Die Briefe 3-29 Des Ostsyrischen Patriarchen Timotheos I. 9789042945081, 9789042945098, 9042945087

Die vorliegenden Bande veroffentlichen die Briefe 3-29 des ostsyrischen Patriarchen Timotheos erstmals auf breiter Hands

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DIE BRIEFE 3–29DES OSTSYRISCHEN PATRIARCHEN TIMOTHEOS I.Übersetzung
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Die Briefe 3-29 Des Ostsyrischen Patriarchen Timotheos I.
 9789042945081, 9789042945098, 9042945087

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DIE BRIEFE 3–29 DES OSTSYRISCHEN PATRIARCHEN TIMOTHEOS I.

CORPUS S C R I P T O R U M C H R I S T I A N O R U M O R I E N TA L I U M EDITUM CONSILIO

UNIVERSITATIS CATHOLICAE AMERICAE ET UNIVERSITATIS CATHOLICAE LOVANIENSIS Vol. 701

SCRIPTORES SYRI TOMUS 270

DIE BRIEFE 3–29 DES OSTSYRISCHEN PATRIARCHEN TIMOTHEOS I. ÜBERSETZUNG VON

MARTIN HEIMGARTNER

LOVANII IN AEDIBUS PEETERS 2021

A catalogue record for this book is available from the Library of Congress.

© 2021 by Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium Tous droits de reproduction, de traduction ou d’adaptation, y compris les microfilms, de ce volume ou d’un autre de cette collection, réservés pour tous pays. ISSN 0070-0452 ISBN 978-90-429-4508-1 eISBN 978-90-429-4509-8 D/2021/0602/97 Éditions Peeters, Bondgenotenlaan 153, B-3000 Louvain

VORWORT Als ich im Jahr 2000 mit der Arbeit an meiner Edition und Übersetzung der Disputation mit dem Kalifen al-Mahdī begann, hätte ich nicht gedacht, dass daraus eine Gesamtausgabe der Briefe des Timotheos entstehen würde. Allerdings weckte die Arbeit an der Disputation bald mein Interesse an den damals noch unpublizierten Briefen 42–58, welche ich anschliessend veröffentlichte. Ein weiterer Schritt war 2006 an einer Tagung in Göttingen erreicht, als mich die Altmeister Sebastian Brock und Sidney H. Griffith zu einem dritten Timotheos-Projekt ermutigten. Dieses umfasste nicht nur die noch nie in Druckedition erschienenen Briefe 40 und 41, sondern erstmals auch eine Neuedition von Briefen aus der Edition von Oskar Braun von 1914. Bei dieser Neuausgabe der Briefe 30–39 (ursprünglich waren nur die Briefe 34–41 geplant) zeigte sich erstmals, dass die Briefe des Timotheos in zwei Rezensionen vorliegen. Da Braun eine Handschrift der späteren, von mir so genannten Elias-Rezension favorisierte, war nunmehr der Gewinn deutlich sichtbar, welchen eine Edition auf der Basis der ursprünglichen Rezension mit sich bringt. So drängte sich schliesslich der Gedanke auf, auch die übrigen Briefe der Ausgabe von Braun einer Neuedition zu unterziehen. So entstand erst bei der Konzeption dieses Projekts im Frühjahr 2014 die Perspektive einer Gesamtausgabe der Briefe des Timotheos. Die grosse Textmasse der verbleibenden Briefe 1–29 wurde für den Druck in handlichere Teilbände unterteilt, welche einerseits die grossen Traktate (Briefe 1 und 2 mit dem Cento) und andererseits die vergleichsweise kurzen Briefe 3–29 umfassen. Zu meiner grossen Freude hat der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der Forschung auch dieses Projekt wieder finanziert. Nicht bewilligt wurde uns eine Neuedition des Rechtsbuchs des Timotheos. Daraufhin haben wir und entschieden, auf eine Sammlung der Fragmente weiterer Texte des Timotheos zu verzichten und uns nur auf die Briefe zu beschränken. Ob wir für die verbleibenden Texte andere Mittel auftreiben können, ist zur Zeit offen. Ein weiteres Projekt unfasst eine Monografie zum Aristotelismus zur Zeit des Timotheos. Ihre Veröffentlichung zurückzuhalten hat sich uns aufgedrängt, um die Textzitate und Verweise an die bisher noch ausstehenden Editionen der Briefe 1 und 2 sowie 3–29 anzupassen. Mir bleibt zu danken: Der Schweizerische Nationalfonds hat das vorliegende Editions- und Übersetzungsprojekt finanziert. Meine hochgeschätzte

VI

M. HEIMGARTNER

Chefin und Fachkollegin Prof. Dr. Silke-Petra Bergjan, Zürich, hat die Mühen des Projektantrages auf sich genommen. Herrn Dr. Grigory Kessel, Wien, danke ich für Handschriftenkopien aus Trichur und Bagdad sowie ihm wie auch Herrn Dr. Vittorio Berti, Padova, für Kopien von schwer zugänglichen Büchern. Herr Dr. Samuel Zinsli, Zürich, und Herr Pfr. Michael Kohlbacher, Sinn, haben mich beim Korrekturlesen in altbewährter Manier unterstützt, ebenso Herr Michael Marx, Berlin, bei der Entzifferung der arabischen Randglossen. Frau Prof. Dr. Andrea Schmidt, Louvain-la-Neuve, danke ich für die erneute Aufnahme in die Reihe Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium und die ebenso altbewährte sorgfältige Behandlung des Manuskripts bei der Drucklegung. Schöfflisdorf, den 7. Dezember 2020

Martin HEIMGARTNER

VORBEMERKUNG Über die Art der Zitation von Quellen und Sekundärliteratur gibt die Einleitung zum Literaturverzeichnis Auskunft. Für syrische Wörter wird folgende Umschrift verwendet: a (resp. ’) b g d h w z ḥ ṭ y k l m n s ‘ p ṣ q r š t; der Unterschied zwischen harter oder weicher Aussprache der begadkepat-Buchstaben bleibt unberücksichtigt. Arabische und persische Wörter werden mit dem Transliterationssystem des 19. Internationalen Orientalistenkongresses von 1935 wiedergegeben. Gebräuchliche Orts- und Personennamen werden in der (resp. einer) uns geläufigen Form wiedergegeben (so Bagdad statt Baġdād und Sergios statt Sargīs). Bei der Schreibung moderner Eigennamen sind Inkonsequenzen unvermeidlich, ebenso bei Ortsnamen, von denen mehrere Schreibweisen belegt sind, sowie bei der syrischen Schreibweise persischer und arabischer Wörter.

EINLEITUNG 1. ZUM INHALT DER BRIEFE 3–29 Auf den ersten Blick wirken die Briefe 3–29 des Timotheos wie ein ungeordnetes Konglomerat.1 Erst beim zweiten Hinsehen lassen sich einzelne Blöcke erkennen, die sich den beiden Wirkungsphasen des Hauptadressaten Sergios zuweisen lassen. Dieser war zuerst Schullehrer in Mossul und wurde im Lauf der 790er Jahre2 zum Metropoliten von Elam ernannt. Raphael Bidawid hat erstmals diese beiden Wirkungsphasen von Sergios als Hauptkriterium für die Datierung der Timotheosbriefe herausgearbeitet. Dabei ist über Bidawid hinaus mitzuberücksichtigen, dass in drei Fällen Fragmente ursprünglich unabhängiger Briefe zusammengewachsen sind, nämlich bei den Briefen 8a und 8b, 9a und 9b sowie 13 und 14.3 Der Zeit des Sergios als Schullehrer in Mossul sind die Briefe 8b und 14–20 zuzuweisen. Diesen geht wohl Brief 9a an Sergios’ Vorgänger Pētīōn noch voran.4 An die Briefe 14–20 schliessen sich die Briefe 27–29 an. Deren erster, Brief 27, ist 791/792 geschrieben5 und einer der wenigen genau datierbaren Briefe.6 In die Spätzeit des Sergios, als er Metropolit von Elam war, gehören die Briefe 3–8a, 9b–13 und 20–25. Sie stehen thematisch den Briefen 44b–48 und 52–58 nahe. Dazu gesellt sich Brief 26 an Māranzekā von Ninive, der den Charakter eines Brieftraktats hat. Der schwierigen Frage der Gesamtredaktion des Briefcorpus werde ich mich 1

Dieser Eindruck bewog Braun ursprünglich auch dazu, die Briefe nach einer sachlichen Anordnung herausgeben zu wollen: »Da jede chronologische Ordnung, wie bereits bemerkt wurde, fehlt, wird zu einer sachlichen Anordnung gegriffen werden müssen. Es soll daher der einzige Brief exegetischen Inhaltes an die Spitze treten; ihm sollen die ganz oder überwiegend historischen Briefe folgen, an welche sich dann die dogmatischen und endlich die philosophischen Briefe anschliessen würden.« (BRAUN, Katholikos, S. 152) 2 Zur Datierung vgl. HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LVIII–LIX. 3 Siehe dazu Kapitel 2 unten S. XXV–XXVII. Ein weiterer Fall betrifft die Briefe 44a und 44b. 4 Vgl. die Bitte um Weiterleitung von Briefen an Pētīōn in ep 8,30. 5 In ep 27,2 berichtet Timotheos, dass sich die Stadt Naǧrān vom »Joch des Frevels des Julian« abgewandt habe. Auf dieses Ereignis »im vergangenen Jahr« bezieht sich Timotheos in Brief 41 (41,11,13), der auf 792/793 datierbar ist (dazu HEIMGARTNER, CSCO 674, S. XXVI–XXVII). 6 Neben dem soeben genannten Brief 41 (Anm. 5) ist auch Brief 48 datierbar. Er ist kurz nach dem 7. Juni 799 geschrieben (ep 48,2, vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LX und 73 Anm. 366).

X

M. HEIMGARTNER

in der Einleitung des letzten Bandes meiner Gesamtedition widmen, der die Briefe 1 und 2 umfasst. 1.1. Briefe aus der Zeit des Sergios als Schullehrer in Mossul Der Anfang von Brief 8b ist verloren gegangen.7 Er setzt sich aus verschiedenen kleineren Aufträgen und Ermahnungen zusammen. Timotheos legt dem Adressaten die Sorge um Kloster, Schule und Studenten ans Herz (8,21–24). Zudem soll sich der Empfänger um die Übersendung von Büchern und Geräten vom Abt des Klosters Qayṭā8 an Timotheos kümmern (8,25). Ferner erhalten wir Einblick, wie der Briefversand über weite Strecken organisiert ist: Der Adressat soll beigelegte Briefe an verschiedene Adressaten weiterleiten, darunter solche an Pētīōn, nach dessen Verbleib und Befinden sich Timotheos erkundigt. Ferner soll er dem »Vorsteher des Klosters unseres Vaters« mitteilen, dieser solle unverzüglich »herabkommen«, was abermals für einen Brief nach Mossul in die Schule von Abraham bar Dāšandād passt9 und nicht für einen Brief nach Elam. Schliesslich berichtet Timotheos, er habe in drei Audienzen beim Kalifen 84’000 Zūzē zugesprochen bekommen und plane, dem Kalifen nach Basra nachzureisen. Diese inhaltlichen Punkte haben schon Fiey und ihm folgend Berti dazu veranlasst, Brief 8 aufzuteilen.10 Besonders wichtig sind die Bemerkungen zu Pētīōn: Er scheint momentan nicht mehr im Kloster zu sein. Timotheos bittet den Adressaten um weitere Informationen sowie um Weiterleitung seiner Briefe an jenen. Timotheos hat also im Gegensatz zu Brief 14 noch keine Kenntnis vom Tod Pētīōns. Mit dem Briefanfang ist auch der Name des Empfängers verloren gegangen. Berti hat an Sergios, den Schullehrer in Mossul, gedacht.11 Mir scheint jedoch der in 16,12 genannte Elia bar Parrūkzād näher zu liegen.12 Wenn Timotheos nicht Sergios, sondern Elia mit dem Versand der Briefe an Pētīōn beauftragt hat (8,30), wird verständlich, warum Sergios sich gemäss 16,12 die Briefe an Pētīōn — wohl die Briefe 9a und 43 — erst von Elia aushändigen lassen sollte. Auch wird noch deutlicher, warum Timotheos dem Asketen Elia in 8,21 zuerst die Sorge für die »Zelle« ans 7

Zur literarkritischen Aufteilung von Brief 8 siehe unten S. XXV. Zur Identifikation siehe FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 556, sowie unten S. XXV. 9 Vgl. zu »herabkommen« (ĀÑæ) auch ep 49,5. 10 FIEY, Assyrie, Band 2, S. 500 Anm. 5; Berti, Vita, S. 52f. 11 BERTI, Vita, S. 52 und 60. 12 Er ist wohl mit dem Asketen Elia identisch, dessen Tod Timotheos in Brief 44a beklagt (vgl. dazu auch HEIMGARTNER, CSCO 245, S. 53 Anm. 246, sowie BERTI, Vita, S. 219). 8

EINLEITUNG

XI

Herz legt. Schliesslich dokumentiert auch das Kondolenzschreiben zum Tod von Elia (Brief 44a) dessen hohe Bedeutung für Timotheos. Brief 9a richtet sich an den Priester und Lehrer Rabban Pētīōn. Timotheos widersetzt sich einer vorangegangenen brieflichen Äusserung Pētīōns, dass »die Häupter unseres Glaubens« über die Frage gestritten hätten, ob jemand nach dem Tod seiner Ehefrau deren Schwester heiraten dürfe. Timotheos lehnt vehement ab, dass die massgeblichen Autoritäten darüber einen »Streit« geführt hätten, und betont ihre Einmütigkeit in dieser Frage. Dies exemplifiziert er an Petrus und Paulus (9,2–4), an Clemens und den Aposteln (9,5), an der Synode von Neocaesarea (9,6) sowie an Basilius und Diodor. Das Beispiel der beiden Letztgenannten behandelt er sehr ausführlich (9,7–28).13 Am Beispiel der Mönche von Bet Rabban wird schliesslich deutlich, um welches exegetische Problem es genau geht (9,29f). Johannes von Bet Rabban habe Lev 18,18 so interpretiert, dass es unter dem Gesetz nur so lange verboten gewesen sei, die Schwester der Ehefrau zu heiraten, als diese noch gelebt habe, während es »im Evangelium« gänzlich verboten sei (9,30). Andere hätten das Verbot jedoch als absolut interpretiert (9,31). So versteht auch Timotheos den Text: Anhand von anderen Schriftstellen zeigt er, dass »solange sie lebt« in Lev 18,18 nicht so verstanden werden darf, als wäre es nach dem Tod der Ehefrau erlaubt, deren Schwester zu heiraten (9,32–44). Nach der Bemerkung, dass damit auch die Ehe einer Frau mit dem Bruder ihres verstorbenen Mannes verboten sei (9,45f), bricht der Text ab. In den Handschriften folgt nahtlos Brief 9b.14 Brief 14 ist ein Trostschreiben anlässlich des Todes von Schullehrer Pētīōn in Mossul (14,43).15 Da der Anfang des Briefes verloren ist, fehlt auch die Überschrift und die Inscriptio mit der Nennung der Adressaten.16 Die wiederholte Anrede der Brüder (14,50.97.105) legt nahe, dass sich der Brief an die Klosterbrüder und Studenten von Mossul richtet. Kurz vor Schluss (14,94–96) wird auch Sergios direkt angesprochen und ermahnt, seine Führungsaufgabe wahrzunehmen. Da Timotheos’ Kontakt mit Pētīōn 13 Timotheos greift die Thematik auch in Brief 42,7 auf, vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 645, S. XLIX–L. Dies mag ein weiteres Indiz dafür sein, dass Brief 9a und Brief 42 in einer gewissen zeitlichen Nähe entstanden sind. Ich hatte in CSCO 645 dafür plädiert, Brief 42 in die Zeit der Sedisvakanz nach dem Tod des Schulleiters Pētīōn zu datieren (ebenda, S. XXII). 14 Zur literarkritischen Aufteilung von Brief 9 siehe unten S. XXVI–XXVII. 15 Vgl. dazu auch das Kondolenzschreiben zum Tod des Asketen Elia (Brief 44a) und dazu HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LVI. 16 Zur literarkritischen Aufteilung der Briefe 13 und 14 siehe unten S. XXVII.

XII

M. HEIMGARTNER

nicht ganz frei von Konflikten war (vgl. ep 17,22–25) und Timotheos’ Meinung von Pētīōn nicht die allerbeste war — in Brief 17,22 nennt er ihn »kleingeistig und kleinherzig« —, ist es vielleicht kein Zufall, dass Timotheos Pētīōn zusammen mit seinem bereits früher verstorbenen Lehrer Abraham würdigt (14,43–49). Er vergleicht die beiden mit Mose und Aaron, mit Elia und Elisa, mit Petrus und Markus sowie mit Paulus und Lukas (14,43).17 Die Verstorbenen seien jedoch nicht im Grab, sondern im »Haus des Vaters« (14,50). Daher blickt Timotheos nicht auf die Vergänglichkeit (»Made« und »Wurm«; 14,51), denn wenn die von Paulus verheissene Auferstehung und Herrlichkeit allen Gläubigen zuteil wird, dann gilt dies erst recht für die Lehrer der Gläubigen (14,53–57). Dabei reflektiert Timotheos insbesondere die unterschiedlichen Fähigkeiten und Tätigkeiten von Leib und Seele (14,58–74). Er erblickt die Verstorbenen in der Schar der grossen Kirchenlehrer (14,77). Er erwartet selbst, mit dem »himmlischen Menschen« bekleidet zu werden und zu dem Ort zu fliegen, über den die Lehrer gelehrt haben und wo sie jetzt selbst sind (14,78–84). Daher ermutigt er die Brüder, nicht zu sehr zu trauern, sondern dem Vorbild der Lehrer nachzueifern und bereit zu stehen im Vertrauen auf Christus, der nahe ist (14,85–93). So ermahnt er Sergios, die Schule nach dem Vorbild der Väter zu leiten (14,94–96), und die Brüder, Sergios wie den Vätern zuzuhören, ihn zu ehren und ihm zu gehorchen (14,97–100). In Brief 15 gibt Timotheos seiner Freude über die guten Nachrichten in zwei vorangegangenen Briefen des Sergios Ausdruck (15,1–4). Er habe auch dem zuständigen Metropoliten dessen Hilfe für Sergios verdankt und ihn um weitere Unterstützung für diesen gebeten (15,5). Sergios ermutigt er weiterhin zu einem tugendhaften Lebenswandel, der auch »die Mühsale der Tugend« miteinschliesst (15,6f). Brief 16 beginnt mit einer langen Ermahnung zu Keuschheit und Demut sowie zur Fürsorge für die Schule und weitere klösterliche Einrichtungen (16,1–10). Dann bittet er Sergios, Dionysios Areopagita in der Übersetzung des Phokas oder Athanas abzuschreiben (16,11). Ebenso solle er anhand von Timotheos’ Briefen an Pētīōn in Mār Mattai nach den dort aufgeführten Büchern suchen und ihn entsprechend informieren (16,12f). 17 Dabei wird nicht deutlich, wer mit dem in 14,49 zusätzlich genannten »wunderbaren« Jakob gemeint ist. Vermutlich handelt es sich um einen ebenfalls kürzlich verstorbenen Klosterbruder.

EINLEITUNG

XIII

In Brief 17 drückt Timotheos seine »doppelte« Freude über den empfangenen Brief des Sergios aus, der ihn sowohl aufgrund von dessen klaren Gedanken als auch aufgrund der Komposition von dessen Rede erquickt habe (17,1). Gleichzeitig zeigt sich Timotheos beunruhigt darüber, dass Sergios durch verleumderische Gerüchte in Sorge ist, welche über ihn und Pētīōn im Umlauf sind (17,5). Diese würden jedoch eher »zu Zeus und Herakles und den übrigen Göttern der Heiden« passen als zu Sergios (17,7). Sergios solle sich also von diesen Gerüchten abwenden und unerschüttert fest stehen. Nach weiteren Anweisungen für die Verwaltung von Kloster und Schule (17,13–17) informiert Timotheos Sergios näher über einen Bestand von Büchern in der Schule in Mossul, welche ihm gehören und schon des öfteren zu Diskussionen Anlass gegeben haben. Timotheos habe diese 50 Bände von seinem ehemaligen Lehrer Abraham erhalten, und zwar nicht als Geschenk, sondern als Gegenleistung für eine Gabe oder einen Dienst. Näheres wird darüber nicht gesagt. Noch zu Lebzeiten von Abraham habe er sich geweigert, diese Bücher abzuholen. Stattdessen habe er dieser Sammlung sogar noch die Bücher hinzugefügt, welche er in seiner Zeit als Bischof von Bēt Begaš erworben habe. Auch wiederholten brieflichen Aufforderungen von Pētīōn, die Bücher endlich abzuholen, habe er sich stets widersetzt (17,19–25). Offenbar hat nun auch der zuständige Metropolit Nestorius die Bücher aus dem Kloster entfernen wollen, aber Timotheos habe dies schriftlich verhindert (17,18). Nach weiteren Anweisungen für die Verwaltung von Schule und Kloster (17,22–29) bittet er um die Zusendung der Reden Gregors von Nazianz, wozu er bereits Pētīōn kontaktiert habe (17,30–32). 18 Die Briefe des Timotheos über den Kirchendienst solle Sergios jedoch nicht abschreiben, denn sie seien unsorgfältig verfasst (17,33). In der langen Einleitung von Brief 18 (18,1–8) verleiht Timotheos seiner Freude über die Briefe des Sergios Ausdruck, welche sich nicht nur durch »Liebe und Logik« (18,1) auszeichnen, sondern auch dessen geistliche Bildung zeigen (18,2). Danach bestätigt Timotheos, dass die Reden Gregors von Nazianz eingetroffen seien, allerdings nur der zweite Band sowie sieben Faszikel des ersten Bandes19, während er doch um die vollständige Zusendung auch des ersten Bandes gebeten habe (18,9–11). Weitere Nachrichten wolle er mit den folgenden Boten senden (18,12). 18 19

Nämlich in Brief 43,8, wo allerdings nur vom zweiten Band die Rede ist. Die Handschrift ist also nicht gebunden!

XIV

M. HEIMGARTNER

In Brief 19 berichtet Timotheos von einer syrischen Grammatik, welche ihm in die Hände gefallen sei. Da es im Syrischen an einem solchen Werk gefehlt habe, habe er selbst einst den Versuch gemacht, eine solche Grammatik zu verfassen. Der Text ist in seinen Details nicht ganz einfach zu verstehen. Eindeutig sind aber die Bezüge auf Kapitel 20 der Poetik des Aristoteles. Ferner bittet er Sergios um das Bücherverzeichnis des Klosters Mār Zīnā (19,19). Dabei gilt sein Interesse insbesondere den beiden Büchern der Poetik des Aristoteles — er selbst habe nur das erste20 — sowie den Logikkommentaren von Olympiodor, Stephanos, Sergios von Rēš‘āinā und Alexander von Aphrodisias, ebenso weiteren Schriften von Ambrosius, Amphilochios, Eustathios, Flavian und Athanasius (19,20–24). In Brief 20 bittet Timotheos Sergios um Recherchen nach Ad Theodorum lapsum von Johannes Chrysostomus sowie nach den Briefen Theodors von Mopsuestia an denselben Theodor. Timotheos erinnert sich, dass Abraham damals in Margā diese Schriften ebenso wie die Briefe des Chrysostomus an Olympias abgeschrieben habe. Sergios solle die ihm fehlenden Briefe abschreiben (20,1–7). Die Reden Gregors von Nazianz habe er fertiggelesen und werde sie zurückschicken, sobald ein geeigneter Bote verfügbar sei (20,8).21 Ähnlich wie Brief 32 ist auch Brief 27 ein Kurzbrief, den Timotheos an Sergios richtet, weil zufälligerweise ein Bote vorbeikommt. Timotheos nutzt die Gelegenheit zu einem Gruss, fügt aber noch die Neuigkeit an, dass sich die Stadt Naǧran von der Lehre des Julian abgewandt habe (27,2). Brief 28 beschäftigt sich mit dem Fall einer oder mehrerer Orte — die Sache ist nicht deutlich —, welche vom Bistum Bēt Nuhadrān zum Bistum Margā hinüberwechseln wollen (28,1–3). Wenn sie dabei vom weiten, überreichen Bēt Nuhadrān zum engen Margā wechseln, so soll der Überfluss der einen dem Mangel der anderen helfen (28,3). Timotheos argumentiert mit der Nützlichkeit: Wenn es in Bēt Nuhadrān einen Nachteil und in Margā einen Vorteil gebe, soll es geschehen (28,5), nur dürfe es nicht um blosse menschliche Leidenschaften gehen (28,6). Hier zeigt sich Timotheos sehr pragmatisch: Wenn gute Gründe vorgebracht werden, dürfen auch alte Bestimmungen verändert werden. Wenn also bereits die politische Haushaltführung als Begründung tauge, dann umso mehr die ethische Haushaltführung (28,7f). Nur unbegründet soll nichts geschehen 20

Wie auch wir heute, vgl. dazu unten S. 79 Anm. 22 zu ep 19,20. In Brief 49, dem letzten Brief vor der Ernennung des Sergios zum Metropoliten von Elam, bittet Timotheos um den ersten Brief des Chrysostomus an Olympias, während er den zweiten und dritten bereits besitze (ep 49,1–4). 21

EINLEITUNG

XV

(28,9). Zwei kurze Bemerkungen betreffen das Begleichen einer Schuld des Bischofs von Ninive und die Ehe mit zwei Schwestern (28,10f). In beiden Fällen ist der genaue Zusammenhang der Bemerkungen nicht mehr eruierbar. Brief 29 berichtet von der Freude sowohl über den empfangenen Brief des Sergios als auch über den Boten Īšō‘zekā. Leider traf dieser Timotheos während einer grossen Krankheit an, weshalb keine lange Unterredung möglich war (29,1–4). Der Rest des Textes beschäftigt sich mit irgendeinem Fall von Sünde, in dem Timotheos Sergios anweist, nach Gutdünken vorzugehen (29,5f). Der Passus ist ein Musterbeispiel dafür, wie wenig verständlich ein Text ohne den entsprechenden Zusammenhang sein kann. 1.2. Briefe aus der Zeit des Sergios als Metropolit von Elam Brief 3 beschäftigt sich mit dem Fall des Bischofs Abraham von Gāi: Dieser wollte auf den Bischofssitz von Šūšterīn wechseln (3,3) und nahm dort Weihen vor, welche Timotheos als ungültig erklärte (3,5–7). Als Abraham daraufhin nach Bagdad kam und mächtige Fürsprecher für sein Anliegen gewann, blieb Timotheos hart und erlaubte keinen Wechsel des Bischofssitzes (3,8f). Als nun Abraham auf das Bischofsamt überhaupt verzichten und sich in sein ehemaliges Kloster zurückziehen wollte (3,10), exkommunizierte ihn Timotheos, bis er auf den Bischofssitz von Gāi zurückkehren würde (3,12.19).22 Daraufhin vollzog Abraham wie schon zuvor in Šūšterīn auch »im Neuen Kloster und an anderen Orten« Weihen (3,14). Timotheos erklärt, dass alle Weihen, die Abraham entweder ausserhalb von Gāi oder nach seiner Exkommunikation vollzogen habe, ungültig seien (3,15.17). Sergios solle die Betroffenen einer erneuten Weihe unterziehen (3,16). Abraham selbst solle definitiv abgesetzt werden (3,21). Sergios solle in entsprechendem Sinne handeln (3,22). Brief 4 wendet sich an die Priester und Gläubigen von Elam und hat zwei Themenschwerpunkte: Der Schlussteil preist die Qualitäten des Metropoliten Sergios und wirbt für den Gehorsam ihm gegenüber. Hier zeigt sich bereits der Konfilkt, der sich alsbald nach Sergios’ Ernennung zum Metropoliten von Elam entwickelte.23 Möglicherweise wirft Brief 4 etwas mehr Licht auf den Beginn des Konflikts. Der Hauptteil des Textes 22

Timotheos war angesichts des Mangels an Amtsträgern in Elam (vgl. ep 52,1–5) offenbar vorerst daran interessiert, Abraham als Bischof von Gāi behalten zu können. 23 Vgl. zur Tätigkeit von Sergios als Metropolit von Elam FIEY, Élam, S. 257–260; HEIMGARTNER, Edition, S. 71f, zum Widerstand gegen Sergios grundlegend BERTI, Vita, S. 243–264.

XVI

M. HEIMGARTNER

wendet sich nämlich gegen Ehen, welche zwar nach heidnischer und zarathustrischer Praxis erlaubt seien, nicht aber nach christlicher Tradition. Offenbar ist damit die Ehe mit einer Schwester der verstorbenen Ehefrau gemeint. Mit dieser Thematik beschäftigt sich auch Brief 12. Leider erfahren wir hier in Brief 4 nichts Näheres; nach 4,3 ist möglicherweise ein Satz darüber ausgefallen.24 Die Einleitung des Briefes über die Interdependenz von Krankheiten und Oberärzten legt die Vermutung nahe, dass eine bedeutende Person aus der high society der Ärztefamilien von Gondešāpūr (Bēt Lāpāṭ) eine solche Ehe eingegangen war und der Einspruch des neuen Metropoliten zu einem Konflikt führte, der die ganze Stadt, wenn nicht die ganze Kirchenprovinz beschäftigte.25 Mit demselben Fall beschäftigt sich auch ein weiterer Brief an die Elamiter, nämlich Brief 12, wo es eindeutig um die Ehe mit zwei Schwestern geht: Der Text bezieht sich auf einen früheren Brief — damit könnte Brief 4 gemeint sein —, lobt die Elamiter dafür, dass sie sich der Ermahnung gebeugt hätten, liefert aber noch die kirchenrechtlichen Begründungen nach (12,11–17). Offenbar war die Diskussion nach dem vorangegangenen Brief noch nicht verstummt. Brief 5 ist das Begleitschreiben zu Brief 4: Timotheos weist Sergios an, den beigelegten Brief an die Elamiter vorzulesen und vor allem darauf zu achten, dass sie sich den Brief bis zum Ende anhören, da dieser »an seinem Ende Weisheit spricht« (5,4). Timotheos ermutigt Sergios, seinen Kampf gegen die Sünde weiterzuführen (5,5f), was die oben skizzierte Rekonstruktion des Konflikts in Bēt Lāpāṭ stützt. Der Brief schliesst mit Bemerkungen zu verschiedenen weiteren Angelegenheiten. Brief 6 an Sergios berichtet nach einer langen Einleitung (6,1–9) über einen Konflikt mit Ḥenānīšō‘, Īšō‘raḥmeh und Īšō‘sabran.26 Alle drei scheinen sich Anweisungen des Patriarchen widersetzt zu haben, wobei nicht ganz klar ist, welche Positionen sie genau innehaben. Möglicherweise geht es hier um das grosse Problem des Mangels an Amtsträgern für die Kirchenprovinz Elam, von dem auch Brief 52 berichtet.27 Alle drei haben offenbar abgelehnt, die ihnen zugewiesene Aufgabe zu übernehmen. Möglicherweise wurden Ḥenānīšō‘ und Īšō‘sabran zu Bischöfen geweiht, Īšō‘raḥmeh 24

Vgl. dazu S. 8 Anm. 11 zur Stelle. Auch Brief 9a an Rabban Pētīōn beschäftigt sich mit der Ehe mit zwei Schwestern, was aber nicht bedeuten muss, dass er sich auf denselben Fall bezieht und dass daher Pētīōn in Elam zu situieren ist (vgl. dazu oben S. XI). 26 Ḥenānīšō‘ und Īšō‘sabran sind bereits in ep 5,12 genannt. 27 Vgl. dazu auch HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LXII–LXIII. 25

EINLEITUNG

XVII

hingegen scheint zum Abt des Klosters von Rabban Abraham bestimmt worden zu sein, was er mit Hinweis auf seine Gebrechlichkeit ablehnte. Wie bereits in Brief 5 legt Timotheos Sergios die Ausbildung von Ḥūmānšāh ans Herz28 und entbietet Grüsse an Mardānšāh, das »Oberhaupt der Gläubigen des Erdkreises« (6,7).29 In Brief 7 bittet Timotheos Sergios um Unterstützung im Fall einer Nonne aus einem Kloster in Elam, welche im Streit mit ihrer Äbtissin das Kloster verlassen hat. Dass Timotheos am Briefschluss wieder Grüsse an Mardānšāh anfügt und Sergios die Ausbildung von Ḥūmānšāh ans Herz legt, spricht für eine zeitliche Nähe zu den Briefen 5 und 6. In Brief 8a besingt Timotheos zuerst seine Liebe zu Sergios, die nicht menschlicher, sondern geistlicher Natur und daher unvergänglich ist. Dann erkundigt er sich, weshalb Sergios auf seine Briefe nicht geantwortet habe. Diese Frage ist in eine syllogistische Spielerei eingekleidet. Der humorvolle Umgang mit aristotelischer Logik hat Parallelen in Brief 4630, ebenfalls aus der Zeit des Sergios in Elam, und in Brief 52 an Māranzekā31, der nicht genauer datierbar ist. Timotheos bringt das Nicht-Antworten von Sergios scherzhaft mit den verneinenden Syllogismen in Zusammenhang, welche Aristoteles auch als privative, also wörtlich »beraubende« Syllogismen benennt. Wenn Sergios auf den Brief des Timotheos nicht antwortet und Timotheos einer Antwort beraubt, ist er also ein »Räuber«. Auch die aristotelische Einteilung von allgemeinen und partikulären Aussagen bezieht Timotheos in seine Wortspielereien mit ein: Wenn Sergios dem Katholikos — der Titel heisst ja »Allgemeiner« — nicht antwortet, ist Sergios nicht ein partikulärer, sondern ein allgemeiner Räuber. Dann nimmt Timotheos seine Aussagen zurück: Sergios als Räuber zu bezeichnen ist ebenso absurd wie die Sonne als schwarz oder den Kreis als quadratisch zu benennen (8,13).32 Denn ein Lehrer wie Sergios ist ein Gebender und nicht ein Räuber (8,14–16). Damit bleibt schliesslich offen, warum Sergios nicht auf den Brief des Timotheos geantwortet hat (8,19). Vermutlich ist nach 8,20 weiterer Text verloren gegangen. In der überlieferten Gestalt geht der Brief jedenfalls direkt in Brief 8b über.33 28

In ep 5,11 mit alternativer Schreibweise Kūmānšāh (vgl. dazu unten S. 14 Anm. 10 zu 5,11). 29 Ähnlich bereits 5,17. 30 Vgl. dazu Heimgartner, CSCO 645, S. LXI–LXII. 31 Vgl. dazu Heimgartner, CSCO 645, S. LII–LIV. 32 Zu ähnlichen absurden Aussagen vgl. unten S. 27 die Parallelstellen in Anm. 29 zur Stelle. 33 Zur literarkritischen Aufteilung von Brief 8 siehe unten S. XXV.

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Brief 9b spricht von der Umkehr und Busse derer, die »unter dem Verbot von Gottes Rede« stehen (9,48).34 Da der Briefanfang verloren ist35, kann nur aus dem Zusammenhang erschlossen werden, was genau die Betreffenden begangen haben, »welche sich auf eine dieser genannten Arten verunreinigt haben oder verunreinigen« (9,47): In 9,58–66 preist Timotheos die Qualitäten des Metropoliten — offensichtlich ist Sergios gemeint — und ruft zum Gehorsam ihm gegenüber auf. Es geht also wohl um den Widerstand gegen Metropolit Sergios und um Verbote, die Timotheos gegen die Aufständischen ausgesprochen hat (vgl. etwa Brief 45,5). Auch dort wird Bōktīšō‘, der Adressat von Brief 45, ermahnt, umzukehren und sich dem Metropoliten Sergios zu unterwerfen. Offenbar haben sich die Fronten in Elam so verhärtet, dass die Anhänger von Sergios jegliche Versöhnung mit ihren Gegnern ablehnen und sich dabei auf ein Fehlen von Beispielen für eine solche Versöhnung in der kirchlichen Tradition berufen (9,50). Timotheos jedoch verweist auf Gottes allgemeine Menschenliebe und erwähnt, dass allein Novatus aus Mangel an Liebe den Büssern die Versöhnung verweigere (9,48f). Entscheidend sei nicht, ob etwas in der kirchlichen Tradition gesagt sei, sondern ob es wohlgefällig sei und somit geschehen solle (9,51–53). Man solle sich nicht am schlechten Handwerk oder gar am Nichthandwerk orientieren, sondern am »Urarchetyp des Evangeliums« (9,55f). Die in Brief 9b angesprochenen Adressaten dürften also wiederum die Elamiter sein wie in den Briefen 4, 10 und 12. Brief 10 ruft die Elamiter zum Gehorsam gegen Metropolit Sergios auf (10,1). Denjenigen Klerikern und Studenten, welche sich gegen Sergios erheben (10,2), untersagt Timotheos die Ausübung ihrer Ämter, den Empfang der Sakramente sowie den Wohnsitz in der Stadt Bēt Lāpāṭ (10,3f). Ferner verbietet er, die Widerständigen zu unterstützen (10,5). Brief 11 bezieht sich zuerst zurück auf eine erste Etappe des Konflikts, in der Timotheos entsprechende Briefe für Sergios verfasst hat (11,1). Vermutlich sind damit die Briefe 4 und 5 gemeint. Doch nachdem ihm Sergios weitere Briefe über den Fortgang des Konflikts geschrieben habe (11,2), habe Timotheos weitere Briefe verfasst, welche Sergios den Elamitern vorlesen soll (11,13). Damit sind wohl die Briefe 10 und 12 — vielleicht auch 9b — gemeint. Dabei geht es offenbar um den Anführer des Widerstandes gegen Sergios, Mār Ābā (11,16), der als »Elender« (11,2) und »Böser« (11,6) bezeichnet wird und auch in Brief 45,1–4 als Rädelsführer 34 35

Ähnliche Formulierung auch in 9,47: »Urteil und Verbot der göttlichen Rede«. Zur literarkritischen Aufteilung von Brief 9 siehe unten S. XXVI–XXVII.

EINLEITUNG

XIX

erscheint. Timotheos habe ihn und seine Anhänger durch einen »kurzen Brief« verurteilt (11,16). Soweit wir sehen können, ist dieses Schreiben verloren gegangen.36 Gegenüber den Briefen 5–7 scheint Ḥūmānšāhs Ausbildung gut voranzuschreiten, denn Timotheos freut sich über die berichteten Fortschritte (11,9–12). Ob auch Brief 12 zu den in Brief 11,13 genannten Briefen gehört, ist unsicher. Er greift jedenfalls wieder die Frage auf, ob ein Mann die Schwester seiner verstorbenen Ehefrau heiraten dürfe, die Frage also, welche möglicherweise den Beginn des Konflikts in Elam beherrscht hat (vgl. Brief 4). Dieser Brief »über die göttlichen Gesetze und wegen den Synodenvorschriften« hatte offenbar seine Wirkung erreicht, wie Timotheos in Brief 12,7 anerkennt, er scheint aber in Bezug auf die »Synodenvorschriften« (12,7; vgl. 4,4) zu pauschal formuliert gewesen zu sein. So liefert Timotheos nun die genauen Textbelege nach, wer auf welcher Synode zu welcher Zeit und an welchem Ort das betreffende Verbot vertreten habe (12,10). So zitiert Timotheos aus den apostolischen Kanones des Clemens (12,11), aus der Synode von Neocaesarea (12,12) und aus der syrischen Fassung der »kaiserlichen Gesetze« (12,13–17).37 Ähnlich wie Brief 3 berichtet auch Brief 13 über einen Konflikt im Zusammenhang mit der Neubesetzung eines Bischofssitzes, nämlich des Sitzes von Sarbāzyā durch Ḥenānīšō‘. Die Situation war offenbar sehr heikel, ohne dass restlos deutlich würde, worin die Schwierigkeiten bestanden. Es scheint, dass Ḥenānīšō‘ in Sarbāzyā seinen Vorgänger Bābāi ersetzen sollte, den Timotheos absetzen wollte, der aber bei den Persern grossen Rückhalt besass (13,14.15). Timotheos war bewusst, wie heikel der Fall war, und er fürchtete die »Wildheit der Perser« (13,6). So schlug er die Taktik ein, Ḥenānīšō‘ heimlich zu weihen und nach Sarbāzyā zu schicken, wo er die Bannbriefe gegen Bābāi vorlesen sollte, um so die Perser vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dieser Plan scheiterte von Anfang an: Ḥenānīšō‘ machte seine bevorstehende Weihe bereits in Bagdad publik, worauf Timotheos seinen Entscheid rückgängig machen wollte (13,7). Als jedoch Ḥenānīšō‘ viele Fürsprecher mobilisierte, liess sich Timotheos doch zur Weihe bewegen, befahl ihm aber, unverzüglich nach Sarbāzyā zu ziehen, ohne Halt in Basra und Huballat zu machen (13,9f). Doch nun kam 36 Man könnte sich freilich vorstellen, dass die Verurteilung im verlorenen Textstück zu Beginn von Brief 9b stand, nur ist dieser Brief nicht ganz so »kurz«, wie 11,16 einen vermuten lässt. 37 Zu den Stellen siehe unten S. 49f die Anm. 15, 17, 21 und 24 zu ep 12,11–17.

XX

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es zu einem weiteren Konflikt im Zusammenhang mit der Finanzierung seiner Reise nach Sarbāzyā (13,11). Anstatt nach Anweisung des Timotheos in mönchischer Bescheidenheit zu reisen (13,12), begann er Geldmittel aufzutreiben, zuerst offenbar in Bagdad selbst (13,13), dann auch in Baṣrā und Huballat (13,15), wo er nicht nur im vollen Ornat des Metropoliten Einzug hielt, sondern auch die Bannbriefe gegen Bābāi öffentlich vorlas (13,14.16). Damit weckte er zuerst den Unwillen des Metropoliten von Baṣrā und der Perser in Huballat (13,15), bis schliesslich der Widerstand von ganz Sarbāzyā sich wie ein Sturm gegen ihn wandte. Als Ḥenānīšō‘ nun kapitulierte und sich in sein Kloster zurückziehen wollte, untersagte Timotheos ihm den Dienst am göttlichen Wort in jedem Amt ausserhalb von Sarbāzyā (13,18f). Der Brief fährt fort mit verschiedenen Informationen und Anweisungen (13,23–28), einer Mitteilung über Timotheos’ Hüftleiden (13,29f) sowie der Bitte, nach diversen Handschriften zu suchen (13,31–34). Nach dem üblichen Gruss an Mardānšāh und der Bitte um die Fürsorge für Ḥūmānšāh (13,36f) bricht der Text ab mit Nachrichten über eine Reise des Metropoliten Nestorius von Ātōr nach Damaskus und Jerusalem (13,38f), über den Tod des Metropoliten von China und Erwägungen zu dessen Nachfolge (13,40f). In den Handschriften folgt ohne Kennzeichnung angeschlossen Brief 14. Die Briefe 21 und 22 erzählen den Ausgang einer Art »Investiturstreit«, dessen Anfang in den Briefen 54 und 57 fassbar ist. Timotheos wollte seinen ehemaligen Schulkameraden Īšō‘barnūn, damals Bischof von Ramhōrmīzd, zum Metropoliten von Nisibis38 ernennen und konnte dabei auf die Unterstützung des Haushofmeisters Gabriel Bōktīšō‘ am Kalifenhof zählen. Die Briefe 21 und 22 berichten, wie das Vorhaben am Veto des Kalifen Hārūn scheiterte. So wurde schliesslich Johannes von Ḥedattā gewählt.39 Brief 21 beginnt mit der recht kurzen Mitteilung, dass Bischof Johannes von Ḥedattā zum Metropoliten von Nisibis geweiht worden sei (21,1). Timotheos’ Wunschkandidat Īšō‘barnūn sei an der Missgunst der Leute von Nisibis und am Widerstand der Mönche des Grossen Klosters gescheitert (21,2f). 38 In 21,1.2 und 22,5.6.9.12 verwendet Timotheos die Namensform Ṣōbā, in 21,20 und 22,1 die Form »Nisibis«. 39 Zum Ablauf und der Chronologie der Ereignisse siehe HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LXX–LXXVI.

EINLEITUNG

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Ferner habe Timotheos erstmals einen Metropoliten für Rāi ernannt, nämlich den Priester und Lehrer Ḥabbībā aus Ḥedattā (21,4). Der Rang als Metropole sei für Rāi angemessen, da Rāi wie auch Ḥulwān Sitz je eines Satrapen innerhalb der königlichen Provinz seien (21,5). Timotheos habe zur Erhebung von Rāi zur Metropole Sergios um seine Meinung gefragt, aber die von diesem angekündigte Stellungnahme seiner Synode sei noch nicht eingetroffen (21,6f). Nach kurzen Nachrichten über Eigenheiten einer Synodenhandschrift (21,9–11), über einen an Logik interessierten jungen Mann (21,12), über die Ernennung von Ādōršābūr zum Bischof von Gāi (21,3; vgl. auch ep 54,1–8) sowie über einen Dankesbrief an einen gewissen Gregor (21,14) berichtet Timotheos von seinem Projekt, die »Herberge des Bābāi« für die Schule von Mossul zu kaufen. Die Erträge der Herberge sollen dem Unterhalt der Schule dienen. Um die nötigen Geldmittel zu beschaffen, hat Timotheos eine Sammelaktion gestartet (21,16–18). Die Angaben hier und im folgenden Brief (22,14f.18f) gewähren einen interessanten Einblick in die Frage, wie Schulen und andere kirchliche Institute finanziert wurden. Für die Überbringung des Geldes nach Mossul hat Timotheos den dortigen Lehrer Īšō‘sabran kommen lassen, der bei dieser Gelegenheit auch vorzüglich gepredigt habe (21,15.19). Dabei habe dieser aufgrund seines Zögerns die Chance verpasst, auf den umstrittenen Sitz von Nisibis berufen zu werden (21,20). Zur Zeit sei Timotheos sehr krank und hoffe, Sergios vor seinem Tod noch einmal wiederzusehen (21,21). Der Kämmerer Gabriel habe vom Kalifen eine Bulle erwirkt, dass sich im Bereich des christlichen Rechts kein Staatsbeamter gegen den Patriarchen erheben dürfe (21,22). In Brief 22 äussert sich Timotheos nochmals ausführlich zu der misslungenen Wahl des Metropoliten von Nisibis (22,1–12), von der er bereits in Brief 21,1–3 kurz berichtet hatte. In dem detaillierten Bericht wird deutlich, dass auch das — rechtsgeschichtlich wichtige — Veto des Kalifen von entscheidender Bedeutung war (22,2.4). Nach weiteren Nachrichten über Amtserhebungen und -absetzungen (22,13) berichtet er ebenfalls nochmals über die Sammelaktion für den Kauf der Herberge des Bābāi in Mossul (22,14f.18f). Bei dieser Gelegenheit berichtet Timotheos dem ehemaligen Schulleiter Sergios über eine Zunahme der Bibliotheksbestände in Mossul und den Verbleib verschiedener Gegenstände (22,16f). In diesem Zusammenhang berichtet Timotheos auch, dass er die beiden Bände mit den Reden Gregors von Nazianz

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zurückgegeben habe (22,16).40 Die Notizen zeigen, dass Sergios offenbar auch noch im fernen Bēt Lāpāṭ Anteil am Geschick der früher von ihm geleiteten Schule nahm.41 Schliesslich erkundigt sich Timotheos wie schon in 21,13 nochmals nach seinen Schreiben, welche er Sergios zur Absetzung von Bischof Abraham von Gāi42 und der Ernennung von Ādōršābūr zu dessen Nachfolger hat zukommen lassen (22,20). Sergios hatte ihn um entsprechende Briefe an die Leute von Gāi gebeten (54,8), aber Timotheos habe in dieser Angelegenheit nichts mehr von Sergios gehört (22,20; vgl. auch 21,13). Brief 23 besingt in langen Worten den brieflichen Austausch durch das Wort, der aufgrund seiner geistigen Natur der körperlichen Begegnung von Angesicht zu Angesicht überlegen ist (23,2–7). Daher habe sich Timotheos über den vorangegangenen Brief des Sergios wie über eine persönliche Begegnung gefreut (23,1).43 Besonders gefreut habe ihn auch eine Mitteilung über die »Glaubensgrösse« eines bestimmten Georg (23,9), ohne dass genauere Einzelheiten in dem breiten Text (23,8–13) deutlich würden. Brief 24 beginnt mit einer breiten Einleitung über das Verhältnis von Mass und Menge der Briefe, der Mitteilungen, der Rede und der Liebe sowie über das Aufsteigen zum Himmel auf geistigen Flügeln (24,1–5). Ferner listet der Brief die mitgesandten Gegenstände auf: ein Gewand und einen Mantel, die Carmina Gregors von Nazianz sowie diverse Briefe von Timotheos selbst, welche Sergios auf ihre Qualität und Rechtgläubigkeit hin prüfen solle (24,6–8). Ferner bittet Timotheos Sergios um dessen Exemplar von Brief 36, das er ihm dereinst in die Schule nach Mossul geschickt habe. Er selbst habe kein Exemplar mehr davon (24,9f).44 Brief 25 bezieht sich auf eine Mitteilung der Leute von Maišan, die Sergios über die Absetzung des dortigen Bischof Simon berichtet hätten. Timotheos bezeichnet diese Mitteilung als überstürzt und töricht (25,1f). Allerdings sei sie auch nicht ganz falsch (25,3), denn es gelte zu präzisieren: Simon von Maišan sei nicht abgesetzt worden, weil sich gegen ihn geäusserte Vorwürfe als wahr erwiesen hätten. Vielmehr habe Timotheos 40

Er hatte die Rückgabe in Brief 20,8 angekündigt, als noch Sergios Leiter der Schule

war. 41 Möglicherweise beziehen sich die Bemerkungen des Timotheos auf Fragen von Sergios in vorangehenden Briefen. 42 Vgl. zu ihm Brief 3. 43 Vgl. dazu den Wunsch des Timotheos in Brief 21,21, Sergios vor seinem Tod noch einmal zu sehen. 44 Zur Identifikation mit Brief 36 vgl. unten S. 94 Anm. 15 zu ep 24,9.

EINLEITUNG

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ihn vorläufig seines Amtes suspendiert, weil er sich einer Klärung der Vorwürfe in frecher Weise widersetzt habe (25,4–6). Auf Bitten der Leute von Maišan hin habe Timotheos Metropolit Jona von Harēw und Bischof Zacharias von Kaškar nach Maišan geschickt, um den Fall zu untersuchen. Da sie keinen Grund finden konnten, der eine Amtsenthebung gerechtfertigt hätte (25,7–9), und der umstrittene Bischof Simon selbst nach Bagdad kam (25,10), löste Timotheos schliesslich die vorläufige Suspension und bat Zacharias von Kaškar und Simon von Zābē, in Maišan eine Versöhnung zu erwirken (25,11). Falls dies nicht möglich sei, sollten sie die Ankläger Simons prüfen: Wenn diese sich als glaubwürdig erweisen, sollen sie nach Bagdad kommen, damit der Fall endlich in einem ordentlichen Verfahren geklärt werden könne (25,12f). Wenn sich die Ankläger jedoch als unlauter erwiesen, solle Bischof Simon wieder eingesetzt und Erstere aus der Kirche ausgeschlossen werden (25,14). Über den weiteren Verlauf wolle Timotheos Sergios informieren, sobald er mehr erfahre (25,15). Der Brief endet nach weiteren kurzen Bemerkungen (25,17f). 1.3. Brief 26 Brief 26 an Bischof Māranzekā von Ninive ist ein grösserer Traktat über die Einheit des christlichen Glaubens und die Verschiedenheit der Konfessionen. Timotheos vergleicht den Glauben der Christen mit reinem Gold und einer kostbaren Perle.45 Bei manchen Leuten ist sein Strahlen hell und ungehindert, bei anderen ist es verdeckt (26,1). Das Licht des Glaubens hat zwar ein und dieselbe Leuchtkraft, aber die Rezeptionskraft der Empfänger ist unterschiedlich, wie verschiedene Materialien den Glanz unterschiedlich empfangen (26,2). Der Glaube ist einer, verschieden sind jedoch der Lebenswandel und die Gedanken der Menschen, ebenso wie die unterschiedlichen Böden im Gleichnis von den Samenkörnern, denn je nachdem, auf welchen Boden das Samenkorn fällt, bringt es unterschiedlich viel Frucht (26,5f). Bei den Ostsyrern46 werden das Gold und die Perle des Christentums rein bewahrt, bei den Melkiten und Severianern ist es durch die Lästerung beschmutzt (26,9f). Alle drei Konfessionen sind sich einig bei der einen Gottheit in drei Indivualitäten, bei der Taufe im Namen des dreieinigen Gottes, beim Bekenntnis zur Offenbarung des Gottseins im Menschsein, bei der Anbetung am Kreuz in Richtung Osten, bei der Eucharistie, bei der Annahme der beiden Testamente, 45 46

Zu diesem Motiv vgl. S. 101 Anm. 3 zu ep 26,1. Timotheos sagt: »bei uns« (26,9f).

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bei der Auferstehung und dem ewigen Leben, bei der Offenbarung der Herrlichkeit des Christus, bei der Erwartung der Seligkeit und des Gerichts der Gerechtigkeit und bei den Festen (26,12f). Nur bei der Weise der Vereinigung von Gottsein und Menschsein in Christus sind sich die drei Konfessionen nicht einig (26,14f). »Denn unser Streit, den wir miteinander [haben], bezieht sich auf die Art und Weise der Vereinigung und auf nichts anderes.«47 Timotheos begründet die »willentliche und personale Vereinigung der Einwohnung und Offenbarung« mit Schriftstellen (26,16–19.24– 27). Für die anderen beiden Positionen — »eine Individualität aus zwei Naturen« resp. »eine [einzige] Individualität aus Gottsein und Menschsein« — gebe es jedoch keinen einzigen Schriftbeleg (26,20). Desgleichen lehnen die Ostsyrer Aussagen wie »Gott wurde aus einer Jungfrau geboren«, »Gott litt« und »Gott starb« ab, weil es der Schrift widerspreche (26,22f.28). Timotheos plädiert für differenzierte Positionen: Man solle auch mit Juden und Muslimen48 den Glauben an den einen Gott teilen, aber deren Ablehnung der Trinität zurückweisen (26,30f). Ebenso solle man mit den Manichäern und Markioniten den Glauben an den guten Gott teilen, aber den Glauben an einen schlechten und gerechten Gott ablehnen zugunsten des einen guten und gerechten Schöpfers (26,32). Das Gemeinsame solle man jeweils anerkennen, das Abweichende weit von sich weisen (26,33). Das Christentum ist ein und dasselbe, es wird aber nicht überall in gleicher Weise gepflegt (26,34). Von diesem Gedanken springt Timotheos plötzlich hinüber zu seinem Konzept der Pentarchie, das er mit der einen Paradiesesquelle und den daraus hervorgehenden vier Paradiesesflüssen in Bezug bringt, ebenso mit den vier Gesetzesbüchern (Genesis bis Numeri) und dem zweiten Gesetz (Deuteronomium) sowie mit den vier Evangelisten und Paulus. Überall ist es die eine selbe Natur des Wassers, dieselbe Beschaffenheit und Art (26,35f). Da aber Christus dem Fleisch nach als Nachkomme Abrahams aus den Leuten des Ostens hervorgegangen ist, gebührt dem Osten der erste Rang vor allen anderen (26,35.37–39). Wenn Rom wegen Petrus der erste Rang gebührt, dann gebührt Seleukeia der erste Rang noch viel mehr wegen des »Herrn des Petrus«, also wegen Christus selbst (26,40). Auch haben die Leute des Ostens zuerst den Glauben an Christus bekannt, als die zwölf Boten Christus ihre Geschenke darbrachten. Dem 47 Vgl. dazu HAINTHALER (Christus, S. 198): »Eine so klare und eindeutige Benennung des Streitpunkts kenne ich sonst kaum.« 48 Er sagt: »die alten und die neuen Juden« (26,30).

EINLEITUNG

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Osten gebührt der Vorrang, weil er der Ort des Paradieses und das Ziel der Gebetsrichtung ist, weil sich in ihm Nimrod erstmals zum König krönte (vgl. Gen 10,8f) und weil Abraham im Osten geboren wurde (26,41). Auch hätten die Rhomäer von sich aus nie den Persern den Vorrang zugestanden (26,42). Wie schon in 26,35 begründet Timotheos noch einmal die Fünfzahl der Sitze mit den fünf Büchern des Mose sowie den fünf Büchern der Evangelisten und des Paulus (26,43). Diese lassen sich weder vermehren noch vermindern (26,44f). In ihnen vollzieht sich die Vervollkommnung der Kirche (26,46). Dann bricht der Text unvermittelt ab. 2. ZUR LITERARKRITISCHEN UNTERTEILUNG IN DIE BRIEFE 8A UND 8B, 9A UND 9B SOWIE 13 UND 14 Seit dem frühen 20. Jahrhundert hat die Forschung entdeckt, dass an insgesamt vier Stellen des Corpus Fragmente ursprünglich selbständiger Briefe zu scheinbar ganzen Briefen zusammengewachsen sind.49 Drei dieser Fälle betreffen den vorliegenden Bereich der Briefe 3–29.50 Laut den Handschriften wendet sich Brief 8 an Metropolit Sergios von Elam. Fiey hat scharfsinnig beobachtet, dass der zweite Teil von Brief 8 nicht zur Tätigkeit von Sergios als Metropolit von Elam passt, sondern die Situation von Sergios als Schullehrer in Mossul voraussetzt:51 Hier ist die Rede vom »Kloster unseres Vaters« Abraham (8,35), vom Jonaskloster bei Mossul (8,36), und das Kloster Qaṭā’ in 8,25 identifiziert Fiey wohl richtig mit dem Kloster Mār Daniel von Bet Qayṭā.52 Fiey selbst hat aufgrund seiner Beobachtung die Überschriften der Briefe des Timotheos überhaupt angezweifelt und damit die Datierungen von Bidawid in Frage gestellt.53 Berti hingegen hat daraus den richtigen Schluss gezogen, dass der Text in zwei Brieffragmente zu unterteilen ist.54 Sie sind in der vorliegenden Edition als 8a (8,1–20) und 8b (8,21–38) bezeichnet. 49 Vermutlich geschah dies durch redaktionelle Zusammenfügung der Fragmente, vgl. dazu mehr in der Einleitung zu den Briefen 1 und 2. 50 Der vierte Fall betrifft die Briefe 44a und 44b, vgl. dazu CSCO 645, S. LVI– LVII. 51 FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 500f Anm. 5 auf S. 501. 52 FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 556. — In den Handschriften lautet der Konsonantentext qṭ’. BRAUN (Versio, S. 58) verzichtet auf eine Vokalisation. BIDAWID (Lettres, S. 21) vokalisiert Qaṭā. 53 FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 500f Anm. 5 auf S. 501. 54 BERTI, Vita, S. 52f und 60f.

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Gleich bei seiner ersten Edition von Brief 955 im Jahr 1902 hat Oskar Braun in diesem Text zwei ursprünglich selbständige Textfragmente unterschieden. Er stellte fest, dass an der Bruchstelle die Anrede unvermittelt in den Plural übergeht56 und auch »der Zusammenhang dieses letzten Stückes überhaupt nur ein sehr gezwungener« ist.57 Brief 9a an Pētīōn (9,1– 46) beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Mann nach dem Tod seiner Ehefrau deren Schwester heiraten dürfe.58 Brief 9b (9,47–67) beschäftigt sich hingegen mit der Anerkennung des Metropoliten Sergios und wendet sich durchwegs im Plural an die Adressaten.59 Braun scheint die Zäsur zwischen den beiden Briefen erst bei 9,50 anzusetzen, wo erstmals die Pluralanrede vorkommt.60 Mir scheint, dass bereits 9,47–49 zu Brief 9b gehören. Das hier begegnende Thema der Vergebung (9,47–49) ist Brief 9a fremd. Braun selbst hat seiner Aufteilung von Brief 9 später nicht mehr getraut und sie bei seiner Edition und Übersetzung der Briefe 1–39 1914/1915 wieder fallen gelassen, ohne das Problem dort nur zu erwähnen. Vermutlich war der Grund dafür, dass auch in Brief 8 an Metropolit Sergios von Elam ein Pētīōn genannt ist. So hat jedenfalls Bidawid 1956 die Texte interpretiert: Aus der Bitte, Sergios solle Pētīōn Briefe weiterleiten (8,30), schliesst Bidawid, dass sich der damit gemeinte Brief 9 an einen Pētīōn in Elam wende und Letzterer somit nicht mit dem Adressaten von Brief 43 identisch sei.61 Nachdem nun aber dank Fiey und Berti Brief 8 literarkritisch 55 Braun publizierte ihn zusammen mit den Briefen 43 und 12 in OrChr 2 im Jahr 1902. Der Brief ist hier in Brauns Erstausgabe noch als Brief 10 nummeriert, weil er der Handschrift V folgte, in welcher die Disputation an dritter Stelle steht. Als er nachher den Codex Chabot für die Gesamtedition zur Verfügung gestellt bekam, übernahm er dessen Reihenfolge mit der Disputation am Schluss der Sammlung. Da Braun gleichzeitig erkannte, dass die Briefe 13 und 14 (nach jetziger Zählung) zu einem einzigen zusammengewachsen sind und entgegen den Handschriften voneinander abgetrennt werden müssen, hob sich die Zähldifferenz in der Gesamtedition ab Brief 14 wieder auf und fällt de facto nur für die Erstedition der Briefe 9 und 12 ins Gewicht (Letzterer nur in deutscher Übersetzung ebenda, S. 30–32). Alle anderen frühen Editionen von Braun betreffen Briefe ausserhalb des Bereichs der Briefe 3–13. 56 BRAUN (Briefe [OrChr 2], S. 25 Anm. 2): »Das Folgende ist an die Elamiten gerichtet. Der Schluss des Briefes an Pêθîôn und der Anfang des (ersten) Briefes an d. Elamiten sind in d. HS ausgefallen.« 57 BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 3. 58 Dabei nimmt Timotheos wiederholt die vorausgehende Frage von Pētīōn auf: »Wenn du mit ›Häupter unseres Glaubens‹ den und den meinst…« (9,2.5.6.7.29). Diese Konstruktion fehlt in Brief 9b. 59 Ep 9,50.51.57.58.60.61.62.64.65.67. 60 Dies lässt sich aus der genannten Anmerkung schliessen, welche BRAUN am Ende von 9,49 setzt (Briefe [OrChr 2], S. 25 Anm. 2; vgl. soeben Anm. 56). 61 BIDAWID, Lettres, S. 68.

EINLEITUNG

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in zwei Teile zerlegt worden ist, fällt dieses Argument weg: Wenn Brief 8b in die Zeit des Sergios als Schullehrer in Mossul fällt, ist in 8,30 derselbe Pētīōn gemeint, an den sich auch die Briefe 9a und 43 richten.62 Brief 8b ist also noch zu Lebzeiten von Pētīōn geschrieben (8,28–30). Die Briefe 13 und 14 sind in den Handschriften als ein einziger Textblock überliefert. Braun hat in seiner Übersetzung von 1915 die beiden fragmentarischen Teile voneinander abgetrennt und als Briefe 13 und 14 nummeriert.63 Die Aufteilung ist leicht zu erkennen: Brief 13 richtet sich an Metropolit Sergios von Elam und nimmt auch auf die dortige Situation Bezug. So soll Sergios die Briefe an die Elamiter diesen vorlesen (13,13). Brief 14 hingegen ist ein Trostschreiben anlässlich des Todes von Schullehrer Pētīōn in Mossul und richtet sich an die dortigen Kloster- und Schulbrüder sowie an Pētīōns Nachfolger Sergios (14,94–96). Für die Aufteilung in zwei Brieffragmente spricht ferner, dass Brief 13 an der Stelle des Textabbruchs Textschäden aufweist (13,39.41).64 3. ZUR FORSCHUNGSGESCHICHTE DER BRIEFE 3–29 Ins Bewusstsein der modernen westlichen theologischen Diskussion und wissenschaftlichen Forschung gelangten die Briefe 3–29 des Timotheos im Zusammenhang mit dem Ersten Vatikanischen Konzil: Ums Jahr 1869 brachte Chorbischof Joseph David eine zweibändige Handschrift des »Synodenbuchs des Patriarchen Elias«65 nach Rom, welche neben dem Synodicon orientale66 auch die Timotheosbriefe umfasste.67 62 BERTI (Vita, S. 53) hält dennoch daran fest, dass Brief 9 einem zweiten Pētīōn in Elam zuzuweisen sei. 63 »Ampla lacuna hic exstat; sequentia ad epistulam aliquam consolatoriam pertinere videntur, quam Timotheus ad Sergium doctorem et monachos monasterii Mar Abraham, de morte Pētīōn, magistri et decessoris Sergii scripsit.« (BRAUN, Versio, S. 72 Anm. 5) Im Editionsband sind die Briefe generell nicht nummeriert; dort weist nur eine Anmerkung auf die Nahtstelle zwischen den Briefen 13 und 14 hin (BRAUN, Textus, S. 109 Anm. 2: »Sequentia ad aliam epist. initio mutilam pertinent.«). — In der Edition von Darmo erscheinen die beiden Briefe wie in den Handschriften als ein einziger Textblock (die Nahtstelle Letters, S. 39). 64 Solche Textbeschädigungen finden sich auch an der Nahtstelle von Brief 44a und 44b. 65 Dazu Genaueres in HEIMGARTNER, CSCO 632, S. XI–XII. 66 Eine Sammlung ostsyrischer Konzilsakten bis zu Patriarch Ḥenānīšō‘ II. Sie wurde zur Zeit von Timotheos I., dessen Nachfolger, zusammengestellt (CHABOT, Synodicon, S. 13). Wenn SELB (Kirchenrecht, S. 167f) — nicht zu Unrecht — meint, dass die Redaktion des Synodicon orientale nicht von Timotheos selbst stammt, so folgt daraus nicht zwingend, dass die Redaktion erst später anzusetzen ist. 67 Vgl. dazu Genaueres im Editionsband, S. XVI–XVII.

XXVIII

M. HEIMGARTNER

Sie gewann die Aufmerksamkeit mehrerer Gelehrten, welche sich im Umfeld des Konzils mit den Fragen des Papstprimats und der Position der orientalischen Kirchen beschäftigten. So stellte etwa Joseph David selbst anhand von Brief 41 des Timotheos die »immerwährende Orthodoxie« der Maroniten in Frage und löste damit einen länger anhaltenden Streit aus.68 Georges Ebedjesu Khayyat (auch Abdisho Giwargis Hayyat; 1894– 1899 als Abdisho V. chaldäischer Patriarch von Babylon) untersuchte in seinem Buch Syri orientales, seu Chaldaei Nestoriani et Romanorum pontificum primatus, publiziert 1870 in Rom, die Haltung der Chaldäischen Kirche zum Petrusprimat. Dabei zitiert er auch zwei Passagen aus Brief 26 von Timotheos.69 In seiner folgenden Darstellung bemüht er sich zu zeigen, dass Timotheos den römischen Primat keineswegs in Frage gestellt habe, denn seinem eigenen Sitz habe er aufgrund von Alter und Ehre zwar den ersten Sitz zugeteilt70, aber den »ersten und wichtigsten Rang« (vgl. 26,40) habe er weiterhin Rom und Petrus zugesprochen. Die genannte Handschrift weckte alsbald das Interesse verschiedener Gelehrten, die mit der Publikation einzelner Teile dieser Sammlung begannen71, darunter auch der Briefe des Timotheos. Der Würzburger Professor Oskar Braun (1862–1931) hatte 1900 das sogenannte Synodicon orientale unter dem Titel Das Buch der Synhados oder Synodicon orientale in deutscher Übersetzung veröffentlicht72 und war dabei im zweiten Band derselben Handschrift73 auch auf die Briefe des Timotheos gestossen, mit deren Publikation er nun sogleich begann. Schon in der ersten Nummer von Oriens Christianus 1901 kündigte er eine Gesamtedition an74 und Vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 674, S. XVIII–XX. Nämlich den Ausschnitt 26,37–38 (bis »in vier Arme aufgeteilt worden«) und 26,40– 41 (bis »die wir ihm dargebracht haben«) auf Syrisch (Anm. E. 2. auf S. 37f) mit lateinischer Übersetzung (S. 36f). — Der Hinweis auf Khayyath bereits bei BRAUN, Textus, S. VI. 70 »…primum esse dandum locum antiquitatis saltem et honoris. Dixi antiquitatis et honoris…« (KHAYYATH, Syri, S. 36) 71 Vgl. dazu CHABOT, Synodicon, S. 4–10 mit Anmerkungen. 72 Den syrischen Text publizierte Jean-Baptiste Chabot 1902 in Paris als Synodicon orientale ou Recueil de Synodes nestoriens mit französischer Übersetzung. 73 Die 59 Briefe des Timotheos stehen auf den Seiten 243 bis 719 der Handschrift Vatikan, Borgia Syrus 81, damals Museo Borgia K VI 3. 74 Dabei sollte mit Brief 47 zuerst »der einzige Brief exegetischen Inhaltes« veröffentlicht werden, dem die historischen, die dogmatischen und schliesslich die philosophischen Briefe folgen sollten (BRAUN, Katholikos, S. 152). 1903 kündigte BRAUN (Briefe [OrChr 3], S. 1) an, zuerst die neunzehn Briefe an Sergios aus dessen Zeit als Priester und Lehrer an der Schule des Mār Abraham zu publizieren. 68 69

EINLEITUNG

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publizierte hier auch Brief 4775, im Folgejahr 1902 die Briefe 43, 9 und 1276 sowie den Synodalbrief 50 mit der Apologie des Nestorius von Bēt Nuhadrān77, und 1903 die Briefe 15–17 sowie einen Auszug aus Brief 1878. Für diese Teileditionen verwendete Braun offensichtlich eine Abschrift der betreffenden Briefe in der Handschrift V. Dies ist an einer Reihe von Stellen erkennbar, wo Braun Lesarten ausdrücklich mit »sic« kennzeichnet, welche nicht in V stehen, oder wo er eine Konjektur vorschlägt, die genau dem Text von V entspricht.79 Die deutsche Übersetzung, welche Braun den Editionen beifügte, zeichnet sich durch grosses Geschick und Können aus, wenn sie auch noch nicht die Erfahrung der lateinischen Übersetzung von 1915 widerspiegelt. Gleichzeitig mit Braun publizierte der Chaldäische Bischof Jakob Manna 1901 im zweiten Band seiner Morceaux choisis de littérature araméenne in Mossul die Briefe 5, 10, 16, 17, 27 sowie Auszüge der Briefe 26 und 42 in syrischer Sprache.80 Für diese bis heute nahezu unbeachtet gebliebene Edition81 verwendete er eine Handschrift vom Jahr 1899, welche er anschliessend an Jean-Baptiste Chabot weitergab, nach dem sie als Codex Chabot82 (C) benannt ist.83 Chabot wiederum stellte ihn dann Rubens Duval für eine Edition von Brief 47,16–29 zur Verfügung84, ebenso Henri Labourt, der mit seiner Dissertation über Timotheos85 eine erste Monografie über den Patriarchen vorlegte. Henri Pognon, damals französischer Konsul in Aleppo, publizierte 1903 weitere Briefe und Briefteile in seinem Buch Une version syriaque des BRAUN, Brief (OrChr 1), mit deutscher Übersetzung. BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 4–32 (dabei sind die Briefe 9 und 12 hier noch als Nr. 10 und 13 nummeriert, vgl. ebenda, S. 11 und 30; zur Umnummerierung vgl. oben S. XXVI Anm. 55). 77 BRAUN, Synoden, S. 286–311. 78 BRAUN, Briefe (OrChr 3), S. 1–15 (Brief 15 nur in deutscher Übersetzung). 79 Zu den Besonderheiten dieser Abschrift siehe im Editionsband S. XVII—XVIII. — Allerdings kann beim jetzigen Stand des Wissens nicht gesagt werden, ob es sich um mehrere Abschriften handelte oder ob eine einzige Abschrift sämtliche Briefe von Brauns frühen Editionen umfasste. 80 MANNA, Morceaux, S. 32–53, Brief 42 ebenda, S. 49–53. 81 Beachtet und verwertet wird sie von RÜCKER, Kloster, S. 184 Anm. 2. 82 BRAUN, Textus, S. V, und Versio, S. I; BIDAWID, Lettres, S. 14 (mit falschem Datum 1889 statt 1899). 83 Für seine Edition des Synodicon Orientale hat Chabot den Codex nicht mehr verwendet, vgl. HEIMGARTNER, CSCO 632, S. XI und XIII. 84 DUVAL, Découverte, S. 174 Anm. 2. 85 Die Arbeit enthält die erste Publikation des Rechtsbuches des Timotheos (LABOURT, Timotheo, S. 50–86). 75 76

XXX

M. HEIMGARTNER

Aphorismes d’Hippocrate. Sie sind dort im Vorwort, teils sogar in Anmerkungen versteckt.86 Darunter finden sich auch Ausschnitte aus den Briefen 3–29, nämlich 3,2587 sowie 19,19f88 und 24,789. Leider ist bis heute ungeklärt, welche Handschrift Pognon benutzte90 und ob dabei ein Zusammenhang mit den Editionen im Kreis um Chabot bestand.91 Im Jahr 1914 publizierte Oskar Braun schliesslich seine Gesamtedition der Briefe 1–39 bei CSCO in Paris. Als Basishandschrift verwendete er den Codex Chabot, den schon Manna verwendet hatte und den ihm nun dessen Besitzer Chabot zur Verfügung gestellt hatte.92 1915 folgte die lateinische Übersetzung. Damit war endlich ein Grossteil der Briefe des Timotheos zugänglich. Im Jahr 1956 publizierte Raphaël Bidawid unter dem Titel Lettres du Patriarche nestorien Timothée I eine epochemachende Timotheosmonografie, welche ein halbes Jahrhundert als Standardwerk dienen sollte. Sie enthält eine knappe Zusammenfassung sämtlicher Briefe des Timotheos. Damit war auch eine leichte Orientierung über den Inhalt dieser Texte möglich. So war mit den Arbeiten von Braun und Bidawid eine recht glückliche Forschungssituation entstanden: Durch die Editionen war ein beachtlicher Teil der Texte erschlossen93, und durch die Textübersichten in Bidawids Monografie war eine schnelle Orientierung über sämtliche Briefe möglich, auch über die noch nicht veröffentlichten. Das führte dazu, dass viele Arbeiten punktuell die Briefe des Timotheos aufgriffen oder erwähnten, wobei freilich die Gefahr bestand, dass die Perspektive sich auf die von 86 Nämlich vollständig Brief 43 (POGNON, Version, S. XVI–XX) und Brief 48 (S. XXI– XXV), ferner die Abschnitte 38,4f (S. XII), 38,20 (S. XIII), 38,26 (S. XIII–XIV), 38,43 (S. XIV), 39,31 verkürzt (S. XIV), 41,10,7–9 Anfang (S. XXVIII) sowie einen Ausschnitt aus 47,9–11 (Anm. 2 von S. XX auf S. XXI). Den syrischen Texten ist stets eine französische Übersetzung beigefügt. — Die Ausschnitte aus den Briefen 38 und 39 sowie 41 sind in meinen Editionen nicht berücksichtigt. 87 POGNON, Version, S. XXVIII Anm. 2. 88 POGNON, Version, Anm. 2 von S. XXVIII auf S. XXIX. 89 POGNON, Version, S. XVI Anm. 1. 90 BROCK, Letters, S. 234. 91 Beide pflegten jedenfalls die Arbeiten des anderen lebhaft zu kritisieren. So wehrt sich Pognon etwa in den Aphorismes d’Hippocrate gegen unberechtigte Kritik von Chabot: »Je suis très touché … du zèle avec lequel M. l’abbé Chabot a bien voulu … relever mes fautes, mais comme il m’en attribue plusieurs que je n’ai pas commises et commet lui-mème plusieurs bévues, sous prétexte de me corriger, je suis forcé de me plaindre de sa trop grande générosité.« (POGNON, Version, S. VI Anm. 1) 92 BRAUN, Textus, S. V, und Versio, S. I. 93 Bis zum damaligen Zeitpunkt die Briefe 1–39.40.43.47.48.50 und die Apologie des Nestorius.

EINLEITUNG

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Bidawid herausgearbeiteten Punkte beschränkte. Zu den Arbeiten, welche das Textmaterial, darunter auch die Briefe 3-29, eingehender behandeln, gehören die Publikationen von Jean Maurice Fiey zur ekklesialen Geografie. Auch die Timotheosbriefe bilden einen beachtlichen Teil der Puzzleteile, aus denen er die Geschichte der einzelnen Lokalitäten im Irak und Iran rekonstruiert. Besonders wichtig für den vorliegenden Band ist seine Entdeckung, dass die zweite Hälfte von Brief 8 den Kontext von Sergios als Lehrer in Mossul voraussetzt.94 Im Jahr 1982 erschien in Indien eine syrische Druckausgabe der Briefe 3–41, welche Thoma Darmo, der Metropolit von Trichur, zu drucken begonnen hatte, die aber nach seinem Tod 1969 jahrelang liegengeblieben war. Darmo hatte dazu eine Handschrift aus der eigenen Metropolitanbibliothek benützt95 und sie anhand der Vorlagehandschrift Bagdad 509 durchgearbeitet.96 Damit handelt es sich im Grunde um eine eigentlich kritische Ausgabe, nur dass die Varianten nicht ausgewiesen und die verwendeten Handschriften nicht deklariert werden. Der Wert von Darmos Arbeit wird jedoch durch Fehler bei der Drucklegung gemindert, die im Bereich der Briefe 3–29 allerdings weniger gravierend sind als bei den Briefen 30–41.97 Der Text bricht kurz vor Ende des Briefes mitten in 41,10,21 am Ende des 41. Faszikels ab. Bis zu dieser Stelle hatte Darmo die Drucklegung durchgeführt.98 Da die Ausgabe keine Übersetzung umfasst, ist sie kaum beachtet worden.99 Ein Pariser Forschungsteam, bestehend aus Françoise Briquel Chatonnet, Christelle und Florence Jullien, Christine Moulin Paillard und Marwan Rashed, publizierte im Jahr 2000 unter dem Titel Lettre du patriarche Timothée à Maranzekhā, évêque de Ninive eine französische Übersetzung von Brief 26. Die kurze Einleitung informiert knapp über Leben und Werk von Timotheos, über Brauns und Darmos Editionen der Briefe sowie über den Inhalt von Brief 26.100 Die Übersetzung basiert auf Brauns Edition101, FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 500f Anm. 5 auf S. 501 sowie S. 556. Nämlich Trichur 10, siehe dazu im Editionsband S. XXI–XXIV. 96 Dabei folgt die Druckausgabe praktisch durchgehend den Korrekturen Darmos (in meiner Edition als T2 bezeichnet). 97 Vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 661, S. XXVI–XXVII, und DERS., CSCO 673, S. XXIX. 98 Für die Details siehe in der Einleitung des Editionsbandes S. XXVI–XXVII. 99 Beachtet wurde sie jedoch von SELB/KAUFHOLD (Rechtsbuch, Bd. 2, S. 336, vgl. dazu unten S. 47 Anm. 1 zu Brief 12) sowie von BRIQUEL CHATONNET ET AL., Lettre, S. 2f und S. 12 Anm. 28. 100 BRIQUEL CHATONNET ET AL., Lettre, S. 2–5. 101 BRIQUEL CHATONNET ET AL., Lettre, S. 3. 94 95

XXXII

M. HEIMGARTNER

erwähnt aber, dass Darmos Edition den Text offensichtlich als vollständig betrachtet.102 In der Einleitung sowie den Anmerkungen werden einzelne Punkte vertieft, so die Tradition vom Vorrang des Patriarchats von SeleukeiaKtesiphon103 und die syrische Tradition der Zwölfzahl der »Boten« in Mt 2,1–12.104 Mit diesem Beitrag ist der wichtige Brief 26 erstmals in einer modernen Fremdsprache verfügbar. Im Jahr 2002 erschien Das syrisch-römische Rechtsbuch in der ästhetischen grossformatigen Ausgabe von Walter Selb und Hubert Kaufhold. Hier ist auch ein Abschnitt aus Brief 12 ediert und ins Deutsche übersetzt, wo Timotheos zuerst wörtlich, dann freier aus dem syrisch-römischen Rechtsbuch zitiert (12,14–17).105 Erst Vittorio Berti hat begonnen, einzelne Texte des Briefcorpus wissenschaftlich eingehender zu bearbeiten. Dem wichtigen Brief 19 hat er 2007 einen Aufsatz gewidmet: Libri e biblioteche cristiane nell’Iraq dell’VIII secolo: Una testimonianza dell’epistolario del patriarca siroorientale Timotheo I (727–823). Von zentraler Bedeutung ist seine Monografie Vita e studi di Timoteo I (†823) patriarca cristiano di Baghdad: Ricerche sull’epistolario e sulle fonti contigue von 2009. Hier hat er zum einen Bidawids Datierung der Briefe revidiert und präzisiert. Bei der Unterteilung von Brief 8 in zwei Teilbriefe folgt er Fiey. Auch bei Brief 44 kann er zeigen, dass der Text aus zwei ursprünglich unabhängigen Fragmenten zusammengesetzt ist. Zum anderen wertet er viele, teils auch grössere Briefabschnitte zu verschiedenen Einzelthemen aus, übersetzt die relevanten Textabschnitte ins Italienische, ordnet sie in den historischen Kontext ein und webt daraus eine neue Gesamtdarstellung von Leben und Werk des Patriarchen. Unter dem Titel Notes sur la fonction et la circulation de la logique dans l’Église de l’Orient après l’Islam hat Berti 2019 in Études Syriaques 16 unter anderem eine sehr hilfreiche kurze Darstellung von Brief 8a publiziert106, wo er den Text als »mélange entre jeu érudit et véritable exégèse de l’enseignement logique d’Aristote« analysiert.107 Die französische Übersetzung108 mit den Anmerkungen und dem beigefügten Kurzkommentar BRIQUEL CHATONNET ET AL., Lettre, S. 12 Anm. 28. BRIQUEL CHATONNET ET AL., Lettre, S. 4. 104 BRIQUEL CHATONNET ET AL., Lettre, S. 10 Anm. 24. 105 SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 2, S. 336 (syrischer Text) und S. 337 (deutsche Übersetzung). 106 BERTI, Notes, S. 257–262. 107 BERTI, Notes, S. 261. 108 BERTI, Notes, S. 257–261. 102 103

EINLEITUNG

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klärt den schwer verständlichen Brief an mehreren Stellen über die lateinische Übersetzung von Braun hinausgehend. Berti deckt eine Menge von relevanten Parallelstellen auf, beschränkt jedoch seine Interpretation im Wesentlichen auf die Kategorienschrift. Nicht aufgedeckt werden die für die Syllogistik relevanten Bezüge zur Ersten Analytik.109 Einen weiteren Artikel zu Brief 8a publizierte Nestor Kavvadas im Jahr 2020 unter dem Titel: Verdächtiges Prestige: Die griechische Bildung, der Jargon der Logik und die Konflikte der ostsyrischen Eliten. Kavvadas versteht Brief 8110 als letzte Vorwarnung vor einer eventuellen Amtsenthebung.111 Die »pseudo-Syllogismen«, wie Kavvadas sie nennt, versteht dieser nur als »Verkleidung«.112 Der gräzisierende »Jargon der Logik«113 sollte ebenso wie die griechischen philosophischen Lehnwörter eine imponierende Wirkung auf Sergios haben.114 Denn »dieser Elitejargon besaß in der ostsyrischen Welt … ein hohes Prestige, er drückte Macht aus.«115 Bei all den Hypothesen, die Kavvadas hier aufeinandertürmt, beachtet er nicht, dass Sergios, der Empfänger des Briefes, ein hochgebildeter Mann war, der sogar die Zweite Analytik des Aristoteles auf Griechisch las.116 Kavvadas weist in dem dichten aristotelisch geprägten Text keinen einzigen Begriff bei Aristoteles selbst nach. Er scheint das Begriffspaar von »allgemein« und »partikulär« nicht erkannt zu haben, wenn er¿ÚçáÙx in 8,11 als »relativ« übersetzt.117 Auch hat er das Wortspiel von »Katholikos« und »allgemein« in 8,11 nicht verstanden, wenn er »total« statt »allgemein« übersetzt. Und zuallererst hat er nicht erkannt, dass die Ausdruck »privative respektive beraubende Syllogismen« (8,10) den Schlüssel zum Verständnis des gesamten Textes enthalten. Diesen Zentralsatz lässt Kavvadas in seiner Übersetzung und Analyse einfach aus.118 Damit 109 So erklärt er die »privativen Syllogismen« in 8,10 auf dem Hintergrund des Gegensatzes von »Besitz« und »Beraubung« in Kat 10 (12a,25–14a,25). Hier sind jedoch die Syllogismen mit Negation gemeint, welche Aristoteles in 1 An 1,5 (27a,31) und 2 An 1,24 (85a,2f) als »privative Syllogismen« bezeichnet (vgl. dazu unten S. 26 Anm. 22 zur Stelle). 110 Obwohl Kavvadas auf Berti rekurriert, findet sich bei ihm kein Verweis darauf, dass Berti Brief 8 mit Fiey literarkritisch in zwei Teile zerlegt hat, vgl. BERTI, Vita, S. 52. 111 KAVVADAS, Prestige, S. 122 und 127. 112 KAVVADAS, Prestige, S. 52. 113 KAVVADAS, Prestige, S. 124 und 125. 114 KAVVADAS, Prestige, S. 125f. 115 KAVVADAS, Prestige, S. 127. 116 Vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LX–LXI. 117 KAVVADAS, Prestige, S. 122. Richtig wäre »eigentümlich«. »Relativ« — oder »relational«, wie ich übersetze — heisst auf SyrischÎàx. 118 KAVVADAS, Prestige, S. 122.

XXXIV

M. HEIMGARTNER

war er nicht imstande, den Humor des Textes zu erkennen.119 Überhaupt dispensiert sich Kavvadas mit der Formulierung »pseudo-Syllogismen« der Arbeit, den Text nach formal korrekten Syllogismen durchzusehen. Was er zum Syllogismus bei Timotheos sagt, wird dessen Bedeutung für Timotheos überhaupt nicht gerecht.120 4. ZU DEN SCHWIERIGKEITEN DER EDITION, ÜBERSETZUNG UND INTERPRETATION Wie die übrigen Briefe sind auch die Briefe 3–29 in der Handschrift Bagdad 509121 aus dem späten 13. Jahrhundert überliefert. Zur Zeit ist sie nicht zugänglich. Daher musste ich auf eine Reihe von verfügbaren Abschriften zurückgreifen.122 Aus diesen lässt sich im Wesentlichen ein solider, verständlicher Text rekonstruieren. An etlichen Stellen zeigt sich, dass bereits die Vorlage von Bagdad 509 beschädigt gewesen sein muss. Bei kleinen Lücken kann der ausgefallene Text oft über den Zusammenhang erschlossen werden. Hier hat bereits die Elias-Rezension zahlreiche gute Textverbesserungen eingefügt, denen ich oft gefolgt bin. Dennoch enthalten die Briefe 3–29 zahlreiche Anspielungen auf nicht näher bekannte Umstände, was die Textinterpretation erheblich erschwert. Die grössten Probleme bilden Stellen, wo schon in der Vorgängerhandschrift von Bagdad 509 längere Textstücke fehlten. An manchen Stellen meine ich befriedigende Konjekturen gefunden zu haben. An anderen Stellen (etwa in ep 4,3) lässt sich nur der ungefähre Gedanke erschliessen; ich habe an solchen Stellen in der Übersetzung das erschlossene Textstück mit [[…]] oder das Fehlen eines solchen mit 〈…〉 signalisiert123, aber in der Edition auf eine Rekonstruktion des syrischen Textes verzichtet. An einigen Stellen wie etwa in 14,84 ist der Sinn unklar. Dazu gehören auch Bezüge zur Rhetorik des Aristoteles in Brief 19, bei denen noch nicht überall klar ist, was Timotheos genau meint.124 An allen Problemstellen sind bessere Lösungen von anderen Fachleuten dringend erwünscht. Eine Übersetzung stellt eine notwendige Verständigung über den Inhalt des Textes dar und ist eine unabdingbare Kontrolle einer jeden Textedition. 119 120 121 122 123 124

Vgl. dazu auch HEIMGARTNER, Wissen, S. 101 mit Anm. 20. KAVVADAS, Prestige, S. 125; vgl. dagegen HEIMGARTNER, Wissen, S. 99. Vgl. dazu im Editionsband S. XII–XVI. Vgl. dazu im Editionsband S. XIV. Vgl. dazu etwa ep 4,3 sowie 8,7 und 9,40. Vgl. etwa S. 78 Anm. 11 zu ep 19,6.

EINLEITUNG

XXXV

Neben der lateinischen Übersetzung von Braun, etlichen grösseren Teilstücken in italienischer Sprache bei Berti125, der französischen Übersetzung von Briquel Chatonnet und ihrem Team sowie kleineren Textstückchen bei Pognon und Fiey ist die vorliegende Übersetzung der Briefe 3–29 die zweite vollständige und die erste in einer modernen Sprache. Meine Übersetzung bestätigt generell die solide und präzise Arbeit von Braun. Er hat sich durch seine lange und intensive Beschäftigung mit Timotheos ein grosses Gespür für dessen Sprache angeeignet. Ausser einzelnen Details, wo ich zu anderen Lösungen gekommen bin, gibt es nur zwei grössere Kritikpunkte: Zum einen wird aus seiner Übersetzung oft die Syntax langer Satzperioden nicht deutlich.126 Zum anderen übersetzt er den relativ häufigen Ausdruck èÞÙs ßÙsx (»zum Beispiel«) immer wieder als Fragewort (»quomodo?«).127 Dabei handelt es sich aber nur um Kleinigkeiten. Wer aus eigener Erfahrung die Schwierigkeiten und Gefahren einer Erstübersetzung kennt, kann nur Bewunderung für Brauns Meisterleistung empfinden. Sie hat mich zudem an manchen Stellen vor Fehltritten bewahrt. Um den Vergleich mit Braun zu erleichtern, gebe ich in der Übersetzung die Paginierung von Brauns Edition an (z. B. »|89|«), die sich auch am Rand seiner lateinischen Übersetzung findet. In den Anmerkungen zur Übersetzung wie auch in der Einleitung zum Übersetzungsband habe ich in eklektischer Weise Beobachtungen zu den Texten hinzugefügt. Wie schon bei meinen früheren Editionen habe ich — in Übereinstimmung mit dem Profil von CSCO — mich in der Einleitung auf ein Minimum zu beschränken versucht. Ebenso hoffe ich auf weiterführende Arbeiten sowie auf Berichtigungen und kritische Hinweise von Fachkolleginnen und -kollegen. Im Zwiespalt, einerseits möglichst eng am originalsprachlichen Text zu bleiben und andererseits den Inhalt in möglichst gutem Deutsch wiederzugeben, musste ich mich oft für freiere Formulierungen entscheiden. In eckigen Klammern zugesetzte Wörter und Satzteile dienen dem besseren Verständnis. Damit lässt sich nicht vermeiden, dass die deutsche Übersetzung oft klarer wirkt, als es das syrische Original ist.128 Bei Zitaten antiker Schriftsteller sind die Gross-Kleinschreibung und die Interpunktion gegenüber der zugrunde liegenden Edition stillschweigend meiner eigenen Praxis angepasst. 125 126 127 128

Siehe dazu die Angaben zu Beginn der Übersetzung der einzelnen Briefe. Ÿ Das betrifft vor allem Sätze, die mitèÙx...èãgestaltet sind. So beispielsweise in ep 4,3 (BRAUN, Versio, S. 50). Vgl. zu dieser Problematik auch etwa FREDE/PATZIG, Metaphysik, Bd. 1, S. 18.

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M. HEIMGARTNER

Über grundlegende Übersetzungsprobleme bei den Texten des Timotheos habe ich mich in den Einleitungen der Übersetzungsbände meiner bisherigen Editionen mehrfach geäussert.129 Hier wiederhole ich einiges in aller Kürze oder verweise auf die entsprechenden früheren Ausführungen. Überlange syntaktische Konstruktionen müssen im Deutschen oft zerlegt werden.130 Auch ineinander verschachtelte Sätze oder Satzteile entflechte ich meist.131 An manchen Stellen muss die Syntax um der Verständlichkeit willen umgestellt oder verändert werden. Timotheos’ Vorliebe für Variantbegriffe bereitet oft Schwierigkeiten und zwingt einen zu sprachlichen Konzessionen.132 Verschiedentlich habe ich Genitiv- und Konstruktusverbindungen adjektivisch aufgelöst. So übersetze ich passim »die menschliche« resp. »göttliche Individualität unseres Herrn« statt »die Individualität des Menschseins unseres Herrn« resp. »die Individualität des Gottseins unseres Herrn« u. ä.133 Öfters sind rhetorische Fragesätze schwierig zu übersetzen.134 Gelegentlich steht im Syrischen »vielmehr« (ĀÙsüÙĀÙ) im falschen Satzteil.135 Zum anderen betreffen die Übersetzungsschwierigkeiten einzelne Begriffe, bei denen ich teilweise von den konventionellen Übersetzungen abweiche: a) melīlā (»vernünftig«) übersetze ich mit »denksprachfähig« und das davon abgeleitete Abstraktum melīlūtā mit »Denksprachfähigkeit«. Entsprechendes gilt für die negativen Pendants (»denksprachlos« usw.).136 Nicht betroffen davon sind die Stellen, wo melīlūtā »Logik« und melīlā »Logiker« bedeuten.137 129 Siehe HEIMGARTNER, CSCO 632, S. XLVII–XLIX, ebenso CSCO 644, S. XIX–XXI sowie S. 91 mit Anm. 462 und 463, ferner auch CSCO 662, S. XXIX–XXXVIII. 130 So etwa ep 19,2f. 131 So etwa ep 5,1. 132 Vgl. etwa »ohne das und in Ermangelung dessen« (4,13), »die verneinenden Syllogismen der Verneinung« (8,11), »die Kundigen der Logik und die Logiker« (8,18; mit epexegetischem{). 133 Vgl. dazu auch HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XXX–XXXI. 134 So etwa in ep 9,11. Zum Problem vgl. HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XXXI. 135 So heisst es etwa in Brief 14,50, wörtlich nachgeahmt: »Denn nicht vielmehr ins Grab, sondern ins Paradies« (syrisch¿êÙxüóà¿ćàs:ĀÙsüÙĀÙÁüÃúàüÚÅÎà). 136 Vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 632, S. XLVIII, CSCO 645, S. XIX–XX und CSCO 662, S. XXXII. 137 Vgl. dazu ep 8,17; 18,1(2×).2.6; 19,20; in 25,18 steht hingegen das griechische Lehnwort lōgīqōs.

EINLEITUNG

XXXVII

b) meltā, traditionell als »Wort« übersetzt, wird bei Timotheos als Sprechakt Gottes und nicht als Resultat von Gottes Sprechakt verstanden. Daher habe ich die Übersetzung »Rede« gewählt.138 c) alāhūtā/nāšūtā (»Gottheit«/»Menschheit«) übersetze ich abweichend vom Sprachgebrauch der deutschsprachigen Theologie mit Gottsein/ Menschsein. Entsprechendes gilt für weitere Abstraktbildungen wie Herrsein oder Sohnsein.139 d) Den Begriff ūsīā (griechisch οὐσία) übersetze ich in der Regel mit »Wesen«. Was den Begriff οὐσία in aristotelisch geprägten Zusammenhängen betrifft, teile ich den Vorbehalt von Arpe sowie von Frede und Patzig gegenüber der Übersetzung »Substanz«140. Bei Timotheos ist »Wesen« (ūsīā) weitgehend gleichbedeutend mit »Natur« (kyānā). e) Den syrischen Begriff demūtā mit seinem breiten semantischen Gehalt von »Bild«, »Gestalt« einerseits und »Gleichheit« andererseits übersetze ich oft mit »Gleichbild« (4,13; 12,6; 14,55.78).141 f) Die christologischen Zentralbegriffe qenōmā (»Hypostase«142) und parṣōpā (»Person«; ep 26,18) gebe ich mit »Individualität« und »Person« wieder.143 Davon abgeleitete Adjektive übersetze ich je nach Zusammenhang mit »im Sinne der Individualität« resp. »im Sinne der Person« oder ähnlich.144 In den vorliegenden Texten begegnen diese christologischen Begriffe jedoch praktisch nur in Brief 26.145 An den übrigen Stellen 138 Am deutlichsten ist die Bedeutung von »Rede« als Akt Gottes in ep 40,7,7 und disp 18,38 sichtbar, vgl. dazu ausführlich HEIMGARTNER, CSCO 632, S. XLVIII–XLIX, sowie ep 40,7,5f, ferner auch DERS., Pseudojustin, S. 134 Anm. 4. — Bekanntlich ist im Syrischen das feminine Wort meltā maskulin, wenn Christus als Gottes λόγος gemeint ist. NÖLDEKE (Grammatik, S. 245) nennt dies eine »dogmatische Grille«. — Für die vorliegenden Briefe 3–29 ist nicht relevant, dass es ebenso treffender wäre, rūḫā (»Geist«) — das syrische Pendant zum griechischen πνεῦμα — in entsprechender Weise mit »Hauch« oder »Atemhauch« wiederzugeben. Diese Bedeutung wird in ep 40,7,7 deutlich sichtbar, aber dies schien mir für deutsche Ohren doch allzu befremdlich. 139 Vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 645, S. XX, und CSCO 662, S. XXXII–XXXIII. 140 Siehe ARPE, Substantia, sowie FREDE/PATZIG, Metaphysik, Bd. 1, S. 20, und v. a. Bd. 2, S. 16f. 141 Zur Notwendigkeit dieser Wortwahl bei der Übersetzung der Briefe 34–36 und 41 vgl. HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XXXIII–XXXIV, und CSCO 674, S. XXX–XXXI. 142 In ep 41,2,8 verwendet Timotheos den syrischen und den griechischen Begriff synonym nebeneinander: »Individualität oder Hypostase«. 143 Dazu ausführlich HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XXXIV–XXXV. 144 Das gilt auch für substantivische Konstruktionen mit Präposition wie ¿ćãÎçú oder¿ćãÎçúÂxßÙsund ähnliche Formulierungen. 145 Nämlich parṣōpā in 26,18.19 und parṣōpāyā in 26,16. Im christologischen Sinn begegnet qenōmā in 26,7.18(2×).20(2×) und qenōmāyā in 26,20.22; im trinitarischen Sinn begegnet qenōmā in 26,12(2×).30.31.

XXXVIII

M. HEIMGARTNER

werden qenōmā und parṣōpā im gewöhnlichen Sinne von »[menschliche] Person« oder »Individuum« verwendet.146 Dabei bezeichnet parṣōpā auch das »Gesicht«, das »Antlitz«.147 qenōmā wiederum wird oft im Sinne von »selbst« gesetzt.148 In 23,1–6 spielt Timotheos mit den theologisch schillernden Begriffen »Person«, »Natur« und »Individualität« in menschlichem Kontext.149 g) Das Verb qb‘ mit all seinen Derivaten heisst oft »einfügen«, »befestigen«, sehr häufig aber auch — wie das bedeutungsnahe Verb ṭb‘ (»prägen«, »siegeln«) — »prägen« oder »einprägen«. Diese Bedeutung ist wichtig im Zusammenhang mit der Christologie und bezeichnet dort die Prägung der menschlichen Individualität des Christus durch seine göttliche Individualität.150 In den vorliegenden Texten betrifft dies allerdings nur eine Stelle in Brief 16,7. Die vorliegenden Briefe tragen nach der — letztlich auf Braun basierenden — Zählung von Bidawid die Nummern 3 bis 29. In den Handschriften der Elias-Rezension und der davon abhängigen Edition von Darmo sind sie als Briefe 1 bis 26 gezählt, wobei die von Braun literarkritisch von einander abgetrennten Briefe 13 und 14 als ein einziger Brief betrachtet und als Brief 11 nummeriert werden.151 In meinen bisherigen Publikationen habe ich bereits verschiedentlich die Briefe 3–29 nach der Paragrapheneinteilung der damals im Entstehen begriffenen vorliegenden Edition zitiert. Da ich stellenweise die Paragrapheneinteilung während der Arbeit noch verfeinert habe, divergieren diese Stellenangaben teilweise um einen oder zwei Paragraphen.

146 So qenōmā in 22,4, in 14,64 eher im Sinne von »Individualität«, in 8,16 im Sinne von »Individuum«; parṣōpā in 9,23; 14,98(2×); 22,5; 23,1.2; 26,45. In 25,11 begegnet ? èÚò¾Âim Sinne von »persönlich«. 147 So in 4,27; 7,2(3×); 8,7(2×). 148 So 4,9.14; 8,21; 9,43; 11,6; 13,16; 14,95; 19,3.20. Dabei übersetze ich in 4,14 »die eigene Person« als sprachliche Variante für »selbst«. 149 Dabei das Adjektiv qenōmāyā in 23,2(2×).3.6. 150 Zu ṭb‘ (»prägen«, »siegeln«) und qb‘ siehe ausführlich HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XXXV–XXXVIII. 151 Zu den beiden Nummerierungssystemen siehe ausführlich HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LXXVI–LXXVIII.

LITERATURVERZEICHNIS Im vorliegenden Literaturverzeichnis werden nur die in diesem Band zitierten Werke aufgeführt. Nicht aufgenommen sind die gängigen Hilfsmittel wie Wörterbücher, Grammatiken, Konkordanzen, Lexika und Übersetzungen, sofern sie nicht zitiert werden. Ebenfalls nicht aufgeführt werden die einzelnen Bände von MPG und Mansi sowie die geläufigen Bibelausgaben und -übersetzungen. Texteditionen werden unter den Namen der Editoren eingeordnet. Die Editionen sind dem Stellenregister zu entnehmen, ebenso die Abkürzungen für antike Autoren und Schriften. Die Abkürzungen für Zeitschriften und Serien sind zu finden bei Siegfried M. Schwertner, TRE Abkürzungsverzeichnis, 2., überarbeitete Auflage, Berlin 1994, und 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Berlin 2017. Verlagsorte in lateinischer Sprache werden in der heute geläufigen Form wiedergegeben. Bei Verlagen mit mehreren Filialen wird meist der Ort des Hauptsitzes angegeben. In der Regel wird die Literatur mit Nachnamen des Autors und Kurztitel oder Sigel der jeweiligen Reihe (CSCO, PTS u. a.) zitiert (mit oder ohne Bandnummer). Dabei werden die Seitenverweise für Text und Übersetzung nur durch Schrägstrich getrennt, auch wenn diese, wie etwa in CSCO üblich, in verschiedenen Bänden stehen. Bei den Bänden von CSCO werden die Reihen Scriptores Syri und Scriptores Arabici sowie Subsidia abgekürzt mit »Syr«, »Arab« und »Sub«. D’ANCONA,

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XL

M. HEIMGARTNER

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M. HEIMGARTNER

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LITERATURVERZEICHNIS

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Lovanii [= Löwen] 2019. Übersetzung von Martin Heimgartner, (CSCO 674 Syr 262) Lovanii [= Löwen] 2019. [zitiert als »HEIMGARTNER, CSCO 673« und »HEIMGARTNER, CSCO 674«] HEIMGARTNER, Martin, Griechisches Wissen und Philosophie beim ostsyrischen Patriarchen Timotheos (780–823), in: PERKAMS, Matthias, SCHILLING, Alexander M. (Hrsgg.), Griechische Philosophie und Wissenschaft bei den Ostsyrern: Zum Gedenken an Mār Addai Scher (1867–1915). (Transmissions 3) Berlin 2020, S. 99–117. [HESPEL, Robert, DRAGUET René,] Théodore bar Koni: Livre des Scolies (recension de Séert). I. Mimrè I–V. Traduit par Robert Hespel et René Draguet, (CSCO 431 Syr 187) Louvain 1981. II. Mimrè VI–XI. Traduit par Robert Hespel et René Draguet, (CSCO 432 Syr 188) Louvain 1982. [HESPEL, Robert,] Théodore bar Koni: Livre des Scolies (recension d’Urmiah). Les collections annexées par Sylvain de Qardu. Édité par Robert Hespel (CSCO 464 Syr 197) Louvain 1984. Traduit par Robert Hespel (CSCO 465 Syr 198) Louvain 1984. [HOENERBACH, Wilhelm, und SPIES, Otto,] Ibn aṭ-Ṭaiyib, Fiqh an-Naṣrānīya, »Das Recht der Christenheit«. 2. Teil herausgegeben von W. Hoenerbach und O. Spies, (CSCO 167 Arab 18) Louvain 1957. 2. Teil übersetzt von W. Hoenerbach und O. Spies, (CSCO 168 Arab 19) Louvain 1957. HUGONNARD-ROCHE, Henri, La logique d’Aristote du grec au syriaque: Études sur la transmission des textes de l’Organon et leur intérpretation philosophique, (Textes et traditions 9) Paris 2004. HUGONNARD-ROCHE, Henri, Sur la lecture tardo-antique du Peri Hermeneias d’Aristote: Paul le Perse et la tradition d’Ammonius, in: Studia graeco-arabica 3, 2013, 37–104. [JAEGER, W.,] Aristotelis Metaphysica: recognovit brevique adnotatione critica instruxit W. Jaeger, (SCBO) Oxford 101989. [KASSEL, Rudolf,] Aristotelis de arte poetica: recognovit brevique adnotatione critica instruxit Rudolfus Kassel. (SCBO) Oxford 1965 (nachgedruckt). KAVVADAS, Nestor, Verdächtiges Prestige: Die griechische Bildung, der Jargon der Logik und die Konflikte der ostsyrischen Eliten, in: PERKAMS, Matthias, SCHILLING, Alexander M. (Hrsgg.), Griechische Philosophie und Wissenschaft bei den Ostsyrern: Zum Gedenken an Mār Addai Scher (1867–1915). (Transmissions 3) Berlin 2020, S. 119–134. KHAYYATH, [Georges Ebedjesu,] Syri orientales, seu Chaldaei Nestoriani et Romanorum pontificum primatus auctore Georgio Ebedjesu Khayyath, Rom 1870. LABOURT, Hieronymus [= Jérôme], De Timotheo I Nestorianorum Patriarcha (728–823) et Christianorum orientalium condicione sub Chaliphis Abbasidis: accedunt XCIX eiusdem Timothei definitiones canonicae e textu syriaco inedito nunc primum latine redditae. Paris 1904. LAND, J[an] P[ieter] N[icolaas], Otia Syriaca. (Anecdota Syriaca 4) Leiden 1875. [MAI, Angelo,] Scriptorum veterum nova collectio e Vaticanis codicibus edita ab A. M. Tomus X. Roma 1838. MANNA, Jacques Eugène, Morceaux choisis de littérature araméenne. Vol. 2, Mossoul 1901 [parallel syrischer und arabischer Titel].

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DIE BRIEFE 3–29 DES OSTSYRISCHEN PATRIARCHEN TIMOTHEOS I. Übersetzung

BRIEF 31 1

Wiederum von demselben ein Brief an Sergios2. An Gottes Ehrwürdigen, unseren Bruder Mār Sergios, Bischof, Metropolit von Elam. Timotheos der Sünder grüsst deine Ehrwürdigkeit und bittet um dein Gebet.

1 Den gegenwärtigen Brief deiner Ehrwürdigkeit an mich habe ich erhalten und gelesen, und er wurde mir zur Freude und zum Gotteslob, und wir bitten die Gnade unseres verehrungswürdigen Gottes, dass sie dich und diese Herde, deren Leitung dir anvertraut worden ist, unversehrt bewahre. 10 2 Zu dem, was deine Ehrwürdigkeit mir in Sachen der gesetzeswidrigen Weihe des Abraham von Gāi3 schreibt, sei deine gottliebende Ehrwürdigkeit unterrichtet, dass Abraham den Thron von Gāi, für den |76| er gesalbt wurde, verlassen hat und den Thron von Šūšterīn4 ausserhalb der kirchlichen Gesetze begehrt hat. 3 Und auch wenn es in Šūšterīn keinen 15 Bischofsnamen5 gab, war es ihm überhaupt nicht gestattet, seinen Stuhl zu verlassen und einen anderen an sich zu reissen, 4 jetzt einmal ungeachtet dessen, welcher Art und wie gross auch immer dieser wäre! 5 Als er nach Šūšterīn kam, masste er sich viel im Hinblick auf gesetzeswidrige Weihen und Bestätigungen6 an. 6 Doch als wir dies von den Leuten von 5

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Eine Teiledition (ep 3,25) mit französischer Übersetzung findet sich bei Pognon, Version, S. XXVIII Anm. 2, eine italienische Teilübersetzung bei BERTI, Vita, S. 336 (ep 3,25). 2 Die Elias-Redaktion ergänzt: »von Elam«. 3 Das heutige Isfahān. Zu Gāi vgl. FIEY, Élam, S. 147–151. Die damalige Stadt lag etwa eine Meile östlich der mittelalterlichen Stadtanlage (FIEY, Élam, S. 149). Zu Abrahams Nachfolger Ādōršābūr vgl. ep 54,1–8 sowie 21,13 und 22,20. 4 Das heutige Ṣuštar am Fluss Karun. Zu Ṣūšterīn grundlegend FIEY, Élam, S. 134– 140. 5 Gemeint ist also: Es gab niemanden, der den Titel »Bischof« führte. 6 Vgl. zu dem »Vervollkommnung« (¿ÚáãÎý) genannten Bestätigungsritus auch ep 46,1; 52,7 sowie ferner auch ep 49,6 mit HEIMGARTNER, CSCO 645, S. 79 Anm. 405 zur Stelle. BRAUN (Versio, S. 48 Anm. 3) weist darauf hin, dass ASSEMANI ein Formular dieses Ritus in BOCV 3/2, S. 702–704 ediert und mit lateinischer Übersetzung versehen hat, ebenso auf eine verlorene Schrift des Timotheos, in der sich dieser gegen Bar Ṣaumā wendet, der die Bestätigung durch den Patriarchen als Machtgebaren desselben abgelehnt habe, vgl. den Bericht von Ibn aṭ-Ṭayyib (HOENERBACH/SPIES, Fiqh, Bd. 2, arabischer Text S. 125, deutsche Übersetzung S. 127).

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Šūšterīn erfahren hatten, die in der Königsstadt7 sind, verboten wir ihm brieflich jeglichen Dienst im kirchlichen Rang, den er innehat als einer, der sich in schamlosem Angriff erfrecht hat gegen die göttliche Versammlung der Dreihundertachtzehn8 und gegen alle Synodalversammlungen nach dieser, welche verbieten und verhindern, dass ein Bischof von Hyparchie zu Hyparchie sowie ferner von Thron zu Thron wechselt.9 7 [Gleichzeitig] damit haben wir auch alle Weihen für ungültig erklärt, die von ihm in unziemlicher Weise vollzogen wurden. 8 Und als er zu uns in die Königsstadt kam, liess er von seinem unmässigen und gesetzeswidrigen Begehren nicht ab, sondern nahm Zuflucht bald bei Rabbān Mose, bald bei unserem Bruder Stefan von Damaskus, bald bei Rabbān Bōktīšō‘, bald bei unserem Bruder Gabriel, sie sollten 〈ihm〉10 helfen, dass wir ihm die Erlaubnis geben würden, Gāi zu verlassen und Šūšterīn zu erhalten. 9 Ich aber liess mich mit der himmlischen Hilfe, welche die Kirche in ehrwürdiger Weise hält und verwaltet, weder von Ehrengeschenken noch von Überredungsversuchen irgendwelcher Leute gewinnen; ich dachte somit, dass »man Gott mehr als den Menschen gehorchen muss« (Apg 5,29). 10 Als er nämlich meine unbewegte Gesinnung sah und meines unerschütterlichen Denkens gewahr wurde, da entschied er, setzte fest und beschloss: |77| »Ich verlange weder nach Gāi noch nach Šūšterīn«, sagte er, »sondern ich kehre in meine Zelle, in mein Kloster zurück.« 11 Ich aber sagte zu ihm: »Du hast nicht länger das Recht, dies zu tun gemäss der Würde11 und dem Rang, den du empfangen hast!« 12 Und ich setzte Folgendes durch Gottes Rede fest: dass es ausserhalb des Stuhles von Gāi, für den 7 Wörtlich »Stadt des Königtums« (ÀÎÞáã ĀçÙËã), wie hier zur Bezeichnung von Bagdad auch in 3,8; 4 inscr; 6,10; 10 inscr; 12 inscr; 13,7.10.13.21; 25,5.6.13; 41 inscr; 42,2,7; 46 inscr, ferner in 41,7,18 zur Bezeichnung von Konstantinopel. Vgl. ferner in ep 35 einmalÀÎÞáãĀçÙËã(35,2,21) und zweimal¿ÞáãĀçÙËã(35,2,21.22). 8 Zu dieser Bezeichnung der Synode von Nizäa vgl. auch ep 1,7,8.10; 9,6; 12,13; 41,7,18; 41,8,10; 47,35. 9 Im Syrischen mit doppelter Verneinung: »…welche verbieten und verhindern, dass ein Bischof nicht von Hyparchie zu Hyparchie noch ferner von Thron zu Thron wechseln soll.« — Der Wechsel von einem Bischofssitz zu einem anderen wird verboten auf der Synode von Nizäa, Kanon 15 (syrischer Text bei SCHULTHESS, Kanones, S. 24), danach auf der Synode von Ābā I., Kanon 13 (Braun, Synhados, S. 139f; Chabot, Synodicon, S. 547/ 557), auf der Synode des Joseph, Kanon 5 (BRAUN, Synhados, S. 152; CHABOT, Synodicon, S. 100/357f) sowie der Synode des Ezechiel, Kanon 24 (BRAUN, Synhados, S. 183; CHABOT, Synodicon, S. 124/383). Zum Verbot der Ordination in fremdem Gebiet vgl. auch Synode des Joseph, Kanon 3 (BRAUN, Synhados, S. 151; CHABOT, Synodicon, S. 99/357). Zur Sache vgl. SELB, Kirchenrecht, Bd. 1, S. 133f. 10 Ergänzung der Elias-Redaktion; Lücke in den Handschriften VWLM. 11 Syrisch aksīyōmā, vgl. gr. ἀξίωμα.

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er gesalbt wurde, ihm nicht gestattet ist, in irgendeinem kirchlichen Rang zu dienen.12 Und so trennte er sich von mir in diesem Sinne. 13 Für welchen Ort sollte er also von uns die Erlaubnis, seinen Rang ausüben zu dürfen, erhalten haben, wo er sich doch von uns trennte, [als er] unter dem im Namen der göttlichen Rede [erlassenen] Verbot [stand]13? 14 Und auch wenn es so ist, dass wir ihm die Souveränität14 gegeben haben, wie er es selbst bekanntgegeben hat und die Mönche es dir gesagt haben, so haben wir ihm [nur] die Bevollmächtigung gegeben, das Bischofsamt in Gāi auszuüben und nicht im Neuen Kloster15 und an anderen Orten. 15 Wenn also Abraham, als er sich von uns trennte, unter dem Bann war und [wenn,] wer unter dem Bann ist, keine Weihen vornehmen darf, dann durfte also Abraham keine Weihe vornehmen. Denn wir haben seine Bevollmächtigung für Gāi festgesetzt, aber nicht für ausserhalb von Gāi. 16 Führe also alle, die von ihm 〈gesalbt wurden〉16, erneut vor den Altar und sprich gemäss der Gewohnheit den ersten Kanon und rezitiere über sie alle Gebete und bezeichne sie zur Priesterschaft oder zum Diakonentum mit dem Zeichen des Leben spendenden Kreuzes im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Denn alles, was von Exkommunizierten vollzogen wird, ist ungültig. 17 Denn seine Übertretungen sind zwei: Die eine ist, dass er sich erfrechte, in einem Jurisdiktionsbereich, der nicht der seine ist, zu weihen. Die andere ist, dass er sich erfrechte zu weihen, nachdem er exkommuniziert worden war. 18 Er hat sich nämlich nicht mit der Absicht von mir getrennt, dass er nach Gāi gehen würde, sondern er sagte: »Nicht nach Gāi gehe ich noch nach Šūšterīn, sondern |78| in meine Zelle, in mein Kloster.« 19 Und dann exkommunizierte ich ihn, dass es ihm in keinem der kirchlichen Ränge zu dienen erlaubt sein soll, den er ausserhalb von Gāi hat. 20 Nach Gāi ging er nun, nachdem 12 Vgl. zu 3,12 und 3,19 auch die ähnliche Formulierung in ep 13,19. Hier wie dort besteht wohl ein Zusammenhang mit dem Mangel an Amtsträgern in Elam (vgl. ep 52,1– 5). 13 Im Syrischen kürzer formuliert: »wo er sich doch im Verbot durch die göttliche Rede von uns trennte?« Zu im Namen Gottes erlassenen Verboten vgl. auch etwa ep 10,3.4.5. 14 Syrisch āwtenṭīya, vgl. gr. αὐθεντία, vgl. auch ep 22,3; 25,4; 34,7,23; 41,7,20. Unten in 3,15 verwendet Timotheos das genuin syrische ÍçÔàÎý statt des Lehnwortes ¿ÚÔæ{s. 15 Zum Neuen Kloster bei Bēlāpāṭ vgl. FIEY, Élam, S. 248. — Abraham scheint also selbst im Jurisdiktionsbereich des Metropoliten Sergios Amtshandlungen durchgeführt zu haben. 16 Die Konjektur mit BRAUN (Textus, S. 77 Anm. 1). Statt »gesalbt wurden« (ÎÑþãs) lesen die Handschriften »geschwärzt wurden« (ÎäÐĀýs). Es sind dieselben Konsonanten in anderer Reihenfolge.

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er gehört hatte, dass für Elam ein Metropolit geweiht worden war.17 21 Dass er nach Gāi ging, hat er gut gemacht. Dass er sich aber erfrechte, als Exkommunizierter und in einem Jurisdiktionsbereich, der nicht der seine ist, zu weihen, hat er töricht getan, und er ist der Exkommunikation 5 würdig, und was er getan hat, [ist] gemäss der kirchlichen Kanones der Absetzung [würdig]. 22 Diese [Dinge] waren so, sind [so] und werden [so] sein. 23 Deine Ehrwürdigkeit soll im Sinne der Bevollmächtigung gemäss dem Willen des Geistes, der in dir [ist], das tun, was, wie du weisst, seinem Willen gefällt.18 Er stärke dich und uns, seinen Willen zu vollbringen! 10 Amen. 24 Lebe wohl im Herrn und bete für uns! 25 Schicke uns das Buch von Gregor von Nyssa19 und das von Euseb für Origenes!20 1

17 Damit ist offensichtlich die erst kurz zuvor erfolgte Weihe des Sergios zum Metropoliten von Elam gemeint. 18 Brief 54,1–8 zeigt, dass Sergios daraufhin Ādōršābūr zum Bischof von Gāi geweiht und Timotheos gebeten hat, den Leuten von Gāi dementsprechend die definitive Absetzung und Exkommunikation von Abraham mitzuteilen (ep 54,8). Timotheos hat dies getan, erkundigt sich aber nach dem Verbleib der Schreiben, weil er in dieser Angelegenheit nichts mehr gehört hat (ep 21,13 und 22,20). 19 Offenbar ist damit die »Rede des heiligen Gregor von Nyssa zum Begräbnis seiner Schwester Makrina« gemeint, nach der er bereits in ep 39,50 suchen liess. Hier erscheint sie neu in Kombination mit Eusebs Schrift für Origenes. Diese beiden Schriften werden erneut in 13,31–33 genannt. Dort präzisiert Timotheos seine Angaben zum »Buch des Euseb für Origenes«. — Ferner erwähnt Timotheos Gregor von Nyssa zusammen mit Gregor von Nazianz, Diodor, Meletius und Amphilochios von Ikonion als Teilnehmer der »Synode der Hundertfünfzig« (ep 42,7,13). Schliesslich ist in ep 41,10,8 die »Schar der drei Gregors« (syrisch wörtlich: »Haus der drei Gregors«) genannt. Gemeint sind damit Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa und Gregor der Thaumaturg (vgl. BERTI, Vita, S. 332 und 336f sowie 383, ebenso HAINTHALER, Christus, S. 205). 20 Timotheos bittet Sergios in Brief 13,31 erneut um deren Zusendung. Dort berichtet er, dass bereits Sergios’ Vorgänger Ephraem die Apologie des Euseb für Origenes zu schicken versprochen habe, dann aber gestorben sei, bevor er das Versprechen eingelöst hatte (ep 13,31f). In Brief 47,33f erscheint die Apologie schliesslich neu kombiniert mit der Bitte um die Mēmrē von Ābā und Narsai (47,34). Daraufhin scheint Sergios die Apologie zugestellt zu haben, denn in Brief 54,11 bittet Timotheos nur noch um die Mēmrē des Narsai.

BRIEF 41 1

Von demselben an die Elamiter.

Timotheos der Fremdling2 durch die Liebe Gottes, der uns lebendig macht (vgl. Tit 2,13 ो)3, Diener und Bediensteter des Patriarchenthrons in der Königsstadt4, an die Priester und Gläubigen, die zur Bürgerschaft5 von 5 Elam gehören. Friede des Herrn, des Allherrn! 1 Wenn man Krankheiten hat6, ihr Männer, bewirkt das auch, dass man Oberärzte7 hat, und wenn man wiederum Oberärzte hat, bewirkt dies auch, dass man Krankheiten und Kranke hat. 2 Und wenn es an Krankheiten mangelt, bewirkt dies auch, dass es an Oberärzten mangelt, und wenn es an 10 Oberärzten mangelt, bewirkt dies wiederum auch, dass es an Krankheiten mangelt. 3 Von diesen »In-Bezug-auf-etwas« her geben wir nämlich [all] das an, was zu den Krankheiten und zum Gesundsein gehört, [und 1 Italienische Teilübersetzungen von Brief 4 bei BERTI, Vita, S. 248 (4,1–3), S. 251 (4,6 Ausschnitt), S. 253 (4,8) und S. 244 (4,26–31). 2 Syrisch aksenāyā, vgl. gr. ξένος. 3 Die Stelle ebenfalls in der Inscriptio der Briefe 17 sowie 34 und 41, in ep 34 auch im Schlussatz des Briefes 34,8,12 sowie vollständig zitiert in 34,2,79, vgl. ferner auch ep 36,1,75; 41,6,33; 44,3. 4 Zum Begriff und zu Parallelstellen vgl. oben S. 4 Anm. 7 zu ep 3,6. 5 Im Syrischen pūlūṭīyā (oder pūlīṭīyā), vgl. gr. πολιτεία. Der Begriff begegnet auch in ep 6,10 und 41,8,16. 6 Im Syrischen substantivische Formulierung: »Der Besitz von Krankheiten…«. BRAUN (Versio, S. 50) verweist auf den griechischen Begriff ἕξις. Im Text steht zwar das genuin syrische SubstantivÀÎÚçù, doch Timotheos spielt hier wohl auf das aristotelische Begriffspaar von Besitz (ἕξις) und Mangel (στέρησις) in Kat 10 (11b,18.22 und 12a,26–12b,5) an. Das WortÀ{ÏÚáÅals syrisches Pendant zu στέρησις verwendet Timotheos auch etwa in ep 8,10. — BERTI (Vita, S. 248) wechselt in seiner Übersetzung bei der Wiedergabe von ÀÎÚçùetwas freier zwischen »stato« und »valore«: »Lo stato delle malattie, o uomini, dipende del tutto dallo stato degli archiatri, e il valore degli archiatri dipende dal valore delle malattie e dei malati.« 7 Im Syrischen arkīyātrā (hier der Plural arkīyātre), vgl. gr. ἀρχιατρός. Angesichts der bedeutenden Ärztedynastien und der berühmten Medizinschule von Gundešapur (= Bēt Lāpāṭ) passt das Beispiel der Oberärzte ausgezeichnet zu einem Text, der sich an die Elamiter und damit wohl in erster Linie an die Bewohner der Hauptstadt richtet (vgl. dazu ep 5,4). — Die Metapher »Krankheit« begegnet auch in anderen Briefen dieser Epoche, welche sich mit dem Konflikt zwischen Sergios und seiner Metropolie beschäftigen, vgl. unten ep 5,2 und 11,3–7.

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zwar] wie folgt8: Gesundsein ist ein Gesundsein von Krankheiten, und Krankheiten sind Krankheiten vom Gesundsein, denn sie [sind welche, die einander] konstituieren und zugrunde richten9, zusammen mit anderen, welche derart in einer Verwandtschaft10 sind. 〈…〉11 4 Wer |79| in einer solchen Ehe ist, befindet sich in der Gesetzlosigkeit der Magier12, ist fern von den Gesetzen der Christen, untersteht der Verurteilung und ist ein Gesetzesübertreter, sowohl bei uns als auch bei allen synodalen Bestimmungen und Kanones, bis er sich von [all] dem entfernt und zur Reinheit des Christentums zurückkehrt. 5 Wir sagen nicht, was angenehm ist, sondern vielmehr, was eurem Leben hilfreich ist. Wir sind nämlich auch nicht die Herren eures Glaubens, sondern die Helfer für eure Freude, wie das Wort des göttlichen Paulus [lautet] (vgl. 2 Kor 1,23). 6 Um des Christus willen bitten wir: Versöhnt euch mit dem ehrwürdigen Gesetz der Christenheit und entfernt euch zugleich vom Heidentum und von den Gesetzen der Magier des Zarathustra! Denn bei ebendiesem gibt es solche törichten und gesetzeswidrigen Beilager. 7 Ihr aber: Wandelt als »Söhne des Lichts und Söhne des Tages« (1 Thess 5,5)13 in den ruhmreichen Gesetzen der Christenheit, damit ihr mit Christus den Vorrang der Ehre, des Sitzes und des hellen Glanzes der grossen Herrlichkeit und der Tugend erwerben und erlangen könnt! 8 Die Leute sollen von euch nicht sagen, was sie gesagt haben: »Von jetzt an und fortan machen wir das nicht [mehr], sondern [all] das, was zuvor getan wurde, soll gänzlich ohne Veränderung und ohne Wechsel geschehen.« 9 Warum denn und weswegen sollten wir, wenn es gut ist, warum [also] sollten wir es den anderen gewähren, uns selbst es jedoch versagen und in unseren Zeiten und unseren Tagen zurückweisen, aber den zukünftigen Zeiten und den folgenden Generationen zuteilen? 10 Es ziemt sich nämlich, dass eher wir als Erste statt der anderen davon Genuss haben. 11 Wenn es aber nicht gut, sondern 8 BRAUN (Versio, S. 50) übersetzt: »Quomodo?« (vgl. dazu oben in der Einleitung S. XXXV). Ihm folgt BERTI (Vita, S. 248). 9 Zur Krankheit als »Vernichterin und Auflöserin des Bestandes des Körpers« vgl. unten ep 11,5. 10 Zur Systematisierung von relationalen Begriffen vgl. Michael Bādōqā, Erklärung 19, sowie Silvanos von Qardu, Anhang 2,26 zu Theodor Bar Koni, Scholien. 11 Mit BRAUN (Versio, S. 50 Anm. 7) ist anzunehmen, dass hier ein Satz ungefähr folgenden Inhalts ausgefallen ist: »Und zu den zugrunde richtenden Dingen gehört die Ehe mit zwei Schwestern.« (»Inter res destruentes numerandum est et matrimonium cum duabus sororibus.«) Dieses Thema greift Timotheos auch in den Briefen 9 und 12 auf. 12 Das heisst, der Zarathustrier, vgl. gleich im Folgenden ep 4,6. 13 Vgl. auch »Kinder des Lichts« in Lk 16,8; Joh 12,36; Eph 5,8.

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schlecht ist und für ein solches gehalten wird, dann müssen wir ebenso wie auch die anderen es zurückweisen. 12 Nicht wahr, du Bewundernswerter, [es ist doch so] bei den Dinaren und Perlen: Wenn sie von einem nach dem Gesetz |80| menschenfreundlichen Mann verteilt würden, wolltest du doch nicht der Letzte oder ein Späterer, sondern vielmehr der Erste von denjenigen sein, welche sie erhalten, und früher als alle würdest du eine derartige vorzügliche Gabe an dich reissen, deren Besitz dir nur bis zum Grab nützt und dich oftmals nicht einmal bis zur Pforte des Grabes begleitet, sondern dir bald durch die Tyrannei14 und Unterdrückung von Seiten der Regierenden, bald von Räubern entrissen und erbeutet wird und sich oftmals auch als Ursache des Todes seiner Besitzer erweist. 13 Das Gutsein der Reinheit und der Heiligkeit, welches umsonst und kostenlos gegeben und genommen wird wie die Sonnenstrahlen oder der lebendigmachende Atem, das Gutsein der Heiligkeit also, dessen Besitz nicht für eine kurze Zeit und für dieses Leben, sondern vielmehr für alle Ewigkeit nützlich und erforderlich ist, dieses Gutsein, ohne das und in Ermangelung dessen wir auch weder entstehen noch bestehen können, das nach dem Gesetz der Menschenliebe von Gott seinem Gleichbild gegeben wurde, eine so grosse und derart vorzügliche, ja noch mehr darüber hinausgehende Gabe: die überlässt du anderen und schenkst sie zukünftigen Zeiten und Generationen, die Gott erschafft, dir selbst aber versagst du es und enthältst es dir vor! 14 Wer sollte sich selbst so hassen und gegen die eigene Person Unrecht tun? Nicht so, nicht so soll mit dir geschehen! 15 Wenn du dich also überzeugen lässt und von mir einen Rat annimmst, [von] dem, welcher der törichtste15 und am wenigsten weise Mann von allen ist, du weisester und klügster von allen — denn was für einen Gewinn sollte ein Mensch haben, wenn er die ganze Welt erwerben würde, aber seiner Seele verlustig gehen und sie verlieren würde16 —: Tausche nicht den Gewinn deiner Seele gegen die ganze Welt ein! Denn obwohl der Rat von mir gesagt wurde, stammt er nicht von mir, sondern vom allgemeinen Erlöser. 16 Reisse die Erlösung an dich! Eile schnell, die Flügel der Erlösung zu erwerben! Verachte alles |81| Gegenwärtige! 17 Erwirb dir nur das Eine anstelle eines jeden [Anderen]17! 18 Nichts soll von dir höher geschätzt werden als die Erlösung deiner Seele! Die Blüte vergeht 14 Syrisch ṭrūnūtā, vgl. gr. τυραννίς. — Vgl. dazu auch den »Tyrann von Persien« in ep 47,35 und die Bezeichnung »Tyrann« für Abraham von Gāi in ep 22,20. 15 Syrisch hedyōṭā, vgl. gr. ἰδιώτης. 16 Vgl. Mt 16,26. 17 Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 51.

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und löst sich auf.18 19 Erwirb du zuerst das Gute und schenke dann dessen Besitz den anderen! 20 Sei ein vorzügliches Urbild in der Busse, wie du es auch im Gegenteil warst. 21 Führe nicht die Welt irre und lass dich nicht von ihr irreführen! Denn so hat sie viele irregeführt. 22 Aber die vorzüglichen Leute haben sie irregeführt und sie durch die Armen ins Himmelreich geschickt.19 23 Tue auch du so, wenn du mir gehorchst! 24 Ich freue mich nämlich mehr über deinen göttlichen Reichtum als über den menschlichen, und ich will, dass du als Reiner in reiner Weise bestehen bleibst vor dem Richterstuhl des Christus20, wie es sich für jene ziemt, die Gottessöhne heissen. 25 Diese [Dinge] sind lang aufgrund der Disposition des Briefes, ganz ausserordentlich kurz21 aufgrund des Verlangens meines Sinns und aufgrund all dessen, was die Natur der Dinge erfordert, die Gegenstand der Rede sind. Soviel dazu. 26 Ihr habt bei euch einen Cheruben22, der [vom Geist] gesalbt ist und [euch] überschattet, ich meine den Ehrwürdigen Gottes, unseren Bruder Mār Sergios, den Bischof [und] Metropoliten, den gelehrten, wissensreichen, gerechten, keuschen, vorzüglichen Mann, der auf Erden ein himmlisches und göttliches Abbild ist. 27 Tretet nahe zu ihm hin, erhellt euch [an ihm], und »eure Gesichter sollen nicht zuschanden werden« (vgl. Ps 34,6), und alles, was er euch sagt, bewahrt es und tut es, und es soll nicht in euren Augen verschmäht und verachtet werden. 28 Denn er ist lobenswert in [allem] Sichtbaren und ein noch höherer, vorzüglicherer und grösserer Mann in [allem geistig] Erkennbaren. 29 Kostbar ist sein offenbarer und sichtbarer Mensch, noch kostbarer und rühmenswerter23 ist sein verborgener innerer Mensch. 30 Angenehm ist seine Rede und 18

Vgl. 1 Petr 1,24f = Jes 40,6-8 sowie Ps 90,5-6 und Jak 1,10f. Auch BRAUN (Versio, S. 51) signalisiert bei diesem Satz mit einem »(?)« sein Unverständnis. Bei der zweiten Satzhälfte möchte man an Mt 19,21.23 (vgl. auch Mk 10,21.23 und Lk 18,22.24) denken. 20 Vgl. Röm 14,10 und 2 Kor 5,10. 21 Im Syrischen mit dreifacher figura etymologica, nachgeahmt etwa »ausserordentlich kurz in ausserordentlicher Ausserordentlichkeit«. 22 Die Bezeichnung von Sergios als gesalbter überschattender Cherub auch unten in ep 12,7 sowie in ep 45,1. Vgl. zum überschattenden Cheruben Ez 28,14.16, ferner auch Lk 1,35: »Die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.« In meiner Übersetzung von Brief 45 habe ich das zweideutige PartizipâÔãirrtümlich als Passivform gedeutet (HEIMGARTNER, CSCO 645, S. 58: »der… überschattet ist«), weil ich den Bezug zur Vorstellung vom beschirmenden Cheruben in Ez 28,14.16 noch nicht erkannt hatte. — BRAUN übersetztÒÚþãhier mit »qui strenuus est« (Versio, S. 52), unten in 12,7 jedoch mit »unctus« (Versio, S. 68). Hier in 4,26 folgt ihm BERTI (Vita, S. 244: »che è audace«). 23 BRAUN übersetzt sogar mit drei Adjektiven: »multo sublimior, pretiosior et praeclarior« (Versio, S. 52) 19

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sein Wort, wie ihr es hört, und noch viel angenehmer und köstlicher ist sein verborgenes Gebet für Gottes Ohren. Es gibt nämlich kein Vermittelndes zwischen seinem Gebet und Gottes Ohren. 31 Ehrt ihn mit Worten und Taten! 32 »Ich bitte euch bei der Barmherzigkeit |82| Gottes, dass ihr eure Leiber als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer in vernünftigem [Gottes-]Dienst hinstellt, und macht euch nicht dieser Welt gleich, sondern verwandelt euch durch die Erneuerung eures Sinnes24, damit ihr unterscheiden könnt, was Gottes Wille ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene« (Röm 12,1f), damit ihr des Reiches würdig werdet, um dessentwillen ihr leidet. 33 Denn obwohl die Bedrängnis dieser Zeit kurz und gering ist, bereitet sie uns grosse Herrlichkeit ohne Ende25 in alle Ewigkeit, die wir uns nicht an den sichtbaren [Dingen], sondern an den unsichtbaren [Dingen] erfreuen26 — »denn die sichtbaren gehören der Zeit an, die unsichtbaren aber der Ewigkeit« (2 Kor 4,18), an denen sich zu erfreuen euch zuteil werden wird durch die Gnade und das Erbarmen unseres Herrn Jesus Christus, durch den und mit dem alle Herrlichkeit, Macht, Ehre und Erhabenheit dem Vater27 und dem heiligen Geist [zuteil ist], und über seiner Kirche [sei] sein Erbarmen und seine Gnade in alle Ewigkeit. 34 Brüder28, betet für uns! 35 »Unser Herr ist nahe« (Phil 4,5) und kommt »auf den Wolken des Himmels mit der grossen Kraft und Herrlichkeit seiner Engel« (Mt 24,30 par Mk 13,26 und Lk 21,27, vgl. Dan 7,1329). 36 Ort und Stelle soll niemanden hochmütig machen! Denn einer allein ist der König der Könige und der Herr der Herren, Gott, der alles hält.30

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Im Syrischen Plural. Vgl. 2 Kor 4,17, ferner auch Röm 8,18. 26 Vgl. 2 Kor 4,18. 27 Der Schreiber von C hat hier ein formelhaftes, aber sinnwidriges »und dem Sohn« ergänzt, das schon BRAUN (Versio, S. 52 Anm. 3) aus dem Text seines Hauptzeugen getilgt hat. 28 Syrisch wörtlich: »unsere Brüder«. Zur Bildung des Vokativs mit dem Possessivpronomen der 1. Person siehe HEIMGARTNER, CSCO 662, S. 107 Anm. 542. 29 Der Genitiv »seiner Engel« stammt aus dem folgenden Vers und ist dort syntaktisch anders eingegliedert (»Und er wird seine Engel aussenden…«). Vgl. aber auch Mt 16,27. Das Zitat auch in ep 34,5,24. 30 Vgl. Dtn 10,17 sowie ferner auch 1 Tim 6,15 und disp 13,79: »Gott, der König aller Könige und Herr aller Herren ist«, sowie dazu HEIMGARTNER, CSCO 632, S. 67 Anm. 209 und S. 12 Anm. 53. 25

BRIEF 51 1

Von demselben an Sergios, Metropolit von Elam. An Gottes Ehrwürdigen, unseren Bruder Mār Sergios, Bischof, Metropolit von Elam. Timotheos der Sünder verehrt und grüsst deine Liebenswürdigkeit.

1 Weder die Wettkämpfer, welche Wettkämpfe machen2, noch diejenigen, die Kämpfe in Schlachten führen, noch diejenigen, die die Schiffe durch die Meere steuern, noch diejenigen, die in den Stadien laufen, können ohne grosse Mühsal und Anstrengung den Kranz erlangen, den Sieg erringen3 oder sich selbst und die anderen in Sicherheit bringen.4 10 Ohne grosse Mühsal und Anstrengung |83| können weder die Wettkämpfer, welche Wettkämpfe machen, noch diejenigen, die Kämpfe in Schlachten führen, noch diejenigen, die die Schiffe durch die Meere steuern, noch jene, die in den Stadien laufen, den Kranz erlangen beziehungsweise den Sieg erringen oder sich selbst und die anderen in Sicherheit bringen. 15 2 Ebenso können auch bei den Ärzten des Körpers und des Geistes nicht ohne grosse Mühsale und Schweiss die einen von körperlichen Krankheiten, die anderen von denen des Geistes befreien, und noch viel schwieriger ist es, vom Untergehen und Zugrundegehen der Seele in all dem 5

1 Italienische Teilübersetzungen von Brief 5 bei BERTI, Vita, S. 263 (5,11) und S. 236 (5,12). 2 Im Syrischen mit epexegetischem{formuliert (wörtlich »diejenigen, welche Wettkämpfe machen, und die Wettkämpfer«), vgl. dazu auch HEIMGARTNER, CSCO 632, S. XLVII mit Anm. 221 (mit Beispielen). 3 Vgl. 1 Kor 9,24 und 2 Tim 2,4. 4 Im Syrischen wörtlich: »… können ohne grosse Mühsal und Anstrengung die einen den Kranz erlangen, die anderen den Sieg erringen, die anderen sich selbst und die anderen in Sicherheit bringen.« Dabei stehen vier vorweggenommenen Subjekten (mit zweima> ligemèÚáÙ¾ćàund zweimaligem…ÎæÍànebeneinandergestellt) drei Gruppen von Aus> … èÙx …ÎæÍà > … üÚÅ èã > > …ÎæÍà sagesätzen gegenüber, welche mit èÙx …ÎæÍà koordiniert werden. Vielleicht ist ein vierter Aussagesatz ausgefallen (etwa: »den Preis gewinnen«), der sich auf »diejeniegen, die in den Stadien laufen« bezog. Grund dafür mag gewesen sein, dass der dritte Satzteil zwei Verben enthält (ÎÂ|Îþäà{ ÎÂ|{Āþäà ? ¿æÌоćà, »sich selbst in Sicherheit bringen und die anderen in Sicherheit bringen«). Möglicherweise bezieht Timotheos aber auch den ersten Aussagesatz (»den Kranz erlangen«) auf die erste und die vierte Gruppe. Daher verzichte ich auf eine Ergänzung und belasse die holperige verschachtelte Formulierung des Syrischen. Die Auslassung könnte auch durch Diktieren entstanden sein (Hinweis von Michael Kohlbacher per E-Mail).

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M. HEIMGARTNER

zu befreien.5 3 So [ist es] auch bei dir, du Ehrwürdiger Gottes: Der Wettkampf ist ebenso mühselig und schwierig. Aber denk daran, dass es auch einen Kranz dafür gibt. Denn »wenn du Kostbares, fern von Geringem, hervorbringst, wirst du wie mein Mund sein, spricht der Herr« (Jer 15,19f LXX). 4 Wir haben also den Elamitern geschrieben, was sie [beachten] müssen. Lies ihnen unseren Brief 6 vor und weise sie an und ermahne sie, dass sie sich nicht davon abwenden7, [wie er] wörtlich [vorgelesen wird]8, sondern bis zu seinem Ende und seinem Schluss ausharren. Denn der hintere Teil des Schreibens spricht an seinem Ende Weisheit. 5 Du aber lehre beständig, berichtige, ermahne, widerlege, tröste, ermutige, treibe an, bestätige die Hoffnung auf Busse. 6 Sei ein Feuer gegen die Sünde und wie ein Eisen, das den Fels spaltet! 7 Deine Worte seien mit Weisheit und Güte gewürzt! 8 Zeige vor allen ein schönes Beispiel an dir selbst! 9 Sei der Inbegriff9 der Tugenden für alle, die dich sehen, damit unser Vater durch dich und um deinetwillen verherrlicht wird. 10 Kümmere dich mit deiner ganzen Seele um die Schule! Denn denk daran, dass sie für die Kirche Kinder gebiert und aufzieht! 11 Kümmere dich um die Ausbildung unseres Bruders Kūmānšāh10 und lehre ihn mehr als alles die Gottesfurcht und unterweise ihn in den Schriften und in den lobenswerten Lehren. 12 Unseren Brüdern Ḥenānīšō‘ und Īšō‘sabran11 haben wir erneut geschrieben, und dies[mal] gemäss dem Kanon von Gottes Rede.12 Denn zusätzlich dazu, 5 Zur Metapher »Krankheit« im Konflikt zwischen Sergios und seiner Metropolie vgl. auch ep 4,1–3 und 11,3–7. 6 Damit ist offensichtlich Brief 4 gemeint. — Vgl. dazu auch die entsprechende Notiz in ep 11,13. 7 Textzeuge B bietet…{Ëóæ(»abirren«), und so übersetzt auch BRAUN (Versio, S. 53: »declinent«). Die übrigen Textzeugen lesen einhellig…{üóæ(vonüóæ, »sich abwenden«; denkbar wäre auch die Herleitung vonüò, »fliehen«). 8 Im Syrischen kürzer formuliert: »dass sie sich nicht von seinem äusserlichen Hören abwenden«. 9 Im Syrischen¿çùÎÙŽ, »Urbild«, »Archetyp«. 10 Offenbar eine alternative Schreibweise für Ḥūmānšāh (vgl. ep 6,15; 7,9; 11,9; 13,37; 30,2; 31,7), vgl. dazu BERTI (Vita, S. 223 Anm. 660). Vgl. ferner zum Wechsel von Kappa und Chi auch ep 47,11. 11 Vgl. zu Ḥenānīšō‘ und Īšō‘sabran auch ep 6,10–14 (dort zusammen mit Īšō‘raḥmeh). Möglicherweise steht die Erwähnung von Ḥenānīšō‘ und Sabrīšō‘ in ep 13,27 im selben Kontext (eventuell handelt es sich gar um eine Namensverwechslung von Sabrīšō‘ und Īšō‘sabran). Zu unterscheiden sind hingegen wohl Bischof Ḥenānīšō‘ von Sarbāzyā (ep 13,5– 22) und der Lehrer Īšō‘sabran aus dem Kloster von Mār Abraham in Mossul (ep 21,15–20; 22,14f; 24,12). Ferner ist in ep 50,7f Patriarch Ḥenānīšō‘ II. erwähnt, in ep 1,8,8–12.23 wird Patriarch Ḥenānīšō‘ I. genannt und zitiert. 12 Zu dieser Formulierung vgl. auch ep 13,26 und 53,7.

BRIEF 5

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dass es ihnen nicht gefällt zu kommen, haben die Aṭoräer eine hohe Meinung von ihnen.13 13 Lebe wohl in unserem Herrn und bete für uns! 14 Unser Gruss soll in Verehrung dem verehrten und grossen Mardānšāh14, |84| dem Gläubigen und Vorsteher der Gläubigen des Erdkreises, und allen 5 Gläubigen entboten werden. 1

13 BRAUN (Versio, S. 53 Anm. 6) konjiziert èÚþÃÐ (»einschliessen«) statt èÚÃþÐ (»meinen«), ist sich dabei aber offenbar doch unsicher, wenn er mit Fragezeichen übersetzt: »eos includunt (?)«. Ihm folgt Berti, der èÚþÃÐ als »zurückhalten« interpretiert (Vita, S. 236: »trattengono«). 14 Vgl. zu ihm auch ep 6,17; 7,8; 11,15; 13,36 und 44,19 sowie ferner BERTI, Vita, S. 60.

BRIEF 61 1

Von demselben an Sergios, Metropolit von Bēt Lāpāṭ.2 An unseren Bruder und Mitdiener, den ehrwürdigen Mār Sergios, Bischof, Metropolit von Elam. Timotheos grüsst deine Ehrwürdigkeit und bittet um dein Gebet.

1 Ich habe die Schreiben deiner Ehrwürdigkeit mit Geistessehnsucht empfangen. 2 Wie die dürstende und ausgetrocknete Erde3 nach Wasser verlangt, so wartete auch mein Sinn voller Sehnsucht auf irgendeinen klaren Bericht von den Ereignissen bei euch. 3 Denn weil die sterbliche Natur empfänglich für Widerfahrnisse ist und bald von diesen, bald von jenen 10 getroffen und ergriffen wird, deshalb leide und empfinde ich beständig Schmerz um euretwegen als um solche, die mit derselben Natur bekleidet und bedeckt sind. 4 Denn ich sann und dachte nach, ob sie [= die sterbliche Natur] unversehrt von beschwerlichen Widerfahrnissen sei. 5 Und deshalb betrachteten und erwarteten die Augen meines Sinnes sehnsüch15 tig4 euren5 Briefwechsel. 6 Und als ich ihn las, über den Zeilen seiner 5

Italienische Teilübersetzungen von Brief 6 bei BERTI, Vita, S. 263 (6,15) und S. 235 (6,10–14). 2 Die einzige Stelle, wo Metropolit Sergios nicht nach der Provinz (»Metropolit von Elam«), sondern nach der Hauptstadt benannt wird. Dabei verwendet die Briefüberschrift hier die Langform Bēt Lāpāṭ, während sonst praktisch durchgehend die kontrahierte Form Bēlāpāṭ begegnet, so in ep 7,3; inscr 10; 10,4; 12,6 und 45,5 (meine Übersetzung in CSCO 645, S. 59, verwendet allerdings die unkontrahierte Form Bēt Lāpāṭ). — Zu Bēt Lāpāṭ (Bēlāpāṭ = Gundešāpūr) grundlegend Fiey, Élam, S. 227–267). Die Ruinen befinden sich beim Dorf Šāhābād, etwa zehn Kilometer südöstlich von Dezfūl, vgl. ebenda, S. 228. Bēt Lāpāṭ ist Hauptstadt der Kirchenprovinz Elam (oder Bēt Hūzāyē, so ep 54,12; dazu ebenda, S. 224–227). 3 Vgl. Hi 38,27; Jes 35,7 und 41,18; Ez 19,13. 4 So übersetze ich, ausgehend von der Grundbedeutung von}Îé, gegenüber »cheerfully«, »with alacrity« bei PAYNE SMITH (Dictionary, S. 284 l. Sp.) und »voluntarily« und »willingly« bei SOKOLOFF (Lexicon, S. 788 l. Sp) sowie »cum anxietate« in der Übersetzung von BRAUN (Versio, S. 54). 5 Man beachte den Wechsel von Singular und Plural (»deine« in 6,1; »euch« in 6,2; »euretwegen« in 6,3; »euren« in 6,5; »deiner«, »du« und »dich« in 6,7; »ihr« und »euch« ebenfalls in 6,7; »deines« in 6,8; »euch« und »eurem« in 6,9), welche sich kaum durchgehend auf Sergios als Einzelnen resp. seine Leute als Plural beziehen dürften. Das harte Zusammentreffen von Singular und Plural (»ich«/»wir« und »du«/»ihr«) findet sich auch anderswo, so etwa unten für die 1. Person in 18,5f und 21,17f sowie für die 1

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M. HEIMGARTNER

Verse brütete und mich mit dem Sinn und der Bedeutung seiner Worte vertraut machte, da freute ich mich freilich sehr und pries Gottes Erbarmen überaus. 7 Denn als wäre ich von deiner Ehrwürdigkeit weder [dann] weit entfernt, wenn du zu Meere oder zu Lande deines Weges zögest — wobei dann »du des Tages nicht von der Sonne gestochen wirst und des Nachts nicht vom Mond« (Ps 121,66) bedrängt und belästigt wirst wegen Gottes Sorge und Vorsorge für dich, er, »der seine heiligen Engel über dich befiehlt und [sie] ermahnt, dich auf ihren Händen zu tragen, damit dein Fuss keinesfalls an einen Stein stösst« (Ps 91,11f) — noch [dann], wenn |85| ihr sozusagen wieder in ebendiesen Hafen7 gelangtet, den Sturm8 in Ruhe verwandeltet, das Meereswogen9 in Stille auflöstet und das Meer zu 〈trockenem Land〉10 verwandeltet11, wobei euch dann irgendein Menschenmeer trocken würde, sondern als wäre ich mit dem Sinn wie auch dem Verstand nahe und würde sehen und erkennen, was geschähe, [so] freute auch ich mich am Fest und war erfüllt von Gott und von geisthafter Freude und sah und schaute bildlich den Archetyp, als dessen [Besitz] und um dessentwillen alles sich vollzieht und geschieht. 8 Denn obwohl wir nach der Lektüre deines Schreibens sofort wie in Wirklichkeit in diesen [Geschehnissen] waren, so haben wir aber [bereits] vor dem Lesen deines Schreibens wie in einem Fantasiebild12 an ihnen teilgenommen. 9 Und wir bitten als Sünder und Schwache, dass unser Herr, der in euch gute Taten begonnen hat, eurem Tun auch die vorzügliche Vollendung in lobenswerten Tatsachen schenkt. Denn er ist der Anfang wie auch die Mitte und die Vollendung alles Vorzüglichen. Soviel dazu. 10 Die Brüder, die wir brieflich zu uns bestellten, Ḥenānīšō‘, Īšō‘raḥmeh und Īšō‘sabran13, kamen zwar zu uns in die Königsstadt14, sie haben sich aber überhaupt nicht unterworfen, was zur Folge gehabt hätte15, dass sie 2. Person in disp 9,114: »Was sagst du, o König der Könige: Wenn Eure Majestät irgendein Haus hat, und Ihr wollt es einreissen…« Die allerdings nicht ganz vergleichbare Formulierung »unser siegreicher König sagte mir« findet sich in Varianten passim in der Disputation (vgl. etwa 2,3.7.8; 3,1 u. v. a.), vgl. auch »unser Kampfesgegner sagt mir« in ep 40,3,14. 6 Sehr frei zitiert. 7 Syr. lemīnā, vgl. gr. λιμήν, das Lehnwort auch in ep 21,21. 8 Syr. kīmōnā, vgl. gr. χειμών. 9 Syr. zelā, vgl. gr. ζάλη (vgl. dazu MARGOLIOUTH, Supplement, S. 111 l. Sp.; BRAUN, Versio, S. 54 Anm. 5, gibt σάλος an). 10 Konjektur BRAUN, Textus, S. 85 Anm. 1. 11 Vgl. Ex 14,15–22. 12 Syr. panṭasīyā (oder panṭāsyā), vgl. gr. φαντασία. 13 Zu Ḥenānīšō‘ und Īšō‘sabran vgl. ep 5,12 mit Anm. 11 auf S. 14 zur Stelle. 14 Zum Begriff und zu Parallelstellen vgl. oben S. 4 Anm. 7 zu ep 3,6. 15 Im Deutschen um der sprachlichen Klarheit willen ausführlicher. Im Syrischen nur: »…sodass sie … zurückgekehrt wären«.

BRIEF 6

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zu eurem Herrschaftsbereich16 zurückgekehrt wären. 11 Sie glauben nämlich, dass das Leben eher von der Gegend als von Gott abhängt und mehr von der Luft als vom Schöpfer und Beweger der Luft. 12 Sie haben sich nämlich bald mit [Hinweis auf] ihre Gewänder entschuldigt, bald mit 5 ihrer Unfähigkeit, bald mit [noch] anderem. 13 Īšō‘sabran gab mir das Versprechen, dass er zwar momentan keine Möglichkeit habe zurückzukehren, dass er aber in Bälde erneut zu uns und zu dir zurückkehren wolle. 14 Īšō‘raḥmeh wiederum lehnte das Kloster von Rabban Abraham17 gänzlich ab.18 »Ich bin schwach, krank und gebrechlich, |86| und ich bin 10 nicht genug stark«, sagte er, »für diesen Ort.« So stehen die Dinge jetzt. 15 Kümmere dich um Ḥūmānšāh19 nicht in den körperlichen [Angelegenheiten], sondern in denen des Geistes und des Verstandes! Mache ihn zu einem vollkommenen Mann, sowohl in der theoretischen Betrachtung20 als auch im Handeln. Er ist nämlich dein Diener auf ewig. 16 Wir grüssen 15 Gottes Kirche in Elam. 17 Besonders sei Mardānšāh, dem edlen unter den Edlen und berühmten unter den Berühmten, dem Oberhaupt der Gläubigen des Erdkreises, Verehrung und Gruss entboten. 18 Bleibe wohlauf in unserem Herrn und bete für uns! 1

16 Im Syrischen pūlūṭīyā (oder pūlīṭīyā), vgl. gr. πολιτεία. Der Begriff begegnet auch in ep 4 inscr, ep 12 inscr und ep 41,8,16. 17 Das Kloster wurde auch »Oberes Kloster« (dair al-a‘lā) genannt und befand sich im Norden der Stadt am höchsten Punkt direkt über dem Tigris (RÜCKER, Kloster, S. 186; FIEY, Mossoul, S. 126–132 sowie Plan I im Anhang). Abraham bar Dāšandād, der in der gleich folgenden Briefadresse genannt ist, hatte seine Schule von Margā nach Ninive-Mossul ins Kloster Mār Gabriel verlegt (dazu LABOURT, Timotheo, S. 6, RÜCKER, Kloster, S. 184, und BERTI, Vita, S. 195–200). Vgl. dazu auch die Überschriften zu Brief 15 (»Wiederum von demselben an Sergios, Priester und Lehrer des Klosters unseres Vaters Mār Abraham des Übersetzers.«) und zu Brief 49 (»im Kloster unseres Vaters Mār Abraham des Übersetzers in der Ortschaft Ninive«), ferner ep 49,3: »Als wir damals in der Region Margā waren, damals, als wir zu Füssen des christusbekleideten Mannes — ich meine: vor den Knien des Rabban Mār Abraham — unterwiesen wurden…«. FIEY hat in Zweifel gezogen, ob diese Verlegung tatsächlich stattgefunden hat (Mossoul, S. 127 und 129 Anm. 2 mit weiterer Literatur). — Vgl. auch die kurzen »Kanones der Schule des Oberen Klosters, das unter dem Namen des Mār Gabriel bekannt ist«, erhalten bei Ibn aṭ-Ṭayyib (HOENERBACH/SPIES, Fiqh, Bd. 2, arabischer Text S. 168f; deutsche Übersetzung S. 171). 18 Möglicherweise ist die Formulierung beschädigt. Es könnte gemeint sein: »Īšō‘raḥmeh wiederum lehnte es gänzlich ab, das Kloster von Rabban Abraham [zu verlassen].« So interpretiert BERTI die Stelle (Vita, S. 235f: »Išō‘raḥmeh invece non lascerà il monastero di Rabban Abramo«). 19 Vgl. zu ihm 7,9; 11,9; 13,37; 30,2; 31,7 sowie ep 5,11, dort mit alternativer Schreibweise Kūmānšāh (vgl. dazu oben S. 14 Anm. 10 zu 5,11). 20 Im Syrischen tē’ōrīyā, vgl. gr. θεωρία.

BRIEF 7 1

Von demselben an Sergios1. An unseren ehrwürdigen Bruder Mār Sergios, Bischof, Metropolit von Elam. Timotheos der Sünder grüsst deine Liebenswürdigkeit.

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1 Jedesmal, wenn mir ein Bote für einen Briefwechsel zur Verfügung steht, schreibe ich deiner Ehrwürdigkeit ungehindert und eifrig. 2 Denn wenn wir, wann immer wir einander nahe sind, das Schweigen brechen und die Rede hochschätzen — denn der blosse Anblick des Gesichts und der Person genügt uns nicht zur Freude, sondern wir fügen auch die aussprechbare Rede hinzu, wobei wir damit die Seele erfreuen, denn wie wir mit dem Gesicht das Gesicht erfreuen, so auch mit der Rede die Seelen, denn durch diese gehen wir mit der Offenbarung [alles] Verborgenen um —, um wieviel mehr also müssen wir, wenn wir einander fern sind, die Rede mehr als das Schweigen hochschätzen, sowohl, [wenn wir] einen Grund [haben], als auch, [wenn wir] keinen Grund [haben]. 3 Der jetzige Grund unseres Briefwechsels ist dies: In der Stadt Bēlāpāṭ hat es ein gewisses2 Kloster, das Dabnōg3 heisst. In ihm hat es eine Nonne, die Ḥannānā heisst. Ihr stiess irgendeine Beleidigung4 zu, und sie verliess das Kloster. 4 Ihre Brüder kamen zu mir und baten mich, deiner Freundlichkeit zu schreiben, dass du die Klostervorsteherin und diese Nonne zusammenrufen und miteinander versöhnen |87| sollst, damit diese Schwester in ihr Kloster zurückkehrt und zurückgeht. 5 Sei so gut, lieber Bruder, und kümmere dich darum! Stifte Frieden unter ihnen, und Schwester Ḥannānā soll [wieder] in ihre Zelle gehen. 6 Und schreibe mir und lass mich wissen, was du in ihrer Sache unternimmst. 7 Christus bewahre deine Ehrwürdigkeit unversehrt! 8 Wir grüssen den ehrwürdigen Vorsteher der 1

Die Elias-Redaktion ergänzt: »von Elam«. Im Syrischen mit dem Zahlwort »ein« formuliert. 3 Die Namensform Dabnōg mit BIDAWID (Lettres, S. 21). BRAUN (Versio, S. 55) schreibt »DBNWG« (in Grossbuchstaben) und merkt an »Vel BNWG« (ebenda, Anm. 4). — FIEY (Élam, S. 249) erwägt eine Identifikation mit der Ortschaft Dawnaq bei Nahawand (Nihāwand), wobei er die Angabe nicht berücksichtigt, dass das genannte Kloster »in der Stadt Bēlāpāṭ« liegt. Zu Nihāwand vgl. FIEY, Médie, S. 376f. 4 Offenbar geht es um einen Zwist mit ihrer Äbtissin, vgl. den folgenden Satz 7,5. 2

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M. HEIMGARTNER

Gläubigen des Erdkreises, Mār Mardānšāh, in Verehrung und all eure Gläubigen. 9 Kümmere dich um deinen Diener Ḥūmānšāh und bilde ihn beständig in der Gottesfurcht und im Verstehen und Erkennen der Schriften aus!

BRIEF 8A1 1

Von demselben an denselben. An Gottes Ehrwürdigen, unseren Bruder Mār Sergios, Bischof, Metropolit von Elam. Timotheos der Sünder grüsst deine Ehrwürdigkeit.

1 Wenn denn die Schönheit deiner Weisheit überzeugt ist, dass sich das Zustandekommen unserer Liebe von Beginn an durch menschliche Ursachen und menschliche Leidenschaften vollzogen hat, dann kann ihm auch jetzt durch menschliche Leidenschaften ein Ende zuteil werden.2 2 Wenn aber deine genaue Untersuchung erkennt, dass unsere Liebe nicht mit menschlichen Leidenschaften und nicht durch menschliche Ursachen 10 zustandegekommen ist, dann muss sie auch wahrlich erkennen, dass die Liebe zwischen uns auch niemals durch menschliche Leidenschaften aufgelöst und zerstört wird. 3 Denn deine Ehrwürdigkeit ist mir teurer und lieber als die ganze Gattung der Natur und das [ganze] Menschengeschlecht, denn euch und uns ist die gleiche Gattung eigen3, die vom Him15 mel und den geistlichen Dingen den Anstoss zum Zustandekommen nimmt. 4 Und niemals werde ich mich überzeugen und [zur Ansicht] kommen, dass ich den Himmel gegen die Erde und das Geschlecht des Geistes gegen das des Körpers eintauschen soll. 5 Denn ich erinnere mich an den, der gesagt hat: »Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder, wenn 20 nicht diejenigen, die den Willen meines Vaters im Himmel vollbringen?« (Mt 12,48.50)4 6 Denn der Staub, der unter deinen Sandalen ist, ist in meinen Augen kostbarer und höher und erhabener als alle |88| Kostbarkeiten der Welt. 5

1 Eine italienische Übersetzung von Brief 8a findet sich bei BERTI, Notes, S. 257–261, eine deutsche Teilübersetzung von 8,8f und 8,10–16 (mit Auslassungen) bei KAVVADAS, Prestige, S. 122; zu letzterer vgl. oben S. XXXIII–XXXIV in der Einleitung. 2 Vgl. zum Gegensatz von menschlichen Leidenschaften und geisthafter Liebe in 8,1–4 auch ep 54,1–4. 3 Ich verstehe den Nominalsatz wie BRAUN (Versio, S. 56: »Idem enim est genus vestrum et nostrum«), während BERTI den folgenden Relativsatz als Prädikat auffasst: »La familiarité … entre vous et nous, est celle qui reçoit du ciel et des réalités spirituelles la > z force de sa stabilité.« (Notes, S. 258) In diesem Fall würde ich im Syrischenèãx€ z€ œ œ > stattèãx€ zerwarten. œ 4 Vgl. auch Mk 3,33.35 und Lk 8,21.

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M. HEIMGARTNER

7 Wenn nun5, insofern manche 6 treu und manche freilich untreu sind und [als solche] erscheinen, [[diese]] das ihren Händen Anvertrauten [[teils bewahren, teils nicht bewahren]]7 — denn es zeigt sich, dass nicht 5 BRAUN (Versio, S. 56 Anm. 2) merkt zu Recht an, dass der Satz beschädigt ist (»Quae sequuntur ad verbum damus; sensus nobis obscurus, et textus fortasse corruptus.«). Von dem hier mit{z… s(»Wenn nun…«) eröffneten Konditionalsatz scheint bis zum Satzœ > ende keine Fortführung erkennbar zu sein; stattdessen folgt mit x €Í (»insofern als«, »weil«) ein weiterer Nebensatz und danach eine mit üÚÅ Îà (»denn… nicht…«) eingeleitete Parenthese. Ebenso fehlt ein Hauptsatz. Der Anfang von 8,8 (»Wenn aber nicht Ersteres gilt, sondern das Zweite«) lässt jedoch einen vorausgehenden Hauptsatz mit untergeordnetem Konditionalsatz erwarten. Der Hauptsatz dürfte am Ende von 8,7 ausgefallen sein. Den Konditionalsatz erwartet man nach dem eingeschobenen Nebensatz und vor Beginn der Parenthese. Mir scheint es das Wahrscheinlichste, dass¿çáïÎÅxzum beschädigten Konditionalsatz gehört. Die Präposition x ist dann also als Teil der Konditionalsatzkonjunktion (x… {z… s) zu verstehen und bezeichnet nicht etwa ein Genitivverhältnis im œ Sinne von »gegenüber dem Anvertrauten« (so die Lösung von BRAUN, Versio, S. 56: »quoad depositum«). In der Tat wird auch in ep 39,5 (Zitat von Hebr 2,17) »treu« mit folgendem ƒ und nicht mit x konstruiert wird (»ein Gott treuer Oberpriester« — u ? ÀÍà¾ćà ¿çäÙÍã ÁÌãÎÝ). Versteht man ¿çáïÎÅx als Fortführung des Konditionalsatzes, wird auch das unmittelbar davor stehende Satzzeichen verständlich. Vor einem Genitiv wirkt es eher überraschend. Der Konditionalsatz dürfte den Umgang der Treuen und Untreuen mit dem »Anvertrauten« zum Ausdruck gebracht haben. Wie genau der Wortlaut war, lässt sich nur vermuten. Ich konjiziere in der deutschen Übersetzung eine mögliche Lösung, verzichte aber im syrischen Text auf eine Rekonstruktion und markiere dort nur das wahrscheinliche Fehlen eines Textstücks. Wie der fehlende Hauptsatz gelautet haben könnte, ist noch unsicherer. Er könnte vor, wahrscheinlicher aber nach der Parenthese gestanden haben. Aus der Fortsetzung in 8,8 könnte man vermuten, dass in ihm bereits die Rede davon war, dass derjenige, der den Gruss nicht erwidert, ein Räuber sei. Damit würde verständlich, warum es in 8,8 heisst, dass »auch so«, also unter Annahme der zweiten Bedingung (was auch immer damit gemeint ist), man zu ebendiesem Urteilsspruch gelange. — BRAUN (Versio, S. 56f) lässt die Parenthese bereits nach »Herzen nicht gleichen« enden. Dass der übrige Text keinen vollständigen Satz ergibt, ist durch Brauns Anmerkung (Versio, S. 56 Anm. 2: »textus fortasse corruptus«) abgedeckt. Er lautet in seiner Übersetzung ohne die Parenthese »Si revera eo quod alii quidem fideles, alii autem infideles sunt et videntur, quoad depositum quod in manibus eorum positum est — … — decretum quidem sapientiae est.« — BERTI (Notes, S. 258f) lässt das Wort üÚÅ aus, integriert die Parenthese als Konditionalsatz in die übrige Konstruktion und übersetzt etwas frei, ohne über die Probleme der Syntax Rechenschaft abzulegen oder die Unvollständigkeit des Satzes zu signalisieren (erst später zitiert er in Notes, S. 259 Anm. 39, Brauns vorher genannte Bemerkung über die Textbeschädigung). Dabei wird auch im Französischen nicht eigentlich klar, wie weit der Konditionalsatz geht und wo allenfalls ein Hauptsatz beginnt: »Si en effet ce pourquoi certains sont et semblent des fidèles, et d’autres, au contraire, des infidèles, la ποιότης…, ou qualité… du dépôt qui est mis dans leurs mains, n’est pas vue comme étant pour chacun et pour tous une seule et même chose, mais, pour les uns, elle peut être de telle manière, pour les autres, autrement, selon les qualités fixées dans l’âme — ce qui est et est appelé ἕξις…, selon l’usage et cetera.« 6 Im Syrischen mit Nebensatz konstruiert: »das ihnen Anvertraute, das in ihre Hände gelegt ist«. 7 Hier vor der Parenthese ist wohl der Rest des Konditionalsatzes ausgefallen. Ich konjiziere eine mögliche Lösung. Der Hauptsatz könnte ebenfalls hier, wahrscheinlicher jedoch nach der Parenthese gestanden haben; vgl. dazu hier oben Anm. 5.

BRIEF 8

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allen und jedem ein und dieselbe Qualität8 beziehungsweise Beschaffenheit eigen ist, sondern die der einen ist so und die der andern freilich anders: so [ist es] gemäss der Beschaffenheit, die in der Seele eingeprägt ist9, welche Habitus10 ist und heisst, so [ist es auch]11 gemäss der 5 Gewohnheit und Dergleichen, denn wie die [einen] Gesichter den [anderen] Gesichtern nicht gleichen, so sagt und glaubt man auch, dass12 die [einen] Herzen den [anderen] Herzen nicht gleichen, denn das ist ein Urteilsschluss13 der Weisheit — 〈…〉.14 8 Wenn aber nicht Ersteres gilt, sondern das Zweite15, das heisst, aufgrund eines Mangels16, dann wird auch so der 10 Spruch lauten, der [mehr] vom Geist als17 von unserer Vernunft [stammt]: »Derjenige, den man grüsst und der schweigt, ist ein grosser Räuber.«18 1

Syr. pīyōṭeṭe, vgl. gr. ποιότης. BERTI, Notes, S. 259) übersetzt pluralisch: »selon les qualités fixées dans l’âme«. 10 Syr. heksīs, vgl. gr. ἕξις. Aristoteles verwendet den Begriff in Kat 8 (8b26–35) zur Bezeichnung der schwer zu verändernden Besitzeigenschaften im Gegensatz zu den leicht zu verändernden Zustandseigenschaften (διαθέσεις; 8b,26 und 8b,35–9a,14), sodann im Gegensatz von Besitz und Mangel (στέρησις) in Kat 10 (11b,18.22 und 12a,26–12b,5) und schliesslich (wiederum zusammen mit διάθεσις) als Untergruppe des »Habens« in Kat 15 (15b,18). > 11 Die beiden Satzteile mit »so … gemäss« sind einander ohneèãundèÙxgegenübergestellt und scheinen keine Gegensätze zu beschreiben. Das passt auch inhaltlich: Über die feste Verwurzelung der Gewohnheit berichtet Timotheos auch in disp 1,3–6. > 12 Wer einem puristischen Sprachverständnis anhängt, möchte hier lieberèÚãxxstatt > èÚãxlesen. 13 Syr. psīpīsmā, vgl. gr. ψήφισμα. 14 Möglicherweise stand hier der ausgefallene Hauptsatz, vgl. dazu oben S. 24 Anm. 5 und 7. 15 Hier wird offenbar darauf Bezug genommen, dass sich Sergios als »untreu« erwiesen hat, weil er auf den Brief des Timotheos nicht geantwortet hat (8,10.11.19). Was genau hier mit »Ersteres« und »das Zweite« gemeint ist, kann nicht letztendlich entschieden werden, weil 8,7 höchst unvollständig überliefert ist (vgl. dazu oben S. 24 Anm. 5). 16 Zu ¿æüéÎÐ (»Mangel, »Fehler«, »Fehlen«, »Verlust«) vgl. ep 9,17; 28,2.5.6; 34,7,21; 35,2,23. — BERTI (Notes, S. 259) übersetzt »selon la diminution« und versteht darunter die leicht zu verändernden Zustandseigenschaften (διαθέσεις; Kat 8 8b,26 und 8b,35–9a,14) im Gegensatz zu den schwer zu verändernden Besitzeigenschaften (ἕξεις; Kat 8 8b,26–35). Das passt zwar inhaltlich zu 8,1–3 über den himmlischen und geistlichen Ursprung der unvergänglichen Liebe, welche Timotheos und Sergios verbindet. Doch vom Begriff und von der Sache her scheint mir der Bezug zum Gegensatz von Besitz (ἕξις) und Mangel (στέρησις) in Kat 10 (11b,18.22 und 12a,26–12b,5) näher zu liegen. Dabei ist hier ¿æüéÎÐ (»Mangel«) wohl Synonym zu À{ÏÚáÅ (»Beraubung« sogleich in 8,10; vgl. auch die Bedeutung »Mangel« in ep 4,2). 17 Vgl. zur komparativischen Bedeutung vonüÚÅ{sep 48,10 und 53,1 sowie dazu Heimgartner, CSCO 645, S. 77 Anm. 391, und S. 103 Anm. 521 zu den Stellen. 18 Timotheos tituliert Sergios scherzhafterweise als »Räuber« (8,9–17), und zwar aus zwei Gründen: Wer auf einen zugesandten Brief schweigt, beraubt den Korrespondenten einer Antwort (vgl. 8,10.19). Zudem bezeichnet Aristoteles die Syllogismen mit Verneinung als »privative«, »beraubende« Syllogismen (8,10 mit Anm. 22 auf S. 26 zur Stelle). Dass Sergios den Gruss »nicht erwidert« (8,10.11), ist also eine privative resp. »räuberische« Aussage über Sergios. 8 9

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9 Wenn nun wir dich grüssen und du zu pythagoräischem Schweigen19 Zuflucht nimmst und ein solcher ein grosser Räuber ist20, dann wird aus diesen [beiden Sätzen] gefolgert:21 Du bist ein grosser Räuber. 10 Du stösst vielleicht auf die privativen beziehungsweise beraubenden Syl5 logismen22, wie folgt23: Rabban Mār Sergios erwidert den Gruss nicht. Jeder, der den Gruss nicht erwidert, ist ein Räuber. Also ist Rabban Mār Sergios ein Räuber. 11 »Räuber« [bezeichnet] nun entweder [den »Räuber«] im allgemeinen Sinn oder [einen »Räuber«] im eigentümlichen und partikulären Sinn.24 Also ist dieser Rabban Mār Sergios ein Räuber 10 im allgemeinen wie auch im partikulären Sinn, wie folgt: Wenn Rabban Mār Sergios den Katholikos [einer Antwort] beraubt, der Katholikos aber ein »Allgemeiner«25 ist, dann ist Rabban Sergios ein grosser beziehungsweise allgemeiner Räuber.26 12 Aber unter diesen allgemeinen fallen notwendigerweise auch die partikulären. Also ist Rabban Sergios 15 ein allgemeiner |89| wie auch ein partikulärer Räuber. 13 Aber es steht uns nicht zu, deiner Keuschheit diese [Dinge] vorzuwerfen. Wir sagen ja auch nicht, dass die Sonne der Farbe nach schwarz und der Kreis27 1

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Vgl. auch das »alte Schweigen« in ep 2,3,27. Man beachte die abgekürzte Formulierung des zweiten Vordersatzes (ausführlich wäre: »…und [wenn] einer, der zu pythagoräischem Schweigen Zuflucht nimmt, ein grosser Räuber ist«). 21 Ich folge der Athetese von BRAUN (Textus, S. 88 Anm. 1) und lese »wird gefolgert« statt »dass gefolgert wird«. 22 Im Syrischen hypertroph formuliert: »die privativen Syllogismen der Privation«, vgl. dazu συλλογισμὸν στερητικόν in Arist 1 An 1,5 (27a,31), ferner συλλογισμοῖς … στερητικοῖς in 2 An 1,24 (85a,2f). 23 BRAUN (Versio, S. 57) übersetzt: »Quomodo?« (so auch unten in 8,17). BERTI (Notes, S. 259) folgt ihm (»De quelle manière?«). 24 Ich übersetze etwas freier. Das Syrische formuliert: »Beim Räuber [ist] nun der eine ein allgemeiner, der andere ein eigentümlicher und partikulärer«. — Da das Deutsche im Gegensatz zum Syrischen beim Prädikat den klärenden Artikel setzt, kann die Zweideutigkeit in der deutschen Übersetzung nicht wiedergegeben werden, es sei denn, man würde in künstlicher Weise auf den Artikel verzichten. — Zur Unterscheidung von Allgemeinbegriff und Einzelwesen siehe Arist Kat 5 (2a,11–19; dort »erstes Wesen« und »zweites Wesen« genannt). In Herm 7 (17a,38–17b,1) entwirft Aristoteles ein Konzept von allgemeinen und partikulären Aussagen, das er in 1 An 1,1 (24a,16–22) aufgreift, um in der Fortsetzung die Funktion von allgemeinen und partikulären Aussagen im Syllogismus zu untersuchen. Eine detaillierte Reflexion über das Allgemeinen und das Partikuläre im Syllogismus folgt sodann in 1An 1,27 (66b,18–67b,26). 25 Wortspiel mit dem Titel »Katholikos«, den das Oberhaupt der Ostsyrischen Kirche trägt (vgl. gr. καθολικός = »allgemein«). Timotheos selbst nennt sich »Katholikos [und] Patriarch« in den Inscriptiones der Briefe 34 und 50 sowie 51, ferner in der Unterschriftenliste in ep 50,35. 26 Dieser Syllogismus ist formal natürlich nicht gültig! 27 Syrisch espērā, vgl. gr. σφαῖρα. 20

BRIEF 8

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quadratisch28 sei.29 So werden wir auch niemals deiner Keuschheit diese [Dinge] vorwerfen. 14 Denn wie [sollte man] ihn30, der ein lebendiges und vernünftiges Bild aller guten [Dinge] und Lehrer und Vollbringer der göttlichen [Dinge] ist und von allen [als solcher] anerkannt wird — er 5 nämlich, der wie der Regen die Erde die Seelen der Menschen tränkt31 und jederzeit Gischt der Weisheit und Fluten der Verständigkeit auf die Herzen tropfen lässt, sie von den Bosheiten reinigt und [in sie] Güte einströmen lässt und sät —: wie denn sollte er, der solcherart ist und sein wird, ein grosser oder kleiner Räuber genannt werden? 15 Denn wenn 10 Rabban Sergios Lehrer ist und jeder Lehrer auch ein Geber ist, dann also ist Rabban Sergios ein Spender.32 16 Aber kein einziger Geber und Spender ist und heisst Räuber. Also ist folglich Rabban Sergios kein Räuber.33 Das ist nämlich durch diesen notwendigen Beweis34 gezeigt worden, der aus Notwendigkeit [erfolgt], obwohl [hier] ein bestimmter Vordersatz 1

28 Vgl. dazu auch ep 34,3,19 und die berühmte »Quadratur des Kreises« in Arist Kat 7b,31f: ὁ τοῦ κύκλου τετραγωνισμοῦ. Statt ÁüÚóés (zur Bezeichnung für alles, was rund ist: »Kugel«, »Kreis«) verwendet Timotheos in ep 34,3,19 das präzisereÁxÎÐ (»Kreis«). Die Stelle steht hier wohl auch mit Greg Naz or 31,23 Z. 17 (SC 250, S. 320) in Verbindung, wo tatsächlich von einer »viereckigen Kugel« (σφαίρα τετράγωνος) die Rede ist, wie BERTI (Notes, S. 260 Anm. 43) anmerkt. Allerdings sind die absurden Formulierungen hier und an anderen Stellen (siehe die folgende Anmerkung) mit Ausnahme des genannten Beispiels nicht mit denjenigen identisch, welche Gregor von Nazianz an der betreffenden Stelle für »Dinge, die es nicht gibt und die man auch nicht sagt« anführt. Der Passus ep 34,3,4–36 greift in der Tat das Schema von Greg Naz or 31,22f auf und wendet es auf die Christusbezeichnungen an. Aber gerade bei den Unmöglichkeitsaussagen in 34,3,15–20 steht dort die Begrifflichkeit »Kreis« und »Quadrat« (34,3,19) wie bei Aristoteles, und das Beispiel »Zwei und zwei sind vierzehn« (34,3,20) hat eine Parallele im Hermeneutikkommentar von Paul dem Perser (§ 13: »Zwei und zwei sind zehn.«). Hinter den von Timotheos genannten Beispielen steht also nicht nur Gregor, sondern auch die Logiktradition. 29 Zu ähnlichen absurden Formulierungen vgl. ep 41,9,5: »›Der Leib ist ein unsichtbarer Geist‹, und: ›Das Gold vollzieht sein Werden in vielfachem Hin-und-Her und in schneller Bewegung.‹« Ebenso auch in ep 34,3,15–20, wo er Aussagen nennt, welche nicht über Christus prädiziert werden: »›Also ist das Licht der Wahrheit Finsternis.‹ Oder: ›Der Wahrhaftige ist ein Lügner.‹ ›Der gänzlich Unvergängliche ist vergänglich.‹ Oder vielleicht: ›Das seiende Sein ist nicht.‹ ›Das Quadrat ist ein Kreis.‹ Oder: ›Zwei und zwei sind vierzehn.‹« 30 Offenbar wollte Timotheos ursprünglich »sollte man ihn nennen« formulieren, weshalb er hier die Objektform des Pronomens setzt. Als er jedoch am Satzende zum Verb gelangt, setzt er die passive Konstruktion »sollte er genannt werden«. 31 Vgl. auch ep 58,5. 32 Man beachte, dass Timotheos den Eckterm sprachlich variiert (zuerst »Geber«, dann »Spender«). 33 Dieser Satz fehlt in der Übersetzung von BERTI (Notes, S. 260). 34 Syrisch apōdīksīs, vgl. gr. ἀποδεῖξις.

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genommen wird, der charakteristisch für Individuen35 ist. 17 Manchmal werden jedoch auch diese partikulären [Aussagen] in logische Beweise gefasst wie zum Beispiel folgendermassen36: »Die Sonne oder die Luft sind eine«37, oder etwas anderes von diesen partikulären [Dingen], und 5 [zwar] so wie bei den in der Logik kundigen Logikern38. 18 Für uns sind die partikulären [Dinge] noch unbestrittener, nicht nur aufgrund einer Überlegung über die allgemeinen [Dinge], sondern auch wegen der Auferstehung und Auferweckung jener partikulären [Dinge]. Soweit und soviel in Kürze diese unsere [Ausführungen] über deine Keuschheit39. 10 19 Was aber der Grund dafür ist, dass wir deines Briefwechsels beraubt sind,40 obliegt mehr dir als uns zu bedenken und zu sagen. 20 Denn wir kommen nicht in überstürzter Weise zu einem Schluss, wir, die alles durch Prüfung und Untersuchung statt mit Ungenauigkeit sagen |90| und tun müssen.41 1

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Im Syrischen qenōmā, vgl. dazu in der Einleitung S. XXXVII–XXXVIII. Hier überrascht die etwas redundante Formulierung x ¿æÏÝs . èÞÙs ßÙsx (»wie zum Beispiel folgendermassen«). Mit Braun (Versio, S. 57) könnte manx¿æÏÝs auch als Einleitung eines Nebensatzes (»Quemadmodum…«) verstehen: »…wie zum Beispiel: Wie die Sonne oder die Luft oder etwas anderes von diesen partikulären [Dingen] eines sind…« Dabei ist aber nicht recht verstehbar, weshalb ein Vergleichssatz als Beispiel für einem syllogistischen Beweis angeführt wird. — BRAUN (Versio, S. 57) übersetzt wie in 8,10 auch hier èÞÙs ßÙsx mit »Quomodo?«. BERTI (Notes, S. 260) übersetzt hier hingegen »Par exemple«. 37 Vgl. zu Dingen, die nur in der Einzahl existieren, auch ep 40,6,27. — BERTI (Notes, S. 261 Anm. 45) verweist zum Vergleich mit der einen Sonne auf Arist Met Z 15 (1040a27– b3) und Top 5,3 (131b25–36), wo es jedoch um die Definierbarkeit von sinnlichen Einzeldingen geht. Hier bei Timotheos steht hingegen die Frage der Gültigkeit von partikulären Aussagen im Syllogismus zur Diskussion. 38 Im Syrischen wörtlich »die Kundigen der Logik und die Logiker« (mit epexegetischem {). — Hier steht für »Logiker« der genuin syrische Begriff ¿ćáÚáã wie in 40,2,30; 40,3,1; 42,4,20. In 25,18 begegnet hingegen das Lehnwort lōgīqōs. 39 Wie bereits vorher in 8,13 (2×) ist hier »über deine Keuschheit« im Sinne einer Anrede (= »über dich«) zu verstehen. Vgl. zu den verschiedenen Anredeformen HEIMGARTNER, CSCO 632, S. 1 Anm. 5. 40 So freier übersetzt. Im Syrischen substantivisch formuliert: »der Grund für das Ausbleiben (die Beraubung) deines Briefwechsels mit uns«. 41 Der Rest des Briefes ist wohl verloren gegangen. Der unmittelbar anschliessende Text scheint zu einem anderen Brief zu gehören, von dem offenbar der Anfang verloren ist. Vgl. zur Unterteilung des Briefes oben in der Einleitung S. XXV. — In der italienischen Übersetzung von BERTI (Notes, S. 261) fehlt der letzte Teilsatz (»wir, die alles…tun müssen«). Berti äussert sich nicht dazu, ob er diese Worte bereits Brief 8b zuordnet. Sie stehen jedenfalls nicht in seiner italienischen Teilübersetzung von Brief 8b, die erst mit dem Passus »Kümmere dich mit aller Sorgfalt um die 〈Angelegenheiten〉 der Zelle…« beginnt (8,21; BERTI, Vita, S. 201: »Cura la cella con ogni attenzione…«). 36

BRIEF 8

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[BRIEF 8B]42 21 [[…]]43 Kümmere dich mit aller Sorgfalt um die 〈Angelegenheiten〉44 der Zelle und vertraue die Sorge und Aufsicht über sie sowohl nachts als auch tagsüber mehr dir selbst als anderen an! Denn [dass dies] von dir und durch dich [getan wird], verlangen sowohl Christus als auch wir. 22 Kümmere dich um die Schulbrüder wie um deinen Augapfel! 23 Treibe dich selbst und sie zum Eifer in der Lehre und in der Gottesfurcht an! 24 Und zeige alles am Beispiel deiner selbst!45 25 Geh zum Vorsteher des Klosters von Qaṭā46 und schicke uns mit einem zuverlässigen Vertrauensmann alle Geräte, Sachen und Bücher, die bei ihm sind. Siehe, ich schrieb ihm, dass er [sie] schicken soll. 26 Schicke uns auch den Stab, der bei ihm ist, und schreibe uns alle Dinge, die du schickst, einzeln in einem Buch auf! Wir haben nämlich eine Liste von ihnen.47 27 Sei treu in unserem Herrn! 28 Lass mich wissen, was mit Rabban Pētīōn geschehen ist. 29 Bete für uns! 30 Was unsere Briefe an Rabban Pētīōn betrifft — ich weiss nicht, wie ich es sagen soll48: Kümmere dich unverzüglich um ihren Versand an ihn!49 31 Und informiere mich über alle Angelegenheiten, die bei dir [geschehen]: was mit Eusebios geschehen ist und wo er hingelangt ist; was der exkommunizierte Dādīšō‘ gemacht hat und wo er [jetzt] wohnt. 32 Und lass deinen Briefwechsel mit uns nicht abbrechen! 33 Ich hatte an drei aufeinanderfolgenden Tagen Ende Oktober50 Audienz51 bei unserem siegreichen König, ich wurde von ihm freudig und heiter empfangen, und er ordnete mir vierundachtzigtausend Zūzē 42 Italienische Teilübersetzungen bei BERTI, Vita, S. 201f (8,21–32), S. 173 (8,33) und S. 202 (8,35–38). Französische Teilübersetzungen (8,25f) bei FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 556f sowie S. 500 Anm. 5 auf S. 501. 43 Der Anfang des Briefes ist offenbar verloren gegangen. Vgl. zur Unterteilung des Briefes oben in der Einleitung S. XXV. 44 Ich konjiziere »Angelegenheiten«, um das Genitiv-xvor »Zelle« beibehalten zu können. 45 Vgl. dazu auch disp 6,34 und ep 40,10,12. 46 Zur Identifikation mit dem Kloster Mār Daniel von Bet Qayṭā siehe FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 556. 47 BERTI (Vita, S. 202) übersetzt final: »affinché ne possediamo una documentazione«. 48 So mit BERTI (Vita, S. 202) und BRAUN (Versio, S. 202). Letzterer (ebenda, Anm. 1) > > erwägt auch die Konjekturüäïstattüã sund übersetzt »wie es sich verhält« (»quomodo se habeat«). 49 Im Syrischen wörtlich: »Schicke sie ihm sorgfältig ohne Verzögerung!« 50 Im Syrischen: »Ende Tišrī I«. 51 Vgl. zu solchen Audienzen auch disp 2,1 und ep 50,33 (beide Stellen ebenfalls mit âï; dieses Verb auch ep 22,4).

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[als Zahlung] an [das Kloster] Bēt Mār Pētīōn52 an. Sie sind aber noch nicht bei uns in Empfang genommen worden. 34 Und er, unser König, ist nach Baṣra aufgebrochen.53 Ich habe im Sinn, aufzubrechen und ihm nachzureisen54. 35 Sage dem Abt des Klosters unseres Vaters [Abraham], 5 er solle unverzüglich [zu uns] herabkommen55, 36 ebenso dem Abt des Klosters Mār Jona56, er solle seine Abgabe und was ich ihm geschrieben habe schicken. 37 Der Brief des Metropoliten und des Bischofs Simon von Bābegāš57 soll mit Laufboten [hin-]geschickt werden, die in ihre Gegenden gehen. 38 Bete für mich! |91| 1

52 Das Kloster lag in Bagdad auf dem rechten Tigrisufer, vgl. dazu BERTI, Vita, S. 149 Anm. 462. 53 Vgl. die ähnliche Situation in ep 48,1–3. 54 Das Syrische drückt dies in einem einzigen Verb aus: »ihm nach aufzubrechen« (ÎáúþäàzĀÂ). 55 Vgl. zu »[nach Bagdad] herabkommen« auch ep 49,5. 56 Vgl. dazu auch ep 18,12. — Zum Jonakloster bei Mossul vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 493–521. 57 Die Handschriften VWLM lesen Bābegāš, die Elias-Redaktion vereinheitlicht zu Bēt Begāš. — Timotheos selbst war vor seiner Weihe zum Patriarchen Bischof von Bābegāš, vgl. Thomas von Margā, hist mon 4,3 (Bedjan, Liber, S. 199; Budge, Book, S. 196/381); Mārī (neu = ‘Amr, vgl. HOLMBERG, Reconsideration; die Stelle bei GISMONDI, Bd. 1, S. 71/63; deutsch bei Kawerau, Chrestomathie, S. 91).

BRIEF 9A1 1

Von demselben an Rabban Pētīōn. An Rabban Pētīōn, Priester und Lehrer. Timotheos der Schwache grüsst dich im Herrn.

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1 Ich kenne weder die Häupter2 unseres Glaubens, welche miteinander über die Eheschliessung mit zwei Schwestern gestritten haben noch deren Zeit und deren Streit miteinander, worüber deine Keuschheit schreibt, als wäre es etwas Offensichtliches. 2 Wenn du Petrus und Paulus als »Häupter unseres Bekenntnisses« benennst3, die vielmehr Diener als Häupter unseres Glaubens sind — denn Haupt beziehungsweise Vollender unseres Glaubens ist allein Jesus Christus4 —, und wenn du einen [gewissen] Streit erwähnst, den sie miteinander hatten, so stritten sie miteinander erstens nicht über die Eheschliessung mit zwei Schwestern5, sondern über die Reinheit der Verkündigung des Evangeliums, dass es nichts über das Einhalten des Gesetzes enthalten soll; und dies verkündete und lehrte Paulus genau und vor aller Augen und zu jeder Zeit, Petrus aber tat dies in entgegenkommender Weise und nicht mit Genauigkeit, weder bei allen Leuten noch jederzeit. 3 Sodann wissen wir, dass sie auch nicht miteinander stritten, sondern Paulus tadelte, und Petrus nahm den Tadel sehr bereitwillig6 an. 4 Nun findet ein Streit [immer dann] statt, wenn zwei gegnerische Häupter sich einander widersetzen; wann immer aber der eine sich als stark zeigt und der andere sich fügt, dann redet man nicht von einem Zwist7. 1 Syrische Edition mit deutscher Übersetzung bei BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 10–24 resp. 11–25. Zur Aufteilung in Brief 9a und 9b vgl. ebenda, S. 3 und S. 25 Anm. 2, sowie oben S. XXVI–XXVII. In seiner Gesamtedition und -übersetzung der Briefe 1–39 von 1914/15 hat BRAUN die Aufteilung von Brief 9 wieder aufgegeben (kein Vermerk dazu in Versio, S. 63). — Italienische Teilübersetzungen bei BERTI, Vita, S. 255 (9,17 Mitte – 9,18), S. 256 (9,18 Mitte – 9,19). 2 Syrisch kepāle’e, vgl. gr. κεφάλαιον, so auch in 9,2 (2×) 9,5.6.7.29, daneben in 9,2.4 das genuin syrische¿ý. 3 Pētīōn hatte in seinem Schreiben offenbar auf die »Häupter unseres Glaubens« (resp. »Häupter unseres Bekenntnisses«) Bezug genommen, ohne dabei die Namen zu nennen. 4 Vgl. Hebr 12,2, ebenso in ep 14,85. 5 Vgl. dazu Apg 15,20.29. 6 BRAUN (Textus, S. 91) schreibt irrtümlichĀÙ¾ÚÐÎÐstattĀÙ¾ÑÙÎÐ. 7 Timotheos ändert hier auffälligerweise den Begriff.

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5 Wenn du aber nicht Petrus und Paulus, sondern Clemens und die Apostel in seinen Tagen als Häupter unseres Bekenntnisses benennst8 — denn9 auch diese Frühen bestimmen mit anderen Bestimmungen zusammen, dass man nicht zwei Schwestern heiraten darf, wie wir gleich nachher aus genau deren Aussagen zeigen werden —, so kann überhaupt niemand je zeigen, dass Leute gegen die Übernahme dessen, was damals |92| festgesetzt wurde, gestritten hätten, weder bei der Eheschliessung mit zwei Schwestern noch bei den übrigen erlassenen Kanones. 6 Wenn du aber als Häupter unseres Glaubens die Synodalversammlung in der Stadt Neocaesarea10 nennst, die ebenso wiederum verbot und untersagte, dass zwei Brüder eine [und dieselbe] Frau heiraten und dass zwei Schwestern einem [und demselben] Mann zuteil werden sollen11 — diese [Synode], welche vor der erhabenen Versammlung der Dreihundertachtzehn12 stattfand —, so erfahren wir auch da wiederum nichts, dass irgendwelche Leute miteinander über deren Beschluss gestritten hätten oder auch nur über andere [Beschlüsse], welche damals festgesetzt wurden. 7 Wenn du aber als Häupter unseres Bekenntnisses den grossen Basilius und den heiligen13 Diodor benennst — uns ist nämlich nicht klar, was du genau meinst —, so muss man auch da wissen, dass der grosse Basilius darüber an den heiligen starken Diodor schrieb, wobei er in derselben Weise sich sowohl für den Kanon der Apostel und Väter einsetzte — der anordnete, dass niemand zweier Schwestern teilhaftig sein soll, [und] zuerst von den Aposteln durch Clemens erlassen wurde, dann von der Synodalversammlung in Neocaesarea in Anwesenheit Gregors des Wundertäters, wie mir scheint, bestätigt wurde — als auch für den starken Helden14 Diodor selbst.15 8 Indem er für Diodor eine Apologie verfasst, 8

Vgl. zur Referenzstelle unten S. 49 Anm. 15 zu ep 12,11. BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 13, beginnt bereits hier den Hauptsatz. 10 CPG 8504 und 8505. 11 Vgl. dazu Synode von Neocaesarea, Kanon 2 bei SCHULTHESS, Kanones, S. 445 Z. 9, in etwas anderem Wortlaut ebenda, Z. 18, sowie VÖÖBUS, Synodicon, S. 100 (syr. Text) und S. 107 (engl. Übersetzung). Dabei scheint die zweite Hälfte des Dass-Satzes die Interpretation des Timotheos zu sein, vgl. die präzisere Aussage unten in Brief 12,13, wo die Stelle wörtlich zitiert wird. 12 Zu dieser Bezeichnung der Synode von Nizäa vgl. auch ep 1,7,8.10; 3,6; 12,13; 41,7,18; 41,8,10; 47,35. 13 Man beachte die Titulierung als Heiliger (¿þÙËù)! Vgl. dazu dieselbe Prädikation unten in der Inscriptio von Brief 11. 14 BRAUN (Briefe [OrChr 2], S. 15) übersetzt: »Krafthelden«. 15 Basilius, Brief 160 (COURTONNE, Lettres, Bd. 2, S. 88–92). Eine syrische Übersetzung von Brief 160 findet sich bei VÖÖBUS, Synodicon, Bd. 1 (CSCO 367, S. 189–194, englische Übersetzung CSCO 368, S. 178–182). Dabei geht es um einen angeblichen Brief 9

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entkräftet er gegenüber demjenigen, der Diodor eine Falle stellte, den scharfen Pfeil der Anklage, wie deine grosse Weisheit aus ebendemselben Brief erfahren kann, den Basilius darüber an Diodor schrieb.16 9 Diodor jedoch hat darüber nichts an den grossen Basilius geschrieben. Oder er hat [etwas] geschrieben, aber uns liegt nicht vor, was er geschrieben hat. 10 Aber nehmen wir einmal an, dass er [darüber etwas] geschrieben hat. Welches davon ist angemessen: dass Diodor an Basilius geschrieben hat, man dürfe zwei Schwestern heiraten, oder umgekehrt das Gegenteil davon? 11 Wenn jemand Ersteres sagt, |93| wie sollte sich [Diodor] nicht gegen den apostolischen Synodalkanon erhoben haben?17 Wer sollte von Diodor meinen, dass er die apostolischen Kanones auflösen und schänden würde — er, der am meisten von allen als Anwalt18 und Beschützer der Apostel [gilt]! —, anstatt dass er unwissentlich Kanones aufstellen würde, die [all] dem entgegenstehen, [und] willentlich gegen die Gesetze und Bestimmungen der Väter kämpfen würde, was eine unbedachte Torheit bei diesem Gottesmann ist? 12 Wenn er aber unwissentlich ihnen entgegengesetzte [Bestimmungen] aufstellen würde, wer ist es, dem mehr als dem grossen Diodor das Los des Wissens und der Weisheit zufallen würde, ich meine, unter den Früheren und den Späteren? 13 Denn wer über Diodor sagt, er habe darüber in Art eines Streites an Basilius geschrieben, wobei er tatsächlich Raum für die Eheschliessung mit zwei Schwestern gegeben habe, der macht Basilius, den hellen Stern der Kirche, zum Anwalt19 der Apostel und ihrer Bestimmungen und stellt Diodor umgekehrt als deren Bekämpfer hin, wenn Ersterer gemäss den apostolischen Bestimmungen verbietet und untersagt, dass man zwei Schwestern heiraten darf, und Letzterer im Gegensatz dazu anordnet, dass man zwei Schwestern heiraten darf. 14 Wenn es aber töricht ist, dies über Diodor nicht nur zu sagen, sondern nur schon zu denken, dann hat Diodor folglich nicht an Basilius geschrieben, dass man zwei Schwestern heiraten darf. 15 Ich aber Diodors mit dem Inhalt, Lev 18,18 sei dahingehend zu interpretieren, dass es nach dem Tod der Gattin erlaubt sei, deren Schwester zu heiraten (ep 160,3 Z. 1–5, ebenda, S. 89). Basilius hält diesen Brief, der ihm zugespielt, aber nicht ausgehändigt wurde, für pseudonym (ep 160,1 Z. 1–5 und 9–16, COURTONNE, Lettres, Bd. 2, S. 88). — Zu den Briefen des Basilius an Diodor äussert sich Timotheos auch in ep 42,7,3–6 in nahezu denselben Worten und Argumenten. — Zu Basilius und Diodor vgl. POUCHET, Rapports, v. a. S. 253–259 (zu Brief 160) und S. 248–253 (zu Brief 135; Bezug dazu unten in 9,16). 16 Basilius, ep 160,1 (Courtonne, Lettres, Bd. 2, S. 88 Z. 14–16). 17 Zum Problem der Übersetzung rhetorischer Fragesätze vgl. HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XXXI. 18 Syrisch sne’grā, vgl. gr. συνήγορος. 19 Syrisch sne’grā, vgl. gr. συνήγορος.

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stelle in genauer Weise fest: Auch wenn Diodor früher vielleicht irgendwie darüber geschrieben hätte — denn nehmen wir an, dass stattgefunden hat, was nicht stattgefunden hat — und Diodor später auf die von Basilius erlassenen [Ausführungen] gestossen wäre, hätte er seine [eigenen Ausführungen daraufhin] vollständig verändert und abgeändert.20 16 Denn wie [hätte er das] nicht [tun sollen], er, der jeweils seine Schriften ihm [= Basilius] zum Zeugnis und zur Korrektur schickte?21 17 Wenn aber Theodor, die grosse Leuchte der Kirche, dieses abgrundtiefe Meer der Weisheit, sich weder schämte noch darüber verärgert war, bei irgendeiner mangelhaften Sache Korrektur |94| in Form von Tadel vom aller Seligkeiten würdigen seligen Nestorius entgegenzunehmen, obwohl [dieser]22 der Schüler und der Empfänger seiner Gedanken war23, um wieviel mehr also sollte Diodor nicht darüber verärgert gewesen sein, sich in solchen Dingen von Basilius korrigieren und tadeln zu lassen, wo doch ein grosser Unterschied zwischen den Anschauungen und theoretischen Betrachtungen24 zu den Schriftworten und den Kanones und Bestimmungen bestand, in welcher Weise auch immer sie festgesetzt worden waren. 18 Erstere gehören nämlich zur Gemeinschaft aller Gebildeten, und ein jeder überliefert sie entsprechend der Grösse seines Wissens, Letztere aber, die zu den Kanones und Bestimmungen gehören, sind gänzlich unerschütterlich. 20 Die beiden Verben sind auch im Syrischen vom selben Verbstamm abgeleitet (ôáÑã undôáÑþã). 21 Vgl. dazu Basilius, Brief 135 (COURTONNE, Lettres, Bd. 2, S. 49–51; vgl. dazu auch POUCHET, Rapports, v. a. S. 248–253). Allerdings lobt Basilius nur die zweite Schrift Diodors uneingeschränkt (ep 135,1 Z. 2–9, ebenda, Bd. 2, S. 49), kritisiert jedoch die erste (ebenda Z. 9–19), insbesondere wegen ihrer »komplizierteren« (πολυτελετεστέρᾳ) Ausdrucksweise (ebenda Z. 10f). Diese schickte Basilius wieder zurück (ep 135,2 Z. 20f, ebenda, S. 51), während er die zweite vorläufig zurückbehielt, um sie abschreiben zu lassen (ebenda Z. 21–23). Dies führt Timotheos in ep 42,7,3 breiter aus: »Basilius hat die Gedanken Diodors ebenfalls gutgeheissen und geprüft, und deshalb schreibt er ihm in einem Brief über die Art und Weise der Ausdrucksweisen, in dem er die Ausdrucksweise seiner Schriften lobt und preist. Er ermuntert ihn, zum allgemeinen Vorteil in dieser Art fortzufahren, und sagt, dass er teils seine Schriften bereits abgeschrieben habe und sie ihm auch zurückgeschickt habe, teils aber noch nicht abgeschrieben habe, sie aber noch abschreiben wolle und dann [zurück-]schicke. Und mit dieser Aussage zeigt Basilius offen, dass es einfach ist, ihn, wie jene [es tun, als Häretiker] zu benennen, nicht aber leicht ist, ihn [gerechtfertigterweise zu einem Häretiker] zu machen.« — Übrigens pflegt auch Timotheos eine solche Praxis und schickt seine Briefe Sergios zur Korrektur, vgl. dazu ep 24,8: »Wir haben dir auch andere Briefe von uns geschickt, die über verschiedene Themen geschrieben worden sind, damit deine Ehrwürdigkeit schauen und prüfen soll, ob sie denn treffend und im Sinne der Orthodoxie geschrieben sind.« 22 BRAUN, Briefe [OrChr 2], S. 17. 23 Schon BRAUN (Briefe [OrChr 2], S. 17 Anm. 2) hat darüber nichts gefunden. 24 Im Syrischen tē’ōrīyās, vgl. gr. θεωρία.

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19 Die [Dinge], in denen Diodor der Grosse getadelt wurde, gehören zum Bereich der kirchlichen Kanones und Bestimmungen, die niemand in irgendeiner Weise bewegen darf, die [Dinge], in denen Theodor der Grosse zurechtgewiesen wurde, gehören zum Bereich der Auslegung und Erklärung der Schriften, an deren schriftlicher Überlieferung und Weitergabe niemand gehindert und zurückgehalten wird, wie wir an den früheren Vätern sehen können: 20 Obwohl sie die Meinungen und die Gedanken in einer bestimmten Weise überlieferten, sind die [Bücher] der Späteren darüber noch genauer verfasst worden. 21 Dies sage ich nicht, als würde ich — das sei ferne! — die Annahme zulassen, dass der grosse Diodor in irgendeiner Weise gestolpert wäre, sei es beim Wissen, sei es in der Lebenspraxis. Ich sagte nämlich zuvor, dass wir annehmen, es habe stattgefunden, was nicht stattgefunden hat.25 22 Denn dafür, dass Diodor, der in allem gross und hervorragend ist, nicht unter einen derartigen Vorwurf gefallen ist oder fällt, rufen wir zuerst ebendiesen Basilius als Zeugen auf. 23 Er sagt nämlich in seinem Brief an Diodor den Grossen Folgendes: »Mir scheint, dass jemand tückischerweise deine Person angenommen hat und so |95| sich selbst seinen Hörern26 glaubwürdig machen wollte.«27 24 Damit macht der heilige grosse Basilius in genauer Weise eine Apologie für den starken Helden Diodor. 25 Wenn also [dies so ist]28, wird auch niemand Basilius einen solchen Vorwurf machen, er habe Diodor geschmeichelt oder für ihn Partei ergriffen, er, der auch weder Julian noch Valens geschmeichelt hat.29 26 Dann haben wir auch als einen in allem glaubwürdigen Zeugen dafür den grossen Theodor, der reich sowohl an Wissen als auch an Tugend ist. 27 Denn in seiner Schrift, welche er »Vollkommenheit des Lebenswandels«30 nennt, im dritten Buch, mehr oder weniger gegen dessen Ende, wo er diejenigen darstellt, welche die Gläubigen über die Vollkommenheit des Lebenswandels unterrichteten und die Mesallianer31 wegen ihrer schlechten 25

Siehe oben 9,14. Man beachte: Es ist von »Hörern« und nicht von »Lesern« die Rede! Im Griechischen steht das Wort ἀκροωμένοις. 27 Basilius, ep 160,1 (COURTONNE, Lettres, Bd. 2, S. 88 Z. 3–5): δοκεῖ γάρ μοί τις τῶν τεχνικῶν τὸ σὸν πρόσωπον ὑποδὺς οὕτως ἑαυτὸν ἀξιόπιστον ἐθελῆσαι ποιῆσαι τοῖς ἀκροωμένοις. 28 Vermutlich ist ein Textstück ausgefallen; die Ergänzung mit BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 19. 29 Die letzte Teilaussage findet sich auch in ep 42,7,6. ? 30 Die Schrift ist als ÁÌÂ{x {üÚäÅ auch im Schriftstellerkatalog des ‘Abdīšō‘ (Kap. 19) genannt (BOCV Bd. 3/1, S. 34; bei BRAUN, Versio, S. 61 Anm. 3, ist irrtümlich S. 43 angegeben). 31 Vgl. dazu auch ep 50,21 und Nest Ap 8. 26

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Anschauungen und ihres verkehrten Lebenswandels attackierten, nennt er auch als leuchtende Sterne die Anhänger von Flavian und Diodor. 28 Mehr oder weniger das ganze dritte Buch schreibt er aufgrund der Lehre von Flavian und Diodor, wie aus dem Anfang ebendieses dritten Buches und dem Beginn des vierten erkennbar ist, Worte voll der grossen Verteidigung für Diodor, die vorzubringen wir für den jetzigen Zeitpunkt für überflüssig erachten, weil wir sie später mit den Kanones und Bestimmungen der Väter vorbringen werden32, welche die Heirat mit zwei Schwestern verbieten und untersagen. 29 Wenn du aber nicht Basilius und Diodor, sondern die [Mönche] von Bēt Rabban33 als Häupter unseres Glaubens bezeichnest, insofern als einige die [betreffende Stelle] so und einige anders erklären — »Nimm nicht eine Frau zu ihrer Schwester hinzu, bedränge sie nicht und entblösse nicht ihre Scham gegen sie, solange sie lebt!« (Lev 18,18) —, so muss man auch hier wissen, dass die Lehrer nicht gegeneinander streiten, sondern dass Johannes von Bēt Rabban34 den Sinn der Aussage gemäss der Gewohnheit des Gesetzes erklärt: |96| 30 »Denen unter dem Gesetz war es gestattet, zwei Schwestern zu heiraten, aber nicht denen, welche im Evangelium leben, dem Gesetz und dessen Gebräuchen bereits [davon-]gestorben sind und für Christus und für das Himmelreich leben.«35 31 Andere interpretieren das Wort im strengen Sinn des Bundes in Christus, wobei sie gänzlich verbieten, dass jemand zwei Schwestern heiratet. 32 Es darf uns nämlich nicht die Ergänzung »solange sie lebt« täuschen, die am Ende des Textstücks hinzugefügt ist, als wäre es [nur], solange sie lebt, nicht erlaubt, [die Schwester] zu heiraten, aber nach deren Tod [sehr wohl] erlaubt, [ihre Schwester] zu heiraten, erstens, weil allgemein bei allen, wo [das Gesetz]36 deren Scham zu entblössen verbietet, es sich um Ehe handelt. 33 Wenn somit jemand die Verlobte seines Bruders heiraten 32 Diese angekündigten Stellen fehlen unten im Text — eines der stärksten Argumente dafür, dass 9a und 9b zwei verschiedene Texte sind, welche im Laufe der Überlieferung nachträglich zusammengefügt wurden. 33 Gemeint ist die Schule von Nisibis (BERTI, Vita, S. 256 Anm. 756), von BRAUN (Versio, S. 62 Anm. 2) irrtümlich mit dem von Zekāīšō‘ gegründeten Kloster in Dāšēn identifiziert, vgl. zur Verwirrung Fiey, Assyrie, Bd. 2, S. 307–309. 34 Vgl. zu ihm VAN ROMPAY, Yoḥannan of Beth Rabban, in GEDSH, S. 441 l.–r. Sp. Erwähnt ist er auch in Barḥadbešabbā, Ursachen der Schulgründungen (PO 4, S. 388). Schriften von ihm sind im Schriftstellerkatalog des ‘Abdīšō‘ (Kap. 56) genannt (BOCV Bd. 3/1, S. 72f). Mit BRAUN, (Versio, S. 62 Anm. 3) möchte man am liebsten an den dort (S. 72) genannten Levitikuskommentar denken. 35 Locum non inveni. 36 Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 62.

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will, die Verlobte aber die Frau ihres Verlobten ist, wie wir sagten, dann will derjenige, der unter den Frauen die Verlobte seines Bruders zu heiraten begehrt, die Frau seines Bruders heiraten, was töricht und gesetzeswidrig ist. 34 Dass die Verlobte die Frau ihres Mannes ist, erfahren wir erstens aus dem alten Gesetz des Mose. Er sagt nämlich Folgendes: »Denn beide waren nackt, Adam und seine Frau, und sie empfanden keine Scham.« (Gen 2,25) 35 Er nennt diejenige Adams Frau, welche er nach langer Zeit im [Geschlechts-]Verkehr erkannt hatte. 36 Ferner sagt er in der fünften Schriftrolle: »Wenn es ein jungfräuliches Mädchen gibt, die mit einem Mann verlobt ist, und ein anderer Mann trifft sie auf dem Feld 37 an und schläft mit ihr, sollt ihr sie [beide] mit Steinen bewerfen und töten: das Mädchen, weil sie nicht um Hilfe gerufen hat, und den Mann, weil er die Frau seines Nächsten bedrängt hat.« (Dtn 22,23f) 37 Er nennt also die Verlobte seines Nächsten »Frau seines Nächsten«.38 38 Dann39 aus den Worten des Engels Gabriel an Josef: »Fürchte dich nicht, Maria zur Frau zu nehmen!« (Mt 1,20) 39 Weiterhin bezeugt der Evangelist mit den Worten: »Er machte sie zu seiner Frau, aber erkannte sie nicht.« (Mt 1,24f) 40 [[Der Evangelist nennt sie also »Frau«]]40, obwohl er [= Josef] sie überhaupt nicht erkannte. 41 Also ist die Verlobte eines Mannes Frau eines Mannes, |97| egal ob er sich mit ihr körperlich vereinigt hat oder nicht. 42 Denn dem Willen entsprechend, dass41 die Löhne sowohl bei den guten als auch bei den schlechten [Dingen] ausgeteilt werden, hatte er sich mit ihr bereits verbunden, aber dies, ohne sich mit seiner Verlobten auch körperlich verbunden zu haben, vielleicht nicht seinem Willen nach, sondern er wurde [vielleicht] durch den Zwang des Todes gehindert und zurückgehalten. 43 Davon aber, dass der Lohn mehr dem Willen als der Tat gegeben wird und dass Gott mehr auf diesen als auf die Tat selbst blickt, überzeugen uns die Witwe, die wegen zwei Obolen gerechtgesprochen wurde (vgl. Mk 12,42–44), der Räuber, der am Kreuz das Himmelreich ererbt (Lk 23,39–43), der unreine Blick auf eine Frau — wie unser Herr sagt: »Wer derart auf eine Frau blickt, dass er sie begehrt, hat mit ihr in seinem Herzen Ehebruch begangen.« (Mt 5,28) — und die 37 Der Bibeltext liest »Stadt«. Die Lesart »Feld« scheint durch Kontamination mit dem im Folgenden verhandelten Fall Dtn 22,25–27 entstanden zu sein. 38 Dieser Satz 9,37 fehlt in der deutschen Übersetzung von BRAUN (Briefe [OrChr 2], S. 23). 39 »Erstens« stand oben in 9,36. 40 Möglicherweise ist hier ein Textstück mit ungefähr diesem Inhalt ausgefallen. 41 BRAUN, Briefe (1903), S. 22 Anm. 1, und DERS., Textus, S. 97 Anm. 1, schlägt statt ÍÂxdie KonjekturÍàxvor. Mir scheint der überlieferte Text richtig.

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Lästerung des Räubers zur Linken (Lk 23,39). 44 Es ist also folglich nicht erlaubt, dass jemand die Verlobte seines Bruders heiratet, denn er nimmt die Frau seines Bruders, wie gesagt wurde. 45 Es ist aber ferner auch einer Frau nicht erlaubt, dem Bruder ihres Verlobten zu gehören, denn er ist ihr 5 Schwager. 46 Und auch dass nicht eine Frau zwei Brüdern noch zwei Schwestern einem Mann angehören dürfen, ordnen die Synodalkanones an.42 1

[BRIEF 9B]43 47 [[…]]44 Denn alle, welche sich auf eine dieser genannten Arten ver10 unreinigt haben oder verunreinigen, fallen unter dieses Urteil und Verbot der göttlichen Rede, bis sie sich von [all] dem entfernen und reine und heilige Gefässe [werden], die für den Gebrauch [durch] ihren Herrn geeignet sind. 48 Ebenso wenn sich jemand der Busse nähert und sich von derartigen schlechten [Dingen] entfernt, …45 Wer auch immer keine Busse 15 für die Sünden auf sich nimmt46, der ist unter dem Verbot von Gottes Rede und wird von der Menschenliebe Gottes entfernt werden, der will, dass alle Menschen leben und zur Erkenntnis der Wahrheit umkehren. 49 Denn allein Novatus, dem es an Bruderliebe und Menschenliebe mangelte47, hält die Pforte |98| der Liebe vor den Büssern mit hochmütigem Sinn und 20 anmassenden Gedanken verschlossen.

42 Vgl. dazu etwa die Referenzstelle der Synode von Neocaesarea in ep 12,13 (mit Anm. 17 auf S. 49 zur Stelle), welche Timotheos dort wörtlich zitiert, wo aber nur der umgekehrte Fall genannt ist. — Der Rest des Briefes ist wohl verloren gegangen. Der unmittelbar anschliessende Text scheint zu einem anderen Brief zu gehören, von dem offenbar der Anfang verloren ist. Vgl. zur Unterteilung des Briefes oben in der Einleitung S. XXVI–XXVII. 43 Syrische Edition mit deutscher Übersetzung bei BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 24–28 resp. 25–29. — Italienische Teilübersetzung bei BERTI, Vita, S. 259 (9,59 — 9,66 Mitte). 44 Der Anfang des Briefes ist offenbar verloren gegangen. Vgl. zur Unterteilung des Briefes oben in der Einleitung S. XXVI–XXVII sowie BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 3 und S. 25 Anm. 2. In seiner Gesamtedition und -übersetzung der Briefe 1–39 von 1914/15 hat BRAUN die Aufteilung von Brief 9 wieder aufgegeben (kein Vermerk dazu in Versio, S. 63). 45 Hier sind wohl einige Worte ausgefallen, ebenso BRAUN (Briefe [OrChr 2], S. 25), der an eine Formulierung wie »so soll er losgesprochen werden« denkt. In seiner späteren lateinischen Übersetzung versucht es BRAUN ohne Annahme einer Lücke: »Pariter si quis poenitentiam facit et ab huiusmodi malis recedit, quicumque poenitentiam peccatorum non accipit, sub interdicto verbi Dei est…« (Versio, S. 64) 46 So mit BRAUN (Briefe [OrChr 2], S. 25), der dabei mit einem Fragezeichen in Klammern seine Unsicherheit signalisiert. 47 Der Vorwurf der mangelnden Menschenliebe gegenüber Novatus und den Novatianern auch in ep 1,4,2, dort ohne Namensnennung, sie sind aber später in 1,7,10f genannt.

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50 »Doch niemand von48 den Hirten«, sagt ihr, »hat diese derartigen Gesetze und Anordnungen erlassen: Wie könnt ihr eine Neuerung einführen, die es seit aller Ewigkeit und seit jeher nicht gab?« 51 Euch sagen wir, ihr Bewundernswerten: Man muss nicht fragen, ob sie gesagt worden sind oder nicht, sondern ob sie wohlgefällig sind und [ob sie] geschehen sollen oder nicht. 52 Wenn sie nicht wohlgefällig sind und nicht geschehen sollen, dann sollen sie aufgehoben werden, auch wenn sie viele Male gesagt worden sind, wie auch jene [Vorschriften] der Heiden und der Magier aufgehoben worden sind, obwohl sie durch viele königliche Vorschriften49 bekräftigt und verwurzelt waren. 53 Wenn sie aber geschehen sollen und wohlgefällig sind, dann sollen sie festgesetzt und angenommen werden, auch wenn niemand sie eingesetzt und bekräftigt hat, besonders wenn sie mit der Herrlichkeit der Gerechten und Tugendhaften geschmückt und mit der Kraft der heiligen Schriften gekrönt sind. 54 Wenn bei einem Bildhauer und einem Zimmermann Ersterer ein Standbild und Bildnis, Letzterer eine Tür oder einen Stuhl entweder überhaupt nicht oder schlecht bildet und zimmert, soll dann daraus ein allgemeines Gesetz für den Bildhauer und den Zimmermann werden, dass sie entweder überhaupt nicht oder schlecht bilden und meisseln sollen? Sollen wir etwa zulassen, dass sich die einen als nachlässige und gänzlich unbrauchbare, die anderen als unfähige und schlechte Handwerker50 freuen?51 55 Bei den anderen [Bildhauern und Zimmerleuten] jedoch ist es angemessen und passend, dass sie mit trefflicher Kunstfertigkeit — die einen Bilder und Bildnisse, die anderen Türen und Sessel — zimmern und bilden, wobei sie eher auf den Archetyp und das Urbild und nicht auf das schlechte Handwerk und das Nichthandwerk von gewissen Leuten blicken oder [dementsprechend] arbeiten sollen. 56 So ist es vielmehr auch für uns nötig, dass wir vielmehr52 auf den |99| Urarchetyp53 des Evangeliums statt auf die Leute blicken, welche auch immer es sind, und da sollen wir Gedanken, Rede und Tat anpassen. »Denn wer [ist] Paulus, und wer [ist] Apollo?« (1 Kor 3,5) BRAUN konjiziertèã(Briefe [OrChr 2], S. 24 Anm. 3). Ich konjiziereèãx. Syrisch prōtīgmē, vgl. gr. πρό(σ)ταγμα. 50 Im Syrischen wörtlich: »schlechten im Handwerk«. 51 BRAUN (Briefe [OrChr 2], S. 23) konjiziert …ÎÑæ{ statt …{ËÑæx und übersetzt: »…oder sollen wir vielmehr den Einen als Trägen und ganz Unbrauchbaren, den Anderen als untüchtigen und schlechten Handwerkern verzeihen und nachsehen«, wobei er mit einem Fragezeichen seine Unsicherheit signalisiert. 52 Die Übersetzung ahmt den syrischen Text nach, woĀÙsüÙĀÙzweimal steht. 53 Hier¿ÞçòŽ(»Urarchetyp«) gegenüber dem blossen¿Þçò(»Archetyp«) im Paragrafen zuvor. 48 49

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57 Wir sind eure Diener um des Jesus Christus willen. Steht also da in der Freiheit, zu der Christus euch befreit hat, ihr Brudersmänner, und beugt euch nicht unter das Joch der Dienerschaft der Leiden der Sterblichkeit, und eure Freiheit soll nicht zur Ursache für Fleisch und Blut werden, denn »Fleisch und Blut können Gottes Reich nicht ererben noch ererbt die Vergänglichkeit die Unvergänglichkeit« (1 Kor 15,50). 58 Mit [all] dem zusammen reden wir euch zu: Schenkt dem Ehrwürdigen Gottes, eurem Metropoliten, Gehör und Gehorsam! 59 Er ist tugendhaft in seinem Wandel, und er ist ein Lehrer in seiner Lehre. Über vierzig Jahre dient er als Diener und Lehrer in Gottes Kirche, und er wurde gewürdigt, den Stuhl der Lehre innezuhaben und nach jenem Lichtengel, unserem Vater Abraham dem Grossen, zu dienen. 60 Er soll in euren Augen nicht verschmäht und nicht verachtet werden, [nur] weil er den Menschen nicht zu gefallen versteht. Denn wenn er bis jetzt den Menschen gefallen hätte, wäre er kein Diener für Christus. 61 Und so: Blickt auf ihn wie auf Christus! Und je niedriger er ist, desto grösser sei das Erzittern vor ihm. 62 Erinnert euch an die unaussprechliche Demut des Christus, der den Herrscher dieser Welt auflöste und vernichtete54. Denn Gottes Reich besteht nicht im Reden, sondern in der Kraft (vgl. 1 Kor 4,20). 63 Sonst müssten wir vielleicht auch Paulus dafür zurückweisen, dass er über sich selbst bezeugt, er sei in der Rede ungebildet55. 64 Seht, euer Hirte hat eine zweifache Sprache: die attische athenische sowie die des Geistes und des Feuers, die im Obergemach auf die Apostel herabkam. 65 Lest also im Brief des Märtyrers Ignatios und erfahrt aus ihm, wie man sich den Bischöfen gegenüber verhalten muss!56 66 Alles, was der Metropolit in der Kirche anordnet, das |100| soll geschehen, und niemand soll dagegen streiten und sich erheben im Wort des Herrn, der alles festhält, er, der euch bewahren möge unter der Fürsorge seines göttlichen Erbarmens in Ewigkeit. 67 Brüder, betet für uns!

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Vgl. dazu Joh 16,11 sowie ep 40,1,3. Vgl. 2 Kor 11,16. 56 Ign Eph 1,3; 2,2; 4,1; 5,3; 6,1; 20,2; Ign Magn 2,2; 6,1; 13,2; Ign Trall 2,1f; 13,2; Ign Pol 6,1. 55

BRIEF 101 1

Von demselben an die Elamiter. Timotheos, der Diener und Minister des apostolischen Patriarchenstuhls in der Königsstadt2, an die Priester und Gläubigen der gläubigen Stadt Bēlāpāṭ: Gruss unseres Herrn!

1 »Gehorcht den Verwaltern«, sagt der heilige Geist, »und hört auf sie, denn sie wachen um eurer Seelen willen, als solche, die für euch Rechenschaft ablegen!« (Hebr 13,17) Dies ist der Befehl und die Anordnung des heiligen Geistes. 2 Wir aber haben erfahren, dass es welche unter den Klerikern und unter dem Stand der Studenten gibt, die sich in frecher 10 Weise gegen den Befehl des ehrwürdigen Metropoliten erheben und in der Kirche und in der Schule ausserhalb seines Willens sein wollen.3 3 Wir haben also beschlossen und festgesetzt, dass, wenn sich ein Kleriker frech gegen den Metropoliten erhebt, es [ihm] durch die Rede des Herrn nicht erlaubt ist, seinen Rang auszuüben und an den Leben spendenden 15 Sakramenten teilzunehmen, bevor er dem Metropoliten Genugtuung geleistet hat. 4 Wenn es unter den Studenten oder unter den Lehrern jemanden gibt, der sich dem Metropoliten widersetzt, so ist es ihm durch die Rede unseres Herrn nicht erlaubt, ohne die Genehmigung des Metropoliten in einem der kirchlichen Ränge zu dienen und die Leben spendenden Sakramente zu 20 empfangen und innerhalb der Grenzen der Stadt Bēlāpāṭ zu wohnen. 5 Dass einer von den Gläubigen heimlich oder öffentlich diejenigen unterstützt, die sich gegen den Metropoliten auflehnen: das ist durch die Rede des Herrn nicht gestattet. 6 Steht fest in unserem Herrn und betet für uns! |101| 5

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Italienische Übersetzung von Brief 10 bei BERTI, Vita, S. 247f (ohne Briefüberschrift). Zum Begriff und zu Parallelstellen vgl. oben S. 4 Anm. 7 zu ep 3,6. Vom Widerstand der Kleriker und Studenten gegen Sergios berichtet auch ep 45,4f.

BRIEF 111 1

Von demselben an Sergios. An unseren verehrungswürdigen und heiligen2 Bruder Mār Sergios, Bischof, Metropolit von Elam. Timotheos der Sünder grüsst deine Liebe.

1 Ich habe bereits vor kurzer Zeit diejenigen [Dinge] geschrieben, die deiner Heiligkeit und den Elamitern zu schreiben sehr nötig und nützlich waren, und ich weiss, dass sie bereits bei euch angekommen sind und ihr sie auch gelesen habt, wenn denn3 ihnen nichts in widriger Weise zugestossen ist, sei es aufgrund des freien Willens derer, die sagen und denken: »Das sind unsere Lippen. Wer ist unser Herr?« (Ps 11,5) und: »Uns ist 10 alles zu tun und zu sagen erlaubt« (1 Kor 6,12), wie der Apostel aussagt, sei es aus widrigen Widerfahrnissen von aussen, die stattzufinden und zu geschehen pflegen. 2 Aber jetzt habe ich euch bereits wieder andere [Dinge] geschrieben, die entsprechend dem, was ich aus deinen Briefen erfahren habe, geschrieben werden mussten, obwohl ich nur mit grosser 15 Schwierigkeit und Mühe4 schreiben konnte. Mich hat nämlich irgendein Augenleiden befallen, von dem ich nicht weiss, dass es mich seit kindlicher Regung5 [je] befallen hätte, und es hindert mich am Lesen wie auch an jeglichem notwendigem Austausch mit der Gemeinschaft. Doch irgendwie habe ich jene [Dinge dennoch] geschrieben und geschickt, die not20 wendigerweise geschrieben werden mussten in der Angelegenheit des 5

1 Italienische Teilübersetzungen von Brief 11 bei BERTI, Vita, S. 249 (11,3–7) und 263f (11,9–12). 2 Hier steht im Syrischen tatsächlich das Adjektiv ¿þÙËù. Vgl. dazu auch den »heiligen Diodor« oben in ep 9,7. 3 Braun ordnet hier und im Folgenden die Syntax anders: Er verbindet den Nebensatz ebenso wie später den Konzessivsatz nach hinten: »Wenn ihnen also nichts in widriger Weise zugestossen ist, …, so habe ich euch dennoch wieder andere [Dinge] geschrieben, die entsprechend dem, was ich aus deinen Briefen erfahren habe, geschrieben werden mussten. Und obwohl ich nur mit grosser Schwierigkeit und Mühe schreiben konnte, … so habe ich dennoch irgendwie geschrieben…« (Im lateinischen Original: »Si ergo et nihil adversi eis accidit, … tamen nunc iterum alia scripsi prout scribendum esse ex epistulis tuis didici. Et quamquam non poteram scribere nisi cum multa difficultate et incommodo, … tamen quomodocunque scripsi…«). 4 Im Syrischen wörtlich »Unleichtigkeit«. 5 Vgl. dazu auch disp 1,4: »sozusagen seit der Kindheit und von zartester Jugend an«.

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〈Elenden〉6, worauf dort deine Heiligkeit sehr gedrängt hat. 3 Denn jene Krankheiten, die in langer Zeit altvertraut geworden sind und sich eingepflanzt haben, können [nur]7 eine nach der anderen und nach und nach geheilt werden. 4 Denn die Krankheit ist eine Feindin der Gesundheit, wie ihr [ja] wisst. Sie ist aber auch eine Feindin der [ausgeglichenen] Mischung [der Körpersäfte] und der [einzelnen] Glieder, in denen sie ist. 5 Doch obwohl sie so eine Gegnerin und Widersacherin sowohl der Natur als auch der Materie ist, in der sie ist, erweist sich diese Gegnerin und Widersacherin doch wegen der ständigen Gegenwart und der Gewohnheit als eine Freundin, und es ist vielleicht |102| schwierig oder gar überhaupt unmöglich, dass sie sich [von einem] trennt, sie, die eine Vernichterin und Auflöserin des Bestandes8 des Körpers ist. 6 Auf diese Weise scheint mir nun auch [sich zu verhalten], was jenen bösen [Mann] betrifft: Er ist nämlich ein Gegner der Gesundheit der Allgemeinheit wie auch seiner selbst. 7 Aber die andauernde Zeit und das beständige [Zusammenleben] mit den Gliedern der Allgemeinheit hat ihnen die Krankheit wie zu einer Eigenheit gemacht, und die Glieder nehmen es hin, eher vom Körper getrennt zu werden als von der Krankheit, die mit ihnen gewachsen und mit ihnen vertraut ist9, wie Israel damals bei Jerobeam, als es sich vom Haus Davids entfernte und sich dem Haus des Jerobeam anschloss.10 8 Doch deine Ehrwürdigkeit wird diese [Dinge] mit Weisheit wie auch mit Geduld beachten. Soviel dazu. 9 Was deine Ehrwürdigkeit über Ḥūmānšāh11 geschrieben hat, lässt die Freude in mir noch viel grösser werden, und ich habe Gott, unseren Herrn, gepriesen, der durch Vermittlung deiner Ehrwürdigkeit die Dummen und Törichten weise macht und die Bösen zur Güte verändert.12 10 »Trenne, ja trenne das Kostbare vom Wertlosen!« (Jer 15,19), damit du wie Gottes Mund bist. 11 Salbe ihn unablässig wie einen Ringer mit der Salbe der Ermahnung und unterweise ihn in den Wettkämpfen der Tugend und der Konjektur BRAUN (Textus, S. 101 Anm. 1). — Über den betreffenden Anführer erfahren wir in diesem Brief nicht mehr als das in 11,6 Gesagte. Offenbar ist Mār Ābā gemeint, der unten in 11,16 sowie in ep 45 genannt ist. Zu ihm vgl. HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LIX und S. 58 Anm. 281. 7 Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 66. 8 Syrisch qāṭāsṭāsīs, vgl. gr. κατάστασις. 9 Syrisch wörtlich: »ein Sohn ihres Wachstums und ihrer Vertrautheit ist«. 10 Vgl. 1 Kg 12,16–20. — Zur Metapher »Krankheit« im Konflikt zwischen Sergios und seiner Metropolie vgl. auch oben ep 4,1–3 und 5,2. 11 Vgl. zu ihm 6,15; 7,9; 13,37; 30,2; 31,7 sowie ep 5,11, dort mit alternativer Schreibweise Kūmānšāh (vgl. dazu oben S. 14 Anm. 10 zu 5,11). 12 Vgl. ep 55,6. 6

BRIEF 11

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Verständigkeit. 12 »Gewähre deinen Augen keinen Schlaf noch Schlummer deinen Lidern, bis du« in ihm »einen Ort für den Herrn und eine Wohnstätte für den Gott Jakobs findest!« (Ps 132,4f13) 13 Lies die Briefe an die Elamiter diesen mit Geduld und Verständ5 nis vor.14 14 Bete für uns, dass unser Herr uns der Vergebung der Sünden würdigt. 15 Wir grüssen in Verehrung den Fürsten der Gläubigen des Erdkreises, Mār Mardānšāh, den gläubigen freien [Mann], und die ganze Kirche Gottes bei dir. 16 Durch einen kurzen Brief ist Mār Ābā von mir verurteilt und jeder, der gegen deine Heiligkeit kämpft.15 1

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Im Psalmzitat als Selbstaufforderung der ersten Person formuliert. Dies bezieht sich wohl auf die Briefe 10 und 12, möglicherweise auch auf Brief 9b. Mit den Elamitern sind also offenbar in erster Linie die in der Kathedrale von Bēt Lāpāṭ versammelten Gläubigen gemeint (vgl. dazu auch ep 12,6: »euch Elamitern und Leuten von Bēt Lāpāṭ«). Ob auch noch Abschriften in andere Bistümer der Metropolie geschickt wurden, wissen wir nicht. — Vgl. zur Praxis des Vorlesens auch unten ep 12,7. — Eine entsprechende Aufforderung findet sich auch in ep 5,4, dort offenbar mit Bezug auf Brief 4. 15 Zum Aufrührer Mār Ābā vgl. oben S. 44 Anm. 6 zu 11,2 mit weiteren Stellen. 14

BRIEF 121 1

Von demselben an die Elamiter.

Timotheos der »Fremdling2 und Beisasse« (Gen 23,43), durch Gottes Erbarmen |103| Diener und Minister des Patriarchenstuhls in der Königsstadt4, an das heilige Volk und die erlöste Versammlung, [an] die Priester 5 und Gläubigen, die zur Bürgerschaft5 von Elam gehören. Gruss des Herrn, des Herrn des Alls. 1 Nichts ist schöner und anmutiger als eine Gott liebende Seele und [nichts] ansehnlicher und rühmlicher als eine freie Gesinnung. Denn sie ist Gottes Tempel und das Allerheiligste seiner Gegenwart. 2 Und daher 10 sagte auch der himmlische Apostel Paulus zu gewissen Leuten: »Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und Gottes Geist in euch wohnt? Wer Gottes Tempel zugrunde richtet, den richtet Gott selbst zugrunde.« (1 Kor 3,16f) 3 Denn zuvor hatte er aus der Schrift gelehrt und war vom heiligen Geist und von unserm Herrn Jesus Christus unterwiesen wor15 den, der zu ihm sagte: »›Ich werde bei euch wohnen‹, spricht Gott, ›und ich werde unter ihnen einhergehen und ihnen Gott sein.‹« (2 Kor 6,16; Lev 26,12) 4 Hört aber auch diesen anderen [Spruch]: »Auf wen blicke ich und [in wem] wohne ich. Vielmehr auf den Stillen, der demütigen Geistes ist und vor meiner Rede erzittert?« (Jes 66,2 ो) 5 Wenn doch die Seele und 20 die freie Gesinnung Gottes Tempel und das Allerheiligste seiner Gegenwart sind, wie gesagt worden ist, und wenn Gott anmutiger, schöner und 1 Teiledition und -übersetzung (Briefüberschrift sowie Abschnitt 12,14–17) bei SELB/ KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 2, S. 336 (syrischer Text) und S. 337 (deutsche Übersetzung). Deutsche Übersetzung bei BRAUN, Briefe (OrChr 2), S. 30–32, dort noch als Brief 13 gezählt (vgl. dazu HEIMGARTNER, CSCO 645, S. XII Anm. 21 und S. LXXVI Anm. 250). — Auf dieser alten Zählung von Braun beruht möglicherweise die Angabe bei SELB/KAUFHOLD (Rechtsbuch, Bd. 2, S. 336), die behaupten, in der Edition Darmo sei der Brief als Nr. 13 (ÇÙ) gezählt, wo aber €steht (vgl. dazu im Editionsband S. 55 Anm. 1 die Angaben zu den Textvarianten der Briefüberschrift). 2 Syrisch aksenāyā, vgl. gr. ξένος. 3 Im Peschittatext steht jedoch statt des Lehnwortes ¿ÚçêÝs das genuin syrische Wort ÁÎäïfür »Fremdling«. 4 Zum Begriff und zu Parallelstellen vgl. oben S. 4 Anm. 7 zu ep 3,6. 5 Im Syrischen pūlūṭīyā (oder pūlīṭīyā), vgl. gr. πολιτεία. Der Begriff begegnet auch in ep 4 inscr, ep 6,10 und 41,8,16.

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prächtiger, erhabener und rühmlicher als alles ist, dann wird also zu Recht zugestanden, was gesagt wurde6, dass nichts schöner, anmutiger7, prächtiger und rühmlicher ist als eine Seele, die Gott liebt, und als eine freie Gesinnung. 6 Und weil unser Herr euch Elamitern und Leuten von Bēlāpāṭ eine Gott liebende Seele und eine freie Gesinnung geschenkt hat, und [weil] nichts reicher und schöner als diese ist, deshalb wird nicht zu Unrecht auch über euch gesagt, dass es nichts [gibt], was reicher [ist] als Gottes Gleichbild und Abbild, das in euch |104| dargestellt ist. 7 Denn als ihr den Brief vorgelesen bekommen habt8, den wir an eure Grösse über die göttlichen Gesetze und wegen den Synodenvorschriften geschrieben hatten9, habt ihr diese Dinge sofort und auf der Stelle mit Gott liebender Seele und guter Gesinnung angenommen, wie uns der Cherub10 geschrieben hat, der mit Geist gesalbt ist und euch überschattet11, das heisst, Gottes Ehrwürdiger, unser Bruder Bischof Mār Sergios, euer Metropolit. 8 Und wie Josua, der Sohn des Nun, und Kaleb, Sohn des Jefunnes, die Reden des Propheten Mose (vgl. Nu 32,12), so hat auch die Grösse eures Glanzes die Kanones und Vorschriften der Väter12 angenommen. 9 So loben wir Gott um euretwillen, der in euch sowohl das Wollen als auch das Vollbringen dessen veranlasst, was schön vor ihm ist (vgl. Phil 2,13), und wir erbitten von ihm, dass er euch in jeder guten Tat vollkommen vor ihm mache13, sodass ihr seinen Willen tut und seines Reiches gewürdigt werdet, um dessentwillen ihr leidet, das er euch verheissen hat in seinem lieben Sohn, unserem Herrn Jesus Christus, der Gott über alles ist. 10 Aber weil ihr nicht mit Unwissen, sondern vielmehr mit Wissen über diese Heilmittel des Geistes disputiert habt und damit [ihr wisst]14, wer 6

Vgl. oben 12,1. Die umgekehrte Reihenfolge der Adjektive entspricht dem syrischen Text. 8 Vgl. zu dieser Praxis auch oben ep 11,13. 9 Möglicherweise ist Brief 4 gemeint, wo in 4,4 tatsächlich von »synodalen Bestimmungen« die Rede ist. Leider ist nach 4,3 offenbar ein Textstück ausgefallen (vgl. dazu oben S. 8 Anm. 11 zur Stelle). 10 Die Bezeichnung von Sergios als gesalbter überschatteter Cherub auch in ep 4,26 und ep 45,1, vgl. dazu auch oben S. 10 Anm. 22 zu 4,26. 11 Vgl. Ez 28,14.16, ferner auch Lk 1,35: »Die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.« — BRAUN verweist auf die angebliche Passivform in den Handschriften (Versio, S. 68 Anm. 1: »Cod. ›obumbratus est‹«). Das Af‘el-Partizip âÔã(von âÓ) kann jedoch sowohl als Aktiv- wie auch als Passivform interpretiert werden. Auch BRAUN selbst übersetzt oben in 4,26 aktivisch (Versio, S. 52: »protegit«). Möglicherweise hat er hier den > verdeutlichenden Punkt vermisst, der in 4,26 in seiner Handschrift steht (âÔã{). 7

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Im Syrischen mit Adjektiv: »die väterlichen Kanones und Vorschriften«. Vgl. 2 Tim 3,17. Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 68.

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von diesen geistlichen Ärzten diese [Dinge] befohlen hat, zu welcher Zeit und welchem Ort sie gegeben und zubereitet wurden und welche von den Synodalversammlungen es ist, die diese [Dinge] angenommen und der Überlieferung übergeben hat, geben wir euch in zusammengefasster knapper Form einen Beweis und ein beweisendes Beispiel dafür aufgrund der apostolischen, priesterlichen und göttlichen Vollmacht und aufgrund des königlichen Szepters, Diadems, Stabes und Purpurs. 11 Aus den apostolischen Kanones, die durch Clemens, den Helfer des Apostels Paulus, festgesetzt wurden, Kanon 1315: |105| »Die Apostel sagen durch Vermittlung des Clemens Folgendes: Dass jemand zwei Schwestern oder die Tochter eines Bruders oder die Tochter einer Schwester [zur Ehefrau] nimmt, ist nicht erlaubt.« 12 Von demselben, Kanon 18: »Wer zwei Schwestern [zur Ehefrau] nimmt oder die Tochter der Schwester seiner Ehefrau, kann nicht Erbe des Christentums sein.« 13 Von der Synode in Neocaesarea, die vor der [Synode der] Dreihundertachtzehn16 war, Kanon 2: »Wenn zwei Brüder eine Ehefrau haben, soll sie bis zum Tode aus [der Kirche] verstossen werden.«17 In derselben Weise soll das Urteil auch über denjenigen gefällt werden, der zwei Schwestern genommen hat. 14 Aus den kaiserlichen Gesetzen, die an den heiligen Synoden der Väter erlassen und angenommen wurden, Gesetz 〈54〉18: »Die Gesetze befehlen, dass man nicht die Ehefrau seines Bruders zur Ehefrau nehmen darf.19 Und ein Mann, dessen Ehefrau stirbt, darf nicht die Schwester 15 Schon BRAUN (Versio, S. 68 Anm. 7, und zuvor bereits Briefe [OrChr 2], S. 31 Anm. 2) verweist für die folgenden beiden Zitate auf die fast wörtlich identische Stelle bei ‘Abdīšō‘, Collectio canonum synodicorum, welche das Verbot aber auf Kleriker beschränkt: > > ? > ? À{ÍäàÀøã ¿ćàÀĀЏü {s¿Ðsü {s.ÄêæÀÎ Ðsèُ yx{ z ¿úÙüÚáù— »Wer zwei Schwestern heiratet oder die Tochter des Bruders oder die Tochter der Schwester, dem ist nicht erlaubt, Kleriker zu werden.« (MAI, SVNC Bd. 10, syrischer Text S. 177, lateinische Übersetzung S. 10, an der betreffenden Stelle tatsächlich als § 18 gezählt wie hier in 12,12). — Zu dieser Stelle vgl. auch oben ep 9,5. 16 Zu dieser Bezeichnung der Synode von Nizäa vgl. auch ep 1,7,8.10; 3,6; 9,6; 41,7,18; 41,8,10; 47,35. 17 So wörtlich Synode von Neocaesarea, Kanon 2 bei SCHULTHESS, Kanones, S. 445 Z. 9, in etwas anderem Wortlaut ebenda, Z. 18, sowie VÖÖBUS, Synodicon, S. 100 (syr. Text) und S. 107 (engl. Übersetzung). — Zu dieser Stelle vgl. auch oben ep 9,6. 18 Konjektur gemäss SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 1, S. 60, sowie Bd. 2, S. 336 und 337. Die Handschriften lesen »14« (ËÙx) statt richtig »54« (Ëæx) bei fast gleichem Schriftbild. 19 Gegenüber der Vorlage im syrisch-römischen Rechtsbuch (siehe übernächste Anm.) ist hier der folgende Text ausgelassen: »und dass die verwitwete Frau nicht Frau des Bruders ihres [verstorbenen] Mannes werden darf« (vgl. auch BRAUN, Versio, S. 69 Anm. 1, und SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 2, S. 336 Anm. 3 und S. 337 Anm. 3).

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seiner Ehefrau zur Ehefrau nehmen, das heisst20, zwei Schwestern.«21 15 Und wenig später: »Die Gesetze verbieten ferner, dass jemand die Tochter seines Bruders oder die Tochter seiner Schwester oder die Schwester seines Vaters oder die Schwester seiner Mutter oder die Ehefrau seines 5 Vaters oder die Konkubine22 seines Vaters zur Ehefrau nimmt. 16 Und wenn jemand etwas im Sinne dieses Tuns zu tun wagt, das zu tun verboten ist, so untersagen die Gesetze, dass ihre Söhne und Töchter erben, die ihnen aus diesen Gesetzesübertretungen geboren worden sind. 17 Ferner sollen auch ihre Verwandten nicht erben, die mit ihnen gleichermassen 10 an der Gesetzesübertretung teilgenommen hatten. Und es ist ihnen nicht erlaubt, Testamente23 über ihre Besitztümer zu machen und [diese] zu vererben, wenn sie wollen.«24 18 Dies sind zusammengefasst die reinen Gesetze der Christenheit. Und die Güte unseres Herrn sei auf denen, die sie bewahren bis in Ewig15 keit. Und diejenigen, die sie übertreten, sollen der grossen Herrlichkeit des Himmelreiches fremd sein, bis sie Busse tun und zu unserem Herrn umkehren. 19 Seid fest |106| in unserem Herrn durch euren Glauben und rein in eurem Wandel! 20 Betet für uns, ihr Söhne des Himmelreiches! 1

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Auf Syrisch: »wie jemand sagen mag«. Syrisch-römisches Rechtsbuch § 98a, SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 2, S. 136 Z. 1–3 (syrischer Text) und S. 137 Z. 1–4 (deutsche Übersetzung) in der Textgestalt von R II (vgl. dazu ebenda, Bd. 1, S. 155). — BRAUN (Versio, S. 69 Anm. 1) verwendet die ältere Ausgabe: BRUNS/SACHAU, Rechtsbuch, § 108 (syrischer Text Teil 1, S. 29f; deutsche Übersetzung Teil 2, S. 33). 22 Hier im Syrischen das Lehnwort palaqī (gemäss dem syrisch-römischen Rechtsbuch § 98b; SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 2, S. 138 Z. 3), vgl. gr. παλλακή. Die Peschitta verwendet für »Nebenfrau« das genuin syrischeÀĀÝ{x, vgl. Gen 22,24; 25,6 u. a. 23 Syrisch dyāteqa’s, vgl. gr. διαθήκη. 24 In 12,15f zitiert Timotheos das syrisch-römische Rechtsbuch § 98b, SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 2, S. 138 Z. 1–7 (syrischer Text) und S. 139 Z. 1–7 (deutsche Übersetzung), in der Textgestalt von R II (vgl. dazu ebenda, Bd. 1, S. 155), danach in 12,17 zitiert er die Fortsetzung jedoch sehr frei (vgl. auch SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, Bd. 2, S. 336 Anm. 6 und S. 337 Anm. 4). — BRAUN (Versio, S. 69 Anm. 1) verwendet die ältere Ausgabe: BRUNS/SACHAU, Rechtsbuch, § 109 (syrischer Text Teil 1, S. 30; deutsche Übersetzung Teil 2, S. 33f). 21

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Von demselben an Sergios. An Gottes Ehrwürdigen, unseren Bruder Mār Sergios, Bischof, Metropolit von Elam. Timotheos der Sünder verehrt deine Ehrwürdigkeit.

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1 Ich habe die Briefe deiner Ehrwürdigkeit gelesen, die einerseits frohe Botschaft bringen — ich meine, wie sich die Elamiter den göttlichen Gesetzen, Anordnungen und Bestimmungen untergeordnet und gefügt haben — und andererseits auch süsse und angenehme Kunde von der Wahl des Hirten des Thrones von Karkā geben, dem seit [einer] hohen [Anzahl von] Tagen ein Oberhaupt des Sitzes fehlte und mangelte. 2 Sie äussern auch freudige Zeichen des Friedens und der Eintracht, die sich zwischen dem Hirten und seiner Herde und zwischen den Gliedern und dem Haupt im Geist festgesetzt haben, und ich freute mich beim Lesen und bei der Lektüre derselben [mehr] als der grosse Mose beim Lesen jener göttlichen Tafeln und brachte gemäss meiner Schwachheit auch das Gott gebührende Lob dar, der Ursache von allen guten [Dingen] ist (vgl. Jak 1,17) und sein wird, sowohl von denjenigen, die vorhanden sind2, als auch von denjenigen, die erhofft und erwartet werden, welche die Wahrnehmung durch die Sinne übersteigen und auch das Erfassen durch die Vernunft überragen, wie über sie ebenderjenige lehrt, der sie [uns] schenkt. 3 Zudem habe ich kühn zu beten gewagt, dass unser Herr deiner Ehrwürdigkeit mit der Stärke seines kraftvollen Arms alle Tugenden einpflanze und alle Stolpersteine aus dem Weg räume, die sich deinem schönen Dahinschreiten in Gott entgegenstellen, und die Schafe deiner Herde bestärke, Gottes Willen durch Taten und Worte zu erfüllen, den ganzen hiesigen Verlauf des sterblichen Lebens. 4 Er würdige uns alle |107| gemeinsam der Vergebung der Sünden und der Verheissung derjenigen [Dinge], die er uns in seiner Menschenliebe verheissen und versprochen hat. Soviel dazu.

1 Italienische Teilübersetzungen von Brief 13 bei BERTI, Vita, S. 249 (13,1 – 13,2 Mitte), S. 262 (13,23f) und S. 237 (13,25f). 2 So lautet der syrische Text wörtlich: »vor der Hand«.

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5 Ḥenānīšō‘, über den deine Ehrwürdigkeit geschrieben hat, wurde von uns mit dem Titel des Metropoliten von Sarbāzyā3 eingesetzt, und wir befahlen ihm heimlich zwischen uns und ihm: »Niemand soll dessen gewahr sein4, bis du am Sitz ankommst, für den du gesalbt bist.« 6 So sollte es geschehen wegen der tierischen Wildheit5 der Perser. 7 Er aber machte seine Weihe zuerst in der Königsstadt6 der Erde bekannt, bevor sie stattfand. 8 Und ich beschloss bei mir selbst: »Da er erwiesenermassen ein Geheimnis offenbart hat, werde ich ihn niemals mit Gottes Geist weihen!« 9 Da ging er hin und nahm bei Verwandten Zuflucht, und sie bedrängten mich mit Bitten. »Rechne ihm solche Dummheit nicht an! Denn es ist [mehr] aus Ungeduld geschehen«, sagen sie, »als aus Bosheit.« 10 Und als ich mich in langem Ringen zu seiner Weihe herabliess, befahl ich ihm, dass er weder in der Königsstadt noch in Baṣra und Huballat7 eine [einzige] Stunde verweilen, sondern geraden Weges unverzüglich dorthin ziehen solle, wo er hingeschickt wurde. 11 Und er sagte: »Ich brauche [Geld für meine] Ausgaben!« 12 Und ich entgegnete ihm: »Viele Mönche überqueren die Meere nach Indien und China nur mit Stab und Tasche. Bedenke, dass du als ihresgleichen mit einer Menge von Silber auf dem Meer fahren würdest!« 13 Doch er liess meine Befehle unbeachtet und ging in der Königsstadt etwa zwei Monate lang von Haus zu Haus. 14 Und danach zog er nach Baṣra und Huballat hinunter und liess sich nicht überreden, in Bescheidenheit am Sitz einzuziehen, der nicht der seine ist, sondern zog ein mit Stab und Mantel8, als würde er in Sarbāzyā einziehen. Er begann die Perser9 zu bedrängen und bedrohen, und die Bannbriefe, die ich gegen den gebannten Bābāi schrieb und die er hätte vorlesen müssen, sobald er nach Sarbāzyā gelangt wäre, die begann 3 Zu Sarbāzyā (heute Sarbaz in der iranischen Provinz Sistan und Belutschistan) vgl. FIEY, Ḫorāsān, S. 102f. Brief 13 von Timotheos ist der einzige Text über das Christentum in Sarbāzyā überhaupt (ebenda, S. 102). Eine Darstellung der Ereignisse um Metropolit Ḥenānīšō‘ von Sarbāzyā ebenda, S. 102f, mit teils wörtlichen Zitaten. 4 Im Syrischen wörtlich: »soll dich wahrnehmen«. 5 So zur Wiedergabe der beiden Substantive ba‘rīrūtā und ba‘īrūtā, im Syrischen mit Reimklang. Von der Wortbedeutung her wären auch barīrūtā und ba‘īrūtā (»[tierische] Dummheit und Unwissenheit«) denkbar. — Die Elias-Redaktion ersetzt das sonst nicht übliche ba‘īrūtā durch ba‘īrtānūtā. 6 Zum Begriff und zu Parallelstellen vgl. oben S. 4 Anm. 7 zu ep 3,6. 7 Zu Baṣra resp. Prāt de Māišan vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 3, S. 263–271, zu Huballat ebenda S. 275–277. 8 Syrisch paqīlā, vgl. gr. φακιόλιον. BRAUN erwägt auch eine Ableitung von ποικίλη im Sinne von »vestimenti genus, pallium« (Versio, S. 70). 9 Offenbar sind Perser in Huballat gemeint, vgl. im Folgenden 13,15.

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er vor allen Leuten in Huballat vorzulesen. 15 Und er begann Zūzē zu sammeln für |108| seine Ausgaben, wobei er sich überhaupt nichts von den [Dingen], die ich ihm befohlen hatte, zu Herzen nahm, bis dieser Elende schliesslich den Zorn des Metropoliten von Baṣra und der Perser, die in Huballat [waren], gegen sich entfachte: von jenem, weil er mit bischöflichen Würden an dessen Sitz Einzug gehalten hatte, und von diesen, weil er ihnen Angst machte und sie bedrohte: »Schnell und geschwind werde ich Bābāi und alle Perser, die in Huballat [sind], bannen.« 16 Und er selbst empfing die Vergeltung, die ihm für seinen Fehler gebührte: 17 Als er dann also eingesetzt wurde und er, als ihm all dies in Huballat zugestossen war, Bābāi noch nicht in den Laienstand zurückversetzt hatte, da weckte der Elende also Sarbāzyā gegen sich auf als einen Sturm von allen Seiten. 18 Schliesslich schrieb er mir: »Das Bischofsamt nützt mir nichts. Ich kehre in meine Zelle zurück.«10 19 Wisse also [du] und lass [es auch] ihn wissen, dass er Laie ist und ein Fremder beim [Dienst am] göttlichen Wort auf allen kirchlichen Rangstufen, die ihm ausserhalb von Sarbāzyā aufgetragen werden.11 20 Und teile sein Ämterverbot im ganzen Jurisdiktionsbereich deiner Ehrwürdigkeit schriftlich mit! 21 Und wenn der Satan ihn enttäuscht verlassen hat und er in die Königsstadt kommt, werde ich ihn [an] einem Tisch speisen, welcher dem in Huballat nicht gleicht. Soviel über dessen Verrücktheit. 22 Und niemand darf sein Ämterverbot auflösen, ob ich lebe oder tot bin, in Gottes Wort!12 23 Ich habe dir auch einen anderen Jungen zum Unterricht geschickt, nämlich unseren Gabriel. Denn auch er begehrte nach der Heilkunst. 24 Übergib ihn Zīstaq und dem Haus seiner Schule, und befiehl, dass dieser sich nach der Gewohnheit deiner Milde [um ihn] kümmere! Denn bereits unser Herr hat uns dies angeordnet: dass wir uns um die Armen kümmern sollen.13 25 Ezechiel habe ich ins Kloster unseres Mār Gabriel gegeben. Denn die Gefährten haben es gänzlich abgelehnt, sich um ihn zu kümmern. 26 Bete, dass Gottes Wille durch ihn gedeihe! 27 Ḥenānīšō‘14 10

Die Zitationspartikel lam steht seltsam spät enklitisch zu Beginn des zweiten Satzes. Vgl. auch die ähnlichen Formulierungen in ep 3,12.19. Hier wie dort besteht wohl ein Zusammenhang mit dem Mangel an Amtsträgern in Elam (vgl. ep 52,1–5). 12 FIEY (Ḫorāsān, S. 102) meint zu dem Fall: »On ne sait s’il y alla jamais, ni s’il y eut une chrétienté qui eut dépendu du métropolite de Sarbāz.« 13 Vgl. dazu Mt 19,21 par Mk 10,21 und Lk 18,22 sowie ferner Lk 14,13 und Gal 2,10. 14 Er ist wohl vom genannten Bischof Ḥenānīšō‘ von Sarbāzyā (13,5–22) zu unterscheiden. Vermutlich ist er identisch mit dem in ep 5,12 und 6,10 genannten Ḥenānīšō‘, vgl. dazu oben S. 14 Anm. 11 oben zu 5,12. 11

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und Sabrīšō‘ habe ich gemäss dem Kanon von Gottes Rede15 geschrieben. |109| Bis jetzt habe ich kein Zeichen von ihnen. 28 Ich habe ihnen auch den Brief deiner Ehrwürdigkeit geschickt, der ihnen alle guten [Dinge] versprach. 29 Dies habe ich deiner Ehrwürdigkeit mit Mühe und mit Schmerzen meiner Hüften geschrieben. Denn all meine Gebeine jammern wegen der Heftigkeit der Krankheit und Schwäche. 30 Bete, dass ich Gnade im Erbarmen des Herrn finde! 31 Das Buch des Euseb für Origenes sind sechs Memrē16, und es findet sich unter den Büchern des Aprem. 32 Denn er berichtete mir brieflich von diesem und versprach mir, es [mir] zu schicken, aber sein Ende ließ ihm dies nicht [mehr] zu. Denn ich meine, er habe es in17 der Bibliothek von Šūšterīn gefunden. Die Handschrift18 ist 〈geübt〉19, und ihre [Schrift-] Zeichen sind, so schrieb er, schön und klar. 33 Schick es mir, damit ich es abschreiben und wieder zurückschicken kann, ebenso auch das [Buch] von Gregor von Nyssa. 34 Und wenn dir seltene Bücher [in die Hände] fallen, die sich [anderswo] nicht finden, so lass es uns wissen. Denn vielleicht fällt dir etwas [in die Hände], was ich [noch] nicht gesehen habe. 35 Bete für uns! 36 Ich ehre und grüße Gottes ganze Kirche in Elam, besonders den edlen Mardānšāh, den Fürsten der Gläubigen des Erdkreises. 37 Kümmere dich um unseren Bruder Ḥūmānšāh20 und forme und bilde in ihm das Abbild deiner Tugend und deines Wissens! Du bist nämlich ein begabter Bildner. 38 Metropolit Nestorius21 ist mit der Staatspost22 nach Damaskus geritten, und wie man sagt, ist er in Jerusalem. 39 Es ist 15

Zu dieser Formulierung vgl. auch ep 5,12 und 53,7. So im Syrischen die constructio ad sensum. 17 Syrisch »aus«. 18 BRAUN (Textus, S. 109, Anm. 1, und Versio, S. 71 Anm. 4) schlägt die Konjektur ÁÏÂvor. In den Textzeugen steht Á¾Ý(VM), Á¾ò(WL) respektive ÁÏÝ(BTD). Ich halte Á¾Ý für eine ungewöhnliche Nebenform oder verderbte Schreibweise von ¾Ý(»Handschrift«, üblichere Schreibweise üÚÝ). 19 BRAUN (Textus, S. 109, Anm. 1, und Versio, S. 72 Anm. 1) konjiziert ¿Ôáã(»geübt«, vgl. gr. μελέτη κτλ.) statt ¿Ôáù(»geizig«) in den Handschriften. 20 BERTI (Vita, 220 Anm. 660) verweist auf die alternative Schreibweise Kūmānšāh. Sie findet sich in ep 5,11 (BRAUN, CSCO S. 83/53). In 30,2 die Schreibweise wie hier mit Ḥ. Vgl. dazu auch ep 47,11 zum Wechsel von Kappa und Chi. 21 Vgl. zu ihm auch unten 17,18 sowie möglicherweise ferner ep 15,5 (mit Anm. 4 auf S. 65 zur Stelle). In Nest Ap 23 (Unterschriften der Bischöfe) ist er als Metropolit von Ātōr genannt, in Thomas von Margā, Mönchsgeschichte 5,10 (BEDJAN, Liber, S. 291; BUDGE, Book, S. 279/506) als Metropolit der Adiabene (ÄÙËÐ). 22 Syrisch barīdā, vgl. arab. barīd sowie dazu ferner die »staatlichen [Tiere]« in ep 48,2. 16

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noch keine …23 heraufgekommen. 40 Der Metropolit von China24 ist zu unserem Herrn dahingeschieden. 41 Wenn du im Neuen Kloster [jemanden] findest — ich hörte nämlich, dass dort ein reiner und …25 Mönch…26

23 Schon BRAUN (Versio, S. 72) hat dem Begriff keinen Sinn abringen können (»Vox ignota vel corrupta.«). Die Bedeutung »Alchemie« (¿ÚäÚÝ) passt jedenfalls nicht. 24 Vgl. zu China auch ep 41,8,16. 25 Lücke im Text. 26 Der Text bricht hier ab. Der Rest des Briefes ist verloren gegangen. In den Handschriften folgt nahtlos Brief 14, von dem offensichtlich der Anfang verloren ist. Vgl. zur Unterteilung des Briefes oben in der Einleitung S. XXVII. Da die Briefe 13 und 14 in der Textüberlieferung einen einzigen Brief bilden, zähle ich die Paragrafen durchgehend durch beide Briefe hindurch (13,1–41 und 14,42–107).

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42 [[…]]2 Sein Verstand hat all dies durch den Geist [Gottes] gebildet. Man mag aber uns, die nach ihm [leben]3, Schüler nennen, Söhne des Geistes, Teilhaber, Anhänger, oh, ich weiss nicht, wie ich ihn bezeichnen und benennen soll: Urmodell der Tugend, |110| Urbild der Erkenntnis, bei dem wir, wenn wir jeweils 〈versammelt〉4 waren, mit aller Herrlichkeit der Tugend erhellt wurden und hinübergingen »von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie vom Herrn Geist [bewirkt]« (2 Kor 3,18): von dieser hiesigen geheimnisvoll angedeuteten [Herrlichkeit] zu jener himmlischen und göttlichen. 43 Und wie der grosse Mose den Aaron [verwendete], der feurige Prophet Elia den Elisa — oder wenn du möchtest —5, wie Petrus den Markus und wie Paulus den Lukas oder den Timotheos verwendete, so hat auch unser allerrühmenswertester Rabban Mār Abraham wie mit einer goldenen Zunge und wie mit Lippen voller Weisheit dieses wunderbare Werkzeug verwendet, ich meine Rabban Pētīōn, diesen hellen Stern, den Bringer des Lichts der Wahrheit. 44 Durch diese also und von diesen her wurden das Licht der Güte und die Gabe des Geistes verliehen; das erhabene Erbe Gottes wurde uns durch unseren Herrn Jesus Christus gegeben, das durch deren [= Abrahams und Pētīōns] Hände und Vermittlung die Fundamente der Erde und all ihre bewohnten Enden durchlief; mit der Sonne, sage ich, oder wie die Sonne, die »grosse Leuchte« (Gen 1,16) der Erde, die ihren Aufgang von den Enden des Himmels hat und ihren Niedergang zu den Enden des Himmels.6 45 Und so kommt durch diese Lichtsäulen der Erde uns zu, gemäss dem über alles verehrenswürdigen und erhabenen Namen des Christus Licht zu sein und zu heissen.7 46 Durch sie [= Abraham und Pētīōn] haben wir Freiheit von der Knechtschaft bei den Ägyptern und vom Pharao, dem sich widersetzenden Tyrannen. Durch sie wurden wir wie durch eine Licht- und Wolkensäule 1 Italienische Teilübersetzungen bei BERTI, Vita, S. 205f (14,42 ab »Man mag aber…« – 14,49) und S. 212 (14,94–102). 2 Der Anfang des Briefes ist offenbar verloren gegangen. Vgl. zur Unterteilung des Briefes oben in der Einleitung S. XXVII. 3 BRAUN, Versio, S. 72, ergänzt »relinquimur«. 4 Konjektur BRAUN, Textus, S. 110 Anm. 1. 5 Der Passus »der feurige Prophet … möchtest« fehlt bei BERTI, Vita, S. 206. 6 Vgl. Ps 19,7. 7 Vgl. Mt 5,14 und Joh 8,12 (so bereits BRAUN, Versio, S. 73).

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geführt8, durch sie wurden wir [wie mit] Manna vom Himmel und [wie mit] Wachteln vom Meer9 genährt, vielmehr [sogar] durch diese [Himmelsgaben], die im Vergleich mit ihnen [= Abraham und Pētīōn] noch erhabener und herrlicher [sind] wie das Urbild gegenüber dem Abbild, wie der Körper gegenüber dem Schatten. |111| Durch diese [beiden] haben wir das verheissene Land als Erbe erhalten, das nicht Palästina ist, sondern das Himmelreich, göttlicher Erbbesitz, Herrlichkeit der Unsterblichkeit. 47 Dies [alles war] die Lehre dieser [beiden] Lehrer, dies [alles waren] die göttlichen Gaben dieser beiden der Grösse Würdigen, sie, die auf Erden in himmlischer Weise und im Himmel in göttlicher Weise einhergingen und einhergehen, himmlische Blumen und göttliche Sprösslinge, die nicht an den Wasserläufen eingepflanzt sind10, sondern im himmlischen Jerusalem.11 48 Sie [sind] so und noch mehr als so12, wir aber, die hinter ihnen zurückbleiben, was sollen wir tun? Auf wen und wie sollen wir verweisen? 49 Und wie denn sollten wir die Rede der Erleuchtung erlangen, wo wir doch deren Mittler und Geber verloren haben, den grossen Abraham, den ruhmreichen Pētīōn, den wunderbaren Jakob13, die Väter und Brüder in unserem Herrn? 50 Wir haben sie jedoch nicht verloren, ihr Brüder, wir haben sie vielmehr gefunden und in Besitz genommen. Denn nicht ins Grab, sondern vielmehr ins Paradies, nicht in die Unterwelt, sondern an den köstlichen Ort der Seligkeiten, nicht ins Innerste der Finsternis und an die untersten [Stellen] der Erde, sondern vielmehr in den Himmel und in die Wohnstätte des Vaterhauses haben wir sie gesandt, denn nicht ins Haus der Toten, sondern ins Haus der Lebenden haben wir unsere Lampen geschickt. 51 Ich schaue nicht auf das Grab und blicke nicht auf die Unterwelt, ich betrachte nicht den Wurm und sehe nicht auf die Made. 52 Das ist nicht mein Teil noch [mein] Los, das auf die Machthaber fällt, sondern ich blicke statt auf das Grab auf den Ort der Hoffnung, auf den Himmel, statt auf die Unterwelt auf den Thron der Grösse, statt auf die Made auf die Unsterblichkeit, und statt auf den Wurm sehe ich auf die grosse Herrlichkeit der Unvergänglichkeit; ich wundere mich und staune über die herrlichen Strahlen der Gottheit, in welche die Söhne von Gottes 8

Vgl. Ex 13,21f; Nu 14,14; Neh 9,12.19. Vgl. Nu 11,31 und Sap Sal 19,12. 10 Vgl. Ps 1,3. 11 Vgl. Hebr 12,22. 12 Vgl. dazu auch »sowohl so als auch so« in ep 42,6,48.54 und »ob so oder ob so« in ep 38,31. 13 Über diesen hier unvermittelt auftretenden Jakob ist nichts bekannt, vgl. BERTI, Vita, S. 207 Anm. 606. Er scheint auch kürzlich verstorben zu sein. 9

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erhabenem Erbbesitz in Jesus Christus aufgrund der Person unseres Herrn und der Herrlichkeit seiner Kraft eingehüllt sind. 53 Ich mache nicht den |112| Apostel zum Lügner, ich mache nicht falsche Versprechungen von der Auferstehung, ich mache nicht die Menschwerdung der [Gott-]Rede und die Vergöttlichung des Menschseins, das Leiden, die Nägel davon14 und das Kreuz, den Tod, das dreitägige Grab und die Auferstehung zunichte. 54 Denn wenn wir alle ein [einziger] Leib in Christus sind und in Christus, unserem Herrn, alle Herrlichkeit der Unsterblichkeit und der Unvergänglichkeit erstrahlt, dann erstrahlt folglich in uns allen [ein und] dieselbe Herrlichkeit der Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit. 55 Denn wenn wir alle zugleich mit ihm in das Gleichbild seines Todes eingepflanzt sind und [wenn] jeder, der mit ihm in das Gleichbild seines Todes eingepflanzt ist, auch an seiner Auferstehung Anteil hat, dann werden folglich wir alle Teilhaber seiner Auferstehung (vgl. Röm 6,515). 56 Und wenn wir alle Teilhaber der Leiden des Christus sind und wenn jeder, der an seinen Leiden Anteil hat, auch an seiner Herrlichkeit Anteil hat, dann sind wir folglich alle Teilhaber der grossen Herrlichkeit und des Glanzes unseres Herrn. 57 Und wenn die künftige grosse Herrlichkeit der Gemeinschaft der Gläubigen [zuteil ist], um wieviel mehr wird sie denen gehören und nach denen benannt werden, die Lehrer der Gemeinschaft sind und heissen. 58 Doch so [werden] nach der Auferstehung der Leiber zwar unvergängliche Herrlichkeit und unsterblicher Glanz, ewige Freunde und Seligkeit ohne Ende [sein]16, doch jetzt am Ort der Toten in der Unterwelt, sage ich, und im Grab sehe ich diese zusammengesetzten Leiber sehr wohl mit Auflösung und sehr wohl mit Vergänglichkeit [verbunden] und erkenne ich diese vernünftigen und körperlosen Seelen nicht ohne Ruhe und nicht ohne Schweigen. 59 Um ein Beispiel zu machen: Wenn der Tod dem Menschen bestimmt ist und der Mensch aus Seele und Leib zusammengesetzt ist, dann ist der Tod folglich sowohl der Seele als auch dem Leib zubestimmt. 60 Doch der Tod des Leibes ist das Verstummen von dessen Fähigkeiten und Tätigkeiten. Ebenso ist der Tod der Seele das Aufhören und Verstummen |113| von ihren Fähigkeiten und Tätigkeiten. 61 〈Ich sagte〉17 jedoch »ebenso«, doch das Verstummen der Fähigkeiten und Tätigkeiten des Leibes [geht] mit seiner Vernichtung und Auflösung 14 HierÁxzwohl im Sinne eines abstrakten Femininums. Vgl. ähnliche ungewöhnliche Konstruktionen in ep 1,3,31 und 26,6. 15 Man beachte, wie Timotheos das Bibelzitat zum Syllogismus umformt. 16 Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 74. 17 Konjektur mit BRAUN, Versio, S. 74.

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überhaupt [einher], während das Verstummen der Fähigkeiten und Tätigkeiten der Seele [sich] umgekehrt [verhält]. Es [ist] nämlich keine Vernichtung und Auflösung ihrer Natur, denn sie existiert auch ohne Körper und ohne Zusammensetzung. 62 〈Was〉18 ohne Körper und ohne Zusammensetzung ist, ist auch ohne Teile. Doch was ohne Teile ist, ist auch ohne Auflösung und ohne Vernichtung. Dann ist die Seele folglich sowohl unauflösbar als auch unzerstörbar, und [das Verstummen]19 geschieht nicht zusammen mit Vernichtung und Auflösung, sondern zusammen mit Bewahrung ihrer Natur. 63 Denn ihre Natur vergeht niemals, sondern existiert in wesensmässiger und [selbständig] bestehender Weise, all ihre erkennenden und wirkenden Fähigkeiten jedoch sind offensichtlich nicht der Wirklichkeit nach, sondern allein der Möglichkeit nach und ohne Wirklichkeit in ihr verborgen. 64 Und wie, wenn sie im Fötus im Mutterschoss ist, ihre Natur und Individualität in erkennbarer Weise existiert, ihr Erkennen, Verstehen, Begreifen und Erinnern nicht der Wirklichkeit nach, sondern nur der Möglichkeit nach in naturgemässer Weise in ihr existieren, oder — wenn du möchtest — wie bei den Wurzeln und Samen in Ersteren Bäume und Pflanzen, in Letzteren Ähren der Möglichkeit nach existieren, nachher aber zur Wirklichkeit hervorgehen, so wird auch [bei der Seele] nach ihrem Weggang aus dem Körper und bis zur Auferstehung ihre Natur zwar ohne Auferweckung und Vernichtung bewahrt, doch ihr Erkennen, ihr Erinnern und all das, was zu ihr gehört, ist nicht der Wirklichkeit und der Sache nach, sondern wird nur der Möglichkeit nach in ihr in natürlicher Weise bewahrt. 65 Und wie [die Seele] im Fötus nicht ohne Erkennen und ohne Begreifen ist, weil die Körperteile der Sinneswahrnehmungen ihres Gefährten [noch] nicht vervollkommnet sind, so |114| ist sie [auch] nach ihrem Weggang [aus dem Körper] nicht ohne Erkennen und Begreifen, weil der Gefährte ihrer Zusammensetzung völlig fern von ihr ist, in dem und von dem und durch den sie jegliche Erkenntnisse und Weisheiten lernt, sondern sie hat alle Einsicht und alles Wissen der Möglichkeit nach in sich, wie sie es hatte, als sie im Fötus war. 66 [Es ist] wie [beim] 〈Feuer〉20 …21: Wenn es in der Lampe ist, besitzt22 es, solange sie brennt, seine Helligkeit und Wärme nicht nur der Möglichkeit nach, 18

Ich konjiziere in Analogie zum folgenden Satz. Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 74. 20 Konjektur mit BRAUN, Versio, S. 75. 21 Die Stelle ist beschädigt. > die ich mit BRAUN (Ver22 Im Syrischen steht die Vergangenheitsform{z¿Úçù, sio, S. 75: »possidet«) und in Entsprechung zum Hauptsatz unten in 14,67 präsentisch übersetze. 19

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sondern vielmehr der Wirklichkeit nach; solange es aber vor der Lampe im Stein war und nach der Lampe in der Luft [ist], besitzt es jene nicht der Wirklichkeit, sondern vielmehr [nur] der Möglichkeit nach, und das Feuer wird niemals nicht warm und nicht hell genannt, egal ob es sie der Wirklichkeit nach oder der Möglichkeit nach besitzt. 67 So [ist es] auch [mit der] Seele: Solange sie im Körper wohnt und mit ihm zusammen ist, hat sie Erkennen und Erinnern nicht nur der Möglichkeit nach, sondern vielmehr der Wirklichkeit nach. 68 Wenn sie aber zuerst im Fötus geschaffen wird und [später] irgendwann aus ihm herausgeht, dann hat sie Erkenntnis, Vernunft und Erinnerung nicht der Wirklichkeit nach, sondern vielmehr [nur] der Möglichkeit nach, wie wir sagen, bis sie erneut ihr körperliches Kleid anzieht23, und man sagt niemals, sie [sei] ohne Erkenntnis und ohne Begreifen, weil sie ihr Erkennen nicht der Wirklichkeit nach, sondern vielmehr der Möglichkeit nach hat wie auch früher im Fötus.24 69 In diesem Zwischenraum also zwischen Tod und Auferweckung wohnen alle Seelen wie in den Leibern der Föten. 70 Und das Paradies und der Ort ausserhalb von diesem sind nicht Ersterer zur Seligkeit und Letzterer zur Qual, |115| sondern beide Orte und Stellen stellen ein Abbild von dem dar, was nach der Auferstehung sein wird, und [zwar] sowohl in den Leibern als auch in den Seelen. 71 Das Paradies ist nämlich Abbild der Himmelreiches.25 So ist auch der Osten ausserhalb des Paradieses ein Sinnbild für die Verbannung26 aus dem Himmelreich. 72 Aber der Tod ist dem Menschen bestimmt.27 Der Mensch ist aber aus Seele und Leib zusammengesetzt. Dann herrscht folglich der Tod sowohl über den Leib als auch über die Seele, aber nicht in gleicher Weise, sondern [nur] in einer gewissen Weise28, wie gesagt.29 73 Und wenn der Tod über die Seele und den Leib herrscht und der Tod diejenigen, über welche er herrscht, wahrnehmungslos und erkenntnisunfähig macht, dann ist folglich offensichtlich, dass sowohl die Seele als auch der Leib ohne Wahrnehmung und Erkenntnis sind, seien sie im Grab und in der Unterwelt, sei es im Paradies oder an einem anderen Ort. 74 Es passt nämlich auch nicht zur Richtigkeit der Gerechtigkeit des Gerichts 23

Im Syrischen figura etymologica. In diesem Satz haben die Handschriften eine längere Textdoppelung, vgl. dazu im Editionsband den Apparat zur Stelle. 25 Vgl. zu diesem Motiv auch disp 6,5 sowie ep 2,5,5.7, ep 26,41 und ep 36,4,7. 26 Im Syrischen das Lehnwort eksōryā (vgl. gr. ἐξορία, »Exil«), so auch in ep 1,8,8. 27 Vgl. so schon vorher oben in 14,59. 28 BRAUN (Versio, S. 76) übersetzt »per analogiam«. 29 Vgl. oben 14,59–61. 24

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und seiner Prüfung, dass es jenen, die gleichermassen gesündigt haben und gerechtfertigt wurden, nicht gleichermassen und zugleich vergilt, sondern den einen die Seligkeit und das Gericht früher zukommen lässt, nämlich den Seelen der Gerechten und der Sünder, und den anderen dabei Aufschub gewährt, nämlich den Leibern der Gerechten und der Sünder.30 75 Wenn es also keine Seligkeit und Qual gibt, dann [gibt es] auch keine Erkenntnis von Seligkeit und Qual und auch keine Erinnerung an [all] das Schlechte, das zuvor war. 76 Und wenn es ein Wissen [all] dessen gibt, was zukünftig geschehen wird, [dann gibt es] auch ein Erinnern an [all] das, was zuvor war. Dann sind also sowohl Seligkeit als auch Qual vorhanden.31 So aber ist es nach dem Dahinscheiden. 77 Nach der Auferstehung jedoch sehe ich32 die [menschliche]33 Natur in aller Herrlichkeit, und zwar eher derjenigen, die gottgemäss gelebt haben. Mit ihnen, unter ihnen und an deren Spitze [sehe ich]34 Gottes Söhne, die Säulen der katholischen Kirche, die hellen Lampen der Erde, die vernünftigen und verständigen Sterne, diese Unsrigen zusammen mit den allerherrlichsten |116| und erhabenen: die [drei] Gregors, Basilius35, Diodor, Theodor und Nestorius. Mit ihnen also und in ihren Lichttabernakeln sehe ich sie. 78 Und wenn [all] das, was zum Tod gehört, mich bedrängt, so freut mich doch [all] das, was zur Auferweckung gehört. Dann, wenn ich mich mit der Gestalt des himmlischen [Menschen]36 bekleide, wie ich mich mit dem Gleichbild des erdhaften bekleidete, breite ich dorthin die Flügel aus, starte ich dorthin den Flug, erhebe ich dorthin Gedanken und Sinn und nicht zu diesem fremden Hier. 79 Dort suche ich die Lehrer an dem Ort, über den sie lehrten. Dort sehe ich [sie]37 an der Stelle, über die sie meditierten und lehrten. 80 Haben sie nicht täglich den Himmel angerufen? 81 Haben sie nicht Tag und Nacht die Auferstehung gelehrt? 82 Haben sie nicht jederzeit die Gedanken auf die Seligkeit und das Gericht 30

Vgl. dazu auch ep 2,7,24–29. So auch im Syrischen wörtlich: »vor Händen«; vgl. dazu auch den nach Brief 1 erhaltenen Cento (Cto 2). 32 BRAUN (Versio, S. 76) übersetzt irrtümlich »vides«. 33 Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 76. 34 Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 76. 35 In den Textzeugen VWLBTD stehen »Gregor« und »Basilius« im Plural, die Handschrift M und BRAUN (Versio, S. 76) lesen Singular. Ich behalte den Plural nur bei »Gregor« bei, da Timotheos die »drei Gregors« auch in ep 41,10,8 nennt (und Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa und Gregor den Thaumaturgen meint, dazu BERTI, Vita, S. 332 und 336f sowie 383, ebenso HAINTHALER, Christus, S. 205). — Gregor der Thaumaturg wird auch in ep 9,7 genannt. 36 Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 76. 37 Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 76. 31

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gerichtet und diese gelehrt? 83 Haben sie nicht die hiesigen [Dinge] für einen Spiegel38 — Sinnbilder, irgendwelche Träume oder nächtliche Trugbilder — gehalten, die jenseitigen [Dinge] hingegen für den Weg, die Wahrheit und die Sache [selbst]39? 84 Haben sie nicht gelehrt, dass hier nur wenige [Dinge] mit der einzigartigen Trinität zusammen sind, dort aber viele, und zwar solche, die würdig sind, und besonders solche, die den Geschöpfen zustossen können?40 85 Also wollen wir nicht zu sehr trauern und klagen, sondern unseren Vätern in ihrem Glauben und ihrem Lebenswandel nacheifern und auf Jesus Christus blicken, der Haupt und Vollender unseres Glaubens41 wurde, und wir wollen auf dem Pfad seiner Gebote wandeln gemäss dem Bild, das er in uns eingeprägt hat. Denn Jesus Christus ist das Urbild unseres Lebens und die Ursache all unserer Güter. 86 Denn wir lieben und mögen die Väter aus dem Grunde, dass sie uns zum Lenker des Lebens gelenkt haben. 87 Und wir wollen überhaupt nicht auf unser Leben vertrauen noch auf das Gelingen [alles] Hiesigen, und wir wollen mehr …42 glauben als [all] dem. 88 Unsere einzige Sorge soll unablässig sein, Gott zu verehren |117| und zu lieben als den Schöpfer und Bewirker des Guten. Es sei unsere Sorge, dass wir vor ihm rein, ohne Makel und ohne Anstoss wandeln. 89 Unser Herr steht nämlich bereit und ist nahe. Denn ich habe gelernt, dass »Jesus Christus derselbe ist, gestern, heute und in Ewigkeit« (Hebr 13,8), und dass er gemäss seinem Versprechen bei uns und mit uns ist bis zum Ende der Welt.43 90 Gemäss [all] dem wollen wir die Mühsale der Weisheitsliebe44 Tag und Nacht vermehren. 91 Die Erkenntnis Gottes ist eine Kämpferin45, das Wissen der Wahrheit, und einerseits vom Müssiggang und den sinnlosen …46 bringt und trägt andererseits47 die Schöne48 herbei. 92 So wollen wir uns selbst49 jederzeit bereiten als solche, nach denen Engel gesandt sind, um sie zu führen. 38

Vgl. 1 Kor 13,12. Im Syrischen wörtlich »Körper«. — Vgl. auch Joh 14,6. 40 Der Sinn erscheint mir unklar. 41 Vgl. Hebr 12,2, ebenso in ep 9,2. 42 Lücke im Text. 43 Vgl. Mt 28,20. 44 Vgl. dazu auch ep 42 inscr. 45 Oder »Bringerin«, vgl. BRAUN, Versio, S. 77 Anm. 5. 46 Lücke im Text. > 47 Die Partikelnèã(»einerseits«) undèÙx(»andererseits«) lassen es mir im Zusammenhang mit den erhaltenen Wörtern als wahrscheinlicher erscheinen, dass das beschädigte Textstück zwei Teilsätze umfasst hat. 48 In dem kaum wieder herstellbaren Satz kann »die Schöne« Subjekt oder Objekt sein. 49 Im Syrischen wörtlich: »unsere Seelen«. 39

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93 Und so wollen wir in unseren Lebensgewohnheiten stehen, damit wir uns in der künftigen Welt nicht unseren Lehrern entfremden müssen und den Engeln des Lichts, mit denen und in deren Schar sie die Seligkeit geniessen, und besonders dass wir nicht [von irgendetwas] vor dem Richterstuhl des Christus beschämt werden, wo all unser Verborgenes offenbar und geprüft wird. 94 Und du, unser Bruder Sergios, stehe an deiner Stelle wie auf einem diamantenen Fels, vielmehr wie auf einem »kostbaren Eckstein«50, der hingestellt ist »zum Fallen und zum Aufstehen von Vielen« (Lk 2,34), das heisst, zu Auferstehung und Fallen von Vielen. 95 Und bewahre in dir selbst alle ruhmreichen Bilder unserer vorzüglichen Väter, durch welche du in geistlicher Weise unterrichtet und aufgezogen worden bist! 96 Und vermehre die Herden der Kirche durch die Kraft des heiligen Geistes und weide sie auf den Triften der Stärke der Schriften und lasse sie an den ruhigen Wassern51 der Tugend lagern! 97 Und ihr, liebe und geliebte Brüder, neigt das Ohr, um seine Lehre zu hören, und lauscht seinen Worten! Denn er giesst die Lehre des Lebens in eure Seelen. 98 Und schaut auf seine Person wie auf die Person unserer Väter. 99 Und teilt ihm |118| Ehre zu wie einem Vater, denn er hat auch den Thron unserer Väter bereits ererbt.52 100 Und niemand streite gegen seine Anordnungen und setze sich ihnen entgegen! 101 Und schreibt mir beständig über alles. 102 Und bewegt eure Gedanken nicht von eurer Stelle weg und verlasst nicht das Kloster unseres Vaters Abraham und entfernt euch nicht von seiner Ruhestätte! 103 Christus, der Gott, durch den alle Güte im Übermass zu denen gelangt, die ihn verehren, möge euch und uns, Lehrer und Schüler, unter der Fürsorge seines Erbarmens bewahren. 104 Er selbst möge in uns etwas bewirken, das vor ihm Gefallen findet alle Tage unseres Lebens! Amen. 105 Betet unablässig53 für uns, ihr Brüder, damit wir nicht so sehr erschöpft und erschüttert werden durch die [Dinge] hier [in der Zeit] nach unseren Brüdern und unseren Vätern, sondern dass wir sie eilends in Geschäftigkeit ohne schamvolle Verwirrtheit54 ausführen. 106 Betet vielmehr, dass sich der Wille unseres Herrn in uns vollende! 107 Die Güte unseres Herrn sei mit euch und mit uns! Amen. 50 Vgl. Jes 28,16 in 1 Petr 2,6; vgl. ferner auch Ps 118,22 in Mt 21,42 par Mk 12,9 und Lk 20,17 sowie in 1 Petr 2,7. 51 Vgl. Ps 23,2. 52 Aus dieser Stelle geht deutlich hervor, dass Sergios nach Abraham und Pētīōn Schuloberhaupt ist. 53 Mit »unablässig« gebe ich das fortlaufende Präsens (»Seid am Beten!«) wieder. 54 Ich gebe mit »schamvolle Verwirrtheit« das WortÀÍÂhen dia dyoin wieder.

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Wiederum von demselben 〈an〉2 Sergios, Priester und Lehrer des Klosters unseres Vaters Mār Abraham des Übersetzers.

An den Christus liebenden Rabban Mār Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos, der geringste unter den Dienern unseres Herrn, grüsst deine 5 Keuschheit und bittet um dein Gebet. 1 Was das Paar deiner Briefe betrifft, die bei uns eingetroffen sind, du unser keuscher Bruder, so haben wir aus den beiden Mitteilungen an uns erfahren, was der Wink des Heilsplans unseres Herrn bei euch bewirkt hat. 2 Und wir freuten uns sehr mit eurer Freude und priesen Gott, und wir 10 bitten seine verehrungswürdige Gnade, dass er euren Frieden unerschüttert werden lasse, damit dieser ausgedehnte lange Tage andaure. 3 Und als Erstes gebe er euch Möglichkeit und Fähigkeit, mit Taten der Tugend alle Tage eures Lebens seinem Willen zu gefallen. |119| 4 Dann aber entferne und beseitige er von euch alles, was den Lauf der Gottesfurcht bei 15 euch hindert und zurückhält. Und da die äusseren und inneren [Angelegenheiten]3 bei euch so vorgefunden werden, sollt ihr bereit sein für die Himmelsherrschaft, um derentwillen ihr gelaufen seid und lauft. Soviel dazu. 5 Dem ehrwürdigen Mār Metropoliten4 haben wir schriftlich für das gedankt, was er an euch getan hat. Und wir haben ihn ferner gebeten, dass 20 er eurer Freundlichkeit in allem helfen möge, obwohl er dank der Hilfe unseres Herrn einer [solchen] Aufforderung [gar] nicht bedarf. 6 Du aber, du unser lieber Bruder, füge dem lobenswerten Lebenswandel, den du besitzest, die Mühsale der Tugend hinzu, die du andere [zu tun] lehrst. 7 Bekräftige sie [= die Mühsale der Tugend] wie mit einem beweisenden 1 Eine deutsche Übersetzung von Brief 15 findet sich bei BRAUN, Briefe (OrChr 3), S. 1–3, eine italienische Übersetzung bei BERTI, Vita, S. 231 (ohne Briefüberschrift). 2 Das Wort »an« ist von der Elias-Redaktion und der Handschrift L ergänzt worden. Es fehlt in den Textzeugen VWM und vermutlich auch in Bagdad 509. 3 Vgl. zu den »inneren und äusseren [Angelegenheiten]« auch ep 16,10. 4 BRAUN (Versio, S. 79 Anm. 1) denkt an Īšō‘yahb, vgl. Thomas von Margā, hist mon 4,2 (BEDJAN, Liber, S. 196f; BUDGE, Book, S. 193f/377–379). Gemäss Thomas von Margā, hist mon 4,4 (BEDJAN, Liber, S. 200f; BUDGE, Book, S. 197/383), war er bei der Patriarchenwahl Timotheos’ Konkurrent. Ebenso erwägt BRAUN (ebenda), ob bereits dessen Nachfolger im Amt war, der auch oben in ep 13,38 und unten in ep 17,18 genannt ist (vgl. zu ihm oben S. 54 Anm. 21 zu 13,38 mit weiteren Stellen).

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Beispiel durch Taten, die ihnen folgen, damit du so aufgrund des Tuns und des Lehrens des Guten gross genannt wirst in der Himmelsherrschaft gemäss der Aussage unseres Herrn5, der dich und uns6 stärken möge, seinen Willen zu vollbringen. Amen! 8 Wir grüssen die Studentenbrüder in 5 Verehrung. 9 Seid gefestigt in der Erwartung der Himmelsherrschaft und betet für uns! 1

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Vgl. Mt 5,19. BERTI übersetzt: »mich« (Vita, S. 231: »me«)

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Von demselben. An Rabban Mār Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos der Fremdling [entbietet ihm] den Gruss des Herrn.

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1 Ich habe deiner Keuschheit zuvor [bereits] zweimal geschrieben2, und dies ist das dritte Mal, dass ich dir schreibe.3 2 Stehe auf der Hoffnung der Gemeinschaft wie auf dem Fels der Wahrheit! Dehne dein Sinnen und Denken zum grossen Herrn der Priester, Jesus Christus, aus! 3 Bitte ihn beständig, dass er unsere Sünden und die Sünden der Gemeinschaft vergebe! Denn nichts ist ihm unmöglich. 4 Versöhne ihn beständig durch wohlgefällige Opfer der Keuschheit. 5 Das Fundament all deiner Taten und Worte sei Jesus Christus! »Alles, was ihr tut, tut es im Namen unseres Herrn Jesus Christus!« (Kol 3,17) |120| 6 »Denn ausser diesem Namen gibt es keinen für die Menschen, in dem es für sie zu leben sich ziemt.« (Apg 4,124) 7 Denn er ist fleischgewordener Gott und durch Gott geprägter und konstituierter Mensch5, [und zwar] nicht als Akzidens an einem Wesen, sondern als [selbständig] Bestehendes an einem [selbständig] Bestehenden. 8 Und schmücke dich in allem mit Demut, denn ohne sie kann man niemals zu Gott gelangen. Sie ist nämlich eine Leiter, die zum Himmel führt, und eine Treppe, die einen zu Gott aufsteigen lässt. Denn obwohl sie unter allem ist, ist und befindet sie allein sich über allem. 9 Dies und Ähnliches ist und war [schon immer] dir eigen, und ich bitte unseren Herrn, dass es noch mehr [dir] eigen und zuteil sein soll. 10 Kümmere dich um 1 BRAUN hat bereits 1903 eine Edition mit deutscher Übersetzung publiziert (Briefe [OrChr 3], S. 2–4 resp. 3–5). Italienische Teilübersetzungen von Brief 16 finden sich bei BERTI, Vita, S. 204 (16,10), S. 218 (16,12f) und S. 343 (16,11). 2 Mit »zuvor schreiben« bezieht sich Timotheos öfters auf frühere Briefe, vgl. auch ep 18,10; 22,1 und 27,1. 3 Damit sind offenbar die Briefe 14 und 15 gemeint. 4 Das Zitat etwas frei. 5 Vgl. zu dieser Übersetzung HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XXXVI–XXXVIII. Anders übersetzt BRAUN (Versio, S. 79): »homo in Deum infixus et constitutus«. In seiner ersten Edition von 1903 liest BRAUNâÃùsstattñÃùs(Briefe [OrChr 3], S. 2) und übersetzt: »in Gott aufgenommener und constituirter Mensch« (ebenda, S. 3).

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alle inneren und äusseren Angelegenheiten6 der Schule und sorge dich um die Angelegenheiten [der Klöster] Ṣlībā7 und Bēt 〈‘Ābē〉8 sowie der anderen Lauren! 11 Und kümmere dich darum, Dionysios — Übersetzung des Athanas oder Phokas9 — abzuschreiben.10 12 Schau die verschiedenen 5 Briefe durch, die von uns an Rabban Pētīōn seligen Gedenkens geschrieben wurden — lass sie dir von Elia Bar Parrūkzād11 geben —, suche nach den dort [genannten] Büchern12 in Bēt Mār Mattai13 und setze mich darüber in Kenntnis. 13 Suche nach den Büchern, die nicht vorhanden sind, soviel du kannst, und setze mich über sie in Kenntnis. 14 Lebe wohl und 10 bete für uns! 1

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Vgl. zu den »inneren und äusseren Angelegenheiten« auch ep 15,4. Wohl das Kreuzkloster beim heutigen Berestek, vgl. dazu FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 793– 795, zur vorliegenden Stelle in 16,9 ebenda S. 795. 8 Die Handschriften lesen Bēt ‘Ādā (so vokalisiert in WLTDM). Auch BRAUN übersetzt Bēt ‘Ādē (Versio, S. 80). Ich konjiziere gemäss der Übersetzung von BERTI (Vita, S. 204), der das Textproblem aber nicht thematisiert. — Zum Kloster Bēt ‘Ābē vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 1, S. 236–248. 9 Auch im Syrischen wie in ep 37,7 und 43,12 als präpositionslose Beifügung formuliert. 10 Um die Dionysios-Übersetzung bittet Timotheos bereits in ep 43,12. Er wiederholt die Bitte erneut in ep 33,5f und 37,7–10; in 33,5f weist er Sergios zusätzlich an, zu prüfen, welche der beiden genannten Übersetzungen die bessere sei. — Zum Pseudodionysischen Corpus vgl. auch BERTI, Vita, S. 342–345. 11 Die syrische Form des iranischen Namens Farroḫzād. Möglicherweise bezieht sich der Kondolenzbrief 44a zum »Hinschied unseres lieben teuren Mār Elia« (44,1) auf den Tod von Elia Bar Parrūkzād. ? 12 BRAUN (Versio, S. 80) folgt der Lesart èÙÍÂsx in Handschrift C und übersetzt »Bücher der Väter« (»libros patrum nostrorum«). — Dabei verwechselt er offensichtlich die Lesarten von V und C (Textus, S. 120 Anm. 1). In seiner ersten Edition von 1903, die nur auf V beruht, liest er richtig èÙÍÂx (Briefe [OrChr 3], S. 4) und übersetzt: »nach den dort (aufgeführten) Schriften« (ebda., S. 5). 13 30 km östlich von Mossul auf dem Ǧabal Maqlub, vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 759– 770. — Vgl. zu Mār Mattai auch ep 33,5; 39,50 und 43,6. 7

BRIEF 171 1

Von demselben.

An Gottes Ehrwürdigen, unseren Bruder Rabban Mār Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos, der Geringste unter den Dienern des uns lebendig machenden grossen Gottes (vgl. Tit 2,13 ो)2 Jesus Christus, grüsst deine 5 Keuschheit. 1 Ich habe deinen Brief mit seinen zahlreichen Zeilen beziehungsweise Buchstaben3 gelesen, du christusliebender Herr, und bin durch dessen Mitteilung so angenehm erquickt worden, denn es traf sich, dass mir ebendiese Erquickung ja doppelt und nicht nur einfach zuteil wurde, 10 |121| denn aufgrund seiner reinen und klaren Gedanken habe ich mich überaus und angenehm 〈gefreut〉4 und nichtsdestoweniger wiederum habe ich mich aufgrund der Komposition5 ebenseiner Rede erfreut. 2 Denn weil der Gedanke und die Rede6 in ein und derselben Menge und [demselben] Mass7 gleichmässig verliefen, sozusagen wie [all] das, was mit 15 gleichen Zahlen gefasst wird, oder — wenn du möchtest, dass auch ein anderes Beispiel gebraucht wird — wie man bei dem mit gleichen Buchstaben Geschriebenen sehen kann, dass es in gleicher Weise und ohne Hinzufügung und Wegnehmen gleichermassen gefasst wird — und dabei sind die Bilder zuerst und die Urbilder folgen8 —, deshalb ist auch die 20 Süsse, die in beiden9 [enthalten ist], sehr wohl in gleicher Weise und sehr 1 BRAUN hat bereits 1903 eine Edition mit deutscher Übersetzung publiziert (Briefe [OrChr 3], S. 4–12 resp. 5–13). Eine fast vollständige italienische Übersetzung von Brief 17 (ohne Überschrift, Inscriptio und 17,34) findet sich bei BERTI, Vita, S. 215 (17,1–4), S. 232 (17,5–12), S. 239 (17,13–17 und 17,29), S. 217 (17,18–26), S. 204 (17,27f), S. 347 (17,30– 32), S. 221 (17,33). 2 Die Stelle ebenfalls in der Inscriptio der Briefe 4, 34 und 41, in ep 34 auch im Schlusssatz des Briefes 34,8,12 sowie vollständig zitiert in 34,2,79, vgl. ferner auch ep 36,1,75; 41,6,33; 44,3. 3 Syrisch ’ēsṭūksē, vgl. gr. στοιχεῖα. 4 Die Konjektur¿æzĀãvon BRAUN (Briefe [OrChr 3], S. 6 Anm. 1). Denkbar wäre auch ein anderes Verb des Sich-Freuens. 5 Syr. sūnṭaksīs, vgl. gr. σύνταξις. 6 BRAUN übersetzt: »Idee und Ausdruck« (Briefe [OrChr 3], S. 7). 7 Vgl. auch »dasselbe Mass und [dieselbe] Menge« in ep 24,1. 8 BRAUN übersetzt: »jene zuerst als Typen; jene hernach als Architypen« (Briefe [OrChr 3], S. 7). 9 Das heisst, in Gedanken und Rede.

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wohl in [gleichem] Mass mir zuteil geworden. 3 Beide laufen freilich zugleich mit gleichem Eifer, sage ich, und in gleichem Mass wie irgendwelche tüchtigen Fohlen gleichen Laufes, die an den platonischen Wagen angeschirrt sind10, aber nicht wie jenes Joch, von dem die Weisheit spricht11, das mit einem Ochsen und einem Esel pflügte.12 4 Und ich lobte den, der den Weisen die Weisheit gibt und den Einsichtigen die Einsicht schenkt. 5 Doch es schmerzte mich ein wenig, wie dein Sinn völlig erschüttert ist von den lügnerischen Wortgeflechten, die wie Spinnennetze geknüpft sind, nicht in kunstvoller, sondern in sehr dummer Weise.13 6 Wir wundern uns jedoch weniger über sie als vielmehr über deine grosse Weisheit, wie du ihnen in Gedanken glaubst und sie in der Rede für erwähnenswert hältst. Denn wer von jenen, die sehr wohl vernünftig sind, sollte nicht davon überzeugt sein, wie und auf welche Weise es sich |122| mit dem christusliebenden Rabban Pētīōn und eurer Keuschheit verhalten hat? 7 Und wer [ist es], der nicht genau weiss, dass der Vorwurf, den gewisse Leute in einem törichten Denken verbreitet haben, nicht zu deiner Ehrwürdigkeit, sondern vielmehr zu Zeus und Herakles und den übrigen Göttern der Heiden und zu ihren Dienern und Verehrern passen. 8 Denn die Ankläger14, diese weisesten unter allen Menschen, wissen nicht, wessen Geistes du bist und sein wirst. 9 Doch vielleicht urteilen und richten sie über fremde Leidenschaften wie über ihre eigenen [ihnen] vertrauten. 10 Entferne also [all] dies von [deinem] Ohr und Sinn, du Mann Gottes, und stehe an deiner Stelle wie auf einen diamantenen Stein und gründe deine Schritte fest in Gott wie auf einem diamantenen Fels! Denn wir hören auf keine anderen Stimmen über dich, welche auch immer und wieviele es auch sein mögen, sondern vielmehr hören wir auf deine [Stimme] über sie — seien es auch sehr viele, seien es auch sehr edle —, sowohl bei [allem] Gegenwärtigen als auch bei [allem] Zukünftigen. 11 Und »wende auch du dich manchmal um15, stärke deine Brüder« (Lk 22,32) und trage ihre Lasten als solche 10 Vgl. dazu auch ep 2,11,12: »denn in [all] dem Genannten wurde sowohl die Freiheit der Menschen geoffenbart als leuchteten auch die Strahlen von Gottes Heilsplan und Vorsehung 〈vor jedes Menschen Auge〉 hell auf, wobei beide ungehindert laufen wie eine Kutsche oder ein Wagen, welche mit Rossen bespannt sind, die einander widerstreiten, aber von einem weisen und starken Wagenlenker gelenkt werden.« 11 So freier mit BERTI, Vita, S. 215. Im Syrischen kürzer: »das Joch der Weisheit«. 12 Vgl. Dtn 22,10: »Du sollst nicht Rind und Esel zusammen vor den Pflug spannen.« 13 Syr. hedyōṭā’īt, vgl. gr. ἰδιωτικώς. 14 Syrisch qāṭīgrānē, vgl. gr. κατηγορέω κτλ. 15 Zur Nebenformèòssiehe NÖLDEKE, Grammatik, S. 117 Anm. 2.

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von Gliedern des Christus! 12 Denn wenn wir auch die Fremden tragen müssen, um wieviel mehr dann die Glieder des Christus! 13 Verwalte die Angelegenheiten der Zelle und der Schule auf die richtige Weise, wie es sich für einen weisen Verwalter ziemt! Denn es ist deine [Aufgabe], deine Brüder zu lehren und zu lenken, und nicht die [Aufgabe] deiner Brüder, dich zu lehren und zu leiten.16 14 Die fünfhundert Zuze nämlich, welche wir dich zu verwenden angewiesen haben, haben wir dich wegen der Zerstörung der Zelle zu verwenden angewiesen, worüber17 du uns geschrieben hattest. 15 Wenn es dir aber scheint, sie nützlicher für etwas anderes auszugeben, dann soll es deine Entscheidung sein, nicht die von anderen Leuten. 16 Du aber, schreibe uns alle Begebenheiten, die sich bei dir und unseren Brüdern, den Scholastikern18, ereignen, denn wir sind ihre Diener und Bediensteten, nicht ihre Herren, und Gott hat mich zu ihrer und anderer Unterstützung und |123| nicht zu meiner Ehre hierher geschickt. 17 Das Land von Bēt Būrē sollst du keinesfalls verkaufen, sondern gib es Jahr für Jahr den Sämännern und nimm von ihnen Pachtzins, um dich und deine Brüder zu ernähren. 18 Ich habe unserem Bruder, dem Metropoliten Nestorius19, geschrieben, dass er die Bücher bei dir lassen soll, wie sie sind. 19 Aber wisse: Fünfzig Bände sind Bücher von uns, nicht durch Diebstahl, sondern durch Gabe von Rabban [Abraham]20 dem Übersetzer. 20 Aber es ist nicht so, dass er sie mir umsonst zugewiesen hat, sondern für etwas, was ihm fehlte und ich ihm gab. 21 Und gemäss dem Rabban hätte ich sie, wenn ich gehorcht hätte, zu seinen Lebzeiten abholen sollen, aber ich gehorchte nicht: sogar jene, die ich in Bēt Begaš erworben hatte, habe ich ihm zukommen lassen, wie ihr alle wisst. 22 Und nach dem Verscheiden des Rabban [Abraham] wollte ich nicht den Sinn von Rabban Pētīōn belästigen, er war nämlich kleingeistig und engherzig. 23 Und wenn er von mir nicht etwas Derartiges gesehen hätte, hätte er [sie] dort nicht einen einzigen Tag geduldet. 24 Es gibt viele Briefe von ihm an mich [des Inhalts], 16

Die Wortvariation so auch im Syrischen. Zur verkürzten Konstruktion des Relativsatzes (hier ohne Rückweisung) vgl. auch unten ep 17,24 und 17,30. 18 Syr. ’eskōlāyē, vgl. dazu in ep 10,4; 22,14f; 45,5; 52,3 die Gegenüberstellung von Lehrern (malpānē) und Studenten (’eskōlāyē). — BRAUN übersetzt »Scholastikerbrüder« (Briefe [OrChr 3], S. 11) resp. »fratribus scholasticis« (Versio, S. 81). 19 Vgl. zu ihm auch oben ep 13,38 mit Anm. 21 auf S. 54 zur Stelle, ferner auch ep 15,5 mit Anm. 4 auf S. 65 zur Stelle. 20 Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 82. 17

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dass er mich drängt: »Schicke [jemanden] und hole alles ab, was du bei mir hast, denn ich kann nicht deine Habseligkeiten21 und Bücher unter den Gläubigen aufbewahren.« 25 Doch während ich seinem Sinn willfuhr, habe ich mir dies überhaupt nicht zu Herzen genommen. 26 Und jetzt 5 seid ihr mir gleich, du und er22, der Vater unserer ganzen Gemeinschaft. 27 Sorge dich in eigentlicher Weise um deine Aufgaben! 28 Beauftrage für die Lauren nur einen rechtschaffenen und tüchtigen23 Mann; die24 unter der Klostervorsteherschaft unseres Vaters waren sehr nachlässig. 29 Nimm dir von den fünfhundert Zūzē25, wie ich dir geschrieben habe, 10 verwalte deine Zelle [damit] und schicke die übrigen Zūzē mit einem zuverlässigen Mann hierher. 30 Schicke, wenn möglich, das Buch der Häretiker26 von Gregor [von Nazianz]27, aus dem28 ihr zwei Bände abgeschrieben habt. 31 Ich habe nämlich die Übersetzung, die ihr in zwei Bänden abgeschrieben habt, aber sie sind überhaupt |124| nicht korrigiert. 15 32 Wenn die [Bände] der Häretiker nicht geschickt werden können, dann schicke mir euer [Exemplar]29. 33 Schreibe mein〈e〉 Brief〈e〉30 über den [Kirchen-]dienst nicht ab — sie sind nämlich nicht mit [derselben] Sorgfalt wie die früheren geschrieben — und errichte mir kein Standbild, das meine Ignoranz31 den zukünftigen Generationen offenbart! 34 Bete für mich! 1

21 So der schöne Ausdruck von BRAUN (Briefe [OrChr 3], S. 13). BERTI (Vita, S. 217) übersetzt: »oggetti personali«. 22 Im Syrischen mit Singular konstruiert: »Und jetzt bist du mir gleich, du und er…« 23 Im Syrischen mit Assonanz: terīṣā wa-ḥlīṣā. 24 Ich ergänze das in den Textzeugen fehlende StützwortèÚàz. 25 Vgl. oben 17,14. 26 Es stammt also aus westsyrischer Tradition, vgl. die Angaben in ep 43,6 sowie ferner auch das westsyrische Kloster Mār Mattai in ep 16,12; 33,5; 39,50 und 43,6. 27 Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 82. 28 Mit MANNA (Morceaux, S. 42) lese ich Íçã (»aus dem«) statt des pluralischen èÙÍçã (»aus denen«) in den übrigen Handschriften. Auch BRAUN (Versio, S. 82) liest »cuius«, ohne das Problem zu diskutieren. — Zur verkürzten Konstruktion des Relativsatzes (hier ohne Rückweisung) vgl. auch oben ep 17,14 und 17,24. 29 Dazu Braun, Versio S. 82 Anm. 6. 30 BRAUN (Textus, S. 124 Anm. 1) konjiziert den Plural gegenüber den Handschriften, ebenso ohne Diskussion des Problems DERS., Briefe [OrChr 3], S. 12, und MANNA, Morceaux, S. 42. 31 Im Syrischen das Lehnwort hēdīōtītā, vgl. gr. ἰδιώτης.

BRIEF 181 1

Von demselben.2 An die helle Leuchte des Geistes, Rabban Mār Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos, der geringe Diener unseres Herrn, grüsst deine Brüderlichkeit in der Liebe unseres Herrn.

1 Grosse Freude vermehrt sich in mir jedesmal, du Christusliebender, wenn ich auf die logikreichen3 Briefwechsel mit deiner Ehrwürdigkeit treffe, denn sie sind mit Liebe und Logik geschmückt, und mit Logik nicht in einfachem Sinn, sondern in doppelten Sinn und in zweifacher Art, in allem Einfachen [ist sie] nicht zusammengesetzt und in allem Zusam10 mengesetzten [ist sie] nicht einfach, ebendiese, welche manche von den Philosophen als Teil und Organon4 der Philosophie preisen, in anderem [ist sie] jedoch [wieder] anders. 2 Weil somit deine Briefe mit derartigen Schmuckstücken5 leuchten — ich meine, mit der Liebe sowie der Logik und Vernünftigkeit, denn Ersteres ist seiner Natur zuzuteilen und Letzteres 15 seiner zweifachen6 Verknüpfung7 — und [weil sie] noch mehr mit unserer Bildung strahlen — mit »unserer« meine ich die [Bildung] des heiligen Geistes, die sich weniger um das zur Vernünftigkeit und zu den Verknüpfungen [Gehörige] sorgt, sondern mehr um das zur in ihr [enthaltenen] Kraft und um das zu Gottes Reich [Gehörige], die [Bildung], welche einerseits 5

Den Abschnitt 18,8 Ende (ab »Und damit seien…«) bis 18,14 hat BRAUN bereits 1903 mit deutscher Übersetzung ediert (Briefe [OrChr 3], S. 14 resp. 15). 2 Die Elias-Redaktion ergänzt: »an den Lehrer Sergios«. 3 Timotheos verwendet hier und im Folgenden die genuin syrischen Begriffe¿ćáÚáã (»vernünftig«) undÀÎáÚáã(»Vernunft«, »Vernünftigkeit«). Dass sie im Sinne von »logisch« resp. »logikreich« und »Logik« zu verstehen sind, zeigt die Definition »als Teil und Organon der Philosophie« am Schluss von 18,1. — Das Paar »Liebe und Logik« wird in 18,2 erweitert zu »Liebe sowie Logik und Vernünftigkeit«, wobei ich »Logik« und »Vernünftigkeit« als hen dia dyoin verstehe. 4 Syrisch ’ōrgānōn, vgl. gr. ὄργανον. 5 Wie die folgende Parenthese erläutert, sind damit Liebe und Logik gemeint, die in 18,1 als Schmuck genannt worden sind. — Die deutsche Übersetzung »Schmuckstücke« zur Wiedergabe des syrischen Plurals. 6 Zum zweifachen Charakter der Logik siehe oben ep 18,1. 7 Vgl. zu¿ćà|Îïin der Bedeutung »logische Verknüpfung« ep 46,4f. Der Begriff entspricht dem griechischen συμπλοκή in der Übersetzungstradition Jakobs von Edessa und Georgs des Araberbischofs (vgl. Hugonnard-Roche, Logique, S. 27). 1

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so sehr auf die gegenwärtigen [Dinge] schaut und blickt, dass sie in ihnen das der Natur nach Unsichtbare und allein Unbegrenzte sieht, deren gesamtes Verlangen und Sehnen andererseits nicht in äusseren Vorhängen besteht, sondern vielmehr in demjenigen, das im Allerheiligsten verborgen wird8, |125| in welchem alles Verlangen besteht und umgrenzt wird und niemals an einen Ort jenseits von ihm gelangt, 3 denn es gibt für es [d. h. das Sehnen] jetzt und zukünftig nichts Erhabeneres, auch nicht für den Verstand, was mehr ist als alle Philosophie und 〈als alles〉9 Erforschbare, 4 denn etwas anderes ist die [Vernunft], welche zu den Begierden gehört als die erste, die ich so benenne —, 5 weil10 somit deine Briefe mit derartigem Glanz geschmückt sind, du Morgenstern mit gleissenden Strahlen, ergibt es sich daher, dass ich beim angenehmen und vorzüglichen Eintreffen der Briefe deiner Keuschheit nicht ohne Annehmlichkeit und nicht ohne übermässige Freude bin, 6 sodass wir euch11 für die derartigen logikerfüllten und theoriegeschwängerten Gaben zuhöchst zu Dank verpflichtet sind und zudem meinen, zuhöchst beraubt zu sein, wenn wir denn irgendwo und irgendwann deren beraubt sind, die wir beständig lieben; wir beten und hoffen jedoch, dass sie uns allezeit zuteil werden. 7 Aber wir freuen uns zuhöchst über eure [Briefe], wir freuen uns noch mehr über ihre beweisende Art, denn sie beweist und lehrt im Sinne eines Beweises, dass eure [Angelegenheiten sich] besser [verhalten] als die [Angelegenheiten] in eurem Umkreis und Wirkungsbereich12 aufgrund der Bewegung dessen, der [all] das zum All [Gehörige] gemäss dem grossen unerforschlichen Reichtum seiner Weisheit trefflich bewegt und lenkt, bald durch rechte [Umstände], bald durch linke und widrige, damit er durch diese mannigfaltigen und widrigen Veränderungen in gegensätzlicher Weise 8 BRAUN (Versio, S. 83) übersetzt aktivisch (»in illud velum quod sancta sanctorum tegit«), er ist aber unsicher, ob sich das Verlangen im folgenden Relativsatz auf den Vorhang oder das Unbegrenzte bezieht, wenn er übersetzt: »in quo (infinito? velo?) omne desiderium sistit et concluditur«. Die vokalisierten Handschriften WLM lassen das Partizip Āêã unvokalisiert, offenbar wegen der ungewohnten Konstruktion mit u. T hinge> > gen liest die passive Partizipform Ā — Zum Vorhang vor dem Allerheiligsten vgl. A êã. A Ex 26,33 u. a. 9 Konjektur Heimgartner. 10 Damit nimmt Timotheos endlich wieder den Kausalsatz auf, den er in 18,2 eröffnet hat. 11 Man beachte den schroffen Wechsel von Ich- und Wir-Form. Er begegnet auch unten in ep 21,17f sowie in ep 40,3,14 (»Unser Kampfesgegner sagt mir«) oder mit der 2. Person oben in ep 6,1–7 sowie ferner in disp 9,114: »Was sagst du, o König der Könige: Wenn Eure Majestät irgendein Haus hat, und Ihr wollt es einreissen…« Die allerdings nicht ganz vergleichbare Formulierung »unser siegreicher König sagte mir« findet sich in Varianten passim in der Disputation (vgl. etwa 2,3.7.8; 3,1 u. v. a.). 12 Im Syrischen beide Substantive im Plural.

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alle Vernünftigen zu der Veränderung leitet oder führt, die allein unveränderlich ist. 8 Und darüber freute und freue ich mich und bete und flehe zum Lenker13 dieses Alls, dass er alle Zeit in allen Dingen mit allem Wachstum die Schönheit deiner Weisheit vergrössere und sie vor aller Augen im hellen Glanz der Tugend erscheinen lasse und der Schimmer ihrer grossen Schönheit an allen Enden der Erde aufleuchte und sich die Strahlen |126| ihrer grossen Helligkeit mit der Sonne zusammen in die vier Ecken14 der Schöpfung erstrecken, damit in ihnen, durch sie und wegen ihnen jeder Intellekt und Verstand, der kindlich auf der Erde dahinkriecht, erhoben, gelenkt und mit dem grossen Licht der Sonne der Gerechtigkeit (Mal 3,20) vermischt wird, das in Wahrheit »das Licht der Welt« (Joh 8,12) ist und heisst, das in schlechthin seiender Weise vor aller Ewigkeit aus dem ist, der ewig und ohne Ursache seiner Natur nach ist, »der aber im Fleisch gekommen ist« (1 Joh 4,2), um alle Geschöpfe zu erleuchten (vgl. 1 Joh 1,9) und die Vernünftigen zu Söhnen der Gleichheit des Leibes seiner Herrlichkeit (vgl. Phil 3,21) zu machen, er, der mehr oder weniger deren 〈Form〉15 ist. Und damit seien diese Ausführungen hier begrenzt. 9 Unser Bruder Rabbān Ābā ist wohlbehalten bei uns eingetroffen, und der zweite Band des gottbekleideten Gregor zusammen mit sieben Faszikeln, die aus dem ersten [Band] abgeschrieben sind, ist unbeschädigt eingetroffen. 10 Wir danken deiner geistlichen Brüderlichkeit dafür, dass ihr sie geschickt habt, obwohl ich zuvor deiner Keuschheit geschrieben habe16, dass dieser Band vollständig geschickt werden soll und nicht [einzelne] Faszikel geschickt werden sollen. Nachdem sie nun geschickt worden sind, gehen wir sie jetzt mit unserem Band durch und schicken sie wie auch den anderen Band, den ihr geschickt hattet, [dann zurück]. 11 Wir haben nämlich diese Übersetzung, zwei Teile. Sie sind jedoch nicht verglichen, und es hat in ihnen jene Begriffe nicht, die griechisch geschrieben sind. 12 Über [alles] andere schreiben wir deiner Keuschheit mit Boten, die vom Kloster des Propheten Jona17 zu uns kommen. 13 Wir entbieten den Gruss an alle Brüder. Die Gnade [sei] mit euch und mit uns! 14 Brüder, betet für uns! Syrisch qūbarnīṭā, vgl. gr. κυβερνήτης. Syrisch gōnwātāh, von gōnyā, vgl. gr. γονία. 15 Konjektur BRAUN (Textus, S. 126 Anm. 2). 16 Mit »zuvor schreiben« bezieht sich Timotheos öfters auf frühere Briefe, vgl. auch ep 16,1; 22,1 und 27,1. 17 Vgl. dazu auch ep 8,36. 13 14

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Von demselben an denselben.2 An den Christus liebenden Rabban Mār Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos der Sünder grüsst deine Keuschheit. |127|

1 Das Buch, das du vorbringst, ist hochwillkommen, und nicht nur hochwillkommen, sondern sogar sehr notwendig. 2 Denn3 ich beobachtete und untersuchte dann und wann, manchmal für mich alleine4, manchmal mit vielen Forschenden, bald den Reichtum unserer syrischen Sprache, bald [ihre] Armut, einmal ihren materiellen Überfluss, ein andermal den Mangel der sie charakterisierenden Form5, und ich fand [darüber aus] ihrer 10 eigenen [Perspektive] entweder nichts oder sehr weniges, [aus der Perspektive] von anderen [Sprachen] nicht vieles, aber auch so [immerhin] Weniges. 3 So fasste ich [jeweils] den Gedanken und den Plan, selbst eine solche methodische Studie6 in Angriff zu nehmen, wenn ich nun auch dumm bin und es mir beim Reden an Verstand fehlt. 4 Ich studierte nun 15 als einer, dem die Sprache eigen ist und der mit ihr vertraut ist, sowohl ihren Überfluss, den ich nannte7, als auch ihre Armut. Ich studierte ja auch andere und fremde Sprachen, die, wie man sagt, gemäss der alten gängigen väterlichen Überlieferung aus der unsrigen hervorgegangen sind, ich meine nämlich die griechische und die ismaelische, die beide Überfluss und Fülle 20 haben, sowohl beim Wortschatz8, meine ich, als auch bei den sie charakterisierenden Formen, was nur auf die Grammatik, aber nicht in anderer Weise zutreffen kann. 5

Italienische Teilübersetzungen bei BERTI, Vita, S. 310 (19,1–4), 313 (19,5–15), 316 (19,16–18), 325 (19,19–20 Mitte), 333 (19,20 Mitte – 23). Syrische Teiledition mit französischer Übersetzung (ep 19,19–20) bei POGNON (Version, S. XXVIII–XXIX Anm. 2). 2 Die Elias-Redaktion ergänzt: »an denselben«. 3 Ich vereinfache im Deutschen die weitgespannte Hypotaxe von 19,2. Das Syrische formuliert: »Denn wann immer ich … beobachtete und untersuchte und … fand, 3 da fasste ich [jeweils] den Gedanken…« 4 Im Syrischen wörtlich: »ich zwischen mir und meiner Seele«. 5 Vgl. zur Formulierung auch ep 42,3,14.17. 6 So freier mit BERTI, Vita, S. 310. Im Syrischen »Methode«. 7 Vgl. dazu soeben 19,2. 8 Syrisch leksīs, vgl. gr. λέξις; BRAUN (Versio, S. 85) übersetzt »vocabularium«. 1

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5 So beabsichtigte und plante ich meinerseits und mit jenen meinen Vertrauten, was notwendig9 ist: zuerst von den einfachen Buchstaben aus zu beginnen und sowohl bei den Zeichen als auch bei den Lauten jeden einzelnen zu betrachten und zu untersuchen, ob er etwa zusammengesetzt oder einfach ist. 6 Wenn er zusammengesetzt ist, [muss man prüfen,]10 ob er aus denselben gleichen Buchstaben und Klängen oder nicht aus denselben [zusammengesetzt ist].11 7 Wenn er einfach ist, [muss] auf dieselbe Weise |128| [geprüft werden,] ob er denn aus derselben einfachen Beschaffenheit [besteht], und [zwar] sowohl der buchstäblichen als auch der vokalischen [Qualität] nach, oder ob er etwa nicht in derselben [einfachen Beschaffenheit] vorgefunden wird. 8 Sei er denn zusammengesetzt, sei er einfach12, [so muss geprüft werden,] ob nun »Zusammensetzung« und »Einfachheit« im Übermass beziehungsweise im Mangel und hinsichtlich des Inbezugauf-Etwas und [des] Irgendwie erscheint. 9 Und gemäss den ersten Gattungen [ist all] das zu sammeln, was zur Einfachheit und zur Zusammensetzung gehört, ebenso das So oder das Nicht-So und das Soviel oder das Nicht-Soviel13, wobei die gewohnte Reihenfolge der Buchstaben geändert würde zwischen »entsprechend der Zusammensetzung« und »entsprechend der Einfachheit«. 10 Dann aber [muss man] die Laute und Klänge selbst beobachten und untersuchen und diese in derselben Weise unterscheiden und sie gleichzeitig ausserhalb der gewohnten Ordnung setzen. 11 Ferner [muss man] untersuchen, ob man etwa bei der Bedeutung der vorliegenden [Dinge] gemäss dem Syrischen [jeweils] irgendeinen anderen Buchstaben finden muss und aufgrund dieser Buchstaben fragen muss, ob sie als Maskulina oder Feminina oder Neutra14 benannt und bezeichnet werden.15 12 Und wenn [sie] in allgemeiner Weise [vorliegen, dann muss man] unterscheiden, 9

Vgl. zu »notwendig« oben 19,1. Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 85. 11 BERTI (Vita, S. 314f) denkt hier an verdoppelte Buchstaben einerseits und Diphthonge und Kombinationen zweier verschiedener Buchstaben andererseits. — Der Text bereitet dem Verständnis hier und im Folgenden Probleme (vgl. dazu auch BERTI, Vita, S. 313–316). 12 Das Syrische formuliert verkürzend: »Sei er denn zusammengesetzt und einfach«. 13 BRAUN (Versio, S. 85) übersetzt: »universalitatem aut non universalitatem«. 14 Syrisch wörtlich: »keines von beiden«, ebenso in 19,12. 15 Im Syrischen wörtlich: »ob sie Maskulina oder Feminina oder Neutra als ihre Benennungen und Bezeichnungen haben«. — Timotheos bezieht sich hier offensichtlich auf Poet 21 (1458a,8–17), wo Aristoteles untersucht, auf welche Buchstaben Maskulina, Feminina und Neutra enden können (so auch BERTI, Vita, S. 315). Timotheos meint wohl, dass die Endungsbuchstaben der verschiedenen Genera andere als im Griechischen sind. 10

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welche Maskulina, welche Feminina und welche Neutra sind. 13 Wenn aber eines von ihnen nicht in allgemeiner, sondern in eigentümlicher Weise [vorliegt] — das heisst, maskulin und feminin —, [so muss man fragen,] wozu und weshalb es so oder nicht so ist oder nicht ist.16 14 Danach [muss man] jene Nomina und Begriffe betrachten, die Bezeichnungen von Dingen sind, wie auch immer sie das sind, was sie sind, wobei wir gemäss der Beschaffenheit der Buchstaben untersuchen. 15 Auf dieselbe Weise [muss man] auch die Konjunktionen17 und die [Suffixe untersuchen], welche an die Nomina und Verben angeheftet werden18, und |129| immer wieder anderes, was unter dieselbe Methode fällt und ihr zugehört. 16 Ich habe einst, wie ich sagte, mit Eifer einen solchen Versuch begonnen, ich wurde jedoch [immer wieder daran] gehindert und [davon] abgehalten, erstens wegen [meiner] Unfähigkeit — denn es soll die Wahrheit gesagt werden —, dann aber auch wegen der fehlenden Zeit19. 17 Nun aber, als mir deine Ehrwürdigkeit über dieses Buch schrieb, habe ich mich im Herrn sehr gefreut und habe die [mir] eigene Sorge und die sinnlosen Fantastereien20 beiseite gelegt. 18 Befiehl also, dass es unbedingt abgeschrieben wird, denn es ist notwendig und wird benötigt, auch wenn es Bar Dāiṣan nicht gefällt. 19 Wenn möglich soll uns das Verzeichnis der Bücher von Mār Zīnā geschickt werden.21 Denn vielleicht hat es unter ihnen etwas, was wir noch nicht erfasst haben. 20 Schaue du selbst dessen Bücher durch und gehe sie in allen Themen und in allen Gestalten durch, ob sich unter ihnen zwei Bücher über die Poeten22 finden — eines haben wir nämlich — oder [ob] 16

So im Syrischen wörtlich. Bei Arist Poet 19 (1456b,38) σύνδεσμος, die erste der dort genannten Wortarten (vor Artikel, Nomen und Verb). 18 Hier bezieht sich Timotheos offensichtlich auf die Beugungsformen von Nomen und Verb, über die Aristoteles in Poet 19 (1457a,18–23) nach seinen Ausführungen über Nomen und Verb spricht. Aristoteles verwendet dafür den Terminus πτῶσις (vgl. dazu auch Heimgartner, CSCO 674, S. 28 Anm. 135). 19 Im Syrischen mit Wortspiel: lā sāpqūtā — lā spīqūtā. 20 Damit meint er wohl seine oben in 19,3 genannten Pläne zu einer syrischen Grammatik. 21 Das »Teerkloster« (Dayr al-Gayyāra), etwa 25 Kilometer süd-südöstlich von Mossul, vgl. dazu FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 637–639, zum namensgebenden Mönch Zīnā im frühen 7. Jahrhundert ebenda, S. 451–453, zur Diskussion der Identifikation vgl. BERTI, Vita, S. 325f. 22 Die Poetik des Aristoteles umfasste zwei Bücher. Uns ist nur das erste überliefert. Das zweite ist bei Diogenes Laertios erwähnt (5,21–24). Aristoteles selbst verweist auf es in Poet 6 (1449b,21f) sowie in Rhet 1,11 (1372a,1f) und 3,18 (1419b,5f). 17

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du unter ihnen die Kommentare des Olympiodor, des Stefan, des Sergios [von Rēš‘āinā] oder Alexander zu den Büchern der Logik findest oder die Bücher der Kirche von Ambrosius oder [die Schriften] des Amphilochios gegen Apollinaris, des Eustathios des Grossen23, des Flavian oder 5 von irgendjemand anderem. 21 Suche du nach dem grossen Athanasius, Entgegnung gegen die Arianer auf Einwände in festgesetzten Arten.24 Ich habe davon nämlich sechzehn25 an der Zahl gefunden, und ich meinte, dass es vielleicht mehr davon gebe. 22 Das erste [lautet]: »Wenn am Anfang die Rede war und sie Gott war und sie am Anfang bei Gott war und [wenn] 10 sie am Ende sich selbst um unserer Erlösung willen erniedrigte und sie deshalb erhöht wurde, wie es heisst, wie sollte denn nicht einem jeden offensichtlich sein, dass dies nicht der Natur der Rede zustiess, sondern dem Geheimnis der Menschwerdung?« 23 Suche mir auch nach den Herrenbriefen ebendieses Athanasius und nach der apologetischen Rede für 15 |130| seine Flucht!26 24 Unser Bruder ‘Abdalāhā27 traf gemäss dem Willen unseres Herrn [bei uns] ein und kehrte [wieder] zurück. 25 Bete für uns! Ich bin nämlich sehr krank, während ich dir dies schreibe. 26 Geschrieben am Freitag vor Palm[sonntag].28 1

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Timotheos präzisiert die Anfrage in ep 39,51: »Und suche nach dem Buch, das vom grossen Eustathius gegen die Arianer verfasst wurde, das [aus] ich weiss nicht [ob] sechs oder sieben Reden besteht.« 24 Schon BRAUN (Versio, S. 86 Anm. 2) hat die im Folgenden zitierte Stelle in den überlieferten Werken des Athanasius nicht finden können und verweist für den ungefähren Sinn auf Oratio I adversus Arianos 41 (PG 26,95). Zu den Schwierigkeiten der Identifikation von Athanasiuszitaten bei Timotheos vgl. auch HEIMGARTNER, CSCO 674, S. 64 Anm. 77. — Zur syrischen Überlieferung der Athanasiusschriften und der damit verbundenen Problematik generell vgl. BERTI, Vita, S. 334f. 25 Anders als BRAUN (Versio, S. 86: »capitibus?«) erwägt BERTI (Vita, S. 334), dass hier Zitationen in einem Florileg gemeint sein könnten. 26 Zur syrischen Überlieferung vgl. BERTI, Vita, S. 335. — Während Timotheos hier in 19,21–23 drei Schriften von Athanasius nennt, bittet er in ep 39,50 nur noch um De fuga sua. 27 Vgl zu ‘Abdalāhā auch ep 31,1.11 und 32,1 sowie HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XV. 28 Leider wissen wir nicht, in welchem Jahr.

BRIEF 201 1

Von demselben an denselben.2 An den gottliebenden Rabban Sergios, den Priester und Gelehrten: Timotheos der Sünder grüsst deine Brüderlichkeit in der Liebe unseres Herrn.

1 Es gab einen Mann aus dem Mönchsstand in den Tagen unserer heiligen und seligen Väter Johannes Chrysostomus 〈und〉 des grossen Theodor, der Lichtsäule, die diejenigen, welche im Geist Israeliten sind, erleuchtet und die ganze Nacht der Sterblichkeit erhellt3, die Ägypter aber verfinstert und verdunkelt und wie ein Fels [ist], der für die einen dazu bestimmt ist, dass sie fallen, für die anderen, dass sie fest stehen. 2 Nun 10 aber fiel der Gute [d. h. der oben genannte Mönch] aus seinem festen Stand in die Angelegenheiten der Unzucht. Sein Name war Theodorus4. 3 An ihn schrieben fast alle bekannten Grossen der Kirche eine Ermahnung und Ermutigung5, und [so] bekanntermassen auch der dreimalselige Johannes und Theodor, der Engel des Lichts. 4 Von den [Briefen] des 15 grossen Johannes habe ich jenen finden können, dessen Anfang lautet: »Wer gibt meinen Augen Wasser und Tränenquell?«6 Den anderen7 jedoch haben wir nicht gesehen. 5 Von den [Briefen] des Theodor, jener Leuchte8 der Kirche, habe ich ebenfalls [nur] den zweiten zu Gesicht bekommen, 5

1 Fast vollständige italienische Übersetzung von Brief 20 bei BERTI, Vita, S. 339 (20,1– 7) und S. 350 (20,8). 2 Die Elias-Redaktion ergänzt: »an denselben«. 3 Vgl. Ex 14,20. 4 Timotheos unterscheidet zwei Namensformen: hier für den Mönch die syrische Form Tāwdōrā, oben für Theodor von Mopsuestia hingegen die griechische Form Tāwdōrōs. Ich verwende beim Mönch die Form »Theodorus«, bei Theodor von Mopsuestia wie überall in meinen Übersetzungen die im Deutschen geläufige kürzere Form. Ein ähnliches Beispiel zweier verschiedener Namensformen begegnet in disp 21,16: Dort gebraucht Timotheos für Petrus die uns aus der Bibel geläufige Form »Simon« (…Îðäý) und für den Zauberer die Form »Simeon« (…ÎäÚé). 5 Vgl. dazu SC 117 S. 81 Anm. 2. 6 SC 117 S. 80; zugrunde liegt Jer 8,23. 7 Im Unterschied zu ep 49,2.4 ist hier erst von zwei Briefen an Olympias die Rede. 8 Lateinisches Fremdwort lampēdā im syrischen Text. Diese Bezeichnung für Theodor von Mopsuestia auch in ep 9,17. Auch in ep 42,2,6 dürfte mit BERTI (Vita, S. 58) Theodor von Mopsuestia gemeint sein.

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den ersten habe ich nicht gesehen. 6 Ich erinnere mich, dass einst, als wir in Margā waren, der grosse Gottes[mann], unser Vater Rabban Mār Abraham, sie und andere [Briefe] an eine |131| gewisse Nonne Olympias abgeschrieben hat.9 7 Suche unter den Büchern des Rabban [Abraham] 5 nach ihnen, und die [Briefe], die wir nicht haben finden können, wie wir schrieben, sollen abgeschrieben und [uns] geschickt werden. Die [Briefe] aber, die wir haben finden können, sollen nicht abgeschrieben werden.10 8 Wir haben das Buch von Gregor fertiggelesen. Sobald ein Vertrauensmann von euch angekommen ist, werden wir es [dir] schicken. 9 Wenn 10 jemand von den Lauren zurückkommt, so lass uns wissen, was [dort an Büchern] gesammelt ist. 10 Bete für uns! 1

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Davon berichtet Timotheos auch in ep 49,3. In ep 49,2.4 bittet Timotheos nur noch um die Abschrift des ersten Briefes an Olympias.

BRIEF 211 1

Von demselben an denselben.2 An Gottes Ehrwürdigen, unseren Bruder Mār Sergios, Metropolit von Elam. Timotheos der Sünder grüsst deine Ehrwürdigkeit und bittet um dein Gebet.

1 Deine Ehrwürdigkeit, du Gott Liebender, möge wissen, dass am Sonntag3 vor dem Fest der Palmen der Geist nach Gefallen seines Willens unseren Bruder Johannes, Bischof der Stadt Ḥedattā4, zum Metropoliten von Ṣōbā [= Nisibis]5 bestimmt und geheiligt hat.6 2 Unseren Bruder Īšō‘barnūn konnten wir nicht als Haupt des Sitzes einsetzen, wie wir zuvor 10 geschrieben hatten7, wegen der grossen Missgunst ihm gegenüber von Seiten der Leute von Ṣōbā. 3 Denn mit Ausnahme von sehr wenigen bringen sie ihm grundlos Hass entgegen. Ursache dafür ist die zügellose Eifersucht eines [gewissen] Mannes8 sowie ferner die Auflehnung gegen ihn von Seiten der Mönche des Grossen Klosters.9 4 Am Weissen Sonntag10 hat ebendieser Geist unseren Bruder Ḥabbībā, 15 den Priester und Lehrer der Stadt Ḥedattā, zum Bischof [und] Metropoliten der Stadt Rāi11 geweiht. Sie ist nämlich eine Metropole, und es muss einen Metropoliten in ihr haben. 5 Denn auch in der königlichen Provinz, 5

1 Italienische Teilübersetzung bei BERTI, Vita, S. 271 (21,1–3), S. 240 (21,15 – Mitte 21,20) und S. 181 (21,22). 2 Die Elias-Redaktion ergänzt: »Sergios von Elam«. 3 Syrisch wörtlich: »am ersten Tag der Woche«. 4 Er scheint der Nachfolger von Salomon von Ḥedattā zu sein, an den Brief 1 über die Taufe adressiert ist. Von einem uns nicht erhaltenen Brief ähnlichen Inhalts an Johannes von Ḥedattā berichtet der nach Brief 1 erhaltene Cento (Cto 10). Johannes von Ḥedattā ist ferner in 22,10f erwähnt, vgl. zu ihm FIEY, Assyrie, Bd. 1, S. 111. Vgl. schliesslich Ḥabbībā, Priester und Lehrer aus Ḥedattā und Metropolit von Rāi, in 21,4. — Zur Stadt Ḥedattā vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 1, S. 103–114. 5 Zu Nisibis vgl. Fiey, Mahozé. 6 Bidawid, Lettres, S. 70, versteht die Mitteilung als Ankündigung der Weihe. Die Perfektformen dürften aber ein bereits vollzogenes Geschehen bezeichnen. 7 Vgl. ep 57,5 und 54,9. 8 Vermutlich ist Cyprianus von Arzūn gemeint, vgl. ep 54,9 und 57,2. 9 Das Kloster Mār Abraham der Grosse (oder der Ältere) auf dem Berg Izlā bei Nisibis (dazu FIEY, Nisibe, S. 144–150), vgl. dazu auch ep 22,6 und 46,8. 10 Syrisch wörtlich: »am neuen Sonntag«. 11 Zu Rāi vgl. Fiey, Médie, S. 378–382.

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die unter ihr ist, sind zwei Satrapen beziehungsweise Spāhbedān, der eine in Rāi, der andere in Ḥulwān12. Die Ernte ist an beiden [Orten] gross, doch Arbeiter [hat es] wenige.13 Das Ausmass der Hyparchie ist ungefähr zweihundert Parasangen.14 6 Ich hatte |132| deine Ehrwürdigkeit zuvor darüber informiert, damit die kirchlichen Angelegenheiten durch den Rat und Gedanken von zweien geschehen. 7 Du hattest mir geantwortet, dass, sobald eine Synode der Bischöfe eurer Hyparchie15 stattfinde, ihr gemeinsam darüber schreiben und siegeln würdet, worauf wir auch warten und hoffen. 8 Betet, dass zum Vorteil der Gemeinschaft geschehe, was angeordnet wurde und wird. Soviel dazu. 9 Die [Gewohnheiten] des Schreibers Bar Maryām habt ihr sehr genau erfasst. Die [Synodalakten] des Pāpā hat er nach seiner guten Gewohnheit ausgelassen16, wie er es auch bei denjenigen des Patriarchen Dādīšō‘ getan hat.17 Dieser hatte freilich eine Versammlung und Verbesserungen angemahnt. 10 Den Synodenband hat er, weil darin die Krone der Lobpreisungen des Pāpā ist, ebenfalls nicht der Erinnerung übergeben, obwohl er in die Synodalversammlungen eingefügt ist wie ein leuchtender Stern am Himmel. 11 Den Brief aber habe ich nicht gesehen, und ich meine, dass er nicht vorhanden ist. 12 Schicke uns auf jeden Fall den Jüngling, der dich um Erklärungen der Kategorien gebeten hat. Wir brauchen ihn nämlich dringend.18 13 Lass uns wissen, 〈ob〉19 die Schreiben, die wir für Gāi und unseren Bruder Ādōršābūr20 geschrieben haben, bei deiner Ehrwürdigkeit angekommen sind oder nicht.21 Wir haben nämlich geschrieben, wie es eure Anordnung 12

Zu Ḥulwān vgl. Fiey, Médie, S. 360–368. Vgl. Mt 9,38 par Lk 10,2, fast wörtlich zitiert in ep 47,31: »Bitte also zusammen mit uns den Herrn der Ernte, er möge Arbeiter zu seiner Ernte ausschicken.« 14 Das heisst Wegstunden. 15 Syrisch wörtlich: »die Söhne der Hyparchie bei euch«. 16 Er hat sie also nicht abgeschrieben. 17 Zur Pāpā-Korrespondenz und dem hier genannten Problem vgl. SELB, Kirchenrecht, S. 108–110, wobei Selb allerdings irrtümlich die Briefnummer 14 statt 21 nennt (vgl. dazu auch oben S. 47 Anm. 1 zur Überschrift von Brief 12). 18 Vgl. zu ihm auch ep 25,18. 19 Konjektur BRAUN, Textus, S. 132 Anm. 1. 20 Vgl. zu Ādōršābūr von Gāi auch ep 22,20 und 54,1 (dort lesen die Handschriften allerdings einstimmig »Mīharšābūr«; dank der Stelle hier und unten in ep 22,20 ist gesichert, dass »Mīharšābūr« eine Verschreibung ist, vgl. zur Konjektur im Detail HEIMGARTNER, CSCO 645, S. 106 Anm. 539). Ādōršābūr ist der Nachfolger des anathematisierten Bischofs Abraham, vgl. dazu oben ep 3. Skeptisch gegenüber der Identifikation von Ādōršābūr und Mīharšābūr ist BERTI, Vita, S. 56 Anm. 82. 21 Vgl. dazu ep 54,1–8. 13

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war.22 14 An den grossen Georg haben wir geschrieben, wie es eure Anordnung war, und wir haben seine Güte gelobt und verdankt. 15 Wir haben unseren Bruder Īšō‘sabran, den Lehrer des Klosters des Rabban [Abraham], zu uns kommen lassen. 16 Wir haben Rabban Gabriel, den Synkellos23 unseres Königs, gebeten, und er gab dreitausend [Zūzē], ebenso den Gläubigen ‘Āun, und er gab dreitausend, sowie [noch] jemand anderen, und der gab viertausend, sodass es insgesamt zehntausend sind.24 17 Wir wollen, dass für die Studenten die Herberge gekauft werde, die »von Bābāi« heisst, die du kennst, damit die Schule einen gewissen kleinen Ertrag zur Erholung und Unterstützung hätte. 18 Ich25 wollte nämlich nicht, dass für sie etwas gekauft würde, was |133| ihr Steuern auferlegen würde.26 19 Aus diesem Grunde liess ich Rabban Īšō‘sabran27 zu uns kommen. Ich trug ihm nämlich auf, er solle vor dem Volk predigen, und er predigte souverän und schön, eine erhabene, unbeugsame, schön fliessende Rede, gefärbt mit der Kraft der Komposition und mit der Qualität sowohl der [Argumente]28 der Rhetorik als auch der [Sprüche]29 unseres Vaters Gregor30. 20 Und wenn er bei der Berufung nicht gesäumt und gezögert hätte, wäre die Herrschaft des Sitzes von Nisibis vielmehr die seine geworden als die jenes anderen. Aber es sind Gottes Beschlüsse. 22

Vgl. dazu ep 54,8. Die Bezeichnung σύγκελλος für Gabriel auch ep 47,2. Zu ihrer Bedeutung sowie der Abgrenzung gegenüber prapsīṭā (»Kämmerer«) in 57,4 siehe HEIMGARTNER, CSCO 645, S. LXXIV–LXXV. — Vgl. zu Gabriel auch ep 21,22; 22,3.11.14.21; 24,7; 47,2.3.14.21; 53,4; 54,10; 57,4. Weitere Personen mit dem Namen Gabriel begegnen ferner in ep 3,8 und 13,23. 24 Vgl. dazu unten ep 22,14. — Der Konsekutivsatz fehlt in der Übersetzung von BERTI, Vita, S. 240. 25 Das harte Zusammentreffen von Plural (»wir«) und Singular (»ich«) findet sich auch anderswo, etwa oben in 18,5f, ferner für die 2. Person oben in 6,1–7 und in disp 9,114: »Was sagst du, o König der Könige: Wenn Eure Majestät irgendein Haus hat, und Ihr wollt es einreissen…« Die allerdings nicht ganz vergleichbare Formulierung »unser siegreicher König sagte mir« findet sich in Varianten passim in der Disputation (vgl. etwa 2,3.7.8; 3,1 u. v. a.), vgl. auch »unser Kampfesgegner sagt mir« in ep 40,3,14. 26 Vgl. dazu Mārī, der in seinem Kitāb (GISMONDI, Bd. 1, S. 71/63) über Timotheos’ Zeit als Bischof von Bēt Begāš berichtet, dessen Sekretär Abū Nuḥ habe für ihn bei Abū Mūsā ibn Muṣ‘ab, dem Gouverneur von Mossul, Steuerfreiheit erwirken können. 27 BRAUN (Versio, S. 89) übersetzt »Sabrīšō‘«. Die Lesart stammt offenbar aus der EliasRezension; sie findet sich in T1 und vermutlich auch in C. 28 Die Ergänzung mit BRAUN (Versio, S. 89). 29 Die Ergänzung mit BRAUN (Versio, S. 89). 30 Auch in ep 39,28 sowie in ep 41,3,20 und ep 42,5,12.17 wird Gregor von Nazianz »unser Vater Gregor« genannt. 23

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21 Mein Körper und meine Seele sind krank und schwach. Ich weiss, dass sich das Schiff meines Lebens bereits dem Hafen31 des Grabes nähert, und ich möchte dich vor dem Tode [noch einmal] wiedersehen.32 22 Unser Herr gewähre der Seele von Rabban Gabriel Erbarmen, der für die Gemein5 schaft wie auch für euch ein Schild ist.33 Denn er hat für uns vom König eine Bulle34 erwirkt, dass keiner von den Gouverneuren sich in den Gesetzen der Christenheit gegen mich erheben darf. 23 Betet für unseren König und für seine Söhne! 24 Betet aber auch für uns, dass uns Erbarmen zuteil werde! 1

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Syr. lemīnā, vgl. gr. λιμήν, das Lehnwort auch in ep 6,7. Eine ähnliche Todesstimmung findet sich auch in ep 47,30. Vgl. dazu ep 54,10. Syr. siglā oder sīglā, vgl. gr. σιγίλλιον.

BRIEF 221 1

Von demselben an Sergios.2

An den hellen Stern der Söhne Elams, [ja noch mehr] der katholischen Kirche [insgesamt]3, Gottes Ehrwürdigen, Mār Sergios, den grossen Metropoliten. Timotheos, der in allem Kleine und Geringe, grüsst dich in unse5 rem Herrn und bittet um dein Gebet. 1 Ich war mit meinem ganzen Planen und Denken bereit und geneigt, unseren Bruder Īšō‘barnūn zum Haupt des Sitzes für die Hyparchie Nisibis zu machen, wie ich auch zuvor deiner geistlichen Brüderlichkeit geschrieben habe.4 2 Ich wurde aber daran gehindert und davon zurückgehalten, 10 erstens einmal durch den Befehl dessen, der mit dem Diadem gekrönt ist.5 3 Denn als die Söhne des Unrechts von meinem Gedanken erfuhren — zu einem kleinen Teil von hier und zum grossen Teil von der Pforte des Königtums und vom grossen Gabriel6, der nicht heimlich, |134| sondern öffentlich und souverän7 vor den Augen aller über diese [Angelegenheiten] 15 redete, deren Anfang nicht öffentlich, sondern heimlich und diskret hätte geschehen müssen —, 4 da traten sie in listiger Weise vor unseren siegreichen König8, nicht offen in eigener Person, sondern durch den, der zur Zeit der erhabenste und intimste [Vertraute] war und dem sie für zwölf Monate die Übergabe von Gold versprachen.9 5 Dann aber [wurde ich] 20 auch durch den Hass der Leute von Ṣōbā [= Nisibis] gegenüber ihm als Person [gehindert]. Denn sie wandten ihre Gesichter gänzlich von ihm ab mit Ausnahme von ganz wenigen.10 6 Denn die glühende und masslose 1 Italienische Teilübersetzung bei BERTI, Vita, S. 272 (22,1–12), S. 241 (22,14f.17–19) und S. 350 (22,16 Schluss). 2 Die Elias-Rezension liest: »an denselben Sergios von Elam«. 3 Vgl. zu diesem sinngemäss ergänzten »insgesamt« auch ep 53,4. 4 Nämlich in ep 54,9 und 57,5 sowie 21,2. — Mit »zuvor schreiben« bezieht sich Timotheos öfters auf frühere Briefe, vgl. auch ep 16,1; 18,10 und 27,1. 5 Das heisst, Kalif Hārūn. 6 Vgl. zu ihm oben 21,16 mit Anm. 23 auf S. 85 zur Stelle. 7 Syrisch b-āwtenṭīyā, vgl. gr. αὐθεντία, vgl. auch ep 3,14; 25,4; 34,7,23 und ep 41,7,20. 8 Vgl. zuâïim Sinne von »Audienz haben« auch disp 2,1; ep 8,33; 50,33. 9 BRAUN vermutet: »Fortasse Ḥamdūn ben ‘Alī« (Versio, S. 90 Anm. 2). 10 BRAUN (Versio, S. 90) übersetzt richtig: »paucissimis«. In der Edition steht aus ? ? Versehen ÁyÎï statt ÁyÎï|(Textus, S. 134).

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Eifersucht des Mannes brachte erstens einmal die Söhne des Grossen Klosters11, danach mit deren Hilfe alle Leute von Ṣōbā und seiner Hyparchie gegen ihn beziehungsweise wider ihn auf. 7 Denn der »Lügengeist«12 redete durch den Mund einiger jener Mönchsleute, schmeichelte und siegte. 8 Und sie spitzten ihre Zungen gegen den Arglosen wie ein scharfes Schwert und ihre Rede wie einen Pfeil, um aus dem Hinterhalt auf den Unschuldigen zu schiessen. 9 Denn mir schrieben sie zugleich viele Male: »Wenn du Īšō‘barnūn zum Haupt des Sitzes von Ṣōbā machst, werden wir eher Severianer als Christen.« 10 Denn als ich den Aufstand beziehungsweise die sich widersetzende Rebellion sah, habe ich Josua, den [Sohn] des Nun13, zurückgesetzt und Pineas, den [Sohn] des Eleazar14, gerufen, d. h. den ehrwürdigen Johannes von Ḥedattā:15 11 Er wurde mit dem Geist gesalbt, ging hin, wurde empfangen und sitzt [nun] auf dem Thron des Jakob unter allgemeiner Zustimmung und mit dem Einverständnis aller, wie wir von vielen erfahren haben, besonders aber von unserem grossen Mār Gabriel. 12 Es bete also deine Ehrwürdigkeit für den Frieden von Welt und Kirche. Soviel zu Ṣōbā. 13 Für Ninive16 haben wir unseren Bruder Ḥenānīšō‘ gesalbt, den eure Ehrwürdigkeit kennt. Wir haben jetzt für Harēw17 den Metropoliten von Gāukāi18 gesalbt. Jona habe ich des heiligen Geistes entkleidet.19 Für Mādāi [haben wir] unseren Bruder Paulus [gesalbt], den Mönch, denn Īšō‘zekā hat das zeitliche Leben verlassen. 14 Wir haben den Lehrer Īšō‘sabran |135| kommen lassen, ihm die zehntausend Zūzē gegeben20 — drei Tausender von Rabban Gabriel, drei von ‘Āun und vier von jemand anderem — und haben angeordnet, dass sie damit die Herberge eines gewissen Bābāi für die Schule des Klosters 11

Vgl. dazu oben ep 21,3 mit Anm. 9 auf S. 83 zur Stelle. Vgl. 1 Kg 22,22 und 2 Chr 18,21. 13 Im Syrischen heisst Īšō‘barnūn »Josua Sohn des Nun«. 14 Vgl. Jos 22,13. 15 Vgl. zu ihm auch ep 21,1 und Anm. 4 auf S. 83 zur Stelle. 16 Zu Ninive-Mossul vgl. FIEY, Mossoul. 17 So im Syrischen die Pehlewi-Form von Hērāt, vgl. zu dieser Stadt FIEY, Ḫorāsān, S. 89–92. Von Harēw ist auch unten in ep 25,8 und 25,18 die Rede. 18 In der Unterschriftenliste in Nest Ap 23 ist ein »Johannes, Bischof von Gāukāi« verzeichnet. Der Ort ist nicht lokalisierbar, vgl. Chabot, Synodicon, S. 672 l. Sp. Zu einer möglichen Identifikation mit der arabischen Landschaftsbezeichnung Ǧawḫa (für al-Maḏār und ‘Abdāsi) vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 3, S. 257. 19 Vielleicht liegt hier auch eine Textverderbnis vor, vgl. so bereits BRAUN (Versio, S. 90 Anm. 8). 20 Vgl. dazu oben ep 21,16. 12

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kaufen; einen Drittel von deren Ertrag [soll] dem Lehrer und zwei Drittel [sollen] den Studenten [zufallen]. 15 Wir sammelten für die Studentenbrüder vor der Ankunft des Īšō‘sabran tausendzweihundert Zūzē und gaben dem Lehrer einen Drittel, den Brüdern zwei Drittel und den beiden Brüdern, die [das Geld] gesammelt hatten, einem jeden hundert. 16 Die Bücher des Klosters sind erhalten und haben zugenommen. Erhalten sind aber auch zwei Silberkreuze, die eure Ehrwürdigkeit im Kloster zurückgelassen hat. Wir haben ihnen21 auch die zwei Bände [mit den Reden] des heiligen Gregor, übersetzt von Paul, korrigiert von Athanas, zurückgegeben. 17 Jener Schleier, den eure Ehrwürdigkeit schickte, als ihr im Kloster wart, haben wir an seinen Platz zurückgegeben. Wir haben nämlich nach Ägypten geschickt, und sie machen ein Duplikat von ihm, das ihm der Grösse nach gleich ist, aber den Farben nach und der Beschaffenheit nach vorzüglicher ist als er. 18 Der Lehrer und die Studenten haben mir geschrieben, dass sie wohlbehalten mit ihrem Geld in der Stadt angekommen seien. 19 Ich habe ihnen geschrieben, dass sie, auch wenn sie zu den Zehntausend [noch etwas] hinzugeben müssten, die Herberge in jedem Fall kaufen sollen. Denn deren Ertrag ist jährlich zweitausend. Von der Laura22 sind es nämlich [nur] vierhundert. Soviel dazu. 20 Über die Sache mit Ādōršābūr von Gāi23 hast du mir nichts mitgeteilt. Wir haben dir nämlich gemäss deiner Anordnung die Exkommunikation über den Tyrannen24 und die Aufforderung ihm gegenüber geschrieben. 21 Und die Bücher haben wir an Rabbān Gabriels Verwandten Michael geschickt, damit er sie an euch [weiter-]schicke. Betet für uns.

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Gemeint sind die Leute des Klosters. So mit BERTI, Vita, S. 241: »con il (solo) chiostro«. BRAUN (Versio, S. 91) übersetzt: »in foro enim quattercentum est (?).« 23 Vgl. zu Ādōršābūr von Gāi auch ep 21,13 und 54,1 sowie oben S. 84 Anm. 20 oben zu ep 21,13. 24 Vgl. auch den »Tyrann von Persien« in ep 47,35 und dazu HEIMGARTNER, CSCO 645, S. 72 Anm. 358, sowie ferner die »Tyrannei« (ṭrūnūtā) oben in ep 4,12. 22

BRIEF 23 1

Von demselben an denselben.1

An die grosse Leuchte, welche die Kirche sowohl mit den über [alles Irdische] hinausgehenden geisthaften als auch mit den im Fleisch [befindlichen] irdischen [Fähigkeiten] erleuchtet, den Ehrwürdigen |136| Gottes, 5 unseren Bruder, Mār Sergios, den Bischof und grossen Metropoliten. Timotheos, der in allem Geringe, entbietet deiner Ehrwürdigkeit in Verehrung den Gruss.

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1 Euren Brief, der mit unserem Bruder Bābāi [eintraf], habe ich mit grosser Freude und mit Gotteslob empfangen, und ich freute mich darüber, als würde ich eurer eigenen lauteren und bescheidenen Person selbst begegnen.2 2 Und obwohl wir durch viele Verwirrungen und sich entgegensetzende Widrigkeiten der Zeit daran gehindert und davon abgehalten werden, einander von Angesicht zu Angesicht in Person im Sinne der Natur und 〈Individualität〉3 zu empfangen, wie es die Liebe und die Regel des Geistes verlangen, so erfüllen wir das unsererseits durch gelegentlichen brieflichen Austausch anstelle eines Zusammentreffens im Sinne der Natur und Individualität. 3 Denn wenn auch beim persönlichen Zusammentreffen das Sehen vorzüglich ist und ebenso [all] das, was unter das Sehen fällt — denn die Augen der beiden sind einander lebendige und beseelte Spiegel und ruhen ineinander wie Artgleiche und Wesensgleiche —, so werden doch Rede und Austausch [beim Zusammentreffen] als das Trefflichste und Vorzüglichste gerühmt. 4 Denn dies ist körperliches [Sehen]4 und erblickt nur den Körper, denn [es ist nur] Sehen5, jenes aber ist gänzlich geisthaft und körperlich zugleich; Ersteres [sieht] nur die Ebene6 beziehungsweise Oberfläche, Letzteres durchdringt die Tiefen, sowohl die des 1

Die Elias-Rezension liest: »an denselben Sergios von Elam«. Im Syrischen kürzer und ohne Verb formuliert: »wie über eure eigene lautere und bescheidene Person«. 3 Ich konjiziere ¿ÚãÎçù{ statt ¿ćãÎçù{ in Analogie zum Schluss des Satzes. BRAUN (Versio, S. 91) übersetzt verkürzend: »ne personaliter conveniremus«. 4 Die Ergänzung mit BRAUN (Versio, S. 92). 5 Der Satzteil »denn [es ist nur] Sehen« fehlt in der Übersetzung von BRAUN (Versio, S. 92). 6 Im Syrischen hepihpīdōs (in T hepahpīdōs vokalisiert), vgl. gr. ἐπίπεδον. 2

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Körpers als auch die der Seele, und es taucht wie in ein gewisses Meer ein und zieht die verborgenen Perlen und Gedanken herauf, was auch der an Weisheit Reiche sagt: »Tief ist die Rede im Herzen des Königs, und der weise Mann wird sie herausschöpfen.« (Prov 20,5 ो), nicht nur bloss durch ein körperliches Sehen, vielmehr durch ein Mitteilen und ein Reden. 5 Und dem entspricht auch Folgendes: »Erkenne, was vor dir liegt, damit du nicht ein Messer in deinen Mund legst.« (Prov 23,1f ो), wie man beim Mitteilen und Reden das Nützliche und das Schädliche [voneinander] annimmt und [einander] gibt. 6 Somit ist folglich, was zum Mitteilen und Reden [gehört], besser als was zur [Sinnes-]Wahrnehmung und zur Begegnung [gehört], wenn denn auch in der |137| persönlichen Begegnung das, was zum Reden [gehört], vorzüglicher ist als das, was zum Sehen [gehört].7 7 Wenn ferner die Rede nicht vergeht8, das Sehen aber vergeht, und [wenn] das, was nicht vergeht, besser ist als9 das, was vergeht, dann ist folglich auch so die Rede besser als das leibliche Sehen. 8 Ich habe mich also10 über deine Mitteilung, du Ehrwürdiger, sowohl in geisthafter als auch in körperlicher Weise gefreut. 9 Besonders habe ich mich über die Grösse des Glaubens des edlen Mār Georg gefreut, der die Schönheit der Gesetze der Kirche mehr als die natürliche Liebe und die Liebe zu den Kindern ehrt und liebt. 10 Er ist uns mitten in Elam erschienen wie ein strahlender Stern zwischen den Wolken und wie die Blüten 〈der〉11 Rose zwischen den Dornen. 11 Die Erinnerung an ihn soll in den Himmel eingefügt werden wie die Sonne, die offensichtlich in den Himmel eingefügt ist. 12 Siehe also, du hast dich bereits an der Frucht deiner geisthaften Mühsale erfreut, und was andere in Grösse der Seele nicht finden konnten, hast du in der Reinheit der Gesinnung gefunden, und so kam tatsächlich heraus, was gesagt ist: »Für die Flinken [gibt es] keinen Lauf und für die Starken keine Schlacht.« (Koh 9,11 ो) 13 »Der Name des Herrn sei gelobt von Ewigkeit zu Ewigkeit.« (Dan 2,20) 14 Bete für meine Armseligkeit, du Gottesmann!

7 BRAUN (Versio, S. 92) lässt das »wenn« weg und übersetzt als Hauptsatz: »Ergo etiam in occursu personali sermo praestantior est visu.« 8 Vgl. dagegen aber die Diskussion um die Vergänglichkeit der menschlichen Rede in disp 4,8–13, ausgehend von der Frage des Kalifen: »Was ist meine Rede? Sie löst sich auf und vergeht.« (disp 4,8) 9 Hier verwendet Timotheos innert weniger Zeilen für das komparativische »als« einmalüÚÅ{s (23,7) und einmal blosses{s (23,8). 10 Man beachte den Rückbezug zu oben 23,1. 11 Ich konjiziere »der« (x) statt »und«{.

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Von demselben an denselben Sergios.

An den aufgrund der Diatriben beziehungsweise Abhandlungen und Untersuchungen Berühmten und Starken, und zwar sowohl aufgrund derer der theoretischen Betrachtungen als auch derer der praktischen Aktivitäten, 5 den in der Liebe zu unserem Herrn Allervollendetsten und -berühmtesten, unseren Bruder, den gottliebenden ehrwürdigen Mār Sergios, BischofMetropolit von Elam. Timotheos der Allergeringste verehrt 〈deine Ehrwürdigkeit〉2 und bittet um dein Gebet. |93| 1 [Es ist], du Ehrwürdiger |138| Gottes, unseren Schreiben und unserer Liebe zu deiner Ehrwürdigkeit nicht dasselbe Mass und [dieselbe] Menge [eigen], sondern unsere Rede ist geringer als unsere Liebe, und unser Austausch ist geringer als unsere Rede, und unsere Briefe sind geringer und weniger zahlreich als unsere Mitteilung. 2 Und stufenweise wie beim Geringerwerden wollen wir auch bei der Vermehrung emporsteigen und 15 fortschreiten: Zahlreich sind unsere Briefe an deine Ehrwürdigkeit. Zahlreicher als unsere Briefe ist der beständige Austausch mit dir. Zahlreicher als der Austausch ist die Rede und noch zahlreicher als alle ist unsere Liebe zu deiner Ehrwürdigkeit, die unerschütterlich in unsere Seele eingeprägt ist und fest steht wie die helle Sonne, das »grössere Licht« (Gen 1,16), 20 welches den Erdkeis erhellt in der Höhe des Himmels.3 3 Und wie bei der Vernunft und der Sinneswahrnehmung4 des Sehens Erstere nicht 〈mit〉5 Verständigkeit und Letztere nicht mit dem Licht der Sonne angefüllt werden 10

1 Italienische Teilübersetzungen bei Berti, Vita, S. 350 (24,7) und S. 220 (24,8). Syrische Teiledition mit französischer Übersetzung (ep 24,7) bei POGNON (Version, S. XVI Anm. 1). > 2 Die Ergänzung mit BRAUN (Versio, S. 92). Die Formel‚Îà‹{‚ÎÚêÑàËÆé ƒ¾ýbegegnet regelmässig in Briefen an Sergios als Metropoliten von Elam (Inscriptiones der Briefe 3, 6, 21 und 22, im letzteren Fall mit anderer Wortstellung). In Brief > 15 an den Priester und Lehrer Sergios heisst es hingegen: ‚Îà‹{ ‚ÎóÞçà ËÆé > ƒ¾ý. 3 Vgl. auch die dreifache Steigerung in ep 41,1,5 und ep 44,6. 4 Vgl. zur Differenzierung von Vernunfterkenntnis und Sinneswahrnehmung ep 2,1 und ep 40,2,10–16. Ÿ statt blossem üÚÅ èã Ÿ in den Handschriften in Ent5 Ich konjiziere è㠜 üÚÅ èã sprechung zur zweiten Hälfte des Nebensatzes.

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kann — das, was erfasst wird, ist die Ursache und der Quell von dem, was nicht erfasst wird —, so [kann]6 auch unsere Sinneswahrnehmung nicht angefüllt werden mit der beständigen Zuneigung und Liebe zu deiner Ehrwürdigkeit. 4 Andere, welche die geisthaften und vernünftigen Diatriben mit uns studierten und lernten, nahmen Flügel7 an und flogen in die Höhe des Himmels auf. 5 Wir aber als Liebhaber der Erde und [alles] Irdischen sind bislang ohne Schwingen geblieben und ohne Beflügelung, und allein deine Ehrwürdigkeit ist uns zum Trost übriggeblieben, wofür wir auch Christus anflehen, dass du für eine hohe Anzahl an Jahren und Zeiten im Glanz des Lebenswandels und in der Pracht der theoretischen Betrachtungen bewahrt wirst. 6 Wir haben deiner Heiligkeit ein Gewand8 und einen Mantel gesandt.9 7 Wir haben dir auch die Traktate10 des heiligen Theologen11 geschickt, welche »Epen« oder »jambische [Dichtungen]« genannt werden12, die neulich auf Betreiben des grossen Gabriel13 aus dem Griechischen ins Syrische14 übersetzt worden sind. 8 Wir haben dir auch andere Briefe von uns geschickt, die über verschiedene Themen geschrieben worden sind, damit deine Ehrwürdigkeit schauen und prüfen soll, ob sie denn treffend und im Sinne der Orthodoxie geschrieben sind. 9 Wir haben deiner Ehrwürdigkeit vor Zeiten, als du [noch] im Kloster warst, |139| das Antwortschreiben gegen die neue Meinung der neuen Juden15 geschickt. 10 Wir Die Ergänzung mit BRAUN (Versio, S. 93). Timotheos variiert hier und im Folgenden mit Numerus und Katalipomena:¿óÅ ? ? (24,4),¿ÚçóÅ (24,5), ¿óÅ (24,5). 8 Im Syrischen kūtīnā; BRAUN (Versio, S. 93) verweist (wohl zu Unrecht) auf das griechische χιτών. 9 Vgl. dazu auch ep 46,8 und 57,6 (verschiedene Begriffe). — Man beachte die Betonung des Zahlwortes im Syrischen: Der Satz ermöglicht die Kontrolle der mitgesandten Gegenstände. 10 Der syrische Text sagt nur memrē und präzisiert durch die folgenden griechischen Begriffe. 11 Also Gregor von Nazianz. 12 Für Studien von Duval und de Halleux zu den Carmina von Gregor von Nazianz siehe BERTI, Vita, S. 350 Anm. 1087 und 1088. 13 Vgl. zu ihm oben 21,16 mit Anm. 23 auf S. 85 zur Stelle. 14 Im syrischen Text wird zuerst die Zielsprache genannt. 15 Damit dürfte Brief 36 gemeint sein, denn Timotheos bittet bereits in Brief 37,2f um eine Abschrift dieses ihm fehlenden Briefes: »Und wenn das nicht geht und sie von dir benötigt werden, dann schreibe mir ein Exemplar des zweiten Briefes an Naṣr ab und schicke es uns. 3 In ihm hat es eine Abhandlung über den einen Willen und [eine] über die Würdigung der Märtyrer. Von ihm haben wir nämlich überhaupt kein Exemplar.« Zum Hin-und-Her der Abschriften der Briefe 34–36 zwischen Timotheos und Sergios vgl. HEIMGARTNER, CSCO 662, S. XI–XIV. — Die Bezeichnung der Araber als »die neuen 6 7

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haben kein Exemplar [mehr] davon. Wenn es vorhanden ist, [dann] befiehl, dass man es uns schickt. 11 Wir grüssen deine Diener. 12 Für die sechs Dinare, welche deine Ehrwürdigkeit einst Rabbān Īšō‘sabran geschickt hat, geben wir zweihundert Zūzē; und jene fünf Dinare, die verdoppeln wir, wenn unser Herr es will.

Juden« verwendet Timotheos ebenso in ep 26,30 und in ep 40,1,5 sowie in seinem Rechtsbuch (§ 16; SACHAU, Rechtsbücher, Bd. 2, S. 70/71).

BRIEF 25 1

Von demselben an denselben Sergios.1 An den ehrwürdigen und heiligen2 Mār Sergios, Metropolit von Elam. Timotheos grüsst deine Ehrwürdigkeit in unserem Herrn mit demütigen Sinn.

1 Die Leute von Māišan3 haben deiner Ehrwürdigkeit in überstürzter und törichter Weise wegen des Kanons gegen Bischof Simon geschrieben: in überstürzter Weise, da sie ihren Rechtsfall, obwohl er noch nicht abgeschlossen ist, betrachten, als wäre er bereits abgeschlossen; in törichter Weise, weil sie nicht erkannt und begriffen haben, dass ein Bischofsmann 10 nicht aus seinem Rang verbannt werden kann, bevor die Ankläger und der Angeklagte einander vor demjenigen gegenüberstehen, der Richter und Untersucher zwischen ihnen ist, und [bevor] sie ferner auch Zeugen auftreten lassen über die Streitigkeiten4, die sie gegen ihn vorbringen, und [bevor] ferner Untersuchung über die Ankläger stattgefunden hat, ob sie 15 denn würdig sind, bei der Anklage über den Bischof vorgelassen zu werden oder nicht. 2 Also haben sie in überstürzter und törichter Weise geschrieben, was sie deiner Ehrwürdigkeit geschrieben haben. 3 Dennoch erscheinen sie in dem, was sie deiner Heiligkeit5 geschrieben haben, nicht gänzlich als Lügner. 4 Denn wir haben ihn aus dem Dienst 20 und der Souveränität6 seines Ranges exkommuniziert und zudem den Leuten seines Jurisdiktionsbereiches [geschrieben]7, dass sie ihn nicht in der Rangordnung8 des Oberpriestertums9 anerkennen dürfen, [allerdings] nicht 5

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Die Elias-Redaktion ergänzt: »von Elam«. Vgl. zu diesem Prädikat auch unten ep 25,3. 3 Der Text der Synode von 782 (= Brief 50) verwendet bereits Baṣra (50,11), den Namen der arabischen Stadt, während der damalige Metropolit Sergios in seiner Unterschrift Prāt de Māišan, die Bezeichnung des alten syrischen Siedlungskerns, gebraucht (50,36). Ebenso steht in dem in 50,25 zitierten sechsten Brief des Mār Ābā die syrische Kurzform Prāt. Zu Baṣra resp. Prāt de Māišan vgl. Fiey, Assyrie, Bd. 3, S. 263–271. 4 Im Syrischen zē‘tēmē, vgl. gr. ζητήματα. 5 Vgl. zu diesem Prädikat auch oben ep 25 inscr. 6 Syrisch āwtenṭīya, vgl. gr. αὐθεντία, vgl. auch ep 3,14; 22,3; 34,7,23; 41,7,20. 7 Die Ergänzung mit Braun (Versio, S. 94). 8 Syrisch āqōlūtīya, vgl. gr. ἀκολουθία. 9 D. h., des Episkopats. 2

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wegen der Glaubwürdigkeit der Anklagen gegen ihn, die unter gleichzeitiger Anwesenheit von ihnen beiden10 vor uns und gemäss dem Zeugnis von zuverlässigen und glaubwürdigen [Männern] |140| hätten erfolgen müssen, sondern weil wir ihm, der oftmals der Bildung entbehrt und ohne Vernunft ist, geschrieben haben, dass er mit den Gegnern in seinem Rechtsfall zu uns kommen soll, und [weil] er als völlig Frecher und Streitsüchtiger beschlossen hat, dass unsere Schreiben nichtig und ohne Aussage seien. 5 Und deshalb haben wir ihm verboten — [und zwar] nicht in unbegrenzter Weise, sondern in begrenzter Weise und mit einer Grenze —, bis er mit den Gegnern seines Rechtsfalls in die Königsstadt11 heraufkommt, damit wir erforschen, untersuchen und prüfen können, was sie gegen ihn vorbringen. 6 Wir haben ihn nämlich wegen seines Ungehorsams gegenüber unserem Schreiben exkommuniziert und nicht wegen der Anklagen gegen ihn. Denn es gab für all das keinen Anhaltspunkt, weder für die Ankläger noch für die Anklagen, solange Simon in Māišan und die Ankläger in der Königsstadt waren, zudem ohne dass man zuverlässige vertrauenswürdige Zeugen vorladen konnte. 7 Doch als die Leute von Māišan die Unverschämtheit sahen, die er unseren Schreiben gegenüber an den Tag legte, baten sie uns, den Bischöfen zu schreiben, sie sollten in ihre Hyparchie kommen, was wir auch taten. 8 Wir haben nämlich an Jona geschrieben, der damals für den Metropoliten von Harēw12 gehalten wurde, und an Gottes Ehrwürdigen, Bischof Zacharias von Kaškar13, dass beide sich beim Thron von Māišan einfinden und uns alles genau berichten14 sollten, was auch geschah. 9 Die beiden begaben sich nämlich zugleich nach Māišan, die Leute von Māišan konnten gegen ihn keinen angemessenen Grund für eine Entlassung vorbringen, und so schrieben mir die beiden Bischöfe, er sei nicht zu verurteilen. 10 Als aber der Elende von allen Seiten her wegen des Zwanges der Kanones gehasst und in die Enge getrieben wurde, machte er sich sofort auf den Weg zu uns. 11 Und nachdem er sich ungefähr vierzig Tage an der Pforte aufgehalten hatte, ohne überhaupt persönlich vor 10 Damit sind offenbar die beiden Parteien gemeint, vgl. die zweite Satzhälfte (»dass er mit den Gegnern in seinem Rechtsfall zu uns kommen soll«). 11 Zum Begriff und zu Parallelstellen vgl. oben S. 4 Anm. 7 zu ep 3,6. 12 In ep 22,13 berichtet Timotheos, dass er »für Harēw den Metropoliten von Gāukāi gesalbt« habe. Von Plänen zu einer bevorstehenden Wahl eines Metropoliten von Harēw berichtet Timotheos gleich unten in 25,18. 13 Kaškar liegt auf dem rechten Ufer des damaligen Tigris-Flusslaufes gegenüber der arabischen Gründung Wāsiṭ, vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 3, S. 151, zu Kaškar und Wāsiṭ ebenda, S. 151–187; nach S. 152 ist eine Karte mit den damaligen Flussläufen eingefügt. 14 Beachte die klanglich ähnlichen Verben »sich einfinden« (…{Ëï{Āæ) und »berichten« (…ÎïxÎæ).

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uns zu erscheinen — nicht aus Hochmut, sondern weil er den gegen ihn sich erhebenden Aufrührern15 keinen Grund geben wollte, solange niemand von seinen Anklägern zu uns käme —, da |141| lösten wir die Exkommunikation, die wir wegen seiner Frechheit ausgesprochen hatten16, und schrieben Briefe, die [wir] ihm und unserem Boten [mitgaben]17, an Zacharias von Kaškar und an Simon von Zābē18, dass sie erneut nach Māišan gehen und jene [d. h. die Leute von Māišan] soviel wie möglich zum Frieden bewegen sollen, wenn es denn auch möglich sei. 12 Wenn es aber nicht möglich sei, sollten sie zuerst heimlich und öffentlich über die Art und Beschaffenheit von Simons Anklägern nachforschen, ob sie lauter und gesetzesgemäss sind oder ob sie nicht lauter und nicht gesetzesgemäss sind, desgleichen auch über die Art und Beschaffenheit der Amtsführung seiner Bischöfe. 13 Wenn sich die Ankläger als lauter und gesetzesgemäss erweisen, sollen sie mit Simon und mit den rechtschaffenen Zeugen zu uns in die Königsstadt hinaufkommen, damit auch wir mit unseren Brüdern Bischöfen schauen und zwischen ihnen entscheiden können: gemäss Gottes Befehl den Unschuldigen freizusprechen und den Schuldigen zu verurteilen.19 14 Wenn sich jedoch die Ankläger nicht als lautere und nicht als gesetzesgemässe Ankläger20 erweisen, wie es der Apologie21 des Simon entspricht, die über sie und die Anklage über ihn [berichtet], so habe ich unseren Brüdern Bischöfen geschrieben, dass den Anklägern als solchen, die sich als Schuldige erweisen, alle Herrlichkeit des Christentums verboten sein soll, bis sie gemäss den kirchlichen Kanones Busse tun, und der Bischof soll seine kirchliche Position22 wieder erfüllen gemäss der Weihe23, die er anfangs erhalten hat.

Syr. ’esṭasīre, vgl. gr. στασιώδες. Im Syrischen figura etymologica (wörtlich etwa: »die Exkommunikation, mit der wir ihn wegen seiner Frechheit exkommuniziert hatten«). 17 30 Im Syrischen wörtlich: »schrieben Briefe mit ihm und mit unserem Boten«. 18 Zu Zābē vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 3, S. 197–202. Ein Bischof Gregor von Zābē findet sich in den Unterschriftenlisten von Brief 50 (50,39) und der Apologie des Nestorius (Nest Ap 23). 19 Im Syrischen mit figura etymologica formuliert, im Deutschen nachgeahmt etwa: »den, der den Freispruch verdient hat, freizusprechen, und den, der die Verurteilung ver35 dient hat, zu verurteilen«. — Vgl. zum Hintergrund der Formulierung Ex 23,7; Prov 17,15; Jes 5,23. 20 Syr. mezaṭṭemē, vgl. gr. ζήτημα. 21 Vgl. zum Gräzismus āpōlōgīyā auch die »Apologie für das Kloster von Bēt Ābē« in ep 30,2 und dazu HEIMGARTNER, CSCO 662, S. 4 Anm. 8 zur Stelle. 22 Im Syrischen das Lehnwort qaṭasṭasīs, vgl. gr. κατάστασις. 23 Im Syrischen kīrṭōnīyā, vgl. gr. χειροτονία. 15 16

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15 Simon und der Bote sind zugleich losgegangen, es traf aber von ihnen bis jetzt keinerlei Nachricht ein. Sobald eine Nachricht von ihnen bei uns eintrifft, lassen wir es deine Ehrwürdigkeit wissen. Soviel dazu. 16 Sergios24 lässt euch vielmals danken. Aber er beklagt diese Armut, 5 die mir ein vorzüglicherer Schatz als der Reichtum und Besitz dieser Welt [zu sein scheint].25 17 Wir haben ihm befohlen, das Gebiet von Masabadān26 zu visitieren, damit er davon Unterstützung erhält, wenn ihm denn nicht vielmehr Schaden zuteil wird, den er davon erwirbt. 18 Schicke mir jenen jungen Logiker!27 Vielleicht mache ich ihn |142| zum Metropoliten für 10 Harēw28. Dort sind Severianer, und es braucht für dort einen tüchtigen Krieger. 19 Bete für mich, du Ehrwürdiger! 1

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Offensichtlich ist ein anderer Sergios gemeint als der Briefempfänger. Die Ergänzung mit Braun (Versio, S. 95: »videtur«). 26 Vgl. dazu FIEY, Médie, S. 372f. 27 Hier im Syrischen mit dem Lehnwort lōgīqōs, vgl. gr. λογικός. Anders begegnet der genuin syrische Begriff¿ćáÚáãin 8,17; 40,2,30; 40,3,1; 42,4,20. — Vgl. zu dem betreffenden »Logiker« oben ep 21,12. 28 Vgl. zu Harēw auch soeben oben ep 25,8: »Jona …, der damals für den Metropoliten von Harēw gehalten wurde.« In ep 22,13 berichtet Timotheos, dass er »für Harēw den Metropoliten von Gāukāi gesalbt« habe. 25

BRIEF 261 1

Von demselben an Bischof Māranzekā von Ninive2. An Gottes Ehrwürdigen, unseren Bruder Bischof Māranzekā von Ninive. Timotheos, der geringe Diener unseres Herrn grüsst deine Ehrwürdigkeit in der Liebe unseres Herrn.

1 Der Glaube von uns Christen, dessen Haupt und Vollender Jesus Christus ist, du Ehrwürdiger Gottes, ist reines Gold und eine kostbare Perle3, obwohl4 er an bestimmter Stelle und bei gewissen Leuten gleichsam auf reinem Leuchter helle Strahlen aussendet und einen jeden in reiner und gesetzeskonformer Weise erhellt, an anderer Stelle aber und bei 10 anderen Leuten in anderer Weise wie unter einem Bett respektive unter 5

1 Französische Übersetzung bei BRIQUEL CHATONNET et al., Lettre, S. 5–12. Italienische Teilübersetzungen bei BERTI, Vita, S. 185 (26,9 sowie 26,34 ab »das Christentum«). 2 Offen bleibt, ob Māranzekā mit dem gleichnamigen Adressaten von ep 51 identisch ist, der gemäss Überschrift von Brief 51 damals Lehrer in Nisibis war und durch diesen Brief zum Bischof von Bēt Nuhadrān berufen wurde. Vgl. dazu auch BERTI, Grazia, S. 226, und DERS., Vita, S. 55. Von der Identität der Adressaten von Brief 26 und 51 gehen BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 3) aus, welche den dürftigen Angaben bei BIDAWID (Lettres, S. 39 und 64) folgen und wie dieser schliessen, Timotheos habe Māranzekā zum Bischof von Ninive geweiht, wie es die Adresse von Brief 26 zeigt (vgl. BIDAWID, Lettres, S. 65). Dass die Überschrift von Brief 51 ausdrücklich die Berufung auf den Bischofssitz von Bēt Nuhadrān nennt, konnten Briquel Chatonnet und ihr Team nicht wissen, und Bidawid hat es übersehen. — Von einem vierten Brief an Bischof Māranzekā von Ninive ist in dem nach Brief 1 erhaltenen Cento die Rede (Cto 11). Dabei ist unklar, ob an der betreffenden Stelle tatsächlich der »vierte Brief an Māranzekā« gemeint ist oder ob die Zählung sich auf die vorangehenden Briefzitate bezieht, wo nach zwei Briefen an Salomon von Ḥedattā und einem weiteren an dessen Nachfolger Johannes von Ḥedattā nun als vierter der Brief an Māranzekā genannt ist. Jedenfalls »disputiert und beweist« Timotheos in diesem Brief »in hochstehender Weise, dass wir die Severianer und Chalkedonenser nicht [erneut] taufen sollen, als auch, dass sie notwendigerweise mit dem heiligen Salböl der Salbung bezeichnet werden sollen, und zwar nach einem vom Priester vollzogenen besonderen Gebet, [nach] Reue und der gesamten Versöhnung« (Cto 11). Diese Stelle findet sich jedoch im vorliegenden erhaltenen Teil von Brief 26 nicht, es sei denn, es wäre in sehr ungenauer Weise auf 26,7–11 angespielt, was angesichts der präzisen Äusserungen in Cto 11 unwahrscheinlich erscheint. 3 Zur Perle, zentral hier in ep 26,1.2.4.5.10–12.29, vgl. auch die »Perle der Wahrheit« in ep 41,10,2; 41,11,9 sowie disp 21,1–8.11.12.15 mit der Perlenparabel. Ÿ 4 BRAUN (Versio, S. 96) fasst den zweiteiligen Adversativsatz (gegliedert mitèãund èÙx) als selbständigen Satz auf, wobei er den zweiten Teil des Adversativsatzes zum Hauptsatz macht. Ihm folgen auch BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 5).

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einem Scheffel steht, wobei er nicht allen und nicht in reiner Weise die Strahlen seines Leuchtens und Glänzens gibt.5 2 Und wie bei der sinnlich wahrnehmbaren Sonne ihre erhellende Kraft eine und dieselbe ist, die Kraft aber, ihr Licht zu empfangen, nicht eine und dieselbe ist, sondern von den Stoffen und Materialien, über denen sie aufgeht und sich ausbreitet, die einen den Glanz ihrer Strahlen gänzlich aufnehmen, andere nicht gänzlich, sondern [nur] teilweise und zum Teil, und wieder andere das Glänzen ihrer Strahlen überhaupt nicht aufnehmen, so hat auch das grosse Licht des Glaubens von uns Christen zwar eine und dieselbe Kraft, bei denen aber, welche es empfingen und empfangen, nehmen die einen die Kraft seines Glanzes und seines Leuchtens an und empfangen sie wie Gold und Perlen oder6 [wie] Gold und Silber und Edelsteine, andere wie Erz und Eisen, wieder andere wie gewöhnliche Steine und trockenes Holz. |143| 3 Doch im Haus von Gottes Kirche gibt es nicht nur Gefässe aus Gold oder Silber, sondern auch aus Holz und Steingut, einige zur Ehre, einige zur Schande. 4 Und von den Architekten, die auf dieses Fundament bauen, bauen die einen mit Gold und Silber und edlen Perlen, andere mit Holz, Gras und Reisig. 5 Sei es, dass wir diese Aussage auf den Glauben, sei es auf die Lebensführung und -weise beziehen, so ist zwar das Fundament des Glaubens 〈dasselbe〉7 — es ist reines Gold und eine kostbare Perle, wie gesagt wurde —, doch die [Lebens-]weisen8 und die Überlegungen und Gedanken der Menschen sind nicht dieselben, weder im Vergleich mit dem Glauben noch untereinander, sondern die einen vermehren den Glauben wie guter Boden dreissigfach, sechzigfach und hundertfach9 sowohl durch helle Strahlen der Erkenntnis als auch durch einen ruhmreichen tugendhaften Lebenswandel, andere wiederum vermindern10 ihn dreifach und in einer bestimmten Weise, wobei sie teils den Samenkörnern 5

Vgl. Mt 5,15 und Lk 8,16. Ich konjiziere »oder« ({s) statt »und« ({) gemäss der Übersetzung von BRAUN (Versio, S. 96: »seu«), dem auch BRIQUEL CHATONNET ET AL. fol gen (Lettre, S. 6: »ou«). 7 In der überlieferten Form (»so ist doch das Fundament des Glaubens reines Gold und eine kostbare Perle, wie gesagt wurde, doch die [Lebens-]weisen und die Überlegungen und Gedanken der Menschen sind nicht dieselben«) wirkt der Satz logisch unausgeglichen. Die zweite Satzhälfte suggeriert auch in der ersten Satzhälfte eine Aussage über Selbigkeit. Ich konjiziere daher€zËÝ€ z(»dasselbe«) statt€zin den Handschriften. œ œ œ 8 Anders bezieht und übersetzt BRAUN (Versio, S. 96): »qualitates autem sententiae et cogitationes hominum«. 9 Vgl. Mk 4,8 par Mt 13,8, ferner auch Lk 8,8 10 Vgl. dazu auch die Unterscheidung von »Mehr« und »Weniger« in der Kategorienschrift, so etwa Arist Kat 3b,33–4a,9 (die Kategorie des Wesens kennt kein Mehr oder Weniger), aufgenommen in ep 34,4,12f, ep 40,5,43f, vgl. auch ep 35,2,22f. 6

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gleichen, die auf den offenen Weg [gesät werden], teils denen, die auf Felsen, teils denen, die unter die Dornen gesät werden.11 6 Das Samenkorn, das vom Sämann gesät wird, ist ein und dasselbe, die Böden aber und die Beschaffenheiten davon12 oder, [anders gesagt], die Herzen und deren [Verhaltens-]Weisen sind nicht dieselben, weder untereinander noch im Vergleich mit dem Glauben der Wahrheit. 7 In derselben Weise sei von uns festgesetzt, dass es ein und dieselbe heilige Taufe ist, welche zuerst unser Herr an der Individualität seines Menschseins vollzog und danach seinen Jüngern übertrug, indem er sagte: »Geht hin, lehrt alle Völker und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.« (Mt 28,19) 8 Doch von den Menschen, |144| die je danach die Taufe und die Oberpriesterschaft und den Glauben aufnahmen, nahmen die einen [all] dies auf wie der gute Boden und vermehrten und vervielfachten und vervielfältigten es mit der Kraft des heiligen Geistes, andere nahmen es auf wie schlechter und 〈lehmiger〉13 Boden die Samenkörner, und sie vermehrten und vervielfachten es nicht nur 〈nicht〉14, sondern sie verschmähten es auch, wiesen es zurück und veränderten es. 9 Denn wie das Saatgut sowohl auf gutem als auch auf schlechtem Boden ein und dasselbe ist, aber die Vermehrung und Vervielfachung [jeweils] nicht dieselben sind, so [sind] auch der Glaube, die Taufe und das Priestertum dasselbe sowohl bei uns als auch bei den Melkiten und Severianern, doch die Vermehrung und Vervielfachung und die Bewahrung [all] dessen sind bei uns und bei ihnen nicht dasselbe. 10 Das reine Gold und die Perle des Christentums ist sowohl bei uns als auch bei ihnen zu sehen, aber bei uns werden das reine Gold und die Perle 〈des〉15 Glaubens ohne Fleck und ohne Schmutz und ohne den Rost der Lästerung16 bewahrt — ich meine die weggenommenen und hinzugefügten [Dinge] —, bei ihnen jedoch ist das Gold des Glaubens zwar vorhanden, aber nicht ohne Schmutz, und es findet sich zwar die Perle der Priesterschaft, aber nicht ohne den Schmutz und ohne 11

Vgl. Mk 4,4.5.7 par Mt 13,4.5.7 und Lk 8,5.6.7. Vgl. zum ungewöhnlichen Singular ähnliche Konstruktionen in ep 1,3,31 und 14,53. MANNA (Morceaux, S. 45) konjiziert beim vorangehenden Bezugswort den Singular »Boden«. 13 Ich konjiziereÀĀýÎáÓstattÀĀãÎáÓin den Handschriften. 14 Konjektur BRAUN (Textus, S. 144 mit Anm. 1). 15 Ich konjiziereÀÎçäÙzx(»des Glaubens«) stattÀÎçäÙz{(»und der Glaube«) in den Handschriften; vgl. dazu die Formulierungen »Perle des Christentums« »Gold des Glaubens«, »Perle der Priesterschaft« (2×) und »Gold der Taufe« in 26,10f. 16 Vgl. zu »Rost und Schmutz der Lästerung(en)« auch ep 26,11.23.28.29 sowie ähnliche Formulierungen in ep 1,8,3 (¿ðý{x Àsøà{ ¿òxÎÅx ÀĀÐÎþà{) und ep 34,5,17 (¿òxÎÅxÁüÓĀÂ), ferner auch in dem nach Brief 1 erhaltenen Cento (Cto 6). 12

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die Befleckung der Lästerung. 11 Und deshalb müssen wir das Gold der Taufe und die Perle der Priesterschaft annehmen und wissen, dass es unser Besitz ist, den Schmutz und den Rost der Lästerungen jedoch putzen, waschen, reinigen und weit von uns stossen. 12 Eine [einzige] ist die Perle der Einzigkeit der Gottheit in drei Individualitäten und 〈der〉17 drei Individualitäten in einer Gottheit18 sowohl bei uns als auch bei ihnen, ein [einziger] ist auch der kostbare Fels der Taufe19, welche im Namen des Vaters und des Sohnes und des |145| heiligen Geistes vollzogen wird, eine [einzige] ist auch das Bekenntnis zur Offenbarung des Gottseins in unserem Menschsein, eine [einzige] ist auch die am Kreuz und in Richtung Osten20 [vollzogene] Anbetung, und ein und dasselbe ist das Geheimnis von Leib und Blut unseres Herrn, das wir zur Vergebung unserer Sünden und zur Erinnerung an Tod und Auferstehung unseres Herrn praktizieren, und zwei Testamente nehmen sowohl wir als auch sie an, und die Auferstehung aus dem Haus der Toten und das ewige Leben und die Offenbarung der Herrlichkeit unseres grossen Gottes und Lebensspenders Jesus Christus21 und die Seligkeit wie auch das Gericht der Gerechtigkeit erwarten und erhoffen wir alle gleichermassen. 13 In alledem und in anderen [Dingen] haben wir ein und dieselbe Einmütigkeit und Gesinnung, ich meine die Feste und die Heilsordnung und die Feiern um unserer Erlösung willen. 14 Doch wir unterscheiden uns voneinander durch die Rede von der Vereinigung seines — ich meine, des Christus — Gottseins mit seinem Menschsein. 15 Der Streit und Zwist jedoch bezieht sich nicht auf das Gottsein unseres Herrn und auch nicht auf sein Menschsein — denn wir alle verherrlichen gleichermassen und gleicherweise unseren Erlöser als vollkommenen Gott und vollkommenen Menschen — und auch nicht über die Vereinigung an sich, sondern über die Weise ebendieser Vereinigung und über ihre Beschaffenheit haben wir einen Streit und Kampf 22 gegeneinander. 16 Indem wir nun die Natur der Dinge und die göttlichen Worte in der Schrift auf die richtige Weise betrachten, bekennen wir in Christus eine willentliche und personale Vereinigung der Einwohnung und Offenbarung. 17 Dies verstehen wir erstens23 aus der [Stelle]: »Dies ist mein 17

Konjektur Heimgartner. Vgl. zur Formulierung auch disp 4,3. 19 Vgl. Nu 20,7–11 und 1 Kor 10,4. 20 Vgl. zum Gebet in Richtung Osten disp 6,1–18 sowie ep 1,3,17; 1,7,8 und 2,5,8. 21 Vgl. Tit 2,13 ो. 22 Syrisch āgōnā, vgl. gr. ἀγών. 23 Wie in der deutschen Übersetzung nachgeahmt, folgt im Syrischen kein »zweitens«, sondern ein »und« und ein »danach«. 18

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geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.« (Mt 3,17 und 17,524) und aus der [Stelle]: »In ihm wollte er die ganze Fülle wohnen lassen.« (Kol 1,19) 18 Danach auch aus der [Stelle]: »Siehe, mein Diener, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe, mein Liebling, nach dem sich meine Seele sehnt« (Jes 42,125), denn die Vereinigung kam dem Wohlgefallen zu und nicht der Natur oder der Individualität26, und es ist offensichtlich, dass das Wohlgefallen sowohl die Naturen als auch die Individualitäten zu einer [einzigen] Person des Sohnseins und der Vereinigung |146| verbindet, welche als ein und dieselbe sowohl das Gottsein als auch das Menschsein bezeichnet.27 19 Und ebendiese Person des Sohnseins und der Vereinigung nennen wir Christus, Jesus und Sohn, denn mit diesen und [anderen] derartigen Begriffen lernen wir28 über das Gottsein wie auch über das Menschsein. So [glauben] wir. 20 Von ihnen jedoch erdichten und lehren die einen eine Individualität aus zwei Naturen, die anderen eine [einzige] Natur und eine [einzige] Individualität aus Gottsein und Menschsein und verkünden eine notwendige und natürliche Vereinigung im Sinne der Individualität, welche Gottes Natur aus Gründen der Zusammensetzung unter die Leiden unterjocht hat, was [alles] sie in frevlerischer und ungebildeter Weise verstehen und lehren, ohne jeglichen Beweis aus den Schriften und ohne Zeugnis aus der Natur zu haben.29 21 Denn unser Streit, den wir miteinander [haben], bezieht sich auf die Art und Weise der Vereinigung und auf nichts anderes.30 22 Und wenn irgendwelche andere lästerliche Aussagen vorgebracht werden wie etwa »Gott wurde seiner Natur nach aus einer Jungfrau geboren« oder »[Gott] litt« oder »Gott starb« und dergleichen, so entsteht [all] dies aus demselben törichten Bekenntnis der Vereinigung der Zusammensetzung im Sinne der Natur und der Individualität, wovor wir fliehen und [wovon wir] unser Gesicht abwenden müssen wie vor einer für Seele und Leib verderblichen und tödlichen Krankheit. 23 Denn es findet sich in 24

Vgl. auch Mk 1,11 und 9,7 sowie Lk 3,22 und 9,35. Das Zitat Jes 42,1 (vgl. auch Mt 12,18) in Kombination mit Mt 3,17 resp 17,5 auch in ep 34,2,24 und 34,3,59f (vgl. ferner auch ep 34,5,33f). 26 Das¿ćà{am Schluss des Satzes ist als »kommt zu«, »gebührt« zu verstehen und nicht mit BRAUN (Versio, S. 98 Anm. 4) zu tilgen. 27 Bei BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 8) ist die Übersetzung des Relativsatzes sehr frei: »qui fait connaître la divinité comme l’humanité«. 28 So auch BRAUN (Versio, S. 98: »discimus«), anders BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 8: »nous enseignons«). 29 Vgl. dazu auch »Natur und Schrift« in disp 2,7–13; 19,9 und ep 40,7,1. 30 Vgl. dazu die bereits in der Einleitung (oben S. XXIV Anm. 47) zitierte Äusserung von HAINTHALER (Christus, S. 198): »Eine so klare und eindeutige Benennung des Streitpunkts kenne ich sonst kaum.« 25

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den Schriften überhaupt nichts31, was [all] dem gleich wäre oder [mit dem] übereinstimmte, sondern es hat Rost und Schmutz auf dem Dinar des Glaubens, wie wir sagten. 24 Was nun im reinen Gold des Glaubens auf die königliche Münze eingraviert ist — nämlich »Josef, der Mann der Maria, aus der Jesus geboren wurde, der Christus heisst« (Mt 1,16)32 —, besagt, dass Jesus Christus aus Maria geboren wurde und nicht etwa Gott oder ein Mensch. 25 Und: »Mit der Geburt des Jesus Christus verhielt es sich folgendermassen: Als seine Mutter Maria mit Josef verlobt war« (Mt 1,18), und auch hier heisst es »Maria, die Mutter von Jesus Christus«33 und nicht »[die Mutter] von Gott oder einem Menschen«. 26 Und [ferner heisst es]: »mit Maria, der Mutter |147| des Jesus« (Apg 1,14), und sie wird nicht »[Mutter]34 Gottes oder eines Menschen« genannt. 27 Und wir lernen35 aus der heiligen Schrift, dass Christus, der Sohn, Jesus, der Menschensohn, unser Herr, gelitten hat, gekreuzigt wurde, starb und begraben wurde, und nicht Gott. 28 Doch es ist Gold, das voll vom Rost und Schmutz der Lästerungen ist, wenn man sagt: »Gott wurde im Fleisch geboren« oder »Gott litt und starb im Fleisch«. Gottes Sohn wurde nämlich im Fleisch geboren, lehrte Paulus (vgl. Röm 1,3), und nicht Gott oder ein Mensch für sich allein, und Christus hat um unseretwillen im Fleisch gelitten und nicht Gott oder ein Mensch für sich allein und separat. 29 Wir jedoch wollen das reine Gold und die leuchtende Perle annehmen und den Rost und Schmutz der Lästerungen wegputzen, reinigen und abwaschen und weit von uns stossen. 30 Aber sollten wir denn, weil die alten und neuen Juden36 das Bekenntnis zur verehrenswürdigen Dreiheit der Individualitäten Gottes verwerfen, auch dem Bekenntnis zu Gott, das sie bekennen, nicht zustimmen? 31 Vielmehr stimmen wir dem [Bekenntnis] zu Gott zu, dass sie jedoch die Dreiheit der Individualitäten leugnen, verwerfen wir. 32 So stimmen wir auch den Manichäern und Markioniten zu, dass es einen guten Gott [gibt], und lobpreisen es, dass es aber einen schlechten 31 Vgl. zur Negation ĀÚà üÚÅ ĀÚà auch „{Āã ĀÚà üÚÅ ĀÚà in 41,3,35 und ¿ćà{èÙx¿ćà{in 41,5,26. 32 So etwas freier übersetzt. Im Syrischen wörtlich: »Das reine Gold des Glaubens, das auf die königliche Münze eingraviert ist, »Josef, der Mann der Maria…« 33 Damit wird das soeben zitierte »seine Mutter« expliziert. 34 Die Ergänzung mit BRAUN, Versio, S. 99. 35 So auch BRAUN (Versio, S. 99: »Discimus«), anders BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 8f: »nous enseignons«). 36 Die Bezeichnung der Araber als »die neuen Juden« verwendet Timotheos ebenso in ep 24,9 und in ep 40,1,5 sowie in seinem Rechtsbuch (§ 16; SACHAU, Rechtsbücher, Bd. 2, S. 70/71).

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und gerechten [Gott gibt], verwerfen wir. Denn wir wissen, dass der gute und gerechte Schöpfer ein und derselbe ist.37 33 Auf dieselbe Weise stimmen wir auch [all] dem zu, was sie wie wir tun und bekennen, und lobpreisen es und erkennen es als uns und ihnen gemeinsam, [all] das aber, was sie nicht wie wir machen und bekennen, sondern von sich aus und aus eigener Autorität ersonnen und gebildet haben, das verwerfen wir und schicken es weit weg von den Höfen der katholischen Kirche38. 34 Denn wie der Reichtum des guten und sanften Vaters ein und derselbe war — ich meine, sowohl gegenüber dem älteren als auch gegenüber dem jüngeren verlorenen [Sohn]39 — und die Fürsorge und Pflege nicht ein und dieselbe ist40, so ist auch das Christentum ein und dasselbe |148| im Osten und im Westen, im Norden und im Süden41, doch die Sorge und Fürsorge dafür ist nicht eine und dieselbe bei uns, den Leuten des Ostens, den Leuten des Lichts einerseits, und bei den übrigen in allen Himmelsrichtungen des Erdkreises andererseits. 35 Und wie die Quelle, die aus Eden hervorspringt, um das Paradies zu bewässern, dann in vier [Fluss-]Arme42 geteilt wird und, wenn eine Quelle zu vier Armen hinzugefügt wird, sie die [Zahl] Fünf bilden — und die Natur des Wassers ist ein [und dieselbe] in den Fünfen, und [es ist] ein [und dieselbe] Beschaffenheit und Art — oder, wenn du [lieber] willst, wie beim zweiten Gesetz und beim Apostel Paulus Ersteres zu den vier Gesetzesbüchern und Letzterer zu den vier Evangelisten hinzugefügt werden, sie die Zahl Fünf bewirken und vollbringen, so ist es mit dem Christentum: Indem aus uns Leuten des Ostens das Christentum hervorgekommen ist — denn der Christus, der Gott über alles ist (vgl. Röm 9,5 ो)43, ist dem Fleisch nach aus uns erschienen —, bewässert uns [Christen] als die eine Quelle des Lebens und der Unsterblichkeit das ganze Paradies der Welt, indem es die vier Throne und Sitze bewässert, 36 und wenn wir die Eins zu den Vieren hinzufügen, bewirken und 37 Im Syrischen straffer formuliert: »Denn als ein und denselben kennen wir den guten und gerechten Schöpfer.« 38 Vgl. zu dieser Redewendung auch ep 35,8,10 und ep 41,4,12. 39 Vgl. zum verlorenen Sohn (Lk 15,11–32) auch ep 1,5,6 und 1,6,14. 40 Im Syrischen weitschweifiger formuliert: »die Fürsorge und Pflege nicht eine einzige und nicht dieselbe ist«. 41 Vgl. dazu ep 41,10,8, wo aber nur drei Himmelsrichtungen genannt sind (»wir hatten das alte und das neue Testament an allen Enden des Ostens und des Südens und des Nordens«). 42 Im Syrischen hier und im Folgenden wörtlich: »Häupter«; ich folge der Übersetzung von BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 9 mit Anm. 23: »bras«). 43 Vgl. zu diesem häufigen Zitat bei Timotheos HEIMGARTNER, CSCO 674, S. 51 Anm. 2 zur Inscriptio von ep 41.

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vollbringen wir die Zahl Fünf. 37 Und dass Christus dem Fleisch nach aus uns erschienen ist, zeigen wir so: Wenn nämlich Christus dem Fleisch nach aus David erschienen ist und David Sohn Abrahams ist und Abraham von uns, den Leuten des Ostens, und aus dem Orient ist, dann ist klar und offensichtlich, dass Christus dem Fleisch nach aus dem Orient und von den Leuten des Ostens ist. 38 Dann ist also die Quelle des Lebens des Christentums aus den Leuten des Ostens geoffenbart worden und hervorgekommen und von uns aus in vier Arme aufgeteilt worden, die das ganze Paradies der katholischen Kirche mit der göttlichen und geisthaften Bewässerung des Himmelreiches bewässern. 39 Und wie die Priorität und der Vorrang der Ursache zuerst freilich der Quelle zugesprochen werden, die aus Eden zur Bewässerung des Paradieses emporstieg (vgl. Gen 2,10), dann aber auch den vier Armen, die aus ihr |149| abgeteilt wurden, aus denen die ganze Welt in körperlicher Weise trinkt, so müssen auch unserem östlichen Thron, aus dem man zuerst die Quelle des Lebens — sage ich — und der Erlösung aufsteigen gesehen hat, der erste und wichtigste Rang bewahrt werden und den anderen vier, aus denen die ganze Welt geisthafte Bewässerung trinkt, der zweite Rang und die danach [folgenden Ränge]44 zugeteilt werden. 40 Denn wenn Rom wegen des Apostels Petrus der erste und wichtigste Rang bewahrt wird, wieviel mehr also Seleukeia und45 Ktesiphon46 wegen des Herrn des Petrus! 41 Und wenn der erste Rang und Grad denen geschuldet wird, die als Erste von allen den Glauben an Christus bekannt haben47, und [wenn] wir Leute 44 Die präpositionale Formulierung èݍĀÂx{ ist numerisch indifferent. — Vgl. zu diesem Problem auch‰Îé¿ćàËàin ep 40,4,30 und¿çÂÏÂx{in ep 40,7,11. 45 Auch im Syrischen mit »und« formuliert. 46 Zu Seleukeia-Ktesiphon (heute Salmān Pāk) vgl. FIEY, Mahozé. Die Stadt besteht aus im Wesentlichen fünf Siedlungskernen (dazu ebenda, S. 397–401; eine Karte mit dem antiken und heutigen Flussverlauf bei GOCKEL, Irak, S. 133). Das um 300 v. Chr. von Seleukos I. Nikator gegründete Seleukeia liegt auf dem rechten Tigrisufer. Ktesiphon, in der Antike gegenüber auf dem linken Tigrisufer, erhielt grosse Bedeutung, als es die Partherkönige zur Winterresidenz ausbauten. Südlich von Ktesiphon und östlich von Seleukeia gründete der Sassanidenkönig Ardašir ums Jahr 230 die Stadt Veh Ardašir. In diesem Siedlungskern, der von den syrischen Christen als Kōkē bezeichnet wurde, stand die angeblich vom Apostel Mari gegründete Kathedrale (»Grosse Kirche«, dazu FIEY, Mahozé, S. 403– 406), wo jeweils auch der Patriarch geweiht wurde. — Die Araber haben nach der Invasion im Jahr 637 das Fünfstädtekonglomerat als Madā’in, »Städte«, bezeichnet, und zwar nicht mit dem im Arabischen geläufigen Dual, sondern sachgemäss mit dem Plural. Auch Timotheos verwendet die Bezeichnung »Städte« (50,11.12.14.17), in 50,11 die Langform »Katholikatsstädte«. Auffällig ist demgegenüber die Formulierung »die beiden Städte« im unten zitierten Brief des Patriarchen Ābā (ep 50,25.27). 47 Im Syrischen mit zwei Verben formuliert: »die vor allen Christus bekannt und [an ihn] geglaubt haben«.

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des Ostens als Erste von allen den Glauben an Christus bekannt haben48 und offenkundig den Beweis unseres Glaubens gegeben haben — durch die zwölf Boten, die vom Stern geführt wurden49, sowie durch die Geschenke, die wir ihm dargebracht haben: Gold, insofern er König aller Könige und Herr aller Herren [ist], Weihrauch, insofern50 er Gott über alles ist (vgl. Röm 9,5 ो)51, Myrrhe, insofern es das Leiden seines Menschseins für alle bezeichnet52 —, dann ist also klar, dass den Leuten des Ostens die Ehre des Vorrangs des Sitzes geschuldet wird und gebührt, sei es wegen der Ehre der Himmelsrichtung — denn König53 der Himmelsrichtungen ist der Osten —, sei es wegen dem, dass er [d. h. der Osten] mit der Krone des Paradieses gekrönt wurde — denn das Paradies ist auf Erden Abbild des Himmelsreiches54 —, sei es wegen des Diadems und des irdischen Reiches — denn in ihm [d. h. dem Osten] krönte sich Nimrod55 als Erster von allen mit dem Diadem —, sei es wegen der alten [Vor-]Väter unseres Erlösers dem Fleisch nach — denn in ihm [= dem Osten] und aus ihm wurde Abraham geboren und ging hervor —, sei es wegen des Vorrangs unseres vor allen bestehenden Glaubens an unseren Herrn — denn als er zwei Jahre alt war, schickten wir seiner Herrschaft Boten und Geschenke, denn dreissig Jahre vor allen [anderen] haben wir sein Herrsein bekannt und sein Gottsein angebetet. 42 Denn wie hätten die Rhomäer beziehungsweise |150| Griechen gestatten sollen, den Vorrang des Sitzes den Persern zu geben, durch welche sie56 jegliche Niederlagen 48 BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 10) machen den zweiten Vordersatz bereits zum Hauptsatz. 49 Vgl. Mt 2,1–12. Man beachte die Zwölfzahl gegenüber dem Bibeltext. 50 Handschrift T und die Edition Darmo lesen hier für »insofern«ƒxßÙswie alle Handschriften unmittelbar vorher und nachher, während die Textzeugen VWLBM nur ƒßÙsbieten. 51 So schon oben 26,35 mit Anm. 43 auf S. 107 zur Stelle. 52 Vgl. zu Gold, Weihrauch und Myrrhe Mt 2,11. 53 Im Syrischen »Königin« (mit Bezug zu »Himmelsrichtung«). 54 Vgl. zu diesem Motiv auch disp 6,5 sowie ep 2,5,5.7, ep 14,71 und ep 36,4,7. 55 Vgl. Gen 10,8f. 56 Schon BRAUN (Versio S. 101 Anm. 2) merkt an, dass der syrische Text zweideutig ist und man mit gleichem Recht an Niederlagen der Perser durch die Römer als auch an Niederlagen der Römer durch die Perser denken könne. Ihm folgen BRIQUEL CHATONNET ET AL. (Lettre, S. 11 Anm. 25) mit der zusätzlichen Bemerkung, dass Timotheos die Perser als die Opfer verstehe. Ich halte das Umgekehrte für wahrscheinlich. Dafür spricht bereits die Syntax (im Syrischen wörtlich: »die Perser…, diejenigen, von denen gilt: durch diese…« = »die Perser, durch welche sie…«). Dass Timotheos das Kalifenreich für dem Rhomäerreich überlegen hält, zeigt sich etwa in disp 15,13–17: »Deswegen mehrte Gott seinen Ruhm und legte ihm zwei mächtige Reiche zu Füssen, die in der Welt wie Löwinnen brüllten und deren Herrschaft auf der ganzen Erde sich unter dem Himmel wie Donner anhörte,

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erfahren und bittere Leiden und mannigfaltige Bedrängnisse erlitten haben? 43 Und dass57 es fünf Throne sind, ist hieraus erkennbar: Wie nämlich zur Berichtigung jener fleischlichen Dinge, die Abbild der geistlichen waren, Gott zuerst fünf Bücher durch Mose gab, so setzte Gott dann durch die 5 Apostel fünf Bücher zur Berichtigung der Seelen fest, ich meine durch Matthäus und Markus, durch Lukas, Johannes und Paulus, der in vorzüglicher Weise Evangelium genannt werden muss. 44 Es müssen also wie fünf Bücher und Evangelien, so auch fünf Sitze sein, ohne dass sie eine Verminderung und Vermehrung annehmen. 45 Denn es [ist] nicht [so, 10 dass] mit der Vermehrung und Verminderung der Personen auch eine Vermehrung und Verminderung der Sitze einhergeht. 46 Denn ein und derselbe Geist vervollkommnet die katholische Kirche unter dem ganzen Himmel durch diese fünf Sitze wie durch die fünf Sinne des Leibes und des Geistes, wie durch die fünf Bücher des alten Gesetzes und wie durch die 15 fünf Evangelisten, die Herolde der Himmelsherrschaft… 1

ich meine nämlich das Reich der Perser und das der Rhomäer. 14 Das eine verehrte die Geschöpfe statt deren Schöpfer — das ist das Reich der Perser —, das andere liess den im Fleisch leiden und sterben, der in keiner Art und in keiner Weise leiden und sterben kann — das ist das Reich der Rhomäer. 15 Und er dehnte die Herrschaft seines Reiches durch den Befehlshaber der Gläubigen und durch seine Söhne aus von Osten bis Westen und von Norden bis Süden. 16 Wer wollte, o unser siegreicher König, ihn nicht preisen, den Gott gepriesen hat, und wer wollte ihm nicht eine Krone von Ruhm und Ehre bereiten, den Gott gerühmt und geehrt hat? 17 Dies und Ähnliches also, o unser König, halten sowohl ich als auch alle, die Gott lieben, von Mohammed.« 57 VWL lesen¿þäÐËÝ(»wobei … fünf«), wohl aus Bagdad 509 übernommen. Die Elias-Redaktion konjiziert sinngemäss richtig¿þäÐx(»dass … fünf«). Noch treffender scheint mir die Konjektur¿þäÐx{(»und dass … fünf«) in M, weil sie dem Schriftbild von VWL noch näher ist.

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Von demselben an Rabban Sergios. An den Christus liebenden Rabban Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos der Sünder grüsst deine Brüderlichkeit in der Liebe unseres Herrn.

1 Ich hatte deiner Keuschheit [bereits] zuvor durch unseren Bruder Pētīōn1, den Priester aus Ḥesnā ‘Ebrāyā2, geschrieben3 und dich durch ihn die Dinge wissen lassen, die bekannt gemacht werden mussten. 2 Als4 ich jedoch diesen Boten [wieder] vorfand, fasste ich den Gedanken, dir erneut durch ihn zu schreiben und dich zu grüssen5, |151| wobei wir dich wissen lassen, dass Jesus, der das Netz der Lehre des Himmels ins Meer der Welt 10 geworfen hat und damit mehr oder weniger die ganze Welt herausgefischt hat, auch die Stadt Naǧrān herausgefischt hat, die neben Ḥīrtā liegt [und] die bis jetzt dem Joch des Frevels des Julian6 untertan war. 3 Es kamen fünfundzwanzig Männer von ihnen zu uns — Kleriker, Priester und Diakone — mit einer grossen Menge von Leuten des Volks, und sie baten uns, 15 ihnen einen Bischof zu salben. 4 Und wir sind bereit, so Gott [uns] hilft, dies am Sonntag des [Fasten-]Antritts7 zu tun. 5 Preist Gott für die an uns [erwiesene] Güte und betet, dass der Tat des Herrn ein schönes Ende zuteil wird! 5

1 Dieser Pētīōn ist mit BERTI (Vita, 53) zu unterscheiden vom mehrfach genannten Lehrer im Abrahamskloster von Mossul (ep 8,28.30; 14,43.49; 16,12; 17,6.22), an den auch die Briefe 9a und 43 gerichtet sind. Zum Problem eines angeblichen weiteren Pētīōn in Elam vgl. oben in der Einleitung S. XXVI–XXVII. 2 Die der Stadtgründung von Mossul vorausgehende alte »Zitadelle der Hebräer«, vgl. FIEY, Assyrie, Bd. 2, S. 644 mit Anm. 2, sowie Berti, Vita, S. 196 Anm. 578. 3 Mit »zuvor schreiben« bezieht sich Timotheos öfters auf frühere Briefe, vgl. auch ep 16,1; 18,10 und 22,1. 4 Das blosse xzum Ausdruck eines (wohl temporalen) Umstands ist bei Timotheos eher ungewöhnlich. Vielleicht stand ursprünglichËÝ. 5 Als Kurzbrief ist Brief 32 vergleichbar. Dort ergreift Timotheos ebenfalls die Gelegenheit zu einem weiteren Gruss, als unerwarteterweise wieder ein Bote vorbeikommt. Brief 32 ist völlig inhaltsleer; hier fügt Timotheos die Nachricht hinzu, dass sich mittlerweile die Christen von Naǧrān von der Lehre des Julian abgewandt haben. 6 Der syrische Text liest »Lulian«. 7 Der Sonntag vor der Fastenzeit (vgl. dazu PAYNE SMITH, Thesaurus, Bd. 2, Sp. 2881, sowie NILLES, Kalendarium, Bd. 2, S. 687, und BAUMSTARK, Festbrevier, S. 206; zu Weiterem vgl. auch PAYNE SMITH, Thesaurus, Bd. 2, Sp. 2882).

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Von demselben an Sergios. An Rabban Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos der Sünder [entbietet] den Gruss im Herrn.

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1 Die Briefe deiner Keuschheit haben wir erhalten, doch 〈den〉1 des Mārzebānā und seiner Brüder, der Edlen, haben wir nicht gesehen. 2 Und deshalb 〈lassen wir〉 dich der Möglichkeit und der Wirklichkeit nach 〈wissen〉2: Wenn sie unter dem Hirtenamt des Oberpriesters der Region Margā sein wollen, sollen sie in Frieden [dort] sein, denn es gibt darin keinen einzigen Nachteil. 3 Die Region der Leute von Nuhadrān ist freilich weit und überreich, die von Margā zwar im Vergleich mit anderen weit und breit, aber im Vergleich mit Bēt Nuhadrān3 eng und gedrängt. 4 Und der Überfluss von diesen muss den Mangel von jenen helfen, wie die göttlichen Reden lehren.4 Denn wir lenken den Willen und die Freiheit der Menschen nicht mit Gewalt, sondern wir raten das Nützliche. 5 Wenn nun ein Nachteil am Hirtenamt des [Bischofs] von Bēt Nuhadrān und ein Vorteil am Hirtenamt des [Bischofs] von Margā ist — sei es geistiger, sei es körperlicher Art —, dann sollen sie sich vom |152| Nachteil entfernen und dem Vorteil zuwenden. 6 Wenn sie aber dort keinen Nachteil haben und hier keinen Vorteil und der Wechsel vielleicht nur aus menschlicher Leidenschaft geschieht, dann darf man den menschlichen Leidenschaften gegenüber nicht weich und nachgiebig werden. Denn es sind Vorschriften der Väter.5 7 Aber es ist uns ja möglich, wie wir die allgemeinen Bestimmungen verändern, so auch die eigentümlichen und partikulären zu verändern. 8 Denn wenn dies aus Gründen der politischen6 〈Haushaltsführung〉7 Konjektur Heimgartner gemäss Übersetzung BRAUN (Versio, S. 102). Konjektur Heimgartner (èçÚ¾Ôã von ÄÓ) statt »bereiten wir« (èçÚÃÚÔã von uÎÓ) in den Handschriften. Man mag die überlieferte Form als ungewöhnliche Schreibweise für das Af‘el vonÄÓbetrachten. 3 Auch Bēt (oder Bā) Nuhadrā (oder Nuhadrē), vgl. dazu FIEY, Assyrie, Bd. 2, v. a. S. 321–353. 4 Vgl. 2 Kor 8,14. 5 Syrisch wörtlich: »väterliche Vorschriften«. 6 Syrisch pūlūṭīqōs, vgl. gr. πολιτικός. 7 Konjektur Heimgartner. Hier und im Folgenden steht in den Handschriften irrtümlich eqōmūnīqōn resp. ’ōkmūnīqōn (Vokalisation gemäss Handschrift T; L setzt keine Vokale) statt ’ūqūnūmīqōn, vgl. gr. οἰκονομικόν. 1 2

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[geschehen kann], um wieviel mehr dann auch aus Gründen der ethischen8 〈Haushaltsführung〉! 9 Aber freilich nicht einfach [so], sondern mit Gründen und nicht ohne Grund. Soviel dazu. 10 Das Oberhaupt des Sitzes von Ninive hat für das, was er getan hat, 5 die ihm auferlegte Schuld beglichen. Gott vergelte ihm seine Sorgfalt. 11 Was aber diejenigen betrifft, welche zwei Schwestern genommen haben9, so soll in deren Augen Christus mehr geehrt werden als Frauen und Kinder! 12 Bete für mich! 1

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Syrisch hetīqōs, vgl. gr. ἠθικός. Vgl. dazu auch ep 4,1–6 sowie ep 9a und 12.

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Von demselben an ihn.1 An den Gott liebenden Rabban Mār Sergios, Priester und Lehrer. Timotheos der Sünder grüsst deine Liebenswürdigkeit.

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1 Ich habe deinen Brief erhalten, der mit Rabban Īšō‘zekā geschickt wurde, und alles, was du in ihm geschrieben hast, habe ich zur Kenntnis genommen, und ich freute mich sehr und pries unseren Herrn sowohl dafür, dass du selbst bewahrt und gerettet wurdest — denn du bist ein vollkommenes Licht für die Kirche Gottes in deiner Zeit, und wir beten dafür, dass du eine hohe [Zahl] von Tagen und Jahren bewahrt wirst —, als auch für den unerwarteten Anblick von Rabban Īšō‘zekā — denn er erschien uns jenseits jeglicher Erwartung wie irgendein Stern am Tag oder wie die Sonne mitten in der Nacht —, und deshalb haben wir Gott für beides sehr gedankt und haben uns gefreut, denn er selbst ist für die Geschöpfe Geber und Ursache aller Güter. 2 Er [d. h. Īšō‘zekā] kam genau in den Tagen zu uns herab, als wir eine grosse Schwäche hatten. 3 Wir wurden nämlich vor der Krankheit wie vor dem Feuer gerettet.2 |153| 4 Deshalb ergab es sich auch nicht, dass wir mit ihm eine lange freudige3 Unterhaltung führten, wie ihr auch von ihm erfahren werdet, wenn Gott seine Ankunft bei euch anordnet. Soviel dazu. 5 Wegen dem Rest der Sünde4, der in eure Hände fiel: Ob Flecken oder Klecks, ob Reinigung oder Waschung oder wie man sonst etwas Derartiges nennen mag: 6 Ich habe nämlich nichts, dass ich mich gegen irgendeine Bezeichnung im Sinne einer Erlaubnis erheben könnte. Denn so kommt es dem Verstand zu, und befiehl, dass es so geschehen wie vorfallen soll.5 1

Die Elias-Rezension liest: »an denselben Sergios«. Vgl. dazu auch oben ep 21,21: »Mein Körper und meine Seele sind krank und schwach. Ich weiss, dass sich das Schiff meines Lebens bereits dem Hafen des Grabes nähert, und ich möchte dich vor dem Tode [noch einmal] wiedersehen.« Ebenso auch ep 47,30: »Bete für mich! Mein Leib ist sehr schwach geworden, meine Hände taugen nicht mehr zum Schreiben, und meine Augen sind [ebenfalls] schwach geworden. Dies sind Zeichen und Boten des Todes.« 3 ZuÀÎÑÙÎÐvgl. auchĀÙ¾ÑÙÎÐoben in ep 9,3. 4 Das mehrdeutige Wort könnte auch »Sünderin« heissen (so schon BRAUN (Versio, S. 104 Anm. 1). Der knappe und am Ende wohl unvollständige Text erlaubt keine nähere Bestimmung. 5 Der nur schwer übersetzbare Text ist wohl korrupt. 2

STELLENREGISTER A)

Altes Testament Gen 1,16 Gen 2,10 Gen 2,25 Gen 10,8f Gen 22,24 Gen 23,4 Gen 25,6 Ex 13,21f Ex 14,15–22 Ex 14,20 Ex 23,7 Ex 26,33 Lev 18,18 Lev 26,12 Nu 11,31 Nu 14,14 Nu 20,7–11 Nu 32,12 Dtn 10,17 Dtn 22,10 Dtn 22,23f Dtn 22,25–27 Jos 22,13 1 Kg 12,16–20 1 Kg 22,22 2 Chr 18,21 Neh 9,12 Neh 9,19 Jes 5,23 Jes 28,16 Jes 35,7 Jes 40,6–8 Jes 41,18 Jes 42,1 Jes 66,2 ो Jer 8,23 Jer 15,19 Jer 15,19f LXX Ez 19,13 Ez 28,14

57, 93 108 37 XXV, 109 50 47 50 58 18 81 99 74 XI, 33, 36 47 58 58 104 48 11 70 37 37 88 44 88 88 58 58 99 64 17 10 17 105 47 81 44 14 17 10, 48

BIBLISCHE SCHRIFTEN Ez 28,16 Dan 2,20 Dan 7,13 Mal 3,20 Ps 1,3 Ps 11,5 Ps 19,7 Ps 23,2 Ps 34,6 Ps 90,5–6 Ps 91,11f Ps 118,22 Ps 121,6 Ps 132,4f Hi 38,27 Prov 17,15 Prov 20,5 ो Prov 23,1f ो Koh 9,11 ो Sap Sal 19,12

10, 48 92 11 75 58 43 57 64 10 10 18 64 18 45 17 99 92 92 92 58

Neues Testament Mt 1,16 Mt 1,18 Mt 1,20 Mt 1,24f Mt 2,1–12 Mt 2,11 Mt 3,17 Mt 5,14 Mt 5,15 Mt 5,19 Mt 5,28 Mt 9,38 Mt 12,18 Mt 12,48 Mt 12,50 Mt 13,4 Mt 13,5 Mt 13,7 Mt 13,8

106 106 37 37 XXXII, 109 109 105 57 102 66 37 84 105 23 23 103 103 103 102

118 Mt 16,26 Mt 16,27 Mt 17,5 Mt 19,21 Mt 19,23 Mt 21,42 Mt 24,30 Mt 28,19 Mt 28,20 Mk 1,11 Mk 3,33 Mk 3,35 Mk 4,4 Mk 4,5 Mk 4,7 Mk 4,8 Mk 9,7 Mk 10,21 Mk 10,23 Mk 12,9 Mk 12,42–44 Mk 13,26 Lk 1,35 Lk 2,34 Lk 3,22 Lk 8,5 Lk 8,6 Lk 8,7 Lk 8,8 Lk 8,16 Lk 8,21 Lk 9,35 Lk 10,2 Lk 14,13 Lk 15,11–32 Lk 16,8 Lk 18,22 Lk 18,24 Lk 20,17 Lk 21,27 Lk 22,32 Lk 23,39 Lk 23,39–43 Joh 8,12 Joh 12,36 Joh 16,11 Apg 1,14 Apg 4,12

M. HEIMGARTNER

9 11 105 10, 53 10 64 11 103 63 105 23 23 103 103 103 102 105 10, 53 10 64 37 11 10, 48 64 105 103 103 103 102 102 23 105 84 53 107 8 10, 53 10 64 11 70 38 37 57, 75 8 40 106 67

Apg 5,29 Apg 15,20 Apg 15,29 Röm 1,3 Röm 6,5 Röm 8,18 Röm 9,5 ो Röm 12,1f Röm 14,10 1 Kor 3,5 1 Kor 3,16f 1 Kor 4,20 1 Kor 6,12 1 Kor 9,24 1 Kor 10,4 1 Kor 13,12 1 Kor 15,50 2 Kor 1,23 2 Kor 3,18 2 Kor 4,17 2 Kor 4,18 2 Kor 5,10 2 Kor 6,16 2 Kor 8,14 2 Kor 11,16 Gal 2,10 Eph 5,8 Phil 2,13 Phil 3,21 Phil 4,5 Kol 1,19 Kol 3,17 1 Thess 5,5 1 Tim 6,15 2 Tim 2,4 2 Tim 3,17 Tit 2,13 ो Hebr 12,2 Hebr 12,22 Hebr 13,8 Hebr 13,17 Jak 1,10f Jak 1,17 1 Petr 1,24f 1 Petr 2,6 1 Petr 2,7 1 Joh 1,9 1 Joh 4,2

4 31 31 106 59 11 107, 109 11 10 39 47 40 43 13 104 63 40 8 57 11 11 10 47 113 40 53 8 48 75 11 105 67 8 11 13 48 7, 69, 104 31, 63 58 63 41 10 51 10 64 64 75 75

STELLENREGISTER

B)

119

CHRISTLICHE AUTOREN DES ORIENTS IN SYRISCHER UND ARABISCHER SPRACHE

‘Abdỉšō‘ bar Brīkā (Ebedjesus) Collectio Canonum synodicorum (Nomokanon) Edition: MAI, SVNC 10 18 49 Schriftstellerkatalog Edition: ASSEMANI, BOCV 3/1 19 35 56 36 Anonymus Cento (überliefert im Anschluss an Timotheos, Brief 1), zitiert nach der Paragrapheneinteilung der Edition von Heimgartner (in Vorbereitung) 2 62 6 103 10 83 11 101 Barḥadbešabbā ‘Arbāyā Ursache der Schulgründungen Edition: SCHER, PO 4/4 = 18 zitiert nach Seiten bei SCHER 388 36 Ibn aṭ-Ṭayyib Recht der Christenheit Edition: HOENERBACH/SPIES, CSCO 167/ 168 zitiert nach Seiten bei HOENERBACH/ SPIES 125/127 3 168f/171 19 Mārī (neu = ‘Amr) Kitāb (Liber turris) Edition: GISMONDI, Commentaria, Bd. 1 zitiert nach Seiten bei GISMONDI 71/63 30, 85 Michael Bādōqā Erklärung der Definitionen

19

Edition: FURLANI, Libro 8

Nestorius von Bēt Nuhadrān Apologie (Nest Ap) Edition: HEIMGARTNER, CSCO 644 8 35 23 54, 88, 93 Paul der Perser Hermeneutikkommentar Edition: HUGONNARD-ROCHE, Lecture 13 27 Silvanos von Qardu Anhänge zum Scholienbuch von Theodor bar Kōnī Edition: SCHER, CSCO 2,65; Übersetzung: HESPEL, CSCO 465 2,26 8 Thomas von Margā Mönchsgeschichte (hist mon) Editionen: BEDJAN, Liber, und BUDGE, Book 4,2 65 4,3 30 4,4 65 5,10 54 Timotheos I. Disputation mit dem Kalifen al-Mahdī (disp) Edition: HEIMGARTNER, CSCO 631 disp 1,3–6 25 disp 1,4 43 disp 2,1 29, 87 disp 2,3 18, 74, 85 disp 2,7 18, 74, 85 disp 2,7–13 105 disp 2,8 74, 85 disp 3,1 18, 74, 85 disp 4,3 104 disp 4,8 92

120 disp 4,8–13 disp 6,1–18 disp 6,5 disp 6,34 disp 9,114 disp 13,79 disp 15,13–17 disp 18,38 disp 19,9 disp 21,1–8 disp 21,11 disp 21,12 disp 21,15 disp 21,16

M. HEIMGARTNER

92 104 61, 109 29 18, 74, 85 11 109 XXXVII 105 101 101 101 101 81

Briefe (ep) Editionen: ep 1–2: zitiert nach der Paragrapheneinteilung der Edition von Heimgartner (in Vorbereitung) ep 3–29: HEIMGARTNER, CSCO 700 ep 30–39: HEIMGARTNER, CSCO 661 ep 40– 41: HEIMGARTNER, CSCO 673 ep 42–58: HEIMGARTNER, CSCO 644 VII, X, XXV, 62, 83, 101, ep 1 103 1–29 VII 1–39 XXVI, XXX 1,3,17 104 1,3,31 59, 103 1,4,2 38 1,5,6 107 1,6,14 107 1,7,10 4, 32, 49 1,7,10f 38 1,7,8 4, 32, 49, 104 1,8,3 103 1,8,8 61 1,8,8–12 14 1,8,23 14 2 VII, X, XXV 2,1 93 2,3,27 26 2,5,5 61, 109 2,5,7 61, 109 2,5,8 104 2,7,24–29 62

2,11,12 3 3–8a 3–13 3–41 3 inscr 3,3 3,5–7 3,6 3,8 3,8f 3,10 3,12 3,14 3,15 3,16 3,17 3,19 3,21 3,22 3,25 4 4 inscr 4,1–3 4,1–6 4,2 4,3 4,4 4,6 4,8 4,9 4,12 4,13 4,14 4,26 4,26–31 4,27 5 5–7 5,1 5,2 5,4 5,5f 5,10 5,11

70 XV, XIX, XXII, 84 IX XXVI XXXI 93 XV XV 7, 18, 32, 41, 47, 49, 52, 98 4, 85 XV XV XV, 5, 53 XV, 87, 97 XV, 5 XV XV XV, 5, 53 XV XV XXX, 3 XV, XVI, XVIII, XIX, 14, 45, 48 4, 19, 47, 69 7, 14, 44 114 25 XVI, XXXIII, XXXV, 48 XIX, 48 7, 8 7 XXXVIII 89 XXXVI, XXXVII XXXVIII 10, 48 7 XXXVIII XVI, XVII, XVIII, XXIX XIX XXXVI 7, 44 XVI, 7, 45 XVI 54 XVII, 19, 44

STELLENREGISTER

5,12 5,17 6 6 inscr 6,1 6,1–7 6,1–9 6,2 6,3 6,5 6,7 6,8 6,9 6,10 6,10–14 6,15 6,17 7 7,2 7,3 7,5 7,8 7,9 8 8a 8b 8,1–3 8,1–4 8,1–20 8,7 8,8 8,8f 8,9–17 8,10 8,10–16 8,11 8,13 8,14–16 8,16 8,17 8,18 8,19 8,20 8,21

XVI, 18, 53, 54 XVII XVI, XVII 93 17 74, 85 XVI 17 17 17 XVII, 17, 86 17 17 4, 7, 47, 53 14, 17 14, 17, 44 15 XVII XXXVIII 17 21 15 14, 19, 44 X, XVII, XXV, XXVI, XXXI, XXXII, XXXIII IX, XVII, XXV, XXXII, XXXIII IX, X, XVII, XXV, XXVII, 28 25 23 XXV XXXIII, XXXVIII, 25 24 23 25 XXXIII, 7, 25, 28 23 XXXIII, XXXVI, 25 XVII, 28 XVII XXXVIII XXXVI, 26, 100 XXXVI XVII, 25 XVII X, XXXVIII, 28

8,21–24 8,21–32 8,21–38 8,25 8,25f 8,28 8,28–30 8,30 8,33 8,35 8,35–38 8,36 9 9a

9b 9b–13 9,1–46 9,2 9,2–4 9,3 9,4 9,5 9,6 9,7 9,7–28 9,11 9,14 9,16 9,17 9,17f 9,18f 9,23 9,29 9,29f 9,30 9,31 9,32–44 9,36 9,37 9,40 9,43 9,45f 9,47

121 X 29 XXV X, XXV 29 111 XXVII IX, X, XXVI, XXVII, 111 29, 87 XXV 29 XXV, 75 XI, XVIII, XXVI, XXVII, XXIX, 8, 31, 38 IX, X, XI, XVI, XXV, XXVI, XXVII, 31, 36, 38, 111, 114 IX, XI, XVIII, XIX, XXV, XXVI, 31, 36, 38, 45 IX XXVI XXVI, 31, 63 XI 115 31 XI, XXVI, 31, 49 XI, XXVI, 4, 31, 49 XXVI, 31, 43, 62 XI XXXVI 35 33 25, 81 31 31 XXXVIII XXVI, 31 XI XI XI XI 37 37 XXXIII XXXVIII XI XVIII

122 9,47–49 9,47–67 9,48 9,48f 9,49 9,50 9,51 9,51–53 9,55f 9,57 9,58 9,58–66 9,59–9,66 9,60 9,61 9,62 9,64 9,65 9,67 10 10 inscr 10,1 10,2 10,3 10,3f 10,4 10,5 11 11 inscr 11,1 11,2 11,3–7 11,5 11,6 11,9 11,9–12 11,13 11,15 11,16 12

12 Überschrift 12 inscr 12,1 12,6 12,7

M. HEIMGARTNER

XXVI XXVI XVIII XVIII XXVI XVIII, XXVI XXVI XVIII XVIII XXVI XXVI XVIII 38 XXVI XXVI XXVI XXVI XXVI XXVI XVIII, XXIX, 45 4, 17 XVIII XVIII 5 XVIII 5, 17, 71 XVIII, 5 XVIII 32 XVIII XVIII, 45 7, 14, 43 8 XVIII, XXXVIII, 44 14, 19 XIX, 43 XVIII, XIX, 14, 48 15 XVIII, XIX, 44 XVI, XVIII, XIX, XXVI, XXIX, XXXI, XXXII, 8, 45, 114 84 4, 19 48 XXXVII, 17, 45 XIX, 10, 45

12,10 12,11 12,11–17 12,12 12,13 12,13–17 12,14–17 12,15f 13 13,1f 13,5–22 13,6 13,7 13,9f 13,10 13,11 13,12 13,13 13,14 13,15 13,16 13,18f 13,19 13,21 13,23 13,23f 13,23–28 13,25f 13,26 13,27 13,29f 13,31 13,31f 13,31–33 13,31–34 13,36 13,36f 13,37 13,38 13,38f 13,39 13,40f 13,41 14

XIX XIX, 32 XVI, XIX XIX 4, 32, 38 XIX XXXII, 47 50 IX, XI, XIX, XXV, XXVI, XXVII, XXXVIII, 47 51 14, 53 XIX XIX, 4 XIX 4 XX XX XX, XXVII, 4 XIX, XX XIX, XX, 52 XX, XXXVIII XX 5 4 85 51 XX 51 14 14 XX 6 6 6 XX 15 XX 14, 19, 44 65, 71 XX XXVII XX XXVII IX, X, XI, XX, XXV, XXVI, XXVII, XXXVIII, 55, 67

STELLENREGISTER

14–20 14,42–14,49 14,43 14,43–49 14,49 14,50 14,51 14,53 14,53–57 14,55 14,58–74 14,59 14,59–61 14,64 14,67 14,71 14,77 14,78 14,78–84 14,84 14,85 14,85–93 14,94–102 14,94–96 14,95 14,97 14,97–100 14,98 14,105 15 15–17 15 inscr 15,1–4 15,4 15,5 15,6f 16 16,1 16,1–10 16,7 16,9 16,10 16,11 16,12 16,12f 17 17 inscr

IX 57 XI, XXI, 111 XII XII, 111 XI, XII, XXXVI XII 103 XII XXXVII XII 61 61 XXXVIII 60 109 XII XXXVII XII XXXIII 31 XII 57 XI, XII, XXVII XXXVIII XI XII XXXVIII XI XII, XXIX, 67 XXIX 19, 93 XII 68 XII, 54, 71 XII XII, XXIX 75, 87, 111 XII XXXVIII 68 65, 67 XII, 67 X, 72, 111 XII, 67 XIII, XXIX 7

17,1 17,1–4 17,5 17,5–12 17,6 17,7 17,13–17 17,14 17,18 17,18–26 17,19–25 17,22 17,22–25 17,22–29 17,24 17,27f 17,29 17,30 17,30–32 17,33 17,34 18 18,1 18,1–8 18,8–14 18,2 18,5f 18,6 18,9–11 18,10 18,12 19 19,1 19,1–4 19,2 19,2f 19,3 19,5–15 19,6 19,16–18 19,19 19,19f 19,20 19,20–23 19,20–24 19,21–23 20

123 XIII 69 XIII 69 111 XIII XIII, 69 72 XIII, 54, 65 69 XIII XII, 111 XII XIII 71, 72 69 69 71 XIII, 69 XIII, 69 69 XIII, XXIX XIII, XXXVI, 73 XIII 73 XIII, XXXVI, 73, 74 17, 85 XXXVI XIII 67, 87, 111 XIII, 30 XIV, XXXIII 78 77 77 XXXVI XXXVIII, 79 77 XXXIII 77 XIV XXX, 77 XIV, XXXVI, XXXVIII 77 XIV 80 XIV

124 20–25 20,1–7 20,8 21 21 inscr 21,1 21,1–3 21,2 21,2f 21,3 21,4 21,5 21,6f 21,9–11 21,12 21,13 21,14 21,15 21,15–20 21,16 21,16–18 21,17f 21,19 21,20 21,21 21,22 22 22 inscr 22,1 22,1–12 22,2 22,3 22,4 22,5 22,6 22,9 22,10f 22,11 22,12 22,13 22,14 22,14f 22,16 22,16f 22,17–19 22,18f 22,20

M. HEIMGARTNER

IX XIV, 81 XIV, XXII, 81 XX 93 XX, 88 XXI, 83 XX, 87 XX XXI, 88 XXI, 83 XXI XXI XXI XXI, 100 XXII, 3, 6, 89 XXI XXI 14, 83 87, 88, 94 XXI 17, 74 XXI XX, XXI XXI, XXII, 18, 115 XXI, 83, 85 XX, XXI 93 XX, 67, 75, 111 XXI, 87 XXI 5, 85, 97 XXI, XXXVIII, 29 XX, XXXVIII XX, 83 XX 83 85 XX XXI, 98, 100 85 XXI, 14, 71, 87 XXII, 87 XXI 87 XXI XXII, 3, 6, 9, 84

22,21 23 23,1 23,1–6 23,2 23,2–7 23,3 23,6 23,7 23,8 23,8–13 23,9 24 24,1 24,1–5 24,4 24,5 24,6–8 24,7 24,8 24,9 24,9f 24,12 25 25 inscr 25,1f 25,3 25,4 25,4–6 25,5 25,6 25,7–9 25,8 25,10 25,11 25,12f 25,13 25,14 25,15 25,17f 25,18 26 26,1 26,2 26,4 26,5

85 XXII XXII, XXXVIII, 92 XXXVIII XXXVIII XXII XXXVIII XXXVIII 92 92 XXII XXII XXII 69 XXII 94 94 XXII XXX, 85, 93 34, 93 XXII, 106 XXII 14 XXII 97 XXII XXII, 97 5, 87 XXIII 4 4 XXIII 88, 100 XXIII XXIII, XXXVIII XXIII 4 XXIII XXIII XXIII XXXVI, 28, 84, 88, 98 IX, XXIII, XXVIII, XXIX, XXXI, XXXVII XXIII, 101 XXIII, 101 101 101

125

STELLENREGISTER

26,5f 26,6 26,7 26,7–11 26,9 26,9f 26,10f 26,10–12 26,11 26,12 26,12f 26,14f 26,16 26,16–19 26,18 26,19 26,20 26,22 26,22f 26,23 26,24–27 26,28 26,29 26,30 26,30f 26,31 26,32 26,33 26,34 26,35 26,35f 26,37–38 26,37–39 26,40 26,40–41 26,41 26,42 26,43 26,44f 26,45 26,46 27 27–29 27,1 27,2 28 28,1–3

XXIII 59 XXXVII 101 101 XXIII 103 101 103 XXXVII XXIV XXIV XXXVII XXIV XXXVII XXXVII XXIV, XXXVII XXXVII XXIV 103 XXIV XXIV, 103 101, 103 XXIV, XXXVII, 95 XXIV XXXVII XXIV XXIV XXIV, 101 XXIV, XXV, 109 XXIV XXVIII XXIV XXIV, XXVIII XXVIII XXV, 61 XXV XXV XXV XXXVIII XXV IX, XIV, XXIX IX 67, 75, 87 IX, XIV XIV XIV

28,2 28,3 28,5 28,6 28,7f 28,9 28,10f 29 29,1–4 29,5f 30–39 30–41 30,2 31,1 31,7 31,11 32 32,1 33,5 33,5f 34–36 34–41 34 inscr 34,2,24 34,2,79 34,3,4–36 34,3,15–20 34,3,19 34,3,20 34,3,59f 34,4,12f 34,5,17 34,5,24 34,5,33f 34,7,21 34,7,23 34,8,12 35,2,21 35,2,22 35,2,22f 35,2,23 35,8,10 36 36,1,75 36,4,7 37,2f 37,7

25 XIV XIV, 25 XIV, 25 XIV XV XV XV XV XV VII XXXI 14, 19, 44, 54, 99 80 14,19, 44 80 XIV, 111 80 68, 72 68 XXXVII VII 7, 26, 69 105 7, 69 27 27 27 27 105 102 103 11 105 25 5, 87, 97 7, 69 4 4 102 25 107 XXII, 94 7, 69 61, 109 94 68

126 37,7–10 38 38,4f 38,20 38,26 38,31 38,43 39 39,5 39,28 39,31 39,50 39,51 40 40,1,3 40,1,5 40,2,10–16 40,2,30 40,3,1 40,3,14 40,4,30 40,5,43f 40,6,27 40,7,1 40,7,5f 40,7,7 40,7,11 40,10,12 41 41 inscr 41,1,5 41,2,8 41,3,20 41,3,35 41,4,12 41,5,26 41,6,33 41,7,18 41,7,20 41,8,10 41,8,16 41,9,5 41,10,2 41,10,7–9 41,10,8 41,10,21

M. HEIMGARTNER

68 XXX XXX XXX XXX 58 XXX XXX 24 85 XXX 6, 68, 72, 80 80 VII, XXX 40 95, 106 93 28, 100 28, 100 18, 74, 85 108 102 28 105 XXXVII XXXVII 108 29 VII, XXVIII, XXX, XXXVII 4, 7, 69, 107 93 XXXVII 85 106 107 106 7, 69 4, 32, 49 5, 87, 97 4, 32, 49 7, 19, 47, 55 27 101 XXX 6, 62, 107 XXXI

41,11,9 41,11,13 42 42–58 42 inscr 42,2,6 42,2,7 42,3,14 42,3,17 42,4,20 42,5,12 42,5,17 42,6,48 42,6,54 42,7 42,7,3 42,7,3–6 42,7,6 42,7,13 43 43,6 43,8 43,12 44 44a 44b 44b–48 44,1 44,3 44,6 44,19 45 45,1 45,1–4 45,4f 45,5 46 46 inscr 46,1 46,4f 46,8 47 47,2 47,3

101 IX XI, XXIX VII 63 81 4 77 77 28, 100 85 85 58 58 XI 34 33 35 6 X, XXVI, XXVII, XXIX, XXX, 111 68, 72 XIII 68 XXXII IX, X, XI, XXV, XXVII, 68 IX, XXV, XXVII IX 68 7, 69 93 15 XVIII, 44 10, 48 XVIII 41 XVIII, 17, 71 XVII 4 3 73 83, 94 XXVIII, XXIX, XXX 85 85

127

STELLENREGISTER

47,9–11 47,11 47,14 47,16–29 47,21 47,30 47,31 47,33f 47,34 47,35 48 48,1–3 48,2 48,10 49 49 inscr 49,1–4 49,2 49,3 49,4 49,5 49,6 50 50 inscr 50,7f 50,11 50,12 50,14 50,17 50,21 50,25 50,27 50,33 50,35 50,36 C)

XXX 14, 54 85 XXIX 85 86, 115 84 6 6 4, 9, 32, 49, 89 XXX 30 IX, 54 25 XIV 19 XIV 81, 82 19, 82 81, 82 X, 30 3 XXIX, XXX 26 14 97, 108 108 108 108 35 97, 108 108 29, 87 26 97

50,39 51 51 Überschrift 51 inscr 52 52–58 52,1–5 52,3 52,7 53,1 53,4 53,7 54 54,1 54,1–4 54,1–8 54,8 54,9 54,10 54,11 54,12 55,6 57 57,2 57,4 57,5 57,6 58,5

99 101 101 26 XVI, XVII IX XV 5, 53 71 3 25 85, 87 14, 54 XX 84, 89 23 XXI, 3, 6, 84 XXII, 6, 85 83, 87 85, 86 6 17 44 XX 83 85 83, 87 94 27

Rechtsbuch Edition: SACHAU, Rechtsbücher, Bd. 2 zitiert nach Seiten bei SACHAU 70/71 95, 106

CHRISTLICHE AUTOREN DER RÖMISCH-BYZANTINISCHEN WELT

Basilius von Caesarea Briefe (ep) Edition: COURTONNE, Lettres 135 33, 34 135,1 34 135,2 34 160 32, 33

160,1 160,3

33, 35 33

Gregor von Nazianz (Greg Naz) Orationes (or) Edition: or 27–31: GALLAY/JOURJON; SC 250

128

M. HEIMGARTNER

31,22f 31,23

27 27

An die Magnesier (Magn) 2,2 40 6,1 40 13,2 40

Ignatios von Antiochien (Ign) Edition: FISCHER, SUC 1 An die Epheser (Eph) 1,3 40 2,2 40 4,1 40 5,3 40 6,1 40 20,2 40 D)

An die Trallianer (Trall) 2,1f 40 13,2 40 An Polykarp (Pol) 6,1 40

NICHTCHRISTLICHE AUTOREN DER RÖMISCH-GRIECHISCHEN ANTIKE

Aristoteles (Arist) Kategorien (Kat) Edition: MINIO-PALUELLO, Categoriae 5 (2a,11–19) 26 5 (3b,33–4a,9) 102 7 (7b,31f) 27 8 (8b,26) 25 8 (8b,26–35) 25 8 (8b,35–9a,14) 25 10 (11b,18) 7, 25 10 (11b,22) 7, 25 10 (12a,25–14a,25) XXXIII 10 (12a,26–12b,5) 7, 25 15 (15b,18) 25 Hermeneutik (Herm) Edition: MINIO-PALUELLO, Categoriae 7 (17a,38–17b,1) 26 Analytiken (An) Edition: ROSS, Analytica 1 An 1,1 (24a,16–22) 1 An 1,5 (27a,31) 1 An 1,27 (66b,18–67b,26) 2 An 1,24 (85a,2f) E)

26 XXXIII, 26 26 XXXIII, 26

Topika (Top) Edition: ROSS, Topica 5,3 (131b25–36)

28

Rhetorik (Rhet) Edition: ROSS, Rhetorica 1,11 (1372a,1f) 79 3,18 (1419b,5f) 79 Poetik (Poet) Edition: KASSEL, Poetica 6 (1449b,21f) 19 (1456b,38) 19 (1457a,18–23) 20 21 (1458a,8–17)

79 79 79 XIV 78

Metaphysik (Met) Edition: JAEGER, Metaphysica Z 15 (1040a27–b3) 28 Diogenes Laertios Vitae philosophorum Edition: MARCOVICH, Vitae 5,21–24 79

SYNODENSAMMLUNGEN UND ANONYME RECHTSSAMMLUNGEN

Synode von Neocaesarea Editionen: SCHULTHESS, Kanones, und VÖÖBUS, Synodicon Kanon 2 32, 49

Synode von Nizäa Edition: SCHULTHESS, Kanones Kanon 15 4

STELLENREGISTER

Synodicon Orientale Edition: CHABOT, Synodicon; Übersetzung: BRAUN, Synhados Ābā I., Kanon 13 4 Ezechiel, Kanon 24 4 Joseph, Kanon 3 4 Joseph, Kanon 5 4

129

Syrisch-römisches Rechtsbuch Edition: SELB/KAUFHOLD, Rechtsbuch, und BRUNS/SACHAU, Rechtsbuch 98a (108) 49, 50 98b (109) 50

INHALTSVERZEICHNIS VORWORT .

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V

VORBEMERKUNG.

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VII

EINLEITUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Inhalt der Briefe 3–29 . . . . . . . . . . . . 1.1. Briefe aus der Zeit des Sergios als Schullehrer in Mossul . 1.2. Briefe aus der Zeit des Sergios als Metropolit von Elam . 1.3. Brief 26 . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur literarkritischen Unterteilung in die Briefe 8a und 8b, 9a und 9b sowie 13 und 14 . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Forschungsgeschichte der Briefe 3–29 . . . . . . . 4. Zu den Schwierigkeiten der Edition, Übersetzung und Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX IX X XV XXIII XXV XXVII XXXIV

LITERATURVERZEICHNIS

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XXXVIII

ÜBERSETZUNG . Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief

3 4 5 6 7 8a 8b 9a 9b 10 11 12 13 14 15 16 17 18

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 7 12 17 21 23 29 31 38 41 43 47 51 57 65 67 69 73

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M. HEIMGARTNER

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STELLENREGISTER .

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INHALTSVERZEICHNIS .

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Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief Brief

19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

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77 81 83 87 91 93 97 101 111 113 115

PRINTED ON PERMANENT PAPER

• IMPRIME

SUR PAPIER PERMANENT

N.V. PEETERS S.A., WAROTSTRAAT

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