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German Pages 278 [279] Year 1998
Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG
Studienreihe der Stiftung Kreditwirtschaft an der Universität Hohenheim Herausgeber: Prof. Dr. Joh. Heinr. v. Stein
Band 22
Niko J. Kleinmann
Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG Notwendigkeit einer segment spezifischen Deregulierung
Verlag Wissenschaft & Praxis
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufhahme
Kleinmann, Niko J.: Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG. Notwendigkeit einer segmentspezifischen Deregulierung / Niko J. Kleinmann. - Sternenfels ; Berlin : Verl. Wiss, und Praxis, 1998 (Studienreihe der Stiftung Kreditwirtschaft an der Universität Hohenheim ; Bd. 22) Zugl.: Hohenheim, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-89673-039-8 NE: Stiftung Kreditwirtschaft : Studienreihe der Stiftung...
ISBN 3-89673-039-8 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 1998 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094
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Geleitwort Mit der Studienreihe möchte die Stiftung Kreditwirtschaft Arbeiten, die an der Universität Hohenheim zu bank- und finanzwirtschaftlichen Themengebieten ent standen sind, einem interessierten Fachpublikum zugänglich machen. Die veröf fentlichten Schriften sollen den Gedankenaustausch zwischen Universität und Praxis fördern.
Seit dem Inkrafttreten des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes (1995) gibt es eine grundlegende Neuregelung der Ad-hoc-Publizität für börsennotierte Unter nehmen. Sie soll die Kapitalmarkteffizienz und den Schutz vor Insidergeschäften verbessern. Fraglich und umstritten ist, ob die Neuregelung tatsächlich zu entspre chenden Verbesserungen führt oder eher kontraproduktive Wirkungen hat. In der Wissenschaft und Praxis gibt es Stimmen, die meinen, die Neuregelung enthalte vor allem für Mittelstandsuntemehmen gravierende, durch Erfordernisse des börslichen Anleger- und Funktionsschutzes nicht gerechtfertigte Belastungen, die sie beim Going Public behindern. In der vorliegenden Arbeit wird durch eine ökonomische Analyse gezeigt, daß diese Bedenken berechtigt sind. In Anlehnung an ausländische Vorbilder wird eine segmentspezifische Ausdifferenzierung der Ad-hoc-Publizität gefordert. Dazu werden konkrete Detailvorschläge gemacht. Wir wünschen dem 22. Band der Studienreihe, daß er reges Interesse finden möge.
Hohenheim, im Februar 1998
Prof. Dr. Joh. Heinr. von Stein (Herausgeber)
Prof. Dr. Lothar Vollmei (Betreuer)
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Dezember 1997 unter dem Titel „Die Ausge staltung der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG - Notwendigkeit einer segment spezifischen Deregulierung“ von der Fakultät V - Wirtschafts- und Sozialwissen schaften - der Universität Hohenheim als Dissertation angenommen. Danken möchte ich meinem Doktorvater, Herm Prof. Dr. Lothar Vollmer, der mich jederzeit durch konstruktive Vorschläge und Anmerkungen unterstützt hat. Mein herzlicher Dank gilt auch Herm Prof. Dr. Johann Heinrich von Stein für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens sowie die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe.
Eine solche Arbeit ist ohne die wissenschaftliche Diskussion mit anderen unmög lich. Deshalb bedanke ich mich insbesondere bei Frau Ute Smerdka und bei den Herren Heinz Steinhübel und Ralf Kürten. Wertvoll waren auch die Gespräche innerhalb meiner Familie, vor allem die mit meinem Vater. Gewidmet ist die Arbeit meiner Frau Ellen sowie der kleinen Lisa Danielle.
Stuttgart, 1998
Niko J. Kleinmann
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Inhaltsverzeichnis ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS....................................................................... 17 EINLEITUNG...................................................................................................... 21 1. TEIL: DIE BISHERIGE AUSGESTALTUNG DER AD-HOC-PUBLIZITÄT..................................................... 27 1. Kapitel: Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland............ 27 A. Die Regulierung der Ad-hoc-Publizität durch § 44a BörsG a.F..............28 I. Die Entstehung des § 44a BörsG a.F................................................28 1. Die europarechtlichen Implikationen.......................................... 28 2. DasBörsZulG.............................................................................. 29 II. Die Ausgestaltung des § 44a BörsG a.F........................................... 30 1. Die relevanten Segmente und Wertpapiere................................. 31 2. Der Pflichteninhalt...................................................................... 31 3. Der Befreiungstatbestand............................................................ 32 4. Das Veröffentlichungsprocedere................................................. 32 5. Die Sanktionen und die Haftung................................................. 32 6. Die weiteren Publizitätspflichtennach Zulassung........................ 32 III. Zwischenergebnis............................................................................ 33 B. Die Regulierung der Ad-hoc-Publizität durch § 15 WpHG..................... 34 I. Die Entstehung des § 15 WpHG...................................................... 34 1. Die europarechtlichen Implikationen......................................... 34 2. Das Zweite Finanzmarktforderungsgesetz................................. 34 a) Die Stellung des § 15 WpHG im System des WpHG............ 35 b) Die anderen Maßnahmen des Zweiten F inanzmarktförderungsgesetzes.............................................. 35 II. Die Ausgestaltung des § 15 WpHG................................................. 36 1. Die relevanten Segmente und Wertpapiere................................. 36 2. Der Pflichteninhalt...................................................................... 37 a) Die veröffentlichungspflichtige Tatsache............................... 37 aa) Eine neue Tatsache........................................................... 37 bb) Unterschiede zur Insidertatsache...................................... 38 b) Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf..................................... 39 aa) Vermögens-und Finanzlage............................................ 39 bb) Allgemeiner Geschäftsverlauf.......................................... 41
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c) Eignung für eine erhebliche Kursbeeinflussung..................... 41 d) Beispiele meldepflichtiger Tatsachen..................................... 42 e) Sonderfall: Stille Reserven...................................................... 42 3. Der Befreiungstatbestand............................................................ 44 4. Das Veröffentlichungsprocedere................................................. 44 a) Mitteilungspflicht.................................................................... 44 b) Veröffentlichungspflicht......................................................... 45 5. Die Sanktionen............................................................................ 46 a) Die Ordnungswidrigkeiten...................................................... 47 aa) Inhalt der Bußgeldvorschriften........................................ 47 bb) Umfang der Bußgelder..................................................... 47 cc) Adressaten der Bußgeldvorschriften................................ 48 b) Der Straftatbestand.................................................................. 49 6. Die zivilrechtliche Haftung......................................................... 49 a) Die Haftung des Emittenten.................................................... 49 aa) § 15 WpHG-ein Schutzgesetz?...................................... 49 bb) Andere Anspruchsgrundlagen.......................................... 50 b) Die Amtshaftung..................................................................... 50 7. Die Aufsicht über die Wertpapiermärkte..................................... 51 a) Das BAWe und die Aufsicht nach § 15 WpHG...................... 51 b) Die anderen Aufsichtsinstanzen.............................................. 52 aa) Börsenaufsichtsbehörde................................................... 52 bb) Wertpapierrat................................................................... 52 cc) Handelsüberwachungsstelle............................................. 53 dd) Selbstverwaltungsorgane der Börsen............................... 53 8. Die weiteren Publizitätspflichten nach Zulassung....................... 54 a) Der amtliche Handel............................................................... 54 aa) Wertpapier- und emittentenbezogene Informationen...... 54 bb) Zwischenberichtspflicht................................................... 55 cc) Auskunftspflichten des Emittenten.................................. 59 dd) Die §§21 ff. WpHG......................................................... 59 b) Der geregelte Markt................................................................ 60 aa) Zwischenberichterstattung............................................... 60 bb) Weitere Pflichten des Emittenten..................................... 61 III. Zwischenergebnis............................................................................ 61 C. Ergebnis.................................................................................................. 61 2. Kapitel: Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in anderen Ländern ...63 A. Die US-amerikanischen Börsenmärkte...................................................63 I. Die Struktur...................................................................................... 64
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1. Die Präsenzbörsen...................................................................... 64 a) Die NYSE............................................................................... 64 b) Die AMEX.............................................................................. 65 2. Das Computerhandelssystem NASDAQ.................................... 66 a) Die geschichtliche Entwicklung.............................................. 66 b) Das Market-Maker-System..................................................... 67 II. Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität........................................ 69 1. Die Bedeutung der Publizität im US-Kapitalmarktrecht............ 69 a) Vor der Emission.................................................................... 69 b) Nach der Emission.................................................................. 70 2. Die bundesgesetzlichen Bestimmungen...................................... 70 a) Der Inhalt des Current Reports............................................... 71 b) Die Meldefristen des Current Reports..................................... 73 c) Die Änderungen durch die SEC.............................................. 73 d) Die Konsequenzen von Verstößen und andere Grundlagen der Ad-hoc-Publizität......................................................... 74 3. Die Bestimmungen der Börsen und des NASDAQ..................... 75 a) Die Präsenzbörsen................................................................... 75 aa) Die NYSE........................................................................ 75 bb) Die AMEX....................................................................... 76 b) Das Computerhandelssystem NASDAQ................................. 77 c) Die Sanktionen........................................................................ 77 III. Zwischenergebnis........................................................................... 78 B. Der Börsenmarkt in Frankreich............................................................. 79 I. Die Struktur......................................................................................79 1. Die traditionellen Börsensegmente.............................................. 79 a) Die Cöte Officielle.................................................................. 79 b) Der Second Marchö................................................................ 80 aa) Die Börsenzulassung........................................................ 80 bb) Die Entwicklung bis heute............................................... 81 c) Die Hors Cöte......................................................................... 82 2. Der Nouveau Marche.................................................................. 82 a) Die Börsenzulassung............................................................... 83 b) Die Mitglieder......................................................................... 84 aa) DieMembres.................................................................... 84 bb) Die Membres Associes..................................................... 85 c) Die Liquidität.......................................................................... 85 d) Die Entwicklung bis heute...................................................... 85 II. Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität....................................... 86 1. Die Rolle der COB...................................................................... 86
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a) Die Zusammensetzung............................................................ 86 b) Die Aufgaben.......................................................................... 87 c) Das Instrumentarium............................................................... 87 2. Die Bestimmungen...................................................................... 88 a) Die geschichtliche Entwicklung.............................................. 88 b) Die heutige Ausgestaltung...................................................... 89 aa) Das Reglement 90-02....................................................... 90 bb) Die Beispiele veröffentlichungspflichtiger Ereignisse.... 92 cc) Die Sanktionen................................................................. 92 dd) Die Verschiebung der Veröffentlichung.......................... 92 3. Die französische Ausgestaltung als Vorbild für die Schweiz..... 93 III. Zwischenergebnis ............................................................................ 94 C. Ergebnis.................................................................................................. 94
3. Kapitel: Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion...... 95 A. Die Ad-hoc-Publizität und die Marktteilnehmer.................................... 95 I. Die Emittenten...................................................................................96 1. Die Chance für die Emittenten.................................................... 96 2. Die Belastung für die Emittenten................................................ 96 a) Die grundsätzlichen Kritikpunkte........................................... 97 aa) Rechtsunsicherheit........................................................... 97 bb) Unverhältnismäßigkeit..................................................... 97 b) Die untemehmensbezogenen Kritikpunkte............................. 99 aa) Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen............... 99 bb) Nachteile für internationale Unternehmen..................... 100 II. Die Anleger...................................................................................... 101 1. Die Verbesserung des Anlegerschutzes..................................... 101 2. Die Unvollkommenheiten des Anlegerschutzes........................ 101 a) Die Schaffung von Marktinsidem......................................... 102 b) Die Präventivfunktion........................................................... 102 c) Die Bereichsöffentlichkeit.................................................... 102 d) Die Abstimmung zwischen Börsen- und Gesellschaftsrecht............................................................. 103 III. Zwischenergebnis........................................................................... 103 B. Die Ad-hoc-Publizität und die Börsenmarkteffizienz........................... 104 I. Die allgemeinen, marktfimktionsorientierten Aspekte.................. 104 1. Positive Marktwirkungen.......................................................... 104 2. Negative Marktwirkungen..........................................................105 a) Informationsverschlechterungen........................................... 105 b) Rechtsunsicherheit................................................................ 105
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Die besonderen, segmentspezifischen Aspekte.............................. 105 1. Der geregelte Markt................................................................... 106 2. Der „Neue Markt“......................................................................107 a) Die Zulassungsvoraussetzungen........................................... 108 b) Die Publizität.........................................................................108 3. Der Freiverkehr..........................................................................110 a) Die rechtspolitische Diskussion............................................ 110 aa) Argumente für die Einbeziehung................................... 110 bb) Argumente gegen die Einbeziehung.............................. 111 b) Die autonomen Regelungen in der Praxis............................. 111 aa) Der „Mittelstandsmarkt Bremen“................................... 112 bb) Der „Prädikatsmarkt München“..................................... 112 III. Zwischenergebnis...........................................................................113 C. Ergebnis.................................................................................................114 II.
2. TEIL: DIE KÜNFTIGE AUSGESTALTUNG DER AD-HOCPUBLIZITÄT......................................................................115
4. Kapitel: Die Verbesserung der Börsenmarkteffizienz als Ziel der Ad-hoc-Publizität...............................................115 A. Die Grundelemente der Börse................................................................ 116 I. Die Börse als Aggregat................................................................... 116 1. Die Funktionen der Börse.......................................................... 117 a) Die Marktbildungsfunktion................................................... 117 b) Die Finanzierungsfunktion.................................................... 117 c) Die Zirkulationsfunktion....................................................... 118 2. Die Effizienz der Börse............................................................. 119 a) Die allokative Effizienz........................................................ 119 b) Die operationale Effizienz.................................................... 119 c) Die Informationseffizienz..................................................... 121 aa) Die unterschiedlichen Formen....................................... 122 bb) Die empirische Überprüfung.......................................... 122 cc) Die Kritik an Fama........................................................ 123 dd) Die Erweiterungen des Informationseffizienzbegriffs... 124 II. Die Marktteilnehmer derBörse........................................................ 125 1. Die Anleger................................................................................ 125 a) Der Anlegerbegriff................................................................ 125 b) Die Anlegergruppen.............................................................. 126 aa) Die institutionellen Anleger........................................... 126
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bb) Die privaten Anleger...................................................... 127 c) Die Anlegerinteressen........................................................... 127 aa) Die Rendite.....................................................................128 bb) Das Risiko.......................................................................128 cc) Die Liquidität..................................................................131 dd) Die anderen Motive........................................................ 132 2. Die Emittenten............................................................................132 a) Der Emittentenbegriff........................................................... 132 b) Die Emittentengruppen......................................................... 133 aa) Die Publikums-AG......................................................... 134 bb) Die Familien-AG............................................................ 135 cc) Die Venture Capital-AG................................................. 136 c) Die Emittenteninteressen...................................................... 137 aa) Das Untemehmensinteresse........................................... 137 bb) Die Interessen des Vorstands......................................... 137 B. Die Börsenmarkteffizienz und die Ad-hoc-Publizität............................ 138 I. Die Börse ohne eine Ad-hoc-Publizitätspflicht............................... 138 1. Die Anleger................................................................................ 138 a) Das Marktversagen wegenasymmetrischer Information..... 138 aa) Adverse Selection.......................................................... 140 bb) Moral Hazard................................................................ 141 cc) Die Übertragung auf den Börsenmarkt......................... 142 b) Die Portfoliotheorie............................................................. 143 2. Die Emittenten............................................................................ 144 a) Die Signaltheorie................................................................. 144 aa) Die Darstellung.............................................................. 144 bb) Die Kritik........................................................................145 b) Die Agenturtheorie.............................................................. 146 aa) Die Darstellung.............................................................. 147 bb) Die Kritik........................................................................147 3. Die Folgen für die Effizienz der Börse...................................... 147 a) Die Information als öffentliches Gut................................... 148 b) Die Senkung von Transaktionskosten.................................. 149 II. Die Börse mit einer zu weitgehenden Ad-hoc-Publizitätspflicht... 150 1. Die Emittenten............................................................................ 150 a) Die direkten Kosten.............................................................. 151 b) Die sonstigen negativen Auswirkungen................................ 151 aa) Die negativen externen Effekte bei Dritten.................... 151 bb) Die negativen Effekte beimEmittenten.........................153 2. Die Anleger................................................................................ 154
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3. Die Folgen für die Effizienz der Börse...................................... 155 C. Das Spannungsverhältnis in bezug auf die Ad-hoc-Publizität.............. 155
5. Kapitel: Die ökonomische Analyse des § 15 WpHG............................... 157 A. Die Wirkungen auf die Emittenten........................................................ 157 I. Die direkten Kosten......................................................................... 158 1. Die Veröffentlichung................................................................. 158 2. Die Organisation und das Personal............................................ 159 3. Die Beratung...............................................................................161 4. Die Aufsicht...............................................................................161 II. Die sonstigen Auswirkungen........................................................... 162 1. Die mehrstufigen Entscheidungsprozesse................................. 162 a) Die Arten................................................................................ 163 aa) Die Entscheidung innerhalb eines Organs..................... 163 bb) Die Entscheidung bei mehreren Organen....................... 165 b) Die möglichen Eintrittszeitpunkte........................................ 165 aa) Die Unumkehrbarkeit..................................................... 165 bb) Das Ende des internen Entscheidungsprozesses........... 166 cc) Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Realisierung....... 166 2. Das Verhältnis zur Regelpublizität............................................ 168 a) Die Intention des Gesetzgebers............................................. 168 b) Die Aufsichtspraxis............................................................... 169 c) Die Probleme.........................................................................170 aa) Die Summierung von Teilergebnissen........................... 170 bb) Der Jahresabschluß......................................................... 171 3. Die Eignung zur „erheblichen“ Kursbeeinflussung................... 171 a) Die Kausalität.........................................................................172 b) Die Höhe................................................................................ 172 c) Die Emittenten.......................................................................173 4. Die Befreiung von der Publizitätspflicht................................... 175 a) Die „berechtigten Interessen“ des Emittenten....................... 175 b) Die Einschätzung des möglichen Schadens beim Emittenten................................................................ 175 aa) Die Situation beim Emittenten....................................... 176 bb) Die Informationsempfänger........................................... 176 cc) Die Beispiele für einen Schaden.................................... 176 5. Die „unverzügliche“ Veröffentlichung...................................... 178 a) Die kurzfristigen Wirkungen................................................ 179 aa) Die unnötigen Informationen......................................... 179 bb) Die Gefährdung der Eigenständigkeit............................ 179
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III. B. Die I.
II.
III. C. Die I.
II.
III. IV.
b) Die langfristigen Wirkungen................................................. 180 c) Die Bewertung.......................................................................180 6. Die Folgen eines internationalen Listings................................. 181 Zwischenergebnis...........................................................................182 Wirkungen auf die Anleger............................................................ 184 Die Veröffentlichungspflicht..........................................................184 1. Die Bereichsöffentlichkeit......................................................... 184 a) Der Umfang...........................................................................184 b) Die Auswirkungen auf die Anlegergruppen......................... 185 aa) Die institutioneilen Anleger........................................... 185 bb) Die privaten Anleger...................................................... 185 cc) Die Bewertung............................................................... 186 2. Die Hauptversammlungsöffentlichkeit...................................... 186 3. Die Poolöffentlichkeit............................................................... 187 Die Kursaussetzung.........................................................................188 1. Die Voraussetzungen................................................................. 188 2. Die Auswirkungen auf die Anlegergruppen.............................. 189 Zwischenergebnis............................................................................190 Wirkungen auf die Börsenmarkteffizienz...................................... 191 Die allokative Effizienz.................................................................. 191 1. Die mangelnde Berücksichtigung börslicher Segmente............ 191 2. Die Hemmschwelle für potentielle Börsengänger..................... 192 Die operationale Effizienz.............................................................. 192 1. Die positiven Wirkungen........................................................... 192 a) Die Standardisierungseffekte................................................ 192 b) Die verringerten Suchprozesse............................................. 193 c) Die Kostensenkung durch Wettbewerb................................. 193 2. Die negativen Wirkungen.......................................................... 193 Die Informationseffizienz................................................................194 Zwischenergebnis............................................................................ 194
6. Kapitel: Die differenzierende, segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität...............................................195 A. Die segmentspezifische Ausgestaltung der Börsenmärkte..................... 195 I. Die Regulierung und Deregulierung............................................... 196 1. Das Wesen der Regulierung...................................................... 196 2. Das Wesen der Deregulierung................................................... 197 II. Die Segmentierung als Deregulierungsmaßnahme......................... 197 1. Die Arten der Segmentierung.................................................... 199 a) Die vertikale Segmentierung................................................. 199
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b) Die horizontale Segmentierung........................................... 199 2. Die Drei-Segmentbörse als Beispiel einer vertikalen Segmentierung...................................................... 199 3. Die Grenzen der Segmentierung............................................. 200 a) Die Wahl des „falschen“ Börsensegments............................ 200 b) Die Grenzkosten-/Grenznutzenanalyse................................. 200 III. Die Segmentierung des deutschen Börsenmarkts.......................... 201 1. Der amtliche Handel.................................................................. 202 2. Der geregelte Markt................................................................... 203 3. Der Freiverkehr......................................................................... 204 4. Der „Neue Markt“..................................................................... 206 IV. Zwischenergebnis......................................................................... 206 B. Die segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität............207 I. Der amtliche Handel..................................................................... 207 1. Der Eintrittszeitpunkt einer Tatsache........................................ 208 2. Die Veröffentlichung von stillen Reserven............................... 208 3. Das Verhältnis zur Regelpublizität............................................ 209 a) Die Segmentberichterstattung..............................................209 aa) Die Regelung im Jahresabschluß..................................209 bb) Die Übertragung auf die Ad-hoc-Publizität................. 211 b) Der Jahresabschluß.............................................................. 212 4. Die „erhebliche“ Kursbeeinflussung......................................... 213 a) Die feste Prozentangabe........................................................ 213 b) Die Veränderung des Ergebnisses nach DVFA/SG............ 213 c) Die Veränderung der Lage oder des Geschäftsverlaufs...... 214 5. Die Befreiung von der Publizitätspflicht................................... 216 6. Die „unverzügliche“ Veröffentlichung...................................... 216 7. Die herzustellende Öffentlichkeit.............................................. 216 a) Das überregionale Börsenpflichtblatt.................................... 217 b) Die Informationspflicht der Kreditinstitute........................... 217 aa) Vor dem Kauf................................................................. 217 bb) Nach dem Kauf.............................................................. 218 c) Die Direktmitteilung............................................................. 219 d) Der Ad-hoc-Service des Kreditinstituts................................ 219 8. Die Integration aktienrechtlicher Informationspflichten........... 220 II. Der geregelte Markt....................................................................... 220 1. Der Eintrittszeitpunkt einer Tatsache.......................................221 2. Die Veröffentlichung von stillen Reserven............................. 222 3. Der Jahresabschluß................................................................... 223 4. Der Sachverhaltskatalog ........................................................... 223
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a) Der Grundsatz der Interessenabwägung............................... 224 aa) Die Anlegerinteressen.................................................... 224 bb) Die Emittenteninteressen................................................ 225 b) Die meldepflichtigen Tatsachen............................................ 225 aa) Das Jahresergebnis......................................................... 225 bb) Der Erwerb und Verkauf von Vermögensgegenständen................................................ 226 cc) Die Veränderungen in der Untemehmenskontrolle...... 226 dd) Die erheblichen Organisationsänderungen..................... 227 ee) Der Rücktritt oder die Entlassung von Vorstandsund Aufsichtsratsmitgliedem.................................. 227 ff) Der Wechsel des Wirtschaftsprüfers.............................. 227 gg) Das Sanierungsverfahren............................................... 228 c) Die Beispiele nichtmeldepflichtiger Tatsachen..................... 228 aa) Die Zwischen- und Quartalsberichte.............................. 228 bb) Die Dividendenvorschläge............................................. 228 cc) Die Kapitalmaßnahmen.................................................. 229 d) Die Art der Umsetzung......................................................... 229 5. Die Befreiung von der Publizitätspflicht................................... 230 6. Die „unverzügliche” Veröffentlichung...................................... 231 7. Die herzustellende Öffentlichkeit.............................................. 231 8. Die Integration aktienrechtlicher Informationspflichten........... 232 III. Der Freiverkehr............................................................................. 232 IV. Zwischenergebnis......................................................................... 233
ZUSAMMENFASSUNG.................................................................................. 237 LITERATURVERZEICHNIS......................................................................... 247
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Abkürzungsverzeichnis a.F. AB1EG Abs. ADR ADS AG AktG AMEX Aufl. BAWe BB BBK Bd. bearb. BEHG BFuP BGB BGBl BGH BMF BörsG BörsO BörsZulG BörsZulV Bsp. bspw. BT-Ds. BVK bzgl. CBV CCH COB DAI DAX
alter Fassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz American Depository Receipts Adler/Düring/Schmaltz (Kommentar) Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktien wesen; aber auch für die Rechtsform „Aktiengesellschaft“ Aktiengesetz American Stock Exchange Auflage Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Betriebs-Berater (Zeitschrift) Buchführung, Bilanz, Kostenrechnung Band bearbeitet Schweizer Bundesgesetz über die Börsen und den Effekten handel Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesministerium der Finanzen Börsengesetz Börsenordnung Börsenzulassungs-Gesetz Börsenzulassungs-Verordnung Beispiel beispielsweise Bundestags-Drucksache Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften German Venture Capital Association e.V. bezüglich Conseil des bourses de valeurs Commerce Clearing House Commission des Operations de Bourse Deutsches Aktien-Institut Deutsche Aktienindex
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DGAP d.h. DB DBW ders. DStR dt. DVFA ECM ECU ED EG erg. erw. etc. EWG f. ff. FF FAZ Frankfurt a.M. FS gern. GmbH GmbHG HB HGB hrsg. Hrsg. i.d.R. IAS IASC IBIS i.S.d. ITM i.V.m. JuS JZ KGaA KPMG
Abkürzungsverzeichnis
Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität GmbH das heißt Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) derselbe Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) deutsch Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung Emerging Company Marketplace European Currency Unit Exposure Draft Europäische Gemeinschaft ergänzt erweitert et cetera Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Französischer Franc Frankfurter Allgemeine Zeitung Frankfurt am Main Festschrift gemäß Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Handelsblatt (Zeitung) Handelsgesetzbuch herausgegeben Herausgeber in der Regel International Accounting Standards International Accounting Standards Committee Inter-Banken-Informations-System im Sinne des Introducteur Teneur de Marche in Verbindung mit Juristische Schulung Juristen Zeitung Kommanditgesellschaft auf Aktien Klynveld Peat Marwick Goerdeler
ABKÜRZUNGS VERZEICHNIS
Mio Mrd. m.w.N. neubearb. NASD NASDAQ NJW NM NYSE ÖBA o.V. OTC OWiG PubIG Rdnr. RegE RIW S. SBF SEA SEC SNM SOES Sp. SRO staatl. u. u.a. überarb. US-GAAP u.U. UWG V. vollst, wettbewerbl. WiSt WiSu WM WPg
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Million Milliarde mit weiteren Nachweisen neubearbeitet National Association of Securities Dealers National Association of Securities Dealers Automated Quotation Neue Juristische Wochenschrift Nouveau Marchd New York Stock Exchange Österreichisches Bankarchiv (Zeitschrift) ohne Verfasser Over-The-Counter Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Publizitätsgesetz Randnummer Regierungsentwurf Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Seite Sociöte des Bourses Francaises Securities Exchange Act Securities and Exchange Commission Socidte du Nouveau Marchi Small Order Executive System Spalte Self Regulatory Organizations staatlich und unter anderem/und andere überarbeitet United States - Generally Accepted Accounting Principles unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom vollständig wettbewerblich Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift) das Wirtschaftsstudium Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapier-Mit teilungen - Teil IV Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
20
WpHG WuB z.T. ZfB zfbf ZfgK ZBB ZGR ZHR ZIP zit.
Abkürzungsverzeichnis
Wertpapierhandelsgesetz Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Teil Zeitschrift für Betriebswirtschaft Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift fiir Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert
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Einleitung I. 1. Seit 1. Januar 1995 sind die Emittenten von Wertpapieren mit einer Neuerung im Bereich der Untemehmenspublizität konfrontiert: § 15 Wertpapierhandels gesetz (WpHG) schreibt Gesellschaften mit börsennotierten Wertpapieren vor, kursrelevante Informationen unverzüglich zu publizieren. Diese Neuregelung unterscheidet sich von der bislang in § 44a BörsG a.F. normierten Ad-hocPublizitätspflicht nach Art und Umfang ganz erheblich. Von Bedeutung für die Untemehmenspraxis ist vor allem, daß diese Pflicht erstmals mit einer laufen den Überwachung durch eine neu geschaffene Bundesbehörde, das Bundes aufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe), verbunden wurde. Hinzu kommt, daß die durch Verletzung der Mitteilungs- und Veröffentlichungs pflichten begangenen Ordnungswidrigkeiten nunmehr mit bis zu drei Millio nen DM Geldbuße belegt werden können. Die Regelung der Ad-hoc-Publizität in § 15 WpHG ist in das neugeschaffene Wertpapierhandelsgesetz integriert, das u.a. die Insiderrichtlinie der EG aus dem Jahre 1989 in nationales Recht umsetzt. Das WpHG, das im Rahmen des Zweiten Finanzmarktforderungsgesetzes in Deutschland eingeführt wurde, hat das Ziel, die Attraktivität und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Fi nanzplatzes Deutschland zu verbessern. Die Neuregelung der Ad-hoc-Publizität muß deshalb ebenfalls unter dem Aspekt der Aufrechterhaltung und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des organisierten Kapitalmarkts gesehen werden. Die Norm des § 15 WpHG dient primär dem börslichen Funktionen schutz. Der Individualschutz steht im Hintergrund. Er ist im Rahmen von § 15 WpHG jedoch von Belang, soweit er zugleich von relevanter institutioneller Bedeutung ist. 2. Fraglich und umstritten ist, ob § 15 WpHG tatsächlich die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts verbessert oder eher kontraproduktive Wirkungen hat.
a) Anleger können aufgrund von § 15 WpHG erwarten, künftig besser infor miert zu werden.1 Sie können insbesondere darauf hoffen, künftig Informatio nen zu erhalten, die über die durch die bisher bestehenden handels- und kapi talmarktrechtlichen Publizitätsinstrumente vermittelten Daten hinausgehen. Dadurch könnte es zu einer Verringerung der Risiken der Anleger kommen. Vor allem internationale Anleger erwarten ausgeprägte Publizitätsbestimmun 1 Es wird sogar von einer neuen Informationskultur gesprochen. Vgl. Weisgerber (1995), S. 19 f.
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gen, die dem internationalen Standard von Finanzplätzen entsprechen, da nur diese eine fundierte Anlageentscheidung ermöglichen.2 Die Chance, die Investor Relations auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift nachhaltig zu verbessern, kann nicht nur den großen Publikumsaktiengesell schaften, sondern auch den mittleren und kleinen Familienaktiengesellschaften dienen. Eine bessere Öffentlichkeitsarbeit der familiendominierten Gesell schaften am Kapitalmarkt bedeutet möglicherweise, daß sich für die von ihnen emittierten Beteiligungstitel eine größere Zahl von Anlegern findet. Die ver stärkte Publizitätspflicht könnte so zu einer besseren Versorgung mittelständi scher Unternehmen mit Finanzierungsmitteln fuhren.
b) Auf der Seite der börsennotierten Gesellschaften stößt die Einführung des § 15 WpHG jedoch keineswegs auf ungeteilte Zustimmung. Insbesondere kleinere und mittlere Gesellschaften sehen eine weitere Kostenbelastung auf sich zukommen. Kosten entstehen für vorgenommene Veröffentlichungen oder auch für eventuell zu zahlende Bußen oder Strafen.3 Daneben ergeben sich Kosten in Form von Konkurrenzwirkungen oder zwingend vorzunehmen den Organisationsänderungen. Außerdem besteht bei den Unternehmen eine generelle Hilflosigkeit bei der praktischen Anwendung der Norm. Sie ist be dingt durch die große Anzahl an unbestimmten Rechtsbegriffen im Tatbestand des § 15 WpHG. Von der Deutschen Börse AG wurde zwar schon 1994 ein Leitfaden vorgelegt, der den verunsicherten Unternehmen eine Hilfestellung geben soll. Die bestehende Unsicherheit der Praxis wurde dadurch aber nicht beseitigt, weil das für die Überwachung der Ad-hoc-Publizität zuständige Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel noch keine klare Vorgehens weise in der Überwachungspraxis erkennen läßt. Sofern die Regulierung der Ad-hoc-Publizität für die börsennotierten Unter nehmen tatsächlich eine gravierende Belastung darstellt, hätte dies negative Folgen für den Finanzplatz Deutschland. Für die Unternehmen wäre die Be schaffung von Eigenkapital an der Börse mit einer weiteren, die Emissionstä tigkeit belastenden, Regulierung verbunden. Andere Maßnahmen des Zweiten Finanzmarktforderungsgesetzes, die zur Attraktivität des Finanzplatzes beitra gen sollen, würden dadurch konterkariert.
2 Die Bedeutung der ausländischen Anleger läßt sich daran ablesen, daß ihr Anteil an den bei inländischen Kreditinstituten verwalteten Wertpapieren Ende 1994 37,5% (Ende 1989 31,5 %) betrug und sie damit die bedeutendste Deponentengruppe darstellen. VgL Deutsche Bundes bank (1995a), S.61. 3 Angesichts der hohen Geldbußen ist es möglich, daß die Emittenten oftmals rein vorsorglich publizieren, um sich nicht ordnungswidrig zu verhalten. VgL Wessel (1994), S. 1419.
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3. Vor dem skizzierten Hintergrund ist es schwierig, die in § 15 WpHG getroffe ne Neuregelung rechtspolitisch richtig einzuschätzen. Die Schwierigkeit ergibt sich letztlich aus folgendem, grundsätzlichen Problem: Emittenten und Anle ger haben in der Regel einen unterschiedlichen Wissensstand. Die Personen, die beim Emittenten in die Entscheidungsprozesse involviert sind, verfugen über detailliertere Informationen als solche, die als Anleger am Unternehmen beteiligt sind oder in naher Zukunft beabsichtigen, sich Anteile zu kaufen. In soweit liegt eine Informationsasymmetrie vor. Auch die einzelnen Anleger und Anlegergruppen haben i.d.R. einen unterschiedlichen Wissensstand. In diesem Zusammenhang sei nur der individuelle Kleinanleger mit dem hochspeziali sierten, fachmännischen Anlageexperten einer Kapitalanlagegesellschaft oder eines sonstigen institutioneilen Anlegers verglichen. Aus den unterschiedlichen Informationsasymmetrien können sich Folgen er geben, die einem funktionsfähigen Wertpapierhandel abträglich sind. Unter nehmensinsider können ihren Informationsvorsprung in Kauf- oder Verkaufs entscheidungen der Wertpapiere der betreffenden Gesellschaft einfließen las sen und dadurch einen Vermögens vorteil erzielen. Dadurch erleiden außenste hende Aktionäre mit einem entsprechenden Informationsdefizit Vermögens verluste (Insiderhandel). Die Folgen des unterschiedlichen Wissensstandes können noch gravierender sein: Die Informationsasymmetrie zwischen den Marktteilnehmern kann dazu führen, daß sich die schlechter informierte Marktseite aus dem Markt völlig zurückzieht; es käme dann nicht nur zu ei nem teilweisen, sondern sogar zu einem vollständigen Marktversagen. Um all dies zu verhindern, könnte eine Ad-hoc-Publizitätspflicht, wie sie in § 15 WpHG enthalten ist, gerechtfertigt sein. 4. Zweck des § 15 WpHG ist es, durch die rasche Verbreitung von kursbeeinflus senden Tatsachen zu einem Abbau der Informationsunterschiede zwischen den Beteiligten beizutragen. Dadurch soll zum einen der Insiderhandel verhindert und eingeschränkt werden. Zum anderen soll durch die angestrebte Transpa renz die Funktionsfähigkeit des Marktes erhalten, also Marktversagen verhin dert werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob § 15 WpHG angesichts der damit für die Emittenten verbundenen Belastungen tatsächlich dazu beiträgt, die Effizienz des Börsenmarktes zu erhöhen. Kommt man insoweit zu einer grundsätzlich positiven Antwort, bleibt immer noch die Frage, ob die konkrete Ausgestaltung der Norm sachgerecht ist. Bei ihrer Beantwortung ist zu beach ten, daß eine spürbare Informationsverbesserung für die Anleger nur mit ho hen Kosten und unter Umständen mit erheblichen sonstigen Nachteilen für die Emittenten möglich ist. Davon abgesehen bedeutet Regulierung stets die Ein engung der Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer und damit die Beschrän
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kung von Wettbewerb. Man muß also klar sehen, daß es Gründe für und gegen eine Regulierung der Ad-hoc-Publizität gibt. Dies macht es außerordentlich schwierig, das richtige Maß der Regulierung zu finden.
5. Die aufgezeigten Schwierigkeiten könnten möglicherweise dadurch überwun den werden, daß eine Deregulierung des §15 WpHG in Form einer nach Marktsegmenten abgestuften Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität erfolgt. Emittenten und Anleger könnten dann nach Maßgabe ihrer jeweiligen Risikound Renditepräferenzen entscheiden, unter welchem „Publizitätsregime“ sie Beteiligungstitel verkaufen oder kaufen wollen, und die fiir die jeweiligen Marktsegmente zuständigen Marktorganisatoren müßten bemüht sein, sich auf diese Präferenzen optimal einzustellen. Nicht allein die „Weisheit einer aufge klärten Regulierungsinstanz“, sondern auch der „Wettbewerb zwischen den Marktsegmenten“ würde über den Regulierungsgrad entscheiden und helfen, in einem entsprechenden Entdeckungsverfahren das „richtige“ Maß der Regu lierung zu finden.
II. Der hier ins Auge gefaßte Lösungsansatz einer segmentspezifischen Ausdifferen zierung der Ad-hoc-Publizität ist bislang noch nicht oder nur ganz vereinzelt an gedacht worden. Man sucht vielmehr ganz allgemein nach der für alle Marktseg mente sachgerechten „Einheitslösung“. Mit den folgenden Untersuchungen soll gezeigt werden, daß eine solche Einheitslösung angesichts der unterschiedlichen Interessen der Emittenten und Anleger nicht zielführend ist und eine eigene nach Marktsegmenten differenzierende Lösung vorgestellt werden.
Im ersten Teil der Arbeit wird auf die bisherige Ad-hoc-Publizität eingegangen. Dabei geht es zunächst um die Darstellung der gesetzlichen Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland mit einem rechtsvergleichenden Ausblick auf die Verhältnisse in den USA und in Frankreich. Außerdem wird die rechtspoliti sche Diskussion um das Für und Wider der in § 15 WpHG getroffenen Neurege lung skizziert. Damit soll eine Grundlage für den zweiten Teil geschaffen werden, in dem es um die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität geht. Eine öko nomische Analyse soll zeigen, daß sich eine Verbesserung der Kapitalmarkteffizi enz am ehesten durch eine segmentspezifisch differenzierende Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität erreichen läßt.
1. Im ersten Teil wird bei der Darstellung der gesetzlichen Ausgestaltung der Adhoc-Publizität gezeigt, daß diese schon vor der Einführung von § 15 WpHG in Deutschland in Form von § 44a BörsG a.F. kodifiziert war (1. Kapitel). Bei
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der Behandlung der beiden Vorschriften wird jeweils zum einen auf die Ent stehungsgeschichte der Norm und zum anderen auf deren Ausgestaltung ein gegangen. Von Interesse sind neben dem materiellen Pflichteninhalt insbeson dere die Unterschiede bei der Überwachung der jeweiligen Pflichten und bei den an eine Pflichtverletzung geknüpften Sanktionen. Bei den Ausführungen zu § 15 WpHG wird auf die völlig neu geregelte Marktaufsicht eingegangen, da diese in der Überwachungspraxis der Ad-hoc-Publizität eine wichtige Rolle spielt. Weiterhin (2. Kapitel) ist von Interesse, wie die Ad-hoc-Publizität in anderen Ländern gestaltet ist. Da in Deutschland vor Einführung der Ad-hoc-Publizitätspflicht durch das WpHG faktisch das Prinzip der freiwilligen Selbstkon trolle vorherrschte und andere Länder auf eine längere Erfahrung mit diesem Publizitätsinstrument zurückgreifen können, wird zum Vergleich auf die Aus gestaltung der Ad-hoc-Publizität in den USA und in Frankreich eingegangen. Es werden vor allem die entsprechenden Publizitätsvorschriften auf solchen Märkten beschrieben, auf denen Aktien kleinerer und mittlerer Gesellschaften notiert sind. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse fließen später unter Beach tung der nationalen Spezifika in die Forderung nach einer segmentspezifischen Modifikation der Ausgestaltung der deutschen Publizitätsnorm ein. Anschließend (3. Kapitel) werden die Argumente, die in der rechtspolitischen Diskussion zu § 15 WpHG vorgebracht wurden, vorgestellt und systematisiert. Dabei bietet sich eine Einteilung nach individuellen und marktlichen Aspekten an. Die Ausführungen sollen einen Überblick über die zur Ad-hoc-Publizität vorhandenen Meinungen und Reformvorschläge vermitteln.
2. Im zweiten Teil der Arbeit wird für die künftige Ausgestaltung der Ad-hocPublizität zunächst (4. Kapitel) auf die Börsenmarkteffizienz eingegangen. Diese stellt den Maßstab dar, an dem die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität zu messen ist. Bei der Beschreibung der Marktteilnehmer wird auf der Emit tentenseite in große sowie mittlere und kleine Emittenten unterschieden. Dar über hinaus erfolgt eine weitere Differenzierung der mittleren und kleinen Emittenten in Familien- und Venture Capital-AG. Diese Unterscheidung ist sowohl für die ökonomische Analyse als auch für den Vorschlag für eine künftige Regelung bedeutsam.
Der Zusammenhang von Börsenmarkteffizienz und Ad-hoc-Publizität wird diskutiert, um zu zeigen, daß es zum einen einen gewissen Regulierungsbedarf gibt, zum anderen aber auch bestimmte Deregulierungsnotwendigkeiten beste hen.
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Danach (5. Kapitel) wird konkret geprüft, wie sich § 15 WpHG auf die Bör senmarkteffizienz auswirkt. Dies erfolgt durch eine Analyse, die die Wirkung der Norm auf die einzelnen Marktteilnehmer zum Gegenstand hat. Von beson derem Interesse ist, wie die Norm auf Seiten der Emittenten auf die unter schiedlichen Gruppen von emissionswilligen Unternehmen wirkt. Anschließend (6. Kapitel) wird aus dem Grundgedanken des Regulierungs wettbewerbs durch Marktsegmentierung heraus die konkrete Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität entwickelt. In einem ersten Schritt wird dabei auf die Segmentierung als Maßnahme der Deregulierung eingegangen und sodann die Segmentierung der deutschen Börsenmärkte beschrieben. Vor diesem Hinter grund erfolgt in einem zweiten Schritt ein differenzierender Vorschlag für eine künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität. Dieser soll die in der ökonomi schen Analyse festgestellten Mängel überwinden und die unterschiedlichen Gruppen von Emittenten und Anlegern berücksichtigen.
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1. Teil: Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität versteht man nur dann richtig, wenn man sich ihre geschichtliche Entwicklung näher betrachtet. Man gewinnt dadurch eine erste Grundlage, von der aus die damit verbundenen Probleme später im Rahmen einer ökonomischen Analyse untersucht werden können. Ein rechts vergleichender Blick auf die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität auf bedeuten den Börsenmärkten des Auslands kann Aufschlüsse für eine sachgerechte Pro blemlösung geben und die Betrachtung der Reformdiskussion um die Ausgestal tung der Ad-hoc-Publizität verdeutlicht das Spannungsverhältnis, welches insoweit angesichts konfligierender individueller und institutioneller Interessen besteht.
1. Kapitel: Die Entwicklung der Ad-hocPublizität in Deutschland Die Darstellung der Entwicklung der Ad-hoc-Publizität konzentriert sich auf die kodifizierten Publizitätspflichten, die für die Emittenten zwingend sind. Auf die sonstige freiwillige, nicht-kodifizierte Publizität von Unternehmen wird nicht ein gegangen. Da die Ad-hoc-Publizitätspflicht neben anderen kapitalmarktrechtli chen Informationspflichten steht und ihr nach dem Willen des Gesetzgebers eine Ergänzungsfunktion zugewiesen wird, soll auch aufgezeigt werden, welche In halte die anderen Publizitätsinstrumente vermitteln. Der Betrachtung des § 15 WpHG geht die Beschreibung von § 44a BörsG a.F. als die Vorgängemorm des § 15 WpHG voran. Der Zeitraum vor der Einführung von § 44a BörsG a.F. wird nur insofern beleuchtet, als er mit der Entstehung dieser Norm zu tun hat. Dies ist deshalb sinnvoll, weil es vor der in § 44a BörsG a.F. kodifizierten Ad-hoc-Publizität keine gesetzliche Regelung dieser Informations pflicht gab.
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A. Die Regulierung der Ad-hoc-Publizität durch § 44a BörsG a.F. Ad-hoc-Publizität bedeutet, daß die Anleger über bestimmte Tatsachen, die im Unternehmen entstehen, informiert werden müssen. Im Gegensatz zu anderen Pu blizitätsinstrumenten muß die Information nicht nur zu bestimmten wiederkehren den Terminen erfolgen.
Wie bereits erwähnt, war die Ad-hoc-Publizität früher nicht geregelt. Eine Rege lung erfolgte erstmals in § 44a BörsG a.F., der auf europarechtliche Vorgaben zurückgeht.
I. Die Entstehung des § 44a BörsG a.F. Durch die Börsenzulassungsrichtlinie4 vom 5.3.1979 wurde der deutsche Gesetz geber verpflichtet, die Ad-hoc-Publizitätspflicht in deutsches Recht zu transfor mieren. Er ist dieser Verpflichtung durch das BörsZulG nachgekommen. 1. Die europarechtlichen Implikationen
Im Segrö-Bericht von 1966, der sich mit der Entwicklung eines europäischen Ka pitalmarkts befaßt, wird von einer „ständigen“ Publizität gesprochen. Damit ist aber in erster Linie die Erstellung von Zwischenberichten gemeint. Die im Bericht aufgefuhrten Grundsätze bzgl. der „ständigen“ Publizität konkretisieren die Ziel richtung des Berichts. Es heißt dort: „Jeder neue Umstand, der die Verhältnisse oder die Rentabilität des Unternehmens entscheidend beeinflussen könnte, sollte dem Publikum so rasch wie möglich zur Kenntnis gebracht werden“. Obgleich es sich um Grundsätze für den Zwischenbericht handelt, ist im Segrö-Bericht bereits erkannt worden, daß es Informationen gibt, die den Anlegern möglichst schnell übermittelt werden sollen.5 Die Börsenzulassungsrichtlinie schrieb den Mitgliedsstaaten zum einen vor, be stimmte Bedingungen für die Zulassung von Aktien und Schuldverschreibungen
4 Vgl. ABIEG Nr. L66 vom 16.3.1979. „Richtlinie des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinie rung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse“. Im folgenden soll die Richtlinie vereinfachend mit Börsenzulassungsrichtli nie bezeichnet werden. 5 Vgl. Segrö-Bericht (1966), S. 240 f. In der Folgezeit wurden auch vereinzelte Vorschläge zu einer Informationspflicht des Emittenten gegenüber den Anlegern vor allem als präventive Maßnahme gegen Insiderverstöße gemacht. Vgl. Hopt/Will (1973), S. 175 f. sowie Arbeitskreis Gesellschaftsrecht (1976), S. 64 f. und 101 ff.
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zur amtlichen Notierung im jeweiligen nationalen Recht festzuschreiben.6 Zum anderen ergab sich aus der Börsenzulassungrichtlinie der Zwang, im nationalen Recht für die im Börsensegment des amtlichen Handels zugelassenen Aktien und Schuldverschreibungen Pflichten der Emittenten nach der Zulassung zu etablie ren.7 Zu diesen Pflichten nach der Zulassung gehört auch die Ad-hoc-Publizitätspflicht.8 Die Gründe, die zum Erlaß der Börsenzulassungsrichtlinie führten, werden in der Richtlinie genannt:9 Durch die Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren des amtlichen Marktes beabsichtigte man, den Anlegerschutz innerhalb der EG auf ein einheitliches Niveau zu bringen. Außerdem sollte die Richtlinie ein weiteres Element in dem Bemühen sein, einen europäischen Kapi talmarkt zu schaffen.10 Der deutsche Gesetzgeber sollte diese Richtlinie bis späte stens 16.3.1982 in deutsches Recht umgesetzt haben.
2. Das BörsZulG Durch das BörsZulG11 vom 16.12.1986 wurde die Börsenzulassungsrichtlinie ver spätet in deutsches Recht umgesetzt. Als Artikelgesetz konzipiert, änderte das BörsZulG das BörsG und eine Reihe anderer Gesetze und führte zum Erlaß der
6 Vgl. AB1EG Nr. L66 vom 16.3.1979, Anhang Schema A und B. 7 Vgl. ABlEGNr. L66 vom 16.3.1979, Anhang Schema C und D. 8 Vgl. AB1EG Nr. L66 vom 16.3.1979, Anhang Schema C, Nr. 5a) und Anhang Schema D, Nr. 4a). In Anhang Schema C, Nr. 5a) heißt es wörtlich: „Die Gesellschaft muß das Publikum un verzüglich über neue erhebliche Tatsachen in Kenntnis setzen, die in ihrem Tätigkeitsbereich eingetreten sind und die der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind, aber wegen ihrer Aus wirkung auf ihre Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf zu ei ner beträchtlichen Änderung der Kurse ihrer Aktien führen können. Wenn die Verbreitung be stimmter Informationen geeignet ist, den berechtigten Interessen der Gesellschaft zu schaden, können die zuständigen Stellen jedoch die Gesellschaft von dieser Pflicht entbinden.“ In An hang Schema D, Nr. 4a) steht wörtlich: „Das Unternehmen muß das Publikum unverzüglich über neue erhebliche Tatsachen in Kenntnis setzen, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind und die der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind, die aber erheblich seine Fähigkeit beeinträchtigen können, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Wenn die Verbreitung be stimmter Informationen geeignet ist, den berechtigten Interessen des Unternehmens zu schaden, können die zuständigen Stellen jedoch das Unternehmen auf dessen Wunsch von dieser Pflicht entbinden.“ 9 Vgl. ABlEGNr. L66 vom 16.3.1979, S. 21. 10 Siehe zum Aufbau eines europäischen Kapitalmarkts den Segrd-Bericht. Vgl. Segrd-Bericht (1966). 11 BGBl I, 1986, S. 2478. „Gesetz zur Einführung eines neuen Marktabschnitts an den Wertpa pierbörsen und zur Durchführung der Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1979, vom 17. März 1980 und vom 15. Februar 1982 zur Koordinierung börsen rechtlicher Vorschriften (Börsenzulassungs-Gesetz - BörsZulG)“.
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BörsZulV.12 Die Ad-hoc-Publizität wurde im Rahmen der Umsetzung in § 44a BörsG a.F. kodifiziert. Dessen Abs. 1 trat am 1. Mai 1987 in Kraft.13 Durch diese Norm wurde die laufende Informationspflicht von börsennotierten Unternehmen erstmals im deutschen Recht festgeschrieben.
Neben der bereits aufgefuhrten Transformation der Börsenzulassungsrichtlinie diente das BörsZulG der Umsetzung zweier weiterer europäischer Richtlinien. Es handelt sich zum einen um die Prospektrichtlinie14, zum anderen um die Zwi schenberichtsrichtlinie.15 Darüber hinaus führte das BörsZulG zur Einführung eines neuen börslichen Marktsegments, dem geregelten Markt. Im Entwurf des BörsZulG wird als Ziel des Gesetzes die Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen an erster Stelle genannt.16 Das erweckt den Eindruck, die Einführung des Markt abschnitts geregelter Markt sei der Grund für die Entstehung des BörsZulG gewe sen. Eigentliches Ziel des BörsZulG war jedoch die Umsetzung der oben erwähn ten drei EG-Richtlinien in deutsches Recht.17
II. Die Ausgestaltung des § 44a BörsG a.F. § 44a Abs. 1 S. 1 BörsG a.F. verpflichtete den Emittenten von an einer inländi schen Börse zum Handel zugelassenen Wertpapieren zur unverzüglichen Publizie rung nicht öffentlich bekannter, in seinem Tätigkeitsbereich eingetretener Tatsa chen, wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten zu einer erheblichen Kurs änderung zugelassener Aktien führen konnten, oder, wenn sie, im Fall zugelasse ner Schuldverschreibungen, die Fähigkeit des Emittenten beeinträchtigen konnten, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Diese Publizitätspflicht diente dem Schutz vorhandener und potentieller Anleger (Individualschutz). Zugleich sollte das Vertrauen in die Wertpapiermärkte gestärkt und durch eine bessere Transpa
12 BGBl I, 1987, S. 1234. „Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen No tierung an einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungs-Verordnung - BörsZulV)“. 13 § 44a Abs. 2 BörsG a.F. trat am 1. Januar 1987 in Kraft; die BörsZulV am 1. Mai 1987. 14 AB1EG Nr. LI00 vom 17.4.1980. „Richtlinie des Rates vom 17. März 1980 zur Koordinierung der Bedingungen ftir die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospektes, der filr die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröf fentlichen ist“. 15 AB1EG Nr. L48 vom 20.2.1982. „Richtlinie des Rates vom 15. Februar 1982 über regelmäßige Informationen, die von Gesellschaften zu veröffentlichen sind, deren Aktien zur amtlichen No tierung an einer Wertpapierbörse zugelassen sind“. 16 Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 10 f. 17 Vgl. Schwark (1987b), S. 2042.
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renz ihre Funktionsfähigkeit verbessert werden (Funktionenschutz).18 Die Frage, ob und inwieweit § 44a BörsG a.F. auch präventiv vor Insiderhandel schützen sollte, wurde kontrovers diskutiert.19 1. Die relevanten Segmente und Wertpapiere
Nach § 44a Abs. 1 BörsG a.F. unterlag jeder Emittent von Aktien oder Schuldver schreibungen, die im Inland zum amtlichen Handel zugelassen waren, der Veröf fentlichungspflicht. § 76 BörsG a.F. dehnte diese Verpflichtung des Emittenten auf den geregelten Markt aus. Allerdings verwies § 76 BörsG a.F. nur auf § 44a Abs. 1 BörsG a.F., das heißt, die Regelungen bezüglich des geregelten Marktes gingen nicht so weit wie die, die sich auf den amtlichen Handel bezogen.20 Mit § 76 BörsG a.F. ging der Gesetzgeber somit über die Börsenzulassungsrichtlinie hinaus, da diese eine Ad-hoc-Publizitätspflicht nur für den amtlichen Handel vor sah. 2. Der Pflichteninhalt
§ 44a BörsG a.F. erfüllte eine Ergänzungsfunktion.21 Die Ad-hoc-Publizität trat neben die sonstigen kapitalmarktrechtlichen Publizitätsinstrumente, die wiederum die gesellschaftsrechtliche Publizität ergänzten. Die gesellschaftsrechtlichen Pu blizitätspflichten dienen primär dem Individualschutz, während sich die kapital marktrechtlichen Publizitätsinstrumente in erster Linie auf den Funktionenschutz beziehen. Am Tatbestandsmerkmal der „erheblichen Kursänderung“ zeigte sich bei § 44a BörsG a.F. der besondere Bezug zum Funktionenschutz. Im Vergleich zu den anderen Publizitätsinstrumenten, insbesondere im Vergleich zum Zwi schenbericht, stellt sich die Frage, ob § 44a BörsG a.F. nur eine schnellere Ver breitung von Informationen anstrebte, oder ob die Verpflichtung zur Ad-hocPublizität auch inhaltlich über die anderen Publizitätspflichten hinausging. Auf diese Frage soll später im Zusammenhang mit § 15 WpHG näher eingegangen werden.22
18 Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 1, S. 331. 19 Vgl. Hopt (1991), S. 50 und Heidmeier (1992), S. 113 f. Ersterer bejaht die präventive Funktion, während letzterer mit Hinweis auf die zugrundeliegende Börsenzulassungsrichtlinie eine solche verneint. 20 Die Vorschriften der Rechtsverordnung nach § 44a Abs. 2 BörsG a.F. galten demnach nicht. Somit hatte § 70 BörsZulV a.F. ftir den geregelten Markt keine Gültigkeit. Dieser regelte Art und Form der Veröffentlichung. Vgl. hierzu Hopt (1995b), § 44a, Rdnr. 2, S. 1340. 21 Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 16. 22 Vgl. hierzu dieses Kapitel B/II/8.
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3. Der Befreiungstatbestand In § 44a Abs. 1 S. 3 BörsG a.F. sah der Gesetzgeber die Möglichkeit vor, den Emittenten von der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität zu befreien. Die Befreiung wur de durch den Börsenvorstand23 gewährt und erfolgte nach Abwägung der Interes sen sowohl des Emittenten als auch des Publikums. Gerechtfertigt war die Befrei ung nur, wenn im Einzelfall der dem Emittenten aus der Veröffentlichung der Tatsache entstehende Nachteil gravierender war als das Interesse des Publikums an der Information.24
4. Das Veröffentlichungsprocedere
Das Veröffentlichungsverfahren wurde in § 70 BörsZulV a.F. geregelt.25 Die Tat sache mußte demnach in mindestens einem Börsenpflichtblatt in deutscher Spra che publiziert werden. Der Börsenvorstand konnte bei umfangreichen Mitteilun gen eine Zusammenfassung gestatten. Darüber hinaus war der Börsenvorstand gemäß § 44a Abs. 1 S. 2 BörsG a.F. unverzüglich über die zu veröffentlichende Tatsache zu unterrichten, die Veröffentlichung ihm gemäß § 70 Abs. 3 BörsZulV a.F. zu übermitteln. 5. Die Sanktionen und die Haftung Gem. § 90 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a.F. konnte die Verletzung der Pflicht zur Ad-hocPublizität als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn eine Person vorsätzlich oder leichtfertig die zu veröffentlichenden Tatsachen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder nicht rechtzeitig veröffent lichte. Nach § 90 Abs. 4 BörsG a.F. war es möglich, ein Bußgeld bis zu einer Hö he von 100.000 DM zu verhängen.
Zur Frage der zivilrechtlichen Haftung enthielt das Gesetz keine Vorschriften. 6. Die weiteren Publizitätspflichten nach Zulassung
Außer der neueingefuhrten Ad-hoc-Publizitätspflicht brachte die Änderung des BörsG durch das BörsZulG noch andere Neuregelungen bezüglich der Publizitäts-
23 Abi. Januar 1995: Geschäftsführung der Börse. 24 Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 9, S. 335 f. Dort wird auch darauf hingewiesen, daß eine vom Emittenten beim Börsenvorstand erwirkte Kursaussetzung nach § 43 BörsG von der Adhoc-Publizitätspflicht befreit, weil dem Publikum damit angezeigt wird, daß es ein Ereignis gibt, das Auswirkungen auf den Kurs haben könnte. Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 10, S. 335 f. 25 Die Ermächtigungsgrundlage hierfür war § 44a Abs. 2 BörsG a.F.
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und Verhaltenspflichten des Emittenten nach Zulassung.26 An erster Stelle sei hier die in § 44b BörsG kodifizierte Pflicht zur Erstellung eines Zwischenberichts ge nannt. Daneben existiert die Informationspflicht bezüglich wertpapier- und emit tentenbezogener Informationen (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BörsG), die in den §§63 ff. BörsZulV27 nach Art, Umfang und Form beschrieben ist. Schließlich ist in § 44c BörsG eine Auskunftspflicht des Emittenten gegenüber Geschäftsführung und Zulassungstelle geregelt.
III. Zwischenergebnis
Bei der Regelung der Publizitätspflicht in § 44a BörsG a.F. wurde ansatzweise durchaus gesehen, daß aus Gründen der Kapitalmarkteffizienz sowie im Hinblick auf die Interessen der Marktteilnehmer bestimmte segmentspezifische Differen zierungen notwendig sind. Das zeigt sich zum einen an der Nichteinbeziehung des Freiverkehrs in den Anwendungsbereich der Norm und zum anderen an den, wenn auch nur marginalen, Unterschieden des Pflichteninhalts bei Emissionen im amtlichen und solchen im geregelten Markt. Auch der Befreiungstatbestand des § 44a Abs. 1 S. 3 BörsG a.F. zeigt die Einsicht des Gesetzgebers, daß zu weitge hende Publizitätspflichten die Emittenten zu stark belasten können. Soweit er sichtlich, ist dieses Spannungsverhältnis aber nie Gegenstand konkreter Ausein andersetzungen gewesen.
§ 44a BörsG a.F. spielte in der Praxis ganz generell nur eine unbedeutende Rolle. Dies läßt sich an der geringen Anzahl der veröffentlichten Mitteilungen ablesen: Von Inkrafttreten der Norm bis Ende 1994 erfolgten weniger als zwölf Meldun gen.28 Die mangelnde Beachtung der Norm ist darauf zurückzufuhren, daß eine Verletzung nur mit einem geringen Bußgeld bewehrt war. Ein weiterer Grund für die geringe Bedeutung der Publizitätspflicht nach § 44a BörsG a.F. liegt darin, daß es keine für die Verfolgung von Verstößen zuständige Behörde gab.
26 Für die Publizitätspflichten nach Zulassung sei auf die ebenfalls im 1. Kapitel gemachten Aus führungen im Zusammenhang mit § 15 WpHG verwiesen. Auf die Verhaltenspflichten wird im folgenden nicht eingegangen. Es handelt sich um das Gleichbehandlungsgebot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BörsG), die Benennung von Zahl- und Hinterlegungsstellen (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG) und die Zulassungspflicht (§ 44 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BörsG). 27 Ermächtigungsgrundlage hierzu ist § 44 Abs. 2 BörsG. 28 Vgl. Pellens/Fülbier (1995b), S. 34.
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B. Die Regulierung der Ad-hoc-Publizität durch § 15 WpHG Durch die Einführung des § 15 WpHG erhielt die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität eine neue Qualität. § 15 WpHG beruht wie § 44a BörsG a.F. auf europarechtlichen Vorgaben, die auf eine Verbesserung der Effizienz der europäischen Kapitalmärkte abzielen. Seine konkrete Ausgestaltung weicht sowohl in bezug auf den materiellen Pflichtinhalt als auch formal von § 44a BörsG a.F. z.T. erheblich ab. I. Die Entstehung des § 15 WpHG
Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben erfolgte im Rahmen des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes. Die konkrete Ausgestaltung muß deshalb aus der Gesamtkonzeption des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes heraus betrachtet werden.
1. Die europarechtlichen Implikationen Artikel 7 der Insiderrichtlinie29 dehnt die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität der alten Börsenzulassungsrichtlinie auf alle nach Artikel 1 Nr. 2 letzter Unterabsatz der Insiderrichtlinie erfaßten Wertpapiermärkte aus. Somit gilt für alle börsen- und börsenähnlichen Wertpapiermärkte, soweit sie staatlich reglementiert und über wacht sind, auf ihnen regelmäßig ein Handel stattfmdet und sie der Öffentlichkeit direkt oder indirekt zugänglich sind, das Gebot der unverzüglichen Ad-hocPublizität. Beim Erlaß der Insiderrichtlinie ging der Rat der EG davon aus, daß die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts vom Vertrauen der Anleger abhängt.30 Die ses Vertrauen beruhe auf der Zusicherung einer Gleichstellung der Anleger und dem Schutz vor unrechtmäßiger Verwendung einer Insiderinformation.
2. Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz Ziel des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes ist die Verbesserung der Attrak tivität und internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland durch die Erweiterung des Anlegerschutzes und ein Bündel weiterer Maßnah men.31 Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz32 setzt die europarechtliche Vor 29 Vgl. ABlEGNr. L334 vom 18.11.1989, S. 30. „Richtlinie des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte“. Im folgenden: Insiderrichtlinie. 30 Vgl. ABlEGNr. L334 vom 18.11.1989, S. 30. 31 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 1. 32 BGBl I, 1994, S. 1749. „Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtli cher und wertpapierrechtlicher Vorschriften“.
Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland
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gäbe aus Artikel 7 der Insiderrichtlinie in deutsches Recht um. Dies geschieht ge setzestechnisch durch die Zusammenfassung von § 44a BörsG a.F. und den Ände rungsbestimmungen aus Artikel 7 der Insiderrichtlinie im neugeschaffenen WpHG in Form des § 15 WpHG. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht ist somit ab 1. Januar 1995 ausschließlich in § 15 WpHG kodifiziert. a) Die Stellung des § 15 WpHG im System des WpHG
Innerhalb der Reformen des Zweiten Finanzmarktforderungsgesetzes nimmt das WpHG eine dominierende Stellung ein. Zunächst enthält das WpHG Bestimmun gen bezüglich eines Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel.33 Dadurch wird die Marktaufsicht am Finanzplatz Deutschland grundlegend geändert.34 Au ßerdem finden sich erstmals umfangreiche Regelungen zur Insiderüberwachung. 35 Dazu gehört neben grundsätzlichen Definitionen und Regelungen auch die Quali fizierung eines Insidervergehens als Straftat. Auch § 15 WpHG ist gesetzessyste matisch im Bereich der Insiderüberwachung angesiedelt. In Abschnitt 4 des WpHG befinden sich Bestimmungen über Mitteilungs- und Veröffentlichungs pflichten bei Veränderungen des Stimmrechtsanteils.36 Das WpHG enthält auch Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsuntemehmen.37 b) Die anderen Maßnahmen des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes Neben der Schaffung des WpHG bezieht sich das Zweite Finanzmarktforderungs gesetz, das als Artikelgesetz konzipiert ist, auf eine ganze Reihe von börsen- und wertpapierrechtlichen Vorschriften. Das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz ändert unter anderem das BörsG, die BörsZulV, das Gesetz über Kapitalanlagege sellschaften, das Auslandsinvestmentgesetz, das Aktiengesetz, das Depotgesetz, das Verkaufsprospektgesetz sowie das Gesetz über Untemehmensbeteiligungsgesellschaften und schafft ein Gesetz über Finanztermingeschäfte im Insolvenzver fahren.38 Auch diese Regelungen sind, wie später zu zeigen sein wird, von großer Bedeutung. Wichtig ist vor allem, daß in den angeführten Vorschriften teilweise
33 Vgl. §§ 3 ff. WpHG. 34 Siehe auch die Ausführungen zur Aufsicht über die Wertpapiermärkte in diesem Kapitel unter B/II/8. 35 Vgl. §§ 12 ff. WpHG. 36 Vgl. §§21 ff. WpHG. 37 Vgl. §§ 31 ff. WpHG. 38 Einen guten Überblick über die Änderungen im Rahmen des Zweiten Finanzmarktförderungs gesetzes liefern Kusserow (1994), S. 1005 ff. sowie Riepe (1994a), S. 1236 ff.
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ebenfalls Publizitätspflichten enthalten sind, die die Ad-hoc-Publizität flankierend ergänzen.39
II. Die Ausgestaltung des § 15 WpHG § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG lautet: „Der Emittent von Wertpapieren, die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, muß unverzüglich eine neue Tatsa che veröffentlichen, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten und nicht öffent lich bekannt ist, wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Fi nanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten geeignet ist, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen, oder im Fall zugelassener Schuldverschreibungen die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen nachzukommen, beeinträchtigen kann.“ Diese Vorschrift dient zum einen der Prävention gegen Insiderhandel. Der Kreis der potentiellen Insider soll möglichst klein gehalten und der Zeitraum, in dem Insiderwissen verwendet wird, verkürzt werden. Dadurch unterstützt diese Norm die anderen im WpHG enthaltenen Vorschriften bzgl. des Verbots von Insidergeschäften. Die Ad-hocPublizitätspflicht des § 15 WpHG wirkt zum anderen auch als kapitalmarktrechtli che Informationsnorm. Es soll vermieden werden, daß wegen mangelhafter oder fehlender Informationen unzutreffende Marktpreise entstehen. Somit soll Markt transparenz geschaffen werden.40 Beide Funktionen dienen entsprechend dem Be richt des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages ausschließlich der Siche rung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes; sie sollen mithin nur Aufgaben des Funktionenschutzes und nicht solche des Individualschutzes übernehmen.41 1. Die relevanten Segmente und Wertpapiere Unter die Ad-hoc-Publizitätspflicht fallt jeder Emittent von Wertpapieren, die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind. Die relevanten Börsenseg mente sind dabei der amtliche Handel und der geregelte Markt. Der Freiverkehr ist somit von der Ad-hoc-Publizitätspflicht nicht erfaßt. Der Begriff Wertpapiere wird in § 2 Abs. 1 WpHG definiert. Es fallen darunter Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten, Schuldverschreibungen, Genußscheine, Optionsscheine und andere Wertpapiere, die mit Aktien oder Schuldverschreibun gen vergleichbar sind, auch wenn für sie keine Urkunden ausgestellt sind. Aus § 15 Abs. 2 Nr. 2 WpHG ergibt sich eine Erweiterung der Publizitätspflicht auf
39 Vgl. hierzu dieses Kapitel B/II/8. 40 Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 102. 41 Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 96 und S. 102.
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Derivate, die sich auf die oben genannten Wertpapiere beziehen. Der Wertpapier begriff i.S.d. § 15 WpHG geht somit über den des § 44a BörsG a.F. hinaus, da sich dieser nur auf Aktien und Schuldverschreibungen bezog.
2. Der Pflichteninhalt § 15 WpHG übernimmt, ebenso wie § 44a BörsG a.F., eine Ergänzungsfunktion in bezug auf die sonstigen kapitalmarktrechtlichen Publizitätsinstrumente und die gesellschaftsrechtliche Publizität.42 Die Ad-hoc-Publizität des § 15 WpHG dient ausschließlich der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts. Deshalb müssen die Tat bestandsmerkmale der Norm, die im folgenden diskutiert werden, unter dem Be zugspunkt der Kapitalmarkteffizienz gesehen werden. Von zentraler Bedeutung ist dabei die „erhebliche“ Kursbeeinflussung. Mit diesem Tatbestandsmerkmal wird unmittelbar auf den Kem der börslichen Funktionen, die Marktbildung, Bezug genommen und es wird versucht, dieses Zentrum des Marktgeschehens durch das Recht zu gestalten.
a) Die veröffentlichungspflichtige Tatsache Ansatzpunkte für den Pflichteninhalt des § 15 WpHG sind Tatsachen, die im Tä tigkeitsbereich des Unternehmens eingetreten und nicht öffentlich bekannt sind. Im folgenden wird darauf eingegangen, was darunter zu verstehen ist und worin der Unterschied zur Insidertatsache nach § 13 Abs. 1 WpHG besteht.
aa) Eine neue Tatsache „Tatsachen“ sind konkrete vergangene oder gegenwärtige Geschehnisse im Tätig keitsbereich des Emittenten. Sie sind gegenüber subjektiven Werturteilen, die blo ße Meinungen ausdrücken, Erwartungen und Prognosen abzugrenzen.43 Darüber hinaus sind sie jederzeit meßbar, bewertbar und nachprüfbar. 44 Eine Nachprüfbar keit ist im Zusammenhang mit Haftungsfragen relevant.45 Die Wirkungen der Tat sachen müssen definitiven Charakter haben und dürfen nicht erst aufgrund weite rer Maßnahmen eintreten. Demnach sind Planungen, Konzepte und Strategien
42 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48. 43 Siehe hierzu die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Finanzmarktförderungsge setz. Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 46. 44 Vgl. Pellens (1991), S. 63. Im Gegensatz dazu können zur Prospekthaftung nach § 45 Abs. 1 BörsG auch Werturteile mit Tatsachenkem führen. Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 2, S. 331. 45 Vgl. Pellens (1991), S. 63.
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keine Tatsachen, selbst wenn sie bereits beschlossen sind, weil sie erst in der Zu kunft wirken.46
„Neu“ ist eine Tatsache, wenn sie soeben entstanden ist. Es sind nur Tatsachen publizitätspflichtig, die nicht öffentlich bekannt sind. § 15 WpHG bezieht sich nicht auf solche Tatsachen, die bereits im Jahresabschluß und Lagebericht gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 des BörsG i.V.m. §§63 ff. BörsZulV oder im Zwi schenbericht nach § 44b BörsG publiziert sind. Diese Tatsachen sind öffentlich bekannt, im übrigen nicht „neu“. Ihre Erfassung durch § 15 WpHG widerspräche dessen Ergänzungsfimktion.47 Die Tatsache muß im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten sein.48 Dies bedeutet, daß nur solche Tatsachen erfaßt werden, die gern, dem Normzweck des § 15 WpHG der Untemehmenssphäre des Emittenten zuzurechnen sind.49 Neben dem Inhalt einer Tatsache stellt auch die zeitliche Konkretisierung ein Pro blem dar. Es muß unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, publiziert werden. Entwicklungen müssen soweit abgeschlossen sein, daß eine endgültige positive Entscheidung zu erwarten ist und der Emittent nicht mehr bis zur nächsten peri odischen Publizität abwarten darf.50
bb) Unterschiede zur Insidertatsache Von der Insidertatsache gemäß § 13 Abs. 1 WpHG unterscheidet sich die Tatsa che nach § 15 WpHG dadurch, daß zwei weitere Merkmale hinzutreten müssen: Die Tatsache muß im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten sein und we gen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allge meinen Geschäftsverlauf zu einer erheblichen Kursbeeinflussung führen können. Dies setzt einen ausreichenden Realisierungsgrad voraus.51 Im Falle zugelassener
46 Vgl. Heidmeier (1992), S. 111. 47 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48. 48 Kümpel weist darauf hin, daß eine Tatsache nicht mehr eintreten kann, da sie qua Bedeutung des Wortes schon geschehen ist. Vgl. Kümpel (1996b), S. 104 f. 49 Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 44, S. 177. Allgemeine Informationen über eine Branche gehören nicht dazu. In einem Konzern können meldepflichtige Tatsachen auch bei Tochter unternehmen entstehen, die selbst nicht börsennotiert sind. Die Meldepflicht liegt in einem sol chen Fall immer beim Mutter- und nicht beim Tochterunternehmen, selbst wenn die Mutter ei ne Meldung versäumt hat. Eine Meldung durch die Tochter scheidet auch deshalb aus, da nur das Mutteruntemehmen die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale prüfen kann. Dem Tochter unternehmen bleibt die Möglichkeit, die Mutter auf ihre Veröffentlichungspflicht hinzuweisen. Anderer Meinung Götz (1995), S. 1952 f. 50 Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 3, S. 332 f. sowie Hopt (1995b), § 44a, Rdnr. 1, S. 1340. 51 Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 45, S. 177 sowie Caspari (1995), S. 68.
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Schuldverschreibungen muß die Tatsache geeignet sein, die Fähigkeit des Emit tenten zu beeinträchtigen, seinen Verpflichtungen nachzukommen.52
b) Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf
Um eine Ad-hoc-Publizitätspflicht auszulösen, muß die Tatsache „Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten“ haben.53 Ereignisse ohne sichere Konsequenzen stellen keine Tatsa chen mit Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage bzw. den allgemei nen Geschäftsverlauf dar, weil deren Wirksamkeit noch durch andere Umstände aufgehoben werden kann oder noch Gegenmaßnahmen möglich sind.54
Bei der Interpretation der Begriffe Vermögens- und Finanzlage oder allgemeiner Geschäftsverlauf können die einschlägigen Vorschriften des Handelsrechts Ver wendung finden.55 Angesprochen sind somit als Interpretationshilfe für den § 15 WpHG zum einen die Generalnorm des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB und die im Zu sammenhang mit dieser Norm entwickelten Grundsätze. Zum anderen können § 289 Abs. 1 HGB und die daraus entwickelten Grundsätze ordnungsmäßiger Lage berichterstattung als Leitlinie dienen. aa) Vermögens- und Finanzlage Die Generalnorm des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB bestimmt, daß der Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buch führung „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft“ zu vermitteln hat.
(1) Handelsrechtlich ergibt sich die Darstellung der „Vermögenslage“ vor allem aus der Bilanz. Die Vermögenslage läßt sich durch den Vermögens- und Kapital aufbau, die Strukturen und Fristigkeiten von Vermögen und Kapital sowie durch Verhältniszahlen zwischen den beiden Größen darstellen.56 52 Vgl. hierzu auch Kümpel (1995a), Rdnr. 14.250, S. 1208 f. 53 Im Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) ist vorgesehen, künftig die Wörter „Ver mögens- und Finanzlage“ durch die Wörter „Vermögens- oder Finanzlage zu ersetzen. Im Er gebnis führt das zu einer Ausweitung der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität. Begründet wird diese Ausweitung mit einer Verbesserung der Transparenz. 54 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48. 55 Darauf hat der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages in seinem Bericht zum RegE eines Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes hingewiesen. Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 96. Auch im Zusammenhang von § 44a BörsG a.F. sprach der Gesetzgeber davon, daß auf handelsrechtliche Interpretationen zurückzugreifen sei. Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 16. 56 Vgl. ADS, 5.Auf]., § 264, Rdnr. 66, S. 24.
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(2) Auch die „Finanzlage“ im handelsrechtlichen Sinne ist nur im Rahmen des Jahresabschlusses zu sehen.57 Würde man nämlich eine breite betriebswirtschaftli che Sichtweise anstreben, dann müßten unter der Finanzlage alle Aspekte, die sich auf die Finanzierung eines Unternehmens beziehen, gesehen werden. Es müßten dann vergangenheitsbezogene Instrumente wie die Kapitalflußrechnung oder zu kunftsorientierte Instrumente wie ein Finanzplan als Grundlage für die Beurtei lung der Finanzlage herangezogen werden. Im handelsrechtlichen Kontext wird auf diese Instrumente verzichtet, und die Finanzlage wird in einem eingeschränk teren Sinne definiert. Die Finanzlage ist somit im handelsrechtlichen Maßstab konkret an den Vermögens- und Schuldposten in der Bilanz auszumachen. Dar über hinaus ergibt sich die Beurteilung der Finanzlage aus der Fristigkeit und den Relationen (Deckungsverhältnisse) der Vermögens- und Schuldposten und aus den im Anhang angeführten sonstigen finanziellen Verpflichtungen. Als Ergebnis der Analyse der Finanzlage einer Unternehmung strebt man somit Aussagen über die aktuelle und künftige Liquidität an.
(3) § 15 Abs. 1 WpHG spricht ausdrücklich nur die Vermögens- und Finanzlage an. Gleichwohl ist es aus mehreren Gründen geboten, auch die Wirkung einer Tat sache auf die „Ertragslage“ zu untersuchen. Zum einen sprach schon der Norm zweck des § 44a BörsG a.F. für diese Interpretation, da die Gesetzesbegründung ausdrücklich die Ergänzungsfunktion der Ad-hoc-Publizität hervorhob.58 Zum anderen soll sich die Auslegung des § 15 WpHG an der Generalnorm des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB orientieren, zu dessen Bestandteilen auch die Ertragslage ge hört.59 Mit der Ertragslage ist die Funktion des Jahresabschlusses angesprochen, die Ur sprünge des Ergebnisses im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich zu machen. Au ßerdem sollen durch die Darstellung der Ertragslage die Aufwands- und Ertrags struktur, das Ergebnis der laufenden Geschäftstätigkeit sowie das außerordentliche Ergebnis, die periodenfremden Aufwendungen und Erträge sowie besondere steu erliche Gestaltungen ersichtlich werden.60
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, die im Rahmen des § 264 Abs. 2 S. 1 HGB entwickelt wurden, können ebenfalls zur Interpretation herangezogen werden. Demnach sind Tatsachen, die nach diesen Grundsätzen einen Buchungs vorgang für den Jahresabschluß auslösen würden und gleichzeitig zur erheblichen Kursbeeinflussung geeignet sind, zu publizieren.61 Es ist also nicht entscheidend, 57 58 59 60 61
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
im folgenden ADS, 5. Aufl., § 264, Rdnr. 69 ff., S. 26 ff. BT-Ds. 10/4296, S. 16. So auch Pellens (1991), S. 64. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 61, S. 182. ADS, 5.Aufl., § 264, Rdnr. 78 ff., S. 28 f. BT-Ds. 12/7918, S. 96.
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ob die Tatsache bereits einen Buchungsvorgang in der Rechnungslegung des Emittenten verursacht hat.62 bb) Allgemeiner Geschäftsverlauf Das Tatbestandsmerkmal „allgemeiner Geschäftsverlauf4 weist auf solche Tatsa chen hin, die zukunftsgerichtet sind und keine Buchung nach Handelsrecht auslö sen, aber dennoch zur Ad-hoc-Publizitätspflicht führen. Somit handelt es sich um ein Kriterium, das über den handelsrechtlichen Jahresabschluß hinausgeht.63 Im Entwurf des Zweiten Finanzmarktforderungsgesetzes hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daß die Einbeziehung des allgemeinen Geschäftsverlaufs die gesamte Geschäftstätigkeit des Unternehmens betrifft.64 Als Interpretationshilfe kann § 289 Abs. 1 HGB herangezogen werden. Danach sind in dem den Jahresab schluß ergänzenden Lagebericht der Geschäftsverlauf und die Lage der Kapitalge sellschaft so darzustellen, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird.
Auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung können als Ausle gungshilfe dienen. Tatsachen, die nach diesen Grundsätzen eine Angabepflicht im Lagebericht auslösen würden, sind bei gleichzeitiger Geeignetheit zu einer erheb lichen Kursbeeinflussung ebenfalls publizitätspflichtig.65 Bei Vorliegen einer veröffentlichungspflichtigen Tatsache müssen die Auswir kungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäfts verlauf jeweils im voraus abgeschätzt werden.
c) Eignung für eine erhebliche Kursbeeinflussung Die Tatsache muß geeignet sein, den Börsenpreis zugelassener Wertpapiere er heblich zu beeinflussen. Bei Schuldverschreibungen kommt es insoweit darauf an, ob die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen nachzukommen, beein trächtigt wird. Im RegE zum Zweiten Finanzmarktforderungsgesetz wird der Hinweis gegeben, daß bei der Beurteilung, ob eine Tatsache Kursbeeinflussungs potential aufweist, auf den „Einzelfall unter Zugrundelegung der allgemeinen Le benserfahrung4466 abzustellen ist. Eine allgemeine Definition gibt es nicht. Verfugt
Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 61, S. 182. Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 4, S. 333. Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48. Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 96. Es handelt sich ausschließlich um solche Tatsachen, die eine Pflichtangabe im Lagebericht nach sich ziehen. Die ebenfalls im Lagebericht publizierten frei willigen Angaben fallen nicht darunter. Vgl. zu den Angaben im Lagebericht ADS, 6. Auf]., § 289, Rdnr. 63 ff., S. 203 ff. 66 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48.
62 63 64 65
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der Emittent selbst nicht über die notwendige Expertise, dann soll er sich den Rat eines Kreditinstituts oder einer kapitalmarktkundigen Person einholen.
Da die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung genügt, muß eine isolierte Be trachtung der einzelnen Tatsache im voraus erfolgen. Entscheidend ist die hinrei chende Möglichkeit, daß der Kurs eines Wertpapiers erheblich beeinflußt wird, weil sich die Auswirkung einer Tatsache auf den Kurs eines Wertpapiers nicht exakt prognostizieren läßt.67 Ob tatsächlich nach Bekanntmachung der Tatsache eine erhebliche Kursbeeinflussung stattfindet, spielt keine Rolle.
Bei der Beurteilung, ob die Fähigkeit eines Emittenten, seinen Verpflichtungen im Rahmen von Schuldverschreibungen nachzukommen, beeinträchtigt sein kann, sind die bestehenden Sicherheiten als Grundlage heranzuziehen.68 Es ist anzuneh men, daß diese Regelung nur solche Unternehmen betrifft, die nur Schuldver schreibungen begeben haben, weil sonst bereits die Voraussetzungen der ersten Alternative des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG vorliegen.69 d) Beispiele meldepflichtiger Tatsachen
Wegen der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe in § 15 WpHG ist eine ab schließende Aufzählung meldepflichtiger Tatsachen nicht möglich. An dieser Stelle sollen jedoch einige Beispiele genannt werden, um eine Vorstellung zu vermitteln, welche Tatsachen in Betracht kommen.70 Zu nennen sind — der Abschluß von Verschmelzungs-, Beherrschungs-, und Gewinnabfuhrungsverträgen, — der Kauf oder Verkauf von Beteiligungen, — die Änderung des Dividendensatzes, — der Rückzug aus Kemgeschäftsfeldem, — die Änderung der Höhe des Gewinns, — die Änderung von personellen Positionen im Unternehmen.
e) Sonderfall: Stille Reserven Von großer praktischer Bedeutung ist die Frage, ob die Bildung, Auflösung oder Entstehung von stillen Reserven zu einer Meldung i.S.d. § 15 WpHG fuhren kann.
67 68 69 70
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Deutsche Börse AG (1994), S. 20. BT-Ds. 12/6679, S. 48. Deutsche Börse AG (1994), S. 20. auch Deutsche Börse AG (1994), S. 26 f.
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Stille Reserven71 sind Teile des Eigenkapitals, deren Zusammensetzung und Höhe aus der Bilanz nicht ersichtlich ist. Sie entstehen auf der Aktivseite durch einen zu niedrigen Ansatz von Aktiva, während sie auf der Passivseite aus einem zu hohen Ansatz von Passiva resultieren. Zu hoch oder zu niedrig bezieht sich dabei jeweils auf einen Unterschiedsbetrag zwischen Buchwerten und einem anderen, wirklich keitsnäheren Wertansatz in Form von Markt- oder Anschaffungswerten.72 In der Praxis dient die Bilanzpolitik, die dem Management durch die Legung von stillen Reserven ermöglicht wird, oftmals einer Geschäftsführung zu Lasten der Aktionä re. Durch stille Reserven werden nämlich Eigenkapitalteile, die den Aktionären zustehen, nicht bilanziell ausgewiesen.
Eine meldepflichtige Tatsache nach § 15 WpHG könnte bei der Bildung, Auflö sung oder Entstehung von stillen Reserven vorliegen, da stille Reserven oftmals ein Kursbeeinflussungspotential aufweisen.73 Eine Einschränkung der Publizität von stillen Reserven als Tatsache i.S.d. § 15 WpHG könnte sich dagegen aus dem im Bilanzrecht festgeschriebenen Grundsatz der Vorsicht ergeben.74 Stille Reser ven sind im Bilanzrecht erlaubt, vor allem um den Interessen der Gläubiger ge recht zu werden. Eine kapitalmarktrechtliche Publizitätsnorm, wie sie § 15 WpHG darstellt, zielt hingegen auf die Information der Anleger ab. Für diese können stille Reserven eine wichtige Grundlage für Anlageentscheidungen sein. Insofern ist der Ansicht Küblers zuzustimmen, eine Ad-hoc-Meldung in bezug auf stille Reserven dann zu fordern, wenn die stillen Reserven einen gewissen Umfang er reichen.75 Trotz der ökonomischen Gründe für die Publizität stiller Reserven wer den aber in der Publizitätspraxis der Unternehmen keine Ad-hoc-Meldungen in bezug auf stille Reserven vorgenommen. Diese Praxis wird vom BAWe toleriert. Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, daß die Bildung, Auflösung oder Entste hung stiller Reserven nach der geltenden Rechtslage wohl nicht zu einer Ad-hoc-
71 Auch: Stille Rücklagen. 72 Vgl. Coenenberg (1997), S. 210 ff. Dort wird auch eine Unterteilung in gesetzliche Zwangsre serven, Ermessens- und Willkürreserven vorgenommen. Hinzuweisen ist an dieser Stelle dar auf, daß gemäß § 279 Abs. 1 HGB eine Beschränkung der Kapitalgesellschaften für die Legung von Ermessensreserven nach § 253 Abs. 4 HGB gilt. 73 Vgl. auch Kübler (1995) S. 565 f. 74 Vgl. allgemein zum Grundsatz der Vorsicht Budde/Geissler (1995), § 252, Rdnr. 29 ff., S. 453 ff. Desweiteren Brönner/Bareis (1991), S. 173 ff. Nach Meinung des Autors kann sich die Ableh nung nur aus dem Vorsichtsprinzip ergeben. Andere Begründungen erscheinen nicht wesent lich. In der Literatur wird geäußert, daß sich eine Ablehnung der Veröffentlichungspflicht dar aus ergeben könnte, daß die §§ 284 ff. HGB (Angaben im Anhang) eine lex specialis zu § 15 WpHG darstellten und sich dort keine Angabepflicht in bezug auf stille Reserven finde. Vgl. Claussen (1996b), S. 79. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden, da vielmehr § 15 WpHG eine lex specialis darstellt. 75 Vgl. Kübler (1995), S. 566.
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Meldung fuhrt.76 Es bleiben jedoch gewichtige Gründe, daß das Legen stiller Re serven bei Publikums-Aktiengesellschaften eingeschränkt wird. Alternativ wäre es denkbar, das Legen stiller Reserven wie bisher zu erlauben, jedoch in größerem Umfang darüber zu berichten.
3. Der Befreiungstatbestand Gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG kann das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapier handel den Emittenten auf Antrag von der Veröffentlichungspflicht befreien, wenn die Veröffentlichung der Tatsache „geeignet ist, den berechtigten Interessen des Emittenten zu schaden“. Bei der Beurteilung ist der konkrete Einzelfall maßgeblich. Eine relevante Beein trächtigung von Interessen liegt nicht schon vor, wenn die Veröffentlichung dem Emittenten Unannehmlichkeiten bereitet. Vielmehr muß die Möglichkeit beste hen, daß berechtigte Interessen des Emittenten beeinträchtigt werden. Eine solche Situation kann bspw. im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen bestehen. Es genügt die Eignung der Schadenszufügung, sie muß nicht zwingende Folge sein.
Der Antrag auf Befreiung ist unverzüglich zu stellen. Während der Prüfung des Antrags ist der Emittent in der Regel nicht zur Veröffentlichung verpflichtet.77 Nach der Ablehnung eines Antrags durch das Bundesaufsichtsamt für den Wert papierhandel muß die Veröffentlichung unverzüglich erfolgen. 4. Das Veröffentlichungsprocedere Die Vorgehensweise bei der Veröffentlichung ist im Unterschied zu § 44a BörsG a.F. in § 15 WpHG selbst geregelt. Die Absätze zwei bis vier schreiben dem Emittenten detailliert vor, in welcher Form die Veröffentlichung stattfinden soll.78 Neben der Pflicht zur Veröffentlichung gibt es eine zeitlich vorgelagerte Mittei lungspflicht.
a) Mitteilungspflicht
Die Mitteilungspflicht gern. § 15 Abs. 2 WpHG umfaßt eine Mitteilung der zu veröffentlichenden Tatsache an 76 In der Literatur wird auch die Meldepflicht nach § 15 WpHG im Zusammenhang mit stillen Reserven bei Kreditinstituten diskutiert. Gegen eine Einbeziehung unter § 15 WpHG spricht sich Kümpel aus. Vgl. Kümpel (1996a), S. 660 f. sowie ders. (1996b), S. 110 ff. 77 Nur wenn der Antrag rechtsmißbräuchlich gestellt wurde. Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 76, S. 188. 78 Einzelheiten zum Veröffentlichungsprocedere enthalten zwei vom BAWe erlassene Bekannt machungen. Vgl. BAWe (1994), S. 1 sowie BAWe (1996b), S. 1002.
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— die Geschäftsführung der Börsen, an denen die Wertpapiere zum Handel zu gelassen sind, — die Geschäftsführung der Börsen, an denen ausschließlich Derivate gehandelt werden, sofern die Wertpapiere Gegenstand der Derivate sind, und an — das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel.
Die mitgeteilte Tatsache darf von der Geschäftsführung der Börse nur für die Ent scheidung verwendet werden, ob die Feststellung des Börsenpreises auszusetzen oder einzustellen ist.79
Die Mitteilung hat ebenso wie die Veröffentlichung unverzüglich zu erfolgen.80 b) Veröffentlichungspflicht Der Mitteilung in der oben beschriebenen Form hat eine Veröffentlichung zu fol gen. Laut § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG ist die Veröffentlichung entweder in mindestens einem überregionalen Börsenpflichtblatt oder über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem, das bei Kreditinstituten, anderen Unternehmen mit Sitz im Inland und Zulassung zum Handel an einer inländischen Börse81 und Versicherungsuntemehmen weit verbreitet ist, vorzunehmen. Die Publikation kann wahlweise auch kumulativ über beide Medien erfolgen. Neu ist im Vergleich zu § 44a BörsG a.F., daß es sich um ein überregionales Börsenpflichtblatt handeln muß. Dies dient nach Meinung des Gesetzgebers der Gewähr einer weiten Ver breitung der Tatsache.82 Ebenfalls neu im Vergleich zur Vorgängerregelung des § 44a BörsG a.F. ist die Möglichkeit, ein elektronisch betriebenes Informations verbreitungssystem zu benützen.83
Umstritten ist bei der Veröffentlichung einer Ad-hoc-publizitätspflichtigen Tatsa che, welches Maß an Öffentlichkeit erreicht werden soll. Der Gesetzgeber hat dar auf hingewiesen, daß das Herstellen der Bereichsöffentlichkeit, wie in § 13 WpHG definiert, auch für § 15 WpHG ausreichend ist.84 Dabei sieht es der Ge 79 § 15 Abs. 2 S.2 WpHG. 80 Im Rahmen des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes ist vorgesehen, ausländischen Emit tenten dergestalt eine Erleichterung einzuräumen, daß unter gewissen Voraussetzungen die Mitteilung und die Veröffentlichung gleichzeitig erfolgen kann. 81 Hiermit sind Börsenmakler angesprochen. 82 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 49. 83 Diese Möglichkeit wurde auf Vorschlag des Bundesrates aufgenommen. Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 94. Bspw. kann seit Mai 1996 eine Veröffentlichung über die Deutsche Gesellschaft fiir Adhoc-Publizität erfolgen. Vgl. auch 5. Kapitel A/I/l. 84 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48 bzw. BT-Ds. 12/6679, S. 46 zur Erklärung des Begriffs Bereichs öffentlichkeit im Zusammenhang mit § 13 WpHG. Zustimmung auch im Leitfaden der Deut schen Börse AG; vgl. Deutsche Börse AG (1994), S. 18.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
setzgeber als ausreichend an, daß die professionellen Handelsteilnehmer in ihrer Gesamtheit informiert werden, und verzichtet bewußt auf die Unterrichtung des breiten Anlegerpublikums.85 Ob die Herstellung einer Bereichsöffentlichkeit im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG genügt, oder ob eine weitergehende Bekanntma chung erforderlich ist, wird allerdings kontrovers diskutiert.86
Die Veröffentlichung konnte ursprünglich nur in deutscher Sprache erfolgen. Mittlerweile ist auch eine Publikation in englischer Sprache möglich.87
Bei umfangreichen Angaben kann das Bundesaufsichtsamt gestatten, daß eine Zusammenfassung veröffentlicht wird.88 Allerdings müssen die vollständigen An gaben bei den Zahlstellen des Emittenten kostenfrei erhältlich sein und in der Veröffentlichung muß darauf hingewiesen werden. Der Emittent muß wie auch bei vollständiger Veröffentlichung unverzüglich im Bundesanzeiger publizieren, über welches Medium die Veröffentlichung erfolgt, außerdem, an welcher Zahl stelle die vollständigen Angaben erhältlich sind.
Eine publizitätspflichtige Tatsache darf vor der Publikation nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG in keiner anderen Weise erfolgen.89 Dadurch soll eine unkontrollierte Ver breitung von Informationen verhindert und die Möglichkeit von Insiderhandel unterbunden werden.90 Gem. § 15 Abs. 4 WpHG muß der Emittent die Veröffentlichung nach § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG unverzüglich der Geschäftsführung der relevanten Börsen und dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel übersenden.
5. Die Sanktionen
Die Verletzung der Pflichten des Emittenten aus § 15 WpHG ist i.d.R. eine Ord nungswidrigkeit. In Ausnahmefällen ist eine Verletzung sogar eine strafbare Handlung.
85 Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 101. 86 Vgl. Hopt (1995a), S. 153 f. oder Assmann (1994), S. 527 f. 87 Artikel 22 des Jahressteuer-Ergänzungsgesetzes 1996 vom 18. Dezember 1995 (BGBl S. 1966) änderte § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG mit Wirkung zum 1. Januar 1996 dahingehend, das das BAWe unter bestimmten Voraussetzungen Emittenten mit Sitz im Ausland erlauben kann, die Veröf fentlichung in einer anderen Sprache als der deutschen vorzunehmen. Von dieser Ermächtigung hat das BAWe in einer Bekanntmachung vom 29. Januar 1996 Gebrauch gemacht und diesen Emittenten die Veröffentlichung in englischer Sprache gestattet. Vgl. BAWe (1996b), S. 1002. 88 § 15 Abs. 3 S.4 WpHG. 89 § 15 Abs. 3 S.2 WpHG. 90 Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 101.
Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland
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a) Die Ordnungswidrigkeiten
aa) Inhalt der Bußgeldvorschriften Eine mit Bußgeld sanktionsbewehrte Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 WpHG begeht, wer vorsätzlich oder leichtfertig gegen Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten verstößt.91 Auch beim Zuwiderhandeln gegen Auskunfts-, Vorlage- oder Zutrittsverlangen des BAWe kann eine Ordnungswidrigkeit vorlie gen. Hier reicht sogar bereits leichte Fahrlässigkeit aus, um ein Bußgeld zu ver hängen.92 bb) Umfang der Bußgelder Das WpHG sieht in § 39 Abs. 3 WpHG entsprechend der kapitalmarktrechtlichen Bedeutung der einzelnen Pflichten des § 15 WpHG unterschiedliche Bußgeldhö hen vor. Eine Verletzung der Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG i.V.m. §15 Abs. 3 S. 1 WpHG93 kann mit einer Geldbuße von bis zu drei Millionen DM geahndet werden. Dabei liegt eine Verletzung vor, wenn die Veröffentlichung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder nicht rechtzeitig vorgenommen wird. Die gleiche Geldbuße ist möglich, wenn entgegen § 15 Abs. 3 S. 2 WpHG vor der gesetzlich erlaubten Veröffentlichungs form eine Publikation der Tatsache in anderer Weise erfolgt.94 Mit der Festlegung des Höchstbetrags von drei Millionen DM sollte ein Ausgleich dafür geschaffen werden, daß der Verstoß gegen die Pflichten des § 15 WpHG keinen Schadensersatzanspruch gegen den Emittenten i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB begründet. Vom Gesetzgeber wurde berücksichtigt, daß sich die Bußgeldandro hung vor allem an börsennotierte Unternehmen und deren gesetzliche Vertreter richtet, die normalerweise vermögend sind und eventuell nur durch hohe Geldbu ßen zur Einhaltung der Ad-hoc-Publizitätspflicht gebracht werden können.95
Eine Verletzung der Mitteilungspflicht gegenüber der Geschäftsführung der Bör sen und dem BAWe entgegen § 15 Abs. 2 WpHG kann mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 DM belegt werden, wenn die Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder nicht rechtzeitig erfolgt.96 91 Leichtfertigkeit entspricht der groben Fahrlässigkeit. Vgl. Schönke/Schröder (1997), § 15, Rdnr. 205, S. 273. 92 § 39 Abs. 2 WpHG. 93 § 39 Abs. 1 WpHG. 94 § 39 Abs. 1 WpHG. 95 Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 96. 96 § 39 Abs. 1 WpHG.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Mit einer Geldbuße bis zu 100.000 DM kann belegt werden, wer entgegen § 15 Abs. 3 WpHG einen Hinweis auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig veröffentlicht.97 Desweiteren gilt dieselbe ma ximale Geldbuße bei Verstößen gegen die Pflicht aus § 15 Abs. 4 WpHG, die Veröffentlichung an die Geschäftsführung der Börsen und an das BAWe zu über mitteln sowie im Falle der Verletzung der Pflichten aus § 15 Abs. 5 WpHG bzgl. eines Auskunfts-, Vorlage- oder Zutrittsverlangen des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel.98 Bei leichtfertigem Handeln ermäßigt sich der angedrohte Höchstbetrag jeweils auf die Hälfte.99 Zuständig für die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten ist das BA We.100
cc) Adressaten der Bußgeldvorschriften Der Emittent als juristische Person ist wegen fehlender Handlungsfähigkeit nicht schuldfähig, sondern nur die für die Gesellschaft handelnde natürliche Person. Gegen sie kann eine Geldbuße verhängt werden. Dabei kann es sich um das ver tretungsberechtigte Organ oder um einzelne Mitglieder des Organs handeln, wo bei eine Abgrenzung der Einzel- von der Gesamtverantwortlichkeit erforderlich ist. Bei diesen Personen kommt darüber hinaus, auch wenn sie nicht tätig gewor den sind, der Vorwurf der Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG als Anknüpfung für die Verhängung eines Bußgeldes in Betracht. Es können aber auch Personen der zweiten oder einer nachgeordneten Ebene belangt werden, wenn sie im entsprechenden Teilbereich Leitungsaufgaben haben und konkrete Entscheidungsbefugnisse auf sie übertragen wurden.
Liegt eine Zuwiderhandlung eines vertretungsberechtigten Organs oder einer an deren in § 30 Abs. 1 OWiG genannten Person vor, auch in Gestalt einer Verlet zung der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG, so kann unter den in § 30 Abs. 1 OWiG aufgeführten Voraussetzungen die Geldbuße auch gegen den Emittenten verhängt werden. Schließlich kann auch ein Kreditinstitut nach den beim Emittenten dargelegten Grundsätzen eine Ordnungswidrigkeit begehen, wenn es bspw. an einem pflicht widrigen Unterlassen der Ad-hoc-Publizität vorsätzlich mitwirkt.101
97 § 39 Abs. 1 WpHG. 98 § 39 Abs. 1 WpHG. Die Pflichtverletzung des § 15 Abs. 5 WpHG ist in § 39 Abs. 2 WpHG geregelt. 99 Vgl. Cramer (1995), Vor § 38, Rdnr. 74, S. 527. 100 §40 WpHG. 101 Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 183 f., S. 222 f.
Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland
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b) Der Straftatbestand
Strafrechtliche Konsequenzen können sich aus § 88 BörsG ergeben, der den Tat bestand des Kursbetruges enthält. Diesen Straftatbestand erfüllt u.a., wer zur Ein wirkung auf den Börsenpreis von Wertpapieren, Bezugsrechten und Anteilen, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, unrichtige Angaben macht, die für eine Bewertung erheblich sind, oder solche Umstände entgegen bestehenden Rechtsvorschriften verschweigt. Wer gegen § 88 BörsG verstößt, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wer den. Die Rechtsvorschriften, auf die § 88 BörsG abhebt, müssen eine Offenbarung der tatbestandsmäßig erforderlichen Umstände vorschreiben.102 § 15 WpHG stellt eine solche Rechtsvorschrift i.S.d. § 88 BörsG dar.103 Dabei ist Schutzzweck die ser Norm die Funktionsfähigkeit der Börsen, Individualinteressen werden nur in direkt geschützt.104 6. Die zivilrechtliche Haftung Für die Beurteilung, welche Belastungen und Risiken mit den in § 15 WpHG normierten Publizitätspflichten für den Emittenten verbunden sind, muß auch die Frage geklärt werden, ob und inwieweit im Falle einer Pflichtverletzung der Emittent selbst und/oder das BAWe den Anlegern gegenüber zivilrechtlich haften.
Von Interesse ist, inwieweit zum einen der Emittent, zum anderen das BAWe im Falle einer Pflichtverletzung dem Anleger haften.
a) Die Haftung des Emittenten aa) § 15 WpHG - ein Schutzgesetz? Verstößt der Emittent gegen Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten des § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG, so ist er nicht zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. § 15 Abs. 6 S. 1 WpHG stellt ausdrücklich klar, daß die Norm kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist.105 Im Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages findet sich dazu die Begründung: Danach dient § 15 102 103 104 105
Vgl. Schwark (1994), § 88, Rdnr. 5, S. 561. Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 185, S. 223. Vgl. Schwark (1994), § 88, Rdnr. 1, S. 558 f. Grundsätzlich für einen solchen Schadensersatzanspruch der Anleger ist v. Rosen, der aller dings in der Höhe des möglichen Bußgelds einen aus Anlegersicht ausreichenden Ausgleich sieht. Vgl. v. Rosen (1995b), S. 12. Siehe auch Assmann (1994a), S. 252, sowie zur gleichen Problematik im Zusammenhang mit § 44a BörsG a.F., der Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB nicht ausdrücklich ausschloß Hopt (1995b), § 44a, Rdnr. 1, S. 1340; Schwark (1987b), S. 2045; Brondics/Mark (1989), S. 344.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
WpHG ausschließlich der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts. Diese Funktionsfähigkeit des Marktes stellt ein Schutzgut dar, das ausschließlich dem öffentlichen Interesse dient. Deshalb habe § 15 WpHG keinen drittschützenden Charakter. Ein drittschützender Charakter wird mit der Begründung abge lehnt, daß Schadensersatzansprüche die Sanierung von Unternehmen gefährden könnten. Außerdem wird argumentiert, daß bei bestehendem Schutzgesetzcha rakter der Befreiungstatbestand sehr oft in Anspruch genommen würde. Dies ver stieße gegen den Normzweck der Insiderprävention und bedeutete einen großen Aufwand für das BAWe.106 Ein Schutzgesetzcharakter hätte auch für die Kreditin stitute ein größeres Risiko bedeutet.107 bb) Andere Anspruchsgrundlagen Nach § 15 Abs. 6 WpHG werden nur Ansprüche gern. § 823 Abs. 2 BGB ausge schlossen, die auf eine Pflichtverletzung nach § 15 WpHG gestützt werden. § 15 Abs. 6 S. 2 WpHG stellt dies ausdrücklich klar. Wird durch einen Verstoß gegen die Pflichten aus § 15 WpHG zugleich eine andere Norm verletzt, die ein Schutz gesetz darstellt, sind daraus resultierende Schadensersatzansprüche nicht ausge schlossen. Es kann sich dabei bspw. um den allgemeinen Betrugstatbestand des § 263 StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB oder um sonstige zivilrechtliche Haftungs tatbestände wie die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB han deln.108
Als Begründung für § 15 Abs. 6 S. 2 WpHG wird angeführt, daß ein Haftungsaus schluß bei betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter nicht mit der Rechtsordnung vereinbar sei und eine Bevorzugung des Emittenten gegenüber anderen Unternehmen darstelle.109
b) Die Amtshaftung Zu prüfen ist weiter, ob Handlungen des BAWe eine Amtshaftung nach sich zie hen können. Wäre dies der Fall, so würde sich das mittelbar auch belastend auf die Emittenten auswirken, weil das BAWe sie zur Vermeidung einer eigenen Haftung bei der Erfüllung ihrer Pflichten aus § 15 WpHG schärfer kontrollieren würde. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ist, wie dargelegt wurde, kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Ein Versäumnis des BAWe im Zusammenhang mit der Überwa chung der Einhaltung der sich aus § 15 WpHG ergebenden Pflichten durch die
106 107 108 109
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 190 f., S. 225. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 190, S. 225. BT-Ds. 12/7918, S. 102. BT-Ds. 12/7918, S. 102.
Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland
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Emittenten bedeutet somit keine Amtspflichtverletzung i.S.d. § 839 BGB, die eine Staatshaftung nach Art. 34 GG begründet. Es fehlt an einer gegenüber einem Dritten bestehenden Amtspflicht.110 Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 2 WpHG. Da nach nimmt das BAWe seine Funktionen nur im öffentlichen Interesse wahr.111
7. Die Aufsicht über die Wertpapiermärkte Im Rahmen des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes wurde die Aufsicht über die Wertpapiermärkte neu geregelt. Im Mittelpunkt der Reformen stand die Schaf fung des BAWe als einer neuen Marktaufsichtsbehörde. Daneben wurden auch Veränderungen in der Börsenaufsicht der Länder vollzogen. Die neue Wertpapier aufsicht wird nunmehr durch fünf Einrichtungen ausgeübt: Neben dem BAWe gibt es die Börsenaufsichtsbehörde, den Wertpapierrat, die Handelsüberwachungs stelle und die Selbstverwaltungsorgane der Börsen.112
Die Aufsicht durch den Bund und die Länder läßt sich nicht durch eine Rechtsauf sicht der Länder und eine Marktaufsicht des Bundes abschließend charakterisie ren.113 Bisher übten die Länder lediglich eine Rechtsaufsicht über die Börsen aus. In Zukunft tritt die Aufsicht über die Handelsüberwachungsstelle der Börse sowie eine Marktaufsicht an der jeweiligen Börse hinzu.114 Damit wird die ursprünglich ausschließliche Rechtsaufsicht der Länder durch eine Handels- und Marktaufsicht ergänzt. a) Das BAWe und die Aufsicht nach § 15 WpHG
Die Errichtung, Aufgaben und Kompetenzen des BAWe sind im WpHG gere gelt.115 Das BAWe ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Neben der Überwachung der Ad-hoc-Publizitätspflicht gern. § 15 WpHG hat das BAWe die folgenden Aufgaben: Die Über wachung des Insiderhandelsverbotes, der Mitteilungs- und Veröffentlichungs pflichten bei Veränderungen des Stimmrechtsanteils börsennotierter Gesellschaf ten und der Einhaltung der Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunter nehmen. Weiterhin dient es als Evidenzzentrale für Wertpapieremissionen, die
110 111 112 113 114 115
Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 97 ff., S. 195 f. Vgl. für die Argumente gegen den Haftungsausschluß Claussen (1994), S. 973 f. Vgl. Claussen (1994), S. 969. Vgl. zum Verhältnis von Rechts- und Marktaufsicht auch Kümpel (1992), S. 381 ff. Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 59. Vgl. §§ 3 ff. WpHG.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
nicht zum amtlichen Handel zugelassen sind, und schließlich ist das BAWe für die Zusammenarbeit mit Wertpapieraufsichtsbehörden im Ausland zuständig.116 Aus den bisherigen Abhandlungen wurde bereits ersichtlich, daß für die Überwa chung der Pflichten, die dem Emittenten aus § 15 WpHG entstehen, das BAWe zuständig ist.117 Auch die Ahndung und Verfolgung von Verletzungen dieser Pflichten obliegt gern. § 40 WpHG dem BAWe. Das BAWe überwacht somit den börslichen und außerbörslichen Handel in Wertpapieren und Derivaten entspre chend der Vorgaben des WpHG. Es ist eine Marktaufsichts- und keine Börsenauf sichtsbehörde.
b) Die anderen Aufsichtsinstanzen aa) Börsenaufsichtsbehörde Börsenaufsichtsbehörden gibt es auf Landesebene. Sie nehmen als ein Teil der Landesregierung Aufsichtsaufgaben auf Länderebene wahr. Gem. § 1 Abs. 1 BörsG bedarf die Errichtung einer Börse der Genehmigung der zuständigen Börsenauf sichtsbehörde. Neben der Rechtsaufsicht über die Börse und die Einrichtungen, die sich auf den Börsenverkehr beziehen, hat die Börsenaufsichtsbehörde auch Aufsichtskompetenzen bzgl. der Einhaltung der börsenrechtlichen Vorschriften und Anordnungen sowie der ordnungsmäßigen Durchführung des Handels an der Börse und der Börsengeschäftsabwicklung.118 Für die Durchführung der Aufsicht an der Börse kann auch in Zukunft ein Staatskommissar eingesetzt werden.119 Die Kooperation zwischen der Börsenaufsichtsbehörde und dem BAWe ist in § 6 Abs. 2 und Abs. 3 WpHG geregelt. Eine Delegierung der Aufsichtkompetenzen der Landesbehörden auf die Selbstverwaltungskörperschaften der Börse ist nicht mehr möglich.120 bb) Wertpapierrat Zur Koordinierung der Tätigkeiten der Aufsichtsinstanzen wird beim BAWe ein Wertpapierrat gebildet, der das BAWe berät und Vorschläge bzgl. der Auf sichtspraxis einbringen kann.121 Mit der Einrichtung dieser Instanz soll der Sach verstand der Länder in die Aufsichtstätigkeit des BAWe einfließen. Obgleich es sich bei den Aufgaben des BAWe um größtenteils neue Aufgaben handelt, besteht
116 117 118 119 120 121
Vgl. Riepe (1994b), S. 1158 f. sowie Riepe (1994a), S. 1236 ff. Dies ergibt sich aus § 4 WpHG. § 1 Abs. 2 BörsG. § 1 Abs. 3 BörsG. Nach früherem Recht war die Delegierung möglich. Vgl. Claussen (1996a), Rdnr. 27. S. 291. Vgl. §5 WpHG.
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in manchen Fragen ein Zusammenhang mit der traditionellen Aufsichtstätigkeit der Länder.122 Deshalb beschäftigte sich der Wertpapierrat in seiner konstituieren den Sitzung am 25. Oktober 1995 überwiegend mit Problemen der praktischen Zusammenarbeit zwischen BAWe und den Bundesaufsichtsbehörden der Län der.123 cc) Handelsüberwachungsstelle Mit der Einführung der Handelsüberwachungsstelle wurde ein neues Börsenorgan geschaffen.124 Sie wird von den Börsen eingerichtet und unterhalten. Zu ihren Aufgaben gehört die Überwachung des Handels an der Börse und die Börsenge schäftsabwicklung.125 Desweiteren hat sie Daten über den Börsenhandel und die Börsengeschäftsabwicklung systematisch und lückenlos zu erfassen, auszuwerten und notwendige Ermittlungen durchzuführen. Allerdings kann die Börsenauf sichtsbehörde Weisungen erteilen und die Ermittlungen übernehmen. Die in der Handelsüberwachungsstelle Beschäftigten können nur im Einvernehmen mit der Börsenaufsichtsbehörde bestellt und entlassen werden. Die juristische Einordnung zwischen Staatsaufsicht und Selbstverwaltung ist schwierig.126 In bezug auf die Insiderüberwachung erfolgt oftmals eine direkte Zusammenarbeit des BAWe mit den Handelsüberwachungsstellen der Börsen. In vielen Fällen, in denen ein Ver dacht auf getätigte Insidergeschäfte besteht, liegt auch ein Verstoß eines Börsen teilnehmers gegen die Regeln der Börse vor.127 dd) Selbstverwaltungsorgane der Börsen An den Börsen gibt es seit jeher Selbstverwaltungsorgane wie z.B. den Börsenrat. Die Aufsichtstätigkeiten der Selbstverwaltungsorgane der Börsen erfuhren durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz ebenfalls Änderungen. Der Börsenrat trifft keine Grundsatzentscheidungen mehr, leitet die Börse nicht mehr und ist auch nicht mehr für die nun von der Handelsüberwachungsstelle ausgeführte Überwachung des täglichen Börsenhandels zuständig. Zu seinen Funktionen gehö ren u.a. das Erlassen einer Börsen- und Gebührenordnung, die Bestellung, Abbe rufung und Kontrolle der Geschäftsführung der Börsen.128 Seine Funktion gleicht
122 123 124 125 126 127 128
Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 40. Vgl. BAWe (1996c), S. 30. Vgl. auch Kümpel (1994), S. 231 f. § 1 b Abs. 1 BörsG. Vgl. Claussen (1994), S. 971. Vgl. o.V. (1996k), S. 39. Vgl. hierzu und zu weiteren Funktionen § 3 Abs. 2 BörsG.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
der eines Aufsichtsrats: Er kontrolliert nicht das Börsengeschehen, sondern die Geschäftsführung der Börsen.129 8. Die weiteren Publizitätspflichten nach Zulassung
§ 15 WpHG betrifft, wie bereits ausgeführt, nur solche Tatsachen, die nicht bereits in der handelsrechtlichen Regelpublizität, also in Jahresabschluß und Lagebericht oder in der regelmäßigen Zwischenberichterstattung, publiziert wurden. Die Adhoc-Publizitätspflicht erfüllt eine Ergänzungsfimktion und steht neben anderen durch die Publizität vermittelten Daten.130 Hopt spricht von einem kapitalmarkt rechtlichen Informationssystem.131 Um einen Überblick über die anderen Publizi tätsinstrumente des Kapitalmarkts zu erhalten, werden im folgenden solche Nor men näher betrachtet, die dem Emittenten nach der Zulassung obliegen. Die Be schreibung der Publizitätsnormen orientiert sich an den Börsensegmenten. Informationsnormen am Kapitalmarkt sollen generell dafür sorgen, daß der Anle ger eine rationale Anlageentscheidung treffen kann. Auf diese Weise tragen sie in erster Linie zum Funktionenschutz bei. Im Gegensatz dazu verfolgt die handels rechtliche Publizität vor allem Ziele des Individualschutzes.
a) Der amtliche Handel
Das Informationsniveau, das durch die Prospektpublizität im Zeitpunkt der Zulas sung von Wertpapieren erreicht wird, muß in der Publizität nach der Zulassung, also in der Sekundärmarktpublizität, fortgeführt werden.132 Im folgenden wird zunächst auf die Pflicht des Emittenten eingegangen, wertpapier- und emittenten bezogene Informationen zu veröffentlichen. Es schließen sich Ausführungen zur Zwischenberichtspflicht, zum § 44c BörsG sowie zu den §§21 ff. WpHG an.
aa) Wertpapier- und emittentenbezogene Informationen Informationspflichten des Emittenten nach Zulassung ergeben sich aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BörsG. Diese Informationspflichten sind in den §§63 ff. BörsZulV nach Art, Umfang und Form konkretisiert.133 Adressaten dieser Informationspflichten sind das Publikum und die Zulassungstelle.
129 Vgl. Claussen (1994), S. 971. 130 Der Gesetzgeber hat sowohl im Zusammenhang mit § 15 WpHG als auch bei der Entstehung von § 44a BörsG a.F. auf diese Ergänzungsfunktion hingewiesen. Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48 bzw. BT-Ds. 10/4296, S. 16. 131 Vgl. Hopt (1995b), § 44a, Rdnr. 1, S. 1340. 132 Vgl. Bridts (1990), S. 60. 133 Ermächtigungsgrundlage hierzu ist § 44 Abs. 2 BörsG.
Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland
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(1) Gegenüber dem Publikum bestehen emittenten- und wertpapierbezogene In formationspflichten. Zu den emittentenbezogenen Informationspflichten gehören zunächst die Hinter legung von Jahresabschluß, Konzemabschluß und Lagebericht bei den Zahlstel len.134 Auf diese Weise erfolgt eine Integration des Jahresabschlusses und des La geberichts in das kapitalmarktrechtliche Informationssystem. Hinzu kommen In formationen über später aufgenommene Anleihen und deren Absicherung durch den Emittenten von Schuldverschreibungen.135
Die wertpapierbezogenen Informationspflichten betreffen zum einen Informatio nen über Rechtsänderungen der emittierten Wertpapiere oder Aktien, auf die ein Umtausch- oder Bezugsrecht besteht. Zum anderen gehören die Veröffentli chungspflichten des § 63 BörsZulV und die Regelungen über die Art und Form der Veröffentlichung nach § 70 BörsZulV dazu. Verstöße gegen diese Pflichten stellen gern. § 71 Abs. 2 BörsZulV Ordnungswidrigkeiten dar.
(2) Die Informationspflichten gegenüber der Zulassungstelle seien ebenfalls kurz erwähnt, obgleich in dieser Arbeit primär die Informationen gegenüber dem An legerpublikum von Interesse sind. Der Emittent muß die Zulassungstelle über Änderungen der Rechtsgrundlage un terrichten.136 Bei Aktien ist damit bspw. eine Änderung der Satzung gemeint. Au ßerdem sind Veröffentlichungen, die gegenüber dem Publikum erfolgen, unver züglich der Zulassungstelle zu übermitteln.137 § 44 Abs. 1 Nr. 3 BörsG stellt kei nen Auffangtatbestand dar, aus dem sich direkt Informationspflichten bspw. über künftige Daten ergeben.138
bb) Zwischenberichtspflicht Der Zwischenbericht dient, ebenso wie die Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, der Information der Anleger. Insoweit erfüllen beide Publizitätsinstrumente ähnli che Funktionen. Ein Unterschied besteht jedoch darin, daß § 15 WpHG unmittel bar auf die Kursrelevanz von Tatsachen abzielt. Dadurch ergibt sich, vom unter schiedlichen Publizitätszeitpunkt abgesehen, auch ein inhaltlicher Unterschied dieser beiden Publizitätsinstrumente. Die Zwischenberichtsrichtlinie aus dem Jahr 1982 wurde im Rahmen des Börsen zulassungs-Gesetzes von 1986 in deutsches Recht transformiert. Die Pflicht zur 134 135 136 137 138
§ 65 Abs. 1 und 2 BörsZulV. § 66 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV. §64 BörsZulV. § 70 Abs. 3 BörsZulV. Vgl. Schwark (1994), § 44, Rdnr. 8, S. 326 f.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Erstellung eines Zwischenberichts ist seitdem in § 44b BörsG kodifiziert und in den §§ 53 ff. BörsZulV konkretisiert.
(1) Zweck der obligatorischen Zwischenberichterstattung ist die Information aktu eller und potentieller Anleger über die Finanzlage und den allgemeinen Geschäfts gang des Emittenten in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres. Außerdem soll den Anlegern ermöglicht werden, einen Vergleich mit den Vorjahresangaben anstellen zu können und es soll eine Erläuterung der Aussichten für das gesamte laufende Geschäftsjahr erfolgen.139 Somit obliegt dem Zwischenbericht aus schließlich eine Informationsftmktion.
(2) Adressaten der Zwischenberichtspflicht sind Emittenten, deren Aktien oder Zertifikate, die Aktien vertreten (z.B. Optionsscheine), zum amtlichen Handel zugelassen sind. Eine Informationslücke besteht bei Emittenten, deren Wandel schuldverschreibungen zum amtlichen Handel, deren Aktien hingegen zum gere gelten Markt zugelassen sind.140 Veröffentlicht der Emittent einen Konzem abschluß, dann kann er den Zwischenbericht entweder fiir den Einzel- oder für den Konzemabschluß aufstellen.141 Der Emittent muß laut § 44b Abs. 1 BörsG mindestens einen Zwischenbericht veröffentlichen. Große Publikumsgesellschaf ten veröffentlichen freiwillig Quartalsberichte und entsprechen damit der Intenti on der Zwischenberichtspflicht. Allerdings kann durch die freiwillige Veröffentli chung von Berichten die Pflicht nach § 44b BörsG nicht ersetzt werden.142
(3) Die Angaben des Zwischenberichts müssen nach § 54 Abs. 1 S. 2 und § 55 Abs. 1 S. 3 BörsZulV nur mit den entsprechenden Vorjahreszahlen des Zwischen berichts vergleichbar sein. Insoweit ist der Zwischenbericht ein eigenständiges Publizitätsinstrument, dessen Informationsftmktion sich auf den Berichtszeitraum bezieht. Darauf weisen § 44b Abs. 1 BörsG bzw. § 53 BörsZulV hin.143 Allerdings wird der Zwischenbericht nur dann seiner Informationspflicht gerecht, wenn die Angaben in bezug auf den Jahresabschluß interpretiert werden können.144 (4) Die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB schreibt vor, daß der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln hat. Demgegenüber spricht § 44b BörsG nur von der Finanzlage. Ein zutreffendes Bild der Finanzlage ist jedoch nicht ohne die Vermittlung von Informationen über die Vermögens- und Ertrags lage möglich, weil die Finanzlage die Vermögens- und die Ertragslage wider 139 140 141 142 143 144
Vgl. Schwark (1994), § 44b, Rdnr. 2, S. 338. Auf diesen seltenen Fall weist Schwark hin. Vgl. Schwark (1994), § 44b, Rdnr. 3, S. 338. §56 BörsZulV. Vgl. Kilgert/Großmann (1990), S. 191. Vgl. Bridts (1990), S. 131. Vgl. Bridts (1990), S. 131.
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spiegelt.145 Insofern liegt durch die Formulierung des § 44b BörsG keine Be schränkung gegenüber der true-and-fair-view-Formel vor. Jahresabschluß und Zwischenbericht sind inhaltlich vergleichbar, in der Form ist der Zwischenbericht jedoch deutlich eingeschränkt.146 Der Zwischenbericht verlangt gern. § 44b Abs. 1 BörsG Zahlenangaben und Er läuterungen.
Die Zahlenangaben nach § 54 BörsZulV umfassen den Betrag der Umsatzerlöse, das Ergebnis vor oder nach Steuern, bei Ausschüttung von Zwischendividenden das Ergebnis nach Steuern mit Ausschüttungsbetrag und die Vergleichszahlen zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres.147 § 57 Abs. 1 BörsZulV erfordert eine ergänzende Angabe zu den Umsatzerlösen, sofern die Angabe nicht aussage kräftig ist. Neben den sich aus der Anwendung der true-and-fair-view-Formel er gebenden Erläuterungspflichten muß der Emittent gern. § 55 BörsZulV folgende Sachverhalte und Vorgänge in dem Ausmaß erläutern, in dem sie im konkreten Einzelfall für die Beurteilung der Entwicklung der Geschäftstätigkeit und der Er gebnisse des Emittenten erforderlich sind: Die Aufgliederung der Umsatzerlöse,148 Auftragslage, Preis- und Kostenentwicklung, Zahl der Arbeitnehmer, Investitio nen, Vorgänge von besonderer Bedeutung, die sich auf das Ergebnis der Ge schäftstätigkeit auswirken können und Aussichten für das laufende Geschäftsjahr, soweit dies möglich ist.
Eine weitere Frage ist, inwieweit die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmä ßiger Buchführung für die Zwischenberichterstattung gelten. Zunächst erfordert die Vergleichbarkeit der Angaben das Prinzip der Stetigkeit. Die Verwendung der true-and-fair-view-Formel führt desweiteren dazu, daß das Prinzip der Wesent lichkeit ebenfalls gilt.149 Aus § 54 Abs. 1 S. 1 BörsZulV, der die Zahlenangaben des Zwischenberichts mit den handelsrechtlichen Vorschriften verbindet, ergibt sich auch die grundsätzliche Gültigkeit des Grundsatzes der Vorsicht. Die Umsät ze dürfen daher im Zwischenbericht nur angegeben werden, wenn sie realisiert sind (Realisationsprinzip); Großaufträge dürfen in realisationsfähige Teilleistun gen zerlegt werden. Es findet jedoch keine vollständige Anwendung des Impari tätsprinzips wegen der zu starken Belastung des Zwischenberichts im Einzelfall
145 Vgl. Kilgert/Großmann (1990), S. 190. 146 Vgl. auch Dahl (1995), S. 99. 147 Vergleichszahlen des letzten Jahresabschlusses sind wegen der Eigenständigkeit des Zwischen berichts nicht erforderlich. Vgl. Schwark (1994), § 44b, Rdnr. 7, S. 340. 148 Vgl. hierzu auch Coenenberg/Bridts (1992), S. 179. 149 Vgl. Bridts (1990), S. 141.
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statt. Für das Imparitätsprinzip gilt das gesamte Geschäftsjahr als Basisperiode, d.h. noch ausgleichbare Verluste dürfen eliminiert werden.150
Nach § 54 Abs. 3 BörsZulV ist eine freiwillige Prüfung des Zwischenberichts durch einen Wirtschaftsprüfer möglich. Allerdings kann ein Bestätigungsvermerk nach § 322 Abs. 1 HGB nicht erteilt werden. Dieser wird durch eine Bescheini gung ersetzt.151 (5) Es kann eine Befreiung im Hinblick auf einzelne Angaben durch die Zulas sungstelle erfolgen.152 Eine Befreiung kann nur erfolgen, wenn die Veröffentli chung öffentliche Interessen gefährdet oder beim Emittenten zu einem erhebli chen Schaden fuhren kann, der das öffentliche Informationsinteresse überwiegt. Allerdings findet keine Interessenabwägung statt, da das Interesse des Emittenten im Vordergrund steht. Mit öffentlichem Interesse sind vor allem Geheimhal tungsinteressen aus verteidigungs- oder aus allgemeinen wirtschaftspolitischen Gründen angesprochen. Interessen des Unternehmens beziehen sich auf den Schutz vor Konkurrenzunternehmen. 153
Eine weitere Befreiungsmöglichkeit bietet § 54 Abs. 4 BörsZulV.154 Danach kann die Zulassungstelle dem Emittenten eine Ergebnisschätzung gestatten, wenn ge naue Angaben unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen oder sonstige Gründe die Ausnahme rechtfertigen. (6) Die Veröffentlichung des Zwischenberichts hat innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Berichtszeitraumes, also innerhalb der ersten acht Monate seit Be ginn des Geschäftsjahres, zu erfolgen.155 Im Einzelfall kann die Zulassungstelle die Frist verlängern. Die Publikation hat in einem überregionalen Börsenpflicht blatt, im Bundesanzeiger oder als Druckschrift, die bei den Zahlstellen für das Publikum verfügbar ist, zu erfolgen. Wenn keine Publikation im Bundesanzeiger erfolgt, so muß dort ein Hinweis auf den Ort der Publikation und die Stelle, an der der Zwischenbericht für das Publikum verfügbar ist, angegeben werden. Außer dem muß der Zwischenbericht an die Zulassungstelle übermittelt werden.
Eine unterlassene, verspätete, nicht formgerechte, falsche oder nicht vollständige Veröffentlichung eines Zwischenberichts stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 90
150 Vgl. Bridts (1990), S. 152 f. 151 Vgl. Kilgert/Großmann (1990), S. 195 f. Dort erfolgt eine ausführliche Behandlung der Prüfung von Zwischenberichten. 152 § 60 BörsZulV. Ermächtigungsgrundlage ist § 44b Abs. 2 S.2 BörsG. 153 Vgl. Schwark (1994), § 44b, Rdnr. 14, S. 342. 154 Ermächtigungsgrundlage ist § 44b Abs. 2 S. 1 BörsG. 155 § 61 Abs. 1 i.V.m. § 53 BörsZulV.
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Abs. 1 Nr. 5 BörsG dar. Darüber hinaus kann die Zulassungstelle nach § 44d BörsG Maßnahmen einleiten, die bis zum Widerruf reichen.
cc) Auskunftspflichten des Emittenten § 44c BörsG regelt Auskunftspflichten des Emittenten zugelassener Wertpapiere sowie des antragstellenden und einführenden Kreditinstituts gegenüber der Zulas sungstelle oder der Geschäftsführung. Es handelt sich um Auskünfte, die nicht schon im Rahmen der §§ 44 Abs. 1 Nr. 3, 44b BörsG zu veröffentlichen sind. Die Regelung hat somit subsidiären Charakter. Andererseits greift die Vorschrift auch dann, wenn es der zuständigen Stelle um die Ermittlung geht, ob Tatsachen oder Ereignisse vorhanden sind, die auf Grund anderer Vorschriften bereits publizitäts pflichtig sind.156
Aus den genannten Auskunftspflichten gegenüber Organen der Börse können sich auch Informationsströme direkt an den Anleger ergeben. Wie sich aus § 44c Abs. 2 BörsG ergibt, kann die Zulassungstelle verlangen, daß aus Gründen des Publi kumsschutzes oder wegen der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Börsen handels die erhaltenen Auskünfte publiziert werden. Die Zulassungstelle kann dabei Form und Frist bestimmen. Kommt der Emittent der Aufforderung nicht nach, kann die Zulassungstelle nach Anhörung des Emittenten auf dessen Kosten diese Auskünfte publizieren. Es geht um Tatsachen, die wirtschaftliche Schwie rigkeiten des Emittenten vermuten lassen, oder um Angaben, die der Prospekt hätte enthalten müssen. Außerdem spricht diese Norm Angaben an, die nach §§44 Abs. 1 Nr. 3 zwar publizitätspflichtig sind, aber bisher nicht oder nicht aus reichend publiziert wurden.157 Die Zulassungstelle hat ein Handlungsermessen in bezug auf die Veröffentlichung selbst und bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe. dd) Die §§ 21 ff. WpHG Neben § 15 WpHG sind in den §§ 21 ff. des WpHG weitere Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten festgeschrieben. Es handelt sich dabei um Mitteilungsund Veröffentlichungspflichten bei Veränderungen des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Unternehmen. Die Regelungen der §§ 21 ff. WpHG setzen die Transparenzrichtlinie158 aus dem Jahre 1988 in deutsches Recht um und sind seit 1. Januar 1995 in Kraft.
156 Vgl. Schwark (1994), § 44c, Rdnr. 2, S. 344 f. 157 Vgl. Schwark (1994), § 44c, Rdnr. 7, S. 346. 158 „Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1988 über die bei Erwerb oder Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informa tionen“. Im folgenden: Transparenzrichtlinie. Vgl. ABlEGNr. L348 vom 17.12.1988.
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§ 21 WpHG schreibt natürlichen und juristischen Personen, die durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 5, 10, 25, 50 oder 75 Prozent der Stimm rechte an einer börsennotierten Gesellschaft erreichen, überschreiten oder unter schreiten, vor, der Gesellschaft und dem Bundesaufsichtsamt fiir den Wertpapier handel unverzüglich das Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der Schwellenwerte sowie die Höhe seines Stimmrechtsanteils mitzuteilen. Börsenno tierte Gesellschaften im Sinne dieser Vorschrift sind Gesellschaften mit Sitz im Inland, deren Aktien zum amtlichen Handel zugelassen sind.
Die börsennotierte Gesellschaft muß entsprechend § 25 Abs. 1 WpHG die ihr ge machte Mitteilung veröffentlichen. Insoweit handelt es sich um eine Informati onspflicht des Emittenten.
Ohne im Rahmen dieser Arbeit auf weitere Details der Vorschriften der §§ 21 ff. WpHG einzugehen,159 sei nur folgendes angemerkt: Es handelt sich um eine ape riodische Publizitätsvorschrift des Sekundärmarktes und damit um einen weiteren Baustein im System der Kapitalmarktpublizität. Mitteilungen und Veröffentli chungen nach §§ 21 ff. WpHG können - wenn die Tatbestandsmerkmale vorlie gen - eine zeitlich vorgelagerte Publizitätspflicht nach § 15 WpHG auslösen. b) Der geregelte Markt Das BörsZulG von 1986 führte den geregelten Markt als neues Marktsegment in das BörsG ein. Die Schaffung des geregelten Markts sollte insbesondere mittleren und kleineren Unternehmen den Gang an den organisierten Kapitalmarkt erleich tern. Der geregelte Markt zeichnet sich neben erleichterten Zulassungsvorausset zungen auch durch erleichterte Publizitätsvorschriften aus. Im folgenden soll auf die von den Unternehmen geforderten Publizitätsinstrumente nach Börsengang eingegangen werden.160
aa) Zwischenberichterstattung Der Emittent von Aktien und anderen Wertpapieren, die einen Anspruch auf ge winnabhängige Ausschüttung verbriefen, soll gern. § 61 BörsO161 einen Zwischen
159 Vgl. Schneider (1995), Abschnitt 4, S. 238 ff. m.w.N. sowie ders. (1996), S. 565 ff. Vgl. deswei teren Burgard (1995), S. 2069 ff., Pfitzer/Streib (1995), S. 1947 ff., Wilsing (1995), S. 2277 ff, Nottmeier/Schäfer (1996), S. 513 ff., Neye (1996), S. 1853 ff. 160 Vor dem Börsengang ist im geregelten Markt kein Prospekt, sondern ein Untemehmensbericht zu erstellen. Dieser muß gern. § 59 Abs. 2 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse den letzten festgestellten oder veröffentlichten Jahresabschluß, Lagebericht und Bestätigungs vermerk eines Abschlußprüfers sowie die in §§ 2 ff. der Verkaufsprospektverordnung vom 17. Dezember 1990 vorgesehenen Angaben enthalten. 161 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse.
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bericht veröffentlichen. Es handelt sich um keine Verpflichtung. In den Fällen, in denen ein Zwischenbericht publiziert wird, liegen privatrechtliche Vereinbarun gen zwischen dem Emittenten und dem konsortialführenden Kreditinstitut vor.162 bb) Weitere Pflichten des Emittenten Der Emittent hat nach Zulassung der Wertpapiere alle die Wertpapiere betreffen den Bekanntmachungen sowie Jahresabschluß und Lagebericht zu veröffentli chen.163
III. Zwischenergebnis § 15 WpHG nimmt im Umfang der Pflichten der Emittenten keine Differenzie rung zwischen den Marktsegmenten amtlicher Handel und geregelter Markt vor. Die Norm gilt für beide Segmente gleichermaßen in Form einer Einheitslösung. Lediglich der Freiverkehr unterliegt nicht der Ad-hoc-Publizitätspflicht. Es wird deshalb zu wenig beachtet, daß es aus Gründen der Kapitalmarkteffizienz sowie wegen der Interessen der Marktteilnehmer notwendig ist, segmentspezifisch zu gestalten. Auch der Befreiungstatbestand löst dieses Problem nicht.
Durch § 15 WpHG kam es zu einer Verschärfung der Ad-hoc-Publizitätspflicht. Die Norm hat für die Publizitätspraxis der Emittenten eine große Bedeutung. Dies liegt vor allem an dem Veröffentlichungsprocedere, das vom BAWe als einer neu geschaffenen Marktaufsichtsbehörde überwacht wird, sowie an den möglichen hohen Sanktionen bei Verstößen gegen die Publizitätsnorm.
C. Ergebnis Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität ist seit Anfang 1995 in § 15 WpHG geregelt. Zuvor gab es die Ad-hoc-Publizitätspflicht des § 44a BörsG a.F., die allerdings von geringer praktischer Relevanz war. Die Bedeutung von § 15 WpHG für die Emittenten liegt zum einen an den an die Norm geknüpften Sanktionen. Es ist möglich, Bußgelder bis zu drei Mio DM zu erhalten. Zum anderen existiert mit dem BAWe eine Marktaufsichtsbehörde, die u.a. die Verpflichtungen aus § 15 WpHG streng überwacht. § 15 WpHG hat nach dem Willen des Gesetzgebers eine Ergänzungsfunktion zu erfüllen. Diese Ergänzung bezieht sich zunächst auf die handelsrechtlichen Publi zitätsinstrumente. Diese zielen eher auf den Individualschutz ab. Außerdem steht 162 Vgl. Gericke (1992), S. 29. 163 § 60 Abs. 1 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse.
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die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität neben den sonstigen kapitalmarktrechtli chen Publizitätsinstrumenten. Diese verfolgen über eine bessere Informationsver sorgung der Anleger in erster Linie Ziele des Funktionenschutzes. Der Unter schied der Ad-hoc-Publizität - insbesondere zum Zwischenbericht - besteht je doch nicht nur in der zeitlichen Vorverlagerung der Veröffentlichung. Auch in haltlich ergeben sich Unterschiede zu den anderen kapitalmarktrechtlichen Publi zitätsinstrumenten. Durch das Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeein flussung versucht § 15 WpHG im Zentrum des Marktes, nämlich bei der Markt bildung, gestaltend einzugreifen. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht des § 15 WpHG gilt für amtlichen Handel und ge regelten Markt gleichermaßen in Form einer Einheitslösung. Somit findet unter dem Kriterium der Kapitalmarkteffizienz eine ungenügende Differenzierung statt. Auch der Befreiungstatbestand und die Tatsache, daß der Freiverkehr von § 15 WpHG nicht erfaßt ist, ändert an diesem Befund nichts.
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2. Kapitel: Die Entwicklung der Ad-hocPublizität in anderen Ländern Nachdem die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität in Deutschland behandelt wur de, soll nunmehr auf die internationale Ausgestaltung der entsprechenden Vor schriften näher eingegangen werden. Möglicherweise können durch die Betrach tung anderer Länder und deren Bestimmungen Rückschlüsse auf die später zu entwickelnde neue Ausgestaltung des § 15 WpHG in Deutschland gezogen wer den. Allerdings muß schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß - insbesondere beim Vergleich mit Ad-hoc-Bestimmungen von nicht vom EU-Recht bestimmten Normen - eine einfache Übertragung aufgrund der Länderspezifika nur bedingt möglich sein wird. Zunächst sollen die US-amerikanischen Bestimmungen betrachtet werden. Dies erscheint wegen der weltweiten Bedeutung und Größe des US-amerikanischen Kapitalmarkts angebracht. Außerdem wird der US-amerikanische Kapitalmarkt insbesondere auch von mittleren und kleinen Aktiengesellschaften als Quelle für die Eigenkapitalaufhahme genutzt. Die US-amerikanischen Publizitätsvorschriften gelten als sehr weitgehend und werden deshalb immer als Vorbild oder Maßstab filr Ausgestaltungen in Deutschland herangezogen. Von größtem Interesse wird somit vor allem im Hinblick auf mittlere und kleine Aktiengesellschaften sein, auf welche Weise die US-Bestimmungen das Spannungsverhältnis von Emittentenund Anlegerinteressen berücksichtigen. Dabei interessiert vor allem, ob die ent sprechenden Regelungen der Ad-hoc-Publizität segmentspezifisch gestaltet sind.
Danach wird auf den französischen Börsenmarkt eingegangen. Aufgrund der EUeinheitlichen Vorgaben ist hier heute mit einer ähnlichen Ausgestaltung der Publi zitätspflichten wie in Deutschland zu rechnen. Es könnte aber gleichwohl, bedingt durch die längere praktische Erfahrung Frankreichs mit der Ad-hoc-Publizität, bestimmte Unterschiede geben. Abgesehen davon könnte es bei den in neuerer Zeit unternommenen Versuchen, mittelstandsorientierte Marktsegmente zu schaf fen, wie etwa den Nouveau Marchö, zu einer Ausdifferenzierung der Ad-hocPublizität gekommen sein, die für die Ausgestaltung der Publizitätspflichten in Deutschland Vorbild sein könnte.
A. Die US-amerikanischen Börsenmärkte In den USA gibt es eine Vielzahl von regionalen und überregionalen Börsen märkten mit unterschiedlich ausgestalteten Marktsegmenten. Dadurch haben
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emissionswillige Unternehmen und Anleger vielfältige Wahlmöglichkeiten. Die ser Wettbewerb zwischen den Börsen kann zu einer Steigerung der Effizienz füh ren.164 Im folgenden interessiert vor allem, ob und inwieweit die Ad-hoc-Publizität unterschiedlich ausgestaltet ist. Gegebenenfalls ist von Interesse, nach welchen Gesichtspunkten differenziert wird.
I. Die Struktur Der US-Kapitalmarkt läßt sich in zwei große Bereiche aufteilen: Zum einen in die sieben Präsenzbörsen und zum anderen in das immer wichtiger werdende Com puterhandelsystem NASDAQ. Während die Präsenzbörsen den organisierten Teil des Börsenmarkts darstellen, ist NASDAQ Teil des sogenannten Over-theCounter-Market (OTC-Market).
1. Die Präsenzbörsen
In den USA existieren sieben Präsenzbörsen.165 Gemessen am Handelsvolumen und der Marktkapitalisierung166 der gehandelten Werte ist die New York Stock Exchange die mit Abstand größte Präsenzbörse der USA. Die kleineren Regional Stock Exchanges stehen nicht in ernsthafter Konkurrenz zur NYSE. Deshalb gibt es wenige Gesellschaften, die ausschließlich an einer Regional Stock Exchange notiert sind. Der normale Fall ist vielmehr die Doppel- oder Mehrfachnotierung an der NYSE und einer oder mehrerer Regional Stock Exchanges.167 Um herauszuar beiten, ob zwischen den beiden National Stock Exchanges Unterschiede bzgl. der dort gehandelten Unternehmen bestehen - ob mithin eine Segmentierung besteht soll im folgenden näher auf die bedeutende NYSE und auf die AMEX eingegan gen werden. a) Die NYSE Die Emittenten, die ein Listing an der NYSE anstreben, müssen strenge quantita tive Standards sowohl beim als auch nach dem Börsengang erfüllen.168 Bspw.
164 Vgl. Bainbridge (1994), S. 176 und 190 ff. 165 National Stock Exchanges sind die New York Stock Exchange (NYSE) und die American Stock Exchange (AMEX). Die Börsen Boston, Cincinnati, Midwest, Pacific und Philadelphia werden als Regional Stock Exchanges bezeichnet. 166 Marktkapitalisierung = Anzahl der ausgegebenen Anteile * Börsenkurs. 167 Vgl. Niesar/Niebauer (1992), S. 230. 168 Vgl. NYSE, § 101.
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müssen die Emittenten 2.000 bis 2.200 Aktionäre aufweisen und die Marktkapita lisierung muß sich auf 18 Mio US-Dollar belaufen.169
Die Unternehmen stammen aus den unterschiedlichsten Branchen.170 Unter den Emittenten finden sich auch ausländische Unternehmen. Bspw. ist die DaimlerBenz AG seit einigen Jahren an der NYSE gelistet.171 Die NYSE stellt somit ein Marktsegment mit hohen Anforderungen an die Emit tenten dar und gewährt den Anlegern einen hohen Schutz. b) Die AMEX
Die Zulassungsvoraussetzungen, die die Emittenten der AMEX erfüllen müssen, sind weniger streng als die der, NYSE und bieten sich deshalb auch für mittlere und kleinere Aktiengesellschaften an. Im Primary Market der AMEX reichen 400 bis 800 Aktionäre aus und die Bör senkapitalisierung muß nur drei Mio US-Dollar betragen.172 1992 eröffnete die AMEX ein neues Marktsegment, das vor allem für kleinere Emittenten gedacht ist und eine Vorstufe zum ersten Segment der AMEX, dem Primary Market, darstellt. Die AMEX möchte durch die Einführung dieses Emerging Company Marketplace (ECM) vor allem kleinere Emittenten ansprechen, die bisher als reine Over-TheCounter-Werte (OTC-Werte) gehandelt werden und vermehrt ein Listing im NASDAQ-System anstreben. Die Schaffung des ECM ist somit auch eine Folge des verschärften Wettbewerbs mit dem NASDAQ-System. 173
Die AMEX stellt ein Marktsegment für junge Gesellschaften dar und steht deshalb nicht direkt in Konkurrenz zur NYSE.174 Die AMEX zeichnet sich außerdem durch eine große Innovationsdynamik im Bereich der Finanzderivate aus.175 In diesem Bereich, der bspw. Aktienindexoptionen umfaßt, ist die AMEX zu einem Nischenanbieter geworden und ergänzt auf diese Weise die anderen börslichen Segmente. 169 Vgl. für die ZulassungsVoraussetzungen NYSE, §§ 102 ff. Die Zulassungsvoraussetzungen unterscheiden sich je nachdem, ob es sich um US-amerikanische oder ausländische Emittenten, Aktien oder Schuldverschreibungen handelt. 170 An der NYSE sind derzeit ca. 3.000 Gesellschaften notiert. 171 Die Aktien der Daimler-Benz AG sind in Form von American Depository Receipts (ADR) an der NYSE gelistet. Es handelt sich bei den ADR um Hinterlegungsscheine für treuhänderisch verwahrte Originalaktien ausländischer Emittenten. 172 Vgl. Gruson u.a. (1992), S. 87. Dort findet sich eine interessante Gegenüberstellung der Listing Requirements von NYSE und AMEX. 173 Vgl. Euromoney (1993), S. 108. 174 Die AMEX ist auch für ausländische Unternehmen interessant, die ihre Anteile als ADR listen lassen. An der AMEX sind derzeit ca. 750 Gesellschaften notiert. 175 Vgl. Rettberg (1996), S. 31.
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2. Das Computerhandelssystem NASDAQ Bis vor einigen Jahren war die Segmentierung der Börsenmärkte in den USA der gestalt, daß junge OTC-Werte mit Ambitionen eines Börsenlistings zunächst den Weg an eine Regional Exchange wie z.B. die AMEX fanden. Qualifizierten sie sich nach einigen Jahren für die strengeren NYSE-Anforderungen, war es ihnen möglich, auch dort ein Listing zu beantragen. Durch die Schaffung des NASDAQMarktes änderte sich diese klassische Aufteilung zwischen den Präsenzbörsen nachhaltig und eine neue Wettbewerbssituation zwischen den Börsen entstand.
a) Die geschichtliche Entwicklung Das NASDAQ-System176 wurde 1971 gegründet. Es ging aus dem bis dahin unor ganisierten OTC-Markt hervor. Da es die NASD177 war, die vor der Gründung des NASDAQ-Systems gewisse Aufsichtsaufgaben im OTC-Markt wahmahm, ver suchte die SEC,178 die sich von einer Marktorganisation weniger Verstöße gegen den Anlegerschutz am OTC-Markt versprach, die NASD als Marktorganisator zu gewinnen.179 Die NASD willigte schließlich ein und gründete das NASDAQSystem.
Vor der Schaffung des NASDAQ-Systems wurden für den OTC-Markt täglich sogenannte Pink Sheets publiziert, die die Geld- und Briefkurse des Vortages ent hielten.180 Wenn eine Wertpapiertransaktion angestrebt wurde, mußten die Händ ler verschiedene Market-Makers anrufen, um die Preise abzufragen. Um für den Kunden den niedrigsten Kurs zu erhalten, war es notwendig, alle in diesem Wert papier aktiven Market-Makers anzurufen. Wurde dann ein Abschluß getätigt, war es schon wieder möglich, daß sich der Kurs zwischenzeitlich geändert hatte.181
Das NASDAQ-System präsentiert sich heute mit zwei Segmenten: Zunächst mit einem oberen Marktsegment, dem NASDAQ National Market, das seit 1982 exi stiert, sowie dem als NASDAQ SmallCap Market bezeichneten unteren Markt segment. Die qualitativen und quantitativen Anforderungen in bezug auf die im National Market gelisteten Wertpapiere sind höher als die für den SmallCap Market zu er bringenden Kriterien. Im National Market müssen die Emittenten 400 bis 800
176 177 178 179
NASDAQ = National Association of Securities Dealers Automated Quotation. NASD = National Association of Securities Dealers. SEC = Securities and Exchange Commission, die Wertpapieraufsichtsbehörde der USA. Außerdem versprach sich die SEC eine Erhöhung des Wettbewerbs zwischen den Börsen. Vgl. Euromoney (1985), S. 21. 180 Vgl. Euromoney (1985), S. 4. Diese Pink Sheets existieren heute noch fiir den OTC-Markt. 181 Vgl. Giersch/Schmidt (1986), S. 34.
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Aktionäre aufweisen und eine Börsenkapitalisierung von drei Mio US-Dollar be sitzen.182 Im Small-Cap Market reichen 300 Aktionäre und eine Börsenkapitalisie rung von einer Mio US-Dollar aus.183
Im National Market sind größere Gesellschaften notiert, von denen einige auch die Listing Requirements der NYSE erfüllen würden. Dieses Segment steht somit in direktem Wettbewerb mit der NYSE und es läßt sich daran zeigen, daß das NASDAQ-System als ein ursprünglich für mittlere und kleinere Gesellschaften konzipiertes System auch für größere Gesellschaften dauerhaft attraktiv ist.184 Im SmallCap Market sind innovative Unternehmen notiert. Dazu gehören Gesell schaften aus high-technology-Branchen wie der Computer- oder Biotechnologie industrie. Das NASDAQ-System bietet traditionell einen Marktplatz für kleine Gesellschaften.
b) Das Market-Maker-System Das Market-Maker-System des NASDAQ-Marktes unterscheidet sich grundsätz lich vom Specialist-System der NYSE. Die Market-Maker, die untereinander in Konkurrenz stehen, veröffentlichen über die Monitore verbindliche Geld- und Briefkurse.185 Die Market-Maker sind Eigenhändler, die an der Differenz zwi schen Geld- und Briefkurs, dem Spread, verdienen. Ein Handel ist in diesem Markt erst möglich, wenn die Market-Maker vorher Kurse für ein Wertpapier stellen.186 Deshalb wird dieses System als Quote Driven System bezeichnet.
182 Vgl. NASDAQ (1995), S. 53. Emittenten, die sich in einem frühen Entwicklungsstadium befin den und die keinen Gewinn aufweisen, steht eine Alternative bzgl. der Listing Requirements des National Market offen. Der nichtvorhandene Gewinn muß u.a. durch höhere Aktiva ausge glichen werden. Die NASD hat bereits 1996 Vorschläge erarbeitet, die eine Verschärfung der qualitativen und quantitativen Zulassungsvoraussetzungen beinhalten. Ein Grund liegt darin, daß die Zulas sungsvoraussetzungen das letzte Mal im Jahr 1989 und 91 überarbeitet wurden. Außerdem ist das im NASDAQ-System gehandelte Wertpapiervolumen seit Anfang der 90er-Jahre enorm ge stiegen und hat eine zunehmende Zahl an schutzbedürftigen Privatanlegem gewonnen. 183 Vgl. NASDAQ (1995), S. 56. 184 Vgl. Giersch/Schmidt (1986), S. 36. 185 Vgl. Kretschmer (1992), S. 718. 186 Das Computerhandelssystem gibt Auskunft über die An- und Verkaufskurse der im jeweiligen Wertpapier aktiven Market-Maker. Pro Wertpapier müssen mindestens zwei Market-Maker handeln, in der Praxis sind jedoch in manchen Fällen über dreißig Market-Maker vorhanden. Der Handel findet durch Abfrage der aktuellen Kurse über den Monitor und telefonischen Ab schluß des Geschäftes statt. Als Folge des Crashs im Oktober 1987 wurde auch eine Eingabe möglichkeit der Orders über den Monitor geschaffen. Es stellte sich nämlich heraus, daß in ei ner solchen Situation die Marktpartner nicht mehr telefonisch erreichbar waren.
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Anders verhält es sich auf sogenannten Auktionsmärkten, zu denen die NYSE mit ihrem Specialist-System gehört.187 Im eigentlichen Auktionsmarkt stellt der Händler Angebot und Nachfrage einander gegenüber188 und vermittelt nur im Handel. Da es sich um die Gegenüberstellung von Kauf- und Verkaufsaufträgen handelt, wird dieses System als Order Driven System bezeichnet. Im SpecialistSystem der NYSE ist zudem der Selbsteintritt des Specialists möglich, was aber nichts am grundsätzlichen Mechanismus des Marktes als eines Auktionsmarktes ändert. Das Market-Maker-System fuhrt dazu, daß der Handel im einzelnen Wertpapier liquider ist als auf einem Auktionsmarkt. Dieser Liquiditätszuwachs erfolgt zum einen durch die Zusammenfassung dezentral zersplitterter Liquidität.189 Zum ande ren stehen die Market-Maker untereinander in Konkurrenz und müssen deshalb bei ihren Kunden (Anleger) Werbemaßnahmen für die von ihnen betreuten Wert papiere unternehmen. Durch die erhöhte Zahl von Anlegern steigt die Liquidität. Diese Schöpfung von Liquidität ist vor allem wichtig für Wertpapiere mit geringe rer Marktkapitalisierung, also insbesondere für mittlere und kleinere Emittenten. Das Market-Maker-System erhöht folglich für diese Unternehmen die Möglich keit der Teilnahme an einem organisierten Börsenmarkt und ist letztendlich der Grund für den Erfolg des NASDAQ-Systems.
Das NASDAQ-System wurde im Laufe der Zeit vor allem in der technischen Ausgestaltung modifiziert. Eine Änderung erfolgte 1984 durch das Small Order Executive System (SOES), das Kundenorders bis zu 1.000 Stück entgegen den sonstigen Usancen des NASDAQ-Systems vollautomatisch ausführt.190
Oben wurde bereits auf den klassischen börslichen Werdegang von Gesellschaften hingewiesen, der sich vom OTC-Markt über z.B. die AMEX bis hin zum NYSEListing vollzog. Heute beginnen die Wachstumsgesellschaften im NASDAQSystem und verbleiben auch später noch dort. Es ist also möglich, innerhalb des NASDAQ-Systems als Emittent sowohl Anleger für junge, riskantere Gesell schaften als auch später Investoren für länger bestehende Unternehmen zu finden. Das NASDAQ-System begleitet somit das Wachstum der Gesellschaften und hat sich dadurch zu einem ernsten Konkurrenten der Präsenzbörsen entwickelt. Die Konkurrenzsituation bezieht sich somit auf noch nicht an einer Börse oder im NASDAQ-System gehandelte Emittenten. Es gelingt dem NASDAQ-System je 187 Vgl. zur Funktion des Specialists Averdiek-Bolwin (1996), S. 80. 188 Dies kann einmalig oder fortlaufend geschehen. 189 Das NASDAQ-System ist dadurch charakterisiert, daß ein Zentralrechner die dezentralen Ter minals, die in den USA und teilweise auch im Ausland verstreut sind, zusammenfiihrt. 190 Für eine umfangreiche Darstellung der technischen Ausgestaltung des NASDAQ-Systems Peiseler (1990), S. 196 ff. Eine kürzere Darstellung findet sich bei Euromoney (1993), S. 113.
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doch nicht, Emittenten der National Stock Exchanges zu einem Delisting zu be wegen. Dies liegt weniger an den vorhandenen formalen Hürden, sondern viel mehr an der Zufriedenheit und dem mit einem Listing an einer National Stock Exchange verbundenen Prestige.191
II. Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität in den USA wird nur verständlich, wenn man sich darüber klar wird, welche Bedeutung die Publizität im US-amerika nischen Kapitalmarktrecht generell hat. Dabei muß weiter berücksichtigt werden, daß sich die Vorschriften, die von den Emittenten in bezug auf die Ad-hocPublizität eingehalten werden müssen, zum einen aus bundesgesetzlichen Be stimmungen und zum anderen aus Vorschriften der einzelnen Börsen oder Orga nisationen mit Kompetenz zur Setzung von Rechtsnormen ergeben.192 Diese Art der Kompetenzverteilung hat ebenfalls große Bedeutung für die Ausgestaltung.
1. Die Bedeutung der Publizität im US-Kapitalmarktrecht Die US-amerikanische Securities Regulation mißt der Information des Anlegers höchste Bedeutung zu und ist von einer weitgehenden Disclosure Philosophy ge prägt.193 Den Emittenten treffen umfangreiche Publizitätspflichten sowohl vor als auch nach der Emission von Wertpapieren.
a) Vor der Emission Vor der Emission von Wertpapieren hat der Emittent u.a. die Vorschriften des SA zu respektieren. Gem. § 5 SA ist ein öffentliches Angebot und der Verkauf von Wertpapieren unzulässig, wenn diese nicht bei der SEC registriert sind. Der der SEC vorzulegende Registrierungsantrag hat u.a. Angaben über den Emittenten zu enthalten. Außerdem muß ein Geschäftsbericht sowie eine Gewinn- und Verlust rechnung eingereicht werden.194 Nach der Genehmigung des Registrierungsan trags durch die SEC muß den Anlegern ein Prospekt ausgehändigt werden.195 Der
191 Vgl. Freeman/Rosenbaum (1987), S. 23 ff. 192 Einen Überblick über die Rechtsquellen der Securities Regulation gibt Wiemann. Vgl. Wie mann (1987), S. 25 ff. Siehe auch Hopt (1976b), S. 203 f. 193 Dies gilt uneingeschränkt für die bundesgesetzlichen Normen der Securities Regulation. Vgl. Hopt (1976b), S. 204. 194 Vgl. zum Inhalt des Registrierungsantrags Assmann (1985), S. 108 f. 195 Vgl. Assmann (1985), S. 106 f.
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Anleger wird durch umfangreiche Haftungsregelungen für die im Prospekt ge machten Angaben des Emittenten geschützt.196 b) Nach der Emission
Die Publizitätspflichten des Emittenten nach der Emission von Wertpapieren sind vor allem im Securities Exchange Act (SEA) geregelt. Neben der Pflicht zur ape riodischen Publizität bestehen auch periodische Publizitätspflichten für solche Unternehmen, deren Wertpapiere entweder gern. § 12 SEA bei der SEC registriert sind197 oder wenn Unternehmen Wertpapiere emittieren, die nach dem SA von 1933 registrierungspflichtig sind.198 Die periodische Berichterstattung beinhaltet gern § 13 (a) (2) SEA die Veröffentlichung von Jahres- und Quartalsberichten.199 Die berichtspflichtigen Unternehmen müssen den Jahresbericht gern, dem von der SEC spezifizierten Formblatt Form 10-K bei der SEC einreichen.200 Die Quartals berichte müssen entsprechend der Form 10-Q ebenfalls bei der SEC eingereicht werden.
Sowohl in § 5 SA als auch in § 12 SEA existieren Registrierungspflichten mit dar an anknüpfenden Publizitätsbestimmungen. Um Kosten der Doppelinformation zu vermeiden, wurde 1982 ein integriertes Publizitätssystem kreiert, das zu einer Be rücksichtigung bereits veröffentlichter Informationen führte.201
2. Die bundesgesetzlichen Bestimmungen Aus § 13 (a) (1) des SEA ergibt sich, daß alle Emittenten, deren Wertpapiere nach § 12 SEA oder § 5 SA registriert sind, die Marktteilnehmer auch zwischen den Jahres- und Quartalsstichtagen mit wichtigen Informationen über das Unterneh men versorgen müssen.202 Diese Ad-hoc-Publizitätspflicht soll eine Ergänzung zu den periodischen Publizitätsinstrumenten Jahres- und Quartalsbericht darstellen.203 Die SEC hat mit Rule 13 a-11 die ihr obliegende Befugnis zur Einführung der Ad-
196 Vgl. Assmann (1985), S. 147 ff. 197 § 13 (a) SEA. Gem. § 12 (a) SEA sind solche Wertpapiere registrierungspflichtig, die an einer US-amerikanischen Wertpapierbörse gehandelt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch nicht an einer Wertpapierbörse gehandelte Aktien registrierungspflichtig. Vgl. § 12 (g) SEA i.V.m. Rule 12g-1. Nachzulesen bei Gruson/Wiegmann (1995), S. 175. 198 § 15(d) SEA. 199 Vgl. Wiemann (1987), S. 103. 200 Form 10-K gilt ftir US-amerikanische Unternehmen. Für private ausländische Emittenten gilt Form 20-F. Eine gute Darstellung findet sich bei Gruson u.a. (1992), S. 208 ff. 201 Vgl. Assmann (1983), S. 343 ff. 202 Vgl. CCH § 23,511. Siehe auch SEC (1995), S. 57. Auch Emittenten, die § 15 (d) SEA unter liegen, müssen der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität nachkommen. 203 Vgl. Gruson/Wiegmann (1995), S. 177.
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hoc-Publizitätspflicht genutzt.204 Außerdem hat die SEC ein spezielles Formblatt erlassen, das die Emittenten für die Meldung verwenden müssen. Es handelt sich um Form 8-K, das auch als Current Report bezeichnet wird.205 Die SEC hat Gene ral Instructions erlassen, die die Einzelheiten des Current Report regeln.206 Im folgenden wird auf den Inhalt und die Meldefristen des Current Report, sowie auf die Tatsache, daß die SEC von Zeit zu Zeit eine Überarbeitung des Inhalts des Current Report vomimmt, eingegangen. Danach werden die Konsequenzen von Verstößen und weitere Grundlagen der Ad-hoc-Publizität analysiert.
a) Der Inhalt des Current Reports Im Rahmen des Current Reports müssen die folgende Tatsachen, die als Items bezeichnet werden, der SEC gemeldet werden:
Item 1: Veränderungen in der Untemehmenskontrolle (Changes in Control of Re gistrant). Der Emittent muß u.a. Angaben über den Namen des/der neuen Aktionärs/Aktionäre und das Datum und die Art der Transaktion machen.207
Item 2: Erwerb oder Veräußerung von Vermögensgegenständen (Acquisition or Disposition of Assets). Der Emittent muß eine Meldung nur dann absetzen, wenn es sich um eine bedeutsame Summe von Vermögensgegenständen handelt, die nicht in den gewöhnlichen Geschäftsverlauf fällt. Die Meldung muß u.a. das Da tum und die Art der Transaktion sowie die Identität des Partners der Transaktion angeben. Das Merkmal der Bedeutsamkeit ist dann erfüllt, wenn die Summe der Transaktion 10 % des Gesamtvermögens des meldepflichtigen Unternehmens übersteigt.208 Item 3: Konkurs- oder Vergleichsantrag (Bankruptcy or Receivership). Der Emit tent muß Einzelheiten über das Konkurs- und Vergleichsverfahren nennen, u.a. das Gericht und den Namen des Konkurs- oder Vergleichsverwalters.
204 Vgl. CCH § 23,512. Desweiteren Ratner/Hazen (1994), S. 671. Rule 15d-l 1 konkretisiert die Berichtspflichten des § 15 (d) SEA in bezug auf die Ad-hoc-Publizität. 205 Form 8-K gilt nur für US-amerikanische Unternehmen. Für ausländische Unternehmen gilt hingegen Form 6-K, das solche Informationen beinhaltet, die der Emittent in seinem Heimat land veröffentlicht hat oder veröffentlichen muß. Vgl. Gruson u.a. (1992), S. 213. Siehe für Form 6-K auch Siebert (1996), S. 111 f. Unter den Forms versteht man teilweise vorformulierte Schemata zu Inhalt und Form der bei der SEC zu hinterlegenden Berichte. Vgl. Haller (1993), S. 35. Vgl. auch KPMG (1997), S. 171 f. 206 Vgl. CCH §§31,002 ff. 207 Vgl. CCH §31,003. 208 Seit November 1996 müssen auch Transaktionen von verbundenen Geschäftsbereichen gemel det werden, wenn die einzelne Transaktion pro Geschäftsbereich unbedeutend, die Summe über mehrere Geschäftsbereiche jedoch bedeutsam ist. Vgl. CCH § 31,003.
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Item 4: Wechsel des Wirtschaftsprüfers (Changes in Registrant’s Certifying Ac countant). Die SEC weist darauf hin, daß der Rücktritt oder die Entlassung eines Wirtschaftsprüfers - unabhängig vom Engagement eines neuen - eine melde pflichtige Tatsache darstellt.209 Item 5: Sonstige Ereignisse (Other Events). Der Emittent kann freiwillig alle In formationen veröffentlichen, die er in bezug auf die Aktionäre als wichtig emp findet. Es handelt sich hierbei aber nicht um einen Auffangtatbestand, der immer dann als Grundlage für eine Veröffentlichung in Frage kommt, wenn das Ereignis in keinem anderen Item ausdrücklich erwähnt wird. Item 6: Rücktritt von Mitgliedern des Boards of Directors (Resignations of Regi strant’s Directors). Wenn ein Board-Mitglied wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Emittenten zurücktritt oder nicht zur Wiederwahl steht und dies schrift lich erklärt hat, soll der Emittent eine Meldung darüber absetzen. Dieses Item so wie Item 5 machen deutlich, daß der Current Report dazu beitragen soll, interne Konflikte der Gesellschaft nach außen zu tragen. In der Praxis versuchen die Ge sellschaften deshalb oftmals, diese Konflikte durch eine interne Lösung nicht nach außen tragen zu müssen.210
Item 7: Jahresabschlüsse erworbener oder verkaufter Unternehmen (Financial Statements and Exhibits). Beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen oder be deutsamen Vermögensgegenständen muß der Emittent u.a. den Jahresabschluß dieser Unternehmen melden. Dies dient der Information der Anleger über die Transaktionen des Item 2.211 Item 8: Der Wechsel des Geschäftsjahres (Change in Fiscal Year). Es sind das Datum des Beschlusses über den Wechsel, der Zeitraum des neuen Geschäftsjah res sowie das Formblatt, auf dem das Übergangsjahr gemeldet wird, anzugeben. Item 9: Verkauf von Wertpapieren nach Regulation S (Sales of Securities Persuant to Regulation S). Hier handelt es sich um Informationen, die sich auf Wertpapiere beziehen, die wegen der Regulation S nicht nach dem SA registriert waren.212 Die ses Item wurde Ende 1996 in den Current Report aufgenommen und gilt für Ver käufe von Wertpapieren nach dem 4. November 1996. In der Vergangenheit war es öfter vorgekommen, daß Emittenten Aktien außerhalb der USA mit einem Ab schlag auf den in den USA gültigen Preis verkauft haben und die Aktien daraufhin
209 210 211 212
Dieses Item wurde in den Jahren 1988 und 1989 verschärft. Vgl. Larkin (1991), S. 46 f. Vgl. Brown (1994), S. 11 f. Vgl. Pellens (1997), S. 339. Vgl. CCH § 31,003. Vgl. allgemein zur Regulation S Elben (1997), S. 21 ff.
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wieder in den USA verkauft wurden, ohne daß die Anleger wußten, daß der Emittent die Aktien im Ausland angeboten hatte.213 Die Items des Current reports werden im Rahmen des integrierten Publizitätssy stems im Jahres- und Quartalsabschluß aufgegriffen. Wichtige Ereignisse aus Form 8-K sind dem Jahresabschluß zu entnehmen.214 Sowohl im Jahres- als auch im Quartalsabschluß wird auf die erstellten Current Reports ausdrücklich hinge wiesen.215 Handelt es sich beim Emittenten um eine börsennotierte Gesellschaft, muß auch eine Form 8-K an die entsprechende Börse übermittelt werden.216
b) Die Meldefristen des Current Reports
Die SEC hat für die Einreichung des Current Reports Fristen festgelegt.217 Für Item 1 bis 3 sowie Item 8 und 9 beträgt diese Frist 15 Tage, vom Eintritt des Er eignisses an gerechnet, für Item 4 oder 6 liegt sie bei 5 Tagen. Für Item 7 kann unter Umständen eine Verlängerung der Frist bis zu 60 Tagen erfolgen. Für Item 5 existiert keine Frist. Da es sich um freiwillige Meldungen handelt, empfindet es die SEC als inkonsistent, exakte Fristen festzulegen.218
Die formalen Meldefristen gegenüber der SEC werden in der Praxis dadurch er gänzt, daß die Emittenten die meldepflichtigen Tatsachen sofort nach dem Entste hen, also vor dem Ablauf der Frist, durch Pressemitteilungen bekanntgeben müs sen.219 In den Current Report können diese über Pressemitteilungen publizierten Informationen integriert werden. Außerdem muß die Pressemitteilung als Anlage an den Current Report bei der SEC eingereicht werden.220
c) Die Änderungen durch die SEC Die SEC hat die Items, die zur Meldepflicht fuhren, in den vergangenen Jahr zehnten mehrfach geändert. Die Änderung dieses Sachverhaltskatalogs soll an einem Beispiel erläutert werden.
213 214 215 216 217 218
Vgl. Barron (1997), S. 88. Vgl. ftlr eine Gegenüberstellung von Form 8-K und Form 10-K Brotte (1997), S. 161. Vgl. Skousen (1991), S. 102 und 111. Vgl. CCH §23,591.050. Vgl. CCH §31,002. Vgl. CCH § 23,591.020. Die SEC weist daraufhin, daß die Meldung „promptly“ nach Eintritt der Tatsache erfolgen soll. 219 Vgl. Pastena (1979), S. 777 f. Dort wird darauf hingewiesen, daß die SEC besonderen Wert auf die sofortige informale Ergänzung der formalen Meldungen im Current Report legt. 220 Vgl. CCH §§ 23,591.030 und 31,002.
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Bis zum Jahr 1977 existierte ein Item 10 (a), das seine besondere Brisanz daraus bezog, daß es das einzige Item war, das sich direkt auf das „Income Statement“ einer Gesellschaft bezog.221 Die Formulierung des Item 10 (a) war von einer Reihe interpretationsbedürftiger Begriffe geprägt.222 Bspw. fielen auch Abschreibungen in einem außerordentlichen Umfang unter die Meldepflicht des Current Report. Die Gesellschaften kamen dieser Verpflichtung jedoch nur unzureichend nach und zogen es vor, diese Meldungen zusammen mit Quartals-, Zwischen- und Jahresab schlußberichten vorzunehmen.223 Vor dem Hintergrund der mangelnden Beach tung des Items 10 (a) wurde von Lurie/Pastena vorgeschlagen, daß die SEC de tailliert die Typen von Ereignissen definieren solle, die nach Item 10 (a) zu mel den sind. Außerdem solle die SEC Beispiele für Transaktionen geben, die das Er gebnis des Emittenten ungewöhnlich belasten oder erhöhen.224
1977 überarbeitete die SEC die Items des Current Reports und verzichtete auf Item 10 (a).225 Die ungewöhnlichen Ereignisse des Item 10 (a) wurden von diesem Zeitpunkt an unter Item 5 auf freiwilliger Basis subsumiert. Die SEC hatte einge sehen, daß eine so weitgehende Ad-hoc-Publizitätspflicht aufgrund der Kosten für die Unternehmen und die SEC nicht gerechtfertigt ist.226 d) Die Konsequenzen von Verstößen und andere Grundlagen der Ad-hoc-Publizität
Der Verstoß gegen die Verpflichtung, Current Reports zu melden, kann zu Geldoder Freiheitsstrafen führen. Außerdem hat die SEC in der Vergangenheit bereits Emittenten, die ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sind, von der Börse aus geschlossen.227
Die unvollständige, unrichtige oder irreführende Publizierung von Tatsachen kann zu Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Emittenten führen. Dies gilt auch dann, wenn Informationen freiwillig veröffentlicht wurden.228 Dieses Prinzip der
221 Vgl. Lurie/Pastena (1975), S. 55 und Pastena (1979), S. 777. 222 Item 10 (a) bezog sich auf „Extraordinary Item Charges and Credits, other Material Charges and Credits to Income of an Unusual Nature, Material Provisions for Loss, and Restatements of Capital Shares Account“. Abgedruckt bei Lurie/Pastena (1975), S. 55. Durch das Accounting Series Release Nr. 138 verschärfte die SEC dieses Item, indem sie u.a. zusätzlich ein Statement des Wirtschaftsprüfers zur Übereinstimmung der Meldung mit den US-GAAP vorschrieb. 223 Vgl. Lurie/Pastena (1975), S. 58 und 59. 224 Vgl. Lurie/Pastena (1975), S. 60. 225 Die SEC verzichtete auf ca. 62 % der vorhandenen Items und transferierte sie überwiegend in die Form 10-Q. Vgl. Brown (1994), S. 11. 226 Vgl. Brown (1994), S. 11. 227 Vgl. CCH§§ 23,591.070 ff 228 Vgl. Sauermilch (1996), S. 300.
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richtigen, vollständigen und nicht irreführenden Bekanntgabe von Informationen wird als full and fair disclosure bezeichnet.229 Eine Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität kann sich auch aus den Insiderbestim mungen ergeben.230 Aus Rule 10 b-5, die auf der Basis von § 10 (b) SEA erlassen wurde, ergeben sich mehrere Ansatzpunkte für eine Veröffentlichung. Zunächst besagt das Prinzip der disclose-or-abstain, daß Insider nur dann in Wertpapieren handeln dürfen, wenn sie die Insidertatsache vorher bekanntgemacht (disclose) haben. Ohne eine Veröffentlichung dürfen sie in den Wertpapieren nicht handeln (abstain). Außerdem gilt für alle Veröffentlichungen die Pflicht, falsche oder zwi schenzeitlich unrichtig gewordene Angaben richtigzustellen. Umstritten ist, ob sich aus den Insiderbestimmungen die positive Pflicht des Emittenten ergibt, den Anlegern alle relevanten Informationen zukommen zu lassen.
3. Die Bestimmungen der Börsen und des NASDAQ In den USA haben die Self Regulatory Organizations (SRO) die Befugnis, Rege lungen aufzustellen, die für ihre Teilnehmer oder Mitglieder gelten und neben die anderen gesetzlichen Regelungen als Rechtsquellen treten.231 Die Börsen sowie die NASD zählen zu diesen SRO.232 Auch in bezug auf die Ad-hoc-Publizität haben die SRO ihre Kompetenz zur Set zung von Vorschriften genutzt. Diese Bestimmungen sind von der SEC genehmigt und stellen bindendes Recht dar. Die SEC hat die Bedeutung der Ad-hoc-Publizitätsbestimmungen der SRO in der Vergangenheit betont.233 Auch die Ausge staltung des Current Reports läßt eine weitgehende Regelung der Ad-hoc-Publizität durch die Börsen sowie durch das NASDAQ-System erwarten.
a) Die Präsenzbörsen Im folgenden werden zunächst die Bestimmungen der NYSE, danach die entspre chenden Regelungen der AMEX referiert.
aa) Die NYSE § 202. 05 des NYSE Listed Company Manuals enthält die Kemvorschrift in bezug auf die Ad-hoc-Publizität: „A listed company is expected to release quickly to the public any news or information which might reasonably be expected to materially 229 230 231 232 233
Vgl. Gruson/Wiegmann (1995), S. 179 f. Vgl. im folgenden Wiemann (1987), S. 110 ff. Vgl. Wiemann (1987), S. 30 f. Vgl. Münstermann (1996), S. 145. Vgl. Brown (1994), S. 93.
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affect the market for its securities“. Innerhalb des Listing Agreements zwischen der NYSE und dem Emittenten sieht die NYSE diese Vorschrift als eine der wichtigsten Ziele an.234
Das NYSE Listed Company Manual enthält auch konkrete Beispiele, die aller dings keinen abschließenden Katalog darstellen.235 Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß schlechte Nachrichten genauso schnell wie günstige Nachrich ten publiziert werden müssen. Die NYSE verlangt von den Emittenten darüber hinaus, daß Gerüchte korrigiert und ungewöhnliche Aktivitäten im Handel der Wertpapiere erklärt werden müssen.236
Die NYSE hat jedoch auch erkannt, daß es Fälle geben kann, in denen durch die Publizität die Ziele der Gesellschaft verletzt oder Konkurrenten hilfreiche Infor mationen erhalten können. In diesen Fällen soll die Gesellschaft eine Abwägung ihrer Interessen mit denen der Anleger vornehmen.237 Das NYSE Listed Company Manual enthält auch Regelungen über das Veröffent lichungsprocedere.238 Bei Informationen, die einer schnellen Veröffentlichung bedürfen, muß über elektronische Medien verbreitet werden. Der Emittent muß der NYSE zwei Exemplare der Form 8-K zukommen lassen. Außerdem gibt es verschiedene Ereignisse, die der Börse mitgeteilt werden müssen. 239
bb) Die AMEX Die Bestimmungen der AMEX decken sich weitgehend mit denen der NYSE. Aus diesem Grund wird hier nur kurz auf die Regelungen eingegangen.240 Eine Gesellschaft mit Börsenlisting an der AMEX ist verpflichtet, unverzüglich alle wesentlichen Informationen zu publizieren, wenn die Tatsache geeignet ist, eine bedeutende Auswirkung auf den Preis eines Wertpapiers des Emittenten zu haben oder wenn die Information geeignet ist, die Investitionsentscheidung eines
234 Vgl. NYSE, § 202.05. 235 Vgl. NYSE, § 202.06. Dort werden u.a. als Beispiele aufgefiihrt: Annual and quarterly ear nings, dividend announcements, mergers, acquisitions, tender offers, major management chan ges, news of major new products, expansion plans. 236 Vgl. NYSE, § 202.03. Das kann soweit gehen, daß die Gesellschaft eine Pressemitteilung mit dem Hinweis darauf machen muß, daß sie die Gründe ftir die ungewöhnlichen Handelsaktivi täten nicht kennt. 237 Vgl. NYSE, § 202.06. 238 Vgl. NYSE, § 202.06. 239 Vgl. NYSE, §§ 204.00 ff. Bspw. müssen Änderungen der Bilanzierungsmethoden mitgeteilt werden. 240 Einen Überblick über die AMEX Disclosure Policies findet sich bei Gruson u.a. (1992), S. 224 f.
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vernünftigen Investors zu beeinflussen.241 Emittenten müssen darüber hinaus ebenfalls Gerüchte klarstellen oder korrigieren.242 Die AMEX hat einige Beispiele aufgezählt, die eine Veröffentlichung notwendig machen können.243 Dazu zählen bspw. Untemehmenszusammenschlüsse und die Festlegung der Dividende oder des Gewinns. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch an der AMEX die Veröffentlichung von Informationen verschoben werden.
b) Das Computerhandelssystem NASDAQ
Im Gegensatz zu den Börsen hat die NASD keine so weitgehenden Regeln und Richtlinien erlassen. Allerdings erwartet auch sie Veröffentlichungen der gehan delten Unternehmen. Die NASD verlangt von ihren Emittenten die unverzügliche Veröffentlichung wichtiger Informationen, die den Wert der Wertpapiere oder die Entscheidung des Investors beeinflussen können.244 Die NASD zählt die Ereignis se auf, die darunter zu verstehen sind.245 Anders als die Börsen räumt die NASD den Emittenten keine ausdrückliche Verschiebung der Veröffentlichung ein.246 Die Emittenten brauchen auch keine Gerüchte zu korrigieren oder ungewöhnli chen Handelsaktivitäten nachzugehen. Bzgl. des Veröffentlichungsprocederes existieren ebenfalls nur minimale Vorschriften. Brown weist zu Recht darauf hin, daß die ausführlichen Verfahrensbestimmungen, die von der NYSE in bezug auf die Publizität gefordert werden, von den in NASDAQ gehandelten kleinen Emit tenten nicht handhabbar wären.247 c) Die Sanktionen Die Regelungen der einzelnen Börsen und die des NASDAQ-Systems sind in be zug auf die Festlegung von Ad-hoc-Publizitätspflichten der Formulierung von § 15 WpHG ähnlich. Sie deuten auf eine umfassende, strenge Ad-hoc-Publizitätspflicht in den USA hin. Dieser erste Anschein relativiert sich jedoch durch folgende Umstände: Die Schadenersatzklage eines Anlegers kann nicht aus der Verletzung einer US-amerikanischen Börsenrichtlinie oder aus einem Börsenver trag abgeleitet werden.248 Ein Emittent muß somit bei einem Verstoß gegen die Vgl. Gruson u.a. (1992), S. 224. Vgl. Brown (1994), S. 96. Vgl. hierzu Gruson/Wiegmann (1995), S. 176. Vgl. Brown (1994), S. 97. Siehe auch Gruson u.a. (1992), S. 225 ff. Bspw. Mergers, Untemehmenskäufe, Joint Ventures, wichtige neue Produkte und die Ereignis se, die zur Meldung eines Current Reports führen. 246 Diese ergibt sich jedoch aus der Interpretation der Unverzüglichkeit, die auch eine Verschie bung der Veröffentlichung beinhalten kann. 247 Vgl. Brown (1994), S. 98. 248 Vgl. Gruson/Wiegmann. (1995), S. 176. Vgl. auch Brown (1994), S. 98 f.
241 242 243 244 245
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jeweilige Publizitätspflicht keine zivilrechtlichen Konsequenzen fürchten. Es kön nen auch keine Bußgelder verhängt werden. Die Nichteinhaltung einer in einer Börsenrichtlinie enthaltenen Publizitätspflicht kann daher nur zur Folge haben, daß der Kurs des entsprechenden Wertpapiers bis zur richtigen Veröffentlichung ausgesetzt wird.249 Erfolgt keine entsprechende Publikation, kann die jeweilige Börse bei der SEC beantragen, das Listing des Unternehmens zu streichen. Die einzige Sanktion eines Verstoßes gegen die Ad-hoc-Bestimmungen der Börsen liegt somit im Börsenausschluß.250 Da aber zwischen den einzelnen Börsen und zwischen den Börsen und dem NASDAQ-System ein Konkurrenzverhältnis be steht, machen die Börsen von dieser Möglichkeit nur in geringem Umfang Ge brauch.251 Dadurch sind die Ad-hoc-Bestimmungen der Börsen und des NAS DAQ-Systems in ihrer praktischen Relevanz stark eingeschränkt.
III. Zwischenergebnis Die US-amerikanischen Börsenmärkte weisen eine weitgehende Segmentierung auf. Auf der Ebene des Bundesgesetzgebers kann in den USA nur von einer ein geschränkten Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gesprochen werden, die nicht nach Segmenten differenziert ist. Die meldepflichtigen Tatsachen sind in einem Sach verhaltskatalog aufgeführt und stellen eine rechtssichere Ausgestaltung dar. Wer den darüber hinausgehend Tatsachen publiziert, geschieht dies entweder freiwillig durch die Unternehmen oder dadurch, daß in der Vergangenheit im Rahmen der Berichterstattung an die SEC oder freiwillig gemachte Angaben korrigiert werden müssen. Diese bundesgesetzlichen Bestimmungen der Ad-hoc-Publizität werden von der SEC sehr streng überwacht. Die Regelungen der Ad-hoc-Publizität, die von den Börsen und vom NASDAQSystem vorgegeben sind, unterscheiden sich in ihrem Umfang und sind insoweit segmentspezifisch gestaltet. Auf den ersten Blick lassen sie eine strenge Ad-hocPublizitätspflicht vermuten. Allerdings müssen Emittenten bei Verstößen gegen diese Bestimmungen weder zivilrechtliche Folgen noch einen Börsenausschluß befürchten, weswegen nur die bundesgesetzlichen Vorschriften de facto relevant sind.
249 Vgl. NYSE, Section 8. 250 Diese Sanktionen gelten fiir die NYSE und die AMEX. Die NASD kann dagegen nur den Zu gang zum NASDAQ-System untersagen; sie kann aber nicht verhindern, daß die Wertpapiere weiterhin im OTC-Markt gehandelt und in den Pink Sheets auftauchen. Vgl. Brown (1994), S. 100 f. 251 Vgl. Sauermilch (1996), S. 300 f. Siehe außerdem Gruson/Wiegmann (1995), S. 176.
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Bedeutend sind in den USA auch die Quartalsabschlüsse. Deren strenge Überwa chung durch die SEC entlastet die Pflicht, jederzeit ad-hoc umfassende Meldun gen zu publizieren.
B. Der Börsenmarkt in Frankreich Der französische Börsenmarkt kennt - ebenso wie der US-amerikanische - ver schiedene Segmente. Diese Segmente zeichnen sich durch unterschiedliche Marktprofile aus. Es ist von Interesse, ob die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität der Segmentierung folgt, ob also nach börslichen Segmenten differenziert wird.
I. Die Struktur Der französische Börsenmarkt weist unterschiedliche Segmente auf. Diese unter scheiden sich im Umfang des Anlegerschutzes. In der Vergangenheit wurde die Struktur des französischen Börsenmarkts immer wieder durch Innovationen geän dert und weiterentwickelt. So trat in der jüngeren Vergangenheit der Nouveau Marchö neben die schon länger vorhandenen Börsensegmente.
1. Die traditionellen Börsensegmente Der französische Börsenmarkt unterteilt sich in drei Segmente: Die Cöte Officielle, den Second Marchö sowie die Hors Cöte.
a) Die Cöte Officielle Die Cöte Officielle ist das am stärksten regulierte Segment und ist mit dem amtli chen Handel in Deutschland vergleichbar. Es finden sich darin nur bedeutende, umsatzstarke Werte.252
Innerhalb der Cöte Officielle lassen sich zwei Teilmärkte unterscheiden: Den Marchö ä Reglement Mensuel, der einen Terminmarkt mit einer einmal im Monat stattfmdenden Abrechnung und dafür erforderlichen Margins253 darstellt, sowie den Marchö au Comptant, einen Kassamarkt mit täglicher Abrechnung.254 Ein ein zelner Wert kann nur entweder im einen oder im anderen Teilmarkt notiert sein.
252 Vgl. fiir die 100 umsatzstärksten Werte SBF (1997), S. 47 f. Es finden sich dort Gesellschaften wie Elf Aquitaine, Alcatel Alsthom und Rhöne Poulenc. 253 Margins sind zu hinterlegende monetäre Sicherheitsleistungen. 254 Vgl. insbesondere ftir die Funktionsweise des Marchö ä Reglement Mensuel Vauplane/Bomet (1994), S. 156 ff.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Der Marchi ä Reglement Mensuel beinhaltet die Werte, die am wichtigsten sind und die die bedeutendsten Transaktionsvolumina aufweisen.
Der Kassamarkt als zweiter Teilmarkt zeichnet sich durch eine sofortige Ausfüh rung der Wertpapieraufträge aus. Eine Vielzahl der Werte auf dem Marchi au Comptant weisen ein zu geringes Handelsvolumen auf, um auf dem Marche ä Reglement Mensuel gehandelt zu werden. b) Der Second Marchi
Das zweite Marktsegment stellt der Second Marchi dar, der mit dem deutschen geregelten Markt vergleichbar ist. Der Second Marchi existiert seit dem 1. Februar 1983 und ging aus dem „Compartiment Splcial du Marchi Hors Cöte“ hervor.255 Der Second Marchi ist für mittlere Gesellschaften gedacht und nimmt insofern die Stelle zwischen der Cöte Officielle und der Hors Cöte ein.256 Die Gesellschaften des Second Marchi müssen im Gegensatz zum früheren Compartiment Splcial nicht zwangsläufig nach einer gewissen Zeit in das höhere Börsensegment wech seln.257 Im folgenden wird auf die Modalitäten der Börsenzulassung und auf die Ent wicklung des Second Marchi in den letzten Jahren eingegangen.
aa) Die Börsenzulassung Die Zulassungsbedingungen resultieren aus den Artikeln 3-1-27 bis 3-1-33 und dem Artikel 3-2-1 des Reglements Glnlral des CBV (Conseil des Bourses de Va leurs).258 Demnach müssen u.a. mindestens 10 % der Aktien dem Publikum gehö ren oder angeboten werden. Die Börsenkapitalisierung muß mindestens einige 255 Dieser Teilmarkt der Hors Cöte wurde Ende 1977 durch eine Verfügung der COB ins Leben gerufen. Vgl. COB (1978), S. 65 f. Ziel war es, mittelständische Unternehmen innerhalb von drei Jahren reif für die Cöte Officielle zu machen. Dieser Versuch war jedoch fehlgeschlagen, da es den Gesellschaften vor allem nicht gelang, der Vorschrift der Cöte Officielle nachzu kommen, 25 % der Aktien dem Publikum anzubieten. Vgl. COB (1983), S. 50. Außerdem Reul (1986), S. 91 f. sowie Flomoy (1983), S. 263 ff. 256 Die Emittenten des Second Marchö stammen aus den unterschiedlichsten Branchen. Vgl. hierzu COB (1992b), S. 48 f. 257 Vgl. Baumann (1985), S. 624. 258 Beim CBV handelt es sich um den Börsenrat; dieser legte bisher u.a. die Börsen- und Han delsordnung fest. Vgl. Büschgen (1994), S. 555. Das Reglement Gönöral des CBV ist abge druckt bei Coscas/Forschbach (1995), S. 771 ff. Durch das Gesetz Nr. 96-597 v. 2.7.1996 löst künftig der Conseil des Marches financiers (CMF) u.a. den CBV ab. Gleichzeitig erhalten die Entreprises de Marchi (z.B. die SBF) weitgehende Regelungsbefugnisse, u.a. bzgl. der Zulas sung von Wertpapieren zum Börsenhandel. Es wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, daß die im Reglement Gdnöral genannten Voraussetzungen für die Zulassung von Wertpapieren im großen und ganzen weiterhin Anwendung finden. Vgl. Pense/Puttfarken (1997), S. 1004 und 1045.
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-zig Mio FF betragen. Außerdem muß es sich um Titel handeln, die von solchen Gesellschaften kommen, die den öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch neh men259 und mindestens zwei Jahre existieren. Ein weiteres Charakteristikum der Börsenzulassung ist das Unterschreiben eines Liquiditätsvertrages und evtl, eines Contrats d’Animation. Es handelt sich beim Liquiditätsvertrag um einen Vertrag zwischen dem börsengangbegleitenden In termediär und den Altgesellschaftem.260 Diese Liquiditätsgruppe kann gemäß Ar tikel 6-4-1 bis 6-4-3 des Reglements Gönöral du CBV Gegengeschäfte tätigen, um die Fortsetzung der Notierung zu gewährleisten und die Liquidität des Marktes zu verbessern. Beim Contrat d’Animation handelt es sich um einen Vertrag zwischen SBF (Sociötö des Bourses Francaises) und einem Börsenmitglied (Sociöte de Bourse), in dem letzteres gewährleistet, bei variabel notierten Wertpapieren wäh rend des Börsenhandels einen Spread von maximal fünf Prozent für das entspre chende Papier zu stellen.261
Am Ende einer Periode von drei Jahren nach Zulassung untersuchen die SBF und die COB, gemeinsam mit dem Emittenten und dem börsenbegleitenden Institut, ob die publizierten Informationen die geforderte Qualität besitzen, ob die Kon trolle der Rechnungslegung ausreicht, und ob sich ein liquider Markt gebildet hat. In Abhängigkeit des Ergebnisses der Prüfung schlägt die SBF dem CBV den Ver bleib des Wertpapiers im Second Marchd, den Wechsel in die Hors Cöte oder den Wechsel in die Cöte Officielle vor.262 Der Second Marchö dient also sowohl als dauerndes Segment als auch als Vorstufe auf dem Weg zur Cöte Officielle. bb) Die Entwicklung bis heute Die Zeit der Existenz des Second Marche bis heute kann in zwei Zeiträume aufgeteilt werden.263 In eine Phase bis 1987 und eine zweite, die bis heute reicht.
259 In Frankreich spricht man von Socidtös Ouvertes oder häufiger von Sociötös Faisant Appel Publique ä l’Epargne. Mit der Eigenschaft der öffentlichen Kapitalaufnahme sind eine Reihe von gesetzlichen Regelungen verbunden, die sich ausdrücklich auf dieses Statut beziehen. Vgl. ausführlich Kovarik (1991), S. 1 ff. 260 Vgl. Jaffeux (1992), S. 24. 261 Vgl. Coscas/Forschbach (1995), S. 800. Außerdem muß das Börsenmitglied jederzeit zum Handel eines Gegenwerts von 50.000 FF bereit sein. Im Kassahandel verringert sich diese Ver pflichtung auf den Gegenwert von 20.000 FF. Die Contrats d’Animation können nicht nur für den Second Marchö abgeschlossen werden, sie haben jedoch wegen ihrer liquiditätsfördemden Charakteristika in diesem Börsensegment die größte Bedeutung. 262 Vgl. Reglement Göndral du CBV, Artikel 3-1-33, abgedruckt bei Coscas/Forschbach (1995), S. 801. 263 Vgl. Vauplane/Bomet (1994), S.168.
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Bis 1987 entwickelte sich der Second Marche vielversprechend.264 Die wachsen den Umsätze führten zu einer Belebung der Regionalbörsen und strahlten positiv auf die Cöte Officielle aus.265
Durch den Börsencrash von 1987, der den Second Marchö stärker traf als die Cöte Officielle, wurde diese Entwicklung jedoch gestoppt. Einige Unternehmen, insbe sondere aus der Informatikbranche, litten unter der sich verschlechternden wirt schaftlichen Situation und mußten Konkurs anmelden.266 Daraus folgte eine Ver trauenskrise, die den Nutzen dieses Marktes in Zweifel zog. Ernsthafte Liquidi tätsprobleme blieben auf dem Second Marchö nicht aus. Allerdings stand es nie mals zur Disposition, den Second Marche abzuschaffen. 1993 bildete die COB und die SBF eine Arbeitsgruppe, um den Second Marche wieder attraktiver zu machen.267 Unter anderem wurden die oben bereits erwähnten Contrats d’Animation eingeführt, die sich positiv auf die Liquidität des Second Marche ausge wirkt haben.268
c) Die Hors Cöte Das dritte Segment, die Hors Cöte, kann mit dem in Deutschland vorhandenen Freiverkehr verglichen werden. Es handelt sich um einen organisierten aber nicht reglementierten Markt, der unter der Autorität des CBV steht.269
Die Hors Cöte ist, ebenso wie der Second Marche, ein Kassamarkt. Es existiert kein Zulassungsverfahren für die Wertpapiere.270 Die Einführung kann auf Antrag des Emittenten oder einer seiner Aktionäre erfolgen. In bezug auf die Streuung des Kapitals gibt es keine Mindestanforderungen. Die Liquidität ist auf diesem Markt wesentlich schlechter als auf den anderen Kassamärkten. 2. Der Nouveau Marche
Der Nouveau Marche (NM) wurde im Februar 1995 von der SBF der Öffentlich keit präsentiert. Er ist im wesentlichen das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, die zu 264 Vgl. auch Baumann (1985), S. 625. Zu einer frühen Analyse des Second Marchö vgl. Mirat (1983), S. 1127 ff. , sowie Mirat (1984), S. 1027 ff. Im ersten Artikel analysiert der Autor die ersten elf Börseneinführungen, im zweiten untersucht er die 35 Börseneinfiihrungen zwischen dem 1.10.1983 und dem 30.06.1984. Auch diese Analysen unterstreichen den Erfolg des Se cond Marchö in der ersten Periode. Vgl. desweiteren Choinel (1987), S. 771 ff. 265 Vgl. Rasch (1994), S. 513. 266 Vgl. auch Kergorlay (1991), S. 704 f. 267 Vgl. hierzu Rasch (1996), S. 138 ff. 268 Vgl. COB (1994a), S. 2 ff. Insgesamt wurden von der SBF 1996 403 Contrats d’Animation unterschrieben. Vgl. hierzu SBF (1997), S. 27 f. 269 Vgl. Vauplane/Bomet (1994), S. 169. 270 Vgl. Schmidt (1987), S. 293.
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dem Schluß kam, daß es notwendig ist, in Paris einen autonomen Markt zu schaf fen, auf dem Unternehmen mit einem großen Wachstumspotential gehandelt wer den.271 Der NM wurde am 14. Februar 1996 eröffnet, der erste Handelstag war der 20. März 1996. Zur Umsetzung dieses Projekts hat die SBF im Mai 1995 eine eigene Gesellschaft gegründet, die Societö du Nouveau Marchö (SNM).272 Ihre Aufgabe ist die Ein führung und die Verwaltung des NM.
Die SNM wird durch seinen Conseil d’administration (Verwaltungsrat) repräsen tiert und umfaßt zwei Kommittees, das Comitd Consultatif und das Comitd des Admissions.273 Das Comitö Consultatif umfaßt zehn Mitglieder aus der Wissen schaft und der Industrie, die eine Beurteilung der von den Börsenkandidaten vor gestellten Projekte abgeben. Das'Comitd des Admissions umfaßt neun Mitglieder, die für drei Jahre vom Verwaltungsrat gewählt werden. Sechs stammen aus den Reihen der Mitglieder des NM und die übrigen sind unabhängige Personen. Auf gabe dieses Zulassungsgremiums ist die Untersuchung der “dossiers de candida ture”. a) Die Börsenzulassung Der NM stellt ein Börsensegment dar, das insbesondere auf junge, innovative Unternehmen abzielt. Dabei kann es sich um junge Unternehmen handeln, die ein Projekt zu finanzieren haben oder um Hochtechnologieuntemehmen mit starkem Wachstum.274 Ziel dieses Marktes, der ein reglementierter Markt i.S.d. Wertpa pierdienstleistungsrichtlinie der EU darstellt, ist es, die Lücke zwischen traditio nellen Börsensegmenten und der Wagniskapitalfinanzierung zu schließen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die Zulassungsbedingungen entsprechend ge staltet.275
In bezug auf historische Jahresabschlüsse existieren keine Verpflichtungen. Ist das Unternehmen weniger als zwei Jahre alt, muß die Börseneinführung jedoch mit einer Kapitalerhöhung verbunden werden. Es gibt auch keine Anforderungen für den Umsatz oder das Ergebnis der Gesellschaft. Die Kandidaten des NM müssen außerdem die folgenden Kriterien erfüllen: — Bilanzsumme (total de bilan) > 20 Mio FF — Eigenkapital (fonds propres) > 8 Mio FF 271 272 273 274 275
Vgl. SBF (1995), S. 1 ff. Sie hat ein Kapital von 20 Mio. FF und ist eine 100 prozentige Tochter der SBF. Vgl. SNM (1996c), S. 7 f. Vgl. SNM (1996b), S. 2 f. Vgl. SNM (1996d), S. 11 f.
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— Mindestens zu streuende Stückzahl an Aktien im Publikum (nombre de titres ä diffuser dans le public) > 100.000 Stück — Zu plazierender Nennwert (montant ä diffuser dans le public) > 10 Mio FF.
Die Altgesellschafter müssen sich darüber hinaus verpflichten, drei Jahre lang 80 % der Anteile zu halten, die sie im Moment der Börseneinführung besitzen.276 Es ist nicht beabsichtigt, daß die Emittenten des NM eines Tages in den Second Marchd oder die Cöte Officielle transferiert werden.277
b) Die Mitglieder
Der NM setzt sich aus Mitgliedern zusammen. Man unterscheidet die Membres von den Membres Associes.278
aa) Die Membres Die Membres, die aus dem Kreis der Finanzintermediäre kommen, können ver schiedene Funktionen übernehmen. Es gibt den Introducteur-Teneur de Marchö (ITM), der in dieser Form ausschließ lich im NM existiert.279 Er erfüllt die Funktion des Emissionsbegleiters und des Market Makers.
Als Emissionsbegleiter bereitet der ITM den Zulassungsantrag vor.280 Außerdem veröffentlicht er eine finanzielle Analyse über den Emittenten und gibt sein „sen timent global“ über das Projekt ab. Die Festlegung des Emissionspreises sowie die Plazierung der Wertpapiere bei den Investoren gehören ebenfalls zu seinen Auf gaben. In der Rolle des Market Makers verpflichtet sich der ITM für mindestens drei Jah re den Markt zu beleben und den Emittenten zu fordern.281 Es ist auch möglich, daß ein ITM nur die Funktion des Emissionsbegleiters über nimmt.
Daneben existiert der Negociateur-Courtier, der die Aufgabe eines Brokers oder Händlers übernimmt.282 276 Diese Zahl erhöht sich für Unternehmen, die jünger sind als zwei Jahre während der ersten zwei Jahre der Börseneinführung auf 100 %, im dritten Jahr gelten dann ebenfalls 80 %. 277 Vgl. Leblanc (1996), S. 16. 278 Die Membres und die Membres Associös werden vom Conseil d’ Administration (Verwaltungs rat) der SNM zugelassen. 279 Vgl. ausführlich Choinel (1996), S. 19 ff. 280 Vgl. SNM (1996c), S. 9. 281 Vgl. SNM (1996c), S. 10.
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Schließlich soll der Compensateur die Ordnungsmäßigkeit der Transaktionsab wicklung gewährleisten.283 bb) Die Membres Associes Die Membres Associes rekrutieren sich nicht aus den Finanzintermediären. Viel mehr handelt es sich um Berufsgruppen, die irgendein Interesse am NM haben. (z.B. Werbeberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte).
c) Die Liquidität Ist man schon im Second Marchö teilweise mit der Liquidität der Wertpapiere unzufrieden, so stellt sich für den NM um so dringender die Frage, wie es hier zu einem befriedigenden Handel kommen soll. Die Schöpfer des NM haben die Li quiditätsschwäche der kleineren Börsenwerte in der Ausgestaltung des Handels berücksichtigt. Es handelt sich um eine Mischung aus Auktionshandel und Market-Maker-Prinzip.284 Zum einen gibt es ein zentrales elektronisches Orderbuch und zum anderen existiert der ITM.285 Diese stellen fortlaufend Quotes mit ver einbarten Spreads für vorher bestimmte Stückzahlen. Dadurch soll eine Erhöhung der Liquidität erreicht werden und die Bedienung von größeren Orders erfolgen. Die Kleinorders werden in zwei täglich stattfindenden Fixings ausgeführt. Für eine ausreichende Liquidität ist es auch bedeutend, daß die Investoren jeder zeit Handelsinformationen erhalten. Diese Versorgung ist dadurch gewährleistet, daß die Handelsdaten des NM sofort („en temps röel“) in die weltweiten Informa tionssysteme (z.B. Bloomberg, Reuters, Telerate) eingespeist werden.
d) Die Entwicklung bis heute
Im ersten Jahr seiner Existenz hat der NM die hochgesteckten Erwartungen seiner Initiatoren noch nicht erfüllt. Die zweite Jahreshälfte 1996 war von nur geringen Umsätzen geprägt.286 Seit Jahresbeginn scheint sich eine Wende hin zu höheren Umsätzen abzuzeichnen.287 Im NM sind derzeit ca. 25 Gesellschaften notiert. Mittlerweile haben sich die SNM, die Brüsseler Börse, die Amsterdamer Börse sowie die Deutsche Börse AG zum Euro.NM zusammengeschlossen. Ziel ist es,
282 Vgl. SNM (1996c), S. 11. 283 Vgl. SNM (1996c), S. 11. 284 Momentan finden 60 % der Umsätze im Fixing und 40 % durch Market-Maker (ITM) statt. Vgl. SNM (1997). 285 Im NM ist die Existenz eines einzigen ITM ausreichend. 286 Vgl. o.V. (1997c), S. 1. 287 Vgl. SNM (1997).
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ein liquides europaweites Netzwerk von Börsensegmenten für wachstumsorien tierte Emittenten zu schaffen.288 II. Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität Die französische Wertpapieraufsichtsbehörde COB hat eine weitgehende Rege lungsbefugnis bzgl. der Rechtssetzung und Überwachung von Informations pflichten am Börsenmarkt. Aus diesem Grund bestimmt sie bis heute die Ent wicklung der Vorschriften der Ad-hoc-Publizität am französischen Kapitalmarkt. Von Interesse ist auch, daß die französischen Regelungen für die Ausgestaltung der schweizer Bestimmungen als Vorbild dienen.
1. Die Rolle der COB Die Commission des Operations de Bourse (COB) wurde durch die Verordnung (Ordonnance) Nr. 833 vom 28. September 1967 geschaffen. Die COB trat an die Stelle des seit 1942 bestehenden Comitö des Bourses de Valeurs, das bis dahin hauptsächlich die Funktion der Zulassungsstelle für Wertpapiere der Cöte Offi cielle ausübte.289 Bei der Schaffung der COB orientierte man sich an schon beste henden ausländischen Kapitalaufsichtsbehörden, vor allem an der US-amerika nischen SEC. Von Interesse ist zunächst, ob die COB in ihrem Handeln unabhängig ist. Außer dem werden die Aufgaben sowie das dafür zur Verfügung stehende Instrumenta rium der COB erläutert. a) Die Zusammensetzung
Die COB ist eine unabhängige Verwaltungseinrichtung (Autorite Administrative Indöpendante) mit der Befugnis, Recht zu setzen, Einzelentscheidungen zu treffen und Sanktionen auszusprechen. Die Unabhängigkeit der COB bezieht sich zum einen auf ihre Zusammensetzung und zum anderen auf ihre Finanzierung. Die COB setzt sich aus einem Kollegium (College) und den in der Verwaltung (Services) beschäftigten Mitarbeitern zusammen. Das Kollegium umfaßt neben
288 Vgl. o.V. (1997b), S. 15; o.V. (1997a), S. 83 f.; o.V. (1996e) S. R 540; o.V. (1996d), S. 316; Guillaume (1996), S. 24; Ferri (1996), S. 24 f. 289 Vgl. Gronstedt (1995), S. 5.
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dem Präsidenten, der durch ein Dekret des Ministerrats für eine einmalige Amts dauer von sechs Jahren ernannt wird, neun weitere Mitglieder.290 Die vollständige finanzielle Unabhängigkeit erhielt die COB durch das Gesetz Nr. 89-531 v. 2.8.1989, das die a priori Ausgabenkontrolle durch das Finanzministe rium beendete und eine a posteriori Kontrolle ausschließlich durch den Rech nungshof einführte.291 Zuvor, im Jahre 1985, erhielt die COB bereits das Recht, ihre Ausgaben durch Gebühren zu decken.292 Bis dahin verfugte die COB über keinerlei eigene Mittel und ihre Ausgaben wurden vom Staat übernommen. b) Die Aufgaben Ursprünglich hatte die COB zwei Aufgaben: Zum einen sollte durch sie eine Kontrolle der von den Aktiengesellschaften über sich und die emittierten Wertpa piere verbreiteten Informationen stattfinden. Zum anderen sollte sie die Überwa chung des Börsenhandels übernehmen. Heute überwacht die COB auch die Ver waltung von Kapitalanlagen, die nicht unmittelbar in der direkten Verfügung der Sparer sind,293 beaufsichtigt den gesamten Informationsfluß vom Emittenten zum Anleger und kümmert sich um das „bon fonctionnement“294 der Wertpapiermärk te, der notierten Finanzprodukte und der handelbaren Terminkontrakte.295
Eine wichtige Aufgabe der COB liegt seit ihrer Gründung somit darin, die Infor mationsversorgung des Marktes zu gewährleisten. Damit werden sowohl indivi duelle als auch institutioneile Schutzzwecke verfolgt.
c) Das Instrumentarium Zur Durchsetzung ihrer Aufgaben verfügt die COB über eine Reihe von Instru menten. Gem. Art.4-1 der Ordonnance Nr. 67-833 kann die COB seit 1985 Reglements erlassen. Diese Befugnis erstreckt sich auf den gesamten Bereich der
290 Vgl. Pense/Puttfarken (1997), S. 1029. Es kommen sechs Mitglieder aus der Judikative, der Banque de France, dem CMF sowie dem Conseil National de la Comptabilitd. Diese sechs wählen drei weitere Mitglieder, die in Fragen des Wertpapiergeschäfts besonders kompetent sind. Vgl. auch Michau (1992), S. 509 f. Zur Ernennung der anderen Mitglieder vgl. Gronstedt (1995), S. 39. Den Abteilungen der Verwaltung stehen jeweils ein Generaldirektor und ein Ge neralsekretär vor, die vom Präsidenten der COB nach Zustimmung des Wirtschaftsministers er nannt werden. 291 Vgl. allgemein zu den Erweiterungen der Befugnisse der COB durch dieses Gesetz Hertslet (1991), S. 285 ff. 292 Vgl. Vauplane/Bomet (1994), S. 11. 293 Sog. „Organisme de placement collectif“. Vgl. Gronstedt (1995), S. 45 f. 294 Art. 1 der Ordonnance Nr. 67-833 vom 28. September 1967. 295 Vgl. Michau (1992), S. 510 sowie Tune (1992), S. 133.
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ihr zugewiesenen Aufgaben.296 Daneben kann sie auch Decisions Gönörales erlas sen, was sie allerdings seit der Befugnis zum Aufstellen von Reglements nicht mehr tut.297 Desweiteren stehen der COB andere Befugnisse zu: Instruktionen, Empfehlungen, Stellungnahmen, sogenannte “rescrit“, Vorschläge sowie Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse.298
2. Die Bestimmungen Es ist wesentliche Aufgabe der COB, die Informationsströme zwischen den Emit tenten und den Anlegern zu regulieren. Folglich obliegt es ihr auch, Regelungen in bezug auf die Ad-hoc-Publizität aufzustellen und diese zu kontrollieren. Ursprünglich wurde die Ad-hoc-Publizität von der COB als „Information Occa sioneile“ bezeichnet. In jüngerer Vergangenheit verwendet die französische Bör senkommission den Terminus „Information Permanente“.299
Die heute gültigen Regelungen der Ad-hoc-Publizität entwickelten sich über einen langen Zeitraum. Deshalb ist es von Interesse, auch einen Blick auf die Geschichte der Ad-hoc-Publizität zu werfen.
a) Die geschichtliche Entwicklung Die COB hat frühzeitig erkannt, daß den Anlegern auch unterjährig Informationen zukommen müssen. Bereits 1970 hat die COB ein Schreiben veröffentlicht, in dem sie auf die Notwendigkeit der „Information occasionnelle“ hinweist und den Gesellschaften eine Anleitung für den Umgang mit diesem Instrument zur Verfü gung stellt.300 Die COB weist in diesem Schreiben daraufhin, daß es für die internationale Kon kurrenzfähigkeit des Börsenplatzes Paris notwendig ist, die Anleger unverzüglich 296 Vgl. Decoopman (1992), S. 21 f. 297 Vgl. Vauplane/Bomet (1994), S. 18. 298 Vgl. Gronstedt (1995), S. 47 f. Durch das Gesetz Nr. 96-597 v.2.7.1996 erhielt die COB diszi plinarische Befugnisse in bezug auf Finanzdienstleistungsuntemehmen, die Portefeuilles für Dritte verwalten. Die COB stellt für diese Unternehmen Wohlverhaltensregeln auf. Vgl. hierzu Pense/Puttfarken (1997), S. 1033. 299 Starke weist richtigerweise daraufhin, (faß es sich um ein gegensätzliches Begriffspaar handelt. Vgl. Starke (1994), S. 180. 300 Die „Information Occasionnelle“ wird in diesem Schreiben wie folgt definiert: ,,L’information occasionnelle est celle qui porte ä la connaissance du public tout övönement de la vie de l’entreprise susceptible d’avoir une röpercussion sur les cours de bourse, aussitöt que le secret n’est plus indispensable ou dds qu’apparait le risque de voir quelques personnes tirer avantage de renseignements jusque-lä confidentiels.“ Vgl. für die Definition Coscas/Forschbach (1995), S. 155. Ein Hinweis auf und eine knappe Zusammenfassung des Schreibens findet sich in: COB (1970), S. 3.
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mit Informationen zu versorgen. Auch die Effizienz des Börsenmarktes leide dar unter, daß sich Anleger vom Börsenmarkt zurückziehen, wenn sie die erforderli chen Informationen nicht erhalten würden. Außerdem wäre es sinnvoll, einen Verantwortlichen für die Informationspflicht im Unternehmen einzustellen. Bei spielhaft werden Anwendungsfälle, der Zeitpunkt sowie die Form der Publikation angesprochen.
1974 hat die COB im Zusammenhang von Insidergeschäften darauf hingewiesen, daß es wichtig ist, durch eine rasche Verbreitung von Informationen Insiderhandel zu vermeiden.301 Damit wollte die COB zum Ausdruck bringen, daß es ständige Verpflichtung des Emittenten ist, die Anleger zu unterrichten.302
Obwohl die COB früh den Nutzen einer schnellen Verbreitung von Informationen am Börsenmarkt sah, war es ihr lange nicht möglich, Regeln aufzustellen, die die Marktteilnehmer verpflichteten.303 Dies änderte sich erst im Jahre 1985, als die COB das Recht erhielt, Reglements aufzustellen. In bezug auf die „Information Permanente“ erließ die COB in Artikel 30 des Reglements 88-04 im Jahr 1988 die folgende Regelung:304 „Le public doit etre informe, dans les meilleurs dölais, de faits nouveaux importants de nature ä provoquer une variation des cours en bourse en raison de leur incidence sur la situation patrimoniale ou financidre d’une socidte, ou sur ses per spectives devolution“.
Durch diesen Artikel wurde somit die Verpflichtung zur „Information Permanente“ erstmals innerhalb eines Reglements, und damitrechtsverbindlich, festgeschrieben.
b) Die heutige Ausgestaltung Es folgt die Darstellung des Reglements 90-02, in dem die wesentlichen Regelun gen der heute gültigen Ad-hoc-Publizitätsvorschriften enthalten sind. Im Anschluß daran folgen Beispiele veröffentlichungspflichtiger Tatsachen, die Darstellung möglicher Sanktionen bei Verstößen sowie die Beschreibung der Möglichkeit der Emittenten, auf Veröffentlichungen zu verzichten.
301 Vgl. COB (1975), S. 116. 302 Vgl. Starke (1994), S. 180. 303 Auf den Aspekt, daß sich das Informationsbedürfhis der Anleger in bezug auf die „Information Permanente“ geändert hat, weist Vallon hin. Vgl. Vallon (1987). 304 Artikel 30 der Reglement 88-04 ist abgedruckt bei Starke (1994), S. 182.
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aa) Das Reglement 90-02 1990 erfolgte die Neuregelung der „Information Permanente“ in einem eigenen Reglement, nämlich im Reglement 90-02.305
(1) In Artikel 1 wird bestimmt, daß sowohl die Emittenten der Cöte Officielle als auch die des Second Marche dem Reglement 90-02 unterliegen. Im Segment der Hors Cöte gilt die Ad-hoc-Publizitätspflicht somit nicht.
In den Segmenten Cöte Officielle, Second Marche und Hors Cöte existieren wei tere Publizitätsbestimmungen beim als auch nach dem Börsengang.306 Die Adhoc-Publizität tritt somit in den relevanten Segmenten ergänzend neben andere Publizitätsinstrumente. Auch auf dem NM hat die Verpflichtung zur „Information Permanente“ volle Gültigkeit. Die SNM rechtfertigt dies damit, daß sich auf dem NM besonders jun ge und wachstumsstarke Emittenten befinden, die mit Risiken behaftet sind.307 Darüber hinaus verfugt der NM über besondere, nur in diesem Segment in dieser Form vorhandene Publizitätsinstrumente. Das für den NM erlassene Reglement 95-01 der COB308 schreibt den Emittenten vor, vor dem Börsengang einen Pro spekt309 und nach dem Going Public jährlich ein „Document de Reference“ zu erstellen und zu veröffentlichen. Nach dem Börsengang müssen jährlich der Jah resabschluß sowie halbjährlich ein Zwischenbericht publiziert werden. Quartals abschlüsse und deren Publikation sind hingegen nicht erforderlich. (2) Artikel 4 beinhaltet die Verpflichtung des Emittenten zur „Information Perma nente“ in der folgenden Form:
305 Dieses Reglement wurde bis auf den heutigen Tag mehrfach geändert. 306 Die Emittenten der Cöte Officielle müssen beim Börsengang einen Prospekt veröffentlichen. Nach dem Börsengang müssen sie den Jahresabschluß, einen Zwischen- sowie einen Quartals abschluß publizieren. Vgl. hierzu Coscas/Forschbach (1995), S. 163 ff. Die Informations pflichten der Cöte Officielle gelten für beide Teilmärkte gleichermaßen. Vgl. Vauplane/Bomet (1994), S. 166. Emittenten des Second Marchö müssen vor dem Börsengang eine Note de Prä sentation, nach dem Börsengang einen Zwischen- sowie einen Quartalsabschluß veröffentli chen. Vgl. Coscas/Forschbach (1995), S. 105 ff. sowie Jaffeux (1992), S. 22 f. Ein konsolidier ter Jahresabschluß der Emittenten des Second Marchö muß erst nach drei Jahren veröffentlicht werden. Die Pflicht zur Veröffentlichung des Zwischenberichts tritt am Second Marchö eben falls erst nach drei Jahren ein. Die Emittenten der Hors Cöte müssen lediglich beim Börsengang einen vereinfachten Prospekt vorlegen. 307 Vgl. SNM (1996a), S. 1. 308 Reglement 95-01 rölatif ä l’information ä diffuser ä l’occasion d’opörations rdalisäes sur le Nouveau Marchö. Es existiert auch eine „Instruction d’application du räglement No. 95-01 rölatif au Nouveau Marchö“ Darin finden sich Anweisungen zur Hinterlegung der Publizitäts instrumente. 309 Darin sollen die Risiken deutlich gemacht werden. Auch die erforderlichen Ausführungen zur dreijährigen strategischen Entwicklung (mit Planbilanzen) gehört in den Prospekt.
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„Tout dmetteur doit, le plus tot possible, porter ä la connaissance du public tout fait important susceptible, s’il ötait connu, d’avoir une incidence significative sur le cours du titre, du contrat negotiable ou du produit financier ä l’article 1er.“
Darüber hinaus müssen die Informationen „exacte“, „precise“ und „sincere“ sein.310 Die COB hat klargestellt, daß sich dieses Reglement ausschließlich auf kurssensible Tatsachen bezieht und nicht auf die gesamte Finanzkommunikation der Gesellschaft.311 (3) Artikel 8 bestimmt, daß die Information in Form eines Kommuniques veröf fentlicht werden muß, das der COB spätestens im Zeitpunkt der Publikation vor liegen muß.312 Der Emittent muß die Verbreitung der Information gewährlei sten.313 Die COB verfügt gern. Artikel 9 des Reglement 90-02 auch über die Mög lichkeit, vom Emittenten zusätzliche Informationen zu verlangen und gegebenen falls diese selbst zu veröffentlichen. Außerdem kann die COB auch dafür sorgen, daß die Notierung des Kurses an der Börse ausgesetzt wird. (4) Die COB hat 1993 einen Vademecum für die Ad-hoc-Publizität veröffent licht.314 Dieser dient als Leitfaden und soll den Emittenten noch einmal die wich tigsten Inhalte des Reglement 90-02 nahebringen.315 Die COB reagierte damit auf eine Vielzahl von Fällen in den Jahren 91 bis 93, in denen offensichtlich Verlet zungen dieser Publizitätspflicht vorlagen.316 Interessant ist, daß es in den meisten Fällen nicht um die Gefahr von Insiderdelikten ging, sondern daß die COB mit dem Erlaß des Vademecum darauf drängte, die Emittenten auf die Pflicht zur In formation des Kapitalmarktes aufmerksam zu machen.
310 Vgl. Reglement 90-02, Artikel 2. Zur Praxis der Aktionärsbriefe hat die COB bereits im Jahr 1982 Stellung genommen. Vgl. COB (1982), S. 5 f. Die COB weist daraufhin, daß die in Ak tionärsbriefen vermittelten Informationen exakt, loyal und vollständig sein müssen. 311 Vgl. COB (1993), S. 106. 312 Es ist nicht notwendig, vor der Veröffentlichung die Zustimmung der COB einzuholen. Vgl. COB (1993), S. 107. 313 Die COB hat im Zusammenhang mit ausländischen Gesellschaften, die an der Pariser Börse notiert sind, darauf hingewiesen, daß es nicht ausreicht, das Kommunique lediglich an die Bör se zu senden. Vgl. COB (1992c), S. 111. Die Veröffentlichungen der Ad-hoc-Meldüngen erfol gen größtenteils über elektronische Medien. Die COB hat in den letzten Jahren darauf hin ge wirkt, daß die elektronische Übermittlung an die Anleger verbessert wird. Das Ergebnis war die Gründung einer „Banque Teiematique de Communiques“ im Jahre 1995. Vgl. COB (1996), S. 16 f. 314 Vgl. COB (1994b), S. 118. 315 U.a. wird auf die Notwendigkeit eines offiziellen Kommuniques und die Vorgehensweise in bezug auf eine Kursaussetzung eingegangen. 316 Vgl. Winter (1994), S. 756 f.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
bb) Die Beispiele veröffentlichungspflichtiger Ereignisse Da die französische Regelung ebenfalls auf eine erhebliche Kursbeeinflussung abstellt, ist eine abschließende Aufzählung von veröffentlichungspflichtigen Sachverhalten nicht möglich.
Die COB hat in der Vergangenheit einige Beispiele genannt, die zu einer Veröf fentlichungspflicht fuhren können. Bspw. können Kooperationsverträge, Unter nehmenskäufe und -Verkäufe, Fusionen und Organisationsänderungen eine Veröf fentlichungspflicht bedingen.317 Auch im Falle einer „Procedure Collective“, ei nem Insolvenzverfahren, müssen die Verantwortlichen gegebenenfalls die wich tigsten Inhalte eines Sanierungsplans („Plan de Redressement“) der Öffentlichkeit mitteilen.318
cc) Die Sanktionen Verstöße gegen die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität können sowohl zu Buß geldern als auch zu strafrechtlichen Sanktionen fuhren.319 Die COB hat in der Vergangenheit bei Verstößen gegen das Reglement 90-02 eine Reihe von Bußgeldern verhängt.320 Dies dokumentiert, daß die französischen Be stimmungen zur Ad-hoc-Publizität auch de facto streng kontrolliert werden. dd) Die Verschiebung der Veröffentlichung Die französische Regelung läßt dem Emittenten die Möglichkeit offen, die Publi kation zu verschieben, wenn durch eine Veröffentlichung eine Beeinträchtigung der berechtigten Interessen vorliegen würde.321 Im Gegensatz zur deutschen Re gelung des § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG, der dem Emittenten lediglich ein Antrags recht auf Befreiung beim BAWe einräumt, obliegt es in Frankreich dem Emitten ten, diese Einschätzung vorzunehmen. Allerdings kann der Emittent in Frankreich die Publikation nur dann verschieben, wenn er die Vertraulichkeit, also den Ver bleib der Information im Unternehmen, gewährleisten kann. Die COB hat dazu angemerkt, daß ein Emittent bspw. im Zusammenhang von Jahresabschlußdaten,
Vgl. Coscas/Forschbach (1995), S. 156 f. Vgl. COB (1986), S. 88. Vgl. SNM (1996b), S. 5 f. Es kommt vor, daß die COB sowohl gegen Einzelpersonen als auch gegen die Gesellschaft Bußgelder verhängt. Im Fall der Gesellschaft Les Beaux Sites wurde ein Mitglied der Ge schäftsleitung wegen irreführender Information des Publikums mit FF 600.000 und die Gesell schaft wegen Mißachtung der Aufsicht mit FF 100.000 belegt. Vgl. COB (1992a), S. 27. Im Jahr 1995 wurde der Geschäftsführer der Gesellschaft Phenix wegen unexakter und irreführen der Information der Anleger mit einem Bußgeld von FF 500.000 belegt. Vgl. COB (1996), S. 12. 321 Reglement 90-02, Artikel 4. 317 318 319 320
Die Entwicklung der Ad-hoc-Publizität in anderen Ländern
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bei denen die Vertraulichkeit nicht gesichert ist, zur Publikation verpflichtet ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Zustimmung eines Untemehmensorgans noch aus steht, und um so mehr, wenn die Zahlen vorherige Veröffentlichungen korrigie ren.322
3. Die französische Ausgestaltung als Vorbild für die Schweiz Obgleich sich die Ausführungen an dieser Stelle auf die französische Situation beziehen, soll auf die Ad-hoc-Publizität in der Schweiz eingegangeri werden. Dort wurde vor kurzem der Art. 72 des Kotierungsreglements der Schweizer Börse ge ändert und eine Ad-hoc-Publizitätspflicht eingeführt, die internationalen Stan dards genügen soll.323 Die Schweizer haben sich bei der Änderung der Ad-hocPublizität eher am französischen als am deutschen Modell orientiert.324 Dies mani festiert sich daran, daß der Emittent unter bestimmten Umständen die Bekanntga be einer kursrelevanten Tatsache aus eigener Entscheidung heraus hinausschieben kann. Er kann dies zum einen, wenn die Planung oder Willensbildung betroffen ist. Dazu gehört auch eine Akquisition oder Fusion. Zum anderen kann er auf die sofortige Publikation verzichten, wenn die Verbreitung geeignet wäre, die berech tigten Interessen des Emittenten zu beinträchtigen. Allerdings muß der Emittent - analog zur französischen Regelung - die umfassende Vertraulichkeit der Tatsa che gewährleisten. Die Schweizer Börse hat die Leitlinien, die für sie bei der Festlegung des Art. 72 des Kotierungsreglements in bezug auf die Ad-hoc-Publizität galten, veröffent licht.325 Eine zeitgemäße Regelung müsse demnach nur eine minimale Informati onspflicht des Emittenten enthalten. Das Informationsmanagement wäre Sache des Emittenten und nicht der Börse. Dies beinhalte auch, daß sich das Informati onskonzept nur innerhalb einer Bandbreite ausdrücken kann und verschiedene Haltungen reflektiert. Wichtig wäre nur die konsequente Befolgung. Die Meldung an die Börse diene nur als Grundlage für eine Entscheidung über eine evtl, vorzu nehmende Kursaussetzung und nicht dem Informationsmanagement. Auch die Entscheidung des Emittenten über einen Aufschub müsse vom Emittenten getrof fen werden.
322 Vgl. COB (1991), S. 9. 323 Art. 72 ist eine Norm, die von der Schweizer Börse im Rahmen ihrer zukünftigen Kompetenz zur Selbstregulierung nach Art. 4 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 (BEHG) aufgestellt wurde. Das gesamte Kotierungsreglement bedarf nach Inkrafttreten des BEHG der Genehmigung durch die Eidgenössische Bankenkommission. 324 Vgl. Schweizer Börse (1996), S. 6. 325 Vgl. Schweizer Börse (1996), S. 3.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
III. Zwischenergebnis
Der französische Börsenmarkt weist ebenfalls eine Segmentierung auf. Mit dem Nouveau Marchi wurde ein Segment für junge, wachstumsstarke und innovative Unternehmen geschaffen. Die Ad-hoc-Publizität ist weit weniger - im Grunde gar nicht - nach Segmenten differenziert. Allerdings verfügen die Emittenten über die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen eine Verschiebung der Veröf fentlichung aufgrund einer selbst vorgenommenen Beurteilung vorzunehmen. Auf diese Weise werden die spezifischen Interessen des Emittenten berücksichtigt. Das Zurückhalten einer Veröffentlichung durch den Emittenten wurde auch in die entsprechende schweizer Regelung integriert.
C. Ergebnis Sowohl in den USA als auch in Frankreich sind die Börsenmärkte segmentiert. In den USA sind die Märkte sehr differenziert und bieten den Anlegern und Emit tenten zahlreiche Wahlmöglichkeiten. Die Segmentierung des französischen Bör senmarkts ähnelt derjenigen des deutschen. In den USA existieren in bezug auf die Ad-hoc-Publizität Vorschriften sowohl auf der Ebene des Bundesgesetzgebers als auch solche, die durch die Self Regulatory Organizations aufgestellt werden. Der Sachverhaltskatalog, der auf der Ebene des Bundesgesetzgebers durch die SEC aufgestellt wird, stellt eine rechtssichere Aus gestaltung dar. Die Veröffentlichung von Tatsachen, die im Sachverhaltskatalog erscheinen, wird von der SEC streng überwacht. Die Bestimmungen der einzelnen SRO unterscheiden sich jeweils in ihrem Umfang und sind somit segmentspezi fisch gestaltet. Allerdings erwartet die Emittenten, die diesen Bestimmungen nicht nachkommen, keinerlei zivilrechtlichen Folgen, weshalb de facto nur die bundes gesetzlichen Bestimmungen bedeutend sind.
Die Ad-hoc-Publizität in Frankreich ist im Grunde gar nicht nach Segmenten dif ferenziert. Die Emittenten verfügen jedoch über die Möglichkeit, bei einer Beein trächtigung ihrer spezifischen Interessen, die Veröffentlichung aufgrund einer eigenen Einschätzung zurückzuhalten. Auf diese Weise erfolgt faktisch eine Dif ferenzierung der Ad-hoc-Publizität. Dieses liberale Element der Ad-hoc-Publizität wurde auch in die entsprechende schweizer Regelung übernommen.
Die Betrachtung des Auslands zeigt, daß eine segmentspezifisch ausdifferenzierte Ad-hoc-Publizität auch in Deutschland notwendig ist.
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3. Kapitel: Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion Nachdem die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität im In- und Ausland betrachtet wurde, soll ein Blick auf die rechtspolitische Diskussion um § 15 WpHG gewor fen werden. Von Interesse ist insbesondere, welche Meinungen und Reformvor schläge in der rechtspolitischen Diskussion vorgebracht werden.
Die rechtspolitische Diskussion läßt sich danach systematisieren, ob sich Kritik punkte und Vorschläge direkt auf die einzelnen Marktteilnehmer, also die Emit tenten und die Anleger, beziehen, oder ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwi schen § 15 WpHG und der Börsenmarkteffizienz hergestellt wird. Ein großer Teil der rechtspolitischen Diskussion befaßt sich nur mit den Wirkun gen der Norm auf die einzelnen Marktteilnehmer. Diese Sichtweise greift zu kurz, da es ausdrückliches Ziel von § 15 WpHG ist, die Funktionsfähigkeit des Kapi talmarkts zu verbessern. Es ist selbstverständlich, daß auch die Auswirkungen der Ad-hoc-Publizität auf die Teilnehmer beider Seiten des Marktes wichtig für die Funktionen des Kapitalmarkts sind. Allerdings ist es ein Unterschied, ob man di rekt auf die Marktteilnehmer oder umittelbar auf die Marktfunktionen abstellt. Die Diskussion leidet im übrigen daran, daß der Aspekt einer möglichen und u.U. so gar notwendigen segmentspezifischen Ausdifferenzierung der Ad-hoc-Publizität nicht oder nur am Rande beachtet wird. Das ist ein schwerwiegender Mangel. Wie bereits angedeutet wurde und später noch näher darzulegen sein wird, kann durch eine entsprechende Ausdifferenzierung die Kapitalmarkteffizienz in der Tat ganz wesentlich verbessert werden.
A. Die Ad-hoc-Publizität und die Marktteilnehmer Die Marktteilnehmer an der Börse sind die Emittenten und die Anleger. Die Mehrzahl der Vorschläge und Meinungen zu § 15 WpHG bezieht sich auf die Emittenten. Dies liegt daran, daß sie von der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität unmittelbar betroffen sind und eine unbefriedigende Ausgestaltung für sie bela stend wirkt. Allerdings werden in der Diskussion auch die Auswirkungen auf die Anleger erörtert.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
I. Die Emittenten
Die Stimmen, die in § 15 WpHG eine Chance für die Emittenten sehen, sind in der Minderheit. Dies gilt auch für diejenigen, die meinen, daß es im Grunde weder positive noch negative Wirkungen durch die Ad-hoc-Publizität gibt. Ganz über wiegend wird § 15 WpHG aus Emittentensicht jedoch kritisch beurteilt. Dies zeigt eine nähere Betrachtung des Meinungsstandes.
1. Die Chance für die Emittenten Es gibt Unternehmen, die in der Ad-hoc-Publizität die Chance sehen, die Investor Relations zu verbessern. Bspw. sieht man bei der Berentzen AG die Chance, durch die Pflicht zu mehr Publizität neue Aktionäre zu gewinnen.326 Auch bei der Fielmann AG geht man davon aus, durch erhöhte Transparenz mehr Investoren zur Aktie hinzuführen.327 Aus dem Kreis der Emittenten hört man auch, daß die Ad-hoc-Publizität - ähnlich den Zielen der Investor-Relations-Strategien - einen Beitrag zur Senkung der Kapitalkosten leisten kann. Zunächst müsse das Vertrau en der Anleger gewonnen und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens hergestellt werden. Dies führe in der Folgezeit zu einer geringeren Volatilität der Börsenkur se. Schließlich werde so ein Börsenkurs erreicht, der aus Sicht des Unternehmens als angemessen bezeichnet werden könne.328
Diejenigen, die in § 15 WpHG Chancen für die Emittenten sehen, gehen im all gemeinen davon aus, daß diese Norm im Vergleich zum früheren § 44a BörsG a.F. mit keinen gravierenden Nachteilen verbunden sei. Viele Unternehmen, vor allem die Markenartikelhersteller, seien es gewohnt, mit der Öffentlichkeit zu dis kutieren. Es sei nicht notwendig, wegen der neuen Regelung vermehrt Personal einzustellen, oder Änderungen innerhalb der Organisationsstruktur vorzuneh men.329 All dies wird jedoch überwiegend ganz anders gesehen.
2. Die Belastung für die Emittenten Diejenigen, die meinen, § 15 WpHG sei mit unzumutbaren Belastungen für die Emittenten verbunden, üben an der Vorschrift grundsätzliche Kritik. Sie wird er gänzt durch eine untemehmensspezifische, d.h. auf kleine und mittlere sowie auf ausländische Unternehmen bezogene Kritik.
326 327 328 329
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Drosten (1994), S. 19. Drosten (1994), S. 19. Bruns (1995), S. 117. Drosten (1994), S. 19.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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a) Die grundsätzlichen Kritikpunkte
Die grundsätzliche Kritik richtet sich vor allem auf zwei Punkte: Die bestehende Rechtsunsicherheit bei der Anwendung des § 15 WpHG und die Unverhältnismä ßigkeit des Pflichteninhalts. aa) Rechtsunsicherheit Kritisiert wird vor allem, daß die Erfüllung der Publizitätspflichten wegen der vielen unbestimmten Rechtsbegriffe, die § 15 WpHG enthält, mit einer großen Rechtsunsicherheit belastet ist. Dies sei bei gleichzeitiger Androhung von Buß geldern für die Unternehmen nicht akzeptabel.330 Die Unternehmen müßten genau wissen, was unter einer meldepflichtigen Tatsache zu verstehen ist und welche Tatsachen konkret in welchem Zeitpunkt zu melden sind.331 Die bestehende Rechtsunsicherheit sei auch verfassungsrechtlich bedenklich.332 Die Neugestaltung der Börsenaufsicht mit der Schaffung des BAWe veranlasse die Unternehmen dazu, im Zweifel zu publizieren. Kein Unternehmen möchte durch die Verhän gung eines Bußgeldes zum Paradefall des § 15 WpHG avancieren.333
Um die Rechtsunsicherheit zu beseitigen, wird in der Literatur der Vorschlag ge macht, daß die Unternehmen einen internen Katalog mit meldepflichtigen Tatsa chen entwickeln könnten, nach dem sie sich bei der Veröffentlichung richten sollten.334 Der US-amerikanische Current Report könnte dabei als Vorbild dienen. Ein solcher abschließender Katalog würde die Rechtssicherheit auf Seiten der Emittenten vollständig erfüllen. Voraussetzung wäre jedoch, daß die ausschließli che Fixierung auf den internen Katalog keine Sanktionen nach sich zieht. bb) Unverhältnismäßigkeit Es gibt auch andere Vorschläge, die auf eine Konkretisierung der meldepflichti gen Tatsachen hinwirken wollen. Sie sind jedoch nicht allein von dem Wunsch bestimmt, mehr Rechtssicherheit für die Unternehmen zu schaffen, sondern beru hen insbesondere auch auf der Einschätzung, daß der Inhalt der Publizitätspflich ten unverhältnismäßig weit geht. Zu nennen sind insoweit vor allem die Vorschlä ge von Loistl, sowie von Pellens und Pellens/Fülbier.
(1) Der Vorschlag von Loistl setzt am Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung des § 15 WpHG ein. Bei sachgerechter Auslegung dieses Tat bestandsmerkmals besteht eine Publizitätspflicht des Emittenten i.d.R. nur dann, 330 331 332 333 334
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Pellens/Fülbier (1995a), S. 256. o.V. (19971), S. 25 sowie v. Rosen (1997), S. 25. Pellens/Fülbier (1994), S. 1385. Drosten (1994), S. 18 sowie Pellens/Fülbier (1995b), S. 35. Pellens/Fülbier (1994), S. 1387 f.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
wenn das Ereignis eine Veränderung des DVFA/SG-Ergebnisses herbeifuhrt.335 Somit handelt es sich ausschließlich um Tatsachen, die sich in der Rechnungsle gung des Emittenten niederschlagen. Loistl geht dabei davon aus, daß es keine gesicherte Erkenntnis darüber gibt, wie sich Informationen auf Wertpapierkurse auswirken. Es mangele somit an einer exakten Theorie der Abbildung von Infor mationen.336 In der Realität seien es nämlich eine Vielzahl von nicht zu isolieren den Faktoren, die die Bildung des Wertpapierkurses bestimmen. Im Rahmen von § 15 WpHG seien deshalb lediglich solche „untemehmensinteme Ereignisse“337 zu berücksichtigen, bei denen ein Zusammenhang mit dem Wertpapierkurs empirisch festgestellt wurde. Empirisch lasse sich die Auswirkung der Veränderung des DVFA/SG-Ergebnisses auf den Aktienkurs jedenfalls besser nachweisen als bspw. diejenige des Jahresüberschusses.338 Die Empirik zeige, daß jede Veränderung des DVFA/SG-Ergebnisses auch zu einer Veränderung des Aktienkurses führt.339 Die Kursrelevanz als der Auslöser der Publizitätspflicht wird somit innerhalb dieses Vorschlags durch eine Veränderung des DVFA/SG-Ergebnisses ersetzt. (2) Pellens hat einen Vorschlag zur inhaltlichen Reduktion der Publizitätspflicht schon im Zusammenhang mit § 44a BörsG a.F. gemacht. Ihm liegt folgende Über legung zugrunde:340 Eine einschneidende Publizitätspflicht, die ausschließlich aus dem Blickwinkel der Informationseffizienz des Kapitalmarktes (und damit aus Anlegersicht) gesehen wird, könne für den Wettbewerb negative Auswirkungen haben. Möglicherweise bestehe für die Emittenten kein Anreiz mehr zu Innova tionen, wenn die Pioniergewinne nicht abgeschöpft werden können. Neben der damit verbundenen Beeinträchtigung des Wettbewerbs könnten sich aus einer sol chen Publizitätsvorschrift auch negative Wirkungen auf die Institution Aktienge sellschaft ergeben. Die Beurteilung einer Verbesserung der kapitalmarktlichen Funktionen durch eine Ad-hoc-Publizitätsnorm könne nur unter Beachtung der Wirkungen erfolgen, die diese Norm sowohl für die Emittenten als auch für die Anleger habe. Pellens setzt somit an den Anfang seines Vorschlags die Überle gung, daß bei der Ausgestaltung der Publizitätsnorm im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfimg neben den Interessen der Anleger an möglichst optimaler 335 Das Ergebnis nach DVFA/SG (Deutsche Vereinigung fiir Finanzanalyse und Anlageberatung e.V./Schmalenbach-Gesellschaft fiir Betriebswirtschaft) stellt eine Größe dar, die die Jahreser gebnisse der Unternehmen um Sondereinflüsse bereinigt. Auf diese Weise ist es vor allem Fi nanzanalysten möglich, Jahresergebnisse von Unternehmen auch unter Berücksichtigung bran chenspezifischer Charakteristika zu vergleichen. Vgl. Arbeitskreis „Externe Untemehmensrechnung“ (1996). 336 Vgl. Loistl (1995), S. 234. 337 Vgl. Loistl (1995), S. 235. 338 Vgl. hierzu die empirische Untersuchung von Booth u.a. (1996). 339 Vgl. Loistl (1995), S. 235. 340 Vgl. Pellens (1991), S. 64.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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Information auch die Interessen der Emittenten an einer sachgerechten und hinrei chend konkret begrenzten Publizitätspflicht berücksichtigt werden müssen.
(3) Auch Pellens/Fülbier weisen daraufhin, daß es keine befriedigenden empiri schen Modelle für eine exakte Abbildungsregel von Informationen auf Wertpa pierkurse gibt.341 Deshalb schlagen sie vor, die Tatbestandsmerkmale des § 15 WpHG dergestalt zu fassen, daß allein die erhebliche Veränderung der Vermö gens-, Finanz- und Ertragslage oder des allgemeinen Geschäftsverlaufs eine Pu blizitätspflicht auslöst.342 Konkret bedeute dies für den Emittenten, daß grundsätz lich nur Tatsachen zu veröffentlichen sind, wenn sie im folgenden Einzel- oder Konzemabschluß einen Buchungsvorgang auslösen oder im Lagebericht erschei nen müssen.343 Für die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals der Erheblichkeit wird vorgeschla gen, „eine sachverhaltsabhängige und subjektive Ausgestaltung aus dem Blick winkel der Adressaten vorzunehmen, die sich an den handelsrechtlichen Grund sätzen ordnungsmäßiger Buchführung orientieren soll“.344 Hierfür böten sich bspw. Kennzahlenkataloge an. Es wäre auch möglich, den Wirtschaftsprüfer we gen seiner Erfahrungen in die Erheblichkeitsbeurteilung einzubeziehen.345 Der Vorschlag von Pellens/Fülbier wurde von Heidmeier aufgegriffen und wei terentwickelt.346 Heidmeier kommt zu dem Ergebnis, daß die Ad-hoc-Publizität durch ihre Funktion im System der börslichen Publizitätspflichten und die Zielset zungen des Gesetzes eingegrenzt werden muß. Sie beschränke sich demnach auf Sachverhalte „besonderer Brisanz“ und „einschneidender Veränderungen“.347
b) Die unternehmensbezogenen Kritikpunkte
Über die skizzierte grundsätzliche Kritik hinaus wird § 15 WpHG, wie bereits erwähnt, auch noch aus spezifisch untemehmensbezogener Sicht heraus kritisiert. Man sieht dabei vor allem Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen sowie für internationale Emittenten. aa) Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen Dem WpHG insgesamt wird vorgeworfen, die Umwandlung von Unternehmen in die Rechtsform der AG und ihren Börsengang durch kontraproduktive Wirkungen 341 342 343 344 345 346 347
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Pellens (1991), S. 65 ff. Pellens/Fülbier (1995b), S. 46. Pellens/Fülbier (1994), S. 1388. Pellens (1991), S. 68. Im Zusammenhang mit § 44 a BörsG a.F. Pellens/Fülbier (1995b), S. 46 f. Heidmeier (1992), S. 112 ff. Heidmeier (1992), S. 115.
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zu unterlaufen.348 Dies gelte vor allem für § 15 WpHG. Diese Vorschrift benach teilige namentlich die Familienaktiengesellschaften bzw. die kleinen und mittleren Unternehmen im Vergleich zu den Großunternehmen ganz erheblich. Bei den kleineren Aktiengesellschaften werde die Schwelle, die eine Publizitätspflicht aus löst, weitaus früher erreicht als bei großen Aktiengesellschaften.349 Sie müßten also i.d.R. weit mehr und weit eher informieren als dies von Großunternehmen notwendig sei. Abgesehen davon könne die Meldung kursrelevanter Tatsachen hier auch weit mehr als bei den Großunternehmen erhebliche Folgen haben. Z.B. sei denkbar, daß die Negativmeldung bzgl. eines Produkts einen überproportio nalen Kurseinbruch auslöst oder die Übernahme durch einen Konzern herbei fuhrt.350 Somit könne eine Ad-hoc-Meldung mit negativem Inhalt und damit anzu nehmender negativer Kursreaktion eine existenzbedrohende Wirkung entfalten. Dabei ist es möglich, daß diese Meldung, da sie „unverzüglich“ erfolgen muß, irrtümlich erfolgt. Bei kleinen und mittleren Unternehmen könnten durch § 15 WpHG erhebliche Kosten in Form von administrativem und personellem Auf wand entstehen. Diese Unternehmen könnten durch die Ad-hoc-Publizitätspflicht zur Errichtung einer besonderen Kommunikationsabteilung gezwungen sein.
bb) Nachteile für internationale Unternehmen Für internationale Konzerne werden bei der Anwendung von § 15 WpHG eben falls Nachteile gesehen. Diese Gesellschaften, so wird argumentiert, müßten meh rere nationale Regelungen beachten, da sie oftmals an Börsen des In- und Aus lands kotiert sind.351 Die einzelnen Börsen könnten dabei unterschiedliche Publi kationsmodalitäten fordern. In Deutschland würden Ad-hoc-Publikationen von den Börsen nur vor- oder nachbörslich gewünscht, während bspw. an der NYSE die entsprechenden Publikationen auch während des Handels erfolgen sollen. Dazu komme das Problem der Zeitverschiebung zwischen den verschiedenen Börsen. Obgleich internationale Konzerne über große Kommunikationsabteilungen ver fugten, verursachten diese unterschiedlichen Pflichten u.U. erhebliche Probleme. Ausländische Unternehmen mit Börsennotierung im Inland könnten vor allem dann Schwierigkeiten mit der Ad-hoc-Publizitätspflicht haben, wenn sie in ihren Herkunftsländern niedrigere oder andere Publizitätspflichten zu beachten haben. Für ausländische Unternehmen könne die Ad-hoc-Publizitätspflicht sogar dazu fuhren, auf die Notiz an der Börse in Deutschland ganz zu verzichten. Für die Re gionalbörsen, die einen erheblichen Anteil ihres Umsatzes mit ausländischen Wer348 349 350 351
Vgl. Hettler (1995), S. 276 f. Vgl. hierzu auch Drosten (1994), S. 18 f. Vgl. Hennerkes/Kirchdörfer (1994), S. 14. Vgl. Hennerkes (1995), S. B 4. Siehe hierzu Klein (1996), S. 99 ff.
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ten bestreiten, wäre es deshalb wichtig, daß § 15 WpHG auch künftig für den Frei verkehr keine Gültigkeit hat. Auch die Publikation einer Meldung in deutscher Sprache könne für diese Gruppe von Unternehmen erhöhten Aufwand bedeuten.352
II. Die Anleger Aus Anlegersicht wird § 15 WpHG überwiegend positiv beurteilt. Es gibt aber auch gewichtige Stimmen, die meinen, der Anlegerschutz sei immer noch unzureichend. 1. Die Verbesserung des Anlegerschutzes
Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität durch § 15 WpHG wird weithin als ein wirksamer Schutz der Anleger vor Insiderhandel begrüßt.353 Im Unternehmen täti ge Personen oder andere Insider verlören dadurch ihren Informationsvorteil. Wit tich, der Präsident des BAWe, meint, die Transparenz der deutschen Wertpapier märkte sei bereits im ersten Jahr der Einführung von § 15 WpHG erhöht wor den.354 Das Konzept der Bereichsöffentlichkeit und die damit zusammenhängende Über tragung der Ad-hoc-Meldungen über elektronische Medien werden ebenfalls po sitiv bewertet. Insbesondere aus Gründen der Informationseffizienz sei dieser Übertragungsmodus sinnvoll, da die Meldungen den Markt schneller erreichten und damit die Gefahr von Insidergeschäften verringert werde.355 Aus Kostengrün den scheide es aus, eine große Anzahl von Anlegern direkt zu unterrichten. Schließlich seien professionelle Marktteilnehmer immer im Vorteil und eine Gleichbehandlung aller Anleger sei nur dadurch möglich, den Handel am Tag einer Ad-hoc-Meldung sowohl im börslichen als auch im außerbörslichen Handel auszusetzen.356
2. Die Unvollkommenheiten des Anlegerschutzes
Trotz der unbestreitbaren Verbesserungen, die § 15 WpHG mit sich gebracht hat, werden nach wie vor erhebliche Unvollkommenheiten beim Anlegerschutz gese hen. Z.T., so meint man, habe § 15 WpHG auch neue Anlegerschutzprobleme ge schaffen. Es gebe nunmehr „Marktinsider“. Außerdem wird Kritik an der Präven
352 Seit Anfang Februar 1996 ist es auch erlaubt, Meldungen nach § 15 WpHG in englischer Spra che zu publizieren. Siehe hierzu 1. Kapitel B/II/4/b. 353 Vgl. Hopt (1996), S. 22. 354 Vgl. o.V. (1996g), S. 11. Siehe auch o.V. (1996a), S. 30. 355 Vgl. oV. (1996b), S. 1. 356 Vgl. Watermann (1996), S. 20.
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tivfunktion und am Konzept der Bereichsöffentlichkeit geübt. Schließlich wird die unzureichende Abstimmung zwischen Börsen- und Gesellschaftsrecht kritisiert.
a) Die Schaffung von Marktinsidern Der Regulierung des § 15 WpHG liegt die Absicht zugrunde, durch eine schnelle Verbreitung von kursrelevanten Tatsachen die Informationsversorgung des Mark tes zu verbessern, also die Informationseffizienz zu steigern. Schneider kritisiert, daß es wenig Sinn macht, dieses Konzept der Informationseffizienz als Maßstab für Rechtssetzungen zu wählen, da dessen Prämissen mit den Bedingungen eines realen Kapitalmarktes nicht vereinbar seien.357 Die Ad-hoc-Publizität führe dazu, daß Insidergewinne von Unternehmens- zu Marktinsidem wie Analysten oder Finanzintermediären verlagert werden.358 Damit finde nach der Einführung einer Ad-hoc-Publizitätspflicht eine Diskriminierung des breiten Anlegerpublikums statt. Das Ziel, die Anleger vor Schäden aus Insiderhandel zu schützen, könne durch das Kapitalmarktrecht nicht gelöst werden.
b) Die Präventivfunktion
Bezogen auf die Präventivfunktion von § 15 WpHG wird folgende Kritik vorge bracht: Das Management einer börsennotierten Gesellschaft könne trotz der Re gelung des § 15 WpHG einen zu publizierenden Sachverhalt vor dessen Eintritt antizipieren und verwerten. Darüber hinaus sei dem Management auch die Tatsa che bekannt, die zu einer Befreiung führt, und schließlich verfüge die Untemehmensführung in bezug auf die Einschätzung der zukünftigen Untemehmensentwicklung über erhebliche Informationsvorteile.359 Somit gelinge es § 15 WpHG auch aus diesem Grunde nicht, die Anleger wirksam vor den Schäden aus Insider handel zu schützen.
c) Die Bereichsöffentlichkeit Schließlich wird die Übertragung des Konzepts der Bereichsöffentlichkeit aus § 13 Abs. 1 WpHG auf § 15 WpHG kritisch eingeschätzt. 360 Die Öffentlichkeit des § 15 WpHG meint eine überregionale Bekanntheit, aus der sich eine allgemei
357 Vgl. Schneider (1993), S. 1432 ff. Siehe auch die Ausführungen zum Begriff der Informationseffizienz im 4. Kapitel unter A/I/2/c. 358 Vgl. Schneider (1993), S. 1430. 359 Vgl. Pellens/Fülbier (1994), S. 1383. 360 In der Literatur finden sich unterschiedliche Meinungen dazu, was gern. Artikel 1 Abs. 1 der EG-Insiderrichtlinie unter „öffentlich bekannt“ zu verstehen ist. Vgl. Assmann (1995), § 13, Rdnr. 40, S. 108.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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ne Zugänglichkeit ableitet.361 Hingewiesen wird darauf, daß sich aus dem Konzept der Bereichsöffentlichkeit Aufklärungspflichten der Kreditinstitute gegenüber ihren Kunden ergeben könnten.362 Außerdem würde dieses Konzept die Markt segmentierung im Sinne einer Aufteilung in gut- und schlechtinformierte Markt teilnehmer fördern und die institutioneilen Marktteilnehmer bevorzugen.363 d) Die Abstimmung zwischen Börsen- und Gesellschaftsrecht
Eine sehr grundsätzlich angelegte Kritik befaßt sich mit dem Verhältnis von Bör sen- und Gesellschaftsrecht. Hierbei wird die bestehende Abstimmung als man gelhaft bezeichnet.364 Hirte befürwortet einen uneingeschränkten Vorrang des § 15 WpHG gegenüber anderen, vor allem aktienrechtlichen Normen, „wenn und so weit die Adressaten der Publizitätsvorschriften des § 15 WpHG denen des Gesell schaftsrechts entsprechen und auch Sanktionen und Rechtsweg gleichwertig sind“.365 Bspw. sollte § 15 WpHG vorrangig gegenüber § 131 AktG, der das Aus kunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung regelt, gelten. Aktienrechtli che Informationspflichten bzgl. der Umwandlung, Konzembildung und Kapitaler höhung sollten de lege ferenda in § 15 WpHG eingeordnet werden.366 Allerdings sei der Vorrang nur möglich, wenn die Aktionäre selbst unterrichtet werden. So mit würde die Bereichsöffentlichkeit nicht ausreichen.367
III. Zwischenergebnis Die Meinungen und Reform Vorschläge zu § 15 WpHG, die zu den Marktteilneh mern vorgebracht werden, beziehen sich überwiegend auf die Emittenten. Dabei findet meist eine kritische Einschätzung der Wirkungen statt. Die grundsätzliche Kritik betrifft die große Rechtsunsicherheit auf Seiten der Emittenten. Es wird der Vorschlag gemacht, diese Rechtsunsicherheit mit einem rechtssicheren Katalog, der die meldepflichtigen Tatsachen enthält, zu überwinden. Kritisiert wird aber auch, daß die Publizitätsinhalte unverhältnismäßig weit gehen. Hier setzen die ReformVorschläge von Loistl, Pellens und Pellens/Fülbier ein. Im Rahmen der untemehmensbezogenen Kritik wird vor allem die Belastung der Norm für die kleinen und mittleren Unternehmen angesprochen. Neben der großen Belastung
361 362 363 364 365 366 367
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Hopt (1995a), S. 153 f. sowie Assmann (1994b), S. 527 Fußnote 130. Rellermeyer (1995), S. 1984. Pellens/Fülbier (1995b), S. 31 sowie S. 37 f. Hirte (1996), S. 49. Hirte (1996), S. 54. Hirte (1996), S. 64 f. Hirte (1996), S. 65 ff.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
durch Kosten, die bspw. durch das Einstellen von Personal entstehen könnten, wäre es auch möglich, daß Ad-hoc-Meldungen mit negativer Kursreaktion zur Übernahme durch Konzerne fuhren könnten. Dies wären in der Tat existenzbe drohende Konsequenzen für kleine und mittlere Gesellschaften. Aus Anlegersicht wird § 15 WpHG überwiegend positiv beurteilt, obgleich es auch kritische Stim men gibt. Die Kritik setzt u.a. am Konzept der Bereichsöffentlichkeit an, das eine Benachteiligung privater Anleger darstellen würde. Es wird außerdem bemängelt, daß die Norm sogenannte „Marktinsider“ schaffen würde.
B. Die Ad-hoc-Publizität und die Börsenmarkteffizienz In der rechtspolitischen Diskussion wird neben den Auswirkungen auf die Markt teilnehmer auch auf den direkten Zusammenhang der Ad-hoc-Publizität mit marktlichen Funktionen eingegangen. Dabei wird auch der Aspekt, daß der Bör senmarkt in Deutschland nach Segmenten gegliedert ist, angesprochen.
Unter fimktions- und segmentspezifischen Aspekten wird § 15 WpHG ebenfalls teils positiv, teils negativ beurteilt, und zwar vielfach mit den gleichen Argumen ten, die auch aus der Sicht der einzelnen Marktteilnehmer vorgebracht werden. Das kann angesichts des engen Zusammenhangs, der zwischen Individual- und Funktionenschutz besteht, kaum verwundern. I. Die allgemeinen, marktfunktionsorientierten Aspekte
1. Positive Marktwirkungen
Ganz überwiegend werden von § 15 WpHG positive Auswirkungen auf die Funk tionsfähigkeit der Börsenmärkte erwartet. Die Ad-hoc-Publizität leiste einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Transpa renz der Wertpapiermärkte.368 Allerdings könne sie nicht immer die Informations effizienz sicherstellen, da nicht alle Prognosen und Planungen eines Unterneh mens, der möglichen Irritation des Kapitalmarkts wegen, zu veröffentlichen sind. Auf der anderen Seite beeinflußten die Erwartungen für die Zukunft den Börsen kurs, weswegen die frühzeitige Information des Kapitalmarkts für dessen Funkti onsfähigkeit wichtig sei.
368 Vgl. im folgenden FürhoffTWölk (1997), S. 459.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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§ 15 WpHG sorge dafür, daß über die Information der Anleger die Möglichkeit von Insiderverstößen abgebaut wird. Dadurch würde die Chancengleichheit aller Anleger und somit die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts erreicht.369
2. Negative Marktwirkungen Diejenigen, die § 15 WpHG unter allgemeinen marktfunktionsorientierten Aspek ten kritisch sehen, befürchten negative Wirkungen auf die Markteffizienz vor al lem durch Informationsverschlechterungen und Rechtsunsicherheit. a) Informationsverschlechterungen Es wird argumentiert, durch die Regulierung des Insiderrechts leide die Informati onsversorgung des Marktes. Es kommt zu Allokationseinbußen, weil die vorher von Insidern verbreiteten Informationen jetzt nicht mehr in die Marktpreise ein gingen. Diese Informationsmängel müßten durch die Ad-hoc-Publizität in Form von § 15 WpHG kompensiert werden.370 Damit eine Publizitätsnorm diese Kom pensation erfüllen könne, bedarf es bestimmter Bedingungen, bspw. der rechtssi cheren Ausgestaltung der Norm.371 Diese erfülle § 15 WpHG nicht. b) Rechtsunsicherheit
Unter dem Aspekt der Rechtssicherheit befürchtet namentlich Assmann negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit. Er kritisiert, daß durch die weitgehende Übernahme der Vorgängerregelung in Form des § 44a BörsG a.F. die Möglichkeit nicht ergriffen wurde, § 15 WpHG mehr Präzision und Funktionalität zu geben.372 Diese Kritik bezieht sich zunächst auf das Veröffentlichungsgebot. Außerdem wird von Assmann bemängelt, daß keine Fristen festgelegt wurden, in denen das BAWe über einen Antrag auf Freistellung von der Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG zu entscheiden hat. Assmann weist auch auf die Probleme hin, die sich aus der Befreiung des Emittenten im Zusammenhang mit der Erstellung eines Prospekts ergeben können. II. Die besonderen, segmentspezifischen Aspekte Im Hinblick auf die hier ins Auge gefaßte segmentspezifische Ausdifferenzierung der Ad-hoc-Publizität interessiert besonders, inwieweit es in der rechtspolitischen Diskussion bereits ähnliche Überlegungen gegeben hat. Für den amtlichen Handel 369 370 371 372
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Kümpel (1997), S. 66. Pellens/Fülbier (1994), S. 1382. Pellens/Fülbier (1994), S. 1383 ff. Assmann (1994a), S. 251.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
wird die Notwendigkeit einer Ad-hoc-Publizität, wie sie § 15 WpHG normiert, nicht in Frage gestellt. Teilweise wird eine entsprechende Publizitätspflicht sogar für alle Marktsegmente, einschließlich geregelter Markt und Freiverkehr, für not wendig erachtet. Es gibt aber auch Stimmen, die für die unteren Marktsegmente eine Ad-hoc-Publizität nicht oder nur mit erheblichen Begrenzungen und Modifi kationen für erforderlich halten.
1. Der geregelte Markt Der geregelte Markt wurde geschaffen, um kleine und mittlere Unternehmen ver stärkt an die Börse zu fuhren. Es wird z.T. befürchtet, daß das Ziel nicht erreicht wird, wenn die kleinen und mittleren Unternehmen im geregelten Markt der glei chen Publizität unterworfen werden wie sie die Unternehmen im amtlichen Han del erfüllen müssen. Aus diesem Grunde hat sich der Bundesverband Deutscher Banken, der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Industrieund Handelstag in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 29.4.1985 gegen jede Ad-hoc-Publizität im geregelten Markt ausgesprochen. In der Stellungnahme wird argumentiert, die künftigen Emittenten dieses Segments würden die strengen Pu blizitätspflichten - nicht zuletzt wegen den damit verbundenen Sanktionsdrohun gen - scheuen. Deshalb bestünde die Gefahr, daß nur eine geringe Anzahl von mittelständischen Emittenten für den geregelten Markt gefunden werde.
Auch Hopt sieht die Ad-hoc-Publizität im geregelten Markt für die dort an die Börse heranzuführenden Mittelstandsuntemehmen als sehr belastend an.373 Er plä dierte bei der Einführung des geregelten Marktes aber gleichwohl für dessen Ein beziehung unter die Ad-hoc-Publizität. Allerdings sprach er sich für eine flexible re Gestaltung der Ad-hoc-Publizität für dieses Segment aus, mit dem Ziel einer Pflichtenreduktion.
Andere Autoren wiesen im Zusammenhang mit der Einführung des geregelten Marktes darauf hin, daß es der Wille des Gesetzgebers ist, die Publizitätsinhalte im geregelten Markt gegenüber denen des amtlichen Handels einzuschränken, um kleinen und mittleren Unternehmen den Börsenzugang zu erleichtern.374 Obgleich sie dabei nicht ausdrücklich auf die Ad-hoc-Publizität eingehen, haben ihre Über legungen auch für diese Pflicht Bedeutung. Der geregelte Markt hat die in ihn gesetzten Erwartungen nur z.T. erfüllt. Es sind bisher nur relativ wenige und meistens nicht sehr große mittelständische Unter nehmen in diesem Segment an die Börse gegangen. Dies hat möglicherweise sei 373 Vgl. Hopt (1985), S. 801. 374 Vgl. Weber/Wohlfarth (1986), S. 702. Für die Vorgabe des Gesetzgebers vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 10 f.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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nen Grund in den überzogenen Publizitätspflichten. Um so kritischer muß die Ausgestaltung der Publizitätspflichten im „Neuen Markt“ betrachtet werden, der als Zielgruppe relativ junge „Venture Capital Gesellschaften“ aufhehmen soll.
2. Der „Neue Markt“ Im Mai 1995 wurde von der Deutschen Börse AG in Frankfurt eine als „Zeus“375 bezeichnete Untemehmensstrategie der Öffentlichkeit vorgestellt.376 Das im Rah men von „Zeus“ eingefiihrte Geschäftsfeld „Domestic Products“ soll die wettbe werbliche Stellung der nationalen Aktien- und Rentenmärkte sichern und aus bauen.377
Ein wesentlicher Baustein des Geschäftsfelds „Domestic Products“ ist die Schaf fung eines neuen Handelssegments, des sogenannten „Neuen Marktes“. Damit soll jungen und dynamischen Emittenten ein neues Segment angeboten werden. Diese Wachstumswerte können bspw. aus Branchen der Bio- oder Kommunikations technologie stammen.378 Die Deutsche Börse AG möchte diese Unternehmen be wußt von den älteren mittelständischen Aktiengesellschaften abgrenzen und somit ein Segment fiir Venture Capital schaffen.379
Der Handel auf dem „Neuen Markt“ sollte im ersten Quartal 1997 ursprünglich mit ca. 30 Unternehmen beginnen.380 Zu Beginn des Handels am 10. März 1997 nahmen jedoch nur zwei Emittenten den Handel auf.381 Deshalb kann man heute
375 „Zeus“ ist die Abkürzung für Zentrale Untemehmensstrategie. 376 „Zeus“ beinhaltet zum einen die Einführung einer vollelektronischen Plattform für den Börsen handel und führt zum anderen drei neue strategische Geschäftsfelder ein. Es handelt sich um die Geschäftsfelder „Benchmark Products“, „Domestic Products“ und „Operation-Based Servi ces“. Vgl. o.V. (1995a), S. R 267 ff. 377 Das Geschäftsfeld „Benchmark Products“ umfaßt Handel und Abwicklung von sehr liquiden deutschen Aktien- und Rentenwerten im Kassa- und Terminmarkt. „Operation-Based Services“ befaßt sich mit der Wertpapierabwicklung, -Verwahrung und -Verwaltung und damit verwand ten Dienstleistungen. Eine Übersicht dieser beiden Geschäftsfelder findet sich bei Deutsche Börse AG (1995), S. 13 ff. sowie Deutsche Börse AG (1996c), S. 12 ff. 378 Vgl. Kutzer (1996a), S. 33. 379 Vgl. Kutzer (1996a), S. 33. 380 Vgl. o.V. (1996h), S. 1 und o.V. (1996i), S. 37. 381 Es handelte sich um die Bertrandt AG, die aus dem geregelten Markt in den „Neuen Markt“ wechselte und die Mobilcom AG als einzigen neuen Wert. Die Deutsche Börse AG hat ihren Zielkorridor in bezug auf neue Emittenten am „Neuen Markt“ nach unten revidiert. So sollen bis Ende 1997 ca. 15 Emittenten den Weg in dieses neue Handelssegment finden. Vgl. Weiler (1997), S. 13. Als Kandidat für das vierte Quartal 1997 wird die Utimaco Software AG ge nannt. Vgl. Görtz (1997), S. 216. Offensichtlich konnte die Zahl der Neuemittenten auch wegen der mangelnden Unterstützung durch die Kreditinstitute nicht erfüllt werden. Vgl. o.V. (1997e), S. 37.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
noch nicht abschließend beurteilen, ob der „Neue Markt“ ein Erfolg oder eher ein Mißerfolg ist.382
Im folgenden wird zunächst auf die Zulassungsvoraussetzungen, sodann auf die Publizitätserfordemisse eingegangen. a) Die Zulassungsvoraussetzungen
Das Emissionsvolumen im „Neuen Markt“ muß mindestens 10 Mio. DM betra gen, wovon möglichst über 50 % aus einer Kapitalerhöhung stammen sollen.383 Der Streubesitzanteil muß mindestens 15 %, sollte jedoch möglichst über 25 % liegen.384 Das Unternehmen muß vor dem Going Public mindestens ein Jahr be stehen. Neu ist die Verpflichtung, mindestens einen sogenannten Betreuer zu en gagieren. Dieser übernimmt zum einen Händler- und zum anderen Beratungs funktionen nach der Emission. Als Händler fördert der Betreuer die Liquidität, indem er verbindliche An- und Verkaufskurse stellt.385 Der Betreuer ist somit den Market-Maker sehr ähnlich. Strebt ein bisher noch nicht an der Börse notiertes Unternehmen eine Notiz im „Neuen Markt“ an, muß es das Zulassungsverfahren zum geregelten Markt durchlaufen. Der Handel findet anschließend im „Neuen Markt“ statt. Bereits im geregelten Markt notierte Emittenten beantragen lediglich die Notierungsaufhahme im „Neuen Markt“.386 b) Die Publizität Die Emittenten im „Neuen Markt“ müssen beim Börsengang einen Zulassungs prospekt in deutscher und englischer Sprache nach internationalen Standards er stellen. Dieser umfaßt den im geregelten Markt erforderlichen Untemehmensbericht.387
382 Vgl. auch Keidel (1997), S. 2. 383 Vgl. auch ftir die anderen Zulassungsvoraussetzungen Deutsche Börse AG (1996a), S. 2. 384 Außerdem dürfen ausschließlich Stammaktien emittiert werden und der Übemahmekodex muß akzeptiert werden; die Altaktionäre verpflichten sich darüber hinaus, ihre Anteile sechs Monate lang zu halten. 385 Vgl. zur Rolle der Betreuer Francioni (1997), S. 68 ff. Desweiteren Büschgen (1997), S. 100 ff; o.V. (1997d), S. 130; o.V. (1996o), S. 33; o.V. (1996p), S. 30 sowie v. Rosen (1996), S. 25. Siehe für eine kritische Würdigung der Banken als Betreuer o.V. (1996r), S. 38. 386 Emittenten des amtlichen Handels, die in den „Neuen Markt“ wechseln wollen, müssen das formelle Zulassungsverfahren des geregelten Marktes durchlaufen. Vgl. Francioni (1997), S. 70. 387 Vgl. zum Inhalt des Zulassungsprospekts Deutsche Börse AG (1997), S. 4 ff.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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Nach dem Börsengang müssen die Emittenten die folgenden Informationspflich ten einhalten:388 — Veröffentlichung von Jahresabschlüssen spätestens nach vier Monaten nach Ende des Geschäftsjahres, die nach internationalen Rechnungslegungstandards (IAS, US-GAAP, HGB mit Überleitung) aufgestellt wurden; außerdem muß die Offenlegung des Anteilsbesitzes von Aufsichtsrat und Vorstand erfolgen. — Veröffentlichung von Quartalsberichten spätestens nach zwei Monaten, die Angaben zum Geschäftsverlauf und Kennzahlen enthalten. — Durchführung einer Analystenveranstaltung sowie die Veröffentlichung eines Untemehmenskalenders mit allen wichtigen Terminen. Der Emittent muß auch die Ad-hoc-Publizität gern. § 15 WpHG einhalten und kursbeeinflussende Tatsachen veröffentlichen.389
Der „Neue Markt“ weist somit höhere Publizitätspflichten auf als die bisherigen Börsensegmente.390 Durch eine vermehrte Information erhofft man sich ein ge steigertes Interesse der Anleger, um dadurch für ausreichende Liquidität in diesem Handelssegment zu sorgen.391 In der rechtspolitischen Diskussion wird hierzu die Meinung vertreten, daß es auch im Hinblick auf mittelständische Unternehmen, die vermehrt an die Börse geführt werden sollen, kontraproduktiv wäre, die Publizitätsanforderungen zu vermindern.392 Internationale institutioneile Anleger würden sich nur an Werten beteiligen, die ausreichende Umsätze an den Börsen aufweisen. Da diese Enge der Märkte grundsätzlich nicht zu beseitigen sei, müsse man den inländischen Klein anleger für die kleineren Aktiengesellschaften gewinnen. Dies könne aber - insbe sondere bei unbekannten Gesellschaften - nur durch mehr Information erfolgreich geschehen.393
Auf der anderen Seite wird auch Kritik an den Anforderungen im „Neuen Markt“ geübt. Diese wären für junge Unternehmen sehr hoch und der „Neue Markt“ eigne sich daher nicht für die Aufnahme von Risikokapital.394 Es wird auch darauf hin gewiesen, daß die im Verhältnis zu den bestehenden Börsensegmenten höheren
388 389 390 391 392 393 394
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Deutsche Börse AG (1996a), S. 2. Deutsche Börse AG (1997), S. 2. o.V. (1996j), S. 29. Kutzer (1996a), S. 33. Giersberg (1996), S. 13. Giersberg (1996), S. 13. o.V. (1996q), S. 18.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Anforderungen eine noch höhere Eintrittsschwelle für die Unternehmen setzen würden.395
3. Der Freiverkehr Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG bezieht sich auf die Börsen segmente amtlicher Handel und geregelter Markt. Der Freiverkehr ist von der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität ausgenommen. In der rechtspolitischen Dis kussion wird die Notwendigkeit einer Einbeziehung der Ad-hoc-Publizität in den Freiverkehr unterschiedlich beurteilt. Die autonomen Freiverkehrsregeln der re gionalen Börsen weichen insoweit z.T. erheblich voneinander ab. a) Die rechtspolitische Diskussion
aa) Argumente für die Einbeziehung Für die Einbeziehung der Ad-hoc-Publizität in den Freiverkehr wird angeführt, daß es sich hierbei um eine allgemeine kapitalmarktrechtliche Verpflichtung han dele, die für den gesamten Kapitalmarkt Gültigkeit habe.396 Demnach sollte sich die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität nicht nur auf den Freiverkehr beziehen, sondern für den gesamten Kapitalmarkt gelten.
Gegen die Nichteinbeziehung des Freiverkehrs in die Ad-hoc-Publizität werden auch sonstige Argumente vorgebracht. Es wird darauf hingewiesen, die Nichtein beziehung des Freiverkehrs widerspreche Artikel 7 i.V.m. Artikel 1 Nr. 2 letzter Satzteil der Insiderrichtlinie.397 Es sei vielmehr europarechtlich geboten, den Frei verkehr in die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität einzubeziehen. Der Handel in diesem Segment finde regelmäßig statt und sei der Öffentlichkeit direkt oder zu mindest indirekt zugänglich und werde auch von staatlich anerkannten Stellen reglementiert und überwacht.398 Ferner wird argumentiert, es sei widersprüchlich, daß der Freiverkehr in die sonstige Insiderregulierung einbezogen, von § 15 WpHG aber ausgeschlossen sei.399 Schreibe man § 15 WpHG zu, effektiv als prä ventive Maßnahme gegen den Insiderhandel zu fungieren, und strebe man gleich zeitig die Verhinderung des Insiderhandels im Segment des Freiverkehrs an, ma che ein Ausschluß des Freiverkehrs wenig Sinn. Allerdings räumt Hopt ein, daß es der eindeutige Wille des Gesetzgebers ist, den Freiverkehr von § 15 WpHG aus 395 Vgl. Kutzer (1996b), S. 25. 396 Diese Meinung wurde schon im Zusammenhang mit § 44a BörsG a.F. vertreten. Siehe Hopt (1995b), § 44a, Rdnr. 2, S. 1340. Aber auch zu § 15 WpHG Hopt (1997), S. 23. 397 Vgl. Hopt (1994), S. 32. Siehe auch Hopt (1991), S. 41. 398 Vgl Hopt (1994), S. 32. 399 Vgl. Hopt (1994), S. 32. Siehe auch Beyer (1996), S. R 50.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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zunehmen. Ein sinnvoller Ausweg könne darin liegen, eine nicht auf § 15 WpHG gestützte und auch in den Einzelheiten nicht so weitgehende allgemeine kapital marktrechtliche Pflicht für die Unternehmen des Freiverkehrs und beim öffentli chen Vertrieb von Wertpapieren vorzuschreiben. Dies könne dem Schutz von Markt und Anlegern dienen.400 Es wird auch die Auffassung vertreten, es sei für die Emittenten des Freiverkehrs sinnvoll, die Ad-hoc-Publizitätspflicht freiwillig zu befolgen.401 Dies vermeide einen Vertrauens Verlust der Anleger und ermögliche es den Emittenten, Kapital kosten einzusparen.
bb) Argumente gegen die Einbeziehung Die Emittenten des Freiverkehrs sperren sich im allgemeinen gegen eine Ver pflichtung der Ad-hoc-Publizität. Oftmals werden sie ohne ihre eigene ausdrückli che Zustimmung lediglich auf Antrag eines Maklers in den Handel im Freiverkehr einbezogen.402 Es käme deshalb möglicherweise zu einem Abzug vor allem der ausländischen Emittenten wenn man den Freiverkehr in § 15 WpHG einbeziehen würde. Diese würden den Handel ihrer Wertpapiere durch einen Widerspruch bei der jeweiligen Börse unterbinden, da sie nicht bereit sind, den detaillierten Rege lungen des § 15 WpHG nachzukommen. Der Freiverkehr könnte durch den Emit tentenrückzug austrocknen, da die ausländischen Wertpapiere einen bedeutenden Teil dieses Segments ausmachen.403 Diese Benachteiligung der Börsen ist auch unter dem Aspekt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Kapitalmarkts zu sehen.404 b) Die autonomen Regelungen in der Praxis
Den einzelnen Börsen stehen bzgl. der Ausgestaltung des Segments Freiverkehr ganz generell weitgehende autonome Regelungsbefugnisse zu, die sie als Para meter im Wettbewerb mit anderen Börsenplätzen einsetzen können.405 Die gesetz liche Freistellung des Freiverkehrs von einer zwingenden Ad-hoc-Publizität läßt den jeweiligen Marktorganisatoren auch insoweit große Freiheit, die sie in unter schiedlicher Weise nutzen. Das zeigt ein Vergleich zwischen dem „Mittelstands markt Bremen“ und dem „Prädikatsmarkt München“.
400 401 402 403 404 405
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Hopt (1996), S. 22 f. Beyer (1996), S.R 51. Kümpel (1995a), S. 1204. BT-Ds. 12/6679, S. 76. Kümpel (1995a), S. 1204 f. hierzu 6. Kapitel A/IH/3.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
aa) Der „Mittelstandsmarkt Bremen“ Die Bremer Wertpapierbörse hat 1994 begonnen, den Freiverkehr so auszugestal ten, daß vermehrt mittelständische Unternehmen den Weg in dieses Segment und damit an die Börse finden.406 Die Bezeichnung des Freiverkehrs als „Mittel standsmarkt Bremen“ verdeutlicht diese Zielrichtung. Die Attraktivität des Freiverkehrs soll durch eine entsprechende Ausgestaltung der Emissionsbedingungen gewährleistet sein. Beim Going Public wird kein Zulas sungsprospekt oder Untemehmensbericht verlangt. Vielmehr reicht ein testierter Jahresabschluß mit Prüfungsbericht der Wirtschaftsprüfer aus.407 Es wird auch keine bestimmte Lebensdauer des Emittenten verlangt. Die Publizitätserfordemisse des „Mittelstandsmarktes Bremen“ sind also geringer als die des amtlichen Handels oder des geregelten Marktes. Die Erstellung eines Zwischenberichts ist nicht erforderlich und die Emittenten müssen sich auch nicht vertraglich binden, die Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG einzuhalten.
Die bisherigen, zeitlich allerdings noch sehr begrenzten, Erfahrungen mit dem neuen Mittelstandsmarkt sind nicht sehr ermutigend. Möglicherweise liegt dies auch daran, daß die Publizitätsanforderungen zu weit reduziert wurden. Und viel leicht sind die negativen Bremer Erfahrungen mit ein Grund dafür, daß andere Marktorganisatoren in bezug auf die Ausgestaltung der Publizitätspflichten die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen haben.
bb) Der „Prädikatsmarkt München“ Im Oktober 1996 hat die Bayerische Börse erstmals ihr Projekt „Prädikatsmarkt München“ einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel ist es, das Segment des Freiverkehrs künftig für inländische mittelständische Emittenten attraktiv zu ma chen.408 Der „Prädikatsmarkt München“ stellt somit eine Ergänzung zum „Neuen Markt“ der Deutschen Börse AG dar.409 Für die Notierung reicht ein Mindestemissionsvolumen von 500.000 DM aus.410 Das mit dem geringen Emissionsvolumen verbundene höhere Kursrisiko des An legers soll durch mehr Publizität ausgeglichen werden.411 Aus diesem Grund bietet
406 Vgl. Bremer Wertpapierbörse (1995), S. 8. Dazu gehört u.a. die Gründung einer Emissionsbe ratungsgesellschaft. Vgl. Bremer Wertpapierbörse (1996), S. 4; Lucke (1997), S. 90 ff. sowie o.V. (1996c), S. 33. 407 Vgl. Lucke (1997), S. 91. 408 Vgl. Bayerische Börse (1997), S. 10. Desweiteren o.V. (1996n), S. 1064. 409 Vgl.o.V. (1996m), S. 33. 410 Das Grundkapital des Emittenten muß mindestens zwei Mio. DM betragen. Vgl. § 3 des An hangs zu den Richtlinien fiir den Freiverkehr an der Bayerischen Börse v. 1.1.1997. 411 Vgl. Bayerische Börse (1997), S. 11.
Die Ad-hoc-Publizität in der rechtspolitischen Diskussion
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die Bayerische Börse den Emittenten das Prädikat „P“ an, wenn sie sich ver pflichten, bestimmte Vorschriften in bezug auf die Publizität einzuhalten. Die Emittenten, die das Prädikat erhalten wollen, müssen sich u.a. dazu verpflichten, — einen Verkaufsprospekt zu publizieren, — vierteljährliche Aktionärsbriefe zu veröffentlichen und — „nach vorheriger Mitteilung an die Börse unverzüglich alle Tatsachen in min destens einem überregionalen Börsenpflichtblatt zu veröffentlichen, die geeig net sind, den Börsenpreis erheblich zu beeinflussen“.412 Der Emittent verpflichtet sich somit zu einer Ad-hoc-Publizität, die sich an die Regelung des § 15 WpHG anlehnt, sich in der konkreten Ausgestaltung jedoch von ihr unterscheidet. In der Literatur wird die Meinung vertreten, daß die Bayeri sche Börse durch diese Regelung einen wichtigen Beitrag leistet, der „die Inkonsi stenz des Gesetzes“ bereinigt.413
Im Unterschied zum geregelten Markt haben die Emittenten im Freiverkehr aller dings die Möglichkeit, auf die Befolgung der Ad-hoc-Publizität zu verzichten. Dies geschieht dadurch, daß ein Emittent das Freiverkehrssegment einer solchen Börse wählt, die die Befolgung der Ad-hoc-Publizität dem freiwilligen Spielraum der Emittenten überläßt. Alternativ kann der Emittent auch an der Bayerischen Börse ein Listing im Freiverkehr ohne das Erhalten des Prädikats „P“ anstreben. Es bleibt somit festzuhalten, daß der horizontale Wettbewerb der Börsen in bezug auf die Ad-hoc-Publizität funktioniert.
III. Zwischenergebnis Die Ad-hoc-Publizität erhöhe die Transparenz und damit die Funktionsfähigkeit der Wertpapiermärkte. Diesen positiven Erwartungen der Ad-hoc-Publizität ste hen aber auch Stimmen entgegen, die negative Marktwirkungen befurchten. U.a. wird argumentiert, daß die Regulierung des Insiderrechts zu Allokationseinbußen führe. Innerhalb der segmentspezifischen Aspekte der rechtspolitischen Diskussion gibt es zum geregelten Markt unterschiedliche Standpunkte: Neben der weitge henden Forderung, den geregelten Markt von der Ad-hoc-Publizitätspflicht aus zunehmen, gibt es auch Stimmen, die sich für eine Einschränkung bzw. eine fle xiblere Anwendung dieser Pflicht aussprechen. Im „Neuen Markt“ gelten strenge Publizitätspflichten, die auch die Verpflichtung der Emittenten zur Ad-hoc412 Vgl. § 2 des Anhangs zu den Richtlinien für den Freiverkehr an der Bayerischen Börse v. 1.1.1997. 413 Vgl. Beyer (1997), S.R 132.
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Die bisherige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Publizität enthalten. Allerdings muß gesehen werden, daß es sich hierbei um ein Segment für „Venture Capital Gesellschaften“ handelt. In bezug auf den Freiver kehr gibt es einige Stimmen, die eine Einbeziehung fordern. U.a. wird gesagt, daß es ein Widerspruch sei, den Freiverkehr in die Insiderregulierung einzubeziehen, ihn aber gleichzeitig nicht der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität zu unterwer fen. Als Ausweg wird eine auf § 15 WpHG gestützte, jedoch nicht so weitgehende Verpflichtung der Emittenten vorgeschlagen. Gegen die Einbeziehung des Frei verkehrs spräche hingegen, daß sich ausländische Emittenten bei einer Verpflich tung zur Ad-hoc-Publizität vermehrt von der Börse zurückziehen würden. Die autonomen Regelungen der Börse in der Praxis zeigen unterschiedliche Ausge staltungen. Der „Mittelstandsmarkt Bremen“ verlangt von den Emittenten geringe Publizitätserfordemisse, u.a. keine Ad-hoc-Publizität. Der bisher nur begrenzte Erfolg dieser Initiative ist vielleicht auf zu weit reduzierte Publizitätserfordemisse zurückzufuhren. Einen anderen Weg hat die Bayerische Börse mit ihrem „Prädi katsmarkt München“ eingeschlagen. Dort sind die Emittenen u.a. dazu verpflich tet, eine Ad-hoc-Publizität in Anlehnung an § 15 WpHG zu befolgen.
C. Ergebnis In der rechtspolitischen Diskussion um § 15 WpHG wird sowohl auf individuelle als auch auf institutionelle Aspekte eingegangen. Auf der individuellen Ebene erfolgen konkrete Reform Vorschläge, die die Belastung der Emittenten durch § 15 WpHG verringern sollen. Die institutioneilen Aspekte werden in der Diskussion insgesamt zu wenig beachtet. Soweit auf den Aspekt der Kapitalmarkteffizienz eingegangen wird, leidet die Auseinandersetzung daran, daß sie zuwenig den Bör sensegmenten und ihren Charakteristika Rechnung trägt. Vor allem in bezug auf den geregelten Markt müssen die Ansätze weiterentwickelt werden, die eine flexi blere Handhabung der Ad-hoc-Publizität mit einer Pflichtenreduktion fordern. Nur auf diese Weise lassen sich die Interessen der Emittenten dieses Marktseg ments ausreichend berücksichtigen.
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2. Teil: Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität Auf der Grundlage der bisherigen Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität wird im folgenden ein Vorschlag fiir die künftige Ausgestaltung entwickelt. Zunächst wird auf die ökonomische Funktion der Ad-hoc-Publizität eingegangen. Damit wird ein Maßstab entwickelt, anhand dessen sich in einem weiteren Schritt die aktuelle Ausgestaltung des § 15 WpHG prüfen läßt. Diese Prüfung ist erforderlich, um die ökonomische Geeignetheit der heutigen gesetzlichen Regelung festzustellen und Mängel zu erkennen. Anschließend werden die bei der Analyse festgestellten De fizite durch einen neuen Vorschlag bzgl. der Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität überwunden.
4. Kapitel: Die Verbesserung der Börsenmarkt effizienz als Ziel der Ad-hocPublizität Die ökonomische Aufgabe der Ad-hoc-Publizität besteht darin, marktliche Funk tionen aufrechtzuerhalten oder zu verbessern.414 Um eine Analyse von § 15 WpHG durchfuhren zu können, müssen zunächst begriffliche Grundlagen vor allem auf institutioneller, aber auch auf individueller Ebene geschaffen werden. Untersucht werden muß aber auch, wie die Ad-hoc-Publizität und die Börsen markteffizienz Zusammenhängen. Diese Ausführungen lassen Rückschlüsse auf eine Regulierungsnotwendigkeit und gegebenenfalls den erforderlichen Grad der Regulierung zu. Dabei ist zu bedenken, daß eine zu weitgehende Versorgung des Marktes mit Informationen wegen der Auswirkungen auf die Emittenten als Pu blizitätssender negative Effekte auf die marktlichen Funktionen der Börse haben kann. Eine Vorschrift zur Ad-hoc-Publizität muß somit so ausgestaltet sein, daß durch die Berücksichtigung der Emittenten- und Anlegerinteressen die marktli 414 Ausdrückliches Ziel des Gesetzgebers in bezug auf § 15 WpHG ist der Funktionenschutz. Vgl. BT-Ds. 12/7918, S. 96 und S. 102 sowie die Ausführungen im 1. Kapitel unter B/II. Rechts dogmatisch wird der Anlegerschutz in den Individual- einerseits und den Funktionenschutz an dererseits aufgeteilt. Vgl. Kübler (1977), S. 87 f. sowie ders. (1994), S. 371 f. Desweiteren Kümpel (1995d), S. 65.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
chen Funktionen optimal erfüllt sind. Dadurch wird das Spannungsverhältnis zwi schen Emittenten und Anleger entschärft.
A. Die Grundelemente der Börse Da es Ziel von § 15 WpHG ist, die börsliche Effizienz zu verbessern, muß erklärt werden, welche Aufgaben die Börse als Institution insgesamt hat. Institutioneile Aspekte einer Publizitätsnorm lassen sich jedoch nicht ohne den Blick auf die Marktteilnehmer diskutieren, da sich der Börsenmarkt aus der Summe der Markt teilnehmer zusammensetzt und die Publizitätsnorm zunächst direkt auf die einzel nen Marktteilnehmer wirkt. Individuelle und institutionelle Aspekte sind somit eng verknüpft.
1. Die Börse als Aggregat Unter Börse ist der Teil des Kapitalmarkts zu verstehen, auf dem unter institutio neilen Voraussetzungen die Kapitalanbieter (Anleger) den Kapitalnachfragem (Emittenten) gegenüberstehen.415 Die Börse ist somit der organisierte Teil des Ka pitalmarktes, der vom nicht-organisierten zu unterscheiden ist.416
Der Börsenmarkt läßt sich in Primär- und Sekundärmarkt aufteilen. Auf dem Pri märmarkt erfolgt das erstmalige Angebot von Wertpapieren (Emission). Ur sprünglich lag die Hauptftmktion der Börse darin, neues Eigenkapital und langfri stiges Fremdkapital für Investitionen aufzubringen. Somit war die Börse am An fang hauptsächlich Primärmarkt (Emissionsmarkt). Im Laufe der Zeit wurde diese Funktion immer mehr durch die Kreditinstitute übernommen.417 Wichtiger wurde die Eigenschaft der Börse als Sekundärmarkt, d.h. als Markt für Wertpapiere nach der Emission. Dort findet der weitere Kapitalaustausch zwischen den Anlegern statt. In bezug auf das Handelsvolumen übersteigen die Sekundär- die Primär märkte um ein Vielfaches.
415 Schmidt/Prigge definieren die Börse wie folgt: „Eine Börse ist ein als gemeinschaftlicher Be trieb organisierter Markt vertretbarer Güter“. Vgl. Schmidt/Prigge (1995), S. 43. Das BörsG enthält keine gesetzliche Definition von Börse. Vgl. auch Peiseler (1990), S. 33 f. 416 Der nicht-organisierte Teil wird auch als Over-The-Counter-Markt (OTC-Markt) bezeichnet. Die dort gehandelten Volumina an Wertpapieren sind groß. Vgl. Stenzel (1995), S. 57 ff. sowie Hielscher/Stenzel (1996), S. 526 f. 417 Vgl. Hielscher (1993), S. 1143 f.
Die Verbesserung der Börsenmarkteffizienz als Ziel der Ad-hoc-Publizität
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1. Die Funktionen der Börse Die Börse hat unterschiedliche Funktionen. Werden diese optimal erfüllt, ist sie effizient. Dem Systematisierungsansatz von Lüthje zufolge lassen sich für die Börse drei Grundfunktionen, nämlich Marktbildungs-, Finanzierungs- und Zirku lationsfunktion, unterscheiden.418 Neben diesen Grundfunktionen gibt es eine Rei he von abgeleiteten Funktionen. a) Die Marktbildungsfunktion
Bevor die anderen Grundfunktionen erfüllt werden können, muß zunächst ein Markt gebildet werden, auf dem sich Anbieter und Nachfrager treffen. Als abgeleitete Funktion kann zunächst die Komprimierungsfunktion angeführt werden, nach der der Börse die Aufgabe zufällt, zersplitterte Angebots- und Nach fragewünsche zusammenzufassen. Dazu ist jedoch erforderlich, daß die gehan delten Werte homogen und fungibel sind. Dadurch sind sie vergleichbar und han delbar. Diese Typisierungsfunktion wird dadurch erreicht, daß die Aktien unab hängig von Unternehmens- oder Branchenspezifika die gleiche Ausgestaltung aufweisen. Die Selektionsfunktion weist der Börse die Aufgabe zu, in gewisser Weise für die Sicherung der Anleger zu sorgen, z.B. über bestimmte Zulassungs voraussetzungen. Damit soll unter der Vielzahl von Aktiengesellschaften eine Auswahl getroffen werden. Diese Selektionsfimktion kann aber nur bedeuten, daß eine Auswahl in bezug auf bestimmte Börsensegmente stattfindet. Bezogen auf das ganze Spektrum börslicher Segmente ist eine Selektion nicht über Zulas sungsvoraussetzungen möglich. Vielmehr entscheidet der Wettbewerb zwischen den einzelnen Segmenten über die Einstufung des einzelnen Unternehmens. Desweiteren erfüllt die Börse die Konzentrationsfunktion, nach der Angebot und Nachfrage an einem Ort gebündelt werden müssen, um eine Marktbreite herbeizu führen. Zur Marktbildung gehört auch die Wettbewerbsfunkion der Börse. Sie be deutet, daß sowohl zwischen den Anbietern als auch zwischen den Nachfragern Wettbewerb herrscht. Schließlich schreibt man der Marktbildung auch die Inte grationsfunktion zu. Dies bedeutet, daß über die Börse der Austausch von Kapita lien zwischen In- und Ausländem stattfindet.
b) Die Finanzierungsfunktion
Die Unternehmen suchen an der Börse Eigen- und/oder Fremdkapitalgeber. Damit dient die Börse der Finanzierung der Unternehmen. Die Finanzierung durch das
418 Vgl. im folgenden Lüthje (1970), S. 57 ff.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
erstmalige Anbieten von Wertpapieren an der Börse vollzieht sich auf dem Emis sionsmarkt.
Die Emissionsfunktion der Börse beinhaltet das erstmalige Anbieten von Wertpa pieren an der Börse. Dazu gehört auch die Plazierung von Wertpapieren, die vor her von Kreditinstituten oder anderen Gläubigem finanziert wurden.419 Die Aus gleichsfunktion bedeutet, daß verschieden große Beträge auf Anbieter- bzw. Nach fragerseite zusammengeführt werden.420 Bspw. wird das im Rahmen einer Emissi on an der Börse eingeführte Grundkapital einer Aktiengesellschaft auf mehrere Anleger verteilt, weil es dem einzelnen Anleger (meist) unmöglich ist, das ge samte Emissionsvolumen zu absorbieren. Schließlich erfüllt die Börse die Alloka tionsfunktion, wenn die angebotenen Gelder der Anleger in die Verwendung flie ßen, die bei gleichen Rahmenbedingungen die höchste Rendite versprechen.421 c) Die Zirkulationsfunktion
Nachdem die Wertpapiere erstmalig an der Börse plaziert sind, findet im Sekun där- oder Zirkulationsmarkt ein Handel nach der Emission statt. Zunächst sei die Liquidationsausgleichsfunktion der Börse erwähnt. Sie bedeutet, daß Eigentümer von Wertpapieren durch einen Verkauf an der Börse ihre Liqui ditätssituation verändern können. Durch den Verkauf sinkt die Liquidität des Transaktionspartners in Höhe des Kaufs und damit wird die vorhandene Liquidität zwischen Käufer und Verkäufer getauscht. An der Börse findet auch regelmäßig eine Preisbildung von Wertpapieren statt. Man spricht von der Kursbildungsfunk tion der Börse.422 Der festgestellte Kurs läßt eine Bewertung der Wertpapiere zu, weshalb man der Börse auch eine Bewertungsfunktion zuschreibt. Durch die Be wertung der einzelnen Wertpapiere findet indirekt auch eine Beurteilung der Branchen sowie auf höherer Aggregationsebene eine Einschätzung der Volkswirt schaft sowie der sie beeinflussenden Rahmenbedingungen statt. Deshalb kann man auch von einer Konjunkturindikatorfunktion der Börse sprechen.423
419 Dies kann man als die Konsol idierungsfimktion der Börse bezeichnen. Vgl. Hielscher (1993), S. 1144. 420 Hier spricht man auch von der Losgrößentransformation. Vgl. v. Rosen (1995a), Sp. 333. 421 Vgl. Tuchtfeld (1978), S. 435. 422 Diese Preisbildung findet einmalig auch auf dem Emissionsmarkt bei der Festsetzung des Emissionspreises statt. 423 Die eher einzelwirtschaftlich orientierte Bewertungsftinktion sowie die gesamtwirtschaftlich orientierte Konjukturindikatorftmktion kann man auch als Informationsfunktion der Börse be zeichnen. Vgl. Lüthje (1970), S. 61.
Die Verbesserung der Börsenmarkteffizienz als Ziel der Ad-hoc-Publizität
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2. Die Effizienz der Börse Die kapitalmarktrechtlichen Publizitätsnormen müssen so ausgestaltet werden, daß sie die volkswirtschaftlichen Funktionen der Börsen optimal erfüllt. Damit ist die Funktionsfähigkeit oder Effizienz des Börsenmarktes angesprochen. Ganz allgemein versteht man unter Effizienz das Erreichen eines bestimmten Out puts durch die Minimierung des Inputs oder das Erreichen eines maximalen Out puts bei gegebenem (konstantem) Input.424 Somit handelt es sich um eine Verhält niszahl. Effizienz ist nichts anderes als das Wirtschaftlichkeitsprinzip, das auch als Maßstab für die Beurteilung von börslichen Funktionen Geltung besitzt. Für den Begriff der Effizienz oder Funktionsfähigkeit von Börsen gibt es unterschiedliche Explikationen. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt eine Unterteilung in allokative, operationale sowie in Informationseffizienz.
a) Die allokative Effizienz
Unter der allokativen Effizienz versteht man, daß die Ressourcen des Kapital markts jeweils in ihre beste Verwendung fließen. Die Ersparnisse der Anleger sollen dort verwendet werden, wo sich die ertragreichsten Investitionen ergeben. In einem allokationseffizienten Markt können Portfolioumschichtungen zum ge genseitigen Vorteil verschiedener Anleger erfolgen.425 Die allokative Effizienz ist das Oberziel aller anderen Effizienzbegriffe. Sie muß als Richtlinie für alle regu latorischen Eingriffe des Staates an der Börse gelten. Eine Überprüfung, inwieweit eine konkrete Börse oder ein Börsensegment allo kationseffizient ist, kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten.426 Dennoch ist es in bezug auf einzelne regulatorische Maßnahmen am Kapitalmarkt möglich, Grundaussagen zu treffen. b) Die operationale Effizienz
Die operationale Effizienz427 bezieht sich auf die Kosten der Anlagevermittlung und der Kapitalbeschaffung. Somit sind die Transaktionskosten angesprochen, die
424 Vgl. Wittmann (1977), S. 592. Der Input stellt sich in Form von Aufwand oder Kosten ein, während der Output einen Nutzen (hier: Erreichungsgrad der börslichen Funktionen) darstellt. Die Beurteilung der Börseneffizienz setzt sehr oft beim Input an, da die Beurteilung des Out puts schwieriger ist. Vgl. Scheffrahn (1992), S. 27. 425 Vgl. Friend (1969), S. 190. 426 Vgl. West (1981), S. 20 f. 427 In der Literatur finden sich auch die Begriffe operationelle, operative und interne Effizienz.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
man in explizite und implizite Kosten unterscheiden kann.428 Die expliziten Ko sten können vom Anleger in Form von Courtagen, Kommissionen, etc. direkt bspw. auf einer Wertpapierabrechnung erkannt werden.429 Die impliziten Kosten sind im Ask-Bid-Spread eines Wertpapiers enthalten.430 Es handelt sich um die Kosten, die sich aus der Differenz des dem Anleger tatsächlich gestellten Kurses und einem fiktiven Gleichgewichtskurs, der bei Abwesenheit von Friktionen gel ten würde, ergeben.431 Die operationale Effizienz wird z.B. durch den Wettbewerb zwischen verschiedenen Börsen erreicht.432 Das Konzept der Verfahrenseffizienz stellt die Transaktionskosten in den Mittel punkt der Betrachtung, umfaßt aber darüber hinaus auch andere Kostenbestand teile. Es handelt sich um eine betriebswirtschaftliche Theorie der Börse, die aus gehend von der Theorie der Property Rights entwickelt wurde.433 Die Ausge staltungen börslicher Regulierungen orientieren sich an einem idealen Referenz zustand, in dem der Kapitalkostensatz des Emittenten der Rendite des Anlegers entspricht.434 In der Realität ist dieser Idealzustand nicht anzutreffen, vielmehr existieren marktorganisationsbestimmte Kosten.435 Dazu gehören Emissions kosten, Kosten des Wertpapierdienstes, Verwahr- und Verwaltungskosten, Kosten fortlaufender Information und Transaktionskosten.436 Die Höhe der marktorgani sationsbestimmten Kosten stellt ein Maß für die Verfahrenseffizienz dar. Diese ist um so höher, je geringer die Gesamtheit der marktorganisationsbestimmten Ko sten ist. Das Konzept der Verfahrenseffizienz umfaßt die relevanten Kosten aller Marktteilnehmer.437 Bei der Beurteilung einer konkreten Regulierungsmaßnahme an der Börse wird die Summe der Auswirkungen in Form eines Netto-Effektes 428 Transaktionskosten in einer weiten Definition sind alle Kosten, die im Zusammenhang mit einer Börsentransaktion anfallen. Vgl. Demsetz (1968), S. 35 sowie Peiseler (1990), S. 94. Zur Unterscheidung in explizite und implizite Kosten vgl. Scheffrahn (1992), S. 27 ff. Transakti onskosten können auch in phasenorientierte Komponenten aufgeteilt werden. Vgl. Picot u.a. (1996), S. 18 f. 429 Auch die inzwischen abgeschaffte Börsenumsatzsteuer gehört zu den expliziten Kosten. 430 Der Ask-Bid-Spread eines Wertpapiers ist die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs. 431 Vgl. Bienert (1996), S. 29. Implizite Kosten sind weder sichtbar noch direkt meßbar. Es handelt sich um Kostenbestandteile, die zwar vorhanden sind, deren Ursache aber nicht eindeutig er kennbar ist. 432 Vgl. Friend (1969), S. 190. 433 Für einen Überblick über die Theorie der Property Rights vgl. Schüller (1985), S. 259 ff. sowie Leipold (1978), S. 518 ff. 434 Vgl. Schmidt (1983), S. 188. 435 Vgl. Schmidt (1983), S. 188 f. Siehe auch Schmidt (1977), S. 21 ff. 436 Die Transaktionskosten lassen sich unterteilen in Kosten des Transaktionsservices der Bank, transaktionsbedingte Informations- und Entscheidungskosten des Anlegers, Kosten der Siche rung gegen Transaktionsrisiken sowie Kosten des sofortigen Abschlusses. Vgl. hierzu Schmidt (1988), S. 7 ff; ders. (1992), S. 114 fsowie Schmidt/ Iversen (1991), S. 210. 437 Vgl. Schmidt (1983), S. 189 f.
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festgestellt.438 Dabei werden bspw. gegenläufige Wirkungen bei Emittenten und Anleger saldiert. Eine höhere Verfahrenseffizienz fuhrt auch zu einer besseren allokativen Funktionsfähigkeit der Börse. Sind die marktorganisationsbestimmten Kosten im Extremfall gleich Null, dann ist es evident, daß die Finanzierungsströ me in ihre beste Verwendung fließen.439 Das besondere am Konzept der Verfah renseffizienz ist die ausdrückliche Einbeziehung der Risiko- und Entscheidungs kosten der Marktteilnehmer.440
Die Ermittlung und Messung der Transaktionskosten kann im Einzelfall schwierig sein, da neben quantitativen Größen auch qualitative Faktoren existieren. Dennoch sind bei der Beurteilung der Ausgestaltung von Börsen in bezug auf die operatio nale Effizienz Aussagen möglich. Wieweit diese gehen, hängt von der konkreten Maßnahme ab. c) Die Informationseffizienz
Bei Fama ist der Kapitalmarkt dann effizient, wenn er jederzeit in seinen Preisen vollständig alle verfügbaren Informationen widerspiegelt.441 Ein effizienter Kapi talmarkt ist somit „efficient in processing information“.442
Fama geht in seinem Modell davon aus, daß es keine Informations- und Transak tionskosten gibt, und hat als Idealvorstellung einen Markt, auf dem die Preise ein genaues Signal für die Allokation des Kapitals darstellen.443 Insofern formuliert Fama einen anzustrebenden Zustand mit statischem Charakter (Gleichgewicht), der in dieser Form in der Realität nicht angetroffen werden kann.444 Er gibt selbst zu, daß es empirisch nicht zu überprüfen ist, ob die Preise alle Informationen wi derspiegeln. Vielmehr überprüft er empirisch, in welchem Grad die Kapitalmärkte effizient sind.445 Aus diesem Grund formuliert er die Kapitalmarkteffizienzhypo these, innerhalb derer er drei Formen der Informationseffizienz unterscheidet:446 Die strenge, die schwache und die halbstrenge Form.
438 439 440 441 442 443 444 445 446
Vgl. Schmidt (1988), S. 17 f. Vgl. Schmidt (1977), S. 32. Vgl. Bienert (1996), S. 29 f. Vgl. Fama (1970), S. 383. Vgl. Fama (1976), S. 133. Deshalb wird auch von Preiseffizienz gesprochen. Vgl. Neumann/Klein (1982), S. 169. Vgl. Fama (1976), S. 134. Vgl. Fama (1970), S. 383. Siehe auch Schneider (1992), S. 541 ff.
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aa) Die unterschiedlichen Formen Bei strenger Informationseffizienz spiegeln die Börsenkurse alle Informationen wider. Dabei ist es irrelevant, ob die Informationen öffentlich zugänglich sind oder nicht, d.h., es werden auch Insiderinformationen erfaßt. Schwache Informati onseffizienz besagt, daß die Veränderungen der Börsenkurse lediglich einem Zu fallspfad folgen und sich nicht aus Ereignissen der Vergangenheit ergeben. Demnacl^ist es unmöglich, Prognosen anzustellen, die sich aus der Publikation einer Tatsache ergeben. Bei der halbstrengen Informationseffizienz spiegeln sich alle öffentlich zugänglichen Informationen sofort in den Kursen der Wertpapiere wider. bb) Die empirische Überprüfung Die Kapitalmarkteffizienzhypothese wurde in einer Reihe von empirischen Unter suchungen überprüft.447
Die strenge Form der Informationseffizienz ist bereits auf den ersten Blick mit den in der Realität anzutreffenden Friktionen nicht vereinbar.448 Sie bedeutet, daß niemand neue Informationen gewinnbringend an der Börse verwenden kann, da sich die Informationen schon in den Kursen widerspiegeln. Würde an realen Bör senmärkten strenge Informationseffizienz vorliegen, wäre die Regulierung von Publizität unnötig, da alle Informationen in den Kursen enthalten sind.
Der empirische Test der Kapitalmarkteffizienzhypothese in ihrer schwachen Aus prägung fuhrt zu kontroversen Ergebnissen. Insbesondere die Vertreter von tech nischen Wertpapieranalysen weisen darauf hin, daß sich sehr wohl Trends aus historischen Daten ablesen lassen und widersprechen somit der Hypothese, der Kapitalmarkt wäre schwach informationseffizient.449
Gegen die halbstrenge Form der Kapitalmarkteffizienzhypothese läßt sich eine Reihe von Argumenten anführen. Zunächst bedarf es einer inhaltlichen Festlegung dessen, was öffentlich zugängliche Informationen überhaupt sind.450 Schneider weist darauf hin, daß eine neue Information im Sinne der These von der halb strengen Informationseffizienz nicht eine Nachricht meint, wie sie z.B. eine Ge winnprognose in einem Börseneinfuhrungsprospekt darstellt.451 Die Nachricht bedarf vor ihrer Verwendung an der Börse der Umwandlung in Wissen, das ziel orientiert eingesetzt werden kann. Damit ist bspw. eine Wahrscheinlichkeitsver teilung für die Rendite gemeint. Ob diese Umwandlung überhaupt und wenn ja
447 448 449 450 451
Vgl. Steiner/Bruns (1995), S. 39 ff. und Möller (1985), S. 500 ff. So auch Schneider (1992), S. 542. Vgl. Steiner/Bruns (1995), S. 40. Vgl. Schneider (1992) ,S. 544. Schneider spricht von „Theoriegefasel“. Vgl. Schneider (1992), S. 544 f.
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wie schnell sie stattfmdet, wird innerhalb der Hypothese nicht diskutiert. Es ist deshalb möglich, daß unterschiedliche Marktteilnehmer verschiedene Schlüsse ziehen und damit auch an der Börse Gewinne erzielen können.452 Halbstrenge In formationseffizienz bedeutet demnach, daß wenn alle Marktteilnehmer aufgrund öffentlich zugänglicher Informationen über dieselbe Wahrscheinlichkeitsverteilung verfügen, sich die Kurse ohne eine Verzögerung an diese Verteilung anpassen.453
Kritik an der halbstrengen Form resultiert auch daraus, daß zum Test dieser Ka pitalmarkteffizienzhypothese ein Gleichgewichtsmodell gebraucht wird. Das Ca pital Asset Pricing Model, das ein solches Gleichgewichtsmodell darstellt, läßt sich in der Praxis nicht testen und verwehrt dadurch die empirische Überprüfung der vorgetragenen Hypothese.454 cc) Die Kritik an Fama Die Annahmen Farnas, wie z.B. die Abwesenheit von Informations- und Transak tionskosten, sowie andere Vorgaben des Modells455 sind für die Börsenmärkte realitätsfem, da diese gerade durch Unvollkommenheiten gekennzeichnet sind.456 Warum sollte ein Individuum in einem informationseffizienten Markt auf die Su che nach Informationen gehen? Der Markt spiegelt nach Fama alle Informationen wider. Wenn aber kein Individuum auf Informationssuche geht, wie gelingt es dann, daß die Märkte informationseffizient sind? Dieses als Informationspara doxon bezeichnete Phänomen ist Grundlage der Kritik an der direkten empiri schen Relevanz der Theorie Farnas.*51 Gelöst werden kann das Informationspara doxon durch das Zulassen einer geringen Menge an nicht verarbeiteten Informa tionen, also durch einen geringen Grad von Informationsineffizienz, der den Indi viduen die Möglichkeit eröffnet, aus der Informationssuche einen privaten Nutzen zu ziehen.458
Auch die ausschließliche Konzentration auf den Informationsverarbeitungsprozeß engt diesen Effizienzbegriff ein. Desweiteren ist anzumerken, daß die Informati onseffizienz des Kapitalmarktes eine notwendige Voraussetzung der Allokations effizienz ist, ohne diese bereits zu erfüllen.459 Die Ursache ist darin zu finden, daß Abweichungen der tatsächlichen Kapitalallokation von der effizienten Allokation 452 453 454 455 456 457 458 459
Vgl. auch Schneider (1981), S. 24 f. Vgl. Schneider (1992), S. 545. Vgl. Schmidt (1982), S. 733. Siehe auch Meier-Schatz (1989), S. 206 f. m.w.N. Alle Marktteilnehmer sind Preisnehmer und sie handeln rational. Vgl. Neumann/ Klein (1982), S. 168 f. Vgl. Gerke/Rapp (1994), S. 10 f. Vgl. Neumann/Klein (1982), S. 169. Vgl. Grossman/Stiglitz (1980), S. 393 ff. Vgl. Wagner (1982), S. 763.
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der Kapitalien teilweise gesellschaftlich erwünscht sein können. Bspw. kann es sozial erwünscht sein, negative Extemalitäten in Form von Umweltverschmutzun gen durch staatliches Handeln zu internalisieren. Es ist wahrscheinlich, daß auf unterschiedlichen nationalen Kapitalmärkten und dort innerhalb verschiedener Marktsegmente unterschiedliche Grade an Informa tionseffizienz vorliegen. Dies bedeutet, daß die Informationseffizienz keine Größe ist, die existiert oder nicht existiert. Vielmehr gibt es Abstufungen in den Infor mationsverarbeitungsprozessen.460 Bzgl. der Unterschiede in verschiedenen Markt segmenten ist anzumerken, daß eine Publizitätsnorm dergestalt wirken kann, daß Segmente mit geringer Informationseffizienz an solche mit hoher angeglichen werden.
dd) Die Erweiterungen des Informationseffizienzbegriffs Innerhalb der Markt-Mikro-Strukturtheorie wird der Informationseffizienzbegriff differenziert und erweitert in die Anpassungs- und die Aggregationseffizienz. In haltlich ist unter Anpassungseffizienz der oben dargestellte Effizienzbegriff von Fama zu verstehen, der besagt, daß die Börsenpreise neue Informationen jederzeit vollständig und unverzüglich reflektieren. Die Aggregationseffizienz besagt, daß effiziente Börsen fähig sind, Partialinformationen der einzelnen Marktteilnehmer so zu aggregieren, daß das sich ergebende System von Marktpreisen deckungs gleich ist mit einem System, in dem alle Marktteilnehmer über die Gesamtheit der Informationen verfügen. Das Aggregationsproblem, das allen Gleichgewichts analysen in Kapitalmarktmodellen anhaftet, wird dadurch gelöst, daß ein compo site individual geschaffen wird, dessen Ressourcen, Erwartungen und Einstellun gen (ressources/beliefs/tastes) eine Zusammensetzung der Individuen der Volks wirtschaft darstellt.461 Die Forderung, die sich bzgl. der Regulierung der Informa tionsströme an Börsen aus diesem erweiterten Informationseffizienzbegriff ergibt, ist die folgende: Marktrelevante Informationen müssen schnell und vollständig allen Marktteilnehmern in gleicher Qualität zur Verfügung gestellt werden, damit diese eine Umsetzung in Form von Transaktionen vornehmen können.
In der Literatur wird auch von Bewertungseffizienz gesprochen. Sie hängt mit der Informationseffizienz eng zusammen, kann jedoch von ihr unterschieden werden. Darunter wird die größtmögliche Bewertungsgüte der Wertpapiere verstanden, die an der vollständigen und richtigen Verarbeitung aller relevanten Informationen und an der Unmöglichkeit der Realisierung von Arbitragegewinnen gemessen
460 Vgl. Meier-Schatz (1989), S. 209 ff. Siehe insbesondere die dortigen Ausführungen zu den internationalen Unterschieden. 461 Vgl. Rubinstein (1974), S. 225 ff.
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wird. Im Effizienzbegriff von Fama sind informationseffiziente Preise immer auch richtige Preise, d.h. eine explizite Unterscheidung findet nicht statt.462 Auf realen Börsenmärkten sind aber Phänomene zu beobachten, die darauf schließen lassen, daß Börsenpreise zumindest kurzfristig von einem durch fundamentale Daten bestimmten Bewertungsniveau abweichen.463 Allerdings kann auf realen Börsenmärkten niemals beurteilt werden, was eine vollständige oder richtige Verarbeitung von Informationen bedeutet. Auch das vermeintliche Abweichen der Wertpapierkurse von fundamentalen Daten beweist keine falsche Interpretation von Informationen durch die Marktteilnehmer, da es eine objektive Verarbeitungsregel für Informationen nicht gibt. Der Maßstab der Informationseffizienz kann als Leitlinie für die Beurteilung der Effizienz von börslichen Ausgestaltungen dienen. Ziel von börslichen Gestaltun gen muß es sein, die Informationseffizienz zu erhöhen.
II. Die Marktteilnehmer der Börse
Die Börse ist der Ort, an dem sich die Marktteilnehmer treffen. Neben den Anle gern und Emittenten gibt es am Börsenmarkt noch andere Teilnehmer. Bspw. nehmen amtliche Makler, Freimakler und Intermediäre direkt oder indirekt am Marktgeschehen teil. Für die ökonomische Analyse der Ad-hoc-Publizität reicht es jedoch aus, wenn sich die folgenden Untersuchungen auf Anleger und Emit tenten beschränken.464 1. Die Anleger Die Gesamtheit der Anleger bildet keine homogene Gruppe. Die einzelnen Anle ger sind nach Art und Umfang in unterschiedlicher Weise am Risiko des Unter nehmens beteiligt und haben deshalb unterschiedliche Interessen und Informationsbedürfhisse.
a) Der Anlegerbegriff Der Begriff des Anlegers ist im WpHG nicht definiert. Für eine an § 15 WpHG orientierte Untersuchung ist der Anlegerbegriff weit auszulegen. Das Gesetz geht
462 Vgl. Fama (1976), S. 136. 463 Vgl. bspw. zum noise trading v. Heyl (1995), S. 53 ff. 464 Die Tatsache, daß institutionelle Anleger auch Vermittlungsaufgaben an der Börse innehaben, stört die Analyse nicht. Hier wird nur auf die Rolle als Anleger eingegangen.
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offensichtlich davon aus, daß nicht nur Eigenkapital- sondern auch Fremdkapital titel sowie Mischformen darunter fallen. Insoweit wird titelspezifisch differenziert.
Erwirbt der Anleger Eigenkapitaltitel, wie z.B. Aktien, hat das Investment rein spekulativen Charakter und beinhaltet keinen festen Ertrag. In diesem Fall besteht zwischen dem Anleger und dem Emittenten kein Gläubiger-/Schuldnerverhältnis, sondern eine gesellschaftsrechtliche Beziehung, wobei der Anleger das volle Ver lustrisiko trägt.465 Daneben kann ein Anleger auch die Stellung eines Gläubigers einnehmen, wenn er z.B. Schuldverschreibungen kauft. In diesem Fall hat er einen gläubigerrechtlichen, d.h. vorab zu befriedigenden Anspruch auf die vereinbarte Verzinsung und die Rückzahlung seiner Anlage zum Nennwert. Zwischen beiden Rechtspositionen gibt es Mischformen, die schuld- und gesellschaftsrechtliche Elemente aufweisen.466 Der Anleger hat i.d.R. keine oder nur eingeschränkte Mög lichkeiten, über den Einsatz der von ihnen überlassenen Mittel zu entscheiden.467 Mit gläubigerrechtlich ausgestalteten Beteiligungstiteln sind überhaupt keine Mitwirkungsrechte verbunden. Und bei gesellschaftsrechtlichen Titeln (Aktien) gibt es zwar Mitbestimmungsrechte, der einzelne Anleger kann sie aber nicht un mittelbar, individuell, sondern nur mittelbar, kollektiv, in der Hauptversammlung bei Beschlußfassungen ausüben, die sich noch dazu auf Grundlagenentscheidun gen beziehen. Nur der Großaktionär kann dabei als einzelner seine Vorstellung in bezug auf die Mittelverwendung durchsetzen, nicht aber der Kleinaktionär. Diese Aspekte sowie die vom Gesetz vorgesehene titelspezifische Differenzierung der Anleger legen die Überlegung nahe, ob nicht noch weiter differenziert werden muß, nämlich in unterschiedliche Anlegergruppen. b) Die Anlegergruppen
Institutionelle Anleger sowie private Anleger bilden die beiden Hauptgruppen der bei der Ad-hoc-Publizität zu berücksichtigenden Anleger. aa) Die institutioneilen Anleger Zu den institutionellen Anlegern zählen Kreditinstitute, Versicherungen, Kapital anlagegesellschaften, Pensionskassen, Parteien, Großunternehmen, Verbände etc. Diese Investoren legen am Geld- und Kapitalmarkt ihre eigenen oder die ihnen anvertrauten Gelder an.468 Sie verfügen über gutausgebildete Kapitalmarktspezia 465 Vgl. Koch (1980), S. 5. 466 Bspw. ist es möglich, daß ein Anleger Genußscheine erwirbt. Diese enthalten meist schuld- und gesellschaftsrechtliche Elemente. 467 Vgl. Koch/Schmidt (1981), S. 232 f. 468 Die institutionellen Anleger tätigen zum einen Finanzanlagen. In diesem Fall geht es ihnen um das Erzielen einer größtmöglichen Rendite. Zum anderen ist es denkbar, daß die institutionellen
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listen, die permanent die globalen Geld- und Kapitalmärkte beobachten und ana lysieren. Aufgrund ihrer Sachkenntnis und der aus den beträchtlichen Anlagemit tel resultierenden Marktmacht sind diese Anleger nicht im gleichen Umfang wie die privaten Anleger schutzbedürftig.469
bb) Die privaten Anleger Anders stellt sich das Schutzproblem bei privaten Anlegern dar. Diese sind oft mals uninformiert, unerfahren oder ohne die notwendigen Spezialkenntnisse. Sie deswegen als gänzlich uninformiert hinzustellen, wird dem breiten Spektrum der privaten Anleger nicht gerecht. Entwicklungen wie das Entstehen der DiscountBroker weisen darauf hin, daß es auch unter den privaten Anlegern eine immer größere Anzahl von Investoren gibt, die auf Informationen Wert legen. Somit müssen die privaten Anleger in mindestens zwei Gruppen aufgeteilt werden: In solche, die wenig informiert sind (oder sein wollen), sei es aus kognitiven Gren zen oder aus Desinteresse, und andere, die über ein entsprechendes Wissen in be zug auf ihre Anlage verfugen (wollen). Die privaten Anleger haben einen bedeutenden Anteil am volkswirtschaftlichen Geldvermögen.470 Ökonomisch besteht eine Notwendigkeit, das Kapital dieser Investoren künftig in noch größerem Maße als bisher auch in direkte Beteiligun gen am Produktivvermögen zu leiten.471 Deshalb ist es wichtig, bei der Ausge staltung einer Publizitätsnorm auch die Informationsbedürfhisse der privaten An leger zu berücksichtigen. c) Die Anlegerinteressen
Der Anleger erwartet eine bestimmte Rendite seiner Anlage. Aber auch die mit dem Investment verbundenen Risiken sind für die Anlageentscheidung wichtig. Die Rendite einer Anlage stellt für den Investor den Nutzen dar, dem Kosten in Form von Risiken gegenüberstehen. Desweiteren hat er auch ein Interesse daran, sich jederzeit von seinem Investment zu trennen, er erwartet somit einen be stimmten Grad an Liquidität der Anlage.472 Schließlich ist vorstellbar, daß andere Motive eine Anlage bedingen. Die Einstellungen des Anlegers in bezug auf die
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472
Anleger unternehmerisch motivierte Anlageentscheidungen treffen. Dadurch versprechen sie sich das Erreichen strategischer Ziele. Vgl. Hopt (1975), S. 80. Vgl. Deutsche Bundesbank (1995a), S. 60 ff. Vgl. hierzu auch Deutsche Bundesbank (1997), S. 39 ff. Erwähnenswert ist auch der Vorschlag, den das Deutsche Aktieninstitut zum Aktiensparen entwickelt hat. Vgl. o.V. (19961) S. R 241 f. Vgl. Beiertz (1992), S. 11.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Faktoren der Anlageentscheidung können variieren, je nachdem, ob es sich um institutioneile oder private Anleger handelt.
aa) Die Rendite Der Anleger möchte mit seiner Anlage eine bestimmte Rendite erzielen. Diese kann sich aus dem Ertrag der Anlage in Form einer Dividende, aus einer Vermeh rung der Substanz in Form von Kursgewinnen oder, bei einer Auslandsanlage, in Form von Wechselkursgewinnen ergeben. Die Rendite kann der Anleger nur expost exakt bestimmen, entweder im Rückblick auf eine Periode oder nach Verkauf des Investments. Für die institutionellen Anleger ist eine kurzfristig erzielbare Rendite wichtig.473 Sie wollen ihre Rendite durch das Ausnutzen von Arbitragen an den unterschiedlichen, auch internationalen, Börsen erhöhen. Der private An leger nimmt dagegen meist eine mittel- bis langfristige Perspektive ein. Bspw. dient seine Anlage als Baustein der Altersvorsorge. Aus der Sicht der Anleger sollte die Ad-hoc-Publizität die Rendite der Anlage erhöhen. Dies könnte dadurch geschehen, daß ihm Informationen übermittelt wer den, die auf zukünftige Entwicklungen hinweisen. Wichtig für den Anleger ist, seine Kosten aus der Informationsbesorgung und -Verwertung zu minimieren. bb) Das Risiko Die Anlage am Börsenmarkt ist mit Risiken behaftet. Meist besteht ein Zusam menhang zwischen Rendite und Risiko dergestalt, daß hohe Risiken mit hohen Renditen verbunden sind, größeren Chancen also größere Gefahren gegenüberste hen. Diese Risiken sind es, die die Forderung nach Anlegerschutz begründen.
Eine mögliche Unterscheidung der Risiken, die dem Anleger entstehen können, ist die in das Risiko der Substanzerhaltung, das Informationsrisiko, das Abwicklungsund Verwaltungsrisiko, das Interessenvertretungsrisiko und das Konditionenrisi ko.474 Es wird im folgenden auf das Risiko der Substanzerhaltung sowie auf das Informationsrisiko näher eingegangen. Beide Risken sind nicht auf der gleichen Ebene angesiedelt. Vielmehr helfen Informationen dabei, das Substanzrisiko zu vermindern. 473 Ihre Anlagephilosophie ist somit von strategischen Untemehmensanleger, die durch einen lang fristigen Anlagehorizont charakterisiert sind, abzugrenzen. 474 Diese Unterscheidung der Risiken folgt derjenigen Hopts. Vgl. Hopt (1975), S. 82 ff. Eine andere Gliederung findet sich bei Schwark (1979), S. 10 ff., der in das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten Anlageentscheidung und an der Erhaltung der Vermögensanlage, dem Ertragsinteresse und dem Liquidationsinteresse unterscheidet. Anders auch Wiedemann (1975), S. 1594, der zwischen Verwaltungsinteresse, Bestands- und Ertragsinteresse, Informations- und Kontroll interesse und Liquiditätsinteresse unterscheidet. Siehe fiir eine Klassifizierung der An legerrisiken am Nebenkapitalmarkt Böhm (1979), S. 45 ff.
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(1) Der Anleger ist nach der Einzahlung seiner Anlage jederzeit der Gefahr ausge setzt, sein Kapital ganz oder teilweise zu verlieren und unterliegt dadurch dem Risiko der Substanzerhaltung. Auch der vorübergehende Kurssturz einer Aktie kann bei bestimmten Anlegern einen Schaden verursachen, wenn ein Verkauf zum richtigen Zeitpunkt nicht erfolgte oder wenn das Warten auf eine Kurserholung aus finanziellen Gründen nicht möglich ist.475 Das Substanzerhaltungsrisiko ist das Risiko, in dem „alle anderen Risiken kulminieren“.476 Wird über ein Unternehmen das Konkursverfahren eröffnet, dann wird der Aktionär aus der Konkursmasse als einer der letzten bedient. Die Situation stellt sich für einen Anleger in Obligatio nen zwar besser dar, gleichwohl unterliegt auch dieser dem Risiko des Substanz verlustes. Obwohl es eine ganze Reihe anlegerschützender Normen gibt, ist es für den Gesetzgeber auch heutzutage unmöglich, dieses Risiko gänzlich auszuschlie ßen. Dies ist aber auch nicht Sinn des Anlegerschutzes, da in einem marktwirt schaftlichen System Zusammenbrüche von Unternehmen Begleiterscheinungen des Wettbewerbs sind.477 Den möglichen Chancen der Unternehmen stehen immer auch unternehmerische Risiken gegenüber, die zumindest teilweise von Anlegern übernommen werden. Der Staat neigt dazu, großen Unternehmen in Krisenzeiten eher unter die Arme zu greifen als kleineren Betrieben. Dies mag bspw. mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen zu tun haben, fuhrt aber dazu, daß das Substanz erhaltungsrisiko für den Anleger je nach Bedeutung und Größe des Unternehmens eine andere Qualität erhält.
(2) Für den Anleger ist es von elementarem Interesse, Informationen über seine Anlage zu erhalten. Er sieht sich permanent dem Risiko ausgesetzt, keine, unge nügende oder falsche Informationen über sein Engagement zu erhalten. Dieses Informationsrisiko hat sich historisch in seiner Bedeutung gewandelt. Früher wa ren die Anleger Kaufleute, die ein Gewerbe und die anderen Gesellschafter aus ihrer eigenen Erfahrung heraus kannten.478 Gesellschaften, die Anleger brauchten, suchten in erster Linie Mitgesellschafter und ein Informationsrisiko bestand ei gentlich nicht. Später, insbesondere im 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Aktiengesellschaften, wurden vermehrt Geldgeber und weniger Mitgesellschafter gesucht. Der Anleger gewann Distanz zum Unternehmen und im gleichen Maß erhöhte sich für ihn die Gefahr, keine ausreichenden Informationen über das Un ternehmen zu erhalten. Heute braucht der Anleger Informationen, um Kauf- oder
475 476 477 478
Vgl. Hopt (1975), S. 83. Vgl. Hopt (1976a), S.G 16. Vgl. Hopt (1975), S. 84 f. Vgl. zur historischen Entwicklung des Informationsrisikos Hopt (1975), S. 88 f. sowie Hopt (1976a), S. G16.
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Verkaufsentscheidungen zu treffen. Das Informations- ist im Vergleich zum Sub stanzrisiko in seiner Bedeutung gewachsen.479 Für die Ausgestaltung des gesetzlichen Anlegerschutzes ist nun die Frage rele vant, ob sich der Anleger die Informationen selbst beschaffen muß oder ob die Gesellschaft verpflichtet ist, Informationen zu übermitteln. Eine weitere Möglich keit wäre es, den Finanzintermediären480 die Verpflichtung aufzuerlegen, den An leger zu informieren.481 Allerdings ist es meistens mit der Übermittlung oder Beschaffung von Informa tionen allein nicht getan. Wichtig ist es, daß der Anleger die Informationen ver steht und in eine sinnvolle Anlageentscheidung integrieren kann. Grenzen der In formationsübermittlung könnten einerseits in den kognitiven Fähigkeiten des ein zelnen Anlegers, andererseits in der immer größer werdenden Zahi von möglichen Anlagen liegen. Die von einer Gesellschaft publizierten Informationen in Ge schäftsberichten, Bilanzpressekonferenzen, Analystentreffen etc. sind für Anleger nur bedingt nutzbar. Meist bedürfen sie der Umwandlung durch die Intermediäre, um dem Anleger Kauf- und Verkaufsentscheidungen zu ermöglichen.482 Somit liegt eine Lösungsmöglichkeit darin, den Intermediären Beratungspflichten aufzu erlegen.
Durch die Tätigkeit der Intermediäre sieht sich der Anleger aber weiteren Risiken gegenüber.483 Die mangelnde Kompetenz eines Beraters stellt ein solches Risiko dar. Außerdem ist es möglich, daß ein Intermediär die Beratung zugunsten des reinen Verkaufs in den Hintergrund treten läßt. Dieses Risiko tritt insbesondere bei solchen Intermediären auf, die sehr stark auf die Erzielung von Provisionen abheben. Allerdings sind z.B. Kreditinstitute daran interessiert, im Rahmen von Relationship-Banking-Strategien die Langfristigkeit von Kundenbeziehungen selbst in Zeiten hoher Konkurrenzintensität aufrechtzuerhalten und weniger auf den schnellen Abschluß abzuzielen. Kreditinstitute können sich hingegen einer Reihe von Interessenkonflikten gegenübersehen, die sich auf die Beratung der Anleger negativ auswirken können.484 Zunächst gibt es zwischen Kreditinstituten und Unternehmen finanzielle und personelle Verbindungen. Die Höhe des Kredit engagements kann z.B. ein gesteigertes Interesse der Bank bewirken, vermehrt Wertpapiere dieses Unternehmens den eigenen Effektenkunden anzubieten. Es
Vgl. Hopt (1975), S. 89. Solche Intermediäre können Kreditinstitute oder andere Anlagevermittler sein. Vgl. Hopt (1975), S. 89. Hopt spricht von Allgemeinpublizität, die in eine ftir Anleger nutzbare Individualpublizität umgewandelt werden muß; vgl. Hopt (1975), S. 94. 483 Vgl. Hopt (1975), S. 99 f. 484 Vgl. Hopt (1975), S. 108 ff.
479 480 481 482
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kommt zudem häufig vor, daß Vertreter von Kreditinstituten in die Aufsichtsräte von Unternehmen gewählt werden. Auch daraus können Interessenkonflikte re sultieren. Interessenkonflikte gegenüber dem Anlagekunden können auch aus der Rolle der Kreditinstitute als Emissionsbegleiter herrühren. Es liegt nahe, daß eine Bank als Mitglied eines Emissionskonsortiums den eigenen Anlagekunden den Verkauf des an die Börse begleiteten Unternehmens empfiehlt. Aus dem Konsor tialvertrag können sich auch Kurspflegeaktivitäten ergeben, die ebenfalls auf die Sphäre der Anlageberatung ausstrahlen. Diese Interessenkonflikte sind mittler weile dadurch entschärft, daß die Kreditinstitute die Wertpapierorders im Normal fall als Kommissionsgeschäfte ausfuhren.485 Der Anleger kauft oder verkauft die Wertpapiere somit an der Börse und unterliegt nicht dem Risiko, daß das Kredit institut ohne ausdrücklichen Hinweis Wertpapiere über den eigenen Bestand dis poniert.
Der Anleger unterliegt somit zum einen dem Risiko, von der Gesellschaft keine, unvollständige oder zu spät Informationen zu erhalten. Zum anderen ist es mög lich, daß ihm die Intermediäre keine objektive Auswertung zukommen lassen.
Die Anleger wollen, daß die Ad-hoc-Publizität so gestaltet ist, daß die Risiken verringert werden. Durch eine Publizitätsnorm kann es zu einer Verringerung der Informationsrisiken kommen. Als eine Folge davon kann sich unter Umständen auch das Substanzerhaltungsrisiko vermindern. Bspw. dann, wenn der Anleger durch eine durch die Publizität vermittelte Information einen Wertpapierverkauf vomimmt, bevor sich der Börsenkurs negativ entwickelt.
Das Informationsinteresse der ausländischen institutioneilen Anleger geht soweit, daß sie sich an Börsen ohne entsprechende Ad-hoc-Publizitätsvorschriften - ins besondere in ihrer Funktion als Teil der Insidergesetzgebung - nicht engagieren. cc) Die Liquidität Für die Anlageentscheidung ist es auch von Bedeutung, ob es möglich ist, jeder zeit weitere Zukäufe oder Verkäufe vorzunehmen. Aus Sicht des Anlegers handelt es sich dabei um die Liquidität einer Anlage. Die Liquidität ist insbesondere für institutioneile Anleger von Bedeutung. Diese machen ein Engagement von den historischen oder bei einer Neuemission von den zu erwartenden Umsätzen ab hängig. Oftmals existieren bei den institutioneilen Anlegern interne Untemehmensrichtlinien, die den Kauf von umsatzschwachen und damit illiquiden Wert papieren verbieten.
485 Vgl. Grill, D 50, S. 1 ff.
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Informationen über die Liquidität eines Wertpapiers wird der Anleger nicht aus der Ad-hoc-Publizität erhalten. Hierfür existieren Informationsquellen in Form von Börsenumsatzstatistiken oder Statistiken über Bid-Ask-Spreads auf bestimm ten Börsenmärkten.
dd) Die anderen Motive Anlageentscheidungen können daneben auch von außerökonomischen Zielen ge leitet sein. Bspw. sind manche Anlagetitel mit einem besonderen Prestige verbun den.486 Auch die Motive beim Kauf von Mitarbeiteraktien sind nicht ausschließ lich auf die erwähnten drei Zielvariablen reduzierbar. Vielmehr spielt in diesem Fall das Zugehörigkeitsgefühl zu einem Unternehmen eine wesentliche Rolle. Weitere Motive können strategische oder steuerliche Überlegungen sein. Denkbar ist auch, daß Anleger aufgrund ihres regionalen Bezugs zum Emittenten Wertpa piere erwerben.
Je stärker die Anlageentscheidung durch diese Motive begründet wird, umso un wichtiger werden für den Anleger in der Regel die Informationen, die ihm durch die Ad-hoc-Publizität übermittelt werden. 2. Die Emittenten Auch auf der anderen Seite des Börsenmarktes, bei den Emittenten, gibt es ver schiedene Emittentengruppen und unterschiedliche Interessenlagen. Von Interesse für die im 5. Kapitel durchzuführende ökonomische Analyse des § 15 WpHG wird insbesondere sein, daß es Emittenten unterschiedlicher Größe mit spezifi schen Charakteristika gibt.
a) Der Emittentenbegriff Der Begriff des Emittenten ist im WpHG ebenso wenig definiert wie der des An legers. Auch der Emittentenbegriff muß im Zusammenhang mit § 15 WpHG weit ausgelegt werden. Der Gesetzgeber denkt an alle Emittenten, er deutet eine Diffe renzierung jedoch an, indem er in § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG Emittenten von Wert papieren und Emittenten von Schuldverschreibungen unterscheidet.487 Im Fall von Wertpapieren488 sind Ad-hoc-Meldungen dann abzusetzen, wenn sie kursrelevant sind. Dabei kann es sich um Meldungen mit positiver und negativer Kursreaktion
486 Vgl. Bauer (1992), S. 795. 487 Der Emittent kann somit Bezugsperson einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung zum Anleger sein oder/und die Stellung eines Schuldners innehaben. 488 Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/1.
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handeln.489 Bei Schuldverschreibungen hängt die Verpflichtung zur Veröffentli chung von Tatsachen i.S.d. § 15 WpHG von anderen Kriterien als der Kursrele vanz ab. Wichtig ist, ob eingeräumte Sicherheiten auch nach dem Eintritt von ne gativen Ereignissen zur Verfügung stehen.490 Im Fall der Emission von Schuldver schreibungen kann es sich somit nur um negative Ereignisse handeln.491 Die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nach Emittenten unter schiedlicher Titel legt die Überlegung nahe, die Emittenten in Gruppen aufzuteilen. b) Die Emittentengruppen Idealtypisch soll im folgenden eine Unterscheidung in Publikums-, Familien-AG und Venture Capital-AG vorgenommen werden. Bei einer Publikumsgesellschaft wird es sich in der Regel um größere, bei einer Familiengesellschaft und der Venture Capital-AG um mittlere oder kleinere Aktiengesellschaften handeln.
Die notwendige Differenzierung der kleineren und mittleren Aktiengesellschaften an der Börse in Familien- und Venture Capital-AG wird durch das Verhalten der Anleger deutlich. Demnach muß ein Investment an einer Familien-AG von einem solchen an einer Venture Capital-AG unterschieden werden. Ein Beispiel für das Anlageverhalten institutioneller Anleger zeigt das Beteili gungsverhalten der Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Diese engagieren sich über wiegend an länger bestehenden Gesellschaften und nur zu einem geringen Anteil an Gesellschaften, die erst seit kurzer Zeit existieren.492 Das Beteiligungsverhalten der Kapitalbeteiligungsgesellschaften läßt sich an den Finanzierungsphasen junger Gesellschaften explizieren. Die Phasen der Finanzierung kann man in vier Ab
489 Im folgenden wird bei einer (erwarteten/tatsächlichen) Kursreaktion nach oben auch von einer positiven und bei einer (erwarteten/tatsächlichen) Kursreaktion nach unten auch von einer ne gativen Ad-hoc-Meldung gesprochen. 490 Vgl. § 44a BörsG a.F. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 7, S. 334 f. 491 Es geht nur um eingetretene Bonitätsverschlechterungen des Emittenten. Kümpel untersucht, ob Ad-hoc-Meldungen bei Schuldverschreibungen auch bei anderen Sachverhalten wie bspw. ei ner Heraufstufung des Ratings des Emittenten, zweifelsfrei eine positive Tatsache, notwendig wären. Er kommt zu dem Schluß, daß sowohl die Vorgabe der Börsenzulassungsrichtlinie als auch die Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber gegen diese weite Auslegung sprechen. Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 36 ff., S. 173 ff. 492 Vgl. BVK (1996), S. 101. Siehe auch Stedler (1996), S. 74. Büschgen weist daraufhin, daß es nicht Ziel der Kapitalbeteiligungsgesellschaften ist, Innovationen zu finanzieren. Ausfluß die ser Einstellung ist die Beschränkung auf feste, zinsähnliche Renditen. Diese verhindern die Möglichkeit, Verluste aus Finanzierungen beim einen Unternehmen durch überdurchschnittli che Gewinne beim anderen auszugleichen. Vgl. Büschgen (1985), S. 223 f. Gerke spricht von „Kreditsachbearbeiterdenken“ und wirft den Kapitalbeteiligungsgesellschaften damit vor, daß diese nicht nur Diversifikationseffekte außerachtlassen, sondern auch in zu geringem Umfang die Zukunftschancen eines Unternehmens prüfen. Vgl. Gerke (1972), S. 57 ff.
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schnitte unterteilen. Zunächst in die Gründungs- oder Seed-up-Phase, in der die Umsetzung einer Idee erfolgt. Danach folgt die Start-up-Phase, in der sich das Unternehmen in der Gründung und im Aufbau befindet. In der Expansion-StagePhase wächst das Unternehmen, erreicht den Break-Even-Point und weist unter Umständen schon Gewinne aus. Schließlich existiert die Bridge-Financing-Phase in der im Regelfall Mittel zur Vorbereitung für einen Börsengang zur Verfügung gestellt werden.493 Die Kapitalbeteiligungsgesellschaften beteiligen sich in praxi überwiegend in den Phasen drei und vier, also in der Wachstumsphase und in der Phase der Vorberei tung eines Going Public.494 Die von ihnen zur Verfügung gestellten Mittel müssen deshalb von der Finanzierung mit Venture Capital, die sich auf die ersten beiden Phasen bezieht, unterschieden werden.495 Die Mehrzahl der Unternehmen, die heute noch nicht an der Börse notiert sind, aber über einen großen Eigenkapitalbedarf verfügen, sind dem Typus der Familien-AG oder der Venture Capital-AG zuzurechnen. Es ist daher wichtig, in der weiteren Analyse auf die Unterscheidung einzugehen.
aa) Die Publikums-AG (1) Die Gesellschafterstruktur dieser AG zeichnet sich dadurch aus, daß kein ein zelner Aktionär einen maßgeblichen Einfluß auf die Gesellschaft hat.496 Die Akti en sind auf viele Aktionäre verstreut, weshalb man von einer Publikums-AG im Streubesitz sprechen kann. Die Aktionäre haben in der Regel keine besondere Be ziehung zur Gesellschaft i.S. einer familiären Bindung oder eine sonstige Affektion bspw. in Form eines regionalen Bezugs. Das Verhältnis ist anonymisiert. Es liegt eine personelle Trennung zwischen Aufsichtsrat und Eigentümer vor. Die Aktionäre sind häufig international domiziliert. (2) Die Finanzierungsstruktur der Publikums-AG ist durch eine starke Mittelauf nahme auf den internationalen Kapitalmärkten charakterisiert. Sie hat keine Pro 493 Vgl. zur Einteilung der Phasen mit jeweils anderen Akzenten Bovaird (1990), S. 29 ff., Stedler (1987), S. 42 ff. Die Phasen eins und zwei kann man auch als Frühphasenfinanzierung bezeich nen. 494 Vgl. auch Fanselow/Stedler (1988), S. 557 sowie Singer (1994), S. 25 und Frommann (1993), S. 17 ff. Desweiteren Damisch (1994), S. 13. Damisch weist daraufhin, daß die Frühphasen finanzierung neben günstigen Rahmenbedingungen auch die Unterstützung durch den Staat bspw. in Form von Technologieprogrammen braucht. 495 In der Praxis wird teilweise eine Gleichsetzung vorgenommen. Vgl. Damisch (1996), S. 11 sowie Frommann (1993), S. 16. Auch an den Branchen, auf die sich das Engagement der Kapi talbeteiligungsgesellschaften bezieht, sieht man, daß es sich nicht um die Finanzierung von Frühphasen handelt. Wachstumsträchtige Unternehmen aus der Bio- oder Kommunikations branche sind unterrepräsentiert. Vgl. BVK (1996), S. 113. 496 Vgl. Raiser (1992), S. 12 f.
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bleme, Eigenkapital über die Börse aufzunehmen. Meist ist sie nicht in der Ab hängigkeit von Kreditinstituten oder sonstigen Großgläubigem. In Deutschland ist sie im Börsensegment des amtlichen Handels notiert. Der Börsenkurs zeichnet sich durch eine geringe Volatilität aus. Die Börsenkapitalisierung ist sehr hoch und sichert eine hohe Liquidität des Wertes. Dies ermöglicht dem Anleger einen jederzeitigen Verkauf. Zusätzlich besteht für die Anleger die Möglichkeit, über einen Referenzindex (z.B. DAX) Sicherungstransaktionen durchzufuhren. Durch ihre jahrelange Expertise in Kapitalmarktfragen verfügt die Publikums-AG auch über Fachleute, die bzgl. der Einschätzung des Kapitalmarktes höchstes Know-how besitzen. Dieses Fachwissen beruht zum einen auf der jahrelangen Eigenkapitalbesorgung über die Börse, zum anderen resultiert es auch aus den für große Unternehmen immer wichtiger werdenden Anlagegeschäften eigener Mittel, die in jüngerer Vergangenheit einen steigenden Ergebnisbeitrag leisten.
(3) Die Geschäftsaktivitäten der Publikums-AG zeichnen sich durch eine welt weite Präsenz aus. Ihre Organisationsstruktur weist viele Geschäftsfelder auf. Die jahrelange Kommunikation mit dem Kapitalmarkt schlägt sich in besonderen In vestor-Relations-Strukturen nieder.
bb) Die Familien-AG (1) Die Gesellschafterstruktur der Familien-AG weist unterschiedliche Gruppen auf. Ein geringer Anteil befindet sich im Streubesitz. Der überwiegende Teil der Aktien wird von Einzelpersonen oder Familien gehalten.497 Die Familienaktionäre sitzen oftmals in der Geschäftsleitung und prägen dadurch die Untemehmensphilosophie. Meist existiert ein Poolvertrag, der die Interessen der möglicherweise weitverzweigten Familienmitglieder bündelt und für eine angemessene Vertretung der Familie sorgt. Charakteristisch für die Familien-AG ist, daß die Aktionäre oftmals einen regionalen Bezug zu der Gesellschaft haben. (2) Die Finanzierungsstruktur der Familien-AG ist von einer Mittelaufhahme auf den nationalen Kapitalmärkten geprägt. Bis zu ihrem Börsengang, der noch nicht lange zurückliegen muß, war sie durch eine relativ hohe Fremdkapitalfinanzierung gekennzeichnet. Sie war dadurch in hohem Maße von Kreditinstituten und ande ren Gläubigem abhängig. An der Börse ist diese Gesellschaft im geregelten Markt zu finden. Die Börsenkapitalisierung ist u.a. durch den stabilen Aktionärskreis relativ gering, da die Familienaktionäre ihre Aktien nicht verkaufen. Die Kurse sind wesentlich volatiler als die der Publikums-AG. Eine Kurssicherung durch Indices ist meistens nicht möglich.
497 Vgl. Raiser (1992), S. 12 f.
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Die Familien-AG verfügt nicht über einen gutausgebildeten Stab von Kapital marktspezialisten. Dies liegt daran, daß sie die nationalen Kapitalmärkte noch nicht so lange in Anspruch nimmt. Außerdem ist ihre Ergebnisstruktur nicht von Finanzmarktgeschäften gekennzeichnet. Auch das Beteiligungsgeschäft ist relativ schwach ausgebildet.
(3) Die Geschäftsaktivitäten der Familien-AG sind überwiegend im Inland und im europäischen Ausland. Manchmal sind die Absatzmärkte weltweit. Charakteri stisch sind wenige Geschäftsfelder (manchmal nur eines), die oftmals mit seit Jahrzehnten erarbeitetem Wissen erfolgreich bearbeitet werden. Diese Unterneh mung verfügt über keine oder allenfalls schwach ausgebildete Investor-RelationsAbteilungen.
cc) Die Venture Capital-AG Bei Venture Capital handelt es sich um Risikokapital, das jungen, innovativen und wachstumsstarken Unternehmen zur Verfügung gestellt wird.498 Das Risikokapital wird in Form von Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Titel zur Verfügung gestellt.499
(1) Die Gesellschafterstruktur ist zunächst von den Untemehmensgründem be stimmt. Diese brauchen externes Kapital, weil entweder eine Finanzierung aus dem Privatvermögen unmöglich ist oder sie Diversifikationsabsichten verfol gen.500 Weitere Gesellschafter sind meistens sogenannte Venture-Capital-Gesellschaften. Diese lassen sich umfangreiche Kontrollrechte einräumen, übernehmen Managementfunktionen und sind somit Gesellschafter, die aktiv am operativen Geschäft der Gesellschaft teilnehmen.501 Weitere Gesellschafter können über eine Mittelaufhahme an der Börse hinzutreten. (2) Das hohe Insolvenzrisiko der Venture Capital-AG kennzeichnet die Finanzie rungsstruktur. Von herausragender Bedeutung ist das Eigenkapital, da nur dieses eine risikoäquivalente Finanzierung zuläßt.502 Feste Zins- und Tilgungsverpflich tungen würden dem Finanzierungsverlauf der Venture Captial-AG nicht gerecht, insbesondere wenn es sich um eine Mittelbereitstellung in der Seed-up- oder Start up-Phase handelt. Die Eigenkapitalgeber der Venture Capital-AG überlassen ihr
498 Eine ähnliche Definition findet sich bei Gerke (1995c), Sp. 1883. Gerke weist daraufhin, daß es keine Legaldefinition von Venture Capital gibt. Für eine weitere Definition von Venture Ca pital vgl. auch Bovaird (1990), S. 3 f. Im folgenden sollen die Begriffe Venture Capital und Wagniskapital synonym verwendet werden. 499 Eigenkapitalähnliche Titel sind Genußscheine, nachrangige Darlehen etc. 500 Vgl. Hartmann-Wendels (1987), S. 16. 501 Vgl. auch Schauerte (1996), S. 24. 502 Vgl. Gerke (1995c), Sp. 1884.
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Kapital in der Regel langfristig für einen Zeitraum von ca. fünf bis zehn Jahren. Ihre Rendite erzielen die Eigenkapitalgeber nur in einem geringem Umfang durch Dividenden oder sonstige Gewinnbeteiligungen, vielmehr durch den Ertrag, den sie am Ende der Laufzeit durch ihr Desinvestment erzielen.503 (3) Die Geschäftsaktivitäten der Venture Capital-AG konzentrieren sich überwie gend auf einen Geschäftsgegenstand.504 Meist ist es schwierig, Erwartungen über die Ertragskraft zu formulieren. Deshalb müssen die Eigenkapitalgeber in der La ge sein, die Qualität des Managements einzuschätzen, um daraus Rückschlüsse auf die Aussichten des zu finanzierenden Projekts zu ziehen.
c) Die Emittenteninteressen Die Interessen des Emittenten lassen sich in solche auf der Ebene des Unterneh mens und in die eher individualistischen Interessen des Vorstands unterscheiden.
aa) Das Unternehmensinteresse Zunächst ist es für das Unternehmen bedeutsam, die Kapitalkosten bei der Mittelaufhahme an der Börse zu minimieren. Dazu gehören geringe Volatilitäten der Börsenkurse und das Bestreben, auf der Anlegerseite viele Investoren zum Kauf von Wertpapieren des eigenen Unternehmens zu bewegen. Außerdem wird vom Unternehmen angestrebt, die Untemehmenspolitik in einem guten Licht erschei nen zu lassen. Daher ist es im Interesse des Unternehmens, viele positive und we nige negative Ad-hoc-Meldungen zu publizieren. bb) Die Interessen des Vorstands Auf der Ebene der Vorstandsmitglieder existieren Interessenlagen, die in manchen Fällen mit denen des Unternehmens konfligieren können. Die Erfolge des Unter nehmens werden von Vorstandsmitgliedern als eigene Erfolge angesehen und die nen ihrem Prestige. Daher besteht die Neigung, positive Ad-hoc-Meldungen abzu setzen. Daneben existieren finanzielle Interessen, bspw. in dem Fall, in dem Vor standsmitglieder durch Optionen auf eigene Aktien entlohnt werden. Auch die finanziellen Interessen führen dazu, möglichst viele positive Ad-hoc-Meldungen zu veröffentlichen, da gestiegene Börsenkurse das Vermögen der Vorstandsmit glieder erhöhen.
503 Dieses Desinvestment kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Möglich sind ein Verkauf an der Börse, der Verkauf an sonstige Investoren, oder ein Verkauf an den Untemehmensgründer. 504 Oftmals handelt es sich nur um eine Idee. Vgl. Hartmann-Wendels (1987), S. 16.
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B. Die Börsenmarkteffizienz und die Ad-hoc-Publizität Die Untersuchung der Effizienzbegriffe hat ergeben, daß in bezug auf eine kon krete börsliche Ausgestaltung Grundaussagen möglich sind.505 Um eine bessere Darstellung des Zusammenhangs von Ad-hoc-Publizität und Börsenmarkteffizi enz zu erhalten, werden zwei Extreme herangezogen: Zunächst bietet sich das Denkmodell an, daß keine Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität vorliegt. Die Er gebnisse dieser Betrachtung lassen einen Rückschluß auf die Regulierungsnot wendigkeit zu und markieren somit eine Grenze nach unten. Anschließend gilt es zu überlegen, inwieweit eine zu weitgehende Ad-hoc-Publizitätspflicht Auswir kungen auf die Effizienz der Börse hat. Aus diesem Teil ergeben sich Grenzen der Regulierung nach oben, die eine Deregulierung erforderlich machen könnten.
I. Die Börse ohne eine Ad-hoc-Publizitätspflicht Zunächst stehen die Anleger im Mittelpunkt der Betrachtung. Danach wird über legt, ob die Emittenten eventuell freiwillig dazu bereit sind, Informationen zur Verfügung zu stellen. Schließlich wird resümiert, welche Folgen sich ohne eine Ad-hoc-Publizität für die Börsenmarkteffizienz ergeben können.
1. Die Anleger Eine Regulierungsnotwendigkeit der Ad-hoc-Publizität wird zunächst mit Hilfe der normativen Theorie der Regulierung untersucht. Diese erklärt ein Marktversa gen u.a. mit dem unterschiedlichen Informationsstand der Marktteilnehmer und ist daher für die Erklärung des Verhaltens der Anleger auf dem Börsenmarkt geeig net.506 Ein weiterer Aspekt ergibt sich durch die Portfoliotheorie. a) Das Marktversagen wegen asymmetrischer Information Im Zusammenhang mit Informationen können unterschiedliche Unsicherheiten auftreten. Eine sichere Information kann zum einen aktuell objektiv nicht vorhan den sein. Diese Informationen entstehen bspw. als Ergebnisse von Marktprozessen
505 Vgl. hierzu dieses Kapitel A/I/2. 506 Innerhalb der normativen Theorie der Regulierung wird die Notwendigkeit staatlichen Eingrei fens in die Wirtschaft ausschließlich mit Marktversagen begründet. Die normative Theorie der Regulierung gibt somit Antwort auf die Frage, wann in einem Bereich der Wirtschaft reguliert werden soll. Vgl. Krakowski (1988), S. 25. Marktversagensgründe gemäß der normativen Theorie der Regulierung sind neben der Informationsasymmetrie das natürliche Monopol, die ruinöse Konkurrenz sowie externe Effekte. Vgl. auch Hom u.a. (1988), S. 40 ff.; v. Weizsäcker (1982), S. 326 ff.
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und können daher nur ex-post festgestellt werden.507 Man spricht in diesem Fall von zeitlichen Informationsasymmetrien.508 Zum anderen kann die Information objektiv bestehen, die Marktteilnehmer verfugen aber über einen unterschiedli chen Zugang zu ihr. Dies bezeichnet man als asymmetrische Information. Dabei kann die eine Marktseite durch das Übermitteln der Information an die andere Seite diese Informationslücke schließen.509 Die asymmetrische Informationsverteilung zwischen den Markteilnehmem kann sich auf die Qualität von Gütern, auf den Nutzen von Gütern oder auf den markt räumenden Preis beziehen. Man spricht von Qualitätsunsicherheit, Nutzenunsicher heit oder Preisunsicherheit.510 Im folgenden geht es nur um die Qualitätsunsicher heit, nämlich um die Qualität von Wertpapieren. Die Bedeutung asymmetrischer Information zwischen den Marktteilnehmern - insbesondere zwischen den Anbietern und den Nachfragern von Produkten hängt vom jeweiligen Markt ab. Es existieren Märkte, auf denen der Informations stand von untergeordneter Wichtigkeit ist, weil sich die schlechter informierte Seite zu geringen Kosten über die Qualität der Produkte informieren kann. Auf bestimmten Märkten, und dazu zählt der Börsenmarkt, kann die Asymmetrie sehr bedeutend sein. Die Beschaffung von Informationen über die von der anderen Seite angebotenen Produkte kann sehr teuer oder gar unmöglich sein.511 Auf dem Börsenmarkt stellen die Anleger die schlechter informierte Marktseite dar. Ein weiterer Aspekt ergibt sich daraus, daß die Anleger nicht als eine Gesamtheit be trachtet werden dürfen. Die oben vorgenommene Unterteilung in Anlegergruppen weist darauf hin, daß sich die Anleger in ihrem Informationsstand unterscheiden. Folglich können die Informationsasymmetrien zwischen Emittenten und Anleger von Fall zu Fall unterschiedlich groß sein. Die Asymmetrie der Information kann danach systematisiert werden, zu welchem Zeitpunkt sie innerhalb des Transaktionsprozesses vorliegt. Je nachdem, ob die un gleiche Informationsverteilung vor oder nach Vertragsabschluß auftritt, sprechen wir von Adverse Selection oder Moral Hazard. Inwieweit diese Phänomene zu einem Versagen des Börsenmarktes fuhren können, wird im folgenden diskutiert.
507 508 509 510 511
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Meyer (1990), S. 105. Schmidt (1996), S. 40. Fritsch u.a. (1993), S. 185. Fritsch u.a. bezeichnen diesen Zustand als Unkenntnis. hierzu Fritsch u.a. (1993), S. 185 f. Krakowski (1988), S. 65.
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aa) Adverse Selection Bei Adverse Selection5'2 sind die Informationen über entscheidungsrelevante Qualitäten eines Gutes oder einer Leistung zwischen den Marktteilnehmern vor Vertragsabschluß ungleich verteilt. Eine Seite des Marktes ist im Besitz einer In formation oder hat einen höheren Informationsstand, während für die andere Marktseite Qualitätsunsicherheit vorliegt. Im folgenden sei der generelle Mecha nismus aufgezeigt, bevor die Ergebnisse auf den Börsenmarkt übertragen werden. Zunächst ist der Fall zu betrachten, daß die Nachfrager auf einem Markt die schlechter informierte Seite darstellen. (1) Den Ausführungen von Akerlof5'3 ist zu entnehmen, welche Wirkungen asymmetrische Qualitätsinformationen auf einem Markt entfalten können. Akerlof hat das Phänomen der Adverse Selection exemplarisch anhand des Marktes für Gebrauchtwagen geschildert. Auf dem Markt für Gebrauchtwagen gibt es unter schiedliche Qualitäten. Die Anbieter kennen die Qualität mit Sicherheit, da sie die Wagen selber gefahren sind. Die Nachfrager kennen nur die durchschnittliche Qualität des Angebots. Könnten die Nachfrager die Qualität der Gebrauchtwagen genau erkennen, dann würden sie ihre Zahlungsbereitschaft exakt an der Qualität ausrichten. Für gute Qualität würden sie viel, für schlechte hingegen wenig be zahlen.514 Desweiteren gilt auf diesem Markt der Gebrauchtwagen die Annahme, daß die Qualitäten gleichverteilt sind. Da die Nachfrager die Qualität eines einzel nen Wagens nicht genau kennen, sind sie bereit, den Preis zu bezahlen, den sie für einen Wagen mittlerer Qualität ausgeben würden. Dies setzt voraus, daß die Nach frager risikoneutral eingestellt sind. Die Nachfrager und die Anbieter haben unter schiedliche Nutzenfunktionen. Deshalb gäbe es bei Kenntnis der Qualitäten bei jedem Preis Transaktionen.
Auf dem Markt für Gebrauchtwagen spielt sich folgender Prozeß ab. Da die An bieter die Qualität kennen, verkaufen sie nicht zu einem durchschnittlichen Preis. Anbieter guter Qualität verkaufen nur zu einem höheren, Anbieter von unter durchschnittlichen Qualitäten akzeptieren hingegen auch geringere Preise als den Durchschnittspreis. Auf dem Markt werden zum Durchschnittspreis somit nur Gebrauchtwagen angeboten, die eine Durchschnittsqualität haben. Die Nachfrager gehen davon aus, daß beim durchschnittlichen Preis überwiegend unterdurch schnittliche Qualitäten, bestenfalls jedoch durchschnittliche Qualitäten angeboten werden. Die Nachfrager schließen deshalb beim Durchschnittspreis keine Trans aktionen ab. Da die Qualitäten gleichverteilt sind, bieten sie bei der nächsten 512 In der Literatur finden sich unter anderem die Bezeichnungen adverse Selektion, adverse Aus lese sowie Negativauslese. 513 Vgl. Akerlof (1970), S. 488 ff. Siehe desweiteren Broll/Gilroy (1985), S. 307 ff. 514 Vgl. Fritsch u.a. (1993), S. 188 f.
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Transaktion nur einen geringeren Preis an. Die Anbieter besserer Qualitäten zie hen sich nach und nach aus dem Markt zurück. Schließlich finden überhaupt keine Transaktionen am Markt statt und der Gebrauchtwagenmarkt bricht zusammen.
Aus dem geschilderten Szenario lassen sich folgende Schlußfolgerungen ziehen: Zum einen setzen sich die schlechten Qualitäten515 am Markt durch, d.h., der Markt für gute Qualitäten bricht zusammen. Es handelt sich somit um ein partiel les Marktversagen. Zum anderen ist es möglich, daß auf dem Markt überhaupt keine Transaktionen mehr stattfinden. Die schlechter informierten Nachfrager ziehen sich aus dem Markt zurück, obwohl bei einer anderen Informationsvertei lung wohlfahrtssteigemde Transaktionen stattfänden. Die Adverse Selection kann also zu einem totalen Marktversagen führen.516
(2) Es ist auch möglich, daß die Anbieter auf einem Markt die schlechter infor mierte Marktseite darstellen. Diese Informationsasymmetrie zu Lasten der Anbie ter kann dann auftreten, wenn sie wichtige Gegebenheiten im Bereich der Nach frager nicht genau beurteilen können.517 Auf bestimmten Märkten kann es vor kommen, daß die Anbieter Risiken ex-ante nicht genau bestimmen können. Preise werden folglich so kalkuliert, daß die Anbieter keine Verluste erleiden. Der Preis für geringe Risiken ist relativ hoch und die Nachfrager mit einer solchen Risiko struktur werden Transaktionen vermeiden. Dies führt dazu, daß sich im Bestand der Anbieter die hohen Risiken erhöhen und in der Folgezeit Preiserhöhungen stattfinden. Die Nachfrager mit geringeren Risiken ziehen sich abermals vom Markt zurück und schließlich verbleiben die höchsten Risiken im Bestand. Die schlechte Qualität verdrängt auch hier die gute und der Preis erreicht am Ende des Prozesses - anders als im Gebrauchtwagenmarktbeispiel - nicht ein niedriges, sondern ein hohes Niveau. Die Nachfrager mit niedrigen Risiken haben zwar ein Interesse an Transaktionen, diese kommen aber nicht zustande. bb) Moral Hazard Das Problem der Moral Hazard518 entsteht bei asymmetrischer InformationsVer teilung nach Vertragsabschluß, wenn die informierte Seite des Marktes Handlun gen vornehmen kann, die vom Vertragspartner nicht kontrolliert werden können und die informierte Seite ihren individuellen Nutzen zu Lasten des gemeinsamen Vertragsziels maximieren kann. Dieses Problem tritt vor allem dann auf, wenn sich Leistung und Gegenleistung eines Vertrages auf einen langen Zeitraum be ziehen und die Leistung eines Vertragspartners mit dem Eintreten bestimmter 515 516 517 518
Akerlof spricht von „lemons“ Vgl. Akerlof (1970), S. 489. Vgl. Soltwedel (1986), S. 122. Vgl. Fritsch u.a. (1993), S. 190 f. Es findet sich auch die Bezeichnung moralisches Risiko. Vgl. z.B. Fritsch u.a. (1993), S. 192.
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Sachverhalte verknüpft ist.519 Diese Situation tritt z.B. beim Abschluß von Versi cherungsverträgen auf.520 Kann ein vertragswidriges Verhalten nicht im voraus erkannt werden, muß das moralische Risiko ex-ante in der Kalkulation der Preise berücksichtigt werden. Dies geht wiederum zu Lasten der ehrlichen Vertragsneh mer, für die der Abschluß eines Vertrages an Attraktivität verliert. Am Ende die ses Prozesses werden nur noch teure Verträge mit solchen Vertragspartnern abge schlossen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit bzgl. eines vertragswidrigen Han delns nach Vertragsschluß aufweisen. Moral Hazard kann auch als Spezialfall der Adverse Selection interpretiert werden, der auf der Unkenntnis eines Verhaltens eines Vertragspartners nach Abschluß eines Vertrages basiert.521 cc) Die Übertragung auf den Börsenmarkt (1) Die Ausführungen zur Adverse Selection und Moral Hazard sind auch auf den Börsenmarkt übertragbar. Es handelt sich dabei um einen Markt, auf dem Infor mationen eine besondere Rolle spielen. Anleger sind oftmals nicht in der Lage, die Qualität der angebotenen Wertpapiere in jeder Hinsicht einzuschätzen. Es ist anzunehmen, daß der Anbieter eines Wertpapiers besser über die Qualität des Ri sikos informiert ist als der Anleger.522 Dieser Informationsvorsprung der einen Marktseite ermöglicht ein Verhalten, das zu Lasten der schlechter informierten Anleger gehen kann. Die Anleger können - entsprechend dem Akerlofschen Zi tronenmechanismus - von einer durchschnittlichen Bewertung der Wertpapiere ausgehen.523 Anbieter, die die Qualität ihrer Wertpapiere als hoch einschätzen und sie deshalb wegen des aus ihrer Sicht geringen Risikos mit einer niedrigeren Ren dite ausstatten, müßten wegen der Durchschnittsbewertung der Anleger die glei che Rendite akzeptieren wie Anbieter riskanterer Wertpapiere. Deshalb ziehen sich Anbieter von Wertpapieren mit geringem Risiko vom Markt zurück und die Rendite am Markt steigt. Der Markt für Wertpapiere mit geringem Risiko versagt. Auf dem Börsenmarkt ist folglich der Fall relevant, bei dem die Anbieter die bes ser informierte Seite darstellen, die Anleger also weniger Informationen besitzen. Es ist unmöglich, daß die Anleger die besser informierte Seite darstellen. (2) Auf dem Börsenmarkt ist es auch möglich, daß die Anleger nach dem Kauf von Wertpapieren einem Verhalten des Emittenten von Wertpapieren ausgesetzt sind, das zu ihren Lasten geht, mithin also Moral Hazard möglich ist. Der Anbie 519 520 521 522
Vgl. Fritsch u.a. (1993), S. 192. Vgl. Marshall (1976), S. 880 ff. Vgl. Fritsch u.a. (1993), S. 192. Diese Aussage gilt nur für den Fall, daß der Emittent eine Transaktion mit dem Anleger voll zieht. Somit ist in erster Linie der Primärmarkt gemeint. Auf die Transaktion am Sekundär markt, also den Verkauf von Anleger zu Anleger, wird später eingegangen. 523 Vgl. Soltwedel (1986), S. 121 f.
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ter von Wertpapieren kann bspw. durch VermögensVerlagerungen die Position des Anlegers verschlechtern. Auf dem Börsenmarkt ist es somit auch möglich, daß die Anleger als Nachfrager von Wertpapieren Moral Hazard ausgesetzt sind. Beim Kauf eines Wertpapiers am Sekundärmarkt besteht für den kaufenden Anleger das Risiko in erster Linie nicht darin, vom verkaufenden Anleger geschädigt zu wer den. Vielmehr besteht das Problem darin, das Risiko des Emittenten einschätzen zu können. Berücksichtigt man die Tatsache, daß sich die Anleger in unterschiedliche Grup pen aufteilen lassen, die durch einen unterschiedlichen Informationsstand charak terisiert sind, dann liegt nahe, daß sich die Anleger zu unterschiedlichen Zeit punkten vom Börsenmarkt zurückziehen. Aufgrund ihres Informationsrückstands werden die Privatanleger den Markt früher verlassen als die institutionellen.
b) Die Portfoliotheorie
Die Portfoliotheorie besagt, daß der Anleger durch eine Diversifikation seines Portfeuilles Risiken minimieren kann.524 Handelt ein Anleger nach dieser Maxime, bedarf er zur Verringerung seines Risikos weniger der Information durch den Emittenten, da durch die Streuung seiner Anlagen bereits eine Minimierung stattfmdet. Aus diesem Modell ließe sich somit ableiten, daß nur eine eingeschränkte Regulierungsnotwendigkeit bestünde.525
Dem steht entgegen, daß Anleger ihre Portfolios häufig nicht diversifizieren und sich deshalb nicht gern, der Portfoliotheorie verhalten. Darüber hinaus ist es mög lich, daß die Anlage zwar global, im Hinblick auf den nationalen Börsenmarkt hingegen nicht vollständig diversifiziert ist.526 Auch hier muß der Tatsache Rech nung getragen werden, daß es unterschiedliche Anleger gibt. Institutioneilen An legern gelingt es aufgrund ihrer großen Anlagevolumina eher, ihre Portefeuilles zu diversifizieren. Für sie ist eine internationale Diversifizierung leichter möglich. Privatanlegem hingegen ist es meist wegen der geringeren Anlagemittel verwehrt, Risiken auf diese Weise zu minimieren.
Aus den Ausführungen zur Portfoliotheorie wird ersichtlich, daß die Diversifizie rung zwar die Gefahr eines Marktversagens des Börsenmarkts in Folge zu gerin ger Information verringert, das Erfordernis einer Regulierung der Ad-hoc-Publizität jedoch nicht entfallen läßt. 524 Vgl. allgemein zur Portfoliotheorie Gerke (1996b), Sp. 1538 ff. 525 Vgl. Meier-Schatz (1989), S. 214 ff 526 Vgl. Meier-Schatz (1989), S. 216. Dort wird auch darauf hingewiesen, daß bei Anlageentschei dungen durch die publizierte Information eine einfachere Einschätzung der Beta-Werte erfolgen kann.
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2. Die Emittenten Aus dem Bisherigen ergibt sich, daß es auf dem Börsenmarkt ohne eine Ver pflichtung der Emittenten zur Ad-hoc-Publizität zu einem Marktversagen kom men kann, weil die Anleger sich vom Markt zurückziehen.527 Insoweit besteht eine Regulierungsnotwendigkeit für den Staat. Zu untersuchen ist jedoch, ob es ohne eine gesetzlich geregelte Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität zwangsläufig zu einer Verringerung der Börsenmarkteffizienz kommen muß. Es gibt verschiedene Theorien, die eine freiwillige Zurverfügungstellung von Informationen durch die Emittenten für ausreichend erachten. Auf die bedeutendsten sei im folgenden ein gegangen, zunächst auf die Signaltheorie, sodann auf die Agenturtheorie. a) Die Signaltheorie
Die ungleiche Informationsverteilung auf dem Kapitalmarkt, die zu Lasten der Anleger vorliegt, könnte ohne eine Regulierung Transaktionen verhindern, die für beide Marktseiten nutzensteigemd sind. Es liegt nahe, daß die Unternehmen frei willig Informationen an die Anleger weitergeben. Dieser Mechanismus der frei willigen Publikation von Untemehmensdaten wird innerhalb des mikroökono mischen Modells der Signaltheorie diskutiert.528 Allerdings läßt dieses Modell auch eine ganze Reihe von kritischen Anmerkungen zu.
aa) Die Darstellung Das Management eines Unternehmens ist an hohen Aktienkursen interessiert, wenn die Gehälter der Manager über Optionen auf Aktien des eigenen Unterneh mens an den Börsenwert der Firma gekoppelt sind und der Gewinn aus Insiderak tivitäten im Rahmen des Gesamtgehalts vemachlässigbar klein ist.529 Es ist ver ständlich, daß Manager gerne bereit sind, gute Untemehmensnachrichten zu pu blizieren, da mit der Steigerung des Börsenwertes auch der Wert ihrer Optionen steigt. Was bewegt sie aber dazu, auch nichtssagende oder gar schlechte Informa tionen zu veröffentlichen? Die Signaltheorie gibt darauf eine Antwort: Indem die Außenstehenden beobachten, daß bestimmte Unternehmen keine Informationen von sich geben, leiten sie daraus ab, daß das Unternehmen entweder keine oder nur schlechte Nachrichten hat. Als eine Folge davon leiden die Unternehmen, bei denen keine Informationen vorliegen, unter den Unternehmen, die schlechte In formationen zu verbergen haben. Dadurch sind die Unternehmen mit schlechten
527 Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts hängt im übrigen auch vom Vorliegen anderer Informati onsformen wie z.B. Zwischenberichten ab. 528 Vgl. Ross (1979), S. 177 ff. 529 Vgl. Ross (1979), S. 184 f. Siehe insbesondere S. 184 Fußnote 2.
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Informationen die Gewinner dieser Nichtveröffentlichung und es wird dazu kom men, daß alle Manager ohne schlechte Informationen mindestens nichtssagende Untemehmensdaten publizieren.530 Im Ausnahmefall kann sogar die Übermittlung von schlechten Nachrichten sinnvoll sein, da sonst der Markt von einer noch schlechteren Situation des Unternehmens ausgeht.
Es ist möglich, daß die Manager einen Anreiz haben, fälschlicherweise gute Un temehmensdaten zu publizieren. Es würde dann ein Moral Hazard-Problem beste hen. Zur Verhinderung bietet die Signaltheorie eine marktliche Lösung dergestalt an, daß die Manager eine Garantie für den Inhalt ihrer Informationen anbieten.531 Eine Möglichkeit wäre bspw., daß der Manager eine persönliche Garantie für die Richtigkeit der Information in Form einer Reduzierung seines Gehaltes anbietet. Es kann auch sein, daß Manager i.V.m. schlechten Informationen Garantien an bieten, da für sie die mit Optionen verbundene Gehaltssteigerung durch gestiegene Aktienkurse Anreiz genug ist, Lügen zu verbreiten. Dies könne dadurch unter bunden werden, daß die Garantien erhöht werden, so daß der Anreiz zum fälschli chen Signal eliminiert ist.532 Dieser von Ross als „incentive-signaling-mechanism“533 bezeichnete Mechanis mus würde dafür sorgen, daß eine hierarchische Anordnung der Firmen entsteht mit den Unternehmen an der Spitze, die über die besten Informationen verfügen und diese dem Markt auch mitteilen. Am anderen Ende der Skala wären die Un ternehmen mit den schlechtesten Informationen zu finden.
bb) Die Kritik Wären die Argumente des geschilderten Ansatzes zweifelsfrei richtig, könnte man sich auf den marktlichen Lösungsmechanismus verlassen, und eine Publizitäts norm wäre nicht notwendig. Asymmetrien zwischen Unternehmen und Anlegern würden von selbst abgebaut. Es ist aber erforderlich, einige Anmerkungen zur Signaltheorie zu machen. Zunächst ist das Schicksal des Managements eng mit den von ihm zur Verfügung gestellten Signalen verbunden. Ein Management weiß, daß die Verknüpfung von Gehalt und Signal - bspw. durch die Koppelung des Gehalts an den Gewinn auch bei der Veröffentlichung von schlechten Untemehmensnachrichten gilt. So mit ist es möglich, daß das Management von vomeherein auf das System des Si gnalmechanismus der möglichen negativen Konsequenzen wegen verzichtet.534 530 531 532 533 534
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Ross (1979), S. 185. Ross (1979), S. 185. Ross (1979), S. 186. Ross (1979), S. 187. Kripke (1979), S. 207.
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Außerdem ist es wegen der Komplexität des Untemehmensumfeldes für den Markt nicht immer möglich, in den Signalen eine eindeutige Bedeutung zu erken nen.535 Die Anreize, die das Management zur Publikation von Untemehmensdaten gern, der Signaltheorie hat, werden ausschließlich unter dem Blickwinkel finan zieller Betrachtungen gesehen. Der Signaltheorie ist auch die Tatsache entgegenzuhalten, daß gute Nachrichten von den Unternehmen schneller publiziert werden als schlechte.536 Die Aussage der Signaltheorie, der Markt bringe alle Informationen hervor, kann allenfalls langfristig und für gute Informationen gelten. Für negative Informationen und einen kurzfristigen Beobachtungshorizont - wie er sich bei Untemehmenskrisen darstellt - gilt diese Aussage jedoch nicht. Demnach spricht einiges dafür, daß das Management tendenziell negative Informationen zurückhält.537 Verrecchia weist darauf hin, daß es für das Unternehmen auch Gründe geben kann, gute Informationen zurückzuhalten.538 Dies kann der Fall sein, wenn der Markt das Fehlen von Information als das absichtliche Zurückhalten von guten Informationen durch das Unternehmen interpretiert. Mit anderen Worten wird „no news“ nicht zwangsläufig als „bad news“ interpretiert, sondern kann auch als das Zurückhalten von „good news“ aufgefaßt werden. In einem solchen Fall entfällt für das Management der Zwang zur Publikation, da es wegen der negativen exter nen Effekte der guten Nachricht lieber auf die Veröffentlichung verzichtet.539 Bspw. kann die Veröffentlichung einer Gewinnsteigerung mit höheren Gehalts forderungen der Arbeitnehmer verbunden sein. Der Mechanismus der Signaltheo rie funktioniert demnach nur, wenn der unwahrscheinliche Fall vorliegt, daß keine negativen externen Effekte existieren.540
b) Die Agenturtheorie Diese Theorie versucht ebenfalls eine Erklärung dafür zu geben, wie Informati onsasymmetrien ohne staatliche Regulierung gelöst werden können. Der Agentur theorie zufolge sind ausreichende Anreize der Beteiligten zur Übermittlung von
535 Vgl. Kripke (1979), S. 207. 536 Vgl. Cooper/Keim (1983), S. 195 f. Dies wird auch durch eine Reihe empirischer Arbeiten belegt. Vgl. die Hinweise bei Verrecchia (1983), S. 180 f. 537 Vgl. Hopt (1980), S. 241. 538 Vgl. Verrecchia (1983), S. 182. 539 Verrecchia spricht von „proprietary costs“. Diese umfassen neben den Kosten fiir die Erstellung und Verbreitung der Information auch alle sonstigen negativen Effekte der Publizität. Vgl. Ver recchia (1983), S. 181. 540 Vgl. Meier-Schatz (1989), S. 176 f.
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Informationen vorhanden. Allerdings müssen auch kritische Anmerkungen zur Agenturtheorie vorgebracht werden.
aa) Die Darstellung Die Agenturtheorie541 erklärt Strukturen von Unternehmen aus der besonderen Beziehung von Agent und Prinzipal. Agent i.S.d. Ansatzes ist das Management, während der Prinzipal der Untemehmenseigentümer, also der Aktionär, ist. Der rationale Agent verfolgt eigene Interessen, die nicht den Interessen des Prinzipals entsprechen müssen. Aus diesen möglicherweise divergierenden Interessen ent stehen Agenturkosten.542 Der Aktionär nimmt die Situation wahr und antizipiert die agency costs durch einen Abschlag vom Aktienpreis und vom Gehalt des Agenten. Der Prinzipal wird versuchen, durch die Einführung von Kontrolltechni ken diese Kosten zu senken. Der Agent wird seinerseits versuchen, einen zu gro ßen Diskont von Aktienkursen und Gehalt zu vermeiden und ist deshalb diesen Kontrollen gegenüber nicht gänzlich abgeneigt. Die freiwillige Übermittlung von Untemehmensdaten an die Aktionäre gehört zu diesen möglichen Techniken. bb) Die Kritik Diesem mikroökonomischen Modell ist entgegenzuhalten, daß der Agent einen Anreiz hat, Informationen gern, seinen eigenen Interessen zu manipulieren. Man denke nur daran, daß die Höhe des Gehalts von der Höhe des Gewinns abhängt. Außerdem kann die Unternehmensleitung ein Interesse daran haben, eine zufrie denstellende Untemehmensführung zu dokumentieren.543 Auch die Möglichkeit, Gewinne aus Insidertransaktionen zu ziehen oder sich im Zuge eines Manage ments Buy Guts am eigenen Unternehmen zu beteiligen, sprechen gegen die Lo gik der Kontrolle innerhalb der Agenturbeziehung. Das Management sieht mithin nicht nur die Folgen, die mit einem Agenturkostenanstieg verbunden sind, son dern betrachtet auch die Erträge, die aus einer an Eigeninteressen ausgerichteten Publizität erwachsen.544
3. Die Folgen für die Effizienz der Börse Die bisherige Diskussion hat gezeigt, daß es ohne eine Verpflichtung der Emit tenten zur Ad-hoc-Publizität zum Versagen des Börsenmarktes kommen kann. Stand zunächst das Verhalten der Anleger im Mittelpunkt der Analyse, folgte dar aufhin die Erläuterung des möglichen Vorgehens der Emittenten. Insofern wurde 541 542 543 544
Vgl. zur Agenturtheorie Gerke (1995a), Sp. 17 ff. Auch „agency costs“. Vgl. Meier-Schatz (1989), S. 177. Vgl. Meier-Schatz (1989), S. 178.
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aus der Betrachtung der einzelnen Marktteilnehmer auf die Effizienz der Börse geschlossen. Diese Betrachtung soll im folgenden vertieft werden, indem eine Marktbetrachtung unter Einbeziehung von Anlegern und Emittenten erfolgt.
a) Die Information als öffentliches Gut Gegen die Vorschläge, die Ad-hoc-Publizität einer marktlichen Lösung zu über lassen, spricht auch die Tatsache, daß das Gut „Information“ die Eigenschaften eines öffentlichen Gutes annnehmen kann.545 Charakteristisch für öffentliche Gü ter ist die Nichtrivalität im Konsum. Nichtrivalität bedeutet, daß der Konsum ei nes Gutes durch ein Individuum den Nutzen anderer Individuen aus diesem Gut nicht verringert.546 Bei Rivalität im Konsum werden über den Preismechanismus die individuellen Grenznutzen offengelegt, wohingegen bei Nichtrivalität der Preis seine Allokationsfimktion verliert. Die Individuen haben den Anreiz, ihre Zah lungsbereitschaft als sehr gering anzugeben um die privaten Kosten für das öffent liche Gut zu minimieren.547 Verhalten sich viele Individuen wie Trittbrettfahrer, sinkt das Angebot an öffentlichen Gütern. Marktversagen liegt erst dann vor, wenn der Ausschluß von Individuen nicht oder nur zu hohen Kosten möglich ist. Die Information, die ein Emittent an der Börse den Anlegern zukommen läßt, kann die Eigenschaft eines öffentlichen Gutes aufweisen.548 Zum einen rivalisiert der Konsum einer Information durch verschiedene Anleger nicht und zum ande ren ist es äußerst schwierig, einen Ausschluß von Anlegern herbeizuführen. Somit kann es dem Emittenten nicht gelingen, sich unmittelbar den Gegenwert für die Erstellung und Verbreitung der Information anzueignen, was ohne eine Pflicht zur Ad-hoc-Publizität dazu führen könnte, daß Unternehmensleitungen nur noch we nige Daten veröffentlichen. In bezug auf die Anleger kann der Emittent nur mit telbar einen Gegenwert erhalten, wenn es ihm gelingt, Anleger zu einem erstmali gen oder weiteren Engagement in seinen Wertpapieren zu bewegen oder wenn er günstigere Konditionen aufgrund der Übermittlung der Information am Markt durchsetzen kann. Diese Überlegungen unterstreichen die Notwendigkeit, zumin dest ein Mindestmaß an Ad-hoc-Publizität gesetzlich vorzuschreiben. 545 Vgl. zu den Eigenschaften des Gutes Information auch Assmann (1985), S. 284 ff. sowie aus führlich Hopf (1983), S. 68 ff. Hopf weist daraufhin, daß das Gut Information auch die Cha rakteristika eines privaten Gutes annehmen kann. Vgl. auch Meier-Schatz (1989), S. 170 ff. 546 Vgl. Musgrave u.a. (1990), S. 55. Öffentliche Güter können nach dem Ausmaß an Nichtrivalität unterschieden werden. Rein öffentliche Güter sind durch vollständige Nichtrivalität gekenn zeichnet. Bei gemischt-öffentlichen Gütern liegt partielle Nichtrivalität vor. 547 Vgl. Blankart (1994), S. 57. 548 Betrachtet wird hier nur die Eigenschaft des Gutes Information in bezug auf die aktuellen An leger; potentielle Anleger und andere Informationsempfänger werden unten in diesem Kapitel in B/II/l/b)/aa) in die Analyse einbezogen.
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b) Die Senkung von Transaktionskosten
Ein weiteres Argument für die Einführung einer aperiodischen Publizitätsvor schrift rührt daher, daß die gesetzliche Vorschrift zur Senkung von Transaktions kosten führt. Eine Publizitätsvorschrift ist demnach selbst dann ökonomisch sinn voll, wenn der Markt ohne entsprechende gesetzliche Regelung eine ausreichende Informationsversorgung gewährleisten würde. Die verringerten Kosten entstehen zum einen aus der Standardisierung und zum anderen aus der Vermeidung von mehrfachen Suchprozessen. Für das Bilanzrecht wird vorgebracht, daß ein Kostenvorteil staatlicher Rech nungslegungsvorschriften in der Normierung oder Standardisierung liegt.549 Das Aushandeln von Gesellschaftssatzungen, Informationsbeschaffimg und Abbil dungsregeln ist nicht kostenlos und den Parteien ist es ex-ante nicht möglich, In teressenkonflikte zu lösen.550 Die individuelle Formulierung von Rechnungs legungsvorschriften in jedem einzelnen Vertrag ist zum einen sehr kostenintensiv. Zum anderen wäre es bspw. für Anleger und Analysten sehr zeitaufwendig und damit teuer, die unterschiedlichen Rechenwerke zu analysieren, da ein Vergleich von unterschiedlichen Jahresabschlußinformationen erschwert wäre.551 Dieses Typisierungs- oder Standardisierungsargument hat grundsätzlich auch für eine kapitalmarktrechtliche Informationsnorm Gültigkeit.
Auch eine regulierte aperiodische Informationsnorm wie der § 15 WpHG könnte dazu beitragen, daß Informationen intertemporal und zwischenbetrieblich vergli chen werden können. Dadurch würde die einzelne Meldung für den Empfänger einen höheren Informationswert erlangen. Die Standardisierung kann sich auf die Auswahl der zu publizierenden Informationen und die Form der Übermittlung beziehen. Eine weitere Senkung der Transaktionskosten tritt durch die Vermeidung von doppelten oder mehrfachen Suchprozessen ein. Ohne die Existenz einer Publizi tätsnorm würden Analysten oder andere Beteiligte mehrfach Suchprozesse bzgl. der Informationen unternehmen.552 Es ist ersichtlich, daß eine Standardisierung der aperiodischen Publizität tendenzi ell gesamtwirtschaftliche Kostensenkungen erwarten läßt. Allerdings muß darauf hingewiesen werden, daß es für den Grad der Standardisierung keine optimale
549 550 551 552
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Hax (1988), S. 198. Siehe auch Busse von Colbe (1987), S. 193. Walz (1993), S. 94. Schmidt (1982), S. 746. Easterbrook/Fischel (1984), S. 681 f. und S. 685.
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Konzeption gibt, sich eine solche vielmehr nur aus der Abwägung der Interessen der Beteiligten ergeben kann.553
Somit ist deutlich, daß Transaktionen an der Börse ohne eine Regulierung der Adhoc-Publizität nur zu hohen Kosten möglich wären. Die operationale Effizienz wäre somit gering und als Folge davon würde auch die Allokationseffizienz des Börsenmarktes sinken. Die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung beinhaltet auch die Notwendigkeit, bei Untätigsein des Emittenten Sanktionen auszuspre chen. Eine Regelung ohne Sanktionsinstrumente wäre ineffizient.
II. Die Börse mit einer zu weitgehenden Ad-hoc-Publizitätspflicht Nachdem der Fall diskutiert wurde, wie sich das Fehlen der Ad-hoc-Publizität auf die Börsenmarkteffizienz auswirkt, muß jetzt untersucht werden, wie eine zu weitgehende Informationsnorm auf die Börsenmarkteffizienz wirkt. Dabei müssen wiederum sowohl die Emittenten als auch die Anleger berücksichtigt werden. Am Ende des Abschnitts wird auf die Folgen in bezug auf die Börsenmarkteffizienz eingegangen.
1. Die Emittenten
Eine Publizitätsnorm kann für die Emittenten negative Folgen haben. Diese kön nen so weit reichen, daß eine Finanzierung über die Börse zu teuer wird. In einem ersten Schritt können die Kosten die Effizienz nur mindern, in einem zweiten können sie so weit gehen, daß kein Markt mehr gebildet wird, da die meisten Emittenten den Markt verlassen.554 In bezug auf die möglichen negativen Folgen für den Emittenten wird im folgenden die Unterscheidung in direkte Kosten und sonstige negative Auswirkungen vorgenommen, weil erstere tendenziell besser zu quantifizieren sind als letztere.555 Das Kriterium der Quantifizierbarkeit läßt je doch keine Rückschlüsse auf die Bedeutung der einzelnen Kostenbestandteile zu.
553 Ähnlich Walz (1993), S. 96. 554 Hinzuweisen ist darauf, daß dem Emittenten auch bei einer optimalen Publizität Kosten entste hen. Wenn hier von einer Effizienzminderung durch Kosten gesprochen wird, ist damit schon ein Kostenniveau jenseits des Optimums gemeint. 555 Insbesondere Benston hat darauf hingewiesen, daß Publizität kein „free good“ ist. Er nimmt eine Unterscheidung vor in „the direct cost of preparing detailed financial statements, the cost to the corporation of revealing information to competitors, the cost of delay in selling securi ties, and the cost of misinformation should investors believe that most elements of financial statements reflect the economic affairs of companies“. Vgl. Benston (1969), S. 515. Verrecchia erwähnt, daß man im Zusammenhang der Publizitätskosten typischerweise nur an die Kosten der Aufbereitung und Verbreitung der Informationen denke und erweitert diesen Kostenbegriff, „so as to also include the cost associated with disclosing information which may be proprietary
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a) Die direkten Kosten Die direkten Kosten, die dem Emittenten im Zusammenhang mit der Kapital marktpublizität entstehen, sind Teil der Kapitalkosten des Emittenten.556 Die Ka pitalkosten können in einmalige und laufende Kapitalkosten unterschieden wer den.557 Die Kosten der Ad-hoc-Publizität gehören zu den Marktpflegekosten und sind Teil der laufenden Kapitalkosten.558 Der Emittent hat grundsätzlich ein Inter esse daran, diese Publizitätskosten zu minimieren.
Zunächst muß der Emittent die Informationen aufbereiten oder erstellen. Danach muß er für die Verbreitung der Daten sorgen. Es fallen somit Kosten für perso nelle und organisatorische Maßnahmen innerhalb des Unternehmens an. Hinzu treten können Kosten für eine externe Beratung und die Veröffentlichung. Wird die Publizitätsnorm staatlich überwacht, kann es ebenfalls dem Emittenten oblie gen, die Kosten dieser Beaufsichtigung in irgendeiner Form zu tragen. b) Die sonstigen negativen Auswirkungen
Die Veröffentlichung von Informationen kann für den Emittenten weitere negati ve Konsequenzen haben. Man kann von negativen externen Effekten sprechen, die dadurch hervorgerufen werden, daß die Informationen des Emittenten Dritten zugänglich gemacht werden und dort zu Maßnahmen führen können. Daneben sind direkte Wirkungen der Publizität auf den Emittenten denkbar, die nichts mit dem möglichen Handeln Dritter zu tun haben.
aa) Die negativen externen Effekte bei Dritten Externe Effekte sind die aus einer Handlung eines Individuums oder Unterneh mens bei einem anderen Individuum oder Unternehmen resultierenden Auswir kungen.559 Extemalitäten560 sind durch zwei konstitutive Merkmale geprägt: Die
556
557 558 559
in nature, and therefore potentially damaging: to emphasize this, henceforth I refer to the disclosure-related cost as a proprietary cost.“ Vgl. Verrecchia (1983), S. 181. Vgl. zu den Kapitalkosten auch Süchting (1995), S. 527 ff. Zur Unterscheidung von Kapitalund Finanzierungskosten vgl. Siegel (1995), Sp. 661. Vgl. Olfert (1994), S. 96 f. Die Marktpflegekosten umfassen die Kosten der Börsenpublizität sowie die Kosten der Kurspflege. Vgl. Olfert (1994), S. 97. Externe Effekte können das betroffene Individuum oder Unternehmen begünstigen (positiver externer Effekt) oder benachteiligen (negativer externer Effekt). Die Information des Dritten ohne eine marktliche Entschädigung stellt eigentlich einen positiven externen Effekt dar, da dieser eine Nutzensteigerung hat. Im Falle der Publizität steht aber der informationsgebende Emittent im Vordergrund der Betrachtung, weshalb im folgenden bei einer für den Emittenten schädlichen Preisgabe von Daten von negativen externen Effekten oder negativen Drittwirkun gen gesprochen wird. Vgl. für die unterschiedlichen Arten externer Effekte Fritsch u.a. (1993), S. 54 ff.
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direkte Abhängigkeit von zwei Wirtschaftssubjekten (Interdependenz) und die Nichtberücksichtigung der Wirkungen im Preismechanismus.561 Die Wirkung auf die Nutzen- oder Produktionsftmktion des Dritten darf nicht nur vorhanden sein, sie muß die Wohlfahrt beeinflussen. Externe Effekte entstehen, weil Eigentums rechte entweder nicht bestimmt werden können oder der Schutz des Eigentums mit hohen Kosten verbunden ist. Externe Effekte können somit zu einem Markt versagen führen, da sie ein Problem mangelnder oder nicht zu schützender Eigen tumsrechte sind.562
In bezug auf die Publizität kann man differenzieren, welche Extemalitäten die Information verursacht. Eine Unterscheidung in Extemalitäten mit Wirkungen auf verschiedene Arten von Dritten ist möglich.563 Dabei kann es sich um fremde An leger, Konkurrenzunternehmen, Abnehmer, Lieferanten oder um Gläubiger han deln. Es handelt sich dabei allesamt um Nebenwirkungen, die durch eine Publizi tätsnorm am Kapitalmarkt nicht beabsichtigt sind. (1) Verwenden Anleger die Informationen dergestalt, daß sie zwar keine Wertpa piere des Emittenten kaufen oder verkaufen, die Informationen jedoch anderweitig verwenden, sprechen wir von fremden Anlegern. Bspw. ist es denkbar, daß von einem Unternehmen allgemeine Angaben zur Branche publiziert werden. Der Anleger kann diese Informationen zu Wertpapiertransaktionen anderer, branchen gleicher Emittenten verwenden. Möglich ist auch, daß Informationen in bezug auf einen bestimmten Emittenten auf andere übertragbar sind.564 In beiden Fällen lie gen Dritteffekte vor, die zu Lasten des Emittenten gehen, da dieser keinen Nutzen aus der Disposition der Anleger ziehen kann. (2) Die Publizität kann auch externe Effekte in bezug auf Konkurrenzunterneh men entfalten. Es kann sein, daß die Publizität Konkurrenzunternehmen dazu animiert, auf einen Markt erstmals einzutreten (potentieller Konkurrent) oder die Aktivitäten auf einem Markt zu erhöhen (aktueller Konkurrent).565 Durch ein ge ändertes Verhalten des Konkurrenten kann der Emittent unter Umständen seine Ziele nicht mehr in dem Umfang erreichen, wie er es ohne Publizität hätte tun
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Die Begriffe externe Effekte und Extemalitäten werden hier synonym gebraucht. Vgl. Brümmerhoff (1989), S. 58. Vgl. Müller/Vogelsang (1979), S. 43. In der Literatur wird auch in Extemalitäten mit Wirkungen auf Produktions- und Investitions entscheidungen unterschieden. Vgl. Meier-Schatz (1989), S. 170. 564 Vgl. Easterbrook/Fischel (1984), S. 685 f. 565 Vgl. Moxter (1962), S. 4 ff. Auch die informationsökonomischen Ansätze, die die Konkurrenz wirkungen von Untemehmenspublizität in Modellen untersuchen, tragen aufgrund ihrer restrik tiven Prämissen nur bedingt zur Klärung der Frage bei, in welchem Ausmaß Konkurrenz wirkungen vorhanden sind. Vgl. Ewert/Wagenhofer (1992), S. 297 ff.
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können.566 Dabei kommt es weniger auf die tatsächliche Verwendung der Daten an, es genügt vielmehr schon, wenn Unternehmen glauben, daß die von ihnen pu blizierten Daten in die Entscheidungen der Konkurrenten eingehen können.567 Ein inländischer Emittent kann auch dann eine Benachteiligung erfahren, wenn Konkurrenzunternehmen im Ausland keiner entsprechenden Publizitätsnorm un terliegen.568 Auch die Tatsache, daß Konkurrenzunternehmen nicht börsennotiert sind und nicht selbst einer Publizitätspflicht unterliegen, kann zu einer Verstär kung der negativen Effekte fuhren.
(3) In bezug auf Abnehmer des Emittenten kann es sein, daß die Veröffentlichung von bspw. Gewinndaten Auswirkungen auf die Preisverhandlungen hat oder die Veröffentlichung von Verlusten Abwanderungen zu Konkurrenzunternehmen be dingt.569 Ähnliche Effekte können sich auch im Hinblick auf Lieferanten ergeben. (4) Schließlich kann die Publizität auch das Handeln der Gläubiger betreffen. Großgläubiger wie Kreditinstitute sind zwar nicht auf publizierte Daten angewie sen, da sie sich umfangreiche vertragliche Informationsrechte sichern, es ist aber denkbar, daß sich kleinere Gläubiger nach Kenntnis bestimmter Informationen anders als zuvor verhalten. bb) Die negativen Effekte beim Emittenten Eine Publizitätsnorm kann auf den Emittenten auch andere negative Auswirkun gen haben. Diese entstehen nicht dadurch, daß sich ein Dritter anders verhält und sich dessen Handeln mittelbar auf den Emittenten auswirkt, sondern durch unmit telbare Wirkung in der Sphäre des Emittenten.
Zunächst kann die Rechtsunsicherheit, die mit Voraussetzungen und Umfang ei ner Publizitätsnorm verbunden ist, für den Emittenten eine Belastung darstellen. Weiter ist für einen Emittenten negativ, die Konsequenzen falscher Angaben tra gen zu müssen. Je nach Ausgestaltung der Norm erwartet ihn eine Haftung oder andere Sanktion bspw. durch eine staatliche Aufsicht. Auch die Notwendigkeit, bei Inanspruchnahme internationaler Kapitalmärkte mehrere Regelungen befolgen zu müssen, wirkt auf den Emittenten negativ. Eine Publizitätsnorm kann auch zum Verlust der Eigenständigkeit des Emittenten führen, insbesondere wenn Informa tionen auf Börsenmärkten mit bestimmten Strukturen publiziert werden. Durch
566 Vgl. Schildbach (1975), S. 255. Schildbach begründet mit diesem Argument das Geheimhal tungsinteresse eines Unternehmens. 567 Vgl. Meier-Schatz (1989), S.173. 568 Ähnlich Ciesielski (1977), S. 63. 569 Vgl. Dober (1966), S. 108.
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die Veröffentlichung von Daten kann es schließlich zu einer geänderten Unter nehmenspolitik des Emittenten kommen. In der Literatur findet sich das Argument, daß sich externe Effekte der Publizität dadurch relativieren, daß alle Unternehmen der Verpflichtung nachkommen müs sen.570 Dieser Aussage ist in dieser Allgemeinheit nicht zuzustimmen.571 Es ist zwar richtig, daß ein Teil der negativen Auswirkungen kompensiert werden kann, wenn alle Unternehmen zur Publizität gezwungen sind.572 Berücksichtigt werden muß jedoch, daß eine ähnliche Kompensation der negativen Auswirkungen nur dann erfolgen kann, wenn die Unternehmen vergleichbar sind.573 Auf das gesamte Spektrum der am organisierten Kapitalmarkt vorhandenen Unternehmen trifft die se Vergleichbarkeit nicht zu. Oben wurden bereits die unterschiedlichen Emitten ten beschrieben. Aufgrund der Spezifika der Emittenten ist davon auszugehen, daß sich eine kapitalmarktrechtliche Publizitätsnorm auf die Emittenten unter schiedlich auswirkt.
2. Die Anleger Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Anleger eine bestimmte Mindest menge an Informationen für ihre Anlageentscheidung brauchen. Zu viele Infor mationen können dazu fuhren, daß der Anleger nicht mehr erkennen kann, welche Informationen für ihn wichtig sind. Es kann somit auch von Anlegerseite zu einer mit negativen Konsequenzen verbundenen Überfrachtung mit Informationen kommen.574 Diese kann zum einen darin bestehen, daß der Anleger durch die vie len Informationen verwirrt oder irregefuhrt wird. Es kommt zum Information Overload. Zum anderen ist auch möglich, daß sich durch zuviel Publizität die Kritikfähigkeit des Anlegers mindert. Er glaubt, eine exakte Abbildung der Unter nehmensgeschehnisse durch die publizierten Informationen zu erhalten und sieht von anderen Erkenntnisquellen ab.575
Auch auf der Anlegerseite können somit zu viele Informationen zu einem Rück zug von der Börse fuhren. Damit ist eine Effizienzminderung verbunden. Es ist da von auszugehen, daß die Privatanleger schneller eine Überfrachtung empfinden,
570 VgL Meier-Schatz (1989), S. 214. 571 Vgl. auch Schildbach (1975), S. 256. 572 Diese Aussage trifft nur dann zu, wenn die Publizitätsvorschrift das unternehmerische Handeln zwar belastet, es aber nicht unmöglich macht. 573 Vgl. Bridts (1990), S. 100. 574 Diese Überfrachtung kann auch in bezug auf die Wirtschaftspresse als bedeutenden Publizitäts mittler eintreten. Vgl. Rittner (1965), S. F 8. 575 Vgl. Benston (1969), S. 515.
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da institutioneile Anleger länger in der Lage sind, unnötige Informationen auszu sortieren. Ein Anlegerrückzug beginnt deshalb zunächst bei den Privatanlegem. 3. Die Folgen für die Effizienz der Börse Die direkten Kosten und sonstigen negativen Auswirkungen, die eine zu weitge hende Ad-hoc-Publizitätspflicht vor allem für die Emittenten haben kann, wirken sich auch auf die Effizienz am Börsenmarkt aus. In der Terminologie der opera tionalen Effizienz handelt es sich um Transaktionskosten der jeweiligen Markt seite, die in einem ersten Schritt effizienzmindemd, in einem zweiten sogar so hoch sein können, daß kein Markt gebildet wird. Somit ist auch die allokative Ef fizienz vermindert. Auf der Emittentenseite betrifft dies hauptsächlich die an der Börse vorhandenen Marktteilnehmer, es dürfen aber auch die Auswirkungen auf potentielle Börsengänger nicht vergessen werden. Auf der Anlegerseite können sich ebenfalls Resultate zeigen, die effizienzmindemd sind.
C. Das Spannungsverhältnis in bezug auf die Ad-hoc-Publizität Zwischen den Anlegern und den Emittenten besteht in bezug auf die Ad-hocPublizität ein Spannungsverhältnis. Die Interessen von Emittenten und Anlegern sind überwiegend entgegengesetzt. Während die Emittenten minimale Publizitätsund damit geringe Eigenkapitalkosten anstreben, wollen die Anleger tendenziell soviel Information wie möglich. Allerdings gibt es zwischen Emittenten und An legern eine Schnittmenge an Informationen, in der die Informationsinteressen gleichgerichtet sind. Für die Gesamtheit aller Emittenten und Anleger wird dieser Zusammenhang durch die folgende Grafik verdeutlicht. Mindest information
Zwischenstufe
Zuviel Information
Emittent
+
-
-
Anleger
+
4-
-
Grafik: Das Spannungsverhältnis in bezug auf die Ad-hoc-Publizität. Die Grafik zeigt, daß eine Mindestinformation von beiden Marktseiten gewünscht wird. Nimmt die Informationsmenge zu, wird eine Zwischenstufe erreicht, in der die Interessen divergieren. Während die Anleger Informationen wünschen, liegt es im Bestreben der Emittenten, in diesem Bereich keine Informationen mehr zur
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Verfügung zu stellen. Bei zuviel Information kommt es wiederum zu gleichge richteten Interessen.
Die Ausführungen dieses Kapitels haben auch den Nachweis erbracht, daß es trotz ökonomischer Anreize zu einer freiwilligen Publizität sinnvoll ist, eine gesetzliche Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität einzuführen. Somit ergibt sich eine Regulie rungsnotwendigkeit. Allerdings ist damit noch nichts darüber gesagt, wie weit die Regulierung gehen muß. Die Analyse ergab nämlich auch, daß eine zu weitge hende Publizitätsnorm am Kapitalmarkt vor allem wegen den Auswirkungen auf die Emittenten negative Konsequenzen für die Börsenmarkteffizienz haben kann. Es wurde darauf hingewiesen, daß innerhalb beider Marktseiten unterschiedliche Positionen bestehen, daß also weder die Emittenten noch die Anleger als eine Einheit gesehen werden können. Im weiteren Verlauf der Arbeit ist es deshalb wichtig, diese Differenzierung auf beiden Seiten des Börsenmarktes im Auge zu behalten.
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5. Kapitel: Die ökonomische Analyse des § 15 WpHG Nachdem gezeigt wurde, daß zuviel Information vor allem wegen der möglichen negativen Auswirkungen auf den Emittenten die Börsenmarkteffizienz sinken las sen kann, wird jetzt konkret analysiert, ob § 15 WpHG in seiner momentanen Ausgestaltung einen Beitrag zur Steigerung der Börsenmarkteffizienz leisten kann oder ob er kontraproduktiv wirkt. Eine Beurteilung ist zunächst nur möglich, wenn die Auswirkungen auf beide Seiten des Marktes, also sowohl auf die Emit tenten als auch auf die Anleger, untersucht werden. Bei dieser Untersuchung spielt eine besondere Rolle, ob § 15 WpHG vor allem wegen seiner negativen Auswir kungen auf die Emittenten (oder zumindest eine Gruppe davon), aber auch wegen unbefriedigender Resultate für die Anleger (oder eine Gruppe davon) einer Diffe renzierung bedarf. Schließlich ist es in diesem Kapitel auch erforderlich, auf die Wirkungen der Norm in bezug auf die Börsenmarkteffizienz einzugehen, da diese den ökonomischen Maßstab darstellt.
A. Die Wirkungen auf die Emittenten Oben wurde bereits nach Emittentengruppen differenziert. Dabei wurden die Pu blikums-, die Familien- und die Venture Capital-AG als mögliche Emittenten her ausgearbeitet. Für die Analyse de lege lata rücken in diesem Kapitel die Publi kums- und die Familien-AG in den Mittelpunkt. Nur diese beiden Typen fallen in der momentanen Ausgestaltung unter § 15 WpHG, der lediglich für die Börsen segmente amtlicher Handel und geregelter Markt Gültigkeit besitzt. In diesen Segmenten befinden sich keine Venture Capital-Aktiengesellschaften im oben definierten Sinne. Die überwiegende Zahl von Wirkungen des § 15 WpHG zeigt Resultate sowohl in bezug auf die große Publikums-AG als auch auf die kleine oder mittlere FamilienAG.
Der Ablauf der Analyse ist der folgende: An erster Stelle stehen - der oben einge führten Kategorisierung folgend - die direkten Kosten der Norm, daran anschlie ßend werden die sonstigen Auswirkungen analysiert. Ergeben sich Unterschiede bzgl. der Wirkungen auf den einzelnen Typ von Emittenten, werden diese an der jeweiligen Stelle behandelt. Es muß nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß bestimmte Wirkungen zwar bei beiden Typen auftreten, manchmal in gleicher absoluter Höhe, ihre relative Bedeutung (oder Belastung) sich jedoch
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grundlegend unterscheiden, je nachdem, ob die Publikums- oder Familien-AG tangiert ist. I. Die direkten Kosten Dem Emittenten entstehen zunächst Kosten für das vorgeschriebene Veröffentli chungsprocedere.576 Außerdem wird der Emittent mit Kosten für organisatorische und personelle Ausgestaltungen sowie für Beratung und Aufsicht belastet. 1. Die Veröffentlichung
Im Rahmen der Veröffentlichungspflicht hat der Emittent die Wahlmöglichkeit zwischen einem überregionalen Börsenpflichtblatt und einem elektronisch betrie benen Informationsverbreitungssystem. Da der überwiegende Teil der Meldungen nach § 15 WpHG über elektronisch betriebene Systeme publiziert wird, soll im folgenden exemplarisch auf einen Anbieter einer solchen Dienstleistung näher eingegangen werden.577 Im April 1996 hat die Deutsche Börse AG zusammen mit den Nachrichtenagentu ren Reuters AG und Vwd-Vereinigte Wirtschaftsdienste GmbH die Deutsche Ge sellschaft für Ad-hoc-Publizität GmbH (DGAP) gegründet.578 Der sogenannte Adhoc-Service der DGAP umfaßt neben der Herstellung der Bereichsöffentlichkeit auch die Benachrichtigung der jeweiligen Börsen und des BAWe sowie die erfor derliche Hinweisbekanntmachung im Bundesanzeiger.579 Setzt ein Emittent jähr lich zehn Meldungen ab, entstehen ihm alleine für diesen Service Kosten in Höhe von DM 7000,-.58° Es kann vorkommen, daß zwei oder mehr Emittenten in bezug auf dieselbe Tatsa che veröffentlichungspflichtig sind. In diesem Fall tritt für die Emittenten derge-
576 Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/4. 577 Vgl. BAWe (1996c), S. 25. Meldungen nach § 15 WpHG sind auch im Internet verfügbar. Vgl. o.V. (1996s), S. 1129; o.V. (1997f), o.V. (1997g), S. 31. 578 Vgl. o.V. (1996f), S. R 136. Siehe auch o.V. (1996t), S. 29 und o.V. (1996u), S. 269. Desweite ren o.V. (1996v), S. 23 und o.V. (1996w). 579 Technisch erfolgt die Übermittlung der Meldungen entweder über FAX oder elektronisch über ein Modem. Der Service steht täglich rund um die Uhr zur Verfügung. 580 Dem Emittenten entstehen die folgenden Kosten: Neben der jährlichen Grundgebühr in Höhe von 2.000 DM fallen pro elektronische Meldung weitere 500 DM an (Nettopreise). Im vorlie genden Beispiel ergeben sich somit 2.000 DM zzgl. 5.000 DM (500 DM ♦ 10). Für Tochterge sellschaften ermäßigt sich die Grundgebühr auf 1.000 DM. Erfolgt die Meldung per FAX, ent stehen pro FAX-Meldung 1.000 DM und ab der zweiten FAX-Seite für jede weitere 1.000 DM.
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stalt eine Erleichterung ein, daß die Veröffentlichung in einer Meldung zusam mengefaßt werden kann.581 Die Kosten der Veröffentlichung sind den Emittenten - unabhängig von ihrer Größe - bei Inanspruchnahme des organisierten Kapitalmarkts zuzumuten.
2. Die Organisation und das Personal Die Befolgung der aus § 15 WpHG erwachsenden Pflichten zwingt die Emittenten dazu, im Unternehmen umfangreiche organisatorische und personelle Vorkehrun gen zu treffen. Auf Erfahrungen, die die Emittenten mit der Vorgängerregelung des § 44a BörsG a.F. gemacht haben, kann wegen der überwiegenden Nichtbefol gung der Norm nicht zurückgegriffen werden. Kursrelevante Tatsachen i.S.d. § 15 WpHG können im Unternehmen an den ver schiedensten Stellen entstehen. Aus diesem Grunde ist es vor allem vor dem Hin tergrund der möglichen Sanktionen und Folgen notwendig, die Organisation des Unternehmens entsprechend zu gestalten. Es ist erforderlich, eine ComplianceOrganisation zu installieren.582 Die bestehenden Abteilungen des externen und internen Rechnungswesens reichen nicht aus, um der Verpflichtung nachzukom men. Die Aufbau- und Ablauforganisation des Emittenten muß so gestaltet sein, daß die kursrelevanten Informationen an einer zentralen Stelle zusammengeführt werden. Diese Ad-hoc-Stelle wird innerhalb des aufbauorganisatorischen Gefüges der Unternehmung möglichst auf höchster Ebene angesiedelt. Da die Pflicht zur Publizität der Unternehmensleitung obliegt, bietet es sich an, die Ad-hoc-Stelle unmittelbar als Stab in deren Nähe einzurichten.583 Die Ad-hoc-Stelle muß die vorgeschriebenen Kontakte zum BAWe, zu der Geschäftsführung der Börsen, sowie zu den Publikationsmedien unterhalten. Daneben ist es erforderlich, Richt linien für die Erfüllung der Publizitätspflicht aufzustellen. 584
Die personellen Anforderungen betreffen zum einen die Besetzung der Ad-hocStelle mit hinreichend qualifiziertem Personal. Zum anderen müssen auch die de zentralen Einheiten des Unternehmens eine ausreichende Sensibilisierung für meldepflichtige Tatsachen entwickeln. Dies wird sich in der Praxis nur durch um fangreiche Schulungsmaßnahmen erfolgreich gestalten lassen. 581 Vgl. BAWe (1996b), S. 1 f. 582 Von Compliance wird überwiegend im Zusammenhang mit Kreditinstituten gesprochen. Die Übertragung auf die Organisationspflichten bei Emittenten allgemein erscheint angebracht, da es darum geht, Informationspflichten organisatorisch abzusichem. Vgl. allgemein zu Com pliance Eisele (1993), S. 1021 ff. 583 Wenn eine Investor-Relations-Stelle bereits vorhanden ist, bietet es sich an, die Ad-hocAbteilung in diese zu integrieren. 584 Vgl. Eisele (1995), S. 114.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
In welcher Form die organisatorischen und personellen Erfordernisse in der Praxis bewältigt werden können, soll im folgenden anhand der Daimler-Benz AG gezeigt werden. Diese Gesellschaft erfüllt weitgehend die Charakteristika der PublikumsAG und eignet sich daher zur Analyse.585
Im Zusammenhang mit der Börseneinfiihrung an der NYSE hat die Daimler-Benz AG bereits 1993 eine konzemweite Clearingstelle eingerichtet, die sich aus Mitar beitern der Bereiche Öffentlichkeitsarbeit, Recht und Investor Relations zusam mensetzt.586 Dieser Clearingstelle obliegt es, die ihr aus den dezentralen Bereichen und zentralen Stäbe gemeldeten Informationen auf Kursrelevanz zu prüfen. Dabei ist der Clearingstelle eine Beurteilung der potentiellen Kursrelevanz möglich, weil sie auf internationale Erfahrungen mit entsprechenden Regelungen zurückgreifen kann und die Mitarbeiter das notwendige Wissen haben.587 Es wird durch das Geschilderte evident, daß ein Emittent in Form einer FamilienAG einen entsprechenden Aufwand an Personal und Organisation nicht betreiben kann und es höchstwahrscheinlich auch nicht will. Es fehlt zunächst an vergleich baren Erfahrungen mit internationalen Regelungen. Diese sind bei der ausschließ lichen Inanspruchnahme von nationalen Börsenmärkten aber auch nicht notwen dig. Daneben wird die Familien-AG durch die notwendigen umfangreichen Schulungsmaßnahmen belastet. Auch das Know-How von Kapitalmarktspeziali sten existiert nicht, da Treasury-Abteilungen in der Regel nicht bestehen.
Daß ein Emittent bei der Kapitalbeschaffung über die Börse Mindeststandards im Bereich Investor Relations erfüllen muß ist selbstverständlich. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß kleinere Emittenten vermehrt Kosten-/Nutzen-Überlegungen anstellen müssen, da sie bei gleichen Maßnahmen relativ stärker belastet werden als große Emittenten.588 Die Wirkungen, die aus den organisatorischen und personellen Anforderungen der Ad-hoc-Publizität resultieren, deuten darauf hin, daß in bezug auf die Untemehmensgröße eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Emittenten stattfindet.
585 Die Daimler-Benz AG verfügt über mehrere nationale und internationale Börsenlistings, eine breite nationale und internationale Streuung der Anleger sowie über mehr als 20 Geschäftsfel der. Vgl. Klein (1996), S. 96 und S. 101. 586 Vgl. Bruns (1995), S. 110 ff. 587 Vgl. Klein (1996), S. 100. Unterstützt wird die Clearingstelle auch durch Kapitalmarktspeziali sten, die in einem internationalen Großunternehmen in ausreichendem Umfang vorhanden sind. 588 Vgl. Investor Relations (1993), S. 199 f. sowie S. 202.
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3. Die Beratung Für den Emittenten kann es auch erforderlich sein, sich externer Berater zu bedie nen. Der Gesetzgeber weist ausdrücklich daraufhin, daß sich der Emittent bei der Beurteilung der erheblichen Kursbeeinflussung erforderlichenfalls den Rat des emissionsbegleitenden Kreditinstituts oder einer mit dem Kapitalmarkt vertrauten Person bedienen soll.589 Dazu zählen u.a. Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer590, Untemehmensberater und Werbeagenturen. Allerdings ist diese Beratung ftir die raterteilenden Personen nicht ohne Gefahr, da aus dem unbestimmten gesetzlichen Tatbestand im Falle einer Fehleinschätzung Schadensersatzansprüche entstehen können.591 Für den Emittenten kann sich somit die Suche nach Ratgebern als Problem erwei sen. Die eher auf externe Beratung angewiesene Familien-AG erfährt somit auch in diesem Punkt tendenziell eine Benachteiligung.
4. Die Aufsicht
Der Emittent ist auch an den Kosten beteiligt, die durch die Marktaufsichtsbehör de entstehen.592 Die grundsätzliche Regelung enthält § 11 WpHG. § 11 Abs. 3 WpHG läßt zu, daß das BMF die Kompetenz zur Kostenregelung auf das BAWe überträgt. Dies ist bereits geschehen.593 Eine detaillierte Kostenregelung von Sei ten des BAWe liegt bis heute noch nicht vor.594 Gem. § 11 Abs. 1 WpHG müssen die Emittenten zehn Prozent der Kosten übernehmen. Die Kreditinstitute haben fünfiindsiebzig Prozent der Kosten zu tragen.595 Diese wirken indirekt auch auf die Emittenten, da davon auszugehen ist, daß die Kreditinstitute diese Kosten kalku latorisch bei Neuemissionen berücksichtigen. Alternativ ist es denkbar, daß die Kostenteile der Kreditinstitute auf die Anleger abgewälzt werden.
589 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48. 590 Insbesondere bei einer Prüfungspflicht durch einen Wirtschaftsprüfer würden Kosten anfallen. Eine solche existiert jedoch nicht. 591 Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 78, S. 189. Ähnlich im Zusammenhang mit § 44a BörsG a.F. Schwark (1987a), S. 30. 592 Selbstverständlich sind nicht die gesamten Kosten, die der Emittent in bezug auf das BAWe trägt, der Ad-hoc-Publizität zurechenbar. Das BAWe übt neben den Aufgaben, die mit § 15 WpHG in Beziehung stehen, eine Reihe weiterer Funktionen aus. Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/7/a. 593 Vgl. BGBl I 1995, S. 390. 594 Nach Auskunft des BAWe sollte die detaillierte Regelung noch im Jahr 1996 erfolgen. Mittler weile hat das BAWe bemerkt, daß eine Kostenverteilung auf Basis von Marktanteilen nicht er mittelbar ist, da bspw. Aktien nicht mit Derivaten vergleichbar sind. Als Verteilungsschlüssel ist zur Zeit die Zahl der Geschäfte in der Diskussion. 595 Die restlichen fünfzehn Prozent tragen die Kursmakler etc.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Aufgrund der Tatsache, daß bisher noch keine Kostenregelung getroffen wurde, kann die Höhe der Kosten für die Emittenten nicht exakt beziffert werden. Würde sich das BAWe zu einer Regelung auf der Basis des Schlüssels „Anzahl der Ge schäfte“ durchringen, würden große Publikums-AG’s wegen der höheren Umsätze in ihren Wertpapieren einen höheren Anteil an den Kosten tragen als die Familien-Aktiengesellschaften. Insoweit würde grundsätzlich eine gerechte Verteilung der Kosten vorgenommen. II. Die sonstigen Auswirkungen
Aus den Tatbestandsmerkmalen des § 15 WpHG ergeben sich unmittelbar Aus wirkungen auf die Emittenten. Auch diese wirken unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um die Publikums- oder die Familien-AG handelt. Von Interesse wird ins besondere sein, ob und in welcher Form die Familien-AG durch die aktuelle Aus gestaltung eine Benachteiligung gegenüber der Publikums-AG erfährt.
1. Die mehrstufigen Entscheidungsprozesse Oben wurde bereits darauf eingegangen, was man unter einer „neuen Tatsache“ versteht.596 Ein besonderes Problem in der Praxis liegt darin, bei mehrstufigen oder längerfristigen Prozessen den Moment der hinreichenden Konkretisierung einer „neuen Tatsache“ exakt zu bestimmen. Tatsachen, die eine Meldepflicht nach § 15 WpHG auslösen, beruhen selten auf einem einzigen Ereignis.597 Das Problem liegt darin, daß sich Tatsachen faktisch oder durch einen rechtlichen Zwang erst am Ende eines Prozesses herauskristallisieren. Demnach kann man faktische und juristische Entscheidungsprozesse unterscheiden.
Zu den faktischen Prozessen gehören Ereignisse, die sich schrittweise über einen langen Zeitraum hinweg entwickeln. Zu denken wäre bspw. an einen langsamen, aber kontinuierlichen Gewinnrückgang. Zu dieser Gruppe gehören auch unternehmensinteme Prozesse, die dazu führen, daß verschiedene Abteilungen oder Stäbe innerhalb eines Unternehmens bis zur Entscheidungsfindung beschäftigt werden.598 In diesen Fällen wird oftmals das spezifische Wissen der unterschiedli chen Stellen des Unternehmens gebraucht. Der Erwerb eines Unternehmens kann einen solchen Prozeß darstellen. U.a. sind Finanzierungs- und andere betriebswirt schaftliche Probleme sowie steuer- und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen im 596 Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/2/a)/aa). 597 Vgl. Kümpel (1996b), S.105. Ein Bsp. für ein solches alleinstehendes Ereignis wäre das Erhal ten eines Großauftrages. 598 Oftmals werden auch externe Berater oder Informanten, Behörden, etc. konsultiert. Vgl. auch Kümpel (1996b), S. 105.
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Vorfeld der Akquisition zu klären. Hierfür sind mehrere untemehmensinteme Abteilungen, oftmals auch externe Berater zu konsultieren.
Im folgenden werden die juristischen Entscheidungsprozesse näher beleuchtet. Dabei handelt es sich um die Mehrstufigkeit, die sich aus gesetzlichen Vorgaben ableitet. Die Gesellschaften, die den amtlichen Handel oder den geregelten Markt zur Eigenkapitalaufhahme nutzen, sind Unternehmen, die mehrere Organe sowie eine Vielzahl von Abteilungen und Gremien haben. Meistens sind sie in der Rechts form der Aktiengesellschaft organisiert und unterliegen den Vorschriften des AktG.599
a) Die Arten
Zunächst kann die Entscheidungsfindung innerhalb eines Organs bereits zu einer Mehrstufigkeit führen. Darüber hinaus müssen bestimmte Entscheidungen der AG von mehreren Organen getroffen werden oder bedürfen der Zustimmung eines anderen Organs. aa) Die Entscheidung innerhalb eines Organs (1) Die Geschäftsführung der AG obliegt gern. § 77 Abs. 1 AktG dem Vorstand als Kollegialorgan. Innerhalb eines mehrgliedrigen Vorstands liegt die Verant wortung für die Geschäftsführung bei allen Vorstandsmitgliedern, auch wenn eine Aufteilung der Aufgaben in Ressorts getroffen wurde.600 In der Praxis ist es äußerst selten, daß eine „neue Tatsache“ innerhalb einer ge meinsamen Vorstandssitzung vom Planungsstadium bis hin zum Vorstandsbe schluß heranreift. Üblich ist vielmehr, daß die einzelnen Vorstände abgegrenzte Verantwortungsbereiche haben.601 Eine Maßnahme, die zu einer meldepflichtigen Tatsache werden kann, wird somit zunächst im Bereich des zuständigen Vor standsmitglieds geplant und soweit vorbereitet, daß eine Zustimmung der anderen Mitglieder erfolgen kann. Dadurch ist die Entscheidungsfindung des Organs be reits mehrstufig. (2) Eine Mehrstufigkeit kann sich auch innerhalb des Aufsichtsrats ergeben. § 107 Abs. 3 AktG ermöglicht es dem Aufsichtsrat, aus seiner Mitte einen oder mehrere 599 Es kann sich auch um die börsennotierte KGaA handeln. Die folgenden Ausführungen beziehen sich jedoch ausschließlich auf die AG. 600 Vgl. Mertens (1989), § 77, Rdnr. 7 ff., S. 67 ff. 601 Es kann eine Abgrenzung nach Regionen, Kundengruppen, Produkten etc. erfolgen. Heute ist die Spartenorganisation die übliche Form, während die Organisation nach Funktionen nicht mehr verbreitet ist.
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Ausschüsse zu bestellen, die u.a. Beschlüsse des Aufsichtsrats vorbereiten, die Ausführung seiner Beschlüsse überwachen oder selbst Beschlüsse fassen kön nen.602 In der Praxis ist es weit verbreitet, Aufsichtsratsausschüsse einzurichten.603 Diese Ausschüsse bearbeiten jeweils einzelne Fragestellungen wie z.B. Personal oder Bilanzierungsfragen und setzen sich aus Mitgliedern des Aufsichtsrats zu sammen.604 (3) Bei der Familien-AG kann sich eine Mehrstufigkeit durch einen Poolvertrag ergeben. Der hier diskutierte Familienpool605 kann in der Praxis in den unter schiedlichsten Formen existieren. Als Rechtsform kommt die BGB-Gesellschaft (§ 705 BGB), der nichtrechtsfähige Verein (§ 54 BGB) oder die GmbH sowie die rein schuldrechtliche Stimmrechtsvereinbarung in Betracht.606 Der Familienpool kann ein- oder mehrstufig organisiert sein.607 Der Poolvertrag enthält in der Regel Bestimmungen über die Bildung von Poolor ganen oder die Bestellung gemeinsamer Vertreter sowie die Rechte und Pflichten der Mitglieder des Pools. Organe des Pools können die Gesellschafter-/Mitgliederversammlung, Ausschüsse sowie der Poolsprecher sein. Der Poolsprecher oder ein gemeinsam bestellter Vertreter sitzt oftmals im Aufsichtsrat oder Vorstand der AG. Zweck des Familienpools ist zum einen die Wahrung des Familiencharakters der Gesellschaft und zum anderen die Koordinierung der Willensbildung inner halb der Gesellschaft.608
602 Vgl. ausführlich zu den Aufsichtsratsausschüssen Rellermeyer (1986). 603 Vgl. Hoffmann-Becking (1988), S. 304. 604 In der Praxis gibt es auch das Präsidium oder den Präsidialausschuß. Eine wichtige Aufgabe des Präsidiums ist oftmals der laufende Kontakt und die Beratung des Vorstands zwischen den Auf sichtsratssitzungen. Somit übernimmt das Präsidium Aufgaben, die eigentlich alleine vom Auf sichtsratsvorsitzenden zu erfüllen wären. Vgl. ausführlich Krieger (1985), S. 338 ff. 605 Desweiteren existieren gemischte Pools und reine Aktionärs- oder Untemehmerpools. In ge mischten Pools können sich Familienmitglieder, Mitarbeiter, etc. zusammenfinden, in Aktio närspools hingegen verbinden sich Aktionäre zur Ausübung gemeinsamer Interessen. Vgl. Hopt (1997), S. 2. Daneben gibt es Banken-, Sicherheiten- und Sanierungspools, deren Ziele außer halb der AG liegen. 606 Vgl. Hopt (1997), S. 3. 607 Vgl. Schneider (1995), § 22, Rdnr. 80, S. 307. Ein mehrstufiger Familienpool liegt vor, wenn zunächst die Willensbildung zwischen den Gesellschaftern einer Familiengruppe stattfindet, das gemeinsame Ergebnis dann in die Abstimmung im Rahmen eines weiteren Pools mit ande ren Familiengesellschaftem eingebracht wird. 608 Vgl. Hennerkes/Kirchdörfer (1995), S. 101 sowie Hopt (1997), S. 4. Der Familiencharakter soll oftmals dadurch gewahrt werden, daß die Vergrößerung des Anteils der Nicht-Familien mitglieder durch Erwerb von Aktien der Familienmitglieder verhindert wird. Dies geschieht durch im Pool vereinbarte Vorkaufsrechte zu Gunsten der anderen Familienmitglieder.
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Der Poolvertrag kann zu einer Mehrstufigkeit führen. Dies bspw. dann, wenn im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung vor dem Beschluß in der Hauptver sammlung der Pool einen Beschluß bzgl. der Art der Abstimmung zu treffen hat.
bb) Die Entscheidung bei mehreren Organen (1) Eine weitere Konstellation ergibt sich bei Maßnahmen des Vorstands, die der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. Ein solcher Zustimmungsvorbehalt kann in der Satzung der AG oder der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats bestimmt werden.609 Wichtige Maßnahmen wie der Kauf von Beteiligungen, Grundstücks und Kreditgeschäfte können unter diesem Zustimmungsvorbehalt stehen.610 Der Vorbehalt dient als präventives Instrument der Überwachung; deswegen ist eine vorherige Zustimmung erforderlich und der Vorstand muß das Geschäft bis zum Beschluß des Aufsichtsrats zurückstellen.611 (2) Eine weitere Kategorie bilden die Maßnahmen des Vorstands, die einen Be schluß der Hauptversammlung erfordern. Diese sind in § 119 Abs. 1 AktG aufge führt. Zu den im Gesetz aufgeführten Maßnahmen gehört z.B. der Beschluß zur Durchführung einer Kapitalerhöhung.612 Zu den nicht im Gesetz erwähnten Fällen gehören bspw. solche, die nach den Holzmüller-Grundsätzen die Zustimmung der Hauptversammlung erfordern.613
b) Die möglichen Eintrittszeitpunkte
Nachdem gezeigt wurde, welche Arten von Entscheidungsprozessen innerhalb der AG auftreten können, stellt sich die Frage nach dem Eintrittszeitpunkt der melde pflichtigen Tatsache. Dabei lassen sich die Unumkehrbarkeit, das Ende des inter nen Entscheidungsprozesses sowie der Grad der Wahrscheinlichkeit der Realisie rung als Kriterien unterscheiden. aa) Die Unumkehrbarkeit Eine meldepflichtige Tatsache könnte immer dann vorliegen, wenn deren Konse quenzen sicher sind. In der Gesetzesbegründung heißt es, daß „Ereignisse, deren Konsequenzen noch nicht feststehen, weil deren Wirksamkeit noch durch andere
609 Vgl. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG. Wenn der Aufsichtsrat die Zustimmung verweigert, kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Vgl. § 111 Abs. 4 S. 3 AktG. 610 Vgl. insbesondere zum Zustimmungsvorbehalt bei Krediten Hommelhoff (1984), S. 318 ff. 611 Vgl. Hüffer (1995), § 112, Rdnr. 19, S. 449. 612 § 119 Abs. 1 Nr. 6 AktG. In der Praxis findet oftmals eine Vorabstimmung des Vorstands mit den Großaktionären statt. 613 Vgl. Hüffer (1995), § 119, Rdnr. 16 ff., S. 473 f.
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Umstände aufgehoben werden kann oder noch wirksame Gegenmaßnahmen mög lich sind“, keine Tatsachen darstellen.614 Hält man sich das Beispiel einer Untemehmensübemahme vor Augen, das neben der Zustimmung des Aufsichtsrats auch der Genehmigung durch eine Kartellbe hörde bedarf, wird deutlich, daß eine solche Auslegung den Eintrittszeitpunkt weit hinausschieben würde.615 Durch das Kriterium der Unumkehrbarkeit würde der Zeitpunkt der Entstehung einer meldepflichtigen Tatsache zwar präzise, aber kei neswegs befriedigend festgelegt.616 Die Informationsinteressen der Anleger wür den verletzt, da eine zu späte Unterrichtung erfolgt. bb) Das Ende des internen Entscheidungsprozesses Der Zeitpunkt, in dem die Meldepflicht des Emittenten eintritt, könnte desweite ren am Ende des internen Entscheidungsprozesses der AG liegen. Bei zustim mungsbedürftigen Geschäften ist dies nach Vorliegen der Zustimmung des Auf sichtsrats oder der Hauptversammlung der Fall. In diesem Zeitpunkt könnte man das Tatbestandsmerkmal „Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf4 selbst ohne das Vorhandensein von handelsrechtlichen Buchungen zumindest unterstellen.617 Demnach würde eine Meldepflicht oftmals vor dem entsprechenden Zeitpunkt der Alternative eins vor liegen.618
Führt man das obige Beispiel einer Untemehmensübemahme fort, würde die Mel depflicht unabhängig von der Genehmigung der Kartellbehörde nach der erfor derlichen Zustimmung des Aufsichtsrats eintreten, da damit die interne Entschei dungsfindung abgeschlossen ist. Die Meldepflicht würde ergo früher eintreten. Eine Bewertung dieser Alternative erfolgt im Anschluß an das nächste Kriterium. cc) Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Realisierung Eine weitere Alternative für die Bestimmung des Zeitpunkts könnte darin liegen, den Grad der Wahrscheinlichkeit der Realisierung als das die Meldepflicht auslö sende Kriterium heranzuziehen. Dieser Vorschlag geht auf Kiem/Kotthoff zurück, die damit die Probleme der Alternativen eins und zwei überwinden wollen.619
BT-Ds. 12/6679, S. 48. Vgl. Kiem/Kotthoff (1995), S. 2001. Vgl. auch Pananis (1997), S. 463. Vgl. auch Kümpel (1996a), S. 654. Für den Fall, daß nur Organe der AG die Rechtsverbindlichkeit der Maßnahme herbeiführen, also darüber hinaus keine Genehmigung durch Dritte erforderlich ist, würde der meldepflicht auslösende Zeitpunkt dem des ersten Ansatzes entsprechen. 619 Vgl. Kiem/Kotthoff (1995), S. 2002 ff. 614 615 616 617 618
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Gem. Kiem/Kotthoff muß zunächst ein Vorstandsbeschluß vorliegen. Danach ob liegt es dem Vorstand, eine Prognose bzgl. der Wahrscheinlichkeit der Umsetzung der Tatsache vorzunehmen, in die alle ihm bekannten Faktoren einfließen. Offen bleibt, ob eine hohe Wahrscheinlichkeit der Realisierung oder eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit vorliegen muß.620 Bezogen auf das Beispiel der Untemehmensübemahme muß also zunächst ein Beschluß des gesamten Vorstands über den angestrebten Untemehmenserwerb vorliegen. Danach obliegt es dem Vorstand, eine Prognose vorzunehmen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Zustimmung durch den Aufsichtsrat und die Kartellbehörde erfolgen wird. Dabei läßt er - wenn möglich - seine Erfahrungen aus der Vergangenheit einfließen. Erfahrungswerte in bezug auf Aufsichtsratent scheidungen sind meistens vorhanden, so daß sich in diesem Punkt Wahrschein lichkeitskalküle anstellen lassen. Schwieriger ist hingegen die Frage, ob ausste hende Entscheidungen von Behörden zu prognostizieren sind. Dabei können ex terne Berater hilfreich sein. Dieser Ansatz führt im Vergleich zu den anderen zum frühesten Meldezeitpunkt.
In bezug auf die Familien-AG ist die Alternative drei wenig befriedigend. Bei einem Untemehmenskauf müßte der Vorstand das mögliche Abstimmungsverhalten des Pools prognostizieren. Dies kann ihm nur dann gelingen, wenn er zu gleich Familienaktionär ist und darüber hinaus die Interessen des Pools deutlich vorhersehbar sind. Für die überwiegende Zahl der Entscheidungskonstellationen scheint dieser Fall nicht vorzuliegen. Ein weiteres Beispiel verdeutlicht die Proble matik, Alternative drei auf die Familien-AG anzuwenden. Man denke an den Fall, daß die AG eine Kapitalerhöhung plant. Vor dem endgültigen Beschluß in der Hauptversammlung findet eine Poolversammlung statt. Für den Vorstand, insbe sondere wenn es sich nicht gleichzeitig um einen Familienaktionär handelt, kann es schwierig sein, das Abstimmungsverhalten des Pools zu prognostizieren. Nach dem Vorliegen des Poolergebnisses hingegen kann vom Vorstand eine Prognose vorgenommen werden. Somit wäre es für die Familien-AG sinnvoll, Alternative drei in modifizierter Form, also nach Vorliegen des Poolergebnisses, anzuwenden.
Das Argument, in bezug auf die Familien-AG müsse man das spätere tatsächliche Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung abwarten, weil es möglich ist, daß die Aktionäre in der Hauptversammlung anders abstimmen als in der Poolver sammlung, kann nicht gelten. Liegt das Ergebnis der Abstimmung des Pools vor, kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß die spätere Abstimmung in der
620 Vgl. Kümpel (1996b), S. 106.
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Hauptversammlung dem Poolabstimmungsverhalten entspricht. Für die FamilienAG also einzig Alternative zwei zuzulassen, würde zu weit greifen.
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß für die Familien-AG einzig die modifizierte Form der Alternative drei sinnvoll ist. Die Modifikation liegt darin, daß in Fällen des Zustimmungserfordemisses eines Familienpools der Vorstand erst dann eine Prognose vornehmen kann, wenn das Ergebnis der Abstimmung im Familienpool vorliegt. Der Publikums-AG kann auch die uneingeschränkte Alternative drei zugemutet werden, da sich ähnliche Konstellationen nicht einstellen können. Dar über hinaus ist es der Publikums-AG auch zuzumuten, externe Berater in die Pro gnose miteinzubeziehen. Für die Publikums-AG, die mit den Gepflogenheiten internationaler Kapitalmärkte vertraut ist und auch über Kapitalmarktspezialisten verfügt, ist eine interne Typisierung mit entsprechenden Wahrscheinlichkeitskal külen eher anzustellen.
2. Das Verhältnis zur Regelpublizität Ein Problem kann sich für den Emittenten daraus ergeben, inwieweit Informatio nen, die Gegenstand der Regelpublizität sind, in Ad-hoc-Meldungen nach § 15 WpHG publiziert werden müssen. Der Begriff der Regelpublizität umfaßt Infor mationen, die der Emittent regelmäßig gern. § 44 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BörsG i.V.m. §§63 ff. BörsZulV oder § 44b BörsG publizieren muß. Es handelt sich dabei um die Publizitätsinstrumente Jahresabschluß, Lagebericht oder Zwischen bericht.
Schwierig ist für den Emittenten die Frage, ob die Ad-hoc-Publizität ausschließ lich solche Tatsachen umfaßt, die von der Regelpublizität nicht erfaßt sind. Weiter kommt in Betracht, daß Tatsachen - abgesehen von zusätzlichen Daten - sowohl Gegenstand der Ad-hoc- als auch der Regelpublizität sein können. Denkbar wäre auch, daß die Ad-hoc-Publizität nur Tatsachen betrifft, die Gegenstand der Regel publizität sind.
Im folgenden wird zunächst auf die Intention des Gesetzgebers sowie auf die Auf sichtspraxis eingegangen. Im Anschluß daran werden die Probleme diskutiert, die dem Emittenten entstehen können. a) Die Intention des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber hat bereits im Zusammenhang mit § 44a BörsG a.F. die Ergänzungsftmktion der Ad-hoc-Publizität erwähnt und darauf hingewiesen, daß Tatsa chen der Regelpublizität, wenn auch nicht ausschließlich, Gegenstand von Ad-
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hoc-Meldungen sein können.621 Im Rahmen der Erläuterungen zu § 15 WpHG hat er diesen Hinweis erneuert. Insoweit hat sich die Intention des Gesetzgebers nicht geändert.
b) Die Aufsichtspraxis Unterstrichen wird die Sichtweise des Gesetzgebers durch eine vom BAWe 1996 veröffentlichte Bekanntmachung zum Verhältnis von Regel- und Ad-hoc-Publizität.622 Dort führt das BAWe aus, daß Tatsachen unter Umständen bereits vor der Veröffentlichung im Rahmen der Regelpublizität der Ad-hoc-Publizität unterlie gen können.
Das BAWe führt zwei unterschiedliche Arten von Tatsachen ein. Zunächst kann eine Tatsache ein einzelnes Ereignis sein. Es ist aber auch möglich, daß die Sum me von Einzelereignissen eine Tatsache darstellt. Im ersten Fall ist die Tatsache unverzüglich zu publizieren. Bspw. kann es sich um einen Gewinn oder Verlust aus einem einzelnen Ereignis handeln. Im zweiten Fall handelt es sich um mehrere Ereignisse, die jedes einzelne für sich genommen keine erhebliche Beeinflussung des Börsenkurses nach sich ziehen können. Die üblicherweise vorgenommene Summe der Einzelereignisse im Rahmen von Jahresabschlüssen oder unterjähri gen Berichten kann aber eine kursrelevante Tatsache darstellen.623 Diese Summe ist zu veröffentlichen und zwar in dem Zeitpunkt, in dem das Ergebnis der Sum mierung dem Vorstand oder einem für die Veröffentlichung Verantwortlichen des Unternehmens vorliegt. Handelt es sich um kursrelevante Tatsachen im Jahresab schluß, so ist die Tatsache spätestens mit der Aufstellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand eingetreten und zu publizieren. Das BAWe hat somit eindeutig dazu Stellung genommen, inwieweit Tatsachen der Regelpublizität vorher Gegenstand der Ad-hoc-Publizität sein können. Anlaß für die Bekanntmachung war das Verhalten einiger Emittenten, nach dem Eintritt von Verlusten eine Ad-hoc-Meldung zurückzuhalten und darauf zu hoffen, im nächsten Jahresabschluß oder Zwischenbericht die negativen Informationen durch inzwischen vorliegende positive Daten kompensieren zu können.624
621 622 623 624
Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 16. Vgl. im folgenden BAWe (1996a), S. 1 f. Ähnlich auch Kümpel (1996b), S. 95 sowie ders. (1997), S. 69 f. Vgl. o.V. (1996x), S. 3; o.V. (1996y), S. 1; o.V. (1996z), S. 30.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
c) Die Probleme Probleme für den Emittenten können sich zum einen durch die Summierung von Teilergebnissen ergeben. Zum anderen muß auf die Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses eingegangen werden. aa) Die Summierung von Teilergebnissen Ist die Tatsache das Ergebnis einer Summierung, ergeben sich für den Emittenten besondere Probleme. Da nur auf das Ergebnis der Summierung abgestellt wird, ist es irrelevant, in welcher Form und Zahl die Einzelereignisse vorliegen. Im folgen den werden zwei Fälle unterschieden, die sich beide auf das Jahresergebnis bezie hen. (1) In jedem der Geschäftsfelder des Emittenten tritt ein kleiner, für sich genom men nicht meldepflichtiger Gewinn oder Verlust auf. Es liegt somit eine gleichge richtete Entwicklung in allen Geschäftsfeldem vor. Die Summierung führt jedoch zu einem derart großen Gewinn oder Verlust, daß eine Ad-hoc-Meldung wegen der anzunehmenden Kursrelevanz vorgenommen werden muß.
In diesem Fall, den das BAWe bei seiner Bekanntmachung wohl im Sinn gehabt hat, erfolgt weitgehend eine Gleichbehandlung von Publikums- und Familien-AG. (2) In der Hälfte der Geschäftsfelder des Emittenten tritt ein Verlust, in der ande ren Hälfte ein Gewinn auf. Jedes einzelne Geschäftsfeldergebnis ist für sich ge nommen nicht meldepflichtig, die Summe des Ergebnisses aller Geschäftsfelder muß es aber auch nicht sein, nämlich dann, wenn das Gesamtergebnis keine Kurs relevanz aufweist.
In bezug auf die Publikums-AG mit ihrer größeren Anzahl und ihrem höheren Grad an Diversifikation der Geschäftsfelder kann eine Bevorzugung dergestalt eintreten, daß diese weniger kursrelevante Meldungen absetzen muß. Die große Zahl von Geschäftsfeldem führt dazu, daß sich das Gesamtergebnis tendenziell gleichmäßiger entwickelt als dies bei der kleineren Familien-AG der Fall ist. Mit zunehmender Anzahl an Geschäftsfeldem werden sich die Tätigkeiten auf immer mehr Branchen beziehen, was wiederum das Risiko von Schwankungen des Ge samtergebnisses und damit die Wahrscheinlichkeit von Börsenkursschwankungen sinken läßt. Es ist für die Anleger unbefriedigend, durch die Diversifikation weni ger Meldungen zu erhalten, da es möglich ist, daß sich die Geschäftsfelder unter schiedlich entwickeln. Bspw. können im Extremfall alle die Geschäftsfelder, die im Vorjahr Gewinne erwirtschafteten, im laufenden Geschäftsjahr Verluste auf weisen und umgekehrt. Diese Vorteile, die der Publikums-AG durch die große Anzahl der Geschäftsfelder und den damit verbundenen Diversifikationsvorteilen entstehen können, stehen der Familien-AG nicht zur Verfügung. Bei ihr erfolgen
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mehr Meldungen, da Schwankungen der Einzelergebnisse stärker auf das Gesamt ergebnis und damit auf den Börsenkurs durchschlagen. Es ist auch davon auszu gehen, daß sich die Tätigkeit der Familien-AG auf weniger Branchen bezieht. Die Summierung kann im Ergebnis also dazu fuhren, daß Emittenten mit vielen Geschäftsfeldem weniger Meldungen veröffentlichen müssen als solche mit weni gen Geschäftsfeldem.
bb) Der Jahresabschluß Zu diskutieren ist auch, ob die Aufstellung des Jahresabschlusses oder gar das Vorliegen des Ergebnisses der Summierung eine Meldepflicht auslöst.625 Es ist zwar richtig, daß es gern. § 264 Abs. 1 S. 1 und 2 HGB Aufgabe des Vorstands ist, den Jahresabschluß aufzustellen. Allerdings ist der Jahresabschluß im Regel fall erst nach Billigung durch den Aufsichtsrat festgestellt.626 Das BAWe argu mentiert, daß eine Änderung des Jahresabschlusses nach der Aufstellung durch den Vorstand lediglich die bilanzielle Darstellung ändert, das wirtschaftliche Ge samtergebnis jedoch nicht mehr geändert werden kann.627 Dagegen spricht, daß das feststellende Organ an die ihm durch den Vorstand vorgelegte Fassung nicht zwingend gebunden ist.628 Es ist deshalb möglich, daß der Jahresabschluß eine Änderung erfährt, da Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte neu ausgeübt werden. Die Argumentation, das Gesamtergebnis könne nicht geändert werden, unterstellt einen irgendwie gearteten tatsächlichen Gewinn und mißachtet die ge setzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Spielräume der Beteiligten bei der Aufund Feststellung des Jahresabschlusses. Die vom BAWe angeordnete Verfahrens weise wäre allenfalls in dem Fall berechtigt, in dem der Aufsichtsrat ohne die Vornahme von Änderungen den Jahresabschluß billigt.629 Ob dies der Fall ist, kann der Vorstand nicht vorhersehen. 3. Die Eignung zur „erheblichen“ Kursbeeinflussung Die meldepflichtige Tatsache muß gern. § 15 WpHG geeignet sein, den Kurs des Wertpapiers „erheblich“ zu beeinflussen. Für den Emittenten kann es größte
625 Hier handelt es sich wiederum um ein Mehrstufigkeitsproblem. 626 § 172 S. 1 AktG. In bestimmten Fällen kann auch die Hauptversammlung fiir die Feststellung zuständig sein. Vgl. § 173 AktG. Ein anderer Fall liegt vor, wenn sich ein Vorstand öffentlich äußert, das Verfahren nach § 15 WpHG jedoch nicht einhält. In einem solchen Fall kann sich das Unternehmen nicht darauf berufen, daß der Jahresabschluß noch nicht festgestellt ist. Vgl. hierzu o.V. (1997j), S. 20 und o.V. (1997k), S. 21. 627 Vgl. BAWe (1996c), S. 24 sowie o.V. (1997h), S. 13 und o.V. (1997i), S. 384. 628 Vgl. ADS, 5. Aufl., § 264, Rdnr. 26, S. 10. 629 BAWe (1996a), S. 5.
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Schwierigkeiten bedeuten, das Kursbeeinflussungspotential einer Tatsache im voraus abzuschätzen. Für den Emittenten stellt sich zum einen das Problem eines kausalen Zusammen hangs zwischen einer Tatsache und dem Börsenkurs. Schwierig ist somit, was überhaupt zu einer Kursbeeinflussung fuhren kann. Unterstellt man dieses Pro blem als lösbar, dann ergibt sich zum anderen die Schwierigkeit, Aussagen in be zug auf die Höhe des zu erwartenden Kursausschlages („erheblich“) zu treffen.
a) Die Kausalität
Die Frage, ob eine Tatsache zu einer Börsenkursänderung führen kann, wäre vom Emittenten zweifelsfrei (objektiv) überprüfbar, wenn es zuverlässige Modelle dar über gäbe, wie sich Informationen auf den Preis von Wertpapieren auswirken. Zwar existieren in der Finanzierungstheorie Modelle, die die Aktienpreisbildung erklären. Ihre Prämissen sind aber derart restriktiv, daß sich ihr Erklärungnutzen auf ein Minimum reduziert.630 Auch die empirische Kapitalmarktforschung kommt an diesem Theoriedefizit nicht vorbei, da es zur Überprüfung der Aktienpreisbil dung eines Referenzmodells bedarf.631 Somit sind keine gesicherten quantitativen Aussagen über die Auswirkungen von geänderten Vermögens- und Finanzlagen auf den Kurs von Wertpapieren möglich. Dies gilt ebenso für die Veränderung des allgemeinen Geschäftsverlaufs. Es bleibt daher bzgl. der Wirkungen einer Tatsa che in bezug auf den Börsenpreis alleine die Möglichkeit einer Prognose (subjek tiv) übrig. Dies hat der Gesetzgeber offenbar erkannt, indem er dem Emittenten eine Beurteilung des Einzelfalls „unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebens erfahrung“632 überläßt. Um den Emittenten nicht gänzlich zu überfordern, soll sich dieser gegebenenfalls den Rat eines Kreditinstituts oder einer anderen kapital marktkundigen Person einholen. Aber auch diesen Beratern wird es nicht zuletzt wegen des angesprochenen Theoriedefizits nicht gelingen, Tatsachen zweifelsfrei auf ihr Kursbeeinflussungspotential hin einzuschätzen. b) Die Höhe Unterstellt man für manche Tatsachen eine zumindest empirisch fundierte Kurs relevanz, dann stellt sich weiter die Frage, ab welcher Höhe des Kursausschlages die Erheblichkeit gegeben ist. § 15 WpHG bleibt eine aus Sicht der Praxis er wünschte Begriffsbestimmung schuldig. 630 Vgl. Pellens (1991), S. 65 f. 631 In der empirischen Kapitalmarktforschung wird deswegen von einem Joint-Hypothesis-Problem gesprochen. Vgl. Fama (1991), S. 1575 f. 632 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48.
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Da im Zusammenhang des § 13 Abs. 1 WpHG (Insidertatsache) ebenfalls von der Geeignetheit zur erheblichen Kursbeeinflussung gesprochen wird, kann eine Ori entierungshilfe in der zu § 13 WpHG ausgeführten Gesetzesbegründung gefunden werden.633 Dort wird als Maßstab zur Beurteilung der Kursschwankung eines Wertpapiers auf die (einfache) Plus-/Minus Ankündigung gern. § 8 der Geschäfts bedingungen der Deutschen Börsen634 verwiesen. Das würde z.B. für Aktien be deuten, einen prozentualen Richtwert von fünf Prozent des Kurswertes heranzu ziehen. Würde eine Tatsache einen größeren Ausschlag erwarten lassen, wäre die Erheblichkeit gegeben und eine Ad-hoc-Publizitätspflicht erreicht.
Dieser Orientierungshilfe muß von Seiten der Emittenten jedoch mit Vorsicht be gegnet werden. Zunächst ist davon auszugehen, daß die einzelnen Arten von Wertpapieren eine unterschiedliche Kurssensibilität aufweisen.635 Aktien, Genuß scheine, Renten oder aus ihnen entwickelte Derivate weisen unterschiedliche Vo latilitäten auf. Daneben gibt es weitere Einflußfaktoren, die im Hinblick auf die Kurssensibilität zu berücksichtigen sind: Innerhalb der Wertpapiergattung hängt die Kursentwicklung auch von der besonderen Situation des Marktes ab, auf dem es gehandelt wird. Hier lassen sich Faktoren wie die Liquidität (Marktenge) des Wertpapiers ansprechen. Daneben fließen Entwicklungen des internationalen und nationalen Börsenmarktes, Branchenspezifika, etc. als potentielle kursbeeinflus sende Faktoren in die Bewertung ein.
Aufgrund der Vielzahl der potentiellen beeinflussenden Faktoren wurde vorge schlagen, bei der Beurteilung der Erheblichkeit auf die relative Veränderung des Kurses des betroffenen Wertpapiers im Vergleich zu ähnlichen Wertpapieren oder zum Marktindex zurückzugreifen.636 Obgleich es in manchen Situationen sinnvoll sein kann, dieser Hilfestellung zu folgen, bleibt es für den Emittenten trotzdem schwierig, die Kursrelevanz einzuschätzen. c) Die Emittenten
In bezug auf die Emittenten kann das Tatbestandsmerkmal „Kursbeeinflussung“ nicht ohne eine Berücksichtigung der Strukturen der entsprechenden Börsenseg mente und personeller Spezifika bewertet werden. Die Aktien der Publikums-AG werden im amtlichen Handel notiert. Dieses Seg ment zeichnet sich durch eine hohe Liquidität und damit verbundene geringe Schwankungen (Volatilitäten) der Wertpapierkurse aus. Aufgrund dieser Charak 633 634 635 636
Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 46 f. Abgedruckt bei Kümpel/Ott, Nr. 450, S. 7 f. Vgl. Deutsche Börse AG (1994), S. 19. Vgl. Deutsche Börse AG (1994), S. 19.
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teristika des Marktes kommt es zu weniger kursrelevanten Tatsachen und damit weniger Ad-hoc-Meldungen, da eine Tatsache bei größeren HandelsVolumina ge ringere Kursbeeinflussungen erwarten läßt. Darüberhinaus verfügt das Börsen segment amtlicher Handel über seit Jahren etablierte Indices (z.B. DAX), die ei nen Orientierungsmaßstab darstellen können. Die Publikums-AG verfügt auch über Kapitalmarktspezialisten, denen eine Einschätzung von Kursentwicklungen zuzumuten ist. Die Aktien der Familien-AG hingegen, die im geregelten Markt gehandelt wer den, weisen eine geringe Liquidität und volatile Wertpapierkurse auf. Eine poten tielle Tatsache läßt wegen der geringeren Handelsvolumina eher eine Kursände rung erwarten.637 Als Resultat müssen mehr Ad-hoc-Meldungen abgesetzt werden. Diese wiederum verstärken die ohnehin schon vorhandenen Schwankungen und führen dazu, daß sich die Anleger noch stärker aus diesem Segment zurückziehen. Die Liquidität des Segments nimmt somit durch eine Erhöhung der Volatilität ab. Wenn es durch die Veröffentlichung von Tatsachen zu stärkeren Kursschwankun gen kommt, dann führt das für den Emittenten in der Folgezeit dazu, daß die er neute Inanspruchnahme des Kapitalmarkts mit höheren Abschlägen, also einem höheren underpricing,638 verbunden ist. Dabei muß zwischen direkten und indi rekten Auswirkungen der Meldungen unterschieden werden. Die direkten Effekte der Meldungen sind erwünscht. Bspw. soll bei einer negativen Meldung eine so fortige Verarbeitung am Markt erfolgen. Dies ist aus Anlegerschutzgründen ge rechtfertigt. Eine positive Meldung ist im Interesse von Emittent und Anleger, da sich der Untemehmenswert des Emittenten steigert und der Anleger eine Vermeh rung seines Vennögens erfährt. Die indirekten Auswirkungen ergeben sich durch die Kursschwankungen selbst, die als Folge der einzelnen Meldungen erfolgen. Somit kann die Volatilität dazu führen, daß sich die Anleger zurückhalten. Die Emittenten können dieser Zurückhaltung bei einer erneuten Beanspruchung des Kapitalmarkts nur dadurch begegnen, daß sie Abschläge auf die angebotenen Wertpapiere akzeptieren. Außerdem existieren im geregelten Markt keine eta blierten Indices, so daß eine Orientierung bei der Beurteilung der Kursrelevanz schwierig ist. Innerhalb des Unternehmens gibt es auch keine Mitarbeiter, die sich hauptberuflich mit Kapitalmarktfragen auseinandersetzen können.
637 Vgl. auch Hennerkes/Kirchdörfer (1994), S. 14. 638 Obgleich dieser Begriff eigentlich im Zusammenhang von Neuemissionen verwendet wird, soll er auch an dieser Stelle verwendet werden, da es sich aus Sicht des Emittenten um einen Ab schlag handelt.
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4. Die Befreiung von der Publizitätspflicht Der Emittent kann durch § 15 WpHG gezwungen sein, Tatsachen gegen seinen Willen publizieren zu müssen. Der Gesetzgeber hat das Interesse des Emittenten an einer zurückhaltenden Publizität in § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG berücksichtigt. Da nach kann das BAWe den Emittenten auf Antrag von der Veröffentlichungspflicht befreien, „wenn die Veröffentlichung der Tatsache geeignet ist, den berechtigten Interessen des Emittenten zu schaden“. Der Emittent hat somit die Möglichkeit, bei einer von ihm nicht gewollten Veröffentlichung einen Befreiungsantrag beim BAWe zu stellen.
a) Die „berechtigten Interessen“ des Emittenten Es obliegt dem BAWe, im Einzelfall die Interessen des Emittenten zu bestimmen und gegen die Interessen der Anleger abzuwägen. Ein „berechtigtes Interesse“ ist umfassender als ein rechtliches Interesse. Neben dem rechtlichen beinhaltet es auch ein wirtschaftliches Interesse.639 Die Formulierung „berechtigte Interessen“ bringt jedenfalls nicht zum Ausdruck, daß die Interessen der Anleger an Publizität höher einzuschätzen sind als die Interessen der Emittenten an verringerter Publi zität. Emittenten- und Anlegerinteresse stehen auf der gleichen Ebene. Es handelt sich um gleichberechtigte Marktteilnehmer. Das BAWe hat einen Antrag auf Be freiung immer dann positiv zu bescheiden, wenn das Emittenteninteresse höher einzuschätzen ist als die Interessen der Anleger.640 b) Die Einschätzung des möglichen Schadens beim Emittenten
Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Emittenteninteressen muß das BAWe Art und Höhe eines potentiellen Schadens einschätzen, der dem Emittenten durch die Publizität entstehen kann. Dies kann im Einzelfall mit erheblichen Problemen behaftet sein. Im folgenden ist deshalb zunächst auf die Situation des Emittenten, danach auf die der Informationsempfänger einzugehen. Schließlich werden Bei spiele angeführt, deren Veröffentlichung dem Emittenten einen Schaden zufugen kann.
639 Vgl. Demharter (1995), § 12, Rdnr. 7 ff., S. 156 f. 640 An dieser Sichtweise des Autors ändert auch die von Dreyling, Vize-Präsident des BAWe, geäußerte Position nichts, daß ein „wesentlicher Grundsatz bei der Erteilung von Befreiungen“ darin liege, daß Anleger- vor Untemehmensschutz geht. Vgl. Dreyling (1996), S. 161.
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aa) Die Situation beim Emittenten Das Schadenspotential hängt zunächst von der spezifischen Situation des Emit tenten ab. Daneben gibt es aber auch Besonderheiten der Branche des Emittenten, die sich auf die Höhe des möglichen Schadens auswirken können.
bb) Die Informationsempfanger Der Schaden, der dem Emittenten entstehen kann, hängt desweiteren von der Stellung derjenigen ab, die die Information erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß bei der Veröffentlichung einer Tatsache der Kreis der Empfänger nicht be schränkt werden kann.
Erhalten fremde Anleger die publizierten Informationen des Emittenten, besteht die Möglichkeit, daß diese die Daten als Entscheidungsgrundlage für Wertpapier käufe anderer Emittenten verwenden. Dieses Verhalten der fremden Anleger ist mit jeder Veröffentlichung verbunden. Deshalb kann diese Wirkung nicht zu einer Befreiung führen. Es ist notwendiges Resultat von Informationsströmen, die in erster Linie die Börse mit Daten versorgen sollen. Die Befreiung verlangt viel mehr einen darüberhinausgehenden Schaden. Dieser kann sich ergeben, wenn der Emittent empfindliche Informationen mitteilen muß, die für Konkurrenzunter nehmen relevant sind. Schäden sind auch denkbar bei Informationen, die für Ab nehmer, Lieferanten und Gläubiger von besonderer Bedeutung sind und zu für den Emittenten negativen Handlungen führen können. cc) Die Beispiele für einen Schaden Mögliche Anhaltspunkte für eine Einschätzung des Schadens können gewonnen werden, wenn man davon ausgeht, daß der Emittent ein Geschäftsgeheimnis i.S.d. § 17 UWG publizieren muß. Weitere Beispiele sind die Veröffentlichung im Sa nierungsfall sowie Fälle des aktienrechtlichen Auskunftsverweigerungsrechts des §131 Abs. 3 Nr. 1 AktG.
(1) Es ist möglich, daß der Emittent entgegen seinen Interessen gezwungen ist, Geschäftsgeheimnisse zu publizieren. Obgleich eine Bestimmung des Begriffs Geschäftsgeheimnis schwierig ist, kann zur Darstellung von Beispielen auf die Kommentierung des § 17 UWG zurückgegriffen werden. Demnach können unter anderem getätigte oder beabsichtigte Vertragsschlüsse, Geheimverfahren und Ver tragsverhandlungen Geschäftsgeheimnisse sein.641 Die Auflistung einiger Bei spiele von Geschäftsgeheimnissen macht deutlich, daß diese in der Regel kursre levant sind und daher für eine Meldung nach § 15 WpHG in Frage kommen kön nen. Auf der anderen Seite hat der Emittent ein „berechtigtes Interesse“, Ge 641 Vgl. Hefermehl (1996), § 17, Rdnr. 9, S. 1311 f.
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schäftsgeheimnisse nicht zu publizieren. Entsteht beim Emittenten ein Geschäfts geheimnis und ist dieses meldepflichtig i.S.d. § 15 WpHG, müßte der Emittent einen Antrag auf Befreiung nach § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG stellen, da „berechtigte Interessen“ beschädigt werden könnten. Die Publizitätspraxis der Unternehmen zeigt jedoch, daß zum einen Geschäftsgeheimnisse nicht veröffentlicht werden. Zum anderen werden aber für Geschäftsgeheimnisse auch keine Befreiungsanträ ge gestellt, wie man aus der geringen Anzahl der beim BAWe vorgelegten Anträ ge unschwer erkennen kann.642 Wenn aber Geschäftsgeheimnisse Ad-hoc-publizitätspflichtig sind und keine Anträge auf Befreiung beim BAWe gestellt werden, müßten sie eigentlich publiziert werden. Kommen die Emittenten dieser Ver pflichtung nicht nach, obliegt es dem BAWe, die entsprechenden Schritte zu un ternehmen. Dies geschieht aber in der Aufsichtspraxis offensichtlich nicht. Allerdings ist es sinnvoll, daß die Publizitätspraxis der Emittenten und die Auf sichtspraxis des BAWe in bezug auf die Veröffentlichung von Geschäftsgeheim nissen diesen pragmatischen Weg einschlagen. Dies ist nicht nur im Sinne der Emittenten, sondern auch im Interesse der Anleger.643 Offensichtlich ist nur, daß weder die Emittenten noch die Aufsichtspraxis den in § 15 WpHG vorgesehenen Weg einschlagen, der darin läge, Befreiungsanträge zu stellen und sie vom BAWe positiv zu bescheiden. Diese eigentlich im Gesetz vorgesehene Verfahrensweise würde bei den Emittenten und beim BAWe zu erhöhten Kosten fuhren und weist auf die Mängel des § 15 WpHG hin.
(2) Die bisherigen Befreiungsanträge bezogen sich überwiegend auf Emittenten, bei denen aufgrund von Krisensituationen Sanierungsmaßnahmen erforderlich waren.644 Das BAWe macht die Befreiung von der Existenz eines Sanierungskon zeptes abhängig.645
Auch in der Literatur wird ein „berechtigtes Interesse“ in Sanierungssituationen anerkannt.646 Bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Emittenten kann eine übereilige Publizität zu Kreditkündigungen und anderen Maßnahmen der Kredit institute und anderen Gläubiger fuhren. In einer solchen Untemehmenskrise ist das „berechtigte Interesse“ des Emittenten an zumindest temporärem Verzicht auf 642 1995 wurden insgesamt nur 18 Befreiungsanträge gestellt. Vgl. BAWe (1996c), S. 26. 643 Die Notwendigkeit, Geschäftsgeheimnisse publizieren zu müssen verstößt sowohl gegen die Interessen der Publikums- als auch der Familien-AG. Allerdings ist die relative negative Wir kung bei der Familien-AG größer als bei der Publikums-AG. 644 Vgl. BAWe (1996c), S. 26. Die anderen Befreiungsanträge bezogen sich auf Untemehmenskäufe oder -Verkäufe und auf Kollisionen mit ausländischen Ad-hoc-Normen. 645 Vgl. Dreyling (1996), S. 161. Allerdings kann das BAWe wegen der Eilbedürftigkeit der Ent scheidung keine eigene Überprüfung der Aussicht auf Erfolg des Sanierungsvorhabens vor nehmen. Vgl. FürhoffrWölk (1997), S. 458. 646 Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 81, S. 190 sowie Deutsche Börse AG (1994), S. 24.
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die Publizität gleichgerichtet mit den Interessen der Mitarbeiter, Gläubiger und Aktionäre. Ein Zurückstellen der Publizität kann zu Maßnahmen fuhren, die den Fortbestand des Unternehmens sichern. Es ist oftmals der Fall, daß eine Beteili gung wichtiger Gläubiger des Unternehmens an der Bewältigung der Krise nur im Rahmen einer geräuschlosen Sanierungsplanung möglich ist. Auch das mögliche Verhalten der Lieferanten und Abnehmer nach einer krisenanzeigenden Ad-hocMeldung muß berücksichtigt werden. Es ist denkbar, daß diese in der Zukunft nicht mehr mit dem Emittenten zusammenarbeiten wollen und dadurch zu einer Verstärkung der Probleme des Emittenten fuhren. Dem kann man entgegenhalten, daß Probleme des Emittenten möglichst schnell den Beteiligten im Geschäftsver kehr mitgeteilt werden sollten. Zu bedenken ist jedoch, daß die erfolgreiche Sanie rung auch im Interesse der Lieferanten und Abnehmer liegt. Die Praxis des BAWe bei Sanierungsfällen ist deshalb insgesamt gutzuheißen. (3) Zur Bestimmung eines potentiellen Schadens kann eine Orientierung auch am Auskunftsverweigerungsrecht des § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG erfolgen.647 Demnach kann der Vorstand die Auskunft an den Aktionär verweigern, wenn sie geeignet ist, der AG oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufugen. Im Zusammenhang des § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG ist nicht die subjektive Überzeugung des Vorstands maßgeblich, sondern die vernünftige kaufmännische Beurteilung als objektiver und rechtlich überprüfbarer Maßstab.648 Ein einfacher Hinweis auf Konkurrenzgründe ist nicht ausreichend.649 Die Über nahme dieser Grundsätze ist sachgerecht, obgleich sie das Problem der Schwie rigkeit der Beurteilung eines Schadens nur teilweise entschärfen. 5. Die „unverzügliche“ Veröffentlichung
Es ist möglich, daß der Emittent trotz der bestehenden Pflicht zur Ad-hocPublizität nicht rechtzeitig, nicht oder falsch publiziert. Falsch publizieren bedeu tet, entweder zuviel oder zuwenig zu veröffentlichen. Die nicht rechtzeitige Ver öffentlichung erfüllt ebenso wie die nicht erfolgte, nicht richtige, nicht vollständi ge und nicht in der vorgeschriebenen Form vorgenommenen Veröffentlichung den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 2 a) WpHG. Durch das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ werden die Emittenten gezwun gen, kurzfristig (nach der Entstehung einer Tatsache) zu publizieren. Dieses nahe Beieinanderliegen von Entstehung einer Tatsache und deren Veröffentlichung ist einmalig und den anderen kapitalmarktrechtlichen Publizitätsinstrumenten fremd. 647 Vgl. Deutsche Börse AG (1994), S. 24. 648 Vgl. Zöllner (1973), § 131, Rdnr. 35, S. 1317 f. 649 Vgl. Hüffer (1995), § 131, Rdnr. 25, S. 543.
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Zweifelhaft kann für den Emittenten insbesondere sein, zu welchem Zeitpunkt die Veröffentlichung zu erfolgen hat. Aus der Vorgabe des Gesetzes können sich kurz- und langfristige Folgen für den Emittenten ergeben. a) Die kurzfristigen Wirkungen
Die „unverzügliche“ Veröffentlichung kann kurzfristig dazu führen, unnötige In formationen zu publizieren. Unter Umständen kann es dadurch zu einer Gefähr dung der Eigenständigkeit des Emittenten kommen.
aa) Die unnötigen Informationen Die Pflicht zur schnellen Publikation der Tatsachen kann dazu führen, Angaben zu publizieren, die nach reiflicher Überlegung nicht erfolgt wären. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß der Emittent erst Erfahrungen mit § 15 WpHG sammeln müsse.650 Die strikte Einzelfallbeurteilung mit dem jeweils be sonderen Blick auf die Kapitalmarktsituation führt dazu, daß es immer wieder zu Meldungen kommt, die in der publizierten Form nicht notwendig gewesen wären. Führt eine solche Meldung zur Irritation der Anleger, so bedeutet dies eine jahre lange Störung des Vertrauensverhältnisses, die nur schwerlich wieder zu beheben ist.651 Dies gilt für Publikums- und Familien-AG gleichermaßen. bb) Die Gefährdung der Eigenständigkeit Eine „unverzügliche“ Veröffentlichung kann bei der Familien-AG noch andere Resultate nach sich ziehen. Da dieser Emittententyp auf einem engen Börsenmarkt gehandelt wird, führt eine schnelle, aber irrtümlich abgesetzte Ad-hoc-Meldung dazu, daß die Eigenständigkeit eines Unternehmens gefährdet wird. Erfolgt irr tümlich eine negative Ad-hoc-Meldung, erleichtert der gesunkene Börsenkurs die Übernahme des Emittenten durch ein anderes Unternehmen. Das übernehmende Unternehmen muß durch den gesunkenen Börsenkurs für die Übernahme wesent lich weniger Kapital aufwenden als dies vor der Ad-hoc-Meldung der Fall gewe sen wäre. In der angelsächsischen Kapitalmarktterminologie würde man eine sol che Übernahme als hostile Take-over bezeichnen, da die Übernahme gegen den Willen des Emittenten erfolgt.
650 Es kommt immer wieder zu Ad-hoc-Meldungen, die ihrem Umfang und Inhalt nach unnötig sind. In bezug auf den Umfang hat das BAWe in einer Bekanntmachung klargestellt, daß le diglich die Tatsache, und nicht der gesamte Jahresabschluß oder Zwischenbericht zu veröffent lichen ist. Vgl. BAWe (1996b), S. 1. 651 Es kann auch zu einer Störung des Verhältnisses mit den Abnehmern und Lieferanten kommen.
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b) Die langfristigen Wirkungen Die Ad-hoc-Publizität trifft innerhalb des Unternehmens auf bestimmte Interes senlagen. Zunächst liegt es im Interesse des gesamten Unternehmens, schnell viele positive Ad-hpc-Meldungen abzusetzen und das Unternehmen dadurch in einem guten Licht erscheinen zu lassen. Positive Ad-hoc-Meldungen führen zu steigen den Wertpapierkursen und vermindern dadurch die Kapitalkosten des Emittenten. Daneben sind auch die Interessen der Mitglieder der Geschäftsleitung zu berück sichtigen. Diese wollen die Untemehmenspolitik nach außen hin als positiv dar stellen. Die Veröffentlichung von positiven Ad-hoc-Meldungen wird nämlich unmittelbar mit ihrer Arbeit und dadurch mit der Person in Verbindung gebracht. Auch die finanziellen Interessen des Vorstands können die Tendenz unterstützen, viele positive Informationen zu publizieren. In Aktiengesellschaften ist es in den letzten Jahren mehr und mehr Usus geworden, Vorstände mit Aktien oder Optio nen auf Aktien des eigenen Unternehmens zu entlohnen.652 Beachtet man den Zweck von § 15 WpHG, Insiderhandel zu verhindern, dann kann die Steigerung des Untemehmenswertes durch vermehrte Publizität auch als ein Ersatz für den sonst möglichen Insidergewinn sein.653
Der Zwang, kurzfristig zu publizieren, kann beim Emittenten somit durchaus auf gleichgerichtete Interessenlagen stoßen. Die Gefahr ist jedoch, daß die Notwen digkeit des kurzfristigen Ausweises von Erfolgen dazu führen kann, die Perspekti ve des Emittenten zu verkürzen. Strategische, langfristige Ausrichtungen der Un temehmenspolitik werden immer schwieriger und weichen einem an kurzfristigen Erfolgen orientierten Denken.654 Es wäre ein bedenkliches Resultat des § 15 WpHG, wenn sich Untemehmenspolitiken US-amerikanischen Verhältnissen an passen würden. Dort führt die Pflicht zur Veröffentlichung von Quartalsabschlüs sen und das Ausschütten von Quartalsdividenden zu einem kurzfristigen Denken und dem Zwang, am nächsten Quartalsende anlegerfreundliche Ergebnisse vor zulegen. c) Die Bewertung
Für die Publikums-AG bedeutet die Verkürzung des Planungshorizonts keinen allzu großen Einschnitt. Zum einen hat sie sich durch die Inanspruchnahme inter nationaler (und damit u.U. auch US-amerikanischer) Kapitalmärkte dieser Kurz fristigkeit angepaßt. Zum anderen ist für sie der Zwang, kurzfristig Erfolge auf 652 Vgl. v. Heusinger (1996), S. 4. Er weist darauf hin, daß die Bezahlung von Managern mit Stockoptions dazu führen kann, positive Meldungen abzusetzen. 653 Vgl. Pellens/Fülbier (1995b), S. 35. 654 Ähnlich Kümpel (1995a), S. 1215. Siehe auch Heidmeier (1992), S. 114.
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zuweisen, deshalb nicht gravierend, da sie aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse schnell unrentable Geschäftsfelder abstoßen und lukrative Geschäftsfelder akqui rieren kann.
Der Familien-AG fehlen hingegen sowohl die Zwänge, die von internationalen Kapitalmärkten ausgehen als auch die Möglichkeit, rasch Geschäftsfelder zu kau fen. Die Stärke und der Erfolg dieses Emittententypus liegt gerade im langfristi gen strategischen Denken. Erfolge innerhalb der Geschäftsfelder resultieren aus dem jahrzehntelangen Feilen an Verbesserungen. Aus diesem Grund ist die unein geschränkte Anwendung des § 15 WpHG auf die Familien-AG nicht sachgerecht. Insbesondere die Wirkungen auf die Familien-AG machen deutlich, daß dem Emittenten eine gewisse Bedenkzeit zugestanden werden muß. Nur auf diese Wei se wäre eine sorgfältige Prüfung möglich. Das wird in der bestehenden Regelung nicht berücksichtigt. 6. Die Folgen eines internationalen Listings
Probleme für die Publikums-AG können sich ferner daraus ergeben, daß Bestim mungen in bezug auf die Ad-hoc-Publizität in unterschiedlichen Ländern berück sichtigt werden müssen. Bspw. verfügt die Daimler Benz AG über ein Listing an mehreren europäischen Börsen sowie an der US-amerikanischen NYSE.
Seit 9. Oktober 1995 existiert Eurolist, ein Gemeinschaftsprojekt des europäischen Börsenverbandes Federation of European Stock Exchanges, in dem die führenden Börsenorganisationen der EU-Mitgliedsstaaten sowie Norwegens und der Schweiz vertreten sind.655 Das Ziel von Eurolist ist die Erleichterung der Notierung großer europäischer Emittenten an mehreren europäischen Börsen. Dazu gehört auch die Vereinfachung der Veröffentlichung kursrelevanter Nachrichten mittels des elek tronischen Kommunikationssystems Eurolist Message Transfer System. Eurolist zielt ausschließlich auf große Aktiengesellschaften ab, die bereits über drei Bör senlistings in Europa verfügen.656 In bezug auf die Mehrfachnotierung in Europa steht somit eine Dienstleistung zur Verfügung, die die Probleme, die sich aus einer mehrfachen Ad-hoc-Publizitätspflicht ergeben, verringert. Das Problem ausländischer Emittenten in bezug auf die Notwendigkeit, Meldun gen nach § 15 WpHG in deutscher Sprache absetzen zu müssen, wurde dadurch entschärft, daß seit Januar 1996 Ad-hoc-Meldungen auch in englischer Sprache
655 Vgl. o.V. (1995b), S. R 456 ff. 656 Außerdem muß die Börsenkapitalisierung mehr als eine Mrd. ECU und der Börsenumsatz mehr als 250 Mio. ECU betragen. Aus Deutschland sind bisher dreizehn Gesellschaften beteiligt, darunter die BASF AG, die Daimler-Benz AG sowie die Volkswagen AG.
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erlaubt sind.657 Für die Emittenten verringern sich dadurch die Kosten, die im Zu sammenhang einer notwendigen Übersetzung anfielen. Probleme bleiben allerdings für solche ausländischen Emittenten bestehen, die in ihren Ländern geringere Ad-hoc-Publizitätspflichten haben. Für sie bleibt ledig lich die Möglichkeit, ein Listing im Freiverkehr anzustreben.
III. Zwischenergebnis Die Analyse der direkten Kosten ergibt, daß die Belastung für die Familien-AG größer ist als für die Publikums-AG. Insbesondere durch die Kosten für vorzu nehmende personelle und organisatorische Änderungen erfolgt eine Ungleichbe handlung. Tatsachen i.S.d. § 15 WpHG sind oftmals das Ergebnis mehrstufiger Entschei dungsprozesse. Eine Mehrstufigkeit kann sich zunächst innerhalb eines Organs, also im Vorstand oder im Aufsichtsrat, ergeben. Bei der Familien-AG muß be rücksichtigt werden, daß Familien-Pools vorhanden sind. Probleme der Bestim mung des Eintrittszeitpunkts ergeben sich aber auch, wenn mehrere Organe am Entscheidungsprozeß teilnehmen. Sowohl die Unumkehrbarkeit als auch das Ende des internen Entscheidungsprozesses stellen keinen befriedigenden Zeitpunkt für das Eintreten einer Tatsache dar. Einzig sinnvoll ist der Grad der Wahrscheinlich keit der Realisierung. Der Vorstand einer AG muß nach einem entsprechenden Vorstandsbeschluß somit immer eine Prognose stellen. Dies gilt auch für Tatsa chen, die die Zustimmung der Hauptversammlung erfordern. Bei der Familien-AG ist jedoch eine Modifikation notwendig, die darin besteht, daß eine Prognose nur auf der Basis des Abstimmungsergebnisses des Pools möglich ist. Somit verschiebt sich für die Familien-AG der Eintrittszeitpunkt der Meldepflicht nach hinten.
Probleme für die Emittenten verursacht auch das Verhältnis von Ad-hoc- und Re gelpublizität. Die vom Gesetzgeber formulierte Ergänzungsfunktion sorgt nicht abschließend für Klarheit. Das BAWe hat in einer Bekanntmachung versucht, die ses Defizit zu beseitigen. Die Marktaufsichtsbehörde verlangt, daß beim Jahresab schluß eine Veröffentlichungspflicht bereits bei dessen Aufstellung vorliegen kann. Eine Feststellung durch das zuständige Organ ist demnach nicht notwendig. Dieser Ansicht wird widersprochen, da sich im Rahmen der Feststellung des Jah resabschlusses Änderungen des Rechenwerks ergeben können. Dazu kommt, daß die Familien-AG aufgrund ihres im Vergleich zur Publikums-AG geringer diversi fizierten Geschäftsfeldportfolios Nachteile dergestalt erleidet, daß mehr Ad-hocMeldungen veröffentlicht werden müssen. 657 Vgl. BAWe (1996b), S. 1 f.
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Den Emittenten bereitet es Probleme, im voraus abzuschätzen, ob eine Tatsache eine „erhebliche“ Kursbeeinflussung nach sich zieht oder nicht. Zum einen exi stieren keine Abbildungsregeln von Informationen auf Börsenkurse. Zum anderen ist auch das Festlegen einer Höhe des Kursausschlags, bei der die Meldepflicht ein setzt, schwierig. Über diese grundsätzlichen Schwierigkeiten hinaus wirkt dieses Tatbestandsmerkmal auf die Emittenten unterschiedlich. Für die Publikums-AG ist es mit weniger Problemen behaftet, die Kursbeeinflussung einer Tatsache im vor aus abzuschätzen, da sie über kapitalmarktkundige Mitarbeiter verfügt und auch die Charakteristika des amtlichen Handels eine Einschätzung erleichtern. Die Fa milien-AG verfügt weder über Kapitalmarktspezialisten noch trifft sie im geregel ten Markt auf ähnlich günstige Bedingungen. Die Volatilitäten des geregelten Mark tes erschweren vielmehr die Einschätzung einer potentiellen Kursbeeinflussung.
Liegen „berechtigte Interessen“ des Emittenten vor, kann dieser beim BAWe ei nen Antrag auf Befreiung stellen. Um von der Meldepflicht befreit zu werden, müssen diese „berechtigten Interessen“ schutzwürdiger sein als die Informations interessen der Anleger. Für das BAWe ist es äußerst schwierig, den potentiellen Schaden einer Tatsache einzuschätzen. Problematisch ist neben der Beurteilung der spezifischen Situation des Emittenten auch die Wirkung auf mögliche Infor mationsempfänger. Auch die aufgeführten Beispiele für einen Schaden mindern die Schwierigkeit nicht. Durch das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ ergeben sich kurz- und langfristi ge Wirkungen, die für die Familien-AG belastend sind. Besondere Probleme kön nen sich ergeben, wenn durch irrtümlich publizierte Informationen die Eigenstän digkeit des Emittenten gefährdet wird. Aber auch die langfristigen Wirkungen auf die Untemehmenspolitik können gravierend sein. Die Familien-AG, deren Stärke in der jahrelangen Anhäufung von Know-how in einer oder in wenigen Branchen liegt und deren Geschäftstätigkeit eher langfristig ausgelegt ist, muß kurzfristig Erfolge oder Mißerfolge am Kapitalmarkt ausweisen. Dies führt zu einer Verkür zung des Planungshorizonts. Die Publikums-AG ist an die Gepflogenheiten insbe sondere US-amerikanischer Kapitalmärkte gewöhnt und hat die Möglichkeit, durch Umschichtungen im Portfolio kurzfristig rentabel zu werden. Die Einheitslösung des § 15 WpHG führt somit insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen zu nicht notwendigen Belastungen. Sinnvoller wäre es aus Sicht der Emittenten, segmentspezifisch zu gestalten.
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B. Die Wirkungen auf die Anleger Nachdem die Wirkungen des § 15 WpHG auf die Emittenten untersucht wurden, rücken jetzt die Effekte der Norm auf die Anleger in den Mittelpunkt der Analyse. Zunächst wird im folgenden auf die durch § 15 WpHG herzustellende Öffentlich keit eingegangen, weil davon abhängt, welche Informationen die Anleger tatsäch lich erhalten. Im Zusammenhang mit § 15 WpHG kann es zu einer Kursaussetzung durch die Geschäftsführung der Börsen kommen. Deshalb muß ein Blick darauf ge worfen werden, ob eine Kursaussetzung den Interessen der Anleger gerecht wird.
I. Die Veröffentlichungspflicht
Der Emittent muß die meldepflichtige Tatsache „veröffentlichen“. In § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 WpHG ist festgelegt, wie die Öffentlichkeit herzustellen ist. Das Ge setz sieht vor, zur Veröffentlichung ein überregionales Börsenpflichtblatt zu wählen. Somit wird eine geografische Dimension als Bezugspunkt gewählt. Alter nativ kann über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem pu bliziert werden, das bei bestimmten Adressaten „weit verbreitet“ ist. Die zweite Alternative bezieht sich auf den Kreis der Empfänger und hat dadurch einen ande ren Charakter als die erste Möglichkeit. Diese Art von Öffentlichkeit wird auch als Bereichsöffentlichkeit bezeichnet. Neben dieser Bereichsöffentlichkeit existiert auch eine Hauptversammlungsöffentlichkeit, und es ist zu untersuchen, inwieweit auf der Hauptversammlung vermittelte Informationen mit denen des § 15 WpHG konfligieren können. Schließlich gibt es auch Informationen, für die innerhalb eines Familienpoöls die Poolöffentlichkeit hergestellt wird.
1. Die Bereichsöffentlichkeit
Zunächst rückt der Umfang, danach die Wirkungen der Bereichsöffentlichkeit auf die Anleger in den Mittelpunkt der Analyse. a) Der Umfang Für die Anleger können Informationen nur dann entscheidungsrelevant sein, wenn sie Zugang zur Information haben. Da die überwiegende Zahl der Ad-hoc-Meldungen über elektronisch betriebene Informationsverbreitungssysteme erfolgt, und diese ausschließlich bei institutioneilen Anlegern verfügbar sind, haben pri vate Anleger praktisch keinen direkten Zugang zu den Informationen. Auch der
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Hinweis darauf, Ad-hoc-Meldungen könne man im Internet oder künftig über Vi deotext abrufen,658 ändert wenig am mangelnden Zugang der Privatanleger. In der Gesetzesbegründung zu § 13 Abs. 1 WpHG, in dem auch von „öffentlich bekannt“ gesprochen wird, findet sich die Erklärung des Konzepts der Bereichsöf fentlichkeit.659 „Öffentlich bekannt“ ist demnach eine Tatsache, „wenn es einer unbestimmten Anzahl von Personen möglich ist, von ihr Kenntnis zu nehmen“.660 Dafür ist die Bereichsöffentlichkeit ausreichend, die dann vorliegt, wenn die „Marktteilnehmer“ über ein allgemein zugängliches Informationssystem Zugang zur Information haben. Unglücklicherweise wird der Begriff Marktteilnehmer in einem einschränkenden Sinne verwendet. Gemeint sind nämlich ausschließlich die institutionellen Anleger. Die privaten Anleger werden hingegen als „breites Anle gerpublikum“ denominiert. b) Die Auswirkungen auf die Anlegergruppen Nach der Analyse der Auswirkungen auf die unterschiedlichen Anleger erfolgt eine Bewertung.
aa) Die institutioneilen Anleger Die institutioneilen Anleger erfahren eine Verringerung ihrer Anlegerrisiken, da sie unmittelbare Teilnehmer der Bereichsöffentlichkeit sind. Für sie ist das Risiko, keine Informationen zu erhalten, kleiner geworden. Außerdem verringert sich für sie auch das Substanzrisiko dadurch, daß Vermögensschädigungen durch Insider handel unwahrscheinlicher sind. bb) Die privaten Anleger Wie wird nun die Informationslücke in bezug auf die privaten Anleger geschlos sen? Die Gesetzesbegründung führt aus, daß die institutioneilen Anleger die Infor mationen in ihre Dispositionen integrieren und sich dadurch Preisänderungen am Börsenmarkt ergeben.661 Dies führe zu einem Schutz des Marktes ohne die Not wendigkeit, daß private Anleger gesondert von der Information Kenntnis nehmen.
658 Vgl. Wittich (1997), S. 5. Ähnliche Argumentation bei Wölk (1997), S. 75 f. 659 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 46. Der Gesetzgeber selbst verweist auf die Analogie; vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 48. 660 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 46. 661 Vgl. BT-Ds. 12/6679, S. 46.
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cc) Die Bewertung Zu untersuchen ist, inwieweit die Verarbeitung von Informationen durch die in stitutioneilen Anleger Preisänderungen nach sich zieht, die den Markt und damit die privaten Anleger ausreichend schützen.
Die Informationen, die den institutioneilen Anlegern durch § 15 WpHG zugehen, verbessern deren Wissenstand und verringern somit die Informationsasymmetrie zwischen Untemehmensin- und outsider. Es ist den Untemehmensinsidem nicht mehr so leicht möglich, Insiderhandel zu Lasten der institutionellen Anleger vor zunehmen. Die Ad-hoc-Publizität schafft Marktinsider,662 deren Wissen dem der Untemehmensinsider angeglichen wird. Auf der anderen Seite bleibt die Informa tionsasymmetrie zwischen institutioneilen Marktinsidem und privaten Anlegern erhalten.663 Als Folge davon können die institutioneilen Anleger zumindest teil weise Transaktionen zu Lasten der privaten Anleger vornehmen. Für die privaten Anleger hat sich somit das Informationsrisiko nicht gemindert. Vielmehr verbleibt die Gefahr, von Intermediären unzureichend, zu spät, etc. informiert zu werden. Auch das Substanzerhaltungsrisiko wird nicht kleiner, da Vermögens Verluste der privaten Anleger durch Insiderhandel der institutionellen Anleger möglich sind.
Die vorhandene Ungleichbehandlung könnte sogar dazu fuhren, daß sich die pri vaten Anleger wegen der verlagerten Informationslage insgesamt vom Börsen markt zurückziehen. 2. Die Hauptversammlungsöffentlichkeit
Der Aktionär hat gern. § 131 Abs. 1 S. 1 AktG in der Hauptversammlung ein Aus kunftsrecht über Angelegenheiten der Gesellschaft, soweit die Auskunft zur sach gemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Es han delt sich hierbei um ein aktienrechtliches Informationsrecht. Die Frage ist, ob durch § 15 WpHG eine Verdrängung dieses Informationsrechts des Aktionärs erfolgen kann. Es wäre denkbar, daß ein Vorstand auf der Haupt versammlung die Auskunft verweigert mit dem Hinweis, es wäre bereits vorher eine Meldung nach § 15 WpHG erfolgt. Zunächst ist anzumerken, daß eine Auskunft im Rahmen des § 131 AktG eine kursrelevante Tatsache nach § 15 WpHG darstellen kann, es jedoch nicht zwangs läufig muß.664 Ein weiteres Problem liegt auch darin, ob sich die Informationen 662 Vgl. Schneider (1993), S. 1430. 663 Daran ändert auch die Evidenzanzeige nach § 15 Abs. 3 S.3 WpHG nichts. 664 Anders Joussen, für den es keine Tatsachen in bezug auf das Auskunftsrecht des § 131 AktG gibt, die nicht gleichzeitig kursrelevante Tatsachen i.S.d. § 15 WpHG sind. Vgl. Joussen (1994), S. 2488 f.
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des § 131 AktG und die des § 15 WpHG auf die gleichen Empfänger beziehen. Das Auskunftsrecht des § 131 AktG bezieht sich auf die Teilnehmer der Haupt versammlung, während § 15 WpHG in der Regel die Bereichsöffentlichkeit her stellt. Somit ist der Adressatenkreis der Information unterschiedlich. Einmal liegt ein abgegrenzter Kreis vor, während er im anderen Fall offen ist. Deshalb müssen diese zwei Öffentlichkeiten voneinander getrennt werden. Teilnehmer der Haupt versammlung fallen nicht zwangsläufig in den Kreis der Empfänger der Bereichs öffentlichkeit.665 Zu denken ist hier vor allem an die privaten Anleger, die an der Hauptversammlung teilnehmen können, jedoch nicht Adressatenkreis der Be reichsöffentlichkeit sind. Für sie würde es eine weitere Benachteiligung darstellen, wenn der Vorstand einer AG vom aktienrechtlichen Auskunftsverweigerungsrecht mit dem Hinweis darauf Gebrauch machen könnte, man habe bereits nach § 15 WpHG publiziert.666 Ein anderer Fall liegt vor, wenn die Antwort auf eine Frage eines Aktionärs in der Hauptversammlung gleichzeitig eine kursrelevante Tatsache nach § 15 WpHG darstellt, es der Vorstand jedoch versäumt hat, eine Ad-hoc-Meldung abzusetzen. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen § 15 WpHG vor, und zwar schon vor der Hauptversammlung. Eine Lösung kann jedenfalls nicht darin liegen, daß sich der Vorstand auf das Auskunftsverweigerungsrecht des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG beruft.667 Eine praktische Lösung dieses Problems liegt darin, eine Meldung nach § 15 WpHG während der Hauptversammlung abzusetzen und dadurch die Be reichsöffentlichkeit herzustellen.668 Dies müßte angesichts der technischen Mög lichkeiten machbar sein.669 Allerdings könnte in einem solchen Fall dem Tatbe standsmerkmal der Unverzüglichkeit nicht mehr Rechnung getragen werden.
3. Die Poolöffentlichkeit
Informiert der Vorstand einer AG den Poolsprecher oder einen gemeinsamen Vertreter des Pools, gelangt eine unter Umständen später zu publizierende Tatsa che in den Kreis der Familienaktionäre. Die Tatsache hat in diesem Fall die Pool öffentlichkeit erreicht. Ist in bezug auf eine Tatsache die Publizitätspflicht i.S.d. § 15 WpHG schon an zunehmen, liegt durch die Herstellung der Poolöffentlichkeit eine bevorzugte Be handlung der Familienaktionäre vor. Eine solche Öffentlichkeit erfüllt nicht die 665 Franken/Heinsius gehen irrtümlicherweise davon aus, daß die Bereichsöffentlichkeit die Öf fentlichkeit der Hauptversammlung umfaßt. Vgl. Franken/ Heinsius (1995), S. 241. 666 Anderer Meinung ist Joussen. Vgl. Joussen (1994), S. 2488 f. 667 Vgl. Benner-Heinacher (1995), S. 765 f. 668 Vgl. auch Götz (1995), S. 1951 f. 669 Vgl. Hopt (1995a), S. 157.
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von § 15 WpHG vorgeschriebene Veröffentlichungsform. Neben den kapital marktrechtlichen Bedenken verstößt eine solche Poolöffentlichkeit auch gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 131 Abs. 4 AktG.670 II. Die Kursaussetzung Der Emittent muß die meldepflichtige Tatsache gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 WpHG vor der Veröffentlichung der Geschäftsführung der Börsen mitteilen. Da bei darf die Geschäftsführung die ihr mitgeteilte Tatsache vor der Veröffentli chung nur für die Entscheidung gebrauchen, ob eine Aussetzung oder Einstellung des Börsenpreises vorzunehmen ist.671 Die Kursaussetzung ist für den amtlichen Handel in § 43 BörsG geregelt. Die entsprechenden Regelungen gelten nach § 75 Abs. 3 BörsG auch für den geregelten Markt.672
1. Die Voraussetzungen Die Entscheidung der Börsengeschäftsführung zur Kursaussetzung ist an zwei Voraussetzungen gebunden. Zum einen muß ein ordnungsgemäßer Börsenhandel zeitweilig gefährdet oder es muß zum anderen die Kursaussetzung zum Schutz des Publikums geboten sein.673 Es ist mit Schwark anzunehmen, daß beide Tatbe standsmerkmale oftmals zusammen auftreten.674 Der ordnungsgemäße Börsenhan del ist immer dann gefährdet, wenn zu publizierende Sachverhalte vor ihrer Ver öffentlichung dafür sorgen, daß die Preise an der Börse nicht den Informations stand widerspiegeln, der sich nach der Veröffentlichung ergeben würde.675 Das zweite Merkmal, das zu einer Kursaussetzung führen kann, ist der Schutz des Pu blikums. Zielte das erste Merkmal eher auf die Effizienz der Börse insgesamt ab,
670 Vgl. Hüffer (1995), § 131, Rdnr. 36, S. 545 f. 671 § 15 Abs. 2 S. 2 WpHG. Im Rahmen des Dritten FinanzmarktfÖrderungsgesetzes soll § 43 BörsG dahingehend geändert werden, daß die Geschäftsführung der Börsen das BAWe unver züglich über Kursaussetzungen und -einstellungen nach § 43 Abs. 1 BörsG unterrichten muß. Dadurch kann das BAWe der Frage nachgehen, ob die Pflichten aus § 15 WpHG eingehalten wurden. Auch bei der Beurteilung von Befreiungsanträgen ist die Information über bereits vor genommene Kursaussetzungen wichtig. 672 Die Entscheidung der Börsengeschäftsführung stellt eine Ermessensentscheidung dar. Sowohl für die Anordnung als auch für die Festlegung der Dauer gilt dieses Ermessen. Vgl. zur Festle gung der Dauer Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 143 ff., S. 211 ff. 673 § 43 Abs. 1 Nr. 1 BörsG. 674 Vgl. Schwark (1994), § 43, Rdnr. 4, S. 317 f. 675 Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 120, S. 203 f. Kümpel weist daraufhin, daß es gerade der Normzweck von § 15 WpHG ist, durch die Publizierung von Tatsachen „falsche“ Marktpreise zu verhindern, die dazu führen, daß der Börsenhandel nicht mehr ordnungsgemäß ist.
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so handelt es sich bei letzterem um die Zielrichtung des Schutzes der Marktteil nehmer, und da der Anleger.
2. Die Auswirkungen auf die Anlegergruppen Die Kursaussetzung soll sowohl die institutionellen als auch die privaten Anleger schützen. Allerdings erhalten die institutioneilen Anleger die Informationen oft aus anderen Quellen früher, weshalb es vor der Veröffentlichung zu einer Bevor zugung der institutioneilen Anleger gegenüber den privaten Anlegern kommen kann.676 Besonders schützenswert sind deshalb die privaten Anleger. Ihre Wertpa pieraufträge, werden im Regelfall von den Kreditinstituten als Kommissionsge schäfte ausgeführt.677 Eine Kursaussetzung an einer inländischen Börse führt dazu, daß die vorhandenen Kundenorders sämtlich erlöschen.678 Es fragt sich, ob auf eine Kursaussetzung verzichtet werden kann, wenn die Be reichsöffentlichkeit hergestellt wurde. Die institutioneilen Anleger würden in die sem Fall über die Ad-hoc-Meldung verfügen und über das Einfließen in ihre Wertpapiertransaktionen dafür sorgen, daß sich die Börsenpreise in die entspre chende Richtung bewegen. Kümpel weist zurecht darauf hin, daß man damit dem Schutzbedürfhis der Anleger insgesamt nicht gerecht wird, da zwar zwischenzeit lich mehr Informationen in den Börsenkursen enthalten sind, es aber trotzdem möglich ist, daß der Anleger nach Zugang der Informationen auf eine Wertpapier transaktion komplett verzichten würde.679 Diese Überlegungen gelten vor allem für die privaten Anleger. Aus diesen Gründen muß auch eine Kursaussetzung nach Herstellung der Bereichsöffentlichkeit möglich sein.
Die Entscheidung über die Kursaussetzung hängt auch davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Veröffentlichung durch den Emittenten erfolgt. Eine Veröffentli chung, die einige Zeit vor der Aufnahme des Börsenhandels erfolgt, kann tenden ziell die Möglichkeit einer Kursaussetzung verhindern.680 In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit größer, daß viele Anleger informiert werden. Zumindest ist davon auszugehen, daß die institutioneilen Anleger informiert sind. Der zeitliche Abstand zur Aufnahme des Börsenhandels läßt eventuell auch die privaten Anle ger über die Informationen z.B. durch die Tagespresse verfügen.
676 Vgl. Schwark (1994), § 43, Rdnr. 6, S. 318. 677 Vgl. Grill, D 50, S. 1 ff. 678 Außerdem muß das Kreditinstitut den Kunden unverzüglich benachrichtigen. Vgl. Grill, D 50, S. 1 ff. Vgl. auch Kümpel (1995c), S. 142 f. 679 Vgl. Kümpel (1995e), § 15, Rdnr. 127 f., S. 205 f. 680 Vgl. Deutsche Börse AG (1994), S.21.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Die Tatsache, daß die überwiegende Zahl von Ad-hoc-Meldungen über elektroni sche Medien verbreitet wird in Verbindung mit der Berücksichtigung eines aus reichenden Abstands zum Beginn der Börsensitzung, hat dazu geführt, daß die Zahl der Kursaussetzungen 1995 geringer war als in den Vorjahren. Allerdings bleibt trotz der verminderten Zahl an Kursaussetzungen die Frage offen, ob auch die privaten Anleger in einem ausreichenden Maße die Ad-hoc-Meldungen er hielten und sie damit ihren Entscheidungen zugrunde legen konnten.
Die Möglichkeit der Börsengeschäftsführung, eine Kursaussetzung herbeizufüh ren, ist sowohl aus Emittenten- als auch aus Anlegersicht zu begrüßen. Insgesamt steigt dadurch die Effizienz der Börse, da es ohne eine solche Regelung zu allokativen Störfeuern kommen könnte.
III. Zwischenergebnis Durch das Konzept der Bereichsöffentlichkeit erfolgt eine Benachteiligung der privaten Anleger. Diese haben im Gegensatz zu den institutionellen Anlegern praktisch keine Möglichkeit, an die Informationen zu kommen. Auch durch die Transformation der Informationen in die Marktpreise durch die institutioneilen Anleger erfolgt kein Ausgleich für diese Ungleichbehandlung. Die Anlegerrisiken vermindern sich somit für die privaten Anleger durch dieses Konzept nicht. Das Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung nach § 131 AktG kann gleichzeitig eine Tatsache nach § 15 WpHG darstellen. Der Vorstand kann nicht vom aktienrechtlichen Auskunftsverweigerungsrecht mit dem Hinweis Gebrauch machen, man habe bereits eine Meldung nach § 15 WpHG abgesetzt. Dies würde ein weitere Benachteiligung der privaten Anleger, die auf der Hauptversammlung anwesend sind und dort Fragen stellen, bedeuten. Hat es der Vorstand versäumt, nach § 15 WpHG zu publizieren und bezieht sich die Frage eines Aktionärs auf diese Tatsache, muß die Lösung darin liegen, die Tatsache nach § 15 WpHG aus der Hauptversammlung heraus zu veröffentlichen und gleichzeitig dem Aktionär Auskunft zu geben. Die Poolöffentlichkeit erfüllt die nach § 15 WpHG vorge schriebene Veröffentlichungsform nicht und verstößt auch gegen den aktienrecht lichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Möglichkeit zur Kursaussetzung schützt insbesondere die privaten Anleger, da ihre Kundenorders erlöschen und Disposi tionen auf der Grundlage neuer Informationen möglich sind. Auch die Herstellung der Bereichsöffentlichkeit läßt die Notwendigkeit einer möglichen Kursausset zung nicht schwinden.
Durch die undifferenzierte Ausgestaltung des § 15 WpHG entstehen somit Nach teile für die Anleger. Eine Einheitslösung ist aber auch deswegen nicht notwendig, da es private Anleger gibt, die zwar an Informationen aus der Ad-hoc-Publizität
Die ökonomische Analyse des § 15 WpHG
191
interessiert sind, sich aber auch an Unternehmen beteiligen würden, die in gerin gerem Umfang Informationen publizieren. Es ist selbstverständlich, daß solche Anleger in ihren Kaufentscheidungen Risikoabschläge für die geringere Informa-’ tion berücksichtigen.
C. Die Wirkungen auf die Börsenmarkteffizienz Nachdem die Wirkungen des § 15 WpHG auf die einzelnen Marktteilnehmer analysiert wurden, folgt die Untersuchung, wie sich die Norm auf die Börsen markteffizienz, also die Börse als Aggregat, auswirkt. Zunächst wird auf die allokative Effizienz, danach auf die operationale Effizienz und die Informationseffizi enz eingegangen.
I. Die allokative Effizienz Bei der Beurteilung der Ad-hoc-Publizität muß man berücksichtigen, daß die Bör se nach Segmenten gegliedert ist. Außerdem ist es wichtig, einen Blick darauf zu werfen, wie § 15 WpHG auf die Unternehmen wirkt, die heute noch nicht an der Börse notiert sind, dies aber in absehbarer Zeit beabsichtigen.
1. Die mangelnde Berücksichtigung börslicher Segmente Die Analyse der Wirkung der Norm hat gezeigt, daß es auf Emittenten- und Anle gerseite unterschiedliche Interessen gibt. Darüber hinaus wurde evident, daß es auch innerhalb der einzelnen Marktseiten unterschiedliche Interessen gibt. Auf der Emittentenseite wird § 15 WpHG in seiner geltenden Form den Interessen der Publikums-AG überwiegend gerecht. Die Interessen der Familien-AG hinge gen unterscheiden sich deutlich von denen der Publikums-AG und werden von der Einheitslösung des § 15 WpHG unzureichend berücksichtigt. Somit ist schon für die Emittentenseite deutlich, daß den divergierenden Interessen durch eine Ein heitslösung, wie sie § 15 WpHG darstellt, nicht gedient ist. Auf der Anlegerseite existieren ebenfalls unterschiedliche Interessenlagen, wobei den Interessen der institutioneilen Anleger durch die bestehende Norm Genüge ge tan wird, während die Interessen der privaten Anleger nicht berücksichtigt werden.
§ 15 WpHG ist in dieser Form für den Börsenmarkt effizienzmindemd und stellt eine suboptimale Lösung dar. Vor dem Hintergrund von börslichen Segmenten fragt man sich, warum die Ad-hoc-Publizität nicht für alle börslichen Segmente differenziert, sondern nur zwei Segmente in Form einer Einheitslösung erfaßt.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
2. Die Hemmschwelle für potentielle Börsengänger
Neben den aktuellen müssen auch die potentiellen Emittenten berücksichtigt wer den. Eine große Zahl kleinerer und mittlerer Gesellschaften befindet sich in der Phase vor einem Börsengang. Es ist deshalb wichtig, deren Einstellung in bezug auf die Ad-hoc-Publizität zu untersuchen. Empirische Untersuchungen haben er geben, daß die Ad-hoc-Publizität auf potentielle Börsengänger eine abschreckende Wirkung entfalten kann. Bspw. haben in einer Befragung von Wieselhuber/Bösl 51,9 % der Unternehmen die strengen Publizitätsvorschriften, die mit einem Bör sengang verbunden sind, als sehr großen Nachteil eingeschätzt. Darunter fällt auch die Ad-hoc-Publizität.681 II. Die operationale Effizienz
Die oben angeführten Mängel der operationalen Effizienz erschweren ihre Funk tion als Maßstab für die Ad-hoc-Publizität. Allerdings lassen sich bzgl. der Wir kung der Norm auf die operationale Effizienz einige Aussagen machen. Im fol genden wird in positive und negative Wirkungen unterschieden.
1. Die positiven Wirkungen
Durch § 15 WpHG erfolgt eine Senkung der Transaktionskosten und damit eine Steigerung der Börsenmarkteffizienz. Dies geschieht durch die Standardisierung, die Vermeidung mehrfacher Suchprozesse und durch die Kostensenkung im Wett bewerb. Die vorhandene Aufsicht mit dem BAWe als Marktaufsichtsbehörde sowie die möglichen Bußgelder sorgen dafür, daß die Norm befolgt wird. Auf diese Weise wird die börsenmarkteffizienzsteigemde Wirkung des § 15 WpHG sichergestellt. a) Die Standardisierungseffekte
§ 15 WpHG trägt dazu bei, die intertemporale und zwischenbetriebliche Ver gleichbarkeit von Informationen zu erhöhen. Die Standardisierung bezieht sich vor allem auf die Form und den Weg der Übermittlung. Den institutioneilen Anle gern ist es möglich, Ad-hoc-Meldungen als solche zu erkennen und sie teilweise miteinander zu vergleichen. Auch die Verpflichtung, in deutscher oder englischer Sprache zu publizieren, trägt zur Standardisierung bei. Noch größere Standardisie rungseffekte würden eintreten, wenn auch die Auswahl der Inhalte der Ad-hocMeldungen einheitlich wäre. 681 Vgl. Wieselhuber/Bösl (1995), S. 44 sowie Bösl (1996), S. 194.
Die ökonomische Analyse des § 15 WpHG
193
b) Die verringerten Suchprozesse Zumindest für die Adressaten der Bereichsöffentlichkeit verringert sich die Zahl der Suchprozesse. Bisher war es möglich, daß mehrere Anleger gleichgerichtete Analysen in bezug auf einzelne Emittenten vomahmen. In dem Umfang, in dem Ad-hoc-Meldungen Informationswünsche der Anleger erfüllen, fallen doppelte Suchprozesse weg.
c) Die Kostensenkung durch Wettbewerb Im Hinblick auf eine im 6. Kapitel zu entwickelnde Lösung zur Steigerung der Börsenmarkteffizienz ergibt sich aus dem Konzept der operationalen Effizienz jedoch ein Hinweis. Die Transaktionskosten lassen sich in der Regel durch den Wettbewerb der Börsen, also durch unterschiedliche Marktorganisatoren, senken, weil sie durch möglichst günstige Angebote um Anleger und Emittenten bemüht sind. Eventuell kann eine Steigerung der Börsenmarkteffizienz durch den Wett bewerb verschiedener Marktorganisatoren in bestimmten börslichen Segmenten auch für die Ad-hoc-Publizität erreicht werden. Außerdem ist § 15 WpHG aus börslicher Sicht auch als ein Faktor im internatio nalen Wettbewerb der Börsen zu sehen. Insbesondere im Zusammenhang der Ein führung der Insidergesetzgebung im Rahmen des zweiten Finanzmarktförde rungsgesetzes wurde mehrmals darauf hingewiesen, daß der Finanzplatz Deutsch land erst jetzt mit anderen Finanzplätzen konkurrieren könne.
2. Die negativen Wirkungen
Auf der anderen Seite sind die Transaktionskosten durch § 15 WpHG auch erheb lich gestiegen. Diese Kosten lassen sich zwar nicht quantifizieren, die obige Ana lyse hat aber deutlich gemacht, daß insbesondere für die Familien-Aktiengesellschaften eine erhebliche Transaktionskostensteigerung vorliegt. Auch auf der Seite der Anleger kann es durch die hohe Zahl der Ad-hoc-Meldungen und deren Um fang zu einer Desinformation kommen, da wichtige und unwichtige Meldungen nicht getrennt werden können.682 Der Netto-Effekt aus § 15 WpHG führt zu einer Steigerung der Transaktionsko sten und damit zu einer Verringerung der operationalen Effizienz der Börse. So mit ist § 15 WpHG auch in bezug auf die operationale Effizienz suboptimal.
682 Vgl. Gerke u.a. (1996), S. 616.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
III. Die Informationseffizienz
Oben wurden bereits die Probleme dieses Effizienzbegriffes behandelt.683 Sie lagen hauptsächlich in der schwierigen Meßbarkeit der Informationseffizienz. Aus die sem Grund ist es nicht möglich, an dieser Stelle zu beurteilen, ob sich durch § 15 WpHG die Informationseffizienz des Börsenmarktes geändert hat. Legt man den erweiterten Informationseffizienzbegriff als Leitlinie zugrunde, läßt sich feststel len, daß § 15 WpHG durch das Konzept der Bereichsöffentlichkeit zu einer sub optimalen Lösung führt. Es wurde nämlich ausdrücklich gefordert, marktrelevante Informationen allen Marktteilnehmern, also auch privaten Anlegern, zukommen zu lassen.
IV. Zwischenergebnis Die allokative Effizienz der Börse wird durch die momentane Ausgestaltung des § 15 WpHG vermindert. Die Norm berücksichtigt unzureichend, daß die Börse nach Segmenten gegliedert ist. Deshalb wird sie den unterschiedlichen Interessen auf der Emittentenseite nicht gerecht. Auch im Hinblick auf potentielle Börsen gänger ist § 15 WpHG kontraproduktiv. Bei diesen Unternehmen handelt es sich überwiegend um kleine oder mittlere Gesellschaften, weshalb die Argumente der Familien-AG auf sie voll zutreffen. Die operationale Effizienz erfährt ebenfalls eine Verringerung. Allerdings gibt es auch positive Wirkungen der Norm in Form von z.B. Standardisierungseffekten.
683 Vgl. hierzu 4. Kapitel A/I/2/c)/cc) und dd).
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6. Kapitel: Die differenzierende, segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität Nachdem gezeigt wurde, daß die Einheitsregulierung des § 15 WpHG den unter schiedlichen Interessen der Marktteilnehmer nicht gerecht wird und dadurch effizienzmindemd wirkt, soll in diesem abschließenden Kapitel eine neue Ausgestal tung der Ad-hoc-Publizität entwickelt werden.
Zunächst wird auf die segmentspezifische Ausgestaltung der Börsenmärkte allge mein eingegangen. Dies erklärt die Segmentierung als Maßnahme der Deregulie rung. Die unterschiedlichen Interessen auf Emittenten- und Anlegerseite lassen sich durch die Segmentierung der Börsenmärkte berücksichtigen. Dies gilt vor allem für die mittleren und kleinen Emittenten. Auf diese Weise wird eine höhere Börsenmarkteffizienz erreicht. Die Segmentierung bezieht sich heute schon auf die jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen und Publizitätspflichten beim Börsen gang, teilweise auch auf solche nach dem Börsengang. Von da aus ist es nur noch ein kleiner Schritt, die segmentspezifische Ausgestaltung auch für die Ad-hocPublizität zu fordern. Die Interessenkonflikte im Rahmen des § 15 WpHG lassen sich effizienzsteigemd im Wettbewerb der Segmente lösen. Unter Berücksichti gung der bestehenden Börsensegmente und ihrer ökonomischen und rechtlichen Charakteristika wird ein Vorschlag entwickelt, der die Probleme, die bei der Analyse des 5. Kapitels zu Tage traten, überwindet.
A. Die segmentspezifische Ausgestaltung der Börsenmärkte Um den Segmentierungsgedanken684 zu verstehen, muß grundsätzliches zu den Begriffen Regulierung und Deregulierung gesagt werden. Danach wird erklärt, inwieweit die Segmentierung der Börsenmärkte eine Deregulierungsmaßnahme darstellt. Ein Blick wird auf die tatsächliche Ausgestaltung der Segmente an den
684 Hinzuweisen ist darauf, daß der Begriff der Marktsegmentierung auch in der Betriebswirt schaftslehre, und dort genauer innerhalb des Marketing, existiert. Der betriebswirtschaftliche Marktsegmentierungsbegriff bedeutet die “Aufteilung eines Marktes in homogene Teile. Seg mentierungskriterien können z.B. geographische, biologische, sozio-demographische, psycho logische und organisatorische Merkmale der Abnehmer sowie deren beobachtbares Informa tions- und Kaufverhalten sein”. Vgl. Nieschlag u.a. (1997), S. 1060 f. Diese Definition unter scheidet sich u.a. dadurch von der Marktsegmentierung als Deregulierungsmaßnahme, daß sie die Aufteilung eines heterogenen Marktes aus Sicht des Unternehmens bezeichnet.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
deutschen Börsenmärkten geworfen. Auf diese Weise wird deutlich, welche Auf gaben der Gesetzgeber den einzelnen Segmenten zuweist.
I. Die Regulierung und Deregulierung Ein Abbau von Eingriffen des Staates in die Wirtschaft ist nur dann möglich, wenn zuvor staatliche Regelungen implementiert wurden. Die Regulierung geht der Deregulierung somit immer zeitlich voraus. Aus diesem Grund wird im fol genden zunächst auf die Regulierung, danach auf die Deregulierung eingegangen.
1. Das Wesen der Regulierung
Für den Begriff der Regulierung gibt es in der Literatur eine große Zahl von Defi nitionen. Unter staatlicher Regulierung kann die direkte Kontrolle wirtschaftlicher Aktivitäten von erwerbswirtschaftlich tätigen Unternehmen in einzelnen Wirt schaftsbereichen durch staatliche Institutionen verstanden werden.685 Darunter fällt jede Einschränkung der Gewerbe- und Vertragsfreiheit durch staatliche Ein griffe, die nicht für alle Marktteilnehmer gelten.686 Im Unterschied zu anderen Formen der Staatsintervention vollzieht sich die Einflußnahme auf den Wettbe werbsprozeß nicht durch Anreize, sondern das ge- oder verbietende Vorschreiben von Marktstruktur, Marktverhalten oder Marktergebnis.687 Die Regulierung be zeichnet außerdem immer einen direkten mikroökonomischen Eingriff des Staates in die Gewerbe- und Vertragsfreiheit. Die indirekten makroökonomischen Akti vitäten wie z.B. die Geld- oder Fiskalpolitik fallen deshalb nicht unter diesen Re gulierungsbegriff.688 Diese Regulierungen, die regelmäßig Gegenstand von Regu lierungsdiskussionen sind, werden als spezielle Regulierungen bezeichnet. Auch die Regulierung der Ad-hoc-Publizität durch § 15 WpHG stellt eine solche spezi elle Regulierung dar. Von den speziellen Regulierungen werden die konstitutiven Regulierungen unter schieden.689 In einer Wettbewerbswirtschaft sind allgemeine Rahmenbedingungen notwendig. Sie sind als Bestandteil der allgemeinen Rechtsordnung für jeden gül tig und gehen auf gesellschaftliche Werte sowie ethische Grundeinstellungen zu rück. Auch Regulierungen, die den Wettbewerb sichern, sind als konstitutiv anzu
685 686 687 688 689
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Eickhof (1985), S. 64. Müller/Vogelsang (1979), S. 19. Kurz (1985), S. 1985. Krakowski (1988), S. 10. Deregulierungskommission (1991), S. 1. Eucken spricht von konstituierenden Prinzipien. Eucken (1952), S. 254 ff.
Die differenzierende,
segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
197
sehen. Die konstitutiven Regulierungen können nicht Gegenstand einer Regulie rungsdiskussion sein, sie gelten als unverrückbares Datum. Der Staat greift auf unterschiedliche Weise in den Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern ein. Ein Systematisierungsansatz teilt die Regulierungseingriffe in Preis- und Marktzutrittsregulierungen einerseits und Verhaltensregulierungen andererseits ein.690 Folgt man dieser Systematisierung, dann ist § 15 WpHG als Verhaltensregulierung einzustufen.
2. Das Wesen der Deregulierung Im Rahmen von Regulierungsdiskussionen wird immer wieder die Reduzierung von staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft, also die Deregulierung gefordert. Auch für den Begriff der Deregulierung gibt es unterschiedliche Definitionen. Der Deregulierungsdiskussion liegt oftmals ein mikroökonomischer Bezug zugrunde. Unter Deregulierung kann man deshalb den Abbau von direkten staatlichen Ein griffen in die Gewerbe- und Vertragsfreiheit auf einzelnen Märkten verstehen.691 Diese Definition stellt das Spiegelbild der obigen Begriffsexplikation von Regu lierung dar. Somit kann Deregulierung als das Gegenteil von Regulierung ver standen werden.
In Deregulierungsdiskussionen besteht die Neigung, reale Ausgestaltungen - wie sie sich bspw. in § 15 WpHG präsentieren - mit idealen Modellen zu vergleichen. In der Ökonomie bezeichnet man einen solchen Vergleich als Nirvana Ap proach.692 Die Forderung nach einer Minderung der Regulierung muß deshalb innerhalb eines Comparative Institution Approach erfolgen, d.h., es müssen real mögliche Ausgestaltungen verglichen werden.
II. Die Segmentierung als Deregulierungsmaßnahme Bei den Börsenmärkten handelt es sich in der Regel um Märkte, die einer starken Regulierung durch den Staat unterliegen. Die Unternehmen, die Kapital am Bör senmarkt aufhehmen wollen, müssen bestimmte Zulassungsvoraussetzungen vor und gewisse Publizitätsanforderungen sowohl vor als auch nach dem Börsengang erfüllen. Begründet wird diese Regulierungstätigkeit des Staates durch den indivi duellen und institutioneilen Anlegerschutz.693 Der Anlegerschutz soll die Risiken
690 Vgl. Krakowski (1988), S. 9 f. Für eine ähnliche Systematisierung vgl. Möschei (1988), S. 889. Desweiteren siehe Weber (1986), S. 127 ff. 691 Vgl. Möschei (1988), S. 888. 692 Vgl. Demsetz (1969), S. 1 ff. 693 Vgl. Vollmer (1989), S. 613.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
begrenzen, denen die Kapitalanbieter auf dem Börsenmarkt bei der Überlassung von z.B. Risikokapital ausgesetzt sind. Zulassungsvoraussetzungen an der Börse stellen für die Emittenten von Wertpapieren jedoch Marktzutrittsschranken dar, die so weit gehen können, daß für diese Unternehmen die Aufnahme von Kapital unmöglich wird. Deshalb ist es notwendig, bei der Festlegung von Regulierungen am Börsenmarkt nicht nur die Anleger- sondern auch die Emittenteninteressen zu berücksichtigen. Wichtig ist auch, auf beiden Marktseiten weiter zu differenzie ren: Sowohl die Anleger- als auch die Emittentenseite stellen keine homogene Gruppe dar. Die im Rahmen dieser Arbeit vorgenommene Differenzierung der Marktteilnehmer hat gezeigt, daß es teilweise konfligierende Interessen gibt. Die Berücksichtigung aller Anlegerinteressen müßte zwangsläufig dazu führen, bei der Festlegung von Zulassungsvoraussetzungen eine Einheitsregulierung am Bör senmarkt einzuführen.694 Die auf diese Weise festgelegten Zulassungsvorausset zungen würden dem Zugang großer Unternehmen zum Börsenmarkt nicht entge genstehen, es aber kleineren Unternehmen unmöglich machen, Kapital an der Börse aufzunehmen.695 Außerdem führt der sehr weitgehende Anlegerschutz einer Einheitsregulierung zwar unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes zu gu ten Ergebnissen, der Funktionenschutz als zweiter und gleichberechtigter Be standteil des Anlegerschutzes leidet jedoch darunter.696 Um diese Zielkonflikte zu lösen, bietet es sich an, den Börsenmarkt durch eine Aufteilung in Marktsegmente zu deregulieren. Anleger und Emittenten können sich dann entscheiden, auf wel chem Teilmarkt sie agieren wollen.697
Eine Deregulierung durch Marktsegmentierung herbeizuführen bedeutet, einen einheitlichen Börsenmarkt in mindestens zwei Segmente mit unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen und sonstigen Pflichten aufzuteilen.698 Dadurch soll es gelingen, die Zahl der Transaktionen in allen Börsensegmenten gegenüber dem ursprünglichen Zustand eines undifferenzierten Börsenmarktes zu erhöhen. Die Differenzierung führt dazu, daß mehr Teilnehmer auf beiden Seiten des Marktes vorhanden sind. Die Deregulierung durch Marktsegmentierung erreicht eine Stei gerung der Börsenmarkteffizienz durch den freien Wettbewerb der börslichen Segmente.699
694 695 696 697 698 699
Vgl. Vollmer (1989), S. 614. Vgl. Claussen (1987), S. 48. Vgl. Hopt (1986), S. 105. Vgl. Pütz/ Willgerodt (1985), S. 78. Desweiteren Schmidt/Döhrmann (1987), S. 374. Vgl. Vollmer (1989), S. 615. Dieser Wettbewerb hat nicht nur ftir die Emittenten, sondern auch für die Anleger Vorteile. Vgl. Claussen (1984), S. 12 f.
Die differenzierende, segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
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Im folgenden wird zunächst auf die Arten der Börsenmarktsegmentierung einge gangen. Im Anschluß daran wird der Fall der Drei-Segmentbörse diskutiert, da sich dieser in der Praxis häufig findet. Schließlich werden die Grenzen des Dere gulierungsinstruments Segmentierung erörtert. 1. Die Arten der Segmentierung
Akzeptiert man die Differenzierung eines bisher einheitlichen Börsenmarktes in Segmente, stellt sich die Frage, in welcher Form die Segmentierung stattfinden soll. Man kann die vertikale von der horizontalen Segmentierung unterscheiden.700 a) Die vertikale Segmentierung
Unter vertikaler Segmentierung versteht man die Unterschiedlichkeit der Börsen segmente in bezug auf den Umfang des Anlegerschutzes. Die Segmente an der Spitze zeichnen sich durch strengere Zulassungsvoraussetzungen und Publizitäts erfordemisse aus als die darunterliegenden Segmente. Vorstellbar ist die Segmen tierung in drei oder vier Börsensegmente.701 Darüber hinaus können die einzelnen Börsensegmente noch weiter z.B. nach Untemehmensklassen differenziert wer den.702 b) Die horizontale Segmentierung Darunter versteht man, daß ein Börsensegment von unterschiedlichen Marktorga nisatoren betrieben wird. In den USA wird dieser Wettbewerb zwischen den Marktorganisatoren besonders deutlich durch die NYSE und NASDAQ. Meist findet dieser Wettbewerb an den Rändern der Börsensegmente statt.703
2. Die Drei-Segmentbörse als Beispiel einer vertikalen Segmentierung704
Das oberste Segment einer solchen Börse zeichnet sich durch die strengsten Zu lassungsvoraussetzungen und Anforderungen in bezug auf die Publizität aus. Dies hat zur Folge, daß auf der Emittentenseite nur große Emittenten vertreten sind. Auf der Anlegerseite können wegen des weitgehenden Anlegerschutzes auch breite Kreise von Privatanlegem Wertpapiere erwerben. Im zweiten Segment sind die Anforderungen der Zulassungsvoraussetzungen und der Publizität nicht mehr
700 701 702 703 704
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
auch Schmidt (1988), S. 40. Hopt (1985), S. 797 f. Kommission “Zweiter Börsenmarkt” (1987), S. 15. Giersch/Schmidt (1986), S. 73 f. im folgenden Vollmer (1989), S. 615 f.
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so hoch. Aus diesem Grund finden auch mittlere Emittenten Zugang zu diesem Segment. Auf der Anlegerseite besteht immer noch ein relativ hoher Anleger schutz. Das unterste Segment weist die geringsten Anforderungen an die Emit tenten auf. Es soll insbesondere für kleine Emittenten attraktiv sein, weswegen eine deutliche Abgrenzung zum zweiten Segment notwendig ist. Auf der anderen Seite muß ein Mindestmaß an Anlegerschutz eingehalten werden.705
3. Die Grenzen der Segmentierung Neben den oben beschriebenen ökonomischen Vorteilen einer Segmentierung der Börsenmärkte können sich jedoch auch Nachteile ergeben. Zunächst ist zu disku tieren, ob Emittenten das „falsche“ Börsensegment wählen können und sich dar aus Grenzen für die Segmentierung ergeben. Im Anschluß daran wird dargelegt, auf welche Weise Grenzen der Segmentierung zu ermitteln sind.
a) Die Wahl des „falschen“ Börsensegments
Es ist denkbar, daß Unternehmen, die sich an der Börse Kapital beschaffen, aus Kostengründen ein niedriges Börsensegment wählen, obgleich sie die Zulassungs voraussetzungen eines höheren Segments erfüllen. Bei der Börseneinführung kann es zu Abschlägen auf den Emissionskurs kommen, da die Anleger wegen den im Regelfall höheren Risiken des Segments einen Abschlag vornehmen.706 Eine sol che „falsche“ Einstufung eines Emittenten wäre börseneffizienzmindemd, da sich der Emittent offensichtlich im „falschen“ Segment befindet. Es kann sogar dazu kommen, daß stärker regulierte Börsensegmente gänzlich austrocknen. Auf der anderen Seite ist aus Sicht der Praxis die Frage zu stellen, ob eine solche „falsche“ Einstufung realistisch ist. Emittenten und Emissionsberater wählen in praxi immer das Segment, für das sie die Voraussetzungen (gerade noch) erfüllen. Eine ab sichtliche niedrigere Einstufung wird deshalb selten vorkommen, da der mögliche Emissionskurs im höheren Segment die sonstigen mit dem Börsengang verbunde nen Kosten überkompensiert. b) Die Grenzkosten-ZGrenznutzenanalyse
Eine Grenze für die Segmentierung der Börsenmärkte ergibt sich volkswirtschaft lich dann, wenn die Börsenmarkteffizienz nach der Deregulierung durch Segmen tierung im Vergleich zu vorher gesunken ist. Dies bedeutet nichts anderes, als eine Segmentierung solange fortzuführen, bis die letzte Segmentierungsmaßnahme
705 Vgl. Pütz/Meyerhöfer (1982), S. 361. 706 Vgl. Vollmer (1989), S. 616 f.
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Effizienzsteigerungen bringt. Die Grenze der Segmentierung würde hier innerhalb einer Grenzkosten-/Grenznutzen-Analyse ermittelt. In der staatlichen Regulierungspraxis ergeben sich jedoch Probleme, die Effizienz vor und nach der Segmentierung zu messen, da zu viele Faktoren auf die Börsen märkte einwirken.707 Dazu kommt, daß der Staat Regulierungen des Börsenmarkts nicht ohne weiteres rückgängig machen kann, da das Vertrauen der Marktteil nehmer oftmals über Jahre erworben werden muß. Insofern stellt die Festlegung des richtigen Grads der Segmentierung ein Problem der Wirtschaftspolitik dar, die effizienzsteigemden Effekte der Maßnahme insgesamt sind indes nicht in Zweifel zu ziehen. III. Die Segmentierung des deutschen Börsenmarkts
Bis zum Inkrafttreten des BörsZulG vom 16.12.1986 wies der Börsenmarkt in Deutschland nur eine geringe vertikale Segmentierung auf. Bis dahin gab es auf der Grundlage des BörsG von 1896 einen öffentlich-rechtlich geregelten amtli chen Handel mit hohen Zulassungsvoraussetzungen, einen geregelten sowie einen ungeregelten Freiverkehr. Es gelang dem rechtlich nicht eindeutig zu charakteri sierenden geregelten Freiverkehr nicht, sich als ein Börsensegment mit einem vom amtlichen Handel deutlich abgrenzbaren Profil zu etablieren, um mittleren Unter nehmen den Zugang zum organisierten Börsenmarkt zu ermöglichen.708 Großen Publikumsaktiengesellschaften war der Zugang zur Börse hingegen problemlos möglich. Das BörsZulG von 1986 ordnete den organisierten Börsenmarkt neu. Die damals geschaffene Segmentierung in amtlichen Handel, geregelten Markt und Freiver kehr hat bis heute Gültigkeit.709 Durch die Gesetzesreform erfolgte nicht nur eine stärkere vertikale Segmentierung, sondern auch eine größere Anerkennung der Autonomie der Börsen in bezug auf Segmente für kleine und mittlere Gesell-
707 Vgl. auch Vollmer (1989), S. 611 f. 708 VgL Kommission „Zweiter Börsenmarkt“ (1987), S. 17. Auch die empirische Studie von Sied ler weist darauf hin, daß die Abgrenzung des geregelten Freiverkehrs vom amtlichen Handel gering ausfiel. Vgl. Stedler (1987), S. 148 ff. Gründe könnten auch darin gelegen haben, daß die emissionsbegleitenden Kreditinstitute sowie die Freiverkehrsausschüsse zu hohe Anforde rungen an die Börsenkandidaten gestellt haben. Vgl. Kommission ,/weiter Börsenmarkt“ (1987), S. 31. Hopt weist darauf hin, daß das Einbeziehungsverfahren des geregelten Freiver kehrs dem amtlichen Zulassungsverfahren ähnelte. Vgl. Hopt (1986), S. 107. 709 Auf die Diskussion, die im Vorfeld der Börsengesetznovellierung geführt wurde, soll hier nicht vertiefend eingegangen werden. Neben dem verwirklichten Vorschlag einer Einteilung in drei Segmente existierte auch der Vorschlag, in vier Segmente einzuteilen. Vgl. Hopt (1986), S. 107 f.
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schäften.710 Damit wurde auch die Grundlage fiir eine horizontale Segmentierung geschaffen.
Im folgenden werden nicht nur die einzelnen Segmente beschrieben, sondern es wird auch untersucht, inwieweit die jeweilige Ausgestaltung kleinen und mittleren Emittenten die Möglichkeit einräumt, am organisierten Börsenmarkt Kapital auf zunehmen. Wichtig ist somit, inwiefern tatsächlich eine Ausdifferenzierung der Segmente vorliegt.
1. Der amtliche Handel Die Zulassungsvoraussetzungen des amtlichen Handels sind sehr hoch, so daß sie fiir kleine und mittlere Gesellschaften bereits eine zu hohe Hürde darstellen.711 Ohne die amtlichen Zulassungsvoraussetzungen an dieser Stelle en dötail zu refe rieren, sei nur auf das erforderliche Mindestemissionsvolumen bei Aktien von 2,5 Mio. DM,712 auf das Erfordernis, mindestens drei Jahre zu bestehen713 und auf die Pflicht des Emittenten zur Erstellung eines Prospekts714 sowie auf die damit ver bundenen haftungsrechtlichen Folgen715 verwiesen. Wertpapiere werden im amtli chen Handel nur gehandelt, wenn sie ausdrücklich von der Zulassungsstelle zu gelassen sind. Die Feststellung des Börsenkurses erfolgt durch amtliche Kurs makler. Der Antrag zur Zulassung muß vom Emittenten gemeinsam mit einem Kreditinstitut gestellt werden. Neben den ohnehin strengen Zulassungsvorausset zungen führt auch dieses Erfordernis dazu, daß nur Emittenten mit allerbester Bo nität Zugang erhalten. Den Kreditinstituten ist es nämlich wichtig, ihr über lange Jahre aufgebautes Standing als emissionsbegleitende Bank nicht zu gefährden. Die zum Teil umfangreichen Publizitätserfordemisse nach dem Going Public wurden bereits an anderer Stelle dieser Arbeit diskutiert.716
Im amtlichen Handel waren Ende 1995 an allen deutschen Börsen insgesamt 755 Aktien notiert. Die Liquidität dieses Segments zeigt sich daran, daß über 90 % der gesamten Aktienumsätze an allen deutschen Börsen in diesem Segment stattfin
710 Vgl. Kommission „Zweiter Börsenmarkt“ (1987), S. 16. 711 Die rechtlichen Grundlagen des amtlichen Handels finden sich im BörsG sowie in der Börs ZulV. 712 § 2 Abs. 1 BörsZulV. 713 § 3 Abs. 1 BörsZulV. 714 § 36 Abs. 3 Nr. 2 BörsG. 715 §§ 45,46 BörsG. 716 Verwiesen sei vor allem auf das 1. Kapitel unter B/II/8/a).
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den.717 Die Liquidität wird auch durch die Existenz unterschiedlicher Indices ge fördert.718 Der amtliche Handel ist somit durch eine öffentlich-rechtliche Marktorganisation charakterisiert und unterliegt strengen gesetzlichen Regelungen. Die Börsen haben keinen Raum für eine autonome Ausgestaltung in bezug auf dieses Segment. Aus diesem Grund ist der amtliche Handel nicht horizontal segmentiert.
2. Der geregelte Markt Der geregelte Markt wurde durch das BörsZulG vom 16.12.1986 geschaffen. Ein Ziel des BörsZulG ist ausdrücklich, kleinen und mittleren Unternehmen den Weg an den organisierten Kapitalmarkt zu eröffnen.719 Vor dem Hintergrund einer schlechten Eigenkapitalausstattung der Unternehmen sah sich der Gesetzgeber veranlaßt, dieses Marktsegment zu schaffen.720
Die Zulassungsvoraussetzungen zum geregelten Markt unterscheiden sich erheb lich von denen des amtlichen Handels und sind weniger streng.721 Für die erstma lige Zulassung von Aktien zum geregelten Markt ist ein Mindestnennbetrag von 500.000 DM oder für nicht auf einen Geldbetrag lautende Wertpapiere eine Min deststückzahl von 10.000 ausreichend.722 Das Unternehmen muß vor dem Börsen gang nur ein Jahr bestehen.723 Im Unterschied zum amtlichen Handel muß der Antrag auf Zulassung vom Emittenten nicht zwangsläufig mit einem Kreditinstitut gestellt werden. Der Emittent kann den Antrag alternativ mit einem anderen Un ternehmen stellen, soweit dieses die fachliche Eignung und die erforderliche Zuverläßigkeit für die Beurteilung des Emittenten besitzt.724 Über die Zulassung ent scheidet der Zulassungsausschuß.725 Die Feststellung des Börsenkurses erfolgt durch einen oder mehrere Freimakler.726 Beim Börsengang ist kein Prospekt, son dern ein Untemehmensbericht zu erstellen.
717 Vgl. Deutsche Börse AG (1996b), S. 8 f. Vgl. zur Bedeutung des amtlichen Handels auch Gajo (1993), S.R458f. 718 Vgl. Hansen (1996), S. 30 ff. 719 Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 1. Kritisch zur Schaffung eines Zweitmarktes für mittlere und kleine Unternehmen äußert sich Reuter, der ein solches Segment nur für die Vermittlung von Wagnis kapital als sinnvoll ansieht. Vgl. Reuter (1984), S. B 106. 720 Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 10. Siehe auch Schierenbeck (1988), S. 430 f. 721 Die rechtlichen Grundlagen finden sich im BörsG sowie in den Börsenordnungen der einzelnen Börsen. 722 § 58 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse. 723 Dies ergibt sich aus § 59 Abs. 2 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse. 724 § 57 Abs. 2 S. 1 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse. 725 § 56 BörsO Baden-Württembergische Wertpapierbörse. 726 §75 BörsG.
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Ferner besteht nach dem Börsengang keine Verpflichtung zur Erstellung eines Zwischenberichts.727
Da der geregelte Markt keine Marktzutrittsbegrenzungen nach oben enthält, steht er grundsätzlich auch großen Unternehmen zur Verfügung.728 Der geregelte Markt weist eine öffentlich-rechtliche Organisationsstruktur mit nicht-amtlicher Notierung auf. Der Gesetzgeber hat den Börsen zwar einen gewis sen Raum für autonome Ausgestaltungen eingeräumt. Aufgrund der Autonomie ermächtigung des § 72 BörsG können die Börsen nämlich autonom Börsenord nungen erlassen.729 Auf der anderen Seite sind diesen Regelungskompetenzen der Börsen jedoch Grenzen gesetzt.730 Sie ergeben sich aus den allgemeinen gesetzli chen Vorgaben für die Zulassungsvoraussetzungen731, aus der staatlichen Autono mieermächtigung des § 72 BörsG und aus der Tatsache, daß gern. § 4 Abs. 4 BörsG die Börsenordnungen der staatlichen Genehmigung bedürfen.
Diese Gründe sind wohl auch ausschlaggebend dafür, daß sich die Börsenordnun gen der einzelnen Börsen hinsichtlich der Regelungen für den geregelten Markt nicht unterscheiden. Somit findet auch im geregelten Markt kein Wettbewerb durch eine horizontale Segmentierung statt. Im geregelten Markt waren Ende 1995 an allen deutschen Börsen insgesamt 194 Aktien notiert.732 Die Umsätze sind wesentlich geringer als im amtlichen Handel, so daß es gelegentlich an einer ausreichenden Liquidität fehlt. Durch die Einfüh rung des geregelten Marktes ist es somit bis heute nicht gelungen, einen wesentli chen Beitrag zur Behebung der Eigenkapitalschwäche mittlerer Aktiengesell schaften zu leisten.
3. Der Freiverkehr Der Freiverkehr in seiner heutigen Form wurde durch das BörsZulG vom 16.12.1986 geschaffen. Er stellt neben dem amtlichen Handel und dem geregelten Markt das dritte Marktsegment dar. Wille des Gesetzgebers ist, daß der Freiver kehr die anderen Marktsegmente ergänzt.733
727 Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/8/b)/aa). 728 Im Gesetzgebungsverfahren wurden solche Marktzutrittsbegrenzungen zwar diskutiert, aber später doch verworfen. Vgl. Kommission ,/weiter Börsenmarkt“ (1987), S. 23 sowie Woopen (1986), S. 261. 729 Vgl. zur Börsenordnung als Rechtsgrundlage fiir den geregelten Markt Kümpel (1986), S. 61 ff. 730 Vgl. im folgenden Kommission „Zweiter Börsenmarkt“ (1987), S. 20 f. 731 §73 BörsG. 732 Vgl. Deutsche Börse AG (1996b), S. 8. 733 Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 11.
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Der Freiverkehr ist ein grundsätzlich dem Privatrecht unterworfener Handel an der Börse.734 Er weist eine privatautonome Marktorganisation auf. Rechtliche’ Grundlagen sind der § 78 BörsG, die BörsO sowie die von den Börsen aufzustel lenden Richtlinien für den Freiverkehr. Die Bestimmungen, die sich aus § 78 BörsG und den daraus abgeleiteten Regelungen der BörsO ergeben, stellen den börsenverwaltungsrechtlichen Teil des Freiverkehrs dar. Diese beziehen sich vor allem auf die Preisfeststellung.735 Insofern § 78 BörsG und die BörsO keine Be stimmungen treffen, unterliegt der Freiverkehr einem “privatrechtlichen Regi me”.736 Diese privatrechtlichen Aspekte sind in den Richtlinien für den Freiver kehr geregelt. Sie enthalten u.a. Vorschriften über die Einbeziehung von Wertpa pieren in den Freiverkehr. Dazu gehören bspw. die Antragsbefugnis und Mittei lungspflichten.737
In der Praxis bestehen zwischen den verschiedenen Freiverkehrsrichtlinien Unter schiede. Erinnert sei hier an den „Prädikatsmarkt München“ der Bayerischen Bör se.738 Allerdings haben die Börsen erst in der jüngeren Vergangenheit begonnen, die vorhandene autonome Gestaltungsfreiheit zu nutzen und dadurch für eine ho rizontale Segmentierung zu sorgen.
Bei der Schaffung des Freiverkehrs 1986 wurde darauf hingewiesen, daß der Frei verkehr speziell ein Marktsegment für solche mittelständischen Unternehmen sein sollte, die die höheren Zulassungsvoraussetzungen des geregelten Marktes noch nicht erfüllen.739 Dieses Resultat hat sich aber bis heute noch nicht eingestellt. Der Freiverkehr wird vor allem vom Handel in ausländischen Aktien sowie in Opti onsscheinen dominiert.740 In diesen Wertpapieren ist der Freiverkehr auch liquide. Zwar werden auch mittelständische Emittenten im Freiverkehr gehandelt. Diese Werte weisen jedoch nur eine geringe Liquidität auf. Die Gründe liegen wahr scheinlich darin, daß insbesondere institutionelle Anleger auf ein Investment in diesem Teilmarkt verzichten. Auch Kreditinstitute verzichten in ihrer Rolle als Emissionsbanken auf ein Going Public im Freiverkehr.741
734 735 736 737 738 739 740
741
Vgl. Kümpel (1985), S. 7 ff. Vgl. dazu ausführlich Schwark (1994), § 78, Rdnr. 3, S. 555. Vgl. Schwark (1987b), S. 2046. §§ 2, 3 der Richtlinien für den Freiverkehr an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse zu Stuttgart. Vgl. hierzu 3. Kapitel B/II/3/b)/bb). Vgl. Kommission „Zweiter Börsenmarkt“ (1987), S. 19. Ende 1995 waren im Freiverkehr an allen deutschen Börsen Aktien von insgesamt 869 Unter nehmen notiert; davon waren 752 ausländische Emittenten. Außerdem wurden im gleichen Zeitpunkt 3.680 Optionsscheine notiert. Vgl. Deutsche Börse AG (1996b), S. 8. Vgl. Claussen (1996a), § 9, Rdnr. 52, S. 302.
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Die Finanzierung von mittelständischen Unternehmen über die Börse findet bisher in einem zu geringen Umfang statt. Dies liegt jedoch weniger daran, daß die Bör sen in der Vergangenheit die ihnen im Freiverkehr zustehende Autonomie zum Erlaß eigener Regelungen nicht wahrgenommen haben. Der Freiverkehr stellt nämlich nur fiir kleine Aktiengesellschaften eine Art Eingangssegment an der Börse dar. Viel wichtiger wäre es hingegen, im Hinblick auf die Versorgung von mittelständischen Unternehmen mit Eigenkapital, daß das Segment des geregelten Marktes die ihm vom Gesetzgeber zugedachte Rolle erfüllen würde.
4. Der „Neue Markt“
Der von der Deutschen Börse AG eingerichtete Markt ist neben dem geregelten Markt ein weiteres mittelstandsorientiertes Marktsegment.742 Dazu ist an dieser Stelle zweierlei anzumerken. Es ist eine klare Vorgabe des Gesetzgebers, daß die Börse in Deutschland in drei Segmente gegliedert ist. Insofern ist es rechtlich fraglich, ob man überhaupt einen „Neuen Markt“ zwischen amtlichen Handel und geregelten Markt positionieren kann. Abgesehen davon ist der „Neue Markt“ sehr stark auf Venture CapitalAktiengesellschaften ausgerichtet, d.h. auf eine Untemehmensgruppe, deren Eig nung für die Börse sehr fraglich ist.743
IV. Zwischenergebnis Die Deregulierung durch Marktsegmentierung bedeutet das Aufteilen eines ein heitlichen Börsenmarkts in mindestens zwei Segmente, die sich durch die Zulas sungsvoraussetzungen und andere Pflichten unterscheiden. Eine solche Maßnahme kann zur Steigerung der börslichen Effizienz führen. Grenzen der Segmentierung ergeben sich, wenn nach der Schaffung von Segmenten die Börsenmarkteffizienz im Vergleich zu vorher gesunken ist.
Der deutsche Börsenmarkt weist seit dem BörsZulG von 1986 eine vertikale Seg mentierung auf. Betrachtet man die Segmente von oben nach unten, dann nehmen die Zulassungsvoraussetzungen nicht nur von oben nach unten ab, sie sollen auch immer stärker durch autonome Börsenregelungen konkretisiert und so mehr hori zontale Segmentierungen erreicht werden können. All dies soll den kleinen und mittleren Unternehmen den Börsenzugang erleichtern. In der Praxis gibt es bis lang allerdings nur eine geringe vertikale und horizontale Segmentierung. Der geregelte Markt, der die Kapitalbeschaffung für kleine und mittlere Unternehmen 742 Die Einzelheiten des „Neuen Marktes“ wurden bereits vorgestellt. Vgl. hierzu 3. Kapitel B/II/2. 743 Vgl. hierzu dieses Kapitel B/III.
Die differenzierende,
segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
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erleichtern sollte, hat bislang im wesentlichen die gleichen Zulassungsvorausset zungen wie der amtliche Handel. Der Freiverkehr, der in ausländischen Werten und in Optionsscheinen eine hohe Liquidität aufweist, stellt wegen des zu gerin gen Anlegerschutzes kein geeignetes Segment für die Finanzierung mittelständi scher Emittenten dar.
B. Die segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität Die unterschiedliche Ausgestaltung nach börslichen Segmenten stellt auch für die Ad-hoc-Publizitätspflicht die geeignete Maßnahme für eine interessengerechte Lösung dar. Die oben gezeigten Vorteile einer unterschiedlichen Gestaltung der Segmente bei den Zulassungsvoraussetzungen und den Publizitätsinstrumenten gelten auch in bezug auf die Ad-hoc-Publizität. Im 5. Kapitel wurde herausgear beitet, daß die Interessen der Beteiligten durch eine Einheitsregulierung nicht aus reichend berücksichtigt werden. Insbesondere für die mittlere Familien-AG wurde gezeigt, daß die Anforderungen, die durch § 15 WpHG gestellt werden, zu hoch sind. Es besteht folglich das Erfordernis, künftig nach Segmenten zu differenzie ren.
Im folgenden wird für jedes einzelne Segment ein Vorschlag entwickelt, soweit sich in der ökonomischen Analyse ein Änderungsbedarf ergab. Die einzelnen Lö sungsvorschläge können sich zum einen auf den materiellen Inhalt der Norm oder auf das Veröffentlichungsverfahren beziehen. Zum anderen wird bei den Lö sungsvorschlägen jeweils ausgeführt, ob für eine entsprechende künftige Anwen dung eine Gesetzesänderung oder eine andere Auslegung der bestehenden Norm durch das BAWe erforderlich ist. I. Der amtliche Handel
Aus der Börsenzulassungsrichtlinie sowie aus der Insiderrichtlinie folgt europa rechtlich die Notwendigkeit, dieses Segment der Ad-hoc-Publizität zu unterwerfen. Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität für dieses Segment muß berücksichtigen, daß es sich um das Segment mit dem höchsten Anlegerschutz handelt. Die Ausge staltung der Ad-hoc-Publizität in diesem Segment muß daher sehr weit gehen. Die Analyse des 5. Kapitels hat gezeigt, daß es auf der Emittentenseite für die Publikums-AG insgesamt relativ wenig negative Auswirkungen durch die beste hende Ausgestaltung des § 15 WpHG gibt. Im folgenden wird zunächst auf den für dieses Segment sinnvollen Eintrittszeit punkt von Tatsachen bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen eingegangen.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Auch das Problem der Meldepflicht bei stillen Reserven wird noch einmal aufge griffen. Innerhalb des Verhältnisses der Ad-hoc-Publizität zur Regelpublizität wird vor allem eine neue Ausgestaltung aus der für den Jahresabschluß bekannten Segmentberichterstattung entwickelt. Es folgen die Ausführungen dazu, ob das Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung in diesem Segment beibehalten werden kann. Der Diskussion weiterer Punkte folgt ein Lösungsvor schlag zum aus dem Konzept der Bereichsöffentlichkeit resultierenden Problem der mangelnden Information der privaten Anleger. Schließlich folgt die Analyse, inwieweit künftig aktien- und börsenrechtliche Informationspflichten zusammen gefaßt werden können.
1. Der Eintrittszeitpunkt einer Tatsache Für Emittenten des amtlichen Handels ist es sinnvoll, als Eintrittszeitpunkt für eine Tatsache bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen das Kriterium des Grads der Wahrscheinlichkeit der Realisierung anzunehmen. Einer Änderung des Geset zestextes bedarf es dazu nicht. Die Meldepflicht setzt ein, sobald eine hohe Wahr scheinlichkeit der Realisierung besteht. Der Vorstand einer Publikums-AG kann sich im Rahmen seiner Prognose externer Berater bedienen. Außerdem kann auf interne Kapitalmarktspezialisten zurückgegriffen werden, die auch mit internatio nalen Gepflogenheiten vertraut sind. Durch sie wird es der Publikums-AG mög lich sein, intern eine Typisierung von ähnlichen Fallkonstellationen zu bilden, die eine Prognose erleichtern. Zusätzlich wird empfohlen, die Durchführung der Pro gnose ausreichend zu dokumentieren. Dies kann in der Praxis in Form von Form blättern oder mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung geschehen. Zum ei nen schützt eine solche Dokumentation den Emittenten vor dem Vorwurf, pflichtwidrig i.S.d. § 15 WpHG gehandelt zu haben. Zum anderen erleichtert sie die Feststellung, wie die Prognose zustande gekommen ist und kommt der Arbeit des BAWe entgegen.
2. Die Veröffentlichung von stillen Reserven Im 1. Kapitel wurde untersucht, ob die Bildung, Auflösung oder Entstehung von stillen Reserven zu einer Meldung nach § 15 WpHG führen kann.744 Als Ergebnis wurde herausgearbeitet, daß die Bildung, Auflösung oder Entstehung von stillen Reserven nach der geltenden Rechtslage wohl nicht zu einer Ad-hoc-Meldung führt, obgleich gewichtige Gründe verbleiben, das Legen stiller Reserven bei Pu blikums-Aktiengesellschaften in der Zukunft einzuschränken und/oder insoweit
744 Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/2/e).
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bestimmte Publizitätspflichten zu statuieren. Deshalb sollte bei einer Reform des § 15 WpHG überlegt werden, zumindest Grenzen für die Bildung oder Entstehung von stillen Reserven einzufuhren, von denen an Ad-hoc-Meldungen abgesetzt werden müssen. Dies ist aus Sicht der Anleger im amtlichen Handel sachgerecht und dient einem weitgehenden Anlegerschutz.
3. Das Verhältnis zur Regelpublizität
Im 5. Kapitel wurde festgestellt, daß es durch eine meldepflichtige Tatsache, die das Ergebnis einer Summierung darstellt, zu Problemen kommen kann. Emitten ten mit vielen Geschäftsfeldem müssen nämlich aufgrund von Diversifikations effekten weniger Ad-hoc-Meldungen absetzen als Emittenten mit wenigen Ge schäftsfeldem. Es bedarf eines Lösungsvorschlags, der diese Ungleichbehandlung abschwächt. Eine Möglichkeit ist, die Ad-hoc-Publizität des § 15 WpHG im amt lichen Handel an der im Jahresabschluß angewendeten Segmentberichterstattung zu orientieren. Die ökonomische Analyse des § 15 WpHG ergab auch, daß es un terschiedliche Auffassungen zum Zeitpunkt einer Ad-hoc-Meldung im Zusam menhang mit dem Jahresabschluß gibt. a) Die Segmentberichterstattung Im folgenden wird zunächst auf die Segmentberichterstattung im Jahresabschluß eingegangen. Im Anschluß daran erfolgt die Übertragung dieser Grundsätze auf die Ad-hoc-Publizität.
aa) Die Regelung im Jahresabschluß Von großen Kapitalgesellschaften nach § 267 HGB wird verlangt, daß im Anhang des Einzelabschlusses745 oder im Konzemanhang746 eine Segmentierung der Netto umsatzerlöse erfolgt.747 Die Aufgliederung der Umsatzerlöse muß nach Tätigkeits bereichen und nach geografisch bestimmten Märkten erfolgen, aber nur dann, wenn sich unter Berücksichtigung der Organisation des Verkaufs die Tätigkeitsbe reiche und geografisch bestimmten Märkte untereinander erheblich unterscheiden. Börsennotierte Kapitalgesellschaften sind nach § 267 Abs. 3 HGB stets große Ka pitalgesellschaften, so daß für sie die Vorschriften über die Segmentberichterstat 745 §285 Nr. 4 HGB. 746 § 314 Abs. 1 Nr. 3 HGB. 747 Die Pflicht zur Angabe von segmentierten Umsatzerlösen wurde im deutschen Bilanzrecht aufgrund des Art.43 Abs. 1 Nr. 8 der 4. EG-Richtlinie (Einzelabschluß) und Art. 34 Nr. 8 der 7. EG-Richtlinie (Konzemabschluß) implementiert. Vgl. ADS, 6. Aufl., § 285, Rdnr. 87, S. 30. Siehe desweiteren fUr die Segmentberichterstattung im Einzelabschluß Selchert (1986), S. 560 ff. sowie für den Konzemabschluß ders. (1992), S. 2032 ff.
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tung gelten. Eindeutig abgrenzbare Bereiche eines Unternehmens können bspw. die Produktion chemischer Erzeugnisse und Pharmaerzeugnisse oder der Metall und Nichtmetallhandel sein.748 In der Praxis kann es Schwierigkeiten bereiten, eine eindeutige Segmentierung durchzuführen, da die Abgrenzung von Tätig keitsbereichen schwierig sein kann.
(1) Zweck der Segmentberichterstattung ist es, aktuellen und potentiellen Anle gern am Kapitalmarkt Informationen für ihre Anlageentscheidung zu geben.749 Große Gesellschaften, die in vielen Tätigkeitsbereichen aktiv sind, vermitteln dem Investor durch den Ausweis von segmentierten Daten zusätzliche Informationen. Zum einen ist es für den Anleger von Interesse, in welchem Tätigkeitsbereich eine Gesellschaft aktiv ist, zum anderen ist es wichtig, welche Umsätze oder andere Größen in einem bestimmten Bereich des Unternehmens erwirtschaftet werden.750 Auch ein Vergleich mit Unternehmen, die in wenigen Branchen tätig sind und deren Jahresabschlüsse deshalb mehr Informationen vermitteln, ist nur auf diese Weise möglich. (2) Im Vergleich zu den deutschen Vorschriften der Segmentberichterstattung sind die US-amerikanischen und die internationalen Regelungen wesentlich umfassen der. In den USA sind die entsprechenden Regelungen Bestandteil der US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles).751 Im supranationalen Kontext der Rechnungslegung spielen vor allem die IAS (International Accounting Standards) eine wichtige Rolle. (3) Einige große deutsche Publikumsaktiengesellschaften, die auf internationale Anleger angewiesen sind und daher deren Erwartungen gerecht werden müssen, haben ihre Jahresabschlüsse bereits nach Grundsätzen des IASC (International Accounting Standards Committee) aufgestellt.752 In bezug auf die Segmentbe richterstattung ist IAS 14 die relevante Vorschrift.753 Diese fordert neben Seg mentinformationen für Erlöse u.a. auch solche über das Ergebnis und das Vermö
Vgl. ADS, 6. Aufl., § 285, Rdnr. 92, S. 32. Vgl. IASC (1996), E 51, S. 813. Vgl. allgemein zur Bilanzanlyse diversifizierter Unternehmen Bernards (1995), S. 1283 ff. Vgl. Haller/Park (1994), S. 500. Z.B. die Hoechst AG und die Deutsche Bank AG. Es existieren auch Jahresabschlüsse deut scher Unternehmen nach US-GAAP. Bspw. die Daimler Benz AG. Im folgenden soll aber nur noch auf die IAS eingegangen werden, da an dieser Stelle nicht en detail über die Tendenzen der internationalen Rechnungslegung referiert werden soll, sondern es darum geht, die Grund züge der Segmentberichterstattung zu vermitteln. 753 Vgl. IASC (1996), IAS 14, S. 235 ff. 748 749 750 751 752
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gen des Segments und geht damit erheblich über die bilanzrechtliche Vorschrift des HGB hinaus.754
bb) Die Übertragung auf die Ad-hoc-Publizität Da einige deutsche Publikumsaktiengesellschaften heute bereits eine Segmentbe richterstattung gern, den Bestimmungen des IASC vornehmen, und damit über die bestehenden Vorschriften des HGB hinausgehen, bietet es sich an, auch im Rah men der Ad-hoc-Publizität des § 15 WpHG eine Segmentberichterstattung vorzu nehmen. Die im Rahmen der Jahresabschluß- und Zwischenberichterstellung vor genommene Abgrenzung der Segmente läßt dem Unternehmen keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Übertragung der Segmentberichterstattung auf § 15 WpHG könnte auf drei Arten erfolgen.
(1) Zunächst könnte man Tatsachen, die den Erlös, das Ergebnis, das Vermögen etc. jedes einzelnen Segments betreffen, auf eine potentielle Kursrelevanz prüfen. Eine Ad-hoc-Meldung wäre bei Vorliegen der Kursrelevanz lediglich für das ent sprechende Segment vorzunehmen. Bei Anwendung dieser Vorgehensweise ist davon auszugehen, daß es zu weniger Ad-hoc-Meldungen als bisher kommt. Die Kursrelevanz bezieht sich auf die ge samte Geschäftstätigkeit, so daß sich Tatsachen in einzelnen Segmenten häufig nicht auf den Börsenkurs auswirken.755 Für die Anleger würden somit im Ver gleich zum Status Quo weniger Informationen vorliegen. Auch die lückenhafte Darstellung von bspw. Segmentergebnissen, die durch die Beschränkung der Adhoc-Meldung nur auf das jeweilige Segment entstehen würde, läuft dem Informa tionsinteresse der Anleger zuwider. (2) Desweiteren könnte man auch eine betragsmäßige Summierung z.B. des Peri odenergebnisses über alle Segmente auf ihre Kursrelevanz prüfen.756 Es würde also eine Addition aller Daten unabhängig von ihren Vorzeichen erfolgen. Läge die Kursrelevanz der Summe vor, müßte eine Ad-hoc-Meldung erfolgen, die das
754 Zur Zeit findet eine Überarbeitung des IAS 14 durch IASC ED (Exposure Draft) E 51 statt. Der überarbeitete IAS 14 wird voraussichtlich im Juli 1997 verabschiedet und inhaltlich eine Er weiterung der Segmentberichterstattung bedeuten. Vgl. IASC (1997), S. 20 f. 755 Nimmt man an, der Gewinn eines Emittenten ist in Geschäftsfeld A um 100 Einheiten höher als im Vorjahr und in den beiden anderen Geschäftsfeldem B und C entsprechend dem Vorjahr und unterstellt man die Kursrelevanz des Ergebnisses des Geschäftsfeldes A, dann müßte der Emit tent im Rahmen der Ad-hoc-Meldung lediglich über die Veränderung im Geschäftsfeld A be richten. 756 Hinzuweisen ist darauf, daß es Tatsachen gibt, die sich einer Summierung entziehen.
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Ergebnis jeweils für alle Segmente einzeln angibt.757 Diese Vorgehensweise würde zu einer deutlichen Erhöhung der Ad-hoc-Meldungen führen, da alle Diversifika tionseffekte eines Portefeuilles beseitigt würden. Es würde zu höheren Kosten für den Emittenten kommen. (3) Die dritte Möglichkeit wäre, wie bisher die Summe der Teilergebnisse auf ihre Kursrelevanz hin zu prüfen. Bei Vorliegen der Kursrelevanz würde es jedoch nicht mehr ausreichen, eine Ad-hoc-Meldung bspw. in bezug auf einen Gesamt gewinn auszuweisen. Vielmehr müßte sie den Gewinn/Verlust für jedes einzelne Segment mit einer Vergleichsangabe zum letzten Berichtszeitraum umfassen.758 Diese Möglichkeit würde nicht zur Erhöhung der Anzahl der Ad-hoc-Meldungen oder zu höheren Kosten für das Unternehmen führen. Auf der anderen Seite ließe sich aber der Nutzen der Informationen aus der Ad-hoc-Meldung für die Anleger wesentlich steigern. Ihnen wäre es möglich, Vergleiche sowohl zum letzten regel mäßigen Berichtszeitraum des publizierenden Unternehmens als auch zu Unter nehmen mit ähnlichen Segmenten vorzunehmen. Für diesen Vorschlag wäre eine Änderung des Gesetzestextes notwendig. b) Der Jahresabschluß
Aus den dargelegten Gründen sind Ad-hoc-Meldungen entgegen der Praxis des BAWe erst nach der Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Auf sichtsrat möglich.759 Will man Insiderhandel unmöglich machen, muß die Zeit spanne von Aufstellung durch den Vorstand und gemeinsame Feststellung mög lichst kurz gehalten werden. Eine Ad-hoc-Meldung vor der Feststellung scheidet jedoch grundsätzlich aus. Bei Zwischen- und Quartalsberichten ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Adhoc-Meldung die Aufstellung, da diese Instrumente lediglich eine Informations funktion erfüllen und eine Feststellung durch ein anderes aktienrechtliches Organ nicht stattfindet.
757 Auch hier soll ein Beispiel angeführt werden: Weist der Emittent im Geschäftsfeld A einen Gewinn von zehn und in den Geschäftsfeldem B und C jeweils einen Verlust von zehn aus, er folgt eine Summierung ohne Berücksichtigung der Vorzeichen. Die Summe wäre somit 30 (drei ♦ zehn). Der Emittent müßte nun zunächst prüfen, ob ein Ergebnis von 30 kursrelevant ist. Wenn ja, müßte eine Ad-hoc-Meldung abgesetzt werden, die für jedes Segment das jeweilige Ergebnis enthält. 758 Der Emittent weist in Geschäftsfeld A einen Gewinn von zehn, in B von 30 und in C von 40 aus; die Kursrelevanz der Summe (80) wird unterstellt. Die Ad-hoc-Meldung hat jetzt die An gabe der Segmente mit den jeweiligen Ergebnissen, das Gesamtergebnis sowie für alle Anga ben die Veränderung zum entsprechenden Vorjahreszeitraum zu enthalten. 759 Vgl. hierzu 5. Kapitel A/II/2/c)/bb).
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4. Die „erhebliche“ Kursbeeinflussung
Das Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung verursacht den Emittenten deshalb Schwierigkeiten, da es zunächst an der Kausalität von Tatsa che und Börsenkurs fehlt. Außerdem ist es schwierig, die Erheblichkeit, und damit die Höhe des Kursausschlags, zu bestimmen.760 Obgleich die Analyse des 5. Ka pitels ergab, daß es den Emittenten des amtlichen Handels zuzumuten ist, die der zeitige Regelung des § 15 WpHG zu befolgen, wird im folgenden auf andere Vor schläge eingegangen. Es ist denkbar, daß diese Vorschläge für dieses Börsenseg ment einen sinnvollen Ansatz darstellen.
Zunächst könnte eine feste Prozentangabe die Höhe des Kursausschlags verbind lich festlegen. Außerdem wäre es möglich, daß die Publizitätspflicht des Emitten ten dann einsetzt, wenn die Tatsache zu einer Veränderung des Ergebnisses nach DFVA/SG führt. Schließlich könnte eine Publizitätspflicht vorliegen, wenn die Tatsache eine Veränderung der Lage oder des Geschäftsverlaufs des Emittenten begründet. a) Die feste Prozentangabe Es wäre möglich, das Kriterium der Erheblichkeit durch eine feste Prozentangabe für die Kursveränderung abzulösen. Meldepflichtig wäre demnach eine Tatsache, wenn sie eine bestimmte, vorher festgelegte Veränderung des Börsenkurses er warten ließe. Die Fixierung der Prozentangabe könnte für einzelne Wertpapier gattungen unterschiedlich erfolgen. Dieser Vorschlag ließe sich entweder durch eine Gesetzesänderung oder durch eine entsprechende Auslegung durch das BA We verwirklichen. Zunächst stellt sich das Problem, in welcher Höhe die Prozentangabe fixiert wer den sollte. Einen eindeutigen Maßstab hierfür gibt es nicht. Das Grundproblem, nämlich die Beurteilung einer Kursbeeinflussung durch eine Tatsache im voraus, würde durch diesen Vorschlag nicht gelöst. Die Prognose müßte abschätzen, ob die Tatsache zu einer prozentualen Änderung in der festgelegten Höhe führt. Es würde also zu keiner nennenswerten Entlastung der Emittenten kommen, weswe gen dieser Vorschlag abzulehnen ist.
b) Die Veränderung des Ergebnisses nach DVFA/SG
Denkbar wäre auch, daß die Publizitätspflicht des Emittenten dann einsetzt, wenn die Tatsache eine Veränderung des Ergebnisses nach DVFA/SG nach sich zieht.
760 Vgl. hierzu 5. Kapitel A/II/3/a).
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Somit wird das Tatbestandsmerkmal der Kursbeeinflussung gänzlich ersetzt. Die ser Vorschlag ist, wie bereits dargelegt wurde,761 von Loistl entwickelt worden. Die Umsetzung dieses Vorschlags würde eine Änderung des Gesetzestextes not wendig machen.
Aus Sicht des Emittenten ist dieser Vorschlag zunächst zu begrüßen, weil in den Unternehmen die organisatorischen und personellen Voraussetzungen zur Ein haltung dieses Kriteriums bereits vorhanden sind. Es wäre nämlich möglich, das Vorliegen der Meldepflicht durch Mitarbeiter des betrieblichen Rechnungswesens festzustellen. Ein Vorteil läge auch darin, daß nur jeweils eine konkrete Kennzahl ermittelt werden müßte.762
Auf der anderen Seite werden durch diesen Vorschlag die Tatbestandsmerkmale des § 15 WpHG und damit dessen Anwendungsbereich erheblich verkürzt. Loistl selbst weist darauf hin, daß im DVFA/SG-Ergebnis keine außerordentlichen Er träge und Aufwendungen berücksichtigt sind, diese aber durchaus kursrelevant sein können.763 Außerdem existieren bestimmte Ereignisse, wie z.B. ein Großauf trag, die zwar kursrelevant sind, das DVFA/SG-Ergebnis aber erst in der Zukunft beeinflussen.764 Eine ganze Reihe von Tatsachen, wie bspw. personelle Verände rungen im Unternehmen, werden durch diesen Ansatz nicht erfaßt.765 Außerdem wird durch diesen Vorschlag auch nicht die Frage beantwortet, wie hoch die Ver änderung des Ergebnisses nach DVFA/SG sinnvollerweise sein soll, damit eine Meldepflicht ausgelöst wird.766 Der Vorschlag von Loistl ist somit trotz einer Erhöhung der Rechtssicherheit für die Emittenten als Lösung abzulehnen. c) Die Veränderung der Lage oder des Geschäftsverlaufs
Schließlich könnte man noch daran denken, das Tatbestandsmerkmal der erhebli chen Kursrelevanz dadurch zu ersetzen, daß es für eine Meldepflicht ausreicht, wenn die Tatsache eine erhebliche Veränderung der Vermögens-, Finanz- und
761 Vgl. hierzu 3. Kapitel A/I/2/a)/bb). 762 Vgl. Pellens/Fülbier (1995b), S. 44. 763 Vgl. Loistl (1995), S. 236. Loistl selbst schlägt zur Lösung vor, im Einzelfall die Liquiditäts wirksamkeit zu untersuchen und bei Vorliegen derselben eine Meldung vorzunehmen. 764 Vgl. Loistl (1995), S. 236 f. Der Vorschlag von Loistl, das Ergebnis nach DVFA/SG in einem solchen Fall zu schätzen, erhöht in keiner Weise die Rechtssicherheit der Emittenten. 765 Vgl. Pellens/Fülbier (1995b), S. 44 f. 766 Vgl. auch Pellens/Fülbier (1995b), S. 44. Dort wird auch auf das Problem der Bezugsgröße für die Veränderung hingewiesen. Zum einen wäre das Vorjahresergebnis denkbar, zum anderen das erwartete Ergebnis der laufenden Periode.
Die differenzierende,
segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
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Ertragslage oder des allgemeinen Geschäftsverlaufs auslöst. Dieser Vorschlag ist, wie bereits ebenfalls dargelegt wurde, von Pellens/Fülbier entwickelt worden.767
Die genannten Kriterien und Begriffe lehnen sich an die Rechtsformpublizität des HGB an. Das hätte für den Emittenten den Vorteil, das vorhandene betriebliche Rechnungswesen bei der Beurteilung der Meldepflicht verwenden zu können.768 Der Emittent müßte darüber hinaus auch keine Prognose über die Wirkung der Tatsache auf den Aktienkurs anstellen.769 Der Vorschlag berücksichtigt hingegen nicht, daß es bspw. organisatorische oder personelle Veränderungen im Unternehmen geben kann, die zwar keine Buchung im folgenden Einzel- oder Konzemabschluß auslösen und auch nicht im Lagebe richt erscheinen, trotzdem aber Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf und Wertpapierkurse haben können.770 Schwark weist zu Recht auch auf die rechtssy stematischen Gründe hin, die einem solchen Vorschlag entgegenstehen und die darin bestehen, daß sich die Rechtsformpublizität an Adressaten wie Gläubiger und Gesellschafter richtet, während sich die Kapitalmarktpublizität auf das Anle gerpublikum bezieht.771 Heidmeier kritisiert, daß der Verzicht auf das Tatbe standsmerkmal der (erheblichen) Kursbeeinflussung eine unzuläßige Erweiterung der Anwendung der Ad-hoc-Publizität darstellt.772
Auch die Weiterentwicklung dieses Ansatzes durch Heidmeier, der Ad-hoc-Meldungen nur dann fordert, wenn Tatsachen eine „besondere Brisanz“ aufweisen und „einschneidende Veränderungen“ verursachen, stellt für die Auslegung von § 15 WpHG keinen befriedigenden Ansatz dar. Der Gesetzeszweck, nämlich die Information der Anleger, steht einer solchen restriktiven Auslegung entgegen.773 Außerdem bleibt offen, welchen konkreten Ereignissen eine „besondere Brisanz“ zuzuschreiben ist.
Vgl. hierzu 3. Kapitel A/I/2/a)/bb). Vgl. Pellens/Fülbier (1994), S. 1388. Vgl. Pellens/Fülbier (1994), S. 1388. Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 2, S. 332. Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 2, S. 332. Loistl weist daraufhin, daß sich die Pflicht zur Angabe im Lagebericht nach der Relevanz der Ereignisse für den Gläubigerschutz richtet. Die auf den Gläubigerschutz bezogene Rechnungslegungsnormen sagen jedoch wenig über die Wirkung auf den Aktienkurs aus. Vgl. Loistl (1995), S. 235. 772 Heidmeier weist auf die Bußgelddrohung des § 90 Abs. 1 BörsG a.F. hin. Wegen dieser ist eine Ausweitung der Anwendung unzuläßig. Vgl. Heidmeier (1992), S. 112 f. Zustimmend auch Schwark. Vgl. Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 5, S. 334. Schwark weist auch daraufhin, daß es in manchen Fällen auch zur Einengung der gesetzlichen Meldepflicht kommen kann. Das Ar gument von Heidmeier wiegt angesichts der im Zusammenhang mit § 15 WpHG implemen tierten Sanktionen um so stärker. 773 Vgl. auch Schwark (1994), § 44a, Rdnr. 5, S. 334. 767 768 769 770 771
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Dieser Vorschlag ist, ebenso wie die zwei vorangehenden, als Lösung für den amtlichen Handel aus den genannten Gründen abzulehnen. Die Marktcharakteri stika des amtlichen Handels und die personelle Ausstattung der Publikums-AG führen dazu, die derzeitige Regelung der „erheblichen“ Kursbeeinflussung in die sem Börsensegment beizubehalten.
5. Die Befreiung von der Publizitätspflicht Für dieses Segment ist es sinnvoll, die bisherige Regelung beizubehalten. Dem nach kann der Emittent beim BAWe einen Antrag auf Befreiung stellen.774 Einen Befreiungstatbestand deshalb abzulehnen, weil es sich um das Segment mit dem weitestgehenden Anlegerschutz handelt, ist nicht sachgerecht. Es gibt Situationen, in denen es sowohl für den Emittenten als auch für den Anleger interessengerecht sein kann, eine Befreiung von der Publizitätspflicht durch das BAWe zu erhalten. Bspw. kann auch der Anleger ein Interesse daran haben, daß in Sanierungsverfah ren vor der Publizität die ersten Sanierungsschritte intern zwischen den unmittel bar Beteiligten besprochen werden. Manchmal läßt sich die Untemehmensfortführung in einer solchen Situation nur auf diese Weise realisieren.
6. Die „unverzügliche“ Veröffentlichung Da sich im 5. Kapitel bei der Publikums-AG keine negativen Auswirkungen durch das „unverzüglich“ ergaben, soll im amtlichen Handel künftig nach der bisherigen Auslegung verfahren werden. Die Gründe hierfür liegen aus der Sicht der Emit tenten zum einen darin, daß sich die großen Publikums-Aktiengesellschaften des amtlichen Handels durch die Inanspruchnahme internationaler Kapitalmärkte an kurzfristigere Planungshorizonte angepaßt haben. Zum anderen können große Gesellschaften durch den Kauf und Verkauf von Geschäftsfeldem kurzfristig Er folge ausweisen.775 Auf der anderen Seite erfordert der strenge Anlegerschutz des amtlichen Handels eine schnelle Veröffentlichung.
7. Die herzustellende Öffentlichkeit Die im 5. Kapitel vorgenommene Analyse zeigte, daß die momentane Ausgestal tung des § 15 WpHG in bezug auf die Art und Weise der vorzunehmenden Veröf fentlichungen nicht sachgerecht ist. Die Bereichsöffentlichkeit führt lediglich zu einer Verringerung der Informationsrisiken der institutionellen Anleger. Sie wer den zu Marktinsidem mit der Folge, daß sie gegenüber den privaten Anlegern In
774 Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/3. 775 Vgl. hierzu 5. Kapitel A/II/Vc).
Die differenzierende,
segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
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formationsvorsprünge haben. Es muß deshalb darauf hingewirkt werden, daß die se Ungleichbehandlung abgebaut wird und auch bei den privaten Anlegern eine Minderung der Informations- und Substanzerhaltungsrisiken erfolgt.776 Dies wür de dazu führen, daß private Anleger vermehrt an der Börse Kapital anlegen und wäre somit ein Beitrag zur Steigerung der börslichen Effizienz. Im folgenden werden vier Lösungsvorschläge diskutiert.
a) Das überregionale Börsenpflichtblatt Denkbar wäre es, daß der Emittent die Ad-hoc-Meldungen ausschließlich über ein überregionales Börsenpflichtblatt verbreiten müßte. Dies würde jedoch vorausset zen, daß der private Anleger Zugang zu diesem Börsenpflichtblatt hat. Da man den Emittenten nicht ein einziges Börsenpflichtblatt vorschreiben kann, sondern dieser auf mehrere zurückgreifen können muß, wird es nicht gelingen, den priva ten Anleger auf diesem Weg in den Besitz der Information kommen zu lassen. Dieser Vorschlag ist somit abzulehnen.
b) Die Informationspflicht der Kreditinstitute
Die Probleme, die mit dem bisherigen Konzept der Bereichsöffentlichkeit verbun den sind, könnten auch dadurch gelöst werden, daß den Kreditinstituten im Rah men der Anlageberatung eine besondere Informationspflicht über kursrelevante Tatsachen auferlegt wird. Diese Pflicht könnte sowohl vor als auch nach dem Kauf von Wertpapieren vorliegen.
aa) Vor dem Kauf Dem Kreditinstitut obliegt vor dem Kauf von Wertpapieren eine umfassende Be ratungspflicht gegenüber dem Anleger.777 Dies wird auch durch die im 5. Abschnitt des WpHG neu geregelten Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunter nehmen unterstrichen.778 Diese Informationspflicht bei der Beratung gilt auch in bezug auf Informationen, die das Kreditinstitut als Mitglied der Bereichsöffent lichkeit aufgrund von § 15 WpHG erhält.779 Dem kann auch nicht entgegengehal776 Vgl. hierzu 5. Kapitel B/I/l/b)/cc). 777 Vgl. Heinsius (1981), S. 179 ff. In der Vergangenheit erfolgten zu diesem Themenkomplex eine Reihe von richterlichen Urteilen. Vgl. bspw. Arendts (1994b), S. 915 ff. 778 Vgl. Koller (1995a), § 31, Rdnr. 119, S. 464. Auch Empfehlungen ohne Begründung lassen die Informationspflicht nicht entfallen. Vgl. ders. (1995b), § 32, Rdnr. 9, S. 478 f. Desweiteren Kümpel (1995b), S. 689 ff. Das BAWe hat am 24. Oktober 1996 den Entwurf einer Richtlinie gern. § 35 Abs. 2 WpHG vorgelegt. Diese Richtlinie erläutert die sich für Wertpapierdienstleistungsuntemehmen aus den §§ 31, 32 WpHG ergebenden Pflichten. Vgl. BAWe (1996d), S. 394 ff. 779 Vgl. Hirte (1996), S. 68 f.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
ten werden, daß es sich bei § 15 WpHG nur um eine die Funktionen des Kapital markts und keine das Individuum schützende Norm handelt, den Kreditinstituten folglich analog zu § 15 Abs. VI WpHG ein Haftungsausschluß zugestanden wer den kann. Denn die Publizitätspflichten des Emittenten gegenüber dem Anleger publikum sind auf einer anderen Ebene angesiedelt als die Verhaltenspflichten eines Kreditinstituts gegenüber dem Kunden.780 Das Kreditinstitut muß deshalb dafür sorgen, daß der entsprechende Anlageberater jederzeit über die Ad-hocMeldungen informiert ist. Es ist auch denkbar, daß Ad-hoc-Meldungen zum Nachteil des Anlegers nach dem Erteilen des Auftrags aber vor der Ausführung der Order eintreffen. In diesem Fall ist davon auszugehen, daß die Order nicht ohne Rücksprache mit dem Kunden ausgeführt werden darf.781
bb) Nach dem Kauf Für Ad-hoc-Meldungen, die dem Kreditinstitut nach Vertragsabschluß und Aus führung der Order zugehen, besteht grundsätzlich keine Informationspflicht ge genüber dem Kunden.782 In der Vergangenheit erfolgte eine Reihe richterlicher Urteile zu den Informationsverpflichtungen der Kreditinstitute nach dem Kauf von Wertpapieren, die eindeutig keine fortdauernde Warn- und Überwachungsfimktion annehmen.783 Hingewiesen wird ausdrücklich auf die Abgrenzung zur Vermögensverwaltung. Auch die in den Sonderbedingungen Wertpapiergeschäfte vereinbarte “Weitergabe von Nachrichten” (Nr. 16) bezieht sich nicht aufkursre levante Tatsachen, die Gegenstand des § 15 WpHG sind.784 Ein anderer Fall liegt vor, wenn der Kunde beim Kreditinstitut erneut nachfragt. In diesem Fall entsteht eine neue Beratung mit den damit verbundenen Pflichten.785 Da nach dem Kauf von Wertpapieren keine gesetzlichen Informationspflichten der Kreditinstitute bestehen, können diese keine Kompensation für die Reduzierung der Anlegerrisiken der privaten Anleger darstellen.
780 Vgl. Schwark (1996), S. 119. 781 Vgl. Hirte (1996), S. 68. 782 Allgemein zur Informationspflicht des Kreditinstituts nach dem Kauf: Vgl. Kübler (1981), S. 215 f. sowie Heinsius (1994), S. 50 und Arendts (1994a), S. 255. Siehe auch Rümker (1993), S. 61, der im Hinblick auf die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie weitergehende Verpflichtun gen ablehnt. 783 OLG Karlsruhe v. 28.1.1992, WM (1992), S. 577; OLG Düsseldorf v. 8.7.1994, WuB I G 4.7.94, S. 1221 ff.; OLG München v. 16.9.1993, WM (1994), S. 236 f; LG Hamburg v. 30.8.1994, ZIP (1994), S. 1439 ff. 784 Vgl. Grill, D 50, S. 1 ff. 785 Vgl. Heinsius (1981), S. 192.
Die differenzierende, segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
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c) Die Direktmitteilung
Eine bessere Versorgung der privaten Anleger mit Informationen könnte u.U. da durch erreicht werden, daß der Emittent dem Anleger die Informationen direkt, bspw. auf dem Postweg, zukommen läßt. Dieser Vorschlag scheitert zunächst daran, daß dem Emittenten die Aktionäre nicht namentlich bekannt sind, da die meisten Aktien in Form von Inhaberaktien verbrieft sind. Der Anleger erwirbt beim Aktienkauf in der Regel Miteigentum an einem Sammelbestand, der bei der deutschen Wertpapiersammelbank (Deutscher Kassenverein AG) verwahrt wird. Dem Emittenten sind die Anleger nur im Falle von vinkulierten Namensaktien bekannt. Gegen diesen Vorschlag sprechen außer dem die Kosten, die dem Emittenten entstehen würden.
d) Der Ad-hoc-Service des Kreditinstituts Zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut kann ein Vertrag abgeschlossen werden, der ausdrücklich vorsieht, daß dem Kunden alle Ad-hoc-Meldungen übermittelt werden. Die Übermittlung könnte per FAX oder auf dem Postweg er folgen. Möglich wäre auch eine sofortige telefonische Benachrichtigung. Da ein solcher Service, wie oben diskutiert, nicht zu den gesetzlichen Informations pflichten des Anlagevermittlers gehört und ihm auch sinnvollerweise aus wirt schaftlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, muß der Wertpapierkunde dafür gesondert bezahlen.
Von den genannten Vorschlägen kommt einzig die zuletzt genannte sonderver tragliche Vereinbarung von Kunde und Kreditinstitut in Frage. Auf diese Weise werden Kosten-/Nutzenüberlegungen sinnvoll mit dem Informationsbedürfhis der privaten Anleger verknüpft.786 Dem privaten Anleger ist auf diese Weise ein Zu gang zu den Informationen aus den Ad-hoc-Meldungen möglich und er erfährt eine Reduzierung der mit der Anlage verbundenen Risiken. Allerdings kommt dieser Vorschlag für den eher desinteressierten „normalen“ Kleinanleger nicht in Betracht. Er hat eher Bedeutung für die privaten Anleger, die sich im geregelten Markt engagieren.787
786 Hopt hat darauf hingewiesen, daß es zu einer Spaltung der Beratung in unberechnete Grundver sorgung und honorierte Spezialbetreuung kommen wird. Vgl. Hopt (1995a), S. 140. Der hier unterbreitete Vorschlag unterstreicht diese Einschätzung. 787 Vgl. hierzu dieses Kapitel B/II/7.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
8. Die Integration aktienrechtlicher Informationspflichten Das Bestehen von aktien- und börsenrechtlichen Informationspflichten nebenein ander könnte dergestalt geändert werden, daß aktienrechtliche Berichtspflichten in § 15 WpHG integriert werden. Bspw. könnten die Berichtspflichten beim Bezugs rechtsausschluß gern. § 186 Abs. 4 S. 2 AktG sowie beim Abschluß von Unter nehmensverträgen nach § 293a AktG künftig ausschließlich als Ad-hoc-Meldung abgesetzt werden.788
Gegen diesen Vorschlag bestehen jedoch Bedenken. Aktienrechtliche Informati onspflichten können nur dann mit § 15 WpHG zusammengefaßt werden, wenn der Adressatenkreis der gleiche ist. Das Hauptbedenken gegen eine Zusammenfas sung ergibt sich deshalb aus folgendem: Das Verbandsrecht zielt auf die vorhan denen Aktionäre, das Kapitalmarktrecht hingegen auf das Anlegerpublikum ab. Insoweit liegen unterschiedliche Adressatenkreise vor. Außerdem existieren nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften, die nicht unter das WpHG fallen würden. Für sie müßten Sonderregelungen weiterhin Geltung besitzen. Schließlich sind die Maßnahmen, die zu einer aktienrechtlichen Informationspflicht führen, nicht im mer kursrelevant. II. Der geregelte Markt
Die Insiderrichtlinie schreibt auf der Ebene des EU-Rechts vor, auch dieses Seg ment der Ad-hoc-Publizität zu unterwerfen. Dabei findet eine Differenzierung gegenüber dem amtlichen Handel nicht statt. Gegenüber diesem Segment muß die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität im geregelten Markt jedoch weniger streng sein, wenn man eine vertikale Segmentierung für sinnvoll und notwendig erach tet.789 Nur so können für kleine und mittlere Unternehmen die Marktzutrittschan cen verbessert werden. Wird aus diesem Grund für den geregelten Markt die Adhoc-Publizität ausdifferenziert, modifiziert und partiell abgeschwächt, so führt dies, wie nochmals zu betonen ist, nicht zu einer Verringerung der Börsenmarkt effizienz. Dies ist jedenfalls dann nicht zu befürchten, wenn bei den notwendigen Modifikationen die Anlegerinteressen immer noch hinreichend berücksichtigt werden. Für eine Ausdifferenzierung der Ad-hoc-Publizität im geregelten Markt sprechen keineswegs nur rechtspolitische Überlegungen. Sie ist im Grunde genommen be reits normativ gefordert durch die spezifischen Aufgaben, die der geregelte Markt nach dem Willen des Gesetzgebers hat. Der geregelte Markt wurde für mittelstän788 Vgl. Hirte (1996), S. 64 f. 789 Vgl. hierzu dieses Kapitel A/II.
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dische Aktiengesellschaften geschaffen.790 Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität für dieses Segment hat deshalb auf der Emittentenseite die besonderen Inter essen der Mittelstandsuntemehmen zu berücksichtigen und kann nicht, wie es die bisherige Einheitsregulierung darstellt, lediglich die Interessen der großen Publi kumsaktiengesellschaften ins Kalkül ziehen. Von der Emittentenseite her ist somit eine Abstufimg, auch der Ad-hoc-Publizität, gegenüber dem amtlichen Handel geboten. Erfolgt sie nicht, so besteht ein Widerspruch zwischen den mittelstands orientierten Aufgaben, die der geregelte Markt nach dem Willen des Gesetzgebers erfüllen soll, und den marktzutrittsbeschränkenden Belastungen, die sich aus ei nem undifferenzierten § 15 WpHG für die Mittelstandsuntemehmen ergeben. Das widerspricht dem Gedanken der „Einheit der Rechtsordnung“ und dem daraus fol genden Gebot, diese frei von grundsätzlichen Wertungswidersprüchen zu halten. Bei dem Versuch, durch eine modifizierte Ad-hoc-Publizität für Mittelstandsunter nehmen im geregelten Markt den Marktzugang zu erleichtern, muß allerdings zwischen etablierten Mittelstandsuntemehmen und Venture Capital-Aktiengesellschaften unterschieden werden.791 Venture Capital-Aktiengesellschaften sind mit solchen Risiken behaftet, daß es fraglich ist, ob sie überhaupt börsenfähig sind. Selbst wenn man dies möglicherweise bejaht, wäre dies nur mit einer verschärften Ad-hoc-Publizität zu realisieren.792 Ganz anders sieht es aus, wenn es sich um schon länger etablierte, am Markt eingeführte Mittelstandsuntemehmen handelt. Bei ihnen sind die Risiken weit geringer. Deshalb ist es durchaus denkbar, daß Anteile dieser Gesellschaften auch bei einer sachgerecht geminderten Ad-hocPublizität ihre Käufer finden und diese bereit sind, dafür noch Preise zu bezahlen, die trotz gewisser Kursabschläge den Emittenten eine interessante Finanzierungs möglichkeit bieten. Dies soll im folgenden näher dargelegt werden, wobei die Vorgehensweise zur Ermittlung einer adäquaten Lösung für den geregelten Markt formal derjenigen des amtlichen Handels folgt.
1. Der Eintrittszeitpunkt einer Tatsache Für die Emittenten des geregelten Marktes ist es geboten, als Eintrittszeitpunkt für eine Tatsache bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen das Kriterium des Grads der Wahrscheinlichkeit der Realisierung in modifizierter Form zu übernehmen. Für die Fälle des Zustimmungserfordemisses der Hauptversammlung besteht die Modifikation darin, daß der Vorstand bei der Existenz von Familienpools zu nächst das Abstimmungsergebnis im Pool abwartet. Liegt dieses vor, obliegt es
790 Vgl. BT-Ds. 10/4296, S. 1 sowie die Ausführungen in diesem Kapitel unter A/III/2. 791 Vgl. hierzu 4. Kapitel A/II/2/b). 792 Vgl. hierzu dieses Kapitel B/III.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
dem Vorstand, eine Prognose für die Eintrittswahrscheinlichkeit der Tatsache vor zunehmen. Dieser Vorschlag führt im Ergebnis dazu, daß der Eintrittszeitpunkt gegenüber dem Vorschlag für den amtlichen Handel später liegen kann.
Die Emittenten des geregelten Marktes haben ebenfalls für eine ausreichende Do kumentation der Prognose zu sorgen. Deshalb sollte vor allem der Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Poolergebnisses festgehalten werden.
Für den hier unterbreiteten Vorschlag bedarf es keiner Änderung des Gesetzes textes. 2. Die Veröffentlichung von stillen Reserven Die Bildung, Auflösung oder Entstehung von stillen Reserven führt nach der gel tenden Rechtslage wohl nicht zu einer Ad-hoc-Meldung.793 Für den amtlichen Handel wurde vorgeschlagen, bei einer Reform des § 15 WpHG Grenzen für die Bildung oder Entstehung stiller Reserven einzuführen, von denen an Ad-hocMeldungen abgesetzt werden müssen.794 Auch im geregelten Markt sollte künftig eine solche Publizitätspflicht nach § 15 WpHG in bezug auf stille Reserven beste hen. Allerdings sollte die Publizitätspflicht nicht so weit gehen wie die im amtli chen Handel. Diese Forderung wird beiden Marktseiten des geregelten Marktes gerecht: Zum einen ist es sinnvoll, den Emittenten des geregelten Marktes gewisse Reserven zu belassen, damit diese in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten über Mittel verfügen, die eine langfristige Strategie zulassen. In schwierigeren Zeiten ist es für diese Emittenten im Regelfall aufgrund der geringeren Anzahl an Eigenkapitalgebem mit Problemen behaftet, neue finanzielle Mittel zu erhalten. Zum anderen spricht die Struktur der Anleger dafür, den mittelständischen Emittenten des geregelten Marktes zumindest in größerem Umfang als im amtlichen Handel das Recht einzuräumen, stille Reserven zu bilden. Die Anleger in diesem Segment sind nämlich überwiegend private Anleger, die in der Regel durch ihr Investment eine längere Bindung zur Gesellschaft eingehen. Deshalb ist es für sie weniger wichtig als für die institutioneilen Anleger, kurzfristig höhere Dividenden zu er halten. Während des längeren Zeitraums des Investments schlagen sich die stillen Reserven gleichsam als Substanzzuschlag in den Börsenkursen nieder. Diese Gründe sprechen somit dafür, auch im geregelten Markt eine Publizitätspflicht in bezug auf stille Reserven zu statuieren, diese jedoch gegenüber dem amtlichen Handel nach unten zu differenzieren.
793 Vgl. hierzu 1. Kapitel B/II/2/e). 794 Vgl. dieses Kapitel unter B/I/2.
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3. Der Jahresabschluß Auch fiir den geregelten Markt gilt, daß eine Ad-hoc-Meldung erst nach der Fest stellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat möglich ist.795 Die Aufstel lung des Jahresabschlusses durch den Vorstand kann jedenfalls noch nicht eine Ad-hoc-Meldung bedingen. Dem Aufsichtsrat ist es nämlich aktienrechtlich mög lich, Änderungen am Jahresabschluß vorzunehmen. Man könnte aus dem Gedanken einer Flexibilisierung daran denken, daß der Vor stand vor der Feststellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat zwar nicht publizieren „muß“, aber publizieren „darf4, wenn er hinzufügt, daß die Zustim mung des Aufsichtsrats noch aussteht. Es könnte nämlich Situationen geben, in denen ein mittelständischer Emittent ein Interesse daran hat, eine solche Ad-hocMeldung abzusetzen. Auf der anderen Seite sind die privaten Anleger des gere gelten Marktes in der Lage, eine solche, mit einem einschränkenden Hinweis ver sehene Ad-hoc-Meldung, richtig einzuordnen. 4. Der Sachverhaltskatalog In der Analyse des 5. Kapitels wurde festgestellt, daß das Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung insbesondere für die Familien-AG zu großen Problemen führt.796 Diese sind zum einen in den Marktcharakteristika des gere gelten Marktes begründet. Zum anderen entstehen Probleme aufgrund der perso nellen Ausstattung dieser Emittenten. Die Vorschläge, die oben als Alternativen zur „erheblichen“ Kursbeeinflussung diskutiert wurden, sind für den geregelten Markt unbefriedigend.797 Sie beseitigen die mit § 15 WpHG verbundene Rechtsunsicherheit nur bedingt und sind daher aus Emittentensicht nicht nützlich. Auf der anderen Seite werden die Interessen der Anleger zum Teil übermäßig beschnitten.
Die adäquate Lösung für die Emittenten des geregelten Marktes liegt darin, dem Emittenten einen Sachverhaltskatalog in Form einer Enumeration der melde pflichtigen Tatsachen vorzugeben. Der Emittent muß nur dann eine Ad-hocMeldung vornehmen, wenn die entsprechende Tatsache ausdrücklich in diesem Sachverhaltskatalog erscheint.
Im Ergebnis führt ein Sachverhaltskatalog - im Vergleich zum Status Quo - zu einer Reduzierung der Publizitätspflicht der Emittenten des geregelten Marktes.
795 Vgl. dieses Kapitel unter B/I/3/b). 796 Vgl. hierzu 5. Kapitel A/II/3/c). 797 Vgl. dieses Kapitel unter B/I/4.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Im folgenden wird zunächst auf den Grundsatz eingegangen, der der Bildung des Sachverhaltskatalogs zugrunde gelegt werden soll. Im Anschluß daran erfolgt der konkrete Sachverhaltskatalog mit den meldepflichtigen Tatsachen. Nach der Be schreibung einiger Beispiele, die de lege ferenda im geregelten Markt nicht mehr zu publizieren sind, wird vorgeschlagen, auf welche Weise die Umsetzung des Sachverhaltskatalogs erfolgen soll.
a) Der Grundsatz der Interessenabwägung
Die Börsenmarkteffizienz kann durch die Ad-hoc-Publizität nur gesteigert wer den, wenn den Anlegerinteressen in gleicher Gewichtung die Emittenteninteressen gegenübergestellt werden und insoweit eine Abwägung stattfmdet. Die Ad-hocPublizität im geregelten Markt wird somit nicht nur vom scheinbar unbegrenzten Informationsbedürfhis der Anleger bestimmt, sondern es gibt auch ein Schutzbedürfhis des Emittenten vor zuviel Publizität.
aa) Die Anlegerinteressen Man kann nicht einfach argumentieren: Je mehr Publizität den Emittenten aufer legt wird, um so besser werden die Anlegerinteressen und damit der Anleger schutz erfüllt. Diese Aussage ist allein schon deshalb zu relativieren, weil die An leger ab einer bestimmten Informationsmenge nicht mehr in der Lage sind, die Informationen in Anlageentscheidungen umzuwandeln. Der Grenznutzen ständig vermehrter Informationen bewegt sich tendenziell gegen Null.
Dazu kommt, das das Kriterium der Kursbeeinflussung unmittelbar auf den Anle ger ausgerichtet ist, da sich Kursänderungen direkt aus der Nachfrage der Anleger ergeben. Diese Kursorientierung ist aber auch aus Anlegersicht nicht das einzig Sinnvolle. Nur für den kurzfristig denkenden Anleger ist eine ausschließliche Fi xierung auf den Börsenkurs sinnvoll. Dies dürften eher die institutionellen Anle ger sein, da diese kurzfristig hohe Renditen erwirtschaften müssen. Der langfristig denkende Anleger, mithin eher der private Anleger, hat andere Motive, die ihn zur Anlage bewegen. Seine Rendite hängt zwar auch von der Kursentwicklung ab, aber nicht nur von der kurzfristigen. Die Kritik an der kurzfristigen Kursbetrach tung um jeden Preis ist damit indirekt auch eine Warnung vor den Gefahren einer zu weitgehenden Shareholder Value-Orientierung.798
798 Vgl. Neupert (1996), S. 40. Neupert weist auf die Gefahren des Shareholder Value-Ansatzes hin, wenn nur den Interessen der institutionellen Anleger gefolgt wird.
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bb) Die Emittenteninteressen Auf der anderen Seite dürfen die Emittenteninteressen nicht zu kurz kommen. Dem Anlegerschutz steht somit ein gleichberechtigter Emittentenschutz gegen über, und es muß insoweit eine Interessenabwägung stattfinden.
Die ökonomische Rechtfertigung findet diese Interessenabwägung darin, daß die Veröffentlichung von Informationen durch die Beeinträchtigung der Emittenten interessen börsenmarkteffizienzmindemd wirken kann.799 Dieses Ergebnis der theoretischen Ausführungen bestätigte sich im 5. Kapitel bei der konkreten Analy se der Ad-hoc-Publizität des § 15 WpHG. Indem § 15 WpHG in seiner momenta nen Ausgestaltung negative Auswirkungen vor allem auf die Familien-AG auf weist,800 zeigt sich die Notwendigkeit der Interessenabwägung für das Segment des geregelten Marktes. Die negativen Auwirkungen liegen zum einen in Form von direkten Kosten, z.B. für eine notwendige Anpassung der Organisation an die Pflichten des § 15 WpHG, vor. Diese Kosten belasten die Familien-AG relativ stärker als größere Gesellschaften. Zum anderen existieren sonstige Auswirkun gen, die negativ auf die Familien-AG wirken. Dazu gehören bspw. die Wirkun gen, die sich aus dem Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung ergeben.
Der Gesetzgeber sieht in der momentanen Ausgestaltung in § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG die Möglichkeit der Befreiung des Emittenten von der Veröffentlichungs pflicht durch das BAWe vor. Dabei soll das BAWe eine Abwägung der Interessen des Emittenten und der Anleger vornehmen.801 Wenn im Rahmen des Befreiung statbestands eine Interessenabwägung erfolgen soll, dann ist es auch angebracht, diese Abwägung bereits in der Vorphase der Veröffentlichung zugrunde zu legen. b) Die meldepflichtigen Tatsachen Nachdem der Grundsatz der Interessenabwägung als materielle Vorgabe erarbeitet und fundiert wurde, ist ein Instrument zu finden, das dabei hilft, diesen abstrakten Ansatz in die Praxis zu transformieren. Hierfür bietet sich der Sachverhaltskatalog als konkretes Instrument an. Der Sachverhaltskatalog sollte die im folgenden auf geführten meldepflichtigen Tatsachen enthalten.
aa) Das Jahresergebnis Eine Ad-hoc-Meldung ist immer zu veröffentlichen, wenn das Jahresergebnis festgestellt wurde. Somit findet diese Veröffentlichung zwingend jedes Jahr ein 799 Vgl. hierzu 4. Kapitel B/II/1 und 3. 800 Vgl. hierzu 5. Kapitel A. 801 Vgl. hierzu 5. Kapitel A/II/4/a).
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mal statt. In der Ad-hoc-Meldung sollte darüber hinaus das Vorjahresergebnis und die prozentuale Änderung im Vergleich zum Vorjahr angegeben werden. Die An gabe nach Segmenten ist nicht erforderlich.
Dem Emittenten ist es zuzumuten, nach Feststellung des Jahresergebnisses eine Ad-hoc-Meldung zu veröffentlichen. Da er das Jahresergebnis auch handelsrecht lich publizieren muß, sind seine Interessen durch eine vorherige Ad-hoc-Meldung nicht verletzt. Auf der anderen Seite sind Ergebnismeldungen für die Anleger sehr wichtig. Insbesondere deswegen, weil Dividendenzahlungen vom Ergebnis ab hängen. Durch die Berücksichtigung der Interessen beider Marktseiten ist der Grundsatz der Interessenabwägung erfüllt.
bb) Der Erwerb und Verkauf von Vermögensgegenständen Eine Ad-hoc-Meldung ist auch dann notwendig, wenn Vermögensgegenstände geoder verkauft werden. Sinnvoll ist es, wenn eine Festlegung der Summe des Ver mögensgegenstandes in % der Bilanzsumme erfolgen würde, so daß vemachlässigbare Transaktionen zu keiner Ad-hoc-Meldung führen. Diese Schwelle, der eine quantitative Größe zugrunde liegt, würde in erster Linie die Interessen der Emittenten berücksichtigen. Auf der anderen Seite erhielten die Anleger Informa tionen über wichtige Transaktionen, die für Anlageentscheidungen wichtig sind. Auf diese Weise ist ebenfalls der Grundsatz der Interessenabwägung erfüllt. cc) Die Veränderungen in der Unternehmenskontrolle Der Emittent muß immer dann eine Ad-hoc-Meldung absetzen, wenn sich Verän derungen im Bereich der Aktionäre ergeben und er hierüber vorher eine Mittei lung erhält. Dabei sollten die §§ 21 ff. WpHG in modifizierter Form Gültigkeit erlangen. Die Modifikation sollte für die Familien-AG Erleichterungen in bezug auf die in Pools gebündelten Interessen vorsehen.802
Für die Anlageentscheidung der Investoren ist es bedeutsam, welche Personen oder Gruppen Anteile am Unternehmen halten. Bei der Familien-AG gilt dieses Argument um so mehr, da das Engagement der Familienmitglieder eng mit dem Erfolg des Unternehmens verknüpft ist. Haben Investoren Hinweise darauf, daß sich Familienmitglieder von ihren Beteiligungen trennen wollen, vermindert sich oftmals ihr Interesse an einer Anlage. Auf der anderen Seite ist es dem Emittenten zuzumuten, eine Veröffentlichung der Aktionäre vorzunehmen. Der Grundsatz der Interessenabwägung ist somit erfüllt.
802 Vgl. hierzu die Vorschläge bei Falkenhagen (1995), S. 1007 f. und Jäger (1996), S. 1356 ff.
Die differenzierende,
segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
227
dd) Die erheblichen Organisationsänderungen Organisatorische Änderungen, die die Geschäftstätigkeit des Emittenten erheblich berühren, sollten den Anlegern ad-hoc mitgeteilt werden. Bspw. sollte die Schaf fung einer Holdingstruktur oder deren Abschaffung publiziert werden. Desweite ren ist an Verschmelzungen und Umwandlungen zu denken, vorausgesetzt, sie sind erheblich. Da in einem Unternehmen permanent organisatorische Änderun gen vollzogen werden, kann nicht eine für sich genommen unbedeutende Maß nahme zu einer Ad-hoc-Meldung führen. Durch die Beschränkung auf erhebliche Maßnahmen wird der Grundsatz der Interessenabwägung berücksichtigt. ee) Der Rücktritt oder die Entlassung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern Der Rücktritt oder die Entlassung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern sollen ebenfalls zu einer Ad-hoc-Meldung führen. Nicht meldepflichtig ist hinge gen, wenn die Amtszeit regulär beendet ist oder beginnt. Für den Emittenten können Meldungen über personelle Veränderungen in den Leitungsgremien empfindlich sein. Auf der anderen Seite ist die Entwicklung ei ner mittleren oder kleineren börsennotierten Gesellschaft im allgemeinen stark von einzelnen Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitgliedern geprägt. Deshalb überwiegt hier das Interesse der Anleger auf Information, da Anlageentscheidun gen von der Besetzung dieser Gremien abhängig sein können. Das Ergebnis dieser Interessenabwägung wird auch nicht dadurch geändert, daß gern. § 81 Abs. 1 AktG jede Änderung des Vorstands zur Eintragung in das Handelsregister anzu melden ist. Diese Regelung stellt aus Sicht der Anleger keinen Ersatz für eine möglichst schnelle und breite Veröffentlichung dieser Information dar. Auch die Publizität, die durch § 80 Abs. 1 AktG, also durch die Angabe der Vorstandsmit glieder und des Aufsichtsratsvorsitzenden auf den Geschäftsbriefen der Gesell schaft, erreicht wird, ist wegen des beschränkten Adressatenkreises nicht ausrei chend. Und schließlich führt auch die Bestimmung des § 106 AktG, nach der Än derungen im Aufsichtsrat bekanntzumachen sind, zu keiner anderen Lösung.
ff) Der Wechsel des Wirtschaftsprüfers Auch der Wechsel der Wirtschaftsprüfer einer Gesellschaft muß zu einer Ad-hocMeldung führen. Die Prüfung von börsennotierten Aktiengesellschaften durch Wirtschaftsprüfer ist ein wichtiger Bestandteil der Kontrolle der Gesellschaft.803 803 Auch die im Rahmen des Referentenentwurfs zum „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Untemehmensbereich (KonTraG) vorgebrachten Modifikationen unterstreichen diese Einschät zung und lassen darauf schließen, daß der Wirtschaftsprüfer künftig noch stärker als bisher in die Kontrolle der Gesellschaft einbezogen wird. Vgl. Moxter (1997), S. 722 ff.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Für die Anleger ist die Information über den Wechsel bedeutsam, weil Änderun gen meist nur dann vorgenommen werden, wenn es zwischen Wirtschaftsprüfer und Gesellschaft unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten gibt.
gg) Das Sanierungsverfahren Da im Sanierungsfall oftmals eine UntemehmensfortfÜhrung gefährdet ist, muß die Tatsache, daß sich eine Gesellschaft in der Sanierung befindet, den Anlegern mitgeteilt werden. Desweiteren sind das Stellen eines Vergleichsantrags und eines Konkursantrags sowie die Auflösung der Gesellschaft zu publizieren. c) Die Beispiele nichtmeldepflichtiger Tatsachen
Aufgrund der Tatsache, daß de lege lata kein abschließender Katalog melde pflichtiger Tatsachen besteht, ist es nicht möglich, die Tatsachen, die de lege fe renda nicht mehr meldepflichtig sind, vollständig aufzuführen. Auf der anderen Seite sollen zur Illustration, daß der hier gemachte Vorschlag zu einer Verringe rung der Publizitätspflichten der Emittenten des geregelten Marktes führt, einige Tatsachen erwähnt werden, die heute bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale nach § 15 WpHG gemeldet werden, künftig aber nach dem vorgeschlagenen Sachverhaltskatalog nicht mehr publiziert würden. Es handelt sich dabei um Tat sachen, deren Publizierung auf der einen Seite die Mittelstandsuntemehmen bela sten würde, auf der anderen Seite aber nicht unbedingt zum Schutz der privaten Anleger notwendig sind. aa) Die Zwischen- und Quartalsberichte Zwischen- und Quartalsberichte erscheinen nicht im Sachverhaltskatalog. Für die Information der Anleger ist es ausreichend, wenn die Emittenten diese Publizitäts instrumente, die im geregelten Markt de lege lata nicht obligatorisch sind, den Anlegern bspw. in Aktionärsbriefen mitteilen. bb) Die Dividendenvorschläge Auch Dividendenvorschläge wären künftig nicht mehr nach § 15 WpHG ad-hoc zu publizieren. Die Anleger erhalten gern, dem Sachverhaltskatalog das Jahreser gebnis der Gesellschaft, das die Grundlage für die Dividendenzahlung darstellt. Die bisherigen Veröffentlichungen von Mitteilungen über die Ausschüttung und Auszahlung von Dividenden nach § 63 BörsZulV bleiben davon unberührt und sind für die Information der Anleger ausreichend.
DIE DIFFERENZIERENDE, SEGMENTSPEZIFISCHE AUSGESTALTUNG DER AD-HOC-PUBLIZITÄT 229
cc) Die KapitalmaOnahmen Veränderungen des Grundkapitals des Emittenten führen nur dann zu einer Mel dung, wenn sie im Rahmen eines Sanierungsverfahrens oder im Zusammenhang mit einem Erwerb von Vermögensgegenständen stattfmden. Die aktienrechtlichen Vorschriften wie bspw. die Anmeldung des Beschlusses einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen zur Eintragung in das Handelsregister gern. § 184 Abs. 1 AktG sind ausreichend. d) Die Art der Umsetzung Zur Umsetzung des hier unterbreiteten Vorschlags eines Sachverhaltskatalogs würde es sich anbieten, den Grundsatz der Interessenabwägung in § 15 WpHG festzuschreiben. Durch diese Gesetzesänderung wäre die entsprechende materielle Vorgabe in § 15 WpHG verankert.804
Die Aufstellung des Sachverhaltskatalogs würde dem BAWe obliegen. Dies be trifft zunächst das erstmalige Aufstellen mit den oben unterbreiteten meldepflich tigen Tatsachen. Das BAWe würde daraufhin mit Hilfe einer Bekanntmachung den Sachverhaltskatalog veröffentlichen. In der Folgezeit müßte das BAWe re gelmäßig eine Überprüfung und gegebenenfalls eine Anpassung mit entsprechen der Bekanntmachung des Sachverhaltskatalogs vornehmen. Auch die US-ameri kanischen Erfahrungen mit dem Current Report weisen darauf hin, daß eine An passung von Zeit zu Zeit sinnvoll und machbar ist. Durch das Festschreiben des Grundsatzes der Interessenabwägung im Gesetz würde eine Vorgabe existieren, die dem Verwaltungshandeln des BAWe zwar eine gewisse Freiheit, auf der ande ren Seite aber auch einen Rahmen und einen Entscheidungsmaßstab vorgeben würde. Bei Änderungen des Sachverhaltskatalogs müßte es sich deshalb bei der Aufnahme von weiteren meldepflichtigen Tatsachen um ähnliche Vorgänge von entsprechendem Gewicht handeln. Auf diese Weise wäre dem BAWe ein flexibles Instrumentarium gegeben, mit dem Anpassungen des Sachverhaltskatalogs an aktuelle Entwicklungen flexibel und schnell erreicht würden.
Das BAWe hat in der Vergangenheit gezeigt, daß es durch Bekanntmachungen auf aktuelle Entwicklungen eingehen kann. Entsprechende Bekanntmachungen durch das BAWe lassen sich schneller bewerkstelligen als vorzunehmende Geset zesänderungen.
804 Es wäre auch zu prüfen, ob diese Ausgestaltung im Sinne der europarechtlichen Vorgaben ist. Gegebenenfalls müßten Änderungen auf der Ebene des Europarechts vorgenommen werden.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
5. Die Befreiung von der Publizitätspflicht
Obgleich die Tatsachen in einem Sachverhaltskatalog konkret aufgelistet werden, können sich Fallkonstellationen ergeben, die eine Befreiung von der Publizitäts pflicht erforderlich machen.
Im oben vorgeschlagenen Sachverhaltskatalog erscheint bspw. das Sanierungsver fahren. Im Rahmen einer solchen Sanierung bestehen möglicherweise Interessen des Emittenten, die eine Befreiung von der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität erfordern.805 Daher ist eine Beibehaltung des Befreiungstatbestands auch für die ses Segment empfehlenswert.
Darüber hinaus könnte man für dieses Segment jedoch auch eine Änderung des Veröffentlichungsverfahrens diskutieren. Die Änderung könnte darin liegen, daß der Emittent nicht automatisch die Veröffentlichung vomimmt, sondern daß er in jedem Fall die Tatsache an das BAWe übermittelt und dieses die ausdrückliche Anweisung zur Publizität erteilt. In praxi würde der Emittent des geregelten Marktes künftig zunächst prüfen, ob die Tatsache gern, dem Sachverhaltskatalog meldepflichtig ist. Anschließend würde er dem BAWe einen Antrag zur Überprü fung übermitteln, ob für die entsprechende Tatsache im konkreten Einzelfall eine Veröffentlichung vorzunehmen ist. Erst nach der ausdrücklichen Anweisung durch das BAWe leitet der Emittent die weiteren Schritte ein. Auf diese Weise wäre sichergestellt, daß keine Meldung irrtümlicherweise in die Öffentlichkeit gelangt. Dieser Vorschlag würde den Emittenten davor schützen, irrtümlicherweise Mel dungen zu publizieren. Deshalb wäre diese Vorgehensweise aus Emittentensicht zu befürworten. Auf der anderen Seite muß jedoch gesehen werden, daß diese Verfahrensänderung einen erheblichen bürokratischen Aufwand beim BAWe ver ursachen würde. Die Börsenmarkteffizienz insgesamt erführe folglich eine Minde rung. Aus diesem Grund ist dieser Vorschlag abzulehnen.
Eine weitere Möglichkeit könnte darin liegen, daß der Emittent des geregelten Marktes bei einer potentiellen Beeinträchtigung seiner berechtigten Interessen die Ad-hoc-Meldung zunächst zurückhält. Diese Möglichkeit würde der französi schen Ausgestaltung entsprechen.806 Allerdings müßte der Emittent beim Ver schieben der Veröffentlichung jederzeit die Vertraulichkeit der Information ge währleisten und gegebenenfalls beim Durchsickern der Information unverzüglich eine Veröffentlichung vornehmen. Würde das Verschieben der Veröffentlichung
805 Vgl. hierzu 5. Kapitel A/II/4/b)/cc). 806 Vgl. hierzu 2. Kapitel B/II/2/b)/dd).
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segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität 231
länger als zwei Tage dauern, müßte sich der Emittent die Genehmigung beim BAWe holen. Dieser Vorschlag ist börseneffizienzfördemd, da er zum einen eine Bürokratisie rung vermeidet. Zum anderen handelt es sich um eine sinnvolle Gestaltung, da den Emittenten zunächst die Verantwortung für oder gegen eine Veröffentlichung überlassen wird. Es ist auch nicht davon auszugehen, daß der Emittent zu Lasten der Anleger auf die Veröffentlichung verzichtet, da ein mißbräuchliches Zurück halten Konsequenzen sowohl beim BAWe als auch bei den Anlegern nach sich ziehen würde. Das BAWe könnte in einem Mißbrauchsfall Bußgelder verhängen, während die Anleger ihr künftiges Anlageverhalten an einem unbefriedigenden Informationsmanagement ausrichten werden. 6. Die „unverzügliche” Veröffentlichung Um die Probleme zu überwinden, die sich durch eine “unverzügliche” Pflicht zur Veröffentlichung ergeben, wäre es möglich, Fristen für die Veröffentlichung ein zuführen. Es wäre zunächst möglich, für die einzelnen Tatsachen des Sachverhaltskatalogs wie in den USA differenzierte Fristen vorzugeben. Die Festlegung und die Über wachung würde jedoch einen Verwaltungsaufwand vor allem für das BAWe be deuten. Deshalb ist es sinnvoller, die Veröffentlichungsfrist undifferenziert für alle meldepflichtigen Tatsachen vorzugeben. Es wird deshalb an dieser Stelle vor geschlagen, die Frist einheitlich auf einen Tag - ab dem Zeitpunkt des Entstehens der Tatsache gerechnet - festzulegen.
Das Festlegen einer Frist darf nicht schärfer wirken als das bisherige „unverzüg lich“. Deshalb muß es weiterhin möglich sein, daß besondere Umstände beim Emittenten die Verlängerung der Frist rechtfertigen. 7. Die herzustellende Öffentlichkeit Die Informationsunterschiede, die zwischen institutioneilen und privaten Anle gern wegen der Bereichsöffentlichkeit bestehen, können, wie dargelegt wurde,807 von den privaten Anlegern dadurch abgebaut werden, daß sie eine sondervertrag liche Veinbanmg mit dem Kreditinstitut treffen. Dies ist für den geregelten Markt und hier für die „interessierten“ privaten Anleger ein geeignetes Instrument. Die Informationsübermittlung im Rahmen einer solchen sondervertraglichen Verein
807 Vgl. hierzu dieses Kapitel B/I/7/d).
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
barung ist ein wichtiger Ausgleich dafür, daß die Ad-hoc-Publizität hier im übri gen reduziert ist.
8. Die Integration aktienrechtlicher Informationspflichten In bezug auf die Zusammenfassung von verbands- und kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten im amtlichen Handel wurden eine Reihe von Bedenken ge äußert.808 Gegen diese Zusammenfassung spricht grundsätzlich der unterschiedli che Adressatenkreis: Während Informationspflichten des Verbandsrechts auf die vorhandenen Aktionäre abzielen, dienen diejenigen des Kapitalmarktrechts der Unterrichtung des Anlegerpublikums. Dieser Gegensatz, der im amtlichen Handel ganz deutlich ist, ist im geregelten Markt weniger deutlich, da durch die längerfri stige Anlage aktuelle und potentielle Anleger tendenziell immer weniger zu unter scheiden sind. Das Hauptbedenken gegen eine Zusammenfassung relativiert sich deshalb entscheidend, weswegen die Vorschläge zur Zusammenfassung hier je denfalls erwägenswert sind und partiell realisierbar sein dürften. Bspw. könnten künftig die Berichtspflichten beim Bezugsrechtsausschluß gern. § 186 Abs. 4 S. 2 AktG ausschließlich als Ad-hoc-Meldungen abgesetzt werden. III. Der Freiverkehr Der Freiverkehr unterliegt de lege lata nicht der Ad-hoc-Publizität. Ökonomische Überlegungen zur Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität im Freiverkehr müssen berücksichtigen, daß es sich um das Börsensegment mit dem geringsten Anleger schutz handelt. Die konkrete Einführung zusätzlicher Publizitätsvorschriften ob liegt den einzelnen Börsen im Rahmen ihres autonomen Spielraums durch eine entsprechende Gestaltung der Freiverkehrsrichtlinien.
Folgt man der Segmentierung der Börsenmärkte mit der vom Gesetzgeber vorge gebenen Hierarchie der Segmente, verbleiben für den Freiverkehr auf der Emit tentenseite neben ausländischen Emittenten lediglich die Venture Capital-Aktiengesellschaften. Die Ausgestaltung der Publizität in diesem Segment muß sich des halb an den besonderen Publizitätserfordemissen dieser Gesellschaften orientie ren. Daneben kann man den Freiverkehr als Einstiegssegment für kleine inländi sche Mittelstandsaktiengesellschaften betrachten, die für ein Listing im geregelten Markt (noch) nicht in Frage kommen. Diese Gesellschaften sind jedoch aus Anle gersicht den Venture Capital-Aktiengesellschaften gleichzustellen, weil sie die niedrigen Zulassungsvoraussetzungen des geregelten Marktes nicht erfüllen. Sie sind sehr risikoreich. 808 Vgl. dieses Kapitel unter B/I/8.
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segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
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Ausländische Emittenten stellen im Freiverkehr eine bedeutende Gruppe dar. Für die Börsen ist der Handel in diesen Wertpapieren der großen Umsätze wegen wichtig. Die Einführung einer Regelung für die Ad-hoc-Publizität würde dazu führen, daß diese Emittenten einen Rückzug aus dem Freiverkehr erwägen. Dies wäre für die Börse insgesamt effizienzmindemd. Eine Ad-hoc-Publizitätspflicht im Freiverkehr ist somit im Hinblick auf ausländische Emittenten kontraproduktiv.
Die Venture-Capital-Finanzierung ist durch eine besondere Informationsasymme trie zwischen Kapitalgeber und -nehmer charakterisiert.809 Diese führt dazu, daß die Kapitalgeber mit besonderen Informationsrisiken konfrontiert sind. Die Kapi talgeber verfügen bei der Beurteilung von innovativen Investitionen oder Projek ten in der Regel über wenige Informationen. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß das konkrete Unternehmen so gut wie keine historischen Daten aufweist. Zum anderen sind wegen der Einzigartigkeit von Innovationen meistens keine Verglei che mit anderen Projekten möglich.810 Probleme der Informationsbeschaffung er geben sich für den Kapitalgeber auch in bezug auf das Management, wenn dieses keine Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten aufweist. Diese Informationsrisi ken können dazu führen, daß eine Finanzierung der Venture Capital-AG unmög lich wird.811 Aus diesem Grund werden zur Finanzierung von Venture CapitalAktiengesellschaften besondere Finanzintermediäre eingeschaltet, die die Infor mationsbeschaffung durch besondere Mitspracherechte in der Geschäftsführung absichem. Wollte man Venture Capital über die Börse aufhehmen, müßten die Publizitätserfordemisse dermaßen hoch angesetzt werden, daß ein Handel im be treffenden Wertpapier wegen der Kosten für die Emittenten unmöglich wird. Al ternativ wäre es denkbar, überhaupt keine Regelungen für die Publizität aufzu stellen. In diesem Fall würde die Finanzierung der Venture Capital-AG über die Börse ebenfalls zum Erliegen kommen, da sich zuwenig Anleger finden lassen, die solch hohe Risiken eingehen.
IV. Zwischenergebnis
Vor dem Hintergrund der Segmentierung des deutschen Börsenmarkts wird ein konkreter Vorschlag für eine künftige Regelung der Ad-hoc-Publizität unterbreitet. Die Ad-hoc-Publizität im amtlichen Handel muß sehr weit gehen. Gegenüber der bestehenden Ausgestaltung ergeben sich de lege ferenda relativ wenig Änderun gen, weil auf der Emittentenseite die Publikums-AG in nur geringem Umfang ne
809 Vgl. hierzu 4. Kapitel A/II/2/b)/cc). 810 Vgl. Hartmann-Wendels (1987), S. 17. 811 Vgl. Gerke (1995c), Sp. 1886.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
gative Auswirkungen erleidet. Der Eintrittszeitpunkt einer Tatsache wird sinnvol lerweise durch das Kriterium des Grads der Wahrscheinlichkeit der Realisierung definiert. Der Vorstand einer AG muß auch für eine ausreichende Dokumentation des Prognoseverfahrens sorgen. Es wäre sinnvoll, künftig Ad-hoc-Meldungen auch in bezug auf stille Reserven vorzuschreiben. In der Zukunft ist es erforder lich, im Rahmen der Ad-hoc-Publizität die Grundsätze der Segmentberichterstat tung des Jahresabschlusses zu übernehmen. Eine Ad-hoc-Meldung über das Jahre sergebnis ist - entgegen der Meinung des BAWe - vor dessen Feststellung durch den Aufsichtsrat nicht möglich. Die Vorschläge, die als Alternative fiir das Tatbe standsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung gemacht werden, sind für den amtlichen Handel nicht sinnvoll. Die Marktcharakteristika sowie die perso nelle Ausstattung der Publikums-AG sprechen dafür, in diesem Punkt die bisheri ge Regelung weiterzuführen. Es wird der Vorschlag unterbreitet, künftig zwischen Kreditinstitut und Anleger auf privatrechtlicher Basis einen Vertrag, der die Übermittlung der Ad-hoc-Meldungen beinhaltet, abzuschließen. Dem Vorschlag, künftig aktien- und börsenrechtliche Informationspflichten in § 15 WpHG zu sammenzufassen, stehen im amtlichen Handel Bedenken gegenüber.
Die Ausgestaltung im geregelten Markt muß gegenüber dem amtlichen Handel weniger streng sein und die Interessen der Familien-AG berücksichtigen. Dies ergibt sich aus rechtspolitischen Überlegungen und dem Zweck des geregelten Marktes, ein Marktsegment vor allem für mittelständische Unternehmen zu sein. Als Eintrittszeitpunkt für eine Tatsache bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen bietet es sich für die Fälle des Zustimmungserfordemisses der Hauptversammlung für den Vorstand an, bei der Existenz von Familienpools zunächst das Abstim mungsergebnis im Pool abzuwarten. Der Eintrittszeitpunkt kann somit gegenüber dem amtlichen Handel später liegen. Ad-hoc-Meldungen in bezug auf stille Re serven sind auch für den geregelten Markt zu fordern, sie müssen jedoch weniger umfangreich sein als im amtlichen Handel. Das Tatbestandsmerkmal der „erhebli chen“ Kursbeeinflussung wird durch einen konkreten Sachverhaltskatalog ersetzt. Auf diese Weise kommt es zu einer Steigerung der Rechtssicherheit der Emitten ten. Im Ergebnis führt der Sachverhaltskatalog zu einer Reduzierung der Melde pflichten und damit zu einer Deregulierung für die Emittenten des geregelten Marktes. Der Grundsatz der Interessenabwägung bildet den materiellen Orientie rungsrahmen für die Aufstellung des Sachverhaltskatalogs. Demnach ist dem An legerschutz am Kapitalmarkt ein gleichgewichtiger Emittentenschutz gegenüber zustellen. Die bisherige Regelung mit ihrer Kursorientierung kommt auf der Seite der Anleger überwiegend den kurzfristig denkenden Anlegern, also eher den in stitutionellen, entgegen. Die ökonomische Rechtfertigung des Grundsatzes der Interessenabwägung liegt darin, daß eine zu weitgehende Ad-hoc-Publizitäts-
Die differenzierende, segmentspezifische Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
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pflicht wegen der negativen Wirkungen auf die Emittenten zu einer Verringerung der börslichen Effizienz fuhren kann. Konkret umgesetzt wird der Grundsatz der Interessenabwägung durch den Sachverhaltskatalog. Dieser umfaßt die folgenden sieben Tatsachen: — — — — — — —
Das Jahresergebnis, Der Erwerb und Verkauf von Vermögensgegenständen, Die Veränderungen in der Untemehmenskontrolle, Die erheblichen Organisationsänderungen, Der Rücktritt oder die Entlassung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedem, Der Wechsel des Wirtschaftsprüfers, Das Sanierungsverfahren.
Umgesetzt wird der Sachverhaltskatalog, indem der Grundsatz der Interessenab wägung in § 15 WpHG festgeschrieben wird. Die Aufstellung sowie die spätere Anpassung an aktuelle Entwicklungen des Sachverhaltskatalogs obliegt dem BAWe. Für den geregelten Markt wird auch weiterhin eine Befreiungsmöglichkeit von der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gefordert. Liegt eine meldepflichtige Tatsache im geregelten Markt vor, kann der Emittent - wenn die Vertraulichkeit der Informa tion gewahrt ist - von sich aus die Tatsache für längstens zwei Tage zurückhalten. Somit ist eine Möglichkeit geschaffen, die den Emittenten die Entscheidung für die Befreiung auferlegt. Für die meldepflichtigen Tatsachen wird im geregelten Markt eine Frist von einem Tag - von der Entstehung der Tatsache an gerechnet vorgeschlagen, wobei diese Frist im Einzelfall nicht schärfer wirken darf als das bisherige „unverzüglich“. Der Vorschlag des Sachverhaltskatalogs führt zu einer Steigerung der börslichen Effizienz. Die Vorschläge zur Zusammenfassung ver bands- und kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten unter § 15 WpHG sind im geregelten Markt im Gegensatz zum amtlichen Handel erwägenswert.
Folgt man der Hierarchie der Segmente wie sie der Gesetzgeber einführte, ver bleiben für den Freiverkehr neben ausländischen Emittenten lediglich die Venture Capital-Aktiengesellschaften sowie inländische Gesellschaften mit ähnlichem Ri sikoprofil. Eine Ad-hoc-Publizität im Freiverkehr ist im Hinblick auf die ausländi schen Emittenten abzulehnen, da ansonsten mit einem Rückzug dieser Emittenten von der Börse gerechnet werden muß. Die Informationsrisiken bzgl. der übrigen Gesellschaften des Freiverkehrs sind so hoch, daß sie nicht über die Börse zu handhaben sind.
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Die künftige Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität
Durch die Differenzierung der Ad-hoc-Publizität nach Segmenten wird die börsli che Effizienz erhöht. Sowohl auf Emittenten- als auch auf Anlegerseite kann durch die Wahl des Segments der Grad an Regulierung gewählt werden, der den spezifischen Interessenlagen gerecht wird. Der Lösungsvorschlag führt insbeson dere auf der Emittentenseite für die Familien-AG zu einer Entlastung im Ver gleich zur bisherigen Regelung des § 15 WpHG.
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Zusammenfassung 1. In Deutschland hat sich die Ad-hoc-Publizität erst in der jüngeren Vergangen heit entwickelt.
Mit der Reform des Börsengesetzes durch das BörsZulG von 1986 wurde erstmals eine Publizitätspflicht für börsennotierte Unternehmen nach der Zu lassung von Wertpapieren kodifiziert. Sowohl die Pflicht zur unverzüglichen Ad-hoc-Publizität nach § 44a BörsG a.F. als auch die Pflicht zur Erstellung ei nes Zwischenberichts wurden auf Grund von europarechtlichen Vorgaben in deutsches Recht transformiert. Der deutsche Gesetzgeber ging bei der Ad-hocPublizität mit der Einbeziehung des geregelten Markts über die Vorgabe der Börsenzulassungsrichtlinie hinaus, da diese nur eine Einbeziehung des amtli chen Handels vorsah. Es wurden jedoch segmentspezifische Differenzierungen vorgesehen. Bestimmte Teile der Norm galten nur für den amtlichen Handel, nicht aber für den geregelten Markt. Der Freiverkehr wurde in die Regelung nicht einbezogen. In der Praxis spielten die neuen Publizitätspflichten nur eine unbedeutende Rolle. Im Rahmen des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes erfolgte die Neure gelung der Ad-hoc-Publizität in § 15 WpHG. Im Unterschied zur Vorgänger norm unterliegen nunmehr sowohl der amtliche Handel als auch der geregelte Markt in gleichem Umfang der Ad-hoc-Publizität, der Freiverkehr fällt nicht darunter. Es wurde das BAWe geschaffen, das als Aufsichtsbehörde über die Ad-hoc-Publizität wacht und Sanktionen in Form von Bußgeldern bis zu drei Mio. DM verhängen kann. 2. Im Ausland ist die Ad-hoc-Publizität - teils rechtlich, teils faktisch - stärker als in Deutschland ausdifferenziert.
Die US-amerikanischen Börsenmärkte weisen ganz allgemein eine deutliche horizontale und vertikale Segmentierung auf. An der NYSE sind nur große Emittenten notiert. Die Regional Stock Exchanges sind vor allem für lokale Werte attraktiv oder betätigen sich als Nischenanbieter. Das NASDAQ-System umfaßt heute (noch) überwiegend mittlere und kleine Gesellschaften, darunter auch Venture Capital-Aktiengesellschaften. Allen Märkten ist gemein, daß die Publizität der Emittenten ein große Rolle spielt. Die de jure existierenden weitgehenden Bestimmungen der einzelnen Börsen oder Self Regulatory Or ganizations zur Ad-hoc-Publizität reduzieren sich jedoch de facto auf den „rechtssicheren“ Katalog der Pflichten, der sich aus den bundesgesetzlichen Bestimmungen ergibt. Dieser Katalog schreibt die Publizität nur für wenige
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Zusammenfassung
Tatsachen vor. Das erklärt, warum es insoweit auch keine Differenzierung nach Segmenten gibt. Allerdings können sich Differenzierungen für die Emit tenten aus freiwillig gemachten Angaben und aus periodischen Berichts pflichten ergeben. Insbesondere die Quartalsberichte sind am US-ameri kanischen Kapitalmarkt von Bedeutung.
Der französische Börsenmarkt weist eine Segmentierung auf, die dem deut schen Börsenmarkt sehr ähnlich ist. Auch in Frankreich findet der Großteil des Handels im obersten Segment der Börse, der Cöte Officielle, statt. Der Einfüh rung eines Zweitmarktes in den 70er Jahren folgte 1996 der Handelsbeginn im Nouveau Marchö. Auch am französischen Börsenmarkt spielt die Publizität, die durch die COB als Marktaufsichtsbehörde überwacht wird, eine bedeuten de Rolle. Die Ad-hoc-Publizität gilt in Frankreich für alle Segmente gleicher maßen, eine Differenzierung nach Segmenten findet nicht statt. Die Ad-hocPublizität in Frankreich ist jedoch so gestaltet, daß der Emittent unter gewissen Voraussetzungen das Recht hat, Tatsachen zurückzuhalten und eine Verschie bung der Veröffentlichung aufgrund der eigenen Beurteilung vorzunehmen. Insoweit enthält die französische Regelung einen liberalen Kem, der den In teressen der Emittenten entgegenkommt. Im NM existieren neben der Ad-hocPublizität andere Publizitätsinstrumente, die verschärfend wirken und so für die Emittenten zu höheren Belastungen führen. Allerdings stellt der NM ein Börsensegment für Aktiengesellschaften dar, die erst seit kurzer Zeit existieren und außerdem in risikoreichen und wachstumsorientierten Branchen tätig sind. Somit handelt es sich eher um ein Segment für die Aufnahme von Venture Capital. Der Blick auf die ausländische Ausgestaltung ist ein wichtiger Hinweis darauf, daß eine segmentspezifisch ausgestaltete Ad-hoc-Publizität sachgerecht und notwendig ist. 3. Die rechtspolitische Diskussion, die im Zusammenhang mit § 15 WpHG ge führt wird, liefert weitere Hinweise für die Notwendigkeit einer differenzierten Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität. Sie verdeutlicht, daß es Argumente für und gegen die Ad-hoc-Publizität gibt. Mit Blick auf die Emittenten wird vor allem auf die Probleme hingewiesen, die sich für kleine und mittlere börsen notierte Gesellschaften aus einer zu weitgehenden Ad-hoc-Publizität ergeben. Allerdings wird in der Diskussion zu wenig beachtet, daß die Börse nach Seg menten gegliedert ist. Es wird nur von wenigen Autoren gefordert, daß in den unteren Marktsegmenten, etwa im geregelten Markt, die Ad-hoc-Publizität nicht so streng sein dürfe, damit hier für mittelständische Unternehmen die Kapitalbeschaffung über die Börse leichter würde.
Zusammenfassung
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Mit dem „Neuen Markt“ ist ein besonderer Markt für mittelständische Unter nehmen errichtet worden. Hier gelten allerdings noch strengere Publizitätsvor schriften als im amtlichen Handel und im geregelten Markt. Das erklärt sich jedoch daraus, daß es sich um ein Handelssegment für wachstumsstarke Emit tenten handelt und somit eher eine Venture Capital-Finanzierung stattfindet. Für etablierte Mittelstandsuntemehmen wären dagegen durchaus Marktseg mente denkbar, in denen die Ad-hoc-Publizität im Vergleich zum amtlichen Handel schwächer ist. Das zeigen die Versuche, innerhalb des Freiverkehrs durch Ausnutzung der hier bestehenden autonomen Regelungskompetenzen mittelstandsorientierte Marktsegmente zu entwickeln. Zu nennen ist hier der „Mittelstandsmarkt Bremen“, bei dem auf die Befolgung der Ad-hoc-Publizität völlig verzichtet wird. Im „Prädikatsmarkt München“, der ebenfalls auf mittel standsorientierte Unternehmen abzielt, müssen die Emittenten die Ad-hocPublizität dagegen befolgen. Im Freiverkehr besteht also bei der Ad-hocPublizität zwischen den Börsen ein horizontaler Wettbewerb. 4. Das Ziel der Ad-hoc-Publizität ist die Verbesserung der Börsenmarkteffizienz. Die ökonomische Analyse zeigt, daß insoweit neben institutionellen auch indi viduelle Aspekte von Bedeutung sind und zwischen beiden enge Interdepen denzen bestehen. Auf der institutionellen Ebene muß in allokative, operationale und Informati onseffizienz unterschieden werden. Auf der individuellen Ebene muß bei den Anlegern zwischen den institutioneilen und den privaten und bei den Emitten ten zwischen großen sowie mittleren und kleinen Aktiengesellschaften ge trennt werden. Bei den mittleren und kleinen Aktiengesellschaften muß weiter in Familien-AG einerseits und Venture Capital-AG andererseits aufgeteilt werden.
Wird eine solche sachgerecht differenzierende Betrachtung durch Rückgriff auf die Erkenntnisse der Regulierungstheorie ergänzt, lassen sich wissenschaft lich fundierte Aussagen über die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität machen. Die prinzipielle Regulierungsnotwendigkeit der Ad-hoc-Publizität läßt sich mit Hilfe der normativen Theorie der Regulierung untermauern. Dem steht auch die Portfoliotheorie nicht entgegen. Eine marktliche Lösung des Publizitäts problems reicht für sich allein ebenfalls nicht aus. Das zeigt eine Analyse der Signal- und der Agenturtheorie. Der Rückgriff auf die normative Theorie der Regulierung zeigt aber auch, daß es Deregulierungspotentiale und z.T. sogar Deregulierungsnotwendigkeiten gibt. Eine zu weitgehende Publizität kann für potentielle Emittenten mit Belastungen verbunden sein, die sie vom Going Pu blic abhalten. Wenn dies der Fall ist, beseitigt die Ad-hoc-Publizität Marktver
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Zusammenfassung
sagen nicht, sondern führt zu Marktversagen. Umgekehrt kann natürlich auch eine zu schwache Ad-hoc-Publizität Marktversagen bedingen, wenn dadurch potentielle Anleger vom Erwerb der angebotenen Beteiligungstitel abgehalten werden. All das zeigt, daß der richtige Grad an Regulierung nur innerhalb der Bandbreite liegen kann, in der die Interessen von Emittenten und Anlegern gleichgerichtet sind. 5. Die ökonomische Analyse des § 15 WpHG und die ergänzenden Überlegun gen auf der Grundlage der Regulierungstheorie ergeben, daß die derzeitige Ausgestaltung in Form einer Einheitslösung suboptimal ist und segmentspezi fisch ausdifferenziert werden muß. Eine undifferenzierte Anwendung des § 15 WpHG führt auf der einen Seite bei kleinen und mittleren Unternehmen zu er heblich größeren direkten Kosten und belastenden Auswirkungen als bei den großen Unternehmen. Auf der anderen Seite ist eine undifferenzierte Anwen dung der Ad-hoc-Publizität nicht notwendig, um die Funktionsfähigkeit der Börsenmärkte und damit einen ausreichenden Anlegerschutz sicherzustellen. a) Es sind vor allem die folgenden Umstände, die bei einer undifferenzierten Ad-hoc-Publizität bei kleinen und mittleren Unternehmen, und hier insbeson dere bei den Familien-Aktiengesellschaften mit in Pools gebündelten Interes sen, zu besonderen, nicht notwendigen Belastungen führen.
Die Analyse der direkten Kosten der Ad-hoc-Publizität ergibt, daß die dadurch entstehenden Belastungen für die Familien-AG größer sind als für die Publi kums-AG. Es bestehen aber auch sonstige Auswirkungen des § 15 WpHG auf die Emit tenten. Meldepflichtige Tatsachen des § 15 WpHG sind oftmals das Ergebnis mehrstufiger Entscheidungsprozesse. Sowohl die Unumkehrbarkeit als auch das Ende des internen Entscheidungsprozesses stellen keinen befriedigenden Zeitpunkt für das Eintreten dar. Einzig sinnvoll ist deshalb der Grad der Wahr scheinlichkeit der Realisierung. Bei der Familien-AG ist jedoch eine Modifi kation notwendig, die darin besteht, daß eine Prognose nur auf der Basis des Abstimmungsergebnisses des Pools möglich ist. Somit muß sich für die Fami lien-AG der Eintrittszeitpunkt der Meldepflicht nach hinten verschieben.
Auch das Verhältnis von Ad-hoc- zur Regelpublizität verursacht bei den mit telständischen Emittenten besondere Probleme. Die vom Gesetzgeber formu lierte Ergänzungsfunktion sorgt nicht für Klarheit. Die Ansicht des BAWe, daß beim Jahresabschluß eine Veröffentlichungspflicht bereits bei dessen Auf stellung vorliegen kann, ist nicht sachgerecht. Im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses können sich nämlich Änderungen des Rechenwerks erge ben. Außerdem muß die Familien-AG aufgrund ihres im Vergleich zur Publi
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kums-AG geringer diversifizierten Geschäftsfeldportfolios mehr Ad-hocMeldungen veröffentlichen. Den Emittenten bereitet es Probleme, im voraus abzuschätzen, ob eine Tatsa che eine „erhebliche“ Kursbeeinflussung nach sich zieht oder nicht. Für die Publikums-AG ist es weniger problematisch, die Kursbeeinflussung einer Tat sache im voraus abzuschätzen. Sie verfügt über kapitalmarktkundige Mitar beiter mit jahrelanger Erfahrung. Außerdem erleichtern die Charakteristika des amtlichen Handels die Einschätzung. Die Familien-AG verfugt weder über Kapitalmarktspezialisten noch trifft sie im geregelten Markt auf ähnlich gün stige Charakteristika. Die Volatilitäten des geregelten Marktes erschweren vielmehr die Einschätzung einer potentiellen Kursbeeinflussung. Um eine Befreiung durch das BAWe zu erhalten, müssen die „berechtigten Interessen“ des Emittenten schutzwürdiger sein als die Informationsinteressen der Anleger. Es ist für das BAWe äußerst schwierig, den potentiellen Schaden einer Tatsache einzuschätzen. Problematisch ist neben der Beurteilung der spe zifischen Situation des Emittenten auch die Wirkung auf mögliche Informati onsempfänger. Diese Probleme gelten grundsätzlich für alle Emittenten, sie sind jedoch besonders belastend für die mittleren und kleinen Unternehmen.
Durch das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ ergeben sich kurz- und lang fristige Wirkungen, die für die Familien-AG besonders belastend sind. Schwer wiegende Probleme können sich ergeben, wenn durch irrtümlich publizierte Informationen die Eigenständigkeit des Emittenten gefährdet wird. Aber auch die langfristigen Wirkungen auf die Untemehmenspolitik können gravierend sein. Die Familien-AG, deren Stärke in der jahrelangen Anhäufung von KnowHow in einer oder wenigen Branchen liegt und deren Geschäftstätigkeit eher langfristig ausgelegt ist, muß kurzfristig Erfolge oder Mißerfolge am Kapital markt ausweisen. Dies führt zu einer Verkürzung des Planungshorizonts. Die Publikums-AG ist an die Gepflogenheiten insbesondere US-amerikanischer Kapitalmärkte gewöhnt und hat außerdem die Möglichkeit, durch Umschich tungen im Portfolio kurzfristig rentabel zu werden. b) Auf der Anlegerseite ist, wie bereits erwähnt, eine nicht differenzierende Einheitslösung ebenfalls nicht notwendig. Die privaten Anleger, die für den Erwerb mittelständischer Beteiligungstitel in erster Linie in Betracht kommen, sind zwar grundsätzlich an Informationen interessiert, wie sie die Ad-hocPublizität liefert. Erhalten sie allerdings nur eingeschränkte Informationen, weil zur Erleichterung des Markteintritts von kleinen und mittleren Unterneh men die Pflicht zur Veröffentlichung vermindert wird, führt das nicht dazu, daß überhaupt keine Anleger mehr Wertpapiere kaufen. Die Anleger werden
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vielmehr in ihren Kaufentscheidungen die geringeren Informationen in Form von Risikoabschlägen auf die Wertpapiere berücksichtigen. Abgesehen davon muß berücksichtigt werden, daß bei einer undifferenzierten Umsetzung für die Anleger neben Informationsverbesserungen die folgenden Nachteile entstehen können. Durch das Konzept der Bereichsöffentlichkeit sind die privaten Anleger i.d.R. benachteiligt. Diese haben praktisch keine bzw. mit vertretbarem Aufwand realisierbare Möglichkeiten, die so bereitgestellten Informationen zu erhalten. Die Anlegerrisiken vermindern sich somit für die privaten Anleger durch die ses Konzept nicht. Im Gegenteil: sie werden im Vergleich zu den institutio nellen Anlegern im Ergebnis schlechter gestellt, weil diese durch die Bereichs öffentlichkeit zusätzliche Informationen erhalten, die die privaten Anleger normalerweise nicht erreichen.
Weitere Nachteile könnten sich aus den Auswirkungen der Bereichsöffentlichkeit auf die Auskunftspflicht des Vorstands in der Hauptversammlung ergeben.
Das wäre vor allem dann der Fall, wenn eine Meldung nach § 15 WpHG für den Vorstand ein aktienrechtliches Auskunftsverweigerungsrecht begründen würde. Dies ist eine verbreitete Ansicht. Sie ist aus Anleger- und Funktions schutzgründen abzulehnen, weil die Bereichsöffentlichkeit dem privaten Anle ger i.d.R. keinen Informationsvorteil bringt. Sie dürfte aber, zumindest kurz fristig, kaum zu überwinden sein. Nachteilige Rückwirkungen könnten sich auch dann ergeben, wenn der Vor stand in der Hauptversammlung eine Auskunft mit der Begründung verwei gert, die entsprechende Frage eines Aktionärs betreffe Tatsachen, die pflicht widrig nicht gemeldet wurden. Auch für diesen Fall soll es ein Auskunftsver weigerungsrecht geben. Ein solches Auskunftsverweigerungsrecht ist jedoch nicht notwendig, um Vorabinformationen an bestimmte Aktionäre, nämlich die in der Hauptversammlung erschienenen, zu vermeiden. Es ist vielmehr mög lich, daß die entsprechende Tatsache nach § 15 WpHG aus der Hauptver sammlung heraus veröffentlicht und gleichzeitig dem Aktionär Auskunft ge geben wird. Es ist jedoch fraglich, ob und wann sich diese Meinung durch setzt.
c) Die ökonomische Analyse des § 15 WpHG in seiner momentanen Ausge staltung und Anwendung zeigt, daß die Effizienz der Börse nicht verbessert, sondern eher vermindert wird. Die Norm berücksichtigt unzureichend, daß die Börse nach Segmenten gegliedert ist. Potentielle mittelständische Emittenten werden so vom Börsengang abgehalten, obwohl sie bei einer für sie sinnvoll segmentspezifisch ausdifferenzierten und entsprechend verminderten Ad-hoc-
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Publizität immer noch genügend Anleger finden würden, die ihre Anteile trotz entsprechender Kursabschläge für einen für den Emittenten interessanten Preis kaufen würden. 6. Eine differenzierende, segmentspezifisch ausgestaltete Regelung führt durch ein Mehr an Wettbewerb zu einer Steigerung der Börsenmarkteffizienz. Sie sollte nach den hier entwickelten Vorstellungen wie folgt ausgestaltet werden. a) Im amtlichen Handel sollte es im wesentlichen bei der bestehenden Rege lung bleiben. Dieses Segment ist auf große Publikums-Aktiengesellschaften zugeschnitten, und diese Gesellschaften erleiden durch die in § 15 WpHG normierten Publizitätspflichten nur geringe Nachteile. Der Eintrittszeitpunkt einer Tatsache wird sinnvollerweise durch das Kriterium des Grads der Wahr scheinlichkeit der Realisierung definiert. Stille Reserven sind nach geltendem Recht keine zu veröffentlichenden Tatsachen, obwohl hierfür erhebliche öko nomische Gründe bestehen. Deshalb sollte bei einer Reform des § 15 WpHG eine entsprechende Verpflichtung statuiert werden. Es ist künftig erforderlich, im Rahmen der Ad-hoc-Publizität die Grundsätze der Segmentberichterstat tung des Jahresabschlusses zu übernehmen. Alternative Vorschläge, die für das Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung gemacht werden, sind für den amtlichen Handel nicht sinnvoll. Die Marktcharakteristika sowie die personelle Ausstattung der Publikums-AG sprechen dafür, in diesem Punkt die bisherige Regelung weiterzuführen. Sinnvoll wäre es, künftig zwischen Kreditinstitut und privatem Anleger auf privatrechtlicher Basis einen Vertrag abzuschließen, der die Übermittlung der Ad-hoc-Meldungen beinhaltet. Eine Zusammenfassung von aktien- und börsenrechtlichen Informationspflichten in § 15 WpHG wäre im amtlichen Handel nicht sachgerecht.
b) Die Ausgestaltung der Ad-hoc-Publizität muß im geregelten Markt gegen über dem amtlichen Handel weniger streng sein und auf der Emittentenseite vor allem die Interessen der Familien-AG berücksichtigen. Dies ergibt sich sowohl aus rechtspolitischen Überlegungen als auch aus dem Willen des Ge setzgebers in bezug auf den geregelten Markt. Als Eintrittszeitpunkt für eine Tatsache bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen bietet es sich für die Fälle des Zustimmungserfordemisses der Hauptversammlung für den Vorstand an, bei der Existenz von Familienpools zunächst das Abstimmungsergebnis im Pool abzuwarten. Der Eintrittszeitpunkt muß in diesen Fällen gegenüber dem amtlichen Handel später liegen. Das Tatbestandsmerkmal der „erheblichen“ Kursbeeinflussung sollte durch einen konkreten Sachverhaltskatalog ersetzt werden. Auf diese Weise kommt es zu einer Steigerung der Rechtssicherheit der Emittenten. Im Ergebnis führt der Sachverhaltskatalog zu einer Reduzie rung der Meldepflichten und damit zu einer Deregulierung für die Emittenten
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des geregelten Markts. Der Grundsatz der Interessenabwägung bildet den ma teriellen Orientierungsrahmen für die Aufstellung des Sachverhaltskatalogs. Demnach ist dem Anlegerschutz am Kapitalmarkt ein gleichgewichtiger Emittentenschutz gegenüber zu stellen. Der Sachverhaltskatalog sollte die fol genden sieben Tatsachen umfassen: — Das Jahresergebnis, — Der Erwerb und Verkauf von Vermögensgegenständen, — Die Veränderungen in der Untemehmenskontrolle, — Die erheblichen Organisationsänderungen,
— Der Rücktritt oder die Entlassung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedem, — Der Wechsel des Wirtschaftsprüfers, — Das Sanierungsverfahren. Der Sachverhaltskatalog, sollte in der Weise umgesetzt werden, daß der Grundsatz der Interessenabwägung in § 15 WpHG festgeschrieben wird. Die Aufstellung sowie die spätere Anpassung an aktuelle Entwicklungen des Sach verhaltskatalogs sollte dem BAWe obliegen.
Für den geregelten Markt sollte es auch weiterhin eine Befreiungsmöglichkeit von der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität geben. Liegt eine meldepflichtige Tatsa che im geregelten Markt vor, kann der Emittent von sich aus die Tatsache für längstens zwei Tage zurückhalten, danach muß er sich die Genehmigung vom BAWe einholen. Somit ist eine Möglichkeit geschaffen, die den Emittenten die Entscheidung für die Befreiung auferlegt. Für die meldepflichtigen Tatsa chen wird im geregelten Markt eine Frist von einem Tag vorgeschlagen, wobei diese Frist im Einzelfall nicht schärfer wirken darf als das bisherige „unver züglich“.
Ein Sachverhaltskatalog der vorgestellten Art führt zu einer Steigerung der börslichen Effizienz. Die Vorschläge zur Zusammenfassung von verbandsund kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten unter § 15 WpHG sind für den geregelten Markt erwägenswert.
c) Der Freiverkehr, der in der gesetzlichen Hierarchie der Segmente am unte ren Ende steht und ganz generell den geringsten Anlegerschutz gewährleistet, eignet sich grundsätzlich nicht für mittelständische Unternehmen zur Kapital beschaffung. Auch die Versuche, den Freiverkehr für Venture Capital-Aktiengesellschaften nutzbar zu machen, sind kritisch zu beurteilen. Bei Venture Ca
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pital-Aktiengesellschaften sind für den potentiellen Anleger die Informations risiken und damit die Informationskosten so hoch, daß ihre Anteile kaum über die Börse zu handeln sind. In bezug auf die im Freiverkehr gehandelten aus ländischen Emittenten wäre die Einführung einer zwingenden Vorschrift zur Ad-hoc-Publizität bspw. in Form von § 15 WpHG kontraproduktiv, da sich diese Emittenten von der Börse zurückziehen würden. Durch die Differenzierung der Ad-hoc-Publizität nach Segmenten wird die börsliche Effizienz erhöht. Sowohl auf Emittenten- als auch auf Anlegerseite kann durch die Wahl des Segments der Grad an Regulierung gewählt werden, der den spezifischen Interessenlagen gerecht wird. Eine segmentspezifisch ausdifferenzierte Ad-hoc-Publizität führt insbesondere für die Familien-AG zu einer Entlastung im Vergleich zur bisherigen Regelung des § 15 WpHG, die ihr die Kapitalbeschaffung über die Börse erleichtert.
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