, es ist d a r a u s n u r zu ersehen, d a ß sie schon 1922 bestanden hat, da damals der geschiedene E h e m a n n der Kl. in ihre Dienste getreten ist. Die Zeit der Entstehung u n d Begründung der Gesellschaft ist aber f ü r die Frage des f ü r sie geltenden Rechts nicht ohne Bedeutung u n d bedarf d a h e r der Feststellung. Ist die Gesellschaft vor dem ersten Weltkrieg von Deutschen gegründet worden, so ist anzunehmen, d a ß sie als Gesellschaft nach deutschem Recht ins Leben getreten ist (§ 19 des Konsulargerichtsbarkeitsgesetzes). Ist sie in das Handelsregister des deutschen Konsulats in Schanghai eingetragen w o r d e n — ob dies der Fall war, ist nicht festgestellt — oder w u r d e von ihr ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 HGB betrieben, so bestand sie als offene Handelsgesellschaft (§§ 105 ff., insb. § 123 II HGB). Die H a f t u n g der Gesellschafter w ü r d e sich d a n n nach § 128 HGB bestimmt haben. Ob sie infolge des Kriegszustandes zwischen dem Deutschen Reich u n d China w ä h r e n d des ersten Weltkrieges durch M a ß n a h m e n der chinesischen Regier u n g (Liquidierung) aufgehört hat zu bestehen, ist nicht festgestellt. Aber
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auch wenn m a n dies unterstellt, ist die Anwendung deutschen Rechts nicht auszuschließen, selbst wenn durch Art. III der Vereinbarung vom 20. 5. 1921 (RGBl. S. 833 f.) Deutsche und die von ihnen begründeten Gesellschaften mit dem Sitz in China dem chinesischen Recht unterworfen wurden. Haben die Inhaber nach Wiederherstellung des Friedenszustandes den Betrieb der Gesellschaft fortgesetzt, so könnte sich die Möglichkeit der Anwendung deutschen Rechts aus der chinesischen Verordnung über die Anwendung ausländischen Rechts vom 5. 8. 1918 (deutsche Ubersetzung bei Makarov, Quellen des internationalen Privatrechts 2) ergeben. Art. 23 dieser Verordnung bestimmt u. a. folgendes: „Die Erfordernisse und die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts, aus denen ein Schuldverhältnis entsteht, werden nach dem Recht bestimmt, dessen Anwendung die Parteien gewollt haben. Ist ein Wille der Parteien nicht ersichtlich, so ist, wenn die Parteien die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen, ihr Heimatrecht anzuwenden. Besitzen sie verschiedene Staatsangehörigkeit, so ist das Recht des Ortes der Handlung maßgebend." Der Berufungsrichter wird daher zu p r ü f e n haben, ob nicht unter Anwendung dieser VO die F i r m a als offene Handelsgesellschaft deutschen Rechts weiterbestanden hat und die Haftung der Bekl. bzw. ihres verstorbenen Ehemanns f ü r die Schulden der Gesellschaft aus § 128 HGB hergeleitet werden kann. (Ob diese VO allerdings während der ganzen f ü r die Rechtsbeziehungen der Parteien maßgebenden Zeit in Geltung geblieben ist, ist zweifelhaft. Das Berufungsgericht wird die Frage gegebenenfalls zu klären haben. Nach Bänger, Chinesisches Gesetzbuch 19 bei Anm. 33 soll ein neues Gesetz sich in Vorbereitung befunden haben, dessen Entwurf 1927 veröffentlicht worden ist. Ob dieser Entwurf Gesetz geworden ist, konnte nicht festgestellt werden. Nach Makarov aaO ist das Gesetz vom 5. 8. 1918 noch in Geltung). b) Die Anwendbarkeit deutschen Rechts würde allerdings dann nicht in Frage kommen, wenn die F i r m a eine offene Handelsgesellschaft nach Maßgabe des chinesischen Gesetzes vom 13. 1. 1914, revidiert und neu verkündet am 26. 12. 1929 (Bänger in ZHandR 288 f.), wäre. Eine offene Handelsgesellschaft nach diesem Gesetz ist eine juristische Person chinesischen Rechts (§ 3); sie entsteht erst, wenn sie von der zuständigen Behörde am Ort der Hauptniederlassung eingetragen ist (§ 5). Gemeint ist damit die Eintragung in ein chinesisches Register. Ob eine solche Eintragung erfolgt ist, ist nicht klar zu ersehen. Die Bekl. hat zwar geltend gemacht, eine Eintragung der Gesellschaft sei weder in Deutschland noch in China erfolgt. Sie hat aber damit möglicherweise nur eine Eintragung in ein Register des Deutschen Konsuls gemeint, wie ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 10. 4. 1953 vermuten lassen. Die Möglichkeit der Eintragung in ein von einer chinesischen Behörde geführtes Register scheint von ihr nicht ins Auge gefaßt zu sein. Diese Frage bedarf daher der Klärung. Wie sich die Haftung der Gesellschafter f ü r Gesellschaftsschulden unter diesem Gesetz bestimmt, ist bereits oben dargelegt. c) Liegt weder eine Gesellschaft nach deutschem Recht noch nach dem
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chinesischen Gesetz von 1914 bzw. 1929 vor, so kann es sich um eine Partnerschaft im Sinne des chinesischen Rechts handeln. Nach Betz in Rvgl. Hdwb. I 331, sind die Mehrzahl der chinesischen kaufmännischen Unternehmungen nicht als Handelsgesellschaften im Sinne des erwähnten Gesetzes, sondern als Partnerschaften (Gesellschaften des bürgerlichen Rechts) betrieben worden. Ihre Rechtsverhältnisse richteten sich nach Betz aaO bis zum Inkrafttreten der Vorschriften des chinesischen Gesetzbuches — das Zweite Buch, das das Recht der Schuldverhältnisse regelt, ist nach Bänger, Gesetzbuch 21 seit dem 5. 5. 1931 in Geltung — nach Gewohnheitsrecht, später nach den Vorschriften der §§ 667 ff. des chinesischen BGB. In diesem Fall würde f ü r die Haftung der Bekl. die schon erwähnte Vorschrift des § 681 zur Anwendung kommen können. Es wird aber auch zu prüfen sein, ob f ü r diese auf vertragsmäßiger Grundlage bestehenden Gesellschaften nicht unter Anwendung des Art. 23 der VO vom 5. 8. 1918 das deutsche Recht als vereinbart gilt. III. Aus diesen Gründen bedarf die Sache einer erneuten Verhandlung vor dem Berufungsgericht, in der auch geklärt werden muß, ob die erwähnten chinesischen Gesetze Gültigkeit erlangt haben oder noch besitzen. Sie mußte deshalb an dieses zurückverwiesen werden, ohne daß es auf die weiteren Rügen der Revision, die im wesentlichen verfahrensrechtliche sind, ankommt, zumal da die Bekl. nunmehr Gelegenheit hat, auf eine Ergänzung der Beweisaufnahme hinzuwirken. Für die erneute Verhandlung wird noch folgendes zu beachten sein. 1. Wie die Ausführungen des Berufungsurteils zur Verjährung der Forderung der Kl. auf Grund des § 159 HGB zeigen, ist der Berufungsrichter davon ausgegangen, daß die Anwendbarkeit des deutschen Rechts dazu führen müsse, daß die Gesellschaft eine offene Handelsgesellschaft im Sinne der §§ 105 ff. HGB sei. Die Maßgeblichkeit dieser Vorschriften ist bedeutsam, wenn das Berufungsgericht auf Grund der erneuten Verhandlung wiederum zur Anwendung deutschen Rechts kommt. Der Ansicht des Berufungsgerichts könnte das Bedenken entgegengehalten werden, daß die Vorschriften des HGB über die OHG voraussetzen, daß der Sitz der Gesellschaft ein inländischer ist. Denn für die Gesellschafter der OHG besteht ein gesetzlicher Zwang, diese in das Handelsregister des Sitzes eintragen zu lassen (§ 106 HGB), und die Eintragung ist nur möglich, wenn am Sitz der Gesellschaft ein Handelsregister nach deutschem Recht geführt wird. Es wird jedoch einem grundsätzlichen Bedenken nicht unterliegen, daß Deutsche sich auch dem Recht der OHG f ü r eine im Ausland betriebene Handelsgesellschaft insoweit unterwerfen können, als diese Vorschriften die Eintragung in das Handelsregister nicht voraussetzen. Auch die inländische Handelsgesellschaft ist in ihrer Entstehung nicht stets davon abhängig, daß sie eingetragen ist. Sie unterliegt den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (§ 123 II), sofern sie ein Handelsgewerbe betreibt, das nicht erst durch die Eintragung ins Register zu einem solchen wird (§§ 2ff. HGB). Die Anwendung des § 128 HGB, der die persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter f ü r die Gesellschaftsschulden statuiert, ist da-
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her nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Jedoch braucht diese Frage nicht endgültig entschieden zu werden. Verneint man die Anwendbarkeit der Vorschriften des HGB f ü r Handelsgesellschaften, die keinen inländischen Sitz haben, so wären auf eine solche Gesellschaft die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB anzuwenden. Diese bestimmen nichts darüber, in welchem Umfang Gesellschafter f ü r Gesellschaftsschulden in Anspruch genommen werden können. Es gelten die allgemeinen Bestimmungen. Entstehen solche aus einem schuldrechtlichen Vertrag, der im Namen der Gesellschaft abgeschlossen wird, so findet § 427 BGB Anwendung, wonach mehrere Personen, die sich durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung verpflichten, im Zweifel als Gesamtschuldner haften. Da hier Umstände, aus denen etwas Abweichendes entnommen werden kann, nicht ersichtlich sind, ist gegen die Haftung der Bekl. als Gesamtschuldnerin nach dem in dem Beruf ungsurteil festgestellten Sachverhalt ein durchgreifendes Bedenken nicht vorhanden. Unanwendbar ist jedoch die Vorschrift des § 159 HGB, auf die sich die Bekl. wegen der von ihr erhobenen Einrede der Verjährung berufen hat. Die dort geregelte fünfjährige Verjährung von Ansprüchen gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft von der Auflösung der Gesellschaft oder dem Ausscheiden des Gesellschafters an ist davon abhängig, daß das Ausscheiden oder die Auflösung in das Handelsregister des f ü r den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen ist. Erst mit der Eintragung läuft die Verjährungfrist, die Eintragung ist Tatbestandsvoraussetzung f ü r den Beginn der Verjährung. Ist sie unterblieben, so ist es gleichgültig, aus welchem Grund dies geschehen ist (Weipert in RGRK HGB § 159 Anm. 20 und 23). Die Eintragung im Sinne dieser Vorschrift kann aber nur die in ein von einem deutschen Gericht geführtes Handelsregister sein. Der Streit der Parteien darüber, ob die Auflösung in ein beim Deutschen Konsulat in Schanghai geführtes Handelsregister eingetragen war, ist gegenstandslos. Da die deutschen Konsuln in China seit dem ersten Weltkrieg Konsulargerichtsbarkeit nicht mehr ausüben und demnach auch kein Handelsregister im Sinne des deutschen Handelsrechts führen konnten, kann eine im Jahre 1945 oder 1946 erfolgte Beendigung des chinesischen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft im Handelsregister nicht eingetragen sein. Die Vorschriften des § 7 II des Konsulargerichtsbarkeitsgesetzes vom 7. 4. 1900 in Verbindung mit § 125 I FGG, auf denen die Zuständigkeit der Konsuln zur Führung von Handelsregistern beruht, fand keine Anwendung mehr. Wenn etwa der deutsche Konsul in Schanghai ein Verzeichnis deutscher Firmen geführt hat, so ist dies kein Handelsregister im Sinne des Gesetzes. Auf die Ausführungen des Berufungsrichters, ob die Gesellschaft aufgelöst ist oder nicht, und die von der Revision dagegen erhobenen Bedenken kommt es nicht an. Aus § 159 HGB kann die Verjährung des Klaganspruchs nicht hergeleitet werden. 2. Die Bekl. hat sich auch darauf berufen, der etwaige Verlust der Vermögensanlagen der Gesellschaft in der Schweiz müsse auf Grund des § 242 BGB dazu führen, den Klaganspruch der Kl. gegen die Bekl. endgültig oder doch wenigstens zur Zeit als unbegründet erscheinen zu lassen. Der Be-
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rufungsrichter hat ausgeführt, der Verlust des Gesellschaftsvermögens könne zu einer Streichung oder Herabsetzung der Verbindlichkeiten der Gesellschafter nach § 128 HGB nicht führen, weil der persönlich haftende Gesellschafter die Gefahr trage, daß die Gesellschaft ihr Vermögen verliere. Es kann dabei dahinstehen, ob es in dieser Allgemeinheit richtig ist, wenn der Berufungsrichter ausführt, der Verlust des Gesellschaftsvermögens könne nicht zu einer Streichung oder Herabsetzung der Verbindlichkeit der Gesellschafter nach § 242 BGB führen, weil der persönlich haftende Gesellschafter die Gefahr trage, daß die Gesellschaft ihr Vermögen einbüße. An dieser Erwägung ist soviel richtig, daß der Verlust des Gesellschaftsvermögens allein nicht zu einer gänzlichen oder teilweisen Streichung führen kann. Denn diese Tatsache allein würde nicht bedeuten, daß das Festhalten der Gesellschafter an ihrer sich aus § 128 HGB ergebenden Verbindlichkeit gegen Treu und Glauben verstößt. Für Darlehensverbindlichkeiten hat der I. Zivilsenat bereits in dem nicht zum Abdruck gelangten Teil seines Urteils vom 29. 5. 1951 I ZR 87/50 (BGHZ 2, 237) ausgesprochen, aus dem Wesen des Darlehensvertrages ergebe sich, daß das Darlehen zurückzuzahlen ist und daß Verluste des Darlehensnehmers diese Verpflichtung grundsätzlich nicht aufheben. Dasselbe hat aber auch für Verwahrungsdarlehen nach § 700 BGB zu gelten. Eine Inanspruchnahme der Bekl. würde aber bei solchen Rechtsverhältnissen nur dann gegen Treu und Glauben verstoßen können, wenn durch die Verpflichtung zur Rückzahlung die wirtschaftliche Grundlage der Bekl. vernichtet oder auch nur schwer erschüttert würde (so auch der I. Zivilsenat aaO). Dafür hat aber die Bekl. nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsurteils nichts vorgetragen. Es bleibt der Bekl. unbenommen, ihr Vorbringen in dieser Richtung zu ergänzen, falls es darauf ankommt. 3. Gelangt der Berufungsrichter auf Grund der erneuten Verhandlung zu dem Ergebnis, daß der Klaganspruch ganz oder teilweise begründet ist, so wird zu beachten sein, daß nach dem oben unter II 6 Ausgeführten der Anspruch der Kl. nicht auf Leistung einer bestimmten Summe in Deutscher Mark gerichtet ist, sondern auf Zahlung eines Betrages, der einer ursprünglich in Schweizer Franken ausgedrückten Schuld in deutscher Währung am Tage der Zahlung entspricht. Dies ist bei der Verurteilung zu berücksichtigen. Unbedenklich ist es, wenn der Berufungsrichter eine Genehmigung zum Erlaß eines Leistungsurteils auf Grund des MRG Nr. 53 nicht f ü r erforderlich erachtet hat. Beide Parteien haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik, also im „Gebiet" im Sinne des Gesetzes (Art. X Abs. f). Die Notwendigkeit einer Devisengenehmigung könnte nur nach Art. I Abs. a und b in Frage kommen, weil die den Gegenstand der Klage bildende Forderung auf die Zahlung Schweizer Franken gerichtet war, also auf eine fremde Währung „lautet" und daher ein Devisenwert im Sinne des Art. X Abs. d Nr. 3 des Gesetzes ist. Ob ein gerichtliches Urteil, wenn es zugunsten einer im Gebiet ansässigen Person ergeht, ein Geschäft im Sinne des Art. X Abs. b des Gesetzes Nr. 53 ist, ist umstritten (verneinend Langen, Kommentar zum Devisengesetz 2 Anm. 25 zu Art. I; bejahend Kühne, Handbuch des Devisenrechts [1952] 28). Diese Frage
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braucht für den vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Denn wenn auch die Verbindlichkeit der Firma ursprünglich in einer nicht im Gebiet geltenden Währung ausgedrückt war, so ist der Anspruch jetzt auf Grund der ergänzenden Auslegung des Vertrages zwischen der Firma und der Bekl. auf Zahlung inländischer Währung gerichtet. Dieser Umstand entscheidet allein darüber, daß es sich bei dem den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildenden Anspruch nicht um einen Devisenwert im Sinne des MRG Nr. 53 handelt." 21. Wenn keine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien über das anzuwendende Recht vorliegt, ist bei schuldrechtlichen Verträgen die maßgebende Rechtsordnung nach dem sogenannten hypothetischen Parteiwillen zu bestimmen. Es handelt sich dabei nicht um die psychologische Erforschung subjektiver Vorstellungen der Parteien und ihre Ergänzung im Wege psychologischer Fiktionen, sondern um eine objektive Interessenabwägung. — Trotz der Anwendbarkeit französischen Rechts auf den Vertrag kann der Anspruch in deutscher Währung geltend gemacht werden, denn das Schuld- und das Währungsstatut können auseinanderfallen. — Die Verjährung richtet sich bei Schuldverhältnissen nach dem Schuldstatut. — Der Erwerb des Eigentums richtet sich nach der lex rei sitae. — Die VO über die Rechtsanwendung bei Schädigung deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebietes vom 7. 12. 1942 muß als geltendes Recht betrachtet werden. — Wenn das Gericht sich selbst eine hinreichende Kenntnis des ausländischen (hier französischen) Rechts verschafft hat, kann von der Einholung eines Gutachtens über die Anwendbarkeit und über den Inhalt dieses RecMs abgesehen werden. — BGB § § 31, 823, 987 ff.; V O über die Rechtsanwendung bei Schädigungen deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebietes vom 7. 12. 1942, § 1; franz. Code civil Art. 711, 1138, 1142, 1147, 1150, 1151, 1583; franz. Code de commerce Art. 98, 99; Londoner Schuldenabkommen Art. 4 I I I . OLG Hamburg, Urt. vom 30. 12. 1953 — 4 U 167/53. Ungedruckt. Die Kl., eine Firma in Saarbrücken, kaufte im Jahre 1944 von der Firma d'Y., Paris, 45 000 Fläschchen Parfüm. Mit dem Transport der in Kisten verpackten Fläschchen beauftragte die Firma d'Y. die Firma K. & N., Paris (eine Niederlassung der beklagten Hamburger Firma). Während eine erste Teillieferung von 15 Kisten die Kl. erreichte, kam die zweite Teillieferung von 30 Kisten nicht in die Hände der Kl. Diese klagt auf Schadensersatz. Aus den Gründen: „Die Berufung ist zulässig . .., jedoch sachlich nicht begründet. Zwischen der Kl. und der Bekl. ist nach dem Klagvorbringen ein Vertrag nicht geschlossen worden. Als Grundlage für vertragliche Ansprüche der Kl. gegen die Bekl. kommt daher nur der zwischen den Firmen d'Y. und K. & N., Paris, geschlossene Vertrag in Betracht. Zu der Frage, ob die Bekl. für die von der Firma K. & N., Paris, begründeten Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden können, ist
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der Senat aus den gleichen Gründen wie das angefochtene Urteil, auf das insoweit Bezug genommen wird, zu der Überzeugung gelangt, daß die Firma K. & N., Paris, keine selbständige Rechtspersönlichkeit, sondern lediglich eine Niederlassung der Bekl. darstellte. Die Selbständigkeit einer Rechtspersönlichkeit läßt sich weder daraus herleiten, daß zu ihrer Einrichtung eine Zulassung erforderlich war, noch daraus, daß sie französische Steuern bezahlte oder daß sie nach der Kapitulation der Sequestration unterlag. Ist die Bekl. somit nach wie vor mit K. & N., Paris, identisch, so muß zur Entscheidung der Frage, ob die Kl. den geltendgemachten Anspruch aus dem zwischen der Bekl. und der Firma d'Y. geschlossenen Vertrage herleiten kann, zunächst geklärt werden, nach welcher Rechtsordnung dieser Vertrag zu beurteilen ist. Eine Vereinbarung über das anzuwendende Recht, die nach deutschem internationalem Privatrecht in erster Linie maßgebend wäre (vgl. BGH 14. 4. 1953, NJW 1953, 1140 1 ; RGZ 122, 318; Raape, Internationales Privatrecht 3 , 282; Palandt-Lauterbach, BGB 11 [1953], Vorbem. v. Art. 12 EGBGB, Anm. 2 a), haben die Vertragschließenden nicht ausdrücklich getroffen. Auch eine stillschweigende Vereinbarung liegt nicht vor. Wenn das LG meint, aus der Tatsache, daß die Bekl. auf der nach Abschluß des Vertrages ausgestellten Bescheinigung vom 12. 7. 1944 einen Vermerk über die Anwendung der ADSp angebracht habe, lasse sich schließen, daß sie von Anfang an deutsches Recht habe anwenden wollen, und die Firma d'Y. habe diesen Willen stillschweigend gebilligt, so kann dem nicht gefolgt werden. Das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung hätte vorausgesetzt, daß die Bekl. vor oder bei Vertragsabschluß erkennbar zum Ausdruck gebracht hätte, der Vertrag solle deutschem Recht unterstehen. Daß dies geschehen sei, läßt sich aber dem einmaligen späteren Hinweis auf die ADSp., der selbst nicht mehr Inhalt des bereits abgeschlossenen Vertrages werden konnte, nicht entnehmen, zumal der Vertrag offenbar mündlich und möglicherweise von einem französischen Angestellten der Bekl. abgeschlossen worden ist. Mangels einer Parteivereinbarung ist bei schuldrechtlichen Verträgen die maßgebliche Rechtsordnung nach dem sogenannten hypothetischen Parteiwillen zu bestimmen (vgl. BGH, NJW 1953, 1140; RGZ 120, 72; Raape aaO 291 f., Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands 2 [1949] 121 f.; Palandt-Lauterbach aaO Vorbem. v. Art. 12 EGBGB Anm. 2 a). Wie neuerdings der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit dem überwiegenden Schrifttum mit Recht ausgesprochen hat, handelt es sich dabei nicht um die psychologische Erforschung subjektiver Vorstellungen der Parteien und ihre Ergänzung im Wege psychologischer Fiktionen, sondern um eine objektive Interessenabwägung (vgl. BGH 1. 2. 1952, N J W 1952, 541 2; NJW 1953, 1141 1 ; Raape aaO 292; Nußbaum, Deutsches Internationales Privatrecht [1932] 222; Neumeyer, Internationales Privatrecht [1923] 28; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht auf
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Siehe unten Nr. 40.
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Siehe JzRspr. 1945—1953 Nr. 402 b.
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Grundlage der Rechtsprechung [1931] 218; vgl. auch RGZ 74, 174). Eine echte vom Subjekt her auszufüllende Vertragslücke liegt beim Fehlen einer Vereinbarung über die maßgebende Rechtsordnung ja nicht vor, denn die Rechtsordnung ist nicht Teil des Vertrages, sondern steht vor und außer ihm (so Raape aaO 292). Es ist deshalb unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles objektiv abzuwägen, zu welcher Rechtsordnung das Vertragsverhältnis die engsten Beziehungen hat. Betrachtet m a n hiernach den zwischen der F i r m a d'Y. und der Bekl. abgeschlossenen Vertrag, so ergibt sich folgendes: Die Firma d'Y. und die Niederlassung der Bekl., die den Vertrag abschloß, waren beide in Paris ansässig. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsschließenden wären daher — vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus gesehen — mit größter Wahrscheinlichkeit in Paris ausgehandelt worden. Der Frachtvertrag, den die Bekl. auf Grund des Vertrages mit der französischen Eisenb a h n abzuschließen hatte, unterstand als reiner Massen- und Formularvertrag auf jeden Fall dem französischen Recht. Diese Umstände, zu denen ergänzend noch hinzugefügt werden kann, daß die Korrespondenz zwischen den Vertragschließenden in französischer Sprache geführt wurde, weisen auf eine enge Beziehung des Vertrages zum französischen Recht hin. Daß die W a r e nach Deutschland transportiert werden sollte, fällt demgegenüber nicht maßgeblich ins Gewicht. Eine grundsätzliche Anknüpfung an das Recht des Bestimmungsortes entspricht nicht der objektiven Interessenlage, da sie zu dem unerfreulichen Ergebnis f ü h r e n müßte, daß auf gleichlautende Verträge der gleichen Parteien je nach dem Bestimmungsort verschiedene Rechtsordnungen Anwendung fänden. Die Anwendung französischen Rechts ergibt sich weiter aus der engen rechtlichen und wirtschaftlichen Anlehnung dieses Vertrages an den zwischen der Kl. und der F i r m a d'Y. geschlossenen Kaufvertrag, dessen Unterstellung unter französisches Recht k a u m in Zweifel gezogen werden kann. Auch die Anwendung des französischen internationalen Privatrechts weist bei seiner stärkeren Berücksichtigung des Abschlußortes auf die Anwendung des französischen Rechts hin. Auch unter Berücksichtigung der 1944 in Frankreich bestehenden besonderen Lage kommt m a n zu keinem anderen Ergebnis. Die Bekl. hat mit der F i r m a d'Y auf der Ebene des Privatrechts als gleichgeordnetem Partner einen Vertrag abgeschlossen. Dem Umstände der deutschen Besetzung Frankreichs k a n n daher ein Einfluß auf die hier zur Entscheidung stehende privatrechtliche Frage nicht eingeräumt werden. Die Anwendbarkeit des deutschen statt des französischen Rechts k a n n m a n schließlich auch nicht daraus herleiten, daß die F i r m a d'Y. möglicherweise bewußt die Bekl. als deutsche F i r m a beauftragt hat, weil eine deutsche F i r m a vielleicht mehr Aussicht als eine französische hatte, den Transport noch durchzuführen. Mögen derartige Erwägungen auch angestellt worden sein, so betreffen sie doch n u r die tatsächliche Durchführung des Transportes, nicht aber die rechtliche Frage, welcher Rechtsordnung der Vertrag interessengemäß unterstehen soll. Nach alledem ist der zwischen der F i r m a d'Y. und der Bekl. in Paris geschlossene Vertrag nach französischem Recht zu beurteilen. 5
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Als Grundlage f ü r den gegen die Bekl. geltendgemachten Anspruch kommen danach zunächst Art. 98, 99 Code de commerce in Verbindung mit Art. 1142, 1147 Code civil in Betracht. Die Bekl., die den Transport nicht selbst durchführen sollte, ist als „commissionnaire de transport" aufgetreten. Für diesen bestimmt Art. 98 C. de comm.: „II est garant des avaries ou pertes de marchandises et effets, s'il n'y a stipulation contraire dans la lettre de voiture, ou force majeure." Art. 99 C. de comm. sagt weiterhin: „II est garant des faits du commissionnaire intermédiaire auquel il adresse les marchandises." Die sich aus diesen Bestimmungen in Verbindung mit Art. 1142, 1147 C. civ. im Fall des Verlustes der Ware ergebenden Schadensersatzansprüche kann nicht nur der „expéditeur", sondern auch der „destinataire" geltend machen, da der Vertrag im französischen Recht als Vertrag zugunsten Dritter aufgefaßt wird (vgl. Escarra, Manuel de Droit Commercial [Paris 1948] 644; Dalloz, Répertoire Pratique de Législation, de Doctrine et de Jurisprudence II [Paris 1911], „Commissionnaire de Transport-Voiturier" Nr. 308). Die Kl. muß nach dem Vertrage als „destinataire" angesehen werden. Das Récépissé, das im Verhältnis zwischen der Bekl. und der Eisenbahn ausgestellt wurde, wies die Klägerin als endgültige Empfängerin aus. Hieraus und aus der Tatsache, daß die Kl. die Käuferin der Ware war, kann geschlossen werden, daß sie auch die berechtigte Empfängerin aus dem Vertrage der Firma d'Y. und der Bekl. war. Sie kann danach von der Bekl. Ersatz des ihr durch den Verlust entstandenen direkten, bei Vertragsschluß vorhersehbaren Schadens verlangen (Art. 1150, 1151 Cc). Sie kann ihren Anspruch trotz der Anwendbarkeit französischen Rechtes in deutscher Währung geltend machen. Wie die Möglichkeit der Vereinbarung einer Fremdwährungsschuld zeigt, können Schuld- und Währungsstatut auseinanderfallen. Hieraus folgt, daß auch bei fehlender Vereinbarung über die Währung, in der eine Geldschuld zu erfüllen ist, das Schuldstatut nicht notwendig über die Währung zu entscheiden braucht, wie dies im Schrifttum verschiedentlich vertreten wird (vgl. Wolff aaO 122). Es ist vielmehr der von Raape (aaO 334; vgl. auch BGH 1. 2. 1952, NJW 1952, 540 l ) vertretenen Auffassung zuzustimmen, daß sich in solchen Fällen aus einer Abwägung der beiderseitigen Interessen sehr wohl ein vom Schuldstatut abweichendes Währungsstatut ergeben kann. Im vorliegenden Falle führt eine derartige Abwägung zu dem Ergebnis, daß der zwischen Deutschen geschuldete Schadensersatz in deutscher Währung verlangt werden kann. Ob der Kl. tatsächlich aus dem zwischen der Firma d'Y. und der Bekl. geschlossenen Vertrag Ansprüche zustehen, bedurfte jedoch keiner Erörterung, da auf jeden Fall die von den Bekl. erhobene Einrede der Verjährung durchgreift. Für die Verjährung, die sich nach dem Schuldstatut richtet (vgl. PalandtLauterbach aaO, Vorbem. vor Art. 12 EGBGB Anm. 5), ist Art. X08 C. de 1
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 402 b.
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comm. maßgebend. Nach dieser Bestimmung verjähren vertragliche Ansprüche gegen den commissionaire de transport in einem J a h r (vgl. Escarra aaO 665), wobei im Falle des Totalverlustes die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt ab läuft, in dem die Ware hätte ausgeliefert sein müssen. Art. 2275 Cc steht der Anwendung dieser Bestimmung nicht entgegen. Nach Art. 2275 Cc k a n n der Kl. in gewissen Fällen kurzer Verjährung der Verjährungseinrede damit begegnen, daß er dem Bekl. den Eid darüber zuschiebt, daß er bezahlt habe. Aus dieser Vorschrift wird geschlossen, daß sich der Bekl. in den fraglichen Fällen auf die kurze Verjährung auch dann nicht berufen kann, wenn er zugesteht oder wenn sich aus seinem Vorbringen schlüssig ergibt, daß er nicht gezahlt hat; dies ist vor allem dann der Fall, wenn er das Entstehen einer Verbindlichkeit bestreitet (vgl. FuzierHerman Art. 2275, Nr. 7 ; Planiol-Ripert, Traité Elémentaire de droit civil II 678). Im vorliegenden Falle kommt diese Regelung jedoch nicht zur Anwendung, da sich Art. 2275 Cc nur auf die Verjährung nach Art. 2271 bis 2273 Cc bezieht, auf andere Vorschriften über kurze Verjährung dagegen nicht anwendbar ist (vgl. Fuzier-Herman aaO Art. 2275, Nr. 14, 15; PlaniolRipert aaO). Eine Verzögerung des Ablaufs der einjährigen Verjährungsfrist durch gesetzlich angeordnete generelle Hemmung während des Krieges kommt nicht in Betracht (vgl. hierzu die bei Fuzier-Herman aaO Art. 2251, Nr. 6 angeführten Bestimmungen). Die Auffassung der Kl., in der Ausstellung der Bescheinigung seitens der Bekl. liege eine „infidélité", die nach Art. 108 C. de comm. die kurze Verjährung ausschließe, kann nicht geteilt werden. Eine „volonté malveillante", wie sie der Begriff der „infidélité" voraussetzt (vgl. Dalloz, C. de comm. aaO zu Art. 108) oder ein „acte de déloyauté", wie sie der Appellationshof in Paris in seinem grundsätzlichen Urteil vom 31. 1. 1946 (abgedruckt in Gazette du Palais 1946. 1. 195 und in Dalloz 1946, 249) erfordert, daß die Bekl. auch f ü r eine „infidélité" ihrer Frachtführer haften würde. Dabei ist zu bedenken, daß der Begriff „infidélité" auf jeden Fall über den der „faute lourde" (grobe Fahrlässigkeit) hinaus geht. Wenn die Kl. gegenüber der Verjährungseinrede weiterhin vorträgt, die Verjährung sei gehemmt gewesen, da sie erst kürzlich habe feststellen können, daß sich die Ware nicht beim Sequester in Paris befinde, so k a n n ihr auch hier nicht gefolgt werden. Das Gesetz vom 29. 10. 1940 (Sirey 1940, 1668 f.) nach dem vom 31. 10. 1940 an die Gerichte eine Partei von den Folgen der Verjährung befreien konnten, wenn die Partei infolge der Unterbrechung der Verbindung zwischen den verschiedenen Landesteilen nicht in der Lage war zu klagen, ist von vornherein nicht anwendbar, da die Gerichte diese Möglichkeit gemäß Dekret vom 14. 6. 1949 (Sirey 1949, 2058) n u r bis zum 1. 7. 1949 hatten. Es wäre daher der von der KI. geltend gemachte Anspruch auch dann verjährt, wenn man auf ihn nicht die einjährige Verjährung des Art. 108 Code de commerce zur Anwendung brächte, sondern die zweijährige Verjährungsfrist, wie sie aus dem Gesetz vom 13. 7. 1930 f ü r Klagen aus Versicherungsverträgen vorgesehen ist, und die im vorliegenden Fall deshalb zur Anwendung kommen könnte, weil die 5 •
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Bekl. sich von der Firma d'Y. eine Versicherungsprämie hätte zahlen lassen, ohne ihr den Namen der Versicherungsgesellschaft und die Bedingungen bekannt zu geben (s. Lamy, Guide pratique de transports 47 f.). Es bleibt somit nur zu prüfen, ob die Verjährung auf Grund des in der französischen Rechtsprechung allgemein angewandten Satzes „contra non valentem agere non currit praescriptio" (vgl. Fuzier-Herman VII Art. 2251, Nr. 2, 7, 11; Planiol-Ripert-Picard, Traité Pratique de droit civil français III 2 376 ff.) gehemmt war. Auch diese Frage muß verneint werden. Der Umstand, daß die Kl. nicht wußte, ob sich die Ware beim Sequester in Paris befindet, stellte kein absolutes Hindernis zur Erhebung der Klage dar. Der Einrede der Verjährung steht auch das Londoner Schuldenabkommen nicht entgegen. Unter dieses Abkommen fällt eine Schuld nur dann, wenn der Gläubiger in einem Gläubigerstaat ansässig ist oder die Staatsangehörigkeit eines Gläubigerstaates besitzt (Art. 4 III). Das Saargebiet ist jedoch nicht als Gläubigerstaat anzusehen. Es gehört weder zu den vertragschließenden Staaten noch ist durch Frankreich, das die internationalen Beziehungen des Saargebiets wahrnimmt, eine Mitteilung der Erstreckung gemäß Art. 37 vorgenommen worden. Auch kann nicht festgestellt werden, daß die Kl. die Staatsangehörigkeit eines Gläubigerstaates besitzt. Eine allgemeine Regelung, daß die Einwohner des Saargebiets die französische Staatsangehörigkeit erlangt haben, ist nicht getroffen worden. Daß etwa die Kl. bzw. ihr Inhaber aus anderen Gründen die französische Staatsangehörigkeit erlangt hätte, ist nicht vorgetragen worden. Soweit die Klage daher auf vertragliche Ansprüche gestützt ist, steht ihr die Einrede der Verjährung entgegen. Aber auch unmittelbar auf Gesetz beruhende Ansprüche kann die Kl. nicht geltendmachen, und zwar weder aus dem Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer noch aus unerlaubter Handlung. Der Erwerb des Eigentums richtet sich nach der lex rei sitae (vgl. PalandtLauterbach aaO Vorbem. von Art. 13 EGBGB Anm. 2; Raape aaO 370; Wolff aaO 147, 150). Ob die Kl. Eigentum an der in Frankreich befindlichen Ware erlangt hat, ist folglich nach französischem Recht zu beurteilen. Nach diesem geht das Eigentum grundsätzlich mit Abschluß des obligatorischen Vertrages über, Art. 711, 1138, 1583 Cc. Handelt es sich wie im vorliegenden Fall um eine Gattungsschuld, so tritt der Eigentumsübergang mit der Konkretisierung ein (vgl. Planiol-Ripert-Picard, Traité Pratique de Droit Civil Français I I I 2 [Paris 1952] 610 f.; Fuzier-Herman, aaO Art. 1138, Nr. 17). Die Kl. ist daher mit Übergabe der Ware an die Bekl. Eigentümerin geworden. Für die Frage, welche Rechtsordnung f ü r etwaige Nebenansprüche aus Eigentum im Verhältnis zwischen der Kl. und der Bekl. maßgeblich ist, ist die Verordnung vom 7. 12. 1942 von Bedeutung. Nach § 1 I dieser Verordnung gilt für außervertragliche Schadensersatzansprüche wegen einer Handlung oder Unterlassung, die ein deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebietes begangen hat, deutsches Recht, soweit ein deutscher Staatsangehöriger geschädigt worden ist. Nach § 1 II ist diese Bestimmung
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auch auf Handelsgesellschaften anzuwenden, die im Reichsgebiet ihren Sitz haben. Während Raape (364 Anm. 141) diese Verordnung, die nicht aufgehoben worden ist, ohne nähere Begründung als hinfällig geworden bezeichnet, sehen Wolff 142 und Lauterbach (bei Palandt aaO Anh. z. Art. 12 EGBGB, Vorbem.) sie als geltendes Recht an (zweifelnd Ballerstedt, JZ 1951, 227). Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Verordnung ist zwar anläßlich des Krieges erlassen worden, es kann aber nicht gesagt werden, daß sie ihrem Inhalt nach nur auf die Kriegsverhältnisse zugeschnitten sei. Im Schrifttum ist von Frankenstein (Internationales Privatrecht II [1929] 382) bereits früher f ü r Deliktsansprüche eine entsprechende Lösung völlig unabhängig von den Kriegsverhältnissen vertreten worden. Wie sich aus der amtlichen Begründung (DJ 1943, 21) ergibt, war auch beim Erlaß der Verordnung noch nicht entschieden, ob sie nach dem Kriege wieder aufgehoben oder endgültig beibehalten werden sollte. Mangels einer ausdrücklichen Aufhebung muß die Verordnung daher als geltendes Recht angesehen werden. Hieraus folgt, daß Nebenansprüche aus dem Eigentum der Kl. im Verhältnis zur Bekl. nach §§ 987 ff. BGB zu beurteilen sind. Nach diesen Vorschriften stehen der Kl. Schadensersatzansprüche nicht zu, da die Bekl. rechtmäßige Besitzerin der Ware war. Auch die Frage, ob die Kl. unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung einen Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. hat, ist nach der Verordnung vom 7. 12. 1942 nach deutschem Recht zu beurteilen. Da die Bekl. Fremdbesitzerin des verlorengegangenen Gutes war, schließen die §§ 987 ff. BGB einen deliktischen Schadensersatzanspruch wegen Eigentumsverletzung nicht aus (vgl. hierzu BGH, NJW 1951, 643; Wolff, Sachenrecht 9 290 f.). Wie in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt ist, haftet eine offene Handelsgesellschaft in entsprechender Anwendung des § 31 BGB f ü r unerlaubte Handlungen, die einer ihrer Gesellschafter in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung begeht (vgl. RGZ 76, 48; RG, J W 1931, 1689; Palandt-Danckelmann aaO § 31 Anm. 1; Lehmann, Gesellschaftsrecht [1949] 103 f.). Ein deliktischer Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. könnte sich daher zunächst daraus ergeben, daß einer ihrer Gesellschafter im Zusammenhang mit dem ihm anvertrauten Geschäftsbetrieb das Eigentum der Kl. schuldhaft verletzt hat (§ 823 I BGB). Da die Kl. über positive Handlungen der Gesellschafter nichts vorträgt, kommt hierfür nur eine durch pflichtwidriges Unterlassen begangene unerlaubte Handlung in Betracht. Eine solche läßt sich aus dem Klagvorbringen jedoch nicht entnehmen. Unterstellt man den Vertrag zwischen der Firma d'Y und der Bekl. französischem Recht, so waren die Gesellschafter der Bekl. als Träger von deren Vermögen und Verbindlichkeiten wohl verpflichtet, den Transport der Ware zum Sitz der Kl. zu bewirken. Nach dem Klagvorbringen ist der Verlust der Ware auch adäquat darauf zurückzuführen, daß dies nicht geschehen ist. Damit aber schon den objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung als gegeben anzusehen, weil — wie vielfach ausgeführt wird
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(vgl. Lorenz, Lehrbuch des Schuldrechts I [1953] 114; Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse 70; Palandt-Gramm aaO § 823 Anm. 7 a) — eine Unterlassung rechtswidrig ist und damit einem entsprechenden positiven Tun gleichsteht, wenn auf Grund eines Vertrages oder anderer Umstände eine Pflicht zum Handeln bestand, erscheint bedenklich. Eine derartige Auffassung müßte zu dem Ergebnis führen, daß Verletzungen von Vertragspflichten, deren Bedeutung über den Vertragsbereich nicht hinausgeht, als unerlaubte Handlungen qualifiziert werden. Das entspricht nicht dem Sinn des Gesetzes. Es muß daher der Auffassung des BGH zugestimmt werden, daß eine unerlaubte Handlung durch Unterlassen die Verletzung einer allgemeinen Rechtspflicht voraussetzt, wie sie keineswegs durch jede vertragliche Verpflichtung begründet wird (NJW 1953, 1180 [1182]; vgl. auch RGZ 87, 309 [310]). Die vertragliche Transportverpflichtung der Bekl. stellt keine solche allgemeine Rechtspflicht dar, sie erschöpft sich vielmehr in der Vertragssphäre. Da schließlich die allgemeine Fürsorgepflicht der Bekl. für fremdes Eigentum, das im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in ihre Obhut gelangt ist (vgl. BGH aaO; RGZ 102, 42), nicht eine Verpflichtung zur Durchführung des Transportes begründet, fehlt es im vorliegenden Falle bereits am objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung. Aber auch wenn man sich der dargelegten Auffassung nicht anschließt, kommt man zum gleichen Ergebnis. Aus dem Klagvorbringen ergibt sich nämlich kein Anhalt dafür, daß den Gesellschaftern bzw. einem von ihnen ein Verschulden zur Last fällt. . . . Zu klären ist schließlich noch, ob nach dem Klagvorbringen die Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch gegen die Bekl. nach § 831 BGB vorliegen. Auch diese Frage muß verneint werden (wird ausgeführt). Außervertragliche Ansprüche der Kl. gegen die Bekl. sind somit nicht begründet. Der Senat hatte sich weiter mit dem Antrag der Kl. auseinanderzusetzen, ein Gutachten über die Anwendbarkeit und den Inhalt des französischen Rechts einzuholen. Er hat geglaubt, hiervon absehen zu können, da er sich selbst eine hinreichende Kenntnis des französischen Rechts verschafft hat. Zu diesem Zwecke sind nicht nur französische Gesetzestexte, sondern auch das erreichbare Schrifttum eingesehen worden, insbesondere haben größere Kommentare aus der Nachkriegszeit zur Verfügung gestanden. Das durchgesehene Material ergibt sich auch aus den Zitaten. Vollständige Entscheidungssammlungen waren allerdings nicht greifbar. Es haben sich aber in den Kommentaren und im sonstigen Schrifttum keine Hinweise darauf gefunden, daß Entscheidungen ergangen wären, die eine andere als die vom Senat festgestellte Auffassung gerechtfertigt hätten. Der Senat hält daher die von ihm gewonnenen Ergebnisse für hinreichend zuverlässig und hat deshalb von der Hinzuziehung eines Sachverständigen abgesehen. Es kann somit weder dem Hauptantrag noch dem Hilfsantrag der Kl. entsprochen werden. Das von der Kl. überreichte private Gutachten des Rechtsanwalts Dr. Kahn hat dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben. Die von den Sachverständigen vorgetragenen
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rechtlichen Gesichtspunkte sind, wie aus der vorstehenden Begründung ersichtlich, bereits vom Senat erkannt und gewürdigt worden. Zu der Einholung eines Gutachtens seitens eines mit dem französischen Transportrecht besonders vertrauten Sachverständigen besteht ebenfalls kein Anlaß, da seitens der Kl. keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden sind, daß dieser zu einem anderen Ergebnis kommen würde." Eine Wertsicherungsklausel ist dann zulässig, wenn die Parteien den Wert des Geldes nicht in seiner Beziehung zum Goldwert oder zu ausländischen Devisen, sondern einzig und allein in seiner Beziehung zu wirtschaftlichen Faktoren ins Auge fassen, insbesondere, wenn die Parteien unterschiedslos den Fall einer Minderung oder einer Erhöhung des Kaufwertes des Franken in Betracht ziehen. OLG Saarbrücken, franz.-saarl. Senat, Beschl. vom 24. 3. 1953 — W 1/53: SaarlRStZ 5 (1953) 24. Die Antrst. hatten im Jahre 1948 zwei Grundstücke zum Preise von 1 200 000 Frs. verkauft, wovon 400 000 Frs. sofort nach Umschreibung im Grundbuch und der Restkaufpreis mit 5 °/o Zinsen in monatlichen Raten von 5000 Frs. zu zahlen waren. In dem Vertrag war folgende Klausel aufgenommen: „Verändert der Wert des Franken sich wirtschaftlich um mindestens 10 °/o, gleichgültig ob Wertsteigerung oder Wertminderung, so haben die Parteien das Recht, eine neue Preisfestsetzung zu verlangen. Einigen sich die Parteien über die Preisfestsetzung nicht, so sollen zwei vereidigte Schätzer, wenn nötig unter Hinzuziehung eines Obmanns, den neuen Preis festsetzen. Der alsdann noch geschuldete Restbetrag ist alsdann anteilsmäßig nach dieser Festsetzung zu begleichen. Jede Partei ernennt einen vereidigten Schätzer, den Obmann bestimmt der Bürgermeister. Lehnt dieser die Benennung ab, so wird das Bauamt des Bezirks N. ersucht, den Obmann zu bestimmen. Die Neufestsetzung des Restkaufpreises erfolgt unter Ausschluß des Rechtsweges." Am 21. 1. 1953 beantragten die Antrst. im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung der Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Rückauflassung mit der Begründung, daß der Kaufvertrag wegen der darin enthaltenen unzulässigen Wertsicherungsklausel nichtig sei. Das LG hat durch Beschluß vom 31. 1. 1953 den Antrag zurückgewiesen und die Wertsicherungsklausel als zulässig erachtet. Die gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde der Antrst. wurde von dem hierfür zuständigen französisch-saarländischen Senat des OLG Saarbrücken zurückgewiesen. Die Beschwerde wird als formell zulässig angesehen, sachlich jedoch nicht für begründet erachtet. Die Ablehnung wird mit folgenden Erwägungen begründet: „daß der Vertrag unter der Herrschaft des französischen Währungssystems zustandekam und deshalb zu prüfen ist, ob die Klausel nach dem französischen Gesetz über den Zwangskurs der Währung gültig ist; daß nach dem franzö-
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sischen Gesetz über den Zwangskurs der Währung jede Klausel dahingehend, die Parteien gegen eine mögliche Währungsschwankung zu sichern und die damit dem Gesetz über den Zwangskurs zuwiderläuft, von der Nichtigkeit des Ordre Public betroffen ist, daß dagegen solche Vereinbarungen grundsätzlich gültig sind, die die Preisbestimmung einer Sache nach rein wirtschaftlichen Faktoren zum Gegenstand haben; daß, wie aus den Umständen des vorliegenden Falles erhellt, die Parteien bei dem Verkauf gegen Ratenzahlungen von dem vertretbaren Wunsche ausgingen, die geschuldete Restkaufpreissumme mit dem Wert des Kaufgegenstandes in engsten Einklang zu bringen und mit der Vereinbarung einer möglichen Neuauf Setzung des Kaufpreises versuchten, die eingegangene Verpflichtung den möglichen Wertschwankungen des Kaufgegenstandes anzupassen, um dadurch den Verkäufern einen Anspruch auf Äquivalentleistung aus dem Verkauf einzuräumen; daß die Motive der Parteien offensichtlich nicht von Währungsspekulationen getragen werden, da die Bedingungen für eine Kaufpreisneufestsetzung von vornherein in einer von dem Willen der Parteien unabhängigen Weise festgesetzt waren und diese Klausel sowohl zu Gunsten der Käufer als auch der Verkäufer wirksam werden sollte; daß, wie es zwar zutrifft, die Parteien eine Neufestsetzung des Kaufpreises von einer Schwankung des Frankenwertes abhängig machen; daß die Parteien aber auch, was hier zu unterstreichen ist, bei dieser Gelegenheit betonten, nicht den Wert des Geldes in seiner Beziehung zum Goldwert oder zu ausländischen Devisen, sondern einzig und allein in seiner Beziehung zu wirtschaftlichen Faktoren im Auge gehabt zu haben; daß eine solche Bestimmung bei dieser Sachlage ein Mißtrauen gegen die gesetzliche Währung nicht erkennen läßt, insbesondere weil die Parteien unterschiedslos den Fall einer Minderung und einer Erhöhung des Kaufwerts des Franken in Betracht zogen und die Neufestsetzung des Kaufpreises ausschließlich auf der Grundlage wirtschaftlicher Faktoren erfolgen sollte; daß diese Klausel, durch welche den Verkäufern übrigens nicht die Verpflichtung auferlegt wird, in einer anderen als der gesetzlichen Währung zu zahlen, folglich den gesetzlichen Zwangskurs der Banknoten nicht beeinträchtigt und in der Tat ausschließlich wirtschaftlichen Charakters ist; daß die Vorderrichter somit zutreffenderweise die Klausel als gültig erklärten und den Antrag der Verkäufer dahingehend, ihnen das Recht auf Rückauflassung der verkauften Sache zu sichern, ablehnten." 23. Gegenüber Forderungen aus Marshall-Plan-Einfuhren kann mit Forderungen aus andersartigen Einfuhrgeschäften, insbesondere solchen des Normalplanes, aufgerechnet werden. — BGB § 395; Ges. die Verwaltung des ERP-Sondervermögens vom 31. 8. 1953. OLG Stuttgart, Urt. vom 1. 10. 1953 — 5 U 94/53: NJW 7 (1954) MDR 8 (1954) 105.
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Aus den Gründen: „Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Klaganspruch in Höhe von 2485.90 DM als ungetilgter Restbetrag der Rechnung vom 28. 6. 1949
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an sich zu Recht bestanden hat. Die Bekl. will offenbar nicht mehr in Frage ziehen, daß der betr. Baumwollieferung ein Marshall-Plan-Import zugrunde lag. Darauf weisen übrigens Vermerke auf allen diese Lieferung betr. Schreiben der JEIA deutlich hin. Schließlich gehen im gegenwärtigen Rechtsstreit beide Parteien im Einklang mit der herrschenden und zutreffenden Ansicht davon aus, daß die Lieferungen von JEIA und OFICOMEX 1 in Form privater Rechtsgeschäfte abgewickelt wurden und daß auf sie deutsches Recht Anwendung findet. Die Bekl. macht gegen den Anspruch der Kl. lediglich ihre angeblich wirksam erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung aus Bereicherung geltend. Diese Gegenforderung soll auf einer Überzahlung der im Juni und September 1948 bewirkten Lieferungen von etwa 20 000 bzw. 10 000 kg Baumwolle beruhen. Zwischen den Parteien bestand von jeher Einhelligkeit darüber, daß diese Lieferungen beide unter den sogenannten Normalplan fielen, also mit den Marshall-Plan-Importen nichts zu tun hatten. Eine Aufrechnung mit aus Normalgeschäften der JEIA bzw. des OFICOMEX herrührenden Gegenforderungen war aber gegenüber der auf einen MarshallImport zurückgehenden Klagforderung zu keinem Zeitpunkt möglich. Bei den Marshall-Plan-Lieferungen war die Aufrechnung mit andersartigen Ansprüchen vertraglich ausgeschlossen. Solches Abbedingen der Aufrechnung ist möglich und auch stillschweigend denkbar, sofern es sich aus der Natur der Rechtsbeziehungen ergibt (vgl. Palandt, Anm. 3 b zu § 387 BGB). Der Wille, Aufrechnungen mit Gegenansprüchen allgemeiner Art auszuschließen, wird in der Regel in dem Hinweis zu erblicken sein, daß sich das betr. Geschäft auf ein treuhänderisch verwaltetes Sondervermögen bezieht. Ein solcher Hinweis ist bezüglich der Lieferung im Juni 1949 seitens der JEIA durch die deutliche Kennzeichnung als Marshall-Plan-Lieferung erfolgt. Der Wille, jede wirtschaftliche Vermischung mit den üblichen Umsätzen zu vermeiden, kam dabei noch besonders in dem Verlangen zum Ausdruck, daß alle Zahlungen aus Marshall-Plan-Lieferungen nur auf das hierfür vorgesehene besondere Konto erfolgen sollten. Die Notwendigkeit einer streng gesonderten Verwaltung des ECA-Vermögens, welches wirtschaftlich weder der JEIA noch den jeweiligen Zonengouverneuren zustand, ergab sich aber aus dem System der Marshall-PlanHilfe, wie es schon aus dem gleichlautenden „Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit", geschlossen im Juli 1948 zwischen den Vereinigten Staaten und den Gouverneuren der westlichen Besatzungszonen, ersichtlich ist. Der Wortlaut der erwähnten Abkommen wurde zwar, soweit ersichtlich, zunächst nicht offiziell veröffentlicht. Wohl aber wurde die wesentliche Struktur der Marshall-Plan-Hilfe alsbald in der Presse allgemein erörtert. Überdies waren die Gouverneure durch Art. VIII des jeweiligen Abkommens ausdrücklich verpflichtet, „die Ziele und Fortschritte des gemeinsamen Programms . . . weitestgehend bekanntzumachen". Durch die genannten Bestimmungen ist die rechtliche und wirtschaftliche Natur der Marshall-Plan-Lieferungen deutlich gekennzeichnet. Es 1
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handelte sich um vorläufig einseitige wirtschaftliche Leistungen der Vereinigten Staaten, welche in doppelter Weise dem Wiederaufbau des Wirtschaftslebens in der Bundesrepublik dienen sollten. Unmittelbar sollten der deutschen Wirtschaft auf diese Weise besonders dringend benötigte ausländische Rohstoffe und sonstige Waren und Leistungen zugeführt werden. Sodann sollte der DM-Erlös, der durch — teilweise staatlich subventionierte — Zahlungen der deutschen Abnehmerfirmen entstand (die sog. Gegenwertmittel) wiederum in Form von Krediten usw. solchen deutschen Wirtschaftszweigen zugute kommen, deren beschleunigter Wiederaufbau (wie im Falle der Verkehrsunternehmen und der Exportindustrie) f ü r die Gesundung der Gesamtwirtschaft von besonderer Bedeutung war. Wenn also die JEIA, auf deren umstrittene Rechtsnatur hier nicht näher einzugehen ist, auch Marshall-Plan-Importe entspr. der Übung des früheren OFICOMEX in der franz. Zone im eigenen Namen durchführte, so hat sie dabei für fremde Rechnung, nämlich unmittelbar f ü r Rechnung des Zonengouverneurs, gehandelt, dem die Ansammlung der in der Zone anfallenden Gegenwertmittel auf einem Sonderkonto oblag. Doch auch diesem kam bei der Verwaltung der Gegenwertmittel nur eine treuhänderische Stellung zu. Fraglich, aber für die hier zu entscheidenden Fragen unerheblich, ist lediglich, ob die Vereinigten Staaten von Amerika, welche sich die letzte Entscheidung über die Verwendung dieser Mittel vorbehalten hatten, als wirtschaftlicher Inhaber anzusehen waren oder ob es sich nicht vielmehr mittelbar um eine treuhänderische Tätigkeit f ü r Rechnung der Bundesrepublik handelte, der die Gestehungskosten der jeweiligen Einfuhrlieferungen mit gewissen Einschränkungen als Verbindlichkeit zur Last geschrieben wurden. Diese besondere Natur der Marshall-Plan-Lieferungen war auch der Bekl. aus den zahlreichen gerichtsbekannten Pressenachrichten und Sonderpublikationen bekannt, die gerade ihr als Importfirma nicht entgehen konnten. Sie wurde überdies durch den erwähnten Hinweis auf die getrennte Kontenführung auf die Sonderstellung der Marshall-PlanImporte jeweils noch besonders aufmerksam gemacht. Demgegenüber ist ohne Belang, daß die Einfuhrbewilligung vom 12. 4. 1949 routinemäßig mit dem Stempelaufdruck versehen war: „Importation effectuée pour le compte de L'OFICOMEX." Dieser Vermerk diente nur als Hinweis f ü r eine bestimmte Art der Zollabfertigung. Daß die Bekl. seine Bedeutung verkannt hätte, ist um so unwahrscheinlicher, als OFICOMEX damals überhaupt nicht mehr existierte. Damit ist durch den ausdrücklichen und deutlichen Hinweis auf die Zugehörigkeit der fraglichen Lieferung zum Marshall-Plan der Ausschluß der Aufrechnung mit ERP-fremden Forderungen Vertragsinhalt geworden. Bei dieser Sachlage gehen die Ausführungen der Bekl. fehl, wenn sie wiederholt betont, die Bundesregierung könne nicht durch Einschaltung selbständiger juristischer Personen willkürlich eine entstandene Aufrechnungslage ändern. Eine Aufrechnungslage konnte aber auch nicht etwa erst in der Hand der Bundesrepublik entstehen. Eine Übertragung des allgemeinen JEIA-Vermögens auf die Bundesrepublik hat bisher nicht stattgefunden. Sie ist lediglich in gewissem Umfang für den Zeitpunkt der
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Ratifizierung des Bonner Vertragswerks in Aussicht genommen (vgl. das Schreiben der A H K an den Bundeskanzler vom 19. 5. 1952, abgedruckt in der vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung besorgten Ausgabe des Vertragswerks S. 171 ff.; vgl. auch K. E., Bonn, in „Deutsche Zeitung" Nr. 77 vom 26. 9. 1953 S. 10). Es sei deshalb nur der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, daß das ERP-Vermögen auch in der Hand der Bundesrepublik eine anderweitige Aufrechnung verbietende Sonderstellung bewahrt hat, wie dies nunmehr durch das Gesetz über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens vom 31. 8. 1953 (BGBl. 1953 I S. 1312) ausdrücklich klargestellt ist. Da die Aufrechnung mit „ERP-fremden" Gegenansprüchen vertraglich ausgeschlossen ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob sie auch zusätzlich gem. § 395 BGB ausgeschlossen ist". ¡84. Bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erfüllung am ursprünglichen gesetzlichen Erfüllungsort tritt an seine Stelle als neuer angemessener Erfüllungsort der neue Wohnsitz des Schuldners. Der Umstand, daß dieser Wohnsitz im Ausland liegt, ist kein Grund, um ihn als nicht angemessen erscheinen zu lassen. — BGB § 269. OLG Celle, Beschl. vom 18. 9. 1953 — 4 W 318/53: N J W 6 (1953) 1831. Die Antrst. wollen gegen den jetzt in der Schweiz wohnhaften Schuldner und Grundstückseigentümer Zinsen und Restkaufgelder einklagen, welches als Hypothek im Grundbuch des in Schlesien belegenen Grundstücks eingetragen ist. Sie wollen die Klage bei dem Gericht ihres Wohnsitzes erheben, indem sie meinen, daß wegen Unmöglichkeit der Erfüllung am ursprünglichen gesetzlichen Erfüllungsort in Anbetracht des nunmehrigen Wohnsitzes des Schuldners in der Schweiz ihr eigener Wohnsitz als neuer angemessener Erfüllungsort anzusehen sei. Das LG hat ihnen das nachgesuchte Armenrecht wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts versagt. Ihre Beschwerde wurde zurückgewiesen. Aus den Gründen: „Unstreitig war der Erfüllungsort ursprünglich, da eine besondere Vereinbarung nicht erfolgt war, nach § 269 BGB der damalige Wohnsitz des Antrg. als des Schuldners, also S. in Schlesien. Der Erfüllungsort wird grundsätzlich auch nicht durch eine spätere Verlegung des Wohnsitzes des Schuldners an einen anderen Ort berührt. Die Rspr. hat aber schon in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg anerkannt, daß bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erfüllung am vereinbarten Ort an seine Stelle ein anderer angemessener Erfüllungsort tritt (RGZ 107,122 = J W 1924, 1357). Diese Ausnahme war gerade für den Fall gedacht, daß der Erfüllungsort, der in jenem Fall allerdings ein vereinbarter war, nicht mehr in deutschem Gebiet lag. Nach dem letzten Krieg ist diese alte Rspr. wieder aufgenommen worden (OGHZ 1, 363 ff., 367 = N J W 1949, 465 = MDR 1949, 289). Es kommt also darauf an, den neuen angemessenen Erfüllungsort zu bestimmen. Hierfür kann bei dem gesetzlichen Erfüllungsort nur die Frage maßgebend sein, aus welchen Erwägungen der Gesetzgeber des BGB die Rege-
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lung des § 269 getroffen hat. Offensichtlich hat er für die Erfüllung einer Leistung die Interessen desjenigen als vordringlich angesehen, der die Leistung zu erbringen hat, und daher den Wohnsitz des Schuldners der Leistung zum Erfüllungsort bestimmt. Dieser Gesichtspunkt muß dazu führen, daß bei der Bestimmung eines anderweitigen gesetzlichen Erfüllungsortes sich als angemessener neuer Ort wiederum der Wohnsitz des Schuldners ergibt. Der Umstand, daß dieser Wohnsitz im Ausland, nämlich in der Schweiz liegt, ist kein Grund, um ihn als nicht angemessen erscheinen zu lassen. Ein Erfüllungsort im Ausland ist auch sonst nichts Ungewöhnliches, und es läßt sich auch nicht einwenden, daß keinem Gläubiger gegen seinen Willen zugemutet werden könne, einen Erfüllungsort im Ausland hinzunehmen. Wenn der Antrg. nicht aus Schlesien vertrieben worden wäre, sondern noch dort wohnen würde, so würden die Antrst. sich auch mit dem bisherigen Erfüllungsort als einem nunmehr von Deutschland abgetrennten und unter polnischer Gerichtsbarkeit stehenden Ort abfinden müssen. Der hier vertretenen Ansicht stehen auch nicht die von den Antrst. angeführten und obenbezeichneten Entscheidungen RGZ 107, 122 und OGHZ 1, 363 ff. entgegen, insofern beide den Wohnsitz des Gläubigers als den neuen angemessenen Erfüllungsort bezeichnen. Denn in beiden Fällen handelte es sich um einen vereinbarten Erfüllungsort, nämlich um die Vereinbarung des Wohnsitzes des Gläubigers als Erfüllungsort. Wenn dort an die Stelle des alten der neue Wohnsitz des Gläubigers als neuer angemessener Erfüllungsort getreten ist, so kann in den Fällen des gesetzlichen Erfüllungsortes an die Stelle des alten Wohnsitzes des Schuldners entsprechend auch nur der neue Wohnsitz des Schuldners als neuer angemessener Erfüllungsort treten (so auch schon KG, J W 1923, 189)." 35. Für Ansprüche der Joint Export and Import Agency (JEIA) gegen Deutsche ist die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben. Da die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges eine innerstaatliche Frage der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ist, kann diese Frage nicht unter dem Blickwinkel des anglo-amerikanischen, sondern nur nach den Grundsätzen des deutschen Rechts entschieden werden. Die Erteilung der Einfuhrbewilligung ist Ausfluß der hoheitlichen Befugnisse der JEIA, dagegen erfolgt die Abwicklung der genehmigten Einfuhr in den Formen des bürgerlichen Rechts. Die Genehmigungsbedürftigkeit eines privaten Rechtsgeschäfts (hier des Vertrages des Importeurs mit dem Exporteur) macht dieses Rechtsgeschäft nicht zu einem öffentlich-rechtlichen. — GVG § 13; AHKG Nr. 13; AHKG Nr. 19/56. OLG Bremen, Urt. vom 15. 5. 1953 — 1 U 484/52. Ungedruckt. Tatbestand: Der Kaufmann H. O. beantragte laut Einfuhrantrag vom 26. 1. 1948 f ü r die Bekl. bei der Joint Export and Import Agency (JEIA) die Genehmigung zur Einfuhr von Korkbohrern von der Firma Aktiebolaget B. & S. in Malmö/Schweden zum Preise von 31 783,28 skr. Dieser Antrag wurde von
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der JEIA am 11. 5. 1948 genehmigt. Am 24. 5. 1948 eröffnete die JEIA bei der schwedischen Reichsbank ein Akkreditiv zu Gunsten des schwedischen Abladers. Die Ware wurde am 17. 6. 1948 in Schweden verladen und traf am 20. 6. 1948 in Deutschland ein. Die Firma B. & Son nahm am 26. 6. 1948 das Akkreditiv in Höhe von 31 788.06 skr., zu denen noch 31.79 skr. an Bankspesen kamen, in Anspruch. Die Bekl. hatte gemäß der JEIA-Anweisung Nr. 10 den von ihr an die JEIA zu zahlenden Gegenwert aufgrund des Inlandstoppreises mit 16429.10 RM berechnet und diesen Betrag über die Bremer Bank am 15. 6. 1948 zur Verfügung gestellt. Mit Schreiben vom 28. 4. 1949 teilte die Bank Deutscher Länder der Bremer Bank mit, daß gemäß dem rückwirkend ab 15.5.1948 in Kraft getretenen Operational Memorandum Nr. 25 der JEIA vom 25. 5. 1948 der DM-Gegenwert f ü r die eingeführten Korkbohrer auf der Basis von $ 0,30 = 1.00 DM mit 29 509.54 DM zu berechnen sei und verlangte die Zahlung restlicher 13 088.44 DM. Im Schreiben vom 18. 5. 1949 wies die Bekl. darauf hin, daß f ü r die Einfuhr der Korkbohrer mit Rücksicht auf die bereits am 11. 5. 1948 erfolgte Genehmigung der Einfuhr der Inlandstoppreis f ü r die Berechnung des Gegenwertes maßgebend sei, und reichte eine Endabrechnung nach, worin der für die Berechnung des Gegenwertes nach der Anweisung Nr. 10 maßgebende Nettoerlös der Einfuhr mit 16 804.27 DM angegeben wurde, von denen die Kl. die bezahlten 16 429.10 RM in Abzug brachte und den Restbetrag von 375.17 RM voll in DMark bei der Landeszenlralbank von Bremen für die Bank Deutscher Länder am 1. 6. 1949 einzahlte. Die Bank Deutscher Länder verlangte jedoch, ausgehend von dem Betrag von 29 509.54 DM, auf den sie die bezahlten 16 429.10 RM voll in Anrechnung brachte, und von dem sie später auch die 375.17 DM abzog, einen Restbetrag von 12 705.27 DM. Die Bekl. versuchte, eine Umstellung dieses Betrages im Verhältnis 10 :1 zu erreichen, und erbot sich nach Ablehnung dieses Antrages im Schreiben vom 25. 8. 1949 gegenüber der Bank Deutscher Länder zur Zahlung des Gesamtbetrages in monatlichen Raten von je 650.— DM. In einem weiteren Schreiben vom 9. 1. 1950, in dem die Bekl. erklärte, daß sie Zahlungen mit Rücksicht auf die ausstehende Genehmigung der Ratenzahlung durch die Bank Deutscher Länder nicht geleistet habe, sagte sie sofortige Zahlung von 2600 DM und ab 10. 4. 1950 monatliche Raten von je 650.— DM zu, womit sich die Bank Deutscher Länder im Schreiben vom 24. 2. 1950 gegenüber der Bremer Bank einverstanden erklärte. Die Bekl. leistete jedoch keinerlei Zahlungen. Die Kl., eine bundeseigene Gesellschaft, verlangt auf Grund einer Abtretungserklärung der JEIA vom 12. 9. 1950 Zahlung des Restbetrages von 12 705.27 DM. Sie hat vorgetragen, die JEIA habe auf Grund der Einfuhrbewilligung einen privatrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, auf Grund dessen sie zur Bereitstellung des Akkreditivs und die Bekl. zur Zahlung des Gegenwertes verpflichtet gewesen sei. Zudem habe sich die Bekl. zur Zahlung des Betrages durch ihre Schreiben vom 25. 8. 1949 und 9. 1. 1950 ausdrücklich verpflichtet. Wenn die JEIA als Besatzungsbehörde durch Operational Memorandum Nr. 25 die Berechnung des Gegenwertes für das Akkreditiv rückwirkend geändert habe, so berühre dieser
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Umstand nicht den privatrechtlichen Charakter des zwischen der JEIA und der Bekl. abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages. Die Kammer f ü r Handelssachen hat auf Antrag der Bekl. abgesonderte Verhandlung und Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges angeordnet und mit Urteil vom 23. 10. 1952 die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges abgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß zwar mit Rücksicht auf den in der Abtretung zum Ausdruck kommenden Willen der Besatzungsmacht, die Klagforderung vor den deutschen Gerichten geltend machen zu lassen, die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben sei, daß aber der Klaganspruch nach dem Vortrag der Kl. nicht auf einem bürgerlichen Rechtsverhältnis im Sinne des § 13 GVG beruhe. Wenn auch die JEIA bei Bewilligung der Einfuhr als Behörde, im übrigen aber kraft bürgerlichen Vertrages habe tätig werden können, so stehe die Annahme eines bürgerlich-rechtlichen Verhältnisses mit der JEIA-Anweisung Nr. 10 wie auch mit Aufgabe und Stellung der JEIA als eines Organs der Besatzungspolitik in Widerspruch. Gegen dieses am 4. 12. 1952 zugestellte Urteil hat die Kl. am 30. 12. 1952 Berufung eingelegt und diese am 22. 1. 1953 begründet. Entscheidungsgründe: „Die an sich statthafte Berufung der Kl. ist zulässig und auch begründet, da der von der JEIA an die Kl. abgetretene Anspruch seine Grundlage in einem bürgerlich-rechtlichen Verhältnis im Sinne des § 13 GVG hat. I. Der Vorderrichter hat mit Recht die deutsche Gerichtsbarkeit f ü r die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits bejaht. Während die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs die innerstaatliche Abgrenzung der zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten berufenen Gerichte betrifft, ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt deutsche Gerichte zuständig sind, d. h. ob die staatliche Zuständigkeit gegeben ist (Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht [1949] 213, 203). Aus AHKG Nr. 13 können Bedenken nicht hergeleitet werden, da keine der Parteien zu den in Art. 1 a dieses Gesetzes genannten Personen gehört und der Rechtsstreit keine der in Art. 26 dieses Gesetzes genannten Angelegenheiten betrifft. Auch die Eigenart des Streitgegenstandes, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozeßrechts die staatliche Zuständigkeit ausschließen könnte (Riezler aaO 231 ff.), steht der deutschen Gerichtsbarkeit nicht entgegen; denn der von der Kl. geltend gemachte, ihr von der JEIA abgetretene Anspruch ist nach dem Willen der Besatzungsmacht ausdrücklich der Entscheidung durch deutsche Gerichte unterworfen worden. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob es sich um einen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Anspruch handelt, ferner ob dieser Anspruch nach deutschem oder ausländischem Recht zu beurteilen ist, da in jedem Falle nach dem Willen der Besatzungsmacht, der die deutschen Behörden bindet, die Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist. Dieser Wille ergibt sich, wie das LG bereits festgestellt hat, sowohl aus der Abtretung des Anspruchs der JEIA an die Kl., wie auch durch Gegenschluß aus dem AHKG Nr. 19/56. Wenn in Art. 6 des AHKG Nr. 19/56 bestimmt ist, daß über Ansprüche, die gegen die JEIA
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gerichtet sind, diese abschließend zu entscheiden hat, so folgt daraus, daß dies bei den Ansprüchen der JEIA gegen Deutsche nicht der Fall sein soll. Mit Recht weist Jerusalem darauf hin, daß die JEIA nicht über ihre eigenen Ansprüche souverän entscheiden könne (BB 1952, 216). Vor allem aber läßt die Abtretungserklärung erkennen, daß die Ansprüche der JEIA „including any rights of action", d. h. einschließlich der Klagbefugnis, auf die Kl. übergegangen sind. Daß die JEIA nicht zu einer Klage vor Gerichten der Besatzungsmacht ermächtigen wollte, folgt schon aus der Abtretung an eine deutsche privatrechtliche Gesellschaft. In dieser Abtretungserklärung kommt der Wille der Besatzungsmacht,, der insoweit einer besonderen Form nicht bedarf, hinreichend zum Ausdruck, daß die Ansprüche der JEIA der deutschen Gerichtsbarkeit unterfallen sollen. Demnach können aus der Rechtsnatur des Anspruchs Bedenken gegen die staatliche Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht hergeleitet werden. II. Im Gegensatz zur Auffassung des Vorderrichters ist aber das ordentliche Gericht zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen, da der Anspruch der Kl. einem bürgerlich-rechtlichen Verhältnis entspringt. Der Vorderrichter geht davon aus, daß die JEIA dem einzelnen Importeur bei der Akkreditivgestellung nicht als gleichgeordneter Partner, sondern als übergeordnete Besatzungsbehörde gegenübertrat. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden, da die Akkreditivgestellung Ausfluß des fiskalischen Handelns der JEIA war. Die JEIA war „eine reine Besatzungsbehörde" (v. Schmoller-Maier-Tobler, Handbuch des Besatzungsrechts, § 45, S. 10, so auch Dölle, Rechtsgutachten, S. 18 ff.; Jerusalem, Rechtsgutachten, S. 42). Dies schließt aber, wie der Vorderrichter nicht verkennt, fiskalisches Handeln nicht aus. Beim Individualimport, bei dem sich der Importeur um die Einfuhr bemühen konnte, beschränkte sich das hoheitliche Handeln der JEIA auf die Erteilung der Einfuhrbewilligung, während die Abwicklung des Einfuhrgeschäfts seitens der JEIA „jure gestionis" erfolgte. Die auf Grund des Bevin-Byrnes-Abkommens vom 2. 12. 1946 errichtete und durch die Vereinbarung vom 17. 12. 1947 umgebildete JEIA hatte die volle Kontrolle der Außenwirtschaft, allerdings mit dem schon damals zum Ausdruck gebrachten Ziel der Übertragung dieser Zuständigkeit auf deutsche Verwaltungsstellen, „soweit es die im Ausland jeweils bestehenden einschränkenden Bestimmungen irgend gestatteten" (Ziff. 5 des Abkommens vom 17. 12. 1947 in der Übersetzung des „Europa-Archivs" 1948, 1173). Dabei übertrug das Zweimächteamt (Bipartite Board) der JEIA und JFEA die für die Durchführung der Ein- und Ausfuhr erforderlichen Vollmachten einschließlich der Berechtigung, „Einfuhr- und Ausfuhrverträge durch die von ihm hierfür bestimmten Stellen abzuschließen, Gelder zu entleihen und zu verleihen, Forderungen zu bezahlen und einzuziehen und Devisen zu verwenden und zuzuweisen, sowie alle sonstigen, zur Wiederherstellung und Förderung des friedlichen Handels- und Warenverkehrs erforderlichen Vollmachten." Bereits aus dieser Aufzählung der Vollmachten folgt die Befugnis der JEIA zu fiskalischem Handeln, zumal als Ziel die Wiederherstellung eines friedlichen Handelsverkehrs gesetzt wurde. Gerade diese Zielsetzung hat zur Folge, daß die JEIA weitgehend
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von dem Abschluß bürgerlicher Rechtsgeschäfte Gebrauch machen mußte. Daß auch solche Rechtsgeschäfte in den Vordergrund traten, ergibt sich aus der Aufzählung der Vollmachten (z. B. zur Einziehung und Bezahlung von Forderungen, zum Entleihen und Verleihen von Geldern), wie auch daraus, daß die sogenannten Individualimporte nach den Anweisungen Nr. 4 und 10 dem Importeur eine stärkere Freiheit gewähren sollten. Allerdings sind die hoheitlichen und privatrechtlichen Befugnisse der JEIA entsprechend dem anglo-amerikanischen Rechtsdenken, das eine Scheidung von Privatrecht und öffentlichem Recht nicht kennt, nicht voneinander geschieden [Jerusalem aaO 42 f.), so daß bei dem einzelnen Rechtsgeschäft dessen Natur ermittelt werden muß. Da die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges eine innerstaatliche Frage der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ist, kann diese Frage nicht unter dem Blickwinkel des anglo-amerikanischen, sondern nur nach den Grundsätzen des deutschen Rechts entschieden werden (vgl. Riezler 215). Da weder die Abkommen der Besatzungsmächte über die Errichtung der JEIA noch die Anweisungen der JEIA selbst die öffentlich-rechtlichen von den privatrechtlichen Funktionen scheidet, kann als Kriterium lediglich die Ausgestaltung der einzelnen Rechtsgeschäfte in Frage kommen. Die Kl. macht Ansprüche der JEIA geltend, die aus der Akkreditivgestellung herrühren. Die Erteilung der Einfuhrbewilligung ist Ausfluß der hoheitlichen Befugnisse der JEIA, dagegen erfolgte die Abwicklung der genehmigten Einfuhr in den Formen des bürgerlichen Rechts. Entgegen der Auffassung Jerusalems (aaO 51) ist mit Dölle (aaO 33) davon auszugehen, daß der inländische Importeur mit dem ausländischen Exporteur einen Kaufvertrag schloß, in dem sich der Importeur zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, hier des Fakturenwertes in skr., verpflichtete und daß die JEIA dem Importeur gegenüber die Verpflichtung zur Eröffnung eines Akkreditivs übernahm. Der ausländische Exporteur wollte nicht mit der JEIA einen Kaufvertrag abschließen, wie auch der inländische Importeur bei den Individualimporten von seinem ausländischen Geschäftsfreund und nicht von der JEIA beziehen wollte. Dem steht nicht entgegen, daß die Bestellung für Rechnung der JEIA erfolgte und das Eigentum im Zeitpunkt der Lieferung auf die JEIA überging. Dadurch, daß ein Vertrag für Rechnung eines Dritten abgeschlossen wird, wird die Rechtsstellung der Parteien des Kaufvertrages nicht geändert. Insbesondere ging das Eigentum nicht kraft Gesetzes auf die JEIA über, wie der Vorderrichter ausführt, sondern auf Grund des zwischen dem Importeur und dem Exporteur geschlossenen Vertrages in Verbindung mit der Verschaffung des unmittelbaren Besitzes, d. h. in den Formen des bürgerlichen Rechts. Wie Dölle mit Recht ausführt (aaO 38), wurde die JEIA allein aus dem Grunde zwischengeschaltet, um zu verhindern, daß ein Deutscher ausländische Vermögenswerte erwarb, die dann dem Zugriff von Staaten, die sich mit Deutschland völkerrechtlich noch im Kriegszustand befanden, unterlegen wären. Dazu kommt, daß kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß, wie der Vorderrichter meint, es im Ermessen der JEIA gelegen habe, ob das Eigentum an der eingeführten Ware auf den Importeur übertragen oder ob anderweitig
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darüber verfügt wurde. Wenn auch die Anweisung Nr. 10, nach der das streitige Einfuhrgeschäft der Bekl. abzuwickeln war, nur die Bestimmung enthält, daß bei Ankunft der Ware im deutschen Hafen und bei Nachweis der Zahlung des RM-Abrechnungswertes das Eigentum auf den Importeur übertragen wird, und nicht eine ausdrückliche Verpflichtung der JEIA zu dieser Eigentumsübertragung normierte, so ließ diese Bestimmung doch keine Ermessensfreiheit f ü r die JEIA. Nach der Anweisung Nr. 3 gehörte es zur Aufgabe der Shipping and Forwarding Sections der JEIA, die ankommenden Güter dem Empfänger bereits an der Schiffsreling zu übergeben (Ziff. 3 a) und bereits bei der Entlöschung die „out-turns" mit den Vertretern der deutschen Empfänger abzustimmen (Ziff. 5 b). Wenn aber die JEIA im Interesse des deutschen Empfängers zunächst das Eigentum erwerben mußte, und dann dieses Eigentum zu dem frühest möglichen Zeitpunkt, in dem es dem Zugriff ausländischer Staaten entzogen war, in den Formen des bürgerlichen Rechts dem Empfänger übertrug, war kein Raum f ü r ein Ermessen der JEIA, über dieses Eigentum anderweitig zu verfügen, vielmehr handelte die JEIA, soweit sie Eigentümerin geworden war, lediglich als Treuhänderin des jeweiligen Importeurs. Entgegen der Auffassung des Vorderrichters waren durch den Kaufvertrag des Importeurs mit dem ausländischen Exporteur in Verbindung mit den Bestimmungen der JEIA Leistung und Gegenleistung eindeutig bestimmt, da der Exporteur zur Übereignung der Ware an die als Treuhänderin fungierende JEIA und der Importeur zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises verpflichtet war. Aber auch der zwischen der JEIA und dem Importeur abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag über die Akkreditivgestellung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Die JEIA war auf Grund der Erteilung der Einfuhrbewilligung zur Eröffnung des Akkreditivs verpflichtet, während der Importeur den RM-Gegenwert zu zahlen hatte. Wie Dolle hervorhebt (aaO 39), kommt es f ü r den Begriff des entgeltlichen Rechtsgeschäfts nicht auf die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen an (vgl. RGZ 163, 348). Dieser Geschäftsbesorgungsvertrag wurde in den üblichen Formen des bürgerlichen Rechts abgewickelt. Der Importeur verpflichtete sich auf dem Einfuhrantrag, den RM-Abrechnungspreis zu bezahlen. Die Zahlung erfolgte dann an die Gemeinsame Außenhandelskasse (GAK) als Organ der JEIA (Dölle aaO 44). Die JEIA bzw. JFEA stellte im üblichen Bankverkehr das Akkreditiv bei der Bank des Exporteurs. Die Ausgestaltung der Zahlungsabwicklung vollzog sich daher in den üblichen Formen des bürgerlich-rechtlichen Zahlungsverkehrs. Die Tatsache, daß der Importeur sich bei Stellung des Antrages den von der JEIA auferlegten Bedingungen unterwarf, widerspricht nicht der Annahme eines bürgerlich-rechtlichen Vertragsverhältnisses. Derartige Vertragsverhältnisse sind in einer gelenkten Wirtschaft, in der staatliche Behörden weitgehend Einfluß auf die Gestaltung der Vertragsbeziehungen nehmen, üblich geworden, ohne daß damit aber die Rechtsnatur der Verträge als bürgerlich-rechtlicher Verträge betroffen wird. Sogar bei den diktierten Verträgen, die den Vertragspartnern weder die Wahl des Vertragsgegners noch die Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen überlassen, 6
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handelt es sich u m bürgerlich-rechtliche Verträge, da die den Vertrag diktierende Stelle den Willen zum Ausdruck bringt, „daß die in den F o r m e n des bürgerlichen Rechts gekleideten Geschäfte auch nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts abgewickelt werden sollten" (BGH vom 5. 12. 1950, JZ 1951, 110 mit zustimmenden Anmerkungen von Coing, vgl. auch BGH vom 28. 11. 1950 in BGHZ 1, 75). Demnach m u ß die Ausgestaltung der Zahlungsabwicklung gemäß den zum Vertragsinhalt gemachten Bedingungen der JEIA d a n n f ü r die A n n a h m e eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages ausreichen, wenn diese Gestaltung in den F o r m e n des bürgerlichen Rechts vorgenommen wurde. Da dem inländischen I m p o r t e u r weitgehende Freiheit bei der Auswahl seines ausländischen Vertragspartners zustand, die Eigentumsübertragung auch bei Zwischenschaltung der JEIA in den F o r m e n des privaten Rechts erfolgte u n d schließlich auch die Durchf ü h r u n g der Zahlungen im üblichen Geschäftsverkehr erfolgte, sind die Vertragsbeziehungen zwischen der JEIA u n d dem inländischen I m p o r t e u r dem bürgerlichen Recht untergeordnet. Die Tatsache, d a ß auf Grund Besatzungsrechts eine Klage gegen die JEIA als Organ der Besatzungsbehörde nicht möglich war, steht dem privatrechtlichen Charakter des Rechtsgeschäfts nicht entgegen (Jerusalem aaO 53). Daß die JEIA k r a f t Hoheitsmacht als Besatzungsbehörde die Bewilligung f ü r ein E i n f u h r g e s c h ä f t erteilte und auch die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen I m p o r t e u r u n d E x p o r t e u r wie auch zwischen dem Importeur u n d JEIA durch ihre hoheitlich getroffenen Anordnungen regelte, bewirkte nur, d a ß die JEIA die Rechtswirksamkeit der Außenhandelsverträge von einer hoheitlichen Genehmigung abhängig machte u n d den einzelnen mit dem E i n f u h r - oder Ausfuhrgeschäft in Z u s a m m e n h a n g stehenden Vertragsverhältnissen bestimmte Bedingungen vorschrieb. Daß eine Partei keinen Einfluß auf die n ä h e r e Ausgestaltung der Vertragsbedingungen hat u n d die von dem einen Vertragspartner gesetzten Bedingungen im Ganzen annehmen m u ß , steht der A n n a h m e eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses nicht entgegen, wie auch die auf Grund von allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossenen Verträge zeigen. Die hoheitlich bestimmte Ausgestaltung des einzelnen Vertragsverhältnisses beeinflußte nicht die Rechtsnatur dieser Beziehungen, da es allein darauf a n k a m , daß die JEIA mit Eingehung der Verpflichtung zur Akkreditivgestellung sowie zum E r w e r b u n d zur Weiterübertragung von Eigentum wie auch der Importeur mit Übernahme des eindeutig bestimmten Inlandsabrechnungspreises sich b e w u ß t der F o r m e n des bürgerlichen Rechts bedienten. Dem I m p o r t e u r war auch bei Eingehung dieser Verbindlichkeit klar, welche Verpflichtungen er ü b e r n a h m u n d welche Rechte er gegenüber der JEIA erwarb, a u ß e r d e m stand es dem I m p o r t e u r im Gegensatz zu der Partei des diktierten Vertrages frei, ob er mit dem Exporteur abschließen und ob er sich den von der JEIA gesetzten Bedingungen u n t e r w e r f e n wollte. Die zwischen der JEIA u n d der Bekl. geschlossene Vereinbarung k a n n auch nicht als öffentlich-rechtlicher Vertrag angesehen werden, weil der Vertrag sich nicht auf einen Gegenstand des öffentlichen Rechts bezieht (Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I 222). W e n n auch die Außen-
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Wirtschaft völlig unter der Kontrolle der Besatzungsmacht stand, so war sie deswegen nicht zu einem Gegenstand des öffentlichen Rechts geworden, zumal gerade die Zielsetzung der Wiederherstellung friedlicher Außenhandelsbeziehungen wohl eine Kontrolle und öffentliche Regelung der Außenwirtschaft rechtfertigte, aber keinen Zweifel ließ, daß auch die Besatzungsmacht die Außenwirtschaft nicht als ursprünglichen Bereich staatlicher Tätigkeit, sondern als Gebiet der sich auf dem Boden der Gleichordnung vollziehenden wirtschaftlichen Betätigung ansah, das mit Rücksicht auf den Zusammenbruch der Wirtschaft lediglich weitgehende staatliche Lenkung erforderlich machte. Mag auch zunächst die Besatzungsmacht als Einführer aufgetreten sein und mag auch die JEIA bei einzelnen Waren selbst als Importeur tätig geworden sein, so bedeutete die Errichtung der JEIA, besonders hinsichtlich der Ermöglichung der Individualeinfuhr, einen entscheidenden Schritt zur Liberalisierung (vgl. von Schmoller aaO § 45, S. 10) und brachte zum Ausdruck, daß den Besatzungsmächten an einer möglichst schnellen Einschaltung der deutschen Importeure und Exporteure in den Außenhandel gelegen war (vgl. Jerusalem aaO 32, 34 ff.). Die Annahme eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses ist daher durchaus mit den Aufgaben und der Stellung der JEIA vereinbar. Auch kann nicht aus der Fortgeltung des MRG Nr. 53 und der ursprünglichen Konzentration der Außenwirtschaft in der Hand der Besatzungsmacht darauf geschlossen werden, daß der Außenhandel Gegenstand des öffentlichen Rechts auch noch in der Zeit nach dem Abkommen vom 17. 12. 1947 geblieben war. Wenn durch die JEIA kraft Hoheitsrecht mittels der Einfuhrbewilligung eine Ausnahme vom Verbot des Außenhandels gegeben wurde, wurde gleichzeitig die Möglichkeit zu privatwirtschaftlicher Betätigung auf der Ebene der Gleichordnung geschaffen. Auch der von Jellinek, Verwaltungsrecht 50 aufgestellte Grundsatz der Einheitlichkeit kann nicht die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrages rechtfertigen. Nach Jellinek ist ein Rechtsverhältnis dann öffentlich-rechtlich, wenn es ursprünglich öffentlich-rechtlich ist. Die Erteilung der Einfuhrgenehmigung, die nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist, schuf lediglich die Voraussetzungen f ü r den Abschluß wirksamer privater Verträge zwischen dem inländischen Importeur und dem ausländischen Exporteur, zwischen der JEIA und dem Importeur wie auch zwischen der JEIA und der akkreditierenden Bank, aber diese Rechtsverhältnisse entsprangen nicht dieser hoheitlichen Genehmigung, wie z. B. der Gehaltsanspruch aus dem Beamtenverhältnis oder der Anspruch auf Entschädigung aus der Enteignung. Die Genehmigungsbedürftigkeit eines privaten Rechtsgeschäfts, hier des Vertrages des Importeurs mit dem Exporteur, macht dieses Rechtsgeschäft nicht zu einem öffentlichrechtlichen. Zwar verknüpfte die Anweisung Nr. 10 die Verpflichtung der JEIA zur Akkreditivgestellung mit der Erteilung der Einfuhrgenehmigung, aber diese zeitliche Verbindung bedeutete nur, daß mit der hoheitlichen Genehmigung der Einfuhr durch die JEIA als Organ der Besatzungsmacht die JEIA gleichzeitig im fiskalischen Bereich den nach den Bedingungen der JEIA gestellten Antrag des Importeurs als Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages annahm. Zudem war die Vereinbarung zwischen JEIA und 6 *
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Importeur über die Akkreditivgestellung wesensmäßig enger mit dem Kaufvertrag, der durch die Genehmigung wirksam wurde, als mit der Genehmigung selbst verbunden. Auch nicht aus dem Umstand, daß die JEIA im Operational Memorandum Nr. 25 in laufende Verträge eingriff und f ü r die zum RM-Inlandspreis abgeschlossenen Vereinbarungen einen anderen vom Importeur zu zahlenden Gegenwert festlegte, kann auf das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Verhältnisses zwischen JEIA und Importeur geschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist nicht die Frage der Auswirkung des Operational Memorandum Nr. 25 auf die schwebenden Verträge zu untersuchen, sondern es ist lediglich die Behauptung der Kl., durch dieses Memorandum sei die Bekl. zur Zahlung des Umrechnungswertes auf der Basis von 0,30 $ = 1.— DM verpflichtet, in ihrer Bedeutung für die Annahme eines öffentlichrechtlichen Verhältnisses zu prüfen. Nach der Darstellung der Kl. hat die JEIA als Organ der Besatzungsmacht das Operational Memorandum Nr. 25 erlassen und damit in die zwischen der JEIA und den Importeuren abgeschlossenen, aber noch nicht abgewickelten Verträge eingegriffen. Diese Auffassung steht aber der Annahme eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages nicht entgegen. Wie die Besatzungsmacht auf Grund ihrer weitgehenden Befugnisse in Verträge eingreifen konnte, ohne daß dadurch der Charakter des Vertrages selbst berührt wurde, so war es ihr auch möglich, in Verträge einzugreifen, die sie selbst im fiskalischen Bereich geschlossen hatte. Daß die gleiche Dienststelle der Besatzungsmacht, nämlich die JEIA, die Verträge abgeschlossen und dann das Operational Memorandum Nr. 25 mit seinem behaupteten Eingriff in diese Verträge erlassen hat, kann zu keinem anderen Ergebnis führen, zumal sich hier wieder das Fehlen der Scheidung zwischen hoheitlichem und privatrechtlichem Handeln im anglo-amerikanischen Recht auswirkt. Zwar wurde, falls das Operational Memorandum Nr. 25 die von der Kl. behauptete Wirkung hatte, dadurch die Kalkulation des Importeurs auf der Basis des RM-Inlandsstoppreises hinfällig und ein wesentlicher Teil des Vertrages geändert, aber diese Änderung ist nicht der Ausfluß des fiskalischen Handelns der JEIA, sondern ihrer hoheitlichen Befugnisse. Wenn auch die Befugnis einer Behörde als Vertragspartei zu völliger Änderung des Vertrages diesem den bürgerlich-rechtlichen Charakter nehmen würde und wenn auch der Vertragsgegner sich freiwillig auf einen solchen Vertrag nicht einließe, so hat nicht die JEIA in ihrer Eigenschaft als Vertragspartner der Bekl. die Gegenleistung neu festgesetzt, sondern bei dieser behaupteten Neufestsetzung handelt es sich um einen Eingriff der Besatzüngsmacht, der das Vertragsverhältnis in seinem Charakter nicht berührte. Aus diesem Grunde können auch die vom BGH in seinem Urteil vom 13. 3.1952 (BB 1952, 443) aufgestellten Richtlinien im vorliegenden Falle keine Anwendung finden. Dort wurde der Rechtsweg als nicht gegeben erachtet, weil die Stadt Berlin den Unterschiedsbetrag zwischen dem alten, durch Subventionen niedrig gehaltenen Preis f ü r das von der Stadt Berlin den Bäckern verkaufte Mehl und dem auf Grund einer Preisbekanntgabe vom 30. 9. 1949 erhöhten Preis für die noch vorhandenen, zum alten Preis verkauften Mehlbestände nicht als Verkäufer, sondern als
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Obrigkeit von den Bäckern forderte. Da in dem dem BGH vorliegenden Fall die Stadt Berlin angeordnet hatte, daß der Unterschiedsbetrag abzuführen sei, war bereits aus der Anordnung ersichtlich, daß nicht in die Verträge eingegriffen werden sollte, daß vielmehr kraft Hoheitsmacht die Abführung eines Unterschiedsbetrages verlangt wurde, der sich aus dem nicht berührten bisherigen Kaufpreis und dem neuen Mehlpreis ergab. Hier dagegen bestimmte die JEIA in dem Operational Memorandum Nr. 25, daß die Bestimmungen dieser Verordnung mit Wirkung v o m 15. 5. 1948 bei den Einfuhren anzuwenden sind, d. h. daß durch die Verordnung die zwischen der JEIA und den Importeuren abgeschlossenen Vereinbarungen entsprechend geändert wurden. W e n n nunmehr die Kl. als Rechtsnachfolgerin der JEIA den auf Grund des Operational Memorandum Nr. 25 berechneten Gegenwert verlangt, geschieht dies nicht unmittelbar auf Grund dieser Verordnung, sondern auf Grund des zwischen der J E I A und der Bekl. geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages, der von der J E I A in ihrer Eigenschaft als Organ der Besatzungsmacht in der Weise angeblich geändert wurde, daß als Gegenwert nicht mehr der Inlandstoppreis, sondern der volle Devisengegenwert zu bezahlen war. Da das Operational Memorandum Nr. 25 den auf die Akkreditivgestellung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrag der Bekl. mit der J E I A abänderte und die Kl. den auf Grund dieser Veränderung errechneten Gegenwert aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag verlangt, w i r d weder durch die Möglichkeit der JEIA, kraft Hoheitsrecht in laufende Verträge einzugreifen, noch durch eine tatsächliche Veränderung der Vertragsbestimmungen infolge eines solchen Eingriffs die bürgerlich-rechtliche Natur des zwischen den Parteien geschlossenen, auf die Gestellung eines Akkreditivs gerichteten Vertrages berührt. Da der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten demnach gegeben ist, das L G lediglich über die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges befunden hat, war das Urteil der 1. Kammer f ü r Handelssachen des L G Bremen aufzuheben, die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zu verwerfen und der Rechtsstreit gemäß § 538 I Ziff. 2 Z P O an das Gericht des 1. Rechtszuges zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Berufungsinstanz zu befinden hat." 8 6 . Die Parteien eines im Jahre 1944 geschlossenen Kaufoertrages (eine Gesellschaft mit Sitz in Wien und eine Gesellschaft mit Sitz in Berlin) haben sich bei vernünftiger und billiger Berücksichtigung aller Umstände mutmaßlich dem deutschen Recht unterworfen, da es sich um eine Kriegslieferung handelte, die auf Anweisung des Rohstoffamtes unter Benutzung von Formblättern durchgeführt wurde, die für das ganze damalige Reichsgebiet galten und da die Bekl. als Käuferin ihren Sitz in Berlin hatte und die Mehrheit ihrer Aktien sich in den Händen der IG-Farben befand. Das KRG Nr. 5 ist, soweit es sich um deutsches Vermögen in Österreich handelt, in Kraft geblieben. Wenn deutsche Staatsangehörige z. Z. in Österreich keine Ansprüche aus der Zeit vor dem 8. 5. 1945 geltend machen können, so könnte dieser Zustand höchstens zu Vergeltungsmaßnahmen der deutschen Regierung führen (Art. 31 EGBGB), nicht aber das Ergebnis haben, daß
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einem österreichischen Kläger im einzelnen Fall der Rechtsschutz vor deutschen Gerichten versagt würde. — Bonner GG Art. 14; EGBGB Art. 30, 31; KRG Nr. 5 Art. 1, 3; AHKG Nr. 63 Art. 4, 5; Kontrollratsabkommen f ü r Österreich vom 28. 6. 1946, Art. 5; österr. Verwaltergesetz vom 10. 5. 1945 und vom 26. 7. 1946. LG Hamburg, Kammer 12 für Handelssachen, Urt. vom 22. 6. 1953 — 62 O 83/51. Ungedruckt. Die Kl., eine Firma mit Sitz in Wien, lieferte im Dezember 1944 auf Anordnung des Rohstoff amts 2000 t Rohbenzin an verschiedene Stellen. Die Bekl., eine Firma mit Sitz in Berlin, fertigte über diese Lieferungen Versandanzeigen. Aus diesen Lieferungen ist die Forderung der Kl. an die Bekl. entstanden. Aus den Gründen: „. . . II. Die Klage stützt sich auf einen Kaufvertrag. Für seine Beurteilung ist deutsches Recht maßgebend. Die Parteien würden sich bei vernünftiger und billiger Berücksichtigung aller Umstände mutmaßlich dem deutschen Recht unterworfen haben, Erman-Marquordt, Anm. I c vor Art. 12 EGBGB. Es handelte sich um Kriegslieferungen, die auf Anweisung des Rohstoffamtes nach Richtlinien und unter Benutzung von Formblättern durchgeführt wurden, die f ü r das ganze damalige Reichsgebiet galten. Die Bekl. als Käuferin hatte ihren Sitz in Berlin. Die Aktien-Mehrheit der Kl. befand sich in den Händen der IG-Farben. III. Die Kl. beruft sich mit Recht auf einen Kaufvertrag. Die Kl. lieferte für Rechnung der Bekl. Treibstoffe an verschiedene Empfangsstellen. Die Kl. lieferte aufgrund einer Anordnung des Rohstoffamtes. Das Rohstoffamt legte fest, wer als Verkäufer und Käufer der Waren auftreten sollte. Aus den Frachtbrief vermerken „ZB-Kundenlieferung an Wifo" und der Aktennotiz der Bekl. vom 30. 1. 1945, wonach sie die Menge laut Anordnung des Rohstoffamtes mit der Kl. verrechnen sollte, ergibt sich, daß die Bekl. als Käuferin auftreten sollte. Auf derartige Kaufverträge, die im Rahmen der gelenkten Wirtschaft geschlossen werden, ist das bürgerliche Kaufrecht anzuwenden (Palandt, Anm. 1 b vor § 241, 4 b vor § 305; Erman, Anm. 3 vor § 145; BGHZ 1, 75; BGH in Betrieb 1953, 143). Die Bekl. bekannte sich durch ihr Schreiben vom Dezember 1948 als Schuldnerin. Sie hat die Lieferung noch im Rechtsstreit zunächst zugestanden. Sie hat nachträglich die Unrichtigkeit dieses Geständnisses nicht bewiesen und ist daher daran gebunden (§ 290 ZPO). Das Gericht stellt daher fest, daß die Bekl. der Kl. aus Kauf RM 910 873.05 schuldet. IV. Die Bekl. kann sich nicht auf die österreichischen Maßnahmen gegen die deutschen Aktionäre der Kl. berufen. Es kann dahingestellt bleiben, ob deutsche Staatsangehörige z. Z. in Österreich Ansprüche aus der Zeit vor dem 8. 5. 1945 nicht geltend machen können. Falls dies zutreffen sollte, so könnte dieser Zustand höchstens zu Vergeltungsmaßnahmen der deutschen Regierung führen (Art. 31 EGBGB), könnte jedoch nicht das Ergebnis
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haben, daß einem österreichischen Kl. im einzelnen Fall der Rechtsschutz vor deutschen Gerichten versagt würde. Die Bekl. kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Anwendung österreichischen Rechts gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde (Art. 30 EGBGB). Dabei ist der Kaufvertrag — wie schon ausgeführt — nach deutschem Recht zu beurteilen. Österreichisches Recht ist anzuwenden, bei der Beurteilung der Frage, ob die Kl. für die Kaufpreisforderung aktiv legitimiert ist und ob sie richtig vertreten ist. Die Maßnahmen gegen die deutschen Aktionäre der Kl. beruhen auf gesetzlichen Maßnahmen, die in Deutschland und in Österreich seit 1945 getroffen sind. Nach KRG Nr. 5 Art. 1 wurde alles deutsche Auslandsvermögen auf eine alliierte Kommission übertragen. Nach Art. 3 Ziff. 7 des Gesetzes kann die Kommission dieses Vermögen verwalten und überwachen. Nach Art. 5 soll über die Entscheidung der Betroffenen zu späterer Zeit vom Kontrollrat entschieden werden. Nach dem AHKG Nr. 63 verlor das Gesetz Nr. 5 im allgemeinen seine Wirksamkeit, wurde aber für Vermögenswerte, die der Hoheitsgewalt Österreichs unterstanden, durch Art. 4 und 5 des Gesetzes ausdrücklich aufrecht erhalten. Nach Ziffer 2 c des Besatzungsstatuts vom 12. 5. 1949 haben sich die drei westlichen Besatzungsmächte die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten ausdrücklich vorbehalten. Nach Ziff. 7 a des Besatzungsstatuts bleiben Rechtsvorschriften der Besatzungsbehörden, soweit sie auf vorbehaltenen Befugnissen beruhen, bis zu ihrer Aufhebung oder Änderung durch die Besatzungsbehörden in Kraft. Demnach ist Gesetz Nr. 5 in Kraft geblieben, soweit es sich auf deutsches Vermögen in Österreich bezieht. Auch nach dem Bonner Vertragswerk vom Mai 1952, das in Zukunft die Beziehungen der Bundesrepublik zu den westlichen Mächten regeln soll, gilt nichts anderes. Teil VI Art. 3 des Überleitungsvertrages bestimmt, daß die Bundesrepublik in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben wird, die gegen das beschlagnahmte deutsche Auslandsvermögen durchgeführt worden sind oder werden sollen. Art. 3 II bestimmt insbesondere, daß die Bundesrepublik die Bestimmungen über die Behandlung des deutschen Auslandsvermögens in Österreich hinnehmen wird, die in einem Abkommen enthalten sind, bei dem die gegenwärtigen Besatzungsmächte Österreichs Partei sind, oder die in dem zukünftigen Staatsvertrage mit Österreich getroffen werden (Kutscher-Grewe, Bonner Vertrag vom 22. Januar). Nach den Maßnahmen der Besatzungsmächte für Deutschland und den mit ihnen abgeschlossenen Verträgen ist der Rechlszustand für das deutsche Vermögen in Österreich daher unverändert: Das Vermögen ist auf die alliierte Kommission übertragen und wird von ihr verwaltet. Die vier alliierten Mächte haben in ihrem zweiten Kontrollratsabkommen für Österreich vom 28. 6. 1946 Art. 5 Ziff. IV bestimmt, daß die alliierte Kommission direkte Maßnahmen ergreifen kann, soweit es sich um die Verfügung über deutsches Eigentum gemäß den bestehenden Vereinbarungen zwischen den Alliierten handelt. Von dieser Möglichkeit ist jedoch kein Gebrauch gemacht worden. Der Vertreter der Kl. C. ist aufgrund des
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österreichischen Verwaltergesetzes vom 10. 5. 1945 bestellt worden. Dieses Gesetz ist später durch das Bundesgesetz vom 26. 7. 1946 über die Bestellung von öffentlichen Verwaltern und öffentlichen Aufsichtspersonen (Verwaltergesetz) ersetzt worden. Nach § 2 und 3 des Gesetzes können Verwalter unter anderem f ü r Unternehmungen bestellt werden, deren Verfügungsberechtigte am 13. 3.1938 die deutsche Staatsangehörigkeit besessen haben, bei juristischen Personen, wenn deutsche Staatsangehörige maßgebend beteiligt waren. Nach § 5 des Gesetzes ruhen während der Dauer der öffentlichen Verwaltung die Befugnisse des bisherigen Verfügungsberechtigten, bei juristischen Personen ruhen die Befugnisse ihrer Organe. Nach § 6 üben die öffentlichen Verwalter alle Rechte und Pflichten des Verfügungsberechtigten aus und vertreten das Unternehmen nach außen. Nach dieser Regelung in Österreich ist zwar den deutschen Aktionären der Kl. das Recht noch nicht endgültig entzogen. Sie können aber seit 1945 nicht darüber verfügen. Ihnen ist nur das nudum jus verblieben (SchmollerMaier-Tobler, Handbuch des Besatzungsrechts § 51 S. 27). Es kann dahingestellt bleiben, ob bereits vor der Liquidation des deutschen Auslandsvermögens in der langjährigen Beschlagnahme eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Bonner GG zu sehen ist. Selbst wenn man diese Frage bejaht und zudem von der deutschen Auffassung ausgeht, daß die Entziehung von Privatvermögen außerhalb des eigenen Territoriums einer Siegermacht dem Völkerrecht widerstrebt (Schmoller-Maier-Tobler § 51 S. 8), so ist der deutsche Richter doch gehalten, die getroffene Regelung als bindend anzuerkennen. Die Gesetze der Besatzungsmacht sind der deutschen Rechtsordnung übergeordnet und können auch von deutschen Gesetzgebungsorganen nicht ohne weiteres außer Kraft gesetzt werden (Jänicke, Der Abbau der Kontrollratsgesetzgebung 18; vgl. auch Städter in MDR 1949, 517). Im übrigen hat sich die Bundesrepublik auch für die Zukunft vertraglich verpflichtet, diesen Teil der Besatzungsgesetzgebung auf begrenzte Zeit noch als eine deutschen Gesetzen vorgehende Rechtsnorm zu behandeln und insoweit von der wieder gewonnenen obersten Gesetzgebungsgewalt noch keinen Gebrauch zu machen (Jänicke 93). Der Fall unterscheidet sich durchaus von den Enteignungsmaßnahmen ostzonaler, polnischer oder tschechischer Stellen (vgl. NJW 1950, 193; OGHZ 1, 386; BGH 17. 10. 1952, MDR 1953, 27). Dort handelt es sich um Enteignungsmaßnahmen, die außerhalb der Bundesrepublik getroffen sind und nur innerhalb des Gebietes der enteignenden Stellen rechtliche Wirkung haben. Hier handelt es sich dagegen um Eingriffe in deutsches Vermögen, die ausdrücklich in einer für die Bundesrepublik noch heute gültigen Rechtsnorm vorgesehen sind. Im Ergebnis kann die Bekl. nicht geltend machen, daß die Kl. für die Geltendmachung des Klaganspruchs nicht aktiv legitimiert wäre oder daß sie durch ihren jetzigen Verwalter C. nicht richtig vertreten wäre. V. Die Bekl. kann sich endlich auch nicht auf § 21 IV UG berufen (wird ausgeführt). Der Klage ist daher stattzugeben."
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2 6 a . Das Verbot der Diskriminierung findet auf Handlungen, die in Deutschland begangen worden sind, auch dann Anwendung, wenn es sich um die Ausführung eines unter ausländischen Firmen im Ausland abgeschlossenen Vertrages handelt. — VO Nr. 78; AHKG Nr. 56, Art. V 9 c 4. LG Düsseldorf, Urt. vom 9. 7. 1953 — 4 O 279/52: W u W 4 (1954) 463. Bis zum Jahre 1949 waren sowohl der Obst- und Gemüseexport aus Holland als auch der Gemüseimport nach Deutschland zentral organisiert. Auf beiden Seiten hatten sich die Grenzspediteure, welche sich speziell mit Gemüseex- und -import befaßten, zu Arbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen. Auf deutscher Seite gab es die „Vereinigten Gemüsespediteure", denen außer der Kl. und dem Bekl. noch drei weitere Speditionsfirmen angehörten. Anläßlich des Ubergangs vom Globalimport zum Individualimport trat der Bekl. Anfang 1949 aus der Arbeitsgemeinschaft aus. Neben der deutschen Einzelkaufmannsfirma F. M., Inhaber J. E., besteht in Holland noch eine Aktiengesellschaft, nämlich die N. V. in Venlo, deren Geschäftsführer gleichfalls J. E. ist. Diese hat im Mai einen Gemüsekistenvertrag geschlossen. Hiermit hatte es folgende Bewandtnis: Die Zentralgenossenschaft der holländischen Gemüseauktionen beschloß, den Export von Obst und Gemüse nach Deutschland in Leihverpackungen durchzuführen. Diese Leihkisten konnten vom Spediteur nicht sogleich nach der Anlieferung beim Importeur wieder mit zurückgenommen werden, sondern sie mußten der Ware zu ihrer Schonung bis zum Verkauf an den Letztverbraucher als Behälter dienen. Zur Beschaffung und Verwaltung dieser Leihkisten wurde seitens der Zentralgenossenschaft eine besondere Stiftung begründet, die Bekl. Diese war die Eigentümerin aller Leihkisten. Die N. V. in Venlo übernahm nunmehr in dem obenerwähnten Vertrag vom Mai 1949 den Auftrag, f ü r die Bekl. in K. eine „Grenzkistenzentrale" mit verschiedenen Zweigniederlassungen zu errichten und zur Überwachung der in die Hand deutscher Importeure übergehenden Leihkisten folgende Maßnahmen zu treffen: Der holländische Exporteur erhielt beim Grenzübertritt eine Empfangsbescheinigung, wofür er seinen zuvor gestellten Pfandbetrag vergütet erhielt. Anschließend hatte der deutsche Importeur an die N. V. ein Standgeld von 3.15 DM (3 DM Kistenpfand und 0.15 DM Miet- und Verwaltungsgebühr) zu entrichten. Die N. V. haftete der Bekl. für jede nicht oder nicht heil zurückgelieferte Kiste mit einem Betrage von 2 Gulden. Dafür konnte sich die N. V. an dem Pfandbetrag des Importeurs von 3 DM, später 2.50 DM, schadlos halten. Für ihre Tätigkeit erhielt die N. V. im Jahre 1949 von der Bekl. 2 Cents je Kiste vergütet. Im Jahre 1950 entfiel jede Zahlung der Bekl. an die N. V., während 1951 die N. V. sogar ihrerseits an die Bekl. einen Betrag von 1 Cent je Kiste abzuführen hatte. Gleichzeitig wurde das von den deutschen Importeuren zu leistende Kistenpfand auf 2.50 DM, die Abwicklungsgebühr auf 0.10 DM herabgesetzt. Ab 1952 wurde der Kistenrücklauf durch eine neugegründete GmbH, durchgeführt. Die Kl. macht eine Schadensersatzforderung der „Vereinigten Gemüsespediteure" geltend. Zur Begründung f ü h r t sie aus, daß die Bekl. gemeinschaftlich handelnd gegen die VO Nr. 78 und gegen §§ 1 UnlWG, 826 BGB
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verstoßen hätten, indem der Bekl. teils unmittelbar, teils durch die Bekl. im Zusammenhang mit der Einfuhr von Frischgemüse und Früchten in Leihkisten aus Holland im Wettbewerb Sondervorteile erlangt habe. Aus den Gründen: „Die Klage ist zu einem wesentlichen Teil b e g r ü n d e t . . . Darüber hinaus ist aber auch ein einwandfreier Verstoß gegen die VO Nr. 78 festzustellen. Die Bekl. ist das Instrument der holländischen Zentralgenossenschaft, also einer marktregelnden Vereinigung. In dieser Eigenschaft als Exponent einer Vielzahl von Marktteilnehmern darf die Bekl. nicht gegen das Verbot der Diskriminierung verstoßen (vgl. Art. V 9 c 4 VO Nr. 78). Gegen dieses Verbot der Diskriminierung hat die Bekl. verstoßen, indem sie in Holland mit der N. V. in Venlo den Verpackungsvertrag geschlossen hat, durch den eine einzige von zahlreichen interessierten Speditionsfirmen die erheblichen Machtbefugnisse und Vorteile dieses Kistengeschäftes auf sich vereinigte. Unter Beachtung des Verbots der Diskriminierung hätte die Bekl. als Exponent der Zentralgenossenschaft aller Gemüseauktionen diese außergewöhnliche Befugnis nicht in die Hand eines Spediteurs legen dürfen, sondern sie hätte das Kistengeschäft entweder durch eigene Angestellte und auf eigene Rechnung durchführen oder ein Transportversicherungsunternehmen einschalten müssen. Die Übertragung der gesamten Emballageversicherung auf ein einziges Speditionsunternehmen stellt eine Absprache im Sinne des Art. I VO Nr. 78 dar, „deren Zweck oder Wirkung in der Beschränkung des Binnen- oder Welthandels oder anderer wirtschaftlicher Tätigkeit und in der Förderung einer monopolistischen Kontrolle derselben besteht". Die Anwendung der VO Nr. 78 wird nicht etwa dadurch ausgeschlossen, daß der Verpackungsvertrag zwischen der Bekl. und der N. V. in Venlo auf holländischen Boden abgeschlossen worden ist. Denn das Verbot übermäßiger Konzentration der deutschen Wirtschaftskraft gilt, gleichviel, ob sie innerhalb oder außerhalb Deutschlands vorgenommen wird, soweit sie oder ihre Tätigkeit ganz oder teilweise der Zuständigkeit der Militärregierung unterworfen ist. Im vorliegenden Falle hat sich das Zusammenwirken der beiden Bekl. im Hinblick auf das deutsche Kistengeschäft ausschließlich auf deutschem Boden abgespielt. Ihre Tätigkeit unterliegt daher dem Dekartellierungsrecht, obwohl der zugrundeliegende, den Wettbewerb beschränkende Vertrag in Holland abgeschlossen worden ist." 27. Nach hypothetischem Parteiwillen muß auf einen in der Schweiz zwischen zwei Deutschen geschlossenen Kaufvertrag über deutsche Grundstücke das Recht des Belegenheitsortes dieser Grundstücke, also das deutsche Recht, das den Parteien zugleich auch am vertrautesten war, angewandt werden. LG Hamburg, Urt. vom 18. 1. 1952 — 8 O 362/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Entgegen der Auffassung des Bekl. ist nicht das Schweizer, sondern das deutsche Recht anzuwenden. Die deutschen, bzw. bisher deutschen
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Parteien haben sich bei Vertragsschluß zwar keine Gedanken über die maßgebende Rechtsordnung gemacht; hätten sie dies aber getan, so hätten sie bei einem Kaufvertrag über deutsche Grundstücke das Recht des Belegenheitsortes dieser Grundstücke, das ihnen zugleich auch am vertrautesten war, nämlich das deutsche Recht gewählt (Hypothetischer Parteiwille, vgl. Raape, IPR 3 [1950] 293 f.)." 188. Das Bürgschaftsstatut ist trotz der Abhängigkeit der Bürgschaft von der Hauptschuld selbständig zu ermitteln. Wenn die Bürgin, der Schuldner und die Gläubigerin (eine Bank) ihren Wohnsitz bzw. ihre Niederlassung bei Begründung des Bürgschaftsverhältnisses in Finnland hatten und die Bürgin sowie der Schuldner finnische Staatsangehörige waren, und wenn ein Parteiwille, das Bürgschaftsverhältnis einem anderen als dem finnischen Recht zu unterstellen, nicht ersichtlich ist, muß dieses Verhältnis nach finnischem Recht beurteilt werden. Die Anwendung des finnischen Rechts, nach welchem der Anspruch der Bürgin und ihrer Erbin mit dem 7. 6. 1944 verjährt wäre, würde gegen die deutschen Gesetze verstoßen, die eine allgemeine Hemmung der Verjährung für die Zeit des zweiten Weltkrieges und für die Nachkriegszeit anordneten, und wäre insoweit nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. Ein Zinsanspruch ist nach finnischem Recht erst seit Klageerhebung gegeben, wenn zwischen den Parteien neben der Zahlungsaufforderung kein besonderer Termin für die Fälligkeit der Forderung vereinbart wurde. Zur Unterbrechung der Verjährung genügt nach finnischem Recht eine Mahnung in beweiskräftiger Form (hier durch eingeschriebenen Brief). — EGBGB Art. 30; BGB §§ 196, 197; ZPO § 445; finnische Handelsgesetze; finnische VO vom 9. 11. 1868 über die Verjährung, § 1, 3, 17. LG Bremen, Urt. vom 8. 10. 1952 — 3 S 4/52. Ungedruckt. Der Sachverhalt ist in IPRspr. 1950—1951 Nr. 17 wiedergegeben. Aus den Gründen: „Die Berufung ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich eines Teiles des Zinsanspruches begründet; die Kl. macht mit Recht einen Anspruch auf 600 DM gegen den Bekl. geltend. Die Kl. ist die Alleinerbin ihrer Mutter, der Frau S., die i. J. 1942 verstarb. Dies hat das AG zutreffend auf Grund einer Abschrift des Testamentseröffnungsprotokolls des AG in Hamburg vom 26. 2. 1946 festgestellt. Und dies ist vom Bekl. jetzt auch nicht mehr bestritten. Das AG geht mit Recht davon aus, daß das aus der Bürgschaftserklärung vom 8. 6. 1934 folgende Rechtsverhältnis nach finnischem Recht zu beurteilen ist. Das Bürgschaftsstatut ist trotz der Abhängigkeit der Bürgschaft von der Hauptschuld selbständig zu ermitteln. Die Bürgin, der Bekl. — der Schuldner — und die Helsingfors-Aktiebank — die Gläubigerin — hatten ihren Wohnsitz bzw. ihre Niederlassung bei Begründung des Bürgschaftsverhältnisses in Finnland. Die Bürgin und der Bekl. waren finnische Staatsangehörige. Ein Parteiwille, das Bürgschaftsverhältnis einem anderen als dem finnischen Recht zu unterstellen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Nach finnischem Recht bestimmen sich auch die Wirkungen des Bürgschaftsverhältnisses; denn das Wirkungsstatut folgt aus dem Entstehungsstatut, und das Wirkungsstatut wird nicht dadurch geändert, daß die Erblasserin und Bürgin ihren Wohnsitz im Jahre 1934 nach Deutschland verlegte. Das finnische Recht gibt dem Bürgen, der in Erfüllung seiner Bürgschaft die Verpflichtung des Hauptschuldners erfüllt hat, einen Rückgriffsanspruch gegen den Hauptschuldner (Kap. 10 in: Die Handelsgesetze des Erdballs, hrsg. von Köhler u. a. Bd. IX Finnland S. 38 H; Y. J. Hakulinen, Das Obligationenrecht Finnlands, in: Die Zivilgesetze der Gegenwart, Bd. X, Teil I, Lieferung 2 a S. 80). Zudem wird einer Bürgschaft regelmäßig ein Auftrag zugrunde liegen. Nach finnischem Recht hat der Auftraggeber dem Beauftragten die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen (Kap. 18 der finnischen Handelsgesetze aaO 95 in Verbindung mit Ges. vom 13. 6. 1929 über Rechtsgeschäfte auf dem Gebiete des Vermögensrechts, Hakulinen, aaO 71 IT.). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Bürgschaftserklärung der Erblasserin ein Auftrag zwischen der Erblasserin und dem Bekl. — dem Schuldner — zugrunde gelegen hat. Der Bekl. bestreitet beharrlich, die Erblasserin um die Bürgschaftsleistung ersucht zu haben. Jedenfalls ist dadurch, daß die Erblasserin ihre Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der Helsingfors-Aktiebank erfüllte, eine Regreßforderung der Erblasserin gegen den Bekl. entstanden. Die Kl. hat durch Vorlage der Bescheinigung der Helsingfors-Aktiebank vom 12. 1. 1949 und der Abschrift eines Schreibens der Bank an Rechtsanwalt Dr. V. in Hamburg vom 27. 9. 1951 nachgewiesen, daß die Erblasserin die Bürgschaftsverpflichtung durch Zahlung von 6000 RM ratenweise in den Jahren von 1937—1941 erfüllt, also zugunsten des Bekl. 6000 RM aufgewendet hat. Damit ist der Tatbestand gegeben, aus dem, wie dargelegt, nach finnischem Recht eine Rückgriffsforderung der Kl. in Höhe von 6000 RM, heute von 600 DM gegen den Bekl. folgt. Dieser Rückgriffsanspruch der Kl. ergibt sich aus dem Gesetz, unabhängig von einem etwa daneben bestehenden Auftragsverhältnis. Der Bekl. wendet gegenüber diesem Rückgriffsanspruch der Kl. ein, die Erblasserin habe sich f ü r ihn aus reiner Gefälligkeit verbürgt. Das heißt also, die Erblasserin soll f ü r die erhebliche Verpflichtung des Beklagten von 100 000 Finnmark (etwa 6000 RM) Bürgschaft geleistet haben unter Verzichtsleistung auf den gesetzlichen Rückgriffsanspruch, falls sie aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wird. Der Bekl. begründet diese Behauptung mit der Geschäftsfreundschaft des Bekl. zu Direktor S. und der allgemeinen Freundschaft zur Familie S. Andererseits trägt er aber vor, er habe die Erblasserin nicht einmal um die Bürgschaftsleistung gebeten, mit ihr also auch nicht über die Frage, ob Gefälligkeit oder spätere Ersatzpflicht, verhandelt. Es rechtfertigen somit nicht einmal die Behauptungen des Bekl. — wie schon das AG hervorhebt — die Annahme einer Gefälligkeitsbürgschaft. Jedenfalls ist der Bekl. den Beweis f ü r den von ihm behaupteten Ausnahmetatbestand, f ü r den er die Beweislast trägt, schuldig
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geblieben. Mit dem Antrag, das Gericht möge ihn selbst vernehmen, hat er den Beweis gemäß § 445 I ZPO nicht angetreten. Der Bekl. ist ferner der Ansicht, die Bürgschaftsleistung der Erblasserin vom 8. 6. 1934 sei rechtlich unselbständig; sie sei als eine Fortsetzung des Bürgschaftsverhältnisses des Direktors S. aus dem Jahre 1930 zu werten. Hiermit will der Bekl. seine Annahme einer Gefälligkeitsbürgschaft weiter stützen und gleichzeitig seine Ansicht vom Beginn der Verjährungsfrist begründen. Diese Meinung ist durch den von der Kl. vorgelegten Kreditvertrag zwischen der Helsingfors-Aktiebank und dem Bekl. vom 7. 6. 1934 mit der darauf verzeichneten Bürgschaftserklärung der Erblasserin vom 8. 6. 1934 eindeutig widerlegt. Der Vertrag zeigt, daß es sich um einen selbständigen neuen Kredit für den Bekl. handelt, und die Bürgschaftserklärung bezieht sich ausschließlich auf diesen Kredit, ohne auf irgendwelche anderen Rechtsverhältnisse Bezug zu nehmen. Welche Motive die Parteien zum Abschluß dieser Verträge bewegt haben, ist rechtlich unerheblich, denn der Inhalt der Urkunden ergibt deutlich, daß die Verträge als rechtlich selbständig gewollt sind, daß insbesondere die Bürgschaft der Mutter der Kl. mit der Bürgschaft des Direktors S. in keinem rechtlichen Zusammenhang steht. Nach alledem ist festgestellt, daß zwischen der Mutter der Kl., der Erblasserin, und der Helsingfors-Aktiebank zugunsten des Bekl. am 8. 6. 1934 ein rechtlich selbständiger Bürgschaftsvertrag zustande gekommen ist, der den gesetzlichen Vorschriften f ü r den Normalfall unterliegt, und daß die Erblasserin die Schuld des Bekl. gegenüber der Helsingfors-Aktiebank im Werte von 6000 RM in Erfüllung ihrer Bürgschaftsverpflichtung beglichen hat. Somit ist ein Rückgriffsanspruch der Erblasserin in Höhe von 6000 RM, heute von 600 DM, gegen den Bekl. entstanden. Dieser Anspruch ist infolge des Konkurses des Bekl. im Jahre 1935/36 nicht untergegangen. Die finnische Konkursordnung vom 9. 11. 1868 in der Fassung vom 3. 12. 1895 bestimmt im § 85 ausdrücklich, daß ein Gläubiger, der sich am Konkurse des Schuldners nicht beteiligt, sein Recht, vom Schuldner später Zahlung zu verlangen, nicht verliert (Die Handelsgesetze des Erdballs aaO 179 ff.). Dieser Anspruch ist entgegen der Ansicht des Bekl. auch nicht verjährt. Die finnischen Vorschriften über die Verjährung sind in der Allerhöchsten Verordnung vom 9. 11. 1868 (abgedruckt in: Die Handelsgesetze des Erdballs aaO 36 ff.) niedergelegt. Nach § 1 verjährt ein Anspruch grundsätzlich in 10 Jahren. Im vorliegenden Fall ist der Beginn der Verjährungsfrist zweifelhaft. Der Bekl. hat, gestützt auf Äußerungen finnischer Rechtsgelehrter, die Ansicht vorgetragen, im Falle der Bürgschaft begänne die Verjährung der Rückgriffsforderung im gleichen Zeitpunkt wie die der Hauptschuld. Diese Ansicht läßt sich mit dem Wortlaut der §§ 3 und 17 der finnischen VO vom 9. 11. 1868 vereinbaren. Es erübrigt sich, dieser Frage nachzugehen; es kann zugunsten des Bekl. davon ausgegangen werden, daß seine Rechtsansicht richtig ist. Demnach wird von dem frühest denkbaren Beginn der Verjährungsfrist ausgegangen. Eher als die Verjährung der Hauptschuld kann die Verjäh-
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rung des Rückgriffsanspruchs des Bürgen nicht beginnen. Die Hauptschuld wurde durch den rechtlich selbständigen Kreditvertrag zwischen dem Bekl. und der Helsingfors-Aktiebank am 7. 6. 1934 begründet. Demnach wäre die Hauptschuld und somit auch die Rückgriffsforderung der Erblasserin nach finnischem Recht am 7. 6. 1944 verjährt; denn eine Hemmung der Verjährung kennt das finnische Recht nicht, lediglich in einem besonderen, hier nicht zutreffenden Fall der Solidarschuldnerschaft und der Bürgschaft ist noch im 11. Jahr ein Rückgriffsanspruch gegeben (§ 3 VO vom 9. 11. 1868). Aber eine Anwendung der finnischen Rechtsnorm, nach der der Anspruch der Bürgin S. und ihrer Erbin, der Kl. mit dem 7. 6. 1944 verjährt ist, würde gegen die deutschen Gesetze verstoßen, die eine allgemeine Hemmung der Verjährung für die Zeit des zweiten Weltkrieges und f ü r die Nachkriegszeit anordneten. Die Anwendung des finnischen Rechts ist daher insoweit nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. Der Zweck der deutschen Kriegs- und Nachkriegsvorschriften über die Hemmung der Verjährung war der, daß ein Gläubiger seinen Anspruch während der äußerst anomalen Kriegs- und Nachkriegszeit nicht durch bloßen Zeitablauf verlieren soll. Die Hemmungsvorschriften bilden einen Teil der deutschen öffentlichen Ordnung. So hat das RG schon in seiner Entscheidung vom 19. 12. 1922 (RGZ 106, 82 [84]) ausgeführt, daß die Rechtseinrichtung der Verjährung dem öffentlichen Wohle dient und daß Vorschriften ausländischen Rechts nach Art. 30 EGBGB nicht zur Anwendung kommen dürfen, wenn sich ergibt, daß der deutsche Gesetzgeber die ausländischen Verjährungsvorschriften rechtsgrundsätzlich nicht billigt. Die Vorschriften über die Kriegs- und Nachkriegshemmung sind grundsätzlicher Art; der bloße Zeitablauf sollte während der Kriegs- und Nachkriegswirren nicht die Folge haben, die ihm in normalen Zeiten um des Rechtsfriedens willen zukommt. Zwar hatte die Kl. die Möglichkeit, den Bekl. in Deutschland beweiskräftig zu mahnen und so dem finnischen Recht zu genügen, aber dies ist nicht entscheidend; denn nach dem Sinn und Zweck der deutschen Kriegsvorschriften soll gerade ein Gläubiger, der es unterläßt, seine Forderung während des Krieges geltend zu machen, geschützt werden. Demnach ist die Verjährungsfrist des finnischen Rechts insoweit nicht anzuwenden, als das finnische Recht den deutschen Vorschriften über die Kriegs- und Nachkriegshemmung widerspricht; das heißt, die deutsche Hemmung der Verjährung ist der finnischen Verjährungsfrist hinzuzurechnen. Durch Art. 8 der VO vom 1. 9. 1939 (RGBl. 1939 I, S. 1656) wurde zunächst eine allgemeine Hemmung der Verjährungsfristen angeordnet, die 87 Tage dauerte. Diese Hemmung mag dahingestellt bleiben. Vom 9. 12. 1943 war dann die Verjährung der in den §§ 196, 197 BGB bezeichneten Ansprüche allgemein gehemmt bis zum Ende des Jahres 1948 im Räume Bremen, wo der Bekl. wohnt (VO vom 9. 12. 1943, RGBl. 1943 I, S. 668; § 34 der 2. Kriegsmaßnahmen VO vom 27. 9. 1944, RGBl. 1944 I, S. 229; Brem. Ges. vom 27. 1. 1948, GesBl. S. 9). Am 9. 12. 1943 waren bis zu dem nach finnischem Recht berechneten Ende der hier in Frage stehenden Verjährungsfrist am 7. 6. 1944 noch
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6 Monate weniger 2 Tage übrig. Dieser Zeitabschnitt läuft nach dem Ende der deutschen Hemmung der Verjährungsfrist am 31. 12. 1948 weiter. Die Verjährungsfrist für den Rückgriffsanspruch der Kl. war somit erst Ende Juni 1949 abgelaufen. A m 2. 3. 1949 hat die Kl. den Bekl. durch Einschreibebriefe zur Zahlung der Schuld aufgefordert. Das ist unstreitig. Damit ist die Verjährung nach dem grundsätzlich anzuwendenden finnischen Recht unterbrochen; es genügt nach § 1 V O vom 9. 11. 1868, daß der Gläubiger den Schuldner in beweiskräftiger Form an seine Schuld erinnert. Demnach war zu erkennen, wie geschehen. Ein Zinsanspruch ist nach finnischem Recht erst seit Klageerhebung gegeben, wenn zwischen den Parteien neben der Zahlungsaufforderung kein besonderer Termin für die Fälligkeit der Forderung vereinbart wurde (Hakulinen aaO 8). So ist es im vorliegenden Falle. Demnach ist der Zinsanspruch erst seit Klageerhebung, seit dem 14. 9. 1950 begründet. Die Kl. kann nach finnischem Recht 5 °/o Verzugszinsen fordern (Hakulinen aaO), sie hat aber nur 4 °/o Zinsen beantragt. Demnach war auch insoweit zu erkennen wie geschehen. Das AG hat der Kl. auf Grund des Auftragsverhältnisses weitergehende Zinsen zugesprochen. Das Auftragsverhältnis ist bestritten. Eine Beweiserhebung war nicht erforderlich, da die Kl. nichts dafür vorgetragen hat, daß ihr aus dem Auftragsverhältnis, etwa als Vergütung, ein über den gesetzlichen Zins hinausgehender Anspruch zusteht." 2 9 . Die Verjährung von Ansprüchen aus dem zwischenstaatlichen Geldund Kapitalverkehr ist so lange gehemmt, als zur Erfüllung eine devisenrechtliche Genehmigung erforderlich ist. Das Erfordernis der devisenrechtlichen Sondergenehmigung entfällt mit der Erklärung des Gläubigers, Zahlung auf Sperrkonto als Erfüllung anzurechnen. Bei Wechselverbindlichkeiten unterliegt die Verjährung dem am Zahlungsort geltenden Recht. — BGB § 222; W G Art. 16, 47, 70; Verjährungshauptgesetz vom 28. 12. 1950, §3. KG (West), Urt. vom 13. 3. 1953 — S U 2459/52: Devisen-Rundschau 3 (1953) 169. Aus den Gründen: „Die Kl. — eine OHG in W i e n — ist Inhaberin eines am 19. 3. 1945 von der L.-Bank an eigene Order gestellten Wechsels über 250 000 RM. Bezogene und Annehmerin dieses Wechsels ist die Bekl. Als Fälligkeitspunkt ist im Wechsel der 19. 6. 1945, als Zahlungsort „Berlin" und als Domizilvermerk „Deutsche Reichsbank, Berlin C 111" angegeben. Durch Blankoindossament der Ausstellerin wurde der Wechsel weitergegeben. Die Kl. hat — im Wechselprozeß klagend — unter Vorlage der Wechselurkunde und einer Devisengenehmigung der Berliner Zentralbank vom 9. 6. 1952 / 24. 10. 1952 (Gültig bis 31. 12. 1952) zur „Durchführung der Klage" — ihren Anspruch aus dem Wechsel in der durch die Währungs-
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Umstellung im Verhältnis 10 : 1 herabgesetzten Höhe in DM der Bank Deutscher Länder gegen die Bekl. als Annehmerin geltend gemacht. Sie hat beantragt, die Bekl. zur Zahlung von 25 000 DM nebst 6 %> Zinsen seit dem 19. 6. 1945 an die Kl. zu verurteilen. Die Bekl. hat beantragt, die Klage abzuweisen, notfalls ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten und ferner notfalls ihr Vollstreckungsschutz zu gewähren. Sie hat die örtliche Zuständigkeit des LG Berlin gerügt, die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, daß der Wechsel ihr niemals zur Zahlung bis zur Klageerhebung vorgelegt worden sei, so daß die Kl. die Kosten des Rechtsstreites werde tragen müssen. Das LG hat die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreites der Kl. auferlegt und das Urteil gegen Sicherheitsleistung von 650 DM f ü r vorläufig vollstreckbar erklärt. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, daß das angerufene Gericht im Hinblick auf § 603 ZPO zuständig sei, dem Anspruch der Kl. aber die Einrede der Verjährung aus Art. 70 WG entgegenstehe. Gegen dieses Urteil hat die Kl. Berufung eingelegt. Sie rügt die rechtliche Würdigung des Vorderrichters insoweit, als er die Einrede der Verjährung f ü r durchgreifend erachtet hat. Sie verweist hierzu auf das AHKG Nr. 67, dem in Berlin das Gesetz Nr. 20 der Alliierten Kommandantur Berlin entspricht, wonach ein einem Ausländer zustehender Anspruch nicht vor Ende des Kalenderjahres, vor dessen Beginn das Erfordernis der devisenrechtlichen Sondergenehmigung oder einer solchen nach MRG Nr. 52 wegfällt, verjährt, keinesfalls jedoch vor dem 1. 7. 1952. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Der Verjährungsstop durch das vorbezeichnete Gesetz sei gerechtfertigt, da einem Ausländer nicht zugemutet werden könne, einen Anspruch, den er an sich in freier Mark habe, mit anspruchstilgender Wirkung in Sperrmark entgegenzunehmen. Die Bekl. beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie erklärt, nicht zu wissen, ob die Inhaber der Kl. Ausländer seien, und vertritt die Ansicht, daß eine Sondergenehmigung im Sinne der vorgenannten Gesetze insofern nicht erforderlich gewesen sei, als jeder ausländische Gläubiger auf Grund einer allgemeinen Devisengenehmigung seinen Anspruch mit der Maßgabe geltend machen könne, den Schuldbetrag auf ein Sperrkonto einzuzahlen. Die Kl. sei also nicht gehindert gewesen, ihren Anspruch vor dem 1. 7. 1952 zu erheben. Die zulässige Berufung der Kl. ist frist- und formgerecht eingelegt worden. Sie ist sachlich auch begründet. Die Bekl. hat ihre Rüge der örtlichen Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts im zweiten Rechtszug nicht wiederholt. Sie wäre auch gemäß § 512 a ZPO nicht zu beachten gewesen. Die Bekl. ist Annehmerin des im Besitz der Kl. befindlichen Wechsels. Sie haftet mithin wechselmäßig nach Art. 47 WG. Da die Kl. die Wechselurkunde in Händen hat, gilt sie nach Art. 16 WG als rechtmäßige Inhaberin. Die Bekl. hat diese widerlegbare Wechselver-
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mutung nicht in Zweifel gezogen, so daß gegen die Aktivlegitimation der Kl. keine Bedenken bestehen. Diesem wechselmäßig gerechtfertigten Klageanspruch der Kl. steht ein begründetes Recht der Bekl. zur Verweigerung der Leistung infolge Eintritts der Verjährung nicht gegenüber (§ 222 BGB). Denn eine Verjährung des Wechselanspruchs ist nicht eingetreten. Zwar sieht Art. 70 WG die Verjährung der wechselmäßigen Ansprüche gegen den Annehmer dann vor, wenn drei Jahre nach dem Verfalltage der Anspruch nicht erhoben wurde. Mithin hätte grundsätzlich im vorliegenden Fall eine Verjährung am 19. 7. 1948 eintreten können. W ä h r e n d des letzten Krieges jedoch ist verschiedentlich eine allgemeine Hemmung der Verjährungsfristen angeordnet worden. Zur Zeit der Ausstellung des hier in Betracht kommenden Wechsels — dem 19. 3. 1945 — galt § 32 der 2. Kriegsmaßnahmen VO v. 27. 9. 1944 (RGBl. 1944 I, S. 229), wonach alle Verjährungsfristen f ü r und gegen alle Personen bis zum Ende des Jahres 1945 gehemmt waren. Die Verjährung des wechselmäßigen Anspruchs der Kl. konnte daher allenfalls am 31. 12. 1948 eintreten. Nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 wurde in den meisten deutschen Ländern durch weitere Fristengesetze die Hemmung der Verjährung verlängert. Das Land Berlin hat von einer solchen Regelung jedoch keinen Gebrauch gemacht, so daß eine weitere Nachkriegshemmung nach dem 31.12.1945 nicht eintrat (Palandt, BGB 10, Anm. 1 ff. zu § 202 — BaumbachDuden, HGB 8, Anm. 1 zu § 26). Grundlage der Verjährungsprüfung sind hier lediglich die Berliner Bestimmungen. Denn es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß insoweit nur die Vorschriften maßgeblich sein können, die am Zahlungsort — hier Berlin — gelten (so auch Baumbach-Hefermehl, Wechselgesetz [1951] Anm. 1 zu Art. 70). Wenn die Bekl. auf Grund dieser Rechtslage n u n m e h r die Schlußfolgerung zieht, daß der wechselmäßige Anspruch der Kl. somit auf jeden Fall zu dem Zeitpunkt verjährt sei, als das Berliner Gesetz über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen vom 26. 4. 1951 (GVB1. S. 333) in Kraft trat, so übersieht sie § 3 dieses Gesetzes (im folgenden „Hauptgesetz" genannt). Es ist richtig, daß § 1 dieses Hauptgesetzes — das dem Bundesgesetz vom 28. 12. 1950, BGBl. 1950 I S. 821 entspricht — nur eine Regelung der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen f ü r den Fall vorsieht, daß die Verj ä h r u n g beim Inkrafttreten des Hauptgesetzes noch nicht vollendet war. § 3 aaO hebt aber bereits eingetretene Verjährung wieder auf, soweit Zahlungsansprüche aus dem zwischenstaatlichen Geld- oder Kapitalverkehr in Betracht kommen, die zur Erfüllung einer devisenrechtlichen Sondergenehmigung bedürfen. In einem solchen Fall tritt die Verjährung erst am Ende des Kalenderjahres ein, vor dessen Beginn das Erfordernis der devisenrechtlichen Sondergenehmigung wegfällt. Im vorliegenden Rechtsstreit kommt es allein auf den vorbezeichneten § 3 an. Die Kl. irrt, wenn sie sich gegen die auf Verjährung gestützte Verteidigung des Bekl. mit dem Hinweis wendet, daß durch das AIIKG Nr. 67 7
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vom 23. 11. 1951 — in Berlin Ges. Nr. 20 vom 23. 1. 1952, GVB1. S. 88 — f ü r sie als Ausländerin der Ablauf einer Verjährungsfrist aufgehoben sei. Diese beiden Gesetze nehmen auf die Ergänzungsgesetze zum oben genannten Hauptgesetz Bezug, und zwar auf das Bundesgesetz vom 30. 3. 1951 bzw. das gleichartige Berliner Gesetz vom 3. 7. 1951 (GVB1. S. 498). Dort ist im jeweiligen § 2 der Ergänzungsgesetze der Ablauf der Verjährungsfristen spätestens auf das Ende des Jahres 1951 verlegt worden, wenn zur Erfüllung eines „bürgerlich-rechtlichen Anspruchs" eine devisenrechtliche Sondergenehmigung oder eine Sondergenehmigung nach Art. I Abs. 1 Ziffer f der Gesetze Nr. 52 der Militärregierungen erforderlich ist. Die Bezugnahme in dieser Vorschrift auf „bürgerlich-rechtliche Ansprüche" bietet zu Zweifeln Anlaß, insbesondere da schließlich auch die im § 3 des Hauptgesetzes zitierten Zahlungsansprüche aus dem Geld- und Kapitalverkehr unter diesen Begriff fallen dürften. Jedoch soll durch § 2 ErgGesetz der § 3 des Hauptgesetzes nicht geändert werden. Er läßt vielmehr die Regelung des § 3 Hauptgesetz für den zwischenstaatlichen Geld- und Kapitalverkehr bestehen und sieht nunmehr auch für alle Ansprüche anderer Art, insbesondere aus dem Waren- und Dienstleistungsverkehr, zu deren Erfüllung die vorbezeichneten Sondergenehmigungen erforderlich sind, ein Hinausschieben des Verjährungsablaufes vor. Entgegen dem § 3 des Hauptgesetzes, der den Ablauf der Verjährung auf unbestimmte Zeit vertagt, schiebt § 2 ErgGes. den Verjährungsablauf Ende des Jahres 1951 hinaus. Dieser Beendigung der Verjährungshemmung nach § 2 ErgGes. will das jeweilige oben genannte AlliiertenGesetz in seinem Art. 4 entgegentreten, indem es auch f ü r Ansprüche aus dem Waren- und Dienstleistungsverkehr die Verjährung vom Wegfall des Erfordernisses einer Sondergenehmigung abhängig macht, soweit der Anspruch einem Ausländer zusteht. Bei dem Anspruch der Kl. handelt es sich um einen solchen des zwischenstaatlichen Geldverkehrs. Das Ergänzungsgesetz sowie das Ges. Nr. 20 finden mithin im vorliegenden Rechtsstreit keine Anwendung (vgl. hierzu Spreckelsen in JZ 1951, 298). Bietet somit § 3 des Hauptgesetzes die Handhabe zur Verjährungsprüfung, so kommt es — entgegen der Ansicht der Bekl. — nicht darauf an, ob die Verjährung des wechselmäßigen Anspruchs der Kl., der — wie § 3 aaO weiter verlangt — keineswegs vor dem 9. 5. 1945 verjährt ist, vor Inkrafttreten des Hauptgesetzes vollendet gewesen war. Auch sonst liegen die Voraussetzungen des § 3 aaO vor. Die Kl. ist devisenrechtlich Ausländerin. Die Staatszugehörigkeit ihrer Komplementäre sowie ihre Eigenschaft als eine in einem nichtdeutschen Staat errichtete Personenvereinigung ist bedeutungslos. Entscheidend ist allein, wo die Kl. ihren Hauptsitz hat (Art. 10 Ziff. f der Berliner VO über Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs vom 15. 7. 1950 — VOB1. I S. 304, die dem MRG Nr. 53 [Nf] entspricht). Eine devisenrechtliche Sondergenehmigung, deren Erfordernis weiterhin § 3 aaO voraussetzt, ist zur Erfüllung des wechselmäßigen Anspruchs der Kl. notwendig. Dies ergibt sich aus Art. 1 Ziff. 1, h der Berliner Devisen-
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Verordnung, wonach die Zahlung deutscher Zahlungsmittel von Deviseninländern an Devisenausländer vorbehaltlich einer Devisengenehmigung verboten ist. Um Leistung an sich selbst fordern zu können, bedarf mithin die Kl. einer Einzelgenehmigung der zuständigen Devisenstelle, wobei zu bemerken ist, daß sich der Begriff „Sondergenehmigung" mit dem Begriff „Einzelgenehmigung" deckt (vgl. Kühne, Handbuch des Devisenrechts [1952] 36 und 100). Hierzu weist die Bekl. mit Recht darauf hin, daß ausländischen Gläubigern devisenrechtlich gestattet ist, Leistungen auf ein Sperrkonto entgegenzunehmen. Einer Sondergenehmigung bedarf es in diesem Fall nicht, da die Allgemeine Genehmigung Nr. 18/50 (im Bundesgebiet Nr. 18/49) unter gewissen Voraussetzungen die Leistung auf Sperrkonto gestattet. Dabei übersieht aber die Bekl., daß einmal die Leistung auf ein Sperrkonto keine „geschuldete" bzw. „vertragsgemäße" hier wechselmäßige Erfüllung im Sinne des § 362 BGB darstellt. Der Gläubiger hat das Recht, auf Zahlung an sich selbst zu bestehen. Abgesehen von der Verfügungsbeschränkung über Sperrmark wird durch eine Leistung auf Sperrkonto der Gläubiger in eine Stellung gedrängt, die nicht mehr vertragsgemäß ist. So tritt dem Gläubiger in der Person des Sperrkontoführers ein anderer Schuldner gegenüber, er m u ß sich mit einer geringeren Verzinsung begnügen und eine Minderbewertung seines Sperrmarkkontos, die im Ausland üblich sein dürfte, hinnehmen. Wie der große Senat des RG in seinem Beschluß vom 23. 5. 1935 — RGZ 151,117 — entschieden hat, kommt ein Gläubiger durch Verweigerung einer Zahlung des Schuldners auf Sperrkonto nicht in Gläubigerverzug, denn die Leistung des Schuldners ist nicht vertragsgemäß. Diesem Charakter einer Sperrmarkkontozahlung haben die Devisenbestimmungen Rechnung getragen. So verlangt die Allgemeine Genehmigung Nr. 18/50 (BVB1. I S. 310 und GVB1. 1951 S. 495) die Erklärung des Berechtigten, daß er die Zahlung auf das Sperrkonto als Erfüllung annehme (vgl. auch Kühne aaO 61 und 98). Es geht mithin nicht an, die Kl. auf den Weg der Sperrmarkannahme zu verweisen. Ohne Zweifel läuft die Verjährung am Ende des folgenden Jahres ab, wenn tatsächlich im Einzelfall eine Genehmigung erteilt worden ist (Palandt, BGB 10, Anh. zu § 202 BGB, Abschn. II ff.). Denn dann ist das Erfordernis einer Sondergenehmigung erfüllt. Die Allgemeine Genehmigung Nr. 18/50 aber kann nach vorstehenden Ausführungen der im Einzelfall erteilten Sondergenehmigung nicht gleichgestellt werden. Eine andere Auslegung des § 3 aaO würde den Verjährungsstop dieser Vorschrift illusorisch machen. Es soll einem Devisenausländer durch Sicherung vor der Verjährung die Möglichkeit gegeben werden, seinen Anspruch nicht eher geltend zu machen, bis eine vertragsgemäße Erfüllung gewährleistet ist. Das Gesetz läßt bewußt dem Gläubiger die Möglichkeit offen, entweder zu warten, bis der Schuldner die „geschuldete" Leistung ordnungsgemäß erbringen kann, wobei eine Verjährung seines Anspruchs nicht er7 *
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folgt, oder sich mit einer Leistung an Erfüllungsstatt zu begnügen, die ohne seine Einwilligung nicht vertragsgemäß wäre. Daß diese Auffassung zutreffen muß, ergibt bereits der Umstand, daß das Hauptgesetz mit seinem § 3 etwa ein J a h r später als die oben zitierte Allgemeine Devisengenehmigung Nr. 18/50 ergangen ist. Die Vorschrift des § 3 wäre unverständlich, wenn diese Allgemeine Genehmigung einer Sondergenehmigung gleich zu erachten wäre. Daß der Gesetzgeber einen anderen Weg gehen kann und auch schon gegangen ist, beweist das Gesetz über Zahlungsverbindlichkeiten gegenüber dem Ausland vom 9. 6. 1933 (RGBl. 1933 I S. 349 und 1935 I S. 273), wonach Zahlungen an die Konversionskasse schuldbefreiende Wirkung hatten. Dabei ist bemerkenswert, daß diese Regelung von ausländischen Rechtssachverständigen als ungültig erachtet wird (vgl. Kühne aaO 14). Wenn demgegenüber die Berliner Devisengesetzgebung und die des Bundesgebiets — im Gegensatz zur Gesetzgebung in dem sowjetisch besetzten Gebiet Deutschlands, vgl. „Gesetz zur Regelung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs", nach welchem Zahlungen auf ein Sperrkonto gleiche Rechtswirkungen wie die Leistung an den Gläubiger unmittelbar haben — die Zahlung auf ein Sperrkonto ausdrücklich von der Zustimmung des Gläubigers abhängig machen, dann dürfte auch dies eine weitere Bestätigung der vom Senat vertretenen Ansicht darstellen. Unstreitig ist im vorliegenden Fall bisher eine Sondergenehmigung der Kl. nicht erteilt worden. Die von der Kl. eingereichte Devisengenehmigung der Berliner Zentralbank vom 9. 6. 1952 stellt eine solche nicht dar. Denn sie ist lediglich zur „Durchführung der Klage" und nicht zur „Leistung an die Klägerin" erteilt. Wäre diese Genehmigung eine Sondergenehmigung, dann tritt die Verjährung nach § 3 aaO im Hinblick auf das Ausstellungsdatum vom 9. 6. 1952 auch erst Ende 1953 ein. Wenn die Kl. nunmehr — sei es durch die Klageerhebung oder durch ihre Erklärung im Termin am 13. 3. 1953 — mit der Leistung auf ein Sperrkonto einverstanden ist, dann führt dies — entgegen der Ansicht der Bekl. — nicht zu dem Ergebnis, daß das Erfordernis einer Sondergenehmigung bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinen Genehmigung Nr. 18/50 weggefallen ist. Der Senat hat keine Bedenken, in dem Fall, daß der Gläubiger von seinem Anspruch auf vertragsgemäße Erfüllung d. h. Leistung an ihn selbst, zum Anspruch auf Sperrkontoleistung übergeht, die Voraussetzung des § 3 aaO insoweit anzunehmen, als es nunmehr keiner devisenrechtlichen Sondergenehmigung mehr bedarf. Denn jetzt kann der Gläubiger sich auf die Allgemeine Genehmigung Nr. 18/50 berufen und die Leistung auf das Sperrkonto verlangen. Er legt sich damit auch insofern fest, als er die Leistung als Erfüllung annimmt. Denn andererseits ist der Schuldner auch nur verpflichtet, auf das Sperrkonto zu zahlen, wenn er damit von seiner Schuld frei wird, weil ihm nicht zuzumuten ist, eine Erfüllungshandlung ohne schuldbefreiende Wirkung vorzunehmen. Erst mit der Erklärung, die Zahlung auf Sperrkonto als Erfüllung an-
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zunehmen, entfällt das nach § 3 aaO gesetzte Erfordernis der Sondergenehmigung. Bis zu diesem Zeitpunkt verbleibt dem Gläubiger der Verjährungsschutz des § 3 aaO. Er kann nicht dadurch, daß er an Stelle von vertragsgemäßer Erfüllung mit einer seine Belange weniger wahrenden Erfüllung einverstanden ist, um den ihm bisher gewährten Verjährungsschutz gebracht werden. Sein Verzicht auf gesetzlich ihm zustehende Rechte würde dadurch schlecht belohnt werden. Auch entspräche eine derartige Auffassung nicht der obenaufgezeigten Tendenz des § 3 aaO. Nach alledem steht fest, daß der wechselmäßige Anspruch der Kl. nicht verjährt ist. Schließlich kann auch nicht davon die Rede sein, daß die Einlassung der Kl. auf die Verjährungseinrede der Bekl. gegen Treu und Glauben verstößt, oder daß sie ihren Anspruch verwirkt haben könnte. Ein außerhalb der hier erörterten Fragen liegendes doloses Verhalten der Kl. ist nicht ersichtlich. W e n n sie ihren Anspruch bisher nicht geltend gemacht hat, so kann ihr dies nicht zum Vorwurf gereichen. Ein Nachteil brauchte der Bekl. im Hinblick auf Art. 42 W G nicht zu erwachsen. Die Kl. hat lediglich von dem Recht aus § 3 aaO Gebrauch gemacht, indem sie ihren Anspruch auf Grund gesetzlicher Bestimmungen zurückstellte. Inwieweit dem klägerischen Anspruch etwa außerhalb des Wechselrechts liegende Einwände entgegengesetzt werden können, bedarf hier nicht der Erörterung, sondern wird Gegenstand des Nachverfahrens sein." 3 0 . Der Anstellungsvertrag zwischen einer in Deutschland tätigen und beim amerikanischen Hohen Kommissar beglaubigten amerikanischen Firma und ihrer deutschen Angestellten richtet sich nach deutschem Recht, wenn er in Deutschland geschlossen wurde. Das deutsche Mutterschutzgesetz verstößt weder gegen den deutschen ordre public noch gegen den der Besatzungsmacht. — MuSchG 1942. Gerichtshof der Alliierten Hohen Kommission, Frankfurt a. M., Urt. vom 17. 4. 1953 — C 51 — A I I I 587 ( F ) : RdA 6 (1953) 346 mit Anm. von Beitzke. Aus den Gründen: „Es handelt sich um einen bürgerlichen Rechtsstreit. Die Kl. behauptet, sie sei seit Oktober 1948 bei T . L . M. angestellt gewesen. A m 14. 5. 1951 sei sie von der Bekl. während ihrer Schwangerschaft entlassen worden. Diese Entlassung verstoße gegen das MuSchG 1942; daher sei sie unwirksam. Die Bekl. habe ihr das Gehalt bis 1. 7. 1951 gezahlt. Der Dienstvertrag mit T . L . M. sei bisher nicht wirksam beendet. Daher klagt sie auf Gehalt. Die Bekl. behauptet, die Dienstleistung der Kl. habe nicht zufriedengestellt; aus diesem Grunde sei sie am 15. 5. 1951 entlassen worden. Der Beweisstoff ergibt: die Firma T. L . M. ist eine amerikanische Gesellschaft und bei der Hochkommission beglaubigt. Deshalb ist dieses Gericht zuständig, um den Streitfall zu richten. Zur Zeit der Kündigung war die KI. seit Anfäng März 1951 schwanger. Die Kl. hatte Mr. G. von ihrer Schwangerschaft am 20. 4. 1951 unterrichtet. Ferner brachte die Kl. nach
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der Kündigung durch ihre ArbGeb. am 15. 5. 1951 nochmals ihre Schwangerschaft unverzüglich durch ihren Rechtsanwalt zur Kenntnis der Bekl. Der Arzt stellte die Schwangerschaft der Kl. genau so fest, wie sie sie Mr. G. am 20. 4. 1951 mitgeteilt hatte. Am 3. 12. 1951 wurde das Kind der Kl. tatsächlich geboren. Diese Tatsachen ergeben einen unmittelbaren Verstoß gegen das MuSchG, es sei denn, daß die Parteien, wie die Bekl. behauptet — sich über die Auflösung des Arbeitsvertrages geeinigt hätten. Es liegt jedoch keine durchsetzbare rechtliche Vereinbarung vor, die den Beschäftigungsvertrag beendete, womit der Fall dem Schutz des MuSchG entzogen wäre. Denn die Vereinbarung vom 19. 4. 1951 enthielt die unbestimmte Klausel, die Kl. würde entlassen, wenn ihre Leistung sich nicht bessere. Jedoch war kein fester Termin zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bestimmt. Die Vereinbarung beendete daher weder damals noch zu irgendeinem späteren Zeitpunkt die Einstellung der Kl. Denn Mr. G., der Geschäftsführer der T. L. M., bekundete, er habe die Kündigung vom 14. 5. 1951 f ü r notwendig erachtet, um die Beschäftigung der Kl. zu beenden. Nach Ansicht des Gerichts darf eine Angestellte auf ihre Rechte nach dem MuSchG nicht verzichten. Deshalb blieb die Kündigung ohne Wirkung. Die Bekl. hat zwar eingewandt, das MuSchG verletze den ordre public der Vereinigten Staaten. Das Gericht habe es nicht anzuwenden. Es sei ein Nazi-Gesetz mit dem Ziele, Soldaten f ü r die Wehrmacht zu beschaffen. Nach der Ansicht des Gerichtshofes ist es jedoch ein deutsches Gesetz und widerspricht nicht dem deutschen ordre public. Denn die Gerichte des Landes wenden es an. Eine großzügige Sozialgesetzgebung besteht in Deutschland mindestens seit 1878, und das MuSchG geht nach der Aussage des Sachverständigen im vorliegenden Falle in das Jahr 1919 zurück. Übrigens wird der Grundsatz allgemein angewandt, daß ein Vertragsverhältnis sich nach dem Recht des Landes bestimmt, wo das Vertragsverhältnis geschlossen wird. Die Kl. und die T. L. M. haben den Beschäftigungsvertrag in Deutschland geschlossen. Deshalb untersteht er deutschem Recht einschließlich des MuSchG. Die Besatzungsbehörden haben in dem MuSchG aber keinen Verstoß gegen den ordre public gefunden und es nicht als unanwendbar betrachtet. Das Amt des General Counsel erkannte das MuSchG vielmehr am 15. 5. 1950 an (s. Selected Opinions, Bd. 18 S. 35). Was das Gericht über die Weisheit solcher Sozialgesetze wie das MuSchG denkt, ist f ü r den vorliegenden Fall unerheblich. Zwar ermächtigt § 6 MuSchG den RArbMin., Ausnahmen aus wichtigem Grunde zuzulassen. Im Zuge der Besatzung gingen alle Befugnisse des RArbMin. in dieser Hinsicht auf die zuständige arbeitsrechtliche Abteilung des Amts des Hohen Kommissars über, soweit alliiertes Personal in Frage steht, wofür deutsche Stellen nicht zuständig sind. Daher bleibt die Tatsache, daß die Bekl. der Kl. aus wichtigem Grunde kündigen durfte, im vorliegenden Falle bedeutungslos. Denn die Bekl. hat weder behauptet noch bewiesen, der Leiter der arbeitsrechtlichen Abteilung habe die Entlassung aus wichtigem Grunde genehmigt.
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Die Kl. erhielt eine unwirksame Kündigung am 14. 5. 1951. Danach bot sie ihre Dienste der Bekl. an. Dieses Angebot wurde nicht angenommen. Die Kl. fand eine andere Beschäftigung. Darin befindet sie sich seit 1.5.1952. Die Kl. stimmte der Vereinbarung zu, wonach sie entlassen werden konnte, wenn ihre Dienstleistung nicht zufriedenstellte. Nach der Ansicht des Gerichts sind all diese Tatsachen solche Umstände, die den Beschäftigungsvertrag der Kl. mit der Bekl. als beendet erscheinen lassen, sobald das MuSchG diese Beendigung gestattet, nämlich vier Monate nach der Entbindung. Die Kl. kann daher ihr Gehalt bis 1. 4. 1952 verlangen." 31- Belgische Staatsangehörige sind in zivilrechtlichen Streitigkeiten der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen. Arbeitsverhältnisse, welche ausländische Arbeitgeber für in Deutschland liegende Betriebe mit Arbeitnehmern in Deutschland eingehen, unterliegen dem deutschen Recht. — TarifvertragsG § 9; AHKG Nr. 13 Art. II. LAG Düsseldorf, Urt. vom 21. 3. 1952 — 2 Sa 24/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der zulässigen, weil an sich statthaften, auch form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung (§§ 64, 66 ArbGG, 516, 519 ZPO) mußte der Erfolg versagt bleiben. Daß der Bekl. in zivilrechtlichen Streitigkeiten der deutschen Gerichtsbarkeit trotz seiner belgischen Staatsangehörigkeit unterworfen ist und damit vom Kl. vor dem Arbeitsgericht verklagt werden konnte, hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen (Art. 2 AHKG Nr. 13) . . . Der Bekl. meint, er habe nicht damit rechnen können, daß die Vorschrift einer Tarifordnung, die unter der Herrschaft des AOG ergangen sei, f ü r ihn als Angehörigen einer alliierten Nation verbindlich sein könne. Doch kann ihn auch dieses Argument nicht von seiner Haftung gegenüber dem Kl. befreien. Ob der Bekl. wirklich selbst oder in der Person des Direktors W. die Vorschrift des § 11 TO gekannt hat oder nicht, ist grundsätzlich unerheblich. Jeder, der in Deutschland als Arbeitgeber tätig wird, gleichgültig welcher Nation er auch angehören mag, muß sich von sich aus darüber informieren, ob und welche arbeitsrechtlichen Bestimmungen auf Arbeitsverhältnisse, die er f ü r in Deutschland liegende Betriebe mit Arbeitnehmern in Deutschland begründet, anzuwenden sind. Es ist nun längst ausgetragen, daß die Tarifordnungen, die unter dem AOG von Treuhändern der Arbeit erlassen worden sind, solange weitergelten, bis sie durch einen Tarifvertrag außer Kraft gesetzt werden (§ 9 TVG), es sei denn, sie seien von zuständigen Stellen aufgehoben oder geändert worden (vgl. VO Nr. 7 der brit. MR; § 9 II TVG; vgl. Hueck-Nipperdey, Komm. z. TVG2, Anm. 1-3 zu § 9). Es kann auch keine Rede davon sein, daß ausgerechnet § 11 TO ausgesprochen nationalsozialistisches Recht enthält und deshalb gemäß MRG Nr. 1 Art. II und III unanwendbar wäre. Die Überwälzung des Risikos für ordentliche Aufbewahrung der Musikinstrumente von Musikern auf die sie beschäftigenden Arbeitgeber bei Veranstaltungen in Restaurants, Kaffees, Kabaretts und ähnlichen dem Publikum in der Regel unbeschränkt
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zugänglichen Lokalen entspricht durchaus deutscher Auffassung von der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers; daß dabei im einzelnen in neuen Tarifverträgen die Verwahrungspflicht des Arbeitgebers hier und dort in einzelnen Zügen verschieden ausgestaltet wird, auch gegenüber der Regelung des § 11 vielleicht abgeschwächt, ist kein Beweis f ü r die angeblich nur nationalsozialistische Regelung des § 11 TO. Es kann demgegenüber auf § 701 BGB verwiesen werden, dessen Regelung der Haftung eines Gastwirts f ü r Schäden an eingebrachten Sachen aufgenommener Gäste ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Gastwirts im wesentlichen die Regelung des § 11 TO entspricht." 32. Auslandsgläubiger können Ansprüche aus Reichsverbindlichkeiten, die nicht unter das Londoner Schuldenabkommen vom 27. 2. 1953 fallen, zumindest im Wege der Feststellungsklage weiterhin gegen das Deutsche Reich, vertreten durch den örtlich zuständigen Oberfmanzpräsidenten, geltend machen. — ZPO § 256; Abkommen vom 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden (Londoner Schuldenabkommen), Art.4,5; AusführungsG zu diesem Abkommen § 12. BGH, Urt. vom 23. 10. 1953 — I ZR 106/52: NJW 7 (1954) 31. Aus den Gründen: „Hinsichtlich des Fortbestehens der Passivlegitimation des Deutschen Reiches für Schadenersatzforderungen von Auslandsgläubigern hat sich auch durch das inzwischen im Verhältnis zu Schweden in Kraft getretene Londoner Schuldenabkommen vom 27. 2. 1953 (BGBl. 1953 II S. 331, 356) nichts geändert. Nach Art. 4 gehören zu den „gemäß diesem Abkommen und seinen Anlagen zu regelnden Schulden nichtvertragliche Geldverbindlichkeiten, die der Höhe nach vor dem 8. 5. 1945 festgestellt und fällig waren". Nach Art. 3 I e bedeutet „festgestellt" (in bezug auf die Höhe einer Schuld): festgesetzt durch Vereinbarung, durch rechtskräftiges Urteil oder rechtskräftigen Beschluß eines Gerichts oder durch rechtskräftige Entscheidung einer Schiedsinstanz oder durch Rechtsvorschrift. Da der Anspruch der Kl. i. S. dieser Vorschrift noch nicht „festgestellt" ist, findet das Londoner Schuldenabkommen schon aus diesem Grunde auf die hier streitige Reichsverbindlichkeit keine Anwendung. Aber selbst wenn sie vor dem 8. 5. 1945 „festgestellt" worden wäre, würde sie zu den in Art. 5 festgelegten Ausnahmen gehören, also trotzdem nicht unter das Abkommen fallen. Nach Art. 5 III ist nämlich u. a. eine Prüfung der während des zweiten Weltkrieges entstandenen Forderungen von Staaten, die sich während dieses Krieges mit Deutschland nicht im Kriegszustand befanden oder deren Gebiet nicht von Deutschland besetzt war, und von Staatsangehörigen dieser Staaten gegen das Reich zurückgestellt worden ist, bis die Regelung dieser Forderungen im Zusammenhang mit der Regelung der aus dem zweiten Weltkrieg herrührenden Forderungen behandelt werden kann (hierzu Wolff, NJW 1953, 1409 [1411] unter Ziff. 6). Gemäß § 12 Ges. z. Ausführung d. Abkommens vom 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden vom 24. 8. 1953 (BGBl. 1953 I S. 1003) darf ein Schuldner bis zu dem
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Zeitpunkt, in dem alle Verpflichtungen aus dem Abkommen und seinen Anlagen erledigt sind, Zahlungen und sonstige Leistungen zwecks Erfüllung „nicht geregelter Schulden" nicht bewirken. Jedoch wird in diesen Fällen, in denen Zahlungen und sonstige Leistungen ausgeschlossen sind, „die Befugnis eines Gläubigers, bei einem Gericht innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes gemäß den Vorschriften der Z P O zur Wahrung seiner Rechte ein Feststellungsurteil zu erwirken, nicht berührt" (§ 12 I V ) . Da also auch durch die bisherige Regelung der deutschen Auslandsschulden für die hier streitige Verbindlichkeit weder die Übernahme durch den Bund noch deren Streichung bestimmt ist, bleibt entsprechend der vom OGH BrZ 17. 11. 1949, OGHZ 2, 379 = N J W 1950, 65 1 dargelegten Auffassung, ohne daß über das durch das GG zwischen dem Deutschen Reich und der Bundesrepublik geschaffene Rechtsverhältnis allgemein entschieden zu werden braucht, der Oberfinanzpräsident Hamburg auch in seiner Eigenschaft als Bundesbeamter und Leiter der Oberfinanzdirektion Hamburg — Bundesvermögens- und Bauabteilung — außer zur Vertretung des Bundes nach wie vor als Abwicklungsstelle zur Vertretung des Fiskus des Deutschen Reiches befugt. Als Trägerin der Verbindlichkeiten der früheren Kriegsmarine muß das Deutsche Reich zumindest für die Abwicklung dieser Verbindlichkeiten als fortbestehend behandelt werden. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat — in der Entscheidung vom 12. 12. 1952, I ZR 57/52 (BGHZ 8, 197 [202] = N J W 1953, 380 f.) den örtlich zuständigen Oberfinanzpräsidenten weiterhin zur Vertretung des Fiskus sowohl des Bundes wie des Reiches für berufen gehalten (ebenso Entscheidung des erkennenden Senats vom 12. 12. 1952 — I ZR 30/52 — in dem in BGHZ 8, 193 = N J W 1953, 302 nicht mit abgedruckten Schlußabsatz der Entscheidungsgründe; OLG Hamburg, Urt. vom 1. 4. 1952 in MDR 1952, 555; abzulehnen ist die vom Rheinschiffahrtsobergericht Köln in der Entscheidung vom 25. 9. 1952 — N J W 1952, 1301 f. — vertretene Auffassung, soweit sie — abgesehen von § 14 Ziff. 1 UmstG — „die Verklagung des handlungsunfähigen Deutschen Reiches" für „zur Zeit nicht möglich" hält. Anscheinend wird hier nicht genügend zwischen der Zulässigkeit gerichtlicher Geltendmachung — „Verklagung" — , insbesondere mittels Feststellungsklage, und der Möglichkeit vollstreckungsmäßiger Verwirklichung des gegen das Deutsche Reich gerichteten Anspruchs unterschieden)." 3 3 . Bei einer Schadenersatzklage ist die Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes gegeben, wenn der ausländische (hier österreichische) Beklagte in Deutschland ein Grundstück besitzt. Für eine unerlaubte Handlung ist das Recht des Begehungsortes maßgebend. Als Begehungsort bei Unterlassungen ist der Ort anzusehen, wo der Unterlassende sich zur Zeit der Unterlassung befunden und wo er Sachen hat oder Handlungen vorgenommen hat. Nach österreichischem Recht haftet derjenige, der einen gefahrdrohenden Zustand schafft und in Erkenntnis dieser Gefahr keine Vorkehrungen gegen die Beschädigung anderer Personen trifft, für den 1
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 10 b.
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alsdann entstehenden Schaden. — ZFO § 23; österr. ABGB §§ 364 f., 1293 ff., 1305 f. LG Passau, Zwischenurteil vom 18. 12. 1952 — 2 O 36/52. Ungedruckt. Der Kl. ist Eigentümer eines Grundstückes in Passau, das unmittelbar an der deutsch-österreichischen Grenze neben der Zollstraße Passau-Schärding fast gegenüber der österreichischen Gastwirtschaft „Zum Waldschloß" gelegen ist. Auf dem Grundstück befindet sich, umgeben von einem Zaun, ein hölzernes Landhaus, das „Waldhaus Helene". Darin wohnt seit April 1946 der Grenzpolizeibeamte J. P. samt Familie. Auf der österreichischen Seite der Grenze, unmittelbar anschließend an das Grundstück des Kl., liegen die Waldgrundstücke des Bekl. Auf den Waldgrundstücken des Bekl. stand bis vor wenigen Jahren ein 70—80jähriger geschlossener Tannenund Fichtenbestand, der zu Ende des Krieges durch Artilleriebeschuß schwer gelitten hatte und dann durch den Fichtenborkenkäfer heimgesucht worden war. 1947 und 1948 wurde deshalb der größte Teil des Baumbestandes gefällt. Es blieben lediglich verschiedene Baumgruppen, bestehend aus einzelnen hohen Tannen, die völlig gesund waren, stehen. Solche einzeln stehenden Tannen fanden sich im August 1951 in teils unmittelbarer Nachbarschaft, teils weiterer Entfernung vom klägerischen Grundstück. Am 11. 8. 1951 nachmittags drehte ein von Süden her einfallender heftiger Sturm auf dem Grundstück des Bekl. den Wipfel einer etwa 30 hl hohen Tanne in einer Länge von 6—8 m, ungefähr 23 m über dem Erdboden ab, und warf ihn über die Grenze hinweg auf die Nordostecke des Waldhauses des Kl., die vom Baum 23 m entfernt war. Dadurch wurde das Waldhaus erheblich beschädigt. Im Herbst 1951 fällte dann der Bekl. weitere 4 Tannen, die in der Nähe des klägerischen Grundstücks standen, auf Verlangen der Familie P. Der Kl. macht den Bekl. f ü r den durch den geschilderten Unfall verursachten Schaden an seinem Waldhaus verantwortlich und klagt auf Schadenersatz. Aus den Gründen: „Das LG Passau ist zur Entscheidung des Rechtsstreites zuständig. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kl. zu Recht auf § 32 ZPO beruft oder ob dem Bekl. beizutreten ist, der die Anwendbarkeit dieser Vorschrift im gegenwärtigen Rechtsstreit verneint, weil Tatort bei Unterlassungen immer nur der Ort sei, wo die unterlassene Handlung vorzunehmen gewesen wäre. Jedenfalls trifft hier § 23 ZPO unzweifelhaft zu und ist damit die Zuständigkeit des LG Passau begründet; denn der Bekl., ein österreichischer Staatsangehöriger, der in S. (Oberösterreich) seinen Wohnsitz hat, hat in Passau ein Grundstück, das im Grundbuch des AG Passau auf seinen Namen eingetragen ist. Damit ist freilich noch nicht entschieden, welches Recht auf den vom Kl. vorgetragenen und durch die Beweisaufnahme festgestellten Sachverhalt anzuwenden ist. Es ist unbestritten, daß am 11. 8. 1951 ein auf österreichi-
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schem Grund und Boden des Bekl. stehender Baum durch einen schweren Südsturm in seinem oberen Teil abgedreht wurde und daß das abgebrochene Gipfelstück über die Grenze hinweg auf das auf deutschem Boden liegende Waldhaus des Kl. geschleudert wurde, so daß es erheblich beschädigt wurde. Der Kl. macht den Bekl. f ü r den Schaden verantwortlich. Er wirft ihm vor, daß er fahrlässig verabsäumt habe, den Baum rechtzeitig zu fällen. Der Ersatzanspruch ist klägerischerseits nur auf unerlaubte Handlung gestützt. Nach anerkannten Grundsätzen des deutschen internationalen Privatrechts hat das Gericht den seiner Beurteilung unterliegenden Tatbestand zur Feststellung des anzuwendenden Rechts zunächst vom Standpunkt des deutschen Rechts aus rechtlich einzuordnen (OGH BrZ 1. 6. 1950, NJW 1951, 27 RGZ 138, 243; Raape in Staudinger EGBGB 9 Einl. Anm. E V 4). Der Kl. behauptet einen rechtswidrigen fahrlässigen außerhalb eines Vertragsverhältnisses liegenden schädigenden Eingriff in sein Eigentum. Dies sind die Merkmale der unerlaubten Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB (Raape aaO Anm. A VIII zu Art. 12 EGBGB). Der Ort, an dem der Bekl. gehandelt hat bzw. hätte handeln müssen und der Ort, an dem der schädigende Erfolg der Handlung bzw. der Unterlassung eingetreten ist, liegen in verschiedenen Rechtsgebieten, dieser im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und zwar im Freistaat Bayern, jener im Gebiet der Republik Österreich. Auf Grund dieses Sachverhalts hält nun der Bekl. ausschließlich österreichisches Recht f ü r anwendbar, während der Kl. mindestens daneben auch deutsches Recht angewendet wissen will. Die Frage, welches Recht auf die Haftung aus unerlaubter Handlung anzuwenden ist, wenn Vornahmeort und Erfolgsort der unerlaubten Handlung auseinanderfallen, ist, wie das Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung an der Universität München vom 22. 10. 1952 ausführt, in Rechtsprechung und Lehre des Internationalen Rechtes äußerst bestritten. Unstreitig dürfte der Grundsatz sein, daß f ü r die unerlaubte Handlung das Recht des Begehungsortes maßgebend ist (Raape aaO Anm. A I zu Art. 12 EGBGB; Palandt, BGB 10 Anm. 2 zu Art. 12 EGBGB; RGZ 96, 96 ff.). Dagegen unterliegt der Begriff des Begehungsortes mannigfachen Auslegungen. So hat z. B. das RG die Auffassung vertreten, daß Deliktsort nicht bloß der Handlungsort, sondern auch der Erfolgsort sei (Raape aaO Anm. A VI 2 a). In RGZ 138, 243 heißt es: „Werden die Handlungen des Täters in dem einen Rechtsgebiet begangen, wirkt sich aber der schadenbringende Erfolg in einem anderen Rechtsgebiet aus, so gelten im Rechtssinne die beiden in Betracht kommenden Orte als Begehungsorte . . . In einem solchen Fall kann die rechtliche Beurteilung grundsätzlich nach beiden Rechtssystemen geschehen." (Ebenso RG in Recht 1925, 404 Nr. 1274; RGZ 150, 265 ff.). Raape (aaO Anm. A VI 2 b) ist der Meinung, daß grundsätzlich der Handlungsort maßgebend sei, nicht der Erfolgsort. Diese Streitfrage ist nun im vorliegenden Fall noch dahin einzuengen, daß zu entscheiden ist, was als Tatort zu gelten hat, wenn der Täter, wie hier der Bekl., nur 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 29.
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fahrlässig gehandelt hat und wenn seine Handlung nicht in einem Tun, sondern in einem Unterlassen bestanden hat. Schon für den Fall der Fahrlässigkeit des Täters wird, wie das erwähnte Gutachten ausführt, im Schrifttum überwiegend die Meinung vertreten, daß Tatort nur der Handlungs-, nicht der Erfolgsort sei (a. A. RGZ 138, 243). Dies gilt vollends dann, wenn das Handeln des Täters, das zu dem schadenbringenden Ereignis geführt hat, in einem Unterlassen bestanden hat. Für diesen Fall sehen Stein-Jonas, ZPO 16 Anm. IV zu § 32 und Baumbach-Lauterbach, ZPO 20 Anm. 3 zu § 32 als Begehungsort den Ort an, wo die unterlassene Handlung vorzunehmen war. Raape (aaO Anm. A VII) scheint im Verein mit der Ansicht verschiedener Schriftsteller der Auffassung zu sein, daß als Begehungsort bei Unterlassungen nicht der Ort anzusehen ist, wo der Schaden eingetreten ist, und auch nicht der Ort, wo hätte gehandelt werden sollen, sondern der Ort, wo der Unterlassende sich z. Z. der Unterlassung befunden hat und wo er Sachen hat oder Handlungen vorgenommen habe. Da im gegenwärtigen Rechtsstreit der Bekl. österreichischer Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz am 11. 8. 1951 in Österreich hatte und darüber hinaus in Österreich hätte tätig werden müssen, um das schädigende Ereignis zu verhüten, da ihm weiter nur fahrlässiges, nicht aber vorsätzliches Handeln zur Last gelegt wird, ist nach Ansicht des Gerichtes auf den zur Aburteilung stehenden Sachverhalt nur österreichisches Recht, nicht aber deutsches Recht allein oder daneben anzuwenden. Dies gilt jedenfalls für die entscheidenden Fragen, ob f ü r den Bekl. eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden hat, ob der Schaden auf die Unterlassung ursächlich zurückzuführen ist und ob den Bekl. eine Schuld an der Unterlassung trifft. Wenn das oben erwähnte Gutachten meint, daß im übrigen, insbesondere hinsichtlich der Rechtsfolgen einer nach dem Recht des Unterlassungsorts fahrlässig begangenen Handlung auch das Recht des Erfolgsortes zu berücksichtigen sei und daß sich insoweit der Geschädigte auf das ihm günstigere Recht berufen könne, so hat diese Ausdehnung f ü r die gegenwärtige Entscheidung über den Grund des erhobenen Anspruchs keine Bedeutung. Sie könnte erst im späteren Verfahren über die Höhe des Anspruchs Bedeutung gewinnen. Nach § 1295 ABGB ist jedermann berechtigt, von dem Schädiger den Ersatz des Schadens zu fordern, den dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, mag dieser Schaden durch vertragswidriges Verhalten oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein. Unter Schaden versteht § 1293 ABGB jeden Nachteil, der jemanden an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. Der Schaden kann entstanden sein durch Zufall, d. h. durch nicht rechtswidriges Verhalten des Schädigers; er kann aber auch einer widerrechtlichen Handlung oder Unterlassung eines anderen entsprungen sein (§ 1294 S. 1 ABGB). Widerrechtlich ist eine Handlung oder Unterlassung dann, wenn sie sich nicht auf die Ausübung eines Rechtes innerhalb der rechtlichen Schranken stützen kann (vgl. § 1305 ABGB). Die widerrechtliche Beschädigung kann willkürlich, d. h. schuldhaft, oder unwillkürlich z. B. bei Unmündigkeit, Geisteskrankheit usw. (s. §§ 1306 ff. ABGB) geschehen sein. Die willkürliche Beschädigung wiederum kann in
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böser Absicht oder versehentlich geschehen sein, letzteres dann, wenn der Schaden aus schuldbarer Ungewißheit oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes verursacht worden ist (§ 1294 S. 2—4 ABGB). Eines solchen Versehens macht sich schuldig, wer bei schädigenden Handlungen den Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit unterläßt, der bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Daß jedermann eines solchen Grades fähig sei, wird gesetzlich vermutet (§ 1297 ABGB). Wenn m a n diese gesetzlichen Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt anwendet, so ergibt sich, daß dem Kl. vom Bekl. an seinem Vermögen, nämlich an seinem Waldhaus in Passau, ein Schaden zugefügt worden ist und daß dieser Schaden widerrechtlich ist; denn der Bekl. k a n n sich zur Rechtfertigung der Schädigung des Kl. nicht auf die Ausübung eines Rechtes berufen. Weiterhin steht fest, daß der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn der Bekl. vorher den Baum gefällt hätte. Die Unterlassung der Fällung ist also eine der Ursachen f ü r den eingetretenen Schaden. Streitig ist jedoch, ob die Unterlassung des Bekl., nämlich die Verabsäumung, den am 11. 8. 1951 vom Sturm abgebrochenen Baum vorher zu fällen, selbst widerrechtlich gewesen ist und ob diese Unterlassung des Bekl. darüberhinaus schuldhaft gewesen ist. Eine Unterlassung wird im allgemeinen nicht rechtswidrig sein. Sie ist es jedoch dann, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden hat. Eine solche Rechtspflicht kann durch Gesetz, durch Vertrag oder durch allgemeine Verkehrspflichten auferlegt sein. Diese Grundsätze sind nicht so sehr rechtlicher Natur, als vielmehr logische Forderungen und haben daher nicht nur f ü r das deutsche Recht (s. Palandt, BGB 10 § 823 Anm. 7 A), sondern auch f ü r das österreichische Recht Gültigkeit. (Vgl. die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 11. 2. 1891, wonach die unterlassene Einfriedung eines aufgelassenen Tageinbaues ein Verschulden des Bergwerksbesitzers begründet). Daß den Bekl. keine gesetzliche Bestimmung verpflichtet hat, den Baum zu fällen, hat das bereits mehrfach erwähnte Gutachten des Institutes f ü r Rechtsvergleichung eingehend dargelegt: Weder das österreichische Nachbarrecht, enthalten in den §§ 364 bis 364 b ABGB, noch das österr. Forstrecht, enthalten im österr. Forstgesetz vom 3. 12. 1852, weisen Bestimmungen auf, wonach alleinstehende hohe Bäume, die durch ihre Lage oder Höhe ein Nachbargrundstück gefährden können, gefällt werden müssen oder wonach ein Waldbestand, wenn eine Schlägerung durchgeführt wird, mit allen Bäumen gleichzeitig abgetrieben werden m u ß und einzelne Bäume oder Baumgruppen nicht stehen bleiben dürfen. Eine weitere gesetzliche Vorschrift, die hier einschlägig wäre, ist dem Gericht nicht bekannt und auch vom Kl. nicht behauptet. Ebensowenig aber hatte der Bekl. die vertragliche Verpflichtung, die fragliche Tanne rechtzeitig zu fällen. Eine derartige Verpflichtung ist vom Kl. nicht behauptet worden und ergibt sich auch nicht aus dem vom Gericht festgestellten Sachverhalt. Infolgedessen können hier nur allgemeine Verkehrspflichten den Bekl. zur Fällung verpflichtet haben, wenn überhaupt eine solche Pflicht bestanden hat.
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Für das deutsche Recht hat das RG (RGZ 52, 373 ff.) den Satz aufgestellt, daß ein jeder auch f ü r eine Beschädigung durch seine Sache insoweit aufkommen soll, als er dieselbe durch billige Rücksichtnahme auf die Interessen des andern hätte verhüten müssen. Der Eigentümer eines Baumes ist mithin nach deutschem Recht verpflichtet, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt darauf zu verwenden, daß nicht andere durch die mangelhafte Beschaffenheit des Baumes Schaden leiden. Freilich hat das RG gleichzeitig eine Verpflichtung des Grundbesitzers verneint, von Zeit zu Zeit alle auf seinen Ländereien stehenden Bäume daraufhin zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, ob nicht vielleicht einer unter ihnen anderen Gefahr drohe. Soweit reiche die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei weitem nicht. Andererseits werde, wenn z. B. etwa der Besitzer auf die Gefährlichkeit eines bestimmten Baumes vorher aufmerksam gemacht wäre und das unbeachtet gelassen hätte, die Sache sehr häufig so liegen, daß der sodann durch den Baum angerichtete Schaden auf die Fahrlässigkeit des Besitzers als eine Ursache zurückzuführen sei. Es sei eben der einzelne Fall daraufhin zu prüfen, ob nach dem Maße dessen, was man im menschlichen Verkehr billigerweise an gegenseitiger Rücksichtnahme verlangen könne, dem Besitzer des Baumes ein begründeter Vorwurf zu machen sei. Allerdings verneint das RG in einer späteren Entscheidung (RGZ 149, 205 ff.) das Bestehen eines allgemein gültigen Satzes des Inhalts, daß der Eigentümer schon aus dem Gesichtspunkt verkehrsüblicher Rücksichtnahme kraft seines bloßen Eigentums aus § 1004 BGB hafte, und knüpft an die Erwähnung der obengenannten Entscheidung die Bemerkung: „Ob sich in jenem Fall ein Beseitigungsanspruch nicht schon daraus hätte herleiten lassen, daß der Eigentümer den Baum gepflanzt und genutzt und damit den gefährlichen Zustand unmittelbar selbst geschaffen hatte, läßt sich dem Urteil nicht sicher entnehmen." Staudinger, BGB ln Anm. 39 und 40 zu § 1004 meint, daß f ü r eine Schadensersatzpflicht die Beeinträchtigung des Eigentums eines anderen allein nicht genüge, es müßten besondere Umstände, sei es nun ein subjektives Verschulden des Bekl. oder ein anderer Grund hinzukommen. Würde man daher im gegenwärtigen Rechtsstreit das deutsche Recht anwenden, so würde man zu dem Ergebnis kommen, daß der Bekl. den Baum hätte fällen müssen, wenn er ihn gepflanzt und genutzt und damit den gefährlichen Zustand selbst geschaffen hat und wenn er vom Kl. auf die drohende Gefahr ausdrücklich aufmerksam gemacht worden ist. Nicht anders ist aber die Rechtslage auch nach dem österreichischen Recht zu beurteilen. Auch hier ist davon auszugehen, daß derjenige, der einen gefahrdrohenden Zustand schafft und in Erkennung dieser Gefahr keine Vorkehrungen gegen die Beschädigung anderer Personen trifft, soweit ihm solche Maßnahmen zuzumuten sind, f ü r den alsdann entstehenden Schaden haftet. Dieser Grundsatz findet sich z. B. in der erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 11. 2. 1891 und in einer weiteren Entscheidung desselben Gerichtes vom 5. 12. 1907 (angeführt im Gutachten S. 5), wonach eine Haftung des Hausbesitzers f ü r die durch das
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Herabfallen einer Schneemasse vom Dache seines Hauses erfolgte körperliche Verletzung eines Menschen als begründet erklärt wurde . . . Daß der Bekl. bei Gebrauch des Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann (§ 1297 ABGB), die durch die Bäume drohende Gefahr erkennen mußte, kann vor allem wegen der ausdrücklichen Warnung durch den Kl. am 1. 7. 1951 und wegen des wenige Wochen vorher durch einen Südsturm erfolgten Windbruches nicht bezweifelt werden. Der Bekl. hat also dem Kl. widerrechtlich versehentlich einen Schaden zugefügt. Er ist ihm deshalb gemäß § 1295 ABGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet..." 3 4 . Die Gestaltung der Verjährung, auch ihre Hemmung oder Unterbrechung, richtet sich im interlokalen Privatrecht ebenso wie im internationalen nach dem Schuldstatut. OLG München, 6. ZS, Urt. vom 15. 4. 1953 — 6 U 769/52: MDR 7 (1953) 552 (nur Leitsatz). Es werden Forderungen aus der Kriegszeit eingeklagt, die nach Berliner, nicht aber nach bayerischem Recht verjährt sind. Die Kl. hat ihren Sitz in Berlin, die Bekl. in München. Aus den Gründen: „Die zulässige Berufung kann sachlich keinen Erfolg haben. 1. Gegenüber der nach § 433 I I BGB mit § 16 I UG begründeten Forderung der Kl. greift zunächst die Einrede der Verjährung nicht durch. Die Forderung der Kl. verjährte in vier Jahren (§ 196 I Ziff. 1 und II BGB). Die Verjährungsfrist war durch § 32 der zweiten KriegsmaßnahmenVO vom 27. 9. 1944 bis zum 31. 12. 1945 gehemmt. Während dann in Berlin weitere Hemmungsvorschriften nicht ergingen, wurden in den Ländern der Bundesrepublik neue Hemmungsvorschriften erlassen. In Bayern lief die Verjährungsfrist bis zum 31. 12. 1948 nicht (vgl. GVB1. 1946, 213; 1947, 16; 1948, 12). Die Forderung verjährte daher nicht vor dem Ablauf des 31. 3. 1951 (§ 1 I I des Bundesgesetzes vom 28. 12. 1950). Die Klage wurde am 28. 3. 1951 eingereicht und am 15. 4. 1951 zugestellt. Somit wurde die Verjährung rechtzeitig unterbrochen (§ 209 I BGB, § 261 b I I I ZPO). Dagegen wäre die Forderung bei Anwendung des für Berlin geltenden Rechts mit dem Ablauf des 31. 12. 1949 verjährt. Eine Hemmung der Verjährungsfrist gemäß § 203 II BGB hat die Kl. nicht dargetan. Sie war durch die über sie verhängte Vermögenskontrolle nicht an der Führung von Aktivprozessen gehindert. Die Kl. bringt zwar vor, daß in jedem Falle zur Klageerhebung die Genehmigung des eingesetzten Treuhänders erforderlich gewesen sei. Sie kann aber nicht einmal behaupten, daß sie auf die Erteilung dieser Genehmigung hingewirkt habe und daß die Genehmigung versagt worden sei. Die Entscheidung über die Einrede der Verjährung hängt demnach davon ab, welche Rechtsordnung für die Verjährung des Anspruches der Kl. maßgebend ist.
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Dabei kann für eine interlokalrechtliche Kollision von Vorschriften über die Hemmung der Verjährung nichts anderes gelten wie für eine Kollision der Verjährungsvorschriften selbst. Bei der Verjährung handelt es sich nach deutscher Auffassung nicht um ein prozeßrechtliches, sondern um ein materiellrechtliches Institut. Wegen der Wesensverwandtschaft des interlokalen Privatrechts mit dem internationalen sind mangels besonderer Bestimmungen die Grundsätze des letzteren, soweit nicht ihr Sinn dagegen spricht, auf das interlokale Recht entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, daß sich im vorliegenden Falle die Gestaltung der Verjährung, auch ihre Hemmung oder Unterbrechung, nach dem Schuldstatut richtet (vgl. RGR Kommentar 1 0 , Vorbem. 12 vor § 104 BGB; Palandt9, Vorbem. 5 b vor Art. 12 EGBGB). Das Schuldstatut bestimmt sich in erster Linie nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Parteiwillen, gegebenenfalls nach dem sogenannten mutmaßlichen (hypothetischen) Parteiwillen und notfalls nach dem Erfüllungsort (BGH, NJW 1953, 340 1 unter II 2; ferner BGH, NJW 1952, 540 2 mit Nachweisen). Die Parteien dieses Rechtsstreits haben ihre Rechtsbeziehungen f ü r den Fall einer Spaltung der Vorschriften über die Verjährung weder ausdrücklich noch stillschweigend der Rechtsordnung eines bestimmten Gebietes unterstellt. Als Anknüpfungspunkt ist daher der hypothetische Parteiwille heranzuziehen. Dieser kann in einem subjektiven und in einem objektiven Sinn verstanden werden. Legt man (mit BGH, BGHZ 1, 109 3 und NJW 1952, 741 4, ferner mit Wolff, Festschrift für Raape 189) das Gewicht auf die subjektiven Vorstellungen der Parteien, so ergeben sich im vorliegenden Falle keine Anhaltspunkte f ü r einen hypothetischen Parteiwillen. Die Parteien können bei der Begründung des Schuldverhältnisses nicht daran gedacht haben, daß die Rechtseinheit bezüglich der Verjährungsvorschriften einmal ihr Ende finden werden. Demnach könnte auch nicht an einen Erfüllungsort angeknüpft werden, der auf Parteivereinbarung beruht. Man gelangt aber auch dann nicht zu einer Anwendung der Berliner Vorschriften, wenn man der Auffassung folgt, daß es sich beim hypothetischen Parteiwillen in Wirklichkeit nicht um die Ermittlung subjektiver, hypothetischer Vorstellungen der Parteien, sondern um ein Aufsuchen des nächsten Anknüpfungspunktes im Wege einer vernünftigen Interessenabwägung auf rein objektiver Grundlage handelt (BGH, NJW 1952, 540 und 1953, 339; Raape, Internationales Privatrecht 3 291 ff.; Palandt9, Vorbemerkung 2 a vor Art. 12 EGBGB). Ein solcher nächster Anknüpfungspunkt ist im vorliegenden Falle nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit festzustellen. Dafür, daß der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses in Berlin lag, könnte sprechen, daß die Kl., deren alleinige Gesellschafter das Reich war, dort ihren Sitz hatte und daß die Bekl. die in Frage stehenden Barakken samt Einrichtungsgegenstände nur von der Kl. kaufen konnte. Auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen, daß die Bekl. ihren Sitz in 1 s
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 213 b. Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 232.
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Ebenda Nr. 402 b. Ebenda Nr. 216.
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München hat und daß die Baracken von Münchener Firmen an die Bekl. geliefert wurden. Versagt — wie hier — die Betrachtung unter dem Gesichtspunkt des hypothetischen Parteiwillens, so ist das Schuldstatut nach dem Erfüllungsort zu bestimmen. Das LG hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, daß eine wirksame Vereinbarung des Erfüllungsorts fehlt. Die Kl. handelt nicht gegen Treu und Glauben, wenn sie sich bei dieser Rechtslage nicht auf den Standpunkt stellt, daß Berlin Erfüllungsort sei. Da auch die Umstände des Falles nicht f ü r einen f ü r beide Parteien gemeinsamen Erfüllungsort sprechen, so hat die Leistung der Beklagten in München zu erfolgen (§§ 269, 270 IV BGB). Ist aber München Erfüllungsort, so ist die Frage der Hemmung der Verjährung nach den f ü r Bayern und später f ü r die Bundesrepublik erlassenen Vorschriften zu beurteilen."
IV a. HANDELS- UND WIRTSCHAFTSRECHTLICHE ERGÄNZUNGEN Siehe auch Nr. 293
1. Allgemeines 2. Versicherungsrecht Siehe auch Nr. 67, 68, 274 3 5 . Valutaverbindlichkeiten gehören zu den auf die Deutsche Kriegsversicherungsgemeinschaft übergegangenen Verbindlichkeiten. — UG § 24. LG Köln, Urt. vom 16. 12. 1953 — 23 O 210/52: VR 5 (1954) 18. Die Kl. hat während des letzten Krieges auf dem Schiffswege mittels Blokadebrecher Ware von Portugal nach Deutschland über Südfrankreich importiert. Im März 1942 kaufte sie 2500 Sack Kakao. Der mit dieser Partie beladene Dampfer „E" konnte jedoch wegen der feindlichen Blockade nicht auslaufen. Anfang Januar 1943 mußte der Transport endgültig aufgegeben werden. Die Sendung war von der deutschen Speditionsfirma L. als VN bei der Bekl. mit einer Summe von 1 330 000 sfrs. gegen Kriegsschäden versichert worden. Die Bekl. hatte das Risiko bei der Deutschen Kriegsversicherungsgemeinschaft (DKG), zu der die deutschen Transportversicherer zusammengeschlossen waren und die mit der Garantie des Deutschen Reiches versehen war, rückgedeckt. Die Bekl. hat 1943 den Kriegsschaden im Einverständnis mit der DKG anerkannt und darauf 1 030 000 sfrs. bezahlt. Die restliche Schadenssumme von 300 000 sfrs. mindert sich um den Erlös aus dem Verkauf der Ware in Portugal, den die Kl. mit rund 574 000 Esc. beziffert, welchen Betrag die Bekl. als zu gering vorsorglich bestreitet. Die Kl. beansprucht als Versicherte von der restlichen Schadenssumme einen der Höhe nach unstreitigen Teilbetrag von 40 000 sfrs. Sie wünscht Zahlung in Fremdwährung. Weil diese devisenrechtlich z. Z. nicht möglich ist, kleidet sie ihren Anspruch in die Form eines Feststellungs8
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antrags. F ü r den Fall der Verneinung ihres Feststellungsinteresses begehrt sie Leistung. Aus den Gründen: „Die Bekl. ist nicht m e h r zahlungspflichtig, weil deren Verbindlichkeit aus dem der Klage zugrunde liegenden Versicherungsverhältnis, sei es echte oder unechte Valutaschuld, nach § 24 III UG i. V. m. § 4 der 49. DVO auf die DKG als n u n m e h r i g e Alleinschuldnerin übergegangen ist. Die Gesetzgebung zur N e u o r d n u n g des Geldwesens bezweckte p r i m ä r die Schaffung einer neuen W ä h r u n g . Darüber hinaus m u ß t e sie weitere, mit der W ä h rungsumstellung im Z u s a m m e n h a n g stehende Fragen regeln. Deshalb erließ das UG f ü r das Versicherungswesen in den §§ 23 bis 25 Sondervorschriften. Der in § 24 III enthaltene Ausdruck „Verbindlichkeiten" u m f a ß t bei reiner Wortauslegung sowohl RM- als auch Valuta-Verbindlichkeiten. Weil es sich jedoch u m Besatzungsrecht handelt, ist die Wortauslegung mit Vorsicht zu h a n d h a b e n . Der Sinnauslegung k o m m t erhöhte Bedeutung zu. I n Abs. 1 des § 24 handelt es sich nach W o r t l a u t und Sinn eindeutig u m die Umstellung der in RM abgeschlossenen Lebensversicherungen. Das gilt auch von der Umstellung der P f a n d b r i e f e in § 22 u n d der Bausparverträge in § 25. Der § 24 Abs. 3 betrifft dagegen nicht die Umstellung, sondern die Befreiung der VU von gewissen Kriegsversicherungen. Dies geschah im R a h m e n der finanziellen Reorganisation der Unternehmen. Zu diesem Zwecke stattete der Gesetzgeber die Unternehmen in § 24 Abs. 2 mit Ausgleichsforderungen aus, deren Zuteilung von dem Ergebnis der in der 23. u n d 43. DVO n ä h e r geregelten Umstellungsrechnung abhing. Auf der Passivseite der Umstellungsrechnung waren auch Valuta-Verbindlichkeiten einzustellen; sie werden von dem in Abs. 2 des § 24 gebrauchten Ausdruck „Verbindlichkeiten" zweifelsfrei m i t u m f a ß t . I n n e r h a l b der gekennzeichneten, auf einer neuen Bilanzierung gründenden Reorganisation der VU besteht ein sichtbarer Z u s a m m e n h a n g zwischen Abs. 2, Abs. 3 u n d den folgenden Abs. 4 bis 8. So statuiert beispielsweise Abs. 6 das Erlöschen gewisser Verbindlichkeiten ausnahmslos („alle Verbindlichkeiten") u n d schließt sie von der A u f n a h m e in die Eröffnungsbilanz in DM aus. Abs. 5 regelt zunächst die bilanzmäßige Behandlung der von den VU im N a m e n u n d f ü r Rechnung des Reichs vorgenommenen u n d der von ihnen unter einer vom Reich gegebenen Garantie betriebenen besonderen Geschäf te. D a r ü b e r hinaus werden „alle" sich aus diesen Geschäften ergebenden Ansprüche als F o r d e r u n g e n gegen das (illiquide!) Reich erklärt. Wegen der Zweckbestimmung der Abs. 2 bis 8 des § 24 und aus der Überlegung heraus, d a ß die VU sich wohl n u r auf Grund der Garantie des Reiches zu den besonders risikovollen Kriegsversicherungen entschlossen hatten, u n d daß letztlich das Reich f ü r die Kriegsversicherungen haftete, scheint eine einschränkende Auslegung des § 24 Abs. 3 nicht zuzutreffen. Wortlaut, Sinn u n d Stellung des Abs. 3 im System des § 24 sprechen vielm e h r d a f ü r , daß der Gesetzgeber die Passivseiten der Versicherungsbilanzen bezüglich der Kriegsversicherungen restlos bereinigen wollte. Dabei
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kann es als unerheblich auf sich beruhen, ob dem Gesetzgeber das Bestehen von Valuta-Versicherungen tatsächlich unbekannt gewesen sein sollte. Auf den von der Kl. insoweit angetretenen Beweis kommt es nicht an. Der W i l l e zur völligen Freistellung der V U dokumentiert sich zusätzlich in § 4 der 49. DVO, der die Haftung der V U auch als Gesellschafter der D K G erlöschen läßt. Die hier vorgenommene Gesetzesauslegung steht nicht in Widerspruch zu den Fassungen des § 7 I I I der 3. DVO, des § 1 der 39. D V O und zu den Bestimmungen der jetzt maßgeblichen 49. DVO. § 1 der 49. D V O spricht von der Inanspruchnahme der V U „nach dem UG und seinen Durchführungsvorschriften" . Diese Formulierung knüpft etwa an § 24 V I UG, wonach gewisse Verbindlichkeiten der V U erlöschen, und an § 5 I I I der 23. D V O in der Fassung des § 21 der 43. DVO, der die Geltendmachung gewisser Ansprüche unterbindet, an. W e g e n dieser Ansprüche könnten die V U „nach dem UG und seinen Durchführungsvorschriften" nicht in Anspruch genommen werden. § 1 der 49. D V O behandelt ebensowenig wie § 24 I I I UG das eigentliche Umstellungsproblem. Der Meinung der Kl., § 1 verdeutliche unmißverständlich, daß § 24 I I I UG nur RM-Verbindlichkeiten zum Gegenstand habe, kann deshalb nicht zugestimmt werden. Auch aus § 2 I b der 49. DVO, der z. B. nach der im Bundesanzeiger 1951 Nr. 76 veröffentlichten Begründung für österreichische Transportversicherer gilt, läßt sich deshalb nicht zwingend eine Beschränkung des § 24 I I I auf RM-Verbindlichkeiten ableiten. Ob die an der Schaffung der 49. D V O beteiligten Kreise sich über die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Einbeziehung der Valutaforderungen in den Rahmen des § 24 I I I UG im klaren waren oder nicht, und welche Erwägungen für die Ablehnung des Entwurfs der D K G maßgebend waren, bedarf keiner Aufklärung durch Erhebung der von den Parteien angetretenen Beweise. Denn weder die eine noch die andere Auffassung vermag § 24 I I I UG in verbindlicher Weise authentisch zu interpretieren. I m übrigen hat keine der von den Parteien vorgetragenen Auffassungen im reinen Text der 49. D V O einen eindeutigen Niederschlag gefunden. Es muß deshalb grundsätzlich nach wie vor bei der üblichen Gesetzesauslegung nach W o r t laut und Sinn verbleiben. I m übrigen darf der erwähnten „anonymen" Begründung im Bundesanzeiger mindestens entnommen werden, daß sie von einer Stelle kommt, die unmittelbar an der Schaffung und Redigierung der 49. D V O beteiligt war. Diese Stelle ist aber, wie sich aus der Begründung ergibt, der Ansicht, daß auch rückgedeckte Valuta-Verbindlichkeiten auf die D K G übergegangen seien. Dieser Umstand spricht mindestens mehr oder weniger dafür, daß die 49. D V O wohl nicht so aufgefaßt sein will, als ob sie den § 24 I I I ausdrücklich auf RM-Verbindlichkeiten beschränken wollte. Insoweit ist auch die „Begründung" bei der Gesetzesauslegung immerhin heranzuziehen. Man wird, wie bereits ausgeführt, die Verbindlichkeiten aus den Kriegsversicherungen letztlich dem Reich wirtschaftlich zurechnen müssen. Es mag ferner zutreffen, daß die Aussichten auf Befriedigung aus dem Ver8 *
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mögen der DKG gering sind. § 14 läßt dagegen die Valuta-Verbindlichkeiten des Reichs unberührt. In § 24 handelt es sich aber nicht um die Weiterhaftung des Reichs f ü r Valuta-Schulden, sondern um die finanzielle Reorganisation der VU. Aus der Heranziehung des § 14 lassen sich deshalb entgegen der Meinung der Kl. ebenfalls keine eindeutigen Folgerungen f ü r die Auslegung des § 24 III ableiten. Es trifft weiter zu, daß Valutaforderungen, von Ausnahmen abgesehen (vgl. § 19 UG), der Währungsumstellung nicht unterliegen, und daß die Rechte der Angehörigen der Vereinten Nationen durch § 15 UG alter und neuer Fassung geschützt sind. Der § 24 III stellt aber weder Valutaforderungen um, noch greift er in den durch § 15 gesicherten Besitzstand bestimmter Ausländerkreise ein. Hier handelt es sich um die Valutaforderung einer inländischen Gläubigerin gegen eine inländische Schuldnerin. Die Fortdauer der Haftung der Kl. gegenüber ihrem ausländischen Verkäufer mag für sie mit Rücksicht auf die Illiquidität der DKG eine Härte bedeuten. Die Kl. teilt damit das Schicksal der übrigen deutschen Schuldner von Auslandsforderungen. Das Herausstellen der angeblichen Nachteile und Vorteile der einen und anderen Prozeßpartei ist eine Auswirkung des Gesetzes, aber ebensowenig ein Mittel zu seiner Auslegung wie der Hinweis der Kl. auf die „ungerechtfertigte Bereicherung" der Bekl. durch eine angebliche Prämienansammlung in der Schweiz. Alle diese Dinge sollten Anlaß zu einer Gesetzesrevision durch die zuständigen Stellen sein. Für die Gesetzesauslegung müssen jedoch nachträglich angestellte Billigkeitserwägungen ausscheiden. Ob § 24 III UG dem Art. 14 GG widerspricht, kann ungeprüft bleiben. Die Rechtmäßigkeit von Besatzungsrecht unterliegt während der Geltung des Besatzungsstatuts nicht der Kontrolle deutscher Gerichte (vgl. auch BGH in NJW 1952, 505)." 3 6 . Die Anwendung tschechoslowakischer Enteignungsgesetze, die die Sudetendeutschen betroffen haben, durch ein deutsches Gericht ist durch Art. 30 EGBGB ausgeschlossen, weil sie gegen die guten Sitten und den Zweck des Bonner GG — insbes. Art. 3 — verstoßen würde. Das Erlöschen einer Verbindlichkeit aus einem Versicherungsvertrag nach § 24 VI des Umstellungsgesetzes setzt deren wirksame Übertragung auf ein anderes Unternehmen voraus. Mit Rücksicht auf das politische Geschehen im Jahre zwischen 1945 mußten die einheitlichen deutschen Versicherungsbestände den Niederlassungen des VU auf Grund besonderer Anknüpfungspunkte abgegrenzt werden. — Bonner GG Art. 3; EGBGB Art. 30; ZPO § 512 a; VAG § 109; UG § 24; tschechoslow. Dekrete Nr. 2088 und Nr. 2092. OLG Hamburg, Urt. vom 3. 2. 1953 1 — 1 U 104 (108)/52: VR 4 (1953) 226 mit Anmerkung von Prölss. Der Kl. ist Sudetendeutscher. Anläßlich der im Jahre 1938 erfolgten Änderung der Grenze zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakei erwarb er die deutsche Staatsangehörigkeit. 1945/46 wurde er 1
Bestätigt durch BGH 24. 3. 1955: MDR 9 (1955) 351; VR 6 (1955) 242.
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von den gegen die Sudetendeutschen gerichteten Maßnahmen der tschechoslowakischen Republik betroffen. Infolgedessen begab er sich am 20.4.1946 unter Aufgabe seines Wohnsitzes in Karlsbad nach F. Seitdem befindet sich sein Wohnsitz im Gebiet der jetzigen Bundesrepublik Deutschland. Die Bekl. ist eine international tätige VU. Ihr Sitz befand sich zunächst in T. und V. Später wurde er nach R. verlegt. Ihre f ü r das Deutsche Reich zuständige inländische Niederlassung im Sinne von § 106 II Nr. 3 VAG hatte die Bekl. bis zum Jahre 1938 in Hamburg. Für Österreich und die Tschechoslowakei hatte sie damals in Wien und Prag Niederlassungen. Im Zusammenhang mit der im Jahre 1938 erfolgten Eingliederung Österreichs und des Sudetenlandes wurde die selbständige Niederlassung in Hamburg aufgelöst und der Niederlassung in Wien die Zuständigkeit f ü r das gesamte Gebiet des damaligen Großdeutschen Reiches einschl. des Sudetenlandes übertragen. 1945 oder 1946 errichtete die Bekl. erneut eine selbständige Niederlassung in Hamburg, welche seitdem f ü r das Gebiet der jetzigen Bundesrepublik Deutschland zuständig ist. Die Niederlassung in Wien blieb lediglich f ü r Österreich zuständig. Ihre Tätigkeit in dem Gebiet der tschechoslowakischen Republik mußte die Bekl. wegen der dortigen Verstaatlichung des Versicherungswesens einstellen. Ein von einer amtlichen Stelle der tschechoslowakischen Republik unternommener Versuch, auf Grund enteigneter Versicherungsforderungen von Sudetendeutschen Leistungen der Bekl. zu erlangen, blieb erfolglos. Die Bekl. lehnte es ab, irgendwelche Prämienreserven herauszugeben. Am 31. 3. 1942 schloß die D. Eisenbahn in Karlsbad mit Wirkung vom 1.1. 1942 mit der Bekl. einen Gruppen-Versicherungsvertrag, um ihre Angestellten und deren Familien sicherzustellen. Unter den Versicherten befand sich auch der in Karlsbad wohnhafte Kl. Ihm wurde durch den Vertrag u. a. der Anspruch auf eine jährliche Leibrente von RM 2432 zugewandt, die ab 1. 1. 1944 in monatlichen, zu Beginn jeden Monats fälligen Raten gezahlt werden sollten. Die Gegenleistung der D. Eisenbahn bestand nach dem Versicherungsvertrag in einem einmaligen Beitrag von RM 27 007 zuzüglich Kriegsgefahrenzuschlag und Versicherungssteuer. Dieser Betrag wurde bereits in den letzten Dezembertagen des Jahre 1941 auf ein Wiener Bankkonto der Bekl. gezahlt. Bei den Vertragsverhandlungen wirkte die Karlsbader Vertretung der Bekl. mit. Der Versicherungsausweis f ü r den Kl. wurde jedoch mit Datum vom 31. 3. 1942 von der für solche Rechtsgeschäfte allein zuständigen Niederlassung in Wien ausgestellt, welche sich dabei als Direktion der Bekl. f ü r das Deutsche Reich bezeichnete. Für die Zeit vom 1. 1. 1944 bis 30. 4. 1945 zahlte die Bekl. dem Kl. laufend die vereinbarte Rente in monatlichen Teilbeträgen von RM 202.46. Danach wurde die Zahlung ebenso wie in anderen Fällen gleicher Art eingestellt. Mit der Klage wird unter Berücksichtigung der Währungsgesetzgebung in der Bundesrepublik, insbes. auch des Gesetzes vom 11. 6. 1951 (BGBl. 1951 I S. 347) Erfüllung des Versicherungsvertrages f ü r die Zeit ab 1. 5. 1945 begehrt.
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Die Bekl. und die Nebenintervenientin — die Freie und Hansestadt Hamburg — gegen welche die Bekl. im Falle ihres Unterliegens eine Ausgleichsforderung nach § 24 II UG geltend machen will, haben Klagabweisung b e a n t r a g t . . . Das LG hat der Klage im wesentlichen entsprochen. Gegen das Urteil des LG haben die Nebenintervenienten und die Bekl. Berufung eingelegt.. . Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Aus den Gründen: „Nach § 512 a ZPO bedarf die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht mehr der Prüfung. Die Parteien und die Nebenintervenientin sind darüber einig, daß das angefochtene Urteil dem Inhalt des wirksam zustandegekommenen Versicherungsvertrages entspricht und daß die Passivlegitimation (§ 109 VAG) sich aus der Entscheidung über die materielle Rechtslage ergibt. Infolgedessen kommt es nur noch darauf an, ob der KI. seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag nachträglich verloren hat oder ob der Geltendmachung dieser Rechte ein Leistungsverweigerungsrecht der Bekl. entgegensteht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klageforderung vom Standpunkt der tschechoslowakischen Rechtsordnung aus bereits durch die Sondermaßnahmen gegen Sudetendeutsche rechtskräftig enteignet war, als der Kl. im April 1946 seinen Wohnsitz aus dem Staatsgebiet der tschechoslowakischen Republik in das Gebiet der jetzigen Bundesrepublik verlegte. Die Enteignung der Sudetendeutschen ist nämlich, wie sich aus dem eigenen Vortrag der Berufungski. über den Inhalt des Dekrets Nr. 108 vom 25. 10. 1945 ergibt, grundsätzlich entschädigungslos erfolgt und lediglich an die Tatsache der deutschen Nationalität geknüpft. Die Anwendung solcher Enteignungsgesetze durch ein deutsches Gericht ist aber durch Art. 30 EGBGB ausgeschlossen, weil sie gegen die guten Sitten und den Zweck des GG — insbes. Art. 3 — verstoßen würde. — Vgl. die in RabelsZ 1949, 137 abgedruckten Entscheidungen 1 mit Anmerkungen von Beitzke, Laun, MDR 1949, 164 sowie die Schlußausführungen im Beschluß des erkennenden Senats vom 8. 5. 1951 2 (MDR 1951, 561), dessen sonstige Darlegungen und dessen Ergebnis hier keiner Erörterung bedürfen. Umstände die im besonderen Fall des Kl. zu einer anderen Beurteilung seiner Enteignung führen könnten, sind nicht vorgetragen. Das von den Berufungski. behauptete Erlöschen der strittigen Verbindlichkeit nach § 24 VI UG setzt deren wirksame Übertragung auf ein anderes Unternehmen voraus. Daß eine solche stattgefunden hat, haben die Berufungski. jedoch nicht dargetan. Das von der Nebenintervenientin vor1 LG Kassel 20. 7. 1948 (IPRspr. 1945—1949 Nr. 2); AG Waiblingen 21. 6. 1948 (aaO Nr. 3); AG Dingolfing 7. 12. 1948 (aaO Nr. 4). 2 Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 7 a.
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getragene Dekret Nr. 2092 ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, weil es sich nur auf das Gebiet der Slowakei bezieht. In Betracht käme das Dekret Nr. 2088, dessen Art. 2 C aber lediglich die in den Geschäftsbüchern der Niederlassungen der Bekl. in Prag und Brünn geführten Verbindlichkeiten ergreift, zu denen die Verbindlichkeit gegenüber dem Kl. streitlos niemals gehört hat. Ob Art. 3 dieses Dekrets sich vom Standpunkt des tschechoslowakischen Gesetzgebers aus auf den Versicherungsvertrag des Kl. erstreckt, ist belanglos, denn Art. 3 ordnet im Gegensatz zu Art. 2 nicht eine Übertragung, sondern nur eine Verwaltung von Verbindlichkeiten der Bekl. an. Hinzu kommt, daß das Dekret Nr. 2088 nach dem Vortrag der Bekl. erst mit Datum vom 20. 11.1946 im Amtsblatt vom 6. 12. 1946 veröffentlicht ist und daß der Kl. zu dieser Zeit bereits in Westdeutschland wohnte. Es wäre auch überraschend, wenn die tschechoslowakische Republik die sich aus dem Versicherungsvertrag mit dem von ihr verfolgten Kl. ergebenden einseitigen Lasten der Bekl. auf eine ihrer staatlichen Versicherungsanstalten übertragen hätte. Die Erläuterungen von § 24 VI UG durch § 9 der von der Versicherungsaufsichtsbehörde erlassenen 1. VOLRV vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Nach dieser Bestimmung sollen im Sinne von § 24 VI UG alle Verbindlichkeiten der im Währungsgebiet zum Geschäftsbetrieb zugelassenen VU aus Lebens- und Rentenversicherungen als erloschen gelten, wenn dem Unternehmen der Weiterbetrieb des Versicherungsgeschäfts in einem Gebiet von Deutschland nach dem Stande vom 31. 12. 1937 außerhalb des Währungsgebiets untersagt oder unmöglich gemacht worden ist und die Verbindlichkeiten für dieses Gebiet als ausstehend anzusehen sind. Ein solcher Fall liegt zweifellos nicht vor, denn für keines der in Frage kommenden Gebiete sind gleichzeitig die beiden Voraussetzungen erfüllt, daß es zum Gebiet von Deutschland nach dem Stande vom 31. 12. 1937 gehört und daß dort der Bekl. das Versicherungsgeschäft untersagt oder unmöglich gemacht ist. Danach bedarf die grundsätzliche Frage, ob § 24 VI UG wegen § 9 der 1. VOLRV und § 3 der 2. VOLRV uneingeschränkt auf ausländische VU anzuwenden ist, die im Währungsgebiet eine Niederlassung haben, nicht der Erörterung. Nach § 4 der 2. VOLRV können Ansprüche aus einem Versicherungsverhältnis bis auf weiteres im Währungsgebiet nicht geltend gemacht werden, wenn die Versicherung zu einem selbständigen ausländischen Bestand eines deutschen VU mit Sitz oder Verwaltung im Währungsgebiet gehört. Ob diese Bestimmung auf die Bekl. Anwendung finden könnte, obwohl sie kein deutsches VU ist, sondern nur eine Niederlassung im Bundesgebiet hat, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls gehört die Versicherung des Kl., wie bereits im angefochtenen Urteil überzeugend dargelegt ist, nicht zu einem selbständigen ausländischen Bestand der Bekl. Zur Zeit des Vertragsabschlusses im Jahre 1942 und beim Eintritt des Versicherungsfalles im Jahre 1944 gab es nur einen in Wien verwalteten einheitlichen deutschen Bestand. Dieser mußte mit Rücksicht auf das politische Geschehen im Jahre 1945 aufgeteilt werden. Die Nebenintervenientin hat hierzu mit Billigung der Bekl. zutreffend ausgeführt: „Es
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soll nun durchaus nicht verkannt werden, daß eine Abgrenzung der Versicherungsbestände zwischen der Niederlassung der Bekl. in Hamburg und der Niederlassung in Wien erforderlich ist. Die Dinge lagen aber so, daß nur solche Verträge als auf die Niederlassung in Hamburg übergegangen angesehen werden können, bei denen dies auf Grund besonderer Anknüpfungspunkte gerechtfertigt erscheint." Tatsächlich spricht aber alles f ü r eine Uberweisung der Versicherung des Kl. zum Bestand der Hamburger Niederlassung. Bevor der Kl. am 20. 4. 1946 seinen Wohnsitz von Karlsbad in das jetzige Bundesgebiet verlegte, bestand insoweit allerdings noch Unklarheit. Eine solche Unklarheit war jedoch in der ersten Zeit der Kapitulation für alle deutschen Versicherungsverträge der Bekl. typisch, da es anfänglich die Zweigniederlassung der Bekl. in Hamburg noch nicht wieder gab und außerdem die Entwicklung der Verhältnisse nicht nur in der Tschechoslowakei, sondern auch in anderen Gebieten abgewartet werden mußte. Schon bevor diese Fragen endgültig geklärt waren, stand aber fest, daß die Ausweisung der Deutschen aus der neuen Tschechoslowakei nur noch eine Angelegenheit der technischen Durchführung war. Zur Zeit der Währungsreform hatte der Bekl. sogar bereits seit mehr als zwei Jahren seinen Wohnsitz im Währungsgebiet. Ihre Behauptung, daß die Versicherung des Kl. mit Rücksicht auf die Lokalisierung des Deckungsstocks zum tschechischen Bestand gerechnet werden müsse, hat die Bekl. weder hinreichend substantiiert noch unter Beweis gestellt. Die Bekl. trägt insoweit aber die Beweislast, denn die Umstände sprechen nicht dafür, daß sie die im Jahre 1942 in einer Summe in Wien gezahlten Prämien ausgerechnet im Gebiet der heutigen tschechoslowakischen Republik angelegt haben sollte. Für eine Anlage im heutigen Österreich, die übrigens nicht behauptet ist, spricht nicht mehr als f ü r eine Anlage in der heutigen Bundesrepublik. Es kommt hinzu, daß im Falle einer Anlage in Österreich der sich aus dem Wohnsitz des Kl. ergebende Anknüpfungspunkt bedeutsamer wäre, zumal ohnehin in zahlreichen Fällen aus den ehemaligen Wiener Beständen Überweisungen nach Hamburg erfolgen müssen. Welche maßgebliche Bedeutung der Gesetzgeber der Bundesrepublik auf dem Gebiete des Versicherungswesens dem Wohnsitz zur Zeit der Währungsreform beigemessen hat, zeigen die §§ 1 und 2 der 2. VOLRV. Im übrigen ergeben sich aus den Bestimmungen der §§ 1 und 2 sowie des § 3 der 2. VOLRV in diesem Zusammenhang keine neuen Gesichtspunkte, die einer Erörterung bedürften. Der nach den Ausführungen der Nebenintervenienten vom Schweizer Bundesgericht behandelte Fall lag insoweit anders, als dort der Bezirk der für den Versicherten ursprünglich zuständigen Zweigstelle unverändert fortbestand und eine ausgesprochene Sonderregelung verlangt wurde. Daß gegen die vom Kl. begehrte Verurteilung keine devisenrechtlichen Bedenken bestehen — der Kl. und die Niederlassung der Bekl. in Hamburg sind Deviseninländer — hat das LG bereits zutreffend dargelegt."
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37. Nach den allgemein anerkannten Grundsätzen des internationalen Privatrechts bestimmt sich bei internationalen Schuldverträgen das anzuwendende Recht in erster Linie nach dem Willen der Vertragschließenden. Wenn die Parteien ausdrücklich erklären, daß auf den Versicherungsvertrag die Vorschriften des deutschen Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. 5. 1908 Anwendung finden sollen, unterstellen sie den Vertrag dem deutschen Recht schlechthin und ausschließlich. Ist eine Lebensversicherung von einem Versicherungsnehmer, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, bei einem zum Geschäftsbetrieb im Inland zugelassenen ausländischen Versicherungsunternehmen durch dessen inländischen Hauptbevollmächtigten abgeschlossen worden, so gehört die Versicherung zum Bestand der inländischen Zweigniederlassung und kann von einer inländischen staatlichen Enteignung erfaßt werden. Ansprüche aus der Unrechtmäßigkeit der Enteignung und Einziehung der Versicherungsforderungen auf Grund der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz werden durch die Wiedergutmachungsgesetze geregelt. — VAG §§ 107, 110; 11. DVO zum Reichsbürgergesetz § 3; REG (amerik. Zone) Art. 28; REG (brit. Zone) Art. 24; Berliner REAO Art. 25; Umwandlungsgesetz vom 26. 8. 1938. BGH, Urt. vom 11. 2. 1953 — II ZR 51/52: BGHZ 9, 34; NJW 6 (1953) 542; Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes f ü r das Versicherungsund Bausparwesen 2 (1953) 83. Die Bekl. ist eine schweizerische Versicherungsgesellschaft, die zum Geschäftsbetrieb in Deutschland zugelassen ist. Mit ihrem Hauptbevollmächtigten f ü r Bayern schloß der Vater der Kl., der damals in Nürnberg wohnte, durch Vermittlung der Nürnberger Bezirksdirektion der Bekl. am 15. 8. 1928 in München auf das Leben des Ehemannes der Kl. eine Lebensversicherung über 60 000 Schweizer Franken (sfr) ab, die am 15. 8. 1943 gezahlt werden sollten. Die Jahresprämien waren bis zum Tode des Ehemannes, spätestens bis 1. 2. 1943 zu entrichten. Die Police enthält den vorgedruckten, von der Bekl. unterzeichneten Vermerk, daß deren Hauptbevollmächtigter f ü r Bayern ermächtigt werde, diesen Vertrag abzuschließen. § 1 der der Police beigefügten allgemeinen Versicherungsbedingungen trifft folgende Bestimmung: „Soweit der Versicherungsvertrag nichts ergibt, finden die Vorschriften des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. 5. 1908 Anwendung." Am 29. 2. 1932 trat der Vater der Kl. seine Rechte aus der Versicherung an den Versicherten ab, der sie am 16. 3. 1932 weiter an die Kl. abtrat. Auf Grund einer Erklärung der Kl. wurde die Versicherung am 1. 11. 1934 in eine prämienfreie umgewandelt und die Versicherungssumme auf 24 852 sfr herabgesetzt. In dem von dem Münchener Hauptbevollmächtigten der Bekl. unterschriebenen Policennachtrag vom 27. 2. 1939 wurde festgestellt, daß die Versicherung auf Grund des Gesetzes vom 26. 8. 1938 (RGBl. 1938 I S. 1062) in eine Reichsmarkversicherung umgewandelt worden sei und daß die Versicherungssumme nunmehr 14 151 RM betrage. Am 24. 11. 1938 wanderte die Kl. von Berlin, wohin sie inzwischen verzogen war, nach England aus. Nach 1943 erwarb
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sie die britische Staatsangehörigkeit. Als ausgewanderte Jüdin fiel sie unter die 11. DVO zum Reichsbürgergesetz vom 25. 11. 1941 (RGBl. 19411 S. 722), wonach sie die deutsche Staatsangehörigkeit verlor und ihr Vermögen dem Reich verfiel. Die Geheime Staatspolizei, Staatspolizei-Leitstelle Berlin teilte der Bekl. am 4. 5. 1942 mit, daß das inländische Vermögen der Kl. aus staatspolizeilichen Gründen beschlagnahmt sei und daß bis zum Eingang weiterer Weisungen eine Sperre f ü r jede Auszahlung angeordnet sei. Der für die Einziehung der dem Reich verfallenen Vermögen zuständige Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg forderte die Münchener Zweigniederlassung der Bekl. am 5. 6. 1943 auf, ihm den Rückkaufswert der Lebensversicherung der Kl. zu überweisen. Daraufhin zahlte ihm die Zweigniederlassung am 23. 7. 1943 nach Empfang einer Quittung den diskontierten Betrag von 14 040.05 RM. Vorher hatte der Ehemann der Kl. in dem von dieser mitunterzeichneten Schreiben vom 5. 5. 1943 der Bekl. mitgeteilt, daß deren Münchener Zweigniederlassung es mit Recht abgelehnt habe, der Kl. den Rückkaufswert auszuzahlen, daß aber die Kl. am 15. 8. 1948, dem Fälligkeitstag, die Zahlung der Versicherungssumme von 24 852 sfr am Hauptsitz der Bekl. in Zürich verlange. Die Bekl. hatte am 17. 6. 1943 geantwortet, daß die Forderung von der deutschen Behörde beschlagnahmt sei und daß deshalb dem Verlangen auf Auszahlung an die Kl. nicht entsprochen werden könne. Daraufhin hatte der Ehemann der Kl. erwidert, daß er gegen die Auszahlung an eine andere Stelle als an die Kl. protestiere. Die noch in England wohnende Kl. verlangt nunmehr von der Bekl., daß diese an sie in Zürich 24 852 sfr zahle. In der Berufungsinstanz hat sie weiter hilfsweise beantragt, die Bekl. zu verurteilen, an die Kl. auf ein bei einer Devisenbank zu entrichtendes Ausländer-Sperrkonto einen Betrag in Deutscher Mark zu zahlen, der beim Verkauf in Zürich zu dem am Verkaufstag geltenden Kurs den Erlös von 24 852 sfr ergebe. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen 1. Aus den Gründen: I. Der Haupteinwand der Bekl. gegen die Klageforderung geht dahin, daß die Versicherung bereits auf Grund der Zahlung an den Oberfinanzpräsidenten erloschen sei. 1. F ü r die Frage des Erlöschens einer Verbindlichkeit ist das Recht maßgebend, dem das Schuldverhältnis selbst untersteht (vgl. BGHZ 7, 302 Schweizerisches Bundesgericht in BGE 72 III 52; Prölss, RabelsZ 1951, 206). Das das Versicherungsverhältnis beherrschende Recht war hier das deutsche Recht. Nach den allgemein anerkannten Grundsätzen des internationalen Privatrechts bestimmt sich bei internationalen Schuldverträgen das anzuwendende Recht in erster Linie nach dem Willen der Vertragsschließenden (Palandt, BGB Vorbem. 2 a vor Art. 12 EGBGB; RGZ 120, 71; Schweizerisches Bundesgericht in BGE 71 [1945] II 287). Diese haben hier in § 1 der 1 2
Siehe OLG Nürnberg, Urt. vom 21. 12. 1951: IPRspr. 1950—1951 Nr. 24. Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 367.
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Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die einen Bestandteil des Versicherungsvertrages bilden, ausdrücklich erklärt, daß auf den Vertrag die Vorschriften des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. 5. 1908 Anwendung finden sollen. Hierzu haben beide Parteien in den Tatsacheninstanzen übereinstimmend vorgetragen, daß alle Beteiligten hierunter (trotz der von dem üblichen Sprachgebrauch abweichenden Bezeichnung eines deutschen Gesetzes von 1908 als „Bundesgesetz") das deutsche Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. 5. 1908 verstanden haben. Da dieses unlösbar mit dem sonstigen deutschen Recht verwachsen ist, wurde damit der Versicherungsvertrag dem deutschen Recht schlechthin u n d ausschließlich unterstellt (so auch das schweizerische Bundesgericht in BGE 71 II 287, in einem Falle, in dem dieselbe Bekl. das gleiche Policenformular verwendet hatte). 2. Die Entscheidung der Frage, ob die von der Bekl. geleistete Zahlung der Versicherungssumme an das Deutsche Reich das Erlöschen der Versicherung zur Folge hatte, hängt zunächst davon ab, ob der auf Grund von § 3 der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz eingetretene Verfall des Vermögens der Kl. an das Reich überhaupt die hier streitige Versicherungsforderung erfassen konnte. Dieser durch Gesetz angeordnete Vermögensverfall stellte eine Enteignung dar. Da die Zwangsgewalt jedes Staates an seinen Grenzen endet, können nach allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen Enteignungen mit privatrechtlichen Folgen n u r Vermögensgegenstände ergreifen, die in dem Gebiet des enteignenden Staates belegen sind, selbst wenn die Absicht dahin geht, ihnen eine weiterreichende W i r k u n g beizulegen (BGHZ2, 218 [222]; OGHZ 1 , 3 8 6 ' [390]; 4, 51 2 [54]). Der Ort, an dem eine Forderung belegen ist, wird nach herrschender Ansicht durch den Wohnsitz des Schuldners, und wenn es sich u m eine juristische Person handelt, durch deren Sitz bestimmt (BGHZ 1, 109 [112]; 2, 222; OGHZ 1, 391; 4, 54). Ist die Forderung im Betrieb einer Zweigniederlassung des Schuldners entstanden, so ist f ü r das allgemeine Schuldrecht bestritten, ob der Sitz der Hauptniederlassung oder der der Zweigniederlassung maßgebend ist (vgl. die bei Prölss aaO 208 Nr. 3 angeführte Rspr. und Literatur sowie BGHZ 2, 223). Diese Streitfrage bedarf hier in ihrer Allgemeinheit keiner Entscheidung, weil bei einem Versicherungsgeschäft der vorliegenden Art besondere Verhältnisse gegeben sind, die eine gesonderte Beurteilung notwendig machen. a) Nach den rechtlich bedenkenfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Versicherungsvertrag der Parteien in München, also im Inland, zwischen der zum Geschäftsbetrieb im Inland zugelassenen Bekl. durch deren Münchener Hauptbevollmächtigten und dem damals im Inland wohnenden Vater der Kl. als Versicherungsnehmer abgeschlossen worden. Damit gehörte der Vertrag gemäß §§87, 90 VAG a. F. ( = §§ 107, 110 n. F.) zum Versicherungsbestand der inländischen Zweigniederlassung der Bekl. (Verlautbarung des Aufsichtsamts abgedruckt in Matthes-Neumann, VAG 3 1
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 365.
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Ebenda Nr. 371.
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256; Prölss aaO 205; schweizerisches Bundesgericht in BGE 71 II 287 in einem insoweit völlig gleichliegenden Fall). b) Die Zugehörigkeit der Versicherung zum Bestand der inländischen Zweigniederlassung der Bekl. ist f ü r die Beurteilung der Frage, ob die Versicherung im Inland belegen ist und deshalb von den deutschen staatlichen Enteignungsmaßnahmen erfaßt werden konnte, von entscheidender Bedeutung. Die bereits angeführte Lehre, wonach Forderungen grundsätzlich nur von den Enteignungen des Staates erfaßt werden können, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat, geht zutreffend von der Erwägung aus, daß Enteignungsakte in ihrer Verwirklichung durch Betreibung Machtfragen sind und daß der enteignende Staat nur dann die Macht hat, die Bezahlung einer enteigneten Forderung zu erzwingen, wenn der Schuldner seiner Gewalt unterworfen ist, was in aller Regel nur der Fall ist, wenn der Schuldner in dem Gebiet des enteignenden Staates wohnt (OGHZ 1, 392). Gerade insoweit bestehen nun aber auf dem Gebiet des internationalen Versicherungsrechts ausgeprägte Besonderheiten, die in dem von der Kl. vorgelegten Urteil des Obergerichts Zürich vom 13. 10. 1950 in Sachen Gottstein gegen Schweizerische Lebensversicherung- und Rentenanstalt nicht hinreichend berücksichtigt sind. Die einzelnen Staaten, auch Deutschland, haben durch ihre Gesetzgebung auf dem Gebiet der Versicherungsaufsicht dafür gesorgt, daß die ausländischen Versicherer, die mit Hilfe von inländischen Zweigniederlassungen in ihrem Gebiet arbeiten, hinsichtlich ihres inländischen Versicherungsbestandes in derselben Weise ihrer Hoheitsgewalt unterworfen sind wie die inländischen Versicherer. Das deutsche VAG hat diesen Grundsatz folgerichtig in allen Einzelheiten verwirklicht. Nach § 86 Nr. 3 VAG a. F. ( = § 106 Nr. 3 n. F.) ist der zum Geschäftsbetrieb im Inland zugelassene ausländische Versicherer verpflichtet, für seine inländische Zweigniederlassung einen inländischen Hauptbevollmächtigten zu bestellen. Seine Befugnisse und Aufgaben gehen weit über diejenigen hinaus, die das Gesetz sonst dem inländischen Vertreter eines ausländischen Gewerbebetriebes gibt. Er hat die unbeschränkte und unbeschränkbare gesetzliche Vollmacht zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung des ausländischen Versicherers und tritt damit f ü r das inländische Geschäft an die Stelle des Vorstandes des ausländischen Versicherungsunternehmens. Er leitet die inländische Zweigniederlassung selbständig und unter eigener Verantwortung, untersteht den Weisungen der deutschen Versicherungsaufsichtsbehörde und ist deren Zwangsgewalt gemäß § 64 III VAG a. F. ( = § 81 VAG n. F.) unterworfen (KG, VA 1908 Nr. 351; Reichsaufsichtsamt, VA 1906, 33; Koenige-Petersen, Privatversicherungsgesetz 3 § 88 I, § 86, Anm. 4, § 87 Anm. 1). Das ganze in der Zweigniederlassung betriebstechnisch zu einer Einheit zusammengefaßte deutsche Versicherungsgeschäft unterliegt der deutschen Versicherungsaufsicht. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, daß der ausländische Versicherer außer der nach § 7 II VAG a. F. ( = § 8 n. F.) zu stellenden Kaution den Prämienreservefonds, der f ü r die im Inland abgeschlossenen Versicherungen zu bilden ist, nach den §§ 90, 59, 60 VAG a. F. ( = §§ 110, 68, 69 n. F.) im Inland sicher zu stellen hat; er ist hier durch den inländischen Hauptbevoll-
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mächtigten selbständig zu verwalten, und über ihn kann nur mit Zustimmung des deutschen Aufsichtsamts verfügt werden. Das Aufsichtsamt ist hierbei in der Lage, den Hauptbevollmächtigten gemäß § 64 VAG a. F. ( = § 81 n. F.) anzuweisen, den aus dem Inlandgeschäft gebildeten Rücklagen diejenigen Beträge zu entnehmen, die bei Eintritt des Versicherungsfalles, bei Beendigung des Versicherungsverhältnisses oder sonst gemäß § 61 VAG a. F. ( = § 77 n. F.) frei werden, ohne daß es hierbei einer Zustimmung der ausländischen Organe des Unternehmens bedarf. Damit ist der Prämienreservefonds der Verfügungsbefugnis des ausländischen Versicherers entzogen und die Möglichkeit eröffnet, daß der Gläubiger einer zum inländischen Versicherungsbestand gehörenden Versicherung jederzeit im Inland unabhängig von den ausländischen Organen des Versicherers befriedigt werden kann (Reichsaufsichtsamt in VA 1915, 74). Dementsprechend ist weiter im § 89 VAG a. F. ( = § 109 n. F.) f ü r Klagen aus Versicherungen, die zum inländischen Bestand gehören, unausschließbar ein Gerichtsstand in Deutschland, nämlich am Ort der deutschen Zweigniederlassung (und nach § 48 VGG auch noch der hier von der Kl. in Anspruch genommene Gerichtsstand des Vermittlungsortes) bestimmt. Das hindert selbstverständlich nicht, daß dem Versicherungsnehmer daneben durch Vereinbarung auch noch ein Gerichtsstand im Ausland eröffnet wird, wie dies durch § 6 der Satzung der Bekl. geschehen ist (schweizerisches Bundesgericht BGE 70 II 279). Diese gesetzliche Regelung faßt also die von der inländischen Zweigniederlassung des ausländischen Versicherers abgeschlossenen Lebensversicherungen zu einem einheitlichen Bestand zusammen und legt ihren entscheidenden Schwerpunkt an den Ort ihres Betriebes, also an den Sitz der einen selbständigen Geschäftsbetrieb bildenden inländischen Zweigniederlassung (RG, J W 1921, 245; Berliner-Fromm, VAG 4 § 106, Anm. 2; Reichsaufsichtsamt, VA 1906, 33; Bruck, Zwischenstaatliches Versicherungsrecht 11; von Gierke, Versicherungsrecht I 73). Daraus ergibt sich einmal die heute im internationalen Rechtsverkehr allgemein anerkannte Folge, daß auf solche Versicherungen das Recht der Zweigniederlassung auch dann anzuwenden ist, wenn dies nicht, wie hier, von den Parteien ausdrücklich bestimmt ist (Prölss aaO 204 und die dort angeführte Rechtsprechung und Literatur sowie New York Supreme Court, NJW 1949, 920). Weiter ergeben sich hieraus aber auch entscheidende Anhaltspunkte f ü r die Bestimmung des Erfüllungsortes solcher Verträge. Nach dem hier anzuwendenden deutschen Recht (§ 269 BGB) ist der Erfüllungsort dann, wenn die Parteien hierüber nichts vereinbart haben, in erster Linie aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen. Diese Umstände weisen bei solchen Versicherungsansprüchen eindeutig und notwendig auf einen Erfüllungsort in Deutschland hin, nämlich auf den Ort der inländischen Zweigniederlassung, an dem das Versicherungsverhältnis seinen Schwerpunkt hat und an dem nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen die Deckungsmittel zur Befriedigung des Versicherungsgläubigers bereit gehalten werden müssen (vgl. die bei Matthes-Neumann aaO 254 angeführte Verlautbarung des Reichsaufsichtsamtes; Prölss aaO 209, so-
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wie das bereits angeführte Urteil des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 26. 7. 1946). Die territoriale ßindung der Lebensversicherungsverträge an das Land der Zweigniederlassung ist so stark, daß es sogar unzulässig ist, den inländischen Erfüllungsort abzubedingen; denn es würde dem Sinn der angeführten Aufsichtsbestimmungen, die die Befriedigung des Versicherungsgläubigers im Inland sicherstellen wollen, widersprechen, wenn ein inländischer Erfüllungsort ausgeschlossen und der Versicherungsgläubiger ausschließlich auf einen ausländischen Erfüllungsort verwiesen würde. Es kann nur vereinbart werden, daß neben dem inländischen Erfüllungsort auch noch ein ausländischer Zahlungsort gelten soll (Reichsaufsichtsamt bei Matthes-Neumann aaO; Bruck-Doerstling, Das Recht des Lebensversicherungsvertrages 2 § 12 Anm. 8). Im vorliegenden Fall ist nach den rechtlich bedenkenfreien Feststellungen des Berufungsgerichts überhaupt keine Vereinbarung über den Erfüllungsort getroffen worden. Infolgedessen kam für diese zum Inlandsbestand gehörende Versicherung als Erfüllungsort nur München als der Sitz der inländischen Zweigniederlassung in Betracht. Aus der durch die Aufsichtsgesetzgebung erzwungenen territorialen Bindung der von der inländischen Zweigniederlassung eines ausländischen Versicherers im Inland abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge ergibt sich die Notwendigkeit, die Versicherungen, die von einem in mehreren Ländern arbeitenden Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden, auch rechtlich in nationale Bestände (Portefeuilles) aufzuteilen (Schweizerisches Bundesgericht BGE 71 II 291 und Anm. hierzu in The Weekly Underwriter 1946, 1652; Prölss aaO 209 ff.). In der deutschen Rechtsprechung und Literatur ist hieraus die Folgerung gezogen worden, daß die inländische Zweigniederlassung im inländischen Rechtsverkehr wie eine selbständige Rechtspersönlichkeit zu behandeln sei (RG, J W 1921, 245; KoenigePetersen aaO § 86 Anm. 4; Berliner-Fromm aaO § 206 Anm. 2 c). Diese Auffassung kann sicherlich nicht bedeuten, daß für die von der inländischen Zweigniederlassung begründeten Versicherungsforderungen nur diese Zweigniederlassung hafte oder daß die Haftung des ausländischen Versicherers auf seine inländischen Rücklagen oder auf sein inländisches Vermögen beschränkt sei. An der genannten Auffassung ist aber jedenfalls soviel richtig, daß die zum Inlandsbestand der Zweigniederlassung gehörenden Versicherungsforderungen im Inland ihren entscheidenden Schwerpunkt haben und demgemäß als hier belegen angesehen werden müssen. Daraus folgt, daß sie auch der Hoheitsgewalt, also auch der Enteignungsbefugnis des Staates der Zweigniederlassung genau so unterliegen wie die gegen einen inländischen Versicherer begründeten Versicherungsforderungen (OLG Hamburg, BöhmsZ 11 [1902] 271 ff.; RG, J W 1921, 245; Urteil des Supreme Court in New York in Law Journal vom 27. 12. 1943 und vom 25. 6. 1947; Schweizerisches Bundesgericht, in: EntscheidungenSchweizerischer Gerichte in privaten Versicherungsstreitigkeiten Bd. VIII, 248 [252]; Prölss aaO 207). Dieselbe Rechtsauffassung hat auch die schweizerische Verwaltungspraxis vertreten, indem sie die Versicherungen, die zum Bestand der deutschen Zweigniederlassungen der schwei-
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zerischen Versicherer gehören, von der Verpflichtung zur Anmeldung der in der Schweiz belegenen deutschen Vermögenswerte mit der Begründung befreit hat, daß diese Vermögenswerte nicht in der Schweiz, sondern in Deutschland belegen seien (Prölss aaO 213). 3. Es ist also davon auszugehen, daß die streitige Versicherung von den deutschen staatlichen Enteignungsmaßnahmen erfaßt werden konnte. Nach § 3 der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz wurde sie auch von dem dort angeordneten Vermögensverfall erfaßt, und § 8 dieser DVO ermächtigte nunmehr den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, die Versicherungsforderung f ü r das Reich von der Bekl. einzuziehen. Die Kl. wendet hiergegen zunächst ein, daß der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz schon deshalb keine rechtliche Wirkung zugekommen sei, weil sie über den Rahmen der durch § 3 des Reichsbürgergesetzes erteilten Ermächtigung hinausgegangen sei. Ob das richtig ist, kann dahingestellt bleiben. Diese Frage hat deshalb keine entscheidende Bedeutung, weil sie ohnehin von dem sehr viel stärkeren, den eigentlichen Kern der Sache treffenden weiteren Einwand überdeckt wird, daß jene Vermögenseinziehungen wegen ihres materiellen Unrechtsgehalts nicht rechtens gewesen seien. Dieser Einwand ist in der Tat gerechtfertigt. Solche politischen Ausnahmegesetze gegen bestimmte Personengruppen widersprechen so sehr dem allgemeinen Rechtsempfinden, daß es alle Kulturnationen seit Jahrhunderten ablehnen, sie als Recht anzuerkennen (Arndt, Süddt. JZ 1948, 144). Die Frage, welche rechtlichen Folgen sich hieraus f ü r die Beurteilung von Tatbeständen der vorliegenden Art ergeben, kann nicht schon damit beantwortet werden, daß das Reichsbürgergesetz mit seinen DVOen erst durch das MRG Nr. 1 und das KRG Nr. 1 mit Wirkung ex nunc aufgehoben worden, also bis zur Aufhebung gültiges Recht gewesen sei (so OLG Hamburg, VR 1952, 112). Diese formalrechtliche Betrachtungsweise verkennt, daß Unrecht nicht deshalb als Recht angesehen werden kann, weil es in die Form eines Gesetzes gekleidet ist, und daß es zur Versagung seiner Anerkennung nicht erst der formalrechtlichen Aufhebung bedarf. Die heutige deutsche Rechtsprechung kann in dieser Frage keinen anderen Standpunkt einnehmen als die Gerichte der ausländischen freien Nationen, die jenen nationalsozialistischen Unrechtsgesetzen schon zur Zeit ihrer formalen Geltung in Deutschland wegen ihres groben Verstoßes gegen den ordre public die Anerkennung verweigerten (vgl. schweizerisches Bundesgericht BGE 68 [1942] II 377 [381]; Urteil des Obergerichts Zürich vom 8. 12. 1943 in Blätter f ü r Zürcherische Rechtspflege 45 [1946] 250); denn der ordre public, der der Anerkennung jener Gesetze als Recht entgegenstand, war in diesem Fall nicht lediglich die gerade bei jenen ausländischen Nationen herrschende Rechtsanschauung, sondern der in die Rechtsüberzeugung aller Kulturnationen eingegangene, jetzt auch in Art. 3 und 1 III GG festgelegte fundamentale Grundsatz der Rechtsgleichheit, der die Diskriminierung einzelner Personengruppen durch das Gesetz verbietet; ein Grundsatz, der auch die deutsche Rechtsordnung beherrscht und durch die nationalsozialistischen Gesetze nicht wirksam aufgehoben werden konnte. Deshalb
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hat auch die deutsche Rechtsprechung davon auszugehen, daß jene Gesetze niemals Recht, sondern von Anfang an das Gegenteil, nämlich krasses Unrecht waren. Hieraus kann aber entgegen der Auffassung der Revision und des angeführten Urteils des Obergerichts Zürich vom 13. 10. 1950 nicht gefolgert werden, daß damit ohne weiteres auch die Tatbestände, die durch jene Gesetze ausgelöst wurden, rechtlich nicht beachtlich seien. Es war allerdings ein zwingendes Gebot der Gerechtigkeit, das den Betroffenen zugefügte Unrecht so weit und so schnell wie nur irgend möglich wieder gutzumachen. Wie jedem Einsichtigen von vornherein klar war, konnte aber das Trümmerfeld, das die nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen auch auf dem Gebiet des Rechts hinterlassen haben, nicht einfach dadurch aufgeräumt werden, daß den Tatbeständen, die durch jene Maßnahmen hervorgerufen worden waren, ohne weiteres die rechtliche Beachtung versagt wurde und sie als nicht geschehen behandelt wurden. Dadurch, daß der nationalsozialistische Staat in der Lage gewesen war, seine Akte des Unrechts viele Jahre lang mit allen ihm zur Verfügung stehenden Machtmitteln durchzusetzen, waren deren Auswirkungen auf allen Lebensgebieten so weittragend und tiefgreifend, daß nur ein neuer Rechtswirrwarr entstanden wäre, wenn die Rechtsordnung über die nun einmal entstandenen Tatsachen einfach durch Nichtbeachtung hinweggegangen wäre. Die Entwirrung des durch jene Unrechtsakte geschaffenen Chaos konnte vielmehr nur durch eine besondere gesetzliche Regelung vorgenommen werden. Diese Regelung wurde dann auch durch die Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze getroffen. Es können deshalb die Ansprüche der Betroffenen, die aus der Unrechtmäßigkeit der nationalsozialistischen Akte von Vermögensentziehungen hergeleitet werden, nur noch nach Maßgabe dieser Gesetze und nur in den dort hierfür vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. auch Art. 57 amerik. REG; Art. 49 brit. REG; Art. 51 Berliner REG; § 4 der Entschädigungsgesetze der Länder der amerikanischen Zone). Für die Fälle der hier zur Beurteilung stehenden Art, in denen dem Betroffenen eine Forderung ungerechtfertigt entzogen worden ist, bestimmen die Rückerstattungsgesetze ausdrücklich, daß der Schuldner sogar noch so lange mit befreiender Wirkung an den Rückerstattungspflichtigen leisten kann, bis ihm die Anmeldung des Rückerstattungsanspruchs bekannt gegeben wird (Art. 28 amerik. REG; Art. 24 brit. REG; Art. 25 Berliner REG). Es handelt sich hierbei im Grunde nur um eine Fortentwicklung des schon in § 836 II ZPO zum Ausdruck gekommenen, durch die Rechtssicherheit gebotenen Rechtsgrundsatzes, daß der Schuldner vor der Gefahr einer nochmaligen Zahlung geschützt werden muß, wenn er an einen unrechtmäßigen Gläubiger leistet, der durch formale, den Schuldner bindende staatliche Hoheitsakte als der Gläubiger der Forderung ausgewiesen wird (vgl. RG, J W 1932, 346). Würde der Zahlung an den formal legitimierten Gläubiger die schuldbefreiende Wirkung versagt und der Schuldner zur nochmaligen Zahlung verpflichtet werden, so würden damit die Folgen der gegen den rechtmäßigen Gläubiger gerichteten unrechtmäßigen Vermögensentziehung von dem Gläubiger auf den Schuldner abgewälzt werden. Damit
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würde neues Unrecht an die Stelle des alten gesetzt werden. Diese Erwägungen sind so zwingend, daß nicht nur die deutschen, sondern auch die ausländischen Gerichte — ungeachtet ihres grundsätzlichen Standpunktes, daß die nationalsozialistischen Vermögensentziehungen als Unrecht nicht anzuerkennen sind — die schuldbefreiende Wirkung der an das Reich geleisteten Zahlungen bejahen (so insbesondere die drei angeführten Urteile des Supreme Court New York Law Journal vom 27. 12. 1943 und 25. 6. 1947 sowie in NJW 1949, 920; vgl. hierzu auch Schweizerische JZ 1947, 300; vgl. auch Schweizerisches Bundesgericht BGE 72 III 52 und das durch das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 9. 7. 1945 bestätigte Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 5. 4. 1945; aus der deutschen Rechtsprechung und Literatur: OLG Düsseldorf, VR 1951, 278, bestätigt durch den Board of Review, VR 1951, 279; OLG Hamburg, VR 1952, 112; Frels, VR 1950, 1; Flick, VR 1952, 72; Weber, VR 1951, 279). Die bereits angeführten abweichenden Entscheidungen des Obergerichts Zürich vom 8. 12. 1943 und 15. 10. 1950 beruhen darauf, daß sie den genannten Grundsatz des Schuldnerschutzes außer acht lassen. Die von der Revision weiter angeführten Urteile des Obersten Gerichtshofs in Oslo vom 26. 4. 1947 und 26. 5. 1951 (Norsk Retstidende 1947, 235 und 1951, 523) geben f ü r den vorliegenden Fall nichts her, weil dort die Empfänger der Zahlungen nicht, wie hier, durch die für das Schuldverhältnis maßgebenden staatlichen Gesetze als Gläubiger ausgewiesen waren. Die Wiedergutmachung der Schäden, die die Betroffenen infolge der Einziehung ihrer enteigneten Versicherungen durch das Reich erlitten haben, ist für Bayern, wo die entzogene Versicherungsforderung belegen war, auf Grund von Art. 89 am. REG in § 37 des Bavr. Entschädigungsgesetzes vom 12. 8. 1949 (Bayr. GVB1. 195) und für Berlin, wo die Kl. ihren f ü r die Zuständigkeit maßgebenden letzten inländischen Wohnsitz vor der Auswanderung hatte, in § 38 des Gesetzes über die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus vom 10. 1. 1951 (VOB1. Berlin I 85) dahin geregelt, daß die Geschädigten die dort bezeichneten Wiedergutmachungsansprüche gegen Berlin haben. Diese stehen der Kl. ebenfalls zu. Wenn sie hierdurch auch nicht in voller Höhe schadlos gestellt wird, so muß sie sich doch, ebenso wie alle anderen von jenen Unrechtsmaßnahmen Betroffenen, mit dieser gesetzlich zugebilligten Entschädigung begnügen. Sie kann nicht darüber hinaus wieder auf die durch die Einziehung des Rückkaufswertes erloschene Versicherung zurückgreifen. 4. Es bleibt noch die Frage zu prüfen, ob die Bekl. durch die an den Oberfinanzpräsidenten geleistete Zahlung des Rückkaufswertes der Versicherung in Reichsmark in vollem Umfang von ihrer Schuld befreit worden ist. Die Kl. verneint das deshalb, weil sie meint, daß die Versicherung nicht von dem Umwandlungsgesetz vom 26. 8. 1938 erfaßt worden sei, also nach wie vor auf 24 852 sfr und damit auf einen weit höheren als den ausgezahlten Wert gelautet habe. Auch diesen Einwand hat das Berufungsgericht mit Recht zurückgewiesen. Da das Versicherungsverhältnis dem deutschen Recht unterstand, fand auf den Vertrag auch das Umwandlungsgesetz vom 26. 8. 1938 Anwendung. Die von der KI. gegen die rechtliche 9
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Gültigkeit dieses Gesetzes erhobenen Bedenken sind nicht gerechtfertigt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, stellte es eine rein devisenrechtliche Maßnahme dar, die nicht auf eine bestimmte Personengruppe beschränkt war, sondern alle Versicherungsgläubiger gleichmäßig traf und deshalb auch von dem MRG Nr. 1 nicht berührt wird. Die Tatsache, daß mit diesem Gesetz, wie bei allen devisenrechtlichen Maßnahmen kraft der Hoheitsgewalt des Staates in die Rechte der Betroffenen eingegriffen wurde, rechtfertigt es entgegen der Auffassung der Revision nicht, die rechtliche Gültigkeit dieses Gesetzes in Frage zu stellen. Das Umwandlungsgesetz betraf uneingeschränkt alle auf eine ausländische Währung lautenden Lebensversicherungsverträge von Deviseninländern. Einen solchen Lebensversicherungsvertrag stellte auch das streitige Versicherungsverhältnis der Parteien dar . . . II. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch den Schadensersatzanspruch abgelehnt, den die Kl. daraus herleiten will, daß die Bekl. es unter Verstoß gegen ihre Vertragspflichten unterlassen habe, sich der Auszahlung der Versicherungssumme an den Oberfinanzpräsidenten zu entziehen. Die Erhebung solcher Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Vertragspflichten wird allerdings durch die Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze nicht gehindert und steht den Beteiligten ohne Rücksicht darauf offen, ob es sich um eine deutsche oder ausländische Versicherung handelt. Die Kl. hat auch durchaus Recht, wenn sie meint, daß die Bekl. wie jeder andere Versicherer auf Grund der durch den Vertrag begründeten Treupflicht die Rechte und Interessen der Kl. gegenüber den nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen zu wahren hatte, soweit ihr dies möglich war. Der Revision ist ferner zuzugeben, daß diese Verpflichtung nicht, wie das Berufungsgericht meint, mit dem Erlöschen der Mitgliedschaft bei der beklagten Anstalt, die nach § 2 der Satzung der Bekl. mit der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung eintrat, aufhörte; denn das Versicherungsverhältnis und damit auch die aus ihm entspringende Treupflicht bestanden weiter fort. Schließlich ist der Kl. auch beizupflichten, wenn sie meint, die Wahrnehmung ihrer Interessen hätte es damals erfordert, daß die Bekl. den Versuch unternahm, sich dem Auszahlungsverlangen des Oberfinanzpräsidenten zu widersetzen und ihn zu bewegen, von seinem Zahlungsbegehren Abstand zu nehmen. Als von vornherein völlig sinn- und zwecklos war ein solcher Versuch nicht anzusehen. Die Bekl. hätte immerhin darauf verweisen können, daß sie befürchten müsse, von der Kl. entsprechend ihren Ankündigungen auf nochmalige Zahlung der Versicherungssumme an sie in Anspruch genommen zu werden, und daß die Kl. auf Grund des vereinbarten Gerichtsstandes in Zürich die Möglichkeit habe, dort gegen sie, die Bekl. Klage zu erheben. Die Bekl. kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß sie schon in den Jahren 1936 bis 1940 ohne Erfolg versucht habe, die Einziehung beschlagnahmter Versicherungen jüdischer Berechtigter zu verhindern. Damals ging es lediglich um die Frage, ob die Bekl. die Auszahlung an das Reich deshalb verweigern konnte, weil ihr der Versicherungsschein nicht vorgelegt wurde. Wenn sie damals mit jenem Ein-
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wand nicht durchgedrungen war, so war das kein Grund, daß sie nunmehr im Falle der Kl. auf die Erhebung der angeführten, ganz anders gearteten Einwendungen verzichtete. Durch ihre Züricher Hauptverwaltung hätte sie diese auch gegenüber dem Oberfinanzpräsidenten geltend machen können, ohne ihren Münchener Hauptbevollmächtigten oder ihren deutschen Geschäftsbetrieb einer Gefahr auszusetzen. Es ist deshalb schon gerechtfertigt, wenn die Kl. gegen sie den Vorwurf erhebt, sie habe ihre vertragliche Treupflicht verletzt, weil sie die Zahlung an den Oberfinanzpräsidenten allzu willfährig geleistet und nicht den geringsten Versuch zur Abwendung der Einziehung des Rückkaufswerts durch diesen unternommen habe. Der von der Kl. hieraus hergeleitete Schadensersatzanspruch wäre aber nur dann gerechtfertigt, wenn ein solcher Versuch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Erfolg, nämlich dazu geführt hätte, daß der Oberfinanzpräsident von der Einziehung des Rückkaufswerts Abstand genommen hätte, so daß dann damit der der Kl. erwachsene Schaden verhindert worden wäre (RGZ 147, 129). Die Möglichkeit einer solchen Feststellung ist jedoch nach den auch insoweit im Ergebnis rechtlich bedenkenfreien Ausführungen des Berufungsgerichts nicht gegeben. Nach den vom LG eingeholten Auskünften des Oberfinanzpräsidenten in München vom 3. 7. 1950 und des Berliner Treuhänders der Militärregierung f ü r zwangsübertragene Vermögen vom 28. 7. 1950 wäre es nur dann möglich gewesen, den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg von einer Einziehung des Rückkaufswerts abzubringen, wenn es sich bei dem Versicherungsanspruch um einen außerhalb Deutschlands befindlichen Vermögensgegenstand gehandelt hätte, oder vielleicht auch dann, wenn die Gefahr einer Doppelzahlung bestanden hätte. Die erste Voraussetzung war aus den bereits dargelegten Gründen offensichtlich nicht gegeben. Die Versicherung stellte vielmehr einen im Inland belegenen Vermögensgegenstand dar und konnte in Deutschland selbst zwangsweise eingezogen werden. Schwieriger war die Frage zu beurteilen, ob f ü r die Bekl. die Gefahr bestand, daß sie nach einer Auszahlung an das Reich von dem ursprünglich Berechtigten, also der KI. mit Erfolg auf nochmalige Zahlung in Anspruch genommen werden konnte. Der Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg, der diese Frage zu entscheiden gehabt hätte, wenn von der Bekl. ein derartiger Einwand erhoben worden wäre, hätte hierbei folgende Rechtslage zu berücksichtigen gehabt: Die Kl. konnte auf Grund des ihr eingeräumten Gerichtsstandes in Zürich gegen die Bekl. auch in der Schweiz Klage erheben. Eine Verurteilung der Bekl. zur Auszahlung der Versicherungssumme in der Schweiz konnte sie allerdings auch bei Schweizer Gerichten nicht erwirken, weil ihr Versicherungsanspruch aus den schon dargelegten Gründen nur in Deutschland zu erfüllen war (Schweizerisches Bundesgericht BGE 71 II 287). In Betracht kam lediglich die Möglichkeit, daß die Bekl. durch die Schweizer Gerichte verurteilt wurde, in Deutschland die Versicherungssumme nochmals an die Klägerin zu zahlen. Bei der Abwägung dieser Möglichkeit hätte es auf der einen Seite f ü r den Oberfinanzpräsidenten nicht zweifelhaft sein können, daß die Schweizer Gerichte den durch die 11. DVO zum Reichsbürgergesetz angeordneten Vermögensverfall wegen des Verstoßes gegen 9 *
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den ordre public nicht anerkennen würden. Auf der anderen Seite war es aber zweifelhaft, ob die Schweizer Gerichte auch einer vorgenommenen Zahlung der Versicherungssumme an das Reich die schuldbefreiende Wirkung versagen und die Bekl. zur nochmaligen Zahlung an die Kl. verurteilen würden, abgesehen davon, daß es hierfür nach den f ü r das Schuldverhältnis maßgebenden deutschen Devisenvorschriften einer zweifellos nicht erreichbaren Devisengenehmigung bedurft hätte. Aber auch wenn der Oberfinanzpräsident mit der Möglichkeit gerechnet hätte, daß die Kl. trotz dieser Bedenken in der Schweiz ein Urteil auf nochmalige Zahlung der Versicherungssumme in Deutschland erwirken könne, so hätte er sich doch aller Wahrscheinlichkeit nach gesagt, daß die Kl. auch aus einem solchen Titel in Deutschland wegen der Geltung der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz und des durch sie herbeigeführten Vermögensverfalls keine Befriedigung finden konnte. Daß der Oberfinanzpräsident bei einer amtlichen P r ü f u n g dieses Falles auch die Möglichkeit berücksichtigt hätte, daß die nationalsozialistische Herrschaft und mit ihr auch die 11. DVO zum Reichsbürgergesetz noch vor Ablauf der f ü r einen Vollstreckungstitel geltenden dreißigjährigen Verjährungsfrist wieder beseitigt würden, ist kaum anzunehmen, da die Kundgabe einer solchen Ansicht unabsehbare Folgen f ü r ihn gehabt hätte. Es ist deshalb mindestens unwahrscheinlich, daß er sich zu einem Verzicht auf die Einziehung des Rückkaufswerts der Versicherung entschlossen hätte. Bei dieser Sachlage ist es auch nicht möglich, festzustellen, daß es der Bekl. selbst bei einem sehr geschickten und hartnäckigen Vorgehen gelungen wäre, die Einziehung der Versicherungssumme durch den Oberfinanzpräsidenten bis zum Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft hinauszuschieben und damit den Wert f ü r die Kl. zu retten. Deshalb k a n n der KI. auch der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zuerkannt werden."
3. Transportrecht Siehe auch Nr. 21 38. Der Schwerpunkt des Handelns eines Gewerbetreibenden liegt am Sitz der gewerblichen Niederlassung. Bei der Prüfung der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten als Vertragsannahme aufgefaßt werden kann, ist das Recht anzuwenden, dem der Vertrag unterstünde, falls er zustande gekommen wäre, d. h. das Schuldstatut. Ein Speditionsvertrag ist dem Recht am Sitz des Spediteurs zu unterstellen. Deliktsobligationen sind nach dem Recht des Ortes, an dem die unerlaubte Handlung begangen wurde, zu beurteilen. Für die Abtretung einer Forderung ist das Schuldstatut maßgebend. Der Art. 1690 Code civil enthält nicht nur Formvorschriften, vielmehr ist die Signifikation oder Akzeptation ein unentbehrliches Tatbestandsmerkmal einer gegen Dritte wirksamen Abtretung. Die Prozeß-
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Zinsen stellen eine sachlich-rechtliche Folge der Rechtshängigkeit dar und sind von dem Rechtsgrund der Schuld abhängig. Die Sachenrechte sind nach dem Recht der belegenen Sache zu beurteilen; bei Statutenwechsel bestehen die nach der alten Rechtsordnung begründeten Rechte im Rahmen der neuen lex rei sitae weiter. Das Zurückbehaltungsrecht einer deutschen Firma richtet sich nach deutschem Recht. Das Bürgschaftsstatut folgt nicht dem Statut der Hauptschuld, sondern bestimmt sich mangels anderweitiger Abrede nach dem Recht des Erfüllungsortes. Für die Bürgschaft als angelehnte Verbindlichkeit ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Das Aufrechnungsstatut bestimmt sich nach dem Statut der Hauptforderung, gegen welche aufgerechnet wird. — EGBGB Art. 11; BGB §§ 138, 242, 288, 291, 663, 765, 767, 771, 774, 985; HGB § 362, 410; ZPO §§ 23, 38, 39, 183, 281; GVG § 71; AHKG Nr. 13; Luxemburg. Code civil Art. 1382, 1383, 1689, 1690, 2011, 2013, 2021, 2029; Luxemburg. Gesetz vom 29. 2. 1872, Art. 5, 10. LG Aschaffenburg, Urt. vom 7. 7. 1953 — O 249/51. Ungedruckt. Die Kl. wollte im Herbst 1949 zwei Waggons Elektromaterial an die Firma N. C. N. in Amsterdam liefern. Da ein direkter Export von Deutschland nach Holland in der damaligen Zeit nur unter Schwierigkeiten möglich war, beabsichtigten die Vertragsparteien, die Waren auf dem Umweg über Luxemburg und Belgien nach Holland auszuführen. Zu diesem Zweck setzte sich der Inhaber der Firma N. im November 1949 mit der Bekl., einer Transportfirma in Luxemburg, in Verbindung, um den Transport nach Holland und die Beschaffung der Export- und Importlizenzen mit ihr zu besprechen. N. trat bei dieser Unterredung nicht als Vertreter der Kl. auf, sondern verhandelte im eigenen Namen. Nachdem die Firma N. der Kl. von der Unterredung mit der Bekl. Mitteilung gemacht hatte, sandte die Kl. am 9. 12. 1949 ein Versandavis über die Verladung von zwei Waggons elektrotechnischen Installationsmaterials an die Bekl. Das Avis enthielt eine Inhaltsspezifikation der beiden Waggons, sowie Angaben über die Verzollung der Waren, über deren Empfänge; - , die Verfügungsberechtigung, die Zahlungsweise und Unkostenverrechnung. Es schloß mit den Worten: „Gleichzeitig bitten wir Sie, uns den Eingang der Sendung mitzuteilen und anzugeben, wann die Weiterverladung nach Amsterdam durch Sie erfolgte." Die Bekl. beantwortete das Versandavis der Kl. gegenüber nicht, dagegen teilte sie der Firma N. am 15. 12. 1949 die Ankunft der Ware mit. Die Weiterversendung stieß jedoch auf Schwierigkeiten, da die nach der Ansicht der Bekl. erforderlichen Export- und Importlizenzen nicht sämtlich vorhanden waren. Als sich deshalb die Bekl. mit der Firma N. in Verbindung setzte, gab diese die Anweisung, die Ware zu verzollen, was auch am 24. 12. 1949 geschah. Einen Monat später fragte die Kl. bei der Bekl. wegen ihrer Warensendung nach, worauf ihr die Bekl. am 27. 1. 1950 erstmals über die aufgetretenen Schwierigkeiten berichtete. Die Kl. gab daraufhin am 30. 1. 1950 die Weisung, die Waren zurückzusenden, falls der
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Transit nicht möglich sei, da sie die Waren auf Grund . nunmehr vorliegender Importlizenzen unmittelbar von Deutschland nach Holland verladen wollte. Am 9. 3. 1950 verlangte die Kl. erneut die Rücksendung ihrer Waren von der Bekl. Die Verzollung f ü r die Rücksendung wurde auch am 18. 4. 1950 vorgenommen, doch blieben die Waren vorerst bei der Bekl., da sich die Bekl. mit der Kl. und der Firma N. nicht über die Tragung der ihr entstandenen Auslagen und Zollgebühren einigen konnte. Zunächst hatte die Bekl. die Begleichung ihrer Rechnung vom 24. 2. 1950 über 118 377.15 bfrs von der Firma N. verlangt. Am 18. 4. 1950 sandte die Bekl. eine weitere Rechnung an die Firma N. mit einem gegenüber der ersten Rechnung um die Zollgebühren gekürzten Rechnungsbetrag über 38 364.20 bfrs. Als die Firma N. nicht zahlte und die Bekl. die Rücksendung der Waren verweigerte, kam es in der Folgezeit zu einem Briefwechsel zwischen den Parteien, bei dem die KI. der Beld. schließlich folgenden Vorschlag unterbreitete: 1. Die Bekl. sendet sofort die gesamten Waren an die Kl. zurück; 2. Bei der Speditionsfirma Sch. bleiben die Kisten 13 236/1 bis 14 zur Verfügung der Bekl.; 3. die Kl. verpflichtet sich zur sofortigen Zahlung von 9068.40 bfrs an die Bekl.; 4. die Bekl. bemüht sich weiterhin von der Firma N. die Zahlung des Rechnungsbetrages zu erlangen. Es heißt dann wörtlich in dem Schreiben vom 1. 6. 1950: „Für den Fall jedoch, daß Sie nachweislich mit der Fa. N. nicht zu einem befriedigenden Abschluß gelangen, erkläre ich mich bereit, gegen Abtretung Ihrer Forderung an die Firma N. Zahlung von mir aus an Sie zu leisten, wogegen Sie mir dann die sichergestellten Waren freigeben." Dieses Angebot erweiterte die Kl. mit Schreiben vom 7. 6. 1950 dahingehend, daß sie der Bekl. den Vorschlag machte, auch die weiteren, in dem Klageantrag näher bezeichneten Kisten zu ihrer Sicherheit zurückzubehalten. Daraufhin sandte die Bekl. die Waren an die Kl. zurück, die am 17. 6. 1950 in A. eintrafen; sie sandte der Kl. am 7. 6. 1950 die im Schreiben vom 1. 6. 1950 gewünschte Rechnung über 9068.40 bfrs, die von der Kl. bezahlt wurde und schrieb am 8. 6. 1950 an die Firma N., um von dieser im Sinne von 4. des klägerischen Vorschlags die Begleichung der noch offenstehenden Forderung zu erreichen. Die Firma N. lehnte jedoch jede Zahlung an die Bekl. ab und sandte einen Durchschlag ihres Schreibens vom 11. 7. 1950 an die Kl. Diese schrieb am 14. 7. 1950 an die Bekl. und machte sie für den ihr entstandenen Schaden in Höhe von 25891.05 DM haftbar. Die Kl. bezeichnete diesen Schadensbetrag, der im einzelnen näher erläutert wurde, als untere Grenze des tatsächlich entstandenen Schadens und erklärte, daß sie alle Ansprüche, die sie in dieser Angelegenheit gegen die Bekl. habe, hiermit rechtmäßig an die Firma N. abtrete. Die Kl. forderte weiterhin die Freigabe der in dem Klageantrag näher bezeichneten Kisten, die in A. lagern und von der Firma Sch. nach Weisung der Bekl. nur gegen Zahlung von 31 119.70 bfrs an die Kl. ausgehändigt werden dürfen. Die Bezahlung dieses Betrages und die Freigabe der Kisten ist bisher nicht erfolgt. In dem Klageschriftsatz vom 12. 1. 1951 hat die Kl. mit ihrer Schadensersatzforderung vorsorglich gegen die Ansprüche der Bekl. aufgerechnet. Die Kl. behauptet:
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Zwischen den Parteien sei ein Transportvertrag dadurch zustande gekommen, daß die Bekl. das in dem Versandavis der Kl. enthaltene Vertragsangebot durch Stillschweigen und durch die Übernahme der Waren angenommen habe. Die Bekl. habe sich jedoch nicht an die im Versandavis enthaltenen Weisungen gehalten und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht. Insbesondere sei die Bekl. verpflichtet gewesen, die Kl. unverzüglich nach Eingang der Waren und noch vor deren Verzollung von dem Fehlen der angeblich benötigten Exportlizenz zu unterrichten. Im übrigen sei eine Exportlizenz innerhalb der Benelux-Länder nicht erforderlich gewesen, was die Bekl. als internationaler Speditionsbetrieb hätte wissen müssen. Bei rechtzeitiger Benachrichtigung und Übersendung der Waren hätte die Kl. die Möglichkeit gehabt, auf Grund holländischer Exportlizenzen die Waren direkt nach Holland zu transportieren und die günstigen Absatzmöglichkeiten auszunützen. Einen weiteren Schaden habe die Kl. durch die bis zum Juni 1950 hinausgezögerte Rücksendung der Waren erlitten, wof ü r die Bekl. ebenfalls schadensersatzpflichtig sei. Die Bekl. habe somit die restlichen in A. lagernden Kisten mit Elektromaterial an die Kl. herauszugeben und Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrages von 5000 DM zu leisten. Die Bekl. beantragt die Abweisung der Klage. Sie behauptet: Ein Transportvertrag mit der Kl. sei durch ihr Stillschweigen auf das klägerische Versandavis nicht zustande gekommen, da bereits im November 1949 mit der Firma N. ein fester Vertrag über die Beförderung der Waren abgeschlossen worden sei. Die Kl. sei der Bekl. bis zum Eingang des Versandavis völlig fremd gewesen; aus diesem Grunde habe f ü r sie kein Anlaß bestanden, das Avis zu beantworten. Im übrigen sei es in Luxemburg üblich, daß der Spediteur seine Anweisungen größtenteils vom Empfänger der Waren, und nicht vom Absender erhalte. Da es also an einem Beförderungsvertrag zwischen den Parteien fehle, könne die Bekl. nicht deshalb schadensersatzpflichtig sein, weil sie sich nicht an die Weisungen der Kl. gehalten habe. Abgesehen hiervon habe die Bekl. auch den mit der Firma N. abgeschlossenen Transportvertrag nicht schuldhaft verletzt, da der Weiterversand der Waren nach Holland ohne eine Exportlizenz nicht möglich gewesen sei. Diese Schwierigkeit sei zwar zu beheben gewesen, doch habe sich die Firma N. und die Kl. geweigert, die der Bekl. bisher entstandenen restlichen Unkosten und Zollauslagen im Gesamtbetrag von 103 657.70 bfrs zu bezahlen. Bei dieser Sachlage entfalle jede Schadensersatzpflicht der Bekl. f ü r den nicht durchgeführten Transport. Die Bekl. habe auch das Recht, die Herausgabe der im Streit befindlichen Kisten bis zur völligen Befriedigung ihrer Ansprüche zu verweigern. Dieses Recht gründe sich einmal auf das ihr als Spediteurin kraft Gesetzes zustehende Pfand- und Zurückbehaltungsrecht, zum anderen auf das mit der Kl. vereinbarte Zurückbehaltungsrecht, das sich aus dem Schreiben der Kl. vom 1. 6. 1950 und 7. 6. 1950 ergebe. Die Kl. habe nämlich unstreitig in diesen Schreiben der Bekl. den Vorschlag gemacht, die in der Klage angeführten Kisten bis zur Bezahlung der Restspesen von 31 119.70 bfrs zu
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ihrer Sicherheit zurückzubehalten. Da die Bekl. unstreitig noch nicht befriedigt worden sei, habe die Kl. kein Recht, die Herausgabe der Kisten zu verlangen. Darüber hinaus habe sich die KI. in den oben erwähnten Schreiben verpflichtet, selbst die Spesen zu erstatten, falls die Bekl. von der Firma N. nachweislich keine Zahlung erhalten könne. Wie sich aus dem Schriftwechsel der Bekl. mit der Firma N. ergebe, habe diese jede Zahlung verweigert, so daß die Kl. auf Grund ihrer Zusicherungen nunmehr verpflichtet sei, die Restspesen von 31 119.70 bfrs zu tragen. Außerdem seien sich die Parteien darüber im klaren gewesen, daß die Kl. auch die von der Bekl. vorgelegten Zollgebühren in Höhe von 72 538 bfrs zu erstatten habe, falls eine Rückerstattung des Zolles abgelehnt werde. Der Gesamtbetrag f ü r Auslagen und Zollgebühren von 103 657.70 bfrs ergebe bei einem Umrechnungskurs von 1 DM = 11,90 bfrs = 8710.73 DM. In Höhe dieses Betrages erhebt die Bekl. Widerklage. Die Kl. beantragt Abweisung der Widerklage. Aus den Gründen: „A. Die Klage ist begründet. Die Bekl. ist verpflichtet, gemäß § 985 BGB die in dem Klageantrag genannten Kisten an die Kl. herauszugeben und gemäß Art. 1382, 1383 Code civil Schadensersatz in Höhe von 5000 DM zu leisten. I. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist gegeben; das AHKG Nr. 13 über die Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten greift nicht ein. Die erforderlichen devisenrechtlichen Genehmigungen liegen vor. Das erkennende Gericht ist gemäß § 23 ZPO f ü r den Herausgabeanspruch und gemäß §§ 38, 39 ZPO f ü r den Schadensersatzanspruch örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 71 GVG. II. Der Schadensersatzanspruch der Kl. ist begründet, da der Inhaber der Bekl. durch schuldhafte Nachlässigkeit der Kl. einen Schaden zugefügt hat (Art. 1382, 1383 Cc). Dagegen haftet die Bekl. nicht aus der Verletzung von vertraglichen Pflichten, weil ein Transportvertrag zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist. 1. Die Rechtsbeziehungen der Parteien hinsichtlich des Zustandekommens eines Transportvertrages und der Frage einer deliktischen Haftung sind nach luxemburgischem Recht zu beurteilen. a) Im deutschen internationalen Privatrecht wird die Frage, nach welchem Recht die rechtsgeschäftliche Natur einer Handlungsweise zu beurteilen ist, nicht einheitlich beantwortet. So wird die Auffassung vertreten, daß für diese Frage nicht das Schuldstatut maßgebend sei, sondern dasjenige Recht, in dem das zu beurteilende Verhalten seinen Schwerpunkt finde. Die Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes führt in vorliegendem Fall zur Anwendung luxemburgischen Rechtes, da bei der Beurteilung der Handlungsweise eines Gewerbetreibenden der Schwerpunkt dieses Handelns im Recht am Sitze der gewerblichen Niederlassung liegt (vgl. das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung, im folgenden „Gutachten"
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genannt). Nach anderer Auffassung (vgl. Enneccerus-Lehmann § 98 II 4 c, Palandt, Vorbemerkung 4 vor EGBGB Art. 12), insbesondere der des Reichsgerichts, ist bei der Prüfung, ob ein bestimmtes Verhalten (insbesondere ein Schweigen auf ein Vertragsangebot) als Vertragsannahme aufgefaßt werden kann, dasjenige Recht anzuwenden, dem der Vertrag unterstünde, falls er zustande gekommen wäre, d. h. also das Schuldstatut. Auch nach dieser Auffassung ist das Verhalten der Bekl. nach luxemburgischem Recht zu beurteilen, weil nur dieses als Schuldstatut in Frage kommt. Denn da es an einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung über die Anwendung eines Rechtes zwischen den Streitteilen fehlt, kommt als Anknüpfungspunkt nur der Weg sinngemäßer Willensergänzung (die Ermittlung des sogenannten hypothetischen Parteiwillens) in Frage. In vorliegendem Fall kann davon ausgegangen werden, daß ein Speditionsvertrag sinngemäß dem Recht am Sitz des Spediteurs zu unterstellen ist, weil einem Spediteur, der internationale Transporte auszuführen hat, nicht zugemutet werden kann, sich im Rahmen eines Transportvertrages nach verschiedenen Rechtssystemen zu richten. Außerdem kann in analoger Anwendung der Gesichtspunkt herangezogen werden, daß sich Kunden beim Abschluß von typischen Verträgen den Geschäftsbedingungen des Unternehmers zu unterwerfen pflegen (vgl. Enneccerus-Lehmann § 98 II 2). b) Die Bestimmung des Rechts, welches für Deliktsobligationen maßgebend ist, hat sich nach dem Deliktsort (lex loci delicti commissi), d. h. dem Ort, an dem die unerlaubte Handlung begangen wurde, zu richten (vgl. Enneccerus-Lehmann § 98 I). Dieses Recht entscheidet auch darüber, ob überhaupt eine unerlaubte Handlung vorliegt (vgl. Soergel, Anm. 2 zu Art. 12 EGBGB). Als Deliktsort kommt hier nur Luxemburg in Frage, da der Inhaber der Bekl., M. B., durch seine Handlungsweise in Luxemburg der Kl. einen Schaden zugefügt hat. 2. Ein Transportvertrag ist zwischen den Parteien durch das Schweigen der Bekl. auf das Versandavis der Kl. vom 9. 12. 1949 und durch die Annahme der Waren nicht zustande gekommen. a) Das luxemburgische Recht, nach dem sich die Beurteilung dieser Frage richtet, ist das Recht des französischen Code Civil in der durch die besondere luxemburgische Rechtsentwicklung bedingten Fassung. Das französisch-luxemburgische Recht kennt keine Vorschrift wie die des § 362 HGB oder § 663 BGB. Stillschweigen ist im französischen Recht nur dann gleich einer Annahme zu setzen, wenn es sich um ein „silence circonstancié" handelt, d. h. um ein Schweigen, das unter besonderen Umständen erfolgt, die den Betreffenden hätten zum Reden veranlassen müssen (vgl. Gutachten) . Bei der Bekl. lagen aber noch weitere Umstände vor, die das Verhalten der Bekl. in einem anderen Licht erscheinen lassen und die Annahme eines Vertragsabschlusses ausschließen. Die Bekl. hatte nämlich bereits im November 1949 über die Waren der Kl. einen Transportvertrag mit der Firma N. abgeschlossen. aa) Unstreitig ist zwischen den Parteien, daß N. bei den Verhandlungen mit der Bekl. im November 1949 nicht als Vertreter der Kl. zum Zwecke
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des Abschlusses eines Transportvertrages aufgetreten ist, sondern im eigenen Namen gehandelt hat. Die Kl. behauptet, N. habe mit der Bekl. nur einen Vertrag über die Beschaffung der notwendigen Lizenzen geschlossen, nicht dagegen einen Transportvertrag, da N. kein Verfügungsrecht über die Waren besessen habe. Das Vorbringen der Bekl. und die Beweisaufnahme haben jedoch zur Überzeugung des Gerichts ergeben, daß N. tatsächlich schon vor Eingang des Versandavis einen Transportvertrag mit der Bekl. abgeschlossen hatte. bb) So ergibt sich schon aus dem Verhalten der Bekl., daß sie nicht die Kl., sondern die Firma N. als Vertragspartner betrachtete. Denn sie unterrichtete nicht die Kl. von dem Eingang der Waren, sondern die Firma N.; sie hielt sich nicht an die Weisungen des Versandavis, sondern fragte bei der Firma N. an, als Schwierigkeiten eintraten; schließlich stellte sie auch die Rechnung vom 24. 2. 1950 nicht an die KI., sondern an die Firma N. aus. cc) . . . dd) Auch aus der beeidigten Aussage des Zeugen N. ergibt sich mit Sicherheit, daß er im eigenen Namen einen Transportvertrag mit der Bekl. abgeschlossen hat, wenn er es auch vermeidet, dies direkt auszusprechen. So spricht er nur von einer „Vereinbarung" und einem „Vertragsabschluß" mit der Bekl., betont aber dabei, daß er für den Transport der Waren bis Amsterdam keine Vollmacht der Kl. besessen habe und daß in die Besprechungen mit der Bekl. die Kl. nicht eingeschaltet gewesen sei. Er habe die Waren „auf eigene Rechnung importieren wollen" und habe „auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko" der Bekl. mitgeteilt, daß sie die Ware verzollen könne. Für die Beschaffung der Importlizenz habe er mit der Bekl. eine Provision von 3 °/o vereinbart und habe die Tragung der Frachtkosten ab Luxemburg und der Zollkosten übernommen. Wenn der Zeuge weiterhin aussagt, er habe mit der Bekl. in keinerlei vertraglicher Beziehung gestanden, seine Beziehungen hätten sich nur auf die KI. erstreckt, so ist diese Aussage mit seinen sonstigen Bekundungen unvereinbar und daher unglaubwürdig. c) Die Firma N. hatte der Kl. zwar Mitteilung von den Besprechungen mit der Bekl. gemacht, es aber offenbar unterlassen, die Kl. auch über den Abschluß des Transportvertrages zu unterrichten. Nur so ist es zu verstehen, daß die Kl. im Versandavis genaue Anweisungen über die Beförderungsweise der Waren, über die Unkostenverrechnung usw. gab, ohne sich auf den bereits durch N. abgeschlossenen Vertrag zu beziehen. Während also die Kl. in dem Schweigen der Bekl. auf das Versandavis und in der Annahme der Waren den Abschluß eines Transportvertrages zu den im Versandavis enthaltenen Bedingungen erblickte, handelte die Bekl. bei der Annahme der Waren nur in Ausführung eines bereits abgeschlossenen Vertrages. Es lag nicht in ihrem Belieben, die Waren anzunehmen oder nicht. Sie war vielmehr auf Grund des Vertrages mit der Firma N. hierzu verpflichtet, wenn sie nicht schadensersatzpflichtig werden wollte. Unter diesen Umständen kann dem Verhalten der Bekl. nicht die Bedeutung einer Vertragsannahme durch Stillschweigen beigemessen werden.
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3. Der Inhaber der Bekl. hat sich durch sein Verhalten gegenüber der KI. gemäß Art. 1382, 1383 Cc schadensersatzpflichtig gemacht. a) Die maßgebenden Bestimmungen des französisch-luxemburgischen Rechts lauten: Art. 1382: Tout fait quelconque de l'homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé, à le réparer. Art. 1383: Chacun est responsable du dommage qu'il a causé non seulement par son fait, mais encore par sa négligence ou par son imprudence. Zu Deutsch: Art. 1382: Jede Handlung eines Menschen, die einem anderen einen Schaden verursacht, verpflichtet den, durch dessen Verschulden der Schaden entstanden ist, ihn zu ersetzen. Art. 1383: Man ist nicht nur verantwortlich für den Schaden, den man durch positives Handeln, sondern auch für denjenigen, den man durch Nachlässigkeit und Unvorsichtigkeit verursacht hat. b) Die Ansicht des Gutachtens, daß ein Schweigen, das nicht zur Entstehung einer Vertragsverbindlichkeit geeignet sei, auch nicht als schuldhaft im Sinne des Deliktsrechtes angesehen werden könne, ist rechtsirrig, da beide Fragen wesensverschieden sind. c) Der Inhaber der Bekl. hat der Kl. gegenüber schuldhaft nachlässig gehandelt. aa) Eine Nachlässigkeit der Bekl. kann bereits beim Abschluß des Transportvertrages mit der Firma N. festgestellt werden. So ergibt sich aus der Aussage des Zeugen de W., daß der Vertrag mit N. nur mündlich abgeschlossen wurde, obwohl es sich um Waren im Werte von 687 000 bfrs handelte. Über die Bezahlung der Unkosten wurde keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, insbesondere nicht über die Frage, ob die Exportlizenz, die N. beschaffen sollte, mit oder ohne Devisengenehmigung sein sollte, obwohl hiervon die Überweisungsmöglichkeit der Speditionskosten an die Bekl. abhing. Schließlich war N. nicht in der Lage, ein Eigentumsoder sonstiges Verfügungsrecht über die Waren nachzuweisen, da er keinerlei Unterlagen in den Händen hielt. bb) Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten muß das Verhalten des Inhabers der Bekl. beurteilt werden, als er das Versandavis der Kl. erhielt. Er hätte zunächst aus dem Versandavis und den Warendokumenten entnehmen müssen, daß die Kl. offenbar keine Kenntnis von dem mit der Firma N. bereits abgeschlossenen Transportvertrag hatte, da die Anweisungen der Ki. in wesentlichen Punkten von den Anweisungen der Firma N. abwichen (wird ausgeführt). cc) Auf Grund dieser Tatsachen war es für den Inhaber der Bekl. ohne weiteres erkennbar, daß sich N. durch den Abschluß des Transportvertrages ein Verfügungsrecht über die Waren angemaßt hatte, das ihm nach dem deutlichen Willen der Kl. als Verkäuferin und Absenderfirma nicht zukam. Diesen Umstand hätte der Inhaber der Bekl. nicht ignorieren dürfen. Zwar kann es nicht Aufgabe eines Spediteurs sein, Meinungsverschiedenheiten zwischen seinen Auftraggebern zu schlichten, doch ist er wenigstens zu einer Rückfrage verpflichtet, wenn ihm hinsichtlich des Transportes ver-
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schiedenartige Weisungen zugehen. Im vorliegenden Fall durfte der Inhaber der Bekl. das Versandavis umso weniger ignorieren, als der Vertragspartner keinerlei Unterlagen über seine Verfügungsberechtigung besaß, während die Rechte der Kl. aus den Frachtdokumenten einwandfrei hervorgingen. Der Hinweis der Bekl., daß nach den Gepflogenheiten in Luxemburg die Spediteure größtenteils vom Empfänger der Waren und nicht vom Absender ihre Anweisungen erhalten, vermag, selbst wenn er richtig wäre, nichts an diesem Ergebnis zu ändern, zumal dem Inhaber der Bekl. hätten Zweifel kommen müssen, wer denn überhaupt der Empfänger der Waren sein sollte. dd) Wenn auch der Inhaber der Bekl. insoweit richtig gehandelt hat, als er die Waren annahm, weil er hierzu kraft des mit der Firma N. geschlossenen Vertrages verpflichtet war, so war er andererseits bei der oben geschilderten Sachlage verpflichtet, die Firma N. und die Kl. auf die Abweichungen in ihren Aufträgen hinzuweisen und um Aufklärung zu bitten. Dies war dem Inhaber der Bekl. umso eher zumutbar, als er die Waren wegen der fehlenden Lizenzen ohnehin nicht weiterbefördern konnte und deshalb mit der Firma N. Rücksprache nehmen mußte. Spätestens bei dieser Gelegenheit hätte auch die Frage der Verfügungsberechtigung geklärt werden können. Der Inhaber der Bekl. unterließ jedoch jede Benachrichtigung und maß dem Versandavis keinerlei Bedeutung bei. Diese Handlungsweise ist bei einem Spediteur, der internationale Transporte ausführt und daher über eine hinreichende Erfahrung verfügen muß, als schuldhafte Nachlässigkeit im Sinne des Art. 1382, 1383 Cc zu werten. Durch diese Nachlässigkeit ist der Kl. ein Schaden verursacht worden, den die Bekl. zu ersetzen hat (wird ausgeführt). Damit steht fest, daß die Kl. durch das schuldhafte Verhalten des Inhabers der Bekl. einen Schaden erlitten hat. 4. Die Höhe des Schadens beträgt 25 891.05 DM . . . Der Schadensersatzanspruch, den die Kl. auf einen Teilbetrag von 5000 DM beschränkt hat, ist somit begründet. 5. Die Kl. ist zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches aktiv legitimiert. a) Zwar hat die Kl. in ihrem Schreiben vom 14. 7. 1950 an die Bekl. erklärt, daß sie alle Ansprüche, die sie in dieser Angelegenheit gegen die Bekl. habe, hiermit rechtmäßig an die Firma N. abtrete, doch ist diese Abtretungserklärung unwirksam. b) Nach deutscher Rechtsprechung und Rechtslehre ist f ü r die Abtretung diejenige Rechtsordnung maßgebend, welche die abgetretene Forderung beherrscht, also das Schuldstatut (vgl. Raape, Internationales Privatrecht 3 § 44). Als Schuldstatut der Schadensersatzforderung kommt nach den Ausführungen unter A II 1 a) nur das luxemburgische Recht in Frage. Maßgebend sind daher die Art. 1689 bis 1701 Cc. c) Gemäß Art. 1689 Cc erfordert die Abtretung zunächst einen Vertrag zwischen Zedenten und Zessionar. Ob ein derartiger Vertrag zwischen der Kl. und der Firma N. geschlossen worden ist, steht nicht fest. Es kommt
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auch nicht darauf an, daß eine etwaige Abtretung wegen eines Formfehlers unwirksam wäre. Gemäß Art. 1690 Cc ist nämlich zur Wirksamkeit der Abtretung gegenüber dritten Personen, zu denen auch der Schuldner gehört, „la signification du transport faite au débiteur" erforderlich. Die gleiche Wirkung wie die Signifikation hat „l'acceptation du transport faite par le débiteur dans un acte authentique". Unter der „Signifikation" ist nicht eine einfache Mitteilung an den Schuldner seitens des Zedenten oder des Zessionars zu verstehen, sondern eine förmliche Zustellung der Abtretungsurkunde oder der Zessionsanzeige durch den „huissier". Die bloße Abtretungsanzeige in dem Schreiben vom 14. 7. 1950 reicht somit nicht aus. Eine „acceptation" der Bekl. (d. i. die Annahmeerklärung des Schuldners, die in einer öffentlichen Urkunde abzugeben ist), die der „Signifikation" gleichgestellt ist, liegt gleichfalls nicht vor. Die Signifikation wird auch nicht durch Art. 11 EGBGB entbehrlich gemacht, wonach hinsichtlich der Form eines Rechtsgeschäftes die Beobachtung der Gesetze des Ortes genügt, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird. Denn Art. 1690 Cc enthält nicht nur Formvorschriften, vielmehr ist die „Signifikation" oder „acceptation" ein unentbehrliches Tatbestandsmerkmal einer gegen Dritte wirksamen Abtretung und nicht nur für den Abtretungsvertrag vorgeschriebene Förmlichkeit (vgl. RG 2. 6. 1908, Niemeyers Zeitschrift f ü r Internationales Privat- und Öffentliches Recht 18. 449 und Raape § 44 III 2). III. Die Bekl. ist ferner verpflichtet, in Höhe des eingeklagten Schadensbetrages 4 °/o Zinsen seit dem 14. 1. 1952 an die Kl. zu zahlen (§§ 291, 288 BGB); die Mehrforderung der Kl. ist unbegründet. 1. Die Kl. begehrt 1 2 % Verzugszinsen seit dem 16. 11. 1951. Der Anspruch auf Verzugszinsen, der ebenso wie der Hauptanspruch nach französisch-luxemburgischen Recht zu bestimmen wäre, ist unbegründet, da die Kl. keine Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich der Eintritt des Verzuges ergibt. Insbesondere kann das Schreiben der Kl. vom 14. 7. 1950 nicht als Mahnung gewertet werden, da die Kl. keine Zahlung verlangt, sondern die Abtretung ihrer Forderungen an die Firma N. erklärt hatte. 2. Der Kl. stehen aber gemäß § 291 BGB Prozeßzinsen seit Rechtshängigkeit des Schadensersatzanspruches zu. Diese Prozeßzinsen stellen eine sachlich-rechtliche Folge der Rechtshängigkeit dar und sind von dem Rechtsgrund der Schuld unabhängig (vgl. Palandt, Anm. 2 zu § 291). Sie sind daher nach deutschem Recht zu bestimmen. 3. Die Rechtshängigkeit der Schadensersatzforderung ist am 14. 1. 1952 eingetreten (vgl. § 281 ZPO). Der gesetzliche Zinsfuß beträgt gemäß § 291, 288 I S. 1 BGB 4 °/o. Da es sich um eine Schadensersatzforderung und nicht um eine Forderung aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft handelt, greift § 352 HGB nicht ein. Die Kl. hat auch nicht dargetan, daß sie aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen kann (§ 288 I S. 2 BGB). Ihre Mehrforderung war daher abzuweisen. IV. Die Bekl. ist verpflichtet, gemäß § 985 BGB die in dem Klageantrag genannten Kisten an die Kl. herauszugeben. Der Bekl. steht zwar an diesen Kisten ein gesetzlich begründetes Pfandrecht und ein vertraglich begrün-
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detes Zurückbehaltungsrecht zu, doch ist die Ausübung des gesetzlichen Pfandrechts der Kl. gegenüber unzulässig, während das vertraglich begründete Zurückbehaltungsrecht durch Aufrechnung erloschen ist. 1. Die Rechtsverhältnisse an den streitbefangenen Kisten bestimmen sich grundsätzlich nach deutschem Recht, da sich die Kisten in Deutschland befinden. Maßgebend ist nämlich das Recht der belegenen Sache (lex rei sitae), das auch f ü r bewegliche Sachen gilt (vgl. Palandt, Vorbem. 2 vor Art. 13 EGBGB). Im EGBGB ist dies zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, doch wird dieser Grundsatz, wie sich aus Art. 7 III S. 2, 11 II und 28 EGBGB ergibt, vom Gesetz stillschweigend vorausgesetzt und ist ohnehin nach internationalem Gewohnheitsrecht anzunehmen (vgl. EnneccerusNipperdey § 69 II, Ziff. 7). Zu beachten ist aber, daß sich die Kisten eine Zeitlang in Luxemburg befunden haben und damit der dort herrschenden Rechtsordnung unterworfen waren. Die unter der luxemburgischen Rechtsordnung an den Kisten begründeten Rechte sind durch den eingetretenen Statutenwechsel nicht verloren gegangen, sondern bestehen im Rahmen der neuen lex rei sitae weiter, der sie nunmehr unterstehen (vgl. Palandt aaO Anm. 4). 2. Die Kl. kann von der Bekl. die Herausgabe der Kisten verlangen, da das Eigentum der Kl. und der (mittelbare) Besitz der Bekl. an den Kisten unstreitig ist (§ 985 BGB) und die Bekl. der Kl. gegenüber nicht zum Besitz der Kisten berechtigt ist (§ 986 BGB). 3. Der Bekl. steht zwar als Spediteurin ein gesetzliches Pfandrecht gemäß Art. 5 und 10 des luxemburgischen Gesetzes vom 29. 2. 1872 zu, doch ist die Ausübung dieses Pfandrechts der Kl. gegenüber unzulässig. Als Rechtsgrundlage kommen nicht die Art. 91 bis 95 des Code de Commerce in Frage, die das kaufmännische Pfand- und Zurückbehaltungsrecht regeln, da sie durch ein luxemburgisches Gesetz über das „Nantissement" vom 29. 2. 1872 aufgehoben worden sind. Die Art. 10 und 5 dieses Gesetzes regeln f ü r Luxemburg das Pfandrecht (privilège) der „commissionnaires", zu denen auch der Spediteur (commissionnaire de transport) gehört (vgl. Gutachten). Die Art. 10 und 5 des Gesetzes vom 29. 2. 1872 lauten: „Art. 10: Tout commissionnaire a privilège sur la valeur des marchandises à lui expédiées, déposées ou consignées, par le fait seul de l'expédition, du dépôt ou de la consignation pour tous les prêts, avances ou paiements faits par lui, soit, avant la réception des marchandises, soit pendant le temps qu'elles sont en sa possession. Ce privilège ne subsiste que sous la condition prescrite par l'art. 5 qui précède. Art. 5: Dans tous les cas, le privilège ne subsiste sur le gage qu'autant que ce gage a été et est resté en la possession du créancier ou d'un tiers convenu entre les parties. Le créancier est réputé avoir les marchandises en sa possession lorsqu'elle sont à sa disposition dans ses magasins ou navires, à la douane ou dans un dépôt public, ou si, avant qu'elles soient arrivées, il en est saisi par un connaissement ou par une lettre de voiture."
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Zu Deutsch: Art. 10: Jeder Kommissionär hat ein Pfandrecht auf den Wert der an ihn gesandten, bei ihm hinterlegten oder in Verwahrung gegebenen Waren allein durch die Tatsache der Versendung, der Hinterlegung oder der Verwahrung wegen aller Darlehen, Auslagen und von ihm geleisteten Zahlungen, gleich ob diese vor Empfang der Ware oder während seines Besitzes derselben erfolgt sind. Das Pfandrecht besteht nur unter den Voraussetzungen des obigen Art. 5. Art. 5: In allen Fällen besteht das Recht am Faustpfande nur insoweit, als dasselbe in den Besitz des Gläubigers oder eines von den Parteien bestimmten Dritten gekommen war und solange, als es darin verblieben ist. Die Ware wird als im Besitz des Gläubigers befindlich angesehen, wenn sie sich zur Verfügung desselben in seinen Warenhäusern oder Schiffen, auf dem Zollamt oder in einem öffentlichen Lagerhaus befindet oder wenn der Gläubiger noch vor der Ankunft durch Konossement oder Frachtbrief Besitz erlangt hat." b) Die gesetzlichen Voraussetzungen für das Entstehen eines Pfandrechtes lagen vor, als sich die Kisten in Luxemburg befanden. Denn die Waren sind von der Kl. an die Bekl. befördert worden und in deren Besitz gelangt und haften damit für alle Auslagen der Bekl., die diese im Rahmen des mit der Firma N. abgeschlossenen Transportvertrages tragen mußte, da das Pfandrecht an dem Transportgut ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse besteht (vgl. Gutachten). Durch die Rücksendung der Kisten ist das Pfandrecht der Bekl. hinsichtlich der im Streit befangenen Kisten nicht erloschen, da der mittelbare Besitz gemäß Art. II des Gesetzes vom 29. 2. 1872 zur Erhaltung des Pfandrechts ausreicht. Nach den oben unter Ziff. 1) dargelegten Grundsätzen besteht das nach dem luxemburgischen Gesetz entstandene Pfandrecht an den streitbefangenen Kisten trotz des inzwischen eingetretenen Statutenwechsels weiter und zwar im Rahmen des § 410 HGB. c) Der Geltendmachung des gesetzlichen Pfandrechts steht jedoch der von Amts wegen zu beachtende Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen (§ 242 BGB). Nach den Ausführungen unter A II 3) hat sich der Inhaber der Bekl. durch sein Verhalten bei Eingang des Versandavis der Kl. gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht. Diese zum Schadensersatz verpflichtende Handlungsweise war f ü r die Entstehung des gesetzlichen Pfandrechtes kausal. Denn bei richtiger Handlungsweise des Inhabers der Bekl. wäre entweder ein Vertrag mit der Kl. zu den im Versandavis genannten Bedingungen zustande gekommen (d. h. Zahlung der Unkosten erst nach Durchführung des Geschäfts = vertraglicher Ausschluß des gesetzlichen Pfandrechts) oder die Kl. hätte die Waren zurückgerufen, bevor Auslagen der Bekl. entstanden wären (vgl. A II 3 d). Bei dieser Sachlage kann sich die Bekl. auf das ihr formell zustehende gesetzliche Pfandrecht nicht berufen, da dies im Hinblick auf ihr früheres deliktisches Verhalten gegen Treu und Glauben verstieße (§ 242). 4. Ein Recht zum Besitz steht der Kl. auch nicht auf Grund eines vertraglich eingeräumten Zurückbehaltungsrechtes zu. Zwar ist der Bekl. ein
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derartiges Zurückbehaltungsrecht in dem Schreiben der Kl. vom 1. 6. 1950 und 7. 6. 1950 eingeräumt worden, doch ist es durch Aufrechnung wieder erloschen. a) Die Beurteilung des Zurückbehaltungsrechtes hat sich nach deutschem Recht zu richten. Die kollisionsrechtliche Lage ist hinsichtlich dieser Verpflichtung eine andere als bei der Beurteilung der Frage, ob ein Speditionsvertrag zwischen den Streitteilen zustande gekommen ist. Hier handelt es sich nämlich um die Übernahme einer bestimmten Verpflichtung durch eine deutsche Firma, die auch in Deutschland zu erfüllen ist. Im Gegensatz zum Speditionsvertrag, der infolge seiner typischen Gestaltung nach dem Unternehmersitz zu beurteilen war, sind für die Verpflichtungserklärungen der Kl. nur individuelle Gesichtspunkte heranzuziehen, und zwar kommen sowohl der Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit, als auch das Merkmal der „charakteristischen Leistung" als Anknüpfungspunkte in Frage, die sämtlich auf deutsches Recht hinweisen (vgl. Gutachten). b) Die Kl. hat der Bekl. die Einräumung eines Zurückbehaltungsrechtes angeboten. In dem Vorschlag der Kl. im Schreiben vom 1. 6. 1950 heißt es unter Ziff.2: „Bei der Speditionsfirma Sch. bleiben die Kisten 13 236/1 bis 14 zu Ihrer Verfügung". Dieser Satz ist in Verbindung mit Ziff. 4 des Vorschlages dahingehend zu verstehen, daß die Bekl. berechtigt sein sollte, die oben genannten Kisten bis zur Tilgung ihrer gegen die Firma N. zustehenden Forderungen zurückzubehalten. Im Schreiben der Kl. vom 7. 6. 1950 erweiterte die Kl. diesen Vorschlag hinsichtlich der weiteren in dem Klageantrag genannten Kisten. c) Durch die Annahme dieses Vertragsangebotes ist ein Zurückbehaltungsrecht begründet worden. Die Annahme des Vertragsangebotes erfolgte durch schlüssiges Verhalten der Bekl., indem sie auf die Vorschläge der KI. einging. So sandte sie die Waren zurück, übersandte die von der Kl. gewünschte Rechnung und schrieb an die Firma N., um von dieser im Sinne der Ziffer 4 des klägerischen Vorschlags die Begleichung der noch offenstehenden Forderungen zu erreichen. Durch diese Handlungsweise hat die Bekl. zu erkennen gegeben, daß sie das Angebot der Kl. annahm. d) Das Zurückbehaltungsrecht ist nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig, da die Einräumung eines derartigen Rechtes auch unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 138 I BGB) (wird ausgeführt). e) Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes stellt im Gegensatz zur Ausübung des gesetzlichen Pfandrechtes keine unzulässige Rechtsausübung d a r . . . f) Das Zurückbehaltungsrecht ist auch nicht wirksam angefochten worden . . . g) Das Zurückbehaltungsrecht ist jedoch dadurch erloschen, daß die Kl. gegen die Forderung der Bekl., f ü r die das Zurückbehaltungsrecht bestellt wurde, rechtswirksam aufgerechnet hat (vgl. B III). Der Bekl. steht somit kein Recht zum Besitz an den mit der Klage herausverlangten Kisten zu, so daß auch der Herausgabeanspruch der Kl. begründet ist.
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B. Die Widerklage ist unbegründet. Der Bekl. stand zwar eine Forderung in Höhe von 2365.75 DM gegen die Kl. zu. Diese ist jedoch durch Aufrechnung erloschen. I. Die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts f ü r die Widerklage ist gemäß § 33 ZPO gegeben. II. Die Kl. hat sich durch einen Bürgschaftsvertrag zur Tilgung der Forderungen der Bekl. gegen die Firma N. auf Zahlung der Restspesen verpflichtet. 1. Die Verpflichtungserklärung der Kl., wonach diese versprach, gegen Abtretung der Forderungen, die der Bekl. gegen die Firma N. zustehen, die von dieser geschuldeten Restspesen an die Bekl. zu zahlen, ist ihrer rechtlichen Natur nach als Bürgschaftsversprechen zu werten. a) Die Annahme einer Schuldübernahme ohne Schuldmitübernahme scheidet aus, da sie mit der Vereinbarung, daß die Bekl. bei Zahlung der Restspesen ihre Forderungen gegen die Firma N. an die Kl. abzutreten habe, nicht in Einklang gebracht werden kann. b) Ein Garantievertrag liegt ebenfalls nicht vor; denn zum Wesen des Garantievertrages gehört es, daß die Schuld des Gewährleistenden von der gesicherten Schuld unabhängig ist (vgl. Palandt, Einf. vor § 765 Anm. 3 c). Im vorliegenden Fall deuten jedoch keine Anzeichen darauf hin, daß die Kl. f ü r eine fremde Schuld ohne Rücksicht auf deren rechtliches Schicksal einstehen wollte. c) Bei der Verpflichtungserklärung handelt es sich um ein Bürgschaftsversprechen der Kl. Diese wollte nämlich der Bekl. eine Sicherheit f ü r die Erfüllung der Schulden der Firma N. bieten, und zwar nicht durch Übernahme dieser Schuld, sondern durch Übernahme einer eigenen, aber von der Hauptschuld abhängigen Verpflichtung (§§ 765, 767 BGB). Die Vereinbarung der Forderungsabtretung bei Zahlung entspricht dem gesetzlichen Forderungsübergang (§ 774 BGB) und die Verpflichtung der Bekl., zunächst bei der Firma N. die Erfüllung ihrer Verbindlichkeit zu erreichen, ist als Modifikation der Einrede der Vorausklage zu betrachten (§771 BGB). d) Die Verpflichtungserklärung der Kl. stellt sich nicht nur nach deutschem Recht als Bürgschaft dar, sondern auch nach französisch-luxemburgischem Recht. Dies zeigt ein Vergleich der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches mit denen des Cc. So entspricht Art. 2011 Cc dem § 765 BGB, Art. 2013 Cc dem § 767 BGB, Art. 2021 Cc dem § 771 BGB, und Art. 2029 Cc dem § 774 BGB. 2. Der Bürgschaftsvertrag untersteht deutschem Recht. a) Dies ergibt sich nicht aus den gleichen Erwägungen, die zur Heranziehung deutschen Rechtes bei der Beurteilung des Zurückbehaltungsrechtes geführt haben (vgl. A IV 4 a), da für die Bürgschaft besondere Grundsätze maßgebend sind. b) Nach der herrschenden Lehre im deutschen internationalen Privatrecht folgt das Bürgschaftsstatut nicht dem Statut der Hauptschuld, sondern knüpft (mangels anderweitiger Abrede) an das Recht des Erfüllungsortes an (vgl. Palandt, Vorbem. 6 I vor Art. 12 EGBGB; Raupe aaO § 48). Was 10
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als Erfüllungsort anzusehen ist, richtet sich nach der lex fori im Sinne ihres materiellen Rechtes (vgl. Palandt, Anm. 2 a zu § 269, Raape aaO § 39 II). Maßgebend sind daher die §§ 270 II, 269 BGB, aus denen sich ergibt, daß mangels anderweitiger Bestimmbarkeit der Ort der gewerblichen Niederlassung des Bürgen als Erfüllungsort zu betrachten ist. Mithin ist deutsches Recht auf den Bürgschaf tsvertrag anzuwenden. c) Zu beachten ist allerdings, daß für die Bürgschaft als akzessorischer Verbindlichkeit der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend ist. Die Hauptverbindlichkeit (der zwischen der Bekl. und der Firma N. abgeschlossene Transportvertrag) unterliegt aus den gleichen, unter A II 1 a angeführten Erwägungen ebenfalls dem luxemburgischen Recht. Somit ist das luxemburgische Recht dafür maßgebend, was die Kl. als Bürgin zu leisten hat, während das deutsche Recht bestimmt, ob sie etwas zu leisten hat (RGZ 137, 11). 3. Die Kl. war verpflichtet, auf Grund des Bürgschaftsvertrages 2365.75 DM an die Bekl. zu zahlen. a) Hinsichtlich des Zustandekommens und der Rechtsgültigkeit des Bürgschaftsversprechens kann auf die Ausführungen unter A IV 4 verwiesen werden, daß die Vereinbarung des Zurückbehaltungsrechtes gleichzeitig mit der Vereinbarung der Bürgschaft erfolgte. b) Die Bürgschaftsverpflichtung war fällig. Nach dem Inhalt des Bürgschaftsvertrages sollte die Fälligkeit erst dann eintreten, wenn die Bekl. nachweislich von der Firma N. keine Zahlung erhalten konnte. Diesen Nachweis hat die Bekl. durch die Vorlage des Briefwechsels mit der Firma N. geführt. c) Die Höhe der Hauptverbindlichkeit betrug 2365.75 DM. aa) Die Bekl. fordert mit der Widerklage 103 657.70 bfrs = 8710.73 DM. Dieser Betrag setzt sich aus 31 119.70 bfrs f ü r Auslagen und 72 538 bfrs f ü r vorgelegte Zollgebühren zusammen. bb) Die Zollgebühren kann die Bekl. nicht von der Kl. ersetzt verlangen, da sich unstreitig der Bürgschaftsvertrag nur auf die Zahlung der Restspesen in Höhe von 31 119.70 bfrs bezogen hat (wird ausgeführt). cc) Die Höhe der restlichen Spesen ist von der Bekl. unrichtig berechnet worden (wird ausgeführt). III. Diese Bürgschaftsschuld ist durch die Aufrechnung der Kl. mit ihrer Schadensersatzforderung erloschen. 1. Die Aufrechnung ist nach deutschem Recht zu beurteilen, denn die herrschende Meinung bestimmt das Aufrechnungsstatut nach dem Statut der Hauptforderung, gegen welche aufgerechnet wird (vgl. Raape aaO § 45 I; Palandt, Vorbem. 4 vor Art. 12 EGBGB). Als Hauptforderung ist im vorliegenden Fall die Bürgschaft der Bekl. zu betrachten, gegen die die Kl. mit ihrer Schadensersatzforderung aufgerechnet hat. Da die Bürgschaftsforderung dem deutschen Recht untersteht, wie sich aus den Ausführungen unter B II 2 ergibt, ist dieses das hier maßgebende Aufrechnungsstatut, so daß die Art. 1289 bis 1299 Code Civil über die Kompensation nicht anzuwenden sind (vgl. Raape aaO § 45 II 4).
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2. Die Voraussetzungen der Aufrechnung gemäß § 387 BGB, nämlich Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit, Gültigkeit und Fälligkeit der Forderungen sind gegeben und bedürfen keiner näheren Erörterung . . . " 39. Ein im Inland durch den Vertreter einer ausländischen Firma mit einem inländischen Transportunternehmen abgeschlossener Vertrag über die Beförderung von Waren aus dem Ausland nach dem Inland unterliegt dem inländischen Recht, weil der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses im Inland gelegen ist (der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses wird hier durch die gewerbliche Niederlassung der Bekl. und durch den Umstand bestimmt, daß die nach dem Vertrag obliegende Leistung im Inlande zu beenden ist). — Die Allgemeinen Deutschen Speditionsbedingungen sind als Handelsbrauch wenigstens gegenüber ausländischen Vertragsparteien nicht anwendbar, wenn der Spediteur diese nicht auf ihren wesentlichen Inhalt vor Abschluß hingewiesen hat. — HGB §§ 429, 431. OLG Saarbrücken, Urt. vom 22. 7. 1953 — 3 U 10/53: SaarlRStZ 5 (1953) 92. Die Kl. erteilte Anfang Juli 1952 durch ihren Vertreter Z. in Saarbrücken der Bekl. den Auftrag, Teigwaren von Nancy nach Saarbrücken und Saarlouis (nach der Darstellung der Kl.) zu transportieren bzw. (nach der Darstellung der Bekl.) zu spedieren. Die Bekl. gab den Auftrag an die Firma R. in Saarbrücken weiter, die ihrerseits den Transportunternehmer W. in K. (Saar) beauftragte, den Transport mit seinem Lastkraftwagen durchzuführen. W. übernahm am 11. 7. 1952 die Waren in Nancy. Unterwegs geriet der Wagen aus ungeklärter Ursache in Brand und verbrannte mitsamt der Ladung. Eine Versicherung der Ladung war weder von der Bekl. noch von der Firma R. noch von W. vorgenommen worden. Die Bekl. hatte mit Schreiben vom 8. 7. 1952 dem Vertreter der Kl. mitgeteilt, daß sie ab 10. 7. 1952 die Frachtsätze für Teigwaren neu aufgestellt habe. Diesem Schreiben waren Preislisten für Teigwarentransporte ab Werk Nancy und Straßburg nach Saarbrücken, Saarlouis, Merzig und Völklingen beigefügt. Die Kl. verlangt von der Bekl. Ersatz des Wertes der Ladung gemäß §§ 431, 429 HGB. Die Bekl. hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, sie sei eine Speditionsfirma. Daher seien auf das Vertragsverhältnis die Allgemeinen Deutschen Speditionsbedingungen (ADSp.) anzuwenden, nach deren §§ 51, 52 sie nur für eigenes Verschulden hafte. Die Kl. hat die Ansicht vertreten, die ADSp. seien gegenüber ausländischen Auftraggebern nur kraft besonderer Vereinbarung anwendbar. Das LG hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, daß die ADSp. nicht zur Anwendung kommen können, weil es sich um eine zwischenstaatliche Beförderung im Auftrage einer ausländischen Firma gehandelt habe und daher die Bekl. verpflichtet gewesen sei, die Kl. darauf hinzuweisen, daß sie die Geltung der ADSp. für dieses Geschäft beanspruche. Die nachträgliche Berufung auf § 52 ADSp. verstoße gegen Treu und Glauben. Gegen das landgerichtliche Urteil hat die Bekl. Berufung eingelegt. 10 *
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Die Bekl. ist der Ansicht, die allgemeinen deutschen Speditionsbedingungen seien als Handelsbrauch anzusehen und daher müsse die Kl. sie f ü r und gegen sich gelten lassen, zumal sie seit Jahren in dauernder Geschäftsverbindung mit saarländischen und deutschen Spediteuren stehe. Die Kl. vertritt die Auffassung des erstinstanzlichen Urteils. Sie trägt vor, die Bekl. sei ihr gegenüber stets als Frachtführer aufgetreten. Sie, die Kl., habe sich keinesfalls den ihr unbekannten und nicht mitgeteilten ADSp. unterwerfen wollen. Sie ist der Ansicht, daß selbst bei Anwendung der ADSp. die Bekl. f ü r den entstandenen Schaden hafte, weil sie entgegen einem im Speditions- und Transportgewerbe bestehenden Handelsbrauch die Ware nicht gegen alle Transportgefahren versichert habe. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Aus den Gründen: „Da die Kl. Schadensersatzansprüche auf vertraglicher Grundlage geltend macht, ist zu prüfen, ob saarländisches oder französisches Becht anzuwenden ist. Eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien über das anzuwendende Becht liegt nicht vor. Es kann aber bei der bestehenden Sachlage davon ausgegangen werden, daß sie stillschweigend die Anwendung saarländischen Bechts vereinbart haben. Der Schwerpunkt des Schuldverhältnisses lag im Saarland, denn hier liegt die gewerbliche Niederlassung der Bekl., und im Saarland war auch die ihr nach dem Vertrag obliegende Leistung zu beenden. Ferner war der Auftrag durch die saarländische Vertretung der Kl. erteilt worden. Es kann daher nicht angenommen werden, daß sich die Bekl. einer ausländischen Rechtsordnung unterwerfen wollte, oder daß die Kl. einen solchen Willen der Bekl. vorausgesetzt hat. Überdies haben die Parteien die Anwendung des saarländischen Bechts durch den Vorderrichter nicht gerügt. Die Frage der Anwendbarkeit der ADSp. hängt nicht davon ab, ob zwischen dem Spediteur und seinem Auftraggeber ein Speditions- oder ein Frachtvertrag abgeschlossen worden ist. Nach § 2 a der ADSp. gelten diese f ü r alle Verrichtungen des Spediteurs — und unstreitig befaßt sich die Bekl. mit Speditionsgeschäften—, gleichgültig, ob sie Speditions-, Fracht-, Lager-, Kommissions- oder sonstige mit dem Speditionsgewerbe zusammenhängende Geschäfte betreffen. Die Bedeutung der ADSp., die durch Anordnung des früheren Beichsverkehrsministers vom 29. 12. 1939 f ü r alle Geschäftsabschlüsse von Mitgliedern der Beichsverkehrsgruppe Spedition und Lagerei für verbindlich erklärt worden sind, ist umstritten. Streitig ist insbesondere die Frage, ob die ADSp. auch ohne ausdrückliche Vereinbarung auf ein Geschäft zwischen einem Spediteur und seinem Auftraggeber anzuwenden sind. Eine Meinung nimmt an, die ADSp. hätten durch die Verbindlichkeitserklärung des Beichsverkehrsministers vom 29. 12. 1939 Gesetzeskraft erlangt (so OLG Hamburg, Vers. Wirtschaft 1948, 282; Mälzig, DBZ 1950, 103; Senkpiehl, JR 1950, 581). Das KG (West) billigt in seiner grundsätzlichen Entscheidung vom 21. 10. 1949 (SJZ 1950, 666) im Anschluß an die Auffassung des BG von der Unterwerfung unter eine „fertig bereitliegende Rechtsord-
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nung", die auch vom OGH vertreten wurde (Entscheidungszitate und weitere Literatur siehe in der KG-Entscheidung), den Allgemeinen Geschäftsbedingungen normativen Charakter zu. Es führt aus, daß f ü r diese Beurteilung allein die „Zweckbestimmung der einheitlichen, einen größeren Kreis betreffenden Regelung einheitlicher Tatbestände" entscheidend sei und nicht die allgemeine Verbindlichkeitserklärung, die sich nur an die Spediteure gerichtet habe, weshalb deren umstrittenes Fortbestehen dahingestellt bleiben könne. In konsequenter Fortentwicklung der Annahme normativen Charakters müßten jene Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch ohne willentliche Unterwerfung dann gelten, wenn sie allgemein bekannt und seit Jahren in Übung seien, es sei denn, der Geschäftspartner habe seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck gebracht. In diesem Zusammenhang komme der Verbindlichkeitserklärung und Veröffentlichung Bedeutung zu. Geßler-Hefermehl-Hildebrandt-Schröder (HGB 2 § 407 Anm. 11) verlangen eine, wenn auch nur schlüssige oder stillschweigende Vereinbarung, soweit die ADSp. nicht im Einzelfall als Handelsbrauch Geltung beanspruchen können (entspr. OLG Oldenburg, Nds. Rpfl. 1948, 353; LG Hannover, MDR 1949, 489; Hegmann-Kötter, HGB 20 § 407, Anm. 1). Diese Ansicht vertritt im Ergebnis auch der BGH in seiner Entscheidung vom 3. 2. 1953 (NJW 1953, 541). Er hat die ADSp. als allgemein typische Vertragsbedingungen im Sinne der Rechtsprechung über eine „fertig bereitliegende Rechtsordnung" charakterisiert und ausgeführt, daß es stets einer Unterwerfung unter diese Rechtsordnung bedürfe, die auch stillschweigend erfolgen könne. Eine stillschweigende Unterwerfung unter die ADSp. könne aber nur angenommen werden, wenn der Vertragsgegner des Spediteurs wüßte oder wissen mußte, daß der Spediteur seinen Geschäften die ADSp. zugrunde zu legen pflege. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Es ist davon auszugehen, daß in den ADSp. eine erhebliche Abweichung der Haftung des Spediteurs gegenüber den normalen gesetzlichen Bestimmungen enthalten ist und daß durch ihre Anwendung der Vertragspartner in seinen gesetzlichen Rechten sehr beschnitten wird. Daher bedarf es eines ausdrücklichen Hinweises des Spediteurs, daß f ü r den Vertrag statt des Gesetzes bestimmte andere Normen gelten sollen. Der Senat verkennt keineswegs die volkswirtschaftliche Berechtigung der ADSp. und ihre ordnende Kraft als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Rechts- und Wirtschaftsleben, aber diese Kraft kann ihnen nur aus der Vertragspflicht erwachsen, was voraussetzt, daß diese Bestimmungen Vertragsinhalt geworden sind. Zwar muß berücksichtigt werden, daß die ADSp. allgemein als Handelsbrauch angesehen werden, deren Tragweite heute allerdings nicht einheitlich beurteilt wird (Baumbach-Duden, HGB Anm. zu § 415, Übersicht). Die Wertung als Handelsbrauch beruht aber darauf, daß es sich bei den ADSp. um zu einer Art. Sonderrecht des Spediteurgewerbes verdichtete Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, deren Kenntnis im allgemeinen bei den Geschäftsgegnern vorausgesetzt wird. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber um eine zwischenstaatliche Beförderung im Auftrage einer ausländischen Firma. Gerade einer solchen gegenüber wäre aber die Bekl. zu einem be-
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sonderen Hinweis verpflichtet gewesen, daß sie die Geltung der ADSp. für das Geschäft beanspruche. Sie konnte und durfte keinesfalls voraussetzen, daß der Kl. die ADSp. bekannt seien, oder daß sie gewußt habe, daß die Belli, ihren Geschäften die ADSp. zugrunde zu legen pflege. Nach § 1 ADSp. hat der Spediteur seine Verrichtungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen und das Interesse des Auftraggebers zu wahren. Daher darf von ihm als Fachkundigen erwartet werden, daß er, zumal die Bedeutung der ADSp. umstritten ist, seinen Auftraggeber über die Haftungsbeschränkung aufklärt und ihm den Abschluß einer ausreichenden Versicherung (neben der Versicherung nach dem Speditionsversicherungsschein) empfiehlt. — Eine stillschweigende Unterwerfung der Kl. unter die ADSp. kann bei der bestehenden Sachlage nicht angenommen werden; die Bekl. kann daher deren Geltung für das vorliegende Geschäft nicht beanspruchen. Es sei noch auf folgendes hingewiesen. Nach § 9 des Güterfernverkehrsänderungsgesetzes vom 2. 9. 1949 kann im Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen die Haftung gemäß Gesetz und KVO nicht vertraglich ausgeschlossen werden; daher sind in der Bundesrepublik die ADSp. auf einen Fall der vorliegenden Art überhaupt nicht anwendbar (Der Betrieb 1950, 105), vgl. Baumbach-Duden aaO. Zwar gilt die vorgenannte Gesetzesbestimmung nicht im Saarland, aber es ist nicht anzunehmen, daß sich der Handelsbrauch bezüglich der Spediteurhaftung im Saarland anders als in der Bundesrepublik entwickelt hat, so daß auch im Saarland insoweit eine Haftungsbeschränkung auf Grund der ADSp. ausgeschlossen ist. Aber auch noch aus einem weiteren Grunde kann die Bekl. die Geltung der ADSp. nicht für sich beanspruchen. Gemäß § 39 a ADSp. ist der Spediteur, wenn der Auftraggeber es nicht ausdrücklich untersagt hat, verpflichtet, die Schäden, die dem Auftraggeber bei der Ausführung des Auftrages erwachsen können, gemäß dem Speditionsversicherungsschein auf Kosten des Auftraggebers zu versichern. Dieser Verpflichtung ist die Bekl. unstreitig nicht nachgekommen. Sie kann sich daher der Kl. gegenüber auf die ADSp. nicht berufen (§ 41 c ADSp.). Für die Haftung der Bekl. kommen demnach die allgemeinen handelsrechtlichen Bestimmungen in Betracht. Der Schadensersatzanspruch der Kl. ist sowohl bei Annahme eines Frachtvertrages als auch bei Annahme eines Speditionsvertrages begründet, denn auch im letzteren Falle kommen die Bestimmungen über das Frachtrecht zur Anwendung..." (wird ausgeführt).
4. Seerecht und Binnenschiffahrtsrecht Siehe auch Nr. 32, 291 4 0 . Nach anerkannter Rechtsauffassung ist für die Bestimmung des Schuldstatuts in erster Linie der ausdrückliche oder stillschweigende ParteiWille, gegebenenfalls der mutmaßliche (hypothetische) Parteiwille und notfalls der Erfüllungsort maßgebend. Bei Berücksichtigung des hypotheti-
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sehen Parteiwillens handelt es sich nicht um die Ermittlung hypothetischsubjektiver Vorstellungen der Parteien, sondern um eine vernünftige — im Wege der ergänzenden Rechtsfindung vorzunehmende — Interessenabwägung auf objektiver Grundlage. Der seerechtliche Grundsatz, wonach für die Löschungsvornahme und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen das am Bestimmungshafen geltende Recht maßgebend ist, findet im Zweifel auch im Binnenschiffahrtsrecht Anwendung. — BGB § 649; HGB § 433; Binnenschiffahrtsgesetz §§ 48, 49. BGH, 1. ZS, Urt. vom 14. 4. 1953 — I ZR 152/52: BGHZ 9, 221; NJW 6 (1953) 1140; MDR 7 (1953) 478; Verkehrsrechtssammlung 1953, 437, Nr. 241. Der Kl. übernahm im Juli 1950 von dem Bekl. als Absender eine Ladung Lokomotivkohlen zur Beförderung mit seinem Kahn nach Antwerpen, wo die Ladung zur Durchfuhr durch Holland und Belgien f ü r Italien an eine Antwerpener Firma auszuhändigen war. Im Ladeschein waren „12 Löschtage" vereinbart. Der Kahn ging am 28. 7. 1950 ab. Am 29. 7. 1950 brach in Antwerpen ein Hafenarbeiterstreik aus, der bis zum 3. 9. 1950 andauerte. Am 31. 7. 1950 hatte der Schiffer des Kahns unter Hinweis auf diesen Streik beim Kl. angerufen. Dieser setzte sich sofort mit dem Bekl. in Verbindung und fragte an, ob etwa die Ladung nach Holland umdisponiert werden solle. Er erhielt aber die Antwort, das Schiff solle nach Antwerpen fahren. Dort meldete der Schiffer den Kahn am 2. 8. 1950 löschbereit. Die Löschung erfolgte jedoch erst in der Zeit vom 11.—21. 9. 1950. Der Kl. berechnet dem Bekl. eine Liegezeit von 38 Tagen und verlangt mit Rücksicht auf das lange Liegen seines Kahnes neben dem tarifmäßigen Liegegeld ein sogenanntes zweites Hafengeld. Dabei nahm er bereits in der Klageschrift auf § 6 des zwischen dem Bekl. und den deutschen Reedereien geschlossenen „Exportkohlen-Transport-Vertrages" Bezug, der folgenden Wortlaut hat: „Für die Transporte gelten in deutschen Häfen deutsche Ladezeiten und in Antwerpen belgische Löschzeiten . . . Als Liegegeld wird in deutschen Häfen gesetzliches deutsches Liegegeld und in Antwerpen gesetzliches belgisches Liegegeld berechnet." Der Bekl. hat die Klageforderung nach Grund und Höhe bestritten. Nach seiner Auffassung ist aus dem vorgenannten § 6 f ü r alle mit der Löschung in Antwerpen zusammenhängenden Fragen die Anwendung belgischen Rechts zu folgern. Danach komme für die Zeit des Hafenarbeiterstreiks, da dieser ein Fall höherer Gewalt im Sinne des Art. 42 des belgischen Binnenschiffahrtsgesetzes vom 5. 5. 1936 sei, eine Entschädigung des Kl. f ü r die Liegezeit nicht in Betracht. Die Klage hatte in allen drei Rechtszügen keinen Erfolg. Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Frage, ob dem Kl. ein Liegegeldanspruch zustehe, nach belgischem Recht zu entscheiden sei. Allerdings sei, da der Frachtvertrag von deutschen Staatsangehörigen ab-
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geschlossen worden sei, anzunehmen, daß nach ihrem stillschweigenden Willen ihre Rechte und Pflichten aus dem Vertrage, soweit sie in Deutschland erwuchsen und zu erfüllen gewesen seien, nach deutschem Recht geregelt werden sollten. Für die Löschung der Fracht, insbesondere wenn sie ins Ausland befördert werde, sei aber nach herrschender Ansicht das Recht des Bestimmungsortes als das des Erfüllungsortes maßgebend. Es sei auch anzunehmen, daß § 6 des Export-Kohlen-Transport-Vertrages, den auch der Kl. anführe, eine dahingehende Vereinbarung enthalte. Ob letztere — von der Revision bekämpfte — Auffassung zutrifft, und ob überhaupt die Bestimmungen des Kohlen-Transport-Vertrages dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis zugrunde zu legen sind, was die Revision ebenfalls in Abrede stellt, kann vorliegend auf sich beruhen, da sich die Anwendung belgischen Rechts auf vorliegenden Fall bereits aus allgemeinen Rechtsregeln ergibt. Nach anerkannter Rechtsauffassung ist f ü r die Bestimmung des Schuldstatuts im Sinne des internationalen Privatrechts in erster Linie der ausdrückliche oder stillschweigende Parteiwille, gegebenenfalls der mutmaßliche (hypothetische) Parteiwille und notfalls der Erfüllungsort maßgebend (Entscheidung des Senats vom 1. 2. 1952 — I ZR 123/50 — NJW 1952, 540) \ Eine die Anwendung belgischen Rechts für den geltend gemachten Anspruch ausschließende Vereinbarung ist in dem in Rede stehenden § 6 keinesfalls zu erblicken. Diese Bestimmung bietet auch keinen Anhalt dafür, daß die Parteien ihre aus der Löschung erwachsenen Rechtsbeziehungen dem deutschen Recht unterstellen wollten. Für eine solche Annahme läßt sich auch aus dem sonstigen festgestellten Sachverhalt nichts entnehmen (wird ausgeführt). Ist aber ein — in erster Linie f ü r die Frage des anzuwendenden Rechts maßgeblicher — ausdrücklicher oder stillschweigender Wille der Parteien, ihre mit dem Löschungsvorgang zusammenhängenden Rechtsfolgen einer bestimmten Rechtsordnung zu unterstellen, nicht festzustellen, so kommt als Anknüpfungspunkt der sogenannte hypothetische Parteiwille in Betracht. Dabei handelt es sich, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 30. 9. 1952 2 (BGHZ 7, 231 [235]) ausgeführt hat, in Wirklichkeit nicht um die Ermittlung hypothetisch-subjektiver Vorstellungen der Parteien, sondern um eine vernünftige — im Wege der ergänzenden Rechtsfindung vorzunehmende — Interessenabwägung auf objektiver Grundlage. Die nach dieser Richtung anzustellende Ermittlung ist das Suchen des nächsten Anknüpfungspunktes zu den hier in Betracht kommenden Rechtsordnungen. Die Entscheidung darüber, welche dieser beiden Rechtsordnungen hier anzuwenden ist, ist somit anhand einer objektiven, verständigen und gerechten Abwägung der berechtigten Interessen beider Parteien vorzunehmen, wobei die Eigenheiten des Falles und die Wahrung der Erfordernisse der Rechtssicherheit mit heranzuziehen sind. Diese Prüfung muß vorliegend zu dem Ergebnis führen, daß sich der gewichtigste Anknüpfungspunkt f ü r die mit dem Löschungsvorgang zusammenhängenden Rechtsver1 8
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 402 b. Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 213 b.
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hältnisse der Parteien zu dem am Bestimmungshafen geltenden Recht, also zum belgischen Recht, ergibt. Der Löschungsvorgang wird, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, durch die am Bestimmungshafen herrschenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeiten der Löschung, der Frage, welche Rechte etwa gegen den Empfänger bestehen und wie diese Rechte verwirklicht werden können, wesentlich beeinflußt. Dieser Auffassung entspricht auch, daß es im Seerecht anerkannte Rechtsauffassung ist, der Löschungsvorgang sei nach den Gesetzen und Gebräuchen des Entlöschungshafens zu beurteilen, soweit nicht der Vertrag entgegenstehende Bestimmungen enthalte, und zwar ohne Rücksicht darauf, welches Recht sonst den Frachtvertrag beherrsche, und daß insbesondere das im Bestimmungshafen geltende Recht maßgebend sei f ü r die Frage, welche Ansprüche aus der Entladung dem Schiffe oder dem Empfänger zuständen (vgl. Schaps, Das Deutsche Seerecht 2, Anm. 22 Vorbem. vor § 556 HGB; Lewis-Bogens [1897] Bd. 1 § 31 S. 51; RGZ 122, 316 [319]; HansGZ Hauptblatt 1889, Nr. 108; auch BGH 20.5.1952 SBGHZ 6,127 [134]). Die Maßgeblichkeit dieser Auffassung auch im Binnenschiffahrtsrecht vertritt auch Mittelstein, in Ehrenbergs Handbuch des Handelsrechts (1918) Bd. 7 Abt. I S. 128. Für gleiche Rechtsgrundsätze im See- und Binnenschiffahrtsrecht spricht zudem, daß Binnenschiffe ebenfalls häufig Häfen verschiedener Rechtsgebiete anlaufen. Zu berücksichtigen ist auch, daß gerade die die Löschung und das Liegegeld betreffenden Vorschriften des Binnenschifl'ahrtsgesetzes im wesentlichen dem deutschen Seerecht nachgebildet sind. Ist aber die Frage des Entstehens eines etwaigen Liegegeldanspruchs nach belgischem Recht zu entscheiden, so fehlt dem Klageanspruch die rechtliche Grundlage, weil nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien der Hafenarbeiterstreik in Antwerpen von den belgischen Gerichten als höhere Gewalt (force majeure) im Sinne des Art. 42 des obengenannten belgischen Gesetzes angesehen wird, so daß die Streiktage in die belgische Löschzeit nicht einzurechnen sind. Zu Unrecht versucht die Revision, die von ihr geforderte Entschädigung f ü r die verlängerte Löschzeit aus § 433 HGB, der gemäß § 26 BinnSchG auch auf dem Gebiete des Binnenschiffahrtsverkehrs gilt, herzuleiten" (wird ausgeführt). 4 t . Bei Ermittlung des Schuldstatuts ist in erster Linie der ausdrückliche oder stillschweigende Parteiwille zu ermitteln. Ist eine solche Feststellung nicht möglich, so ist der sogenannte mutmaßliche Parteiwille maßgebend; dabei handelt es sich nicht um Ermittlung hypothetisch-subjektiver Vorstellungen der Parteien, sondern um eine vernünftige —• im Wege der ergänzenden Rechtsfindung vorzunehmende — Interessenabwägung auf objektiver Grundlage. BGH, 1. ZS, Urt. vom 13. 11. 1953 — I ZR 140/52: BGHZ 11, 80; N J W 7 (1954) 229. 1
Siehe unten Nr. 42.
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Die Kl. schloß am 30. 8. 1950 mit der Bekl. einen Chartervertrag in Form der Gencon-Charter. Danach verpflichtete sich die KL, ihren Dampfer „Ouistreham" um den 5. 9. 1950 herum in New York anzudienen. Am 11. 9. 1950 traf die „Ouistreham" in New York ein und meldete die Ladebereitschaft bei der ihr auf wiederholte Anfrage von der Bekl. zuletzt benannten C. Sh. Co. Inc. Diese Firma teilte der Kl. erneut mit, daß sie mit der Durchführung der Beladung nichts zu tun habe. Tatsächlich hatte die Bekl. überhaupt keine Ablader. Noch an demselben Tage gab die Kl. der Bekl. bekannt, daß sie sich von den Verpflichtungen aus dem Chartervertrag befreit betrachte, falls die Beladung des Schiffes nicht spätestens am 12. 9. 1950, 12 Uhr, beginne oder die Bekl. eine Bankgarantie f ü r die Durchführung des Chartervertrages stelle. Die Bekl. diente keine Ladung an und legte auch nicht die versprochenen Garantieerklärungen der Bundesregierung und der Bank vor, sondern ließ nur die Möglichkeit einer Beladung in New Orleans in Aussicht stellen. Darauf teilte die Kl. der Bekl. am 13. 9. 1950 mit, daß sie infolge des schuldhaften Verhaltens der Bekl. den Chartervertrag als nicht erfüllt ansehe, die „Ouistreham" zurückziehe und sich wegen des Vertragsbruchs der Bekl. alle Schadensersatzansprüche vorbehalte. Die „Ouistreham" wurde nach Angabe der Kl. am 15. 9. 1950 abends in ein anderes Hafenbecken in New York verholt und am 28. 9. 1950 wieder in den Liniendienst eingereiht. Mit der Klage fordert die KI. Ersatz der Kosten für die vergebliche Beorderung des Schiffes nach New York. Sie stützt ihren Schadensersatzanspruch ausdrücklich auf Klausel 13 des Chartervertrages („Indemnity for nonperformance of this Charter-party, proved damages, not exceeding estimated amount of freight"). Die Bekl. hat den Klageanspruch nach Grund und Höhe bestritten und ausgeführt, die Kl. habe sich nicht an § 577 HGB gehalten. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Klaganspruch dem Grunde nach f ü r gerechtfertigt erklärt; die Revision der Bekl. wurde zurückgewiesen. Aus den Gründen: „I. Das Berufungsgericht geht mit dem LG zutreffend davon aus, daß der Rechtsstreit nach deutschem Recht zu entscheiden ist. Diese Auffassung entspricht den Grundsätzen, die der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des RG bei der Feststellung des Schuldstatuts im Sinne des internationalen Privatrechts anwendet. Danach ist in erster Linie der ausdrückliche oder stillschweigende Parteiwille zu ermitteln. Ist eine solche Feststellung nicht möglich, so ist der sogenannte mutmaßliche (hypothetische) Parteiwille maßgebend. Dabei handelt es sich in Wirklichkeit nicht um die Ermittlung hypothetisch-subjektiver Vorstellungen der Parteien, sondern um eine vernünftige — im Wege der ergänzenden Rechtsfindung vorzunehmende — Interessenabwägung auf objektiver Grundlage. An Hand einer objektiven, verständigen und gerechten Abwägung der berechtigten Interessen beider Parteien ist unter Berücksich-
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tigung aller Eigenheiten des Falles und unter Wahrung der Erfordernisse der Rechtssicherheit der nächste Anknüpfungspunkt zu den in Betracht kommenden Rechtsordnungen zu ermitteln (BGHZ 9, 221 [223] 7, 231 2 [235]; BGH 1. 2. 1952 — I ZR 123/50 — in N J W 1952, 540; RGZ 122, 316 [319]). I m vorliegenden Fall ist der Chartervertrag in Hamburg geschlossen worden. Dort waren auch die Hauptverpflichtungen beider Teile, der Transport der Güter und die Bezahlung der Fracht, zu erfüllen. Die Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien haben sich hauptsächlich in Hamburg abgewickelt, w o die Bekl. und der deutsche Makler der Kl. ihren Sitz haben. Schließlich haben sich auch beide Parteien im vorliegenden Rechtsstreit vorbehaltlos auf deutsches Recht berufen . . . " 4 3 . Das Verbot der Deckladung ist seit dem Altertum ein althergebrachter Bestandteil des Seerechts fast aller Nationen. Für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Konossement ist das Recht des Bestimmungshafens ah des Erfüllungsortes maßgebend. — HGB § § 566, 663, 708; franz. Code de commerce Art. 229. BGH, 1. ZS, Urt. vom 20. 5. 1952 — I Z R 140/51: BGHZ 6, 127; N J W 5 (1952) 1134; BB 7 (1952) 787 Nr. 1706. Die Bekl. hat auf Linien-Konossement v o m 3. 12. 1949 in Piräus 55 Ballen Kitz- und L a m m f e l l e zur Verschiffung mit dem Dampfer „Stettiner Greif" nach Hamburg übernommen und in Hamburg entlöscht. Empfänger und Eigentümer der Felle war die Firma H. Die Ballen waren als Deckladung verstaut und mit Persennings abgedeckt worden. Eine ausdrückliche Zustimmung des Abladers zur Verladung der Güter auf Deck ist nicht erteilt worden. Die Kl., die aus abgetretenem Recht der Firma H. klagt, hat behauptet, daß ein großer Teil der Felle durch Seewassereinwirkung verdorben gewesen sei und daß der hierdurch verursachte Schaden sich auf 8259.23 D M belaufe, dessen Ersatz sie zuzüglich von 5 %> Zinsen v o m Tage der Rechtshängigkeit ab mit der Klage verlangt. Die Ersatzpflicht der Bekl. stützt sie im wesentlichen darauf, daß die Bekl. die hochgradig empfindlichen Felle ohne ausdrückliche Zustimmung des Abladers (§ 566 HGB) als Deckladung verstaut und lediglich mit Persennings abgedeckt habe. Auch abgesehen von dem fehlenden Einverständnis des Abladers bedeute die Deckverladung der Felle eine Pflichtverletzung, weil der Kapitän in Anbetracht der witterungsmäßig ungünstigen Reisezeit damit hätte rechnen müssen, daß das Schiff in schwere See gerate und die Felle durch überkommende Brecher beschädigt werden würden. Die Bekl. hat um Klageabweisung gebeten und bestritten, daß die Felle durch Seewassereinwirkung Schaden genommen hätten. Zur Rechtfertigung der Beförderung der Felle als Deckladung hat sie sich auf Z i f f e r X der Konnossementsbedingungen berufen, welche wie folgt lautet: „ T h e option is reserved of shipping on deck at shipper's risk any cargo 1 3
Siehe oben Nr. 40. Ebenda Nr. 402 b.
2
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 213 b.
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which, owing to its dimensions or nature, the Master does not consider convenient or safe to stow below hatches. Goods loaded on deck are considered as shipped at the risk of the interested parties, the ship assuming no liability whatever for washing overboard nor for jettison by seawater, by rain or any other influence of the weather." Auf der Vorderseite des Konossements befindet sich ferner folgender Aufdruck: „In accepting this Bill of Lading shippers, receivers as well as Owners of the goods shipped or their respective Agents unreservedly agree and submit themselves to all the stipulations and conditions, whether printed, stamped or handwritten hereforth or overpage, notwithstanding any laws or local usages that might exist to the contrary or otherwise at the ports of shipment of destination or elsewhere." Nach Auffassung der Bekl. ist eine ausdrückliche Zustimmung des Abladers zur Verladung der Güter auf Deck nach dem Gesetz nicht erforderlich (§ 566 HGB). Die vom Gesetz verlangte Zustimmung sei durch die widerspruchslose Annahme des Konnossements vom Ablader stillschweigend erklärt worden. Die Notwendigkeit, die Felle auf Deck zu verladen, habe sich daraus ergeben, daß die übrige Ladung des Schiffes überwiegend aus Reis und anderen empfindlichen Gütern bestanden habe. Bei der Verladung der Felle im Schiffsraum würde der Geruch der Felle sich auf diese Ladung übertragen haben. Beide Vorinstanzen haben die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß mit Rücksicht auf Ziffer X der Konnossementsbedingungen die Zustimmung des Abladers zur Verladung der Ballen auf Deck als erteilt zu gelten habe und daß dem Kapitän weder ein kommerzielles noch nautisches Verschulden, für das die Bekl. eintreten müßte, nachgewiesen sei. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den Gründen:
„...
1. Das Verbot der Deckladung ist seit dem Altertum ein althergebrachter Bestandteil des Seerechts fast aller Nationen (vgl. von Duhn, Neues Archiv f ü r Handelsrecht Bd. 1, 201 ff.; Boyens-Lewis, Seerecht, Bd. 2 § 566 Anm. 1; England: Scrutton, The Contract of Affreightment 1 3 (1948) Art. 49; Frankreich: Code de Commerce Art. 229; Niederlande: Niederländisches Seegesetz Art. 518 n; weitere Nachweise bei Capelle, Frachtcharter [1940J 255). Die Verladung von Gütern auf Deck bringt Gefahren in doppelter Hinsicht mit sich: bei Überbelastung des Schiffes und Hinderung der Bewegungsfreiheit der Mannschaft auf Deck können f ü r das Schiff als solches Gefahren entstehen; außerdem ist aber die Deckladung selbst, wie keiner Ausführung bedarf, stärker gefährdet als die im Raum verstaute Ladung. In älterer Zeit war vor allem der erstgenannte Gesichtspunkt f ü r das Verbot der Deckverladung maßgebend. § 566 HGB will jedoch nur die Ladungsinteressenten gegen die Gefahren schützen, die den auf Deck beförderten Gütern selbst drohen. Diese Vorschrift ist außerdem veranlaßt durch den Umstand, daß die Deckladung in rechtlicher Hinsicht ungünstiger als die
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Raumladung behandelt wird, weil sie nämlich bei der Großhavarie unberücksichtigt bleibt (§ 708 Ziff. 1 HGB), weil ferner Freizeichnungsklauseln unter Umständen zulässig sind (§ 663 II Ziff. 1 HGB) und weil schließlich der Versicherungsschutz geringer ist (ADS §§ 62, 85, vgl. Wüstendörfer, Neuzeitliches Seehandelsrecht 2 247). Nur Ansprüche des Abladers, Befrachters oder Empfängers der auf Deck verladenen Güter werden also durch die Zustimmung des Abladers auf Deckverladung ausgeschaltet, nicht dagegen etwaige Ansprüche der übrigen Ladungsbeteiligten des Schiffes, die möglicherweise erwachsen könnten, falls durch die Übernahme der Deckladung f ü r das Schiff und damit für die sonstige Ladung Nachteile entstehen. Aus diesem Grunde wurde auch, wie aus den Verhandlungen zum Entwurf eines Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs hervorgeht, der dem § 566 HGB entsprechende Art. 436 anderweit in den Abschnitt „Frachtgeschäft" eingeordnet, um klarzustellen, daß sich diese Vorschrift nur auf das Verhältnis zwischen Verfrachter und Ablader oder Empfänger bezieht (Lutz, Protokolle S. 3751). 2. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht geprüft, ob sich die Bekl. mit der Klausel X der Konnossementsbedingungen die Zustimmung des Abladers zur Decksverladung seiner Güter sicherstellen wollte, oder ob die Klausel nur die Bedeutung hat, daß sich die Bekl. den übrigen Ladungsinteressenten gegenüber von der Verantwortlichkeit freizeichnen wollte, die aus der Übernahme einer Deckladung überhaupt entstehen konnte (vgl. OLG Hamburg, Seufferts Archiv 47 Nr. 48, HansGZ 1903 Hauptblatt 162f.)-. 3. Nun ist allerdings die vom Gesetz verlangte Zustimmung zur Deckverladung hier nur stillschweigend erteilt worden, nämlich durch die widerspruchslose Entgegennahme des Konnossements seitens des Abladers. Hieraus können jedoch Bedenken gegen ihre Gültigkeit nicht hergeleitet werden. Nach dem geltenden Recht ist die Zustimmung des Abladers an keine Form gebunden und kann daher allgemeinen Rechtsgrundsätzen entsprechend auch stillschweigend erklärt werden. Im ausländischen Recht ist diese Frage allerdings zum Teil anders geregelt. So verlangt das englische Recht eine ausdrückliche Zustimmung (Scrutton aaO Art. 49), das französische Recht ein schriftliches Einverständnis (Art. 229 Code de Commerce; Lyon-Caen und Renault, Traité de droit commercial [1931] V Nr. 691). Auch im deutschen Seerechtsausschuß ist in der Arbeitssitzung vom 4. 11. 1938 vorgeschlagen worden, daß die Verladung an Deck künftig von der f ü r jeden einzelnen Fall notwendigen Einwilligung abhängig zu machen ist. Das ändert aber nichts daran, daß im geltenden deutschen Recht die Zustimmung formlos erteilt werden kann. 4. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Kl. nicht übergehen dürfen, daß am Ort des Vertragsschlusses und der Abladung, nämlich in Piräus, ein Handelsbrauch bestanden habe, wonach die Zustimmung zur Deckverladung nur als erteilt gelte, wenn das Konnossement auf der Vorderseite den auffallenden Vermerk trage „shipped on deck at shipper's risk". Das Berufungsgericht hat hierzu lediglich bemerkt, daß nach der deutschen Rechtsprechung und Rechtslehre die Aufnahme
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eines Deckladungsvorbehaltes in die Konnossementsbedingungen genüge, und daß „hiernach" eine entgegenstehende Handelssitte, nach der die Zustimmung des Abladers nur auf Grund eines ausdrücklichen, in das Konnossement aufzunehmenden Vermerkes erteilt werden könne, nicht bestehe. Eine solche Handelssitte habe auch später nicht zur Entstehung gelangen können, weil durch die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse der deutsche Uberseefrachtverkehr lahmgelegt worden sei. Mit diesen Erwägungen ist die zu entscheidende Frage jedoch nicht erschöpft. Denn der Vortrag der Revision geht in erster Linie dahin, daß ein Handelsbrauch in Piräus, also im griechischen Rechtsgebiet, behauptet wird, der nach Auffassung der Revision für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses der Parteien erheblich sei. Mit dieser Frage hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. a) Wie die Revision nicht in Zweifel zieht, ist für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Konnossement nach ständiger deutscher Rechtspraxis das Recht des Bestimmungshafens als des Erfüllungsortes maßgebend (RGZ 34, 72; HansGZ 1892 Hauptblatt 135 ff.; Boyens-Lewis, Seerecht I 55; Schaps, Seerecht 2 , § 642 Anm. 35 und Vorbem. vor § 566 Anm. 22; Wüstendörfer aaO 35; Raape, Internationales Privatrecht 3 294). Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts ist außerdem im Konnossement selbst ausdrücklich vorgesehen, denn Ziffer XXIV der Bedingungen bestimmt, daß der durch dieses Konnossement geschlossene Frachtvertrag dem deutschen Gesetze unterliegt, ungeachtet, ob er in deutscher oder englischer Sprache verfaßt ist. Auch die deutsche Auslegung von Klauseln, die nur in englischer Sprache erscheinen, soll nach dieser Bestimmung maßgebend sein. Als ausschließlicher Gerichtsstand sind die Hamburger Gerichte bestimmt. Andererseits gilt der allgemeine Grundsatz, daß f ü r den räumlichen Geltungsbereich einer Handelsübung in der Regel der Ort entscheidend ist, dem die Handlung oder Unterlassung, auf deren Bedeutung es ankommt, angehörte und bei Erklärungen ist im allgemeinen der Ort entscheidend, wo die Erklärung abzugeben ist (RGZ 53, 62; 97, 215 [217]; DüringerHachenburg-Werner HGB 3 § 346 Anm. 9 c). Es ist daher auch schon bei den Beratungen zum Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch zur Sprache gekommen, daß unter Umständen die Zustimmung des Abladers zur Deckverladung durch einen im Abladehafen bestehenden Handelsbrauch, z. B. für Holz, lebende Tiere, Benzin usw. ersetzt werden könne (Lutz, Protokolle IV 1758, 2700; ebenso Boyens-Lewis, Seerecht II 128, 136 f.; OLG Hamburg, HansGZ 1894, 33; vgl. auch RG, HansGZ 1892, 135; anders Schaps § 566 Anm. 3). Daher würde die Unterstellung des Vertragsverhältnisses unter das deutsche Recht es nicht schlechthin ausschließen, daß der in Piräus angeblich bestehende Handelsbrauch zu beachten wäre. b) Die Beachtlichkeit eines solchen Handelsbrauches ist aber im Streitfall dadurch ausgeschaltet, daß die Bekl. in dem — im Tatbestand wiedergegebenen — Aufdruck auf der Vorderseite des Konnossements ausdrücklich erklärt hat, etwaige Handelsbräuche im Ablade- oder Bestimmungshafen sollten keine Geltung haben, soweit sie im Widerspruch zu den Konnossementsbedingungen stehen. Da in der Klausel X der Konnosse-
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mentsbedingungen die Zustimmung des Abladers zur Deckverladung ohne jede weitere Formalität als erteilt gilt, würde es im Gegensatz zu dieser Bestimmung stehen, wenn ein Handelsbrauch einen besonderen Vermerk auf dem einzelnen Konnossement verlangen würde. Ein solcher Handelsbrauch wäre mithin nicht zu beachten, denn er gilt durch den vorerwähnten Aufdruck als ausdrücklich ausgeschlossen (RGZ 114, 12; BGH vom 14. 11. 1951 — II ZR 41/51 —). Die Revision meint zwar, der behauptete Handelsbrauch in Piräus stehe deshalb nicht im Widerspruch zu der Klausel X, weil das Berufungsgericht umgekehrt auch nicht festgestellt habe, daß die stillschweigende Zustimmung zur Deckverladungsklausel der Verkehrssitte entspreche. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Der im Konnossement vorgesehene Ausschluß von Handelsbräuchen will verhindern, daß Konnossementsbestimmungen durch entgegenstehende Handelsbräuche außer Wirksamkeit gesetzt werden. Die Klausel X geht in Übereinstimmung mit allgemeinen deutschen Rechtsgrundsätzen davon aus, daß die Zustimmung zur Deckverladung schon durch die stillschweigende Entgegennahme des Konnossements seitens des Ladungsbeteiligten und insbesondere des Abladers als erteilt gilt, ohne daß es weiterer Formalitäten bedarf. W e n n demgegenüber nach einem Handelsbrauch in Piräus nur ein besonderer Aufdruck auf dem jeweiligen Konnossement diese Rechtsfolge herbeizuführen vermag, so widerspricht das ersichtlich dem Sinn und Zweck der Klausel X. c) Das deutsche Einheitskonnossement 1940, auf das sich die Revision bezieht, hat den Rechtsbeziehungen der Parteien unstreitig nicht zugrunde gelegen. Im übrigen ist auch aus der Regel V Ziff. 3 dieser Bedingungen nichts zu Gunsten der Kl. zu entnehmen. Denn diese Bestimmung sagt nichts anderes, als daß der Verfrachter f ü r die durch Deckverladung entstehende Gefahr dann nicht hafte, wenn bei der Beförderung von Gütern diese mit Zustimmung des Abladers an Deck gefahren werden und im Konnossement als Deckladung bezeichnet sind. Diese Bestimmung zieht also lediglich die praktischen Folgerungen aus der Gesetzeslage, wie sie im § 663 II Ziff. 1 HGB festgelegt i s t . . . " (Im folgenden wird ausgeführt, daß eine Zurückverweisung jedoch aus anderen Gründen erforderlich sei.) IV b. RÜCKERSTATTUNGS- UND ENTSCHÄDIGUNGSRECHT Siehe auch Nr. 37, 92, 238, 241, 274, 287, 290 43. Nur jüdische Mischlinge ersten Grades mit deutscher Staatsangehörigkeit gehören zum Personenkreis der Kollektivverfolgten im Sinne des Art. 3 REAO (Berlin), nicht dagegen jüdische Mischlinge fremder Staatsangehörigkeit. Juden im Sinne der 1. VO zum Reichsbürgergesetz gehören nicht zum Personenkreis der Kollektivverfolgten, wenn sie schon seit der Zeit vor dem 30. 1. 1933 die fremde Staatsangehörigkeit erworben und im Reichsgebiet keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatten. — REAO (Berlin) Art. 3; 1. VO zum RGB §§ 2, 5; AnmeldeVO vom 26. 4. 1938: EinsatzVO vom 3. 12. 1938.
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KG Berlin (West), Entsch. vom 30. 4. 1952 — 3 W 440/52: N.JW/RzW 3 (1952) 381. Aus den Gründen: „Aus der Feststellung des LG, daß die vorgelegten Beweismittel n u r den Schluß zulassen würden, der Antrst. sei „jüdischer Mischling ersten Grades" gewesen, folgt nicht, daß der Antrst. auch zu dem im Art. 3 I b REAO umschriebenen Personenkreise gehörte. Es ist zwar, wie das LG mit Recht hervorhebt, die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, daß auch sogenannte jüdische Mischlinge 1. Grades zu den Kollektivverfolgten i. S. der REAO zählen (vgl. CoRA, N J W / R z W 1951, 66; BOR, N J W / R z W 1951, 244; WK Kassel, N J W / R z W 1949/50, 26 und List, N J W 50, 373 ff.; verneinend: OLG Hamm, N J W / R z W 1951, 145 und N J W / R z W 1949/50, 442; WK München, N J W / R z W 1949/50, 30; RK Rottweil, N J W / R z W 1949/50, 67; RK Landau, N J W / R z W 1949/50, 417). Um aber unter die Gruppenverfolgten gezählt werden zu können, m u ß der betreffende RE-Berechtigte zu dem von der Rassegesetzgebung des Nazismus erfaßten Personenkreis gehört haben. Der Begriff des „jüdischen Mischlings" ist von der nazistischen Rassegesetzgebung geschaffen. E r verlangte k r a f t Gesetzes das Vorliegen ganz besonderer Eigenschaften (vgl. 1. VO zum RBürgG vom 14. 11. 1935, § 2 II; RGBl. I 1334). Dem Wortlaute nach war i. S. dieser gesetzlichen Bestimmung jeder irgendwo in der Welt lebende Mensch, der die „rassischen" Voraussetzungen erfüllte, „jüdischer Mischling". Deshalb wurde er aber noch nicht von den vom Nazismus an seine Abstammung geknüpften Folgen betroffen. Das wurde vielmehr n u r der „Staatsangehörige jüdische Mischling" ( § 2 1 der zit. 1. VO zum RBürgG; vgl. auch 1. VO z. Ausführung des Ges. zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre § 1 II, RGBl. I 1334. Siehe dazu auch Stuckart-Globke, Komm, zur deutschen Rassegesetzgebung Bd. I (1936) 18 Anm. 3, die sogar schon „nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung" als „jüdische Mischlinge im Rechtssinne nur die deutschen Staatsangehörigen" bezeichnen). Nur hinsichtlich dieser jüdischen Mischlinge war beabsichtigt, sie vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen. Man k a n n sagen, daß der Begriff des jüdischen Mischlings zwar so formuliert war, daß er jeden, auf den die Voraussetzungen zutrafen, als solchen klassifizierte, daß sich aber irgendwelche Auswirkungen nur bei den deutschen jüdischen Mischlingen zeigen konnten. W e n n dagegen von einem „ausländischen jüdischen Mischling" gesprochen wurde, d a n n nur, u m hervorzuheben, daß dieser nicht von den Beschränkungen, denen deutsche Staatsangehörige unterlagen, betroffen wurde (vgl. Maßfeiler, Das RBürgG und das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre, in J W 1935, 3417, ferner Pfundtner, Das neue Deutsche Reichsrecht I l l e 22 Anm. 2 zu § 1 d. AnmeldeVO vom 26. 4. 1938). Man kann daher nur diejenigen jüdischen Mischlinge 1. Grades als Kollektivverfolgte i. S. des Art. 3 I b REAO bezeichnen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, nicht dagegen diejenigen, die eine ausländische Staatsangehörigkeit hatten und auch niemals in Deutschland gelebt haben. Es ist auch
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schwer vorstellbar, wie diese ausländischen Staatsangehörigen aus dem deutschen kulturellen und wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen werden sollten, wenn sie zumindest dem kulturellen Leben nie angehört haben. Mag also der Antrst. „rassisch" i. S. des Nazismus dem gekennzeichneten Personenkreis angehört haben, i. S. der REAO kann er es deshalb nicht haben, weil er seit 1910 niemals die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat. Der Antrst. kann mithin wegen Fehlens eines wesentlichen gesetzlichen Merkmals gar nicht in die Gruppe der Kollektivverfolgten eingegliedert werden. Da andererseits auch nichts dafür vorgetragen wurde und auch in dieser Hinsicht nichts ersichtlich ist, was irgendwie den Schluß zulassen könnte, er sei trotzdem wie ein deutscher jüdischer Mischling von deutschen Stellen behandelt worden, so sind die Folgerungen, die das LG gezogen hat, unrichtig. Es bleibt nun aber zu prüfen, ob der Antrst. als Jude zum Kreise der Kollektivverfolgten gehört haben kann. Denn daß er Jude i. S. der nazistischen Rassegesetzgebung gewesen ist, ist in der Beschwerdeinstanz bewiesen. Im Gegensatz zu den Bestimmungen über die sogenannten jüdischen Mischlinge waren die Beschränkungen, die durch die damalige Gesetzgebung gegenüber Juden geschaffen wurden, nicht auf deutsche Staatsangehörige begrenzt. Sie galten vielmehr gegenüber Juden schlechthin (vgl. insbesondere: die sogenannten Nürnberger Gesetze und die dazu ergangenen VOen: die AnmeldeVO vom 26. 4. 1938 und die EinsatzVO vom 3. 12. 1938). Wenn also festgestellt werden kann, daß ausländische jüdische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt während der maßgebenden Zeit nicht in Deutschland hatten, auch aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden sollten, dann würde auch der Antrst. zum Kreise der Gruppenverfolgten i. S. von Art. 3 I b REAO gehören. Es ist zu sagen, daß eine solche Feststellung nicht getroffen werden kann. Derartige Staatsangehörige haben, als Gruppe gesehen, niemals dem kulturellen Leben Deutschlands angehört; sie konnten deshalb auch nicht von ihm ausgeschlossen werden. Damit entfällt schon eine Voraussetzung des Art. 3 I b REAO. Denn daß sie, weil sie irgendwelchen Besitz in Deutschland hatten, vom wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen werden sollten, würde allein nicht ausreichen, um sie zu Kollektivverfolgten zu machen, dazu wäre vielmehr erforderlich, daß sie sowohl aus dem kulturellen als auch aus dem wirtschaftlichen Leben eliminiert werden sollten. Entscheidend ist aber, daß jüdische fremde Staatsangehörige mit ausländischem Wohnsitz oder Aufenthalt hinsichtlich ihres inländischen Vermögens als Gruppe nicht aus dem wirtschaftlichen Leben Deutschlands ausgeschlossen worden sind. Nach der Rechtsprechung des BoR (z. B. Nr. 51/99, AS 4 ff. = NJW/RzW 1952, 18 Nr. 32) soll das Vorhandensein der festgefaßten Absicht der deutschen Regierung oder NSDAP genügen, einen bestimmten Personenkreis aus Gründen des Art. 1 REAO in seiner Gesamtheit von dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen. Zur Feststellung der Absicht ist nach dieser Rechtsprechung ein strenger Beweis erforderlich. Dazu gehört, daß diese Absicht wäh11
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rend der Herrschaft des Nationalsozialismus in der maßgeblichen Zeit vom 30. 1. 1933 bis 8. 5. 1945 manifestiert worden ist. Offenbarungen solcher Absicht lassen sich jedoch gegenüber den als Personenkreis zu betrachtenden Angehörigen fremder Staaten, deren Souveränität die deutsche Regierung und die NSDAP anerkannten, nicht feststellen, soweit diese Angehörigen jedenfalls während der staatlichen Herrschaft des NatSoz. nicht in Deutschland wohnten oder sich gewöhnlich aufhielten. Die entscheidende Maßnahme zur Verwirklichung der Absicht, Juden auch fremder Staatsangehörigkeit aus dem wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen, ist die AnmeldeVO vom 26. 4. 1938 und die darauf beruhende sogenannte EinsatzVO vom 3. 12. 1938. Diese VOen erfaßten jedoch nicht das inländische Vermögen von Juden fremder Staatsangehörigkeit, die seit dem Inkrafttreten der AnmeldeVO keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiete des Deutschen Reichs hatten. Es bestand f ü r die deutschen Behörden keine Möglichkeit, diese Personen etwa zur Anmeldung ihres inländischen Besitzes zu zwingen und den Behörden damit Kenntnis von ihrem Besitze zu geben. Zwar war in der AnmeldeVO vom 26. 4. 1938 in § 1 bestimmt worden, daß auch ausländische Juden ihr inländisches Vermögen anzumelden hätten. Durch die DVO vom 18. 6. 1938 § 2 (RGBl. I 640) wurde jedoch klargestellt, daß „Juden fremder Staatsangehörigkeit, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort nicht im Reichsgebiet haben, der Anmeldepflicht nicht unterliegen" (vgl. Pfundtner-Neubert, „Das neue deutsche Reichsrecht" III e 22 Anm. 1 zu § 2 der genannten DVO S. 11, die damals maßgebliche Sammlung des natsoz. Reichsrechts). Das anmeldepflichtige Vermögen war es aber gerade, das dann einer Sonderbehandlung aus rassischen Gründen seines Inhabers einer diskriminierenden Sonderbehandlung unterworfen wurde, wie § 7 AnmeldeVO in Verbindung mit der AO vom 26. 4. 1938 (RGBl. I 415), der 2. AO vom 24. 11. 1938 (RGBl. I 1668) und die EinsatzVO vom 3. 12. 1938 (Eingangsworte) beweisen. (Im Ergebnis so auch v. Godin, MDR 1950, 599; wohl a. A.: OLG Hamburg, NJW/RzW 1949/50, 442 — ohne Begründung abgedruckt). Da Juden fremder Staatsangehörigkeit, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt seit dem Inkrafttreten der AnmeldeVO nicht im Reichsgebiet hatten, ihr Vermögen anzumelden nicht verpflichtet waren und auch später nicht dazu verpflichtet wurden, wurden sie auch den späteren diskriminierenden Vermögensbeschränkungen, besonders auf Grund der VO vom 3. 12. 1938, nicht unterworfen. Wenn in einzelnen Fällen auch Juden fremder Staatsangehörigkeit ohne inländischen Wohnsitz oder Aufenthalt Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen sein sollten, wie umgekehrt andere sich durch den Wechsel fremder Staatsangehörigkeit, z. B. der tschechoslowakischen gegen die britische, erfolgreich unter den Schutz der ausländischen Macht stellten, so ist dies eine Sache der individuellen Verfolgung und beweist nichts f ü r oder gegen einen Kollektivzwang. Diese Rechtsauffassung steht auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats. In seinem Beschluß vom 29. 1. 1951 — 3 W 2311/50 — (NJW/RzW 1951, 222) hat der Senat entschieden, daß eine
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Jüdin fremder Staatsangehörigkeit, die sich durch Auswanderung ins Ausland persönlich einer Kollektiv Verfolgung entzogen hatte, sachlich von ihr verfolgt blieb, weil ihr Grundbesitz dem Anmeldezwang der VO vom 26. 4. 1938 unterlag. Dagegen war die Entscheidung offengeblieben für den Fall, daß das Vermögen der im Ausland lebenden Jüdin fremder Staatsangehörigkeit nicht dem Anmeldezwang unterfiele. Damit steht auch erst recht nicht in Widerspruch, daß der Senat Juden deutscher Staatsangehörigkeit auch nach einer kollektiv e r z w u n g e n e n A u s w a n d e r u n g
hinsichtlich
ihres zurückgebliebenen Vermögens als kollektivverfolgt im Sinne von Art. 3 I b REAO betrachtet hat (vgl. z. B. 3 W 325/51 vom 16. 1. 1952). Es bleibt daher festzustellen, daß der Antrst. auch als Jude, weil er bereits vor Beginn der „maßgeblichen" Zeit die ausländische Staatsangehörigkeit hatte und seinen Wohnsitz wie Aufenthalt nicht im Inlande besaß, nicht zum Kreise der Kollektivverfolgten des Art. 3 I b REAO zu rechnen ist." 4 4 . Die Rückerstattungsansprüche von Erben eines tschechoslowakischen Staatsangehörigen richten sich bezüglich des in der Bundesrepublik gelegenen Hauses nach deutschem Recht und bezüglich des in Deutschland geführten Geschäfts nach tschechoslowakischem Recht. W K bei dem LG München I, Beschluß vom 11. 8. 1950 — I W K V 202/50 (10/50). Ungedruckt. 4 5 . Die VO vom 15. 1. 19M über die Behandlung feindlichen Vermögens ist grundsätzlich nicht diskriminierender Natur. Die Einsetzung eines Verwalters auf Grund der §§ 2—4-, 12 dieser Verordnung ist noch keine Verfügung im Sinne der Art. 1—3 der REVO 120 der französischen Zone. Hält sich der Verwalter im Rahmen der ihm durch diese VO gezogenen Befugnisse, so kann eine von ihm vorgenommene Veräußerung nicht als eine dem REG unterliegende Entziehung von Vermögenswerten angesehen werden (a). Hat aber der Verwalter auf Grund der für das Elsaß ergangenen Sonderanordnung gehandelt, so können seine Handlungen als solche diskriminierender Art betrachtet werden (b). — REVO 120 (franz. Zoiie) Art. 1, 3; VO über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940, §§ 2—4, 12; Anordnung des Chefs der Zivilverwaltung im Elsaß über volks- und reichsfeindliches Vermögen vom 13. 7. 1940. a) OLG Koblenz, Entsch. vom 17. 6. 1952 — 3 Ur 109/51: NJW/RzW 3 (1952) 249. b) Cour Supérieure pour les Restitutions, Rastatt, Entscheidung vom 16. 10. 1953 Nr. 275: NJW/RzW 5 (1954) 20. a) OLG Koblenz: Aus den Gründen: „Es besteht keine Vermutung dafür, daß die Kl. bei Abschluß des Kaufvertrages unter moralischem Zwang gestanden hat, da die der Kl. gegenüber auf Grund der VO vom 15. 1. 1940 über die Behandlung feind11 *
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liehen Vermögens (RGBl. I 191) vorgenommenen Maßnahmen nicht als diskriminierend im Sinne der Art. 1 und 3 VO 120 angesehen werden können. Die Kl. ist von dieser VO erfaßt worden, weil sie als juristische Person des Privatrechts ihren Sitz in einem Feindstaat — Frankreich — und VermögenZweigniederlassungen — im Reichsgebiet besaß, das als unter maßgebendem feindlichen Einfluß stehend erachtet wurde; nicht aber deswegen, weil man die Kl. um der natsoz. Ideologie willen verfolgen oder schlechterstellen wollte. Die auf Grund der VO getroffenen Maßnahmen sind durchaus im Rahmen der VO geblieben und lassen nicht die Absicht erkennen, die Kl. wegen ihrer franz. Staatsangehörigkeit im weiteren Umfang zu benachteiligen, als es bei objektiver Anwendung der VO zulässig und geboten war. Die Kl. ist wegen ihrer franz. Staatsangehörigkeit nicht anders als die übrigen feindlichen Staatsangehörigen, die Vermögen im Reichsgebiet besessen haben, behandelt worden, weshalb eine Minderbewertung oder die Absicht, die Kl. mit ihrem Einfluß auszuschalten, wie es z. B. gegenüber Negern, Polen und Zigeunern der Fall war, nicht vorliegt. Die VO vom 15. 1. 1940 war an sich völkerrechtlich zulässig und ist auch hinsichtlich der Ausführungsvorschriften im Rahmen des Völkerrechts geblieben. Es handelte sich hierbei um eine Kriegsmaßnahme, wie sie auch von den übrigen kriegführenden Staaten f ü r erforderlich gehalten wurde, wobei diese das deutsche Privateigentum weitaus härteren Vorschriften unterwarfen. Die Kl. ist im Rahmen dieser VO behandelt worden, da bei den auf Grund der VO getroffenen Maßnahmen, insbesondere der Einsetzung eines Verwalters ein auf diskriminatorischen Gründen beruhender Ermessensmißbrauch nicht vorlag und der Verwalter bei seiner Verwaltung seinen Aufgabenbereich nicht überschritten hat (vgl. Kubuschok-Weisstein, RE-Recht der brit. und amerik. Zone [1950] Art. 1 Anm. 19). Die Einsetzung des Verwalters ist auf Grund der §§ 2—4, insbesondere des § 12 der VO erfolgt, da ein maßgebender feindlicher Einfluß als bestehend anerkannt worden ist. Die Kl. hat nichts dafür vorgetragen, daß nach der damaligen Situation ein solcher Einfluß zu Unrecht angenommen worden sei. Der Verwalter des Vermögens der Kl. im Reichsgebiet hat dann über dieses Vermögen verfügt, indem er das Grundstück an die Bekl. veräußerte. Im Gegensatz zu der Auffassung von Rotberg, Die Rückerstattung entzogener Vermögensgegenstände (1949) Art. 1 Anm. 5 und 11, hält der Senat erst eine Verfügung f ü r gegeben, wenn der Verwalter selbst einen Verfügungsakt trifft, nicht aber schon dann, wenn ein solcher Verwalter eingesetzt wird. Das ergibt sich aus § 12 VO sowie den Ziff. 1 und 19 der AV des RJM vom 20. 6. 1940 — DJ 1940, 728 —, wonach die Verwaltung nur den Zweck hat, die Sicherstellung und Erhaltung des Vermögens zu gewährleisten. Es liegt hier ähnlich wie bei der Einsetzung eines Abwesenheitspflegers. (Vgl. hierzu das Urteil des OG Rastatt vom 14. 12. 1951'.) Die Veräußerung durch den Verwalter kann jedoch nicht als eine dem 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 39.
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REG unterliegende Entziehung von Vermögenswerten aus Gründen der Nationalität angesehen werden, da der Zeuge G. hierbei im Rahmen seiner durch die VO vom 15. 1. 1940 und die AV des RJM vom 20. 6. 1940 gezogenen Verwaltungsbefugnis geblieben ist. Insoweit ist die Veräußerung in Übereinstimmung mit den anerkannten Regeln des Völkerrechts, insbesondere den Art. 23 und 46 LKO erfolgt. Das haben die REG der amerik. und brit. Zone in Art. 1 I Satz 2, Art. 2 V REG brit. Zone und Art. 1 Satz 2 REG amerik. Zone ausdrücklich ausgesprochen. Wenn auch der Wortlaut des Art. 1 REG amerik. Zone von dem des Art. 1 und 2 REG brit. Zone abweicht, so ist dennoch im Inhalt kein Unterschied festzustellen. Der Inhalt beider Vorschriften läßt sich etwa dahingehend zusammenfassen, daß eine Entziehung von Vermögensgegenständen aus Gründen der Nationalität dann nicht vorliegt, wenn eine solche Entziehung unter den anerkannten Regeln des internationalen Rechts üblicherweise gegen das Vermögen von Staatsangehörigen fremder Länder zulässig ist. Die VO 120 enthält keine dahingehenden Vorschriften. Trotz des Schweigens dieser VO wird man aber eine abweichende Reurteilung dieser Kriegsmaßnahmen nicht annehmen können. Wenn man bedenkt, daß die VO 120 nur die Wiedergutmachung der aus natsoz. Ideologie an Ausländern wegen ihrer Staatsangehörigkeit begangenen Ungerechtigkeiten zum Ziele hat, so müssen alle die Maßnahmen als Grundlage eines Wiedergutmachungstatbestandes ausscheiden, bei denen einmal keine in der natsoz. Ideologie begründeten Tendenzen maßgebend waren und es sich andererseits um Maßnahmen handelt, wie sie in jedem anderen Land gleichermaßen üblich gewesen sind (so auch die CSR Rastatt in ihrer Entscheidung vom 14. 3. 1952). Die Reseitigung der Folgen dieser Maßnahmen kann deshalb nicht Sache der im wesentlichen innerdeutschen Wiedergutmachung sein, sondern muß der Regelung durch einen Friedensvertrag überlassen bleiben (vgl. Rotberg, Art. 1 Anm. 19). Die Refugnisse des Verwalters ergeben sich aus § 12 VO vom 15. 1. 1940 und den Ziff. 1, 19, 20 und 21 der AV des RJM vom 20. 6. 1940. Hiernach sollte maßgebender Grundsatz und Richtlinie f ü r die Verwaltung des feindlichen Vermögens deren Sicherstellung und Erhaltung sein. In diesem Rahmen bestimmte sich im einzelnen die gesetzlich nur in Umrissen zu zeichnende Verwaltungsbefugnis des Verwalters, wobei § 15 VO die Verpflichtung des Verwalters zur sorgfältigen und ordentlichen Verwaltung besonders hervorhebt. Zu den Refugnissen des Verwalters gehörte, natürlich im Rahmen der Sicherstellung und Erhaltung des Vermögens, kraft ausdrücklicher Vorschrift (Ziff. 21 der AV) die Veräußerung von Grundstücken, die allerdings nur mit vorheriger Zustimmung des Reichskommissars für die Rehandlung feindlichen Vermögens zulässig sein sollte. Die vorherige Zustimmung des Reichskommissars für die Veräußerung des Grundstücks hat vorgelegen. Die Veräußerung des Grundstücks ist auch in ordnungsgemäßer Erfüllung der Verwaltungsaufgaben vorgenommen worden, da eine solche Veräußerung in Anbetracht der damaligen Situation der Kl. wirtschaftlich
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gerechtfertigt und erforderlich war, ohne daß außerhalb dieser Erwägungen liegende Tendenzen diskriminierender Art mitgespielt haben." b) Cour Supérieure pour les Restitutions, Rastatt: Aus den Gründen: „Die Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Frage der Rechtmäßigkeit der VO über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940 sind zwar in rechtlicher Hinsicht im Gegensatz zur Ansicht der Rev. nicht zu beanstanden; sie stimmen mit der Rspr. des OGR überein und es kann insoweit auf das Urteil Nr. 193 vom 14. 3. 1952 (NJW/RzW 1952, 187) verwiesen werden. Doch ist der Gedankengang, den der Beruf ungsrichter an die Bekundung des Zeugen G. knüpft, daß er nur auf Anordnung des kommissarischen Verwalters des Gesamtbetriebes der KL, Dr. B., gehandelt habe, nicht frei von Widerspruch. Das Urteil führt aus, daß der Zeuge G. nach der bestehenden Rechtslage nicht verpflichtet gewesen sei, den Anordnungen des kommissarischen Verwalters Dr. B. Folge zu leisten. Sofern der Zeuge der Meinung gewesen sein sollte, führt das angefochtene Urteil weiter aus, daß die Veräußerung des hier umstrittenen Grundbesitzes nicht im Rahmen seiner ordnungsmäßigen Verwaltungsbefugnis liege, hätte er bei seiner Weigerung beharren oder eine Weisung des ihm übergeordneten Reichskommissars f ü r die Behandlung feindlichen Vermögens einholen müssen. Doch habe der Verkauf des Hauses in I. eine berechtigte Maßnahme dargestellt, da die Filiale stillgelegen habe, die Kl. auf flüssige Mittel angewiesen und der Kaufpreis angemessen und damals auch noch vollwertig gewesen sei. Diese Ausführungen der Vorinstanz verkennen, wie die Rev. mit Recht beanstandet, daß es nicht auf die Rechtsfrage ankommt, ob der Zeuge G. auf Anordnung des Kommissars Dr. B. handeln durfte oder zu handeln verpflichtet war, sondern ob er im Hinblick darauf tatsächlich gehandelt hat. Denn sofern generelle oder einzelne, die Kl. betreffende Maßnahmen des Chefs der deutschen Zivilverwaltung im Elsaß, des von diesem berufenen Verwalters über den Betrieb der Kl. Dr. B. oder möglicherweise von Seiten der B. Bank einen diskriminierenden Charakter im Sinne der Art. 1—3 VO 120 getragen haben und f ü r den Entschluß des Zeugen G., das hier streitige Filialgrundstück der Kl. zu veräußern, ausschlaggebend ursächlich gewesen sein sollten, wird diese Ursächlichkeit nicht durch den Umstand beseitigt, daß der Zeuge D. auch hätte anders handeln können oder sogar sollen. Diese fehlerhafte Überlegung der Vorinstanz muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen. Denn sie hat bewirkt, daß sich das OLG nur mit der — an sich von ihm richtig beurteilten — Rechtslage befaßt hat, wie sie f ü r die von der VO über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940 erfaßten Feindvermögen gegeben war. Dagegen ist es auf das Vorbringen der Kl., das sich auf die Vorgänge in ihrer Hauptverwaltung in Straßburg und die Maßnahmen des Chefs der deutschen Zivilverwaltung im Elsaß bezieht, infolge dieses gedanklichen Irrtums nicht eingegangen. Die Kl. hat auf die Anordnung des Chefs der Zivilverwaltung
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über volks- und reichsfeindliches Vermögen im Elsaß vom 13. 7. 1940, dessen VO über die Einsetzung von kommissarischen Verwaltern f ü r Unternehmung und Betriebe im Elsaß vom 6. 8. 1940 und die dazu erlassenen Durchführungsvorschriften hingewiesen und die Ansicht vertreten, daß diese Bestimmungen diskriminierender Art seien, weil sie den Gleichheitsgrundsatz verletzten. Das OLG wird in tatsächlicher Hinsicht festzustellen haben, ob die von dem Zeugen G. vorgenommene Verfügung über das Grundstück der Kl. in I. auf dem Wege über die Anordnung des Hauptverwalters Dr. B. letzten Endes auf den f ü r das Elsaß ergangenen Sonderanordnungen beruhte. Sofern es diese Frage bejaht, wird es sich in rechtlicher Hinsicht damit auseinanderzusetzen haben, ob diese Rechtsnormen insgesamt oder in ihren Einzelbestimmungen, soweit sie die Grundlage f ü r das hier interessierende Vorgehen gegen den Betrieb der Kl. bilden, diskriminierender Natur im Sinne der Art. 1—3 VO 120 sind, so daß die auf sie gestützte einzelne Maßnahme als Verfolgungshandlung erscheint und die RE begründet. Selbst wenn es diese Rechtslage verneinen sollte, wird das Berufungsgericht weiter zu untersuchen haben, ob nicht im hier gegebenen Einzelfall entsprechend der Darstellung der Kl. die tatsächlichen Maßnahmen der deutschen Stellen darauf hinausliefen, die Kl. als französisches Bankunternehmen des wirtschaftlichen Einflusses im Elsaß zu berauben und vor allem seinen Filial- und Grundbesitz im Reichsgebiet zu liquidieren. Sollte das OLG in tatsächlicher Hinsicht insoweit zu einem bejahenden Ergebnis gelangen, so läge — bei Ursächlichkeit dieser Maßnahmen für die Handlung des Verwalters G. im oben erörterten Sinne — in der hier umstrittenen Veräußerung eine Handlung vor, die allein im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit der von ihr betroffenen Kl. vorgenommen wurde und daher die RE nach § 3 VO 120 begründet (vgl. das Urteil dieses Gerichts Nr. 107 vom 14. 12. 1951, NJW/RzW 1952, 90 ' j . Daß die Kl. keine natürliche, sondern eine juristische Person des französischen Privatrechtes ist, hindert die Anwendung des Tatbestandsmerkmals der Staatsangehörigkeit im Sinne der VO 120 nicht, da diese die von ihr normierten Diskriminierungsgründe ausdrücklich auch auf die juristischen Personen erstreckt." 4 6 . Maßnahmen (Vermögensbeschlagnahme, Entziehung) auf Grund der VO vom 17. 9. 1940 über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates, die unter Anwendung dieser VO gegen polnische Juden getroffen wurden, fallen nicht unter das REG. — REG (amerik. Zone) Art. 2; VO vom 17. 9. 1940 über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehem. polnischen Staates. i OLG Stuttgart, WS, Urt. vom 29. 2. 1952 — II Rest — S. 1797 (331) Sen. 124: NJW/RzW 3 (1952) 161. Aus den Gründen: „1. Da eine Veräußerung des Grundstücks nicht durch ein Rechtsgeschäft der Eigentümer erfolgt ist, handelt es sich darum, ob die Veräußerung 1
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unter Art. 2 I b des REG fällt. Dabei muß grundsätzlich geprüft werden, wie es sich mit Maßnahmen verhält, die eine Person sowohl als feindlichen Ausländer wie als Juden getroffen hat. Während in einer Stellungnahme des JM Württ.-Baden vom 8. 9. 1949, zu einem Zeitpunkt, als sowohl das REG f ü r die britische Zone als die REAO f ü r Berlin in Kraft gewesen waren, die Meinung vertreten wird, derartige Fälle fallen nicht unter das REG, sondern seien im Friedensvertrag zu regeln, vertritt Godin 2 Anm. 10 zu Art. 1 REG die Meinung, Entziehungen scheiden dann aus, wenn sie ausschließlich auf Grund der Tatsache des Kriegszustandes vorgenommen worden seien. In der oben erwähnten Stellungnahme führt das Württ.-Bad. JM aus, Maßnahmen wie diejenigen der VO vom 17. 9. 1940 seien entgegen der HLKO schon im 1. Weltkrieg von den Alliierten (England voran) getroffen worden. Polen selbst habe viel härtere Maßnahmen sogar nach tatsächlicher Beendigung des 2. Weltkrieges gegenüber deutschen Staatsangehörigen getroffen, die es ausgewiesen und deren Vermögen es entschädigungslos enteignet habe, sogar in dem Altreichsgebiet östlich der Oder-Neiße, das Polen nur zur einstweiligen Verwaltung übertragen worden sei. Die genannte VO bleibe eine Maßnahme im Sinne des Art. 1 I S. 2 REG, auch wenn sie — milder als ähnliche Maßnahmen der Alliierten — sich nicht gegen alle Staatsangehörigen des polnischen Staates richte, sondern gegen polnische Juden ausnahmslos, gegen sonstige polnische Staatsangehörige nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wie sich aus den beim JM Württ.-Baden befindlichen Materialien zum REG ergibt, ist Art. 1 I S. 2 entsprechend einem Änderungsvorschlag der MilReg. wörtlich in das REG aufgenommen worden, wie auch das Wort „Nationalität" in Abs. 1 Satz 1 auf Grund von Viermächteverhandlungen eingefügt wurde. Nach einer Anmerkung sollte diese Änderung nicht solche Maßnahmen dem REG unterwerfen, „die nach internationalem Recht in Kriegszeiten üblicherweise gegen das Vermögen feindlicher Ausländer verhängt werden können". Die Fassung der genannten Bestimmung ist eine andere als die des REG britische Zone und der VO für Berlin. Während es dort darauf ankommt, daß es sich um Maßnahmen handelt, die ausschließlich mit Rücksicht auf die feindliche Staatsangehörigkeit einer Person getroffen wurden, kommt es nach Art. 1 I S. 2 REG darauf an, ob solche Maßnahmen nach den anerkannten Regeln des internationalen Rechts üblicherweise gegen Vermögen von Staatsangehörigen feindlicher Länder verhängt werden können. Da in Art. 1 das Wort „Nationalität" auf Grund von Viermächteverhandlungen in das REG aufgenommen wurde, kann ohne weiteres angenommen werden, daß man keine RE-Verpflichtung auf Grund der Nationalität annehmen wollte, wenn es sich um Maßnahmen der Liquidierung (Entziehung) von Feindvermögen während eines Kriegszustandes handelt, nachdem solche Maßnahmen auch teilweise unter den vier Mächten angewandt wurden. Wohl hat Deutschland gegenüber den Westmächten sich auch im letzten Krieg an die HLKO gehalten, und daher auch das Vermögen von Juden britischer oder amerikanischer Staatsangehörigkeit nicht eingezogen. Dem
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steht aber nicht entgegen, daß die deutsche Politik im Osten rücksichtsloser war. Es kommt nur darauf an, daß solche Maßnahmen verhängt werden konnten. 2. Es fragt sich aber, ob es sich nicht um eine'Entziehung aus Gründen der Rasse handelt. W o h l war nach § 2 V O eine Beschlagnahme von Vermögen nur bei einem beschränkten Personenkreis, darunter auch Juden, auszusprechen. Die Beschlagnahme bedeutet aber noch keine Entziehung. Sie konnte nach § 2 I I der genannten V O gegen alle Polen ausgesprochen werden, wenn das Vermögen zur Festigung des Deutschen Volkstums benötigt wurde. Aus denselben Gründen konnte nach § 9 eine Entziehung erfolgen. Tatsächlich ist auch, wie allgemein bekannt ist, eine entschädigungslose Einziehung von Vermögen von Polen erfolgt, die nicht Juden waren. Bei der V O vom 17. 9. 1940 handelt es sich, wie sich auch aus deren § § 12, 13 ergibt, um Maßnahmen zur Festigung des deutschen Volkstums. Ihr Zweck war also nicht, wie dies sonst bei Verfolgungen aus Gründen der Rasse der Fall ist, eine Verfolgung einer diffamierten Minderheit, sondern die deutsche Politik der Schaffung eines deutschen Volkstums im Ostraum, die mit allem Nachdruck durchgeführt werden sollte, wie sich aus der V O über die deutsche Volksliste vom 4. 3. 1941 (RGBl. 1941 I S. 118) ergibt. Die aus § 13 VO vom 17. 9. 1940 ersichtliche Privilegierung deutscher Volkszugehöriger bedeutet für die übrigen Polen, auch Juden polnischer Staatsangehörigkeit, keine Verfolgung aus Gründen der Rasse. Nach den genannten Ausführungen scheidet auch die Anwendung des Art. 2 IV REG aus. — Die Rechtslage ist daher für beide Parteien hinsichtlich ihres früheren Vermögens dieselbe, daß eine generelle Regelung in einem Friedensvertrag erfolgen muß. Auf die sofortige Beschwerde des Antrg. war daher der angefochtene Beschluß aufzuheben und der Antrag abzuweisen." 4 7 . Die VO vom 17. 9. 1940 über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehem. polnischen Staates diente nicht der Regelung des Vermögens feindlicher Ausländer, sondern der Festigung des deutschen Volkstums. In den Fällen der Anwendung dieser VO liegt eine ungerechtfertigte Entziehung aus Gründen der Nationalität vor. — REG (brit. Zone) Art. 1, 2; V O über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehem. polnischen Staates vom 17. 9. 1940; V O zur Durchführung des Vierjahresplanes vom 18. 10. 1936; V O zur Einführung des Vierjahresplanes in den abgetretenen Ostgebieten vom 30. 10. 1939. OLG Schleswig, Entsch. vom 25. 3. 1952 — 4 W 259/51: N J W / R z W 3 (1952) 237. Aus den Gründen: „Der RE-Anspruch stützt sich auf Art. 1 I und I I und Art. 2 I b und I I I REG. Hiernach sind feststellbare Vermögensgegenstände, an denen der Berechtigte in der Zeit vom 30. 1. 1933 bis 8. 5. 1945 auf Grund eines Staatsoder Verwaltungsaktes aus Gründen der Rasse, Religion oder Nationalität das Eigentum verloren hat, zurückzuerstatten. Diese Voraussetzungen sind
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nach den von der WK getroffenen tatsächlichen Feststellungen gegeben. Die Brüder B. haben das Eigentum an ihrem Grundstück 1941 verloren durch die von dem staatlich eingesetzten Verwalter vorgenommene Veräußerung und Auflassung an den Antrg. Eine solche Übertragung gilt nach Art. 2 III REG als Staats- oder Vervvaltungsakt im Sinne des Abs. 1 b. Sie ist, wie die WK zutreffend dargelegt hat, nicht ausschließlich mit Rücksicht auf die feindliche Staatsangehörigkeit der Brüder B. vorgenommen worden. Die VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehem. polnischen Staates vom 17. 9. 1940, auf der die AO vom 7./30. 6. 1941 und damit auch die Maßnahme des vorläufigen Verwalters beruhen, ist erlassen worden auf Grund der VO zur Durchführung des Vierjahresplanes vom 18. 10. 1936 in Verbindung mit der VO zur Einführung des Vierjahresplanes in den abgetretenen Ostgebieten vom 30. 10. 1939, nachdem bereits am 15. 1. 1940 eine VO des Reichsverteidigungsrates über die Regelung des feindlichen Vermögens erlassen worden war, in der jedoch Polen nicht unter den feindlichen Staaten aufgeführt war. Schon daraus ergibt sich, daß die VO nicht die Regelung des Vermögens feindlicher Ausländer im Auge hatte, sondern anderen Zwecken diente. Die VO bezog sich auch nicht allein auf Polen polnischer Staatsangehörigkeit; diesen gleichgestellt waren Angehörige der ehem. Freien Stadt Danzig, soweit sie polnischer Volkszugehörigkeit waren. Die Freie Stadt Danzig gehörte jedoch nicht zu den Feindstaaten. Außerdem spricht die VO stets nur von Angehörigen des „ehemaligen" polnischen Staates. Dieser wird offenbar als nicht mehr bestehend, und seine Angehörigen werden nicht mehr als Feinde des Deutschen Reiches angesehen. Auch diese Umstände lassen erkennen, daß die VO vom 17. 9. 1940 nicht gegen polnische Staatsangehörige als Angehörige eines Feindstaates gerichtet war. Die Voraussetzungen des Art. 1 I S. 2 und Art. 2 V REG sind daher nicht gegeben. Vielmehr ergibt sich, daß die VO vom 17. 9. 1940 gegen die Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates mit Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit zum polnischen Volkstum erlassen worden ist und damit zu den verschiedenen damals gegen Polen erlassenen Ausnahmegesetzen gehört, so daß eine ungerechtfertigte Entziehung aus Gründen der Nationalität anzunehmen ist. Dabei ist es unerheblich, ob den Antrst. unzulässigerweise ihre polnische Staatsangehörigkeit entzogen worden ist, und ob die VO gegen das Völkerrecht verstößt. Diese VO und die auf Grund derselben getroffenen AOen und Maßnahmen richten sich außerdem auch in besonderem Maße gegen Angehörige der jüdischen Rasse. Sie unterwirft neben flüchtigen und nicht nur vorübergehend abwesenden Personen die Juden im Gegensatz zu den übrigen Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates besonders strengen Maßnahmen insofern, als bei ihnen die Beschlagnahme des Vermögens zwingend vorgeschrieben ist, während die Beschlagnahme sonst nur angeordnet werden kann, und auch nur dann, wenn besondere Voraussetzungen gegeben sind. Sie gilt überhaupt nicht für solche Personen, die auf Grund des Erlasses über die Gliederung und Verwaltung der Ostgebiete vom 8. 10. 1939 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. Außerdem können die zuständigen Stellen weitere Ausnahmen zulassen. Die AO vom
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7./30. 6. 1941 bezeichnet darüber hinaus die Antrst. ausdrücklich als Juden und läßt damit erkennen, daß sie gerade im Hinblick auf die Rassenzugehörigkeit der Brüder B. erlassen worden ist. Der Verlust des Grundstücks stellt sich damit eindeutig als eine aus Gründen der Nationalität und der Rasse ungerechtfertigte Entziehung im Sinne des Art. 2 I b REG dar, die den Antrg. als jetzigen Eigentümer des entzogenen Grundstücks zur Rückerstattung verpflichtet." 4 8 . Eine ungerechtfertigte Entziehung eines einem Ausländer gehörenden Grundstückes liegt nicht vor, wenn der auf Antrag der Regierung eingesetzte Abwesenheitspfleger in ordnungsmäßiger Erfüllung seiner Aufgaben den Verkauf des Grundstücks vorgenommen hat, wofür der Antragsgegner die Beweislast hat. — Jüdische Ausländer können ihren Rückerstattungsanspruch neben Art. 2 auch auf Art. 3 des REG (brit. Zone) stützen. — REG (brit. Zone) Art. 1, 2, 3; VO über die Abwesenheitspfleger vom 11. 10. 1939 § 4; VO über die Behandlung norwegischen, niederländischen, belgischen und luxemburgischen Vermögens vom 30. 5. 1940, Art. II. Board of Review, Herford, Entsch. vom 22. 5. 1953 — BOR 52/432: NJW/RzW 4 (1953) 320 mit Anm. von Burckhardt. Die Antrst. sind Juden, die während der fraglichen Zeit in Holland gelebt haben; sie sind holländische Staatsangehörige auch damals gewesen. Die Antrst. sind die Erben ihrer Mutter, die in E. ein Grundstück besaß. Auf Antrag des Regierungspräsidenten bestellte das AG in E. einen Abwesenheitspfleger auf Grund des § 4 VO über die Abwesenheitspfleger vom 11. 10.1939 (RGBl. 1939 I S. 2026) und Art. I I der VO über die Behandlung norwegischen, niederländischen, belgischen und luxemburgischen Vermögens vom 30. 5.1940 (RGBl. 19401S. 82) in Verbindung mit § 1 DVO vom 18.10.1939 (RGBl. 1939 I S. 2057). Im Oktober 1941 verkaufte der Abwesenheitspfleger das Grundstück für 14 000 RM. 1950 RM davon übernahm der Käufer in Hypotheken; der Rest wurde in bar an den Notar gezahlt. Von diesem Restbetrag ist heute noch ein Betrag von 9805,02 RM bei der Kreissparkasse E. auf einem Konto vorhanden. Die Antrst. begehren Rückerstattung. Die W K hat diesem RE-Antrag entsprochen. Die W K ist der Ansicht, daß der Abwesenheitspfleger den Grundstücksverkauf nicht in ordnungsmäßiger Erfüllung seiner Aufgaben vorgenommen habe; die Interessen der Antrst. hätten es erfordert, das Grundstück zu erhalten und nicht zu verkaufen; daran ändere auch nichts die Tatsache, daß die Antrst. sich selbst um einen Verkauf bemüht hätten. Darüber hinaus und von der Frage der Pflegschaft ganz abgesehen seien die Antrst. — als die wirklichen Verkäufer auf Grund des von dem Pfleger durchgeführten Kaufgeschäftes —, da sie Juden sind, berechtigt, sich auf die Vermutung der ungerechtfertigten Entziehung des Art. 3 I b REG zu berufen. Die W K war der Auffassung, daß, selbst wenn man die Angemessenheit des Kaufpreises und die Frage der freien Verfügung unbeachtet läßt, sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme ergeben,
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daß die Antrst. auch ohne die Herrschaft. des Nationalsozialismus das Grundstück veräußert hätten. Die Vermutung der ungerechtfertigten Entziehung sei daher nicht widerlegt und die Antrst. seien sowohl nach Art. 3 als auch nach Art. 2 V zur RE berechtigt. Auf die sofortige Beschw. des Antrst. hat das OLG den Beschluß der WK aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen. Das OLG sagte, das Grundstück sei Feindvermögen gewesen, und weder die maßgeblichen VO noch die Bestellung des Pflegers hätten diesem die Verfügung über das Grundstück verboten. Die WK sei davon ausgegangen, daß die Antrst. selbst Verkaufsverhandlungen veranlaßten, habe diesem Umstand anscheinend keine Bedeutung beigemessen, weil den Antrst. daran gelegen gewesen sei, den Verkauf durch einen Mann ihres Vertrauens und nicht durch einen amtlich bestellten und beauftragten Pfleger durchführen zu lassen, bei dem das öffentliche Interesse im Vordergrund gestanden habe. Wenn die Antrst. jedoch unabhängig von dem Pfleger Verkaufsverhandlungen eingeleitet und soweit zum Abschluß gebracht haben, daß der Pfleger lediglich die notarielle Beurkundung des Vertrages und die Auflassung vorzunehmen hatte, dann könnten sie jetzt nicht geltend machen, er habe ihren Wünschen nicht entsprochen und seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt. Das OLG sagte weiter, der Pfleger habe auch dann in ordnungsmäßiger Erfüllung seiner Aufgaben gehandelt, wenn der Verkauf tatsächlich nicht dem wirklichen Willen der Antrst. entsprochen haben sollte, sondern sich unter dem Zwange der damaligen Verhältnisse ergeben hat. Was die Vermutung der ungerechtfertigten Entziehung anbetrifft, so hielt das OLG zumindest die Möglichkeit einer Widerlegung f ü r gegeben; es liege zumindest eine mangelhafte Aufklärung vor, die eine erneute Prüfung erfordere, ob der Verkauf auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus stattgefunden hätte und ob der Kaufpreis angemessen und frei vereinbart war. Die Antrst. haben gegen den Beschluß des OLG die Entscheidung des Board nachgesucht. Aus den Gründen: „Nach unserem Dafürhalten ist die Auffassung des OLG hinsichtlich des Verfahrens vor der WK berechtigt. Das fragliche Grundstück wurde deswegen unter Pflegschaft gestellt, weil die Antrst. als feindliche Ausländer galten. Art. 2 V REG bestimmt, daß unter derartigen Umständen die Verfügung hierüber durch einen Pfleger als ungerechtfertigte Entziehung gilt, es sei denn, daß der Pfleger sie in ordnungsmäßiger Erfüllung seiner Aufgaben vorgenommen hat. Die WK hat zutreffend festgestellt, daß die Last des Beweises auf Grund dieses Absatzes die Antrst. trifft. Wir sind jedoch der Auffassung, daß diese Beweislast automatisch als erfüllt gilt, wenn dargetan werden kann, daß bei dem ganzen Rechtsgeschäft der Pfleger lediglich seine formelle Zustimmung zum Abschluß eines Vertrages gab, über den die Antrg. selbst verhandelt hatten. Die Gründe f ü r den Abschluß derartiger Verhandlungen scheinen für Art. 2 V
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nicht erheblich zu sein. Die Antrst. hätten es zweifelsohne vorgezogen, den Verkauf durch jemanden, der ihr Vertrauen genoß, als durch den amtlich bestellten Pfleger durchführen zu lassen. Wenn sie aber wirklich einen Verkauf wollten, dann kann man nicht sagen, daß der Pfleger durch Durchführung des Verkaufs seine Aufgabe nicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Wir befinden uns jedoch in denselben Schwierigkeiten wie das OLG, denn die WK hat über die Richtigkeit der Behauptung, daß über den Verkauf von den Antrst. selbst verhandelt worden sei, keine Feststellungen getroffen. Die WIv sollte nach unserem Dafürhalten die Behauptung der Antrg. prüfen, daß der Pfleger lediglich zu den von den Antrst. bereits unternommenen Schritten seine Zustimmung erteilt habe. Falls die WK feststellen sollte, daß dies wirklich der Fall war, dann dürfte die Vermutung des Art. 2 V REG wohl als widerlegt anzusehen sein. Bezüglich der Vermutung nach Art. 3 I b liegt die Sache für die Antrst. vielleicht günstiger. Die bloße Tatsache, daß die Antrst. sich bereits vor 1933 um den Verkauf des Grundstücks bemühten, den von ihnen gewünschten Preis jedoch nicht erhielten, genügt allein nicht, um darzutun, daß der Verkauf auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus stattgefunden hätte. Es könnte wohl sein, daß die Nichterlangung eines bestimmten Preises vor 1933 zu einer Änderung der Absichten der Antrst. bezüglich des Grundstücks hätte führen können. Zwischen den angeblichen Verkaufsbemühungen vor 1933 und dem tatsächlichen Verkauf 1941 scheint jedoch eine Lücke zu bestehen. Die WK scheint die Behauptungen der Antrg. nicht geprüft zu haben, daß die Antrst. das Grundstück weiterhin hätten verkaufen wollen, weil es zu verfallen drohte und weil sie den Erlös in ihr Geschäft in Holland stecken wollten. Ob die Antrst. zwischen 1933 und 1941 wirklich irgendwelche Verkaufs versuche unternommen haben, ist uns und soweit ersichtlich, der WK nicht bekannt. Das Vorliegen derartiger Verkaufsversuche könnte jedoch ein Anhaltspunkt dafür sein, daß ein Verkauf auf jeden Fall erfolgt wäre. Falls die WK zu dem Schluß gelangt, daß der Verkauf auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus stattgefunden hätte, dann wird es, wie das OLG sagte, auch die Frage der freien Verfügung und der Angemessenheit des Kaufpreises prüfen müssen. Die im Augenblick vorhandenen Unterlagen scheinen nicht auszureichen, einen Schluß bezüglich der Frage der freien Verfügung zuzulassen. Es ist nicht klar ersichtlich, aus welchen Gründen ein erheblicher Teil des Kaufpreises bei der Kreissparkasse in E. verblieb. Das Geld mag aus diskriminierenden oder aus nichtdiskriminierenden Gründen gesperrt gewesen sein. Es kann auch sein, daß es den Antrst., die schon vor 1931 ausgewandert waren, jederzeit frei stand, das Geld zu transferieren. Im Ergebnis müssen wir aber dem OLG zustimmen, daß die WK ihre Aufklärungspflicht gemäß § 12 FGG nicht genügend erfüllt hat. Wir sind der Ansicht, daß die Zurückweisung durch das OLG aus diesem Grund berechtigt war." 4 9 . Juden österreichischer Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in Österreich sind hinsichtlich ihres Vermögens in Deutschland zum mindesten seit dem 11. 7. 1936 als kollektivverfolgt anzusehen. — REAO (Berlin) Art. 3.
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KG (West), Entsch. vom 3. 2. 1953 — 15/3 W 3685/52: NJW/RzW 4 (1953) 124. Aus den Gründen: „Zu entscheiden ist die Frage, die das LG in Übereinstimmung mit den Gründen im Beschluß des KG Berlin vom 30. 4. 1952 — 3 W 440/52 in NJW/RzW 1952, 381 1 — verneint, ob im vorl. Falle ein österreichischer Jude, der im Zeitpunkt der Entziehung seinen Wohnsitz in Wien hatte, hinsichtlich seines in Deutschland befindlichen Vermögens am 5. 1. 1937 als kollektivverfolgt anzusehen war. Diese Frage ist im Gegensatz zum LG zu bejahen. Der Senat vermag sich insbesondere nicht der Begründung des 3. Senats in der oben angeführten Entscheidung anzuschließen. Das LG verneint zunächst die obige Frage zu Unrecht aus der Erwägung heraus, daß die Gruppe der ausländischen Juden nie überhaupt zum deutschen Kulturkreis gehört hätte und deshalb gar nicht von ihm hätte ausgeschlossen werden können. Das Gesetz (Art. 3 REAO) spricht von einem Personenkreis in seiner Gesamtheit — vom LG Gruppe genannt — nur im Zusammenhang mit der Absicht des Ausschlusses. Es sagt also nicht, daß diese Gruppe als solche dem Kulturkreis habe angehören müssen, was das LG prüft und zur tragenden Begründung seiner Entscheidung macht. Dieser Standpunkt ist auch begrifflich nicht zu rechtfertigen. Denn eine Kultur eines Landes ist gerade die von den Entstehungsursachen losgelöste Gesamtheit der philosophischen, religiösen, künstlerischen und allgemeinen Lebensauffassung eines Volkes. Sie kann gar nicht nachträglich hinsichtlich der Ursache ihres Werdens auf einzelne Gruppen des Volkes abgestellt werden. Diese einleitende Begründung des LG hat also im Gesetz keine Grundlage und ist begrifflich nicht zu rechtfertigen. Zu prüfen bleibt also, da die Zugehörigkeit der Gruppe keine Bedeutung haben kann, ob österreichische Juden mit dem Wohnsitz in Wien zum Kulturkreis Deutschlands gehört haben. Die Frage ist f ü r deutschsprechende Juden dieser Art zu bejahen. Zunächst ist dazu klarzustellen, daß die Begrenzung des Kulturkreises eines Landes wie Deutschland, dessen Grenzen sich nicht mit denen seines Volkstums decken, nicht auf die politischen Grenzen abgestellt werden kann. Dies ist um so weniger möglich, als es hier auf die Absicht des Nationalsozialismus ankommt, und dessen Ideologie gerade Österreich als zu Deutschland gehörig betrachtete, war schließlich auch mit dieser Begründung politisch verwirklicht. Die deutschsprechenden österreichischen Juden haben auch so namhafte Vertreter des deutschen Kulturkreises wie Schnitzler, Mahler, Schoenberg, Stefan Zweig gestellt, daß es den Gegebenheiten zuwiderläuft davon auszugehen, daß sie nicht zum deutschen Kulturkreis gehört hätten. Zu prüfen ist dann, ob es beabsichtigt war, diese Gesamtheit der österreichischen Juden seitens der deutschen Regierung oder der NSDAP durch 1
Siehe oben Nr. 43.
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ihre Maßnahmen von dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen. 1. Bei dieser Erörterung ist davon auszugehen, daß also die Absicht des Ausschlusses genügte und erforderlich ist. Dazu wird auf die Entscheidung des Board of Review vom 1. 10. 1951, BOR 51/99, NJW/RzW 1952, 18 Bezug genommen. Es ist also nicht erforderlich, daß das Ergebnis eindeutig gewährleistet war. Es mußte nur die Absicht durch Maßnahmen erkennbar sein. Diese Gesetzesbestimmung bedeutet zunächst, daß eine rein theoretische Auffassung nicht genügen würde. Es müssen Maßnahmen gegeben sein, die diese Absicht erkennen lassen. Wenn der 3. ZS in diesem Zusammenhang prüft, welche Verordnungen oder Gesetze dafür zu verwenden seien, so erschöpft dies die gesetzliche Regelung nicht. Einmal sind als Subjekte, deren Absicht maßgebend ist, der Staat und die NSDAP genannt. Letztere konnte keine Gesetze oder allgemein gültige Verordnungen erlassen, mag sie auch die Gesetzgebung durch Anträge beeinflußt haben. Es würde also dem Gesetz nicht entsprechen, wenn man als solche Maßnahmen im Sinne des Gesetzes nur kodifiziertes Recht ansehen würde. Außerdem wird diese Auffassung auch dem Wesen des totalitären Staates nicht gerecht. Dessen Gesetzgebung ist eine Frage der Taktik, wie weit die Absicht mit Rücksicht auf außenpolitische Machtverhältnisse realisiert werden kann. Die maßgebende Absicht besteht aber auch, wenn sie noch nicht gesetzlich geregelt ist. Es besteht dann in einem totalitären Staat keine Möglichkeit, etwaige gesetzliche Übergriffe, sofern sie der maßgebenden Absicht entsprechen, zu ahnden. Als Maßnahmen im Sinne des Gesetzes müssen deshalb auch andere Tatsachen gewertet werden als kodifiziertes Recht. 2. Es steht nun fest, daß die NSDAP nach der Machtergreifung das Auftreten ausländischer Juden als ausübende Künstler nicht mehr geduldet hat. Ebenso erstreckte sich die Verbrennung von Schriftwerken besonders auf Erzeugnisse aus diesen Kreisen. Dem Gericht ist dies aus eigener Erinnerung bekannt. Es ist deshalb davon auszugehen, daß ausländische Juden nach der Absicht der NSDAP vom kulturellen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden sollten und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Absicht vorlagen. 3. Zu prüfen ist dann, ob die gleiche Absicht auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Ausschlusses gegeben war, da das LG mit Recht davon ausgeht, daß beide Voraussetzungen vorliegen müssen. In diesem Zusammenhang stimmt das Gericht der Auffassung von Czapski (vgl. NJW/RzW 1953, 61) aus eigener Wahrnehmung zu, daß ausländische Vertreter der jüdischen Rasse von deutschen Firmen nach dem Willen der NSDAP von ihrer Tätigkeit ausgeschlossen wurden und deutsche Firmen von der Verbindung mit ausländischen jüdischen Firmen abgehalten wurden. Dazu kommt, daß das Gesetz zum Ausgleich bürgerlich-rechtlicher Ansprüche vom 13. 12. 1934 (RGBl. 1934 I S. 1235) mit seiner Beseitigung der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Festlegung eines Anspruchs für Tumultschäden mit der Begrenzung, daß dieser Ausgleich gesunden Volks-
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empfinden entsprechen müsse, eine klare Diskriminierung auch der ausländischen Juden bedeutete. Wenn Juden nicht ausdrücklich genannt sind, so ist doch klar, daß die Wirkung des Gesetzes sich vor allem auf Juden, die solche Schäden erlitten hatten, erstreckte und eine Ausnahme zugunsten von ausländischen Juden nicht vorgesehen war. Auch in wirtschaftlicher Beziehung ist also davon auszugehen, daß die Absicht des Ausschlusses der ausländischen Juden beabsichtigt war und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Absicht vorlagen. 4. Den oben erwähnten Entscheidungen des LG und des 3. ZS ist nur darin beizutreten, daß eine Wirkung der Absicht der Verfolgung nicht festgestellt werden kann, wenn die Staatsangehörigkeit des ausländischen Juden die Verfolgung gegen ihn ausschloß. Wenn also der Staat, dem der Verfolgte angehörte, die Macht auch gegenüber dem Deutschen Reich hatte, seine Angehörigen vor dieser Bedrohung zu schützen, konnte diese Absicht nicht verwirklicht werden. Der nationalsozialistische Staat hat aber, sobald er die Macht hatte, d. h. nach den Eroberungen des zweiten Weltkrieges, die ausländischen Juden in Dänemark, Norwegen, Holland, Belgien und Frankreich dort genau so verfolgt, wie die deutschen Juden in Deutschland. Daraus ergibt sich, daß die Absicht der Verfolgung gegen die Juden in ihrer Gesamtheit ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit bestand. Im vorliegenden Fall ist die Frage darauf abzustellen, ob ein österreichischer Jude in Wien am 5. 1. 1937 hinsichtlich seines in Deutschland befindlichen Vermögens verfolgt war. Bei Beurteilung dieser Frage kann nicht außer Betracht bleiben, daß wenige Zeit später der Nationalsozialismus nach dem Anschluß die österreichischen Juden vernichtet hat. Nicht wesentlich ist die Frage, ob diese damals in Österreich verfolgt waren. Denn in dem zu erörternden Fall handelt es sich um das in Deutschland befindliche Vermögen, das von Maßnahmen ergriffen sein konnte, wenn auch in Österreich selbst überhaupt keine Verfolgung stattfand. Am 25. 7. 1934 war der österreichische Kanzler Dollfuß bei einem nationalsozialistischen Putsch ermordet worden, weil seine Politik den Anschluß verhindern wollte. Die nachfolgenden Regierungen haben diese Politik fortzuführen versucht, ohne den Anschluß des Jahres 1938 verhindern zu können, nachdem Italien sich Deutschland so weit genähert hatte, daß seine ursprüngliche Gegnerschaft gegen den Anschluß nicht mehr wirksam war. Das Abkommen vom 11. 7. 1936 (Wortlaut vgl. Franz Langoth, Kampf um Österreich, Verlag Wolsermühl Wels, S. 214) stellt zwar formell das eigenstaatliche Leben Österreichs klar, dieses bekennt sich aber grundsätzlich als deutscher Staat. Vor allem wurden ausgesprochene Nationalsozialisten wie Seyß-Inquart in wesentliche staatliche Stellen berufen. Das Abkommen bedeutet trotz seiner äußeren Formulierung einen beachtlichen Durchbrach des nationalsozialistischen Gedankengutes, so daß von diesem Zeitpunkt an die an sich in der Ideologie des Nationalsozialismus liegende Bedrohung von Juden auch in Österreich sich zu konkretisieren begann. Es ist deshalb im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die an sich gegebene Kollektivbedrohung des Verkäufers des Grundstücks bestand."
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50. Die Einziehung des Bankguthabens und der Wertpapiere der jüdischen Verfolgten stellt eine schwere Entziehung dar; dem Rückerstattungsantrag ihrer Erben muß stattgegeben werden. Polnische Staatsangehörige jüdischen Volkstums, die ihren Wohnsitz in Italien hatten, wurden 194-1 staatenlos (siel). Die erbrechtlichen Verhältnisse nach einem staatenlosen Erblasser, der seinen letzten Wohnsitz in Italien hatte, müssen unter Anwendung italienischer Kollisionsnormen beurteilt werden (sie!). Ist der Erblasser in einem deutschen KZ verstorben, so ist nach Art. 29 EGBGB das polnische Recht, das an seinem Geburtsort galt, anzuwenden (sie!). — EGBGB Art. 29; REG (am. Zone) Art. 1, 2, 30; ital. ZGB 1942 Art. 23, 29, 718, 1292, 1314. WK beim LG Bayreuth, Beschl. vom 15. 10. 1953 — III WKv 1811/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Verfolgten S. und J. D., letzte geb. R., waren Juden und früher polnische Staatsangehörige, ab 1941 staatenlos. S. D. ist am 1. 10. 1880 in Lemberg geboren und hatte seinen letzten deutschen Wohnsitz in Bamberg, wo er ein Textilgeschäft betrieb. Er wanderte mit seiner Frau nach Italien aus und wurde am 5. 4. 1944 mit ihr von Mailand deportiert. Seither sind keine Nachrichten mehr von ihnen an ihre Angehörigen gekommen. Die Antrst. behaupten, sie seien die alleinigen Kinder aus der Ehe der Verfolgten und daher ihre Erben je zur Hälfte. Ihre Eltern hätten bei verschiedenen Banken in Bamberg Konten unterhalten und Wertpapiere deponiert. Die Guthaben und Wertpapiere seien vom Deutschen Reich eingezogen worden. Die Antrst. beantragen daher festzustellen, daß das Deutsche Reich zur Schadensersatzleistung dafür verpflichtet ist. Der Antrg. beantragt Zurückweisung des Antrags. Die Verfolgten seien nicht als Juden, sondern als polnische Staatsangehörige verfolgt worden. Daher seien die Vermögenswerte auch der Haupttreuhandstelle Ost, Sonderabteilung Altreich, überwiesen worden. Im übrigen sei die Anmeldung wegen der Bankguthaben und Wertpapiere nicht ordnungsmäßig erfolgt... Die Antrst. weisen demgegenüber darauf hin, daß die Polen von 1939 an in einer Weise verfolgt worden seien, die weit über das Maß des nach internationalem Recht Üblichen und Zulässigen hinausgegangen sei. Zudem sei der Verfolgte auch schon vor dem Kriege als Jude verfolgt worden. Die Antrst. haben je eine eidesstattliche Versicherung vom 20. 2. 1953 vorgelegt, aus der das Schicksal der Verfolgten S. und seiner Frau sowie die Abstammungsverhältnisse hervorgehen. Es sind folgende Bankauskünfte erholt worden . . . Dem Rückerstattungsantrag war gemäß Art. 1, 2, 30 REG stattzugeben, da die Einziehung des Bankguthabens und der Wertpapiere der jüdischen Verfolgten Eheleute D. eine schwere Entziehung durch das ehemalige Deutsche Reich darstellt. Im einzelnen ist auf folgendes hinzuweisen: 1. Durch die eidesstattlichen Versicherungen der Antrst. U. und H. D. ist deren Aktivlegitimation dargetan. Aus dieser eidesstattlichen Versicherung 12 Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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ergibt sich, daß ihre Eltern in Mailand wohnten und von dort im April 1944 deportiert wurden. Damals war der von der deutschen Armee noch besetzte Teil Italiens kein souveräner Staat mehr, sondern ein von Deutschland besetztes Gebiet, so daß die erste Voraussetzung zur Anwendung des Art. 51 REG gegeben ist (gleicher Ansicht Godirt, Anm. 1 zu Art. 51 REG). Weiter haben die Antrst. eidesstattlich versichert, daß seit der Deportation ihrer Eltern ihnen keine Nachrichten über ihr Fortleben zugegangen sind, ihr Aufenthaltsort ist seit dem 8. 5. 1945 unbekannt. Daher besteht die gesetzliche Vermutung, daß sie am 8. 5. 1945 verstorben sind. Erben der Verfolgten sind nach dem weiteren Inhalt der eidesstattlichen Versicherung die Antrst. je zur Hälfte geworden, da sie ihre ehelichen Kinder sind und weitere eheliche Kinder nicht vorhanden waren und Frau D. gleichzeitig mit dem Erblasser verstorben ist. Dies ergibt sich aus Art. 566 Cc. Das italienische Recht ist als Recht des Aufenthaltsortes in diesem Falle nämlich anzuwenden, da S. und J. D. ihre polnische Staatsangehörigkeit 1941 verloren h a t t e n 1 und staatenlos geworden waren, vgl. Art. 29 Cc vom 16. 3. 1942, zitiert nach Bergmann, Internationales Eheund Kindschaftsrecht, und Gegenschluß aus Art. 23 Cc 2. Aber selbst wenn man annehmen würde, daß S. D. mit seiner F r a u nicht innerhalb Italiens deportiert worden ist, sondern in ein deutsches KZ kam und daher Art. 29 Cc möglicherweise nicht zur Anwendung kommen kann, so würde gemäß Art. 29 EGBGB das polnische Recht zur Anwendung kommen 3 und dies wäre bei S. D. Geburtsort Lemberg und dem Geburtsjahr 1880 das österreichische Recht, vgl. Raape in Staudinger, Bd. VI Anm. E I 2 zu Art. 29 EGBGB und nach diesem sind die Antrst. auch Miterben je zur Hälfte, §§ 731, 732 ABGB. Bei Anwendung des italienischen Rechts sind die Antrst. als Miterben nicht zur gesamten Hand berechtigt, sondern gemäß den Art. 718, 1341, 1292 Cc k a n n jeder Miterbe einer solchen Schadensersatzforderung wie hier die Befriedigung f ü r seinen Teil verlangen, und das Deutsche Reich als Schuldner m u ß nur den auf den einzelnen Miterben treffenden Anteil bezahlen. Daher ist das Deutsche Reich verpflichtet, den Antrst. je zur Hälfte f ü r die Entziehungen Schadensersatz zu leisten. Zu diesen Feststellungen war die Kammer nach einhelliger Rechtsprechung befugt. Sie kann — soweit Erbscheine noch nicht vorgelegt werden können — selbständig über den Tod eines Verfolgten und die erbrechtlichen Folge1 Der Beschluß sagt nicht, aus welchem Grund die Erblasser im Jahre 1941 die polnische Staatsangehörigkeit verloren haben. Da nach polnischem Recht kein Grund zum Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit vorlag, darf vermutet werden, daß das Gericht auf polnische Juden die 11. VO zum Reichsbürgergesetz vom 25. 11. 1941 angewendet hat, die nur auf deutsche Staatsangehörige Anwendung finden konnte. 2 Gemeint sind die Art. 23 und 29 der dem ersten Buch des Codice civile vorangestellten „Bestimmungen über das Gesetz im allgemeinen". Ein deutsches Gericht hat jedoch deutsche und nicht italienische Kollisionsnormen anzuwenden. 3 Der Beschluß hat die neue Fassung des Art. 29 EGBGB (RGBl. 1938 I, S. 380) übersehen.
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rungen aus der Feststellung des Todes entscheiden, vgl. BGHZ 1, 9; BayerObLG vom 13. 5. 1952, Inf. Brief d. B L V W Nr. 152 . . . " 51. Ein DP verliert seinen Wiedergutmachungsanspruch nicht dadurch, daß er nach erfolgter Auswanderung wieder zurückkehrt. — EntschG § 6. OLG München, Beschl. vom 15. 5. 1953 — W — EG 142/52: NJW/RzW 4 (1953) 286. Aus den Gründen: „Ohne Rechtsirrtum hat die Kammer die Vorschriften der § 6 I Ziff. 3 EntschG, § 6 I I Ziff. 2 HEVO so ausgelegt, daß es nur darauf ankomme, daß der Kl. in der Absicht, das Land endgültig zu verlassen, von Bayern aus nach dem 31. 12. 1946 ausgewandert sei, daß es aber nicht mehr darauf anzukommen habe, ob er später wieder nach Bayern zurückgekommen sei. Richtig ist, daß der gesetzliche Tatbestand im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muß. Irrig ist aber die Meinung des Beschwf., daß der Tatbestand des Ausgewandertseins deshalb nicht vorliege, weil der Kl. im Zeitpunkt der Entscheidung wieder in das Land Bayern zurückgekehrt war. Ausgewandert ist der Kl. tatsächlich bereits im März 1949. Damit ist der Tatbestand des § 6 II Ziff. 2 der HEVO erfüllt, jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall die Auswanderung in der ernstlichen Absicht erfolgt war, endgültig das Land Bayern zu verlassen. Diese Absicht des Kl. hat die Kammer tatsächlich und für den Senat bindend festgestellt. Die aus gesundheitlichen Gründen entgegen der bei der Auswanderung vorliegenden Absicht erfolgte Rückkehr des Kl. kann diesen vollzogenen Tatbestand nicht rückwirkend aufheben. An dieser rechtlichen Beurteilung ändert nichts der dem Gesetzgeber offenbar vorschwebende Gedanke, die Entschädigung nur solchen DP zukommen zu lassen, die sich entweder in bestimmter Frist in die Wirtschaftsordnung des Landes eingegliedert hatten, oder die nach dem 31. 12. 1946 endgültig auswanderten. Denn die Entschädigung wird auch solchen DP gewährt, die von Bayern aus nach dem 31. 12. 1946 „auswandern" (§ 6 aaO). Wenn der Gesetzgeber auch schon solchen „auswandernden" DP die Entschädigung zubilligt, so hat er dabei auch schon die ernstliche Auswanderungsabsicht genügen lassen und das Risiko in Kauf genommen, daß solche DP später wieder nach Bayern zurückkehren könnten. Wenn der Gesetzgeber schon solchen DP die Entschädigung gewährt, die ernstlich im Begriff stehen, auszuwandern, so muß die Entschädigungsberechtigung eines DP, der die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, erst recht gegeben sein, wenn ein solcher DP tatsächlich bereits ausgewandert ist in der ernstlichen Absicht, das Land endgültig zu verlassen (s. a. OLG München, 13. 6. 1952, W — WG 14/52; ebenso LG Stuttgart, 28. 1. 1951, EGR 978, und 16. 10. 1951, EGR 1085)." 5 2 . Nimmt der vom polnischen Gericht bestellte Abwesenheitspfleger seine Anmeldung zurück, weil die Berechtigten nicht polnische Staatsange12 *
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hörige waren, so hat dies nicht den Verlust ihrer Ansprüche zur Folge. — REG (am. Zone) Art. 56; REG (brit. Zone) Art. 48. OLG München, Beschl. vom 29. 7. 1952 — Wi 203/52: NJW/RzW 4 (1953) 6. Aus den Gründen: „Es kann dahingestellt bleiben, ob die Bestellung des zunächst den REAnspruch anmeldenden Dr. G. zum Abwesenheitspfleger f ü r die Berechtigten durch das polnische Gericht rechtswirksam war oder nicht. Dr. G. war jedenfalls, da er nur f ü r polnische Staatsangehörige als Abwesenheitspfleger im RE-Verfahren handeln wollte und sollte, nicht befugt, f ü r die Berechtigten, die nicht polnische Staatsangehörige waren, einen RE-Antrag zu stellen. Er war zur Anmeldung des RE-Antrags nicht berechtigt und steht einem „vermeintlich Berechtigten" im Sinne des Art. 56 IV REG gleich, so daß seine Anmeldung zugunsten der wahren Berechtigten, der Antrst., wirkte. Während Art. 56 IV amerik. REG von dem „vermeintlich Berechtigten" spricht, läßt die entsprechende Bestimmung des Art. 48 IV brit. REG die Anmeldung eines Anspruchs durch einen Nichtberechtigten zugunsten des wahren Berechtigten wirken. Diese textliche Abweichung zwischen den beiden REGen bedeutet aber keinen sachlichen Unterschied (siehe Harmening-Hartenstein-Osthoff, REG, Anm. 1 zu Art. 48 brit. REG; Kubuschok-Weißstein, Allgemeines zu Art. 48 REG). Es ist daher mit der Kammer — wenn auch aus anderen Rechtsgründen — davon auszugehen, daß die Anmeldung seitens des Dr. G. zugunsten der Antrst. wirkte. Rechtsirrig ist daher aber die Ansicht der Kammer, die Rücknahme der Anmeldung seitens des Dr. G. habe f ü r die Antrst. den Verlust ihrer Ansprüche zur Folge. Da Dr. G., wie ausgeführt, an sich nicht zur Anmeldung der Ansprüche des Antrst. berechtigt war, konnte seine Anmeldung auf Grund des Art. 56 III REG zwar die Ansprüche der Antrst. wahren, er konnte aber nicht mehr mit Rechtswirksamkeit f ü r sie die Anmeldung zurücknehmen, ohne hierzu von den Berechtigten ausdrücklich ermächtigt zu sein. Eine Zustimmung oder Genehmigung der Berechtigten lag unbestritten nicht vor. Sowohl dem Art. 56 IV amerik. REG als auch dem im wesentlichen gleichlautenden Art. 48 brit. REG liegt die Tendenz zugrunde, RE-Ansprüche nicht an formalen Schwierigkeiten scheitern zu lassen. Diese Bestimmung ist daher möglichst weitherzig auszulegen. Wenn schon die rechtzeitige Anmeldung dieses Nichtberechtigten oder vermeintlich Berechtigten die WG-Ansprüche der nicht rechtzeitig anmeldenden wahren Berechtigten zur Entstehung gelangen lassen soll, so wäre es mit dem Willen des Gesetzgebers nicht vereinbar zuzulassen, daß die Rücknahme einer solchen Anspruchsanmeldung durch den Nichtberechtigten oder vermeintlich Berechtigten diese Ansprüche der wahren Berechtigten wieder sollte zunichte machen können. Im übrigen gibt eine vernünftige, dem Willen des Erklärenden entsprechende Auslegung der Erklärung des Dr. G., daß dieser den RE-Antrag
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nur deshalb zurücknahm, weil sich nachträglich herausstellte, daß die Berechtigten nicht die polnische Staatsangehörigkeit besitzen. Seine Erklärung ging in Wirklichkeit nicht dahin, daß den Berechtigten das materielle Recht zur Geltendmachung des RE-Anspruchs fehle, sondern nur dahin, daß er sich nicht mehr berechtigt hielt, deren Interessen weiter zu vertreten. Durch die „Zurücknahme" des Antrags, die damit motiviert wurde, daß die Aufrechterhaltung der Abwesenheitspflegschaft gegenstandslos geworden war, wollte Dr. G. nicht die durch die Anmeldung bereits erworbenen Rechte der Antrst. wieder zunichte machen, sondern nur f ü r die Zukunft es diesen überlassen, ihre Ansprüche selbst weiter zu betreiben. Nur eine solche Auslegung kann der „Rücknahmeerklärung" des Dr. G. gerecht werden (§ 133 BGB). W a r dies aber sein Wille, so kann in seiner Erklärung eine rechtswirksame Zurücknahme des RE-Antrags nicht erblickt werden, selbst wenn man ihn als den rechtmäßigen Vertreter des Antrst. erachten würde." 5 3 . Die Beschwerdefrist der IRSO beträgt, da sie ihren Sitz im land hat, drei Monate. — REG (am. Zone) Art. 68.
Aus-
OLG München, Entsch. vom 21. 7. 1951 — W i 193/51: N J W / R z W 2 (1951) 319. Aus den Gründen: „Die I R S O hat ihren Sitz in N e w York. Bei juristischen Personen kommt es f ü r die Frage, ob f ü r sie die Beschwerdefrist nach Art. 68 I I REG einen Monat oder drei Monate beträgt, im allgemeinen darauf an, ob sie ihren Sitz im Inland oder im Ausland haben. Denn der Gedanke dieser Vorschrift ist der, daß ein Beschwf., der im Ausland seinen Wohnsitz hat, im Hinblick auf mögliche Rückfragen, Informationen und Weisungen eine längere Beschwerdefrist braucht. Nachdem nun das zuständige IRSO-Office in wichtigen Zweifelsfällen sich an die Hauptstelle in N e w Y o r k wenden muß, kann es nicht auf den Sitz des zuständigen IRSO-Office hier ankommen; vielmehr bleibt f ü r die Frage der Dauer der Beschwerdefrist der Sitz der I R S O in N e w Y o r k maßgebend. Für die Antrst. gilt daher nach Art. 68 I I REG die Beschwerdefrist von drei Monaten." 5 4 . Die Jewish Trust Corporation (JTC) hat ihren Sitz ausschließlich im Ausland (London) und ist daher als „Ausländerin" zu betrachten. Ihr steht nach dem REG eine dreimonatige Beschwerdefrist zur Verfügung. OLG Köln, Entsch. v o m 28. 1. 1953 — (1953) 109.
7 R W 249/52: N J W / R z W 4
Aus den Gründen: „Die Beschwerde ist erst nach Ablauf der für Inländer geltenden einmonatigen, aber noch vor Ablauf der f ü r Ausländer geltenden dreimonatigen Beschwerdefrist eingegangen. Die Frage der Rechtzeitigkeit hängt also davon ab, ob die Antrst. als Inländerin oder als Ausländerin zu betrachten ist. Die Antrg. ist der Meinung, die Antrst. habe zwar ihren Hauptsitz in Lon-
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don, sie unterhalte jedoch Zweigstellen mit eigener Entschließungsfreiheit in Deutschland und müsse sich daher wie jeder Inländer behandeln lassen. Die Antrst. dagegen betrachtet sich als Ausländerin, denn ihr Sitz befinde sich in London, in Deutschland unterhalte sie nur „Zweigbüros", die nicht mit eigener Entschließungsbefugnis ausgestattet seien, sondern jeweils nach Fühlungnahme mit den leitenden Stellen in London nach deren Anweisungen zu handeln hätten. Die Streitfrage ist zugunsten der JTC zu entscheiden. I m gleichen Sinne hat das OLG München in N J W / R z W 51, 319 1 f ü r die amerik. I R S O mit Sitz in N e w Y o r k entschieden. Nach Auffassung des Senats ist die Frage der freien oder nicht freien Entschließungsmöglichkeit der in Deutschland errichteten Zweigbüros der JTC ebensowenig entscheidend wie etwa die größere oder geringere Vertretungsbefugnis inländischer Bevollmächtigter ausländischer Privatpersonen. Ausschlaggebend ist vielmehr allein der „Sitz" der JTC im Sinne des Vereinsrechts. Die JTC ist auf Grund des englischen „Companies Act 1948" am 23. 6. 1950 als Gesellschaft englischen Rechts errichtet worden. Nach Art. 1 I und I I der 7. D V O zum REG ist die JTC als Treuhandgesellschaft i. S. des Art. 8 REG bestellt worden und unterliegt „allein Vorschriften des deutschen Rechts über Organisation, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen". Hiernach bestehen keine Bedenken, für die JTC die deutschen Vereinsvorschriften heranzuziehen. Danach bestimmt die Satzung den Sitz des Vereins. In der Satzung der JTC aber ist als Sitz nur London bestimmt, w o übrigens auch im Sinne des § 24 BGB ihre Verwaltung geführt wird. Auch wenn man einen mehrfachen Sitz beim Verein f ü r möglich hält, so genügt dafür noch keinesfalls die Unterhaltung von — noch so selbständig arbeitenden —• Zweigbüros. Die JTC hat demnach keinen mehrfachen Sitz, vor allem nicht in Deutschland. Sie ist demnach auch im Rahmen des Art. 60 Abs. 2 REG als ausländische Gesellschaft zu behandeln. Ihr stand daher eine dreimonatige Beschwerdefrist zur Verfügung, so daß ihre Beschwerde rechtzeitig i s t . . . . " 5 5 . Die Anmeldung eines RE-Ansptuchs ist jedenfalls dann rechtzeitig wie erfolgt, wenn sie bis zum 15. 8. 1949 bei einer franz. Zentralbehörde, dem Offlee des Biens et Intérêts Privés, einer Dienststelle des franz. Außenministeriums, vorgenommen worden ist. — R E V O 120 (franz. Zone) Art. 13. OLG Koblenz, Entsch. v o m 7. 11. 1952 — 3 W r 71/52: N J W / R z W 4 (1953) 25. Aus den Gründen: „Der Einzelrichter der W K kommt zutreffend zu dem Ergebnis, daß die Kl. im vorliegenden Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte. Insbesondere ist ihm darin beizupflichten, daß die Anmeldung des RE-Anspruchs durch Sch. bei dem Office des Biens et Intérêts Privés in Paris im Januar 1948 als rechtzeitige Inanspruch1
Siehe vorige Nr.
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nähme des Grundstücks im Sinne des Art. 13 VO 120 anzusehen ist. Zwar mußte der Restitutionsanspruch in der franz. Zone grundsätzlich fristgemäß im Wege der Klage bei der W K geltend gemacht werden. Der Senat hat jedoch in ständiger Rspr. — und zwar in Übereinstimmung mit der im Justizblatt Nr. 24 vom 15. 12. 1949 mitgeteilten Note des franz. Oberkommissars vom 17. 11. 1949 über die Auslegung der REVO — auch eine bis zum 15. 8. 1949 erfolgte bloße Anmeldung des Anspruchs bei den Zentralmeldeämtern der brit. und amerik. Zone als fristwahrend i. S. der VO 120 anerkannt. Dieselben Gründe, die für diese Rspr. im wesentlichen maßgebend sind, lassen es auch als unbedenklich erscheinen, die Anmeldung eines RE-Anspruchs jedenfalls dann als fristwahrend anzusehen,' wenn die Anmeldung — wie im vorliegenden Fall — vor dem 15. 8. 1949 bei einer franz. Zentralbehörde der Vermögenskontrolle wie dem Office des Biens et Intérêts Privés, einer Dienststelle des franz. Außenministeriums, vorgenommen worden ist. Dies entspricht auch der Auslegung, die die franz. Militärregierung der von ihr erlassenen RVO in ihrer — auch der Kl. bekannten — Note vom 11. 5. 1949 gegeben hat." 56. Die Anmeldung von RE-Ansprüchen bei einem ausländischen Kreditinstitut genügt nicht zur Wahrung der Klagefrist. Die in der Entscheidung des OLG Koblenz vom 7. 11. 1952 — 2 Wr 71152 —1 ausgesprochene Anerkennung der fristwahrenden Wirkung einer Anmeldung bei einer Dienststelle des franz. Außenministeriums erfolgte ausnahmsweise. OLG Koblenz, Entsch. vom 5. 1. 1953 — W r 128/52: NJW/RzW 4 (1953) 266 (nur Leitsätze). 57. Juden mit einer während der Zeit des Nationalsozialismus erworbenen ausländischen (hier der niederländischen) Staatsangehörigkeit sind auch nach ihrer Auswanderung nicht ohne weiteres aus dem Kreise der Kollektiv-Verfolgten ausgeschieden. — REG (brit. Zone) Art. 3. OLG Hamm, Entsch. vom 15. 12. 1953 — 13 Rw 298/53: NJW/RzW 5 (1954) 41. Aus den Gründen: „Nach Art. 3 I b REG wird als ungerechtfertigte Entziehung vermutet die „Veräußerung von Vermögensgegenständen durch jemanden, der zu einem Personenkreis gehörte, den in seiner Gesamtheit die deutsche Regierung der NSDAP durch ihre Maßnahmen aus den Gründen des Art. 1 vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsichtigte". Danach muß eine bestimmte Absicht vorgelegen haben, wobei nicht übersehen werden darf, daß es nicht einer in der Gesetzgebung manifestierten Absicht der deutschen Regierung bedarf, sondern daß auch die hervorgetretene Absicht der NSDAP genügt; und weiter muß gefordert werden, daß diese Absicht nicht ein bloßes Fernziel der politischen Gewalten in Deutschland gewesen ist, sich vielmehr schon in Ansätzen zu den dies1
Siehe oben Nr. 55.
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bezüglichen Maßnahmen gezeigt hat. Der vom Gesetzgeber in erster Linie gemeinte Personenkreis sind ersichtlich die Juden. Es fragt sich nun, ob alle Juden in der ganzen Welt in den Genuß der Entziehungsvermutung gelangen können, oder ob diese auf Juden deutscher Staatsangehörigkeit beschränkt ist, oder ob, wenn letzteres nicht der Fall ist von den Juden mit ausländischer Staatsangehörigkeit ein Teil und welcher in Frage kommt. Daß die vom Nationalsozialismus betriebene Judenverfolgung sich nicht auf die Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit beschränkt hat, bedarf keiner Darlegung. Die diesbezüglichen Tatsachen sind allgemein bekannt. Anderseits konnte der Nationalsozialismus der Natur der Sache nach nur diejenigen Juden aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands ausschließen wollen, die als Teilnehmer an diesem Leben überhaupt in Frage kamen. Bezüglich der Juden mit ausländischer Staatsangehörigkeit muß daher im einzelnen Falle geprüft werden, ob sie Beziehungen zu Deutschland hatten, welche der Nationalsozialismus vernichten wollte. Diese Frage bejaht sich ohne weiteres bei denjenigen Juden, welche in Deutschland ansässig waren. Sie mußten aber auch für diejenigen Juden mit ausländischer Staatsangehörigkeit bejaht werden, welche, hätte der Nationalsozialismus sie daran nicht gehindert, vorhandene Beziehungen zu deutschem Leben weitergepflegt hätten. Auch sie konnten, ohne daß dies begrifflich zu verneinen wäre, aus dem „kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands" ausgeschlossen werden. Es steht fest, daß die kulturellen „Abwehrmaßnahmen" des Rassenhasses vor keinem ausländischen Juden haltgemacht haben. In den wirtschaftlichen Maßnahmen hat man sich allerdings je nach der Staatsangehörigkeit des betreffenden Juden gewisse Beschränkungen auferlegen müssen. Aber auch hier gingen die Absichten ohne Zweifel auf völlige Ausmerzung des jüdischen Elementes. Diese Absichten haben auch bereits in tatsächlichen (Geschäftsboykott usw.) und rechtlichen Maßnahmen ihren Ausdruck gefunden. Die WK stellt selbst (zutreffend) fest, daß die AnmeldeVO vom 26. 4. 1938 und die VO über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3. 12. 1938 auch Juden fremder Staatsangehörigkeit betrafen. Es mag nun sein, daß aus außenpolitischen Erwägungen mittels der DVO vom 18. 6. 1938 auf die Anmeldung des Vermögens der Auslandsjuden vorerst verzichtet worden ist. Auf diese Weise konnte es geschehen, daß jüdisches Eigentum, wie im Falle der Antrst., unangetastet blieb, wenn der Eigentümer keine Verfügungen vornahm. Wollte er aber Verfügungen vornehmen, so unterlag er, wie auch die Antrst. im vorliegenden Falle, sogleich der diskriminierenden Behandlung auf Grund der Einsatzverordnung. Er war also in der Ausübung seiner Eigentumsrechte keineswegs frei. Die Absicht, ihn nicht nur vom kulturellen, sondern auch vom wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen, war also jedenfalls in der EinsatzVO bereits gesetzgeberisch niedergelegt. Im vorliegenden Falle liegen die Beziehungen der Antrst. zum deutschen Leben auf der Hand. Sie war mit ihrer Familie von Jugend auf in Deutschland ansässig, und auch ihr späterer Ehemann war, wenn auch holländischer Staatsangehöriger, in Deutschland geboren und hatte dort offenbar einen Beruf ausgeübt. Nach der Lebenserfahrung muß mit Sicherheit an
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genommen werden, daß beide Deutschland nicht verlassen hätten, wenn die Judenverfolgung sie nicht dazu veranlaßt hätte. Die kulturellen Bindungen der Antrst. an Deutschland ergaben sich aus ihrer Muttersprache, und wirtschaftlich war sie auch nach der Auswanderung durch ihr zurückgelassenes Vermögen mit dem Inland verbunden. Damit gehörte die Antrst. auch nach der Auswanderung noch zum deutschen Lebenskreis, aus welchem sie ausgeschlossen werden konnte und, wie dargelegt, mit den übrigen Juden auch ausgeschlossen werden sollte. Zutreffend weist die Beschwf. weiter darauf hin, daß sie, hätte sie nicht auch Holland rechtzeitig verlassen, wahrscheinlich dem Schicksal eines großen Teils der holländischen Juden im Kriege anheimgefallen wäre. Mit Recht sieht die Antrst. darin den stärksten Beweis dafür, daß sie keineswegs, wie die WK meint, mit dem Erwerb der holländischen Staatsangehörigkeit aus dem Kreis der rassisch Verfolgten ausgeschieden ist. Wenn ihr, wie das Schicksal ihrer in Holland verbliebenen Rassegenossen beweist, die in Deutschland maßgebenden Gewalten, insbesondere die NSDAP, auch nach diesem Zeitpunkt noch nach dem Leben trachteten, so läßt sich die Ansicht nicht vertreten, die Antrst. habe nach ihrer Heirat bzw. nach ihrer Auswanderung nicht mehr „aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands ausgeschlossen" werden sollen. Übrigens unterscheidet sich die vorliegende Sache von dem vom KG (3. Senat) in NJW/RzW 1952, 381 1 entschiedenen Fall, auf welchen die WK sich bezieht, dadurch, daß in jenem Falle der Berechtigte bereits vor Beginn der „maßgeblichen" Zeit (30. 1. 1933) Ausländer mit WTohnsitz im Auslande war. Wenn auch den vom KG daraus hergeleiteten Folgerungen kaum überall beizustimmen sein dürfte (vgl. auch KG vom 3. 2. 1953, NJW/ RzW 1953, 124 2 ), so macht es doch einen Unterschied, ob ein Jude, wie im vorliegenden Falle, erst durch den Nationalsozialismus zur Auswanderung aus Deutschland veranlaßt worden ist, oder ob er von der Rassenverfolgung ganz unberührt geblieben ist, weil er schon vor der „Machtübernahme" im Auslande wohnte. Die WK ist selber der Auffassung, daß die Antrst. bis zum Erwerb der holländischen Staatsangehörigkeit als deutsche Jüdin verfolgt war. Es läßt sich nun kaum der Nachweis führen, daß die spätere Veräußerung von Grundstücken durch ausgewanderte Juden nicht ihre Ursache in der Verfolgung gehabt hat. Man muß daher zu dem Ergebnis kommen, daß Veräußerungen durch KollektivVerfolgte auch dann der Entziehungsvermutung des Art. 3 I b REG unterliegen, wenn man die Ansicht vertreten zu können glaubt, die KollektivVerfolgung habe in einem bestimmten Zeitpunkt aufgehört. Als Ausfluß der Kollektiv-Verfolgung muß eine Veräußerung der vorliegenden Art, zumal wenn es sich um alten Familienbesitz handelt, nach der Lebenserfahrung immer angesehen werden. Wenn demgegenüber vom Pflichtigen geltend gemacht wird, die Veräußerung sei gar nicht durch Verfolgung bedingt, so ist es der Sachlage nur angemessen, daß er den Nachweis führt, 1 2
Siehe oben Nr. 43. Siehe oben Nr. 49.
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daß das Geschäft auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre. (Art. 3 I I I REG)." 58. Der Nachzahlungsanspruch aus einem in Schweizer Franken erfolgten Verkauf eines später kriegszerstörten Grundstücks muß in Schweizer Franken berechnet werden. — REG (am. Zone) Art. 16. W K Stuttgart, Entsch. vom 24. 9.1952 — RestS 4313 (1291): NJW/RzW4 (1953) 68. Aus den Gründen: „Die Kammer hat von der rechtlichen Beurteilung des OLG auszugehen, wonach der angemessene Frankenpreis zur Zeit der Entziehung zu ermitteln und gegebenenfalls eine Nachzahlung in Franken anzuordnen ist. Hierbei hat sich die Kammer den Ausführungen des OLG in seinem Beschluß vom 7. 6. 1951, Rest S 317 (381) Sen. 11 angeschlossen, die lauten: „Bei der Frage des angemessenen Kaufpreises im Falle eines Verkaufs von Iniandbesitz gegen Devisen können nicht freie Reichsmark —• die es praktisch so gut wie nicht gab — und ausländische Währung einander gegenübergestellt und der Kurs verglichen werden, sondern in allen diesen Fällen müssen die jeweiligen Sperrmarkkurse weitgehend berücksichtigt werden. Welcher Preis angemessen ist, ist nach Art. 3 I I I zu prüfen. Ein Verkaufslustiger wird in der Regel zur Annahme des Betrags bereit sein, den er in freier Währung im Ausland direkt mindestens in einer solchen Höhe erhält, die er beim Verkauf seines Hauses im Inland und Transfer des Erlöses erhalten hätte." Bei Verkauf im Inland hätten die Antrst. günstigenfalls 115 600 RM erhalten. Wäre es ihnen gelungen, sofortige Barzahlung zu erhalten und den Betrag sogleich zu transferieren, so hätten sie, von Spesen abgesehen, das Auswanderersperrguthaben zum Kurs von 31,8 °/o transferieren können, also für 36 761 RM Franken zum amtlichen Kurs erwerben können, d. h. bei einem Kurs von 81 RM für 100 Franken 45 328 Franken. Verkauft haben die Antrst. aber für 43 000 Franken. Somit haben die Antrst. 2328 Franken weniger als den angemessenen Preis erhalten. Es war nun weiterhin zu ermitteln, was in solchen Fällen und im besonderen vorliegenden Falle irgendein beliebiger Kauflustiger zu zahlen bereit war und ob nicht der Antrst. weniger als solch ein beliebiger Kauflustiger bezahlt hat. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß sich besondere Richtlinien oder Gebräuche in der Schweiz nicht herausgebildet haben, daß vielmehr auf den einzelnen Fall abzustellen ist. Direktor W . von der T. AG, die, wie der Kammer aus anderen Fällen bekannt ist, mehrere solche Transaktionen durchgeführt hat, weshalb dieser Zeuge immerhin eine Erfahrung in der Frage hat, bekundete, der Kurs der Kreditsperrmark sei für den Schweizer Käufer maßgebend gewesen. Diese wurde im März 1936 durchschnittlich zum Kurs von 33,4 °/o gehandelt. Bei diesem Kurs hätten also für 38 610 RM Franken zum amtlichen Kurs erworben werden können (bei dem Verkaufspreis von 115 600 DM). Dies entspricht bei dem Kurs
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von 100 sfrs. für 81 RM einem Frankenbetrag von 47 666, gegenüber den bezahlten 43 000 Franken, also 4666 Franken mehr. Die Kammer ist nun der Auffassung, daß in Anbetracht der verschiedenen Ergebnisse der Rechnung mit Auswanderersperrmark, die für die Verkäufer, und Kreditsperrmark, die für die Kalkulation des Käufers eine Rolle spielte, aus den beiden Differenzbeträgen von 2328 und 4666 Franken der Durchschnitt genommen werden muß, der 3497 Franken beträgt. Dieser Betrag ist der Unterschied zwischen dem erlangten und dem angemessenen Entgelt nach Art. 16. . . . " 5 9 . Für ein in Deutschland gelegenes Grundstück, welches gegen ausländische Währung verkauft worden ist, kann der angemessene Kaufpreis nur in deutscher Währung ermittelt werden. — REG (brit. Zone) Art. 13. OLG Hamm, Entsch. vom 14. 8. 1953 — 13 R W 107/53: NJW/RzW 4 (1953) 359. Aus den Gründen: „Die Beschwerde muß so verstanden werden, daß der Beschwf. mit der Bewertung des gezahlten Kaufpreises von 35 000 Gulden zum amtlichen Kurs von 1938 auf 47 250 RM und der Gegenüberstellung dieses Betrages mit dem zu ermittelnden angemessenen RM-Kaufentgelt einverstanden ist. In der Tat ist etwas anders auch gar nicht möglich. Insbesondere kann für ein in Deutschland gelegenes Grundstück ein angemessener Kaufpreis in ausländischer Währung nicht ermittelt werden. Der Senat vermag sich in dieser Hinsicht dem Vorgehen der W K Stuttgart 1 (NJW/RzW 53, 68), welche für ein gegen Schweizer Franken veräußertes Grundstück den angemessenen Kaufpreis in Schweizer Währung glaubt feststellen zu können, nicht anzuschließen. Des weiteren wäre es im vorliegenden Falle aber auch nicht angebracht, die gezahlten 35 000 Gulden statt nach dem amtlichen Devisenkurs nach irgendwelchen Sperrmarkkursen in RM zu bewerten. Allerdings hätten die 35 000 Gulden für einen Ausländer, der sie 1938 in Deutschland hätte verkaufen und den Erlös im Inland hätte anlegen können, nach Sperrmarkkursen einen erheblich höheren Wert gehabt. Für 35 000 Gulden hätte ein solcher Ausländer damals vermutlich mehr als 100000 RM an Sperrmark erlösen können. Diese Möglichkeit kam für den Antrst. jedoch nicht in Frage, weil das Kaufgeld eben nicht zur Anlage in Deutschland, welche einem Juden überhaupt nicht möglich und für den Antrst., da er auswandern wollte, auch untunlich war, bestimmt war, sondern für ihn nur die Kaufkraft hatte, welche dem Guldenbetrag in Holland zukam. . . . " 60. Veräußert ein Verwalter für feindliches Vermögen ein von ihm verwaltetes Grundstück, so liegt eine Entziehung nicht vor, wenn die Veräußerung wirtschaftlich angezeigt war, ein angemessenes Entgelt gezahlt und dieses als dem Inhaber des verwalteten Vermögens gehörig behandelt 1
Siehe vorige Nr.
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wurde. — VO f ü r die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940; franz. Dekret vom 1. 9. 1939 über die Anmeldepflicht f ü r feindliches Vermögen und dessen Stellung unter Zwangsverwaltung. OLG Frankfurt, Entsch. vom 17. 7. 1953 — 2 W 427/51: NJW/RzW 4 (1953) 281. Aus den Gründen: „Das LG hat die Zurückweisung auf die Erwägung gestützt, daß die Einsetzung eines Verwalters f ü r feindliches Vermögen ebensowenig wie im vorliegenden Fall die Veräußerung des Grundstücks durch den Verwalter eine Entziehung i. S. des REG ist. Dies ist nicht zu beanstanden. Schon im ersten Weltkrieg haben die kriegführenden Staaten feindliches Eigentum unter Verwaltung gestellt und teilweise liquidiert, wobei der Erlös als dem Eigentümer weitergehörend behandelt worden ist (vgl. Leske-Löwenfeld, Die Rechts Verfolgung im internationalen Verkehr, Bd. VI, 4. Teil Abschnitt: Fuchs, Die Beschlagnahme, Liquidation und Freigabe deutschen Eigentums im Ausland (1929) 11. Auch im zweiten Weltkrieg war es allgemein üblich, feindliches Eigentum unter Verwaltung zu stellen. So hat z. B. das Deutsche Reich dies geregelt in der Verordnung für die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940 (vgl. Beschl. der Cour supérieure pour les restitutions Rastatt, NJW/RzW 1952, 187) 1 und Frankreich in dem „Dekret vom 1. 9. 1939 über die Anmeldepflicht f ü r Feindvermögen und dessen Stellung unter Zwangsverwaltung" (abgedruckt in „Deutsches Vermögen im Ausland, herausgegeben vom Bundesministerium f ü r Justiz, Abschnitt „Frankreich" S. 157). Es war aber auch allgemein üblich, im Rahmen der Verwaltung feindlichen Vermögens unter gewissen Umständen dessen Veräußerung zuzulassen. Die auf Grund der VO vom 15. 1. 1940 ergangene AV des Reichsjustizministers vom 20. 6. 1940 (DJ 1940, 728) sieht in Ziff. 21 ausdrücklich die Veräußerung von Grundstücken vor, falls ihr der Reichskommissar vorher ausdrücklich zugestimmt hat. Krieger-Hefermehl, Behandlung feindlichen Vermögens (1942) Anm. zu § 12 der DVO vom 15. 1. 1940 weisen darauf hin, daß die Erhaltung des verwalteten Vermögens in manchen Fällen geradezu die Verwertung erfordert. Auch Frankreich hatte die Möglichkeit der Veräußerung vorgesehen. In Art. 8 des erwähnten Dekretes vom 1. 9. 1939 heißt es unter anderem: „Le séquestre doit prendre toutes les mesures, que comporte la sauvegarde du patrimoine séquestré", und: „II peut en outre, après autorisation du président . . . accomplir tous les actes dépassant des pouvoirs d'administration." Ferner besagt die Verordnung der vorläufigen Regierung der französischen Republik vom 5. 10. 1944 in ihrem Art. 9 (übersetzt in „Deutsches Vermögen im Ausland", herausgegeben vom Bundesministerium f ü r Justiz, S. 163) : „Die Sequestration gestattet alle Maßnahmen einer ordentlichen Verwaltung. Verderbliche oder der Entwertung ausgesetzte Gegenstände und solche, deren Liqui1
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 439 c.
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dation im allgemeinen Interesse nötig ist, können in der Form der Verwertung von beweglichem Staatseigentum veräußert werden." Man wird daher davon ausgehen können, daß eine Veräußerung, wenn sie, vom Standpunkt einer vernünftigen Verwaltung aus betrachtet, vor allem wirtschaftlich angezeigt erscheint, zudem ein angemessenes Entgelt gezahlt und als dem Inhaber des verwalteten Vermögens gehörend behandelt wird, eine Maßnahme darstellt, „die unter anerkannten Regeln des internationalen Rechts üblicherweise gegen Vermögen von Staatsangehörigen feindlicher Länder zulässig" ist (Art. 1 I S. 2 REG)." 61. Die gegen einen Juden polnischer Staatsangehörigkeit auf Grund der VO vom 17. 9. 1940 getroffenen Maßnahmen stellen eine Verfolgung aus den Gründen des Art. 1 REG dar. — REG (am. Zone) Art. 1; VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates § 22; VO über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940. OLG Frankfurt, Entsch. vom 13. 3. 1953 — 2 W 570/52: NJW/RzW 4 (1953) 225. Aus den Gründen: „Die VO vom 17. 9. 1940 (RGBl. 1940 I S. 1270) bestimmt in ihrem § 22 I (c), daß die VO über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940 (RGBl. 1940 I S. 191) unberührt bleiben soll mit der Maßgabe, daß Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates, die im Gebiet eines feindlichen Staates Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben, nach der VO vom 17. 9. 1940 zu behandeln ist, wenn sich das Vermögen im Reichsgebiet befindet. Dies spricht dafür, daß man unter jenen Voraussetzungen die Angehörigen des polnischen Staates, mochten es Juden sein oder nicht, anders behandeln wollte als die Angehörigen anderer, im Kriege mit Deutschland befindlicher Länder, also einer Ausnahmebehandlung unterwarf, von welcher zweifelhaft sein kann, ob sie sich in dem Rahmen der Maßnahmen hielt, welche nach anerkannten Regeln des internationalen Rechts im Kriege allgemein üblich waren. Darüber hinaus aber hat die VO vom 17. 9. 1940 die polnischen Staatsangehörigen jüdischer Rasse eindeutig noch strengeren Maßnahmen unterworfen als die übrigen Polen. Denn für Juden hat § 2 I (a) der VO die Beschlagnahme zwingend vorgeschrieben. Ferner hat § 22 I (e) der VO ausdrücklich angeordnet, daß die VO vom 3. 12. 1938 über den Einsatz jüdischen Vermögens (RGBl. 1938 I S. 1709) mit der Maßgabe unberührt bleibt, daß die Beschlagnahme und Anordnung der kommissarischen Verwaltung auf Grund der VO vom 17.9. 1940 nicht stattfindet, wenn es sich um jüdisches Vermögen handelt, dessen Veräußerung dem jüdischen Eigentümer bereits bei Inkrafttreten der VO vom 17. 9. 1940 auf Grund der §§ 1 bis 6 der VO vom 3. 12. 1938 aufgegeben war, und daß dabei der Verkaufserlös eingezogen werden könne; ferner daß es der Zustimmung zu einer Veräußerung durch den kommissarischen Verwalter gem. § 15 der VO vom 17. 9. 1940 nicht bedarf, soweit
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bereits die Genehmigung durch die VO vom 3. 12. 1938 über den Einsatz jüdischen Vermögens vorgeschrieben war. Demnach sollten auch Juden polnischer Staatsangehörigkeit den Maßnahmen der Judenverfolgung unterworfen sein, von denen nicht jüdische Polen nicht betroffen wurden, und darüber hinaus wurden bereits verfügte konkrete Verfolgungsmaßnahmen gegen Juden (z. B. die Aufgabe zur Veräußerung) anerkannt. Die Vorschrift, daß der Verkaufserlös eingezogen werden könne, bedeutet eine weitere Schlechterstellung der Juden polnischer Staatsangehörigkeit gegenüber anderen Polen, bei denen § 9 der VO vom 17. 9. 1940 zwar auch die Möglichkeit der Enteignung aus bestimmten Gründen gab, aber eine Entschädigung wenigstens vorgesehen werden sollte. Unter diesen Umständen bestehen keine Bedenken, wenn das LG davon ausgegangen ist, daß die auf Grund der VO vom 17. 9. 1940 gegen die Antrst. getroffenen Maßnahmen eine Verfolgung aus den Gründen des Art. 1 REG darstellen (ebenso u. a. OLG Frankfurt 2 W 228/51, Beschl. vom 9. 10. 1951; OLG Schleswig, NJW/RzW 1952, 237 a. A. OLG Stuttgart, NJW/ RzW 1952, 161 2 )." 62. Hat eine Entziehung ausländischer Wertpapiere stattgefunden, so wurde diese durch die später in Kraft getretene allgemeine Anbletungspflicht solcher Wertpapiere nicht wieder beseitigt. Die Erfassung ausländischer Wertpapiere aus devisenwirtschaftlichen Gründen stellt keine Enteignung im Sinne des Art. 18 REG dar. — REG (am. Zone) Art. 1, 2, 18, 30. OLG Frankfurt, Entsch. vom 19. 6. 1953 — 2 W 428/52: NJW/RzW 4 (1953) 347. Aus den Gründen: „Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, daß dem Ehemann der Antrst. ausländische Wertpapiere entzogen wurden. Der Ehemann der Antrst. ist durch Verf. des Regierungspräsidenten in Wiesbaden vom 28. 7. 1938 aufgefordert worden, die Wertpapiere der Reichsbank anzubieten und auf deren Erfordern zu verkaufen. Auf Grund dieser Verfügung des Regierungspräsidenten sind die Wertpapiere dann veräußert worden. Im Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung bestand eine allgemeine Anbletungspflicht noch nicht. Diese wurde vielmehr erst durch das Gesetz über die Devisenbewirtschaftung vom 12. 12. 1938 und — in noch erweitertem Umfang —• durch die 2. DVO zu diesem Gesetz vom 16. 3. 1939 begründet. Die Verfügung des Regierungspräsidenten stützt sich auch nicht auf devisenrechtliche Bestimmungen, sondern auf § 7 der VO über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. 4. 1938. Dadurch wird deutlich, daß dem Rechtsvorgänger der Antrst. die Wertpapiere aus Gründen des Art. 1 REG entzogen wurden; wobei es in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben kann, ob es sich um eine Wegnahme durch Staatsakt im Sinne des 1
Siehe oben Nr. 47.
2
Siehe oben Nr. 46.
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Art. 2 I b REG gehandelt hat oder ob die Entziehung durch Abschluß eines Rechtsgeschäfts durchgeführt wurde. Letzteres wäre als ein gegen die guten Sitten verstoßendes Rechtsgeschäft anzusehen im Sinne des Art. 2 I a REG. In beiden Fällen ist das Vorliegen einer schweren Entziehung zu bejahen. Der Antrg. bestreitet auch nicht mehr, daß eine Entziehung stattgefunden habe. Sein Einwand, im Hinblick auf die später erlassene allgemeine Anbletungspflicht sei er zur Wiederbescliaffung nicht verpflichtet, sondern nur zum Ersatz der in der Zwischenzeit entgangenen Nutzungen, geht fehl. Hat nämlich eine Entziehung vorgelegen, so wurde diese durch die später in Kraft getretene allgemeine Anbletungspflicht nicht wieder beseitigt. Ist aber das Vorliegen einer schweren Entziehung zu bejahen, so ist der Antrg. zur RE in Natur oder gemäß Art. 30 REG zur Wiederbeschaffung gleichartiger Wertpapiere bzw. zum Geldersatz verpflichtet. Der Antrg. stützt offensichtlich seine gegenteilige Ansicht auf die Lehre der sogenannten hypothetischen Kausalität. Der Senat vermag sich dem nicht anzuschließen, sondern hält an dem vom RG entwickelten Kausalitätsbegriff fest, wie er u. a. in der Entscheidung RGZ 141, 369 dargelegt wurde. Dort verweist das RG auf die vom Senat für zutreffend erachteten Ausführungen Oertmanns, der hervorhebt, es habe nicht der zweite Umstand den ersten, sondern der erste den zweiten gehindert, für den Verlust der Sache ursächlich zu werden. Dies bedeutet für vorliegenden Fall: Nicht die spätere allgemeine Anbletungspflicht hat verhindert, daß die Wertpapiere infolge der Entziehung dem Rechtsvorgänger der Antrst. verlorengingen, sondern die Entziehung hat verhindert, daß die Papiere evtl. später von der allgemeinen Anbletungspflicht erfaßt wurden. Trotz der später in Kraft getretenen allgemeinen Anbletungspflicht ist also der Antrg. zur RE bzw. zur Wiederbeschaffung oder zum Geldersatz der entzogenen Wertpapiere verpflichtet. Auch der Hinweis der Reschw. des Antrg. auf Art. 18 REG geht fehl, und zwar deshalb, weil eine nach der Entziehung erfolgte Zwangsenteignung im Sinne des Art. 18 REG nicht vorliegt. Der Antrg. meint, die Erfassung ausländischer Wertpapiere aus devisenwirtschaftlichen Gesichtspunkten sei eine Enteignung im Sinne der genannten Bestimmung. Dies ist jedoch nicht richtig. Art. 18 REG befaßt sich vielmehr mit der Enteignung im technischen Sinne auf Grund von Enteignungsgesetzen. Ein solches Enteignungsgesetz sind aber die Devisenbestimmungen nicht. . . . " 6 3 . Auch eine im Ausland erfolgte Unrechtshandlung kann eine Entziehung sein, auf die das REG anzuwenden ist. Neben den Gerichtsständen der belegenen Sache und des Entziehungsortes stehen die Gerichtsstände des Wohnsitzes des Schuldners und der unerlaubten Handlung. — REG (am. Zone) Art. 1, 2, 14, 30; ZPO § 18, 32; EntschG § 15; 11. V O zum ReichsbürgerG. OLG Frankfurt, Entsch. vom 24. 10. 1952 — 2 W 75/52: N J W / R z W 4 (1953) 97. Der Antrst. hat früher in Frankfurt gewohnt und ist von dort wegen der Judenverfolgung nach Belgien ausgewandert. Er behauptet, während der
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Besetzung Belgiens im letzten Krieg hätten deutsche Dienststellen in Belgien seine Briefmarkensammlung im Werte von 4500 Dollar beschlagnahmt. Die Sammlung sei dann nach Deutschland verbracht worden, jedoch könne er über ihren Verbleib keine näheren Angaben machen. Er verlangt vom Reich Rückerstattung. Aus den Gründen: „Der Gesetzgeber kann im Ausland erfolgte Unrechtshandlungen der deutschen Gerichtsbarkeit unterstellen. So gibt das EntschG Anspruch auf Entschädigung auch wegen im Ausland erlittener Verfolgungsschäden an der Freiheit (vgl. § 15 EntschG). Es fragt sich, ob der Gesetzgeber des REG die Rückerstattung auch in den Fällen gewollt hat, in welchen Vermögensgegenstände im Ausland entzogen worden sind. Diese Frage ist f ü r den vorliegenden Fall zu bejahen. Das REG enthält keine Beschränkung seines räumlichen Geltungsbereiches. In Art. 1 REG ist angeordnet, daß eine Entziehung aus Gründen der Nationalität sich nicht auf Maßnahmen erstreckt, die unter den anerkannten Regeln des internationalen Rechts üblicherweise gegen das Vermögen von Staatsangehörigen feindlicher Länder zulässig sind. Der letzte Weltkrieg hat gelehrt, daß derartige Maßnahmen nicht selten gerade in den besetzten Gebieten des Auslandes getroffen worden sind. Wenn der Gesetzgeber — angesichts dieser ihm offensichtlich bekannten Tatsache — die nach den anerkannten Regeln des internationalen Rechts üblichen Maßnahmen ausnimmt, ohne dabei einen Unterschied zu machen, ob sie innerhalb oder außerhalb des Reichsgebietes erfolgt sind, so spricht dies dafür, daß er diesen Unterschied auch nicht bei den Maßnahmen machen will, die nach den anerkannten Regeln des internationalen Rechts nicht üblich sind. Es würde unvereinbar sein mit dem in Art. 1 REG ausgesprochenen Grundsatz der Wiedergutmachung „im größtmöglichen Umfang", wollte man die Rückerstattung z. B. versagen in einem Fall, in welchem der Verfolgte heute in der amerik. Zone noch Möbel oder Wertgegenstände vorfindet, die ihm im Ausland durch deutsche Stellen weggenommen worden sind, nachdem er diese Sachen ins Ausland gebracht hatte, um sie vor dem Zugriff seitens der mit der Durchführung der Judenverfolgung beauftragten Behörden zu retten. Es besteht auch kein Zweifel daran, daß der Gesetzgeber des REG gewollt hat, daß die WG-Organe der amerik. Zone auf eine Entziehung im Ausland das Recht der amerik. Zone anwenden. Es können dafür u. a. die Vorschriften herangezogen werden, welche die Zuständigkeit der WGOrgane der amerik. Zone regeln. Die Unterwerfung unter die Vorschriften über die Zuständigkeit bringen allerdings gewisse Grenzen für die Möglichkeit, Ansprüche auf Rückerstattung wegen Entziehung im Ausland vor den WG-Organen der amerik. Zone geltend zu machen. Denn nach diesen Vorschriften ist f ü r die Zuständigkeit erforderlich, daß der Fall diejenigen rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zu dem Gebiet der amerik. Zone aufweist, an deren Vorliegen das Gesetz die Zuständigkeit knüpft. Nach § 1 VO vom 2. 9. 1948 ist die W-Behörde desjenigen Bezirks zuständig, in welchem sich der entzogene Gegenstand befindet. Jedoch läßt
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sich, wie das LG bedenkenfrei festgestellt hat, nicht nachweisen, daß die dem Antrst. in Belgien entzogene Briefmarkensammlung jemals in das Gebiet der amerik. Zone gelangt ist. Nach § 4 der genannten VO ist, falls der Gerichtsstand der belegenen Sache nicht gegeben ist, die W-Behörde desjenigen Bezirks zuständig, in welchem sich der festgestellte oder vermutliche Entziehungsort befindet. Der vom LG festgestellte Sachverhalt würde jedoch weder die Feststellung noch die Vermutung rechtfertigen, daß der Entziehungsort im Gebiet der amerik. Zone gelegen ist, etwa in dem Sinne, daß die Wegnahme schon in Deutschland begonnen und in Belgien vollendet worden ist. Nach Art. 2 I und Art. 14 REG besteht die Entziehung auf Seiten des Verfolgten in der Einbuße des Vermögensgegenstandes und auf seiten des Entziehers in der Erlangung der Eigentümerstellung hinsichtlich dieses Gegenstandes. Die generellen Anordnungen und die Kollektivmaßnahmen, welche die Grundlage f ü r die Wegnahme jüdischen Vermögens bildeten, enthielten noch nicht den Beginn des Entziehungstatbestandes, weil durch den Erlaß jener Anordnungen und durch jene Kollektivmaßnahmen weder der Antrst. eine Einbuße erlitten, noch das Reich die Eigentümerstellung an der Briefmarkensammlung erlangt hat, sofern nicht ihre Wegnahme auf Grund der 11. VO zum RBG geschah, welche nach ständiger Rspr. des Senats den Verlust des Vermögens unmittelbar zur Folge hatte, ohne daß es eines konkreten Entziehungsaktes bedurft hätte. Es besteht jedoch nach dem vom LG festgestellten Sachverhalt kein Anhalt dafür, daß die 11. VO zum RBG zur Anwendung gekommen ist. Allerdings ist der Antrst. von Frankfurt, seinem letzten Wohnsitz, also aus dem Gebiet der amerik. Zone, ausgewandert und es würde daher nicht völlig ausgeschlossen sein, daß nach der Auswanderung in Frankfurt eine Dienststelle durch konkrete Anordnung die Einziehung des Vermögens des Antrst. u. a. seiner Briefmarken angeordnet und durch eine Dienststelle in Belgien hat vollziehen lassen. Aber auch hierfür gibt der vom LG festgestellte Sachverhalt keinen Anhalt, so daß dahingestellt bleiben kann, ob eine solche konkrete Anordnung schon den Beginn des Entziehungstatbestandes im Sinne des Art. 2, 14 REG darstellen und den Gerichtsstand des Entziehungsortes begründen könnte. Es muß also im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, daß die Entziehung der Briefmarkensammlung erst begonnen hat, als in Belgien die Feldkommandantur (als Organ des Reichs) in Tätigkeit trat und die Sammlung wegnahm. Mit der Wegnahme ist der Entziehungstatbestand in der Regel beendet. Denn damit ist der Vermögensgegenstand endgültig der rechtlichen und tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeit seitens des Verfolgten entzogen. So lagen die Dinge auch im vorliegenden Fall. Wenn die Sammlung später nach Deutschland verbracht, möglicherweise dort vom Reich verwertet worden sein sollte, so gehören diese Vorgänge nicht mehr zum Entziehungstatbestand. Von einer Fortsetzung der Entziehung im Reichsgebiet kann daher nicht gesprochen werden; abgesehen davon fehlen, wie erwähnt, nach den Feststellungen des LG Anhaltspunkte dafür, daß die Sammlung gerade in die amerik. Zone verbracht worden sein könnte. Nach ständiger Rspr. ist der Wohnsitz des Schuldners ein selbständiger 13 Intern. Privalrecht 1952 und 1953
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Gerichtsstand neben dem Gerichtsstand der belegenen Sache und dem Gerichtsstand des Entziehungsortes. Schuldner ist im vorliegenden Fall das Reich. Nach den Vorschriften der ZPO, die auch im RückerstattungsVerfahren entsprechend anzuwenden sind (vgl. CoRA, Entsch. Nr. 9, NJW/RzW 1950, 242), wird der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus als Schuldner durch den Sitz der Behörden bestimmt, welche berufen sind, den Fiskus in dem Rechtsstreit zu vertreten (§ 18 ZPO). Bisher sind jedoch Behörden des Reiches noch nicht wiedererrichtet worden. Die Vorschrift des Art. 61 REG, wonach das Land berechtigt ist, in einem RückerstattungsVerfahren gegen das Reich als Partei aufzutreten, hat nicht die Bedeutung der Begründung einer statio fisci des Reiches im Sinne des § 18 ZPO. Jedoch liegen die Voraussetzungen des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO vor. Schon § 4 VO vom 2. 9. 1948 weist auf den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung hin in den Fällen, in denen es sich um eine schwere Entziehung im Sinne des Art. 30 REG handelt, wie dies bei der hier in Frage stehenden entschädigungslosen Wegnahme der Briefmarkensammlung zutrifft. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung muß auch dann gelten, wenn zwar der eigentliche Entziehungstatbestand im Ausland sich zugetragen hat, wenn die Entziehung im Ausland aber in einem inneren durch Gründe des Art. 1 REG bedingten Zusammenhang mit Vorgängen steht, welche in einem, im Gebiet der amerik. Zone gelegenen Ort ihren entscheidenden Ausgang genommen haben. Die Verfolgung des Antrst. als eines Juden hat in Frankfurt, seinem damaligen Wohnsitz, ihren Anfang genommen. Die Judenverfolgung war die Ursache f ü r die Auswanderung nach Belgien, zugleich auch die Ursache f ü r die Verbringung der Sammlung ins Ausland, und sie war schließlich auch die Ursache f ü r die Wegnahme im Ausland. Judenverfolgung, Auswanderung, Verbringung ins Ausland und die Wegnahme im Ausland stehen also in einem durch Gründe des Art. 1 REG bedingten Zusammenhang. Sie bilden einen einheitlichen Lebensvorgang, dessen einzelne Teile von dem einheitlichen Entschluß der damaligen Behörden herbeigeführt worden sind, die Juden, ihre Person und ihr Vermögen, auszuschalten, wobei im späteren Stadium der Verfolgung u. a. die entschädigungslose Enteignung das Ziel war. Die Wegnahme in Belgien, also der eigentliche Entziehungstatbestand ist ein Teil dieses Gesamttatbestandes der unerlaubten Handlung, die in Frankfurt begonnen hat. Als Teil und Fortsetzung jenes einheitlichen Lebensvorganges weist also die Entziehung in Belgien die erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zum Gebiet der amerik. Zone auf. Unter diesen Umständen des vorliegenden Falles muß der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch für die eigentliche Wegnahme gelten, zumal es nicht angehen würde, Ansprüche, welche nach allgemein bürgerlich-rechtlichen Vorschriften aus diesem Gesamttatbestand der unerlaubten Handlung hergeleitet werden könnten und f ü r welche der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung geltend gemacht würde, günstiger zu behandeln als einen Rückerstattungs-Anspruch, der sich nach der materiellrechtlichen Regelung des REG (Art. 2 und 14) nur auf den Teil des Gesamttatbestandes stützen kann, der im Ausland sich vollzogen hat."
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6 4 . Sind Warenlager jüdischer Firmen im Ausland (hier in Polen) entschädigungslos entzogen worden, so kommt die Zuständigkeit der Wiedergutmachungsorgane der amerikanischen Zone nur dann in Betracht, wenn die entzogenen Gegenstände sich in diesem Gebiet befinden. — ZPO § 32. OLG Frankfurt, Entsch. vom 24. 10. 1952 — 2 W 36/52: NJW/RzW 4 (1953) 129. Der Antrst. wohnte in Polen und war an zwei Lederfirmen dort beteiligt. In den Jahren 1939/40 haben deutsche Dienststellen die Ledervorräte der beiden Firmen entschädigungslos enteignet. Der Antrst. behauptet, die Vorräte seien nach Deutschland gebracht und dort an Lederfabriken nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt worden, wobei 42,2 °/o aller in Polen enteigneten Ledervorräte auf das Gebiet der amerik. Zone entfallen seien. Er verlangt vom Reich Rückerstattung eines, seiner Beteiligung an jenen Firmen entsprechenden Anteils an 42,2 °/o der gesamten, jenen beiden Firmen weggenommenen Ledervorräte, im Unvermögensfall Ersatz in Geld. Aus den Gründen: „Das Amt hat den Anspruch zurückgewiesen mit der Begründung, das REG beziehe sich nicht auf außerhalb Deutschlands begangene Unrechtshandlungen. Das LG hat durch den angefochtenen Beschluß den Einspruch des Antrst. gegen die Entscheidung des Amtes zurückgewiesen und sich der Ansicht angeschlossen, daß das REG auf Entziehungsfälle im Ausland keine Anwendung findet. Gegen den landgerichtlichen Beschluß hat der Antrst. Beschwerde eingelegt. Sie ist unbegründet. Der Senat hat in seinem Beschluß vom 24. 10. 1952 (2 W 75/52) 1 ausgeführt, daß das REG keine Begrenzung seines räumlichen Geltungsbereiches enthält, ferner, daß die Annahme gerechtfertigt ist, daß der Gesetzgeber auch die außerhalb des Reichsgebietes geschehenen Entziehungsfälle der deutschen Gerichtsbarkeit in der amerik. Zone und dem dort geltenden Recht unterstellen wollte, und daß der Anspruch auf Rückerstattung dann vor den WG-Organen der amerik. Zone geltend gemacht werden kann, wenn der Fall diejenigen rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zu dem Gebiet der amerik. Zone aufweist, an deren Vorliegen das Gesetz die Zuständigkeit der WG-Organe dieser Zone knüpft. Der Rückerstattungs-Anspruch des Antrst. kann somit nicht, wie das LG annimmt, daran scheitern, daß die Entziehung im Ausland erfolgt ist. Doch sind die Voraussetzungen der Zuständigkeit der WG-Organe der amerik. Zone im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Erlaß der generellen Anordnungen des Reichs, welche die Grundlagen für die Wegnahme jüdischer Warenlager in Polen waren, kann noch nicht den Beginn der Entziehung — nämlich ihren Beginn in Deutschland — darstellen, weil durch den Erlaß weder der Antrst. eine Vermögenseinbuße erlitten noch das Reich die Eigentümerstellung erlangt hat, und weil die 1
13 *
Siehe oben Nr. 63.
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11. VO zum RBG, die nach ständiger Rspr. unmittelbar den Rechtsverlust zur Folge hatte, als Grundlage der in den Jahren 1939/40 geschehenen Wegnahme nicht in Frage steht. Die Entziehung ist somit erst im Ausland begonnen, aber auch dort beendet worden, weil mit der Wegnahme in Polen bereits der Antrst. die Möglichkeit, rechtlich oder tatsächlich auf die Sachen einzuwirken, endgültig verloren hatte. Das Reich hat also in Polen bereits die Eigentümerstellung erlangt. Von einer Fortsetzung des Entziehungsaktes in Deutschland kann demnach nicht gesprochen werden, wenn das entzogene Leder nach Deutschland gebracht, dort verteilt und verarbeitet worden ist. Die Voraussetzungen des Gerichtsstandes des Entziehungsortes (§ 1 der VO vom 2. 9. 1948) oder der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) sind daher nicht gegeben. Der Gerichtsstand der belegenen Sache (§ 4 der VO vom 2. 4. 1948) scheidet schon dann aus, wenn die Ledervorräte der beiden Firmen, an denen der Antrst. beteiligt war, niemals in das Gebiet der amerik. Zone gelangt sind. Das LG hat festgestellt, daß nicht dargetan ist, daß unter den in das Gebiet der amerik. Zone aus Polen verbrachten Ledervorräten sich gerade Leder der Firma L., einer jener Firmen, an denen der Antrst. beteiligt war, befunden hat. Diese Feststellung ist nicht zu beanstanden. Die Bekundung des Zeugen F., daß 42,2 °/o aller in Polen beschlagnahmten Ledervorräte auf die Lederfabriken in dem Gebiet der amerik. Zone verteilt, zudem gerade Häute der bei jenen Firmen beschlagnahmten Art in Bayern und Württemberg verarbeitet worden sind, legt zwar die Annahme nahe, daß unter den, dem Gebiet der amerik. Zone zugeteilten Vorräten auch jene der beiden Firmen, ganz oder teilweise gewesen sind. Der Zeuge hat jedoch ausdrücklich erklärt, er könne nicht angeben, wohin, an welche Lederfabrik, jene Ledervorräte zugeteilt worden sind. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit dafür, daß Leder der beiden Firmen überhaupt dem Gebiet der amerik. Zone zugeteilt worden ist, kann bei dieser Sachlage einerseits nicht angenommen werden. Andererseits ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß diese Vorräte in andere Gebiete des Reiches gelangt sind. Allerdings hat der Zeuge F. mit Bestimmtheit weiter bekundet, die in Polen beschlagnahmten Vorräte seien zunächst, nämlich vor ihrer Verteilung auf Lederfabriken im ganzen Reich, bei süddeutschen Gerbereien eingelagert gewesen, weil man die Fliegergefahr dort nicht f ü r so groß gehalten habe. Selbst wenn man diese Bekundung f ü r ausreichend erachten würde, um festzustellen, daß die Ledervorräte der beiden Firmen, wenn auch nur vorübergehend, im Gebiet der amerik. Zone gewesen sind, so würde dies nicht ausreichen, um den Gerichtsstand der belegenen Sache i. S. des § 4 der VO vom 2. 9. 1948 zu begründen. Denn diese gesetzliche Bestimmung stellt es darauf ab, ob der entzogene Gegenstand sich heute noch in der amerik. Zone befindet. Auch läßt sich, falls man davon ausgeht, daß die Ledervorräte vor ihrer Verteilung wenigstens vorübergehend im Gebiet der amerik. Zone gewesen sind, der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) hier-
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mit nicht begründen; denn, da die Entziehung in Polen bereits beendet war, wie eingangs ausgeführt, so ist die darauf folgende Behandlung der entzogenen Ledervorräte, z. B. ihre vorübergehende Einlagerung im Gebiet der amerik. Zone, keine erneute unerlaubte Handlung und ebensowenig eine Fortsetzung der in der entschädigungslosen Entziehung in Polen liegenden und dort bereits vollendeten unerlaubten Handlung. Der Fall weist daher zu der amerik. Zone nicht die Beziehung auf, die Voraussetzung für die Geltendmachung von Rückerstattungs-Ansprüchen vor den WG-Organen der amerik. Zone sind. Die Zurückweisung des Rückerstattungs-Anspruchs ist daher gerechtfertigt mit der Maßgabe, daß die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit der WG-Organe der amerik. Zone erfolgt." 6 5 . Hat der Riiclcerstattungspfliditige seinen Wohnsitz in der britischen Zone, so steht es der Anwendung des Art. 26 REG nicht entgegen, daß der zu ersetzende bewegliche Gegenstand im Ausland entzogen und später im Ausland vernichtet worden ist. — REG (brit. Zone) Art. 13, 25 ff.; MRG Nr. 52. OLG Celle, Beschl. vom 28. 4. 1952 — 2 W 77/52 ( R E ) : N J W / R z W 3 (1952) 243. Aus den Gründen: „Die Frage, in welchem Umfang das brit. REG Tatbestände außerhalb der brit. Zone ergreift, ist bisher in der Rechtslehre und Rechtsprechung verschieden beurteilt worden (vgl. hierzu insbesondere Wengler in N J W R z W 1950, 367 und 1951, 294). Es liegt in der Natur der Sache, daß für die Anwendung des brit. REG ein Anknüpfungspunkt gegeben sein muß, der den Tatbestand mit der brit. Zone verbindet. In seiner bisherigen Rechtsprechung ist der Senat davon ausgegangen, daß eine solche örtliche Beziehung zu der brit. Zone gegeben ist, wenn entweder der entzogene Vermögensgegenstand sich in der brit. Zone befindet bzw. sich zuletzt dort befunden hat oder wenn die Entziehung in der brit. Zone erfolgt ist (vgl. Beschlüsse 2 W 279/51 vom 27. 9. 1951, 2 W 509/51 vom 26. 11. 1951, 2 W 13/52 [ R E ] vom 10. 3. 1952 und 2 W 84/52 [RE] vom 17. 3. 1952). Es hat sich aber gezeigt, daß diese Begrenzung zu eng ist. Man denke an den Fall, daß jemand unter Ausnutzung der rassischen Verfolgungen in dem von deutschen Truppen besetzten Ausland eine bewegliche Sache, etwa ein wertvolles Gemälde, zu einem unangemessenen Preise erworben, den Gegenstand später absichtlich noch im Ausland vernichtet und sodann in der brit. Zone seinen Wohnsitz genommen hat. Wollte man in einem solchen Falle die Anwendung des brit. REG durch Wiedergutmachungsbehörden in der brit. Besatzungszone nicht zulassen, so könnte ein rechtliches Vakuum entstehen. Von dem Gedanken ausgehend, daß nach Art. 1 brit. REG es der Zweck des Gesetzes ist, in möglichst großem Umfange die Rückerstattung zu bewirken, hat daher der Board of Review in der Entscheidung, BOR 51/131 vom 28.1.1952 1 (teilweise abgedruckt in N J W / R z W 1952,110) 1
Siehe unten Nr. 70 a.
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für die räumliche Anwendung des brit. REG, sofern es sich nicht um unbewegliche Sachen im Auslande handelt, die einzige Bedingung gestellt, daß es den W B in der brit. Zone sowohl tatsächlich als auch rechtlich möglich sein müsse, die Rückerstattung durchzusetzen. In Ausführung dieses Grundsatzes hält der Board die Anwendung des brit. REG für gegeben, wenn der RE-Pflichtige seiner Person nach nunmehr der Zuständigkeit der Behörden in der brit. Besatzungszone unterliegt, selbst wenn das entzogene Vermögen sich nicht im Zuständigkeitsbereich befindet und die ungerechtfertigte Entziehung außerhalb dieses Bereiches erfolgte. Diesen Satz hat der Board allerdings durch die aufrechterhaltene Entscheidung BOR 51/50 vom 4. 6. 1951 (NJW/RzW 1951, 294) 1 eingeschränkt. Hiernach findet das brit. REG keine Anwendung, wenn es sich um Grundbesitz handelt, der nach den jetzigen politischen Verhältnissen außerhalb des deutschen Reiches liegt. Die Entscheidung stellt es darauf ab, daß sich der Grundbesitz „heute außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Gerichte der brit. Zone befindet". Das gleiche soll insoweit für einen Anspruch nach Art. 13 REG gelten, weil dieser sich nur auf Vermögensgegenstände bezieht, die Gegenstand eines Rückerstattungs-Anspruchs in der brit. Zone Deutschlands sein können. Dasselbe wird man für die mit dem ausländischen Grundbesitz aufs engste verbundenen Ersatz- und Nutzungsansprüche aus Art. 25 und 27 REG anzunehmen haben; denn auch diese Bestimmungen gehen nach ihrem Wortlaut auf das „entzogene Vermögen" ebenso zurück wie der in der Entscheidung BOR 51/50 behandelte Art. 13 REG. Der Antrst. vertritt demgegenüber den Standpunkt, daß das MRG 52, zu dessen Ausführung die die Rückerstattungs-Gesetzgebung einleitende Allgemeine Verfügung Nr. 10 erlassen worden ist, auch eine Wiedergutmachung der im Ausland erfolgten ungerechtfertigten Entziehungen ohne Einschränkung bezwecke. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß sich in dem brit. REG nirgends eine Bestimmung findet, die für seinen Anwendungsbereich das Gesetz Nr. 52 für maßgebend erklärt." 6 6 . Eine Bank, die das Konto ihres Kunden, der seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten lebender amerikanischer Staatsangehöriger war, auf Grund des Ersuchens des Finanzamtes zu Gunsten des deutschen Reiches aufgelöst hat, hat damit die ihr gegenüber ihrem Kunden obliegenden Vertragspflichten fahrlässig verletzt und haftet auf Schadensersatz. — BGB §§ 249, 276, 700; HGB § 347. LG Mainz, Urt. vom 16. 5. 1952 — HO 11/51. Ungedruckt. Die Kl. ist Testamentsvollstreckerin des verstorbenen amerikanischen Staatsbürgers Max Str., der — im Jahre 1907 aus Deutschland ausgewandert — schon bei der Rechtsvorgängerin der Bekl., der Firma K. & Co., in Mainz, ein Bankkonto führte. Das Guthaben lautete infolge Verkaufs von englischen und amerikanischen Wertpapieren auf ausländische Währung . . . Am 23. 10. 1944 ging der Bekl. ein Schreiben des Finanzamtes Bad1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 38.
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Neustadt an der Saale vom 18. 10. 1944 zu, in dem das Finanzamt mitteilte, daß „das Vermögen des Max Israel S. aus Willmars", der nach dem Anmeldebogen C 1 bei der Bekl. ein Kontokorrent-Konto und Devisen habe, nach der Feststellung des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD vom 15. 4. 1944 dem Deutschen Reich verfallen sei. Es wurde in diesem Schreiben zugleich gebeten, das Guthaben und den Erlös der Devisen nach Verwertung gemäß den geltenden Bestimmungen der Finanzkasse Bad-Neustadt an der Saale zu überweisen, was auch geschehen ist. Die Kl. klagt auf Feststellung, daß die Bekl. verpflichtet ist, an die Kl. diejenigen Beträge zu zahlen, die sich aus der Umstellung der früheren Guthaben des Erblassers ergeben, und auf Wiederherstellung der Fremdwährungskonten. Aus den Gründen: „I. Die mit dem Klageanspruch begehrte Feststellung, daß die Bekl. zur Zahlung des Umstellungswertes der ehemaligen RM-Konti des Erblassers der Kl. verpflichtet sei, ist zulässig. Zwar ist eine Feststellungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses dann nicht zulässig, wenn der festzustellende Anspruch durch eine den Feststellungsantrag erschöpfende Leistungsklage geltend gemacht werden kann. Jedoch ist trotz Möglichkeit der Leistungsklage eine Feststellungsklage auch dann zuzulassen, wenn Ansprüche in Betracht kommen, deren Berechnung z. Z. noch nicht möglich ist (RGZ 152, 196). Die laut Klageantrag festzustellende Zahlungsverpflichtung der Bekl. ist aber der Höhe nach noch nicht bestimmbar, denn eine gesetzliche Regelung betreffend das Umstellungsverhältnis von RM-Guthaben ausländischer Kontoinhaber ist bisher noch nicht erlassen worden. Der Klageanspruch ist auch begründet. Die Bekl. haftet aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung auf Schadensersatz. Die Bekl. hat schuldhaft die ihrem Kunden Max S. in New York gegenüber obliegenden Vertragspflichten schlecht erfüllt. Sie hat trotz Kenntnis des Umstandes, daß ihr Kunde ein seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten lebender amerikanischer Staatsbürger war, auf Grund des Ersuchens des Finanzamtes Neustadt/Saale, das Guthaben des Max Israel S. aus Willmars zu verwerten und den Erlös zu übersenden, das Konto ihres amerikanischen Kunden zu Gunsten des Deutschen Reiches aufgelöst. Die Bekl. hat dem Ersuchen des Finanzamtes stattgegeben, obwohl ihr bekannt war, daß diese Art von Einziehungsakten sich nur gegen das Vermögen inländischer Juden richtete und daß solche Maßnahmen nicht gegen Ausländer getroffen wurden. Aus dem eigenen Schreiben der Bekl. an ihre Zentrale vom 28. 10. 1944 geht hervor, daß sie an der Identität ihres Kunden mit dem von der Beschlagnahme Betroffenen und somit an der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme des bei ihr geführten Kontos erhebliche Zweifel gehegt hat. Die Bekl. wäre auf Grund des Vertragsverhältnisses mit ihrem Kunden verpflichtet gewesen, das Finanzamt Neustadt/Saale auf die vermutliche
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Verwechslung aufmerksam zu machen und so die Einziehung des Guthabens zu verhindern. Eine Verbindungsaufnahme mit dem ersuchenden Finanzamt zwecks Rückfrage wäre trotz der vorgeschrittenen Kriegsjahre postalisch noch ohne weiteres möglich gewesen, wie die Korrespondenz der Bekl. mit ihrer Zentrale beweist. Die Bekl. hat auch nicht unter Zwang gehandelt. Eine Gegenvorstellung bei dem Finanzamt mit dem Ziel der Aufklärung des Finanzamtes über den wahren Sachverhalt hätte keine Benachteiligung der Bank zur Folge gehabt. Die Bank trägt in ihrem Schriftsatz vom 10. 11. 1949 selbst vor, daß man allenfalls eine Gegenvorstellung erheben konnte. Zudem ist nach Mitteilung des Bundesverbandes des Privaten Bankgewerbes vom 20. 2. 1952 kein Fall bekannt geworden, in dem Vermögenswerte amerikanischer Staatsbürger konfisziert worden wären. Man hat sich offenbar in diesen Fällen im Dritten Reich sorgsam an die bestehenden Vorschriften gehalten. Die Bekl. machte es sich zu leicht, wenn sie nicht eine einzige Gegenvorstellung im Interesse ihres langjährigen Kunden beim Finanzamt erhob, sondern sich darauf beschränkte, lediglich ihre eigene Zentrale zu fragen. Die Bekl. hat somit das von ihr verwahrte Guthaben nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns betreut, wozu sie gemäß §§ 347 HGB, 84, 85 AktGes. verpflichtet war. Sie hat damit die ihr gegenüber ihrem Kunden S. obliegenden Vertragspflichten fahrlässig verletzt. Sie haftet folglich gemäß §§ 700, 276, 249 BGB auf Schadensersatz. Somit hat die Bekl. im Wege der Naturalrestitution denjenigen Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn die Bekl. 1944 die Konten des Erblassers der Kl. nicht aufgelöst hätte. Die Reichsmarkguthaben von Ausländern sind nach der Währungsumstellung auf Sperrkonten gelegt worden. Die Bekl. müßte im Wege der Naturalherstellung die früheren RM-Guthaben des Erblassers der Kl. wieder einrichten, die nunmehr das Schicksal der Ausländerguthaben teilten. Da die Reichsmark kein Zahlungsmittel mehr ist, ist die Herstellung dieses Zustandes jedoch rechtlich und tatsächlich nicht mehr möglich. Der Schadensersatz ist daher in gültiger Währung zu leisten. Die konkrete Höhe dieses Schadensersatzes in DM wird ermittelt werden können, sobald das Umstellungsverhältnis der RM-Guthaben ausländischer Kontoinhaber durch Gesetz geregelt worden sein wird. Somit war dem auf Feststellung lautenden Klageantrag voll stattzugeben. II. Der auf Leistung lautende Klageanspruch des Klageantrags (der Anspruch auf Wiederherstellung der Fremdwährungskonten) ist hingegen nur dem Grunde nach gerechtfertigt. Auch hier steht der Kl. wegen schuldhafter Verletzung der Sorgfaltspflicht seitens der Bekl. Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung zu. Gleichermaßen ist jedoch die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, nämlich Wiedereinrichtung von Dollar- und Pfundkonten zugunsten des Erblassers der Kl. infolge devisenrechtlicher Bestimmungen nicht möglich. Eine Zuerkennung der zur Beschaffung der Fremdwährung erforder-
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liehen DM-Beträge würde aber über den der Kl. effektiv entstandenen Schaden hinausgehen. Denn bei normaler Entwicklung der Dinge würde die Kl. jetzt Inhaberin eines gesperrten Fremdwährungskontos sein, über das ihr als ausländischer Inhaberin z. Z. noch nicht die Verfügungsbefugnis wiedereingeräumt wäre. Darüber hinaus ist das rechtliche Schicksal der eventuell auf Grund eines künftigen Friedensvertrages zu behandelnden Fremdwährungskonten und deren Gegenwert in DM noch ungewiß. Der Klageanspruch auf Wiederherstellung der Fremdwährungskonten konnte daher nur dem Grunde nach zuerkannt werden." ß1?. Der Anspruch einer Ausländerin aus einem Lebensversicherungsvertrag kann in der britischen Zone nicht im Wege des Rückerstattungsverfahrens geltend gemacht werden. Die Zahlung der Versicherungssumme, die der VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehem. polnischen Staates vom 17. 9. 1940 unterlag, an das deutsche Reich war eine Zahlung mit befreiender Wirkung. — VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates vom 17. 9. 1940; REG (brit. Zone) Art. 1; UG § 13, 15. LG Braunschweig, Urt. vom 11. 7. 1952 — 3 0 67/51: VR 3 (1952) 345. Der am 6. 4. 1944 in Auschwitz verstorbene Kaufmann H., ein Jude polnischer Staatsangehörigkeit, hatte am 9. 8. 1932 mit der Bekl. einen Lebensversicherungsvertrag über 15 000 GM abgeschlossen. Die Bekl. war auf Grund dieses Vertrages verpflichtet, die Versicherungssumme entweder am 1. 8. 1942, falls der VN H. diesen Zeitpunkt erlebte, oder vorher — im Falle seines Todes — an den Inhaber des Versicherungsscheines zu zahlen. Die Kl. begehrt Zahlung dieses Betrages. Sie behauptet: sie sei die jetzige Ehefrau des staatenlosen Kaufmanns K. und die Witwe und alleinige Erbin des VN H. und besitze die polnische Staatsangehörigkeit. Der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag gehöre zum Nachlaß. Obwohl der Versicherungsfall bereits am 1. 8. 1942 eingetreten sei, habe die Bekl. die Leistung aus dem Versicherungsvertrage nicht erfüllt. Die Bekl. könne in der Zwischenzeit auch an einen Dritten nicht mit befreiender Wirkung geleistet haben, da zur Auszahlung der Versicherungssumme die Vorlage des Versicherungsscheines erforderlich sei. Dieser sei fortdauernd im Besitze des VN oder in ihrem Besitze gewesen. Als Polin — trotz ihrer zweiten Ehe mit dem staatenlosen Juden K. habe sie die polnische Staatsangehörigkeit behalten — sei sie Angehörige der Vereinten Nationen. Als solche habe sie der Umstellung ihres Anspruchs von RM in DM widersprochen und der Bekl. am 3. 2. 1951 mitgeteilt, daß sie die Annahme der Leistung, umgestellt von RM auf DM im Verhältnis 10 : 1 verweigere. Sie habe im Schreiben vom 19. 2. 1951 die ausgesprochene Annahmeverweigerung widerrufen (§ 15 II b UG in der neuen Fassung des Gesetzes Nr. 46). Dadurch habe sie Anspruch auf sämtliche Zahlungen, den sie auch gehabt hätte, wenn die Annahmeverweigerung und der Widerspruch nicht erfolgt wären.
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Sie beantragt, 1. die Bekl. zu verurteilen, auf ein für die Kl. bei der B. Bank einzurichtendes Sperrkonto den Betrag von 1500 DM und 4 °/o Zinsen aus einem RM-Betrage von 15 000 RM f ü r die Zeit vom 1. 8. 1942 bis zum 20. 6. 1948 und 4 %> Zinsen aus dem Betrage von 1500 DM seit dem 21. 6. 1948 zu zahlen; 2. festzustellen, daß die Bekl. für alle zusätzlichen Verbindlichkeiten haftbar bleibt, welche die Endregelung der Reichsmarkforderung von Angehörigen der Vereinten Nationen ihr aus der Forderung der Kl. von ursprünglich 15 000 RM auferlegt; 3. der Kl. die Geltendmachung des Anspruchs zu 2 vorzubehalten. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Die Bekl. ist der Ansicht, daß das Rechtsschutzbedürfnis f ü r die Geltendmachung des Anspruchs fehle . . . (wird ausgeführt). Sie behauptet weiter: Der Anspruch des VN H. aus der Lebensversicherungspolice sei gemäß der VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates vom 17. 9. 1940 (RGBl. 1940 I S. 1270) durch Bescheid vom 11. 11. 1942 des Beauftragten f ü r den Vierjahresplan beschlagnahmt und einbezogen worden. Auf Grund dieser Verfügung habe sie den fälligen Versicherungsbetrag an eine der in der Verfügung angegebenen zuständigen Stellen zugunsten des Deutschen Reiches abführen müssen. Sie habe daher mit befreiender Wirkung geleistet... Aus den Gründen: „I. Das Rechtsschutzbedürfnis der Kl. an der Verfolgung ihrer Ansprüche liegt vor. Es ergibt sich schlechthin aus der Nichtbefriedigung des sachlichrechtlichen Anspruchs. Die Geltendmachung dieses Anspruchs kann nicht im Wege des Rückerstattungsverfahrens geltend gemacht werden; denn die Ansprüche aus Versicherungsverhältnissen stellen keine entziehbaren Vermögensgegenstände i. S. des Art. 1 REG dar (vgl. Beschluß des WGA des LG Braunschweig vom 12. 4. 1951, WGA 380/50). Daß diese Ansprüche in der amerik. und franz. Zone sowie in der Stadt Berlin einer besonderen gesetzlichen Regelung unterliegen und aller Voraussicht nach eine solche Regelung auch in der brit. Zone zu erwarten ist, schließt das Rechtsschutzbedürfnis der Kl. an der Durchsetzung ihres Anspruchs nicht aus; denn in der brit. Zone ist die Kl. mangels einer solchen Vorschrift zur Verfolgung ihres Anspruchs auf das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten angewiesen. Auch durch die Vorschrift des § 15 I UG wird das Rechtsschutzinteresse der Kl. an ihrem Feststellungsantrag zu 2. nicht ausgeschlossen. Diese Vorschrift enthält nur eine allgemeine Feststellung dahingehend, daß die Schuldner von Angehörigen der Vereinten Nationen für alle über den umgestellten Betrag hinausgehenden Verbindlichkeiten haftbar bleiben, die ihnen durch die Endregelung der Reichsmarkforderungen von Angehörigen der Vereinten Nationen auferlegt werden sollten. Eine solche Vorschrift gibt nur die allgemeine Rechtsnorm, schließt damit aber nicht die Feststellung des einzelnen konkreten Falles aus, wie es durch die Kl. in dem Antrag zu 2. verlangt wird.
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II. Die Kl. ist zur Geltendmachung ihrer Ansprüche sachlich befugt. Durch die Heiratsurkunde ist bewiesen, daß die Kl. mit dem VN H. am 9. 12. 1921 vor dem Standesamt I Berlin-Ch. die Ehe geschlossen hat. Sie hat ihren am 6. 3.1944 in Auschwitz ums Leben gekommenen Ehemann H. als Alleinerbin beerbt. Das ergibt sich aus dem vom Notar St., 's-Gravenhage in Holland, dem Aufenthaltsland der Familie H. ( ausgestellten Erbschein vom 5. 7. 1949, worin die Kl. als alleinige Erbin des verstorbenen H. bezeichnet ist, da H. keine weiteren Erben hinterlassen hat. Die Kl. ist als Polin auch Angehörige der Vereinten Nationen i. S. des § 13 IV a UG; denn sie ist in der Zeit zwischen dem 1. 9. 1939 und dem 27. 6. 1948 polnische Staatsangehörige gewesen. Durch die Eheschließung mit dem VN H., der polnischer Staatsangehöriger gewesen ist, hat die Kl. gemäß Art. 7 des poln. Staatsangehörigskeitsgesetzes vom 20. 1. 1920 die polnische Staatsangehörigkeit erworben (vgl. Bergmann, Int. Ehe- und Kindschaftsrecht 2 (1938) I 500). III. a) Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Anspruch auf Zahlung des Versicherungsbetrages ist zwar entstanden, er ist aber durch Erfüllung erloschen. Nach dem Inhalte des zwischen dem Kaufmann H. und der Bekl. am 9. 8. 1932 abgeschlossenen Versicherungsvertrages ist der Versicherungsfall am 1. 8. 1942 eingetreten, da der VN H. diesen Zeitpunkt erlebt hat. Damit ist die Bekl. verpflichtet gewesen, die Versicherungssumme auszuzahlen. Das hat sie auch getan; denn sie hat mit befreiender Wirkung den Versicherungsbetrag an das Deutsche Reich geleistet. Das ergibt sich aus der Beschlagnahme- und Einziehungsverfügung vom 11. 11. 1942. Der Versicherungsanspruch des jüdischen VN H. — polnischer Staatsangehörigkeit — unterlag auf Grund des § 1 der VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates vom 17. 9. 1940 (RGBl. 1940 I S. 1270) der Beschlagnahme; denn diese Forderung stellt gemäß § 3 der VO einen Vermögensgegenstand i. S. des § 1 der VO dar. Die Beschlagnahme ist gemäß § 2 Ziff. 1 a dieser Verordnung ausgesprochen worden, da der VN H. Jude gewesen ist. H. und die Bekl. haben dadurch die Verfügungsbefugnis über diese Forderung verloren (§ 4 aaO). Gemäß § 9 der VO ist dieser Versicherungsanspruch durch den Beauftragten des Vierjahresplanes (§ 12) zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen worden, so daß die Bekl. den fälligen Versicherungsbetrag mit befreiender Wirkung nur an eines der in der Verfügung vom 11. 11. 1942 benannten Geldinstitute hat leisten können. Daß die Bekl. den Betrag an eines der betreffenden Geldinstitute abgeführt hat, hält das Gericht f ü r erwiesen . . . (wird ausgeführt). b) Der Anspruch der Kl. aus Vertragsverletzung ist gleichfalls unbegründet; denn die Bekl. hat sich nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, daß sie den VN H. von der Beschlagnahme seines Anspruchs durch das Deutsche Reich nicht benachrichtigt hat. Die Beschlagnahmeverfügung ist ein Verwaltungsakt. Adressat dieses Verwaltungsaktes ist aber nicht nur die Bekl., sondern auch der VN H. gewesen. Die Zustellung des Verwaltungsaktes an die Betroffenen obliegt
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aber nicht der Bekl. als gleichzeitig Mitbetroffenen, sondern der Verwaltungsstelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, also dem Beauftragten f ü r den Vierjahresplan. Diese Verwaltungsstelle hatte nach § 14 der V O zu verfahren. Die Kl. hat außerdem nicht dargetan, daß bei Benachrichtigung der Bekl. von der erfolgten Beschlagnahme der eingetretene Schaden hätte vermieden werden können. Die gesetzliche Regelung des § 13 V O über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates v o m 17. 9. 1940 spricht vielmehr dafür, daß bei Kenntnis und Widerspruch gegen die Beschlagnahme des Versicherungsanspruchs keine andere Folge eingetreten wäre, denn diese Vorschrift sieht eine Prüfung nur bei deutschen Volksangehörigen vor. Nach dem eigenen Vorbringen der Kl. hat der V N H. die deutsche Staatsangehörigkeit aber nicht besessen." 6 8 . Im internationalen Versicherungsrecht können Ansprüche aus einem ausländischen Portefeuille nur im Ausland, nicht gegen die Zentrale der Versicherungsgesellschaft geltend gemacht werden. Gehört eine Lebensversicherung zum deutschen Portefeuille der Berliner Zweigniederlassung einer Schweizer Versicherungsgesellschaft und wird sie vom Reich eingezogen, so ist die Entziehung innerhalb des Geltungsbereichs der Berliner REAO erfolgt. — R E A O (Berlin) Art. 2. W K Berlin, Entsch. v o m 15. 12. 1953 — (159/53): N J W / R z W 5 (1954) 86.
(154 W G K ) 5 W G A 4305/50
Aus den Gründen: „Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag sind feststellbare Vermögensgegenstände im Sinne der R E A O . Ihre Feststellbarkeit beruht darauf, daß die Person des Schuldners und des Gläubigers feststehen und auf der durch das Vertragsverhältnis genau umrissenen Art und dem Umfang der Ansprüche. Diese Feststellbarkeit war auch im Augenblick der Entziehung gegeben. Sie hatte die Wirkung, daß an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers der Antrg. als Berechtigter aus dem Vertrage trat. Erst durch die Überweisung des Rückkauf wertes an die Kasse des Oberfinanzpräsidenten verloren die Ansprüche des Antrst. aus dem Versicherungsvertrage den Charakter eines feststellbaren Vermögensgegenstandes. Dies ist aber, da zeitlich nach der Entziehung liegend, unbeachtlich. Daß die Beschlagnahme und schließliche Einziehung des Vermögens des Antrst. eine ungerechtfertigte Entziehung im Sinne des Art. 2 R E A O darstellte, bedarf im übrigen keiner weiteren Begründung. Diese Einziehung erfolgte auch innerhalb des Geltungsbereiches der R E A O , da die Basler Lebensversicherungs-Gesellschaft f ü r das Deutsche Versicherungsgeschäft wie eine selbständige Gesellschaft mit dem Sitz in Berlin anzusehen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Berliner Zweigniederlassung ein selbständiges Rechtssubjekt ist. Entscheidend ist, daß sie, vertreten durch den in Gemäßheit des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmen v o m 12. 5. 1901 bestellten Hauptbevollmächtigten in ihrem in Deutschland auszuübenden Geschäftsverkehr nach außen zum
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selbständigen Erwerb von Rechten und zur selbständigen Übernahme von Verbindlichkeiten berechtigt und infolgedessen im inländischen Rechtsverkehr wie eine selbständige Rechtspersönlichkeit zu behandeln ist (vgl. auch Urt. des RG vom 26. 11. 1920 — 217/20 VII). Unstreitig ist auch mit der Zweigniederlassung der Basler allein der Versicherungsvertrag abgeschlossen. Im internationalen Versicherungsrecht ist feststehend, daß Ansprüche aus einem ausländischen Portefeuille nur im Ausland, nicht gegen die Zentrale geltend gemacht werden können (so auch Schweiz. Bundesgericht in der Sache Dessauer gegen Rentenanstalt vom 30. 11. 1944, BGE 70 II 249 und vom 2. 11. 1945, BGE 71 II 287). In diesem Verfahren hatte ein in die Schweiz ausgewanderter Deutscher, der mit der deutschen Niederlassung der bekl. Gesellschaft einen zum deutschen Versicherungsbestand gehörenden Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen hatte, in einem Schweizer Gerichtsstand gegen die Gesellschaft geklagt. Die Klage wurde abgewiesen, nachdem die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte an sich bejaht worden war. Der Versicherungsnehmer habe zwar einen Anspruch gegen die Gesellschaft (den Hauptsitz), dieser Anspruch gehe aber auf Erfüllung in Deutschland (im Lande der Zweigniederlassung), weil die Bindung des Versicherungsvertrages an Deutschland derart stark sei, daß die Erfüllung des Vertrages außerhalb von Deutschland nicht die vertragliche Leistung, sondern ein aliud sei. Damit zog das Schweizer Bundesgericht die Konsequenz, daß die Zweigniederlassung fast als „selbständige Rechtspersönlichkeit" (vgl. J W 1921, 245) und als von Deutschland her gesehen „inländisches Sondervermögen" zu behandeln ist, ohne das Prinzip aufzugeben, daß Schuldner des Versicherungsnehmers das Unternehmen als solches, nicht die von der Schweiz her ausländische (also im vorliegenden Falle deutsche) Zweigniederlassung ist. Hätte das Schweizer Bundesgericht aussprechen wollen, daß ein Anspruch aus dem deutschen Versicherungsbestande nur gegen die deutsche Zweigniederlassung erhoben werden könnte oder daß der Gerichtsstand der deutschen Niederlassung „ausschließlich" sei, so hätte es die Klage vor dem Schweizer Gericht schon wegen Unzuständigkeit abweisen müssen. Praktisch jedoch führt die Auffassung des Schweizer Bundesgerichts dazu, daß ein Leistungsurteil nur im Lande der Zweigniederlassung erwirkt werden kann. Diese von dem Schweizer Bundesgericht entwickelte ständige Rechtsprechung hat in der Verwaltungspraxis der Schweiz volle Anerkennung gefunden und ist auch von deutschen Verwaltungsstellen übernommen worden. Als beispielsweise im Jahre 1945 die Anmeldung deutscher Vermögenswerte in der Schweiz angeordnet wurde, wurde ausdrücklich bestimmt, daß die in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen schweizerischen Lebensversicherungsgesellschaften ihren deutschen Bestand nicht anzumelden brauchten, weil diese Versicherungspolicen in Deutschland zu erfüllen seien und deshalb nicht in der Schweiz liegende Vermögenswerte dar-
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stellten, die der schweizerische Hauptsitz der Versicherung schuldet (vgl. Schweiz. Bundesratsbeschluß vom 29. 5. und 3. 7. 1945, Schweiz. HandelsAmtsbl. S. 1267 und S. 1592 und Rundschreiben vom 4. 8. 1945 an die Schweizer Versicherungsgesellschaften). Ebenso hatte beispielsweise Ende 1946 das damalige Zonenamt in Hamburg den Bevollmächtigten der schweizerischen Gesellschaften auferlegt, sämtlichen im Bereich der britischen Besatzungszone wohnenden Versicherungsnehmern einen Nachtrag zum Versicherungsschein zuzustellen, u. a.: „Alle Zahlungen erfolgen nur in Deutschland durch die Niederlassung f ü r das Deutsche Reich. Fremdwährungszahlungen und Klagen vor ausländischen Gerichten sind ausgeschlossen." Damit ist für das Versicherungswesen der aus der Selbständigkeit der ausländischen Bestände folgenden, durch das Aufsichtsrecht erzwungenen Lage Rechnung getragen. Da der Versicherungsvertrag durch den Hauptbevollmächtigten der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft für das Deutsche Reich zu Berlin abgeschlossen war, waren die Versicherungsansprüche in Berlin (West) belegen, als sie entzogen wurden. Es handelte sich um einen selbständigen ausländischen Versicherungsbestand der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft in Berlin. Die Selbständigkeit eines Auslandsbestandes bedeutet nicht unbedingt rechtliche Selbständigkeit dieses Versicherungsbestandes. Dies würde nicht nur voraussetzen, daß ausländische Niederlassungen existieren, sondern auch, daß diese selbständige juristische Personen sind. Dies wäre aber ein Widerspruch in sich selbst, da Niederlassungen niemals selbständige juristische Personen sein können. „Selbständig" heißt vielmehr, daß die Auslandsverträge bei einer Niederlassung im Ausland (hier Berlin) organisatorisch zusammengefaßt sind und daß diese Zweigniederlassung im Verhältnis zu deren Versicherungsnehmern und zu den Behörden des Landes, in dem sie ihren Sitz hat, in mehr oder weniger erheblichem Umfange mehr oder weniger selbständig von Weisungen der Hauptniederlassung unabhängig auftritt. Diese Selbständigkeit beruht hier auf dem öffentlichen Recht (Versicherungsaufsichtsrecht) Deutschlands, wo die Niederlassung ihren Sitz hat. Hier tritt die Schweizer Aufsicht und das schweizerische Aufsichtsrecht hinter der primär und unmittelbar wirkenden ausländischen (deutschen) Aufsicht zurück. Die Selbständigkeit der Zweigniederlassung ergibt sich auch daraus, daß das öffentliche Aufsichtsrecht die Bestellung von Hauptbevollmächtigten (Repräsentanten) fordert, denen eine gesetzlich vorgeschriebene uneingeschränkte Vollmacht verliehen ist und daß das deutsche Aufsichtsrecht die Zweigniederlassung der ausländischen Versicherungsgesellschaft mit ihren Aktiven und Passiven so behandelt, als wären sie eine selbständige Gesellschaft mit dem Sitz im Inland. Der Einwand des Antrg., die Entziehung sei nicht am Sitz der Zweigniederlassung erfolgt, wird auch schließlich durch sein eigenes Verhalten widerlegt. Wenn es sich wirklich gar nicht um einen in Deutschland belegenen Vermögensgegenstand gehandelt hätte, so hätte die Einziehung
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unterbleiben müssen, da dieser lediglich das inländische Vermögen des Betroffenen unterlag. Wenn trotzdem das ehemalige Deutsche Reich die Einziehung vornahm und kraft seiner Machtbefugnis die Auszahlung des Rückkaufwertes von der Zweigstelle der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft verlangte bzw. erzwang, so wäre es mit dem wohlverstandenen Sinn und Zweck einer Wiedergutmachung und den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts unvereinbar, eine angebliche Unzulässigkeit dieses damaligen Vorgehens überhaupt zum Gegenstand einer Erörterung zu machen. Durch die REAO soll wiedergutgemacht werden, was der Nationalsozialismus an Unrecht geschaffen hat . . . " 6 9 . Eine in Berlin ansässige Jüdin mit Staatsangehörigkeit der USA muß zum mindesten nach Inkrafttreten der EinsatzVO vom 3. 12. 1938 als zu den Gruppenverfolgten im Sinne des Art. 3 REAO gehörend angesehen werden. — REAO (Berlin) Art. 3; EinsatzVO vom 3. 12, 1938 §§ 8, 21. KG (West), Beschl. vom 6. 5. 1953 — 15/3 W 3239/52: NJW/RzW 4 (1953) 220. Aus den Gründen: „In sachlicher Hinsicht läßt die Entsch. des LG keine Rechtsverletzung erkennen. Denn die in Berlin wohnhafte Erblasserin muß zum mindesten nach Inkrafttreten der EinsatzVO vom 3. 12. 1938 als zu den Gruppenverfolgten im Sinne des Art. 3 I b REAO gehörend angesehen werden. Der Kaufvertrag ist nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen; die Verkäuferin ist im Kaufvertrag ausdrücklich als Jüdin bezeichnet und sie ist durch die Verwaltungsbehörde ebenso wie Juden deutscher Staatsangehörigkeit dem Genehmigungszwange hinsichtlich der Grundstücksveräußerung nach § 8 der EinsatzVO unterworfen worden. Dieser Fall wie auch andere gerichtsbekannte Fälle zeigen, daß die Bestimmung des § 21 EinsatzVO, wonach Verfügungen, durch die ein Jude fremder Staatsangehörigkeit betroffen wird, nur mit Zustimmung des Reichswirtschaftsministers ergehen sollten, tatsächlich nicht beachtet worden ist. Mag auch, wie der Gegner geltend macht, das Auswärtige Amt noch in einer Verbalnote vom 28. 10. 1939 an die Botschaft der USA erklärt haben, daß nach den Staatsverträgen sämtliche Bürger der USA ohne Rücksicht auf ihre Rasse den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt seien. Tatsächlich war die Verkäuferin und Veräußerin des streitigen Grundstücks als in Deutschland wohnhafte Jüdin z. Z. von Verkauf und Veräußerung im Sinne des Art. 1, 3 Ziff. 1 b REAO kollektivverfolgt. Es wird hierzu wegen des Begriffs der Kollektivverfolgung auf den Beschluß des Senats vom 3. 2. 1953, NJW/RzW 1953, 124, Bezug genommen." 7 0 . Sind Aktien einer österreichischen AG entzogen, die sich auch jetzt nicht in der britischen Zone befinden, so ist die Zuständigkeit der britischen WG-Behörden für einen Nachzahlungsanspruch dann gegeben, wenn die Entziehung ganz oder teilweise in der brit. Zone stattgefunden hat. — REG (brit. Zone) Art. 13.
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Nr. 70 a
Board of Review, Herford, Entsch. vom 27. 7. 1953 — BOR 52/368: N J W / R z W 4 (1953) 360 (Leitsatz). 70 a. Wenn sich der entzogene Vermögensgegenstand im Zuständigkeitsbereich der brit. Wiedergutmachungsbehörden befindet, ist es nicht notwendig, daß auch die Entziehung innerhalb dieses Zuständigkeitsbereichs stattfand. Board of Review, Herford, Entsch. vom 28. 1. 1952 — BOR 51/131: N J W / R z W 3 (1952) 110. Die Antrst. sind die Rechtsnachfolger der F r a u Olga K. und des Dr. Viktor K. (nachstehend die „Rechtsvorgänger" genannt), die beide jüdische Auswanderer aus Deutschland waren. Die Rechtsvorgänger waren Mitglieder eines Konsortiums von Auswanderern, und dieses Konsortium w u r d e bei dem darauf getätigten Geschäft von der F i r m a Handels-Maatschapij de B. u. Co. N. V., Amsterdam, vertreten. Mit Vertrag vom 21. 7.1939 vereinbarte die F i r m a de B. u. Co. mit der antragsgegnerischen Firma, dieser aus den deutschen Sperrguthaben ihrer Mitglieder ein Darlehen von 3 000 000 DM zu gewähren, wobei nach einem Abschlag von 75 °/o die restlichen 25 o/o als der tatsächliche Darlehensbetrag gelten sollten. Dieser Betrag sollte in sieben jährlichen Raten mit 2V2 °/o verzinst in holländischen Gulden zu dem jeweils geltenden Kurs zurückgezahlt werden. Von der Gesamtsumme von 3000000 RM hatten F r a u Olga K. 882000 RM u n d Dr. Viktor 392 000 RM, insgesamt also 1 274 000 RM beigesteuert. Im September 1939 veräußerten die Rechtsvorgänger ihre Forderung über den ihnen gemäß dem Vertrage von 1939 in Amsterdam zahlbaren Betrag an die F i r m a de B. u. Co. f ü r Gulden im Werte von 8V4 °/o dieses Betrages. Dieselbe Forderung wurde später von der F i r m a de B. u. Co. an die F i r m a O. u. Co. in Rotterdam veräußert. Die Antrst. zahlte den vereinbarten Betrag später in gesperrten Gulden an die F i r m a O. u. Co. Zu diesem Zeitpunkt war Holland von deutschen T r u p p e n besetzt. Die Antrst. gründeten ihren RE-Anspruch auf Art. 13 MRG 59 und forderten eine Nachzahlung von 75 °/o der von den Rechts Vorgängern an die Antrst. geliehenen Gesamtsumme von 1 274 000 RM, nämlich 955 000 RM zuzüglich 5 °/o Zinsen f ü r diesen letzteren Betrag. Sie machten geltend, die Hingabe des Darlehens sei durch Banküberweisung erfolgt, und die Bankguthaben der Rechtsvorgänger seien ungerechtfertigt entzogen worden. Die Antrst. f ü h r t e n aus, die Zahlung von 25 °/o des Gesamtdarlehens von 1 274 000 RM durch die Antrg. wäre ein angemessenes Entgelt im Sinne des Vertrages von 1939 gewesen, wenn sie — wie vereinbart — in freien holländischen Gulden erfolgt wäre; andernfalls wäre die Zahlung von 100 °/o des Betrages in RM angemessen gewesen; die Antrg. habe jedoch n u r 25 »/o in gesperrten Gulden gezahlt, die f ü r die Darlehensgeber von genau so wenig Wert gewesen seien wie RM. Das WA wies den Anspruch zurück, und der Einspruch der Antrst. bei der WK wurde ebenfalls zurückgewiesen.
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Aus den Gründen: „I. Ort der Entziehung. Die Hauptparteien bei dem Vertrag von 1939 waren die Rechtsvorgänger und die antragsgegnerische Firma. Diese Parteien waren damals beide in Deutschland ansässig. Es besteht auch kein Zweifel, daß der Vertrag von 1939 sich auf in Deutschland befindliches Vermögen bezog, und soweit es den Anspruch betrifft, mit dem wir uns hier befassen, ist es unbestreitbar, daß die Veräußerung des entzogenen Vermögens in Deutschland stattfand. Das entzogene Vermögen wurde weder damals noch später ins Ausland übertragen, noch war dies jemals beabsichtigt. Unter diesen Umständen stellen wir ohne Bedenken fest, daß die ungerechtfertigte Entziehung in Deutschland stattfand. Es mag jedoch noch fraglich sein, ob es f ü r den Erfolg des Anspruches notwendig ist, daß die ungerechtfertigte Entziehung in der brit. Zone stattfand; es liegen Anzeichen dafür vor, daß die Veräußerung des entzogenen Vermögens auf Grund des Vertrages von 1939 gänzlich oder teilweise in Berlin bewirkt worden sein mag. Wir sind jedoch der Auffassung, daß dem Ort der ungerechtfertigten Entziehung bei Entscheidung der Frage, ob das MRG 59 anwendbar ist oder nicht, höchstens eine indirekte und nebensächliche Bedeutung zukommt. Zweck des Gesetzes ist offensichtlich, die RE in dem weitesten Maße zu erreichen, das der Gesetzgeber gebieten konnte, und zwar allein mit den Grenzen, die in dem Gesetz selbst vorgeschrieben sind oder sich daraus ergeben. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Vorschrift über den Ort der Entziehung, und festzustellen, daß die Entziehung in jedem Falle in der brit. Zone erfolgt sein muß, hieße, daß der Gesetzgeber es zulassen wollte, daß die Zone als Zufluchtsort f ü r Vermögensgegenstände benutzt wird, die nach Erwerb durch ungerechtfertigte Entziehung außerhalb der Zone in diese gebracht werden. Dies wäre mit dem ausdrücklichen Ziel des REG unvereinbar. Wenn einmal festgestellt worden ist, daß die Art des Vermögens und die Umstände der Entziehung derart sind, daß dessen RE beansprucht werden kann, dann ist nach unserem Dafürhalten die einzige weitere allgemeine Bedingung, die der Gesetzgeber in dem MRG 59 aufstellen wollte, die, daß es den WB in der brit. Zone sowohl tatsächlich als auch rechtlich möglich sein muß, die RE durchzusetzen. Im Falle von unbeweglichem Vermögen außerhalb Deutschlands kann diese Bedingung nicht erfüllt werden, und unsere Entscheidung im Falle BOR 51/50 1 beruht auf dieser Grundlage. Im Falle von Sachen, ganz gleich, ob beweglich oder unbeweglich, läßt sich diese Bedingung jedoch auf jeden Fall erfüllen, wenn sich der betreffende Vermögensgegenstand im Zuständigkeitsbereich der WB befindet, und zum mindesten in diesem Fall ist es nicht notwendig, daß auch die Entziehung innerhalb des Zuständigkeitsbereiches stattfand. Aber selbst wenn das entzogene Vermögen ein Recht war, ließe sich die von uns erwähnte Bedingung evtl. erfüllen, zum mindesten in manchen Fällen, wenn der Pflichtige seiner Person nach nunmehr 1
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Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 38. Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 71
der Zuständigkeit unterliegt, selbst wenn das entzogene Vermögen sich nicht im Zuständigkeitsbereich befindet, und die ungerechtfertigte Entziehung außerhalb dieses Bereiches erfolgte. Die 2. VO zur Ausführung des MRG 59 stützt diese Auffassung. In den Art. 1, 2 u. 3 I ist die örtliche Zuständigkeit der W Ä in der brit. Zone in Fällen, wo das entzogene Vermögen ein Recht ist, auf den Wohnsitz oder Sitz des Pflichtigen abgestellt. In Fällen von Sachen oder dinglich gesicherten Forderungen wird die Zuständigkeit andererseits auf die Belegenheit des betreffenden Vermögensgegenstandes abgestellt. In keinem dieser Fälle wird der Ort der ungerechtfertigten Entziehung irgendwie als wesentlich erwähnt. Art. 3 II (in der durch die 9. DVO veränderten Fassung), erwähnt allerdings die ungerechtfertigte Entziehung in der brit. Zone. Dies spielt jedoch für die Zuständigkeit der W Ä der Zone nur dann eine Rolle, wenn deren Zuständigkeit sich gemäß der 2. DVO auf keine andere Weise bestimmen läßt. Die 2. DVO will natürlich keine materielle Gerichtsbarkeit verleihen und ist für deren Ausmaß nicht maßgebend. Sie bezweckt aber die Entscheidung darüber, welches W A sachlich zuständig ist, und unterstellt offensichtlich, daß diese Gerichtsbarkeit z. B. in den Fällen, die unter Art. 1, 2 u. 3 I fallen, besteht; der letztere regelt z. B. die Zuständigkeit hinsichtlich einer Anzahl besonderer Ansprüche, die auf Grund verschiedener Art. des MRG 59 erhoben werden können." 71. Sind bewegliche Vermögensgegenstände in Österreich entzogen worden, so kann ein Nachzahlungsanspruch vor den Wiedergutmachungsbehörden der britischen Zone nur dann geltend gemacht werden, wenn sie sich jetzt in der gleichen oder in einer im wesentlichen identischen Form in dieser Zone befinden. — REG (brit Zone) Art. 1, 13; 2. DVO Art. 3. Board of Review, Herford, Entsch. vom 6. 5. 1952 — BOR 51/288: NJW/RzW 3 (1952) 206. Aus den Gründen: „Der Antrst. ist bestrebt, den Unterschied zwischen dem vorliegenden Fall und dem Fall BOR 51, 50 1 mit der Begründung herauszustellen, daß die ratio decidendi des Falles BOR 51, 50 die sei, daß das dem Berechtigten entzogene Vermögen ein außerhalb der brit. Zone gelegener Grundbesitz gewesen sei und daß daher kein Anspruch auf RE dieses Grundstücks in der brit. Zone vorgelegen habe. Der Board habe nicht entschieden, daß der gleiche Grundsatz auf bewegliche Gegenstände Anwendung finde oder auf einen Fall, in dem der Erlös aus dem Verkauf der entzogenen Vermögensgegenstände zur Zeit der Entscheidung in der brit. Zone vorhanden sei. Es wird vorgebracht, daß es für die Begründung eines Nachzahlungsanspruchs ausreiche, wenn der Wohnsitz des Verpflichteten sich in der brit. Zone befindet und die Vermögensgegenstände oder der Erlös aus dem Verkauf in die brit. Zone geschafft worden sind. Es wird behauptet, daß der Antrg. zum mindesten einen größeren Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Geschäftes des Antrst. in Wien mit nach Hamburg genommen habe. 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 38.
Nr. 72
IV b. Riickerstattungs- und Entschädigungsrecht
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In seiner Entgegnung auf den Antrag stellt der Antrg. in Abrede, sein Geschäft in Hamburg mit Mitteln aufgebaut zu haben, die aus dem Verkauf des Geschäftes des Antrst. in Wien stammten, Er weist darauf hin, daß von den WB festgestellt worden sei, daß von diesen Vermögenswerten nichts in die brit. Zone gekommen ist. Der Antrg. sagt, er habe außer dem Juweliergeschäft in Hamburg auch noch Juweliergeschäfte in Berlin und Baden-Baden besessen, und das Geschäft in Hamburg habe nicht das Geringste mit den in Wien erworbenen Werten zu tun gehabt. Er weist außerdem darauf hin, daß wegen des Anspruchs auf diese Vermögensgegenstände ein Verfahren in Österreich anhängig sei. In seiner Erwiderung gibt der Antrst. zu, daß ein RE-Verfahren in Wien anhängig ist. Er behauptet jedoch, es sei unwahrscheinlich, daß ein Anspruch durch eine Entscheidung, die in seiner Sache in Wien gefällt wird, befriedigt würde. Das Vermögen in BOR 51/50 war, wie der Antrst. zutreffend betont, unbewegliches Vermögen. Im Fall BOR 51/131 1 haben wir uns mit der Frage des beweglichen Vermögens befaßt. Die Auswirkung jener Entscheidung ist, daß, wenn Schmuckstücke oder Edelmetalle, die 1938 dem Antrst. in Wien auf Grund seiner Rasse ungerechtfertigt entzogen worden sind, sich jetzt in der brit. Zone Deutschlands entweder in der gleichen oder in einer im wesentlichen identischen Form befinden, diese zum Gegenstand einer RE-Anordnung gemacht werden können. Im vorliegenden Fall behauptet der Antrst. jedoch nicht, daß der Warenbestand seines Wiener Geschäftes zu irgendeiner Zeit in die brit. Zone gelangt sei. Vielmehr sagt er jetzt, daß der Bestand nach Berlin geschafft worden sei, wo er von den Russen geplündert sein soll. In der brit. Zone befanden sich keine Vermögensgegenstände des Antrst. im Besitz des Antrg., noch befinden sich gegenwärtig welche dort, die zum Gegenstand einer Naturalrestitution gemacht werden können. Die Voraussetzung für einen wahlweisen Anspruch auf Nachzahlung gemäß Art. 13 ist daher nicht gegeben, und der Anspruch konnte keinen Erfolg haben." 72. Ist der RE-Pflichtige Angehöriger der Vereinten Nationen, so können nur seine im Verhältnis 10 : 1 umgestellten Rückgewähransprüche hypothekarisch gesichert werden. Der Vorbehalt der bedingten Rechte eines den Vereinten Nationen angehörenden Gläubigers ist nicht als gerichtliche Leistungsanordnung anzusehen, für die das Gericht Zahlungsbedingungen bestimmen oder eine Sicherung gewähren konnte. — REG (am. Zone) Art. 46; UG § 15 i. d. F. des AHKG Nr. 46; 40. DVO zum UG § 2. Court of Restitution Appeals, Nürnberg, Entsch. vom 20. 3. 1953 — Entsch. Nr. 317, Fall Nr. 566: NJW/RzW 4 (1953) 198. Aus den Gründen: „Die Kammer stellte fest, daß die Pflichtigen die Tilgung und Löschung der beiden zugunsten der Tochter der Verfolgten eingetragenen Hypotheken 1
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Siehe vorige Nr.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 72
bewirkt hätten. Die weiteren Feststellungen über den Geldausgleich liefen darauf hinaus, daß die Pflichtigen die Hauszinssteuerablösung im Betrag von 12 100 RM übernommen und einen Betrag von 6880 RM f ü r nicht notwendige Verbesserungen an dem Anwesen aufgewendet hätten, durch welche der Wert des Anwesens heute noch erhöht sei (Art. 34 III). Die Kammer stellte dann den Gesamtbetrag von 71 186.20 RM im Verhältnis 10 : 1 um und verurteilte die Berechtigten gesamtschuldnerisch, an die Pflichtigen als Gesamtgläubiger den Betrag von 7182.62 DM zu zahlen, und zwar unter Vorbehalt der Rechte der Gläubiger aus § 15 UG n. F. Für den zuletzt erwähnten Gesamtbetrag ordnete die Kammer die Eintragung einer RE-Hypothek an dem Anwesen an und gewährte den Schuldnern gemäß der Bestimmung des Art. 46 REG f ü r einen Teilbetrag von 3500 DM eine Stundung von drei Jahren und für den Restbetrag eine Stundung von sechs Jahren. In der Stundungsanordnung ist nicht, wie die Antrst. behaupten, ein Ermessensmißbrauch zu erblicken. Die festgesetzten Zahlungsbedingungen sind im Hinblick auf die Vermögensverhältnisse der Berechtigten rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antrst. haben sowohl in den Vorinstanzen als auch in dieser Instanz geltend gemacht, daß die Eintragung einer Höchstbetragssicherungshypothek von insgesamt 71 186.20 DM zu berücksichtigen sei und daß sie als Angehörige der Vereinten Nationen nach der 40. DVO zum UG eine solche Eintragung verlangen könnten. Das OLG wies die sofortige Beschw. der Pflichtigen unter Bestätigung der Entscheidung des LG München I zurück. Wir haben uns nun einer Prüfung der Verbindlichkeiten gegenüber Angehörigen der Vereinten Nationen gemäß der 40. DVO und § 15 UG i. d. F. des AHKG Nr. 46 (AHKAB1. Nr. 46, 756) zuzuwenden. Die 40. DVO zum WährG gilt ausschließlich f ü r am 20. 6. 1948 bestehende Hypotheken. Für sie allein gelten die Vorschriften der Gesetzgebung über den Lastenausgleich, wonach die Länder, in denen der betreffende Grundbesitz liegt, %o des Hypothekenwerts im Verhältnis 1 : 1 als öffentliche Last zugesprochen erhalten. Die im vorliegenden Fall strittige Hypothek konnte nur durch gerichtliche Feststellung lange nach diesem Zeitpunkt entstehen und zwar nur auf Grund der Bestimmung des Art. 46 REG, wonach den RE-Gerichten gestattet ist, die Zahlungsbedingungen für die vom Berechtigten an den Pflichtigen vorzunehmenden Rückgewährleistungen zu bestimmen. Wenn es sich z. B. im vorliegenden Fall nicht um Angehörige der Vereinten Nationen als Gläubiger handeln würde, könnte das Gericht nach seinem Ermessen als Vorbedingung für die Berichtigung des Grundbuches und der damit verbundenen Rückübertragung des Eigentums an dem Anwesen auf die Berechtigten für den fälligen Gesamtbetrag das Umstellungsverhältnis von 10 : 1 festsetzen. Zu einer Sicherung des Gläubigers ist das Gericht nur dann verpflichtet, wenn der zurückgewährende Betrag gestundet wird. F ü r die Auslegung, daß das Land im Umfang von 90 °/o an einer solchen Hypothek beteiligt werden könne, ist zweifellos kein Raum. Die Kammer war vollkommen außerstande (Art. 46), eine andere Be-
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IV b. Rückerstattungs- und Entschädigungsrecht
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lastung des Anwesens zu veranlassen als die einer dinglichen Sicherung der von ihr angeordneten Rückgewährleistung. Der Vorbehalt der bedingten Rechte eines den Vereinten Nationen angehörenden Gläubigers kann nicht als gerichtliche Leistungsanordnung ausgelegt werden, und das Gericht wäre auch nicht in der Lage, die Zahlungsbedingungen f ü r eine derartige Verbindlichkeit zu bestimmen. Darüber hinaus fiele eine solche Schuld auch nicht in den Rahmen der Belastungsgrenze nach Art. 37 REG. § 1190 BGB vermag keine entsprechende Anwendung zu finden. Wie im Verlauf dieser Entscheidung noch zu erörtern sein wird, hat die Kammer die Ansprüche der Pflichtigen nach Art. 34 III mehr als angemessen berücksichtigt. Die Kammer konnte den Pflichtigen nur ihre von einer noch ungewissen Gesetzgebung abhängigen Rechte aus § 15 UG vorbehalten. Dies ist seitens der beiden Vorinstanzen in einwandfreier Weise geschehen. Aus Abs. 3 aaO ergibt sich, daß der Schuldner von dem Land, in dem er seinen Wohnsitz hat (im vorliegenden Fall ist München in Bayern der Wohnsitz des Schuldners), in Höhe aller Verbindlichkeiten zu befreien ist, die sich f ü r ihn durch ein höheres Umstellungsverhältnis als 10 : 1 auf Grund der begünstigten Stellung seines Gläubigers möglicherweise ergeben würden. Obwohl der Schuldner von seiner bedingten Verbindlichkeit nicht befreit wird, übernimmt der Freistaat Bayern die letzte Verpflichtung. Die Wirksamkeit des genannten § 15 (n. F.) in Fällen, in denen sich der Wohnsitz des Schuldners außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik befindet, schließen wir von einer Betrachtung aus. Die Streitfrage betrifft auch die Auslegung des § 15 IV n. F., welcher eindeutig f ü r sich selbst spricht. Die Vorinstanzen haben seine Anwendbarkeit verneint. Die Gewährung einer Sicherheit f ü r die Forderung der Angehörigen der Vereinten Nationen einschließlich ihrer nach der Bestimmung dieses Absatzes bestehenden bedingten Forderung wäre dem Gericht nicht möglich gewesen. Unter der erwähnten Sicherheit ist eine am Stichtag des 20. 6. 1948 bestehende Sicherheit zu verstehen. Dementsprechend kann Abs. 7 auf den hier vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung finden. Die hierfür als Grundlage geschaffene Lastenausgleichsgesetzgebung schließt eine ungesicherte RM-Forderung nicht mit ein, sondern bezieht sich auf eine durch eine am 20. 6. 1948 bestehende Grundstücksbelastung gesicherte Forderung. Würde die Bestimmung dieses Absatzes sich auf diesen Fall erstrecken, so müßte die Leistung an den dort benannten Treuhänder erfolgen." 73. Der Geltungsbereich der VO 120 erstreckt sich nicht auf in Frankreich belegene Grundstücke. — REVO 120 (franz. Zone). RK Mainz, Entsch. vom 26. 2. 1953 — Or 2953/49: NJW/RzW 4 (1953) 215 (Leitsatz).
74. Die Entziehung von Umzugsgut ist nicht lediglich durch seine Wegnahme im Ausland erfolgt, sondern der Entziehungstatbestand setzte sich zusammen aus den Feststellungen und Anordnungen der verschiedenen Dienststellen und der Wegnahme im Ausland. Ist aber der Tatbestand einer
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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unerlaubten Handlung durch Vorgänge erfüllt, die sich an verschiedenen Orten zugetragen haben, und liegt einer von ihnen im Gebiet der amerik. Zone, so ist die WB des Bezirks zuständig, in dem dieser Ort gelegen ist. — REG (am. Zone) Art. 59; ZuständigkeitsVO §§ 1—4. WK Stuttgart, Entsch. vom 26. 11. 1953 — Rest S 5825 (790): NJW/RzW 5 (1954) 189. Aus den Gründen: „Die Kammer vermag sich weder den Rechtsausführungen des Antrst. noch denen des OLG F r a n k f u r t 1 (NJW/RzW 1953, 97) anzuschließen, geht vielmehr unter Aufrechterhaltung ihrer früheren Rspr. und in Übereinstimmung mit dem Schlichter davon aus, daß der Geltungsbereich des REG der amerik. Zone grundsätzlich beschränkt ist auf die Fälle, in denen der RE-Gegenstand sich innerhalb der Zone befindet oder der Inhaber eines entzogenen Rechts innerhalb der Zone seinen Wohnsitz hat (§§ 1 bis 3 der ZuständigkeitsVO vom 21. 10. 1948). Ist nach diesen Bestimmungen keine Zuständigkeit gegeben, so gilt subsidiär der Gerichtsstand des Entziehungsorts (§ 4). Eine Zuständigkeit unter anderen Gesichtspunkten, etwa dem des Wohnsitzes des Berechtigten oder des Verpflichteten, gibt es nach dem REG nicht. Die Zuständigkeitsfrage und damit der Geltungsbereich des Gesetzes ist in Art. 59 REG in Verbindung mit der ZuständigkeitsVO abschließend geregelt. Auch bestimmt Art. 67 Ziff. 2, daß im RE-Verfahren die Verfahrensvorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden sind, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Über die Anwendbarkeit der Gerichtsstände der ZPO bestimmt das REG nichts. Deshalb müssen der Versuch von Prof. Wengler (NJW/RzW 1949/50, 196 und 367) und die entsprechenden Ausführungen des Antrst., einen subsidiären Gerichtsstand der Durchsetzbarkeit des RE-Anspruchs am Wohnsitz des RE-Verpflichteten zu begründen, abgelehnt werden. Unzutreffend ist auch die Bezugnahme des Antrst. auf die Bestimmung des § 2 III der ZuständigkeitsVO (RE eines Rechts). Denn im gegenwärtigen Falle ist RE-Gegenstand nicht ein Recht, sondern eine Sache, der Lift mit dem Hausrat. Nach dem bisherigen Sachvortrag des Antrst., insbesondere nach dem Inhalt des von ihm in Abschrift vorgelegten Schreibens der NV Sch. & Co. in A. vom 19. 12. 1945 wird aber eine Entziehung seitens des Reichs durch unerlaubte Handlung (Art. 2 Ziff. 1, Art. 30 REG) behauptet, welche darin zu erblicken ist, daß der Lift durch die deutsche Besatzungsbehörde im Jahre 1941 bei der von R. beauftragten Speditionsfirma beschlagnahmt, am 2. 3. 1942 dem von der Besatzungsbehörde eingerichteten Sammellager zugeführt und damit der Verfügung des Eigentümers entzogen worden ist. Der zeitliche Zusammenhang der einzelnen Vorgänge — Aufgabe zur Beförderung im März 1940, Auswanderung 1940, Beschlagnahme 1941, Wegnahme am 2. 3. 1942 — spricht stark dafür, daß das Speditionsgut infolge der Kriegsverhältnisse 1940 nicht mehr auf dem Seewege hat befördert werden können und nach der Auswanderung des R. auf Grund der 11. VO zum RBürgG vom 25. 11. 1941 eingezogen worden ist. Nach § 2 dieser VO 1
Siehe oben Nr. 63.
Nr. 75
IV c. Wertpapierbereinigung
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verlor ein deutscher Jude die deutsche Staatsangehörigkeit mit seiner Auswanderung. Sein Vermögen verfiel gemäß § 3 mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit dem Reich. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen f ü r den Vermögensverfall vorlagen, hatten der Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS zu treffen (§ 8). Die Verwaltung und Verwertung des verfallenen Vermögens oblag dem Oberfinanzpräsidenten Berlin (§ 8 II). Wie die Kammer in Rest S 1334 (I 676) durch Vernehmung früherer Gestapobeamter festgestellt hat, war dies Feststellungsverfahren in der Weise geregelt, daß die örtliche Polizeistelle über die Auswanderung und die bisherige Staatsangehörigkeit des jüdischen Auswanderers wie auch über seine Vermögensverhältnisse berichtete und daß dann nach der Weisung der Zentralstelle in Berlin der örtlich zustehende Oberfinanzpräsident die Verwertung durchführte. Wenn wie im vorl. Fall sich Teile des Vermögens in den im Kriege besetzten Gebieten befanden, kann nicht anders verfahren worden sein. Die Besatzungsbehörde in Holland konnte nur auf Weisung der zuständigen Reichsstellen tätig werden, zu denen die Staatspolizei in Stuttgart und der Oberfinanzpräsident Württemberg gehörten; denn sie selbst wußte nicht und konnte nicht wissen, ob die infolge des Krieges in Amsterdam liegengebliebenen Güter einem Auswanderer gehörten, dessen Vermögen der Einziehung unterlag. Die Entziehung des Lifts ist also nicht lediglich durch seine Wegnahme in Amsterdam erfolgt, sondern der Entziehungstatbestand, die unerlaubte Handlung des Antrg., setzte sich zusammen aus den Feststellungen und Anordnungen der genannten Stellen und der Wegnahme in Amsterdam. Ist aber der Tatbestand einer unerlaubten Handlung durch Vorgänge erfüllt, die sich an verschiedenen Orten zugetragen haben, und liegt einer von ihnen im Gebiet der amerikanisch besetzten Zone, so ist gemäß § 4 der ZuständigkeitsVO die WG-Behörde des Bezirks zuständig, in welchem dieser Ort gelegen ist, demnach f ü r den vorl. Fall Stuttgart. (Übereinstimmend OLG München vom 18. 9. 1953 in NJW/RzW 1953, 313 und f ü r den Fall der Anwendung der 11. VO z. RBürgG auch OLG Frankfurt wie oben zitiert.)"
IV c. WERTPAPIERBEREINIGUNG 75. Die in der Schweiz erfolgte Beschlagnahme von effektiven nach § 3 WBG kraftlos gewordenen Wertpapieren, die sich im Besitz der schweizerischen Verrechnungsstelle — Abteilung für die Liquidation deutscher Vermögenswerte — befinden, kann im Prüfungsverfahren des WBG nicht als rechtswirksam anerkannt werden. — WBG § 21. LG Hagen (Kammer f ü r Wertpapierbereinigung), Beschl. v. 2.12.1952 —KWpR b 2321: WM 7 (1953) 340. Aus den Gründen: „Die Herren H. M., F. M., G. M. und E. M., sämtlich aus W., welche sich durch Vorlage des Handelsregisterauszuges des Amtsgerichts W. vom
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 75
5. 6. 1952 als Inhaber der Anmelderin ausgewiesen haben, haben vorgetragen, sie seien in der Zeit vom 1. 1. 1945 bis 1. 10. 1949 gemeinschaftliche Eigentümer der hier in Rede stehenden Aktien Nr = 396/1000.— gewesen. Sie hätten die Aktien am 31. 12. 1930 von der X-AG in T. (Schweiz) gekauft und sie bei dieser Gesellschaft in einem Tresor zur Aufbewahrung gelassen. Die Aktien seien am gleichen Tag bei der Firma H. M. in W. eingebucht und ihrem Kapitalkonto zu je 1 h gutgeschrieben worden. Seit dieser Zeit seien sie unverändert Eigentum der Firma H. M. in W. verblieben. Die effektiven Stücke befänden sich zur Zeit im Besitz der schweizerischen Verrechnungsstelle in Zürich und könnten erst nach Freigabe durch diese Stelle vorgelegt werden. Über die Richtigkeit dieser Behauptungen haben die vier genannten Brüder M. am 23. 9. 1952 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die erkennende Kammer ist von der Richtigkeit dieser Behauptungen überzeugt, zumal noch weitere Beweisunterlagen vorgelegen haben (wird ausgeführt). Schon auf Grund dieser Unterlagen ist die Kammer zu der vollen Überzeugung des Rechts der Anmelderin f ü r die im Wertpapierbereinigungsverfahren bedeutsame Zeit gekommen. Nun befinden sich die effektiven Stücke der hier angemeldeten Aktien im Besitz der schweizerischen Verrechnungsstelle — Abteilung f ü r die Liquidation deutscher Vermögenswerte — in Zürich. Sie sind offenbar, wie das Amt für Wertpapierbereinigung in Bad Homburg v. d. H. in seiner Auskunft vom 17. 11. 1952 annimmt, auf Grund des schweizerischen Bundesratsbeschlusses vom 16. 2. 1945 beschlagnahmt worden. Bei dieser Beschlagnahme handelt es sich zweifellos nicht um eine Maßnahme der Behörden oder Besatzungsmächte des Währungsgebietes nach dem 1. 1. 1945, sie ist deshalb nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 21 I Nr. 3 WBG im Wertpapierbereinigungsverfahren unbeachtlich. Die Rechtsgültigkeit dieser gesetzlichen schweizerischen Anordnung im allgemeinen soll zwar nicht bestritten werden. Sie hat aber nur Gültigkeit für die Gebietshoheit der Schweiz und f ü r Vermögensgegenstände innerhalb der schweizerischen Grenzen. Richtig ist zwar, daß sich die Aktien im schweizerischen Hoheitsgebiet befanden, als sie der schweizerischen Beschlagnahme unterfielen. Inzwischen sind die in der Schweiz befindlichen effektiven Stücke durch deutsche Gesetze f ü r kraftlos erklärt worden. Das ursprünglich in diesen Wertpapieren verbriefte Recht ist — unabhängig davon, wo es vor der Kraftloserklärung belegen war — vom Zeitpunkt der Kraftlosigkeit ab nach allgemeinen Grundsätzen dort belegen, wo die Verpflichtete — die Ausstellerin — ihren Sitz hat. Dieser befindet sich aber nicht im schweizerischen Hoheitsgebiet, und deshalb wird das Recht des Eigentümers nicht mehr von der nur innerhalb des schweizerischen Hoheitsgebietes vielleicht wirksam gewesenen Beschlagnahme der Urkunden als solcher erfaßt. Die Kammer befindet sich bei dieser Stellungnahme in Übereinstimmung mit den Rechtsgutachten, welche der Bundesminister der Finanzen unter dem 21. 4. 1951, 16. 5. 1951, 30. 5. 1951 und 15. 8. 1951 hinsichtlich österreichischer, holländischer, luxemburgischer und französischer Maßnahmen
Nr. 76
IV c. Wertpapierbereinigung
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bezüglich des Deutschen Vermögens im Auslande erstattet hat. Auch in der Rechtsprechung anderer Gerichte wisd, soweit diese übersehen werden kann, keine abweichende Ansicht vertreten." 7 6 . Ein erstverwahrendes ausländisches Kreditinstitut ist zur Anmeldung der Wertpapiere für seinen Depotkunden berechtigt, wenn die in dem betreffenden Lande geltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen in dieser Hinsicht so weitgehende Rechte gewähren wie die deutschen allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein Pfleger braucht in einem solchen Fall nicht bestellt zu werden. — FGG § 50. KG (West), 2. ZS, Beschl. vom 17. 2. 1953 — 2 W 379/53: W M 7 (1953) 277. Aus den Gründen: „Die X-Bank, Wien, hat die vorliegende Anmeldung für die „derzeit postalisch nicht erreichbare" Anmelderin erstattet, die, mit dem Vorschlage einer Anerkennung als nachgewiesen, der Kammer für Wertpapierbereinigung ( K W B ) zur Prüfung und Entscheidung von der Prüfstelle vorgelegt ist. Bei der Vorlegung hat die Prüfstelle gebeten, die Bestellung eines Abwesenheitspflegers zu veranlassen, da es der Depotbank nicht möglich gewesen sei, mit der Anmelderin in Verbindung zu treten und einen Auftrag zur Anmeldung einzuholen. Der Vorsitzende der K W B hat mit der angefochtenen Verfügung der Prüf stelle mitgeteilt: „Bezüglich der von Ihnen angeregten Pflegerbestellung wird auf die mit Ihrem Herrn Abteilungsleiter F. gehabten mehrfachen Unterhaltungen bezüglich der Stelle, die den Pfleger zu bestellen hat, hingewiesen. Die Kammer sieht sich zur Pflegerbestellung nicht in der Lage. Sofern die dortigen Bedenken, selbst in der fraglichen Beziehung tätig zu werden, noch fortbestehen, wird die Entscheidung zunächst einen Monat zurückgestellt." Die Absendung dieses Schreibens ist am 30. 12. 1952 verfügt. Hiergegen hat das Aufsichtsamt für Banken Berlin die beim LG am 21. 1. 1953 eingegangene Beschwerde eingelegt, mit der beantragt wird, die K W B anzuweisen, von ihren Bedenken Abstand zu nehmen und gemäß § 50 FGG selbst die erforderlichen Schritte zur Bestellung eines Pflegers zu ergreifen. Zu der sachlichen Rechtsansicht des Beschwf., die sich mit der des Vorsitzenden der K W B zu decken scheint, sei bemerkt, daß der Senat sie nicht zu teilen vermag. Die Anmeldung ist von der verwahrenden Bank erstattet, die mit der Anmelderin einen Depotvertrag abgeschlossen haben muß. Wenn das der K W B nicht genügte, um eine Vollmacht zur Anmeldung für die Depotbank zu unterstellen, weil es sich um ein ausländisches Kreditinstitut handelt, so hätte sie sich die Depotbedingungen vorlegen lassen müssen. Der Senat würde seinerseits keine Bedenken tragen, auch der ausländischen Depotbank die Vollmacht zur Anmeldung zuzubilligen. Es kann nämlich nicht außer acht gelassen werden, daß die Wertpapiere vor dem 1. 1. 1945 hinterlegt worden sind, d. h. zu einer Zeit, als Österreich zum Deutschen Reich gehörte. Es haben also im Zeitpunkte der Hinterlegung zweifellos die Bedingungen des deutschen Bankgewerbes gegolten,
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 77, 78
denen der Senat die Vollmacht des Hinterlegers für den Verwahrer zur Anmeldung von Rechten im Bereinigungsverfahren entnommen hat (vgl. den in WM 1953, 136 f. veröffentlichen Beschl. des Senats v. 30. 12. 1952 — 2 W 3253/52). Daß die Verwahrbank sich als Geschäftsführer ohne Auftrag bezeichnet, ist kein Grund zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts, es zeigt nur, daß die Bank die Rechtslage nicht zutreffend erkannt hat. Das bindet die K W B nicht. Ein Pfleger für die Anmelderin ist also nicht erforderlich, er würde auch kaum bestellt werden, da das Vormundschaftsgericht ein Fürsorgebedürfnis im Hinblick auf die vorliegende Vollmacht wahrscheinlich verneinen würde." 77. Die Zweigniederlassung eines Handelsunternehmens besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und kann nicht selbständige Trägerin von Vermögen sein, auch nicht, wenn die Hauptniederlassung im Ausland liegt. Das von einer Zweigniederlassung verwaltete Wertpapiervermögen kann aber vom Vertretungsberechtigten der Zweigniederlassung zur Wertpapierbereinigung angemeldet werden, und die Anmelderin hat dann die Wahl, ob die Anerkennung auf die Firma der Hauptniederlassung, sei es mit oder ohne einen auf die Zweigniederlassung und deren Firmen hinweisenden Zusatz, oder auf die besondere Firma der Zweigniederlassung erfolgen soll. LG München I (3. Kammer für Wertpapierbereinigung), Beschl. vom 26. 11. 1952 — 3 W P 3021: WM 7 (1953) 80. Aus den Gründen: „Nach den vorgelegten Unterlagen können die angemeldeten Rechte nur der Aktiengesellschaft in Firma Z-AG mit Sitz in S. zustehen, nicht aber deren anmeldender Zweigniederlassung. Die Zweigniederlassung eines Handelsunternehmens besitzt niemals eigene Rechtspersönlichkeit, auch dann nicht, wenn die Hauptniederlassung im Ausland liegt. Sie mag eine besondere Kassenführung und eine vom übrigen Vermögen des Unternehmens getrennt gehaltene Vermögensmasse haben. Trotzdem ist sie nicht selbständige Trägerin dieses Vermögens. Inhaber desselben ist vielmehr stets der Inhaber des Unternehmens oder die Handelsgesellschaft, vgl. auch Baumbach-Duden, HGB 8 (1951) Einf. 3 vor §§ 13 ff. Die unter der Firma der Zweigniederlassung angemeldeten Wertpapiere können mithin nicht deren Eigentum sein, sondern sind Eigentum der Handelsgesellschaft, hier also der Z-AG mit Sitz in S. Das ist grundlegend festzuhalten. Die Zweigniederlassung in W. bzw. deren Leiter, Versicherungsdirektor F., der die Gesellschaft im ganzen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vertritt, ist aber befugt, die Wertpapiere für die Gesellschaft anzumelden. Förmliche Bedenken bestehen deshalb gegen die Anmelderin nicht." 78. Eine im österreichischen Verlassenschaftsverfahren ausgestellte Einantwortungsurkunde kann nur dann als Beweismittel für die Erbenfeststellung dienen, wenn sich die Erbfolge nach österreichischem Recht richtet. Sie scheidet als Beweismittel im Bereinigungsverfahren aus, wenn
Nr. 78 der Erblasser
IV c. Wertpapierbereinigung deutscher
Staatsangehöriger
war.
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— W G B § § 21, 22, 23;
EGBGB Art. 24; österr. ABGB §§ 300, 819. LG München 1 ( 1 . Kammer f ü r Wertpapierbereinigung), Beschluß vom 28. 11. 1952 — 1 W P 777: WM 7 (1953) 37. Aus den Gründen: „Die Anmeldung ist form- und fristgerecht. Auf Grund der Depotaufstellung der A-Bank, Filiale X (ostwärts der Oder-Neiße-Linie) per 31. 10. 1943 in Verbindung mit der von der A-Bank Verbindungsstelle Ost in N. (Bundesgebiet) erstellten beglaubigten Abschrift der von ihr verwahrten Kopie dieses Depotauszuges (vgl. WM 1952, 384) steht zur Uberzeugung der Kammer fest, daß die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt der angemeldeten, über Girosammeidepot verbuchten Rechte war. Daß dieses Eigentum bis zu ihrem Tode in ihrer Person und von da ab zugunsten ihrer Erben bis zum 1. 10. 1949 fortbestand und eine Erbauseinandersetzung bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgenommen wurde, ist hinreichend glaubhaft auf Grund der eingehenden eidesstattlichen Erklärungen der Nichte der Erblasserin L. M. in F. (Österreich) vom 10. 10. 1950 und 15. 12. 1951. Die angemeldeten Werte konnten daher als glaubhaft gemacht anerkannt werden (§§ 21 I Nr. 4, 22 II, 23 II, 27 WBG). Auf Grund der vorliegenden Beweismittel konnten die Erben nicht namentlich festgestellt werden. Ein Erbschein wurde nicht vorgelegt. Die Anmeldestelle hat ausgeführt, die Beschaffung eines solchen sei mit Schwierigkeiten und Kosten verbunden, weil die Erblasserin die deutsche Staatsangehörigkeit besessen habe, die Erben dagegen österreichische Staatsangehörige seien. Die von der Anmeldestelle vorgelegte und von ihr anscheinend als Erbnachweis angesehene „Amtsbestätigung" des Bezirksgerichts G. (Österreich) vom 30. 7. 1948 konnte nicht als hinreichendes Beweismittel f ü r die Feststellung der Erben im Bereinigungsverfahren gewertet werden. Das Erbrecht braucht im WB-Verfahren allerdings nicht durch einen Erbschein bewiesen zu werden. Das WBG hat die Vorlage eines Erbscheins nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Zum Nachweis des Erbrechts sind auch andere Beweismittel zugelassen. Als derartiges Beweismittel ist zwar im allgemeinen eine Einantwortungsurkunde eines österreichischen Verlassenschaftsgerichts, die die in dem österreichischen AußerStreitsachengesetz vom 9. 8. 1854 geregelte sogenannte Verlassenschaftsabhandlung abschließt, anzusehen. Sie kann, wenn sich die Erbfolge nach österreichischem Recht richtet, in der Regel im WB-Verfahren als Beweismittel wenigstens f ü r die Glaubhaftmachung des Erbrechts dienen (vgl. Sonderbeilage zu WM IV B Nr. 30 vom 26. 7. 1952, S. 15/16). Um eine derartige Einantwortungsurkunde handelt es sich bei der vorliegenden Amtsbestätigung jedoch nicht. In ihr wird u. a. bescheinigt, daß „die Verlassenschaftsabhandlung nach der deutschen Staatsangehörigen S. T. über Antrag der in Österreich lebenden Erben von der Österreichischen Gerichtsbehörde durchgeführt wird." Des weiteren wird festgestellt, die vorhandenen letztwilligen Anordnungen seien formungültig, so daß die gesetzliche Erbfolge Platz greife und nach derselben „bisher" die im ein-
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zelnen bezeichneten, in Österreich wohnhaften Personen „als Erben berufen erscheinen". Der Wortlaut läßt sonach schon erkennen, daß das Verlassenschaftsverfahren noch nicht abgeschlossen, die rechtmäßigen Erben daher vom Verlassenschaftsgericht im Zeitpunkt der Amtsbestätigung noch nicht „erkannt" (§ 819 ABGB) waren. Überdies könnte im vorliegenden Falle auch eine Einantwortungsurkunde als hinreichendes Beweismittel nicht angesehen werden, so daß es der Rückfrage, ob etwa inzwischen eine solche ausgestellt wurde, nicht bedurfte. Die Erblasserin war nämlich deutsche Staatsangehörige. Die Erbfolge richtet sich daher, obwohl die Erblasserin in Österreich ihren Wohnsitz hatte, nach deutschem Recht (Art. 24 EGBGB). Der Ausnahmefall des Art. 28 EGBGB ist hier nicht gegeben. Die Folgerung, daß deutsches Recht zur Anwendung zu kommen hat, ergibt sich zwar hinsichtlich der Wertpapiere der Erblasserin auch nach österreichischem Recht, das die Erbfolge in das bewegliche Vermögen eines Ausländers dem-Heimatrecht des Erblassers, d. h. also vorliegend dem deutschen Recht, unterstellt (§ 300 ABGB). Trotzdem wird jedoch in Österreich die Verlassenschaftsabhandlung über den in Österreich befindlichen Nachlaß eines Ausländers durchgeführt, und zwar auch materiell-rechtlich stets nach österreichischem Recht (vgl. hierzu Nußbaum, Deutsches internationales Privatrecht [Tübingen 1932] 372). Das deutsch-österreichische Nachlaßabkommen vom 5. 2. 1927, das diese international-privatrechtlich unbefriedigende Regelung beseitigte, indem es die Verlassenschaftsabhandlung in Österreich für Deutsche ausschaltete ( N u ß b a u m aaö) wird z. Z. auch von den österreichischen Justizbehörden noch als suspendiert angesehen. Eine Einantwortungsurkunde scheidet daher dann als Beweismittel im Bereinigungsverfahren aus, wenn sich die Erbfolge nicht nach österreichischem Recht richtet." 7 9 - Die luxemburgischen Gesetze betr. Sequestrierung deutschen Eigentums können Geltung nur innerhalb des Großherzogtums Luxemburg beanspruchen. Als ausländisches Eigentum der Angehörigen eines Staates sind nur Wertpapiere anzusehen, die von Ausstellern mit Sitz in einem anderen Staatsgebiet herrühren, nicht aber, wenn sie von Ausstellern mit Sitz in demselben Staat herrühren, mögen auch die Papiere sich effektiv in ausländischer Verwahrung befinden. — WBG §§ 21, 22. LG Hannover (1. Kammer f ü r Wertpapierbereinigung), Beschl. vom 1. 2. 1952 — 30 WK 47/519 und 520: WM IV B 1952, 210. Aus den Gründen: „Die vorbezeichneten Anmeldungen, 1. bewirkt durch den Office des Séquestres, Luxemburg, und 2. bewirkt durch Frau L. F., beide für E. F. Erben als Anmelder, betreffen dasselbe Recht, nämlich an bei der A-Bank in Luxemburg in Erstverwahrung für E. F. Erben seit vor dem 1. 1. 1945 verbuchten 1000 RM Z-AG Aktien. Der einzige Unterschied der beiden Anmeldungen besteht darin, daß in der erstgenannten Anmeldung als Verwahrungsart Sammel-
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Verwahrung angegeben ist und in der zweitgenannten Anmeldung die Verwahrungsart, weil nicht bekannt, nicht n ä h e r angegeben ist. Da anzunehm e n ist, d a ß bei der V e r w a h r u n g von zweimal 1000 RM Z-AG Aktien f ü r E. F . E r b e n — möglicherweise in verschiedener Verwahrungsart — dies von der in beiden Depotbescheinigungen E r s t v e r w a h r e r angegebenen ABank in Luxemburg, von der Depotbescheinigungen vorliegen, nicht verschwiegen, sondern in den Depotbescheinigungen angegeben wäre, dies aber nicht geschehen ist, ist die Schlußfolgerung berechtigt, daß es sich u m dasselbe Recht handelt. Die Anmeldungen waren deshalb zu gemeinsamer Entscheidung im P r ü f u n g s v e r f a h r e n z u s a m m e n z u f ü h r e n . Es handelt sich nicht u m eine wirkliche, sondern u m eine unechte Doppelanmeldung, weil in beiden Anmeldungen das Recht an den Papieren f ü r dieselben Anmelder — E. F. E r b e n — in Anspruch genommen wird. Verschieden ist n u r die Person der die Anmeldungen f ü r die genannten Anmelder Bewirkenden, die beide sich zur Anmeldung f ü r E. F. E r b e n f ü r b e f u g t halten u n d f ü r diese eine solche vorgenommen haben. Die Anmeldungsbefugnis der F r a u L. F . f ü r E. F. E r b e n m u ß gemäß § 15 des WBG b e j a h t werden. Nach dieser Bestimmung ist ein Miterbe zur Anmeldung f ü r die Erbengemeinschaft befugt. Durch den vom AG Berlin . . . (Westsektor) a m 29. 11. 1950 — AZ . . . — ausgestellten E r b schein in von der Anmeldestelle D-Bank in H. begl. Abschrift von gerichtlicher Ausfertigung vom 29. 11. 1950 ist nachgewiesen, d a ß F r a u L. F. Miterbin nach dem a m 28. 8. 1944 verstorbenen E. F. ist. F ü r eine bereits erfolgte Auseinandersetzung der Miterben über den Nachlaß hinsichtlich der 1000 RM Z-AG Aktien liegen Anhaltspunkte nicht vor. Das Recht der Erbengemeinschaft nach E. F. an 1000 RM Z-AG Aktien in E r s t v e r w a h r u n g bei der A-Bank in L u x e m b u r g ist belegt durch den Erfordernissen des § 22 I WBG entsprechende Depotbescheinigungen dieses a u s k u n f t s f ä h i g e n Kreditinstituts vom 15. 2. 1950 u n d 21. 1. 1952, nach denen Papiere dieser Art u n d H ö h e bei dieser Bank in der ganzen nach § 21 I Nr. 1 WBG beweiserheblichen Zeit (1. 1. 1945 bis 1. 10. 1949) f ü r E . F. E r b e n als Sammelbestandanteil in E r s t v e r w a h r u n g verbucht waren. Aus einer solchen Verbuchung k a n n regelmäßig u n d so auch hier, da entgegenstehende Umstände nicht vorliegen, auf das Recht des Depotinhabers a n den f ü r ihn verbuchten W e r t e n geschlossen werden, m i t h i n in vorliegendem Falle auf das Recht der E r b e n des E. F. a n sammelverwahrten RM 1000 Z-AG. Aktien a m 1. 10. 1949 bereits seit ununterbrochen am 1. 1. 1945. Da die Depotbescheinigungen in Verbindung mit der in einem Schreiben a n die Anmeldestelle C-Bank in K. vom 28. 7. 1950 generell abgegebenen, zur Vorlegung der Bücher bereit zu sein, den Erfordernissen des § 22 I WBG entsprechen, erbringen sie vollen Beweis. E i n e r Nachp r ü f u n g der Depotbücher der A-Bank in L u x e m b u r g b e d u r f t e es nicht, da keine Gründe vorliegen, die die Richtigkeit der von dieser ausgestellten Depotbescheinigungen in Zweifel stellten. Auf die von der dazu legitimierten F r a u L. F. bewirkte Anmeldung w a r deshalb das Recht der E r b e n des E. F. a n Papieren der in der Anmeldung angegebenen Art und Höhe als nachgewiesen anzuerkennen, und zwar unter namentlicher Bezeichnung
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dieser Erben, da diese durch den bereits erwähnten Erbschein des AG Berlin vom 29. 11. 1950 nachgewiesen sind und aus der Nachreichung dieses Erbscheins im Prüfungsverfahren durch die Anmeldestelle D-Bank in H. entnommen werden muß, da beantragt wird, die Anerkennung f ü r die Erben unter deren Feststellung und namentlicher Bezeichnung gemäß den Angaben in dem Erbschein auszusprechen. Durch die auf die von Frau L. F. bei der D-Bank in H. bewirkte Anmeldung in diesem Beschluß getroffene Entscheidung ist auch die von dem Office des Sequestres, Luxemburg, bei der C-Bank in K. bewirkte Anmeldung sachlich erledigt, da sie dasselbe Ziel — die Anerkennung der Rechte an bei der A-Bank in Luxemburg f ü r Erben E. F., als Sammelbestandanteil erstverwahrten RM 1000 Z-AG. Aktien für diese Erben — verfolgt. Einer Entscheidung über diese Anmeldung bedarf es deshalb nicht mehr, es sei denn, daß diese Anmeldung auch noch nach der in diesem Beschluß getroffenen Entscheidung aufrechterhalten werde, was nicht ohne weiteres angenommen werden kann. Es sei hierzu aber bemerkt, daß sie, wenn sie aufrechterhalten werden sollte, abgelehnt werden müßte, und zwar einmal deshalb, weil sie sachlich durch diesen Beschluß bereits erledigt ist, und zum anderen auch deshalb, weil die Befugnis des Office des Sequestres, Luxemburg, zur Anmeldung des Rechtes der Erben des E. F. verneint werden müßte. Dieses Amt leitet seine Anmeldebefugnis aus den im Großherzogtum Luxemburg ergangenen Gesetzen und Verordnungen her, die deutsches Eigentum unter Sequestrierung gestellt haben. Die Rechtsgültigkeit dieser gesetzlichen Anordnungen im allgemeinen soll nicht bestritten werden. Sie können aber nur Geltung beanspruchen innerhalb des Geltungsbereiches der Gebietshoheit des Großherzogtums Luxemburg, also nicht über die luxemburgischen Grenzen hinaus und deshalb nicht für Vermögensgegenstände, die sich nicht innerhalb dieser Grenzen befinden. Zur Zeit des Erlasses dieser Anordnungen oder auch ihrer Durchführung durch besondere Beschlagnahmeverfügung f ü r diesen Fall waren die Z-AG. Aktien, auf die sich das angemeldete Recht bezieht, noch in Kraft. Sie befanden sich aber nicht im luxemburgischen Gebiete, und in diesem befindet sich auch nicht der Sitz des Ausstellers. In Luxemburg lag und liegt nur eine Depotverbuchung vor. Der sich gegen die A-Bank in Luxemburg richtende depotrechtliche Anspruch auf Grund des dieser Depotverbuchung zu Grunde liegenden Verwahrvertrages mag als in Luxemburg belegen gewesen sein. Er ist mit der Kraftloserklärung sammelverwahrter Z-AG. Aktien, auf die er sich bezog, durch das WBG inzwischen in Fortfall gekommen. Verschieden von diesem Anspruch waren der Mitbesitz und das Miteigentumsrecht der Erben des E. F. an einem Sammelbestande von Z-AG. Aktien zum Betrage von RM 1000. Dieses Recht ist der Gegenstand der Anmeldung, nicht der depotrechtliche Anspruch gegen die A-Bank in Luxemburg, und dieses Recht kann nicht als in Luxemburg belegen angesehen werden, da sich ein Sammelbestand dort nicht befand. Durch die Kraftloserklärung sammelverwahrter Z-AG. Aktien durch das Wertpapierbereinigungsgesetz ist übrigens auch dieses Recht inzwischen in Fortfall gekommen, nämlich in einen in dem Prüfungsverfahren der Wertpapier-
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bereinigung durch Anmeldung geltend zu machenden Anspruch umgewandelt worden, der auch nicht in Luxemburg belegen ist. Aus diesen Gründen kann die in Luxemburg erfolgte Sequestrierungsbeschlagnahme als wirksam nicht anerkannt werden. Als dieses Ergebnis unterstützendes Moment kommt noch hinzu, daß sich in der internationalen Rechtsentwicklung seit dem Ende des ersten Weltkrieges, zuletzt dokumentiert durch das Gesetz Nr. 63 der AHK vom 31. 8. 1951, der Grundsatz herausgebildet hat, daß als ausländisches Eigentum der Angehörigen eines Staates nur Wertpapiere anzusehen sind und Beschlagnahmemaßnahmen eines anderen Staates jedenfalls mit dem Ziele der Enteignung, nur unterworfen werden können, wenn die Papiere von Ausstellern mit Sitz in einem anderen Staatsgebiet herrühren, nicht aber, wenn sie von Ausstellern mit Sitz in demselben Staat herrühren, mögen auch die Papiere in ausländischem Verwahr sich effektiv befinden. Dieser Grundsatz würde der Anerkennung der Wirksamkeit der luxemburgischen Verwaltungsbeschlagnahme, sofern sie auf Enteignung abzielt, auch hinreichend entgegenstehen. Eine Ableitung der Anmeldebefugnis des Office des Sequestres de Luxembourg, aus Geschäftsführung ohne Auftrag würde die Kammer ebenfalls ablehnen zu müssen glauben. Die Befugnis zu einer Anmeldung im Wertpapierbereinigungsverfahren ist zwar, wie der Kammer bekannt ist, vereinzelt in KWB-Entscheidungen aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag ohne weitere Legitimationsnachweisung angenommen worden. Soweit der erkennenden Kammer bekannt ist, liegt aber bislang keine oberlandesgerichtliche Entscheidung vor, die eine Anmeldebefugnis aus diesem Gesichtspunkt bejaht hätte. Die Anmeldebefugnis ist ein verfahrensrechtlicher Begriff. Im allgemeinen Recht ist eine verfahrensmäßige Legitimation zur Antragstellung aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag sonst nirgends zugelassen und nicht rechtsüblich, auch nicht im Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit, deren Verfahrensnormen in Prüfungsverfahren der Wertpapierbereinigung anwendbar sind, soweit nicht das WBG besondere Bestimmungen getroffen hat. Eine besondere Bestimmung über die Zulässigkeit einer Anmeldung aus den Gesichtspunkten der Geschäftsführung ohne Auftrag enthält das WrBG nicht. In vorliegendem Falle könnte außerdem auch kaum bejaht werden, daß die Anmeldung durch das Office des Sequestres, Luxemburg, bzw. deren Aufrechterhaltung dem mutmaßlichen Wollen der Erben des E. F. entspricht, nachdem die Miterbin Frau L. F. selbst eine Anmeldung bewirkt hat. Die Anmeldebefugnis des Office des Sequestres, Luxemburg, bzw. die Befugnis zur weiteren Aufrechterhaltung der von diesem Amt bewirkten Anmeldung neben der von der Miterbin Frau L. F. vorgenommenen Anmeldung müßte deshalb selbst bei grundsätzlicher Zulassung einer Anmeldung aus Geschäftsführung ohne Auftrag auch verneint werden." 80. Wenn sich Wertpapiere seit dem 1. 1. 1945 außerhalb der Grenzen Deutschlands nach dem Stande vom 21. 12. 1937 befinden, so ist im WBG nicht vorgesehen, daß das Kreditinstitut, bei dem die Wertpapiere sich in Verwahrung befinden, die Anmeldung an Stelle des Eigentümers vor-
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nimmt. Eine Legitimation des Kreditinstituts zur Anmeldung kann sich nur aus dem Vertrag mit dem Eigentümer ergeben. Es bestehen Bedenken, das zwischen dem Eigentümer und einer Bank früher gegebene Vertragsverhältnis auf eine andere Bank zu übertragen, an die die Wertpapiere auf Weisung des Finanzministeriums übertragen wurden. — WBG § 19. OLG Stuttgart, 4. ZS, Beschl. vom 30. 1. 1952 — 4 WPB 19: WM IV B 1952,410. 81. War die tschechoslowakische Nachfolgebank, die die Wertpapiere angemeldet hat, weder bevollmächtigt noch beauftragt, eine Anmeldung für den Anmelder vorzunehmen, so kann die Anmeldung durch sie auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag aufrechterhalten werden; denn die Anmeldung durch eine Nachfolgebank, die nicht mehr wie die ursprüngliche Verwahrerbank die Interessen des Anmelders, sondern in erster Linie die Interessen des tschechoslowakischen Staates zu berücksichtigen hat, widerspricht dem wirklichen und mutmaßlichen Willen des Anmelders. — Tschechoslowakisches Dekret Nr. 95/45. LG Düsseldorf, Kammer f ü r Wertpapierbereinigung, Beschluß vom 31. 1. 1952 — 12 c KWpR 1425 und 1426: WM IV B 1952, 192. 818. Anmeldungen im Wertpapierbereinigungsverfahren können nur dann anerkannt werden, wenn der Anmelder nachweist, daß er am 1. 10. 1949 Eigentümer der Wertpapiere gewesen ist und sich sein Rechtserwerb auf eine ununterbrochene Reihe von bürgerlich-rechtlichen Rechtserwerben nach einer Person gründet, die am 1. 1. 1945 Eigentümerin dieser Wertpapiere gewesen ist. Der durch das tschechoslowakische Gesetz Nr. 187 vom 14. 7. 1949 erfolgte Vermögensübergang ist nicht als bürgerlich-rechtlicher Rechtserwerb im Sinne des § 21 WBG anzusehen. — WBG § 21; tschechoslowakisches Gesetz Nr. 187 vom 14. 7. 1949. OLG Hamburg, 3. ZS, Beschl. vom 8. 3. 1952 — 3 W W 23/52: WM IV B 1952, 269. 83. Wird ein Recht von einem tschechoslowakischen Bankunternehmen angemeldet, so ist zu prüfen, ob der Anmelder mit dem früheren Inhaber des Wertpapierdepots personengleich ist und ob der Vertreter, der die Anmeldung vorgenommen hat, zu der Vertretung des Anmelders im Wertpapierbereinigungsverfahren befugt ist. Eingriffe in die Organisation des früheren Eigentümers, welche nicht auf dem Privatrecht beruhen, sind in der Wertpapierbereinigung nicht als wirksam anzuerkennen. Hierunter fallen insbesondere auch staatliche Maßnahmen, welche einer Enteignung gleichkommen oder eine Enteignung vorbereiten oder sichern sollen. — WBG § 21; Tschechoslowakisches Dekret Nr. 95 von 1945. OLG Düsseldorf, 6. ZS, Beschl. vom 31. 5. 1952 — 6 W W p 51/52: WM IV B, 1952, 451.
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84. Die Anmeldung des vom tschechoslowakischen Staat ernannten Liquidators einer Bank kann nicht aufrechterhalten bleiben, da der Anmeldende nicht von dem Berechtigten beauftragt war, und der Anmeldende nicht mehr die Interessen des Berechtigten, sondern in erster Linie die Interessen des tschechoslowakischen Staates zu berücksichtigen hatte. — WBG §§ 19, 21, 33; tschechoslowakisches Dekret Nr. 95 von 1945. OLG Frankfurt/Main, 6. ZS, Beschl. vom 9. 5. 1952 — 6 W 114/52: WM IV B 1952, 438. 85. Werden Wertpapiere, die am 1. 1. 1945 für eine e.G.m.b.H. verbucht gewesen sind, von einem in einer fremden Sprache bezeichneten Anmelder mit dem Zusatz „ehemals ... e.G.m.b.H in Liquidation' angemeldet, so ist die Anmeldung auf Grund von § 21 I Nr. 3 WBG abzulehnen, wenn es sich nicht um eine Firmenänderung und eine Liquidation nach den Vorschriften des Genossenschaftsrechts handelt, sondern um Maßnahmen auf Grund staatlicher Anordnung von Behörden außerhalb des Währungsgebietes, um das Vermögen der Genossen unter der rechtlichen Form der Liquidation entschädigungslos zu enteignen. Wird eine juristische Person außerhalb des Bundesgebietes enteignet und befindet sie sich in Liquidation, so ist sie hinsichtlich ihres im Bundesgebiet befindlichen Vermögens, das von der Enteignung nicht erfaßt wird, als fortbestehend anzusehen. Wenn sich im Bundesgebiet oder in Westberlin keine zur Vertretung der juristischen Person berechtigten Personen befinden, ist gemäß § 50 FGG das nach § 39 FGG zuständige Vormundschaftsgericht um die Bestellung eines Pflegers zu ersuchen. — WBG §§ 21, 34, 40, 61; ZPO § 550; FGG §§ 39, 50. KG Berlin (West), 2. ZS, Beschl. vom 23. 5. 1952 — 2 N 2820/51: WM IV B 1952, 472. 86. Anmeldungen der tschechoslowakischen Republik, die auf Enteignung smaßnahmen nach dem 1. 1. 1945 gestützt werden, müssen außer Betracht bleiben. — WBG § 21; tschechoslowakisches Dekret Nr. 108 von 1945. OLG Frankfurt/Main, 6. ZS, Beschl. vom 28. 8. 1952 — 6 W 433/52: WM IV B 1952, 652. 87. Die Anordnung der Nationalverwaltung auf Grund des Dekrets des Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik vom 19. 5. 1945 Nr. 5 und die vom tschechoslowakischen Finanzministerium verfügte Durchführung der Liquidation einer Kommanditgesellschaft mit Sitz in der Tschechoslowakei, deren Gesellschafter deutscher Nationalität sind, sind Maßnahmen, die einer Enteignung gleichkommen, zumindest aber eine solche vorbereiten oder sichern wollen. Außerhalb der tschechoslowakischen Staatsgrenzen belegenes Vermögen der Gesellschaft wird hierdurch nicht berührt. Derartige Maßnahmen können gemäß § 21 I Nr. 3 WBG im Prüfungsverfahren nicht anerkannt werden. Die Vertretungsbefugnisse der vor Anordnung dieser Maßnahmen vertretungsberechtigten Gesellschafter für 15
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das außerhalb der Tschechoslowakei belegene Vermögen derselben wird durch derartige Maßnahmen nicht berührt. — WBG §§ 21, 34, 61; EGBGB Art. 30; Tschechoslowakisches Dekret von 1945 Nr. 95. OLG München, Beschl. vom 6. 10. 1952 — 2 WBSch. 139: W M IV B 1952, 741. 8 8 . Die Anmeldung der Tschechoslowakischen Republik muß abgelehnt werden, wenn sie die Wertpapiere nicht infolge von rechtswirksamen Maßnahmen der Behörden oder Besatzungsmächte des Währungsgebietes nach dem 1. 1. 1945 gemäß § 21 WBG erworben hat. — WBG § 21. LG Düsseldorf, Kammer für Wertpapierbereinigung, Beschl. vom 11. 11. 1952 — 12 c K W p R 2598/2599: W M IV B 1952, 781. 8 9 . Die durch tschechoslowakische Maßnahmen erfolgte Übertragung des Wertpapiereigentums sudetendeutscher Genossenschaften auf den Währungsliquidationsfonds in Prag kann im Prüfungsverfahren des WBG nicht als rechtswirksam anerkannt werden, da diese Übertragung nur innerhalb des eigenen Staatsgebiets Wirksamkeit entfalten konnte. Die Sitzverlegung der Zentralkasse einer sudetendeutschen Genossenschaft von Außig nach München ist rechtswirksam. — WBG §§ 22, 32, 33. LG Mannheim, 1. KWB, Beschl. vom 30. 1. 1953 — W P A 3552 und 9200: W M IV B 1953, 342. 9 0 . Anmeldungen der Tschechoslowakischen Republik, die auf Enteignungsmaßnahmen nach dem 1. 1. 1945 gestützt werden, sind unbegründet, da Eingriffe von hoher Hand nach § 21 WBG nur zu berücksichtigen sind, wenn es sich um Maßnahmen der Behörden oder Besatzungsmächte des Währungsgebietes handele. — WBG § 21. OLG Düsseldorf, 6. ZS, Beschl. vom 20. 2. 1953 — 6 W W p 251—252/52: W M IV B 1953, 212. 91. Eigentumserwerb an Wertpapieren durch behördliche Maßnahmen des Tschechoslowakischen Staates kann im Wertpapierbereinigungsverfahren nicht berücksichtigt werden. — WBG § 21. LG München I, 3. Kammer für Wertpapierbereinigung, Beschl. vom 28. 5. 1953 — 3 W P 750, 2906 und 2907: W M IV B 1953, 559. 9 2 . Eigentumserwerb der tschechoslowakischen Republik, der auf behördlichen Maßnahmen beruhte, die nicht von Behörden oder Besatzungsmächten des Währungsgebietes ausgingen, kann nicht die Anmeldung begründen. Wertpapiere, die durch Enteignungsmaßnahmen deutscher Besatzungsbehörden Eigentum des Deutschen Reichs geworden sind, müssen für die Zwecke des WB-Verfahrens als im Eigentum des Reiches betrachtet werden. — WBG §§ 21, 31; tschechoslowakisches Gesetz Nr. 79 von 1948. LG München I, 3. Kammer für Wertpapierbereinigung, Beschl. vom 26. 8. 1953 — 3 W P 3977 und 3978: WTM IV B 1953, 731.
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9 3 . Die in Deutschland ausgestellten Wertpapiere über deutsche Währung sind von der Übertragung nach den Vorschriften der Feindvermögensgesetze der USA ausgenommen. Das WBG hat andere als die in diesem Gesetz genannten Stellen der Prüfung der Rechtswirksamkeit von Enteignungen nach dem 1. 1. 1945 enthoben: die Anmeldung des amerkanischen Attorneg General, da sie sich nicht auf eine Maßnahme von Behörden und Besatzungsmächten im Währungsgebiet stützen kann, muß abgelehnt werden. — WBG §§ 21, 48; Ges. A H K Nr. 63 Art. 1. OLG Hamburg, 6. ZS, Beschl. vom 16. 6. 1953 — 6 W W 30/52: W M IV B 1953, 539. Auf die sofortige Beschwerde der Finanzbehörde der Hansestadt Hamburg, Bankenaufsicht, wird der Beschluß des LG Hamburg, Kammer für Wertpapierbereinigung, vom 15. 2. 1952 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an die Kammer für Wertpapierbereinigung zurückverwiesen. Aus den Gründen: „Der Anmelder, der Attorney General of the United States, US Department of Justice, Office of Alien Property, hat die Anerkennung seiner Rechte an RM 500 4 % ( 7 % ) Hypothekenbank in S. (Bundesgebiet), Hypothekenpfandbriefe, beantragt, mit der Begründung, daß es sich bei diesen Wertpapieren um früheres deutsches Eigentum handle, das nach amerikanischer Gesetzgebung über die Verwaltung des Feindvermögens (Trading with the Enemy Act) im Jahre 1942 beschlagnahmt und auf Grund des War Claims Act vom 3. 7. 1948 in das Eigentum des Anmelders übergegangen sei. Die Kammer für Wertpapierbereinigung hat das angemeldete Recht durch Beschluß vom 15. 2. 1952 als nachgewiesen anerkannt und die Prüfstelle angewiesen, dem Anmelder eine Lieferbarkeitsbescheinigung gemäß § 48 WBG auszustellen. Die Bankenaufsichtsbehörde der Hansestadt Hamburg hat gegen diesen Beschluß sofortige Beschwerde erhoben mit der Begründung, daß die Kammer für Wertpapierbereinigung es rechtsirrtümlich unterlassen habe zu klären, ob die im Jahre 1942 erfolgte Beschlagnahme der Wertpapiere zu einem rechtswirksamen Eigentumserwerb des Anmelders geführt habe; überdies habe die Kammer für Wertpapierbereinigung zu Unrecht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben; sie muß auch zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an die Kammer für Wertpapierbereinigung führen. Der erkennende Senat hat die Anmeldestelle bereits mit Schreiben vom 9. 5. 1952 darauf hingewiesen, daß nach Art. 1 II a des Gesetzes Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission vom 31. 8. 1951 (Amtsbl. S. 1107) in Deutschland ausgestellte Wertpapiere über deutsche Währung von der Übertragung nach den Vorschriften der Feindvermögensgesetze ausgenommen seien. Dementsprechend werde auch in Art. 2 dieses Gesetzes nur ein Erlöschen 15 *
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des Eigentums an den in Art. 1 I genannten Vermögenswerten, nicht jedoch an den Wertpapieren des Art. 1 II ausgesprochen. Es müsse danach davon ausgegangen werden, daß die Wertpapiere den deutschen Eigentümern nach dem Gesetz Nr. 63 zurückzugewähren s e i e n . . . Wie der erkennende Senat bereits in seinem vorerwähnten Schreiben vom 9. 5. 1952 ausgeführt hat, werden die in deutschem Eigentum stehenden Wertpapiere, soweit sie, wie im vorliegenden Fall, in Deutschland ausgestellt sind und auf deutsche W ä h r u n g lauten, nicht von den Gesetzen über die Enteignung des Feindvermögens erfaßt, Art. 1 II a des Gesetzes Nr. 63. Der Anmelder k a n n hiernach nicht geltend machen, daß das Eigentum an diesen Wertpapieren auf ihn übergegangen sei. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt, wenn auch mit anderer Begründung, das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 21. 7. 1952 (518—01/80 E — V 18043/52). Im übrigen k a n n auch, wie das Amt f ü r Wertpapierbereinigung in seinem vorerwähnten Schreiben vom 6. 10. 1952 zutreffend ausgeführt hat, von einem solchen Rechtsübergang schon um deswillen keine Rede sein, weil sich der Anmelder auf eine hoheitliche Maßnahme in den USA, die nach dem 1. 1. 1945 vorgenommen worden ist, beruft. Wenn auch die angemeldeten Wertpapiere schon vor dem 1. 1. 1945 beschlagnahmt wurden, so w u r d e jedoch ihre Enteignung erst auf Grund des W a r Claims Act vom 3. 7. 1948 ausgesprochen. Die rechtliche Beurteilung solcher Maßnahmen braucht in diesem Falle nicht abschließend geklärt zu werden; denn hier ist entscheidend allein die Beantwortung der Frage, ob es sich bei solchen Enteignungsmaßnahmen um „rechtswirksame Maßnahmen der Behörden oder Besatzungsmächte des Währungsgebietes" handelt. Denn n u r solche stehen in ihren rechtlichen Auswirkungen rechtsgeschäftlichen Übertragungsakten gleich (§ 21 I Nr. 3 WBG). Der erkennende Senat hat keine Bedenken, der Stellungnahme des Amtes f ü r Wertpapierbereinigung vom 6. 10. 1952 auch darin beizutreten, daß das WBG die im P r ü f u n g s v e r f a h r e n entscheidenden Instanzen der P r ü f u n g der Rechtswirksamkeit von Enteignungen nach dem 1. 1. 1945 durch andere als die in dieser Bestimmung genannten Stellen enthoben hat und daß daher die Anmeldung des Attorney General, da sie sich nicht auf eine Maßnahme von Behörden und Besatzungsmächten im Währungsgebiet stützen kann, als unbegründet abzulehnen ist."
V. SACHENRECHT Siehe auch Nr. 6, 21, 25, 26, 33, 37, 38, 62—64, 66—68, 75, 79, 82—92, 115, 238; 294 94. Wegen einer Hypothekenforderung gegen den Eigentümer eines Westberliner Pfandgrundstückes, der am 8. 5. 1945 in dem heute von Polen verwalteten Gebiet von Oberschlesien wohnte und heute noch dort ansässig ist, kann mit Genehmigung der Berliner Zentralbank in das Grundstück vollstreckt werden, ohne daß es einer Freigabeerklärung des Ver-
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Walters deutschen Auslandsvermögens in Polen bedarf. — KRG Nr. 5 Art. 2; AH KG Nr. 63 Art. 4. KG (West) Beschl. vom 29. 5. 1953 — 6 W 924/53: HuW 8 (1953) 292. „Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Forderung, die durch eine Hypothek an einem inländischen Grundstück gesichert ist und deren Schwerpunkt damit notwendig im Inlande liegt, überhaupt noch als Vermögen außerhalb Deutschlands im Sinne des KRG Nr. 5 Art. 2 anzusehen ist, selbst wenn sich die Forderung gegen eine im Ausland lebende Person richtet. Denn im vorliegenden Fall ist die persönliche Forderung nicht als Vermögen außerhalb Deutschlands zu betrachten, weil die Schuldnerin in Deutschland, nämlich in dem von Polen besetzten und verwalteten Gebiet Oberschlesiens lebt. Art. 4 b des AHKG Nr. 63 stellt in Abänderung des KRG Nr. 5 klar, daß als Inland die Grenzen des früheren Reiches am 31. 12. 1937 zu betrachten sind. Wenn im Sinne der Devisengesetze das frühere Oberschlesien heute als Ausland anzusehen ist, so ist dies für die hier zu beurteilende Rechtsfrage ohne Bedeutung."
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1. Ehe Verlöbnis 9 5 . Die Wirkungen des Verlöbnisbruches sind nach dem Heimatrecht des Verpflichteten zu beurteilen. — AHKG Nr. 13. AG Vilsbiburg, Urt. vom 23. 1. 1950 — C 83/49. Ungedruckt. Die Kl. ist eine gebürtige Ukrainerin aus Kiew, wo sie im Jahre 1943 den Bekl. kennengelernt hat. Die Kl. behauptet, der Bekl. habe ihr mehrmals ernsthaft die Ehe versprochen, sowohl in Kiew als auch in Deutschland, wohin sie im Zuge des deutschen Rückzuges gekommen ist. Der Bekl. ist im Jahre 1948 vom Verlöbnis zurückgetreten. Die Kl. klagt auf Schadenersatz. Aus den Gründen: „I. Die Klage ist zulässig. Die Kl. besitzt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Die MR in Landshut vertritt die Auffassung, daß sie staatenlos sei. Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Auffassung richtig ist. Jedenfalls hat sich die Kl. durch Erklärung vom 6. 4. 1949 ausdrücklich der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen. Abgesehen davon gilt seit 1. 1. 1950 das Gesetz Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission, die. das MRG Nr. 2 aufgehoben hat. Danach untersteht die Kl. auf jeden Fall der deutschen Gerichtsbarkeit. Obwohl die Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt, ist auf
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den vorliegenden Fall das deutsche Recht anwendbar. Denn die Wirkungen des Verlöbnisbruches sind nach dem Recht des Verpflichteten zu beurteilen (vgl. Palandt *, Anm. 8 zu Art. 13 EGBGB). II. Die Klage ist auch begründet. Denn der Kl. steht nach § 1298 BGB ein Anspruch auf Schadenersatz gegen den Bekl. zu" (wird ausgeführt).
Form der Eheschließung Siehe auch Nr. 104, 107—109, 125, 127, 138, 165, 176, 193 96. Die Feststellung, daß nach deutschem Recht eine Ehe zwischen Ausländern nicht besteht, ist stets zulässig. Ein in der Bundesrepublik lebender Ausländer hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung seines Familienstandes nach dem Rechte seines Gastlandes auch dann, wenn er nach rechtskräftiger Feststellung des Nichtbestehens der Ehe gehindert bleibt, im Inland zu heiraten. Bis zum Inkraftreten des § 15 a EheG (KRG Nr. 52 vom 21. 4. 1947) konnten auch Ausländer in der Bundesrepublik eine nach deutschem Recht gültige Ehe nur vor dem Standesbeamten eingehen. Für die beantragte Feststellung des Familienstandes nach deutschem Recht ist das vorangegangene Verhalten eines im Inlande lebenden Ausländers nicht erheblich. — EGBGB Art. 13; BGB § 826; ZPO § 606; EheG §§ 11, 15 a; AHKG Nr. 23 Art. 6, 7; BG über Nottrauungen vom 2. 12. 1950; württembergisch-badisches Ges. Nr. 939 über Heilung von Formmängeln bei Eheschließungen vom 3. 9. 1949. LG Mannheim, Urt. vom 17. 3. 1953 — 2 R 288/52: JR 9 (1955) 61 mit Anmerkung von Ferid; FamRZ 2 (1955) 72. Der in Konstantinopel geborene Kl. und die in Warschau geborene Bekl. wurden am 6. 5. 1945 in Mannheim, ihrem damaligen gemeinsamen Wohnsitz, vor dem Probst der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde Mannheim kirchlich getraut. Der Kl. besitzt die griechische Staatsangehörigkeit, die Bekl. behauptet, vor der Heirat polnische Staatsangehörige gewesen zu sein. Sie hat eine Bescheinigung des Griechischen Konsulats Frankfurt/M. vorgelegt, laut der sie durch die Heirat die griechische Staatsangehörigkeit erworben hat. Eine standesamtliche Eheschließung fand nicht statt. Aus der Verbindung der Parteien ist ein Kind hervorgegangen. Im Oktober 1951 verließ der Kl. die Bekl. Er begehrte die Feststellung, daß nach deutschem Recht eine Ehe zwischen den Parteien nicht bestehe. Das LG gab der Klage statt. Aus den Gründen: „I. Trotz des Wortlauts der Bestimmung des § 606 I, III Ziff. 1 ZPO, wonach auch f ü r Klagen auf Feststellung des Bestehens einer Ehe zwischen Ausländern in der Sache von einem deutschen Gericht nur entschieden werden kann, falls die zu treffende Entscheidung nach dem Heimatrecht des Mannes anerkannt werden wird, muß die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts f ü r die erhobene Klage bejaht werden. Ein dem Klageantrag stattgebendes Feststellungsurteil beschränkt sich schon nach seinem Wortlaut
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auf die Beurteilung des Sachverhalts nach deutschem Recht und berührt daher das griechische Recht ü b e r h a u p t nicht. Die Vorschrift des § 606 III Ziff. 1 ZPO will n u r verhindern, daß widersprechende in- und ausländische Entscheidungen ergehen. Das Ergehen solcher widersprechenden Entscheidungen ist jedoch hier nicht zu besorgen. In dem umgekehrten Fall der Scheidung einer nach deutschem Recht gültigen, nach ausländischem Recht aber ungültigen Ehe bejahten Schrifttum und Rechtsprechung die deutsche Zuständigkeit ebenfalls mit der Begründung, daß die Scheidungsmöglichkeit im Heimatland mangels Anerkennung der Eheschließung entfalle (Palandt, Anm. 6 a zu Art. 13 EGBGB). Die Kammer hält daher die deutsche Zuständigkeit f ü r gegeben, u n d zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Belli., wie der Kl. behauptet, die DP-Eigenschaft besessen hat, die sie überdies durch den Erwerb der griechischen Staatsangehörigkeit verloren haben dürfte. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus der Tatsache, daß die Parteien ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Mannheim hatten (§ 606 I ZPO). II. Ein Rechtsschutzbedürfnis f ü r die erhobene Klage m u ß bejaht werden. Der Kl. lebt seit J a h r e n in Deutschland. Selbst wenn man davon ausgeht, daß er nach rechtskräftiger Feststellung des Nichtbestehens der Ehe der Parteien nach deutschem Recht gehindert bleibt, im Inland zu heiraten, weil auch f ü r die Wiederverheiratung eines Ausländers nach Art. 13 EGBGB das Recht seines Staates maßgebend ist, und demgemäß die Wiederverheiratung an der nach ausländischem Recht fortbestehenden Ehe scheitert (vgl. Stein-Jonas Anm. III 2 c 6 zu § 606 ZPO, F u ß n o t e 49), so hat er doch ein berechtigtes Interesse, daß sein Familienstand nach dem Rechte seines Gastlandes festgestellt wird, da dieser in mancherlei Hinsicht, von seinen Unterhaltsverpflichtungen abgesehen, von Bedeutung ist (bez. die steuerliche Einstufung und Wohnraumzuteilung). Die Tatsache, daß die Bekl. f r ü h e r Klagabweisung beantragt hat mit der Behauptung, sie lebe mit dem Kl. auch nach deutschem Recht in gültiger Ehe, und daß sie auch jetzt noch der Klage entgegentritt, zeigt ebenfalls das berechtigte Interesse des Kl. an der beantragten Feststellung auf. III. Gemäß Art. 13 III EGBGB bestimmt sich die F o r m einer im Inland geschlossenen Ehe grundsätzlich nach deutschen Gesetzen, auch wenn Ausländer eine Ehe miteinander eingehen. Zur Zeit der Trauung der Parteien durch den Probst der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Mannheim am 6. 5.- 1945 konnte eine Ehe nach der damals noch gültigen Bestimmung des § 15 I EheG vom 6. 7. 1938, die dem späteren § 11 I EheG vom 20. 2. 1946 entsprach, grundsätzlich nur vor dem Standesamt geschlossen werden. Ausnahmen von dieser Bestimmung enthalten § 15 a EheG, Art. 6 des AHKG Nr. 23, das Bundesges. über Nottrauungen vom 2. 12. 1950 (BGBl. 1950 I S. 778) sowie das diesem Bundesges. vorausgehende und durch dieses aufgehobene württembergisch-badische Ges. Nr. 939 über Heilung von Formmängeln bei Eheschließungen vom 3. 3. 1949 (Reg. Bl. Wttbg.-Baden 1949, 45 und 88). Keiner der in diesen Gesetzen genannten Ausnahmetatbestände trifft jedoch den vorliegenden
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Fall: § 15 a EheG wurde erst nachträglich in das Gesetz eingefügt durch das KRG 52. Er bestimmt, daß zwischen nichtdeutschen Staatsangehörigen eine Ehe auch vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen F o r m geschlossen werden kann. Zur Zeit der Trauung der Parteien im J a h r e 1945 war diese Bestimmung aber noch nicht in Kraft. Das KRG 52 ist nämlich erst 8 Tage nach seiner am 21. 4. 1947 erfolgten Ausfertigung in Kraft getreten. Art. 6 des AHKG Nr. 23 vom 17. 3. 1950 erkennt zwar die Trauung von verschleppten Personen und Flüchtlingen durch einen Geistlichen als gültig an. Es betrifft aber lediglich Ehen, die in dieser F o r m in der Zeit vom 8. 5. 1945 bis zum 1. 8. 1948 geschlossen wurden, während die T r a u u n g vorliegendenfalls bereits am 6. 5. 1945 erfolgt ist. Der eindeutige Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung, aber auch der Grundsatz, daß die strengen Formvorschriften f ü r die Eheschließung eine ausdehnende Auslegung verbieten, stehen einer analogen Anwendung der genannten Bestimmung auf den vorliegenden Fall entgegen. Zudem erlangte eine nach dieser Bestimmung geschlossene Ehe erst durch Eintragung beim Hauptstandesamt Hamburg Gültigkeit. Der Antrag auf Eintragung konnte aber gemäß Art. 7 AHKG Nr. 23 n u r bis zum 1. 1. 1952 gestellt werden. — Das Bundesges. über Nottrauungen vom 2. 12. 1950 (BGBl. 1950 I S. 778) ist auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht anwendbar, denn es betrifft lediglich Eheschließungen, die vor einer zuständigen deutschen Stelle oder solche, die östlich der Oder-Neiße-Linie erfolgten in der Zeit vom 1. 1. 1945 bis 1. 8. 1948. Die Parteien aber wurden in Westdeutschland vor einer nichtdeutschen Stelle getraut. Die Eintragung beim Hauptstandesamt Hamburg, die grundsätzlich n u r bis zum 31. 12. 1951 beantragt werden konnte (§ 6 des Ges.), ist zudem weiteres Erfordernis f ü r die Wirksamkeit einer solchen Ehe. Schließlich ist auch das württembergisch-badische Ges. Nr. 939 vom 3. 3. 1949 über die Heilung von Formmängeln bei Eheschließungen auf den vorliegenden Fall unanwendbar, da es solche Eheschließungen betrifft, die vor einem Geistlichen in einem „nicht mehr unter deutscher Verwaltung stehenden Gebiete", d. h. in einem vom West- und Ostdeutschland abgetrennten Gebiet erfolgten. Die T r a u u n g der Parteien wurde aber in Mannheim vollzogen, das trotz der bei Kriegsende erfolgten Besetzung durch die alliierten Streitkräfte im Sinne dieses Ges. unter deutscher Verwaltung geblieben ist. Die Parteien haben also gegen die zwingende Vorschrift verstoßen, wonach in Deutschland eine Ehe rechtsgültig nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden kann. Dieser Formmangel ist nicht heilbar. Das EheG vom 20. 6. 1946 läßt lediglich n u n m e h r eine Heilung der Formerfordernisse des § 13 EheG zu f ü r den Fall, daß ein Standesbeamter mitgewirkt hat (Palandt, Anm. 2 zu § 17 EheG). Die fehlende Mitwirkung eines Standesbeamten f ü h r t jedoch, falls nicht einer der oben behandelten, nicht vorliegenden Ausnahmetatbestände gegeben ist, nach deutschem Recht regelmäßig zu einer nicht m e h r heilbaren „Nichtehe", die gleichwohl außerhalb der deutschen Grenzen als gültig angesehen werden k a n n (Palandt, Anm. 6 zu §13 EGBGB).
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IV. Die von der Bekl. erhobene Einrede der Arglist greift nicht durch. Der vorliegende Rechtsstreit, der lediglich die Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe nach deutschem Recht zum Gegenstand hat, berührt nach dem Gesagten das griechische Recht überhaupt nicht; daher kann auch nicht von einer sittenwidrigen Umgehung der griechischen Gesetze gesprochen werden. Der Fall liegt insofern anders als der von Palandt Anm. 2 zu § 826 BGB zitierte, vom RG (RGZ 157, 136) entschiedene, der die Zuständigkeit sowohl der inländischen als auch der ausländischen Gerichtsbarkeit zur Voraussetzung hat. Ohne Bedeutung ist es ferner für die zu fällende Entscheidung, daß der Kl. nach der Behauptung der Bekl. sich in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, insbesondere zu seinen ihr mündlich gegebenen Erklärungen gesetzt habe. In einem Unterhaltsprozeß der Bekl. oder des aus der Verbindung hervorgegangenen Kindes erschien dieses Vorbringen nach § 826 BGB beachtlich, vorliegendenfalls ist es unbeachtlich." 97- Eie Ehe von Ausländern, die in Deutschland im Jahre 1945 nicht vor dem Standesbeamten geschlossen wurde, ist eine Nicht-Ehe. Das KRG Nr. 52 vom 21. 4. 1947 hat keine rückwirkende Kraft. Die Bestimmungen des AHKG Nr. 23 über die Heilung der Ehen können nicht auf Fälle angewandt werden, die nicht den zeitlichen Voraussetzungen dieser Heilung entsprechen. Das BG über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12. 1950 kann keine analoge Anwendung auf Fälle finden, die in ihm nicht vorgesehen sind. — EGBGB Art. 13; EheG §§ 11, 13, 17; AHKG Nr. 23 vom 17. 3. 1950; BG über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12. 1950, § 1; württembergisch-badisches Gesetz über die Heilung von Fornimängeln bei Eheschließungen vom 3. 3. 1949. OLG Stuttgart, Nebensitz Karlsruhe, Beschl. vom 28. 10. 1952 — 3 W 474/52: N J W 6 (1953) 146. Die Parteien, von denen der Kl. sich als Grieche bezeichnet und die Bekl. ebenfalls Nichtdeutsche ist, wurden am 6. 5. 1945 vor dem Probst der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Mannheim kirchlich getraut. Eine standesamtliche Eheschließung fand nicht statt. Der Kl. hat mit der gegen die Bekl. erhobenen Klage Feststellung beantragt, daß eine Ehe zwischen den Parteien nicht besteht. Aus den Gründen: „1. Da eine Ehe in Deutschland sowohl nach § 15 I EheG vom 6. 7. 1938 als auch nach § 11 I EheG vom 20. 2. 1946 grundsätzlich nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden kann, auch wenn es sich um Ausländer handelt (Art. 13 I I I EGBGB), und da eine solche Eheschließung nicht stattgefunden hat, liegt keine Ehe zwischen den Parteien vor, wenn nicht eine Ausnahmevorschrift eingreift. Das LG hat zutreffend erkannt, daß letzteres nicht der Fall ist. a) Das KRG 52 vom 21. 4. 1947 hat zwar die Vorschrift des § 15 a in das EheG vom 20. 2. 1946 eingeführt, wonach eine Ehe zwischen nichtdeutschen
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Staatsangehörigen auch vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der von den Gesetzen dieses Landes vorgeschriebenen Form geschlossen werden kann. Das KRG 52 ist aber erst am 8. Tage nach seiner Ausfertigung in Kraft getreten und hat sich keine rückwirkende Kraft beigelegt. Letzteres hätte ausdrücklich bestimmt werden müssen; die Rückwirkung kann weder als automatisch unterstellt werden, noch sind Behörden und Gerichte befugt, im Wege der Auslegung oder entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift die Rückwirkung auch auf früher eingegangene Verbindungen anzunehmen. b) Das AHKG 23 vom 17. 3. 1950 hat in seinem Art. 6 die Trauung von verschleppten Personen und Flüchtlingen durch einen Geistlichen anerkannt, wenn die Trauung in der Zeit vom 8. 5. 1945 bis 1. 8. 1948 stattgefunden hat und wenn die Eheschließung beim Hauptstandesamt Hamburg eingetragen wird. Die Trauung der Parteien hat aber bereits am 6. 5. 1945 stattgefunden. Die Beschwerde irrt, wenn sie meint, man müsse diese Bestimmung analog auch auf Ehen anwenden, die in einem von den amerikanischen Streitkräften besetzten Gebiet nach der Besetzung und Aufhebung der deutschen Staatshoheit geschlossen worden sind. Dem Gesetzgeber war die Tatsache, daß deutsches Gebiet schon vor dem 8. 5. 1945 besetzt war, bekannt. Trotzdem hat er diese Zeit nicht einbezogen. Im Hinblick auf die klare Fassung des Gesetzes und mit Rücksicht darauf, daß das Gesetz das Rechtsgebiet der schon ihrer Natur nach strengen Formvorschriften f ü r die Eheschließung betrifft, ist die von der Beschwf. gewünschte Auslegung oder ausdehnende Anwendung rechtlich nicht möglich. Ganz abgesehen davon, fehlt es aber auch an der Eintragung der Eheschließung beim Hauptstandesamt Hamburg, bei welchem der Eintragungsantrag vor dem 1. 1. 1952 hätte gestellt sein müssen (Art. 7 des Gesetzes in der geänderten Fassung). c) Das LG hat auch richtig erkannt, daß das BG über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12. 1950 (BGBl. I 778) auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden kann, weil es sich nicht um eine Eheschließung der in § 1 des Gesetzes genannten Art handelt. Außerdem ist auch hier die Eintragung in das Familienbuch des Hauptamtes Hamburg mit begrenzter Frist Voraussetzung f ü r die Wirksamkeit. Zu ergänzen sind die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses lediglich dahin, daß auch das Württ.Bad. Ges. 939 über Heilung von Formmängeln bei Eheschließungen vom 3. 3. 1949 (RegBl. Württemberg-Baden S. 45, mit Berichtigung S. 88). welches dem genannten Bundesgesetz vorausging und durch dieses aufgehoben wurde, aus den gleichen Gründen nicht angewendet werden kann. Während die zeitlichen Voraussetzungen hier die gleichen sind wie in dem BundesG vom 2. 12. 1950, besteht ein Unterschied zwischen den beiden Gesetzen insofern, als im BundesG § 1 I lit. b die Eheschließung vor einem Geistlichen in früheren deutschen oder eingegliedert gewesenen Ostgebieten ausdrücklich genannt ist, während im württembergisch-badischen Gesetz, das als Länderratsgesetz erging, die Eheschließung vor einem Geistlichen „in einem nicht mehr unter deutscher Verwaltung stehenden Gebiete" (das Wort „mehr" ist auf Grund Berichtigung auf S. 88 des würt-
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tembergisch-badischen RegBl. 1949 einzufügen) die Wirkungen einer gemäß den §§ 11 ff. EheG vom 20. 2. 1946 geschlossenen Ehe erlangen kann. Daß Mannheim nicht zu den „nicht mehr unter deutscher Verwaltung stehenden Gebieten" gehörte, kann trotz der Tatsache der Besetzung durch die alliierten Streitkräfte nach Zweck und Fassung des Gesetzes nicht zweifelhaft sein. Auch wurden während des ganzen Monats Mai vor dem Standesamt Mannheim Ehen geschlossen. 2. Es steht somit fest, daß eine Ehe zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist (§ 111 EheG, Art. 13 III EGBGB). Die Beschw. hat schließlich noch darauf hingewiesen, daß auch das deutsche EheG eine Heilung von Formmängeln kenne, wenn die Ehe über 5 Jahre bestanden hat ( § 1 7 EheG). Sie übersieht dabei, daß § 17 EheG lediglich auf die Mängel der Form nach § 13 EheG Bezug nimmt. Solche Mängel, die früher nach dem BGB grundsätzlich zur Nichtehe und nur bei Eintragung ins Heiratsregister zur nichtigen Ehe führten, begründen allerdings seit dem EheG vom 6. 7. 1938 und heute nach dem EheG vom 20. 6. 1946 nur eine nichtige Ehe, die mit Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden kann bzw. muß, aber auch heilbar ist. Der Mangel des § 11 EheG führt aber zur Nichtehe, die — abgesehen von den oben erörterten, hier nicht vorl. Ausnahmefällen — nicht heilbar ist und keinerlei Wirkungen einer gültigen Ehe eintreten läßt." 98. Nach deutschem Recht bestimmt sich die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, ausschließlich nach deutschen Gesetzen. Die Ehe, die eine Deutsche 194-7 mit einem Angehörigen der britischen Wehrmacht in Deutschland vor einem britischen Wehrmachtspfarrer geschlossen hat, ist daher vom Standpunkt des deutschen Rechts eine Nicht-Ehe. — EGBGB Art. 11,13; ZPO § 256; EheG § 11; brit. Foreign Marriage Act 1892, sect 22. LG Essen, 3 ZK, Urt. vom 4. 7. 1952 — 3 R 148/52. Ungedruckt. Die Kl. ist von Geburt Deutsche. Der Bekl. ist britischer Staatsangehöriger. Die Parteien haben am 1. 8. 1947 vor dem Wehrmachtspfarrer der britischen Besatzungsmacht (parson of the English Church) in B. geheiratet. Damals war der Bekl. Soldat der britischen Besatzungsmacht. Die Parteien haben zwei minderjährige Kinder, die bei der Kl. in G. sind. Am 17. 11. 1951 hat die Kl. den Bekl., bei dem sie in England war, mit ihren Kindern verlassen und wohnt seitdem bei ihren Eltern in G. Sie beantragt festzustellen, daß ihre am 1. 8. 1947 vor dem Wehrmachtspfarrer der britischen Besatzungsmacht geschlossene Ehe nach deutschem Recht ungültig sei. Aus den Gründen: „I. Der Bekl. untersteht der deutschen Gerichtsbarkeit . . . (wird ausgeführt) . II. Zur Zeit der Erhebung der Klage hatte die Kl. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in G.; der Bekl. wohnt jedoch in England. Nach § 606 ZPO ist deshalb das LG in Essen zuständig.
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III. Die Frage, ob eine zwischen einer deutschen Frau und einem Engländer vor einem englischen Pfarrer in Deutschland geschlossene Ehe gültig ist oder nicht, hat die deutschen Gerichte schon wiederholt beschäftigt. Der Bekl. wurde als englischer Soldat mit der deutschen Kl. am 1. 8. 1947 vor dem britischen Pfarrer in B. getraut. Diese Ehe ist nach Sect. 22 Foreign Marriage Act 1892 nach englischem Recht gültig geschlossen. Vom deutschen Standpunkt aus gilt etwas anderes. Nach deutschem Recht bestimmt sich die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, ausschließlich nach deutschen Gesetzen (EGBGB Art. 13 III). Daran hat das KRG Nr. 52 vom 21. 4. 1947 und der danach geschaffene inhaltlich gleiche § 15 a des Ehegesetzes vom 20. 2. 1946 nichts geändert. Diese Bestimmungen betreffen nur den Fall, daß beide Verlobte Ausländer sind. Für diesen Fall wird der Grundsatz, daß die Inlandsehe eine Inlandsform verlangt, durchbrochen und als Ausnahme von Art. 13 III EGBGB eine Eheschließung vor den Ermächtigten des Staates zugelassen, dem beide Verlobten oder einer von ihnen angehört. Hier war zur Zeit der Heirat jedoch nur der Bekl. ein Ausländer, die Kl. aber Deutsche. Auch gerade aus dem Grunde, weil die Kl. Deutsche war, waren die deutschen Formvorschriften bestimmend; denn die Eingehung einer Ehe wird nach Art. 13 I EGBGB in Ansehung der Frau nach deutschen Gesetzen beurteilt, und es sind daher die deutschen Formvorschriften maßgebend (Art. 11) (sie!) l . Die hiernach aus doppeltem Grunde anzuwendenden deutschen Formvorschriften sind verletzt, weil die Parteien es unterlassen haben, die Ehe — außer vor dem britischen Pfarrer — auch vor einem deutschen Standesbeamten zu schließen. Nach § 11 des Ehegesetzes vom 20. 2. 1946 kommt •JSI uassojqosaS najureaqsapueis raaup J O A BIS UU3AY 'apuejsnz j n u a q g auia Da dies nicht der Fall ist, liegt überhaupt keine Ehe vor. Sie ist nicht etwa nichtig, das heißt durch ein Urteil vernichtbar, sondern sie ist eine Nicht-Ehe. Eine solche hat keinerlei Rechtswirkungen. Aus allem diesem ergibt sich: Die Ehe ist vom englischen Standpunkt aus gültig, vom deutschen liegt eine Nicht-Ehe vor; sie ist völlig ungültig, eine matrimonium claudicans. Durch die nach englischem Recht gültige Ehe erhielt die Kl. die englische Staatsangehörigkeit und verlor andererseits durch die nach deutschem Recht ungültige Ehe die deutsche nicht. (Das inzwischen erlassene neue englische Staatsangehörigkeitsgesetz war am 1. 8. 1947 noch nicht ergangen.) Entsprechendes gilt f ü r die Kinder: Diese sind nach englischem Recht ehelich, nach deutschem unehelich. Sie haben die englische und die deutsche Staatsangehörigkeit. Jene erwarben sie als die — nach englischem Recht — ehelichen Kinder eines Engländers, diese als die — nach deutschem Recht — unehelichen Kinder einer Deutschen (siehe Raupe, MDR 1948, 99; Palandt, 1 Die Anwendung der Form des Wirkungsstatuts, die durch Art. 1 1 1 1 EGBGB begründet ist, wird für die Form der Ehescheidung durch Art. 13 III EGBGB ausdrücklich ausgeschlossen.
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Anm. 6 zu Art. 13 III und zu Art. 11 EGBGB; Hoffmann-Stephan, Erläuterungen zu § 11 des Ehegesetzes). Jedermann in Deutschland kann sich auf das Nichtbestehen dieser Ehe berufen. Eine Nichtigkeitserklärung durch gerichtliches Urteil ist weder erforderlich noch zulässig. Jedoch kann jeder der Beteiligten gegen den anderen auf Feststellung des Nichtbestehens der Ehe nach deutschem Recht klagen. Die Klage ist die Feststellungsklage aus § 256 der ZPO. Sie setzt ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung voraus ( H o f fmannStephan § 11 EheG, Anm. 5). Daß dieses hier vorliegt, ergibt sich aus der Sachlage ohne weiteres und ferner daraus, daß die Parteien sich offenbar endgültig entzweit haben: der Bekl. wohnt weiterhin in England, die Kl. hat ihn jedoch mit den Kindern verlassen und weigert sich, zu ihm nach England zurückzukehren. Die Entscheidung ist f ü r die Kinder der Parteien unbefriedigend. Es hat dies seinen Grund darin, daß das Haager Eheschließungsabkommen 1 und andere Staatsverträge, wonach Ehen zwischen Eheleuten verschiedener Staatsangehörigkeit f ü r beide Teile gültig waren, auch wenn die Form der Ehe nur nach dem Heimatrecht eines der beiden gewahrt war, außer Kraft sind." 99. Eine in der Tschechoslowakei im Jahre 1948 kirchlich geschlossene Ehe deutscher Staatsangehöriger ist rechtsgültig. — EGBGB Art. 11; Tschechoslowakisches Ehegesetz vom 22. 5. 1919. LG Augsburg, 2. ZK, Urt. vom 3. 12. 1951 — LR 356/51. Ungedruckt. „Die Eheschließung der Bekl. vor dem katholischen Pfarramt in O. (Sudetenland) ist nach dem tschechoslowakischen Gesetz vom 22. 5. 1919 betreffend Abänderung der Bestimmung des ABGB über die Förmlichkeiten des Ehevertrages usw. rechtsgültig erfolgt, Art. 11 I S. 2 EGBGB, nachdem die kirchliche Eheschließung in der Tschechoslowakei erst durch das am 1. 1. 1950 in Kraft getretene neue Eheschließungsrecht beseitigt wurde." 100. Die Form einer im Jahre 1946 im polnisch-besetzten Teil Schlesiens geschlossenen Ehe beurteilt sich gemäß Art. 13 III EGBGB ausschließlich nach deutschem Recht. Eine nur vor dem katholischen Geistlichen geschlossene und in das Familienbuch des Hauptstandesamtes in Hamburg nachträglich nicht eingetragene Ehe ist eine Nicht-Ehe. — EGBGB Art. 13; EheG § 11; Ges. über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12. 1950, § 1. LG Hof/Saale, Urt. vom 3. 1. 1952 — R 66/51. Ungedruckt. Die Streitteile haben am 6. 8. 1946 vor dem katholischen Pfarrer in L., Bezirk Breslau, die Ehe geschlossen. Die Ehe ist kinderlos. Die Kl. besitzt die deutsche, der Bekl. die französische Staatsangehörigkeit; die Parteien 1 Gemäß Art. 5 I des Haager Eheschließungsabkommens von 1902, an dem übrigens England niemals beteiligt war, ist für die Form der Eheschließung nicht das Heimatrecht eines der Eheschließenden, sondern die lex loci celebrationis maßgebend.
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hatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Gerichtsbezirk. Die Kl. begehrt die Feststellung, daß die Ehe nicht bestehe, da bei ihrem Abschluß den maßgebenden Vorschriften über die obligatorische Zivilehe nicht genügt worden sei. Der Bekl. hat gegen die Klage nichts eingewendet. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des LG Hof ist durch den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Streitsteile im Gerichtsbezirk begründet. Die kirchliche Trauung der Streitsteile und die deutsche Staatsangehörigkeit der Kl. sind durch öffentliche Urkunden nachgewiesen. Das rechtliche Interesse der Kl. an der alsbaldigen Feststellung, daß ihre Ehe mit dem Bekl. nicht bestehe, ist gegeben . . . Die Form der von den Beteiligten in dem polnisch-besetzten Teil von Schlesien am 7. 8. 1946 geschlossenen Ehe beurteilt sich ausschließlich nach deutschem Recht (vgl. Art. 13 I I I EGBGB). Das von Polen verwaltete Gebiet ist nicht „Ausland", sondern weiterhin Inland. Die von den Parteien geschlossene Ehe bedurfte daher zu ihrer Wirksamkeit der Erfüllung der Form Vorschrift des § 11 EheG bzw. einer nachträglichen Eintragung in das Familienbuch des Hauptstandesamts in Hamburg nach § 1 I des Gesetzes über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12.1950 (BGBl. 1950 I S. 778). Keine dieser beiden Voraussetzungen ist jedoch erfüllt, weshalb zwischen den Parteien eine rechtswirksame Ehe niemals bestanden hat." 101. Eine von zwei Deutschen im Jahre 1936 vor einem Geistlichen der Lutherischen Kirche in Chicago/Illinois geschlossene Ehe ist formgültig. — EGBGB Art. 11. LG Nürnberg-Fürth, 4. ZK, Urt. vom 3. 6. 1953 — 4 R 2028/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach dem Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 4. 3. 1953 ist durch die Eheschließung vor einem Geistlichen der Lutherischen Kirche in Chicago den Formvorschriften des Staates Illinois Genüge getan. Diese am Ort der Eheschließung vollgültig geschlossene Ehe ist nach dem Locus-Prinzip auch in Deutschland als formwirksam anzusehen (Art. 11 I S. 2 EGBGB) . . . " 102. Eine Ehe, die in Holland am 7. 5. 194-5 nicht vor dem richtigen deutschen Standesbeamten geschlossen wurde, ist als eine Nicht-Ehe zu betrachten. — ZPO §§ 256, 529; EheG von 1938, § 15; PStG § 66. OLG Bamberg, 2. ZS, Urt. vom 31. 10. 1952 — 2 U 22/51. Ungedruckt. Der Kl., der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und seinen Wohnsitz in M. in Unterfranken hat, während die Bekl. als Niederländerin geboren ist und in B. in Holland wohnt, hat vor dem LG Würzburg Klage
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erhoben mit dem Antrag, seine am 7. 5. 1945 vor dem deutschen Standesamt in Den Haag geschlossene Ehe mit der Bekl. aus deren Verschulden zu scheiden. E r hat vorgebracht, daß er am 7. 5. 1945 mit der Bekl. vor dem deutschen Standesamt in Den Haag die Ehe geschlossen h a b e . . . Die Bekl., der die Klage und die Ladung zu der auf den 9. 1. 1951 anberaumten ersten mündlichen Verhandlung am 19. 10. 1950 ausgehändigt worden war, war im ersten Rechtszug nicht vertreten. Die Ehe der Streitsteile wurde durch Urteil des LG vom 26. 1. 1951 nach § 43 EheG aus dem Verschulden der Bekl. geschieden, weil diese sich grundlos weigere, die eheliche Gemeinschaft mit dem Kl. aufzunehmen, und dadurch die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet habe, daß die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten sei. Die Bekl. beantragt, die gegenständliche Ehe als Nichtehe zu erklären u n d dem Kl. die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Damit, daß der Kl. ebenfalls beantrage, das Nichtbestehen der Ehe festzustellen, hat sie sich einverstanden erklärt. Sie behauptet, daß zwischen ihr und dem Kl. eine rechtsgültige Eheschließung nicht staltgefunden habe. Sie und der Kl. hätten sich im Mai 1945 im Gewahrsam kanadischer Verbände in einem behelfsmäßigen Gefangenenlager in Scheveningen, einer Vorstadt von Den Haag, befunden. Dort hätten die Gefangenen ein Pseudostandesamt eingerichtet, in dem kriegsgefangene Offiziere, die nie befugt gewesen seien, eine Trauung vorzunehmen, u n d die zudem nach der Kapitulation keine Befehlsgewalt mehr gehabt hätten, die Rolle des Standesbeamten gespielt hätten. Vor diesem Standesamt hätten die holländischen Frauen mit ledigen deutschen Soldaten zum Schein die Ehe geschlossen, damit sie sich als deutsche Staatsangehörige hätten ausgeben und dadurch ihre Verbringung nach Deutschland hätten erreichen können. Die Eheschließungen seien ohne Aufgebot, ohne Eheunbedenklichkeitsbescheinigungen und ohne Trauzeugen erfolgt und nicht in ein Familienbuch eingetragen worden. In dieser Weise hätten auch die Parteien vor dem Pseudostandesamt im Kriegsgefangenenlager in. Scheveningen zum Schein die Ehe geschlossen, ohne ernstlich eine Heirat zu beabsichtigen, ohne daß vorher ein Aufgebot stattgefunden habe und ohne daß Trauzeugen zugezogen worden seien. Es wurde entschieden, daß eine E h e zwischen den Parteien nicht bestehe. Aus den Gründen: „Berufung und Anschlußberufung sind zulässig sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 516, 518, 519, 521, 522 a ZPO). Es erscheint angebracht, über sie im schriftlichen Verfahren zu entscheiden (§ 128 II ZPO). Daß der Kl. in der Berufungsinstanz von der Klage auf Scheidung zu der Klage auf Feststellung, daß eine Ehe zwischen den Parteien nicht bestehe, übergegangen ist, war zulässig (Stein-Jonas-Schönke, § 614 Anm. II 4, Baumbach-Lauterbach, § 614 Anm. 1 A). Die Bekl. hat in die Klagänderung eingewilligt (§ 264 ZPO). Auch die Widerklage ist als sachdienlich zuzu-
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lassen, da es der Bekl. nicht verwehrt werden kann, auch von sich aus die Feststellung zu begehren, daß eine Ehe zwischen ihr und dem Kl. nicht bestehe (§ 529 IV ZPO). Das rechtliche Interesse beider Parteien an der Feststellung ist ohne weiteres gegeben (§ 256 ZPO). Die negativen Feststellungsklagen müssen schon dann Erfolg haben, wenn sich nicht mit Sicherheit klarstellen läßt, ob zwischen den Parteien eine gültige Ehe zustande gekommen ist oder nicht. Das ergibt sich aus den allgemeinen Regeln über die Verteilung der Beweislast, die auch bei der negativen Feststellungsklage anzuwenden sind (Stein-Jonas-Schönke, § 256 Anm. IV 5; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, § 114 III 3 c). Bleibt es zweifelhaft, ob zwischen den Parteien eine Ehe besteht und damit die sich aus dieser ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen ihnen eingetreten sind, so kann die Feststellung, daß die Streitsteile in gültiger Ehe miteinander leben, nicht getroffen werden; umgekehrt dagegen kann in diesem Falle jede der Parteien verlangen, daß das Nichtbestehen einer Ehe ausgesprochen werde. Hier kann die Frage auf sich beruhen, ob vor dem deutschen Standesamt in Den Haag am 7. 5. 1945, also nach der Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Holland, wirksam eine Ehe geschlossen werden konnte. Denn auch wenn man mit dem Zeugen Sch., der damals als oberste deutsche Zivilinstanz von dem Chef der Militärverwaltung der 1. kanadischen Armee den allgemeinen Auftrag erhielt, mit der deutschen Verwaltung vorläufig weiter in Funktion zu bleiben, annimmt, daß damals noch Eheschließungen vor dem deutschen Standesamt in Den Haag möglich waren, so ist unter den hier gegebenen besonderen Umständen doch nicht mit genügender Sicherheit festzustellen, ob die von den Parteien vorgenommene Heirat so vor sich ging, daß eine Ehe zwischen ihnen zustande kam. Dabei mag die Möglichkeit, daß sie vor einem in dem Kriegsgefangenenlager in Scheveningen eingerichteten Scheinstandesamt erfolgte, außer Betracht bleiben. Der Zeuge L. hat zwar von einem solchen Scheinstandesamt berichtet; damit ist aber nicht gesagt, daß die Bekl., die ihm in jener Zeit erzählte, daß auch sie einen Mann „geheiratet" habe, der ihr erst kurz zuvor begegnet sei, ein solches Pseudostandesamt in Anspruch genommen habe. Daß der Akt, der die Eheschließung darstellen sollte, bereits stattfand, als die Beteiligten sich noch nicht in einem Gefangenenlager befanden, geht aus den Bekundungen der Zeugen L. und B. und aus den Angaben des Kl. hervor. Man wird danach annehmen können, daß die Eheschließung, wie der Kl. behauptet, am 7. 5. 1945 in dem Gebäude des deutschen Standesamts in Den Haag stattgefunden hat. Der dortige Standesbeamte des deutschen Standesamts war ein ordentlicher deutscher Standesbeamter (Pfundtner-Neubert, II b 56 S. 86, Bern. 3 zu § 2), und die Form der Eheschließung vor ihm richtete sich nach deutschem Recht. Eine Ehe kam danach nur zustande, wenn die Eheschließung vor dem wirklichen Standesbeamten stattfand, oder wenn sie vor einer Person erfolgte, die das Amt des Standesbeamten, ohne zu ihm bestellt zu sein, öffentlich ausübte und wenn dann diese Person die Ehe in das Familienbuch eintrug, Voraussetzung für das Zustandekommen der Ehe-
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Schließung war ferner, daß der Standesbeamte oder die an seiner Stelle handelnde Person zur Mitwirkung bereit war (§ 15 EheG von 1938; vgl. RGRKomm. 9 Anm. 4 zu § 15 EheG). Hier aber hat sich nicht aufklären lassen, ob es ein Standesbeamter war, vor dem die Eheschließung vorgenommen wurde, und ob die Ehe in das Familienbuch eingetragen worden ist. Die Heiratsurkunde selbst, in der die Bekl. mit einem unrichtigen Namen und angeblich auch einem unrichtigen Geburtsdatum aufgeführt ist, ist nicht beweiskräftig im Sinne des § 66 des Personenstandsgesetzes vom 3. 11. 1937, weil nicht feststeht, ob die auf ihr befindliche völlig unleserliche Unterschrift wirklich von einem Standesbeamten herrührt. Die Nachfragen bei dem Standesamt I in Berlin, bei dem die Zweitschriften der Familienbücher des deutschen Standesamts in Den Haag verwahrt werden, sowie bei den ehemaligen deutschen Standesbeamten in Den Haag C. und B. haben keine Aufklärung darüber bringen können, wer der Aussteller der Heiratsurkunde war. Diese trägt auch nicht das richtige Amtssiegel: „Der deutsche Standesbeamte in Den Haag", sondern einen schwachen Abdruck des Siegels: „Der Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete". Wenn auch das deutsche Standesamt seine Arbeit erst am 8. 5. 1945 einstellte, wie der Standesbeamte C. mitgeteilt hat, so bleibt unter diesen Umständen doch die Frage offen, ob diejenige Person, die die Trauung der Parteien vornahm, als Standesbeamter tätig werden durfte. Die Möglichkeit, daß in den turbulenten Tagen des Zusammenbruchs eine nichtbefugte Person eine derartige Funktion übernahm, ist keineswegs so fernliegend, daß sie außer Betracht bleiben dürfte, und sie wird auch nicht durch die glaubwürdige Schilderung ausgeschlossen, die der Kl. von den Vorgängen bei der Eheschließung gegeben hat und nach der der Mann, der die Trauung vornahm, wohl als Standesbeamter erscheinen konnte. W a r er es nicht, so ist die weitere offene Frage die, ob die Heirat in das Familienbuch eingetragen wurde, wodurch gegebenenfalls die Eheschließung nach § 15 II EheG 1938 gültig geworden wäre. Auch dies läßt sich nicht feststellen, da die zur Verfügung stehenden Zweitschriften des Familienbuches mit dem 24. 8. 1944 enden und die Erstbücher offenbar nicht zugänglich sind. Dafür, daß die Eintragung nicht erfolgte, mag der Umstand sprechen, daß in der dem Kl. erteilten Heiratsurkunde die Nummer, unter der die Eheschließung in das Familienbuch eingetragen ist, offen blieb. Wenn die Bekl. in einem Brief mitteilt, bei der Trauung hätten sie und der Kl. ihre Namen in ein „Schreibheft" schreiben müssen, so läßt sich auch daraus nichts Sicheres dafür entnehmen, daß die Eintragung der Eheschließung in das Familienbuch vorgenommen wurde. Weitere Ermittlungen in der einen und der anderen Richtung erscheinen, nachdem bisher durch zahlreiche Anfragen sichere Unterlagen nicht zu gewinnen waren, nicht erfolgversprechend. Würdigt man die ganzen Verhältnisse, unter denen die überstürzte und jedenfalls von der Bekl. nicht ernst gemeinte Heirat erfolgte, so kann es nicht als erwiesen gelten, daß die Eheschließung gültig vollzogen wurde. Dem Antrag beider Parteien festzustellen, daß eine Ehe zwischen ihnen nicht bestehe, mußte deshalb stattgegeben werden. Diese Feststellung 16
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wirkt, sofern das Urteil zu Lebzeiten beider Parteien rechtskräftig wird, für und gegen alle (§ 638 S. 2 Z P O ) . " 1 0 3 . Eine in der Tschechoslowakei Ehe muß als eine formgültige
am 29. 9. 1945 kirchlich
Ehe betrachtet
geschlossene
werden. — EGBGB Art. 11;
tschechoslowakisches EhereformG von 1919 § 1. L G Bamberg, 2. ZK, Urt. v o m 4. 5. 1951 — 2 R 439/50. Ungedruckt. Die Parteien haben am 29. 9. 1945 in L . bei Karlsbad die Ehe kirchlich geschlossen. Die Kl. klagt auf Feststellung, daß durch kirchliche Trauung keine rechtswirksame Ehe zustande gekommen ist. Aus den Gründen: „Da die Klage in erster Linie auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Streitsteilen gerichtet ist, ist zunächst zu prüfen, ob die am 29. 9. 1945 in L . bei Karlsbad vor dem kath. Pfarramt geschlossene Ehe der Parteien gültig ist oder nicht. Nach Art. 11 I S. 2 EGBGB genügt die Beobachtung der Ortsform, mithin ist die Ehe in Deutschland gültig, wenn sie dem am Eheschließungsort zur Eheschließungszeit geltenden Recht entspricht. Mit der Wiederherstellung der Tschechoslowakei am 8. 5. 1945 ist das von Deutschland dort eingeführte Recht außer Kraft getreten. Es galt daher der Rechtsstand wieder, wie er zur Zeit der Eingliederung des sudetendeutschen Gebietes in das deutsche Reich am 1. 10. 1938 herrschte. Eine formelle Wiederinkraftsetzung des früheren Rechtes erfolgte zwar nicht, nach den dem Institut f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vorliegenden Unterlagen ist jedoch in den Formvorschriften über die Eheschließung in der Zeit v o m 8. 5. 1945 bis 29. 9. 1945 keine Änderung ergangen. Zu jener Zeit war daher f ü r die F o r m der Eheschließung in der Tschechoslowakei das Gesetz v o m 22. 5. 1919 betreffend Abänderungen der Bestimmungen des ABGB über die Förmlichkeiten des Ehevertrages etc. (deutscher Text: Bergmann, Internation. Ehe- und Kindschaftsrecht 2 (1938) I, 749) maßgebend. § 1 des genannten Gesetzes lautet: „Zur Gültigkeit der Ehe w i r d das Aufgebot sowie die feierliche und zwar entweder bürgerliche oder kirchliche Erklärung der Einwilligung der Ehe gefordert." Daraus ergibt sich also die bürgerlich-rechtliche Gültigkeit der kirchlich geschlossenen Ehe der Streitsteile. Die Klage auf Feststellung, daß durch die am 29. 9. 1945 vor dem kath. P f a r r a m t in L . b. Karlsbad vollzogene Trauung eine Ehe zwischen den Parteien nicht geschlossen wurde, war daher als unbegründet abzuweisen. Die Kl. hat in zweiter Linie ihre Klage auf § 48 EheG gestützt 1 . Seine Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle gegeben" (wird ausgeführt).
1 Das Urteil begründet die Anwendbarkeit des deutschen Rechts nicht, geht aber im Tatbestand davon aus, daß die Parteien als sudetendeutsche Flüchtlinge staatenlos seien.
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Voraussetzungen der Eheschließung Siehe auch Nr. 108—110 104. Die Eingehung der Ehe wird gemäß Art. 13 EGBGB, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört. Der deutsche Standesbeamte hat die Voraussetzungen für eine Eheschließung nach dem Heimatrecht des Verlobten auch dann zu prüfen, wenn der Verlobte, der das Aufgebot beantragt, von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses befreit ist. Ein italienischer Staatsangehöriger ist an der Eingehung einer neuen Ehe auch dann gehindert, wenn ein deutsches Gericht die vorhergehende Ehe unter Anwendung deutschen Rechtes geschieden hat. Die Anwendung der italienischen Rechtsvorschriften, wonach eine Ehe nicht geschieden werden kann, widerspricht nicht dem deutschen ordre public (Art. 30 EGBGB). Nach italienischem IPR ist für die Eheschließung die Ortsform maßgebend. — EGBGB Art. 13; ital. Codice civile von 1942, Bestimmungen über das Gesetz im allgemeinen Art. 26; Cod. civ. Art. 89, 115, 149; Cod. civ. von 1865 Art. 100. LG Weiden, Beschl. vom 28. 2. 1953 — 1 T 17/53: NJW 6 (1953) 1555 (nur Leitsätze). Aus den Gründen: „Der Beschwf. ist italienischer Staatsangehöriger. Seine erste, im Jahre 1937 vor dem Standesbeamten in Berlin geschlossene Ehe mit Helga, geb. D. ist durch rechtskräftiges Urteil des LG Weiden seit 1. 2. 1952 geschieden. Er beantragte das Aufgebot zur Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen Maria W. Der zuständige Standesbeamte in W. lehnte jedoch das Aufgebot am 6. 9. 1952 mit der Begründung ab, daß der Eheschließung das Hindernis einer bereits bestehenden Ehe entgegenstehe. Die vom OLG Präsidenten Nürnberg bewilligte Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses stehe der Ablehnung nicht entgegen. Gegen diese Verfügung des Standesbeamten hat der Beschwf. B. am 9. 9. 1952 die Entscheidung des AG Weiden/Opf. gem. § 45 PStG herbeigeführt. Sein Antrag auf Anweisung des Standesbeamten in W. zur Anordnung eines Aufgebots wurde jedoch durch Beschluß des AG Weiden vom 23. 10. 1952 abgelehnt. Auch seiner Beschwerde vom 9. 1. 1953 gegen diese Entscheidung mußte der Erfolg versagt bleiben. B. begründet seine Beschwerde damit, daß er vom OLG Präsidenten Nürnberg von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses befreit worden sei und daß auch von kirchlicher Seite keine Bedenken gegen eine neue Eheschließung bestehen würden. Nach einer vom Bischöflichen Ordinariat Regensburg vom 29. 11. 1951 beigebrachten Bescheinigung ist seine im Jahre 1937 vor dem kath. Religionsdiener geschlossene Ehe mit Helga, geb. D. als kirchlich ungültig zu erachten, da er damals aus der katholischen Kirche ausgetreten war. Die Beschwerde des Antrst. gegen die Entscheidung des AG Weiden ist nach § 49 PStG zulässig, das LG Weiden nach § 48 PStG, § 19 II FGG zur 16 *
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Entscheidung zuständig. Die Beschwerde ist jedoch sachlich unbegründet. Die Eingehung der Ehe wird, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört, Art. 13 I EGBGB. Der deutsche Standesbeamte hat daher zu prüfen, ob bei jedem der Verlobten nach den Vorschriften seines Heimatrechts die Voraussetzungen für eine Eheschließung gegeben sind. Er hat diese Prüfung auch dann vorzunehmen, wenn der Antrst. von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses befreit worden ist (vgl. § 414 Dienstanweisung f ü r die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden), denn eine derartige formelle Befreiung kann nicht das geltende materielle Recht verändern. Nach italienischem Recht besteht die durch das LG Weiden geschiedene Ehe des B. fort. Diese ergibt sich aus Art. 149 I des Codice civile von 1942, der lautet: „II matrimonio non si scoglie che con la morte di uno dei coniugi", zu deutsch: „Die Ehe wird nur aufgelöst durch den Tod eines der Ehegatten." Art. 86 Cc bestimmt weiter: „Wer durch eine frühere Ehe gebunden ist, kann keine Ehe eingehen." Dieses Hindernis der nach italienischem Recht noch bestehenden Ehe ist gem. Art. 13 I EGBGB auch nach deutschem Recht zu beachten. Eine zu Lebzeiten der Gattin aus erster Ehe von dem Antrst. geschlossene neue Ehe wäre bigam und würde ihn der Strafverfolgung durch seine Heimatbehörden aussetzen. Wie bereits der Erstrichter in seiner Entscheidung ausgeführt hat, f ü h r t auch eine Prüfung der Frage unter dem Gesichtspunkt des Art. 30 EGBGB zu keiner anderen Auffassung. Das in Frage stehende Hindernis ist nicht derart, „daß die Anwendung des ausländischen Rechts direkt die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde" RGZ 60, 296. Die Unauflöslichkeit einer Ehe nach ausländischem Recht ist schon vom RG in verschiedenen Entscheidungen mit dem „ordre public" als im Einklang stehend befunden worden. Die gleiche Auffassung wird auch vom Institut f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vertreten. Das Hindernis der bereits bestehenden Ehe wäre nur dann nicht gegeben, wenn die Erstehe des Antrst. nach seinem Heimatrecht als nichtig anzusehen wäre. Allein, eine im Jahre 1937 vor dem deutschen Standesbeamten geschlossene Ehe ist auch nach italienischem Recht gültig. Es ist ohne Bedeutung, ob sie kirchlich wirksam ist oder nicht. Maßgebend ist Art. 26 der Disposizioni preliminari zum Codice Civile von 1942. Dort heißt es: „La forma degli atti tra vivi e degli atti di ultima volontà è regolata dalla legge del luogo nel quale l'atto è compiuto o da quella che regola la sostanza dell'atto, ovvero dalla legge nazionale del disponente o da quella dei contraenti, se è commune." „Die Form der Rechtsgeschäfte unter Lebenden und von Todes wegen richtet sich nach dem Recht am Vornahmeort oder nach dem Wirkungsstatut oder aber nach dem Heimatrecht des abschließenden oder aber nach demjenigen der Vertragspartner, wenn es ihnen gemeinsam ist."
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Ergänzend hierzu bestimmt Art. 115 des Cc von 1942, daß zwar hinsichtlich der materiellen Ehevoraussetzungen italienische Staatsangehörige an ihr Heimatrecht gebunden sind, daß aber wegen der Form die lex loci actus als maßgebend angesehen wird. Die genannte Bestimmung lautet: „ I I cittadino e soggetto alle disposizioni contenute nella sezione prima di questo capo, anche quando contrae matrimonio in paese straniere secondo le forme ivi stabilite", zu deutsch: „Der (zu ergänzen: italienische) Staatsbürger ist den Vorschriften des ersten Abschnitts des vorliegenden Kapitels unterworfen, wenn er im Ausland nach den dort vorgesehenen Formen eine Ehe eingeht." Eine inhaltlich gleiche Bestimmung fand sich bereits in Art. 100 des Cc von 1865. Daraus ergibt sich, daß nach italienischem internationalem Privatrecht die Ortsform auch dann maßgebend ist, wenn sie von der italienischen Form abweicht. Die gegenteilige Auffassung ist mit den insoweit klaren Normen des Codice Civile von 1942 nicht vereinbar. Sie war im Verhältnis zu Italien auch unter der Geltung des alten Codice vom 25. 6. 1865 nicht begründet (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 2 [1938] I, 293; Rechtsgutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 23. 2. 1953). Die deutsche Ortsform verlangt nun lediglich eine standesamtliche Trauung nach §§ 11 ff. EheG. Die kirchliche Trauung ist für die Wirksamkeit der Eheschließung ohne Bedeutung. Die Beschwerde des Antrst. war daher als unbegründet zurückzuweisen." 105. Der Nachweis des Nichtbestehens einer früheren Ehe kann bei beabsichtigter neuer Eheschließung durch einen Ausländer grundsätzlich nur durch Urkunden geführt werden. — PStG § 5. AG Weiden, Beschl. vom 6. 7. 1950 — I I I 47/43. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Am 17. 6. 1949 wollte vor dem Standesamt W . der Antrst. A. S. das Aufgebot zwecks Eheschließung mit der E. M. P. bestellen. Dieser Antrag wurde abgelehnt, weil er nach seinem eigenen Vorbringen verheiratet war, jedoch den Nachweis der von ihm behaupteten Scheidung nicht erbringen konnte . . . (wird ausgeführt, daß die eidesstattliche Erklärung des Antrst. und die eidesstattlichen Versicherungen der Zeugen kein Beweis dafür sind, daß die erste Ehe des Antrst. tatsächlich geschieden worden ist). Am 10. 1. 1950 reichte nun der Antrst. eine Urkunde nach, aus der hervorgeht, daß seine erste Ehe am 28. 5. 1943 durch das Kreisgericht Z. (Jugoslawien) geschieden worden ist. Die Untersuchung des Zentralamtes für Kriminal-Identifizierung und Polizeistatistik des Landes Bayern hat ergeben, daß die Urkunde echt ist. Auch die Übersetzung der Urkunde wurde durch den Universitäts-Lektor Dr. Nikola R. Pribic als richtig bezeugt. Die Tatsache, daß die Stempelmarke wahrscheinlich zweimal benützt wurde, kann nicht gegen die Echtheit der Urkunde sprechen, sondern läßt
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eher auf die Tätigkeit eines ungetreuen Urkundsbeamten in Jugoslawien schließen. Durch die Vorlage des Auszuges aus dem Standesamtsbuch von S.-Z. sieht das Gericht den Nachweis f ü r das Nichtbestehen einer Ehe i. S. § 5 I I PStG erbracht. Die Zeugenaussagen sowie die eigenen Angaben des Antrst. bekräftigen den urkundlichen Nachweis. Ob der Aufgebotsbestellung weitere Ehehindernisse entgegenstehen, war v o m Gericht nicht zu prüfen. Der Standesbeamte war lediglich anzuweisen, das Ehehindernis der Doppelehe unberücksichtigt zu lassen." 1 0 6 . Eine faktische Ehe bestand nach sowjetrussischem Recht dann nicht, wenn der Wille fehlte, durch das Zusammenleben ein Eheverhältnis zu begründen. — Erlaß des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR v o m 8. 7. 1944. AG München, Beschl. vom 27. 5. 1952 — I I I 164/52. Ungedruckt. Der Standesbeamte des Standesamtes Tutzing wurde angewiesen, von seinen Bedenken gegen die Erlassung des Aufgebotes und Vornahme der Eheschließung des J. M. und der M. V. C. abzusehen, soweit sich diese Bedenken darauf gründen, daß J. M. noch in einer rechtsgültigen Ehe lebt. Aus den Gründen: „Der Verlobte M. hat mit der Volksdeutschen S. in der Zeit von 1930 bis 1941 in Rußland zusammengelebt. Er gibt an, daß er weder standesamtlich noch kirchlich mit der S. getraut worden ist. Da man bis zum Jahre 1936 auch die sog. faktische Ehe in Rußland kannte (Vorhandensein ehelicher Beziehungen, gegenseitige Anerkennung als Ehegatten), könnte daraus gefolgert werden, daß es sich im Falle M. um eine solche Ehe handle. Diese Folgerung dürfte aber hier nicht zutreffen. Nach der ganzen Sachlage war es nicht der W i l l e des M. und der S. gewesen, durch ihr Zusammenleben ein Eheverhältnis zu begründen. Es fehlte vor allem an der gegenseitigen Anerkennung als Ehegatten. Das zeigt sich insbesondere darin, daß die Frau S. nach den Angaben des M. und nach der eidesstattlichen Bestätigung des Zeugen J. mit „ F r a u S." angesprochen wurde und als solche im Orte bekannt war. Die Annahme, daß eine sog. faktische Ehe vorliegt, muß also verneint werden, trotzdem aus diesem Verhältnis drei Kinder entstammen. I m übrigen wurden solche Ehen wegen ihrer großen Problematik durch den Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR v o m 8. 7. 1944, Abschn. V Novelle zum Gesetze über Ehe, Familie und Vormundschaft künftig ausgeschlossen und nurmehr die standesamtliche Eheschließung zugelassen."
Nichtigkeit der Ehe Siehe auch Nr. 2, 96, 97, 100, 176 1 0 7 . Die Zuständigkeit des deutschen Gerichtes in Ehenichtigkeitssachen ist gegeben, auch wenn das deutsche Urteil in dem Heimatstaat des Ehemannes nicht anerkannt wird, wenn im konkreten Fall die Gefahr einer
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hinkenden Ehe nicht besteht und der Ehefrau bei der Erklärung der Unzuständigkeit des deutschen Gerichtes jeder Rechtsschutz entzogen wäre. Eine im Juni 194-5 in Kongreßpolen nur kirchlich geschlossene Ehe ist formgültig. Die Ehe ist unter Anwendung des Art. 13 I EGBGB nichtig, wenn sie nach den beiden Heimatrechten der Eheschließenden nichtig ist. — EGBGB Art. 13; ZPO §§ 606, 619; kongreßpolnisches Ehegesetz von 1836. LG Kleve, 2. ZK, Urt. vom 17. 9. 1952 — 2 R 108/52. Ungedruckt. Die Kl. hat als polnische Staatsangehörige am 16. 6. 1945 vor einem katholischen Pfarrer in Warschau mit dem Bekl. die Ehe geschlossen. Sie behauptet, sie habe sich während des Krieges freiwillig nach Deutschland zur Arbeit gemeldet. Nach dem Kriege habe sie befürchtet, deswegen in Polen zur Rechenschaft gezogen zu werden. In einem Lager habe sie den Bekl., einen ehemaligen französischen Soldaten, der in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war, kennengelernt und ihn um Hilfe gebeten, damit sie Polen verlassen könne. Der Bekl. habe sich hierzu bereit erklärt, jedoch darauf hingewiesen, daß er verheiratet sei. Sie seien sodann nach Warschau gefahren und hätten dort wie angegeben geheiratet. Mit Hilfe des Roten Kreuzes seien sie dann nach K. gekommen. Hier habe der Bekl. sich von ihr getrennt und sei nach Frankreich weitergefahren. Seinen jetzigen Aufenthalt kenne sie nicht. Auch habe sie seit der Trennung nichts mehr von ihm gehört. Die Kl. hat beantragt, die Ehe der Parteien f ü r nichtig zu erklären. Die Ehe wurde f ü r nichtig erklärt. Aus den Gründen: „Die Klage ist begründet. Die Zuständigung des angerufenen Gerichts ist trotz § 606 III ZPO zu bejahen. Die Parteien sind beide Ausländer. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts hängt demnach gemäß § 606 III ZPO davon ab, ob Frankreich, der Heimatstaat des Bekl., das deutsche Urteil anerkennen würde Das ist nicht der Fall (vgl. Raape, Intern. Privatrecht 3 200 und RGZ Bd. 150 S. 374). Die Besonderheit des Sachverhalts erfordert vorliegend aber eine andere Beurteilung. Die Vorschrift des § 606 III ZPO bezweckt, hinkende Ehen zu vermeiden. Sie soll ausschließen, daß z. B. die Ehe der Parteien in Deutschland f ü r nichtig erklärt wird, in Frankreich als fortbestehend behandelt würde. Die Gefahr einer hinkenden Ehe besteht vorliegend jedoch nicht. Vom 1 Das Gericht hat die Staatsangehörigkeit der Kl. nicht nachgeprüft. Sie hat nach polnischem Recht die polnische Staatsangehörigkeit nicht verloren, weil sie nach französischem Recht die französische nicht erworben hat (nach Art. 8 des französischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 10. 8. 1927 in der Fassung des Dekrets mit Gesetzeskraft vom 12. 11. 1938 konnte sie die französische Staatsangehörigkeit nur auf Antrag erwerben). Als Polin, die nicht den diplomatischen Schutz ihres Heimatlandes genoß, hatte sie den Anspruch, als heimatlose Ausländerin behandelt zu werden. Als solche würde sie aber dem Gesetz Nr. 23 der AHK unterstehen. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte wäre gegeben ohne der Begründung des vorliegenden Urteils.
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Bekl. ist nur der Name und die Staatsangehörigkeit bekannt. Es ist im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falles von den Angaben der Kl. auszugehen, die diese bei ihrer Anhörung gemäß § 619 ZPO glaubhaft bestätigt hat. Wie ferner aus der Bescheinigung des französischen Generalkonsulats hervorgeht, sind weitere Angaben über Personen und Wohnsitz des Bekl. nicht zu ermitteln. Wollte man die Kl. an ein französisches Gericht verweisen, so würde sie keines finden, das sich auf Grund der ungewissen Personalien des Bekl. für zuständig erklären würde. Auch der Bekl. wird nach dem Vortrag der Kl. ein französisches Gericht nicht anrufen, da er nach den gesamten Umständen die Tatsache der Doppelehe nicht gemeldet haben wird. Es ist daher ausgeschlossen, daß ein französisches Gericht jemals in dieser Sache angerufen wird. Würde unter diesen Umständen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts verneint, so würde der Kl. jeder Rechtsschutz entzogen. Im Hinblick hierauf ist für diesen Ausnahmefall die Zuständigkeit des Gerichts entgegen § 606 I I I ZPO zu bejahen (vgl. Raape aaO 202 d). In der Sache selbst ist festzustellen, daß die rein kirchlich geschlossene Ehe der Parteien formgültig ist. Denn das damals am 16. 6. 1945 noch geltende Kongreßpolnische EheG von 1836 schrieb kirchliche Eheschließungen vor, vgl. Bergmann, Intern. Ehe- und Kindschaftsrecht 2 (1938) 514. Das neue polnische EheG, das weltliche Eheschließung vorschreibt, wurde erst am 25. 9. 1945 erlassen und trat am 1.1. 1946 in Kraft. Die Ehe ist jedoch wegen Bigamie nichtig, sowohl nach dem französischen Recht, dem Heimatrecht des Bekl., als auch nach dem Kongreßpolnischen Recht, dem Heimatrecht der Kl. zur Zeit der Eheschließung. Beide Rechte sind maßgebend, wie sich aus Art. 13 I EGBGB ergibt. Wie bereits oben ausgeführt, folgt die Kammer den Angaben der Kl. und sieht als erwiesen an, daß der Bekl. zur Zeit der Eheschließung mit der Kl. bereits gültig verheiratet war." 108. Deutsche Gerichte sind für Ehenichtigskeitsklagen zuständig, wenn die Frau vor der Eheschließung Deutsche war. Urteile deutscher Gerichte in Ehenichtigkeitsklagen werden in Griechenland anerkannt. Die Gültigkeit der Ehe wird nach den beiden Heimatrechten der Eheschließenden beurteilt (Art. 13 I EGBGB). — EGBGB Art. 13; EheG §§ 20, 24; ZPO § 606; griechisches ZGB Art. 1354, 1372, 1376. LG Stuttgart, 13. ZK, Urt. vom 4. 11. 1952 — 13/1 R 46/52. Ungedruckt. Die Parteien sind am 13. 6. 1945 in einer griechisch-orthodoxen Kirche getraut worden. Die Bekl. wohnte zu dieser Zeit in T. und war noch verheiratet mit P. Diese Ehe ist erst durch Urteil des LG Regensburg vom 19. 9. 1951 rechtskräftig geschieden worden. Die Bekl. ist Sudetendeutsche röm.-kath. Bekenntnisses. Der Kl. besitzt die griechische Staatsangehörigkeit und gehört der griechisch-orthodoxen Kirche an. Mit der Klage begehrt der Kl. Nichtigerklärung der Ehe und Feststellung, daß nur der Bekl. bei der Eheschließung die Nichtigkeitsgründe bekannt gewesen seien.
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Die Bekl. beantragte durch Widerklage die Nichtigerklärung der Ehe und Feststellung, daß dem Kl. die Nichtigkeitsgründe bei der Eheschließung bekannt waren. Die Ehe wurde f ü r nichtig erklärt. Aus den Gründen: „I. Die Klage ist zulässig. Die deutsche Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts sind gegeben nach § 606 III ZPO, da die widerklagende Bekl. als Sudetendeutsche vor der Eheschließung deutsche Staatsangehörige war (§ 606 III Ziff. 2 ZPO), zudem auch — wenn man das f ü r Juni 1945 bei einem Aufenthalt in der Tschechoslowakei nicht anerkennen wollte — Urteile eines deutschen Gerichts in Griechenland anerkannt werden (§ 606 III Ziff. 1, vgl. OLG Dresden 3. 7. 1940, DR 1940, 1955). II. Hinsichtlich des Hauptantrags auf Nichtigerklärung der Ehe sind Klage und Widerklage auch begründet. 1. Da die Bekl. bei der Eheschließung Deutsche war, der Kl. griechischer Staatsangehöriger ist, ist die Gültigkeit der Ehe sowohl nach deutschem als nach griechischem Recht zu beurteilen (Art. 13 EGBGB). Dabei genügt hinsichtlich der Form jedoch die Wahrung der Formvorschriften entweder des Orts der Eheschließung oder des Heimatrechts eines der Verlobten, selbst wenn in letzterem Fall der Ortsform nicht genügt ist (Palandt, Anm. 6 zu Art. 13 EGBGB). Die Kammer hatte bei Berücksichtigung dieser Grundsätze keine Bedenken dagegen, daß es sich um eine formgültige Ehe und nicht um eine absolute Nichtehe handelt. Die Aussagen beider Parteien ergeben, daß ein Eheschließungsakt vor einem Priester stattgefunden hat. Der Archimandrit Methodios Fugias, Vorstand der griechisch-orthodoxen Gemeinde in München, dem diese Aussagen zugänglich gemacht worden sind, hält die Ehe f ü r gültig. Nach griechischem Recht (Art. 1367, 1371 des Zivilgesetzbuchs von Griechenland von 1940 — übersetzt von Demetrios Gogos 1951) wird die Ehe kirchlich geschlossen. Es kann daher ganz dahinstehen, ob auch das tschechische Recht im Sommer 1945 eine nur kirchliche Eheschließung kannte. Daß die Ehe auch von den tschechischen Behörden anerkannt ist, ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde des Bezirksnationalausschusses Prag 2. 2. Zwischen den Parteien ist unstreitig und durch die beigezogenen Ehescheidungsakten P. G. P. — 4 R 221/51 des LG Regensburg — steht fest, daß die Bekl. zur Zeit der Eheschließung mit dem Kl. noch in gültiger Ehe mit O. P. lebte. Sowohl nach §§ 20, 24 des deutschen Ehegesetzes 1946 als nach Art. 1372, 1354, 1376 des griech. ZGB war die Ehe der Parteien daher durch gerichtliches Urteil auf Klage und Widerklage f ü r nichtig zu erklären. III. Die Parteien haben darüber hinaus beantragt, im Tenor festzustellen, ob dem Kl. bei der Eheschließung die Nichtigkeitsgründe bekannt waren. In Rechtsprechung und Schrifttum besteht Streit darüber, ob das mit der Ehenichtigkeitsklage befaßte Gericht eine solche Feststellung, und wenn
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überhaupt, ob es sie im Tenor oder in den Gründen zu treffen hat oder treffen kann (wird ausgeführt). Unstreitig hatte die Bekl. bei der Eheschließung von dem Nichtigkeitsgrund Kenntnis. Die Beweisaufnahme hat jedoch auch ergeben, daß der Kl. diese Kenntnis besessen hat (wird ausgeführt). Da Doppelehen in allen christlichen Staaten nichtig sind, ist die Kenntnis vom Fortbestand der früheren Ehe gleichbedeutend mit der von der Nichtigkeit der nun geschlossenen Ehe. Es steht damit fest, daß beide Parteien bei der Eheschließung die Nichtigkeit der Ehe erkannten." 109. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichtes ist bei Ehenichtigkeitsklagen des Staatsanwalts, falls die Frau bei der Eheschließung Deutsche war, gegeben, wenn das deutsche Urteil nach dem Heimatrecht des Mannes (hier nach italienischem Recht) anerkannt werden wird (sie!). — EGBGB Art. 13, 18; EheG § 20; ZPO § 606; RuStAG § 17; ital. Codice civile Art. 115; 124; Bestimmungen über das Gesetz im allgemeinen Art. 26; Codice di procedura civile Art. 797; ital. Staatsangehörigkeitsgesetz von 1912 Art. 10. LG München I, 3. ZK, Urt. vom 15. 9. 1952 — 3 R 284/52. Ungedruckt. Der italienische Staatsangehörige L. hat am 28. 5. 1947 vor dem Standesamt in M. die Ehe mit einer Deutschen geschlossen, obwohl er seit dem 20. 10. 1934 mit einer Italienerin verheiratet war. Der Staatsanwalt klagt auf Nichtigerklärung seiner zweiten Ehe. Aus den Gründen: „Gemäß Art. 13 EGBGB bestimmen sich die materiellen Ehevoraussetzungen, also auch die Bedeutung einer bereits bestehenden Ehe eines der beiden Eheschließenden, nach den Rechten der beiden Beklagten zur Zeit der Eheschließung. Dies gilt auch nach italienischem Kollisionsrecht, wie aus Art. 115 I des italienischen Cc vom Jahre 1942 hervorgeht. Da das italienische Kollisionsrecht keine Rückverweisung auf deutsches Recht und auch keine Weiterverweisung auf ein drittes Recht vorsieht und der Mann im Zeitpunkt der Eheschließung italienischer, die Frau aber deutsche Staatsangehörige waren, ergibt sich, daß materielle Eheschließungsstatute das deutsche und das italienische Recht sind. Die Nichtigkeitsklage ist daher nach den Bestimmungen des deutschen Rechts zu beurteilen. Nach dem richtet sich auch das selbständige Recht des Staatsanwalts; denn es handelt sich hier um eine eigenständige materielle Berechtigung. Es richtet sich daher nach dem Wirkungsstatut, das im vorliegenden Fall nach Art. 18 EGBGB nicht jedoch nach der lex fori zu bestimmen ist (vgl. Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts 4 178 ff.). Das deutsche Recht hat auch darüber zu bestimmen, ob es eines gerichtlichen Anspruches bedarf, damit man sich auf die Nichtigkeit der Ehe berufen kann. Die am 28. 5. 1947 geschlossene Ehe ist an sich auch nach dem italienischen Recht formwirksam zustande gekommen. Das ergibt sich eindeutig aus Art. 26 der Disposizioni preliminari zum Cc. 1
Soll wohl heißen Arl. 13.
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Es ist aber erwiesen, daß der Bekl. L. F. seit 20. 10. 1934 mit G. M. verheiratet und diese Ehe jedenfalls am 28. 5. 1947 noch bestand, als er die zweite Ehe einging. Die am 28. 5. 1947 vor dem Standesamt München I geschlossene Ehe ist daher nichtig, § 20 EheG. Solange aber die Ehe nicht durch Urteil f ü r nichtig erklärt war und die zweite Ehefrau damit wieder deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hat, war sie nach Art. 10 I des italienischen Gesetzes vom 13. 6. 1912 Italienerin geworden und hat gemäß § 17 Ziff. 6 des RStAG die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Die Behandlung der Staatsangehörigkeitsfrage durch die italienischen Behörden ist demgegenüber gleichgültig, da das italienische Staatsangehörigkeitsrecht an sich dafür maßgebend ist, ob ein Erwerb oder Verlust der italienischen Staatsangehörigkeit eintritt, aber die Frage ob eine Rechtsfolge der Nichtigkeit der Ehe bereits vor urteilsmäßigen Ausspruch der Nichtigkeit geltend gemacht werden kann oder nicht, sich nach dem Nichtigkeitsstatut richtet, welches wie oben bereits dargetan, eben f ü r die Nichtigkeitsklage des Staatsanwalts das deutsche Recht ist. Gemäß § 606 III ZPO hatte es f ü r die Zuständigkeit des deutschen Gerichts darauf anzukommen, ob das deutsche Urteil nach dem Heimatrecht des Mannes anerkannt werden wird Da rein standesamtlich geschlossene Ehen der weltlichen Gerichtsbarkeit unterliegen, kommen die Besonderheiten des Konkordates und des Durchführungsgesetzes hiezu vom 27. 5. 1929 nicht zur Anwendung. Materiellrechtlich besteht kein Grund f ü r die Nichtanerkennung, denn beide Rechte enthalten den hier in Frage stehenden Nichtigkeitsgrund (ital. Cc von 1942, Art. 124). Auch die Voraussetzungen f ü r die Anerkennung in prozeßrechtlicher Beziehung sind gegeben. Beide Bekl. haben sich der Gerichtsbarkeit des deutschen Gerichts unterworfen, waren anwaltschaftlich vertreten, auch wurde ihnen das rechtliche Gehör gewährt. Da somit auch die Voraussetzungen des Art. 797 des ital. Codice di procedura civile erfüllt sind, ist mit der Anerkennung des deutschen Ehenichtigkeitsurteils nach italienischem Recht zu rechnen. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte war daher gegeben."
Aufhebung der Ehe Siehe auch Nr. 126, 187 110. Das für die Aufhebung der Ehe maßgebende Recht ist unter Anwendung des Art. 13 EGBGB zu ermitteln. Liegt bei verschiedener Staatsangehörigkeit der Eheschließenden nur nach einem der beiden Heimatrechte ein Aufhebungsgrund vor, so gilt der sogenannte Grundsatz des „ärgeren Rechts". — EGBGB Art. 13; EheG § 30; ZPO § 606. LG Aschaffenburg, 2. ZK, Urt. vom 5. 6. 1952 — 2 R 15/51. Ungedruckt. Die Parteien haben am 23. 5. 1945 vor dem Standesbeamten in L. die Ehe geschlossen. Der Mann war französischer Staatsangehöriger, die Frau 1 Gemäß § 606 III 2 war die Zuständigkeit des deutschen Gerichts schon dadurch gegeben, daß die Frau zur Zeit der Eheschließung deutsche Staatsangehörige war und der Staatsanwalt auf Nichtigerklärung der Ehe klagte.
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besaß die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie war im Zeitpunkt der Eheschließung noch nicht volljährig. Die Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters und ihrer Mutter lag nicht vor. Ende Mai 1945 f u h r sie mit ihrem Mann in einem Sammeltransport in Richtung Frankreich. An der französischen Grenze wurde sie festgenommen und nach Deutschland zurückgeschickt. Der Mann f u h r weiter. Die Frau hat seitdem nichts von ihm gehört. Sie klagt auf Aufhebung der Ehe. Aus den Gründen: „Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ist nach § 606 ZPO gegeben. Denn die KI. hatte bei Eingehung der Ehe die deutsche Staatsangehörigkeit besessen und beantragt Aufhebung ihrer Ehe. Aus diesem Grunde kann dahingestellt bleiben, welche Staatsangehörigkeit die Kl. zur Zeit besitzt, insbesondere ob sie durch die Eheschließung die französische Staatsangehörigkeit erworben hat. Im Zeitpunkt der Erhebung der Klage hatte sie ihren Wohnsitz in A. Die Klage ist auch begründet (§ 30 EheG). Die im vorliegenden Fall zu beurteilende Ehe wurde zwischen einem Franzosen und einer Deutschen geschlossen. Die Frage der materiellen Wirksamkeit dieser Ehe entscheidet sich somit nach Art. 13 I EGBGB. Hiernach ist f ü r die Beurteilung das Heimatrecht jedes Verlobten maßgebend. Liegt nur nach einem der beiden Heimatrechte ein Aufhebungsgrund vor, so gilt der sogenannte Grundsatz des „Ärgeren Rechtes" (vgl. Raape, Internationales Privatrecht 3 [1950] 156), d. h. eine nur nach einem der beiden Rechte bestehende Nichtigkeit bzw. Aufhebbarkeit berührt den Bestand der Ehe (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, Anm. 2 zu Art. 13 EGBGB). Da die Kl. auf Aufhebung klagt, sind ihre Klagebehauptungen nach deutschem Recht zu prüfen. In vorliegendem Fall kann die Kl. Aufhebung ihrer Ehe nach § 30 EheG verlangen" (wird ausgeführt). llOa. Das italienische Recht kennt keine Eheaufhebung und erkennt eine deutsche Entscheidung auch nicht an. Deshalb ist die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben. LG Augsburg, Beschl. vom 28. 10. 1949 — 2 R 239/49. Ungedruckt.
Persönliche Beziehungen der Ehegatten Siehe auch Nr. 116, 298, 304 a 111. Jugoslawische Staatsangehörige, die seit 1929 in Deutschland ansässig sind, haben die jugoslawische Staatsangehörigkeit nicht automatisch verloren. Das Verfahren vor einem deutschen Gericht richtet sich ausschließlich nach deutschem Recht. Unter die Verfahrensvorschriften fällt auch die Bestimmung, was als Ehesache im Sinne des § 606 ZPO zu qualifizieren ist. Dazu gehören nicht Unterhaltsklagen von Ehegatten, die von Tisch und Bett getrennt sind. Auf diese Klagen finden daher die Bestimmungen des § 606 III ZPO keine Anwendung. — EGRGB Art. 14; ZPO § 606;
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jugoslawisches EheGG vom 3. 4. 1946 Art. 13, 96; jugoslawisches Dekret mit Gesetzeskraft über die Außerkraftsetzung der Rechtsvorschriften, die am 6. 4. 1941 in Kraft waren. LG Köln, 13. ZK, Urt. vom 28. 6. 1950 — 13 S 88/49. Ungedruckt. Die Parteien, slowenischer Abstammung und Staatsangehörige des ehemaligen Königreiches Jugoslawien, haben 1928 in ihrer Heimat geheiratet und sind seit 1929 in Deutschland ansässig. Durch Urteil des Kreisgerichtes in Laibach vom 9. 12. 1944, bestätigt durch Urteil des Appellationsgerichts in Laibach vom 1. 3. 1945, ist die Ehe der Parteien aus beiderseitigem Verschulden von Tisch und Bett getrennt worden. Bereits seit 1936 leben die Parteien getrennt. Die Kl. hat behauptet, sie sei infolge ihres Gesundheitszustandes nicht in der Lage, ihren Unterhalt zu verdienen. Dem Bekl. sei die Zahlung einer Unterhaltsrente möglich. Sie hat beantragt, den Bekl. zu verurteilen, an die Kl. eine Unterhaltsrente von 20 DM f ü r die Zeit vom 1. 1. 1948 bis 30. 6. 1948 und von 70 DM f ü r die Zeit seit dem 1. 7.1948 zu zahlen, zahlbar jeden Monat im voraus, die rückständigen Beträge sofort. Der Bekl. hat beantragt, die Klage abzuweisen. Aus den Gründen: „Die Berufung ist zulässig, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sachlich konnte sie jedoch nur teilweise Erfolg haben. Der Kl. steht ein Anspruch auf Gewährung einer Unterhaltsrente gegen den Bekl. zu. Da die Parteien Staatsangehörige des früheren Königreiches Jugoslawien waren, eine Einbürgerung in Deutschland oder die ausdrückliche Aberkennung der jugoslawischen Staatsangehörigkeit nicht erfolgt ist, sind sie mangels entgegenstehender Bestimmungen der jugoslawischen Volksrepublik — dem jugoslawischen Konsulat sind nach den vom Vorderrichter angestellten Ermittlungen keine derartigen Bestimmungen bekannt — auch Staatsangehörige der jugoslawischen Volksrepublik. Auf den geltendgemachten Unterhaltsanspruch ist daher nach den aus Art. 14 EGBGB von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätzen das jugoslawische Recht anzuwenden (vgl. Staudinger-Raape *, Anm. A I zu Art. 14 EGBGB). Maßgebend sind die Bestimmungen des Ehegrundgesetzes vom 3. 4. 1946, da eine Anwendung des älteren Rechts auf Grund des Dekretgesetzes vom 23. 10. 1946 (Amtsblatt vom 25. 10. 1946) ausgeschlossen ist. Das deutsche Gericht ist auch zuständig f ü r die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites. Es kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob nach jugoslawischem Recht für Ehesachen die ausschließliche Zuständigkeit jugoslawischer Gerichte besteht oder nicht. Denn das Verfahren richtet sich ausschließlich nach deutschem Recht. Unter die Verfahrensvorschriften fällt aber auch die Bestimmung, was als Ehesache zu qualifizieren ist. Dazu gehören Unterhaltsklagen nicht, so daß, da keine der Vorschrift des § 606 III ZPO entsprechende Bestimmung besteht, das Erfordernis der Anerkennung durch den Heimatstaat nicht Voraussetzung f ü r die Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist.
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Aus Art. 96 des Ehegrundgesetzes (EheGG) ergibt sich, daß der nach früherem Recht erfolgten Trennung von Tisch und Bett nicht die Wirkung einer Scheidung im Sinne des Ehegrundgesetzes beigelegt wird; in diesen Fällen ist ein nochmaliger Ausspruch der Ehescheidung durch das zuständige Gericht erforderlich. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt die Ehe als fortbestehend und auf die Unterhaltsansprüche findet die Bestimmung des Art. 13 EheGG Anwendung, wonach der mittellose, arbeitsunfähige oder arbeitslose Ehepartner ein Recht auf Erhaltung seitens des anderen Teiles hat, soweit dieser dazu in der Lage ist. Daß die Kl. krank ist, steht nach dem vom Vorderrichter als unstreitig festgestellten Sachverhalt fest. Was der Bekl. in dieser Richtung vorträgt, ist unerheblich, da er weder dargetan hat, daß der Sachverhalt insoweit unrichtig ist, noch daß sein Geständnis von Irrtum beeinflußt war. Ebenso ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Kl. außer Kost und Wohnung keine Einkünfte oder eigenes Vermögen hat. Aus diesen Tatsachen hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, daß die Kl., soweit es in ihrer Kraft steht, selbst für ihren Unterhalt sorgt, andererseits zum Erwerb der sämtlichen für den Lebensunterhalt erforderlichen Mittel nicht in der Lage ist. Insoweit ist der Bekl. verpflichtet, einen Beitrag für den Unterhalt der Kl. zu leisten" (im weiteren wird die Höhe des Unterhalts bestimmt). 1 1 2 . Für die persönlichen Beziehungen der Ehegatten ist ihr Heimatrecht maßgebend. Nach dem geltenden bulgarischen Personen- und Familiengesetz von 1949 besteht die Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten nur dann, wenn der Ehegatte, der die Unterhaltsansprüche stellt, außerstande ist, sich aus den Einkünften seines Vermögens zu unterhalten und dabei arbeitsunfähig ist. Die Anwendung dieser Bestimmungen verstößt nicht gegen den ordre public. — EGBGB Art. 14; AHKG Nr. 23; bulg. Personenund FamilienG vom 9. 9. 1949, Art. 112. AG Regensburg, Urt. vom 26. 6. 1951 — I C 770/50. Ungedruckt. Die Parteien, bulgarische Staatsangehörige, leben seit 1949 getrennt. Die Ehefrau klagt auf Unterhalt. Die Klage wurde unter Anwendung des bulgarischen Rechts abgewiesen. Aus den Gründen: „Da die Streitteile bulgarische Staatsangehörige sind, ist der Entscheidung bulgarisches Recht zu Grunde zu legen. Das AHKG Nr. 23 vom 17. 3. 1950, das besagt, daß das deutsche Recht als Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes maßgebend wäre, ist hier nicht anzuwenden, da weder die Kl. noch der Bekl. unter IRO-Betreuung stehen und auch von der IRO nicht registriert sind. Es muß also von Art. 14 EGBGB ausgegangen werden, nach dem der Unterhaltsanspruch vor erfolgter Ehescheidung zu beurteilen ist. Es ergibt sich zwar unmittelbar aus dieser Vorschrift keine Lösung für vorliegenden Fall, da sich Art. 14 EGBGB darauf beschränkt, die Anwendbarkeit des deutschen Rechts abzugrenzen. Nach einhelliger Meinung der Rechts-
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sprechung und Rechtslehre ist aber diese Vorschrift dahingehend auszulegen, daß das Heimatrecht der Ehegatten für die persönlichen Ehebeziehungen maßgebend ist. Das führt im vorliegenden Fall zu der Anwendung bulgarischen Rechts. Es ist auch keine Rückverweisung des bulgarischen Internationalen Privatrechts, mit der Folge, daß das deutsche Recht anzuwenden ist, vorhanden. Auszugehen ist also vom bulgarischen Personen- und Familiengesetz, das am 9. 9. 1949 in Kraft getreten ist. Nach Art. 112 dieses Gesetzes besteht eine Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten nur dann, wenn der Unterhaltsberechtigte außerstande ist, sich aus den Einkünften seines Vermögens zu unterhalten und wenn er arbeitsuntauglich ist. W i e sich aus dem gerichtsärztlichen Gutachten ergibt, ist die Kl. nicht arbeitsunfähig, sondern es kann ihr eine mittelschwere Arbeit sehr wohl zugemutet werden. Aus diesem Grund hat sie keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Bekl. Für ein Eingreifen des Art. 30 EGBGB, der bei völligem Fehlen jeglicher Unterhaltsansprüche angewendet werden könnte, ist hier kein Raum, da ja das bulgarische Recht sehr wohl solche vorsieht, lediglich die Voraussetzungen der Unterhaltspflicht im vorliegenden Fall nicht vorhanden sind. Es war daher zu entscheiden wie geschehen." 113. Bei der Behandlung von Unterhaltsansprüchen der Ehefrau gegen den Ehemann kann dahingestellt bleiben, ob deutsches oder ausländisches (hier polnisches) Recht anzuwenden ist, wenn der Klageanspruch nach beiden Rechten nicht begründet ist. Eine Lücke eines fremden (hier polnischen) Gesetzes muß nach der deutschen Rechtsanschauung so ausgefüllt werden, daß kein Verstoß gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes die Folge wäre. — EGBGB Art. 14; BGB § 1361; polnisches Ehegesetz Art. 14, 15. AG Landsberg/Lech, Urt. vom 5. 12. 1950 — C 333/50. Ungedruckt. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. I m Zeitpunkt der Eheschließung war der Mann polnischer Staatsangehöriger, die Frau besaß die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie klagt auf Unterhalt. Aus den Gründen: „Die Klage ist nicht begründet. Art. 14 des EGBGB bestimmt, daß sich die persönlichen Rechtsbeziehungen — wozu auch der Unterhaltsanspruch gehört — deutscher Ehegatten nach deutschem Recht richten. Die persönlichen Rechtsbeziehungen ausländischer Ehegatten oder solcher, von denen nur einer deutscher Staatsangehöriger ist, sind im EGBGB nicht geregelt. Hier ist der Bekl. zweifellos nicht deutscher Staatsangehöriger; fraglich könnte nur sein, ob er noch die polnische Staatsangehörigkeit besitzt, wie er meint, oder ob er staatenlos ist. Fraglich ist auch, ob die Kl. selbst noch deutsche Staatsangehörige ist, oder ob sie durch die Eheschließung mit dem Bekl. dessen Staatsange-
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hörigkeit erworben hat oder staatenlos geworden ist. Zweifelhaft ist ferner, ob auf den Bekl. nach AHKG Nr. 23 vom 17. 3. 1950 die deutschen Gesetze deshalb anzuwenden sind, weil er sich in Deutschland aufhält; denn nach Art. 10 aaO ist dieses Gesetz nur dann anwendbar, wenn der Betreffende eine amtliche Bescheinigung besitzt, daß er der IRO untersteht, und diese Bescheinigung hat der Bekl. nicht in Besitz, obwohl er sie offenbar einmal besaß. Hier kann dahingestellt bleiben, ob deutsches oder polnisches Recht Anwendung zu finden hat. Denn sowohl nach deutschem als auch nach polnischem Recht ist der Klageanspruch nicht begründet. a) Die maßgebliche Bestimmung des deutschen Rechts ist § 1361 BGB. Danach hat der getrenntlebende Ehegatte nur dann einen Unterhaltsanspruch in Geld gegen den anderen, wenn er ein Recht zum Getrenntleben hat oder der Unterhaltspflichtige die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft verweigert. Letzteres trifft hier nicht zu. Das Recht zum Getrenntleben hat der unterhaltsberechtigte Teil, hier also die Kl. zu beweisen (Palandt, Anm. 2 c zu § 1361; RGRK Anm. 9 zu § 1361 BGB). Diesen Beweis hat die Kl. nicht erbracht (wird ausgeführt). b) Im geltenden polnischen Recht fehlen nach dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung nähere Bestimmungen über den Unterhalt im Fall des Getrenntlebens. Art. 14 des Ehegesetzes bestimmt nur, daß die Ehegatten zur gegenseitigen Unterstützung verpflichtet sind und Art. 15, daß sie verpflichtet sind, zu den Lasten des gemeinsamen Haushaltes beizutragen und bei der Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse des anderen Teils mitzuwirken. Diese Lücke des polnischen Gesetzes muß nach der deutschen Rechtsanschauung so ausgefüllt werden, daß kein Verstoß gegen die guten Sitten und den Zweck eines deutschen Gesetzes die Folge wäre (ordre public, Art. 30 EGBGB). Das deutsche Gericht kann daher auch bei Auslegung der polnischen Bestimmungen der Kl. keinen Unterhaltsanspruch in Geld zubilligen, da es gegen die deutsche Rechtsauffassung verstieße, wenn eine Ehefrau, auch wenn sie Ausländerin ist, die sich ohne Grund von ihrem Ehemann entfernt hält, diesen zur Unterhaltszahlung in Geld heranziehen könnte, anstatt zu ihrem Ehemann zurückzukehren und den gemeinsamen Haushalt wieder aufzunehmen, von dem auch Art. 15 des polnischen Ehegesetzes spricht. Die Klage war daher abzuweisen." 114. Die persönlichen Rechtsbeziehungen (Unterhaltspflicht) der Ehegatten bei einer nach spanischem Recht ungültigen, aber nach deutschem Recht gültigen Ehe zwischen einem Spanier und einer ehemaligen Deutschen, die infolge der Eheschließung staatenlos geworden ist, richten sich nach deutschem Recht. — EGBGB Art. 13, 14. LG Düsseldorf, 13. ZK, Urt. vom 20. 6. 1952 — 13 S 163/52: MDR 6 (1952) 623. Die Parteien haben 1938 in Düsseldorf geheiratet und wohnen beide in der Bundesrepublik. Der Bekl. ist Spanier. Die Bekl. war Deutsche, ist aber
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durch Heirat staatenlos geworden. Die Ehe ist nach deutschem Recht gültig, nach spanischem Recht nicht (matrimonium claudicans). Mit der Klage nimmt die Kl. den von ihr getrennt lebenden Bekl. auf Unterhalt in Anspruch. Das LG hat der Klage stattgegeben. Aus den Gründen: „Die Berufung ist zwar zulässig, jedoch konnte sie sachlich keinen Erfolg haben, denn mit Recht hat das AG den Standpunkt vertreten, daß der Kl. aus den §§ 1361 BGB und 61 II EheG ein Unterhaltsanspruch in der geforderten Höhe zusteht. I. Die Rechtsansicht des Bekl., daß der Unterhaltsanspruch der Kl. entweder nach dem Heimatrecht des Bekl., nach spanischem Recht also, zu beurteilen ist, oder aber, daß die Heimatrechte der beiden Parteien mit der Maßgabe zur Anwendung zu bringen seien, daß der Bekl. zu mehr nicht verpflichtet werden könne, als er nach seinem eigenen Heimatrecht zu leisten gehalten sei, trifft diesen Fall nicht. Allerdings haben beide Parteien ein verschiedenes Heimatstatut. Der Bekl. ist Spanier, während die Kl. durch die nach deutschem Recht formgültig vollzogene Eheschließung ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat und staatenlos geworden ist ( § 1 7 Ziff. 6 RuStAG). Die spanische Staatsangehörigkeit hat die Kl. nämlich nicht erworben, da die Ehe der Parteien nach spanischem Recht ungültig ist. Als Anknüpfungspunkt tritt f ü r die Kl. deshalb an die Stelle der Staatsangehörigkeit das Recht des Aufenthaltsortes, mithin deutsches Recht (Art. 29 EGBGB). Die Parteien haben demnach niemals ein gemeinsames Heimatrecht gehabt. Die Frage, nach welchem Recht sich in diesem Fall die persönlichen Rechtsbeziehungen der Parteien regeln, ist im Gesetz nicht geregelt. Allerdings haben Literatur und Rechtsprechung den Art. 14 EGBGB über seinen Wortlaut als einseitige Kollisionsnorm hinaus zu einer zweiseitigen Kollisionsnorm ausgebildet (RGZ 91, 406; Palandt, Anm. 2 zu Art. 14); dagegen ist Art. 14 EGBGB nicht einer ausdehnenden Anwendung auf die Fälle verschiedenartiger Staatsangehörigkeiten bzw. Heimatrechte (Art. 29 EGBGB) fähig. Es kann hier dahin gestellt bleiben, ob bei einer derartigen Sachlage das Personalstatut des Ehemanns das der Ehefrau verdrängt (so v. Bar, Theorie und Praxis des IPR I 480 ff.; Niemeyer, Das IPR des BGB 142; Neubecker, IPR auf deutsch-rechtlicher Grundlage 101; Neumayer, IPR 19; Barazetti, Das IPR im BGB für das Deutsche Reich 71; Lewald, Das deutsche IPR auf Grundlage der Rechtsprechung 88; Staudinger-Raape, EGBGB 9 275; Gierke, Deutsches Privatrecht I 236; Poullet, Manuel de droit international privé belge 430 (für Belgien) ; Pillet-Niboyet, Manuel de droit int. privé 547 [für Frankreich]; OLGR 11, 287), oder ob das Heimatrecht beider Ehegatten derart anzuwenden ist, daß nur die Geltendmachung solcher Rechte zugestanden wird, die sowohl nach dem Personalstatut des einen wie des anderen Ehegatten anerkannt sind (Niedner, Einführungsgesetz, Anm. 3 c zu Art. 14; Habicht, IPR nach dem EGBGB Anm. IV, 4 zu Art. 14; Planck 3 VI 48; Zitelmann, IPR II 670; Walker 2, IPR 667, 743; KG, J W 1936, 2470; J W 1928, 73; OLG Braunschweig in OLGR 26, 232). Denn es handelt sich hier nicht um die Frage, welchem von zwei an sich gleich17 Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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wertigen und gleichberechtigten Heimatrechten der Vorzug zu geben ist. Denn gemäß Art. 13 III EGBGB hat das deutsche Recht die Ehe der Parteien dergestalt erfaßt, daß eine nach deutschem Recht vollgültige Ehe mit auf Deutschland beschränktem Wirkungskreis vorliegt (RGZ 105, 365; Staudinger-Raape 9, Anm. C I, 2 zu Art. 13; Palandt, Anm. 6 a zu Art. 13; Neumager, MDR 1951, 298; neuerdings LG Nürnberg-Fürth, MDR 1952, 3 5 9 ' ) . Demgemäß hat das LG Düsseldorf dieses „matrimonium claudicans" (Endemann, J W 1914, 113) der Parteien auch unter Anwendung deutschen Rechtes geschieden. Dem stand nicht Art. 17 EGBGB entgegen, nach dem f ü r die Scheidung der Ehe das Personalstatut des Ehemannes maßgebend ist, weil die Gesetze eines Staates als Scheidungsgrundlage nur herangezogen werden können, wenn sie eine Ehe gültig sein lassen (so MDR 1952, 359; gegen Staudinger-Raape, Bern. II 4 b zu Art. 17 und Raape, IPR 3 196). Wenn somit die Ehe der Parteien in ihrem Anfangsstadium und ihrem Endstadium f ü r den deutschen Rechtskreis deutschem Recht unterstanden hat, so bedeutet es ein widersinniges Ergebnis, die Zwischen- und nachfolgenden Stadien mit ausländischem Recht auszufüllen. So folgert Raape, IPR s 209, ohne es allerdings auf den Fall des matrimonium claudicans abzustellen, daß der Unterhalt nach der Scheidung sich nach dem Scheidungsstatut richte, und ebenso vertritt Habicht 142 die Ansicht, daß die persönlichen Auswirkungen der Scheidung dem Statut folgten, das f ü r die Scheidung maßgebend ist. Schon danach wäre also der Unterhaltsanspruch der Kl. nach Scheidung der Ehe gegeben. Um so mehr muß er dann auch f ü r die Zeit des Bestehens der Ehe anerkannt werden. Denn als Ehefrau nach deutschem Recht hat die Kl. eine noch stärkere Position gegenüber dem Bekl. besessen, als sie sie nach der Scheidung eingenommen hat. Die Anerkennung der teils gültigen, teils ungültigen „hinkenden Ehe" der Parteien f ü h r t in logischer Weiterentwicklung der Betonung des deutschrechtlichen Standpunktes zur Unterstellung auch der persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten während und nach der Ehe unter das deutsche Recht (Frankenstein, IPR III 215). Zwar hat Endemann (JW 1914, 114) Bedenken gegen die „einseitige Betonung der nationalen Rechtsauffassung" geäußert, seine an die Auslegung des Art. 13 III EGBGB anknüpfende Lösungsweise scheitert aber an dem Wortlaut des Art. 13. Sie ist deshalb auch in der Praxis abgelehnt worden (RGZ 88, 191; vgl. Staudinger-Raape, Bern. C I, 2 zu Art. 13). Es muß daher bei dem matrimonium claudicans als deutsch-rechtlicher Ehe bleiben. Infolgedessen kann sich der Bekl. auch nicht auf die von Palandt bei Art. 14, Anm. 2 angegebenen Rechtsmeinungen stützen, weil es nicht um die Anwendung mehrerer konkurrierender und möglicher Heimatrechte, sondern um die Anwendung eines Heimatrechtes, nämlich des deutschen Rechtes geht. Der Unterhaltsanspruch der Kl. richtet sich somit nach §§ 1361 BGB bzw. 61 II EheG."
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Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 65.
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Ehegüterrecht Siehe auch Nr. 5, 208, 298 115. Das eheliche Güterrecht beurteilt sich nach dem Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung. Art. 28 EGBGB steht der Anwendung dieses Rechts nicht entgegen. Die Frage, ob die Ehefrau zu einer Verfügung über ein ihr gehöriges Vermögensstück der Einwilligung des Mannes bedarf, ist eine Angelegenheit des ehelichen Güterrechts und nach dem Rechte des Staates zu beantworten, dem der Mann zur Zeit der Eheschließung angehörte. Art. 29 EGBGB in der Fassung der Familienrechtsnovelle vom 12. A. 1938 hat den Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterstandes nicht beseitigt. — EGBGB Art. 15, 28, 29; BGB §§ 1363, 1395, 1402; österr. ABGB § 1237. BayOLG, Beschl. vom 12. 12. 1952 — 1 Z 247/52: JZ 9 (1954) 441 mit Anmerkung von Neuhaus. Aus den Gründen: „I. Der in Böhmen geborene Beschwf. A. W. hat 1906 in M., damals zur österreichischen Provinz Dalmatien gehörig, mit S. geb. T. die Ehe geschlossen. Güterrechtliche Vereinbarungen wurden zwischen ihnen nicht getroffen. Seit dem Jahre 1922 ist die Ehefrau Eigentümerin eines bayerischen Grundstücks. Die Eheleute wohnen seit ihrer Ausweisung aus der Tschechoslowakei in Ch. und führen dort gemeinsamen Haushalt. Im Jahre 1951 schloß die Ehefrau mit dem Sohn einen Übergabevertrag, wonach sie das Grundstück ihm zu Eigentum übergab und die Auflassung erklärte. Der Sohn beantragte namens und im Auftrag seiner Mutter beim AG Oberviechtach, die Zustimmung des Vaters gemäß § 1402 BGB zu ersetzen. Das AG gab diesem Antrag statt. Die sofortige Beschwerde des Vaters (Ehemann) wurde vom LG Weiden zurückgewiesen: Es sei deutsches Recht anzuwenden. Der Ehemann habe zwar zur Zeit der Eheschließung die österreichische Staatsangehörigkeit besessen; trotzdem sei nicht österreichisches Recht anzuwenden, denn der Grundsatz des Art. 15 EGBGB erleide bei Übertragung eines in Deutschland gelegenen Grundstücks eine Ausnahme (Art. 28 EGBGB). Die Voraussetzungen des § 1402 BGB seien gegeben. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde begehrt A. W. Aufhebung der beiden Beschlüsse und Abweisung des Antrags auf Ersetzung der Zustimmung. II. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft und formgültig erhoben . . . Gemäß §§ 1363, 1395 BGB bedarf die Frau zur Verfügung über eingebrachtes Gut der Einwilligung des Mannes. Diese Zustimmung kann nach § 1402 BGB ersetzt werden, wenn das beabsichtigte Rechtsgeschäft zur ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheiten der F r a u erforderlich ist und der Mann seine Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert. Das LG hat die Voraussetzungen des § 1402 BGB bejaht. Fraglich ist aber, ob die §§ 1363, 1395 und 1402 BGB hier überhaupt anwendbar sind. 17 *
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1. Aus Art. 15 EGBGB leitet Lehre und Rechtsprechung den Grundsatz ab: Das eheliche Güterrecht beurteilt sich nach dem Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung. Aus diesem Grundsatz wird zunächst die Unwandelbarkeit des Güterrechts, dann aber die Einheitlichkeit des Vermögensstatuts (Gesamtstatuts) gefolgert. Das auf das Güterrecht anzuwendende Recht hat grundsätzlich auch die Herrschaft über die sämtlichen zu dem Vermögen gehörigen Einzelgegenstände, mögen sie sich im In- oder Ausland befinden (Palandt 10 , EGBGB, Art. 15. Anm. 3). Das LG Weiden ist mit Recht von diesem Grundsatz ausgegangen, glaubte jedoch auf Grund der Ausnahmevorschrift des Art. 28 EGBGB deutsches Recht anwenden zu müssen; Art. 28 EGBGB steht jedoch der Anwendung des Heimatrechts des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung nicht entgegen. Art. 28 bestimmt, daß Art. 15 keine Anwendung findet auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Gesetze nach Art. 15 maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. Damit ist die Anwendung fremden Rechts, soweit es sich um Grundstücke handelt, nicht schlechthin ausgeschlossen. Vielmehr ist grundsätzlich das in Art. 15 f ü r maßgebend erklärte Recht auch hier anwendbar. Das Recht der belegenen Sache (lex rei sitae) beschränkt sich auf das dingliche Rechtsgeschäft. Dagegen beurteilen sich die Güterrechtsverhältnisse nicht nach der lex rei sitae, weil es sich nicht um ein Recht an einem Grundstück als solchem handelt, sondern um Rechte an einem Grundstück, das Teil eines VermögensinbegrifTs ist. In diesem Fall ist nicht das Einzel-, sondern das Gesamtstatut, nicht das Sach-, sondern das Vermögensstatut anzuwenden (Staudinger-Raape, Komm, zum EGBGB' Anm. B I 3, C VI, 1, E 1 zu Art. 15; Palandt10, Anm. 4 zu Art. 15). 2. Ist die Frage, ob die Ehefrau zu einer Verfügung über ein ihr gehöriges Vermögensstück der Einwilligung des Mannes bedarf, eine Angelegenheit des ehelichen Güterrechts, so ist sie nach Art. 15 II EGBGB nach dem Rechte des Staates zu beantworten, dem der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe angehörte. Zur Zeit der Eheschließung war A. W. österreichischer Staatsangehöriger, unterstand also dem ABGB, gleichgültig, ob er in Dalmatien oder im damaligen Böhmen wohnte. Nach dem Zerfall der österreichischungarischen Monarchie galt auch in der tschechoslowakischen Republik Insoweit das ABGB. Der Beschwf. wurde zu dieser Zeit tschechoslowakischer Staatsangehöriger. Diese Staatsangehörigkeit hat er spätestens mit dem Inkrafttreten des Dekrets des Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik vom 2. 8. 1945 verloren. Es kann unerörtert bleiben, ob er die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat oder staatenlos ist. Hat der Beschwf. die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben, sondern ist er staatenlos, so ist zu prüfen, ob nicht Art. 29 EGBGB die Anwendung des Art. 15 EGBGB ausschließt. Art. 29 EG in der Fassung des Art. 7 § 25 der Familienrechtsnovelle vom 12. 4. 1938 ordnet an, daß in den Fällen, in denen die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, f ü r maßgebend erklärt sind, die Rechtsverhältnisse einer staatenlosen Person nach den Gesetzen des Staates beurteilt werden, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt h a t . . . Aber auch im Falle des Art. 29 EG richtet sich das
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eheliche Güterrecht nach dem Heimatrecht des Ehemanns zur Zeit der Eheschließung. Die Neufassung des Art. 29 EG hat den Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterstandes nicht beseitigt, so daß also das nach EG 29 alter Fassung festgelegte Güterrecht weitergilt (Palandt10, Anm. 4 f zu EG Art. 29; Brühl, N J W 1952, 332, Fußnote 7). Das eheliche Güterrecht des ABGB bleibt also maßgebend für die hier zu entscheidende Frage, gleichviel, ob der Beschwf. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder ob er staatenlos ist. 3. Die Beschlüsse der beiden Vorinstanzen beruhen also auf einer Verletzung des Art. 15 I I EGBGB (§ 27 FGG). Sie mußten deshalb aufgehoben werden. Eine Zurückverweisung erübrigt sich. Nach den unter 1 und 2 gemachten Ausführungen gehört die Frage, ob die Ehefrau zur Veräußerung eines ihr gehörigen Grundstücks der Zustimmung des Mannes bedarf, in das Familiengüterrecht. Das eheliche Güterrecht richtet sich nach dem Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung. Der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechts wird weder durch Art. 28 noch durch Art. 29 EGBGB beseitigt. Hat ein früher in der Tschechoslowakei ansässiger Mann vor seiner Umsiedlung geheiratet, so gilt für die Eheleute das Güterrecht des ABGB, d. h. es besteht, falls kein Ehevertrag geschlossen wurde, Gütertrennung (§ 1237 ABGB). Beschränkungen der Verfügungsfähigkeit der Ehefrau, wie sie das deutsche Recht in § 1395 BGB aufgestellt hat, bestehen nicht. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung nach § 1402 BGB mußte deshalb ohne sachliche Prüfung zurückgewiesen werden. Diese rechtliche Beurteilung zeigt, daß die Entscheidung des Falles keine weiteren Erhebungen erfordert. Das Gericht der weiteren Beschwerde konnte deshalb selbst die Sachentscheidung treffen." 116. Die ehegüterrechtlichen Verhältnisse beurteilen sich nach dem Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung. Die Bestimmung des Art. 15 II EGBGB, nach welcher ausländische Ehegatten, die ihren Wohnsitz im Inlande haben, einen Ehevertrag auch dann schließen können, wenn er nach dem zur Zeit der Eheschließung gültigen Heimatrecht des Ehemannes unzulässig wäre, wurde im Verhältnis zu den Niederlanden durch das Haager Ehewirkungsabkommen vom 17. 7. 1905, das 1932 im Verhältnis zwischen Deutschland und den Niederlanden galt, außer Kraft gesetzt. Die Pflicht des Ehemannes, seiner Frau die Kosten des Scheidungsprozesses vorzuschießen, rechtfertigt sich nach niederländischem Recht durch die Unterhaltspflicht des Ehemannes. — EGBGB Art. 15; BGB §§ 1387, 1427; niederl. B W B Art. 158, 174, 268; franz. Cc Art. 240; Haager Ehewirkungsabkommen von 1905 Art. 4. OLG Düsseldorf, 9. ZS, Beschl. vom 25. 4. 1952 — 9 W 42/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Parteien führen einen Scheidungsstreit. Der Antrg. ist von Geburt niederländischer Staatsangehöriger; die Antrst., von Geburt Deutsche, hat die niederländische Staatsangehörigkeit durch die Eheschließung erworben.
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Die Eheschließung ist am 6. 2.1930 vor dem Standesbeamten in Sch. erfolgt. Die Parteien haben ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland. Durch Ehevertrag vom 25.10. 1932 haben sie Gütertrennung vereinbart. Diese ist auch im Güterregister eingetragen worden. Die Antrst. hat um Erlaß einer einstweiligen Anordnung gebeten, nach der dem Antrg. die Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses an ihren Prozeßbevollmächtigten aufgegeben werden soll. Sie hat einen Betrag von insgesamt 552.40 DM v e r l a n g t . . . Der Antrg. hat unter Hinweis auf den Gütertrennungsvertrag um Zurückweisung dieses Antrags gebeten. Durch den angefochtenen Beschluß hat das LG den Antrag zurückgewiesen. Es hat unter Berufung auf Art. 15 II EGBGB die Gültigkeit des Gütertrennungsvertrages bejaht und die Prozeßkostenvorschußpflicht des Ehemannes bei dem Güterstande der Gütertrennung verneint. Die Beschwerde der Antrst., der das LG nicht abgeholfen hat, macht geltend, das LG habe übersehen, daß Art. 15 II EGBGB im Verhältnis der Vertragsstaaten des Haager Ehewirkungsabkommens vom 17.7. 1905 nicht gelte. Zu den Vertragsstaaten gehörten auch die Niederlande, deren Gesetze den Abschluß eines Ehevertrages nach Eingehung der Ehe verböten. Der Vertrag vom 25. 10. 1932 sei daher unwirksam. Die Parteien lebten daher nach wie vor in allgemeiner Gütergemeinschaft des niederländischen Rechts. Das habe aber zur Folge, daß der Antrg. ihr die Kosten des Scheidungsprozesses vorschießen müsse. Der Antrg. bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Er ist der Ansicht, das Haager Ehewirkungsabkommen sei mit Beginn des Kriegszustandes zwischen Deutschland und den Niederlanden aufgehoben worden. Da die Parteien ihre vermögensrechtlichen Beziehungen entsprechend dem Gütertrennungsvertrage gestaltet hätten, sei dieser durch formlose Bestätigung wirksam geworden. Es ist ein Rechtsgutachten des Max-Planck-Instituts f ü r ausländisches und internationales Privatrecht in Tübingen eingeholt worden. Die nach § 627 IV ZPO zulässige Beschwerde mußte dem Grunde nach Erfolg haben. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts f ü r die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Anordnung ergibt sich daraus, daß es gemäß § 606 III Nr. 1 ZPO f ü r den Scheidungsrechtsstreit der Parteien zuständig ist. Die Verpflichtung zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses kann nach § 627 ZPO nur dann angeordnet werden, wenn eine sachlichrechtliche Vorschußpflicht des Ehemannes besteht. Insoweit ist § 627 ZPO, der nur die Regelung dieser Verpflichtung in die Zuständigkeit des Gerichts des Scheidungsprozesses stellt, eine reine Verfahrensvorschrift. Der Senat vertritt damit die in der Rechtsprechung und im Schrifttum herrschende Ansicht (vgl. KG, DR 1942, 1461; OLG Breslau, HRR 1941 Nr. 510; OLG DüsselAnm. 4 A zu § 627; Godin8 dorf, DR 1940, 712; Baumbach-Lauterbach20 Anm. 5 zu § 627; Fechner, J W 1938, 2111). Bei dem gesetzlichen Güterstande der Verwaltung und Nutznießung des BGB folgt die Pflicht des
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Ehemannes zur Zahlung des Prozeßkostenvorschusses aus der nach § 1387 BGB bestehenden Pflicht zur Tragung der Prozeßkosten. Dies ist seit RGZ 47, 72 einhellige Ansicht der Rechtsprechung. Die Pflicht zur Tragung der Prozeßkosten ergibt sich aus der bevorzugten güterrechtlichen Stellung des Ehemannes. Sie besteht nicht im Falle der Gütertrennung. Prozeßkosten gehören nicht zum ehelichen Aufwand, den der E h e m a n n nach § 1427 BGB auch bei Gütertrennung zu tragen hat (Palandt-Lauterbach 9 Anm. 1 zu § 1427). Bei Wirksamkeit des Gütertrennungsvertrages vom 25. 10. 1932 könnte also dem Antrg. die Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses, jedenfalls nach deutschem Güterrecht, nicht auferlegt werden. Der Vertrag vom 25. 10. 1932 ist jedoch nichtig. Da die Parteien niederländische Staatsangehörige sind, beurteilen sich ihre güterrechtlichen Verhältnisse nach niederländischem Recht. Nach Art. 15 I und II, 1. Halbs. EGBGB ist insoweit das Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung maßgebend (RGZ 91, 407). Mit der Eheschließung tritt nach Art. 174 des Niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches (Burgerlijk Wetboek) allgemeine Gütergemeinschaft ein, sofern nicht in einem Güterrechtsvertrag, der nach Art. 202 B. W. vor der Heirat geschlossen werden muß, andere Vereinbarungen getroffen worden sind. Ein später geschlossener Vertrag ist nichtig („nietig"), wie sich aus Art. 241 B. W. ergibt. Zwar können nach Art. 15 II EGBGB ausländische Ehegatten, die ihren Wohnsitz im Inland haben, einen Ehevertrag auch dann schließen, wenn er nach dem zur Zeit der Eheschließung gültigen Heimatrecht des Ehemannes unzulässig wäre. Diese Regelung wird jedoch durch das zur Zeit des Abschlusses des Gütertrennungsvertrages vom 25. 10. 1932 geltende Haager Ehewirkungsabkommen vom 17. 7.1905 (RGBl. 1912 S. 453 und 475) außer Kraft gesetzt. Nach Art. 4 dieses Abkommens entscheidet das Gesetz des Heimatstaates der Ehegatten darüber, ob sie während der Ehe einen Ehevertrag errichten u n d ihre güterrechtlichen Vereinbarungen aufheben oder verändern können. Ob das Haager Ehewirkungsabkommen mit Beginn des Kriegszustandes zwischen Deutschland und den Niederlanden als aufgehoben zu gelten hat, k a n n dahingestellt bleiben. Selbst wenn es nicht m e h r in Kraft wäre, würde der Vertrag vom 25. 10. 1932 nach wie vor unwirksam sein. Denn ein nichtiger Vertrag k a n n nicht „bestätigt" werden, ohne daß er unter Beobachtung der gesetzlichen Formerfordernisse neu geschlossen wird. Eine „Bestätigung" hätte hier also zumindest die F o r m des § 1434 BGB wahren müssen. Die Parteien leben somit nach wie vor in allgemeiner Gütergemeinschaft des niederländischen Rechts. Dieses hat die Frage der Prozeßkostenvorschußpflicht des Ehemannes nicht ausdrücklich geregelt. Nach Auskunft des Max-Planck-Instituts in Tübingen findet sich in den ehegüterrechtlichen Vorschriften kein Hinweis, daß als Auswirkung des Ehegüterrechts eine Vorschußpflicht des Ehemannes angenommen werden darf, wie dies im deutschen Recht der Fall ist. Auch in der niederländischen Literatur und Rechtsprechung wird die Kostenvorschußpflicht nicht behandelt. Die eingeholte Rechtsauskunft besagt zwar nichts ausdrücklich darüber, ob das niederländische materielle Recht den §§ 1387, 1416, 1464 BGB ähnliche
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Vorschriften über die Kostentragungspflicht enthält. Sie geht aber offenbar von dem Fehlen solcher Vorschriften aus, führt jedoch die prozessuale Vorschrift des Art. 56 Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering an, die besagt, daß in Rechtsstreitigkeiten zwischen Ehegatten die Kosten o.hne Rücksicht auf den Ausgang grundsätzlich gegeneinander aufzuheben sind. Da im deutschen Recht die Vorschußpflicht des Ehemannes aus § 1387 BGB gefolgert wird, könnten Bedenken bestehen, ob bei dem Fehlen einer ähnlichen Vorschrift im niederländischen Recht und angesichts der Bestimmung des Art. 56 der Niederländischen Prozeßordnung eine Vorschußpflicht des Ehemannes angenommen werden kann. Die Annahme der Vorschußpflicht rechtfertigt sich jedoch aus folgendem Gesichtspunkt; das niederländische Recht kennt eine sehr weitgehende Unterhaltspflicht. Nach Art. 158 B W sind die Ehegatten einander Treue, Hilfe und Beistand schuldig. Diese Hilfe- und Beistandspflicht ist die Grundlage der Unterhaltspflicht. Nach Art. 162 B W ist der Mann verpflichtet, seine Frau bei sich aufzunehmen; er muß sie beschützen und ihr nach seinem Stand und Vermögen alles verschaffen, wessen sie bedarf. Die Unterhaltspflicht des Mannes umfaßt somit den gesamten Lebensbedarf. Diese Ansicht wird nach der eingeholten Rechtsauskunft in der niederländischen Literatur von Asser, Personenrecht 2 (1936) 387 und Pitlo, Personenrecht 2 (1950) 160 vertreten und findet ihre Stütze in dem durch Gesetz vom 10. 7.1947 eingefügten Art. 470. Obwohl nach Deutschem Recht die Pflicht zur Tragung der Prozeßkosten nicht aus der Unterhaltspflicht hergeleitet werden kann, ist dies im niederländischen Recht angesichts des weitergehenden Umfangs der Unterhaltspflicht des Ehemannes zulässig. Denn der den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltspflicht kann nur genügt werden, wenn der Ehemann seiner Ehefrau die Kosten des Scheidungsprozesses vorschießt. Es sei erwähnt, daß nach der eingeholten Rechtsauskunft (die auf die französischen Schriften von Dalloz und Planiol-Ripert verweist) im französischen Recht die Prozeßkostenvorschußpflicht im Anschluß an Art. 240 Cc entwickelt wurde. Art. 268 BW, der einstweilige Regelungen hinsichtlich des für die Dauer des Scheidungsprozesses vom Ehemann zu zahlenden Unterhalts für Frau und Kinder zuläßt, beruht aber auf Art. 240 Cc. Soweit danach die Prozeßkostenvorschußpflicht des Ehemannes nicht aus dem ehelichen Güterrecht, sondern aus der Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau zu folgern ist, ergibt sich die Anwendbarkeit des niederländischen Rechts insoweit ausdrücklich aus Art. 1 des Haager Ehewirkungsabkommens vom 17. 7. 1905. Für den Fall der Suspendierung dieses Abkommens würde dessen Anwendbarkeit jedenfalls aus Art. 14 EGBGB zu folgern sein. Ist danach der Antrg. der Antrst. gegenüber zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses verpflichtet, so ist gleichwohl der erhobene Anspruch der Höhe nach nur zum Teil begründet" (wird ausgeführt). 117. Das Haager Ehewirkungsabkommen vom 17. 7. 1905 ist im Verhältnis zwischen Deutschland und den Niederlanden durch den 2. Weltkrieg suspendiert worden. Dieses Abkommen kann nur dann Anwendung finden,
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wenn beide Ehegatten von vornherein Angehörige eines und desselben Vertragsstaates waren. — Das eheliche Güterrecht beurteilt sich nach dem Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung. — Die durch Art. 15 EGBGB den ausländischen Ehegatten gewährte Befugnis, in Deutschland einen Ehevertrag abzuschließen, kann nicht geltend gemacht werden, wenn der Ehegatte, der kraft Gesetzes für Schulden des anderen Ehegatten einzustehen hat, sich durch Vertrag mit diesem von seiner Verbindlichkeit mit Wirkung gegenüber dem Gläubiger befreien will. — EGBGB Art. 15; BGB § 1459; Haager Ehewirkungsabkommen von 1905; niederländisches BWB Art. 174, 176. LG Wuppertal, Urt. vom 18. 9. 1953 — 2 0 203/52. Ungedruckt. Durch notariellen Kaufvertrag vom 9. 8. 1940 verkaufte die KI. ihr Hausgrundstück in Wuppertal-Barmen der Ehefrau des Bekl. Diese verpflichtete sich in Ziffer 2 des Vertrages, als Kaufpreis an die Kl. eine lebenslängliche, monatliche Rente von 100 RM, beginnend am 1. Okt. 1940, zu zahlen, und bewilligte die Eintragung einer Reallast von monatlich 100 RM zugunsten der Kl. auf dem Kaufgrundstück. Die Ehefrau des Bekl. befindet sich seit 1. 11. 1949 mit der Zahlung der monatlichen Rente im Rückstand. Am 10. 5. 1950 schloß sie mit dem Bekl., der Staatsangehöriger der Niederlande war und ist, die Ehe. Die Kl. ist der Auffassung, der Bekl. hafte persönlich f ü r die Rückstände aus der Rentenverpflichtung seiner Ehefrau, da dieser als niederländischer Staatsangehöriger durch seine Eheschließung den gesetzlichen Güterstand des niederländischen Rechts begründet habe, wonach jeder Ehegatte f ü r alle Verbindlichkeiten, die er oder der andere Ehegatte mit in die Ehe bringt, persönlich haftet — Art. 174, 176 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches. Aus Art. 15 und 16 des EGBGB ergebe sich der Grundsatz, daß das eheliche Güterrecht nach dem Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung zu beurteilen sei. Sie meint, der Bekl. habe seine persönliche Haftung auch nicht durch den nach der Eheschließung am 25. 5. 1950 mit seiner Ehefrau abgeschlossenen, auf Gütertrennung gerichteten Ehevertrag aufheben können, da das niederländische Bürgerliche Gesetzbuch in Art. 174 ausdrücklich eine Veränderung oder Aufhebung der durch die Eheschließung begründeten Gütergemeinschaft ausschließe. Abgesehen davon verbiete aber auch das hier maßgebliche Haager Ehewirkungsabkommen vom 17. 7. 1905 in Art. 4 jede Änderung des ehelichen Güterrechts zum Nachteil Dritter. Die Anwendung holländischen Rechts sei auch deshalb vollauf gerechtfertigt, da auch die Ehefrau des Bekl. mit dem Tage der Eheschließung die niederländische Staatsangehörigkeit erhalten habe. Der Bekl. bittet um Abweisung der Klage. Er trägt vor: Die persönliche Verpflichtung seiner Ehefrau zur Zahlung der lebenslänglichen monatlichen Rente sei durch die Eintragung der Reallast in Abt. II des Grundbuchs erfüllt, da diese als Erfüllung der persönlichen Rentenverpflichtung
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gedacht gewesen sei. Außerdem suche die Kl. sich mit dieser Klage durch mißbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen, da das Grundstück inzwischen wieder in Familienbesitz zurückgelangt sei, sie aber trotzdem noch die ursprünglich als Kaufpreis vereinbarte Rentenforderung einziehen wolle. Falls aber seine Ehefrau doch f ü r die Rentenverbindlichkeit einstehen müsse, hafte diese allein. Er könne persönlich nicht in Anspruch genommen werden. Das ergebe sich schon daraus, daß die Beurteilung seiner ehelichen Güterrechtsverhältnisse nicht nur dem holländischen, sondern auch dem deutschen Eherecht unterliege, da seine Ehefrau bei der Eheschließung Deutsche gewesen sei und die holländische Staatsangehörigkeit erst am 1. 6. 1951 erworben habe. Daran ändere auch nichts der Umstand, daß ihr die holländische Staatsangehörigkeit später mit rückwirkender Kraft auf den Zeitpunkt der Eheschließung gewährt worden sei. Aber selbst wenn das Heimatrecht des Ehemannes f ü r die ehelichen Güterrechtsverhältnisse entscheidend wäre, wäre die nachträgliche vertragliche Änderung des Güterstandes gemäß Art. 15 Abs. II 2. Halbsatz EGBGB rechtswirksam. Die am 25. 5. 1950 vereinbarte Gütertrennung schließe seine persönliche Haftung für Verbindlichkeiten seiner Ehefrau aus; äußerstenfalls könne er f ü r etwaige, vor Abschluß dieses Ehevertrages begründete Renten Verpflichtungen seiner Ehefrau in Anspruch genommen werden. Aus den Gründen: „Die Klage ist begründet. Gemäß Ziffer 2 des notariellen Kaufvertrages vom 9. 8. 1940 ist die Ehef r a u des Bekl. verpflichtet, als Kaufpreis u. a. eine lebenslängliche monatliche Rente in Höhe von 100 DM, erstmalig am 1. 11. 1940, zu zahlen. Seit 1.11.1949 hat sie unstreitig nicht mehr regelmäßig gezahlt, so daß abzüglich geleisteter Teilzahlungen ein Rückstand von 3375 DM aufgelaufen ist. Diese Schuld der Ehefrau des Bekl. ist nicht durch Erfüllung erloschen. Die Eintragung der Reallast in Abt. II des Grundbuches stellt lediglich eine dingliche Sicherung der persönlichen Forderung der Kl. dar und kann nicht als Erfüllung der persönlichen Schuld angesehen w e r d e n . . . (wird ausgeführt). Nach alledem kam es den Vertragsparteien nicht darauf an, die Rentenverpflichtung ausschließlich mit dem Eigentum an dem Grundstück zu verbinden. Die Käuferin sollte vielmehr persönlich unabhängig davon, wer einmal das Eigentum an dem Grundstück erwerben würde, die monatliche lebenslängliche Rente als Kaufpreis zahlen. Infolge Nichtzahlung der Rente war die Kl. zur Inanspruchnahme des Fürsorgeverbandes M. gezwungen und ist diesem gegenüber in Schulden geraten; die Ehefrau des Bekl. ist somit auch verpflichtet, durch Zahlung dieser Verbindlichkeit in Höhe von DM 1180.46 an den Fürsorgeverband die Kl. von ihrer Schuld zu befreien. Die Geltendmachung der Ansprüche der Kl. stellt auch keinen Rechts-
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mißbrauch dar. Denn das Grundstück befindet sich nicht etwa wieder in ihrem Eigentum. Die Tatsache, daß ihre Nichte dasselbe n u n m e h r aus der Zwangsversteigerung erworben hat, verbietet ihr keineswegs, die Geltendmachung ihrer Rentenansprüche gegenüber ihrer persönlichen Schuldnerin, d a Gläubigerin u n d jetzige Grundstückseigentümerin verschiedene Personen sind. F ü r die Verbindlichkeiten seiner E h e f r a u gegenüber der Kl. haftet der Bekl. persönlich. Das ergibt sich aus Art. 174, 176 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Ansicht des Bekl., daß die Regelung seiner Eherechtsverhältnisse sich nach dem Haager Ehewirkungsabkommen vom 17. 7. 1905 bestimme, ist unzutreffend. Nach herrschender Ansicht ist dieses Abkommen zur Zeit lediglich zwischen Deutschland und den im letzten Kriege neutral gebliebenen Vertragspartnern (Schweiz und Schweden) in Kraft (vgl. Palandt" [1951], Vorbemerkungen zu Art. 7 EGBGB Anm. 2). Um das Abkommen auch zwischen Deutschland und den Niederlanden wieder in Kraft zu setzen, bedarf es einer besonderen völkerrechtlichen Vereinbarung, welche die durch den Krieg eingetretene Suspension der Verträge wieder aufhebt (so Palandt aaO). Eine solche Vereinbarung ist jedoch bis jetzt noch nicht erfolgt. Die Anwendung des Haager Ehewirkungsabkommens ist aber noch aus einem weiteren Grunde ausgeschlossen. Es k a n n nach herrschender Rechtsprechung nicht angewandt werden, wenn beide Ehegatten nicht von vornherein Staatsangehörige desselben Vertragsstaates sind. Das ergibt sich aus der Fassung des Art. 1 dieses Abkommens, wo es heißt: „Für die Rechte u n d Pflichten der Ehegatten, in ihren persönlichen Beziehungen ist das Gesetz des Staates, dem sie angehören (Gesetz des Heimatstaates), m a ß gebend." Da infolgedessen eine Anwendung des Haager Abkommens entfällt, regeln sich die Rechtsverhältnisse der Ehe nach dem deutschen internationalen Privatrecht. Der Bekl. hat als niederländischer Staatsangehöriger die Ehe geschlossen, seine E h e f r a u war damals Deutsche. Im internationalen Privatrecht findet sich keine ausdrückliche Bestimmung, die die ehelichen, insbesondere güterrechtlichen Verhältnisse in einem derartigen Falle regelt oder die Anwendung eines bestimmten Gesetzes vorschreibt. Aus der zweiseitig unvollkommenen Kollisionsnorm vom Art. 15 I und II S. 1 EGBGB entnimmt jedoch Lehre und Rechtsprechung den Grundsatz „Das eheliche Güterrecht beurteilt sich nach dem Heimatrecht des Ehemannes z. Zt. der Eheschließung" (vgl. Palandt14 [1953] Anm. 2 zu Art. 15; Erman-Marquordt, Handkommentar zum BGB, Anm. 1 zu Art. 15 EGBGB). F ü r die Beurteilung der güterrechtlichen Verhältnisse in der E h e des Bekl. ist somit das niederländische Recht maßgebend. Es k a n n infolgedessen auch dahingestellt bleiben, welche Staatsangehörigkeit die E h e f r a u des Bekl. im Zeitpunkt der Eheschließung hatte. F ü r den Bekl. und dessen E h e f r a u gelten somit die güterrechtlichen Bestimmungen des niederländischen Rechts.
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Da die Ehegatten vor der Ehe keinen Ehevertrag abgeschlossen hatten, traten sie nach Art. 174 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches in eine „gänzliche Gütergemeinschaft" ein. Art. 174 Hautet: „Im Augenblick der Eheschließung entsteht zwischen den Ehegatten von Rechts wegen gänzliche Gütergemeinschaft, insofern dieserhalb beim Ehevertrag nicht anders bestimmt wurde." Diese gänzliche Gütergemeinschaft verpflichtet den Bekl. als Ehegatten, auch f ü r die vorehelichen Schulden seiner Ehefrau einzustehen. Dies ergibt sich aus Art. 176 desselben Gesetzes, wo es heißt: „Sie umfaßt, was ihre Lasten anbelangt, alle Schulden, welche von jedem der Ehegatten entweder vor oder während der Ehe gemacht worden sind." Der Bekl. hat somit durch die Eheschließung die Rentenverpflichtung seiner Ehefrau der Kl. gegenüber kraft Gesetzes übernommen. Von seiner persönlichen Haftung hat er sich nach der Eheschließung nicht mehr befreien können. Dies ergibt sich aus Art. 174 II des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches, wo es heißt: „Die Gemeinschaft kann, solange die Ehe fortbesteht, nicht durch eine gegenseitige Vereinbarung zwischen den Ehegatten aufgehoben oder geändert werden." Da die angeführte Bestimmung für die Güterrechtsverhältnisse zwischen dem Bekl. und seiner Ehefrau allein maßgeblich ist, konnte der am 25. 5. 1950 abgeschlossene, auf Gütertrennung gerichtete Ehevertrag den Bekl. von seiner persönlichen Haftung f ü r die Rentenverpflichtung seiner Ehefrau nicht befreien. Zwar gibt Art. 15 EGBGB ausländischen Ehegatten, die ihren Wohnsitz im Inland haben — und das ist hier der Fall — die Möglichkeit, in Deutschland einen Ehevertrag abzuschließen, und zwar auch dann, wenn das Gesetz des Heimatlandes dies verbieten sollte, Art. 15 II EGBGB. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift könnte es aber auch zweifelhaft sein, ob diese hier zur Anwendung kommen kann, da bei der Eheschließung nur der eine Ehegatte Ausländer war. Der Zweck dieser Vorschrift ist aber, den ausländischen Ehegatten die Anpassung an das Güterrecht ihrer deutschen Umwelt ohne Rücksicht auf das Heimatrecht zu ermöglichen. Berücksichtigt man dies, so wird man auch den vorliegenden Tatbestand unter diese gesetzliche Bestimmung stellen können und den Ehegatten, die beide im Inland ihren Wohnsitz haben, das Recht zugestehen, nach der Eheschließung erneut einen Ehevertrag in Deutschland abzuschließen. Trotzdem konnte der Vertrag vom 25. 5. 1950 f ü r den Bekl. keine befreiende Wirkung haben. Es kann nicht rechtens sein, daß jemand, der kraft Gesetzes f ü r Schulden eines anderen einzustehen hat, sich durch Vertrag mit diesem von seiner Verbindlichkeit mit Wirkung gegenüber dem Gläubiger befreien kann. Es gilt auch als sittenwidrig (§ 138 BGB), bei bestehender Gütergemeinschaft eine neue Vereinbarung zu treffen, die eine Abänderung zum Schutz Dritter vorgesehener Vorschriften, wie z. B. § 1459 II BGB herbeiführen soll (Palandt 11 [1953] Anm. 4 a zu § 1432). Nach § 1459 II BGB haftet der Ehemann f ü r Verbindlichkeiten der Frau, die Gesamtgutsverbindlichkeiten sind, auch persönlich als Gesamtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung der Gütergemeinschaft, wenn die
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Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zueinander nicht dem Gesamtgute zur Last fallen. Daß die Rentenverpflichtung der Ehefrau des Bekl. nach der allgemeinen Gütergemeinschaft des deutschen Güterrechts eine Gesamtschuldverbindlichkeit darstellen würde, bedarf keiner näheren Erörterung. Der Bekl. konnte somit auch bei einer Beurteilung der Rechtsverhältnisse nach deutschem Güterrecht seine persönliche Haftung gegenüber der Kl. nicht ausschließen. Damit erledigt sich auch der Einwand des Bekl., daß er allenfalls für die vor Abschluß des Güterrechtsvertrages vom 25. 5. 1950 aufgelaufenen Rückstände, nicht aber für die späteren einzustehen habe. Denn die Rentenverpflichtung seiner Ehefrau war in vollem Umfange bereits bei Vertragsschluß entstanden und nur die Fälligkeit der einzelnen Leistungen trat und tritt erst nach und nach von Fall zu Fall ein. Der Bekl. haftet also für die gesamte Rentenschuld seiner Ehefrau,unabhängig von der Fälligkeit der einzelnen Leistungen."
Ehescheidung Siehe auch Nr. 111, 185, 302, 304 a, 316, 320, 322 117 a. Die Bestimmung des Art. 17 I EGBGB steht mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht in Widerspruch, weil sie nur Ordnungsfunktion hat und keine sachliche Bevorzugung des Mannes enthält. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606. LG Stuttgart, Urt. vom 20. 10. 1953 — 6 R 30/53. Ungedruckt. Die Parteien im Ehescheidungsprozeß besaßen verschiedene Staatsangehörigkeit: der Mann war Deutscher und hatte seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik, die Frau hat nach 1945 die luxemburgische Staatsangehörigkeit erworben und wohnte in Luxemburg. Aus den Gründen: „Für die Entscheidung über die Scheidungsklage ist nach § 606 I S. 2 ZPO das LG Stuttgart zuständig. Denn die Parteien haben im Inland keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt und der Ehemann wohnt im Landgerichtsbezirk Stuttgart. Für die Scheidung ist das deutsche Ehegesetz maßgebend, weil der Ehemann deutscher Staatsangehöriger ist (Art. 17 EGBGB). Diese Bestimmung steht mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 GG) nicht in Widerspruch und ist deshalb auch über den 1. 4. 1953 hinaus in Kraft geblieben. Denn sie enthält keine sachliche Bevorzugung des Mannes. Sie hat nur Ordnungsfunktion (Esser, JZ 1953, 524) . . . " 11 8. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Scheidung einer Ehe belgischer Staatsangehöriger ist gegeben, wenn der Beklagte sich der deutschen Gerichtsbarkeit unterwirft, weil mit der Anerkennung des deutschen Scheidungsurteils durch Belgien gerechnet werden kann. Eine Nicht-
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Wiederaufnahme des ehelichen Zusammenlebens nach der Entlassung aus einer Strafanstalt und völliges Ignorieren der Ehefrau ist eine schwere Beleidigung im Sinne des Art. 231 des belgischen Code civil. — EGBGB Art. 17; EheG § 43; ZPO § 606; belg. Cc Art. 231. LG Augsburg, 3. ZK, Urt. vom 18. 12. 1951 — 3 R 520/50. Ungedruckt. Die Streitteile besitzen die belgische Staatsangehörigkeit. Sie haben am 22. 6. 1946 vor dem Standesbeamten in E. die Ehe geschlossen. Im März 1947 hat sich der Bekl. nach Belgien begeben, ohne wieder zur Kl. zurückzukehren. Zu einer Wiedervereinigung der Parteien ist es nicht mehr gekommen. Der jetzige Aufenthalt des Bekl. ist unbekannt. Die Kl. hat beantragt, die Ehe zu scheiden und den Bekl. f ü r allein schuldig zu erklären. Zur Begründung hat sie vorgebracht, der Bekl. habe sich im März 1947 nach Belgien begeben, er sei dort im Sommer 1947 verhaftet worden, er sei zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, die er anschließend in belgischen Gefängnissen verbüßte; er habe ihr, der KL, mitgeteilt, er sei schuldlos wegen Diebstahls verurteilt worden. Die Kl. bringt weiter vor, der Bekl. sei im Oktober 1950 aus der Strafhaft entlassen worden, er sei aber nicht zu ihr zurückgekehrt, er habe sich anschließend überhaupt nicht mehr um sie gekümmert und habe dann nichts mehr von sich hören lassen, so daß ihr sein Aufenthalt überhaupt unbekannt sei. Die Kl. hat zum Ausdruck gebracht, daß sie die Scheidungsklage in erster Linie auf bösliches Verlassen und nur vorsorglich auf die entehrende Bestrafung des Bekl. stützt. Der Bekl. hat durch eine schriftliche Erklärung vom 30. 6. 1948 kundgetan, daß er der Durchführung des Scheidungsprozesses beim LG Augsburg zustimmt und sich hinsichtlich des Scheidungsprozesses der deutschen Gerichtsbarkeit unterwirft. Aus den Gründen: „Das Gericht schließt sich der vom Institut f ü r Rechtsvergleichung der Universität München in seiner gutachtlichen Äußerung vertretenden Auffassung an, wonach im Hinblick auf die durch den Bekl. abgegebene Unterwerfungsklausel mit einer Anerkennung des Scheidungsurteils durch Belgien i. S. des § 606 III Ziff. 1 ZPO gerechnet werden kann und mithin die deutsche Gerichtsbarkeit zu bejahen ist. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts wird auch nicht dadurch berührt, daß nach belgischem Scheidungsrecht die Lösung des Ehebandes erst mit der dem Urteil folgenden Eintragung der Ehescheidung in das Standesregister eintritt. Es ist Sache der Parteien, im Falle eines auf Scheidung der Ehe lautenden Urteils f ü r die Eintragung der erforderlichen Vormerkung in dem zuständigen belgischen Standesregister Sorge zu tragen. Nachdem der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Streitteile und der jetzige gewöhnliche Aufenthalt der Kl. im Bezirk des LG Augsburg gelegen sind, ist die örtliche Zuständigkeit des Gerichts gem. § 606 I ZPO gegeben. Da der Ehemann belgischer Staatsangehöriger ist, ist in materiellrechtlicher Hinsicht gem. Art. 17 I EGBGB das belgische Ehescheidungsrecht
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maßgebend. Nach Art. 17 IV muß die Scheidung außerdem auch nach deutschem Recht zulässig sein. Aus den von der Kl. vorgelegten Briefen des Bekl. geht hervor, daß in der Zeit, in der sich der Bekl. in Belgien in Strafhaft befand, der briefliche Verkehr zwischen den Parteien fortbestand. In diesem Briefwechsel wurde offenbar schon die Möglichkeit einer etwaigen Scheidung erwogen. Der Bekl. brachte in seinen durchaus herzlich gehaltenen Schreiben aber auch zum Ausdruck, daß nach seiner Entlassung eine „große Aussprache" der Ehegatten stattfinden sollte. Nach der glaubhaften Bekundung der Kl. ist der Bekl. gemäß seiner damaligen Mitteilung im Oktober 1950 aus der Strafhaft entlassen worden. Er hat unmittelbar nach seiner Entlassung noch einmal an die Kl. geschrieben, dann aber nichts mehr von sich hören lassen. Der Kl. ist es auch nicht mehr gelungen, mit ihm wieder Verbindung zu erhalten, da sein Aufenthalt ihr unbekannt blieb. Auch ein Brief des Prozeßbevollmächtigten der Kl., der an die von dem Bekl. zuletzt angegebene Adresse gerichtet war, kam mit dem Vermerk zurück: Verzogen ohne Hinterlassung einer Anschrift („parti sans laisser d'adresse"). Auch eine Anfrage bei dem Einwohnermeldeamt des von dem Bekl. zuletzt angegebenen Aufenthaltsortes (Saint Gilles) wurde dahin beantwortet, daß der Bekl. dort nicht gemeldet ist. Der Bekl. hatte in seinem früheren Schreiben seine Absicht erwähnt, gegebenenfalls nach Venezuela auszuwandern; er erörterte auch die Möglichkeit, die Kl. mitzunehmen. Ob der Bekl. seine Auswanderungspläne verwirklicht hat, weiß die Kl. nicht. Sie weiß überhaupt nicht, wo er sich seit Herbst 1950 aufgehalten hat und wo er sich jetzt aufhält. Auch wenn zwischen den Ehegatten früher bereits die Möglichkeit einer etwaigen Scheidung erörtert wurde, so war doch diese Frage noch lange nicht entschieden. Es bestand auch immer noch Verbindung zwischen den beiden Ehegatten und es sollte nach dem eigenen Wunsch des Bekl. nach seiner Entlassung noch eine eingehende Aussprache zwischen den Ehegatten stattfinden. Der Bekl. wäre verpflichtet gewesen, nach seiner Strafentlassung die Verbindung mit der Kl. aufrechtzuerhalten und zur Herbeiführung einer Klärung des ehelichen Verhältnisses mit beizutragen. Darin, daß er dies nicht getan hat, sondern die Kl. einfach nicht weiter beachtete, sich um sie und ihr Schicksal nicht mehr kümmerte, ihr seinen neuen Aufenthaltsort verschwieg und überhaupt nichts mehr von sich hören ließ, ist nach der Überzeugung des Gerichts eine schwere Beleidigung bzw. ein schweres Unrecht (injure grave) i. S. des Art. 231 des belg. Cc zu erblicken. Die Scheidungsklage erscheint damit nach dem belgischen Scheidungsrecht als begründet. Die Scheidung ist auch nach deutschem Recht zulässig, weil der Bekl. dadurch, daß er sich nicht mehr um die KI. kümmerte und jegliche Verbindung zu ihr abbrach, sich einer schweren Eheverfehlung i. S. des §§ 43 EheG schuldig gemacht hat und weil eine Wiedervereinigung der Parteien nicht mehr zu erwarten und damit die Ehe als völlig zerrüttet anzusehen ist, wobei der Bekl. durch sein Verhalten schuldhaft zur völligen Zerrüttung der Ehe beigetragen hat. Es braucht demnach nicht mehr auf die Frage eingegangen zu werden,
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ob die Scheidungsklage auch deshalb begründet wäre, weil der Bekl., wie die Kl. auch nur vorsorglich vorbrachte, zu einer entehrenden Strafe gemäß Art. 232 Cc verurteilt worden ist. Die Ehe war gemäß dem Antrag der Kl. zu scheiden, das Verschulden des Bekl. w a r gem. § 52 EheG festzustellen." 119. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung einer Ehe bulgarischer Staatsangehöriger zuständig. Auf die Scheidung findet in erster Linie bulgarisches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 17, 30; Z P O § 606; bulgarisches EheG v o m 3. 5. 1945, Art. 37, 38. L G Kempten, Urt. v o m 10. 9. 1951 — R 518/50. Ungedruckt. Die Parteien besitzen die bulgarische Staatsangehörigkeit. Sie haben die Ehe im Mai 1942 in Bulgarien kirchlich geschlossen. Die Frau ist im August 1942 nach Deutschland gekommen, der Mann ist in Bulgarien geschieden. Aus den Gründen: „Die Streitteile sind Bulgaren. In Bulgarien werden Scheidungsurteile im Ausland anerkannt, wenn materiell bulgarisches Recht angewendet worden ist 1 . Dieses Recht ist nach Art. 17 EGBGB anzuwenden. Gemäß § 606 I und I I I Ziff. 1 ist das L G Kempten zur Verbescheidung des Scheidungsstreites befugt und zuständig. (S. Schnitzer, Handbuch des I P R * [1950] I, 3 6 6 ) . . . Das Gesamtverhalten des Bekl. bis in die neueste Zeit stellt aber eine grobe Verletzung der ehelichen Pflichten dar, durch die — wie nicht anders zu erwarten — die Ehe tief zerrüttet wurde, so daß der Kl. die Fortsetzung des Familienlebens nicht zugemutet werden kann. Das Scheidungsbegehren ist daher gemäß Art. 37 sowohl wie nach Art. 38 des gemäß Art. 17 I I EGBGB anzuwendenden bulgarischen Gesetzes v o m 3. 5. 1945 berechtigt. Das Scheidungsbegehren ist auch nach dem deutschen Ehegesetz § 43, Art. 17 I V EGBGB zulässig. Gründe, welche das Scheidungsrecht ausschließen würden, sind nicht ersichtlich. Art. 30 EGBGB steht der Scheidung nicht entgegen. Aus diesen Gründen war die Ehe der Streitteile aus Verschulden des Bekl. nach Art. 38 I I bulgarisches Ehegesetz, § 52 EheG zu scheiden." ISO. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines britider seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik hat, schen Staatsangehörigen, zuständig, weil nach dem Heimatrecht des Mannes deutsche Ehescheidungsurteile anerkannt werden. Auf die Ehescheidung findet deutsches Recht Anwendung, da das auf dem Domizilprinzip beruhende englische Recht auf das deutsche Recht zurückverweist. — EGBGB Art. 17, 27; Z P O § 606. a) L G München I, 3. Z K , Urt. v o m 26.10.1951 — 3 R 970/49. Ungedruckt. b ) OLG München, 5. ZS, Urt. v o m 20. 5.1952 — 5 U 1566/51. Ungedruckt. 1 Gemäß Art. 10 des bulgarischen Personen- und Familiengesetzes v. 5. 8. 1949 (Makarov2, Quellen des IPR, Rulgarien S. 6) werden Entscheidungen eines ausländischen Gerichtes in Ehesachen anerkannt, wenn der Bekl. im Zeitpunkt der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz im Lande des Gerichts gehabt hat, das die Entscheidung gefällt hat. Diese Voraussetzung lag nicht vor.
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Der Ehemann ist ein Inder, britischer Staatsangehöriger, der seit 1925 in Deutschland lebt, die F r a u war bis zur Eheschließung Deutsche. Die E h e der Parteien wurde durch Urteil des LG München I vom 26. 10. 1951 aus beiderseitigem Verschulden der Ehegatten geschieden. Das Urteil des OLG München hat dieses Urteil dahin abgeändert, daß die E h e der Parteien aus beiderseitigem Verschulden geschieden wurde unter Feststellung, daß die Schuld des Bekl. überwiegt. a) LG München I : Aus den Gründen: „Beide Streitteile sind britische Staatsangehörige. Daß der Bekl. aus Indien stammt und mohammedanischer Religion ist, ändert nach dem Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 19. 3. 1951 nichts an der Staatsangehörigkeit der Parteien. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus § 606 I I I Ziff. 1 Halbs. 1 ZPO, weil der gewöhnliche Aufenthaltsort der Streitteile im Inland gelegen ist und die Scheidung der E h e von britischen Staatsangehörigen durch ein deutsches Gericht laut Auskunft des britischen Konsulats in München vom 29. 1. 1947 nach dem englischen Recht, dem Heimatrecht des Ehemannes, anerkannt wird. Die örtliche Zuständigkeit des angegangenen Gerichts ist durch den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Streitteile im Gerichtsbezirk begründet. Da die Streitteile britische Staatsangehörige sind, wäre gemäß Art. 17 1 E G B G B grundsätzlich britisches Recht anzuwenden. Doch beruht das englische internationale Privatrecht nicht auf dem Staatsangehörigkeits-, sondern auf dem Domizilprinzip, das auch auf dem Gebiete der Ehescheidung in England gilt (siehe Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 19. 3. 1951). Dies bedeutet nach den Grundsätzen des englischen internationalen Privatrechts eine Rückverweisung auf das deutsche Recht, da beide Parteien ihr „domicile" unzweifelhaft in Deutschland haben. Dies führt zur Anwendung deutschen Rechts kraft Rückverweisung, die gemäß Art. 27 E G B G B zu beachten ist. Die Eheschließung der Streitteile und ihre Staatsangehörigkeit sind durch öffentliche Urkunden nachgewiesen. Daß die E h e der Streitteile völlig zerrüttet ist, ist augenscheinlich" (wird ausgeführt). b) OLG München, 5. ZS, Urt. vom 20. 5. 1952. Aus den Gründen: „Mit Recht geht das LG davon aus, daß das deutsche Gericht den vorliegenden Rechtsstreit entscheiden kann, weil der Bekl. die britische Staatsangehörigkeit besitzt, der gewöhnliche Aufenthalt der Parteien im Inland gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes deutsche Ehescheidungsurteile anerkannt werden, § 606 III Ziff. 1 ZPO. Diese Voraussetzungen ergeben sich aus der Auskunft des Instituts für Rechtsvergleichung vom 19. 3. 1951 und des britischen Konsulats vom 29. 1. 1947. Danach hat sich nach dem am 1 . 1 . 1949 in Kraft getretenen British Nationality Act vom 30. 7. 1948 an der britischen Staatsangehörigkeit des Bekl. nichts geändert, 18
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insbesondere ist seine Abstammung aus Indien und seine Zugehörigkeit zur mohammedanischen Religion ohne Einfluß auf sie geblieben. Ehescheidungen, denen in Deutschland stattgegeben wurde, werden nach englischem Recht auch jetzt anerkannt. Mit zutreffender Begründung hat das LG auch kraft der Rückverweisung des auf dem Domizilprinzip beruhenden englischen Rechtes in Anwendung der Art. 17, 27 EGBGB deutsches Recht auf vorliegenden Fall angewandt. Daß die Ehe der Parteien unheilbar zerrüttet ist, ist augenscheinlich. Die Ehegatten haben sich völlig auseinandergelebt und werden nicht mehr zusammenfinden" (wird ausgeführt). 121. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung einer Ehe von National-Chinesen zuständig. Der national-chinesische Status eines Chinesen wird durch seinen Personalausweis nachgewiesen. Die Weigerung des Ehemanns, die Ehe mit der Ehefrau fortzusetzen, bildet nach nationalchinesischem Recht einen Schcidungsgrund. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; nationalchinesisches ZGB § 1052; chines. Staatsangehörigkeitsgesetz von 1929. LG München I, 1. ZK, Urt. vom 25. 9. 1951 — 1 R 212/51. Ungedruckt. Die Parteien, chinesische Staatsangehörige, haben in München 1945 standesamtlich die Ehe geschlossen. Seit 1950 weigert sich der beklagte Ehemann, die Ehe mit der Kl. fortzusetzen. Aus den Gründen: „Die Eheschließung der Streitteile und ihre chinesische Staatsangehörigkeit sind durch öffentliche Urkunden nachgewiesen. Die Zuständigkeit des Gerichts ist gemäß § 606 III ZPO gegeben. Der Bekl. ist von Geburt chinesischer Staatsangehöriger, die KI. hat durch die Verheiratung mit dem Bekl. die chinesische Staatsangehörigkeit erworben (Art. 2 des chinesischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 5. 2. 1929). Beide Streitteile haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gerichtsbezirk. Die Anerkennung deutscher Ehescheidungsurteile durch Nationalchina ist gewährleistet. (Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 26. 6. 1951). Aus dem von dem Bekl. im Termin vorgelegten Personalausweis ergibt sich, daß der Bekl. nationalchinesischen Personalstatus hat. Für die Frage, nach welchen Rechtsvorschriften die vorliegende Ehe geschieden werden kann, ist Art. 17 EGBGB maßgebend. Darnach sind f ü r die Scheidung der Ehe die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört, im vorliegenden Fall also nationalchinesisches Recht. Durch das glaubhafte Geständnis des Bekl. bei seiner verantwortlichen Einvernahme ist erwiesen, daß der Bekl. seit Oktober 1950 hartnäckig und grundlos sich weigert, die Ehe mit der Kl. fortzusetzen. Der Bekl. hat durch sein Verhalten bewirkt, daß das Zusammenleben für die Kl. unerträglich wurde. Dies berechtigt die Kl. nach § 1052 Ziff. 3 des chinesischen Zivilgesetzbuches, Scheidung zu begehren. § 1052 Z. 3 bestimmt, daß ein Ehe-
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gatte die Scheidung bei Gericht verlangen kann, wenn der Ehegatte den anderen so schlecht behandelt, daß das Zusammenleben unerträglich wird. Hartnäckige und grundlose Weigerung, die Ehe fortzusetzen, stellt auch nach deutschem Recht eine schwere Eheverfehlung dar, die das Scheidungsbegehren rechtfertigt. (§ 43 EheG, Art. 17 IV EGBGB). Der Klage war daher stattzugeben." 122. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe französischer Staatsangehöriger zuständig, wenn die Parteien sich der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen und ausdrücklich auf die französische Gerichtsbarkeit verzichtet haben. Für die Scheidung der Ehe sind die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört (Art. 17 I EGBGB). Die Scheidung muß auch nach deutschen Gesetzen zulässig sein (Art. 17 IV EGBGB). — EGBGB Art. 17; EheG § 43; ZPO § 606; franz. Cc Art. 232. LG Ansbach, 3. ZK, Urt. vom 15. 3. 1950 — 3 R 421/49. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die beiden Streitteile sind französische S t a a t s a n g e h ö r i g e D i e deutschen Gerichte sind zur Entscheidung zuständig. Der Bekl. hat sich der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen und ausdrücklich auf den französischen Gerichtsstand verzichtet (Urkunden in deutscher und französischer Sprache). Auch die Kl. hat das gleiche erklärt. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist gegeben, da die Kl. ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Inland hat und nach dem Heimatrecht des Mannes die deutsche Entscheidung anerkannt wird. Das ist bei Verzicht des französischen Staatsangehörigen auf den französischen Gerichtsstand und Unterwerfung unter die deutsche Gerichtsbarkeit der Fall (vgl. Baumbach, § 606 Anm. 5 C und DRZ 1949, 34). Die örtliche Zuständigkeit des LG Ansbach ist durch den Wohnsitz der Kl. gegeben. Die persönlichen Verhältnisse der Streitteile sind durch Urkunden nachgewiesen, die besonderen Vorschriften des Eheverfahrens beachtet. Das Scheidungsbegehren ist aus § 43 des deutschen Ehegesetzes und Art. 232 des Cc gerechtfertigt. Nach Art. 17 I EGBGB sind für die Scheidung der Ehe die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Deshalb war zu prüfen, ob die Klage nach französischem Recht begründet ist. Die Kl. behauptet, der Bekl. habe seit Mai 1945 nichts unternommen, ihr die Einreise nach Frankreich zu verschaffen, bei Nachforschungen sich verleugnen und durch seinen Vater der Kl. mitteilen lassen, daß er sich mit unbekannter Anschrift bei der Fremdenlegion in Indochina befinde. Der Bekl. gab diesen von der KI. bei einer gerichtlichen Einvernahme bestätig1 Die E h e f r a u w a r anscheinend im Zeilpunkt der Eheschließung deutsche Staatsangehörige. Das Gericht hat den E r w e r b der französischen Staatsangehörigkeit durch die F r a u nicht begründet und konnte ihn auch nicht begründen.
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ten Sachverhalt uneingeschränkt zu und ließ ergänzend erklären, d a ß er nie m e h r zu seiner F r a u zurückzukehren beabsichtige. Nach § 232 des Cc in der Fassung der VO vom 12. 4. 1945 k a n n das Gericht auf Antrag eines der Ehegatten auf Scheidung erkennen, wenn sich ein Ehegatte gegen den anderen Verfehlungen zuschulden k o m m e n läßt, wenn diese Tatsachen eine schwere oder wiederholte Verletzung der sich aus der E h e ergebenden Verpflichtungen darstellen u n d die Aufrechterhaltung des E h e b a n d e s unerträglich wird. Die Voraussetzungen dieses Artikels sind durch die mangelnden B e m ü h u n g e n u m Einreiseerlaubnis mit der Folge jahrelanger Trennung, die Nichtgewährung von Unterhalt u n d die erklärte Absicht des Bekl., nie wieder zu seiner F r a u zurückkehren zu wollen, gegeben. Nach Art. 17 IV EGBGB ist weiter Voraussetzung, daß die Scheidung auch nach deutschem Recht zulässig ist. Aus § 43 des deutschen Ehegesetzes k a n n ein Ehegatte die Scheidung begehren, wenn der andere durch schwere eheliche Verfehlungen die E h e schuldhaft so tief zerrüttet hat, d a ß die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht m e h r erwartet werden kann. Da Verzeihung u n d Fristablauf nicht hervorgetreten sind, rechtfertigt der festgestellte Tatbestand eine Scheidung nach dieser gesetzlichen Bestimmung. Antragsgemäß war daher die E h e der Streitteile aus dem alleinigen Verschulden des Bekl. zu scheiden." 133. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung einer Ehe französischer Staatsangehöriger zuständig, wenn der französische Beklagte sich der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen hat. Auf die Ehescheidung findet in erster Linie französisches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; f r a n z Cc Art. 232. LG Ulm/Donau, 1. ZK, Urt. vom 16. 12. 1953 — 1 R 134/53. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des LG Ulm ergibt sich aus § 606 III Ziff. 1 ZPO. Der gewöhnliche Aufenthalt der Kl., nämlich Ulm/Donau, ist im Inland gelegen u n d Frankreich a n e r k e n n t deutsche Scheidungsurteile, w e n n ein französischer Staatsangehöriger sich der deutschen Gerichtsbarkeit unterw o r f e n u n d auf den französischen Gerichtsstand verzichtet hat (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- u n d Kindschaftsrecht 3 , Frankreich, III Eheu n d Kindschaftsrecht, Nr. 3 u n d A n m e r k u n g 1 S. 13; Baumbach-Lauterbach 19 [1950] Anm. 5 C zu § 606 ZPO), was der Bekl. in seinem Schreiben getan hat. Die Klage findet in § 17 I EGBGB i. V. m. Art. 232 Cc ihre Stütze. Nach § 17 I EGBGB sind f ü r die Scheidung einer E h e die Gesetze des Staates maßgebend, dem der E h e m a n n zur Zeit der E r h e b u n g der Klage angehört. Da der Bekl. französischer Staatsangehöriger ist, k o m m t somit im vorliegenden Fall das französische bürgerliche Recht zur Anwendung. Art. 232 Cc bestimmt: „Abgesehen von den Fällen der Artikel 229, 230 u n d 231 k ö n n e n die
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Richter eine Scheidung auf K l a g e eines Ehegatten hin nur w e g e n Ausschreitungen, grober Mißhandlungen oder Beleidigungen des einen gegen den andern aussprechen, wenn diese Handlungen eine schwere oder wiederholte Verletzung der aus der E h e sich ergebenden Pflichten und Verbindlichkeiten darstellen und die Aufrechterhaltung des ehelichen Bandes unerträglich machen." Auf Grund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen M. und der glaubhaften Angaben der Kl. steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß sich der Bekl. in nicht verziehener Zeit (vgl. Art. 244 Cc) nachhaltig und haltlos d e m T r u n k ergeben hat, daß er in betrunkenem Zustand immer wieder seine W ä s c h e und Kleidung und Gegenstände der Wohnungseinrichtung beschmutzte und die Kl. auch einmal mit einem Holzschuh bedrohte. I n diesem Verhalten des Bekl. sind Ausschreitungen i m Sinne des Art. 232 Cc zu erblicken, welche eine schwere und wiederholte Verletzung der aus der Ehe sich ergebenden Pflichten und Verbindlichkeiten darstellen. Sie haben die Aufrechterhaltung des ehelichen Bandes f ü r die Kl. unerträglich gemacht, weshalb sie auch den Bekl. i m Juli 1952 verlassen und sich mit ihrem Sohn erster E h e nach Deutschland begeben hat. Die Voraussetzungen des Art. 232 Cc liegen sonach vor. D e r K l a g e w a r deshalb stattzugeben und die E h e der Parteien zu scheiden. Eines Schuldausspruchs bedurfte es nicht, da das französische Recht einen Schuldausspruch i m Urteil nicht vorsieht (vgl. Raape, Internationales Privatrecht 3 [1950] 2 0 4 ) . " 1 3 4 . Ein „protégé français" aus Tunesien besitzt die französische Staatsangehörigkeit (sie!). Auf die Scheidung seiner Ehe ist der französische Code civil anzuwenden (sie!). Die deutschen Gel ichte sind für die Scheidung einer Ehe französischer Staatsangehöriger zuständig, wenn der Beklagte sich der deutschen Gerichtsbarkeit ausdrücklich unterworfen hat. — E G B G B Art. 17; Z P O § 606. L G Augsburg, 3. Z K , Urt. v o m 7. 10. 1952 — 3 R 433/49. Ungedruckt. Der Bekl. besitzt laut eines v o m französischen Generalkonsulat in München ausgestellten Passes die Eigenschaft eines „ p r o t é g é français ( T u n i s i e ) " . D i e Parteien haben die E h e 1948 v o r dem Standesbeamten in S. geschlossen. Die F r a u klagt auf Ehescheidung unter B e r u f u n g auf ehewidriges Verhalten des Mannes. Aus den Gründen: „ D e r Bekl. besitzt die französische Staatsangehörigkeit Die Kl. hat durch die v o r dem Inkrafttreten des GG erfolgte Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit verloren ( § 1 7 R u S t A G ) . Die Frage, ob die Kl. durch 1 Der Bekl. besaß nicht die französische Staatsangehörigkeit, sondern die „citoyenneté de l'Union Française" (vgl. Holland et Lampué, Précis de droit des pays d'outre-mer 2 [1952] 79). Als protégé français (Tunisie) besaß er die Angehörigkeit zu Tunesien. Sein Heimatrecht war nicht das Recht des französischen Mutterlandes (also nicht der Cc), sondern das mohammedanische Recht (vorausgesetzt, daß der Bekl. mohammedanischer Konfession war), das in Tunesien galt (vgl. Rolland et Lampué aaO 403).
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die Eheschließung die französische Staatsangehörigkeit erworben hat oder staatenlos geworden ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn in beiden Fällen sind die Voraussetzungen des § 606 III S. 1 ZPO gegeben. Ist die im Inland wohnhafte Kl. staatenlos geworden, dann kommt es auf die Anerkennung des Urteils durch Frankreich überhaupt nicht an. Ist die Kl. mit der Verehelichung Französin geworden, dann steht einer Anerkennung der deutschen Entscheidung nach dem Heimatrecht des Bekl. nichts im Wege, da sich der Bekl. der deutschen Gerichtsbarkeit ausdrücklich unterworfen hat (Baumbach 19 Anm. 5 C zu § 606 ZPO; DRZ 1949, 34) und nach dem überzeugenden Gutachten des rechtsvergleichenden Instituts München vom 6. 9.1952 bezüglich der Gültigkeit der Ehe auch nach französischem Recht keine Bedenken bestehen. Im vorliegenden Fall ist gemäß § 17 I EGBGB französisches Scheidungsrecht maßgebend unter Beachtung der Vorbehaltsklausel nach § 17 IV EGBGB . . ." (die Ehe wurde unter Anwendung des französischen Cc und des deutschen Ehegesetzes geschieden). 125. Die Ehe, die ein griechischer Staatsangehöriger mit einer Deutschen in Deutschland standesamtlich schließt, ist eine Ehe mit auf Deutschland beschränktem Wirkungskreis. Durch eine solche im Jahre 194-5 erfolgte Eheschließung hat die Ehefrau die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, die griechische aber nicht erworben. Staatenlose sind nicht Ausländer im Sinne der §§ 110 und Iii ZPO. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung einer solchen Ehe zuständig. — EGBGB Art. 13; ZPO § 606; RuStAG vom 22. 7. 1913 § 17; griechisches ZGB Art. 1367, 1371. OLG Nürnberg, 2. ZS, Beschl. vom 13. 7.1950 — 2 W 240/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Beschwerde der Antrst. richtet sich gegen den das Armenrecht f ü r die beabsichtigte Ehescheidungsklage versagenden Beschluß des LG vom 13. 5. 1949. Das LG hat seinerzeit das Armenrecht nicht bewilligt, weil die Militärregierung die f ü r die Durchführung des beabsichtigten Scheidungsprozesses erforderliche Genehmigung nicht erteilt hatte. Nachdem dieses Erfordernis weggefallen war, legte die Antrst. gegen die Verweigerung des Armenrechts Beschwerde ein. Der Erstrichter hat aber auch jetzt der Beschwerde nicht abgeholfen, weil die beiden Streitteile griechische Staatsangehörige seien und mit Griechenland die Gegenseitigkeit bei der Gewährung des Armenrechts nicht verbürgt sei. Die Antrst. ist am 14. 5. 1945 vor dem Standesbeamten in U. mit dem griechischen Staatsangehörigen G. B. die Ehe eingegangen. Sie selbst hatte vor Eingehung der Ehe die deutsche Staatsangehörigkeit besessen. Da die Form der Eheschließung den deutschen Gesetzen genügt, die Ehe insbesondere vor dem Standesbeamten geschlossen worden ist, hat die Ehe jedenfalls in Deutschland Wirkung (vgl. Art. 13 III des EGBGB). Nach dem geltenden griechischen Recht beurteilt sich aber, wie aus dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 21. 6. 1950 hervorgeht, die Rechtslage folgendermaßen: Art. 1367, 1371 des
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griechischen Zivilgesetzbuches vom 15. 3. 1940 erkennen nur die kirchliche Trauung als rechtsgültig an. Diese Vorschrift hat nach griechischer Auffassung für alle Griechen Geltung, auch wenn die Ehe im Ausland geschlossen wird und das Recht des Trauungsortes andere Weisen der Eheschließung (Zivilehe, Konsensehe) zuläßt oder anordnet. Die kirchliche Fundierung der Eheinstitution ist in Griechenland auch heute noch so stark, daß eine nicht in orthodox-kirchlicher Form vor einem griechischen Priester geschlossene Ehe von Griechen in Griechenland eine Nichtehe ist. (Vgl. Gogos und Aubin, Das Internationale Privatrecht im griechischen Zivilgesetzbuch, RabelsZ 15 [1949] 267). Vor einem griechischen Priester ist aber die Ehe der Streitteile nicht geschlossen worden. Es liegt somit eine Ehe mit auf Deutschland beschränktem Wirkungskreis (matrimonium claudicans) vor. (Vgl. RG in Bd. 105 S. 365). Hinsichtlich der Frage der Staatsangehörigkeit der Antrst. ergibt sich hieraus folgendes: Die Antrst. hat durch ihre Eheschließung mit einem Ausländer gemäß § 17 Ziff. 6 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Sie hat dadurch aber nicht die griechische Staatsangehörigkeit erworben. Denn der nach den staatsangehörigkeitsrechtlichen Normen des griechischen Zivilgesetzbuches von 1856 in der Fassung der verschiedenen Änderungsgesetze eintretende Erwerb der griechischen Staatsangehörigkeit für eine Ausländerin, welche einen griechischen Staatsangehörigen heiratet, hat zur Voraussetzung, daß es sich um eine nach griechischem Recht gültige Ehe handelt, nicht aber, wie im vorliegenden Fall, um eine Ehe, die nach griechischem Recht ungültig ist. Die Antrst. ist demnach staatenlos, sie ist jedenfalls nicht Angehörige eines fremden Staates im Sinne der § § 110 I, 114 I I 2 ZPO. (Vgl. RG 70, 143). Gemäß § 114 I I S. 2 Z P O kann ihr also das Armenrecht gewährt werden, wenn es ihr als Inländerin zu gewähren wäre. Auf Grund des § 606 I I I Ziff. 1 Z P O ist ferner die Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben und zwar, da die Antrst. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Nürnberg hat, gemäß § 606 I Z P O die des angegangenen Gerichts. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Vor der Bewilligung des Armenrechts ist aber noch zu prüfen, ob die beabsichtigte Scheidungsklage im übrigen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Aus diesen Gründen war die Sache zur weiteren Behandlung des Armenrechtsgesuches an den Erstrichter zurückzuverweisen." 1 2 6 . Die Angehörigkeit eines deutschen Landes kann nur infolge eines besonderen Gesetzes entstehen. Eine Deutsche, die im Jahre 194-6 einen Italiener geheiratet hat, hat durch die Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Ein deutsches Gericht ist zur Scheidung der Ehe italienischer Staatsangehöriger zuständig, weil Italien keine ausschließliche Zuständigkeit in Ehesachen italienischer Staatsangehöriger beansprucht. Nach dem gemäß Art. 17 I EGBGB zur Anwendung kommenden italienischen Recht ist aber die Scheidung der Ehe dem Bande nach nicht möglich. Auf die Aufhebung der Ehe kommt nicht Art. 17, sondern Art. 13 EGBGB
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zur Anwendung. — Bonner GG Art. 16, 74, 117; hessische Verf. Art. 154; EGBGB Art. 13, 17; RuStAG § 17; ZPO § 606; ital. StaatsangG vom 13. 6. 1912 § 10; ital. Cc Art. 149 ff. LG Frankfurt, Urt. vom 28.2. 1952 — 2/7 R 277/51: NJW 5 (1952) 1380. Die Parteien haben am 2. 10. 1946 vor dem Standesbeamten in Frankfurt a. M. die Ehe geschlossen. Die Parteien sind beide italienische Staatsangehörige. Die Kl. war vor ihrer Ehe deutsche Staatsangehörige und beruft sich darauf, daß sie auf Grund von Art. 154 der Hessischen Verfassung auch heute noch als Deutsche und Inländerin anzusehen sei, weil sie die hessische Landesangehörigkeit durch ihre Eheschließung mit einem Ausländer nicht verloren habe. Die Kl. begehrt in erster Linie Scheidung, hilfsweise Aufhebung der Ehe, beides auf Grund deutschen Rechts. Das Gericht hat die Scheidung der Ehe auf Grund von Art. 17 1 EGBGB versagt, weil das italienische Recht keine Ehescheidung kennt. Dem Hilfsantrag auf Eheaufhebung ist gemäß Art. 13 EGBGB auf Grund deutschen Rechts stattgegeben worden. Aus den Gründen: „Der Bekl. hat als italienischer Staatsangehöriger am 2. 10. 1946 die Kl. geheiratet, die damals deutsche Staatsangehörige war. Dadurch hat die Kl. nach § 10 II des italienischen Gesetzes vom 13. 6. 1912 die italienische Staatsangehörigkeit erworben. Sie hat darüber hinaus aber die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Dies folgt aus entsprechender Anwendung des § 17 Ziff. 6 RuStAG. Diese gesetzliche Bestimmung kann nicht mehr direkt angewandt werden, da dort nur von einer Reichsangehörigkeit die Rede ist. Das Reich besteht nicht mehr. Der Bund ist aber sein Rechtsnachfolger. Die Anwendung des Gesetzes im Hinblick auf den Bund ist bedenkenfrei, soweit es sich um die deutsche Staatsangehörigkeit handelt. Die herrschende Lehre und überwiegende Rspr. ist sich darüber einig, daß der Bund Rechtsnachfolger des Reiches ist. Demzufolge tritt an Stelle der Reichsangehörigkeit die deutsche (Bundes-)Staatsangehörigkeit. Es kann der Kl. auch nicht dahin gefolgt werden, daß sie nach wie vor hessische Landesstaatsangehörige ist. Sie stützt ihre Meinung auf Art. 154 Hessische Verfassung; sie bezieht sich dabei auf Art. 74 Ziff. 8 GG. Die Hessische Verfassung spricht von den „Angehörigen der deutschen Länder", also im Zweifel allein von der Landesangehörigkeit im Sinne der Landeszugehörigkeit. — Eine Landesstaatsangehörigkeit läßt sich ebenfalls nicht ipso iure aus der Schaffung der deutschen Länder ableiten, die in manchen Fällen, aus politischer Perspektive gesehen, keine organisch gewachsenen Länder sind, sondern nur aus besonderem Anlaß geformte Verwaltungseinheiten. Die Kl. kann sich insoweit auch nicht auf das Beispiel Belgiens und der Tschechoslowakei berufen, bei denen es ipso iure mit der Entstehung eines jeden Landes eine Staatsangehörigkeit gegeben habe. Diese Länder waren von vornherein auch Völkerrechtssubjekte, die deutschen Länder seit 1945 dagegen nicht. Diese deutschen Länder des Jahres 1945 waren keine souveränen Länder, vgl. hierzu Klein, SJZ 1949, 738 fT.; Mann, SJZ 1947, 465 ff.
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Da keine Landesstaatsangehörigkeit ipso iure entstehen kann, bedarf es zu ihrer Entstehung eines besonderen Gesetzes. Dies ist z. B. in Bayern und Baden der Fall. Die Gesetzgeber haben mit Recht die Frage bejaht, daß es zur Entstehung einer Landesstaatsangehörigkeit eines besonderen Gesetzes bedarf. Eine gegenteilige Auffassung läßt sich aus Art. 74 Ziff. 8 GG nicht ableiten. Eine eigene Landesstaatsangehörigkeit besteht nicht, sondern sie kann bestehen, wenn dies ausdrücklich durch ein besonderes Gesetz, beziehungsweise die betreffende Landesverfassung, bestimmt worden ist. Eine solche Bestimmung läßt sich insbesondere aus der Hessischen Verfassung nicht entnehmen. Dort ist ausdrücklich nur von „Deutschen", „Menschen" oder „Jedermann" gesprochen. Die Hessische Verfassung wurde bewußt unter Verzicht auf Eigenstaatlichkeitstendenzen geschaffen. Die Landesangehörigkeit im Sinne des Art. 154 Hessische Verfassung hat keine besonderen staatsrechtlichen Folgen. Es handelt sich hierbei lediglich um die Abgrenzung von Bevölkerungsgruppen im Hinblick auf Maßnahmen der Verwaltung. Diese Landesangehörigkeit ist notwendigerweise mit der deutschen Staatsangehörigkeit eng verbunden, und Landesangehöriger kann nur sein, wer deutscher Staatsangehöriger ist. Diese Landesangehörigkeit wird also auch mit der deutschen Staatsangehörigkeit verloren. Die Anwendung des § 17 RuStAG beruht also nicht, wie die Kl. vorträgt, auf einer unzulässigen Analogie, sondern auf der Forlgeltung dieses Gesetzes im Hinblick auf die Bundesrepublik. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Folgen dieses Gesetzes rechtspolitisch unerwünscht sein mögen. Solche Folgen können nur auf Grund von Gesetzen beseitigt werden, nicht aber im Wege der Rechtsprechung. Man hat diese Folgen im GG gezogen. Nach Art. 16 GG darf der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. Dies ist z. B. bei der Eheschließung einer deutschen Staatsangehörigen mit einem Amerikaner nach S 17 Ziff. 6 RuStAG der Fall. Hier greift der Art. 16 GG ein. Im vorliegenden Fall erlangt aber die Kl. auf Grund italienischer Gesetze die italienische Staatsangehörigkeit. Ganz abgesehen davon, daß aus dem GG f ü r den vorl. Fall schon deswegen keine Folgerungen gezogen werden können, weil die Ehe vor Inkrafttreten des GG geschlossen wurde, bleibt festzuhalten, daß auch noch heute die Kl. bei einer Eheschließung mit einem Italiener die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren würde, ohne daß es auf ihren Willen ankäme, weil sie eben die italienische Staatsangehörigkeit erwirbt. Dies gilt zumindest bis zur Frist des Art. 117 GG, wenn man sich auf Art. 3 II GG wegen der Gleichbehandlung von Mann und Frau vor dem Gesetz berufen wollte. Die Kl. kann sich also mit ihrer Klage als italienische Staatsangehörige nicht auf die Bestimmungen des deutschen EheG stützen, soweit sie Scheidung begehrt (Art. 17 III i. V. mit Art. 17 I EGBGB). Damit hängt die Befugnis des deutschen Gerichts zur Entscheidung in der Sache davon ab, ob die Entscheidung nach dem Heimatrecht des Bekl. anerkannt wird und ob eine der Parteien ihren Wohnsitz im Inland hat (§ 606 III Ziff. 1 ZPO).
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Die Kl. wohnt im Inland. Das italienische Recht kennt keine Bestimmung, nach der f ü r die Ehescheidung von Italienern italienische Gerichte ausschließlich zuständig sind, wie dies z. B. im ungarischen Recht — § 114 EheG — der Fall ist. Danach ist das deutsche Gericht zur Entscheidung befugt. Das italienische Recht kennt keine Scheidung der Ehe (Art. 149 Cc von 1942), sondern lediglich eine Trennung der Ehe (Art. 150—158). Diese läßt aber die Ehe weiterbestehen. Der Hauptanspruch ist daher unbegründet. Das anzuwendende Recht kennt nicht die begehrte Rechtsfolge. Der Hilfsantrag ist begründet. Für die Zulässigkeit der Aufhebungsklage ist § 606 III Ziff. 2 ZPO maßgebend. Wenn keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kann nach dieser Bestimmung das deutsche Gericht über eine Klage der Frau auf Aufhebung der Ehe dann eine Sachentscheidung treffen, wenn die Frau zur Zeit der Eheschließung deutsche Staatsangehörige war. Dies ist der Fall. Das auf die Klage anzuwendende Recht bestimmt sich nach Art. 13 EGBGB. Nach dieser Bestimmung wird die Eingehung der Ehe, sofern auch nur eine der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört. Dies gilt nicht nur für die sachlich-rechtlichen Ehevoraussetzungen, sondern auch für die Folgen eines Mangels dieser Voraussetzungen. Das Heimatrecht jedes Verlobten entscheidet, ob die Ehe aufhebbar oder anfechtbar ist (Palandt 8 , Anm. 3 zu Art. 13 EGBGB)." 1 2 7 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe italienischer Staatsangehöriger nicht zuständig, weil das italienische Recht eine Ehescheidung italienischer Ehegatten, auch wenn sie im Ausland wohnen, nicht anerkennt. Die deutschen Gerichte sind auch für eine Ehetrennung (separazione) nicht zuständig, weil das deutsche Eherecht ein solches Rechtsinstitut nicht kennt. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; RuStAG § 17; ital. Cc Art. 106 ff., 115; ital. StaatsangehörigkeitsG vom 13. 6. 1912, Art. 10. OLG Celle, 1. ZS, Beschl. vom 16. 3. 1953 — 1 W 56/53: MDR 6 (1953) 488; NdsRpfl. 7 (1953) 109. Aus den Gründen: „Für die Zuständigkeit des LG ist von entscheidender Bedeutung, welcher Staatsangehörigkeit die Parteien sind. Der Antrg. ist zweifelsfrei Italiener. Die Antrst. war vor ihrer Heirat Deutsche. Sie würde gemäß § 17 Ziffer 6 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. 7. 1913 ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, wenn sie durch ihre Heirat die italienische Staatsangehörigkeit erworben hätte. Dem steht Art. 16 des Bonner GG nicht entgegen, denn der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit wäre durch Gesetz eingetreten und sie wäre durch den Verlust nicht staatenlos geworden. Gemäß Art. 10 II des italienischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 13. 6. 1912 erwirbt eine Ausländerin, die einen italienischen Staatsange-
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hörigen heiratet, die italienische Staatsangehörigkeit. Voraussetzung ist also, daß die Eheschließung der Parteien auch nach italienischem Recht rechtsgültig ist. Das ist der Fall. Gemäß Art. 106 ff., 115 Cc vom 16. 3. 1942 ist auch eine im Ausland vor dem Standesbeamten geschlossene Ehe rechtsgültig, wenn den in Abt. II des 3. Kapitels Titel VI aufgestellten Formvorschriften genügt ist. Diese decken sich im wesentlichen mit den deutschen Formvorschriften für eine Eheschließung. In Art. 115 II ist weiter bestimmt, daß das Aufgebot auch in der Gemeinde des letzten italienischen Wohnortes des Antrg. stattfinden mußte. Ob das erfolgt ist, ergibt sich nicht aus dem Vorbringen der Parteien. Da aber eine Bescheinigung des italienischen Konsulats vorliegt, wonach die Ehe in der Heimatgemeinde des Antrg. in Italien eingetragen werden solle und die Antrst. die italienische Staatsangehörigkeit erworben habe, bestehen keine Bedenken f ü r die Annahme, daß auch allen italienischen Formvorschriften f ü r die Eheschließung genügt ist und die Antrst. somit Italienerin geworden ist. Da die Parteien beide Ausländer im Sinne des § 606 III ZPO sind, kann ein deutsches Gericht nur dann zuständig sein, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort der Parteien im Inland ist und die zu fällende Entscheidung nach dem Heimatrecht des Antrg. anerkannt werden wird. Zwar wohnen die Parteien in Hildesheim, aber das italienische Recht kennt keine Scheidung dem Bande nach und erkennt deshalb eine Ehescheidung italienischer Ehegatten, auch wenn sie im Ausland wohnen, nicht an (vgl. Bergmann, Internat. Ehe- und Kindschaftsrecht 3 Bd. I Italien, S. 7). Die deutschen Gerichte sind aber auch nicht zuständig, auf eine Trennung (separazione) gem. Art. 150 des Cc zu erkennen, weil es im Rahmen des deutschen Eherechts ein derartiges Rechtsinstitut nicht gibt (RGZ 55, 345 und RGZ 167, 193). Da das Heimatrecht des Antrg., das gem. Art. 17 I EGBGB anzuwenden ist, nur eine Trennung, nicht aber eine Scheidung dem Bande nach kennt, entfällt somit die sachliche Rechtsgrundlage f ü r ein deutsches Scheidungsverfahren überhaupt (vgl. Palandt" Anm. 2 b bb zu Art. 17 EGBGB). Ob eine Zuständigkeit dann gegeben wäre, wenn die Antrst. über § 8 des Reichs- und Staalsangehörigkeitsgesetzes vom 22. 7. 1913 ihre Wiedereinbürgerung erreicht hätte, kann z. Z. nicht geprüft werden, da diese Voraussetzung nicht vorliegt. Unter den gegebenen Umständen bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg." 128. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung einer Ehe italienischer Staatsangehöriger nicht zuständig. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; RuStAG § 17; italienischer Cc, Art. 84, 115, 117; ital. Staatsangehörigkeitsgesetz Art. 10. OLG Hamm, 4. ZS, Beschl. vom 22. 12. 1953 — 4 W 279/53. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach Art. 10 II des italienischen Staatsangehörigkeitsgesetzes ist die Bekl. durch ihre Heirat mit dem Kl. Italienerin geworden, die deutsche Staatsangehörigkeit hat sie nach § 17 Ziff. 6 RuStAG verloren. Gegen die Gültigkeit der in Deutschland vorgenommenen Eheschließung bestehen auch nach italienischem Recht keine Bedenken. Auch das italienische Recht
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kennt — neben der kirchlichen Eheschließung — die Zivilehe (Art. 84 IT. des ital. bürgerlichen Gesetzbuches); aus Art. 115 des ital. bürgerlichen Gesetzbuches ergibt sich, daß auch die im Ausland vorgenommene Ziviltrauung eines Italieners in Italien anerkannt wird. Art. 115 I I I verlangt zwar, daß bei Heirat im Ausland das Aufgebot auch in der Gemeinde des letzten italienischen Wohnortes vorgenommen wird. Ob das hier geschehen ist, haben die Parteien nicht mitgeteilt. Das kann aber auch dahingestellt bleiben; denn die etwaige Nichtbeachtung der italienischen Aufgebotsbestimmungen würde keinen Nichtigkeitsgrund i. S. der Art. 117 ff. des ital. bürgerlichen Gesetzbuches darstellen. Sind aber beide Parteien italienische Staatsangehörige, so ist nach § 606 I I I Z P O kein deutsches Gericht für die Scheidung zuständig; denn das italienische Recht kennt keine Scheidung der Ehe dem Bande nach und die Scheidung von Italienern im Ausland wird in Italien nicht anerkannt (vgl. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 3 Italien S. 7). Die Voraussetzungen des § 606 I I I Ziff. 1 Z P O liegen somit nicht vor; auch der Fall der Ziff. 2 dieser Vorschrift ist hier nicht gegeben, da die Bekl. nicht die Aufhebung, sondern die Scheidung ihrer Ehe betreibt. Nach Art. 17 EGBGB sind auch in sachlicher Hinsicht die Voraussetzungen für eine Scheidung dieser Ehe nicht gegeben. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist das italienische Recht maßgebend. Da dieses, wie bereits ausgeführt, eine Ehescheidung nicht kennt, bietet somit die Klage auch in sachlicher Hinsicht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch die Voraussetzungen des Art. 17 I I I EGBGB liegen zur Zeit nicht vor, da die Bekl. nicht dargetan hat, daß sie die deutsche Staatsangehörigkeit wieder erworben hat." 1 3 8 a . Italien erkennt die vor einem deutschen Standesbeamten geschlossene Ehe an. In Italien ist die kirchliche wie die standesamtliche Eheschließung nebeneinander zulässig. Eine Deutsche erwirbt durch die Eheschließung mit einem Italiener die italienische Staatsangehörigkeit. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung von Ehen italienischer Staatsangehöriger nicht zuständig. Auch materiell wäre eine solche Scheidung unzulässig. Deutsche Gerichte können die Aufhebung von Ehen italienischer Staatsangehöriger aussprechen, wenn die Frau auf Aufhebung klagt und zur Zeit der Eheschließung deutsche Staatsangehörige war. — EGBGB Art. 13, 27; ZPO § 606. LG Kiel, 8. Zivilkammer, Urt. vom 14. 12. 1953 — 8 R 221/53; MDR 8 (1954) 240. Die Parteien haben am 3. 5. 1947 vor dem Standesamt in Schweinfurt die Ehe geschlossen. Sie sind beide katholisch. Eine kirchliche Trauung hat nicht stattgefunden. Der Bekl. ist Italiener. Die Kl. war Deutsche. Sie begehrt in erster Linie die Scheidung, hilfsweise die Aufhebung der Ehe, beides auf Grund deutschen Rechtes. Das Gericht hat die Scheidung der Ehe schon wegen seiner Unzuständigkeit versagt. Für den Hilfsantrag auf Aufhebung der Ehe hat es dagegen seine Zuständigkeit bejaht und ihm gemäß Art. 13 EGBGB auf Grund deutschen Rechts stattgegeben.
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Aus den Gründen: „Die Ehe ist sowohl nach deutschem, wie nach ital. Recht formgültig geschlossen. Sie ist auch nach beiden Rechten materiell gültig. Dies richtet sich gemäß Art. 13 EGBGB nach dem Heimatrecht beider Ehegatten zur Zeit der Eheschließung, hinsichtlich der Kl. also nach deutschem, in Ansehung des Bekl. nach ital. Rechte. In Italien stehen die kirchliche u n d die standesamtliche Trauung gleichberechtigt nebeneinander (vgl. Titel VI, Kapitel 2 und 3, insbes. Art. 82 und 106 des ital. Cc vom 16. 3. 1942 — Cc). Nach ital. IPR gilt f ü r die Wirksamkeit von Eheschließungen im Auslande der Grundsatz: Locus regit actum (s. Art. 26 der EinfBest. zum Cc, Art. 115 Cc und Bergmann, Intern. Ehe- und Kindschaftsrecht 3, Italien, S. 13, Fußnote 1 zu Art. 82 Cc). F o r m und materielle Gültigkeit der Ehe der Parteien bestimmen sich also auf Grund dieser Rückverweisung des ital. Rechts ausschl. nach deutschem Recht (Art. 13 I und IV und Art. 27 EGBGB). Die Kl. hat demnach durch ihre Eheschließung mit dem Bekl. ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren (§ 17 Nr. 6 RuStAG) und die ital. Staatsangehörigkeit erworben (Art. 10 II des ital. StaatsangehörigkeitsG vom 13. 6. 1912). F ü r die Scheidung einer Ehe ital. Staatsangehöriger ist ein deutsches Gericht nach § 606 III Nr. 1 ZPO nicht zuständig. Italien lehnt nämlich die Anerkennung von Urteilen fremder Staaten ab, in denen eine Ehe ital. Staatsangehöriger geschieden worden ist (vgl. Bergmann aaO 7; Baumbach 21 , Anm. 5 C zu § 606 ZPO). Etwas anderes folgt auch nicht aus dem a b 1. 10. 1952 wieder in Kraft gesetzten deutsch-italienischen Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9. 3. 1936 (vgl. Art. 3 dieses Abkommens — RGBl. 1937 II, S. 145 und BGBl. 1952 II, S. 986). Im übrigen kennt das nach deutschem IPR (vgl. Art. 17 1 EGBGB) maßgebliche ital. Recht keine Ehescheidung, so daß auch sachlich dem Scheidungsbegehren der Kl. der Erfolg zu versagen wäre. F ü r die hilfsweise erhobene Aufhebungsklage ist das Gericht nach § 606 III Nr. 2 ZPO zuständig, da die Kl. zur Zeit der Eheschließung deutsche Staatsangehörige war. Die örtliche Zuständigkeit ist gegeben, obgleich die Kl. sich zur Zeit der Erhebung der Klage in Schweden aufhielt und noch heute dort weilt. Sie hatte nämlich ihren Wohnsitz in Kiel noch beibehalten, als die Klage erhoben wurde, sich also damals n u r „vorübergehend" nach Stockholm begeben (s. Stein-Jonas, Anm. II 1 zu § 16 und IV 1 zu § 606 ZPO). Die örtliche Zuständigkeit wird auch nicht dadurch berührt, daß die Kl. ihren Aufenthalt inzwischen endgültig nach Schweden verlegt hat (s. § 263 II Nr. 2 ZPO; Stein-Jonas, Anm. I 4 zu § 606 ZPO und Baumbach, Anm. 3 C zu § 606 ZPO). Ein Domizilwechsel i. S. des IPR m u ß im übrigen noch heute verneint werden. Aufhebungsgründe nach ital. Recht stehen der Kl. allerdings nicht zur Verfügung (s. Art. 117 ff. Cc.). F ü r das Aufhebungsbegehren der Kl. ist aber nach Art. 13 EGBGB ihr Heimatrecht zur Zeit der Eheschließung, also das deutsche Recht anzu-
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wenden. (Ebenso: LG Frankfurt in NJW 1952, 1380 l\PalandtAnm. 3 zu Art. 13 EGBGB und Warneyer 12, Anm. zu Art. 13 EGBGB). Dabei sind maßgeblich nur die Gesetzesbestimmungen über die Aufhebung selbst. Es kann also dem Aufhebungsbegehren der Kl. nicht deswegen der Erfolg versagt werden, weil ihr die Aufhebung nicht die Möglichkeit gibt, sich wieder zu verheiraten. (Hierauf weist mit Recht und zutr. Begründung Hoff mann in seiner Kritik zu dem erwähnten Urteil des LG Frankfurt in NJW 1953, 531, Ziff. 4 hin.) Das kann auch schon deswegen nicht ausschlaggebend sein, weil zunächst gar nicht feststeht, ob die Kl. jemals wieder heiraten will und im übrigen die Kl. bei den besonderen Umständen des Falls immerhin gegebenenfalls — so zweifelhaft dies auch sonst im allgemeinen erscheinen mag — davon befreit werden kann, das Ehefähigkeitszeugnis des hierfür zuständigen ital. Standesbeamten beibringen zu müssen. (Vgl. hierzu § 10 des deutschen EheG, §§ 7, 8 und 14 der AusfVO vom 12. 7. 1948 — VOB1. BZ 1948, S. 210 und § 21 der 1. AusfVO zum PersonenstandsG.) Zu prüfen bleibt also lediglich, ob die Voraussetzungen, die die §§ 32, 33 und 35 EheG f ü r den Erfolg des Aufhebungsbegehrens aufstellen, erfüllt sind" (wird ausgeführt). 139. Die Ehe italienischer Staatsangehöriger kann von deutschen Gerichten nicht geschieden werden. — ZPO § 606; RuStAG § 17 Z. 6; ital. CcArt. 148; ital. Staatsangehörigkeitsgesetz vom 13. 6. 1912, Art. 10. OG DDR Urt. vom 30. 10. 1953 — 1 Zz 114/53: NJ 7 (1953) 734. Aus den Gründen: „Die Parteien sind beide italienische Staatsangehörige. Der Verklagte hat dies durch Vorlegung seines vom italienischen Generalkonsul in Frankfurt a. M. am 2. 9. 1949 ausgestellten Passes nachgewiesen. Die Kl. hat gemäß Art. 10 II S. 1 des italienischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 13. 6. 1912 die italienische Staatsangehörigkeit durch die Heirat mit dem Verklagten erworben. Besitzt hiernach keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit, so könnte in ihrer Ehesache von einem deutschen Gericht nur entschieden werden, wenn entweder die Voraussetzungen der Ziff. 1 oder der Ziff. 2 des § 606 III ZPO gegeben wären. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Ziff. 1 aaO kommt aber deshalb nicht in Betracht, weil nach dem Heimatrecht des Ehemannes die von dem deutschen Gericht gefällte Entscheidung nicht anerkannt werden könnte. Der italienische Staat müßte vielmehr die Anerkennung eines auf Scheidung der Ehe der Parteien lautenden Urteils eines deutschen Gerichts versagen, weil nach italienischem Recht (Art. 148 Cc) die Ehe f ü r Angehörige aller Konfessionen dem Bande nach untrennbar ist. Auch die Tafsache, daß die Kl. zur Zeit der Eheschließung deutsche Staatsangehörige war, vermag weder an der Notwendigkeit, das italienische Recht anzuwenden, noch an der Unzuständigkeit der deutschen Gerichte etwas zu ändern. Die Kl. hat nach deutschem Staatsrecht durch die Heirat mit ihrem aus1 Siehe oben Nr. 126.
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ländischen Ehemanne die deutsche Staatsangehörigkeit verloren (§ 17 Ziff. 6 RuStAG). Da sie also bei Erhebung der Scheidungsklage nicht deutsche Staatsangehörige war, besteht schon deshalb keine Möglichkeit, die Ausnahmebestimmungen des Art. 17 III EGBGB und des § 606 III Ziff. 2 ZPO zu ihren Gunsten anzuwenden." 130. Volksdeutsche Flüchtlinge aus Jugoslawien haben die jugoslawische Staatsangehörigkeit, soweit sie nicht individuell ausgebürgert worden sind, nicht verloren. Jugoslawien erkennt die Scheidung jugoslawischer Staatsangehöriger durch ein ausländisches Gericht an, wenn die Parteien ihren Wohnsitz im Auslande haben. Unter dieser Voraussetzung sind die deutschen Gerichte für die Scheidung einer Ehe jugoslawischer Staatsangehöriger zuständig. — ZPO § 606; jugosl. Ehegrundgesetz vom 3. 4. 1946, Art. 56; jugosl. Gesetz vom 4. 12. 1948 über die Änderung des jugoslawischen Staatsangehörigkeitsgesetzes. LG Memmingen, Urt. vom 22. 6. 1949 — R 377/48. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach der Überzeugung des Gerichts sind die Parteien jugoslawische Staatsangehörige. Sie haben nach der Angabe des Kl. in Deutschland keine Einbürgerungsurkunde bekommen, haben also die deutsche Staatsangehörigkeit nicht etwa durch Einbürgerung erworben. Die jugoslawische Staatsangehörigkeit ist ihnen auch nicht aberkannt worden. Nach einem Bescheid des jugoslawischen Generalkonsulates in München vom 23. 3. 1949 lautet das jugoslawische Gesetz zur Abänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft der föderativen Volksrepublik Jugoslawien, veröffentlicht am 4. 12. 1948 im Amtsblatt Nr. 105: „Mit Art. 1 dieses Gesetzes wird der Art. 35 des Gesetzes der Staatsbürgerschaft der F.V.R.J. ergänzt mit Abs. 2, nach welchem Personen deutscher Nationalität, die sich im Auslande befinden und sich während der Zeit des Krieges oder vor dem Kriege gegen ihre Pflichten als Staatsbürger mit unloyalen Akten gegen die Volks- und Staatsinteressen der F.V.R.J. vergangen haben, nicht als jugoslawische Staatsbürger betrachtet werden." Über die Anwendung dieser Bestimmung auf Personen deutscher Nationalität, die im Auslande wohnen, entscheiden nach Mitteilung des Generalkonsulates die jugoslawischen Behörden. Nachdem eine solche Entscheidung offenbar bisher nicht getroffen worden ist, haben die Parteien noch als jugoslawische Staatsangehörige zu gelten. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts ergibt sich aus § 606 III ZPO. Der gewöhnliche Aufenthaltsort der Parteien ist im Inlande gelegen. Nach dem jugoslawischen Rechte wird die von dem deutschen Gerichte zu fällende Entscheidung anerkannt werden. Nach einem Schreiben des jugoslawischen Außenministeriums an das Schweizerische eidgenössische politische Departement vom 16. 8. 1946 steht der Anrufung des ausländischen Zivilgerichts nichts im Wege, auch wenn beide Ehegatten jugoslawische Staatsangehörige sind, sofern sie beide ihren Wohnsitz im Ausland haben (DRZ 1948, 5. Beiheft, S. 26).
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Die Zuständigkeit des LG Memmingen ergibt sich aus § 606 ZPO, da beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Landgerichtsbezirk haben. Die Eheschließung ist durch die Versicherung an Eidesstatt glaubhaft gemacht. Die Parteien sind nicht im Besitze einer Heiratsurkunde. Die Ehe ist nach dem früheren jugoslawischen Recht gültig geschlossen, Art. 11 EGBGB. Die Scheidung ist sowohl nach deutschem wie nach jugoslawischem Recht berechtigt . . . (wird ausgeführt). Was zur Begründung der Zerrüttung im Sinne des § 48 EheG oben ausgeführt ist, begründet auch die Scheidung nach Art. 56 des jugoslawischen Ehegrundgesetzes vom 3. 4. 1946. Das gemeinsame Leben der Streitteile ist wegen dauernder Streitigkeiten unerträglich geworden. In diesem Falle kann jeder der Ehegatten die Scheidung begehren. Somit war die Ehe zu scheiden." 131. Das jugoslawische Gesetz vom -4. 12. 1948 zur Änderung des bewirkt. Staatsangehörigkeitsgesetzes hat keine Sammelausbürgerungen Soweit keine individuelle Ausbürgerung vorliegt, muß ein Volksdeutscher Flüchtling aus Jugoslawien als jugoslawischer Staatsangehöriger betrachtet werden. Jugoslawien erkennt ausländische Ehescheidungsurteile dann an, wenn die beiden Ehegatten sich im Auslande befinden. Bei gewaltsamer Austreibung oder Rückkehrverweigerung durch den Ursprungsstaat darf nicht angenommen werden, daß dieser Staat die Anerkennung des Urteils weiter für sich in Anspruch nimmt, auch wenn einer der Ehegatten in Jugoslawien verblieben ist. Auch in diesem Fall ist die Zuständigkeit des deutschen Gerichts gegeben, jedoch nur, wenn es sich um Volksdeutsche Flüchtlinge handelt. Auf die Ehescheidung findet in erster Linie das jugoslawische Recht Anwendung. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; jugosl. Ehegrundgesetz Art. 56; jugosl. Ges. vom 4. 12. 1948 zur Änderung des StAngG. LG Ansbach, 3. ZK, Urt. vom 7. 6. 1950 — R 489/49. Ungedruckt. Der auf Ehescheidung klagende Ehemann ist ein Volksdeutscher Flüchtling aus Jugoslawien. Die Frau lebt mit den Kindern noch in Jugoslawien. Aus den Gründen: „Nach dem jugoslawischen Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 4. 12. 1948 werden „Personen deutscher Nationalität, die sich im Ausland befinden und während des Krieges oder vor dem Krieg gegen ihre Pflichten als Staatsbürger mit ungesetzlichen Akten gegen die Volks- und Staatsinteressen der föderativen Volksrepublik Jugoslawien vergangen haben, nicht als jugoslawische Staatsbürger betrachtet." Mithin liegt keine Sammelausbürgerung vor, die jugoslawischen Behörden entscheiden vielmehr in jedem Einzelfall darüber, ob ein Angehöriger des in Betracht kommenden Bevölkerungskreises die Voraussetzung f ü r die Aberkennung der Staatsangehörigkeit erfüllt hat. Der Kl. ist also mangels nachweisbarer Einzelausbürgerung als Angehöriger des Jugoslawischen Staates zu betrachten. Das gleiche gilt f ü r die Bekl., die noch in Jugoslawien lebt. Daß der Kl. als Flüchtling in Deutschland gegenwärtig den Inländern gleichgestellt ist, ändert nichts.
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Jugoslawien erkennt ausländische Urteile in Ehesachen dann an, wenn sich beide Ehegatten im Ausland befinden (vgl. Schnitzer, Handbuch des IPR 3 366; Moser, Das europäische Ehescheidungs- und Ehetrennungsrecht [Zürich 1948] 44 ff.; Baumbach, ZPO 19 Anm. 5 C zu § 606). Daraus folgt an sich eine Nichtanerkennung in den Fällen, in denen ein Eheteil wie hier noch in Jugoslawien wohnt. Die Sonderstellung der deutschen Vertriebenen, besonders ihre unbestreitbare Anwartschaft auf die inländische Staatsangehörigkeit lassen es aber gerechtfertigt erscheinen, jene Normen auf die Beteiligten nicht anzuwenden, die noch eine Verbindung des Betreffenden mit seinem Heimatstaat voraussetzen (vgl. hiezu Ferid, Der Neubürger im IPR [1949] 45). § 606 III ZPO will nach Möglichkeit abweichende in- und ausländische Entscheidungen vermeiden. Bei gewaltsamer Austreibung oder Rückkehrverweigerung durch den Ursprungsstaat kann nicht angenommen werden, daß der Staat, der sich einseitig von den Beteiligten gelöst hat, die Anerkennung weiter für sich in Anspruch nimmt. Dies kann jedoch nur gegenüber solchen Vertriebenen gelten, die zum Kreis der Flüchtlinge im Sinn der Flüchtlingsgesetzgebung zählen und eine Anwartschaft auf den Erwerb der inländischen Staatsangehörigkeit besitzen (also nur für Vertriebene deutscher Herkunft). Das ist hier der Fall. Die hier vertretene Auffassung stützt sich auf ein vom Institut für Rechtsvergleichung der Universität München am 17. 4. 1950 erstattetes Gutachten. Unter Zugrundelegung der geschilderten Erwägungen ist eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte im gegenwärtigen Fall gegeben. Die des LG Ansbach ergibt sich daraus, daß der Kl. seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich dieses Gerichts hat. Nach Art. 56 des jugoslawischen Ehegrundgesetzes vom 3. 4. 1946 kann jeder Ehegatte die Scheidung begehren, wenn das gemeinsame Leben wegen Ungleichheit der Charaktere, dauernder Mißhelligkeiten, ständiger Feindseligkeit und jeden anderen Grundes unerträglich geworden ist, der in gleicher Weise geeignet ist, das eheliche Leben zu zerrütten. Durch die Einvernahme des Kl. ist erwiesen, daß die Ehe der Streitteile von Anfang an nicht besonders glücklich war. Es gab immer Streit und die Bekl. ist schließlich vom Haus der Eltern des Kl. fortgezogen. Auch daß der Kl. anderswo mit seiner Frau Wohnung suchte, führte zu keiner Besserung. Am 12. 5. 1942 wurde der Kl. zur deutschen Wehrmacht eingezogen. Nachdem Versuche des Roten Kreuzes, mit der Bekl. in Fühlung zu kommen gescheitert waren, gelang dem Kl. 1947 wieder eine briefliche Verbindung. E r bemühte sich in Deutschland um den Zuzug für Frau und Kinder. Die Aufforderung, ihm zu folgen, beantwortete die Bekl. mit der strikten Weigerung, nach Deutschland zu kommen. Daß es ihr möglich war, Jugoslawien zu verlassen, wenn sie wollte, beweist die Tatsache, daß etwa V» der Bevölkerung ihrer Heimatortschaft heute im Bundesgebiet l e b t . . . Damit sind die Voraussetzungen der Ehescheidung nach Art. 56 des jugoslawischen Ehegrundgesetzes erfüllt (Art. 17 EGBGB). 19 Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Dieses Verhalten ist auch nach deutschen Gesetzen Ehescheidungsgrund (wird ausgeführt). Die Ehe der Streitteile war deshalb nach § 56 des jugoslawischen Ehegrundgesetzes, § 43 des deutschen EheG und Art. 17, I und IV EGBGB aus dem Verschulden der Beklagten zu scheiden." 132. Die jugoslawische Staatsangehörigkeit ist nur denjenigen Volksdeutschen aus Jugoslawien durch Einzelakt entzogen worden, die eine illoyale Haltung gegenüber den jugoslawischen Interessen eingenommen haben. Der § 606 III ZPO kann in bezug auf Volksdeutsche Flüchtlinge aus Jugoslawien so ausgelegt werden, daß die Voraussetzung der sicheren jugoslawischen Anerkennung des deutschen Urteils nicht erfüllt zu sein braucht, weil sie eine Verbindung der Betreffenden zu ihrem Heimatstaat voraussetzt, die im Falle dieser Flüchtlinge nicht gegeben ist. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; jugosl. EhegrundG Art. 62; jugosl. StAG Art. 16. LG Bayreuth, Urt. vom 16. 11. 1951 — 2 b R 192/51. Ungedruckt. Die Parteien, jugoslawische Staatsangehörige, haben die Ehe am 30. 10. 1932 in Serajewo geschlossen. Seit 1944 leben sie getrennt. Der E h e m a n n ist in Jugoslawien geblieben, die E h e f r a u ist nach Deutschland gekommen. Die F r a u klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ist durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Kl. begründet, da die Parteien ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Agram, also im Ausland hatten und ein gewöhnlicher Aufenthaltsort des Mannes im Inland fehlt, § 606 I ZPO. Die sachliche Zuständigkeit des deutschen Gerichts ist gem. § 606 III Ziff. 1 ZPO begründet, da der gewöhnliche Aufenthaltsort der Kl. in Bayreuth, also im Inland ist, beide Parteien keine deutschen Staatsangehörige sind und das Urteil vom Heimatstaat des Mannes anerkannt werden wird. Die jugoslawische Staatsangehörigkeit des Bekl. ergibt sich aus den Angaben der Heiratsurkunde über seine Geburt und Herkunft. Danach ist er am 17. 9. 1902 in Serajewo als Sohn der Eheleute E. B. und seiner F r a u V., geb. K. geboren und wohnte zuletzt in Agram. Alle Orte liegen in Jugoslawien. Daher ist er Jugoslawe. Die Staatsangehörigkeit der Kl., die am 21. 3. 1913 in Serajewo als Kind der Eheleute J. G. und W., geb. L. geboren ist, ist formell auch noch die jugoslawische, da gemäß Art. 16 des jugoslawischen Staatsangehörigkeitsgesetzes die- jugoslawische Staatsangehörigkeit den Volksdeutschen Vertriebenen nicht allgemein entzogen worden ist, sondern n u r denen durch Einzelakt entzogen werden kann, die gegenüber den jugoslawischen Interessen eine illoyale Haltung eingenommen haben. Nun hat sich der jugoslawische Staat aber um die vertriebenen Volksdeutschen nicht m e h r gekümmert und die Kl. hat als Flüchtling eine Anwartschaft auf die deutsche Staatsangehörigkeit, ist auch sonst in Rechten u n d Pflichten einem deutschen Staatsangehörigen gleich zu behandeln. Da der jugoslawische Staat sich somit von den Volksdeutschen Flüchtlingen
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gelöst hat, kann er kein berechtigtes Interesse mehr an ihren persönlichen Rechtsverhältnissen geltend machen und ist nicht anzunehmen, daß er die Anerkennung eines deutschen Urteils in diesem Falle versagen wird, nur weil möglicherweise der Bekl. noch in Jugoslawien ist und normalerweise von Jugoslawien nur ausländische Ehescheidungsurteile anerkannt werden, wenn beide Ehegatten sich im Ausland befinden. Bei dieser Sachlage ist es gerechtfertigt, § 606 I I I Z P O zugunsten der Vertriebenen so auszulegen, daß die Voraussetzungen der sicheren jugoslawischen Anerkennung des deutschen Urteils nicht erfüllt zu sein braucht, weil diese eine Verbindung der Betreffenden zu ihrem Heimatstaat voraussetzen, diese hier aber gerade nicht gegeben ist, vgl. Ferid, Der Neubürger im I P R [1949] 45. Damit ist die deutsche Zuständigkeit gegeben. Es mag erwähnt sein, daß diese Erwägungen nur f ü r den Fall gelten, daß der Bekl. tatsächlich noch in Jugoslawien ist. Ist er es nicht, so muß das deutsche Urteil ohne weiteres anerkannt werden. Die Eheschließung der Parteien ist durch öffentliche Urkunde, ihre Staatsangehörigkeitsverhältnisse sind durch Urkunden und Folgerungen daraus, wie zu I. dargetan, nachgewiesen. Der Klage w a r gemäß Art. 17 I I V EGBGB und Art. 62 des jugoslawischen Ehegesetzes stattzugeben, da die Parteien seit 1944 nicht mehr in Verbindung waren, der Bekl. verschollen und während der letzten 2 Jahre keine Nachricht mehr von ihm eingegangen ist. a) Die Kl. hat durchaus glaubhaft angegeben, daß sie sich wiederholt bemüht habe, die Anschrift des Bekl. zu erforschen, um so die Verbindung zum ältesten Kind, das bei der Trennung der Parteien beim Manne blieb, wieder aufzunehmen. Dies blieb aber ohne Erfolg. Daß der Bekl. sich seinerseits um die Kl. nicht mehr kümmert, ist verständlich, weil die Parteien am 4. 11. 1944 vor dem L G Agram ein Übereinkommen auf Trennung von Bett und Tisch und Gestatten der Wiederverehelichung trafen, wie sich aus der vorgelegten Ausfertigung nebst Übersetzung ergibt. Daher kann das Fehlen jeglicher Verbindung zwischen den Parteien seit über 6 Jahren auch nicht nur auf die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse zurückgeführt werden, sondern ist auch im Verhältnis beider Eheleute zueinander begründet, die sich praktisch schon wie geschiedene Ehegatten fühlten. So ist die Scheidung gemäß Art. 62 des jugoslawischen Ehegesetzes gerechtfertigt. b) Die Scheidung konnte auch von einem deutschen Gericht ausgesprochen werden, da sie nicht nur nach dem jugoslawischen Eherecht, sondern auch nach dem deutschen Ehegesetz zulässig sein würde, Art. 17 I V EGBGB. Die Parteien leben seit mehr als drei Jahren getrennt und die Ehe ist völlig zerrüttet. Dies ergibt sich eindeutig aus der Vernehmung der Kl. und dem Übereinkommen, das die Parteien am 4. 11. 1944 vor dem L G Agram schlössen; danach trennten sie sich nicht nur einverständlich, sondern gestatteten sich gegenseitig auch die Wiederheirat und ein Konkubinat, lösten praktisch also ihre Ehe auf, die nur noch formell dem Bande nach bestehen blieb, und gaben damit zu erkennen, daß ihre Ehe unheilbar zerrüttet war. Da dies vor über 6 Jahren geschah, ist die Zerrüttung jetzt zweifelsfrei. Auch das Interesse der Kinder erheischt die A u f 19 *
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rechterhaltung der Ehe nicht, weil die Kl. seit mehr als 6 Jahren schon allein für sie zu sorgen hatte und ohne die Mithilfe des Bekl. damit fertig geworden ist. Somit wären die Voraussetzungen für eine Scheidung gemäß § 48 EheG auch erfüllt gewesen." 133. Die Volksdeutschen Flüchtlinge aus Jugoslawien haben die jugoslawische Staatsangehörigkeit nicht verloren. Auf die Scheidung ihrer Ehe kommt in erster Linie das jugoslawische Recht, als Heimatrecht des Ehemannes, zur Anwendung. — EGBGB Art. 17; jugosl. EhegrundG Art. 57, 75. LG Augsburg, 3. ZK, Urt. vom 2. 6. 1953 — 3 R 5/53. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Streitteile waren bis zu ihrem Wegzug aus Jugoslawien zweifelsfrei jugoslawische Staatsangehörige. Nach dem überzeugenden Gutachten des Rechtsvergleichenden Instituts der Universität München müssen die Parteien auch heute noch als im Besitz der jugoslawischen Staatsangehörigkeit angesehen werden, da ein Nachweis für den Verlust dieser Staatsangehörigkeit durch Vorlage einer förmlichen Aberkennung nicht zu erbringen ist. Da die Parteien zu keiner Zeit von der IRO betreut worden sind und heute nicht dem Mandat des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge unterstehen, scheidet die Anwendung des Gesetzes über heimatlose Ausländer ebenso aus, wie die des A H K G Nr. 23. Materiellrechtlich ist deshalb das Scheidungsbegehren der Kl. gem. Art. 17 EGBGB nach jugoslawischem Scheidungsrecht unter gleichzeitiger Berücksichtigung des deutschen Ehegesetzes zu beurteilen. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts ergibt sich daraus, daß Jugoslawien ausländische Scheidungsurteile dann anerkennt, wenn sich — wie hier — beide Ehegatten im Ausland befinden. Letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort der Streitteile war B., w o die Klägerin heute noch wohnt. Dadurch ist die örtliche Zuständigkeit des LG Augsburg gegeben. Die Scheidungsklage ist gem. Art. 57 [Ehebruch], 75 des jugoslawischen Grundgesetzes über die Ehe vom 3. 4. 1946 in der Fassung des Gesetzes vom 28. 4. 1948 (BayJMBl. 1952, 115) in Verbindung mit § 42 EheG begründet" (wird ausgeführt). 134. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Jugoslawen und einer Staatenlosen zuständig. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; jugosl. EhegrundG Art. 56, 59. LG Bayreuth, Urt. vom 14. 11. 1949 — R 80/50. Ungedruckt. Die Parteien haben die Ehe 1947 vor dem Standesbeamten in B. geschlossen. Der Bekl. ist jugoslawischer Staatsangehöriger mohammedanischer Konfession. Aus den Gründen: „Der Bekl. ist in S. in Jugoslawien geboren und bezeichnet sich, entgegen der vom Einwohneramt Bayreuth gegebenen Bescheinigung, der-
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zufolge er als „staatenlos" geführt wird, als Jugoslawe. Es besteht kein Anlaß, ihn als staatenlos zu behandeln. Das jugoslawische Staatsangehörigkeitsrecht der Nachkriegszeit enthält keine Bestimmungen, welche einen Verlust der jugoslawischen Staatsangehörigkeit auf Grund des Aufenthalts außerhalb des Staatsgebietes ipso iure vorsehen. Der Bekl. ist daher als Jugoslawe zu behandeln. Die Kl., die nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht mit der Eheschließung mit einem Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, hat als staatenlos zu gelten, da nach dem jugoslawischen Staatsangehörigkeitsgesetz von 1945 eine ausländische Staatsangehörige durch Heirat mit einem jugoslawischen Staatsangehörigen nicht mehr ipso iure die jugoslawische Staatsangehörigkeit erwirbt (Art. 35 III des STAG vom 1. 7. 1946/1. 12. 1948). Jugoslawien beansprucht entgegen dem früheren Recht mit der Maßgabe, daß die Scheidung nicht aus Gründen erfolgen darf, die in den jugoslawischen Gesetzen nicht vorgesehen sind, auch nicht mehr die ausschließliche Zuständigkeit zur Ehescheidung von Jugoslawen im Ausland vgl. Moser, Das Europäische Ehescheidungs- und Ehetrennungsrecht in seiner neuesten Entwicklung (Zürich 1948) 48 f.; Schreiben des jugoslaw. Außenministeriums an das Schweizerische Eidgenössische Politische Departement vom 16. 8. 1946, franz. Original in Schweiz. J. Ztg. 42, S. 316 und Schweiz. Jahrb. f. internat. Recht III (1946) 276. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts als dem Gericht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts ist daher gem. § 606 I, III Ziff. 1 ZPO gegeben. Dem Scheidungsbegehren, f ü r das die erforderlichen urkundlichen Nachweise erbracht sind, war stattzugeben. Durch die gerichtliche Vernehmung der Parteien hat sich das Gericht auch überzeugt, daß das gemeinsame Leben derselben wegen Ungleichartigkeit der Charaktere — die ihre Ursache in den völkischen und auch ideologischen Verschiedenheiten haben mag — und infolge dauernder Differenzen und Zwistigkeiten unerträglich geworden ist. Sie haben überzeugend dargetan, daß bereits bald nach der Eheschließung die Entfremdung eingetreten ist. Bei der Verschiedenartigkeit der Parteien hegt das Gericht keinen Zweifel, daß dies den Tatsachen entspricht (wird ausgeführt). Das Scheidungsbegehren der Parteien, dem nach deutschem Recht stattzugeben war (Art. 17 IV EGBGB) mußte daher auch auf Grund der durch Art. 17 I EGBGB gebotenen Anwendung des jugoslawischen Ehescheidungsrechtes (Jugoslaw. Ehegrundgesetz vom 3. 4. 1946, franz. Wortlaut bei Moser, aaO) Erfolg haben. Gem. Art. 59 aaO kann darnach ein Ehegatte die Scheidung aus jedem Grunde begehren, der das gemeinsame Leben unerträglich macht, wobei das gemeinsame Leben als besonders unerträglich angesehen wird, wenn beide Ehegatten unter Hervorhebung der gesetzlichen Gründe, ihres Be1
Die Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes war schon dadurch begründet, daß die Kl. staatenlos war.
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gehrens die Scheidung im beiderseitigen Einverständnis beantragen (Art. 56 I I aaO). Sowohl die Voraussetzungen des Art. 59 als auch die des Art. 56 I und I I sind erfüllt, da die unterdessen eingetretene Entfremdung eine Fortsetzung der Ehe ausschließt und die Parteien auch sich darüber einig sind, daß beide gefehlt haben und das beiderseitige Scheidungsbegehren begründet ist. Es war deshalb auf Klage und Widerklage zu entscheiden, wie geschehen." 1 3 5 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Jugoslawen und einer Staatenlosen zuständig. Auf die Ehescheidung findet jugoslawisches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 17; RuStAG § 17; Z P O § 606; jugosl. StAG v o m 23. 8. 1945, Art. 15, 16, 19, 22; jugosl. EhegrundG Art. 59. L G Kiel, 8. ZK, Urt. vom 9. 2. 1953 — 8 R 27/52: SchlHAnz 200 (1953) 138. Die Parteien haben 1947 in Kiel geheiratet. Die Ehefrau besaß zur Zeit der Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Bekl. ist Jugoslawe. Er ist vor Kriegsende nach Deutschland gekommen, w o er in einem Gemeinschaftslager aufgenommen worden ist. Die Klag, begehrt die Scheidung ihrer Ehe, da der Bekl. sie im Stiche gelassen und weder für ihren Unterhalt, noch f ü r den der gemeinsamen Tochter gesorgt habe. Der Bekl. war im Rechtsstreit nicht vertreten. Er ist nach England ausgewandert, ohne bisher die englische Staatsangehörigkeit erworben zu haben. Bei seiner Vernehmung v o r dem ersuchten englischen Gericht hat er erklärt, daß er keine Aussage machen wolle. Aus den Gründen: „Der Bekl. ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Er hat seine Staatsangehörigkeit auch in der Zwischenzeit nicht auf Grund des jugoslawischen Staatsangehörigkeitsges. v o m 23. 8. 1945 (i. d. F. v o m 1. 7. 1946 und 6. 12. 1947) verloren. Denn er hält sich weder seit 15 Jahren im Ausland auf (Art. 15), noch ist ihm die jugoslawische Staatsangehörigkeit aberkannt worden (Art. 16). Weiter hat er nicht auf seine Staatsangehörigkeit „verzichtet" (Art. 22) und auch inzwischen keine ausländische Staatsangehörigkeit erworben (Art. 19). Ein Verlust der Staatsangehörigkeit ist auch nicht nach dem Dekret vom 23. 10. 1946 eingetreten. Eine Entscheidung darüber, daß die Bedingungen, die nach diesem Dekret zum Verlust der jugoslawischen Staatsangehörigkeit festgestellt wurde, liegt nämlich nicht vor. Solange aber ein solcher Entscheid nicht vorliegt, wird von jugoslawischer Seite nicht angenommen, daß eine verschleppte Person ( D P ) die Staatsangehörigkeit der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien verloren hat. Die Kl. hat durch ihre Eheschließung mit dem angehörigkeit verloren (§ 17 Ziff. 6 RuStG). Sie des jugoslawischen Staatsangehörigkeitsgesetzes angehörigkeit nicht erworben, ist also staatenlos
Bekl. die deutsche Staatshat aber nach Art. 35 I I I die jugoslawische Staatsgeworden.
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Die Zuständigkeit des Gerichts ist daher gegeben (§ 606 I und III Ziff. 1 ZPO). Die Klage ist auf § 43 EheG gestützt. Sie ist begründet. Für die Scheidung der Ehe sind zwar, da die Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzt, nach Art. 17 I EGBGB die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Nach Art. 17 IV EGBGB kann auf Scheidung auf Grund eines ausländischen Gesetzes jedoch nur erkannt werden, wenn sowohl nach den ausländischen wie nach den inländischen Gesetzen die Scheidung zulässig wäre. Art. 59 des jugoslawischen Ehegrundges. vom 3. 4. 1946 gibt einem Ehegatten das Recht auf Scheidung wegen Mißhandlungen, schweren Beleidigungen, entehrenden Lebenswandels des anderen Gatten oder aus jedem anderen Grund, der das gemeinsame Leben unerträglich macht. Diese Voraussetzungen liegen vor . . . (wird ausgeführt). Das Verhalten des Bekl. rechtfertigt daher das Scheidungsbegehren der Kl. sowohl aus Art. 59 des jugoslawischen Ehegrundgesetzes als auch aus §§ 43 und 52 I EheG." 136. Die Angehörigen der baltischen Staaten gelten nach Auffassung der amerikanischen Militärregierung weiterhin als Angehörige dieser Staaten. Sie sind der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen. Bei der Anwendung den nach Art. 17 I EGBGB maßgebenden Heimalrechts des Ehemannes kommt es nicht auf die de jure, sondern auf die de facto geltenden Vorschriften an. Als Heimatrecht eines lettischen Staatsangehörigen ist also das Sowjetrecht zu betrachten. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606. LG Hof, Urt. vom 19. 6. 1950 — R 173/50. Ungedruckt. Die Parteien haben am 19. 12. 1947 vor dem Standesamt in M. die Ehe miteinander geschlossen. Sie behaupten beide, lettische Staatsangehörige zu sein. Aus den Gründen: „Angehörige der von der Sowjet-Union besetzten baltischen Staaten gelten nach der Rechtsauffassung der amerikanischen Militärregierung weiterhin als Staatsangehörige dieser Staaten und nicht mehr als solche der UdSSR. Die Angehörigen der baltischen Staaten sind daher der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen (Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz 9510 — I — 1115 v. 7. 6. 1948). Der Bekl. war im Zeitpunkt der Eheschließung lettischer Staatsangehöriger. Die Kl. hat durch die Eheschließung mit einem Ausländer nach § 17 RStAG i. d. F. des Gesetzes vom 15.5.1935, ferner VO vom 5. 2. 1934 u n d V O 20. 1. 1942 die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Besitzt keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit, so kann ein deutsches Gericht nach § 606 III ZPO die Sache nur entscheiden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes oder der Frau im Inlande gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen
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Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt wird oder auch n u r einer der Ehegatten staatenlos ist. Nach Art. 17 EGBGB sind f ü r die Scheidung der Ehe die Gesetze des Staates maßgebend, dem der E h e m a n n zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Nach Auffassung des Gerichts kommt es nicht auf die de jure, sondern auf die de facto geltenden Vorschriften an. Es ist also das Recht anzuwenden, das in Wirklichkeit allein in Lettland gilt, also das Sowjetrecht. Nach diesem ist die Ehe wegen Ehebruchs auch scheidbar. Die Scheidung der Ehe ist nach Art. 17 IV EGBGB sowohl nach ausländischem als nach deutschem Recht zulässig" (wird ausgeführt). 137. Die ehem. litauischen Staatsangehörigen haben ihre Staatsangehörigkeit durch die Eingliederung Litauens in die Sowjet-Union nicht verloren, da nach den Grundsätzen des Völkerrechts die Erlangung der tatsächlichen Staatsgewalt über fremdes Gebiet keine völkerrechtlichen Wirkungen haben kann. Als in Litauen geltendes Recht ist aber das Sowjetrecht anzusehen. Die Sowjet-Union beansprucht keine ausschließliche Zuständigkeit in Ehesachen sowjetischer Staatsangehöriger (sie!). — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; EheG § 43. LG Memmingen, Urt. vom 7. 11. 1951 — R 313/50. Ungedruckt. Die Parteien haben im J a n u a r 1947 die Ehe in Memmingen geschlossen. Der E h e m a n n ist ein 1949 nach Australien ausgewanderter Litauer; die E h e f r a u war vor der Eheschließung Deutsche. Sie blieb in Deutschland, weil der Mann sie nicht mitgenommen hat. Sie klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Die Zulässigkeit der Ausübung der Gerichtsbarkeit ergibt sich aus § 606 III Ziff. 1 ZPO. Danach darf, wenn keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, von einem deutschen Gericht eine Sachentscheidung nur gefällt werden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes oder der F r a u im Inland gelegen ist und entweder nach dem Heimatrecht des Ehemannes das Urteil anerkannt werden wird oder auch n u r einer der Ehegatten staatenlos ist. Beide Alternativen sind in dem vorliegenden Rechtsstreit gegeben. Der Bekl., der sich zur Zeit in Australien aufhält, hat die australische Staatsangehörigkeit noch nicht erworben, weil er dort erst seit zwei J a h r e n seinen Aufenthalt hat. Nach dem australischen Recht k a n n die australische Staatsangehörigkeit einem Einwanderer erst nach einem f ü n f j ä h r i g e n Aufenthalt in Australien verliehen werden. Der Bekl. ist noch Litauer. E r hat die litauische Staatsangehörigkeit durch die Annexion Litauens seitens Rußlands im J a h r e 1940 nicht verloren. Verschiedene Staaten, insbesondere die USA und Großbritannien, haben der Annexion der baltischen Staaten durch Rußland die Anerkennung versagt, da nach den Grundsätzen des gemeinen Völkerrechts die Erlangung der tatsächlichen Staatsgewalt über fremdes Gebiet noch keine völkerrechtlich relevanten Wirkungen äußern
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könne. Mehrere deutsche Gerichte (OLG Stuttgart, SJZ 1946, 153 1 und SJZ 1947, 383 2 ; OLG Hessen, N J W 1949, 672 3 ), vor allem auch das OLG München (NJW 1947/48, 632 4) haben diese Einstellung übernommen und die Angehörigen der ehemaligen baltischen Staaten nach wie vor als im Besitze ihrer früheren Staatsangehörigkeit angesehen. Der in den zitierten Entscheidungen vertretenen Auffassung wird zu Unrecht der Einw a n d entgegengehalten, daß sie in allen international gelagerten Fällen, bei denen die Frage nach dem Personalstatut der Angehörigen baltischer Staaten auftaucht, notwendig zur Anwendung einer Rechtsordnung f ü h r e n müsse, „die es nur noch in den Gerichtssälen deutscher Gerichte gibt" (vgl. Lauterbach, N J W 1949, 672, Anm. zu Nr. 10). Wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, m u ß diese Ansicht nicht notwendig zu der Annahme führen, daß das Personalstatut f ü r den betreffenden Personenkreis das ehedem in Litauen, Est- oder Lettland geltende Privatrecht ist, dessen faktischer Untergang durch gewohnheitsmäßige Nichtausübung seit der Zeit der Annexion jener Länder durch Rußland nicht geleugnet wird. Die genannten Rechtsordnungen wurden verdrängt durch das russische Privatrecht, das durch eine Verordnung des Obersten Sowjets vom 6. 11. 1940 in den drei baltischen Staaten in Kraft gesetzt wurde. Wenngleich aus dem eingangs dargelegten Grundsatz der Annexion völkerrechtliche W i r k u n g nicht zuzusprechen ist, so k a n n m a n doch nicht an der Tatsache vorübergehen, daß in den annektierten Ländern die Normen der russischen Privatrechtsordnung tatsächlich zur Anwendung k o m m e n und mehr und m e h r faktisch „geltendes Recht" werden (vgl. Ferid, Der Neubürger im Internationalen Privatrecht [1949] 75). Unbestrittener Grundsatz der Lehre vom Internationalen Privatrecht ist es aber, daß bei der Anwendung fremden Rechts von dem tatsächlichen Rechtszustand des Gebietes auszugehen ist, dessen Rechtssätze nach den allgemeinen Regeln des internationalen Rechtsverkehrs f ü r die Beurteilung des zur Entscheidung stehenden Falles maßgeblich sind (vgl. Nußbaum, Deutsches Internationales Privatrecht [1932] § 16, S. 99). Hieraus folgt, daß die von Lauterbach aaO vorgebrachten Bedenken gegen die vom Gericht vertretene Ansicht nicht begründet sind. Die Annahme, daß der Bekl. heute noch litauischer Staatsangehöriger ist, zwingt nicht zu der Anwendung des vor 1940 in Litauen geltenden Privatrechts. Die Kl. ist staatenlos. Sie hat die deutsche Staatsangehörigkeit durch die vor Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes (Art. 16 GG) erfolgte Eheschließung mit dem nichtdeutschen Bekl. verloren (§ 17 RStG). Der nach dem litauischen Staatsangehörigkeitsgesetz vom 5. 8. 1939 vorgesehene Erwerb der litauischen Staatsangehörigkeit konnte deshalb nicht eintreten, weil infolge der Verdrängung des litauischen Rechts mit der Annexion 1 Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 109; das Urteil hält ehem. lettische Staatsangehörige für Staatenlose. 2 Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 111. 3 Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 32. 4 Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 72; nach dem Beschl. konnte dahingestellt bleiben, ob die Streitteile die lettische oder die sowjetrussische StA besaßen.
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Litauens durch Rußland diesem Gesetz verbindliche Kraft nicht mehr beigemessen werden kann. Die Voraussetzungen f ü r die Ausübung der Gerichtsbarkeit gemäß § 606 I I I Ziff. 1 Z P O sind demnach schon aus dem Grund gegeben, weil die KI. staatenlos ist. Dazu kommt, daß das Recht der UdSSR für Ehescheidungssachen keine ausschließliche Zuständigkeit russischer Gerichte vorsieht und ausländische Scheidungsurteile über Sowjetangehörige anerkennt (vgl. KG 14. 9. 1936, J W 1936, 3579, zitiert in dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München, dem Gericht nicht zugänglich). Diese Haltung hat sich seit dem Kriege nicht geändert. Insbesondere ergibt sich auch aus der Verordnung des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR v o m 8. 7. 1944 (Einführung wesentlicher Änderungen im Eherecht) keinerlei Anhaltspunkte für eine nunmehrige gegenteilige Einstellung 5 . Die örtliche Zuständigkeit des angegangenen Gerichts folgt aus § 606 I S. 1 Z P O ; die Streitteile hatten ihren letzten gemeinsamen Aufenthalt im Gerichtsbezirk. Die Klage mußte auch sachlich E r f o l g haben. Maßgeblich f ü r die Ehescheidung war gemäß Art. 17 1 EGBGB das russische Recht als das Heimatrecht des Ehemannes. Daß das russische Recht der Entscheidung zugrundezulegen war, folgt aus den im Rahmen der Untersuchungen über die Staatsangehörigkeit des Bekl. angestellten Erörterungen, auf welche hier Bezug genommen werden kann. Durch eine Verordnung des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR vom 8. 7. 1944 wurde an Stelle der bis dahin möglichen Privatscheidung die gerichtliche Scheidung eingeführt. Bestimmte Scheidungsgründe, ähnlich dem deutschen Recht, sind aber nicht normiert. Das Gericht kann die Ehescheidung nach freiem Ermessen aussprechen (vgl. Pache, Internationalrechtliche Probleme im Eherecht der Sowjetunion, Jur. Rundsch. 1948, 274 ff.). W e g e n des besonderen Vorbehalts des Art. 17 I V EGBGB konnte jedoch die Scheidung der Streitteile nicht allein auf das russische Recht gestützt werden. Es war vielmehr weiter zu prüfen, ob die von der Kl. begehrte Ehescheidung auf Grund der von ihr aufgestellten unbestrittenen Behauptungen auch nach den Vorschriften des deutschen Rechts zulässig ist. Dies war zu bejahen. Nach der in Betracht kommenden Vorschrift des § 43 EheG kann ein Ehegatte Scheidung verlangen, wenn der andere durch eine schwere Eheverfehlung die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, daß die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann. Diese Voraussetzungen liegen v o r " (wird ausgeführt). 1 3 8 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Niederländers und einer Staatenlosen mit dauerndem Aufenthalt in Deutschland zuständig. Auf die Scheidung ist unter entsprechender Anwendung des Art. 17 III EGBGB in Verbindung mit Art. 29 EGBGB deutsches Recht an5 Die Sowjetunion beansprucht ausschließliche Zuständigkeit in Ehesachen sowjetischer Staatsangehöriger. Vgl. Lunz, Mezdunarodno castno pravo (IPR) (1949) 306. Siehe auch IPRspr. 1950—1951 Nr. 76.
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zuwenden. Wenn man die entsprechende Anwendbarkeit des Art. 17 III EGBGB verneint, muß auch bei Staatenlosigkeit der Frau das Heimatrecht des Mannes zur Anwendung kommen. — EGBGB Art. 17, 29; ZPO § 606; niederl. ZGB Art. 264. LG Bayreuth, Urt. vom 4. 5. 1951 — 2 b R 454/50. Ungedruckt. Die Parteien haben am 26. 7. 1945 in E. (Sudentenland) die E h e geschlossen. Der Bekl. ist niederländischer Staatsangehöriger, die Bekl. war vor ihrer Verehelichung deutsche Staatsangehörige. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des Gerichts ist gemäß § 606 III ZPO begründet, da der beklagte holländische E h e m a n n seinen gewöhnlichen Aufenthalt in B., also im Inland hat und die Kl. staatenlos ist. Das erste ergab die Vernehmung des Bekl., das zweite die Bescheinigung des Landratsamtes Bayreuth vom 17. 7. 1950, deren Richtigkeit durch das Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München bestätigt wird. Danach hat die Kl. durch die Heirat mit dem Bekl. ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren und die niederländische erworben. Diese hat sie aber gemäß der niederländischen VO vom 17. 11. 1945 (Staatsblad Nr. F 278) § 2 I mit Wirkung vom 18. 11. 1945 wieder verloren, so daß sie staatenlos ist. Die Eheschließung der Parteien ist durch öffentliche Urkunde nachgewiesen. Die Ehe ist gültig geschlossen worden, da nach dem Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung am 8. 5. 1945 in der Tschechoslowakei das deutsche Recht außer Kraft und das f r ü h e r e tschechoslowakische Recht wieder in Geltung getreten ist. Nach diesem sind kirchlich getraute E h e n gültig. Die holländische Staatsangehörigkeit des Bekl. ist durch die Kennkarte, die Staatenlosigkeit der Kl. durch die zu I erwähnte Urkunde nachgewiesen. Der Klage w a r gemäß Art. 29, 17 III EGBGB, § 42 EheG stattzugeben, da der Bekl. mit anderen namentlich nicht genannten F r a u e n Ehebruch getrieben hat und noch treibt. Im Einzelnen ist auf folgendes hinzuweisen: a) Anzuwenden ist gemäß Art. 29, 17 III EGBGB das deutsche Recht, da f ü r Staatenlose gemäß Art. 29 EGBGB das Recht des Aufenthaltsortes maßgebend sein soll u n d diese Bestimmung auch auf Art. 17 III EGBGB, die Ausnahmebestimmung f ü r die Ehescheidungsklage einer deutschen Staatsangehörigen gegen ihren nicht-deutschen Ehemann, bezogen wird, vgl. Palandt-Lauterbach, Anm. 4 g zu Art. 29 EGBGB \ b) Ist somit das deutsche Eherecht anzuwenden, so war die Ehe gemäß § 42 EheG zu scheiden, da der Bekl. bei seiner Vernehmung glaubhaft Beziehungen zu anderen F r a u e n gestand, die zu Ehebrüchen bis in die Gegenwart geführt haben. Momente, die das Geltendmachen dieser Ehebrüche ausschließen könnten, Verzeihung usw., sind nicht hervorgetreten. c) Falls m a n der von Palandt-Lauterbach vertretenen Auslegung des Art. 29 EGBGB nicht folgen würde, so wäre die Scheidung trotzdem ge1 So Palandt-Lauterbach, BGB, 6. Aufl. 1950; jetzt (15. Aufl. 1956): „EG 17 III unanwendbar, da deutsche Staatsangehörigkeit vorausgesetzt."
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rechtfertigt. Es wäre dann Art. 17 I I I EGBGB nur als Ausnahmebestimmung aufzufassen, die den Grundsatz des Art. 17 I EGBGB nur für die Ehescheidungsklage einer deutschen, nicht aber einer staatenlosen Frau nicht zur Anwendung kommen läßt. Es wäre in diesem Falle dann Art. 17 I EGBGB maßgebend, d. h. das Recht des Heimatstaates des Mannes, hier das niederländische. Nach diesem wäre die Scheidungsklage auch gerechtfertigt, weil nach Art. 264 Ziff. 1 des niederländischen bürgerlichen Gesetzbuchs Ehebruch absoluter Scheidungsgrund ist." 139. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Niederländers und einer Staatenlosen zuständig. Die Zulässigkeit der Scheidung ist sowohl nach niederländischem, als auch nach deutschem Recht zu prüfen (Art. 171 und IV EGBGB). Scheidungsgründe nach niederländischem Recht. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; EheG § 43; niederländisches B W B Art. 264, 266. LG München II, 2. ZK, Urt. vom 26. 10.1951 — 2 R 1333/50. Ungedruckt. Die Parteien haben 1941 in Rotterdam geheiratet. Der Mann war und ist Niederländer, die Frau war Deutsche und ist durch Eheschließung staatenlos geworden. Sie klagt auf Ehescheidung unter Berufung auf Ehebruch des Mannes. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts beruht auf § 606 I I I ZPO. Die besonderen Verfahrensvorschriften in Ehesachen wurden beachtet. Gemäß Art. 17 1 und IV EGBGB war die Zulässigkeit der Scheidung sowohl nach niederländischem wie auch nach deutschem Recht zu prüfen; Absatz 3 des Art. 17 EGBGB ist unanwendbar, da die Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr bzw. noch nicht wieder besitzt. Von den in Art. 264 B W B (Burgerlijk Wetboek v. 10. 4. 1838) aufgeführten „einzigen Gründen für eine Ehescheidung" konnte die Kl. ihr Scheidungsbegehren nur auf „Ehebruch" stützen, da „böswillige Verlassung" vom Bekl. zwar zugegeben wurde, aber fünfjährige Trennung (Art. 266 BWG) noch nicht vorliegt. Auf Grund der Aussageverweigerung der Zeugin W . hält das Gericht ehebrecherische Beziehungen des Bekl. zur Zeugin für erwiesen (§ 286 ZPO). Nach dem glaubhaften, unwiderlegten Vorbringen der Kl. erfuhr sie vom Ehebruch des Bekl. erst nach dem letzten ehelichen Verkehr; da auch sonstige Anhaltspunkte für eine Versöhnung nicht vorliegen, ist ihr Scheidungsrecht nicht erloschen (Art. 271 B W B ) . Die Klage ist somit gemäß Art. 264 Z. 1 B W B begründet. Durch sein ehebrecherisches — nach dem glaubhaften, unwiderlegten Vorbringen der Klägerin unverziehenes — Verhältnis zur Zeugin W . wie durch die bösliche Verlassung der Klägerin und die Unterhaltsentblößung seiner Familie zerrüttete der Beklagte die Ehe der Parteien schuldhaft so tief, daß die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist (§ 43 EheG). Der zulässige Mitschuldantrag des Bekl. (§§ 606 I I I ZPO, 52 I I I EheG) war auf ehewidrige Beziehungen und Beschimpfungen der Kl. gestützt.
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Dieses Verhalten der Kl. stellt aber — auch bei Unterstellung der Richtigkeit des Vorbringens des Bekl. — keinen Ehescheidungsgrund nach niederländischem Recht dar (Art. 264 B W B ) . Auch nach deutschem Recht ist der Mitschuldantrag des Bekl. nicht begründet. Die der Kl. zur Last gelegten ehewidrigen Beziehungen zu anderen Männern wurden nicht erwiesen" (wird ausgeführt). 140. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Polen und einer Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, zuständig. Deutsches Recht kommt auch auf die Widerklage des polnischen Ehemannes zur Anwendung. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606. LG Coburg, Urt. vom 11.8. 1950 — R 537/48. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das angerufene Gericht ist sachlich und örtlich zuständig. Die Eheleute waren zur Zeit der Eheschließung ohne Zweifel beide deutscher Staatsangehörigkeit. Durch den Erwerb der polnischen Staatsangehörigkeit des Mannes durch seine sogenannte Option für Polen hat sich an der Staatsangehörigkeit der Frau nichts geändert. Sie hat für ihre Person der Entlassung aus dem deutschen Staatsverband und dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht zugestimmt. Sie ist also Deutsche geblieben (§§ 25 I, 18 I RStAG). Das LG Coburg ist auch örtlich zuständig, da der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Parteien in den polnisch besetzten Ostgebieten liegt und der Mann sich noch dort aufhält, während der jetzige gewöhnliche Aufenthaltsort der Frau im LG Bezirk Coburg liegt, § 606 I ZPO. Zur Anwendung kommen ferner gem. Art. 17 I I I EGBGB die deutschen Gesetze. Da die Klage rechtswirksam zurückgenommen ist (§§ 271, 614 a ZPO) ist nur über die Widerklage zu entscheiden. Diese ist begründet" (wird ausgeführt). 141. Ein Volksdeutscher, der 1942 als rumänischer Staatsangehöriger nach Deutschland kam, hat nach 1945 die rumänische Staatsangehörigkeit nicht automatisch verloren. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe rumänischer Staatsangehöriger zuständig, weil das deutsche Urteil in Rumänien anerkannt wird. Nach rumänischem Recht ist das gegenseitige unerschütterliche Einverständnis der Ehegatten ein Scheidungsgrund, wenn es in der Form, unter den Voraussetzungen und nach den Prüfungen erklärt ist, die das Gesetz vorschreibt. Nach rumänischem Recht tritt die Auflösung der Ehe erst mit der Eintragung des Scheidungsurteils bei der Volksgemeindeverwaltung des Wohnortes des Beklagten ein. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; rumänisches ZGB Art. 214; rumänisches Staatsangehörigkeitsgesetz vom 20. 1. 1939; rumänisches Gesetz vom 7. 7. 1948. LG Kempten, Urt. vom 8. 9. 1952 — 2 R 23/52. Ungedruckt. Der Kl., ein Volksdeutscher aus Rumänien, ist 1942 nach Deutschland gekommen; die Bekl., rumänische Staatsangehörige, ist in Rumänien geblieben. Der Kl. begehrt die Scheidung seiner Ehe.
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Aus den Gründen: „Der Kl. ist nach seinen glaubhaften Angaben zwar im Jahre 1911 in Landsberg a. d. Warthe geboren, das damals zum Deutschen Reich gehörte; sein Vater war aber zur Zeit seiner Geburt ungarischer Staatsangehöriger, ist, als der Kl. noch ein Kind war, nach Buzias zurückgekehrt, das inzwischen zu Rumänien gekommen war, und hat sich 1923 in Rumänien naturalisieren lassen, also zu einer Zeit, als der Kl. noch minderjährig war. Das Gericht schließt daraus in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung, daß der Kl. zwar ursprünglich von Haus aus ungarischer Staatsangehöriger war, infolge der Naturalisation seines Vaters in Rumänien aber die Staatsangehörigkeit dieses Landes erworben hat. Es ist auch, wie das Gutachten, dem das Gericht sich anschließt, eingehend darlegt, nicht anzunehmen, daß er, obwohl er im Jahre 1941 Rumänien verlassen mußte und nicht wieder dorthin zurückgekehrt ist, diese Staatsangehörigkeit inzwischen verloren hätte. Denn Rumänien hat den Volksdeutschen Staatsangehörigen die Staatsangehörigkeit nicht generell entzogen. Der Kl. gehört auch nicht zu den sog. Umsiedlern und hat ferner die rumänische Staatsangehörigkeit auch nicht auf Grund des bei seinem Abschub aus Rumänien noch geltenden Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 20.1.1939 verloren, nachdem eine zehnjährige Abwesenheit zum Verlust der Staatsangehörigkeit führte, weil die Zehnjahresfrist bei Inkrafttreten des neuen rumänischen Gesetzes vom 7. 7. 1948, das diesen Verlustgrund nicht mehr kennt, noch nicht abgelaufen war. Daß dem Kl. die rumänische Staatsangehörigkeit etwa durch individuelle Maßnahmen des rumänischen Staates aberkannt worden wäre, ist nicht festzustellen. Er besitzt demnach weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch ist er staatenlos, sondern nach wie vor als rumänischer Staatsangehöriger anzusprechen. Das gilt mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch von seiner Frau. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist im vorliegenden Falle gegeben, weil der Kl. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in E., also im Bezirk des LG Kempten hat und die deutsche Entscheidung nach rumänischem Recht anerkannt wird (vgl. das Gutachten und Baumbach, ZPO 2°, Anm. 5 C zu § 606). Das LG Kempten ist daher nach § 606 I u. III Ziff. 1 ZPO sachlich und örtlich zuständig. Die besonderen Verfahrensvorschriften der §§ 607 ff. ZPO sind beachtet. Die öffentliche Zustellung der Klage war nach § 203 I ZPO zulässig und ist nach den Vorschriften der §§ 204 ff. ZPO ordnungsmäßig erfolgt. Dem Scheidungsbegehren des Kl. kann nur dann stattgegeben werden, wenn sie sowohl nach rumänischem als auch nach deutschem Recht zulässig ist (Art. 17 Abs. 1 und 4 EGBGB . . . Es wird ausgeführt, daß die Scheidung nach deutschem Recht zulässig ist.) Dasselbe gilt auch nach rumänischem Recht. Gemäß Art. 214 des Codul Civil, der seit dem Ende des letzten Krieges f ü r das gesamte rumänische Staatsgebiet maßgebend ist (vgl. das Gutachten), ist gegenseitiges unerschütterliches Einverständnis der Ehegatten als hinlänglicher Beweis dafür anzusehen, daß ihnen die eheliche Gemeinschaft unerträglich ist und daß bei ihnen ein gültiger Scheidungsgrund vorliegt, sofern das Einverständnis in
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der F o r m , unter den Voraussetzungen und nach den P r ü f u n g e n erklärt ist, welche das Gesetz vorschreibt. Das Gericht sieht die Erklärung der Bekl. v o m 23. 6. 1949, deren Richtigkeit in der Sache v o n einer amtlichen rumänischen Stelle bestätigt ist, als Einverständnis i m Sinne dieser Gesetzesvorschrift an; denn die Bekl. erklärt ausdrücklich und aus f r e i e n Stücken, daß sie in die Scheidung einwilligt. I n Verbindung mit der glaubhaften Bekundung des Kl., daß sie es zu einer Zeit, als ihre Übersiedlung nach Deutschland noch möglich gewesen wäre, abgelehnt habe, zu i h m zu k o m m e n , erblickt das Gericht in ihrer Erklärung das nach dem rumänischen Recht g e f o r d e r t e unerschütterliche Einverständnis, daß ihr die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft unerträglich sei. Auf Seiten des Kl. aber ist dieses Einverständnis in der Tatsache zu erblicken, daß er die Scheidung der E h e begehrt Da sein Scheidungsbegehren demnach sowohl nach deutschem als auch rumänischem Recht gerechtfertigt ist, w a r zu erkennen, w i e geschehen . . . Das Gericht weist noch darauf hin, daß — w i e sich aus d e m Gutachten ergibt — nach rumänischem Recht das Scheidungsurteil als solches nicht rechtsgestaltende K r a f t hat, die Lösung des Ehebandes vielmehr erst mit der dem Urteil f o l g e n d e n Eintragung der Scheidung bei der Volksgemeindeverwaltung (Sfatul P o p u l ä r ) des W o h n o r t e s der Bekl. eintritt, die an keine Frist gebunden ist. Nach deutschem Recht w i r d die Ehe dagegen gelöst, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt." 1 4 8 . Volksdeutsche Flüchtlinge aus Rumänien haben die rumänische Staatsangehörigkeit nicht verloren. Auf die Scheidung ihrer Ehe findet gemäß Art. 17 EGBGB in erster Linie das Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Erhebung der Klage, also rumänisches Recht, Anwendung. — E G B G B Art. 17; GG Art. 116; Bayer. Flüchtl. Ges. v o m 19. 2. 1947, § § 1, 4; rumänisches Z G B Art. 211, 212. L G Augsburg, 3. Z K , Urt. v o m 24. 9. 1953 — 3 R 25/53. Ungedruckt. Aus den Gründen: „ L e t z t e r gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort der Streitteile w a r B. D i e Parteien w o h n e n heute noch im Gerichtsbezirk. Das L G Augsburg ist deshalb zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Die Bekl. hat anläßlich ihrer Anhörung glaubhaft zugegeben, daß sie seit F e b r u a r 1953 ehewidrige Beziehungen zu einem A n g e h ö r i g e n der Besatzungsmacht angeknüpft hat, die sich seit A p r i l 1953 zu einem intimen Verhältnis entwickelt haben. Der Kl. ist i m Besitz eines gültigen Flüchtlingsausweises. F o l g t man, 1 Das rumänische Zivilgesetzbuch betrachtet das beiderseitige unerschütterliche Einverständnis der Ehegatten nur dann als Ehescheidungsgrund, wenn es „in der Form, unter den Voraussetzungen und nach den Prüfungen, die das Gesetz vorschreibt, erklärt ist" (Art. 214). Diese Form, Voraussetzungen und Prüfungen sind in den Art. 254—27(5 festgesetzt. Das Urteil ist auf diese Bestimmungen überhaupt nicht eingegangen und hat einen beträchtlichen Teil von ihnen verletzt.
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unter Ablehnung des in der Rechtsprechung teilweise vertretenen Standpunktes, daß die Zugehörigkeit des klagenden Ehemannes zum Personenkreis der Flüchtlinge gem. §§ 1, 4 des Bayr. Flüchtlingsgesetz v. 19. 2. 1947 die ausschließliche Anwendung deutschen Scheidungsrechts rechtfertige, der Auffassung des Instituts für Rechtsvergleichung in München, so ergibt sich folgendes: Vorschriften, denen zufolge der Kl. seine rumänische Staatsangehörigkeit verloren hat, sind nicht ersichtlich. Weder durch Art. 116 GG noch durch die Bestimmungen des Bayr. Flüchtlingsgesetzes ist dem Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit verliehen worden. Eine Betreuung des Kl. durch die IRO hat zu keinem Zeitpunkt Stattgefunden. Der Kl. ist deshalb in dem vorliegenden Ehescheidungsverfahren als rumänischer Staatsangehöriger zu behandeln. Die Scheidung kann nur ausgesprochen werden, wenn sowohl nach rumänischem wie nach deutschem Scheidungsrecht der Klage stattgegeben werden kann (Art. 17 IV EGBGB). Die letztgenannten Voraussetzungen liegen vor. Nach Art. 211, 212 des rum. Codul Civil kann die Scheidung wegen Ehebruchs oder wegen schwerer Beleidigungen verlangt werden. Als Verfehlungen letzterer Art sind intime Beziehungen zu einem anderen Manne anzusehen. Daß die Voraussetzungen des § 43 EheG im vorliegenden Falle ebenfalls gegeben sind, bedarf keiner weiteren Erörterungen. Die Ehe der Streitteile ist mithin aus dem Alleinverschulden der Bekl. zu scheiden." 143. Eine Deutsche verliert nach dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes durch Eheschließung mit einem Ausländer nicht ihre deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie durch Eheschließung die Staatsangehörigkeit des Mannes nicht automatisch erwirbt, auch wenn sie vor dem Standesbeamten eine Erklärung abgibt, sie wolle auf die deutsche Staatsangehörigkeit verzichten, vorausgesetzt, daß sie durch den Standesbeamten nicht belehrt worden ist, sie würde durch einen solchen Verzicht staatenlos werden. Bei verschiedener Staatsangehörigkeit der Ehegatten beurteilen sich die Klage und die Widerklage auf Scheidung nach dem Heimatrecht des Klägers (hier rumänisches Recht) bzw. des Widerklägers (hier deutsches Recht), wobei die Widerklage kollisionsrechtlich als selbständige Klage zu behandeln ist. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; RuStAG § 17; rumänisches ZGB Art. 211—215; rum. StAG vom 7. 7. 1948. LG Amberg, 2. ZK, Urt. vom 22. 10. 1952 — 2 R 456/50. Ungedruckt. Der klagende Ehemann ist rumänischer Staatsangehöriger, die beklagte Frau Deutsche. Er ist vor der Erhebung der Klage allein nach Kanada ausgewandert. Die Frau hat Widerklage erhoben. Aus den Gründen: „Die Parteien hatten keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt. Der Kl. hatte im Zeitpunkte der Klageerhebung (23. 1. 1951) keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inlande, da er bereits am 15. 11. 1950 nach Kanada ausgewandert war. Es ist daher für die örtliche Zuständigkeit der gewöhn-
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liehe Aufenthalt der Ehefrau maßgebend, der im Bezirke des LG Amberg liegt. Dieses Gericht ist daher örtlich zuständig (§ 606 ZPO). Die deutsche Gerichtsbarkeit in Ehesachen ist ebenfalls gegeben, weil die Bekl. deutsche Staatsangehörige geblieben ist. Durch die Eheschließung mit dem Kläger, der rumänischer Staatsangehöriger war, hat die Bekl. nach dem jetzt geltenden rumänischen Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung des Dekretes Nr. 125 (Bolelinul Oficial Nr. 154) vom 7. 7. 1948 die rumänische Staatsangehörigkeit nicht automatisch erworben. Nach dem Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. 7. 1913 (RGBl. S. 583) wäre in diesem Fall die Bekl. durch Verheiratung mit einem Ausländer staatenlos geworden, wenn nicht inzwischen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten wäre, das in Art. 16 I S. 2 bestimmt, daß der Verlust der Staatsangehörigkeit nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten darf, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. Durch diese Bestimmung des Grundgesetzes ist § 17 Z. 6 RStAG dahin eingeschränkt, daß der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ipso iure nur dann eintritt, wenn der Deutsche durch Eheschließung mit einem Ausländer eine andere Staatsangehörigkeit automatisch erlangt oder für den Fall, daß er staatenlos würde, dem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit zustimmt. Um dieser Lage Rechnung zu tragen, ist seitens der Innenministerien den Standesbeamten aufgegeben worden, bei Entgegennahme des Aufgebotes, spätestens aber bei der Trauung, die Verlobten auf die Bestimmung des Art. 16 GG hinzuweisen und ihre Erklärung darüber herbeizuführen, ob der Verlust oder die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit ihrem Willen entspricht (Runderlaß des Bundesministeriums des Innern vom 7. 10. 1950 — 1401 A — 657/50, Gemeinsames Ministerialblatt 1950 Ausgabe A vom 28. 12. 1950 Nr. 19). Der Standesbeamte hat also in diesem Falle die Verlobte zu befragen, ob sie den Willen hat, auf die deutsche Staatsangehörigkeit zu verzichten, wenn sie durch die Eheschließung nicht die Staatsangehörigkeit des Ehemannes erwirbt. Dazu gehört natürlich, daß der Standesbeamte die betreffende Person darüber belehrt, daß sie bei Bejahung dieser Frage staatenlos würde. Nach der Tendenz des Grundgesetzes ist davon auszugehen, daß ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit regelmäßig — sofern die Frau nicht nach dem Staatsangehörigkeitsrecht des Ehemannes dessen Staatsangehörigkeit erwirbt — nicht anzunehmen ist, sondern daß die Vermutung f ü r die Beibehaltung spricht. Diese Vermutung kann im Einzelfall durch den Nachweis widerlegt werden, daß bei der Eheschließung der Wille, staatenlos zu werden, zum Ausdruck gekommen ist. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so ist die Ehefrau als Deutsche anzusehen. Im gegenständlichen Falle ist ein solcher Nachweis nicht erbracht. Der als Zeuge vernommene Gemeindeschreiber von W. Georg S., der bei der Trauung der Parteien zugegen war, hat wohl bekundet, daß die Bekl. auf Befragen des inzwischen verstorbenen Bürgermeisters S. erklärt habe, auf die deutsche Staatsangehörigkeit zu verzichten. Es ist aber nicht erwiesen, daß sie darüber belehrt worden ist, daß sie in dem Falle, wenn sie durch Verheiratung nicht automatisch rumänische Staatsangehörige werden sollte, 20
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staatenlos werden würde, wenn sie auf die deutsche Staatsangehörigkeit verzichtet. Der Zeuge kann sich an eine solche Belehrung nicht erinnern. Aber gerade darauf kommt es an. Denn die Bekl. hatte ja ihren Willen, staatenlos zu werden, zum Ausdruck bringen müssen, und das hätte sie ja nur tun können, wenn sie entsprechend belehrt worden wäre, daß ihre Erklärung, auf die deutsche Staatsangehörigkeit zu verzichten, zur Staatenlosigkeit führen wird. Es ist also kein Nachweis dafür erbracht, daß die Bekl. den Willen zum Ausdruck gebracht hat, staatenlos zu werden. Sie ist daher weiterhin deutsche Staatsangehörige. Damit ist sowohl die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben, weil ein Ehegatte deutscher Staatsangehöriger ist, wie auch f ü r die Widerklage der Bekl. deutsches Eherecht anzuwenden ist (Art. 17 EGBGB). Die Klage ist unbegründet. Der Kl., der zur Zeit der Klageerhebung (23. 1. 1951) bereits nach Kanada ausgewandert war, ist rumänischer Staatsangehöriger. Auf seine Klage ist daher das rumänische Ehescheidungsrecht anzuwenden (Art. 17 EGBGB). Eine Anwendung des deutschen Rechtes gem. Art. 1 und 3 des AHKG Nr. 23 ist ausgeschlossen, weil der KI. im Zeitpunkte der Klageerhebung weder verschleppte Person noch Flüchtling im Sinne des Art. 10 dieses Gesetzes war, denn er hatte damals keinen Aufenthalt mehr in der Bundesrepublik. Die Scheidungsgründe des rumänischen Rechtes sind in den Artikeln 211—215 des Codul civil enthalten (Ehebruch Art. 211, Ausschreitungen, Mißhandlungen oder schwere Beleidigungen Art. 212, Verurteilung eines Ehegatten zu Zwangsarbeit oder Kerker Art. 213, gegenseitiges, unerschütterliches Einverständnis der Ehegatten, sofern es in der Form, unter den Voraussetzungen und nach den Prüfungen erklärt ist, welche das Gesetz vorschreibt, Art. 214, und Bedrohung des Lebens eines Ehegatten oder Nichtwarnung desselben vor einer Bedrohung durch Dritte trotz Kenntnis Art. 215). Der Kl. hat keinen dieser Scheidungsgründe geltend gemacht. Das, was er zur Begründung seiner Klage vorgebracht hat, bildet nach rumänischem Recht keinen Scheidungsgrund. Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen. Hiegegen war die Widerklage, auf die deutsches Recht Anwendung findet (Art. 17 III EGBGB), begründet" (wird ausgeführt). 144. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung einer Ehe rumänischer Staatsangehöriger nicht zuständig, wenn der letzte gemeinsame Ehewohnsitz in Rumänien war. — ZPO § 606. LG Bamberg, Beschl. vom 3. 8. 1950 — OH 264/49. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Antrst. begehrt das Armenrecht zur Durchführung der Ehescheidung. Beide Parteien sind rumänische Staatsangehörige. Sind aber beide Streitteile fremde Staatsangehörige, so ist die deutsche Gerichtsbarkeit nur begründet, wenn die vom deutschen Gerichte zu fällende Entscheidung von dem Gerichte des Heimatstaates anerkannt werden würde. Dies ist jedoch im vorliegenden Falle nach einer Mitteilung des Instituts f ü r Rechtsver-
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gleichung in München vom 13. 6. 1950 (R 315/49) nicht verbürgt (vgl. auch Schnitzer, Handbuch des Internat. Privatrechts 3 [1950] I 367 betr. Rumänien). Danach erkennt Rumänien ausländische Scheidungsurteile nur dann an, wenn rumänisches materielles Recht angewandt ist und, bei Klagen der Ehefrau, diese im Urteilsstaat wohnt und dort der letzte Ehewohnsitz war. Die Parteien hatten aber unbestritten ihren letzten Wohnsitz in Rumänien (Steierdorf). Da ein Ehescheidungsurteil der Zivilkammer des LG Ramberg also in Rumänien nicht anerkannt werden würde, ist eine deutsche Gerichtsbarkeit für die Ehescheidungsklage der Kl. mithin nicht gegeben (§ 606 III Ziff. 1 ZPO)." 145. Die Tschechoslowakei erkennt ausländische Urteile, durch welche eine Ehe tschechoslowakischer Staatsangehöriger geschieden wird, an, wenn der Mann seinen Wohnsitz (ständigen Aufenthalt) nicht in der Tschechoslowakei hat und die Vorladung der beklagten Partei zu eigenen Händen zugestellt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen sind die deutschen Gerichte, unter Anwendung des § 606 III ZPO, für eine solche Ehescheidung zuständig. — EGRGR Art. 17; ZPO § 606; tschechosl. Gesetz vom 3. 10. 1946 über die Anerkennung von Entscheidungen ausländischer Gerichte; tschechosl. Gesetz vom 22. 5. 1919 über Eherecht. LG Amberg, 1. ZK, Urt. vom 5. 4. 1950 — 1 R 335/47. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Auch soweit das Verfahren vor Inkrafttreten des AHKG Nr. 13 durchgeführt worden ist, war die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben, da die Rekl. sich ihr schriftlich unterworfen hat. Das LG Amberg ist nach § 606 I ZPO zuständig; beide Parteien haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Amberg. Reide Parteien sind nach der Auskunft des tschechoslowakischen Generalkonsulats vom 2. 2. 1950 tschechoslowakische Staatsangehörige. Nach § 606 III ZPO kann daher von einem deutschen Gericht in der Sache nur entschieden werden, wenn der Aufenthaltsort des Mannes oder der Frau im Inland gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt werden wird. Das erste Erfordernis ist gegeben, da sich beide Parteien, wie erwähnt, in Amberg aufhalten. Auch die zweite Voraussetzung liegt vor. Nach dem tschechoslowakischen Gesetz vom 3 . 1 0 . 1 9 4 6 über die Anerkennung von Entscheidungen ausländischer Gerichte oder Rehörden in Ehesachen im Rereich der tschechoslowakischen Rechtsordnung (Ges. Nr. 199, Ges. Slg. S. 1218) können von einem ausländischen Gericht erlassene Ehescheidungsurteile unter bestimmten Voraussetzungen von der Tschechoslowakei anerkannt werden. Eine solche Anerkennung kann insbesondere dann erfolgen, wenn der Mann im Gebiete der tschechoslowakischen Republik nicht seinen Wohnsitz (ständigen Aufenthalt) hat und wenn die Vorladung der beklagten Partei zu eigenen Händen zugestellt worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. 20 *
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F ü r die Scheidung der E h e sind nach Art. 17 E G B G B die Gesetze des Staates maßgebend, dem der E h e m a n n zur Zeit der Erhebung der K l a g e angehört, hier also die tschechoslowakischen Gesetze. A u f Scheidung kann jedoch nach Art. 17 I V E G B G B auf Grund eines ausländischen Gesetzes im Inland nur erkannt werden, w e n n sowohl nach dem ausländischen Gesetze als auch nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig sein würde. Die K l a g e ist begründet. Die Bekl. hat bei ihrer Partei Vernehmung ausgesagt, daß sie im Mai 1945 zu einem A n g e h ö r i g e n der Besatzungsmacht in Beziehungen getreten ist, daß diese Beziehungen dazu führten, daß die Streitteile sich trennten und daß aus dem Geschlechtsverkehr mit dem erwähnten Angehörigen der Besatzungsmacht das K i n d E. W . hervorgegangen ist. Diese Bekundung ist nach den Umständen des Falles glaubwürdig und überzeugend. Es steht somit fest, daß die Bekl. die Ehe gebrochen hat. Der Ehebruch berechtigt s o w o h l nach § 13 a des tschechoslowakischen Gesetzes v o m 22. 5. 1919 betr. Abänderungen der Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts über die F ö r m lichkeiten des Ehevertrages, die Ehetrennung und die Ehehindernisse \ als auch nach § 42 des deutschen Ehegesetzes den anderen Ehegatten zur Scheidungsklage. D e r Scheidung entgegenstehende Gründe, w i e Verzeihung, Fristablauf oder Zustimmung zum Ehebruch sind nicht hervorgetreten. D i e E h e w a r daher auf die Klage zu scheiden und z w a r aus d e m Verschulden der Bekl. ( § 52 I E h e G ) . Die W i d e r k l a g e w a r abzuweisen" ( w i r d ausgeführt). 1 4 6 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines tschechoslowakischen Staatsangehörigen und einer Staatenlosen zuständig. Auf die Scheidung findet deutsches Recht Anwendung. — Z P O § 606; tschechosl. Dekret v o m 2. 8. 1945 über die Regelung der tschechoslow. Staatsangehörigkeit v o n Personen deutschen und ungarischen Volkstums. L G Bamberg, Urt. v o m 4. 9. 1950 — R 376/48. Ungedruckt. Aus den Gründen: „ D i e Kl., die v o n Geburt aus Deutsche ist und die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, w u r d e durch ihre Eheschließung mit dem Bekl., einem tschechoslowakischen Staatsangehörigen, am 26. 5. 1945 ebenfalls tschechoslowakische Staatsangehörige. Gemäß § 1 I I des Dekrets des Präsidenten der Tschechoslowakei v o m 2. 8. 1945, veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt f ü r die Tschechoslowakei N r . 33 a m 10. 8. 1945, hat aber die Kl. als ehemalige deutsche Staatsangehörige die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit mit d e m 10. 8. 1945 w i e d e r v e r l o r e n 2 und sie nicht w i e d e r erlangt, da sie ihr nur auf Grund eines bis zum 10. 2. 1946 einzubringenden 1 Im April 1950 galt in der Tschechoslowakei bereits das Gesetz Nr. 265 vom 7. 12. 1949 über das Familienrecht. 2 Die Kl. hat die tschechoslowakische StA nicht als ehem. deutsche Staatsangehörige, sondern als tschechoslowakische Staatsangehörige deutschen Volkstums verloren.
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Gesuches vom tschechoslowakischen Innenministerium in Prag hätte erteilt werden können. Die Kl. hat aber so ein Gesuch überhaupt nicht eingebracht, und da sie in der Zwischenzeit auch die deutsche Staatsangehörigkeit nicht wiedererworben hat, ist sie nunmehr staatenlos. Da die Kl. ihren Wohnsitz in Deutschland hat, ist daher die deutsche Gerichtsbarkeit gem. § 606 I I I Ziff. 1 Z P O gegeben. Außerdem wurde auch von der amerikanischen Militärregierung für Bayern bereits am 1. 9. 1948 dem zuständigen deutschen Gericht gem. § 10 des MRG Nr. 2 die Genehmigung erteilt, die Rechtsprechung in diesem Falle auszuüben, und schließlich hat sich auch der Bekl. der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen. Da die Streitteile ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in B. hatten, wo die Kl. heute noch wohnhaft ist, ist das LG Bamberg zur Entscheidung des Prozesses örtlich und sachlich zuständig (§ 606 Z P O ) . Die besonderen Vorschriften für das Verfahren in Ehesachen wurden beachtet und sind die persönlichen Verhältnisse der Parteien durch Urkunden ausreichend festgestellt. Auch sachlich ist die auf den Ehescheidungsgrund des § 43 EheGes. gestützte Klage begründet" (wird ausgeführt) \ 1 4 7 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines tschechoslowakischen Staatsangehörigen und einer Staatenlosen zuständig. Auf die Scheidung findet tschechoslowakisches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 17; Z P O § 606; tschechoslowakisches Gesetz über das Familienrecht vom 7. 12. 1949, § 30. L G Deggendorf, 2. ZK, Urt. vom 2. 4. 1951 — R 195/50. Ungedruckt. Die Parteien haben im Jahre 1946 vor dem Standesamt D. die Ehe geschlossen. Der Mann ist tschechoslowakischer Staatsangehöriger, die Frau war Deutsche und ist durch die Eheschließung staatenlos geworden. Der Mann verließ die Frau drei Wochen nach der Eheschließung und ist nach Palästina ausgewandert. Die Frau klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Da die Kl. staatenlos ist, ist die Zuständigkeit des LG Deggendorf gemäß § 606 I I I Ziff. 1 Z P O gegeben. Der Bekl. war früher tschechoslowakischer Staatsbürger. Er wird zwar nach der von ihm vorgelegten Bestätigung des Bezirkseinwanderungsamtes Haifa dort als staatenlos angesehen. Doch ist kein Verwaltungsakt des tschechoslowakischen Staates (und auf diesen kommt es allein an) nachgewiesen, der für den Bekl. einen individuellen oder kollektiven Verlust seiner früheren Staatsbürgerschaft begründen würde. Es ist daher für die gegenwärtige Entscheidung davon auszugehen, daß der Bekl. seine tschechoslowakische Staatsbürgerschaft beibehalten hat. Nach Art. 17 I EGBGB sind für die Scheidung der Ehe der Streitteile daher die Gesetze des tschechoslowakischen Staates maßgebend. Nach § 30 I des tschechoslowakischen Gesetzes vom 7. 12. 1949 (Sammlung Nr. 265), in Kraft seit 1. 1. 1950, kann jeder Ehegatte gerichtliche 1
Im Urteil wird die Anwendung des deutschen Rechts nicht begründet.
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Scheidung beantragen, wenn aus erheblichen Gründen zwischen den Ehegatten eine tiefe und dauernde Zerrüttung entstanden ist. Der Bekl. bestreitet nicht und durch sein von der KI. vorgelegtes Schreiben vom 1. 1. 1947 ist erwiesen, daß er sich nach der Eheschließung von der Kl. getrennt hat und bereits damals geschieden sein wollte. Damit sind die Voraussetzungen der angeführten Vorschrift des tschechoslowakischen Rechtes erfüllt. Demnach mußte antragsgemäß die Ehe geschieden werden . . . " 1 148. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung eines tschechoslowakischen Staatsangehörigen und einer Staatenlosen zuständig. Auf die Scheidung kommt in erster Linie das tschechoslowakische Recht zur Anwendung. Auf die Verjährung ist grundsätzlich das Scheidungsstatut anzuwenden; jedoch haben die den Ablauf von Verjährungsfristen hemmenden deutschen Nachkriegsvorschriften absolute Territorialgeltung. — EGBGB Art. 17; tschechoslowakisches Ehegesetz von 1919, §§ 13 a, 13 b, 14 a; Ges. über das Familienrecht vom 7. 12. 1949, § 30; bayer. Gesetz vom 29. 1. 1948 über die Hemmung von Verjährungs- und ähnlichen Fristen. LG Augsburg, 2. ZK, Urt. vom 28. 1. 1952 — 2 R 536/50. Ungedruckt. Der Kl. besitzt die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit, die Bekl. ist staatenlos, weil sie ihre deutsche Staatsangehörigkeit durch Eheschließung verloren hat. Der Kl. klagt auf Scheidung der 1949 in Deutschland geschlossenen Ehe. Aus den Gründen: „Die Tatsache der Eheschließung, die Staatsangehörigkeit der Parteien und die Geburt des Kindes sind ausreichend nachgewiesen. Das LG Augsburg ist zur Entscheidung ausschließlich zuständig, weil der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Parteien zur Zeit der Klageerhebung in seinem Bezirke gelegen war und die Bekl. staatenlos ist, § 606 III ZPO. F ü r die materielle Rechtsanwendung sind die tschechoslowakischen Gesetze maßgebend, nämlich das Ehereformgesetz vom 25. 5. 1919 und das seit 1.1. 1950 geltende tschechoslowakische Ehegesetz. Die Scheidung muß aber auch nach deutschem Gesetz zulässig sein, Art. 17 EGBGB. Auch was die Verjährung anbelangt, sind im Rahmen des Art. 17 IV EGBGB die tschechoslowakischen Vorschriften anzuwenden. Jedoch haben die den Ablauf von Fristen hemmenden deutschen Nachkriegsvorschriften nach Inhalt und Zweck absolute Territorialgeltung gegenüber allen anzubringenden Klagen, gleichgültig welche materiellen Gesetze für das Rechtsverhältnis im übrigen zur Anwendung kommen. Deshalb ist die Frage, ob der Ablauf der Fristen des § 14 des tschechoslowakischen EheRefG gehemmt war, nach dem Bay. Gesetz Nr. 100 vom 29. 1. 1948 zu beurteilen (§ 13 a EheRefG). Danach erweist sich die Klage, soweit sie auf Ehebruch gestützt ist, als 1
Das Urteil übergeht Art. 17 IV EGBGB.
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nicht begründet. Die Frist des § 14 a des tschechoslowakischen EheRefG und des § 50 des deutschen EheG waren durch das obengenannte Gesetz Nr. 100 bis 31. 12. 1948 gehemmt. Von diesem Zeitpunkt ab lief aber die einjährige Frist des § 14 a des EheRefG, mit deren Ablauf das klägerische Scheidungsrecht verjährte. Dagegen erweist sich die Klage als begründet, soweit das Scheidungsbegehren aus § 13 h des EheRefG und § 43 S. 1 des deutschen EheG hergeleitet ist. Die Bekl. verletzte mit ihrem Ehebruch ihre eheliche Treuepflicht in schwerster Weise und erschütterte das eheliche Verhältnis der Parteien nach ihren glaubhaften Bekundungen so weitgehend, daß der Kl. sofort die Scheidung zu betreiben entschlossen war und nur auf die Bitten der Bekl., die auf ihre ländliche Umgebung hinwies, zunächst von seinem Vorhaben absah, aber die eheliche und in der Folgezeit die häusliche Gemeinschaft mit ihr beendete und bis zur Einreichung der Scheidungsklage nicht m e h r a u f n a h m . Daß sie wieder aufgenommen werde, k a n n angesichts der beiderseitigen Verfehlungen der Parteien und dem Zustande ihrer Ehe nicht erwartet, vom Kl. bei der Schwere der Verfehlungen der Bekl. auch nicht verlangt werden. Deshalb sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 13 h des EheRefG und des § 43 S. 1 des deutschen EheG erfüllt. W ä h r e n d das EheRefG eine Verjährung des aus seinem § 13 h hergeleiteten Klagerechtes nicht kennt, ist das Klagerecht nach § 50 des deutschen EheG nicht erloschen (wird ausgeführt). Auch die Widerklage ist begründet. F ü r sie sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 30 des tschechischen EheG vom 1. 1. 1950, des § 42 I des deutschen EheG erfüllt. Nach seinen eigenen Bekundungen stand der Kläger mit der V. in ehebrecherischen Beziehungen, die auch während des Scheidungsprozesses noch andauerten . . . " 149. Für die Scheidung der Ehe eines tschechoslowakischen Staatsangehörigen und einer Staatenlosen sind die deutschen Gerichte zuständig. Auf die Scheidung findet in erster Linie tschechoslowakisches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 17; ZPO §§ 13, 606, 614; EheG §§ 41, 48; tschechoslowakisches Ges. über das Familienrecht vom 7. 12. 1949, §§ 30, 31. LG Regensburg, 4. ZK, Urt. vom 23. 7. 1952 — 4 R 1127/48. Ungedruckt. Die Parteien haben 1945 in Regensburg die Ehe geschlossen. Die Kl. war bei ihrer Eheschließung deutsche Staatsangehörige u n d ist durch Eheschließung staatenlos geworden. Der Bekl. ist tschechoslowakischer Staatsangehöriger. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des Gerichts ist durch den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien im Gerichtsbezirke begründet \ Die Eheschließung der Parteien und ihre Staatsangehörigkeit sind durch öffent1 Das Urteil begründet nicht die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts (§ 606 ZPO).
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liehe Urkunden nachgewiesen. Da der Ehemann die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit besitzt, ist das tschechoslowakische Scheidungsrecht anzuwenden. Auf Grund der glaubhaften Angaben der Parteien bei ihrer verantwortlichen Einvernahme ist erwiesen, daß die Parteien sich infolge der langen Trennung vollständig auseinander gelebt haben und ihre Ehe tiefgreifend und unheilbar zerrüttet ist, die Parteien seit mehr als sechs Jahren die häusliche Gemeinschaft aufgehoben haben und seitdem völlig getrennt leben. Beide Parteien wünschen eine Scheidung ohne Schuldausspruch. Da der Bekl. der Scheidung nicht widersprochen hat und ebenfalls geschieden sein will, erscheint das Klagebegehren gerechtfertigt. Die Scheidung der Ehe steht auch nicht im Widerspruch zu den Interessen des gemeinsamen Kindes J., denn f ü r das Kind wird sich durch die Scheidung der Ehe nichts ändern. Sonstige von Amts wegen zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Ehe zu berücksichtigende Tatsachen sind nicht ersichtlich geworden. Die Ehe war daher antragsgemäß zu scheiden. Das Urteil beruht auf den Bestimmungen der §§ 13, 606, 614 ZPO, Art. 17 EGBGB, §§ 30, 31 des Gesetzes vom 7. 12. 1949 der Tschechoslowakischen Republik und der §§ 41, 48 EheG." 150. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines tschechoslowakischen Staatsangehörigen und einer Staatenlosen zuständig. Auf die Scheidung kommt in erster Linie tschechoslowakisches Recht zur Anwendung. — EGBGB Art. 17; RuStAG § 17 Ziff. 6; tschechoslowakisches Dekret vom 2. 8. 1945; tschechoslowakisches Ehereformgesetz vom 22. 5. 1919, §§ 13 a, 13 h, 14 c; Ges. über das Familienrecht vom 7. 12. 1949, §§ 30, 32. LG Augsburg, 3. ZK, Urt. vom 22. 9. 1952 — 3 R 417/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des LG ergibt sich aus § 606 ZPO. Letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort der Streitteile war Donauwörth. Beide Parteien leben heute noch im Gerichtsbezirk. Der Bekl. ist tschechischer Staatsangehöriger. Die Kl. hat durch ihre vor Inkrafttreten des Grundgesetzes am 14. 9. 1945 erfolgte Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit verloren und die tschechische Staatsangehörigkeit nicht erworben (§ 17 Ziff. 6 RuStAG, tschechisches Ausbürgerungsdekret vom 2. 8. 1945). Die Kl. ist heute staatenlos. Im vorliegenden Fall hat deshalb gemäß Art. 17 I EGBGB tschechisches Scheidungsreclit mit der sich aus Art. 17 IV ergebenden Einschränkung Anwendung zu finden. Am 1. 1. 1950 ist in der Tschechoslowakei das neue Eherecht (Gesetz vom 7. 12. 1949) in Kraft getreten, dessen Wortlaut aus Bayer. JMinBl. 1952, 33 ff. zu entnehmen ist. Für die Beurteilung von Eheverfehlungen aus der Zeit vor dem 1.1. 1950 hat es bei der Anwendung des tschechischen Gesetzes vom 22. 5. 1919 sein Bewenden . . .
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Zur Klage führt das Gericht aus, daß der Bekl. in den Jahren 1949 und 1950 ehebrecherische Beziehungen unterhalten habe. Diese Eheverfehlungen kann die Klägerin trotz Verzeihung zur Unterstützung ihres Scheidungsbegehrens auch heute noch heranziehen (§§ 13 a, 14 c des tschechoslowakischen Ehereformgesetzes vom 22. 5. 1919; Art. 17 IV EGBGB; § § 42, 49, 51 II EheG) . . . Das Scheidungsbegehren der Klägerin ist mithin gerechtfertigt (§ 30 tschechoslowakisches Familienrechtsgesetz vom 7. 12. 1949, § 42 EheG; § 32 des Ges. vom 7. 12. 1949 — Scheidung erst zulässig, wenn die Rechte und Pflichten der Eltern bezüglich der Kinder geregelt sind — bleibt außer Betracht, da diese Bestimmung nur verfahrensrechtlichen Charakter hat). (Zur Widerklage wird ausgeführt, daß die Widerklagebehauptungen des Bekl. nicht nachgewiesen worden seien.) Nach § 30 I des tschechoslow. Gesetzes vom 7. 12. 1949 kann an sich bei tiefer und dauernder Zerrüttung der Ehe jeder Teil die Scheidung beantragen. Gem. § 30 I I aaO (welche Bestimmung sich an § 13 h Satz 2 des Gesetzes vom 22. 5. 1919 anlehnt) entfällt aber die Berechtigung zu einem solchen Antrag für den Ehegatten, der die Zerrüttung ausschließlich verschuldet hat. Dieser Ausschlußgrund ist im vorliegenden Fall in der Person des Bekl. gegeben, so daß die Widerklage abzuweisen ist." 151. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Angehörigen der Sowjet-Union und einer Staatenlosen zuständig. Die Frage nach dem anzuwendenden materiellen Recht braucht nicht beantwortet zu werden, wenn nach den beiden in Frage kommenden Rechtsordnungen (der sowjetrussischen und der deutschen) die Ehe geschieden werden kann. Der Eintragung der Staatsangehörigkeit in die Kennkarte kommt keine rechtserhebliche Bedeutung zu. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; RuStAG vom 22. 7. 1913 § 17; EheG § 43; Dekret der UdSSR vom 8. 7. 1944 betr. Eherecht. LG Augsburg, 3. ZK, Urt. vom 10. 12. 1952 — 3 R 145/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das LG Augsburg ist zur Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 606 Z P O zuständig. Die Streitteile haben in Höchstädt ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt und wohnen heute noch dort. Der Widerkl. war von Geburt an russischer Staatsangehöriger und besitzt diese Staatsangehörigkeit gemäß dem russischen Staatsangehörigkeitsges. vom 19. 8. 1938 heute noch. Dem Eintrag in der Kennkarte des Widerkl., er sei staatenlos, kommt keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Die Widerbekl. hat durch die vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgte Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit verloren ( § 1 7 Ziff. 6 RuStAG). Sie hat durch die Eheschließung die russische Staatsangehörigkeit nicht erworben, da Art. 5 des vorbezeichneten Ges. vom 19. 8. 1938 die staatsangehörigkeitsrechtliche Selbständigkeit der Frau normiert und überdies das Dekret vom 15. 2. 1947, bestätigt durch Gesetz des Obersten Sowjets vom 4. 2. 1948, ein allgemeines Verbot der Eheschließung zwischen russi-
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seilen Staatsangehörigen und Ausländern enthält. Die YViderbekl. ist deshalb derzeit staatenlos. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist gegeben. Das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung hat überzeugend dargetan, daß § 11 des Bundesges. über heimatlose Ausländer vom 25. 4. 1951 im vorliegenden Falle auch auf den Widerkl. trotz Fehlens einer vormaligen Betreuung durch die IRO Anwendung findet. Davon abgesehen haben die Streitteile ihren Aufenthalt im Inland und ist die Widerbekl. staatenlos (Baumbach, Anm. 5 B zu § 606 ZPO). Materiellrechtlich bedarf die Frage, ob allein deutsches Scheidungsrecht oder ob deutsches und russisches Recht zusammen anzuwenden ist, hier keiner Entscheidung. Denn in beiden Fällen ist das Ergebnis das gleiche. Geht man davon aus, daß die Gesetze eines fremden Staates nach Art. 17 EGBGB als Scheidungsgrundlage nur dann herangezogen werden können, wenn die Ehe nach dem Recht des fremden Staates gültig ist, und daß diese Voraussetzung im Hinblick auf das oben angeführte Eheschließungsverbot — das Inkrafttreten des Dekrets vom 15. 2.1947 vor dem Tage der Eheschließung (25. 2. 1947) unterstellt — hier fehlt, dann findet schon aus diesem Grunde allein deutsches Scheidungsrecht Anwendung (MDR 1952, 623 4 ). Anderenfalls ist gem. § 17 I EGBGB russisches Scheidungsrecht maßgebend mit der aus Art. 17 IV EGBGB sich ergebenden Einschränkung, daß die Scheidung auch nach dem deutschen Gesetz zulässig sein muß. Die Widerbekl. hat nun anläßlich ihrer Parteieinvernahme glaubwürdig bekundet, daß sie vor und nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft ehewidrige Beziehungen zu mehreren Männern unterhalten hat, und hat die auf den gleichen Zeitraum sich erstreckende Frage nach ehebrecherischen Beziehungen unbeantwortet gelassen. Die auf § 43 EheG gestützte Widerklage ist mithin nach deutschem Scheidungsrecht begründet. Die Scheidung kann überdies auch nach russischem Recht ausgesprochen werden — und wird in diesem Falle ausgesprochen —, da das Unionsgesetz vom 8. 7. 1944 keine besonderen Scheidungsgründe normiert und dem Gericht die Möglichkeit gibt, nach freiem Ermessen zu entscheiden." 153. Ist der KL, der die Sowjetstaatsangehörigkeit besitzt, ein Flüchtling, so braucht die von der Sowjet-Union beanspruchte ausschließliche Zuständigkeit in Ehescheidungssachen von Sowjetstaatsangehörigen nicht berücksichtigt zu werden. Die Gerichte der UdSSR können die Scheidung nach freiem Ermessen aussprechen. Das führt dazu, daß in Deutschland gemäß Art. 17 IV EGBGB praktisch die Scheidungsgründe des deutschen Rechts maßgebend sind. — EGBGB Art. 17; ZPO §§ 606, 607. LG Weiden, Urt. vom 11. 7. 1951 — 1 R 159/50. Ungedruckt. Die Parteien sind Volksdeutsche aus der Ukraine; der Kl. hält sich seit F r ü h j a h r 1947 in Deutschland auf; der derzeitige Aufenthalt der Bekl. ist nicht bekannt. Der Mann klagt auf Ehescheidung. 1
LG Bochum 29. 7. 1952, IzRspr. 1945—1953 Nr. 282.
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Aus den Gründen: „Das Gericht ist örtlich zuständig, § 606 I ZPO. Die formellen Voraussetzungen nach § § 607 I ZPO sind erfüllt. Nach dem Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München v. 19. 7.1950, dem sich das Gericht anschließt, besitzt der Kl. noch die sowjetrussische Staatsangehörigkeit. Für die Scheidung ist daher nach Art. 17 1 EGBGB mit der Beschränkung des Abs. 4 sowjetrussisches Scheidungsrecht anzuwenden. Zwar behält sich die UdSSR seit 1944 die Scheidung ihrer Staatsangehörigen vor. Da jedoch der Kl. Flüchtling ist, hat es auf eine Anerkennung des Scheidungsurteils durch die UdSSR nicht anzukommen. Auch dies ergibt sich aus dem erholten Rechtsgutachten. Das Gericht kann daher gem. § 606 I I I S. 1 Z P O sachlich entscheiden. Die Gerichte der UdSSR können nach dem Rechtsgutachten die Scheidung nach freiem Ermesseil aussprechen. Besondere Gründe sind nicht normiert. Dies führt dazu, daß mit Rücksicht auf A. 17 IV EGBGB praktisch die Scheidungsgründe des deutschen Rechts maßgebend sind . . . " 1 5 3 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe ungarischer Staatsangehöriger zuständig, wenn der Ehemann der IRO-Betreuung unterstanden hat und sich in der Bundesrepublik aufhält. Auf die Scheidung ist deutsches Recht anzuwenden. — EGBGB Art. 17; Z P O § 606; A H K G Nr. 23 Art. 3, 10. LG Kempten, 1. ZK, Urt. vom 10. 9. 1953 — 1 R 169/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Formalien sind in Ordnung. Das LG ist gemäß § 606 I ZPO in Verbindung mit Art. 3, 10 A H K G Nr. 23 vom 17. 3. 1950 örtlich und sachlich zuständig, da der Kl. der Betreuung der I R O unterstanden hat. Die besonderen Vorschriften der § § 607 ff. Z P O sind beachtet. Materiell ist nach Art. 1 A H K G in Verbindung mit Art. 17 I EGBGB deutsches Recht anzuwenden. Hiernach ist die Klage begründet" (wird ausgeführt) . . . 1 5 4 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe von Ungarn zuständig, wenn auch nur einer der Ehegatten von der IRO betreut wird. Auf die Scheidung findet ungarisches Recht Anwendung, jedoch muß die Scheidung auch nach deutschem Recht zulässig sein. — EGBGB Art. 17; Z P O § 606; A H K G Nr. 23 Art. 3, 10; Ges. über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer vom 25. 4. 1951, § 11; ungar. StaatsangehörigkeitsG von 1948 Art. 14; ungar. EheG von 1894 § 80 a. OLG München, Urt. vom 8. 10. 1951 — 5 U 511/51. Ungedruckt. Die Parteien haben 1942 in Ungarn geheiratet. Sie sind ungarischen Volkstums und in Ungarn geboren. Sie sind im April 1945 nach Deutschland gekommen. Die Kl., die von der I R O betreut wird, bezeichnet sich als staatenlos, während der Bekl. im Besitz der ungarischen Staatsangehörigkeit ist. Die Parteien leben seit Januar 1948 getrennt. Das LG München I schied mit Urteil vom 2. 4. 1951 die Ehe aus Verschulden des Bekl. Mit
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der Berufung erstrebt der Bekl. Aufhebung dieses Urteils und Abweisung der Klage, vorsorglich Ausspruch der Mitschuld der Kl. Aus den Gründen: „Die Berufung des Bekl. ist form- und fristgerecht eingelegt, sachlich auch teilweise begründet. Nach § 606 Z P O sind die deutschen Gerichte zur Entscheidung zuständig, wenn einer der beiden Ehegatten Deutscher ist. Keiner der Streitteile besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Beide Ehegatten sind ungarischen Volkstums und in Ungarn geboren. Der Bekl. war ungarischer Gendarmeriebeamter. Beide Eheleute hatten bis zu ihrer Flucht nach Deutschland im Jahre 1945 zweifelsfrei die ungarische Staatsangehörigkeit. Ein Verlust der ungarischen Staatsangehörigkeit hätte seitdem nur durch Entlassung erfolgen können (Art. 14 des ung. StAG vom 24. 12. 1948). Der Bekl. ist nie aus der ungarischen Staatsangehörigkeit entlassen worden. Es ist nicht bekannt, ob das von der Kl. eingereichte Entlassungsgesuch Erfolg hatte. Dagegen ist die Kl. Flüchtling und wird laut der vorgelegten Bescheinigung der I R O vom 15. 5. 1950 von der „International Refugee Organization" betreut. Die Kl. ist somit ein Flüchtling im Sinne des Art. 10 A H K G Nr. 23, sowie ein heimatloser Ausländer im Sinne des Ges. vom 25. 4. 1951. Für den Ehescheidungsprozeß ist die Kl. daher einem deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt (Art. 3 A H K G Nr. 23, § 11 Ges. vom 25. 4. 1951). Nachdem für die Scheidung einer Ehe, deren einer Teil ein Deutscher ist, die deutschen Gerichte zuständig sind, ohne Rücksicht darauf, ob der Heimatstaat des anderen Eheteils eine ausländische Scheidung anerkennt oder nicht, ist infolge der Gleichstellung der Kl. mit einem deutschen Staatsangehörigen die Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Scheidung der Ehe gegeben. Der beklagte Ehemann ist ungarischer Staatsangehöriger. Für die Scheidung der Ehe ist daher ungarisches Recht maßgebend, jedoch muß die Scheidung auch nach deutschem Rechte zulässig sein (Art. 17 I, IV EGBGB). Nach § 80 a des ung. Gesetzartikels X X X I von 1894 kann eine Ehe auf Verlangen eines Ehegatten gelöst werden, wenn der andere Ehegatte seine ehelichen Pflichten durch sein absichtliches Betragen schwer verletzt und dadurch das eheliche Verhältnis so sehr zerstört wird, daß für den die Lösung der Ehe Verlangenden die Fortsetzung der Lebensgemeinschaft unerträglich geworden ist. Das ist der Fall" (wird ausgeführt). 1 5 5 . Die Volksdeutschen, welche Ungarn verlassen haben, haben die ungarische Staatsangehörigkeit verloren. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe einer Staatenlosen zuständig. Wenn der beklagte Ehemann ungarischer Staatsangehöriger war oder ist und sein letzter bekannter Aufenthaltsort in Ungarn lag, findet auf die Ehescheidung in erster Linie ungarisches Recht Anwendung, sei es unter Anwendung des Art. 17, sei es unter Anwendung des Art. 29 EGBGB. Da das ungarische Recht auf die Schuld des beklagten Ehegatten abstellt, bestehen keine Bedenken, im deutschen Ehescheidungsurteil das Verschulden des Beklagten auszu-
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sprechen. — EGBGB Art. 17, 29; ZPO § 606; ungar. VO 12 200/47 betr. die Umsiedlung Volksdeutscher Bevölkerung; ungar. EheG von 1894 §§ 76, 80. LG Passau, 2. ZK, Urt. vom 21. 2. 1952 — 2 R 116/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das LG Passau ist gem. § 606 III Ziff. 1 ZPO zur Entscheidung über die vorliegende Klage zuständig. Weder der Bekl. noch die Kl. besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Es ist davon auszugehen, daß, wie die Kl. vorträgt, und wie dem vorgelegten Auszug aus dem Standesamtsregister f ü r Eheschließungen in P. (Ungarn) vom 1. 6. 1937 entnommen werden kann, die Streitteile bei der Eheschließung im Jahr 1933 die ungarische Staatsangehörigkeit besessen und bis zum Jahre 1945 behalten haben. In der Folge haben sie diese Staatsangehörigkeit, wie aus dem Gutachten des Institutes f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 21. 1. 1952 hervorgeht, auf Grund der Vorschrift des § 9 der ungarischen VO 12 200/47 über die Abänderung, Ergänzung und Zusammenfassung der VO 12 330/45 über die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung verloren, weil sie Volksdeutsche sind. Dies gilt jedenfalls für die Kl., die sich seit 1937 in Deutschland aufhält, zum Deutschtum bekennt und der auch das Exekutivkomitee des Gemeinderates von P. am 13. 7. 1951 bescheinigt hat, daß sie die ungarische Staatsangehörigkeit verloren hat und nicht mehr nach Ungarn zurückkehren kann. Die Kl. hat andererseits zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben, sie ist auch den deutschen Staatsangehörigen in ihren Rechten und Pflichten nicht gleichgestellt, weil sie im Sinne des § 1 des Bayer. Flüchtlingsgesetzes vom 19. 2. 1947 (GVOB1. S. 51) und der Ausführungsbestimmungen hierzu vom 8. 7. 1947 (GVOB1. S. 153) nicht Flüchtling ist; denn sie hatte bereits am 1. 1. 1945 ihren dauernden Wohnsitz im Gebiet des Deutschen Reiches. Aus diesem Grund muß die Kl. als staatenlos angesehen werden. Der Bekl. hat entweder die ungarische Staatsangehörigkeit verloren, wenn er Volksdeutscher ist, und zwar auch dann, wenn er sich der Umsiedlung nach Deutschland entzogen hat (§ 9 Ziff. II der erwähnten ungarischen VO 12 200/47), oder er hat die ungarische Staatsangehörigkeit behalten. Er ist also entweder staatenlos, da er als Flüchtling nicht nach Bayern gekommen ist, oder besitzt noch die ungarische Staatsangehörigkeit. Daß er eine andere Staatsangehörigkeit, etwa die tschechoslowakische, erworben hat, ist nicht nachgewiesen, auch nicht wahrscheinlich; dazu würde eine bloße Übersiedlung in die Tschechoslowakei, wenn eine solche überhaupt stattgefunden hat, wie die Verwandten der Kl. vermuten, nicht ausreichen. Da somit keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, der gewöhnliche Aufenthalt der Kl. im Inland gelegen ist und mindestens die Kl. staatenlos ist, kann von einem deutschen Gericht in der vorliegenden Ehescheidungssache entschieden werden (§ 606 III Ziff. 1 ZPO). Zuständig ist das LG Passau, weil der beklagte Ehemann im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, die Kl. dagegen im LG-Bezirk Passau schon seit einiger Zeit beschäftigt ist und wohnt (§ 606 I S. 2 ZPO).
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Den besonderen Erfordernissen des Eheprozesses gem. §§ 607 ff. ZPO ist genügt. Der Antrag der Kl. auf Scheidung der Ehe aus Verschulden des Bekl. ist begründet. Das Gericht hat dabei die Vorschriften des ungarischen Rechtes über die Scheidung anzuwenden; denn entweder besitzt der Bekl. noch die ungarische Staatsangehörigkeit, dann ist gem. Art. 17 I EGBGß ungarisches Recht maßgebend, oder der Bekl. hat die ungarische Staatsangehörigkeit verloren und ist nunmehr staatenlos, dann ist auch in diesem Fall das ungarische Recht als das Recht des letzten tatsächlich nachgewiesenen gewöhnlichen Aufenthalts und Aufenthalts überhaupt des Bekl. in entsprechender Anwendung des Art. 29 EGBGB anzuwenden (vgl. das erwähnte Rechtsgutachten vom 21.1. 1952). Daß der Bekl. in der Zwischenzeit in die Tschechoslowakei übergesiedelt ist, kann nicht als erwiesen angesehen werden und ist nur eine vage Vermutung der Verwandten der Kl., die vom Gericht nicht verwertet werden kann. Das hier anzuwendende ungarische Scheidungsrecht ist im wesentlichen noch enthalten im Gesetz-Artikel XXXI vom Jahr 1894 über das Eherecht (abgedruckt bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 2 I [1938] 797). Dieses Gesetz ist ergänzt worden durch die ungarische VO betr. die Ergänzung und Abänderung des Ges. Art. Nr. XXXI/1894 vom 16. 8. 1945. Gemäß § 76 des gen. Gesetzartikels kann ein Ehegenosse, dessen Ehegefährte Ehebruch begeht, die Lösung der Ehe durch Richterspruch verlangen. Nach § 80 desselben Gesetzes kann die Ehe auf Verlangen eines der Ehegenossen gelöst werden, wenn der andere Ehegenosse die Pflichten des Ehegenossen außer den Fällen der §§ 76—87 durch sein absichtliches Verhalten schwer verletzt. Im letzteren Fall kann die Ehe nur dann gelöst werden, wenn der Richter unter sorgfältiger Berücksichtigung der Individualität und der Lebensverhältnisse der Ehegenossen sich davon überzeugt hat, daß das Eheverhältnis infolge einer der angeführten Gründe so sehr zerstört ist, daß für den die Lösung der Ehe Verlangenden die Fortsetzung der Lebensgemeinschaft unerträglich geworden ist. Verzeihung und Fristablauf von 6 Monaten von der Kenntnis des Scheidungsgrundes ab schließen das Scheidungsrecht aus (§§ 82, 83 des gen. Ges. Art. XXXI). Im vorliegenden Fall muß auf Grund der glaubwürdigen Angaben der Kl. bei ihrer richterlichen Einvernahme angenommen werden, daß der Bekl. auch heute noch mit der Frau, derentwegen er die Kl. verlassen hat, zusammenlebt, zum mindesten, daß er sich von der Kl. völlig losgesagt hat und daß dieser Zustand mit Willen und Billigung des Bekl. heute noch fortbesteht. Er hat sich seit vielen Jahren um seine Frau nicht mehr gekümmert und sie gänzlich ihrem Schicksal überlassen. Auch wenn daher die Voraussetzungen des § 76 des gen. Gesetzes-Artikels nicht als erwiesen angesehen oder Ausschluß des Scheidungsrechtes durch Fristablauf angenommen würde, so würde jedenfalls § 80, nämlich absichtliche schwere Verletzung der Pflichten gegenüber dem anderen Ehegatten, durchgreifen. Es bedarf keiner Ausführung, daß die Ehe der Streitteile durch das Verhalten des Bekl. so zerstört ist, daß die Fortsetzung der Ehe für die Kl., insbesondere nach so langen Jahren der Trennung, unerträglich geworden
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ist. Daß diese Verfehlung des Bekl. weder durch Verzeihung noch durch Fristablauf erloschen ist, ergibt sich daraus, daß sie heute noch fortdauert. Infolgedessen muß das Scheidungsbegehren der Kl. nach dem ungarischen Recht als begründet angesehen werden. Das Verhalten des Bekl. rechtfertigt auch nach deutschem Recht und zwar nach den § § 42, 43 EheG die Scheidung der Ehe aus Verschulden des Bekl. Aus diesem Grunde kann im Inland auf Scheidung der Ehe nach dem ungarischen Gesetz erkannt werden (Art. 17 I V EGBGB). Da der Gesetzartikel X X X I vom Jahre 1894 auf die Schuld des beklagten Ehegatten abstellt und f ü r die Lösung der Ehe ausdrücklich dessen Verschulden voraussetzt, besteht kein Bedenken, das Verschulden des Bekl. an der Scheidung der Ehe gem. § 52 I EheG ausdrücklich auszusprechen." 1 5 6 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe ungarischer Staatsangehöriger nicht zuständig. — Z P O § 606; A H K G Nr. 23; ungar. StAG von 1948 § 3; ungar. EheG von 1894 § 114. L G Amberg, 2. ZK, Urt. v o m 29. 11. 1950 — 2 R 249/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der Bekl. ist ungarischer Staatsangehöriger. Er hat seine Staatsangehörigkeit weder durch seinen Aufenthalt in Deutschland noch durch andere Umstände verloren. Dies ergibt sich aus seinen Erklärungen und dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München. Die Kl. hat durch die Eheschließung mit dem Bekl. auf Grund des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit verloren und auf Grund des § 3 des ungarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 24. 12. 1948, Ges. Art. LX/1948, veröffentlicht im Orszagos Törvenytar v o m 30. 12. 1948, die ungarische Staatsangehörigkeit erworben. Demnach sind beide Parteien ungar. Staatsangehörige. Nach § 606 I I I Z P O kann, wenn beide Parteien ausländische Staatsangehörige sind, von einem deutschen Gericht in der Sache nur entschieden werden, wenn die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung nach dem Heimatrecht des Mannes anerkannt werden wird. In Ungarn werden jedoch auf Grund des § 114 des ungarischen Ehegesetzes von 1894 ausländische Urteile in Ehesachen nicht anerkannt. Eine Anerkennung ist nur bei Personen möglich, die als Volksdeutsche aus Ungarn vertrieben worden sind; zu diesem Personenkreis gehört aber der Bekl. nicht. Auch das A H K G Nr. 23 kommt nicht zur Anwendung, weil der Bekl. keine „verschleppte Person" und kein Flüchtling im Sinne dieses Gesetzes ist. Demnach ist im vorliegenden Falle nach § 606 I I I Z P O die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben, und die Klage war daher abzuweisen." 1 5 7 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Staatsangehörigen und einer Staatenlosen zuständig. Auf amerikanischen die Scheidung findet deutsches Recht Anwendung, weil das amerikanische Kollisionsrecht auf die deutsche lex fori zurückverweist. Das deutsche Schei-
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953 wird in den Vereinigten
Staaten
anerkannt.
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— E G B G B Art. 17;
ZPO § 606; RuStAG § 17. LG Kassel, Urt. vom 10. 12. 1952 — 7 R 91/52: NJW 6 (1953) 307. Aus den Gründen: „Das angerufene Gericht ist sachlich und örtlich zuständig. Die Frage der Zuständigkeit bestimmt sich ausschließlich nach deutschem Recht. Die Vorschrift des Art. 17 EGBGB, wonach für die Scheidung der Ehe die Gesetze des Staates maßgebend sind, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört, verweist nur auf das materielle Scheidungsrecht, nicht auch auf das formelle Recht. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 606 I S. 2 ZPO. Danach ist, sofern zur Zeit der Erhebung der Klage ein gewöhnlicher Aufenthaltsort des Mannes im Inland fehlt, das LG zuständig, in dessen Bezirk der gewöhnliche Aufenthaltsort der Frau gelegen ist. Der gewöhnliche Aufenthaltsort der Kl. ist S. im LG-Bezirk Kassel. Das deutsche Gericht kann auch in der Sache entscheiden, wie aus § 606 III Ziff. 1 ZPO hervorgeht. Danach kann, wenn keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, von einem deutschen Gericht in der Sache entschieden werden, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes oder der Frau im Inland gelegen ist und auch nur einer der Ehegatten staatenlos ist. Keiner der Ehegatten besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Bekl. ist Staatsbürger der USA. Die Kl. hat die deutsche Staatsangehörigkeit verloren durch die Eheschließung mit dem Bekl., das ergibt sich aus § 17 Ziff. 6 RuStAG, wonach eine deutsche Staatsangehörige durch die Eheschließung mit einem Ausländer ihre Staatsangehörigkeit verliert. Die Kl. ist staatenlos. Sie hat die Staatsangehörigkeit des Bekl. durch die Eheschließung mit ihm nicht erworben. Das folgt aus dem amerik. Ges. betr. die Naturalisierung und Staatsangehörigkeit verheirateter Frauen (Act relative to the Naturalization and Citizenship of married women), Nr. 346 des 67. Kongresses der Vereinigten Staaten, genehmigt vom Präsidenten der Vereinigten Staaten am 22. 9. 1922. Insbesondere war in dieser Sache aber auch deutsches Recht anzuwenden. Zwar sind nach Art. 17 I EGBGB für die Ehescheidung die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört, demnach zunächst das Bundesrecht der USA. Nach Art. 27 EGBGB finden aber die deutschen Gesetze Anwendung, wenn nach dem Recht eines fremden Staates, dessen Gesetze in Art. 17 1 EGBGB für maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden sind. Eine solche Rückverweisung auf die Sachnormen des deutschen Rechts findet hier statt, da Art. 17 I EGBGB nicht nur auf das fremde materielle Recht, sondern auch auf dessen Kollisionsvorschriften verweist (RGZ 136, 361 ff., 365). Nach dem Bundesrecht der USA sind die Gerichte des common law im Einklang mit ihrer Überlieferung in erster Linie auf das Problem der Zuständigkeit bedacht und wenden das Scheidungsrecht des zuständigen Gerichts gewissermaßen als eine Folge der Zuständigkeit an (vgl. Nußbaum, Grundzüge des Internationalen Privatrechts unter bes. Berücksichtigung des amerik. Rechts. § 14 S. 136). Ist die Gerichtsbarkeit vorhanden, d. h.
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das ausländische Gericht zuständig im Sinne des amerik. Rechts, so wird die Frage des materiellen Scheidungsrechts nicht geprüft (Nußbaum aaO § 24 S. 234). Nach dem Recht der USA ist im allgemeinen der Wohnsitz wenigstens einer der Parteien Voraussetzung für die Zuständigkeit eines Gerichts in einem Scheidungsrechtsstreit (Restatement, Conflict of Laws, section III, 1934; vgl. Williams gegen North Carolina, 325 US 226, 229 [1945]; zit. in Journal du Droit International 1950, 974 f.). Danach ist vorl. sowohl das erkennende Gericht als auch ein amerikanisches Gericht zuständig im Sinne des amerikanischen Rechts, und kann von jedem Gericht das Recht des Forums angewandt werden. Die Anwendung deutschen Rechts konnte auch deshalb bedenkenfrei erfolgen, weil das Urteil in den Vereinigten Staaten mit großer Wahrscheinlichkeit anerkannt werden wird und damit der Zweck der Kollisionsnormen des deutschen internationalen Privatrechts erfüllt ist. So haben sogar die Gerichte des Staates New York, die eine Scheidung dem Bande nach in der Regel nur bei Ehebruch aussprechen (vgl. Raape, I P R 3 [1950] 193), durchweg Scheidungsurteile ausländischer Staaten auf Grund der comitas gentium anerkannt, falls sich nicht herausstellte, daß das ausländische Gericht über den Streitstoff oder über die Parteien keine Gerichtsbarkeit hatte (vgl. Fleischers Estate — Surrogate's Court, New York County, March 10. 1948; Journal du Droit International 1950, 970 f.). Weder amerikanische Gesetze noch Entscheidungen amerikanischer Gerichte stehen der Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile in Fällen entgegen, in denen das ausländische Gericht handeln konnte, weil es nach seinen eigenen Gesetzen und sonstigem Recht Gerichtsbarkeit erlangt hatte (aaO 972, 973). Auch Nußbaum (§ 24 S. 234) führt aus, daß die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils nach amerik. Recht in erster Linie davon abhänge, ob der Urteilsstaat vom Standpunkt des Anerkennungsstaates aus Gerichtsbarkeit hatte, d. h. ob das fremde Gericht zuständig war, wofür das Domizilprinzip maßgebend sei. Nun hat zwar das LG Berlin ( J W 1928, 3128) entschieden, daß für die Ehescheidung von Angehörigen der USA die deutschen Gerichte und das deutsche Recht maßgeblich seien, wenn der Ehemann seinen Wohnsitz in Deutschland hat, wobei sich der Wohnsitz der Ehefrau nach demjenigen des Ehemannes richte. Dieser Ansicht kann jedoch nicht mehr beigetreten werden. Nach der neueren Praxis der amerik. Gerichte, die der zunehmenden Unabhängigkeit der Frau in den USA Rechnung trägt, genügt es, daß nur einer der Gatten seinen Wohnsitz im Urteilsstaat hatte ( N u ß b a u m , § 24 S. 234 unter Bezugnahme auf den Fall Williams gegen North Carolina, 317 US 287 [1942]). Die Klage ist auch materiellrechtlich begründet . . . " 1 5 8 . Nach dem Rechte des Staates Florida (USA) bildet Ehebruch einen Scheidungsgrund unter der Voraussetzung, daß nur der eine Ehegatte Ehebruch begangen hat. — EGBGB Art. 17. LG Traunstein, Urt. vom 9. 8. 1949 — R 103/49. Ungedruckt. 21
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Aus den Gründen: „Die Ehefrau mußte mit ihrer Scheidungsklage durchdringen. Nach Art. 17 I EGBGB sind maßgebend die Gesetze des Bundesstaates Florida, USA, welchem der Ehemann angehört. Nach einem Rechtsgutachten, das das Institut f ü r Rechtsvergleichung an der Universität in München am 13. 7. 1949 erstattet hat, kann im Bundesstaat Florida die Scheidung erfolgen wegen Ehebruchs; allerdings nur unter der Voraussetzung, daß nur der eine Ehegatte Ehebruch begangen hat. Diese Voraussetzung liegt vor. Auf die Klage der Ehefrau war daher die Ehe wegen einseitigen unverziehenen Ehebruchs des Mannes zu scheiden." 159. Das böswillige Verlassen der Ehefrau durch den Ehemann bildet einen Ehescheidungsgrund sowohl nach dem Recht des Staates Georgia (USA) als nach deutschem Recht. — EGBGB Art. 17. LG Regensburg, 4. ZK, Urt. vom 6. 2. 1952 — 4 R 769/49. Ungedruckt. Die Parteien haben 1948 in F. (Bayern) die Ehe geschlossen. Der Ehemann, Angehöriger des Staates Georgia, ist 1949 nach den USA gegangen und hat sich um die Frau seitdem nicht gekümmert. Die Frau klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des Gerichts ist durch den Aufenthalt der Kl. im Gerichtsbezirk begründet Da der Bekl. Staatsangehöriger des Staates Georgia USA ist, ist gemäß Art. 17 EGBGB das Ehescheidungsrecht des Staates Georgia anzuwenden. Der Klage war stattzugeben, weil der Bekl. sich schwere Eheverfehlungen hat zuschulden kommen lassen, die eine Scheidung der Ehe sowohl nach dem Ehescheidungsrecht des Staates Georgia als auch nach dem deutschen Recht rechtfertigen. Auf Grund der glaubhaften Angaben der Kl. bei ihrer verantwortlichen Einvernahme ist erwiesen, daß der Bekl. der Kl. im Februar 1949, als er selbst in die USA zurückkehrte, versprochen hat, er werde sie bald nachkommen lassen. Die KI. hatte auch bereits die Ausreiseerlaubnis von den amerikanischen Behörden. Der Beklagte hat jedoch sein Versprechen nicht gehalten. Er hat die ersten Monate seine Frau noch vertröstet, weil er die Mittel zur Bezahlung der Überfahrt nicht habe, hat sie aber nicht nachkommen lassen, sondern in Deutschland ihrem Schicksal überlassen und hat ihr seit seiner Abreise auch keinen Unterhalt geleistet, so daß sie gezwungen war, Fürsorgeunterstützung in Anspruch zu nehmen. Durch dieses Verhalten hat der Bekl. die Ehe vollkommen zerstört. Das Verlassen der Frau, ihre vollkommene Vernachlässigung und die Verletzung seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Kl. sind schwere Eheverfehlungen sowohl nach den Ehescheidungsbestimmungen im Staate Georgia USA — sogenannte cruelty — als auch nach deutschem Eherecht . . 1 Das Urteil begründet nicht die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts (§ 606 ZPO).
Nr. 160,161
VI. Familienrecht
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Das Urteil beruht auf den Bestimmungen der § § 13, 606, 614, 91 ZPO, Art. 17 EGBGB, § § 41, 43, 52 des Ehegesetzes und den einschlägigen Bestimmungen des Ehescheidungsrechts des Staates Georgia USA." 1 6 0 . Die ehem. Danziger Staatsangehörigen sind zumindest als staatenlos anzusehen. Für die Scheidung der Ehe von Staatenlosen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, sind die deutschen Gerichte zuständig; auf die Scheidung findet deutsches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 29; Z P O § 606. LG Würzburg, Urt. vom 11. 4. 1950 — R 365/49. Ungedruckt. Der Bekl. besaß vor dem Kriege die Danziger Staatsangehörigkeit, die Kl. war im Zeitpunkt der Eheschließung Deutsche. Sie klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Bezüglich der Staatsangehörigkeit der Parteien war zunächst zweifelhaft, ob der beklagte Ehemann als Danziger mit der Einverleibung Danzigs in den polnischen Staat nicht die polnische Staatsangehörigkeit erworben und die Klägerin als seine Ehefrau nicht dieses Schicksal geteilt hat. Indessen hat ein Rechtsgutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 23. 3. 1950 klargestellt, daß die Parteien, selbst wenn, sie jemals im Zuge der Gebietseinverleibung die polnische Staatsangehörigkeit erworben hätten, diese durch die polnischen Ausbürgerungsmaßnahmen gegen Personen deutscher Volkszugehörigkeit jedenfalls wieder verloren hatten, so daß sie zumindest als staatenlos anzusehen sind. Damit ist die Zuständigkeit des Gerichts für die Scheidungsklage gegeben (§ 606 I I I Ziff. 1 Z P O ) und sind für die Scheidung die deutschen Gesetze maßgebend (Art. 29 EGBGB). Nach den letzteren aber ist die Klage begründet" (wird ausgeführt). 161. Auf die Scheidung der Ehe eines Staatenlosen, der seinen Aufenthalt in Polen hat, und seiner Frau, die vor der Eheschließung die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, ist gemäß Art. 17 III in Verbindung mit Art. 29 EGBGB deutsches Recht anzuwenden. — EGBGB Art. 17, 29; Z P O § 606; EheG § 43. LG Weiden, 1. ZK, Urt. vom 10. 1. 1951 — 1 R 168/49. Ungedruckt. Der vermutlich staatenlose Bekl. hat vor dem Standesamt W . am 2. 9. 1946 eine Deutsche geheiratet. I m August 1947 hat er seine Frau und sein Kind verlassen und ist nach Polen gegangen. Es ist unbekannt, wo er sich aufhält. Die Frau klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Das angerufene Gericht ist örtlich zuständig (§ 606 I Z P O ) . Die formellen Voraussetzungen nach § § 607 ff. Z P O sind erfüllt. Ob der Bekl. im September 1939 die deutsche oder polnische Staatsangehörigkeit besessen hat, ist ungewiß. Ebenso ist nicht geklärt, aus welchem Anlaß er aus Oberschlesien nach Bayern gekommen ist. Da er als „Volksdeutscher" bezeich21 *
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Nr. 162
net w i r d , kann a n g e n o m m e n w e r d e n , daß er zu d e m P e r s o n e n k r e i s g e h ö r t , w e l c h e m durch die polnische Gesetzgebung die polnische Staatsangehörigkeit aberkannt w u r d e . Zur Zeit d e r Eheschließung w a r er d a h e r vermutlich staatenlos. Es ist möglich, daß er dies auch zur Zeit der K l a g e e r h e b u n g w a r , es k a n n aber auch sein, daß er inzwischen die polnische Staatsangehörigkeit e r w o r b e n o d e r w i e d e r e r w o r b e n hat. Die Kl. hat durch die Eheschließung m i t d e m damals als staatenlos anzusehenden B e k l . die deutsche Staatsa n g e h ö r i g k e i t v e r l o r e n . Sie ist somit staatenlos. Das angegangene Gericht k a n n d a h e r g e m . § 606 I I I S. 1 Z P O sachlich urteilen. Nach A r t . 17 I I I E G B G B sind f ü r die Scheidungsklage der F r a u die deutschen Gesetze auch dann m a ß g e b e n d , w e n n in d e m Zeitpunkt, in d e m die Scheidung ergeht, n u r die F r a u die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Nach A r t . 29 E G B G B w e r d e n , soweit die Gesetze des Staates, d e m eine P e r son angehört, f ü r m a ß g e b e n d e r k l ä r t sind, die Rechtsverhältnisse
einer
staatenlosen P e r s o n nach den Gesetzen des Staates beurteilt, in d e m sie ihren g e w ö h n l i c h e n A u f e n t h a l t hat. Nach Palandt, B G B 8 A n m . 4 g zu A r t . 29 E G B G B t r i f f t A r t . 29 auch auf A r t . 17 I I I z u 1 . Das Gericht schließt sich dieser A u f f a s s u n g an. Ü b e r die Scheidungsklage kann daher nach deutschem Recht entschieden w e r d e n . Nach § 43 E h e G k a n n ein E h e g a t t e die Scheidung begehren, w e n n der andere durch eine schwere E h e v e r f e h l u n g die E h e schuldhaft so t i e f g r e i f e n d zerrüttet hat, daß die W i e d e r h e r s t e l l u n g
einer i h r e m W e s e n
ent-
sprechenden L e b e n s g e m e i n s c h a f t nicht m e h r e r w a r t e t w e r d e n kann. Das Gericht ist überzeugt, daß diese Voraussetzungen einer Scheidung bei d e m Bekl. vorliegen" (wird ausgeführt). 162. deutsche
Die Volksdeutschen Wehrmacht
aus Rumänien
die rumänische
deutsche Staatsangehörigkeit
jedoch
haben durch den Eintritt in die
Staatsangehörigkeit
nicht erworben,
verloren,
da dem Erlaß
12. 5. 1943 über den Erwerb
der deutschen Staatsangehörigkeit
stellung
keine Rechtswirksamkeit
in die Wehrmacht
Scheidung der Ehe von Staatenlosen, die ihren gewöhnlichen Deutschland
haben, findet deutsches Recht Anwendung.
durch
zukommt.
die vom Ein-
Auf
die
Aufenthalt
in
— E G B G B A r t . 29;
Z P O § 606; E r l a ß v o m 12. 5. 1943 über den E r w e r b der deutschen Staatsa n g e h ö r i g k e i t durch W e h r m a c h t s a n g e h ö r i g e ; rumänische Gesetze betr. die Staatsangehörigkeit v o n 1945, 1947 und 1948. L G B a m b e r g , 1. Z K , Urt. v o m 21. 5. 1951 — 1 R 409/50. Ungedruckt. D i e Parteien, deutsche V o l k s z u g e h ö r i g e , haben in Siebenbürgen i m Jahre 1938 die E h e geschlossen. Der E h e m a n n w u r d e 1943 in die deutsche W e h r macht eingezogen. Nach seiner Entlassung aus d e r K r i e g s g e f a n g e n s c h a f t k a m er in die Bundesrepublik. D i e E h e f r a u befindet sich in R u m ä n i e n . D e r E h e m a n n klagt auf Ehescheidung. A u s den Gründen: „ W i e der KI. bei seiner E i n v e r n a h m e g l a u b h a f t geschildert hat, w u r d e er i m Juni 1943 v o n W . ( R u m ä n i e n ) aus z u s a m m e n m i t seinem B r u d e r M. zur 1
Vgl. oben S. 299 Anm. 1.
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VI. Familienrecht
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deutschen Wehrmacht und zwar zur selben Einheit wie dieser eingezogen und gehörte bis Kriegsende auch stets demselben Truppenteil an. Nach der Aussage des Kl. wandte sich der Bruder nach Beendigung des Krieges wegen der Möglichkeiten zur Rückkehr nach Rumänien an die Diplomatische Mission der Rumänischen Volksrepublik in Berlin-Pankow, erhielt aber von dort unter dem 17. 5. 1950 die Mitteilung, daß er gemäß den rumänischen Gesetzen 261/1945, 162/1947 und 125/1948 der rumänischen Staatsbürgerschaft f ü r verlustig erklärt worden sei. Die genannten Gesetze besagen, wie die Dipl. Mission der Rumänischen Volksrepublik auf eine Anfrage des Prozeßbevollmächtigten des Kl. nach ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung unter dem 21.3.1951 schrieb, daß alle Volksdeutschen, die in der ehemaligen deutschen Wehrmacht gedient hätten, und solche, die freiwillig mit verschiedenen Transporten Rumänien verlassen hätten, die rumänische Staatsbürgerschaft verloren hätten. Auf Grund dieser Auskunft, die der Kl. urschriftlich vorlegte, hat das erkennende Gericht keine Bedenken anzunehmen, daß auch der Kl., dessen Verhältnisse sich von denen seines Bruders M. in diesem P u n k t in keiner Weise unterscheiden, die rumänische Staatsbürgerschaft gemäß den genannten Gesetzen verloren hat. Daß er inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit durch staatliche Verleihung erlangt habe, hat er nicht behauptet, geschweige denn nachgewiesen. E r kann jedenfalls den Besitz einer Einzeleinbürgerungsurkunde, die nach der bayerischen Verwaltungsübung (vgl. Bek. d. B. StM. d. Inn. vom 26. 4. 1947 — Nr. 4002 a 6 und der Entschl. d. BayStK. vom 6. 1. 1947 — Nr. 14 651 S/V O 1) gefordert wird, nicht nachweisen. Durch den Dienst in der deutschen Wehrmacht allein hat er gleichfalls die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben. Auch auf Grund des Erlasses vom 12. 5. 1943 — RGBl. 1943 I S. 315 — ist er nicht deutscher Staatsangehöriger geworden, da diesem Erlaß keine Rechtswirksamkeit zukommt (vgl. Schätzet, Arch. f. öff. Recht Bd. 74 S. 288 ff.). Als Flüchtling deutscher Volkszugehörigkeit steht er zwar gemäß Art. 116 I GG den deutschen Staatsangehörigen gleich. Diese Bestimmung hat indes nur fremdenrechtliche Bedeutung und ist ohne Einfluß auf die Staatsangehörigkeit im Sinne des intern. Privatrechts. Der KI. ist somit staatenlos. Die Zuständigkeit des LG Bamberg zur Entscheidung über die Klage ist daher nach § 606 III Nr. 1 letzte Alternative, Abs. 1 S. 2 ZPO gegeben, da der Kl. im Bezirk dieses Gerichts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das auf den vorliegenden Fall anzuwendende Recht bestimmt sich gemäß Art. 29 EGBGB ausschließlich nach dem deutschen Ehegesetz als dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kl. mit der Folge, daß es auf die Anerkennung des Scheidungsurteils durch Rumänien nicht anzukommen h a t . . . " 163. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Staatenlosen zuständig. Als Heimatstaat einer Person, die in Rumänien geboren ist, ist Rumänien anzusehen. Rumänien hat den Volksdeutschen Flüchtlingen die rumänische Staatsangehörigkeit entzogen (sie!). — EGBGB Art. 29; ZPO § 606; EheG § 48. LG Deggendorf, 2. ZK, Urt. vom 30. 10. 1950 — R 69/50. Ungedruckt.
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Die Parteien haben 1931 in Belgrad die Ehe kirchlich geschlossen. Im Jahre 1936 sind sie nach S. umgezogen, wo die beklagte Ehefrau auch jetzt noch lebt. Der Mann ist seit Ende Mai 1944 in Deutschland. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des LG Deggendorf ist nach § 606 III ZPO gegeben, da keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, der gewöhnliche Aufenthaltsort des Kl. im hiesigen Gerichtsbezirk liegt und der Kl. als staatenlos zu betrachten ist. Laut Vermerk in dem vorgelegten Trauschein ist der Kl. in J./Rumänien geboren, Rumänien ist daher als sein Heimatstaat anzusehen 1 . Von 1935 bis 31. 5. 1944 hat er in dem zeitweise zu Ungarn, später zu Jugoslawien gehörigen Ort S. gelebt; seit 1944 lebt er in Deutschland. Durch diese wiederholte Verlegung seines Wohnsitzes in einen anderen Staat ist eine Änderung seiner Staatsangehörigkeit nicht eingetreten. Da er aber laut vorliegender Staatsangehörigkeitsbescheinigung Volksdeutscher Flüchtling ist und Rumänien — wie amtsbekannt — solchen die rumänische Staatsangehörigkeit nicht mehr zubilligt 2 , ist er als staatenlos zu betrachten. Gemäß Art. 29 EGBGB ist f ü r die Scheidung seiner Ehe deutsches Recht maßgebend. Nach § 48 EheG ist die Klage begründet" (wird ausgeführt). 164. Den Volksdeutschen, die durch ihr Verhalten ihre „nationale deutsche Eigenart" bewiesen haben, ist die polnische Staatsangehörigkeit durch das Dekret vom 13. 9. 1946 entzogen worden. Für die Scheidung der Ehe eines staatenlosen Ehemannes, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, sind die deutschen Gerichte zuständig; auf die Scheidung findet deutsches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 17, 29; ZPO § 606; poln. Dekret vom 13. 9. 1946 betr. den Ausschluß der Volksdeutschen aus der polnischen Volksgemeinschaft. LG Weiden, Urt. vom 28. 11. 1951 — 1 R 87/49. Ungedruckt. Der Kl. wohnt in der Bundesrepublik; er hat S. (polnisch Schlesien) 1946 verlassen, wo die Bekl. noch jetzt wohnt. Er klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Das Prozeßgericht ist gem. § 606 I, III Nr. 1 ZPO zuständig. Def Kl. hat nach dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München seine polnische Staatsangehörigkeit durch das polnische Dekret vom 13. 9. 1946 verloren. Ein rechtsgültiger Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch den Kl. ist nicht nachgewiesen. Daher ist er als staatenlos zu betrachten. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Bekl. bereits wieder die polnische Staatsangehörigkeit erworben hat oder selbst staaten1 Das rumänische Staatsangehörigkeitsrecht war nicht auf den Grundsatz des jus soli aufgebaut. 2 Zu allgemein: Das rumänische Gesetz Nr. 162 (vom 30. 5. 1947) hat nur in Bezug auf einige Kategorien von „Einwohnern" angenommen, daß sie auf die rumänische Staatsangehörigkeit verzichtet haben: siehe Beitzke, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Albanien, Bulgarien und Rumänien (1951) 83.
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los ist. Gemäß Art. 17, 29 EGBGB ist deutsches Recht anzuwenden, da der gewöhnliche Aufenthalt des Kl. im Gerichtsbezirk gelegen ist. Den formellen Erfordernissen der §§ 607 ff. ZPO ist genügt. Die persönlichen Verhältnisse des Kl. und der Eheabschluß sind durch öffentliche Urkunden erwiesen. Die Klage ist begründet" (wird ausgeführt). 16S. Die tschechoslowakischen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit, die 1945 in der Tschechoslowakei ausgebürgert wurden, sind deutsche Staatsangehörige, wenn ihnen die deutsche Staatsangehörigkeit durch Ges. vom 21. 11. 1938 und die VO vom 20. 4. 1939 verliehen worden war. Die anderen ausgewiesenen Deutschen sind als staatenlos zu betrachten. Das Ehescheidungsstatut eines Deutschen oder eines Staatenlosen mit dauerndem Aufenthalt in Deutschland ist deutsches Recht. Eine in der Sowjet-Ukraine 1919 geschlossene faktische Ehe zwischen einem Deutschen und einer Russin, die bis 1943 gedauert hat, ist als eine wirksame Ehe zu betrachten (sie!). Die Nicht-Registrierung faktischer Ehen hatte nach dem sowjetischen Dekret vom 9. 7. 1944 eine allgemeine scheidungsähnliche eheauflösende Wirkung. Die Anerkennung einer solchen Wirkung ist in Deutschland ausgeschlossen (§ 328 I Z i f f . 5 ZPO). Eine sowjetische faktische Ehe kann durch ein deutsches Gericht geschieden werden. — EGBGB Art. 11; ZPO § 328; Sowjet. Dekret vom 9. 7. 1944. LG Heilbronn a. N., Urt. vom 9. 7. 1952 — III R 61/52. Ungedruckt. Der Kläger, österreichischer Staatsangehöriger und im Sudetenland heimatberechtigt, k a m 1916 in russische Kriegsgefangenschaft und blieb nach Kriegsende in Rußland, und zwar in M. D. (Ukraine). Dort lebte er mit der Beklagten von 1919 bis 1943, ohne die faktische Ehe registrieren zu lassen. Im J a h r e 1943 kam der Kläger mit den deutschen T r u p p e n nach Deutschland und wurde im Dezember 1944 eingebürgert. Die Beklagte blieb in ihrer Heimat. Der Kläger klagt auf Scheidung seiner „faktischen" Ehe, die nach den Vorschriften des Familiengesetzbuches der RSFSR als eine gültige Ehe zu betrachten war. Aus den Gründen: „Der Klage war der Erfolg nicht zu versagen. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und die Anwendung des deutschen Eherechts ist auf jeden Fall begründet. Gemäß der Einbürgerungsurkunde vom 12. 12. 1944 hat der Kl. — spätestens — mit diesem Zeitpunkt die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben. Nach § 606 I ZPO ist daher die örtliche und sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts begründet, nach Art. 17 I EGBGB auch die Anwendung des sachlichen deutschen Scheidungsrechtes. Durch deutsche Vorschriften vom 21. 11. 1938 und 20. 4. 1939 erlangten die tschechoslowakischen Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Dekret der Tschechoslowakischen Republik vom 2. 8. 1945 erkannte diese Vorschriften als gültig an und bestimmte,
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daß die betreffenden Personen die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit vom Tage der Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit an verloren hätten und begründete damit insbesondere die Ausweisung derselben. (Raape, Internationales Privatrecht 3 199 Anm. 60 II). Der Kl. wäre demnach gegebenenfalls bereits vor der Einbürgerung vom 12. 12. 1944 kraft seiner sudetendeutschen Abstammung und Heimatberechtigung auf dem Wege einer zwischenzeitlichen tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit deutscher Volkszugehörigkeit mit Wirkung auch f ü r die Gegenwart deutscher Staatsangehöriger geworden, die Verfahrens- und sachrechtliche Lage auf jeden Fall unverändert. Auch diejenigen tschechoslowakischen Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit, die nicht durch die genannten deutschen Vorschriften die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten, verloren durch das erwähnte Dekret die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit vom Tage des Dekrets ab, sind also staatenlos (Raape aaO mit Bezug auf die dort angezogene Entscheidung des OLG Stuttgart vom 3. 3. 1948, SVZ 1949, 47 1 ). Die Verfahrens- und sachrechtliche Anwendung deutschen Rechtes würde also auch für diesen Fall begründet sein, und zwar sowohl nach Art. 29 EGBGB (Staatenlose mit inländischem gewöhnlichem Aufenthalt) wie § 4 des Württ.-Bad. Flüchtlingsgesetzes vom 14. 2. 1947 — RegBl. S. 15 ff. (Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen f ü r alle Fälle). Der Zeitpunkt, zu welchem der Kl. die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat oder aber staatenlos geworden ist, ist auch sonst jedenfalls sach- und verfahrensrechtlich ohne Bedeutung und kann demgemäß dahingestellt bleiben. Nach Art. 11 I S. 2, 13 III EGBGB genügt f ü r die Eingehung der Ehe im Ausland f ü r alle Fälle die Beobachtung der Ortsform. Demgemäß ist auch die Gültigkeit der sogenannten faktischen Ehen ohne Registrierung oder sonstige äußere Form der Eheschließung nach den genannten sowjetruss. Bestimmungen für das deutsche Rechtsgebiet höchstrichterlich anerkannt worden 2 (Raape, aaO, 163 Anm. 16). Nach Ort und Dauer des Zusammenlebens der Parteien, wie der KI. sie parteieidlich glaubhaft dargestellt hat, ist ein derartiges ehegleiches Verhältnis der Parteien auch tatsächlich anzunehmen. — Durch Art. 19 I und II der sowjetruss. VO. vom 9. 7. 1944 (Raape aaO 161 Anm. 12) sind aber auch die behandelten faktischen Eheverhältnisse in ihrer Fortwirkung und ihrem Fortbestehen dem Registrierungszwang f ü r die Zukunft unterworfen worden dahin, daß nur noch die registrierte Ehe rechtliche Wirkung haben sollte und „Personen, die vor dem Inkrafttreten dieser VO faktisch in ehelichen Beziehungen leben, können ihre Beziehungen durch Registrierung der Ehe formell gestalten unter Angabe des Zeitraumes ihres faktischen gemeinsamen Lebens". Es bedarf keiner Feststellung und Erörterung, ob die Ehe der Par1 2
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 102. Die „faktische" Ehe war in der RSFSR, nicht aber in der Ukraine, wo die Parteien ihren Wohnsitz gehabt haben, anerkannt. Gemäß Art. 105 des ukrainischen Familiengesetzbuches von 1926 mußte die Ehe bei den Organen für Eintragung von Personenstandsurkunden registriert werden: siehe Freund, Das Zivilrecht in der Sowjetunion, 1. Abt., 1. Lief. (1927) 121.
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teien demgemäß registriert worden ist. Die verordnete Unwirksamkeit nicht registrierter Eheverhältnisse ist nicht als rückwirkende Nichtigkeit zu verstehen, sondern als eine allgemeine scheidungsähnliche Eheauflösung f ü r die Zukunft, wie sie freilich den westlichen Rechten unbekannt ist. Die Auswirkung dieser Verordnung auf die Ehe der Parteien bestimmt sich daher gleich einer Scheidung gem. Art. 17 EGBGB grundsätzlich nach der Staatsangehörigkeit des Kl. als E h e m a n n zur Zeit des Inkrafttretens dieser VO. Nach seiner glaubhaften parteieidlichen Erklärung hat der KI. die sowjetruss. Staatsangehörigkeit niemals erworben und ist während seines Aufenthalts in diesem Lande stets als Ausländer behandelt worden. Es k a n n im übrigen auf sich beruhen, welche Staatsangehörigkeit er z. Zt. des Inkrafttretens der gen. VO hatte u n d wie weit danach eine derartige Eheauflösung in Frage kam. Es bedarf auch keiner Erörterung, wie weit der Kl. nicht auf jeden Fall dem Geltungsbereich des sowjetruss. Rechts entzogen war, nachdem er sich außerhalb von dessen Machtbereich im Verband der deutschen Wehrmacht befand. Ebenso braucht nicht darauf zurückgegriffen zu werden, wie weit nach Art. 30 EGBGB („ordre public") oder einem entsprechenden Grundsatz des betr. anderen westlichen nationalen Rechtes einer derartigen allgemeinen Eheauflösung die Anerkennung zu versagen ist. Mit eben der gen. VO vom 9. 7. 1944 hat Sowjetrußland ab 8. 7. 1944 die Scheidung seiner Staatsangehörigen ausschließlich seinen eigenen Gerichten vorbehalten und erkennt demgemäß ausländische Scheidungen insoweit nicht an (Raape aaO 200 Anm. 62). Die Anerkennung einer scheidungsgleichen Eheauflösung gem. Art. 19 II der sowjetruss. VO vom 9. 7. 1944 mangels Registrierung ist daher auf jeden Fall nach § 328 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO ausgeschlossen, da die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, indem zum mindesten hinsichtlich der in der sowjetruss. Staatsangehörigkeit verbliebenen Bekl. die Sowjetunion einer deutschen Scheidung die Anerkennung versagt bzw. versagen würde. Die Ehe der Parteien ist sonach durch Art. 19 II der gen. VO mit W i r k u n g f ü r das deutsche Rechtsgebiet keinesfalls aufgelöst worden, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Kl. im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung, nachdem der Kl. damals nicht sowjetruss. Staatsangehöriger gewesen ist. Die Parteien leben also f ü r das deutsche Rechtsgebiet noch in fortbestehender Ehe. Die Scheidungsklage des Kl. ist daher sowohl zulässig, wie zur Eheauflösung gem. § 4 1 des EheG unerläßlich. Das Scheidungsverlangen des Kl. ist auch nach § 48 des Eheges. begründet" (wird ausgeführt). 166. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Staatenlosen und einer Belgierin zuständig. Wenn der staatenlose Beklagte zur Zeit der Klageerhebung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hatte, sind die deutschen Gesetze maßgebend. — EGBGB Art. 17, 29; ZPO § 606; EheG §§ 41, 43, 52. LG München I, Urt. vom 16. 10. 1951 — 1 R 685/49. Ungedruckt. Die Ehe wurde am 16. 6. 1945 vor dem deutschen Standesbeamten in B. (Rügen) geschlossen. Die Parteien leben seit November 1946 getrennt.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953 Nr. 167—169
Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts ergibt sich aus § 606 I und I I I ZPO. Die Eheschließung der Streitteile ist durch die Heiratsurkunde nachgewiesen. Ferner ist durch öffentliche Urkunden nachgewiesen, daß der Bekl. zur Zeit der Eheschließung Belgier war, daß er aber die belgische Staatsangehörigkeit am 18. 4. 1948 durch Aberkennung verloren hat. Er ist seitdem Staatenloser. Die Kl. war von Geburt Griechin und hat durch Eheschließung die belgische Staatsangehörigkeit erworben, die sie heute noch besitzt, nachdem sie von der Aberkennung, die gegen den Bekl. ausgesprochen wurde, nicht betroffen ist. Da der Bekl. staatenlos ist und zur Zeit der Klageerhebung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte, sind für die Scheidung der Ehe die deutschen Gesetze maßgebend (Art. 17, 29 EGBGB). Die Klage ist begründet" (wird ausgeführt). 167. Die Flüchtlinge im Sinne des bayerischen Flüchtlingsges. sind in ihren Rechten und Pflichten den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines Flüchtlings zuständig. Auf die Scheidung kommt gemäß Art. 17 EGBGB deutsches Recht zur Anwendung. — EGBGB Art. 17; bayer. Flüchtlingsges. vom 19. 2. 1947 § 4. LG München II, 4. ZK, Urt. vom 17. 3. 1952 — 4 R 583/51. Ungedruckt. Die Ehefrau ist Flüchtling (im Sinne des bayer. Flüchtlingsgesetzes) aus Ungarn. Der Ehemann lebt seit seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im Jahre 1951 in Ungarn. Aus den Gründen: „Die Kl. ist als Flüchtling im Sinne des § 4 bayr. Flüchtlingsgesetz deutschen Staatsangehörigen in ihren Rechten und Pflichten gleichgestellt. Es kommt deshalb gemäß Art. 17 EGBGB deutsches Recht zur Anwendung. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 606 ZPO. Die Klage ist weder nach § 43 noch § 48 EG begründet" (wird ausgeführt). 168. Die Scheidung der Ehe eines von der IRO betreuten Flüchtlings polnischer Staatsangehörigkeit, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat, wird gemäß Art. 1 des Gesetzes Nr. 23 der AHK nach deutschem Recht beurteilt. — EGBGB Art. 17; AHKG Nr. 23 Art. 1. LG Amberg, Urt. vom 16. 6. 1950 — 1 R 168/50. Ungedruckt. 169. Polnische Staatsangehörige ukrainischen Volkstums haben ihre polnische Staatsangehörigkeit mit dem Inkrafttreten des am 7. 7. 1945 zwischen Polen und der Sowjet-Union geschlossenen Abkommens verloren. Auf die Scheidung der Ehe von staatenlosen DP, von denen der Mann sich in Kanada und die Frau in der Bundesrepublik aufhalten, ist unter analoger Anwendung des Art. 17 III EGBGB in Verbindung mit Art. 1 des AHKG
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Nr. 23 deutsches Recht anzuwenden. — EGBGB Art. 17, 29; AHKG Nr. 23 Art. 1; Abkommen zwischen Polen und der Sowjet-Union vom 7. 7. 1945. LG Memmingen, Urt. vom 23. 5. 1951 — R 443/50. Ungedruckt. Die Parteien, polnische Staatsangehörige ukrainischen Volkstums, haben die Ehe vor dem Standesamt R. (Bayern) im Jahre 1947 geschlossen. Der Mann ist nach Kanada ausgewandert, die Frau ist in der Bundesrepublik geblieben und klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des Gerichts ist durch den letzten gewöhnlichen Aufenthalt der Kl. im Gerichtsbezirk begründet. Die Eheschließung der Streitteile ist durch öffentliche Urkunde nachgewiesen. Die Eheleute sind, wie sich aus ihrer Sprache und Zugehörigkeit zur griechisch-katholischen Kirche ergibt, nicht Angehörige der polnischen, sondern solche der ukrainischen Volksgruppe. Sie waren früher polnische Staatsangehörige. Als solche haben sie, da sie sich am 6. 7. 1945 im Ausland befanden, kraft des am 7. 7. 1945 abgeschlossenen Abkommens zwischen Polen und der UdSSR die polnische Staatsangehörigkeit verloren. Sie hätten dann die Staatsangehörigkeit der UdSSR nur erworben gehabt, wenn sie sich bis zum 1. 11. 1945 bei dem Komitee des Obersten Rates der UdSSR darum beworben h ä t t e n l . Da sie es nicht getan haben, sind sie staatenlos geworden (Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München). Daß die Ehe der Streitteile völlig zerrüttet ist, ist augenscheinlich . . . Die Ehe ist gemäß § 43 EheG zu scheiden. Der Bekl. war zwar zur Zeit der Erhebung der Klage bereits in Kanada, so daß nach Art. 29, 17 EGBGB das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltes anzuwenden wäre. Die Kl. besitzt jedoch den DP-Status. Nach Art. 17 III EGBGB kommt auf die Scheidungsklage der Frau dann deutsches Recht zur Anwendung, wenn sie bei Erlaß der Entscheidung die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Gemäß Art. 1 AHKG Nr. 23 werden die Rechtsverhältnisse einer verschleppten Person, soweit das EGBGB bestimmt, daß die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, maßgebend sind, nach dem Rechte des Staates beurteilt, in welchem die Person zu der maßgebenden Zeit den gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da Art. 17 III EGBGB eine solche Vorschrift ist und die Kl. ihren Aufenthalt in Deutschland hat, ist gemäß Art. 1 des AHKG Nr. 23 in Verbindung mit Art. 17 III deutsches Recht anzuwenden." IVO. Auf die Scheidung der Ehe eines Spaniers, der in der Bundesrepublik von der IRO betreut wird, ist deutsches Recht anzuwenden. — AHKG Nr. 23. LG Bayreuth, 2. ZK, Urt. vom 3. 11. 1950 — 2 R 293/50. Ungedruckt. 1 Die Wiedergabe der Bestimmungen des sowjet.-polnischen Abkommens vom 6. 7. 1945 in dem Urteil entspricht nicht dem Wortlaut der amtlichen Bekanntmachung über dieses Abkommen, das in deutscher Übersetzung bei Geilke, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Polen (1952) 88 f. abgedruckt ist.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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Die Parteien sind Spanier; sie leben seit 1938 getrennt, der Mann in Deutschland, die Frau in Spanien. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des Gerichts ist durch den Aufenthalt des Klägers im Gerichtsbezirk begründet. Die Eheschließung der Streitteile und die Staatsangehörigkeit des Kl. (Spanier) wurde nachgewiesen. Die Scheidungsfrage ist, da der Kl. zu den durch die IRO betreuten Personen gehört, auf Grund des AHKG Nr. 23 vom 17. 3. 1950 nach deutschem Recht zu beurteilen." 1 7 1 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe heimatloser Ausländer, die ihren Aufenthalt in Deutschland haben, zuständig. Auf die Ehescheidung findet in erster Linie das Heimatrecht des Ehemannes zur Zeit der Erhebung der Klage (hier das Recht der Sowjet-Union) Anwendung (sie!). — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; Dekret der UdSSR vom 8. 7. 1944 betr. das Eherecht. LG Memmingen, Urt. vom 5. 11. 1952 — R 217/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des LG Memmingen ist durch den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien im Gerichtsbezirk begründet, § 606 ZPO, §§ 4 u. 11 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. 4. 1951. Durch die letztgenannten Rechtsvorschriften sind heimatlose Ausländer der deutschen Gerichtsbarkeit unterstellt und deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Die Parteien [Flüchtlinge aus der Sowjet-Union] sind im Sinne des § 1 I a, b und c des genannten BundesG vom 25. 4. 1951 heimatlose Ausländer, weil sie a) dem Mandat des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlings unterstehen, b) nicht Deutsche nach Artikel 116 des Grundgesetzes sind, und c) am 30. 6. 1950 ihren Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes hatten. Nachdem die in § 1 Abs. I a des Bundesgesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer genannte Internationale Flüchtlingsorganisation (IRO) ihre Tätigkeit in Deutschland eingestellt hat, ist an ihre Stelle das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge getreten. Das Schreiben des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge vom 27. 2. 1952 — VI 1/20/52 — hat klargestellt, daß dem Mandat des Hohen Kommissars alle nichtdeutschen Flüchtlinge unterfallen, die vor dem 30. 6. 1950 nach Deutschland kamen, ohne Rücksicht, ob sie früher von der IRO betreut worden sind oder nicht. Die Gleichstellung des heimatlosen Ausländers mit deutschen Staatsangehörigen hat zur Folge, daß die Zuständigkeit des deutschen Gerichts zur Ehescheidung nicht davon abhängt, ob der Heimatstaat des Ehemannes das erstrebte Urteil anerkennt; so das Gutachten des rechtsvergleichenden Instituts der Universität München vom 22. 9. 1952, dem sich das Gericht in allen Punkten anschließt. Die Gleichstellung der Parteien mit deutschen Staatsangehörigen erstreckt
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sich aber nicht auf das materielle Ehescheidungsrecht. D i e Parteien haben, w i e das eingeholte Gutachten ausführt, die sowjetrussische Staatsangehörigkeit nicht verloren. F ü r die Scheidung sind daher die Gesetze des sowjetrussischen Staates, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der W i d e r klage angehört, maßgebend, Art. 17 E G B G B 1 . Nach d e m derzeit geltenden sowjetischen Ehescheidungsrecht (Unionsgesetz v o m 8. 7. 1944) kann das Gericht die Scheidung nach f r e i e m Ermessen aussprechen. Auf Grund dieses ausländischen Gesetzes kann aber ein deutsches Gericht auf Scheidung nur erkennen, w e n n auch nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig w ä r e , Art. 17 I V EGBGB. Nach deutschem Recht (§ 43 E h e G ) kann ein Ehegatte Scheidung begehren, w e n n der andere Ehegatte durch eine schwere E h e v e r f e h l u n g die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, daß die W i e d e r herstellung einer ihrem W e s e n entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet w e r d e n kann. Diese Voraussetzung ist hier e r f ü l l t " ( w i r d ausgeführt). 1 7 2 . Auf die Scheidung einer Ehe ungarischer Flüchtlinge, die sich in der Bundesrepublik aufhalten und von der IRO betreut werden, kommt gemäß AHKG Nr. 23 deutsches Recht zur Anwendung. — E G B G B Art. 17; Z P O § 606; A H K G N r . 23 Art. 1, 3. L G A m b e r g , Urt. v o m 12. 9. 1951 — 2 R 481/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das L G A m b e r g ist örtlich zuständig, da die Parteien ihren letzten genieinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in A m b e r g hatten und die K l . noch hier w o h n t ( § 606 Z P O ) . D i e deutsche Gerichtsbarkeit ist ebenfalls gegeben. Die Parteien, die ungarische Staatsangehörige sind, sind verschleppte Personen b z w . Flüchtlinge und stehen unter dem Mandat der I R O . Sie sind daher in Ehesachen gem. Art. 1 und 3 A H K G N r . 23 w i e deutsche Staatsangehörige zu behandeln. D i e Kl. kann also die Ehescheidung durch ein deutsches Gericht verlangen. F ü r die Scheidung ist allein deutsches Recht maßgebend (Art. 17 EGBGB, Art. 1 A H K G N r . 23 der All. H o h e n K o m m i s s i o n ) . Die K l a g e ist begründet" ( w i r d ausgeführt). 1 7 3 . Auf die Ehescheidung von staatenlosen, von der IRO betreuten Personen findet deutsches Recht Anwendung, auch wenn der beklagte Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Australien hat (sie!). — A H K G N r . 23 Art. 1, 3, 10. L G Augsburg, 1. Z K , Urt. v o m 6. 7. 1950 — 1 R 37/50. Ungedruckt. D i e Parteien w a r e n f r ü h e r polnische Staatsangehörige ukrainischer Na1 Gemäß Art. 1 AHKG Nr. 23 ist, soweit das EGBGB die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, für maßgebend erklärt, auf Bechtsverhältnisse eines Flüchtlings das Recht des Staates anzuwenden, in welchem der Flüchtling zu der maßgebenden Zeit den gewöhnlichen Aufenthalt hat oder gehabt hat. Im vorliegenden Fall war die Scheidung nur nach deutschem Recht zu beurteilen.
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tionalität. Sie gelten als staatenlos. Die Ehe ist im Oktober 1946 vor dem Standesbeamten in A. geschlossen worden. Im August 1948 ist der Mann unter der falschen Angabe, daß er ledig ist, allein nach Australien ausgewandert. Die Frau klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Die Streitteile sind staatenlos. Diese Tatsache ist von der Kl. durch Vorlage zweier Bestätigungen der IRO vom 13. 1. 1950 und 8. 5. 1950 nachgewiesen worden. Da die Parteien überdies zu dem Personenkreis der Art. 1, 3 und 10 des AHKG Nr. 23 gehören, sind auf das Verfahren die materiellen und prozessualen Vorschriften des deutschen Rechts anzuwenden 1 . Nach Maßgabe dieser Bestimmungen ist das Scheidungsbegehren begründet" (wird ausgeführt). 174. Mit der Beendigung der IRO-Betreuung von Flüchtlingen hat das Gesetz Nr. 23 der AHK praktisch aufgehört, anwendbar zu sein (sie!). Auf die Ehescheidung heimatloser Ausländer ist daher das Heimatrecht de* Ehemannes zur Zeit der Erhebung der Klage anzuwenden. — EGBGB Art. 17; ZPO § 606; Gesetz vom 25. 4. 1951 über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer; ungar. EheG von 1894 §§ 76, 80; ungar. EheVO 6800/45. LG Landshut, 2. ZK, Urt. vom 28. 1. 1953 — R 211/52. Ungedruckt. Die Parteien sind ungarische Staatsangehörige. Der Ehemann verließ Ungarn im Sommer 1948 und kam nach Deutschland, die Ehefrau und das Kind sind in Ungarn geblieben. Der Ehemann ist kurz vor Weihnachten 1952 nach Kanada ausgewandert. Aus den Gründen: „Die Parteien sind ungarische Staatsangehörige. Der Kl. ist heimatloser Ausländer im Sinne des Bundesgesetzes vom 25. 4. 1951. Als solcher ist er im Verfahren vor den deutschen Gerichten einem deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Infolgedessen ist das LG Landshut trotz § 606 III Ziff. 1 ZPO gem. §§ 606 I, 263 II ZPO zur Entscheidung über die Ehescheidungsklage zuständig. Da das AHKG Nr. 23 durch die Beendigung der IRO-Betreuung praktisch aufgehört hat, anwendbar zu sein 2 , ist gem. Art. 17 EGBGB über die Ehescheidungsklage nach ungarischem Recht zu urteilen. Darnach ist die Klage nicht begründet. Die Klagegründe nach §§ 76, 80 a, 80 c des ungarischen Ehegesetzes Art. XXXI/1894 und nach § 43 des deutschen Ehegesetzes (Art. 17 IV EGBGB) sind nicht bewiesen worden (wird ausgeführt . . . ). 1 E s war in erster Linie nicht das deutsche, sondern das australische Recht anzuwenden, da der E h e m a n n zur Zeit der Klageerhebung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Australien hatte (Art. 17 I EGBGB in Verbindung mit Art. 1 des AHKG Nr. 23). 2 Das AHKG Nr. 2 3 hat mit der Beendigung der IRO-Betreuung nicht aufgehört, anwendbar zu sein: es fand Anwendung auf alle Personen, die vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge betreut wurden.
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Die Voraussetzungen einer Scheidung der Ehe ohne Verschulden nach § 4 1 der ungarischen Eheverordnung VO 6800/45 sind nicht gegeben. Da die Ehegatten bis zur Flucht des Kl. aus Ungarn in guter Ehe miteinander lebten und nach dem klägerischen Vorbringen noch bis 1950 in regelmäßigem Briefverkehr miteinander standen, ohne die Frage einer Scheidung auch nur zu berühren, darf angenommen werden, daß sie bis 1950 noch den Willen und die Hoffnung hatten, irgendwann wieder zusammenkommen und die Ehe fortsetzen zu können. Unter diesen Umständen hat das Gericht die Überzeugung, daß die eheliche Gemeinschaft der Ehegatten nicht schon am 20. 6. 1948, sondern frühestens erst zu Beginn des Jahres 1950 „aufgehört" hat. Nach § 4 I aaO müssen aber fünf Jahre nach dem Aufhören der ehelichen Gemeinschaft vergangen sein, bevor einer der Ehegatten die Auflösung der Ehe beantragen kann. Diese Frist ist noch nicht erfüllt; sie wäre es nicht einmal dann, wenn man unterstellen wollte, daß die eheliche Gemeinschaft schon am 20. 6. 1948 „aufgehört" habe. Nach § 48 des deutschen EheG genügt für die Ehescheidung ohne Verschulden die dreijährige Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft, sofern durch sie das eheliche Verhältnis tiefgreifend und unheilbar zerrüttet worden ist. Da auch nach deutschem Recht die eheliche Gemeinschaft der Parteien frühestens erst zu Beginn des Jahres 1950 als aufgehoben angesehen werden kann, wären die Voraussetzungen des § 48 EheG zwar knapp erfüllt, dies kann aber im vorliegenden, nach ungarischem Recht zu beurteilenden Fall die Scheidung der Ehe nicht rechtfertigen. Die Klage war daher abzuweisen." 1 7 5 . Die Auseinandersetzung der Ehewohnung und des Hausrats nach der Scheidung ist auch dann nach deutschem Recht zu beurteilen, wenn der Mann dänischer Staatsangehöriger, aber in Deutschland wohnhaft ist: es liegt eine Rückverweisung des dänischen auf das deutsche Recht vor. Auch soweit bei „staatsbürgerlichen Mischehen" das Personalstatut der Frau mitzuberücksichtigen sein sollte, müßte das deutsche Recht zur Anwendung kommen, wenn die Frau staatenlos ist und in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die durch die Scheidung notwendig gewordene Regelung der Elternrechte gegenüber dem Kinde wird nach dem deutschen Kollisionsrecht nicht als Nebenwirkung der Scheidung dem Scheidungsstatut, sondern dem Gewaltstatut des Mannes unterstellt. — EGBGB Art. 14, 15, 17, 27, 29; HausratsVO § 11; RuStAG § 17; dänisches StaatsangehörigkeitsG von 1946. BayObLG, 2. ZS, Beschl. vom 20. 3. 1953 — BReg 2 Z 2/53: Bay. ObLGZ 1953, 102. Aus den Gründen: „I. Die Ehe der Streitteile wurde aus dem Verschulden der Frau geschieden. Der Mann ist dänischer Staatsangehöriger. Durch die Eheschließung war ein am 14. 11. 1944 geborener Sohn legitimiert worden. Das Personenfürsorgerecht für dieses Kind steht dem Manne zu; die Frau hat aber bei dem Vormundschaftsgericht M. den Antrag gestellt, es ihr zu übertragen.
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Das Kind ist zur Zeit in Dänemark bei den Eltern des Mannes untergebracht. Letzterer hat im Herbst 1952 wieder geheiratet. Die Streitteile befinden sich noch in der früheren Ehewohnung in M., die aus 2 Zimmern, Küche und Flur besteht und monatlich 45 DM Miete kostet. Der Mann hat im Januar 1952 beantragt, ihm die Ehewohnung zuzuweisen und die Wohnungseinrichtung sowie den Hausrat zuzuteilen, und den Antrag bezüglich der Wohnung damit begründet, daß er den Mietvertrag über diese allein abgeschlossen habe und die Hauseigentümerin diesen Vertrag mit ihm allein fortsetzen wolle. Die Frau widersprach mit der Begründung, daß sie im F r ü h j a h r 1951 während des Scheidungsverfahrens mit dem Mann vereinbart habe, sie solle nach der Scheidung die Wohnung nebst Einrichtung, der Mann aber das Personensorgerecht für das Kind erhalten . . . III. 1. In der Sache war vorweg zu prüfen, ob der Umstand, daß der Antragsteller die dänische Staatsangehörigkeit besitzt, der Anwendung deutschen Rechts entgegensteht. Die Frau hat nach den Feststellungen im Ehescheidungsurteil durch die Eheschließung im Jahre 1948 die dänische Staatsangehörigkeit nicht erworben (Dänisches Gesetz Nr. 379 vom 12. 7. 1946, mitgeteilt in JR 1949, 296, in Verbindung mit Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 2 1 [1938] 76), wohl aber die deutsche Staatsangehörigkeit verloren ( § 1 7 ZifT. 6 des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. 7. 1913). Sie wurde dadurch staatenlos. Die Vorschrift in Art. 16 S. 2 GG, wonach der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gegen den Willen des Betrolfenen nur dann eintreten darf, wenn dieser dadurch nicht staatenlos wild (sogenannte Negativklausel, vgl. Raape, Beiträge zum bürgerlichen Recht [1950] — Sonderveröffentlichung von RabelsZ — S. 447/448), war zur Zeit ihrer Eheschließung noch nicht in Geltung. Die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Wohnung und am Hausrat nach der Scheidung betrifft Nachwirkungen der Ehe, die in den persönlichen und güterrechtlichen Beziehungen der früheren Ehegatten ihre materiellrechtliche Grundlage haben. F ü r ihre Beurteilung spielt das Personalstatut des Mannes eine ausschlaggebende Rolle (als Ehewirkungs-, Güterrechts- und Scheidungsstatut, Art. 14, 15, 17 EGBGB). Es richtet sich gemäß deutschem internationalen Privatrecht nach seiner Staatsangehörigkeit, wobei Rückverweisung zu beachten ist (Art. 27 EGBGB, der auch den dort nicht angeführten Art. 14 mitumfaßt, RGZ 62, 404; Staudinger-Raape", Bern. C zu Art. 14 EGBGB; Dölle, RabelsZ 1951, 365). Im dänischen internationalen Privatrecht gilt aber nicht das Heimatstatut, sondern das Domizilprinzip (Bergmann, aaO 83; Boschan, Europäisches Familienrecht [1937] 36 f.; RGZ 151, 106). Es verweist also auf das deutsche Recht zurück, weil die Streitteile ihren Wohnsitz in Deutschland hatten und haben. Deshalb sind die deutschen Sachnormen anzuwenden. Auch soweit bei „staatsbürgerlichen Mischehen" das Personalstatut der Frau mitzuberücksichtigen sein sollte (so für Art. 14 EGBGB Palandt-Lauterbach 10, Bern. 2 hierzu, KG in J W 1936, 2470 gegenüber der vorherrschenden verneinenden Ansicht. Dölle RabelsZ 1951, 364; Staudinger-
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Raape, Bern. A II zu Art. 14 EG; Raape, Internationales Privatrecht 3 , § 28 A I), würde dieses im vorliegenden Falle zur Anwendung des deutschen Rechts führen, weil die Frau die deutsche Staatsangehörigkeit zwar verloren, aber in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 29 EGBGB). Die in der gegenwärtigen Sache mithereinspielende, durch die Scheidung notwendig gewordene Regelung der Elternrechte gegenüber dem Kinde wird nach dem deutschen Kollisionsrecht nicht als Nebenwirkung der Scheidung dem Scheidungsstatut, sondern auch nach der Scheidung dem Gewaltstatut des Mannes gemäß Art. 19 EGBGB unterstellt (RGZ 162, 332; BayOblGZ Bd. 19, 181 und 1952, 75 OLG Breslau, DR 1939, 869; Staudinger-Raape, Bern. C II unter b zu Art. 19 EG). Aber auch letzteres ist zufolge Rückverweisung (Art. 27 EG, der auch auf Art. 19 entsprechend anzuwenden ist, Staudinger-Raape, Bern. F zu Art. 19, RG in J W 1911, 208) das deutsche Recht; weil das dänische zwischenstaatliche Privatrecht auch insoweit das Domizilrecht des Mannes für maßgebend erklärt, wenngleich das Kind die dänische Staatsangehörigkeit erworben hat {Bloch, RabelsZ 1928, 866). Das Amtsgericht M. war nach § 11 I HausratsVO f ü r das Auseinandersetzungsverfahren zuständig. Das Verfahrensrecht bestimmt sich — wie immer — nach der lex fori. Das deutsche Recht hat mithin darüber zu befinden, ob die vorliegende Angelegenheit im Wege der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu ordnen ist (Dölle, RabelsZ 1951 367; Bay. ObLGZ 19, 181) . . . "
2. Verwandtschaft Eheliche Abstammung Siehe auch Nr. 175, 305, 312, 315, 317, 321 1 7 6 . Auch wenn eine in Deutschland geschlossene Ehe nach deutschem Recht eine Nicht-Ehe ist, müssen die Kinder aus dieser Ehe als ehelich angesehen werden, falls die Ehe nach dem Heimatrecht beider Eheschließenden gültig zustandegekommen ist. — EGBGB Art. 13, 18. AG Mannheim, Beschl. vom 15. 9. 1953 — 1 FR VII 1997/53: StAZ 8 (1955) 159. Es wird festgestellt, daß die am 16. 12. 1945 in Mannheim geborene, im Geburtenbuch Mannheim eingetragene Barbara Magdalene N. ein eheliches Kind der Wanda A., geb. N. und des Pashalis A. ist. Das Kind steht deshalb unter elterlicher Gewalt. Für eine Vormundschaft ist kein Raum. Aus den Gründen: „Die Eltern des Kindes Barbara N. wurden am 6.5.1945 in der griechischorthodoxen Kirche in Mannheim vor dem Probst A. P. kirchlich getraut. 1
Siehe unten Nr. 317.
22 Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Nr. 177,17S
Mit Urteil vom 17. 3. 1953 1 hat das L G Mannheim festgestellt, daß nach deutschem Recht wegen Nichtbeachtung des Art. 13 I I I EGBGB eine Ehe zwischen obengenannten Eltern nicht besteht. Bezüglich der Ehelichkeit des Kindes gilt folgendes: Ist die Ehe wegen Art. 13 I I I in Deutschland eine Nicht-Ehe, so müssen die Kinder in Deutschland trotzdem als ehelich angesehen werden, falls die Ehe nach dem Heimatrecht beider Verlobter gültig zustande gekommen ist (vgl. Palandt-Lauterbach, Anm. 3 zu Art. 18 EGBGB). Dies ist hier der Fall. W i e aus einem bei den Akten des AG Mannheim befindlichen Rechtsgutachten hervorgeht, ist die Ehe nach griechischem Recht, dem Heimatrecht des Vaters, gültig zustandegekommen. Auch nach polnischem Recht, dem bisherigen Heimatrecht der Mutter, besteht eine gültige Ehe, da in Polen bis zum Inkrafttreten des Ehedekrets vom 23. 9. 1945 die Eheschließung vor einem Geistlichen erforderlich und genügend war (vgl. Wolff, Das I P R Deutschlands [1933] § 36, I ) . Nach einer Bescheinigung des griechischen Konsulats in Frankfurt hat übrigens die Mutter durch die Heirat die griechische Staatsangehörigkeit erworben." 1 7 7 . Besitzt der Ehemann der Kindesmutter die deutsche Staatsangehörigkeit, so ist auf die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes das deutsche Recht anzuwenden. — EGBGB Art. 18; A H K G Nr. 13. L G Bayreuth, Z K 2 b, Urt. v o m 1. 12. 1950 — 2 b R 95/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der KI. ist deutscher Staatsangehöriger. Nach Art. 18 EGBGB sind die eheliche Abstammung und die Anfechtung der Ehelichkeit nach deutschem Recht zu beurteilen. Es ist daher gleichgültig, daß die Mutter des Bekl. durch die Eheschließung mit dem italienischen Staatsangehörigen C. nach dem italienischen Gesetz vom 13. 6. 1912 die italienische Staatsangehörigkeit erworben hat. Der Bekl. ist deutscher Staatsangehöriger. Da auch durch das A H K G Nr. 13 über die Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten im gegebenen Fall ein Ausschluß der deutschen Gerichtsbarkeit oder die Notwendigkeit der Ermächtigung durch den Hohen Kommissar nicht gegeben ist, unterliegt der Rechtsstreit der deutschen Gerichtsbarkeit" (das Urteil wird im weiteren unter Anwendung des deutschen Rechts begründet). 1 7 8 . Auf die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes ist das Heimatrecht des Ehemannes der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes anzuwenden (hier italienisches Recht). Nach italienischem Recht beträgt die Anfechtungsfrist drei Monate und ist von Amts wegen zu beachten. Die deutschen Vorschriften über die Beendigung der Hemmung von Verjährungsund ähnlichen Fristen finden auf Ausländer keine Anwendung. — EGBGB Art. 18; V O des Zentraljustizamts f ü r die britische Zone v o m 13. 1. 1949 (in 1
Siehe oben Nr. 96.
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der Fassung der V O vom 24. 8. 1949) über Beendigung der Hemmung von Verjährungs- und ähnlichen Fristen; ital. Codice civile von 1942 Art. 231, 232, 235, 244, 248, 2964. O L G Hamm, Urt. v o m 27. 10. 1952 — 8 U 241/51. Ungedruckt. Ein italienischer Staatsangehöriger hat durch Klage v o m 5. 4. 1949 die Ehelichkeit des von seiner Ehefrau am 3. 6. 1943 geborenen Kindes angefochten. Nach Beweisaufnahme hat das L G Dortmund die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Gemäß Art. 18 EGBGB sei die Anfechtung nach italienischem Recht zu beurteilen. Nach Art. 235 Codice civile von 1942 könne ein Ehemann die Vaterschaft über ein während der Ehe empfangenes Kind anfechten, wenn in der Empfängniszeit seine Beiwohnung physisch unmöglich gewesen sei. Gemäß Art. 244 aaO sei die Anfechtungsklage binnen einer Frist von drei Monaten zu erheben. Da der Kl. nach seinen eigenen Angaben bereits im Sommer 1948 von der Geburt erfahren habe, die Klage aber erst am 28. 8. 1949 zugestellt sei, könne der Kl. mit der auf Art. 235 aaO gestützten Klage keinen E r f o l g haben, da nach Auskunft des italienischen Konsulats in Hamburg Fristhemmungsbestimmungen nicht bestünden. Auch die unverjährbare Vorschrift des Art. 248 aaO sei nicht anwendbar. Gegen diese Entscheidung hat der Kl. Berufung eingelegt. Aus den Gründen: „ D i e an sich statthafte, auch f o r m - und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Der Anfechtungsklage ist in entsprechender Anwendung des Art. 18 EGBGB italienisches Recht zugrunde zu legen. Rechtsprechung und Lehre haben aus dieser Vorschrift den Grundsatz entwickelt, daß sich die Ehelichkeit eines Kindes nach den Gesetzen des Staates richtet, dem der Ehemann der Kindesmutter z. Zt. der Geburt des Kindes angehört (Palandt-Lauterbach, BGB 8 [1950] Anm. 1 zu Art. 18 E G ) . Da der Kl. im Zeitpunkt der Geburt der Beklagten Italiener war, hat italienisches Recht Anwendung zu finden. Zugunsten des Kl. mag davon ausgegangen werden, daß er nach Art. 235 I Ziff. 1 des Codice civile von 1942 zur Anfechtung der Ehelichkeit der Bekl. befugt ist. Nach dieser Vorschrift kann die Vaterschaft dann angefochten werden, wenn in der Zeit zwischen dem 300. und dem 180. Tage vor der Geburt des Kindes die Beiwohnung des Ehemannes mit der Ehefrau aus Gründen der Abwesenheit oder aus anderen tatsächlichen Gründen physisch unmöglich war. W e n n auch der Kl. nach seinem eigenen Vortrage von Anfang 1940 bis Oktober 1943 mitunter zum Besuche seiner bei der Kindesmutter lebenden älteren Kinder in F. gewesen ist, demnach die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, daß der Kindesmutter in der gesetzlichen Empfängniszeit — 5. 8.—4. 12. 1942 — beigewohnt hat, so ist doch aber unstreitig und steht nach der insoweit glaubwürdigen Aussage der Kindesmutter fest, daß der letzte eheliche Verkehr im Jahre 1939 stattgefunden hat, also in 22 *
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einer Zeit, die lange vor der gesetzlichen Empfängniszeit liegt. Deshalb war zugunsten des Kl. davon ausgegangen worden, daß er die Bekl. nicht gezeugt haben kann. Dem Kl. steht jedoch der Ablauf der Anfechtungsfrist des Art. 244 aaO entgegen. Diese Frist beträgt drei Monate und ist von Amts wegen zu beachten (Art. 2969 aaO; siehe auch Tribunale di Trani v. 18. 12. 1945, in: Repertorio Generale Annuale, II Foro Italiano 1948 Sp. 544 Nr. 46). Ob die Frist nach Abs. 1 bereits abgelaufen ist, weil einer der dort aufgeführten Fälle vorliegt, kann dahingestellt bleiben, jedenfalls ist der Fristablauf nach Abs. 2 aaO eingetreten. Dies ergibt sich schon aus dem eigenen Vorbringen des Kl. Danach hat der Kl. im Sommer 1948 von der Geburt der Bekl. Kenntnis erlangt, die Klageschrift aber erst am 5. 4. 1949 — zugestellt am 28. 9. 1949 — eingereicht. Wie der Art. 244 II aaO bestimmt, beginnt der Lauf der Anfechtungsfrist in jedem Falle von dem Tage an, an dem der Ehemann von der Geburt des Kindes Kenntnis erlangt. Streitig ist allerdings, ob der Abs. 2 aaO nur auf die Fälle des Abs. 1 aaO Anwendung findet — d. h. Beginn des Fristablaufs a) mit dem Tage der Geburt, wenn sich der Ehemann am Geburtsort aufhält, b) mit der Rückkehr zum Geburtsort oder c) mit der Rückkehr zum Ort des ehelichen Wohnsitzes — oder ob die Anfechtungsfrist, auch dann zu laufen beginnt, wenn der Kl. — wie hier — abwesend ist und von der Geburt des Kindes Kenntnis erhält. Das ältere italienische Schrifttum, das zum alten Codice civile von 1865 zu Art. 166 — einer etwas anders gefaßten, aber inhaltlich ähnlichen Vorschrift wie Art. 244 — ergangen ist, war zum überwiegenden Teil der Auffassung, daß Abs. 2 aaO nur ein Anwendungsfall des Abs. 1 aaO sei; die Frist beginne nicht, wenn der Kl. weder am Geburtsort noch am Ort des ehelichen Wohnsitzes anwesend wäre (Dusi, Filiazione, in: Diritto civile privato II [1924] 422; Cicu, La filiazione, in: Trattato di diritto civile italiano [1939] 91). Mit der zum neuen Codice civile ergangenen Rechtsprechung und Literatur ist jedoch davon auszugehen, daß Abs. 2 aaO Ausfluß eines allgemeinen Rechtsgedankens ist und der kurzen Ausschlußfrist des Art. 244 aaO auch die Fälle unterwerfen will, die Abs. 1 nicht regelt (Kassationshof Rom, Entsch. v. 29. 7. 1940, II Foro Italiano 1940, I, 1273; derselbe 28. 4. 1950, II Foro Padano 1950 II, 66; Cicu aaO). Dieser auch vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Tübingen in seinem Rechtsgutachten vom 30. 8. 1952 vertretenen Ansicht schließt sich der Senat an. Sie findet ihre Stütze in der Änderung der Fassung des Abs. 2 aaO gegenüber der vorläufigen Fassung des Codice civile von 1939. Während es in der vorläufigen Fassung hieß, daß der Fristablauf „nell' uno e nell' altro caso", in dem einen oder anderen Fall (gemeint sind die Fälle des Art. 244 I aaO) beginne, heißt es in Codice civile von 1942, daß die Frist „in ogni caso", in jedem Fall beginne. Aus dieser Änderung des Gesetzeslextes ist — wenn anders die Textänderung einen Sinn haben soll — der Schluß zu ziehen, daß der Gesetzgeber über den Rahmen des Abs. 1 aaO hinaus alle sonstigen Lebenstatbestände regeln wollte. Aber auch aus einer anderen Erwägung erscheint es geboten, den Abs. 2 aus dem engen Anwendungsbereich der in Art. 244 I geregelten Tatbestände hinauszuheben. Der Umstand, daß das italienische Recht die An-
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fechtungsfrist n u r auf drei Monate bemessen hat, läßt darauf schließen, daß der italienische Gesetzgeber wenig anfechtungsfreundlich eingestellt ist; großzügiger ist dagegen z. B. der deutsche Gesetzgeber (§ 1594 BGB: 1 J a h r ) . Diese Absicht des italienischen Gesetzgebers würde nun allerdings in das genaue Gegenteil verkehrt, wenn es in das Belieben des Ehemannes gestellt wäre, sich den Zeitpunkt auszusuchen, w a n n er von seinem Anfechtungsrecht gegenüber dem Kind Gebrauch macht. Zu einem solchen Ergebnis würde aber die Ansicht führen, die Abs. 2 n u r auf die Fälle des Abs. 1 beschränkt. Dann hätte es der E h e m a n n jederzeit in der Hand, ob er z. B. zum Geburtsort zurückkehren und die Frist in Lauf setzen, oder ob er diese Orte lieber meiden und den Beginn des Fristablaufs hinauszögern will. Diese Auslegung würde aber dem Zweck der Vorschrift, eine möglichst schnelle Klärung der Abstammung herbeizuführen, zuwiderlaufen. Auch aus diesem Grunde ist der hier vertretenen Ansicht der Vorzug zu geben. Der Ablauf der Anfechtungsfrist ist nicht, wie der Kl. meint, durch die nach deutschem Recht in der Nachkriegszeit erlassenen Vorschriften über die Beendigung der Hemmung von Verjährungs- u n d ähnlichen Fristen (VO vom 13. 1. 1949 — in der Fassung der VO vom 24. 8. 1949, VOBlBrZ S. 19 u n d 367) gehemmt worden. Zwar gilt auch Ausländern gegenüber der Grundsatz, daß vor deutschen Gerichten deutsches Verfahrensrecht zur Anwendung kommt (Palandt-Lauterbach, Anm. 15 zu Art. 7 EG). Bei den Vorschriften über den Ablauf und die Hemmung von Ausschlußfristen handelt es sich indes u m ausschließlich im BGB geregelte materiell-rechtliche Bestimmungen. Auf diese läßt sich der oben aufgestellte Grundsatz aber nicht ausdehnen. Vielmehr darf auf einen italienischen Staatsangehörigen k r a f t der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 18 EGBGB n u r italienisches materielles Recht, nicht aber deutsches materielles Recht angewandt werden. Die Unanwendbarkeit der deutschen Fristhemmungsvorschriften auf Ausländer ergibt sich auch noch aus dem Bundesgesetz vom 30. 3. 1951 und dem AHKG Nr. 67 vom 23. 11. 1951. Diese schließen zum Schutze von Ausländern, die einem Staate angehören, der sich mit dem deutschen Reich im Kriegszustand befand, den Ablauf von Ausschlußfristen bis zum 9. 5. 1945 aus. Es hätte dieser Gesetze im wesentlichen nicht bedurft, wenn die deutschen Fristhemmungsvorschriften auf Ausländer anwendbar wären. Aus diesem Gesichtspunkt k a n n der Kl. sich ebenfalls nicht auf die deutschen Vorschriften berufen. Nach italienischem Recht gibt es aber keine Hemmungsvorschriften, die zugunsten des Klägers eingreifen. Zwar wurden durch decreto — legge vom 24. 12. 1944 sämtliche Klagefristen bis auf 6 Monate nach Beendigung des tatsächlichen Kriegszustandes verlängert; da der tatsächliche Kriegszustand aber erhebliche Zeit vor dem Sommer 1948 beendet war, hat diese Hemmungsvorschrift den Lauf der Anfechtungsfrist nicht berührt. Auch der weitere Sachvortrag des Kl., er habe am 17. 10. 1948 einen schweren Unfall erlitten und sei dadurch außerstande gewesen, die Anfechtungsfrist einzuhalten, schlägt nicht durch. Die Anfechtungsfrist ist auch im italienischen Recht eine Ausschlußfrist (Cicu aaO 88). Nach
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Art. 2964 des Codice civile finden aber auf Ausschlußfristen die Vorschriften über Hemmung und Unterbrechung der Verjährung keine Anwendung. Hinzu kommt noch, daß dem italienischen Recht überhaupt eine dem § 203 I I BGB entsprechende Vorschrift unbekannt ist (s. Gutachten). Auch soweit die Klage auf Art. 248 C. c. gestützt ist, muß ihr der E r f o l g versagt bleiben. Hiernach ist die Anfechtungsklage zwar unverjährbar. Sie kann jedoch nur auf Nichtigkeit der Ehe, Kindesunterschiebung oder Verwechslung eines neugeborenen Kindes gestützt werden, alles Fälle, für deren Vorliegen der Sachverhalt keine Anhaltspunkte gibt. Schließlich kann der Kl. sich gegen das bisherige Ergebnis auch nicht mit der Begründung wenden, es sei unbillig, die Klage aus formellen Gründen abzuweisen, obwohl feststehe, daß die Bekl. nicht sein Kind sei. Denn da die Anfechtungsfrist verstrichen ist, wird auch nach italienischem Recht die Ehelichkeit des Kindes vermutet (Art. 231, 232 C. c.). I m Rahmen dieser gesetzlichen Vermutung ist für Billigkeitserwägungen kein Raum. Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen." 1 7 9 . Wenn der Ehemann der Kindesmutter die polnische Staatsangehörigkeit besitzt, ist für die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes das polnische Recht maßgebend. Nach polnischem Recht ist der Staatsanwalt für die Anfechtung der Ehelichkeit nicht zuständig. Der Staatsanwalt hat gemäß § 1595 a BGE nicht nur eine Prozeßbefugnis, sondern eine eigenständige materielle Berechtigung. Da das polnische Recht dem Staatsanwalt keine Sachlegitimation zuerkennt, kommt diese auch dem deutschen Staatsanwalt nicht zu. — EGBGB Art. 18; BGB § 1595 a; poln. Familienrechtsgesetz vom 27. 6. 1950. L G München II, Urt. vom 3. 12. 1952 — 3 R 1002/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „ D i e Mutter des Bekl. gehört zu den verschleppten Personen und Flüchtlingen im Sinne des A H K G Nr. 23. Der Vater des Bekl. ist P o l e und lebt vermutlich in Polen. Nach Art. 18 EGBGB bemißt sich das für die eheliche Abstammung eines Kindes maßgebende Recht nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes. Die Ehelichkeit des Bekl. ist deshalb hier nach polnischem Recht zu beurteilen. Eine Rückverweisung auf das deutsche Recht enthält das polnische internationale Privatrecht nicht. Für den Staatsanwalt besteht eine Möglichkeit, die Anfechtungsklage zu erheben nur, wenn auch das polnische Recht dem Staatsanwalt, einer staatlichen Dienststelle oder gemeinhin jedem an der Sache Interessierten das Anfechtungsrecht zugesteht (Vgl. Schmidt-Zipfel, Die Ehelichkeitsanfechtung durch den Staatsanwalt, N J W 1951, 255). Das polnische Familienrechtsgesetz v o m 27. 6. 1950 (abgedr. im BayJMBl. 1951, 220 ff.) gibt ein Anfechtungsrecht nur dem Vater und der Mutter. Dritten, insbesondere dem Staatsanwalt, fehlt es an der erforderlichen Sachlegitimation. Der Staatsanwalt hat gemäß § 1595 a BGB nicht nur eine Prozeßführungsbefugnis, sondern eine eigenständige materielle Berechtigung, die
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sicli gerade in der Unabhängigkeit vom Anfechtungsrecht des Ehemannes der Mutter zeigt. Da das polnische Recht dem Staatsanwalt keine Sachlegitimation zuerkennt, kommt diese auch dem deutschen Staatsanwalt hier nicht zu. Die Klage muß deshalb abgewiesen werden, da der Oberstaatsanwalt zur Erhebung der Anfechtungsklage nicht befugt ist." 1 8 0 . Wenn der Ehemann der Kindesmutter die sowjetrussische Staatsangehörigkeit besitzt, ist für die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes das sowjetrussische Recht maßgebend. Das sowjetrussische Recht kennt dir Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes auch durch den Staatsanwalt. — Familiengesetzbuch der RSFSR, Art. 25, 28, 29, 30; sowjet. V O vom 8. 7. 1944 betr. das Ehe- und Kindschaftsrecht, Art. 20; Z P O der RSFSR Art. 2. LG München I, 3. ZK, Urt. vom 9. 7. 1952 — 3 R 313/52. Ungedruckt. Der Ehemann der Kindesmutter besitzt die Staatsangehörigkeit der UdSSR. Er befindet sich seit 1948 in Frankreich. Seine Ehe mit der Kindesmutter ist durch das Urteil des LG München vom 2. 7. 1951 geschieden worden. Das Kind ist am 25. 2. 1951 geboren. Als Kläger tritt der Oberstaatsanwalt beim LG München I auf. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des Gerichts ist durch den Wohnsitz des beklagten Kindes im Gerichtsbezirk begründet (§§ 640, 642 Z P O ; § § 1 1 , 7 BGB). Die Voraussetzungen des § 256 Z P O liegen vor. Da Richard P. nach sowjetischem Recht die Staatsangehörigkeit der UdSSR, die er durch Geburt erworben hat, soweit ersichtlich bisher nicht verloren hat, ist er und damit auch der Bekl. als sowjetischer Staatsangehöriger zu betrachten. In sachlicher Hinsicht war über die Klage nach sowjet-russischem Recht zu entscheiden (vgl. das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung vom 15. 5. 1952). Da dieses seit der Verordnung des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 8. 7. 1944 (Art. 20) in den Bestimmungen der Artikel 28, 29 und 30 des Familiengesetzbuches der RSFSR (Neufassung vom 16. 4. 1945) wie das deutsche Recht die Unterscheidung von ehelichen und unehelichen Kindern kennt und insbesondere in Art. 25 dieses Gesetzes die Anfechtung der Abstammung durch ein besonderes, dem deutschen Anfechtungsprozeß gleichendes Verfahren gestattet, bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage keine Bedenken. Auch die Klagebefugnis der Staatsanwaltschaft besteht nach sowjetischem Recht (Art. 2 der Z P O der RSFSR). Auf Grund der glaubwürdigen Aussage der Zeugin Hildegard P. ist erwiesen, daß Richard P. in der für die Empfängnis des beklagten Kindes in Betracht kommenden Zeit mit der Zeugin keinen Geschlechtsverkehr gehabt hat. Richard P. kann daher der Vater des Beklagten nicht sein. Es war deshalb der Klage stattzugeben und festzustellen, daß das beklagte Kind kein eheliches Kind des Richard P. ist."
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181. Die eheliche Abstammung eines Kindes beurteilt sich nach dem Heimatrecht des Ehemannes der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes. Das Sowjetrecht kennt keinen Unterschied zwischen ehelicher und unehelicher Geburt (sie!). Eine solche Auffassung steht im Widerspruch mit den deutschen sozialen und staatspolitischen Anschauungen: es muß daher die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB eingreifen, vorausgesetzt, daß die erforderliche Inlandsbeziehung gegeben ist. — EGBGB Art. 18, 30. LG München II, 4. ZK, Urt. vom 26. 10. 1950 — 4 R 933/50. Ungedruckt. Die Kindesmutter ist Flüchtling aus der Ukraine. Sie befindet sich seit 1943 in Deutschland. Ihr Ehemann, sowjetischer Staatsangehöriger, ist in der Sowjet-Union geblieben. Als Kläger tritt der Oberstaatsanwalt am LG München I I auf. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des LG München I I ist gemäß § 16 Z P O gegeben. Nach Art. 18 EGBGB beurteilt sich die eheliche Abstammung eines Kindes nach deutschem Recht, falls der Ehemann der Mutter — oder nur diese selbst — die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Beide sind jedoch nicht deutsche Staatsangehörige. Auch besitzt die Mutter weder den DP-Status, noch wird sie von der I R O betreut. Die Voraussetzungen für eine Anwendung deutschen Rechts gemäß A H K G Nr. 23 sind somit nicht gegeben. Art. 18 grenzt nun lediglich die Anwendung deutschen Rechts ab, enthält aber keine Bestimmung über die Anwendung ausländischen Rechts. In Lehre und Rechtsprechung wird jedoch, wie das erholte Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München ausführt, Art. 18 EGBGB als vollkommene Kollisionsnorm betrachtet und dahin ausgelegt, daß die eheliche Abstammung und die daraus sich ergebenden Fragen sich nach dem Heimatrecht des Mannes richten. Da der Ehemann der Mutter des Kindes ukrainischer Staatsangehöriger ist bzw. war, ist die Anfechtung nach ukrainisch-sowjetischem Recht zu beurteilen. Dieses Recht kennt aber in Übereinstimmung mit den Rechten der übrigen Sowjetrepubliken keinen Unterschied zwischen ehelicher und unehelicher Geburt, folglich auch keine Ehelichkeitsanfechtungsklage Somit kann nach dem Heimatrecht des Mannes die Anfechtung der Ehelichkeit nicht erfolgen. Dieser Ausschluß des Anfechtungsrechts hat seinen Grund in der vollkommenen Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder. Diese Auffassung steht im Widerspruch mit den deutschen sozialen und staatspolitischen Anschauungen, die in der Ehe und Familie die Grundlage und Keimzelle des staatlichen Lebens sehen und ihr deshalb erhöhten Schutz gewähren. Aus diesen Gründen kommt das Gericht in Übereinstimmung mit dem Gutachten zu dem Ergebnis, daß die Anwendung des Auslandsrechts direkt die Grundlagen des deutschen staatlichen Lebens angreifen würde. Es greift daher die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB ein, voraus1 Die Unterscheidung der ehelichen und unehelichen Geburt ist in der SowjetUnion durch das Dekret vom 8. 7. 1944 eingeführt: siehe Bergmann, Das internationale Ehe- und Kindschaftsrecht 1 3 UdSSR, 1 S. 5 fT.
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gesetzt, daß die erforderliche Inlandsbeziehung gegeben ist. Auch diese liegt vor. Ohne Feststellung der Unehelichkeit kann der natürliche Vater des Kindes nicht auf Unterhalt verklagt werden. Dieses Ergebnis widerspricht dem inländischen ordre public. Nach Art. 30 EGBGB ist deshalb die Anwendung des ukrainisch-sowjetischen Rechtssatzes, wonach die Ehelichkeitsanfechtung entfällt, ausgeschlossen. Da somit das Heimatrecht des Mannes anwendbare Normen über die Anfechtbarkeit nicht enthält, tritt an ihre Stelle deutsches Recht. Es finden daher die § § 1591 ff. BGB einschließlich des § 1595 a BGB Anwendung . . . " 1 8 2 . Auf Personen, die vom Hochkommissar für Flüchtlingswesen der VN betreut werden, findet das AHKG Nr. 23 Anwendung. Das sowjetrussische Recht kennt die gerichtliche Anfechtung der Vaterschaft oder Mutterschaft eines Kindes. Das sowjetische Recht kennt keine Unterscheidung zwischen ehelicher und unehelicher Geburt (sie!). Dieser Grundsatz widerspricht dem deutschen ordre public, was zur Anwendung des deutschen Rechts führen muß. — EGBGB Art. 18, 30; A H K G Nr. 23; sowjetrussischer Familien-Kodex, Art. 25, 27; sowjetisches StAG vom 19. 8. 1938, Art. 4, 7. LG Memmingen, Urt. vom 6. 7. 1953 — R 53/53. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach dem in der Ehescheidungssache des Kl. gegen die Mutter des Bekl. (R 217/52)1 erholten Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung vom 22. 9. 1952 ist der Kläger noch sowjetischer Staatsangehöriger. Dies ergibt sich aus dem russischen Staatsangehörigkeitsgesetz vom 19. 8. 1938. Als Verlustgründe erkennt das sowjetische geltende Staatsangehörigkeitsrecht lediglich die Aberkennung durch Gerichtsurteil oder Sondererlaß des Obersten Sowjets (Art. 7) oder aber ein Ausscheiden mit Genehmigung des Präsidiums des Obersten Sowjets (Art. 4) . . . Personalstatut des Kl. ist, da bei ihm die Voraussetzungen für den Verlust seiner sowjetischen Staatsangehörigkeit gemäß diesem sowjetischen Gesetz nicht vorliegen, das sowjetische Recht. Nach dem neuerlichen Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 11. 6. 1953 hat sich die kollisionsrechtliche Lage insoweit geändert, als nunmehr durch die JM-Bek. 9510 — I —• 1490/52, abgedruckt in BayJMBl. 1952, 142 klargestellt ist, daß der UNOHochkommissar für Flüchtlingswesen die bisher der I R O unterstehenden Personen auch weiterhin betreut und deswegen auf diesen Personenkreis nicht nur das — materiellrechtlich bedeutungslose — Bundesgesetz über heimatlose Ausländer anzuwenden ist, sondern auch das A H K G Nr. 23. Damit wäre das nach Art. 18 EGBGB zur Maßgeblichkeit berufene Personalstatut des Kl. das deutsche Recht als das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltes. W a r die Ehe, wie im vorliegenden Fall, vor der Geburt des Kindes ge1
Siehe oben Nr. 171.
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schieden, so entscheidet das Recht des E h e m a n n e s der Kindsmutter zur Zeit der Eheauflösung (vgl. Palandt-Lauterbach, Anm. 2 zu Art. 18 EGBGB). Schließt m a n sich dieser Auffassung an, so f ü h r t dies zur Anwendung deutschen Rechts auf die hier in Frage stehende Ehelichkeitsanfechtung. Zu berücksichtigen ist aber, daß die f r ü h e r e IRO-Betreuung des Kl. nicht einwandfrei feststeht. Es m u ß deshalb g e p r ü f t werden, ob auch dann, wenn das AHKG Nr. 23 keine Anwendung finden kann, die Ehelichkeitsanfechtungsklage von einem deutschen Gericht durchgeführt werden kann. Dies ist zu bejahen. In diesem Falle wäre das russische Recht noch Heimatrecht des Kl. Aber auch aus russischem Recht ergibt sich die D u r c h f ü h r b a r k e i t einer Anfechtungsklage. W ä h r e n d bis zum J a h r e 1944 in allen russischen Teilrechtsgebieten einheitlich das uneheliche Kind dem ehelichen völlig gleichgestellt war, ist seit der Eherechtsreform von 1944 eine völlige Neuorientierung eingetreten. Der Familien-Kodex der RSFSR, der materiell in allen anderen Sowjetrepubliken gleich lautet, enthält folgende Bestimmungen: „Der Geburtseintrag im Standesregister beweist die Abstammung des Kindes von den in der Eintragung bezeichneten Eltern. Seine Richtigkeit k a n n n u r in einem gerichtlichen V e r f a h r e n abgestritten w e r d e n " (Art. 25). Art. 27 aaO lautet: „Beim Fehlen einer Eintragung über die Eltern, bei deren Unrichtigkeit oder deren Unvollständigkeit, steht den interessierten Personen das Recht zu, die Vaterschaft u n d Mutterschaft im gerichtlichen Verfahren zu beweisen u n d zu bestreiten." 1 N u n ist damit kein eigentliches „Anfechtungsverfahren" normiert, welches die Unehelichkeit des Kindes h e r b e i f ü h r e n soll, es handelt sich vielm e h r u m eine bloße Feststellung der tatsächlichen Abstammung. Damit besitzt das Sowjetrecht zwar eine Abstammungsklage, welche unbefristet ist u n d von j e d e r m a n n erhoben werden kann. Sie k a n n wohl mit der deutschen Ehelichkeitsanfechtung verglichen werden. Aber sie k o m m t ihr nach Wesen u n d F u n k t i o n nicht gleich, wie sich dies aus der mangelnden Befristung u n d der jedem Beliebigen zustehenden Klageberechtigung ergibt. Die Abstammungsklage will auch n u r die Abstammung als solche klären, nicht aber die eheliche Geburt. Damit fehlt eine Anfechtungsklage als solche. Aber deren Fehlen kann, eine entsprechende Inlandsbeziehung vorausgesetzt, die Ausschließung des entsprechenden ausländischen Rechts von seiner inländischen Anwendung begründen. Das Fehlen der Anfechtungsklage im sowjetischen Recht ist auf den Mangel jeglicher Unterscheidung zwischen ehelicher u n d unehelicher Geb u r t z u r ü c k z u f ü h r e n 2 u n d b e r u h t offensichtlich auf einem Unterschied in der sozialen u n d politischen Anschauung, welcher so erheblich ist, d a ß die 1 Dieser Text des Art. 27 ist durch die Verordnung des Präsidiums des Obersten Rates der RSFSR vom 16. 4. 1945 aufgehoben worden. Die geltende Fassung des Art. 27 regelt die Eintragung der Geburten von unehelichen Kindern in das Geburtsregister. 2 Die Unterscheidung zwischen ehelicher und unehelicher Geburt ist in der Sowjet-Union in der Verordnung vom 8. 7. 1944 durchgeführt worden. Die weiteren Ausführungen des Urteils beruhen auf falschen Voraussetzungen.
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Anwendung des Auslandsrechts direkt die Grundlagen des deutschen Staatslebens angreifen würde. Die sowjetische Auffassung ist in besonderem Maße mit unseren Auffassungen über die Ehe und ihre Schutzbedürftigkeit unvereinbar. Die zur Anwendung der Vorbehaltsklausel notwendige Inlandsbeziehung ist im vorliegenden Fall gegeben. Bei Weiterbestehen der Ehelichkeitsvermutung könnte der Kindsvater nicht zur Unterhaltsleistung herangezogen werden. Dies würde aber dem inländischen ordre public, dem Zwecke der Regelung der Unterhaltspflicht, widersprechen. Da das russische Recht keine Normen über die Anfechtbarkeit als solche enthält, sind sie durch die deutschen zu ersetzen. Es hat demgemäß auf jeden Fall das deutsche Recht Anwendung zu linden . . . " 183. Für die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes ist das deutsche Recht maßgebend, wenn die Kindesmutter als Flüchtling ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik hat, auch wenn ihr Ehemann polnischer Staatsangehöriger ist und seinen Wohnsitz in Polen hat (sie!). — EGBGB Art. 18; ZPO § 642; AHKG Nr. 23 Art. 3. LG Coburg, Urt. vom 8. 8. 1950 — R 718/47. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das LG Coburg ist für die Klage sowohl sachlich als auch örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus den §§ 71, 23 GVG, die örtliche Zuständigkeit aus § 642 II ZPO. Die Voraussetzungen des § 642 II ZPO sind gegeben. Die Bekl. hat keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inlande (§ 642 I ZPO), da der Wohnsitz des Vaters, außerhalb des Geltungsbereichs der ZPO liegt. Auch der Kl. hat keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, da Kl. der Oberstaatsanwalt ist. Die Bekl. besitzt auch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, da der Vater Pole ist. Sie rechnet auch nicht, solange sie als eheliches Kind gilt, zu dem Personenkreis der Flüchtlinge. Da ein Gerichtsstand nach § 642 I ZPO demnach nicht gegeben ist, bestimmt sich der Gerichtsstand nach dem Wohnsitz der Mutter, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (§ 642 II ZPO). Als Volksdeutsche hat sie die polnische Staatsangehörigkeit durch das polnische Dekret vom 13. 9. 1946 betreffend die Ausschließung der Personen deutscher Volkszugehörigkeit aus der polnischen Staatsgemeinschaft in der Fassung vom 28. 10. 1947 verloren, sie wurde staatenlos. Sie gehört jedoch gemäß § 1 des Flüchtlingsgesetzes vom 19. 2. 1947 in Verbindung mit Art. 1 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen zum Flüchtlingsgesetz vom 8. 7. 1947 zu dem Personenkreis der Flüchtlinge. Durch AHKG Nr. 23, das die Rechtsverhältnisse verschleppter Personen und Flüchtlinge betrifft, ist im Art. 3 verfügt, daß bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die im 6. Buch der ZPO geregelt sind, deren Vorschriften auf verschleppte Personen und Flüchtlinge Anwendung finden, als ob sie deutsche Staatsangehörige sind Damit 1
Das AHKG Nr. 23 konnte nur unter der Voraussetzung Anwendung finden,
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ist für die vorliegende Klage der Gerichtsstand des § 642 I I Z P O gegeben. Die Kindesmutter hat ihren Wohnsitz in W., so daß das LG Coburg örtlich zuständig ist. Die Klage ist auch begründet. Gemäß Art. 18 I I EGBGB finden auf die Anfechtung der Ehelichkeit die deutschen Gesetze auch dann Anwendung, wenn nur die Mutter des Kindes die Reichsangehörigkeit besitzt und das Kind im Zeitpunkt der Anfechtung noch minderjährig ist. Die Kindesmutter ist Flüchtling. Ausdrücklich ordnet Art. 3 A H K G Nr. 23 an, daß, soweit das Einführungsgesetz zum BGB bestimmt, daß die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, maßgebend sind, sich die Rechtsverhältnisse eines Flüchtlings nach dem Recht des Staates beurteilen, in welchem der Flüchtling zu der maßgebenden Zeit den gewöhnlichen Aufenthalt hat 2 . Da ferner auch das Kind minderjährig ist, bestimmt sich somit die Anfechtung der Ehelichkeit nach deutschem Recht" (wird ausgeführt). 1 8 4 . Für die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes ist deutsches Recht maßgebend, wenn die Mutter des Kindes staatenloser Flüchtling im Sinne des Bayerischen Flüchtlingsgesetzes vom 15. 2. 1947 ist, auch wenn ihr Ehemann die polnische Staatsangehörigkeit besitzt. — EGBGB Art. 18: BGB § 1595 a; Z P O § § 256, 642; bayer. Flüchtlingsgesetz vom 15. 2. 1947, § 4. L G München II, Urt. vom 6. 4. 1951 — 3 R 533/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der Vater des beklagten Kindes besitzt keinen inländischen Wohnsitz und hat einen solchen auch nie besessen. Das Kind befindet sich bei seiner Mutter, die ihren Wohnsitz im Gerichtsbezirk hat. Die örtliche Zuständigkeit des Prozeßgerichtes ist nach § 642 I I Z P O begründet, weil die Mutter einer deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen ist, wie noch auszuführen ist. Das nach § 256 Z P O erforderliche rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung ist für die Ehelichkeitsanfechtungsklagen, in denen der Staatsanwalt als Kläger auftritt (§ 1595a BGB), nicht zu prüfen; denn dem Prozeßgericht ist die Entscheidung über die Frage, ob das öffentliche Interesse oder Interesse des Kindes vorhanden ist, versagt (vgl. Stein-Jonas, ZPO Anm. I 1 b ß 2 zu § 640). Das sachliche Recht, das bei der Ehelichkeitsanfechtung des Kindes anzuwenden ist, richtet sich nach Art. 18 EGBGB. Der Vater des Bekl. besitzt die polnische Staatsangehörigkeit, während die Mutter nicht als Reichsdaß die Kindesmutter der Obhut der internationalen Organisation unterstand, die mit der Betreuung der Flüchtlinge beauftragt ist. 2 Art. 18 I EGBGB knüpft an die Staatsangehörigkeit des Ehemannes der Kindesmutter an. Da dieser sich nicht in der Bundesrepublik aufhielt, mußte sein Heimatrecht, also polnisches Recht, zur Anwendung kommen. Art. 18 II konnte nicht auf die staatenlose Kindesmutter angewandt werden, weil er die deutsche Staatsangehörigkeit der Kindesmutter voraussetzt.
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angehörige, sondern als staatenlos anzusehen ist, wie das Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 25. 4. 1950 ausführt. Da die Mutter zum Personenkreis der Flüchtlinge im Sinne des Bayerischen Flüchtlingsgesetzes vom 15. 2. 1947 zählt, nach dessen § 4« die Flüchtlinge in Pflichten und Rechten den Inländern gleichzustellen sind, erscheint es angebracht, sie wie eine deutsche Reichsangehörige zu behandeln. Die einseitige Lösung der staatsrechtlichen Verbindung durch den Ursprungsstaat und die unbestreitbare Anwartschaft auf Verleihung der inländischen Staatsbürgerschaft bewirken, daß bei solchen staatenlosen Neubürgern die rechtlichen und tatsächlichen persönlichen Verhältnisse nach deutschem Recht zu beurteilen sind; vgl. OLG Hessen, Kasseler Senat, Beschl. vom 12. 8. 1949 1 in SJZ 1950, 127; OLG München, NJW 1948, 308; Art. 116 I GG. Demnach bestehen keine Bedenken, die deutschen Gesetze f ü r die Anfechtung der Ehelichkeit des Beklagten nach Art. 18 II EGBGB anzuwenden, zumal der innere gesetzgeberische Grund, welcher f ü r die Einfügung des Abs. 2 dieser Bestimmung durch das Familienrechtsänderungs-Ges. vom 12. 4. 1938 maßgebend war, nämlich die Vermeidung von Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, daß der ausländische Ehemann die entsprechenden Fristen zur Anfechtung nach seinem Heimatrecht nicht wahrt oder nicht wahren kann, auch bei staatenlosen Neubürgern zutrifft. Vgl. hierzu das in diesem Rechtsstreit eingeholte Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 10. 1. 1951 . . . "
Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kindern 185. Fehlt in dem Scheidungsurteil eine Schuldfeststellung, weil das anwendbare ausländische Recht sie nicht kennt, so ist das Vormundschaftsgericht daran gebunden und hat die Personensorge nach § 74 II EheG zu regeln. Der im Scheidungsurteil behandelte Sachverhalt kann aber bei der oormundschaftsgerichtlichen Entscheidung mit verwertet werden. — EheG § 74; jugosl. EhegrundG. Bay. ObLG, Beschl. vom 18. 11. 1952 — 1 Z 132/52: NJW 6 (1953) 626. Die Ehe des aus der Batschka (Jugoslawien) stammenden Volksdeutschen Jakob K. ist durch Urteil des LG W. von 1950 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe ist das 1946 geborene Kind Dietmar hervorgegangen. Es befindet sich bei der Mutter, die mit dem Angestellten W. wieder verheiratet ist und in Z. (Ostzone) wohnt. Der Vater lebt in M. (Westzone). Eine Einigung der Eltern über das Sorgerecht ist nicht zustande gekommen; jeder Teil verlangte es f ü r sich. Das AG W. übertrug die Sorge für die Person des Kindes auf die Mutter. Das LG W. hob auf die Beschwerde des Vaters diese Entscheidung auf und sprach das Sorgerecht dem Vater zu. Die weitere Beschwerde der Mutter hatte Erfolg. 1
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 106.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 186, 187
Aus den Gründen: „Die Ehe der Eltern ist auf Grund des jugoslawischen EhegrundG vom 3. 4. 1946 (BayJMBl. 1952, 115) auf Klage und Widerklage ohne Schuldausspruch geschieden. An das Fehlen einer Schuldfeststellung, die das jugoslawische Recht nicht kennt, ist das Vormundschaftsgericht gebunden. Die Personensorge ist daher hier nach § 74 II EheG zu regeln; die Vorschrift des Abs. 4 scheidet aus. Das ist in dem angef. Beschl. auch zutreffend angenommen. Wenn das LG davon spricht, daß die Schuldfrage aus den Gründen des Scheidungsurteils zu beantworten sei, so hat es damit nicht eine dem Scheidungsrichter vorbehaltene Schuldfeststellung treffen, sondern nur zum Ausdruck bringen wollen, daß der im Scheidungsurteil behandelte Sachverhalt bei der vormundschaftsgerichtlichen Untersuchung mitverwertet werden könne. Dagegen bestehen keine Bedenken . . ." 186. Auch ein Elternteil, der im Ausland wohnt (hier Schweden) muß vor der Sorgerechtsentscheidung persönlich gehört werden. OLG Hamm, Beschl. vom 30. 11. 1953 — 15 W 372/53: JMB1. NW 8 (1954) 18. Aus den Gründen: „Von der Anhörung darf nur abgesehen werden, wenn sie unmöglich ist. Unmöglichkeit wird selten vorliegen, etwa bei Geisteskrankheit oder wenn die Anhörung in absehbarer Zeit undurchführbar ist (vgl. Palandt10, Anm. 6 zu § 74 EheG; Er man, BGB, Anm. 5 b zu § 74 EheG). Im vorliegenden Falle sind beide Eltern weder im amtsgerichtlichen noch im Besch werdeverfahren vom Richter persönlich gehört worden. Der Vater hat nur nochmals Erklärungen zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgegeben. Die Mutter hat sich nur schriftsätzlich zur Sache geäußert. Die Anhörung des Vaters ist ohne weiteres möglich. Aber auch die der Mutter erscheint ohne größere Schwierigkeiten durchführbar. Bereits im Beschluß vom 20. 9. 1950 (7 Wx 202/50) hat das beschließende Gericht hinsichtlich eines nach Dänemark verzogenen Elternteils ausgeführt, dessen richterliche Anhörung sei auf Grund eines ins einzelne gehenden Auslandsersuchens möglich; auf jeden Fall müsse der Versuch gemacht werden. Entsprechendes gilt hier f ü r die in Schweden lebende Mutter. Wenn deren Erklärungen auch vor einem ersuchten Richter erfolgen und ihr persönlicher Eindruck nur durch diesen dem entscheidenden Gericht vermittelt werden kann, so vermögen Erklärungen und Eindruck doch auf die zu treffende Entscheidung von Einfluß zu sein." IS1?. Die Rechtsverhältnisse zwischen ungarischen Eltern und ihren Kindern richten sich nach deutschem Recht, wenn die Ehe der Eltern durch ein deutsches Gericht aufgehoben wurde und eine Sorgerechtsregelung getroffen werden muß, weil eine solche Aufhebung der Ehe in Ungarn nicht anerkannt wird und deshalb nach ungarischem Recht für die Sorgerechtsregelung überhaupt kein Raum ist. — EGBGB Art. 19; FGG § 36. AG Holzminden, Beschl. vom 18. 7. 1952 — X 2888. Ungedruckt.
Nr. 187
VI. Familienrecht
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Aus den Gründen: „I. Der Vater, welcher als ungarischer Staatsangehöriger mit einer ungarischen Sanitätseinheit kurz vor Kriegsende nach Holzminden gekommen war, hat am 16. 3. 1946 vor dem Standesamt Holzminden mit der Mutter, welche bis dahin deutsche Staatsangehörige war, die Ehe geschlossen. Er hat die Mutter im Herbst 1946 vor der Geburt des zweiten Kindes verlassen, ist nach Ungarn zurückgekehrt und hat nach kurzem Briefwechsel nichts mehr von sich hören lassen. Auf Betreiben der Mutter ist darauf die Ehe durch rechtskräftiges Urteil des LG Hildesheim vom 26. 6. 1951 aus alleinigem Verschulden des Vaters aufgehoben worden. In dem Rechtsstreit über die Aufhebung der Ehe war der Mutter die öffentliche Zustellung bewilligt worden, da nach einer Auskunft des Niedersächsischen Ministers der Justiz vom 24. 1. 1951 gemäß Mitteilung des Land Commissioners Office die ungarischen Behörden die Zuständigkeit ausländischer Gerichte in dem Rechtsstreit nicht anerkennen und die Zustellung abgelehnt hätten. II. Die Mutter hat beantragt, eine Sorgerechtsregelung zu treffen und ihr das Sorgerecht f ü r beide Kinder zu übertragen. Sie wohnt jetzt in Neuhaus und hat den Sohn Alex bei sich, während Monika in Bad D. bei den Eheleuten W. sich in Pflege befindet. Eine Anhörung des Vaters ist nicht möglich. Von einem Ersuchen, ihn im Wege der Auslandsrechtshilfe durch die zuständige ungarische Behörde anhören zu lassen, ist Abstand genommen, da nach den Feststellungen aus dem Eheaufhebungsrechtsstreit nicht damit zu rechnen ist, daß die ungarischen Behörden dem Ersuchen entsprechen würden. Ein außerhalb des Auslandsrechtshilfeverkehrs an ihn gerichtetes Schreiben ist unbeantwortet geblieben. III. Das Vormundschaftsgericht geht davon aus, daß sich das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und den beiden Kindern nach deutschem Recht richtet. Zwar besitzen weder der Vater noch die Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit. Auch ist an sich aus Art. 19 EGBGB zu entnehmen, daß sich das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern in solchen Fällen grundsätzlich nach dem Recht des Heimatstaates des Vaters, also hier nach ungarischem Recht, richten soll. Nach den Feststellungen aus dem Eheaufhebungsrechtsstreit erkennen jedoch die ungarischen Behörden die nach deutschem Recht erfolgte Aufhebung der Ehe überhaupt nicht an. Da somit die Ehe nach ungarischem Recht noch als fortbestehend angesehen wird, würde insoweit f ü r eine Sorgerechtsregelung überhaupt kein Raum sein. In solchen Fällen muß, wie Raape (in Staudinger, Kommentar, Bd. 6, S. 451, und Deutsches internationales Privatrecht 2 218) ausführt, auch die Sorgerechtsregelung nach deutschem Recht getroffen werden, nachdem die Aufhebung der Ehe ebenfalls nach deutschem Recht erfolgt ist. Denn „wer niederreißt, soll auch aufräumen". Wenn auch nach dem vom deutschen Institut f ü r Jugendhilfe angeforderten Gutachten offenbar in Schrifttum und Rechtsprechung überwiegend der gegenteilige Standpunkt vertreten wird, daß trotz Nichtanerkennung der Eheauflösung im Heimat-
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 188
Staat der Eheleute das Heimatrecht f ü r die Sorgerechtsregelung maßgeblich sei, so folgt das Vormundschaftsgericht schon aus Zweckmäßigkeitsgründen der von Raape vertretenen Auffassung, weil sonst der weiteren förderlichen Entwicklung der Kinder, an deren Wohlergehen der Vater offensichtlich nicht das geringste Interesse hat, unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen würden. IV. Wenn aber f ü r die Sorgerechtsregelung deutsches Recht angewendet werden kann, ist das mit der Regelung befaßte Gericht auch zuständig. Denn die Kinder, welche nach deutschem Recht keinen inländischen Wohnsitz haben, weil minderjährige Kinder gesetzlich den Wohnsitz des Vaters teilen, haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Mutter, welche im Bezirk des Gerichts wohnt (vgl. § 36 FGG)." 188. Die Frage, ob einer Person die Personensorge über ein Kind zusteht, ist nach dem Heimatrccht dieser Person zu beantworten. Nach ungarischem Recht gilt ein Kind solange als ehelich, bis seine Ehelichkeit erfolgreich angefochten wurde. — BGB § 1632; ZPO § 114. LG Bayreuth, Beschl. vom 16. 9. 1950 — 3 OH 164/49. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der Antrst., der Volksdeutscher Flüchtling aus Jugoslawien ist, suchte a m 18. 5. 1949 beim LG Bayreuth um die Bewilligung des Armenrechts nach zur Erhebung einer Klage gegen die Antrg. Theresia S. auf Herausgabe des Kindes Michael. Zur Begründung trug er vor, die Antrg. habe im J a h r e 1937 den Anton S. geheiratet, kurz nach der Eheschließung aber mit ihm, dem Antrgst., in wilder Ehe gelebt. Aus diesem Verhältnis sei das Kind Michael, geboren am 9. 5. 1938, hervorgegangen. Die Ehe der Antrg. sei erst nach der Geburt des Kindes geschieden worden. Das Kind sei als eheliches Kind des Anton S. in die Matrike seines Geburtsortes K. eingetragen worden. Zur Glaubhaftmachung legte der Antrst. einen Auszug des betreffenden Geburtsregisters vor. Im J a h r e 1944 seien dann Anton S., seine von ihm inzwischen geschiedene Gattin, die Antrg. Theresia S., und er, der Antrst., zu dem Notar Krämer in S. gegangen und hätten ihm den Auftrag gegeben, die Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes einzureichen. Gleichzeitig habe der Antrst. hierbei nochmals, wie bereits im J a h r e 1940, den Antrag gestellt, nach erfolgter Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes, in seinem, des Antrst. Namen, Antrag auf Ehelichkeitserklärung des Kindes Michael bei der zuständigen Behörde zu stellen. Der Notar habe damals zugesagt, beides sogleich erledigen zu wollen. Ob dies geschehen sei u n d ob überhaupt in der Sache ein Urteil ergangen sei, wisse er nicht. Das Kind befinde sich z. Zt. bei seiner Mutter, der Antrg. Theresia S. in T. Er wolle nach Bewilligung des Armenrechts Klage auf Herausgabe des Kindes an ihn gem. § 1632 BGB erheben, da ihm die Sorge f ü r die Person des f ü r ehelich erklärten Kindes zustehe. Dem Antrst. konnte das Armenrecht nicht bewilligt werden, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet
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VI. Familienrecht
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(§ 114 ZPO). Der Antrst. könnte eine Herausgabe des Kindes gemäß § 1632 BGB von der Antrg. nur dann verlangen, wenn er beweisen kann, daß ihm die Sorge f ü r die Person des Kindes zusteht. Ob ihm die Personensorge zusteht, beurteilt sich nach dem Recht des Heimatstaates, also nach jugoslawischem Recht, da der Antrst. und die Antrg. und auch das Kind Michael damals die jugoslawische Staatsangehörigkeit besaßen, die übrigens auch heute noch fortbesteht. In dem Bezirk des Geburtsortes des Kindes Michael S. galt in den in Frage kommenden Jahren (1937—1944) ungarisches Recht (vgl. das bei den Akten befindliche Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München). Danach gilt das von der Antrg. während ihrer Ehe mit Anton S. geborene Kind Michael, das von dem Antrst. angeblich erzeugt wurde, solange als eheliches Kind des S., bis dessen Ehelichkeit erfolgreich angefochten wurde. Aus dem Vortrag des Antrst. und auch der Antrg. ergibt sich aber nicht, daß ein solcher Anfechtungsprozeß von Anton S. bis zu einem Urteil durchgefochten wurde. Auch die Geburtsurkunde enthält keine Eintragung in dieser Hinsicht. Solange aber keine erfolgreiche Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes stattgefunden hat, war es dem Antrst. auch nicht möglich, die Vaterschaft zu dem Kind anzuerkennen und das Kind durch Staatshoheitsakt legitimieren zu lassen . . . " 189. Nach Art. 3 II und 117 des Bonner Grundgesetzes kann seit dem 1. A. 1953 eine staatenlose, von ihrem Ehemann getrennt lebende Ehefrau selbständig einen Wohnsitz im Sinne des § 13 ZPO in Deutschland begründen. Nach New Yorker Recht kann ein Ehegatte von dem anderen die Herausgabe eines gemeinsamen Kindes nur dann verlangen, wenn ihm das Recht der persönlichen Fürsorge für das Kind durch das zuständige Gericht übertragen worden ist. — EGBGB Art. 19; BGB §§ 1632, 1666; ZPO §§ 12, 13; württ. Ausführungsgesetz zum BGB Art. 68; New Yorker Domestic Relations Law §§ 70, 81. LG Stuttgart, Urt. vom 12. 11. 1953 — 12 Q 20/53: RabelsZ 19 (1954) 153 mit Anmerkung von Käser. Der Antrst. ist ein seit langem in New York wohnhafter amerikanischer Staatsangehöriger und mit der Antrg., die vor ihrer Eheschließung deutsche Staatsangehörige war, seit dem Jahre 1947 verheiratet. Im Jahre 1950 schlössen die Parteien vor einem New Yorker Rechtsanwalt einen Trennungsvertrag (Separation Agreement), worauf die Ehefrau mit dem jetzt sechsjährigen gemeinsamen Sohn zu ihren Eltern nach Deutschland reiste. Im Jahre 1952 kehrte sie nach New York zurück, um mit ihrem Manne wieder zusammenzuleben. Im April 1953 verließ sie unter Mitnahme des Sohnes den Antrst. erneut und begab sich wiederum nach Stuttgart, wo sie seitdem lebt. Der Ehemann beantragte Herausgabe des Kindes im Wege der einstweiligen Verfügung, da zu befürchten sei, daß seine Frau das Kind ins Ausland verbringe. Die Frau machte geltend, daß über seinen angeblichen Anspruch nicht im Wege der einstweiligen Verfügung, sondern nur vom Vormundschaftsgericht entschieden werden könne. Im übrigen bedürfe 23 Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 189
das Kind noch der mütterlichen Pflege; der Antrst. sei zu Gewalttätigkeiten geneigt und trunksüchtig. Das LG hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Aus den Gründen: „1. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist gegeben. Der Antrst. ist amerikanischer Staatsbürger und fällt nicht unter die in Art. 1, 2 des AHKG Nr. 13 aufgeführten Personen. Die Antrg. hat durch ihre Heirat mit einem Amerikaner die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, die amerikanische aber noch nicht erworben. Sie ist daher staatenlos. 2. Das Gericht ist gemäß §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig. Nach herrschender Ansicht sind für die Begründung des Wohnsitzes von Ausländern und Staatenlosen in Deutschland die deutschen Rechtsvorschriften in §§ 7 ff. BGB maßgebend (Baumbach, ZPO 21 § 13 Anm. 1; Stein-Jonas17 § 13, I). Nach der durch Art. 117 GG mit Wirkung vom 1. 4. 1953 erfolgten Gleichberechtigung von Mann und Frau ist eine deutsche oder staatenlose Ehefrau, die von ihrem Ehemann getrennt lebt, als berechtigt anzusehen, selbständig einen Wohnsitz zu begründen. Dies hat die Antrg. in Stuttgart auch getan. 3. Das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und dem ehelichen Kinde wird gemäß Art. 19 EGBGB nach dem Heimatrecht des Vaters beurteilt, vorbehaltlich einer etwaigen Rückverweisung auf die deutschen Gesetze. Es kommt also vorliegendenfalls das Recht des Staates New York zur Anwendung. Eine Rückverweisung ist in diesem Recht nicht ausgesprochen. Es erklärt grundsätzlich das Recht des Staates f ü r anwendbar, in welchem der Vater zur Zeit der Geburt des Kindes seinen Wohnsitz hatte. Das Familienrecht des Staates New York ist in einem besonderen Familienrechtsgesetze (Domestic Relations Law) niedergelegt. § 81 dieses Gesetzes erklärt die Ehegatten hinsichtlich der elterlichen Gewalt f ü r gleichberechtigt. Er bestimmt: „Eine verheiratete Frau ist zusammen mit ihrem Ehemann Vormund ihrer Kinder mit gleichen Gewalten, Rechten und Pflichten im Hinblick auf diese. Daher hat jeder Elternteil Recht auf Besitz des Kindes." Infolgedessen ist die Mitnahme des Kindes durch die Antrg. auch ins Ausland nicht widerrechtlich gegenüber dem Antrst. In § 70 des Gesetzes ist gesagt, daß die getrennt lebenden Ehegatten bei Meinungsverschiedenheiten über ein gemeinschaftliches Kind das Oberste Gericht 1 des Staates anrufen können. Dieses regelt nach gehöriger Prüfung die natürliche Vormundschaft, die Vertretung und die Aufsicht über das minderjährige Kind. Es kann das Kind einem Elternteil, evtl. zeitweise und unter Auflagen und Einschränkungen, wie der Fall es erfordert, zusprechen. Jedoch besteht in allen Fällen kein Prima-Facie-Recht des einen oder anderen Elternteiles, vielmehr hat das Gericht allein darnach zu entscheiden, was den Interessen des Kindes am besten dienlich ist und was das Wohl und das Glück des Kindes am besten fördert. 1 Gemeint ist der „Supreme Court", der etwa dem deutschen Amtsgericht entspricht.
Nr. 190,191
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VI. Familienrecht
Danach hat der Vater des Kindes kein einseitiges Recht auf das Kind. Eine Bestimmung, die dem § 1632 BGB, welcher bis zum Eintritt der Gleichberechtigung in Deutschland galt, entspricht, kennt das Familienrechtsgesetz des Staates New York nicht. Voraussetzung eines Herausgabeverlangens eines Ehegatten ist demnach, daß diesem das Recht der persönlichen Fürsorge f ü r das Kind durch das zuständige Gericht übertragen worden ist. In Deutschland ist hierfür das Vormundschaftsgericht zuständig (württ. Ausführungsgesetz zum BGB Art. 68 Z. 7, § 1666 BGB; vgl. auch Finke, NJW 1953, 606). Das Vormundschaftsgericht kann selbst durch Ordnungsstrafen oder Gewalt die Herausgabe des Kindes an den von ihm f ü r sorgeberechtigt erklärten Elternteil erzwingen (§ 33 FGG; Palandt, Anm. 6 zu § 74 EheG). Somit ist f ü r die Erlassung einer einstweiligen Verfügung im ordentlichen Prozeßverfahren kein Raum. Eines Eingehens auf das tatsächliche Vorbringen der Parteien bedurfte es daher nicht, vielmehr war der Antrag des Antrst. als unzulässig zurückzuweisen." 190. Die Unterhaltsansprüche eines ehelichen Kindes werden nach dem Heimatrecht des Kindesvaters bestimmt. Der Unterhaltsanspruch erwächst grundsätzlich in derjenigen Währung, in welcher der Unterhaltsbedarf gedeckt werden muß. Jedoch kann der Bekl. zur Leistung in deutscher Währung verurteilt werden, wenn der Kl. es beantragt, der Bekl. nicht widerspricht und die Währungsvorschriften es zulassen. — EGBGB Art. 19; BGB §§ 160 ff. LG Düsseldorf, Urt. vom 27. 11. 1953 — 13 S 209/53: Zentralblatt f. Jugendrecht und Jugendwohlfahrt 41 (1954) 115. „Die Klage ist nach §§ 1601 ff. BGB in voller Höhe begründet. Da der Bekl. Deutscher ist, ist gemäß Art. 19 EGBGB nach deutschem Recht zu entscheiden. Der Unterhaltsanspruch der Kl. kann auch in deutscher Währung geltend gemacht werden. Dies folgt zwar nicht schon aus Art. 19 EGBGB. Vielmehr erwächst der Unterhaltsanspruch grundsätzlich in derjenigen Währung, in welcher der Unterhaltsbedarf gedeckt werden muß. In dieser Währung — im vorliegenden Fall in österreichischer — ist der Anspruch regelmäßig zu bemessen. Jedoch kann der Bekl. in deutscher Währung verurteilt werden, wenn der Kl. es beantragt, der Bekl. nicht widerspricht und die Währungsvorschriften es zulassen (so auch LG Bochum, NJW 1951, 2 3 9 1 9 5 2 , 471 2; Raape, Int. Privatrecht 3 334) . . . " 191. Der geschiedene Vater des Kindes ist weder nach österreichischem noch nach deutschem Recht verhindert, das Kind bei Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage, die auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes abzielt, zu vertreten. — EGBGB Art. 7, 19, 23; BGB §§ 1630, 1795, 1796, 1909; FGG §§ 27, 29, 57; österr. ABGB §§ 152, 172, 269, 270, 271. Bayer. ObLG, 1. ZS, Beschl. vom 28. 11. 1952 — BReg. 1 Z 214/52. Ungedruckt. 1
23 *
Siehe Iz Rspr. 1945—1953 Nr. 258.
2
Ebda Nr. 270.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 191
Aus den Gründen: „I. Das am 25. 4. 1944 geborene Kind Mareile A. stammt aus der durch Urteil des LG Linz-Nord vom 8. 9. 1949 rechtskräftig geschiedenen Ehe der Eheleute Walter A. und Maria geb. S. Der Vater lebt in L. (Österreich). Die Mutter wohnt in H. (Bundesrepublik). Das Kind befand sich bisher bei ihr. Vor der Scheidung hatten die Eltern mit Vergleich vom 21. 10. 1948 vereinbart, daß Mareile bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres in der Erziehung der Mutter stehen und nach diesem Zeitpunkt von ihr dem Vater zur weiteren Erziehung übergeben werden solle. Der Vergleich wurde von dem Bezirksgericht Urfahr am 25. 7. 1950 pflegschaftsbehördlich genehmigt. Um das Kind nicht an den Vater herausgeben zu müssen, beantragte die Mutter im Juni 1950 bei dem AG Amberg, ihr die Personensorge zu übertragen. Nachdem das AG dem Antrag stattgegeben, das LG Amberg aber unter Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung das Sorgerecht dem Vater zugesprochen hatte, hob der Senat auf die weitere Beschwerde der Mutter mit Beschluß vom 21. 3. 1952 (Beschw. Reg. Nr. II 84/1951, amtl. Sammlung 1952, 74) 1 die beiden Vorentscheidungen auf und wies den Antrag der Mutter wegen fehlender Zuständigkeit des deutschen Vormundschaf tsgerichtes ab; wegen der Begründung im einzelnen wird auf diesen Beschluß Bezug genommen. Am 27./29. 5. 1952 beantragte die Mutter bei dem AG Amberg, für das Kind zur Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf Feststellung seiner deutschen Staatsangehörigkeit einen Pfleger zu bestellen. Sie machte geltend, das Mädchen sei entgegen der in dem Beschluß vom 21. 3. 1952 vertretenen Auffassung nicht nur als österreichische, sondern auch als deutsche Staatsangehörige anzusehen. Die deutsche Staatsangehörigkeit müsse im Kindesinteresse durch ein verwaltungsgerichtliches Verfahren festgestellt werden. Der Vater werde seine Einwilligung zur Durchführung des Verfahrens nicht geben, weil er eine Anerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nicht wolle. Die Bestellung eines Pflegers sei daher erforderlich. Der Vater trat dem Verlangen der Mutter entgegen und verwies darauf, daß in dem Beschluß vom 21. 3. 1952 bereits entschieden sei, daß das Kind allein die österreichische Staatsbürgerschaft habe. Das AG lehnte am 29. 7. 1952 den Antrag der Mutter ab weil über die Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage der Vater zu bestimmen habe und daher kein Grund f ü r eine Pflegschaftsanordnung bestehe. Die Beschwerde der Mutter hiegegen wurde durch Beschluß der 1. Ferienzivilkammer des LG Amberg vom 8. 9. 1952 als unbegründet zurückgewiesen. Das LG verneinte mit dem AG die Voraussetzungen f ü r die Bestellung eines Pflegers. Der Vater als der gesetzliche Vertreter des Kindes sei weder tatsächlich noch rechtlich an der Besorgung der in Frage stehenden Angelegenheit verhindert. Er wolle sie nur nicht vornehmen; das stelle aber keine Verhinderung dar. 1
Siehe unten Nr. 317.
Nr. 191
VI. Familienrecht
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Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde der Mutter, mit der diese die Aufhebung der Vorentscheidungen verlangt und ihren bisherigen Antrag wiederholt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Vorinstanzen hätten die Voraussetzungen des § 1909 BGB verkannt. Das Kind besitze neben der österreichischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Daß in einem Falle wie hier das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit zu bejahen sei, entspreche auch der Auffassung, die von dem Bayerischen Staatsministerium des Innern vertreten werde. Der Vater sei sowohl in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht an der Erhebung der Feststellungsklage vor dem deutschen Verwaltungsgericht verhindert. Eine tatsächliche Verhinderung liege deshalb vor, weil ihm nicht zugemutet werden könne, eine im Ergebnis gegen ihn selbst gerichtete Klage zu erheben; denn die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes ermögliche die Einleitung eines neuen Sorgerechtsverfahrens vor dem deutschen Vormundschaftsgericht, in dem ihm die Personensorge entzogen werden könne. Die rechtliche Verhinderung ergebe sich auf Grund der Bestimmungen der §§ 1630 II, 1796 BGB. Danach könne einem Vater bei Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes die Vertretung seines Kindes f ü r einzelne Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entzogen werden; dieser Fall sei hier gegeben. Wenn der Vater die Erhebung der Feststellungsklage f ü r das Kind ablehne, so mißbrauche er sein Elternrecht, so daß auch hiewegen seine rechtliche und tatsächliche Verhinderung und damit die Notwendigkeit einer Pflegerbestellung zu bejahen sei. II. Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft und formgültig erhoben (§§ 27, 29 FGG). Zu ihrer Einlegung ist die Beschwf. als Mutter des Kindes gemäß § 57 I Nr. 3 FGG berechtigt, denn nach der Sachlage muß angenommen werden, daß sie dabei im Interesse des Kindes handeln will (vgl. KG in JFG 15, 125). Die rechtliche Würdigung ergibt folgendes. Den Gegenstand des Verfahrens der Vorinstanzen und damit auch der Entscheidung des Gerichts der weiteren Beschwerde bildet allein die Frage, ob die Voraussetzungen für die Anordnung einer Pflegschaft zu dem von der Beschwf. angestrebten Zweck vorliegen. Die Untersuchung hat sich also nur darauf zu erstrecken, ob der Vater kraft Gesetzes verhindert ist, das Kind bei Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage, die auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit abzielt, zu vertreten. Nicht zu prüfen ist, ob dem Vater aus diesem Anlaß das Vertretungsrecht entzogen und so die Anordnung einer Pflegschaft notwendig gemacht werden könnte; denn bei der Entziehung des Vertretungsrechtes würde es sich um eine andere Angelegenheit handeln wie diejenige, die dem jetzigen Verfahren zugrunde liegt (vgl. BayObLGZ 34, 365; Schlegelberger 6 Anm. 10 z u § 25 u n d A n m . 4 z u § 2 3 F G G ; Keidel5
A n m . 1 z u § 25 u n d A n m . 1 zu
§ 23 FGG). Das LG und das AG sind in ihren Entscheidungen auf die Staatsangehörigkeit des Kindes nicht eingegangen. Dagegen sind im vorliegenden Fall keine Bedenken zu erheben, weil sowohl nach österreichischem wie nach
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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deutschem Recht eine Pflegerbestellung zu dem von der Beschwf. bezeichneten Zweck nicht zulässig ist. Geht m a n davon aus, daß das Kind allein die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, so ist der Beurteilung das österreichische Recht zugrunde zu legen (Art. 23, 7, 19 EGBGB). In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das die Beschwf. im Kindesinteresse als geboten erachtet und dessen Aussichten hier nicht zu p r ü f e n sind, hätte f ü r das jetzt 8 J a h r e alte Kind der gesetzliche Vertreter zu handeln (§ 54 des bayer. Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Gesetzlicher Vertreter ist nach § 152 ABGB der Vater, der ausschließlich österreichischer Staatsbürger ist. Weder aus den Bestimmungen über das Erlöschen der väterlichen Gewalt (s. §§ 172 ff. ABGB) noch aus den Vorschriften über die Anordnung einer Kuratel (s. §§ 269, 270, 271 ABGB) ist zu entnehmen, daß der Vater wegen eines möglichen Interessengegensatzes oder aus einem sonstigen Grunde von der Vertretung des Kindes in dem hier in Betracht kommenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren k r a f t Gesetzes ausgeschlossen wäre. Nimmt m a n an, daß das Kind allein — oder neben der österreichischen Staatsbürgerschaft — die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, so steht dem Vater als dem Inhaber der elterlichen Gewalt das Vertretungsrecht zu (§ 1630 I BGB). Dieses Vertretungsrecht wäre nach § 1630 II Satz I BGB n u r unter den Voraussetzungen des § 1795 BGB k r a f t Gesetzes ausgeschlossen. Die Fälle des § 1795 I BGB scheiden hier ohne weiteres aus. Aber auch der in § 1795 II BGB genannte Ausschließungsgrund des § 181 BGB ist nicht gegeben, denn der Vater soll ja das Kind n u r gegenüber dem Verwaltungsgericht vertreten (vgl. RGZ 157, 24 (31); BayObLGZ 1950/51, 456). Die Voraussetzungen f ü r eine Pflegschaftsanordnung liegen sonach nicht vor. Die weitere Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen. Wie oben schon dargelegt wurde, war hier n u r zu p r ü f e n und zu entscheiden, ob das Vertretungsrecht des Vaters im vorliegenden Falle k r a f t Gesetzes ausgeschlossen und infolgedessen die Anordnung einer Pflegschaft notwendig ist. Die andere Frage, ob dem Vater das Vertretungsrecht vom Vormundschaftsgericht entzogen werden könnte mit der Folge, daß ein Pfleger zu bestellen wäre, ist nicht Gegenstand des jetzigen Verfahrens. Deshalb ist auch nicht zu erörtern, ob das deutsche Vormundschaftsgericht eine solche Maßregel überhaupt treffen könnte (s. dazu die Ausführungen des Beschlusses vom 21. 3. 1952)." 193. Das amerikanische Berufungsgericht kann bei einer Entscheidung, daß ein alleinstehendes verschlepptes Kind in Deutschland verbleiben soll, die Bedingung hinzufügen, daß der Beschluß hinfällig wird, wenn die deutschen Gerichte die Adoption durch die gegenwärtigen Pflegeeltern nicht billigen. US Berufungsgericht der AHK, Urt. vom 23. 1. 1952 — Fall Nr. 51 RR 1: E J F 1 (1952) 74. Die IRO hatte die Umsiedlung der alleinstehenden achtjährigen Olga P. nach den Vereinigten Staaten beantragt. Die Kindesmutter starb kurz nach der Geburt. Der Aufenthalt des Vaters ist unbekannt. Das Kind lebt in der
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Familie M.; die Pflegeeltern, die sieben eigene Kinder haben, möchten Olga adoptieren. Die erste Instanz hatte, weil sie der Ansicht war, daß das dem Kindeswohl am besten entspreche, angeordnet, daß das Kind in Deutschland verbleiben solle. Hiergegen legte die IRO Berufung ein und bestritt, daß das Verbleiben in Deutschland dem Kindeswohl am besten dienen würde. Die Berufung wurde mit einer Maßgabe zurückgewiesen. Aus den Gründen: „Der Hauptgrund f ü r den Vorderrichter, das Verbleiben des Kindes in Deutschland anzuordnen, war die Absicht der Familie M., das Kind zu adoptieren, sowie die Hoffnung und Erwartung auf Seiten des Vorderrichters, daß die deutschen Gerichte und Behörden die Adoption durch die Familie M. genehmigen würden. Es bestanden aber erhebliche Zweifel, ob die Familie M. die rechtlich erforderliche Genehmigung der deutschen Gerichte und Behörden würde erlangen können. Die Familie M. hat bereits sieben Kinder zwischen zwei und vierzehn Jahren. Von dem Erfordernis des deutschen Adoptionsrechts, daß die Annehmenden kinderlos sein müssen, kann nur dann Befreiung bewilligt werden, wenn zwei Ehegatten gemeinsam ein Kind annehmen wollen; die Ausnahmegenehmigung soll nur erteilt werden, wenn dem nicht die Interessen der leiblichen Kinder entgegenstehen und die Existenz leiblicher Kinder keine Beeinträchtigung der Interessen des Adoptivkindes befürchten läßt. Der Prozeßpfleger (Guardian ad litem) wies vor uns darauf hin, daß die deutschen Gerichte und Behörden nicht tätig werden würden, bevor ihnen nicht durch den Beschluß des amerikanischen Gerichts die Zuständigkeit eingeräumt worden sei. Das Ergebnis war fast eine Sackgasse: Der Beschluß des Vorderrichters war in erster Linie darauf gestützt, daß die Familie M. das Kind rechtlich an Kindes Statt annehmen sollte, während die deutschen Gerichte jede Tätigkeit ablehnten, ehe sie nicht durch den Beschluß des amerikanischen Gerichts für zuständig erklärt waren. Eine angemessene Lösung läßt sich dadurch erreichen, daß dem Beschluß eine Bedingung hinzugefügt wird, die dahin geht, daß der Beschluß, das Kind solle in Deutschland verbleiben, unter der Bedingung steht, daß der Familie M. durch die deutschen Gerichte die Genehmigung zur Adoption des Kindes erteilt wird. Das Berufungsgericht ist ermächtigt, alle den Umständen nach angemessenen Entscheidungen zu fällen und kann daher den Beschluß des Vorderrichters entsprechend ändern, zumal es der Überzeugung ist, daß auch der Vorderrichter, wenn er sich zur Hinzufügung einer Bedingung für zuständig gehalten hätte, diese in seinem Beschluß aufgenommen hätte. Es wird daher auf die Berufung entschieden, daß die Ansiedlung des Kindes in Deutschland seinem Wohl am besten entspricht. Der Beschluß steht jedoch unter der Bedingung, daß die Familie M. von den deutschen Gerichten zur Annahme des Kindes ermächtigt wird."
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Legitimation Siehe auch Nr. 7 193. Das uneheliche Kind einer deutschen Mutler, die nach der Geburt mit dem belgischen Erzeuger in Deutschland vor einer nach belgischem Recht zuständigen Stelle, jedoch nicht vor dem deutschen Standesbeamten, die Ehe schließt, erlangt, obwohl seine Eltern nach deutschem Recht nicht gültig verheiratet sind, durch die Eheschließung gleichwohl die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes, wenn die Voraussetzungen für die Legitimation nach belgischem Recht gegeben sind. — EGBGB Art. 13, 22; EheG § § 1 1 , 13, 25; belg. Code civil Art. 70, 75, 88, 89, 331. LG Köln, 6. ZK, Beschl. vom 20. 2. 1953 — 6 T 12/53; MDR 7 (1953) 489. Aus den Gründen: „Die beiden Kinder sind von ihrer deutschen Mutter unehelich geboren worden. Als ihr Vater hat sich ein belgischer Berufsoffizier bekannt. Die Mutter ist unter Aufhebung der Amtsvormundschaft zum Vormund der Kinder bestellt worden. Am 23. 10. 1952 haben die Eltern in Siegen-Heidenberg vor dem Verwaltungsoffizier eines Truppenteiles der belgischen Besatzungsstreitkräfte die Ehe geschlossen. Bei der Gelegenheit haben sie die Kinder nochmals als die ihrigen anerkannt. Mit Schreiben vom 25. 10. 1952 hat die Mutter unter Übersendung einer übersetzten Abschrift der Heiratsurkunde um die Feststellung der Legitimation der Kinder durch nachfolgende Ehe gebeten. Dem hat das AG durch Beschluß vom 13. 11. 1952 entsprochen. Gegen diesen am 21. 11. 1952 zugestellten Beschluß hat der Regierungspräsident in Köln am 1. 12. 1952 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Die sofortige Beschwerde des Regierungspräsidenten ist zwar gemäß § 22 III und V der 1. AVO zum PStG zulässig und auch fristgerecht eingelegt, sachlich jedoch nicht begründet. Der Regierungspräsident weist mit Recht darauf hin, daß durch die in Deutschland vor einem belgischen Verwaltungsoffizier erfolgte Eheschließung der Eltern eine nach deutschem Recht gültige Ehe nicht zustande gekommen ist. Gemäß Art. 13 I S. 1 EGBGB sind im vorliegenden Falle, wo die Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit besaß und die Eheschließung in Deutschland erfolgte, f ü r die Eingehung der Ehe und die Form der Eheschließung die deutschen Gesetze maßgebend, die in §§ 11 und 13 EheG die Eheschließung vor dem deutschen Standesbeamten vorschreiben. Nach belgischem Recht sind die Eltern dagegen in gültiger Ehe verheiratet. Die Vorschriften der Art. 70 und 75 Cc sind erfüllt und der Verwaltungsoffizier war nach Art. 88, 89 Cc zur Vornahme der Eheschließung befugt. Die Beantwortung der Frage, ob die Kinder durch die nach deutschem Recht unwirksame und nach belgischem Recht wirksame Eheschließung der Eltern gleichwohl auch nach deutschem Recht die Stellung ehelicher Kinder erlangt haben, ist aus Art. 22 EGBGB zu entnehmen. Durch Umkehrschluß aus dessen Abs. 1 wird allgemein gefolgt, daß sich die Legiti-
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mation eines unehelichen Kindes nach den Gesetzen des Staates richtet, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört (vgl. Palandt, Anm. 2 zu Art. 22 EGBGB). Damit ist nach der Auffassung der Kammer, die sich in diesem Punkte der Ansicht von Lewald, Reu, Classen und des KG anschließt (vgl. Lewald, Das Deutsche Internationale Privatrecht [1931] 130; Reu, Anwendung fremden Rechts [1938] S. 52; Classen, Ehelichkeit und Staatsangehörigkeit der Kinder aus Ehen zwischen Angehörigen der britischen Streitkräfte und deutschen Frauen, MinBl.NW, Ausgabe A, 1948, Sp. 107 ff.; KG, Urt. vom 9. 12. 1921, OLGR 42, 97; Beschl. vom 9. 7. 1937, J W 1937, 2526), eindeutig geklärt, daß f ü r sämtliche Voraussetzungen der Legitimation das Heimatrecht des Vaters maßgebend ist. Die gegenteilige Ansicht, die vor allem von Raape, Lauterbach und dem OLG München vertreten wird (vgl. Raape, Die Staatsangehörigkeit des Kindes aus einer von einem Engländer und einer Deutschen hier nicht gemäß den deutschen Formvorschriften geschlossenen Ehe, MDR 1948, 98 ff.; Palandt-Lauterbach, Anm. 3 zu Art. 18 EGBGB; OLG München, Urt. vom 10. 3. 1921 in OLGR 42, 98), wonach die Gültigkeit der Ehe eine selbständige, an Hand des Art. 13 EGBGB zu prüfende Voraussetzung der Legitimation sei, ist logisch nicht zwingend und führt dazu, daß die Voraussetzungen der Legitimation ohne Rückverweisung verschiedenen Rechtsordnungen zu entnehmen sind. Während nämlich die Voraussetzungen der gültigen Eheschließung gemäß Art. 13 I S. 1 EGBGB nach deutschem Recht beurteilt werden sollen, sind die anderen Voraussetzungen der Legitimation, z. B. die Fragen, ob eine nachfolgende Ehe überhaupt Legitimationswirkung hat, oder ob ein im Ehebruch erzeugtes Kind legitimiert werden kann, gemäß Art. 22 I EGBGB auf der Grundlage des Heimatrechtes des Vaters zu prüfen. Eine solche uneinheitliche Regelung kann aber nicht der Sinn des aus Art. 22 I EGBGB entwickelten allgemeinen Grundsatzes sein. Hier handelt es sich nicht darum, ob die Eltern nach deutschem Recht in gültiger Ehe verheiratet sind, sondern nur darum, ob die Kinder auch in Deutschland die Stellung ehelicher Kinder haben. Für die Beantwortung der ersten Frage ist Art. 13 EGBGB maßgebend, nicht jedoch f ü r die Beantwortung der zweiten Frage. Diese entscheidet sich ausschließlich aus Art. 22 EGBGB. Das Ergebnis, daß damit die Rechtsgültigkeit der Ehe und die Ehelichkeit der Kinder auseinanderfallen, dürfte im Hinblick auf § 25 EheG nicht befremden. Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public, als dessen Ausfluß Art. 22 II EGBGB anzusehen ist, liegt auch nicht vor, da nach deutschem Recht f ü r die Legitimation durch nachfolgende Ehe keine besondere Einwilligung des Kindes oder seiner Mutter erforderlich ist. Nach belgischem Recht sind aber nun sämtliche Voraussetzungen f ü r eine Legitimation der Kinder durch nachfolgende Ehe erfüllt. Gemäß Art. 331 Cc können uneheliche Kinder, mit Ausnahme der in Blutschande oder im Ehebruch erzeugten, durch die nachfolgende Ehe ihrer Eltern legitimiert werden, wenn diese sie entweder vor ihrer Heirat gesetzmäßig anerkannt haben oder bei der Eheschließung selbst anerkennen. Da die Eltern das letztere getan haben, sind die Kinder also durch die Eheschließung mit Wirkung f ü r das belgische und das deutsche Recht eheliche Kinder ihrer Eltern
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geworden. Diese W i r k u n g konnte auch das AG feststellen, da das Verfahren nach § 31 PStG nicht auf Fälle einer Legitimation auf Grund inländischen Rechtes beschränkt ist (vgl. BayOLG, Beschl. v o m 8. 6. 1921, in JFG 1/137). Da somit die v o m Amtsgericht getroffene Feststellung zu Recht besteht, mußte die sofortige Beschwerde des Regierungspräsidenten dagegen als unbegründet zurückgewiesen werden." 1 9 4 . Für die Legitimation eines unehelichen Kindes ist das Heimatrecht des Kindesvaters maßgebend (hier französisches Recht). Das Heimatrecht des Vaters muß durch ein deutsches Gericht auch dann angewandt werden, wenn es weitergehende Erfordernisse der Legitimation durch nachfolgende Ehe als das deutsche Recht aufweist. — EGBGB Art. 22, 30; BGB § § 1719 bis 1722; RuStAG § § 4, 17; PStG § 31; franz. Code civil Art. 331, 336; franz. StAG Art. 34. AG Heidenheim/Br. Beschl. v o m 7. 1. 1953 — GR 214/52: N J W 6 (1953) 1555; StAZ 6 (1953) 132; Entsch. Jugend- und Familienrecht 4 (1953) 62. In der Vormundschaftssache über die am 6. 3. 1945 unehelich geborene Brigitte M., Tochter der deutschen Staatsangehörigen L o r e M., geboren am 21. 3. 1923, w i r d gemäß § 31 PStG festgestellt: Das Mündel hat gemäß § 1719 BGB die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes dadurch erlangt, daß der Vater, der französische Staatsangehörige T . G., wohnhaft in C., Frankreich, geboren am 29. 4. 1921 in M., Polen, am 23. 9. 1947 mit der Mutter L o r e M. vor dem Standesamt H. die Ehe geschlossen hat. Die Beischreibung dieser Feststellung am Rande der Geburteneintragung w i r d angeordnet. Aus den Gründen: „Die Kindeseltern, ehemals in H. wohnhaft, haben vor der Eheschließung in notarieller Urkunde v o m 28. 11. 1946 ein formelles Vaterschafts- und Mutterschaftsanerkenntnis abgegeben und nach der Eheschließung ihren ehelichen Wohnsitz nach Frankreich verlegt. Das Kreisjugendamt H. hat am 1. 10. 1952 als Amtsvormund die Feststellung der Legitimation des Mündels gemäß § 1719 BGB und die A u f hebung der Vormundschaft gemäß § 1883 BGB beantragt. Dem Antrag w a r stattzugeben. § 31 PStG enthält f ü r das vorliegende Legitimationsverfahren die ausschließliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts und ist, da einschränkende Bestimmungen fehlen, auch dann anzuwenden, wenn der Vater des Kindes eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt. Bei ausländischer Staatsangehörigkeit des Vaters finden die international-privatrechtlichen Grundsätze des Art. 22 EGBGB Anwendung, wonach die einschlägigen Legitimationsbestimmungen des jeweiligen Auslandsstaates des Kindesvaters maßgebend sind. Bei der französischen Staatsangehörigkeit des Vaters kommt es vorliegendenfalls darauf an, welche Bestimmung das französische Recht über die Legitimation eines unehelichen Kindes
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durch nachfolgende Ehe enthält, und zwar sind die Bestimmungen des Art. 331 I u n d 334 Cc anzuwenden (Deutsche Übersetzung bei Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 3 I 36): Art. 331 I: Die außerehelich geborenen Kinder, mit Ausnahme der im Ehebruch erzeugten, werden durch die nachfolgende Ehe der Eltern legitimiert, wenn diese sie vor der Eheschließung anerkannt haben oder bei der Eheschließung anerkennen. Im letzteren Falle stellt der die Eheschließung vornehmende Standesbeamte die Anerkennung und Legitimation in einer besonderen Urkunde fest. III. Jede Legitimation ist am Rande der Geburtsurkunde des legitimierten Kindes zu vermerken. Art. 334: Die Anerkennung eines unehelichen Kindes hat in einer öffentlichen Urkunde zu erfolgen, wenn sie nicht in seiner Geburtsurkunde erfolgt ist. Im Hinblick auf das zu legitimierende deutsche Kind kommt deutsches Recht als zusätzliches Recht gemäß Art. 22 I EGBGB nicht in Betracht, da das deutsche Recht bei der Legitimation durch nachfolgende E h e (§§ 1719—22 BGB) keine Zustimmung des Kindes vorschreibt. Das f r a n zösische Legitimationsrecht kommt daher ausschließlich zur Anwendung. Französisches Legitimationsrecht wird auch dann maßgeblich sein, wenn das französische Recht weitergehende Erfordernisse der Legitimation durch nachfolgende Ehe als das deutsche Recht aufweist. In dieser Richtung ist f ü r eine ausdehnende Anwendung des betreffenden Auslandsrechts einzutreten. Die gegenteilige Ansicht des KG, derzufolge auf das Erfordernis der Wesensgleichheit zwischen ausländischem und deutschem Recht hingewiesen und daraus gefolgert wird, es dürfe das maßgebliche Auslandsrecht keine weitergehenden Erfordernisse als das deutsche Recht enthalten, f ü h r t e in der Rechtsprechung des KG zur Ablehnung der Legitimation durch deutsche Gerichte bei Bulgaren (Beschl. vom 29. 1. 1929, JFG 7, 107, StAZ 1930,101) und bei Ägyptern (Beschl. vom 21.10.1939, StAZ 1940, 14). Diese Ansicht wird aber aus international-privatrechtlichen Gründen abgelehnt (Raape, Internat. Privatrecht 3 [1950] 243), da der allein maßgebliche Art. 22 EGBGB keine dahingehende einschränkende Bestimmung enthält und gemäß Art. 30 EGBGB die Anwendung des ausländischen Legitimationsrechts n u r dann auszuschließen wäre, wenn dessen Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Die Bestimmung des Art. 331 I des Cc ist nicht sittenwidrig; sie verstößt auch nicht gegen Grundzüge des deutschen Rechts. Sie verlangt zwar in Verfolg des in Frankreich geltenden Anerkennungssystems das Vaterschafts- und Mutterschaftsanerkenntnis der Kindeseltern vor oder spätestens bei der Eheschließung und schafft damit eine weitergehende Voraussetzung als das deutsche Recht der §§ 1719—1722 BGB. Diese Bestimmung verstößt aber im Rahmen des Legitimationsrechts nicht gegen Grundzüge des deutschen Rechts, da die Anerkenntnisse des Vaters und der Mutter gerade im Legitimations-Feststellungsverfahren des § 31 PStG im Mittelp u n k t des Ermittlungsverfahrens stehen und die Kindeseltern auf die Abgabe dieser Anerkenntnisse besonders hingewiesen werden (s. Boschan,
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Vormundschaftsrichter 3 167). Anerkennungssystem des französischen Rechts und Legitimationsverfahren des deutschen Rechts sind also in Einklang zu bringen und schließen nicht aus, daß im deutschen Recht die Legitimation eines deutschen Kindes durch einen französischen Vater anzuerkennen ist. Diese Anerkennung ist auch aus Gründen der internationalen Zusammenarbeit und der gegenseitigen Rechtsangleichung zu bejahen. Die gleichen Rechtsfragen treten in Anwendung des Art. 22 EGBGB bei der Anwendung ausländischen Adoptionsrechts auf, wenn es sich um die Adoption eines deutschen Kindes durch einen ausländischen Adoptivvater handelt. Nach überwiegender Ansicht wird im vorgenannten Fall ein Kindesannahmevertrag durch deutsche Gerichte auch dann zu bestätigen sein, wenn das ausländische Recht weitergehende Erfordernisse aufstellt als das deutsche Recht, z. B. der Adoptant sich eines guten Rufes erfreuen m u ß (Rumänien, Bulgarien) oder die moralischen und zeitlichen Interessen des Adoptivkindes nicht gefährdet werden (so Recht des Staates New York, StAZ 1933, 59). Ausländisches Adoptionsrecht wird auch dann anzuwenden sein, wenn das Auslandsrecht gegenüber dem deutschen Recht einschränkende Bestimmungen enthält. Mit Recht weist Raape aaO 250 darauf hin, es müsse immerhin gefordert werden, daß nicht den deutschen Gerichten von dem fremden Recht eine Aufgabe zugemutet werde, die aus ihrem Aufgabenkreis im ganzen, nicht bloß im vorliegenden Einzelfalle, herausfalle. Überträgt man diesen Gesichtspunkt auf das rechtsverwandte Legitimationsrecht, so ist im Hinblick auf den vorliegenden Fall festzustellen, daß bei Anwendung des französischen Legitimationsrechts dem deutschen Gericht weder in sachlicher noch in formeller Hinsicht Aufgaben und Prüfungen zugemutet werden, die völlig außerhalb des Rahmens der Sachprüfung und der Zuständigkeit eines deutschen Gerichts liegen würden. Im vorliegenden Falle haben die Kindeseltern in zwischenstaatlich zulässiger und anerkannter Form, nämlich in der notariellen Urkunde vom 28. 11. 1946 und rechtzeitig vor ihrer Eheschließung (am 23. 9. 1947) die Voraussetzungen des Art. 331 Cc erfüllt, indem sie das Vaterschafts- und Mutterschaftsanerkenntnis erklärten. Selbst wenn das Mutterschaftsanerkenntnis in der Urkunde vom 28. 11. 1946 nicht enthalten gewesen wäre, wäre die Legitimationswirkung durch nachfolgende Ehe zu bejahen, und zwar im Hinblick auf die Auslegung, welche die französische Rechtslehre und Praxis dem Art. 336 Cc gibt, welcher lautet: „Die Anerkennung des Vaters ohne die Angabe der Mutter und deren Einwilligung hat nur Wirkung in Ansehung des Vaters." Wie die französische Rechtslehre und Gerichtspraxis in neuerer Entwicklung erkennen läßt, wird Art. 336 Cc dahin ausgelegt, daß das Schwergewicht der Legitimation eines unehelichen Kindes auf dem Anerkenntnis des Vaters liegt und es einer förmlichen Anerkennungserklärung durch die Mutter nicht mehr bedarf, falls die uneheliche Mutter in dem Anerkenntnis des Vaters erkennbar angegeben wurde oder ihr irgendwie kundgegebenes Zugeständnis, die Mutter des Kindes zu sein, aus positiven Tatsachen hervorgetreten ist. So genüge zur Legitimationsfeststellung bereits die objek-
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live Tatsache, daß die Mutter die wirkliche Sorge für ihr Kind übernommen habe und die Sorge auch tatsächlich ausübe (so Schwoerer, StAZ 1940, 123; Heinsheimer, Ziviiges, der Gegenwart I 84; weitere Literatur in DFG 1940, 3). Im vorliegenden Verfahren des § 31 PStG (§ 22 der 1. AVO PStG) war daher die Legitimation des Kindes Brigitte M. durch die nachfolgende Eheschließung der Kindeseltern festzustellen. Nach Abgabe des notariellen Vaterschafts- und Mutterschaftsanerkenntnisses konnte von der nochmaligen Anhörung der Kindeseltern gemäß § 12 FGG aus richterlichem Ermessen abgesehen werden; gegen die Richtigkeit der Anerkenntnisse bestehen keine Bedenken. Mit der Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses treten die vollen Legitimationswirkungen nach französischem Recht ein: Das legitimierte Kind hat mit dem Tag der Eheschließung der Eltern die vollen Rechte eines ehelichen Kindes erworben (Art. 333 Cc), das Kind hat Anspruch auf Unterhalt (Art. 203—211 Cc) und auf seinen Erbteil (Art. 745 Cc). Mit dem gleichen Zeitpunkt wurde auch die französische Staatsangehörigkeit des Kindes erworben (Art. 34 des französ. Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 19. 10. 1945 s. Füßlein, Franz. StAGes. 1945, 40); die bloße Anerkennung durch den französischen Vater bildete noch keinen Erwerbsgrund (so das frühere franz. StAGes. vom 10. 8. 1927 Art. 1 Ziff. 4). Die deutsche Staatsangehörigkeit (von der Mutter abgeleitet) hat das Kind nach dem deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. 7. 1913, § 4 I Halbsatz 2 § 17 Ziff. 5 mit der Eheschließung der Kindeseltern verloren. In dieser Richtung hat eine Rechtsangleichung zwischen deutschem und französischem Staatsangehörigkeitsrecht stattgefunden." 195. Das deutsche internationale Privatrecht stellt bezüglich der Legitimation auf die Staatsangehörigkeit des Kindesvaters ab (hier niederländische Staatsangehörigkeit). Nach niederländischem Recht ist die Legitimation im Ehebruch gezeugter Kinder nicht zulässig. — EGBGB Art. 22; niederl. B W B Art. 327. AG Bingen, Beschl. vom 24. 7. 1952 — 4 VII 1462. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Am 23. 5. 1941 wurde im Geburtenbuch Nr. 77 des Standesamts Bingen das am 23.5.1941 um 2.15 geborene Kind Peter Theodor der unverheirateten Else W., wohnhaft in B. eingetragen. Am gleichen Tage wurde in einem Randvermerk eingetragen, daß der niederländische Staatsangehörige Petrus Theodoras B., geboren am 23. 8. 1910 zu Rotterdam, das Kind als von ihm erzeugt anerkenne. Wie sich aus einem Auszug aus dem Eheschließungsund Scheidungsregister der Gemeinde Rotterdam ergibt, war der Kindesvater vom 15. 3. 1939 bis zum 24. 7. 1942 mit der niederländischen Staatsangehörigen Helena de G. verheiratet. Am 3. 10. 1942 heiratete der Kindesvater die Kindesmulter. Nach § 31 des PStG wurde durch Beschluß des AG Bingen festgestellt, daß das gemeinsame Kind Peter Theodor mit der Eheschließung die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt hat.
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Diese Feststellung entsprach nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Da der Kindsvater Niederländer war, richtete sich die Legitimation des Kindes gemäß Art. 22 EGBGB nach niederländischem Recht. Art. 22 bestimmt zwar als einseitige Kollisionsnorm nur, daß für die Legitimation durch einen deutschen Vater das deutsche Recht Anwendung findet. Daraus ergibt sich aber, daß sich die Legitimation durch einen ausländischen Vater nicht nach deutschen Vorschriften richtet (argumentum e contrario), und weiter, daß das deutsche internationale Privatrecht bezüglich der Legitimation auf die Staatsangehörigkeit des Vaters abstellt. Demgemäß war hier niederländisches Recht anzuwenden. Nach Art. 327 des niederländischen bürgerlichen Gesetzbuches werden Kinder, die außerhalb der Ehe gezeugt sind, mit Ausnahme derjenigen, die aus Ehebruch oder Blutschande stammen, durch die nachfolgende Heirat ihres Vaters und ihrer Mutter ehelich, wenn diese sie vor oder bei Eingehung der Ehe anerkannt haben. Bei dem Kinde Peter Theodor W . handelt es sich aber um ein aus Ehebruch stammendes Kind, dessen Legitimation nach niederländischem Recht ausgeschlossen ist. Die Tatsachen der früheren und bei der Erzeugung des Kindes noch bestehenden Ehe des Kindesvaters ist seinerzeit nicht zur Kenntnis des AG gelangt, anderenfalls der Beschluß nicht ergangen wäre . . . " 195 a . Die Legitimation eines unehelichen Kindes beurteilt sich nach dem Recht des Staates, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Das niederländische Recht kennt keine Legitimation von im Ehebruch gezeugten Kindern. Die Anwendung dieser Vorschrift widerspricht Art. 30 EGBGB; hierbei wird nicht verkannt, daß für die Anrufung des ordre public ein strenger Maßstab anzulegen ist. — EGBGB Art. 22, 30. LG Karlsruhe, Beschl. vom 15. 5. 1952 — 2 T 115/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die seit 20. 11. 1943 verwitwete Frau Elise S. gebar am 27. 4. 1945 ein Kind, das als unehelich geboren in das Geburtenbuch des Standesamts B. eingetragen wurde. Gemäß § 35 RJWG trat Amtsvormundschaft des Stadtjugendamts B. ein. Leiblicher Vater des Kindes ist der Bäcker M. S., geb. in Alkmar (Holland). Dieser ist niederländischer Staatsangehöriger. Einer Mitteilung des Standesamts Bruchsal an das Stadtjugendamt daselbst vom 15. 11. 1948 ist zu entnehmen, daß S. das Kind „anerkannt" hat. Er war zur Zeit der Geburt des Kindes verheiratet, hatte aber schon damals die Absicht, die Scheidung seiner Ehe herbeizuführen und Frau Elise S. zu heiraten. Letzteres geschah am 4. 3. 1950. Dabei hat die Ehefrau eine Erklärung abgegeben, daß sie ihre deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten wolle. Das konnte sie, da sie die niederländische Staatsangehörigkeit durch die Eheschließung mit S. erwarb (Art. 16 I Satz 2 GG, Bekanntmachung des Justizministeriums in Stuttgart vom 2. 10. 1950, Amtsblatt des Justizministeriums S. 91, Runderlaß des Präsidenten des Landesbezirks Baden, Innere Verwaltung vom 17. 12. 1949, Amtsblatt des Landesbezirks Baden 1950 S. 2).
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Mit Beschluß vom 2. 5. 1950 stellte das AG Bruchsal als Vormundschaftsgericht fest, daß das Kind durch Eheschließung seiner Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt habe. Randvermerke über die seinerzeitige Kindesanerkennung sowie über die Legitimation des Kindes durch nachfolgende Ehe wurde im Geburtenbuch eingetragen. Auf Antrag des Landrats in Bruchsal als Standesamtsaufsichtsbehörde hob das AG mit Beschluß vom 2. 12. 1950 den Beschluß vom 2. 5. 1950 auf, weil sich die Legitimation eines unehelich geborenen Kindes gemäß Art. 22 EGBGB nach dem Recht des Staats bestimmt, dem der Vater z. Zt. der Legitimation angehört, das niederländische Recht jedoch eine Legitimation solcher Kinder, die im Ehebruch gezeugt worden sind, nicht zuläßt. Im Hinblick auf die Vorstellungen der Kindesmutter richtete der Landrat in Bruchsal eine Anfrage an das zuständige niederländische Konsulat, ob mit einer Änderung des niederländischen Kindschaftsrechts in dieser Beziehung zu rechnen sei. Die Antwort lautete dahin, daß dem Konsulat von einer solchen Absicht nichts bekannt sei. Das AG hatte ein neues Legitimationsverfahren unter Anwendung von Art. 30 EGBGB in Aussicht gestellt f ü r den Fall, daß eine solche Änderung zu erwarten wäre. Mit Beschluß vom 24. 3. 1952 ordnete es erneut Vormundschaft über Ursula Elise S. an und bestellte die Mutter zum Vormund. Der Vater des Kindes hat nun gegen die erneute Anordnung der Vormundschaft, inhaltlich aber zugleich gegen den Beschluß vom 2. 12. 1950, Beschwerde erhoben. Die Beschwerde ist gemäß §§ 19, 20 I FGG statthaft. Sie ist auch in der Sache selbst begründet. Zwar ist dem AG und dem Landrat in Bruchsal darin beizupflichten, daß sich die Frage des anzuwendenden sachlichen Rechts bei der Legitimation nach der Staatsangehörigkeit des „Vaters" zur Zeit der (beabsichtigten) Legitimation richtet. Das ergibt sich aus Art. 22 I EGBGB. Abs. 2 dieses Artikels stellt nur besondere weitere Erfordernisse bei der Legitimation deutscher Kinder auf, ohne den Grundsatz des Abs. 1 über die Anwendung des materiellen Rechts des Staates, dem der Vater angehört, für deutsche Kinder zu durchbrechen. Nach Art. 22 EGBGB in Verb, mit den Art. 327 und 355 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung vom 10. 7. 1947 könnte das Kind Ursula Elise S. somit niemals die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangen. Wohl aber ist Art. 30 EGBGB auf diesen Fall anwendbar und deshalb die Legitimation des Kindes nach deutschem Recht (§ 1719 BGB) festzustellen. Das Gericht verkennt keineswegs, daß Art. 30 EGBGB eine Ausnahmevorschrift ist, und daß in jedem einzelnen Falle ein strenger Maßstab anzulegen ist, wenn es sich darum handelt, ob die Anwendung einer ausländischen Gesetzesbestimmung auf einen Fall, in dem an sich selbst nach deutschem internationalen Privatrecht jenes ausländische Recht anzuwenden ist, abgelehnt werden kann, weil sie dem deutschen ordre public widerstreitet. Im vorliegenden Falle kann auch nicht gesagt werden, daß die Anwendung der erwähnten holländischen Bestimmungen gegen die guten Sitten verstieße. Das ist bei Bestimmungen, die dem Schutz der Familie
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und der Reinheit der Ehe dienen sollen, kaum denkbar. Die Anwendung dieser Bestimmungen auf den vorliegenden Fall würde jedoch gegen den Zweck deutscher Gesetzesbestimmungen verstoßen. Das Gericht ist sich auch hier dessen bewußt, daß besondere Anforderungen an den Begriff des Zweckes der deutschen Gesetze in diesem Sinne zu stellen sind. Die Umstände des gegebenen Falles aber gebieten, daß hier deutsches Recht angewendet wird. Die unterschiedliche Behandlung ehelicher und unehelicher Kinder ist an sich ein höchst problematisches Rechtsgebiet. Sie ist unvermeidlich, weil Familie und Ehe unter dem besonderen Schutz der Gesetze stehen müssen, stellen sie doch die Grundlage unserer Rechtsordnung dar. Die unterschiedliche Behandlung geht jedoch auf Kosten eines Schuldlosen, des unehelichen Kindes. Deshalb muß sie auf das notwendigste Maß beschränkt werden, und die neuere Gesetzgebung geht dahin, die unehelichen Kinder den ehelichen möglichst gleichzustellen. Für die deutsche Rechtsordnung ist dies ein wichtiger, vom Verfassungsgesetzgeber anerkannter Grundsatz: Art. 3 I, III und Art. 6 V GG. Das Erfordernis der gleichen Behandlung aller Menschen bei gleichem Tatbestand gebietet, Unterschiede auf das Maß des aus der Natur des Rechts- und Sachverhältnisses sich ergebenden Notwendigen zu beschränken. Daraus ergeben sich die Verschiedenheiten in der rechtlichen Behandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder. Mit diesen Grundgedanken unvereinbar ist jedoch eine verschiedene Behandlung unehelicher Kinder, die im Ehebruch gezeugt sind, und anderer unehelicher Kinder. Der Makel, der einem unehelichen Kinde anhaftet, soll nicht noch dadurch verschlimmert werden, daß es als ein im Ehebruch gezeugtes Kind in noch weitergehendem Maße gezeichnet ist. Das Kind Ursula Elise S. wächst nun in Deutschland, unter deutschen Menschen und mit deutschen Kindern auf. Es besucht die deutsche Schule. Sein Vater, zwar noch niederländischer Staatsangehöriger — zum Unterschied von der Mutter — hat sich mit einer deutschen Witfrau verheiratet und die Beziehungen zu seiner ersten Ehefrau und zu seinem Heimatstaat offensichtlich insofern abgebrochen, als sein äußerer Lebensgang in Betracht gezogen wird. Das deutsche Gesetz will allen unehelichen Kindern, deren Eltern heiraten, die Rechtsstellung ehelicher Kinder geben, damit sie, die nun genau wie eheliche Kinder, besonders wie etwa später zur Welt kommende Geschwister, in der Familiengemeinschaft aufwachsen, diesen gegenüber in keiner Weise mehr benachteiligt sind. Es wäre eine außerordentliche Härte f ü r das obengenannte Kind, sollte es nun, obwohl es (als bis zur Eheschließung seiner Mutter uneheliches Kind dieser folgend) deutsche Staatsangehörige ist, wegen der niederländischen Staatsangehörigkeit seines Vaters um die ihm nach deutschem Recht zukommende Rechtsstellung gebracht werden. Man denke an die Folgen bei der Namensführung hinsichtlich der elterlichen (väterlichen) Gewalt, der Erziehung, im Erbrecht. Es wäre bei den dargelegten Verhältnissen nicht tragbar, das Kind, das der Verbindung seiner nunmehr in rechtmäßiger Ehe lebenden Eltern entstammte als uneheliches Kind aufwachsen zu lassen, das es nach deutschem
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Gesetz und deutscher Rechtsauffassung und nach natürlichem Rechtsempfinden nicht mehr ist." 196. Für die Legitimation ist das Heimatrecht des Kindesvaters zur Zeit der Legitimation maßgebend. Ein Flüchtling ungarischer Staatsangehörigkeit, der trotz der im Jahre 1948 erfolgten Aufforderung der ungarischen Regierung nach Ungarn nicht zurückgekehrt ist, hat die ungarische Staatsangehörigkeit verloren (sie!). Die Legitimation durch einen Staatenlosen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, ist nach deutschem Recht zu beurteilen. — EGBGB Art. 22, 29; PStG § 31; ungar. Staatsangehörigkeitsgesetz von 1879 (Ges. Art. L/1879); ungar. Gesetz vom 14. 5. 1948 über Entziehung der ungarischen Staatsangehörigkeit (Ges. Art. XXVI/1948); ungar. Staatsangehörigkeitsgesetz vom 24. 12. 1948 (Ges. Art. LX/1948); ungar. Gesetz über die unehelichen Kinder (Ges. Art. XXIX/ 1946). AG Heidenheim/Brenz, Beschl. vom 23. 4. 1953 — GR 18/53: StAZ 6 (1953) 273 \ Aus den Gründen: „Der am 30. 7. 1929 in Budapest/Ungarn geborene Kindesvater Attila B., — dessen Vater: der ungarische Staatsangehörige Geza B., Mutter Julia, geborene K. — besaß die ungarische Staatsangehörigkeit durch Geburt, verließ Ungarn im März 1946 und knüpfte nach Unterbringung im Lager H. mit der deutschen Staatsangehörigen Elfriede J. ein Verhältnis an, aus welchem der am 19. 9. 1947 geborene Günther Willi J. hervorging. Mit IRO-Bescheinigung vom 19. 12. 1951 ging Attila B. nach F. und schloß hier am 4. 10. 1952 die Ehe mit der Kindesmutter, nachdem er am 2. 10. 1952 durch Erklärung vor dem Standesbeamten in F. die Vaterschaft zu dem Kinde anerkannt hatte. Das Kreisjugendamt H. hat die Feststellung der Legitimation des Mündels gemäß § 1719 BGB und die Aufhebung der Vormundschaft gemäß § 1883 BGB beantragt. Die Kindeseltern wurden laut gerichtlichem Protokoll vom 19. 2. 1953 angehört. Dem gestellten Antrag war stattzugeben. Für das vorliegende Legitimationsverfahren enthält § 31 PStG die ausschließliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts und ist mangels einschränkender Bestimmungen auch dann anwendbar, wenn der Vater eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt oder staatenlos ist. Materiellrechtlich ist gemäß Art. 22 EGBGB das Personalstatut des Kindesvaters, das ist das Recht des Staates seiner Staatsangehörigkeit, maßgebend, und zwar auch dann, wenn das ausländische Recht weitergehende Voraussetzungen der Legitimation als das deutsche Recht enthält (so Raape, Internationales Privatrecht 3 [1950] 243). Im vorliegenden Falle ist daher zu prüfen, welche Staatsangehörigkeit der Kindesvater besitzt und welche materiellrechtlichen Folgen sich aus 1 Ebenso zum Teil wörtlich Beschluß des AG Heidenheim/Brenz vom 25. 8. 1953 (GR 144/53, ungedruckt), dem ein ähnlicher Fall zugrunde liegt.
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dieser Staatsangehörigkeit ergeben. Nach Mitteilung des Kreisjugendamtes H. wurde der Kindesvater zuletzt als ungarischer Staatsangehöriger geführt. Für den ursprünglichen Erwerb dieser Staatsangehörigkeit treffen diese Angaben zu. Denn im Zeitpunkt der Geburt des Kindesvaters (am 30. 7. 1929) galt in Ungarn das alte Staatsangehörigkeitsgesetz in Form des Gesetzesartikels L von 1879, wonach die ungarische Staatsangehörigkeit durch a) Abstammung, b) Legitimierung, c) Eheschließung und d) Naturalisation erworben wurde. Verloren wurde die ungarische Staatsangehörigkeit — außer durch Legitimierung und Eheschließung — a) durch Entlassung, b) durch behördlichen Beschluß, c) durch zehnjährige Abwesenheit außerhalb der Grenzen Ungarns. Bis zu einem solchen Entlassungsgrunde galten, soweit nicht eine ausländische Staatsangehörigkeit nachgewiesen wurde, als ungarische Staatsbürger alle diejenigen Personen, die in Ungarn geboren wurden, sowie diejenigen, die in Ungarn als Findling gefunden und erzogen wurden (Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 2 I [1938] 792). Bei der unstreitigen Geburt des Kindesvaters in Budapest als Sohn ungarischer Eltern ist dessen ursprüngliche ungarische Staatsangehörigkeit unbedenklich zu bejahen. Mit dem Umsturz der politischen Verhältnisse in Ungarn (1945) wurde aber ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz vom 24. 12. 1948 — Gesetzesartikel Nr. LX von 1948 — geschaffen (siehe Mitteilung in RabelsZ 1951, 302 ff. — Simson im ArchöffR 1950, 82, 83), und es erging im Laufe des Jahres 1948 eine Aufforderung der ungarischen Regierung an alle im Ausland lebenden Ungarn dahin, bis zum November 1948 in die Heimat zurückzukehren, widrigenfalls der Verlust der ungarischen Staatsangehörigkeit eintrete. Da der Kindesvater infolge endgültiger Wohnsitznahme im deutschen Bundesgebiet nicht nach Ungarn zurückgekehrt ist, so verlor er hiermit die ungarische Staatsangehörigkeit. Diese Maßnahmen vollzogen sich auf Grund des ungarischen Gesetzes vom 14. 5. 1948 — Gesetzesartikel XXVI von 1948 — über die Entziehung der ungarischen Staatsangehörigkeit und die Einziehung des Vermögens der sich im Ausland aufhaltenden Personen — nebst DurchführungsVO vom 18. 7. 1948 (deutscher Text in RabelsZ 1951, 312). Nach diesem Gesetz (§ 1) konnte die ungarische Regierung die ungarische Staatsangehörigkeit einer sich im Ausland aufhaltenden Person entziehen, die nach Aufforderung durch die Regierung nicht innerhalb einer Frist von 30 Tagen — wenn sie sich außerhalb Europas aufhält, innerhalb von 60 Tagen — gerechnet von der letzten Veröffentlichung der Aufforderung im ungarischen Regierungs-Amtsblatt, in das Gebiet Ungarns zurückkehrt und sich hier bei einer ungarischen Behörde meldet. In der genannten Aufforderung war auf die Rechtsfolge hingewiesen, die nach ergebnisloser Aufforderung auf Grund dieses Gesetzes möglicherweise eintritt (§ 2 II). Wenn der Aufenthaltsort des zur Rückkehr aufgeforderten ungarischen Staatsangehörigen bekannt ist, war gleichzeitig mit der ersten Veröffentlichung der Aufforderung zu verfügen, daß die Aufforderung über die f ü r seinen Aufenthaltsort zuständige ungarische Auslandsvertretung zugestellt wird, ohne daß das Unterbleiben der Zustellung die Entziehung der ungari-
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sehen Staatsangehörigkeit hindere ( § 2 I I I ) . Die auf Entziehung der ungarischen Staatsangehörigkeit lautende Beschlußfassung der Regierung w a r im Regierungs-Amtsblatt zu veröffentlichen und w a r mit dem T a g der V e r öffentlichung rechtswirksam ( § 3) mit der W i r k u n g , daß sich die Entziehung auch auf die E h e f r a u und die m i n d e r j ä h r i g e n Kinder erstreckt, w e n n der Beschluß dies ausdrücklich anordnet ( § 4 ) . I n allen Fällen der Entziehung der ungarischen Staatsangehörigkeit können in späterer Zeit Ungarn nur mit Zustimmung der Regierung wieder eingebürgert w e r d e n (§ 5). Diese gesetzlichen Bestimmungen bilden auch in v o r l i e g e n d e m F a l l e die Grundlage des Verlustes der ungarischen Staatsangehörigkeit auf Seiten des Kindesvaters D a die Einbürgerung desselben in die deutsche Bundesrepublik nicht stattgefunden hat, so ist der Kindesvater gegenwärtig staatenlos und w i r d im Hinblick auf das i m vorliegenden Falle anzuwendende Legitimationsrecht ausschließlich nach den Grundsätzen des Personalstatuts und gemäß Art. 29 E G B G B hinsichtlich dieser Rechtsverhältnisse nach deutschem Recht beurteilt. Nach deutschem Recht ( § 1719 B G B ) genügt aber zur Legitimation eines unehelichen Kindes durch nachfolgende Eheschließung diese Tatsache der Eheschließung, ohne daß ein weiteres F o r m e r f o r d e r n i s , etwa ein f o r m e l l e s Vaterschafts- oder Mutterschaftsanerkenntnis, zu erfüllen w ä r e . Die Eheschließung der Kindeseltern ist durch Eintragung in das Heiratsbuch N r . 836 v o n 1952 des Standesamts F . nachgewiesen. Die Legitimationswirkung auf Grund deutschen Rechts ist zugunsten des Kindesvaters festzustellen. W ä r e der Kindesvater nämlich noch heute als ungarischer Staatsangehöriger zu behandeln, so w ä r e z w a r nach d e m bisherigen Ungarn-Recht die Legitimation unehelicher Kinder bei ungarischen Staatsangehörigen zu b e j a h e n (so Bergmann, aaO 812). Nach der Staatsumwälzung in Ungarn wurde aber durch ungarisches Gesetz X X I X v o n 1946 der rechtliche Unterschied der Stellung ehelicher und unehelicher Geburt beseitigt, so daß i n f o l g e Gleichstellung ehelicher und unehelicher K i n d e r in Ungarn eine Legitimation in j e d w e d e r Rechtsform ausscheidet (siehe Schmied, Familienrecht der Volksdemokratien, in RabelsZ 1952, 230, 242). In A n w e n d u n g dieses Rechts w ä r e daher auch in Deutschland eine L e g i t i m a t i o n unehelicher K i n d e r f ü r unzulässig zu erachten, und eine dahingehende Feststellung nach § 31 PStG abzulehnen. Nachdem aber i m vorliegenden F a l l e die Staatenlosigkeit des Kindesvaters festgestellt wurde, w a r e n die Legitimationswirkungen hinsichtlich des Kindes Günther W i l l i J. gemäß § 31 P S t G bedenkenfrei festzustellen. Die Beischreibung des Feststellungsvermerks w a r gemäß § 22 V I I der 1. A V o P S t G anzuordnen." 1 9 7 . Ein gerichtliches Urteil, das nach Art. 331 des französischen Code civil festzustellen hat, daß das Kind den Stand eines gemeinschaftlichen 1 Dem Sachverhalt des vorliegenden Falles ist, soweit er im Beschluß wiedergegeben ist, nicht zu entnehmen, daß eine individuelle, im Amtsblatt veröffentlichte Ausbürgerung des Kindesvaters stattgefunden hat.
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Kindes der Eheleute hat, kann nicht durch eine Entscheidung eines deutschen Vormundschaftsgerichts ersetzt werden, da es nicht sicher ist, daß die Entscheidung des deutschen Vormundschaftsgerichts in Frankreich anerkannt wird. — Franz. Code civil Art. 331. LG Bonn, 4. ZK, Beschl. vom 23. 1. 1952 — 4 T 902/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das Kind Waltraut E. ist am 15. 6. 1943 von der Witwe S. geb. E. unehelich geboren worden. Am 8. 1. 1949 hat die Mutter mit dem französischen Staatsangehörigen R. die Ehe geschlossen. Der Ehemann hat am 12. 2. 1949 vor dem AG Eitorf die Vaterschaft anerkannt, die Ehefrau und Mutter hat dieses Anerkenntnis als richtig bezeichnet. Am 12. 2. 1949 haben beide beim Vormundschaftsgericht Eitorf um Feststellung der Ehelichkeit des Kindes gebeten. Am 12. 7. 1949 hat der Ehemann R. vor dem französischen Generalkonsulat ebenfalls ein Anerkenntnis abgegeben. Durch Beschluß vom 11.1. 1951 hat das Vormundschaftsgericht die Feststellung, daß die Waltraut E. durch die Heirat ihrer Mutter die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangt habe, abgelehnt. Auf den Beschluß und den sonstigen Inhalt der Akten wird verwiesen. Gegen diesen Beschluß hat die Ehefrau R. Beschwerde eingelegt mit dem Begehr, unter Aufhebung des Beschlusses die begehrte Feststellung zu treffen. Sie steht auf dem Standpunkt, daß ein deutsches Gericht, und zwar das Vormundschaftsgericht, die Feststellung treffen könne. Die Beschwerde ist zulässig gemäß AVO zum PStG vom 19. 5. 1938, § 22 IV, V. Dem Beschluß des AG ist beizupflichten. Im vorliegenden Fall ist Art. 331 Cc gemäß Art. 22 EGBGB maßgeblich. Art. 331 (s. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 223) erfordert gerichtliches Urteil, das festzustellen hat, daß das Kind den Stand eines gemeinschaftlichen Kindes hat. Ein solches liegt nicht vor. Es erhebt sich nun die Frage, ob das deutsche Vormundschaftsgericht durch seine Entscheidung die Voraussetzungen des Art. 331 ersetzen kann. Raape, Standesamt 1949, 229 hält dies für rechtlich möglich, hält es aber nicht f ü r sicher, „daß die Entscheidung des deutschen Vormundschaftsgerichts in Frankreich anerkannt wird und daß sie schon aus diesem Grunde zu unterbleiben hat". Die Kammer schließt sich diesem Standpunkt, der von Raape mit französischen Quellenangaben aus der Literatur belegt ist, an. Es dürfte nicht angängig sein, der Beschwf. etwas zuzusprechen, was wahrscheinlich keine praktische Bedeutung hat. Es mag dahingestellt bleiben, ob ein Urteil aus § 640 ZPO von einem deutschen Gericht eine Anerkennung in Frankreich findet. Das Urteil LG München vom 9. 5. 1949 — 3 O 27/48 1 bejaht die Zulässigkeit der Klage. Ob eine Anerkennung in Frankreich erfolgt, mag, wie gesagt, dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall dürfte ein solches Urteil mehr den Erfordernissen des Art. 331 Cc entsprechen als eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts." 1
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 27.
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198. Die Staatsangehörigkeit der Sowjet-Union kann nur durch einen in jedem einzelnen Fall zu ergehenden Beschluß des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR aberkannt werden. Die einseitige Kollisionsnorm des Art. 22 EGBGB ist zu einer zweiseitigen auszubauen: die Legitimation ist nach dem Heimatrecht des Kindesvaters zur Zeit der Legitimation zu beurteilen. Das Sowjetrecht unterscheidet nicht zwischen ehelicher und unehelicher Abstammung (sie!). Das in Deutschland erzeugte Kind eines Sowjetbürgers ist nach der Eheschließung seiner Eltern für ehelich zu erklären, um es der Rechtsstellung eines sowjetichen Kindes gleichzustellen und es vor Nachteilen der außerehelichen Geburt in Deutschland zu bewahren. — EGBGB Art. 22; PStG § 31; Sowjet. Staatsangehörigkeitsgesetz vom 19. 8. 1938, Art. 7. AG Eichstätt, Beschl. vom 24. 6. 1950 — VII 43/48. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Mutter der am 13. 4. 1948 geborenen Annemarie hat am 15. 10. 1948 mit dem Kindsvater A. vor dem Standesbeamten in P. die Ehe geschlossen. Sie beantragt die Durchführung des Legitimationsverfahrens. A. ist in Leningrad geboren und hat auch bis November 1941 dort gewohnt, bzw. f ü r Sowjetrußland im Kriegseinsatz gestanden. Seit September 1945 ist P. der Wohnsitz des Kindsvaters. Nach dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung an der Universität München ist A. sowjetrussischer Staatsangehöriger. Nach Art. 7 des Staatsangehörigkeitsgesetzes der UdSSR vom 19. 8. 1938 kann die Sowjetstaatsangehörigkeit nur durch einen in jedem einzelnen Fall zu ergehenden Beschluß des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR aberkannt werden. Ein derartiger Beschluß der Aberkennung der sowjetrussischen Staatsangehörigkeit für A. liegt nicht vor. Es besteht Einigkeit in Rechtsprechung und Lehre darüber, daß die in Art. 22 EGBGB enthaltene einseitige Kollisionsnorm zu einer vollkommenen auszudehnen ist des Inhalts, daß das Heimatrecht des Vaters z. Zt. des Aktes maßgebend ist, welchem die Wirkungen einer Legitimation zugeschrieben werden. Damit hat es hier auf das sowjetrussische Recht anzukommen. Es war somit vom Gericht die Frage zu prüfen, ob eine Beischreibung des Mündels gemäß § 31 PStG zulässig ist. Das maßgebende sowjetische Recht macht keinen Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern 1 und kennt daher auch keine Legitimation durch nachfolgende Eheschließung. Anders im deutschen Recht, in dem das unehelich geborene Kind f ü r ehelich erklärt werden muß, um die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes zu erhalten. Es ist somit das von dem Sowjetbürger gezeugte Kind für ehelich zu erklären, um es der Rechtsstellung eines sowjetischen Kindes gleich1 Die Unterscheidung der ehelichen und unehelichen Abstammung ist in der Sowjet-Union durch das Dekret vom 8. 7. 1944 eingeführt worden. Siehe Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 3 I, UdSSR S. 5.
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zustellen und es vor Nachteilen der außerehelichen Geburt in Deutschland zu bewahren. In Verfolgung des Gedankens, daß es im Interesse des Kindes wie auch seiner Eltern gelegen ist, zum Ausdruck zu bringen, daß das Kind nicht mehr ein uneheliches ist, wird die Beischreibung gemäß § 31 PStG f ü r zulässig erachtet und ist daher anzuordnen." 198 a. Ein Vaterschaftsanerkenntnis eines ausländischen Staatsangehörigen kann auch dann beigeschrieben werden, wenn ein solches nach dem Heimatrecht des Anerkennenden (hier: italienischem Recht) zulässig ist. Es hat in diesen Fällen Wirkung lediglich nach deutschem Recht. AG Marburg/Lahn, Beschl. vom 8. 1. 1953 — 5 III 74/53: StAZ 6 (1953) 177 mit Anm. von Beitzke. Aus den Gründen: „Am 13. 9. 1952 hat der Koch Manfredo T. aus O. die Vaterschaft des am 10. 9. 1952 unehelich geborenen Guy Helmuth Willi H. vor dem Standesbeamten in M. anerkannt. Das Anerkenntnis ist am Rande des Geburtseintrags vermerkt worden. Der Erzeuger ist italienischer Staatsangehöriger und verheiratet. Der Standesbeamte beantragt, im Wege des Berichtigungsverfahrens gemäß § 47 PStG die Löschung des Randvermerks anzuordnen, da der verheiratete Erzeuger nach italienischem Recht ein rechtswirksames Vaterschaftsanerkenntnis nicht habe abgeben können. Demzufolge habe die Beischreibung des Randvermerks zum Geburtseintrag des Kindes nicht erfolgen dürfen. Zur näheren Begründung seines Antrages verweist der Standesbeamte auf die Ausführungen in der Zeitschrift f ü r Standesamtswesen (StAZ) 1951, 140. Dem Antrag konnte nicht stattgegeben werden. Die Eintragung, deren Löschung beantragt worden ist, ist nicht unrichtig oder unzulässig. Richtig ist zwar, daß ein Italiener, der zur Zeit der Empfängnis mit einer anderen Person in gültiger Ehe lebte, nach italienischem Recht ein rechtswirksames Vaterschaftsanerkenntnis nicht abgeben kann. Die Wirksamkeit eines solchen Anerkenntnisses nach deutschem Recht wird dadurch jedoch nicht berührt. Nach deutschem Recht äußert das Anerkenntnis Wirkungen nur in bezug auf die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters. Insoweit bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischem unehelichem Kind und Vater allein nach dem Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt, bei einer deutschen Mutter also nach deutschem Recht. Ist aber das Anerkenntnis nach deutschem Recht gültig, so muß auch die Beischreibung zum Geburtseintrag des unehelichen Kindes zulässig sein. Denn selbständige Rechtsfolgen sind mit dieser nach § 29 PStG vorgeschriebenen Eintragung nicht verbunden. Es besteht also nicht die Gefahr, daß aus diesem Randvermerk Rechtswirkungen abgeleitet werden, f ü r die im Verhältnis zwischen Vater und unehelichem Kind das Heimatrecht des Vaters maßgebend ist. Eine andere Frage ist, wie zu verfahren wäre, wenn das Anerkenntnis nach italienischem Recht wirksam wäre. Denn nach italienischem Recht
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(Art. 262 Cc) erhält das vom Vater anerkannte uneheliche Kind dessen Familiennamen. Es würde dann die Frage auftauchen, ob die Eintragung des Kindes auf den Namen der Mutter überhaupt richtig ist. Nach einer in Schrifttum und Rechtsprechung (vgl. Staudinger-Raape*, Anm. G zu Art. 21 EGBGB) verbreiteten Meinung ist für die sonstigen Rechtsbeziehungen zwischen Vater und unehelichem Kind, insbesondere auch bezüglich der Namensgebung und der Staatsangehörigkeit, das Heimatrecht des Vaters maßgebend. Diese Frage braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden, da vorliegend das Anerkenntnis nach dem Heimatrecht des Vaters gerade keine Wirksamkeit hat und der Berichtigungsantrag sich auch nur auf den Randvermerk bezieht. Die hier vertretene Auffassung steht auch in Einklang mit der RdVerf. d. M f l u W i . von Rheinland-Pfalz vom 13. 6. 1950 i. d. F. vom 24. 8. 1950 (MB1. S. 577; StAZ 1950, 270), w o es unter B 2 und 3 heißt: „Die Geburt eines unehelichen Kindes einer deutschen Mutter ist nach den deutschen Gesetzen zu beurteilen, auch wenn der Vater des Kindes Franzose ist und die Vaterschaft anerkennt. . . . Die von deutschen Stellen entgegengenommenen Vaterschaftsanerkenntnisse werden französischerseits nur anerkannt, wenn die Anerkennung nach französischem Recht möglich war. (Das ist nur der Fall, wenn beiderseits keine Ehe besteht oder eine solche rechtsgültig aufgelöst ist.) " Danach ist es also für die Behandlung des Anerkenntnisses nach deutschem Recht unerheblich, ob die Anerkennung nach dem Recht des ausländischen Vaters möglich war. Dies entspricht der hier vertretenen Rechtsansicht. Es war daher unter Ablehnung der in StAZ 1951, 140 vertretenen Auffassung wie geschehen zu entscheiden."
Uneheliche Kinder Siehe auch Nr. 3, 4, 8—11, 196, 198, 309 1 9 9 . Für die Unterhaltsverpflichtung des Vaters eines unehelichen Kindes ist das Recht des Staates maßgebend, dem die Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört (hier belgisches Recht). Die Vorschriften des belgischen Code civil über die Unterhaltspflicht des Vaters eines unehelichen Kindes (Art. 3A0 b) verstößt nicht gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Auf Volksdeutsche, die unter Art. 116 GG fallen, findet in vollem Umfange die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 21 EGBGB Anwendung. — GG Art. 116; EGBGB Art. 21, 30; BGB § 1708; Z P O § 114; belg. Code civil Art. 340 b. LG Mannheim, 5. ZK, Beschl. vom 26. 8. 1952 — 5 SH 12/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Dem Bekl. war das für die Berufungsinstanz nachgesuchte Armenrecht gemäß § 114 I Z P O zu versagen, weil die von ihm beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des AG Mannheim vom 17. 4. 1952 — 5 C 605/50 1 — keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. 1
Siehe oben Nr. 10.
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Bei der Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung des Bekl. war von der Vorschrift des Art. 21 EGBGB auszugehen. Hiernach ist maßgebend das Recht des Staates, dem die Mutter z. Zt. der Geburt des Kindes angehört. Unstreitig war die Kindesmutter in diesem Zeitpunkt belgische Staatsangehörige. Demzufolge richtet sich die Unterhaltspflicht des Bekl. nach Art. 340 b des belgischen Cc. Dieser lautet: „Das uneheliche Kind kann von demjenigen, der mit seiner Mutter während der gesetzlichen Empfängniszeit Verkehr gehabt hat, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahr eine jährliche Rente für seinen Unterhalt und seine Erziehung verlangen. Der Beweis des Verkehrs kann nur aus einem der folgenden Umstände entnommen werden: 1. Aus seinem Geständnis in urkundlichen oder schriftlichen Erklärungen des Bekl.; 2. aus seiner Gewohnheitsmäßigkeit und Offenkundigkeit; 3. aus dem ohne Gewalt an der Person eines noch nicht 16 Jahre alten Mädchens verübten Angriff auf die Sittlichkeit; 4. aus der Verführung der Mutter durch Eheversprechen, betrügerische Machenschaften oder Autoritälsmißbrauch." Im vorliegenden Falle hält das erkennende Gericht in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Max-Planck-Instituts f ü r ausländisches und internationales Privatrecht vom 4. 7. 1952 zumindest die Voraussetzungen des Art. 340 b Ziff. 2 des belgischen Cc f ü r gegeben. Denn nach dem erstinstanzlichen Beweisergebnis steht fest, daß die während der gesetzlichen Empfängniszeit zwischen dem Bekl. und der Kindesmutter bestehenden intimen Beziehungen sowohl gewohnheitsmäßig als auch offenkundig im Sinne der angezogenen Bestimmung des belgischen Cc gewesen sind . . . (wird ausgeführt) . Im übrigen konnte dem Bekl. die Schutzvorschrift des Art. 340 d Cc nicht zugute kommen, da sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben haben, daß die Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit mit einem anderen Manne Geschlechtsverkehr gehabt oder einen notorisch schlechten Lebenswandel geführt hätte. Darüberhinaus vermochte auch das erkennende Gericht in Ubereinstimmung mit dem Gutachten des Max-Planck-Instituts vom 4. 7. 1952 die Vorschrift des Art. 340 b Cc nicht als im Sinne des Art. 30 EGBGB gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßend zu erachten, zumal der Vorderrichter der durch Art. 21 zweiter Halbsatz EGBGB gebotenen Beschränkung der Unterhaltspflicht des Bekl. bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres der Klägerin gemäß § 1708 BGB durch das erstinstanzliche Urteil bereits in vollem Maße Rechnung getragen hat. Mag auch der Bekl. infolge seiner Ausweisung aus Jugoslawien nach Art. 35 II des jugoslawischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 1. 7. 1946 seine frühere jugoslawische Staatsangehörigkeit verloren haben, so ist er aber als Volksdeutscher gemäß Art. 116 des GG den deutschen Staatsange-
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hörigen gleichgestellt, so daß auf ihn in vollem Umfange die Vorschriften der Art. 21, 30 EGBGB zur Anwendung gelangen." 2 0 0 . Eine Vaterschaftsklage kann nach französischem Recht nur innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Jahren nach der Geburt des Kindes erhoben werden. Die Anwendung dieser Ausschlußfrist verstößt nicht gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Auf die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes einer Elsässerin französischer Staatsangehörigkeit gegen den unehelichen Vater findet der französische Code civil Anwendung. Der Umstand allein, daß das Kind im Elsaß während der deutschen Besatzungszeit gezeugt worden ist, bildet keine genügend enge Beziehung zum deutschen Recht, die die Anwendung dieses Rechts unter Berufung auf Art. 30 EGBGB begründen könnte. Nach deutschem Recht kann ein Kind von seinem Vater nicht Unterhalt unter dem Gesichtspunkte des Schadensersatzes verlangen. Eine entsprechende Umqualiflzierung des Anspruchs ist nicht möglich. — EGBGB Art. 12, 21, 30; BGB § 1717; franz. Code civil Art. 340. AG Regensburg, Urt. vom 10. 10. 1952 — C 2387/51. Ungedruckt. Das klagende uneheliche Kind wurde 1945 in Straßburg geboren. Die Mutter besaß zur Zeit der Geburt des Kindes die französische Staatsangehörigkeit. Aus den Gründen: „Gemäß Art. 21 EGBGB wird die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber einem unehelichen Kinde nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehörte. Da die Kindsmutter ( K M ) in diesem Zeitpunkt die französische Staatsangehörigkeit hatte, ist für die Entscheidung grundsätzlich französisches Recht anzuwenden. Die Ausnahmefälle, in denen deutsches Recht anzuwenden ist, werden weiter unten noch erörtert werden. Der Kl. wird in vorliegendem Rechtsstreit von seiner Mutter vertreten. Da sie das Kind als ihr Kind anerkannt hat, ist sie auch zur Vertretung des Kindes berechtigt. Für den Fall der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft ist sie gemäß Art. 340 I I I Cc allein zur Erhebung der Klage befugt. Dasselbe gilt nach Art. 15 und 21 des „Gesetzes, betreffend Einführung der französischen Zivilgesetzgebung in den Departements Bas-Rhin, HautRhin und Moselle" für die Unterhaltsklage. Nach diesen Vorschriften ist auch die Ernennung eines Gegenvormundes überflüssig. Auch in dem Zeugnis des Tribunal Cantonal de Strasbourg vom 4. 4. 1952 wird bescheinigt, daß die Kindesmutter die elterliche Gewalt über den Kl. ausübt und deswegen sein gesetzlicher Vormund ist. Nach französischem Recht kann als Vater grundsätzlich nur derjenige in Anspruch genommen werden, der die Vaterschaft anerkannt hat. Ein solches Rechtsanerkenntnis kann in dem Schreiben des Beklagten vom 16. 1. 1946 noch nicht gefunden werden. Darin spricht der Bekl. davon, daß er beabsichtige, das Kind in seiner Gefangenenstammrolle anzumelden. Art. 340 I Ziff. 3 Cc sieht aber ausdrücklich vor, daß, wenn aus Briefen
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ein zweifelsfreies Geständnis der Vaterschaft zu entnehmen ist, doch noch eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft notwendig ist. Gerade dies ist ja einer der Fälle, in denen nach Art. 340 Cc die Vaterschaft überhaupt gerichtlich festgestellt werden kann. Diese Feststellung, die auch mit Ziff. 1 des Klageantrags begehrt wird, ist daher nicht entbehrlich. Gemäß Art. 340 IV Cc kann jedoch eine derartige Feststellungsklage nur innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Jahren nach der Geburt des Kindes erhoben werden. Die Einhaltung dieser Frist ist von Amts wegen zu prüfen, ohne daß es einer entsprechenden Einrede des Bekl. bedarf (Seite 4 des Gutachtens des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 24. 1. 1952 und die dort zitierte Rechtsprechung des französischen Kassationshofes). Die Frist war in vorliegendem Falle schon lange vor Klageerhebung abgelaufen, denn das Kind ist am 17. 7. 1945 geboren, die Klage aber erst am 1. 12. 1951 zugestellt. Daß der Ablauf dieser Frist durch irgendwelche Bestimmungen des französischen Rechts gehemmt worden wäre, ist nicht ersichtlich. Dem Kl. wurde noch Gelegenheit gegeben, zu dieser Frage besonders Stellung zu nehmen. Er hat aber auf keine Bestimmung des französischen Rechts hinweisen können, die den Ablauf der Frist verhindert hätte. Da das deutsche Recht eine derartige Ausschlußfrist für Vaterschaftsfeststellungsklage nicht kennt, so war gemäß Art. 30 EGBGB zu prüfen, ob die Anwendung der Ausschlußfrist nach deutschem Recht gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Das Gericht hat diese Frage verneint. Die Setzung von Ausschlußfristen f ü r die Geltendmachung von Rechtsansprüchen ist lediglich eine Zweckmäßigkeitsfrage. Das deutsche Recht kennt derartige Ausschlußfristen f ü r eine ganze Reihe von Fällen — wenn auch gerade nicht in vorliegendem Falle —. Die Gültigkeit solcher Ausschlußbestimmungen nach deutschem Recht wird nirgends in Zweifel gezogen. Gerade f ü r Klagen auf Feststellung einer unehelichen Vaterschaft erscheint aber die Anordnung einer Ausschlußfrist keinesfalls unzweckmäßig, denn im Hinblick auf die Schwierigkeiten einer derartigen Feststellung ist es auf alle Fälle erwünscht, daß die erforderlichen Beweiserhebungen möglichst unverzüglich nach der Geburt des Kindes erfolgen. Die nach deutschem Recht zulässige Einrede des Mehrverkehrs der Kindesmutter wird häufig außerordentlich erschwert, wenn die Klage nicht bald nach der Geburt des Kindes erhoben wird. Aus all diesen Gründen wäre es sicher f ü r den deutschen Gesetzgeber erwägenswert, zu prüfen, ob nicht durch gesetzliche Maßnahmen f ü r die unverzügliche Erhebung der Klage f ü r uneheliche Kinder Sorge zu tragen wäre. Keinesfalls aber kann eine ausländische Vorschrift, die diesem Gedanken bereits Rechnung trägt, als mit deutschem Recht unvereinbar angesehen werden. Im Hinblick auf Art. 30 EGBGB hat das Gericht noch geprüft, ob in vorliegendem Falle nicht wenigstens die Vorschriften des deutschen Rechts entsprechend angewendet werden müssen, nach welchen Verjährungs- und Ausschlußfristen wegen der außergewöhnlichen Zustände nach dem Zusammenbruch 1945 und wegen zeitweisen Stillstandes der Rechtspflege gehemmt waren. Aber auch nach § 1 des Gesetzes über den Ablauf der durch
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Kriegs- und Nachkriegsvorschriften gehemmten Frist vom 28. 12. 1950 (BGBl. 1950 I S. 821) sind diese Fristen grundsätzlich am 31. 3. 1951 abgelaufen. Deswegen können auch diese Vorschriften des deutschen Rechts nicht herangezogen werden, um auf den Umweg über Art. 30 EGBGB in vorliegendem Falle die Klage, die erst am 1. 12. 1951 zugestellt wurde, von der Anwendung der Ausschlußfrist des Art. 340 Cc zu befreien. Die Feststellungsklage mußte daher ohne weitere Sachprüfung abgewiesen werden, und damit fehlt auch die Grundlage für die Unterhaltsklage. Allerdings wird man im Anschluß an Staudinger-Raape, Kommentar zum EGBGB 9 , S. 521 und 528, gemäß Art. 30 EGBGB dem Kinde unter Umständen auch dann einen Unterhaltsanspruch zugestehen müssen, wenn keiner der fünf Fälle des Art. 340 Cc vorliegt. Das besagt aber, wie oben ausgeführt, noch nicht, daß auch die Ausschlußfrist des Art. 340 IV Cc unanwendbar ist, und ebensowenig wird man zu dem Ergebnis kommen können, daß gemäß Art. 30 EGBGB die Unterhaltsklage ohne Rücksicht auf die Feststellungsklage möglich wäre, da doch auch nach deutschem Recht die Verurteilung zur Unterhaltszahlung jedenfalls eine Feststellung der „Giltvaterschaft" im Sinne des § 1717 BGB in den Gründen des Urteils zur unerläßlichen Voraussetzung hat. Überdies wird eine Unterhaltsklage ohne Feststellung eines der 5 Fälle des Abs. 1 des Art. 340 Cc nur dann zugelassen werden können, wenn der Fall in einer derartigen Beziehung zum Inland steht, daß die Anwendung der Vorschriften des Art. 340 I Ziff. 1—5 Cc mit deutschem Recht nicht verträglich erscheinen würde. Eine solche hinreichende Inlandsbeziehung ist in vorliegendem Falle nicht gegeben, weil das Kind und die Mutter im Auslande wohnen. Die Tatsache allein, daß das Kind während der deutschen Besatzungszeit erzeugt wurde, vermag eine derartige Inlandsbeziehung nicht zu begründen (so auch das Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung in München vom 24. 1. 1952). Zwar besteht nach Art. 1382 Cc neben der oben erörterten Klage auf Feststellung der Vaterschaft noch die Möglichkeit, den unehelichen Vater unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen unerlaubter Handlung auf Unterhalt zu belangen. Diese Klage ist unbefristet. Ihr würde also die vorerwähnte Ausschlußfrist nicht im Wege stehen. Gemäß Art. 12 EGBGB können aber aus einer im Ausland begangenen unerlaubten Handlung gegen einen Deutschen nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. Dieselbe Einschränkung enthält Art. 21, Halbsatz 2 EGBGB für Unterhaltsansprüche. Da aber nach deutschem Recht ein Kind von seinem Vater nicht Unterhalt unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verlangen kann, so ist die vorliegende Klage auch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung nicht zu halten. Sie mußte daher abgewiesen werden." 201. Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört (hier nach griechischem Recht), wobei jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden können, als
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nach den deutschen Gesetzen begründet sind. Eine Rückverweisung des griechischen auf das deutsche Recht liegt nicht vor. Die Mehrverkehrseinrede gehört zum inländischen ordre public. Von inländischer Anwendung ausgeschlossen ist auch die Bestimmung des griechischen Rechts, nach welcher die Unterhaltspflicht bis zur Volljährigkeit des Kindes andauert, die mit 21 Jahren eintritt. — EGBGB Art. 21, 27; BGB § 1708; ZPO 256, 300, 343; griech. BGB Art. 19, 1465, 1532, 1540, 1541, 1543, 1545, 1546, 1547. AG Ludwigsstadt, Urt. vom 10. 12. 1952 — C 168/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das AG Ludwigsstadt ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig, und zwar sowohl hinsichtlich des Feststellungs- als auch hinsichtlich des Leistungsanspruches (§§ 256, 12, 13 ZPO, 23 GVG). Bezüglich des anzuwendenden Rechts gilt nach dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 11. 11. 1952 folgendes: Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört, wobei jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden können, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind (Art. 21 EGBGB). Vor Anwendung des nach Art. 21 EGBGB im gegebenen Falle maßgebenden griechischen Rechts ist zunächst die Frage einer etwaigen Rückverweisung auf das deutsche Recht durch das griechische Internationalprivatrecht (Art. 27 EGBGB) zu prüfen, die dann vorläge, wenn das griechische Recht etwa nicht, wie das deutsche, an die Staatsangehörigkeit der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes, sondern an den Wohnsitz anknüpfen würde. Das griechische Recht regelt aber das Kollisionsrecht ebenfalls im Sinne des Staatsangehörigkeitsprinzips. Maßgebend ist Art. 19 des griechischen Astykos Kodix (= Zivilgesetzbuch) vom 15. 3. 1940, GesetzesNr. 2240, verkündet im Regierungsblatt 1940 I S. 589 ff., in Kraft gesetzt durch die Verordnung vom 7./10. 5. 1946 über Wiederherstellung des Zivilgesetzbuches und seines Einführungsgesetzes (Regierungsblatt 1946 T, S. 761). Art. 19 des Ast. Kod. lautet: „Die Rechtsbeziehungen zwischen einem unehelichen Kinde und seiner Mutter richten sich nach ihrem letzten gemeinsamen Heimatrecht und in Ermangelung eines solchen nach dem Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes." Damit enthält das nach Art. 21 EGBGB zur Entscheidung berufene griechische Recht keine Rückverweisung auf das deutsche Recht. Es hat vielmehr bei der sich aus Art. 21 EGBGB ergebenden Anwendbarkeit des griechischen Rechts sein Bewenden. Das f ü r den gegenwärtigen Fall maßgebende griechische Recht hat folgenden Inhalt: Neben der freiwilligen Anerkennung der Vaterschaft unehelicher Kinder (Art. 1532 Ast. Kod.) kennt das griechische Recht die Klage auf gerichtliche Anerkennung der Vaterschaft (Art. 1540 Ast. Kod.). Die Klage kann sowohl von der Mutter wie von dem Kinde gegen den Vater erhoben werden. Diese Klage auf gerichtliche Anerkennung der Vaterschaft ist nur dann ausge-
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schlössen, wenn die Mutter zur Zeit der Empfängnis ein ausschweifendes Leben geführt hat (Art. 1543 Ast. Kod.). Wird eine Beiwohnung des als Vater Bekl. innerhalb der kritischen Empfängniszeit nachgewiesen, so wird nach Art. 1541 Ast. Kod. seine Vaterschaft gesetzlich vermutet. Die gesetzliche Empfängniszeit umfaßt nach Art. 1465 II Ast.Kod. die Zeit zwischen dem 300. und 180. Tage vor der Geburt des Kindes. Die Folge der gerichtr liehen Anerkennung der Vaterschaft aus Art. 1540 Ast. Kod. ist in jedem Falle die Unterhaltspflicht des Erzeugers. Das gerichtlich anerkannte Kind ist berechtigt, vom Vater einen der sozialen Stellung der Mutter und dem Vermögen des Vaters entsprechenden Unterhalt zu verlangen (Art. 1545 Ast. Kod.). Der Unterhalt umfaßt das zum Leben Notwendige und außerdem die Kosten der Erziehung und der entsprechenden Vorbildung des Kindes zu einem Berufe (Art. 1547 Ast. Kod.). Die Unterhaltspflicht, die nur besteht, wenn das Kind nicht imstande ist, sich selbst zu unterhalten, dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes (Art. 1546 Ast. Kod.). Bei der Anwendung von Auslandsrecht ist die sogenannte Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB zu beachten. Bei den aus unehelicher Kindschaft sich ergebenden Unterhaltsverpflichtungen von Inländern besteht eine besondere Vorbehaltsklausel in Form von Art. 21, 2. Halbs. EGBGB, wonach weitergehende Ansprüche als nach deutschem Recht nicht erhoben werden können. Dies ergibt in Anwendung auf das griechische Recht folgende Modifikationen des an sich maßgebenden Rechtes: Die Mehrverkehrseinrede gehört zum inländischen ordre public. Sie ist mit der Feststellung klarer Vaterschaftsverhältnisse unbedingt zwangsläufig verbunden. Würde sie dem in Anspruch genommenen Kindsvater vorenthalten, so würde dies bedeuten, daß er weitergehend als nach deutschem Recht in Anspruch genommen wird. Die Vorschrift des Art. 1543 Ast. Kod. wird nur insoweit ausgeschlossen, als sie dem inländischen Vater ungünstiger ist als die Regelung des deutschen Rechts. Insoweit sie dem deutschen Vater günstiger ist als das deutsche Recht, ist diese Bestimmung jedoch anzuwenden. Dies bedeutet, daß ein ausschweifender Lebenswandel der Mutter zur Empfängniszeit den Unterhaltsanspruch ausschließt, wenn es zum konkreten Nachweis eines bestimmten Mehrverkehrs nicht kommt. Das Vorliegen eines ausschweifenden Lebenswandels im Sinne von Art. 1543 Ast. Kod. kann aber nur bei Gewerbsunzucht oder bei sonstiger völliger moralischer Haltlosigkeit, die ihrerseits entweder auf abnormer Triebhaftigkeit oder aber auch auf völliger Verwahrlosung beruht, angenommen werden. Für den Kindesvater ungünstiger und damit nach Art. 21, 2. Halbs. EGBGB von inländischer Anwendung ausgeschlossen ist die Bestimmung des Art. 1545 Satz 2 Ast. Kod., aus der eine Dauer der Unterhaltspflicht bis zur Volljährigkeit sich ergibt, die auch nach griechischem Recht mit 21 Jahren eintritt (Art. 127 Ast. Kod.). Die Unterhaltspflicht des Kindesvaters ist mithin auf das 16. Lebensjahr zu befristen. Eine dem Kindesvater gegenüber dem deutschen Recht ungünstigere Bemessung des zu leistenden Unterhalts kann nicht darauf ge-
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stützt werden, daß nach Art. 1545 Ast. Kod. nicht nur auf die Lebensstellung der Mutter, sondern auch auf das Vermögen des Vaters abgestellt wird. Die vorerwähnten gesetzlichen Bestimmungen des griechischen Zivilgesetzbuches rechtfertigen die Klageanspriiclie gegen den Beklagten in vollem Umfange. Der Bekl. gesteht selbst zu, der Kindsmutter innerhalb der Empfängniszeit, das ist gemäß Art. 1465 Ast. Kod. die Zeit vom 300. bis 180. Tage vor der Geburt der Kl., wiederholt beigewohnt zu haben . . . Die Vaterschaft des Bekl. wird sonach gesetzlich vermutet (Art. 1541 Ast. Kod.). Da die vermutete Vaterschaft des Bekl. mit Rücksicht auf den Unterhaltsanspruch der Kl. f ü r diese äußerst bedeutungsvoll ist (gerichtliches Anerkenntnis im Sinne des Art. 1545 Ast. Kod.), hat die Kl. zweifellos ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Vaterschaft des Bekl. im Sinne des § 256 ZPO, weshalb die Vaterschaft des Bekl., wie in Ziff. I der Klage beantragt war, festzustellen war. Die Vaterschaft des Bekl. ist auch durch Mehrverkehr nicht ausgeschlossen. Der Bekl. hat zwar behauptet, die Mutter der Kl. habe sich während der Empfängniszeit auch mit anderen Personen geschlechtlich eingelassen. Der Bekl. konnte jedoch den ihm obliegenden Beweis eines Mehrverkehrs der Kindsmutter nicht erbringen . . . Daß die Kindesmutter zur Empfängniszeit einen ausschweifenden Lebenswandel geführt hat, ist weder bewiesen noch vom Bekl. überhaupt behauptet worden. Da die Mehrverkehrseinrede des Bekl. sich als unbegründet erwiesen hat und keinerlei Anhaltspunkte dafür zutage getreten sind, daß die Kindesmutter zur Empfängniszeit ein ausschweifendes Leben im Sinne des Art. 1543 Ast. Kod. geführt hat, war der Bekl. gemäß Art. 1545, 1546 Ast. Kod. zur Unterhaltszahlung zu verurteilen, wie von der Kl. beantragt worden war. Für den Umfang der Unterhaltspflicht hat Art. 1547 Ast. Kod. Anwendung zu finden, wonach der Unterhalt das zum Leben Notwendige umfaßt und außerdem die Kosten der Erziehung und der entsprechenden Vorbildung des Kindes zu einem Berufe. Der von der Kl. geltend gemachte Unterhaltssatz von jährlich 420 DM, monatlich 35 DM, erscheint bei den verteuerten Lebensverhältnissen angemessen. Im übrigen hat der Bekl. den von der Kl. verlangten Unterhalt der Höhe nach gar nicht bestritten. Bezüglich der Dauer der Unterhaltspflicht hat nicht das griechische Recht aus Art. 1546 Satz 2 Ast. Kod., wonach die Unterhaltspflicht des Vaters bis zur Volljährigkeit des Kindes dauern würde, Anwendung zu finden, sondern im Hinblick auf Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB die gesetzliche Bestimmung des deutschen Rechts in § 1708 BGB, wonach die Unterhaltspflicht des Bekl. bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres des Kindes besteht. Im übrigen wurden von der Kl. auch nur f ü r diese Zeitdauer vom Bekl. Unterhaltsbeiträge verlangt. Damit sind die Klageansprüche im vollen Umfange gerechtfertigt." 202. Wenn die Kindesmutter im Zeitpunkt der Geburt des unehelichen Kindes deutsche Staatsangehörige war, aber dem österreichischen Rechts-
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kreis angehörte, findet auf die Unterhaltsansprüche des Kindes gegenüber dem Vater gemäß Art. 21 EGBGB österreichisches Recht Anwendung. Art. 21 EGBGB bezieht sich nicht nur auf die Frage der Unterhaltsgewährung, sondern auch auf die damit zusammenhängende Frage der Feststellung der Vaterschaft. Eine Rückverweisung des österreichischen Rechts auf das deutsche Recht ist nicht gegeben. Einem deutschen Vater darf die Einrede des Mehrverkehrs auf Grund des Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB nicht genommen werden; erhebt er sie, dann gilt aber auch §1718 BGB, wenn er das Kind in öffentlicher Urkunde anerkannt hatte. — EGBGB Art. 21; BGB § 1708; 4. DVO zum EheG § 12; ABGB § 163. AG Landsberg, Urt. vom 28. 9. 1950 — C 116/49. Ungedruckt. Aus den Gründen: „1. Da die Kindesmutter im Zeitpunkt der Geburt des Kl. deutsche Staatsangehörige war, aber dem österreichischen Rechtskreis angehörte, findet nach Art. 21 EGBGB österreichisches Recht Anwendung. Das Gericht schließt sich hier dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung vom 1. 9. 1949 an. Wollte man die Einverleibung Österreichs als in dieser Beziehung unwirksam ansehen, so war die Kindesmutter ständig österreichische Staatsangehörige; auch in diesem Falle ist daher österreichisches Recht anwendbar. Art. 21 EGBGB bezieht sich nicht nur auf die Frage der Unterhaltsgewährung, sondern auch auf die damit zusammenhängende Frage der Feststellung der Vaterschaft als Vorfrage der Unterhaltspflicht (Palandt, Anm. 3 a zu Art. 21 EGBGB). Eine Rückverweisung des österreichischen Rechtes auf das deutsche Recht ist nicht gegeben (§ 12 d. 4. DVO z. Ehegesetz, RGBl. 1941 I S. 654). Uber das österr. Recht vgl. im übrigen das erwähnte Gutachten und Tomforde, Das Recht des unehel. Kindes (1924) 66, 51. 2. Nach Art. 21, 2. Halbsatz EGBGB können gegen den Bekl. und überhaupt gegen einen unehelichen Vater nicht weitergehende Ansprüche nach österreichischem Recht geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. Wenn das österreichische Recht (§ 163 ABGB) auch die Einrede des Mehrverkehrs nicht kennt, so darf einem deutschen unehelichen Vater diese Einrede auf Grund der erwähnten Bestimmung daher nicht genommen werden. Daraus folgt, daß auch § 1718 BGB nach deutschem Recht beurteilt werden muß. Denn die Bedeutung des § 1718 erschöpft sich darin, daß dem Bekl. die Einrede des Mehrverkehrs abgeschnitten wird. Ist das von ihm abgegebene öffentliche Anerkenntnis seiner Vaterschaft wirksam, so kann er sich zu seiner Entlastung nicht mehr darauf berufen, daß die Kindesmutter in der Empfängniszeit noch mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt habe, ebenso wenig wie diese Möglichkeit dann bestünde, wenn die Kindesmutter deutsche Staatsangehörige wäre . . . " 2 0 3 . Die Unterhaltsansprüche eines 1944- in Österreich geborenen unehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger, der in der Bundesrepublik lebt und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, richten sich nach österreichi-
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schem Recht. Bis zum 27. 4. 1945 findet die Vorbehaltsklausel des Art. 21 2. Halbsatz EGBGB keine Anwendung, nach diesem Zeitpunkt muß sie angewandt werden. Die Anerkennung eines ausländischen Urteils ist ausgeschlossen, wenn sie gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Diese Formel umfaßt nicht allein die allgemeine Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB, sondern auch die speziellen Klauseln, wie die des Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB. — EGBGB Art. 21, 30; BGB §§ 1708, 1717; 4. DVO zum EheG § 12; ZPO § 328; österr. ABGB §§ 163 ff. LG Düsseldorf, 13. ZK, Urt. vom 13. 6. 1952 — 13 S 421/51: MDR 6 (1952) 624; Journal du droit international 81 (1954) 1006. Der jetzt in der Bundesrepublik lebende Bekl. wurde 1950 durch das BezirksG Linz (österr.) verurteilt, der 1944 geborenen und in Linz lebenden Kl. als seinem unehelichen Kinde monatlich 15 Schilling Unterhalt zu zahlen. Mit der Klage nimmt die Kl. den Bekl. jetzt aus dem gleichen Rechtsgrunde auf Unterhalt in Anspruch. Das LG hat den Bekl. verurteilt, der Kl. f ü r die Zeit von 1944 bis zum 30. 6. 1948 den Gegenwert von 20 Schilling in DM monatlich zu zahlen, ab 1. 7. 1948 entsprechend monatlich 200 Schilling, wobei die Unterhaltsbezahlung für die Zeit von 1944 bis zum 31. 5. 1950 auf ein Sperrkonto innerhalb der Bundesrepublik zu zahlen ist. Aus den Gründen: (Zunächst wird ausgeführt: Die Unterhaltszahlung richte sich nach österr. Recht (ABGB), da die Mutter nach dem Überleitungsgesetz vom 10. 7. 1945 seit dem 27. 4. 1945 österr. Staatsbürgerin sei. Ob sie daneben noch die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, sei ohne Bedeutung [dafür wohl BGH 4. 10. 1951, BGHZ 3, 179 = N J W 1952, 184 1 mit zweifelnder Anm. von Lauterbach; Hoffmann-Stephan, Eherecht, Einl. vor § 41, 6 E 10, S. 166; OLG Celle 20. 12. 1947 NJW 1947/48, 593 2 ; MDR 1949, 36; teilweise mit Einschränkungen Schätzet, AöR 74, 296; vgl. auch Haager Staatsangehörigkeitsabkommen vom 12. 4. 1930, Art. 3 I 3 .]) „Denn behandelte die Kammer die Kindesmutter weiterhin als Deutsche, so beurteilen sich die Rechtsbeziehungen der Kl. zu dem Bekl. nach dem ABGB (4. DVO z. EheG vom 25. 10. 1941; Hubernagel in DR 1942, 289 ff., Brühl in NJW 1952, 332, f ü r Sudetendeutsche), niemals aber nach dem BGB, weil ja selbst in der Zeit, als die Kindesmutter nur Deutsche gewesen ist (1938—1945), das ABGB kraft interlokalen Rechts anzuwenden gewesen ist. Auf die Frage, ob die Kindesmutter in dieser Zeit auch latent noch die österr. Staatsangehörigkeit besessen hat — was aber zu verneinen ist —, braucht nicht eingegangen zu werden (vgl. hierzu BGH 4. 10. 1951, BGHZ 3,179 = NJW 1952,184 3 ff. mit weit. Hinweisen). Das gleiche Ergebnis erzielt man aber auch, wenn man die Kindesmutter nur als Österreicherin ansehen würde, über Art. 21 EGBGB, der auf das Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt der Kl. verweist. Da aber die Kl. 1944, also zu einer Zeit 1 3
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Von Deutschland nicht ratifiziert.
* Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 96.
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geboren wurde, als die Kindesmutter Deutsche war und durch § 12 der 4. DVO zum EheG das ABGB verbindlich war, gelangt man, unbeachtlich zunächst einer eventuellen Rückverweisung, in beiden Fällen zum ABGB. Der Unterschied wäre n u r deshalb von Bedeutung, als in dem ersten Fall das ABGB über das interlokale Privatrecht anzuwenden wäre, dagegen würde es im zweiten Fall im Zuge der Anwendung des internationalen Privatrechts zu beachten sein (Brühl in N J W 1952, 333). Ein Unterschied, der insbesondere mit Rücksicht auf die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 21 Halbs. 2 EGBGB von Tragweite sein könnte. Denn im Rahmen des interlokalen PR gilt die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 21 Halbs. 2 EGBGB nicht (RG 17. 7. 1943, ZAkDR 1944, 67; LG H a m b u r g in DJ 1942, 363; Raape, IPR 3 236; Hubernagel, DJ 1942, 289ff.; Brühl, N J W 1952, 332). Der in Anspruch genommene reichsdeutsche Bekl. könnte sich deshalb nicht auf die Einrede des Mehrverkehrs und die Beschränkung des Unterhaltsanspruchs bis zum 16. Lebensjahr berufen, §§ 1708, 1717 BGB, § 166 ABGB (Boschan, Europ. Familienrecht [1937] 165; Tomforde, Das Recht des unehelichen Kindes und seiner Mutter im In- und Ausland 124). Nun hat sich allerdings das AG Schweinfurt in einem Urteil vom 20. 4. 1950 — C 707/49 — Rundbrief XXIII [1950] 86 f.) 1 auf den Standpunkt gestellt, daß der mit der Geburt erworbene, durch Art. 21 Halbs. 2 EGBGB nicht eingeschränkte Unterhaltsanspruch dadurch nicht beeinträchtigt werden könnte, daß sich die staatliche Zugehörigkeit des Geburtsortes bzw. des Heimatstaates der Mutter nachträglich geändert habe. Das AG Schweinfurt will demnach auch heute noch den Art. 21 Halbs. 2 EGBGB ausgeschaltet wissen. Dieses Ergebnis könnte dann zutreffend sein, wenn die Kindesmutter auch jetzt noch als Deutsche zu gelten hat, denn dann gelangte das ABGB als interlokales Privatrecht zur Anwendung. Die Kammer lehnt dies aber mit Lauterbach (NJW 1952, 185 in der Anm. zu dem Urteil des BGH) wegen der damit verbundenen Konsequenzen ab. Wenn einerseits durch die Staatensukzession 1938 die österr. Staatsangehörigkeit in Fortfall gekommen ist, so muß der gleiche Grundsatz auch 1945 Geltung beanspruchen. Im übrigen besteht insbesondere deshalb kein Anlaß dazu, die Kindesmutter als Deutsche zu behandeln, weil sie keinerlei Beziehungen und Bindungen zum Deutschen Reich hat. Ist deshalb die Mutter der Kl. Österreicherin und nicht Deutsche, d a n n m u ß auch der Art. 21 Halbs. 2 EGBGB wieder Anwendung finden. Denn mit der Loslösung Österreichs vom Deutschen Reich ist zwangsläufig auch eine Änderung der bisherigen materiellrechtlichen Beziehungen eingetreten. W ä h r e n d von 1938—1945 die Grundsätze des interlokalen Privatrechts galten, gelten ab 1945 wieder die Grundsätze des internationalen Privatrechts zwischen Deutschen und Österreichern (LG Landau in N J W 1951, 200 2 ; Brühl in N J W 1952, 333). Es ist zuzugeben, daß die Entscheidung des AG Schweinfurt dem Interesse des Kindes am besten gerecht wird. Aber es läßt sich rechtlich nicht begründen, w a r u m die Vorbehaltsklausel des Art. 21 Halbs. 2 EGBGB von der Anwendung im Rahmen des internationalen PR 1 2 3
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Siehe IPRspr. 1950—1951. Nr. 92. Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 93. Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Intern. P r i v a t r e c h t 1952 und 1953
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hier ausgeschlossen bleiben soll. Es wird dabei übersehen, daß es gerade der Sinn des Art. 21 Halbs. 2 EGBGB ist, das Interesse des ausländischen Kindes gegenüber dem schutzwürdigen Interesse des deutschen Erzeugers zurücktreten zu lassen. Von einem mit der Geburt erworbenen nicht zu beeinträchtigenden Unterhaltsanspruch kann bei einem Übergang von interlokalen zum internationalen PR nicht gesprochen werden. In einem solchen Fall sind die Vorbehaltsklauseln, die eine aus ihrem Wesen und Zweck folgende sofortige Anwendung verlangen, unbedingt anzuwenden (so wohl RG, DJ 1942, 785; Beitzke in Anm. zu einem Urteil des LG Landau in NJW 1951; 200; Brühl aaO). Mit Recht weist Beitzke (aaO) darauf hin, daß nach Ansicht derer, die den Anschluß Österreichs an Deutschland — allerdings unrichtigerweise (vgl. BGH, NJW 1952, 185) — als einen völkerrechtswidrigen Akt ansehen (Ferid, Der Neubürger im intern. Privatrecht I 99), das internationale PR und damit auch Art. 21 Halbs. 2 EGBGB ständig auch in der Zeit von 1938—1945 anzuwenden gewesen sei. Die Kammer ist deshalb der Ansicht, daß sich der Unterhaltsanspruch der Kl. nach den §§ 163 ff. ABGB richtet, und zwar in der Zeit vom 1. 7.1944 bis 27. 4. 1945 unter Ausschaltung des Art. 21, 2. Halbs. EGBGB und seit dieser Zeit mit der Einschränkung dieses Artikels. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die bis 1941 sehr umstritten gewesene Frage, ob das österr. Recht auf das deutsche Recht zurückverweise, durch § 12 der 4. DVO z. EheG vom 25. 10. 1941 dahin entschieden worden ist, daß eine Rückverweisung nicht stattfindet. Dabei besitzt die 4. DVO auch heute noch in Österreich Gültigkeit (NJW 1951, 834; DRiZ 1951, 89). Damit ist auch gleichzeitig die Frage im verneinenden Sinne entschieden, ob das rechtskräftige Urteil des BezirksG in Linz vom 26. 4. 1950 in der Bundesrepublik anzuerkennen ist. Dabei, kommt — abgesehen von intern. Verträgen — die Rechtskraft eines ausländischen Urteils trotz der Fassung des § 328 ZPO schon grundsätzlich nicht in Betracht (Baumbach, Anm. 1 A zu § 328); ein ausl. Urteil kann im Normalfall nur als Beweismittel gewertet werden (RGZ 129, 387). Die Anerkennung eines ausl. Urteils ist aber insbesondere dann ausgeschlossen, wenn die Anerkennung des Urteils gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde (§ 328 Nr. 4 ZPO). Dabei will der § 328 Nr. 4 ZPO in seinem Wortlaut neben den §§ 138, 826 BGB u. a. nicht nur die allgemeine Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB, sondern auch die speziellen Klauseln, wie die des Art. 21 Halbs. 2 EGBGB treffen (Palandt, Anm. 4 zu Art. 21 EGBGB). Es folgt somit aus der allgemeinen wie auch der besondern Regel des § 328 Nr. 4 ZPO, daß dem Urteil des österr. Gerichts die Anerkennung zu versagen ist. Im übrigen könnte auch aus diesem österr. Titel in Deutschland nicht vollstreckt werden (vgl. dazu DRiZ 1951, 87 ff.). Die Kl. verlangt eine Unterhaltsrente für die Zeit vom 1. 7. 1944 bis 30. 6. 1948 von monatlich 3 DM in entsprechendem Schillingswert. Die Kl. will damit offensichtlich der im Gebiet der Bundesrepublik vorgenommenen Währungsumstellung Rechnung tragen. Die Auswirkungen der Währungsreform sind aber grundsätzlich auf inländische Forderungen beschränkt. Insbesondere scheint eine Abwertung der Forderung der KI. deshalb nicht
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möglich zu sein, weil der Unterhaltsanspruch seit 1945 in Schilling entstanden ist und weil er für die vorhergehende Zeit auf Schilling umgestellt ist. Im Ergebnis ist aber der Klageanspruch im Hinblick auf Art. 21 Halbs. 2 EGBGB mit Recht eingeschränkt, weil der Bekl. nach deutschem Recht, das in seinem gesamten Umfang zu berücksichtigen ist, nur auf einen Zehntelbetrag der normalen Unterhaltsrente verpflichtet ist." 2 0 4 . Während des Anschlusses wurde das österreichische Recht im ehem. Österreich als deutsches Partikularrecht angewandt. Die Unterhaltsansprüche eines 1943 geborenen unehelichen Kindes einer in Wien ansässigen Mutter gegenüber dem Kindesvater unterliegen gemäß dem Grundsatz der Unwandelbarkeit des Alimentenstatuts dem österreichischen Recht. Der Vorbehalt des Art. 21 2. Halbsatz EGBGB kann in einem solchen Fall keine Anwendung finden, weil das österreichische Recht z. Zt. der Geburt des Kindes deutsches Partikularrecht war. — EGBGB Art. 21; BGB § 1708; österr. ABGB § § 163, 166. LG Berlin, Urt. vom 12. 7. 1952 — 29 S 480/51: N J W 5 (1952) 1379. Der Kl. ist am 9. 4. 1943 als uneheliches Kind der Schuhstepperin K. in W i e n geboren. Der Bekl. hat unstreitig innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Kindsmutter geschlechtlich verkehrt. A m 31. 5. 1943 hat der Bekl. zu Protokoll des Gerichtsoffiziers seiner Feldeinheit die Vaterschaft anerkannt. Die Kindesmutter besaß vor dem Anschluß Österreichs an das Altreich die österreichische Bundesbürgerschaft. Der Bekl. ist deutscher Staatsangehöriger. Er erhält als Lehrer gegenwärtig ein monatliches Gehalt von 328 DM West netto. Der Kl. nimmt den Bekl. als seinen Erzeuger auf Zahlung von Unterhaltsanspruch. Aus den Gründen: „Der Anspruch des Kl. folgt aus den Bestimmungen der § § 163, 166 ABGB. Mit Recht haben sich die Parteien in der Berufungsinstanz — im Gegensatz zum Vorderrichter — übereinstimmend auf den Standpunkt gestellt, daß die Entscheidung über den vorl. Rechtsstreit der österreichischen Rechtsordnung zu entnehmen sei. Die hierfür maßgebende deutsche Kollisionsnorm, der Art. 21, 1. Halbsatz EGBGB, verweist für die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes auf das materielle Recht des Staates, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Zur Zeit der Geburt des Kl. war die Kindesmutter auf Grund der Einbeziehung der österreichischen Bundesrepublik in den deutschen Staatsverband Reichsdeutsche. Gleichwohl galt für sie als ehemalige österreichische Bundesangehörige nach Art. I I Ges. über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 (RGBl. 1938 I S. 237) das österreichische Recht, insbesondere das ABGB — nunmehr als lokales deutsches Sonderrecht — , fort. Danach konnte die Frage, welchem Staat die Kindesmutter angehört, d. h., ob sie heute etwa neben der österreichischen Bundesbürgerschaft auch noch 25 '
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die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, unerörtert bleiben. Selbst wenn man letzteres annimmt (so BGH 4. 10. 1951, MDR 1952, 36, NJW 1952, 184) l , so läßt sich daraus nicht der vom Vorderrichter gezogene Schluß rechtfertigen, daß deutsches Recht, und zwar das Recht des deutschen BGB, zur Anwendung kommen müsse. Hier übersieht der Vorderrichter, daß die Kindesmutter niemals dem Recht des BGB unterstanden hat, vielmehr auch im entscheidenden Zeitpunkt der Geburt des Kindes nach österreichischem Rechte lebte. Damit unterlagen die Unterhaltsansprüche des Kl. gemäß dem in Art. 21, 1. Halbsatz EGBGB zum Ausdruck gelangten Grundsatz der Unwandelbarkeit des Alimentenstatuts ein für allemal österreichischem Recht. Die — im einzelnen noch näher zu erörternde — Tatsache, daß der Kl. nach österreichischem Recht gegen seinen deutschen Vater, den Bekl., weitergehende Unterhaltsansprüche erworben hat, als nach deutschem Recht begründet wären, vermag hier den Vorbehalt des Art. 21, 2. Halbsatz EGBGB nicht auszulösen. Für die Zeit vor 1945 war das eindeutig, denn österreichisches Recht wurde während der staatsrechtlichen Verbindung der ehemaligen Alpen- und Donaugaue mit dem Reich als deutsches Partikularrecht angewandt (Beschl. des RG Gr. Sen. f. Zivils, v. 17. 7. 1943 — GSE 21/44 — in: Rundbriefe des Deutschen Instituts für Jugendhilfe XIX, 58 f.). Die veränderte staatsrechtliche Lage durch die Wiederverselbständigung Österreichs hat hieran nichts geändert (a. A. LG Landau in NJW 51, 200 2 und Beitzke in Anm. ebendort). Auch bei Berücksichtigung der staatsrechtlichen Veränderungen seit dem Jahre 1945 ist für eine unmittelbare Anwendung des in Art. 21, 2. Halbsatz EGBGB niedergelegten Vorbehalts kein Raum. Denn es handelt sich bei näherem Zusehen im vorliegenden Fall nicht um die dort behandelte Frage, wie der Wirkungsbereich der deutschen Rechtsordnung gegenüber einem nach deutschen Kollisionsnormen an sich anzuwendenden fremden Recht unter Berücksichtigung des deutschen ordre public abzugrenzen ist, sondern um das ganz anders gelagerte Problem der Fortgeltung ehemals deutschen Rechts, das durch Veränderung der staatsrechtlichen Situation zu fremdem Recht geworden ist (so auch Neuhaus, RabelsZ 1951, 510 f.). Der Vorbehalt des Alt. 21, 2. Halbsatz EGBGB könnte hier also nur entsprechende Anwendung finden. Gegen eine entsprechende Anwendung spricht einmal schon sein Ausnahmecharakter. Dagegen spricht vor allem aber der im ersten Halbsatz der gleichen Vorschrift ausgesprochene Grundsatz der Unwandelbarkeit des Alimentenstatuts, der als allgemeiner Grundsatz des deutschen Rechtsanwendungsrechts (Neuhaus aaO) besonders deutlich auch in Art. 208 II EGBGB f ü r das Gebiet des zwischenzeitlichen Privatrechts Ausdruck gefunden hat. Wenn dort für die Frage nach dem Unterhaltsanspruch eines vor dem Inkrafttreten des BGB erzeugten unehelichen Kindes die bisherigen Gesetze f ü r anwendbar erklärt werden, so kann die ganz ähnlich liegende Frage, die hier zu lösen ist, ob nämlich das bei der Geburt eines unehelichen Kindes f ü r dieses geltende deutsche Recht durch eine später eingetretene andere staatliche Zurechnung der maßgebenden Rechtsordnung nachträglich wie fremdes Recht zu behandeln 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159.
2
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 93.
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ist oder nicht, nur im gleichen Sinne beantwortet werden; d. h., es muß hier für den Unterhaltsanspruch des Kl. das ABGB als ehemals deutsches Lokalrecht fortgelten. Das Bedenken, daß mit dieser Lösung eine spezielle Klausel des deutschen ordre public (Art. 21, 2. Halbsatz EGBGB) ohne zwingende Notwendigkeit ausgeschaltet werde, schlägt demgegenüber nicht durch. Denn es ist der deutsche Gesetzgeber gewesen, der in Art. II Ges. vom 13. 3. 1938 (s. o.) die Normen des ABGB ausdrücklich als deutsches Lokalrecht übernommen und damit vom Standpunkt des deutschen ordre public alle Bedenken gegen die Anwendung österreichischen Rechts im Bereich der deutschen Rechtspflege ausgeräumt hat. Diese bewußte gesetzgeberische Maßnahme konnte in ihrer Wirkung durch die auf der Ebene rein tatsächlichen Geschehens nach 1945 vollzogene Trennung Österreichs vom Reich nicht so vollständig rückgängig gemacht werden, daß damit die Schranke des deutschen ordre public gegenüber dem österreichischen Recht für alle alten Rechtsverhältnisse, die noch unter dem österreichischen Recht als deutschem Lokalrecht entstanden waren, wieder aufgerichtet worden wäre. Insbesondere mußte sich demgegenüber der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Unterhaltsstatuts als stärker erweisen, denn der Unterhalt unehelicher Kinder soll ja gerade — das ist der Fürsorgezweck jenes Grundsatzes —durch derartige nachträgliche Ereignisse nicht mehr in Frage gestellt werden (vgl. Kiel, SchlHAnz. 1947, 95). Der Bekl. ist als Erzeuger des Kl. anzusehen und als solcher zur Unterhaltsleistung verpflichtet, da er unstreitig während der gesetzlichen Empfängniszeit, d. i. nach österreichischem Recht die Zeit vom 13. 6. bis zum 11. 10. 1942, der Kindsmutter beigewohnt hat. Die Vermutung der Vaterschaft des Bekl. wird durch das schriftliche Anerkenntnis noch bestärkt, da das darin enthaltene Geständnis, mit der Kindesmutter während der Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt zu haben, nach § 163 ABGB schon f ü r sich allein die Vermutung der Vaterschaft zu begründen vermag und einer entsprechenden gerichtlichen Feststellung gleichsteht. Eine weitere Bedeutung kommt diesem Vaterschaftsanerkenntnis nach österreichischem Recht nicht zu. Dem Kl. steht nach § 166 ABGB ein Unterhaltsanspruch gegen den Bekl. bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit zu, wobei sich die Höhe der Unterhaltsrente nicht nach der Lebensstellung der Kindesmutter (§ 1708 BGB), sondern nach den Vermögensverhältnissen des Vaters, des Bekl., richtet (§ 166 ABGB). Auf Grund der eingereichten Gehaltsbescheinigung und der gutachtlichen Auskünfte des Magistrates der Stadt Wien, nach denen die österreichische Praxis dahin geht, daß ein Angestellter des öffentlichen Dienstes ungefähr 13 %> seines Nettoeinkommens als Unterhalt für ein uneheliches Kind aufzuwenden hat, hat das Gericht die geforderte Unterhaltsrente von monatlich 42.60 DM, die genau 13 %> = etwa Vs des Nettoeinkommens des Bekl. ausmacht, f ü r angemessen erachtet und dem Kl. entsprechend die im Verhältnis 10 : 1 abzuwertenden Rückstände aus der Zeit vor der Währungsreform in Höhe von monatlich 4.25 DM zuerkannt. Der Kl. hat hierbei auch nicht einen unbilligen Währungsgewinn. Denn der Betrag von 42.60 DM entspricht, umgerechnet zum gegenwärtigen Kurse von 5 Schil-
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ling f ü r 1 D M etwa dem Betrag, den nach der Auskunft des Magistrats der Stadt W i e n ein uneheliches Kind von seinem in W i e n lebenden Erzeuger zu beanspruchen hat, der ein Einkommen hat, das dem des Bekl. vergleichbar ist. Zu Unrecht glaubt der Bekl. nur zu einer Unterhaltsleistung in österreichischer (Schilling-)Währung verpflichtet zu sein. Zwar ist die Unterhaltsforderung an sich in Schillingwährung entstanden, weil der Zweck der Rente die Sicherstellung des Unterhalts des Kl. ist und der Kl. f ü r die Sicherstellung seines Unterhalts der Geldzeichen der Schillingwährung bedarf. Es steht jedoch nichts im Wege, daß der Kl. seinen in österreichischer W ä h rung bestehenden Unterhaltsanspruch gegen den Bekl. zum Umrechnungskurs in der Währung geltend macht, die f ü r den Bekl. die maßgebende ist, d. h. in deutscher Währung. Daß ein deutsches Gericht in jedem Falle berechtigt ist, auf den dem Umrechnungskurs entsprechenden Betrag in deutscher Währung zu erkennen, ist unzweifelhaft (vgl. z. B. Raape, Intern. Privatrecht 3 344; OLG Düsseldorf, M D R 1950, 296). Der Bekl. war daher entsprechend der von der Berliner Zentralbank erteilten Devisengenehmigung zur Zahlung in D M der Bank Deutscher Länder zu verurteilen. Nach österreichischem Recht können Unterhaltsrückstände allerdings nur insoweit gefordert werden, als sie nach Klageerhebung oder nach dem Zeitpunkt entstanden sind, in dem der Verpflichtete in Verzug geraten ist. Einer besonderen Mahnung bedurfte es vorliegend aber nicht, um den Bekl. in Verzug zu setzen, vielmehr befand er sich bereits von dem Augenblick an in Verzug, in dem er nicht von sich aus die von der Wehrmacht eingestellte Unterhaltszahlung aufnahm. Denn der Bekl. wußte spätestens seit dem 30. 5. 1943, daß er als Vater des Kl. auf Unterhalt in Anspruch genommen werde (vgl. dazu OLG München, H R R 1940 Nr. 1339)." 2 0 5 . Der Unterhaltsanspruch eines in der Anschlußzeit Österreichs geborenen unehelichen Kindes, dessen Mutter das österreichische Personalstatut besaß, ist nach dem österreichischen ABGB zu beurteilen. Da das ABGB deutsches Recht im Sinne des Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB war, darf der Erzeuger nicht den Einwand des Mehrverkehrs erheben. — EGBGB Art. 21, 208; BGB § 1717; österr. ABGB § § 141, 163 ff. L G Hechingen, Urt. v o m 18. 11. 1952 — (1953) 61 ».
1 S 56/52: DAvorm. X X V I
Aus den Gründen: „Es handelt sich um die Klage eines unehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger, dessen Staatsangehörigkeit umstritten ist. Die Mutter des Kl. war (vor der Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich) und ist jetzt (seit der Wiederverselbständigung Österreichs) wieder österreichische Staatsangehörige. Gemäß Art. 21 EGBGB ist deshalb deutsches Recht anzuwenden. Art. 2 des Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem 1
Vgl. Nirk in JZ 8 (1953) 300.
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Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 enthält nun aber einschränkungslos die Anordnung, daß die in den beiden Teilrechtsgebieten geltenden Gesetze bis auf weiteres in Geltung bleiben. Die deshalb auftauchende Frage, ob die Bestimmungen des (deutschen) BGB oder des (österreichischen) ABGB anzuwenden sind, gehört dem „interlokalen" Privatrecht an, da es sich darum handelt, welche von zwei innerhalb eines Staates territorial nebeneinander geltenden Rechtsordnungen anzuwenden ist. Mangels besonderer interlokalrechtlicher Normen ist auf die Bestimmungen des internationalen Privatrechts zurückzugreifen (vgl. RGZ 164, 139 = DR 1940, 1959). Den Ausgangspunkt f ü r die Beurteilung dieses Falles bildet also wiederum Art. 21 EGBGB. Maßgebend f ü r den Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes ist danach das Personalstatut der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes, und danach kann nicht zweifelhaft sein, daß die Ansprüche des Klägers gemäß §§ 163 ff. ABGB zu beurteilen sind. Da der Bekl. unbestrittenermaßen mit der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit des ABGB geschlechtlich verkehrt hat, spricht gemäß § 163 ABGB die Vermutung der Vaterschaft gegen ihn. Als Vater des Kindes hat nach § 141 ABGB vorzüglich er die Pflicht, so lange für den Unterhalt des Kindes zu sorgen, bis es sich selbst ernähren kann. Wenn auch § 166 ABGB es nicht ausdrücklich hervorhebt, so besteht doch angesichts der Tatsache, daß der Gesetzgeber den Unterhaltsanspruch zeitlich nicht begrenzt hat, kein Zweifel darüber, daß die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes dauert (vgl. Hermann, ABGB 23 [1936] 114 zu § 166 Ziff. 2 ABGB). Die Ansprüche des Kl. sind daher in vollem Umfange gerechtfertigt. Auf den von der Kindesmutter zugegebenen Mehrverkehr mit dem Zeugen K., sowie auf Mehrverkehr überhaupt, kann der Bekl. sich nach österreichischem Recht nicht berufen. Das ABGB kennt die exceptio plurium nicht. Sie wurde in ständiger Rechtsprechung des Obersten österreichischen Gerichtshofes f ü r unzulässig erklärt. An dieser Auffassung hält auch die Kammer fest. Es bleibt also lediglich zu prüfen, ob der Bekl. sich nicht dennoch auf Mehrverkehr der Kindesmutter gemäß § 1 7 1 7 1 S. 1 BGB in Verbindung mit dem Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB berufen kann. Die Zivilkammer hat diese Frage verneint aus folgenden Gründen: a) Die Kammer ist der Auffassung, daß der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kl. nach dem Sittengesetz mit seiner Geburt am 4. 6. 1943 entstanden und inzwischen zu einem wohlerworbenen und ohne triftigen Grund nicht entziehbaren Recht geworden ist, das auch das AG Schweinfurt in seinem Urteil vom 20. 4. 1950 — C 707/49 — Rundbrief des Deutschen Instituts f ü r Jugendhilfe XXIII, 86 1 anerkennt. Das ABGB war damals deutsches Recht im Sinne von Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB. b) Der Gesetzgeber selbst hat sich bei den Unterhaltsansprüchen des unehelichen Kindes expressis verbis f ü r die Unwandelbarkeit des Unterhaltsrechts ausgesprochen, und zwar intertemporal- (Art. 208 EGBGB) wie auch internationalrechtlich (Art. 21 EGBGB). 1 Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 92.
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c) Die ältere Rechtsprechung (vgl. OLG München, HRR 1940, 1339; OLG Karlsruhe, DR 1940, 796), der sich die Kammer anschließt, hat sich in ähnlich gelagerten Fällen für die analoge Anwendung der allgemeinen intertemporalen Regeln und damit für die Unwandelbarkeit des Alimentenstatuts entschieden. d) Die hier vertretene Lösung befriedigt das Rechtsgefühl. Wer, wie der Bekl., — seine deutsche Staatsangehörigkeit unterstellt — aus seinem Rechtskreis herausgeht und sich in das Gebiet eines anderen (damaligen deutschen) Rechts begibt, muß damit rechnen, daß seine Rechtsverhältnisse nach dem Recht dieses Gebietes beurteilt werden, ohne daß ihm dabei spezielle Vorbehalte des internationalen Privatrechts seines Heimatkreises zugute kommen. Die Höhe des verlangten Unterhalts ist von dem Bekl. nicht beanstandet, im übrigen auch angemessen. Die Entscheidung der umstrittenen Frage, ob der Bekl. deutscher oder österreichischer Staatsangehöriger ist, kann im vorliegenden Rechtsstreit auf sich beruhen, weil in beiden Fällen österreichisches Recht anzuwenden ist. Nach alledem sind die Ansprüche des Klägers und damit seine Berufung begründet." 206. Im Rechtsstreit eines in der Anschlußzeit geborenen unehelichen Kindes einer Frau, die in Österreich ihren Wohnsitz hatte, ist das österreichische ABGB anzuwenden, das die Einrede des Mehroerkehrs nicht kennt. Diese Einrede gehört nicht zum deutschen ordre public, da das österreichische Recht nach 1938 ausdrücklich als deutsche Teilrechtsordnung in Kraft blieb. Der einmal entstandene Unterhaltsanspruch ist unwandelbar. — EGBGB Art. 21, 208; österr. ABGB §§ 163, 166. LG Duisburg, Urt. vom 17. 6. 1953 — 4 S 381/52: DAvorm. X X V I (1953) 117. Aus den Gründen: „Der Unterhaltsanspruch des Kl. folgt aus den Bestimmungen der §§ 163, 166 des in Österreich geltenden ABGB vom 1 . 6 . 1 8 1 1 . Daß die Entscheidung der österr. Rechtsordnung zu entnehmen ist, ergibt sich aus Art. 21 des deutschen EGBGB. Danach wird die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem Kinde nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Der Kl. ist am 25. 2. 1945 in Österreich geboren. Zu diesem Zeitpunkt besaß die Kindesmutter zwar unstreitig die deutsche Reichsangehörigkeit. Gleichwohl galt für sie als ehemalige österr. Bundesangehörige nach Art. II des Ges. über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 das österr. Recht, insbesondere das ABGB, nunmehr als lokales deutsches Sonderrecht weiter. Die Kindesmutter hat inzwischen unstreitig auf Grund der nach 1945 erlassenen österr. Staatsangehörigkeitsgesetze die österr. Staatsangehörigkeit erworben. Die vom Bekl. aufgeworfene Frage, inwieweit die Kindesmutter daneben möglicherweise die frühere deutsche Reichsangehörigkeit beibe-
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halten habe (vgl. zu dieser Frage die Entscheidung des BGH in NJW 1952, 184 1 und des BayObLG in NJW 1952, 788 2 ), kann dahingestellt bleiben, da die Kindesmutter auch vor der deutschen Kapitulation von 1945 niemals dem Recht des BGB unterstanden hat, so daß das hier streitige Rechtsverhältnis in jedem Falle — unabhängig von etwaigen Streitfragen des Staatsangehörigkeitsrechts — nach den Rechtsnormen des ABGB zu beurteilen ist (in diesem Sinne auch LG Berlin-West in NJW 1952, 1379 3 ). Die nach dem Recht des deutschen BGB zulässige Einrede des Mehrverkehrs steht dem Bekl. nach den Bestimmungen des ABGB nicht zu. F ü r die Zeit bis zur deutschen Kapitulation steht dies außer Frage, da die Kindesmutter, wie ausgeführt, seinerzeit dem Recht des ABGB in seiner Form als lokalem deutschen Recht unterstand, so daß die Bestimmung des Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB keine Anwendung finden konnte. Aber auch f ü r die Zeit seit Wiederbegründung der Selbständigkeit Österreichs vermag die Kammer entgegen der vom LG Düsseldorf (MDR 1952, 624)4 vertretenen Auffassung dem Bekl. die Einrede des Mehrverkehrs nicht zuzugestehen. Sie ist vielmehr der Ansicht, daß die Bestimmungen des ABGB auch nach der staatsrechtlichen Änderung, weil der Anspruch vorher entstanden ist, als ehemals — für die Zeit von 1938 bis 1945 — gültiges deutsches Lokalrecht anzusehen sind, so daß der Bekl. sich schon aus diesem Grunde nicht zu seinen Gunsten auf die Bestimmung des Art. 21 Halbsatz 2 EGBGB berufen kann. Der Ausschluß der Einrede des Mehrverkehrs widerspricht nach Auffassung der Kammer im übrigen auch nicht dem deutschen ordre public, da der deutsche Gesetzgeber die Bestimmungen des österr. Rechts duich das Gesetz vom 13. 3. 1938 ausdrücklich in Kraft gelassen und auch in den Folgejahren keinen Anlaß gesehen hat, auf diesem Gebiet Rechtsänderungen vorzunehmen, wie dies z. B. auf dem Gebiet des Eherechts geschehen ist. Darüber hinaus ist f ü r die Kammer aber der Gesichtspunkt entscheidend, daß ein einmal entstandener Unterhaltsanspruch unwandelbar begründet sein muß und nicht von späteren staatsrechtlichen Änderungen abhängig sein kann. Dieser Grundsatz kommt im ersten Halbsatz des Art. 21 EGBGB zum Ausdruck. Eine Parallele hierzu ist in der Bestimmung des Art. 208 II EGBGB zu finden, der die Rechtsstellung deutscher unehelicher Kinder beim Inkrafttreten des BGB regelte, und nach dem f ü r die Erforschung der Vaterschaft sowie f ü r die Unterhaltspflicht des Vaters die bisherigen Gesetze maßgebend blieben (vgl. hierzu auch übereinstimmend LG Berlin, NJW 1952 1380). Der vor der Kapitulation entstandene Unterhaltsanspruch kann daher nicht auf Grund der Veränderung der staatsrechtlichen Verhältnisse dadurch in Fortfall kommen, daß diesem Anspruch jetzt die Einrede des Mehrverkehrs entgegengesetzt wird. Gilt der Bekl. aber nach § 163 ABGB als Erzeuger des Klägers, so kann dieser von ihm nach Maßgabe der Bestimmungen des § 166 ABGB auch den geltend gemachten Unterhalt fordern. Der Bekl. kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß nach österreichischem Recht nur der als zum Unterhalt verpflichteter Vater gelte, wer entweder seine Vaterschaft vor Ge1 3
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Siehe oben Nr. 204.
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Siehe unten Nr. 317. Siehe oben Nr. 203.
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rieht anerkannt habe oder seine Zustimmung zur Eintragung seines Namens als Erzeuger amtlich habe beglaubigen lassen, oder wer durch rechtskräftiges Urteil als Vater festgestellt worden sei. Soweit der Bekl. sich zur Begründung dieser Rechtsauffassung auf Tomforde, Das Recht des unehelichen Kindes und seiner Mutter im In- und Ausland 3 (1930) Abschnitt Österreich, Anm. V b 1—3 auf S. 126 beruft, übersieht er die weiteren Ausführungen von Tomforde auf S. 131 über das österreichische Prozeßrecht. Aus diesen ergibt sich, daß Österreich sowohl eine Klage des unehelichen Kindes auf Anerkennung der Vaterschaft wie auf Unterhaltsleistung gegen den außerehelichen Vater zuläßt. Hat der Vater hingegen die Vaterschaft entweder freiwillig oder durch rechtskräftiges Urteil gezwungen anerkannt, so kann — entgegen dem deutschen Rechtsgebrauch — die geschuldete Unterhaltsleistung auch durch das Vormundschaftsgericht außerstreitig festgesetzt werden. Die v o m Bekl. zitierten Äußerungen von Tomforde beziehen sich daher auf diesen letztgenannten Fall einer außerstreitigen Festsetzungsmöglichkeit, schließen hingegen nicht das dem deutschen Prozeßrecht entsprechende Klageverfahren aus, in dem nach Feststellung, daß der Bekl. als Erzeuger des Kl. vermutet wird (§ 163 A B G B ) , seine Unterhaltsverpflichtung gleichzeitig festgesetzt werden kann." 2 0 7 . Auf die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes gegenüber dem Kindesvater findet das Heimatrecht der Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes Anwendung (hier österreichisches Recht). Die Einrede fällt unter die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 21 des Mehrverkehrs Halbsatz 2 EGBGB. — EGBGB Art. 21; BGB § § 1708, 1709; österr. ABGB § § 163ff., 166. LG Düsseldorf, 13. ZK, Urt. v o m 24. 10. 1952 — 13 S 124/51; M D R 7 (1953) 236; DAvorm. X X V I (1953) 119. Der Kl. ist im März 1947 in Österreich außerehelich geboren und lebt in Österreich, ist dort auch wie seine Mutter staatsangehörig. Der Bekl. hat mit der Kindesmutter in Österreich während seiner Kriegsgefangenschaft geschlechtlich verkehrt und wohnt in Düsseldorf; er ist deutscher Staatsangehöriger. Mit der Klage nimmt der Kl. ihn als seinen außerehelichen Erzeuger auf Unterhalt in Anspruch. Das L G hat ihn f ü r die Zeit von der Geburt des Kl. bis zum 12. 6. 1950 zur Zahlung von noch rückständigen 615 DM, zahlbar auf ein Sperrkonto des Kl. im Währungsgebiet, und laufend ab 13. 6. 1950 bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres des Kl. zur Zahlung des Gegenwertes von monatlich 200 österr. Schillingen nach dem jeweiligen Kurswert in D M West verurteilt. Aus den Gründen: I. (Zunächst w i r d ausgeführt: Unter Hinweis auf das Urteil der Kammer M D R 1952, 624 1 richte sich der Unterhaltsanspruch [weil die Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes die österr. Staatsangehörigkeit gehabt habe] nach österr. Recht i. V. m. der Vorbehaltsklausel des Art. 21, 2. EGBGB.) 1
Siehe oben Nr. 203.
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„Der Kl. konnte daher Unterhalt nur nach den §§ 163 ff. ABGB verlangen. Nach den Bestimmungen des österr. Zivilverfahrens und des bürgerl. Rechts kann die monatliche Unterhaltsrente dem österr. Kl. erst vom Tage der Klageerhebung an zugesprochen werden (so wörtlich die von der Kammer eingeholte Stellungnahme des Bezirksgerichts f ü r Zivilrechtssachen in Graz; auch LZ JPrR 1926, 44 Anm. 54). F ü r die vorhergehende Zeit ist nicht das Kind, sondern nur die Kindesmutter, die hier das Kind unterhalten hat, aktiv legitimiert. Ebenso wie aber die deutsche Praxis trotz der cessio legis im § 1709 BGB das Kind an Stelle der Kindesmutter kraft stillschweigender Rückübertragung klagen läßt (vgl. Palandt, Anm. 1 zu § 1709 mit RG, DR 1943, 617), so konnte auch hier der Kl. seinen Unterhalt vom Tage der Geburt an einklagen. Der Bekl. ist dem Kl. auch unterhaltspflichtig nach § 163 ABGB. Denn dieser hat nicht bestritten, mit der Kindesmutter in der einrechnungsfähigen Zeit geschlechtlich verkehrt zu haben. Das ABGB kennt zwar nicht die Einrede des Mehrverkehrs; diese fällt jedoch nach allgemeiner Meinung unter die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 21 S. 2 (vgl. Palandt, Art. 21 Anm. 3; Walker 715; OLG München, HRR 1940 Nr. 1339). Der Bekl. hat jedoch den ihm obliegenden Beweis für einen Mehrverkehr nicht erbringen können (wird ausgeführt). II. Es ist daher sowohl nach deutschem wie nach österr. Recht davon auszugehen, daß der Bekl. der Erzeuger des Kindes ist. Nach österr. Recht müßte er dem Kl. „bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit" Unterhalt zahlen. Die Vorbehaltsklausel des Art. 21 bewirkt jedoch, daß seine Verpflichtung sich auch dem österr. Kinde gegenüber entsprechend § 1708 BGB auf 16 Jahre begrenzt. 1. Bezüglich der Höhe der Unterhaltsrente war zu beachten, daß nach § 166 ABGB das Vermögen des Bekl. maßgebend ist, also nicht, wie nach § 1708 BGB, kurzerhand die Lebensstellung der Kindesmutter. In Betracht zu ziehen sind also das eigentliche Vermögen, sowohl das pfändbare wie das unpfändbare, (Tomforde, Recht des unehel. Kindes 124; LZ JPrR, 1926, 44) und das Einkommen des Bekl., wobei vorübergehende Erwerbslosigkeit nicht befreiend wirkt (Tomforde 124). Um zu ermitteln, wieviel der Bekl. bei seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen nach § 166 ABGB an sein uneheliches Kind abgeben muß, hat die Kammer die Stellungnahme des Grazer Zivilgerichts eingeholt. In Ubereinstimmung mit bereits bekannten Literaturstellen (Webler, Unterhaltsanspriiche deutscher Kinder im Ausland [1951] 10; Tomforde 124; LZ 1926, 44) heißt es in dieser Stellungnahme: „Die Feststellung des monatlichen Unterhaltsbeitrages liegt vollkommen im Ermessen des erkennenden Gerichts; es bestehen keinerlei Beweisregeln über die Höhe der monatlichen Rente. Die ständige Gerichtspraxis setzt den monatlichen Unterhaltsbetrag für ein außereheliches Kind in der Regel zwischen 10 und 12 Prozent des monatlichen Reineinkommens des Kindesvaters fest. Wenn staatliche Kinderzulagen gewährt werden, werden diese darüber hinaus dem Kinde zugesprochen, jedoch in einem solchen Fall bei der Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens nicht berücksichtigt.
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Dieselbe Unterhaltsbemessung wird auch bei normalen sonstigen Versorgungspflichtigen (z. B. Gattin und ein Kind) vorgenommen, darüber hinausgehende größere Versorgungspflichten werden entsprechend berücksichtigt. Immer sind die Gerichte bestrebt, dem außerehelichen Kinde eine seinen Bedürfnissen entsprechende Versorgung zu sichern, mag der Kindesvater sich und seiner Familie auch gewisse zumutbare Einschränkungen auferlegen müssen. War der Kindesvater in der Zwischenzeit erwerbslos, könnte dies für den entsprechenden Zeitraum berücksichtigt werden. Ist jedoch das Einkommen des Kindesvaters im Zeitpunkt der Urteilsfällung ausreichend, wird er in der Regel zur vollen Unterhaltsleistung auch für jenen Zeitpunkt herangezogen, während welchem er über kein oder nur geringes Einkommen verfügte, nicht zuletzt deshalb, weil § 1042 ABGB demjenigen eine Ersatzklage einräumt, der f ü r einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen." (Es wird sodann ausgeführt: Der Kl. verlange 200 Schilling, was dem üblichen Satze in Österreich f ü r ein uneheliches Kind entsprechen solle. Der durchschnittliche Monatsverdienst des Bekl. [310 DM] entspreche bei einem Umrechnungskurs von 1 : 6 einem Betrage von fast 2000 Schillingen. Hiervon müsse er nach der obigen Stellungnahme 10 bis 12 Prozent abgeben, so daß der Betrag von 200 Schillingen danach nach österr. Recht und dortiger Praxis begründet sei. Er sei auch nicht höher als der zur Zeit in Deutschland maßgebende Satz, wie in Düsseldorf von 40 bis 45 DM. Umgerechnet ergäben 200 Schilling etwa 35 DM, also weniger als die deutschen Sätze, die wegen Art. 21 nicht überschritten werden dürften.) „2. Der Kl. hat mit Recht den Anspruch bis Juni 1948 auf 2.50 DM monatlich abgewertet. Ob auf den an sich in österr. Währung entstandenen Unterhaltsanspruch des Kl. die deutsche Währungsreform unmittelbar anwendbar ist, mag offen bleiben. Denn der Bekl. konnte sich zumindest auf dem Wege über den Vorbehalt in Art. 21 EGBGB auf die ihm günstige deutsche Abwertung berufen (vgl. MDR 1952, 625)1. Daß und inwieweit der Anspruch etwa nach österr. Währungsrecht abgewertet sein würde, hat der Bekl. nicht geltend gemacht (vgl. § 293 ZPO). III. An sich war der Unterhaltsanspruch in Schilling und nicht in deutscher Währung entstanden. Denn sowohl das Schuldstatut wie das Währungsstatut des Orts, an welchem der Unterhaltsgläubiger lebt, sind österr. Recht (vgl. Beitzke, NJW 1950, 929; MDR 1952, 298). Nach Art. I Abs. 1 a der 3. DVO zum Gesetz Nr. 53, Baumbach™, S. 1739 bedürfte aber ein Urteil zugunsten des ausländischen Kl. in fremder Währung der devisenrechtlichen Genehmigung. Bezüglich des Transfers nach Österreich ist diese jetzt allgemein f ü r Unterhaltszahlungen über Jugendämter erteilt worden (Bekm. Nr. 2 zum ND-Rundschreiben Nr. 13/50 vom 26. 9. 1950, BAnz. Nr. 185; auch Bank Deutscher Länder vom 14. 7. 1951 in Amtsvormund, 1951,63) . . . Für die Zeit bis zur Rate vom 12. 6. 1950 einschl. konnte jedoch die Ver1
Siehe oben Nr. 203.
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urteilung nur auf D M West lauten und zwar nur zur Zahlung auf Sperrkonto." 2 0 8 . Für die Frage, ob auf Grund eines in Deutschland zwischen deutschen Ehegatten geschlossenen Ehevertrages die Ehefrau für die Unterhalts f orderung des unehelichen Kindes ihres Mannes und der Kindesmutter haftet, ist das deutsche Recht maßgebend. Die Entstehung und der Bestand der Unterhaltsforderung richtet sich dagegen nach dem Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes (hier österreichisches Recht). — EGBGB Art. 21; BGB § § 419, 1459, 1475, 1480, 1711, 1990, 1991; ZPO § § 253, 263, 325, 780, 786. LG Passau, 1. ZK, Urt. vom 4. 2. 1953 — 1 O 41/52: MDR 7 (1953) 424. Die beiden Klägerinnen wurden am 8.5.1949 von der led. Landarbeiterin Anna R. in A., einer österr. Staatsangehörigen, unehelich geboren. Durch rechtskräftiges Endurteil des AG Rotthalmünster vom 1. 3. 1951 (C 194/49) wurde der Landwirt Heinrich S. in G., der Ehemann der Bekl., als Zahlvater der Kl. festgestellt und zur Zahlung einer vierteljährlich vorauszahlbaren monatlichen Unterhaltsrente von 30 DM an jede der beiden Kl. für die Zeit von ihrer Geburt bis zur Vollendung ihres 16. Lebensjahres verurteilt. Die Bekl., die bisher mit ihrem Ehemann Heinrich S. auf Grund Ehevertrags zu Urkunde des Notariats R. vom 22. 8. 1919 in allgemeiner Gütergemeinschaft gelebt halte, hob durch Ehevertrag zu Urkunde des Notars S. in R. vom 2. 6. 1949 diesen Güterstand auf und vereinbarte mit ihrem Ehemann Gütertrennung. Bezüglich des aus dem Anwesen Nr. 68 in G. bestehenden Gesamtguts setzten sich die Ehegatten in der gleichen Urkunde in der Weise auseinander, daß die Bekl. das Anwesen nebst sämtlichem Inventar zu Alleineigentum übernahm. Dieser Vertrag wurde am 13. 2. 1950 grundbuchamtlich vollzogen. Die Kl. machen nunmehr ihre Unterhaltsansprüche gegen die Bekl. geltend. Aus den Gründen: „Der Einwand der Bekl., daß der Rechtsstreit durch außergerichtlichen Vergleich erledigt sei, ist unbegründet. Nach der Auskunft des österr. Bezirksgerichts O., welches das zuständige Vormundschaftsgericht für die Kl. ist, haben zwar Vorbesprechungen wegen eines Vergleichs stattgefunden, zu einem wirksamen Vergleichsabschluß ist es aber nicht gekommen. Insbesondere wurde auch die hiefür notwendige vormundschaftsgerichtliche Genehmigung durch das Bezirksgericht O. nicht erteilt. Über den Klageanspruch muß also durch Urteil entschieden werden. Für die Frage, ob auf Grund des Übergabevertrags vom 2. 6. 1949 die Bekl. für die Unterhaltsforderung der Kl. oder ihrer Mutter haftet, ist ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Kl. deutsches Recht maßgebend, weil der Vertrag vom 2. 6. 1949 von deutschen Staatsangehörigen und in Deutschland abgeschlossen wurde und daher nach deutschem Recht zu beurteilen ist (siehe Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der
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Universität München). Dagegen richtet sich Entstehung und Bestand der Unterhaltsforderung der Kl. gem. Art. 21 EGBGB nach österr. Recht, weil die Kindesmutter z. Zt. der Geburt der Kl. österr. Staatsangehörige war. Die Unterhaltsforderung der beiden Kl. gegen Heinrich S. ist im Zeitpunkt ihrer Geburt am 8. 5. 1949 entstanden. Da zwischen Heinrich S. und der Bekl. damals noch der Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft bestand, war der Unterhaltsanspruch Gesamtgutsverbindlichkeit, für welche das Gesamtgut, also das Anwesen Haus Nr. 68 in G. mit seinem ganzen Werte haftete (§ 1459 BGB). Bei der Auseinandersetzung vom 2. 6. 1949 wurde diese Gesamtgutsverbindlichkeit weder durch Befriedigung noch durch Zurückbehaltung gemäß § 1475 BGB berücksichtigt. Infolgedessen haftet auch die Bekl. persönlich für diese Forderung, wobei sich ihre Haftung allerdings auf das ihr zugeteilte Anwesen beschränkt, jedoch nicht nur den Hälfteanteil desselben, sondern das ganze Anwesen erfaßt (§§ 1480, 1990, 1991 BGB). Zum gleichen Ergebnis würde die Anwendung des § 419 BGB führen, da das Anwesen unbestrittenermaßen das einzige Vermögen des Heinrich S. war. Auch hier beschränkt sich die Haftung nicht auf die Hälfte des Anwesens, denn die Bekl. hat zwar im Vertrag vom 2. 6. 1949 nur die eine Hälfte des Anwesens übernommen, weil ihr die andere Hälfte schon auf Grund der allgemeinen Gütergemeinschaft zustand, ihre Haftung mit dem ganzen Anwesen war aber schon vorher durch § 1459 BGB begründet. Dagegen kann auch unter dem Gesichtspunkt der Vermögensübernahme die Bekl. die Beschränkung der Haftung auf das ganze Anwesen geltend machen (§ 419 II BGB). Was den Einwand der Bekl. wegen der rückständigen Unterhaltsbeträge anbelangt, so richtet sich dieser gegen die Forderung der Kl. selbst und ist daher nach österr. Recht zu beurteilen. Die Anwendung des österr. Rechts ergibt unter Berücksichtigung der Ausführungen im Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München folgendes: Da das österr. Recht keine dem § 1709 II BGB entsprechende Vorschrift über den Ubergang der Unterhaltsforderung auf die Kindesmutter oder andere mütterliche Verwandte des Kindes kennt, kann die Bekl. nicht mit dem Einwand gehört werden, daß die Kindsmutter bis jetzt den Unterhalt für die Kl. geleistet habe und infolgedessen der Klaganspruch insoweit auf die Kindesmutter übergegangen sei. Dagegen ist zu berücksichtigen, daß nach österr. Recht im Gegensatz zu § 1711 BGB der Unterhalt f ü r ein uneheliches Kind nicht von der Zeit seiner Geburt, sondern nur von dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Unterhaltsanspruchs an verlangt werden kann. Im vorliegenden Fall ist der Unterhallsanspruch durch die Zustellung der Unterhaltsklage an den Kindesvater Heinrich S. am 12. 12. 1949 rechtshängig geworden (§§ 253, 263 ZPO). Infolgedessen können die Kl. von der Bekl. den Unterhalt f ü r die vorausgegangene Zeit nicht beanspruchen. Der Umstand, daß der Kindesvater Heinrich S. rechtskräftig zur Unterhaltsleistung schon vom 8. 5. 1949 an verurteilt wurde, ist auf den Unterhaltsanspruch gegenüber der Bekl. ohne Einfluß. Denn die Rechtskraft des Urteils des AG Rotthalmünster vom 1. 3. 1951 wirkt nur im Verhältnis
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zwischen den Kl. und Heinrich S., nicht aber zwischen den Kl. und der Bekl. Eine Erstreckung der Rechtskraftwirkung auf die Bekl. gemäß § 325 Z P O kommt nicht in Betracht, weil die Bekl. nicht Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes Heinrich S. ist. Denn sie haftet gemäß § § 419, 1480 BGB nicht an Stelle ihres Ehemannes, sondern neben ihrem Ehemann für die Unterhaltsforderung. Beide Ehegatten sind somit hinsichtlich dieser Forderung Gesamtschuldner, wobei ein rechtskräftiges Urteil gegen den einen Gesamtschuldner nicht auch gegen die übrigen wirkt (§ 425 I I BGB, Stein-Jonas, Anm. I I I 3 zu § 325 Z P O ; J W 1904, 201 Nr. 12). Die Kl. können somit von der Bekl. Unterhalt nur für die Zeit nach Rechtshängigkeit der Unterhaltsklage gegen den Kindesvater, d. i. 12. 12. 1949 v e r l a n g e n . . . " 2 0 9 . Die Unterhaltsansprüche eines österreichischen unehelichen Kindes gegen seinen deutschen Erzeuger richten sich nach dem Heimatrecht der Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes (hier österreichisches Recht). Art. 116 des Bonner GG findet auch in Westberlin Anwendung. Auf Volksdeutsche Flüchtlinge wird die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 21 2. Halbsatz EGBGB angewandt. — EGBGB Alt. 21; Bonner GG Art. 116; Z P O § 256; österr. ABGB § 166. LG Berlin, Urt. vom 25. 8. 1953 — 73 S 437/51: DAvorm. X X V I I (1954) 69. Aus den Gründen: „ I m vorliegenden Fall ist unstreitig die Mutter der Kl. österreichische Staatsangehörige. Danach ist österr. Recht anzuwenden. Weiter war nun zu prüfen, welche Staatsangehörigkeit der Bekl. besitzt. Aus der zu den Akten überreichten Bescheinigung der Polizeidirektion Wien ergibt sich, daß der Bekl. als Reichsdeutscher aufgeführt ist. Demgegenüber steht die Bestätigung des Polizeipräsidenten in Berlin vom 26. 1. 1952, nach der der Bekl. „einem Deutschen gleichgestellt" ist. Die Eltern des Bekl. wohnen in Rumänien, und der Bekl. ist als Volksdeutscher anzusehen. Volksdeutsche stehen aber nach Art. 116 des Bonner GG Reichsdeutschen gleich. Diese Bestimmungen des GG gelten auch in Westberlin, wie der Bundesverfassungsgerichtshof in einer Entscheidung vom 25. 10. 1951 (JZ 1952, 77) ausgeführt hat. Auch seitens des KG ist in einer Entscheidung vom 8. 8. 1949 ( N J W 1950, 31) zum Ausdruck gebracht worden, daß die Berliner Gerichte verpflichtet sind, der Bonner Verfassung Rechnung zu tragen, soweit nicht Anordnungen der Besatzungsmächte und geltende Gesetze dem entgegenstehen. Letzteres ist nicht der Fall. Der Bekl. ist daher als Volksdeutscher Reichsdeutschen gleichgestellt, und es trifft auf ihn der Vorbehalt der Bestimmung des Art. 21, 2. Halbs. EGBGB zu. Dieser Vorbehalt läßt das ausländische Recht nur insoweit gelten, als nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden können, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. Der Einwand des Mehrverkehrs ist (also) dem ABGB unbekannt. Mit Rücksicht auf die angeführte Bestimmung in Art. 21,2. Halbs. EGBGB steht es jedoch einem deutschen Staatsangehörigen, der auf Zahlung einer Unter-
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haltsrente von einem unehelichen Kinde österr. Staatsangehörigkeit in Anspruch genommen wird, frei, den Einwand des Mehrverkehrs zu erheben, obwohl das österr. Recht diesen Einwand, wie gesagt, nicht kennt. Ist somit festgestellt, daß der Bekl. innerhalb der in § 163 ABGB vorgesehenen Frist mit der Kindesmutter geschlechtlich verkehrt hat, so mußte nunmehr unter Berücksichtigung der eingangs erläuterten rechtlichen Bestimmungen der Bekl. beweisen, daß die Kindesmutter auch mit anderen Männern während dieser Zeit geschlechtlich verkehrt hat. Dieser Beweis ist ihm nicht geglückt. Somit konnte die Berufung, was den Grund des von der Kl. geltend gemachten Anspruchs anlangt, keinen Erfolg haben. Aus diesem Grunde rechtfertigt sich die in dem Versäumnisurteil, das auch insoweit aufrecht zu erhalten war, getroffene Feststellung, daß der Bekl. der Vater der Kl. ist Auf eine derartige Feststellung hat das uneheliche Kind nach österr. Recht einen materiellen Anspruch, wie sich aus den Ausführungen von Ehrenzweig in System des österreichischen Privatrechts (1937) 2. Bd. — 2. Hälfte, § 463 Ziff. 2 (S. 289) ergibt. Dort heißt es: „Über das maßgebliche Verwandtschaftsverhältnis (insbesondere die eheliche Vaterschaft) muß, wenn es bestritten wird, im ordentlichen Rechtswege entschieden werden." In Anm. 13 heißt es weiter: „An der Voraussetzung der Feststellungsklage (§ 228 ZPO. Nachweis eines rechtlichen Interesses an alsbaldiger Feststellung) sind Familienstandssachen nicht gebunden" und ferner „Bei den minderjährigen unehelichen Kindern ist die Feststellung der Vaterschaft wie bei den ehelichen dem Prozeß vorzubehalten". Diese österr. Bestimmung widerspricht auch nicht der deutschen Rechtsprechung, da auf den vorliegenden Fall auch die Bestimmung des § 256 ZPO Anwendung finden kann. Die Kl. hat im vorliegenden Fall ein rechtliches Interesse daran, alsbald festzustellen, wer als Zahlvater von ihr in Betracht kommt, weil sie andernfalls genötigt wäre, bei späteren Zahlungsklagen auf Abänderung immer wieder den Nachweis der Vaterschaft des Bekl. zu führen. Demnach ist der Bekl. verpflichtet, an die Kl. eine Unterhaltsrente zu zahlen, und zwar mangels des nach österr. Recht erforderlichen Nachweises eines früheren Verzugsbeginnes vom Tage der Klagezustellung ab. Das österr. Recht sieht nun vor, daß die Unterhaltspflicht bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes geht. Demgegenüber kennt das deutsche Recht nur die Zahlungsverpflichtung bis zum vollendeten 16. Lebensjahr des Kindes. Unter Anwendung der eingangs erwähnten Bestimmung des Art. 21, 2. Halbs. EGBGB kann der Bekl. somit nur zur Zahlung bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres der Kl. verurteilt werden. Nach der oben wiedergegebenen Vorschrift des § 166 ABGB haftet der Bekl. f ü r die Kosten der Erziehung und Versorgung — neben der Mutter — in vollem Umfange, f ü r die Kosten der Verpflegung zunächst vor der Mutter; jedoch entfällt seine Haftung hierfür, wenn er nicht dazu imstande ist. Die Kl. verlangt insgesamt einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 30 DM. Davon ist ein Teilbetrag von 15 DM als auf die Kosten der Verpflegung, die andere Hälfte als auf die Kosten der Erziehung und Versorgung entfallend anzusehen. Was nun die Höhe der Unterhaltsrente anbelangt, so ist zunächst davon
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auszugehen, daß diese sich nach dem Stande des Vaters, als des Bekl., richtet (vgl. Vorbem., Ziff. 4 vor § 1705 BGB im RGRKommentar 9 [1950]). Danach ist der verlangte Betrag von monatlich 30 DM angemessen. Der Bekl. hat das auch nicht bestritten. Er ist also verpflichtet, die Kosten der Erziehung und der Versorgung der Kl., also monatlich 15 DM, f ü r die ganze Zeit von Klagezustellung bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres der Kl., die Kosten der Verpflegung dagegen nur insoweit zu tragen, als er dazu imstande ist." 210. Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kind bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört hat. Es können jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. In der Ostzone wird diese Grenze durch die daselbst geltenden Gesetze gezogen. — EGBGB, Art. 21; BGB §§ 1708, 1717; Verf. der DDR vom 7. 10. 1949, Art. 33; ostzonale Ges. über den Mutter- und Kinderschutz vom 27. 9. 1950 § 17. BezG (LG) Erfurt, Urt. vom 9. 10. 1953 — S 409/53; DAvorm. XXVII (1954) 183. Aus den Gründen: „Nach Art. 21 EGBGB bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kind nach den Gesetzen des Staates, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört hat. Es ist also hier, da die Mutter Österreicherin ist, das österr. Gesetz anzuwenden. Nach ausdrücklicher Bestimmung des o. a. Artikels können jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. Da inzwischen nach der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. 10. 1949 (Art. 33) und nach § 17 II des Gesetzes über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27. 9. 1950 (GBl. S. 1039) der Unterhalt für das nichteheliche Kind sich nach deutschem Recht nach der wirtschaftlichen Lage beider Eltern richtet und nicht mit dem 16. Lebensjahr begrenzt wird, sondern bis zur wirtschaftlichen Selbständigkeit wie beim ehelichen Kinde verlangt werden kann, ist das weitere Vorbringen des Verklagten gegen den damaligen Urteilsausspruch nur insoweit von Bedeutung, als darüber hinaus in dem Urteil die Erzeugerschaft des Verklagten festgestellt wird. Da es sich im vorliegenden Rechtsstreit um die Ansprüche aus §§ 1708, 1717 BGB handelt, konnte daher nur festgestellt werden, daß der Verklagte, der seine geschlechtliche Beiwohnung innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit nicht bestreitet, nur als Vater der Kläger gilt. Eines solchen Ausspruches im Urteil bedurfte es aber nicht. Vielmehr folgt dies aus den Entscheidungsgründen." Sil. Auf die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes gegen seine Erzeuger ist gemäß Art. 21 EGBGB das Heimatrecht des Kindes anzuwenden (sie!). Die Einwendung des Mehrverkehrs ist, trotz der abweichenden 26
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Bestimmungen des österreichischen Rechts, für einen deutschen Beklagten gemäß Art. 21, 2. Halbsatz EGBGB zulässig. — EGBGB Art. 21; BGB § 1708; österr. ABGB §§ 163 ff. AG Geislingen (Steige), Urt. vom 24. 4. 1952 — I C 434/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Da der Kl. österr. Staatsangehöriger ist, ist gemäß Art. 21 des EGBGB österr. Recht in Anwendung zu bringen und für die Beurteilung der Unterhaltsansprüche des Kindes § 163 ff. des ABGB Österreichs anzuwenden. Nach österr. Recht wäre die Einrede des Mehrverkehrs ausgeschlossen und nur der Einwand der Unmöglichkeit der Abstammung eines Kindes aus dem Verkehr der Mutter mit dem Bekl. zulässig. Da jedoch nach dem 2. Halbs, des Art. 21 des EGBGB von dem ausländischen Kind keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht werden können als nach deutschen Gesetzen begründet sind, so muß die Einwendung des Mehrverkehrs gemäß § 1717 BGB auch im vorliegenden Falle möglich sein trotz sonstiger Anwendung österr. Rechts. Der Beweis des Mehrverkehrs ist dem Bekl. jedoch nicht gelungen . . . Was die Zeitdauer der hiernach zu zahlenden Rente angeht, so mußte die Vorschrift des § 1708 BGB zur Anwendung kommen, da gemäß Art. 21 des EGBGB dem Kl. keine weiteren Rechte zugesprochen werden konnten, als ihm nach den deutschen Gesetzen zustehen würden. Da die Unterhaltspflicht des Vaters nach der genannten Bestimmung regelmäßig mit der Vollendung des 16. Lebensjahres des unehelichen Kindes erlischt, so konnte dem Antrag auf Zahlung bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes nicht uneingeschränkt stattgegeben werden. Es muß vielmehr dem gesetzlichen Vertreter des Kl. überlassen bleiben, für den Fall des Vorliegens des Abs. 2 des § 1708 BGB, wonach die Unterhaltspflicht auch über das 16. Lebensjahr hinaus weiterläuft, zu gegebener Zeit eine neue Klage einzureichen." 212. Auf die Unterhaltsansprüche des unehelichen Kindes einer polnischen Staatsangehörigen gegenüber dem Kindesvater ist das Heimatrecht der Kindesmutter anzuwenden. Dieses Recht braucht nicht angewandt zu werden, wenn die Parteien in der letzten mündlichen Verhandlung sich ausdrücklich mit der Anwendung deutschen Rechts einverstanden erklärt haben (sie!). AG Nürnberg, Urt. vom 27. 7. 1950 — C 2166/48. Ungedruckt. „Auf die Erhebungen über das anzuwendende polnische Recht braucht nicht eingegangen zu werden, da die Parteivertreter in der letzten mündlichen Verhandlung sich ausdrücklich mit der Anwendung deutschen Rechts einverstanden erklärt haben." 213. Der Unterhaltsanspruch eines unehelichen Vater richtet sich nach dem Heimatrecht der Mutter Kindes. Auf die Ansprüche eines Kindes, dessen Staatsangehörigkeit besaß und die ihren Wohnsitz
Kindes gegenüber dem zur Zeit der Geburt des Mutter die rumänische zur Zeit der Geburt des
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Kindes in der Bukowina hatte, kommt das österreichische ABGB zur Anwendung, das in der Bukowina in Geltung war. Die Anwendung eines ausländischen Rechtssatzes, der dem unehelichen Kind entgegen den Bestimmungen des deutschen Rechts (nach welchem die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters von seiner Leistungsfähigkeit völlig unabhängig ist) die Unterhaltsansprüche beschneiden würde, würde gegen den Zweck des deutschen Gesetzes verstoßen und wäre daher nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. — EGBGB Art. 21, 30; BGB § 1708; österr. ABGB §§ 141, 163, 165, 166, 167. AG Mindelheim, Urt. vom 10. 11. 1950 — C 5/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, besaß die Mutter des Kl. zur Zeit der Geburt des Kl. die rumänische Staatsangehörigkeit. Nach Art. 21 EGBGB ist daher die Frage, ob und in welchem Umfange der Bekl., der als unehelicher Vater in Anspruch genommen wird, dem Kl. gegenüber unterhaltspflichtig ist, nach rumänischem Recht zu beurteilen. Das gleiche gilt auch für die von dem Kl. begehrte Feststellung der Zahlvaterschaft, weil sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Unterhaltspflicht steht (vgl. hierzu Palandt, Kommentar zum BGB 8, Anm. 3 a zu Art. 21 EGBGB). Zu beachten ist dabei, daß gegen den Bekl., der inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, nach Art. 21, 2. Halbs. EGBGB nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden können, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. Nach dem ausführlichen und überzeugend begründeten Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 20. 9. 1950, dem sich das Gericht anschließt, galt zur Zeit der Geburt des Kl. in M. (Bukowina), dem Geburtsort des Kl. und dem damaligen Wohnort der Kindsmutter, das österr., allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB). Seine Bestimmungen sind daher f ü r die Beurteilung des von dem Kl. erhobenen Feststellungs- und Unterhaltsanspruchs maßgebend, mit der bereits erwähnten Einschränkung, daß der Anspruch nicht über das hinausgehen darf, was nach deutschem Recht verlangt werden kann. Nach § 165 ABGB sind uneheliche Kinder an sich überhaupt von den Rechten der Familie und Verwandtschaft ausgeschlossen. Sie haben weder auf den Familiennamen des Vaters, noch auf den Adel, das Wappen oder andere Vorzüge der Eltern Anspruch. Sie führen den Geschlechtsnamen der Mutter. Nach § 166 hat aber auch ein uneheliches Kind das Recht, von seinen Eltern eine ihrem Vermögen angemessene Verpflegung, Erziehung und Versorgung zu fordern. Dabei ist nach § 167 ABGB zur Unterhaltsleistung in erster Linie der Vater verpflichtet. Nur wenn dieser nicht zur Unterhaltsleistung imstande ist, fällt die Verpflichtung auf die Mutter — unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß sie hierzu in der Lage ist. Das Maß des somit in erster Linie von dem Vater zu bestreitenden Unterhalts richtet sich weder nach dem Stand des Vaters noch nach demjenigen der Mutter, sondern ausschließlich nach dem Vermögen des Vaters und den notwendigen, also nicht den standesgemäßen Unterhalts- und Er26 *
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Ziehungsbedürfnissen des Kindes. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 166 ABGB. Dabei ist die Frage, was unter „Vermögen" im Sinne des § 166 ABGB zu verstehen ist, von der österr. Rechtsprechung u n d Rechtslehre eindeutig in dem Sinne geklärt worden, daß hierunter nicht Kapitalvermögen, sondern allgemeine Leistungsfähigkeit zu verstehen ist. Auch der uneheliche Vater, der gegenwärtig kein eigenes Vermögen besitzt u n d n u r ein unter der Pfändungsgrenze liegendes E i n k o m m e n hat, ist nach der österr. Rechtsprechung von der Unterhaltspflicht nicht freigestellt, w e n n er nur arbeitsfähig ist. Dies führt zu dem Ergebnis, daß der Kindsvater auch für die Zeit von der Unterhaltspflicht nicht befreit ist, in welcher er ohne Kapitalvermögen u n d ohne ausreichenden Verdienst ist. Abgesehen davon k ä m e aber eine derartige Freistellung des unehelichen Vaters von seiner Unterhaltspflicht, selbst wenn sie nach österreichischem Recht gelten würde, im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Die Anwendung eines derartigen ausländischen Rechtssatzes, der dem unehelichen Kind entgegen den Bestimm u n g e n des deutschen Rechts — nach welchem die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters von seiner Leistungsfähigkeit völlig unabhängig ist — seine Unterhaltsansprüche in einem solchen Umfange beschneiden würde, w ü r d e gegen den Zweck der deutschen Gesetzesnormen verstoßen u n d wäre d a h e r nach Art. 30 EGBGB ausgeschlossen. Im einzelnen wird auf die A u s f ü h r u n g e n in dem Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 20. 9. 1950 Bezug genommen. Das uneheliche Kind hat daher in jedem Falle gegen den Vater den Anspruch auf Deckung seiner Mindestbedürfnisse. Diese nach ihrem U m f a n g oben n ä h e r umrissene Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters dauert nach § 141 ABGB bis zum Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes. Da der Bekl. jedoch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, findet sie nach Art. 21, 2. Halbs. EGBGB in Verbind u n g mit § 1708 BGB im vorliegenden Fall ihre zeitliche Grenze in der Vollendung des 16. Lebensjahres des Kl. Als unehelicher Vater eines Kindes gilt n u n m e h r nach § 163 ABGB, wer der Mutter innerhalb eines Zeitraums beigewohnt hat, von welchem bis zu ihrer E n t b i n d u n g nicht weniger als 180 u n d nicht m e h r als 300 Tage verstrichen sind. Diese Vaterschaftsvermutung k a n n nach österr. Recht n u r durch den Nachweis widerlegt werden, daß es offenbar unmöglich sei, d a ß das Kind von dem Beihälter stamme. Der nach deutschem Recht zugelassene E i n w a n d des Mehrverkehrs (§ 1717 BGB) ist nach österr. Recht nicht zugelassen. Trotzdem steht dieser E i n w a n d dem Beklagten nach Art. 21, 2. Halbs. EGBGB offen (vgl. Palandt, Anm. 4 zu Art. 21 EGBGB u n d das Gutachten des rechtsvergleichenden Instituts der Universität München). Die Anwendung dieses Rechtsgrundsatzes auf den vorliegenden Rechtsstreit ergibt folgendes: Zunächst ist das Gericht davon überzeugt, daß der Bekl. Ende Oktober 1939 mit der Mutter des Kl. geschlechtlich verkehrt hat . . . Damit ist erwiesen, d a ß der Bekl. der Mutter des Kl. innerhalb eines Zeitr a u m s von dem 180. bis zum 300. Tage vor der Geburt beigewohnt hat. E r gilt daher nach § 163 ABGB als unehelicher Vater des Kl. Einen Beweis da-
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für, daß der Kl. unmöglich aus dieser Beiwohnung des Bekl. stammen könne, hat der Kl. nicht erbracht . . . Der Bekl. ist daher dem Kl. zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich, wie bereits oben ausgeführt, nach den Mindestbedürfnissen des Kl. Diesen Mindestbedürfnissen entspricht der geforderte Unterhalt von 30 D M im Monat. Diesen Unterhalt hat der Bekl. nach den oben näher dargestellten Grundsätzen des österr. Rechts in Verbindung mit Art. 21, 2. Halbs. EGBGB, § 1708 BGB bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kl., längstens aber bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres des Kl. zu zahlen. Dabei war mit Rücksicht auf die von dem Bekl. erhobene Einrede der Verjährung zu berücksichtigen, daß ein Teil der Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit verjährt ist. Es war davon auszugehen, daß der Anspruch auf die einzelnen Unterhaltsbeträge nach dem maßgebenden österr. Recht in drei Jahren verjährt (§§ 1480, 1481 ABGB). Auf der anderen Seite war zu berücksichtigen, daß die Verjährung nach der V O vom 9. 12. 1943 (RGBl. 1943 I S. 668) von diesem Zeitpunkt an bis Ende 1944 gehemmt war, daß die Hemmung der Verjährung dann durch § 32 der 2. Kriegsmaßnahmen-VO vom 27. 9. 1944 (RGBl. 1944 I S. 229) zunächst bis Ende 1945 und schließlich durch die in der amerikanischen Besatzungszone erlassenen Vorschriften (BayGVOBl. 1946, 213; 1947, 16; 1948, 12) bis Ende 1948 verlängert wurde. Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften haben sich die Parteien auf einen verjährten Unterhaltsbetrag von 480 RM = 48 DM geeinigt. Um diesen Betrag hat der Kl. den Klageanspruch im Einverständnis mit dem Bekl. ermäßigt." 2 1 4 . Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber einem unehelichen Kind ist nach den Gesetzen des Staates zu beurteilen, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. War die Kindesmutter Sudetendeutsche, so ist ABGB anzuwenden. Wenn der Vater die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (auch wenn er Sudetendeutscher ist), kommt Art. 21 Satz 2 EGBGB zur Anwendung. Zweck dieser Vorschrift war hauptsächlich, den deutschen Kindesvätern die Einrede des Mehrverkehrs zu erhalten. Die Einrede des Mehrverkehrs gehört auch zum deutschen ordre public. — EGBGB Art. 21, 30; ABGB 163. AG Landsberg, Urt. vom 4. 8. 1951 — C 330/49. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach Art. 21 EGBGB wird die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber einem unehelichen Kind nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Die Kindesmutter war zur Zeit der Geburt des Kl. Sudetendeutsche, sie besaß aber infolge der Angliederung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich die deutsche Staatsangehörigkeit. Da für die Bewohner des Sudetenlandes trotz der Angliederung nicht das BGB, sondern weiterhin die Rechtsordnung des ABGB fortgalt, müssen im vorliegenden Fall dessen Bestimmungen zur Anwendung kommen. Daß seit dem 1. 1. 1950 in der gesamten Tschechoslowakei, also auch im ehemaligen Sudetengebiet, ein neues Familienrecht in Kraft
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getreten ist, steht der Anwendung des früher geltenden ABGB infolge des Grundsatzes der Unwandelbarkeit, der sich aus Art. 21 BGBGB ergibt, nicht entgegen (vgl. hierzu auch das Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung bei der Universität München v o m 21. 11. 1950). Nach dem ABGB ist die Stellung eines unehelichen Kindes ungefähr die gleiche wie nach dem BGB. Sie weist nur insofern einen bedeutsamen Unterschied auf, als die nach dem BGB zulässige Einrede des Mehrverkehrs gegenüber dem Nachweis der Beiwohnung innerhalb der Empfängniszeit bei der Unterhaltsklage gegen den Kindesvater unzulässig ist. Dieser Unterschied spielt aber f ü r den vorliegenden Rechtsstreit deshalb keine Rolle, weil es sich bei dem Bekl. nicht um einen ausländischen Staatsangehörigen handelt, sondern dieser ebenso wie die Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Klägers infolge der Angliederung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Zu seinen Gunsten greift Art. 21, 2. Halbs. EGBGB Platz, der besagt, daß gegenüber einem inländischen, d. h. deutschen Kindesvater keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht werden können, als nach dem deutschen Recht. Zweck dieser Vorschrift war es hauptsächlich, den deutschen Kindesvätern die Einrede des Mehrverkehrs zu erhalten (vgl. hierzu Staudinger-Raape9 Anm. C V 1 zu Art. 21). Aber auch aus Art. 30 EGBGB ergibt sich, daß in den Unterhaltssachen, in denen der Kindesvater die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, die Einrede des Mehrverkehrs, als dem ordre public angehörig, gewahrt sein muß. Nach § 163 ABGB wird von einem Manne, der der Kindesmutter innerhalb eines Zeitraumes beigewohnt hat, von welchem bis zu ihrer Entbindung nicht weniger als 180 und nicht mehr als 300 Tage verstrichen sind, vermutet, daß dieser das Kind erzeugt habe. Die gleiche Vermutung gilt, wenn der betreffende Mann auch nur außerhalb des Gerichtes gestanden hat, innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Kindesmutter Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Der Bekl., der zunächst behauptete, mit der Kindesmutter nur im Jahre 1941, also vor Beginn der hier in Frage kommenden gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt zu haben, hat später eingeräumt, auch noch im Jahre 1942 und zwar im Januar und Mitte Mai 1942 der Kindesmutter beigewohnt zu haben. Da der letzte zugegebene Verkehr in die gesetzliche Empfängniszeit fällt, hat der Bekl. nach der oben erwähnten gesetzlichen Vermutung als Erzeuger des Kl. zu gelten. Diese Vermutung hätte der Bekl. nach dem oben Ausgeführten durch den Beweis des Mehrverkehrs oder durch den Nachweis der offenbaren Unmöglichkeit entkräften können. Diesen Beweis ist jedoch der Bekl. sowohl in der einen, als auch in der anderen Richtung schuldig geblieben . . . " 3 1 5 . Die Vorschrift des Art. 21 EGBGB ist im interlokalen Recht entsprechend anwendbar, mit der Maßgabe, daß nicht an die Staatsangehörigkeit, sondern an den Wohnsitz der Kindesniuiter anzuknüpfen ist. Die Unterhaltsansprüche eines von einer 1944 im Sudetenland ansässigen Mut-
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ter geborenen unehelichen Kindes lichten sich nach dem österreichischen ABGB. — EGBGB Art. 21; österr. ABGB § 163. LG Wiesbaden, Urt. vom 18. 1. 1952 — 3 S 9/50: NJW 5 (1952) 351; DAvorm. XXV (1952) 60. Aus den Gründen: „Wenn der erste Richter seiner Entscheidung die Bestimmungen des BGB zugrunde gelegt hat, so ist das allerdings irrig. Im Sudetenland galt auch 1944 und überhaupt in der Zeit, in der sich die Reichshoheit auf dieses Gebiet erstreckte, f ü r die dort ansässige Bevölkerung das Recht des österr. ABGB weiter. Für die Unterhaltsansprüche des unehelichen Kindes ist grundsätzlich die Rechtsordnung maßgebend, der die Kindesmutter z. Z. seiner Geburt unterfiel. Das folgt aus der Vorschrift des Art. 21 EGBGB, die in interlokalem Recht entsprechend anwendbar ist mit der hier unerheblichen Maßgabe, daß nicht an die frühere Staatsangehörgkeit, sondern an den Wohnsitz der Kindesmutter anzuknüpfen ist (Palandt 5 [1942], Vorbem. vor Art, 7 EGBGB, Anm. 14 c). Da der Kl. am 6. 7. 1944 von der im Sudetenland ansässigen Kindesmutter geboren ist, richten sich seine Unterhaltsansprüche nach dem ABGB. Als Empfängniszeit kommt gemäß § 163 ABGB die Zeit vom 6. 9. 1943 bis 4. 1. 1944 in Betracht, in die der vom Bekl. zugestandene Verkehr fällt. Die Einrede des Mehrverkehrs ist dem ABGB unbekannt, so daß es schon aus diesem Grunde auf die Beweisantritte des Bekl. über den angeblichen leichten Lebenswandel der Kindesmutter nicht ankommt (vgl. Bergmann, Internat. Ehe- und Kindschaftsrecht 2 [1938] Anm. 3 zu § 163 ABGB)." 216. Eine beglaubigte Abschrift von dem Urteil eines Gerichts im ehemaligen Sudetengau ermöglicht nicht die Vollstreckung gegen den Beklagten; dazu ist eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erforderlich. Auf interlokalrechtliche Fragen sind die Grundsätze des internationalen Privatrechts entsprechend anzuwenden. Auf die Unterhaltsansprüche des unehelichen Kindes ist im interlokalen Recht das Recht des Wohnsitzes der Kindesmutter anzuwenden (hier das österr. ABGB, das im Sudetengau in Geltung war). Die Gleichstellung der Flüchtlinge mit den deutschen Der Staatsangehörigen gilt auch für die bürgerlichen Rechtsbeziehungen. einmal entstandene Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes ist unwandelbar. — Die Tatsache des Unterschieds zwischen der aus- und der inländischen Gesetzgebung vermag nicht die Anwendung der Vorbehaltsklausel zu rechtfertigen. Die Vorbehaltsklausel ist eine Ausnahmevorxchrift, die eng auszulegen ist. Der Unterschied zwischen den österr. und den deutschen Unterhaltsvorschriften ist nicht erheblich genug, um die Anwendung der Vorbehaltsklausel zu rechtfertigen. Die deutschen Gerichte haben grundsätzlich die deutschen Verfahrensvorschriften anzuwenden. Die Verjährung richtet sich nach dem Wirkungsstatut. — EGBGB Art. 21, 29, 30; BGB § 1708; ZPO §§ 114, 314, 511 a, 767; bayer. FlüchtlingsG § 4; österr. ABGB § 166. LG Bayreuth, 1. ZK, Beschl. vom 4. 4. 1952 — SH 11/52. Ungedruckt.
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Aus den Gründen: „Das AG Marschendorf im ehemaligen Sudetengau hat mit Endurteil vom 1. 6. 1943 festgestellt, daß der Bekl. als Vater der Kl. anzusehen ist, und den Bekl. verurteilt, vom 1. 9. 1942 bis zum vollendeten 6. Lebensjahr der Kl. 25 RM, von da bis zum vollendeten 10. Lebensjahr 30 RM und von da bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit den Betrag von 35 DM monatlich als Unterhalt zu zahlen. Dieses Urteil ist seit 9. 7. 1943 rechtskräftig. Eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Urteils ist nicht vorhanden. Die Kl. hat unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des vorgenannten Urteils beantragt, den Bekl. zu den im Urteil vom 1. 6. 1943 genannten Unterhaltsbeträgen zu verurteilen. Der Bekl. hat die Abweisung der Klage beantragt. Durch Endurteil des AG Bad Berneck vom 31. 1. 1952 wurde der Bekl. verurteilt, an die KI. einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 302 DM zu bezahlen. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen . . . Die Kl. beabsichtigt gegen dieses Urteil Berufung einzulegen, soweit die Klage abgewiesen wurde. Zur Durchführung des Berufungsverfahrens beantragt sie die Bewilligung des Armenrechts. Dem Antrage der Kl. konnte nicht stattgegeben werden, weil ihre beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die beglaubigte Abschrift von dem Urteil des AG Marschendorf vom 1. 6. 1943 ermöglicht die Vollstreckung gegen den Bekl. nicht. Dieses im ehemaligen Sudetengau ergangene Urteil ist ein deutsches Urteil und muß als solches behandelt werden. Zur Vollstreckung dieses Urteils im Bundesgebiet ist nach § 2 II der VO zur einheitlichen Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechtsgebieten des Großdeutschen Reiches vom 16. 1. 1940 (RGBl. 1940 I S. 176) eine vollstreckbare Ausfertigung im Sinne der §§ 724 ff. ZPO erforderlich. Da diese fehlt und auch nicht beschafft werden kann, weil das hierfür ausschließliche zuständige AG Marschendorf in der Tschechoslowakei liegt, hat die Kl. ein Rechtsschutzbedürfnis auf eine neuerliche Entscheidung (vgl. hierzu NJW 1949, 145). Im Hinblick auf die Rechtskraft des Urteils des AG Marschendorf kann die neuerliche Entscheidung an sich nur den gleichen Inhalt haben wie die genannte Entscheidung des AG Marschendorf, denn die Rechtskraft wirkt f ü r alle Zeiten. Der Umstand, daß eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils nicht mehr erlangbar ist, kann die Rechtskraftwirkung nicht aufheben (Baumbach, Einführung vor § 322 ZPO, Anm. 3 C). Mit Recht hat das AG Bad Berneck den Einwand des Bekl. für beachtlich angesehen, daß er seit 1945 ganz oder teilweise außerstande ist, Unterhalt an die Kl. zu leisten. Zur Zeit der Geburt der Kl. war deren Mutter im ehemaligen Sudetengau wohnhaft. Im Sudetenland blieb auch in der Zeit, in der sich die Reichshoheit auf dieses Gebiet erstreckte, das österr. Privatrecht weiter in Kraft (§ 5 des Erlasses vom 1. 10. 1938). Es galten also in dem damaligen deutschen Reichsgebiet verschiedene Privatrechtsordnungen nebeneinander. Eine ausdrückliche Regelung, welches Recht im Einzelfalle maßgebend sein sollte, wurde nicht getroffen. Nach der herrschenden Rechtsprechung und der
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Rechtslehre sind zur Entscheidung über diese Frage die Grundsätze des Internationalen Privatrechts entsprechend heranzuziehen, weil das Interlokale Recht dem Internationalen Privatrecht eng verwandt ist (vgl. Palandt, Anm. 14 a vor Art. 7 EGBGB). Nach Art. 21 EGBGB ist für die Unterhaltsansprüche des unehelichen Kindes grundsätzlich das Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt maßgebend. Anknüpfungspunkt ist im vorliegenden Fall allerdings nicht die Staatsangehörigkeit, sondern der Wohnsitz der Kindesmutter, weil nicht internationales, sondern interlokales Recht in Frage steht. Da die Kl. am 4. 10. 1940 von der im Sudetenland ansässig gewesenen Kindesmutter geboren ist, richten sich ihre Unterhaltsansprüche zufolge des Art. 21 EGBGB nach dem ABGB (vgl. LG Wiesbaden 18. 1. 1952, NJW 1952, 351 '; Brühl, NJW 1952, 332). An diesem Rechtszustand hat das Bayer. Flüchtlingsgesetz vom 19. 2. 1947 (Bayer. GVB1. 1947, 51) nichts geändert. Mit der herrschenden Lehre ist zwar davon auszugehen, daß auf die umgesiedelten Sudetendeutschen nunmehr im allgemeinen das in der Bundesrepublik geltende Recht anzuwenden ist (vgl. Brühl aaO). Dies ist aus dem Zweck des Flüchtlingsgesetzes, ihr organisches Aufgehen in der einheimischen Bevölkerung zu gewährleisten (siehe § 2 des Flüchtlingsgesetzes), zu folgern, obwohl § 4 des Flüchtlingsgesetzes nur bestimmt, daß die Flüchtlinge vorbehaltlich der endgültigen gesetzlichen Regelung ihrer Staatsangehörigkeit den deutschen Staatsangehörigen in ihren Rechten und Pflichten gleichgestellt sind. Die enge Wertfassung darf nicht dazu führen, die Gleichstellung nur auf die Gebiete des öffentlichen Rechts zu beschränken, sondern sie muß im Hinblick auf den Zweck dieses Gesetzes auch auf die bürgerlichen Rechtsbeziehungen erstreckt werden. Das kann aber nicht für Rechtsverhältnisse gelten, deren Entstehung an Ereignisse anknüpft, die sich während der Ansässigkeit der später Umgesiedelten in ihrer früheren Heimat im Sudetengau ereignet haben (vgl. Brühl aaO). Der einmal entstandene Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes ist unwandelbar. Das folgt aus den Grundsätzen des intertemporalen Rechts, das beim Inkrafttreten des BGB in den Artikeln 200, 208 EGBGB seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. Beitzke in der NJW 51 S. 200, Anm. zu LG Landau 27. 2. 1950 2 ; Brühl aaO). Die Entscheidung des LG München, NJW 1949, 308 3 steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. In jenem Fall war das uneheliche Kind einer Flüchtlingsfrau nach ihrer Flucht oder Ausweisung im jetzigen Inland geboren worden. Dort griff also bereits das Flüchtlingsgesetz ein, nach dem alle Neubürger dem in der Bundesrepublik geltenden Privatrecht unterliegen. Für eine Anknüpfung an den Wohnsitz nach dem interlokalen Privatrecht war gar kein Raum mehr, weil mit dem Ansässigwerden in Westdeutschland der Wohnsitz im Sudetengau aufgegeben wurde. Die Unterhaltsansprüche mußten daher in jenem Fall nach dem BGB beurteilt werden. So liegen aber im vorliegenden Fall die Verhältnisse nicht. Die KI. ist im Jahre 1940 im Sudetengau von der dort ansässigen Kindesmutter 1 3
2 Siehe oben Nr. 215. Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 93. Siehe IPRspr. 1950—1949 Nr. 30.
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unter der Herrschaft des ABGB geboren worden. Die Ansprüche der Kl. richten sich daher zufolge Art. 21 EGBGB allein nach diesem Gesetz. Wenn man die umgesiedelten Sudetendeutschen als staatenlos betrachtet und Art. 29 EGBGB auf sie anwendet, dann kommt man gleichfalls zu dem Ergebnis, daß f ü r die Unterhaltsansprüche der Kl. das ABGB maßgebend ist, denn auch dann ist f ü r diese Ansprüche das Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes maßgebend (vgl. Palandt, Anm. 4 1 zu Art. 29 EGBGB). Die Ansicht der Kl., daß der Anwendung des ABGB im vorliegenden Fall der Art. 30 EGBGB entgegenstehe, weil das ABGB gegen den Zweck des § 1708 BGB verstoße, ist nicht gerechtfertigt. Art. 30 EGBGB bestimmt, daß die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ausgeschlossen ist, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Nach § 166 II ABGB hängt die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters von dessen Leistungsfähigkeit ab. Dagegen ist nach § 1708 BGB die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters vom Leistungsvermögen unabhängig. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß hier ein Unterschied in der Gesetzgebung vorliegt. Die Tatsache des Unterschieds allein vermag aber noch nicht die Anwendung des Art. 30 EGBGB zu rechtfertigen. Es genügt auch nicht, daß durch das ausländische Recht eine deutsche Sachnorm mit bedeutendem Zweck ausgeschlossen wird, denn wenn man in all diesen Fällen schon die Anwendung des Art. 30 EGBGB zulassen wollte, dann käme das Internationale Privatrecht praktisch nicht mehr zur Anwendung (vgl. Staudinger-Raape Anm. F. I und II zu Art. 30 EGBGB). Zu bedenken ist auch, daß die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB eine Ausnahmevorschrift darstellt und daß sie deswegen eng auszulegen ist. Wer allzu schnell mit der Vorbehaltsklausel bei der Hand ist, versündigt sich an dem Gedanken des Internationalen Privatrechts, an dem Geist der internationalen Rechtsgemeinschaft (Staudinger-Raape *, Anm. C II zu Art. 30 EGBGB). Nach der ständigen Rechtsprechung des RG liegt deshalb ein Verstoß gegen Art. 30 EGBGB nur vor, wenn der Unterschied zwischen den staatspolitischen oder sozialen Anschauungen, auf welchen das fremde Recht und auf welchen das konkurrierende deutsche Recht beruht, so erheblich ist, daß die Anwendung des ausländischen Rechts direkt die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde (vgl. RGZ 60, 296; 73, 366; 93, 183; 106, 83; 114, 171; 119, 259). Auf den Boden dieser Rechtsprechung stellt sich auch die Berufungskammer. Ein derartig erheblicher Unterschied, wie er nach der Formulierung des RG gefordert wird, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Bei dem Vergleich der deutschen Bestimmungen mit dem ABGB ist übrigens nicht nur der in einer einzelnen Vorschrift besonders ausgedrückte Rechtsgedanke zu berücksichtigen, sondern es ist die Gesamtheit der auf den Unterhalt sich beziehenden Vorschriften der beiden Rechtsordnungen einander gegenüberzustellen (vgl. Staudinger-Raape, Anm. F I zu Art. 30 EGBGB). Wenn man sich vor Augen hält, daß zwar nach den deutschen Bestimmungen der Unterhalt des unehelichen Kindes ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit festgelegt wird,
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weil f ü r die Höhe der Rente allein die Lebensstellung der Mutter m a ß gebend ist, aber d a n n bei der P f ä n d u n g doch auch die Leistungsfähigkeit berücksichtigt wird (vgl. § 6 Lohnpfändungs-VO), d a n n ist der Unterschied zwischen der deutschen Gesetzgebung u n d dem alten österr. Privatrecht, das die Leistungsfähigkeit zur Voraussetzung des Unterhaltsanspruchs macht, nicht sehr erheblich. Der Zweck der deutschen Unterhaltsvorschriften ist der, den Anspruch des Kindes auf Lebensunterhalt gegen seinen Erzeuger sicherzustellen, u m die I n a n s p r u c h n a h m e öffentlicher Mittel zu vermeiden u n d auch die wirtschaftlichen Nachteile der unehelichen Geburt auszugleichen (vgl. DJ 1934, 1097; J W 1934, 2644). Den gleichen Zweck verfolgt das ABGB, n u r d a ß die Leistungsfähigkeit zur Klagebegründung erforderlich ist. W e n n die Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist, d a n n k a n n weder nach österr. Recht noch nach deutschem Recht der eigentliche Hauptzweck der Unterhaltsbestimmungen, nämlich die I n a n s p r u c h n a h m e öffentlicher Mittel zu vermeiden, erreicht werden. Nach österr. Recht m u ß in diesem Fall schon die Klage auf Leistung einer Unterhaltsrente abgewiesen werden u n d nach deutschem Recht ist die Vollstreckung nicht möglich. Ist dagegen die Leistungsfähigkeit gegeben, d a n n f ü h r e n nach den beiden Rechtsordnungen die Unterhaltsbestimmungen zu dem gewünschten Erfolg. Daraus ist zu ersehen, d a ß eine wesentliche Zweckverschiedenheit zwischen den beiden Rechtsordnungen nicht besteht. Keinesfalls ist es aber so, d a ß die Anwendung des ABGB direkt die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde. F ü r eine Anwendung des Art. 30 EGBGB ist d a h e r kein R a u m . Diesen E r w ä g u n g e n stehen der in der Deutschen Rechtsprechung I (180) 12 f. zitierte Aufsatz 1 u n d die Entscheidung J W 1936, 3492 nicht entgegen. In der J W 1936, 3492 wird der Art. 30 EGBGB f ü r a n w e n d b a r erklärt, weil das rumänische Recht dem klagenden Kind in jenem Fall den Unterhaltsanspruch grundsätzlich verweigerte. Die Verfasserin des vorgenannten Aufsatzes will den Art. 30 EGBGB entgegen der ständigen Rechtsprechung des LG Saarbrücken in den Fällen zur Anwendung k o m m e n lassen, in denen das französische Recht bei mangelndem Anerkenntnis der unehelichen Vaterschaft grundsätzlich keinerlei Rechte gegen den Erzeuger gewährt. Diese Fälle gleichen dem hier zur Entscheidung stehenden in keiner Weise u n d k ö n n e n daher auch nicht als Richtschnur herangezogen werden. Es k a n n daher kein Zweifel d a r ü b e r bestehen, daß f ü r die Unterhaltsansprüche der Kl. allein das ABGB maßgebend ist. Da nach § 166 II ABGB, wie schon gesagt, die Unterhaltspflicht von der Leistungsfähigkeit abhängig ist, hat das AG Bad Berneck mit Recht auf Grund des § 767 ZPO die Einwendungen des Bekl. f ü r beachtlich erachtet, daß er seit 1945 ganz oder zum Teil außerstande ist, Unterhalt zu leisten. Die Ansicht der Kl., d a ß § 767 ZPO als deutsche P r o z e ß n o r m hier nicht angewandt werden könne, ist rechtsirrig. W e n n auch ein rechtskräftig festgestellter Unterhaltsanspruch nach dem österr. Recht neu geregelt werden k a n n (vgl. Hermann, Anm. 2 zu § 166 ABGB), so k a n n doch auf diese Nor1 Gemeint ist Erika Scheffen, Unterhaltsansprüche von unehelichen Kindern französischer Mütter im Saarland: SaarlRStZ 2 (1950) 50.
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men nicht zurückgegriffen werden, weil das deutsche Gericht grundsätzlich nur die deutschen Verfahrensvorschriften anzuwenden hat (vgl. Palandt, Vorbem. vor Art. 7 EGBGB, Anm. 15) . . . Die von 1945 bis 6. 7. 1948 fällig gewordenen Unterhaltsbeträge hat das AG als verjährt angesehen. Dazu ist zu sagen: Von Kriegsende bis August 1946 war der Bekl., der erst am 15. 7. 1946 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, ohne Einkommen und mittellos. Eine Unterhaltspflicht für diese Zeit entfällt daher mangels Leistungsfähigkeit. Von August 1946 bis einschließlich Juli 1948 war der Bekl. in Arbeit. Er war aber in dieser Zeit nur teilweise leistungsfähig. Seine Unterhaltsschuld f ü r diese Zeit beträgt unter Zugrundelegung der vom AG als angemessen anzusehenden Beträge insgesamt 168 RM = 16.80 DM. Es ist zwar zutreffend, daß sich die Verjährung dieser Unterhaltsrenten nach dem ABGB richtet (vgl. Palandt, Vorbem. vor Art. 12 EGBGB, Anm. 5 b) und daß diese Renten nach § 1480 ABGB der dreijährigen Verjährung unterliegen, es darf aber auch im österr. Recht die Verjährung nicht von Amts wegen beachtet werden (vgl. § 1501 ABGB). Ausweislich des Tatbestandes des Urteils des AG Bad Berneck ist die Verjährungseinrede von dem Bekl. nicht erhoben worden (§ 314 ZPO). Es durfte daher der Erstrichter die Verjährung nicht in Betracht ziehen. Die Kl. ist folglich in Höhe des Betrages von 16.80 DM beschwert. Wegen dieses Betrages konnte aber das Armenrecht nicht bewilligt werden, weil die Berufungssumme nicht gegeben ist (§ 511 a ZPO)." 217. Die Unterhaltsansprüche eines 1940 im Sudetenland geborenen unehelichen Kindes bestimmen sich nach dem österreichischen ABGB, das daselbst in Geltung war, wenn die Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes ihren Wohnsitz im Sudetenland hatte. — EGBGB Art. 19, 20, 21. LG München II, Urteil vom 29. 9. 1952 — 1 b S 759/51: DAvorm. XXV (1952) 143. „Die Rechtsverhältnisse des am 7. 7. 1940 im Sudetenland geborenen Kl. bestimmen sich hinsichtlich seiner Unterhaltsansprüche (vgl. Art. 19, 20, 21 EGBGB) nach dem österr. ABGB. Dieses Recht hat damals im Sudetenland gegolten, sowohl f ü r Volksdeutsche wie f ü r Protektoratsangehörige. Es ist aber auch — wie das vom AG erholte Rechtsgutachten der Universität München überzeugend ausführt — auf Reichsangehörige anzuwenden, die damals im Sudetenland ihren Wohnsitz hatten. Denn das ABGB war in jener Zeit im Sudetenland in gleicher Weise „Reichsrecht" wie im übrigen Teil des Reiches das BGB. Mit Recht nimmt das angeführte Gutachten auch an, daß nicht das gegenwärtig im Sudetenland geltende neue Recht der Tschechoslowakei anzuwenden sei, sondern das im Jahre 1940 geltende Recht. Bei dieser Sachlage erübrigen sich besondere Feststellungen über die Staatsangehörigkeit des damaligen Ehemannes der Mutter des Kl. In dem angeführten Ehescheidungsurteil des LG Reichenberg vom 18. 1. 1945 wird er als Volksdeutscher bezeichnet. Auch wenn er Protektoratsangehöriger war, hat — wie ausgeführt — für ihn das ABGB Geltung. Der Umstand, daß die Kindesmutter möglicherweise Reichsdeutsche
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war, schließt die Anwendung des ABGB nicht aus. Denn die Kindesmutter hatte ihren Wohnsitz im Sudetenland." 218. Die Unterhaltsansprüclie eines 1946 geborenen unehelichen Kindes einer Sudetendeutschen, die im Jahre 1938 im Wege der Sammeleinbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, richten sich nach deutschem Recht, auch wenn das Kind noch in der Tschechoslowakei geboren ist. — EGBGB Art. 21. LG Würzburg, Beschl. vom 25. 11. 1953 — 1 SH 17/53: DAvorm. XXVII (1954) 68. Aus den Gründen: „Im Zeitpunkt der Geburt der Kl. besaß die Kindesmutter (aber) unbestrittenermaßen die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie hatte nämlich im Jahre 1938 im Zuge der Angliederung des Sudetenlandes die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt und nicht wieder verloren (vgl. BVerfG, in NJW 1952, 777) \ Das AG hat daher mit Recht den vorliegenden Rechtsstreit nach den Bes timmungen des BGB entschieden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß im Sudetenland während der Zeit, in welcher sich die Hoheit des deutschen Reiches auf diese Gebiete erstreckte, weitgehend das dort geltende ABGB in Kraft blieb. Allerdings setzte die herrschende Meinung und Rechtsprechung f ü r die Gebiete, soweit es auf das Heimatrecht einer Person ankam, an die Stelle der Staatszugehörigkeit als Anknüpfungspunkt die frühere Staatsangehörigkeit bzw. den Niederlassungsort (vgl. RG 170, 202; Palandt [1938] A. 14 vor Art. 7 EGBGB; Ronke in DR 1942, 375). Für die Zeit der Einverleibung Österreichs und des Sudetenlandes in das Deutsche Reich wendet auch die gegenwärtige Lehre und Rechtsprechung diese Grundsätze an (vgl. Erman, Anm. 8 a vor Art. 13 EGBGB; LG Wiesbaden, NJW 1952, 351 2 ; AG Schweinfurt, BayJMBl. 1952, 169 3 ). Der herrschenden Meinung ist zuzustimmen, denn auf die Frage, welche der damals in Deutschland geltenden Rechtsordnungen anzuwenden sei, konnte die einheitliche Staatsangehörigkeit keine Antwort geben. Zu Unrecht glaubt jedoch Brühl in NJW 1952, 333, statt an die Staatsangehörigkeit an den Wohnsitz auch in solchen Fällen anknüpfen zu können, in welchen es auf Ereignisse ankommt, die sich nach der Wiederherstellung des tschechoslowakischen Staates, aber vor der Aussiedlung der Deutschen ereignet haben. Im Gesetz kann diese Meinung ihre Stütze nicht finden, denn Art. 21 EGBGB kennt als einzigen Anknüpfungspunkt die Staatsangehörigkeit der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes, und zwar unabhängig von ihrem Aufenthaltsort. Für die von Brühl vertretene Meinung spricht aber auch nicht die f ü r die Zeit der Angliederung entwickelte Lehre und Rechtsprechung, denn in allen dort untersuchten Fällen handelt es sich um Fragen des interlokalen Privatrechtes. Auf dieses finden zwar mangels einer eigenen gesetzlichen Regelung die für das internationale Privatrecht geltenden Regeln entsprechende Anwendung, aber 1 3
Siehe unten Nr. 316 a. Siehe IPRspr. 1950—151 Nr. 95.
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Siehe oben Nr. 215.
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eben nur eine entsprechende. Der Anknüpfung an den Aufenthaltsort oder die frühere Staatsangehörigkeit stand daher f ü r die Zeit der Angliederung nichts im Wege. Dieser Rechtszustand fand jedoch mit dem Zusammenbruch des Reiches und der Wiederherstellung des tschechoslowakischen Staates sein Ende. Für die nachfolgende Zeit kann allein das internationale Privatrecht, wie es im EGBGB geregelt ist, Anwendung finden. Dieses verweist f ü r den vorliegenden Fall auf das deutsche Recht. Hierzu gehörte das ABGB im Zeitpunkt der Geburt der Klägerin nicht mehr." 219. Zur Zeit des Bestehens mehrerer Teilrechtsordnungen im deutschen Recht bestimmte sich die anzuwendende Teilrechtsordnung nach interlokalem Recht, auf das im wesentlichen die Grundsätze des internationalen Privatrechts analoge Anwendung fanden. Auf die Unterhaltsansprüche eines im Sudetenland vor dem Zusammenbruch geborenen unehelichen Kindes einer Volksdeutschen, die daselbst zur Zeit der Geburt des Kindes ihren Wohnsitz hatte, muß das österreichische ABGB, das im Sudetenland in Geltung war, angewandt werden. — EGBGB Art. 21; österr. ABGB § 163. LG Hof, Beschl. vom 28.12.1953 — T 249/53: DAvorm. XXVII (1954) 24. Aus den Gründen: „Nach Art. 21 EGBGB bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde nach den Gesetzen des Staates, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Anknüpfungspunkt ist mithin das f ü r diesen Zeitpunkt maßgebliche Heimatrecht der Mutter. Heimatort und ständiger Wohnsitz der Kindesmutter war zur Zeit der Geburt des Antrst. das im damaligen Reichsgau Sudetenland gelegene U. Da diese Ortschaft, wie ihre Zugehörigkeit zum damaligen Reichsgau Sudetenland zeigt, nicht in einem Gebiet lag, in dem infolge der Eingliederung in einen altdeutschen Reg.-Bezirk mit Reichsgesetz vom 1. 10. 1938 das Deutsche Reichsrecht eingeführt wurde, galt auch nach der Eingliederung des Sudetenlandes f ü r das innerhalb dieses Reichsgaues liegende U. das vordem geltende österr. ABGB weiter. Die Geltung dieses Gesetzes im damaligen Reichsgau Sudetenland hatte zur Folge, daß im seinerzeitigen Deutschen Reich zwei Privatrechtsordnungen gleichberechtigt nebeneinander galten. Welche dieser beiden Rechtsordnungen im Einzelfall als maßgeblich zu betrachten war, bestimmte sich nach dem interlokalen Recht, auf das im wesentlichen die Grundsätze des internationalen Privatrechts und damit auch die Vorschrift des Art. 21 EGBGB analoge Anwendung fanden. Infolgedessen muß im vorliegenden Fall in entsprechender Anwendung des Art. 21 EGBGB die Unterhaltspflicht des Antrg. nach dem zur Zeit der Geburt des Antrst. als Heimatrecht der Kindesmutter maßgeblichen österr. ABGB bestimmt werden (vgl. Brühl, N J W 1952, 332 f.). Einschlägig sind hier die Vorschriften der §§ 163 ff. ABGB. Dem Antrst. haben somit die Eltern, in erster Linie der Vater, nach ihrem Vermögen Unterhalt zu leisten.
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Da der Antrst. noch nicht selbsterhaltungsfähig ist und da auch die Kindesmutter als Unterhaltshilfeempfängerin den Unterhalt des Antrst. hicht mit eigenen Mitteln bestreiten kann, ist der Antrg. zu Unterhaltsleistungen verpflichtet. Bei der Bemessung der von ihm zu entrichtenden Unterhaltsrente ist jedoch seine Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen." 220. Die Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes gegenüber seinem Erzeuger richten sich nach dem Heimatrecht der Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kindes (hier tschechoslowakisches Recht). — EGBGB Art. 21; tschechosl. Gesetz über das Familienrecht vom 7. 12. 1949, §§ 39, 47, 55. AG Karlsruhe, Urt. vom 30. 4. 1952: DAvorm. XXV (1952) 95. Aus den Gründen: „Ein Rechtsschutzbedürfnis f ü r das klägerische Begehren ist zu bejahen, denn es besteht auf Grund eines Zahlungsabkommens zwischen Bundesrepublik und der Tschechoslowakei die Möglichkeit, Überweisungen von Unterhaltsbeiträgen westdeutscher Unterhaltsschuldner an Unterhaltsgläubiger in der Tschechoslowakei vorzunehmen (vgl. Rundbrief des Deutschen Instituts f ü r Jugendhilfe Nr. XXII, Folge 1 vom 1. 4. 1949). Da also damit gerechnet werden muß, daß der Unterhaltsgläubige in der Tschechoslowakei tatsächlich in den Besitz des von dem Bekl. geforderten Unterhalts gelangt, erscheint auch in dem zur Entscheidung stehenden Fall das klägerische Begehren schutzwürdig. Der Anspruch der Kl. ist auch begründet. Es war bei der Entscheidung gemäß Art. 21 EGBGB das Recht der Tschechoslowakei zugrunde zu legen, da die Kindesmutter im Zeitpunkt der Geburt der Kl. im Besitz der Staatsangehörigkeit der Tschechoslowakei war. Die Vaterschaft des Bekl. ergibt sich aus § 47 II des Ges. vom 7. 12. 1949 über das Familienrecht in der Tschechoslowakei (Gesetzessammlung 1949, Nr. 265; vgl. Übersetzung des Deutschen Instituts f ü r Jugendhilfe AS 27). Danach gilt als Vater der Mann, welcher mit der Mutter des Kindes in der Zeit verkehrt hat, von welcher ab bis zur Geburt des Kindes nicht weniger als 180 Tage und nicht mehr als 300 Tage verstrichen sind. Die Unterhaltsverpflichtung des Bekl. folgt aus § 39 des Gesetzes. Dort wird bestimmt, daß f ü r den Unterhalt und die Erziehung der Kinder in gleichem Maße beide Eiternteile verpflichtet sind. Die Eigenschaft des Bekl. als „Elternteil" im Sinne des Ges. ergibt sich aus § 55 III, wo es heißt: „Über das Elternrecht des Vaters, welcher gerichtlich festgestellt wurde, entscheidet das Gericht". Die Vorschrift geht offensichtlich davon aus, daß der gerichtlich festgestellte uneheliche Vater „Elternteil" ist, denn eine gerichtliche Entscheidung über das Bestehen oder den Umfang des Elternrechts kann sinnvoll nur da erfolgen, wo die Elterneigenschaft als solche unangezweifelt feststeht. Da der Bekl. — wie ausgeführt — als „Elternteil" gilt, hat er im gleichen Maße wie die Kindesmutter zum Unterhalt und zur Erziehung der Kl. beizutragen. Eine monatliche Unterhaltsrente von 30 DM stellt dabei keine übersetzte Forderung dar. Es ist anzunehmen, daß bei der
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auch in der Tschechoslowakei herrschenden teueren Lebenshaltung die Kindesmutter mindestens einen ebenso hohen, wenn nicht höheren Anteil zum Unterhalt und zur Erziehung der Kl. beizusteuern genötigt ist. Die Dauer der Unterhaltsverpflichtung war nach § 39 II des Gesetzes zu bemessen. Danach dauert die Unterhaltspflicht solange, als das Kind sich nicht selbst unterhalten kann. Der entsprechend den deutschen Bestimmungen beantragte Zeitpunkt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres erscheint auch unter Berücksichtigung dieser Bestimmung angemessen, da nach allgemeiner Erfahrung Minderjährige sich vor Vollendung des 16. Lebensjahres nicht selbst unterhalten können."
221. Die Unt er halt sansp räche eines unehelichen Kindes gegenüber dem Kindesvater sind nach dem Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt den Kindes (hier ungarisches Recht) zu beurteilen. Abweichend vom deutschen Recht ist nach ungarischem Recht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des unehelichen Kindesvaters rechtserheblich. — EGBGB Art. 21; BGB § 1708. AG Passau, Urt. vom 28. 6. 1950 — C 232/50. Ungedruckt. Der Kl. ist am 28. 6. 1943 in G. (Ungarn) von der ledigen ungarischen Staatsangehörigen Gisela F. außerehelich geboren worden. Der Bekl. hat die uneheliche Vaterschaft zu dem Kl. zu Urkunde des Vormundschaftsgerichts Passau anerkannt, weigert sich jedoch, Unterhalt zu entrichten. Aus den Gründen: „Für die Zeit von der Geburt des Kl. bis 1. 7. 1947 entfiel eine Entscheidung, nachdem insoweit nach den Erklärungen des Kl.-Vertreters und den neu gestellten Anträgen die Klage als zurückgenommen erachtet werden muß. Hinsichtlich der vom 1. 7. 1947 bis zur Währungsreform, das ist hier bis 31. 8. 1948, entstandenen Rückstände im abgewerteten Betrag von 27 DM hat der Bekl. ebenso wie f ü r die Zeit vom 1. 9. 1948 bis 31. 1. 1950 sich zur Zahlung grundsätzlich bereit erklärt, indem er f ü r diese Zeit seine Verpflichtung in Höhe von 10 DM pro Monat anerkennt. Darüber hinaus und f ü r die folgende Zeit macht er eigenen Notbedarf geltend. Soweit über die Anerkennung des Bekl. zur Zahlung der Rückstände hinaus über die Unterhaltsverpflichtung des Bekl. zu entscheiden war, kam in Betracht, daß die Kindesmutter zur Zeit der Geburt des Kl. ungarische Staatsangehörige war und daß daher nach Art. 21 EGBGB die Unterhaltspflicht des Bekl. dem Kl. gegenüber nach ungarischem Recht zu beurteilen war. Nach dem hiefür erstellten Rechtsgutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 22. 5. 1950, auf das hiefür Bezug genommen wird, bestimmt sich sowohl nach dem bis 1. 1. 1947 gültigen früheren Rechtszustand wie auch nach dem von da an geltenden und jetzt gültigen Rechtszustand das Maß des Unterhalts nach der sozialen Stellung des unehelichen Kindesvaters und seinen Vermögens- und Erwerbsverhältnissen. Abweichend vom deutschen Recht (§ 1708 BGB) spielt demnach nach ungarischem Recht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des unehe-
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liehen Kindesvaters eine Rolle, so daß ein diesbezüglicher Einwand beachtlich ist. Was die Forderung von Unterhalt f ü r die Vergangenheit, also die Rückstände angeht, so sind auch nach dem f r ü h e r e n wie nach dem jetzt geltenden ungarischen Recht derartige Ansprüche nicht ausgeschlossen, so daß sich insoweit ein dem deutschen Recht entsprechender Rechtszustand ergibt. Es können demnach Rückstände vom Bekl. insoweit gefordert werden, als er nach seinem wirtschaftlichen Verhältnis zu der in Betracht kommenden Zeit vom 1. 9. 1948 bis 31. 1. 1950 zur Zahlung von Unterhalt in der Lage war. Der Bekl. hat in dieser Zeit monatlich 40 DM bei freier Station bezogen. Nach den geltenden Lohnpfändungsvorschriften ist im Falle eines deutschen unehelichen Kindesvaters hievon nur ein Betrag von 20 DM pfandfrei. Dabei kommt es aber bei einem deutschen Kindesvater auf dessen Leistungsfähigkeit nicht an. Es entscheidet f ü r den Unterhaltsanspruch des Kindes vielmehr n u r die Lebensstellung der Mutter. Anders im Falle des Bekl. Dazu ist in tatsächlicher Hinsicht zu berücksichtigen, daß eine gewisse Abweichung von diesem Satz im gegebenen Fall auch dadurch gerechtfertigt ist, daß beim Bekl. als einem Heimatvertriebenen mangels jeden Rückhalts und in Anbetracht des Umstands, daß aus der f r ü h e r e n Zeit an Vorräten nichts gerettet werden konnte, ein größerer eigener Notbedarf zu bejahen ist. Danach erscheint f ü r diese Zeit ein monatlicher Unterhaltsbetrag von 15 DM angemessen, so daß der Bekl. insgesamt zur Zahlung von Unterhaltsrückständen von 27 + 255 DM zu verurteilen war. F ü r die Zeit ab 1.2. 1950 bis zum Zeitpunkt der Urteilsfällung m u ß die Leistungsfähigkeit des Bekl. verneint werden; f ü r die Zeit bis 26. 5. 1950 deshalb, weil der Bekl. ohne Einkommen war, u n d f ü r die Zeit darnach deshalb, weil er lediglich ein Einkommen bezieht, das auch nach den Lohnpfändungsvorschriften pfandfrei ist. Insoweit war die Klage als jedenfalls zur Zeit unbegründet abzuweisen." 222. Auch nach Aufhebung der deutschen Vormundschaft wegen Bestellung eines Vormundes durch den Heimatstaat des Kindes kann der bisherige Vormund gegen diese Maßnahme aus dem Gesichtspunkt des berechtigten Interesses nach § 57 I Z i f f . 9 FGG Beschwerde einlegen. Das Rechtsverhältnis eines unehelichen Kindes zu seiner Mutter wird nach dem Heimatrecht der Mutter bestimmt. Das Rechtsverhältnis des unehelichen Kindes zu dem Vater wird, soweit es sich nicht um Unterhaltsansprüche handelt, nach dem Heimatrecht des Vaters beurteilt. Ein uneheliches Kind, das die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, verliert diese durch die Anerkennung des deutschen Erzeugers gemäß § 1718 BGB nicht. Für die Vormundschaft ist das Recht des Staates maßgebend, dem die unter Vormundschaft zu stellende Person angehört. — EGBGB Art. 20, 21, 23; BGB §§ 1717, 1718; FGG § 20; Schweiz. ZGB Art. 303, 325; Schweiz. NAG Art. 8. [BayObLG Beschl. vom 2.10.1953 — BReg. 1 Z 162/52: BayObLGZ 1953, 323; N J W 7 (1954) 350; MDR 8 (1954) 107; DRichtZ 32 (1954) 36 (Leitsatz).] 27
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Aus den Gründen: „I. Am 6. 4. 1943 w u r d e in P. von der K a u f m a n n s w i t w e Else von M. das Kind K. unehelich geboren. Amtsvormund w u r d e zunächst das Stadtjugendamt, ab 17. 9. 1943 das Kreisjugendamt P. Im F e b r u a r 1944 w u r d e das Mündel zu den Fabrikbesitzerseheleuten F. u n d G. G. in O. in Pflege gegeben, wo es sich seitdem befindet. Am 17. 11. 1945 w u r d e die Vormundschaft vom AG N. ü b e r n o m m e n , a m 13. 10. 1949 das Kreisjugendamt C. als V o r m u n d bestellt. Die Mutter des Kindes w a r gebürtige Deutsche. Ihr a m 15. 12. 1939 verstorbener E h e m a n n von M. war Schweizer Bürger. Sie ist n u n m e h r in G. wieder verehelicht. Am 27. 4. 1944 hat der Reichsangestellte O. G. die Vaterschaft zu dem Kind vor dem Notar in I. a n e r k a n n t u n d sich zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrags verpflichtet. Mit Bescheid vom 12. 9. 1949 hat die Regierung von O b e r f r a n k e n die Änderung des Familiennamens des Kindes in G. bewilligt. Auf Weisung des Staatsminsteriums des I n n e r n w u r d e aber dieser Beschluß a m 20. 8. 1952 wieder aufgehoben. Das V e r f a h r e n wegen der Namensänderung ist noch nicht endgültig erledigt. Am 8. 6. 1950 bestellte die Vormundschaftsbehörde von G. den Generalv o r m u n d E. M. in G. als V o r m u n d f ü r K. H. mit der Behauptung, das Kind sei Schweizer Bürgerin. Der Schweizer V o r m u n d beantragte, die deutsche Vormundschaft aufzuheben. Mit Beschluß vom 19. 3. 1952 gab das AG E. diesem Antrag statt. Zur Begründung f ü h r t e es aus, die Mutter des Kindes habe zur Zeit der Geburt des Mündels die schweizerische Staatsangehörigkeit besessen, die sie durch ihre E h e mit dem Schweizer von M. erworben habe. Das Kind sei daher als Schweizerin geboren. Die Anerkennung der Vaterschaft durch den deutschen Staatsangehörigen G. habe keine Änderung der Staatsangehörigkeit bewirken können. Das AG P. habe bei der Anordnung der Vormundschaft versäumt, der Schweiz Gelegenheit zur E r g r e i f u n g entsprechender F ü r s o r g e m a ß n a h m e n zu geben. Diese Unterlassung mache zwar die eingeleitete V o r m u n d s c h a f t nicht nichtig, sie sei aber mit einem Fehler behaftet gewesen. Nachdem n u n m e h r die Schweiz Vormundschaft angeordnet habe, lägen die Voraussetzungen f ü r eine deutsche Vormundschaft nicht m e h r vor (Art. 23 EGBGB); die letztere sei daher aufzuheben. Die Beschwerde des deutschen V o r m u n d s u n d des Pflegevaters gegen diesen Beschluß hat das LG C. am 25. 6. 1952 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die n a m e n s des deutschen V o r m u n d s u n d des Pflegevaters eingelegte weitere Beschwerde, mit der A u f h e b u n g der Vorentscheidungen angestrebt wird. II. Die weiteren Beschwerden sind an sich statthaft u n d formgültig erhoben (§§ 27, 29 FGG). Das LG hat auch die Beschwerdeberechtigung sowohl des f r ü h e r e n V o r m u n d s als auch des Pflegevaters zutreffend bejaht. Zwar m u ß ein eigenes Recht des V o r m u n d s auf F o r t d a u e r der Vormundschaft verneint werden (vgl. Keidel5, Anm. V A a z u § 2 0 F G G ; R G Z 1 5 1 , 5 7 ) .
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Aus § ¿ 0 FGG kann daher die Beschwerdebefugnis nicht hergeleitet werden. Das gleiche gilt f ü r § 57 Abs. 1 Nr. 1 FGG. Das „rechtliche Interesse", das diese Bestimmung erfordert, hat „ein auf Bechtsnormen beruhendes und durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache" zur Voraussetzung (RGZ 151, 57). Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil mit der Bekanntmachung des Aufhebungsbeschlusses das Amt des Vormunds erlischt (vgl. Schlegelberger 6, Anm. 13 zu § 20 FGG). Der bisherige Vormund kann aus diesem Grund auch nicht etwa im Namen des Mündels gegen den Aufhebungsbeschluß Beschwerde einlegen. Dagegen ist seine Beschwerdeberechtigung aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG zu bejahen. Der Begriff des „berechtigten Interesses", von dem diese Bestimmung spricht, ist wesentlich weiter als die des rechtlichen Interesses (§ 57 Nr. 1 Abs. 1 FGG). Das berechtigte Interesse umfaßt jedes verständige, durch die Sachlage gerechtfertigte Interesse, wenn es sich dabei um eine die Sorge f ü r die Person des Mündels betreffende Angelegenheit handelt. Die Aufhebung der in Deutschland geführten Vormundschaft stellt eine solche Angelegenheit dar. Sie ist eine für das weitere Schicksal des Kindes bedeutsame Entscheidung, die sich insbesondere auch auf das Herausgabeverlangen des schweizerischen Vormunds auswirken kann. Der deutsche Vormund ist in den Jahren seiner Tätigkeit f ü r das Wohl des Kindes in ein so nahes Verhältnis zu diesem gekommen, daß ihm ein Recht, dessen persönliche Interessen auch nach Beendigung seines Amtes wahrzunehmen, nicht abgesprochen werden kann (vgl. RJA 13, 73; KGJ 40, 41). Ähnliche Erwägungen treffen auch auf die Person des Pflegevaters zu, bei dem das Kind sich seit mehr als neun Jahren befindet und mit dessen Familie es eng verbunden ist. Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts greift daher auch in die Interessensphäre des Kindes ein, zu deren Wahrnehmung der Beschwerdeführer G. berufen ist. Daß er etwa ausschließlich eigene Interessen mit der Einlegung der Beschwerde verfolgen will, ist nicht anzunehmen. Sachlich konnten die weiteren Beschwerden keinen Erfolg haben. Die Feststellung des LG, daß K. A. H. die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Mutter des Kindes war von Geburt Deutsche (§§ 3, 4 des Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. 7. 1913 = RuStG). Ihr erster Ehemann war Schweizer Bürger. Diese Tatsache ergibt sich einwandfrei aus den in den beigezogenen Akten des LG C. befindlichen Urkunden. Die Tatsache der schweizerischen Staatsangehörigkeit des von M. wird von den Beschwerdeführern jetzt offenbar ernstlich auch nicht mehr bestritten. Durch ihre Verehelichung mit dem Schweizer Bürger von M. hat die Mutter des Kindes die deutsche Staatsangehörigkeit verloren und die der Schweiz erworben (§ 17 Nr. 6 RuStG; Art. 101 ZGB). Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß sie die schweizerische Staatsangehörigkeit bis zur Geburt des Kindes verloren habe, haben sich nicht ergeben. Noch am 3. 6. 1942 ist ihr vom schweizerischen Generalkonsul in Frankfurt a. M. ein Schweizer Reisepaß, gültig für ein Jahr, ausgestellt worden. Eine Einbürgerung der Mutter durch Anstellung im Reichsdienst 27 *
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nach §§ 15, 16 RuStG fand nicht statt. Aus dem Umstand, daß der eheliche Sohn der Kindsmutter während des zweiten Weltkrieges Dienst bei der Deutschen Luftwaffe getan hat, können f ü r die Staatsangehörigkeit der damaligen Frau von M. keinerlei Schlüsse gezogen werden. Die Möglichkeit, daß auch ein Ausländer in der Deutschen Wehrmacht aktiv dienen konnte, ist in § 12 RuStG ausdrücklich vorgesehen. Frau von M. war also zur Zeit der Geburt des Kindes K. A. schweizerische Staatsangehörige. Art. 20 EGBGB enthält über das Rechtsverhältnis zwischen einem unehelichen Kind und dessen Mutter eine einseitige Kollisionsnorm. Die Bestimmung besagt, daß auf dieses Rechtsverhältnis deutsches Recht anzuwenden ist, wenn die Mutter eine Deutsche ist. Sie sagt nichts über die Anwendbarkeit der ausländischen Gesetze. Nach der einhelligen Ansicht von Rechtsprechung und Rechtslehre enthält die Vorschrift jedoch den allgemeinen Gedanken, daß für das Rechtsverhältnis zwischen dem unehelichen Kind und seiner Mutter das Heimatrecht der Mutter maßgebend ist, also auch dann, wenn die Mutter Ausländerin ist (vgl. Staudinger-Raape 9, 490). Anknüpfungspunkt ist sonach in jedem Fall die Staatsangehörigkeit der Mutter. Nach Art. 302 ZGB entsteht das außereheliche Kindesverhältnis zwischen dem Kind und der Mutter mit der Geburt. Gemäß Art. 324 I ZGB erhält das uneheliche Kind den „angestammten Familiennamen" der Mutter und ihre Heimatangehörigkeit. K. A. hat folglich mit ihrer Geburt die schweizerische Staatsangehörigkeit erlangt (vgl. Egger, Komm, zum ZGB 2 264, 267, 268). Sie hat diese auch nicht verloren. Das Verhältnis zwischen dem unehelichen Kind und seinem Erzeuger ist in Art. 21 EGBGB geregelt. Auch hier ist das Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes maßgebend, allerdings mit der Beschränkung auf die Unterhaltspflicht. Im übrigen ist das Rechtsverhältnis nach dem jeweiligen Heimatrecht des Vaters zu beurteilen (vgl. StaudingerRaape aaO 491, 540). Auch die Schweiz steht auf dem Standpunkt, daß es f ü r das Rechtsverhältnis zwischen dem unehelichen Kind und dem Vater, vom Unterhaltsanspruch abgesehen, auf das Heimatrecht des Vaters ankommt (Staudinger-Raape aaO 529). Sie nimmt dabei Bezug auf Art. 8 NAG, wonach der Familienstand einer Person, insbesondere die Frage der ehelichen oder unehelichen Geburt, die Frage der Wirkungen einer freiwilligen Anerkennung oder einer durch die Behörden erfolgten Zusprechung Unehelicher sich nach dem heimatlichen Recht bestimmt und als Heimat in diesen Fällen der Heimkanton . . . des Vaters gilt. Das deutsche Recht der „Anerkennung" (§§ 1717, 1718 BGB) hat keinerlei Wirkungen auf den Status des Kindes. Es wird kein verwandtschaftliches Verhältnis begründet; das Kind erhält nicht den Namen des Anerkennenden und erlangt auch nicht dessen Staatsangehörigkeit. Die Bedeutung der Anerkennung liegt nur darin, daß sie f ü r den Beweis der Vaterschaft von Bedeutung ist und die Einrede des Mehrverkehrs ausschließt. Auf Grund der Anerkennung durch den deutschen Staatsangehörigen O. G. konnte daher das Kind nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Die Anerkennung nach Schweizer Recht (Art. 303 ZGB) dagegen hat weit-
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gehende „Standesfolgen" (Art. 325 ZGB). Das Kind „erhält den Familiennamen und die Heimatangehörigkeit des Vaters und steht zur väterlichen wie zur mütterlichen Seite in den Rechten und Pflichten der außerehelichen Verwandtschaft" (vgl. Schnitzer, Handbuch des Internationalen Privatrechts 3 1 432). Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Ausländer eine solche Anerkennung nach dem romanischen System abgeben kann. Der Kommentar zum ZGB von Egget2 verneint die Frage und stellt ausdrücklich fest, daß die Anerkennung nach Art. 303 nicht durch einen ausländischen Vater geschehen k a n n (S. 170 aaO). Doch könne die Anerkennung durch den Ausländer (i. S. der Schweiz) nach seinem Heimatrecht Standesfolgen, also auch den Erwerb der Staatsangehörigkeit des Vaters, bewirken. Das deutsche Recht kennt aber, wie bereits angeführt, solche Wirkungen nicht. Das Mündel hat aber weiter durch die nach deutschem Recht erfolgte Anerkennung durch G. auch nicht etwa die schweizerische Staatsangehörigkeit verloren. Ein solcher Verlust könnte nur d a n n eintreten, wenn gleichzeitig eine andere Staatsangehörigkeit erworben würde. Eine so schwerwiegende Folge, wie sie der Verlust der Staatsangehörigkeit darstellt, k a n n nicht dadurch herbeigeführt werden, daß ein Deutscher nach seinem Heimatrecht, das keinerlei Wirkungen auf den Status des Kindes kennt, eine schweizerische Staatsangehörige anerkennt. Das internationale Privatrecht enthält keine Bestimmung, aus der eine solche Folge hergeleitet werden könnte. Die Rechtslehre nimmt, soweit ersichtlich, einen Verlust der schweizerischen Staatsangehörigkeit durch eine Anerkennung nach germanischem System im allgemeinen auch nicht an. Nach Schnitzer aaO 435 darf der (sc. Schweizer) Beamte die Erklärung der Anerkennung durch einen ausländischen Kindsvater n u r aufnehmen, wenn nachgewiesen wird, daß das Heimatrecht des Vaters der Anerkennung Standesfolgen beilegt und das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters erlangt. Nach Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht 2 640, geht das Bürgerrecht der Schweiz verloren . . . durch Legitimation durch den ausländischen Vater, falls das Kind dadurch dessen Staatsangehörigkeit erwirbt. Im gleichen Sinne äußert sich Egger aaO 275. Danach teilt das uneheliche Kind nach Anerkennung oder Zusprechung mit Standesfolge n u n m e h r die Heimatangehörigkeit mit dem Vater; diejenige der Mutter „fällt rückwirkend dahin". Dieser Grundsatz finde auch auf ausländische Väter Anwendung, sofern diese eine Anerkennung vornehmen konnten; doch bleibe das Kind Schweizer Bürger, wenn die Anerkennung durch einen Ausländer den Erwerb seiner Staatsangehörigkeit nicht bewirke, wenn es also heimatlos würde. Der Senat trägt kein Bedenken, sich dieser Auffassung anzuschließen, die allein der Logik entspricht und die Interessen der unehelichen Kinder am ehesten zu wahren geeignet ist. Der abweichenden Ansicht, wie sie Raape aaO 775 zu vertreten scheint, aber nicht begründet, kann nicht beigetreten werden. Raape spricht im übrigen in diesem Zusammenhang selbst von einer nicht unbestrittenen Auffassung. Die Auffassung des LG, daß das Kind K. A. H. nach wie vor Schweizer Bürgerin ist, ist sonach rechtlich bedenkenfrei.
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Für die Vormundschaft gilt gleichfalls das Staatsangehörigkeitsprinzip. Maßgebend ist das Recht des Staates, dem die unter Vormundschaft zu stellende Person angehört. Grundsätzlich ist daher auch die Anordnung einer Vormundschaft Sache des Heimatstaates, also hier der Schweiz. Unter gewissen Umständen, die in Art. 23 EGBGB näher bezeichnet sind, kann aber auch im Inland über einen Ausländer Vormundschaft angeordnet werden. Von dieser Möglichkeit hat das deutsche Gericht Gebrauch gemacht. Ob es dabei unterlassen hat, der ausländischen Behörde Gelegenheit zum Einschreiten zu geben, kann dahingestellt bleiben. Die inländische Vormundschaft über einen Ausländer ist immer nur eine vorläufige (vgl. Raape aaO 609). Inzwischen hat der Heimatstaat die Fürsorge für K. A. H. durch die Bestellung eines Schweizer Vormunds übernommen. Hierzu war er berechtigt (Art. 324, 368 ZGB; 30 NAG; Art. 1, 2 des Haager Vormundschaftsabkommens vom 12. 6. 1902). Die deutsche Vormundschaft war daher aufzuheben (vgl. Raape aaO 611). Da der angefochtene Beschluß auch sonst keinen Rechtsverstoß, auf den allein die weitere Beschwerde gestützt werden kann, ersehen läßt, erwiesen sich die Rechtsmittel als unbegründet und waren daher zurückzuweisen." 223. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Vater und dem unehelichen Kind ist, soweit es sich nicht um Unterhaltsansprüche handelt, nach dem Heimatrecht des Vaters zu beurteilen. Die Vaterschaftsklage eines französischen unehelichen Kindes gegen seinen deutschen Erzeuger kann nicht im Statusverfahren nach §§ 640 f f . ZPO durchgeführt werden. Die Klage auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft ist aber nach § 256 ZPO als gewöhnliche Feststellungsklage zulässig. — EGBGB Art. 18—21; BGB §§ 1708 fT.; ZPO §§ 256, 640 ff. LG Heidelberg, Urt. vom 28. 2. 1952 — 2 R 320/50. Ungedruckt. Ein während der Besetzung Frankreichs geborenes uneheliches Kind einer Französin klagt auf Feststellung der Vaterschaft gegen seinen deutschen Erzeuger. Der Klage wurde stattgegeben. Aus den Gründen: „Das Gericht hatte zunächst zu prüfen, ob die von dem Bekl. vertretene Ansicht, es sei für die vorliegende Klage das Heimatrecht der Kindesmutter, also französisches Recht, anzuwenden, den im EGBGB festgelegten Rechtsnormen entspricht. Hierbei war zu beachten, daß das EGBGB keine vollständige Aufführung der Kollisionsnormen enthält, sondern an sich lückenhaft ist und daher in besonderem Maße der Auslegung bedarf (vgl. Palandts, Vorbem. 4 und 5 zu Art. 7 EGBGB). So ist auch das Rechtsverhältnis zwischen dem Vater und dem unehelichen Kinde einer Mutter, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, im EGBGB nicht abschließend geregelt. Art. 21 EGBGB beschränkt sich darauf, für die Frage der Unterhaltszahlung des Vaters gegenüber seinem unehelichen Kinde sowie für die mit der Geburt in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Ansprüche der Kindesmutter das Heimatrecht der Mutter für anwendbar zu erklären.
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Im vorliegenden Falle geht jedoch die Klage auf Feststellung der Vaterschaft, eines Falles, der weder in Art. 21 EGBGB noch in einer anderen Vorschrift vom Gesetzgeber erwähnt wird. Lehre und Rechtsprechung haben derartige Lücken der Kollisionsnormen dadurch ausgefüllt, daß sie im Wege der Analogie unvollständige Normen ergänzt haben. Eine Analogie zu Art. 21 in der Weise, daß für die Klage auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft das Heimatrecht der Mutter Anwendung findet, da der Gesetzgeber die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber seinem unehelichen Kinde auch nach dem Heimatrecht der Mutter ausrichtet, hält das Gericht nicht für zulässig. Eine Analogie in dieser Form würde bedeuten, daß aus Art. 21 EGBGB ein allgemeiner Grundsatz hergeleitet werde, der für alle das Rechtsverhältnis zwischen Vater und unehelichem Kinde betreffenden Fragen stets das Heimatrecht der Mutter zur Anwendung bringt. Einen allgemeinen Grundsatz oder eine zu einem solchen ausbaufähige Vorschrift stellt Art. 21 EGBGB nicht dar. Dies ergibt sich aus den allgemeinen Gedanken des deutschen Internationalen Privatrechts, insbesondere aus den Vorschriften der Art. 18-20 des EGBGB. Nach diesen Bestimmungen ist das Rechtsverhältnis zwischen Vater und ehelichem Kinde grundsätzlich nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies muß mangels einer anderen gesetzlichen Regelung auch entsprechend für das Rechtsverhältnis zwischen Vater und unehelichem Kinde gelten. Art. 21 EGBGB stellt daher nur eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz dar — und nur deshalb ist er erforderlich —, indem er für die Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegen sein uneheliches Kind das Heimatrecht der Mutter Anwendung finden läßt. Eine Analogie zu Art. 21 EGBGB, der nach dem oben ausgeführten eine Ausnahmevorschrift eines allgemeinen Grundsatzes darstellt, ist aber nicht möglich (vgl. Raape, Internationales Privatrecht 3 236). Auf die vorliegende Klage ist somit deutsches Recht anzuwenden. Das Gericht hatte weiter die Frage zu prüfen, ob die von der Klägerin erhobene Klage auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft an sich nach deutschem Recht zulässig ist. Hierbei ist das Gericht mit dem überwiegenden Teil der neueren Rechtsprechung der Auffassung, daß eine derartige Klage wegen § 644 ZPO nicht im Statusverfahren nach §§ 640 ff. ZPO durchgeführt werden kann. Die Klage auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft ist aber nach § 256 ZPO, sofern die dort geforderten Voraussetzungen vorliegen, als gewöhnliche Feststellungsklage zulässig (wird ausgeführt). . . . Die Kl. verlangt jedoch mit der vorliegenden Klage nicht die Feststellung der blutmäßigen Abstammung vom Bekl., sondern eine Feststellung der unehelichen Vaterschaft im „familienrechtlichen Sinne". Dies ist so auszulegen, daß die Kl. mit ihrer Klage eine Feststellung der unehelichen Vaterschaft im Sinne von §§ 1708 ff. BGB erstrebt. Die uneheliche Vaterschaft in diesem Sinne stellt aber ein Rechtsverhältnis nach § 256 ZPO dar. Sie ist zulässig, sofern ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung besteht. Dies ist im vorliegenden Falle zu bejahen, obwohl eine Unterhaltsklage, die den wesentlichen Inhalt des Interesses auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft darstellt, bereits vor dem AG Heidelberg anhängig ist. Die Kl. hat unwidersprochen dargetan, daß eine dies-
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bezügliche Feststellung zu einer Legitimation in Frankreich unbedingt erforderlich ist. Durch die Unterhaltsklage wird eine in Rechtskraft erwachsende Feststellung der unehelichen Vaterschaft in dem von der Kl. beantragten familienrechtlichen Sinne nicht getroffen. Nach dem Vortrag des Bekl. und den Aussagen der als Zeugin vernommenen Kindsmutter hielt es das Gericht auch f ü r erwiesen, daß der Bekl. der Vater der Klägerin ist . . . " 224. Die in Art. 21 EGBGB angeordnete Anknüpfung an das Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes ist auf den Unterhaltsanspruch des Kindes beschränkt. Bei der Frage, nach welchem Recht sich das über den Unterhaltsanspruch hinausgehende Rechtsverhältnis zwischen Erzeuger und unehelichem Kind richtet, ist dagegen an die Staatsangehörigkeit des Vaters anzuknüpfen. Das dem Geburtseintrag des unehelichen Kindes beigeschriebene Vaterschaftsanerkenntnis hat lediglich die Bedeutung der Registrierung des Anerkenntnisses, dient aber nicht der Beurkundung der Abstammung. Eine solche Beischreibung ist auch dann zulässig, wenn das Vaterschaftsanerkenntnis nach dem Heimatrecht des Vaters (hier italienisches Recht) unzulässig ist. — EGBGB Art. 18—21; BGB § 1718; PStG §§ 29, 47, 48, 49; FGG §§ 27, 29; ital. Codice civile Art. 252, 260. OLG F r a n k f u r t a. M., Kasseler Zivilsenat, Beschl. vom 15. 8. 1953 — 1 W x 36/53: StAZ 6 (1953) 253; DAvorm. XXVI (1953) 188. Aus den Gründen: „Im Geburtenbuch des Standesamts Marburg a. d. Lahn ist unter der Registernummer . . . die am 10. 9. 1952 erfolgte Geburt des Guy Helmuth Willi H., außereheliches Kind der ledigen Frieda H. in M., eingetragen. Am 13. 9. 1952 hat der Koch T. aus M., der italienischer Staatsangehöriger ist, vor dem Standesbeamten in M. das Kind als von ihm erzeugt anerkannt. Demgemäß ist am Rande des Geburteneintrages des Kindes vermerkt worden: „Der Koch Edoardo T., katholisch, wohnhaft in M., geboren am 6. 12. 1899 in C./Italien, italienischer Staatsangehöriger, hat am 13. 9. 1952 vor dem Standesbeamten in M. das Kind als von ihm erzeugt anerkannt." T. ist verheiratet. Am 18. 11. 1952 hat der Standesbeamte in M. in einem Schreiben an den Magistrat als untere Verwaltungsbehörde beantragt, den Randvermerk im Wege des Berichtigungsverfahrens nach § 47 PStG löschen zu lassen. Zur Begründung hat er unter Berufung auf einen Artikel in der Zeitschrift Das Standesamt 1951, 140 ausgeführt, die Beischreibung des Randvermerks hätte nicht erfolgen dürfen, weil nach italienischem Recht uneheliche Kinder von verheirateten Personen nicht anerkannt werden könnten und die trotzdem erfolgte Anerkennung daher rechtsunwirksam sei. Der Magistrat der Stadt Marburg hat diesen Antrag gemäß § 47 PStG an das AG mit der Bitte um weitere Veranlassung übersandt. Das AG Marburg a. d. Lahn hat durch Beschl. vom 8. 1. 1953 den Be-
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richtigungsantrag zurückgewiesen. In den Gründen des Beschlusses, auf die im übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, der Bandvermerk sei weder unrichtig noch unzulässig. T. sei zwar zur Zeit der Zeugung des Kindes verheiratet gewesen und habe daher als italienischer Staatsanhöriger nach italienischem Recht kein rechtswirksames Vaterschaftsanerkenntnis abgeben können; dadurch werde jedoch die Wirksamkeit des Anerkenntnisses nach deutschem Recht nicht berührt, da das deutsche Anerkenntnis nur Wirkung bezüglich der Unterhaltspflicht äußere; insoweit aber richte sich das Rechtsverhältnis zwischen unehelichem Kind und seinem Erzeuger allein nach deutschem Recht, dem Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt (Art. 21 EGBGB). Da das Anerkenntnis nach deutschem Becht gültig sei, so müsse auch die Beischreibung zum Geburteneintrag des unehelichen Kindes zulässig sein, denn selbständige Rechtsfolgen seien mit dieser nach § 29 PStG vorgeschriebenen Eintragung nicht verbunden. Es bestehe also auch nicht die Gefahr, daß aus diesem Randvermerk Rechtswirkungen abgeleitet werden, f ü r die im Verhältnis des Vaters zum unehelichen Kind das Heimatrecht maßgebend sei. Gegen diesen Beschluß hat der Magistrat der Stadt Marburg a. d. Lahn als Aufsichtsbehörde Beschwerde eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 14. 1. 1953 die Berichtigung des Geburteneintrages Nr. . . . des Standesamts Marburg a. d. Lahn bezüglich des am 17. 9. 1952 beigeschriebenen Randvermerks: „Das am 15. 9. 1952 beigeschriebene Vaterschaftsanerkenntnis ist ungültig" anzuordnen. Zur Begründung hat der Magistrat u. a. vorgetragen, dem Geburtenbuch könnten nur solche Anerkenntnisse beigeschrieben werden, die in vollem Umfange Rechtswirkungen erzeugten. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da das Vaterschaftsanerkenntnis nach italienischem Recht unwirksam sei. Art. 21 EGBGB könne zur Beantwortung der Frage nach Wirksamkeit und Unwirksamkeit des Anerkenntnisses nicht angewendet werden, weil sich Vaterschaftsanerkenntnisse italienischer Väter auch in Deutschland nur nach italienischem Recht richteten. F ü r seine Rechtsauffassung hat der Beschwerdeführer sich u. a. auf eine Entscheidung des AG F r a n k f u r t a. Main vom 19. 6. 1950 — 43 UR III 18/50 — berufen. Das Jugendamt der Stadt Marburg a. d. Lahn hat als Amtsvormund des Kindes in Übereinstimmung mit einer Stellungnahme des Deutschen Instituts für Vormundschaftswesen in Hildesheim der Berichtigung widersprochen, weil die Beischreibung des Randvermerks ohne Rücksicht auf Wirksamkeit oder Nichtigkeit des Anerkenntnisses lediglich Beweis dafür erbringe, daß das Anerkenntnis tatsächlich abgegeben sei. Das LG hat daraufhin durch den angefochtenen Beschluß vom 7. 4. 1953 die Beschwerde zurückgewiesen. In den Gründen des Beschlusses, auf die gleichfalls Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum beweise die Eintragung einer Anerkennung der Vaterschaft zum Standesregister nur, daß eine derartige Anerkennung in öffentlicher Urkunde erfolgt sei, dagegen würden nicht bestimmte Folgen des Anerkenntnisses bewiesen. Da der Anerkennende hier die Erklärung tatsächlich abgegeben habe und nur dies durch die
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öffentliche Urkunde bewiesen werde, sei der eingetragene Randvermerk somit richtig und vollständig, so daß die Voraussetzungen f ü r eine Berichtigung nach § 47 PStG nicht gegeben seien. Das Heimatrecht des Anerkennenden sei danach f ü r die Beurteilung der Streitfrage vollkommen unerheblich. Gegen diesen am 17. 4. 1953 zugestellten Beschluß hat der Magistrat der Stadt Marburg am 30. 4. 1953 sofortige weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Beschlüsse des AG und LG aufzuheben und den Standesbeamten der Stadt Marburg a. d. L. anzuweisen, die Berichtigung des Geburteneintrags Nr. . . . des Standesamts Marburg durch die Beischreibung folgenden Randvermerks: „Das am 15. 9. 1952 beigeschriebene Vaterschaftsanerkenntnis ist ungültig", vorzunehmen. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung wiederholt er sein früheres Vorbringen und f ü h r t u. a. insbesondere aus: Die Eintragung habe stärkere Kraft und weitergehende Bedeutung als ihr vom LG beigelegt werde. Was eingetragen werde, müsse richtig und gültig sein, und jeder müsse sich nach Sinn und Zweck der öffentlichen Register auf die Rechtswirksamkeit und Gültigkeit des vermerkten Anerkenntnisses verlassen können. Es erscheine rechtlich nicht vertretbar, die Frage der Gültigkeit eines Anerkenntnisses offen zu lassen. Eine Eintragung dürfe vielmehr nur dann erfolgen, wenn das fragliche Vaterschaftsanerkenntnis nach dem allein maßgeblichen Heimatrecht des Vaters gültig sei. Das sei aber hier nicht der Fall. Die Beschwerde ist als einfache weitere Beschwerde, und zwar als sogenannte Rechtsbeschwerde, nach § 49 PStG in Verbindung mit §§ 27, 29 FGG, § 48 PStG an sich zulässig, auch form- und fristgerecht eingelegt. Sie konnte jedoch nicht zum Erfolg führen. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers läßt der angefochtene Beschluß keine Gesetzesverletzung erkennen. Wie das LG mit Recht ausgeführt hat, scheitert die beantragte Berichtigung nach § 47 PStG daran, daß der streitige Randvermerk von Anfang an weder unrichtig noch unzulässig war. Insoweit tritt der Senat den Ausführungen des LG bei, die sich im übrigen auch mit der Auffassung des Magistrats der Stadt Marburg in seiner Eigenschaft als Amtsvormund und mit der des Deutschen Instituts für Vormundschaftswesen in Hildesheim decken. Der Beschwerde ist zwar zuzugeben, daß das Anerkenntnis, welches T. abgegeben hat, aus Rechtsgründen unwirksam war. Denn f ü r die Beurteilung der materiellen Wirksamkeit eines von einem Italiener abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses ist, wie das AG zwar verkannt, das LG aber bereits richtig ausgeführt hat, allein das italienische Recht maßgebend (vgl. u. a. Martin Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands 2 [1949] 187; Raape, Internationales Privatrecht 3 [1950] 236). Die in Art. 21 EGBGB angeordnete Anknüpfung an das Heimatrecht der Mutter zur Zeit der Geburt ist nur auf den Unterhaltsanspruch des Kindes beschränkt. Bei der Frage, nach welchem Recht sich das über den Unterhaltsanspruch hinausgehende Rechtsverhältnis zwischen Erzeuger und unehelichem Kind richtet, ist dagegen in analoger Anwendung der Art. 18—20 EGBGB an das Heimatrecht des Vaters anzuknüpfen. Nach Art. 252 ital. Cc konnte T. kein
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rechtswirksames Anerkenntnis abgeben, weil er zur Zeit der Erzeugung des Kindes verheiratet war und auch noch im Augenblick des Anerkenntnisses in gültiger Ehe lebte. Im Gegensatz zum deutschen Abstammungsprinzip gilt in Italien das Anerkennungsprinzip, wonach nur der Elternteil, der das Kind anerkennt, mit ihm verwandt ist und die elterliche Gewalt über das Kind ausübt (Art. 260 Cc). Auch die weiteren Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und unehelichem Kind werden erst durch die Anerkennung ausgelöst. Infolge der rechtlichen Unwirksamkeit des Anerkenntnisses hat sich an den Standesverhältnissen des Kindes hier auch nichts geändert. Es trägt nach wie vor den Namen der Mutter als Familienname, es ist nur mit ihr und ihren Verwandten verwandt und hat auch die durch Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit behalten. Ein Rechtsverhältnis zwischen ihm und T. existiert nicht, soweit es sich nicht um die Unterhaltspflicht handelt. Das LG hat aber zutreffend angenommen, daß diese auf Grund des italienischen Rechts bestehende Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses die Eintragung des Randvermerks weder unrichtig noch unzulässig gemacht hat. In Rechtsprechung und Schrifttum herrscht Übereinstimmung darüber, daß das dem Geburtseintrag des unehelichen Kindes beigeschriebene Vaterschaftsanerkenntnis lediglich die Bedeutung der Registrierung des Anerkenntnisses habe, nicht aber der Beurkundung der Abstammung diene, oder anders ausgedrückt, daß es nicht mehr beweise und beweisen solle, als daß eine derartige Erklärung in öffentlicher Urkunde erfolgt sei (RGZ 68, 61; KG in JFG 13, 385 sowie in StAZ 1943, 931; Palandt8 Anm. 2 zu 1718; Brandis-Maß feiler, Personenstandsrecht, Anm. zu § 29). Es muß also unterschieden werden zwischen der reinen Tatsache, daß eine als Anerkenntnis bezeichnete Erklärung in der richtigen Form abgegeben wurde — nur darauf erstreckt sich die Beweiskraft des § 60 PStG — und den materiellen Wirkungen dieses Anerkenntnisses. Wie Guggumos, StAZ 1950, 250, zutreffend ausgeführt hat, ist die Anerkennung der Vaterschaft gem. § 1718 BGB sowohl ein Geständnis der Tatsache (das Zugeben der außerehelichen Beiwohnung innerhalb der Empfängniszeit) wie ein einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft (die Kundgabe des Willens, die aus der erfolgten Beiwohnung entstehenden privatrechtlichen Folgen auf sich zu nehmen). Wenn auch die materiellen Wirkungen des Anerkenntnisses hier infolge seiner Unwirksamkeit nicht eintreten können, so behält es doch trotz dieser Unwirksamkeit insoweit Bedeutung, als in der Abgabe des Anerkenntnisses das Geständnis der Tatsache liegt, der Kindesmutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Dies Geständnis als solches ist keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, die wirksam oder nichtig sein kann. Das Geständnis ist entweder richtig oder falsch. Wenn Art. 252 Cc die Anerkennung von Ehebruchskindern durch den verheirateten Elternteil verbietet, so kann sich dieses Verbot nur gegen den Teil des Anerkenntnisses richten, der nicht Geständnis ist; das ist der rechtsgeschäftliche Teil, nämlich die Kundgabe des Willens, die aus der erfolgten Beiwohnung entstandenen privatrechtlichen Folgen auf sich zu nehmen. Nur insoweit war T. nach Art. 252 Cc an der Abgabe des Anerkenntnisses rechtlich gehindert. Das Geständnis
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der Beiwohnung innerhalb der Empfängniszeit w i r d jedoch hiervon nicht berührt. Gerade darin liegt aber ein wesentlicher Grund dafür, daß das Gesetz die Eintragung des Anerkenntnisses im Geburtenbuch vorsieht. Die Tatsache des Anerkenntnisses gibt einen sehr gewichtigen Anhaltspunkt f ü r die natürliche Vaterschaft des Anerkennenden, macht also die Abstammung des Kindes wahrscheinlich (vgl. OLG München J W 1938, 375, 964). Dieser Grund f ü r die Eintragung des Randvermerks macht aber im vorliegenden Fall die Beischreibung durchaus sinnvoll und läßt sie zulässig erscheinen trotz der materiellen Unwirksamkeit des Anerkenntnisses als solcher. Die Abstammung einer Person von einer anderen ist kein Rechtsverhältnis, sondern eine tatsächliche Gegebenheit. Die Beurteilung solcher tatsächlicher Verhältnisse untersteht im Gegensatz zur Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen Vater und Kind nicht dem Heimatrecht des Vaters. Das italienische Anerkennungsprinzip kann daher auch die Feststellung nicht ausschließen, daß das Kind H. von T . erzeugt ist; f ü r eine solche Feststellung liefert das beigeschriebene Anerkenntnis z w a r keinen Beweis, aber immerhin einen beachtlichen Anhaltspunkt. Da die tatsächliche Abgabe der Erklärung des Anerkenntnisses durch T . mit dem darin liegenden Geständnis richtig ist und nach dem Gesagten die Eintragung dieser richtigen Tatsache trotz der materiellen Unwirksamkeit im übrigen aus den angeführten Gründen als zulässig angesehen werden muß, hat das L G mit Recht die Voraussetzungen f ü r eine Berichtigung nach § 47 PStG verneint. An dieser Beurteilung vermögen auch die Ausführungen der Beschwerde nichts zu ändern, da sie — ebenso wie der Aufsatz von Wagner in StAZ 1951, 140 und der Beschluß des AG Frankfurt a. M. v o m 19. 6. 1950 — diese hier entscheidende tatsächliche Bedeutung des Anerkenntnisses übersieht. Da die Vorinstanzen somit im Ergebnis die beantragte Berichtigung mit Recht abgelehnt haben, und da die angefochtene Entscheidung des L G auch im übrigen weder materiell-rechtlich noch verfahrens-rechtlich irgendeinen Rechtsfehler erkennen läßt, w a r die weitere Beschwerde der Aufsichtsbehörde als unbegründet zurückzuweisen." 2 2 5 . Die Klage eines österreichischen unehelichen Kindes gegen seinen deutschen Erzeuger auf Feststellung der Yaterschaft ist zulässig. Es kann österreichisches dahingestellt bleiben, ob auf diese Klage deutsches oder Recht zur Anwendung kommen muß, da beide Rechtssysteme sich nur mit der sog. Zahlvaterschaft beschäftigen. — EGBGB Art. 18, 21; GG Art. 6. L G Hildesheim, Urt. v o m 29. 5. 1952 — 3 R 1699/50: DAvorm. X X V I (1953) 39. „Es kann dahingestellt bleiben, ob deutsches oder österr. Recht zur Anwendung gelangt. Beide Rechtssysteme beschäftigen sich, soweit uneheliche Kinder in Frage stehen, an sich nur mit der sog. Zahlvaterschaft, so daß weder Art. 18 noch Art. 21 EGBGB unmittelbare Anwendung finden können. Beide Rechtssysteme gehen aber auch davon aus, daß grundsätzlich nur gegen den wirklichen, biologischen „ V a t e r " Ansprüche geltend gemacht
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werden sollen, so daß bei gleicher Sach- und Rechtslage auch nur eine einheitliche Entscheidung getroffen werden kann. Im Streite der Meinungen, welche für und wider die Zulässigkeit einer Abstammungsklage unehelicher Kinder beachtliche Gründe vorbringen, die hier nicht gegeneinander abgewogen werden sollen, gibt die Kammer derjenigen Ansicht den Vorzug, welche im außerehelichen Vater- und Kindschaftsverhältnis ein „Rechtsverhältnis" erblickt und auch dem unehelichen Kinde ein schutzwürdiges Interesse daran einräumt, daß die Vaterschaft baldmöglichst, jedenfalls mit Wirkung für und gegen die Beteiligten, festgestellt werde. Es mag sein, daß der Gesetzgeber, insbesondere bei Erlaß der ZPO in der außerehelichen Vaterschaft nur eine biologische Tatsache mit einzelnen vermögensrechtlichen Folgen gesehen hat, wie es der damaligen Auffassung allgemein entsprach. Indessen sind darüber nunmehr 75 Jahre vergangen, und die gesellschaftliche Stellung der unehelichen Kinder ist derjenigen der ehelichen angeglichen; es ist keine Rede mehr von „unehrlicher" Geburt. Auch in rechtlicher Beziehung soll die Stellung der unehelichen Kinder nach Art. 6 V GG derjenigen der ehelichen Kinder angeglichen werden. Das ist zwar nur ein Programmsatz, verpflichtet aber nichtsdestoweniger schon heute die Gerichte, die berechtigten Forderungen der unehelichen Kinder durchzusetzen, soweit sie dem Gesetz nicht zuwiderlaufen. Davon kann bei dem Begehren der Feststellung der außerehelichen Vaterschaft jedoch keine Rede sein, zumal, wie erwähnt, auch das BGB bei der Unterhaltsregelung des § 1708 von der „natürlichen" Vaterschaft ausgeht, die Nachforschung nach dem „wahren" Vater mithin auch nicht verboten sein kann." 2 2 6 . Der Antrag auf die Feststellung der Vaterschaft ist nach dem Heimatrecht der Kindesmutter zu beurteilen, wenn die Feststellung der Vaterschaft nur die Grundlage für die Unterhaltspflicht abgeben soll. Nach rumänischem Recht war bis 19i9 die Vaterschaftsklage unzulässig. Die Anwendung dieser Vorschrift wird durch Art. 30 EGBGB nicht ausgeschlossen, wenn das Kind im Auslande (hier in Österreich) wohnt. — EGBGB Art. 21, 30; BGB § 1708; rumän. Zivilkodex von 1864, Art. 307; rumän. Staatsangehörigkeitsgesetze von 1924 und 1938. AG Hamburg-Blankenese, Urt. vom 5. 6. 1953 — 8 C 483/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Klage war abzuweisen, denn der Kl. hat gegen den Bekl. weder einen Anspruch auf Feststellung der Vaterschaft, noch kann er von dem Bekl. Unterhalt verlangen. Gemäß Art. 21 S. 1 EGBGB ist für die Entscheidung über die Unterhaltspflicht des Bekl. das Recht des Staates maßgebend, dem die Mutter des Klägers zur Zeit seiner Geburt angehört hat. Dies ergibt sich, soweit Unterhalt verlangt wird, aus dem Gesetz unmittelbar. Nach Auffassung des Gerichts hat es aber weiter auch für den Antrag auf Feststellung zu gelten, und zwar deswegen, weil die Feststellung der Vaterschaft des Bekl.
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hier offenbar nur die Grundlage f ü r die Unterhaltspflicht abgeben soll und nicht mit Rücksicht auf etwaige personenrechtliche Wirkungen der Vaterschaft begehrt wird (vgl. dazu Lewald, Das Deutsche Internationale Privatrecht auf Grundlage der Rechtsprechung 147; Palandi, Anm. 3 a zu Art. 21 EGBGB). Das Heimatrecht der Mutter des Kl. zur Zeit seiner Geburt war das rumänische Recht; denn die Mutter war damals rumänische Staatsangehörige. Sie hat diese Staatsangehörigkeit auf Grund Art. 2 a i. V. mit Art. 1 des rumänischen Gesetzes vom 23. 2. 1924 erworben (vgl. Die Rechtsverfolgung im Internationalen Verkehr, begründet von Leske-Loewenfeld, VII 423), weil sie als Kind rumänischer Eltern geboren ist. Diese Staatsangehörigkeit hat sie auch später, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Geburt des Kl., behalten. Insbesondere hat sie ihre rumänische Staatsangehörigkeit auch nicht auf Grund von Art. 9 der Verfassung vom 27. 2. 1938 oder auf Grund der Gesetze vom 19. 4. 1938 und vom 14. 6. 1938 oder auf Grund von Art. 46 des Gesetzes vom 20. 1. 1939 in der Fassung vom 27. 7. 1939 und 20. 10. 1939 verloren. Die Kindesmutter ist zwar in die Dienste eines fremden, nämlich des deutschen, Staates getreten; jedoch ist dies nicht ohne Genehmigung, sondern vielmehr mit ausdrücklicher Zustimmung der rumänischen Regierung geschehen; denn sie ist — wie der Kl. selbst vorgebracht hat — von den rumänischen Behörden zum Kriegseinsatz f ü r Deutschland verpflichtet worden. Auch eine Treupflichtverletzung gegenüber dem rumänischen Staate hat sie offenbar nicht begangen (vgl. zum Vorstehenden: Die Rechtsverfolgung im Internationalen Verkehr 1178 ff.). Es liegen ferner auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Mutter des Kl. die rumänische Staatsangehörigkeit gemäß Art. 41 des Gesetzes vom 20. 1. 1939 durch Beschluß des Ministerrates entzogen worden ist; und ebensowenig ist anzunehmen, daß die Mutter des Kl. auf Grund der Umsiedlungsvereinbarungen, die seinerzeit zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich getroffen worden sind, die rumänische Staatsangehörigkeit verloren hat. Das ist schon deswegen nicht anzunehmen, weil die Kindesmutter nach ihren Angaben niemals einen Umsiedlungsantrag gestellt hat (vgl. Beitzke, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Albanien, Bulgarien, Rumänien 77 und 68 f.). Schließlich hat die Kindesmutter die rumänische Staatsangehörigkeit auch nicht durch fiktiven Verzicht nach Art. 26 des Gesetzes vom 20. 5. 1947 verloren. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob dieses Gesetz rückwirkende Kraft hat; denn die Kindesmutter ist jedenfalls nicht als Freiwillige in die Dienste eines fremden Staates getreten. Ob die Kindesmutter die rumänische Staatsangehörigkeit durch ihre Heirat mit einem Österreicher verloren hat, ist unerheblich, da die Eheschließung nach der Geburt des Kl. erfolgt ist. Der in Art. 21 S. 1 EGBGB ausgesprochene Grundsatz von der Maßgeblichkeit des Heimatrechts der Kindesmutter wird hier auch nicht durch eine Weiterverweisung auf das österr. Recht eingeschränkt. Eine solche Weiterverweisung käme hier nach Ansicht des Gerichts nur dann in Betracht, wenn das Kindschaftsstatut betreffend Mutter und Kind nach rumänischem internationalen Privatrecht ebenfalls ein anderes wäre als das
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nach Art. 21 EGBGB maßgebende (vgl. dazu Raape, Internationales Privatrecht 3 234). Das ist jedoch nicht der Fall. Zwar richten sich nach rumänischem internationalem Privatrecht die Beziehungen zwischen der Mutter und ihrem unehelichen Kinde nicht nach dem Heimatrecht der Mutter, sondern nach dem des Kindes (vgl. Piastara, Répertoire du Droit International VII 69). Da der Kl. aber seinerseits im Augenblick der Geburt die rumänische Staatsangehörigkeit gem. Art. 4 Ziff. 3 des Gesetzes vom 20. 1. 1939 kraft Abstammung erwarb, besteht im Ergebnis kein Unterschied. Findet aber rumänisches Recht auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung, so sind — wie bereits gesagt — die geltend gemachten Ansprüche nicht begründet. Maßgebend sind die Bestimmungen des seit dem 15. 9. 1943 auch in Siebenbürgen geltenden rumänischen Zivilkodex vom 4. 12. 1864/15. 3. 1906 (vgl. RabelsZ 1952, 230, Anm. 4). Nach der ursprünglichen Fassung des Zivilkodex — Art. 307 daselbst — war eine Klage des unehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung von Unterhalt grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme galt kraft ausdrücklicher Gesetzesvorschrift nur im Falle der Entführung der Kindesmutter durch den Erzeuger und auf Grund ständiger Rechtsprechung außerdem auch dann, wenn der Erzeuger die Vaterschaft und seine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung schriftlich anerkannt hatte (vgl. Appellhof Bukarest, Zeitschr. für Ostrecht 1930, 535). Die Vorschrift des Art. 307 Cc ist in den letzten Jahren geändert worden, und zwar zuerst im Jahre 1943 und dann durch ein Gesetz vom 1. 4. 1949 (vgl. dazu Itzinger und Wlach, österreichisches Standesamt 1953, 20). Nach der jetzt geltenden Fassung auf Grund des letztgenannten Gesetzes ist die Klage zulässig, wenn die Mutter durch Gewalt oder List zum Geschlechtsverkehr mit dem vermuteten Vater gebracht wurde, wenn beide ein ortsbekanntes Verhältnis unterhalten haben, oder wenn die Vaterschaft schriftlich bewiesen ist. Ein Anspruch des Kl. auf Grund dieser Vorschriften ist für die Zeit vor dem 1. 4. 1949 schon deswegen nicht begründet, weil dieses Gesetz nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kl. zurückwirkt. E r ist aber auch nicht für die Zeit nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung gerechtfertigt, da hier keiner der Tatbestände, bei deren Verwirklichung das Gesetz die Klage gegen den unehelichen Erzeuger zuläßt, vorliegt. Ein Anspruch des Kl. für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 1. 4. 1949 kann aber auch offenbar nicht begründet sein nach dem am 24. 1. 1946 in Rumänien geltenden Recht. Zwar ist es dem Gericht nicht möglich gewesen, den Wortlaut der im Jahre 1943 erlassenen Bestimmungen betreffend die Änderung des Art. 307 Cc einzusehen; das Gericht hält es jedoch für ausgeschlossen, daß diese Vorschriften weiter gegangen sind als das Gesetz vom 1. 4. 1949. Die Anwendung des Art. 307 auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien wird hier auch nicht ausgeschlossen durch Art. 30 EGBGB ; denn sie verstößt weder gegen die guten Sitten noch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes, nämlich des § 1708 BGB. Diese Vorschrift will vor allem verhindern, daß uneheliche Kinder mangels ausreichender Unterstützung von Seiten ihres Erzeugers entweder verwahrlosen und dadurch eine Ge-
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f a h r f ü r die öffentliche Sicherheit darstellen, oder daß sie der öffentlichen Fürsorge zur Last fallen. Selbstverständlich liegt dem Gesetzgeber aber nur an einem Schutz der deutschen Öffentlichkeit, wie er andererseits auch nur daran interessiert ist, daß nicht Mittel eines deutschen Fürsorgeverbandes in Anspruch genommen werden. In den Fällen dagegen, in denen das uneheliche Kind im Ausland seinen Wohnsitz hat, hat der deutsche Gesetzgeber an der Verurteilung des Erzeugers zur Zahlung von Unterhalt kein besonderes Interesse. Richtigerweise hat die deutsche Rechtsprechung — soweit ersichtlich — die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB gegenüber Vorschriften nach Art des Art. 307 Cc nur Platz greifen lassen, wenn das uneheliche Kind im Inland wohnt (vgl. LG Hamburg, IPRspr. 1932 Nr. 94; LG Frankfurt, ebda 1934 Nr. 7; ferner Raape aaO 235; Lewald aaO 144). Das Gericht hat noch erwogen, ob der Klage nicht trotz des Wortlauts des Art. 307 Cc stattgegeben werden konnte, und zwar mit Rücksicht darauf, daß vielleicht das Motiv des Gesetzgebers f ü r den Erlaß dieser Bestimmung die Vermeidung von Skandalprozessen gewesen ist (vgl. Appellhof Bukarest, zitiert bei Piastara aaO 70). Wenn dem so wäre, würde es sich um eine Vorschrift lediglich prozessualer Art handeln, deren Anwendung auf das rumänische Staatsgebiet beschränkt bleiben sollte. Der deutsche Richter wäre dann nicht gebunden. Das Gericht ist indessen nicht davon überzeugt, daß es sich bei Art. 307 um eine Vorschrift ausschließlich prozessualer Art handelt. Dagegen spricht vor allem auch die Auslegung, die die entsprechende Vorschrift des französischen Cc, dem der rumänische Zivilkodex nachgebildet worden ist, erfahren hat. Der entgegengesetzten Auffassung des AG Heidelberg (IPRspr. 1945—1949 Nr. 29) hat sich das erkennende Gericht nicht anschließen können." 237. Gegen Staaten, die den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verletzen, können sogenannte Retorsionen verhängt werden. Über die Ausübung der Retorsionen kann jetzt, trotz des Art. 31 EGBGB, der Richter entscheiden (sie!). Nach dem Besatzungsrecht der amerikanischen Zone werden den unehelichen Kindern deutscher Staatsangehörigkeit keine Unterhaltsansprüche gegen die amerikanischen Erzeuger gewährt. Unter Anwendung der Retorsion sind auch den amerikanischen unehelichen Kindern die Unterhaltsansprüche zu versagen. — EGBGB Art. 21, 31; GG Art. 3, 20, 25, 92; EGZPO § 24; MRG Nr. 6; amerik. HKG Nr. 35. AG Nürnberg, Urt. vom 28. 8. 1953 — 1 C 156/52: JZ 9 (1954) 159 mit Anm. von Ferid; Nachrichtendienst des dt. Vereins f ü r öffentliche und private Fürsorge 1954, 101. Der in Nürnberg lebende Bekl., deutscher Staatsangehöriger, hielt sich bis zum Jahre 1945 in den USA auf. Im November 1945 erkannte er urkundlich im Staate New York die Vaterschaft zu dem am 1. 9. 1945 in den USA von einer Mutter mit USA-Staatsangehörigkeit geborenen Kind an und verpflichtete sich zu einer Unterhaltsleistung von monatlich 20 USDollar. Der Bekl. bezahlte bis November 1946. Mit der Klage nimmt ihn
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das Kind auf Unterhaltszahlung von diesem Zeitpunkt an in Anspruch. Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Aus den Gründen: „Die Klage ist, obwohl sie nach dem hier anwendbaren Recht der Vereinigten Staaten von Nordamerika begründet ist und obwohl gegen ihr Rechtsschutzbedürfnis aus der Devisengesetzgebung kein Einwand hergeleitet werden kann, im vollen Umfang aus völkerrechtlichen Gründen abzuweisen. Es ist ein Grundsatz der gesamten zivilisierten Welt, insbesondere des christlichen Abendlandes, daß sämtliche Menschen vor dem Gesetz gleich sein müssen. Er hat seinen Ursprung in der göttlichen Lehre des Christentums und aller fortgeschrittenen sonstigen Religionen, daß alle Menschen vor Gott gleich sind. Dieser Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz ist auch ein Grundprinzip der Vereinten Nationen. Dieser Grundsatz, der schon in der englischen „Bill of rights", der amerikanischen Declaration of Independence und den französischen „Droits de l'homme et du citoyen" vor Jahrhunderten ausgesprochen wurde und der letztmals in Art. 3 I GG feierlich deklariert wurde, gilt aber nicht nur im Verhältnis des einzelnen Bürgers zu dem Staate, dem er kraft seines Staatsangehörigkeitsrechtes angehört, sondern auch im Verhältnis des fremden Staatsangehörigen zu dem Staate, in dem er sich gastweise aufhält. Deshalb besteht auch der völkerrechtliche Grundsatz, daß gegen Staaten, die diesen Grundsatz verletzen, sogenannte Retorsionen verhängt werden können. In der Bundesrepublik Deutschland bestehen zu diesem Zwecke die Bestimmungen des Art. 31 EGBGB und des § 24 EGZPO. Darnach kann ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gegenüber Staaten eingeräumt werden, die ihrerseits deutschen Staatsangehörigen nicht die gleichen Rechte zubilligen, wie sie ihre Staatsangehörigen in Deutschland genießen. Ein Unterfall dieses Vergeltungsrechtes ist, daß Angehörigen ausländischer Staaten der Rechtsschutz in Deutschland verweigert wird, wenn sie ihrerseits deutschen Staatsangehörigen keinen Rechtsschutz zubilligen. Die USA weigern sich, unehelichen Kindern deutscher Staatsangehörigkeit den gleichen Rechtsschutz zuzubilligen, den sie ihrerseits von deutschen Staatsangehörigen f ü r uneheliche Kinder US-amerikanischer Staatsangehörigkeit fordern. Sie haben f ü r das von ihnen besetzte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein Gesetz erlassen (Art. 3 II S. 2 US-HKG Nr. 6), in dem deutschen Gerichten die Gerichtsbarkeit gegen Besatzungsangehörige in Vaterschaftssachen verboten wird, selbst wenn sich der Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit unterwirft. Dieses Gesetz ist nur vor kurzem durch das US-HKG Nr. 35 insofern etwas gemildert worden, als derartige Klagen nunmehr vor deutschen Gerichten erhoben werden können, wenn sich der Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit unterwirft. Diese Gesetzgebung der USA hat dazu geführt, daß heute in Deutschland über 80 000, darunter 4000 farbige, uneheliche Kinder vorhanden sind, für die keine Väter festgestellt und zur Unterhaltsleistung herangezogen werden können. Auch amerikanische Gerichte haben durchwegs Klagen deut28
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scher unehelicher Kinder gegen Angehörige der Vereinigten Staaten abgewiesen, indem sie analog die Bestimmungen des US-HKG Nr. 6 angewandt haben, obwohl diese nur ein Verbot f ü r die Ausübung der deutschen Gerichtsbarkeit in Vaterschaftssachen gegenüber Angehörigen der Besatzungsmacht aussprechen. Jedenfalls ist dem Gericht kein einziger Fall bekannt geworden, in dem ein amerikanisches Gericht in Deutschland oder in de» USA der Klage eines deutschen unehelichen Kindes gegenüber seinem amerikanischen Erzeuger stattgegeben hätte. Ein derartiges Vorgehen der amerikanischen gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalten gegenüber deutschen unehelichen Kindern widerspricht dem Grundsatz, daß aile Menschen vor dem Gesetz gleich behandelt werden müssen und daß niemand seiner Abstammung und seiner Herkunft wegen benachteiligt werden darf. In diesem Zusammenhang wird auf den feierlichen Grundsatz in der Proklamation Nr. 3 des Kontrollrates, die sowohl die USA als auch die UdSSR, als auch Großbritannien, als auch die französische Republik unterzeichnet haben, verwiesen: „Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich, Niemandem, was immer seine Rasse, Staatsangehörigkeit oder Religion sei, dürfen die ihm zustehenden Rechte entzogen werden." Wie im vorliegenden Falle festgestellt wurde, steht auch nach amerikanischem Recht unehelichen Kindern das Recht auf Feststellung des unehelichen Vaters und auf Unterhaltsleistung zu. Wenn man dieses Recht deutschen Kindern verweigert, so wird hierdurch auch amerikanisches Recht verletzt. Eine derartige Verweigerung ist heute nicht mehr angebracht, weil der Kriegszustand zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland schon längst aufgehoben ist und weil sogar Bestrebungen im Gange sind, die Bundesrepublik Deutschland als Verteidigungspartner gegen den Ostblock zu gewinnen. Diese Bestrebungen werden jedenfalls ernsthaft gefährdet, wenn man gegenüber deutschen und amerikanischen Vätern zweierlei Recht anwendet. Die Auffassung des Bekl., daß dies ein „außergewöhnliches Unrecht" und eine „ungeheuerliche Manifestation der Rechtlosigkeit eines besiegten Volkes" sei, dürfte von der überwiegenden Mehrheit des deutschen Volkes geteilt werden. Das Gericht weist auf diesen Punkt nicht aus einer feindseligen Einstellung gegenüber den USA hin, sondern weil es in ernster Sorge darüber ist, daß durch die Aufrechterhaltung dieses anomalen Zustandes die heute mehr denn je notwendige Freundschaft zwischen dem deutschen und dem nordamerikanischen Volk gefährdet wird. Aus diesem Grund heraus hat sich das Gericht entschlossen, seinerseits dem klagenden Kinde den Rechtsschutz zu verweigern, obwohl ihm dieser Entschluß, der hier ein unschuldiges Kind trifft, sehr schwer gefallen ist. Das Gericht geht dabei von der Erwartung aus, daß sein Urteil ein Anstoß d a f ü r werden möge, daß diese im Verhältnis zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Volk bestehende Differenz baldmöglichst auf eine faire und anständige Weise gelöst wird. In Art. 31 EGBGB und § 24 EGZPO ist dieses Retorsionsrecht zwar nur dem „Reichskanzler unter Zustimmung des Bundesrats" zugebilligt, was nach den jetzigen staatsrechtlichen Verhältnissen dem „Bundeskanzler"
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und dem „Bundesrat" entsprechen würde, auch hat das RG in RGZ 103, 262 ausgesprochen, daß der Richter ohne Anordnung dieser Regierungsorgane keine Vergeltung ausüben dürfe; diese Einschränkung kann aber nach der heutigen staatsrechtlichen Stellung der Gerichte nicht mehr aufrecht erhalten werden. Nach Art. 92 GG ist die „rechtsprechende Gewalt" den Richtern anvertraut. Der Verfassungsgeber hat mit dem Begriff „rechtsprechende Gewalt" statt des bisherigen Begriffs „Gerichtsbarkeit" klar zum Ausdruck gebracht, daß es sich um eine der Gesetzgebung und Exekutive gleichgeordnete Staatsgewalt handelt, wobei noch zu bedenken ist, daß nach Art. 20 II GG „alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht". Damit ist dem Richter, unabhängig von den Einflüssen der übrigen Gewaltenträger, die unbeschränkte Gewalt darüber anvertraut, zu entscheiden, was Rechtens ist und was nicht. Diese richterliche „Gewalt" muß auch die Befugnis des Richters umfassen zu entscheiden, ob es im Einzelfall recht und billig ist, jemandem den Rechtsschutz zuzubilligen oder zu verweigern. Er muß diese Befugnis deshalb haben, weil diese Frage nicht nur nach politischen, machtmäßigen oder reinen Zweckmäßigkeitserwägungen, wie sie seitens der gesetzgebenden und ausführenden Gewalten angestellt werden, entschieden werden kann, sondern in erster Linie nach Gerechtigkeitsgrundsätzen, wie sie im Zusammenleben der Einzelnen und der Völker gültig sind. Wenn diese f ü r das Zusammenleben der Einzelnen und der Völker allgemein gültigen Gerechtigkeitsgrundsätze verletzt werden, hat der Richter auf Grund der ihm verfassungsmäßig zustehenden „richterlichen Gewalt" den Rechtsschutz zu verweigern, ohne daß er hierzu der Ermächtigung der Regierung oder eines sonstigen Organs der gesetzgebenden oder ausführenden Staatsgewalt bedarf. Insbesondere muß der Richter dies tun, wenn Grundsätze des Völkerrechts verletzt werden, da nach Art. 25 GG die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Rundesrechts sind, den sonstigen Gesetzen vorgehen und f ü r die Rewohner des Rundesgebietes, also auch f ü r die Gerichte, unmittelbar Rechte und Pflichten erzeugen. Das Retorsionsrecht ist ein völkerrechtlich allgemein zugelassenes Recht. Sein Inhalt besteht darin, daß eine seitens eines Staates ausgehende Unbilligkeit durch eine andere Unbilligkeit vergolten wird, um den Gegner zur Aufhebung der von ihm ausgegangenen Unbilligkeit zu bewegen. Die Handhabung der amerikanischen Gesetzgebung und Rechtsprechung, die den deutschen unehelichen Kindern auch nach amerikanischem Recht zustehenden Anspruch auf Feststellung ihres Vaters und Heranziehung dieses zur Unterhaltsleistung verweigert, ist eine schwere Unbilligkeit. Sie seitens der deutschen Gerichte einfach hinzunehmen, ohne irgendwelche Schritte f ü r ihre Beseitigung zu unternehmen, würde eine schwere Pflichtverletzung f ü r jeden deutschen Richter bedeuten, der geschworen hat, das Recht gegen alle Verletzungen zu verteidigen. Es wäre jedenfalls eine schwere Ungerechtigkeit, einem amerikanischen Kinde ohne weiteres das zuzubilligen, was einem deutschen Kinde versagt wird."
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Adoption 2 2 8 . Für die Adoption eines deutschen, in Deutschland domizilierten Kindes durch einen britischen Staatsangehörigen ist das englische Recht maßgebend. Eine Rückverweisung auf deutsches Recht liegt nicht vor. Nach englischem Recht ist als Voraussetzung der Adoption das englische in dem Lande, Domizil des Kindes oder der Wohnsitz der Adoptierenden wo die Adoption stattfinden soll, zu betrachten. — EGBGB Art. 22, 27; BGB § 1754; engl. Adoption Act 1950. L G Lüneburg, 5. ZK, Beschl. vom 15. 12. 1952 — 5 T 3/52: M D R 7 (1953) 424. Der brit. Besatzungsangehörige Corporal C. und seine Ehefrau haben 1952 ein 1951 geborenes uneheliches Kind durch notariellen Vertrag an Kindes Statt angenommen. AG und L G haben die Bestätigung gemäß § 1754 BGB versagt, weil die Kindesannahme rechtsunwirksam sei. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit und die Anwendbarkeit des deutschen Verfahrensrechtes hat der Vorderrichter mit Recht bejaht. Zutreffend führt er weiter aus, daß materiellrechtlich eine wirksame Kindesannahme nur nach englischem Recht zulässig ist. Da die Annehmenden einem fremden Staat, das Kind aber der Bundesrepublik angehören, bestimmt sich gemäß Art. 22 EGBGB auf Grund des den deutschen Kollisionsnormen zugrundeliegenden Staatsangehörigkeitsgrundsatzes eine Kindesannahme nach dem englischen Recht, es sei denn, daß dieses gemäß Art. 27 EGBGB auf das deutsche Recht zurückverweist. Diese Voraussetzung wird zwar durch Raape (MDR 1948, 382) bejaht, von Löhning (ZJBlBrZ 1949, 222) aber mit zutreffenden Ausführungen, denen sich das BeschwG anschließt, verneint. Für das englische Adoptionsrecht ist der Adoptions-Act von 1950 maßgebend, der keine Rückverweisung auf das deutsche Recht enthält. Auch der brit. Residenzoffizier ist der Auffassung, daß deutsche Gerichte eine rechtmäßige Adoption nicht aussprechen können, weil die englische Rspr. mit ihren Bedingungen dabei nicht berücksichtigt wird. Voraussetzung f ü r eine nach englischem Recht wirksame Kindesannahme wäre, daß das Kind in England wohnt oder die britische Staatsangehörigen, die es annehmen wollen, ihren festen Wohnsitz im Ausland haben. Beide Bedingungen sind hier nicht gegeben. Insbesondere halten sich die Annehmenden, da der Corporal C. nur als Angehöriger der Besatzungsmacht in Deutschland ist, hier nur vorübergehend auf. Diese Anwendung der Art. 22 und 27 EGBGB entspricht auch der von dem KG, wenn auch f ü r andere ausländische Staaten, angewandten Rechtsauffassung (vgl. O L G R 42, 188; 46, 189). Nach alledem hat das AG, dem Vorschlage des brit. Residenzoffiziers folgend, den Eheleuten C. mit Recht anheimgegeben, die Mitnahme des Kindes nach England zu erwirken und dort die Adoption vornehmen zu lassen. Die beantragte Bestätigung des Kindesannahmevertrages hat es aber gemäß § 1754 I I Nr. 1 BGB mit Recht versagt."
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229. Die Wirksamkeit der Adoption ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, dem der Annehmende im Zeitpunkt der Annahme angehört. Die Rückverweisung auf deutsches Recht ist zu beachten. Nach estländischem Recht ist für die Wirksamkeit der Adoption die Einwilligung eines ehelichen Abkömmlings des Adoptierenden notwendig. — EGBGB Art. 22, 27, 29; BGB § 1741; ZPO § 561; FGG §§ 12, 27; Liv-, Est- und Kurländisches Privatrecht von 1864, Art. 177, 269. BayObLG, 2. ZS, Beschl. vom 9. 12. 1952 — 2 Z 192/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „I. Der am 7. 11. 1895 in I. (Landkreis Bamberg) geborene Michael K. ist durch notariellen Vertrag (Urkunde des Notariats Augsburg II Nr. 294 vom 31. 1. 1928) von dem aus Estland stammenden früheren Rittergutsbesitzer Hellmuth von L. an Kindes Statt angenommen worden. Hierüber wurde im Personenstandsregister des Standesamts I. (Jahrgang 1895 Nr. 3) am 2. 9. 1929 ein Randvermerk eingetragen, in dem festgestellt wurde, daß Michael K. nunmehr den Namen „von L." führe. Das AG Bamberg hat am 20. 4. 1951 auf Antrag des Landratsamtes Bamberg angeordnet, daß der bezeichnete Randvermerk zu löschen sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Wirksamkeit des Adoptionsvertrages sich nach deutschem Recht beurteile, weil der (inzwischen verstorbene) Hellmuth von L. im Jahre 1928 seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt habe. Der Vertrag sei nichtig, weil gegen das Erfordernis der Kinderlosigkeit verstoßen worden sei; der Adoptant habe einen am 27. 11. 1912 geborenen ehelichen Sohn Georg besessen. Die sofortige Beschwerde, die Michael von L. gegen diesen Beschluß eingelegt hat, ist vom LG Bamberg am 15. 2. 1952 zurückgewiesen worden. Das Beschwerdegericht geht davon aus, daß der Adoptant keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt habe und deshalb estnisches Recht anzuwenden sei. Nach diesem Recht sei der Adoptionsvertrag nichtig, weil die erforderliche Einwilligung des Deszendenten Georg von L. gefehlt habe. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des Michael von L. Zur Begründung wurde vorgetragen, daß der vom Reval-Hapsaler Friedensrichterplenum bestätigte Adoptionsvertrag sowohl hinsichtlich der formellen wie der materiellen Erfordernisse gültig sei. Es sei zweifelhaft, ob Georg von L. der wirkliche Sohn des Adoptanten sei; auch sei nicht auszuschließen, daß dieser die Ehelichkeit des Georg von L. angefochten habe. Aber auch wenn man unterstelle, daß Georg von L. ein eheliches Kind des Adoptanten sei, so ergebe das noch nicht die Nichtigkeit des Adoptionsvertrages. Denn Georg von L. sei zur Zeit der Adoption des Beschwf. noch nicht volljährig gewesen, habe also weder seine Einwilligung noch seine Ablehnung rechtsgültig erklären können. Dagegen habe der Familienälteste Otto von L. für den Familienverband seine Zustimmung zur Adoption erteilt. Dadurch sei die Einwilligung des eventuell zu bestellenden Vormunds oder Pflegers ersetzt worden. Ebenso ersetze die gerichtliche Bestätigung durch das Friedensrichterplenum die Einwilligung des Deszendenten. Der
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Beschwerdeführer trage seit über 20 Jahren unangefochten den Namen von L.; wenn er ihn ablegen müsse, erwachse ihm ein schwerer Schaden . . . III. Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde konnte jedoch keinen Erfolg haben. 1. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Entscheidung über die Wirksamkeit der Adoption nach dem Recht des Staates zu treffen ist, dem der Annehmende im Zeitpunkt der Annahme angehört (Palandt 10 , BGB, Anm. 2 zu Art. 22 EGBGB). Es ist in rechtlich einwandfreier Weise zu dem Ergebnis gelangt, daß Hellmuth von L. in dem maßgebenden Zeitpunkt die estnische Staatsangehörigkeit besessen hat. Es wäre im übrigen aber auch nicht von entscheidender Bedeutung, wenn dieser seine estnische Staatsangehörigkeit nach dem — vom LG angeführten — Estnischen Staatsbürgergesetz vom 27. 10. 1922 verloren hätte. Denn dann wäre er staatenlos gewesen und nach Art. 29 EGBGB in der bis 1938 geltenden Fassung würde es — f ü r die Frage des anzuwendenden Rechtes — auf seine frühere Staatsangehörigkeit ankommen (Achilles-Greiff 1 9 , Anm. 1 zu Art. 29 EGBGB). Anknüpfungspunkt wäre also auch dann die estnische Staatsangehörigkeit. Dafür, daß der Adoptant etwa eine neue Staatsangehörigkeit erworben hätte, liegen irgendwelche Anhaltspunkte, die zu Ermittlungen hätten Anlaß geben können, nicht vor. Das LG hat auch beachtet, daß das demnach anzuwendende estnische Recht das Domizilprinzip vertritt (vgl. Erdmann, System des Privatrechts der Ostseeprovinzen Liv-, Est- und Kurland I 57; Bergmann 2, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht I 152) und auf das Recht des Staates verweist, in dem sein Staatsangehöriger seinen Wohnsitz hat. Der angefochtene Beschluß stellt daher mit Recht darauf ab, ob der Adoptant im Jahre 1928 einen Wohnsitz in Deutschland (oder sonstwo) gehabt hat. Bei der Prüfung dieser Frage ist das LG in rechtlich einwandfreier Weise zu der Feststellung gekommen, daß Hellmuth von L. seit etwa 1924 immer auf Reisen gewesen sei und sich nirgends f ü r die Dauer niedergelassen habe. Diese einwandfrei zustandegekommene, tatsächliche Feststellung ist f ü r das Rechtsbeschwerdegericht bindend (§ 27 FGG in Verb, mit § 561 ZPO). Die Schlußfolgerung, daß der Adoptant wohnsitzlos gewesen sei und somit ein Anknüpfungspunkt f ü r die Anwendung deutschen Rechts (auf Grund Rückverweisung) fehle, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Bei der Auslegung des Rechtsbegriffes „Wohnsitz" hat das LG zutreffend das rückverweisende (estnische) Recht in Betracht gezogen (Palandt aaO Vorbem. 7 b vor Art. 7 EGBGB; RGZ 145, 86; vgl. a. Makarov, Allg. Lehren des Staatsangehörigkeitsrechtes [1947] 265 ff. [275]). 2. Der Ansicht des angefochtenen Beschlusses, daß estnisches Recht, wie es zur Zeit der Adoption galt, Anwendung zu finden habe, ist demnach zuzustimmen. Der Beschwerdeführer bekämpft diese Ansicht auch nicht, er vertritt vielmehr die Auffassung, daß die Adoption gerade nach estnischem Recht, das im Gegensatz zum deutschen Recht (§ 1741 BGB) das Vorhandensein eines ehelichen Abkömmlings nicht als absolutes Hindernis erachtet, wirksam geworden sei. Er kann damit aber nicht durchdringen. a) Unbegründet sind zunächst die Angriffe des Beschwf. auf die tatsäch-
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liehen Feststellungen des LG. Dieses ist auf Grund seiner Erhebungen, insbesondere auf Grund der in Fotokopie vorliegenden Geburtsurkunde des „Georg von L., Vater Hellmuth von L." vom 27. 11. 1912, zu der Feststellung gelangt, daß der Adoptant im Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages entgegen seiner darin niedergelegten Behauptung, kinderlos zu sein, einen leiblichen Sohn aus erster Ehe besessen habe. Wenn die weitere Beschwerde hiergegen ins Feld führt, es sei zweifelhaft, ob es sich um einen wirklichen Sohn des Adoptanten handele, und auf die Möglichkeit, daß vielleicht die Ehelichkeit angefochten worden sei, hinweist, so sind das Vermutungen, denen die Vorinstanzen nicht nachzugehen brauchten und auch — mangels näherer Anhaltspunkte — nicht nachgehen konnten. Sie haben deshalb ihre Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) nicht verletzt. Ihre Ausführungen begegnen auch sonst keinen rechtlichen Bedenken. Im übrigen ist die Überprüfung der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen dem Rechtsbeschwerdegericht, das die angefochtene Entscheidung lediglich auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen hat, verwehrt (§ 27 FGG). b) Der Beschwf. kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß der Sohn des Adoptanten im Zeitpunkt der Adoption jedenfalls noch nicht volljährig gewesen sei und keine Einwilligung oder Ablehnung habe erklären können. Richtig ist, daß auch nach estnischem Recht die Volljährigkeitsgrenze beim vollendeten 21. Lebensjahr lag (Art. 269 des Liv-, Estund Kurländischen Privatrechts von 1864, abgedr. bei Bergmann aaO 163). Der Vater als gesetzlicher Vertreter konnte aber die zur Adoption erforderliche Einwilligungserklärung des Deszendenten (Art. 177 Satz 2 aaO) keinesfalls abgeben, dieser wurde auch nicht, wie der Beschwerdeführer meint, durch den Familienältesten vertreten. Es hätte vielmehr einer besonderen Vertretung, einer „ad hoc ernannten Vormundschaft" bedurft, die f ü r den minderjährigen Deszendenten die Erklärung abzugeben gehabt hätte (Erdmann aaO I 478; vgl. auch 529 und 474). Ein solcher Vertreter ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht aufgestellt worden; die estnischen Behörden hatten dazu auch keinen Anlaß, da in der ihnen vorliegenden notariellen Urkunde der Adoptant sich fälschlich als kinderlos bezeichnet hatte. Das LG hat demnach mit Recht festgestellt, daß die zur Wirksamkeit der Adoption notwendige Einwilligung des Sohnes Georg nicht erteilt worden ist. c) Diese Einwilligung ist auch nicht, wie der Beschwf. meint, durch den Bescheid der Zivilabteilung des Reval-Hapsaler Friedensrichterplenums vom 4. 5. 1929 ersetzt worden, der dahin lautet, daß „Michael K. als Adoptivkind des Hellmuth von L. mit allen im Gesetz vorgesehenen Rechten und Folgen sowie unter Zueignung des Familiennamens von L. anerkannt" werde. Dieser Bescheid enthält seinem Wortlaut nach keine Ersetzung der Einwilligung des Deszendenten oder eine Befreiung des Adoptanten von diesem Erfordernis. Das estländische Recht sieht in seinen Adoptionsbestimmungen eine solche Ersetzung oder Befreiung auch nicht vor. Es spricht lediglich im Art. 185 aus, daß „die Adoption als vollzogen anzusehen" sei, sobald die zuständige Behörde zu derselben auf Ansuchen des
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Adoptierenden ihre Bestätigung erteilt habe. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß die gerichtliche Bestätigung noch zu den sonstigen E r f o r d e r nissen h i n z u k o m m e n m u ß , daß die Adoption erst d a n n vollzogen u n d w i r k s a m ist, w e n n auch die gerichtliche Bestätigung vorliegt. Es läßt sich aber keineswegs diese Vorschrift, wie der Beschwerdeführer meint, d a h i n auslegen, d a ß die Bestätigung den Mangel der fehlenden Einwilligung des Deszendenten heile. W e n n der estnische Gesetzgeber dies hätte bestimmen wollen, so hätte er das in seinen — sehr genau gefaßten — Adoptionsvorschriften sicherlich ausdrücklich hervorgehoben. Denn eine solche Heilung w ü r d e auch nach dem estnischen Recht von 1864 eine Ausnahme dargestellt h a b e n (vgl. Erdmann aaO I 210 f., insbesondere auch F u ß n o t e 8 auf S. 210, wo hervorgehoben wird, daß bei einer gerichtlichen Bestätigung „nur die Legitimation der Contrahenten u n d die E r f ü l l u n g der F o r m a l i e n " g e p r ü f t werde). Das LG hat zutreffend a u s g e f ü h r t , d a ß das Fehlen der gesetzlich vorgeschriebenen Einwilligung eines Dritten einen materiellrechtlichen Mangel darstelle (vgl. Nußbaum, Deutsches Internationales Privatrecht 90), der durch die gerichtliche Bestätigung nicht beseitigt werden k ö n n e u n d die Nichtigkeit des notariellen Adoptionsvertrages zur Folge habe. Der angefochtene Beschluß ist deshalb mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, d a ß die Adoption des Beschwf. nichtig u n d der zu seiner Geburtsu r k u n d e eingetragene R a n d v e r m e r k unrichtig ist. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist unbegründet. Unter diesen Umständen b e d u r f t e es keiner E r ö r t e r u n g der zunächst a u f g e w o r f e n e n Frage, ob der Adoptant im J a h r e 1928 geschäftsfähig gewesen ist; u n g e p r ü f t k o n n t e auch bleiben, ob etwa der Adoptionsvertrag zur W i r k s a m k e i t noch einer Bestätigung durch ein deutsches Gericht b e d u r f t hätte u n d ob die Abschaffung des Adels durch die Republik Estland einen Einfluß auf die N a m e n s f ü h r u n g durch den Adoptanten gehabt h a t 3. Rechtlich nicht einwandfrei ist dagegen die — vom LG gebilligte —• Entscheidungsformel des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 20. 4. 1951" (wird a u s g e f ü h r t ) . 230. Die Adoption bestimmt sich grundsätzlich nach den Gesetzen des Staates, dem der Adoptierende im Zeitpunkt der Adoption angehört, jedoch vorbehaltlich einer Rück- oder Weiterverweisung durch das Kollisiomrecht dieses Staates auf deutsche Gesetze oder Gesetze eines dritten Staates. Nach amerikanischem Kollisionsrecht unterliegt eine in den USA vorge1 Der Beschluß hat übersehen, daß in Estland die alte russische Zivilprozeßordnung in Geltung war (sie wurde 1889 eingeführt und blieb auch nach der Unabhängigkeitserklärung Estlands weiter in Kraft). Nach der ZPO konnten diejenigen, deren Rechte durch eine nicht ordnungsgemäße Adoption beeinträchtigt wurden, ihre Einwendungen nur innerhalb zweier Jahre nach der Rechtskraft des Adoptionsbeschlusses im Klagewege geltend machen, jedoch keinesfalls nach dem Tode des Adoptierenden (Art. 1460», 146012 ZPO). Da im vorliegenden Fall der Adoptierende schon vor Ablauf der zweijährigen Frist verstorben ist, konnte vom Tage seines Todes die Klage nicht mehr eingereicht werden.
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nommene Adoption der „jurisdiction" desjenigen Staates, in welchem das Adoptivkind zur Zeit der Adoption sein Domizil hat. — EGBGB Art. 22, 27; BGB §§ 1747, 1750, 1883; PStG § 30; JWG § 40; Adoptionsgesetze von New Jersey. AG Heidenheim/Brenz, Beschl. vom 17. 11. 1953 — GR 140/53: StAZ 7 (1954) 275 mit Anmerkung von Gündisch in StAZ 8 (1955) 114. In der Vormundschaftssache über den am 17. 11. 1946 in H. geborenen D. R. Ho., Sohn der Witwe R. B., geb. Ho., geboren am 23. 11. 1916 in H., deutsche Staatsangehörige, evangelischer Religion, Amtsvormund: Kreisjugendamt H., hat das AG Heidenheim/Brenz beschlossen: 1. Die Amtsvormundschaft über D. R. Ho., geboren am 17. 11. 1946, ist mit Wirkung vom 20. 6. 1952 beendet. 2. Die Beischreibung eines Randvermerks zur Geburtsurkunde des D. R. Ho. zum Geburtenbuch des Standesamts H. 1946, Nr. 838, wird dahin angeordnet, daß der US-Staatsangehörige Graphiker W. Ha. und dessen Ehefrau E. Ha., geb. R., beide wohnhaft in M., Staat New Jersey/USA, das Kind D. R. Ho. als gemeinschaftliches Kind an Kindes Statt angenommen haben; das Kind führt fortan den Namen John Walter Ha. 3. Infolge Vorliegens einer Inkognito-Adoption wird Auskunftssperre angeordnet. Aus den Gründen: „Das Kind D. R. Ho., von einem nicht ermittelten US-Besatzungsangehörigen abstammend, wurde am 17. 11. 1946 in H. zum Geburtenbuch Nr. 838/1946 als uneheliches Kind der Witwe R. B. geb. Ho. eingetragen, im Oktober 1948 an das im Staate New Jersey/USA wohnhafte Ehepaar W. und E. Ha. zur Adoption vermittelt und zur Auswanderung in die Vereinigten Staaten angemeldet. In notarieller Urkunde vom 16. 9. 1950 erteilte die Kindesmutter ihre unwiderrufliche Einwilligung zur Adoption ihres Kindes D. R. Ho. durch die in den Vormundschaftsakten inkognito angegebenen Eheleute. Durch Schreiben vom 16. 9. 1950 erklärte sich das Kreisjugendamt H. als Amtsvormund des Mündels Ho. mit der Adoption durch die Eheleute Ha./USA einverstanden. Am 11.11.1950 wurde das Kind im Flugzeug nach den Vereinigten Staaten geflogen und seit dem 12. 11. 1950 bei den Eheleuten Ha. in M/New Jersey wie ein eheliches Kind aufgenommen. Am 20. 6. 1952 adoptierten die Eheleute Ha. das Kind D. R. Ho. als gemeinschaftliches Kind durch formellen Adoptionsakt vor dem Richter des Amtsgerichts in C/New Jersey. Aus der überreichten Adoptionsurkunde geht hervor, daß das Kind fortan die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erhalten hat, die Namen John Walter Ha. f ü h r t und auf Grund des Adoptionsbeschlusses vom 20. 6. 1952 ein neuer Geburtsschein f ü r das Kind mit den Namen John Walter Ha. vom staatlichen oder städtischen Standesamt in C. ausgefertigt wurde. Dem Adoptionsrichter lag die notarielle Einwilligungserklärung der Kindesmutter vom 16. 9. 1950 vor; das Kreisjugendamt H. wurde als Amtsvormund im Verfahren nicht gehört. Das Kreisjugendamt H. hat Schlußbericht vom 22. 10. 1953 eingereicht
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und die Feststellung des rechtswirksamen Vollzugs der Adoption vom 20. 6. 1952 und der Beendigung der Vormundschaft infolge Eintritts elterlicher Gewalt durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts H. beantragt. Dem gestellten Antrag war stattzugeben. Rechtsgrundlage der vorstehenden Entscheidung bilden die internationalprivatrechtlichen Bestimmungen der Art. 22 und 27 EGBGB. Danach bestimmt sich die Kindesannahme grundsätzlich nach den Gesetzen des Staates, dem der Annehmende im Zeitpunkt der Adoption angehört (Art. 22 I), jedoch vorbehaltlich einer Rück- und Weiterverweisung durch das Kollisionsrecht dieses Staates auf deutsche Gesetze oder Gesetze eines dritten Staates (Staudinger-Raape, Kommentar zum BGB, Bd. VI, 2. Teil zu Art. 27 EGBGB, unter B, I, Ziff. I unter Hinweis auf die Grundsätze des Personalstatuts). Ist der Annehmende Ausländer, so findet als materielles Adoptionsrecht dessen Auslandsrecht (Heimatrecht) Anwendung. Gehörte der Annehmende einem fremden Staate an, während das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (so im vorliegenden Falle), so ist die Adoption unwirksam, wenn die nach den deutschen Gesetzen erforderliche Einwilligung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, nicht vorliegt (Art. 22 II EGBGB). Insoweit, aber auch nur insoweit, tritt also zum Auslandsrecht des Adoptierenden deutsches Kollisionsrecht ergänzend hinzu. Diese internationalprivatrechtliche Regelung des Art. 22 I und II EGBGB gilt sowohl bei Bestätigung eines in Deutschland abgeschlossenen Adoptionsvertrages, als auch bei der Prüfung der Rechtsgültigkeit einer im Ausland vollzogenen Adoption (StaudingerRaape, zu Art. 22 Anm. IV Ziff. 1, unter b). Soweit die subsidiäre Anwendung des Abs. 2 des Art. 22 EGBGB in Frage kommt, hat ein deutsches Kind gemäß § 1750 I Satz 2 BGB erst nach vollendetem 14. Lebensjahr bei seiner Adoption persönlich mitzuwirken und seine Zustimmung hierfür zu geben; außerdem muß die Mutter eines unehelichen Kindes zufolge § 1747 BGB ihre Einwilligung zur Adoption erteilen. Ein Verstoß gegen diese deutschen Vorschriften liegt in vorliegendem Falle nicht vor, da das Kind D. R. Ho. im Zeitpunkt der Adoption (am 20. 6. 1952) noch nicht 14 Jahre alt war und die uneheliche Mutter in notarieller Urkunde vom 16. 9. 1950 zur vorliegenden Inkognito-Adoption einwilligte. Zum Kreisjugendamt H. als Amtsvormund steht das Kind in keinem familienrechtlichen Verhältnis, so daß eine Einwilligung des Amtsvormunds aus dem Gesichtspunkt der Einwilligungserfordernisse des Art. 22 II EGBGB nicht zu fordern ist. Entscheidend ist nun, ob bei der US-Staatsangehörigkeit der Adoptiveltern und bei deren Wohnsitz im Staate New Jersey/USA gemäß dem Grundsatz des Art. 22 I EGBGB das in erster Linie anwendbare Heimatrecht der Adoptiveltern, hier also das Adoptionsrecht ihres Wohnstaates New Jersey, bei Vollzug der Adoption vom 20. 6. 1952 durch den Adoplionsrichter des Amtsgerichts in C. beachtet wurde. Das in Geltung befindliche Adoptionsrecht des Staates New Jersey ist, wie auch aus dem Inhalt der überreichten Adoptionsurkunde vom 20. 6. 1952 ersichtlich, in den revidierten Landesgesetzen Titel 9, Kapitel 3 geändert durch Gesetze von 1938 und 1939, Kapitel 355, durch Gesetze von
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1940, Kapitel 210, Gesetze von 1944, Kapitel 239 und Gesetze von 1945, enthalten. Danach kann jede unverheiratete volljährige Person, ein Ehemann mit der Zustimmung seiner Frau, eine Ehefrau mit der Zustimmung ihres Mannes, oder Ehemann und Ehefrau zusammen, einen Antrag an das Waisengericht (Orphans' Court = Vormundschaftsgericht) des Kreise» richten, in welchem der Antragsteller oder ein minderjähriges Kind wohnt, um die Erlaubnis zu erhalten, ein solches Kind zu adoptieren und die Namensänderung eines solchen Kindes herbeizuführen. Die Unterbringung eines Kindes zwecks Adoption muß Privatpersonen und juristischen Personen besonders genehmigt werden, widrigenfalls empfindliche Geldstrafen verhängt werden ( § 1 1 ) . Zum Adoptionsalter ist geregelt (§ 2), daß die adoptierenden Eltern mindestens 10 Jahre älter als das adoptierte Kind sein müssen und erst nach Erreichung des 21. Lebensjahres adoptieren können; außerdem müssen sie Bürger der Vereinigten Staaten sein oder ihre Absicht, Bürger der USA zu werden, formell erklärt haben. Mit dem Antrag auf Adoption sind dem Gericht folgende schriftliche Zustimmungserklärungen formgerecht einzureichen (§ 4): a) vom Adoptivkind selbst, wenn es über 14 Jahre alt ist, sonst: b) von den Eltern des Kindes, oder: c) von einem Elternteil, wenn der andere Teil tot, unbekannt oder unzurechnungsfähig ist oder letzterem die Elternrechte entzogen sind . . oder: d) vom gesetzlichen Vormund des Kindes, wenn beide Eltern tot, unbekannt oder unzurechnungsfähig sind oder sich ihren elterlichen Pflichten entzogen haben; k) bei ehelichen oder unehelichen minderjährigen Kindern ist die Zustimmung eines Elternteils, unabhängig vom Alter dieses Elternteils zur Zeit der Erteilung der Zustimmung zur Adoption des minderjährigen Kindes, gültig und bindend (Fassung der Gesetze von 1944 Kapitel 239). Das Gericht entscheidet durch Adoptionsbeschluß (§ 5), wenn das Kind im Haushalt des Antrst. oder der Antrst. wenigstens ein Jahr hindurch vor Eingang des Antrags ununterbrochen gewohnt hat; das Gericht kann aber nach Würdigung des Nutzens des Kindes und nach freiem Ermessen den Adoptionsbeschluß bereits dann erteilen, wenn das Kind in der neuen Heimat mindestens 6 Monate gewohnt hat. Bei Vorlage des Adoptionsantrags (§ 6) bestimmt das Gericht einen Verhandlungstermin, um den Adoptionsantrag zu prüfen und die beteiligten Parteien unter Eid zu vernehmen; außerdem wird vom Gericht bestimmt, daß eine Untersuchung des Adoptionsantrags stattfindet, indem die Untersuchung von einem Waisenhaus, Kinderheim oder von einer Gesellschaft . . . durchgeführt wird, die nach den Gesetzen des Staates New Jersey die Sorge f ü r Kinder ausübt und die Möglichkeiten einer solchen Untersuchung hat, wobei die Religion des Kindes gebührend zu berücksichtigen ist. Im Adoptionstermin (§ 7) verhandelt das Gericht über den Adoptionsantrag, führt die Vernehmung der beteiligten Adoptionsparteien unter Eid durch und prüft auf Grund der Untersuchungen und der Zeugenaussagen, ob der Antrst. einen
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moralisch einwandfreien Charakter hat, in der Öffentlichkeit einen achtbaren Ruf besitzt und fähig ist, das zu adoptierende Kind in geeigneter Weise zu unterhalten und zu erziehen. Ferner, ob auf Grund der Untersuchung die Interessen des Kindes durch die beabsichtigte Adoption aufs beste gefördert werden. Das Gericht fertigt sodann (§ 7) den Adoptionsbeschluß und bestimmt den Namen, den das Kind nach der Adoption tragen wird. Über die Adoption wird ein Protokoll aufgenommen (§ 8). Diese formellen und sachlichen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. In formeller Hinsicht hat der Adoptionsrichter des C. County Court, zuständig f ü r den Wohnsitz der Eheleute Ha., deren Adoptionsantrag vom 9. 5. 1952 er entgegengenommen hat, den Verhandlungstermin vom 20. 6. 1952 anberaumt und die Untersuchung des Antrags durch die „Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeiten an Kindern" des Kreises C. angeordnet und auf Grund dieser Ermittlungen im Termin vom 20. 6. 1952 nach Verhören der Antragsteller und der Zeugen den Adoptionsbeschluß erlassen, wie er in formeller Urkunde vom 20. 6. 1952 vorliegt. In sachlicher Hinsicht war die Anwendung des Adoptionsrechts des Staates New Jersey zutreffend. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist ein einheitliches Kollisionsrecht, so auch auf dem Gebiete der Adoption, auf gesetzlicher Grundlage nicht geschaffen, so daß lediglich die allgemein anerkannten Grundzüge des nordamerikanischen Kollisionsrechts, wie sie aus Rechtsprechung und Gewohnheitsrecht hervortreten, anzuwenden sind (s. Neuhaus, im 9. Beiheft der Deutschen Rechtszeitschrift 1949, 7 ff.). Danach unterliegt eine in den USA vorgenommene Adoption der „Jurisdiction" desjenigen Staates, in welchem das Adoptivkind zur Zeit der Adoption sein Domizil hat (so auch Rabel, The Conflict of Laws Bd. I, 1945, S. 637), und es finden damit die allgemeinen Grundsätze des auf common law beruhenden Domizilrechts Anwendung, wonach eine Person nur ein einziges Domizil haben kann und bei Kindern in erster Linie das „domicil of origin", also das Wohnsitzrecht des Geburtsorts des Kindes maßgebend ist. Das in zweiter Linie geltende „domicil of choice", d. h. Wohnsitz und Wohnsitzrecht nach freier Wahl bei tatsächlicher Niederlassung (factum of removal) und bei der Absicht der dauernden Niederlassung unter endgültiger Aufgabe des früheren Domizils (animus manendi) soll — besonders nach dem klassischen Prinzip des Domizilrechts in Großbritannien —• nur unabhängigen Personen, d. i. nur Vollgeschäftsfähigen, zustehen (vgl. Bentwich, Entwicklung des Domizilgrundsatzes, in RabelsZ 1931, 57; 1932, 715). Im vorliegenden Falle der Übersiedlung eines deutschen Kindes nach den Vereinigten Staaten fragt es sich daher, ob ein Wechsel des Geburtendomizils durch Verlegung des Wohnsitzes des Kindes von dem einen Staat in den anderen nach dem Domizilrecht der Vereinigten Staaten f ü r zulässig zu erachten ist. Diese Grundfrage ist zu bejahen. Während im deutschen Kollisionsrecht das kontinental-europäische Staatsangehörigkeitsprinzip maßgebend ist und ein Wechsel der Staatsangehörigkeit in der Regel nicht ohne Mitwirkung der beteiligten Staaten bewirkt werden kann, ist gerade nach dem amerikanischen Domizilrecht,
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welchem eine erheblichere Beweglichkeit zukommt, ein Domizil- und Statutenwechsel durch Verlegung des Wohnsitzes leichter möglich, wenngleich Schwierigkeiten und Unsicherheiten damit nachteilig verbunden sind (Raape, Internationales Privatrecht [1950] 39, 261). Da eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des USA-Kollisionsrechts fehlt, ist gerade nach USARecht bei Minderjährigen ein Domizilwechsel zuzulassen, und zwar nicht in der Form einer eigenen und selbständigen Wohnsitzverlegung des Minderjährigen, sondern in der Form, daß der gesetzliche Vertreter oder der Sorgeberechtigte dieser Wohnsitzverlegung zustimmt, und damit die zwangsweise Gebundenheit eines Kindes (Mündels) an ein früheres „domicil of origin" aufgehoben und entsprechend seinen neuen Lebensverhältnissen ein neues Domizil begründet wird. Bei den anders gearteten Verhältnissen und den Lebensbedürfnissen der Nordamerikaner ist in der neueren Rechtsentwicklung ein stetes Abrücken, ja sogar ein Freimachen vom starren Domizilbegriff Großbritanniens festzustellen und ermöglicht die Zulassung des Domizilwechsels in weit größerem und freizügigem Maße. In dieser Richtung bestätigt Raape, Internationales Privatrecht 3 [1950] 53, die Loslösung des USA-Domizilrechts vom strengen Domizilrecht Großbritanniens und f ü h r t unter Mitteilung von Literatur und Rechtsprechung aus, daß allem Anschein nach das Domizil des USA-Rechts sich im wesentlichen mit dem deutschen Wohnsitz deckt. Unter Anwendung dieses freizügigen Kollisionsrechts der USA hat sich daher auch im vorliegenden Falle der Wohnsitzwechsel des minderjährigen D. R. Ho. von Deutschland zu den USA, damit vom deutschen Recht zu USA-Recht, dadurch vollzogen, daß sowohl die Kindesmutter als auch das Jugendamt (als Amtsvormund) der endgültigen Übersiedlung dieses Kindes nach den USA zustimmten, wie auch die Mutter laut Schreiben vom 11. 10. 1948 mit Spannung auf die Antwort aus Amerika zwecks Durchführung der Adoption mit den ihr unbekannten Adoptiveltern wartete. Kurz vor Abflug des Kindes nach USA erteilten Kindesmutter und Jugendamt ihre Einwilligung am 16. 9. 1950. Dieser Wille des gesetzlichen Vertreters und der sorgeberechtigten Mutter war auf unwiderruflichen Wohnsitzwechsel des Kindes gerichtet und bewirkte bereits mit dem 16. 9. 1950, also beinahe 2 Jahre vor der Adoption, den Wohnsitzwechsel des Kindes von Deutschland nach den Vereinigten Staaten. Nach nordamerikanischem Domizilrecht ergibt sich die ausschließliche Anwendung des materiellen Adoptionsrechts des Staates New Jersey, in dem bei der Ausschließlichkeit dieser Rechtsanwendung kein Fall von Rückverweisung (EGBGB Art. 27) vorliegt. In Übereinstimmung mit dem Adoptionsrecht von New Jersey hat der Adoptionsrichter den vorliegenden Adoptionsvorgang zutreffend geprüft, indem er feststellte: 1. auf Seiten der Adoptierenden: den ernstlichen Adoptionswillen, das Adoptionsalter, deren guten moralischen Charakter, ehrenwerten Ruf, geordnete Einkommensverhältnisse, 2. auf Seiten des Adoptivkindes: die erforderliche Aufenthaltszeit, die Wahrung der Kindesinteressen durch die Adoption und die Einwilligung der Mutter zur Adoption.
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Nach dem Adoptionsrecht von New Jersey ist die alleinige Zustimmung der Kindesmutter zur Wahrung der Kindesinteressen als ausreichend zu erachten, da nach der ausdrücklichen Vorschrift des New Jersey Adoptionsgesetzes § 4, unter k), bei . . . unehelichen minderjährigen Kindern die Zustimmung eines Elternteils gültig und bindend ist, und zwar unabhängig vom Alter dieses Elternteils zur Zeit der Erteilung der Zustimmung zur Adoption des minderjährigen Kindes (Fassung des Gesetzes von 1944, Kapitel 239). Die formelle Vertretung des Mündels durch das Kreisjugendamt H. oder dessen formelle Anhörung ist im USA-Adoptionsverfahren nicht zu fordern, da — entgegen dem Vertragsprinzip des deutschen Adoptionsrechts (§§ 1741, 1750 BGB) — im Adoptionsrecht des Staates New Jersey lediglich eine unmittelbare Mitwirkung der Adoptierenden vorgesehen ist, somit an Stelle eines Adoptionsvertrages der staatliche Hoheitsakt des Adoptionsbeschlusses tritt und damit eine formelle Vertretung des Kindes (Mündels) im USA-Adoptionsverfahren nicht erforderlich ist. Bei dieser grundsätzlichen Verschiedenheit der Adoption besteht daher auch keine Veranlassung, wegen formeller Nichtanhörung des Kreisjugendamts H. etwa eine nachträgliche Genehmigung der USA-Adoption auf diplomatischem Wege herbeizuführen (vgl. Beitzke, StAZ 1953, 97). Nach Bejahung der Rechtswirksamkeit der vorliegenden Adoption war daher die Beendigung der Amtsvormundschaft des Kreisjugendamts Hentsprechend den §§ 1883 BGB, 40 JWG anzuordnen und gemäß § 30 PStG i. V. m. § 59 IV der 1. AVoPStG die Beischreibung eines Randvermerks über die Adoption in der Geburtsurkunde des Kindes zu veranlassen. Die Wirkungen der rechtsgültigen Adoption bestimmen sich ebenfalls nach dem Adoptionsgesetz des Staates New Jersey. Nach § 9 dieses Adoptionsgesetzes werden mit der Eintragung des Adoptionsbeschlusses die leiblichen Eltern des Kindes . . . aller gesetzlichen Rechte und Pflichten, die sie dem Kind oder das Kind ihnen schuldet, entkleidet, und das Kind wird dadurch von allen gesetzlichen Gehorsamspflichten oder sonstigen Pflichten gegenüber den Eltern frei. Die Adoptiveltern werden nunmehr mit jedem gesetzlichen Recht im Hinblick auf Gehorsam und Unterhalt des Kindes ausgestattet, als wenn das Kind in ihrer gültigen Ehe geboren wäre. Das Adoptivkind erhält seinerseits die volle rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes, insbesondere die Rechte auf Erziehung, Unterhalt, Erbschaft. Die USA-Staatsangehörigkeit wird durch die Adoption in USA nicht automatisch erworben, wie sich aus dem Nationality Act von 1940, Section 316, und nunmehr aus dem neuen Immigration and Nationality-Act von 1952, Section 323, ergibt (dazu Ferid, Staatsangehörigkeitsrecht der Vereinigten Staaten [1951] 49 nebst Nachtrag von 1953 S. 14). Ein in USA adoptiertes Kind hat aber das Recht auf Einbürgerung, wenn das Adoptivkind mindestens 5 Jahre vor Antragstellung in den USA sich aufgehalten hat, zum dauernden Aufenthalt in den USA ordnungsmäßig zugelassen ist, vor Erreichung seines 16. Lebensjahres adoptiert wurde, die Adoptiveltern US-
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Staatsangehörige sind und mindestens 2 Jahre vor Antragstellung die Adoption vorgenommen sowie die elterliche Gewalt über das Adoptivkind ausgeübt haben."
3. Vormundschaft Siehe auch Nr. 191, 208, 222 2 3 1 . Zur Aufhebung der im Ausland erfolgten Entmündigung eines Ausländers sind nur dessen Heimatbehörden zuständig. Die im Inlande bestellte Vormundschaft über einen entmündigten Ausländer kann beim zuständigen Wechsel des Aufenthalts dem für den neuen Aufenthaltsort Amtsgericht abgegeben werden. — FGG § 46; ZPO §§ 675, 685. BayerObLG, Beschl. vom 16. 1. 1950 — Reg. Nr. IV 2/50: HEZ 3, 90 (Nr. 31). „Das AG Neukölln f ü h r t die Vormundschaft f ü r den volljährigen österreichischen Staatsangehörigen W., der 1936 in Österreich entmündigt worden ist. Als er sich während des letzten Krieges in Berlin aufhielt, wurde ein dort wohnhafter Handwerksmeister zum Vormund bestellt und die Vormundschaft an das AG Neukölln abgegeben. Schon 1944 verließ W. Berlin wieder, kehrte 1945 f ü r einige Zeit in seine Heimat nach Tirol zurück, begab sich aber dann neuerdings nach (West-) Deutschland. Hier wurde er 1947 verhaftet und 1948 wegen verschiedener Straftaten zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt, gleichzeitig wurde nach § 51 II mit § 42 b StGB seine Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt angeordnet. Die Gefängnisstrafe hat W. in der Strafanstalt Straubing bis Ende Mai 1950 zu verbüßen. W., der die Aufhebung seiner Entmündigung anstrebt, regte an, die Vormundschaft nach Straubing abzugeben; sein Vormund hat sich damit einverstanden erklärt. Das dementsprechend vom AG Neukölln gestellte Ersuchen um Übernahme der Vormundschaft hat das AG Straubing mit dem Bemerken abgelehnt, daß beim AG Neukölln — nach den Angaben des W. seit 1943 — ein Verfahren auf Aufhebung der Entmündigung schwebe. Das AG Neukölln hat daraufhin die Akten zur Entscheidung gemäß § 46 FGG mit dem Beifügen vorgelegt, daß nach den von der Registratur getroffenen Feststellungen ein Entmündigungsaufhebungsverfahren nicht anhängig sei. Das Bayer. Oberste Landesgericht, zur Entscheidung des Abgabestreits nach § 46 II FGG in Verbindung mit § 6 II des BayerG 124 vom 11.5. 1948, GVB1. 83, an Stelle des OLG Nürnberg berufen, hat dem Standpunkt des AG Neukölln beizutreten. Aus den Gründen: „Es kann offen bleiben, ob beim AG Neukölln ein Verfahren auf Aufhebung der Entmündigung nach §§ 675 oder 685 ZPO anhängig geworden und noch anhängig ist. W. ist österreichischer Staatsangehöriger und als solcher im Jahre 1936 vom österreichischen Bezirksgericht Schwaz entmündigt worden. Zur Wiederaufhebung der im Ausland erfolgten Entmündigung eines Ausländers sind aber lediglich dessen Heimatbehörden berufen
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(vgl. je zu § 676 ZPO Stein-Jonas16, Anm. III, Baumbach, Anm. 1); das AG Neukölln ist hiefür so wenig zuständig wie das AG Straubing. Das beim AG Neukölln möglicherweise anhängige Aufhebungsverfahren weiter zu betreiben, wäre demnach gänzlich zwecklos, da dieses Verfahren keinesfalls mit der angestrebten Aufhebung der vom Bezirksgericht Schwaz ausgesprochenen Entmündigung enden könnte. Infolgedessen besteht kein Anlaß, mit Rücksicht auf dieses Verfahren die Vormundschaft weiterhin in Berlin zu führen. Andererseits steht fest, daß der Entmündigte seit dem Jahre 1944 alle Beziehungen zu Berlin gelöst hat und auch heute nicht beabsichtigt, dorthin zurückzukehren. Der Vormund ist nicht nur mit der Abgabe der Vormundschaft, sondern auch mit der Entlassung aus seinem Amt einverstanden. Diese Maßnahme und damit die Bestellung eines anderen Vormunds am jetzigen Aufenthaltsort des Mündels ist überdies nach § 1886 BGB geboten, da die Interessen des Entmündigten den Umständen nach durch einen in Berlin wohnhaften, durch keine persönlichen Beziehungen mit ihm verbundenen Vormund schon der großen räumlichen Entfernung wegen nicht mehr in der Weise und in dem Umfang wahrgenommen werden können, wie es sein Wohl erfordert (vgl. OLG 6, 45). Befinden sich aber Mündel und Vormund im Bezirk des AG Straubing, so gestaltet sich die vormundschaftsgerichtliche Betreuung wesentlich einfacher und zweckmäßiger, wenn die Vormundschaft an diesem Ort geführt wird. Dies gilt insbesondere f ü r die Beratung des Vormunds bei einem etwaigen Versuch, die Aufhebung der Entmündigung zu erreichen (vgl. hiezu §§ 50 ff. der österr. Entmündigungsordnung vom 28. 6. 1916), vor allem aber auch f ü r die weiteren Verhandlungen, die wegen der Übernahme der Fürsorge f ü r den Entmündigten mit dessen Heimatbehörden zu pflegen sein werden (vgl. hiezu Schlegelberger, FGG § 47 Anm. 7, § 36 Anm. 20; Palandt, Art. 23 EGBGB Anm. 3 b; KG in OL GR 2, 260 = RJA 2, 55). Damit sind wichtige Gründe f ü r die Abgabe der anhängigen Vormundschaft an das AG Straubing gegeben. Daß der Entmündigte seinen Aufenthalt in absehbarer Zeit möglicherweise wieder wechseln wird, ändert nichts daran, daß die Abgabe gegenwärtig zweckentsprechend erscheint (vgl. Schlegelberger, FGG § 46 Anm. 4; OLGR 10, 104; JFG 4, 82). Nach alledem war das AG Straubing für verpflichtet zu erklären, die Vormundschaft zu übernehmen." 2 3 ä . Die Abwesenheitspflege ist, soweit es sich um die aus Vermögenskontrolle entlassenen Vermögen handelt, in West-Berlin nicht unter Anwendung des Art. 23 EGBGB, sondern von den durch die Militärregierung zu bestimmenden Amtsgerichten zu bestellen. — EGBGB Art. 23; Anordnung Nr. 4 zum MRG Nr. 52. LG Berlin, 24. ZK, Besclil. vom 24. 10. 1952 — 24 T 759/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Abwesende ist Eigentümerin der Grundstücke Berlin SO 36, L.Straße 20 und Berlin N, A.-Straße 118/119. Im Jahre 1943 wurden die
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Grundstücke auf Grund der VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates vom 17. 9. 1940 von der Treuhandstelle Ost beschlagnahmt. Der Aufenthalt der Eigentümerin, die ihren letzten Wohnsitz in Warschau gehabt hat, ist unbekannt. Am 10. 1. 1946 ordnete das AG Tempelhof-Kreuzberg eine Abwesenheitspflegschaft f ü r die Eigentümerin an und bestellte Rechtsanwalt Dr. Sch. zum Abwesenheitspfleger mit dem Wirkungskreis der Vertretung der Abwesenden in vermögensrechtlichen Angelegenheiten hinsichtlich des Grundstückes L.Straße 20. Dieses Amt wurde ab 21. 8. 1947 von Rechtsanwalt M. übernommen. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Abwesende auch Eigentümerin des Grundstücks A.-Straße 118/119 ist, wurde der Wirkungskreis des Pflegers auch auf dieses Grundstück ausgedehnt. Hinsichtlich des Grundstücks L.-Straße 20 teilte der Custodian der Amerikanischen, Britischen und Französischen Militärregierung unter dem 27. 1. 1949 mit, daß eine Vermögenskontrolle über dieses Grundstück, auf das an sich das Gesetz Nr. 52 Anwendung finde, nicht ausgeübt werde, weil vom AG bereits ein Abwesenheitspfleger bestellt sei. Das Grundstück A.-Straße 118/119 stand bis zum 1. 2. 1952 unter der Schutzaufsicht des Treuhänders der Amerikanischen, Britischen und Französischen Militärregierung f ü r zwangsübertragene Vermögen und wurde dann aus der Treuhandschaft entlassen. Am 23. 5. 1951 hat der Beschwf. beantragt, die Abwesenheitspflegschaft aufzuheben. Er sei am 9. 9. 1949 vom Amtsgericht Lodz zum Abwesenheitspfleger f ü r Rosa H., die die polnische Staatsangehörigkeit besitze, bestellt worden. Gemäß Art. 23 EGBGB habe diese Pflegschaft den Vorrang vor der von dem deutschen Gericht angeordneten, so daß die vom AG Tempelhof-Kreuzberg eingeleitete Abwesenheitspflegschaft aufgehoben werden müsse. Das AG Tempelhof-Kreuzberg hat diesen Antrag durch den angefochtenen Beschluß abgelehnt und ausgeführt, daß der Beschwf. die polnische Staatsangehörigkeit der Abwesenden nicht nachgewiesen habe. Die bloße Tatsache, daß die Grundstücke des Pfleglings seinerzeit von der Treuhandstelle Ost beschlagnahmt worden seien, reiche nicht aus, um ihre polnische Staatsangehörigkeit als erwiesen anzusehen. Ein großer Teil der Grundstücke sei damals nur deshalb beschlagnahmt worden, weil es sich hierbei um jüdisches Eigentum gehandelt habe. Gegen diesen Beschluß hat der Beschwf. am 21.7. 1951 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, daß schon die Tatsache, daß die Abwesende von 1923 bis 1943 in Polen gewohnt habe, für die Annahme der polnischen Staatsangehörigkeit ausreiche. Auch das Einwohnermeldeamt Warschau habe unter dem 28. 12. 1951 schriftlich mitgeteilt, daß Rosa H., geboren am 1. 1. 1882, die polnische Staatsangehörigkeit besitze. Hinzu komme, daß auch die Militärregierung, die das Grundstück A.-Straße unter Treuhandschaft gestellt habe, das Vermögen der Abwesenden als „propriété polonaise" gef ü h r t habe. Weiterhin seien die Grundstücke nicht nur von der Haupttreuhandstelle Ost im Jahre 1943 auf Grund der sogenannten Polenverordnung beschlagnahmt worden, sondern es sei auch von der Haupttreuhandstelle 29
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Ost ein Konto Rosa H. geführt worden. Nach alledem sei die polnische Staatsangehörigkeit der Abwesenden außer Zweifel und die Pflegschaft wegen der Kollision mit Art. 23 EGBGB aufzuheben. Die nach §§ 19, 20 FGG zulässige Beschwerde konnte sachlich keinen Erfolg haben. Zwar konnte sich die Kammer den einleuchtenden Argumenten, die f ü r die polnische Staatsangehörigkeit der Abwesenden sprechen, nicht verschließen und hat entgegen der Annahme der ersten Instanz die polnische Staatsangehörigkeit der Abwesenden als zutreffend angenommen. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß das Vermögen der Abwesenden auf Grund der Polenverordnung von der Haupttreuhandstelle Ost im Jahre 1943 beschlagnahmt worden ist, hat eine gegenteilige Ansicht weitaus weniger Wahrscheinlichkeit für sich. Für einen späteren Wechsel der Staatsangehörigkeit liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Jedoch ist der angefochtene Beschluß im Ergebnis zutreffend, weil im vorliegenden Fall der Art. 23 EGBGB, der normalerweise den Antrag des Beschwf. rechtfertigen würde, auf Grund des vorgehenden Besatzungsrechts keine Anwendung finden kann. Gemäß der allgemeinen Anordnung Nr. 4 zum MRG Nr. 52 sind f ü r die aus der Vermögenskontrolle entlassenen Vermögen von den durch die Militärregierung zu bestimmenden Amtsgerichten Abwesenheitspfleger zu bestellen. Die Anordnung der Amerikanischen Militärregierung— Abt. Vermögenskontrolle — vom 10. 10. 1949 besagt hierzu ergänzend, daß f ü r die im amerikanischen Sektor freigegebenen Vermögen von den Amtsgerichten des amerikanischen Sektors Abwesenheitspfleger zu bestellen sind. Gemäß der Verfügung des Leiters der Abteilung Rechtswesen vom 20. 10. 1949 — 1413 III. / F. 1. 49 (25) — haben die Zuständigkeitsbestimmungen des § 39 FGG, Art. 23 EGBGB außer Betracht zu bleiben, weil die durch die angeführte Anordnung bestimmten Gerichte f ü r die Bestellung eines Abwesenheitspflegers ausschließlich zuständig sind. Diese Rechtsauffassung ist vom Amt des Hohen Kommissars der Vereinigten Staaten f ü r Deutschland, Sektor Berlin, mit Schreiben des Leiters der Vermögenskontrolle vom 9. 11. 1951 ausdrücklich bestätigt worden. Auf Grund dieser Bestätigung ist die Verfügung des Senators f ü r Justiz vom 24. 11. 1951 — 1413 E — III. F. 1. 49 (25) A — ergangen, die nochmals auch f ü r das polnische Vermögen ausdrücklich klarstellt, daß eine vom Amtsgericht Lodz angeordnete Abwesenheitspflegschaft nicht anerkannt werden kann und in jedem Fall der Art. 23 EGBGB außer Betracht zu bleiben hat. Für das in der A.-Straße, also im französischen Sektor von Berlin, gelegene Grundstück, kommt die Anordnung der französischen Militärregierung vom 31. 1. 1950 — Nr. 348/COB/CH/P — zur Anwendung, die ebenfalls die vom Amtsgericht Lodz eingeleiteten Abwesenheitspflegschaften f ü r unwirksam und den Art. 23 EGBGB für unanwendbar erklärt. Im übrigen wird auf den die gleiche Sachlage im Britischen Sektor von Berlin behandelnden Beschluß des LG Berlin vom 30. 11. 1949 — 24 T 2083/49 — Bezug genommen. Die Zuständigkeit des AG Tempelhof-Kreuzberg ist auch für das im französischen Sektor gelegene Grundstück gegeben. Nach den angeführten
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Vorschriften soll bei mehreren Grundstücken des gleichen Eigentümers in verschiedenen Sektoren dasjenige AG tätig werden, in dessen Bezirk der Schwerpunkt des betreffenden Vermögens liegt. Es bestehen daher keine Bedenken dagegen, daß das AG Tempelhof-Kreuzberg, das ursprünglich nur f ü r das in seinem Bezirk gelegene Grundstück L.-Straße tätig geworden ist, zusätzlich das Grundstück A.-Straße mitbetreut. Es war daher wie geschehen zu beschließen."
4. Jugendrecht 2 3 3 . Die Fürsorgeerziehung kann als vorbeugende und als heilende auch gegenüber ausländischen und staatenlosen Minderjährigen angeordnet werden. Das Rechtsverhältnis zwischen einer Frau, die ein Flüchtling aus Ungarn ist und der Obhut der IRO untersteht, und ihrer minderjährigen Tochter bestimmt sich nach deutschem Recht. — EGBGB Art. 19; JWG §§ 1, 35; AHKG Nr. 23 Art. 10. BayObLG, 1. ZS, Beschl. vom 24. 8.1953 — BReg 1 Z 108/53: BayObLGZ 1953, 289; JR 8 (1954) 145; Entsch. JFR 3 (1954) 28. Aus den Gründen: „I. Die am 20. 3. 1940 in Budapest geborene Ilona H. stammt aus der Ehe der Kaufmannseheleute I. H. und I. geb. S. Nach Angabe der Ehefrau H. wurde ihre Ehe am 3. 8. 1945 von einem ungarischen Gericht geschieden und das Kind I. ihr zugesprochen. Im Jahre 1948 verließ die Mutter mit I. Ungarn und ging nach Bayern. Mutter und Tochter halten sich seitdem in Bayern auf; vom Dezember 1950 bis zum Januar 1953 hatten sie ihren Wohnsitz in N. Seit Januar 1953 lebt die Mutter in F. Sie und ihre Tochter besaßen vor dem Verlassen Ungarns die ungarische Staatsangehörigkeit. Jetzt unterstehen sie der Obhut der IRO. Am 3. 10. 1952 ordnete das AG N. f ü r I. H. die eilige vorläufige Fürsorgeerziehung an. Die Minderjährige kam am 5. 10. 1952 in das Mädchenerziehungsheim W. O. Mit Beschluß vom 10. 12. 1952 überwies das AG N. die Minderjährige der endgültigen heilenden Fürsorgeerziehung. Hiergegen legte das Stadtjugendamt N. sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, diese Entscheidung aufzuheben und statt dessen der Mutter das Sorgerecht zu entziehen. Das LG N. wies am 10. 4. 1953 das Rechtsmittel als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Stadtjugendamtes. II. Die sofortige weitere Beschwerde ist an sich statthaft und von dem dazu befugten Stadtjugendamt form- und fristgerecht erhoben (§ 65 VI JWG, §§ 29, 22 FGG). Sie ist auch sachlich b e g r ü n d e t . . . Die Fürsorgeerziehung kann, wie der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung annimmt, als vorbeugende und als heilende auch gegenüber ausländischen und staatenlosen Minderjährigen angeordnet werden. Das RG hat in seinem Beschluß vom 30. 6. 1927 (RGZ 117, 376 = J W 1928, 3115) die heilende Fürsorgeerziehung bei einem verwahrlosten 29 *
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ausländischen Kinde f ü r zulässig erklärt. Es folgert dies nicht aus den Bestimmungen des JWG, sondern aus der Natur der Fürsorgeerziehung als einer öffentlich-rechtlichen Maßregel, die neben der Besserung des Jugendlichen wesentlich zugleich dem öffentlichen Interesse und dem Schutz der deutschen Jugend vor dem verderblichen Einfluß verwahrloster ausländischer Minderjähriger diene (s. dazu auch den späteren Beschluß des RG vom 22. 5. 1933 in JYV 1933, 2452, wiedergegeben in dem Beschluß des KG, JFG 10, 21). Die Ansicht des RG wird hinsichtlich der beiden Arten der Fürsorgeerziehung von der Rechtsprechung und überwiegend auch vom Schrifttum geteilt (so KGJ 42, 55 und 47, 48; KG, JR 1926 Nr. 174 und JFG 10, 21 sowie 13, 36; BayObLG, NJW 1951, 2 7 5 S c h i e d e r m a i r , JWG Vorbem. vor § 62 Anm. 3; Friedeberg-Polligkeit, JWG Vorbem. zum VI. Abschn. Anm. 5; Fichtl, JWG 2 , § 63 Anm. 2; Riedel, JWG S. 208, 265, 269; Lange in DFG 139, 167; Lades, Handbuch der Jugendwohlfahrt S. 95; Palandt, BGB11, Art. 23 EGBGB Anm. 1; Achilles-Greiff, JWG 19 § 63 Anm. 2). Abweichend hiervon will der Kommentar zum JWG von Heß (§ 63 Anm. 1) unter Berufung auf den Wortlaut des § 1 I und III JWG bei Ausländerkindern nur die eilige vorläufige, nicht aber die endgültige Fürsorgeerziehung zulassen; dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden, da sie die Entstehungsgeschichte des § 1 JWG und die öffentlich-rechtliche Natur der Fürsorgeerziehung zu wenig berücksichtigt. Bejaht man die Statthaftigkeit der endgültigen Fürsorgeerziehung gegenüber einem ausländischen Minderjährigen, so muß das gleiche auch bei einem staatenlosen gelten, denn hier wie dort handelt es sich um ein nichtdeutsches Kind (vgl. JFG 10, 21; Schiedermair, Friedeberg-Polligkeit und Riedel, je aaO). Der Feststellung der jetzigen Staatsangehörigkeit der Minderjährigen bedarf es daher insoweit überhaupt nicht; es genügt vielmehr, daß das Mädchen jedenfalls nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ohne Erfolg bestreitet die weitere Beschwerde die allgemeinen Voraussetzungen der Fürsorgeerziehung gegenüber einem nichtdeutschen Kinde mit dem Hinweis darauf, daß die Minderjährige in einem abgeschlossenen Lager lebe und daher nicht in die Lage komme, die deutsche Jugend oder die Allgemeinheit zu gefährden. Der Einwand versagt schon deshalb, weil die Minderjährige sich nicht ständig in dem Lager aufhielt und weil sie, wäre sie jetzt nicht in dem Erziehungsheim, nicht dort geblieben, sondern mit der Mutter nach P. übergesiedelt wäre. Abgesehen davon könnte die Besorgnis einer Gefährdung der vorbezeichneten Art mit der von der Rechtsbeschwerde versuchten Begründung auch gar nicht ausgeschlossen werden. Selbst wenn ein verwahrloster oder von Verwahrlosung bedrohter nichtdeutscher Minderjähriger in einem Ausländerlager von der einheimischen Bevölkerung überhaupt völlig ferngehalten werden könnte, so entfiele diese Möglichkeit doch spätestens mit seinem Eintritt in das Erwerbsleben. Die dann von ihm ausgehenden Gefahren müssen aber aus Gründen des Staatswohles nach Möglichkeit schon in ihren Entstehungsursachen bekämpft werden. Auf das Vorbringen der weiteren Beschwerde, daß die ge1
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setzliche Amtsvormundschaft nach § 35 JWG für nichtdeutsche Kinder nicht Platz greife, braucht hier nicht eingegangen zu werden. Daraus ergibt sich nichts für die Frage der Zulässigkeit der Fürsorgeerziehung; für den Eintritt der Amtsvormundschaft sind andere rechtliche Gesichtspunkte maßgebend wie für die Anordnung einer Fürsorgeerziehung (vgl. RGZ 117, 376; OLG München EJF 1951, 7). Der Standpunkt des LG, daß das Fehlen der deutschen Staatsangehörigkeit der Fürsorgeerziehung hier nicht entgegenstehe, ist sonach rechtlich bedenkenfrei. Das gleiche gilt für seine Annahme, daß die Rechtsverhältnisse der Minderjährigen und ihrer Mutter nach dem A H K G zu beurteilen seien. Aus den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich, daß die Mutter und die Tochter seit Dezember 1948 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiete der deutschen Bundesrepublik haben, nicht deutsche Staatsangehörige sind und der Obhut der IRO unterstehen. Beide sind sonach als Flüchtlinge im Sinne des Art. 10 Ges. Nr. 23 anzusehen mit der Folge, daß sich gemäß Art. 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit Art. 19 EGBGB das Rechtsverhältnis zwischen ihnen nach deutschem Recht bestimmt. Da nun die Mutter, wie die Vorinstanzen für erwiesen erachten, bei der Scheidung das Personensorgerecht erhielt, war sie gemäß § 8 BGB zur Wohnsitzbegründung für das Kind befugt (vgl. BGHZ 7, 104). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der landgerichtliche Beschluß davon ausgeht, daß die Mutter N. als Wohnsitz des Kindes bestimmt hat und demnach das Amtsgericht N. zur Entscheidung örtlich zuständig ist. Aus dieser Rechtslage folgt weiter, daß gegenüber der Mutter auch die Vorschriften des § 1666 BGB anwendbar sind. Die gesetzliche Grundlage für die Anordnung der endgültigen Fürsorgeerziehung bilden auch gegenüber einem nichtdeutschen Minderjährigen die Bestimmungen des § 63 JWG . . . "
VII. ERBRECHT Siehe auch Nr. 50, 78 2 3 4 . Die Beerbung richtet sich nach dem Recht desjenigen Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehört hat. Bei Staatenlosen tritt an die Stelle des Heimatstaates der gewöhnliche Aufenthalt und in Ermangelung eines solchen der Aufenthalt. Die 11. VO zum ReichsbürgerG vom 25. 11. 1941 ist durch KRG Nr. 1 außer Kraft gesetzt, die auf Grund dieser VO erfolgten Ausbürgerungen sind aber nicht aufgehoben worden. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person, die vier Jahre in Amsterdam lebte und dann 1943 zur Vernichtung nach Polen gebracht worden ist, ist in Holland geblieben. Das holländische Recht knüpft die Beerbung an die Staatsangehörigkeit des Erblassers an. Wenn Erbstatut ausländisches Recht ist, sind die deutschen Nachlaßgerichte nur für die Ausstellung eines beschränkten Erbscheins zuständig. Die Gültigkeit des Inhalts eines Testaments ist nach dem Erbstatut zu prüfen. — EGBGB Art. 24, 25, 29; BGB
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§§ 2270ff., 2369; 11. VO zum ReichsbürgerG vom 25. 11. 1941, § 2; KRG Nr. 1; niederl. BWB Art. 978, 985, 986, 991. OLG Neustadt/Weinstr., 3 ZS, Beschl. vom 29. 2. 1952 — 3 W 69/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die früher in Mainz wohnhaft gewesene Erblasserin Witwe M. wanderte als Jüdin 1939 nach Holland aus. In einem vor einem Notar in Amsterdam am 26. 9. 1941 in deutscher Sprache errichteten, von ihr, zwei Zeugen und dem Notar eigenhändig unterzeichneten Testament widerrief sie alle von ihr „bisher, in welcher Form immer, getroffenen letztwilligen Verfügungen" und setzte ihren Neffen Hugo S. in Amsterdam als Alleinerben ein. Am 4. 5. 1943 wurde sie von Amsterdam nach Sobibor (Polen) zwangsverschickt, wo sie am 7. 5. 1943 verstarb. In einem „Erbschein" vom 26. 8. 1949 bezeugte der Urkundsnotar, daß die Erblasserin auf Grund des Testaments vom 26. 9. 1941 von ihrem Neffen Hugo S. allein beerbt worden sei. Unter Hinweis auf dieses Testament und den „Erbschein" hat Hugo S. mit Schriftsatz vom 2. 9. 1949 die Erteilung eines gegenständlichen beschränkten Erbscheins nach § 2369 I BGB verlangt und geltend gemacht: Die Erblasserin habe auf Grund des § 2 der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. 11. 1941 die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Sie sei bis zu ihrem Ableben staatenlos geblieben. Da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt in Holland gehabt habe, sei ihr Nachlaß dem holländischen Erbrecht unterworfen. Für die im Inland befindlichen Nachlaßgegenstände fehle es daher an einem zur Erteilung eines Vollerbscheins zuständigen deutschen Nachlaßgericht. Der beschränkte Erbschein werde f ü r die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen, die aus der Veräußerung der im Bezirke des AG Mainz gelegenen Nachlaßgrundstücke erwachsen seien, benötigt. Mit einem am 19. 10. 1949 beim AG in Mainz als Nachlaßgericht eingegangenen Schriftsatz hat Ludwig L., ein Neffe des bereits 1923 verstorbenen Ehemannes der Erblasserin, die Ablehnung dieses Antrags begehrt und vorgetragen: Der Wirksamkeit des Testaments vom 26. 9. 1941 stehe ein gemeinschaftliches Testament der Eheleute M. aus dem Jahre 1919 entgegen. Dieses sei nach dem Tode des Ehemannes M. vom Nachlaßgericht in Mainz eröffnet, jedoch bei einem Fliegerangriff während des letzten Krieges vernichtet worden. Eine Abschrift des Testaments oder ein Erbschein sei nicht mehr zu beschaffen. Nach den wiederholten mündlichen Äußerungen der Eheleute M. ihm und anderen Verwandten gegenüber sei in dem Testament bestimmt gewesen, daß nach dem Tode des überlebenden Ehegatten der Nachlaß an die Verwandten des Ehemannes fallen solle. Da diese — außer ihm — die Erbschaft ausgeschlagen hätten, sei er Alleinerbe geworden. An das gemeinschaftliche Testament sei die Erblasserin nach dem Tode ihres Ehemannes gebunden gewesen. Gleichzeitig hat Ludwig L. das Testament vom 26. 9. 1941 angefochten. Er hat dabei den Standpunkt vertreten, die Erblasserin hätte die letztwillige Verfügung bei
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Kenntnis der wahren Sachlage nicht errichtet. Sie hätte 1941 nicht annehmen können, daß sie oder ihre Erben zu einem späteren Zeitpunkt wieder über ihr in Deutschland gelegenes und veräußertes Vermögen würden verfügen können. Die Anfechtungsfrist sei gewahrt, da er erst im F r ü h j a h r 1949 von dem angefochtenen Testament Kenntnis erhalten habe. Das Nachlaßgericht hat den erbetenen „Inlandserbschein" am 28. 4. 1950 erteilt und dabei vermerkt, daß er auf das inländische Vermögen der Erblasserin beschränkt sei. In einem dem Antrg. übermittelten „Aktenvermerk" vom gleichen Tage hat es seine Entscheidung wie folgt begründet: Durch die Auswanderung nach Holland habe die Erblasserin nach § 2 der 11. VO zum Reichsbürgergesetz die deutsche Staatsangehörigkeit verloren und sei staatenlos geworden. Das Reichsbürgergesetz sei zwar mit allen DVOen durch Art. 1 I des KRG Nr. 1 aufgehoben worden. Damit seien aber die früheren Ausbürgerungen nicht unwirksam geworden. Das auf den vorliegenden Nachlaß anzuwendende materielle Recht bestimme sich daher nach Art. 29 EGBGR. Es könne dahingestellt bleiben, ob das danach maßgebende holländische Recht wegen des in Deutschland gelegenen Grundbesitzes oder der hierauf bezüglichen Rückerstattungsansprüche auf das deutsche Recht zurückverweise. Das von der Erblasserin in Holland errichtete öffentliche Testament vom 26. 9. 1941 müsse bei Anwendung sowohl holländischen als deutschen Erbrechts als gültig und allein maßgebend angesehen werden. Das Testament wäre nur dann mindestens nach deutschem Recht unwirksam und unbeachtlich, wenn der Inhalt des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute M. in zuverlässiger Weise ermittelt werden könnte. Das sei aber nicht möglich. Die Anfechtung des Testaments vom 26. 9. 1941 greife nicht durch, da der Antrg. den Nachweis f ü r seine Erbeinsetzung in dem Ehegattentestament nicht erbracht habe und nicht zu dem Kreis der als gesetzliche Erben in Betracht kommenden Personen gehöre. Die mit dem Antrag auf Einziehung des erteilten Erbscheins verbundene Beschwerde des Antrg. hat das LG in Mainz durch Beschluß vom 16. 3. 1951 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Antrg., mit der er die Aufhebung des landesgerichtlichen Beschlusses und die Anordnung der Einziehung des beschränkten Erbscheins bezweckt. Auf die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses und des Rechtsmittels wird bezug genommen. Die weitere Beschwerde ist zulässig und in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Ein sachlicher Erfolg ist ihr jedoch zu versagen. Die Rechtserwägungen des LG nehmen ihren Ausgang von dem in den Art. 24 und 25 EGBGB verankerten Rechtsgrundsatz, daß die Beerbung sich nach dem Recht desjenigen Staates richtet, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehört hat. Bei Staatenlosen tritt nach Art. 29 EGBGB an die Stelle des Heimatstaates der gewöhnliche Aufenthalt und in Ermangelung eines solchen der Aufenthalt. Die Auffassung des LG, daß die jüdische Erblasserin M. nach ihrer 1939 erfolgten Auswanderung nach Holland ihre frühere deutsche Staatsangehörigkeit verloren habe, ist nach § 2 der 11. VO zum RBG vom 25. 11. 1941
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begründet. Zutreffend führt das LG weiter aus, diese VO sei zwar durch Art. I I I des KRG Nr. 1 außer Kraft gesetzt, die auf Grund der VO erfolgten Ausbürgerungen seien aber nicht aufgehoben worden. Da die Erblasserin nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses bis zu ihrem Ableben staatenlos geblieben ist, hat der Vorderrichter mit Recht für die Anknüpfung auf den gewöhnlichen Aufenthalt abgestellt. Zur Annahme eines solchen reicht es nach der einhelligen Rechtsanschauung aus, wenn die bloße Tatsache eines nicht nur vorübergehenden Verweilens, eines Verweilens von einer gewissen Dauer und Regelmäßigkeit gegeben ist (so u. a. Palandt, BGB 9, Anm. 2 zu Art. 29 EGBGB; Lauterbach, DR 1942, 535; RGZ 91, 287). Die Meinung des LG, daß der Aufenthalt der Erblasserin in Holland diesen Erfordernissen genügt habe, ist nach der Feststellung, daß sie seit der Auswanderung bis zu ihrer Zwangsverschickung nach Sobibor (Polen) ständig in Amsterdam gewohnt habe, rechtlich bedenkenfrei. Ohne Rechtsirrtum hat das Beschwerdegericht der Deportation der Erblasserin am 4. 5. 1943 einen Einfluß auf den „gewöhnlichen Aufenthalt" abgesprochen. Es hat mit Recht in der wider den Willen der Erblasserin erfolgten Zwangsverschickung, die bereits am 7. 5. 1943 zu ihrem Tode geführt hat, eine nur vorübergehende Ortsveränderung von kurzer Zeitdauer gesehen. Diese konnte aber weder den gewöhnlichen Aufenthalt in Holland beenden, noch einen solchen in Polen neu begründen; denn die Deportation leitete — wie dem von dem Tatrichter festgestellten Geschehensablauf unbedenklich entnommen werden kann — in der Tat nur die Vorbereitung zur alsbaldigen Tötung der Erblasserin ein. Das LG hat daher ohne Rechtsverstoß als Erbstatut das holländische bürgerliche Recht in Betracht gezogen. Dieses knüpft f ü r die Beerbung grundsätzlich an die Staatsangehörigkeit des Erblassers an. Eine abweichende Regelung f ü r die Erbfolge in das unbewegliche Vermögen besteht entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde und des von ihr in Bezug genommenen, in dem Mitteilungsblatt des Landesamts f ü r Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung in Hessen vom 15. 6. 1950 (S. 66) veröffentlichten Rechtsgutachtens nach der heute in Holland herrschenden Rechtsübung nicht (vgl. Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands 2 , 194; OLG Neustadt a.d.Weinstr. in JZ 1951,644'). Auch die Rückerstattungsansprüche des Rechtsnachfolgers der Erblasserin rechtfertigen keine Ausnahme von dem Gesamtstatut aus dem Gesichtspunkt des Art. 28 EGBGB; denn die Vorschriften der MRVO 120 über die RE geraubter Vermögensobjekte, welche die maßgebende Rechtsgrundlage f ü r die Wiedergutmachungsforderungen bildet, modifizierten das im Inland geltende Familiengüter- oder Erbrecht nicht. Sie setzen vielmehr die Anwendbarkeit einer bestimmten Erbfolgeordnung voraus und fallen deshalb nicht unter die „besonderen Vorschriften" im Sinne des Art. 28 EGBGB. Diese Rechtslage hat das LG nicht verkannt. Da nach der Auskunft des Max-PlanckInstituts f ü r Ausländisches und Internationales Privatrecht in Tübingen vom 29. 11. 1951 die herrschende Rechtsanwendung in Holland bei Staa1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 112.
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tenlosen den Wohnsitz an die Stelle der Staatsangehörigkeit treten läßt und in dem zur Entscheidung stehenden Falle nach den tatrichterlichen Feststellungen die Erblasserin auch ihren Wohnsitz unzweifelhaft in Holland genommen und bis zu ihrem Ableben beibehalten hatte, ist hier der Nachlaß der Erblasserin dem holländischen Erbrecht unterstellt. Die Anwendbarkeit des fremden Erbrechts hat nach der herrschenden Rechtsmeinung grundsätzlich auch die Unzuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte zur Folge (vgl. Raape, IPR 3 275 und 277; KG, DJ 1937, 554 und OLG Neustadt a d. Weinstr. aaO). Demgegenüber vertreten zwar u. a. Wolff
a a O 202 f. u n d Neuhaus,
J Z 1951, 645 f. d e n S t a n d p u n k t , d a ß
die deutschen Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach Möglichkeit der Verwirklichung des maßgebenden ausländischen Rechts dienstbar zu machen seien. Aber auch nach ihrer Ansicht ist die Mitwirkung des deutschen Nachlaßgerichts auf solche Verrichtungen beschränkt, die auch das maßgebende ausländische Recht kennt. Nach der Bestätigung des MaxPlanck-Instituts ist dem holländischen Recht eine dem deutschen Erbschein vergleichbare Urkunde fremd. Das von dem holländischen Notar am 26. 8. 1949 ausgestellte Zeugnis kommt in seiner Wirkung nicht dem deutschen Erbschein gleich. Das deutsche Nachlaßgericht war daher zur Erteilung eines ordentlichen Erbscheins nicht befugt. F ü r die im Inland befindlichen Nachlaßgegenstände konnte mithin die Ausstellung eines auf diese beschränkten Erbscheins nach § 2369 I BGB verlangt werden. Das Nachlaßgericht in Mainz hat seine örtliche Zuständigkeit zur Ausstellung dieses Zeugnisses mit Recht bejaht, da die Erblasserin dort ihren letzten inländischen Wohnsitz hatte (§ 73 II FGG; vgl. KG, JFG 6, 123). Es hat dem Verlangen des Antrst. stattgegeben und in dem erteilten Erbschein in der gehörigen Weise vermerkt, daß er nur f ü r das inländische Vermögen der Erblasserin gelte (vgl. auch Palandt aaO, Anm. 2 zu § 2369). Ohne Rechtsirrtum haben die beiden Vorinstanzen die in dem Erbschein bezeugte Erbfolge nach dem holländischen Erbrecht beurteilt (vgl. RGRK, BGB 9, Anm. 1 zu § 2369; KG, DJ 1937, 554). Sie haben als Grundlage der Erbberechtigung des Antrst. das vor dem Amsterdamer Notar errichtete Testament der Erblasserin vom 26. 9. 1941 betrachtet. Ihre Auffassung, daß sich die Formgültigkeit dieses Testaments nach dem holländischen Recht bestimme, entspricht dem Grundsatz des Art. 11 I S. 1 EGBGB. Daß die Erblasserin bei der Errichtung des Testaments noch deutsche Staatsangehörige gewesen ist, ist ohne Belang, da das Erbstatul von der Staatsangehörigkeit oder bei Staatenlosen von dem gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt des Todes des Erblassers abhängt. Das LG nimmt in Ubereinstimmung mit dem Erstrichter an, daß das vor dem Notar in Gegenwart von zwei Zeugen in deutscher Sprache errichtete Testament den Formerfordernissen des holländischen Testamentsrechts entspreche. Dieser Ansicht ist beizupflichten. Sie findet ihre rechtliche Stütze in den Bestimmungen der Art. 978, 985, 986, und 991 des holländischen BGB. Die weitere Frage, ob nicht etwa die Bindung der Erblasserin an das 1919 errichtete Ehegattentestament der Wirksamkeit des öffentlichen Testaments vom 26. 9. 1941 entgegensteht, berührt die inhaltliche Gültigkeit
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dieser letztwilligen Verfügung. Das LG hat auch diese Frage zutreffend vom S t a n d p u n k t des E r b s t a t u t s beantwortet (vgl. Wolff 196; Palandt aaO Anm. 3 u n d 5 zu Art. 24 EGBGB). Nach der Auskunft des Max -Planck Instituts erkennt das holländische Recht gemeinschaftliche Testamente an, welche von deutschen Ehegatten in Deutschland errichtet w o r d e n sind. Das gemeinschaftliche Testament der Eheleute M. ist zwar nach den bindenden Feststellungen des LG durch Kriegseinwirkung vernichtet worden. Dadurch ist aber das Testament nicht wirkungslos geworden (so auch BGH in JZ 1951, 591; KG in J W 1938, 1601). Beide Vorinstanzen haben d a h e r zu Recht versucht, den ursprünglichen Inhalt des Testaments zu ermitteln. Das LG ist dabei zu folgendem Ergebnis gelangt: Auf Grund der noch vorhandenen Unterlagen stehe lediglich fest, d a ß ein gemeinschaftliches Testament vorgelegen habe u n d d a ß auf Grund dieses Testaments die E r b lasserin Alleinerbin ihres vorverstorbenen E h e m a n n e s geworden sei. Darüber, welche weiteren Anordnungen die Erblasserin in dieser letztwilligen Verfügung getroffen habe, fehlen die erforderlichen Unterlagen (wird ausgeführt). W e n n das LG abschließend a u s f ü h r t , d a ß n u r bei zuverlässiger Kenntnis von dem Gesamtinhalt des Ehegattentestaments, insbesondere etwa bei einem Ausschluß des Widerrufsrechts eine Bindung der Erblasserin an dieses Testament gemäß §§ 2270 f. BGB a n g e n o m m e n werden könne, so k a n n dem mit Rechtsgründen nicht begegnet werden. Das gemeinschaftliche Testament konnte danach die Rechtswirksamkeit des zweiten Testaments der Erblasserin nicht in Frage stellen. W a s letztlich die Anfechtung des Testaments vom 26. 9. 1941 wegen angeblichen Willensmangels der Erblasserin anlangt, so richtet sich diese nach der herrschenden, auch vom LG befolgten Rechtsanschauung ebenfalls nach holländischem Recht (vgl. Raape 271; Palandt aaO Anm. 3 zu Art. 24 EGBGB sowie die Stellungnahme des Max-Planck-Instituts). Zu dieser Auffassung setzt sich der Vorderrichter in Widerspruch, w e n n er o h n e Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen des f r e m d e n Rechts davon ausgeht, d a ß die holländische Regelung in ihren Grundzügen dem deutschen Recht gleiche. E r hält aber Tatsachen, die eine I r r t u m s a n f e c h tung im Sinne des § 2078 BGB begründen könnten, nicht f ü r erwiesen u n d gelangt deshalb zur Zurückweisung der Anfechtung. Diese unrichtige Rechtsanwendung k a n n den Bestand des angefochtenen Beschlusses nicht g e f ä h r d e n ; denn auch die Berücksichtigung des maßgebenden holländischen Erbrechts f ü h r t — w e n n auch mit abweichender Begründung — zu dem von der K a m m e r gefundenen Ergebnis. Dem holländischen Recht ist eine Anfechtung von Testamenten wegen I r r t u m s f r e m d . Es kennt lediglich die in Art. 937 des BGB geregelte Nichtigkeit aus diesem Grunde. Nach dieser Bestimmung ist die Angabe eines unzutreffenden Beweggrundes als nicht geschrieben anzusehen, es sei denn, d a ß sich aus der letztwilligen Verfügung ergibt, d a ß der Erblasser diese nicht getroffen haben würde, w e n n er von der Unrichtigkeit des Beweggrundes Kenntnis gehabt hätte. Hieraus folgt, d a ß der irrtümliche Beweggrund im Testament e r w ä h n t sein m u ß . Ergibt sich der I r r t u m aber lediglich aus Umständen, die a u ß e r h a l b des
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Testaments liegen, so findet Art. 937 keine Anwendung. Da das Testament vom 26. 9. 1941 keine Anspielung auf einen Beweggrund enthält, scheidet auch eine Nichtigkeit wegen Irrtums aus. Nach dieser eindeutig begrenzten Gesetzesregelung kann der von dem Antrg. gebrachte Hinweis auf die Verfolgungsmaßnahmen der Machthaber des Dritten Reiches gegen die Juden keine Berücksichtigung als Anfechtungsgrund finden. Nach alledem waren die Beschwerderügen als unbegründet zurückzuweisen." 2 3 5 . Wenn Erbstatut fremdes (hier niederländisches) Recht ist, kann ein deutsches Gericht nur einen gegenständlich beschränkten Erbschein nach § 2369 BGB ausstellen. — EGBGB Art. 25; BGB § § 2353, 2369; FGG § 73. a) AG Xanten, Beschl. vom 4. 3. 1953 — V I 15/52. Ungedruckt. b) LG Kleve, 1. ZK, Beschl. vom 31. 3. 1953 — T 75/53. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach Art. 25 EGBGB wird ein Ausländer, der zur Zeit des Todes seinen Wohnsitz im Inland hat, nach dem Gesetz seines Heimatstaates beerbt. Auszugehen ist also davon, da eine andere staatsvertragliche Regelung nicht vorliegt, daß die Erbfolge nach dem Erblasser sich ausschließlich nach niederländischem Recht richtet. Eine sachliche Zuständigkeit für ein deutsches Gericht ist in dem Fall nicht gegeben. § 73 FGG kann für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit nicht herangezogen werden (Schlegelberger Anm. 2 zu § 73 FGG), da diese Vorschrift nur die örtliche Zuständigkeit regelt. Die sachliche Zuständigkeit hängt davon ab, ob deutsches Recht in dem Erbfall maßgebend ist (Staudinger-Raape 9 Anm. G I zu Art. 25 EGBGB; Sörgel, Anm. 3 zu Art. 25 EGBGB). Abgesehen von der Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins oder einem Tätigwerden im Auftrag eines ausländischen Gerichts sind die deutschen Gerichte für den im Inland befindlichen Nachlaß eines ausländischen Erblassers grundsätzlich nur insoweit zuständig, als der Erblasser nach deutschem Recht beerbt wird. Ein unbeschränkter Erbschein im Sinne des § 2353 BGB kann daher nicht erteilt werden (vgl. Staudinger-Raape aaO Anm. G I 6). Es bleibt somit für den Antrst. nur der W e g des § 2369 BGB übrig. Diese Bestimmung stellt eine Sonderregelung für im Inland befindliche Gegenstände dar, für die es für die Erteilung des Erbscheines an einem zuständigen deutschen Nachlaßgericht fehlt. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn, wie vorliegend, der im Inland wohnende Ausländer nach ausländischem Recht beerbt wird. Für die Erteilung eines solchen Erbscheins hat das deutsche Gericht ebenfalls das ausländische Recht nach Art. 25 S. 1. EGBGB zu Grunde zu legen. Dem Antrst. steht es somit frei, in der vorbezeichneten Weise vorzugehen, wodurch praktisch seinem Bedürfnis im Inland im ausreichendem Maße Genüge getan wird. Es war daher wie geschehen zu beschließen."
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2 3 6 . Die Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichtes zur Erteilung eines nach § 2369 BGB beschränkten Erbscheins ist auch dann gegeben, wenn ausländisches Recht zur Anwendung kommt. Eine Rückoerweisung des schweizerischen Rechts auf deutsches Erbrecht ist beim letzten Wohnsitz des Erblassers in Deutschland nicht gegeben. Auch der gegenständlich beschränkte Erbschein nach § 2369 BGB bezeugt nicht eine Sonderrechtsnachfolge, sondern immer nur die Gesamtrechtsnachfolge, wenn auch unter Beschränkung auf einzelne Gegenstände. — E G B G B Art. 25, 27; B G B § § 2108, 2137, 2357, 2369; F G G § § 12, 73; Schweiz. N A G Art. 28; Schweiz. ZGB Art. 522, 608. A G Augsburg, Beschl. v o m 4. 11. 1952 — V I 54/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „ D i e a m 24. 12. 1951 in Augsburg verstorbene und in Augsburg w o h n haft gewesene Erblasserin Maria B. hat in einem eigenhändigen a m 26. 12. 1949 errichteten Testament ihr V e r m ö g e n ihren drei K i n d e r n A r t u r o , Giulio und Ida B. zugewendet. Dieses Testament enthält i m wesentlichen die Bestimmung, daß v o n ihren beiden Häusern das eine (A 42) i h r e r Tochter Ida B. und das andere (A 41) den Söhnen A r t u r o und Giulio B. hinterlassen w i r d , einschließlich dazugehörigem Mobiliar. A u ß e r d e m enthält das Testament die Bestimmung, daß die Söhne Giulio und A r t u r o B. unter sich die E i n k ü n f t e teilen sollen. Eine weitere Bestimmung b e t r i f f t eine Verpflichtung der Tochter Ida f ü r den F a l l des V e r k a u f s der in d e m A n w e s e n A 41 betriebenen Gaststätte und des Grundstücks. F ü r den F a l l des Ablebens der Tochter Ida hat die Erblasserin bestimmt, daß alles dasjenige, was beim T o d e der Ida B. v o n ihrem Erbteil noch vorhanden sein sollte, auf die Söhne Giulio und A r t u r o übergehen soll, vorausgesetzt, daß die Tochter nicht bis dorthin verheiratet ist. Es liegen f o l g e n d e Erbscheinsanträge v o r : A r t u r o B. beantragte die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins gem. § 2369 BGB, in welchem bezeugt w i r d , daß Arturo, Giulio und Ida B. Miterben zu gleichen Teilen g e w o r d e n sind mit V e r m e r k der angeordneten N a c h e r b f o l g e hinsichtlich Ida B. Ida B. dagegen stellt ausdrücklich den Antrag auf Ausstellung eines E r b scheins, in welchem bezeugt w i r d , daß das Haus A 41 den Brüdern Giulio und A r t u r o B. und das Haus A 42 ihr vererbt w o r d e n ist. Die Erblasserin besaß bis zu ihrem T o d e allein die schweizerische Staatsangehörigkeit. Die Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts ist gegeben. T e i l w e i s e w i r d z w a r die Auffassung vertreten, daß ein deutsches Nachlaßgericht nur dann zuständig ist, w e n n das inländische Recht maßgebend ist (vgl. Iieidel, F G G 6, § 73 A n m . 3 a ) . Diese Auffassung ist abzulehnen, denn jedenfalls ist die Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts zur Erteilung eines nach § 2369 BGB beschränkten Erbscheins auch dann gegeben, wenn ausländisches Recht zur A n w e n d u n g k o m m t (vgl. Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München v o m 29. 9. 1952). Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Augsburg ergibt sich aus
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der Tatsache, daß die Erblasserin in Augsburg ihren letzten Wohnsitz hatte (§ 73 I FGG). Das anzuwendende materielle Erbrecht ist im vorliegenden Fall das schweizerische Erbrecht, denn die im Ausland lebenden Schweizer Staatsangehörigen werden nach dem Grundsatz der Staatsangehörigkeit nach Schweizer Erbrecht beerbt. Art. 25 EGBGB, nach welchem das Schweizer Recht anzuwenden ist, bestimmt zwar nichts darüber, ob das deutsche Recht etwa auch unter dem Gesichtspunkt der Rückverweisung zur Anwendung kommt, Art. 27 EGBGB. Eine derartige Rückverweisung ist jedoch in Art. 28 des Schweizer Bundesgesetzes über die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter vom 25. 6. 1891 (NAG) nicht normiert. Die maßgeblichen Bestimmungen f ü r die Auslegung des Testaments sind enthalten in Art. 608 und 522 des Schweizer ZGB. Danach ist zu prüfen, inwieweit das Testament eine Erbeinsetzung enthält und ob es, wie Ida B. behauptet, zulässig ist, eine Erbfolge in einzelne Nachlaßgegenstände, nämlich hier in die Anwesen A 41 und A 42, festzustellen. Nach dem erwähnten Gutachten sind auch nach Schweizer Erbrecht Teilungsanordnungen möglich (Art. 608 I ZGB). Derartige Teilungsanordnungen enthält das Testament insbesondere in der Weise, daß bei der Auseinandersetzung unter den Miterben die Tochter Ida B. das Anwesen A 42 und die Söhne das Anwesen A 41 erhalten sollen. Bei dieser Verfügung des Testamentes handelt es sich nicht um eine Erbeinsetzung etwa im Verhältnis des Wertes der zugewendeten Gegenstände, desgleichen nicht um Vorausvermächtnisse. Ein diesbezüglicher Wille der Erblasserin ergibt sich nicht aus dem Testament. Die Bestimmungen des Testaments über die Teilung der Erbschaftsgegenstände einschließlich der beiden Anwesen charakterisieren sich auch nach Schweizer Erbrecht als reine Teilungsanordnungen. Damit sind die drei Geschwister Erben geworden in Erbengemeinschaft. Zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist die Übertragung der einzelnen Erbschaftsgegenstände unter Mitwirkung aller Miterben erforderlich, und zwar auch hinsichtlich der beiden Grundstücke. Die Auffassung der Miterbin Ida B., daß die Sonderrechtsnachfolge in das Anwesen in A 41 und A 42 unter Vorwegnahme der Auseinandersetzung bezeugt werden könne, ist unhaltbar. Ein Erbschein dieses Inhalts kann nicht ausgestellt werden. Zwar finden formell auf den Erbschein die Bestimmungen des deutschen Rechts Anwendung, aber auch nach deutschem Recht ist ein Erbschein solchen Inhalts nicht möglich. Auch der gegenständlich beschränkte Erbschein nach § 2369 bezeugt nicht eine Sonderrechtsnachfolge, sondern immer nur die Gesamtrechtsnachfolge, wenn auch unter Beschränkung auf einzelne Gegenstände. Das Muster unter Formblatt V a der Bayer. Nachlaßordnung ist daher irreführend und wurde auch vom Bayer. Obersten Landesgericht nur mit der Maßgabe als zulässig erachtet, daß auch ein Erbschein dieser Fassung immer nur die Gesamtrechtsnachfolge bezeuge, jedoch unter Wirksamkeit in Ansehung der in ihm angegebenen Gegenstände. Die Entscheidung des Bayer. Obersten Landesgerichts 31, 437 stellt die Unrichtigkeit des Formblatts 5 a fest, da es unzulässiger-
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weise eine Sondererbfolge bezeuge, und schlägt eine andere Fassung vor. Ida B. kann sich daher f ü r ihren Antrag weder auf die Bestimmungen des materiellen Schweizer Erbrechts, noch auf die formellen Bestimmungen des Erbscheinverfahrens nach Deutschem Recht berufen. Ihr Antrag war daher als unbegründet zurückzuweisen. Dagegen ist der Erbscheinantrag des Arturo B. begründet. Die drei Kinder der Erblasserin sind im Testament gemeinschaftlich als Miterben eingesetzt, und zwar mangels näherer Angabe zu gleichen Teilen. Die Erbeinsetzung erfolgt auch nach Schweizer Recht nach Bruchteilen, ebenso wie nach deutschem Erbrecht. Anhaltspunkte dafür, daß die Erbteile im Erbschein nicht gleichheitlich zu bestimmen sind liegen nicht vor. Die Anordnungen des Testaments gehen über den Charakter von Teilungsanordnungen nicht hinaus (vgl. Art. 608 III ZGB). Art. 522 ZGB besagt folgendes: „Enthält die Verfügung Bestimmungen über die Teile der gesetzlichen Erben, so sind sie, wenn kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist, als bloße Teilungsvorschrift aufzufassen." In dieser Bestimmung ist zwar die Rede von „Teilen", doch können damit nicht die Erbquoten als solche gemeint sein, da diese ja durch Gesetz oder letztwillige Verfügung festgelegt sind, sondern die Zuweisung bestimmter Gegenstände (vgl. Ziff. III 2 des erwähnten Gutachtens). Die letztwillige Verfügung ist von der Erblasserin eigenhändig geschrieben und sowohl nach deutschem wie nach Schweizer Erbrecht rechtswirksam errichtet. Das Testament enthält des weiteren eine Nacherbfolge hinsichtlich der Miterbin Ida B., falls diese unverheiratet stirbt. Es handelt sich also um eine auflösend bedingte Nacherbfolge zu Gunsten der Miterben Giulio und Arturo B. Dabei ist Ida B. von den auch nach Schweizer Recht zulässigen Beschränkungen durch die Anordnung befreit, daß ihr Erbteil auf die Nacherben übergehen soll, soweit noch etwas vorhanden ist. Es handelt sich um eine dem § 2137 BGB entsprechende Befreiungsbestimmung, die zwar im Schweizer Recht nicht ausdrücklich vorgesehen, wohl aber als zulässig zu erachten ist. Diese Einsetzung auf den Überrest kann auch nach Schweizer Recht nur dahin ausgelegt werden, daß darin die größtmögliche Befreiung liegt, u. a. die Dispensation von der Sicherstellungspflicht, Art. 490 II, ferner die Gewährung freien Verfügungsrechts und die Befugnis, auch das Kapital ohne Ersatzpflicht zu verzehren. Das Surrogationsprinzip gilt auch hier. Die Frage der Zulässigkeit unentgeltlicher Verfügungen richtet sich nach dem Willen der Erblasserin. Eine Vermutung dafür besteht nicht. Es ist vielmehr anzunehmen, daß die Vorteile aus der Befreiung nur dem Vorerben persönlich gewährt sind. Eine Befreiung von der Inventarpflicht besteht nicht (Art. 488 ff. Schweizer ZGB). Für die Erbscheinserteilung genügt es, die Beschränkung der Nacherbfolge auf den Überrest aufzunehmen. Die übrigen obigen Angaben über den Inhalt der Beschränkung der Vorerbin entsprechen den auch vom Nachlaßgericht zugrunde gelegten Ausführungen des Instituts f ü r Rechts-
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vergleichung an der Universität München und dienen zur Information der Beteiligten über ihre Rechte und Pflichten. Das Gutachten weist nach Auffassung des Nachlaßgerichts keinen Rechtsirrtum auf und muß daher bei der Entscheidung über die Anträge als wesentliches Beweismittel berücksichtigt werden, § 12 FGG. In den Erbschein sind die sämtlichen Beschränkungen lediglich in der F o r m aufzunehmen, daß zum Ausdruck kommt, daß die Nacherben auf den Überrest eingesetzt sind, § 2363 I S. 2 BGB. Ferner hat die auflösende Bedingung der Eheschließung der Vorerbin, § 2108 II S. 2, 2363 BGB, zum Ausdruck zu kommen. Nach Pcilandt, BGB Anm. 1 zu § 2363 soll unter Bezugnahme auf RGZ 154, 330 und 145, 316 auch die Angabe erfolgen, ob die Anwartschaft vererblich ist oder nicht. Bei auflösender Bedingung ist die Anwartschaft vererblich. Die Anteile der Nacherben, die hier zu gleichen Anteilen als eingesetzt zu betrachten sind, kommen im Erbschein nicht zum Ausdruck. Im übrigen sind die Voraussetzungen für die Erteilung des Erbscheins gegeben (wird ausgeführt). Dem Erbschaftsantrag des Arturo B. ist daher stattzugeben. Der Erbschein ist, da es sich um einen Ausländernachlaß handelt, nach § 2369 BGB gegenständlich beschränkt auf das Inlandsvermögen. Der Feststellung der einzelnen Gegenstände im Erbschein bedarf es nicht, es genügt vielmehr die Anordnung, daß dieser sich auf das gesamte inländische Mobiliar und Immobiliarvermögen der Erblasserin bezieht. Dabei richtet sich der Inhalt des Erbscheins formell gesehen nach den deutschen Erbscheinsbestimmungen des BGB und der Bayer. Nachlaßordnung (vgl. § 55 Nachlaß-O.)." 2 3 7 . Einantwortungsurkunden österreichischer Gerichte sind keine Erbscheine des deutschen Rechts, auch wenn sie in der Zeit des Anschlusses ausgestellt wurden. Trotzdem ist eine Einantwortungsurkunde für den deutschen Grundbuchverkehr einem Erbschein gleichzuachten. Obwohl das deutsch-österreichische Nachlaßabkommen vom 16. 7. 1927 durch den Anschluß als Staatsvertrag erloschen ist, ist es zufolge innerstaatlicher Inkraftsetzung im deutschen Reich und in Österreich als partikulares interlokales Privatrecht für beide Teilrechtsordnungen bestehen geblieben. Die Gleichstellung der Einantwortungsurkunde und des Erbscheins während der Anschlußzeit kann nachträglich nicht dadurch entfallen, daß der völkerrechtliche Status Österreichs sich geändert hat. — BGB § 2365; GBO § 38; deutsch-österr. Nachlaßabkommen vom 16. 7. 1927, § 18. KG (West), Beschl. vom 15. 1. 1953 — 1 W 4189/52: JR 8 (1954) 186; MDR 7 (1953) 553; DNotZ 1953, 406 mit Anm. von Firsching; H u W 8 (1953) 313 (Leitsätze). „Das LG hat mit im wesentlichen zutreffender Begründung dargelegt, daß die Einantwortungsurkunde vom 21. 2. 1945 nicht als Erbschein im Sinne des § 35 GBO angesehen werden kann. Es hat sich dabei in Übereinstimmung mit den Grundsätzen gehalten, die der Senat bereits in seiner
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Entscheidung JFG 17, 342 ausgesprochen hat, und von denen abzugehen auch im vorliegenden Fall keine Veranlassung besteht. Danach kann unter einem Erbschein im Sinne des § 35 GBO nur ein auf Grund der §§ 2353, 2369 BGB von einem deutschen Nachlaßgericht ausgestelltes Erbfolgezeugnis verstanden werden. Wie der Senat zur Begründung ausführt, ergibt sich schon aus der Entstehungsgeschichte des § 35 GBO, daß der dort verwendete Ausdruck „Erbschein" nicht in einem andern Sinne gebraucht ist als im BGB. Darüber hinaus steht § 35 I S. 1 GBO in einem inneren Zusammenhang mit der sachlich-rechtlichen Vorschrift des § 2365 BGB, wonach der Erbschein die auch vom Grundbuchamt zu beachtende Vermutung der Richtigkeit f ü r sich hat. Gerade wegen dieser Legitimationswirkung ist ein solcher Erbschein im Grundbuchverkehr vorgesehen. Diese Wirkung wird aber von der deutschen Rechtsordnung allein dem Erbschein des BGB beigelegt, wobei es gleichgültig ist, ob dieser inhaltlich deutsches oder ausländisches Recht wiedergibt, da auch letzteres nach Maßgabe des deutschen internationalen Privatrechts vom Nachlaßrichter zu beachten und im gegebenen Falle anzuwenden ist. Durch die Vorschrift des § 35 GBO wird der Grundbuchrichter daher der Notwendigkeit enthoben, selbst die oftmals schwierige Prüfung der erbrechtlichen Verhältnisse vorzunehmen (Giithe-Triebel, GBO 6 Anm. 2 zu § 35; Henke-Mönch-Horber, GBO 3 , Anm. 1 zu § 35). Wenn auch die von den Beschwf. vorgelegte Einantwortungsurkunde innerhalb des damaligen deutschen Staatsgebietes vom AG Innsbruck als einem damals deutschen Nachlaßgericht ausgestellt worden ist, so kann sie doch nicht als Erbschein im Sinne des § 35 GBO gelten. Die Ansicht der Beschwf., die Einantwortungsurkunde müsse dem deutschen Erbschein schon um deswillen gleichgestellt werden, weil ihre Beweiskraft auf den inhaltlich mit dem Recht des BGB übereinstimmenden Normen des österreichischen Rechts beruhe, ist rechtsirrig. Sie verkennen dabei, daß die Rechtsordnung des ABGB, auf Grund deren diese Urkunde ihre Beweiskraft erhalten hat, diese Legitimationswirkung nicht über ihren eigenen Geltungsbereich ausdehnen kann und daß, wenn eine solche Ausdehnung auch f ü r den Bereich einer anderen Rechtsordnung erreicht werden soll, dies nur durch einen gesetzgeberischen Akt dieser anderen Rechtsordnung erfolgen kann. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Grenzen der verschiedenen Rechtsordnungen mit den Grenzen der jeweiligen staatlichen Hoheitsgebiete, in denen sie gelten, zusammenfallen, oder ob die verschiedenen Rechtsordnungen innerhalb eines einheitlichen Staatsgebietes, jedoch in verschiedenen Gebietsteilen gelten. Die von den Beschwf. vorgelegte Einantwortungsurkunde ist nach den Vorschriften des österreichischen Rechts, des ABGB, erlassen. Sie ist daher ein Erbfolgezeugnis dieser Rechtsordnung und nicht ein deutscher Erbschein. Trotzdem ist diese Urkunde im Gegensatz zur Auffassung des LG f ü r den deutschen Grundbuchverkehr einem Erbschein gleichzuachten. In dem Nachlaßabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 5. 2. 1927 (Gesetz vom 16. 7. 1927, RGBl. II S. 505) war
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in § 18 I bestimmt, daß ein Zeugnis über erbrechtliche Verhältnisse, insbesondere über das Recht des Erben, das von den Behörden des Heimatstaates ausgestellt ist, auch in dem anderen Staat zum Nachweis dieser Verhältnisse genügen soll. Demgemäß bestimmt § 18 II weiter: „Auf Grund eines solchen Zeugnisses kann der Berechtigte auch in dem anderen Staate die Einverleibung oder sonstige Eintragung eines Rechtes in die öffentlichen Bücher und Register von den Behörden verlangen, welche die Bücher oder Register führen." Durch dieses Abkommen war auch f ü r den deutschen Grundbuchverkehr die Vorlage einer Einantwortungsurkunde zum Nachweis der Erbfolge ausreichend, so daß es nicht mehr der Beibringung eines Erbscheins oder gegenständlich beschränkten Erbscheins bedurfte. Dieser Staatsvertrag hat bis zur Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich bestanden, ist dann aber durch den Anschluß, jedenfalls in seiner Form als Staatsvertrag, erloschen, ohne daß dadurch auch die in ihm enthaltenen Rechtsnormen untergegangen wären. In Verfolg der vom BGH in seiner Entscheidung 3, 178 ff. (182, 183) mit eingehender Begründung vertretenen Auffassung, daß der Anschluß Österreichs völkerrechtlich nur als Staatensukzession gelten kann, ist davon auszugehen, daß Österreich in jenem Zeitpunkt als Völkerrechtssubjekt untergegangen ist. Der Untergang eines Vertragsteiles bedingt aber notwendigerweise auch im Völkerrecht (jedenfalls bei den sogen, zweiseitigen Verträgen) die Auflösung der etwa bestehenden Verträge (Verdroß, Völkerrecht 138). Wenngleich dadurch auch das Deutsch-Österreichische Nachlaßabkommen als Staatsvertrag nicht weiter in Geltung bleiben konnte, so blieb doch seinem Inhalte nach „zufolge der innerstaatlichen Inkraftsetzung im alten Reichsgebiet und in Österreich als in beiden Reichsteilen übereinstimmendes partikulares interlokales Privatrecht" weiter bestehen (Beitzke, Das Verhältnis zwischen deutschem und österreichischem BGB, ZAkDR 1938, 368). Denn der Inhalt dieses Abkommens war durch den Anschluß Österreichs nicht gegenstandslos geworden. Vielmehr machte der Umstand, daß nunmehr innerhalb des einheitlichen Staatsgebietes verschiedene Privatrechtsordnungen galten, einen Ausgleich zwischen diesen erforderlich. Dieser Ausgleich konnte, da es an einer besonderen gesetzlichen Regelung fehlte, nur durch einheitliches interlokales Privatrecht gefunden werden [Beitzke, a a ö ) , dessen Normen jedenfalls auf dem Gebiete des Nachlaßwesens durch die Weitergeltung der Vorschriften des früheren Nachlaßabkommens gegeben waren. In diesem Sinne hat der damalige Reichsjustizminister in der AV vom 6. 4. 1938 (DJ 1938, 532) zur Überwindung der Schwierigkeiten, die sich aus der Verschiedenheit der rechtlichen Vorschriften ergaben, die Weiteranwendung der in den deutsch-österreichischen Rechtsverträgen enthaltenen Rechtsnormen empfohlen. Hierauf beruht es, daß nach dem Anschluß Österreichs die auch weiterhin nach dem dortigen Recht ausgestellten Einantwortungsurkunden im Rechtsverkehr des ehemaligen Reichsgebietes dem deutschen Erbschein gleichgestellt waren und daher auch zum Nachweis der Erbfolge im Sinne des § 35 GBO ausreichten. Dazu bedurfte es also weder, wie das LG anzunehmen scheint, 30
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einer gesetzlichen Ergänzung des § 35 GBO, noch war die Gleichstellung dieser Erbfolgezeugnisse mit dem Erbschein des BGB eine bloße „gerichtliche Praxis". Sie hatte vielmehr ihre rechtliche Grundlage in der Fortgeltung der Normen des früheren Staatsvertrages. Es ist also davon auszugehen, daß die von den Antrst. vorgelegte Einantwortungsurkunde ein von einem deutschen Nachlaßgericht ausgestelltes Erbfolgezeugnis ist, das im Rechtsverkehr innerhalb des gesamten Deutschen Reiches, einschließlich des Geltungsbereiches des bürgerlichen Rechts, zum Nachweis der Erbfolge dem Erbschein gleichgestellt war. W e n n daher die während der Zugehörigkeit Österreichs zum Deutschen Reich ausgestellten Einantwortungsurkunden auch im Geltungsbereich des BGB als hinreichender Nachweis der Erbfolge anerkannt worden sind, so kann die Gleichstellung nicht nachträglich dadurch entfallen, daß der völkerrechtliche Status des Gebietes, in dem die Urkunde ausgestellt worden ist, später eine Änderung erfahren hat. Dieser Umstand kann vielmehr auf die seinerzeit von den deutschen Behörden in den heute wieder zu Österreich gehörenden Gebietsteilen vorgenommenen gesetzmäßigen Amtshandlungen keinen Einfluß haben. Nur durch einen Akt des deutschen Gesetzgebers könnte diesen Urkunden die ihnen v o m deutschen Recht einmal eingeräumte Gleichstellung mit den Erbscheinen des BGB wieder entzogen werden. Ein solcher ist aber bisher nicht erfolgt. Die von den Antrst. vorgelegte Einantwortungsurkunde reicht daher zum Nachweis der Erbfolge gegenüber dem GBA auch heute noch aus." 2 3 8 . Der auf ein Grundstück gerichtete Rückerstattungsanspruch gehört ebenso wie das Grundstück selbst zum unbeweglichen Vermögen und vererbt sich (im Gegensatz zur Fahrnis) infolge der Rückverweisung des englischen internationalen Privatrechts nach deutschem Erbrecht. Auf Grund eines in Deutschland abgeschlossenen Erbvertrags ist daher die Befugnis des später nach England ausgewanderten überlebenden Vertragsbeteiligten zu letztwilligen Verfügungen über den auf ein deutsches Nachlaßgrundstück gerichteten Rückerstattungsanspruch ausgeschlossen. — EGBGB Art. 24, 29; BGB § § 2278, 2289; REG (am. Z.) Art. 15. OLG Frankfurt/M., Beschl. v o m 2. 7. 1953 — 6 W 616/52: N J W 7 (1954) 111; RabelsZ 19 (1954) 554 mit Anmerkung von Neuhaus. Die Erblasserin und ihre Schwester haben durch Erbvertrag vom 14. 6. 1934 sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und darüber hinaus vereinbart, daß nach dem Ableben der Letztversterbenden das Grundstück X-Straße 25 in Y. den weiblichen Abömmlingen ihrer Schwester H., nämlich den Antrg., als Vermächtnis zufallen solle. Die Vertragschließenden haben ferner bestimmt, daß die Uberlebende durch den Erbvertrag nicht gehindert sein solle, das Grundstück zu verkaufen oder zu belasten. Im Falle des Verkaufs — so heißt es weiter in dem Vertrag — solle es ihrem freiesten Ermessen überlassen bleiben, ob sie den o. a. Nichten letztwillig Zuwendungen machen wolle. Im übrigen („soweit durch das Vorstehende nichts anderes bestimmt ist") solle gesetzliche Erbfolge eintreten, jedoch seien
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die Söhne ihrer Geschwister, unter ihnen der Antrst., von der Erbfolge ausgeschlossen. Die Schwester der Erblasserin ist am 4. 6. 1938 verstorben. Die Erblasserin hat 1938 das Grundstück verkauft und ist 1939 nach England ausgewandert. Dort hat sie das Testament vom 6. 7. 1947 errichtet und u. a. darin den Antrst. und dessen Geschwister L. und R. zu ihren Erben eingesetzt. Das Grundstück befindet sich nunmehr im Rückerstattungsverfahren. Der Antrst. hat gebeten, auf Grund des Testaments vom 6. 7. 1947 einen auf das in Deutschland belegene Vermögen beschränkten Erbschein des Inhalts auszustellen, daß Erben die in diesem Testament benannten Personen zu je einem Drittel geworden seien. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschw. des Antrst. hatte keinen Erfolg. Auch der weiteren Beschw. kann nicht stattgegeben werden. Aus den Gründen: „Bei den Zuwendungen in dem Erbvertrage vom 14. 6. 1934 handelt es sich insoweit offenbar um Erbeinsetzungen, obwohl die Vertragschließenden die Zuwendungen als „Vermächtnisse" bezeichnet haben . . . (wird ausgeführt). Das LG hat frei von Rechtsirrtum ausgeführt, daß die Erblasserin durch den Erbvertrag vom 14. 6. 1934 gehindert war, abweichende Bestimmungen zu treffen, soweit es sich um die Erbfolge in den Rückerstattungsanspruch bezüglich des Grundstücks X-Straße 25 handelt, und daß die von ihr in dem nachträglich errichteten Testament vom 8. 7. 1947 angeordneten Erbeinsetzungen infolgedessen unwirksam sind. Denn nach §§ 2278 II und 2289 I BGB war die Erblasserin an die in dem Erbvertrag vereinbarten Erbeinsetzungen (und Vermächtnisse) gebunden. Da die Erblasserin ihren letzten Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, nämlich in England, hatte und seit dem Inkrafttreten der 11. DVO z. RBürgG vom 25. 11. 1941 infolge Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit staatenlos war, die aus rassischen Gründen ausgesprochene Ausbürgerung mangels Rückkehr nach Deutschland oder Stellung eines Antrags auch nicht wieder hinfällig geworden oder f ü r nichtig erklärt worden ist (vgl. die nach ihrem Ableben erlassenen Bestimmungen des hess. Ges. über die Staatsangehörigkeit der Ausgebürgerten vom 23. 3. 1948, HessGVBl. 45, und des Art. 116 Abs. 2 GG vom 23. 5. 1949, ferner Palandt, Vorbem. 7 a vor Art. 7 EGBGB), beurteilt sich gem. Art. 29 EGBGB die Erbfolge zwar nach englischem Recht. Das englische Erbrecht aber kennt nicht die dem deutschen Recht eigentümliche Figur des Erbvertrages und bejaht bei Vorliegen gegenseitiger Testamente eine Bindung nur unter besonderen Voraussetzungen. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob im vorl. Falle diese Voraussetzungen gegeben sind. Denn die Erbfolge in das Grundstück bzw. der Rückerstattungsanspruch hinsichtlich des Grundstücks ist auf Grund der Rückverweisung des englischen internationalen Privatrechts nach deutschem Recht zu beurteilen. Das nach Art. 29 EGBGB an sich anwendbare englische internationale Privatrecht unterscheidet 30 *
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streng zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen des Erblassers und läßt f ü r das Erbrecht an unbeweglichen Vermögensstücken das Recht des Ortes der belegenen Sache (die lex rei sitae) entscheiden (vgl. Arthur Curti, Englands Privat- u. Handelsrecht [1927] 229). Die Erbfolge in das Eigentum an einem in Deutschland belegenen Grundstück würde danach kraft Rückverweisung unzweifelhaft nach deutschem Recht zu beurteilen sein. Was aber f ü r die Erbfolge in das Grundeigentum gilt, muß auch f ü r einen auf ein Grundstück gerichteten Rückerstattungsanspruch gelten. Die Frage, ob ein Vermögensstück als beweglicher oder als unbeweglicher Gegenstand anzusehen ist, entscheidet sich an sich nach englischem Recht (vgl. dazu RGZ 145, 85; Palandt, Vorbem. 3 vor Art. 13 EGRGR und Schnitzer, Handbuch des IPR 3 [1950] 101 und 103 f., II 513 f.). Anders als nach Art. 300 des österr. ARGB, dem nach den Ausführungen des RG nicht entnommen werden kann, daß auch die Frage, ob eine Sache beweglich oder unbeweglich ist, nach der lex rei sitae zu beurteilen ist, verweist jedoch das englische internationale Privatrecht auch bezüglich der Qualifikation auf die lex rei sitae (vgl. Schnitzer II 512 Anm. 4). Nach deutschem Recht aber gehört der Rückerstattungsanspruch hinsichtlich eines Grundstücks zum unbeweglichen Vermögen. Eine ausdrückliche Begriffsbestimmung fehlt allerdings auch im deutschen Recht. Das LG hat jedoch bereits zutreffend auf die Regelung in Art. 15 REG (am. Z.) hingewiesen. Danach hat eine dem Rückerstattungsanspruch stattgegebene Entscheidung „die Wirkung, daß der Verlust des Vermögensgegenstandes als nicht eingetreten" gilt, soweit nicht das REG etwas anderes bestimmt. Das Gesetz legt m. a. W. der Erhebung des (durch die Wiedergutmachungskammer als begründet anerkannten) Rückerstattungsanspruchs dingliche Wirkung ex tunc bei. Der Rückerstattungsanspruch ist mithin ein Gestaltungsrecht, das, soweit es Immobilien betrifft, wegen seiner unmittelbar die Rechtslage ändernden Wirkung selbst i. S. der hier anwendbaren erbrechtlichen Vorschriften als unbewegliche Sache anzusehen ist. Der dingliche Charakter des Rückerstattungsanspruchs wird nicht beeinträchtigt durch das Recht des Rückerstattungsberechtigten, gemäß Art. 16 REG an Stelle der Rückerstattung in Natur die Nachzahlung des Unterschiedsbetrages zwischen dem erlangten Entgelt und dem angemessenen Preise des Rückerstattungsgegenstandes zu verlangen. Denn hierbei handelt es sich um bloße Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) des Rückerstattungsberechtigten (ähnlich wie im Falle des § 249 Satz 2 BGB), die an dem Wesen des Rechtes als Anspruch auf Rückerstattung in Natur nichts ändert. Die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht, daß der Rückerstattungsanspruch zum unbeweglichen Vermögen gehört, ergibt sich darüber hinaus vor allem aus Sinn und Zweck der für das unbewegliche Vermögen allgemein getroffenen besonderen Regelung. Anders als bewegliche Sachen, die nicht an einen festen Ort gebunden, sondern vielfach sogar zum Umlauf bestimmt sind, sind Grundstücke als Teile des Staatsgebietes und materielle Grundlage der Staatshoheit in weit stärkerem Maße in die Herrschafts-
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gewalt des Staates einbezogen (vgl. auch Schnitzer II 509 f.). Dies findet im deutschen Recht seinen Ausdruck in den f ü r den Verkehr mit Grundstücken vorgesehenen besonderen Formvorschriften (vgl. z. B. §§ 929 ff., 925 BGB) und Erwerbsbeschränkungen (vgl. Art. 88 EGBGB, Art. 7 § 2 PrAGBGB, §§ 5 ff. hess. Gesetz vom 13. 8. 1948, hess. GVB1. S. 96). Im englischen Recht stand bis vor kurzem und steht teilweise noch jetzt der Grundbesitz unter dem Einfluß des mittelalterlichen Lehensrechts und wurde Grund und Boden letztlich allgemein als Eigentum des Königs angesehen (vgl. Curti aaO 86 ff.), n a h m das Grundvermögen also im Gegensatz zur F a h r n i s (s. Curti 186 ff.) in vermehrtem Maße eine Sonderstellung ein. Erbrechtliche Verfügungen über Grundstücke berühren mithin in gewisser Weise die Gewalt und Hoheit des Staates, in dem das betr. Grundstück gelegen ist. Die Rückverweisung findet — so betrachtet — ihren Grund in der Erwägung, daß der zurückverweisende Staat die Bestimmung über die Wirksamkeit der erbrechtlichen Maßnahme dem Staat überläßt, der durch einen Eigentumswechsel usw. in seinen Belangen berührt werden kann. Diese Erwägungen treffen aber in gleichem Maße f ü r den auf Rückfall des Eigentums an einem Grundstück gerichteten Rückerstattungsanspruch zu, da dieser Anspruch wegen seiner unmittelbaren Wirkung auch den Herrschaftsbereich des Staates berührt, in dem das Grundstück belegen ist. Es ist daher gerechtfertigt, dem Grundstück selbst den auf dessen Rückgabe gerichteten Rückerstattungsanspruch zum mindesten in erbrechtlicher Beziehung gleichzustellen. Das OLG München hat demgemäß f ü r die Übertragung des Rückerstattungsanspruchs mit Recht die gleiche F o r m wie f ü r die Übertragung des Grundeigentums (§§ 929 ff., 925 BGB) gefordert (NJW/RzW 1951, 195 Nr. 5). Ist hiernach der Rückerstattungsanspruch bezüglich des Grundstücks X-Straße 25 zum unbeweglichen Vermögen zu.rechnen und sind infolgedessen die Bestimmungen des deutschen Rechts über den Erbvertrag anzuwenden, so konnte die Erblasserin zwar unter Lebenden (s. § 2286 BGB), nicht aber von Todes wegen abweichende Verfügungen treffen" (wird ausgeführt). 239. Die Erbschaftsausschlagung stellt nach niederländischem Recht eine Verfügung dar, und zwar die Aufgabe eines bereits erworbenen Rechtes. Eine Ausschlagungserklärung, die ein ausländisches Grundstück zum Gegenstand hat, verstößt gegen den niederländischen Deinsenbeschluß vom 10. 10. 1945 und ist daher nichtig. — EGBGB Art. 25; niederl. BWB Art. 1106, 1107; niederl. Devisenbeschluß vom 10. 10. 1945. LG Mönchen-Gladbach, Beschl. vom 16. 4. 1952 — 4 T 94/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Erblasserin Witwe G. V., welche niederländische Staatsangehörige war, verstarb am 28. 8. 1940 zu Elmpt, ihrem letzten Wohnsitz. Sie hinterließ eine Tochter, das ist die Antrst., und vier Enkelkinder. Von den
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letzteren sind Paula und Maria S, die inzwischen geheiratet haben und jetzt Paula B. und Maria M. heißen, die Töchter der Antrst., während die weiteren Enkel G. und M. V. Kinder des vor der Erblasserin verstorbenen Sohnes Josef V. sind. Da ein vorgefundenes Testament der Erblasserin sich als formnichtig herausstellte, erteilte das AG Wegberg unter dem 6. 8. 1947 — VI 87/47 — einen gemeinschaftlichen Erbschein dahin, daß die Witwe G. V. kraft Gesetzes von der Antrst. zu V2 Anteil und von den Kindern des J. V. zu je Vi Anteil beerbt worden ist. Dieser Erbschein wurde durch Beschluß des AG Wegberg vom 3. 9. 1948 — VI 127/48 — wegen Unrichtigkeit eingezogen, nachdem die Antrst. zufolge ihrer am 27. 7. 1948 beim AG Wegberg eingegangenen, durch einen niederländischen Notar beglaubigten und vom Präsidenten der Arrondissementsrechtbank zu Utrecht legalisierten Erklärung vom 3. 7. 1948 die Erbschaft ausgeschlagen hatte. Auf Antrag des Vormundes von G. und M. V. wurde vom Amtsgericht sodann am 16. 5. 1950 ein neuer Erbschein ausgestellt, durch den als Erben der Witwe Gerhard V. deren vier Enkelkinder zu je V4 Anteil ausgewiesen sind. Die Antrst. hat die Einziehung dieses Erbscheins wegen Unrichtigkeit beantragt. Im ersten Bechtszuge hat sie hierzu vorgetragen, ihre Ausschlagungserklärung vom 3. 7. 1948 sei gemäß Art. 14 I Buchst, i in Verbindung mit Art. 30 des niederländischen Devisenbeschlusses vom 10. 10. 1945 (Staatsblatt des Königreichs der Niederlande Nr. F 222) nichtig, da sie als niederländische Staatsangehörige hierdurch in verbotener Weise über die zur Erbmasse gehörenden, im Ausland gelegenen Liegenschaften verfügt habe. Zudem hätte die Ausschlagung zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung der britischen Militärregierung nach den MRG Nr. 52 und 53 bedurft. Sie sei auch nicht innerhalb der im § 1944 III BGB bestimmten Frist von sechs Monaten erfolgt. Das AG hat den Antrag der Antrst., welchem die beteiligte Ehefrau Manfred M., Maria geb. S., entgegengetreten ist, durch den Beschl. vom 27. 3. 1951 zurückgewiesen. In den Gründen dieses Beschl. ist ausgeführt, daß eine Erbschaftsausschlagung sowohl nach deutschem wie nach niederländischem Recht keine „Verfügung" im technischen Sinne darstelle und somit nicht gegen das Verbot des niederländischen Devisenbeschlusses vom 10. 10. 1945 verstoße. Einer besonderen Genehmigung der Militärregierung f ü r Deutschland habe es nicht bedurft, da diese sich infolge der allgemeinen Genehmigung Nr. 11/49 der Bank Deutscher Länder vom 19.1.1949 (öffentlicher Anzeiger f ü r das vereinigte Wirtschaftsgebiet Nr. 87 vom 22. 9. 1949) erübrige. Die Ausschlagung sei auch nicht verspätet erfolgt, vielmehr sei die Ausschlagungsfrist auf Grund der Verordnung über die Hemmung von Verjährungs- und ähnlichen Fristen vom 16. 12. 1946 gehemmt gewesen. Gegen diesen Beschl. hat die Antrst. form- und fristgerecht Beschwerde erhoben. Sie beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses das AG
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anzuweisen, nach ihrem Antrage aus dem ersten Rechtszuge zu verfahren. Der streitige Erbschein ist nach ihrer Ansicht in erster Linie deswegen unrichtig, weil die von ihm als gültig vorausgesetzte Erbschaftsausschlagung vom 3. 7. 1948 tatsächlich nichtig sei. Dabei hält die Antrst. an dem Standpunkt fest, daß in dieser Erklärung ein Verstoß gegen den niederländischen Devisenbeschluß vom 10. 10. 1945 liege. Darüberhinaus trägt sie vor, sie habe ihr Ausschlagungsrecht bereits vor dem 3. 7. 1948 durch stillschweigende Annahme der Erbschaft verloren gehabt. Zu der Ausschlagung sei sie zudem unter betrügerischen Vorspiegelungen durch ihre Tochter, Frau M., bewogen worden. Ferner ist die Ausschlagung nach Ansicht der Antrst. nicht in der rechten Form erl'olgt, da sie nach dem anzuwendenden niederländischen Recht gegenüber der Kanzlei des zuständigen niederländischen Konsulates und nicht gegenüber dem AG Wegberg habe abgegeben werden müssen. Auch f ü r den Fall der Gültigkeit der Ausschlagungserklärung hält die Antrst. den Erbschein vom 16. 5. 1950 f ü r unrichtig. Dies zum einen deswegen, weil nach niederländischem Recht in diesem Falle allein die Kinder des verstorbenen Sohnes Josef der Erblasserin als Erben berufen wären, zum anderen deswegen, weil die durch deren Vormund erfolgte unbeschränkte Annahme der Erbschaft über dessen gesetzliche Befugnisse hinausgehe und unwirksam sei. Die beteiligte Ehefrau M. bittet um Zurückweisung der Beschwerde . . . Der formell nicht zu beanstandenden Beschwerde war auch in der Sache selbst der Erfolg nicht zu versagen. Gemäß Art. 25 EGBGB richtet sich die Erbfolge nach der zuletzt in Deutschland wohnhaften niederländischen Staatsangehörigen Witwe Gerhard V. nach niederländischem Recht. Auch die Gültigkeit und die Folgen einer Erbschaftsausschlagung sind demgemäß nach niederländischem Recht zu beurteilen (vgl. Palandt, Anm. 3 zu Art. 24 EGBGB). Auf Grund der eingeholten Rechtsauskünfte und des von der Antrst. geführten Nachweises gelangte die Kammer zu der Überzeugung, daß deren Erbschaftsausschlagungserklärung vom 3. 7. 1948 nach den Bestimmungen des niederländischen Devisenbeschlusses vom 10. 10. 1945 nichtig ist. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik in Amsterdam und das Generalkonsulat der Niederlande in Düsseldorf haben übereinstimmend eine Entscheidung des höchsten niederländischen Gerichts vom 16. 1. 1951 angeführt, wonach ein Niederländer, der eine ihm angefallene ausländische Erbschaft ausschlägt, damit eine nach dem niederländischen Devisenbeschluß vom 10. 10. 1945 verbotene Verfügung vornimmt. Gleicher Auffassung ist auch die niederländische Bank — die f ü r Ausnahmegenehmigungen nach dem angeführten Devisenbeschluß zuständige Stelle — in ihrer bei den Akten befindlichen Stellungnahme vom 22. 10. 1951. Die in Abschrift auszugsweise beigebrachten Gründe der erwähnten Entscheidung des niederländischen höchsten Gerichtes lassen nun allerdings erkennen, daß hier die Frage, ob nach niederländischem Recht eine Erbschaftsausschlagung eine Verfügung im Rechtssinne darstellt, nur mit der Einschränkung gestellt und bejaht worden ist, ob eine verbotene Ver-
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fügung „im Sinne des Devisenbeschlusses" vorliegt. Abgesehen davon, daß es f ü r die Entscheidung im vorliegenden Falle allein auf die so eingeschränkte Frage ankam, ist die Kammer darüberhinaus — im Gegensatz zu dem Rechtsgutachten des Max-Planck-Instituts 1 vom 6. 9. 1951 — der Auffassung, daß auch die erweiterte Frage zu bejahen ist und das niederländische Recht insoweit von dem in RGZ 54, 289 ff. dargelegten Standpunkt des deutschen Rechts abweicht. In der vorgenannten Entscheidung hat das RG dahin erkannt, daß nach deutschem Recht die Erbschaftsausschlagung keine der Gläubigeranfechtung unterliegende „Verfügung" darstellt und dabei ausdrücklich den Unterschied zum Preußischen Allgemeinen Landrecht und zum Cc hervorgehoben. Zur Begründung dessen ist ausgeführt, und an Hand verschiedener im deutschen Recht verstreuter Vorschriften — unter anderem der §§ 516, 517, 1406 Nr. 1 und 1453 BGB, 9 KO, 778 ZPO — nachgewiesen, daß gemäß dem deutschen Rechtssystem nach dem Tode des Erblassers zunächst kein eigentlicher Vermögensübergang, sondern nur ein rein formeller Erwerb der Erbschaft stattfindet, der zudem im Falle einer Erbschaftsausschlagung mit Rückwirkung als völlig ungeschehen fingiert wird. Die gleichen Erwägungen treffen f ü r das niederländische Recht aber nicht zu, eben weil dieses seiner historischen Entwicklung nach viel mehr auf dem französischen Cc beruht. Ganz bezeichnend f ü r den Unterschied zum BGB ist, daß die vom RG in RGZ 54, 289 untersuchte und verneinte Frage, ob die Ausschlagung einer Erbschaft der Gläubigeranfechtung unterliegt, f ü r das niederländische Recht durch die ausdrückliche Vorschrift des Art. 1107 BW (Burgerlijk Wetboek) umgekehrt entschieden ist. Diese Gesetzesstelle lautet nämlich: „Die Gläubiger desjenigen, der zum Nachteile ihrer Rechte eine Erbschaft ausgeschlagen hat, können sich vom Gericht ermächtigen lassen, die Erbschaft im Namen ihres Schuldners an dessen Stelle und f ü r sich selbst anzunehmen . . . " . Art. 1107 BW paßt folgerichtig nur in ein Rechtssystem hinein, in welchem „Erbschaftsausschlagung" nicht die Nichtannahme einer nur formell angefallenen Erbschaft, sondern die Aufgabe eines bereits erworbenen Rechtes im Wege der Verfügung bedeutet. Es kommt hinzu, daß nach niederländischem Recht im Gegensatz zum Recht des BGB die Fiktion, daß der Erbschaftserwerb durch die Ausschlagung rückwirkend ausgetilgt wird, auch im übrigen nicht völlig umfassend durchgeführt ist. Zwar könnten die Art. 1104, 1105 BW die irrige Annahme einer völligen Übereinstimmung mit § 1953 I und II BGB erwecken. Die Antrst. hat indessen an Hand verschiedener Kommentarstellen nachgewiesen, daß die Erbfolge sich ganz verschieden regelt je nachdem, ob ein Verwandter vorverstorben ist oder ob derselbe die Erbschaft ausschlägt (s. hierzu die Auszüge aus J. Ph. Suyling, Erbrecht und aus C. Asser, Erbrecht). Ist er vorverstorben, so sind seine Erben „bij plaatsvervulling" als in seine Gradesnähe zum Erblasser eingerückt zu betrachten; schlägt er die Erbschaft aus, so können seine Erben nur auf 1 Gemeint ist das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht.
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Grund ihrer eigenen Gradesnähe zum Erblasser „uit eigen h o o f d e " als Erben in Betracht kommen und dies natürlicherweise nur dann, wenn kein gradesnäherer Verwandter vorhanden ist. I m hier vorliegenden Falle würden z. B., falls die Ausschlagungserklärung der Antrst. gültig wäre, deren Töchter durch die Kinder des vorverstorbenen Sohnes Josef der Erblasserin von der Erbschaft ausgeschlossen sein; die Kinder von Josef V. sind nämlich „ b i j plaatsvervulling" an die Stelle ihres Vaters gerückt, während die Tochter der Antrst. lediglich „uit eigen h o o f d e " berufen sein könnten, also um einen Grad entfernter stehen. Aus diesen Auswirkungen einer Erbschaftsausschlagung — welche übrigens zeigen, daß der angegriffene Erbschein selbst bei Gültigkeit der Ausschlagungserklärung vom 3. 7. 1948 als unrichtig einzuziehen wäre, — muß gefolgert werden, daß der Ausschlagende im niederländischen Recht mit Wirkung für sich und seine Nachberufenen ein ihm angefallenes Recht aufgibt und mithin „verf ü g t " . Die Ausschlagung macht den Erbschaftsanfall zwar — wie nach dem BGB — ungeschehen; sie bewirkt aber gleichzeitig eine Erbfolge, die nicht — wie nach dem BGB — auf der einfachen und lückenlosen Fiktion beruht, der Ausschlagende sei im Zeitpunkte des Erbfalles vorverstorben gewesen, sondern die sich nur aus der in § 1106 B W besonders geregelten Einflußnahme erklärt, die der Ausschlagende auf das Schicksal der Erbschaft ausübt. Es ist zwar zuzugeben, daß die Terminologie des niederländischen B W , soweit die Bestimmungen über die Erbschaftsausschlagungen in Betracht kommen, der des BGB verschiedentlich sehr nahekommt. Das gleiche hat das RG übrigens in RGZ 54, 296 auch bezüglich des Verhältnisses zwischen Preußischem Allgemeinen Landrecht und Cc einerseits und BGB andererseits konzediert. Die Kammer gelangte indessen wegen der historisch und systematisch unterschiedlichen Grundlagen zu einer verschiedenartigen Beurteilung des Wesens der Erbschaftsausschlagung in beiden Rechten. Sie ist der Uberzeugung, daß nach niederländischem Recht die Erbschaftsausschlagung eine „ V e r f ü g u n g " darstellt, so daß die Ausschlagungserklärung der Antrst. v o m 3. 7. 1948 wegen Verstoßes gegen den Art. 14 I Buchst, i des niederländischen Devisenbeschlusses v o m 10. 10. 1945 nichtig ist. Der Erbschein v o m 16. 5. 1950 ist, da er auf der Annahme der Gültigkeit der vorerwähnten Ausschlagungserklärung beruht, unrichtig, so daß der Beschwerde stattzugeben war, ohne daß auf die übrigen Punkte der Beschwerdebegründung eingegangen zu werden brauchte." 2 4 0 . Die Gültigkeit des Testaments einer Französin ist, soweit es sich auf ein in Deutschland belegenes Grundstück bezieht, nach deutschem Recht zu beurteilen. Der Besitz eines französischen Passes läßt nicht bezweifeln, daß sein Inhaber französischer Staatsangehöriger ist. — EGBGB Art. 11. L G München II, 2. ZK, Urt. v o m 15. 5. 1952 — 2 0 651/49. Ungedruckt. Am 29. 11. 1945 verstarb in Innsbruck Frau Edith S., verw. D., geb. A. Sie w a r bei ihrem T o d e verheiratet mit dem französischen Staatsangehöri-
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gen Pierre S., von dem sie seit vielen Jahren getrennt lebte und dessen Aufenthaltsort ihr mindestens seit 1939 unbekannt war. Ihr erster Mann D. war Belgier. Von 1940 bis zum Sommer 1945 lebte sie mit dem Kl. in ehelicher Gemeinschaft in Innsbruck zusammen. Beide hatten sich am 12. 5. 1943 in getrennten Testamenten gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Auf Grund ihrer letztwilligen Verfügung wurde der Nachlaß der Edith S. am 16. 8. 1946 vom Bezirksgericht Innsbruck dem Kläger „eingeantwortet" und Urkunde hierüber erteilt. Edith S. war die Tochter des Aachener Tuchfabrikanten Heinrich A., der am 18. 7. 1942 verstorben war. In dem von ihm errichteten Testament vom 7. 1. 1937 hatte er seine Ehefrau Katharina A. sowie seine Kinder Rudolf A., Else P. und Edith S. als Miterben zu gleichen Teilen eingesetzt. Außerdem hatte er bestimmt, daß letztere unter Anrechnung auf ihren Erbteil ein von ihm in Garmisch erworbenes Haus erhalten solle. Am 16. 10. 1942 setzten die Miterben den beweglichen Nachlaß auseinander. In dem darüber geschlossenen Vertrag ist ausdrücklich festgestellt, daß das Haus in Garmisch auf Edith S. zu übertragen ist, wobei „Zeitpunkt und Form der notwendigen Beurkundung dieser überlassen bleiben sollte". Tatsächlich ist eine rechtsgültige Überlassung des Grundstücks an Edith S. niemals erfolgt. Im Grundbuch des AG Garmisch ist vielmehr nach wie vor der verstorbene Heinrich A. als Eigentümer eingetragen. Mit der Klage begehrte der Kl. von den Miterben Katharina A., Rudolf A. und Else P. deren Einwilligung, daß er zusammen mit ihnen als Miteigentümer des Garmischer Anwesens im Grundbuche eingetragen werde. Sein als Berichtigungsanspruch bezeichnetes Klagebegehren begründete er mit dem Vorbringen, daß er im Hinblick auf seine Erbeinsetzung durch die Miterbin Edith S. in deren Miterbenstellung eingerückt sei. Die Bekl. baten um kostenfällige Klageabweisung, vorsorglich um Gewährung von Vollstreckungsschutz. Aus den Gründen: „Was zunächst das von den Bekl. bestrittene mangelnde Rechtsschutzbedürfnis bezüglich einer Grundbuchberichtigungsklage (§ 894 BGB) betrifft, so war dieses zu bejahen (wird ausgeführt). Was die von den Bekl. bestrittene Gültigkeit der „Einantwortungsurkunde" des Bezirksgerichts Innsbruck im inländischen Rechtsverkehr angeht, so kann sie unbeantwortet bleiben, da sie f ü r den vorliegenden Prozeß keine entscheidende Rolle spielt. Der Kl. stützt seinen Klageanspruch, wie aus seinem Vortrag zu ersehen ist, nicht auf die Tatsache seiner formellen Einweisung in dem Nachlaß durch das österreichische Gericht, sondern auf seine materiellrechtliche Erbenstellung auf Grund der Erbeinsetzung durch Edith S. Das Problem, ob die Einantwortungsurkunde Charakter und Wirkung eines inländischen Erbscheins besitzt, wäre lediglich f ü r das Grundbuchamt bedeutsam geworden, wenn der Kl. versucht hätte, unter Vorlage der Urkunde seine Eintragung zu erreichen. Die im Hinblick auf die ausländische Staatsangehörigkeit der Erblasserin zu, prüfende Frage, nach welchem Recht die Gültigkeit des Testaments
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der Edith S. zu beurteilen ist, hat der zu diesem Punkt gehörte Sachverständige des internationalen Privatrechts dahin beantwortet, daß dessen materiellrechtliche Gültigkeit, auch wenn die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung Französin war, was im Hinblick darauf, daß sie einen französischen Paß besessen hat, nicht zweifelhaft sein kann, bezüglich des Grundstücks nach deutschem Recht als dem Statut réel zu würdigen ist. Das gleiche gilt f ü r die formelle Gültigkeit, die sich gem. Art. 11 EGBGB ebenfalls nach deutschem Recht bemißt. Eines Eingehens auf die französischen Sachnormen über die materielle und formelle Wirksamkeit des Testaments vom 12. 5. 1943, insbesondere auf die Frage, ob Edith S. nach französischem Recht als Ehefrau überhaupt testierfähig war, bedurfte es im Hinblick auf die Beschränkung des Prozeßgegenstandes auf ein inländisches Grundstück also nicht. Im übrigen wird zu diesem Punkt auf die wohlbegründeten, überzeugenden Ausführungen des anerkannten Sachverständigen verwiesen, die das Gericht zu den seinen macht. Nachdem damit feststeht, daß die Frage einer eventuellen Nichtigkeit der streitbefangenen letztwilligen Verfügung wegen angeblicher Sittenwidrigkeit oder Geistesschwäche der Erblasserin nach deutschem Recht zu beantworten ist, hatte das Gericht an die den Kern vorliegenden Rechtsstreits bildende Untersuchung zu gehen, ob die Voraussetzungen des § 138 BGB oder des § 2 II TestG vorliegen, wobei vorauszuschicken ist, daß die Beweispflicht insoweit bei den Bekl. l a g . . . " 241. Für die Gültigkeit und die Auslegung eines Testamentes ist das Erbstatut maßgebend (hier südafrikanisches Recht). Der beschränkte Erbschein (§ 2369 BGB) hat, wie sonst ein Erbschein, zu bezeugen, daß mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf die Erben übergegangen ist. Ein Rückerstattungsanspruch gehört zum Nachlaßvermögen, auch wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten des MRG Nr. 59 verstorben ist. — BGB §§ 1922, 2353, 2369; MRG Nr. 59. LG Hamburg, ZK 1, Beschl. vom 4. 12. 1952 — i T 417/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Erblasserin hat in Johannesburg (Südafrika) durch Testament vom 20. 10. 1942 bestimmt, daß ihr Sohn Eduard A. und seine Ehefrau und Tochter sein sollen „the sole and universal heir of my estáte and effects movable, or immovable, whether the same be in possession, reversión, remainder or expectancy, nothing excepted". Gestützt auf dieses Testament hat Nora A., die Ehefrau des am 25. 8. 1947 in Johannesburg verstorbenen Eduard A., bei dem AG in Hamburg mit Antrag vom 3. 10. 1951 beantragt, ihr einen auf das in Deutschland befindliche Vermögen beschränkten gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, durch den als Erben der Erblasserin ausgewiesen werden: 1. Eduard A.( 2. Nora A., geb. M., 3. Ruth H., geb. A. Das AG hat diesen Antrag durch den Beschl. vom 18. 7. 1952 abgewiesen und auf Grund eines von der gesetzlichen Erbin Gertrud B. geb. A. gestellten Antrages am 18. 7. 1952 mit dem Vermerk, daß der Erbschein nur die
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im Inlande befindlichen Nachlaßgegenstände betreffe, einen Erbschein d a h i n erteilt, d a ß als E r b e n der Emily A. ausgewiesen seien zu je Va: ihre Kinder: 1. Gertrud B. geb. A., 2. E d u a r d A., ihre Enkelin 3. Ursula T. Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluß des AG vom 18. 7. 1952. Sie m u ß t e E r f o l g haben. Die Frage, die in dem Erbscheinsverfahren zu entscheiden ist, ist nicht die Frage, ob die erst nach Testamentserrichtung k r a f t Gesetzes entstandenen Rückerstattungsansprüche (gemäß Gesetz Nr. 59 der Militärregierung f ü r die britische Zone betr. Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen U n t e r d r ü c k u n g s m a ß n a h m e n ) von der testamentarischen Verfügung mit u m f a ß t werden oder nicht, insbesondere ob die Erblasserin über die Ansprüche verfügen wollte u n d konnte. Die Frage hat vielmehr zu lauten, wer E r b e der Emily A. geworden ist. Denn d a r ü b e r soll gemäß § 2353 BGB der Erbschein Auskunft geben. Nach Lage der Sache k a n n kein Zweifel d a r a n bestehen, daß auf Grund des Testaments vom 25. 10. 1942 E r b e n der Emily A. E d u a r d A., seine E h e f r a u u n d ihre Tochter geworden sind. Zutreffend geht das Nachlaßgericht auf Grund des Gutachtens des Max-Planck-Instituts f ü r ausländisches u n d internationales Privatrecht vom 30. 4. 1952 davon aus, d a ß Gültigkeit u n d Auslegung des Testaments, soweit es sich um bewegliches Nachlaß vermögen handelt, nach südafrikanischem Recht zu beurteilen sind. Nach diesem Recht k ö n n e n Bedenken gegen die Gültigkeit des Testaments nicht erhoben werden, u n d die Rechtswirksamkeit des Testaments ist auch nicht, wie in dem a n g e f ü h r t e n Gutachten überzeugend ausg e f ü h r t wird, durch die von der gesetzlichen E r b i n Gertrud B. mit Schriftsatz vom 4. 10. 1951 dem Nachlaßgericht gegenüber erklärte „Anfechtung" des Testaments in F r a g e gestellt. Darüber besteht unter den Beteiligten Einvernehmen. Ist aber das Testament gültig, d a n n hat die mittels dieses Testaments getroffene letztwillige Verfügung der Erblasserin nach W o r t laut u n d Sinn unzweifelhaft die Rechtsfolge bewirkt, daß, u n t e r Ausschluß aller a n d e r e n Personen, einzig u n d allein die in dem Testament bezeichneten Personen E r b e n geworden sind. Da f ü r das Erbscheinsverfahren u n d f ü r die Erteilung des Erbscheins die deutschrechtlichen Bestimmungen maßgeblich sind, steht somit das Recht, gemäß § 2353 BGB vom Nachlaßgericht ein Zeugnis über das Erbrecht zu verlangen, ihnen allein zu. An dieser Rechtslage ändert die Bestimmung des § 2369 BGB, wonach, w e n n zu einer Erbschaft, f ü r die es an einem zur Erteilung des Erbscheins zuständigen deutschen Nachlaßgericht fehlt, Gegenstände gehören, die sich im Inlande befinden, die Erteilung eines Erbscheins lediglich f ü r diese Gegenstände verlangt werden kann, nichts. Abgesehen von der Beschränk u n g des Umfanges auf die im Inlande befindlichen Gegenstände ist die Bedeutung eines nach § 2369 BGB erteilten Erbscheins die gleiche, die sonst einem Erbschein z u k o m m t , nämlich die, d a ß bezeugt wird, d a ß mit dem Tode einer Person deren Vermögen als ganzes auf eine oder m e h r e r e andere Personen, den oder die Erben, übergegangen ist, § 1922 BGB. Durch den gegenständlich beschränkten Erbschein nach § 2369 BGB wird also,
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wie in Rechtslehre und Rechtsprechung unstreitig ist, nicht die Zugehörigkeit einzelner Vermögensgegenstände zum Nachlaß bezeugt. Es braucht also zwecks Erlangung eines Erbscheins nach § 2369 RGB nicht nachgewiesen zu werden, daß die Gegenstände, hinsichtlich deren der Erbschein beansprucht wird, wirklich zur Erbschaft gehören. Vielmehr genügt es, daß der Antrst. sie als zur Erbschaft gehörend in Anspruch nimmt (Planck 4, Anm. 2 b zu § 2369). Von diesem Gesichtspunkt aus muß nun in dem vorliegenden Fall die Rechtslage letztlich beurteilt werden. Der Interessengegensatz zwischen den an dem Erbscheinsverfahren Beteiligten beruht darauf, daß das MRG Nr. 59, das längst nachdem der Erbfall eingetreten war, nämlich am 12. 5. 1949 ergangen ist, demjenigen, dem als Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen Vermögensgegenstände ungerechtfertigt entzogen worden sind, einen Anspruch auf Rückerstattung gewährt. Während die Antrst. auf der einen Seite der Ansicht ist, daß die Erblasserin über den Rückerstattungsanspruch testiert hat, läßt die gesetzliche Erbin Gertrud B. durch ihren Bevollmächtigten, den Rechtsanwalt Dr. S., vortragen, daß das nicht der Fall ist. Hält man sich aber die Redeutung und den Zweck des Erbscheins vor Augen, dann kann es darauf, ob die Erblasserin über Rückerstattungsansprüche hat testieren wollen, wie überhaupt darauf, ob diese Rückerstattungsansprüche kraft Erbfolge zum Nachlaß gehören oder nicht, nicht ankommen. Der positiv-rechtlichen Vorschrift des § 2369 BGB, wonach die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins verlangt werden kann, wenn zu einer Erbschaft im Inland befindliche Gegenstände gehören, ist bereits Genüge getan, wenn dargetan ist, daß solche im Inland befindliche Gegenstände vorhanden sind, ohne Rücksicht darauf, wem im einzelnen sie zustehen. In dem vorliegenden Fall ist aber dargetan, daß im Inland befindliche Gegenstände zur Erbschaft gehören. Das Gesetz Nr. 59 hat nämlich in seinem Art. 6 bestimmt, daß vorbehaltlich der Vorschriften des Art. 8 diejenigen, denen Vermögen ungerechtfertigt entzogen worden ist, ihre Erben oder sonstige Nachfolger im Recht den Rückerstattungsanspruch geltend machen können. Die Vorschrift des Art. 8 betrifft die Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs durch Treuhandgesellschaften für unvererbte Nachlässe und nicht beanspruchte Vermögensgegenstände, interessiert in dem vorliegenden Fall also nicht. Mit Art. 6 Ges. Nr. 59 hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, daß unabhängig von der Rechtslage, wie sie zur Zeit des Erbfalles gewesen sein mag, in jedem Fall der Erbe als der berufene Gesamtnachfolger des ursprünglich Berechtigten befugt sein soll, dessen Anspruch geltend zu machen. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, daß zumindest das Recht der Geltendmachung des Rückerstattungsanspruches zur Erbschaft gehört. Ist das aber der Fall, dann gehören zu der Erbschaft der Emily A. Gegenstände, die sich im Inlande befinden. Demgemäß muß, soweit nicht sonstige Bedenken entgegenstehen sollten, dem Antrag der Nora A. auf Erteilung des Erbscheins entsprochen werden. Über die Frage, wem, materiell gesehen, die Rückerstattungsansprüche zustehen, ist damit keine Entscheidung getroffen. Diese Frage braucht im Erbscheinsverfahren auch nicht entschie-
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den zu werden. Besteht unter den Beteiligten Streit darüber, wem im einzelnen die Rückerstattung zugute kommen soll, so mag über diesen Streit nach den Rechtsgrundsätzen, die f ü r die Rückerstattung maßgebend sind, im Prozeßwege oder in dem Verfahren vor der Wiedergutmachungskammer entschieden werden. Nach alledem mußte das AG angewiesen werden, den unrichtigen Erbschein vom 18. 7. 1952, der Nichterben als Erben ausweist, einzuziehen, und von seinen in dem angefochtenen Beschluß dargelegten Bedenken, der Nora A. den Erbschein zu erteilen, abzusehen."
VIII. PATENT-, GEBRAUCHSMUSTER- UND URHEBERRECHT Patentrecht
242. Die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums ist durch den Krieg auch im Verhältnis der Feindstaaten zueinander nicht außer Kraft getreten. Ihre Schutzwirkung war nur de facto während des Kriegszustandes unterbrochen. Durch Art. 2 des KRG Nr. 1 wird die Anwendung solcher gesetzlichen Bestimmungen, durch die ausländische Staatsangehörige im Verhältnis zu Inländern benachteiligt werden, nicht untersagt, die mit den anerkannten Grundsätzen des internationalen Rechts in Einklang stehen, somit nicht auf typisch nationalsozialistischer Auffassung beruhen. Diese Voraussetzungen sind bei den Sonderbestimmungen gegeben, die die Kriegsmaßnahmenverordnung in bezug auf Reichspatente getroffen hat, deren sämtliche Inhaber bei Ablauf des 18. Jahres der Schutzdauer Ausländer waren oder ihren Gesellschaftssitz im Ausland hatten. Für diese Ausländer patente gilt deshalb nicht die in §21 der Kriegsmaßnahmenverordnung für Inländerpatente vorgesehene Verlängerung der Schutzdauer. Für ihre Wiederherstellung oder Verlängerung ist vielmehr das AHKG Nr. 8 maßgebend. — KriegsmaßnahmenVO vom 10. 1. 1942, § 2; KRG Nr. 1 Art. 2; AHKG Nr. 8 Art. 2, 3, 5; Pariser Abkommen zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. 3. 1883. BGH, Urt. vom 6. 10. 1953 — I ZR 220/52: GRUR 56 (1954) 111; BlfPMZ 56 (1954) 53; BB 9 (1954) 114 (Leitsätze); Der Betrieb 7 (1954) 103 (Leitsätze) ; Mitteilungsblatt der Deutschen Vereinigung f. gewerbl. Rechtsschutz und Urheberrecht, 1954, 37 (Leitsätze und Anmerkung von Heydt). Beide Parteien befassen sich mit der Herstellung und dem Vertriebe von durch Druckluft angetriebenen Maschinen zum Aufnehmen von Fallmaschen in Wirk- und Strickwaren. Sie sind beide als Inhaber von Patenten eingetragen, denen die von ihnen hergestellten sogenannten „Repassiermaschinen" entsprechen. Das f ü r die Kl., einen französischen Unternehmer, eingetragene Klagepatent, DRP Nr. 537 631, hatte Geltung mit Wirkung vom 31. 10. 1928. Die Kl. beantragte beim Deutschen Patentamt unter dem 10. 5. 1950 auf
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Grund Art. 3 und Art. 5 AHKG Nr. 8 „Wiederherstellung und Verlängerung" des Klagepatentes. Dem entsprach das Deutsche Patentamt insofern, als es durch Verfügung vom 12. 2. 1951 den Beginn des 12. Patentjahres des Klagepatentes auf den 28. 11. 1949 festgesetzt hat. Bekanntmachung erfolgte im Patentblatt vom 19. 4. 1951 (S. 660) unter der Überschrift „Wiederherstellungen und Verlängerungen nach Gesetz Nr. 8". Die Patentansprüche lauten: . . . Der Bekl. ist als Inhaber des DRP 738 173, „Kraucher"-Patent in die Patentrolle eingetragen. Dieses Patent ist während des Krieges beim Reichspatentamt angemeldet und auf Grund der Verordnung vom 12. 5. 1943 (RGBl 1943 II S. 150) erteilt worden. Der hier allein in Betracht kommende Patentanspruch 1) lautet: . . . Die Kl. beanstandet diese Ausführungsform des „Kraucher"-Patentes als Verletzung des Klagepatents. Sie bestreitet im übrigen den rechtswirksamen Erwerb des „Kraucher"-Patents durch den Bekl. Sie hat beantragt, den Bekl. unter Strafandrohung zu verurteilen, es zu unterlassen, zum Wiederaufnehmen von Laufmaschen in Wirk- und Strickwaren dienende Vorrichtungen gewerblich herzustellen, feilzuhalten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, bei denen ein mit einer Nadel versehener, auf einer Führung laufender Teil hin- und herbewegt wird, wobei der die Nadel tragende Teil im Innern einen Druckraum enthält und durch Druckluft angetrieben wird. Außerdem hat die Klägerin Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht des Bekl. begehrt. Der Bekl. hat um Klagabweisung gebeten. Der Bekl. stellt nicht in Abrede, daß die Ausführungsform der „OKA"Repassiermaschine in den Schutzbereich des Klagepatents eingreift. Er beansprucht f ü r sich jedoch das Recht der Weiterbenutzung der beanstandeten Ausführungsform gemäß Art. 7 des AHKG Nr. 8, da er nicht nur das „Kraucher"-Patent im Jahre 1948 gutgläubig erworben, sondern danach, und zwar noch vor dem 1. 10. 1949, seine „OKA"-Repassiermaschine gutgläubig hergestellt, benutzt und in einem Falle sogar mit einer Kompressoranlage verkauft habe. Da das Klagepatent wegen der französischen Staatsangehörigkeit seiner Inhaberin nicht in den Genuß der Verlängerungsvergünstigung gemäß § 2 I der VO über außerordentliche Maßnahmen im Patent- und Gebrauchsmusterrecht vom 10. 1. 1942 („Kriegsmaßnahmen-VO") gekommen sei (§ 2 III aaO), sei seine Schutzwirkung beim Ablauf seines 18. Lebensjahres mit dem 30. 10. 1946 erloschen und erst auf Grund des Gesetzes Nr. 8 mit Wirkung vom 28. 11. 1949 wieder in Kraft gesetzt und in seiner Schutzdauer verlängert worden. Dementsprechend hat der Beklagte vorsorglich beim Großen Senat des Deutschen Patentamts die Festsetzung der Lizenzbedingungen gemäß Art. 7 I S. 2 AHKG Nr. 8 beantragt, nachdem eine Verständigung hierüber unmittelbar zwischen den Parteien nicht zustande gekommen war. Die KI. ist dagegen der Auffassung, die Schutzwirkung des Klagepatents sei bisher zu keinem Zeitpunkte erloschen. Seine Schutzdauer wäre nach ihrer Meinung vielmehr mangels Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift des § 2 III KriegsmaßnahmenVO f ü r Ausländer ebenso wie die Patente
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deutscher Staatsangehöriger gemäß § 22 des 1. Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes erst mit dem 31. 12. 1949 beendet gewesen, wenn das Klagepatent nicht schon zuvor auf Grund des Gesetzes Nr. 8 über diesen Zeitpunkt hinaus verlängert worden wäre. F ü r eine „Wiederherstellung" des Klagepatents und f ü r den Erwerb eines Zwischenrechts gemäß Art. 7 des Gesetzes Nr. 8 sei daher kein Raum. Im übrigen könne sich der Bekl. auch deshalb nicht auf den Erwerb eines Zwischenrechtes kraft Benutzung berufen, weil der Erfindungsgedanke des Klagpatents auch die zur eigentlichen Repassiernadel gehörige, die Druckluft erzeugende Kompressormaschine mit erfasse. Diese Kompressormaschine sei aber von dem Bekl. innerhalb des maßgeblichen Zeitraums nicht hergestellt worden. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kl. nach Beweisaufnahme zurückgewiesen. Die Revision blieb ohne Erfolg. Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht geht davon aus, daß das Klagepatent bei Ablauf seines 18. Patentjahres mit dem 30. 10. 1946 erloschen sei. Es führt dazu aus: Die Kriegsmaßnahmenverordnung vom 10. 1. 1942 (RGBl. 1942 II, S. 81) habe die Kl. nicht in den Genuß der Patentverlängerung auf unbestimmte Zeit gemäß § 2 I dieser VO gesetzt. Für die Kl. als Angehörige eines ausländischen Staates seien die Vorschriften der §§ 2 III 9 II der VO maßgebend gewesen, wonach Ausländer an der Verlängerungsvergünstigung nicht teilhätten, sofern nicht im Fall verbürgter Gegenseitigkeit der Reichsminister der Justiz von seiner Ermächtigung, die Verlängerungsanordnung auf Ausländer auszudehnen, Gebrauch gemacht habe und dies im Reichsgesetzblatt bekanntgemacht worden sei. Eine solche Ausnahme sei f ü r französische Staatsangehörige trotz der von französischer Seite verbürgten Gegenseitigkeit nicht bestimmt worden. Sie könne auch nicht über die Anwendung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit, der vornehmlich in Art. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums vom 20. 3. 1883 seinen Niederschlag gefunden habe, in die KriegsmaßnahmenVO hineingetragen werden. Der Grundsatz der Gegenseitigkeit verliere in Kriegszeiten naturgemäß an Bedeutung. So sei auch die Pariser Verbandsübereinkunft nach dem ersten Weltkriege durch Art. 286 des Versailler Vertrages ausdrücklich wieder in Kraft gesetzt worden. Art. 306 II des Versailler Vertrages stelle auf dem Gebiet des gewerblichen Eigentums kriegsbedingte Sondermaßnahmen einer alliierten oder asoziierten Macht hinsichtlich der Rechte deutscher Reichsangehöriger in Rechnung. Es sei deshalb nichts dagegen zu erinnern, daß der deutsche Reichsminister der Justiz trotz der von Frankreich verbürgten Gegenseitigkeit von der Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, auch Angehörigen von Feindstaaten die Verlängerungsvergünstigung einzuräumen. Diese Ausländerbenachteiligung sei eine reine Kriegsmaßnahme, die mit typisch nationalsozialistischer Rechtsauffassung nichts gemein habe. Das LG habe deshalb zu Recht die Anwendbarkeit des KRG Nr. 1 vom
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20. 9. 1945 auf die KriegsmaßnahmenVO verneint; denn durch Art. 2 dieses Gesetzes seien nur Gesetzesbestimmungen außer Kraft gesetzt worden, die auf typisch nationalsozialistischem Gedankengut beruhen. Erst das AHKG Nr. 8 habe somit die gesetzlichen Voraussetzungen f ü r das Wiederaufleben des am 30. 10. 1946 erloschenen Klagpatentes geschaffen. Dieser Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist im Ergebnis beizutreten. Der Senat geht zwar davon aus, daß die Pariser Verbandsübereinkunft auch im Verhältnis der Feindstaaten zueinander durch den Krieg nicht außer Kraft getreten ist, der Verbandsschutz vielmehr während des Kriegszustandes nur de facto ruhte. Auch von diesem Rechtsstandpunkt aus widerspricht aber die Kriegsmaßnahmenverordnung weder anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen, noch stellt sie eine Verletzung des Unionsvertrages dar. Hierbei fällt ins Gewicht, daß die KriegsmaßnahmenVO keine Benachteiligung der Ausländer gegenüber dem bisherigen Rechtszustand vorsieht, sondern diese lediglich von einer Vergünstigung ausnimmt, die den inländischen Staatsangehörigen ausschließlich auf Grund der Kriegsverhältnisse vorübergehend gewährt wurde, wobei dem Reichsminister der Justiz durch eine auf die Kriegsdauer begrenzte Ermächtigung die Möglichkeit eingeräumt wurde, diese kriegsbedingte Vergünstigung auch auf Staatsangehörige anderer Länder zu erstrecken. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft wird durch eine solche lediglich kriegsbedingte und als vorübergehend gedachte Ausnahmeregelung nicht in seinen Grundlagen angetastet. Zu Unrecht meint die Revision, die Sonderbestimmungen f ü r Ausländer in der Krie^maßnahmenVO seien durch Art. 2 des KRG Nr. 1 vom 20. 9. 1945 außer Kraft gesetzt worden, weil diese Vorschrift nicht, wie das Berufungsgericht annehme, nur typisch nationalsozialistische Gesetze f ü r unanwendbar erkläre, sondern jede Maßnahme des deutschen Gesetzgebers erfassen wolle, durch die jemand um seiner Staatsangehörigkeit willen benachteiligt werde. Gegen diese Auffassung spricht schon, daß weder das internationale Recht noch die nationalen Rechtsordnungen der Kulturstaaten einen Rechtssatz kennen, wonach Ausländer mit Inländern auf allen Rechtsgebieten schlechthin gleichzustellen seien. Es ist vielmehr auch mit streng rechtsstaatlicher Auffassung durchaus vereinbar, auf einzelnen Rechtsgebieten Sonderbestimmungen f ü r ausländische Staatsangehörige zu treffen. Es sei hier nur auf die Sonderregelungen f ü r Ausländer im deutschen Gewerbe- und Prozeßrecht verwiesen, von denen außer Zweifel stehen dürfte, daß sie von dem KRG Nr. 1 nicht betroffen werden. Der Umstand, daß das KRG Nr. 1 keine den Rückerstattungsgesetzen der britischen und amerikanischen Militärregierungen entsprechende ausdrückliche Bestimmung enthält, wonach diese Gesetze auf solche Maßnahmen keine Anwendung finden, „die unter den anerkannten Regeln des internationalen Rechtes üblicherweise gegen Vermögen von Staatsangehörigen feindlicher Länder zulässig sind" (Art. 1 I S. 2 MRG Nr. 59), gibt keinen Anhaltspunkt f ü r den Anwendungsbereich des KRG Nr. 1. Aus der im Rückerstattungsrecht getroffenen Regelung kann weder mit 31
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dem LG auf eine gesetzgeberische Grundeinstellung der Alliierten geschlossen werden, völkerrechtlich nicht zu beanstandende Kriegsmaßnahmen des deutschen Gesetzgebers unangetastet zu lassen, noch berechtigt das Fehlen einer gleichlautenden Bestimmung im KRG Nr. 1 zu dem von der Revision gewollten Umkehrschluß, eine dieser Bestimmung entsprechende einschränkende Auslegung des KRG sei unzulässig. Welche gesetzlichen Vorschriften nach dem KRG Nr. 1 künftig keine Anwendung mehr finden sollen, kann vielmehr nur aus diesem Gesetz selbst und seiner rechtspolitischen Zielsetzung entnommen werden. Bereits der Wortlaut des KRG Nr. 1 läßt erkennen, daß sein Art. 2 nur solche „Gesetzesverfügungen" ergreifen wollte, die typisch nationalsozialistisches Gepräge haben und mit den international anerkannten rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar sind. Das LG hat bereits zutreffend auf die Überschrift dieses Gesetzes — „Aufhebung von Nazigesetzen" — als f ü r die Auslegung auch des Art. 2 des Gesetzes bedeutsam hingewiesen. Dazu kommt, daß Art. 1 des Gesetzes, durch den eine Reihe im einzelnen aufgezählter typisch nationalsozialistischer Gesetze aufgehoben wird, mit dem Satz eingeleitet wird: „Folgende Gesetze politischer Natur oder Ausnahmegesetze, auf welchen das Naziregime beruhte, werden hierdurch ausdrücklich (,expressly' — ,formellement') aufgehoben . . . " . Dieser ausdrücklichen Aufhebung unter Aufzählung der betreffenden nationalsozialistischen Gesetze folgt in Art. 2 die Generalklausel, wonach — entsprechend der Überschrift zum Gesetz und der Einleitung zu Art. 1 — nunmehr ganz allgemein „Gesetzesverfügungen" nicht mehr angewendet werden dürfen, die zu Ungerechtigkeiten oder ungleicher Behandlung führen würden, vorausgesetzt, daß diese Gesetzesverfügun^en zwei bestimmten Tatbestandsgruppen zuzurechnen seien. Den Fällen, in denen jemand auf Grund seiner Verbindung zur NSDAP, deren Formationen usw. Vorteile hätte, stehen die Tatbestände gegenüber, in denen jemand durch bestimmte Umstände in seiner Person bei Anwendung der betreffenden Vorschriften benachteiligt würde. Diese besonderen Umstände sind „Rasse, Staatsangehörigkeit, Glaube sowie Opposition zur NSDAP und ihren Lehren". Jeder einzelne dieser Tatbestände — mit Ausnahme der Sonderbehandlung wegen der Staatsangehörigkeit — läßt ohne weiteres erkennen, daß es sich um Bevorzugungs- oder Benachteiligungsbestimmungen handelt, die auf typisch nationalsozialistischer Grundeinstellung beruhten. Die Einreihung des Begriffs der „Staatsangehörigkeit" in diese Tatbestandsgruppen macht aber deutlich, daß auch die Ausländerbenachteiligung im Sinne des Art. 2 des KRG Nr. 1 ihre Wurzel allein in nationalsozialistischer Anschauungsweise haben mußte. Das ersichtlich in seiner rechtspolitischen Zielsetzung dem KRG Nr. 1 entsprechende amerikanische MRG Nr. 1 läßt ebenfalls in seinem Wortlaut eindeutig erkennen, daß nur Vorschriften typisch nationalsozialistischer Prägung betroffen werden sollten (OGHZ 2, 35 [36, 37]). Danach werden solche „Gesetzesverfügungen", die Ausländerbenachteiligungen im Einklang mit internationalen rechtsstaatlichen Grundsätzen enthalten, durch die Art. 2 sowohl des amerikanischen MRG Nr. 1 wie des KRG Nr. 1 nicht berührt
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V I I I . Patent-, Gebrauchsmuster- und Urheberrecht
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(vgl. auch DPA vom 10. 3. 1951, BlfPMZ 1951, 154 [155] vom 4. 2. 1953, GRUR 1953, 169 [170]) 2. Daß auch die Alliierten nicht der Auffassung gewesen sind, die in der KriegsmaßnahmenVO für Ausländer enthaltenen Sonderbestimmungen seien bereits durch das KRG Nr. 1 aufgehoben, ergibt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, auch aus der Fassung des AHKG Nr. 8. Denn hätten die Alliierten nicht die Rechtsbeständigkeit der KriegsmaßnahmenVO trotz des inzwischen ergangenen KRG Nr. 1 angenommen, so wäre für eine Wiederherstellung durch gesetzgeberische Maßnahmen betroffener Ausländerpatente überhaupt kein Raum gewesen, weil dann die in Betracht kommenden Ausländerpatente nach § 2 I der KriegsmaßnahmenVO ohnehin wie Inländerpatente bis zur ausdrücklichen Aufhebung dieser Verordnung durch § 36 des Ersten Überleitungsgesetzes, also bis zum 31. 12. 1949, in ihrer Schutzwirkung ausgedehnt gewesen wären. Das Berufungsgericht ist nach alledem ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß das Klagpatent mit Ablauf der normalen 18jährigen Schutzfrist, also am 30. 10. 1946, erloschen und erst auf Grund der Bestimmungen des AHKG Nr. 8 wieder aufgelebt sei. Im Einklang mit dieser Rechtslage hat die Kl. durch ihren Patentanwalt nicht nur gemäß Art. 5 Gesetz Nr. 8 Verlängerung der Schutzdauer des Klagepatentes, sondern zugleich auch dessen Wiederherstellung beantragt, wenn das auch formularmäßig unter Anziehung des Art. 3 anstatt des einschlägigen Art. 2 Gesetz Nr. 8 geschehen ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat das Patentamt zwar einen Verlängerungsbeschluß gemäß Art. 5 Gesetz Nr. 8, nicht aber einen formellen Wiederherstellungsbeschluß gemäß Art. 2 Gesetz Nr. 8 erlassen. Das Berufungsgericht führt dazu in Übereinstimmung mit dem LG aus, der formularmäßige Mangel der an sich erforderlichen Wiederherstellung des Klagpatentes gemäß Art. 2 Gesetz Nr. 8 durch das Patentamt stehe dem Erlöschen des Klagpatents mit dem 30. 10. 1946 und seinem Wiederaufleben auf Grund der Verfügung des Patentamtes nach Gesetz Nr. 8 nicht entgegen. Hierin kann ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden, da das Fehlen des förmlichen Wiederherstellungsbeschlusses weder das Erlöschen des Klagpatentes beim Ablauf seines 18. Patentjahres verhindern konnte, noch die Rechtswirksamkeit des Verlängerungsbeschlusses mit Wirkung vom 28. 11. 1949 in Frage stellt. Im Zeitraum zwischen seinem Erlöschen im Jahre 1946 und seinem Wiederaufleben im Jahre 1949 hatte des Klagepatent somit keine Schutzwirkung . . . " 2 4 3 . Hat die Prüfungsstelle des Reichspatentamtes noch vor Kriegsende die Wiedereinsetzung in die Prioritätsfrist auf Antrag einer schwedischen Firma bewilligt, so bleibt die Wiedereinsetzung auch für das weitere Verfahren vor dem Deutschen Patentamt wirksam. — PatG § 21; 1. ÜberleitungsG vom 8. 7. 1949, § 29. 1 2
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Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 115. Siehe unten Nr. 253.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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Deutsches Patentamt, 1. Beschw. Senat, Entsch. vom 5. 11. 1953 — A 1834 IV b/55 b — 1 B 171/52: GRUR 56 (1954) 65; BlfPMZ 56 (1954) 16. Aus den Gründen: „Die Antrst. hat am 6. 6. 1950 die Weiterbehandlung einer von ihr a m 3. 6. 1942 eingereichten Anmeldung beantragt und f ü r diese Anmeldung am 5. 10. 1951 die Priorität einer schwedischen Anmeldung vom 4. 11. 1939 beansprucht. Sie hat behauptet, diese Priorität schon am 3. 6. 1942 erbeten zu haben. Zur Glaubhaftmachung hat sie die Ablichtung eines Schreibens eingereicht, in welchem ihr Inlandsvertreter unter dem Datum vom 4. 6. 1942 ihrer F i r m a in Stockholm die Beanspruchung der Priorität mitteilt. Die Prüfungsstelle f ü r die Klasse 55 b hat den Antrag, das schwedische Prioritätsdatum in die Bekanntmachung aufzunehmen, durch den Beschluß vom 29. 8. 1952 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Antrst. Mit ihr ist die Ablichtung einer Mitteilung des Reichspatentamts vom 23. 2. 1943 eingereicht worden, wonach der Beschwf. vom Reichspatentamt wegen der Beanspruchung der schwedischen Priorität die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt worden ist. Die Beschwerde ist gemäß § 21 PatG zulässig. Sie ist auch begründet. Durch die in zweiter Instanz überreichte Ablichtung ist n u n m e h r der Nachweis erbracht, daß das Reichspatentamt wegen der Versäumung der Frist zur Inanspruchnahme der Priorität aus der schwedischen Anmeldung vom 4. 11. 1939 die Wiedereinsetzung bewilligt hat. Nach § 29 des 1. Überleitungsgesetzes (ÜG) vom 8. 7. 1949 werden die Anmeldungen mit dem beim Reichspatentamt begründeten Zeitrang weiterbehandelt. Dazu gehört auch der Rang, welcher durch eine ordnungsgemäße Prioritätserklärung erworben ist. Da der Antrst. f ü r die Prioritätsbeanspruchung die Wiedereinsetzung bewilligt worden ist, steht ihr Antrag der rechtzeitigen Einreichung innerhalb der Prioritätserklärungsfrist u n d der rechtzeitigen Prioritätserklärung gleich . . . " ¡344. Die Wiedereinsetzung eines Österreichers in den vorigen Stand wegen Versäumung der Prioritätsfrist (bei Anmeldung eines Patentes) wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Bekanntmachung zugunsten Österreichs, das eine entsprechende Wiedereinsetzung deutscher Staatsangehöriger zuläßt, nach § A der VO vom 9. 11. 1940 nicht erlassen worden ist. Tragendes Fundament der Wiedereinsetzung von ausländischen Staatsangehörigen ist die Gegenseitigkeit. Es besteht eine solche in bezug auf Österreich. Die Feststellung der Gegenseitigkeit ist in den Kriegszeiten auch unter den Vertragsstaaten der Pariser Verbandsunion zulässig. — PatG §§ 21, 43; VO vom 9. 11. 1940 § 4; AHKG Nr. 8. Deutsches Patentamt, 1. Beschwerdesenat, Entsch. vom 27. 5. 1953 — E 5434 VII/8 h: GRUR 55 (1953) 389; BlfPMZ 55 (1953) 262; Mitt.Bl. 1953, 69; Österreichische Blätter f. gew. Rechtsschutz 2 (1953) 46 (Leitsätze).
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VIII. Patent-, Gebrauchsmuster- und Urheberrecht
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Aus den Gründen: „Der Antrst., der die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, hat am 5. 5. 1952 einen Antrag auf Erteilung eines Patents . . . eingereicht und am 7. 5. 1952 die Unterlagen — Beschreibung, Ansprüche und Zeichnung — nachgereicht. Mit dem am 5. 5. 1952 eingegangenen ersten Antrag hat er f ü r diese Patentanmeldung die Priorität aus der Erstanmeldung in Österreich vom 2. 5. 1951 in Anspruch genommen. Gleichzeitig hat er um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Prioritätsfrist gebeten und diesen Antrag folgendermaßen begründet . . . Der Anmelder vertritt die Auffassung, daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Prioritätsfrist nach der VO vom 9. 11. 1940 f ü r österreichische Staatsangehörige möglich sein müsse, obwohl f ü r Österreich keine Bekanntmachung gemäß § 4 der genannten Verordnung erlassen sei. Die Prüfungsstelle hat den Wiedereinsetzungsantrag durch den Beschluß vom 17. 6. 1952 mit der Begründung abgelehnt, daß ohne eine Bekanntmachung gemäß § 4 der genannten Verordnung eine Wiedereinsetzung zugunsten österreichischer Staatsangehöriger nicht möglich sei. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Sie ist gemäß § 21 PG zulässig und auch begründet. Durch eine Mitteilung des Präsidenten des österreichischen Patentamts vom 8. 9. 1952 ist festgestellt worden, daß nach § 85 a des österreichischen Patentgesetzes in seiner derzeitigen Fassung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Prioritätsfrist in Österreich auch f ü r deutsche Staatsangehörige möglich ist. Bei der Beurteilung der Rechtslage ist von dem Sinn und der Bedeutung des § 4 der VO vom 9. 11. 1940 auszugehen. Hierzu hat der Senat bereits in anderer Sache die Auffassung vertreten, daß Grundlage und tragendes Fundament der Wiedereinsetzung von ausländischen Staatsangehörigen die Gegenseitigkeit ist und daß dies auch dem § 4 der VO vom 9. 11. 1940 zu entnehmen ist, wenn man die Umstände seiner Entstehung im Zusammenhang mit den entsprechenden Bestimmungen in den Verordnungen vom 1. 9. 1939 und 10. 1. 1942 betrachtet. An dieser Auffassung wird festgehalten. Daraus folgt, daß der Justizminister bei der Entscheidung, ob eine Bekanntmachung f ü r ein bestimmtes Land zu erlassen war, sich nicht von wirtschaftlichen oder politischen Erwägungen leiten lassen konnte, sondern daß ihm die Verpflichtung oblag, bei Feststellung der Gegenseitigkeit eine entsprechende Bekanntmachung zu erlassen. Ob von dieser Verpflichtung insoweit eine Ausnahme bestand, als von einer Bekanntmachung f ü r Staaten abgesehen werden konnte, mit denen Deutschland im Kriege stand, kann hier dahingestellt bleiben, da diese Ausnahme jedenfalls spätestens mit der Aufhebung der Kriegsgesetzgebung f ü r das Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes durch das Gesetz Nr. 8 hinfällig geworden wäre. Die vorstehende Auslegung des § 4 der VO vom 9. 11. 1940 ist in doppelter Hinsicht von Bedeutung. Einmal kann die Bindung jeder Bekanntmachung an die Feststellung der Gegenseitigkeit nicht als nationalsozialistische Willkür, sondern muß als eine in Kriegszeiten nach inter-
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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nationaler Gepflogenheit auch unter den Vertragsstaaten der Pariser Verbandsunion für solche Sonderbestimmungen zulässige Maßnahme angesehen werden. Das hat der Senat bereits mehrfach festgestellt und hält daran fest. Die daraus folgende Gültigkeit dieser f ü r die Kriegszeit geschaffenen Bestimmung wird auch durch die tatsächliche Beendigung des Kriegszustandes so lange nicht berührt, als nicht im Zusammenhang mit dem Eintritt normaler, auch von Nachwirkungen des Krieges ungestörter internationaler Rechtsbeziehungen die Bestimmung aufgehoben oder in eine andere, auch f ü r Friedenszeiten gültige Gesetzgebung, übergeführt worden ist. Andererseits folgt aus der Bindung des Justizministers an die Gegenseitigkeit als Grundlage f ü r den Erlaß einer Bekanntmachung, daß im vorliegenden Fall, nachdem durch die Mitteilung des Präsidenten des österreichischen Patentamts die Gegenseitigkeit von Seiten Österreichs einwandfrei erwiesen ist, ein Tatbestand gegeben ist, der den Erlaß einer Bekanntmachung zugunsten Österreichs erforderlich gemacht hätte, um die Anwendung der Wiedereinsetzungsbestimmungen im Einklang mit dem Sinn des § 4 der V O v o m 9. 11. 1940 zu gewährleisten. Eine Ablehnung der Wiedereinsetzungsmöglichkeit f ü r einen österreichischen Staatsangehörigen trotz Bestehens der Gegenseitigkeit würde jedoch nicht nur dem widersprechen, was v o m Gesetzgeber bei der Schaffung des § 4 beabsichtigt war, sondern würde darüber hinaus auch die Grundsätze der Pariser Verbandsunion verletzen, die durch den Beitritt Deutschlands Bestandteil der deutschen Rechtsordnung geworden sind. Da nun der Erlaß einer Bekanntmachung durch den Bundesjustizminister als Nachfolgeorgan des Reichsjustizministers nach herrschender Auffassung infolge der veränderten staatlichen und verfassungsrechtlichen Verhältnisse nicht mehr als zulässig angesehen wird, ist die Verordnung v o m 9. 11. 1940 insoweit unvollständig geworden, als eine nach dem Sinn des § 4 notwendige Bekanntmachung nicht mehr erlassen werden kann. Der Senat muß deshalb schon aus diesem Grund als die rechtsprechende Stelle, die über die Wiedereinsetzung zu befinden hat, befugt und verpflichtet sein, die Feststellung der Gegenseitigkeit selbst zu treffen und damit die Möglichkeit einer W i e dereinsetzung des österreichischen Antragstellers zu bejahen. Die Wiedereinsetzung erscheint auch in sachlicher Hinsicht gerechtfertigt" (wird ausgeführt). 2 4 5 . Die Prioritätsrechte des deutsch-schweizerischen Abkommens vom 2. 11. 1950 konnten nach ihrer Entstehung an jeden Dritten gleich welcher Staatsangehörigkeit übertragen werden. — Deutsch-schweizerisches Abkommen über Prioritätsrechte v o m 2. 11. 1950, Art. 1, 2. Deutsches Patentamt, 1. Beschwerdesenat, Entsch. v o m 9. 12. 1952 — E 4058 I a/46 f — 1 B 105/52: GRUR 55 (1953) 125: B l f P M Z 55 (1953) 57 mit Anm. von Wolf Müller (in Mitt. Bl. d. Dt. Vereins f. gewerbl. Rechtsschutz und Urheberrecht 1953, 21). Aus den Gründen: „ D i e deutsche Anmelderin ist am 21. 6. 1951 von der nach Schweizer Recht errichteten Firma (E. W . - A . G.) in Zürich ermächtigt worden, den
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Gegenstand der schweizerischen Patentanmeldung Nr. 32 782 dieser Firma vom 3. 3. 1948 in Deutschland auf ihren Namen anzumelden und dabei die Priorität der Schweizer Anmeldung in Anspruch zu nehmen. Das hat die Anmelderin mit der am 13. 7. 1951 eingegangenen Anmeldung getan. Die Prüfungsstelle hat die Anwendbarkeit des deutsch-schweizerischen Prioritätsabkommens vom 2. 11. 1950 (BlfPMZ 1951, 152) verneint und demgemäß den Antrag, die Beanspruchung der Priorität der Erstanmeldung in der Schweiz vom 3. 3. 1948 in den Bekanntmachungsbeschluß aufzunehmen, zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde ist begründet. Die Anmeldung, deren Priorität in Anspruch genommen wird, ist in der Schweiz durch eine Schweizer Firma innerhalb des in Art. 1 des Abkommens bestimmten Zeitraumes eingereicht worden. Damit erfüllt die Erstanmeldung die im Prioritätsabkommen aufgestellten Voraussetzungen. Da die Übertragung der Priorität erst am 21. 6. 1951, also nach dem Tage des Inkrafttretens des Abkommens (9. 4. 1951) erfolgt ist, war das Becht zur Inanspruchnahme dieser Priorität im Zeitpunkt der Übertragung bei der Erstanmelderin bereits entstanden. Wie der Senat in seinem im BlfPMZ 1951, 354 veröffentlichten Beschluß f ü r die auf die Pariser VerbandsÜbereinkunft und das Gesetz Nr. 8 gestützten Prioritätsansprüche entschieden hat, können diese Prioritätsrechte nach ihrer Entstehung auf Dritte auch dann übertragen werden, wenn letztere nicht die persönlichen Voraussetzungen erfüllen, von denen das Gesetz oder das Abkommen die Entstehung des Prioritätsanspruches abhängig macht. Dasselbe hat f ü r die dem deutsch-schweizerischen Abkommen entsprechenden Prioritätsansprüche zu gelten. Es ist kein Grund zu erkennen, der eine andere Behandlung rechtfertigen könnte. Sie würde im Ergebnis auch nur dazu führen, daß der Schweizer gezwungen wäre, selbst in Deutschland anzumelden und nach der Anmeldung alsbald seine Rechte zu übertragen. Die Regelung des Art. 2 II des Abkommens steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Wie sich aus dem Sinn dieser Vorschrift sowie aus den Ausführungen der Denkschrift zu dem Abkommen (BlfPMZ 1951, 152) zu Art. 2 ergibt, soll diese Vorschrift die Fälle treffen, in denen Rechte an einen Schweizer oder Deutschen abgetreten worden sind, die einem nicht durch das Abkommen begünstigten Anmelder zustanden. Es sollten also Umgehungsversuche, die in Erwartung des Abkommens vorgenommen worden waren, unwirksam gemacht werden . .. Eine andere nicht durch Art. 2 des Abkommens geregelte Frage ist die, ob auf Grund des Abkommens auch einem Deutschen, der in der Schweiz eine Anmeldung eingereicht hat, f ü r eine Nachanmeldung in Deutschland die Verlängerung der Prioritätsfrist auf Grund des Abkommens zugute kommt. Dies ist in der von der Prüfungsstelle in ihrem Beschluß angeführten in BlfPMZ 1952, 29 f. veröffentlichten Entscheidung des Senats 1 mit der Begründung verneint worden, daß das Abkommen nur ermöglichen wollte, eine abgelaufene Priorität jeweils in dem anderen Land und 1
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nicht in dem Heimatland geltend zu machen. Die Prüfungsstelle verkennt jedoch die Tragweite dieser Entscheidung, wenn sie aus ihr entnimmt, daß auch im vorliegenden Fall das Abkommen nicht anwendbar sei, weil die Nachanmeldung von einem Deutschen eingereicht worden ist. Die Entscheidung sagt lediglich, daß Deutsche aus dem Abkommen selbst keine Rechte zur Inanspruchnahme von Prioritätsrechten in Deutschland außerhalb der Prioritätsfrist des Unionsvertrages erworben haben. U m diese Frage handelt es sich im vorliegenden Falle aber nicht. Hier war vielmehr das Recht, die Priorität nach Ablauf der allgemeinen Prioritätsfrist in Deutschland in Anspruch zu nehmen, vor der Abtretung des Prioritätsanspruches für die Schweizer Firma bereits entstanden. Die deutsche Nachanmelderin leitet deshalb ihr Prioritätsrecht und die Möglichkeit der Inanspruchnahme aus der Person des durch das Abkommen begünstigten Schweizer Staatsangehörigen und nicht etwa aus einer eigenen Rechtsstellung her, die f ü r sie aus dem Abkommen unmittelbar nicht entstehen konnte. Entsprechend den Grundsätzen der im B l f P M Z 1951, 354 veröffentlichten Entscheidung muß jedem späteren Erwerber des Prioritätsrechts gleich welcher Staatsangehörigkeit, und damit auch einem Deutschen, die Möglichkeit zugebilligt werden, diese Prioritäten geltend zu machen, die dem deutsch-schweizerischen Abkommen entsprechen. Da somit auf die vorliegende Anmeldung das deutsch-schweizerische Prioritätsabkommen anzuwenden ist, war der Beschwerde stattzugeben und festzustellen, daß die Beanspruchung der Priorität der Erstanmeldung in der Schweiz v o m 3. 3. 1948 in den Bekanntmachungsbeschluß aufzunehmen ist."
AHKG Nr. 8 Siehe auch Nr. 242, 244 2 4 6 . Als „Dauer des Kriegszustandes" im Sinne des AHKG Nr. 8 gilt nur die Zeit zwischen dem Beginn des Kriegszustandes mit den einzelnen ausländischen Staaten und dem 8. 5. 1945. — A H K G Nr. 8, Art. 1, 5, 14; 1. D V O zum Ges. Nr. 8 § § 28, 30; A H K G Nr. 41. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. v o m 17. 5. 1952 — Pat. 635 649: G R U R 54 (1952) 398; B l f P M Z 54 (1952) 190. Aus den Gründen: „Der Antrst. hat die Aufrechterhaltung und die Verlängerung der Schutzdauer des Patents gemäß A H K G Nr. 8 beantragt. Sie ist nach ihrer Angabe durch Heirat am 18. 8. 1947 französische Staatsangehörige geworden. Das Patent ist in der Patentrolle für eine deutsche Einzelfirma eingetragen und durch Übertragungserklärung v o m 2. 5. 1946, die am 15. 11. 1948 angenommen ist, auf eine deutsche GmbH sowie durch Übertragungserklärung v o m 21. 1. 1950, die am 12. 2. 1950 angenommen ist, auf die Antrst. übertragen worden.
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Die Patentverwaltungsabteilung hat den Antrag auf Verlängerung der Schutzdauer durch Beschluß vom 18. 5. 1951 mit der Begründung zurückgewiesen, daß bis zum 1. 10. 1949 die deutsche Firma als Inhaberin des Patents in der Rolle eingetragen gewesen sei und deshalb die Voraussetzungen f ü r die Anwendung des Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 nicht gegeben seien. Gegen diesen Beschluß hat die Antrst. rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde ist gemäß §§ 28, 30 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zulässig, in rechter Form und Frist eingelegt, sachlich aber nicht gerechtfertigt. Die Verlängerung der Schutzdauer von Patenten nach Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 hängt zwar nicht davon ab, daß die Antrst. während des Kriegszustandes und bis zum 1. 10. 1949 als Patentinhaberin in der Patentrolle eingetragen war. Sie muß aber bei Beginn oder während des Kriegszustandes ausländische Staatsangehörige im Sinne des Art. 14 Buchst, b) des Gesetzes und wirkliche Inhaberin des Patents gewesen sein. Die Beschwerde führt dazu aus, der Kriegszustand auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes gelte nach dem Gesetz Nr. 8 erst am 3. 10. 1950 als beendet. Auf jeden Fall sei bis zu diesem Zeitpunkt der Kriegszustand zwischen Deutschland und Frankreich nicht offiziell beendet worden. Die bereits 1947 erfolgte Vorbenutzung und Anfang 1950 vorgenommene Übertragung des Patents falle daher noch in die Dauer des Kriegszustandes. Diesen Schlußfolgerungen der Beschwerde kann jedoch nicht gefolgt werden. Wie die Antrst. offenbar selbst nicht verkennt, wollte der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes Nr. 8 f ü r die Beurteilung der Dauer des Kriegszustandes nicht auf den Zeitpunkt eines Friedensvertrages oder entsprechender Akte abstellen, durch die nach den bisherigen völkerrechtlichen Gepflogenheiten ein Krieg rechtlich beendet wurde. Zur Zeit des Erlasses des Gesetzes war der Zeitpunkt, wann etwa ein Friedensvertrag abgeschlossen werden würde oder der bisherige Zustand anderweitig durch völkerrechtliche Akte geändert werden könnte, in keiner Weise zu übersehen. Trotz dieser Ungewißheit über die Fortdauer des Kriegszustandes mit den einzelnen ausländischen Staaten und der Tatsache, daß nach mehreren Bestimmungen des Gesetzes Nr. 8 die Dauer des Kriegszustandes bestimmend f ü r den Erwerb der in dem Gesetz geregelten Rechte ist, hat das Gesetz die Frist f ü r die Antragstellung auf die Zeit vor dem 3. 10. 1950 festgelegt. Schon diese Tatsache zeigt, daß das Gesetz Nr. 8 bei der Beurteilung der „Dauer des Kriegszustandes" nicht von dem allgemein völkerrechtlichen Begriff ausgeht, sondern darunter einen Zeitabschnitt verstanden wissen will, der nur aus diesem Gesetz selbst zu entnehmen ist. Der Inhalt des Gesetzes Nr. 8, insbesondere in Verbindung mit dem Gesetz Nr. 41, zeigt eindeutig, daß unter der Dauer des Kriegszustandes allein die Zeit zwischen dem Beginn des Kriegszustandes mit den einzelnen ausländischen Staaten und dem 8. 5. 1945 zu verstehen ist. Das muß zunächst aus Art. 1 Abs. a) des Gesetzes gefolgert werden. Hier ist durch die Erläuterung des Begriffs „ausländische Staaten" fest-
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gelegt, welchen Staaten die Rechte aus dem Gesetz zustehen sollen. Dabei wird auf den Kriegszustand mit diesen Staaten lediglich bis zum 8. 5. 1945 abgestellt. Die Frage, ob und wie lange diese Staaten sich nach diesem Zeitpunkt noch als im Kriegszustand mit Deutschland befindlich betrachten, wird dabei unberücksichtigt gelassen. Der Kriegszustand bis zum 8. 5. 1945 wird damit allein als die maßgebliche Zeit für die Entstehung der Rechte aus dem Gesetz angegeben. Auch die weiteren Bestimmungen des Gesetzes zeigen, daß mit der Dauer des Kriegszustandes nur die Zeit bis zum 8. 5. 1945 gemeint sein kann. Soweit der Gesetzgeber einen späteren Zeitpunkt f ü r die Begründung der Begrenzung von Rechten als maßgebend bezeichnen wollte, ist der Zeitpunkt stets ausdrücklich genannt worden. Vor allem stellt der Gesetzgeber in Art. 3 den Kriegszustand und die militärische Besetzung Deutschlands als Ursachen f ü r die Unterlassung bestimmter Handlungen der Schutzrechtsinhaber nebeneinander. Das wäre unnötig gewesen, wenn man in der Zeit der Besetzung nach dem 8. 5. 1945 den Kriegszustand im Sinne des Gesetzes auch noch als fortbestehend angesehen hätte. Diese Auslegung entspricht auch allein dem Sinn und Zweck des Gesetzes Nr. 8, der in Art. 1 zum Ausdruck kommt. Danach sollen gewerbliche Eigentumsrechte ausländischer Staatsangehöriger wiederhergestellt werden, die durch das Bestehen eines Kriegszustandes oder auf Grund der deutschen Kriegsgesetzgebung beeinträchtigt worden sind. Nach dem 8. 5. 1945 war aber eine Beeinträchtigung eines ausländischen Schutzrechtsinhabers wegen seiner ausländischen Staatsangehörigkeit nicht mehr möglich, da nach diesem Zeitpunkt die tatsächliche und gesetzgebende Gewalt in Deutschland von den Alliierten ausgeübt worden ist. Das wird auch in Art. 14 Abs. b) in der Fassung des Gesetzes Nr. 41 der AHK zum Ausdruck gebracht, das die Anwendung des Gesetzes auf solche Personen erstreckt, die zwischen dem 1. 9. 1939 und dem 8. 5. 1945 als Feinde behandelt worden sind. Im vorliegenden Fall hat nun die Antrst. die französische Staatsangehörigkeit nach ihrer eigenen Angabe erst im Jahre 1947 erlangt; das Patent ist ihr dann erst Anfang des Jahres 1950 übertragen worden. Die Voraussetzungen f ü r die Anwendung des Gesetzes Nr. 8 sind daher f ü r die Person der Antrst. nicht gegeben. Da auch kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß die frühere deutsche Patentinhaberin während des Krieges in ihren Rechten dadurch, daß sie als Feind behandelt worden wäre, beeinträchtigt worden ist, war die Beschwerde zurückzuweisen." 2 4 7 . Der Ausdruck „Rechtsnachfolger" in der deutschen Übersetzung der Art. 2, 4, 5 und 8 des Gesetzes Nr. 8 der AHK bedeutet nur „Rechtsnachfolger kraft Gesetzes" und umfaßt nicht den Rechtsnachfolger auf Grund Vertrages. — AHKG Nr. 8 Art. 2, 4, 5, 8; AHKG Nr. 41; PatentG der USA vom 1. 11. 1948. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 8. 3. 1952 — Pat. 530 385: BlfPMZ 54 (1952) 188.
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Aus den Gründen: „Inhaber des seit dem 16. 11. 1929 laufenden Patents war zunächst der tschechoslowakische Staatsangehörige H. Zufolge Verfügung vom 11. 1. 1943 ist das Patent auf den Schweizer Staatsangehörigen Dr. W . umgeschrieben. Anträge auf Verlängerung der Schutzdauer gemäß Gesetz Nr. 8 und Gesetz Nr. 41 sind am 2. 10. 1950 von Dr. W., am 30. 3. 1951 von den Erben des inzwischen verstorbenen H. gestellt worden. Diese haben, soweit sie Rechte aus dem Gesetz Nr. 8 geltend machen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Patentverwaltungsabteilung hat den Antrag des Dr. W. zurückgewiesen, weil er nicht Angehöriger eines Staates sei, der sich mit Deutschland im Kriegszustand befunden hat und deshalb keine eigenen Rechte aus dem Gesetz Nr. 8 habe. E r habe sie auch nicht als Rechtsnachfolger des H. erworben, weil derartige Rechte erst mit Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 8 hätten entstehen können, aber im Jahre 1943, zur Zeit der Übertragung, noch nicht vorhanden gewesen seien. Den Erben H. ständen schon deshalb keine Rechte zu, weil sie nicht Patentinhaber seien; im übrigen sei auch der Wiedereinsetzungsantrag nicht begründet, weil sie die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt hätten. Die gegen die Zurückweisung der Anträge eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 28, 30 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zulässig und in rechter F o r m und Frist eingelegt, sachlich aber nicht gerechtfertigt. Da der jetzige Patentinhaber Dr. W . Schweizer Staatsbürger ist, ist nur zu prüfen, ob ihm Rechte aus dem Gesetz Nr. 8 in seiner Eigenschaft als Rechtsnachfolger des ursprünglichen tschechoslowakischen Patentinhabers zustehen. Der Senat tritt im Ergebnis der Auffassung der Patentverwaltungsabteilung bei, daß dies nicht der Fall ist. Zwar bestimmt Art. 5 des Gesetzes Nr. 8, daß Anträge auf Verlängerung der Schutzdauer des Patents „von dem ursprünglichen Rechtsinhaber oder seinem Rechtsnachfolger oder in deren Namen" zu stellen seien. Eine Nachprüfung des maßgebenden englischen und französischen Textes des Gesetzes Nr. 8 ergibt jedoch, daß der in der deutschen Übersetzung enthaltene Ausdruck „Rechtsnachfolger" in den Art. 2, 4, 5 und 8 nur den Rechtsnachfolger kraft Gesetzes, nicht den vertraglichen Rechtsnachfolger umfaßt. An allen erwähnten Stellen des Gesetzes befinden sich in den maßgeblichen fremdsprachlichen Texten die englischen Worte „legal successor" bzw. die französischen Worte „successeur légal", die in der deutschen Übersetzung mit „Rechtsnachfolger" wiedergegeben sind. Dabei fällt auf, daß für diesen Begriff nicht die sonst für die Bezeichnung der Rechtsnachfolge üblichen Worte „assign" oder „assignee" bzw. „ayant cause" gebraucht werden. Geht man dem nach, so ergibt sich, daß bei Webster, New Collegiate Dictionary 6 (1949) das englische Wort „Succession" definiert ist: „the change in legal relations by which one person (called the successor) comes into the enjoyment of . . . one or more of the rights . . . of another person"; und das W o r t „legal" bedeutet: „arising by opération of law, as distinguished from that which arises by agreement or act of the parties". Übereinstimmend damit erklärt Cassel's New English Dictionary 15 das
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W o r t „succeed", als „to be heir or successor to . . . " . Der englische Text der W a s h i n g t o n e r Fassung der Pariser V e r b a n d s ü b e r e i n k u n f t gebraucht f ü r das W o r t „Rechtsnachfolger" die W o r t e „successor or assignee", stellt also beide W o r t e nebeneinander. Auch im Text des Patentgesetzes der Vereinigten Staaten von Amerika vom 1. 11. 1948 (herausgegeben vom USD e p a r t m e n t of Commerce, Charles Sawyer, Secretary, u n d Patent Office, Lawrence C. Kingsland, Commissioner, Washington 1948), stehen z. B. in der Bestimmung 35 U. S. C. 42 b die W o r t e „successor" u n d „assign" nebeneinander; es heißt dort „ . . . such person, o r such successors, assigns, or legal représentatives". Dieser Satz ist im französischen Text in Propriété Industrielle 1950, 212 übersetzt: „ . . . p a r la personne elle-même, ou p a r ses héritiers, ses ayantscause ou ses représentants légaux" u n d in BlfPMZ 1951, 268 in die deutschen W o r t e : „ . . . sie oder ihre Erben, ihre Rechtsnachfolger oder gesetzlichen Vertreter". In dem dem Senat vorliegenden Vordruck Pol-96 des amerikanischen Patentamts, dem die genannte Bestimmung z u g r u n d e liegt, ist sie erläutert mit den W o r t e n : „ . . . the applicant, his heirs, a n d any and all his assignées, attorneys a n d agents". Der Ausdruck „successor" ist demnach gleichbedeutend mit den W o r t e n „heir, héritier, E r b e " gebraucht. Es mag offen bleiben, ob u n d inwieweit dem W o r t „successor" auch noch eine über den Begriff „heir" hinausgehende Bedeutung z u k o m m t . In Verbindung mit dem Eigenschaftswort „legal" k a n n damit n u r der Rechtsnachfolger k r a f t Gesetzes im Gegensatz zu dem Rechtsnachfolger k r a f t Vertrages gemeint sein. F ü r den letzteren ist das englische W o r t „assign" oder „assignee" üblich. So wird z. B. das englische W o r t „assign" auch in 35 U. S. C. 32 in Propriété Industrielle mit „cessionaire", das W o r t „assignee" in 35 U. S. C. 44 mit „ayant cause", im Deutschen beide Male mit „Rechtsnachfolger" übersetzt. Mit dieser Auslegung steht auch der französische Text im Einklang. Es heißt dort „successeur légal". Sachs-Villatte, Enzyklopädisches W ö r t e r buch der französischen u n d deutschen Sprache, übersetzen „succéder à " mit „être héritier de" = beerben u n d „succession" mit „Erbfolge". Im H a n d w ö r t e r b u c h der französischen Rechtssprache von Dr. Alfred Wicher ist das W o r t „légal" gekennzeichnet als Bezeichnung dessen, was aus dem Gesetz fließt. Aus alledem geht hervor, d a ß im fremdsprachigen Gesetzestext die Bezeichnungen „legal successor" bzw. „successeur légal" b e w u ß t gewählt worden sind u n d der Gesetzgeber damit dem ausländischen Staatsangehörigen seinen Rechtsnachfolger k r a f t Gesetzes, also, soweit es eine physische Person ist, besonders den Erben, gleichstellen wollte. Anderseits ergibt sich daraus, d a ß n u r ein solcher Rechtsnachfolger die gleichen Rechte haben soll, die der ursprüngliche I n h a b e r hatte, u n d d a ß der Gesetzgeber somit einem vertraglichen Rechtsnachfolger die vollen Rechte des u r s p r ü n g lichen ausländischen Inhabers unabhängig davon, ob das Gesetz bereits in
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K r a f t war, nicht gewähren wollte. Gegenüber dem Hinweis auf die Rückerstattungsgesetze sei bemerkt, daß der Text des amerikanischen Gesetzes von dem „successor in interest", der Text des britischen Gesetzes von „his heirs or other successor in title" spricht. Diese Begriffe sind von dem in Gesetz Nr. 8 verwendeten Begriffen verschieden, können also nicht zur Auslegung herangezogen werden. Der jetzige Patentinhaber Dr. W . kann aus diesen Gründen Rechte aus dem Gesetz Nr. 8 nicht vertraglich übertragen erhalten haben. Auch die Erben des früheren tschechoslowakischen Patentinhabers H. können Rechte aus den Gesetzen Nr. 8 und 41 nicht geltend machen. Diese Gesetze geben die Rechte nur dem Patentinhaber, nicht einer Person, die auf Grund schuldrechtlicher Beziehungen wirtschaftliches Interesse an dem Bestehen des Patents hat. Das Gesetz spricht überall von „Eigentumsrechten". Auch der englische Ausdruck „ o w n e d " und der französische Ausdruck „appartenaient" lassen deutlich erkennen, daß nur der Rechtsinhaber selbst, der in irgendeiner F o r m „Eigentümer" ist, Anspruch auf Verlängerung hat. Deshalb können die Erben H. Ansprüche aus dem Gesetz Nr. 8 aus dem im Jahre 1943 auf Dr. YV. übertragenen Patent nicht herleiten. Die Beschwerde mußte deshalb zurückgewiesen werden." 2 4 8 . Wer als Rechtsnachfolger eines begünstigten Ausländers Rechte aus dem Gesetz Nr. 8 geltend macht, braucht nicht selbst Ausländer im Sinne dieses Gesetzes zu sein, wenn er Rechtsnachfolger kraft Gesetzes ist. — A H K Nr. 8, Art. 1. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. v o m 20. 2. 1952 — Pat. 655 254 — 1 a B 3/51: G R U R 54 (1952) 396; B l f P M Z 54 (1952) 189. 2 4 9 . Bei Versäumung der Frist zur Einreichung einer Anmeldung, für die ein Prioritätsrecht (hier Priorität einer Patentanmeldung in Großbritannien) nach Art. 6 AH KG Nr. 8 in Anspruch genommen werden konnte, oder zur Abgabe der Prioritätserklärung mußte die Wiedereinsetzung bis zum 31. 3. 1951 beantragt werden (§ 1 II der 2. VO zum AH KG Nr. 8). In diese Frist kann, wenn sie versäumt worden ist, eine Wiedereinsetzung nicht erfolgen. Die Weitergeltung des § 4 der 2. VO über Maßnahmen auf dem Gebiete des Patent-, Gebrauchsmusterund Warenzeichenrechts vom 9. 11. 1940 wird durch Art. 10 AHKG Nr. 8 schon deshalb nicht berührt, weil Art. 6 dieses Gesetzes die Möglichkeiten, Prioritätsrechte außerhalb der allgemeinen Bestimmungen der Pariser VerbandsÜbereinkunft in Anspruch zu nehmen, abschließend regelt. — 2. V O über Maßnahmen auf dem Gebiete des Patentrechtes v o m 9. 11. 1940, § § 1, 4; A H K G Nr. 8 Art. 6, 10, 13; 2. D V O zum Ges. Nr. 8 § 1; A H K G Nr. 13 Art. 3. Deutsches Patentamt. Beschwerdesenat 1 a, Entsch. v o m 7. 10. 1952 — B 17 216 X/70 b — l a B 611/52: GRUR 55 (1953) 88; B l f P M Z 54 (1952) 435; Anmerkung von Müller in Mitteilungsblatt 1952, 92. „Die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluß der Prüfungsstelle f ü r Klasse 70 b v o m 20. 6. 1952 w i r d zurückgewiesen.
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Aus den Gründen: „Die Anmelderin hat für ihre Patentanmeldung vom 17. 10. 1951 die Priorität ihrer Anmeldung in Großbritannien vom 26. 1. 1948 in Anspruch genommen und gleichzeitig beantragt, sie wegen Versäumung der Frist des Art. 6 AHKG Nr. 8 in den vorigen Stand wiedereinzusetzen. Die Prüfungsstelle hat durch den angefochtenen Beschluß die Wiedereinsetzung mit der Begründung abgelehnt, daß die in § 1 II der 2. DVO zum Ges. Nr. 8 vom 9. 11. 1950 (BGBl. 1950 I S. 785) f ü r den Antrag bestimmte Frist abgelaufen sei und eine andere Rechtsgrundlage nicht in Frage komme, weil Art. 6 des Ges. Nr. 8 derartige Prioritätsansprüche abschließend regele. Die gegen diesen Beschluß fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Wegen Versäumung der Frist zur Inanspruchnahme der Priorität des Art. 6 AHKG Nr. 8 konnte die Anmelderin nach ausdrücklicher Bestimmung des § 1 II der 2. DVO nur bis zum 31. 3. 1951 die Wiedereinsetzung beantragen. Da der Antrag erst nach diesem Zeitpunkt gestellt wurde, ist seine Zurückweisung zu Recht erfolgt. In diese Frist ist eine Wiedereinsetzung nicht möglich. Abgesehen davon, daß eine Wiedereinsetzung in die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht erfolgen kann, handelt es sich bei der Frist des § 1 II der 2. DVO auch um eine Ausschlußfrist, durch die im Interesse der Öffentlichkeit völlige Klarstellung darüber herbeigeführt werden sollte, f ü r welche Anmeldungen die Vergünstigungen des Art. 6 des Ges. Nr. 8 in Betracht kommen. Die Anmelderin führt dagegen aus, daß die Frist des § 1 II der 2. DVO den Art. 10 und 13 I AHKG Nr. 8 widerspreche, weil die §§ 1 ff. der 2. VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts vom 9. 11. 1940 f ü r deutsche Staatsangehörige eine dem § 1 II der 2. DVO zum Gesetz Nr. 8 entsprechende Frist nicht vorsehen. Diese Ansicht trifft nicht zu. Selbst wenn man der Bestimmung des Art. 10 des Gesetzes Nr. 8 die ihr nicht zukommende Auslegung geben würde, daß ausländische Staatsangehörige nunmehr auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes überall den deutschen Staatsangehörigen rechtlich gleichzustellen sind, so könnte sich daraus doch nur ergeben, daß die §§ 1 ff. der genannten VO vom 9. 11. 1940 auch auf Ausländer anwendbar seien; nicht aber folgt daraus etwas f ü r die Wiedereinsetzung in Fristen des Gesetzes Nr. 8, das selbst überhaupt keine Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in die ihm gesetzten Fristen vorsieht. Diese Wiedereinsetzung ist vielmehr erst durch die deutschen DVOen geschaffen worden, die deshalb Voraussetzungen und Verfahren neu regeln mußten und dabei die Bestimmungen der VO vom 9. 11. 1940 nicht zugrunde zu legen brauchten. Die Beschwerde führt auch nicht zum Erfolg, wenn man den Antrag der Anmelderin dahin auslegt, daß Wiedereinsetzung in die am 26. 1. 1949 abgelaufene Frist zur Inanspruchnahme der Unionspriorität des Art. 4 der Pariser Verbandsübereinkunft begehrt wird. § 1 der 2. DVO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts vom 9. 11. 1940, auf den allein die Wiedereinsetzung ge-
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stützt werden könnte, ist auf die Anmelderin nicht anwendbar, weil zugunsten britischer Staatsangehöriger eine Bestimmung des Reichsministers der Justiz gemäß § 4 der V O nicht bekanntgemacht ist und zudem Großbritannien den deutschen Staatsangehörigen seinerseits eine Wiedereinsetzung in abgelaufene Prioritätsfristen nicht gewährt. Der Senat hat bereits in seiner in B l f P M Z 1951, 293 veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen, daß die Anwendbarkeit des § 4 der V O v o m 9. 11. 1940 durch Art. 10 A H K G Nr. 8 schon deshalb nicht berührt wird, weil Art. 6 des Ges. Nr. 8 die Möglichkeit, Prioritätsrechte außerhalb der allgemeinen Bestimmungen des Unionsvertrages in Anspruch zu nehmen, im Rahmen des Gesetzes abschließend regelt. An dieser Rechtsauffassung w i r d festgehalten. Daß Art. 6 f ü r solche Ausländer, die infolge des Krieges nicht in den Genuß der Priorität gelangen konnten und f ü r welche die deutschen Gesetze eine Wiedereinsetzung nicht vorsehen, eine ausschließliche Regelung treffen sollte, ergibt sich eindeutig aus seinem Absatz 2. Diese Bestimmung bringt klar den W i l l e n des Gesetzgebers zum Ausdruck, es nicht bei der einseitigen Einräumung von Vorteilen an die Angehörigen der im Gesetz Nr. 8 begünstigten Staaten bewenden zu lassen, sondern vielmehr die Erlangung dieser Vorteile von der Gewährung gewisser Mindestrechte an deutsche Staatsangehörige abhängig zu machen. Es würde dem Sinn dieser Vorschrift widersprechen und sie weitgehend gegenstandslos machen, wollte man trotzdem aus einer anderen Bestimmung desselben Gesetzes herauslesen, daß dem Ausländer noch weitergehende Befugnisse ohne weiteres zustehen sollen, die Angehörigen anderer Staaten nur bei Gegenseitigkeit gewährt werden. Diese Auslegung w i r d auch durch den Wortlaut des Art. 1 des A H K G Nr. 8 gestützt. Hiernach werden gewerbliche Eigentumsrechte, die durch das Bestehen des Kriegszustandes beeinträchtigt sind, „nach Maßgabe dieses Gesetzes" wiederhergestellt. Es ist deshalb nicht anzunehmen, daß die Inanspruchnahme abgelaufener Prioritäten außer durch Art. 6, w o diese Frage gesondert behandelt ist, auch durch die Generalklausel des Art. 10 geregelt werden sollte. I m übrigen könnte die Beschwerde auch dann keinen E r f o l g haben, wenn man entgegen den obigen Ausführungen die Zulässigkeit einer W i e dereinsetzung bejahen wollte . . . Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen. Zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung bestand nach der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung." 2 5 0 . Auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes besteht ganz allgemein die Regel, daß Rechte, die an die Staatsangehörigkeit des Anmelders oder des Inhabers geknüpft sind, nur gewährt werden, wenn sämtliche Berechtigte diese Staatsangehörigkeit besitzen, sofern die einschlägigen Vorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Ein, Patent, das während der Dauer des Kriegszustandes einem ausländischen und einem deutschen Staatsangehörigen gemeinschaftlich gehörte, kann auch nach Art. 5 des AHKG Nr. 8 nur verlängert werden, wenn für die Gemeinschaft der Inhaber die Voraussetzungen des AHKG Nr. 41 gegeben
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sind. Nach Gesetz Nr. AI kann eine Person, die nicht als ausländischer Staatsangehöriger begünstigt ist, Rechte aus Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 nur geltend machen, wenn sie auf Grund der deutschen Kriegsgesetzgebung als Feind oder unter maßgeblichem feindlichen Einfluß stehend behandelt wurde oder zufolge dieser Gesetzgebung aus Gründen der Staatsangehörigkeit einer Ausnahmebehandlung unterworfen war und ihre gewerblichen Eigentumsrechte dadurch beeinträchtigt worden sind. — AHKG Nr. 8 Art. 1, 5, 14; 1. DVO zum Ges. Nr. 8 §§ 28, 30; AHKG Nr. 41; VO vom 10. 1. 1942 über Patentrechte feindlicher Staatsangehöriger § 2. Deutsches Patentamt, Beschwerdeamt 1 a, Entsch. vom 30. 10. 1952 — Pat. 598 125 — 1 a B 45/51: GRUR 55 (1953) 89; BlfPMZ 54 (1952) 476; Anm. von Wolf Müller in Mitt. Bl. d. Dt. Vereins f. GRUR 1953, 6. „Der Antrst., der niederländischer Staatsangehöriger ist, ist zusammen mit den Erben eines in der Rolle eingetragenen deutschen Staatsangehörigen Inhaber des Patents 598 125, das seit dem 11. 5. 1930 läuft. Er hat die Verlängerung der Schutzdauer des Patents beantragt. Die Patentverwaltungsabteilung hat durch Beschluß vom 30. 7. 1951 diesen Antrag zurückgewiesen, weil nicht sämtliche Inhaber des Patents Angehörige von Staaten sind, die sich mit Deutschland im Kriegszustand befunden haben. Gegen diesen Beschluß hat der Antrst. am 29. 8. 1951 Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, daß jedem Angehörigen eines Staates, der sich mit Deutschland im Kriegszustand befunden hatte, ein Anspruch auf Verlängerung der Schutzdauer gemäß Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 ohne Rücksicht darauf zustehe, ob ein Deutscher Mitinhaber sei; des Nachweises einer tatsächlichen Beeinträchtigung des Schutzrechtes bedürfe es nicht. Auf einen Zwischenbescheid des Senats darzulegen, daß die im AHKG Nr. 41 aufgestellten Voraussetzungen vorliegen, hat er vorgetragen, daß das Patent durch den Krieg zwar nicht in seinem rechtlichen Bestand beeinträchtigt worden sei, wohl aber habe der Krieg zu seiner starken wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Schutzrechts geführt, denn infolge des Krieges sei der Umsatz in den durch das Patent geschützten Waren und damit die Lizenzeinnahme der Schutzrechtsinhaber außerordentlich zurückgegangen. Die Beschwerde ist gemäß §§ 28, 30 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zulässig und in rechter Form und Frist eingelegt. Sachlich konnte sie keinen Erfolg haben. Nach Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 verlängert das Patentamt die Schutzdauer gewerblicher Eigentumsrechte in Deutschland, die bei Beginn oder während des Kriegszustandes einem ausländischen Staatsangehörigen gehörten. Schon dem Wortlaut nach sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn das Patent gehörte der Gemeinschaft, die aus einem ausländischen und einem deutschen Staatsangehörigen bestand. Auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes besteht darüber hinaus ganz allgemein die Regel, daß Rechte, die an die Staatsangehörigkeit des Anmelders oder des Inhabers geknüpft sind, nur gewährt werden, wenn sämtliche Berechtigte diese Staatsangehörigkeit besitzen, sofern die einschlägigen Vorschriften nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen.
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Dieser Grundsatz ist einhellig sowohl bei der Anwendung von zwischenstaatlichen Verträgen als auch des Unionsvertrages in Rechtsprechung und Schrifttum eingenommen worden (vgl. BlfPMZ 1904, 259; 1910, 5; Isay 4 631; Klaue r-Möhring, Anm. 1 zu 27; Reimer, Anm. 5 zu § 27). Das Gesetz Nr. 8 läßt in keiner Weise erkennen, daß es von diesem allgemein und international anerkannten Grundsatz abweichen sollte. Die Anwendung dieser Auslegungsregel auf Art. 5 des AHKG Nr. 8 steht auch mit dem Sinn und Zweck dieses Gesetzes in Einklang. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 1 des Gesetzes Nr. 8 sollen die Vorschriften dieses Gesetzes ausschließlich dazu dienen, Beeinträchtigungen auszugleichen oder zu beseitigen, die durch das Bestehen des Kriegszustandes oder auf Grund der deutschen Kriegsgesetzgebung entstanden sind. Wenn f ü r die Anwendung des Art. 5 zugunsten eines Ausländers nicht in jedem einzelnen Fall der Nachweis gefordert wird, daß das Recht durch den Kriegszustand oder auf Grund der deutschen Kriegsgesetzgebung beeinträchtigt worden ist, so kann das gegenüber diesem Inhalt des Art. 1 nur dahin gewertet werden, daß solche Beeinträchtigungen vermutet werden. Eine andere Auslegung, die nicht von dem Grundsatz der Vermutung einer Beeinträchtigung ausgehen wollte, würde den Maßnahmen des Art. 5 den Charakter der Wiedergutmachung nehmen, so daß sie eine echte Bereicherung zum Inhalt haben könnten und vielfach auch haben müßten. Das würde aber Art. 1 des Gesetzes widersprechen. Diese Vermutung baut nun auf dem klaren äußeren Tatbestand auf, daß der oder die Inhaber des Patents Angehörige von Staaten sind, die sich in der Zeit zwischen dem 1. 9. 1939 und dem 8. 5. 1945 mit Deutschland im Kriegszustand befunden haben (Art. 14 Abs. a des Gesetzes Nr. 8). Nur wenn diese Voraussetzung vorliegt, hat es einen vernünftigen Sinn, daß eine Beeinträchtigung vermutet wird. Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, daß durch die Unterbrechung der Nachrichtenübermittlung, durch die Schwierigkeiten bei der Überweisung von Gebühren, durch die kriegsbedingte Einschränkung der Rechte dieser ausländischen Staatsangehörigen oder andere Kriegsauswirkungen ihre Schutzrechte regelmäßig beeinträchtigt worden sind. Wenn außer ausländischen Staatsangehörigen, die durch das Gesetz Nr. 8 begünstigt sind, auch noch andere natürliche oder juristische Personen Mitinhaber des Patents sind, z. B. im vorliegenden Fall ein deutscher Staatsangehöriger, so sind diese Voraussetzungen f ü r die dem Gesetz zugunsten des alleinigen ausländischen Berechtigten innewohnende Vermutung nicht erfüllt. Da das Patent der Gemeinschaft der Inhaber gehörte, die im vorliegenden Fall wegen ihres gesellschaftsähnlichen Charakters als Gesamthandsverhältnis anzusehen ist, war eine Beeinträchtigung der einzelnen Inhaber nur über diese Gemeinschaft möglich. Das gilt sowohl f ü r solche Beeinträchtigungen, die den Bestand des Schutzrechts selbst ergreifen, wie auch f ü r die Einschränkung, das Schutzrecht wirtschaftlich zu nutzen. Damit entfallen aber die Gründe, die generell eine Beeinträchtigung des Schutzrechts vermuten lassen. Hatte ein Mitinhaber, der nicht einem mit Deutschland im Krieg befindlichen Staat angehört, z. B. seinen Wohn- oder Geschäftssitz in Deutschland, war er insbesondere selbst 32
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Deutscher, so traten regelmäßig keine Schwierigkeiten bei der Nachrichtenübermittlung oder der Zahlung von Gebühren auf, zumal weitgehende Stundungsmöglichkeiten vorgesehen waren. Die Einziehung von Lizenzen in Deutschland, die technische und wirtschaftliche Verwertung der Schutzrechte wurden in diesen Fällen nicht durch sog. Feindbestimmungen erschwert. Auch die Regelung des § 2 I I I der genannten VO vom 10. 1. 1942, nach der Patente, die wegen Ablauf des 18. Jahres der Schutzdauer erlöschen würden, weiter in Kraft blieben, wenn nicht sämtliche Inhaber Ausländer waren, zeigt, daß es nicht richtig wäre, in derartigen Fällen allgemein eine Beeinträchtigung zu vermuten. Hieraus folgt, daß die Verlängerung eines gewerblichen Schutzrechts nicht schon aus Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 hergeleitet werden kann, wenn dieses Recht einer Gemeinschaft zusteht, die nicht ausschließlich aus durch das Gesetz Nr. 8 begünstigten ausländischen Staatsangehörigen besteht. In diesem Fall können die Vergünstigungen des Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 nur dann gewährt werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen sie auch einem deutschen oder neutralen Staatsangehörigen zustehen würden. Diese Voraussetzungen sind im Gesetz Nr. 41 der A H K festgesetzt worden. Eine Person, die nicht als ausländischer Staatsangehöriger begünstigt ist, kann Rechte aus Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 nur geltend machen, wenn sie auf Grund der deutschen Kriegsgesetzgebung als Feind oder unter maßgeblichem feindlichem Einfluß stehend behandelt wurde oder zufolge dieser Gesetzgebung aus Gründen der Staatsangehörigkeit einer Ausnahmebehandlung unterworfen war und ihre gewerblichen Eigentumsrechte dadurch beeinträchtigt worden sind. Das muß auch für die Gemeinschaft gelten, die aus Deutschen und Ausländern besteht. Der Antrst. hat aber nicht nachweisen können, daß die im Gesetz Nr. 41 erforderten tatsächlichen Voraussetzungen gegeben sind, obwohl ihm Gelegenheit zur Stellungnahme und zum Beweisantritt gegeben worden ist. Er räumt selbst ein, daß die Schutzdauer des Patents auf Grund der KriegsVerordnung vom 10. 1. 1942 verlängert worden ist und daß das Patent in seinem rechtlichen Stand durch den Krieg nicht beeinträchtigt worden ist. Wenn er sich darauf beruft, daß wegen der Einschränkung der Fabrikation aus Kriegsgründen während des Krieges von den Lizenznehmern geringere Gebühren gezahlt worden seien, so handelt es sich hier nicht um Beeinträchtigungen, die darin begründet sind, daß der Mitinhaber Niederländer war oder daß die Inhaber als Feind oder unter maßgeblichem feindlichem Einfluß stehend behandelt oder einer Ausnahmebehandlung unterworfen worden waren. Da somit die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Schutzdauer des Patents weder nach dem Gesetz Nr. 8 noch nach dem A H K G Nr. 41 vorliegen, konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben." 2 5 1 . Voraussetzung für die Wiederherstellung eines Patents nach Art. 3 des AHKG Nr. 8 ist, daß der Ausländer in dem maßgeblichen Zeitraum Inhaber des Patents gewesen ist. Maßgebend ist dabei die tatsächliche In-
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haberschaft und nicht, wer in der Rolle als Inhaber eingetragen ist. Das Nutzungsrecht eines Ausländers an einem Patent kann für sich allein dessen Wiederherstellung auch dann nicht rechtfertigen, wenn es ein ausschließliches Nutzungsrecht darstellt. — AHKG Nr. 8 Art. 1, 3, 5. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entscli. vom 5. 12. 1952 — Pat. 657 872: GRUR 55 (1953) 170; BlfPMZ 55 (1953) 87. „Das Patent 657 872, das ein Verfahren zum Einbinden von Blöcken betraf und als dessen Inhaberin die F i r m a T., Poughkeepsie, New York, Vereinigte Staaten, eingetragen war, ist am 25. 9. 1941 wegen Nichtzahlung der Gebühr f ü r das 6. P a t e n t j a h r gelöscht worden. Die eingetragene Patentinhaberin, die nach ihrem Vorbringen jetzt W.-Corporation heißt, beantragte mit einer am 18. 9. 1950 eingegangenen Eingabe, das Patent gemäß dem Gesetz Nr. 8 wiederherzustellen und seine Schutzdauer zu verlängern. In dem Auftrag gab sie als Staatsangehörigkeit des Berechtigten die britische Staatsangehörigkeit an. Zur Begründung d a f ü r trug sie vor, daß am 23. 12. 1936 zwischen ihr und der britischen F i r m a T. J., London, über das Patent ein Lizenzvertrag abgeschlossen worden sei, nach dem die Lizenznehmerin das ausschließliche Recht zu Herstellung und zum Verkauf des patentierten Gegenstandes sowie zur Erteilung von Unterlizenzen erhalten und diese sich verpflichtet habe, f ü r die Aufrechterhaltung des Patents zu sorgen. Infolge des Kriegszustandes zwischen Großbritannien und Deutschland habe die britische F i r m a die fälligen Jahresgebühren nicht m e h r entrichten können. Da die britische F i r m a nach dem Lizenzvertrag tatsächlich die Trägerin des Patentrechts gewesen sei und f ü r dessen Aufrechterhaltung zu sorgen gehabt habe, sei bei der Wiederherstellung des Patents als Zeitpunkt des Beginns des Kriegszustandes der Kriegseintritt Großbritanniens anzusehen. Von da ab sei die tatsächlich Berechtigte nicht mehr zur Entrichtung der ihr obliegenden Gebührenzahlung in der Lage gewesen. Der Krieg mit Großbritannien habe aber vor dem Erlöschen des Patents begonnen. Durch Beschluß der Patentverwaltungsabteilung vom 22. 1. 1952 ist der Antrag auf Wiederherstellung und Verlängerung der Schutzdauer mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß die eingetragene Schutzrechtsinhaberin eine nach dem Recht der Vereinigten Staaten errichtete Gesellschaft sei und das Patent bereits vor Eintritt des Kriegszustandes mit den USA erloschen gewesen sei. Die hiergegen von der Antrst. frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist nach § 28 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zulässig, aber nicht begründet. Eine Wiederherstellung des Patents 657 872, wie sie die Antrst. erstrebt, ist nach Art. 3 AHKG Nr. 8 n u r bei solchen Schutzrechten möglich, die ein ausländischer Staat oder Staatsangehöriger bei Beginn oder während des Kriegszustandes zwischen Deutschland und dem betreffenden ausländischen Staat in Deutschland besaß. Die genannte Bestimmung ist dahin zu verstehen, daß der Ausländer zu dem fraglichen Zeitpunkt sachlich-rechtlich der Inhaber des Schutzrechts gewesen sein m u ß . Das folgt einmal aus dem in Art. 1 des Gesetzes Nr. 8 enthaltenen allgemeinen Grundsatz, daß 32 *
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durch das Gesetz gewerbliche, literarische und künstlerische „Eigentumsrechte" ausländischer Staaten und Staatsangehöriger wiederhergestellt werden sollen. Darüber hinaus ist dies aber sowohl der französischen als auch der englischen Fassung des Art. 3 des Gesetzes Nr. 8 zu entnehmen, in denen ebenso wie bei Art. 5 aaO die Wendungen „appartenaient" bzw. „owned" gebraucht werden. Beide Worte können nur dahin verstanden werden, daß der Ausländer Eigentümer, also der tatsächliche Inhaber des Schutzrechts gewesen sein muß. Demnach kommt es f ü r die Anwendbarkeit des Art. 3 des Gesetzes Nr. 8, wie der Antrst. zuzugeben ist, zwar nicht ausschlaggebend darauf an, wer als Inhaber des Patents in der Rolle eingetragen ist oder war. Es ist andererseits aber unerläßliche Voraussetzung f ü r eine Wiederherstellung nach dieser Bestimmung, daß der Ausländer in dem maßgeblichen Zeitraum Inhaber des Patents gewesen ist. Ein Nutzungsrecht des Ausländers an einem Schutzrecht vermag daher dessen Wiederherstellung nicht zu rechtfertigen. Daß nicht nur Schutzrechte, die Ausländer gehörten, sondern auch solche, an denen ihnen ein Nutzungsrecht zustand, wiederherzustellen seien, ist im Gesetz Nr. 8 nicht vorgesehen. Eine Wiederherstellung solcher Schutzrechte im Wege rechtsähnlicher Anwendung des Gesetzes Nr. 8 ist nicht zulässig. Das Gesetz stellt eine Ausnahmeregelung insofern dar, als es f ü r bestimmte geregelte Tatbestände besondere, von den allgemeinen Regeln abweichende Vergünstigungen gewährt. Es kann daher nicht ausdehnend ausgelegt werden. Dieser Auslegung steht das öffentliche Interesse an der Rechtssicherheit und der auch im internationalen Recht anerkannte Grundsatz entgegen, daß Ausnahmeregeln nicht erweiternd ausgelegt werden dürfen. Bei dieser Rechtslage vermag daher auch eine ausschließliche Lizenz eines Ausländers an einem Schutzrecht dessen Wiederherstellung nach Art. 3 Gesetz Nr. 8 nicht zu rechtfertigen, da eine solche ausschließliche Lizenz ihrer Rechtsnatur nach zwar dem Lizenznehmer eine alle anderen ausschließende Befugnis zur Ausnutzung des Schutzrechts gibt, die Rechtsstellung des Lizenzgebers als Inhaber des Schutzrechts jedoch unberührt läßt. Da das Patent 657 872 am 25. 9. 1941, also vor dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten, gelöscht worden ist, war die Entscheidung, ob es nach Art. 3 Gesetz Nr. 8 wiederherzustellen ist, davon abhängig, ob im Zeitpunkt seines Erlöschens die nach dem Recht der Vereinigten Staaten errichtete Antrst. oder die britische Firma T. J., London, dessen Inhaberin war. Der von der Antrst. vorgelegte Vertrag mit der britischen Firma vom 23. 12. 1936 hätte deshalb nur dann zur Wiederherstellung des Patents nach Art. 3 Gesetz Nr. 8 führen können, wenn durch ihn der britischen Firma nicht eine ausschließliche Lizenz gewährt, sondern die tatsächliche Inhaberschaft übertragen worden wäre. Es ist der Antrst. zuzugeben, daß es bei Verträgen, die die Übertragung von Nutzungsrechten an einem Patent zum Gegenstand haben, unter Umständen schwierig abzugrenzen sein kann, ob die Gewährung einer ausschließlichen Lizenz oder die Übertragung des Vollrechts gewollt war. Der vorgelegte Vertrag vom 23. 12. 1936 bietet jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Übertragung des
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Vollrechts und nicht die Gewährung einer ausschließlichen L i z e n z beabsichtigt w a r . Es braucht deshalb nicht darauf eingegangen zu werden, daß etwa verbleibende Z w e i f e l zu Lasten der Antrst. hätten gehen müssen, die die f ü r ihre Inhaberschaft sprechende Rolleneintragung zu entkräften hat. In dem Vertrag v o m 23. 12. 1936 hat die Antrst. der britischen F i r m a T . J. f ü r E u r o p a und das britische E m p i r e das ausschließliche Recht zur Herstellung, zum Verkauf und zur Lizenzerteilung hinsichtlich bestimmter Fabrikationsgegenstände übertragen. I m Zusammenhang damit hat sie der britischen F i r m a u. a. eine ausschließliche L i z e n z (exclusive license) an der Anmeldung gewährt, aus der das Patent 657 872 hervorgegangen ist. Hieraus ist nichts d a f ü r zu entnehmen, daß eine Übertragung des Schutzrechts beabsichtigt gewesen sei. E i n dahingehender W i l l e der V e r tragsparteien ergibt sich aber auch nicht aus dem sonstigen Vertragsinhalt. D a ß der L i z e n z n e h m e r i n das Recht eingeräumt sein soll, Unterlizenzen zu erteilen, w ü r d e durchaus dem W e s e n der ausschließlichen L i z e n z entsprechen. Die weitere Vereinbarung, daß die L i z e n z n e h m e r i n verpflichtet sei, f ü r die Aufrechterhaltung des Patents zu sorgen und die h i e r f ü r erforderlichen Kosten zu tragen, ist bei L i z e n z v e r t r ä g e n vielfach üblich und besagt deshalb nichts d a f ü r , daß eine Übertragung des Vollrechts beabsichtigt gewesen sei. Auch die Abmachung, daß beide Vertragsteile sich hinsichtlich der v o n der Vereinbarung b e t r o f f e n e n Fabrikationsgegenstände gegenseitig etwaige Verbesserungen zur V e r f ü g u n g stellen w o l l t e n , liegt im R a h m e n des g e t r o f f e n e n Interessenausgleichs und läßt mangels ausdrücklicher dahingehender Bestimmungen auf eine beabsichtigte Übertragung bereits bestehender oder angemeldeter Schutzrechte ebensowenig schließen, w i e die weitere Abrede, daß die britische F i r m a berechtigt sein solle, der Antrst. in den Vereinigten Staaten erteilte oder dort v o n ihr nachgesuchte Schutzrechte f ü r bestimmt bezeichnete Fertigungsmaschinen auf eigene Kosten in E u r o p a anzumelden . . . " 2 5 2 . Die in § 30 der 1. DVO zum AHKG Nr. 8 vorgesehene Begründung der Beschwerde (hier einer amerikanischen Firma) erfordert nähere Ausführungen tatsächlicher oder rechtlicher Art, denen entnommen werden kann, in welcher Richtung die Entscheidung erster Instanz angefochten werden soll. Die allgemeine Angabe, daß zur Begründung auf das Vorbringen in erster Instanz Bezug genommen werde, genügt nicht. — A H K G N r . 8, Art. 5, 3; 1. D V O z u m A H K G Nr. 8 § § 28, 30. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. v o m 8. 1. 1953 — Pat. 692 766 — 1 a B 12/52: G R U R 55 (1953) 287. 2 5 3 . Das AHKG Nr. 8 bezweckt nur die Wiederherstellung der durch den Krieg beeinträchtigten ausländischen Schutzrechte. Art. 10 bezieht sich daher nur auf die durch den Krieg und die Kriegsfolgen betroffenen Rechte und gewährt diesen Rechten die Vergünstigungen, die deutschen Staatsangehörigen bereits zustanden oder künftig zur Ausgleichung der mittelbaren oder unmittelbaren Kriegsfolgen eingeräumt werden würden. Die Anwendung des § U der 2. VO über Maßnahmen auf dem Gebiete des Patent-,
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Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts vom 9. 11. 1940 wird deshalb durch Art. 10 des Gesetzes Nr. 8 der AHK auch für die Inanspruchnahme von Prioritäten aus solchen Erstanmeldungen nicht ausgeschlossen, die erst nach dem 1. 10. 1949 erfolgt sind. — VO über Maßnahmen auf dem Gebiete des Patentrechtes vom 9. 11. 1940 § 4; AHKG Nr. 8 Art. 10; Pariser Übereinkommen über den Schutz des gewerblichen Eigentums, Art. 4. Deutsches Patentamt, 1. Beschwerdesenat, Entsch. vom 4. 2. 1953 — G 7591 IV d/12 o — 1 B 133/52: GRUR 55 (1953) 169; BlfPMZ 55 ( 1953) 86. Aus den Gründen: „Die Anmelderin ist eine nach dem Recht der Vereinigten Staaten von Amerika gebildete Gesellschaft, die ihren Sitz in New York hat. Sie hat f ü r ihre am 6. 12. 1951 beim Patentamt eingegangene Patentanmeldung die Priorität ihrer Anmeldung in den Vereinigten Staaten vom 5. 12. 1950 in Anspruch genommen und gleichzeitig beantragt, ihr in die versäumte Frist des Art. 4 der Pariser Verbands-Ubereinkunft die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Durch den angefochtenen Beschluß hat die Prüfungsstelle den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung abgelehnt, daß zugunsten der Angehörigen der Vereinigten Staaten eine Bestimmung des Reichsministers der Justiz gemäß § 4 der VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts vom 9. 11. 1940 nicht ergangen sei und deshalb die Wiedereinsetzung nicht zulässig sei. Die gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Die Prüfungsstelle hat zutreffend ausgeführt, daß die Anwendung des § 4 der VO vom 9. 11. 1940 durch die Art. 10 und 13 des Gesetzes Nr. 8 nicht berührt wird. Zwar kann das f ü r den vorliegenden Fall nicht daraus hergeleitet werden, daß — wie der Senat in seinen im BlfPMZ 1951, 293 und 1952, 435 1 f. veröffentlichten Entscheidungen ausgesprochen hat — Art. 6 des Gesetzes Nr. 8 die Möglichkeit, Prioritätsrechte außerhalb der allgemeinen Bestimmungen des Unionsvertrages in Anspruch zu nehmen, im Rahmen dieses Gesetzes abschließend regle. Entsprechend seinem Zweck, die durch den Krieg entstandenen Beeinträchtigungen zu beseitigen, befaßt sich Art. 6 lediglich mit der Inanspruchnahme von Prioritäten aus Erstanmeldungen, die vor dem 1. 10. 1949 erfolgt waren; nur f ü r diese Fälle kann es daher eine ausschließliche Regelung enthalten. Im vorliegenden Fall aber ist die Erstanmeldung erst am 5. 12. 1950, also nach dem für Art. 6 des Gesetzes Nr. 8 maßgebenden Zeitpunkt, eingereicht worden. Wenn danach auch f ü r diese nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 8 entstandenen Prioritäten Art. 6 nicht von Bedeutung ist, so kann trotzdem der Auffassung der Anmelderin, daß § 4 der VO vom 9. 11. 1940 durch Art. 10 des Gesetzes überholt sei, nicht beigetreten werden. Wie in seinem Art. 1 zum Ausdruck gebracht worden ist, bezweckt das Gesetz Nr. 8 grundsätzlich die Wiederherstellung der durch den Krieg beeinträchtigten ausländischen Schutzrechte. Art. 10 des Gesetzes muß deshalb in erster Linie 1
Siehe oben Nr. 249.
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dahin verstanden werden, daß auch er sich auf die durch den Krieg und die Kriegsfolgen betroffenen Rechte beziehen sollte, daß also diese Rechte der Vergünstigungen teilhaft sein sollten, die deutschen Staatsangehörigen bereits zustanden oder künftig zur Ausgleichung der mittelbaren oder unmittelbaren Kriegsfolgen eingeräumt werden würden, wie es z. B. durch das Patentverlängerungsgesetz vom 15. 7. 1951 geschehen ist. Soweit sich Art. 10 auch auf später entstandene Rechte beziehen soll, kann ihm wegen der in Art. 1 klar begrenzten Zweckbestimmung des Gesetzes Nr. 8 nicht die Bedeutung beigelegt werden, daß in Zukunft der Ausländer in Deutschland auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts in vollem Umfange so behandelt werden soll, als ob er deutscher Staatsangehöriger wäre. Es kann nicht angenommen werden, daß eine solche über alle bisherigen internationalen Grundsätze hinausgehende Bindung der deutschen Gesetzgebung beabsichtigt war, die dem Wesen des Gesetzes Nr. 8 als Regelung einer Wiedergutmachung eindeutig widersprechen würde. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber in Art. 10, soweit er künftige Rechte betreffen sollte, lediglich die Anwendung der Vorschriften des Unionsvertrages und entsprechender internationaler Abkommen zugunsten der danach berechtigten alliierten Staaten sicherstellen wollte, da die Weitergeltung dieser Verträge nach angelsächsischer Rechtsauffassung zumindest zweifelhaft war. Diese Auslegung entspricht auch der Fassung des Art. 10 selbst, die sich ganz an die des Art. 2 I der Pariser Verbands-Übereinkunft anschließt. Mit den Bestimmungen des Unionsvertrages steht aber — wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat — § 4 der VO vom 9. 11. 1940 nicht in Widerspruch. In Art. 2 des Unionsvertrages wird nur der Grundsatz ausgesprochen, daß hinsichtlich der allgemeinen patentrechtlichen Bestimmungen Ausländer ebenso zu behandeln seien wie eigene Staatsangehörige. Nach internationalem Brauch wird aber bei der Einführung besonderer Begünstigungen, die zum Ausgleich oder zur Beseitigung von zeitbedingten und damit vorübergehenden Schwierigkeiten gewährt werden, auch heute noch ganz allgemein die Gewährung gleicher Rechte in anderen Ländern vorausgesetzt. Dementsprechend sind die in § 4 vorgesehenen Bestimmungen des Reichsministers der Justiz nicht willkürlich erlassen worden, sondern stets dann, wenn der ausländische Staat Gegenseitigkeit gewährte. Sämtliche Staaten, zu deren Gunsten der Reichsminister der Justiz derartige Bestimmungen erlassen hat, haben entsprechende Bestimmungen gesetzlich geschaffen und führen fast ausnahmslos im Text die Gegenseitigkeit als Voraussetzung f ü r die Gewährung der gleichen Rechte an Ausländer an. Die Abhängigkeit von der Gewährung der Gegenseitigkeit entspricht, wie sich schon hier, aber auch aus der sonstigen internationalen Übung ergibt, den Gepflogenheiten der zwischenstaatlichen Regelung des gewerblichen Rechtsschutzes. Die VO vom 9. 11. 1940 hat auch, nachdem sie durch das 1. Überleitungsgesetz nicht aufgehoben ist, ihr Wesen als Übergangsbestimmung nicht verloren. Ihre Aufrechterhaltung sollte lediglich dazu dienen, die f ü r die deutsche Wirtschaft bei dem Neuaufbau des gewerblichen Rechts-
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schutzes bestehenden besonderen Schwierigkeiten zu verringern, die f ü r die Industrie anderer Länder in der Regel nicht bestehen. Da die Beschwerdeführerin Angehörige eines ausländischen Staates im Sinne des § 4 der V O v o m 9. 11. 1940 ist und der Reichsminister der Justiz f ü r diesen Staat die in der genannten Vorschrift geforderte Bestimmung nicht erlassen hat, kann — zumal die Vereinigten Staaten von Amerika eine entsprechende Regelung zugunsten deutscher Staatsangehöriger nicht getroffen haben — eine Wiedereinsetzung somit nicht erfolgen." 2 5 4 . § 6 des Verlängerungsgesetzes vom 15. 7. 1951 ist anzuwenden, wenn das Schutzrecht am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes, dem 19. 7. 1951, einem Ausländer zustand. Die Gegenseitigkeit und die entsprechende Bekanntmachung des Bundesministers der Justiz gemäß § 6 des Verlängerungsgesetzes wird zugunsten von Ausländern im Sinne des Gesetzes Nr. 8 der AHK durch Art. 10 dieses Gesetzes ersetzt. — A H K G Nr. 8 Art. 5, 10. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. v o m 14. 2. 1953 — R 7547 11/63 k — 1 a B 780/52: G R U R 55 (1953) 171; Blf P M Z 55 (1953) 88. Aus den Gründen: „ D i e Antrst. hat die Rechte aus der am 26. 9. 1941 eingereichten, angeblich noch nicht bekanntgemachten Patentanmeldung von dem Anmelder, einem italienischen Staatsangehörigen, am 13. 11. 1951 erworben. Mit einer am 7. 11. 1951 beim Patentamt eingegangenen Eingabe v o m 5. 11. 1951 hat der frühere Anmelder die Weiterbehandlung der Anmeldung unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 5 des Verlängerungsgesetzes v o m 15. 7. 1951 beantragt. Diese von der Antrst. weiter verfolgten Anträge hat die Prüfungsstelle durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen mit der Begründung, daß das Verlängerungsgesetz nicht anwendbar sei, weil am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes die Anmeldung nicht einem Deutschen zugestanden habe und f ü r Italien eine Bekanntmachung gem. § 6 des Gesetzes nicht ergangen sei. Die gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde ist begründet. Für die Frage, ob das Patent einem Deutschen oder dem Angehörigen eines ausländischen Staates zustand und ob daher das Verlängerungsgesetz ohne weiteres oder nur bei Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des § 6 anzuwenden ist, ist zwar — wie die Prüfungsstelle zutreffend angenommen hat — ausschließlich auf den Tag des Inkrafttretens des Verlängerungsgesetzes abzustellen. Da an diesem Tage, dem 19. 7. 1951, die Rechte aus der Anmeldung einem Ausländer gehörten, wäre also f ü r die Anwendung des Verlängerungsgesetzes an sich erforderlich, daß nach einer Bekanntmachung des Bundesministers der Justiz im BGBl, durch den Heimatstaat des Anmelders Gegenseitigkeit gewährt wird. I m vorliegenden Falle stand aber die Anmeldung am 1. 10. 1949, dem Tage des Inkrafttretens des Gesetzes Nr. 8, einem Italiener, also dem Angehörigen eines durch das Gesetz Nr. 8 begünstigten Staates, zu. Das Erfordernis der Gegenseitigkeit gemäß § 6 des Verlängerungsgesetzes w i r d deshalb hier durch
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die Vorschrift des Art. 10 des Gesetzes Nr. 8 ersetzt. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, kann aus dieser Bestimmung im Hinblick darauf, daß das Gesetz Nr. 8 nach seinem in Art. 1 umrissenen Zweck grundsätzlich nur der Wiederherstellung der durch den Krieg beeinträchtigten ausländischen Schutzrechte dienen soll, zwar nicht hergeleitet werden, daß in Zukunft der Ausländer auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts in vollem Umfang so behandelt werden soll, als ob er deutscher Staatsangehöriger wäre. Soweit Art. 10 Vorteile gewähren will, die über den Rahmen der Pariser Verbands-Übereinkunft und sonstiger internationaler Vereinbarungen hinausgehen, bezieht er sich vielmehr nur auf solche Rechte, die durch den Krieg oder die Kriegsfolgen beeinträchtigt worden sind. Zu diesen Rechten gehört aber auch die vorliegende im Jahre 1941 eingereichte Anmeldung. Ihr stehen deshalb nach Art. 10 grundsätzlich diejenigen Vergünstigungen zu, die deutschen Staatsangehörigen durch deutsche Gesetze zur Ausgleichung der mittelbaren oder unmittelbaren Kriegsfolgen eingeräumt sind oder in Zukunft noch gewährt werden, falls der Anwendung des deutschen Gesetzes nicht der Inhalt des Gesetzes Nr. 8 selbst entgegensteht. Da das Verlängerungsgesetz der Ausgleichung derartiger Kriegsfolgen dient, kommen somit bei Vorliegen seiner Voraussetzungen die in ihm gewährten Vergünstigungen der vorliegenden Anmeldung ohne weiteres zugute. Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 steht der Anwendung des Verlängerungsgesetzes nicht entgegen. Es kann zwar bedenklich sein, ob neben einer Verlängerung nach Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 eine weitere Verlängerung nach dem deutschen Gesetz erfolgen kann. Diese Frage war hier jedoch nicht zu entscheiden, da eine Verlängerung gemäß Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 für die vorliegende Anmeldung nicht in Anspruch genommen ist und auf jeden Fall dem berechtigten Ausländer die Wahl verbleiben müßte, welche Verlängerung er in Anspruch nehmen will." 255. Für die Beanspruchung von Prioritäten gem. Art. 6 AHKG Nr. 8 ist der Zeitpunkt des Kriegseintritts des Staates maßgebend, dem der Anmelder der Erstanmeldung angehört. Die Übertragung des Prioritätsrechts auf den Angehörigen eines anderen Staates, der früher in den Krieg eingetreten ist, erweitert nicht die Möglichkeit, diese Priorität gem. Art. 6 aaO in Anspruch zu nehmen. — AHKG Nr. 8 Art. 6; PatG § 45. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 20. 3. 1953 — K 7312 VIII c/21 f — l a ß 651/52: GRUR 55 (1953) 250; BlfPMZ 55 (1953) 180. Aus den Gründen: „Die Anmelderin, eine nach dem Recht der Vereinigten Staaten von Amerika bestehende juristische Person, hat f ü r ihre am 30. 9. 1950 eingegangene Patentanmeldung die Priorität ihrer entsprechenden Anmeldung in den Vereinigten Staaten vom 23. 1. 1940 in Anspruch genommen. Sie stützt den Prioritätsanspruch auf Art. 6 des AHKG Nr. 8 und führt dazu aus, daß f ü r die Anwendung des Art. 6 nicht der Kriegseintrilt der USA,
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sondern derjenige Großbritanniens maßgebend sei, weil sie auf Grund eines im September 1935 geschlossenen Lizenzvertrages einer englischen Gesellschaft das ausschließliche Recht zur Anmeldung des Patentes in Deutschland gewährt habe. In dem angefochtenen Beschluß hat die Prüfungsstelle die Anwendbarkeit des Art. 6 des Gesetzes Nr. 8 verneint und die Anmeldung zurückgewiesen, weil die Unterlagen in englischer Sprache eingereicht worden waren und die Anmelderin der Aufforderung der Prüfungsstelle nicht, nachgekommen war, Unterlagen einzureichen, die lediglich das am Anmeldetag in deutscher Sprache und in den Zeichnungen Offenbarte enthalten. Die gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Nach Art. 6 des Gesetzes Nr. 8 kann die Priorität nur in Anspruch genommen werden für Erstanmeldungen, die durch ausländische Staaten oder Staatsangehörige vor dem 1. 10. 1949 in einem anderen Land als Deutschland innerhalb eines Jahres vor Beginn des Kriegszustandes zwischen Deutschland und dem betreffenden ausländischen Staat bewirkt worden waren. Das W o r t „betreffend" nimmt hier Bezug auf den Staat, der oder dessen Angehöriger die Erstanmeldung eingereicht hatte. Daraus folgt aber, daß ohne Rücksicht auf etwaige spätere Änderungen in der Person des Berechtigten für die Anwendung des Art. 6 ein günstigerer Zeitpunkt als der Kriegseintritt dieses Staates, von dem die erste Anmeldung ausging, niemals maßgebend sein kann. Im vorliegenden Falle ist also, da es sich um die Erstanmeldung eines amerikanischen Staatsangehörigen handelte, allein entscheidend, ob die Erstanmeldung länger als ein Jahr vor Kriegseintritt der Vereinigten Staaten zurückliegt. Da dies hier zutrifft, können Rechte aus Art. 6 für die Erstanmeldung nicht geltend gemacht werden. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob tatsächlich eine Übertragung der Prioritätsrechte auf die englische Firma erfolgt ist; abgesehen davon, daß die Antrst. in diesem Falle eine ihr gar nicht mehr zustehende Priorität geltend machen würde, kann eine solche Übertragung auch nichts daran ändern, daß bei der vorliegenden Anmeldung für die Anwendbarkeit des Art. 6 ausschließlich auf den Zeitpunkt des Kriegseintrittes der Vereinigten Staaten abzustellen ist. Da somit das Gesetz Nr. 8 auf die vorliegende Anmeldung nicht zutrifft und demgemäß nach § 45 Satz 2 PatG Eingaben in anderer als deutscher Sprache nicht berücksichtigt werden können, hat die Prüfungsstelle zu Recht die Anmeldung mit Rücksicht darauf zurückgewiesen, daß die Anmelderin trotz Anforderung keine Unterlagen nachgereicht hat, die lediglich das in deutscher Sprache und in dem Zusammenhang der Anmeldung Offenbarte enthalten. Da die Anmeldung dies auch in der Beschwerde nicht nachgeholt, sondern erklärt hat, ohne die beanspruchte Priorität sei die Anmeldung für sie ohne Wert, war die Beschwerde zurückzuweisen." 2 5 6 . Die Anwendung des Art. 14 b ( I I ) des AH KG Nr. 8 in der Fassung des Gesetzes Nr. 41 setzt voraus, daß der Antragsteller auf Grund der deutschen Kriegsgesetzgebung als Feind oder als unter maßgebendem feind-
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liehen Einfluß stehend behandelt wurde und außerdem durch diese Behandlung als Feind seine gewerblichen Eigentumsrechte beeinträchtigt worden sind. Eine nach deutschem Recht gebildete juristische Person ist, trotz 100 "loigem ausländischem Besitz an den Aktien, nicht ausländische Staatsangehörige im Sinne des AHKG Nr. 8. — AHKG Nr. 8, Art. 1, 2, 3—6, 14; AHKG Nr. 41; AHKG Nr. 13. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 23. 3. 1953 — Pat. 509 656 — 1 a B 298/52: GRUR 55 (1953) 250; BlfPMZ 55 (1953) 181. Aus den Gründen: „Die Antrst., die M. B.-Werke AG. in Berlin, ist als Inhaberin des Patents 509 656 eingetragen. Sie hat rechtzeitig unter B e r u f u n g auf Art. 5 der AHKG Nr. 8 und 41 die Verlängerung der Schutzdauer des Patents beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr Aktienkapital befinde sich vollständig in den Händen der nach amerikanischem Recht gebildeten U.Corp. in New York. Durch Beschluß des OLG Jena vom 26. 5. 1942 sei sie auf Grund der VO vom 15. 1. 1940 über die Behandlung feindlichen Vermögens einem Verwalter unterstellt worden. Daraus ergebe sich eine Beeinträchtigung ihrer Schutzrechte, ohne daß es weiterer Nachweise bedürfe. Abgesehen davon seien auch tatsächlich Beeinträchtigungen erfolgt. In Verbindung mit der Einsetzung des Verwalters sei eine starke Einschränkung der Friedensfertigung sowie nach und nach eine fast vollständige Umstellung auf die Kriegswirtschaft erfolgt. Davon seien zwar auch deutsche Unternehmen, in erster Linie aber die der Feindgesetzgebung unterstehenden Betriebe betroffen worden. Demgemäß sei bei ihr der Einsatz der Persönlichkeiten genauestens kontrolliert u n d mehrfach eine P r ü f u n g durch Organe der Rüstungsinspektion vorgenommen worden. Der Verwalter sei zudem verpflichtet gewesen, jeden auch n u r kleinen Verstoß den zuständigen Stellen zu melden. Die Leitung des Werkes habe daher bei den Entwicklungsarbeiten auf dem zivilen Sektor und namentlich auch bei der konstruktiven Weiterentwicklung geschützter Erfindungen außerordentlich vorsichtig verfahren müssen. Die Antrst. habe sich deshalb schlechter gestanden als deutsche Konkurrenzunternehmen, auch wenn diese denselben Produktionseinschränkungen unterworfen gewesen seien. Durch den angefochtenen Beschluß ist der Antrag zurückgewiesen worden mit der Begründung, daß die Antrst. weder ausländische Staatsangehörige im Sinne des Art. 14 (b), noch — da eine Beeinträchtigung ihrer Schutzrechte nicht nachgewiesen sei—im Sinne des durch das Gesetz Nr. 41 der AHK in das Gesetz eingefügten Art. 14 b (ii) sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Die Antrst. ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen des Art. 14 b (ii) des Gesetzes Nr. 8 gegeben seien. Sie wiederholt hierzu ihr früheres Vorbringen und weist ferner darauf hin, daß eine E n t n a h m e des Gewinnes durch die U.Corp. nicht möglich gewesen sei, diese Beträge also auf Sperrkonto hätten eingezahlt werden müssen. Auch darin liege eine Beeinträchtigung. Ferner sei die Antrst. noch nach dem Kriege in der Ostzone schweren Eingriffen seitens der sowjetischen Besatzungsmacht
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ausgesetzt gewesen. Die Antrst. hat weiter beantragt, das Verfahren gem. AHKG Nr. 13 an die Besatzungsbehörde abzugeben, falls der Beschwerde nicht stattgegeben werden sollte. Die Beschwerde ist nicht begründet. Daß die Antrst. als nach deutschem Recht gebildete juristische Person trotz 100°/oigem ausländischem Besitz an den Aktien nicht ausländische Staatsangehörige im Sinne des Art. 14 b (i) des Gesetzes Nr. 8 ist, weil juristische Personen nur dann unter diese Bestimmung fallen, wenn sie nach dem Recht eines ausländischen Staates errichtet worden sind, stellt die Antrst. selbst nicht mehr in Abrede. Ihr kann aber auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie der Auffassung ist, daß f ü r sie Art. 14 b (ii) des Gesetzes Nr. 8 zutreffe. Zwar ist die Voraussetzung des Art. 14 b (ii) Ziff. 1 des Gesetzes Nr. 8 bei der Antrst. gegeben. Dadurch, daß der Antrst. ein Verwalter gemäß der VO über die Behandlung feindlichen Vermögens bestellt worden ist, wurde sie auf Grund der deutschen Kriegsgesetzgebung als unter feindlichem Einfluß stehend behandelt. Wie aber in dem angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt worden ist, fehlt es an der Voraussetzung der Ziff. 2 des Art. 14b (ii), wonach erforderlich ist, daß durch die bezeichnete Feindbehandlung die gewerblichen Schutzrechte der Antrst. in Deutschland beeinträchtigt worden sind. Die Antrst. verkennt die Tragweite des Art. 14 b (ii) des Gesetzes Nr. 8, wenn sie meint, daß hier bei Vorliegen eines Eingriffes im Sinne der Ziff. 1 — d. h. bei einer Behandlung als Feind — eine Beeinträchtigung der gewerblichen Schutzrechte ohne weiteres zu vermuten sei. Diese Auffassung ist schon mit der Fassung des Gesetzes nicht zu vereinbaren, welches die in Ziff. 1 und 2 geforderten Voraussetzungen gleichwertig nebeneinander stellt und schon deshalb die Annahme verbietet, daß beide Voraussetzungen hinsichtlich des Nachweises grundsätzlich verschieden zu behandeln sind. Ebensowenig kann aus den übrigen Bestimmungen des Gesetzes Nr. 8 hergeleitet werden, daß f ü r das Vorliegen einer Beeinträchtigung auch im Falle des Art. 14 b (ii) eine Vermutung anzunehmen ist. Es ist zwar zutreffend, daß f ü r Fälle der Art. 3 ff. des Gesetzes Nr. 8 der Nachweis einer Beeinträchtigung im Einzelfall grundsätzlich nicht zu verlangen ist, obwohl Art. 1 allgemein das Erfordernis einer „Beeinträchtigung" aufstellt. Daraus folgt aber nicht, daß f ü r die Anwendung der Ziff. 2 des Art. 14 b (ii) dasselbe zu gelten hätte. Dem Art. 1 kommt im Rahmen des Gesetzes Nr. 8 eine ganz andere Bedeutung zu als dem Art. 14 b (ii). Wie in einer anderen Entscheidung des Senats bereits ausgesprochen ist, soll Art. 1 nur zusammenfassend den Zweck des Gesetzes Nr. 8 umreißen, während er im übrigen wegen der zulässigen Maßnahmen und ihrer Voraussetzungen auf die nachfolgenden Vorschriften verweist. Soweit der Gesetzgeber die einzelnen im Gesetz Nr. 8 gewährten Vergünstigungen von dem Nachweis bestimmter Voraussetzungen im Einzelfall hat abhängig machen wollen, hat er sich nicht mit der allgemeinen Vorschrift des Art. 1 begnügt, sondern diese Voraussetzungen jeweils wieder in mehr oder weniger abgewandelter Form in den Vorschriften, welche die einzelnen Rechte der Ausländer regeln, wiederholt. Demgemäß ist dort, wo eine Be-
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einträchtigung i m einzelnen F a l l e darzutun ist, in der j e w e i l i g e n V o r schrift die eingeräumte Vergünstigung ausdrücklich v o n dem V o r l i e g e n d e r „Beeinträchtigung" abhängig gemacht. W ä h r e n d daher f ü r Art. 3 — 6 des Gesetzes N r . 8, w o eine Beeinträchtigung nicht m e h r besonders gef o r d e r t w i r d , grundsätzlich die nach Art. 1 anzunehmende allgemeine Vermutung durchgreift, ist schon f ü r Art. 2 — auf den die Antrst. sich daher zu Unrecht zur Begründung ihrer Ansicht beruft — darüber hinaus erforderlich, daß die dort aufgezählten K r i e g s m a ß n a h m e n tatsächlich i m E i n z e l f a l l zu Beeinträchtigungen g e f ü h r t haben. Ebenso muß deshalb auch f ü r Art. 14 b (ii), der in Z i f f . 2 das E r f o r d e r n i s einer „Beeinträchtigung" ebenfalls aufstellt, ihr V o r l i e g e n im E i n z e l f a l l dargetan werden. Daß diese Bestimmung f ü r die „Beeinträchtigung" nicht eine Vermutung begründen w i l l , ergibt sich ferner, wenn m a n berücksichtigt, welche Gründe nach d e m Gesetz die Beeinträchtigung b e w i r k t haben müssen. F ü r Art. 1 reicht es aus, wenn die Beeinträchtigung allgemein „durch das Bestehen des Kriegszustandes" e r f o l g t ist. Da viele Patente — schon dadurch, daß sie nicht v o l l ausgenutzt w e r d e n konnten — Beeinträchtigungen durch den K r i e g erf a h r e n haben, w a r es erklärlich, daß der Gesetzgeber f ü r bestimmte in den folgenden Vorschriften geregelte Tatbestände den Nachweis einer solchen Beeinträchtigung in j e d e m F a l l nicht verlangte, sondern d a v o n ausging, daß ihr V o r l i e g e n ohne weiteres vermutet w e r d e n d ü r f e . In Art. 14 b (ii) hingegen muß die Beeinträchtigung durch ganz bestimmte bezeichnete M a ß n a h m e n — nämlich eine Feind- oder Ausnahmebehandlung w e g e n der Staatsangehörigkeit auf Grund der Kriegsgesetzgebung — verursacht w o r den sein; hier, w o allgemeine durch den K r i e g entstandene Schäden nicht genügen, die bezeichneten E i n g r i f f e aber keineswegs regelmäßig eine Beeinträchtigung zur F o l g e hatten, ist deshalb f ü r die Annahme, daß der Gesetzgeber eine Vermutung f ü r das V o r l i e g e n einer Beeinträchtigung aussprechen wollte, kein R a u m . Die Antrst. mußte deshalb dartun, daß ihr Schutzrecht durch die F e i n d behandlung, also durch die Einsetzung des Verwalters, beeinträchtigt w o r den ist. D a f ü r ist, w i e der angefochtene Beschluß z u t r e f f e n d ausführt, nichts Wesentliches vorgetragen w o r d e n . Nach der Rechtsprechung des Senats muß f ü r jedes einzelne Patent i m einzelnen dargelegt werden, w o durch und in welcher F o r m i n f o l g e der Ausnahmebehandlung eine Beeinträchtigung des Schutzrechtes eingetreten ist. Das ist nicht geschehen. Die v o n der Antrst. vorgetragenen Tatsachen sind v i e l m e h r F o l g e n der allgemeinen Kriegswirtschaft, die jeden Betrieb in Deutschland m e h r oder weniger weitgehend g e t r o f f e n haben. Daß es der Antrst. durch die Unterstellung unter einen V e r w a l t e r erschwert wurde, unter Verstoß gegen die Kriegsvorschriften die Erfindungen weiter auszubauen, kann die A n n a h m e einer Beeinträchtigung i m Sinne der Z i f f . 2 des Art. 14 b (ii) nicht rechtfertigen. Dadurch, daß die W e i t e r e n t w i c k l u n g erschwert w a r , w u r d e n die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Antrst. an d e m bestehenden Patent selbst nicht b e t r o f f e n . Abgesehen d a v o n w a r auch f ü r die deutschen Betriebe, die der Kriegsgesetzgebung nicht unterstanden, eine Abweichung v o n den Kriegs v o r Schriften mit größter Gefahr verbunden. Auch sie haben
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sich daher zum größten Teil streng an die erlassenen Bestimmungen halten müssen. Daß der Reingewinn nicht an die U.Corp. abgeführt, sondern nur auf ein Sperrkonto dieser Gesellschaft eingezahlt werden konnte, hat die Antrst. selbst nicht beeinträchtigt. Völlig unerheblich im Rahmen des Gesetzes Nr. 8 ist es schließlich, ob noch nach dem Kriege in der Ostzone schädigende Maßnahmen gegen die Antrst. durch eine Besatzungsmacht getroffen worden sind. Da somit die Voraussetzungen für eine Verlängerung des Patents nicht gegeben sind, war die Beschwerde zurückzuweisen . . . " 2 5 7 . Die Verlängerung der Schutzdauer eines Patents einer amerikanischen Gesellschaft nach Art. 5 des AHKG Nr. 8 ist nicht zulässig, wenn das Patent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr vor Kriegsausbruch erloschen ist und nur durch Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Patentjahresgebühren auf Grund des § 4 der VO vom 1. 9. 1939 und Zahlung der Gebühr wieder aufleben kann. —• PatG § 43; V O über Maßnahmen auf dem Gebiet des Patentrechts vom 1. 9. 1939, § 4; AHKG Nr. 8 Art. 3, 4, 5. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 11.4. 1953 — Pat. 660 273 — 1 a B 311/52: GRUR 55 (1953) 444. Aus den Gründen: „Die Antrst. ist eine Gesellschaft nach amerikanischem Recht. Sie war Inhaberin des Alt-Patents 660 273, das am 29. 9. 1939 wegen Nichtzahlung der Gebühr für das achte Patentjahr erloschen ist. Sie hat am 22. 9. 1950 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Zahlung der achten Jahresgebühr sowie die Wiederherstellung und Verlängerung der Schutzdauer nach Gesetz Nr. 8 beantragt. Die Patentverwaltungsabteilung hat die Anträge durch den angefochtenen Beschluß mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Wiedereinsetzung sachlich nicht gerechtfertigt sei und damit zugleich eine Wiederherstellung und Schutzdauerverlängerung nach dem Gesetz Nr. 8 entfalle. Gegen diesen Beschluß hat die Antrst. Beschwerde erhoben. Die Beschwerde ist nach § § 28, 30 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zulässig und fristgerecht eingelegt, sie kann aber keinen Erfolg haben. Da das Patent wegen Nichtzahlung der achten Jahresgebühr am 29. 9. 1939, also vor Beginn des Kriegszustandes zwischen Deutschland und den USA (am 11. 12. 1941), erloschen ist, wäre für eine Wiederherstellung und Verlängerung des Patents nach Gesetz Nr. 8 auch dann kein Raum, wenn die Wiedereinsetzung zum Erfolg geführt hätte. Für die Wiedereinsetzung würde als gesetzliche Grundlage nur § 4 der V O über Maßnahmen auf dem Gebiet des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts vom 1. 9. 1939 in Betracht gekommen sein. W i e der Senat bereits in anderer Sache entschieden hat, liegen aber die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 zugunsten eines auf Grund deutscher allgemeiner Vorschriften wieder in Kraft gesetzten Patents nicht vor, da nach Art. 5 das nach Art. 3 des Gesetzes wiederhergestellte bzw. nach dem 1. Uber-
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leitungsG aufrechterhaltene Patent entweder zu Beginn des Krieges bestanden haben oder auf Grund einer nach Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 wiederhergestellten Anmeldung erteilt sein muß. Auch eine entsprechende Anwendung des Art. 5 ist schon wegen der sich aus dem Gesetz Nr. 8 und der Wiedereinsetzung nach der V O vom 1. 9. 1939 ergebenden und einander widersprechenden Rechtswirkungen nicht möglich. Die beantragte Wiedereinsetzung hätte daher nicht zu dem erstrebten Erfolg führen können. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung auch nicht vor. Nach § 4 der VO vom 1. 9. 1939 hätte die Wiedereinsetzung nur bewilligt werden können, wenn die Antrst. durch außergewöhnliche Umstände an der fristgerechten Zahlung der achten Jahresgebühr gehindert worden wäre. Das ist aber nicht der Fall. Es kann dafür unterstellt werden, daß die französische Tochtergesellschaft der Antrst., die gleichzeitig die Lizenznehmerin war, die Zahlung der laufenden Jahresgebühren übernommen hatte. Das konnte die Patentinhaberin nicht von der Verpflichtung entbinden, sich selbst um die Wahrung des Schutzrechts zu kümmern. Selbst wenn die Antrst. auf Grund dieser Abmachungen bei regelmäßigem Ablauf der Dinge mit einer Erledigung der Gebührenzahlungen durch die Lizenznehmerin rechnen konnte und diese Handhabung auch längere Zeit reibungslos erfolgt war, mußte ihr nach Beginn des Krieges zwischen Deutschland und Frankreich ohne besondere Überlegung klar sein, daß die weitere Wahrung des Schutzrechts nicht mehr vom guten Willen und der Vertragstreue der französischen Lizenznehmerin abhängig sein konnte, sondern daß ihr die Zahlung tatsächlich unmöglich geworden war. Bei dieser Sachlage wäre es die Pflicht der Antrst. gewesen, sich unverzüglich selbst um die Wahrung des Schutzrechts zu kümmern und alle erforderlichen Schritte zu tun, um den Bestand des Schutzrechts zu sichern. Das hätte im Rahmen der normalen geschäftlichen Sorgfalt gelegen und wäre ihr auch durchaus zumutbar gewesen. Die Nichtzahlung der achten Jahresgebühr beruht deshalb zumindest auch, darauf, daß die Antrst. selbst die notwendige Sorgfalt nicht aufgewandt hat. Im übrigen würde auch eine mangelnde Sorgfalt der mit der Zahlung der Gebühren beauftragten französischen Tochtergesellschaft darin zu sehen sein, daß sie die Antrst. nicht darauf hingewiesen hat, daß ihr die weiteren Zahlungen nicht mehr möglich waren. Schließlich ist der Antrag auf Wiedereinsetzung auch verspätet gestellt worden . . . (wird ausgeführt)." 2 5 8 . Eine Patentanmeldung, die während der Dauer des Kriegszustandes zurückgenommen worden ist, kann in der Regel nicht nach Art. 4 des AHKG Nr. 8 wiedereingesetzt werden. Die Wiedereinsetzung ist jedoch dann möglich, wenn der Anmelder dartut, daß die Zurücknahme auf einer Beeinträchtigung durch den Kriegszustand beruht. — A H K G Nr. 8 Art. 1, 4. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 11. 4. 1953 — S 1138 I V b/12 d — l a B 574/52: GRUR 55 (1953) 288; B l f P M Z 55 (1953) 263.
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Aus den Gründen: „Grundsätzlich ist eine Wiedereinsetzung zurückgenommener Anmeldungen nach Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 nicht möglich. Vielmehr nach dieser Bestimmung erfolgt eine Wiedereinsetzung nur, „sofern die Anmeldung in der Zeit vom Beginn des Kriegszustandes zwischen Deutschland und dem betreffenden ausländischen Staat und dem 30. 9. 1949 einschließlich anhängig war oder eingereicht oder zurückgewiesen worden war". Diese Fassung ergibt, daß die „Anhängigkeit" zur Wiedereinsetzung einer Anmeldung nur dann genügen soll, wenn sie während des ganzen Zeitraumes von Kriegsbeginn bis 30. 9. 1949 bestanden hat. Sonst wäre es überflüssig gewesen, in Art. 4 aaO neben der Anhängigkeit als Wiedereinsetzungsgründe auch die Fälle der Einreichung und der Zurückweisung besonders anzuführen, in denen die Anmeldung ebenfalls zwischen dem Kriegsbeginn und dem 30. 9. 1949, wenn auch vorübergehend, anhängig war, nur im ersten Falle nicht vom Kriegsbeginn an, in letzterem nicht bis zum 30. 9. 1949. Es ergibt sich daraus, daß eine Wiedereinsetzung einer Anmeldung aus Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 nur dann in Betracht kommt, wenn diese entweder vom Kriegsbeginn bis 30. 9. 1949 anhängig war, oder wenn sie nach Kriegsbeginn eingereicht und bis zum 30. 9. 1949 anhängig gewesen ist, oder wenn sie während des Kriegszustandes anhängig war und zurückgewiesen worden ist. Da eine zurückgenommene Anmeldung keine dieser drei Voraussetzungen erfüllt, ist sie grundsätzlich als von der Wiedereinsetzung nach Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 ausgeschlossen anzusehen. Diese Auslegung entspricht auch allein dem Sinn und Zweck des Gesetzes Nr. 8, wie er in dessen Art. 1 zum Ausdruck gebracht ist. Danach sollen durch dieses Gesetz die Rechte wiederhergestellt werden, die durch den Kriegszustand oder die deutsche Kriegsgesetzgebung beeinträchtigt worden sind. Eine solche Beeinträchtigung kann aber bei Anmeldungen, die der Anmelder aus freiem Entschluß zurückgenommen hat, sei es, weil der Prüfer durchschlagendes neuheitsschädliches Material entgegengehalten hatte, oder weil der Anmelder aus anderen Gründen kein Interesse an der Weiterverfolgung mehr hatte, nicht vermutet werden; während z. B. bei einer Zurückweisung die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, daß sie erfolgt ist, weil der Anmelder infolge der Kriegsverhältnisse seine Rechte nicht genügend wahrnehmen und deshalb Beanstandungen nicht beheben konnte. Diese Erwägungen zeigen jedoch, daß von dem Grundsatz, daß bei zurückgenommenen Anmeldungen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 nicht möglich ist, dann eine Ausnahme gelten muß, wenn die Zurücknahme auf eine Beeinträchtigung des Anmelders durch den Kriegszustand oder die deutsche Kriegsgesetzgebung zurückzuführen ist, etwa weil dieser infolge der Kriegsverhältnisse nicht in der Lage war, eine Beanstandung durch das Patentamt in der erforderlichen Weise zu beheben, und er die Anmeldung zurückgenommen hat, um ihrer Zurückweisung aus diesem Grunde zuvorzukommen, oder daß der
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Inlandsvertreter die Anmeldung zurücknahm, weil er mit seinem Auftraggeber keine Verbindung mehr hatte. Ein solcher Ausnahmefall, dessen Voraussetzungen vom Anmelder darzutun sind, ist hier gegeben. Aus dem von den Anmeldern abschriftlich vorgelegten Schreiben der Mitanmelderin S. L. A. vom 5. 2. 1943 an ihre französischen Patentanwälte, mit dem diese den Auftrag zur Zurücknahme der Anmeldung erhielten, geht eindeutig hervor, daß die Anmelder den Anmeldungsgegenstand trotz eines offenbar negativen Prüfungsbescheides des Reichspatentamts als schutzfähig ansahen, jedoch zur Behebung der Beanstandungen eine mündliche Erörterung mit dem Prüfer f ü r notwendig hielten und nur deshalb, weil eine solche unter den damaligen Zeitumständen nicht möglich war, von der Weiterverfolgung Abstand nahmen. Die Zurücknahme der Anmeldung beruht daher auf einer Beeinträchtigung der Anmelder durch den Kriegszustand und sollte lediglich einer Zurückweisung zuvorkommen, so daß bei dieser eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 in Betracht kommt." 2 5 9 . Ein ausdrücklich auf Aufrechterhaltung eines Patents nach dem i. ÜberleitungsG gerichteter Antrag kann als Antrag nach Art. 3 des AH KG Nr. 8 aufgefaßt werden, wenn aus dem Antrag und den sonstigen dem Patentamt bekannten Umständen zu entnehmen ist, daß der Patentinhaber als Ausländer die Wiederherstellung seines während des Krieges gelöschten Patentes erstrebt. — AHKG Nr. 8, Art. 3, 5; 1. DVO zum AHKG Nr. 8 § 2, 28.
Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 29. 5. 1953 — Pat. 704 440 — 1 a B 372/52: GRUR 55 (1953) 390; BlfPMZ 55 (1953) 265. Aus den Gründen: „Das seit dem 24. 4. 1938 laufende, auf den Namen des J. E. K., New York, eingetragene Patent 704 440 ist während des Kriegszustandes mit den USA gemäß Verfügung vom 12. 1. 1943 wegen Nichtzahlung der Gebühr f ü r das f ü n f t e Patentjahr in der Rolle gelöscht worden. Mit einer am 27. 2. 1950 eingegangenen Eingabe vom 23. 2. 1950 beantragte der Patentinhaber auf dem hierfür vorgesehenen amtlichen Vordruck die Aufrechterhaltung des Patents auf Grund des 1. ÜberleitungsG. Auf eine Rückfrage des Patentamts vom 30. 11. 1950 bat er in einer am 8. 12. 1951 eingegangenen Eingabe, den Antrag als Antrag auf Wiederherstellung des Patents gemäß Art. 3 des Gesetzes Nr. 8 zu behandeln. In einer weiteren Eingabe vom 19. 2. 1952 erklärte er ausdrücklich, daß ein Antrag auf Verlängerung des Patents nach Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 nicht gestellt werden solle, beantragte aber eine Berechnung der Gebühren nach dem Gesetz Nr. 8 und der 1. DVO hierzu. Die Patentverwaltungsabteilung hat durch Beschluß vom 2. 4. 1950 den Antrag des Patentinhabers auf Wiederherstellung und den Antrag auf Verlängerung der Schutzdauer zurückgewiesen. Daß letzterer Antrag gestellt werden sollte, wurde trotz der gegenteiligen Erklärung des Patent33
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inhabers dessen Antrag entnommen, bei der Berechnung der Gebühren die Bestimmungen des Gesetzes N r . 8 und der 1. D V O zugrunde zu legen. Die v o m Patentinhaber gegen diesen Beschluß erhobene, nach § 28 der 1. D V O zum Gesetz N r . 8 an sich zulässige Beschwerde mußte E r f o l g haben, nachdem der Patentinhaber in der Beschwerdebegründung v o m 15. 4. 1952 ausdrücklich erklärt hat, daß nicht beabsichtigt sei, aus Art. 5 des Gesetzes N r . 8 irgendwelche Ansprüche herzuleiten. D e r mit der Eingabe v o m 23. 2. 1950 v o m Beschwf. gestellte Antrag auf Aufrechterhaltung seines w ä h r e n d des Krieges w e g e n Nichtzahlung der f ü n f t e n Jahresgebühr erloschenen Patents 704 440 ist als rechtzeitiger Antrag auf Wiederherstellung dieses Patents gemäß Art. 3 des Gesetzes N r . 8 aufzufassen. W i e der erkennende Senat in seiner Entscheidung v o m 21. 12. 1951 — B l f P M Z 1952, 63 — ausgeführt hat, ist w e d e r in § 2 I I I der 1. D V O zum Gesetz N r . 8 z w i n g e n d vorgeschrieben, daß derartige Anträge auf dem h i e r f ü r vorgesehenen amtlichen Vordruck einzureichen sind, noch ist es erforderlich, daß i m Antrag ausdrücklich auf das Gesetz N r . 8 Bezug g e n o m m e n w i r d . Es ist mit Rücksicht auf die f ü r die Einreichung solcher Anträge bestimmte Frist nur notwendig, daß bis zu deren Ablauf v o l l e K l a r h e i t darüber besteht, daß und welche Rechte aus dem Gesetz N r . 8 geltend gemacht werden. Der Beschwf. hat, indem er die Aufrechterhaltung seines w ä h r e n d des Krieges w e g e n Nichtzahlung der f ü n f t e n Jahresgebühr erloschenen Patents beantragte, zum Ausdruck gebracht, daß er den F o r t bestand und damit, soweit notwendig, ein W i e d e r a u f l e b e n seines Schutzrechtes begehrte. Da er sich i m Antrag ausdrücklich als in den U S A ansässig bezeichnete und nach den in dem Antrag in bezug genommenen Erteilungsakten auch schon zur Zeit der Anmeldung dort g e w o h n t hatte, w a r d e m Antrag im Z w e i f e l zu entnehmen, daß ein solches W i e d e r a u f l e b e n gegebenenfalls auch auf Grund der f ü r die Angehörigen der U S A geltenden Sonderbestimmungen begehrt w e r d e n sollte. D a m i t ist aber ein Antrag nach Art. 3 des Gesetzes N r . 8 mit genügender Eindeutigkeit gestellt. D a ß d e m ausdrücklich auf Aufrechterhaltung gerichteten Antrag darüber hinaus auch nicht ein Antrag auf Verlängerung des Schutzrechtes nach Art. 5 des Gesetzes N r . 8 entnommen w e r d e n kann, w o f ü r auf die vorgenannte Entscheidung v o m 21. 12. 1951 hingewiesen sei. bedarf keiner Erörterung mehr, nachdem der Beschwf. eindeutig erklärt hat, daß ein solcher Antrag nicht gestellt w e r d e n soll."
2 6 0 . Die Verlängerung der Schutzdauer eines einem Ausländer (hier Italiener) gehörenden Patents gemäß Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 setzt für Anmeldungen aus der Kriegszeit eine Wiedereinsetzung gemäß Art. 4 voraus, auch wenn der Anmelder keine gebotene Prozeßhandlung unterlassen und keine Frist versäumt hat. — A H K G N r . 8 Art. 3, 4, 5; 1. D V O zum A H K G N r . 8 § 12; 1. ÜberleitungsG zum A H K G N r . 8 § 24. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. v o m 13. 6. 1953 — p. 3101 V I b / 8 0 a B — l a B 679/52: G R U R 55 (1953) 391; B l f P M Z 55 (1953) 347.
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Aus den Gründen: „Der Beschwf. ist Inhaber des Patents 830 168 und italienischer Staatsangehöriger. Die dem Patent zugrunde liegende Anmeldung ist am 10. 6. 1940 beim Reichspatentamt eingereicht worden und bis zur Schließung des Amts anhängig geblieben. Der Beschwf. hat am 22. 8. 1950 die „Weiterbehandlung und Verlängerung der Schutzdauer" der Anmeldung gemäß AHKG Nr. 8 beantragt. Die Anmeldung ist darauf gemäß dem Gesetz Nr. 8 in Behandlung genommen und das Patent am 17. 11. 1951 erteilt worden. In dem Erteilungsbeschluß ist seine Schutzdauer gemäß Gesetz Nr. 8 verlängert worden. Der Beschwf. begehrt die Zurückzahlung eines Teils der auf Anforderung des Patentamts von ihm eingezahlten vollen fünften und sechsten Jahresgebühr. Durch Beschluß der Patentverwaltungsabteilung vom 20. 8. 1952 ist dieser Antrag mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß f ü r Patente, die auf einer Wiedereinsetzung gemäß Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 beruhen, die Jahresgebühren in voller Höhe zu zahlen seien. Der Beschwf. hat gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, die Patenterteilung vom 17. 11. 1951 beruhe nicht auf einer „Wiedereinsetzung" gemäß Gesetz Nr. 8, sondern auf einer „Weiterbehandlung" seiner Anmeldung vom 10. 6. 1940, die bei Kriegsende noch in der Schwebe gewesen sei; mindestens hätte das Verfahren auch ohne eine Wiedereinsetzung weiter behandelt werden müssen; er sei daher auch nicht gemäß § 12 III der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zur Zahlung der vollen Jahresgebühren, sondern gemäß § 33 des 1. ÜberleitungsG nur zu ihrer Zahlung in Höhe von 2/a verpflichtet. Die gemäß §§ 28 ff. der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 der AHÜ zulässige Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden, aber sachlich nicht begründet. Die Alt-Anmeldung, die dem Patent zugrunde liegt, ist entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers nach dem AHKG Nr. 8 behandelt worden. Dieses Gesetz macht f ü r die Weiterbehandlung von Alt-Anmeldungen keinen Unterschied zwischen den bei Einstellung der Tätigkeit des Reichspatentamts gegen Kriegsende schwebend gebliebenen Anmeldungen und denjenigen, die zu dieser Zeit etwa durch Zurückweisung erledigt waren. In Art. 4 wird vielmehr f ü r alle Anmeldungen, „die beim früheren Deutschen Patentamt (Reichspatentamt) von einem ausländischen . . . Staatsangehörigen . . . vorgenommen worden sind", unter gewissen Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angeordnet. Ohne eine solche Wiedereinsetzung kennt das Gesetz keine Weiterbehandlung alter Anmeldungen. Die Auffassung des Beschwf., daß von einer „Wiedereinsetzung" nur bei solchen Anmeldungen gesprochen werden könne, die nicht mehr anhängig gewesen seien, trifft deshalb nicht zu. Die Wiedereinsetzung nach Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 ist auch der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des deutschen Prozeßrechts nicht gleichzusetzen, die nur dort gegeben ist, wo eine Prozeßhandlung versäumt worden ist und damit drohende Rechtsnachteile abgewendet werden sollen. Eine Wiedereinsetzung in diesem Sinne wäre bei dem noch schwebenden Verfahren des Beschwf. nicht 33 *
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nötig gewesen. Bei der Wiedereinsetzung nach Art. 4 Gesetz Nr. 8 handelt es sich nicht um die Beseitigung von Nachteilen wegen versäumter Prozeßhandlungen, wie sie etwa in Art. 3 Gesetz Nr. 8 geregelt ist. Die Wiedereinsetzung nach Art. 4 ist rein formeller Natur und bezweckt die Fortsetzung des Verfahrens in einem Stand, in dem es früher gewesen ist, unabhängig davon, aus welchem Grund die Fortsetzung seinerzeit unterblieben ist. Als wesentlicher Fall solcher Wiedereinsetzung wird in Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 gerade derjenige genannt, in welchem „die Anmeldung in der Zeit vom Beginn des Kriegszustands zwischen Deutschland und dem betreffenden ausländischen Staat bis zum 30. 9. 1949 anhängig war". Damit kommt zum Ausdruck, daß diese formelle Wiedereinsetzung auch dort geboten ist, wo das Verfahren bis zur Einstellung der Tätigkeit des Reichspatentamts anhängig geblieben und nur durch die Schließung des Patentamts zum Stillstand gekommen ist. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß es unzutreffend ist, wenn der Beschwf. ausführt, er habe die Wiedereinsetzung nicht beantragt. Er hat innerhalb der in Art. 4 vorgeschriebenen Frist mit der Eingabe vom 22. 8. 1950 zu erkennen gegeben, daß er die Fortsetzung des Erteilungsverfahrens f ü r seine Patentanmeldung wünschte. Die Eingabe beginnt mit den Worten „auf Grund des Gesetzes Nr. 8 der AHK . . . beantrage ich . . . die Weiterbehandlung und die Verlängerung der Schutzdauer gemäß Art. 5 des Gesetzes". Eine Weiterbehandlung auf Grund des Gesetzes Nr. 8 war, wie vorstehend ausgeführt, nicht anders als durch eine Wiedereinsetzung gemäß Art. 4 möglich. Der Antrag mußte daher ohne weiteres als ein solcher auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 4 angesehen werden und ist ordnungsmäßig entsprechend behandelt worden. Die Tatsache, daß in diesem Antrag die vorgedruckten Worte „Wiederherstellung gemäß Art. 4 des Gesetzes Nr. 8" gestrichen und handschriftlich durch das Wort „Weiterbehandlung" ersetzt worden sind, steht dem nicht entgegen. Der Wunsch des Antrst. auf Erteilung eines Patents mit altem Zeitrang auf Grund seiner alten Anmeldung mit den Wirkungen des Gesetzes Nr. 8 war mit Rücksicht auf die Anführung dieses Gesetzes sowohl in der Antragsüberschrift wie im 1. Satz des Antrags eindeutig. In der handschriftlichen Abänderung des Vordrucks kam daher lediglich eine unbeachtliche Auffassung über den rechtlichen Weg zum Ausdruck, zu diesem Ziel zu gelangen. Der angefochtene Beschluß führt auch zutreffend aus, daß eine Verlängerung der Schutzdauer des Patents gemäß Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 nur möglich war, wenn die Anmeldung gemäß Art. 8 wiedereingesetzt worden war. Wenn der Beschwf. meint, er habe die Verlängerung der Schutzdauer gemäß Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 auch ohne eine Wiedereinsetzung erwirken können, so widerspricht das der Fassung des Gesetzes. Die Fälle, in denen die Verlängerung möglich ist, sind in dem Gesetz ausdrücklich angeführt. Die Verlängerung der Dauer von Patenten, die auf Grund alter Anmeldungen erteilt werden, ist dabei nur f ü r die Fälle vorgesehen, in denen die Anmeldung gemäß Art. 4 wiedereingesetzt ist. Wenn daneben gesagt ist, daß die Schutzdauer der „gewerblichen, literarischen oder künstlerischen
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Eigentumsrechte", die einem ausländischen Staat oder Staatsangehörigen bei Beginn oder w ä h r e n d des Kriegszustands mit Deutschland gehörten, zu verlängern ist, so fällt d a r u n t e r gewiß nicht eine Patentanmeldung, selbst w e n n an a n d e r e n Stellen das Gesetz den Ausdruck „gewerbliches Eigentumsrecht" in einem Sinne gebrauchen mag, der P a t e n t a n m e l d u n gen u m f a ß t . F ü r die Anmeldung ist keine „Schutzdauer" festgelegt. Ein solche k o n n t e d a h e r auch nicht ohne eine W i e d e r a u f n a h m e des Verfahrens u n d d a m i t eine Wiedereinsetzung gemäß Art. 4 durch Art. 5 verlängert werden. Da die Anmeldung des Beschwf. auf Grund seines Antrags ordnungsm ä ß i g gemäß Art. 4 in den vorherigen Stand eingesetzt worden ist, ist er auch zur Zahlung der f ü n f t e n u n d sechsten J a h r e s g e b ü h r gemäß § 12 III der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 in vollem U m f a n g e verpflichtet. Daß bei einem schon vom Reichspatentamt erteilten Patent n u r Teilgebühren zu entrichten sind, b e r u h t auf ausdrücklicher Vorschrift der genannten Vero r d n u n g u n d gibt keine Möglichkeit, diesen Rechtsvorteil auch auf die Patente ausländischer Staatsangehöriger zu erstrecken, die erst vom Deutschen P a t e n t a m t erteilt w o r d e n sind. Der angefochtene Beschluß h a t mit Recht die Rückzahlung des vom Beschwerdeführer geforderten V3-Anteils der Gebühr verweigert. Die Beschwerde war d a h e r zurückzuweisen." 261. Wer „Angehöriger eines ausländischen Staates" im Sinne des Art. 14 b (i) des AH KG Nr. 8 ist, kann nur aus dem Gesetz Nr. 8 selbst entnommen werden. Hiernach fallen nicht unter diesen Begriff Bewohner eines ausländischen Staates, die nicht dessen Staatsangehörige sind, selbst wenn der ausländische Staat sie diesen gleich behandelt. Ein in einem ausländischen Staat seit 1930 dauernd ansässiger Nansen-Paß-Inhaber ist nicht Angehöriger dieses Staates im Sinne des Gesetzes Nr. 8. Wer nicht „Angehöriger eines ausländischen Staates" ist, kann die Rechte aus dem AH KG Nr. 8 nicht deswegen in Anspruch nehmen, weil er einem nach dem Recht des ausländischen Staates mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Emigrantenverbande angehört. — AHKG Nr. 8 Art. 6, 14; 1. DVO z u m AHKG Nr. 8 §§ 28, 30; 2. VO vom 9. 11. 1940 über M a ß n a h m e n auf dem Gebiete des Patentwesens; Pariser V e r b a n d s ü b e r e i n k u n f t Art. 2, 3; Madrider Abkommen über Markenschutz, Art. 1. Deutsches P a t e n t a m t , Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 17. 6. 1953 — D 6550 11/20 a — 1 a B 776/52: GRUR 55 (1953) 483; BlfPMZ 55 (1953) 377 mit Anm. von Wolf Müller: Mitteilungsblatt 1954, 5. Aus den Gründen: „Der Anmelder, ein seit 1930 in F r a n k r e i c h ansässiger russischer Flüchtling u n d I n h a b e r eines Nansen-Passes, hat f ü r die am 30. 9. 1950 eingegangene P a t e n t a n m e l d u n g die Priorität der französischen E r s t a n m e l dung vom 8. 6. 1945 auf Grund des Art. 6 des Gesetzes Nr. 8 in Anspruch genommen. E r hat ausgeführt, er sei zur I n a n s p r u c h n a h m e der Rechte aus
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Gesetz Nr. 8 berechtigt, weil nach Art. 14 b (i) des Gesetzes Nr. 8 in der Fassung des AHKG Nr. 41 unter einem ausländischen Staatsangehörigen nach Art. 6 sowohl die Staatsbürger als auch die Angehörigen eines ausländischen Staates zu verstehen seien. Dazu gehöre er auch, da er als Nansen-Flüchtling gemäß der Genfer Konvention vom 28. 10. 1933 in seinen staatsbürgerlichen Rechten den durch Geburt, Heirat usw. französische Staatsangehörige gewordenen Personen assimiliert sei. Vorsorglich hat er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Inanspruchnahme der Priorität aus seiner französischen Erstanmeldung beantragt. Er stützt diesen Antrag auf § 1 der 2. VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts vom 9. 11. 1940 und hat zur Begründung geltend gemacht, daß die Versäumung der Frist auf einem unverschuldeten Irrtum über die Art und den Umfang seiner staatsbürgerlichen Rechte beruhe. Durch den angefochtenen Beschluß ist der Antrag, die Beanspruchung der französischen Priorität vom 8. 6. 1945 auf Grund des Gesetzes Nr. 8 zuzulassen, ebenso zurückgewiesen worden wie der Hilfsantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Prüfungsstelle hat die Zurückweisung damit begründet, daß ein materieller Unterschied zwischen einem Staatsbürger und dem Angehörigen eines ausländischen Staates im Sinne des Gesetzes Nr. 8 nicht bestehe, und daß eine Gleichstellung der Angehörigen eines Staates mit den bloßen Bewohnern des Staates ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit im Gesetz Nr. 8 nicht festgelegt worden sei. Das Gesetz Nr. 8 weiche damit von Art. 3 des Pariser Unionsvertrags in der Haager Fassung ab, in der den Angehörigen des ausländischen Staates die Bewohner dieses Staates gleichgestellt worden seien. Die Wiedereinsetzung auf Grund der VO vom 9. 11. 1940 könnte aber nicht zum Ziele führen, da sie nicht fristgerecht nach Wegfall des Hindernisses — der Wiedereröffnung des Deutschen Patentamts am 1. 10. 1949 — beantragt sei und überdies weder die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist verhindert hätten, noch die Mittel zu ihrer Glaubhaftmachung fristgerecht genannt worden seien. Mit der Beschwerde wendet sich der Anmelder zunächst gegen die Auslegung der Begriffsbestimmungen des Art. 14, insbesondere des Ausdrucks „ausländischer Staatsangehöriger", und weist darauf hin, daß ein in Frankreich ansässiger russischer Emigrant mit Nansen-Paß vor dem französischen Recht auf Grund der Internationalen Flüchtlingskonvention vom 28. 10. 1933 dem französischen Staatsbürger gleichgestellt sei. Im übrigen ständen die Rechte aus Gesetz Nr. 8 auch einer juristischen Person zu, die nach dem Recht eines ausländischen Staates errichtet sei. Bei dem „Verband der russischen Emigration" handle es sich um eine nach französischem Recht gebildete juristische Person, so daß auch aus diesem Grund dem russischen Emigranten die gleichen Rechte eingeräumt werden müßten, wie französischen Staatsbürgern. Die außergewöhnlichen Umstände f ü r die Begründung der beantragten Wiedereinsetzung seien in dem fristgerechten Hinweis zu sehen, daß der Anmelder Nansen-Flüchtling sei und sich in einem entschuldbaren Irrtum über seinen rechtlichen Status vor dem
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Deutschen Patentamt befunden habe, der erst durch die Stellungnahme der Prüfungsstelle erkennbar geworden sei. Die Beschwerde des Anmelders ist nach §§ 28, 30 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zulässig, konnte aber sachlich keinen Erfolg haben. Zutreffend ist die Prüfungsstelle bei der Beurteilung der Frage, ob der Anmelder die Vorteile des Gesetzes Nr. 8 in Anspruch nehmen kann, davon ausgegangen, daß er nicht französischer Staatsangehöriger ist und daß es auf die Frage, ob er noch die sowjetische Staatsangehörigkeit besitze, nicht ankommen könne, da jedenfalls die Sowjetregierung die f ü r die Anwendbarkeit des Art. 6 des Gesetzes Nr. 8 erforderlichen Erklärungen nach Ziff. 2 dieser Bestimmung nicht abgegeben hat. Es war daher lediglich zu prüfen, ob entsprechend der Auffassung des Anmelders unter einem ausländischen Staatsangehörigen im Sinne des Art. 14 des Gesetzes Nr. 8 nicht nur ein Staatsbürger zu verstehen ist, sondern ob Wortlaut, Sinn und Zweck dieses Gesetzes auch eine ausdehnende Auslegung auf Bewohner eines ausländischen Staates zulassen, die nicht Staatsbürger sind. Das ist mit dem angefochtenen Beschluß zu verneinen. Für diese Beurteilung kann es nicht darauf ankommen, ob die französische Rechtsprechung Bewohnern des französischen Staatsgebietes vor Gericht die gleichen Rechte zubilligt wie französischen Staatsbürgern. Denn aus der Konvention vom 28. 10. 1933 ist f ü r die Frage, ob in Frankreich lebende Nansen-Flüchtlinge die Vergünstigungen des Gesetzes Nr. 8 in Anspruch nehmen können, nichts zu entnehmen. Durch diese Konvention ist zwar Nansen-Flüchtlingen vor allen anderen Flüchtlingen die größte Annäherung an den Status der Staatsbürger, aber keineswegs eine Gleichstellung zuerkannt worden. Es ist z. B. nach wie vor möglich, wenn auch unter besonderen Voraussetzungen, Nansen-Flüchtlinge auszuweisen. Von diesem Status aber ist bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des Gesetzes Nr. 8 auszugehen. Er wird nicht dadurch berührt, daß die interne französische Rechtsprechung derartigen Flüchtlingen die gleichen Rechte und Privilegien wie französischen Staatsbürgern vor Gericht zubilligt. Sowohl die verwendeten Ausdrücke in der englischen wie in der französischen Gesetzesfassung ergeben, daß materiell ein Unterschied zwischen „Staatsbürgern" und „Angehörigen" eines ausländischen Staates im Sinne des Art. 14 des Gesetzes Nr. 8 besteht. Die Prüfungsstelle hat zutreffend diese Auffassung gerade aus der Verwendung des französischen Ausdruckes „ressortissants" hergeleitet, dessen Bedeutung im internationalen Verkehr sich eindeutig aus seiner Verwendung im französischen Text der Art. 2 und 3 der Pariser Verbandsübereinkunft sowie Art. 1 des Madrider Markenabkommens ergibt. Sowohl nach Art. 2 wie nach Art. 3 der Übereinkunft sind unter „ressortissants" nur Angehörige eines Landes, nicht jedoch lediglich Bewohner dieses Landes zu verstehen. Gerade die ausdrückliche Erweiterung des Kreises der nach Art. 2 des Unionsvertrages nach dem Nationalitätsprinzip Schutzberechtigten durch Art. 3 auf die Angehörigen anderer, nicht der Union angehörenden Staaten, die in einem Verbandsland Wohnsitz oder Niederlassung haben, trägt die Auffassung der Prüfungsstelle, daß eine derartige ausdrückliche Gleichstellung zwi-
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sehen Staatsbürgern und bloßen Bewohnern des Staates im Gesetz Nr. 8 nicht festgelegt worden ist. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen, in denen das W o r t „ressortissants" verwendet ist, läßt sich klar entnehmen, daß dieser Ausdruck nicht in dem von dem Anmelder gedeuteten Sinn gebraucht sein kann. Auch die Auffassung des Anmelders, daß er als Angehöriger des Verbandes der russischen Emigration, bei der es sich um eine nach französischem Recht gebildete juristische Person handeln soll, auf Grund dieser Mitgliedschaft die gleichen Rechte eingeräumt erhalten müsse wie die französischen Staatsbürger, kann nicht zu dem erstrebten Ziel führen. Selbst dann, wenn der Verband der russischen Emigration als juristische Person, die nach dem Recht des französischen Staates errichtet ist, anzusehen wäre und als solche die Vorteile des Gesetzes Nr. 8 in Anspruch nehmen könnte, würde nicht die Folgerung gerechtfertigt sein, daß das einzelne Verbandsmitglied ebenfalls der Rechte aus Gesetz Nr. 8 teilhaftig werden könnte, wenn in seiner Person nicht die Voraussetzungen nach dem Gesetz Nr. 8 f ü r dessen Anwendbarkeit vorlägen. Der Anmelder besitzt somit nicht die französische Staatsangehörigkeit und kann daher weder mittelbar noch unmittelbar Rechte aus dem Gesetz Nr. 8 geltend machen. Auch die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags in die Frist zur Inanspruchnahme der Priorität der französischen Erstanmeldung kann nicht zum E r f o l g führen. § 4 der V O v o m 9. 11. 1940, auf den der Anmelder seinen Antrag stützt, vermag schon deshalb nicht zum E r f o l g zu führen, weil nach § 4 diese Verordnung nur zugunsten von Angehörigen ausländischer Staaten angewendet werden kann, die nach einer Bekanntmachung des Reichsministers der Justiz im Reichsgesetzblatt bestimmt worden sind. Zugunsten eines Staatenlosen sind die Bestimmungen dieser V O deshalb nicht anwendbar. I m übrigen würde die Wiedereinsetzung auch sachlich keinen E r f o l g haben können, da der Anmelder bei sorgfältiger Prüfung den Zweifelsfall hätte erkennen und vorsorglich einen Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht hätte stellen können." 2 6 2 . Auch der alleinige Inhaber sämtlicher Gesellschaftsanteile einer deutschen GmbH (hier ein griechischer Staatsangehöriger) hat nach dem AHKG Nr. 8 keinen Anspruch auf Wiederherstellung und Schutzverlängcrung der Patente, die der GmbH gehören. — A H K G Nr. 8 § § 4, 5, 14 b; 1. D V O z. A H K G Nr. 8, § § 28, 30. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. v o m 18. 6. 1953 — Pat. 719935 — 1 a B 98/51; G R U R 55 (1953) 445; Blf. P M Z 55 (1953) 348. Aus den Gründen: „Der griechische Staatsangehörige A. hat fristgerecht die Wiederherstellung und die Verlängerung der Schutzdauer des Patents 719 935 beantragt, das f ü r die Firma D.-GmbH eingetragen war. Er hat vorgetragen, er sei seit 1937 alleiniger Inhaber sämtlicher Geschäftsanteile der genannten GmbH.
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Die Patentverwaltungsabteilung hat den Antrag durch Beschluß vom 23. 10. 1951 zurückgewiesen. Gegen den am 31. 10. 1951 zugestellten Beschluß der Patentverwaltungsabteilung hat der Antrst. mit einem am 22. 11. 1951 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Unter Hinweis auf die VO über die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940 und über die Anmeldung feindlichen Vermögens vom 5. 3. 1940 vertritt der Beschwf. die Ansicht, daß ein rechtlicher Unterschied zwischen seinem privaten Eigentum und dem Vermögen der GmbH während des Krieges nicht gemacht worden und daher auch jetzt nicht gerechtfertigt sei. Dem entspreche auch die Rechtsprechung, die in einer Vielzahl von Einzelfällen jede Trennung zwischen der Ein-Mann-GmbH und ihrem einzigen Gesellschafter verneine. Das Patent sei auch am 14. 2. 1947 von der D.-GmbH auf den Beschwf. übertragen worden. Schließlich behauptet der Beschwf., daß er als Grieche in der Verwertung des Patents beeinträchtigt worden sei und bittet, gegebenenfalls die Akten an die zuständige Besatzungsbehörde abzugeben. Die Beschwerde ist gemäß §§ 28 und 30 der 1. DVO zum AHKG Nr. 8 zulässig und auch formgerecht und fristgerecht eingereicht worden. Sachlich ist sie aber nicht begründet. Selbst nach den vom Antrst. vorgetragenen Tatsachen kann nicht der Antrst., sondern allein die D.-GmbH als Eigentümerin des Patents 719 935 im Sinne des Gesetzes Nr. 8 angesehen werden. Nach der früher zwar umstrittenen, jetzt aber allgemein anerkannten ständigen Rechtsprechung der höchsten Gerichte hat auch die Ein-Mann-GmbH eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. RGZ 92, 84). Wo auch immer der alleinige Gesellschafter über das Vermögen der GmbH verfügt, steht daher ursprünglich das Recht der GmbH selbst zu. Der Alleingesellschafter ist nur ihr ausführendes Organ. Das ist nicht lediglich formell der Fall; auch materiell-rechtlich behält die juristische Person der GmbH ihr Vermögen, also auch ihr Eigentum. Das ist die Folge der jetzt unbestrittenen Lehre, daß die Vereinigung aller Geschäftsanteile in einer Hand die GmbH nicht vernichtet (vgl. BaumbachHueck, Anhang zu § 34 Anm. 2 B). Das der D.-GmbH erteilte Patent 719 935 ist mithin im formellen und im materiellen Sinn Eigentum der GmbH geblieben, auch als der Beschwf. ihre sämtlichen Geschäftsanteile erwarb. Der Beschwf. war während des Krieges mit Griechenland (vom 6. 4. 1941 bis zum 8. 5. 1945) nicht Eigentümer des genannten Patents. Allerdings ist der Alleingesellschafter einer GmbH grundsätzlich ihr Geschäftsführer und kann daher über ihr Vermögen Verfügungen treffen (§§ 34 und 35 GmbHGesetz; vgl. Baumbach-Hueck, Anh. zu § 34 Anm. 3 B). Frei sind seine Verfügungen aber nicht. Er hat das Stammkapital zu erhalten und alle Gläubigerschutzvorschriften zu beachten. Er darf das Vermögen der GmbH nicht mit dem eigenen vermischen, wenn er sich nicht strafbar machen will (RGSt. 42, 278). Er muß bei seinen Verfügungen im Namen der Gesellschaft auftreten (vgl. auch Baumbach-Hueck, Anh. zu § 34 Anm. 3 C). Seine Stellung gegenüber dem Vermögen der GmbH ist damit derjenigen des Eigentümers zwar ähnlich, aber nicht gleich. Der Beschwf. beruft sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung, wonach in
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einer Reihe von Sonderfällen die Verschiedenheit in der Rechtsperson von Gesellschaft und Alleingesellschafter keine Rolle spielen soll. Diese Rechtsprechung beruht im wesentlichen auf der Absicht, ein doloses Handeln des Alleingesellschafters zu erschweren und es zu verhindern, daß er oder die Gesellschaft sich in unbilliger Weise unter Berufung auf ihre Rechtsverschiedenheit ihren Verpflichtungen entziehen. Die Eigentumsverhältnisse bezüglich des Vermögens der Gesellschaft oder des Alleingesellschafters werden von dieser Rechtsprechung nicht berührt. Auch in den englischen, französischen und amerikanischen Rechtssystemen ist die rechtliche Selbständigkeit der Ein-Mann-Gesellschaft anerkannt. Ob wirtschaftlich gesehen die D.-GmbH von dem Einfluß eines Ausländers abhängig war, ist unerheblich. Nach der eindeutigen Fassung des § 14 b des Gesetzes Nr. 8 sind f ü r die Frage nach der Staatsangehörigkeit der juristischen Person nicht ihre wirtschaftlichen Beziehungen von Bedeutung. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch die deutsche Kriegsgesetzgebung (VO vom 15. 1. und 5. 3. 1940) als Feind angesehen und auch mit demjenigen Vermögensteil, der seine Anteile an der GmbH betraf, entsprechend behandelt worden ist. Um deswillen würden ihm oder der GmbH die besonderen Rechte aus § 14 b (ii) des Gesetzes Nr. 8 zustehen, wenn er eine Beeinträchtigung der Schutzrechte unter Angabe konkreter Umstände, die gerade auf der Feindbehandlung beruhen müssen, dargelegt und nachgewiesen hätte. Das ist aber nicht geschehen. Der Hinweis auf „Imponderabilien" und der durch Tatsachenangaben nicht belegte Widerspruch gegen die Gründe des angefochtenen Beschlusses zu dieser Frage können zum Nachweis einer konkreten, über den Rahmen kriegsbedingter allgemeiner Nachteile hinausgehenden Beeinträchtigung nicht ausreichen. Der Beschwf. k a n n auch aus der Übertragung vom 14. 2. 1947 keine besonderen Rechte auf bevorzugte Behandlung als Ausländer herleiten. Die Übertragung bewirkte den Übergang der Schutzrechte von der GmbH als juristischer Person auf den Beschwf. Sie erfolgte aber erst nach Beendigung des Kriegszustandes mit Griechenland, dem 8. 5. 1945 (vgl. Entscheidung des erkennenden Senats vom 17. 5. 1952, BlfPMZ 1952, 190) 1 und ist daher gemäß Art. 4 und 5 des Gesetzes Nr. 8 f ü r die hier bestimmten Rechte unerheblich. Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben." 363. Die Verlängerung der Schutzdauer eines Patents auf Grund des Verlängerungsgesetzes vom 15. 7. 1951 neben der Verlängerung gemäß Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 der AHK ist nicht möglich. Art. 10 des Gesetzes Nr. 8 soll den Ausländern lediglich die gleichen Rechte sichern, die deutschen Staatsangehörigen zustehen. Wenn Ausländern bereits auf Grund anderer Rechtsvorschriften wenigstens weitergehende oder gleiche Rechte 1
Siehe oben Nr. 248.
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gewährt sind, als sie die deutschen Gesetze vorsehen, ist die Anwendung der deutschen Gesetze über Art. 10 des Gesetzes Nr. 8 insoweit nicht möglich — AHKG Nr. 8 Art. 5, 10; 1. DVO zum AHKG Nr. 8 §§ 9, 28, 30. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 21. 7. 1953 — Pat. 755 571 — l a ß 373/52: GRUR 55 (1953) 484; BlfPMZ 55 (1953) 349. Aus den Gründen: „Die Beschwf. ist eine Gesellschaft amerikanischen Rechts. Sie ist Inhaberin des auf Grund der VO vom 12. 5. 1943 erteilten Patents 755 571. Die dem Patent zugrunde liegende Anmeldung ist nicht mehr bekanntgemacht, und die Patentschrift ist nicht mehr gedruckt worden. Auf ihren Antrag ist das schon vor dem 3. 5. 1945 wegen Nichtzahlung der fälligen Jahresgebühr erloschene Patent gemäß dem Gesetz Nr. 8 wiederhergestellt und verlängert worden. Dabei ist als Beginn des sechsten Patentjahres der 22. 3. 1950 festgestellt worden. Die Patentinhaberin erstrebt zusätzlich zu der Verlängerung nach dem Gesetz Nr. 8 die Verlängerung nach dem Verlängerungsgesetz vom 15. 7. 1951. Sie hat beantragt, als Beginn des sechsten Patentjahres den 27. 10. 1950 festzusetzen. Durch den angefochtenen Beschluß ist der Antrag der Patentinhaberin mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß sich aus dem Verlängerungsgesetz vom 15. 7. 1951 keine Anhaltspunkte f ü r eine gemeinsame Anwendung beider Gesetze entnehmen lassen und die Verschiedenheit der Jahresgebühren f ü r Patente, die nach dem Gesetz Nr. 8 oder dem Verlängerungsgesetz verlängert worden sind, ebenfalls gegen eine solche Auffassung sprächen. Die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie zusätzlich die Feststellung begehrt, daß für die Höhe der zu zahlenden Jahresgebühren die Bestimmungen des § 9 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 in Verbindung mit § 24 I des 1. ÜberleitungsG maßgeblich seien, ist nach §§ 28, 30 der 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 zulässig, da eine weitere Verlängerung nach dem Verlängerungsgesetz eine Neuberechnung der Verlängerung nach dem Gesetz Nr. 8 zur Folge haben müsse. Sie konnte sachlich aber keinen Erfolg haben. Wie die Patentinhaberin selbst nicht verkennt, kann bereits die Frage zweifelhaft sein, ob der Verlängerung nach dem Verlängerungsgesetz nicht nur solche Patente unterliegen können, die nach dem 1. ÜberleitungsG aufrechterhalten sind. Das würde aber bei dem vorliegenden, schon vor 1945 erloschenen Patent nicht der Fall sein, das nach dem Gesetz Nr. 8 wiederhergestellt worden ist. Diese Frage kann indes dahinstehen, da sich jedenfalls aus Art. 10 des Gesetzes Nr. 8 die Rechtsfolgerungen der Patentinhaberin nicht herleiten lassen. Zur Bedeutung dieser Bestimmung des Gesetzes Nr. 8, nach der ausländische Staaten und Staatsangehörige die gleichen Vergünstigungen hinsichtlich gewerblicher, literarischer und künstlerischer Eigentumsrechte genießen sollen, die deutschen Staatsangehörigen nach deutschem Recht zustehen, hat der Senat in der Entscheidung vom
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14. 2. 1953 ( B l f P M Z 1953, 88) 1 zwar dargelegt, daß er die Gegenseitigkeit und die entsprechende Bekanntmachung des Bundesministers der Justiz gemäß § 6 des Verlängerungsgesetzes zugunsten von Ausländern ersetzen kann. Hinsichtlich des Wirkungsbereichs dieser Bestimmung ist in der Entscheidung v o m 4. 2. 1953 ( B l f P M Z 1953, 86) 2 bereits zum Ausdruck gebracht worden, daß Art. 10 den durch Krieg und Kriegsfolgen betroffenen Rechten die Vergünstigungen gewährt, die deutschen Staatsangehörigen z. B. durch das Verlängerungsgesetz v o m 15. 7. 1951 zustehen. Sinn und Wortlaut des Art. 10 ergeben aber eindeutig — auch gerade wegen ihrer Anlehnung an Art. 2 I der Pariser Verbandsübereinkunft — , daß diese Bestimmung nur die gleichen Rechte wie dem deutschen Staatsangehörigen sichern soll. Die Anwendung dieser Bestimmung ist daher nur soweit möglich, als sie zu einer Gleichstellung führen würde. Ihre Anwendung würde indes im vorliegenden Fall zu einer rechtlichen Besserstellung der Patentinhaberiii führen müssen, da sie dem deutschen Staatsangehörigen gegenüber bereits eine zeitlich weitergehende Verlängerung durch die Anwendung des Gesetzes Nr. 8 erreicht hat, als sie durch die Anwendung des Verlängerungsgesetzes f ü r sich erreichen könnte und zugleich die aus der Verlängerung nach dem Gesetz Nr. 8 sich ergebende Gebührenermäßigung in Anspruch nehmen könnte, die nach dem Verlängerungsgesetz nicht vorgesehen ist. Selbst wenn auf Grund dieser Bestimmung dem Ausländer ein Wahlrecht zugebilligt wird, ob er Ansprüche aus dem Gesetz Nr. 8 oder aus dem Verlängerungsgesetz herleiten will, könnte die Patentinhaberin das von ihr erstrebte Ergebnis nicht erreichen, da sie bereits durch die erfolgte Verlängerung nach dem Gesetz Nr. 8 günstiger gestellt ist, als sie es nach dem Verlängerungsgesetz werden könnte. Über Art. 10 kann ein Recht der Patentinhaberin daher auf die erstrebte doppelte Verlängerung nicht begründet werden. Die von der Patentinhaberin erstrebte Anwendung des Verlängerungsgesetzes neben dem Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 würde auch dem Sinn und Zweck beider Vorschriften widersprechen. Beide Bestimmungen wollten einen angemessenen Ausgleich f ü r die ungenügende oder fehlende Ausnützungsmöglichkeit schaffen. Die Gewährung beider Ausgleichungen nebeneinander würde deshalb über das hinausgehen, was die Gesetzgeber beider Gesetze den durch die Kriegsfolgen Geschädigten als Ausgleich zugestehen wollten. Damit erledigt sich ihr Feststellungsantrag zur Frage der H ö h e der zukünftig zu zahlenden Jahresgebühren, da diese Frage durch die Entscheidung gegenstandslos geworden ist. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen." 2 6 4 . Bei den unter Art. 5 des AHKG Nr. 8 fallenden Schutzrechten gilt der Lauf der Schutzdauer um die in Satz 2 dieses Artikels angegebene Zeitspanne als gehemmt (§ 7 der 1. DVO zum AHKG Nr. 8). Satz 3 in Art. 5 des AHKG Nr. 8 stellt lediglich klar, daß nach der bis 30. 9. 1949 laufenden Hemmungszeit nur die noch nicht abgelaufene Zeit der Patentdauer zusätzlich hinzugerechnet werden darf. — A H K G Nr. 8 Art. 5. 1
Siehe oben Nr. 254.
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Siehe oben Nr. 253.
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Deutsches Patentamt, Patentverwaltungsabteilung, Entsch. vom 25. 7. 1953 — Pat. 510359: GRUR 55 (1953) 485. Gemäß dem bei der Verlängerung des Patents 510 359 nach Art. 5 Gesetz Nr. 8 festgestellten Beginn des 15. Patentjahres (2. 3. 1950) wird der Antrag der Patentinhaberin auf Rückzahlung der Jahresgebühren f ü r das 15. bis 18. Patentjahr zurückgewiesen. Aus den Gründen: „Bei der Verlängerung des Patents 510 359 wurde nach Art. 5 Gesetz Nr. 8 mit Verfügung vom 1. '6. 1951 als neuer Fälligkeitstag und Beginn des 15. Patentjahres der 2. 3. 1950 festgestellt und in die Patentrolle eingetragen. Gemäß Aufforderung vom 2. 7. 1951 zahlte die Patentinhaberin f ü r das 15. und 16. Patentjahr am 23. 8. 1951, f ü r das 17. Patentjahr am 25. 4. 1952 und f ü r das 18. Patentjahr am 20. 1. 1953 die Jahresgebühren. Mit dem an die Dienststelle Berlin gerichteten Schreiben vom 25. 4. 1953, das hierher zur Entscheidung weitergeleitet wurde, beantragt die Patentinhaberin die Rückzahlung der Jahresgebühren für das 16., 17. und 18. Patentjahr und die teilweise Rückzahlung der Jahresgebühr f ü r das 15. Patentjahr. Zur Begründung ihres Antrages führt sie folgendes an: Auf Grund des Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 solle die Dauer der Verlängerung die noch nicht abgelaufene Zeit der Dauer des Schutzrechts, welches bei Beginn des Kriegszustandes bestand, nicht übersteigen. Am Tage des Beginns des Kriegszustandes mit den USA, am 11. 12. 1941, sei das Patent 510359 bereits 13 Jahre 7 Monate 1 Tag gelaufen, so daß die noch nicht abgelaufene Dauer dieses Schutzrechts an diesem Tage 4 Jahre 4 Monate 29 Tage betragen habe. Nur um diese Zeitspanne könne die normale Dauer des Patents von 18 Jahren verlängert werden, so daß die gesamte Patentdauer 22 Jahre 4 Monate 29 Tage betrage. Infolgedessen ende die verlängerte Laufzeit des Patents am 9. 10. 1950. Daher sei die Jahresgebühr f ü r das 16. Patentjahr zu Unrecht angefordert, die 17. und 18. Jahresgebühr sei zuviel gezahlt, und ein Teil der am 2. März 1950 fällig gewesenen und eingezahlten 15. Jahresgebühr sei zurückzuzahlen, da das Patent von diesem Fälligkeitstage ab bis zum Erlöschen am 9, 10. 1950 nur noch 7 Monate 7 Tage in Kraft gewesen sei. Der Antrag ist nicht begründet. Nach Art. 5 Gesetz Nr. 8 entspricht die Dauer der Verlängerung „der Zeitspanne zwischen dem Zeitpunkt des Beginns des Kriegszustandes oder dem späteren Zeitpunkt, an dem das Recht entstand, und dem 30. 9. 1949 einschließlich". In § 7 der DVO ist f ü r die Wirkung der Verlängerung bestimmt, „daß der Lauf der Schutzfrist f ü r die in Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 angegebene Zeitspanne als gehemmt gilt". In der amtlichen Begründung zur 1. DVO § 9 (BlfPMZ 1950, 201 = GRUR 1950, 422) ist als Erläuterung gesagt: „Entsprechend dem Grundsatz des § 7, daß der Lauf der Schutzfrist f ü r die in Art. 5 des Gesetzes Nr. 8 angegebene Zeitspanne als gehemmt gilt,
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scheidet diese Zeitspanne auch f ü r die Berechnung der Höhe der Jahresgebühren aus. Stand also bei Beginn des Krieges ein Alt-Patent im 10. Jahr seiner Schutzdauer, so wird dieses Jahr der Schutzdauer gehemmt und läuft erst am 1. Oktober 1949 weiter." Der von der Patentinhaberin zitierte Satz des Art. 5 „Sie soll jedoch die noch nicht abgelaufene Zeit der Dauer eines Rechts, welches bei Beginn des Kriegszustandes bestand, nicht übersteigen" ist schon in den Jahren 1949/50 Gegenstand reiflicher Erwägungen und Besprechungen gewesen und wird nach ständiger Rechtsprechung als eine (an sich überflüssige) gesetzliche Klarstellung angesehen, daß nach der Hemmungszeit nur die noch nicht abgelaufene Zeit der Patentdauer zusätzlich hinzugerechnet werden darf. Dieser Satz bedeutet aber keineswegs, daß die Hemmungszeit selbst nicht länger als die restliche Patentdauer sein soll, zu der dann nochmals die restliche Patentdauer hinzuzuzählen wäre. — Wie widersinnig eine andere Auslegung wäre, würde folgendes Beispiel zeigen: Das deutsche Patent eines französischen Staatsangehörigen, das bei Kriegsbeginn am 3. 9. 1939 16 Jahre alt ist, dürfte dann nur um zwei Jahre bis 1941 verlängert werden und würde nach weiteren zwei Jahren schon im Jahre 1943 ablaufen. Eine solche Auslegung wäre aber mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes Nr. 8 nicht vereinbar. Daher kann sich der betreffende Satz 3 des Art. 5 nur auf die Zeit nach der bis 30. 9. 1949 laufenden Hemmungszeit beziehen. In diesem Sinne ist sowohl das erste Berechnungsbeispiel in dem Aufsatz von Busse, Verlängerung der Alt-Patente nach Gesetz Nr. 8, GRUR 1951, 98 und GRUR 1952, 162 als auch das oben in der amtlichen Begründung genannte Beispiel trotz 14. bzw. 10. Patentjahr auf die volle Hemmungszeit bis 30. 9. 1949 abgestellt worden. Dementsprechend ist die Verlängerung des vorliegenden Patents 510359 und damit sein neuer Fälligkeitstag mit folgenden Daten berechnet worden: 1. Der Anfangstag war der 10. 5. 1928. Da die Staatsangehörigkeit der Patentinhaberin die der Vereinigten Staaten von Amerika war, ergab sich als letzter Fälligkeitstag vor dem am 11. 12. 1941 erfolgenden Kriegsbeginn der 10. 5. 1941 f ü r die 14. Jahresgebühr. 2. Die Hemmung der Schutzdauer von Kriegsbeginn ist nach Art. 5 die Zeit vom 11. 12. 1941 bis 30. 9. 1949. 3. Vom alten Fälligkeitstag (10. 5. 1941) bis Kriegsbeginn (10. 12. 1941) beträgt die Zeit 7 Monate 1 Tag. Vom 1. 10. 1949 bis Ende des 14. Patentjahres beträgt die Zeit 4 Monate 29 Tage. Infolgedessen ergibt sich als neuer Fälligkeitstag und Beginn des 15. Patentjahres der 2. 3. 1950. Die in dem Schreiben der Patentinhaberin vom 25. 4. 1953 vorgebrachte Berechnung beruht auf einem Mißverständnis; denn in dieser wird an die ganze Patentdauer von 18 Jahren nur die noch nicht abgelaufene Zeit von 4 Jahren 4 Monaten 29 Tagen angehängt. Tatsächlich kommt es aber f ü r die Berechnung darauf an, daß das betreffende vor Kriegsbeginn angefangene Patentjahr um die Hemmungszeit unterbrochen und indirekt da-
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durch ausgedehnt wird. Wollte man nun gemäß der Ansicht der Patentinhaberin die noch nicht abgelaufene Zeit des Patents mit 4 Jahren 4 Monaten 29 Tagen als Hemmungszeit ansehen, so würde unter Hinzurechnung von 4 Monaten 29 Tagen als neuer Fälligkeitstag und Beginn des 15. Patentjahres nicht der 2. 3. 1950, sondern der 9. 10. 1946 zu berechnen sein. Eine solche Auffassung des zitierten Satzes aus Art. 5 Gesetz Nr. 8 beruht aber auf einer unzutreffenden Gesetzesauslegung; sie entspricht auch nicht dem Sinn des Gesetzes Nr. 8, der Durchführungsverordnung und ihrer oben erwähnten amtlichen Begründung. Gemäß der ständigen jahrelangen Rechtsprechung muß es daher bei der Berechnung des 2. 3. 1950 als neuem Fälligkeitstag und Beginn des 15. Patentjahres verbleiben. Diese Eintragung in der Patentrolle ist zutreffend. Unter diesen Umständen kann keine Rückzahlung der bereits gezahlten fälligen Jahresgebühren f ü r das 15. bis 18. Patentjahr erfolgen. Die Ablehnung des Antrages war daher gerechtfertigt." 265. Die Zurücknahme einer Anmeldung kann der Zurückweisung gemäß Art. A AHKG Nr. 8 nicht ohne weiteres gleichgestellt werden. Das ist auch dann nicht zulässig, wenn der Anmelder durch das Bestehen des Kriegszustandes dazu veranlaßt worden ist, aber eine Zurückweisung der Anmeldung durch das Reichspatentamt nicht bevorstand. — AHKG Nr. 8 Art. 2, 4, 5; 1. DVO zum AHKG Nr. 8 §§ 28, 30. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 18. 11. 1953 — R 3443 I a / 4 6 a 2 : GRUR 56 (1954) 26; BlfPMZ 55 (1953) 422. Aus den Gründen: „Der englische Staatsangehörige Harry Ralph R., London, hatte am 21. 7. 1938 ein Patent angemeldet, diese Anmeldung aber ohne Angabe von Gründen am 7. 11. 1939 zurückgezogen. Mit seinem am 1. 9. 1950 eingegangenen Antrag hat er die Wiederherstellung der Patentanmeldung und die Verlängerung der Schutzdauer gemäß Art. 4 und 5 des AHKG Nr. 8 beantragt und vorgetragen, daß die Durchführung des Verfahrens seinerzeit wegen des Kriegszustandes unmöglich erschienen sei. Die Kriegswichtigkeit des Erfindungsgegenstandes habe die Erteilung ausreichender technischer Informationen verhindert. In anderen nicht am Krieg beteiligten Ländern seien gleiche Patentanmeldungen weiterverfolgt worden. Zur Glaubhaftmachung dieser Behauptungen hat der Antrst. eine eidesstattliche Versicherung ü b e r r e i c h t . . . Die Beschwerde ist gemäß §§ 28 und 30 der 1. DVO zum AHKG Nr. 8 zulässig und auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie kann aber aus sachlichen Gründen keinen Erfolg haben. Eine nach Beginn des Kriegszustandes zwischen Deutschland und dem betreffenden Ausland zurückgenommene Anmeldung eines Ausländers fällt grundsätzlich nicht unter die in Art. 4 und 5 des Gesetzes Nr. 8 getroffene Sonderregelung. Das ergibt sich, wie vom erkennenden Senat wiederholt ausgesprochen ist (insbesondere in der Entscheidung vom 11. 4. 1953,
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BlfPMZ 1953, 2 6 3 ) s c h o n aus der Wortfassung des Art. 4 des Gesetzes Nr. 8, der die Voraussetzung f ü r eine formelle Wiedereinsetzung regelt und auf den Art. 5 f ü r die Schutzdauerverlängerung Bezug nimmt. Hiernach findet eine Wiederherstellung statt, „sofern die Anmeldung in der Zeit vom Beginn des Kriegszustandes zwischen Deutschland und dem betreffenden Staat und dem 30. 9. 1949 einschließlich anhängig war oder eingereicht oder zurückgewiesen worden war". Auch die in der genannten Zeit eingereichten oder zurückgewiesenen Anmeldungen sind in dieser Zeit vorübergehend anhängig gewesen. Wollte das Gesetz ohnehin alle in diesem Zeitraum nur vorübergehend anhängig gewesenen Fälle treffen und das mit dem ersten Teilsatz der angeführten Stelle des Art. 4 zum Ausdruck bringen, so wäre die Aufzählung auch der Einreichung und der Zurückweisung unnötig und ohne jeden Sinn gewesen. Hier kann daher nur diejenige Anmeldung gemeint sein, die in der gesamten Zeitdauer vom Beginn des Kriegszustandes bis zum 30. 9. 1949 geschwebt hat. Eine sinnvolle Auslegung des Art. 4 ergibt daher, daß die zurückgenommene Anmeldung nicht unter die in Art. 4 geregelten Tatbestände fallen soll. Der Beschwf. kann sich f ü r seine gegenteilige Auffassung auch nicht mit Erfolg auf den englischen und französischen Text des Art. 4 berufen (BlfPMZ 1949, 316 f.). Die englische Wortfolge „during the period . . . " umfaßt sowohl den Begriff „während des genannten Zeitraumes" wie „irgendwann innerhalb des Zeitraumes". Die Verwendung in einem Satz sowohl in dem einen wie in dem anderen Sinn ist in der englischen Sprache nicht ausgeschlossen. Auch die vom Beschwf. überreichten Gutachten des Dr. phil. W. und des Queens Counsel Mould stehen mit dieser Feststellung nicht im Widerspruch. Es mag unterstellt werden, daß nach einem historischen Bedeutungswandel f ü r das Wort „during" jetzt die Bedeutung „einmal innerhalb des Zeitraumes" die üblichere ist, und daß die doppeldeutige Verwendung des Wortes in einem Satz gegen die Regeln der englischen Syntax verstößt, sofern die Umstände nicht solche Bedeutung fordern. Wie oben näher ausgeführt worden ist, wird hier aber gerade durch den weiteren Inhalt des Art. 4 die Bedeutung des Wortes „during" eindeutig festgelegt, so daß nur zwingende sprachliche Gründe eine andere Auslegung hätten rechtfertigen können. Der Beschwf. kann sich auch nicht darauf berufen, daß im Gesfetz Nr. 8 an anderen Stellen in Aufzählungen ebenfalls überflüssige Wiederholungen gemacht wären. In Art. 2 des Gesetzes Nr. 8 sind mit Absicht neben den Schutzrechten, die dem Ausländer oder dem ausländischen Staat „während des Kriegszustandes" gehörten, diejenigen Rechte genannt, die ihm „bei Beginn" des Kriegszustandes zustanden. Diese Klarstellung war sinnvoll, da ohne sie zweifelhaft sein könnte, ob auch solche Rechte unter Art. 2 fallen, die mit Kriegsbeginn auf einen anderen übergegangen oder erloschen sind. Die Wendung „au cours de la période . . . " hat die gleiche Bedeutung wie im Deutschen die Worte „im Laufe des Zeitraumes" ...". Sie kann damit ebenfalls die beiden vorstehend genannten Bedeutungen zum Ausdruck bringen und notfalls auch in einem Satz mit doppelter Bedeu1
Siehe oben Nr. 258.
Nr. 265
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tung verwendet werden. Die fremdsprachlichen Texte ergeben daher keine andere Auslegung. Die in Art. 4 des Gesetzes Nr. 8 aufgezählten Tatbestände sind ausschließlicher Natur. Da das Gesetz Nr. 8 eine Ausnahmeregelung darstellt, besteht kein Zweifel daran, daß eine Ausdehnung seiner Anwendbarkeit über die im Gesetz genannten Fälle hinaus vom Gesetzgeber nicht gewollt und unzulässig ist. Der Senat hat in der oben angeführten Entscheidung vom 11. 4. 1953 allerdings f ü r den Fall eine Ausnahme anerkannt, in dem die Zurückweisung der Anmeldung feststellbar bevorstand, aber durch eine notgedrungene Zurücknahme abgewendet worden ist. Dieser Fall mußte dem der amtlichen Zurückweisung gleich behandelt werden, da sich hier die Anmeldung in einem Stadium des Erteilungsverfahrens befand, das ohne das Dazwischentreten des Anmelders zur Zurückweisung führen mußte, einem Stadium, das also vom Gesetz Nr. 8, wie im Art. 4 zum Ausdruck gebracht worden ist, erfaßt werden sollte. Ein solcher Fall liegt aber bei der Anmeldung des Beschwerdeführers nicht vor. Weder war seine Zurücknahme notwendig, noch läßt sich feststellen oder auch nur eine Vermutung dafür begründen, daß ohne die Zurücknahme die Anmeldung vom damaligen Reichspatentamt zurückgewiesen worden wäre. Allerdings kann aus dem Briefwechsel zwischen dem Beschwerdeführer und der N. V. de Bataafsche Petroleum Maatshappij vom September 1939 entnommen werden, daß der Beschwerdeführer bei der Frage, ob er seine Patente in Deutschland weiter verfechten sollte, politische Erwägungen (political considerations) angestellt hat und die Durchfechtung unter den damaligen kriegsbedingten Verhältnissen f ü r unzweckmäßig ansah („it will be of little use to do so"). Ein Zwang zur Zurücknahme kann hierin jedoch nicht gesehen werden. Wie die Korrespondenz zeigt, war die Nachrichtenverbindung zwischen dem Beschwerdeführer und dem deutschen Patentamt nicht unterbrochen. Auch die in dem Briefwechsel erwähnten Board of Trade Regulations wie die Trading with the Enemy Act 1939 (BlfPMZ 1939, 193) und das Verbot der Veröffentlichung von Erfindungen und Mustern sowie das Verbot von Anmeldungen im Ausland durch Order in Council (BlfPMZ 1939, 193) und die allgemeine Ermächtigung des Board of Trade im Geschäftsverkehr mit dem Feind vom 7. 9. 1939 (BlfPMZ 1939, 194) ordneten eine Aufgabe der eingereichten Patentanmeldungen in Deutschland nicht an. Die Zurücknahme ist daher aus eigenem freien Entschluß erfolgt. Die noch vollständig erhaltenen Akten der Anmeldung zeigen, daß ebenfalls sachliche Gründe die Zurücknahme der Anmeldung nicht forderten oder etwa die Zurückweisung der Anmeldung bevorstand oder auch nur zu befürchten war. Gegen die Erteilung der Patente auf die vom Beschwf. eingereichten Anmeldungen bestanden im Augenblick der Zurücknahme keine verfahrensrechtlichen oder sachlichen Bedenken. Das Patentamt hatte weder die Nachreichung weiterer Erläuterungen angefordert noch eine Zurückweisung angedroht. Unter diesen Umständen kann der eidesstattlichen Erklärung des Beschwf. vom 25. 6. 1952, wonach die ord34
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nungsgemäße Durchführung des Erteilungsverfahrens wegen des Kriegszustandes „unmöglich erschien" und ausreichende technische Informationen wegen ihrer Kriegswichtigkeit „nicht gegeben werden konnten", vielmehr „die Bestimmungen über den Handel mit dem Feind im Wege standen", keine ausschlaggebende Kraft beigemessen werden. Daß der Beschwf. in anderen Ländern die gleichen Patente angemeldet und während des Krieges erteilt erhalten hat, kann weder die Zwangslage im deutschen Erteilungsverfahren noch überhaupt die Befürchtung einer Zurückweisung beweisen. Der Beschwf. meint, aus dem Auftragsschreiben an den deutschen Patentanwalt vom 19. 10. 1939 gehe hervor, daß man seinerzeit mit der Zurückweisung gerechnet habe. Das ist nicht der Fall. Das genannte Schreiben besagt, daß die Zurückziehung kostenlos erfolgen solle, „damit seitens des Patentamts keine unnötige Arbeit gemacht werde". Hieraus lassen sich keine anderen Gründe der Zurücknahme als solche der Einsparung von Geld und Arbeitszeit erkennen. Nach alledem kann nicht festgestellt werden, daß der Beschwf. zu der Zurücknahme gezwungen worden ist oder die Zurückweisung seiner Anmeldung befürchtet hätte. Ihre Zurücknahme kann daher auch nicht wie eine Zurückweisung behandelt werden. Ob in anderen gleichgelagerten Fällen ohne entsprechend eingehende Prüfung von anderen Prüfungsstellen einem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwf. bereits stattgegeben worden ist, kann f ü r den vorliegenden Antrag keine Rolle spielen. Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben." 3 6 6 . Die Wiedereinsetzung in die durch eine ausländische (hier britische) Firma versäumte Antragsfrist zur Verlängerung eines Schutzrechtes nach AHKG Nr. 8 kann nicht allein damit begründet werden, daß die 1. DVO zum Gesetz Nr. 8 erst im August 1950 veröffentlicht worden sei. Zur Begründung eines solchen Wiedereinsetzungsantrags, der nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fristablauf eingereicht wird, gehört die Darlegung, bis zu welchem Zeitpunkt der Hinderungsgrund fortbestanden hat. — AHKG Nr. 8 Art. 3, 5; 1. DVO zum AHKG Nr. 8. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 28. 5. 1953 — Wz 424 254 — 1 a B 393/53: GRUR 55 (1953) 397; BlfPMZ 55 (1953) 264.
Urheberrecht 2 6 7 . Die in § 22 a LitUrhG vorgesehene Aufführungsfreiheit für mechanische Musik ist mit Art. 13 I und II der Rom-Fassung der revidierten Berner Übereinkunft vereinbar. — LitUrhG § 22 a; revidierte Berner Ubereinkunft (Rom-Fassung) Art. 13. BGH, Urt. vom 6. 11. 1953 — I ZR 97/52: BGHZ 11, 175; NJW 7 (1954) 305; GRUR 56 (1954) 216; BlfPMZ 56 (1954) 157; LM Nr. 1 zu § 22 a LUG mit Anmerkung von Kleine: Mitteilungsblatt 1954, 63.
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Die Kl. ist ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung, dem auf Grund von Verträgen mit deutschen Textdichtern und Komponisten sowie mit ausländischen Aufführungsrechtsgesellschaften die Wahrnehmung der Urheberrechte an nahezu dem gesamten urheberrechtlich geschützten Musikbestand zusteht (GEMA), soweit es sich nicht um dessen bühnenmäßige Aufführung handelt. Der Bekl. betreibt ein Handelsgeschäft mit Musikinstrumenten und Schallplatten. Er ließ ein Zeitungsinserat folgenden Wortlauts erscheinen: „Sie haben doch einen Plattenspieler? Schallplatten aller Art, Spezialität moderne Tanzmusik GEMA-FREI, Plattenspieler, Musiktruhen." Die Kl. hat beantragt, dem Bekl. zu untersagen, in öffentlichen Ankündigungen Schallplatten mit moderner Tanzmusik als „GEMA-frei" zur öffentlichen Aufführung mittels Plattenspieler anzubieten. Das LG hat der Klage stattgegeben, das OLG sie abgewiesen. Die Rev. der Kl. führte zur Wiederherstellung des LG-Urt. Aus den Gründen: „Die Kl. hat von den ihr zur Verwertung überlassenen urheberrechtlichen Befugnissen das mechanische Vervielfältigungsrecht dem Bureau International de l'Edition Mechanique (BIEM) zur Auswertung überlassen. Das BIEM hat durch einen Vertrag, der 1947 neu gefaßt ist, der gesamten internationalen Schallplattenindustrie die nicht ausschließliche Erlaubnis erteilt, Werke des von ihm verwalteten Repertoires auf mechanischem Wege aufzunehmen und von den so hergestellten Aufnahmen phonographische Platten in ihrer jetzigen Form und seiner Marke zu veröffentlichen und diese Platten zu verbreiten (Art. II). Art. VI des BIEM-Vertrages lautet: „Die heutige Autorisation gibt unter keinen Umständen irgend jemand das Recht zur öffentlichen Aufführung, öffentlichen Vorführung und Rundfunksendung. Es herrscht Einverständnis darüber, daß der Fabrikant in jedem Land im Genuß derjenigen Rechte bleiben wird, die ihm in dieser Hinsicht nach den Landesgesetzen zustehen." Das BerGer. folgert aus dem zweiten Satz dieses Art. des BIEM-Vertrages in Zusammenhalt mit § 22 a LitUrhG, das BIEM habe als Rechtsnachfolgerin der Kl., soweit das deutsche Rechtsgebiet in Frage stehe, auf die Schallplattenhersteller das Recht zur öffentlichen Aufführung der befugterweise hergestellten Tonträger übertragen. Für den Umfang dieser Übertragung sei von Bedeutung, daß 1947 der Sprechapparat alten Stils — das Trichtergrammophon — bereits seit mehr als 15 Jahren fast völlig von dem Plattenspieler mit Lautsprecherwiedergabe verdrängt gewesen sei. Entsprechend der tatsächlichen Übung habe sich in Deutschland eine Verkehrssitte dahin entwickelt, daß Schallplatten durch Plattenspieler mit Lautsprechern öffentlich aufgeführt würden, ohne eine Erlaubnis des Urhebers oder Bearbeiters bzw. ihrer Rechtsnachfolger einzuholen. Über diese in Deutschland herrschende Verkehrssitte hätten die vertragschließenden Parteien beim Abschluß des BIEM-Vertrages nicht hinwegsehen können. Bei dieser Sachlage könne der Vorbehalt in Art. VI Satz 2 nur dahin verstanden werden, im deutschen Rechtsgebiet sollte die öffentliche Schall34 *
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plattenaufführung auch mittels eines mit einem Plattenspieler gekoppelten Lautsprechers nach wie vor erlaubnisfrei bleiben. In Anbetracht dieses Umfangs der durch den BIEM-Vertrag erfolgten Rechtsübertragung bedürfe es keiner Prüfung, ob die öffentliche Schallplatten-Lautsprecher-Aufführung auch unabhängig von dieser Vertragsregelung durch § 22 a LitUrhG gedeckt sei. Es ist der Rev. zuzugeben, daß diese Ausführungen einer rechtlichen Nachprüfung nicht standhalten. Das BerGer. geht selbst davon aus, daß die Kl. nur hinsichtlich des mechanischen Vervielfältigungsrechts ihre Wahrnehmungsrechte auf das BIEM übertragen habe. Wenn nun § 22 a LitUrhG an die freiwillig oder auf Grund der Zwangslizenz des § 22 LitUrhG vom Urheber erteilte Erlaubnis, sein Werk zum Zweck der mechanischen Wiedergabe gewerbsmäßig zu vervielfältigen, das Recht knüpft, den befugterweise hergestellten Tonträger ohne besondere Erlaubnis auch zu öffentlichen Aufführungen zu benutzen, so handelt es sich insoweit nicht um eine vertragliche Überlassung des Aufführungsrechtes, sondern um eine gesetzliche Aufführungsbefugnis, die der deutsche Gesetzgeber im Fall der vertraglichen Einräumung einer anders gearteten Urheberbefugnis — des mechanischen Vervielfältigungsrechtes — f ü r den erlaubterweise hergestellten Tonträger gewährt. Da niemand mehr Rechte übertragen kann, als ihm selbst zustehen, und ein gutgläubiger Erwerb von Urheberrechten nicht möglich ist, war das BIEM als Treuhänder nur der mechanischen Vervielfältigungsrechte überhaupt nicht in der Lage, über das dem Urheber vorbehaltene Aufführungsrecht in weitergehendem Umfang zu verfügen, als die mit dem Vervielfältigungsrecht verbundene gesetzliche Aufführungslizenz des § 22 a LitUrhG reicht . . . Zwar müßte auch diese Gesetzesbestimmung außer Betracht bleiben — jedenfalls soweit es sich bei den Urheberberechtigten um nicht deutsche Verbandsangehörige handelt —, wenn sie mit der Revidierten Berner Ubereinkunft (RBÜ) zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst in der f ü r Deutschland gegenwärtig noch geltenden Rom-Fassung unvereinbar wäre. Da die Rom-Fassung der Berner Übereinkunft durch Ratifikation und Veröffentlichung im RGBl. Bestandteil des deutschen Rechtes geworden ist, kann sich nach deutscher Rechtsauffassung jeder nichtdeutsche Urheber verbandseigener Werke unmittelbar auf ihre Bestimmungen berufen, soweit sie nach Inhalt und Fassung als privatrechtliche Rechtssätze anwendbar sind (RGZ 117, 280 [284]; 124, 204 [206]). Nach der allgemeinen Rechtsregel: „lex posterior derogat legi priori" würde § 22 a LitUrhG, der durch die Novelle vom 22. 5. 1910 in das LitUrhG vom 19. 6. 1901 eingefügt worden ist, durch die Rom-Fassung der Berner Übereinkunft, die seit 21. 10. 1933 in Deutschland Rechtswirksamkeit erlangt hat (RGBl. 1933 II S. 889), insoweit außer Kraft gesetzt sein, als diese innerdeutsche Bestimmung im Widerspruch zu dem Konventionsrecht stände. Dies kann jedoch nicht angenommen werden. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Art. 13 Berner Übereinkunft stimmen in der Rom-Fassung mit der Berliner Fassung vom 13. 11. 1908 überein, die die deutsche Urheberrechtsnov. vom 22. 5. 1910 veranlaßt hat. Durch Abs. 1 des Art. 13
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wird dem Urheber zwar jure conventionis nicht nur die ausschließliche Befugnis zur Übertragung seines Werkes auf mechanische Vorrichtungen, sondern auch zur öffentlichen Wiedergabe mittels dieser Vorrichtungen vorbehalten. Abs. 2 des Art. 13 gestattet es jedoch der inneren Gesetzgebung jedes Landes ausdrücklich, Vorbehalte und Einschränkungen in bezug auf diese Bestimmung festzusetzen. Die Grenzen dieser der Landesgesetzgebung eingeräumten Einschränkungsfreiheit wären durch § 22 a LitUrhG nur dann überschritten, wenn die innerdeutsche Gesetzgebung den Werkschöpfern ein Ausschließlichkeitsrecht zur öffentlichen Aufführung ihrer Werke mittels mechanischer Vorrichtungen im Grundsatz abspräche. Dies ist nicht der Fall. Die ausschließliche Aufführungsbefugnis ist vielmehr dem Urheber nach § 11 I I LitUrhG ganz allgemein vorbehalten worden. Dies gilt auch für die öffentliche Aufführung mit Hilfe von Tonträgern, auf die das W e r k festgelegt ist. Sind diese Tonträger von dem Urheber selbst oder ohne seine Genehmigung von einem Dritten hergestellt, so kann er gegen jede öffentliche Darbietung seines Werkes mittels dieser Schallvorrichtungen auf Grund seines Ausschließlichkeitsrechtes einschreiten. Lediglich in dem — wie noch aufzuzeigen sein wird — eng begrenzten Rahmen des § 22 a LitUrhG ist das Recht zur öffentlichen Aufführung mechanischer Schallvorrichtungen mit der Befugnis zu ihrer gewerbsmäßigen Vervielfältigung derart verbunden worden, daß die Vervielfältigungserlaubnis kraft Gesetzes die Aufführungsbefugnis für die Tonträger nach sich zieht. Daß es sich bei dieser gesetzlichen Aufführungslizenz nur um eine Einschränkung des grundsätzlich dem Werkschöpfer zustehenden Ausschließlichkeitsrechtes handelt, folgt auch daraus, daß nach § 22 a I Satz 2 der Erwerber der ausschließlichen Aufführungsrechte an der Vergütung für die Vergabe des mechanischen Vervielfältigungsrechtes angemessen zu beteiligen ist, eine Bestimmung, die der sachlichen Rechtfertigung entbehren würde, wenn das dem Urheber nach § 11 I I LitUrhG vorbehaltene Aufführungsrecht nicht auch öffentliche mechanische Darbietungen seines Werkes einschlösse. Es ist hiernach davon auszugehen, daß die durch § 22 a LitUrhG gewährte Aufführungsbefugnis durch den Vorbehalt in Abs. 2 des Art. 13 RBÜ gedeckt ist, weil sie das ausschließliche Aufführungsrecht des Urhebers nicht derart in seinem Bestand antastet, daß es seinem grundsätzlichen Gehalt nach als gegenstandslos erscheint, wenn auch ein besonderes Entgelt für die mit der Vervielfältigungserlaubnis gekoppelte Aufführungslizenz gesetzlich nicht vorgesehen i s t . . . " 2 6 8 . Die Verletzungshandlungen und der Umfang der sich daraus ergebenden Ansprüche werden nach dem Rechte des Begehungsortes beurteilt. Über die Frage, ob das verletzte Recht (hier ein Rechtsanspruch aus einem Verlagsvertrag) besteht, entscheidet das Statut, dem es im Falle seiner Existenz unterworfen ist. Über die Rechtsordnung, der ein Verlagsvertrag unterworfen sein soll, entscheidet der Parteiwille. Ist dieser nicht ausdrücklich oder stillschweigend in dem Vertrag erklärt, so ist zu erwägen, welche Rechtsordnung die Parteien bei Überlegung dieser Frage
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vernünftigerweise gewählt hätten. Der Richter hat das anzuwendende fremde Recht selbst zu erforschen, wobei er Erkenntnisquellen jeder Art heranziehen kann. Die revidierte Berner Übereinkunft über den Schutz der Urheberrechte findet in der Bundesrepublik auch gegenüber ehem. feindlichen Staatsangehörigen wieder Anwendung. — EGBGB Art. 12; BGB § 810; ZPO §§ 293, 422; LitUG §§ 8, 54; niederl. BWB Art. 1302; niederl. UrheberG Art. 2. OLG München, Urt. vom 25. 2. 1952 — 6 U 133/51: GRUR 55 (1953) 302. Der Kl. — Verleger in Amsterdam — schloß am 27. 7. 1933 mit dem deutschen Schriftsteller X (Autor), der gerade aus Deutschland emigriert war, einen Verlagsvertrag über einen nach einem bekannten Bühnenstück des Autors zu verfassenden Roman . . . 7. Der Autor verpflichtet sich, den Roman bis spätestens 30. 6. 1934 abzuliefern. Sollte das Buch 18 Monate nach Ablieferung des Manuskripts nicht erschienen sein, so fällt das Urheberrecht an der Orginalausgabe an den Autor zurück. Sollte innerhalb zweier Jahre nach Vergriffensein der letzterschienenen Auflage keine Neuauflage erfolgen, so fällt ebenfalls das Urheberrecht an der Originalausgabe an den Autor zurück. Das Buch erschien fristgemäß in deutscher Sprache mit einer Auflage von 3600 Exemplaren. Der Autor erhielt bis zum Jahre 1935 an Vorschüssen fl. 4729.78. Mit Verlagsvertrag vom 23. 8. 1948 überließ der Autor den Roman dem Bekl. zur Vervielfältigung und zum Vertrieb mit allen Rechten in Deutschland. Ebenfalls im Jahre 1948 verhandelte der Kl. mit dem Y-Verlag in Berlin über die Herausgabe einer Neuauflage des Romans in Deutschland. Der entsprechende Vertrag, der im Entwurf bereits fertiggestellt war, kam jedoch nicht zustande, da der Autor gegenüber dem Y-Verlag in Berlin erklärte, daß der Kl. alle Rechte an dem Werk verloren habe. Der Kl. legte seinerseits bei dem Bekl. gegen die beabsichtigte Veröffentlichung des Romans wiederholt Verwahrung ein. Der Bekl. wies den Protest zurück. Er brachte das Buch im Spätherbst 1949 unter dem gleichen Titel, unter dem es 1934 beim Kl. erschienen war, auf den Markt. Im gleichen Jahre veröffentlichte der Verlag Z in Köln mit Zustimmung des Kl. das Buch unter demselben Titel ebenfalls in Deutschland. Am 31.3. 1950 erwirkte der Kl. bei dem LG München I eine einstweilige Verfügung, in der dem Bekl. die Vervielfältigung und Verbreitung des Romans verboten wurde. Ein Rechtsmittel wurde vom Bekl. gegen den Beschluß nicht eingelegt. Der Kl. erblickt in dem Verhalten des Bekl. eine Verletzung seiner nach wie vor existierenden Urheber- und Verlagsrechte. Er hat Klage erhoben und sich u. a. darauf berufen, daß nach holländischem Recht, das f ü r die Beurteilung der Gültigkeit des Vertrages maßgebend sei, die Auflösung des Vertrages im Streitfall nur durch den Richter zulässig sei. Der Bekl. hat Klageabweisung beantragt. Der Vertrag sei nach deutschem Recht zu beurteilen. Der Vertrag umfasse nicht das Recht auf Veröffentlichung in Deutschland. Der Kl. sei nicht berechtigt gewesen, die
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Verbreitung im W e g e des Lizenzvertrages vorzunehmen, wie dies durch den Y-Verlag geschehen sollte. Der Kl. habe keine ordnungsmäßige W e r bung durchgeführt. Das W e r k sei bereits 1938, mindestens aber 1945, vergriffen gewesen. Die Rechte seien daher nach Z i f f e r 7 des Vertrages spätestens im Jahre 1947 an den Autor zurückgefallen. Unabhängig davon sei der Autor berechtigt gewesen, wegen Nichterfüllung v o m Vertrage zurückzutreten bzw. diesen zu kündigen. I m übrigen sei nach holländischem Recht eine Vereinbarung möglich, wonach eine Partei bei Nichterfüllung ohne Richterspruch von einem Vertrage zurücktreten könne. Z i f f e r 7 des Vertrages vom 27. 7. 1933 sei in diesem Sinne auszulegen. Der Kl. hielt dem entgegen: Der Verlagsvertrag, dessen Bestand nach holländischem Recht zu beurteilen sei, gelte auch f ü r Deutschland. Die erste Auflage sei erst im Jahre 1947 vergriffen gewesen. Der Autor sei bis 1948 nicht auffindbar gewesen. Es wäre seine Pflicht gewesen, sich mit dem Kl. in Verbindung zu setzen. Die Veranstaltung einer Neuauflage unterliege der Beurteilung des Verlegers, die W a h l einer Lizenzausgabe in Deutschland sei angesichts der schwierigen Zeitverhältnisse erforderlich gewesen. Ziffer 7 des Vertrages sei als Optionsrecht des Verlegers auf weitere Auflagen aufzufassen. Da der Zeitpunkt des Vergriffenseins nicht kalendermäßig festgelegt sei, bedürfe es nach holländischem Recht der Inverzugsetzung und der Fristbestimmung. Da alle nach holländischem Recht erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien, sei der Autor nach wie vor an den Vertrag gebunden. Das LG hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Bekl. wurde v o m OLG zurückgewiesen. Aus den Gründen: „ I . Der Kl. stützt seinen Anspruch auf das ihm übertragene Urheberund Verlagsrecht. Er kann sich daher bezüglich des Rechtsschutzes im Bundesgebiet auf Art. 4 R B Ü berufen. Der Inhalt dieser Konvention ist durch die Ratifizierung in Deutschland Bestandteil des innerstaatlichen Rechts geworden. Er ist nicht außer K r a f t getreten, auch wenn man eine Suspendierung der Übereinkunft durch die Kriegsverhältnisse annimmt (vgl. RGZ 85, 376). Außerdem ist die Anwendbarkeit der Berner Übereinkunft im Gebiete der Bundesrepublik durch eine Note der Bundesregierung vom 7. 2. 1950 ausdrücklich anerkannt worden (vgl. G R U R 1950, 412; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, § 11 Anm. I I a ) . Die Rechte des Kl. sind im Bundesgebiet ferner nach § 54 LitUG geschützt. Dabei ist es unerheblich, daß der Rechtsnachfolger ein Ausländer ist (vgl. Runge, Urheberund Verlagsrecht, § 32 S. 402). I I . Zu Unrecht beruft sich der Bekl. mit seinen Einwendungen gegen die Anwendung des niederländischen Rechts auf die Vorschrift des Art. 4 I I der RBÜ. Die Verletzungshandlungen des Bekl. und der Umfang der sich daraus ergebenden Ansprüche des Kl. werden nach dem Rechte des Begehungsortes, hier also nach deutschem Recht, beurteilt (vgl. Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands 2 139 ff.). Über die Frage aber,
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ob das verletzte Recht besteht, entscheidet das Statut, dem es im Falle seiner Existenz unterworfen ist (Wolff aaO 141). Es war daher zu untersuchen, welche Rechtsordnung auf den Vertrag vom 27. 7. 1933 anzuwenden ist. Entscheidend hierfür ist der Parteiwille. Ist dieser nicht ausdrücklich oder stillschweigend in dem Vertrag erklärt, so ist zu erwägen, welche Rechtsordnung die Parteien bei Überlegung dieser Frage vernünftigerweise gewählt hätten (Hypothetischer Parteiwille, vgl. Raape, Internationales Privatrecht 3 [1950] 291 ff.; Wolff aaO 115 ff.; Palandt, BGB 7 , Vorbem. 2a, b vor Art. 12, Vorbem. 6 ff. vor Art. 7 EGBGB; OLG Saarbrücken in SJZ 1950, 8 2 9 \ RGZ 120, 72; 107, 123). Mit zutreffenden Gründen hat der Vorderrichter ausgeführt, daß der aus Deutschland emigrierte Autor, dessen Bücher damals in Deutschland verboten waren, sich keinesfalls dem deutschen Recht unterstellen wollte. Zudem war Amsterdam ausdrücklich als Erfüllungsort vereinbart. Das beiden Parteien unbekannte Recht eines dritten Staates kam nicht in Betracht. Auf den Vertrag ist daher das niederländische Recht anzuwenden. Dies gilt auch bezüglich aller rechtlichen Folgen, die das Vertragsverhältnis mit sich bringt, wie die Einrede der Nichterfüllung usw. (vgl. Palandt aaO, Anm. 4 vor Art. 12 EGBGB). Auch die Frage der Beweislast regelt sich nach dem ausländischen Recht (vgl. Wolff aaO 110). III. Zu Unrecht beruft sich der Bekl., darauf, daß der Autor sein Urheberrecht nicht übertragen konnte und mit dem Vertrag vom 27. 7. 1933 auch nicht übertragen habe. Es ist international anerkannt, daß das Urheberrecht, ein absolutes Recht, mit Wirkung gegen jedermann ganz oder teilweise übertragen werden kann. Wie im § 8 III des deutschen LitUG, so ist in Art. 2 des niederländischen Urhebergesetzes vom 23. 9. 1912 bestimmt, daß das Urheberrecht ganz oder teilweise abtretbar ist. Die in Art. 6 b i s der RBÜ vorbehaltene, aus dem Persönlichkeitsrecht sich ergebende Einschränkung, auf die der Bekl. Bezug nimmt, setzt ja gerade die Übertragung der vermögensrechtlichen Befugnisse voraus (vgl. auch § 9 LitUG und § 12 VerlG). Das Urheberrecht umfaßt insbesondere die Befugnis zur Vervielfältigung und Verbreitung eines Werkes. Daß diese Rechte übertragen werden sollten, ergibt der Wortlaut der Ziff. 1 des Vertrages vom 27. 7. 1933. Das niederländische Recht kennt zwar kein Gesetz über das Verlagsrecht. Der Verlagsvertrag (§ 1 VerlG) ist jedoch nichts anderes als ein Spezialfall der Übertragung der Werknutzungsrechte des Urheberrechts. Gerade das war aber der Zweck des Vertrages vom 27. 7. 1933. Folgerichtig ist daher auch in seiner Ziffer 7 von einem Zurückfallen des Urheberrechts die Rede. Das Urheberrecht sollte dann dem Autor wieder zur Verfügung stehen, wenn innerhalb zweier Jahre nach Vergriffensein der letzterschienenen Auflage keine Neuauflage erfolgte. Schon hieraus ergibt sich zwingend, daß dem Verleger das Recht auf Veranstaltung mehrerer Auflagen eingeräumt war. Der Bekl. macht geltend, der Vertrag habe sich nicht auf Deutschland 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 16.
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erstreckt. Ein Absatz des Buches nach und in Deutschland sei damals den Umständen nach unmöglich und deshalb auch nicht beabsichtigt gewesen. Eine spätere Ausweitung des Vertrages sei nicht zum Gegenstand der Vereinbarung gemacht worden. Dieser Einwand ist unbegründet. Es kann unterstellt werden, daß der Vertrieb des Buches in Deutschland von den Parteien nicht besonders besprochen wurde. Der Vernehmung des von dem Bekl. dafür benannten Zeugen bedurfte es daher nicht. Der Vertrag hat die Vermutung der Vollständigkeit f ü r sich. Eine Begrenzung der Rechtsstellung des Kl. auf bestimmte Länder ist im Vertrage nicht erfolgt. Dem Kl. standen daher alle Absatzgebiete, mochten sie von den Parteien erwogen worden sein oder nicht, offen. Auch das Gebiet des damaligen Deutschlands. Es war nicht ausdrücklich ausgenommen. Es war auch nicht erkennbar, daß der Kl. ein so großes Absatzgebiet f ü r die deutschsprachige Ausgabe nicht in Anspruch nehmen wollte. Auch der Autor konnte das nicht annehmen, und zwar um so weniger, als seine materiellen Interessen, die prozentuale Beteiligung an dem Verkauf des Buches, einen größtmöglichen Absatz im deutschen Sprachgebiet erwünscht machten. Die Einbeziehung des deutschen Gebietes entspricht daher dem Vertragszweck und dem von den Parteien gewollten Umfang des Vertragsgegenstandes (vgl. RGZ 140, 258). IV. Der Bekl. bestreitet, widerrechtlich das Urheberrecht des Kl. zu verletzen. Er beruft sich darauf, daß er vom Autor das Verlagsrecht erworben habe. Er konnte aber die Werknutzungsrechte nur erwerben, wenn sie nach Ziffer 7 des Vertrages oder aus einem sonstigen Grunde an den Autor zurückgefallen waren. Hierfür ist der Bekl. beweispflichtig. Es ist ein allgemein anerkannter Rechtssatz, daß jede Partei die Tatsachen beweisen muß, aus denen sie Rechte ableitet. Wer ein entstandenes Recht leugnet, hat daher die rechtsvernichtenden Umstände zu beweisen (vgl. Baumbach, ZPO 18 , Anh. zu § 282 Bern. 2; Stein-Jonas, ZPO17, § 282 Bern. IV 4). Freilich kann dem Vorderrichter nicht darin beigetreten werden, daß der Bekl. auch zu beweisen habe, nach welchen niederländischen Rechtsnormen diese Rechtsvernichtung eintritt. Nach § 293 ZPO kann der Richter zwar die Unterstützung der Parteien bei Ermittlung des ausländischen Rechtes verlangen. Es sind jedoch nicht die Regeln des Tatsachenbeweises anzuwenden. Die Partei, die den in ihrem Interesse gelegenen Nachweis nicht erbringt, wird nicht beweisfällig. Der Richter hat das Recht selbst zu erforschen. Dabei kann er Erkenntnisquellen jeder Art heranziehen (Freibeweis); vgl. Stein-Jonas aaO § 293 Anm. III,IV 2; Wolff aaO 77; Raape aaO 81 f. Der Bekl. sieht in Ziffer 7 des Vertrages eine auflösende Bedingung, deren Eintritt die Wirkung des Rechtsgeschäfts beendet. Der Kl. führt demgegenüber aus, eine solche automatische Beendigung eines Vertrages durch eine auflösende Bedingung sei dem niederländischen Recht fremd. Nur durch einen Richterspruch könne der Vertrag f ü r aufgelöst erklärt werden. Der Kl. beruft sich dazu auf Art. 1302 des holländischen bürgerlichen Gesetzbuches (Burgerlijk Wetboek). Nach dem von dem Kl. vor-
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gelegten Gutachten lautet diese Bestimmung in deutscher Übersetzung: „In gegenseitigen Verträgen wird stets unterstellt, d a ß eine auflösende Bedingung Platz greift, falls eine der Parteien ihre Pflicht nicht erfüllt. In diesem Falle ist jedoch der Vertrag nicht von Rechts wegen aufgelöst. Vielmehr m u ß eine Lösung durch den Richter beantragt werden. Dieser Antrag ist selbst d a n n erforderlich, w e n n die auflösende Bedingung wegen Nichterfüllung der Vertragsverpflichtung ausdrücklich in dem Vertrag aufgen o m m e n worden ist." Der Bekl. weist dagegen, gestützt auf ein Gutachten des „Nederlandsche Uitgeversbond" vom 16. 3. 1951 darauf hin, d a ß es möglich sei, in einem Vertrag f ü r den Fall der Nichterfüllung ein Rücktrittsrecht zu bedingen, das ohne A n r u f u n g des Gerichts den Vertrag zur Auflösung bringt. Die Frage ist nun, ob die Abmachung in Ziffer 7 des Vertrages nach niederländischem Recht in diesem Sinne auszulegen ist, oder ob der Verzicht auf die richterliche Entscheidung ausdrücklich e r w ä h n t werden m u ß . Der Gutachter sieht in der Ziffer 7 des Vertrages ü b e r h a u p t keine auflösende Bedingung im vorgenannten Sinne. E r ist der Auffassung, d a ß diese Vereinbarung die Rückübertragung des Urheberrechts erleichtern sollte, indem sie eine formlose Rückfallsmöglichkeit gewährte u n d damit die P a r teien von einer umständlichen u n d mit Kosten verbundenen Rückübertragung (Art. 2 des niederländischen Urheberges.) entband. Eine völlige Klärung dieser F r a g e erübrigt sich, da der Senat in Übereinstimmung mit dem Vorderrichter der Auffassung ist, d a ß der Bekl. dem Kl. eine Versäumung der ihm gesetzten Frist nicht nachgewiesen hat. V. Der Kl. hat nach seiner dem Autor erteilten Abrechnung vom 20. 12. 1949 die erste Auflage des W e r k e s wie folgt abgesetzt: . . . Von diesen Angaben ist auszugehen. Zu Unrecht f o r d e r t der Bekl. im Wege des Beweisangebots die Vorlage der Verkaufsunterlagen durch den Kl. Dieser Anspruch steht dem Bekl. nicht zu, auch w e n n die behauptete Abtretung durch den Autor den Tatsachen entsprechen sollte. Es handelt sich nicht u m U r k u n d e n , die im Interesse des Autors errichtet w o r d e n sind (§ 422 ZPO, § 810 BGB). Nicht der Inhalt der Urkunde, sondern i h r Zweck ist dabei maßgebend. Eine Vorlagepflicht bestünde n u r , wenn die U r k u n d e errichtet worden wäre, u m dem Vorlegungssucher als Beweismittel zu dienen (KRGR § 810 BGB Bern. 3 a; RGZ 69, 401). Die Frage, w a n n eine Auflage als vergriffen anzusehen ist, spielt auch im deutschen Verlagsrecht eine wesentliche Rolle. So namentlich f ü r das Rücktrittsrecht des Verfassers, falls der Verleger nicht fristgemäß eine Neuauflage veranstaltet (§ 17 VerlG). Einen ganz ähnlichen Zweck erfüllt die Vereinbarung in Ziffer 7 des Vertrages. Die Frist ist lediglich bereits vor Vergriffensein der Auflage unter gleichzeitiger bedingter Rücktrittse r k l ä r u n g bestimmt worden. Dies ist auch nach deutschem Verlagsrecht möglich ( A l l f e l d , Verlagsgesetz, 2. Aufl., § 17 Anm. 3 u n d 5). Vergriffen ist ein W e r k d a n n , wenn die Nachfrage nicht m e h r laufend befriedigt werden kann, w e n n kein E x e m p l a r des W e r k e s m e h r zur Verfügung steht (vgl. Allfeld aaO § 16 Anm. 3, § 29 Anm. I 2; Runge aaO § 45 Abschn. III
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S. 491, S, 548 Anm. 11). Auch in dem Privatgutachten f ü r den Bekl. wird definiert, daß dieser Zustand eingetreten sei, wenn der Verlag keine verkaufsfähigen Exemplare mehr zur Verfügung habe. Nach niederländischem Recht ist der Begriff nicht anders auszulegen. So setzt der Gutachter des Kl. in dem erwähnten Gutachten „vergriffen" gleich „ausverkauft" und umschreibt „dat boek is uitverkocht" mit „door verkoop van de gehele voorraad niet meer verkrijgbaar, d. h. zufolge Verkaufs des ganzen Vorrates nicht mehr erhältlich". Die niederländische Rechtsauffassung folgt also ebenfalls der im Sprachgebrauch allgemein üblichen Auslegung. Da der Kl. den Rest der Auflage erst im Jahre 1947 veräußerte, war das Buch erst von diesem Jahre ab vergriffen. Voraussetzung ist dabei allerdings, daß der Kl. den Absatz des Buches entsprechend gefördert hat. Dies folgt aus der Verbreitungspflicht des Kl. und aus dem international anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt dafür, daß der Kl. die Werbung vernachlässigte oder gar den Absatz des Buches gegen das Interesse des Verfassers verzögert hat. Im Jahre 1938 erfolgte die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich. Damit war das letzte große deutschsprachige Absatzgebiet f ü r das Buch weggefallen. Hieraus erklärt sich unschwer der starke Rückgang des Absatzes im Jahre 1938. Nach Kriegsende entstand nicht nur in Deutschland, sondern auch in Holland eine Wirtschaftskrise. Die Drosselung des stark angeschwollenen Geldumlaufes führte zu erheblichen wirtschaftlichen Störungen, die sich bei den nicht lebensnotwendigen Gütern in erster Linie auswirkte. Auch in Holland herrschte in diesen Jahren ein so starker Papiermangel, daß sogar die Tageszeitungen nur stark gekürzt erscheinen durften. Infolge dieser schwierigen Verhältnisse konnten die Verleger ihre Druckwerke nur in kleinen Auflagen erscheinen lassen. Für Deutschland, das ja nun als Hauptabsatzgebiet in Frage kam, lagen die Verhältnisse noch ungünstiger. Abgesehen von Devisen- und Lizenzschwierigkeiten war durch die zunehmende Entwertung der Reichsmark die Kaufkraft weiter Kreise der Bevölkerung stark vermindert. Die Geldmittel reichten kaum zur Erhaltung der Existenz aus. Wer sein Einkommen aus normalen Quellen bezog, konnte nicht daran denken, Bücher zu überhöhten Preisen einzukaufen. Von dieser Wirtschaftskrise wurden gerade auch die literarisch interessierten Kreise stark betroffen. Mit Büchern waren daher keine Geschäfte zu machen. Unter diesen Umständen war es dem Kl. nicht zuzumuten, durch besonders starke Reklame den Ausverkauf der ersten Auflage herbeizuführen und eine Neuauflage zu veranstalten. Der Verleger konnte bei sorgsamer Überlegung sehr wohl zu dem Schluß kommen, daß es gerade auch im Interesse des Autors liege, die Stoßkraft einer großen Neuauflage f ü r stabilisierte Wirtschaftsverhältnisse zu bewahren und nicht durch Ausgabe in einer Zeit der Papiernot und Währungkrise zu schwächen. Es ist also nicht so, daß der Kl. die ihm obliegende Treupflicht besser erfüllt hätte, wenn er trotz der voraussehbaren Entwertung der Reichsmark auf dem neuen Absatzmarkt vorzeitig eine große Auflage veranstaltet und damit dem Autor zum größten Teil um die wirt-
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schaftlichen Früchte seiner Arbeit gebracht hätte. W e n n der Autor der Auffassung war, d a ß die erste Auflage schon 1938 vergriffen w a r u n d i h m d a h e r das Urheberrecht mindestens seit 1945 wieder in vollem U m f a n g e zustand, d a n n bleibt es unverständlich, w a r u m er nicht selbst die von dem Kl. versäumte angebliche K o n j u n k t u r nützte u n d das Buch durch einen anderen Verlag schon vor 1948 herausbrachte. E r wartete eben — genau wie der Bekl., der Kl. u n d zahlreiche andere Autoren u n d Verleger — die Stabilisierung der Wirtschaftsverhältnisse ab. Der Autor u n d der Kl. w a r e n an den wirtschaftlichen Erträgnissen der Verwertung des Buches in gleicher Weise interessiert. Es ist nicht ersichtlich, welche Überlegung den Kl. davon hätte abhalten können, bei günstigen Gewinnaussichten den Absatz des Restbestandes zu f ö r d e r n u n d eine neue Auflage auf den Markt zu bringen, zumal der dem Autor gewährte Vorschuß durch den Verkauf der ersten Auflage bei weitem nicht gedeckt w a r . Mit weit m e h r Berechtigung als der Autor k ö n n t e sich der Kl. darauf berufen, daß die i h m gesetzte Frist nach Treu u n d Glauben vor E n d e des J a h r e s 1948 nicht ablaufen konnte, selbst w e n n die erste Auflage schon vor 1946 vergriffen gewesen wäre. Der Kl. hat sich, wie seine Nachforschung nach der Anschrift des Autors in Kalifornien im Juli 1945 beweist, sofort nach Kriegsende bemüht, mit dem Autor wieder in Verbindung zu k o m m e n . E r h a t a m 13. 9. 1945 unter der i h m genannten Anschrift an den Autor in Kalifornien geschrieben. E r gab dabei der H o f f n u n g Ausdruck, d a ß das W e r k ein großer Erfolg werden würde. W e n n auch dieses Schreiben den Autor nach dessen Angabe nicht erreichte, so zeigt es doch, d a ß der Kl. ernstlich entschlossen w a r , die zweite Auflage im E i n v e r n e h m e n mit dem Verfasser bei günstiger Gelegenheit herauszubringen. Der Kl. hat seine Rechte auch nicht dadurch verwirkt, d a ß er sich später nicht m e h r mit dem Autor in Verbindung gesetzt hat. Es mag sein, d a ß es dem Kl., w e n n auch unter Schwierigkeiten, möglich gewesen wäre, den 1947 nach E u r o p a zurückgekehrten Autor ausfindig zu machen. Der Kl. hatte aber hierzu keine Veranlassung. Das W e r k w a r erst seit dem J a h r e 1947 vergriffen, ohne d a ß sich der Kl. ein treuwidriges Verhalten bezüglich der F ö r d e r u n g des Absatzes vorzuwerfen hatte. Die Frist zur Neuauflage lief erst im J a h r e 1949 ab. Die Nachkriegsverhältnisse gaben zu einer beschleunigten Auflage gewiß keinen Anlaß. Der Kl. war vertragstreu u n d wollte es bleiben. Der Ausübung seiner Rechte standen persönliche Hinderungsgründe, wie vielfach bei deutschen Verlegern, nicht entgegen. E r trug die wirtschaftliche Verantwortung u n d das finanzielle Risiko. Weisungen des Autors konnte er nicht erwarten u n d f ü r notwendig erachten. E r hatte das W e r k zur Zeit der Emigration des Autors a n g e n o m m e n u n d großzügig bevorschußt. Mit Fug u n d Recht konnte er a n n e h m e n , d a ß ihm der Autor den n u n offenen deutschen Markt nicht streitig machen werde. Mindestens k o n n t e er erwarten, daß sich der Autor mit ihm in Verbindung setzen würde, w e n n er ihm aus den veränderten Verhältnissen vertragsauflösende Rechte ableiten wollte. Treu u n d Glauben hätten im Gegenteil erfordert, daß der Autor seine f r ü h e r e n Vertragsverhältnisse klärte, bevor
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er die Verlagsrechte aufs neue vergab. Die Parteien hatten für Streitigkeiten aus dem Vertrag die Entscheidung eines Arbiters vereinbart. Hierunter fiel natürlich auch die Frage, ob die Voraussetzung für das Zurückfallen des Urheberrechts gegeben war. Der Autor mußte daher wissen, daß er sich auf Grund einer einseitigen Auffassung gar nicht aus dem Vertrag lösen konnte. Aus dem Dargelegten ergibt sich, daß dem Autor auch kein Rücktrittsoder Kündigungsgrund zur Seite stand. Auf alle Fälle wäre jede Berechtigung hierzu dadurch weggefallen, daß eine neue Auflage von dem KI. vorbereitet wurde. Zudem war der Autor in diesem Zeitpunkt bereits vertragsbrüchig geworden. Vorher hatte er dem Kl. gegenüber keinerlei Erklärung abgegeben (vgl. GRUR 1950, 579). Der Autor kann ein Kündigungsrecht auch nicht darauf stützen, daß der Kl. das Buch in Deutschland im Wege der Lizenz vertreiben wollte. Die Werknutzungsrechte sind ebenso wie das ganze Urheberrecht übertragbar. Gegenteiliges enthält der Vertrag vom 27. 7. 1933 nicht. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt dafür, daß die Übertragung im niederländischen Recht stärker eingeschränkt ist als nach § 28 des deutschen Verlagsgesetzes. Nach dieser Bestimmung hätte aber der Autor die Zustimmung zur Übertragung nicht verweigern können, weil ein wichtiger Grund in der Person des Erwerbers nicht vorlag. Dies hat der Verfasser dadurch selbst bewiesen, daß er mit diesem Verlag später unmittelbar abschloß. VI. 1. Inhalt und Umfang des Schutzes, den der Kl. in Anspruch nehmen kann, richten sich nach deutschem Recht (vgl. Art. 4 R B Ü ) . Die Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes durch den Bekl. war unzulässig (§ 15 LitUG, § 9 II VerlG). Wiederholungsgefahr ist gegeben, da der Bekl. das Recht zur Veröffentlichung weiter für sich in Anspruch nimmt. Der Kl. kann daher Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen verlangen (§§ 12, 862, 1004 B G B ; Allfeld, Vorbem. 2 vor § 36 LitUG; Runge aaO 367 ff., 579). 2. Zutreffend legt der Vorderrichter dar, daß der Bekl. bei der Verletzung der Rechte des Kl. fahrlässig gehandelt hat. Der Bekl. wußte, daß der Kl. das Werk in deutscher Sprache herausgegeben hatte. Die Behauptung des Autors, das deutsche Absatzgebiet sei nicht inbegriffen, mußte ihm daher von vornherein sehr bedenklich erscheinen. Die Frage konnte für den Bekl. nicht sein, ob dieses Gebiet ausdrücklich eingeschlossen worden war, sondern ob es von der Übertragung der Autorenrechte ausgenommen worden war. Auch die weitere Behauptung des Autors, der frühere Verlagsvertrag sei aufgelöst, hätte der Bekl. nachprüfen müssen. Der Bekl. mußte aus Erfahrung wissen, daß Verlagsverträge in der Regel sehr langfristig abgeschlossen werden. Daher hätte er nach den außerordentlichen Beendigungsgründen forschen müssen. Es liegt auf der Hand, daß die einseitige Behauptung des Autors, das Buch sei vergriffen gewesen, er habe von dem Verleger nichts mehr gehört, völlig unzureichend war. Außerdem wurde der Bekl. durch den energischen und wiederholten Protest des Kl. mit aller Deutlichkeit auf die Verletzungsgefahr hingewiesen. Wenn er trotzdem die Verletzungshandlung fortsetzte, so tat er dies auf eigene Gefahr. Der Bekl. ist daher schadensersatzpflichtig (§ 36 LitUG). Da sich der Schaden
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der Höhe nach noch nicht beziffern läßt, ist der Feststellungsanspruch begründet (§ 256 ZPO). 3. Das Begehren nach Rechnungslegung und Auskunftserteilung ist ebenfalls berechtigt (vgl. Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, Kap. 101 Anm. 4 ff.; Runge 372). 4. Der Anspruch auf Vernichtung der zur Vervielfältigung benützten Vorrichtungen stützt sich auf §§ 42, 46 LitUG. Ohne Rechtsirrtum hat ferner der Vorderrichter die Urheberrechtsverletzung auch als unerlaubte Handlung charakterisiert und dem Kl. unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes die Veröffentlichungsbefugnis für den Urteilstenor zugesprochen (vgl. Palandt, § 823 BGB, Bern. 6 d; Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, Kap. 100 Anm. 17). Die Berufung des Bekl. war daher zurückzuweisen."
IX. WARENZEICHENRECHT 2 6 9 . Wer von dem ausländischen Inhaber einer internationalen Marke eine Lizenz für Deutschland erhalten hat, kann keine warenzeichenrechtlichen Unterlassungsansprüche gegen denjenigen geltend machen, der ausländische Orginalware des Markeninhabers in Deutschland vertreibt. Auch ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht in diesem Falle nicht, wenn der Beklagte die Ware aus dem Ausland erworben hat, bevor das Lizenzrecht des Klägers begründet war. Der Aufdruck „Exportation interdite" auf der Verpackung der Auslandsware ist für diese Fragen ohne Bedeutung. — W Z G §§ 8, 15, 24; VO über internat. Registrierung von Handelsmarken vom 9. 11. 1922, § 7; Madrider Abkommen betr. die internationale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarken, Art. 4. OLG Hamburg, Urt. vom 3. 10. 1952 — 5 U 20/52: GRUR 55 (1953) 177. Die internationale Marke „ L e Rouge Baiser" ist seit 1940 in Bern für Paul B. in Paris eingetragen. Er stellt unter dieser Marke Lippenstifte nach einem besonderen Verfahren her. Unter Zwischenschaltung eines Schweizers L. erhielten die klagenden Gesellschaften am 29. 10. 1950 für Deutschland die Lizenz, Lippenstifte nach diesem Verfahren und unter dieser Marke herzustellen und zu vertreiben. Kurz vorher hatte die Bekl. einen größeren Posten der Original-Lippenstifte des B. aus Frankreich eingeführt in der Orginal-Verpackung, die den Aufdruck „Exportation interdite" trägt. Sie verkauften diese Waren auch noch, nachdem die Kl. ihre Lizenz für Deutschland erhalten hatten. Diese erhoben Klage auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz. Das LG gab durch Teilurteil fast allen Klageanträgen statt, das OLG hob auf und wies die Klage in vollem Umfang ab. Aus den Gründen: „Die Eintragung von Marken bei dem Internationalen Büro zum Schutze des gewerblichen Eigentums in Bern beruht auf dem Madrider Abkommen
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vom 14. 4. 1891 betr. die Internationale Registrierung für Fabrik- und Handelsmarken, zuletzt revidiert am 2. 6. 1934 in London. Sowohl Deutschland als auch Frankreich sind dem Abkommen und seinen Revisionen beigetreten. Die Weitergeltung des Abkommens für Deutschland für die Zeit nach dem Kriege ist anerkannt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht 6 715). Art. 4 des Madrider Markenabkommens bestimmt, daß die beim Internationalen Büro vollzogene Registrierung einer Marke diese in jedem der vertragschließenden Länder ebenso schützt, wie wenn sie dort unmittelbar hinterlegt worden wäre. Dementsprechend bestimmt die deutsche Verordnung über die internationale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarken vom 9. 11. 1922 in der Fassung der Anpassungsverordnung vom 6. 12. 1949 in § 7, daß die internationale Registrierung einer ausländischen Marke die gleiche Wirkung hat, wie wenn die Marke für die dabei angegebenen Waren zur Eintragung in die Zeichenrolle angemeldet und eingetragen worden wäre. Der Umfang des Zeichenschutzes bestimmt sich also für Deutschland nach dem deutschen Warenzeichenrecht. Unstreitig ist die Marke „Le Rouge Baiser" seit dem 13. 6. 1940 für Paul B. eingetragen. Ihm allein steht daher nach § 15 WZG das Recht zu, in Deutschland das Zeichen zu verwenden. E r hat den Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch aus 24 WZG gegen jeden anderen, der das Zeichen widerrechtlich verwendet. Eine Übertragung dieser Rechte wäre nach § 8 WZG nur zusammen mit dem Geschäftsbetrieb möglich. Der Erwerber könnte zudem nach § 8 II WZG seine Rechte erst nach Eintragung in die Zeichenrolle geltend machen. Die Kl. behaupten nicht, daß ihnen das Warenzeichenrecht von B. übertragen worden sei. Sie stützten sich lediglich auf die ihnen unter Zwischenschaltung des L. erteilte Lizenz. Angesichts der zwingenden Vorschriften des § 8 WZG ist eine Lizenz mit dinglicher Wirkung nicht möglich (Hans. OLG, GRUR 1952, 246). B. hat also seine Rechtsstellung als Inhaber des Warenzeichens durch die Lizenzerteilung nicht verloren, und die Kl. haben diese Rechtsstellung nicht erworben. Im wesentlichen begründet die Lizenz nur Rechte und Pflichten zwischen den vertragschließenden Parteien. Das Klagerecht des Lizenzgebers kann jedoch dem Lizenznehmer übertragen werden (RG in GRUR 1940, 109). Mit Recht hat das LG eine derartige Übertragung des Klagerechts in Art. 10 des zwischen B. und L. und Art. 11 des zwischen L. und der Kl. zu 1) geschlossenen Vertrages erblickt. An der Aktivlegitimation der Kl. zur Geltendmachung des Rechtes am Zeichen „Le Rouge Baiser" ist daher nicht zu zweifeln. Es ist aber zu beachten, daß sie hier kein eigenes Recht, sondern ein fremdes Recht, nämlich das des B., im eigenen Namen geltend machen. B. ist trotz der Lizenz nach § 1 5 WZG in Deutschland zur Benutzung des Zeichens berechtigt. Die von ihm vorgenommene Warenkennzeichnung ist nicht widerrechtlich im Sinne des § 24 WZG. Wenn die Bekl. Waren, die von dem Berechtigten B. gekennzeichnet
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sind, in Verkehr bringen, so erfüllen sie damit keinen der Tatbestände des § 24 WZG. Dieser verbietet nur das Inverkehrbringen oder Feilhalten „widerrechtlich gekennzeichneter Waren". Hieran scheitert der Unterlassungsanspruch der Kl., soweit er sich auf die Eintragung der internationalen Marke stützt. Das LG hat nicht beachtet, daß § 24 WZG sich lediglich auf widerrechtlich gekennzeichnete Waren bezieht. Eine Ware, die einmal von dem Berechtigten gekennzeichnet worden ist, kann auch bei weiteren Verkäufen, die etwa dem Willen des Berechtigten nicht entsprechen, niemals zu einer widerrechtlich gekennzeichneten Ware werden. Der Aufdruck „Exportation interdite" läßt zwar einen diesbezüglichen Willen des Herstellers erkennen, hat jedoch warenzeichenrechtlich keine Bedeutung. Die Kl. stützen ihren Unterlassungsanspruch ferner auf eigenes Namens-, Firmen und Ausstattungsrecht, auf unerlaubte Handlung und unlauteren Wettbewerb. Das LG hat ihre Ansprüche insoweit nicht überprüft, weil es noch eine Klärung der Prioritätsverhältnisse f ü r erforderlich hielt. Der Klageanspruch ist jedoch auch insoweit unbegründet, ohne daß es einer Beweiserhebung bedarf . . . " (wird ausgeführt). ä i O . Auf Grund der Eintragung in das internationale Markenregister genießt das Warenzeichen einer schweizerischen Firma auf Grund des Madrider Abkommens betr. Fabrik- oder Handelsmarken auch in Deutschland warenzeichenrechtlichen Schutz. — WZG § § 1 1 , 15, 24, 31; Madrider Abkommen betr. Fabrik- und Handelsmarken, Art. 4. OLG Düsseldorf, Urt. vom 12. 6. 1953 — 2 U 243/52: GRUR 55 (1953) 527. Die Kl. ist eine Schweizer Uhrenfabrik. Für die von ihr hergestellten und auch in Deutschland in den Handel gebrachten Uhren verwendet sie — nach ihrer Behauptung schon seit 1917 — die Bezeichnung „Damas". Sie ließ diese Bezeichnung durch die am 30. 12. 1944 unter der Nummer 121106 erfolgte Eintragung im internationalen Markenregister schützen. Der Bekl. betreibt unter der Firma D. & M. einen Uhren- und Goldwarengroßhandel. Die Firma wurde am 2. 5. 1938 als OHG gegründet und nach Kriegsende vom Bekl. als Alleininhaber übernommen. Der Bekl. verwendet f ü r die von ihm vertriebenen Uhren das Zeichen „Dimas". Dieses Zeichen ist aus den Anfangsbuchstaben des Firmennamens D. & M. gebildet . . . Die Kl. erblickt in der Führung des Zeichens Dimas durch den Bekl. eine Verletzung ihrer IR-Marke. Mit der Klage begehrt sie Unterlassung, Einwilligung in die Löschung des angegriffenen Zeichens in der Zeichenrolle, Auskunfterteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht des Bekl. Das LG hat den Bekl. nach dem Klageantrag mit der Einschränkung verurteilt, daß Auskunfterteilung und Schadensersatz erst für die Zeit nach dem 1. 9. 1950 gewährt wurden. Die Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: „Auf Grund der Eintragung in das internationale Markenregister genießt das Klagezeichen gemäß Art. 4 des Madrider Abkommens betreffend Fa-
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brik- oder Handelsmarken, dem sowohl die Schweiz als auch Deutschland beigetreten sind, auch in Deutschland warenzeichenrechtlichen Schutz. Klagegrundlage sind die §§ 11, 15, 24 und 31 WZG. Das Klagezeichen stellt kein schutzunwürdiges bloßes Formalrecht dar; denn die Kl. hat es mit Ausnahme kriegs- und nachkriegsbedingter Unterbrechungen in Deutschland ständig benutzt. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen Damas und Dimas kann nicht in Zweifel gezogen werden; denn zwischen beiden Bezeichnungen besteht bis auf einen Buchstaben vollkommene Übereinstimmung . . . " 271. Der Schutzumfang einer international registrierten Marke richtet sich in Deutschland nach deutschem Recht. — Madrider Abkommen betr. Fabrik- und Handelsmarken Art. 5. LG Hamburg, Urt. vom 15. 5. 1952 — 27 O 277/51: GRUR 55 (1953) 136. „Zu der Frage der sog. „schwachen Zeichen", einem Begriff, der durch die Rechtsprechung des RG geprägt worden, in der Rechtslehre jedoch auf Widerspruch gestoßen war (vgl. Fundstellen bei Benkard in GRUR 1952, 311 Anm. 2), hat inzwischen der BGH in der Gumax-Gumasol-Entscheidung (GRUR 1952, 419 f.) Stellung genommen. Während das RG bei seinem alten Standpunkt, wenn auch eingeschränkt auf gleichartige Waren, verblieben war, wonach es von vornherein Zeichen, deren Schutzumfang geringer zu bemessen sei, gäbe, und bei denen bereits geringe Abweichungen genügten, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, betont der BGH, daß allen eingetragenen Zeichen grundsätzlich der gleiche Schutzumfang zukomme, und daß Abstufungen nur aus der Kennzeichnungskraft eines bestimmten Zeichens, die im Streitfall zu umgrenzen sei, abzuleiten seien. Eine geringe Kennzeichnungskraft könne bereits ursprünglich einem Zeichen anhaften, nämlich dann, wenn bei der Wahl des Zeichens nur ein geringer Abstand zu anderen, bereits bekannten Zeichen gehalten werde, sie könne aber auch nachträglich dadurch entstehen, daß der Zeicheninhaber zugesehen habe, daß andere Zeichen im Verkehr aufgekommen seien, die nur geringen Abstand von seinem Zeichen gehalten hätten. Diese Grundsätze finden auch auf eine international registrierte Marke Anwendung, denn wenn dem Zeichen nicht binnen einem Jahre nach der Anzeige von der Registrierung die Anerkennung durch Erhebung eines refus versagt worden ist (Art. 5 Madrider Abkommen), es also in Deutschland als gültig angesehen wird, so richtet sich sein Schutzumfang nach deutschem Recht, nicht etwa nach dem des Auslandsstaates, in welchem das Zeichen zuerst eingetragen worden ist (Reimer, Anm. 4 II zu 28 Kap. S. 225) . . . "
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I n t e r n . P r i v a t r e c h t 1952 und 1953
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272. Es ist anzunehmen, daß die Zugabeverordnung vom 12. 5. 1933, obwohl sie durch die französisch-saarländische Konvention nicht ausdrücklich aufgehoben ist, im Saarland nicht mehr gilt; denn sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn der französisch-saarländischen Konvention sollte auf dem Gebiet des gesamten gewerblichen Rechtsschutzes Gesetzeseinheit zwischen Frankreich und dem Saarland geschaffen werden. — ZugabeVO vom 12. 5. 1933, § 1; UWG § 1; saarländisches WettbewerbsG vom 29. 1. 1952. LG Saarbrücken, Urt. vom 8. 12. 1952 — 7 Q 59/52: SaarlRuStZ 5 (1953) 15.
XI. WÄHRUNGS- UND DEVISENRECHT Siehe auch Nr. 20, 21, 29, 35—37, 58, 66, 67, 72, 203, 204, 207, 211, 239, 307, 325, 327—330 273. Durch die bloße Angabe des Umrechnungskurses von Dollar zur DM in der Einfuhrlizenz wird dieser Umrechnungskurs nicht in vertraglich bindender Weise festgelegt. Bei einem auf Dollarbasis abgeschlossenen Vertrag ist allein maßgebend das im Zeitpunkt der Zahlung geltende Umrechnungsverhältnis der Heimatwährung des zahlungspflichtigen Schuldners zum Dollar. — BGB § 244. LG Offenburg, 1. ZK, Urt. v. 19. 5. 1953 — I O 10/52: MDR 7 (1953) 482. Die in Paris ansässige Kl. hat der in Baden ansässigen Bekl. 1949 Tafeltrauben auf Dollarbasis geliefert. Bis zum 19. 9. 1949 war der Dollarkurs 3,337 DM, später 4,205 DM. In der Einfuhrlizenz war der Kurs mit 3,337 DM angegeben. Die Parteien streiten über den Umrechungskurs, nachdem ein größerer DM-Betrag nach dem 19. 9. 1949 gezahlt ist. Das LG hat den Kurs des Zahlungstages f ü r maßgebend erklärt. Aus den Gründen: (Zunächst wird ausgeführt, mangels anderweitiger Vereinbarung sei gem ä ß § 244 II BGB, RGZ 101, 312 der Kurs des Zahlungstages maßgebend.) „Eine von der Bestimmung des § 244 II BGB abweichende Vereinbarung ist jedoch zwischen den Parteien nicht getroffen worden. Die Bekl. berufen sich f ü r ihre gegenteilige Auffassung zwar auf die Einfuhrlizenz, in der der Umrechnungskurs auf 1 Dollar = 3,337 DM in f ü r die Parteien verbindlicher Weise festgelegt worden sei. Diese Auffassung ist jedoch nicht zutreffend. Die Einfuhrlizenz selbst bildete keine Vertragsgrundlage, sondern war n u r Voraussetzung f ü r die Durchführung des Vertrages. Sie w u r d e somit nicht Vertragsbestandteil. Überdies erfolgte nach der in dem die gleiche Frage betreffenden Parallel-Verfahren — I O 5/52 — eingeholten Auskunft der Außenhandelsstelle die Aufnahme der Bestimmung des Umrechnungskurses 1 Dollar = 3,337 nicht auf Verlangen der Parteien, son-
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dem formularmäßig in jeder der hier in Betracht kommenden Einfuhrlizenzen. Dies sei nach der Auskunft der Außenhandelsstelle, an der zu zweifeln kein Anlaß bestand, deshalb geschehen, um den Importeuren den damals geltenden Umrechnungskurs bekanntzugeben, da die Importeure sehr häufig einen ungenauen Umrechnungskurs (z. B. 1 Dollar = 3,3 DM) zugrunde gelegt hätten. Die Aufnahme des Umrechnungskurses in die Einfuhrlizenz geschah also nicht deshalb, um den damals geltenden Umrechnungskurs in vertraglich bindender Weise zu sichern. Unter diesen Umständen kann aber dieser angegebene Kurs nicht als von den Parteien vertraglich vereinbarter Zahlungskurs angesehen werden. Hieran wird auch nichts dadurch geändert, daß der Kl. die Importlizenz mitgeteilt wurde, da schon ein auf Festlegung des Zahlungskurses gerichteter Wille bei den Parteien nach obigen Ausführungen gar nicht vorhanden war. Die Angabe des Umrechnungskurses in der Importlizenz kann unter den geschilderten Verhältnissen auch nicht als behördliche Anordnung des Zahlungskurses angesehen werden, dem sich die Parteien zu unterwerfen und unterworfen hatten, da eine solche Anordnung eben nicht getroffen war. Wenn die Bekl. demgegenüber darauf abheben, daß durch die Abwertung gegenüber dem Dollar das Verhältnis der DM zum Franken nicht geändert worden sei und daß demgemäß bei Zugrundelegung des nunmehrigen Zahlungskurses die Kl. einen ungerechtfertigten Gewinn machen würde, so kann dem nicht gefolgt werden. Maßgebend für das Vertragsverhältnis ist in vorliegendem Falle eben nicht das Wertverhältnis, das die beiden Heimatwährungen der Parteien zueinander haben. Die Parteien haben die Verträge auf Dollar-Basis abgeschlossen. Dies geschah offenbar deshalb, weil sie (im Jahre 1949!) dem Wertbestand ihrer Währungen mißtrauten. Das Motiv für den Abschluß auf Dollarbasis kann aber dahingestellt bleiben. Die Kl. hat nämlich bei Abschluß auf ausländische Währung Anspruch auf den Vermögenswert, den sie bei Zahlung in ausländischer Währung (hier: Dollar) erhalten haben würde. „Das ist der Fall, wenn der ihr zugegangene Wert in Mark-Währung hinreicht, um bei sofortigem Zugreifen den ausländischen Währungsbetrag" (in vorliegendem Fall: Dollar) „nach Maßgabe der herrschenden Kurse anzuschaffen" (RGZ 101, 313). Bei einem auf Dollar-Basis abgeschlossenen Vertrag ist also allein maßgebend das im Zeitpunkt der Zahlung geltende Umrechnungsverhältnis der Heimatwährung des zahlungspflichtigen Schuldners zum Dollar. Darauf, ob die Kl. dadurch einen Gewinn erhält (oder bei Aufwertung einen Verlust erleidet) kommt es daher nicht an."
274. Ist eine prämienfreie Lebensversicherung auf Schweizer Franken dem Reich für verfallen erklärt und in RM abgewickelt, so ist Gegenstand der Entziehung nicht der Rückkaufwert der Lebensversicherung in RM, sondern die auf Schweizer Franken lautende Versicherungssumme. — BGB § 249; REG (am. Zone) Art. 89. OLG München, Beschl. vom 1. 9. 1953 — W i 160/53: NJW/RzW 4 (1953) 319. 35 *
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Der Antrst., ein Jude, war u. a. bei der Basler Lebensversicherung, Zweigniederlassung F r a n k f u r t a. M., f ü r den Betrag von 25 000 sfr. lebensversichert. Diese Lebensversicherung wurde nach seiner Auswanderung im Jahre 1934 in eine prämienfreie Versicherung auf 6343 sfr. umgewandelt. Auf Grund der 11. VO zum RBürgG verfiel das Vermögen des Antrst. dem Deutschen Reich. Der Oberfinanzpräsident veranlaßte die Basier Lebensversicherung, die Versicherung abzuwickeln und den auszuzahlenden Betrag zu überweisen; am 17. 7. 1943 führte die Basler Lebensversicherung demgemäß 2963 DM an die Oberfinanzkasse ab. Der Antrst. hat Rückerstattungsansprüche geltend gemacht. Aus den Gründen: „Rechtlich unbedenklich ist die Annahme der Kammer, daß das Reich wegen schwerer Entziehung aus Schadensersatz hafte. Nach § 249 BGB hat es hiernach grundsätzlich den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Schadenersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, wenn also die Entziehung der prämienfreien Versicherung über 6343 sfr. nicht erfolgt wäre. Die Auszahlung von 2963 RM auf Ersuchen des Oberfinanzpräsidenten ist hiernach ohne Einfluß auf den Umfang und die Höhe des Schadensersatzes. In Art. 89 REG ist eine gesetzliche Regelung vorbehalten für die Wiederherstellung erloschener Rechte aus Lebensversicherungsverhältnissen; die Regelung ist noch nicht getroffen. Auch ist eine Regelung der Reichsverbindlichkeiten noch nicht erfolgt. Demgemäß kann, wie im übrigen die Kammer mit Recht annimmt, zunächst nur die grundsätzliche Schadensersatzpflicht des Deutschen Reiches nach Maßgabe des Gesetzes und künftiger gesetzlicher Regelung f ü r die genannte Entziehung festgestellt werden. Gegenstand der Entziehung ist aber nicht der Rückkaufwert der Lebensversicherung mit 2963 RM, sondern die am 1. 7. 1949 fällig gewesene Forderung auf Zahlung von 6343 sfr." 275. Eine von einem Ausländer an einen Inländer abgetretene Fremdwährungsforderung ist dadurch, daß sie gemäß § 244 I BGB nunmehr wahlweise auch durch Zahlung von RM erfüllt werden konnte, nicht zu einer RM-Forderung i. S. des § 13 III UmstG geworden. Sie ist dies auch nicht auf Grund der Devisengesetzgebung geworden. Sie ist vielmehr eine Fremdwährungsforderung geblieben und unterliegt daher nicht den Bestimmungen des UmstG. — BGB § 244; UmstG § 13; 40. DVO zum UmstG § 2; VO Nr. 92 (brit. Zone). OLG Hamburg, Beschl. vom 22. 10. 1953 — 2 W 293/52: NJW 7 (1954) 233. Auf dem Grundstück der Beteiligten zu 1 lastet eine Grundschuld von 148 000 RM. Die Grundschuld ist 1929 zugunsten der C.-Bank in Berlin bestellt worden und hat zur Sicherung einer Darlehensforderung von 32 000 $ einer amerikanischen Firma gegen die Beteiligte zu 1 gedient. 1940 hat die amerikanische Firma die Darlehensforderung mit Genehmigung der Devisenstelle an den Antrst. abgetreten. Zu derselben Zeit ist auch die
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Abtretung der Grundschuld seitens der C.-Bank in Berlin an den Antrst. erfolgt. Der Streit zwischen dem Antrst. und der Beteiligten zu 1 geht um die Umstellung der Grundschuld. Das AG hat entsprechend dem Standpunkt des Antrst. die Umstellung der Grundschuld im Verhältnis 1 : 1 festgestellt. Das LG hat dagegen entsprechend dem Standpunkt der Beteiligten zu 1 die Auffassung vertreten, daß die Grundschuld im Verhältnis 10 : 1 umgestellt sei. Das OLG hat auf die sofortige weitere Beschw. des Antrst. den Beschl. des LG aufgehoben und die Entsch. des AG wiederhergestellt. Aus den Gründen: „Auszugehen ist von § 2 Ziff. 1 der 40. DVO zum UmstG. Danach ist eine Grundschuld im Verhältnis 1 : 1 umzustellen, wenn die durch die Grundschuld gesicherte Forderung nicht den Vorschriften des UmstG unterliegt. Da aber nur RM-Forderungen den Vorschriften des UmstG unterliegen, kommt es f ü r den vorl. Fall entscheidend darauf an, ob die der streitigen Grundschuld zugrunde liegende Darlehensforderung im Zeitpunkt der Währungsreform eine RM-Forderung gewesen ist. RM-Forderungen sind nach § 13 Abs. 3 UmstG einmal Forderungen aus vor dem 30. 6. 1948 begründeten Schuldverhältnissen, die auf RM, Rentenmark oder Goldmark lauten, und zum anderen Forderungen, die nach den vor Inkrafttreten des WährG in Geltung gewesenen Vorschriften in RM zu erfüllen gewesen wären. Da die Darlehensforderung nicht auf RM, Rentenmark oder Goldmark, sondern auf Dollar lautet, kommt nur die zweite Art von Forderungen in Betracht, und es fragt sich, ob die Darlehensforderung eine Forderung ist, die „nach den vor Inkrafttreten des WährG in Geltung gewesenen Vorschriften in RM zu erfüllen gewesen wäre". Die Frage ist zu verneinen. a) Von dem Zeitpunkt der Abtretung an ist die Darlehensforderung nicht mehr in den Vereinigten Staaten, sondern in Deutschland zu erfüllen gewesen, da der Antrst., der nunmehrige Gläubiger der Darlehensforderung, seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Ist die Darlehensforderung aber in Deutschland zu erfüllen gewesen, dann hat die Beteiligte zu 1, sofern keine Effektivklausel vorgelegen hat, d. h. sofern nicht Zahlung in Dollar ausdrücklich bedungen gewesen ist, gemäß § 244 I BGB von dem Zeitpunkt der Abtretung an die Befugnis gehabt, die Darlehensforderung statt in Dollar auch in RM zu erfüllen, und es erhebt sich die Frage, ob eine Fremdwährungsforderung, die gem. § 244 I BGB wahlweise auch in RM erfüllt werden kann, eine Forderung ist, die „nach den vor Inkrafttreten des WährG in Geltung gewesenen Vorschriften in RM zu erfüllen gewesen wäre". Die Frage ist, soweit ersichtlich, bisher noch nicht in der Rspr., sondern nur in der Rechtslehre behandelt worden. Diese aber hat mit einer einzigen Ausnahme die Auffassung vertreten, daß die Frage zu verneinen ist, d. h. daß eine Fremdwährungsforderung mit Ersetzungsbefugnis gem. § 244 I BGB keine Forderung ist, die „nach den vor Inkrafttreten des WährG in Geltung gewesenen Vorschriften in RM zu erfüllen gewesen wäre", und daß sie demgemäß nicht unter § 13 III UmstG fällt (so
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Harmening-Duden, Anm. 31 zu § 13 UmstG, S. 193; Binder-Wetter-Rheinbothe, Anm. 10 zu 13 UmstG, S. 77; Duden, DRZ 1948, 334; a. M. Wünsche, BB 1948, 464). Der erk. Senat schließt sich dieser Auffassung an. Denn es ist zutreffend, daß der Charakter einer Fremdwährungsforderung durch die Befugnis des Schuldners, statt in der vereinbarten auch in der Währung seines eigenen Landes zu zahlen, nicht geändert wird, und daß die Fremdwährungsforderung auch dann, wenn seitens des Schuldners wahlweise in RM erfüllt werden darf, doch immer eine Forderung bleibt, die in fremder Währung zu erfüllen ist. Die auf Zahlung von Dollar lautende Darlehensforderung ist daher auch dann, wenn die Beteiligte zu 1 gem. § 244 I BGB berechtigt gewesen sein sollte, sie vom Zeitpunkt der Abtretung an den Antrst. an auch in RM zu erfüllen, eine Forderung geblieben, die in Dollar zu erfüllen war, und nicht zu einer Forderung geworden, die „nach den vor Inkrafttreten des WährG in Geltung gewesenen Vorschriften in RM zu erfüllen gewesen wäre", und es bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung, ob eine Effektivklausel vorgelegen hat. b) Die Darlehensforderung ist auch auf Grund der Devisengesetzgebung nicht zu einer Forderung geworden, die „nach den vor Inkrafttreten des WährG in Geltung gewesenen Vorschriften in RM zu erfüllen gewesen wäre . . . " (wird ausgeführt). c) Schließlich sind auch weder während des letzten Krieges noch nach dem Zusammenbruch irgendwelche Bestimmungen ergangen, die die Fremdwährungsforderung eines Inländers gegen einen anderen Inländer und damit die Darlehensforderung des Antrst. gegen die Beteiligte zu 1 in eine RM-Forderung verwandelt bzw. zu einer Forderung gemacht hätten, die nicht in Dollar, sondern in RM zu erfüllen war. Insbesondere ist dies nicht durch die VO Nr. 92 (VOBlBrZ 1947, 111) geschehen, da diese VO sich nur auf Forderungen bezogen hat, die auf RM, Rentenmark, Goldmark usw. lauteten, nicht aber auf Fremdwährungsforderungen. Das Ergebnis ist somit, daß die durch die streitige Grundschuld gesicherte Darlehensforderung im Zeitpunkt der Währungsreform keine RM-Forderung gem. § 13 III UmstG gewesen ist und daher nicht den Vorschriften des UmstG unterliegt. Das hat gem. § 2 Ziff. 1 der 40. DVO/UmstG, wie eingangs dargelegt, zur Folge, daß die streitige Grundschuld im Verhältnis 1 : 1 umgestellt ist."
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551 XII. ZIVILPROZESSRECHT Siehe auch Nr. 5, 30, 38, 116, 153, 154, 216, 223
1. Rechtsstellung von Ausländern vor deutschen Gerichten Siehe auch Nr. 26 Armenrecht Siehe auch Nr. 1, 125, 301 2 7 6 . Die Bekanntmachung im BGBl, über die Wiederanwendung deutsch-niederländischer Vorkriegsverträge (darunter auch des Haager Zivilprozeßabkommens) vom 9. 4. 1952 mit Rückwirkung bis 1. 1. 1952 kann dazu führen, daß in anhängigen Verfahren das Armenrecht rückwirkend bewilligt wird; die bis zum 9. i. 1952 ergangenen rechtskräftigen Beschlüsse betr. das Armenrecht können nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung nicht geändert werden. — ZPO §§ 233, 339. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28. 5. 1952 — 11 U 5/52: NJW 5 (1952) 830. Die Ehe der Parteien wurde geschieden. Hiergegen hat der Bekl. Berufung eingelegt und um das Armenrecht f ü r die Berufungsinstanz gebeten. Dieses wurde ihm verweigert, weil er niederländischer Staatsangehöriger ist und die Gegenseitigkeit bei Gewährung des Armenrechts im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und den Niederlanden damals noch nicht gewährleistet war. Durch Versäumnisurteil wurde die Berufung des Bekl. zurückgewiesen, da sein Anwalt f ü r ihn nicht mehr auftrat. Das Urteil wurde am 22. 2. 1952 zugestellt und damit am 8. 3. 1952 rechtskräftig. Schon am 21. 2. 1952 hatte der Bekl. erneut um das Armenrecht mit dem Hinweis gebeten, daß die deutsch-niederländischen Verhandlungen über die Gegenseitigkeit bei Gewährung des Armenrechts im Gange seien. Dies Gesuch wurde am 22. 2. 1952 vom Vorsitzenden des Senats dahin beschieden, daß der Senat mangels Gegenseitigkeit zur Gewährung des Armenrechts nicht imstande sei. Die am 9. 4. 1952 im BGBl. (1952 II S. 435) veröffentlichte Bek. über die Wiederanwendung deutsch-niederländischer Vorkriegsverträge vom 29. 2. 1952 teilt unter Nr. 8 mit, daß durch Notenwechsel vom 31. 1. 1952 mit Wirkung vom 1. 1. 1952 das Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. 7. 1905 nebst Zusatzabkommen im Verhältnis zwischen den Niederlanden und der Bundesrepublik wieder in Kraft gesetzt wurden. Dieses Abkommen enthält die Verbürgung der Gegenseitigkeit bei Gewährung des Armenrechts f ü r die beiderseitigen Staatsangehörigen. Mit der Behauptung, von dieser Bek. soeben erfahren zu haben, bittet der Bekl. am 20. 5. 1952 erneut um das Armenrecht zur Durchführung seiner Berufung. Aus den Gründen: „Das Armenrecht ist zu verweigern. Da das Versäumnisurteil nach Ablauf der Einspruchsfrist gem. § 339 ZPO rechtskräftig geworden ist, hätte die Rechtsfolgerung des Bekl. nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ihm
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gem. § 233 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der genannten Notfrist gewährt werden könnte. Das ist nicht der Fall. Nach herrschender Ansicht ist es zwar möglich, die Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn ein rechtzeitig gestelltes Armenrechtsgesuch auf Grund eines Irrtums des Gerichts zurückgewiesen worden ist und später dann nach Rechtskraft des Urteils der I r r t u m entdeckt wird (RG J W 1895, 518; 1.911, 988; 1930, 3312; Baumbach, Anm. 4 zu § 233 ZPO [Armenrechtsgesuch] ; Stein-Jonas, F u ß n . 53 zu § 233 ZPO). Der Bescheid und der Beschluß, durch die das Armenrecht verweigert wurde, sind jedoch nach dem damaligen Rechtszustand nicht irrtümlich. Nach § 114 III ZPO haben Angehörige fremder Staaten auf das Armenrecht n u r Anspruch, wenn die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Dies war im Verhältnis zu den Niederlanden nach dem Kriege zunächst nicht der Fall, wie aus einem Rundschreiben des Bundesministers f ü r Justiz vom 12. 2. 1951 hervorgeht. Dieser Zustand konnte auf zwei Wegen beendet werden, entweder durch den übereinstimmenden Gerichtsgebrauch beider Staaten oder durch einen Staatsvertrag (vgl. Stein-Jonas, Anm. III 1 zu § 144 ZPO). Der bloße Notenwechsel vom 31. 3. 1952 beseitigte diesen Zustand noch nicht, solange er sich nicht im tatsächlichen Rechtsgebrauch auswirkte, wozu kein Anhaltspunkt vorhanden ist, oder durch Bek. im BGBl, zu einer f ü r den deutschen Richter bindenden Rechtsnorm erhoben wurde. Dies geschah aber erst am 9. I. 1952, also nach Rechtskraft des Urteils. Wenn nun in dem Notenwechsel eine Rückwirkung sogar bis 1. 1. 1952 angeordnet ist, so k a n n dieser Umstand dazu führen, in anhängigen Verfahren n u n m e h r das Armenrecht rückwirkend zu bewilligen, nicht aber dazu, die damals zu Recht ergangenen Beschlüsse als irrtümlich im Sinne der obigen Rspr. und daher als unabwendbaren Zufall im Sinne des § 233 ZPO erscheinen zu lassen. Eine Änderung der Gesetzgebung greift in die Rechtskraft eines Urteils nur dann ein, wenn der Gesetzgeber die Erneuerung des Streites ausdrücklich zuläßt (Baumbach, Anm. 6 A vor § 322 ZPO), was hier nicht der Fall ist. Dieser Grundsatz k a n n auch durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht herbeigeführt werden. W e n n das Verfahren abgeschlossen ist, m u ß es jeder hinnehmen, daß die ihn begünstigende Rechtsänderung f ü r ihn zu spät eingetreten ist." 277. Nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 13 der AHK besteht für die deutschen Gerichte kein Hindernis, die Scheidung der Ehe eines in Deutschland ansässigen Staatenlosen und seiner nach den USA ausgewanderten Frau auszusprechen, auch wenn diese letztere inzwischen die Staatsangehörigkeit einer der Vereinten Nationen erworben hat. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist durch die Staatenlosigkeit des Ehemannes begründet. — ZPO § 606; AHKG Nr. 13. OLG Nürnberg, 1. ZS, Beschl. vom 2. 2. 1950 — 1 W 17/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der Antrst., Staatenloser, begehrt das Armenrecht f ü r eine Scheidungsklage gegen seine Frau, die ihn verlassen hat. Der zulässig mit der Be-
Nr. 278, 279
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schwerde angefochtene Beschluß versagt das Armenrecht mit der Begründung, die Antrg. sei schon 1947 nach USA ausgewandert, und es bedürfe daher der Klarstellung ihrer Staatsangehörigkeit oder einer Erklärung der Antrg., daß sie sich der deutschen Gerichtsbarkeit unterwerfe. Das LG hat die Beschwerde trotz Inkrafttretens des AHKG Nr. 13 ohne Abhilfe dem beschließenden Gericht vorgelegt. Die Beschwerde ist jedoch begründet. Auch wenn die Antrg. inzwischen bereits Angehörige einer der Vereinten Nationen geworden sein sollte, besteht gemäß dem genannten Gesetz Nr. 13 kein Hindernis mehr, daß ein deutsches Gericht entsprechend seiner allgemeinen Zuständigkeit tätig wird. Diese ist gemäß § 606 III ZPO auch gegeben, da der Antrst. staatenlos ist und im Bezirk des LG Regensburg wohnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat auch sachlich Aussicht auf Erfolg. Eine Zurückverweisung zur Entscheidung des LG über die letztere Frage erscheint nicht veranlaßt." 278. Die von der IRO betreuten Personen gelten im Ehescheidungsprozeß als heimatlose Ausländer und haben sowohl hinsichtlich des anzuwendenden Rechts als auch der Bewilligung des Armenrechts die Stellung eines deutschen Staatsangehörigen. — AHKG Nr. 23 Art. 1, 3, 10; Ges. vom 25. 4. 1951 über heimatlose Ausländer. OLG Nürnberg, Beschl. vom 19. 9. 1951 — 1 W 125/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Beschw. gegen den das Armenrecht versagenden Beschl. ist zulässig (ZPO §§ 127, 567 ff.). Sie führt zur Aufhebung des Beschl. und zur Zurückverweisung. Das LG [Regensburg] hat die Bewilligung des Armenrechts zu Unrecht abgelehnt, weil die Staatsangehörigkeit des Antrst. als Rumäne oder Ungar nicht feststehe. Das ist aber ohne Bedeutung. Denn nach seiner Angabe steht der Antrst. unter der Betreuung der IRO. Trifft dies zu, dann gilt er als heimatloser Ausländer und hat sowohl hinsichtlich des anzuwendenden Rechts als auch der Bewilligung des Armenrechts die Stellung eines deutschen Staatsangehörigen (AHKG Nr. 23 Art. 1, 3, 10; Bundesges. vom 25. 4. 1951, § 1 I Buchst, a, § 11; Gutachten des Inst. f. Rechtsvergleichung vom 14. 9. 1951). Das LG wird also zunächst nachzuprüfen haben, ob die Behauptung des Antrst., er stehe unter der Betreuung der IRO, richtig ist. Darnach wird es weiter seine Zuständigkeit und die Voraussetzungen des Armenrechts nach den deutschen Vorschriften (ZPO. § 114 ff.) sowie die Erfolgsaussichten der Klage nach deutschem Recht nachzuprüfen haben." Sicherheitsleistung für Prozeßkosten Siehe auch Nr. 314
S79. Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Belgien richtet sich mit Wirkung vom 1. 9. 1952 die Verpflichtung einer belgischen Prozeßpartei zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten bei einer Klage in der
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Bundesrepublik nach Art. 17 des Haager Zivilprozeßabkommens. Eine solche Verpflichtung besteht danach nicht. Art. 17 des Haager Zivilprozeßabkommens findet auch auf Handelsgesellschaften Anwendung. Die „Staatsangehörigkeit" einer Handelsgesellschaft richtet sich nach ihrem Sitz. — Z P O § § 110 ff., 274; Haager Zivilprozeßabkommen Art. 17. OLG Düsseldorf, Zwischenurt. v o m 8. 1. 1953 — 6 U 3/52. Ungedruckt. Die Kl. betreibt ein Handelsgeschäft in Lüttich (Belgien). Die Bekl. verkaufte der Kl. gemäß Auftragsbestätigung v o m 30. 6. 1950 2000 t Handelsgußbruch Sorte 3 a. Die Bekl. kam ihrer Lieferungsverpflichtung nur mit einer Menge von 685 t nach. Die Kl. beansprucht wegen der nicht gelieferten Menge von 1315 t Schadensersatz. Sie hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 127 000 D M zu verurteilen. Die Bekl. hat in erster Linie die Einrede der mangelnden Sicherheit f ü r die Prozeßkosten erhoben. Sie hat um Abweisung der Klage gebeten. Aus den Gründen: „Die Einrede der Bekl. ist nach § 274 Ziff. 5 Z P O zulässig, aber nicht begründet. Zwar hat die Bekl. die Einrede der mangelnden Sicherheit f ü r die Prozeßkosten rechtzeitig — vor Eintritt in die Verhandlung zur Hauptsache — erhoben. Weiterhin ist sie auch berechtigt, die Einrede geltend zu machen, daß sich im L a u f e des Rechtsstreits ergeben hat, daß die von der Kl. in erster Instanz geleistete Sicherheit nicht ausreicht, sowie ein zur Deckung ausreichender Teil des Anspruchs nicht unbestritten ist. Aber nach der Bekanntmachung über die Wiederanwendung des Haager Zivilprozeßabkommens ( H Z P r A b k . ) v. 17. 7. 1905 (RGBl. 1909 S. 409 ff.) im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Belgien v o m 25. 8. 1952 (BGBl. 1952 I I S. 28) richtet sich mit Wirkung v o m 1. 9. 1952 die Verpflichtung einer belgischen Prozeßpartei zur Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten bei einer Klage in der Bundesrepublik nach Art. 17 H Z P r A b k . Danach darf den Angehörigen eines der Vertragsstaaten, die in einem dieser Staaten ihren Wohnsitz haben und vor den Gerichten eines anderen Staates als Kläger auftreten, wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder mangels eines inländischen Wohnsitzes keine Sicherheitsleistung auferlegt werden. Art. 17 H Z P r A b k . findet auch auf Handelsgesellschaften Anwendung. Das ist zwar in H Z P r A b k . nicht ausdrücklich erwähnt, ergibt sich aber aus der allgemein anerkannten Anwendung der dieselbe Rechtsmaterie behandelnden § § 110 ff. Z P O auf ausländische Handelsgesellschaften (vgl. Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht [1949] 430; Baumbach, ZPO 2 0 , Anm. 2 A zu § 110). Die „Staatsangehörigkeit" richtet sich bei Handelsgesellschaften nach dem Sitz der Gesellschaft. Der Sitz der Kl. ist Lüttich. Somit beruft sich die Kl. mit Recht auf Art. 17 H Z P r A b k . und ist von der Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten befreit. ¡380. Ein italienischer Staatsangehöriger hat als Kl. in der Bundesrepublik Deutschland dem Bekl. auf dessen Verlangen auch nach der Wieder-
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Inkraftsetzung des Haager Zivilprozeßabkommens von 1905 im Verhältnis zwischen Deutschland und Italien wegen der Prozeßkosten Sicherheit zu leisten. In Art. 17 dieses Haager Abkommens ist lediglich niedergelegt, daß den Angehörigen eines der Vertragsstaaten, die vor den Gerichten eines anderen dieser Staaten als Kl. auftreten, keine Sicherheitsleistung wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts auferlegt werden darf. Da Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung eine Sicherheitsleistung wegen der Prozeßkosten durch den Kl. nicht deshalb vorsieht, weil dieser Ausländer ist oder keinen inländischen Wohnort oder Aufenthalt hat, sondern aus anderen Gründen, wird dieser Art. 98 durch Art. 11 des Haager Zivilprozeßabkommens nicht berührt. — ZPO § 110, 113; italienische ZPO Art. 98; Haager Zivilprozeßabkommen von 1905, Art. 17. OLG Nürnberg, 3. ZS Urt. vom 25. 2. 1953 — 3 U 285/1952. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das LG hat zu Recht die Klage gegen den Bekl. P. f ü r zurückgenommen erklärt. Diese Entscheidung stützt sich auf § 113 ZPO. Die KI. hat die ihr vom LG gesetzte Frist, dem Bekl. P. Sicherheit wegen der Prozeßkosten zu leisten, ungenützt verstreichen lassen und auch bis zur Entscheidung selbst diese Sicherheit nicht geleistet, so daß das LG die Klage gegen diesen Bekl. f ü r zurückgenommen erklären mußte. Das LG hat auch zu Recht der Kl. eine Frist gesetzt, innerhalb deren sie dem Bekl. gegenüber Sicherheit zu leisten hatte, §§ 110 I, 112 I und II, 113 Satz 1 ZPO. Der Bekl. P. konnte auf Grund von § 110 I ZPO verlangen, daß die Kl. ihm wegen der Prozeßkosten Sicherheit leistete. Die Kl. ist italienische Staatsangehörige und gehört somit einem fremden Staate an. Von der Verpflichtung zur Leistung der Sicherheit ist sie auch nicht auf Grund von § 110 II ZPO befreit, insbesondere findet § 110 II Ziff. 1 ZPO keine Anwendung. Nach dieser Bestimmung tritt die Verpflichtung zur Leistung der Sicherheit nicht ein, wenn nach den Gesetzen des Staates, dem der Kl. angehört, ein Deutscher im gleichen Falle zur Sicherheitsleistung nicht verpflichtet ist. Nach den Gesetzen des italienischen Staates ist ein Deutscher, der im gleichen Falle als Kl. in Italien auftritt, von einer Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten nicht befreit, wenigstens nicht unbedingt. Wohl kennt das italienische Recht keine dem § 110 der Zivilprozeßordnung entsprechende Bestimmung. Dies bedeutet, daß nach italienischem Recht von einem Ausländer wegen seiner Eigenschaft als Ausländer eine Sicherheitsleistung nicht gefordert werden kann. Dagegen enthält das italienische Recht in Art. 98 des Codice di Procedura Civile vom 28. 10. 1940 die folgende Bestimmung: „Cauzione per le spese. — Il giudice istruttore, il pretore o il conciliatore, su istanza del convenuto, può disporre con ordinanza che l'attore non ammesso al gratuito patrocinio presti cauzione per il rimborso delle spese, quando vi è fondato timore che l'eventuale condanna possa restare ineseguita.
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Se la cauzione non e prestata nel termine stabilito, il processo si estingue". In deutscher Übersetzung: „Kostensicherheit. Der Einzelrichter, der Amtsrichter oder der Schiedsrichter kann auf Antrag des Beklagten durch Beschluß anordnen, daß der Kläger, dem das Armenrecht nicht bewilligt ist, Sicherheit f ü r Ersatz der Kosten zu leisten hat, wenn die Besorgnis begründet erscheint, daß eine mögliche Verurteilung des Klägers hierauf nicht vollstreckt werden kann. Wird die Sicherheit in der festgesetzten Frist nicht geleistet, so gelangt das Verfahren zur Einstellung." Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß der italienische Richter von jedem Kl. ohne Rücksicht darauf, ob er Italiener ist oder nicht, auf Antrag des Bekl. Sicherheitsleistung f ü r Ersatz der Kosten fordern kann, sofern dem Kl. das Armenrecht nicht bewilligt ist und die Besorgnis begründet erscheint, daß eine Verurteilung des Kl. zur Tragung der Kosten nicht vollstreckt werden kann. Es kann demnach in Italien auch von einem deutschen Kläger auf Antrag des Bekl. die Leistung einer Sicherheit f ü r die Prozeßkosten gefordert werden, sofern nur die in dem zitierten Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung angeführten Voraussetzungen vorliegen. Wie das Reichsgericht in einer Entscheidung der Vereinigten Zivilsenate (RGZ 51, 1 ff.) festgestellt hat, ist § 110 II Ziff. 1 ZPO nicht schon dann erfüllt, wenn nach dem Recht des Staates, dem der Kläger angehört, im gleichen Falle von einem Deutschen wegen seiner Eigenschaft als Ausländer Sicherheitsleistung wegen der Prozeßkosten nicht gefordert werden kann, sondern nur dann, wenn auch aus einem anderen Grunde die Leistung einer solchen Sicherheit von einem Deutschen nicht verlangt werden kann. Der Umstand, daß Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung die Leistung einer Prozeßkostensicherheit von einem Kl. nicht deshalb vorsieht, weil dieser Ausländer ist, sondern aus anderen Gründen, ist demzufolge unwesentlich für die Entscheidung der Frage, ob die Ausnahmebestimmung des § 110 II Ziff. 1 ZPO gegeben ist oder nicht. Es ist ferner ohne Bedeutung, daß Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung nicht in allen Fällen, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen dem Richter die Möglichkeit gibt, auch von einem deutschen Kl. auf Antrag des Bekl. eine Sicherheitsleistung f ü r die Prozeßkosten anzuordnen. Das Reichsgericht hat in einer anderen Entscheidung (RGZ 83, 428 ff.) zutreffend ausgesprochen, daß § 110 II Ziff. 1 ZPO nur dann erfüllt ist, wenn der ausländische Staat, dem der Kl. angehört, einem Deutschen volle und unbedingte Freiheit von der Sicherungspflicht gewährt. Dies aber ist im Verhältnis zu Italien nicht der Fall, denn wie sich aus Art. 98 der dort gültigen Zivilprozeßordnung ergibt, kann von einem deutschen Kl. in Italien, wenn auch nicht in allen Fällen, so doch beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, die Leistung einer Sicherheit f ü r die Prozeßkosten gefordert werden. § 110 II Ziff. 1 ZPO ist somit im Verhältnis zu Italien nicht anwendbar. Es muß dabei nicht in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob die Voraussetzungen des Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung vorlägen, wenn der beim deutschen Gericht anhängige Rechtsstreit bei einem
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italienischen Gerichte anhängig wäre, das heißt, es muß nicht in jedem einzelnen Falle geprüft werden, ob der italienische Richter in diesem Falle diesen Art. 98 anwenden würde oder nicht. Ganz abgesehen davon, daß eine solche Prüfung praktisch gar nicht möglich ist, kommt es nicht darauf an, ob nun im einzelnen Falle der in Deutschland klagende Italiener oder dessen deutscher Bekl. wegen Armut oder aus einem anderen Grunde die Besorgnis rechtfertigen, daß bei einer Verurteilung in die Kosten eine Zwangsvollstreckung nicht erfolgreich sein wird. Zum Ausschluß von § 110 II Ziff. 1 ZPO genügt vielmehr, daß in einem entsprechenden Falle überhaupt die Möglichkeit besteht, daß ein Deutscher als Kl. vor einem italienischen Gericht zu einer Prozeßkostensicherheit verpflichtet werden kann. Zwischen Deutschland und Italien bestehen auch keine vertraglichen Abmachungen, aus denen sich ergibt, daß Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung gegenüber deutschen Klägern nicht angewendet wird. Wohl sind sowohl Deutschland wie auch Italien dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. 7.1905 beigetreten (RGBl. 1909 S. 409). Auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien ist dieses Abkommen gemäß Ziff. 3 der Bekanntmachung über die Wiederanwendung deutsch-italienischer Vorkriegsverträge vom 23. 12. 1952 (BGBl. 1952 II S. 986) seit dem 1. 10. 1952 wieder in Kraft. Aber auch die Bestimmungen dieses Haager Abkommens ändern nichts daran, daß ein italienischer Richter auf Grund von Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung auch von einem deutschen Kl. Sicherheitsleistung wegen der Prozeßkosten fordern kann, denn in Art. 17 I des Haager Zivilprozeßabkommens ist lediglich niedergelegt, daß den Angehörigen eines der Vertragsstaaten, die vor den Gerichten eines anderen dieser Staaten als Kl. auftreten, keine Sicherheitsleistung wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts auferlegt werden darf. Aus dieser Bestimmung ergibt sich somit, daß aus einem anderen Grunde als wegen der Eigenschaft als Ausländer sowie des Mangels eines inländischen Wohnsitzes odef Aufenthaltes auch von einem Vertragsstaat sehr wohl die Leistung einer Sicherheit auch von den Angehörigen eines anderen Vertragsstaates gefordert werden darf (vgl. v. Normann, Das internationale Zivilprozeßrecht, Anm. I 2 a zu Art. 17 des Haager Zivilprozeßabkommens). Da Art. 98 der italienischen Zivilprozeßordnung eine Sicherheitsleistung wegen der Prozeßkosten durch den Kl. nicht deshalb vorsieht, weil dieser Ausländer ist oder keinen inländischen Wohnort oder Aufenthalt hat, sondern aus anderen Gründen, wird dieser Art. 98 durch Art. 17 des Haager Zivilprozeßabkommens nicht berührt, so daß trotz der anerkannten Gültigkeit dieses Abkommens ein italienischer Richter von einem deutschen Kl. auf Antrag des Bekl. die Leistung einer Sicherheit wegen der Prozeßkosten fordern kann. Der Senat ist aus den dargelegten Gründen der Ansicht, daß trotz der entgegengesetzten Feststellung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 5. 1. 1953 (JMB1. 1953, 27 f.) sowie der von Altenberg in NJW 1951, 831 und der von Neumayer in JZ 1952, 682 geäußerten Ansicht im
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Verhältnis zu Italien die Voraussetzungen f ü r eine Anwendung des § 110 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO nicht gegeben sind . . . Da es eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik die Voraussetzungen des § 110 II Ziff. 1 ZPO erfüllt sind oder nicht, wird gegen das Urteil auf Grund von § 546 II die Revision zugelassen, soweit es in dem Verfahren gegen den Bekl. P. erging." 281. Eine französische Firma mit dem Sitz in Frankreich ist von der Sicherheitsleistung im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nicht befreit. Die deutsch-französische Erklärung vom 5. 10. 1927 über die Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden und Erledigung von Rechtshilfeersuchen in Zivil- und Handelssachen ist durch den Krieg zumindest als suspendiert anzusehen. — GMG § 8; PatG § 37; deutsch-französische Erklärung vom 5. 10. 1927 über Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden und Erledigung von Rechtshilfeersuchen in Zivil- und Handelssachen. Deutsches Patentamt, Gebrauchsmusterabt., Beschl. vom 24. 4. 1953 — Gm 1 605 298 Lö 1/52: BlfPMZ 55 (1953) 381 mit Anmerkung von Wolf Müller in Mitteilungsblatt 1954, 6. Aus den Gründen: „Die Löschungski. ist eine nach französischem Recht gebildete Gesellschaft mit dem Sitz in . . . (Frankreich). Mit dem Antrag vom . . . begehrt sie die Löschung des Gebrauchsmusters . . . Die Bekl. beantragen, die Durchführung des Verfahrens von einer Sicherheitsleistung durch die Kl. abhängig zu machen. Die Löschungski. hat um Zurückweisung dieses Antrages gebeten, da nicht mit einer Abweisung ihres Löschungsantrages zu rechnen sei. Der Antrag auf Leistung der Sicherheit ist begründet. Gemäß § 8 GMG in Verbindung mit § 37 V hat ein im Ausland wohnender Löschungski. auf Verlangen des Bekl. Sicherheit wegen der Kosten des Verfahrens zu leisten. Befreit von der Sicherheitsleistung sind u. a. die Angehörigen der Staaten, die dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß beigetreten sind und ferner die Angehörigen solcher Staaten, mit denen ein besonderer Vertrag geschlossen wurde, der von der Sicherheitspflicht befreit. Ein solcher Vertrag ist zwar von dem früheren Reich mit Frankreich, dem Sitz der Löschungski., geschlossen worden (vgl. Erklärung vom 5. 10. 1927 [RGBl. II S. 895, S. 1103]). Doch ist dieser Vertrag mit Rücksicht auf die durch den Krieg geschaffene politische Situation in Deutschland nach deutschem Recht zumindest als suspendiert anzusehen (vgl. auch hierzu Baumbach-Lauterbach, ZPO [1952] Einleitung IV S. 13 und Anhang nach § 110 S. 201, ferner die dort zitierte Entscheidung des LG Mannheim in MDR 1950, 685 1 und Bülow, Der Rechtsverkehr mit dem Ausland in Zivilsachen, Bundesanzeiger 1952 Nr. 234). 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 129.
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Bei dieser Rechtslage kann eine Befreiung von der Sicherheitsleistung nicht erfolgen. Das Vorbringen der Löschungski., der Antrag auf Sicherheitsleistung sei deshalb unbegründet, weil nicht mit einer Abweisung ihrer Löschungsklage zu rechnen sei, kann zu keiner anderen Entscheidung führen. Die Erfolgsaussichten der Löschungsklage und der Ausgang des Verfahrens sind bei der Entscheidung über den Antrag auf Sicherheitsleistung nicht zu prüfen . . . " 2 8 2 . Ein Angehöriger der Tschechoslowakei hat als Kl. in der Bundesrepublik Deutschland dem Bekl. auf dessen Verlangen wegen der Prozeßkosten Sicherheit zu leisten. — Z P O § § 110, 112. BGH, Urt. v o m 8. 4. 1953 — I I Z R 166/52: N J W 6 (1953) 863. 2 8 3 . Tschechoslowakische Staatsangehörige haben gemäß §110 ZPO Sicherheit für die Prozeßkosten zu leisten. — Z P O § 110; Haager Zivilprozeßabkommen von 1905. O L G Hamburg, 1. ZS, Urt. v. 10. 7. 1953 — 1 U 56/53: M D R 7 (1953) 684. Aus den Gründen: (Zunächst wird ausgeführt, daß dem Antrag des Bekl. nach § 113 S. 2 Z P O zu entsprechen sei, da der Kl. keine Sicherheit geleistet habe.) „ V o n dieser Verpflichtung wäre der Kl. nach § 110 I I Ziff. 1 Z P O nur befreit, wenn nach den Gesetzen der Tschechoslowakei von einem in der Tschechoslowakei klagenden Deutschen keine Sicherheitsleistung verlangt würde. Das ist aber auch nach § 631 Abs. 2 b des tschechoslowakischen Gesetzes Nr. 142 v o m 25. 10. 1950, betr. das Verfahren in Zivilsachen, nicht der Fall. Diese Bestimmung stellt darauf ab, ob in entspr. Fällen von einem tschechoslowakischen Staatsangehörigen keine Sicherheitsleistung verlangt wird, also auf die tatsächliche Handhabung in dem anderen Staat. Die Praxis der Gerichte der Bundesrepublik sieht aber von einer Kaution nicht ab (BGH, N J W 1953, 864) Eine Befreiung von der Sicherheitsleistung nach dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß oder nach dem deutsch-tschechoslowakischen Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe in bürgerlichen Angelegenheiten v o m 22. 1. 1923 (RGBl. 1923 I I S. 57) kommt nicht in Betracht. Beide Verträge sind wegen des zwischen den Vertragsstaaten bestehenden Kriegszustandes suspendiert {Baumbach-Lauterbach, Einleitung I V ; Stein-JonasSchönke, § 110 Anm. I I ; BGH, N J W 1953, 864). Die Verpflichtung des Kl. zur Sicherheitsleistung entfällt auch nicht nach § 1 1 Ges. üb. die Rechtsstellung heimatloser Ausländer in dem Bundesgebiete v o m 27. 4. 1951. Dieses Gesetz sieht eine Befreiung eines heimatlosen Ausländers nur solange vor, wie sich dieser im Bundesgebiet aufhält. Der Kl. hat es aber inzwischen wieder verlassen." 2 8 4 . Hat das Prozeßgericht auf die Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung aus § 274 II Nr. 5 ZPO gemäß §112 ZPO durch — unanfecht1
Siehe vorige Nummer.
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bares — Zwischenurteil die Sicherheit festgesetzt und hält der Bekl. die festgesetzte Sicherheit für zu gering, so hat er prozessual die Möglichkeit, die Einrede auf § 274 II Nr. 5 erneut zu erheben und im Falle der Verwerfung der Einrede durch ein weiteres, nunmehr anfechtbares Zwischenurteil dagegen Berufung einzulegen. Das Gericht ist bei Festsetzung der Sicherheit nach §112 ZPO nicht genötigt, von vornherein die Kosten aller möglichen Instanzen zugrunde zu legen. Der die Bestimmungen der §§ 110 f f . ZPO tragende Sicherheitsgedanke erfordert es aber im allgemeinen, neben den Kosten der ersten Instanz auch diejenigen Kosten der Berechnung zugrunde zu legen, die durch Einlegung der Berufung seitens einer der Parteien dem Beklagten bereits entstehen können, bevor er im Berufungsverfahren für die weiteren Kosten erneut wirksam die Einrede aus § 274 II Nr. 5 erheben kann. — ZPO §§ 78, 110, 112, 274, 303. OLG Frankfurt, 1. ZS in Kassel, Urteil v. 23. 9. 1952 — 1 U 225/52: JZ 9 (1954) 43 mit Anmerkung von Bernhardt. Die Kl., die ihren Sitz in Hongkong hat, macht u. a. einen Schadensersatzanspruch geltend. Die Bekl. hat sich bisher zur Hauptsache nicht eingelassen. Unter Hinweis auf den ausländischen Sitz der Kl. hat sie die Einrede mangelnder Sicherheit für die Prozeßkosten gemäß § 274 II Nr. 5 ZPO erhoben und die Festsetzung der Sicherheitsleistung f ü r die Kosten von drei Instanzen beantragt. Die Kl. hat Sicherheitsleistung f ü r die 1. Instanz angeboten. Das LG hat durch Zwischenurteil vom 19. 6. 1952 die wegen der Prozeßkosten zu leistende Sicherheit festgesetzt und zu deren Leistung eine Frist gesetzt. Trotzdem hat die Bekl. in der weiteren mündlichen Verhandlung die Einrede der mangelnden Kostensicherheit weiterhin aufrechterhalten. Das LG hat diese weitere Einrede durch das Zwischenurteil vom 10. 7. 1952 verworfen. Die von dem Bekl. dagegen erhobene Berufung hatte Erfolg. Aus den Gründen: „Die Bedenken der Kl. gegen die Zulässigkeit der Berufung können nicht durchgreifen. Bei der angegriffenen Entscheidung handelt es sich um ein selbständig anfechtbares Zwischenurteil. Mit ihm wurde die Einrede der mangelnden Prozeßkostensicherheit verworfen. Das eine solche Einrede verwerfende Urteil ist nach § 275 II ZPO in betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Die Berufung ist aber auch begründet. [1.] Entgegen der Auffassung der Kl. muß das prozessuale Vorgehen der Bekl., die Aufrechterhaltung der Einrede aus § 274 II Nr. 5 ZPO, als zulässig angesehen werden. Zwar ist nach ganz allgemein in Rechtsprechung und Schrifttum vertretener Auffassung die nach § 112 ergehende fest- und fristsetzende Entscheidung, soweit sie in der Gestalt eines Urteils ergeht, ein Zwischenurteil nach § 303 ZPO, das selbständig nicht angefochten werden kann (RG, J W 1926, 373; 1928 1489; Stein-Jonas-Schönke ", Anm. zu § 112 ZPO; Baumbachn, Anm. 1 zu § 112; Rosenberg, Lehrb. des dt. Zivilprozeßrechts 4 , 333). Es kann der um Sicherheit nachsuchenden Partei jedoch dann, wenn sie die festgesetzte Sicherheit f ü r zu gering hält, nicht
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verwehrt werden, trotz Vorliegens einer solchen Entscheidung die Einrede der mangelnden Prozeßkostensicherheit zu dem Zwecke aufrechtzuerhalten, eine Entscheidung nach § 275 II ZPO zu erlangen. Das Gesetz sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, ein selbständig anfechtbares Urteil nach § 275 ZPO für den Fall zu erlassen, daß das Gericht eine Einrede nicht oder nicht mehr für begründet hält. Es erscheint sachdienlich und wünschenswert, dem Bekl. diese Möglichkeit auch dann zu geben, wenn nach seiner Auffassung die festgesetzte Sicherheit der Höhe nach nicht ausreichend ist. Denn die Festsetzung einer zu geringen Sicherheit kann für den Bekl. eine ähnliche Beschwer bedeuten wie die Versagung überhaupt. Auch der Wortlaut des Gesetzes steht dem nicht entgegen (so im Ergebnis auch Stein-Jonas-Schönke, Anm. I zu § 112 ZPO). Dies entspricht auch insofern der Billigkeit, als auf der anderen Seite auch der klagenden Partei der Weg offen steht, durch Nichtbefolgung der Anordnung zur Sicherheitsleistung das Endurteil nach § 113 ZPO herbeizuführen. Durch dieses wird die Klage für zurückgenommen erklärt. Dies Urteil und mit ihm das im Zwischenstreit über die Höhe der zu leistenden Sicherheit ergangene Zwischenurteil ist aber anfechtbar (so auch RG, J W 1928, 1489; SeuffArch. 54, 443; Stein-Jonas-Schönke aaO). Es wäre unbillig, dem Bekl. eine solche Möglichkeit unter Hinweis auf die Unanfechtbarkeit des Zwischenurteils zu verschließen, wo es auf der anderen Seite die klagende Partei in der Hand hat, die Nachprüfung zu erzwingen. Schließlich rechtfertigen auch praktische Erwägungen dieses prozessuale Vorgehen. Denn das Verlangen nach einer höheren Sicherheitsleistung ist ein Begehren, das, soweit es berechtigt ist, sinnvolle Berücksichtigung in der Regel nur am Beginn eines Rechtsstreites erfahren kann. Die erst zusammen mit der Endentscheidung erfolgende Nachprüfung, ob die Sicherheitsleistung in ausreichender Höhe festgesetzt worden ist, würde vielfach verspätet sein und dann den Interessen des Bekl. nicht mehr gerecht werden. [2.] Die erneute Einrede der Bekl. war aber auch sachlich gerechtfertigt. Dem LG ist allerdings darin zuzustimmen, daß kein zwingender Anlaß besteht, bei Festsetzung der Höhe der zu leistenden Sicherheit schon jetzt alle möglichen Instanzen zu berücksichtigen. Es ist zwar mit Recht nie zweifelhaft geworden, daß schon das Gericht des ersten Rechtszuges die wahrscheinlich entstehenden Kosten weiterer Instanzen berücksichtigen kann. Eine andere Frage ist aber, ob das Gericht verpflichtet ist bei der Festsetzung der zu leistenden Sicherheit von vornherein die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich des etwa möglichen Rechtsmittelverfahrens zu berücksichtigen. Diese Auffassung wird allerdings im Schrifttum weitgehend vertreten (so z. B. Rosenberg aaO 333, 334; Baumbach, Anm. 1 B zu § 112 ZPO). Die Vertreter dieser Meinung berufen sich für ihre Ansicht auf die Rechtsprechung des RG, insbesondere auf RGZ 83, 428; 154, 225 ff.; 155, 239 ff. Diese Entscheidungen nötigen aber nach der Auffassung des Senats nicht zu dieser Folgerung. In der Entscheidung RGZ 155, 239 ff., die sich an sich mit einer ganz anderen Frage befaßt, nämlich mit der Frage, wieweit der Beklagte noch in der Revisionsinstanz die Einrede 36
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aus § 274 II Nr. 5 ZPO geltend machen kann, wenn er sie in der Berufungsinstanz bereits fallen gelassen hat, wird zwar u. a. ausgeführt, § 112 II ZPO sei dahin zu verstehen, daß bei Bestimmung der Höhe der Sicherheit alle im Prozeß einschließlich der möglichen Rechtszüge entstandenen und voraussichtlich entstehenden Kosten vom Gericht veranschlagt werden sollen. Die Entscheidung verweist dabei ohne jede weitere Begründung auf RGZ 83, 429 und RGZ 154, 227 ff. Diese besagen aber nichts Entscheidendes f ü r diese Frage. In RGZ 83, 429 heißt es lediglich: „Gewährt er (der Kl.) solche (Sicherheit) nicht, so kann nach deutschem Recht vom Ausländer von vornherein Sicherheit f ü r die Prozeßkosten aller Instanzen verlangt werden, § 112 II ZPO." Der Entscheidung RGZ 154, 227 ff. liegt dagegen eine ganz andere Problematik zugrunde. Unter Aufgabe des noch in RGZ 127, 194 vertretenen Standpunktes wird dort zu § 37 PatG festgestellt, daß der ursprüngliche Kl. auch in der Berufungsinstanz bzw. Revisionsinstanz zur Sicherheitsleistung verpflichtet bleibt, auch wenn er in dieser Instanz dann Berufungbekl. oder Revisionsbekl. sein sollte. Der Grundgedanke dieser Bestimmung sei ebenso wie bei § 85 GKG und §§ 110 ff. ZPO, daß der Angegriffene und nicht der Angreifer geschützt werden solle. Auch wenn der ursprünglich Bekl. im Berufungsverfahren die Rolle eines Berufungski. habe, könne er auch jetzt noch — bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen — Sicherheit vom Berufungsbekl. verlangen. Lediglich zur Begründung dieser Auffassung wird dabei vom RG auf die Vorschriften der §§ 110 ff. ZPO verwiesen und dazu ausgeführt, es sei unzweifelhaft, daß stets nur der Kl. Sicherheit zu leisten habe, und zwar f ü r das gesamte Verfahren einschließlich der möglichen Rechtszüge, ohne Rücksicht auf die nicht voraussehbare prozeßrechtliche Stellung, die er in diesem einnehmen werde. Der Angegriffene, nicht aber der Angreifer, müsse vor den Folgen geschützt werden, die ihm aus der Schwierigkeit der Beitreibung der Kosten erwachsen könnten. — Diese Ausführungen begründen zwar die Sicherheitsleistungspflicht als solche, bestimmen aber nicht, daß das Gericht die Sicherheit bereits im ersten Rechtszug f ü r alle möglichen Instanzen im voraus festsetzen müßte. Die Berufung auf die Rechtsprechung des RG ist danach nicht genügend, insoweit einen Zwang f ü r das Gericht zu begründen. Die Klarstellung, daß die ursprünglich klagende Partei die Position eines „Klägers" i. S. von § 1 1 0 ZPO durch alle Rechtszüge hindurch beibehält, unabhängig davon, ob sie als Berufungsbekl. oder als Revisionsbekl. auftritt, macht es im Gegenteil deutlich, daß aus prozeßrechtlichen Gesichtspunkten keine Notwendigkeit besteht, der beklagten Partei im voraus die Sicherheit in Höhe der Kosten aller möglichen Instanzen zuzusprechen. Auszugehen ist vielmehr von § 112 ZPO. Nach § 112 I ZPO ist die Höhe der zu leistenden Sicherheit nach freiem Ermessen festzusetzen. § 112 II S. 1 ZPO bindet dieses Ermessen nur nach der Richtung, daß diejenigen Prozeßkosten zugrunde zu legen sind, die der Sicherungsberechtigte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Daneben ist das freie Ermessen — auch wenn dies der Gesetzgeber nicht ausdrücklich hervorgehoben hat — an
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Sinn und Zweck der §§ 110 ff. ZPO gebunden. Das ist die Sicherstellung der beklagten inländischen Partei. Es gibt keine Wahrscheinlichkeitsregeln dafür, ob in einem Rechtsstreit weitere Instanzen angerufen werden. Eine tatsächliche Vermutung im Sinne eines Wahrscheinlichkeitssatzes, daß ein Rechtsstreit durch alle Rechtszüge läuft, besteht jedenfalls nicht. Es wäre — wie die E r f a h r u n g zeigt — auch unrichtig. Nur in seltenen Fällen wird die Frage, ob der Rechtsstreit in eine weitere Instanz gehen wird, schon am Beginn eines Rechtsstreites im Sinne einer Wahrscheinlichkeit zu beantworten sein. Umstände, die es im Einzelfall wahrscheinlich machen, daß die Parteien sämtliche Rechtsmittel erschöpfen oder doch wenigstens eine weitere Instanz angehen werden, können z. B. darin zu sehen sein, daß eine Partei glaubhaft vorträgt, daß schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sein würden. [Es wird ausgeführt, daß „wahrscheinlich" i. S. von § 112 II S. 1 ZPO danach im vorliegenden Rechtsstreit n u r die Kosten einer Instanz seien.] Das Gericht ist in seinem freien Ermessen bei der Festsetzung der Sicherheit nicht n u r an die Zugrundelegung der „wahrscheinlich" entstehenden Kosten, sondern auch an den die Bestimmungen der §§ 110 ff. ZPO tragenden Sicherungsgedanken gebunden. Dieser setzt die untere Grenze f ü r die der beklagten inländischen Partei in jedem Falle zu gewährenden Sicherung. Der Zweck der §§ 110 ff. ZPO ist der, die bekl. inländische Partei in jedem Falle gegen das Risiko zu schützen, die ihr durch die Klage entstandenen Kosten auch im Falle des Obsiegens im Ausland beitreiben zu müssen. Dieses Sicherungsbedürfnis nötigt aber dazu, von vornherein die bekl. Partei über die jeweilige Instanz hinaus soweit zu sichern, bis sie in der sich etwa anschließenden Instanz erneut die Einrede der mangelnden Kostensicherheit wirksam erheben kann. Das bedeutet im Ergebnis, daß die Bekl. über die Kosten der ersten Instanz hinaus weiter in Höhe einer Gerichtskostengebühr (Berufungsinstanz) und in Höhe von zwei Rechtsanwaltsgebühren (Berufungsinstanz) zu sichern ist. Denn legt die Bekl. Berufung ein, so hat sie einmal an Gerichtskosten einen Vorschuß in Höhe einer Prozeßgebühr zu leisten und zum anderen werden — da die Einlegung der Berufung durch einen Anwalt zu erfolgen hat (§ 78 ZPO) — eine Prozeß- und eine Verhandlungsgebühr f ü r den Anwalt bereits fällig, bevor eine Entscheidung über die erneut erhobene Einrede der mangelnden Kostensicherheit ergehen kann."
Aussetzung des Verfahrens 285. Die Aussetzung des Verfahrens nach § 247 ZPO liegt im freien Ermessen des Prozeßgerichts. Handelt es sich um ein Ehescheidungsverfahren, in welchem die Beklagte lettische Staatsangehörige ist und sich in Lettland aufhält, so ist die Aussetzung nicht zu begründen, da eine Aussicht auf den Wegfall des derzeit bestehenden Hindernisses, unmittelbar mit 36 *
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dem Prozeßgericht in Verbindung zu treten, in einem solchen Fall nicht gegeben ist. — ZPO § 247. OLG Braunschweig, Beschl. vom 12. 5. 1953 — 2 W 88/53: NdsRpfl. 7 (1953) 200. Aus den Gründen: „Nach § 247 ZPO kann das LG die Aussetzung des Verfahrens bis zur Beseitigung des Hindernisses anordnen, wenn sich eine Partei an einem Ort aufhält, der durch obrigkeitliche Anordnung oder durch Krieg oder durch andere Zufälle von dem Verkehr mit dem Prozeßgericht abgeschnitten ist. Die Bekl. hält sich noch in ihrer lettischen Heimat, die jetzt Bestandteil der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist, auf. Ein Rechtshilfeverkehr zwischen der Bundesrepublik einerseits und Sowjetrußland oder Lettland andererseits ist im Hinblick auf die derzeitigen politischen Verhältnisse nicht möglich. Dieser Zustand ist eine Folge des Krieges und der derzeitigen politischen Verhältnisse, die für die Parteien unvermeidbar eingetreten sind. Gleichwohl ist der Senat in dem vorliegenden Fall nicht der Ansicht, daß die Aussetzung des Rechtsstreits gerechtfertigt ist. Dabei ist davon auszugehen, daß in den Fällen des § 247 ZPO die Aussetzung des Verfahrens erfolgen kann, aber nicht erfolgen muß. Es liegt also im freien Ermessen des Prozeßgerichts, ob es das Verfahren nach § 247 ZPO aussetzen will oder aber dem Verfahren ungeachtet der bestehenden tatsächlichen und politischen Verhältnisse Fortgang geben will. Diese Ermessensentscheidung des Prozeßgerichts kann in der Beschwerdeinstanz nachgeprüft werden. Bei der Frage, ob von der nach § 247 ZPO gegebenen Aussetzungsbefugnis Gebrauch gemacht werden soll, sind die Belange beider Parteien des Rechtsstreits zu berücksichtigen, und zwar einerseits das Interesse des Kl. an der von ihm begehrten Ehescheidung, andererseits das Interesse der Bekl., in dem Verfahren gehört zu werden und ihre Ansichten vertreten zu können. Die Feststellung, daß die Bekl. im Hinblick auf die derzeitigen politischen Verhältnisse nicht die Möglichkeit hat, sich an dem Verfahren zu beteiligen und rechtliches Gehör zu finden, f ü r sich allein reicht also nicht aus, um die Aussetzung zu rechtfertigen. Diesem Interesse muß vielmehr gegenübergestellt werden, das Interesse des Kl. an der Durchführung des Rechtsstreits. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ist entscheidend zu berücksichtigen, daß nach erkennbarem Sinn und Wortlaut des § 247 ZPO die Aussetzung nur f ü r eine beschränkte Zeit, eben bis zur Beseitigung des Hindernisses, erfolgen soll. Es ist also zu prüfen, ob die Aussicht auf den Wegfall des derzeit bestehenden Hindernisses gegeben ist. Diese Frage muß der Senat jedenfalls f ü r den hier vorliegenden Fall verneinen, da es sich bei der Bekl. um eine lettische, vermutlich jetzt russische Staatsangehörige handelt. Diese wird nach den derzeitigen Verhältnissen, deren Änderung insoweit nicht zu erwarten ist, in absehbarer Zeit nicht die Möglichkeit haben, unmittelbar mit dem Prozeßgericht in Verbindung zu treten oder gar das Gebiet Sowjet-
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rußlands zu verlassen, um sich an den Sitz des Prozeßgerichts zu begeben. Der hier zur Entscheidung stehende Fall liegt also wesentlich anders als der, in dem es sich um deutsche Staatsangehörige in den Gebieten ostwärts der Oder-Neiße-Linie oder um deutsche Staatsangehörige, die als Kriegsoder Zivilgefangene in das Gebiet Sowjetrußlands verschleppt worden sind, handelt. Bei diesen deutschen Staatsangehörigen muß trotz der bestehenden augenblicklichen Lage damit gerechnet werden, daß in absehbarer Zeit eine Rückkehr dieser Personen oder doch jedenfalls die Aufnahme schriftlicher Verbindung mit ihnen möglich sein wird. Dies gilt aber nicht f ü r Personen, die die lettische Staatsangehörigkeit haben und sich nunmehr nach der Besetzung Lettlands durch Sowjetrußland noch dort aufhalten. Der Senat kann sonach dem Beschluß des OLG München vom 8. 2. 1952 (Deutsche Rechtspr. IV 412 Bl. 42 c) f ü r den Fall nicht folgen, daß es sich um Personen handelt, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Die übrigen in dieser Entscheidung angeführten Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte stammen, soweit sie der gleichen Anschauung sind wie das OLG München, aus den Jahren unmittelbar nach dem Zusammenbruch, in denen die weitere Entwicklung noch weniger zu übersehen war als jetzt. Nach allem sieht der Senat in dem vorliegenden Fall die Aussetzung des Rechtsstreits bis zum 2. 1. 1955 als nicht gerechtfertigt an, weil sie auf eine Versagung des Rechtsschutzbegehrens des Kl. hinauslaufen würde.
2. Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte Gerichtsbarkeit über fremde Staaten 2 8 6 . Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich nicht auf Personen, die nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind. Hierzu gehören die ausländischen Staaten. Für die aus anwaltlichen Diensten stammenden Ansprüche einer Privatperson, soweit diese Dienste im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben des Dänischen Verteidigungsministeriums stehen, sind die deutschen Gerichte nicht zuständig. — GVG §§ 18, 20; ZPO § 274. OLG Hamburg, 1. ZS, Beschl. vom 11. 11. 1952 — 1 W 218/52: MDR 7 (1953) 109. Aus den Gründen: „Durch die angefochtene Verfügung ist die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung und damit auch die vom Kl. beantragte diplomatische Zustellung der Klagschrift mit der Begründung abgelehnt worden, daß das Königreich Dänemark nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt. Die hiergegen vom Kl. erhobene Beschwerde ist nach § 567 I ZPO zulässig — vgl. Stein-Jonas Anm. II Ziff. 5 zu § 216 ZPO —, sie ist jedoch nicht begründet. Abgesehen von dem hier nicht in Frage kommenden Ausnahmefall des
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§ 20 GVG erstreckt die deutsche Gerichtsbarkeit sich nach § 18 GVG nicht auf Personen, die nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind. Hierzu gehören die ausländischen Staaten. — So die herrschende Rechtsprechung, z. B. RGZ 103, 274. Ebenso Baumbach 20, Anm. 1 zu § 18 GVG; Stein-Jonas Vorbem. V Ziff. 3 vor § 1 ZPO; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts 4 60. — Die höchstrichterliche Rechtsprechung, welche Exemtion der ausländischen Staaten annimmt, wird allerdings in der Literatur vielfach angegriffen. Diese Angriffe betreffen jedoch vor allem die Frage der Verfolgbarkeit von Ansprüchen, die mit einem auf Gewinn gerichteten Wirtschaftsunternehmen des betreffenden Staates zusammenhängen. Die vom Kl. behaupteten Ansprüche stammen dagegen zwar aus einer nach Privatrecht zu beurteilenden Inanspruchnahme anwaltlicher Dienste, stehen aber im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben des Dänischen Verteidigungsministeriums. Es handelt sich also um ein Gebiet, auf dem ein Tätigwerden fremder Gerichte dem Königreich Dänemark nicht zugemutet werden kann. — Vgl. hierzu die an sich gegen eine zu weitgehende Freistellung ausländischer Staaten gerichteten Ausführungen von Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht [1949] 399 ff.—. Nun wird allerdings die Ansicht vertreten, daß die Erstreckung der deutschen Gerichtsbarkeit auf den Bekl. eine Prozeßvoraussetzung sei, deren Fehlen nicht die Verweigerung der Terminsanberaumung rechtfertigt, sondern lediglich im Falle der Geltendmachung durch den Bekl. nach §§ 274 ff. ZPO zu behandeln ist. — So Baumbach, Einführung zu §§ 274 ff., Anm. 1 A, unter Berufung auf RGZ 157, 393. Bei der in RGZ 157, 389 ff. wiedergegebenen Entscheidung handelt es sich jedoch nicht um einen gleichliegenden Fall. Dort war nicht ein ausländischer Staat in Anspruch genommen, sondern eine unter der Kontrolle eines ausländischen Staates stehende Aktiengesellschaft, der der betreffende Staat ein Schiff überlassen hatte. Außerdem lag bereits ein in der Berufungsinstanz bestätigtes Zwischenurteil vor, durch daß die Einrede der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit verworfen war. Tatsächlich würde es dem Sinn der Freistellung souveräner Staaten von fremder Gerichtsbarkeit zuwiderlaufen, wenn diese Staaten zur Vermeidung von Rechtsnachteilen gezwungen wären, sich vor Gerichten anderer Staaten vertreten zu lassen, um die Exemtion geltend zu machen. Der Senat tritt deshalb der von Rosenberg 61 näher ausgeführten Ansicht bei, wonach die Unterworfenheit des Bekl. unter die deutsche Gerichtsbarkeit nicht nur Prozeßvoraussetzung ist, sondern Wirksamkeitsvoraussetzung aller gegen ihn gerichteten Handlungen des Gerichts, und infolgedessen im Falle der Exemtion eine Terminanberaumung nicht zulässig ist. — Ebenso SteinJonas, Anm. II 3 zu § 216 ZPO; Lent, Zivilprozeßrecht 4 13 unter Ziffer 2." 387. Ein fremder Staat kann als Träger öffentlich-rechtlicher Rechte und Pflichten nicht bei ausländischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden in Anspruch genommen werden. Auch für die Ansprüche, deren Grundlage das Privatrecht bildet, gilt seine Exterritorialität. Ein fremder Staat
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kann nicht ohne ausdrückliche Zustimmung seines zur Vertretung nach außen hin zuständigen Zentralorgans von einer deutschen WB in Anspruch genommen werden. — GG Art. 25; GVG §§ 18, 20; REG (brit. Zone) Art. 11, 12. WK Hamburg, Entsch. vom 28. 9. 1951 — 1 Wik 573/51: NJW/RzW -1 (1953) 177. Aus den Gründen: „Die Vereinigten Staaten von Mexiko haben durch einen im Einzelfall mit ämtlicher Vollmacht versehenen Vertreter zur Niederschrift eines deutschen Notars einen Kaufvertrag abgeschlossen, die Auflassung entgegengenommen und die Umschreibung bei dem deutschen AG als Grundbuchamt herbeigeführt. Diese Inanspruchnahme der deutschen Rechtsund Verfahrensordnung zum Zwecke des Erwerbes eines in Deutschland belegenen Grundstücks unterstellt jedoch das Rechtsgeschäft und seine Folgewirkungen nicht der deutschen Gesetzgebungsgewalt, so daß Ansprüche auf Beseitigung der Folgen des Kaufvertrages bei deutschen Gerichten gegen den Antrg. als Grundstückserwerber nicht geltend gemacht werden können. Als souveräner und unabhängiger Staat unterstehen die Vereinigten Staaten von Mexiko nicht der deutschen Rechtsordnung, sondern allein derjenigen des Völkerrechts. Die Geltung des MRG Nr. 59 f ü r das Rechtsgeschäft, das im Namen des Antrg. und mit Wirkung f ü r und gegen ihn abgeschlossen worden ist, kann daher nicht beansprucht werden. Art. 25 GG bestimmt: „Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar f ü r die Bewohner des Bundesgebietes." Eine gleichartige Vorschrift hatte bereits die WeimRV enthalten. Die Unterwerfung eines fremden Staates unter ein Gesetz, das auf der außergewöhnlichen Lage beruht, in welcher ein Teil der deutschen Bürger durch gesetzgeberische Maßnahmen und ihre Handhabung durch die zuständigen Behörden während der Dauer der Herrschaft des Nationalsozialismus geraten war, enthielt eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Staaten untereinander, welche die Deutsche Bundesrepublik nach der politischen und militärischen Niederlage des Jahres 1945 noch nicht in vollem Umfange f ü r sich in Anspruch nehmen kann. Auch die Besatzungsmächte können nach Grundsätzen des Völkerrechts, welche die engl, und amerik. Praxis gelten läßt, keine Gesetzgebungsgewalt über ausländische Staaten in Anspruch nehmen. Aus diesem Grundsatz der Immunität des Auslandsstaates folgt, daß die Inanspruchnahme des Antrg. vor einer deutschen WB auf Rückgewähr von Privateigentum unzulässig ist. Der fremde Staat als Rechtssubjekt ist außerhalb seiner Grenzen exterritorial und untersteht deshalb nicht der Rechtsordnung eines anderen Staates. Dieser Grundsatz gilt nicht nur f ü r das materielle Recht, sondern insbesondere f ü r gerichtliche Verfahren, die gegen einen fremden Staat anhängig gemacht werden. Der fremde Staat
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kann als Träger öffentlich-rechtlicher Rechte und Pflichten nicht bei ausländischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden in Anspruch genommen werden. Auch f ü r die Ansprüche, deren Grundlage das Privatrecht bildet, gilt seine Exterritorialität. Daher ist die Einleitung und die Durchführung eines Verfahrens bei dem Gericht eines ausländischen Staates und die Vorladung zu einer Verhandlung vor einem solchen unzulässig, falls keine freiwillige Unterwerfung unter die „fremde Gerichtsbarkeit" erfolgt. Eine Erklärung dieses Inhaltes ist in dem anhängigen Verfahren nicht abgegeben worden; die deutschen WB können auf eine solche nicht hinwirken. Diese absolute Immunität, die den Trägern der deutschen Gerichtsbarkeit die Entscheidung über Ansprüche jeder Art gegen einen Auslandsstaat entzieht (par in parem non habet judicium), hat zur Folge, daß der Antrg. weder der Gesetzgebung noch der Rspr. noch der Verwaltung deutscher Behörden innerhalb des Gebietes der Bundesrepublik unterworfen ist, und zwar auch, soweit es sich um die Anwendung von gesetzlichen Vorschriften der Besatzungsmacht handelt. Aus den Grundsätzen der Gleichberechtigung der Staaten folgt die Unzulässigkeit der Ausübung irgendeiner Gerichtsbarkeit, von einem freiwilligen Zugeständnis abgesehen (vgl. dazu von Lizt, Völkerrecht 1 1 [1918] 58 f., 65 f.; Verdross, Völkerrecht 2 [1950] 202 und 261; Guggenheim, Lehrbuch des Völkerrechts [1948] 171, 172). Die unabweisbaren Folgerungen aus der Rechtsordnung des Völkerrechts können nach der besonderen Lage des Einzelfalles keine Einschränkung erleiden. § 20 GVG nimmt von der in § 18 bestimmten Immunität bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus, für die ein ausschließlicher, dinglicher Gerichtsstand bestimmt ist. Die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit Art. 25 GG kann Bedenken begegnen, von deren Erörterung im einzelnen abgesehen werden kann. Denn die Zweckbestimmung, welche der Antrg. dem aus dem Vermögen des Erblassers erworbenen Grundstück gegeben hat, nämlich seine Widmung f ü r den Geschäftsbetrieb des mexikanischen Konsulats in der Hansestadt Hamburg, enthält die Vornahme eines Staatshoheitsaktes auf fremdem Staatsgebiet zwecks Wahrnehmung staatlicher Belange in Deutschland, die nach der Übung aller Staaten und nach den Grundsätzen des Völkerrechts zulässig war. Eine solche Handlung kraft jure imperii kann von dem Staat, der dem Konsul eines Auslandsstaates gestattet zu amtieren, nicht behindert werden. Für den Fortbestand dieses Vorrechts ist es unerheblich, daß zur Zeit ein mexikanischer Konsul in Hamburg nicht amtiert und daß durch Luftkriegsfolgen das Grundstück zur Zeit unbenutzbar geworden ist. Denn die WB haben keine Befugnis dazu, die Entschließung über die künftige Verwendung des Grundstücks zu behindern und ein etwaiges Vorhaben eines Wiederaufbaus eines Konsulatsgebäudes zu vereiteln. Diese Exemption von den Entscheidungen kann der Antrg. wegen der Unverletzlichkeit der Ausübung seiner Hoheitsrechte auch ohne besondere Vereinbarungen in Staatsverträgen beanspruchen. Eine gegenteilige Entscheidung würde einen Verstoß gegen den Grundsatz non impediatur beinhalten, der rechtlich unzulässig ist. Der Antrg. kann daher auch auf Grund der Vorschriften des § 24 ZPO nicht auf Hergabe des Grundstücks belangt werden, und zwar weder
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auf Zulassung der Änderung der Grundbucheintragung noch wegen des körperlichen Besitzes im Sinne von §§ 854 ff. des BGB. Die Antrst. können darauf verwiesen werden, daß die Vorschrift des Art. 12 MRG Nr. 59, welche einer Rückerstattungsanordnung die Wirkung beilegt, daß der Verlust des Rechtsvorgängers als nicht erfolgt gilt, eine gesetzliche Fiktion enthält, deren Rückwirkung nur mit ganz erheblichen Einschränkungen verwirklicht werden kann. Nach der feststehenden Rspr. des OLG Hamburg und anderer WG-Gerichte entstehen Ansprüche aus dem REG erst durch eine rechtsgestaltende Entscheidung der WK oder einen Vergleich der Beteiligten. Die Antrst. können daher nicht geltend machen, daß ein fortbestehendes Grundeigentum ihres Rechtsvorgängers unmittelbar auf sie übergegangen sei. Die wenigen, in der Entwicklung von Länder- und Staatspraxis sich ständig einschränkenden Möglichkeiten, einen Fremdstaat bei einem ausländischen Staat wegen Gestaltung von Rechtsverhältnissen in Anspruch zu nehmen, können daher f ü r den erhobenen Anspruch nicht in Frage kommen. Die Vereinigten Staaten von Mexiko können nicht ohne ausdrückliche Zustimmung eines zur Vertretung nach außen hin zuständigen Zentralorgans von einer deutschen WB zur Erörterung einer Maßnahme herangezogen werden, welche die Behinderung einer öffentlich-rechtlichen Entschließung des mexikanischen Staates darstellt." 288. Ausländische Staaten sind grundsätzlich der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen. Erklärungen eines ausländischen Staates, aus denen eine Unterwerfung unter die inländische Gerichtsbarkeit hergeleitet werden soll, sind eng auszulegen. — GVG § 18; saarländisch-französisches Abkommen vom 3. 1. 1948 über die Organisation des Justizwesens in Saarland, Art. 11. OLG Saarbrücken, Beschl. vom 9. 12. 1953 — 3 W 62/53: SaarlRStZ 6 (1954) 41. Die Antrst. wurde durch einen der französischen Republik, der Antrg. zu 1), gehörenden Kraftwagen, der von dem Bekl. zu 2) gelenkt wurde, verletzt. Der Bekl. zu 2), der die saarländische Staatsangehörigkeit besitzt, steht im Dienst der Antrg. zu 1). Nach Durchführung eines Rechtsstreits gegen den Bekl. zu 2) begehrt die Antrst. Bewilligung des Armenrechts zur Durchführung eines Rechtsstreits gegen die Antrg. zu 1). Das LG hat das Armenrecht mit Beschluß vom 7. 4. 1953 verweigert. Im Verfahren hatte die Antrg. zu 1) unter dem 10. 6. 1950 folgende Erklärung abgegeben: „J'ai l'honneur de vous informer, en réponse à votre lettre du 22 juin 1950 — III S — que le Gouvernement de la République Française, représenté en Sarre par le Haut-Commissaire de la République Française se déclare civilement responsable des actes de son préposé et reconnaît la compétence territoriale du Tribunal Civil de Sarrebruck dans l'instance W-S". Die Antrst. ist der Ansicht, die Antrg. zu 1) habe sich mit dieser Erklärung der saarländischen Gerichtsbarkeit unterworfen.
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Die Antrg. führt aus, sie selbst habe sich nicht der saarländischen Gerichtsbarkeit unterworfen, sondern sie habe diese Erklärung nur hinsichtlich des Bekl. zu 2) abgegeben; soweit in dem erwähnten Schreiben eine Unterwerfung erblickt werden sollte, widerrufe sie diese. Außerdem sei die Unterwerfung bedeutungslos, da durch die Justizkonvention die ausschließliche Zuständigkeit des Conseil d'Etat in Paris völkerrechtlich vereinbart sei. Das LG hat in dem Schreiben vom 10. 6. 1950 keine Unterwerfung der Antrg. unter die saarländische Gerichtsbarkeit gesehen. Dazu führt das LG aus: Wie der Wortlaut des Schreibens ergibt, bezieht sich die Unterwerfung nur auf die „instance W-S". Daraus, daß ausdrücklich nur der Bekl. zu 2) genannt ist, ist zu entnehmen, daß die Antrg. zu 1) nicht daran dachte, sich selbst der saarländischen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen. Dadurch wurde die Erklärung durchaus nicht sinnlos. Wenn es auch nach saarländischem Recht einer solchen Unterwerfung hinsichtlich des Bekl. zu 2) nicht bedurft hätte, da dieser als Saarländer den saarländischen Gesetzen unterliegt und somit ohnehin der saarländischen Gerichtsbarkeit untersteht, hatte doch die Unterwerfungserklärung nach den französischen Rechtsbestimmungen, die naturgemäß von der Antrg. zu 1) und dem sie vertretenden Hohen Kommissariat ihrer Entschließung zugrundegelegt wurden, Bedeutung. Nach dem französischen Recht bestand nämlich f ü r die Klage gegen den Bekl. zu 2) als einen im öffentlichen Dienst der Antrg. zu 1) stehenden Kraftfahrer die Zuständigkeit der französischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit es sich um eine Dienstfahrt handelte; die Ansicht aber, daß es sich um eine Dienstfahrt gehandelt habe, vertrat die Antrg. zu 1) im gesamten Verlauf des Prozesses. Für die Antrg. zu 1) bestand also nach ihren Gesetzen durchaus die Notwendigkeit, eine Unterwerfungserklärung hinsichtlich des Bekl. zu 2) abzugeben, wenn sie nicht den Conseil d'Etat mit diesem Rechtsstreit befassen wollte. In diesem Lichte betrachtet ergibt sich eindeutig, daß die Worte „dans l'instance W-S" von der Antrg. bedachtsam gewählt waren, da eine Unterwerfung nur hinsichtlich des Bekl. zu 2) beabsichtigt war. Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Gerichtsbarkeit in bezug auf die Antrg. selbst muß es deshalb mangels einer Unterwerfungserklärung bei der in Artikel 11, Satz 4, der Justizkonvention getroffenen Regelung verbleiben, wonach der Conseil d'Etat in erster und letzter Instanz zuständig ist. Diese Bestimmung betrifft nicht etwa nur Verwaltungsstreitigkeiten, sondern entsprechend der eindeutigen französischen Theorie und Praxis und auch schon nach dem Wortlaut der Bestimmung jeden Ersatzanspruch gegen die französische Verwaltung. Hinsichtlich der Antrg. zu 1) ist somit keine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung gemäß § 38 ZPO getroffen worden, so daß es dahingestellt bleiben kann, ob eine solche Vereinbarung im Hinblick auf die Regelung des Artikels 11, Satz 3 der Konvention und Absatz 2 des § 40 ZPO überhaupt zulässig ist. Auch im Sinne von § 39 ZPO liegt keine stillschweigende Vereinbarung
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vor, da hinsichtlich der Antrg. zu 1) ausweislich der Sitzungsprotokolle niemals verhandelt worden ist, sondern die Verhandlungen sich lediglich auf den Bekl. zu 2) beschränkten. Die von der KI. beabsichtigte Klage bietet demnach nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 144 ZPO). Ob — wenn eine Unterwerfungserklärung hinsichtlich der Antrg. zu 1) vorläge — diese eine unwiderrufliche und unanfechtbare Prozeßhandlung darstellt, kann dahingestellt bleiben. Eine Entscheidung dieser Frage erübrigte sich auch schon deshalb, weil sich aus dem Widerruf einer etwaigen Unterwerfungserklärung (hier) Folgen ergäben, die einer Armenrechtsgewährung im Wege stünden. Nach § 114 ZPO ist auch zu prüfen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. Hierbei ist zu erwägen, inwieweit eine nicht arme Partei verständigerweise den Rechtsstreit durchführen würde. Im vorliegenden Falle dürfte aber der Rechtsstreit nicht nur geringe, sondern überhaupt keine Aussichten auf Verwirklichung des Anspruchs bieten. Nachdem die Antrg. zu 1) ausdrücklich erklärt hat, daß sie sich nicht der saarländischen Gerichtsbarkeit unterwerfen wolle, hat ein in dem beabsichtigten Rechtsstreit ergangenes Urteil keinerlei Sinn mehr, da seine Durchsetzung gegenüber der Antrg. zu 1) nur im Wege der freiwilligen Leistung erfolgen könnte, welche die Antrg. zu 1) bereits jetzt ablehnt. Die gegen den Beschluß des LG eingelegte Beschwerde wurde vom OLG zurückgewiesen. Aus den Gründen: „Der Senat schließt sich der zutreffenden Begründung des angefochtenen Beschlusses, wonach in dem Schreiben des Hohen Kommissariats Saarbrücken keine Unterwerfung der Beschwerdegegnerin unter die saarländische Gerichtsbarkeit zu erblicken ist, an. Dafür, daß die Antrg. sich mit dieser Erklärung, in der nur der Beklagte S., nicht aber die Antrg. angeführt ist, nicht der saarländischen Gerichtsbarkeit unterwerfen wollte, sprechen aber auch noch folgende Gründe: Es war schon früher allgemein anerkannt, daß ausländische Staaten nach § 18 I Satz 2 GVG exterritorial waren (Baumbach, ZPO 16 , Anm. 3 B a zu § 18 GVG; Stein-Jonas, ZPO 16 , Vorbem. V A 3 vor § 1 ZPO). Nach der Kapitulation Deutschlands war es selbstverständlich, daß sich die Siegermächte nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterwarfen. So ist auch dem Grundsatz der Exterritorialität Rechnung tragend im Art. 11 des Abkommens über die Organisation des Justizwesens im Saarland vom 3. 1. 1948 (ABl. 380 ff.) sogar ausdrücklich festgelegt worden, daß f ü r die gegen die französische Verwaltung geltend gemachten Ersatzansprüche, die auf Tatbeständen beruhen, die nach Inkrafttreten dieser Konvention eingetreten sind, der französische Staatsrat in erster und letzter Instanz zuständig ist, soweit der Ersatzanspruch nicht unmittelbar mit dem Steuereinziehungsverfahren zusammenhängt. Wenn aber ausländische Staaten grundsätzlich der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen sind, so folgt hieraus, daß Erklärungen
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eines ausländischen Staates, aus denen eine Unterwerfung unter die inländische Gerichtsbarkeit hergeleitet werden soll, eng auszulegen sind, da eine solche freiwillige Unterwerfung ein dem Wesen eines souveränen Staates widersprechender Verzicht auf sein Vorrecht nur aus solchen Handlungen dieses Staates geschlossen werden darf, die den Verzichtswillen mit Sicherheit ergeben (RG 103, 274 [279]). Daß die Beschwerdegegnerin auf die in Art. 11 der vorerwähnten Konvention zu ihren Gunsten getroffenen, dem Grundsatz der Exterritorialität Rechnung tragenden Regelung f ü r den vorstehenden Fall in der erwähnten Erklärung habe ausnahmsweise verzichten wollen, kann schon auf Grund der allgemeinen Umstände nicht angenommen werden. Eine Aufgabe dieses Vorrechts und eine Unterwerfung unter die saarländische Gerichtsbarkeit kann aber auch aus dem Wortlaut der Erklärung nicht gefolgert werden, wie das L G in dem angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt hat. In Ansehung der Exemtionen handelt es sich nicht um das Fehlen der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit (so noch RG, J W 1931, 150), sondern um den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit über den Gerichtsfreien (RG 157, 354) (facultas jurisdictionis). Daher ist gegen einen Gerichtsfreien jede Klage und Terminsanberaumung, eine Sachverhandlung auf eine Klage und ein Sachurteil usw. absolut unzulässig (Ausnahmen nur bei Rechtsstreitigkeiten über die dingliche Rechtslage inländischer Grundstücke § 20 GVG; § 24 Z P O ; bei Anhangs- oder Widerspruchsprozessen, Zusammenhangsprozessen; Unterwerfung unter die inländische Gerichtsbarkeit) . Die Unterwerfung des beklagten ausländischen Staates unter die inländische Gerichtsbarkeit ist nicht nur Prozeßvoraussetzung, sondern auch Wirksamkeitsvoraussetzung aller Handlungen, die in einem gegen ihn anhängigen Verfahren vom Gericht oder Kl. vollzogen werden. Die Frage der Exemtion ist, da sie zwingenden öffentlichen Rechts ist, nicht nur in jeder Lage des Rechtsstreites von Amts wegen zu prüfen, sondern auch bei Zweifel von Amts wegen zu klären (Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts 4 [1949] §16 I I 1 a, S. 61; Schönke, Zivilprozeßrecht [3. und 4. Aufl. 1947] § 15, V, S. 53; Baiimbach aaO § 18 GVG, Anm. 1 A und B; RG 157, 389 ff.). Hiernach könnte die Zuständigkeit des L G Saarbrücken, auch wenn an sich die Voraussetzungen des § 39 Z P O im übrigen gegeben wären, nicht auf diese Bestimmung gestützt werden." 2 8 9 . Ausländische Hoheitsträger unterliegen der inländischen Gebeteiligen und auf richtsbarkeit dann, wenn sie sich am Wirtschaftsleben bürgerlich-rechtlichem Gebiet tätig geworden sind. — GG Art. 25; Z P O § 216; GVG § 18. L G Kiel, 7. ZK, Beschl. v o m 19. 3. 1953 — 7 T 68/53: N J W 6 (1953) 1718; M D R 7 (1953) 489. Die Kl. wurde von einem dänischen Reisebus, der zum Bestand der dänischen Staatsbahnen gehört, angefahren. Mit der Klage macht sie einen Anspruch auf Ersatz des ihr durch diesen Unfall entstandenen Schadens geltend.
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Aus den Gründen: „Gemäß § 216 ZPO ist eine Terminbestimmung von Amts wegen vorzunehmen. Sie ist unzulässig und daher abzulehnen, wenn sie gegen eine Person gerichtet ist, die der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterliegt. Denn die Unterworfenheit unter die deutsche Gerichtsbarkeit ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung f ü r alle gegen eine Person gerichteten Handlungen (vgl. Stein-Jonas, ZPO 1 7 , § 216 II 3; OLG H a m b u r g 11. 11. 1952, MDR 1953, 109) ». Die Kammer schließt sich nicht der u. a. von Baumbach (vgl. Baumbach, ZPO, § 216 Anm. 2; Einf. zu § 274, 1) vertretenen Auffassung an, daß die Freistellung von der inländischen Gerichtsbarkeit als verzichtbares Recht die Ablehnung der Terminsanberaumung nicht rechtfertige und als prozeßhindernde Einrede geltend gemacht werden müsse; denn diese Meinung wird dem Wesen der Exemtion nicht gerecht. Der an sich Eximierte wäre d a n n nämlich gezwungen, seine Exemtion von dem Gericht eines Staates, dessen Gerichtsbarkeit er gerade nicht unterliegt, ausdrücklich geltend zu machen, und folgerichtig u. U. auch der Gefahr eines VersäumnisUrt. ausgesetzt. Gemäß § 18 Satz 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf Personen, die nach den anerkannten allgemeinen Regeln des Völkerrechts von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind. In Art. 25 GG ist zudem ausdrücklich bestimmt, daß die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind. Fremde Staaten unterliegen auf Grund völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts nach einhelliger Meinung in der internationalen Lit. und Rspr. nicht der inländischen Gerichtsbarkeit, wenn sie wegen Verbindlichkeiten aus hoheitlichen Maßnahmen in Anspruch genommen werden sollen. Rechtsgrund f ü r diese Exemtion ist, daß souveräne Staaten unabhängig und ihre Hoheitsrechte f ü r andere Staaten unantastbar sind. Diese Grundsätze sind hier jedoch nicht anzuwenden; denn hier steht das Königreich Dänemark der Kl. nicht als Hohheitsträger, sondern als Träger privater Rechte und Pflichten gegenüber. Die Kl. will das bekl. Königreich als Halter eines Reiseomnibusses in Anspruch nehmen, also wegen einer Tätigkeit, die auf rein fiskalischem Gebiet liegt. Insoweit ist das Königreich Dänemark der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen. Die gegenteilige Auffassung des AG, daß fremde Staaten nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts in keinem Fall, also selbst dann nicht, wenn sich eine Klage auf die fiskalische Tätigkeit eines Staates stützt, einer ausländischen Gerichtsbarkeit unterliegen, vermag die Kammer nicht zu teilen. Der Rspr. des RG aus den J a h r e n 1905—1921, das grundsätzlich davon ausgegangen ist, daß ein f r e m d e r Staat nach den Regeln des Völkerrechts in jedem Fall der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen ist, und mit negativem Ergebnis untersucht hat, ob der Betrieb eines Wirtschaftsunternehmens auf f r e m d e n Hoheitsgebiet einen Verzicht auf eigene Hoheitsrechte darstelle, kann nicht m e h r gefolgt werden (vgl. RGZ 62, 165; 103, 274). Eine derart weit1
Siehe oben Nr. 286.
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reichende allgemeine völkerrechtliche Regel ist nicht mehr anzuerkennen. In der Lit. wird jetzt in steigendem Maße die Ansicht vertreten, daß zwischen dem Staat als Hoheitsträger und als Privatrechtssubjekt zu unterscheiden ist, und daß er, soweit er auf bürgerlich-rechtlichem Gebiet tätig geworden ist, notfalls auch einer ausländischen Gerichtsbarkeit unterworfen ist (vgl. Schönke Zivilprozeßrecht 7 63; Stein-Jonas, ZPO 1 7 , Vorbem. V A 3 vor § 1; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht 387 ff.; Güldener, Das internationale und interkantonale Zivilprozeßrecht der Schweiz 4; Alf Ross, Lehrb. d. Völkerrechts [deutsche Ausgabe] 182). Die Abkehr von der alten Rechtsauffassung ist im wesentlichen darin begründet, daß Hoheitsträger sich in ständig steigendem Maße am Wirtschaftsleben beteiligen. Ihre Freistellung von einer fremden Gerichtsbarkeit auch auf bürgerlich-rechtlichem Gebiet hieße, ihre Gläubiger benachteiligen, ihnen einen angemessenen Rechtsschutz versagen. Zudem könnte sie sich als ein Hemmnis im internationalen Wirtschaftsverkehr auswirken. In der Schweiz, Italien, Belgien und teilweise in Frankreich haben sich die Gerichte den auch von der Kammer vertretenen Standpunkt bereits zu eigen gemacht (nach Riezler aaO und Ross aaü). Aus dem Beschl. des OLG Hamburg vom 11. 11. 1952 (MDR 1953, 109), in dem eine Beschwerde gegen die Ablehnung einer Terminbestimmung für eine Klage gegen das Königreich Dänemark zurückgewiesen wurde, vermochte die Kammer nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Die hier bedeutsamen Fragen sind dort nicht entschieden worden, da die erhobenen Ansprüche mit hoheitlichen Maßnahmen des bekl. Staates in Zusammenhang standen." 3 9 0 . Die Republik Lettland wird von der Bundesrepublik Deutschland und den anderen westlichen Ländern auch weiterhin als bestehend anerkannt. Auch ausländische Staaten unterliegen im RE-Verfahren der inländischen Gerichtsbarkeit, wenn es sich nicht um das Gesandtschaftsgebäude oder die Wohnung des Gesandten handelt. Voraussetzung für diese Einschränkung ist jedoch, daß die Gebäude auch tatsächlich von den exterritorialen Personen benutzt werden. — GVG § § 18, 20: R E A O Berlin, Art. 1, 3. W K Berlin Urt. vom 3. 10. 1953 — 4 W G A 1341/50 (596/51): N J W R z W 4 (1953) 368. Aus den Gründen: „Der Rückerstattungs-Anspruch der Antrst. mußte durchdringen. Die Parteifähigkeit der Republik Lettland und ihre Vertretungsbefugnis stoßen auf keine rechtlichen Bedenken. Nach einer bei den Akten befindlichen Mitteilung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland vom 29. 4. 1953 an den Senator für Justiz wird die Republik Lettland als fortbestehend angesehen, da die Annexion des lettischen Staatsgebietes durch die Sowjetunion weder vom ehem. Deutschen Reich noch von der Bundesrepublik anerkannt worden ist. Die Annexion der Republik Lettland durch die Sowjetunion wird auch sonst von den Westmächten nicht aner-
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kannt. Die gegenwärtige lettische Exilregierung übt daher vom Ausland her die Personalhoheit über die in den westlichen Ländern ansässigen lettischen Staatsangehörigen aus, mag sie auch nirgends mehr eine Gebietshoheit ausüben. Der zur Zeit in London domizilierte und amtierende Gesandte Lettlands ist in seiner Eigenschaft als dienstältester Gesandter Lettlands im Ausland Inhaber der Notstandsbefugnisse der lettischen Nationalregierung. E r übt daher in seiner Person die Staatsgewalt aus und hat demgemäß rechtswirksam den bevollmächtigten Gesandten der Republik Lettland in Washington, der mit der W a h r n e h m u n g der lettischen Interessen auch in der amerik. Zone Deutschlands betraut ist, ermächtigt, dem in Deutschland wohnenden R. L. Vollmacht f ü r das vorl. Rückerstattungs-Verfahren zu erteilen. J. F., der von der USA als Geschäftsträger anerkannt ist, hat demgemäß R. L. Vollmacht erteilt, der seinerseits wieder Rechtsanwalt R. bevollmächtigt hat. Entgegen den Ausführungen des LG Hamburg in seinem Beschl. vom 28. 9. 1951 — N J W / R z W 1953, 177 Nr. 215 1 sieht die Kammer übereinstimmend mit der Entsch. des OLG H a m m vom 14. 4. 1951 — N J W / R z W 1951,258 2 — andererseits aber auch die Gerichtsbarkeit der deutschen WGBehörden zur Entscheidung des vorl. Rückerstattungsfalles als gegeben an. Der allgemeine Grundsatz des Völkerrechts, daß kein Staat vor das F o r u m eines anderen gezogen werden kann, gilt zwar auch im internationalen Prozeßrecht. Dieses Ergebnis beruht auf der gegenseitigen Achtung vor der Unabhängigkeit und Gleichheit souveräner Staaten. Demgegenüber wird jedoch mit gutem Grund die Auffassung vertreten (vgl. Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht [1949] 387 ff.), daß dieser Grundsatz dann nicht gilt, wenn der ausländische Staat zu anderen Staaten oder deren Angehörigen in vermögensrechtliche Beziehungen tritt, also nicht als Träger souveräner Rechte, sondern ausschließlich auf dem Gebiet des Privatrechts als Träger privater Rechte und Pflichten auftritt, indem er sich in rein bürgerlich-rechtlichem, insbes. handelsrechtlichem Verkehr betätigt. Der in § 18 GVG zum Ausdruck gekommene Grundsatz der Exterritorialität gilt gem. § 20 GVG bereits d a n n nicht, wenn ein ausschließlicher dinglicher Gerichtsstand gem. § 24 ZPO begründet ist, weil der ausländische Staat bei Erwerb eines Grundstücks von vornherein mit der inländischen Gerichtsbarkeit rechnen muß, die auf dem Gesichtspunkt beruht, daß der Grund u n d Boden als untrennbarer Teil des Staatsgebietes n u r der Herrschaft desjenigen unterliegen kann, dem er gehört. Es erhellt deshalb auch, daß sich die Antrg. seinerzeit bei Abschluß des Kaufvertrages unter Beachtung der inländischen Formvorschriften der deutschen Privatrechtsordnung unterworfen hat. Dann untersteht sie aber auch heute den Folgen, die sich nach Maßgabe der REAO aus dem damaligen Erwerb des Grundstücks f ü r sie ergeben. Dies wäre nur dann anders, wenn die REAO eine Exemtion der ausländischen Staaten von den Bestimmungen der REAO vorsähe. Dies ist jedoch nicht der Fall, auch nicht anzunehmen, da es einen allgemeinen Grundsatz der Exterritorialität frem1
Siehe oben Nr. 287.
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Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 131.
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der Staaten nicht gibt, wie oben dargelegt. Die REAO kann das nach ihrem Sinn und Zweck, die RE ungerechtfertigt entzogener Gegenstände in möglichst großem Umfange zu bewirken (Art. 1 REAO), auch nicht gewollt haben, da sie nicht neues Recht schaffen, sondern nur eine durch Zwang herbeigeführte Vermögensverschiebung rückgängig machen will. Hieran wird auch nichts dadurch geändert, daß nach einem allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts ein ausländischer Staat auch gegenüber einer dinglichen Klage der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen ist, wenn es sich um sein Gesandtschaftsgrundstück handelt. Es ist nicht anzunehmen, daß die REAO diesen allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts von der Exterritorialität der Gesandtschaftsgrundstücke nicht beachtet wissen wollte. Es kann jedoch im vorl. Falle schon Zweifeln begegnen, ob das Grundstück überhaupt als Gesandtschaftsgrundstück anzusprechen ist. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen befand sich die deutsche Gesandtschaft der Republik Lettland in der Burggrafenstraße 13. Dort ist der Gesandtschafts- und Konsulatsbetrieb auch noch nach dem Erwerb des hier in Rede stehenden Grundstücks weitergeführt worden. Wenn auch einzelne kleinere Arbeiten in dem neu erworbenen Grundstück ausgeführt wurden, so wickelte sich der laufende Geschäftsbetrieb doch in der Burggraf enstraße 13 ab. Allerdings scheinen in dem Gebäude gelegentlich diplomatische Konferenzen und Empfänge stattgefunden zu haben. Vor allem aber befand sich die Wohnung des Gesandten in dem Haus. Exterritorial ist aber nach allgemeiner Auffassung im Völkerrecht nicht nur das Gesandtschäftsgebäude, sondern auch die Wohnung des Gesandten. Eine solche grundsätzlich aus der Person des Gesandten und seiner Unverletzlichkeit (§ 18 GVG) abgeleitete Exterritorialität für das Gesandtschaftshotel und die Wohnung des Gesandten ist jedoch nur anzuerkennen, wenn das Grundstück von den exterritorialen Personen auch tatsächlich bewohnt wird, ohne daß jedoch eine vorübergehende Unterbrechung in der Benutzung die Exterritorialität aufheben würde (vgl. hierzu Verdross, Völkerrecht [1950] 234). Eine derartige tatsächliche Benutzung ist hier nicht gegeben, da das Grundstück zur Zeit durch Kriegseinwirkung zerstört und verfallen ist. Zur Unterbringung der Gesandtschaft oder des Gesandten selbst könnte es daher nicht dienen. Hierbei kann auch von einer vorübergehenden Unbenutzbarkeit nicht die Rede sein, da nicht abzusehen ist, wann das Grundstück nach dem Willen der Antrg. wieder diplomatischen Zwecken zugeführt wird. Die Republik Lettland unterhält zur Zeit in Deutschland keinerlei diplomatische Vertretung. Sie besteht überhaupt nur de jure, nicht de facto. Für den Fall, daß eine diplomatische Vertretung in Deutschland wieder eingerichtet werden sollte, ist nicht anzunehmen, daß diese gerade in Berlin und nicht in Bonn, am Sitz der deutschen Regierung, eingerichtet wird. Auch wenn man annehmen will, daß in Berlin eine konsularische Vertretung errichtet wird, kann nicht unterstellt werden, daß dies gerade in dem ausgebombten Rückerstattungs-Grundstück geschehen wird und kann. Im übrigen wäre ein solches, nur konsularischen Zwecken dienendes Grundstück nicht exterritorial, da Konsuln und ihre Amtsräume, wie sich auch aus § 21 GVG ergibt, grundsätzlich der inländischen Gerichts-
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barkeit unterworfen sind, falls nicht besondere Konsularverträge Befreiungen von der inländischen Gerichtsbarkeit enthalten (vgl. auch Riezler aaO 346). Da somit feststeht, daß das Rückerstattungs-Grundstück weder zur Zeit diplomatischen Zwecken dient, auch nicht davon ausgegangen werden kann, daß es solchen Zwecken für die Zukunft zu dienen bestimmt sein kann, muß sich die Antrg. für das vorl. Rückerstattungs-Verfahren genau so stellen lassen, wie jeder private Rückerstattungs-Pflichtige auch."
Gerichtsstand 8 9 1 . Ein Gerichtsstand des Vermögens (§23 ZPO) wird erst begründet, wenn sich zur Zeit der Zustellung der Klageschrift (§ 253 / ZPO) Vermögen des Ausländers im Inlande befindet. Für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§29 ZPO) ist der Erfüllungsort der ursprünglichen Verpflichtung maßgebend, wegen deren Nichterfüllung Ersatz gefordert wird. Wenn im Chartervertrag keine Vereinbarung der Parteien über den Erfüllungsort getroffen wurde, ist den Umständen, insbesondere der Natur dieses Vertrages, zu entnehmen, wo die in ihm begründete Verpflichtung zu erfüllen war. — BGB § § 269, 535, 536, 548, 549, 556, 854, 855; HGB §§ 556, 622; Z P O § § 23, 29, 39, 138, 207, 253, 263, 267, 273. OLG Bremen Urt. vom 25. 7. 1952 — 1 U 211/1952. Ungedruckt. Die Parteien sind Schiffahrtsgesellschaften. Zwischen ihnen soll, der Darstellung der Kl. zufolge, am 9. 8. 1950 unter Vermittlung der Schiffsmaklerfirma Phs. van O. in Bremen ein Chartervertrag geschlossen worden sein, nach welchem die Bekl. der Kl. ihren Dampfer „Charlton Sovereign" für die Dauer von mindestens drei Monaten überlassen sollte. Die von der Kl. übergebene, in englischer Sprache verfaßte Vertragsabschrift besagt im einzelnen folgendes: Das Schiff sollte in der Zeit zwischen dem 27. 8. und dem 8. 9. 1950 an oder von der Reparaturwerft des Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven in seetüchtigem Zustand (she being then tight, staunch, strong and in every way fit f o r Service) und versehen mit einem gültigen Passagier- und Sicherheitszeugnis des britischen Verkehrsministeriums abgeliefert werden. Das Charterverhältnis sollte erst beginnen an dem Tage, an dem das Schiff der Kl. zur Verfügung stehen würde (Ziff. 1 und 2 des Vertrags) . . . Die Kl. hat behauptet, die Bekl. habe diesen Vertrag am 30. 8. 1950 telegrafisch gekündigt mit der Begründung, sie könne das Schiff nicht innerhalb der vereinbarten Zeit stellen, weil das britische Verkehrsministerium die Erteilung des Sicherheitszeugnisses unerwartet von der Vornahme zusätzlicher Maschinenreparaturen abhängig gemacht habe. Infolge der Nichterfüllung des Vertrages sei ihr ein Schaden in Höhe von 339 862.73 DM entstanden. Diesen Schaden müsse ihr die Bekl. ersetzen, weil sie das Vorhandensein des Sicherheitszeugnisses im Vertrage zugesagt habe . . . 37
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Die Bekl. hat beantragt: Die Klage wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts abzuweisen . . . Sie hat die Ansicht vertreten, der Gerichtsstand des Vermögens sei f ü r die Klage nicht gegeben, weil — was unter den Parteien unstreitig ist — der Dampfer „Charlton Sovereign" das einzige damals in Deutschland befindliche Vermögensstück der Bekl. bereits am 23. 8. 1951, also vor Zustellung der Klagschrift, Bremerhaven verlassen und seitdem deutsche Hoheitsgewässer nicht wieder befahren habe. Auch als Gericht des Erfüllungsortes könne das angerufene Gericht, selbst wenn der Chartervertrag wirksam zustandegekommen sein sollte, nicht zuständig sein, da die streitige Verbindlichkeit in London hätte erfüllt werden müssen. Die Kl. hat demgegenüber die Auffasung vertreten, daß f ü r die Klage sowohl der Gerichtsstand des Vermögens als auch der des Erfüllungsortes begründet seien. Sie hat behauptet, das Schiff der Bekl. sei bereits vor dem 9. 8. 1950 wegen einer Reparatur nach Bremerhaven gebracht worden und habe auch bei Vertragsschluß dort gelegen. Aus diesem Grunde habe die Bekl. es ihr dort auch liefern sollen. Das LG hat mit Beschluß vom 27. 3. 1952 die abgesonderte Verhandlung und Entscheidung über die Frage der Zuständigkeit angeordnet und mit Urteil vom 10. 4. 1952 die Klage wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts abgewiesen. Es hält den Gerichtsstand des Vermögens nicht für gegeben, weil sich das Schiff der Bekl. in dem f ü r die Begründung dieses Gerichtsstandes maßgebenden Zeitpunkt der Zustellung der Klagschrift nicht mehr im Inlande befunden habe. Auch als Gericht des Erfüllungsortes sei kein deutsches Gericht zuständig, weil die Hauptverpflichtung der Bekl., während der Dauer des Vertrages alle Einwirkungen auf das Schiff zu unterlassen, in London hätte erfüllt werden müssen. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen. Gegen dieses Urteil hat die Kl. Berufung eingelegt. Aus den Gründen: „Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt, sie ist zulässig (§§ 511, 511a, 512 a ZPO) und auch begründet. Die Begründetheit der Berufung war nach der deutschen Rechtsordnung zu prüfen. Einer Feststellung, welche Rechtsordnung nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts für die Beurteilung der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen maßgebend sein könnte, bedurfte es nicht. Eine solche Untersuchung würde nämlich bereits gleichzeitig eine die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts voraussetzende Prüfung in der Sache selbst bedeuten, mithin vorauszusetzen, was erst geprüft werden soll (vgl. hierzu RGZ 95, 166; 108, 243; ferner RG in HRR 1930, Nr. 508; RGR-Komm. HGB, Anhang zu § 372, Anm. 7 und Raape, Intern. Privatrecht 3 282). Dem LG ist allerdings darin beizutreten, daß durch die Tatsache, daß sich der Dampfer „Charlton Sovereign" zur Zeit der Einreichung der Klagschrift in deutschen Hoheitsgewässern befand, ein Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO) nicht begründet worden ist. Wissenschaft und Rechtsprechung stimmen darin überein, daß ein solcher Gerichtsstand erst be-
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gründet wird, wenn sich zur Zeit der Zustellung der Klagschrift (§ 253 I ZPO) Vermögen des Ausländers im Inlande befindet, da erst in diesem Augenblick die Rechtshängigkeit einer Streitsache eintritt (§ 263 I ZPO; vgl. Stein-Jonas, ZPO § 23, II Fußnote 9 a; Baumbach, ZPO 80, Anm. 2 B zu § 23; RGZ 16, 392). Aus den Bestimmungen der §§ 207, 261 b III, 496 III ZPO, wonach bei einer Zustellung von Amts wegen die Wirkungen der Rechtshängigkeit insoweit auf den Zeitpunkt der Klageinrichtung vorverlegt werden, als durch die Zustellung eine Frist gewahrt oder die Verjährung unterbrochen werden soll, ist eine Durchbrechung dieses Grundsatzes im Hinblick auf den Gerichtsstand des Vermögens nicht zu rechtfertigen. Es ist nicht angängig, aus diesen Vorschriften einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts abzuleiten, daß die zustellende Partei von allen Nachteilen freigehalten werden müsse, die bei einer Zustellung von Amts wegen eintreten könnten (vgl. Stein-Jonas, Anm. 2 zu § 207; IV, 5 zu § 496 ZPO). Dem Saarländischen Oberlandesgericht, das in seinem Urteil vom 28. 6. 1950 (Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift 1950, 62, auszugsweise wiedergegeben in Deutsche Rechtsprechung Band IV (410) Blatt 37 c) allerdings diese Auffassung vertreten hat, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Schon aus der Beschränkung auf die Gefahren der Fristversäumnis und der Verjährung wird ersichtlich, daß der Gesetzgeber nur in diesen beiden Fällen die Wirkungen der Rechtshängigkeit vorverlegen wollte, hinsichtlich anderer Tatbestände aber keine Vordatierung beabsichtigte. Eine entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften erscheint umsoweniger zulässig, als das Gesetz in § 267 ZPO den Zeitpunkt der Klagerhebung, also der Zustellung der Klagschrift, selbst dort f ü r maßgeblich erklärt, wo das bürgerliche Recht dies nicht ausdrücklich sagt. Auch nach dieser Vorschrift sollen Ausnahmen nur in dem engen Rahmen des § 207 ZPO gemacht werden. Gerade im Hinblick auf die zahlreichen Wirkungen, die sowohl das bürgerliche als auch das prozessuale Recht an die Rechtshängigkeit geknüpft haben, erscheint es mit der Rechtssicherheit unvereinbar, die Zahl der im Gesetz bestimmten Ausnahmen im Wege der Analogie zu vergrößern. Auch Billigkeitserwägungen etwa aus dem Gesichtspunkt, daß, wie die Kl. meint, die Klagschrift bei sofortiger Terminsbestimmung und unverzüglicher Anfertigung der erforderlichen Übersetzungen noch bis zum 23. 8. 1951 der Bekl. hätte zugestellt werden können, können daher bei der klaren Fassung des Gesetzes nicht Platz greifen. War somit die Zuständigkeit des LG Bremen aus § 23 ZPO nicht gegeben, so konnte gleichwohl der Berufung der Erfolg nicht versagt werden. Das angerufene Gericht ist auf Grund von § 29 ZPO zuständig. Da die Bekl. in erster Instanz die Einlassung zur Hauptsache verweigert hatte, eine stillschweigende Vereinbarung der Zuständigkeit nach § 39 ZPO somit nicht anzunehmen war, war gemäß § 29 ZPO zu prüfen, wo die streitige Verbindlichkeit zu erfüllen gewesen wäre, d. h. wo im vorliegenden Falle die Bekl. ihre Leistungen aus dem Chartervertrag erbringen sollte 37 *
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(vgl. Stein-Jonas, ZPO Anm. III zu § 29; Baumbach, ZPO Anm. 3 A zu § 29). Daß hier die der Bekl. obliegenden Vertragspflichten den Erfüllungsort bestimmen, war nicht etwa deswegen zu verneinen, weil ein auf Geldzahlung gerichteter Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird. Maßgebend f ü r den Gerichtsstand des § 29 ZPO ist nach allgemeiner Rechtsansicht auch in diesem Fall der Erfüllungsort der ursprünglichen Verpflichtung, wegen deren Nichterfüllung Ersatz gefordert wird (vgl. SteinJonas, ZPO, § 29 III; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, § 35 II 1; Baumbach, ZPO Anm. 3 A zu § 29; RGZ 40, 408 [410]. Nach § 269 BGB ist f ü r die Bestimmung des Ortes, wo die Bekl. zu leisten hatte, in erster Linie eine etwaige Vereinbarung der Parteien maßgeblich. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien unstreitig nicht getroffen. Es war also den Umständen, insbesondere der Natur des Chartervertrages zu entnehmen, wo die Bekl. ihre Verpflichtungen zu erfüllen hatte. Die Tatsache, daß der Vertragstext in englischer Sprache abgefaßt ist und im Datum den Ort London erwähnt, rechtfertigt nicht die Annahme, daß die Parteien etwa stillschweigend davon ausgegangen wären, daß London als der Sitz der Bekl. Erfüllungsort und Gerichtsstand f ü r alle Verbindlichkeiten bzw. Streitigkeiten aus diesem Vertrag sein sollte. Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, entspricht es den internationalen Gewohnheiten der Schiffahrt, daß derartige Charterverträge in englischer Sprache abgefaßt werden, selbst wenn keine der Parteien sich sonst der englischen Sprache bedient. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Vertrag tatsächlich in London, oder, wie die Kl. behauptet, in Bremen abgeschlossen wurde. Der Ort des Vertragsschlusses ist ein zu äußerlicher, oft durch Zufälligkeiten bestimmter Nebenumstand, als daß er f ü r die Frage des Erfüllungsortes von Bedeutung sein könnte (vgl. Staudinger, BGB 9, Anm. I 1 a zu § 269; RGZ 61, 346). Dagegen konnte nicht unbeachtet bleiben, daß sich die „Charlton Sovereign" zur Zeit des Vertragsschlusses bereits in Bremerhaven befand. Diese von der KI. behauptete Tatsache hat die Bekl. weder in ihren Schriftsätzen noch auf die Frage des Gerichts in der letzten mündlichen Verhandlung bestritten. Sie ist daher als zugestanden anzusehen, da auch aus den übrigen Erklärungen der Bekl. die Absicht, diese Behauptung bestreiten zu wollen, nicht hervorgeht (§ 138 III ZPO). Allerdings kommt diesem Umstand nicht so entscheidende Bedeutung zu, wie wenn es sich um die Überlassung einer unbeweglichen Sache gehandelt hätte, bei diesen bestimmt nämlich stets der Ort, wo die Sache belegen ist, mangels besonderer Vereinbarung den Gerichtsstand (vgl. Planck, BGB, Anm. 2 a zu § 269; RGR-Komm. BGB, Anm. 2 zu § 269; RGZ 70, 199). Auf ein Schiff sind diese Grundsätze nicht ohne weiteres zu übertragen. Dessen Aufenthaltsort ist naturgemäß ständigem Wechsel unterworfen; er kann f ü r sich allein betrachtet noch nicht den Gerichtsstand des Erfüllungsortes begründen.
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Im vorliegenden Falle bestätigen aber die vertraglichen Vereinbarungen, daß die Parteien Bremerhaven als den Ort bestimmt haben, an dem die Bekl. die ihr obliegenden Leistungen erbringen sollte (Ziff. 1 am Ende). Erst mit der Andienung des Schiffes in seetüchtigem Zustand „at or off Norddeutsche Lloyds Repair Yard at Bremerhaven" unter gleichzeitiger Gestellung der Mannschaft sollte die Bekl. das ihrerseits Erforderliche getan haben. Daß die Parteien gerade auf den Zeitpunkt und den Ort der Übergabe entscheidendes Gewicht gelegt haben, wird einmal deutlich in der Bestimmung, das Charterverhältnis solle erst beginnen an dem Tage, an welchem das Schiff zur Verfügung der Charterer gelegt werde (Ziff. 1, Mitte), zum andern aus der sonst nicht üblichen Betonung des Zeitpunktes, zu welchem das Schiff seetüchtig zu sein habe („then" im letzten Satz d. Ziff. 1). Andererseits läßt aber auch die in Ziff. 15 getroffene Bestimmung, das Schiff solle, falls keine anderen Abreden getroffen werden sollten, in Bremerhaven zurückgegeben werden, erkennen, daß die Parteien diesen Ort nicht nur, wie die Bekl. meint, zufällig deswegen gewählt haben, weil dort die notwendige Reparatur ausgeführt werden sollte. Der Senat hat keine Bedenken getragen, diese Vertragsbestimmungen bei der Feststellung des Erfüllungsortes heranzuziehen, ohne der Frage weiter nachgehen zu müssen, ob der Chartervertrag wirksam zustandegekommen ist. Eine Feststellung in dieser Hinsicht würde der Entscheidung in der Hauptsache in unzulässiger Weise vorgreifen, da das Zustandekommen des Vertrages zugleich notwendiges Tatbestandsmerkmal des geltend gemachten Klaganspruchs ist. Würde man mit dem OLG Stuttgart (in JW 1920, 1044) in allen so gelagerten Fällen die Feststellung des Vertragsschlusses fordern, so wäre eine abgesonderte Verhandlung über die Frage der Zuständigkeit (§ 273 I ZPO)) nicht durchführbar. In Übereinstimmung mit der Lehre und Rechtsprechung (vgl. SteinJonas, ZPO, Vorbem. zu § 12, unter V; Rosenberg, § 38, 2; RGR-Komm. HGB, Anm. 4 a zu § 372 HGB (Anhang); RGZ 29, 373) ist der Senat f ü r die Entscheidung der Zuständigkeitsfrage davon ausgegangen, daß der Vertrag wirksam geschlossen worden ist. Der Auffassung, daß Bremerhaven lediglich den Bestimmungsort darstelle und daß der eigentliche Vollzugsort nach dem Sinn des Vertrages hätte in London sein sollen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Das würde bedeuten, daß der Ort der Leistungshandlung und der Ort des Leistungserfolgs nach dem Willen der Parteien an verschiedenen Orten hätten liegen sollen, wie beispielsweise beim Versendungskauf (vgl. RGRKomm. HGB, Anhang zu § 372, Anm. 13; RGZ 68, 333). Hier ergibt aber der Chartervertrag, daß die Verpflichtung der Bekl., Schiff und Besatzung in Bremerhaven zu stellen, ihrer Natur nach eine Bringschuld sein sollte. Die Bekl. sollte nach den oben angeführten Bestimmungen des Vertrages erst dann das ihrerseits Erforderliche (Palandt, BGB 10, Anm. 1 und 3 zu
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§ 269; Planck, BGB, Bern. 1 a zu § 269 BGB) getan haben, wenn sie der Kl. das Schiff dienst- und fahrbereit in Bremerhaven übergeben hätte. Diese Verpflichtung muß der rechtlichen Natur des Vertrages nach — auf welche § 269 BGB besonders verweist —, entgegen der Ansicht des LG als die den Erfüllungsort bestimmende Hauptverpflichtung angesehen werden, neben der die Pflicht, während der Charterzeit alle den Gebrauch des Charterers beeinträchtigenden Maßnahmen zu unterlassen, in ihrer Bedeutung zurücktritt. Selbst wenn diese Unterlassungspflicht am Sitz der Bekl. in London zu erfüllen gewesen wäre, würde dies für die Feststellung des Erfüllungsortes ohne Bedeutung sein, weil es sich lediglich um eine Nebenverpflichtung handelt (vgl. RGZ 52, 58; 57, 15; 69, 12; 70, 199). Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist seiner Natur nach ein Mietverhältnis: Um eine in § 556 Ziff. 1 BGB geregelte Raumcharter oder eine von Wüstendörfer sogenannte „uneigentliche Zeitcharter" (§ 556, 1 in Verbg. mit § 622 HGB), die beide werkvertragliche Züge tragen, handelt es sich im vorliegenden Falle deswegen nicht, weil hier das ganze Schiff der Kl. zu ausschließlicher Verfügung (Ziff. 11: at the absolute disposal and under the complete control) überlassen werden sollte. Sie sollte unter Verwendung der ihr bzw. ihren Vertretern unterstellten Schiffsbesatzung (Ziff. 8, 19) allein die tatsächliche Gewalt über das Schiff ausüben (§§ 851, 855 BGB). (Vgl. Hans. OLG in Hans. GZ 1921, Nr. 107, S. 204; Schaps, Deutsches Seerecht [1921], Anm. 4 zu § 510 HGB, Vorbem. zu § 556 HGB, Anm. 15). Vielmehr ergeben die eben genannten Vertragsbestimmungen sowie die hinsichtlich der Überlassung (Ziff. 1) der Zulässigkeit der Untervermietung (Ziff. 11), der Zahlung des Entgeltes (Ziff. 5), der Instandhaltung des Schiffes (Ziff. 12) und der Rückgabe (Ziff. 15) getroffenen Vereinbarungen, daß die Parteien ein mietrechtliches Verhältnis haben begründen wollen, denn diese Bestimmungen entsprechen im wesentlichen der gesetzlichen Regelung der §§ 535, 536, 548, 549, 556 BGB (s. auch Wüstendörfer, Studien zur modernen Entwicklung des Seefrachtrechts [1905] 101, 143 ff.; Willner, Der Zeitchartervertrag [Diss. Kiel 1952, noch nicht veröffentlicht] 100). Auch die Verpflichtung, der KL, die Dienste der Schiffsbesatzung zu verschaffen (der sog. Dienstverschaffungsvertrag, vgl. RGZ 56, 362; 82, 427), stellt, — wenngleich das heutige Recht eine Vermietung von Personen nicht mehr kennt —, eine Verpflichtung mielrechtlicher Natur dar (vgl. Wüstendörfer aaO 103; Willner aaO 104 ff.; Janssen, Die Zeitcharter, in: Leipziger rechtswiss. Studien [1923], S. 30 ff.). Lag aber somit ein nach den §§ 535 ff. BGB zu beurteilendes Rechtsverhältnis vor, so muß in Übereinstimmung mit der Rechtslehre die Verpflichtung zur Überlassung als die Hauptverpflichtung der Bekl. angesehen werden. Denn die Verpflichtung zur Gebrauchsgewährung erschöpft sich nicht in einem bloßen Dulden und Unterlassen des Vermieters, sie bedeutet vielmehr, daß dieser die Mietsache dem Mieter so anzubieten hat, daß dieser ohne weiteres von ihr Gebrauch machen kann. Er muß, wenn es sich, wie hier, um eine bewegliche Sache handelt, diese dem Mieter übergeben
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(vgl. Motive zum BGB, II, S. 369; Staudinger, BGB, Anm. B I 1 zu § 536; Planck, BGB, Anm. 5 Abs. 2 zu § 535). Das sollte in dem hier zu beurteilenden Falle auch geschehen, indem die Bekl. ihr Schiff der Klägerin in Bremerhaven zur Abnahme vorlegte. Der Verpflichtung, anderweitige Verfügungen über das Schiff während der Mietzeit zu unterlassen, kommt demgegenüber umsoweniger Bedeutung zu, als die Bekl. sich bereits im Zeitpunkt der Ubergabe aller Verfügungsgewalt über das Schiff und aller Weisungsbefugnisse über die Besatzung entäußern wollte. Abweichend von der sonst in Zeitchartern üblichen Regelung (vgl. die Ziff. 3, 11, 13 der Baltime-Charter 1939) wollte sie weder für die Instandhaltung des Schiffes durch die insoweit noch unter ihrer Weisungsbefugnis zu belassenden Besatzung aufkommen (vgl. Willner aaO 107, 111), noch wollte sie für etwa notwendig werdende Reparaturen auf ihre Kosten sorgen. Die Kl. sollte mit der Übergabe alle diese Verpflichtungen zu ihren Lasten übernehmen (Ziff. 8, 12 d. Vertrages). Auch diese Bestimmungen lassen erkennen, daß nach dem im Vertrage erklärten Willen der Parteien schon mit der Übergabe der „Charlton Sovereign" die Hauptverpflichtung der Bekl. erfüllt sein sollte. Da diese in Bremerhaven zu erfüllende Verbindlichkeit den Erfüllungsort für die gesamten Vertragspflichten der Bekl. und damit zugleich den Gerichtsstand des § 29 ZPO begründet, war die von der Bekl. erhobene Einrede der Unzuständigkeit zu verwerfen und die Sache zur weiteren Verhandlung an das LG zurückzuverweisen (§ 538 Ziff. 2 ZPO)."
Zuständigkeit deutscher Gerichte und ihre Einschränkungen Siehe auch Nr. 25, 31, 37, 63, 64, 95, 98, 175, 234 292. Ein deutsches Gericht ist für eine Widerklage gegen eine schweizerische Firma zuständig, wenn die Parteien für Streitigkeiten die Zuständigkeit eines Schweizer Gerichts vereinbart haben, die Schweizer Firma aber vor dem deutschen Gericht klagt, um in Deutschland vollstrecken zu können. Eine Berufung gegen ein die örtliche Zuständigkeit bejahendes Zwischenurteil ist auch dann zulässig, wenn es sich um die sogenannte internationale Zuständigkeit handelt. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des internationalen Prozeßrechts, daß als Prozeßrecht dasjenige Recht anzuwenden ist, welches am Sitz des Prozeßgerichts gilt. — ZPO §§ 33, 512 a. a) LG Stuttgart, Zwischenurteil vom 12. 8. 1952 — 2 0 79/52: ZZP 66 (1953) 434; b) OLG Stuttgart, Urt. vom 4. 3. 1953 — 1 U 154/52: ZZP 66 (1953) 444. a) LG Stuttgart: Mit der Klage begehrt die Kl. (eine Schweizer Firma) die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung von DM . . . ( = 50 000.— sfr. entsprechend dem Kurswert), die Bekl. macht im Wege der Widerklage Schadensersatzan-
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Sprüche geltend. Die Kl. rügte die Unzuständigkeit des LG Stuttgart f ü r die Widerklage. Im Vertrag war als Gerichtsstand eine schweizerische Stadt vereinbart. Nach abgesonderter Verhandlung erklärte sich das LG f ü r die auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Widerklage f ü r zuständig. Aus den Gründen: „Hinsichtlich der Widerklage ist die Zuständigkeit des LG Stuttgart gegeben (§ 33 ZPO). § 33 bezieht sich, wie sich aus dem Wortlaut ergibt und worüber in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit herrscht, jedenfalls auf die Frage der Zuständigkeit bei Erhebung der Widerklage . . . (wird ausgeführt). Dieser Zusammenhang ist im vorliegenden Falle gegeben . . . (wird ausgeführt) . Erhebt ein ausländischer Kläger eine Klage vor einem deutschen Gericht, so muß davon ausgegangen werden, daß er sich damit auch der inländischen Gerichtsbarkeit f ü r eine Widerklage unterwirft, wenn der mit dieser geltend gemachte Anspruch mit dem in der Klage geltend gemachten im Zusammenhang steht (vgl. Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht [1949] 313 f.). Es wäre nur dann anders, wenn ein ausschließlicher vom Gesetz geregelter Gerichtsstand f ü r die Widerklage in Betracht käme (§ 33 II ZPO), der von Amts wegen zu beachten wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Vereinbarung vom 1. 10. 1949 in Anbetracht der Tatsache, daß die Parteien das Vertragsverhältnis gelöst haben, noch gilt, insbesondere, ob die Vereinbarung sich nicht gerade auch auf die Nachwirkungen des Vertragsverhältnisses beziehen sollte (vgl. Stein-Jonas-Schönke,
A n m . I I , 1 z u § 38 Z P O ) .
Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien mit der Vereinbarung vom 1. 10. 1949 eine ausschließliche Zuständigkeit gemeint haben, w o f ü r die weitere Vereinbarung über die Anwendung schweizerischen Rechts sprechen könnte. Dies ist jedoch Auslegungsfrage des Einzelfalls. Es spricht weder eine Vermutung für noch gegen die Ausschließlichkeit (Schnitzer, Handbuch des internationalen Privatrechts [1950] II 723). Eine Vereinbarung eines ausländischen Gerichtsstandes als eines ausschließlichen mit der Wirkung der Unzuständigkeit der deutschen Gerichte wäre aber zulässig (RG JW 1936, 3185; RGZ 159, 256). Im vorliegenden Falle steht aber auch eine Vereinbarung der ausschließlichen Zuständigkeit der Anwendung des § 33 ZPO nicht im Wege. Wenn die Klägerin noch auf Art. 59 der Schweizer Bundesverfassung vom 31. 1. bis 29. 5 1874 hinweist (abgedruckt bei Altmann, Ausgewählte Urkunden zur außerdeutschen Verfassungsgeschichte seit 1776 [Berlin 1897] 254 fT. und Riezler 264), so geht dieser Hinweis fehl. Denn diese Bestimmung bindet nicht das deutsche Gericht (vgl. Riezler aaO), das das deutsche Prozeßrecht und deutsche Kollisionsnormen anzuwenden hat, und kann nicht deutsche Staatsangehörige hindern, z. B. gegen Schweizer Staatsangehörige in einem Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht Wi-
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derklage zu erheben. Die Frage, ob ein deutsches Urteil in der Schweiz gegen schweizerische Staatsangehörige anerkannt würde (vgl. Riezler aaO; Schnitzer 764 ff.), ist hier nicht zu erörtern und ist f ü r die vorliegende Frage der Zuständigkeit unerheblich. Hätte die Bekl. eine selbständige Klage gegen die Kl. beim LG Stuttgart erhoben, so wäre die Rechtslage anders. Dann käme die Frage in Betracht, welcher Gerichtsstand vereinbart ist. Nur deshalb, weil die Kl. vor dem LG Stuttgart Klage erhob, konnte die Bekl. gemäß § 33 ZPO Widerklage erheben, soweit ein Zusammenhang zwischen Klag- und Widerklaganspruch besteht. In diesem Zwischenurteil ist auch die Frage nicht zu erörtern, ob in der Hauptsache auf Grund der vertraglichen Vereinbarung vom 1. 10. 1949 Schweizer Recht anzuwenden ist." b) OLG Stuttgart: Aus den Gründen: „Die Berufung . . . i s t . . . an sich nicht statthaft, da nach § 512 a ZPO die Berufung in Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht des 1. Rechtszuges seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen habe. 1. Das LG hat auf Grund des deutschen Prozeßrechts entschieden. Die Berufung meint, es hätte das schweizerische Prozeßrecht angewandt werden müssen, weil die Kl. und die Rechtsvorgängerin der Bekl. Ziffer 1 in dem Vertrag vom 1. 10. 1949 die Anwendung des schweizerischen Rechts vereinbart hätten. Dieser Angriff geht fehl; es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des internationalen Zivilprozeßrechts, daß als Prozeßrecht dasjenige Recht anzuwenden ist, welches am Sitz des Prozeßgerichts g i l t . . . III. Die Berufung hat weiter ausgeführt, die Vorschrift des § 512 a ZPO könne deshalb keine Anwendung linden, weil es sich nicht um die bloße örtliche Zuständigkeit, sondern um die sogenannte internationale Zuständigkeit handle, also um die Frage, ob nach deutschem internationalen Zivilprozeßrecht kein deutsches, sondern ein ausländisches Gericht zuständig sein könnte. Auch diese Auffassung ist unbegründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und nach der im Schrifttum herrschenden Meinung sind die Vorschriften der §§ 512 a, 549 Abs. 2 ZPO auch dann anzuwenden, wenn die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts in Frage kommt (RGZ Bd. 126, S. 198; Bd. 150, S. 268; Bd. 157, S. 392; Stein-Jonas,
§ 512 a A n m . I; Baumbach,
Z P O , § 512 a, A n m . 2;
Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts § 38 III 1 b; a. A. Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht [1949] 319; Pagenstecher, RabelsZ 11 [1937] 342 ff.). Diese Rechtsprechung des Reichsgerichts ist durch die erwähnte neuerliche Entscheidung des BGH gleichfalls bestätigt worden. Die Berufung meint, daß f ü r die internationale Zuständigkeit dasselbe gelten müsse, wie f ü r die Frage der deutschen Gerichtshoheit, auf welche die Vorschrift des § 512 a ZPO nicht angewandt werden könnte. Die Frage aber, ob bestimmte Personen (Diplomaten u. dgl.) oder bestimmte Sachen (ausländische Staatsschiffe) der deutschen Gerichtsbarkeit
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unterworfen sind, ist von der Frage der Zuständigkeit grundsätzlich verschieden. Es können daher aus der f ü r die deutsche Gerichtsbarkeit geltenden Regelung keine Schlüsse auf die Regelung der internationalen Zuständigkeit gezogen werden. Die Vorschriften der ZPO über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln nicht n u r die Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Verhältnis untereinander, sie entscheiden auch im Verhältnis zum Ausland über die Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Deshalb ist die Vorschrift des § 512 a ZPO auch d a n n anzuwenden, wenn die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts in Frage steht. Die örtliche Zuständigkeit des LG k a n n daher in der Berufungsinstanz nicht m e h r in Zweifel gezogen werden." 293. Auch im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung fehlt den nationalen Gerichten gemäß Art. 65 § 4 Abs. 2 des Montanunionoertrages die Zuständigkeit zur Entscheidung der Frage, ob ein Verbotstatbestand des Art. 65 § 1 verletzt ist. Das Vorliegen einer Vorentscheidung der Hohen Behörde ist in einem solchen Fall Voraussetzung zum Erlaß einer einstweiligen Verfügung. Die Hohe Behörde ist auch zur Entscheidung darüber ausschließlich zuständig, ob eine „verabredete Praktik"' (pratique concertée) vorliegt. — ZPO § 32; Montanunionvertrag Art. 65. LG Stuttgart, Urt. vom 10. 8. 1953 — 6 Q 7/53: W u W 4 (1954) 140. Die Antrg. ist in Süddeutschland Alleinvertreterin der 6 Verkaufsgesellschaften f ü r Ruhrkohle, ferner der Zechen im Gebiet von Aachen, der Saar und Lothringen. Mit Rundschreiben Nr. 32 vom 16. 6. 1953 hat die Antrg. den Antrst. und den übrigen süddeutschen Kohlengroßhandlungen mitgeteilt, ab 1. 7. 1953 gelte folgende Regelung: „Im alten Absatzgebiet des K. W. & Co. übernehmen wir die Belieferung der großen Verbraucherpositionen der Industrie und des Versorgungssektors mit einem Jahresbedarf von 30 000 t und mehr unmittelbar. W i r haben die in Frage kommenden Großverbraucher hiervon unterrichtet." Die Antrst., 8 Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Süddeutschland und 4 Kohlengroßhandelsfirmen, fühlten sich durch diese Regelung beschwert. Die Kohlengroßhändler deshalb, weil ihnen dadurch ein wesentlicher Teil ihres Umsatzes genommen werde, die EVU, weil ihnen bisher von den Großhändlern ein Teil ihres Handelsrabatts überlassen wurde und sie dadurch die Kohlen um 1 bis 2 °/o billiger bekommen hatten, und weil ihnen ihr Gaskoks von den Kohlengroßhändlern zu günstigen Bedingungen abgenommen worden war, woran diese kein Interesse mehr hätten, wenn sie die EVU als Kunden verlören. Außerdem habe ihnen der Wettbewerb unter den Kohlengroßhändlern eine bessere Auswahl in den Kohlensorten ermöglicht. Die Antrst. haben deshalb Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt, durch die der Antrg. eine dem Rundschreiben Nr. 32 entsprechende Handhabung so lange verboten werden sollte als nicht die Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft f ü r Kohle und Stahl über die Zulässigkeit
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der Organisation der Antrg. selbst und dieser Handhabung entschieden hätte. Die Antrg. hat hinsichtlich der Antrst. Ziff. 4 bis 6 und 8 bis 12 die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit erhoben und im übrigen ausgeführt: Das nationale ordentliche Gericht sei f ü r die Entscheidung der Fragen, die der Antrag ihm vorlege, nicht zuständig, vielmehr sei dies allein der Hohen Behörde vorbehalten, die auf Grund übergeordneten europäischen Verwaltungsrechts eine die Gerichte bindende Verwaltungsentscheidung zu treffen habe. Die Kammer hat die Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft f ü r Kohle und Stahl um eine Entscheidung darüber gebeten, ob die Gründung der Antrg. und der dem Rundschreiben Nr. 32 zugrunde liegende Beschluß mit den Bestimmungen des Art. 65 Montanunionvertrag (MUV) in Einklang ständen. Der Präsident der Hohen Behörde hat zunächst telegrafisch mitgeteilt, daß die Hohe Behörde diese Frage zur Zeit prüfe, daß die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen seien und daß die Hohe Behörde daher zur Zeit nicht in der Lage sei, eine Entscheidung auf Grund Art. 65 § 4 II MUV zu erlassen. Unter dem 13. 7. 1953 — nach der mündlichen Verhandlung — wurde der Kammer dann eine Empfehlung der Hohen Behörde vom 11. 7. 1953 an die Antrg. mitgeteilt, wonach dieser empfohlen wurde, „innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Erhalt dieser Empfehlung alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um bei ihrem Vertrieb von Kohle an Handelsunternehmer und Verbraucher verbotene Praktiken i. S. d. Art. 4 des Vertrages auszuschließen". In Erfüllung dieser Empfehlung hat die Antrg. die Einführung der sogenannten 30 000-t-Grenze wieder aufgehoben. Die Parteien haben daraufhin die Hauptsache f ü r erledigt erklärt und um Kostenentscheidung gebeten. Aus den Gründen: „Die Kosten mußten den Antrst. auferlegt werden, da ihrem Antrag, wenn die Hauptsache sich nicht erledigt hätte, nicht hätte entsprochen werden können. Da die Antrg. gegenüber den nicht im Bezirk des LG S. ansässigen Antrst. Ziff. 4 bis 6 und 8 bis 12 die örtliche Unzuständigkeit des LG S. vor Einlassung zur Hauptsache gerügt hat, wäre deren Antrag schon als unzulässig abzuweisen gewesen, da sich auch aus § 32 ZPO f ü r die Ansprüche dieser Antrst. kein Gex-ichtsstand im Bezirk des angerufenen Gerichts aus dem Vertrag der Antrst. entnehmen läßt. Nach § 32 ZPO ist neben dem allgemeinen Gerichtsstand der Antrg. auch dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk die behauptete unerlaubte Handlung nach dem Vortrag der Antrst. begangen ist. Ort der Tat im Sinn des § 32 ZPO ist jeder Ort, an dem auch nur ein Stück des Tatbestandes der unerlaubten Handlung verwirklicht ist. Der Eintritt der Schadensfolgen allein begründet jedoch nicht die Zuständigkeit (Stein-JonasSchönke, Anm. IV zu § 32). Der Tatbestand, der hier verwirklicht sein soll, ergibt sich aus Art. 65 MUV. Hinsichtlich des äußeren Sachverhaltes, der den Tatbestand dieser Bestimmung im Sinn der obigen Ausführungen ver-
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wirklicht, ließe sich eine engere und eine weitere Auffassung vertreten. (Beide Auffassungen werden entwickelt und begründet, wobei die engere Auffassung von dem Wortlaut des Art. 65 § 1 ausgeht und einen Gerichtsstand nur dort als gegeben ansieht, wo eine Vereinbarung geschlossen, ein Beschluß gefaßt oder durch eine tatsächliche Übung eine Ursache für die Schädigung der Antrst. gesetzt wurde. Die weitere Auffassung gründet sich auf Art. 65 § 5, weil dort nicht nur der „Abschluß" einer verbotenen Vereinbarung, sondern auch ihre „Anwendung" mit Strafe bedroht ist. Eine Anwendung könnte in der Versendung der Rundschreiben auch nach S. und der Ablehnung der Belieferung der EVI] bzw. Großhändler in S. gesehen werden.) Einer endgültigen Entscheidung, welche der beiden dargelegten Auffassungen die richtige ist, bedurfte es, da die Antrg. hinsichtlich der hier ansässigen Antrst. die Zuständigkeit nicht bestritten hat, aber nicht. Denn auch wenn man die engere Auffassung ablehnt und von der weiteren ausgeht, ist nach dem tatsächlichen Vortrag der Antrst. im Bezirk des LG S. kein Stück des Tatbestands der angeblichen unerlaubten Handlung den Antrst. Ziff. 4 bis 6 und 8 bis 12 gegenüber verwirklicht. Durch die Versendung des Rundschreibens nach S. sollten allenfalls die EVU in S. von dem Kohlenbezug durch den Handel ausgeschlossen, sollte dem im Bezirk S. ansässigen Kohlengroßhandel die Belieferung seiner Kunden (soweit sie unter die Sperre fielen) untersagt werden. Gegen die in N., W. und M. ansässigen Antrst. Ziff. 4 bis 5 und 8 bis 10 (Energieversorgungsunternehmen) könnte dadurch auch bei der den Antrst. günstigen Auslegung nur dann eine unerlaubte Handlung begangen sein, wenn dargetan und glaubhaft gemacht wäre, daß sie Kunden von Kohlengroßhändlern in S. waren, gegen die in M. ansässigen Antrst. Ziff. 6, 11 und 12 (Kohlengroßhändler) dann, wenn sie bisher Großabnehmer in S. beliefert hätten. Allein deshalb, weil die EVU möglicherweise gegenüber den Sperrmaßnahmen der Antrst. auf den Kohlengroßhandelsplatz S. oder M. ausgewichen wären, wenn dort nicht dieselben Schwierigkeiten bestanden hätten, ist in S. nicht der Tatbestand einer unerlaubten Handlung gegen diese Antrst. erfüllt; die Tatbestandsmerkmale der unerlaubten Handlung, die die genannten Antrst. an einem Ausweichen nach S. verhindern, sind vielmehr am Sitz der Antrg. und möglicherweise durch die Mitteilung an die betroffenen Antrst. an deren Sitz begangen. Den Antrst. kann nicht gefolgt werden, wenn sie meinen, an jedem Ort des Marktes, auf dessen Beherrschung das Kartell gerichtet sei, sei auch wegen dessen Maßnahmen ein Gerichtsstand nach § 32 ZPO gegeben; es kann nicht anerkannt werden, daß gegen jeden durch das Kartell Geschädigten der Tatbestand der unerlaubten Handlung an jedem Ort des Marktes erfüllt sei. Allenfalls kann ein Schaden an mehreren Orten eintreten, nicht aber die tatbestandsmäßige Ausführungshandlung überall begangen sein. Aber auch zugunsten der Antrst. Ziff. 1 bis 3 und 7 hätte die begehrte einstweilige Verfügung nicht ergehen können. Als Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB kämen Art. 4 und 65 MUV entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zum Ges. Nr. 56 (Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht 2 I 386: LG M.Gladbach in N J W 1948, 525) in Frage. Ebenso ergäbe sich die Rechts-
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Widrigkeit eines Eingriffs in ein absolutes Rechtsgut i. S. d. § 823 I B G B möglicherweise aus Art. 65 MUV. Nach Art. 65 § 4 Abs. 2 MUV ist die Hohe Behörde ausschließlich zuständig, darüber zu entscheiden, ob die im Art. 65 genannten Vereinbarungen oder Beschlüsse mit dem MUV in Einklang stehen. Mit Krawielicki, Das Monopolverbot im Schumanplan 34, ist die Kammer zwar der Auffassung, daß es sich dabei um kein Prozeßhindernis handelt und daß die Erhebung einer Klage vor dem deutschen ordentlichen Gericht nicht absolut unzulässig ist. Aus der angeführten Bestimmung ergibt sich aber, daß ein nationales Gericht die Frage, ob eine nach Art. 65 verbotene Vereinbarung oder ein Beschluß vorliegt, nicht entscheiden darf, daß das Verfahren also auszusetzen und die Entscheidung der Hohen Behörde abzuwarten ist, wenn diese Frage für die Entscheidung des Prozesses erheblich ist. Etwas anderes kann hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis nach Ansicht der Kammer auch nicht bei dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gelten. Auch eine solche kann nicht erlassen werden, wenn damit eine der Entscheidung der Hohen Behörde vorbehaltene Frage entschieden werden müßte. Die Vorentscheidung gehört in diesem Fall, da es sich um ein Eilverfahren handelt, das eine längere Aussetzung verbietet, zur Schlüssigkeit des Antrags. Die Kammer hat im vorliegenden Fall selbst eine Anfrage an die Hohe Behörde gerichtet, obwohl auch ein solches Vorgehen im einstweiligen Verfügungsverfahren im Regelfall nicht üblich ist, da die Antrst. glaubhaft angegeben haben, daß die Hohe Behörde nur gegenüber Gerichten und Behörden eine Entscheidung treffe oder bekanntgebe. Da der Präsident der Hohen Behörde aber mitgeteilt hat, daß eine Entscheidung noch nicht ergangen sei und auch nicht sofort ergehen könne, hätte der Antrag als unbegründet angesehen werden müssen. Auch die jetzt ergangene Empfehlung nach Art. 66 § 7 enthält noch keine Entscheidung i. S. d. Art. 65 § 4 II. Nun behaupten die Antrst. allerdings zur Begründung ihres Unterlassungsverlangens nicht nur nach Art. 65 verbotene Vereinbarungen und Beschlüsse der Antrg., sondern auch verabredete Praktiken (pratiques concertées). Da in § 4 II des Art. 65 im Gegensatz zu dessen Art. § 1 die „pratiques concertées" nicht erwähnt sind, meinen die Antrst. im Anschluß an Krawielicki aaO 34, daß insoweit keine ausschließliche Zuständigkeit der Hohen Behörde für die Entscheidung über ihre Vereinbarkeit mit dem MUV bestehe. Die Kammer hat schon Zweifel, ob diese Wortinterpretation des § 4 II richtig ist. Krawielicki selbst weist (aaO S. 7) darauf hin, daß eine abschließende textkritische Überarbeitung des Vertragswerks unterblieben sei, daß der Vertrag daher manche redaktionellen Versehen und Unstimmigkeiten enthalte und der Terminologie und Satzstellung nicht dasselbe Gewicht beigelegt werden dürfe, wie in einem in dieser Richtung durchgefeilten Gesetz. Die Kammer vermag kaum einen inneren Grund für die unterschiedliche Behandlung der in § I nebeneinander aufgeführten Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken zu erkennen. Insbesondere überzeugt das Argument von Krawielicki nicht, daß die verbotenen Praktiken
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deshalb gar nicht f ü r nichtig erklärt werden könnten, weil sie nicht rechtsgeschäftlicher Natur seien. Denn in § 4 Abs. II handelt es sich nicht nur um eine Nichtigerklärung, sondern ganz allgemein um die Entscheidung, ob die Vereinbarungen, Beschlüsse und —• wenn man dies hineinlesen muß — verabredeten Praktiken mit Art. 65 MUV in Einklang stehen. Sollte allerdings der von Krawielicki angeführte Grund tatsächlich f ü r die Nichterwähnung der vereinbarten Praktiken in Art. 65 maßgebend gewesen sein, dann hätten die Vertragschließenden sich über die Bedeutung der Bestimmung geirrt und müßte diese f ü r den Fall, daß über die Bedeutung von verabredeten Praktiken gestritten wird, erweiternd ausgelegt werden. Viel näher liegt es, anzunehmen, daß die Vertragschließenden von der auch von Krawielicki 15 f. vertretenen Auffassung ausgegangen sind, daß es sich bei den „pratiques concertées" gar nicht um einen eigenen selbständigen Tatbestand handelt, sondern daß die Übereinstimmung des Marktverhaltens mehrerer Firmen eine widerlegbare Vermutung f ü r das Bestehen einer verbotenen Vereinbarung begründe. Wenn die Vertragschließenden die „pratiques concertées" also nicht als selbständigen Tatbestand, sondern als Indiz f ü r das Bestehen einer Vereinbarung aufgefaßt haben würden, dann wäre ihre Erwähnung in § 4 II nicht erforderlich gewesen, ohne daß deshalb die Zuständigkeit anders umgrenzt wäre als die Verbotstatbestände. Wenn man aber in den „pratiques concertées" einen selbständigen dritten Tatbestand sehen wollte, dann müßte es sich bei ihrer Nichterwähnung in § 4 II um ein offenbares Redaktionsversehen handeln. Gerade der vorliegende Fall zeigt, daß es nicht dem Sinn des Vertrags entsprechen kann, zwar f ü r die Zulässigkeit der Vereinbarungen und Beschlüsse die ausschließliche Zuständigkeit der Hohen Behörde anzuerkennen, ihre Durchführung aber als „pratiques concertées" zu behandeln, wie die Antrst. dies wollen, und die Entscheidung über die Zulässigkeit der Durchführung dem nationalen Gericht zuzuweisen, das mit seiner Entscheidung der Hohen Behörde zuvorkommen und darüber entscheiden könnte. Auch diese Frage brauchte aber nicht endgültig entschieden zu werden. Denn gerade wenn mit dem Begriff „pratique concertée" die „concerted action", das „concerted undertaking" des amerikanischen Antitrustrechts übernommen wurde, lag hier keine „pratique concertée" vor. Damit sollte dann eine Handhabe gegen Umgehungen geschaffen werden. Es handelt sich bei dem Tatbestand um ein Zusammenwirken, welches als Vorstufe zu einer Kartellabsprache charakterisiert wird (so Meyer-Cording, NJW 1953, 567) ; das Kartell soll in einem früheren Stadium, wenn das Zusammenwirken noch nicht zu einer nachweisbaren rechtsgeschäftlichen Vereinbarung geführt hat, bekämpft werden. Im vorliegenden Fall tragen die Antrst. aber selbst vor, daß in der Gründung der Antrg. schon eine Vereinbarung von Unternehmen, ein Gesellschaftsvertrag und in der Festsetzung der 30 000-t-Grenze ein Beschluß dieses Kartells, insbesondere ein Beschluß des Beirats der Antrg. vorgelegen habe, dessen Verwirklichung das Rundschreiben Nr. 32 und die übrigen beanstandeten Maßnahmen dienen sollten. Der Sachverhalt, auf den der Antrag außer auf die erwähnten Verein-
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barungen und Beschlüsse gestützt wird, stellt also keine Vorstufe des Kartells, sondern dessen Auswirkung dar. Darin kann aber nicht eine „pratique concertée" i. S. d. Art. 65 M U V gesehen werden. Auch die nun ergangene Empfehlung ändert nichts an dieser Rechtslage; wenn sich aus ihrem Ergehen auch schließen läßt, daß die Hohe Behörde das Verhalten der Antrg. nicht billigt, so enthält sie doch auch nicht die nach Art. 65 § 4 M U V für das ordentliche Gericht notwendige Vorentscheidung. Zudem hat sich die Antrg. der Empfehlung sofort gebeugt; wäre sie also bei Einreichung des Antrags, wie das zu dessen Schlüssigkeit notwendig gewesen wäre, schon vorgelegen, dann hätte es, wie sich jetzt gezeigt hat, an einem Arrestgrund gefehlt. Ob die Empfehlung selbst als Schutzgesetz i. S. d. § 823 I I BGB angesehen werden könnte, kann dahinstehen, da ihr ja unstreitig nicht zuwidergehandelt wird." 2 9 4 . Soweit der tschechoslowakische Staat Eigentum von Sudetendeutschen auf Grund seiner Feindvermögensgesetzgebung enteignet hat, ist die deutsche Gerichtsbarkeit durch das AHKG Nr. 63 für eine Eigentumsherausgabeklage ausgeschlossen. Es ist dabei insoweit auch kein Raum für eine Prüfung, ob diese Enteigungsgesetzgebung gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstößt. Die Sudetendeutschen sind deutsche Staatsangehörige. — EGBGB Art. 30; BGB § 985; KRG Nr. 5; A H K G Nr. 63; Anordnung Nr. 1 zum KRG Nr. 5; tschechoslowakische Dekrete vom 19. 5. 1945 und 25. 10. 1945. BGH, IV. ZS, Urt. vom 29. 1. 1953 — I V ZR 201/51 : BGHZ 8, 378; N J W 6 (1953) 545 mit Anmerkung von Seidl-Hohenveldern in N J W 6 (1953) 1389; JZ 8 (1953) 274; JR 7 (1953) 179; DVB1. 68 (1953) 245. Die Parteien sind Sudetendeutsche. Sie haben früher in R. gewohnt. Der Bekl. wurde im Sommer 1945 in die Wohnung des Kl. eingewiesen. Im Sommer 1946 wurde er nach Deutschland umgesiedelt. Er nahm einen großen Teil der Wohnungseinrichtung mit. Der Kl. verlangt diese als sein Eigentum heraus. Der Bekl. hat geltend gemacht, der tschechoslowakische Staat habe ihm als anerkannten Antifaschisten die Sachen zu Eigentum zugewiesen und ihm die Mitnahme nach Deutschland erlaubt; mindestens aber habe er ein Zurückbehaltungsrecht wegen Verwendungen. Der Kl. hat hiergegen mit einem Anspruch auf Nutzungsvergütung aufgerechnet. Das LG hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das OLG hat die Berufung des Bekl. zurückgewiesen Die Revision führte zur Zurückweisung. Aus den Gründen: „Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß für die Herausgabeklage das deutsche Recht gelte, weil die herausverlangten Sachen sich in Deutschland befänden, daß aber der Bekl. sich grundsätzlich auf die Rechtsordnung des tschechoslowakischen Staates berufen könne, soweit er geltend mache, der Kl. habe sein Eigentum schon in der Tschechoslo1
Siehe OLG München 14. 6. 1951. IPRspr. 1950—1951 Nr. 5.
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wakei verloren und er, der Bekl., es dort erworben (vgl. Beitzke, RabelsZ 1949/50, 145). Das Berufungsgericht hält jedoch die Enteignungsmaßnahmen des tschechoslowakischen Staates gegenüber Deutschen auf Grund der Dekrete des Präsidenten der tschechoslowakischen Republik vom 19. 5. 1945 und 25. 10. 1945 (Sammlung der Ges. u. VO 1945 Nr. 5 und Nr. 108) wegen Art. 30 EGBGB f ü r unbeachtlich und daher den Herausgabeanspruch des Rl. aus § 985 BGB für begründet. Es führt weiter aus, daß der Kl. gegen den Anspruch des Bekl. auf Ersatz von Verwendungen (§ 994 BGB) mit einem höheren Anspruch auf Herausgabe der seit 1946 gezogenen Nutzungen aus dem unentgeltlichen Besitz der Möbel wirksam aufgerechnet habe. Die Revision rügt vor allem die Anwendung des Art. 30 EGBGB. Auf die insoweit bestehenden Streitfragen kommt es jedoch nicht an, da inzwischen — nach Erlaß des angefochtenen Urteils — durch das Gesetz des Rates der AHK Nr. 63 vom 31. 8. 1951 eine neue Gesetzeslage geschaffen worden ist. Dieses Gesetz ist — unabhängig von der Frage, welches Recht bei Gesetzesänderungen im allgemeinen vom Revisionsgericht anzuwenden ist — in diesem Rechtszuge schon deshalb zu berücksichtigen, weil es die deutsche Gerichtsbarkeit in den von ihm bezeichneten Fällen ausschließt. Die Gerichtsbarkeit gehört zu den allgemeinen Prozeßvoraussetzungen (RGZ 157, 394), diese sind aber vom Revisionsgericht nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit seiner Entscheidung gilt (vgl. Stein-Jonas-Schönke Anm. III A zu § 549 ZPO). Nach dem Gesetz Nr. 63 „zur Klarstellung der Rechtslage in bezug auf deutsches Auslandsvermögen und andere im Wege der Reparation oder Rückerstattung erfaßte Vermögensgegenstände" könnte die vorliegende Klage unzulässig und deshalb f ü r eine Anwendung des Art. 30 EGBGB kein Raum sein, falls es sich hier tatsächlich um Gegenstände handelt, die im Rahmen der tschechoslowakischen Enteignungsgesetzgebung über deutsches Auslandsvermögen dem Kl. genommen und dem Bekl. zugewiesen worden sind. Denn nach Art. 3 a des Gesetzes Nr. 63 ist die Erhebung von Klagen, die sich auf die Übertragung, Liquidierung oder Übergabe unter dieses Gesetz fallender Vermögensgegenstände beziehen, gegen Personen, die Eigentum oder Besitz an diesen Gegenständen erworben haben, unzulässig. Nach Art. 1 Abs. 1 a I und III kommen insbesondere solche Vermögensgegenstände in Betracht, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes in einem ausländischen Staat belegen waren und in deutschem Eigentum standen, und die nach dem 1. 9. 1939 nach dem Recht dieses Staates „in Verfolg von Maßnahmen, die die Regierung eines Staates, der der Erklärung der Vereinten Nationen vom 1. 2. 1942 beigetreten ist, im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Deutschland getroffen hat" (Fall I) oder „in Verfolg von zur Befriedigung von Ansprüchen gegen Deutschland getroffenen Maßnahmen" (Fall III) übertragen oder liquidiert worden sind. Die weiteren Unterfälle des Art. 1 (Abs. 1 a II und IV und 1 b) scheiden f ü r den vorliegenden Sachverhalt aus. Die Tschechoslowakei ist ein „ausländischer Staat" im Sinne des Gesetzes Nr. 63 (Art. 4 a). Die streitigen Sachen haben auch vor dem In-
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krafttreten des Gesetzes Nr. 63 in der Tschechoslowakei in „deutschem Eigentum" gestanden. Der Begriff „deutsches Eigentum" ist anders als z. B. die Begriffe „ausländischer Staat" und „Deutschland" im Gesetz Nr. 63 nicht umschrieben worden. Der Ausdruck „Deutschland" bedeutet nach Art. 4 b des Gesetzes „das Gebiet des früheren Reiches am 31. Dezember 1937". Hieraus folgert insbesondere Ehlers (JZ 1952, 465 [467]), das Gesetz wolle die Annexionen nach 1937 nicht anerkennen und die im Zuge dieser Annexionen eingebürgerten deutschsprachigen Volksgruppen nicht als Deutsche behandelt sehen, auch wenn diese, wie etwa die Sudetendeutschen, in das Bundesgebiet vertrieben worden seien. Diese Auffassung ist jedoch mit der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des Gesetzes Nr. 63 nicht vereinbar. Vielmehr ist auch das Eigentum der Sudetendeutschen „deutsches Eigentum" im Sinne dieses Gesetzes. Insoweit gibt auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes einen Anhalt dafür, daß „deutsches Eigentum" solche Vermögensgegenstände sind, die einem deutschen Staatsangehörigen gehörten. Das Gesetz Nr. 63 ist nach seinem Art. 5 f ü r den Bereich der Bundesrepublik in weitem Umfange an die Stelle des KRG Nr. 5 getreten. Dieses Gesetz hatte nach seinen Art. II und III (letzterer in der Fassung der Anordnung Nr. 1), welche die Übertragung des deutschen Auslandsvermögens auf die Kommission f ü r Auslandsvermögen behandeln, das Vermögen der Person „deutscher Staatsangehörigkeit" (any person of German nationality) erfaßt. Hiervon abweichend hatte die KR-Proklamation Nr. 2 in ihrer Nr. 14 a das Gesetz Nr. 5 durch eine ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit verhängte Vermögensbeschlagnahme vorbereitet. Die Sudetendeutschen sind auch deutsche Staatsangehörige, und zwar auch im Sinne des KRG Nr. 5. Sie haben die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund des Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und der tschechoslowakischen Republik über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 20. 11. 1938 und Art. II des Gesetzes über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich vom 21. 11. 1938 erworben. Sie haben sie auch nach der Kapitulation behalten. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 4. 10. 1951 (BGHZ 3, 179)1 ausgeführt hat, entscheidet sich die Frage der Zugehörigkeit zu einem Staate grundsätzlich nur nach dem Rechte dieses Staates. Daß die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an Volksdeutsche des ehemaligen Protektorats Böhmen und Mähren grundsätzlich innerstaatlich wirksam geblieben ist, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 28. 5. 1952 (JZ 1952, 414) 2 näher dargelegt. Die dortigen Ausführungen gelten f ü r Sudetendeutsche entsprechend (vgl. auch Makarov, JZ 1952, 403 [405]). Auch die in Art. III KRG Nr. 5 alter Fassung enthaltenen Einschränkungen ergeben nichts anderes. Allerdings ist dort bestimmt, der Begriff „eine außerhalb Deutschlands befindliche Person deutscher Staatsangehörigkeit" solle nur auf eine Person angewendet werden, die auf Grund Reichsgesetzes („under Reich 1
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Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Siehe unten Nr. 316 a.
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Law") zu irgendeiner Zeit seit dem 1. 9. 1939 im vollen Besitz des deutschen Bürgerrechts („person who has enjoyed füll rights of German citizenship") stand und zu irgendeiner Zeit seit dem 1. 9. 1939 sich in einem damals unter der Kontrolle der Reichsregierung stehenden Gebiet befunden hat; dagegen soll dieser Begriff sich nicht auf irgendeinen Bürger eines Landes („to any Citizen of any country") erstrecken, das Deutschland seit dem 31. 12. 1937 annektiert hat oder annektiert zu haben behauptet hat. Durch die Anordnung Nr. 1 zum KRG Nr. 5 sind diesem Personenkreis noch diejenigen Personen deutscher Nationalität hinzugefügt worden, welche ab 1. 9. 1939 oder später deutsche Staatsbürger waren (persons who were Germ a n Citizens on or after 1 September 1939) und welche ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt dauernd oder zeitweilig im Auslande gelebt und im Kriege oder bei Vorbereitung des Krieges Deutschland oder seinen Verbündeten Beistand geleistet haben; dies soll nicht gelten f ü r Staatsangehörige von Ländern, die von Deutschland nach dem 31. 12. 1937 annektiert oder angeblich annektiert worden sind. Der Umstand, daß Art. III und die Anordnung Nr. 1 die Bürger der annektierten Länder ausnehmen, besagt jedoch nicht, daß die Sudetendeutschen und Volksdeutschen im ehemaligen Protektorat nicht unter das KRG Nr. 5 fallen sollten. Denn sie waren durch die von beiden interessierten Staaten stets anerkannten Einbürgerungen eben nicht m e h r Bürger dieses annektierten Landes, sondern deutsche Staatsbürger „auf Grund eines Reichsgesetzes". Damit verliert die Ausn a h m e vom Grundsatz des Art. III keineswegs jede Bedeutung. Denn in einer Reihe der von Deutschland annektierten Länder sind die Zwangseinbürgerungen nicht anerkannt worden (vgl. die Zusammenstellung bei Makarov, JZ 1952, 406 insbesondere f ü r Eupen-Malmedy, Elsaß-Lothringen und Luxemburg). In besonderem Maße spricht der Zweck des Gesetzes Nr. 63 dafür, das Vermögen der Sudetendeutschen als „deutsches Eigentum" anzusehen. W ä h r e n d das KRG Nr. 5 selbst die Enteignung der Inhaber von Auslandsvermögen ausspricht, auch soweit es sich außerhalb des der Hoheitsbefugnis des KR unterliegenden Gebietes befindet, nimmt das Gesetz Nr. 63 selbst keine Vermögensentziehung vor, sondern beschränkt sich darauf, im Ausland erfolgte oder noch erfolgende Liquidationen deutschen Eigentums f ü r das Gebiet der Bundesrepublik zu sanktionieren. Ehlers bezeichnet dies als den „akzessorischen" Charakter des Gesetzes (aaO S. 466). Bei folgerichtiger Durchführung dieser „Akzessorietät" sind grundsätzlich alle Liquidationen anzuerkennen, die unter den Voraussetzungen des Art. 1 a I bis IV von ausländischen Staaten vorgenommen worden sind. Daraus folgt, daß die Frage, was deutsches Eigentum ist, nach der Feindvermögensgesetzgebung der einzelnen liquidierenden Staaten zu beurteilen ist. Gerade nach der Haltung, die der tschechoslowakische Staat seit 1945 gegenüber den Sudetendeutschen eingenommen hat, k a n n nicht zweifelhaft sein, daß er sie selbst als Deutsche und ihr Vermögen als deutsches Eigentum behandelt hat. Das folgt sowohl aus dem Dekret vom 2. 8. 1945, mit dem er denjenigen tschechoslowakischen Staatsangehörigen deutschen Volkstums, die „entsprechend den Vorschriften einer f r e m d e n Besatzungsmacht" die
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deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, mit dem Tage dieses Erwerbs die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit abgesprochen hat, wie auch aus dem hier in erster Linie maßgeblichen Dekret vom 25. 10. 1945, in dem das Eigentum „physischer Personen deutscher Volkszugehörigkeit" grundsätzlich dem Eigentum des Deutschen Reiches gleichgestellt worden ist (Teil I § 1). Es bedarf aber noch der Prüfung, ob die weiteren Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 a des Gesetzes Nr. 63 erfüllt sind. Das Dekret vom 25. 10. 1945 „über die Konfiskation feindlichen Vermögens und den Fonds der nationalen Erneuerung", das dem Senat nur hinsichtlich seines Teiles I in einer deutschen Ubersetzung vorliegt, ist, soweit darin die entschädigungslose Enteignung deutschen Eigentums vorgesehen wird, sowohl eine „im Zusammenhang mit dem Kriege gegen Deutschland" (Fall I) wie eine „zur Befriedigung von Ansprüchen gegen Deutschland" getroffene Maßnahme (Fall III). Es fehlen jedoch bisher eindeutige Feststellungen darüber, ob der Bekl. die streitigen Sachen gleichfalls „in Verfolg" solcher Maßnahmen, also auf Grund dieses Dekretes, erworben hat. Das Ber.Ger. hat insoweit eine „Eigentums- und Besitzzuweisung seitens des Narodni Vybor an den Bekl." nur unterstellt, jedoch nicht näher festgestellt. Mit dieser Unterstellung konnte es sich von seinem Rechtsstandpunkt begnügen, daß Art. 30 EGBGB die Anwendung der tschechoslowak. Enteignungsgesetze ausschließe. Auf Grund des Gesetzes Nr. 63 kommt es nunmehr aber auf eine genaue Aufklärung der tatsächlichen Vorgänge bei der Enteignung und Zuweisung an. Hierzu war das angef. Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entsch. zurückzuweisen (§ 565 ZPO). Für die weitere Verhandlung ist zu bemerken: Nach § 1 IV des Dekrets vom 25. 10. 1945 hatte darüber, ob die f ü r die Enteignung aufgestellten Bedingungen erfüllt waren, der zuständige Bezirksnationalausschuß zu entscheiden. Diese Entsch. war — gegebenenfalls durch öffentl. Bekanntmachung — zuzustellen. Es bleibt hiernach unter Anwendung des § 293 ZPO zu prüfen, ob die Enteignung erst durch die Zustellung dieser Entsch. oder gar erst durch die Wegnahme oder anderweitige Zuweisung wirksam werden konnte, und ferner, inwieweit die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Nach § 2 aaO war ein Teil des beweglichen Vermögens ohnehin von der Enteignung ausgenommen; mindestens ein Teil der herausverlangten Gegenstände könnte hierzu gehören. Die Feststellungen des angef. Urteils ergeben nichts Bestimmtes darüber, daß die Streitgegenstände dem Bekl. zu Eigentum zugewiesen worden sind. Nach der Aussage der Zeugin R. hat er im Mai 1945 einen Einweisungsschein zur Auswahl zwischen zwei Wohnungen bekommen» Er ist damit in die „erste beste Wohnung", nämlich in die Wohnung des Kl. gegangen. Eine Zuweisung der Wohnungseinrichtung zu Eigentum ist dabei nicht ersichtlich. Damals, im Mai 1945, fehlte auch jede Rechtsgrundlage hierfür, da die Enteignung erst durch das Dekret vom 25. 10. 1945 angeordnet worden ist. Der Vortrag des Bekl., ihm seien die Möbel im Sommer 1946, als seine Aussiedlung bevorstand, als anerkanntem Antifaschisten zugewiesen worden, und es sei ihm erlaubt worden, sie nach 38 *
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Deutschland mitzunehmen, ergibt für sich allein noch keine Zuteilung zu Eigentum auf Grund dieses Dekrets. Die Bedeutung dieses Vorganges kann sich darin erschöpfen, daß ihm gestattet worden ist, die in seinem Besitz befindlichen Einrichtungsgegenstände ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse und ohne deren Nachprüfung mitzunehmen. Kann der Bekl. nachweisen, daß die Streitgegenstände dem Kl. enteignet worden sind, jedoch nicht beweisen, daß sie ihm auf Grund des Dekrets vom 25. 10. 1945 zu Eigentum oder nur zu Besitz (etwa zur Benutzung) zugewiesen worden sind, dann wäre noch zu prüfen, ob der Kl. die Herausgabe etwa als früherer Besitzer fordern kann." 2 9 5 . Ausländische Gläubiger können selbst dann einen Arrest gemäß § 917 II ZPO im Inland erwirken, wenn sowohl der Gläubiger als der Arrestschuldner im Ausland ihren Wohnsitz haben und ein inländischer Wohnsitz nur gemäß § 23 ZPO gegeben ist. — ZPO §§ 23, 917. OLG Stuttgart, Urt. vom 19. 5. 1952 — IV U 272/51: N J W 5 (1952) 831. Aus den Gründen: „Die Voraussetzungen für den Arrestgrund des § 917 II ZPO sind gegeben. Die Tatsache, daß beide Parteien Ausländer sind, steht der Anwendung der Bestimmung nicht entgegen. Diese Ansicht wird von Baumbach Anm. 2 zu § 917 und Stein-Jonas-Schönke, Anm. II zu § 917, vertreten. Das Obergericht Danzig hat sich in JW 1936, 887 mit der entgegengesetzten Ansicht anderer Gerichte auseinandergesetzt und kommt zu dem Ergebnis, daß § 917 I I ZPO anzuwenden ist, auch wenn Gläubiger und Schuldner Ausländer sind; die Bedeutung des § 917 II liege darin, daß die Vollstreckung des inländischen Urteils unter allen Umständen im Inlande gesichert werden sollte. Der Senat hält diese Ansicht für zutreffend und geht zunächst davon aus, daß aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen ist, daß die Bestimmung auf Ausländer keine Anwendung finden soll. Der Grundgedanke der Gesetzesbestimmung ist nach der Ansicht des Senats folgender: Wenn der Gläubiger im Inland ein Urteil erwirkt, so bedeutet seine Vollstreckung im Ausland eine Erschwerung. Deshalb wird dem Gläubiger das Mittel des Arrests an die Hand gegeben, sich auf alle Fälle die rasch zu erfassenden Vermögenswerte des Schuldners im Inland zu sichern. Die Schwierigkeit, ein inländisches Urteil im Ausland zu vollstrecken, ist auch dann gegeben, wenn beide Parteien dieselbe ausländische Staatsangehörigkeit haben und in ihrem Heimatlande wohnen. Den Gläubiger darauf zu verweisen, er möge in einem solchen Fall den Schuldner in seinem Heimatland verklagen, kann ohne Zwang aus dem § 917 II nicht herausgelesen werden. Der Gläubiger, auch der Ausländer, hat das Recht gem. § 23 ZPO, auch einen Ausländer im Inlande zu verklagen, wenn dieser im Inland Vermögen hat. Dieser Fall liegt hier vor; § 23 ZPO begründet ja überhaupt den Gerichtsstand des Bekl. im gegenwärtigen Prozeß. Die Vollstreckung eines solchermaßen erwirkten Urteils ist aber nicht auf das Inlandsvermögen beschränkt, kann vielmehr auch im Heimatland des Schuldners
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versucht werden. Es ist nicht ersichtlich, wieso dieses Wahlrecht dem Gläubiger durch § 917 I I ZPO genommen werden sollte. Die Voraussetzung des § 917 II ZPO ist lediglich die, daß das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte. Sie kann im Fall des § 23 ZPO gegeben sein und liegt im gegenwärtigen Prozeß vor. Nach der Absicht des Gesetzes wird dem Gläubiger deshalb die erleichterte Wirkung eines Arrestes gewährt, daß mit ihm nach Möglichkeit die erschwerte Vollstreckung im Ausland erspart wird, die notwendig würde, wenn der Arrest nicht erginge. Ohne den Arrest müßte das Urteil im Ausland vollstreckt werden. Der Arrestgrund des § 917 ZPO ist deshalb gegeben." 2 9 6 . Die Vorschrift des § 549 II ZPO, wonach in Rechtsstreitiglceiten über vermögensrechtliche Ansprüche die Revision nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat, ist auch auf die Fälle der sogenannten internationalen Zuständigkeit anzuwenden. — ZPO § 512 a, 549. BGH, Beschl. vom 18. 11. 1952 — I ZR 218/52: N J W 6 (1953) 222; ZZP 66 (1953) 144. Aus den Gründen: „I. Die Kl. macht gegen die Bekl. vor dem LG in Bremen wegen Nichterfüllung eines „Chartervertrages" Schadensersatzansprüche in Höhe von 300 000 DM geltend. Die Bekl. hat die Einrede der Unzuständigkeit erhoben. Das LG hat die Klage wegen Unzuständigkeit des Gerichts abgewiesen. Auf die Berufung der Kl. hat das OLG das Urteil des LG aufgehoben, die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts verworfen und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen \ Die Revision der Bekl. ist als unzulässig verworfen worden. II. Nach § 549 I I ZPO kann in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche die Revision nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, der sich die Rechtslehre fast einhellig angeschlossen hat, ist diese Vorschrift auch auf die Fälle der sogenannten internationalen Zuständigkeit anzuwenden, d. h. auch dann, wenn es sich um die Frage handelt, ob nach deutschem internationalem Prozeßrecht kein deutsches, sondern ein ausländisches Gericht zuständig sein könnte, wie dies im vorliegenden Fall z. B. für London geltend gemacht worden ist. Die Vorschriften der ZPO über die örtliche Zuständigkeit regeln die Gerichtsgewalt der deutschen Gerichte nicht nur im Verhältnis zueinander, sondern ziehen zugleich mittelbar dem Ausland gegenüber die Grenzen für die Ausübung der deutschen Gerichtsbarkeit. Wird, wie im vorliegenden Fall, die örtliche Zuständigkeit des LG bejaht, so ist damit zugleich endgültig darüber entschieden, daß überhaupt die deutsche Gerichtsbarkeit ausgeübt werden darf (RGZ 126, 198 f.; 150, 265 [268]; 157, 389 [392]; RG WarnRsp. 1915 Nr. 247; RG JW 1926 mit zustimmender 1
Siehe oben Nr. 291.
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Nr. 296
Anmerkung von Werner 1926, 1291 Nr. 9; das nichtveröffentlichte Urteil des RG vom 25. 6. 1915 — VII 110/15 —; RAG, JW 1933, 349 Nr. 2; KG in J W 1931, 2515 Nr. 4 mit ablehnender Anmerkung von Pagenstecher, der seine Bedenken gegen die Rechtsprechung gerade an einem Fall der Verneinung der örtlichen Zuständigkeit glaubt veranschaulichen zu können, hierbei aber übersehen hat, daß die Vorschriften der §§ 512 a, 549 II ZPO bei Verneinung der örtlichen Zuständigkeit überhaupt keine Anwendung finden; Stein-Jonas-Schönke, ZPO I Note 4 zu § 512 a, Anm. VII zu § 549; Baumbach-Lauterbach, ZPO 2 0 Anm. 2 zu § 512a, Anm. 5 zu § 549; Sydow-Busch, ZPO 22 Anm. 3 zu § 512 a, Anm. 5 zu § 549; SeuffertWalsmann, ZPO [1933] Anm. 1 zu § 512 a, Anm. 5 zu § 549; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts 5 § 38 III 1 b, S. 147). Demgegenüber kann der Versuch der Revision, unter Hinweis auf Pagenstecher, RabelsZ 4 (1930) 713 ff., 11 (1937) 342 ff. und Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht (1949) 318 ff., RG 157, 389 ff. und HansOLG in HansRGZ 1937 B S. 40 ff.) in Fällen der sogenannten internationalen Zuständigkeit auch die Nachprüfbarkeit der lediglich die örtliche Zuständigkeit bejahenden Entscheidungen durch das Rechtsmittelgericht zu begründen, keinen Erfolg haben. Der Hinweis auf die Entscheidungen RGZ 157, 389 ff. und HansOLG in HansRGZ 1937 B S. 403 ff., die denselben Fall betreffen, geht fehl, weil es sich hier rechtlich nicht um die Frage der örtlichen Zuständigkeit, sondern um die Exterritorialität und Immunität von Staatsschiffen handelt. Diese die Gerichtshoheit als solche betreffende und nach Völkerrecht zu beurteilende Frage der facultas jurisdictionis gehört nicht zu der allein nach deutschem internationalem Zivilprozeßrecht zu beurteilenden örtlichen Zuständigkeit. In der vorbezeichneten Entscheidung hat sich das Reichsgericht bereits mit den im vorliegenden Fall von der Revision angezogenenAusführungen Pagenstechers auseinandergesetzt und an der Rechtsprechung festgehalten, daß die Entscheidung der Frage, ob ein deutsches oder ausländisches Gericht örtlich zuständig ist, der Nachprüfung in den höheren Instanzen entzogen ist. Riezler (aaO) äußert gegen die herrschende Meinung Bedenken, weil die internationale Zuständigkeit nicht einfach als ein Unterfall der innerstaatlichen örtlichen Zuständigkeit angesehen werden könne, da die hierfür gegebenen Vorschriften „der Eigenart der internationalen Zuständigkeit und den damit verbundenen Schwierigkeiten nicht gerecht würden". Neue entscheidende Gesichtspunkte, die eine Abweichung von der Rechtsprechung des RG rechtfertigen könnten, bringt er jedoch nicht. Mag auch die Entscheidung darüber, ob ein deutsches oder ein ausländisches Gericht zuständig ist, f ü r die eine oder die andere Partei rechtlich und wirtschaftlich möglicherweise schwererwiegende Folgen haben als die Entscheidung darüber, ob das eine oder das andere deutsche Gericht zuständig ist, so rechtfertigt diese Erwägung doch keineswegs den Schluß, die Anwendbarkeit der §§ 512 a, 549 II ZPO zu verneinen. III. Nach den bisherigen Ausführungen kann die Revision keinen Erfolg haben . . . "
Nr. 297, 298
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2 9 7 . Für eine Restitutionsklage ist das Amtsgericht zuständig, das in dem Unterhaltsprozeß der Streitteile als erste Instanz entschieden hat. Wenn aber dieses deutsche Gericht nach 1945 nicht mehr besteht, weil es im Sudetengau lag, der jetzt einen Bestandteil der Tschechoslowakischen Republik bildet, so ist mit Zustimmung der Parteien das Wohnsitzgericht des Beklagten als zuständig zu betrachten. — Z P O § 584. AG Mühldorf, Urt. vom 10. 10. 1951 — C 201/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Zuständigkeit des AG Mühldorf für die erhobene Restitutionsklage ist nicht bestritten. Sie findet zwar im Gesetz keine Stütze; denn für vorstehende Restitutionsklage wäre gem. § 584 Z P O ausschließlich das AG Brüx zuständig, das in dem Unterhaltsprozeß der Streitsteile als erste Instanz entschieden hat. Aber das ehemals deutsche Gericht Brüx besteht nicht mehr, weil Brüx nunmehr nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches im Hoheitsgebiet der Tschechoslowakischen Republik liegt. Es erschien demnach mit Zustimmung der Parteien als angebracht, die Zuständigkeit des AG Mühldorf für vorstehende Restitutionsklage als Wohnsitzgericht des Bekl. zu bejahen, um dem Bekl. die Möglichkeit zu geben, in einem Verfahren die Begründetheit seines Klageanspruches nachprüfen zu lassen..." Zuständigkeit in Ehesachen Siehe auch Nr. 118—174, 316, 321, 322 (Ehescheidung); 2, 96, 97, 102, 107—109 (Ehenichtigkeit); 110, 110a (Eheaufhebung) 398. Die deutsche Zivilgerichtsbarkeit wird durch das AHKG Nr. 13 nur hinsichtlich der Alliierten Streitkräfte und Personen, die bei der AHK, einem Hohen Kommissar oder dem Befehlshaber der Besatzungsstreitkräfte beglaubigt sind, und ihren Familienangehörigen eingeschränkt. Ein Ausländer, dem nach dem Recht seines Landes die Prozeßfähigkeit mangelt, gilt als prozeßfähig, wenn ihm nach dem Recht des Prozeßgerichts die Prozeßfähigkeit zusteht (§55 ZPO). Das deutsche Recht schränkt die Geschäftsfähigkeit der Ehefrau und damit ihre Prozeßfähigkeit nicht ein. Nach den Grundsätzen des internationalen Zivilprozeßrechts gilt in allen Verfahrensfragen die lex fori; daher ist auch bei Streitigkeiten, die sachlichrechtlich fremden Gesetzen unterstehen, inländisches (deutsches) Prozeßrecht anzuwenden. — EGBGB Art. 15, 16; BGB § 1435; Z P O § § 52, 55, 740, 809; A H K Nr. 13 Art. 12; niederl. B W Art. 165. BGH, I V ZS, Urt. vom 25. 6. 1953 — IV ZR 135/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Revision ist nur zu einem geringen Teil gerechtfertigt. I. 1) Die Revision macht zunächst geltend, die Bekl. sei infolge ihrer Heirat mit Herrn van den C. seit dem 28. 11. 1947 niederländische Staatsangehörige; das Berufungsgericht habe daher prüfen müssen, ob sie als Angehörige der Vereinten Nationen vor einem deutschen Gericht verklagt
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werden konnte. Ob die Bekl. die niederländische Staatsangehörigkeit erworben hat, ist insoweit jedoch ohne Belang. Art. 2 des AHKG Nr. 13 schränkt die Gerichtsbarkeit auf zivilrechtlichem Gebiete nur hinsichtlich der in Art. 1 a genannten Personen ein; das sind die Alliierten Streitkräfte und Personen, die bei der Alliierten Hohen Kommission, einem Hohen Kommissar oder dem Befehlshaber einer der Besatzungsstreitkräfte beglaubigt sind, und deren Familienangehörige. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß die Bekl. zu diesem Personenkreis gehört. Die Bekl. hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. 4. 1952 vortragen lassen, sie wisse nicht, ob ihr Mann — etwa als Soldat des Beurlaubtenstandes — noch heute zu den Alliierten Streitkräften im Sinne des Gesetzes Nr. 13 zähle. Als Soldat des Beurlaubtenstandes wäre der Ehemann der Bekl. jedoch nicht Mitglied der „Alliierten Streitkräfte". Dieser Ausdruck umfaßt nach Art. 1 des AHKG Nr. 2 in der Gesetzgebung der Alliierten Hohen Kommission a) die Besatzungsbehörden, b) die Angehörigen der Besatzungsstreitkräfte, c) nichtdeutsche Staatsangehörige, die in militärischer oder ziviler Eigenschaft bei den Besatzungsbehörden Dienst tun, d) Familienangehörige und nichtdeutsche Personen, die im Dienste der in a, b und c dieses Absatzes aufgeführten Personen stehen, e) nichtdeutsche Personen, deren Anwesenheit im besetzten Gebiet von einem Hohen Kommissar oder dem Befehlshaber einer der Besatzungsstreitkräfte als notwendig für die Besatzungszwecke bestätigt ist. Keine dieser Voraussetzungen trifft nach dem Vorbringen der Bekl. zu . . . 2) Die Revision rügt weiter, das Berufungsgericht habe übersehen, daß nach holländischem Recht die Eheleute van den C. im Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft lebten und daß nach diesem „die verheiratete Ehefrau überhaupt keine Verfügungsbefugnis über das Gut des Ehegatten" habe; es habe daher der Ehemann verklagt werden müssen. Diese Rüge ist jedoch im Ergebnis unbegründet. a) Gegen die Partei- und Prozeßfähigkeit der Bekl. bestehen keine Bedenken. Dabei kommt es für die Prozeßfähigkeit nicht darauf an, ob die Bekl. mit der Eheschließung die niederländische Staatsangehörigkeit erworben hat und ob sie etwa nach niederländischem Recht in ihrer Geschäftsfähigkeit und Verfügungsbefugnis beschränkt ist. Denn nach § 55 ZPO gilt ein Ausländer, dem nach dem Recht seines Landes die Prozeßfähigkeit mangelt, als prozeßfähig, wenn ihm nach dem Recht des Prozeßgerichts die Prozeßfähigkeit zusteht. Das deutsche Recht schränkt jedoch die Geschäftsfähigkeit der Ehefrau und damit ihre Prozeßfähigkeit (§ 52 I ZPO) nicht ein. § 55 ZPO wäre mindestens entsprechend anzuwenden, wenn die Bekl. infolge der Eheschließung mit einem niederländischen Staatsangehörigen staatenlos geworden ist, aber die Wirkungen der Eheschließung sich allein nach dem Heimatrecht ihres Mannes bestimmen. b) Die Bekl. konnte auch allein verklagt werden. Auf Art. 16 EGBGB kann sich der Kl. hierbei entgegen der in der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht allerdings nicht stützen. Nach dieser
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Bestimmung finden die Vorschriften des § 1435 BGB entsprechende Anwendung, wenn ausländische Ehegatten oder Ehegatten, die nach der Entstehung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande haben; dabei steht der ausländische gesetzliche Güterstand einem vertragsmäßigen gleich. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Eheleute van den C. nach dem insoweit maßgebenden deutschen Recht den Wohnsitz im Inlande haben oder — mindestens bei Prozeßbeginn — gehabt haben. Die Voraussetzungen des § 1435 BGB sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Bekl. aus dem Hinweis auf den niederländischen gesetzlichen Güterstand keine Einwendungen gegen ein Rechtsgeschäft oder gegen ein rechtskräftiges Urteil herleitet. Sie erhebt den Einwand vielmehr, um das angefochtene Urteil nicht rechtskräftig werden zu lassen. Die Bekl. beruft sich aber im Ergebnis ohne Erfolg auf die besondere Stellung, die der Mann nach dem niederländischen Ehe- und Ehegüterrecht einnimmt. Nach Art. 163 Burgerlijk Wetboek (BW) kann auch die nicht in allgemeiner Gütergemeinschaft lebende oder „von den Gütern geschiedene" Ehefrau ohne Beistand ihres Mannes bei Abschluß des Rechtsgeschäfts oder ohne seine schriftliche Zustimmung nicht verkaufen, weggeben, verpfänden, beschweren und veräußern. Nach Art. 165 BW kann sie ohne Beistand ihres Mannes „niet in regten verschijnen", d. h. nicht vor Gericht erscheinen ( = nicht im Prozeß auftreten), auch wenn sie nicht im Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft lebt oder dieser Güterstand durch Richterspruch aufgehoben ist oder sie einen selbständigen Beruf ausübt. Diese beiden Bestimmungen berühren als persönliche Ehewirkungen im Sinne des Art. 14 EGBGB nur die Frage der Geschäfts- und Prozeßfähigkeit der Bekl., nicht jedoch die hier maßgebliche Frage, ob sie auch selbst verklagt werden kann. Diese ist sachlich-rechtlich ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Bekl. dem niederländischen Ehegüterrecht zu entnehmen, weil das eheliche Güterrecht sich nach einem aus Art. 15 EGBGB zu folgernden Grundsatz nach dem Heimatrecht des Mannes zur Zeit der Eheschließung beurteilt (RGZ 91, 407). Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Bekl. nach niederländischem Ehegüterrecht — etwa auf Grund einer Ermächtigung durch den Ehemann — allein verklagt werden kann. Auch wenn das nicht der Fall ist, ist im vorliegenden Falle nach den Bestimmungen der deutschen Zivilprozeßordnung eine Klage gegen sie allein zulässig. Nach den Grundsätzen des Internationalen Zivilprozeßrechts gilt in allen Verfahrensfragen die lex fori; daher ist auch bei Streitigkeiten, die sachlich-rechtlich fremden Gesetzen unterstehen, inländisches (deutsches) Prozeßrecht anzuwenden (Nußbaum, Internationales Privatrecht [1932] 384). Für das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht ist streitig, ob ein nur gegen den Ehemann erstrittenes Urteil ausreicht, um die Zwangsvollstreckung ohne Einverständnis der Ehefrau auch in die Gegenstände des Gesamtguts zu betreiben, die sie im Gewahrsam hat (so Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts 5 853, 916) oder ob die in Gütergemeinschaft lebende Ehefrau Dritte im Sinne des § 809 ZPO ist (so Stein-Joncis-Schönke Anm. II zu § 740; Vorbem. II vor § 735 ZPO). Rechtslehre und Rechtsprechung lassen jedenfalls, obwohl bei dem
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Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft ein gegen den Ehemann ergangenes Urteil zur Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut (erforderlich und) genügend ist (§ 740 ZPO), daneben oder allein eine Verurteilung der Ehefrau zur Leistung ihrer Schulden zu, auch soweit sie Gesamtgutsverbindlichkeiten geworden sind (vgl. RGZ 105,19 [20/21]). Hierfür ist bestimmend, daß die Frau bei einer Zwangsvollstreckung aus einem gegen den Mann allein erlassenen Urteil möglicherweise Schwierigkeiten machen kann, ferner, daß nach Beendigung der Gemeinschaft ohnedies zur Vollstreckung gegen das Gesamtgut ein gegen die Frau ergangener Titel nach § 743 ZPO erforderlich ist. — Hierbei kann im vorliegenden Falle keine bloße Duldungsklage, sondern eine Klage auf Leistung auch gegen die Frau verfolgt werden, weil es sich um persönliche Schulden der Frau handelt (vgl. RGZ 89, 361 [363]). Eine Klage dieser Art darf nicht deshalb abgewiesen werden, weil der Mann nicht mitverklagt worden ist (RG, Recht 1924 Nr. 647 a). Die Frage, ob ein Kl. das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage gegen die Frau im allgemeinen noch besonders darlegen muß, kann hier auf sich beruhen. Denn im vorliegenden Falle ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis aus den besonderen Verhältnissen. Die Eheleute van den C. leben unstreitig getrennt. Der Ehemann hat seinen Wohnsitz in Holland, während die Bekl. in D. (Bundesrepublik) lebt. Schon dieser Umstand erhöht die Gefahr, daß die Bekl. alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten, eine Zwangsvollstreckung gegen Gesamtgutsvermögen, das sich in Deutschland, insbesondere in ihrem Alleinbesitz, befindet, zu hindern oder zu verzögern, selbständig wahrnimmt, wie sie auch die bisherigen Rechtsstreitigkeiten — wenn auch in Verkennung ihrer wahren rechtlichen Stellung als Ehefrau eines Holländers — nach ihrem eigenen Vorbringen ganz selbständig geführt hat. Hinzu kommt, daß der bisherige Prozeßverlauf die Annahme nahelegt, die Bekl. werde auch in der Vollstreckung alle Möglichkeiten, ihre vermeintlichen Rechte zu wahren, bis zum letzten ausnutzen. Es kann hiernach auch dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die vorliegende Klage sich auf Gesamtgut bezieht und ob die Eheleute van den C. im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft leben oder etwa eine andere Regelung durch „Ehevertrag" getroffen haben, was nach niederländischem Recht zulässig ist (vgl. Schlegelberger, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch Bd. 2, 709; Art. 194—209 B W ) . 3) Die Revision rügt auch ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß das Vermögen der Bekl. den MRG Nr. 52 und 53 unterliege. Das Gesetz Nr. 52 ist schon deshalb nicht verletzt, weil auch gegen Personen, die diesem Gesetz unterliegen, ohne Genehmigung geklagt und ein Urteil erlassen werden darf; insoweit ist erst die Zwangsvollstreckung genehmigungsbedürftig. Soweit das Gesetz Nr. 53 in Betracht kommt, hat der Kl. den vorsorglichen Genehmigungsbescheid der Landeszentralbank von Bayern in München vom 18. 6. 1953 herbeigeführt..." 299. In Ehesachen wird ab 1. 4. 1953 die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts grundsätzlich durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Be-
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klagten bestimmt. Fehlt aber ein solcher im Inland, so ist das Gericht des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Klägers ausschließlich zuständig. — GG Art. 3; ZPO § 6 0 6 . OLG Stuttgart, Beschl. vom 28. 8. 1953 — 2 W 72/53: N J W 6 (1953) 1552. Aus den Gründen: „Der § 606 I S. 2 ZPO kann, wie auch das LG in dem angef. Beschl. mit Recht ausführt, seit dem 1. 4. 1953 nicht mehr unverändert angewendet werden, da diese Vorschrift dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Männern und F r a u e n (Art. 3 Abs. 2 GG) widerspricht. Die Bestimmung enthält nämlich insofern eine Benachteiligung der F r a u , als diese sich als klagende wie auch als beklagte Partei nach dem Aufenthaltsort des Mannes richten m u ß und f ü r sie die W a h r n e h m u n g ihrer Rechte an einem auswärtigen Gerichtsort erschwert sein k a n n (ebenso OLG Hamm, Beschl. vom 30. 4. 1953, N J W 1953, 910). § 606 I S. 2 ZPO ist daher in der bisherigen Fassung mit Art. 3 II GG nicht vereinbar und nicht mehr unverändert anwendbar (ebenso die angeführte Entsch. des OLG H a m m ; ferner Maß feiler, Betrieb 1953, 589; Hagemeyer, N J W 1953, 605; Mattem, Die Justiz 53, 137 und Fünf stück, MDR 1953, 265). Der Senat schließt sich der in der Rspr. und im Schrifttum überw. Auffassung an, daß Art. 117 I GG nicht n u r dem Gesetzgeber eine Anweisung zur Anpassung des geltenden Rechts an den Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 II GG erteilen wollte, sondern das diesem Grundsatz widersprechende Recht vom 1.4.1953 an außer Kraft gesetzt hat. Daraus folgt aber nicht der ersatzlose Wegfall des § 606 I S. 2 ZPO. Vielmehr ist diese Vorschrift seit dem 1. 4. 1953 in der gewandelten F o r m anzuwenden, wie sie sich unter Berücksichtigung des Gleichberechtigungsgrundsatzes ergibt. Die einseitige Bevorzugung des Mannes hat auszuscheiden mit der Folge, daß jetzt grundsätzlich der allgemeine Gerichtsstand der bekl. Partei als maßgebend anzusehen ist. Dieser Grundsatz m u ß jedoch dann eine Durchbrechung erfahren, wenn der allgemeine Gerichtsstand der bekl. Partei nicht im Inland gelegen ist. Denn die Regelung der örtlichen Zuständigkeit in § 606 I ZPO baut sich auf dem Grundgedanken auf, daß in allen Fällen, in denen ein Interesse an der Ausübung der inländischen Gerichtsbarkeit besteht, auch eine inländische örtliche Zuständigkeit gegeben sein m u ß (vgl. hierzu Stein-Jonas-Schönlce 17, Anm. I 2 zu § 606 ZPO). Ein solches Interesse ist d a n n zu bejahen, wenn deutsche Staatsangehörige sonst den Prozeß außerhalb des Inlands f ü h r e n m ü ß t e n (so auch BGH, Urt. vom 25. 9. 1952, JZ 1952, 748 = N J W 1952, 1415) 1 . Dies bedeutet, daß § 606 I S. 2 seit 1. 4. 1953 in der Fassung anzuwenden ist, wie sie sich aus dem Regierungsentwurf des FamilienrechtsG (Bundestags-Drucks. Nr. 3802) ergibt, dessen einschlägige Bestimmung folgendermaßen lautet: „Hat zur Zeit der Erhebung der Klage im Bezirk dieses Gerichts keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder haben sie einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nicht gehabt, so ist das LG ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der gewöhn1
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 532.
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liehe Aufenthaltsort des Bekl. oder, falls ein solcher im Inland fehlt, der gewöhnliche Aufenthaltsort des Klägers gelegen ist." Die gleiche Auffassung vertreten auch Hagemeyer und Mattern." 3 0 0 . Das Saarland ist nach wie vor als „Inland" ZPO anzusehen. — Z P O § 606.
im Sinne des § 606
L G Mannheim, Beschl. v. 21. l o ! 1953 — 2 R 132/53: N J W 6 (1953) 1798. Aus den Gründen: „ F ü r die Frage, welches Gericht f ü r die Entsch. der vorl. Scheidungsklage zuständig ist, kommt es entscheidend darauf an, ob das Saarland als Inland i. S. des § 606 Z P O anzusehen ist oder nicht. Daß das Saarland nach wie v o r ein Bestandteil des Deutschen Reiches ist, ist von deutscher Seite nie in Zweifel gezogen worden, und dieser Standpunkt ist von allen maßgeblichen Stellen der Bundesrepublik immer auf das nachdrücklichste vertreten worden (vgl. hierzu u. a. die Entschließung des Deutschen Bundestages v o m 23. 4. 1952 — BAnz. Nr. 80 vom 25. 4. 1952 — , Rundschr. des BJM an die Landesjustizverwaltungen betr. Rechtshilfeverkehr mit dem Saargebiet v o m 17. 4. 1953, 3141/1 — 20 888/53 — abgedr. in Die Justiz 1953, 229 — , ferner Nüse in M D R 1953, 454 u. a.). Auch das GG geht davon aus, daß das Deutsche Reich als staatsrechtliche Einheit fortbesteht, wie seine Präambel und die Art. 23 Satz 2, 116 und 146 zeigen (vgl. hierzu BGH in N J W 52, 182 und 1415). Daraus folgt allerdings — wie der BGH in seiner grundlegenden Entsch. v o m 25. 9. 1952 1 ( N J W 1952, 1415) ausführt und der sich die Kammer insoweit anschließt — nicht, „daß § 606 I S. 2 und andere Bestimmungen der ZPO, in denen der BegrifF des Inlandes gebraucht wird, diesen Begriff im staatsrechtlichen Sinne verstehen"; nicht immer — so sagt der BGH in dieser Entsch. weiter — sei, wenn in einem deutschen Gesetz Rechtsfolgen mit Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen irgendwelcher Beziehungen eines Tatbestandes zum Inland geregelt werden, darunter das staatsrechtliche Inland verstanden worden. Im weiteren Verfolg seiner Ausführungen kommt der BGH dann auch zu dem Ergebnis, daß, wenn der letzte gemeinschaftliche Aufenthaltsort der Ehegatten in der Ostzone gelegen ist, jedenfalls dann in einer Ehesache das f ü r die Entsch. des Rechtsstreits zuständige Gericht in entspr. Anwendung des § 606 I S. 2 ein L G im Gebiete der Bundesrepublik sein kann, wenn einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt iin Gebiet der Bundesrepublik genommen hat. Diese f ü r den damals dem BGH vorliegenden Fall durchaus zu billigende Entsch. kann jedoch keineswegs ohne weiteres auf den hier gegebenen Fall übertragen werden. I m Gegenteil — gerade ein näheres Studium der Gründe, die den BGH zu jener Entsch. führten, zeigt, daß diese im gegenwärtigen Falle zum umgekehrten Ergebnis führen müssen: Die Entscheidung des BGH führt zunächst aus, daß die ursprüngliche Einheit des Verfahrensrechts f ü r bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Deut1
Siehe IzRspr. 1945—1953 Nr. 532.
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sehen Reich nicht mehr bestehe. Staatsgebiet und Rechtsanwendungsgebiet fielen deshalb nicht mehr zusammen. In der Frage wird dann aufgezeigt, welch erhebliche Unterschiede die Prozeßrechtssysteme der Bundesrepublik und der sowjetischen Besatzungszone gerade in Ehesachen heute aufweisen. So wurden in letzterer auf Grund der VO betr. d. Übertragung familienrechtlicher Streitigkeiten in die sachliche Zuständigkeit des AG vom 22. 12. 1948 Ehesachen den AG übertragen, die auf Antrag unter Mitwirkung von Eheschöffen entchieden. Auf das Verfahren finden im wesentlichen die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den AG Anwendung. Dadurch entfällt der Anwaltszwang, entscheiden die LG über die Berufungen gegen die amtsgerichtlichen Urteile usf. In erster Linie haben diese erheblichen Unterschiede in der Behandlung von Ehesachen in den durch die Zonengrenze getrennten Teilen Deutschlands den BGH zu seiner oben erwähnten Entscheidung veranlaßt. All dies kann jedoch nicht in gleicher Weise f ü r das Verhältnis der Gerichtsbarkeit des Saarlandes zu der der Bundesrepublik gelten. Zwar hat sich auch in diesen beiden Teilen Deutschlands in bezug auf das Prozeßrecht eine voneinander abweichende Entwicklung vollzogen. So entspricht z. B. die im Saarland z. Z. gültige Fassung der ZPO und der Gerichtsverfassung nicht ganz derjenigen der Bundesrepublik, da ja u. a. z. B. das VereinhG der Bundesrepublik vom 12. 9. 1950, das verschiedene Abänderungen des GVG und der ZPO mit sich brachte, im Saarland keine Geltung erlangte. Doch sind die Unterschiede im Vergleich zu denjenigen, die insoweit zwischen der Bundesrepublik und der sowjetischen Besatzungszone bestehen, sehr gering, und sie fallen gerade im Verfahren in Ehesachen kaum ins Gewicht. Insgesamt gesehen sind die Abweichungen wohl nicht größer als die, die früher innerhalb des Gebietes der späteren Bundesrepublik zu der Zeit bestanden haben, als diese noch nicht gegründet war. Wenn daher der BGH aaO am Schluß seiner EntschGründe ausführt, daß durch die Bestimmung des § 606 I S. 2 ZPO in Ehesachen dem Rechtssuchenden, der im Bundesgebiet wohnt, die Möglichkeit eröffnet werden solle, sein Recht bei der f ü r ihn selbst geltenden Gerichtsbarkeit zu suchen, um ihn der Schwierigkeit zu entheben, vor einem Gericht mit anderer Gerichtsverfassung und Erschwerung der Vertretung seiner Belange klagen zu müssen, so waren diese Gründe f ü r eine Anwendung der Bestimmung des § 606 I S. 2 wohl in dem dem BGH zur Entsch. vorliegenden Falle gegeben, nicht aber in dem gegenwärtigen Rechtsstreit. Die Schwierigkeiten, die sich dem Kl. im Falle einer Erhebung seiner Scheidungsklage vor einem saarländischen Gericht entgegenstellen, sind kaum größer als in einem anderen Falle, in dem die Ehegatten einen voneinander verschiedenen Aufenthaltsort innerhalb der Bundesrepublik haben, wenn man einmal davon absieht, daß durch die verschiedenen Währungen immerhin einige devisenrechtliche Formalitäten zu erledigen sein werden. Schließlich kommt aber auch noch ein weiteres hinzu: Man kann wohl unbedenklich davon ausgehen, daß die saarländischen Gerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und damit auch in Ehesachen sachlich-rechtlich
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im allgemeinen nach wie vor in gleicher Weise und nach den gleichen Gesichtspunkten entscheiden, wie dies bei den deutschen Gerichten innerhalb der Bundesrepublik geschieht, während hiervon bezüglich der in der sowjetischen Besatzungszone gelegenen Gerichte kaum die Rede sein kann. Zwar gilt auch f ü r letztere noch immer das EheG des KR von 1946. Die hierorts bekanntgewordenen Entsch. ostzonaler Gerichte in Ehesachen lassen jedoch erkennen, daß dieses Gesetz z. T. in einer Form angewandt und ausgelegt wird, die mit unseren hiesigen Rechtsauffassungen nicht immer in Einklang zu bringen ist. Nicht zuletzt hat wohl dieser Umstand wesentlich dazu beigetragen, daß Rechtslehre und Rspr. —• und in der vorerwähnten Entsch. auch der BGH — nach jahrelangem Zögern dazu übergegangen sind, die Ostzone nunmehr als Ausland i. S. des § 606 ZPO anzusehen und zu behandeln. Auch diese Erwägungen können aber aus den oben angeführten Gründen nicht dazu herangezogen werden, in gleicher Weise auch das Saarland dem Ausland gleich zu behandeln. Dem steht auch nicht entgegen, daß das OLG Saarbrücken in einem Urt. vom 23. 5. 1951 (NJW 1952, 475) dahingehend entschieden hat, daß „Inland" i. S. des § 606 ZPO nach saarländischem Recht nur das „Saarland", das Gebiet der Bundesrepublik aber „Ausland" sei. Das Gericht vermag sich diesen Ausführungen, die seitens des saarländischen Gerichts von anderen Erwägungen getragen sein dürftenj nicht anzuschließen (vgl. hierzu Lauterbach, Scheidung Deutscher in den in Ost und West abgetrennten deutschen Gebieten, NJW 1952, 449). Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, daß f ü r den vorl. Rechtsstreit die ausschließliche Zuständigkeit des LG Saarbrücken gegeben ist." 301. Die deutschen Gerichte sind für einen Ehescheidungsstreit belgischer Staatsangehöriger nicht zuständig, weil nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, daß deutsche Scheidungsurteile über belgische Staatsangehörige anerkannt werden. — ZPO § 606; AHKG Nr. 13 Art. 2; AHKG Nr. 2 Art. 1. OLG Hamm, Beschl. vom 18. 6. 1953 — 3 W 100/53: JMinBl. NW 7 (1953) 247. Aus den Gründen: „Zwar ist die Rechtsverfolgung der Antrst. nicht deshalb aussichtslos, weil der Antrg. z. Z. als Soldat in der belgischen Armee dient; denn der Antrg. ist dadurch nicht der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen, da auf Grund der Art. 2, 1 a des Gesetzes Nr. 13 in Verbindung mit Art. 1 II des AHKG Nr. 2 nur im Hinblick auf die in der Bundesrepublik befindlichen Besatzungsangehörigen eine deutsche Gerichtsbarkeit nicht • besteht. Darüber hinaus ist auch eine Armenrechtsbewilligung bei einem belgischen Staatsangehörigen möglich, da insoweit die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Jedoch hat die von der Antrst. beabsichtigte Rechtsverfolgung auch nach erneuter Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die Zuständig-
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keit der deutschen Gericht f ü r einen Ehescheidungsstreit zwischen belgischen Staatsangehörigen nicht mit Sicherheit feststeht. Vor allem ist in diesem Zusammenhang nicht klar ersichtlich, daß die Entscheidung der deutschen Gerichte, wie es nach § 606 III Ziff. 1 ZPO als Voraussetzung f ü r das Vorliegen der deutschen Gerichtsbarkeit gefordert wird, nach dein belgischen Recht anerkannt werden wird. Allerdings ist der Antrst. zuzugeben, daß Baumbach und Stein-Jonas in ihren Anmerkungen zu § 606 ZPO die Frage nach der Anerkennung deutscher Ehescheidungsurteile in Belgien bejahen. Doch stützen beide Kommentare ihre Ansicht auf eine Entscheidung des OLG Köln in J W 1929, 449, in welcher f ü r die Bejahung der Umstand maßgebend war, daß Belgien f ü r Ehescheidungsstreitigkeiten seiner Staatsangehörigen nicht die ausschließliche Zuständigkeit f ü r sich in Anspruch nimmt. Dieser Gesichtspunkt allein ist jedoch f ü r die Frage der Anerkennung deutscher Urteile in Belgien nicht entscheidend; denn jedes deutsche Urteil wird erst noch von den belgischen Gerichten d a r a u f h i n überprüft, ob eine Anerkennung stattfinden k a n n oder nicht. Es hängt also letztlich immer von der Entscheidung der belgischen Gerichte ab, ob ein deutsches Ehescheidungsurteil in Belgien anerkannt wird. Eine eindeutige und f ü r jeden Einzelfall gültige Stellungn a h m e der belgischen Gerichte ist aber bislang nicht erfolgt. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache sagen daher Bergmann, Internationales Eheu n d Kindschaftsrecht (1938) I 35 f. und Boschan, Europäisches Familienrecht (1937) 11, daß es nicht als verbürgt angesehen werden könne, daß deutsche Ehescheidungsurteile über belgische Staatsangehörige in Belgien anerkannt werden. Die danach n u r bestehende Möglichkeit der Anerkennung deutscher Scheidungsurteile in Belgien reicht aber nicht aus, u m die Zuständigkeit der deutschen Gerichte gem. § 606 III Ziff. 1 ZPO f ü r die Scheidung belgischer Staatsangehöriger bejahen zu können. Vielmehr m u ß , wie Palandt zu Art. 17 EGBGB Anm. 6 a in Übereinstimmung mit dem KG, J W 1937, 1979, bemerkt, die Anerkennung im konkreten Einzelfall auch in der Praxis geschehen. Dabei würde es nicht einmal genügen, wenn n u r die belgischen Gerichte eine Anerkennung deutscher Ehescheidungsurteile bejahen würden, sondern es müssen sich, wie das RG mit Recht angenommen hat, RGZ 148, 130, darüber hinaus auch die Verwaltungsbehörden des jeweiligen Landes zu einer Anerkennung bekennen. Aber auch dieses ist bei Belgien ebenso wie die Anerkennung durch seine Gerichte fraglich. Demnach k a n n nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß in Belgien deutsche Scheidungsurteile über belgische Staatsangehörige anerk a n n t werden. Uber diese Frage ist auch in der neueren Literatur — soweit ersichtlich — keine andere Meinung vertreten worden. Auch Zielke, VR 1951, 38, vermag mit seinen Ausführungen, soweit diese überhaupt der hier vertretenen Auffassung widersprechen, nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Mithin können die deutschen Gerichte, zumal auch keine Regelung durch Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und Belgien besteht, in einem Ehescheidungsstreit zwischen belgischen Staatsangehörigen nicht als zur Entscheidung befugt angesehen werden."
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3 0 2 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe österreichischer Staatsangehöriger zuständig, weil die deutschen Ehescheidungsurteile in Österreich anerkannt werden. — EGBGB Art. 17; Z P O § 606. L G Hechingen, 2. Z K , Urt. v o m 5. 2. 1952 — R 14/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „ I . Das angerufene Gericht ist nach § 606 zuständig. Deutsche Urteile werden in Österreich anerkannt. Da der Kl. Österreicher ist, muß nach Art. 17 EGBGB nach österreichischem Recht entschieden werden . . . " 3 0 3 . Ehem. Österreicher, die im Jahre 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch erworben haben, haben auf Grund des österreichischen Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes vom 10. 7. 194-5 die österreichische Staatsangehörigkeit wiedererworben. Sie haben gleichzeitig die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Eine Deutsche, die 1946 einen verloren Österreicher geheiratet hat, hat die deutsche Staatsangehörigkeit und die österreichische erworben. Das Ehescheidungsurteil eines deutschen Gerichts, durch welches die Ehe eines in Österreich lebenden österreichischen Beklagten geschieden wird, wird nicht anerkannt. Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung einer solchen Ehe nicht zuständig. — Z P O § § 328, 606; 4. D V O z. EheG § § 19, 24; RuStAG § § 17, 25; österr. Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz vom 10. 7. 1945; österr. Jurisdiktionsnorm § 76. L G Wiesbaden, 3. ZK, Beschl. v o m 21. 4. 1953 — 2 b R 352/52 1 . Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Antrst. ist als deutsche Staatsangehörige 1927 geboren, der Antrg. als österreichischer Staatsangehöriger im Jahre 1919. Die Parteien haben sich 1945 kennengelernt und am 25. 6. 1946 in Wiesbaden geheiratet. 1948 zogen sie nach W i e n und lösten den hiesigen Hausstand auf. W e g e n Schwierigkeiten mit den Schwiegereltern, bei denen die Parteien wohnten, verließ die Antrst. am 29. 9. 1949 den Antrg. und kehrte nach Wiesbaden zurück. Sie beabsichtigte, die Ehescheidungsklage gegen den Antrst., gestützt auf § 48 EheG, bei dem L G Wiesbaden zu erheben und hat die Bewilligung des Armenrechts beantragt. Der Antrg. macht die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend. Die Klage bietet keine Aussicht auf Erfolg, da sie wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts abgewiesen werden müßte. Beide Parteien besitzen nach Ansicht der Kammer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit; die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung würde nach dem Heimatrecht des Antrg. nicht anerkannt werden (§ 606 I I I Ziff. 1 Z P O ) . Der Antrg. war ursprünglich österreichischer Staatsangehöriger; er hat nach dem Anschluß Österreichs an Deutschland auf Grund der V O v o m 30. 6. 1939 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben; durch das öster1
Bestätigt durch OLG Frankfurt 10. 6. 1953, unten Nr. 318
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reichische Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz (StÜG) vom 10. 7. 1945, StGBl. Nr. 59, hat er indessen mit Wirkung vom 27. 4. 1945 wieder die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt, da er am 13. 3. 1938 die österreichische Bundesbürgerschaft besessen hatte (§ 1 Ziff. a StÜG). Gleichzeitig hat er die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Dies ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 17 i. V. mit § 25 RuStAG. Die zur Zeit noch streitige Frage, ob Österreicher, die durch das österreichische StÜG vom 10. 7. 1945 die österreichische Staatsangehörigkeit wiedererlangt haben, dadurch zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, ist jedoch zu bejahen. (Vgl. zu der Streitfrage Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht 174 ff.). Die Frage des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit ist allerdings nach deutschem Recht zu entscheiden (BGH 4. 10. 1951, BGHZ 3, 178 1 ). Das deutsche Recht erkennt aber den Fall der Staatensukzession an (vgl. BGH aaO). Das kann nicht nur für den Erwerb, sondern muß auch für den Verlust der Staatsangehörigkeit gelten. Wenn also alle österreichischen Staatsangehörigen bei dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, so müssen sie bei der Abtrennung Österreichs diese auch wieder verloren haben. Auf den Wohnsitz oder Aufenthalt der betreffenden Personen kann es dabei nicht ankommen, denn die Staatsbürgerschaft hängt nicht vom Wohnsitz, geschweige denn vom Aufenthaltsort ab. Wollte man der Auffassung sein, daß alle Personen, die am 13. 3. 1938 die österreichische Staatsangehörigkeit besessen und die deutsche erlangt haben, auch seit dem 27. 4. 1945 die deutsche Staatsangehörigkeit neben der österreichischen beibehalten haben, so würde das zu der Konsequenz führen, daß fast die gesamte österreichische Bevölkerung aus deutschen Staatsbürgern besteht; denn die nach dem 13. 3. 1938 geborenen Personen haben von Anfang an die deutsche Staatsangehörigkeit besessen, und Personen, die sich mit denen, die am 13. 3. 1938 deutsche Staatsbürger wurden, verheiratet haben, haben nach deutschem Recht ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, welche Staatsangehörigkeit sie auch vorher besessen haben mögen. Eine solche Konsequenz zu ziehen, ist unmöglich; die Macht der Tatsachen ist in diesem Falle stärker als das formale Recht. Die bezeichnete Konsequenz würde im Widerspruch stehen zu dem eindeutig bekundeten Willen der Alliierten, Österreich als selbständigen Staat von Deutschland getrennt wiedererstehen zu lassen. Der Anschluß würde in gewisser Weise aufrecht erhalten werden, wenn fast alle österreichischen Staatsangehörigen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen würden; diese Personen würden u. U. ein Wahlrecht für den Deutschen Bundestag haben und, sofern eines Tages in Deutschland wieder die Wehrpflicht eingeführt werden sollte, zum Waffendienst in Deutschland eingezogen werden können. Der österreichische Staat hat indessen nach dem 5. 5. 1945 oft genug seine völlige Loslösung von Deutschland betont, unter anderem auch durch Proklamierung von Schadensersatzansprüchen gegenüber 1
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Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Deutschland und durch Sonderbehandlung der „Reichsdeutschen" und des „reichsdeutschen" Vermögens in Österreich. Der Richter kann beim Rechtsprechen an solchen Tatsachen nicht vorbeigehen, denn diese Tatsachen müssen gerade in Zeiten, wie sie sich beim Zusammenbruch des Deutschen Reichs abgespielt haben, als rechtsgestaltend gewürdigt werden. Es ist deshalb davon auszugehen, daß diejenigen Personen, die auf Grund des österreichischen StÜG die österreichische Staatsangehörigkeit wieder erworben haben, die deutsche Staatsangehörigkeit gleichzeitig verloren haben. Auch der Antrg. ist durch das StÜG wieder österreichischer Staatsangehöriger geworden, und zwar mit Wirkung vom 27. 4. 1945 und ohne Rücksicht darauf, daß er zu dieser Zeit der Wehrmacht angehörte und anschließend in Gefangenschaft war. Es könnte mit Rücksicht auf seine am 27.4.1945 noch bestehende Zugehörigkeit zur Wehrmacht lediglich zweifelhaft sein, ob er während dieser Zeit oder sogar bis zur Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft noch die deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten und entgegen dem oben aufgestellten Satz, daß der Erwerb der österreichischen und der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gleichzeitig erfolgt, — die deutsche Staatsangehörigkeit erst später verloren hat. Diese Frage braucht indessen hier nicht entschieden zu werden, denn wenn die tatsächliche Entwicklung, nämlich die Trennung Österreichs von Deutschland, die Annahme des Rechtssatzes verlangt, daß die österreichischen Staatsangehörigen die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, so kann der Umstand, daß die betreffende Person der Wehrmacht angehört, diesen Verlust allenfalls bis zu dem Zeitpunkt verzögern, an dem die Person aus der Wehrmacht ausscheidet; dieser Zeitpunkt ist spätestens auf den Tag der Entlassung aus der Gefangenschaft zu verlegen. (Wehrmachtsangehörige österreichischer Abstammung haben übrigens immer unter Hinweis auf ihre Abstammung ihre Entlassung aus der Gefangenschaft gefordert.) Ob der Verlust früher eingetreten ist, braucht nicht untersucht zu werden, denn die Parteien haben die Ehe erst nach der Entlassung des Antrg. aus der Gefangenschaft, also zu einem Zeitpunkt geschlossen, an dem nach der hier vertretenen Auffassung der Antrg. auf jeden Fall nur noch die österreichische Staatsangehörigkeit besaß. Der Einwand der Antrst., der Antrg. habe zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz in Wiesbaden gehabt, schlägt nicht durch, denn f ü r die Staatsangehörigkeit ist der Wohnsitz nicht maßgebend. Das österr. StÜG spricht jedem, der am 13. 3. 1938 die österreichische Staatsangehörigkeit besessen hat, diese wieder zu, ohne Rücksicht auf seinen Wohnsitz. War der Antrg. somit zur Zeit der Eheschließung nur österreichischer Staatsangehöriger, so hat die Antrst. durch die Eheschließung mit einem Ausländer gemäß § 17 Ziff. 6 Reichs- und StaatsangehörigkeitsG die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Nach § 4 des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 10. 7. 1945, StGBl. Nr. 60 hat sie die österreichische Staatsbürgerschaft durch die Verehelichung erworben. Beide Parteien sind daher österreichische Staatsangehörige und nicht deutsche Staatsangehörige. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Parteien war in Wien. Wie sich aus § 606 I Satz 2 ZPO („ge-
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meinsamer gewöhnlicher Aufenthalt im Inland") ergibt, ist in § 606 I Satz 1 ZPO das inländische LG gemeint; die deutsche ZPO kann nicht ein ausländisches LG f ü r zuständig erklären. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Parteien in Wien muß somit außer Betracht bleiben. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt im Inland, d. h. in Wiesbaden, begründet daher die Zuständigkeit des LG Wiesbaden. Dieses ist jedoch durch § 606 III ZPO an der Entscheidung der Sache gehindert. Nach dem Gesagten besitzt keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit. Der gewöhnliche Aufenthalt der Frau ist zwar im Inland gelegen, da die Antrst. sich seit ihrer Rückkehr aus Wien im Jahre 1949 hier aufhält; nach dem Heimatrecht des Antrg. wird die von dem deutschen Gericht zu fällende Entscheidung jedoch nicht anerkannt werden. Die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils richtet sich in Österreich nach § 24 der 4. DVO zum EheG vom 25. 10. 1941 i. V. mit § 328 der deutschen ZPO. In beiden Bestimmungen ist statt „im Deutschen Reich" zu lesen „in der Republik Österreich". § 328 I Ziff. 1 ZPO schließt die Anerkennung eines ausländischen (also in Österreich eines deutschen) Urteils aus, wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört (hier also die deutschen Gerichte), nach den österreichischen (so ist der Text der in Österreich geltenden ZPO zu lesen) Gesetzen nicht zuständig sind. Es kommt somit darauf an, ob die österreichischen Gesetze eine deutsche Zuständigkeit anerkennen. Dies trifft nicht zu. Nach § 76 der österreichischen Jurisdiktionsnorm ist jenes Kreis- oder Landesgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt gehabt haben. Das ist im vorliegenden Falle Wien. Da sich der Antrg. dort noch aufhält, kann die Anerkennung nicht erfolgen. So sagt auch Lauterbach in NJW 1947/48, 572: „Ausgeschlossen ist die Anerkennung, wenn der österreichische Ehemann sich f ü r gewöhnlich in Österreich aufhält. Österreich hat in § 76 Jurisdiktionsnorm eine dem § 606 entsprechende Bestimmung. Die Fassung beruht ebenfalls auf der dort noch gültigen 4. DVO zum EheG (§ 19). Abs. 2 besagt aber, daß der ausschließliche Gerichtsstand des Abs. 1 einer Anerkennung dann nicht mehr im Wege steht, wenn der österreichische Ehemann seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Österreich hat. Durch Umkehrschluß folgt hieraus, daß die Anerkennung im gegebenen Falle nicht erfolgen kann. Das würde auch dann der Fall sein, wenn der Mann etwa außer der österreichischen noch die deutsche Staatsangehörigkeit hätte, wie die Fassung des Abs. 2 („nicht die österreichische Staatsangehörigkeit") ergibt." Ebenso sagt Schwind, Kommentar zum österreichischen Eherecht, Anm. zu § 76 II Jurisdiktionsnorm, S. 282, eine ausländische Entscheidung könne dann nicht anerkannt werden, wenn der Ehemann Österreicher ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat. Die Zuständigkeit des LG Wiesbaden ist somit nach § 606 III i. V. mit § 328 ZPO nicht gegeben. Die Klage müßte mangels Zuständigkeit abgewiesen werden, so daß sie keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Das Armenrecht war daher zu verweigern." 3!) *
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3 0 4 . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe scher Staatsangehöriger nicht zuständig. — ZPO § 606.
ungari-
LG Augsburg, 3. ZK, Beschl. vom 22. 12. 1952. — 3 R 85/52. Ungedrudct. Aus den Gründen: „Nach dem Rechtsgutachten des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München vom 27. 8. 1952 besitzen beide Parteien die ungarische Staatsangehörigkeit; außerdem werden von Ungarn ausländische Urteile nicht anerkannt. Damit fehlen die Voraussetzungen für eine inländische Zuständigkeit zur Ehescheidung. § 606 I Ziff. 3 ZPO. Der Kläger hat trotz Aufforderung durch das Prozeßgericht nicht dargetan, daß er vertriebener Volksdeutscher oder heimatloser Ausländer im Sinne des Gesetzes vom 25. 4. 1951 wäre. Nachdem somit die Ehescheidungsklage vor einem deutschen Gericht nicht durchgeführt werden konnte, mußte das Armenrecht gemäß § 114 ZPO versagt werden." 3 0 4 a . Die deutschen Gerichte sind für die Scheidung der Ehe eines in Kalifornien wohnenden Amerikaners und einer in Deutschland wohnenden Holländerin zuständig. Der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne des § 606 III Nr. 1 ZPO ist nach deutschem Recht zu bestimmen. Das deutsche Scheidungsurteil wird im Staate Kalifornien anerkannt, wenn Deutschland Gerichtsbarkeit besaß. Diese Gerichtsbarkeit ist nach amerikanischem Recht gegeben, wenn ein Ehegatte seinen Wohnsitz im Urteilsstaat hatte. Die Frage, ob ein Domizil im Sinne des amerikanischen Rechts in dem Staate gegeben ist, in dem die Klage erhoben worden ist, richtet sich nach der lex fori. Mit dem Inkrafttreten des Art. 3 II des Bonner Grundgesetzes kann die Ehefrau nach deutschem Recht einen selbständigen Wohnsitz begründen. Auf die Scheidung findet kraft Rückverweisung deutsches Recht Anwendung. — EGBGB Art. 14, 17; Bonner GG Art. 3, 117; BGB § 10; ZPO § 606; amerik. Unionsverfassung Art. XIV; amerik. Nationality Act 1940 § 201 a; amerik. Immigration and Nationality Act 1952, § 301 a. LG München II, 3. ZK, Urt. vom 16. 10. 1953 — 3 R 1003/53. Ungedruckt. Die Ehe zwischen dem amerikanischen Ehemann und der niederländischen Ehefrau ist 1948 in Österreich geschlossen worden. In den Jahren 1951 und 1952 lebten die Eheleute in Kalifornien, wo der Ehemann seinen Wohnsitz behalten hat. Die Ehefrau lebt seit 1953 in Bayern. Der Ehemann hat Klage, die Ehefrau Widerklage auf Ehescheidung erhoben. Aus den Gründen: „Die deutsche Gerichtsbarkeit für die Scheidung der Ehe der Parteien ist gegeben. Der klagende Ehemann ist Bürger (citizen) der Vereinigten Staaten von Amerika, wie durch das Certificate of Witness to Marriage des Vizekonsuls Andrew E. Olsen in Wien (Österreich) vom 7. 6. 1948 urkundlich belegt ist. Das gleiche Certificate weist auch die gültige Eheschließung der Parteien
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am 7. 6.1948 nach. Nach der vorgelegten Ausfertigung der Geburtsurkunde (certification of birth) vom 2. 9. 1949 ist der Ehemann in S. im Commonwealth von Pennsylvanien geboren. Nach Artikel XIV, § 1 der amerikanischen Bundesverfassung sind alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren oder naturalisiert sind und deren Gerichtsbarkeit unterstehen, Bürger der Vereinigten Staaten und des Einzelstaates, in dem sie ihren Wohnsitz (residence) haben. So bestimmt auch § 201 a des Staatsangehörigkeitsgesetzes (Nationality Act) von 1940, an dessen Stelle nunmehr das am 24. 12. 1952 in Kraft getretene Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (Immigration and Nationality Act) § 301 a Ziff. 1 getreten ist, daß Untertan und Bürger der USA durch Geburt ist, wer in den Vereinigten Staaten geboren ist und deren Gerichtsbarkeit untersteht. Vgl. Nußbaum, Grundzüge des internationalen Privatrechts (1952) 133 und 134, sowie Ferid, Das Staatsangehörigkeitsrecht der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Band 7 der Sammlung geltender Staatsangehörigkeitsgesetze, (1951) A. Einl. Vorbem. IV, S. 11, 22/23, nebst Nachtrag hierzu (1953) S. 9. Mit der Verlegung des Wohnsitzes in einen anderen Bundesstaat erlischt die Einzelstaatsangehörigkeit im Geburtsstaat und wird diejenige des Wohnsitzstaates erworben. Seit Mitte 1951 hat der Kläger seinen Wohnsitz in D. in Kalifornien genommen; er hat sich dort als Zeitungsverleger niedergelassen. Demnach besitzt der Ehemann gegenwärtig die Einzelstaatsangehörigkeit des Bundesstaates Kalifornien . . . Die verklagte Ehefrau besitzt die niederländische Staatsbürgerschaft, die sie durch Vorlage des vom niederländischen Generalkonsul in München am 10. 10. 1950 ausgestellten Reisepasses nachgewiesen hat. Da keiner der Ehegatten deutscher Staatsangehöriger ist, richtet sich die Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichtes nach § 606 III Nr. 1 ZPO. Dabei ist der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nach deutschem Recht (Prozeßrecht) zu bestimmen. Der Ehemann hat keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der deutschen Bundesrepublik (Inland). Dagegen liegt der gewöhnliche Aufenthaltsort der Ehefrau im deutschen Gerichtsbezirk. Sie hat seit über einem Jahre ihre Wohnung in Bad W. und dort den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen. Wie sich das Heimatrecht der F r a u zur Anerkennung der vom deutschen Gericht gefällten Entscheidung stellt, ist ohne rechtliche Bedeutung. Die Anerkennung des deutschen Scheidungsurteils im Heimatstaat des Ehemannes begegnet keinen Bedenken. Keiner der amerikanischen Bundesstaaten nimmt f ü r seine Angehörigen die ausschließliche Zuständigkeit in Ehescheidungssachen in Anspruch (RG 126, 353 und 136, 361). Im Verhältnis der Staaten der nordamerikanischen Union zu einander stellt die Grundlage f ü r die Anerkennung des Urteils eines Staates in den übrigen die sogenannten „Treu- und GlaubenKlausel" (Füll Faith and Credit Clause) dar, die in Artikel IV § 1 S. 1 der amerikanischen Bundesverfassung verankert ist. In Auslegung dieser Treu- und Glauben-Klausel wird durch die neueren Entscheidungen des höchsten Gerichts (Supreme Court) die Anerkennung des von einem Bundesstaat ausgesprochenen Urteils durch den Schwesterstaat ausdrücklich verlangt, wenn die Parteien über die Frage des Wohnsitzes prozessiert
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haben oder doch die uneingeschränkte Möglichkeit hatten, darüber zu prozessieren. Die Treu- und Glauben-Klausel wird aber nicht für anwendbar gehalten, wenn das Urteil von einem Gericht eines ausländischen Staates erlassen worden ist; die Anerkennung in diesem Fall soll eine Frage des freundlichen Einvernehmens zwischen den beteiligten Nationen sein. Vgl. Anmerkung zu einer Entscheidung des Gerichts der Grafschaft New York vom 10. 3. 1948 in Journal du Droit International 1950, 975 mit Nachweisen. Indessen ist f ü r die Anerkennung eines fremdstaatlichen Scheidungsurteils in erster Linie entscheidend, ob vom Standpunkt des amerikanischen Anerkennungsstaates aus der ausländische Urteilsstaat Gerichtsbarkeit besaß. Diese Frage untersteht dem Domizilprinzip; der Wohnsitz, der nach amerikanischem Recht zu bestimmen ist, muß im Gerichtsbezirk sein, Schnitzer, Handbuch des internationalen Privatrechts I 353, 369. In der Regel teilt die verheiratete Frau den Wohnsitz ihres Mannes (sogenannte unitary domicile rule), so daß im allgemeinen der Wohnsitz des Ehemannes die Zuständigkeit des Gerichts zur Verhandlung und Entscheidung in einem Ehescheidungsrechtsstreit bestimmt. Während es davon nach englischem Recht keine Ausnahme gibt, kann nach amerikanischem Recht die Frau ein selbständiges „domicile" haben. Es reicht daher nach der neueren Praxis aus, die auf die zunehmende Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Frau in den Vereinigten Staaten entsprechend Rücksicht nimmt, daß ein Ehegatte seinen Wohnsitz im Urteilsstaat hatte. Siehe Nußbaum aaO 234 mit Nachweisen, und Ruprecht in einer Besprechung von Griswold in RabelsZ 1952, 512 f. ferner Beate, A Treatise on the Conflict of Laws II, § 135, 1 . . . „Where a divorce is granted as it can only be granted at the domicile of a party . . . " Da sich f ü r die Gerichte des common law die Frage, ob ein Domizil im Sinne des amerikanischen Rechts in dem Staate gegeben ist, in dem die Klage erhoben worden ist, nach der lex fori richtet, wie noch auszuführen sein wird, muß letztlich der Wohnsitzbegriff dem deutschen Recht entnommen werden. Obwohl die Frau niederländische Staatsangehörige ist, bleibt es hier bei der deutschen Sachnorm. Soweit nach dem ausländischen Recht deutsche Gesetze anzuwenden sind, liegt darin keine Rückverweisung auf die Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts. Vgl. RG 136, 366. Also scheidet die von der deutschen Rechtslehre und Rechtsprechung aus Art. 14 des deutschen EGBGB entwickelte Kollisionsnorm, daß die persönlichen Rechtsbeziehungen von Ehegatten nach ihrem Heimatrecht beurteilt werden (RG 91, 406), aus. Nach deutschem Recht kann die Ehefrau seit dem Inkrafttreten des Art. 3 II des Bonner Grundgesetzes am 1. 4. 1953 einen eigenen selbständigen Wohnsitz begründen; denn Art. 3 II ist seitdem unmittelbar geltendes, verbindliches Gesetz (BGH 14. 7. 1953, NJW 1953, 1342 ff. = JZ 1953, 598 ff.). Der gesetzliche Zwangswohnsitz der Frau mit seinen rechtlichen Wirkungen, wie er in § 10 des deutschen BGB festgelegt war, erscheint mit dem Grundsatz der Gleichstellung von Mann und Frau unvereinbar. Die Begründung eines selbständigen Wohnsitzes durch die Frau muß nunmehr rechtlich anerkannt werden. Diese Auffassung entspricht auch dem Regierungsentwurf zum Gleichstellungsgesetz auf Grund des Art. 117 1 Bonner Grund-
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gesetz, der § 10 des BGB ohne weiteres aufhebt. Vergleiche Palandtu, Vorbemerkung zu § 10. Dafür, daß die Ehefrau ihr Domizil in Deutschland nicht „bona fide", sondern nur zur Erleichterung der Scheidung begründet hat, ist keinerlei Anhalt gegeben. Sie ist schon 1952 nach Deutschland verzogen und will nicht mehr zu ihrem Mann nach Amerika zurückkehren Sie hat in Deutschland zum Zwecke der Ausübung ihres Berufes als Schauspielerin einen festen Wohnsitz genommen. Die deutschen Verfahrensvorschriften (Zustellung der Klage, Ladung und Einreichung der auf den Rechtsstreit gerichteten besonderen Prozeßvollmachten der beiden Rechtsanwälte) sind eingehalten worden, so daß die. im Ausland — vom amerikanischen Standpunkt aus — vorgeschriebenen gesetzlichen Formerfordernisse erfiillt sind. Sowohl der Bekl., die persönlich mit ihrem Rechtsanwalt aufgetreten ist und verhandelt hat, als auch dem Kl., der — durch einen Anwalt vertreten — verhandelt und gegen den seine Frau Scheidungswiderklage mündlich in der Verhandlung erhoben hat, war genügend Zeit und Gelegenheit zur Verteidigung gegeben, insbesondere auch über die Domizilfrage („due-process of law" — Klausel). Der klagende Ehemann hat sich im übrigen durch die Anrufung des im Ausland gelegenen Domizilgerichtes seiner Frau der Jurisdiktion dieses Gerichts unterworfen. Nach Art. 17 I des deutschen EGBGB beurteilt sich, welches materielle Scheidungsrecht anzuwenden ist. Darnach sind die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Nach ständiger Rechtsprechung des RG (78, 234; 91, 41; 136, 365) ist diese Verweisung des deutschen Rechts auf ein ausländisches Recht nicht nur eine Sachnorm-, sondern eine Gesamtverweisung, so daß auch die Kollisionsvorschriften des fremden Staates mit inbegriffen sind. Da der Ehemann die Einzelstaatsbürgerschaft des kalifornischen Staates besitzt, käme das internationale Privatrecht dieses Bundesstaates in Betracht. Ein solches gibt es aber nicht, sondern nur ein nordamerikanisches internationales Privatrecht, das nicht durch ein Bundesgesetz kodifiziert i s t l . Durch die Entscheidungen der amerikanischen Gerichte entwickelt, gilt es als common law in allen Bundesstaaten der Union und bekennt sich beim Scheidungsrecht nicht zum Staatsangehörigkeitsgrundsatz, sondern zum Domizilprinzip oder der lex fori. Vergleiche Rabel, The Conflict of Laws II (Chicago 1945) 436, 422 . . . „The principle in the United States is that a divorce court applies the law of the forum . . . " und Beale aaO: „Divorce governed by the law of the forum . . . the cause for divorce and all the qualifications surrounding the granting of a divorce are to be determined in accordance with the law of the forum". Wie schon dargelegt, halten sich die Gerichte des common law in Scheidungssachen f ü r zuständig, wenn der Wohnsitz wenigstens einer Partei innerhalb des Gerichtsbezirks liegt; sie wenden dann stets die lex fori an. Diese ist meistens das Recht des Wohnsitzes, das deshalb f ü r den Scheidungsprozeß maßgebend ist. Vergleiche Nußbaum aaO 136. Da die Gesetze des fremden Staates in Art. 17 I des deutschen EGBGB für maßgebend erklärt sind und nach dem Recht des ausländischen Staates die 1 Richtig ist das Gegenteil: die Kollisionsnormen gehören zu dem einzelstaatlichen Recht und nicht zum Bundesrecht.
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deutschen Gesetze als lex fori zur Anwendung kommen, ist f ü r den deutschen Richter die Bestimmung des Art. 27 des deutschen EGBGB entscheidend. Darnach ist eine Rückverweisung auf das deutsche Recht für das deutsche Gericht bindend. Die erhobene Klage und Widerklage muß daher nach deutschem materiellen Scheidungsrecht beurteilt werden . . . "
3. Ausländische Staatshoheit 4. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen Siehe auch Nr. 203, 216 3 0 5 . Hat ein österreichisches Gericht durch einen im außerstreitigen Verfahren ergangenen Beschluß angeordnet, daß ein Kind geschiedener Ehegatten von dem einen Elternteil an den anderen zu übergeben sei, so ist für die Klage, mit der verlangt wird, daß der Beschluß im Gebiet der Bundesrepublik für vollstreckbar erklärt werde, der Rechtsweg zulässig. — GVG § 13; ZPO §§ 328, 547, 722; EGZPO § 3; FGG § 1. BGH, Urt. vom 11. 5. 1953 — IV ZR 10/53: JZ 9 (1954) 244 mit Anmerkung von Makarov. Der Kl. ist österreichischer Staatsangehöriger. Die Ehe, die zwischen ihm und der Bekl. bestand, ist 1949 in Wien rechtskräftig geschieden worden. Nach einem zwischen den Parteien aus Anlaß der Scheidung geschlossenen und „pflegschaftsgerichtlich genehmigten" Vergleich vom 28. 7. 1949 sollte die Tochter Brigitte in Pflege und Erziehung des KI. verbleiben. Die Bekl. weigerte sich jedoch, das Kind freiwillig an den Kl. herauszugeben. Durch Beschluß des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien I vom 23. 1. 1950, der in der „Pflegschaftssache der minderjährigen Brigitte N." ergangen ist, ist deshalb auf Antrag des Kl. angeordnet worden, daß das Kind Brigitte sofort in seine Pflege und Erziehung zu übergeben sei. Die Bekl. begab sich nunmehr mit der Tochter aus Österreich in die Bundesrepublik nach D. Der Kl. hat vor dem LG D. Klage erhoben mit dem Antrag, den Beschluß vom 23. 1. 1950 im deutschen Bundesgebiet f ü r vollstreckbar zu erklären. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Kl. hat das OLG die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluß vom 23. 1. 1950 f ü r zulässig erklärt. Die Revision der Bekl. ist als unbegründet zurückgewiesen worden. Aus den Gründen: „Die Revision, die von dem OLG nicht zugelassen worden ist, ist statthaft, insoweit es sich um die Unzulässigkeit des Rechtswegs handelt (§ 547 I Nr. 1 ZPO). Der Beschluß des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien I v. 23. 1. 1950 findet seine Grundlage in § 142 österr. ABGB. Danach bedarf eine Verein1
Siehe unten Nr. 306.
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barung geschiedener Ehegatten über die Pflege und Erziehung der Kinder der Genehmigung des Gerichts, das auch zu entscheiden hat, wenn eine Einigung unter den Eltern, der das Gericht zustimmt, nicht zustandekommt. Zuständig f ü r die in diesem Zusammenhang zu treffenden Maßn a h m e n ist das Pflegschaftsgericht; dessen Gerichtsbarkeit wird von dem Vormundschaftsgericht ausgeübt, das im außerstreitigen Verfahren entscheidet (Ehrenzweig, System des österr. allg. Privatrechts 2, II/2, § 455 III; Schwind, Komm. z. österr. EheR [1951] § 1 4 2 ABGB, I). Auch der Beschluß, in dem angeordnet wird, daß die Tochter der Parteien dem Kindesvater zu übergeben sei, stellt eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts dar, die in dem Verfahren außer Streitsachen ergangen ist. Das außerstreitige Verfahren entspricht demjenigen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Deutschland. Zu Unrecht vertritt die Revision die Auffassung, daß der Rechtsweg f ü r den Antrag, die in diesem Verfahren ergangene Entscheidung eines österreichischen Gerichts f ü r vollstreckbar zu erklären, nicht gegeben sei. Die Rechtslage ist insoweit keine andere als in der Zeit, in der das Gesetz über den Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 6. 3. 1924 in Geltung war. Auf Grund dieses Vertrages war in Deutschland die Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte Österreichs in einem Verfahren zu bewilligen, das der streitigen Gerichtsbarkeit zuzurechnen ist (vgl. insbes. Art. 24, 26, 27, 28 des Vertrages). Zu den Entscheidungen, die in dieser Weise f ü r vollstreckbar erklärt werden konnten, gehörten auch solche, die in dem Verfahren außer Streitsachen ergangen waren (OLG München ZZP 54, 105 m. Anm. Levis; OLG F r a n k f u r t , BllntP r R 1929, 150; Stein-Jonas Schönke", Anh. zu § 723, I 1). Der Vertrag ist infolge der politischen Ereignisse des Jahres 1938 außer Kraft getreten und im Gegensatz zu anderen Abkommen, die zwischen Deutschland und Österreich getroffen worden waren, noch nicht wieder f ü r anwendbar erklärt worden. W e n n er auch in gewissen Fällen als Richtlinie f ü r die Praxis von Bedeutung sein mag (so Stein-Jonas-Schönke, Anh. zu § 723 Fußn.), so legen ihn die Gerichte doch zutreffend ihren Entscheidungen nicht m e h r zugrunde (LG Wuppertal, MDR 1952, 30»; LG Nürnberg-Fürth, MDR 1952, 3 0 3 i ) . Doch k a n n auch jetzt das Begehren, die Zwangsvollstreckung aus der im außerstreitigen Verfahren ergangenen Entscheidung eines österreichischen Gerichts im Gebiet der Bundesrepublik zuzulassen, im Streitverfahren vor dem ordentlichen Gericht verfolgt werden. Die Frage, in welchem Umfang Rechtsakte ausländischer Gerichte anzuerkennen sind, die in einem anderen Verfahren als demjenigen ergangen sind, das dem Zivilprozeß des deutschen Rechts entspricht, k a n n nicht einheitlich beantwortet werden, denn solche Akte weisen ihrem Wesen und ihren Wirkungen nach erhebliche Verschiedenheiten auf. Sie können rein beurkundenden oder rechtsgestaltenden Charakter haben, sie können aber auch, wie es hier der Fall ist, einem an dem Verfahren Beteiligten einen 1 Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 149.
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vollstreckbaren Anspruch zuerkennen und dann Ähnlichkeit mit Leistungsurteilen haben, die im streitigen Verfahren ergangen sind. Auch das deutsche Recht kennt entsprechende Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die der Vollstreckung bedürfen, damit der Rechtszustand hergestellt wird, der mit ihnen erreicht werden soll. Es gibt jedoch keine besonderen Regeln darüber, ob und in welchem Verfahren derartige dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehörende und der Zwangsvollstreckung fähige Erkenntnisse ausländischer Gerichtsbehörden in Deutschland f ü r vollstreckbar zu erklären sind. Insbesondere enthält das FGG keine Bestimmungen, die f ü r die von ihm geordneten Rechtsgebiete den § § 328, 722 Z P O entsprechen würden. Die Zwangsvollstreckung aus einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung, welche Rechtsnatur diese auch haben und inwieweit sie im übrigen anzuerkennen sein mag, kommt also in Deutschland, soweit nicht Staatsverträge etwas anderes bestimmen, nur in Betracht, falls die Vollstreckung durch ein nach § 722 Z P O erlassenes Urteil gestattet worden ist. Ein solches Urteil aber kann nur auf eine im ordentlichen Streitverfahren erhobene Klage hin ergehen, und nur in dem auf diese Klage eingeleiteten Prozeßverfahren läßt sich prüfen, ob die Voraussetzungen f ü r den Erlaß eines Vollstreckungsurteils gegeben sind, insbesondere, ob die ausländische Entscheidung, aus der die Vollstreckung betrieben werden soll, ein Urteil im Sinne des § 722 Z P O darstellt. Diese Prüfung zu verlangen, kann demjenigen, der aus der Entscheidung eines ausländischen Gerichts in Deutschland vollstrecken will, nicht mit der Begründung verwehrt werden, daß die Angelegenheit nicht v o r das ordentliche Gericht gehöre. Der Rechtsweg f ü r das Klagebegehren ist mithin zulässig. Dem Revisionsgericht ist es versagt, darüber hinaus darauf einzugehen, ob der Beschluß des österreichischen Gerichts, der mindestens bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse von dem Gericht, das ihn erlassen hat, frei abgeändert werden kann (Ehrenzweig aaO, Schwind aaO I I ) , in Deutschland f ü r vollstreckbar erklärt werden durfte; denn dabei handelt es sich nicht mehr darum, ob der Rechtsweg zulässig ist, sondern vielmehr um die Frage, ob das Berufungsgericht sachlich richtig entschieden hat. Diese Frage aber kann nicht zum Gegenstand der Nachprüfung durch das Revisionsgericht gemacht werden (RGZ 148, 338; BGHZ 1, 369 [380])." 3 0 6 . Die Zwangsvollstreckung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland kommt nur aus solchen Titeln im Sinne der österreichischen Exekutionsordnung in Betracht, deren Ausfertigung zur Zeit des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich mit der Vollstreckungsklausel versehen worden war. Der Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 21. 6. 1923 ist nach der Trennung beider Staaten nicht wieder aufgelebt. — V O zur einheitlichen Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechtsgebieten des Großdeutschen Reichs v o m 16. 1. 1940, § 2; deutsch-österreichischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe v o m 21. 6. 1923. L G Wuppertal, Beschl. v o m 27. 2. 1952 — 6 T 42/52: M D R 6 (1952) 303; D A v o r m . X X V (1952) 111.
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Aus den Gründen: „Eine Zwangsvollstreckung im Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland kommt nur aus solchen Titeln im Sinne der österr. Exekutionsordnung in Betracht, deren Ausfertigung zur Zeit des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich mit der Vollstreckungsklausel versehen worden war (vgl. § I I der V O zur einheitl. Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechtsgebieten des Großdeutschen Reiches vom 16. 1. 1940 und Baumbach-Lauterbach, ZPO 2 0 , Anhang nach § 723, Anm. 1 A ) . Die Urkunde über die „Unterhaltsvereinbarung" ist jedoch erst am 18. 7. 1949 von dem österr. Bezirksgericht St. P. für rechtskräftig und vollstreckbar erklärt worden. Sie kann daher weder als ein inländischer Titel noch als ein solcher angesehen werden, aus dem auf Grund der obengenannten VO vom 16. 1. 1940 die Zwangsvollstreckung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland betrieben werden kann. Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde kann auch nicht auf Grund des Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 21. 6. 1923 für zulässig erachtet werden. Denn dieser Vertrag ist mit der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich im Jahre 1938 gegenstandslos geworden und durch die Trennung beider Staaten im Jahre 1945 nicht wieder aufgelebt (vgl. LG Bremen, N J W 1950, 6 0 9 S t e i n - J o n a s - S c h ö n k e , Kommentar zur ZPO 1 7 , Anh. zu § 723 Anm. zu I „Der deutsch-österreichische Vertrag"; BaumbachLauterbach aaO Anhang nach § 723 Z P O Anm. 2). Er erfaßte zudem nicht die Titel, die auf Grund landesgesetzlicher Regelung von den Jugendämtern aufgenommen werden (vgl. Stein-Jonas aaO Fußnote 6). Ob die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung durch ein Vollstreckungsurteil nach § 722 I Z P O ausgesprochen werden könnte, erscheint zweifelhaft, da die „Unterhaltsvereinbarung" keine gerichtliche Entscheidung ist." 3 0 7 . Ein ausländischer Schiedsspruch verstößt nicht gegen den ordre public, wenn das Schiedsgericht den Deviseninländer wegen der nicht erteilten devisenrechtlichen Genehmigung eines Importvertrages zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verurteilt hat und der Deviseninländer das Risiko der devisenrechtlichen Genehmigung zu tragen hatte. — BGB § 139; MRG Nr. 53. OLG Köln, Urt. vom 30. 7. 1952 — 6 U 43/52: N J W 5 (1952) 1420; BB 7 (1952) 815. Aus den Gründen: „Der Auffassung des Bekl., die Anerkennung des Schiedsspruchs würde gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, kann nicht gefolgt werden. Es ist zwar richtig, daß nach den für die deutsche Bundesrepublik gemäß MRG Nr. 53 geltenden Rechtsgrundsätzen die zwischen den Parteien zu1
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 81.
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nächst schwebend unwirksam zustande gekommenen Importverträge infolge der Versagung der Devisengenehmigung als von Anfang an und endgültig unwirksam zu behandeln sind. Der Bekl. könnte also auch durch einen ausländischen Schiedsspruch nicht wirksam zur Zahlung der ursprünglich vereinbarten Kaufpreise verpflichtet werden. Das ist im vorliegenden Falle aber auch nicht geschehen. Durch den Schiedsspruch des Rotterdamer Schiedsgerichts ist vielmehr ausdrücklich festgestellt worden, daß die Parteien von den Kaufverträgen entbunden seien, und der Bekl. lediglich verurteilt worden, den der Kl. durch Nichtgenehmigung und daraus folgende Nichtausführung der Verträge entstandenen Schaden, einschließlich des entgangenen Verdienstes, zu ersetzen, da er nach der Auffassung des Schiedsgerichts das Risiko der Nichtgenehmigung übernommen hatte und mit der schärferen Handhabung der deutschen Einfuhr- und Devisenbestimmungen hätte rechnen müssen. Ob diese Feststellungen des Schiedsgerichts in tatsächlicher und materiellrechtlicher Beziehung gerechtfertigt sind, unterliegt nicht der Nachprüfung des ordentlichen Gerichts. So ist auch die Frage, ob der Bekl. sich etwa wirksam auf Wegfall der Geschäftsgrundlage hätte berufen können, in diesem Verfahren nicht mehr zu untersuchen. Es ist vielmehr lediglich zu prüfen, ob die im Schiedsspruch festgestellte Zahlungsverpflichtung des Bekl. auch in dieser begrenzten Form dem geltenden deutschen Devisenrecht widerspricht. Das könnte ernstlich nur dann in Betracht kommen, wenn der Bekl. eine derartige Schadensersatzverpflichtung nach deutschem Recht auch vertraglich nicht ohne Verstoß gegen den Zweck der Devisenbestimmung hätte übernehmen können (vgl. RG, HRR 1936 Nr. 911; Baumbach, Anm. 5 A zu § 1041 ZPO). In dieser Beziehung bestehen jedoch ebenfalls keine Bedenken, denn auch nach deutschem Recht kann der Importeur ohne Zweifel wirksam die Haftung dafür, daß die Devisengenehmigung demnächst erteilt wird, übernehmen, d. h. also die Verpflichtung, den ausländischen Vertragspartner im Falle der — als möglich voraussehbaren — Nichtgenehmigung in vollem Umfange schadlos zu halten. Da diese Verpflichtung, die eine Art Garantieübernahme darstellen würde, gerade f ü r den Fall der Unwirksamkeit des Importvertrages gedacht wäre, würden sich auch aus der Tatsache dieser Unwirksamkeit im Hinblick auf § 139 BGB keine Bedenken gegen ihre Gültigkeit ergeben. Natürlich würde die vertragliche Risikoübernahme, da sie gegebenenfalls eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem ausländischen Vertragspartner zur Folge haben würde, ebenso der Genehmigung nach dem MRG 53 bedürfen wie der Importvertrag selbst. Auch der Schiedsspruch im vorliegenden Falle verstößt daher keineswegs gegen die deutsche öffentliche Ordnung. Die durch ihn festgestellte Leistungspflicht des Bekl. war zunächst schwebend unwirksam und ist durch den Genehmigungsbescheid der Landeszentralbank ordnungsgemäß genehmigt, damit auch nach deutschem Recht endgültig wirksam geworden (vgl. in demselben Sinne Schiedsgericht Hamburg, J W 1935, 1589; auch OLG Hamburg, J W 1937, 1252)."
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3 0 8 . Ein Beklagter, der sich rügelos vor einem französischen Gericht auf einen Rechtsstreit einläßt, kann im Verfahren der Exequaturerteilung vor den saarländischen Gerichten nicht mehr die Unzuständigkeit der französischen Gerichte geltend machen. — ZPO §§ 36, 39, 603; französischsaarl. Justizkonvention vom 3. 1. 1948 Art. 27. OLG Saarbrücken, Beschl. vom 7. 3. 1952 — 1 W 80/51: SaarlRStZ 4 (1952) 59. Aus den Gründen: „Der Antrst. hat am 26. 6. 1950 vor dem Tribunal de Commerce de la Seine gegen die Antrg. ein Urteil auf Zahlung von 3500 Frs. erwirkt; die Zuständigkeit des französischen Gerichtes gegen die saarländische Schuldnerin gründete sich gem. Art. 59 II des Code de procédure civile darauf, daß in der Klage als Erstbeklagter die Société N. N., deren Sitz sich in Paris befindet, aufgeführt war. Das LG hat den Antrag des Gläubigers auf Erteilung des Exequatur zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, es sei nicht nachgewiesen, daß nach saarländischem Recht die Zuständigkeit eines französischen Gerichts zur Entscheidung über die gegen die saarländische Antrg. erhobene Klage gegeben sei; daß bei einer Klage gegen mehrere Streitgenossen, die ihren allgemeinen Gerichtsstand zum Teil im Inland, zum Teil im Ausland haben, das Gericht des inländischen Streitgenossen auch für den ausländischen Streitgenossen zuständig sei; der von dem Antrst. hierfür angeführte § 603 ZPO beziehe sich auf Klagen im Wechselprozeß; nach § 36 Ziff. 3 ZPO könne, falls gegen mehrere Streitgenossen mit verschiedenem allgemeinem Gerichtsstand geklagt werden sollte, wohl die Zuständigkeit durch das gemeinsame übergeordnete Gericht bestimmt werden; an einer solchen Bestimmung fehlt es jedoch im vorliegenden Falle; im übrigen könne auch eine Bestimmung der Zuständigkeit gegenüber einem ausländischen Gericht nicht getroffen werden. Die gegen diesen Beschluß gerichtete zulässige sofortige Beschwerde des Antrst. ist begründet. Die rechtliche Grundlage für die nachgesuchte Exequaturerteilung ist in der Entscheidung der durch Art. 27 der franco-saarländischen Justizkonvention vom 3. 1. 1948 eingesetzten französisch-saarländischen Kommission vom 18. 7. 1949 (ABl. S. 748) gegeben. Danach sind Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen jeweils in dem anderen Lande für vollstreckbar zu erklären, „wenn die Zuständigkeit des Gerichts, für dessen Entscheidung das Exequatur beantragt ist, nach den Regeln des Internationalen Privatrechts des Landes, in dem die Vollstreckung stattfinden soll, begründet ist". Die Zuständigkeit eines französischen Gerichtes muß, wenn die vorgelegte Entscheidung für vollstreckbar erklärt werden soll, mithin nach den Regeln des saarländischen internationalen Privatrechtes, — oder zutreffender des saarländischen internationalen Prozeßrechtes — für die getroffene Entscheidung bestanden haben. Nach saarländischem Recht kann aber, wie das LG in zutreffender Weise ausgeführt hat, weder die nur für den Wechselprozeß geltende
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Sondervorschrift des § 603 Z P O noch die Vorschrift des § 36 Ziff. 3 ZPO, die lediglich eine Begründung der Zuständigkeit bei mehreren in Betracht kommenden inländischen Gerichtsständen durch die Bestimmung des übergeordneten Gerichtes vorsieht, die Zuständigkeit des v o m Beschwerdeführer angerufenen französischen Gerichtes begründen. Diese prozessualen Bestimmungen sind angesichts ihres öffentlich-rechtlichen Charakters Vorschriften strengen Rechtes und der von der Beschwerde angestrebten weitgehenden entsprechenden Anwendung nicht zugänglich. Eine internationale Zuständigkeit des v o m Beschwerdeführer angerufenen französischen Gerichtes ist jedoch auf Grund der Vorschrift des § 39 Z P O auch nach saarländischem internationalem Zivilprozeßrecht deshalb gegeben, weil der saarländische Bekl. sich, wie sich aus dem vorgelegten Urteil ergibt, rügelos auf den Rechtsstreit vor dem französischen Gericht eingelassen hat. Nach § 39 Z P O ist eine stillschweigende Vereinbarung der Zuständigkeit dann anzunehmen, wenn der Bekl. ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt hat. Dies ist hier nach dem Inhalt des vorgelegten Urteils geschehen; der Bekl. hat — trotz der Aufforderung des erkennenden Gerichtes — etwas anderes nicht dargetan. Die Bestimmung des § 39 Z P O gilt nicht nur f ü r die innerstaatliche, sie gilt auch f ü r die internationale Zuständigkeit (s. dazu Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht [1949] 309). Dadurch, daß der Bekl. rügelos vor dem fremden Gericht verhandelt hat, hat er zum mindesten die Einrede der Unzuständigkeit verwirkt. Ein besonderer Umstand, der eine solche Rechtswirkung hier verhindern konnte, z. B. ein Fall einer ausschließlichen Zuständigkeit, ist hier nicht gegeben." 3 0 9 . Die außerhalb der Grenzen des deutschen Reichs von 1937 ergangenen Urteile deutscher Gerichte sind deutsche Urteile. Die Vollstrekkung solcher Urteile ist ohne Verfahren nach § 722 ZPO zulässig. — Z P O § 722; V O v o m 16. 1. 1940 zur einheitl. Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechtsgebieten des großdeutschen Reichs § 2; österr. Exekutionsordnung § 1. AG Dorfen, Beschl. vom 14. 1. 1952 — C 94/51. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die v o m Antrst. beabsichtigte (§ 722 Z P O ) mit folgendem Antrag
Erhebung
der
Vollstreckungsklage
1. die Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltsbemessungsbeschluß des AG Hernals-Wien v o m 14. 9. 1942 — Geschäftszahl 8 P 58/41 — , worin der Bekl. bei Exekution ab 1. 9. 1942 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes einen Betrag von 25.— R M monatlich zu Händen des Vormunds zu entrichten hat, w i r d f ü r zulässig erachtet, 2. der Bekl. hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, 3. das Urteil wird f ü r vorläufig vollstreckbar erklärt, hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 Z P O . Die außerhalb der Grenzen von 1937 ergangenen Urteile deutscher Gerichte sind deutsche Urteile (vgl. Baunibach, Anm. 1 A im Anhang nach
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§ 723 ZPO). Das AG Hernais in Wien war z. Z. des Erlasses des Beschlusses vom 14. 9. 1942 ein deutsches Gericht. Der Beschluß ist soweit eine deutsche gerichtliche Entscheidung. Der Vergleich vom 27. 3. 1941 und die darauf beruhende gerichtliche Bemessung des Unterhaltsbetrages sind als einheitlicher Titel aufzufassen. Der Vergleich vom 27. 3. 1941 der Berufsvormundschaft hat die gleiche Wirkung wie ein gerichtlicher Vergleich (§ 3 des österreichischen Bundesgesetzes vom 13. 7. 1928, ÖBGB1. Nr. 194), und ist somit Vollstreckungstitel, i. S. § 1 Ziff. 15 der österreichischen Exekutionsordnung. Die Vollstreckung aus ihm in Verbindung mit dem Beschluß vom 14. 9. 1942 ist ohne Verfahren nach § 722 ZPO zulässig, da die Voraussetzungen des § 2 II der VO zur einheitlichen Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechtsgebieten des großdeutschen Reiches vom 16. 1. 1940 (RGBl. I S. 176) gegeben sind, d. h. nach den f ü r das Verfahren des die Entscheidung erlassenden Gerichts oder Behörde maßgebenden Bestimmungen war die Vollstreckung aus dem Titel möglich (vgl. Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München vom 16. 1. 1952)." 310. Das Ehescheidungsurteil des Heimatgerichts ausländischer Eheleute ist ohne Feststellungsverfahren gemäß § 24- der 4. DVO zum EheG anzuerkennen. — ZPO § 328; 4. DVO zum EheG vom 25. 10. 1941, § 24. LG Weiden, Beschl. vom 17. 11. 1950 — 2 T 270/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das Beschwerdegericht billigt die eingehenden Ausführungen des erstrichterlichen Beschlusses, die der Sach- und Rechtslage entsprechen. Sie werden auch nicht durch das Beschwerdevorbringen erschüttert. Die Eheleute S. waren zweifellos im Zeitpunkt der Ehescheidung (1943) jugoslawische Staatsangehörige. Ihre Ehe wurde auch durch ein jugoslawisches Gericht geschieden. Die Entscheidung des jugoslawischen Kreisgerichtes ist daher gemäß § 24 IV der 4. DVO zum EheG vom 25. 10. 1941 anzuerkennen, ohne daß es einer Feststellung nach Abs. 1 der genannten Vorschrift bedarf. Diesen Standpunkt vertreten auch Baumbach, ZPO 2 0 [1950], Anm. 7 B zu § 328, Schönke und Maßfeller, DR 1941, 2542. Raape, MDR 1949, 586, verlangt zwar noch, daß der Anerkennung kein Grund, also namentlich keiner der im § 328 ZPO angegebenen, entgegensteht. Ein solcher Grund, insbesondere aus § 328 ZPO, ist jedoch hier nicht vorhanden. Entgegen der Auffassung der Regierung ist auch die Vorlage einer vollständigen Ausfertigung des mit dem Zeugnis der Rechtskraft versehenen jugoslawischen Scheidungsurteils im vorliegenden Falle nicht erforderlich. Mit Runderlaß des RMI vom 15. 2. 1944 — I StaR 77/43 — 5649 (MB1. der inneren Verwaltung Nr. 8 vom 23. 2. 1944) wurde aus Gründen der Vereinfachung in Abänderung der Vorschriften der §§ 376 II b und 377 I DA bestimmt, daß die Standesbeamten bis auf weiteres bei der Entgegennahme von Aufgebots- und Eheschließungsanträgen von der
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Forderung vollständiger Ausfertigungen von Scheidungsurteilen deutscher Gerichte Abstand nehmen können. Die Entschl. des bayr. Staatsmin. des Innern vom 14. 12. 1949 Nr. I C 3 — 4064 c 38 (MAB1. S. 372) hat dieses Verfahren auch auf die durch § 376 II b der DA angeordnete Vorlage nichtdeutscher Ehescheidungsurteile bei der höheren Verwaltungsbehörde ausgedehnt, weil in vielen Fällen die vollständigen Ausfertigungen der Urteile infolge der Kriegs- und Nachkriegsereignisse nicht mehr beigebracht werden können und eine Rückfrage in dem betreffenden Gebiet keine Erfolgsaussichten bietet. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Es würden daher schon die an Eides Statt erfolgten Angaben des Antrst. sowie der Zeugen P., W. und M. gemäß § 5 III PStG genügen, um dem Standesbeamten die Gewißheit zu verschaffen, daß die Ehe des Antrst. aufgelöst ist. Durch die Vorlage des jugoslawischen Standesamtsauszugs hält das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem Erstrichter sogar den vollen Beweis für das Nichtbestehen einer E h e im Sinne des § 5 II PStG für erbracht. Anhaltspunkte gegen die Echtheit der Urkunde haben sich nicht ergeben. Die gesamten Umstände sprechen dafür, daß die Ehe des Antrst. geschieden ist. Der erstrichterliche Beschluß erwies sich daher zu Recht, so daß die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen war."
5. Anerkennung eines ausländischen Verfahrens 6. Rechtshilfe Siehe auch Nr. 141 3 1 1 . Für die Anfechtung eines prozessualen Rechtsaktes, der auf Ersuchen einer ausländischen Behörde durch ein deutsches Gericht vorgenommen wird, ist der Rechtsbehelf der Beschwerde an das OLG gemäß § 159 GVG gegeben. Die Zustellung von Schriftstücken aus dem Ausland durch ein deutsches Gericht erfolgt im Wege der Rechtshilfe. Für die Anfechtung solcher Rechtshilfe ergibt sich die Zuständigkeit der Gerichtsbehörde oder der Justizverwaltung grundsätzlich aus dem entsprechenden Rechtshilfevertrag mit dem ersuchenden Staat und nicht aus der Form der augenblicklichen Abwicklung. Die Einstellung deutscher Vorkriegsverträge durch KR-Proklamation Nr. 2 vom 20. 9. 1945 kann unter Berücksichtigung der allgemeinen völkerrechtlichen Regelungen über die Einwirkung des Krieges auf Staatsverträge nur in bezug auf die Verträge mit den Kriegsgegnern Deutschlands verstanden werden. Soweit Vorkriegsverträge mit neutralen Staaten weiter Geltung behalten haben, gehört das Land Berlin — unabhängig von seiner augenblicklichen staatsrechtlichen Stellung — zu dem durch jene Verträge verpflichteten und berechtigten, als Staat völkerrechtlich mit eingeschränkter Souveränität weiterbestehenden Deutschland. — GVG §§ 159, 160; KR-Prokl. Nr. 2 vom 20. 9. 1945, Abschn. III Nr. 6; Direktive der AHK vom 19. 3. 1951; Ges. Nr. 7 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 17. 3. 1950; Haager
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Zivilprozeßabkommen vom 17. 7. 1905 Art. 1, 8; deutsch-schweiz. Vereinbarung vom 7. 5. 1910 über die Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs. KG (West), Beschl. vom 27. 11. 1952 — 1 W 3409/52: GRUR 56 (1954) 224; BlfPMZ 56 (1954) 447 (in beiden Zeitschriften datiert mit dem 27. 11. 1953); MDR 8 (1954) 485. Aus den Gründen: „Das Kantonsgericht Schaffhausen/Schweiz hatte mit Antrag vom 29. 7. 1952 über Vermittlung der Schweizerischen Delegation zu Berlin das AG Schöneberg im Wege der Rechtshilfe um Zustellung der Klageschrift der Glasmanufaktur Aktiengesellschaft SchafFhausen vom 16. 7. 1952 nebst Rechtsbelehrung vom 29. 7. 1952 an die Bekl. ersucht. Der Bevollmächtigte der Bekl. hatte die Annahme der Zustellung unter dem 4. 9. 1952 mit dem Hinweis darauf verweigert, daß durch die Proklamation Nr. 2 des KR vom 20. 9. 1945 die Zivilrechtshilfeordnung vom 6. 9. 1931 außer Kraft gesetzt und demzufolge ein Rechtshilfeverkehr auch zwischen der Schweiz und Deutschland zur Zeit noch ausgeschlossen sei. Auf Grund der Verfügung des AG Schöneberg vom 6. 9. 1952, der Bekl. die Schriftstücke zuzustellen, ist die Zustellung, da die Annahme verweigert wurde, am 8. 9. 1952 durch Zurücklassung der Schriftstücke am Ort der Zustellung bewirkt worden. Hiergegen hat sich die Bekl. mit ihrem Schriftsatz vom 8. 9. 1952 gewandt und weiterhin unter dem 24. 9. 1952 die Entscheidung des KG gemäß § 159 GVG beantragt, die Zustellung als ungesetzlich zurückzunehmen, weil das AG Schöneberg dem Rechtshilfeersuchen des im Rechtszuge nicht vorgesetzten Schweizer Gerichts infolge Kontrollratsverbots vom 20. 9. 1945 nicht hätte stattgeben dürfen. Hilfsweise hat die Bekl. begehrt, die Sache gemäß Gesetz Nr. 7 Art. 3 Ziff. 2 dem zuständigen Kommandanten vorzulegen. Zur Begründung ihres Antrages macht die Bekl. geltend, daß ihr wie auch zahlreichen anderen Firmen in Deutschland im Jahre 1950 von der Kl. ein Lizenzvertrag angetragen worden sei, in dem als Gegenleistungen Devisenzahlungen für innerdeutschen Warenbezug vorgeschlagen gewesen seien. Sämtliche diesbezüglichen Vertragsvorabsprachen seien aber durch eine Rundverfügung des Bundesministers f ü r Wirtschaft vom 5. 10. 1950 aufgehoben worden, weil sie den Dekartellisierungsbestimmungen zuwiderliefen und die beabsichtigten Devisenverpflichtungen nicht den Angemessenheitsforderungen der JEIA-Anweisung 31 entsprächen. Die Kl. habe darauf neue Vertragsvorschläge unterbreitet mit der Bitte, diese den zuständigen Stellen in Berlin zur Genehmigung einzureichen. Da eine Überprüfung durch die Bekl. ergeben habe, daß der Vertragsinhalt dem Besatzungsrecht widerspreche, habe sie die Sache den zuständigen Behörden vorgelegt, die bis heute noch keine Ausnahmegenehmigung erteilt hätten. Die Kl. glaube nun, aus diesem nach den hier geltenden Vorschriften nichtigen Vertragsangebot und den auf Grund dessen vorgenommenen einleitenden Geschäften Ansprüche gegen die Bekl. auf Devisenzahlungen herleiten zu können. Wegen der Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung 40
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in Deutschland habe die Kl. mit Klage vor Schweizer Gerichten gedroht. Die Entgegennahme dieser Auslandsklagezustellung, die zur Unterwerfung der Bekl. unter die Schweizer Gerichtsbarkeit führe, sei schon deswegen zu Recht abgelehnt worden, weil die Bekl. sich andernfalls eines Verstoßes gegen das Besatzungsrecht schuldig gemacht hätte. Darüber hinaus sei allen Stellen in Deutschland durch die Proklamation Nr. 2 des KR untersagt, Bestimmungen von Vorkriegsverträgen des Deutschen Reiches im zwischenstaatlichen Verkehr anzuwenden. Erst durch die Direktive Nr. 6 der AHK vom 19. 3. 1951 sei die Bundesrepublik ermächtigt worden, Vorkriegsverträge mit fremden Staaten mit Zustimmung der AHK von Fall zu Fall f ü r wiederanwendbar zu erklären. Auf Grund deren Erlaubniserteilung seien im Jahre 1952 mit den Niederlanden, der Türkei, mit Griechenland und Belgien derartige Verträge wieder in Kraft gesetzt worden. Mit der Schweiz hingegen sei dies noch nicht geschehen. Selbst wenn mit der Schweiz dieserhalb seitens der Bundesregierung bereits Verhandlungen aufgenommen sein sollten, so beträfen die nach Maßgabe der Direktive Nr. 6 f ü r wieder anwendbar erklärten Vorkriegsverträge nicht Berlin, da dieses ein von der Bundesrepublik unabhängiges Staatsgebilde sei. Im übrigen habe das AG Schöneberg dadurch, daß es dem Rechtshilfeersuchen stattgegeben habe, auch das Gesetz Nr. 7 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 17. 3. 1950 verletzt. Die Bekl. habe daher die Annahme der Zustellung mit gesetzlichem Grund verweigert. Der Rechtsbehelf ist unter Bezugnahme auf § 159 GVG eingelegt worden. Dieser Rechtsbehelf, der nach herrschender Ansicht als Beschwerde zu bezeichnen wäre (so Baumbach-Lauterbach, ZPO, Anm. 1 zu § 159 GVG; RGZ 64, 179), ist aber nach dieser Vorschrift, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, an sich nur f ü r den innerdeutschen Rechtshilfeverkehr gegeben. Der Senat ist indessen der Auffassung, daß diese Vorschrift auf alle Fälle der vorliegenden Art entsprechend anzuwenden ist, d. h. wenn es sich um die Vornahme eines prozessualen Rechtsaktes auf Ersuchen einer ausländischen Behörde durch ein deutsches Gericht handelt, weil dieser Rechtsakt durch ein deutsches Gericht vorgenommen ist, und weil sonst eine Anfechtung, die nach dem Aufbau unserer Rechtsordnung gegeben sein soll, nicht möglich wäre. Gegen die Zulässigkeit dieser Beschwerde könnte sprechen, daß die Rechtshilfe ausländischen Behörden gegenüber grundsätzlich eine Angelegenheit der Justizverwaltung und nicht eine solche der Gerichtsbarkeit ist (von Normann, Das Internationale Zivilprozeßrecht [1923] 11; SteinJonas-Schönke, ZPO, Vorbem. vor § 1, Anm. VIII B 4; Baumbach-Lauterbach, ZPO, Anhang nach § 168 GVG, Vorbem. B, Bern. 1 A; OLG Hamburg, Recht 1924 Nr. 703). Letztere ist grundsätzlich lediglich f ü r die Ausführung der Rechtshilfe zuständig, sofern entsprechende Rechtshilfeverträge mit den ersuchenden Staaten bestehen, während es anderenfalls auch hinsichtlich der Ausführung bei der ausschließlichen Zuständigkeit der Justizverwaltung verbleibt (von Normann aaO 1; Stein-Jonas-Schönke aaO). Nun unterscheidet aber das Haager Zivilprozeß abkommen vom 17. 7. 1905 verschiedene Arten von Rechtshilfevorgängen. In seinem Art. 1 und den
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folgenden Vorschriften behandelt es Zustellungsersuchen, in Art. 8 ff. weitere Rechtshilfevorgänge. Bezüglich der Zustellungsersuchen ist in Art. 1IV ausgesprochen: „Die vorstehenden Bestimmungen hindern nicht, daß sich zwei Vertragsstaaten über die Zulassung des unmittelbaren Verkehrs zwischen ihren beiderseitigen Behörden verständigen." Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Bestimmung ist im Reichsgesetzblatt 1910 S. 674 von der Reichsregierung die Bekanntmachung betr. die im Anschluß an das Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17.7. 1905 von Deutschland mit der Schweiz zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs getroffene Vereinbarung unter dem 7. 5. 1910 ergangen, wonach in allen Fällen, in denen durch das Abkommen der Rechtshilfe verkehr in Zivilund Handelssachen für die Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden sowie f ü r die Erledigung von Ersuchungsschreiben geregelt ist, der zwischen den deutschen und den schweizerischen gerichtlichen Behörden auf Grund der Vereinbarung vom 1./10. 12. 1878 bestehende unmittelbare Geschäftsverkehr beibehalten wird. Als die in Frage kommenden deutschen Gerichtsbehörden ergeben sich aus § 1 II des Ausf.G zum Haager Zivilprozeßabk. die f ü r die Zustellung örtlich zuständigen Amtsgerichte; die Schweizer Stellen sind im ZB1. 1906 S. 514 und im RMB1. 1923 S. 287 bekanntgegeben. Auf Grund dieser Vorgänge nehmen SchlegelbergerNagel, GVG2, Anhang zu Titel 13, Bern. A IV 3 i) an, daß ein unmittelbarer Austausch des Schriftwechsels zwischen ersuchender und ersuchter Behörde stattfindet. Stein-Jonas-Schönke, ZPO, Bern. VIII 1 vor § 166 führen aus, daß sich das Verfahren bei Zustellungen auf Ersuchen ausländischer Behörden nach dem Haager Zivilprozeßabk. oder nach Einzelabkommen bestimme. „Soweit unmittelbarer Geschäftsverkehr besteht . . . sind die Zustellungsanträge teils an den Landgerichtspräsidenten zu richten (so diejenigen aus Holland, Dänemark . . . ) teils an das Amtsgericht (so diejenigen aus der Schweiz). Die Zustellung selbst wird durch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts bewirkt." In der Grundfrage übereinstimmend äußert sich Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht 686. Der Senat tritt dieser Auffassung auf Grund der von Deutschland mit der Schweiz getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich des erleichterten Zustellungsverfahrens bei. Wenn Baumbach-Lauterbach aaO unter Anführung der erwähnten Entscheidung des OLG Hamburg den grundsätzlich zutreffenden Ausführungen, daß über Gewährung der Rechtshilfe endgültig die Justizverwaltung entscheide, hinzufügen: „auch wo unmittelbarer Verkehr besteht", so haben sie offensichtlich die erwähnten Vereinbarungen mit der Schweiz hinsichtlich der Zustellungen außer acht gelassen. In der einen anderen Fall der Rechtshilfe betreffenden Entscheidung des OLG Hamburg war zu ihnen nicht Stellung zu nehmen. Diese Erwägungen, die dazu führen würden, die Zuständigkeit der Justizverwaltung f ü r den vorliegenden Fall zu verneinen, treffen indessen nur zu, wenn die vom Deutschen Reich mit der Schweiz vor dem letzten Kriege abgeschlossenen zivilprozessualen, insbesondere den Rechtshilfeverkehr bei Zustellungsersuchen regelnden Staatsverträge, nämlich das Haager Zivilprozeßabkommen vom 17. 7. 1905 und die ergänzende Ver40 '
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einbarung zur Vereinfachung des Rechtshilfe Verkehrs betreffend Beibehaltung des unmittelbaren Geschäftsverkehrs vom 30. 4. 1910, jetzt noch in Kraft sind. Dies könnte durch die Proklamation Nr. 2 vom 20. 9. 1945 (ABl. des KR f ü r Deutschland Nr. 1 S. 8) in Frage gestellt sein, deren Abschnitt III Nr. 6 besagt, daß die Alliierten Anweisungen in bezug auf die Auflösung, Inkraftsetzung, Wiederaufnahme oder Anwendung aller von Deutschland eingegangenen Verträge, Konventionen oder anderer internationaler Abkommen oder eines Teils oder einer Bestimmung derselben geben werden. Hieraus ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, welche Verträge aufgelöst oder weiter in Kraft sind; vielmehr ist dies nach den allgemeinen völkerrechtlichen Regeln über die Einwirkungen des Krieges auf Staatsverträge zu beurteilen. Danach ist mit der fast einhelligen Meinung der Literatur (so Riezler, aaO insb. 697; Aubin in DRZ, 5. Beiheft, S. 10 ff.; Seuffert, NJW 1948, 629; Baumbach-Lauterbach, ZPO, Einleitung IV; Stein-Jonas-Schönke aaO) davon auszugehen, daß durch den Kriegsausbruch die mit den neutralen Staaten bestehenden Verträge Deutschlands in ihrer Wirksamkeit nicht berührt worden sind. Der Inhalt des Abschnitts III Nr. 6 der Proklamation Nr. 2 kann daher nur so verstanden werden, daß die durch den Kriegsausbruch erloschenen Verträge mit Kriegsgegnern Deutschlands aufgelöst bleiben, bis eine Anweisung der Alliierten auf Wiederinkraftsetzung ergeht, während die im Kriege aufrechterhaltenen Verträge weiter Geltung behalten, wenn sie nicht durch eine Anweisung außer Kraft gesetzt werden oder worden sind (so Aubin aaO). Daß diese Vorschrift nur in diesem Sinne ausgelegt werden kann, zeigt auch die Erwägung, daß die Alliierten den neutralen Staaten völkerrechtlich nicht vorzuschreiben in der Lage sind, welche der von diesen mit Deutschland geschlossenen Verträge in Kraft bleiben sollen. Die Alliierten hätten seinerzeit als Inhaber der obersten Regierungsgewalt in Deutschland allenfalls im Verhältnis zu dritten, neutralen Staaten das Deutschland etwa zustehende Kündigungsrecht ausüben können (Seuffert aaO). Das ist aber gegenüber der Schweiz in bezug auf die vorerwähnten Abkommen nicht geschehen. Auch die Direktive Nr. 6 der AHK vom 19. 3. 1951 (AHK ABl. 1951, 846) spricht nicht gegen das Fortbestehen der Verträge mit der Schweiz; denn auf Grund dieser Direktive sind bisher lediglich Vorkriegsverträge mit früheren Feindstaaten wieder in Kraft gesetzt worden. Diese Tatsache kann deshalb eher als Bestätigung dessen angesehen werden, daß die Verträge mit neutralen Staaten nicht erloschen sind. Aber selbst wenn man der Auffassung wäre, daß durch die Proklamation Nr. 2 die Wiederaufnahme oder Anwendung von Vorkriegsverträgen sowohl mit den Kriegsgegnern Deutschlands als auch mit neutralen Staaten von entsprechenden Anweisungen der Alliierten abhängig gemacht werden sollten, so wären die erwähnten Abkommen mit der Schweiz auf Grund derartiger Anweisungen bereits wieder in Kraft getreten. Zwischen der Amerikanischen Militärregierung für Deutschland und der Schweizer Regierung sind über die amerikanische diplomatische Vertretung in der
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Schweiz bereits bald nach dem Kriege interne Vereinbarungen über die Rechtshilfe zwischen dem von den Vereinigten Staaten besetzten Gebiet Deutschlands, in dem auch das ersuchte AG Schöneberg und der Sitz der Bekl. liegen, und der Schweiz getroffen worden. Schließlich hat die Amerikanische Militärregierung in Deutschland (OMGUS) an die Direktoren der Militärregierung in der amerikanischen Zone, Bremen und Berlin eine Anordnung vom 2. 7. 1948 über eine allgemeine gegenseitige Rechtshilfe mit dem Auslande erlassen (JR 1949, 163) deren wesentliche Bestimmungen lauten: „Rechtshilfegesuche an deutsche Gerichte aus dem Ausland werden durch einen akkreditierten diplomatischen Vertreter oder eine Militärmission unmittelbar dem zuständigen Landesjustizminister zugeleitet, der sie an das zuständige deutsche Gericht weiterleitet." Ferner ist es dem Senat von Berlin durch ein bei den einschlägigen Vorgängen der Senatsverwaltung f ü r Justiz befindliches Schreiben der Alliierten Kommandantur vom 18. 2. 1952 gänzlich freigestellt worden, in welcher Form Berlin den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland abwickelt. Die Alliierten haben sich darin nur eine Kontrolle des Schriftwechsels mit ihren Ländern vorbehalten. Es kann sonach keinem Zweifel unterliegen, daß mindestens auf Grund der zuletztgenannten Anweisungen der Alliierten die oben angeführten Staatsverträge mit der Schweiz wenn nicht weiter, so doch wieder Geltung haben, zumal diese Verträge von der Schweiz niemals als aufgelöst betrachtet worden sind (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 1. 12. 1945 in Schweizer. Juristenzeitung 1946, 89 ff.; DRZ 1947, 31). Bedenken in der Richtung, ob wegen der fraglichen Identität des früheren deutschen Reiches mit dem jetzigen Deutschland die Vorkriegsverträge weiter gelten, entfallen deswegen, weil nach der jetzt in der Literatur fast einmütig vertretenen Auffassung Deutschland als Staat völkerrechtlich weiterbesteht (Riezler 696, Aubin aaO statt anderer). Den entsprechenden Willen haben die Alliierten auch in der Einleitung zur Erklärung über die bedingungslose Kapitulation Deutschlands vom 5. 6. 1945 und in sonstigen Bekanntmachungen deutlich zum Ausdruck gebracht. Hiernach sollte Deutschland lediglich in seiner Handlungsfreiheit durch die Besatzungsmächte beschränkt werden. Die augenblickliche staatsrechtliche Stellung des Landes Berlin spielt f ü r die Anwendbarkeit der Vorkriegs-Staatsverträge Deutschlands auch auf sein Gebiet insofern keine Rolle, als durch jene Verträge Deutschland als Ganzes, wozu auch Berlin nach wie vor gehört, verpflichtet und berechtigt worden ist. Steht demnach fest, daß das Haager Zivilprozeßabkommen vom 17. 7. 1905 und die Ergänzungsvereinbarung zur Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 30. 4. 1910 im Verhältnis Deutschlands zur Schweiz weiterhin in Kraft, mindestens aber wieder anwendbar sind, so ist die Erledigung des vorliegenden Rechtshilfeersuchens des Schweizer Gerichts Sache der Gerichtsbarkeit und nicht der Justizverwaltung. Daß sich der Rechtshilfeverkehr zwischen der Schweiz und Berlin seit dem Zusammenbruch nicht mehr unmittelbar zwischen den beiderseitigen Justizbehörden, sondern zunächst über die Alliierten und den Land-
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gerichtspräsidenten, später unter Einschaltung der Landesjustizverwaltung abspielt, macht den Rechtshilfeverkehr, soweit er die Zustellungen betrifft, nicht zu einer Angelegenheit der Justizverwaltung; vielmehr ist diese Form der Abwicklung des Rechtshilfeverkehrs, bedingt zunächst durch die besondere staatsrechtliche Lage Deutschlands und Berlins, aus Zweckmäßigkeitsgründen beibehalten worden, kann aber jederzeit geändert werden. Für die Entscheidung der Frage, ob die Ausführung von Zustellungsersuchen Schweizer Behörden durch deutsche Gerichte eine Angelegenheit der Justizverwaltung, oder eine solche der Gerichtsbarkeit ist, sind aber, wie oben bereits ausgeführt, allein die zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz getroffenen Abkommen und nicht die jeweilige Form der tatsächlichen Abwicklung des Rechtshilfeverkehrs maßgebend. Die allein in Betracht kommenden Abkommen sind unverändert in Kraft geblieben oder jedenfalls in der früheren Form wieder in Kraft getreten. Lediglich in solchen Fällen, in denen bei bestehenden Staatsverträgen die Ausführung der Rechtshilfe geeignet erscheint, Hoheitsrechte oder die Sicherheit Deutschlands zu gefährden, oder in denen die Ausführung der Rechtshilfe den Behörden der Justizverwaltung ausdrücklich vorbehalten ist, steht die Entscheidung darüber nicht den Gerichten, sondern den Organen der Justizverwaltung zu, denen dann in Zweifelsfällen der Antrag vom Gericht vorzulegen ist (Stein-Jonas-Schönke, ZPO, Vorbem. VIII Anm. l b vor § 166). Im vorliegenden Falle besteht hierzu keine Veranlassung, da keine Gründe dafür ersichtlich sind, daß die Zustellung der Klageschrift, deren Inhalt nicht einmal bekannt ist, Hoheitsinteressen Deutschlands verletzen könnte. Im übrigen ist mit Rücksicht auf die augenblickliche Lage Deutschlands davon auszugehen, daß dieses nur eine eingeschränkte Souveränität besitzt (vgl. Urteil des OVG Berlin III B 118/51 vom 17. 6. 1952). Das führt dazu, daß Hoheitsinteressen Deutschlands oft nur mittelbar berührt, unmittelbar aber Interessen der Alliierten betroffen werden können. Wenn die Besatzungsmächte aber nach den obigen Ausführungen gegen die Anwendbarkeit von Rechtshilfeverträgen mit fremden Staaten regelmäßig nichts einzuwenden haben, so haben sie als „Aufsichtsorgane" Deutschlands dadurch zu erkennen gegeben, daß sie in diesem Punkte auch eine Gefährdung der beschränkten deutschen Hoheitsrechte f ü r nicht vorliegend erachten. Die Entscheidung über das von der Bekl. eingelegte Rechtsmittel steht daher gleichfalls den ordentlichen Gerichten zu. Daß das Zustellungsersuchen des Kantonsgerichts Schaffhausen ein Ersuchen um Rechtshilfe darstellt, unterliegt keinem Zweifel. Wenn auch bei Zustellungen innerhalb Deutschands nach der Vorschrift des § 160 GVG eine Rechtshilfe nicht stattfindet, so ist aus der umfassenden Regelung des Rechtshilfeverkehrs mit dem Ausland in der Preußischen Zivilrechtshilfeordnung vom 6. 9. 1931 (JMB1. 1931, 302) sowie dem Haager Zivilprozeßabkommen vom 17. 7. 1905 und dem dazu erlassenen Ausführungsgesetz vom 5. 4. 1909 (RGBl. 1909 S. 430) ohne weiteres zu entnehmen, daß die Zustellung von Schriftstücken aus dem Ausland im Wege der Rechtshilfe erfolgt.
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Nach alledem ist die Beschwerde zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Die vom AG Schöneberg vorgenommene Zustellung der Klageschrift nebst Rechtsbelehrung an die Bekl. ist nach hiesigem Recht nicht verboten. Aus den bereits oben dargelegten Gründen in bezug auf die Klärung der Frage, ob die Justizverwaltung oder das Gericht über den Antrag der Bekl. zu entscheiden hat, ist zu entnehmen, daß die Ausführung des schweizerischen Zustellungsersuchens durch das AG Schöneberg nicht gegen die Proklamation Nr. 2 verstößt. Auch der Umstand, daß die Kl. ihren Klageanspruch auf Zahlung von Devisen aus einem nach der Darstellung der Bekl. gemäß der Verordnung über Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs vom 15. 7. 1950 (VOB1. I 1950, 304) nichtigen Rechtsgeschäft herleitet, kann die Zustellung der Klageschrift nicht gesetzwidrig machen (Art. 1 II a der Durchführungsbestimmungen Nr. 3 zur Devisenbewirtschaftungsverordnung — VOB1. 1951 I S. 81). Von dem Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks nimmt das ersuchte Gericht nicht Kenntnis. Im übrigen würde die Nichtigkeit des der Klage zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts niemals deren Zustellung ergreifen, da die Zustellung als reine Prozeßhandlung ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage durchzuführen ist. Die Zustellung läuft auch nicht dem Gesetz Nr. 7 der Alliierten Kommandantur vom 17. 3. 1950 (VOB1. 1950 I S. 89), betreffend die Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten zuwider, nach dessen Art. 4 Nr. 1 Verfahren und Entscheidungen deutscher Gerichte in Angelegenheiten, die ihrer Zuständigkeit entzogen sind, nichtig sind. Der Umstand, daß ein deutsches Gericht die Zustellung einer Klage vermittelt, welche die Verurteilung des Bekl. auf Grund möglicherweise gegen die Verordnung über Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs verstoßender Vereinbarungen verfolgt, begründet keinen Verstoß gegen das Gesetz Nr. 7 der Alliierten Kommandantur. Insbesondere liegt darin weder eine Beeinträchtigung des Kontrollrechts einer Besatzungsmacht (Art. 2 c des Gesetzes Nr. 7) noch wird durch die gerichtliche Handlung die Gültigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Gesetzes, einer Verordnung oder sonstigen Anordnung verneint oder über das Bestehen, den Inhalt, die Rechtsgültigkeit oder den Zweck einer Anordnung der Besatzungsbehörden oder -Streitkräfte entschieden (Art. 3 d. Ges.). Vielmehr zeigt die aus dem Gesetz Nr. 7 ersichtliche weitgehende Ermächtigung f ü r die deutschen Gerichte, daß die Zustellung einer vor einem ausländischen Gericht erhobenen Klage mit einem das Gebiet des Devisenverkehrs vielleicht berührenden Inhalt — der wirkliche ist nicht bekannt — nicht das Kontrollrecht der Besatzungsmächte im Sinne des Gesetzes Nr. 7 antasten kann. Bei dieser Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, dem Hilfsantrage der Bekl. entsprechend, die Sache gemäß Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes Nr. 7 dem zuständigen Sektorenkommandanten vorzulegen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß den Art. 2 c, 3 nicht gegeben sind. Das AG Schöneberg hat demnach dem Rechtshilfeersuchen des Kantonsgerichts Schaafhausen zu Recht stattgegeben, da die Zustellung der Klage-
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schrift nebst Rechtsbelehrung nach den hier geltenden Gesetzesvorschriften nicht verboten ist." 313. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag des sorgeberechtigten (geschiedenen) Vaters, gemäß § 33 II und III FGG anzuordnen, daß die Mutter das Kind bei Vermeidung einer Ordnungsstrafe herauszugeben habe, kann nicht deswegen verneint werden, weil die Mutter mit dem Kinde z. Zt. in der Tschechoslowakei wohnt und eine solche Anordnung mangels entsprechender zwischenstaatlicher Regelung z. Zt. nicht vollstreckt werden kann. — FGG § 33; BGB § 1631. LG Stade, 1. ZK, Beschl. vom 11. 12. 1953 — 2 T 453/53: FamRZ 1 (1954) 147. Aus den Gründen: „Die Ehe der Eltern des minderjährigen K. W. ist durch rechtskräftiges Urteil des Kreisgerichts in Leitmeritz/Tschechoslowakei vom 20. 7. 1948 geschieden. Durch Bescheinigung des Niedersächsischen Ministers der Justiz vom 19. 12. 1951 ist festgestellt worden, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Scheidungsurteils gegeben sind (§ 28 I der VO zur Ausführung des EheG, VOBlBritZ 1948, 210). Durch Beschluß des AG vom 1. 8. 1952 wurde das Recht der Sorge f ü r die Person des Kindes dem Antrst. übertragen. Dieser Beschluß konnte der Kindesmutter nicht bekanntgegeben werden, da die um Weiterleitung der Beschlußausfertigung gebetene Tschechische Militärmission in Berlin diese unter Hinweis auf Art. 4 der Haager Konvention vom 17. 7. 1905 abgelehnt hat. Es erfolgte dann die öffentliche Zustellung des Beschlusses. Das Kind befindet sich noch bei seiner Mutter in A./Tschechoslowakei. Der Antrst. hat nunmehr beim AG beantragt anzuordnen, daß die Mutter des Kindes dieses — bei Vermeidung einer vom Gericht f ü r den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsstrafe bis zur Höhe von 1000.— DM — herauszugeben habe. Durch den angefochtenen Beschluß wurde dieser Antrag zurückgewiesen und in den Gründen ausgeführt, daß jede Rechtsverfolgung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetze, dieses im vorliegenden Falle jedoch zu verneinen sei, da die vom Vormundschaftsrichter verlangte Anordnung mangels entsprechender zwischenstaatlicher Regelung nicht vollstreckt werden könne. Die Androhung einer Ordnungsstrafe sei ebenfalls, und zwar wegen der geltenden Devisenbestimmungen sowohl in der Bundesrepublik als auch in der Tschechoslowakei, nicht möglich, so daß der Antrag auch in dieser Hinsicht des Rechtsschutzbedürfnisses ermangele. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antrst. mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, daß ein Rechtsschutzbedürfnis im vorliegenden Falle schon deshalb nicht verneint werden dürfe, weil die Möglichkeit bestehe, daß die Bundesrepublik und die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit zwischenstaatliche Abmachungen auch über die Vollstreckbarkeit vormundschaftsgerichtlicher Anordnungen treffen würden. Ihm, dem Antrst., könne jedoch nicht zugemutet werden, solange zu warten, um dann seinen
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Antrag erneut zu stellen, zumal da jede Verzögerung in der Durchführung der Sorgerechtsregelung sich zu Ungunsten des Kindes auswirken würde. Die Beschwerde mußte Erfolg haben, denn: 1. Der Antrst. hat ein Recht, den Aufenthalt seines Kindes zu bestimmen. Dieses Recht folgt aus der am 1. 8. 1952 durch Beschluß des AG getroffenen Sorgerechtsregelung in Verbindung mit § 1631 BGB, da gegen die Wirksamkeit des Sorgerechtsbeschlusses keine Bedenken bestehen. Zwar werden gerichtliche Verfügungen im Sinne des FGG gemäß dessen § 16 I erst wirksam mit der Bekanntmachung an denjenigen, f ü r welchen sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind; und es ist, da der Sorgerechtsbeschluß nur öffentlich zugestellt worden ist, davon auszugehen, daß die Mutter des Kindes bis heute keine Kenntnis von der Sorgerechtsregelung erlangt hat. Nach § 16 II FGG erfolgt die Bekanntmachung jedoch selbst dann, wenn mit ihr der Lauf einer Frist beginnt, durch Zustellung nach den für die Zustellung von Amts wegen geltenden Vorschriften der ZPO und damit gegebenenfalls auch durch öffentliche Zustellung gemäß §§ 203 ff. ZPO, so daß gegen die Zulässigkeit dieser Form der Bekanntmachung im Sorgerechtsverfahren, das eine Beschwerdefrist nicht kennt, erst recht keine Bedenken bestehen, die Sorgerechtsregelung im vorliegenden Falle also durch Bewirkung der öffentlichen Zustellung wirksam geworden ist. 2. Das Recht des Antrst., den Aufenthalt seines Kindes zu bestimmen, ist durch die angefochtene Entscheidung zu Unrecht beeinträchtigt worden. Das AG hat mit Recht angenommen, daß, soweit seitens des sorgeberechtigten Elternteils gemäß § 1631 BGB eine Aufenthaltsbestimmung f ü r das Kind getroffen worden ist, der Vormundschaftsrichter gemäß § 33 FGG gehalten ist, notfalls die zur Erzwingung dieser Regelung erforderlichen Anordnungen zu treffen; denn schon mit dem Sorgerechtsbeschluß gemäß § 74 EheG wird dem nicht-sorgeberechtigten Elternteil, vorbehaltlich der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes gemäß § 1631 BGB durch den Sorgeberechtigten, die Verpflichtung auferlegt, der getroffenen Regelung nachzukommen. Daraus folgt jedoch: a) Dem Sorgeberechtigten steht zur Durchsetzung seines Rechts kein anderer Weg offen als derjenige, beim Vormundschaftsgericht anzuregen, die nach § 33 FGG vorgesehenen Anordnungen zu treffen; denn die Herausgabeklage gemäß § 1632 BGB ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses jedenfalls unzulässig, soweit sie gegen den geschiedenen Ehegatten gerichtet wird (vgl. Keidel, FGG 4 , § 33 Anm. 15b). b) Der Sorgeberechtigte wird mangels einer anderen Durchsetzungsmöglichkeit seines Rechtes stets dann in seinem Recht beeinträchtigt, wenn seine Anregung vom Vormundschaftsgericht zu Unrecht zurückgewiesen wird. Im vorliegenden Falle sind die zu a und b genannten Voraussetzungen erfüllt; denn einmal ist das Herausgabeverlangen des Antrst. gegen seine geschiedene Ehefrau gerichtet; zum anderen geht die Annahme des AG, der Antrag ermangele des Rechtsschutzbedürfnisses, fehl. Das AG geht offenbar davon aus, daß das Rechtsschutzbedürfnis schon dann zu ver-
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neinen sei, w e n n die beantragte gerichtliche M a ß n a h m e keine Aussicht auf E r f o l g zu bieten scheint. Diese Ansicht ist jedoch rechtsirrig; d e n n w ä h r e n d bei der P r ü f u n g der Erfolgsaussicht einer Rechtsverfolgung weitgehend auch auf die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs abzustellen ist, ist ein Rechtsschutzbedürfnis schon i m m e r d a n n gegeben u n d zu bejahen, w e n n n u r ein Interesse besteht, einen schwebenden Rechtsstreit zu E n d e zu f ü h r e n bzw. alle zur Durchsetzung einer bereits getroffenen Entscheidung erforderlichen u n d möglichen Anordnungen zu erwirken. E i n solches Interesse des Antrst. aber ist im vorliegenden Falle nach Ansicht der K a m m e r zu b e j a h e n . Es ist nicht von der H a n d zu weisen, daß möglicherweise in absehbarer Zeit eine zwischenstaatliche Regelung des Rechtshilfeverfahrens auch zwischen der Bundesrepublik u n d der Tschechoslowakei erfolgt, da die Interessen der genannten Staaten in dieser Beziehung die gleichen sind. Schon diese Möglichkeit genügt, ein Rechtsschutzbedürfnis des Antrst. im vorliegenden Falle zu b e j a h e n ; d e n n dieser h a t ein starkes Interesse d a r a n , d a ß schon mit W i r k s a m w e r d e n der zu e r w a r t e n d e n z u k ü n f t i g e n Regelung auf Grund einer bereits getroffenen A n o r d n u n g gegen seine die Herausgabe des Kindes verweigernde geschiedene E h e f r a u vorgegangen w e r d e n k a n n u n d die erforderliche Anordnung nicht erst auf Grund eines neuen Antrages u n d erneuter P r ü f u n g durch das Gericht getroffen werden m ü ß t e ; denn d a d u r c h w ü r d e die Herausgabe des Kindes noch länger als notwendig hinausgeschoben. Das AG ist nach Ansicht der K a m m e r zu sehr von E r w ä g u n g e n ausgegangen, die bei Anträgen auf Bewilligung des Armenrechts anzustellen sind, bei der P r ü f u n g des Rechtsschutzbedürfnisses jedoch keine oder jedenfalls n u r sehr eingeschränkte Bedeutung haben. Es ist nicht einzusehen, weshalb ein deutsches Gericht den beantragten Rechtsschutz versagen sollte, sobald u n d solange seine Entscheidungen im Auslande nicht a n e r k a n n t werden bzw. im Augenblick nicht durchgesetzt werden k ö n n e n ; d e n n d a r i n w ü r d e eine durch nichts gerechtfertigte freiwillige Beschränk u n g der deutschen Rechtspflege liegen. Der angefochtene Beschluß w a r d a h e r a u f z u h e b e n u n d die Sache zur erneuten, n u n m e h r sachlichen P r ü f u n g an das AG zurückzuverweisen. Die Festsetzung einer Ordnungsstrafe setzt eine schuldhafte Zuwiderh a n d l u n g gegen gerichtliche Anordnungen voraus. Daher wird das AG, falls es die beantragte Anordnung erläßt, zu p r ü f e n haben, ob es nicht zweckmäßig ist, den die S t r a f a n d r o h u n g enthaltenden Beschluß, u n d zwar zugleich mit einer Ausfertigung des bisher der Mutter nicht bekanntgewordenen Sorgerechtsbeschlusses, letzterer n u n m e h r f o r m l o s durch einfachen u n d eingeschriebenen Brief zuzustellen. Das AG wird f e r n e r zu beachten haben, d a ß die A n d r o h u n g einer bestimmten S t r a f h ö h e nicht erforderlich ist (vgl. Keidel aaO, § 33 Anm. 10)."
Nr. 313,314
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XIII. FREIWILLIGE GERICHTSBARKEIT, NOTARIATSUND URKUNDENWESEN Siehe Nr. 17, 20 III, 76, 105, 193—198 a, 231, 236, 237, 305, 317
XIV. KONKURSRECHT Siehe Nr. 28
XV. STAATSANGEHÖRIGKEITSRECHT Siehe auch Nr. 2, 240, 279 Doppelte Staatsangehörigkeit 313. Besitzt ein Patentinhaber sowohl die britische als auch die amerikanische Staatsangehörigkeit, so kommt es für die Frage, welcher Zeitpunkt als Beginn des Kriegszustandes gemäß Art. 5 des AHKG Nr. 8 anzusehen ist, jedenfalls dann allein auf die britische Staatsangehörigkeit an, wenn der Patentinhaber während des Krieges nicht in den Vereinigten Staaten, sondern in England gelebt hat. — AHKG Nr. 8 Art. 5. Deutsches Patentamt, Beschwerdesenat 1 a, Entsch. vom 16. 11. 1953 — Pat. 619 291 BlfPMZ (1954) 20 (nur Leitsatz mit Anmerkung von Wolf Müller: Mitteilungsblatt 1954, 28).
Deutsche Staatsangehörigkeit Siehe auch Nr. 50, 109, 125—129, 162, 222, 234; ferner Nr. 20 (Saargebiet); 5, 108. 165, 214, 216, 294 (Sudetendeutsche); 10, 130—133, 141, 142, 151, 155, 161, 183, 188, 199, 209 (Volksdeutsche); 16, 115, 165 (Volksdeutsche aus dem Protektorat). 314. Saarländer, die 1945 die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, sind keine Ausländer und daher nicht zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten oerpflichtet. AG Aachen, Urt. vom 3. 6. 1952 — H C 270/52: NJW 5 (1952) 830 mit Anmerkung von Harstang. Aus den Gründen: „Bewohner des Saargebiets, die 1945 die deutsche Staatsangehörigkeit besessen haben, sind jetzt noch Deutsche, keine Ausländer. Es gibt keine völkerrechtliche oder staatsrechtliche Grundlage f ü r die Auffassung, daß das anders sei, daß die Saarländer ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hätten und lediglich noch Saarländer, also nicht Deutsche seien. Es mag sein, daß saarländische Gerichte eine andere Auffassung vertreten. Auf nach deutschem Recht gültige, f ü r die deutschen Gerichte maßgebende Bestimmungen stützt sich diese Auffassung nicht, und sie kann
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nicht maßgebend sein f ü r die Entscheidung über die prozeßhindernde Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung." 315. Die deutsche Staatsangehörigkeit geht durch den Wiedererwerb der schweizerischen Staatsangehörigkeit nicht verloren, wenn der Betreffende in Deutschland seinen Wohnsitz bzw. dauernden Aufenthalt hat. Bei doppelter Staatsangehörigkeit muß die inländische als die stärkere betrachtet werden. Unterhaltsansprüche ehelicher Kinder gegen ihren deutschen Vater sind nach deutschem Hecht zu beurteilen. — EGBGB Art. 19; RuStAG §§ 3, 4, 25. AG Bad Tölz, Urt. vom 10. 4. 1951 — C 315/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Aus den Vormundschaftsakten des AG Bad Tölz X 150/48 betreffend die Sorgerechtsregelung f ü r B. Karl-Heinz und Anita geht hervor, daß der Bekl., ursprünglich Schweizer Staatsangehöriger, behauptet, durch seine Einziehung zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben zu haben. Die Annahme begegnet keinen Bedenken, daß er damals die Stellung eines Doppelstaaters hatte, da er neben der angeborenen Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hatte; denn wahrscheinlich erfolgte die Leistung deutschen Militärdienstes nicht freiwillig, sondern auf Grund der deutschen Staatsangehörigkeit. War aber der Bekl. Deutscher, so sind seine ehelichen Kinder ebenfalls Deutsche geworden (3. Ziff. 1, § 4 RuStAG). Es ergibt sich aus den Vormundschaftsakten weiter, daß der Bekl. durch Matrikeleintragung vom 27. 4. 1950 die Schweizer Staatsangehörigkeit wiedererwarb. Dadurch hat der Bekl. aber nicht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, weil nach § 25 RuStAG der Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit auf Antrag nur dann ein Verlustgrund für die deutsche Staatsangehörigkeit darstellt, wenn der Betreffende im Inland weder Wohnsitz noch dauernden Aufenthalt hat. Aus dem gleichen Grund haben die Kinder durch Erwerb der schweizerischen Staatsangehörigkeit im Jahre 1950 nicht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Anhaltspunkte dafür, daß die Parteien aus der deutschen Staatsangehörigkeit entlassen worden wären (§§ 18 ff. RuStAG) sind im Verfahren nicht hervorgetreten. Aus diesen Gründen ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Bekl. und dem Kl. nach den deutschen Gesetzen zu beurteilen (EGBGB Art. 19). Die gleiche Auffassung kommt in dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung vom 1. 2. 1951 zum Ausdruck . . . "
1 Durch Matrikeleintragung konnte man die schweizerische Staatsangehörigkeit nicht wiedererwerben. Vermutlich war Vater der Kinder Doppelstaater schon vor seiner Matrikeleintragung.
XV. Staatsangehörigkeitsrecht
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österreichische Staatsangehörige 1 Siehe auch Nr. 203, 204, 303 316. Eine Deutsche, die im Jahre 1942 einen Deutschen geheiratet hat, dem im Jahre 1950 die österreichische Staatsangehörigkeit verliehen wurde und der in Österreich seinen Wohnsitz hat, hat, auch wenn sie zusammen mit ihrem Manne in Österreich eingebürgert wurde, die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren, wenn sie sich mit dem Manne nicht in häuslicher Gemeinschaft befunden hatte und in der Bundesrepublik lebt. Eine Partei, die neben einer fremden die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ist für die deutsche Gerichtsbarkeit nur als deutsche Staatsangehörige zu behandeln. — ZPO §§ 606, 627; 4. DVO zum EheG § 24; RuStAG §§ 18 25—29. OLG Hamm, 7. ZS, Beschl. vom 21. 3. 1952 — 7 W 131/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Der Antrg. ist am 28. 7. 1912 in B. in Oberschlesien, die Antrst. am 15. 2. 1913 in L., Kreis Kattowitz, O/S, geboren. Am 17. 10. 1942 heirateten die Parteien in B. Im Jahre 1943 wurde der Antrg. zur deutschen Wehrmacht eingezogen. Gegen Kriegsende, Anfang 1945, begab er sich von seinem Truppenteil nach B. und hielt sich hier bis September 1945 auf. Noch in dem gleichen Monat siedelte er nach Wien über, um die Verwaltung seines väterlichen Vermögens zu übernehmen. Die Antrst. wurde noch vor der Rückkehr des Antrg. im Jahre 1945 mit den Kindern von B. nach E. im Gratzer Gebirge evakuiert und von dort nach dem Einmarsch der Russen im September 1946 ausgewiesen und nach E. ihrem jetzigen Wohnsitz, verschickt. In der Zeit zwischen 1946 und 1949 haben sich die Parteien dreimal an der Grenze getroffen. Im November 1949 reiste die Antrst. auf etwa 2 Monate zum Antrg. nach Österreich. Ihr Reisepaß war auf 2 Monate begrenzt. Noch vor Ablauf dieser Frist kehrte sie nach E. zurück. Das gemeinschaftliche minderjährige Kind M. befindet sich bei der Antrst. Am 2. 8. 1950 wurde dem Antrg. die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Die Antrst. hat am 16. 10. 1951 die Scheidungsklage gegen den Antrg. erhoben und unter dem gleichen Datum im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, ihr für die Dauer des Rechtsstreits das Getrenntleben zu gestatten und das Personensorgerecht f ü r das Kind M. ihr zu übertragen. Zur Begründung führt sie aus, die Anordnung sei erforderlich, weil der Antrg. beim LG in Bielefeld Klage auf Herausgabe des Kindes M. erhoben habe. Das LG in Bielefeld hat durch Beschluß vom 30. 11. 1951 den Anträgen stattgegeben. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Antrg., mit der er die Aufhebung begehrt. Er ist der Ansicht, daß für eine Ehescheidungsklage und damit auch f ü r den Erlaß einer einstweiligen Anordnung die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben ist, da Österreich das Urteil eines 1 Vgl. jetzt das zweite Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit v o m 17. Mai 1956 (BGBl. I S. 431).
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deutschen Gerichts nicht anerkenne. E r trägt hierzu vor, er besitze die österreichische Staatsangehörigkeit, die sich auch auf die Antrst. erstrecke, wie sich aus der Urkunde über die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom 2. 8. 1950 ergebe. Die Parteien hätten zudem ihren letzten Wohnsitz in Österreich gehabt. Die Antrst. habe dort eine Zeit lang mit ihm zusammengelebt. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. § 606 ZPO regelt nicht nur die ausschließliche örtliche Zuständigkeit in Ehesachen, sondern auch die Frage der in Betracht kommenden Gerichtsbarkeit, wie aus dem Absatz 2 und 3 dieser Vorschrift ersichtlich ist. Abs. 2 behandelt die Anerkennung ausländischer Urteile, an denen Deutsche beteiligt sind, Abs. 3 die deutsche Gerichtsbarkeit in Ehesachen, an denen Ausländer beteiligt sind. Danach ist die deutsche Gerichtsbarkeit immer dann gegeben, wenn einer der Ehegatten deutscher Staatsangehöriger ist oder wenn er neben der ausländischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die ausländische bleibt dann außer Betracht. Die Parteien sind beide von Geburt an deutsche Staatsangehörige, da sie in Deutschland geboren wurden. Es ist daher n u r zu prüfen, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Verleihung der österreichischen Staatsangehörigkeit an den Antrg. verloren haben. Ob eine Person die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, entscheidet sich nach deutschem Recht, denn es ist unbestrittener völkerrechtlicher Grundsatz, daß f ü r die Zugehörigkeit einer Person zu einem Staate nur das Recht dieses Staates entscheiden kann (vgl. Makarov, Allgein. Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts [1947] 280; Verdross, Völkerrecht 2 210; Lauterbach, N J W 1947/48, 569 ff.; OLG Celle, in N J W 1947/1948, 593 OLG Kiel, SchlHA 1948, 188 2 ; BGH, N J W 1952, 185 3 ). Die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Antrg., die sich nach der Urkunde auch auf die Antrst. erstreckt, k a n n daher nicht ohne weiteres den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit zur Folge gehabt haben, da kein deutscher Rechtssatz dieses Inhalts besteht. Die Folge ist, daß eine Doppelstaatsangehörigkeit angenommen werden muß. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit tritt nach §§ 18 Ziff. 2 und 25 des RuStAG n u r dann ein, wenn ein Deutscher, der im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt hat, eine ausländische Staatsangehörigkeit erwirbt und zwar auf Antrag des Ehemannes oder des gesetzlichen Vertreters. Hierbei bedarf der Antrag des Ehemannes der Zustimmung der Frau. Tritt aber der Erwerb der f r e m d e n Staatsangehörigkeit k r a f t Gesetzes ein, so wird nach dem RuStAG die deutsche nicht berührt. Danach könnte der Antrg., der in Deutschland seit September 1945 weder W o h n sitz noch dauernden Aufenthalt hatte und der die österreichische Staatsangehörigkeit auf Antrag erworben hat, die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben. Allein diese Frage mag auf sich beruhen, da die deutsche Gerichtsbarkeit bereits dann eingreift, wenn auch nur einer der Parteien die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die dem Antrg. verliehene öster1 2 3
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 96. Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 97. Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159.
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reichische Staatsangehörigkeit erstreckt sich, wie bereits erwähnt, ausweislich der Urkunde vom 2. 8. 1950 auch auf die Antrst. Es handelt sich demnach um einen Erwerb, der nach dem RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit neben der österreichischen unberührt läßt, es sei denn, die Antrst. hätte dem Antrag des Antrg. ausdrücklich zugestimmt. Hierfür läßt sich indes aus dem Vorbringen der Parteien nichts entnehmen. Die Antrst. würde die deutsche Staatsangehörigkeit ferner dann verloren haben, wenn sie sich mit dem Antrg. in häuslicher Gemeinschaft befunden hätte. Insoweit handelt es sich um einen allgemeinen Rechtsgedanken, der dem RuStAG von 1913 zu entnehmen ist. Die entsprechende Gesetzesbestimmung des § 29 in Verbindung mit §§ 26 I und II, 27, 28 ist zwar aufgehoben und daher heute nicht mehr unbedingt anwendbar (vgl. BGH in NJW 1952, 187). Unstreitig hat sich die Antrst. um die Jahreswende 1949/50 beim Antrg. in Österreich aufgehalten. Dieser Aufenthalt kann jedoch die erwähnte Rechtsfolge nicht ausgelöst haben. Zunächst ist festzustellen, daß die Antrst. zur Zeit der Verleihung der österreichischen Staatsangehörigkeit an den Antrg. im August 1950 nicht mehr in Österreich weilte. Weiterhin handelte es sich nach den unwidersprochenen Ausführungen der Antrst. um einen befristeten Besuch, wie schon die von November 1949 bis Januar 1950 befristete Ausstellung des Reisepasses erkennen läßt. Daß es sich bei diesem Besuch nicht um die Aufnahme der häuslichen Gemeinschaft mit dem Antrg. handeln konnte, erhellt auch die Einstellung des Antrg., der nicht einmal f ü r die Verlängerung des Reisepasses Sorge trug und dem offenbar ein dauerndes Verweilen der Antrst. höchst unangenehm war. Auch hat unstreitig während dieser Zeit keine Geschlechtsgemeinschaft bestanden. Es sind somit keine der Voraussetzungen ersichtlich, unter denen die Antrst. ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hätte. Besteht aber die deutsche Staatsangehörigkeit der Antrst. fort, so sind die deutschen Gerichte zur Entscheidung der von ihr erhobenen Scheidungsklage zuständig. Daß eine Partei, die auch einem fremden Staat angehört, f ü r die deutsche Gerichtsbarkeit nur als deutscher Staatsangehöriger zu behandeln ist, folgt schon aus dem Wortlaut des § 606 III Ziff. 1 ZPO ( „ . . . Besitzt keiner der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit"; vgl. hierzu auch RGZ 150, 374, 376; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht 152; Baumbach-Lauterbach, ZPO 20 , Anm. 1 zu § 606). Dieser Grundsatz wird im internationalen Privatrecht auch in den Fällen anerkannt, in denen die Anwendung des materiellen Rechts an die Staatsangehörigkeit anknüpft (vgl. Raape, Internationales Privatrecht 3 44; M. Wolff, Deutsches internationales Privatrecht 2 37). Dieser Grundsatz würde selbst dann gelten, wenn der österreichische Staat das Urteil nicht anerkennen würde, weil er die ausschließliche Gerichtsbarkeit f ü r sich in Anspruch nimmt (vgl. BGH, NJW 1952, 185). Das LG in Bielefeld ist auch örtlich zuständig, da die Antrst. in seinem Bezirk ihren letzten Aufenthaltsort hatte (§ 606 I S. 2). Damit ist auch die Zuständigkeit des LG für die einstweilige Anordnung nach § 627 I S. 3 ZPO gegeben. Für die Scheidung der Ehe sind nach Art. 17 I EGBGB die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Jedoch sind nach
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Abs. 3 daselbst in der Fassung des § 4 der am 1. 11. 1941 in Kraft getretenen 4. DVO zum EheG vom 29. 10. 1941 f ü r die Scheidungsklage der Frau die deutschen Gesetze auch dann maßgebend, wenn in dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung ergeht, nur die Frau die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Zulässigkeit des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 627 II 2 zu bejahen, da die Klage bereits eingereicht ist. Das LG hat der Antrst. f ü r die Dauer des Rechtsstreites das Getrenntleben gestattet. Dieser Anspruch ist nach der neueren Lehre regelmäßig dann entbehrlich, wenn die Ehegatten, wie im vorliegenden Fall, bereits getrennt leben (vgl. Stein-Jonas, Kommentar zur ZPO 16 , Anm. II 5 zu § 627 ZPO; Baumbach 20 Anm. 2 zu § 627 ZPO, wo in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis verneint wird). Das RG und weitere Obergerichte haben jedoch früher den gegenteiligen Standpunkt eingenommen (vgl. RG in JW 1916, 1357; OLG München 27/111; OLG Braunschweig in Braunschw. Rechtspfl. 1916, 125). Das RG ist der Auffassung, daß es eine bloße Tatsache sei, wenn die Parteien bereits getrennt lebten. Diese schließe nicht aus, daß eine Partei auch f ü r die Zukunft während des schwebenden Ehescheidungsprozesses das Recht zum Getrenntleben erhalte. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Rechtsprechung zu verlassen, zumal es sich um eine Ermessensentscheidung des LG handelt, die keine Veranlassung gibt, den Ausspruch aufzuheben. Schließlich ist der Antrst. durch den angefochtenen Beschluß das Sorgerecht f ü r die Person des Kindes M. f ü r die Dauer des Rechtsstreites übertragen worden. Auch diese Anordnung läßt weder eine unrichtige Rechtsanwendung noch eine Ermessensüberschreitung erkennen. Die Anordnung war auch notwendig, da der Antrg. Klage auf Herausgabe des Kindes beim LG Bielefeld erhoben hat (5 O 204/51). Das genannte Kind befindet sich, soweit ersichtlich, von Geburt an bei der Antrst. Über mangelhafte Erziehung oder Pflege des Kindes ist nichts Erhebliches vorgetragen worden. Die Antrst. hat das Kind trotz schleppender Unterhaltszahlungen des Antrg. versorgt. Das Kind ist als Mädchen im Alter von 9 Jahren auch am besten bei der Mutter aufgehoben. Unter den obwaltenden Umständen, •— die Antrst. hat unwidersprochen vorgetragen, der Antrg. lebe in einem ehebrecherischen Verhältnis mit seiner Sekretärin in Österreich — ist eine Übertragung des Sorgerechts auf den Antrg. ausgeschlossen. Hiermit wäre den Interessen des Kindes nicht gedient. Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO als unbegründet zurückzuweisen." 316 a. Aus der Unwirksamkeit der Gebietserwerbungen durch das Deutsche Reich seit dem 1. 1. 1938 kann auf Grund der gesamten Umstände nicht die Folgerung gezogen werden, daß alle mit den Annexionen zusammenhängenden Zwangsverleihungen deutscher Staatsangehörigkeit als nichtig zu betrachten seien. Die Festsetzung des Stichtages vom 31. 12. 1937 in einer Reihe von Gesetzen der Besatzungsmächte kann nur in dem Sinne verstanden werden, daß alle mit Annexionen nach diesem Datum
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verbundenen Zivangseinbürgerungen als unwirksam zu betrachten sind, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen werden. Ist dies nicht der Fall, so besteht kein Anlaß, die betreffenden Personen als Nicht-Deutsche zu betrachten, wenn sie seit 1945 ständig den Willen bekundet haben, als deutsche Staatsangehörige betrachtet zu werden. — GG Art. 16, 25; Erlaß über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939; VO über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. 4. 1939, § 1; tschechoslow. Dekret vom 2. 8. 1945 über die Regelung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit von Personen deutschen und ungarischen Volkstums, § 1. BVerfG, 1. Senat, Beschl. vom 28. 5. 1952 — 1 BvR 213/51: BVerfGE 1, 322; NJW 5 (1952) 777; JZ 7 (1952) 414; DVB1. 67 (1952) 499; Journal Clunet 81 (1954) 844; Revue critique 42 (1953) 91 mit Anm. von Makarov. Aus den Gründen: „I. Der Beschwerdeführer hat gegen den Beschluß des OLG München vom 12. 9. 1951 — AR 30/51 — Verfassungsbeschwerde erhoben. Durch diesen Beschluß sind die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen den vorläufigen Auslieferungs-Haftbefehl des gleichen Gerichts vom 16. 8. 1951 als unbegründet verworfen worden. Das OLG ist der Ansicht, der Beschwerdeführer besitze nicht die deutsche Staatsangehörigkeit; mindestens müsse er als staatenlos gelten. Durch diese Entscheidung fühlt sich der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht nach Art. 16 II S. 1 GG verletzt. Er führt zur Begründung aus, als deutscher Volkszugehöriger des ehemaligen Protektorats Böhmen und Mähren habe er die deutsche Staatsangehörigkeit erworben; im übrigen müsse er als Deutscher gemäß Art. 116 I GG angesehen werden, da er im Jahre 1946 in Bayern Aufnahme gefunden habe. Gemäß § 94 BVerfGG ist den Bundesministern der Justiz, des Innern und dem Bayer. Staatsminister der Justiz Gelegenheit zur Äußerung über die Verfassungsbeschwerde gegeben worden. Der Bundesminister der Justiz hat sich lediglich zu prozessualen Fragen geäußert. Der Bundesminister des Innern erachtet die Berufung des Beschwerdeführers auf Art. 16 II S. 1 GG f ü r begründet, da dieser als Flüchtling deutscher Volkszugehörigkeit einem deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt sei. Der Bayer. Staatsminister der Justiz hält hingegen die Verfassungsbeschwerde f ü r unbegründet. Er vertritt in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis der Länder der amerikanischen Besatzungszone (OLG Stuttgart in SJZ 1948, 396 1 und Hoff mann in NJW 1950, 815) — und insoweit auch mit dem Bundesminister des Innern — die Ansicht, daß der automatische Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach der Annexion der Tschechoslowakei durch das Deutsche Reich völkerrechtswidrig sei. Der Beschwerdeführer habe daher die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erlangt, auch könne er nicht als deutscher Staatsangehöriger gemäß Art. 116 I GG gelten, da die 1
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Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 102. Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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Voraussetzungen des Bayer. Flüchtlingsgesetzes vom 19. 2. 1947 nicht vorlägen . . . III. Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Da der Beschwerdeführer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, darf er gemäß Art. 16 II Satz 1 GG an das Ausland nicht ausgeliefert werden. Der Beschwerdeführer ist am 13. 1. 1907 in Obermoldau (BöhmenMähren) geboren, wo sein Vater Oberlehrer war. Seine Muttersprache ist deutsch. Ausweislich der Heimatbescheinigung des Bürgermeisters der Gemeinde Obermoldau vom 16. 10. 1942 besaß der Beschwerdeführer in dieser Gemeinde das Heimatrecht bis zum Abschluß der Heimatrolle, dem 31. 10. 1939. Von 1935 bis 1945 wohnte er in Prag. Von hier floh er nach Wien, das er im F r ü h j a h r 1946 verließ, um sich in Bayern niederzulassen. Vorübergehend hielt er sich danach auch in Wien auf, wo seine Ehefrau noch heute wohnt. Da Obermoldau zur Zeit der Geburt des Beschwerdeführers zum Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte, hat er die österreichische Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben. Nach Art. 70 des Friedensvertrages von St. Germain vom 10. 9. 1919 (StGBl. Nr. 303) hat er mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages am 16. 7. 1920 automatisch und unter Verlust seiner österreichischen Staatsangehörigkeit die tschechoslowakische erlangt. Auch nach der Eingliederung der sudetendeutschen Gebiete in das Deutsche Reich im Jahre 1938 blieb der Beschwerdeführer zunächst tschechoslowakischer Staatsangehöriger, weil er zu dieser Zeit seinen Wohnsitz in Prag hatte. Der Vertrag zwischen dem deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 20. 11. 1938 und Art. II des Gesetzes über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich vom 21. 11. 1938 bezogen sich nur auf die alteingesessenen Bewohner der sudetendeutschen Gebiete. Von dem Optionsrecht nach § 4 dieses Vertrages konnte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch machen. Eine Ausführungsanweisung, die erst die Ausübung des Optionsrechts ermöglicht hätte, ist nicht erlassen worden. Insbesondere sind auch die unteren Verwaltungsbehörden, vor denen die Optionserklärung hätte abgegeben werden müssen, nicht bestimmt worden. Infolgedessen hat eine wirksame Option für die deutsche Staatsangehörigkeit in keinem Falle stattfinden können (vgl. RdErl. des RMdl vom 25. 5. 1939, RMBliV S. 1233 Abschn. 2 I c Nr. 20). Dagegen hat der Beschwerdeführer nach Art. II des Erlasses über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939 und nach § 1 der Verordnung über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. 4. 1939 die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch mit Wirkung vom 16. 3. 1939 erworben. § 1 dieser Verordnung hat folgenden Wortlaut: „Die früheren tschechoslowakischen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit, die am 10. 10. 1938 das Heimatrecht in einer Gemeinde der ehemaligen tschechoslowakischen Länder Böhmen und Mähren/Schlesien besessen haben, erwerben mit Wirkung vom 16. 3. 1939 die deutsche
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Staatsangehörigkeit, sofern sie diese nicht bereits auf Grund des § 1 des deutsch-tschechoslowakischen Staatsangehörigkeits- und Optionsvertrages vom 20. 11. 1938 (RGBl. II S. 895) mit Wirkung vom 10. 10. 1938 erworben haben." Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Durch die Heimatbescheinigung des Bürgermeisters der Gemeinde Obermoldau ist dargetan, daß der Beschwerdeführer in Obermoldau, einer Gemeinde in Böhmen-Mähren, Heimatrecht besaß. Nach der glaubhaften Darstellung des Beschwerdeführers sowie seines vom Pfarramt in Obermoldau ausgestellten Geburts- und Taufscheines kann kein Zweifel obwalten, daß er als deutscher Volkszugehöriger zu betrachten ist. Als deutscher Volkszugehöriger ist nach dem Runderlaß des RMdl v. 29.3.1939 — RMBliV S. 783 — anzusehen, wer sich selbst als Angehöriger des deutschen Volkes bekennt, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Tatsachen wie Sprache, Erziehung, Kultur usw. bestätigt wird. IV. Der Bayerische Staatsminister der Justiz ist der Ansicht, daß der Beschwerdeführer die deutsche Staatsangehörigkeit in einer auch heute noch rechtsbeständigen Weise nicht erlangt habe. Die Angliederung der im März 1939 besetzten Landesteile der ehemaligen Tschechoslowakischen Republik sei völkerrechtswidrig gewesen und habe nicht die Anerkennung der Völkerrechtsgemeinschaft gefunden. Unter Verletzung des Völkerrechts könne ein Staat seine Staatsangehörigkeit nicht verleihen. Auch innerstaatlich könnten die — völkerrechtlich unwirksamen — Staatsangehörigkeits-Verleihungen nicht wirksam sein. Dem Bayerischen Staatsminister der Justiz ist zwar darin zuzustimmen, daß die Besetzung von Landesteilen der tschechoslowakischen Republik durch deutsche Truppen im März 1939 (Art. I d. Erl. über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939) völkerrechtswidrig war (Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg vom 14. 11. 1945 bis 1. 10. 1946 Bd. III S. 137, Bd. I S. 98, Anhang C Anklagepunkte XX, XXI; Bd. VI S. 130; Makarov, Allgemeine Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts [1947] 178). Den Folgerungen, die der Bayer. Staatsminister der Justiz daraus für den Erwerb oder den Verlust der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zieht, kann jedoch nicht in vollem Umfange beigepflichtet werden. Auszugehen ist von dem völkerrechtlichen Grundsatz, daß jeder Staat grundsätzlich allein berufen ist, nach seinem Ermessen zu bestimmen, wie seine Staatsangehörigkeit erworben und verloren wird. Das Ermessen des Staates, diese Angelegenheiten zu regeln, wird durch das allgemeine Völkerrecht begrenzt. Danach darf jeder Staat seine Staatsangehörigkeit nur an Personen verleihen, die zu ihm in einer näheren tatsächlichen Beziehung stehen. Nach der Staatenpraxis und der Judikatur der Schiedsgerichte ist als eine solche Beziehung u. a. die Abstammung von einem Staatsangehörigen oder die Geburt auf dem Staatsgebiete anerkannt. Die Staatsangehörigkeit kann auf Grund der Rechtsordnung des verleihenden Staates innerstaatlich wirksam sein, solange sie nicht von einem fremden Staat angefochten und auf sein Verlangen wieder entzogen wird (Verdroß, Völkerrecht [1950] 210). Auch das auf der Haager Kodifikationskonferenz 41 *
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abgeschlossene, 1937 in Kraft getretene Abkommen über die Konflikte der Staatsangehörigkeitsgesetze vom 12. 4. 1930 hat sich zu diesen Grundsätzen bekannt (Verdroß aaO 209). Über die innerstaatliche Wirksamkeit einer Staatsangehörigkeitsnorm entscheidet daher zunächst das deutsche Recht. Die Unwirksamkeit des hierfür maßgebenden Erlasses über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939 und der Verordnung über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. 4. 1939 läßt sich weder aus Art. 4 WeimRV noch aus Art. 25 GG — die Gültigkeit jener und die rückwirkende Anwendung dieser Vorschrift unterstellt — herleiten. Das Völkerrecht enthält keine allgemeinen Grundsätze über den Wechsel der Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit einer Gebietsveränderung (Staatensukzession). Die Staatenpraxis ist sehr unterschiedlich (Verdroß 194; Strupp, Wörterbuch des Völkerrechts und der Diplomatie, Art. Staatensukzession; BGHZ 3, 185 f. 1 ). Auch Vorbehalte des Besatzungsrechts stehen der weiteren Anwendung des Erlasses vom 16. 3. 1939 und der VO vom 20. 4. 1939 hinsichtlich der Regelung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht entgegen. Die Regelung der Staatsangehörigkeitsfragen im Zusammenhang mit den Gebietsveränderungen nach dem zweiten Weltkrieg ist bis jetzt weder in einem Friedens- noch in einem Staats vertrag erfolgt. Gesetzliche Regelungen durch den Bund sind nach der Äußerung des Bundesministers des Innern in Vorbereitung. Dennoch sind gewisse Rechtswirkungen mit den Grenzen des deutschen Staatsgebietes nach dem Stand vom 31. 12. 1937 durch die Besatzungsmächte verknüpft worden, wie die Proklamation Nr. 2 des Kontrollrats vom 20. 9. 1945 Abschn. II § 3 Abs. 2 und Gesetz Nr. 52 der amerikanischen Militärregierung Art. VII Abs. e zeigen. Aus der Unwirksamkeit der Annexionen durch das Deutsche Reich seit dem 1. 1. 1938 kann aber auf Grund der gesamten Umstände nicht die Folgerung gezogen werden, daß alle mit den Annexionen zusammenhängenden Zwangsverleihungen deutscher Staatsangehörigkeit als nichtig zu betrachten seien. Für diese Rechtsansicht spricht auch, daß die Regelung der deutschen Staatsangehörigkeit durch das Deutsche Reich auch außerhalb Deutschlands nach Beendigung der Feindseligkeiten jedenfalls mittelbar anerkannt worden ist. Das tschechoslowakische Dekret vom 2. 8. 1945 über die Regelung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit von Personen deutschen oder ungarischen Volkstums (zit. in Jahrbuch f ü r internationales und ausländisches öff. Recht Bd. I 212 ff.) bestimmt in § 1: „Tschechoslowakische Staatsangehörige deutschen oder ungarischen Volkstums, die entsprechend den Vorschriften einer fremden Besatzungsmacht die deutsche oder ungarische Staatsangehörigkeit erworben haben, haben mit dem Tage einer derartigen Erwerbung die tschechoslowakische Staatsangehörigeingebüßt." Die Tschechoslowakische Republik hat somit allen tschechoslowakischen 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159.
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Staatsangehörigen deutschen Volkstums, die nach dem 29. 9. 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch erworben haben, sei es auf Grund des Vertrages vom 20. 11. 1938 in bezug auf die Sudentendeutschen, sei es auf Grund der Verordnung vom 20. 4. 1939 in bezug auf die Volksdeutschen des sog. Protektorats, die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit entzogen, und zwar nicht ex nunc, sondern ex tunc. Eine ähnliche Regelung hat auch Großbritannien im Zusammenhang mit der Frage des deutschen Vermögens im Ausland getroffen. In seinem Distribution of German Enemy Property Act 1949 sec. 8 subs. 1, lit. b (zit. in Cohn, Deutsches Vermögen in Großbritannien, Sonderdruck Nr. 6 der Studiengesellschaft für privatrechtliche Auslandsinteressen [Düsseldorf 1951] S. 77) spricht Großbritannien als deutsche Staatsangehörige nicht an „any person who acquired German nationality by reason of the inclusión in the German State after the first day of March, nineteen hundred and thirty-eight, of any territory not comprised therein on that day." Die Festsetzung des Stichtages vom 31. 12. 1937 kann daher unter Berücksichtigung der Ansprüche der fremden Staaten nur in dem Sinn verstanden werden, daß alle mit Annexionen nach diesem Datum verbundenen Zwangseinbürgerungen als unwirksam zu betrachten sind, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen werden (so auch das in dieser Sache erstattete Gutachten des Max-Planck-Institutes für Ausländisches und Internationales Privatrecht vom 18. 12. 1 9 5 1 v g l . auch — wenn auch z. T. mit abweichender Begründung — Schätzel in AöR 74 (1948) 298 ff.; Scheuner, Friedenswarte 1949, 90 ff.; H. Jellinek, Der automatische Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit durch völkerrechtliche Vorgänge, [1951] 168; Schlesw.-Holst. Anzeiger 1948, 128 2 ). Ist dies nicht der Fall, dann besteht auch nach deutschem Recht jedenfalls kein Anlaß, die betreffenden Personen als Nicht-Deutsche dann zu betrachten, wenn der zwangsweise Eingebürgerte seit dem Zusammenbruch im Jahre 1945 ständig den Willen bekundet hat, als deutscher Staatsangehöriger behandelt zu werden. Durch diese Berücksichtigung des Willens des Betroffenen ist zugleich auch eine völkerrechtlich unangreifbare Basis für die Anerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit aller zwangseingebürgerter Personen deutscher Volkszugehörigkeit geschaffen. Der Beschwerdeführer hat somit die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit nach tschechoslowakischem Recht mit Wirkung vom 16. 3. 1939 verloren. Seine deutsche Staatsangehörigkeit ist nicht berührt worden, da er sie nach wie vor in Anspruch nimmt . . . " 316 b . Die mit deutschen Gebietserwerbungen nach dem 31. 12. 1937 verbundenen Zwangseinbürgerungen sind nicht als unwirksam zu betrachten, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, nicht als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen 1 Abgedruckt im Jahrbuch 1952 der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, S. 73 ff. 2 OLG Kiel 22. 1. 1948, siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 101.
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werden. Diese Einbürgerungen sind jedoch unwirksam, wenn die betreffenden Personen nach 1945 nicht ständig den erforderlichen Willen bekundet haben, als deutsche Staatsangehörige behandelt zu werden. — GG Art. 16, 116; Erlaß über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939, Art. II; VO über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. 4. 1939, § 1; tschechosl. Dekret vom 2. 8. 1945 über die Regelung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit von Personen deutschen und ungarischen Volkstums, § 1. BVerfG, I. Senat, Beschl. vom 12. 12. 1952 — 1 BvR 674/52: BVerfGE 2, 98; DÖV 6 (1953) 566; Journal Clunet 81 (1954) 848. Aus den Gründen: „Durch die angefochtenen Beschlüsse hat das LG München die Auslieferung des Beschwerdeführers nach Österreich für unzulässig erklärt. In seinem Beschluß vom 13. 9. 1952 hat das OLG den Beschwerdeführer auf Grund der Auslieferungsunterlagen zunächst als österreichischen Staatsangehörigen angesehen. Nach weiteren Ermittlungen hat das österreichische Bundesministerium f ü r Justiz alsdann unter Aufrechterhaltung des Auslieferungsersuchens die Ansicht vertreten, der Beschwerdeführer sei jedenfalls als Staatenloser zu betrachten. Dieser Auffassung hat sich das OLG in seiner erneuten Entscheidung vom 14. 11. 1952 angeschlossen. Der Beschwerdeführer behauptet, die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen bzw. den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt zu sein. Er erblickt infolgedessen in seiner beabsichtigten Auslieferung einen Verstoß gegen Art. 16 II Satz 1 GG. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet. Das Grundrecht des Art. 16 II Satz 1 GG ist nicht verletzt. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch, als deutscher Staatsangehöriger im Sinne des Art. 116 I GG behandelt zu werden. Zwar ist davon auszugehen, daß der 1897 in Wien geborene, nach Troppau (früher Österreich-Ungarn, seit 1918 Tschechoslowakische Republik) heimatzuständige Beschwerdeführer, der nach seinen Angaben von 1922 bis März 1939 in der Tschechoslowakischen Republik als Lehrer im Staatsdienst tätig war und anschließend in den deutschen Schuldienst übernommen wurde, im Hinblick auf seine deutsche Volkszugehörigkeit nach Art. II des Erlasses über das Protektorat Böhmen-Mähren vom 16. 3. 1939 und nach § 1 der VO über den Erwerb der deutschen Staatszugehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. 4. 1939 die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch mit Wirkung v. 16. 3. 1939 erworben hat (vgl. hierzu BVerfGE 1, 322 [327 ff.]1). Der von seinem früheren Heimatstaat nicht wieder in Anspruch genommene Beschwerdeführer (vgl. tschechoslowakisches Dekret vom 2. 8. 1945 über die Regelung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit von Personen deutschen oder ungarischen Volkstums, Jahrbuch f ü r internat. und 1
Siehe vorige Nr.
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ausländ, öff. Recht Bd. I, 212 ff.) hat jedoch von der im Rahmen der allgemeinen Tendenz des modernen Staatsangehörigkeitsrechts gewährten Möglichkeit, die von ihm zwangsweise erworbene deutsche Staatsangehörigkeit wieder abzulegen (vgl. Makaroo in JZ 1952, 403 [406 f . ] ) , Gebrauch gemacht. Er hat nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches im Jahre 1945 nicht ständig den erforderlichen Willen bekundet, als deutscher Staatsangehöriger behandelt zu werden (vgl. BVerfGE 1, 322 [331]). Sein Verhalten nach 1945 ließ vielmehr erkennen, daß ihm an dem weiteren Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit nicht gelegen war. Nach dem Verlassen der Tschechoslowakischen Republik im Juni 1946 begab sich der Beschwerdeführer, seinem Vorbringen zufolge, nach Österreich und hat sich dort sowohl in Wien als auch in Vorarlberg um seine Anstellung als Lehrer im österreichischen Staatsdienst bemüht. Als er nach vorübergehender Beschäftigung wieder aus dem Schuldienst entlassen wurde, weil er angeblich die österreichische Staatsbürgerschaft nicht nachweisen konnte, ist der Beschwerdeführer auch weiterhin als Hilfsarbeiter in Österreich verblieben. Während seines Aufenthaltes in Österreich hat er sich nach den Ermittlungen der österreichischen Behörden unter anderem auf den von ihm eigenhändig unterschriebenen Meldescheinen vom 16. 9. 1946 und 21. 1. 1948 als österreichischen Staatsbürger bezeichnet. Auf die deutsche Staatsangehörigkeit hat sich der Beschwerdeführer erst dann wieder besonnen, als er im Februar bzw. März 1948 die österreichisch-deutsche Grenze überschritten hatte, offensichtlich, um sich der Strafverfolgung durch die österreichischen Behörden zu entziehen. Bei der Dauer seines Aufenthaltes in Österreich und im Hinblick auf den von ihm geäußerten Willen, als österreichischer Staatsbürger behandelt zu werden, kann sich der Beschwerdeführer jetzt nicht mehr nachträglich darauf berufen, auf seiner Flucht aus der Tschechoslowakischen Republik nur vorübergehend in Österreich gelebt zu haben. Der Beschwerdeführer hat vielmehr unter schlüssiger Ablehnung der deutschen Staatsangehörigkeit in Österreich Aufnahme gesucht und gefunden, wenn es ihm auch versagt geblieben ist, in seinem Beruf als Lehrer endgültig angestellt zu werden. Da der Beschwerdeführer die deutsche Staatsangehörigkeit verleugnet hat, kann er auch nicht mehr erwarten, als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit nach Art. 116 I GG den deutschen Staatsangehörigen rechtlich gleichgestellt zu werden. Überdies ist er auch deshalb nicht „Flüchtling" oder „Vertriebener", weil für seinen Aufenthalt in Deutschland nicht die Vertreibung aus der Tschechoslowakei im Jahre 1946, sondern die im Jahre 1948 erfolgte freiwillige Abwanderung aus dem ursprünglichen Aufnahmeland Österreich entscheidend gewesen ist. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ist daher die Verfassungsbeschwerde gemäß § 24 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. 3. 1951 zu verwerfen." 316c. Ein österr. Staatsangehöriger, der infolge der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich im März 1938 die österr. Bundesbürgerschaft verloren und die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat,
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behält, auch wenn er auf Grund des österr. Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes vom 10. 7. 1945 die österr. Staatsangehörigkeit wiedererlangt hat, jedenfalls dann daneben auch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn er im Zeitpunkt der Wiedererlangung der österr. Staatsangehörigkeit seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt und durch Beibehaltung dieses Wohnsitzes bis zum heutigen Tage ständig den Willen bekundet hat. als deutscher Staatsangehöriger behandelt zu werden. Hat eine solche Person während des Anschlusses (März 1938 bis April 1945) eine deutsche Staatsangehörige geheiratet, so behält diese, sofern sie in Deutschland lebt, ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit, auch wenn sie auf Grund des österr. Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes die österr. Staatsangehörigkeit erworben hat. — Ges. über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 § 1; VO über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. 7. 1938, Art. I; österr. Staatsbürgerschafts-überleitungsG v. 10. 7. 1945; KRProkl. Nr. 2, Abschn. II § 3; KRG Nr. 5. OVG Berlin, Urt. vom 13. 5. 1953 — OVG I B 244/52: DVB1. 68 (1953) 665; DÖV 7 (1954) 151; JR 7 (1953) 392. Die Kl. beantragten beim PolPräs. in Berlin, ihre behelfsmäßigen Personalausweise, auf denen lediglich die österr. Staatsangehörigkeit (StA) eingetragen war, durch Eintragung der deutschen StA zu ergänzen oder ihnen entsprechende neue Personalausweise auszustellen. Der Kl. führte zur Begründung an, er sei in Berlin als Sohn österr. Eltern geboren und habe bis zur Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich im März 1938 die österr. Bundesbürgerschaft (Staatsangehörigkeit) besessen; seine Ehefrau sei in Berlin als deutsche Staatsangehörige geboren. Sie hätten beide seit ihrer Geburt in Deutschland gelebt und bis auf kurze Unterbrechungen in Berlin gewohnt; im Jahre 1942 hätten sie vor dem Standesamt in Berlin-K. als deutsche Staatsangehörige die Ehe geschlossen. Durch das österr. Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz vom 10. 7. 1945 hätten sie die österr. Staatsbürgerschaft wiedererhalten bzw. erhalten; hierdurch sei jedoch ihre deutsche StA nicht erloschen. Gegen den ablehnenden Bescheid des PolPräs. erhoben die Kl. Klage im Verwaltungsstreitverfahren. Das VG hob den angef. Bescheid auf. Es bejahte die Zulässigkeit der Verwaltungsklage und vertrat die Auffassung, die Kl. hätten die deutsche StA nicht verloren. Das OVG wies die Berufung des Bekl. zurück, ließ jedoch die Revision zu. Aus den Gründen: „Der Kl. ist der Sohn österr. Eltern; auf Grund dieser Abstammung besaß er nach § 5 des österr. Bundesgesetzes über den Erwerb und Verlust der Landes- und Bundesbürgerschaft vom 30. 7. 1925 (österr. BGBl. Nr. 285) — BBG — die österr. Bundesbürgerschaft (Staatsangehörigkeit). Infolge der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich im März 1938 hatte der Kl. seine österr. Bundesbürgerschaft verloren und die deutsche StA erlangt. Dies wird auch im deutschen Schrifttum und in der Rspr. der deutschen Gerichte ganz überwiegend anerkannt (vgl. BGHZ 3,
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178 [183, 184] 1 sowie die dort angeführte Rspr. und Literatur, ferner Lauterbach, NJW 1952, 184, Anm. zu Nr. 12; Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht [1953] 174, Vorbemerkung Nr. 1). Der Erwerb der deutschen StA ergibt sich bereits aus der Tatsache des — zunächst auch von allen Mitgliedern der Völkerrechtsgemeinschaft anerkannten — Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich sowie aus Art. I des Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938, ferner auch aus § 1 II der VO über die deutsche StA im Lande Österreich vom 3. 7. 1938, die auf Grund des Gesetzes vom 13. 3. 1938 erlassen worden und gemäß § 8 mit Wirkung vom 13. 3. 1938 in Kraft getreten ist. Dieser Standpunkt wird vom Bekl. und auch vom BMdl geteilt. Der Bekl. ist jedoch mit der von der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer eingesetzten Kommission f ü r Staatsangehörigkeitsfragen sowie mit dem BMdl der Ansicht, die „Zwangseinbürgerung" des Kl. müsse, weil der wiedererrichtete österr. Staat durch Erlaß des Staatsbürgerschaftsüberleitungsgesetzes vom 10. 7. 1945 alle ehemaligen österr. Bundesbürger f ü r sich in Anspruch genommen habe, vom Zeitpunkt der Inanspruchnahme an als unwirksam angesehen werden; seit der Wiedererlangung der österr. Staatsbürgerschaft habe der Kl. die deutsche StA verloren. Die Frage, ob der Kl. die deutsche StA verloren hat, ist allein nach dem geltenden deutschen Recht sowie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, die gemäß Art. 25 GG Bestandteil des deutschen Rechts sind, zu entscheiden. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts, daß jeder Staat innerhalb der durch das Völkerrecht gesetzten Grenzen grundsätzlich allein darüber zu entscheiden hat, wie seine StA erworben oder verloren wird (vgl. BGHZ 3, 178, ferner BVerfGE 1, 322 1 — DÖV 1952, 663 sowie das dort angeführte Schrifttum). Allgemeine völkerrechtliche Regeln über den Wechsel der StA anläßlich einer Gebietsveränderung (Staatensukzession) , wozu auch die Wiedererrichtung Österreichs im Verhältnis zu Deutschland gehört, sind nicht vorhanden (vgl. BVerfG und BGH aaO). Wenn auch der Anschluß Österreichs als solcher, der zunächst von der Völkerrechtsgemeinschaft anerkannt worden ist, heute als unwirksam angesehen werden muß, so bedeutet dies daher nicht, daß sämtliche in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen mit innerstaatlicher Wirkung, also insbesondere der Erwerb der deutschen und der Verlust der österr. StA, nichtig oder rechtsunwirksam sind. Während nach dem ersten Weltkrieg entweder durch den Versailler Vertrag oder durch unmittelbare Staatsverträge (vgl. Staatsangehörigkeitsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik vom 29. 6. 1920 — RGBl. S. 2284 — und Deutsch-Polnischer Wiener Vertrag vom 30. 8. 1924 — RGBl. 1925 II S. 33 —) die StA-Fragen auf Grund der Gebietsveränderungen geregelt worden sind, ist dies heute noch nicht der Fall. Auch das Besatzungsrecht hat hierüber im allgemeinen keine Regelung getroffen (vgl. als Ausnahme Gesetz Nr. 6 der All. 1 2
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Siehe oben Nr. 316 a.
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Kommandantur Berlin vom 4. 3. 1950 — VOB1. I S. 85 — betr. Nichtigkeit von nat.-soz. Rechtsvorschriften über StA hinsichtlich der französischen und luxemburgischen Staatsangehörigen). Jedoch hat Österreich das bereits erwähnte Gesetz über die Überleitung in die österr. Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschafts-Uberleitungsgesetz) vom 10. 7. 1945 (Österr. StGBl. Nr. 59) — StüG — nebst Änderungen erlassen. Danach sind ab 27. 4. 1945 alle Personen österr. Staatsbürger, die am 13. 3. 1938 die österr. Bundesbürgerschaft besessen haben oder die sie in der Zeit vom 13. 3. 1938 bis zum 27. 4. 1945 erworben haben würden, wenn das Bundesgesetz über den Erwerb und den Verlust der Landes- und Bundesbürgerschaft vom 30. 7. 1925 (Österr. BGBl. Nr. 285) weitergegolten hätte (§ 1 StÜG). Abgesehen davon, daß diese österr. Gesetzesbestimmungen schon deswegen die Österreich und die Deutsche Bundesrepublik gemeinsam betreffenden Staatsangehörigkeitsfragen nicht regeln können, weil sie einseitig erlassen worden sind und auf keinem Staatsvertrag beruhen, gehen sie — wie sich aus der Zeitbestimmung „ab 27. 4. 1945", aus der Formulierung „die bei Weitergeltung des Bundesgesetzes vom 30. 7. 1925 die Bundesbürgerschaft durch Rechtsnachfolge nach einem Bundesbürger erworben hätten" und auch schon aus der Bezeichnung als Überleitungsgesetz eindeutig ergibt — davon aus, daß es eine österr. StA zwischen dem 13. 3. 1938 und dem 27. 4. 1945 nicht gegeben hat. Hieraus folgt einerseits, daß Österreich selbst den StA-Wechsel, der die Folge des Anschlusses im März 1938 gewesen ist, nicht f ü r nichtig ansieht; anderseits ist durch das österr. StÜG die Frage der deutschen StA mit Recht offen gelassen worden. Mit dem StÜG hat Österreich zwar seine ehemaligen Bundesbürger sowie diejenigen, die bei Weitergeltung des Bundesgesetzes vom 30. 7. 1925 die ehemalige Bundesbürgerschaft durch Rechtsnachfolge nach einem Bundesbürger erworben haben würden, f ü r sich in Anspruch genommen, mangels einer verbindlichen Völkerrechtsnorm oder eines zwischenstaatlichen Vertrages besteht jedoch vorerst f ü r Deutschland jedenfalls insoweit keine Veranlassung, die neuen österr. Staatsbürger zugleich als Nichtdeutsche zu behandeln, als diese bei Inkrafttreten des österr. Gesetzes ihren Wohnsitz auf deutschem Gebiet hatten und dadurch, daß sie ihn bis heute beibehalten haben, ständig den Willen bekundet haben, als deutsche Staatsangehörige behandelt zu werden. Dieser Rechtsstandpunkt ist auch deswegen gerechtfertigt, weil nach allgemeinem Völkerrecht bei Gebietsveränderungen grundsätzlich der Wille des Betroffenen zu berücksichtigen ist und dementsprechend auch nach dem ersten Weltkrieg durch den Vertrag von Versailles und durch die darauf beruhenden Staatsverträge f ü r die Betroffenen Optionsmöglichkeiten geschaffen worden sind. Allerdings hat das BVerfG (DÖV 1952, 663 x ) ausgeführt, die Festsetzung des f ü r die Grenzen des deutschen Staatsgebietes maßgebenden Stichtages vom 31. 12. 1937 in den besatzungsrechtlichen Bestimmungen könne unter Berücksichtigung der Ansprüche der fremden Staaten nur in dem Sinne verstanden werden, daß alle mit Annexionen nach diesem Datum verbun1
Siehe vorige Nr.
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denen Zwangseinbürgerungen als unwirksam zu betrachten seien, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen würden. Das BVerfG trifft diese Feststellung auf Grund der Tatsache, daß die Besatzungsmächte eine Reihe von Rechtswirkungen mit den Grenzen des deutschen Staatsgebietes nach dem Stande vom 31. 12. 1937 verknüpft haben, was im Gesetz Nr. 52 der Amerik. MilReg. (Art. VII Abs. e) sowie in der KRProkl. Nr. 2 vom 20. 9. 1945 (Abschn. II § 3 Abs. 2 = Abschn. II § 3 Buchst, b) zum Ausdruck gekommen sei. Diese Folgerung kann jedoch nach der Auffassung des erk. Senats auf Grund der vorgenannten Bestimmungen des Besatzungsrechts nicht mit allgemeingültiger Bedeutung gezogen werden. Die vom BVerfG angeführte KRProkl. Nr. 2 (ABl. des Kontrollrats in Deutschland I S. 8 ff.) befaßt sich in Abschnitt II § 3 Buchst, a) mit der Rückführung aller deutschen Behörden und Beamten nach Deutschland aus allen Gebieten, die außerhalb der Grenzen Deutschlands, wie sie am 31. 12. 1937 bestanden haben, liegen. Unter § 3 Buchst, b) heißt es, daß die deutschen Behörden die notwendigen Anordnungen und Vorkehrungen f ü r die Aufnahme aller deutschen Zivilpersonen in Deutschland zu treffen hätten, die unter Umständen auf Anordnung der Alliierten Vertreter aus den betreffenden Ländern und Gebieten, in denen sie ansässig gewesen seien, evakuiert werden würden. Schließlich bestimmt § 3 Buchst, c) nochmals, daß die Rückführung zu a) und die Evakuierung zu b) nach künftig von den Alliierten Vertretern besonders zu treffenden Anordnungen erfolgen würden. Aus dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung kann nicht der Schluß gezogen werden, daß „Zwangseinbürgerungen" auf Grund von „Annexionen" insoweit als unwirksam zu betrachten seien, als die Betroffenen von den jeweiligen Staaten als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen würden; hieraus ergibt sich vielmehr lediglich, daß das Deutschland vorerst verbleibende Gebiet auf die deutschen Grenzen nach dem Stande vom 31. 12. 1937 beschränkt sein solle und daß alle deutschen Behörden, Beamten und Zivilpersonen, die sich außerhalb dieses Gebietes befinden, in das so abgegrenzte deutsche Gebiet zurückgeführt oder evakuiert werden müßten, wenn dies von den Alliierten Vertretern künftig besonders angeordnet werde. Aus diesen Anordnungen kann jedenfalls nicht entnommen werden, daß diejenigen „Zwangseingebürgerten" die deutsche StA verloren haben, denen von den damals „annektierten" Staaten die neue StA verliehen worden ist (ebenso Maßfeiler aaO 177). Auch aus dem Gesetz Nr. 52 der Amerik. MilReg. ergibt sich hierfür kein Anhaltspunkt. Schon gar nicht kann aber dies f ü r Personen gelten, die — wie der Kl. (und die Klägerin) — ihren Wohnsitz und Aufenthaltsort stets innerhalb der nach dem Stande vom 31. 12. 1937 festgesetzten Grenzen gehabt haben. In diesem Zusammenhang muß aus dem Besatzungsrecht das KR-Ges. Nr. 5 über die Übernahme und Erfassung des deutschen Vermögens im Ausland vom 30. 10. 1945 i. d. Fass. vom 10. 5. 1946 (ABl. des Kontrollrats in Deutschland I 27 ff., 160; vgl. auch ABl. AHK 1951, 1109 = Art. 9 des Ges. Nr. 63 der AHK) herangezogen werden, dessen Art. III darauf
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schließen läßt, daß das Besatzungsrecht gerade von der Tatsache, daß durch die nach 1938 erfolgten „Annexionen" ein StA-Wechsel eingetreten ist, ausgeht und diesen grundsätzlich anerkennt, wenn auch allerdings diesen Personen nicht die Deutschland als besiegte Nation treffenden Lasten auferlegt werden sollen. In Art. III Abs. 1 ist bestimmt, daß alle Rechte und Ansprüche jeglicher Art auf irgendwelches außerhalb Deutschlands befindliches Vermögen, das im Eigentum, Besitz oder unter der Kontrolle einer außerhalb Deutschlands befindlichen Person deutscher StA steht, auf eine Alliierte Kommission übertragen werden; Abs. 2 besagt, daß der Begriff „eine außerhalb Deutschlands befindliche Person deutscher Staatsangehörigkeit" im Sinne dieses Artikels sich nicht auf den Bürger eines Landes erstrecken soll, das Deutschland seit dem 31. 12. 1937 annektiert oder annektiert zu haben behauptet hat. Wenn hiernach nur in bezug auf die Beschränkungen, die dem besiegten Deutschland auferlegt worden sind, der in den entsprechenden Alliierten Anordnungen aus Zweckmäßigkeitsgründen gebrauchte Begriff des „deutschen Staatsangehörigen" nicht auf die Bürger eines von Deutschland nach dem 31. 12. 1937 annektierten Landes angewandt werden soll, so würde es zu weit gehen, aus der Festsetzung dieses Stichtages auf die Unwirksamkeit der mit den „Annexionen" verbundenen „Zwangseinbürgerungen" zu schließen, falls die Personen von den damals „annektierten" Staaten als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen werden. Es erscheint im übrigen zweifelhaft, ob das BVerfG mit der erwähnten Feststellung eine allgemeingültige Norm aufstellen wollte, da seine Begründung nur im Zusammenhang mit dem konkreten Tatbestand Bedeutung haben kann. Der der Entsch. des BVerfG zugrunde liegende Tatbestand weicht aber vom Tatbestand des vorl. Falles wesentlich ab, denn dort handelt es sich um einen ehemaligen tschechoslowakischen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit, der nach dem tschechoslowakischen Dekret vom 2. 8. 1945 die tschechoslowakische StA verloren hat. Der vorliegend zu entscheidende Fall liegt auch deswegen anders, weil zwischen der deutschen und der österr. Volkszugehörigkeit — wenn überhaupt — nicht ein derartiger Unterschied gemacht werden kann wie zwischen der deutschen und der tschechoslowakischen; aus diesem Grunde kann der die Entsch. des BVerfG tragende allgemeine Schutzgedanke hier nicht ausschlaggebend sein. Auch wegen der nicht wesensfremden Volkszugehörigkeit muß hier in erster Linie der Wille des Betroffenen, als des Kl., berücksichtigt werden. Der Kl. hat jedoch durch seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland, vor allem aber durch die Beibehaltung dieses Wohnsitzes nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 und auch nach dem neuen Erwerb der österr. Staatsbürgerschaft zu erkennen gegeben, daß er sich trotz seiner Abstammung von österr. Eltern in erster Linie mit Deutschland verbunden fühlt. Zumindest bei dieser Sachlage kann nach völkerrechtlichen Grundsätzen nicht davon ausgegangen werden, daß einem anderen Staat das Recht zuerkannt werden kann, den Kl. ausschließlich als eigenen Staatsbürger mit der Maßgabe „in Anspruch" zu nehmen, daß er damit zugleich die andere StA eingebüßt hat, daß also in erster
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Linie der Wille der beteiligten Staaten maßgeblich ist. Selbst wenn man den Anschluß Österreichs trotz seiner damaligen Anerkennung durch die Völkerrechtsgemeinschaft als völkerrechtswidrige Annexion im Sinne der Ausführungen des BVerfG ansehen wollte, so würde der österr. Staat durch eine solche ausschließliche Inanspruchnahme, die im übrigen aus den Bestimmungen des österr. StÜG nicht ersichtlich ist, nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen seine Kompetenz weit überschreiten und in unzulässiger Weise in deutsche Hoheitsrechte eingreifen. E r k a n n vielmehr zumindest solchen Personen, die im deutschen Staatsgebiet (nach dem Stande vom 31. 12. 1937) geblieben sind, die österr. Staatsbürgerschaft n u r zusätzlich verleihen. Es ist daher mit Rücksicht auf den erkennbaren Willen des Kl. vorerst, d. h. bis zu einer etwaigen Regelung durch einen künftigen Friedensvertrag oder bis zu einer zwischenstaatlichen vertraglichen Lösung, davon auszugehen, daß der Kl. weder nach völkerrechtlichen Grundsätzen noch nach besatzungsrechtlichen Bestimmungen die deutsche StA verloren hat (ebenso — im Ergebnis — Dernedde in DVB1. 1948, 147, Scheuner, DVB1. 1952, 645 ff., insbes. 648; ferner Urt. des VG Kassel vom 16. 12. 1952 — VG II 224, 52 — S. 13 ff.; Raape, Internationales Privatrecht 3 [1950] 197, Anm. 60; Rasche, Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht 56 f.; anscheinend auch Bayer. ObLG, JZ 1952, 723, insbes. S. 724 1 ; abweichend u . a . Makarov, JZ 1952, 403 f.). Es fragt sich ferner, ob etwa nach dem geltenden deutschen Staatsangehörigkeitsrecht wegen des Erwerbes der österr. StA der Verlust der deutschen StA eingetreten ist. Auch das ist zu verneinen. Das RuStAG, das mit Ausnahme der typisch nationalsozialistischen Änderungen auch heute noch gilt (so auch Württ.-Bad. VGH — Senat Karlsruhe —, DÖV 1952, 350; vgl. ferner Schätzet, AöR Bd. 74, 290 f.), enthält keine Bestimmung, nach welcher der Erwerb einer f r e m d e n StA ohne weiteres den Verlust der deutschen StA zur Folge hat. In § 17 Nr. 2 RuStAG ist zwar unter den Verlustgründen der E r w e r b einer ausländischen StA aufgezählt; jedoch ist h i e r f ü r auf § 25 des Gesetzes verwiesen. Danach tritt der Verlust der deutschen StA n u r dann ein, wenn der Erwerb einer ausl. StA auf eigenen Antrag erfolgt und der Antrst. im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat; es k a n n ferner vor E r w e r b der neuen StA eine Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen StA erteilt werden. Die deutsche StA bleibt demnach erhalten, wenn der Erwerb der fremden StA k r a f t Gesetzes erfolgt oder der Betroffene seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Inland beibehält. Nach dem RuStAG ist daher eine doppelte StA zugelassen. W e n n auch die StA im Falle der Staatensukzession im Gesetz nicht geregelt ist, so ergibt sich doch aus seinen Bestimmungen nicht, daß der Kl. durch den Erwerb der österr. StA infolge Wiedererrichtung des österr. Staates seine deutsche StA verloren hat. Ist danach erwiesen, daß der Kl. bisher noch deutscher Staatsangehöriger ist, so bedarf es keiner Erörterung, daß damit auch die Kl., die zusätzlich 1
Siehe unten Nr. 317.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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ab 27. 4. 1945 auch die österr. Staatsbürgerschaft kraft Gesetzes erworben hat (§ 1 I Buchst, b StÜG in Verbindung mit § 3 Nr. 2 Buchst, d BBG), die deutsche StA besitzt, zumal da sie geborene Deutsche ist, im Jahre 1942 als deutsche Staatsangehörige einen gleichfalls deutschen Staatsangehörigen geheiratet und ständig in Deutschland gelebt hat und lebt (ebenso im Ergebnis Schätzet, AöR Bd. 74, 93; Raape aaO 198; Lauterbach, NJW 1947/48, 569 f., insbes. 570 unter c), und NJW 1952, 185, Anm. zu Nr. 12; Dernedde, DVB1. 1948, 146 f.; OLG Celle, NJW 1947/48, 593 OLG Kiel, DVB1. 1948, 145 2, VG Kassel, Urt. vom 16. 2. 1952, anscheinend auch BGH aaO, insbes. S. 186 f.; im Gegensatz hierzu bejaht das KG Berlin in seinem Urt. vom 13. 10. 1948, IPRspr. 1945—1949 Nr. 99, die deutsche StA der Ehefrau nur dann, wenn sie mit ihrem — nach Ansicht des KG nur noch die österr. StA besitzenden — Ehemann am 27. 4. 1945 nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat; jedoch lebt der Ehemann in dem entschiedenen Falle außerhalb Deutschlands). Die Kl. sind somit nach geltendem Recht sowohl österr. als auch deutsche Staatsangehörige. Hieran können weder die Empfehlungen der von der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer eingesetzten Kommission noch die Weisungen des BMdl an den Bekl. etwas ändern." 316 d. Die österreichischen Bundesbürger sind nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 deutsche Staatsangehörige geworden. Aus dem Besatzungsrecht und aus dem Völkerrecht ergibt sich nicht, daß in Deutschland verbliebene Österreicher mit dem Wiedererwerb der österr. Staatsangehörigkeit nach dem österr. Gesetz vom 10. 7. 194-5 ohne weiteres zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben. — GG Art. 16; RuStAG §§ 17, 25; KRProkl. Nr. 2, Abschn. II; MRG Nr. 52. Hessischer VGH, Urt. vom 6. 11. 1953 — OS I 154/51: DÖV 7 (1954) 378. Aus den Gründen: „Nach § 4 der hess. VO über Unterrichtsgeldfreiheit und Erziehungsbeihilfen vom 13. 8. 1950 (GVB1. S. 157) ist Voraussetzung der Unterrichtsgeldfreiheit, daß die Schüler, f ü r die Unterrichtsgeldfreiheit beansprucht wird, oder die Unterhaltspflichtigen Deutsche i. S. des Art. 116 GG sind. Diese Voraussetzung liegt bei den Töchtern der AnfKläg. sowie bei den AnfKläg. selbst vor. Es erhebt sich die Frage, welche Wirkung der Anschluß Österreichs im Jahre 1938 auf die StA der AnfKläg. gehabt hat. Es wird die Ansicht vertreten, daß dieser Anschluß durch Annexion erfolgt und diese als völkerrechtswidriger Akt nichtig sei. Er habe daher auch keinen Einfluß auf die StA der Österreicher haben können. Dieser Ansicht kann aber nicht beigetreten werden. Denn Österreich hat selbst im Jahre 1945 den Wechsel der StA dadurch anerkannt, daß es eine österr. Staatsbürgerschaft durch das österr. Staatsbürgerschafts-Uberleitungsgesetz vom 10. 7. 1945 (abge1 2
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 96. Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 97.
Nr. 316 d
655
XV. Staatsangehörigkeitsrecht
druckt bei Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht [1953] 183) erst mit Wirkung vom 27. 4. 1945 ab verliehen hat (BGHZ 3, 178 1 [183 f.] = DÖV 1954, 158 Nr. 39). Hinzu kommt noch, daß die Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft den Anschluß Österreichs seinerzeit dadurch anerkannt haben, daß sie ihre diplomatischen Vertretungen aus Wien zurückzogen und für ihre Konsuln um das Exequatur vom Deutschen Reich nachsuchten (BGH aaO 183; Schätzet,
A ö R 74, 2 9 3 m i t w e i t e r e n E i n z e l h e i t e n ; Raape,
IPR
3
197 A n m .
60). Es ist daher der heute in der Rspr. und im Schrifttum herrschenden Ansicht zu folgen, daß im Jahre 1938 die bisherigen österr. Staatsbürger die deutsche StA erworben haben, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob dies durch den Anschluß selbst erfolgt ist, der durch das Ges. über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 vollzogen wurde, oder durch die auf Grund dieses Gesetzes erlassene VO über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. 7. 1938. Demgemäß sind damals auch die AnfKläg. und ihre Kinder deutsche Staatsangehörige geworden. Sie haben dann ab 27. 4. 1945 gemäß § 1 österr. StÜG die österr. Staatsbürgerschaft wieder erlangt. Fraglich ist aber, ob sie hierdurch zugleich die deutsche StA verloren haben. Nach dem Grundsatz des Völkerrechts, daß jeder Staat selbst zu entscheiden hat, wer ihm angehört, ist das österr. StÜG auch von der Bundesrepublik zu berücksichtigen (Raape aaO 197 Anm. 60). Das Gesetz konnte jedoch nur über den Erwerb der österr. StA und nicht zugleich über einen Verlust der deutschen Bestimmungen erlassen und und hat dies letztere auch nicht getan. Andererseits ist freilich davon auszugehen, daß die Bundesrepublik die ehemals und jetzt wieder österr. Staatsangehörigen, soweit sie zur Zeit der Wiedererrichtung des österr. Staates nicht in Deutschland wohnten oder dort ihren Aufenthalt hatten, auf Grund der Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse nicht mehr als deutsche Staatsangehörige in Anspruch nimmt (Maßfeller aaO 177; OLG Frankfurt (Main), NJW 1953, 1567 2 = DÖV 1954, 158 Nr. 40). Es liegt aber kein Grund vor, den Grundsatz der Nichtinanspruchnahme der bisher deutschen Staatsangehörigen ohne weiteres auch auf die österr. Staatsangehörigen auszudehnen, die nach 1945 nicht nach Österreich zurückgekehrt sind, sondern — wie die AnfKläg. — ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die betreffenden die deutsche StA behalten wollen (s. dazu auch Maßfeller aaO 177; OVG Berlin, DVB1. 1953, 665 3 = DÖV 1954, 151). Die AnfKläg. hätten mithin nur dann die deutsche StA verloren, wenn das deutsche Recht, das Besatzungs- oder das Völkerrecht einen derartigen Verlust der deutschen StA vorsehen würden (vgl. auch den Grundsatz des Art. 16 1 2 GG). Dies ist aber nicht der Fall. Zunächst enthält das RuStAG, welches mit Ausnahme der typisch nationalsozialistischen Änderungen fortgilt (Wiirtt.-Bad. VGH — Senat Karls1 2
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Siehe unten Nr. 318 c.
3
Siehe vorige Nr.
656
Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 316 d
ruhe, DÖV 1952, 350 Nr. 176 = VerwRspr. 4, 637 [639] keine Bestimmung, nach der eine doppelte StA unzulässig ist. Ferner kennt es keine Vorschrift, nach der der Erwerb einer ausländ. StA ohne weiteres den Verlust der deutschen StA zur Folge hat (BGH aaO 185). Nach §§ 17 Ziff. 2, 25 RuStAG verliert ein Deutscher, der im Inlande weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, mit dem Erwerb einer ausländ. StA die deutsche nur dann, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des Ehemannes oder des gesetzlichen Vertreters erfolgt. Diese Voraussetzungen liegen aber bei den AnfKläg. und ihren Kindern nicht vor. Denn sie haben im Inland ihren Wohnsitz und haben auch niemals beantragt, ihnen die österr. StA zu verleihen. Vielmehr trat der Wiedererwerb der österr. StA auf Grund eines ausländ. Gesetzes ohne ihr Zutun ein. Das RuStAG berücksichtigt dagegen nicht den StA-Wechsel, der mit einer Gebietsveränderung des Deutschen Reiches zusammenhängt, d. h. den Fall der sogenannten Staatensukzession (BGH aaO 185; Maßfeller aaO 175), und kann daher auf die hier vorliegende Frage keine abschließende Antwort geben. Jedenfalls ist aus ihm nichts dafür zu entnehmen, daß die AnfKläg. die deutsche StA verloren hätten. Auch auf Grund von Bestimmungen des Besatzungsrechts ist kein Verlust der deutschen StA der AnfKläg. eingetreten. Das BVerfG führt in dem Beschluß vom 28. 5. 1952 (BVerfGE 1, 322 [328 ff.] 1 = DÖV 1952, 663) u. a. aus, daß die Festsetzung des f ü r die Grenzen des deutschen Staatsgebietes maßgebenden Stichtages vom 31. 12. 1937 in besatzungsrechtlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung der Ansprüche der fremden Staaten nur in dem Sinne verstanden werden könne, daß alle mit Annexionen nach diesem Datum verbundenen Zwangseinbürgerungen als unwirksam zu betrachten seien, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen würden (s. auch BVerfGE 2, 98 = DÖV 1953, 566 2 ; ferner Makarov, JZ 1952, 404 und 725; derselbe DÖV 1953, 548). Diese vom BVerfG entwickelten Grundsätze sind aber auf vorl. Fall nicht anwendbar. In den beiden vom BVerfG entschiedenen Fällen handelt es sich im Gegensatz zu dem vorl. Fall um frühere tschechoslowakische Staatsangehörige, die die deutsche StA auf Grund der VO über den Erwerb der deutschen StA durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. 4. 1939 automatisch mit Wirkung vom 16. 3. 1939 erworben haben. Die dieser VO vorausgegangene Besetzung von Böhmen und Mähren im März 1939 ist im Gegensatz zur Besetzung von Österreich von den Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft nicht anerkannt worden (Einzelheiten bei Makarov, Allg. Lehren des Staatsangehörigkeitsrechts [1947] 178). Die von dem BVerfG f ü r den Fall einer nicht anerkannten Annexion entwickelten Grundsätze können aber dann nicht ohne weiteres gelten, wenn, wie im Falle Österreich, die Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft die Besetzung und die damit verbundene Verleihung der deutschen StA anerkannt haben (s. dazu auch Maßfeiler aaO 177). Aber auch im übrigen überzeugt die vom 1
Siehe oben Nr. 316 a.
2
Siehe oben Nr. 316 b.
Nr. 316 d
XV. Staatsangehörigkeitsrecht
657
BVerfG in seinem Beschluß vom 28. 5. 1952 aaO gegebene Begründung nicht in allen Punkten. Bei den vom BVerfG erwähnten besatzungsrechtlichen Bestimmungen handelt es sich um die KR-Prokl. Nr. 2 vom 20. 9. 1945 (Abschn. II Nr. 3) und um das Ges. Nr. 52 der amer. MilReg. (Art. VII Abs. e). Abschn. II Nr. 3 der KR-Prokl. Nr. 2 regelt die Rückführung von deutschen Behörden, Beamten und Zivilpersonen, die sich außerhalb der deutschen Grenzen vom 31. 12. 1937 befanden, und Art. VII Abs. e des MRG Nr. 52 gibt eine Legaldefinition des Begriffes „Deutschland" f ü r das Ges. Nr. 52. Aus diesen Bestimmungen kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß „Zwangseinbürgerungen als unwirksam zu betrachten sind, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen werden", wie das BVerfG aaO 331 anscheinend annimmt (so auch OVG Berlin aaO). Schließlich kennt auch das Völkerrecht keine allgemeinen Grundsätze über den Wechsel der StA im Zusammenhang mit der Gebietsveränderung (BGH aaO 184/186; siehe ferner BVerfG, Beschluß vom 28. 5. 1952 aaO 329; Maßfeller aaO 176; aA H. J. Jellinelc, Der automatische Erwerb und Verlust der StA durch völkerrechtl. Vorgänge [1951] 49 ff., 66 ff.). Vielmehr ist die Staatenpraxis recht unterschiedlich. Auch können aus den nach dem ersten Weltkrieg abgeschlossenen Friedensverträgen keine bestimmten Grundsätze hergeleitet werden (Lauterbach, NJW 1947/48, 570). Damit läßt sich bis zu einer etwaigen Regelung durch einen künftigeu Friedensvertrag oder bis zu einer zwischenstaatlichen oder bundesgesetzlichen Regelung weder aus dem deutschen noch aus dem Besatzungs- und dem Völkerrecht eine Vorschrift des Inhalts ableiten, daß in Deutschland verbliebene Österreicher mit dem Wiedererwerb der österr. StA zugleich die deutsche StA verloren haben (so auch im Ergebnis Raape aaO 197, A n m . 60; Dernedde,
DVB1. 1948, 146, 148; Scheuner,
DVB1. 1952, 648;
Maßfeller aaO 177; OVG Berlin vom 13. 5. 1953 aaO; im Ergebnis auch H. J. Jellinelc aaO 190; aA Makarov, JZ 1952, 405). Im vorl. Fall kommt aber noch hinzu, daß die AnfKläg. nach ihren unwiderlegten Angaben den Willen hatten, die deutsche StA zu behalten. Zwar hat der AnfKläg. im Jahre 1950 einen österr. Paß beantragt; daraus kann aber nicht ohne weiteres auf seinen Willen geschlossen werden, damit auf die deutsche StA zu verzichten, zumal im Jahre 1950 überhaupt noch keine Klarheit über die StAverhältnisse der in Deutschland verbliebenen Österreicher bestand und die Verwaltungspraxis auch heute noch überwiegend auf dem Standpunkt steht, daß die ehemals österr. Staatsangehörigen die deutsche StA auch dann verloren hätten, wenn sie in Deutschland geblieben seien {Maßfeller aaO 178). Jedenfalls geht aus den von den AnfKläg. in dem vorl. Verfahren abgegebenen Erklärungen eindeutig hervor, daß ihr Wille jetzt dahin geht, deutsche Staatsangehörige zu bleiben. Da somit die AnfKläg. und ihre Töchter — vorbehaltlich einer späteren gesetzlichen oder vertraglichen Regelung — die deutsche StA besitzen, brauchten die AnfKläg. gemäß § 4 hess. VO i. Vbd. mit § 1 des hess. Ges. 42
Intern. P r i v a t r e c h t 1952 und 1953
658
Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 317
über Unterrichtsgeld- und Lernmittelfreiheit v. 16. 2. 1949 (GVB1. S. 18) und Art. 59 Hess. Verfassung kein Schuldgeld zu zahlen." 317. Ein früherer österr. Bundesbürger, der auf Grund der Einverleibung Österreichs in das Deutsche Reich im Jahre 1938 deutscher Staatsangehöriger wurde und nach der Wiedererrichtung des österr. Staates seinen Wohnsitz in Österreich genommen hat, ist jetzt ausschließlich österr. Staatbürger; die deutsche Staatsangehörigkeit hat er verloren. Sein eheliches Kind, das während der Zugehörigkeit Österreichs zum Deutschen Reich geboren wurde, hat mit der Wiedererrichtung des österr. Staates die deutsche Staatsangehörigrkeit verloren und besitzt jetzt nur noch die österr. Staatsbürgerschaft. Wenn nach Scheidung der Ehe nur das Kind und die Mutter im Inland leben, der die österr. Staatsbürgerschaft besitzende Vater aber in Österreich wohnt, so sind die deutschen Gerichte zur endgültigen Regelung der Personensorge, mag es sich um die erstmalige Entscheidung oder eine nachträgliche Änderung handeln, nicht zuständig. — EGBGB Art. 19, 30; EheG § 74; FGG §§ 36, 43; ABGB § 142; österr. Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz vom 10. 7. 1945. BayObLG, 1. ZS, Beschl. vom 21. 3. 1952 — Beschw. Reg. Nr. II 84/51: BayObLGZ 1, 74; NJW 5 (1952) 788; JZ 7 (1952) 723 mit Anm. von Makarov; Journal du droit international 81 (1954) 968. Aus den Gründen: „Der Ehemann A. war zur Zeit der Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich im Jahre 1938 österr. Bundesbürger durch Abstammung. Als solcher erlangte er mit Wirkung vom 13. 3. 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit (s. §§ 1, 8 VO über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. 7. 1938, RGBl. 1938 I S. 790). Seit der Wiedererrichtung Österreichs besitzt er nach § 1 des österr. Staatsbürgerschaftsüberleitungsgesetzes vom 10. 7. 1945 die österr. Staatsbürgerschaft. Damit hat er gleichzeitig die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Der Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit ergibt sich zwar nicht aus den Bestimmungen des deutschen Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. 7. 1913, denn das genannte Gesetz kennt einen derartigen Verlustgrund nicht und schließt auch eine Mehrstaatsangehörigkeit nicht grundsätzlich aus. Es ist aber daraus zu folgern, daß der aus Österreich stammende Ehemann A. im Jahre 1938 lediglich auf Grund der Einverleibung Österreichs in das Deutsche Reich deutscher Staatsangehöriger geworden war und nach der Wiederherstellung des österr. Staates und Verleihung der österr. Staatsbürgerschaft im österr. Staatsgebiet seinen Wohnsitz genommen hat. (Im Ergebnis ebenso OLG Celle in NJW 1947/48, 593 1 und in MDR 1949, 35 2; OLG Bamberg in HEZ I 317 3 ; Lauterbach in NJW 1947/48, 569; Palandt, BGB 9 , Vorbem. vor Art. 7 EGBGB Anm. 7; Raape, Intern. Privatrecht 3 197 Fußnote 60). Das Kind M. wurde zu der Zeit geboren, als sein Vater 1 3
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 96. Ebda. Nr. 59.
2
Ebda. Nr. 96 a.
Nr. 317
XV. Staatsangehörigkeitsrecht
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deutscher Staatsangehöriger war. Es erlangte daher nach § 4 I RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt. Mit der Wiedererrichtung Österreichs erhielt es gemäß § 1 des österr. Staatsbürgerschaftsüberleitungsgesetzes die österr. Staatsbürgerschaft kraft Abstammung. Bei ihm gilt ebenso wie beim Vater, daß die Erlangung der österr. Staatsbürgerschaft nach den Bestimmungen des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes noch keinen Verlustgrund f ü r die deutsche Staatsangehörigkeit bildet. Es kommt aber in Betracht, daß die durch Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 I RuStAG einem ehelichen Kinde nur durch den Vater vermittelt wird und daß im vorliegenden Falle der Vater bis zum 13. 3. 1938 österr. Bundesbürger war und seit der Wiedererrichtung des österr. Staates ausschließlich österr. Staatsbürger ist. Mit Rücksicht hierauf muß angenommen werden, daß auch das Kind M. mit dem Staatsangehörigkeitswechsel seines Vaters die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat und jetzt nur noch die österr. Staatsbürgerschaft besitzt. Diese Folge beruht auf der durch die Abstammung geschaffenen Beziehung des Kindes zu dem österr. Staat. Sie wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das Kind in dem Zeitpunkt, als die Staatsangehörigkeit seines Vaters wechselte, im deutschen Staatsgebiet bei der Mutter lebte und auch jetzt noch hier lebt, denn dabei handelt es sich um ein rein tatsächliches Verhältnis. Die Frage, welche Staatsangehörigkeit die Ehefrau A. nunmehr hat und ob sie lediglich als deutsche oder als österr. Staatsangehörige oder als Mehrstaaterin (deutsche und österr. Staatsangehörige) anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben, weil es darauf im gegenwärtigen Verfahren nicht ankommt. Da Vater und Kind nicht deutsche Staatsangehörige sind, ist der Sachverhalt nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts zu beurteilen. Maßgebend ist hier die Vorschrift des Art. 19 EGBGB, die das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und ihren gemeinschaftlichen Kindern betrifft und nicht nur bei bestehender, sondern auch bei geschiedener Ehe gilt (vgl. RGZ 162, 329; BayObLGZ 19, 177 = OLG 40, 86; BayObLGZ 30, 338; KG in OLG 33, 359; Staudinger-Raape, E G B G B A n m . B X, S. 475, C I, II 1 S. 479 u n d 480 zu Art. 19; Palandt,
BGB, A n m . 2, 4 zu Art. 19
EGBGB). Art. 19 EGBGB enthält zwar seinem Wortlaut nach nur eine einseitige Kollisionsnorm; diese ist aber durch Rechtsprechung und Rechtslehre zu einer zweiseitigen ausgebaut worden. Daraus ergibt sich der Grundsatz, daß — von dem hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefall des Art. 19 Satz 2 EGBGB abgesehen — bei Lebzeiten des Vaters allein dessen Staatsangehörigkeit darüber entscheidet, welches Recht auf die Regelung der elterlichen Rechte nach der Scheidung (ebenso wie bei bestehender Ehe) anzuwenden ist. Da der Vater A. ausschließlich österr. Staatsbürger ist, bestimmt sich sonach das Verhältnis der geschiedenen Eltern zu dem Kinde M. nach österr. Recht, also hier nach § 142 ABGB. Das gilt aber nur für die Anwendung der österr. Sachnormen. Das Verfahrensrecht richtet sich, soweit ein deutsches Gericht überhaupt zum Einschreiten befugt ist, nach deutschem Recht (vgl. RGZ 170, 198; BayObLGZ 19, 177). In einem solchen Falle ist dann nach den §§ 43 I 36 I FGG f ü r 42 *
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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ein Verfahren wegen Regelung der Personensorge dasjenige Vormundschaftsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen Wohnsitz oder in E r m a n g e l u n g eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Die deutschen Zuständigkeitsbestimmungen enthalten indes lediglich innerstaatliche Vorschriften. Sie greifen erst ein, wenn im Einzelfalle ein deutsches Vormundschaftsgericht z u m Tätigwerden berechtigt u n d verpflichtet ist, u n d setzen also zu ihrer Anwendung die B e j a h u n g dieser Vorfrage voraus (vgl. OLG München in JFG 18, 15). Nach einem allgemein a n e r k a n n t e n Grundsatz erstreckt sich die staatliche Gerichtsbarkeit regelmäßig auf alle Personen, die sich im Staatsgebiet a u f h a l t e n , ohne Rücksicht d a r a u f , ob sie die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltslandes besitzen oder nicht. Ausnahmen hiervon, die aber hier nicht in Betracht k o m m e n , bestehen im Gebiet der Deutschen Bundesrepublik hinsichtlich der exterritorialen Personen auf Grund der auch im V e r f a h r e n der freiwilligen Gerichtsbarkeit a n w e n d b a r e n Bestimmungen der §§ 18 bis 21 GVG (vgl. Schlegelberger5, Anm. 1 zu § 3 FGG) u n d f e r n e r vermöge der jetzigen staatsrechtlichen Lage auf Grund des AHKG Nr. 13. Der vorerwähnte Grundsatz könnte aber im Sorgerechtsverfahren n u r d a n n zur Begründung der deutschen Zuständigkeit f ü h r e n , w e n n sich sämtliche a m V e r f a h r e n Beteiligte, also sowohl das Kind wie auch die beiden Eltern, im Inland befänden. Dies trifft hier nicht zu, weil der ausländische Vater, in dessen Rechte durch die Entscheidung eingegriffen würde, nicht im Inland lebt u n d d a h e r der deutschen Staatshoheit nicht u n t e r w o r f e n ist (vgl. KG in JFG 11, 44 = J W 1934, 699 u n d JFG 19, 50; J F G 18, 15). Aus der f ü r das internationale Privatrecht geltenden Bestimmung des Art. 19 EGBGB läßt sich im vorliegenden Falle eine Zuständigkeit des deutschen Vormundschaftsgerichtes ebenfalls nicht entnehmen. Die Regel, d a ß sich das Eltern- u n d Kindesverhältnis nach dem Heimatrecht des ausländischen Vaters richtet, bezieht sich auch auf die ausländische Zuständigkeitsnorm, weil n u r bei deren Beachtung damit zu rechnen ist, d a ß eine im Inland auf Grund des Heimatrechts erlassene Entscheidung im f r e m den Staat a n e r k a n n t wird (vgl. JFG 18, 15). Demnach w ä r e hier Voraussetzung f ü r die deutsche Zuständigkeit, d a ß das österr. Recht den jeweiligen — inländischen oder ausländischen — Aufenthalt des Kindes als Zuständigkeitsgrund vorsähe. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Nach § 109 der österreichischen Jurisdiktionsnorm (JN) ist f ü r Angelegenheiten, die die Personensorge betreffen, das Bezirksgericht zuständig, bei welchem d a s Kind seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hat. Ein der väterlichen Gewalt u n t e r w o r f e n e s Kind teilt nach § 71 JN den allgemeinen Gerichtsstand des Vaters. Da der Vater A. nach § 66 JN seinen allgemeinen Gerichtsstand a n seinem W o h n o r t L i n z - U r f a h r hat, ist somit nach österr. Recht n u r das Bezirksgericht Linz-Urfahr f ü r eine Sorgerechtsentscheidung zuständig u n d f ü r eine aus dem Aufenthalt des Kindes folgende Zuständigkeit eines anderen Gerichtes kein R a u m . Das Bezirksgericht Linz-Urfahr h ä t t e allerdings nach § 111 JN unter den dort bestimmten Voraussetzungen das bei i h m anhängige Sorgerechtsverfahren an das deutsche Vormund-
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XV. Staatsangehörigkeitsrecht
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schaftsgericht, in dessen Bezirk sich das Kind befindet, abgeben können. Es hat aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, vielmehr über die Genehmigung des elterlichen Vergleichs und damit über die Sorgerechtszuteilung, die auch den Gegenstand des jetzigen Verfahrens bildet, selbst entschieden. Eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Regelung der Personensorge ist sonach gemäß Art. 19 EGBGB nicht begründet, und zwar gleichgültig, ob es sich um eine Erstentscheidung über die Personensorge oder um eine nachträgliche Änderungsanordnung handelt. Die Inanspruchnahme einer deutschen Zuständigkeit wird auch nicht etwa durch die Vorschrift des Art. 30 EGBGB gefordert; die auf die Personensorge bezüglichen Bestimmungen des § 142 ABGB, die der Entscheidung des Bezirksgerichtes in gleicher Weise wie den Beschlüssen der Vorinstanzen zugrunde gelegt sind, decken sich im wesentlichen mit denen des § 74 EheG 1946. Ebensowenig kann die deutsche Zuständigkeit hier mit dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz gerechtfertigt werden, daß ein deutsches Vormundschaftsgericht ohne Rücksicht auf den Aufenthalt des ausländischen Vaters in dessen Rechtsverhältnis zu dem im Inland lebenden Kind dann eingreifen darf, wenn öffentliche Belange oder das Wohl des Kindes dies dringend erfordern (vgl. RGZ 162, 329). Die Wahrung staatlicher Interessen, wie bei der Fürsorgeerziehung (vgl. RGZ 117, 376), scheidet ohne weiteres aus. Aber auch eine dringliche Maßnahme zum Schutze des Kindes kommt hier nicht in Frage. Dabei könnte es sich nur um eine vorläufige Anordnung handeln mit dem Ziele, bis zur Endentscheidung des zuständigen ausländischen Gerichts die einstweilige Belassung des Kindes bei der im Inland wohnenden Mutter zu ermöglichen und so dem Kinde einen etwa notwendig werdenden wiederholten Aufenthaltswechsel zu ersparen. Zu einer derartigen vorläufigen Anordnung ist das deutsche Vormundschaftsgericht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch dann befugt, wenn zur endgültigen Gestaltung der Personensorge nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts ein ausländisches Gericht zuständig ist (vgl. JFG 18, 15). Darum geht es im jetzigen Verfahren aber nicht. Das Begehren der Mutter und die Beschlüsse des AG und des LG haben nicht die vorläufige, sondern die endgültige Regelung des Sorgerechts für das Kind M. zum Gegenstand. Ob die Frage der deutschen Zuständigkeit f ü r eine endgültige Regelung dann zu bejahen wäre, wenn der Vater seine in Deutschland lebende Familie grundlos verlassen hätte (vgl. BayObLGZ 30, 338), kann dahingestellt bleiben, denn hier liegt der Sachverhalt so, daß der Vater in seinen Heimatstaat Österreich zurückgekehrt ist und die Mutter sich geweigert hat, ihm dorthin zu folgen. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Regelung der Personensorge f ü r das Kind. M. ist nach alledem ausgeschlossen. Der auf der irrigen Annahme der deutschen Zuständigkeit beruhende Beschluß des LG mußte daher aufgehoben werden (§ 27 FGG, § 551 Nr. 4 ZPO). Aus dem gleichen Grunde war auch der amtsgerichtliche Beschluß in seinem die Personensorge f ü r das Kind M. betreffenden Teile aufzuheben. Daß die weitere Beschwerde nur von der Mutter eingelegt ist, steht der Aufhebung auch der
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
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erstrichterlichen Entscheidung nicht entgegen, da es sich um ein Amtsverfahren handelt, in dem die Frage der Zuständigkeit unabhängig von Rügen der Beteiligten zu prüfen ist. Gleichzeitig war der Antrag der Mutter auf Übertragung des Sorgerechts f ü r das Kind M. abzuweisen, ohne daß auf die Sache selbst einzugehen w a r . " 3 1 8 . Ein ehem. Österreicher hat spätestens mit seiner Übersiedlung aus Deutschland nach Österreich im Jahre 19A8 die deutsche Staatsangehörigkeit verloren und besitzt seitdem nur die österr. Staatsangehörigkeit. Das gleiche gilt für seine Ehefrau, die sich mit ihrem Mann in häuslicher Gemeinschaft befunden hat und mit ihm nach Österreich übergesiedelt ist, auch wenn sie ein Jahr später nach Deutschland zurückgekehrt ist. — Bonner GG Art. 25; RuStAG; österr. Staatsangehörigkeits-Überleitungsgesetz § 1. OLG Frankfurt/M., 3. ZS, Beschl. vom 10. 6. 1953 — 3 W 62/53; DVB1. 68 (1953) 669. Aus den Gründen: „ D i e Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das L G 1 hat das Armenrecht richtigerweise versagt, da die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf E r f o l g bietet. Denn diese müßte wegen Fehlens der deutschen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts als unzulässig abgewiesen werden, da beide Parteien nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sondern ausschließlich österr. Staatsangehörige sind. Zwar ist nicht zu verkennen, daß die Frage der Staatsangehörigkeit derjenigen ehemaligen Österreicher, die nach der Wiederherstellung des österr. Staates im Jahre 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland behalten haben, nach der gegenwärtigen nationalen und internationalen Rechtslage schwerlich ganz bedenkenfrei zu entscheiden ist. Es ist im vorliegenden Fall auch nicht zu übersehen, daß die geschichtliche und blutsmäßige Verbundenheit zwischen Deutschland und Österreich wesentliche Besonderheiten gegenüber den allgemeinen Regeln schafft. Völlige Klarheit kann nur durch einen Vertrag zwischen beiden Staaten herbeigeführt werden. Jedoch muß im vorliegenden Falle festgestellt werden, daß die Parteien spätestens mit ihrer Übersiedelung nach Österreich im Jahre 1948 die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben. — Entgegen der Ansicht des L G neigt der Senat zu der Auffassung, daß der Antrg., solange er in Deutschland seinen Wohnsitz hatte, trotz Erwerbs der österreichischen Staatsangehörigkeit nach § 1 a des österr. Staatsangehörigkeits-Überleitungsgesetzes die deutsche behielt, mithin die Antrst. durch die Eheschließung mit ihm ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht verlor. Denn als deutscher Staatsangehöriger konnte der Antrg. die deutsche Staatsangehörigkeit nur nach deutschem Recht verlieren. Der österreichische Gesetzgeber konnte ihm diese nicht entziehen. Diese Auf1
Siehe oben Nr. 303.
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XV. Staatsangehörigkeitsrecht
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fassung ist zwar nicht unbestritten (a. A. z. B. Lauterbach in N J W 1947/48, 569 und Bisle in N J W 1947/48, 254), der Senat ist jedoch der — u. a. auch vom Bundesgerichtshof vertretenen (BGHZ 3, 184 ') — Ansicht, daß die die Staatsangehörigkeit regelnden österreichischen Gesetze n u r innerhalb des österreichischen Staatsgebietes Geltung beanspruchen können. Es ist ein allgemeiner völkerrechtlicher Grundsatz, daß die Gesetzgebung eines Staates nicht in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates eingreifen kann. Nach deutschem Recht wie auch nach den anerkannten Regeln des Völkerrechts, die nach Art. 25 GG Bestandteil des deutschen Rechts sind, hat der Antrg. —• jedenfalls solange er in Deutschland seinen Wohnsitz hatte — die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren. F ü r den E r w e r b und den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gilt auch jetzt noch das RuStG von 1913. Von den darin aufgeführten Verlustgründen liegt keiner vor. Auch die völkerrechtlichen Regeln zwingen nicht zu der Annahme, daß der Antrg. mit der Wiedererrichtung des österreichischen Staates automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat. Das Völkerrecht kennt keinen allgemeinen Satz, daß die Bürger eines eingegliederten Landes nach dessen Wiederverselbständigung ohne weiteres und allgemein aus dem Verbände des eingliedernden Staates ausscheiden u n d allein die Staatsangehörigkeit des wiedererstandenen Staates haben (s. u. a. Lauterbach in N J W 1949, 259). Vielmehr ist im Schrifttum die Meinung weit verbreitet, daß Personen, die ihren Wohnsitz in dem Staate haben, von dem sich ihre einstige Heimat lostrennt, die Staatsangehörigkeit des Altstaates behalten (s. u. a. Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht 174 ff.; Hansjörg Jellinek, Der automatische Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit 190). Jedenfalls hat sich f ü r die Frage, ob bei einer Staatensukzession f ü r den Verlust der Staatsangehörigkeit der Wohnsitz oder die Abstammung maßgeblich ist, noch kein allgemeiner Grundsatz entwickelt (s. u. a. Matschke in NJ 1949, 162), und es d ü r f t e eher dem Domizilprinzip der Vorzug zu geben sein (s. u. a. Jellinek aaO). F ü r den vorliegenden Fall bedürfen diese Erörterungen jedoch keiner weiteren Vertiefung, weil die Parteien jedenfalls infolge ihrer Übersiedelung nach Österreich die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben und beide seitdem ausschließlich österreichische Staatsbürger sind. Zu diesem Ergebnis kommt der Senat auf Grund folgender Erwägungen: Es entspricht unserer Entwicklungsstufe des Völkerrechts, bei einer Staatensukzession den Staatsangehörigkeitswechsel nicht unabhängig von dem Willen der davon betroffenen Personen eintreten zu lassen. Vielmehr ist — speziell in einem wie hier gelagerten Falle, bei dem auch die geschichtliche und blutsmäßige Verbundenheit zwischen Deutschland und Österreich nicht außer Betracht bleiben k a n n — in erster Linie darauf abzustellen, ob eine der Abstammung nach zum Neustaat gehörende Person, die im Altstaat ihren Wohnsitz hat, die Staatsangehörigkeit des Neustaates erwerben oder die des Altstaates behalten will. So hat auch die Auffassung immer mehr Raum gewonnen, daß der Bevölkerung des von 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159.
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der Staatensukzession betroffenen Gebietes ein Optionsrecht gewährt werden muß, also ein Recht zur freien Entschließung darüber, ob sie dem Altstaat oder dem Neustaat angehören wolle (s. u. a. Maßfeller aaO 176), und zutreffend schreibt z. B. Erich Kaufmann (Règles générales du Droit de la Paix, Recueil des Cours S. 65) von diesem Gesichtspunkt ausgehend: „Dieses Rudiment eines Optionsrechts wird man auch ohne vertragliche Regelung als eine Regel des allgemeinen Völkerrechts anzuerkennen haben." Gemäß diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Falle aus der Tatsache, daß der Antrg., sobald er ein Lebenszeichen von seinen Angehörigen erhielt, nach Österreich übersiedelt ist, zu schließen, daß er sich jedenfalls damit auch offen zum neuen Österreich bekannt hat. Hinzu kommt, daß er durch diese Übersiedlung auch den einzig noch verbliebenen Anknüpfungspunkt an Deutschland verloren hat. Speziell entfällt damit der Grund, der die Annahme gestattet hat, daß das österr. StA-Überleitungsgesetz ausnahmsweise die deutsche Staatsangehörigkeit des Antrst. zunächst nicht berührt habe. Denn nachdem er seinen Wohnsitz wieder in Österreich genommen hat, besteht kein Grund, seinen Fall rechtlich anders zu beurteilen als die Fälle derjenigen einstigen Österreicher, die stets in Österreich verblieben waren und dort bei Inkrafttreten des StA-Überleitungsgesetzes zur Bevölkerung des neuen österreichischen Staatswesens gehörten. Daß diese Personen ausschließlich die österreichische Staatsangehörigkeit besitzen, steht so gut wie außer Zweifel. Anders wäre es nur, wenn der Antrst. sich während seines Aufenthaltes in Deutschland in irgendeiner Form zu Deutschland bekannt hätte, sei es durch einen Antrag auf Einbürgerung, Annahme einer Stellung im Staatsdienst usw. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich. Die Tatsache, daß er sich aus der Gefangenschaft statt nach Österreich nach Deutschland entlassen ließ und auch dort vorübergehend seinen Wohnsitz nahm, bietet allein noch keinen genügenden Anhalt, zumal die Motive hierfür nicht eindeutig erkennbar sind. Unerheblich insoweit ist es, daß er in der deutschen Wehrmacht gedient hat, denn dies haben alle wehrfähigen Österreicher getan. Der Staatsangehörigkeitswechsel des Ehemannes hat nun allerdings nicht ohne weiteres den der Ehefrau zur Folge. Beruht dieser auf einem freiwilligen Entschluß des Ehemannes, so wird die Ehefrau davon nur betroffen, wenn sie diesem zugestimmt hat. Von einem unfreiwilligen Verlust wird die Ehefrau, wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat (BGHZ 3,188) 2, „entweder überhaupt nicht oder nur dann betroffen, wenn sie sich mit dem Ehemanne in häuslicher Gemeinschaft befindet". Im vorliegenden Falle handelt es sich um einen „unfreiwilligen" Staatsangehörigkeitswechsel des Antrg. Zwar beruhte die Übersiedlung nach Österreich auf einem freiwilligen Entschluß, jedoch hat er mit dieser nicht die Absicht eines Staatsangehörigkeitswechsels verbunden; vermutlich hat er daran 1 Gemeint ist ein Sonderdruck aus dem 54. Band des Recueil des Cours (1935 — IV). 2 Siehe IPRspr. 1950—51 Nr. 159.
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überhaupt nicht gedacht. Vielmehr erfolgte dieser automatisch nach völkerrechtlichen Grundsätzen. Im zur Entscheidung stehenden Falle muß angenommen werden, daß die Staatsangehörigkeit der Antrst. der ihres Ehemannes gefolgt ist. Denn sie hat sich nicht nur mit dem Antrg. in häuslicher Gemeinschaft befunden, sondern sie ist ihm sogar nach Österreich gefolgt, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem Österreich kein Bestandteil des Deutschen Reiches mehr war, sondern wieder zum „Ausland" zählte. Hieraus muß — gleichfalls gemäß den oben dargelegten Grundsätzen — gefolgert werden, daß die Antrst. sich im Interesse der Familieneinheit zu Österreich bekannt hat. Daß sie dann ein Jahr später wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist, ist unerheblich. — Unzweifelhaft ist es im übrigen auch, daß die Antrst. nach österreichischem Recht als österreichische Staatsangehörige anerkannt wird. — Da mithin beide Parteien ausschließlich die österreichische Staatsangehörigkeit besitzen und ferner der Antrg. auch in Österreich seinen Wohnsitz hat, würde ein Ehescheidungsurteil des LG in Wiesbaden aus den vom LG angeführten Gründen in Österreich keine Anerkennung finden." 3 1 8 a . Der Wiedererwerb der österreichischen Staatsangehörigkeit auf Grund des österr. Überleitungsgesetzes vom 10. 7. 1945 hat die bisherige deutsche Staatsangehörigkeit der betreffenden Personen zum Erlöschen gebracht, auch wenn diese Personen in Deutschland ihren Wohnsitz haben. — G vom 13. 3. 1938 über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich; V O über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. 7. 1938, § 1; österr. Staatsbürgerschafts-ÜberleitungsG vom 10. 7. 1945, § 1. VGH Bebenhausen, Urt. vom 21. 1. 1953 — Nr. 140/52: DÖV 7 (1954) 154 mit Anm. von Neuffer und Rössler; StAZ 7 (1954) 271. Aus den Gründen: „Die Rechtsbeschwerde ist fristzeitig erhoben und inhaltlich zulässig. Der Rechtsbeschwerdeführer (RBF) macht mit ihr geltend, er sei durch die angefochtene Beschwerdeentscheidung des Innenministeriums vom 13. 5. 1952 insofern in einem ihm zustehenden Recht verletzt, als der für ihn am 15. 11. 1951 ausgestellte Staatsangehörigkeitsausweis im Widerspruch mit den geltenden Bestimmungen für ungültig erklärt und ihm damit die deutsche StA zu Unrecht aberkannt worden sei. Die Rechtsbeschwerde ist aber sachlich nicht begründet. Unbestrittenermaßen war der RBF bis zum Jahre 1938 österreichischer Staatsangehöriger. Er besaß das Heimatrecht in der Gemeinde Hörbranz, Bezirkshauptmannschaft Bregenz. Anläßlich der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich, die durch das Reichsgesetz vom 13. 3. 1938 erfolgte, ist die deutsche Reichsangehörigkeit auf alle Österreicher ausgedehnt worden. § 1 der VO über die deutsche StA im Lande Österreich vom 3. 7. 1938 bestimmte, daß die bisherige österreichische Bundesbürgerschaft und die Landesbürgerschaft
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in den ehemaligen österreichischen Bundesländern fortfallen und daß es nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit) gibt. Als Stichtag f ü r den Erwerb der deutschen StA durch alle Österreicher ist der 14. 3. 1938 anzusehen. Der RBF hat also zu diesem Zeitpunkt automatisch die deutsche StA erworben. Nach der Wiederherstellung des selbständigen österreichischen Staates wurde durch § 1 des österreichischen Gesetzes vom 10. 7. 1945 über die Überleitung in die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsüberleitungsgesetz) u. a. angeordnet, daß diejenigen Personen, die am 13. 3. 1938 die österreichische Bundesbürgerschaft besessen haben, vom Tag der Wiederherstellung Österreichs, d. h. vom 27. 4. 1945 an wieder als österreichische Staatsbürger anzusehen sind. Das Gesetz gilt nicht bloß für die auf österreichischem Gebiet befindlichen Personen, sondern erstreckt sich auch auf diejenigen früheren Österreicher, die ihren Wohnsitz in den heutigen deutschen Ländern genommen haben. Der RBF, der die Voraussetzungen des Überleitungsgesetzes in seiner Person erfüllt, hat hiernach mit Wirkung vom 27. 4. 1945 an die österreichische StA wiedererlangt. Gesetzliche Gründe, die den Wiedererwerb der österreichischen StA ausschließen, treffen auf ihn nicht zu. Die österreichische Interessenvertretung in Baden-Baden hat ihm am 29. 10. 1949 einen Reisepaß ausgestellt. Streitig ist, ob der RBF mit dem Wiedererwerb der österreichischen StA die deutsche StA verloren hat, oder ob er daneben Deutscher geblieben ist. Die gleiche Frage taucht bei allen in Deutschland wohnenden früheren Österreichern auf, die von dem Uberleitungsgesetz betroffen sind. Sie ist im Schrifttum wie in der Rspr. schon mehrfach behandelt worden. Hierbei haben sich verschiedene Auffassungen ergeben. Nach der einen Auffassung, die u. a. von Schätzet, Der heutige Stand des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts, AöR 74, 273 IT., vertreten wird, ist die Frage, ob die neuen österreichischen Bestimmungen die deutsche StA beeinflussen, nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen zu verneinen. Daraus würde sich ergeben, daß alle im deutschen Bundesgebiet wohnhaften Österreicher neben der neuen österreichischen StA die deutsche weiterbehalten. Nach den Grundsätzen des Haager Staatsangehörigkeitsabkommens vom 12. 4. 1930 wären solche Personen in Österreich als Österreicher und in Deutschland als Deutsche zu behandeln. Nach Schätzet müßte dieser Grundsatz jedoch in den Fällen der vorliegenden Art ausnahmsweise eine Einschränkung erfahren. Die Alliierten würden voraussichtlich den Standpunkt vertreten, daß diese Personen auch auf deutschem Boden nur als Österreicher zu behandeln seien. Trotzdem würde ihnen, wenn sie sich in Deutschland auf ihre deutsche StA berufen, von den deutschen Behörden die Behandlung als Deutsche nicht verweigert werden können. Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 4. 10. 1951 \ MDR 1952, 36, ebenfalls mit der Angelegenheit befaßt. Er geht von dem allgemein aner1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159.
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kannten Grundsatz aus, daß f ü r die Zugehörigkeit einer Person zu einein Staat grundsätzlich das Recht dieses Staates maßgebend sei und folgert hieraus, daß auch der Verlust der StA sich nach diesem Recht bestimmen müsse. Dies gelte, da eine abweichende Regelung durch Staatsvertrag nicht getroffen sei, grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich. Österreich könne zwar die österreichische StA verleihen, es könne aber nicht über die deutsche StA verfügen, da hierin ein Eingriff in den deutschen Hoheitsbereich liege. Eine zweite Meinung, die insb. von Scheuner, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und das Verfassungsrecht der Bundesrepublik, DVB1. 1952, 647, des näheren dargelegt wird, stellt ausschließlich darauf ab, ob die auf deutschem Gebiet befindlichen wieder zu Österreichern gewordenen Personen den ausdrücklichen Willen bekunden, die deutsche StA beizubehalten. Soweit dies der Fall sei, bestehe von deutscher Seite kein Anlaß, den fremden Staatswillen einfach als maßgebend anzuerkennen. Eine dritte Auffassung ist von Makarov, Zur Behandlung von deutschen Zwangseinbürgerungen 1938 bis 1945, JZ 1952, 403, dargelegt worden. Er führt zunächst aus, daß aus dem Grundsatz der Unwirksamkeit aller deutschen seit dem 1.1. 1938 vorgenommenen Gebietserwerbungen nicht ohne weiteres auf die Nichtigkeit aller mit diesen Annexionen zusammenhängenden Zwangseinbürgerungen geschlossen werden könne. Soweit kein fremder Staat die völkerrechtliche Wirksamkeit dieser Einbürgerungen bestreite, seien sie als rechtsgültig anzusehen. Deutschland könne nicht unter Berufung auf die Völkerrechtswidrigkeit seiner früheren Maßnahmen die einmal eingebürgerten Staatsangehörigen jetzt als Ausländer behandeln. Anders sei es dagegen, wenn der fremde Staat, dessen Angehörige im Zwangswege Deutsche geworden sind, diese wieder als Angehörige seines Staates in Anspruch nehme. Es handle sich dann um die Rückgängigmachung der seinerzeit widerrechtlich vorgenommenen Annexion, eine Maßnahme, die als Desannexion bezeichnet werden könne. In diesen Fällen müßte die zwangsweise erworbene deutsche StA gegenüber der fremden StA, die in ihren ursprünglichen Zustand wiederhergestellt werden solle, zurücktreten. Mit dem Wiedererwerb der österreichischen StA durch die im deutschen Bundesgebiet wohnenden früheren Österreicher sei daher der Verlust der deutschen StA verbunden. Über einen solchen Erlöschensgrund finde sich zwar im RuStAG keine Bestimmung. Die dargelegte Auffassung bestehe aber trotzdem zu Recht, weil das RuStAG die Auswirkungen von Gebietsveränderungen auf die StA-verhältnisse überhaupt nicht zum Gegenstand seiner Regelung gemacht habe. In ähnlicher Weise hat das BVerfG in seinem Beschluß vom 28. 5. 1952, BVerfGE 1, 322 \ die Rechtsansicht vertreten, die vom Deutschen Reich seit 1. 1. 1938 vorgenommenen Gebietserwerbungen müßten unter Berücksichtigung der Ansprüche der fremden Staaten f ü r die Fragen der StA die Folge haben, daß alle mit der Annexion nach diesem Datum verbundenen 1
Siehe oben Nr. 316 a.
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Zwangseinbürgerungen als unwirksam zu betrachten seien, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen werden. Auch das Bundesministerium des Innern hat sich auf den gleichen Standpunkt gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich der an letzter Stelle erwähnten Auffassung angeschlossen, nach welcher der Wiedererwerb der österreichischen StA auf Grund des Überleitungsgesetzes die bisherige deutsche StA grundsätzlich zum Erlöschen bringt. Maßgebend war hierbei insbesondere die Erwägung, daß der Gedanke der Desannexion die völlige Beseitigung des durch die Annexion entstandenen Unrechts verlangt. Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn die durch Zwang erworbene StA neben der österreichischen weiterbestehen würde. Wenn hiergegen eingewendet wird, daß f ü r das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen StA keine ausländischen, sondern nur die deutschen Gesetze maßgebend sein können, und daß das deutsche RuStAG unter den Gründen f ü r das Erlöschen der deutschen StA den Fall der Desannexion nicht aufführt, so ist hierauf zu erwidern, daß es sich in den Fällen der vorliegenden Art um die Bereinigung außerordentlicher Verhältnisse handelt, die durch die Gewaltmaßnahmen des Dritten Reiches geschaffen worden sind. Der Zweck der Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtszustandes rechtfertigt es, daß das Gesetz des fremden Staates auch im deutschen Gebiet anerkannt wird. Im übrigen besteht kein Grund zu der Annahme, daß das RuStAG mit der Aufzählung der Gründe für den Verlust der deutschen StA einen numerus clausus aufstellen wollte. Es ist vielmehr Makarov darin beizutreten, daß das RuStAG nicht beabsichtigte, die Fragen der StA, die sich bei Gebietsänderungen ergeben, zu regeln. Wenn schließlich Scheuner die Entscheidung über die Aufrechterhaltung der deutschen StA neben der österreichischen von der Bekundung des Willens der einzelnen betroffenen Personen abhängig machen will, so kann dieser Auffassung deswegen nicht beigetreten werden, weil eine solche Annahme ohne das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage nicht ausreichend begründet erscheint. Es hätte vielmehr eines Bundesgesetzes bedurft, in dem zu regeln gewesen wäre, bei welchen Stellen, in welcher Frist und in welcher Form die Erklärungen der in Betracht kommenden Personen abzugeben wären. Da ein solches Gesetz nicht ergangen ist, muß die erwähnte Auffassung abgelehnt werden. Die bisherigen Ausführungen gelten alle nur f ü r die Fälle der Zwangseinbürgerung. Soweit ein früherer Österreicher auf Grund eines von ihm freiwillig gestellten Antrags die deutsche StA durch besonderen Verleihungsakt erworben hat, kann der Gedanke der Desannexion nicht Platz greifen. Falls er durch das Überleitungsgesetz wieder Österreicher geworden ist, behält er daneben die deutsche StA weiter. Der RBF ist auf Grund des Reichsgesetzes vom 13. 3. 1938 im Zwangswege Deutscher geworden. Er kann sich daher nicht darauf berufen, daß er durch eigene Entschließung Deutscher geworden sei. Nach den vorstehenden Ausführungen ist daher seine deutsche StA mit dem Rückerwerb
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der österreichischen StA erloschen. Er hat im Zeitpunkt der Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises vom 15. 11. 1951 die deutsche StA nicht mehr besessen. Das Landratsamt T. war befugt, den im Widerspruch zu der gesetzlichen Rechtslage ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis für ungültig zu erklären und seine Rückgabe zu verlangen . . . " 318 b. Personen, die bis zum 13. 3. 1938 im Besitz der österreichischen Staatsangehörigkeit waren und seit dem 27. 4. 1945 von Österreich als dessen Staatsbürger in Anspruch genommen werden, sind nur als Österreicher zu betrachten, auch wenn sie ihren Wohnsitz in Deutschland haben. — Ausländer-PolizeiVO vom 5. 9. 1939, § § 5, 15; Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938; österr. Staatsbürgerschafts-ÜberleitungsG vom 10. 7. 1945, § 1. VGH Rremen, Urt. vom 26. 3. 1953 — A 158/52, BA 58/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Nach § 5 Ausländer-PolizeiVO kann der Aufenthalt im Reichsgebiet einem Ausländer verboten werden, der im Reichsgebiet wegen eines Vergehens rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt worden ist. Nach § 15 ist Ausländer im Sinne der VO jeder, der die deutsche StA nicht besitzt. Die Feststellung der Vorinstanzen, daß der Anfechtungski. österreichischer StA sei, trägt daher die angefochtene Verfügung nicht. Entscheidend ist vielmehr, daß er die deutsche StA nicht besitzt. Nach der Sach- und Rechtslage besitzt er die deutsche StA nicht. Nach der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich im Jahre 1938 sind ausdrückliche Bestimmungen, die den bisher österreichischen Staatsangehörigen die deutsche StA verliehen hätten, nicht ergangen. Das Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 sagt darüber nichts. Eine V O des Reichsministers des Innern vom 3. 7. 1938 bestimmt mit rückwirkender Kraft vom 13. 3. 1938, daß die österreichische Bundesbürgerschaft und Landesbürgerschaft fortfalle und es nur die deutsche StA gebe. Die V O geht davon aus, daß die österreichischen Staatsangehörigen die deutsche StA erworben hätten, und zwar offenbar gestützt auf die Annahme, daß es einer besonderen Verleihung der deutschen StA nicht bedurft habe, weil der Erwerb auf Grund der Staatensukzession nach Völkerrecht eingetreten sei. Würde als Rechtsgrund für den Erwerb der deutschen StA durch die Österreicher im Jahre 1938 allein dieser Völkerrechtssatz in Frage kommen, so könnte es aus verschiedenen Gründen in Zweifel gezogen werden, ob der Anfechtungskläger die deutsche StA erworben hat. Denn einmal ist ein Völkerrechtssatz, daß im Falle der Staatensukzession, wie sie im Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich vorlag, automatisch ein Erwerb der StA des ein Gebiet übernehmenden Staates durch die Bewohner dieses Gebietes eintrete, durchaus nicht allgemein anerkannt (vgl. BGH 7, 3, 186 und die dort Zitierten). Zum anderen würde es einer Prüfung bedürfen, 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159.
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ob der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich die Rechtswirkungen einer rechtmäßigen Staatensukzession zuzuerkennen wären. Es ist die Ansicht vertreten worden, daß die Annexionen durch das Deutsche Reich nach März 1938 als nichtig anzusehen seien und daher zu einem Erwerb der deutschen StA durch die Bewohner der einverleibten Gebiete nicht geführt hätten (so Ferid, zitiert BGHZ 3, 183; Hoffmann, NJW 1950, 815; Bayer. Staatsminister der Justiz NJW 1952, 777). Die aufgeworfenen Fragen bedürfen keiner Entscheidung, weil der Erwerb der deutschen StA zumindest in dem hier zu beurteilenden Falle der Eingliederung Österreichs auf eine dahin gerichtete Regelung durch das Bundesrecht zurückzuführen ist. Der Wille, die Österreicher als deutsche Staatsangehörige anzusehen, kommt in der genannten VO des Reichsministers des Innern vom 3. 7. 1938 klar zum Ausdruck. Wenn nicht eine besondere Verleihung der StA ausgesprochen worden ist, so hatte das seinen Grund offenbar nur darin, daß eine solche Verleihung f ü r überflüssig angesehen wurde. Über den Erwerb der deutschen StA bestimmen grundsätzlich die deutschen Gesetze. Ihre Bestimmungen sind auch nach Völkerrechtsgrundsätzen dann zu beachten, wenn ein Anknüpfungspunkt für die Verleihung der StA gegeben ist (vgl. Makarov, JZ 1952, 404). Das war bei dem Anschluß Österreichs hinsichtlich der Bewohner dieses Landes der Fall. Der Anschluß ist in jener Zeit durch die Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft auch allgemein anerkannt worden. Österreich selbst hat noch nach seiner Wiederherstellung als selbständiger Staat im Jahre 1945 den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch seine Bundes- und Landesbürger dadurch anerkannt, daß es in seinem Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz vom 10. 7. 1945, § 1 (jetzt Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz 1949, Österreichisches BGBl. 1949 S. 1170), eine österreichische Staatsbürgerschaft erst ab 27. 4. 1945 statuiert hat und in Absatz b des § 1 davon ausgeht, daß das österreichische Gesetz über den Erwerb und Verlust der Landesbürgerschaft und Bundesbürgerschaft vom 30. 7. 1925 in der Zeit vom 13. 3. 1938 bis zum 27. 4. 1945 nicht gegolten habe. Die österreichischen Staatsangehörigen haben daher mit dem Anschluß Österreichs grundsätzlich die deutsche StA erworben (so auch BGH 4. 10. 1951, BGHZ 3, 178'; OLG Kiel 4. 3. 1948, DVB1. 1948, 145 2; OLG Celle 20. 12. 1947, NJW 1947/48, 593 3; 22. 6. 1948, DVB1. 1948, 147 4; Dernedde, DVB1. 1948, 146; Oswald, MDR 1952, 278; im Ergebnis ebenso (für die Tschechoslowakei) BVerfG 28. 5. 1952, DVB1. 1952, 499 = JZ 1952, 414 = NJW 1952, 777 5 ). Daß Bestimmungen des Besatzungsrechts der Wirksamkeit der Einbürgerungen tschechoslowakischer Staatsangehöriger aus dem Jahre 1933 nicht entgegenstehen, hat das BVerfG aaO überzeugend dargelegt. Für die österreichischen Verhältnisse gelten die gleichen Regeln. Allerdings halten die Besatzungsmächte die Gebietserwerbungen des Deutschen Reiches, die 1 2 3 5
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 97. 4 Ebda. Nr. 96. Ebda. Nr. 96 a. Siehe oben Nr. 3)6 a
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nach dem 31. 12. 1937 erfolgt sind, f ü r unwirksam. Sie haben auch gewisse Rechtswirkungen an diejenigen Grenzen des deutschen Reichsgebietes geknüpft, die am 31. 12. 1937 vorhanden waren (vgl. Proklamation des Kontrollrates Nr. 2 Abschn. II, § 3 Abs. 2; Gesetz der amerik. Mil.Reg. Nr. 52, Art. VII Abs. e). Daß damit alle Zwangseinbürgerungen, die als eine Folge der Besetzung fremden Staatsgebietes durch das Deutsche Reich eingetreten sind, nichtig sein sollten, ist nirgends ausdrücklich statuiert worden. Es ist daher auch dem Sinn der Anordnungen der Besatzungsmächte nicht zu entnehmen. Diese haben ein Interesse an der Beseitigung der deutschen StA insoweit nicht, als die die Staatshoheit wieder übernehmenden Staaten die ins Reich eingebürgerten Personen nicht f ü r sich in Anspruch nehmen. In der Tat hat, worauf das BVerfG hinweist, die Tschechoslowakei den ehemaligen Staatsangehörigen deutschen Volkstums die StA entzogen; diesen Personen die deutsche StA, die sie nach der Besetzung des tschechoslowakischen Staatsgebietes durch das Deutsche Reich erlangt hatten, wieder abzusprechen, hätte keinen vernünftigen Sinn. Entsprechendes gilt f ü r die hier in Betracht kommende österreichische Regelung. W e n n Österreich eine österreichische Staatsbürgerschaft erst ab 27. 4. 1945 anerkennt, so werden die Interessen Österreichs nicht berührt, wenn den betreifenden Personen bis zu jenem Tage die deutsche StA zuerkannt wird. Ebenso berührt es das Land Österreich nicht, wenn diejenigen deutsche Staatsangehörige bleiben, die nach den staatsbürgerlichen Bestimmungen des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes vom 6. 2. 1947 (Neue Fassung 1949, Österr. BGBl. S. 1174) vom Besitz und E r w e r b der österreichischen Staatsbürgerschaft ausgeschlossen sind. Der Gerichtshof schließt sich demnach der auf ein Gutachten des Max-PIanck-Institutes f ü r Ausländisches und Internationales Privatrecht gestützten Ansicht des BVerfG an, daß alle mit Annexionen nach dem 31. 12. 1937 verbundenen Zwangseinbürgerungen als unwirksam anzusehen sind, soweit die betreffenden Personen von den Staaten, deren Gebiet annektiert wurde, als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen werden (vgl. auch die im Beschluß Genannten, ferner Makarov JZ 1952, 403; dem Beschluß zustimmend Dernedde, DVBI. 1952, 501). W e n n Makarov aaO darauf hinweist, daß die österreichische Regelung der StA mit Sätzen des allgemeinen Völkerrechts nicht völlig zu vereinbaren sei, weil einmal nicht allen in Österreich lebenden deutschen Staatsangehörigen die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werde, und weil andererseits die StA solchen Personen zugesprochen werde, deren Anknüpfung an die österreichische Rechtsordnung n u r durch die Fiktion der Weitergeltung des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1925 in den J a h r e n 1938 bis 1945 begründet sei, so ist das f ü r die Entscheidung des vorliegenden Falles belanglos. Denn der Anfechtungski. gehört auf keinen Fall einer der beiden von Makarov genannten Personengruppen an. Der Anfechtungski. wird von Österreich als dessen Staatsangehöriger in Anspruch genommen. Nach § 1 a des Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes 1949 ist er als eine Person, die am 13. 3. 1938 die österreichische Bundesbürgerschaft besessen hat, österreichischer Staatsbürger ab 27. 4.
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1945. Dem Erwerb und Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft stehen die staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes v o m 6. 2. 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten nicht entgegen. Die Ausnahme der Ziff. 1 a und b kommt überhaupt nicht in Betracht. Aber auch der Ausnahmefall des Abs. c ist nicht gegeben. Danach ist Voraussetzung f ü r den Ausschluß v o m Erwerb und Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft die Verurteilung wegen eines Verbrechens nach § 58 des österreichischen Strafgesetzes auf Grund einer Unterstützung der nationalsozialistischen Bewegung zwischen dem 1. 7. 1933 und dem 26. 11. 1946, es sei denn, daß die Verurteilung lediglich wegen Zugehörigkeit zur N S D A P oder einer ihrer Organisationen erfolgt ist oder erfolgt. Die Voraussetzung f ü r eine derartige Verurteilung liegt bei dem Anfechtungski. nach dessen eigenem Vortrage nicht vor. Aus den obigen Ausführungen (zu Ziff. 5) ergibt sich demnach, daß der Anfechtungski., da er von Österreich als dessen Staatsbürger in Anspruch genommen wird, die deutsche StA nicht hat. Er ist daher Ausländer im Sinne der Ausländer-Polizei Verordnung, und ihm kann gemäß § 5 ein Aufenthaltsverbot erteilt werden . . . " 3 1 8 c. Österreicher, die durch die Eingliederung Österreichs im Jahre 1938 Reichsdeutsche geworden waren, nach den Bestimmungen des österreichischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1945 aber wieder Österreicher geworden sind und im österreichischen Staatsgebiet wohnen, zu Deutschland aber in keinerlei staatsbürgerlichen Beziehungen mehr stehen, verloren. — GG Art. 25. haben ihre deutsche Staatsangehörigkeit OLG Frankfurt, Beschl. v o m 2. 6. 1953 — Ausl. 1/53: N J W 6 (1953) 1567. Aus den Gründen: „Der Verfolgte hält seine Auslieferung f ü r unzulässig, weil er die deutsche StA besitzen will. Die Frage, ob frühere Österreicher, die 1938 Reichsdeutsche geworden sind, diese StA wieder verloren haben, nachdem sie 1945 oder später nach den Bestimmungen des österreichischen Staatsangehörigkeitsrechts wieder Österreicher geworden sind, beantwortet sich nach deutschen Rechtsregeln. Dies ist die einhellige, auf allgemeine völkerrechtliche Grundsätze gestützte Ansicht von Rechtslehre und Rechtsprechung (vgl. Maßfeller, Dtsch. Staatsangehörigkeitsrecht [1953] 174 ff. mit Nachw. über die Rspr. des BVerfG und des BGH sowie über die Rechtslehre). Eine gesetzliche Regelung ist f ü r Fälle der vorliegenden Art bisher nicht getroffen. Das deutsche Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 bestimmt nichts über die StA der Bewohner von Gebieten, die dem Deutschen Reich angegliedert worden sind und später wieder aus dem Staatsgebiet ausscheiden, insbes. nicht für den Fall der Eingliederung eines ganzen Staates, der später wieder selbständig wird. Die Grundsätze dieses Gesetzes können daher f ü r den vorliegenden Fall auch nicht herangezogen werden (ebenso Maßfeller, aaO mit Nachw.). Ebensowenig hat aber das
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XV. Staatsangehörigkeitsrecht
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allgemeine Völkerrecht, das gemäß Art. 25 GG Bestandteil des deutschen Rechtes ist, diese Frage geregelt. Vielmehr ist sie gerade in der neueren Völkerrechtslehre sehr umstritten (vgl. hierzu die Ausführungen des BGH im Urt. vom 4. 10. 1 9 5 1 N J W 1952, 184). Eine zwischenstaatliche Regelung durch Vertrag steht gleichfalls noch aus, wenn sie auch vorgesehen ist (vgl. Rundschr. d. MdJ vom 7. 6. 1952 [1492 A — 510/52], abgedruckt bei Maßfeiler aaO 284). Der Senat führt dann aus, daß trotz Fehlens von Gesetz oder Vertrag Österreicher nach der Ausgliederung nicht Reichsdeutsche geblieben seien. In den bereits erwähnten höchstrichterlichen Entscheidungen (BVerfG 28. 5. 1952 2 — N J W 1952, 777; BGH 4. 10. 1951 — N J W 1952, 184) ist die vorliegend zu entscheidende Frage nicht ausdrücklich beantwortet worden. Beide Entscheidungen scheinen aber — in Übereinstimmung mit OLG Celle — N J W 1947/48, 593 3 und BayOLG — N J W 1952, 788 4 , die dies ausdrücklich aussprechen — der Auffassung zu sein, daß jedenfalls diejenigen Österreicher, die im österreichischen Staatsgebiet wohnen und die zu Deutschland in keinerlei staatsbürgerlichen Beziehungen mehr stehen, von Deutschland nicht mehr als Staatsangehörige in Anspruch genommen werden und demgemäß in Anerkennung der durch Österreich getroffenen Regelung die deutsche StA verloren haben. Dieser in Ubereinstimmung mit der Verwaltungspraxis — vgl. das Rdschr. d. B M d J aaO — und auch mit der Rechtslehre — vgl. Maßfeller aaO, ebenso Makarov, J Z 52, 403 ff., Lauterbach, N J W 1947/48, 569 — stehenden Auffassung, die allein der staatsrechtlichen und politischen Lage gerecht wird, schließt sich der Senat an, und zwar jedenfalls für den Fall, daß der im J a h r e 1945 wieder zum Österreicher Gewordene nach 1945 im Land Österreich gewohnt, aber keine staatsbürgerlichen Beziehungen mehr zu Deutschland unterhalten hat. Erst während des AuslieferungsVerfahrens oder jedenfalls erst während er durch seine Heimatbehörden bereits zur Fahndung ausgeschrieben war, hat der Verfolgte sich darum bemüht, die deutsche StA an Stelle seiner österreichischen durch Einbürgerung zu erwerben. E r ist also selbst nicht davon ausgegangen, daß er seit Errichtung Österreichs im Jahre 1945 noch Reichsdeutscher geblieben ist. Wenn auch seine — etwa irrige — Ansicht, er sei nicht mehr Deutscher, für die wirkliche Rechtslage nicht von Bedeutung wäre, er also deutscher Staatsbürger hätte sein können, ohne dies zu wissen, so ergibt sich hieraus aber jedenfalls, daß es ihm an jeglichen staatsbürgerlichen Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland gefehlt hat. Damit hat aber die Verwaltungsbehörde bereits implizite entschieden, daß die Bundesrepublik Deutschland den Verfolgten nicht als deutschen Staatsbürger in Anspruch nimmt."
1 3
43
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 159. Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 96. I n t e r n . Privatrecht 1952 und 1953
2 4
Siehe oben Nr. 316 a. Siehe oben Nr. 317.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 318 d
Anwendung des Erlasses vom 19. 5. 1943 1 318 d. Die deutsche Staatsangehörigkeit wurde durch Wehrmachtsangehörige nicht kraft Gesetzes erworben, vielmehr wurde die eigentliche Entscheidung über ihren Erwerb erst in dem Verfahren vor der Einwandererzentrale getroffen, das konstitutive Wirkung hatte. — GG Art. 16: Erlaß vom 19. 5. 1943, Art. I. BVerfG, I. Senat, Beschl. vom 30. 1. 1953 — 1 BvR 648/52: BVerfGE 2, 115; NJW 6 (1953) 497 mit Anm. von Poll in NJW (1953) 1019; StAZ 6 (1953) 131; DöV 6 (1953) 566. Aus den Gründen: „Das OLG in Stuttgart hat durch den angefochtenen Beschluß die Auslieferung des Beschwerdeführers an die Schweiz für zulässig erklärt. Der Beschwerdeführer fühlt sich durch diesen Beschluß in seinem Grundrecht aus Art. 16 II GG verletzt. Er behauptet, er sei deutscher Staatsangehöriger, und zwar sei ihm die deutsche StA entweder im Wege der Einbürgerung oder auf Grund des Erlasses über den Erwerb der deutschen StA durch Einstellung in die deutsche Wehrmacht, die Waffen-SS, die deutsche Polizei oder die Organisation Todt vom 19. 5. 1943 verliehen worden. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet, da der Beschwerdeführer die deutsche StA nicht besitzt. 1. Der Beschwerdeführer hat die deutsche StA nicht im Wege der Einbürgerung erworben, denn eine Einbürgerung wird nach § 16 I RuStAG erst mit Aushändigung der von der höheren Verwaltungsbehörde hierüber ausgestellten Urkunde wirksam. Der Beschwerdeführer behauptet aber selbst nicht, daß ihm eine solche Urkunde ausgehändigt worden sei. 2. Der Beschwerdeführer hat die deutsche StA auch nicht auf Grund des Erlasses vom 19. 5. 1943 erlangt. Der Erlaß ist auf Grund des Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. 3. 1933 ergangen, das letztmalig durch Erlaß vom 10. 5. 1943 verlängert worden ist. Bei dieser Verlängerung wurde ausdrücklich eine Bestätigung durch den Reichstag vorbehalten. Sie ist jedoch nicht erfolgt. Daher sind Zweifel aufgetreten, ob insbesondere die nach dem 10. 5. 1943 ergangenen Erlasse in formal gültiger Form zustande gekommen sind (vgl. Schätzet, AöR 74, 273 [288 f.]; Dernedde, DV 1949, 159). Es erscheint fraglich, ob diese Bedenken mit dem Hinweis ausgeräumt werden können, daß sich jedes Staatswesen die formellen Voraussetzungen f ü r das Zustandekommen eines Gesetzes selbst schafft (vgl. BGH ! 0. 7. 1952, NJW 1952, 1139), und es nach der damals herrschenden Auffassung keinem Zweifel unterliegen konnte, daß der Erlaß vom 19. 5. 1943 in formal gültiger Form ergangen ist. Für den vorliegenden Fall kann diese Frage dahingestellt bleiben, denn der Erlaß vom 19. 5. 1943 kommt aus anderen Gründen nicht zur Anwendung. 1 Vgl. jetzt § 10 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22. 2. 1955 (BGBl. I 65).
Nr. 318 e
X V . Staatsangehörigkeitsrecht
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Der Erlaß lautet in Abschnitt I Abs. 1 und 2: „Deutschstämmige Ausländer, die der deutschen Wehrmacht . . . angehören, erwerben mit der Verkündung dieses Erlasses die deutsche Staatsangehörigkeit. Deutschstämmige Ausländer, die in die deutsche Wehrmacht . . . eingestellt werden, erwerben mit dem Tage ihrer Einstellung die deutsche Staatsangehörigkeit." Dieser Wortlaut legt die Annahme nahe, daß die in Frage kommenden Personen die deutsche StA kraft Gesetzes erworben haben und dem in den Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Verfahren vor der Einwandererzentralstelle lediglich deklaratorische Bedeutung beizumessen ist. Die Gesamtheit der maßgebenden Vorschriften — der Erlaß und die auf Grund des Abschnitts II zur Durchführung und Ergänzung erlassenen Bestimmungen — zeigen aber, daß die eigentliche Entscheidung über den Erwerb der deutschen StA in dem Verfahren vor der Einwandererzentralstelle getroffen werden sollte. Der Erlaß vom 19. 5. 1943 erklärt nämlich in Abschnitt I Abs. 3, daß im Einzelfall etwas anderes bestimmt werden kann. Er läßt also bereits die Möglichkeit offen, im Einzelfall festzustellen, daß trotz Vorliegens der in Abs. 1 und 2 ausgeführten Voraussetzungen ein Erwerb der deutschen StA nicht eingetreten ist. In dem Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 23. 5. 1944 (RMBliV S. 551), der auf Grund der Ermächtigung in Abschnitt II des Erlasses vom 19. 5. 1943 ergangen ist, heißt es in Abs. 3 Ziff. 2 S. 2, daß es zur Geltendmachung der StA der von Fall zu Fall zu treffenden Feststellung des Staatsangehörigkeitserwerbes durch die Einwandererzentralstelle bedarf. Abs. 4 e des Runderlasses besagt, daß diese Zentralstelle, auch wenn die einzelnen Voraussetzungen gegeben seien, feststellen kann, daß der Staatsangehörigkeitserwerb nicht eingetreten sei, wenn dies aus besonderen Gründen angezeigt sei. Dem Verfahren vor der Einwandererzentralstelle kommt mithin konstitutive Wirkung zu. Der Beschwerdeführer hat daher auf Grund des Erlasses vom 19. 5. 1943 die deutsche StA nicht erlangt, denn für ihn ist kein Verfahren vor der Einwandererzentralstelle durchgeführt worden. In diesem Falle hätte gemäß Abs. 4 h des Runderlasses die Zentralstelle die Entscheidung der Einheit des Beschwerdeführers mitgeteilt, die ihrerseits den Beschwerdeführer unterrichtet hätte. Der Beschwerdeführer hat aber selbst nur behauptet, daß ihm von dem Kommandeur der Einheit der Erlaß vom 19. 5. 1943, nicht aber die in seinem Fall von der Einwandererzentralstelle getroffene Entscheidung bekanntgegeben worden sei. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ist daher die Verfassungsbeschwerde gemäß § 24 BVerfGG als offensichtlich unbegründet zu verwerfen." 3 1 8 e . Durch freiwillige Zugehörigkeit zur Waffen-SS erwarben deutschstämmige Ausländer — mit Ausnahme französischer und luxemburgischer Staatsangehöriger — die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund des Erlasses vom 19. 5. 1943 ohne weiteres. Die Feststellung der Einwandererzentralstelle hatte keine rechtsbegründende Kraft. — Erlaß vom 19. 5. 1943 43 *
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 318 e
über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Einstellung in die deutsche Wehrmacht. BGH, Beschl. vom 29. 12. 1953 — 4 A Rs 47/53: NJW 7 (1954) 510 mit Anm. von Bachof; StAZ 7 (1954) 222 mit Anm. von Hoffmann. Aus den Gründen: „I. Der Führererlaß vom 19. 5. 1943 über den Erwerb der deutschen StA durch Einstellung in die deutsche Wehrmacht, die Waffen-SS und die übrigen dort bezeichneten Verbände ist innerstaatlich gültiges Recht, soweit er die freiwillig eingetretenen betrifft. Seine Wirksamkeit war zwar im Schrifttum vor allem von Schätzel (AÖR74, 288; vgl. OLG Neustadt in NJW 1952,195; Dernedde, DV1949,160) mit der Begründung bezweifelt worden, die Ermächtigung der nationalsozialistischen Regierung durch das Ges. zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. 3. 1933 sei schon am 10. 5. 1943 abgelaufen gewesen. Die im Führererlaß vom gleichen Tage erklärte Verlängerung der Befugnisse der Reichsregierung sei nicht rechtswirksam geworden, weil die dort -vorbehaltene Bestätigung durch den Reichstag nicht herbeigeführt wurde. Diese Auffassung hat Schätzel später selbst aufgegeben (Gegenwartsfragen des dt. StaatsangehörigkeitsR, in Recht, Staat und Wirtschaft 1952, 315, Rechtsgutachten, erstattet in der beim OLG Düsseldorf anhängigen Auslieferungssache F a b e r — Nr. 10/52—), ebenso Dernedde (DVB1. 1952, 125). Sie übersah, daß Hitler 1943 alle Staatsgewalt in seiner Hand vereinigte. Er war Gesetzgeber, oberster Inhaber der vollziehenden Gewalt und oberster Gerichtsherr. Die in der Weimarer Verfassung verbürgte Gewaltenteilung war also beseitigt. Zur Wirksamkeit seiner Maßnahmen, auch der Gesetzesbefehle, bedurfte Hitler weder weiterer Vollmachten noch der Mitwirkung durch andere Regierungsorgane oder der nachträglichen Billigung durch eine Volksvertretung. Sein Vorbehalt, die Bestätigung durch den Reichstag herbeizuführen, begründete keine Verpflichtung dazu. Die ohnehin mögliche Anrufung des Parlaments, um seine Zustimmung zur weiteren Regierungsermächtigung einzuholen, lief auf die nach der damaligen innerpolitischen Lage überflüssige Stellung der Vertrauensfrage hinaus. Sie wäre von den im Reichstag vereinigten „Gefolgsleuten" Hitlers jederzeit bejaht worden. Das bestätigte schon der Beschl. des Großdeutschen Reichstags vom 26. 4. 1942 (RGBl. I 247), der die unbegrenzte Machtstellung Hitlers als „Führer der Nation" verkündigte. Dessen umfassende Staatsgewalt wurde in der deutschen Rechtslehre anerkannt und wird durch zahlreiche, im RGBl, veröffentlichte Führererlasse bezeugt, deren Gesetzeskraft nicht mehr bestritten ist. Diese Erwägungen treffen auch f ü r den Führererlaß vom 19. 5. 1943 zu, in dem Hitler ebenfalls als alleiniger Gesetzgeber auftrat. Nach einem allgemeinen staatsrechtlichen Grundsatz ist die formelle Gültigkeit von Gesetzen nach dem zur Zeit ihrer Verkündung geltenden Verfassungsrecht zu beurteilen. In welcher Weise dieses geschaffen worden 1
Siehe IPRspr. 1950—1951 Nr. 157 a.
Nr. 318 e
XV. Staatsangehörigkeitsrecht
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ist, ob die Staatsgewalt, auf der es beruht, rechtmäßig oder widerrechtlich durch gewaltsamen Umsturz begründet wurde, ist bedeutungslos. Entscheidend ist nur, ob sie sich bis zur verfassungsmäßigen Macht und Anerkennung innerhalb des eigenen Landes und in den rechtlichen Beziehungen zu anderen Staaten durchgesetzt hatte. Daran kann f ü r die Diktatur Hitlers nicht gezweifelt werden (BGHZ 5, 76, 94 ff. = N J W 1952, 622 Nr. 9; BGH, N J W 1952, 1139 Nr. 16; vgl. Huber, VerfassungsR d. Großdt. Reiches 2 235 ff.; Helfritz, Allg. Staatslehre 5 267; Rothenberger, DJ 1942, 565; Schmidt-Leichner, DJ 1943, 209; Churchill, Große Zeitgenossen [Amsterdam 1938] 305, 307, mitgeteilt von H elf ritz aaO, Fußnote zu S. 262 ff.; Alan Bullock, Hitler [1953] 676 f.; a. A. Arndt, DRZ 1948, 240; OLG Neustadt, N J W 1952, 195). Aus dem Inhalt des Führererlasses vom 19. 5. 1943 können ebenfalls keine grundsätzlichen Bedenken gegen seine Gültigkeit hergeleitet werden. Es handelt sich nicht um einen Mißbrauch staatlicher Machtfülle zur Schaff u n g von Unrechtstatbeständen (sogenannte despotische Normen), denen eine rechtsstaatliche Ordnung jede Anerkennung versagen m ü ß t e (vgl. BGHZ aaO 90; Thoma, DRZ 1948, 142; Arndt aaO). Die Verleihung der deutschen StA bezweckte hier n u r den Schutz von Ausländern, die dem damaligen Staat persönlich wertvolle Dienste leisteten. Art. II KRG Nr. 1 vom 20. 9. 1945 greift gegenüber diesem Erlaß, der nicht zu den im Art. I ausdrücklich aufgehobenen Gesetzen gehört, nicht durch. Seine Anwendung würde keine ungerechte Bevorzugung von Angehörigen nationalsozialistischen Verbindungen oder ihnen nahestehender Personen herbeiführen (Jellinek, Neuland, Wochenschrift der Donauschwaben 1953, Nr. 7 vom 15. 2. 1953; Rechtsgutachten des Inst, f ü r Politik und öff. Recht der Univ. München, Neuland 1953 Nr. 10 vom 7. 3. 1953). Auch durch das AHKG Nr. 12 (ABl. 36) wird seine Anwendung nicht allgemein ausgeschlossen. Dieses Gesetz beschränkt sich nach der authentischen Auslegung des Franz. Hohen Kommissars auf französische und luxemburgische Staatsangehörige. Es unterstellt, daß es sich in diesen Fällen u m zwangsweise Einbürgerungen handelte (RdErl. des BMdJ vom 11. 10. 1950 — GMB1. S. 143). Allgemeine völkerrechtliche Regeln, die im Art. 25 GG — wie schon im Art. 4 Weimarer Verfassung — zu bindenden Bestandteilen des deutschen Rechts erklärt sind, standen dem Erwerb der deutschen StA auf Grund des Führererlasses — abgesehen von einer im vorliegenden Fall nicht zutreffenden Ausnahme — gleichfalls nicht entgegen. Jeder souveräne Staat ist berechtigt, darüber zu entscheiden, welche Personen seine Staatsangehörigen sein sollen. Nur eine willkürliche Verleihung der StA, ohne Rücksicht auf das Vorliegen allgemein anerkannter Anknüpfungspunkte, würde das Völkerrecht verletzen, wenn sie einem anderen Staat zum Nachteil gereichen würde (Triepel, Ztschr. f. ausl. öff. R. u. VölkerR I Teil 1, 195 ff.; Leibholz, daselbst 99 ff.; Makaroo, Allgemeine Lehren des StaatsangehörigkeitsR [1947] 58 ff.; Verdroß, Völkerrecht 2 210, 62; Rechtsgutachten der Univ. München, aaO; Jellinek, Rechtsgutachten vom 22. 1. 1953, Neuland 1953 Nr. 5; Guggenheim, Lehrbuch des Völkerrechts I, 285).
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 318 e
Neben dem Bestehen enger territorialer Verknüpfungen — Wohnsitz oder längerer Aufenthalt im eigenen Staatsgebiet — rechtfertigen auch persönliche Beziehungen die Verleihung der eigenen StA an Ausländer. Dazu gehört der Eintritt in den Staats- oder Wehrdienst. Die Einbürgerung ist in diesem Falle auch dann zulässig, wenn der Betroffene keinen entsprechenden Antrag gestellt hat (vgl. Makarov, Allgemeine Lehren des StaatsangehörigkeitsR 195; Schätze!, Recht, Staat und Wirtschaft 1951, 330 unter c). So galt z. B. nach § 14 RuStAG die Anstellung eines Ausländers im Staatsdienst oder im Dienste einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft regelmäßig als Einbürgerung. § 12 dieses Ges. gab dem Ausländer, der im Heer oder in der Marine wenigstens ein Jahr wie ein Deutscher aktiv gedient hatte, ein Recht auf Einbürgerung. Die letzte Bestimmung ist durch § 2 Ges. vom 15. 5. 1935 (RGBl. I 593) aufgehoben und sodann durch die VO des Ministerrates f ü r die Reichsverteidigung vom 4. 9. 1939 über die Einbürgerung von Kriegsfreiwilligen (RGBl. I 1741) sowie den Führererlaß vom 19. 5. 1943 ersetzt worden. Auch Art. 4 des niederl. StaatsangehörigkeitsR vom 12. 12. 1892 i. d. F. vom 6. 8. 1949 sieht eine Einbürgerung fremder Staatsangehöriger vor, die sich um das Staatswohl verdient gemacht haben (Baumann, Das StaatsangehörigkeitsR der Niederlande [1953] 14, 44). Hiernach können auch gegen die Verleihung der deutschen StA an niederländische Staatsbürger durch den Führererlaß im Hinblick auf ihre dem deutschen Reich geleisteten Dienste keine Bedenken erhoben werden (Rechtsgutachten der Univ. München aaO; Jellinek, Rechtsgutachten, Neuland 1953 Nr. 5; von Laun, Neuland 1953 Nr. 11 vom 14. 3. 1953; Schätzet, Rechtsgutachten aaO; OLG Schleswig-Holstein, DV 1949,159 1 ; Rasche, Dt. StaatsangehörigkeitsR 130; Maßfeller, Dt. StaatsangehörigkeitsR 85 f.; Dernedde, DVB1. 1952, 125). Eine Ausnahme wird nur f ü r diejenigen Ausländer gefordert, die während der vorübergehenden kriegerischen Besetzung ihres Heimatlandes zum Eintritt in die Waffen-SS (oder die deutsche Wehrmacht usw.) gezwungen worden sind. Völkerrechtlich wird eine aufgezwungene StA in der Regel nicht anerkannt, weil der verleihende Staat dadurch ohne rechtmäßige Anknüpfung an seine Rechtsordnung in die Souveränität eines anderen Staates eingreift (Jellinek, Rechtsgutachten, Neuland 1953 Nr. 5 und: Der automatische Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit 243, 245; Makarov, aaO 72, 91, 95, 100 ff.; Rechtsgutachten der Univ. München, aaO). Ob sie innerstaatlich wenigstens so lange als wirksam zu behandeln ist, wie der verletzte Staat die Einbürgerung nicht mit Erfolg angefochten und ihre Aufhebung erzwungen hat, bedarf hier keiner Entscheidung, weil der Verfolgte freiwillig in die Waffen-SS eingetreten ist (vgl. Verdroß, Völkerrecht 2 210, 62; Rechtsgutachten der Univ. München, aaO). II. Der Erwerb der deutschen StA auf Grund des Führererlasses wurde zugleich mit dessen Verkündigung oder mit dem späteren Eintritt in die 1
Siehe IPRspr. 1945—1949 Nr. 94.
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XV. Staatsangehörigkeitsrecht
Waffen-SS (oder die deutsche Wehrmacht usw.) wirksam. Der Feststellungsbescheid der Einwandererzentrale nach dem RdErl. des RMdL vom 23. 5. 1944 (RMBliV S. 551) war in dieser Hinsicht ohne Bedeutung. Das ergibt sich schon aus der Fassung des Führerbefehls, der als Zeitpunkt des Erwerbs ausdrücklich die Verkündung des Erlasses und f ü r den Fall des späteren Eintritts den Tag der Einstellung bestimmte. Auch der RdErl. spricht unter Ziff. 2 von dem Erwerb der deutschen StA „kraft des Führererlasses". Die damit scheinbar im Widerspruch stehende weitere Regelung des RdErl. läßt keine andere Auslegung des Gesetzesbefehls zu. Der Führererlaß gestattete unter I Ziff. 3 zwar f ü r den „Einzelfall" auch eine andere Bestimmung. Ebenso war in dem durch den RdErl. eingeführten Feststellungsverfahren „im Einzelfall" die nachträgliche Feststellung vorgesehen, daß der Staatsangehörigkeitserwerb nicht eingetreten ist. Das galt beim Vorliegen besonderer Gründe auch dann, wenn die im Führererlaß bezeichneten Voraussetzungen an sich erfüllt waren (Ziff. 2 und 5 e). F ü r die große Masse der Betroffenen wurde aber der Erwerb der StA dadurch nicht bis zum Abschluß des Feststellungsverfahrens hinausgeschoben. Eine solche Auslegung würde nicht nur dem Wortlaut des Führererlasses zuwiderlaufen, sondern auch den mit ihm verfolgten Zweck vereiteln. Die deutschstämmigen ausländischen Angehörigen der bezeichneten Verbände sollten zum Ausgleich f ü r die dem deutschen Staat geleisteten Dienste sogleich in den Genuß der mit der deutschen StA verbundenen Rechtsstellung, namentlich auf dem Gebiet des Versorgungsrechts, gelangen. Der zur Durchführung und zur Ergänzung des Führererlasses bestimmte RdErl. ließ dagegen noch über ein Jahr auf sich warten. Dieser kann deshalb — ebenso wie der Führererlaß — nur dahin verstanden werden, daß die deutsche StA vorbehaltlich einer späteren Entziehung sofort erworben wurde; ihre Rechtswirkungen konnten im Einzelfall von der Einwandererzentrale im Feststellungsverfahren nachträglich wieder entzogen werden. Zu einer weitergehenden Einschränkung des Führerbefehls war der RMdl nach den damaligen staatsrechtlichen Anschauungen nicht befugt (Rechtsgutachten der Univ. München, aaO; Jellinek, Rechtsgutachten aaO; von Laun aaO; Schätzet, Rechtsgutachten aaO; OLG Schleswig, DV 1949, 159; Poll, NJW 1953, 1019 f.). Der gegenteiligen Auffassung vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Sie wurde vom BVerfG in seinem Beschluß vom 30. 1. 1953 — 1 BvR 648/52 1 — (BVerfGE 2, 115 = NJW 1953, 497) vertreten, der indes nicht gemäß § 31 BVerfGG verbindlich ist. Das BMdl und das BJM sowie einige Schriftsteller (Dernedde,
DV
1949, 160, DVB1. 1952,
125, Rasche
aaO
132)
halten
noch an dieser Meinung fest. Mit der vom Senat vertretenen Ansicht stimmte die Handhabung des Führererlasses durch die Einwandererzentrale überein. Nach den Bekundungen der vernommenen Zeugen (Leiter der Einwandererzentralstelle in L., und Sachbearbeiter bei der Einwandererzentrale) herrschte damals die Auffassung, daß der Erwerb der StA automatisch erfolge. Eine besondere Urkunde erhielten die neuen 1
Siehe vorige Nr.
680
Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 319, 320
Staatsangehörigen nur in Ausnahmefällen, z. B. zum Zwecke der Eheschließung. Im Falle einer Überprüfung wurde vielfach nur der Einheitsführer oder der Betroffene selbst formlos benachrichtigt. Die Feststellung, daß der Staatsangehörigkeitserwerb nicht eingetreten ist, wäre als Entziehung der StA behandelt worden."
Ausländische Staatsangehörigkeit Siehe auch Nr. 136, 137 (baltische Staaten); 166 (Belgien); 121 (China); 175 (Dänemark); 160 (Danzig); 98, 120 (England); 124, 194 (Frankreich); 125, 176 (Griechenland); 126—129, 177 (Italien); 111, 130—135, 188, 199 (Jugoslawien); 116, 138, 139 (Niederlande); 50, 67, 107, 140, 160, 164, 169, 183, 232 (Polen); 141, 143, 162, 163, 226 (Rumänien); 222 (Schweiz); 114 (Spanien); 146, 147, 165 (Tschechoslowakei; s. auch oben S. 635); 151, 169, 180, 182, 198 (UdSSR); 17, 154, 156, 196 (Ungarn); 157, 189, 230, 304a (Vereinigte Staaten); 17, 169 (Heimatlose Ausländer).
319. Eine Tschechin, die 19A0 mit einem Deutschen die Ehe geschlossen hat und sich in der Tschechoslowakei aufhält, besitzt die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit. Im Besitz der gleichen Staatsangehörigkeit sind die mit ihr wohnenden Kinder. LG Aschaffenburg, 2. ZK, Urt. vom 19. 4. 1951 — R 308/49. Ungedruckt. Die Parteien haben 1940 in der jetzigen Tschechoslowakei die Ehe geschlossen, wo die Bekl. auch jetzt mit ihren Kindern wohnt. Der Kl. (ihr Ehemann) ist 1949 aus der Kriegsgefangenschaft in die Bundesrepublik gekommen und klagt auf Ehescheidung. Aus den Gründen: „Hinzu kommt, daß die Bekl. Nationaltschechin ist und deshalb sowohl nach den Bestätigungen vom 15. 1. und 21. 2. 1951 wie nach der gutachtlichen Stellungnahme des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München nach den tschechischen Bestimmungen die dortige Staatsbürgerschaft nach wie vor besitzt — obwohl sie einen Deutschen geheiratet hatte —, ohne daß es etwa notwendig gewesen wäre, ihrerseits einen entsprechenden Antrag zu stellen und daß sich diese StA nach tschechischer Auffassung auch auf die Kinder e r s t r e c k t . . . " 320. Eine Person, die die rumänische Staatsangehörigkeit verloren hat und eine deutsche Einzeleinbürgerungsurkunde nicht vorlegen kann, muß vorläufig als staatenlos gelten. LG Weiden, Urt. vom 10. 1. 1951 — R 359/50. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Die Staatsangehörigkeit des Kl. ist ungeklärt. Wie sich aus dem Gutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung der Universität München ergibt, dessen Inhalt sich das Gericht zu eigen macht, ist der Kl. nicht mehr rumänischer Staatsangehöriger. Es steht jedoch nicht mit Sicherheit fest, ob er Staatenloser geworden ist oder die deutsche StA erworben hat. Da er eine
Nr. 321
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681
Einzeleinbürgerungsurkunde nicht vorlegen kann, muß er vorläufig als Staatenloser gelten. Nach § 606 I und I I I ist deshalb für die Ehescheidung der Parteien die deutsche Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit des LG Weiden begründet. Materiell anzuwenden ist nach Art. 29, 17 EGBGB das deutsche Recht. In förmlicher Hinsicht ist das Verfahren nicht zu beanstanden. Die Klage ist nach § 43 EheG begründet (wird ausgeführt)." 3 2 1 . Ein jugoslawischer Staatsangehöriger, der nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft in Deutschland geblieben ist, hat die jugoslawische Staatsangehörigkeit nicht automatisch verloren, soweit er nicht unter die Bestimmungen des jugoslawischen Gesetzes vom 23. 10. 1946 fällt, das nur Offiziere und Unteroffiziere betrifft. Er muß dennoch als ein Staatenloser betrachtet werden, wenn er sich nicht im jugoslawischen Konsulat registrieren ließ und dieses ihn nicht für einen Jugoslawen hält (sie!). Eine Deutsche, die im November 1948 einen Staatenlosen geheiratet hat, hat durch die Eheschließung ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren (sie!). — Jugosl. Staatsangehörigkeitsgesetz vom 23. 8. 1945. LG Essen, 3. ZK, Urt. vom 24. 3. 1953 — 3 R 527/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „Das jugoslawische Staatsangehörigkeitsgesetz vom 23. 8. 1945 — in der Fassung vom 6. 12. 1947 — (Bayr. JMB1. 1951, 181) sieht den Verlust der StA durch 15jährige Abwesenheit von Jugoslawien vor. Der Kl. ist seit 1943 in Deutschland und erst seit 1945 freiwillig nicht mehr in Jugoslawien. Das Gesetz trifft mithin auf ihn nicht zu. Er hat auch bisher keinen Beschluß des jugoslawischen Innenministeriums erhalten, daß ihm das Staatsbürgerrecht entzogen sei (Art. 16 ff.). Ein Verlust dieses Rechtes nach dem jugoslawischen Gesetz vom 23. 10. 1946 (Bayr. JMB1. 1951, 185) scheidet aus, da dies Gesetz nur für Offiziere und Unteroffiziere gilt. Der Kl. war einfacher Soldat. Dennoch hält die Kammer ihn nicht mehr für einen jugoslawischen Staatsbürger, weil die Jugoslawische Republik ihn nach der Auskunft des Jugoslawischen Konsulats in Düsseldorf vom 13. 2. 1953 erst dann als Jugoslawen anerkennt, wenn er sich bei einem jugoslawischen Konsulat hat registrieren lassen; dieses leite die Registrierung an die zuständige Dienststelle nach Jugoslawien weiter, und von dort bekomme er einen endgültigen Bescheid, ob er noch jugoslawischer Staatsbürger sei. Der Kl. lehnt es ab, sich registrieren zu lassen; er gibt an, daß er sogar einem „Repatriierungsbefehl der jugoslawischen Regierung von 1946" absichtlich keine Folge geleistet habe. Er ist deshalb als staatenlos anzusehen Die Bekl. ist Deutsche geblieben. Durch die Heirat mit dem staaten1 Die Weigerung des jugoslawischen Konsulats, den Kl. als Jugoslawen zu betrachten, obwohl er nach jugoslawischem Recht die jugoslawische Staatsangehörigkeit nicht verloren hat, konnte nur als Entziehung des diplomatischen Schutzes angesehen werden, die ihn nicht zum Staatenlosen machen konnte.
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Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 322
losen K l . hat sie nach d e m Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz deutsches Staatsbürgerrecht nicht v e r l o r e n 1 .
ihr
Es ist danach deutsches Recht anzuwenden, und es können die deutschen Gerichte entscheiden 2 . . . " 322. keit
Ein
polnischer
hat die polnische
Staatsangehöriger Staatsangehörigkeit
Staatsangehörigkeitsgesetzes EGBGB
vom
ukrainischer gemäß
Art.
8. 1. 1951 verloren.
Art. 17, 29; poln. Staatsangehörigkeitsgesetz
Volkszugehörigk des —
polnischen
GG Art. 116;
v o m 8. 1. 1951,
A r t . 4; sowjetisch-polnischer Vertrag v o m 6. 7. 1945, Art. 6. L G Augsburg, 3. Z K , Urt. v o m 29. 9. 1953 — 3 R 272/52. Ungedruckt. Aus den Gründen: „ D e r Bekl. untersteht gemäß § 4 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet v o m 25. 4. 1951 der deutschen Gerichtsbarkeit. E r fällt unter den im § 1 dieses Gesetzes benannten Personenkreis, da er der Obhut der I R O unterstand, a m 30. 6. 1950 seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes hatte und nicht Deutscher im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes ist. Der Bekl. ist schon deswegen nicht Deutscher i m Sinne des Art. 116 GG, weil er nicht die deutsche Volkszugehörigkeit besitzt. Der Bekl. ist vielmehr Angehöriger der ukrainischen V o l k s g r u p p e und hat bis zum Jahre 1941 in Dubno i m polnischen T e i l der Ukraine g e w o h n t . Bis zum Jahre 1941 w a r der Bekl. polnischer Staatsbürger. Daß der Bekl. zur ukrainischen V o l k s g r u p p e gehört, ergibt sich auch daraus, daß sein Vater ebenfalls in Dubno beheimatet war, dort geboren ist, zur griechisch-katholischen Konfession gehörte und daß der Bekl. sich mit seinem Vater in der ukrainischen Sprache verständigt hat. Daß der Bekl. römisch-katholischer K o n f e s s i o n ist, erklärt sich daraus, daß seine Mutter P o l i n und römisch-katholisch w a r . Gemäß dem Rechtsgutachten des Instituts f ü r Rechtsvergleichung v o m 29. 10. 1952 ergibt sich, daß der Bekl. als Ukrainer und f r ü h e r e r B e w o h n e r des durch Vertrag v o m 7. 7. 1945 v o n P o l e n an die UdSSR abgetretenen Gebietes die polnische StA v e r l o r e n hat und unter bestimmten Voraussetzungen die sowjetische StA e r w o r b e n haben könnte. Das gleiche ergibt sich aus dem neuen polnischen Staatsangehörigkeitsgesetz v o m 8. 1. 1951 in Art. 4. D e r Bekl. hat jedoch nach Verlust der polnischen StA die der UdSSR nicht e r w o r b e n , da er sich ständig i m Ausland aufgehalten hat und auch keinen Antrag auf E r w e r b der sowjetrussischen StA gestellt hat. Diesen Antrag hätte der Bekl. gemäß Art. 6 des oben genannten Vertrages 1 Auch ein Staatenloser ist Ausländer; eine Deutsche, die vor dem Inkrafttreten des Bonner GG mit einem Staatenlosen die Ehe schloß, verlor gemäß § 17 Z. 6 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Bekl. war also, da sie nach dem jugoslawischen StAG von 1945 die jugoslawische Staatsangehörigkeit durch Eheschließung nicht erworben hat, staatenlos. 2 Das deutsche Gericht war gemäß Art. 606 ZPO zuständig, weil die Bekl. staatenlos war. Zur Anwendung mußte in erster Linie das jugoslawische Recht kommen.
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v o m 7. 7. 1945 bis z u m 1. 11. 1945 stellen m ü s s e n , u m die s o w j e t r u s s i s c h e StA zu e r w e r b e n . Da d e r Bekl. n a c h Verlust der polnischen StA eine a n d e r e StA nicht e r w o r b e n h a t , ist er somit staatenlos D e s h a l b ist in diesem Rechtsstreit g e m ä ß § 4 des Gesetzes ü b e r die Rechtsstellung h e i m a t l o s e r A u s l ä n d e r deutsches V e r f a h r e n s r e c h t a n z u wenden. G e m ä ß Art. 17 I, 29 EGBGB ist a b e r a u c h deutsches Scheidungsrecht anzuwenden. Das gleiche E r g e b n i s b r i n g t die A n w e n d u n g der Art. 1 u n d 3 AHKG Nr. 23, d a s auch nach A u f l ö s u n g der I R O w e i t e r h i n A n w e n d u n g findet. (Schreiben des H o h e n K o m m i s s a r s der Vereinten N a t i o n e n f ü r F l ü c h t linge v o m 27. 2. 1952 — VI 1/20/52 — ) . Das e r k e n n e n d e Gericht ist z u r E n t s c h e i d u n g zuständig, d a die P a r t e i e n i h r e n letzten g e m e i n s a m e n g e w ö h n l i c h e n A u f e n t h a l t in LG-Bezirk h a t t e n u n d noch in diesem Bezirk w o h n e n (§ 606 Z P O ) . D e r auf § 43 EheG gestützten Klage w a r s t a t t z u g e b e n " (wird ausgeführt).
XVI. FREMDENRECHT 323. Deutsche Staatsangehörigkeit ist keine Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwalt Schaft. — RuStAG § § 14—16; R A n w O § 1; GVG § 2. OLG N e u s t a d t / W e i n s t r . , 1. ZS, Beschl. v o m 29. 10. 1952 — R E 3/52: MDR 7 (1953) 181. D e r jüdische Beschwf. w a r f r ü h e r als R e c h t s a n w a l t in D e u t s c h l a n d zugelassen. Nach 1933 h a t er D e u t s c h l a n d verlassen u n d die f r a n z ö s i s c h e StA e r w o r b e n . E n t g e g e n d e r E n t s c h e i d u n g des V o r s t a n d e s d e r z u s t ä n d i g e n R e c h t s a n w a l t s k a m m e r h a t d a s OLG i h n als R e c h t s a n w a l t wieder zugelassen. Aus den G r ü n d e n : „Die deutsche StA ist nicht V o r a u s s e t z u n g f ü r die Z u l a s s u n g z u r Rechtsa n w a l t s c h a f t . Nach § 1 R A n w O k a n n zugelassen w e r d e n , w e r die F ä h i g keit z u m R i c h t e r a m t erlangt h a t . Die F ä h i g k e i t z u m R i c h t e r a m t ist jedoch nicht a n die deutsche StA g e b u n d e n . Nach § 2 GVG w i r d sie allein d u r c h die Ablegung zweier P r ü f u n g e n erlangt. D a ß mit d e r E r n e n n u n g z u m Richter dieser a u t o m a t i s c h die deutsche StA e r w i r b t , ist keine V o r a u s setzung, s o n d e r n n u r eine Folge der Anstellung i m Staatsdienst (vgl. die 1 Der Bekl. hat die polnische Staatsangehörigkeit auf Grund Art. 4 des polnischen StAG vom 8. 1. 1951 verloren. Auf Grund des Abkommens vom 6. 7. 1945 hatte er das Recht, für die sowjetische Staatsangehörigkeit zu optieren, aber, soweit er es nicht getan hat, hat er die polnische Staatsangehörigkeit behalten. Siehe „Bekanntmachung vom 6. 7. 1945 betr. das sowjetisch-polnische Abkommen über den Wechsel der StA und über die Repatriation" bei Geilke, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Polen (1952) 88.
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§§ 14 bis 16 RStAG). Die notwendigen beiden Prüfungen sind nicht an die deutsche StA geknüpft; sie können grundsätzlich auch von Ausländern abgelegt werden. Die Fähigkeit, d. h. die Vorbildung zum Richteramt, bleibt zudem bei Verlust der StA bestehen. Da die RAnwO als Grund f ü r die Zulassung oder deren Versagung nirgends die StA erwähnt, darf es auf diese dabei auch nicht abgestellt werden (vgl. Friedländer 3, Anm. 18 zu § 5 RAnwO). Man würde sonst eine vom Gesetz nicht vorgesehene Voraussetzung zusätzlich einführen." 324. Zwar ist deutsche Staatsangehörigkeit keine Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, doch können wegen Art. VI der DVO Nr. 241 zum AHKG Nr. 13 Ausländer in der franz. Zone nicht als Rechtsanwalt zugelassen werden. — RAnwO §§ 62 ff.; VO Nr. 241 zur Durchführung des AHKG Nr. 13 Art. VI. OLG Koblenz, 1. ZS, Beschl. vom 11. 11. 1952 — 1 W 400/52: MDR 7 (1953) 371. Der Beschwf. war früher Deutscher. Er war Rechtsanwalt beim LG Mainz und ging später ins Ausland. Nach seiner Ausbürgerung erwarb er die französische StA. Im Oktober 1951 beantragte er seine Zulassung als Rechtsanwalt beim OLG Koblenz. Der Vorstand der Anwaltskammer hat die Zulassung davon abhängig gemacht, daß der Antrst. bis zum 1. 10. 1952 den Nachweis erbringe, daß er die deutsche StA wieder erworben habe. Das OLG hat seine Beschwerde dagegen zurückgewiesen. Aus den Gründen: (Zunächst wird ausgeführt, daß die deutsche StA an sich keine Voraussetzung f ü r die Zulassung als Rechtsanwalt sei.) „Es ist jedoch daran festzuhalten, daß auch der Ausländer den gleichen Rechten und Pflichten unterliegen muß wie der zugelassene deutsche Rechtsanwalt. Dieser Grundsatz ist jedoch durch das Besatzungsrecht der franz. Zone durchbrochen. Der Ausländer, dem die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen seiner Ausländereigenschaft nicht versagt werden konnte, unterlag den Vorschriften des ehrengerichtlichen Verfahrens der §§ 62 ff. RAnwO. Demgegenüber bestimmt jedoch Art. VI der VO Nr. 241 zur Durchführung des AHKG Nr. 13 in der franz. Besatzungszone, daß alle Staatsangehörigen der Besatzungsmächte innerhalb einer Frist von acht Tagen nach der ihnen bekanntgemachten Entscheidung eines deutschen Gerichts oder einer deutschen Behörde den Antrag stellen können, die Angelegenheit an die Besatzungsbehörden abzugeben. Die deutschen Gerichte und Behörden haben dann gemäß Abs. 3 der angezogenen Vorschrift die Pflicht, sich jeder weiteren Tätigkeit zu enthalten und die Akten in dem gegebenen Zustand abzugeben. Diese Vorschrift würde auf den Antrst. und das ehrengerichtliche Verfahren zutreffen (wird ausgeführt). Einzig und allein der Umstand, daß der Antrst. die Möglichkeit hat, die deutsche Ehrengerichtsbarkeit auszuschalten, muß zur Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft führen, da er dann nicht mehr den gleichen
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Pflichten unterliegen würde wie die übrigen zugelassenen Rechtsanwälte deutscher StA." 3 2 5 . Mit der Forderung auf Rückzahlung einer zu Unrecht 1 :1 einem Angehörigen der Vereinten Nationen bezahlten RM-Verbindlichkeit kann nicht aufgerechnet werden, wenn dieser der Umstellung widersprochen hat. — UG § 15. OLG Neustadt, Urt. vom 16. 1. 1953 — 1 U 70/52: VR 4 (1953) 200. Der Bekl. (Geschädigte) ist holländischer Staatsangehöriger. Er wurde am 14. 7. 1929 auf der Straße von B. nach R. in Deutschland durch einen vom Kl. gelenkten Kraftwagen der Kl., deren Gesellschafter die Kl. sind, von seinem Motorrad gestoßen. Dadurch erlitt der Bekl. schwere Hirnverletzungen, für welche die Kl. durch rechtskräftige Urteile auf Ersatz des durch den Unfall erlittenen Schadens verurteilt worden sind. Die Kl. haben hierauf durch ihre HaftpflichtVU eine Rente an den Bekl. bezahlt. Der Bekl. hat mit Schreiben vom 11. 8. 1948 einer Umstellung der RMBeträge im Verhältnis 10 : 1 widersprochen. Für die Zeit vom 1. 10. 1944 bis zum 30. 6. 1948 ist dem Bekl. daraufhin von der VU im Jahre 1950 die Rente im Umstellungsverhältnis 1 : 1 nachgezahlt worden. Die K'l. haben jetzt die Abänderung des Urteils des OLG Z. beantragt, das gleiche hat der Bekl. mit der Wiederklage im Sinne einer Erhöhung der Rente wegen Verschlimmerung seines Zustandes gefordert. Gegenüber der weitgehenden Forderung des Bekl. für die Zeit vor der Währungsreform erheben die Kl. ferner die Einrede der Verjährung und rechnen hilfsweise mit einer Forderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe von DM 12 290.— auf. Das ist der Betrag, der im Verhältnis 1 : 1 von der VU auf die vom OLG Z. zuerkannte Rente nachgezahlt worden ist. Aus den Gründen: „Die von den Kl. erklärte Aufrechnung ist nicht statthaft. Einmal ist von ihnen nicht vorgetragen worden, daß die zur Aufrechnung gestellte Forderung ihnen gebühre. Diese steht vielmehr der VU zu und ist nicht an sie abgetreten. Zum andern steht infolge des Widerspruchs des Bekl. gegen die Umstellung der RM-Beträge auf Grund von § 15 I I S. 2 UG das Umstellungsverhältnis noch nicht fest." 3 2 6 . Die Bestellung eines Geschäftsführers und der Antrag auf seine Eintragung im Handelsregister gehören zu den Rechtshandlungen, welche gemäß § 5 der VO über die Verwaltung und Schutz ausländischen Eigentums in Groß-Berlin vom 18. 12. 1951 nur von demjenigen vorgenommen werden können, dem die Verwaltung über das ausländische Vermögen übertragen ist. — VO über die Verwaltung und den Schutz ausländischen Eigentums in Groß-Berlin vom 18. 12. 1951, § 5. KG (Ost), Beschl. vom 23. 4. 1953 — 1 W 3/53: NJ 7 (1953) 503. Die Zivilkammer 1 a des früheren LG Berlin hat die gegen den Beschluß des früheren AG Berlin-Mitte vom 5. 8. 1952 eingelegte Beschwerde des
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Antrst. mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Entscheidung des AG, wonach die angeordnete Verwaltung über die B.-GmbH jegliche Verfügung des bisherigen Geschäftsführers hindere, zu Recht ergangen ist. In den Gründen des Beschlusses wird ausgeführt, daß sich aus § 5 II der VO über die Verwaltung und den Schutz ausländischen Eigentums in GroßBerlin vom 18. 12. 1951 (VOB1. I S. 565) in Verbindung mit § 5 III aaO ergebe, daß zu Rechtshandlungen, die die Verwaltung des Vermögens mit sich bringt, nur die mit der Verwaltung Beauftragten befugt seien. Den Personen, die bisher mit der Vertretung befugt waren, stehe diese Befugnis f ü r die Dauer der Verwaltung nicht zu; sie könnten demnach weder wirksame Rechtshandlungen in Bezug auf das Vermögen vornehmen noch Eintragungsanträge stellen. Gegen diesen Beschluß hat der Beschwf. weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, dem Eintragungsbegehren stattzugeben. Er trägt vor, daß die Auffassung des angefochtenen Beschlusses eine Verletzung des Gesetzes darstelle, weil durch die VO vom 18. 12. 1951 lediglich Rechtshandlungen, die der Verwaltung des Vermögens dienen, nicht aber Rechtsakte, die außerhalb dieser Beziehung stehen, betroffen würden. Eine Änderung der Vertretungsbefugnis sei daher auch während der Dauer der treuhänderischen Verwaltung möglich, weil sie ohne jede Bedeutung f ü r Rechtshandlungen in Bezug auf das verwaltete Vermögen sei. Die Eintragung des neuen Geschäftsführers sei notwendig, weil die Gesellschaft bei Beendigung der Vermögensauf sieht funktionsfähig sein müsse. Ferner sei in der Tatsache, daß die eingelegte Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluß des AG als statthaft angesehen worden ist, eine grundsätzliche Anerkennung der heute noch bestehenden Rechte des Antrst. auf Vornahme nicht vermögensrechtlicher Rechtsakte zu erblicken, weil eine statthafte Beschwerde überhaupt nicht hätte eingelegt werden können, wenn die Befugnisse des eingetragenen Geschäftsführers in jeder Beziehung ruhen würden. Aus den Gründen: „Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 20, 29 FGG zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Die ZK hat ohne Rechtsirrtum festgestellt, daß dem Begehren des Antrst. auf Eintragung des Kaufmanns St. als Geschäftsführer der Gesellschaft nicht entsprochen werden kann, weil das Vermögen der Gesellschaft gemäß der VO vom 18. 12. 1951 in Verwaltung und Schutz genommen worden ist. Nach § 2 der VO wird die Verwaltung durch den Magistrat von GroßBerlin — Abteilung Wirtschaft — ausgeübt. Dies ist gemäß § 5 I der VO am 29. 3. 1952 im Handelsregister eingetragen worden. Zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshandlungen im Gebiet von GroßBerlin, die die Verwaltung des Vermögens mit sich bringt, ist allein diese Dienststelle befugt (§ 5 II aaO). Zu diesen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshandlungen gehören alle Rechtsakte und sonstigen Maßnahmen, die mittelbar oder unmittelbar in Beziehung zur Verwaltung des unter den besonderen Schutz
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unseres Staates gestellten Vermögens stehen, und somit auch Anträge auf Eintragungen im Handelsregister. Frei von Rechtsirrtum haben sowohl das frühere AG Berlin-Mitte als auch das frühere LG Berlin festgestellt, daß dem Antrst. für die Dauer der angeordneten Verwaltung dieses Recht nicht zusteht. Dies ergibt sich insbesondere aus § 5 III der VO, wonach die Befugnisse der Eigentümer oder Berechtigten oder der bisher zur Verwaltung oder Vertretung ermächtigten Personen nur mit Zustimmung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik ausgeübt werden können. Eine solche Zustimmung hat der Antrst. nicht vorgewiesen. Der Auffassung des Antrst. kann somit nicht gefolgt werden, wenn er den Rechtsakt der Eintragung eines Geschäftsführers im Handelsregister als außerhalb jeder Beziehung zur Vermögensverwaltung stehend ansehen will. Das Handelsregister kennzeichnet gerade die in ihm eingetragenen Geschäftsführer einer Firma als diejenigen, die zu Rechtshandlungen, besonders aber vermögensrechtlichen Verfügungen, befugt sind. Die nach der erfolgten Eintragung der Verwaltung im Handelsregister vorgenommene Eintragung eines neuen Geschäftsführers widerspräche den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen und würde das Handelsregister unrichtig machen. Eine solche Eintragung ist daher unzulässig." 327. Die Zugehörigkeit des RE-Berechtigten zu einer der Vereinten Nationen ist bei der Beurteilung der Frage, ob der bevorstehende Lastenausgleich bei der Bemessung der Ansprüche aus dem REG zu berücksichtigen ist, ohne Bedeutung. — LAG § 1. OLG Köln, Urt. vom 5. 3. 1952 — 7 RW 54/51: NJW/RzW 3 (1952) 181. Aus den Gründen: „Bei der erneuten Beurteilung des Rückgewährungsanspruchs des Antrg. wird das LG entgegen der Meinung der Antrst. außer Betracht lassen können, wann diese die niederländische StA erworben hat, da die Frage der StA der Antrst. bei der Entscheidung darüber, ob diese — wenn die auf dem in Rede stehenden Grundstück ruhenden Lasten nicht getilgt worden wären — hinsichtlich des durch die Währungsumstellung entstandenen Gewinns zur Hypothekengewinnabgabe beim Lastenausgleich herangezogen werden würde, ohne Bedeutung ist. Zu Unrecht beruft die Antrst. sich f ü r eine Befreiung von einer derartigen Abgabe auf § 6 SHG. Auf Grund dieser Vorschrift sind zwar die Angehörigen einer der Vereinten Nationen, die deren StA sowohl am 21. 6. 1948 als auch bereits am 8. 5. 1945 besessen haben, von der Leistung der Soforthilfeabgabe befreit. Diese Abgabe stellt jedoch lediglich einen Vorgriff auf die Vermögensabgabe zum Lastenausgleich dar und hat daher mit einer Heranziehung zur Hypothekengewinnabgabe im Zusammenhang mit dem Lastenausgleich nichts zu tun. Aus der erwähnten Vorschrift kann mithin nicht geschlossen werden, daß die Angehörigen der Vereinten Nationen auch von letzterer Abgabe freigestellt werden. Im Gegensatz zu der Vorschrift des § 6 SHG kennt denn auch das LASG eine Unterscheidung zwischen Inländern und Angehörigen der Vereinten Nationen nicht. Die gemäß § 1 LASG vorgesehenen Um-
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stellungsgrundschulden zur Sicherung des durch die Abwertung der Grundstückslasten infolge der Währungsumstellung entstehenden Gewinns sind daher auch auf Grundstücken von Angehörigen der Vereinten Nationen zur Entstehung gelangt und von den Eigentümern zu verzinsen und gegebenenfalls zu tilgen. Ebenso sieht in Übereinstimmung damit der Entwurf zum LASG nach der schon erwähnten Auskunft des Bundesministers f ü r Finanzen vor, daß auch die Angehörigen einer der Vereinten Nationen wie Inländer zur Hypothekengewinnabgabe, die an Stelle der bisherigen Umstellungsgrundschulden treten wird, herangezogen werden." 328. Verfahren über die Frage, ob auf Grundstücken von Angehörigen der Vereinten Nationen auf Grund des LASG Umstellungsgrundschulden entstanden waren, sind nach dem Inkrafttreten des LAG in der Hauptsache erledigt. — BGB §§ 1168, 1192; LAG §§ 99—102, 105, 108, 118, 119, 124. OLG Frankfurt, Beschl. vom 28. 10. 1952 — 6 W 477/52: NJW 5 (1952) 1338. Ein Grundstück wurde 1929 zugunsten der Antrg. mit einer Darlehenshypothek von 180 000 Goldmark nebst 8 °/o Zinsen belastet. Gemäß Eintrag vom 8. 3. 1941 wurden die Bedingungen später dahin abgeändert, daß vom 1. 10. 1938 ab die Hypothek mit 4V2°/o jährlich unter Zuwachs der ersparten Zinsen getilgt werden sollte. Als Eigentümer war früher der Ehemann der Antrst. eingetragen. Diesem wurden 1940 das Grundstück entzogen. Durch rechtskräftigen Teilbeschluß des LG Frankfurt/M. wurde das Grundstück 1950 der Antrst. als der Alleinerbin ihres Ehemannes zurückerstattet. Am 23. 2. 1945 erwarb die Antrst. die amerikanische StA, die sie noch heute besitzt. Die Antrst. als Grundstückseigentümerin hat gemäß § 6 der 40. DVO z. UmstG beantragt, festzustellen, daß hinter der vorerwähnten Hypothek der Antrg., deren zugrunde liegende Forderung unstreitig gemäß § 16 UmstG im Verhältnis 10 : 1 umgewertet worden ist, eine Umstellungsgrundschuld nicht entstanden sei. Das AG hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, daß das LASG von der MilReg. zwar nur mit dem Vorbehalt genehmigt worden sei, daß es auf das Eigentum von Angehörigen der Vereinten Nationen keine Anwendung finden dürfe; dieser Vorbehalt sei aber unbeachtlich, da er weder in das LASG noch in die 40. DVO z. UmstG aufgenommen worden sei. Auf die sofortige Beschwerde der Antrst. hat das LG den AG-Beschluß aufgehoben und festgestellt, daß hinter der genannten Hypothek eine Umstellungsgrundschuld nicht entstanden sei. In seiner Begründung hat das LG ausgeführt, daß es sich bei dem LASG um ein vom bizonalen Wirtschaftsrat erlassenes Gesetz gehandelt habe, dessen Wirksamkeit nach Art. X Abs. 1 KRProkl. 7 von der Zustimmung des Bipartite Board abhängig gewesen sei. Die Zustimmungserklärung dieser Instanz vom 31. 8. 1949 (Bico-Sec 48—544; Drucksache 524 des Wirtschaftsrates vom 3. 9. 1948) sei aber nur unter der Bedingung erteilt worden, daß das Gesetz nicht auf das Eigentum von Angehörigen
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der Vereinten Nationen anzuwenden sei. Das LASG sei daher, obwohl es nicht, wie dies z. B. f ü r § 6 SHG zutreffe, den fraglichen Vorbehalt in seinem Wortlaut enthalte, doch nur unter Berücksichtigung der genannten Einschränkung anwendbar. Gegen diesen Beschluß des LG hat die Verwaltungsstelle sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, daß der seinerzeitige Vorbehalt der MilReg. nur die Bedeutung einer Verwaltungsanordnung habe, an die der Richter nicht gebunden sei. In diesem Sinne habe auch das OLG Köln in seiner Entsch. NJW/RzW 1952, 181 f f . 1 festgestellt, daß auf den Grundstücken von Angehörigen der Vereinten Nationen Umstellungsgrundschulden entstanden seien. Die Antrst. hat demgegenüber ausgeführt, daß die sofortige Beschwerde inzwischen durch den § 120 LAG gegenstandslos geworden sei. Aus den Gründen: „Nach § 99 I LAG ist Abgabeschuld vorbehaltlich der hier nicht in Frage kommenden §§ 100, 101 LAG der Betrag, um den der Nennbetrag der Verbindlichkeit in RM den Umstellungsbetrag in DM übersteigt. Diese Abgabeschuld gilt in dieser Höhe als zu Beginn des 21. 6. 1948 entstanden (§ 102 LAG); dieser Rückdatierung des Entstehungszeitpunktes kommt allerdings nur steuertechnische Bedeutung insofern zu, als die Abgabe bei anderen Steuern berücksichtigt werden kann (vgl. S. 58 der Begründung zu § 90 des Reg.-Entwurfs — Ziff. 1 b zu Nr. 1800 der Bundestagsdrucksachen). Von der Abgabeschuld sind gegebenenfalls die in § 106 I Ziff. 1—4 erwähnten Beträge abzusetzen. Diese so festgestellte Abgabeschuld ruht seit dem Inkrafttreten des LAG — abgesehen von den hier nicht in Frage kommenden Fällen der §§ 118—119 LAG — als einheitliche öffentliche Last auf dem Grundstück (§ 111 1 LAG). Gleichzeitig sind insoweit bestehende Umstellungsgrundschulden erloschen (§ 120 I LAG). Diese Vorschriften gelten auch, soweit Angehörige der Vereinten Nationen als Grundstückseigentümer und Schuldner in Frage kommen, da das LAG f ü r diesen Personenkreis eine Ausnahmeregelung nicht getroffen hat. Demgemäß schreibt § 124 I Ziff. 3 LAG die Anmeldepflicht von Schuldnergewinnen auch f ü r Angehörige der Vereinten Nationen ausdrücklich vor. Die Frage, ob in Höhe der Hypothekengewinnabgabe bisher eine Umstellungsgrundschuld auf dem Grundstück gelastet hat oder nicht, ist hiernach nunmehr gegenstandslos, da jedenfalls mit Wirkung vom 1. 9. 1952 der Schuldnergewinn als öffentliche Last auf dem Grundstück der Antrst. ruht. Insoweit ist daher die Hauptsache erledigt. Fraglich dagegen könnte sein, ob die Hauptsache sich auch insoweit erledigt hat, als die Zinsen einer etwaigen Umstellungsgrundschuld f ü r die Zeit bis zum 1. 4. 1952 in Frage stehen. Der Regierungsentwurf (Anlage I a zur Bundestagsdrucksache Nr. 1800) hatte hierzu in § 94 II Nr. 1 b allgemein und eindeutig bestimmt, daß bei einer Tilgungshypothek, wie sie auch hier gegeben ist (§ 94 I Ziff. 1 des Regierungsentwurfs: § 96 Ziff. I 1
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Siehe vorige Nr. Intern. Privatrecht 1952 und 1953
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LAG), die Abgabeschuld statt ab 1. 7. 1948 erst ab 1. 4. 1951 (dieses Datum wurde später in 1. 4. 1952 geändert) in den Fällen zu tilgen und zu verzinsen sei, in denen bisher wegen des Genehmigungsvorbehalts der MilReg. bei Erlaß des LASG Umstellungsgrundschulden oder Umstellungslasten an Gegenständen, die im Eigentum von Angehörigen der Vereinten Nationen stehen, trotz Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen f ü r ihre Entstehung nicht entstanden waren. Eine solche Bestimmung ist in das LAG nicht aufgenommen worden. Es enthält hinsichtlich der Zinsverpflichtungen f ü r die Angehörigen der Vereinten Nationen keine besondere Regelung. Stünde daher die Nachzahlung von Zinsen usw. für die Zeit vor dem 1. 4. 1952 und ihre Fortentrichtung in bisheriger Höhe gemäß § 105 LAG zur Erörterung, so würde es hiernach auf die Feststellung ankommen, ob hinter der Hypothek der Antrg. auf Grund des LASG eine Umstellungsgrundschuld entstanden war oder nicht, da eine Nachzahlung in der Vergangenheit fällig gewordener Beträge nur dann in Frage kommen kann, wenn eine Grundschuld als Hauptrecht schon damals bestanden hat. Diese Feststellung ihrerseits hinge von der Entscheidung ab, welche rechtliche Bedeutung dem von den beiden Vorinstanzen erwähnten Vorbehalt der MilReg. bei Genehmigung des LASG zukam, insbesondere, ob dieser eine unmittelbare Einwirkung auf den Wirkungsbereich des LASG hatte oder mindestens als eine die deutschen Behörden bindende Verwaltungsanweisung — ähnlich wie die früher geltende Allg. Anweisung Nr. 1 f ü r Richter — zu werten ist, oder ob ihm, wie das AG meint, jegliche Rechtswirksamkeit deshalb abgehen mußte, weil er nicht in das LASG aufgenommen worden war. Die Frage, ob auch auf Grundstücken, die im Eigentum von Angehörigen der Vereinten Nationen stehen, Umstellungsgrundschulden entstanden waren, ist — soweit ersichtlich — nur von Duden (DRZ 1949, 361) und Duden-Harmening (ErgBd. 1950 S. 63 Nr. 6) sowie von der oben erwähnten Entscheidung des OLG Köln vom 5. 3. 1952 (NJW/RzW 1952, 181) bejaht worden. Duden und Duden-Harmening fügen allerdings die Einschränkung hinzu, daß in solchen Fällen in allen Westzonen die öffentliche Hand in Übereinstimmung mit Äußerungen der jeweiligen MilReg. von der Einziehung von Leistungen aus Umstellungsgrundschulden abgesehen habe und daher die Rechtslage ähnlich wie bei einem Verzicht des Gläubigers auf die Umstellungsgrundschuld entsprechend §§ 1168, 1192 BGB anzusehen sei. Das OLG Köln hat zu der Frage der Bedeutung des Vorbehalts der MilReg. in seinen Gründen keine Stellung genommen. Eindeutig verneint wurde die Streitfrage von Schneider (DRZ 1949, 225), Peter (BB 1949, 589), Neubauer (MDR 1950, 463), Hartmann (NJW 1951, 104), Bohn (S. 171) sowie von dem Regierungsentwurf zum LAG in den §§ 94 Abs. 2 Ziff. 1 b und 110 Ziff. 2. Indes bedarf nach Ansicht des Senats die Frage, ob auf Grundstücken von Angehörigen der Vereinten Nationen Umstellungsgrundschulden entstehen konnten, auch unter diesem Gesichtspunkt keiner Entscheidung. Der erste Hess. Durchführungserlaß zur Anordnung zur Durchführung des LASG (Hess. StAnz. 49, 32) wies nämlich unter Bezugnahme auf eine Mitteilung der Verwaltung für Finanzen des VWGb. darauf hin, daß die
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XVI. Fremdenrecht
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MilReg. bei Genehmigung des L A S G den Vorbehalt gemacht habe, daß das Gesetz auf „United Nations Properties" nicht anzuwenden sei, und daß sie hinzugefügt habe, daß dieser Begriff weit auszulegen und daher darunter sowohl das Vermögen der Vereinten Nationen selbst als auch das Vermögen von Angehörigen der Vereinten Nationen zu verstehen sei. Dieser Hinweis war jedenfalls als eine Weisung der zuständigen deutschen Stellen an die beteiligten nachgeordneten Stellen zu werten, dem Vorbehalt bei ihren Maßnahmen Rechnung zu tragen. Demgemäß wurden im gesamten Wirtschaftsgebiet Zinsen oder Tilgungsbeträge auf Umstellungsgrundschulden von Angehörigen der Vereinten Nationen als Grundstückseigentümern nicht gefordert (vgl. hierzu Duden und Duden-Harmening aaO). Darüber hinaus hatte, worauf Schneider aaO Nr. 4 hinweist, die brit. MilReg. f ü r ihren Bereich die — v o m AG zu Unrecht f ü r seine Auffassung angeführte — Anordnung getroffen, daß bis zu einer anderweitigen gesetzlichen Regelung in den Fällen, in denen Angehörige der Vereinten Nationen Miteigentümer von Grundstücken oder sonst im Grundbesitz Beteiligte waren, auch von den nichtalliierten Beteiligten auf Grund des L A S G keinerlei Zinszahlungen zu leisten waren. Selbst wenn man daher annehmen wollte, daß Umstellungsgrundschulden auch auf Grundstücken von Angehörigen der Vereinten Nationen an sich entstanden wären, so ist doch hinsichtlich der Zins- und Tilgungsraten der Fall des § 106 I I S. 2 L A G gegeben, wonach Leistungen auf die Abgabeschuld erst von dem ersten Fälligkeitszeitpunkt der RM-Verbindlichkeit nach dem 30. 6. 1952 ab zu erbringen sind, wenn Leistungen nach § 105 L A G — das sind solche nach dem L A S G und seinen DVOen — nicht vorgeschrieben waren; denn im Sinne des § 105 L A G waren Leistungen nicht vorgeschrieben, wenn sie nach einhelliger Praxis der mit dem Vollzug der früheren Vorschriften befaßten Stellen und Behörden nicht zu erbringen waren. Durch das Inkrafttreten des L A G hat sich hiernach die Hauptsache in vollem Umfang erledigt." 3 2 9 . Die gemäß § 2 Ziff. 4 der 40. DVO zum UmstG 1951 erfolgte Eintragung der bevorzugten Umstellung im Grundbuch hat keine endgültige Bedeutung, sondern ist lediglich unter dem Vorbehalt der endgültigen Regelung der Rechte der Angehörigen der Vereinten Nationen erfolgt. — 40. D V O zum UmstG § 2; Ges. betr. das Abkommen v o m 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden vom 24. 8. 1953; Ges. zur Ausf. des Abkommens v o m 27. 2. 1953 über die deutschen Auslandsschulden v o m 24. 8. 1953. OLG Bremen, Beschl. v o m 17. 12. 1953 — 1 W 363/53: N J W 7 (1954) 761. Nachdem 1951 die einer US-Bürgerin zustehende Hypothek gemäß § 2 Ziff. 4 der 40. D V O voll umgestellt und die Umstellung im Grundbuch vermerkt war, hat der Eigentümer unter Hinweis auf § 18 I Ziff. 3 UmstG auch für die der Hypothek zugrunde liegende Forderung volle Umstellung 44 *
692
Internationales Privatrecht: Rechtsprechung 1952 und 1953
Nr. 329
beantragt. Das AG hat diesem Antrag stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der beauftragten Stelle hat das LG den Beschl. des AG aufgehoben und festgestellt, daß die der Hypothek zugrunde liegende Forderung im Verhältnis 10 : 1 umgestellt ist. Das OLG ist dieser Ansicht beigetreten und hat die sofortige weitere Beschwerde des Eigentümers zurückgewiesen, jedoch mit der Maßgabe, daß nicht nur die Forderung, sondern auch die Hypothek in diesem Verhältnis umgestellt ist. Aus den Gründen: „Daran, daß f ü r die Umstellung der Forderung einer Ausländerin die Vorschriften des zweiten Abschnittes des UmstG, also auch § 18, I Ziff. 3 UmstG zur Anwendung gelangen können, hat sich auch nichts dadurch geändert, daß im Laufe des Verfahrens das Ges. betr. das Abkommen vom 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden vom 24. 8. 1953 (BGBl. 1953 II 331) und das Ges. z. Ausf. des Abkommens vom 27. 2.1953 über deutsche Auslandsschulden vom 24. 8. 1953 (BGBl. I 1003) in Kraft getreten sind und in § 102 AusfG der § 15 UmstG i. d. F. der Art. 1 und 2 AHKG 46 (BAnz. Nr. 31 vom 14. 2. 1951) mit Wirkung vom 21. 6. 1948 aufgehoben ist und der § 2 Ziff. 4 der 40. DVO z. UmstG eine neue Fassung erhalten hat, nach der die Umstellung der einem Angehörigen der Vereinten Nationen zustehenden Hypothek nur noch unter den Voraussetzungen des § 52 d. AusfG im Verhältnis 1 : 1 gegeben ist. Denn da die Voraussetzungen des § 52 d. AusfG in vorliegendem Falle ersichtlich nicht vorliegen, stehen der Anwendung des zweiten Abschnittes des UmstG f ü r die Umstellung der hier zur Entsch. stehenden Forderung somit Bedenken nicht entgegen. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, daß nach Inkraftreten der neuen Gesetze nunmehr die Vorschrift des § 6 II der 40. DVO z. UmstG uneingeschränkt auch bei Bechten von Angehörigen der Vereinten Nationen Anwendung finden muß. Nach dieser Vorschrift muß aber, wenn sich die Umstellung einer Hypothek, Grundschuld oder Bentenschuld nach der Umstellung einer Forderung richtet, auch über die Umstellung des dinglichen Bechtes mitentschieden werden, selbst wenn nur das eine oder andere beantragt ist. Hier haben die Antrst. mit Bücksicht auf die Vorschrift des § 15 UmstG lediglich eine Entsch. über die Umstellung der der Hypothek zugrunde liegenden Forderung begehrt, weil das dingliche Recht bereits nach dem § 2 Ziff. 4 der 40. DVO z. UmstG im Verhältnis 1 : 1 umgestellt war. Nachdem nun § 2 Ziff. 4 aber abgeändert ist und feststeht, daß die Hypothek nicht mehr nach dieser Vorschrift bevorzugt umzustellen ist, muß die in diesem Verfahren begehrte Entsch. über die Umstellung nach § 6 II der 40. DVO auch auf das dingliche Recht erstreckt werden. Dem steht auch nicht entgegen, daß im Grundbuch bereits die nach § 2 Ziff. 4 der 40. DVO (a. F.) erfolgte Umstellung vermerkt ist, da diese keine endgültige Eintragung bedeutet, sondern lediglich unter dem Vorbehalt der endgültigen Regelung der Rechte der Ausländer erfolgt ist (vgl. HarmeningDuden, Erg.Bd. S. 62, 200)."
Nr. 330
XVI. Fremdenrecht
693
3 3 0 . Ein Grundpfandrecht ist auch dann in vollem Umfange im Verhältnis von 1 RM = 1 DM umgestellt, wenn es einer Erbengemeinschaft zusteht, an welcher nur eine Person, die im Besitz der Staatsangehörigkeit einer der Vereinten Nationen ist, beteiligt ist. — UmstG § § 13, 15; 40. D V O zum UmstG (alte Fassung). Bay. ObLG, 2. ZS, Beschl. vom 31. 10. 1952 — UBR Nr. 26/52; BayObLGZ 1952, 275.
GESETZESVERZEICHNIS Die Zahlen verweisen auf die Seiten
I. Deutsches Recht a) Reichsrecht Bürgerliches Gesetzbuch § v §§ 7 ff. § 8
§ 10 § § § § § § § § § § § § § § § § § § § §
11 12 24 31 133 134 137 138 139 157 181 196 197 203 209 222 242 244 249 269
§ 270 § 275 § 276 § 288 § 291 § 362 § 387 § 395 § 419 § 425 § 427 § 433 § 516 § 517 § 535 § § 535 ff.
343 354 453 614, 615 343 19, 20 182 69 54, 181 51 55 144, 268, 386, 475 620 54, 55 358 51, 94, 111 94 111, 342 111 97 45, 61, 62, 143 54, 546, 549, 550 200, 468, 548 75, 76, 113, 125, 146, 580, 582 113, 146 53 200 141 141 99 147 75 398, 399 399 61 111 472 472 582 582
§ 536 § 548 § 549 § 556 § 609 § 663 § 700 § 701 §§ 705 ff. § 765 § 767 § 771 § 774 § 810 § 823 §§ 823 ff. § 826 § 831 § 854 §§ 854 ff. § 855 § 894 § 925 §§ 929 ff. § 985 § 986 §§ 987 ff. § 994 § 1004 § 1168 § 1190 § 1192 § 1298 § 1361 § 1363 § 1387 § 1395 § 1402 § 1406 § 1416 § 1427 § 1434 § 1435
582 582 582 582 50 137 62, 200 104 61 145 145 145 145 538 69, 588, 589, 591 107 89, 233, 386 70 582 569 582 474 469 469 136, 141, 142, 592 142 69 592 110 690 213 690 230 256—258 259 263, 264 259, 261 259, 261 472 263 263 263 601
Gesetzesverzeichnis § 1453 § 1459 § 1464 § 1475 § 1480 §§ 1591 ff. § 1594 § 1595 a §§ 1601 ff. § 1630 § 1631 § 1632 § 1666 § 1705 § 1708
§§ 1708 ff. § 1709 § 1711 § 1717 § 1718 § 1719 §§ 1719—22 § 1741 § 1747 § 1750 § 1754 § 1795 § 1796 § 1883 § 1909 § 1922 § 1944 § 1953 § 1990 § 1991 § 2078 § 2108 § 2137 § 2268 §§ 2270 f. § 2278 § 2289 § 2353 § 2363 § 2365 § 2369
472 268, 398 263 398 398, 399 345 341 342, 345, 348 355 357, 358 633 352, 353, 355, 633 355, 453 16 5, 15, 16, 376, 382, 385, 389, 395, 401, 402, 404, 405, 410, 416, 429, 431 423 395, 398 398 15, 17, 379, 385, 391, 401, 402, 404, 420 383, 420, 427 362, 367, 369, 371 363 438, 446 442 442, 446 436 358 357 362, 369, 446, 448 357 476 470 472 398 398 458 463 462 469 458 467 467 459, 464, 476 463 464 454, 457, 459, 460, 461, 463, 464, 476, 477
EinfUhrungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Art. 7 Artt. 7 ff.
142, 358 32, 142, 358
Art. 11 Art. 12 Art. 13
Art. 14 Art. 15 Art. 16 Art. 17
Art. 18 Art. 19 Art. 20 Art. 21
Art. 22 Art. 23 Art. 24 Art. 25 Art. 27
Art. 28 Art. 29
Art. 30
695 141, 142, 236—238, 242, 288 328, 457, 475 379 2, 3, 231, 233, 235, 236, 238, 244, 248 bis 250, 252, 258, 278, 280, 282, 284, 285, 338, 360, 361 8, 9, 253—255, 257, 264, 336, 601, 614 8, 259—263, 265 bis 268, 336, 601 265, 600 258, 269—276, 278, 280, 281, 283—285, 287, 289, 290—293, 295, 296, 298—302, 304, 306, 308—310, 312—316, 318—320, 322—324, 327, 329 bis 331, 333, 334, 336, 608, 615, 639, 681, 683 250, 338, 339, 341, 342, 344, 345, 348, 349, 423, 426, 428 337, 351, 354, 355, 358, 412, 423, 426, 453, 636, 659—661 412, 420, 423, 426 3—6, 13, 15—18, 376, 377, 379—396, 398 bis 407, 409, 410, 412 bis 416, 420, 422, 423, 425, 426; 428—431 12, 360—364, 366, 367, 369, 372, 373, 436, 442 358, 418, 422, 449, 450 220,455 455, 459, 461, 471 3—6, 23, 273, 274, 285, 320, 336, 337, 380, 436, 442, 445, 461, 616 142, 220, 259—261, 456 178, 257, 260, 261, 299, 318, 323—328, 330, 331, 337, 371, 410, 438, 455, 467, 681 10—12, 14—16, 18, 30, 32, 87, 94, 118, 226, 244, 255, 256, 272, 329, 344, 345, 363, 367, 376—379,
Gesetzesverzeichnis
696 Art. 30 Art. Art. Art. Art.
381, 386, 404, 406, 410, 411, 431, 432, 592, 595, 661 86, 433, 434 469 409 388, 391, 393, 409
31 88 200 208
Handelsgesetzbuch § 1 §§ 2 ff. §§ 105 fr. §§ 106 f. § 123 § 128 § 159 § 347 § 352 § 362 § 410 § 429 § 431 § 433 § 566 § 577 § 663 § 708
58 60 60 60 58, 60 58—60, 62 45, 51, 60, 61 200 141 137 143 147 147 153 155—157 154 157, 159 157
Gesetz Uber Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. 1. 1937 (RGBl. I S. 107) § 84 § 85
200 200 Strafgesetzbuch
§ 42 § 51
447 447
EinfUhrungsgesetz zur Ordnung § 24
ZlvilprozeB-
433, 434 Zivilprozeßordnung
§ 12 §§ 12 ff. § 13 § 16 § 18 § 23 § § § § § §
24 29 32 33 36 38
3, 354, 380 586 312, 323, 354, 380 344 194 47,106, 136, 578, 579, 596, 597 568, 572, 575 579, 580, 583 106, 196, 587, 588 143, 584, 585 621, 622 136,570
§ 39 § 40 § 52 § 55 § 78 § 97 § no §§ HO ff. § 112 § 113 § 114 §§ 114 ff. § 115 § 127 § 128 § 138 § 139 § 144 § 203 § § 203 ff. §§ 204 ff. § 207 § 216 § 228 § 233 § 247 § 253 § 256 § 261 b § 263 § 264 § 267 § 271 § 273 § 274 §§ 274 ff. § 275 § 281 § 286 § 290 § 293 § 303 § 314 § 325 § 328 § § § § § § §
339 422 445 496 511 511 a 512a
136, 570, 572, 579 570 600 600 563 640 279, 555—557 554, 562, 563 555, 559, 560, 562, 563 555, 559, 561 2, 279, 353, 375, 408, 552, 571, 611, 612, 622 553 1, 2 553 49, 239 580 48, 50 571 302 633 302 579 573 400 552 564 398, 579 237, 240, 343, 348, 380, 382, 400, 423, 542 111, 579 285, 334, 398, 579 239 579 301 581 554, 560, 562 566 560, 561 141 54, 300 86 396, 537, 595 560 412 399 329, 386, 611, 618, 623 551 538 93 579 239, 578 412, 578 96, 118, 578,585,586, 598
Gesetzesverzeichnis § 516 § 518 § 519 § 521 § 522 a § 529 § 538 § 546 § 547 § 549 § 550 § 551 § 561 § 565 § 567 §§ 567 ff. § 584 § 603 § 606
§ 607 §§ 607 ff. § 614 § 614 a § 619 § 627 § 638 § 640 §§ 640 ff. § 642 § 644 § 675 § 685 § 722 §§ 724 ff. § 740 § 743 § 767 § 778 § 800 § 836 § 917
103, 239 239 103, 239 239 239 240 85, 583 558 616 585, 597, 598 225 661 438 595 565 553 599 96, 621, 622 3, 230, 231, 235, 247 bis 249, 251—253, 262, 269, 270, 272 bis 274, 276, 278, 279, 281—291, 293, 295, 296, 298—302, 305, 307, 309—313, 315 bis 317, 319, 320, 322 bis 327, 330, 332 bis 334, 553, 603—608, 610—613, 638, 639, 681—683 315 302, 315, 318, 323, 327 312, 323 301 248 7—9, 262, 639, 640 242 343, 372 423 343, 347, 348 423 447 447 618, 619, 622, 623 408 602 602 411 472 601 128 596, 597
Gerichtsverfassungsgesetz § 2 § 13 § 18
683 78 566, 568, 571, 573, 575, 576
§ 18—21 20 23 48 71 159 160
697 576 566, 568, 572, 3, 347, 380 125 136, 347 625,626 630
575
Rechtsanwaltsordnung vom 1. 7.1878 (BGBl. S. 177) 62 ff.
683 684
Gesetz Uber die Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom 20. 4. 1892 (BGBl. S. 477) § 34 § 35
521 521
Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt vom 15. S. 1895 (RGBl. S. 301) § 26
153
Reidisgesetz betreffend die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 5. 1898 § § § § § §
12 16 19 20 22 27
§ 29 § § § § § § § §
33 36 39 46 50 57 73 125
173, 633 243, 367, 451 26, 426, 686 357, 686 355, 352 225, 447 217, 357, 457, 61
365,
439,
463
367, 450 419, 450,
686
261, 357, 418, 438, 439, 661, 418, 426, 451, 633 450 225 419 459, 461
Konkursordnung vom 10. 2. 1877 in der Fassung vom 20. 5. 1898 (RGBl. S. 612) § 9 472 Gesetz Uber die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. 4. 1900 (RGBl. S. 213) § 2 § 7 § 19
57 61 57, 58
698
Gesetzesverzeichnis
Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom 19. 6. 1901 (RGBl. S. 227) § § § § § § § § § § §
8 9 11 15 22 22a 23 36 42 46 54
636 536 533 541 532 531—533 19 541 542 542 535
1 9 12 17 28
26 27 28 29
419, 682 301, 301, 653, 639 639 639 639
609, 653, 656, 636, 638 609, 636, 656
638,
Reichsverfassung vom 11. 8. 1919 567 Art. 4 644, 677 Art. 109 21, 25, 26, 31—34
536 541 536 538 541
Gesetz zur Ausführung des Abkommens Uber den Zivilprozeß vom 17. 7. 1905 vom 5. 4.1909 (BGBl. 1909 S. 430) 630 § 1
§ 18 § 25 § § § §
Gesetz Uber das Verlagsrecht vom 19. 6. 1901 (BGBl. S. 217) § § § § §
§ 17
627
Gesetz betreifend die deutsch-chinesischen Vereinbarungen über die Wiederherstellung des Friedenszustandes vom 5. 7. 1921 (RGBl. S. 829) 57 Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. 7. 1922 (RGBl. I S. 633) § § § § §
1 35 40 63 65
452 366, 453 446 453 451
Gesetz Uber den Versicherungsvertrag vom 30. 5.1908 (RGBl. S. 263) 121,123
Arbeitsgerichtsgesetz vom 23. 12. 1926 (RGBl. I S. 507)
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. 6. 1909 (RGBl. S. 499) § 1 89, 546
§ 64 § 66
Gesetz zur Ausführung der revidierten Berner Obereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst vom 13.11. 1908 vom 22. 5. 1910 (RGBl. 1910 S. 793) 532 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. 7. 1913 (RGBl. S. 583) § 3 § 4 § 8 § 12 § 14 §§ 14—16 § 15 § 16 § 17
419 365, 419, 636, 283 420, 678 678 684 420 420, 674 3, 251, 257, 277, 280—283, 285, 294, 297, 305, 313, 320, 336,
659
103 103
Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12.5. 1901 (RGBl. S. 139) § § § § § § § § §
7 59 60 61 64 86 87 89 90
124 124 124 125 124, 125 124 123 125 123, 124
Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen vom 6. 6.1931 (RGBl. I S. 315) 279, 287, 312, 365,
§ § § 8
8 68 69 77
124 124 124 125
Gesetzesverzeichnis § § § § §
81 106 107 109 HO
124, 117, 123 118, 123,
699
125 124
Gerichtskostengesetz vom 25. 11. 1935 (RGBl. I S. 1371)
125 124
§ 85
562
Gebrauchsmustergesetz vom 5. 5 . 1 9 3 6 (RGBl. I S. 130)
Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. 3. 1933 (RGBl. I S. 141) 674, 676
§ 8
Gesetz Uber das Zugabewesen (vom 12. 5. 1933 (RGBl. I S. 264)
Patentgesetz vom 5. 5. 1936 (RGBl. II S. 117)
§ 1
546
Gesetz Uber Zahlungsverbindlichkeiten gegenüber dem Ausland vom 9. 6. 1933 (RGBl. I S. 349, RGBl. I 1935, S. 273) 100 Wechselgesetz vom 21. 6 . 1 9 3 3 (RGBl. I S. 399) Art. Art. Art. Art.
16 42 47 70
96 101 96 96, 97
VO Uber die deutsche Staatsangehörigkeit vom 5. 2. 1934 (RGBl. I S. 85) 8, 295 Gesetz über den Ausgleich bürgerlichrechtlicher Ansprüche vom 13.12.1934 (RGBl. I S. 1235) 175 Gesetz über die Devisenbewirtschaftung vom 4. 2. 1935 (RGBl. I S. 106) 52 Gesetz zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 15. 5. 1935 (RGBl. I S. 593) § 2 § 17
678 295
Grundbuchordnung vom 5. 8. 1935 (RGBl. I S. 1073) § 35
463—466
1. VO zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 14. 11. 1935 (RGBl. I S. 1334) § 1 § 2
160 160
§ 21 § 37 § 45
558
484, 485 558, 562 506
Warenzeichengesetz vom 12. 5. 1894 in der Fassung vom 5. 5. 1936 (RGBl. II S. 134) § § § § §
8 11 15 24 31
543 545 543, 545 543—545 545
VO zur Durchführung des Vierjahresplanes vom 18. 10. 1936 (RGBl. I S. 887) 170 Personenstandsgesetz vom 3. 11. 1937 § § § §
5 29 30 31
§ 45 § 47 § § § §
48 . 49 60 66
246, 624 374, 425 446 362, 363, 365, 369, 371, 373, 374 243 37, 40, 374, 424, 426, 428 12, 243, 425 26, 243, 426 427 241
Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. 1. 1938 (RGBl. I S. 9) 31,34 § 8
37
Gesetz Uber die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. 3. 1938 (RGBl. I S. 237) . 393, 655, 665, 668, 669 Art. I Art. II
649 32, 387, 389, 390, 392
Gesetzesverzeichnis
700
Gesetz Uber die Änderung und Ergänzung famlllenrechtUcher Vorschriften und über die Rechtsstellung von Staatenlosen vom 12. 4. 1038 (RGBl. I S. 380) 349 § 25
43 48 50 51 52
260
Verordnung Uber die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. 4. 1038 (RGBl. I S. 414) 163,184 § 1 § 7
162 162, 190
Anordnung auf Grund der Verordnung Uber die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. 4. 1038 (RGBl. I S. 415) 162 1. VO zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 10. 5. 1038 (RGBl. I S. 53) § 21 § 22 § 59
286 360, 446
365,
371,
372
61 74
331, 683 242, 313, 335, 311 313 272, 319, 257, 350,
333,
334,
681
288, 292, 312, 326, 329, 330, 608 295, 300, 308, 323 258 633
4. DVO zum Ehegesetz vom 25. 10. 1041 (RGBl. I S. 654) § § § § 8
4 12 15 19 24
640 5, 383, 385, 386 4, 5 611
611,623
6. DVO zum Ehegesetz (Hausratsverordnung) vom 21. 10. 1944 (RGBl. I S. 256) § 11
337
VO zur Durchführung der VO Uber die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 18. 6 . 1 0 3 8 (RGBl. I S. 640) 184 § 2 162
Gesetz Uber die Errichtung von Testamenten und Erbvertrfigen vom 31. 7. 1038 (RGBl. I S. 973)
VO Uber die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. 7. 1038 (RGBl. I S. 700) 655, 669, 670
Gesetz Uber die Umwandlung der inländischen Fremdwährungsverslcherungen vom 26. 8. 1038 (RGBl. I S. 1062) 121, 129
§ 1 § 8
649, 658, 665 649, 658
Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im Übrigen Reichsgebiet (Ehegesetz) vom 6. 7. 1038 (RGBl. I S. 807) § § § § § § § § §
15 20 25 30 32 33 35 41 42
§ 43
231, 233, 241 2, 251 361 252 286 286 286 312, 323, 329 292, 299, 308, 313, 319 239, 2.71, 272, 276, 290, 295, 300, 304, 309, 314, 319, 324,
§ 2
475
Erlaß Uber die Verwaltung der sudetendeutschen Gebiete vom 1. 10. 1938 (RGBl. I S. 1331) § 5
408
Gesetz Uber die Gebietsveränderungen im Lande Österreich vom 1. 10. 1938 (RGBl. I S. 1333) 414 Gesetz über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich vom 21. 11. 1938 (RGBl. I S. 1641) 327
311,
Art. II
593, 642
275, 298, 311, 330,
2. Anordnung auf Grund der VO Uber die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 24. 11. 1938 (RGBl. I S. 1668) 162
Gesetzesverzeichnis VO Uber den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. 12. 1938 (BGBl. I S. 1709) 162, 184, 190 189 § 1 189 § 2 189 § 3 189 § 4 189 §& 189 § 6 207 § 8 207 § 21 Bekanntmachung des Gesetzes Uber die Devisenbewirtschaftung vom 12. 12. 1938 (RGBl. I S. 1733) 52, 190 § 14 52 § 45 52 § 64 53 Erlaß Uber das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939 (RGBl. I S. 485) 644 Art. 1 Art. 2 Art. 12
643 642, 646 32
2. DVO zum Gesetz Uber die Devisenbewirtschaftung vom 16. 3. 1939 (RGBl. I S. 502) 190 VO Uber den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frUhere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. 4. 1939 (RGBl. I S. 815) 32, 33, 327, 644, 645, 656 § 1 8, 642, 646 2. VO Uber die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 30. 6. 1939 (RGBl. I S. 1072) 608 Gesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit (Verschollenheitsgesetz) vom 4. 7. 1939 (RGBl. I S. 1168) §4 40 VO Uber Maßnahmen auf dem Gebiete des bürgerlichen Streitverfahrens, der Zwangsvollstreckung, des Konkurses und des bürgerlichen Rechts vom 1. 9. 1939 (RGBl. I S. 1656) 485, 511 Art. 4 510,511 Art. 8 94
701
VO Uber Maßnahmen auf dem Gebiete des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenrechts vom 1. 9. 1939 (RGBl. II S. 958) § 4
510, 511
VO Uber die Einbürgerung von Kriegsfreiwilligen vom 4. 9. 193» (RGBl. I S. 1741) 678 VO über die Behandlung von Ausländern vom 5. 9. 1939 (RGBl. I S. 1667) §§ &15
672 669
Erlaß über Gliederung und Verwaltung der Ostgebiete vom 8. 10. 1939 (RGBl. I S. 2042) 170 VO über die Abwesenheitspflegschaft vom 11. 10. 1939 (RGBl. I S. 2026) § 4
171
VO zur Durchführung der VO über die Abwesenheitspflegschaft vom 18. 10. 1939 (RGBl. I S. 2056) § 1
171
VO zur Einführung des Vierjahresplanes in den Ostgebieten vom 30. 10. 1939 (RGBl. I S. 2125) 170 VO Uber die Behandlung feindlichen Vermögens vom 15. 1. 1940 (RGBl. I S. 191) 163—166, 170, 188, 189, 507, 521, 522 § § § § §
2 3 4 12 15
163, 163, 163, 164, 165
164 164 164 165
VO zur einheitlichen Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechtsgebieten des Großdeutschen Reichs vom 16. 1. 1940 (RGBl. I S. 176) § 2
408, 619, 623
VO Uber die Anmeldung feindlichen Vermögens vom 5. 3. 1940 (RGBl. I S. 483) 521, 522
Gesetzesverzeichnis
702
VO über die Behandlung norwegischen, niederländischen, belgischen und luxemburgischen Vermögens vom 30. 5. 1940 (RGBl. I S. 821) Art. II
171
Anordnung Uber volks- und reichsfeindliches Vermögen im E l s a ß vom 13. 7. 1940 166 Verordnung Uber die Einsetzung von kommissarischen Verwaltern für Unternehmungen und Betriebe im E l s a ß vom 6. 8. 1940 (VOB1. des Chefs der Zivilverwaltung im Elsaß 1940, 2) 167 VO Uber die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates vom 17. 9. 1940 (BGBl. I S. 1270) 168, 170, 202, 449, 508 § § § § § § § § § §
1 2 3 4 9 12 13 14 15 22
203 169, 203 203 169, 169, 169, 204 189 189
189, 203 190, 203 203 204
VO zur einheitlichen Regelung des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen (LohnpfändungsVO) vom 30. 10. 1940 (RGBl. I S. 1451) § 4 411 2. VO über Maßnahmen auf dem Gebiete des Patent-, Gebrauchsmusterund Warenzeichenrechts vom 9. 11. 1940 (RGBl. II S. 256) § 1 § 1 ff§ 4
11. VO zum ReichsbUrgergesetz vom 25. 11. 1941 (RGBl. I S . 7 2 2 ) 122, 131, 132, 178, 193, 196, 214, 467, 548
494, 518 494 485, 486, 494, 495, 502, 503, 504, 620
VO Uber die deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten vom 4. 3. 1941 (RGBl. I S. 118) 169
214, 454, 455 123, 127, 215 127, 215 VO Uber die außerordentlichen Maßnahmen im Patent- und Gebrauchsmusterrecht vom 10. 1. 1942 (RGBl. II S. 81) 485 § 2
479, 480, 498
VO zur Regelung von Staatsangehörigkeitsfragen vom 2 0 . 1 . 1 9 4 2 (RGBl. I S. 40) 295 Beschluß des Großdeutschen Reichstags vom 26. 4. 1942 (RGBl. I S. 247) 676 Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz) vom 17. 5. 1942 (RGBl. I S. 321) § 6
101, 102
VO über die Rechtsanwcndung bei Schädigungen deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reichsgebiets vom 7. 12. 1942 (RGBl. I S. 706) 69 § 1
68
E r l a ß Uber die Regierungsgesetzgebung vom 10. 5. 1943 (RGBl. I S. 295) 674 2. VO über außerordentliche Maßnahmen im Patent- und Gebrauchsmusterrecht vom 12. 5. 1943 (RGBl. II S. 150) 479 E r l a ß Uber den E r w e r b der deutschen Staatsangehörigkeit durch Einstellung in die deutsche W e h r m a c h t , die W a f fen-SS, die deutsche Polizei oder die Organisation Todt vom 19. 5. 1943 (RGBl. I S. 315) 325, 674—678 Art. I
678, 679
VO über Verjährungsfristen vom 9. 12. 1943 (RGßi. I S. 668) 94, 405
Gesetzesverzeichnis VO Uber die außerordentlichen Maßnahmen auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts, der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts aus Anlaß des totalen Krieges (2. Kriegsmaß-
703
nahmenverordnung) vom 27. 9. 1944 (RGBl. I S. 229) 481 483 § 2 97, 111,405 § 32 94 § 34
b) Besatzungsrecht Recht des Kontrollrats Kontrollratsgesetz Nr. 1 vom 20. 9. 1945 (Aufhebung von Nazigesetzen) (KRAbl. S. 6) 127, 130, 480—483 Art. I Art. II
103, 455, 456, 481, 482, 677 103, 482, 677
Kontrollratsproklamation Nr. 2 vom 20. 9. 1945 (Zusätzliche an Deutschland gestellte Forderungen) (KRAbl. S. 8) 593, 625, 626, 628, 631, 644, 651, 657, 671 Kontrollratsproklamation Nr. 3 vom 20. 10. 1945 (Grundsätze fUr die Umgestaltung der Rechtspflege) (KRAbl. S. 22) 434 Kontrollratsgesetz Nr. 5 (Übernahme und Erfassung des deutschen Vermögens im Auslande) vom 30. 10. 1945 (KRAbl. S. 27) 46, 87, 229, 593, 651 Art. 1 Art. 2 Art. 3 a. F. Art. 3 n. F. Art. 5
87 229 593 87, 593, 594, 651, 652 593 87
Kontrollratsgesctz Nr. 16 vom 20.2. 1946 (Ehegesetz 1946) (KRAbl. S. 77) § 10 § 11
286
231, 233, 235, 236, 238, 360
§ § H ff. § 13 § 15 a § 17 § 20 § 24 § 74
235, 245 232, 235, 360 231, 232, 236, 237 235 249 249 661
VO zur Ausführung des Ehegesetzes vom 20. 2. 1946 (KRG Nr. 16) vom 12. 7. 1948 (VOBI. Br. Z. 1948 S. 210) 286 § 7 286 § 8 286 § 14 632 § 28 Anordnung Nr. 1 zum Kontrollratsgesetz Nr. 5 vom 10. 5. 1946 593, 594 Kontrollratsgesetz Nr. 52 vom 21. 4. 1947 (Änderung des Kontrollratsgesetzes Nr. 16 — Ehegesetz) (KRAbl. S. 273) 232, 233, 234, 236 Kontrollratsgesetz Nr. 56 vom 30. 6. 1947 (Aufhebung des Gesetzes zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben vom 23. 3. 1934) (KRAbl. S. 287) 588, 593 Proklamation Nr. 7 vom 9. 2. 1948 (Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes) Art. X
688
Recht der Militärregierungen (SHAEF) Gesetz Nr. 2 (Deutsche Gerichte) 229 309 § 10
Art. IV Art. VII
Gesetz Nr. 52 vom 25. 10. 1945 (Sperre und Kontrolle von Vermögen) 16, 96, 198, 449, 470, 602, 671 Art. I 98
Allgemeine Anordnung Nr. 4 gemäß Gesetz Nr. 52 der Militärregierung, in Kraft 2. 5. 1949 450
98 644, 651, 657
Gesetzesverzeichnis
704
Gesetz Nr. 53 vom 19. 9. 1949 (Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs) 16, 51, 52, 62, 83, 98, 470, 602, 619, 620 Art. I Art. X Art. XII n. F.
53, 63 63 53
3. DVO zum Gesetz Nr. 53 vom 30. 10. 1950 (AHKAbl. S. 663) Art. I 396 Gesetz Nr. 63 (VO Nr. 160) vom 27. 6. 1948 = Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) (ABl. MRG Br. Z. S. 862) 53, 203, 549, 550, 693 § 13 105, 116 § 14 116, 202, 213, 685, § 15 a. F. 693 § 15 n. F. 116, 201, 212, 213, 692 16, 1 1 1 , 6 8 8 § 16 691, 692 § 18 116 § 19 116 § 21 114 § 23 114—116, 118, 119 § 24 114 § 25 3. DVO (Versicherungsverordnung) zu Gesetz Nr. 63: Versicherungsverordnung, in Kraft 27. 6. 1948 (ABl. MRG Br. Z. S. 886) § 7
115
23. DVO zum Umstellungsgesetz: Umstellungsrechnung der Versicherungsunternehmen, in Kraft 1. 5. 1949 (ABl. MRG Br. Z. S. 1122) 114 § 5 115 39. DVO zum Umstellungsgesetz: Kriegsversichcrungsgemeinschaft, in Kraft 7. 10. 1949 (VOB1. Br. Z. S. 536) § 1
H5
40. DVO zum Umstellungsgesetz: Umstellung von Hypotheken, Grundschulden, Rentenschuidcn und Reallasten, in Kraft 21. 6. 1948 (Art. 1 und 3) und 1. 11. 1949 (Art. 2) (AHKAbl. S. 245) 212, 693 § 2 549, 550. 691, 692 § 6 688, 692
43. DVO zum Umstellungsgesetz vom 10. 1. 1950: Eigenkapital und D-MarkEröffnungsbilanz der Versicherungsunternehmen (AHKAbl. S. 352) 114 § 21
115
49. DVO zum Umstellungsgesetz, in Kraft 15. 4. 1951: Deutsche Kriegsversicherungsgemeinschaft (AHKAbl. S. 872) § 1 § 2 § 4
115 115 114, 115 Amerikanisches Kontrollgebiet
Gesetz Nr. 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände vom 10. 11. 1947 (MRAbl. G S. 1) Art. 1 Art. 2 Art. 3 Art. 4 Art. 8 Art. 14 Art. 15 Art. 16 Art. 18 Art. 28 Art. 30 Art. 34 Art. 37 Art. 46 Art. 51 Art. 56 Art. 57 Art. 59 Art. 60 Art. 61 Art. 67 Art. 68 Art. 89
165, 192, 168, 193, 186 128 182 193, 468 187, 191 128 177, 212, 213 212 178 180 128 214 182 194 214 181 129,
168, 177, 190, 194, 481 169, 177, 191, 194, 214
194 468 191, 194, 214 213
548
US-HKGesetz Nr. 6 zur Ausführung des Gesetzes Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission (Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten) vom 11. 7. 1950 ( AHKAbl. S. 526) Art. 3
433, 434
705
Gesetzes Verzeichnis
US-HKGesetz Nr. 35 zur Ausführung des Gesetzes Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission „Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten" vom 23. 6. 1953 (AHKAbl. S. 2514) 433 Britisches Kontrollgebiet VO Nr. 7: Übertragung der Amtsgewalt der Reichstreuhänder der Arbeit, in Kraft 27. 8. 1945 (Abi. MRG Br. Z. S. 6) 103 VO Uber die Hemmung von Verjährungs- und ähnlichen Fristen auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und der bürgerlichen Rechtspflege vom 16. 12. 1946 (VOB1. Br. Z. 1947 S. 9) 470 VO Nr. 78: Verbot der übermäßigen Konzentration deutscher Wirtschaftskraft, in Kraft 12. 2. 1947 (Abi. MRG Br. Z. S. 412) 89 Art. I 90 Art. V 90 VO Nr. 92: Änderung des Gesetzes Nr. 51 der Militärregierung (Währung), in Kraft 1. 7. 1947 (VOB1. Br. Z. 1947 S. 111) 555 1. Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherung aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 5. 7.1948 (VOB1. Br. Z. 1948 S. 249) § 9 119 2. Verordnung über die Lebens- und Rentenversicherung aus Anlaß der Neuordnung des Geldwesens vom 27. 7. 1948 (VOB1. Br. Z. 1948 S. 257) §§ 1—3 120 § 3 119 § 4 119 Gesetz Nr. 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer nationalsozialistischer Unterdrückungsmaßnahmen vom 28. 5. 1949 (Abi. MRG Br. Z. S. 1169) 209, 476, 477, 567 Art. 1 165, 169, 170, 183, 189, 197, 202, 481 Art. 2 165, 169, 170, 171, 172, 173 Art. 3 171—173, 183, 185, 186 45
Intern. Privatrecht 1952 und 1953
Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.
477 477 569 198, 128 198 198
6 8 12 13 24 25 27 48 49
207,
208,
211
180
128
VO über die Beendigung der Hemmung von Verjährungs- und ähnlichen Fristen auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und der bürgerlichen Rechtspflege vom 13. 1. 1949 in der Fassung der VO zur Änderung von Vorschriften über die Beendigung von Fristenhemmungen vom 24. 8. 1949 (VOB1. Br. Z. 1949 S. 19, 367) 341 2. VO zur Ausführung des Gesetzes Nr. 59 der MR vom 27. 3. 1950 (AHK Abi. S. 144) Art. 1 210 Art. 2 210 Art. 3 210 7. DVO zum Gesetz Nr. 59 der MR, in Kraft 1. 8. 1950 (AHK Abi. S. 531) Art. 1 182 9. DVO zum Gesetz Nr. 59 der MR, in Kraft 1. 2. 1951 (AHK Abi. S. 776) Art. 3 210 Französisches Kontrollgebiet VO 120 v. 10. 11. 1947 über die Rückerstattung geraubter Vermögensobjekte (J. 0 . 1 9 4 7 S. 1219) 165, 183, 456 Art. 1 164—167 Art. 2 165, 166, 167 Art. 3 164—167 Art. 13 183 VO Nr. 241 zur Durchführung des AHKG Nr. 13 vom 1. 6. 1950 (AHK Abi. S. 418) Art. VI 684 Gesetze Hohen
der alliierten Kommission
Besatzungsstatut vom 15. 5. (AHK Abi. 1949 S. 13) Ziffer 2 c 87
1949
Gesetzesverzeichnis
706
Gesetz Nr. 2: Begriffsbestimmungen vom 21. 9. 1949 (AHK Abi. S. 4) Art. 1
600, 606
Gesetz Nr. 8: Gewerbliche, literarische und künstlerische Eigentumsrechte ausländischer Staaten und Staatsangehöriger vom 20. 10. 1949 (AHK Abi. 1949 S. 18) 481, 485, 487, 488, 493, 510, 515, 520, 521 Art. 1 Art. 2 Art. 3 Art. 3 ff. Art. 4 Art. 5
Art. 6 Art. 7 Art. 8 Art. 10 Art. 13 Art. 14 Art. 14 n. F.
489, 490, 495, 497, 499, 502, 503, 505, 508, 509, 512 483, 491, 509, 528 479, 483, 490, 499, 500, 509, 510, 513, 515, 516, 530 508 491, 509, 511- -513, 515—517, 522, 527 bis 529 479, 483, 489, 491, 496—498, 500, 505, 507, 509—514, 516, 517, 522, 524- -528, 530, 635 494, 495, 502, 505, 506, 509, 517- -519 479, 480 491, 516 494, 495, 502, 503, 505, 523, 524 494, 502 489, 497, 507—509, 518, 519, 522 490
Gesetz Nr. 12: Nichtigkeit von NaziRechtsvorschriften über Staatsangehörigkeit vom 17. 11. 1949 (AHK ABl. S. 36) 677 Gesetz Nr. 13: Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten vom 25. 11. 1949 (AHK Abi. 1949 S. 54) 136, 229, 307, 338, 508, 553, 660 Art. 1 Art. 2 Art. 26
78, 354, 600, 606 103, 354, 600, 606 78
Gesetz Nr. 56: Änderung des Gesetzes Nr. 19 (Ansprüche gegen die JEIA) vom 29. 6. 1951 (AHK Abi. S. " Art. 6
78
Gesetz Nr. 23: Gesetz über die Rechtsverhältnisse verschleppter Personen und Flüchtlinge vom 17. 3. 1950 (AHK Abi. 1950 S. 140 i. d. F. des Gesetzes Nr. 48 vom 2.3.1951) (AHK Abi. S. 808) 36, 247, 254, 292, 319, 332, 342, 344, 345, 346 Art. 1 Art. 3 Art. Art. Art. Art.
6 7 7 n. F. 10
37, 333, 683 306, 334, 683 231, 232 234 256, 334,
306, 315, 331, 334, 453, 553, 315, 316, 333, 347, 348, 553, 232, 234 306, 315, 316, 453, 553
Gesetz Nr. 41: Änderung des Gesetzes Nr. 8 (Gewerbliche, literarische und künstlerische Eigentumsrechte ausländischer Staaten und Staatsangehöriger) vom 9. 11. 1950 (AHK. ABl. 1950 S. 661) 489—491, 496, 498, 507, 508 Art. 14
490
Gesetz Nr. 46: Änderung von Rechtsvorschriften über die Währungsreform vom 25. 1. 1951 (AHK ABl. 1951 S. 756) 201 Art. 1 Art. 2
692 692
Direktive Nr. 6 der AHK vom 19. 3. 1951 (AHK ABl. 1951 S. 846) 626, 628 Gesetz Nr. 63: Zur Klarstellung der Rechtslage in bezug auf deutsches Auslandsvermögen und andere im Wege der Reparationen oder Rückerstattung erfaßter Vermögensgegenstände, vom 31. 8. 1951 (AHK ABl. 1951 S. 1107) 223 Art. 1 Art. Art. Art. Art. Art.
2 3 4 5 9
46—48, bis 595 46—48, 46—48, 87, 229, 87, 593 651
227, 228, 592 227, 228 592, 593, 651 592, 593
Gesetz Nr. 67: Fristen, die Ausländer betreffen vom 23. 11. 1951 (AHK ABl. 1951 S. 1310) 96—98, 341
Gesetzesverzeichnis
707
c) Bundesrecht Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5,. 1949 (BGBl. I S. 1) Art. 1 Art. 3 Art. 6 Art. 14 Art. 16 Art. 20 Art. 23 Art. 25 Art. 74 Art. 92 Art. 116
Art. 117 Art. 146
127 8 , 2 1 , 3 4 , 45, 118, 269, 281, 368, 603, 614 368, 429 88, 116 281, 282, 297, 336, 366, 641, 646, 655, 674 435 604 267, 435, 568, 644, 649, 663, 677 280, 281 435 35, 304, 325, 349, 376, 399, 604, 641, 646, 654, 682 8, 281, 354, 603, 604
127, 433,
305, 642,
573, 673,
614
Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsoder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen vom 30. 3. 1951 (BGBl. I S. 213) 341 § 2 98
150
543
1. DVO zum Gesetz Nr. 8 der alliierten Hohen Kommission vom 8 . 5 . 1950 (BGBl. I S. 357) 513, 530 § § § § § §
1 2 9 12 14 28 28 ff. 30
45 '
494 514 523, 515, 514 489, 510, 523 515 489, 519,
525 517 491, 496, 514, 519,
Gesetz über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen vom 28. 12. 1950 (BGBl. I S. 821) 97 § 1 111, 378, 379, Gesetz Uber das Bundesverfassungsgericht vom 12. 3. 1951 (BGBl. I S. 243) § 24 647
VO zur Anpassung der VO über die internationale Registrierung von F a brik- oder Handelsmarken vom 9. 11. 1922 vom 6. 12. 1949 (BGBl. 1949, 33) § 7
Gesetz über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12. 1950 (BGBl. I S. 778) § 1 234, 238 § 6 231, 232
332, 467, 647,
Übergangsgesetz zur Änderung des Gesetzes über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 2. 9. 1949 (VA 1949, 306) § 9
Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12. 9. 1950 (BGBl. I S. 455) 605
499, 521,
491, 496, 510, 521, 523, 527
Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. 4. 1951 (BGBl. I S. 269) 36, 37, 292, 334, 345, 612 § 1 332, 553, 682 § 4 332, 682 § 11 314, 316, 332, 553, 559 Gesetz über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen vom 11. 6. 1951 (BGBl. I S. 379) 117 Gesetz über die Verlängerung der Dauer bestimmter Patente vom 15. 7. 1951 (BGBl. I S. 449) 523 § 5 504 § 6 504, 524 Gesetz zur Ausführung des Abkommens vom 27. 2. 1953 Uber deutsche Auslandsschulden vom 24. 8. 1953 (BGBl. I S. 1003) 692 § 12 104, 105
Gesetzesverzeichnis
708
Gesetz betreffend das Abkommen vom 27. 2. 1953 über deutsche Auslandsschulden vom 24. 8. 1953 (BGBl. II S. 331) 692 Gesetz über die Verwaltung des E R P Sondervermögens vom 31. 8. 1953 (BGBl. I S. 1312) 75 Allgemeine Genehmigung 18/49 (2. Neufassung vom 11. 11. 1953: Erfüllung von Verbindlichkeiten in deutscher Währung durch Zahlung auf
Sperrkonten bei Geldinstituten im Bundesgebiet und Berlin (West) (GVB1. von Berlin 1951 S. 495) 99 Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22. 2. 1955 (BGBl. I S. 65) § 10
674
2. Gesetz zur Regelung der Staatsangehörigkeit vom 17. 5. 1956 (BGBl. I S. 431) 637
d) Landesrecht Vereinigtes Wirtschaftsgebiet Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. 9. 1948 (GVOB1. VW 1948 S. 87) § § § § § § § § § § § §
1 99 100 101 102 105 106 Hl H8 119 120 124
687 689 689 689 689 690, 691 689, 691 689 689 689 689 689
Tarifvertragsgesetz vom 9. 4. 1949 (GVOB1. VW S. 55) § 9
103
1. Gesetz zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes vom 8. 7. 1949 (GVOB1. VW 1949 S. 175) 503,510,511,513 § § § § §
22 24 29 33 36
480 523 484 515 483
Gesetz zur Milderung dringender sozialer Notstände vom 8. 8. 1949 (Soforthilfegesetz) (GVOBI. VW S.205) § 6
687, 689
Gesetz zur Bereinigung des Wertpapierwesens vom 19. 8. 1949 (Wertpapierbereinigungsgesetz) (GVOBI. VW 1949 S. 295) 221 15 § 224, 225 § 19 216, 219, 221, 224 § 21 bis 226, 228 219, 221, 226 § 22 219 § 23 219 § 27 226 § 31 226 § 32 225, 226 § 33 225, 226 § 34 225, § 40 227 § 48 225, 226 § 61 Bayern Gesetz Nr. 27 über die Hemmung von Verjährungsfristen und ähnlichen Fristen vom 18.6.1946 (GVBI. 1946 S.213) 111, 405 Gesetz Nr. 58 über die weitere Hemmung von Verjährungsfristen und ähnlichen Fristen vom 17. 1. 1947 (GVBI. 1947, S. 16) 111,405 Gesetz Nr. 59 über die Aufnahme und Eingliederung deutscher Flüchtlinge (Flüchtlingsgesetz) vom 19. 2. 1947 (GVBI. 1947 S. 51) 642 § 1 § 2 § 4
304, 317, 347, 349 409 304, 330, 349, 409
Ausführungsbestimmungen zum Flüchtlingsgesetz vom 8. 7. 1947 (GVBI. 1947 S. 153) 317 Art. 1 347
Gesetzesverzeichnis Gesetz Nr. 100 Uber die Hemmung von Verjährungs- und ähnlichen Fristen vom 29.1. 1048 (GVBI. 1948 S. 12) 111, 310, 311, 405 Gesetz Nr. 124 Uber die Wiedererrichtung des Bayer. Obersten Landesgerichts vom 11. 5. 1948 (GVBI. 1948 S. 83) § 6 447 VO Uber den Ablauf der Frist für die Todeserklärung auf Grund des § 4 Abs. 1 des Verschollenheitsgesetzes vom 28. 7. 1948 (GVBI. 1948 S. 154) 40 Gesetz über die Bekanntmachung in den Fällen der Kriegsverschollenheit vom 4. 5. 1949 (GVBI. 1949 S. 102) 40 Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Entschädigungsgesetz) vom 12. 8. 1949 (GVBI. 1949 S. 195) 128 § 4 § 6 179 § 15 192 § 37 129 1. VO zur Durchführung des Entschädigungsgesetzes (Haftentschädigungsgesetz) vom 26. 11. 1949 (Bay. GVBI. 1949 S. 287) § 6 179 Berlin West-Berlin
709
VO Uber Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs vom 15. 7. 1950 (GVBI. I S. 304) 631 Art. 1 99 Art. 10 98 Durchführungsbestimmung Nr. 3 zur VO über Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs (GVBI. 1951 I S. 81) Art. 1 631 Verfassung von Berlin vom 1. 9. 1950 (GVBI. I S. 433) 26 Gesetz Uber die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus vom 10. 1. 1951 (GVBI. I S. 85) § 38 129 Gesetz über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen vom 26. 4. 1951 (Hauptgesetz) (GVBI. I S. 333) § 1 97 97—101 § 3 Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen vom 3. 7. 1951 (GVBI. I S. 498) §2 98 Allgemeine Genehmigung 18/50 zu dem MRG Nr. 52 und der VO über Devisenbewirtschaftung (GVBI. 1951 I S. 495) 99, 100 Gesetz Nr. 20 vom 23.1.1952: Fristen, die Ausländer betreffen (GVBI. I S. 88) 96—98
ßiickerstattungsanordnung für Berlin vom 26. 7. 1949 (GVBI. I S. 221) 168 Art. 1 161, 207, 576 Art. 2 204 Art. 3 160, 161, 163, 174, 207 Art. 25 128 Art. 51 128
Ost-Berlin VO über die Verwaltung und den Schutz ausländischen Eigentums in Groß-Berlin vom 18. 12. 1951 (VOBI. I S. 565) § 2 686 686, 687 § 5
Gesetz Nr. 6: Nichtigkeit von nationalsozialistischen Rechtsvorschriften über Staatsangehörigkeit vom 4. 3. 1950 (GVBI. I S. 85) 649 Gesetz Nr. 7: Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten vom 17. 3. 1950 (GVBI. I S. 89) 626 Art. 2 631 Art. 3 625, 631 Art. 4 631
Bremen Gesetz vom 27. 1. 1948 betreffend Hemmung der Verjährungsfristen (Ges. Bl. S. 9) 94 Hessen Hessische Verfassung Art. 59 Art. 154
658 280, 281
Gesetzesverzeichnis
710
Gesetz Uber die Staatsangehörigkeit der Ausgebürgerten vom 23. 3. 1948 (GVB1. 1948 S. 45) 467 Gesetz Uber Erwerbsbeschränkungen für juristische Personen und Ausländer vom 13. 8. 1948 (GVB1. 1948 S. 96) § 5 ff. 469 VO Nr. 933, Ausführungsverordnung zu Art. 59 (Zuständigkeit) des RUckerstattungsgesetzes vom 2. 9. 1948 (GVB1. 1948, 111) 192, 196 § 1 193, 194, 196 § 4 Gesetz Uber Unterrichtsgeld- und Lernmittelfreiheit vom 16. 2. 1949 (GVB1. 1949 S. 18) 658 1. Hess. Durchführungserlaß zur Anordnung zur Durchführung des LASG (Hess. StAnz. 1949 S. 32) 690 Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts vom 10. 8. 1949 (GVB1. 1949 S. 101) § 4 128 § 6 179 192 § 15 VO Uber Unterrichtsgeldfreiheit und Erziehungsbeihilfen vom 13. 8. 1950 (GVB1. 1950 S. 157) § 4 654, 657 Preußen AusfUhrungsgesetz zum BGB Art. 7 § 2 469 Zivilrechtshilfeordnung vom 6. 9. 1931 (JMB1. 1931 S. 302) 625, 630 Saargebiet Abkommen Uber die Organisation des Justizwesens im Saarland vom 3. 1. 1948 (ABI. S. 380) Art. 11 571,572 Franko-saarländische Justizkonvention vom 3.1.1948 (ABl. S. 748) Art. 11 570 Art. 27 621
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 29. 1. 1952 (ABl. S. 182) 546 Württemberg AusfUhrungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zu dessen Nebengesetzen vom 28. 7. 1899 Art. 68 355 Württemberg-Baden Gesetz Nr. 303 über die Aufnahme und Eingliederung deutscher Flüchtlinge (Flüchtlingsgesetz) vom 14. 2. 1947 (Beg.Bl. 1947 S. 15) § 4 328 VO Nr. 933 AVO der Landesregierung zu Art. 59 (Zuständigkeit) des BEG vom 21. 10. 1948 (Reg.Bl. 1948 S. 154) § 1 214 § 2 214 § 3 214 § 4 214 Gesetz Nr. 939 Uber Heilung von Formmängeln bei Eheschließungen vom 3. 3. 1949 (Reg.Bl. 1949 S. 45, 88) 231, 232, 234 Gesetz Nr. 951 zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Entschädigungsgesetz) vom 16. 8. 1949 (Beg. Bl. 1949 S. 187) § 4 128 Deutsche Demokratische Republik VO betr. die Übertragung familienrechtlicher Streitigkeiten in die sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte vom 22. 12. 1948 (ZentralVOBl. 1948 Nr. 59 S. 588) 605 Verfassung vom 7.10. 1949 (GBl. DDR 1949 I S. 5) Art. 33 401 Gesetz Uber den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27. 9. 1950 (GBl. DDR 1950 I S. 1039) § 17 401
Gesetzesverzeichnis
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II. Ausländisches Recht Belgien Code civil Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.
360 360 360 360 271 272 361, 363 16, 17, 376
70 75 88 89 231 232 331 340 b
Binnenschiffahrtsgesetz vom 5. 5.1936 Art. 42
153 Bulgarien Ehegesetz vom 3. 5. 1945
Art. 37 Art. 38
272 272
Gesetz Uber das Personen- und Familienrecht vom 5.8.1949 (Drzaven Vestnik vom 9. 8. 1949 Nr. 182) Art. 10 Art. 112
272 255 China
Gesetz über die Handelsgesellschaften vom 13. 1. 1914 rev. durch Gesetz vom 26. 12.1929 § 3 § 5 § 35
59 59 58
VO Uber die Anwendung ausländischen Rechts vom 5. 8. 1918 Art. 23 59, 60 Staatsangehörigkeitsgesetz vom 5. 2. 1929 Art. 2 274 Zivilgesetzbuch von §§ 667 ff. § 681 § 1052
der Republik China 1929/1930 60 58, 60 274
Dänemark Gesetz Nr. 379 vom 12. 7. 1946 Änderung des Gesetzes Nr. 123 18. 4. 1925 Uber den Erwerb und lust der Staatsangehörigkeit
Uber vom Ver336
Estland Liv-, Est- und Kurl. Privatrecht von 1864 Art. 177 439 Art. 185 439 Art. 269 439 Gesetz betr. die Staatsangehörigkeit vom 27. 10. 1922 438 Finnland Das allgemeine Gesetzbuch von 1734 Kap. 18 92 Konkursordnung vom 9. 11. 1868 in der Fassung vom 3. 12. 1895 § 85 93 VO über die Verjährung von Forderungen und Uber das Aufgebotsverfahren vom 9. 11. 1868 93, 95 § 1 93, 94 § 3 93 § 17 Gesetz Uber Rechtshandlungen auf dem Gebiete des Vermögensrechts vom 13. 6. 1929 92 Frankreich Artt. 203—211 Art. 229 Art. 230 Art. 231 Art. 232 Art. 240 Art. 244 Art. 331 Art. 333 Art. 334 Art. 336 Art. 340
Code civil 365 276 276 276 275-277 264 274 363, 364, 372 365 363, 364 364 377-379
Gesetzesverzeichnis
712 Art. 711 Art. 745 Art. 1138 Art. 1142 Art. 1147 Art. 1150 Art. 1151 Art. 1382 Art. 1583 Artt. 2271—2273 Art. 2275
Gesetz vom 21. 3. 1947 Uber verschiedene Vorschriften finanzieller Natur (J. O. S. 2767)
68 365 68 66 66 66 66 379 68 67 67
VO betr. der Frist der Aufhebung gesetzlicher Bestimmungen über die Befreiung von Ausschlußfristen in Zivil-, Handels- und Verwaltungssachen vom 14. 6. 1949 (J. O. S. 5918) 67 Großbritannien
Code de commerce Art. 98 66 Art. 99 66 Art. 108 66, 67 Art. 229 156, 157
Foreign Marriage Act, 27. 6. 1892 (55 & 56 Vict., c. 23) 236 Trading with the Enemy Act, 5. 9. 1939 (2 & 3 Geo. VI, c. 89) 227, 529
Gesetz über die Einführung der französischen Zivilgesetzgebung in den Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle vom 1. 6. 1924 Art. 15 377 Art. 21 377 Staatsangehörigkeitsgesetz 10. 8. 1927 Art. 1 365 Art. 8 247
vom
Gesetz vom 13. 7. 1930 über den Versicherungsvertrag (J. O. S. 8003) 67 VO vom 1. 9. 1939 über die Anmeldepflicht für feindliches Vermögen und dessen Stellung unter Zwangsverwaltung (J. O. S. 11089, 11441) Art. 8 188 Gesetz vom 29. 10. 1940 über Ausschlußfristen in Zivil-, Handels- und Verwaltungssachen und über Vorlegungs- und Protestfristen bei Wertpapieren (J. O. S. 5540) 67 VO vom 5. 10. 1944 über die Anmeldepflicht für feindliches Vermögen und dessen Stellung unter Zwangsverwaltung (J. O. S. 885) Art. 9 188 Staatsangehörigkeitsgesetz (Code de la nationalité française) vom 19. 10. 1945 Art. 34 365 VO Uber die Verkündung des Pariser Abkommens betr. die Reparationen von Deutschland vom 5. 3. 1946 (J. O. S. 2136) 43
Companies Act, 30. 6. 1948 (11 & 12 Geo. VI, c. 38) 182 British Nationality Act, 30. 7. 1948 (11 & 12 Geo. VI, c. 56) 273 Distribution of German Enemy Property Act, 16. 12. 1949 (12, 13 & 14 Geo. VI, c. 85) 645 Adoption Act, 28. 7. 1950 (14 Geo. VI, c. 26) 436 Griechenland Zivilgesetzbuch vom 15. 3. 1940 Art. 19 380 Art. 127 381 Art. 1354 249 Art. 1367 249, 278 Art. 1371 249, 278 Art. 1372 249 Art. 1376 249 Art. 1465 381, 382 Art. 1532 380 Art. 1540 380, 381 Art. 1541 381, 382 Art. 1543 381, 382 Art. 1545—1547 381, 382 Italien Codice civile von 1865 Art. 100 245 Art. 166 340 Staatsangehörigkeitsgesetz vom 13. 6. 1912 in der Fassung vom 4. 4. 1935 338 Art. 10 251, 280, 282, 283, 285, 286
Gesetzesverzeichnis Codice di procedura civile vom 28. 10.1940 Art. 59 Art. 98 Art. 797
621 555—557 251
Codice civile vom 16. 3. 1942 178 23 178 29 82 285 84 ff. 284 86 244 106 283, 285 115 245, 250, 283, 284, 285 Art. 117 284, 285 Art. 124 251 Art. 148 286 Art. 149 244, 282 Art. 150 283 Artt. 150—158 282 Art. 231 342 Art. 232 342 Art. 235 339 Art. 244 339, 340 Art. 248 339, 342 Art. 252 426, 427 Art. 260 427 Art. 262 375 Art. 269 18 Art. 270 18 Art. 566 178 Art. 718 178 Art. 1292 178 Art. 1341 178 Art. 2964 342 Art. 2969 340 Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.
Disposizioni preliminari zum Codice civile von 1942 Art. 17 18 Art. 20 18 Art. 26 244, 250, 285 Dekret mit Gesetzeskraft vom 24. 12. 1944 (Fristverlängerung) 341
Ehegrundgesetz vom 3. 4. 1946 (i. d. F. des Gesetzes vom 28.4.1948) (Sluzbeni 253, 350 List vom 9. 4. 1946 Nr. 29) Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.
13 56 57 59 62 75 96
254 288—290, 292 293—295 291 292 254
293,
294
Dekret mit Gesetzeskraft vom 23. 10. 1946 über die Außerkraftsetzung der Rechtsvorschriften, die am 6. 4. 1941 in Kraft waren (Sluzbeni List vom 25. 10. 1946) 253, 294, 681 Litauen Staatsangehörigkeitsgesetz vom 5. 8. 1939 297 Luxemburg Code civil Artt. 1289—1299 Art. 1382 Art. 1383 Artt. 1689—1701 Art. 1690 Art. 2011 Art. 2013 Art. 2021 Art. 2029
146 136, 139, 140 136, 139, 140 140 141 145 145 145 145
Code de commerce Artt. 91—95
142
Gesetz vom 29.2.1872 über das Pfandrecht Art. 2 Art. 5 Art. 10
Jugoslawien Gesetz Uber die Staatsangehörigkeit vom 23. 8. 1945 (i. d . F . der Gesetze vom 1. 7. 1946, 6. 12. 1947, 16. 10. 1948 und 4. 12. 1948) 288 Art. 15 294 Art. 16 290, 294 Artt. 16 ff. 681 Art. 19 294 Art. 22 294 Art. 35 287, 288, 293, 294, 376
713
143 142, 143 142, 143 Niederlande
Burgerlijk Wetboek vom 10. 4. 1838 Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.
158 162 163 165 174 176 202 241 264
264 264 601 601 263, 265, 267, 268 265, 267, 268 263 263 266, 300, 301
Gesetzesverzeichnis
714 Art. 268 264 300 Art. 271 Art. 327 (i. F. Ges. vom 10. 7. 12, 366, 367 Art. 335 12 Art. 355 (i. F. Ges. vom 10. 7. 367 Art. 470 (i. F. Ges vom 10. 7. 264 Art. 937 458, 459 457 Art. 978 457 Art. 985 Art. 986 457 457 Art. 991 Art. 1104 472 Art. 1105 472 472 Art. 1105 Art. 1106 473 472 Art. 1107 537 Art. 1302
Wetboek van burgerlijke Rechtsvordering Art. 56 264 Gesetz Uber die niederländische Staatsangehörigkeit und Eingesessenheit vom 12. 12. 1892 in der Fassung vom 6. 8. 1949 Art. 4 678 Urheberrechtsgesetz vom 23. 9. 1912 Art. 2 536, 538 Handelsgesetzbuch Zweites Buch (in der Fassung der Gesetze vom 24. 11. 1924 und vom 10. 6. 1926) Art. 518 n
156
Devisenbeschluß vom 10. 10. 1945 471 (Staatsblad Nr. F 222) Art. 14 470, 473 Art. 30 470 Beschluß Uber die Eheschließung mit feindlichen Staatsangehörigen v. 17.11. 194^ (Staatsblad Nr. F 278) § 2 299 Österreich Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch von 1811 391, 404 § 141 616, 659 § H2
§ 152 § 163 §§ 163 ff. § 165 § 166 § 167 §§ 172 ff. § 269 § 270 § 271 § 300 §§ 329 ff. §§ 364—364 b § 367 § 368 § 731 § 732 § 819 § 1042 § 1237 § 1293 § 1294 § 1295 § 1297 § 1305 §§ 1306 fr. § 1480 § 1481 S 1501
358 383, bis 406, 386, 403 385, bis 403, 403 358 358 358 358 220, 11 109 11 11 178 178 220 396 261 108 108, 108, 109, 108 108 405, 405 412
387, 389, 392 395, 400, 404, 407 391, 402, 414 387, 389, 391 393, 395, 400, 404, 410, 411
468
109 111 111 412
Das allgemeine Strafgesetz vom 27. 5. 1852 § 58 672 Forstgesetz vom 3. 12.1852
109
Gesetz Uber das gerichtliche Verfahren in Hechtsangelegenheiten außer Streitsachen vom 9. 8. 1854 219 Gesetz vom 1. 8. 1895 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm) § 66 660 § 70 611 § 71 660 § 76 611 § 109 660 § 111 660 Exekutionsordnung vom 27. 5. 1896 8 1 623
Gesetzesverzeichnis Gesetz vom 11.1. 1897 betr. den Schutz von Erfindungen (Patentgesetz) § 85 a 485 Verordnung über die Entmündigung vom 28. 6. 1916 448 Bundesgesetz vom 30. 7.1925 über den Erwerb und den Verlust der Landesund Bundesbürgerschaft (BGBl. Nr. 285) 648 § 5 Bundesgesetz vom 13. 7. 1928 (BGBl. Nr. 194) Uber die Erweiterung des Wirkungskreises der Berufsvormundschaften § 3 623 Gesetz vom 10. 5. 1945 über die Bestellung von öffentlichen Verwaltern und öffentlichen Aufsichtspersonen (Verwaltergesetz) (StGBl. Nr. 9) 88 Gesetz vom 10. 7. 1945 über die Uberleitung in die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsüberleitungsgesetz) (StGBl. Nr. 59) 384, 609, 610, 648, 649, 653, 664, 668 § 1 609, 650, 654, 655, 658, 659, 662, 666, 670, 671 Gesetz vom 10. 7. 1945 über den Erwerb und Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz) (StGBl. Nr. 60) § 3 654 § 4 610 Bundesgesetz vom 26. 7. 1946 über die Bestellung von öffentlichen Verwaltern und öffentlichen Aufsichtspersonen (Verwaltergesetz) (BGBl. Nr. 157) §2
88
§6
88
§3 §5
88 88
Bundesverfassungsgesetz vom 6. 2. 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten (BGBl. No. 25) in der Fassung der Kundmachung vom 4. 11. 1949 (BGBl. No. 276) 671, 672 § 24 675 § 94 641
715 Polen
Ehegesetz vom 16. 3. 1836 Art. 14 256 Art. 15 256
248
Staatsangehörigkeitsgesetz vom 20. 1. 1920 Art. 7 203 Dekret betr. das Eherecht vom 23. 9. 1945 (Dziennlk Vstaw Nr. 48 Pos. 270) 248, 338 Dekret betr. das Familienrecht vom 22. 1. 1946 (Dziennlk Vstaw Nr. 6 Pos. 52) Art. 4 15 Art. 17 16 Art. 47 15 Art. 56 15 Dekret vom 13. 9. 1946 betr. den Ausschluß von Personen deutscher Nationalität aus der polnischen Volksgemeinschaft (Dziennlk Ustaw Nr. 55 Pos. 310) i. d. F. vom 28. 10. 1947 347 Gesetz über das Familienrecht vom 27. 6. 1950 (Dziennlk Vstaw Nr. 34) 342 Staatsangehörigkeitsgesetz vom 8. 1. 1951 (Dziennlk Vstaw Nr. 4 Pos. 25) Art. 4 682, 683 Rumänien Zivilgesetzbuch von 1864 Art. 211 Artt. 211—215 Art. 212 Art. 214 Artt. 254—276 Art. 307
304 306 304 302, 303 303 431
Gesetz über den Erwerb und den Verlust der rumänischen Staatsbürgerschaft vom 23. 2. 1924 Art. 1 430 Art. 2 430 Verfassung vom 27. 2. 1938 Art. 9 430 Gesetz vom 19. 4. 1938 über die Aberkennung der rumänischen Staatsangehörigkeit 430
Gesetzesverzeichnis
716
Gesetz vom 14. 6. 1938 Uber die Aberkennung der rumänischen Staatsangehörigkeit 430 Staatsangehörigkeitsgesetz vom 20. 1. 1939 i. d. F. des Gesetzes vom 27. 7. 1939, 20. 10. 1939 und 29. 5. 1947 302 Art. 4 431 Art. 26 430 Art. 41 430 Art. 46 430 Gesetz Nr. 261 vom 2. 4. 1945 über die Staatsangehörigkeit in Nordsiebenbürgen 325 Gesetz Nr. 162 vom 30. 5. 1947 zur Regelung der Staatsangehörigkeit 325, 326 Dekret Nr. 125 betreffend die rumänische Staatsangehörigkeit vom 7. 7. 1948 (Abi. Nr. 154) 302, 305, 325 Gesetz vom 1. 4. 1949 (Änderung des Art. 307 ZGB) 430,431 Schweiz Bundesverfassung vom 29. 5. 1874 Art. 59
584
Bundesgesetz betreffend die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter vom 25. 6. 1891 Art. 1 Art. 2 Art. 8 Art. 28 Artt. 28—31 Art. 30 Artt. 32—34
6 6 6, 420 461 6 422 6
Zivilgesetzbuch vom 10. 12. 1907 Art. 59 Art. 101 Art. 302 Art. 303 Art. 324 Art. 325 Art. 368 Artt. 488 ff. Art. 490 Art. 522 Art. 608
6 419 420 420,421 420, 422 421 422 462 462 461, 462 461, 462
Bundesratsbeschluß vom 16. 2. 1945 über die vorläufige Regelung des Zahlungsverkehrs zwischen der Schweiz und Deutschland (Eidg. Gesetzessammlung 61 [1945] Nr. 8) 216 Bundesratsbeschluß vom 29. 5. 1945 (Schweizerisches Handels-Amtsblatt S. 1267) 206 Bundesratsbeschluß vom 3. 7. 1945 (Schweizerisches Handels-Amtsblatt S. 1592) 206 Tschechoslowakei Gesetz vom 22. 5. 1919 betr. Abänderungen der Bestimmungen des Bürgert. Rechts über die Förmlichkeiten des Ehevertrags, die Ehetrennung und die Ehehindernisse (Ehereformgesetz) § 1 242 § 13 a 308, 310, 313 § 13 h 311, 313 § 14 310, 311 § 14a 311 § 14 c 313 Dekret vom 19. 5. 1945 über die nationale Verwaltung der Vermögenswerte der Deutschen (Sammlung der Gesetze und VO 1945 Nr. 5) 9, 10, 592 Verfassungsdekret vom 2. 8.1945 Uber die Regelung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit von Personen deutschen und ungarischen Volkstums (Sammlung der Gesetze und VO 1945 Nr. 33) 260, 312, 327, 594, 646, 652 § 1 308, 644 Dekret vom 20. 10. 1945 Uber die Anmeldung von Einlagen und anderen Geldforderungen bei Geldanstalten wie auch von Lebensversicherungen und Wertpapieren (Sammlung der Gesetze und VO 1945 Nr. 95) 224, 225, 226 Dekret über die Konfiskation des feindlichen Vermögens und Uber die Fonds der nationalen Erneuerung vom 25. 10. 1945 (Sammlung der Gesetze und VO 1945 Nr. 108) 9, 10, 118, 225, 592, 595 § 1 595 § 2 595
Gesetzesverzeichnis Gesetz vom 3. 10. 1946 Uber die Anerkennung von Entscheidungen ausländischer Gerichte oder Behörden in Ehesachen im Bereich der tschechischen Rechtsordnung (Sammlung der Gesetze und VO 1946 Nr. 199) 307 Dekrete Nr. 2088 und Nr. 2092: Bekanntmachungen Uber einige Vorkehrungen nach den §§ 4 und 10 des Dekrets des Präsidenten der Republik vom 24. 10. 1945 (Sammlung Nr. 103) über die Nationalisierung der privaten Versicherungsanstalten (Amtsblatt 1946 S. 2030) vom 20. 11. 1946 119 Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes vom 16. 5. 1946 (Ges. Slg. Nr. 128) Uber die Ungültigkeit einiger vermögensrechtlicher Rechtsgeschäfte aus der Zeit der Unfreiheit sowie Uber die Ansprüche, die sich aus der Ungültigkeit und aus anderen Eingriffen in das Vermögen ergeben (Sammlung der Gesetze und VO 1948 Nr. 79) 226 Gesetz Uber das Familienrecht vom 7. 12. 1949 (Sammlung der Gesetze und VO 1949 Nr. 265) 308, 310 § § § § § §
30 31 32 39 47 55
309, 311—313 312 313 415,416 415 415
Gesetz vom 25. 10. 1950 betr. das Verfahren in Zivilsachen (Sammlung der Gesetze und VO Nr. 142) § 631
559 UdSSR Bundesgesetzgebung
Staatsangehörigkeitsgesetz vom 19. 8. 1938 Art. 4 Art. 5 Art. 7
345 313 345, 373
VO des Obersten Rates vom 6.11.1940 betr. die Einführung der Gesetzbücher der RSFSR in den Baltischen Staaten 297
717
VO des Präsidiums des Obersten Rates vom 8. 7. 1944 über die Erweiterung der staatlichen Hilfe an schwangere Frauen, an kinderreiche und alleinstehende Mütter, über die Verstärkung des Schutzes für Mutter und Kind, Uber die Festsetzung der Ehrenbezeichnung „Mutter-Heldin" und die Gründung des Ordens „Ruhm der Mutter" und der Medaille „Mutter-Medaille" 13, 246, 298, 314, 333, 344, 346, 373 Art. 19 328, 329 Art. 20 14, 343 Dekret vom 15. 2. 1947 betr. das Verbot der Eheschließungen mit Ausländern bestätigt durch das Gesetz des Obersten Rates vom 4. 2. 1949 313, 314 RSFSR Dekret vom 10. 11. 1917 Uber die Abschaffung des Adels 28, 29 VO vom 28. 10. 1921 Uber die Ausbürgerung der Emigranten 29 VO vom 15. 12. 1921 Uber den Verlust der russischen Staatsangehörigkeit durch Emigranten 29 Art. 2
ZPO vom 7. 7. 1923 343
Gesetzbuch betreffend Ehe, Familie und Vormundschaft vom 19. 11. 1926 (Familiengesetzbuch) Ursprüngliche Fassung Art. 25 13 Neufassung vom 16. 4. 1945 Art. 25 343, 346 Art. 27 346 Artt. 28—30 14, 343 Weißrussische SSR Familiengesetzbuch vom 27. 1. 1927 Art. 37 13 Ukrainische SSR Familiengesetzbuch vom 31. 5. 1926 Art. 1 13 Art. 105 328
Gesetzesverzeichnis
718 Ungarn
Gesetz L/1879 über die Staatsangehörigkeit 40, 370 Gesetz XXXI/1894 Uber das Eherecht 318, 319 318, 334 § 76 318 §§ 76—87 318 § 80 316, 334 § 80 a 334 § 80c 318 § 82 318 § 83 40 § 94 282, 319 8 114 VO Nr. 6800/1945 betr. die Ergänzung und Abänderung des Gesetzes XXXI/ 1894 vom 16. 8. 1945 318 § 4
Vereinigte Staaten Amerika
von
Amerikanische Bundesverfassung vom 17. 9. 1787 Art. IV 613 (Zusatz)-Art. XIV § 1 Satz 1 613 Act relative to the Naturalization and Citizenship of married women (22. 9. 1922) (42 Stat. 1021; 8 U. S. C. 367) 320 Nationality Act (14. 10. 1940) (54 Stat. 1172; 8 U. S. C. 501 ff.) § 201 a 613 § 316 446
335
Patentgesetz (35 U. S. C., 1946 ed.)
Gesetz XXIX/1946 Uber die Rechtsstellung der außerehelichgeborenen Kinder 371
§ 32 § 42 b § 44
Gesetz vom 30. 12. 1946 (Ausbürgerung) 36
War Claims Act (3. 7. 1948) (62 Stat. 1240; 50 U. S. C. App. 2001) 227
Gesetz IV/1947 über die Abschaffung der Adelsprädikate vom 14.1.1947 36
Immigration and Nationality Act 1952 (66 Stat. 138; 8 U. S. C. 1101 ff.)
VO 12 200/47 über die Abänderung, Ergänzung und Zusammenfassung der VO 12 330/45 über den Verlust der ungarischen Staatsangehörigkeit der nach Deutschland Umgesiedelten. § 9
317
Gesetz XXVI/1948 Uber die Entziehung der ungarischen Staatsangehörigkeit und die Einziehung des Vermögens von gewissen, sich im Auslände aufhaltenden Personen vom 14. 5. 1948 § § § § §
1 2 3 4 5
370 370, 371 371 371 371
Gesetz LX/1948 vom 24. 12. 1948 über die Staatsangehörigkeit 36, 370 § 3 § 14
319 316
§ 301 a § 303
492 492 492
613 446
New Jersey Adoptionsgesetz (Revised Statutes Tit. 442 9 c. 3) § § § § § § § §
1 2 4 5 6 7 8 9
443 443 443, 446 443 443 443, 444 444 446 New York
Domestic Relations Law (Laws 1909, c. 19) § 70 354 § 81 354
Gesetzesverzeichnis
719
III. Staatsverträge Madrider Abkommen vom 14. 4. 1891 betreffend die internationale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarken, revidiert in Brüssel am 14. 12. 1900, in Washington am 2. 6. 1911, im Haag am 6. 11. 1925 (RGBl. 1928 II 5. 196), in London am 2. 6. 1934 (RGBl. 1937 II S. 608) 542
Abkommen, betreffend den Geltungsbereich der Gesetze in Ansehung der Wirkungen der Ehe auf die Rechte und Pflichten der Ehegatten in ihren persönlichen Beziehungen und auf das Vermögen der Ehegatten (Haager Ehewirkungsabkommen) vom 17. 7. 1905 (RGBl 1912 S. 453) 262
Art. 1 Art. 4 Art. 5
Art. 1 Art. 4
519 543, 544 545
Pariser Verbandsiibereinkunit vom 20. 3. 1883 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Brüssel am 14. 12. 1900, in Washington am 2. 6. 1911, im Haag am 6. 11. 1925 und in London am 2. 6. 1934 (RGBl. 1937 II S. 583) 487, 492 Art. 2
480, 481, 503, 519, 524 518, 519 502
Art. 3 Art. 4
Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst vom 9. 9. 1886, revidiert in Berlin am 13. 11. 1908 und in Rom am 2. 6. 1928 (RGBl. 1933 II, S. 889) Art. 4 Art. 6 Art. 13
535, 541 536 532, 533
Abkommen zur Regelung der Vormundschaft Uber Minderjährige vom 12. 6. 1902 (Haager Vormundschaftsabkommen) (RGBl. 1904 S. 240) Art. 1 Art. 2
422 422
264, 267 263, 265, 632
Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (Haager Landkriegsordnung) vom 18. 10. 1907 (RGBl. 1910 S. 107) 168 Art. 23 Art. 46
165 165
Bekanntmachung betreffend die im Anschluß an das Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. 7. 1905 von Deutschland mit der Schweiz zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs getroffene Vereinbarung vom 7. 5. 1910 (RGBl. 1910 S. 674) 627, 629 Versailler Vertrag vom 28. 6. 1919 Art. 286 Art. 306
480 480
Vertrag von St. Germain vom 10. 8. 1919 Art. 70
642
Staatsangehörigkeitsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und der tschechoslowakischen Republik vom 29. 6. 1920 (RGBl. 1920 II S. 2284) 649
Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung (Haager Eheschließungsabkommen) vom 12. 6. 1902 (RGBl. 1904 S. 221)
Deutsch-chinesische Vereinbarungen über die Wiederherstellung des Friedenszustandes vom 20. 5. 1921 (RGBl. 1921 S. 831) 57, 59
Art. 5
Deutsch-chinesisches Übereinkommen vom 20. 5. 1921 (RGBl. 1921 S. 833) 57, 59
237
Abkommen über den Zivilprozeß (Haager Zivilprozeßabkommen) vom 17. 7. 1905 (RGBl. 1909 S. 40) 551, 558, 559, 629, 630 Art. 1 Art. 8 Art. 17
ff.
626, 627 627 554, 557
Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der tschechoslowakischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe in bürgerlichen Angelegenheiten vom 20. 1. 1923 (RGBl. 1923 II S. 57) 559
Gesetzes Verzeichnis
720
Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich vom 21. 6. 1923 (Gesetz vom 6. 3. 1924, RGBl. 1924 II S. 55) 619 Art. Art. Art. Art.
24 26 27 28
617 617 617 617
Deutsch-polnisches Abkommen Uber Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 30. 8. 1924 (RGBl. 1925 II S. 33) 649 Nachlaßabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Osterreich vom 5. 2. 1927 (RGBl. 1927 II S. 505) 220 § 18
464, 465
Erklärung des Deutschen Reichs und Frankreichs wegen Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden und Erledigung von Rechtshilfeersuchen in Zivil- und Handelssachen vom 5. 10. 1927 (RGBl. 1927 II S. 892) 558 Abkommen über gewisse Fragen des internationalen Staatsangehörigkeitsrechts vom 12. 4. 1930 (Haager-Staatsangehörigkeitsabkommen) 644, 666 Art. 3
384
Convention du 28 octobre 1933 relatif au Statut international des réfugiés 519 Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien Uber die Anerkennung und Voilstrekkung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9. 3. 1936 (RGBl. 1937 II S. 145) Art. 3
285
Deutsch-österreichisches vom 11. 7. 1936
Abkommen 176
Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der tschechoslowakischen Republik Uber Staatsangehörigkeits- und Optionsf ragen vom 20. 11. 1938 (RGBl. 1938 II S. 895) 545, 593 643 642
Deutsch-ungarisches Abkommen vom 1. 9. 1941 über Mitteilung und Ersuchen auf dem Gebiet des Personenstandswesens (RGBl. II 1942 S. 355) 39 Art. 7 37 Sowjet-polnisches Abkommen über den Wechsel der Staatsangehörigkeit und Uber die Repatriierung vom 7. 7. 1945 331 Art. 6
682
Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945 10 Pariser Abkommen über Reparationen von Deutschland, über die Errichtung einer interalliierten Reparationsagentur und über die RUckgabe von Münzgold vom 14. 1. 1946 Art. 2 a Art. 2 c
42, 43 43
Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und den die Besatzungszonen der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreiches in Deutschland vertretenden Militärgouverneuren der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreiches in Deutschland vom 14. 7. 1948 73 Deutsch-schweizerisches Abkommen vom 2.11. 1950 über die Verlängerung von Prioritätsfristen auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes Art. 1 Art. 2
487 487
Vertrag Uber die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. 4. 1951 (BGBl. 1952 II S. 447) Art. 4 Art. 65 Art. 66
588 587—591 589
Bekanntmachung Uber die Wiederanwendung deutsch-niederländischer Vorkriegsverträge vom 29. 2. 1952 (BGBl. 1952 II S. 435) 551
Gesetzesverzeichnis Bekanntmachung Uber die Wiederanwendung des Haager Zivilprozeßabkommens vom 17. 7. 1905 im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Belgien vom 25. 8. 1952 (BGBl. 1952 II S. 728) 554 Bekanntmachung Uber die Wiederanwendung deutsch-italienischer Vorkriegsverträge vom 23.12.1952 (BGBl. 1952 II S. 986) 285 Ziff. 3
46
557
Intern. Privatrecht 1952 und 1953
721
Abkommen Uber deutsche Auslandsschulden (Londoner Schuldenabkommen) vom 27. 2. 1953 (BGBl. 1953 II S. 333) Art. 3 104 Art. 4 68, 104 Art. 5 104 Art. 37 68 Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 23. 10. 1954 (BGBl. 1955 II S. 405) Teil VI Art. 3 87
V E R Z E I C H N I S DER GERICHTSENTSCHEIDUNGEN Die Zahlen verweisen auf die Nummern der Entscheidungen U. = Urteil, B. = Beschluß, E. = Entscheidung, ZU. = Zwischenurteil
Obergerichte Bundesverfassungsgericht 28. 5. 1952 B. 1 BvR
213/51
12.12. 1952 B. 1 BvR
674/52
30. 1.1953 U. 1 BvR
648/52
BVerfGE 1, 322; N J W 5 (1952) 777; JZ 7 (1952) 414; DVB1. 67 (1952) 499; Clunet 81 (1954) 844; Rev.crit. 42 (1953) 91 316a BVerfGE 2, 98; DÖV6 (1953) 566; Clunet 81 (1954) 848 . . 361b BVerfGE 2, 115; N J W 6 (1953) 497; StAZ 6 (1953) 131; DÖV 6 (1953) 566 . . . 318d
Bundesgerichtshof 20. 5.1952 U. I ZR
140/51
18. 11. 1952 B. I ZR
218/52
15. 1. 1953 U. IV ZR 29. 1.1953 U. IV ZR
67/52 201/51
11. 2. 1953 U. II ZR
51/52
8. 4. 1953 U. II ZR 14. 4.1953 U. I ZR
166/52 152/52
11. 5. 1953 U. IV ZR 25. 6. 1953 U. IV ZR 6. 10. 1953 U. I ZR
10/53 135/51 220/52
BGHZ 6, 127; N J W 5 (1952) 1134; BB 7 (1952) 787; ZZP 66 (1953) 144 42 N J W 6 (1953) 222; ZZP 66 (1953) 144 296 JZ 8 (1953) 728 12 BGIIZ 8, 378; NJW 6 (1953) 545; JZ 8 (1953) 274; JR 7 (1953) 179; DVB1. 68 (1953) 245 294 BGHZ 9, 34; NJW 6 (1953) 542; Veröff. d. BAufsA. f ü r das Vers. u. Bausparwesen 2 (1953) 83 37 N J W 6 (1953) 863 282 BGHZ 9, 221; N J W 6 (1953) 1140; Verkehrsrechtssammlung 1953, 437 Nr. 241; MDR 7 (1953) 478 40 JZ 9 (1954) 244 305 Ungedruckt 298 GRUR 56 (1954) III; BlfPMZ 56 (1954) 53; MittBl. 1954, 37 242
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen 23.10.1953 U. I ZR 6. 11. 1953 U. I ZR
106/52 97/52
13.11.1953 U. I ZR
140/52
17.12.1953 U. IV ZR
114/53
29.12. 1953 U. 4 ARs.
47/53
723
N J W 7 (1954) 31 32 GRUR 56 (1954) 216; BGHZ 11, 175; BlfPMZ 56 (1954) 157; LM Nr. 1 zu § 22a LUG; N J W 7 (1954) 305 . . 267 BGHZ 11,80; N J W 7 (1954) 229 41 BB 9 (1954) 242, 246; GmbH Rdsch. 45 (1954) 74; Betrieb 7 (1954) 231 20 N J W 7 (1954) 510; StAZ 7 (1954) 222 318e
Deutsches Patentamt 20. 2. 1952 E. Pat. 655 254 - l a B 3/51 8. 3. 1952 E. Pat. 530 385 17. 5. 1952 E. Pat. 635 649 7.10.1952 E. B 17 216 X/70b -r l a B 611/52 30.10. 1952 E. Pat. 598 125 - l a B 45/51 5. 12. 1952 E. Pat. 657 872 9.12.1952 E. E 4058 I a/46f - 1 B 105/52 8. 1. 1953 E. Pat. 692 766 - l a B 12/52 4. 2. 1953 E. G 7591 IV d/120 - 1 B 133/52 14. 2. 1953 E. R 7547 II/63k - l a B 780/52 20. 3.1953 E. K 7312 VIII c/21f - l a B 651/52 23. 3.1953 E. Pat. 509 656 - l a B 298/52 11. 4. 1953 E. Pat. 660 273 - l a B 311/52 11. 4.1953 E. S 1138 IV b/12d - l a B 574/52 24. 4. 1953 B. Gm. 1 605 298 Lö. 1/52 27. 5. 1953 E. E 5434 VII/8h 28. 5. 1953 E. Wz. 424 251 - l a B 393/53
46 '
GRUR 54 (1952) 396; BlfPMZ 54 (1952) 189 BlfPMZ 54 (1952) 188 . . . GRUR 54 (1952) 398; BlfPMZ 54 (1952) 190 GRUR 55 (1953) 88; BlfPMZ 54 (1952) 435 GRUR 55 (1953) 89; BlfPMZ 54 (1952) 476 GRUR55 (1953) 170:BlfPMZ 55(1953)87
248 247 246 249 250 251
GRUR55 (1953) 125;BlfPMZ 55 (1953) 57
245
GRUR 55 (1953) 287 . . .
.
252
GRUR 55 (1953) 169;BlfPMZ 55 (1953) 86
253
GRUR 55 (1953) 171; BlfPMZ 55 (1953) 88
254
GRUR 55 (1953) 250; BlfPMZ 55 (1953) 180
255
GRUR 55 (1953) 250; BlfPMZ 55 (1953) 181
256
GRUR 55 (1953) 444 . . .
.
257
GRUR 55 (1953) 288; BlfPMZ 55 (1953) 263
258
BlfPMZ 55 (1953) 381 . . . GRUR 55 (1953) 389;BlfPMZ 55 (1953) 262; MittBl. 1953, 69 GRUR 55 (1953) 397;BlfPMZ 55 (1953) 264
281 244 266
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
724
29. 5. 1953 E. Pat. 704 440 - la B 372/52 13. 6. 1953 E. p 3101 VI b/80a B - l a ß 679/52 17. 6. 1953 E. D 6550 II/20a - la B 776/52 18. 6. 1953 E. Pat. 719 935 - l a ß 98/51 21. 7. 1953 E. Pat. 755 571 - la B 373/52 25. 7. 1953 E. Pat. 510 359 5. 11. 1953 E. A 1834 IV b/55b - 1 B 171/52 16. 11.1953 E. 18. 11. 1953 E. R 3443 I a/46a 2 - la B 400/53
GRUR 55 (1953) 390; BlfPMZ 55 (1953) 265
259
GRUR 55 (1953) 391; BlfPMZ 55 (1953) 347
260
GRUR 55 (1953) 483; BlfPMZ 55 (1953) 377
261
GRUR55 (1953) 445; Blf PMZ 55 (1953) 348
262
GRUR 56 (1954) 65; BlfPMZ 55 (1953) 349 GRUR 55 (1953) 485 . . . .
263 264
GRUR 56 (1954) 6); BlfPMZ 56 (1954) 16 BlfPMZ 56 (1954) 20 . . .
243 313
GRUR 56 (1954) 26; BlfPMZ 55 (1953) 422
265
Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik 30.10.1953 U. lZz
114/53
NJ 7 (1953) 734
129
Bayerisches Oberstes Landesgericht 16. 1. 1950 B. IV 21. 3. 1952 B . I I 31. 10. 18.11. 28. 11. 9. 12. 12. 12. 20. 3. 24. 8.
1952 1952 1952 1952 1952 1953 1953
B. B. B. B. B. B. B.
2/50 84/51
UBR 26/52 1Z 132/52 1Z 214/52 2Z 192/52 1Z 247/52 BReg. 2 Z 2/53 1Z 108/53
2. 10.1953 B. BReg. 1 Z 162/52
HEZ 3, 90 231 BayObLGZ 1952, 74; N J W 5 (1952) 788; JZ 7 (1952) 273; Clunet 81 (1954) 968 . . . . 317 BayObLGZ 1952, 275 . . . 330 N J W 6 (1953) 626 185 Ungedruckt 191 Ungedruckt 229 JZ 9 (1954) 441 115 BayObLGZ 1953, 102 . . . 175 BayObLGZ 1953, 289; J F 3 (1954) 28; JR 8 (1954) 145 . 233 BayObLGZ 1953, 323; NJW 7 (1954) 350; MDR 8 (1954) 107 222
Kammergericht West 5. 30. 23. 27.
11.1951 4.1952 5. 1952 11. 1952
B. U. B. B.
1W 3W 2W 1W
1648/51 440/52 2820/51 3409/52
15. 1. 1953 B. 1W
4189/52
3. 2. 1953 E. 15/3W 17. 2. 1953 B. 2W
3685/52 379/53
Ungedruckt NJW/RzW 3 (1952) 381 . . WM 6 (1952) 472 GRUR 56 (1954) 224; BlfPMZ 56 (1954) 447; MDR 8 (1954) 485 MDR 7 (1953) 553; JR 8 (1954) 186; DNotZ 1953, 406 NJW/RzW 4 (1953) 124 . . WM 7 (1953) 277
14 43 85 311 237 49 76
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen 13. 6. 29. 23.
3. 1953 5. 1953 5.1953 4. 1953
U. B. B. B.
SU 2459/52 15/3W 3239/52 6W 924/53 1W 3/53
725
DevRdsch. 3 (1953) 169 . . NJW/RzW 4 (1953) 220 . . HuW 8 (1953) 292 NJ 7 (1953) 503
29 69 94 326
Oberlandesgerichte Bamberg 31. 10.1952 U. 2U
22/51
Ungedruckt
88/53
NdsRpfl. 7 (1953) 200 . .
102
Braunschweig 12. 5. 1953 B. 2W
.
285
Bremen 25. 7. 1952 U. 1U 15. 5.1953 U. 1U 17. 12.1953 B. 1W
211/52 484/52 363/53
Ungedruckt Ungedruckt N J W 7 (1954) 761
291 25 329
Celle 28. 4. 1952 U. 2W 13. 2. 1953 B. 4W 16. 3.1953 B. 1W
NJW/RzW 3 (1952) 243 . . N J W 6 (1953) 1719 . . . . NdsRpfl. 7 (1953) 109; MDR 7 (1953) 488 NJW 6 (1953) 1831 . . . .
127 24
B. 9W 42/52 B. 11U 5/52 B. 6WWp 51/52 ZU. 6U 3/52 B. 6WWp 251-252/52 U. 2U 243/52
Ungedruckt NJW 5 (1952) 830 WM 6 (1952) 451 Ungedruckt WM 7 (1953) 212 GRUR 55 (1953) 527 . . .
116 276 83 279 90 270
B. B. U. B. B. B. B. B. B. U. B.
WM 6 (1952) 438 84 WM 6 (1952) 652 86 JZ 9 (1954) 43 NJW/RzW 4 (1953) 97 . . . 63 NJW/RzW 4 (1953) 129 . . 64 NJW 5 (1952) 1338 . . . . 328 NJW/RzW 4 (1953) 225 . . 61 N J W 6 (1953) 1567 . . . . 318c DVB1. 68 (1953) 669 . . . . 318 NJW/RzW 4 (1953) 347 . . 62 N J W 7 (1954) 111; RabelsZ 19 (1954) 554 238 NJW/RzW 4 (1953) 281 . . 60 DAvorm. XXVI (1953) 187; StAZ 6 (1953) 253 224
18. 9.1953 B. 4W
77/52 (RG) 52/53 56/53 318/53
65 1
Dusseldorf 25. 28. 31. 8. 20. 12.
4. 1952 5.1952 5. 1952 1. 1953 2.1953 6.1953
.
Frankfurt 9. 28. 23. 24. 24. 28. 13. 2. 10. 19. 2.
5. 1952 8. 1952 9. 1952 10.1952 10. 1952 10. 1952 3.1953 6.1953 6. 1953 6. 1953 7.1953
6W 6W 1U 2W 2W 6W 2W Ausl. 3W 2W 6W
114/52 433/52 225/52 75/52 36/52 477/52 570/52 1/53 62/53 428/52 616/52
17. 7. 1953 B. 2W 15. 8. 1953 B. l W x
427/51 36/53
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
726 Hamburg 8. 3. 1952 3. 10. 1952 11.11. 1952 3. 2. 1953 16. 6. 1953 10. 7. 1953 22. 10.1953 30. 12.1953
B. U. B. U. B. U. B. U.
3WW 5U 1W 1U 104 6WW 1U 2W 4U
23/52 20/52 218/52 (108)/53 30/52 56/53 293/52 167/53
WM 6 (1952) 269 GRUR 55 (1953) 177 . . . MDR 7 (1953) 109 VR 4 (1953) 226 WM 7 (1953) 539 MDR 7 (1953) 684 NJW 7 (1954) 233 Ungedruckt
B. U. B. U. B. U. B.
7W 8U 3W 13RW 15W 13RW 4W
131/52 241/51 100/53 107/53 372/53 298/53 279/53
Ungedruckt Ungedruckt JMB1.NW 7 (1953) 247 . . NJW/RzW 4 (1953) 359 . JMB1.NW 8 (1954) 18 . . NJW/RzW 5 (1954) 41 . . Ungedruckt
E. E. B. B.
3UR 3Wr 1W Wr
109/51 71/52 400/52 128/52
NJW/RzW 3 (1952) 249 . . NJW/RzW 4 (1953) 25 . . . MDR 7 (1953) 371 NJW/RzW4 (1953) 266 . .
45a 55 324 56
5. 3. 1952 U. 7RW 30. 7.1952 U. 6U
54/51 43/52
327
28. 1.1953 E. 7RW
249/52
NJW/RzW 3 (1952) 181 . . NJW 5 (1952) 1420; B B 7 (1952) 815 NJW/RzW 4 (1953) 109 . .
.
82 269 286 36 93 283 275 21
Hamm 21. 27. 18. 14. 30. 15. 22.
3. 1952 10. 1952 6. 1953 8. 1953 11.1953 12. 1953 12.1953
. . . .
316 178 301 59 186 57 128
Koblenz 17. 6. 1952 7.11.1952 11.11. 1952 5. 1.1953 Köln
307 54
München 21. 8. 25. 20. 29. 6. 15. 15.
7. 1951 10.1951 2.1952 5. 1952 7. 1952 10. 1952 4. 1953 5.1953
E. U. U. U. B. B. U. B.
Wi 193/51 5U 511/51 6U 133/51 5U 1566/51 Wi 203/52 2WBSch 139 6U 769/52 7U 584/53
15. 5.1953 B. W - E G 1. 9.1953 B. Wi
142/52 160/53
NJW/RzW 2 (1951) 319 . . 53 Ungedruckt 154 GRUR 55 (1953) 302 . . . . 268 Ungedruckt 120b NJW/RzW 4 (1953) 6 . . . 52 WM 6 (1952) 741 87 MDR 7 (1953) 552 34 N J W 6 (1953) 906; BayJMB1. 1953, 178; MDR 7 (1953) 490 5 NJW/RzW 4 (1953) 286 . . 51 NJW/RzW 4 (1953) 319 . . 274
Neustadt 29. 2.1952 B. 3W 29. 10. 1952 B. RE 16. 1. 1953 U. 1U
69/51 3/52 70/52
Ungedruckt MDR 7 (1953) 181 VR 4 (1953) 200
234 323 325
Ungedruckt Ungedruckt
277 125
Nürnberg 2. 2. 1950 B. 1W 13. 7. 1950 B. 2W
17/50 240/50
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen 19. 9.1951 B. 1W 25. 2.1953 U. 3U
125/51 285/52
Ungedruckt Ungedruckt
1W W 3U 3W
80/51 1/53 10/53 62/53
SaarlRStZ SaarlRStZ SaarlRStZ SaarlRStZ
25. 3.1952 E. 4W 21 1. 1953 B. und 7. 4. 1953 U. 2U
727 278 280
Saarbrücken 7. 24. 22. 9.
3. 1952 3.1953 7. 1953 12.1953
B. B. U. B.
4 5 5 6
(1952) (1953) (1953) (1954)
59 24 92 41
. . . .
. . . .
. . . .
308 22 39 288
259/51
NJW/RzW 3 (1952) 237 . .
47
172/52
Sehl HA 200 (1953) 205 . .
Schleswig
.
2
Stuttgart 30. 1. 1952 B. 4WPB 19 29. 2.1952 U. II RestS. 1797 (331) Sen. 124 272/51 19. 5. 1952 U. IV U 474/52 28.10.1952 B. 3W 4. 3. 1953 U. 1U 154/52 28. 8. 1953 B. 2W 72/53 1. 10. 1953 U. 5U 94/53
WM 6 (1952) 410
80
NJW/RzW 3 (1952) 161 . . 46 NJW 5 (1952) 831 295 NJW 6 (1953) 146 97 ZZP 66 (1953) 444 292b N J W 6 (1953) 1552 . . . . 299 N J W 7 (1954) 643; MDR 8 (1954) 105 23
Tübingen 24. 6. 1953 B. GR
13/53
StAZ 6 (1953) 233
13
Landgerichte Arnberg 5. 4. 1950 16. 6.1950 29.11.1950 12. 9. 1951 22.10. 1952
U. U. U. U. U.
1R 1R 2R 2R 2R
335/47 168/50 249/50 481/50 456/50
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt
145 168 156 172 143
15. 3. 1950 U. 3R 7. 6. 1950 U. R
421/49 489/49
Ungedruckt Ungedruckt
122 131
308/49 15/51 249/51
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt
319 110 38
239/49 37/50
Ungedruckt Ungedruckt
110a 173
Ansbach
AschafFenburg 19. 4.1951 U. R 5. 6. 1952 U. 2R 7. 7.1953 U. O Augsburg 28.10.1949 B. 2R 6. 7. 1950 U. 1R
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
728 3. 12.1951 18. 12. 1951 28. 1. 1952 22. 9. 1952 7. 10. 1952 10. 12.1952 22. 12. 1952 2. 6. 1953 24. 9. 1953 29. 9. 1953
U. U. U. U. U. U. U. U. U. U.
2R 3R 2R 3R 3R 3R 3R 3R 3R 3R
356/51 520/50 536/50 417/51 433/49 145/52 85/52 5/53 25/53 272/52
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt
99 118 148 150 124 151 304 133 142 322
B. U. U. U.
OH R 2R 1R
264/49 376/48 439/50 409/50
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt
144 146 103 162
14. 11. 1949 U. R 16 9. 1950 B. 3 0 H 3. 11. 1950 U. 2R 1.12. 1950 U. 2bR 4. 5. 1951 U. 2bR 16. 11. 1951 U. 2bK 4. 4. 1952 B. SH
80/50 164/49 293/50 95/50 454/50 192/51 11/52
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt
134 188 170 177 138 132 216
480/51 759/51 437/51
N J W 5 (1952) 1379 . . . . Ungedruckt DAvorm. XXVII (1954) 69 .
204 232 209
902/51
Ungedruckt
197
Bamberg 3. 4. 4. 21.
8. 1950 9. 1950 5.1951 5. 1951
Bayreuth
Berlin 12. 7. 1952 U. 29S 24. 10. 1952 B. 24T 25. 8. 1953 U. 73S Bonn 23. 1. 1952 B. 4T Braunschweig 11. 7.1952 U. 3 0
67/51
VR 3 (1952) 345
67
4/52
Ungedruckt
28
718/47 537/48
Ungedruckt Ungedruckt
183 140
69/50 195/50
Ungedruckt Ungedruckt
163 147
381/52
DAvorm. XXVI (1953) 117 .
206
Bremen 8. 10. 1952 U. 3S Coburg 8. 8. 1950 U. R 11. 8. 1950 U. R Deggendorf 30. 10. 1950 U. R 2. 4. 1951 U. R Duisburg 17. 6. 1953 U. 4S
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
729
Düsseldorf 31. 1. 1952 B. 12 c KWpR 1425 und 1426 13. 6. 1952 U. 13S 421/51 20. 6. 1952 U. 13S 24. 10. 1952 U. 13S
163/52 124/51
11.11. 1952 B. 12 c KWpR 2598/2599 9. 7. 1953 U. 4 0 279/52 209/53 27.11. 1953 U. 13S
WM 6 (1952) 192 MDR 6 (1952) 624; Clunet 81 (1954) 1006 MDR 6 (1952) 623 MDR 7 (1953) 236; DA vorm. XXVI (1953) 119 WM 6 (1952) 781 W u W 4 (1954) 463 . . . . Zentralblatt JgdR. JgdW o h l f a h r t 4 1 (1954) 115 . .
81 203 114 207 88 26a 190
Erfurt 9. 10. 1953 U. S
409/53
DAvorm. XXVII (1954) 183 .
210
148/52 527/52
Ungedruckt Ungedruckt
98 321
105/51
MDR 7 (1953) 298; Revue critique de d. i. p. 42 (1953) 792
Essen 4. 7. 1952 U. 3R 24. 3. 1953 U. 3R Flensburg 17. 12. 1952 U. 5S
4
Frankfurt/M. 28. 2.1952 U. 2/7R 6.12. 1953 B. 2/9T
277/51 107/53
N J W 5 (1952) 1380 . . . . StAZ 7 (1954) 156; DAvorm. XXVII (1954) 45
126 7
Hagen 2. 12. 1952 B. KWpR b 2321
WM 7 (1953) 340
75
Hamburg 18. 1. 15. 5. 4.12. 22. 6. 7.10.
1952 1952 1952 1953 1953
U. U. B. U. B.
80 270 IT 620 IT
362/51 277/51 417/52 83/51 384/52
Ungedruckt GRUR 55 (1953) 136 . . . Ungedruckt Ungedruckt StAZ 7 (1954) 111
.
27 271 241 26 15
Hannover 1. 2. 1952 B. 30WK
47/519 und 520
WM 6 (1952) 210
79
Hechingen 5. 2. 1952 U. R 18. 11. 1952 U. IS
14/51 56/52
Ungedruckt DAvorm. XXVI (1953) 61 .
302 205
Ungedruckt
223
Heidelberg 28. 2. 1952 U. 2R
320/50
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
730 Heilbronn
9. 7. 1952 U. III R
61/52
Ungedruckt
165
DAvorm. XXVI (1953) 39 .
225
Ungedruckt Ungedruckt
136 100
DAvorm. XXVII (1954) 24 .
219
Hildesheim 29. 5.1952 U. 3R
1699/50
Hof 19. 6. 1950 U. R 3. 1.1952 U. R 28.12.1953 B. T
173/50 66/51 249/53
Karlsruhe 15. 5.1952 B. 2T
115/52
Kassel 10. 12.1952 U. 7R
Ungedruckt
195a
91/52 N J W 6 (1953) 307
157
10. 9. 1951 U. R
518/50
Ungedruckt
119
8. 9. 1952 U. 2R 10. 9. 1953 U. 1R
23/52 169/52
Ungedruckt Ungedruckt
141 153
108/52 75/53
Ungedruckt Ungedruckt
107 235b
Kempten
Kleve 17. 9.1952 U. 2R 31. 3. 1953 B. T Kiel 9. 2. 1953 U. 8R 19. 3. 1953 B. 7T
27/52 68/53
14.12. 1953 U. 8R
221/53
SchlHA 200 (1953) 138 . . . 135 N J W 6 (1953) 1718; MDR 7 (1953) 489 289 MDR 8 (1954) 240 128a
Köln 111
210/52
Ungedruckt MDR 7 (1953) 489; StAZ 7 (1954) 13; DAvorm. XXVI (1953) 117 VR 5 (1954) 18
211/52
Ungedruckt
174
MDR 7 (1953) 424
228
28. 6. 1950 U. 13S 20. 2.1953 B. 6T
88/49 12/53
16.12. 1953 U. 230
193 35
Landshut 28. 1.1953 U. R Lüneburg 15. 12. 1952 B. 5T
3/52
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
731
Mannhelm 26. 8.1952 B. 5SH 12/52 30. 1. 1953 B. WPA 3552 u. 9200 17. 3. 1953 U. 2R 288/52 8. 5. 1953 U. 1 0
35/52
21.10. 1953 B. 2R
132/53
Ungedruckt WM 7 (1953) 342 JR 9 (1955) 61; FamRZ 2 (1955) 72 NJW 6 (1953) 1833; Nachrichten der Studiengemeinschaft f. privatrechtliche Auslandsinteressen 1954, 30 N J W 6 (1953) 1798 . . . .
199 89 96
19 300
Mainz 16. 5. 1952 U. HO
11/51
Ungedruckt
66
377/48 443/50 313/50 217/52 53/53
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt
130 169 137 171 182
94/51
Ungedruckt
239
Memmingen 22. 6.1949 23. 5.1951 7. 11.1951 5.11. 1952 6. 7. 1953
U. U. U. U. U.
R R R R R
Mönchen-Gladbach 16. 4. 1952 B. 4T München I 25. 9. 1951 16. 10.1951 26.10. 1951 9. 7. 1952 15. 9.1952 26. 11. 1952 28.11.1952 28. 5.1953 26. 8. 1953
U. U. U. U. U. B. B. B. B.
1R 212/51 1R 685/49 3R 970/49 3R 313/52 3R 284/52 3WP 3021 1WP 777 3WP 750, 2906, 2907 3 W P 3977, 3978
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt WM 7 (1953) 80 WM 7 (1953) 37 WM 7 (1953) 559 WM 7 (1953) 731
121 166 120a 180 109 77 78 91 92
U. U. U. U. U. U. U. U.
4R 3R 2R 4R 20 1b S 3R 3R
933/50 533/50 1333/50 583/51 651/49 759/51 1002/52 1003/53
Ungedruckt 181 Ungedruckt 184 Ungedruckt 139 Ungedruckt 167 Ungedruckt 240 DAvorm. XXV (1952) 143 . 217 Ungedruckt 179 Ungedruckt 304a
2028/52
Ungedruckt
101
MDR 7 (1953) 482
273
München II 26.10.1950 6. 4. 1951 26. 10.1951 17. 3.1952 15. 5. 1952 29. 9.1952 3. 12.1952 16. 10.1953
Nürnberg-Fürth 3. 6. 1953 U. 4R Offenburg 19. 5. 1953 U. I O
10/52
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
732 Passau
21. 2. 1952 U. 2R 18.12.1952 ZU. 2 O 4. 2. 1953 U. 10
116/51 36/52 41/52
Ungedruckt Ungedruckt MDR 7 (1953) 424
155 33 208
Ungedruckt Ungedruckt
159 149
SaarlRStZ 5 (1953) 15 . . .
272
453/53
FamRZ 1 (1954) 147 . . .
.
312
79/52 46/52 7/53 30/53 20/53
ZZP 66 (1953) 434 Ungedruckt W u W 4 (1954) 140 . . . Ungedruckt RabelsZ 19 (1954) 153 . .
292a 108 . 293 117a . 189
Regensburg 6. 2. 1952 U. 4R 23. 7. 1952 U. 4R
769/49 1127/48
Saarbrücken 8. 12. 1952 U. 7Q
59/52
Stade 11.12. 1953 B. 2T Stuttgart 12. 8. 1952 4. 11. 1952 10. 8. 1953 20. 10. 1953 12. 11. 1953
ZU. 2 0 U. 13/1R u. 6Q u. 6R u. 12Q
Traunstein 9. 8. 1949 U. R
103/49
Ungedruckt
158
16. 12. 1953 U. 1R
134/53
Ungedruckt
123
270/50 359/50 168/49 159/50 87/49 17/53
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt N J W 6 (1953) 1555 . . . .
310 320 161 152 164 104
N J W 5 (1952) 351; DAvorm. XXV (1952) 60 Ungedruckt
215 303
306 117
160 218
Ulm
Weiden 17. 11. 10. 1. 10. 1. 11. 7. 28. 11. 28. 2.
1950 B. 2T 1951 U. R 1951 u. 1R 1951 u. 1R 1951 u. 1R 1953 B. IT
Wiesbaden 18. 1. 1952 U. 3S 21. 4. 1953 B. 2bR
9/50 352/52
Wuppertal 27. 2. 1952 B. 6T
42/52
18. 9. 1953 U. 2 0
203/52
DAvorm. XXV (1952) 111; MDR 6 (1952) 303 Ungedruckt
365/49 17/53
Ungedruckt DAvorm. XXVII (1954) 68 .
Wiirzburg 11. 4.1950 U. R 25. 11. 1953 B. 1SH
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
733
Landesarbeitsgericht Düsseldorf 21. 3.1952 U. 2Sa
24/52
Ungedruckt
31
Amtsgerichte Aachen 3. 6. 1952 U. H C
270/52
N J W 5 (1952) 830
314
54/52
Ungedruckt
236
315/50
Ungedruckt
315
499/50
Ungedruckt
6
1462
Ungedruckt
194
100/52
Ungedruckt
17
94/51
Ungedruckt
309
43/48
Ungedruckt
198
434/51 302/50
Ungedruckt Ungedruckt
211 11
483/51
Ungedruckt
226
7. 1. 1953 B. GR
214/52
23. 4. 1953 B. GR 25. 8. 1953 B. GR 17. 11. 1953 B. GR
18/53 144/53 140/53
N J W 6 (1953) 1555; StAZ 6 (1953) 132; E J F 4 (1953) 62 . 194 StAZ 6 (1953) 273 196 Ungedruckt 196A.1 StAZ 7 (1954) 275 230
Augsburg 4. 11. 1952 B. VI Bad Tölz 10. 4.1951 U. C Berchtesgaden 18. 7.1951 U. C Bingen 24. 7.1952 B. 4 VIII Braunschweig 17.10. 1953 B. 31 III Dorfen 24. 1. 1952 B. C Eichstätt 24. 6. 1950 B. VII Geislingen 24. 4. 1952 U. I C 6. 6. 1953 U. C Hamburg-Blankenese 5. 6.1953 U. 8C Heidenheim
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
734 Holzminden
18. 7.1952 B. X
2888
Ungedruckt
187
176/49 12/50
Ungedruckt
3
DAvorm. XXV (1952) 144 .
9
DAvorm. XXV (1952) 95 . .
220
Ungedruckt Ungedruckt
202 113
Ungedruckt
214
Ungedruckt
201
Ungedruckt
10
Karlstadt 18. 9.1950 U. C 11. 2.1952 U. C Karlsruhe 30l 4. 1952 U. C
414/51
Landsberg 28. 9.1950 U. C 5.12.1950 U. C 4. 8.1951 U. C
116/49 333/50 330/49
Ludwigsstadt 10.12.1952 U. C
168/51
Mannheim 17. 4. 1952 U. 5C 605/50 15. 9.1953 B. 1FR VII 1997/53 Marburg/Lahn 8. 1. 1953 B. 5 III
74/52
Mindelheim 10. 11.1950 U. C
5/50
StAZ 8 (1955) 159
176
201/51
StAZ 6 (1953) 177
198a
Mühldorf 10.10.1951 U. C München 23. 4. 1952 U. 15G 27. 5. 1952 B. III
1950/51 164/52
Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt Ungedruckt
213 2978 106
2166/48 156/52
Ungedruckt JZ 9 (1954) 159; Nachrichtendienst des dtsch. Vereins f ü r öff. priv. Fürsorge 1954, 101
212
Ungedruckt
221
Nürnberg 27. 7. 1950 U. C 28. 8. 1953 U. IC
227
Passau 28. 6. 1950 U. C
232/50
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
735
Pfarrkirchen 2. 6.1950 B. II
45/49
Ungedruckt
18
770/50 2387/51
Ungedruckt Ungedruckt
112 200
83/49
Ungedruckt
95
47/43
Ungedruckt
105
15/52
Ungedruckt
235a
Regensburg 26.10.1951 U. IC 10.10.1952 U. C Vilsbiburg 23. 1.1950 U. C Weiden 6. 7.1950 B. III Xanten 4. 3.1953 B. VI
Verwaltungsgerichte OVG Berlin 13. 5.1953 U. OVG I B 244/52
JR 7 (1953) 392; DVB1. 68 (1953) 665; DÖV 7 (1954) 151 316c
VGH Bebenhausen 21. 1,1953 U.
140/52
DÖV 7 (1954) 154; StAZ 7 (1954) 271
318a
Ungedruckt
318b
154/51
DÖV 7 (1954) 378
316d
1724/50
StAZ 8 (1955) 135
16
VGH Bremen 26. 3. 1953 U. A 158/52 BA 58/52 Hessischer VGH 6.11. 1953 U. OS I VerwG München 22.10. 1953 U. V b
Rückerstattungsgerichte Board of Review, Herford 28. 6. 22. 27.
1.1952 5. 1952 5. 1953 7. 1953
E.BOR E. BOR E. BOR E. BOR
51/131 51/288 52/432 52/368
NJW/RzW NJW/RzW NJW/RzW NJW/RzW
3 3 4 4
(1952) (1952) (1953) (1953)
110 206 320 360
. . . .
. . . .
70a 71 48 70
736
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen
Court of Restitution Appeals, Nürnberg 20. 3.1953 E. Nr. 317, Fall Nr. 566
NJW/RzW 4 (1953) 198 . .
72
NJW/RzW 5 (1954) 20 . . .
45b
Cour supérieure pour les Restltutions, Rastatt 16.10. 1953 E. Nr. 275 WK Bayreuth 15. 10.1953 B. III WKv 1811/50
Ungedruckt
50
WK Berlin 3. 10. 1953 U. 4WGA 1341/50 (569/51) 15.12. 1953 E. (154 WGK) 5 WGA 4305/50 (159/53)
NJW/RzW 4 (1953) 368 . .
290
NJW/RzW 5 (1954) 86 . . .
68
NJW/RzW 4 (1953) 177 . .
287
WK Hamburg 28. 9. 1951 E. lWiK RK Mainz 26. 2.1953 E. Or
573/51
2953/49
NJW/RzW 4 (1953) 215 (Leitsatz)
73
Ungedruckt
44
NJW/RzW 4 (1953) 68 . . . NJW/RzW 5 (1954) 198 . .
58 74
WK MUnchen I 11. 8.1950 B. I WKV 202/50 (10/50) WK Stuttgart 24. 9.1952 E. RestS 4313 (1291) 26.11. 1953 E. RestS 5825 (790)
Besatzungsgerichte Gerichtshof der AHK 17. 4. 1953 U. C 51 - A III 587 (F)
RdA 6 (1953) 346
30
US-Berufungsgericht der AHK 23. 1.1952 U. Fall Nr. 51 RR1
E J F 1 (1952) 74
192
SACHVERZEICHNIS Die Zahlen verweisen auf die Seiten
Abtretung a n w e n d b a r e s Recht 140 nach französischem (luxemburgischem) Recht 140 f. Adelsbezeichnung Ausländische A. als Teil des Namens 21 Gleichstellung des f r ü h e r e n böhmisch-deutschen Adels mit dem reichsdeutschen 32 Keine Übersetzung ausl. A. ins Deutsche 38 a n w e n d b a r e s Recht 27 russisches Recht 21 ff. tschechoslowakisches Recht 31 ff. sowjetisches Recht 29 f. ungarisches Recht 21, 38 ff. Einfluß der Gebietsveränderungen 1938—39 31 ff. Adoption s. Annahme an Kindes Statt „Ärgeres Recht" Grundsatz des „ä. R." bei Art. 13 EGBGB 252 AHKG Nr. 63 enge Auslegung 48 Zweck des Gesetzes 594 Akkreditiv A. durch JEIA 80 f. Anerkennung A. des unehelichen Kindes s. Uneheliche Kinder A. von Urteilen s. auch Zuständigkeit keine A. eines österreichischen Unterhaltsurteils 386 Annahme an Kindes Statt Anwendung ausl. weitergehenden Adoptionsrechts 364 Voraussetzungen 359 a n w e n d b a r e s Recht 436 ff. — nach englischem IPR 436 — nach estnischem IPR 438 47
Intern. Privatrecht 1952 und 1953
— nach dem IPR der Vereinigten Staaten 444 f. — nach estnischem Recht 439 f. — W i r k u n g der gerichtlichen Bestätigung 440 — nach englischem Recht 436 — nach dem Recht der Vereinigten Staaten im allgemeinen 445 — nach dem Recht von New Jersey 442 Anwendbares Recht Feststellung des A. R. 50, 256, 428, 578 — bei sachlicher Übereinstimmung 58 Übereinstimmende B e r u f u n g auf die lex fori im Prozeß 402 Arbeitsgerät H a f t u n g f ü r A. 103 f. Arbeitsvertrag 102 f. Armenrecht Niederlegung des Mandats durch den Armenanwalt wegen mangelnder Kenntnis des ausl. Rechts 1 Wiedereinsetzung gegen Verweigerung des A. 552 A. f ü r Belgier 606 — f ü r Niederländer 552 — f ü r heimatlose Ausländer 553 — f ü r Staatenlose, f r ü h e r e Deutsche 279 Arrest Arrestgrund der Vollstreckung im Ausland 596 Aufgebot italienisches Recht 283 f. Aufrechnung A. gegen Forderungen der JEIA 73 f. a n w e n d b a r e s Recht 146 Ausländisches Eigentum Verwaltung (Ostberlin) 686
738
Sachverzeichnis
Ausländisches Recht s. auch Anwendbares Recht U m f a n g der Ermittlungspflicht 70, 537 Kenntnis des Armenanwalts 1 Auslandsvermögen, deutsches in China 47 f. KRG 4 87 f. AHKG Nr. 63 46, 592 Versicherungsansprüche bei deutscher Zweigstelle schweizerischer Versicherungsunternehmen, kein a. A. 206 Auslegung A. von Besatzungsrecht 114 A. des AHKG Nr. 63 48, 593 f. Ausnahmegesetze Verstoß der die J u d e n betreffenden A. gegen den ordre public 127 Ausschlußfrist 378 Aussetzung des Verfahrens A. d. V., wenn die beklagte Ehef r a u sich in Lettland befindet 564 Australien StA 296 Baltische Staaten Annexion 296 E i n f ü h r u n g des sowjetischen Rechts 297 Bankwesen Verstaatlichung in der Tschechoslowakei 224 Belegenheit B. von Forderungen 46 f., 123 ff. Belgien Armenrecht f ü r Belgier 606 Ehescheidungsrecht 271 Eheschließung, F o r m 360 Höhere Gewalt, Streik 153 Legitimation 361 Keine Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten 554 Staatsangehörigkeit 330 Uneheliche Kinder, Unterhaltsanspruch 376 — Eingreifen des ordre public 17 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Belgiern 606 f. Keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Belgiern 606 f. Berichtigungsverfahren B. im Personenstandsrecht gegenüber Ausländern 37 Berlin Geltung des Grundgesetzes in B. 399 Völkerrechtliche Lage 629
Besatzungsrecht keine verfassungsrechtliche Nachp r ü f u n g 116 Vorrang vor Völkerrecht 88 Beschlagnahme s. auch Auslandsvermögen, deutsches, AHKG Nr. 63, Enteignung Beschränkung auf das Gebiet des enteignenden Staates 47 ff. E i n f r i e r e n von Rechten als B. 48 Rechtsnatur 203 Vereinigte Staaten 199 Beschwerdefrist B. im RE-Verfahren, Sitz der juristischen Person im Ausland 181 f. Beweislast B. bei Art. 2 V REG 173 a n w e n d b a r e s Recht 536 Binnenschiffahrtsrecht Beziehungen zum Seerecht 153 Bringschuld 581 f. Bürgschaft anwendbares Recht 91, 145 f. nach finnischem Recht 92 ff. nach französischem (luxemburgischem) Recht 145 Bulgarien Ehescheidungsrecht 272 keine Rückverweisung im Bereich der persönlichen Ehe wirkungen 255 Unterhaltspflicht der Ehegatten 255 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Bulgaren 272 Chartervertrag anwendbares Recht 155 Erfüllungsort 580 f. Hauptverpflichtung 581 f. Rechtsnatur 582 China Deutsches Auslandsvermögen in China 47 f. Ehescheidungsrecht 274 f. H a f t u n g des Gesellschafters einer oHG 58 Konsulargerichtsbarkeit 57 Parteiautonomie 59 Partnerschaft 60 Rechtsgeschäft, anwendbares Recht 59 Staatsangehörigkeit, E r w e r b 274 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Chinesen 274 Dänemark Domizilprinzip, Rückverweisung 3, 336 Staatsangehörigkeit 336 Zustellungsersuchen, Rechtshilfe 627
Sachverzeichnis Danzig M a ß n a h m e n gegen das Vermögen von E i n w o h n e r n der Stadt D. 170 StA 323 DDR Änderung des Rechtssystems 604 f. Kein Inland im Sinne des § 606 ZPO 604 f. Stellung des unehel. Kindes 401 Deckverladung nach englischem Seerecht 156 f. nach französischem Seerecht 156 f. Griechenland, Handelsbrauch 157 f. nach niederländischem Seerecht 156 Deutsches Eigentum s. Auslandsvermögen, deutsches Deutsches Reich Fortbestehen 226, 604, 629 — Schuldenregelung 104 f. kein Fortbestehen 280 f. kein Gerichtsstand gemäß § 18 ZPO bei Klagen gegen das Reich 194 Schaffung der Länder, Landesangehörigkeit 180 f. Devisenrecht Geltungsbereich des D. 51 Niederländisches D. 471 ff. Devisenrechtliche Genehmigung, H e m m u n g der V e r j ä h r u n g 97 ff. — Versagung, W i r k u n g auf Vertrag 307 — Schadensersatz bei Nichterteilung 307 Dienstverschaffungsvertrag 582 Diskriminierung Tatort im Ausland 90 domicile nach englischem Recht 273 f. Domizilprinzip nach dänischem IPR 3, 336 Doppelehe, s. Ehenichtigkeit D. P. s. heimatlose Ausländer due process of law clause 615 Ehe, faktische UdSSR 246 Ehe, hinkende 258 bei standesamtlicher T r a u u n g von Griechen 279 Scheidung, Zuständigkeit deutscher Gerichte 231 Zweck des § 606, 247 Eheaufhebung anwendbares Recht 282, 285 f. — Grundsatz des „ärgeren Rechts" 252 nach italienischem Recht 252, 285 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur E. 282, 285 47 *
739
keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur E. bei Ungarn 351 Ehefähigkeitszeugnis Befreiung vom E„ kein Einfluß auf die Erfordernisse des Art. 13 I EGBGB 244 Ehefrau s. auch Staatsangehörigkeit, Verlust Stellung der E. nach niederländischem Ehepersonenrecht 600 ff. Staatsangehörigkeitswechsel des E h e m a n n s 664 Verfügung über ein Grundstück 259 f. — Zustimmungsbedürftigkeit, Qualifikation 261 Wohnsitz der E., Gleichberechtigung 614 — nach amerikanischem Recht 614 Ehegüterrecht a n w e n d b a r e s Recht 261, 263, 267 — Umfang der Verweisung 260 E. von Staatenlosen, a n w e n d b a r e s Recht 260 f. niederländisches Recht, allgemeine Gütergemeinschaft 263, 268 — Unwandelbarkeit 268 — H a f t u n g f ü r Schulden des Ehegatten 267 österreichisches Recht (tschechoslowakisches Recht) 261 Unwandelbarkeit 8, 260 f. E. bei Volksdeutschen 8 Eheliche Kinder s. auch Personensorge österreichisches Recht, gesetzliche Vertretungsmacht des Vaters 357 f. sowjetisches Recht 346 ungarisches Recht 353 Anfechtung der Ehelichkeit, anwendbares Recht 338 ff. — durch den Staatsanwalt 342 f. — nach italienischem Recht 339 f. — nach polnischem Recht 342 f. keine Anfechtung der Ehelichkeit nach sowjetischem Recht 344 Verhältnis zu den Eltern, anwendbares Recht 337, 351, 353 ff., 453, 636, 659 — Qualifikation 337 — nach dem IPR von New York 354 Kinder aus Nichtehen, wenn die Ehe nach dem Heimatrecht der Eltern gültig eingegangen wurde 338 Personensorge 633 ff. — Voraussetzungen der Pflegschaftsanordnung 357 f.
740
Sachverzeichnis
Eheliche Kinder — Vorläufige M a ß n a h m e n des Vormundschaftsgerichts 661 Zuständigkeit deutscher Gerichte 352, 354, 660 f. — nach österreichischem Recht 617, 661 Unterhalt, a n w e n d b a r e s Recht 355 — Leistung in deutscher W ä h r u n g 355 Ehenichtigkeit a n w e n d b a r e s Recht 250 Doppelehe 3, 249 — nach griechischem Recht 249 — nach italienischem Recht 250 f. — nach polnischem Recht 248 Formverletzung, Nichtehe 238 Klagebefugnis des Staatsanwaltes, a n w e n d b a r e s Recht 250 Zuständigkeit zur Feststellung der E. 230 — trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 606 ZPO 247 Ehesachen Gerichtsbarkeit in E. 638 Zuständigkeit, Gleichberechtigung 603 — einstweilige Anordnungen gem ä ß § 627 ZPO 639 Ehescheidung a n w e n d b a r e s Recht 270 ff., 608, 615, 639 f., 681 f. — dahingestellt 314 — Gleichberechtigung 269 — Widerklage 306 — nach dem IPR der Vereinigten Staaten 320, 614 — bei heimatlosen Ausländern 683 — bei Staatenlosen 299 chinesisches Recht 274 f. französisches Recht 275 ff. italienisches Recht 282 jugoslawisches Recht 288 f., 291 ff., 295, 350 in Lettland anwendbares sowjetisches Recht 296 niederländisches Recht 300 rumänisches Recht 302, 304, 306 sowjetisches Recht 298, 314 f., 333 tschechoslowakisches Recht 308 ff., 312 f. ungarisches Recht 316, 318, 334 f. " Nachweis der E. durch Urkunde 245 V e r j ä h r u n g des Scheidungsgrundes, a n w e n d b a r e s Recht 310 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur E. von Belgiern 270 — von Briten 273 f.
— von Bulgaren 272 — von Chinesen 274 — von Franzosen 275 f. —, — (Tunesiern) 277 — eines Griechen und einer Staatenlosen bei h i n k e n d e r E h e 279 — von Italienern 282 — von Jugoslawen (Volksdeutschen) 287, 289 f., 292 — eines Jugoslawen und einer Staatenlosen 293, 295 — von Letten 295 — eines Litauers u n d einer Staatenlosen 296 f. — eines Niederländers und einer Staatenlosen 299 f. — von Österreichern 608 — eines Polen und einer Deutschen 301 — von R u m ä n e n 302, 304 — eines R u m ä n e n und einer Deutschen 305 — von sowjetischen Staatsangehörigen 298 —, — (Volksdeutschen) 314 — eines Sowjetrussen und einer Staatenlosen 313 — von Spaniern, wenn der Mann heimatloser Ausländer ist 332 — von Tschechoslowaken 307 — eines Tschechoslowaken und einer Staatenlosen 309 ff. — von Ungarn (D.P.) 315 f. — eines Ungarn u n d einer Staatenlo s e n 317 — eines Angehörigen der Vereinigten Staaten und einer Niederländerin 613 —, — und einer Staatenlosen 320 — von Staatenlosen (ehemaligen Danzigern) 323 —, — (Volksdeutschen aus Polen) 324 —, — (Volksdeutschen aus Rumänien) 325 f. —, — (ehemaligen Polen) 326 f., 682 — eines Staatenlosen und einer Deutschen 321 —, — und einer Belgierin 330 — einer Staatenlosen und eines Angehörigen der Vereinten Nationen 553 — von Flüchtlingen im Sinne des Flüchtlingsgesetzes 330 — von heimatlosen Ausländern 330 ff. keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Belgiern 606 f.
Sachverzeichnis Ehescheidung von Italienern 283 ff. von Österreichern 611 von R u m ä n e n 306 f. von Sowjetrussen 315, 329 von Ungarn 282, 319, 612 Eheschließung Sachliche Voraussetzungen, anwendbares Recht 244, 249 f., 252, 285, 299 — bei E. in Schlesien — nach italienischem IPR 245, 250 — bei Wiederverheiratung nach Scheidung in Deutschland 231 Sondergesetzgebung 1945—1950, Nottrauung 231 ff., 238 Sudetenland, Außerkraftsetzung des deutschen Rechts 299 E. durch Wehrmachtsbeamte in den Niederlanden 1945 240 englisches Recht 236 griechisches Recht 338 italienisches Recht 244 kanonisches Recht 243 polnisches Recht 338 sowjetisches Recht, faktische E h e 328 tschechoslowakisches Recht 237, 242, 299 F o r m der E., anw. Recht 230 ff., 249, 278, 285, 328, 360 —, — nach italienischem IPR 250, 285 — nach belgischem Recht 360 — nach griechischem Recht 249, 278 f. — nach dem Recht von Illinois 238 — nach italienischem Recht 238 ff. — nach polnischem Recht 248 — strenge Auslegung 231 ff. — Heilung von F o r m m ä n g e l n 235 Ehetrennung E. von Tisch und Bett nach jugoslawischem Recht 254 Keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur E. 283 Eheurteil, Anerkennung Anerkennung durch Griechenland 249 — durch Italien 251 Anerkennung jugoslawischer E. 623 f. Ehevertrag E. ausländischer Ehegatten gemäß Art. 15 II EGBGB 268 Grenzen der Zulässigkeit des E. 268
741
Haager E h e w i r k u n g s a b k o m m e n 263 E. nach niederländischem Recht 602 Schuldenhaftung, a n w e n d b a r e s Recht 398 Ehewirkungen, persönliche s. auch Unterhalt a n w e n d b a r e s Recht 253 ff., 263 — bei verschiedener Staatsangehörigkeit 257 nach jugoslawischem Recht 253 f. nach niederländischem Recht, Unterhaltspflicht 263 f. — Stellung der E h e f r a u 600 ff. nach polnischem Recht 256 Recht zum Getrenntleben 256 Eigentum E r w e r b des E., anwendbares Recht 68 Herausgabe, a n w e n d b a r e s Recht 142, 591 Nebenansprüche, a n w e n d b a r e s Recht 68 Statutenwechsel 142 Übergang des E. auf die JEIA 80 E r w e r b des E. nach französischem Recht 68 E i n a n t w o r t u n g s u r k u n d e 463 ff. 474 Einfuhrlizenz 546 Einstweilige Anordnung E. A. nach § 627 ZPO, Qualifikation 262 Einstweilige Verfügung Art. 65 Montanunionsvertrag 589 Elsaß Kriegsgesetzgebung 165 ff. England Annahme an Kindes Statt, anwendbares Recht 436 — Adoption Act 1950 436 Bodenrecht 469 Deckverladung 156 f. domicile 273 f. Bedeutung des Wortes „during" 528 Ehescheidung, a n w e n d b a r e s Recht 273 f. Eheschließung 236 Erbrecht, kein Erbvertrag 467 Nachlaßspaltung 468 Feindgesetzgebung 1939 529 Staatsangehörigkeit 236, 273 f. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Engländern 273 f. Enteignung Siehe auch AHKG Nr. 63, Aus-
742
Sachverzeichnis
Enteignung landsvermögen, deutsches, Beschlagnahme Wertpapierbereinigung E. von Forderungen 124 E. der Sudetendeutschen 10, 118, 225, 592 — Versicherungsansprüche 118 — Liquidation einer sudetendeutschen KG 225 E. von Versicherungsansprüchen 123, 126 f. Verstoß gegen das Völkerrecht 88 Wirkungsbereich 225 Dingliche W i r k u n g der 11. VO zum RBG 193, 196 Entmündigung E. eines Ausländers, Aufhebung 447 f. Entziehungsvermutung 173, 183 f. Erbrecht a n w e n d b a r e s Recht 178, 220, 455 ff. — maßgeblicher Zeitpunkt 456 Erbausschlagung, a n w e n d b a r e s Recht 471 — Charakter nach deutschem Recht 472 —, — nach niederländischem Recht 472 Erbfolge nach englischem IPR, Nachlaßspaltung 468 — anwendbares Recht nach f r a n zösischem IPR 475 —, — nach niederländischem IPR 456 —, — nach österreichischem IPR 220 —, — nach italienischem IPR bei Staatenlosen 178 —, — nach schweizerischem IPR 461 Nachweis des Erbrechts im Wertpapierbereinigungsverfahren 219 italienisches Erbrecht 178 niederländisches Erbrecht 457 österreichisches Erbrecht 178 Schweizer Erbrecht 461 f. Zuständigkeit deutscher Nachlaßbehörden bei E r b f a l l nach ausländischem Recht 457 Erbschein s. auch E i n a n t w o r t u n g s u r k u n d e E. bei ausländischem E r b s t a t u t 457, 459 ff. gegenständlich beschränkter Erbschein 457, 459 ff., 476 f. deutscher Ge— Zuständigkeit richte zur Erteilung 457 — Begrenzung der Legitimations-
wirkung auf das Staatsgebiet 464 Kein Erbschein nach niederländischem Recht 457 Erbvertrag Kein E. nach englischem Recht 467 Erfüllungsort E. bei Chartervertrag 580 Gerichtsstand des E. 579 f. E. bei Unterstellung der Gültigkeit des Vertrages 581 E. von Nebenverpflichtungen 582 Neubestimmung bei Wegfall des ursprünglichen E. 75 f. Erwerb, gutgläubiger a n w e n d b a r e s Recht 11 g. E. nach österreichischem Recht 11
Estland Annahme an Kindes Statt 439 f. — anwendbares Recht nach estnischem IPR 438 Staatsangehörigkeit 438 Volljährigkeit 439 Wohnsitzprinzip 438 Exequatur E. im Saargebiet 621 Exterritorialität 660 Familieneinheit 665 Feindgesetzgebung kein diskriminierender Charakter 164 England, F. 1939 529 Feindvermögen Beschlagnahme 188 f. M a ß n a h m e n gegen F. 168 Veräußerung von Grundstücken durch den Sequester 188 f. Geschäftsführung des Pflegers 172 Befugnisse des Sequesters nach französischem Recht 188 f. M a ß n a h m e n gegen polnisches F. 168 ff., 189 f. Feststellung F. der Ehenichtigkeit, Rechtsschutzbedürfnis 231, 237 f. Feststellungsinteresse bei Klage des Staatsanwalts gemäß § 1595a BGB 348 F. der Vaterschaft, Verfahren 382, 423 Feststellungsklage Beweislast bei negativer F. 240 Feststellungsurteil Londoner Schuldenabkommen, nicht geregelte F o r d e r u n g 104 f. Finnland Bürgschaftsrecht 92 ff. Konkursrecht 93
Sachverzeichnis Finnland V e r j ä h r u n g 93 f. Zinsen, gesetzliche 95 Flüchtling s. auch Ehescheidung, heimatloser Ausländer, Staatsangehörigkeit Anerkennung als F., Voraussetzungen 647 a n w e n d b a r e s Recht 409 — bei Anfechtung der Ehelichkeit 348 f. — bei Ehescheidung 330 Gleichstellung mit Inländern nach Art. 116 GG 325, 328, 330, 409 Nansenpaß 519 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Anfechtung der Ehelichkeit von Flüchtlingen 347 Forderung Abtretung, a n w e n d b a r e s Recht 140 — nach französischem (luxemburgischem) Recht 140 f. Belegenheit 46 f., 123 ff. — hypothekarische Sicherung 229 Enteignung 124 Forderungsübergang, gesetzlicher anwendbares Recht 42 f. Form F. der Eheschließung s. Eheschließung F. des Rechtsgeschäfts, anwendbares Recht nach italienischem IPR 244 F. des Testaments, a n w e n d b a r e s Recht 457, 475 Forstrecht österreichisches Recht 109 Frachtvertrag a n w e n d b a r e s Recht 65, 152 französisches Recht 66 ff. Löschung der Fracht, anwendbares Recht 152 Frankreich Abtretung 140 f. Beliehenes Unternehmen 43 Bürgschaft 145 Conseil d'état, Zuständigkeit 570 Deckverladung 156 f. Ehescheidung 275 ff. Eigentumserwerb 68 Erbstatut, Nachlaßspaltung 475 Frachtvertrag 66 ff. Forderungsübergang, Pariser Rep a r a t i o n s a b k o m m e n 42 f. „Infidélité" gemäß Art. 108 Code de commerce 67 Legitimation 363, 372 Madrider Abkommen, Verhältnis zur Bundesrepublik 543
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Patentrecht, keine Sonderbehandlung von Franzosen gemäß § 9 KriegsmaßnahmenVO vom 10. 1. 1942 480 ff. Prozeßkostenvorschußpflicht 264 Sequester, Befugnisse 188 f. Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten, keine Befreiung 558 f. Schuldhafte Nachlässigkeit 139 f. Staatsangehörigkeit 365 — kein E r w e r b der deutschen Staatsangehörigkeit durch f r a n zösische Freiwillige der WaffenSS 677 Stillschweigen als Vertragsann a h m e 137 Uneheliche Kinder, gesetzliche Vertretung 377 — Unterhaltsanspruch 377 f. —, — Ausschlußfrist 378 — Schadenersatzanspruch 379 — Vaterschaftsanerkenntnis 364, 375 V e r j ä h r u n g 67 f. Verwaltungsgerichtsverfahren 570 Wertsicherungsklausel 72 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Franzosen 275 ff. Freiwillige Gerichtsbarkeit Anerkennung von ausländischen Akten der FG 617 ff. F r e m d w ä h r u n g s f o r d e r u n g 62, 549 f. F r e m d w ä h r u n g s k o n t o 200 Fürsorgeerziehung F. gegenüber Ausländern 451 F. gegenüber Staatenlosen 451 Fürsorgepflicht F. des Arbeitgebers 104 Füll faith and credit clause 613 Garantievertrag 145, 307 Gastwirt H a f t u n g f ü r eingebrachte Sachen 104 Gefahrdrohender Zustand H a f t u n g nach deutschem Recht 110 — nach österreichischem Recht 110 f. Geldschuld Recht des Gläubigers, Zahlung in inländischer W ä h r u n g zu verlangen 54 Genehmigung G. privater Rechtsgeschäfte durch staatliche Stellen 82 Genossenschaft F i r m e n ä n d e r u n g 225 GmbH Einmann-GmbH 521 f.
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Gerichtsbarkeit Ausschluß der G. durch AHKG Nr. 63 592 G. in Personensorgesachen und ordre public 661 Unterwerfung unter die inländische G. durch E r h e b u n g einer Widerklage 584 G. über f r e m d e Staaten, gegeben bei nicht hoheitlichem Streitgegenstand (Verkehrsunfall) 573 f. — bei Rückerstattungssachen 575 f. — nicht gegeben, wenn hoheitliche Aufgaben Steitgegenstand sind 566 —, — nach der saarländisch-französischen Justizkonvention 571 ff. —, — im Rückerstattungsverfahren 567 — keine T e r m i n s a n b e r a u m u n g 566, 572 — U n t e r w e r f u n g des Staates, enge Auslegung 572 Gerichtsstand G. des Erfüllungsortes 579 f. — der unerlaubten Handlung im Wettbewerbsrecht 587 f. — des Vermögens 578 f., 596 — von Versicherungsunternehmen 125 Vereinbarung eines Gerichtsstandes, keine Vermutung f ü r Ausschließlichkeit 584 Geschäftsführer, Befugnisse 521 f. Gesellschaft Ausländereigenschaft, Sitz 98 H a f t u n g des Gesellschafters 61 Auflösung durch hoheitliche Maßn a h m e 225 Getrenntleben 640 Gewerblicher Rechtsschutz mit der Staatsangehörigkeit verk n ü p f t e Rechte bei mehrfachen Rechtsinhabern 498 Gleichberechtigung G. der F r a u 8 Art. 17 EGBGB 269 § 606 ZPO 603 Wohnsitz der E h e f r a u 614 Gleichheitsgrundsatz Adelsbezeichnung 31, 34 Griechenland Anerkennung deutscher Eheurteile 249 Deckverladung, Handelsbrauch 147 f. Doppelehe 249 Eheschließung 249, 279, 338
Staatsangehörigkeit 279, 338 Uneheliche Kinder, Unterhaltsanspruch 380 ff. — ausschweifender Lebenswandel 381 — a n w e n d b a r e s Recht 380 Großbritannien s. auch England Patentrecht, keine Gegenseitigkeit 495 Grundschuld Umstellung bei F r e m d w ä h r u n g s f o r d e r u n g 549 f. Güterfernverkehr Saargebiet 150 Gütergemeinschaft, allgemeine s. auch Ehegüterrecht Schuldenhaftung 398 Gütertrennung keine Prozeßkostenvorschußpflicht bei G. 262 f. Haager Eheschließungsabkommen 237 Haager E h e w i r k u n g s a b k o m m e n 263, 267 Haager Zivilprozeßabkommen in Kraft im Verhältnis zu Belgien 554 — zu Italien 557 — zu den Niederlanden 551 suspendiert im Verhältnis zu Frankreich 558 Anwendung auf Handelsgesellschaften 554 Rechtshilfe 626 ff. Handelsgesellschaft, Staatsangehörigkeit 554 Handelsregister Konsulargerichtsbarkeit in China 61
Hausratsauseinandersetzung a n w e n d b a r e s Recht 336 Qualifikation 336 Heimatlose Ausländer Anfechtung der Ehelichkeit, anwendbares Recht 344 f. Armenrecht 553 Begriff 37, 254, 332 f., 682 Ehescheidung, a n w e n d b a r e s Recht 315 f., 330 ff. — Zuständigkeit deutscher Gerichte 315 f., 330 ff. Eltern-Kind-Verhältnis, anwendbares Recht 453 Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten 559 Heiratsurkunde Beweiskraft 241 Höhere Gewalt Streik, belgisches Recht 153
Sachverzeichnis Hypothek Belegenheit 229 Hypothekengewinnabgabe Angehörige der Vereinten Nationen 687 f. Infidélité nach französischem Recht 67 Inland I. im Sinne des § 606 ZPO 604 f. Inlandsbeziehung siehe auch ordre public Geltungsbereich des Devisenrechts 52 Interlokales Recht 391, 407, 409, 413, 414 I. R. während des Anschlusses 384 Rückgriff auf IPR 391 Verjährung 111 f. Internationale Verträge keine Einwirkung des Krieges auf V. mit den Neutralen 628 f. Internationales Verwaltungsrecht Eingreifen des ordre public im IVR 32 IRSO Besch werdefrist der IRSO im Rückerstattungsverfahren 181 f. Italien Anfechtung der Ehelichkeit 339 — Frist 340 Anerkennung deutscher Eheurteile 251 Aufgebot 283 f. Doppelehe 250 f. Eheaufhebung 252, 285 Eheschließung, Form 244, 283 ff. — anwendbares Recht 285 Eheschließung, Voraussetzungen 244 — anwendbares Recht 244 f., 250 keine Ehescheidung 282 ff. Erbrecht 178 Konkordat 251 Sicherheit f ü r Prozeßkosten 555 ff. keine Rückverweisung 250 Verlust der Souveränität 1944 178 Staatsangehörigkeit 280, 283, 286, 338 Uneheliche Kinder 18 — Anerkenntnis der Vaterschaft 374 f. — keine Anerkennung bei Ehebruchskindern 426 f. Verjährung, Hemmung 341 Zuständigkeit deutscher Gerichte in Ehesachen 282 Keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Italienern 283 ff.
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JEIA 73, 78 ff. JTC Jewish Trust Corporation 181 f. Jugoslawien siehe auch Volksdeutsche Anerkennung jugoslawischer Ehescheidungsurteile 623 f. Ehescheidung 288 f., 291 ff., 295 — keine Schuldfeststellung 350 Ehetrennung 254 persönliche Ehewirkungen 253 f. — Unterhaltsanspruch der Ehef r a u 254 Staatsangehörigkeit 17, 253, 287 f., 290, 292 ff., 353, 376, 681 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Jugoslawen (Volksdeutschen) 287, 289 f., 292 — eines Jugoslawen und einer Staatenlosen 293, 295 Juristische Person Beschwerdefrist bei Sitz im Ausland 181 f. Enteignung, Fortbestehen im Ausland 226 Staatsangehörigkeit 508, 522 — Verfolgteneigenschaft 167 Kaufvertrag anwendbares Recht 86 — bei Grundstückskauf 90 f. K. im Rahmen der gelenkten Wirtschaft, bürgerliches Rechtsverhältnis 82 f., 86 Kausalität, hypothetische 191 Klagebefugnis K. des österreichischen Vermögensverwalters, anwendbares Recht 87 Kollektivverfolgung 174 ff. Konkordat Italien s. 251 Konkurs finnisches Recht 93 Konnossement Verpflichtungen aus dem K., anwendbares Recht 158 Kriegsaufträge K. f ü r private Gesellschaft, hoheitliche Aufgaben 43 Kriegsversicherungsgemeinschaft, deutsche 113 ff. Kulturkreis Ausschluß österreichischer Juden aus dem deutschen K. 174 ff. Lastenausgleich Angehörige der Vereinten Nationen 689 ff. Legitimation anwendbares Recht 12,361 f., 366 f., 369, 371 ff.
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Legitimation — bei staatenlosem Vater 371 belgisches Recht 361 französisches Recht 363 — Stand eines gemeinschaftlichen Kindes 372 niederländisches Recht 12, 366 f. — Ehebruchskinder 366 f. sowjetisches Recht 373 Feststellung der k r a f t ausländischen Rechts erfolgten L. 362 U m f a n g des Legitimationsstatuts, Bestehen der Ehe als Vorfrage 361 Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts 362, 365, 371 Keine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts zur Feststellung, daß ein Kind den Stand eines gemeinschaftlichen Kindes h a t 372 Leibrente Fälligkeit der Leistung 269 Lettland Bestehen der Republik L. 574 f. Ehescheidung, wenn die Beklagte in Lettland ist: keine Aussetzung des Verfahrens 564 Ehescheidung von Letten, anwendb a r das sowjetische Recht 296 Staatsangehörigkeit 295 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Letten 295 Lex rei sitae 142, 260 Eigentumserwerb 68 Qualifikation als beweglich oder unbeweglich 468 Litauen Ehescheidung, anwendbares Recht 298 Staatsangehörigkeit 296 f. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Litauern 296 Londoner Schuldenabkommen 68, 104 f. Umstellung von Forderungen von Angehörigen der Vereinten Nationen 692 Verhältnis zu Schweden 105 Lückenausfüllung L. des ausländischen Rechts 256 Luxemburg Abtretung nach luxemburgischen (französischem) Recht 140 f. Bürgschaft 145 Enteignung deutscher W e r t p a p i e r e 222 Pfandrecht des Spediteurs 142 f. Schadenersatzrecht 136 schuldhafte Nachlässigkeit 139 f. kein E r w e r b der deutschen Staats-
angehörigkeit durch luxemburgische Freiwillige der WafTen-SS 677 Stillschweigen als Annahme eines Vertrages 137 Madrider Abkommen 543, 545 Marshallplaneinfuhr 73 ff. Mehrverkehrseinrede s. uneheliche Kinder Mitschuldantrag 300 Montanunion 588 ff. Mutterschutz 102 Nachbarrecht österreichisches Recht 109 Nacherbfolge Nach Schweizer Erbrecht 461 f. Nachlaßspaltung englisches IPR 468 französisches IPR 475 Näherberechtigung 260, 456 Name anwendbares Recht 20, 37, 40 ungarisches Recht 38 ff. Namensänderung 35 Namensfeststellung keine Zuständigkeit zur N. gegenüber Ausländern 37 Nansenpaß 517, 519 Nationalsozialistische Gesetze Aufhebung durch KRG Nr. 1 481 ff. New York Eltern-Kind-Verhältnis, anwendbares Recht 354 — sachliches Recht 354 — Herausgabe des Kindes 354 f. Nichtehe B e r u f u n g auf N. 237 Feststellung der N. 241 Kinder aus N. 338 Nichterfüllung niederländisches Recht 537 f. Nichtigkeit nichtiger Vertrag, Voraussetzungen seiner Bestätigung bei Wegfall des Nichtigkeitsgrundes 263 Niederlande Armenrechl f ü r Niederländer 552 Deckverladung 156 Devisenrecht 471 ff. Ehegüterrecht, allgemeine Gütergemeinschaft 263, 268 — Unwandelbarkeit 268 — Güterrechtsvertrag 263 — H a f t u n g f ü r Schulden des Ehegatten 267 — Stellung der F r a u 600 IT. Ehescheidung 300 Eheschließung durch deutschen Wehrmachtsbeamten 1945 240 Ehevertrag 602
Sachverzeichnis Niederlande Ehewirkungen, persönliche, Unterhaltspflicht des Ehegatten 263 f. Erbrecht, a n w e n d b a r e s Recht 456 — kein Erbschein 457 — Ausschlagung der Erbschaft als Verfügung 471 f. Legitimation 12, 366 f. Prozeßkostenvorschußpflicht 263 f. Rechtshilfe, Zustellungsersuchen 627 Staatsangehörigkeit 299, 366 — E r w e r b 261 Testament, keine Anfechtung 458 — F o r m 457 — Nichtigkeit 458 Urheberrecht 536 Verlagsrecht 536, 539 Vertragsauflösung wegen Nichterfüllung 537 f. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Niederländern 299 f. Nottrauung s. Eheschließung, Sondergesetzgebung öffentliches Recht kein Begriff des ö. R. im angloamerikanischen Rechtskreis 80 Österreich Anschluß, völkerrechtliche Anerk e n n u n g 386, 465, 653 ff. deutsches Eigentum 87 f. eheliche Kinder, gesetzliche Vertretung des Vaters 357 f. Ehegüterrecht, Gütertrennung 261 E i n a n t w o r t u n g s u r k u n d e 219,234 ff. Erbrecht, Erbberechtigung 178 — Erbfolge, a n w e n d b a r e s Recht 220 — Nachlaßabkommen von 1927, zeitweise Außerkraftsetzung 220, 464 f. Verlassenschaftsabhandlung, anwendbares Recht 220 Fortgeltung des Rechts 1938 387 ff., 465 F o r d e r u n g e n österreichischer Staatsangehöriger aus der Zeit des Anschlusses 86 ff. Forstrecht 109 freiwillige Gerichtsbarkeit, Abänderbarkeit von Entscheidungen 618 gutgläubiger E r w e r b 11 H a f t u n g des Eigentümers aus gef a h r d r o h e n d e m Zustand 110 f. O. zum deutschen Kulturkreis gehörig 174 Loslösung vom Deutschen Reich 610
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Nachbarrecht 109 Patentrecht, Wiedereinsetzung österreichischer Anmelder 485 f. Personensorge 617 — Zuständigkeit 660 Rechtshilfevertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Bundesrepublik Österreich 617, 619 Staatsangehörigkeit 384 f., 387 f., 392, 608 ff. Uneheliche Kinder, a n w e n d b a r e s Recht 4, 383, 386 — österreichisches Recht 383,387 ff. — Unterhaltsanspruch 400, 402 ff. —, — Fälligkeit 400 —, — gerichtliche Neuregelung 410 —, — Rückstände 390 —, — V e r j ä h r u n g 405, 412 — T r a n s f e r von Unterhaltszahlungen 396 — Unterhaltsvereinbarung 619, 623 Unerlaubte Handlung 108 f. Unterhaltsrechtsstreit, vormundschaftgerichtliche Genehmigung f ü r Vergleich 397 Unterhaltsurteil, keine Anerkenn u n g in der Bundesrepublik, keine Vollstreckung hieraus 386 Verfolgung österreichischer Juden 176 Verjährung, keine Beachtung von Amtswegen 412 „Vermögen" im Sinn von § 166 ABGB 404 Vollstreckung von Titeln österreichischer Gerichte, wenn das Urteil w ä h r e n d des Anschlusses ergangen ist 629 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Österreichern 608 Keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Österreichern 611 Zwangsvollstreckung aus österreichischen Titeln 619 OFICOMEX OFICOMEX-Geschäfte, anwendbares Recht 73 oHG H a f t u n g des Gesellschafters, anwendbares Recht 55 f. — nach chinesischem Recht 58 — Enteignung der F o r d e r u n g 47 — V e r j ä h r u n g 61 H a f t u n g f ü r unerlaubte Handlung des Gesellschafters 69 Innenverhältnis der Gesellschafter,
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Sachverzeichnis
oHG a n w e n d b a r e s Recht 48 f. Registerzwang 60 Vereinbarung deutschen Rechts 60 Option 664 Ordre public 12 Abschaffung des Adels in der Sowjet-Union 29 f. — in der Tschechoslowakei 32 Devisenrecht 307 Ehe, abweichende Beurteilung nach Eheschließungs- und Legitimationsstatut 361 — Unauflöslichkeit 244 Faktische Ehe, Auflösung 329 Ehegatten, Ausschluß des Unterhalts, bulgarisches Recht 255 Enteignung der Sudetendeutschen 10, 118
Fehlen eines Gerichtsstandes 661 International. Verwaltungsrecht 32 Ausnahmegesetzgebung gegen die J u d e n 127 Legitimation nach ausländischem Recht 363 — Ausschluß von Ehebruchskindern 367 f. Lückenausfüllung 256 Mutterschutzgesetz 102 Unterschiedlichkeit der Rechtsordnungen 410 Klagebefugnis des österreichischen Sequesters 87 Uneheliche Kinder, Gleichstellung mit dem ehelichen Kind nach sowjetischem Recht 344 f. — Mehrverkehrseinrede 381 f., 387 ff., 406 — Ausschluß des Unterhaltsanspruchs 431 — Unterhaltsanspruch nach belgischem Recht 16, 376 — Zurückbleiben der Ansprüche des unehelichen Kindes 14, 15, 18, 404 — Ansprüche nach französischem Recht, Binnenbeziehung 378 f. —, — Ausschlußfrist 378 H e m m u n g der V e r j ä h r u n g wegen der Kriegsereignisse 94 Pariser Verbandsübereinkunft von 1883 480 ff., 503, 505, 519 f. Parteiautonomie 64, 86, 91, 122 f., 125, 148, 154, 536 H a f t u n g des Gesellschafters der oHG 57 Innenverhältnis der Gesellschafter einer oHG 49 Chinesisches IPR 59
Parteiwille, hypothetischer 54,64,90 f., 112, 137, 152, 154, 536 Parteiwille, stillschweigender Erfordernisse 64 Partnerschaft Chinesisches Recht 60 Patentrecht siehe auch Pariser Verbandsübereinkunft AHKG Nr. 8 488 ff. — Rücknahme der Anmeldung 527 f. — Ausländer, keine allgemeine Besserstellung 503, 505 — bevorrechtigte Ausländer, juristische Person 508 — Beschwerde, Begründung 501 — Beeinträchtigung bei Annahme feindlichen Einflusses 508 ff. — Gebühren 517 — Gegenseitigkeit 494 — Kriegszustand 489 f. — Patentinhaber, Lizenznehmer 500 — mehrfache P a t e n t i n h a b e r (Inländer und Ausländer) 498 — Prioritätsrechte 494 f. —, — nachträgliche Übertragung 506 — Rechtsnachfolger 490 ff. — Schweizer Staatsangehörige 491 — Staatenlose mit Wohnsitz in Frankreich, keine Gleichstellung mit französischen Staatsangehörigen 519 f. — Nachträgliche Übertragung 522 — Vereinbarkeit mit der VO vom 9. 11. 1940 502 ff. — Verlängerung 496 ff., 523 f. —, — Dauer 525 f. — Wiedereinsetzung 494, 524 —, — bei schwebendem Verfahren 515 f. —, — bei Staatenlosen 519 f. —, — bei Zurücknahme der Anmeldung 512 f. — Wiederherstellung des Patents 499 f. — Zweck 497 Deutsch-schweizerisches Prioritätsa b k o m m e n vom 2. 11. 1950 487 f. Doppelstaater 635 fremdsprachliche Eingaben 506 Prioritätsrechte (siehe auch oben AHKG Nr. 8) 484, 487 f. Wiedereinsetzung von Ausländern, Gegenseitigkeit 485 f. — Großbritannien 495 — Österreich 485 f.
Sachverzeichnis Patentrecht KriegsmaßnahmenVO vom 10. 1. 1942, kein nationalsozialistisches Gedankengut 480 ff. — im Verhältnis zu Frankreich 480 ff. — im Verhältnis zu Österreich 485 f. Patentgebühren, Nichtzahlung 510 f., 514 Vereinigte Staaten, keine Gegenseitigkeit gemäß § 4 VO vom 9. 11. 1940 502 f. Verlängerungsgesetz vom 15. 7. 1951 523 f. — Anwendung auf Ausländer 504 f. Personensorge anwendbares Recht 350 f., 353 f. Anhörung des im Ausland befindlichen Elternteils 350 f. Durchsetzung 633 Rechtsschutzbedürfnis f ü r Maßn a h m e n nach § 33 FGG 633 f. Beschluß über die P., W i r k s a m werden 633 Übertragung w ä h r e n d des Scheidungsrechtsstreits 640 Pfandrecht P. des Spediteurs, luxemburgisches Recht 142 f. Pflegschaft Bestellung eines Pflegers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren 356 ff. Abwesenheitspflegschaft, zuständige Behörde bei beschlagnahmtem Vermögen 450 Polen Anfechtung der Ehelichkeit 342 f. Eheliche Kinder, anwendbares Recht, keine Rückverweisung 342 Eheschließungsrecht 338 — F o r m 248 Ehenichtigkeit, Doppelehe 248 Ehewirkungen, persönliche 256 — Unterhalt der Ehegatten, Getrenntleben 256 in Lemberg geltendes österreichisches Recht 178 uneheliche Kinder 15 Staatsangehörigkeit 203, 301,323 f., 326, 331, 347, 682 — Nachweis 450 — Verlust durch polnische J u d e n 178 Vereinte Nationen 203 Vermögensbeschlagnahme von Angehörigen des polnischen Staates 168 ff., 203
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Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung eines Polen u n d einer Deutschen 301 Portefeuille Versicherungsunternehmen 126 Prämienreservefonds 124 f. Prozeßfähigkeit P. der E h e f r a u , a n w e n d b a r e s Recht 600 Prozeßkosten s. auch Sicherheitsleistung Vorschußpflicht des E h e m a n n e s f ü r P., Qualifikation 8 f. — nach französischem Recht 264 — nach niederländischem Recht 263 f. Qualifikation Q. nach der lex fori 107 Hausratsauseinandersetzung 336 Q. als Ehesache 253 Q. der einstweiligen Anordnung gem. § 627 ZPO 8, 262 Q. der Elternrechte im Gefolge der Hausratsauseinandersetzung 337 Q. der Prozeßkostenvorschußpflicht des E h e m a n n s 8 Q. der Vorschrift des tschechoslowakischen Rechts, wonach die Scheidung von der vorhergehenden Sicherstellung der Kinder abhängt 313 Q. bei Rückverweisung 438 Q. von Sachen als beweglich oder unbeweglich 468 Q. des Ausschlusses des Unterhalts unehelicher Kinder als prozessual nach rumänischem Recht 432 Q. der V e r j ä h r u n g , Kriegsvorschriften über die H e m m u n g 341 Q. der Zustimmungsbedürftigkeit von Verfügungen über Grundstücke der E h e f r a u 261 Rassegesetzgebung betroffener Personenkreis 160 ff., 174 ff. Rechtsanwalt Zulassung als R., Staatsangehörigkeit 683 ff. Rechtsgeschäft a n w e n d b a r e s Recht nach chinesischem IPR 59 Rechtshandlung anwendbares Recht 136 Rechtshilfe Beschwerde 626 R. gegenüber ausländischen Behörden, Natur 626 Rechtshilfeverkehr mit D ä n e m a r k 627
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Sachverzeichnis
Rechtshilfe — der Niederlande 627 — der Schweiz 627 ff. — der Tschechoslowakei 634 Rechtsmißbrauch E i n w a n d des R. gemäß § 242 gegenüber Geltendmachung eines auf ausländischem Recht beruhenden Pfandrechts 143 Rechtsschutzbedürfnis R. in Personensorgesachen 634 Rechtsverweigerung R. als Grund f ü r Zuständigkeit deutscher Gerichte 248 Rechtsweg Zulässigkeit, a n w e n d b a r e s Recht 80 Reparationsabkommen Pariser R., Legalzession 43 Repassiermaschine 478 ff. Restitutionsklage Zuständiges Gericht f ü r die R., wenn das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, nicht mehr als deutsches besteht 599 Retorsion R. gegenüber den Vereinigten Staaten 433 ff. Rückerstattung anwendbares Recht 163, 192 f., 195, 209 Anwendungsbereich des britischen REG 197 — der VO 120 213 Anmeldung, Fristwahrung, Anmeldung bei französischer staatlicher Behörde 182 f. — keine F r i s t w a h r u n g durch Anmeldung bei Kreditinstitut 183 Anmeldung durch Nichtberechtigten 181 angemessener Kaufpreis, maßgebliche W ä h r u n g 187 Auslegung der RE-Gesetze 180 Beschwerdefrist, Sitz der juristischen Person im Ausland 181 f. Entziehung 193 — im Ausland 192 f., 195 Eptziehungsort 209 — bei Aktien 207 Entziehung beweglicher Sachen, Verbringung in die Zone 211 Entziehung eines Lebensversicherungsanspruchs, Gegenstand der R. 548 keine R. bei Maßnahmen gegen Feindvermögen 168 f. Feststellung von Reichsverbindlichkeiten 548 Gerichtsbarkeit, R. eines von einem
f r e m d e n Staat erworbenen Grundstücks 575 f. keine Gerichtsbarkeit gegenüber einem f r e m d e n Staat 567 Gerichtsstand der Entziehung 196 — der belegenen Sache 196 — der unerlaubten Handlung 194. 196 J u d e n f r e m d e r Staatsangehörigkeit, Verfolgung 207 R.-Anspruch, Natur, Qualifikation 468 — als Nachlaßgegenstand 477 Nachzahlungsanspruch 186 f., 211 polnische Juden 167 ff., 189 f. Rassegesetzgebung, betroffener Personenkreis 184 f. Abgabe von W e r t p a p i e r e n 190 f. Versicherungsvertrag 202, 204 Verfolgungshandlung 167 Zuständigkeit der Wiedergutmachungsbehörden 192 f., 195, 210 Rückverweisung amerikanisches IPR, R. auf das Recht des Wohnsitzes 616 — Annahme an Kindes Statt 445 — Ehescheidung 320 bulgarisches IPR 255 dänisches IPR 3, 336 englisches IPR, Adoptionsrecht 436 — in Statussachen 173 f. — unbeweglicher Nachlaß 468 estnisches IPR, Adoptionsrecht 438 österreichisches IPR, Kindschaftsrecht 383, 386 Recht von New York 354 Schweizer IPR, E r b s t a t u t 461 keine R. des griechischen Unehelichenrechts auf deutsches Recht 380 — nach italienischem IPR 250 — nach polnischem Recht, Anfechtung der Ehelichkeit 342 Qualifikation der Anknüpfungsbegriffe nach dem rückverweisenden Recht 438 Rechtfertigung der R. 4 R. im Bereich des Rechts der unehelichen Kinder 3 ff. Rumänien Ehescheidung 302 ff. — Einverständliche Scheidung 302 f. Eintragung des Scheidungsurteils als Teil der Scheidung 303 Staatsangehörigkeit 302, 304 f., 325 f., 430 uneheliche Kinder, a n w e n d b a r e s Recht nach r u m ä n . IPR 431
Sachverzeichnis Rumänien — sachliches Recht 431 — Unterhaltsanspruch 403 f. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von R u m ä n e n 302, 304 — eines R u m ä n e n und einer Deutschen 143, 305 keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von R u m ä n e n 307 Rußland s. auch UdSSR Adelsrecht 21 ff. Saargebiet Teil des Deutschen Reiches 604 E x e q u a t u r französischer Urteile bei rügeloser Einlassung 621 f. keine Gerichtsbarkeit über den französischen Staat 571 f. französisch-saarländische Justizkonvention 570, 621 S. nicht Gläubiger-Staat im Sinne des Londoner Schuldenabkommens 68 keine Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten durch Saarländer 635 f. Staatsangehörigkeit 68, 635 Wettbewerbsrecht, französischsaarländische Konvention 546 Sache Qualifikation als unbeweglich 468 Gutgläubiger E r w e r b nach österreichischem Recht 11 Schadensersatz s. auch unerlaubte Handlung Geltendmachung von S. F o r d e r u n g in deutscher W ä h r u n g bei fremdem Schuldstatut 66 H a f t u n g aus Eigentum 110 luxemburgisches Recht 136 Naturalrestitution bei entzogenem Bankguthaben 200 V e r j ä h r u n g eines vertraglichen S.Anspruchs, anwendbares Recht 66 f. Vertragsverletzung, Verhältnis zu Wiedergutmachungsansprüchen 130 ff. Wiederherstellung 548 Schadensreserve 203 Schiedsspruch Nachprüfbarkeit ausländischer S. 619 f. Schlesien S. nicht Ausland 229, 238 Schuldausspruch S. im Scheidungsurteil 272, 277, 308, 312, 319, 350 Schuldübernahme 145
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Schuldverhältnis s. auch Parteiautonomie a n w e n d b a r e s Recht 49, 64, 122 f. Schweden Londoner Schuldenabkommen 105 Priorität (Patentrecht) 484 Schweigen S. auf Vertragsangebot, anwendbares Recht 137 — luxemburgisches (französisches) Recht 137 S. als unerlaubte Handlung 139 f. Schweiz Erbrecht 461 f. — a n w e n d b a r e s Recht 461 Madrider Abkommen 545 Patentrecht, Recht aus AHKG Nr. 8 491 — deutsch-schweizerisches Priorit ä t s a b k o m m e n vom 2. 11. 1950 487 f. Rechtshilfeverkehr mit der S. 627 Staatsangehörigkeit 419 ff., 636 uneheliche Kinder, a n w e n d b a r e s Recht 6 — Verhältnis zum Vater a u ß e r h a l b des Unterhaltsanspruchs 420 — Verhältnis zur Mutter 420 Versicherungsansprüche 205 Verträge mit dem Deutschen Reich, Weitergeltung 628 f. Vormundschaft, Zuständigkeit zur Übernahme nach Schweizer Recht 422 Beschlagnahme von W e r t p a p i e r e n deutscher Eigentümer 216 Seerecht Deckverladung 156 f. Sicherheitsleistung f ü r Prozeßkosten S. erforderlich f ü r Franzosen 558 f. — Italiener 555 ff. — Tschechoslowaken 559 — heimatlose Ausländer 559 S. nicht erforderlich f ü r Belgier 554 — Saarländer 635 f. Befreiung, Voraussetzungen 556 f. Höhe, Festsetzung 560 ff. keine P r ü f u n g der Erfolgsaussichten 558 f. Signifikation Qualifikation als sachlich rechtlich 141 Sondervermögen Gelder des Marshallplans 73 f. Spanien Staatsangehörigkeit 257 Zuständigkeit deutscher Gerichte
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Sachverzeichnis
Spanien zur Scheidung von Spaniern, die von der IRO betreut werden 332 Speditionsbedingungen, allgemeine deutsche Anwendbarkeit gegenüber Ausländern 148 f. Speditionsvertrag anwendbares Recht 137, 148 f. Sperrkonto Leistung auf S., keine E r f ü l l u n g in den Westzonen 99 — E r f ü l l u n g in der sowjetischen Zone 100 Sperrmark Kurs der S p e r r m a r k in der Schweiz 1936 186 Staatenlose a n w e n d b a r e s Recht 178 — Ehegüterrecht 260 f. — Ehescheidung 299, 318, 323 ff. — Erbfolge 456, 467 — Legitimation 371 — Statussachen 438 — Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes 410 — nach italienischem IPR 178 — nach niederländischem IPR, Erbstatut 457 Annahme der Staatenlosigkeit bei Zweifel über die StA 681 gewöhnlicher Aufenthalt 456 — Einfluß der Zwangsverschickung 456 Patentrecht, Stellung nach AHKG Nr. 8 519 f. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Staatenlosen 323 ff. Staatsangehörigkeit doppelte StA 636, 638 — Patentrecht 635 Handelsgesellschaften, Sitztheorie 554 StA der E h e f r a u , Staatsangehörigkeitswechsel des E h e m a n n e s 664 E r l a ß vom 12. 5. 1943 325, 674 ff. Familieneinheit 665 Landesstaatsangehörigkeit 280 f. StA des Minderjährigen 659 Nachweis der StA durch P a ß 475 — kein Nachweis durch Kennkarte 313 Staatensukzession 609, 644, 649 f., 656 f., 663, 669 Uneheliches Kind 236 Verlust der StA durch die 11. VO zum RBG 456, 467 — bei nichtiger Ehe 251
— durch Eheschließung 3, 257, 277, 279 f., 282 f., 287, 293 f., 297, 299, 309, 312 f., 320, 324, 336, 354, 610, 638 — V. der deutschen StA des Kindes durch Eheschließung der unehelichen Mutter mit dem ausländischen Erzeuger 364 — durch fehlende Willensbekundung 647 Kein V. der StA durch E r w e r b einer ausländischen StA 636, 653, 656 — durch formungültige Eheschließung 236 — seit I n k r a f t t r e t e n des GG 305, 366 Völkerrecht 643,649 ff., 655,663,669 Wille des Betroffenen 647, 652, 655, 663 f., 667 f., Zuständigkeit zur Verleihung der StA 593 Staatsangehörigkeit, einzelne L ä n d e r : Australien 296 Belgien 330 China 274 D ä n e m a r k 336 Danzig 323 England 236, 273 f. Estland 438 Frankreich 365, 677 Griechenland 279, 338 Italien 280, 283, 286, 338 Jugoslawien 253, 287 f., 290, 292 f., 294, 353, 376, 681 Lettland 295 Litauen 296 f. Niederlande 261, 299, 366 Österreich 384 f., 387 f., 392, 608 ff., 648 ff. Polen 178, 203, 301, 323 f., 326, 331, 347, 450, 682 R u m ä n i e n 302, 304 f., 325 f., 430 Saargebiet 68, 635 Schweiz 419 ff., 636 Spanien 257 Sudetendeutsche 8, 249, 405, 413, 593 f Tschechoslowakei 260, 308, 309, 327 f., 642 ff., 680 Tunesien 277 UdSSR 29, 313, 331, 343, 345, 373, 682 Ungarn 36, 316 f., 319, 370 Vereinigte Staaten von Amerika 320, 354, 446, 612 f. Volksdeutsche aus Jugoslawien 17, 287 f., 290, 292 ff. — aus dem Protektorat 642 ff.
Sachverzeichnis Staatsangehörigkeitsausweis Wirkung der Erteilung 33 Staatsanwalt Anfechtung gemäß § 1595a BGB bei ausländischen Kindern 342 f., 348 Statutenwechsel Sachenrechte 142 Streik S. als höhere Gewalt nach belgischem Recht 153 Sudetendeutsche Enteignung der S. 10, 118, 225, 592 Staatsangehörigkeit 8, 249, 405, 413, 593 f. Sudetenland siehe auch Sudetendeutsche, Tschechoslowakei Fortgeltung des ABGB 1938 405, 407 f., 412 ff. keine Anwendung des neuen tschechoslowakischen Familienrechts auf Tatbestand, der sich während der Angliederung des S. an das Deutsche Reich verwirklicht hat 412 Tarifordnung Weitergeltung 103 Tatsachen Macht der T. im Recht 610 Teilungsanordnung T. nach Schweizer Erbrecht 461 Testament Anfechtung, anwendbares Recht 457 Beurteilung, anwendbares Recht 476 Form, anwendbares Recht 457, 475 — nach niederländischem Recht 457 inhaltliche Gültigkeit, anwendbares Recht 456 niederländisches Recht 458 Todeserklärung 40 Todesvermutung T. bei Verschleppten 178 Tschechoslowakei siehe auch Sudetendeutsche, Sudetenland Abschaffung des Adels 1919 31 ff. Auflösung einer deutschen KG 225 Besetzung 1939, völkerrechtlich betrachtet 643, 656 Ehegüterrecht 261 Ehescheidung 308 ff., 312 f. — Regelung des Eltern-Kind-Verhältnisses als Voraussetzung des Ausspruchs der Scheidung, Qualifikation 313 Eheschließung 237, 299 — F o r m 242 48
I n t e r n . Privatrecht 1952 und 1953
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Rechtsänderungen 1945 242 Rechtshilfeverkehr mit der T. 634 S'cherheitsleistung für Prozeßkosten 559 Staatsangehörigkeit 260, 308 f., 327 f., 642 ff., 680 — Deutsche aus dem Protektorat 642 ff. Uneheliche Kinder 415 — Überweisung von Unterhaltsleistungen aus der Bundesrepublik 415 Versicherungsrecht 119 Verstaatlichung d. Bankwesens 224 Weitergeltung des ABGB 1918 260 Wertpapierbereinigung, keine Befugnis zur Anmeldung entzogener Wertpapiere 224 ff. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Tschechoslowaken 307 — eines Tschechoslowaken und einer Staatenlosen 309 ff. Tumultschäden Diskriminierung beim Ausgleich von T. 175 Tunesien Staatsangehörigkeit 277 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Tunesiern 278 UdSSR Abschaffung des Adels 29 f. Baltische Staaten, Einführung des sowjetischen Rechts 297 Faktische E h e 246, 328 Eheliche Kinder, Anfechtung 346 — Ukraine 344 — durch den Staatsanwalt 343 Ehescheidung 296, 298, 314 f., 333 Eheschließung mit Ausländern, Verbot 313 f. Legitimation 373 Staatsangehörigkeit 29, 313, 331, 343, 345, 373, 682 Uneheliche Kinder, s. auch unter eheliche Kinder — Recht des unehelichen Kindes 13 f. — Gleichstellung 373 Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Sowjetbürgern 298 — eines Sowjetrussen und eines Staatenlosen 314 — von Volksdeutschen aus der UdSSR 315 Keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Sowjetbürgern 315, 329
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Sachverzeichnis
Umstellung U. von Grundschulden 549 f. U. von Unterhaltsforderungen 386, 402 U. von Frankenverbindlichkeiten 53 f. U. einer Schillingforderung 386 Versicherungsvertrag 114 Valutaverbindlichkeit 114, 116 Angehörige der Vereinten Nationen 116, 202, 211 ff., 685, 692 f. Umwandlungsgesetz Geltungsbereich 129 f. Uneheliche Kinder s. auch Legitimation anwendbares Recht 3, 5, 13, 15 f., 18, 376 ff. — Umwandelbarkeit 388, 391, 393, 406 — nach griechischem IPR, Unterhaltsanspruch 380 — nach österreichischem IPR 4 — nach rumänischem IPR 431 — nach Schweizer IPR 6 belgisches Recht 16, 376 Besatzungsmacht 433 ff. Recht der DDR 401 französisch. Redit, Unterhalt 377 f. — gesetzliche Vertretung des Kindes 377 — Vaterschaftsanerkenntnis 375 griechisches Recht, Unterhalt 380 ff. italienisches Recht 18, 426 f. — Ehebruchskinder 426 f. österreichisches Recht 383, 387 ff. — Unterhalt 400, 402 ff. — Unterhaltsrechtsstreit, Vergleich, vormundschaftsgerichtliche Genehmigung 397 — Unterhaltsvereinbarung 623 polnisches Recht, Unterhalt 15 rumänisches Recht 431 — Art. 307 CC, Qualifikation 432 — Bukowina, Geltungsbereich des ABGB 403 Schweizer Recht, Verhältnis des unehelichen Kindes zur Mutter 420 sowjetisches Recht 13 f. — Gleichstellung 373 tschechoslowakisches Recht 415 ungarisch. Recht, Gleichstellung 371 — Unterhalt 416 f. Verhältnis zur Mutter, anwendbares Recht 420 Klagebefugnis der Mutter 395 Rückverweisung 4 ff. Umstellung von Rückständen 402 Umstellung einer Schillingforderung 386
Vaterschaftsanerkenntnis, anwendbares Recht 426 — Wirkungen auf die Unterhaltsverpflichtung, anwendbares Recht 374 — Ausschluß der Mehrverkehrseinrede 383 — Beweiswert der Beischreibung im Personenstandsregister 427 f. — Zulässigkeit der Beischreibung 374 — deutsches Recht 420 — französisches Recht, 364, 375 — italienisches Recht 374 f. — Schweizer Recht 420 f. Anerkenntnis als tatsächliche Gegebenheit 427 f. Beziehungen zum Vater, anwendbares Recht 375, 420, 426 — nadi schweizerischem IPR 420 Zahlvaterschaft, Feststellung, reditliches Interesse 383, 400, 403 — anwendbares Recht 423, 428 f. — Verfahren 423 Währung des Unterhaltsanspruches 389 f., 396 Wandel der Anschauung 429 wohlerworbenes Recht 391 Unerlaubte Handlung anwendbares Recht 137, 535 — wenn nur Deutsche beteiligt sind 68 f. Deliktsort 137 Gerichtsstand 587 f. Schadenersatz nach österreichischem Recht 108 f. Tatort der Unterlassung 106 ff. — Verletzung allgemeiner Rechtspflicht 69 Ungarn Adelsbezeichnungen 21, 38 ff. eheliche Kinder, Vermutung der Ehelichkeit 353 Ehescheidung 316, 318, 334 f. Namensrecht 38 ff. Staatsangehörigkeit 36, 316 f., 319, 370 uneheliche Kinder, Gleichstellung 371 — Unterhalt 416 f. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Ungarn (DP) 315 f. — eines Ungarn und einer Staatenlosen 317 keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Ungarn 282,319,351,612
Sachverzeichnis Unterhalt siehe auch uneheliche Kinder U. der Ehefrau, anwendbares Recht 254 f. U. der Ehegatten nach bulgarischem Recht 255 — nach jugoslawischem Recht 254 — nach polnischem Recht bei Getrenntleben 256 Qualifikation, keine Ehesache im Sinne von § 606 III ZPO 253 Unterwerfung U. der Parteien unter ein bestimmtes Recht 56 f. Unwandelbarkeit Ehegüterrecht 8, 260 f. Unterhaltsstatut 388, 391, 393, 406 Urheberrecht anwendbares Recht, Bestehen des U. 536 — Verletzung 535, 541 Berner Übereinkunft 532, 535 mechanische Vervielfältigung 532 ff. niederländisches Recht 536 Urkunde Echtheit, doppelte Verwendung einer Stempelmarke 245 Urteil, ausländisches Beweismittel 386 Rechtsweg für Vollstreckbarerklärung 617 österreichisches Unterhaltsurteil, keine Anerkennung 386 Valutaforderung Umstellung 114, 116 Verbindlichkeit Erlöschen, anwendbares Recht 122 Verbotene Praktiken 588 Vereinigte Staaten Annahme an Kindes Statt 445 — anwendbares Recht 444 f. — Recht von New Jersey 442 ff. — domicil 444 f. Ehescheidung, anwendbares Recht 614 — Recht von Florida 322 — Recht von Georgia 322 — Rückverweisung 320 Ehescheidungsurteil, Anerkennung 321 Eheschließung, F o r m 238 Enteignung deutscher Wertpapiere 227 f. I P R 615 Patentrecht, keine Gegenseitigkeit gemäß § 4 der Verordnung vom 9. 11. 1940 502 f. 48 '
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Staatsangehörigkeit 320, 354, 446, 612 f. Vermögensbeschlagnahme 199 Wohnsitz, Ehefrau 614 — Verlegung 613 — als Voraussetzung der Scheidungsgerichtsbarkeit 613 f. Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Scheidung von Amerikanern 613 — eines Amerikaners und einer Staatenlosen 320 Vereinte Nationen Armenrecht für Angehörige der V.N. 553 Charta der V.N. 10 Hypothekengewinnabgabe 687 f. Lastenausgleich 689 ff. Umstellung 116, 202, 211 ff., 685, 692 f. Verfahren anwendbares Recht 337, 412, 584 f., 601, 659 Verfügung Begriff der V. b. Treuhändern 164 Vergeltungsmaßnahmen 86 Verjährung anwendbares Recht 412 Ausländer, Sonderbehandlung 98 ff. französisches Recht 67 f. finnisches Recht 93 f. italienisches Recht 341 f. österreichisches Recht 412 V. der Haftung der Gesellschaft einer oHG 61 Hemmung der V., Kriegsvorschriften, Anwendbarkeit kraft ordre public 94 — anwendbares Recht 97, 111 f., 341, 378 f. Qualifikation 341 V. eines vertraglichen Schadenersatzanspruchs, anwendbares Recht 66 f. V. von Scheidungsgründen, anwendbares Recht 310 Verkehrssicherungspflicht 109 Verlagsrecht niederländisches Recht 536, 539 Verlagsvertrag anwendbares Recht 536 Vergriffensein 538 Verlöbnisbruch anwendbares Recht 230 Vermögenskontrolle Genehmigungsbedürftigkeit 602 Vermögensverwalter Klagebefugnis des österreichischen V., anwendbares Recht 87
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Sachverzeichnis
Verschleppte Personen s. heimatlose Ausländer Versicherung Belegenheit des Versicherungsanspruchs 123 ff. Entzogener Lebensversicherungsanspruch, Wiederherstellung 548 Selbständigkeit des Auslandsbestandes 206 Keine Ansprüche gegen die Zentrale 205 Versicherungsaufsicht V. über ausländisches Versicher u n g s u n t e r n e h m e n 124 f. Versicherungsstock Aufteilung nach Auseinanderfallen des Großdeutschen Reichs 120 Versicherungsunternehmen Anwendung des Umstellungsgesetzes auf ausl. V. 119 Inländischer Gerichtsstand 125 ausländisches V., U n t e r w e r f u n g unter die inländische Hoheitsgewalt 124 Zweigniederlassung 204 f. Versicherungsverhältnis Rückerstattung 202 Versicherungsvertrag Enteignung durch 11. DVO zum RBG 123, 126 f. Rückerstattung 204 Tschechoslowakei 119 Umstellung 114 Unabdingbarkeit des inl. Erfüllungsorts 126 Vertrag s. Parteiautonomie, Parteiwille, Verträge mit der JEIA, Rechtsnatur 79, 81 ff. Erfüllungsort, a n w e n d b a r e s Recht 113 Nichterfüllung, niederländisches Recht 537 f. Vertragsverletzung, positive p.V. einer Bank 199 f. Vertreibung V. der Sudetendeutschen, Völkerrecht 10 Vertretungsmacht Vertreter einer unter Vermögensverwaltung stehenden Firma, anwendbares Recht 87 f. Verwendungskauf 581 Völkerrecht Befugnisse des Sequesters 164 f. Enteignung der Sudetendeutschen 10, 88 Feindgesetzgebung 164 Gleichheitsgrundsatz 433 ff., 567 ff.
Gesandtschaftsgrundstück 567 f., 575 Anschluß Österreichs 386, 465, 653 ff Pariser Reparationsabkommen 42 f. Errichtung des Protektorats 1939 643, 656 Staatsangehörigkeit 643, 649 ff., 655, 662, 669, 677 f. Volksdeutsche Anwendung des Art. 21 2. Halbsatz EGBGB 17 Gleichstellung 376 f., 399 V. aus Jugoslawien, Staatsangehörigkeit 17, 287 f., 290, 292 ff. V. aus Rumänien, Staatsangehörigkeit 302, 304 V. aus Ungarn, Staatsangehörigkeit 317 Volljährigkeit estnisches Recht 439 Vollstreckung V. aus Urteilen ehemals deutscher Gerichte 408, 623 Vollstreckbarerklärung Rechtsweg f ü r V. österreichischer Urteile 617 Vorbehaltsklausel s. ordre public V. des Art. 21 2. Halbsatz 379, 381, 384 ff., 395, 402 f. — Geltung zugunsten von Deutschen gem. Art. 166 GG 377, 399 — Geltung gegenüber Kindern, die zur Zeit des Anschlusses bzw. der Angliederung des Sudetenlands geboren wurden 383 ff., 406 — keine Geltung f ü r solche Kinder 388, 391, 393, 407 Einfluß staatsrechtlicher Veränderungen 385 Vorfrage Bestehen der Ehe als V. der Legitimation 361 Vormundschaft anwendbares Recht 422 V. über volljährige Ausländer 448 Beschwerdeberechtigung des Vorm u n d s 418 f. Zuständigkeit zur Übernahme der V. nach Schweizer IPR 422 Währung s. auch uneheliche Kinder anwendbares Recht 71 Auseinanderfallen von Schuldstatut und W ä h r u n g s s t a t u t 66 Urteil in f r e m d e r W ä h r u n g , devisenrechtliche Vorschriften 396
Sachverzeichnis Währung Zeitpunkt des maßgeblichen Umrechnungskurses 547 Warenzeichen AHKG Nr. 8, Wiedereinsetzung 530 Lizenzerteilung 543 Internationale Registrierung 543 Madrider Abkommen 543 Schwache Zeichen 545 Schutz, a n w e n d b a r e s Recht 545 Verwechslungsgefahr 545 Widerrechtliche Kennzeichnung 544 Wechsel 96 ff. Weiterverweisung 430 Wertpapier Belegenheit des im W. verbrieften Rechts 216 —, Enteignung 223 Enteignung durch die Schweiz 216 — durch die Tschechoslowakei 224 ff. Anbletungspflicht ausl. Wertpapiere, keine Enteignung 190 f. Wertpapierbereinigung Anmeldebefugnis 223 — k r a f t Geschäftsführung ohne Auftrag 223 f. — A. durch Leiter der Zweigniederlassung eines ausl. Unternehmens 218 Keine Anmeldebefugnis der tschechischen Nachfolgebank 224 ff. Vollmacht ausländischer Bank 217 — bei Verstaatlichung der verwahrenden Bank 224 Enteignung, keine Anerkennung in der W. 224 Belegenheit der Ansprüche gegen den Sammelbestand 222 f. AHKG Nr. 63 227 f. Keine Anmeldung durch luxemburgischen Sequester 222 — bei in der Tschechoslowakei entzogenen W e r t p a p i e r e n 224 ff. Unechte Doppelanmeldung 221 Glaubhaftmachung durch Nachweis der Verbuchung 221 Nachweis der Erbberechtigung 219 Wegfall des Depotanspruchs nach Kraftloserklärung 222 Pflegerbestellung 218 Wertsicherungsklausel französisches Recht 72 Wettbewerbsrecht Diskriminierung, Tatort im Ausland 90 Saargebiet 546
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Widerklage U n t e r w e r f u n g unter die inl. Gerichtsbarkeit 584 Wiedergutmachung 128 f., 179, 214 f., 456 Wohnsitz A n k n ü p f u n g an den W. bei Unterhaltsansprüchen unehelicher Kinder 413 f. Bedeutung f ü r die Aufteilung des Deckungsstocks 120 Bestimmung des W. nach der lex fori (common law) 614 W. der E h e f r a u , Gleichberechtigung 614 W. der Kinder 453 W. in Deutschland, a n w e n d b a r e s Recht 354 W. als Voraussetzung der Scheidungsgerichtsbarkeit nach amerikanischem Recht 613 f. Wohnsitzverlegung und Einzelstaatsangehörigkeit (USA) 613 Wohnsitzprinzip amerikanisches IPR 444 f. estnisches IPR 438 Schweizer IPR 6 Zinsen Verzugszinsen, a n w e n d b a r e s Recht 141 Prozeßzinsen, anwendbares Recht 141 finnisches Recht 95 Zugabeverordnung Geltung im Saargebiet 546 Zurückbehaltungsrecht anwendbares Recht 144 Zuständigkeit siehe auch Ehenichtigkeit, E h e a u f hebung, Ehescheidung Z. der AHK 102 Verwirkung der Einrede der Unzuständigkeit durch rügelose Einlassung 622 keine Rüge wegen örtlicher Unzuständigkeit 585, 597 f. Z. f ü r einstweilige Anordnung gem ä ß § 627 ZPO 639 Z. f ü r Streit aus persönlichen Ehebeziehungen jugoslawischer Ehegatten 253 Z. deutscher Gerichte zur Hausratsauseinandersetzung 337 Z. deutscher Nachlaßgerichte bei f r e m d e m E r b s t a t u t 460, 476 f. keine Zuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte 457, 459 Z. des Vormundschaftsgerichts f ü r
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Sachverzeichnis
Zuständigkeit die Personensorge bei ehelichen Kindern 660 Z. nach dem Recht im Saargebiet 622 kein Einfluß der materiellen Nichtigkeit 631 Zustellung Zustellungsersuchen ausländischer Gerichte 627
Bedeutung der Z. f ü r den Gerichtsstand des Vermögens 579 öffentliche Zustellung 302 Zwangsvollstreckung Z. aus Titeln österreichischer Gerichte 619 Zweigniederlassung keine eigene Rechtspersönlichkeit 218
DRUCKFEHLER
s. s. s. s. s. s. s. s. s. s. s. s.
87 Z. 15 V. oben statt Entscheidung 89 Z. 4 V. oben VO Nr. 78, AHKG Nr. 56, Art. V 9 c 4 S. 347 117 Z. 2 V. unten 196 Z. 14 V. oben 2. 4. 1948 225 Z. 18 V. unten 2 N 237 Z. 23 V. oben L R 310 z. 13 V. unten 25. 5. 1919 328 z. 16 V. oben SVZ 348 z. 20 V. oben 15. 2. 1947 349 z. 4 V. oben 15. 2. 1947 374 z. 9 V. oben zulässig 415 z. 10 V. oben AG Karlsruhe, Urt. vom 30. 4.1952
lies Entschädigung AHKG Nr. 56, VO Nr. 78, Art. V/9 c 4 S. 379 2. 9. 1948 2 W 2 R 22. 5. 1919 Süddt. JZ 19. 2. 1947 19. 2. 1947 nicht zulässig AG Karlsruhe, Urt. vom 30. 4. 1952 — 7 C 414/51