Deutsches Wörterbuch: Lieferung 9 Versprutzeln – Verstehen [Reprint 2022 ed.] 9783112641507


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Deutsches Wörterbuch: Lieferung 9 Versprutzeln – Verstehen [Reprint 2022 ed.]
 9783112641507

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DEUTSCHES

WÖRTERBUCH VON

JACOB GRIMM UND WILHELM GRIMM Herausgegeben von der

Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin

XII. Bandes I. Abteilung 9. Lieferung VERSPRUTZELN—VERSTEHEN

1961 S. HIRZEL VERLAG • LEIPZIG IN ARBEITSGEMEINSCHAFT MIT DEM AKADEMIE-VERLAG GmbH, BERLIN

Unveränderter Nachdruck Erschienen im S. Hirzel Verlag, Leipzig C 1« SchuhmaehergSßehen 1—3, in Arbeitsgemeinschaft mit dem Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger Str. 3—4 Lizenz-Nr. 202 . 100/71/61 Offsetdruok : VEB Druckerei „Thomas Müntzer" Bad Langensalza Bestell-Nr. 3021/XII/I/-/9 Preis DM 5,— Printed in Germany ES 7 D

1505

VERSPRUTZELN-VERSPSALM

VERSPUCKEN - V E R S P Ü L U N G

1) trän», gebrauch. a) eine fiiissigkeit tropfenweise verbreiten: der Zerstäuber versprüht eine wohlriechende flüssigkeit im zimmer; die brunnenfiguren versprühen Wasserstrahlen; sehet ihr weiter h i n a u s . . , so seht ihr den bach schon in's meer flieszen, wo an der m ü n d u n g die tritonen mit schönen muscheln ihn auffassen, z u m theil trinkend und zum theil blasend versprühen GÖTHE 49, 148 Weim. auf gerüche übertragen: unsre wangen glühten, so wie die rosen, die mit uns im bunde auf grüben) ihren süszen duft versprühten

lieber des rabbi Mose Stendels jüdisch-deutsche verspsalmen lese HERDER 10, 117. VERSPUCKEN, verb. zur lautform vgl. th. 10, 8, 208. das compositum fehlt in den wbb.; doch verzeichnet es FISCHER 2, 1351 für das schwäb.: den boden verspucken, durch vieles spucken besudeln, das wort gehört der derben Umgangsprache an. ausspeim, von sich speien: sein gift völlig verspuckt haben beleg aus Westernumns monatsheften (1874) bei SANDERS ergänz.-wb. 499". VERSPULEN, verb. zu spule, spulen th. 10, 2, 219, 222; erst bei CAMPE verzeichnet, mit der spule verarbeiten, auf die spule laufen lassen: se h a t wieder a par strähne verspult n ä c h t ' n abend G. HAUPTMANN weher 96. durch spulen verbrauchen, verarbeiten WEINHOLD handschr. nachlasz S bl. 407 r. auch nid. verspoelen, al het garen SICHERER-AKVELD 1190». CAMPE betont die resultative bedeutung ,durch spulen alle machen': alles garn verspulen, alles garn auf spulen bringen, laufen lassen, scherzhaft wird es dann auf das essen übertragen (vgl. spulen 3 sp. 222): verspulen, veressen SALLMANN Esthland 73*; schles. verspulen, verzehren, aufessen WEIN-

F . v . SAAR 2, 92.

b) besonders von der bewegung der funken, des blitzes, des lichtes: der (geschlagene) stein versprüht funken HEYNE wb.; ein erlauchter fürst von so leuchtender herkunft, dasz die strahlen der sonne a n den funken erglühen, die er scheidend versprüht EICHENDORFF Z. gesch. d. dramas (1854) 53; doch einen blitz, wie dieser (edelstein) deinem blick entgegen sendet, wenn du ihn betrachtest, hat selbst der diamant noch nie versprüht [ HEBBEL 3, 42;

das die kohle bricht, die zum fest uns glüht, die auf lust und jubel ihr licht versprüht

FREILIGRATH dichtung.

(1870) 4, 38;

. . und durch Ludgate's prächtige lädenreih'n, wo die seide, die wolle versprühn ihren schein, hastend zerlumpt und zerfetzt . . 3, 209; hier sind nun die lieder, die ..einst so wild, wie ein lavastrom, der dem Ätna entquillt, hervorgestürzt aus dem tiefsten gemüt, und rings viel blitzende funken versprüht! U . HEINE 1, 34;

ihre äugen, starr wie edelsteine, aber leuchtend, als ob sie ihren letzten glänz versprühen sollten STORM 7, 131. c) auch,sprühend erschöpfen': die fontäne h a t in kurzer zeit ihre wasser versprüht, von dem gewaltsamen entblättern der blüte: der ersten liebe scheues, blödes schweigen, der ersten liebe knospenhafte blüte, wie sie unschuldig lacht aus lilienzweigen, bis die natur sie rücksichtslos versprühte LILIENCRON »11, 200.

bildlich: er h a t in der gesellschaft ein brillantfeuerwerk von witzen versprüht und sich so verausgabt, dasz er für den rest des abends nicht m e h r zu brauchen war. besonders ,unnütz aufwenden, erschöpfen': m a n c h e r versprüht seine kräfte in wilden Unternehmungen, ohne etwas rechtes zu leisten. 2) intrans., besonders in der form des perfects; sieh in seine bestandtheile auflösen: wenn . . erden, sonnenbälle als bltltenstaub versprüht ANAST. GRÜN ged. (1837) 207.

von feuer, flammen, funken; aufhören zu sprühen, sprühend vergehen: Gerda's schwindliches feuerrad war versprüht FOUQUE zauberring (1812) 2, 123; die flamme mag versprühn F . RÜCKERT 1, 378;

dasz in asche sie zusammen sind versunken und versprüht 159. 3) reflex. selten, nach bekanntem muster gebildet: bis der ström zerstäubt und in unzählige straszen und gassen sich versprüht Wochenschrift ,märz' (1911) 3, 536b. übertragen, ,sich in seine bestandtheile auflösen, sich er schöpfen, verausgaben', besonders mit dem nebensinn des nutzlosen auftvendens: um wieviel beisser heimlich feuer brennt, ale was für jeden sich versprüht in funken GEIBEL 1,151.

VERSPRUTZELN, verb., nur obd. mundartlich; umlauttose nebenform von versprützeln, einer deminutivbildung zu versprützen, s. verspritzen, schwäb. eine heisze suppe blasen und versprutzlen, verspritzen FISCHER 2, 1351; elsäss. versprutzlen, bespritzen mit einer sprutz MARTIN-LIENHART 2, 564 B .

VERSPSALM, m„ psalm in versen: ich wiederhole es, dasz ich statt eines solchen travestirten Davids immer

1506

HOLD a. a. 0.

VERSPÜLEN, verb., wird gebraucht von der bewegung des wogenden wassers, der welle, die bedeutung ist nach zwei richtungen ausgebaut: fortspülen, spülend entfernen; überspülen, spülend verdecken. CAMPE kennt nur die zweite, erst HEYSE wb. 2, 1624 verzeichnet beide. 1) fortspülen; vgl. fries. forspiele, wegspoelen; id iten forspiele, te veel drinken na den maaltijd DIJKSTRA 1, 419"; der hoffnungslos leidende wird . . an das . . ufer . . gelegt, . . u m . . noch vor dem letzten athemzuge mit der wasserwelle . . gewaschen, u m dann verbrannt, und wieder verspült zu werden RITTER erdkunde 6, 623; ihm schwollen der geschichte fluth auf fluthen, verspülend, was getadelt, was gelobt GÖTHE 16,1£6

vom bilde des meeres übertragen: ich möcht' vom höchsten bäume mich stürzen in die fluth 1 ich möchte zu weichem schäume verspülen meine gluth!

Weim.

WILH. MÜLLER ged. 240.

2) durch spülen, durch etwas, das auf gespült wird, verdecken oder auch unkenntlich machen: die spur a m ufer ist vom wasser verspült, durch aufgespülten sand oder schlämm CAMPE; von sommerregen halb verspühlet, und halb von zephyrn abgeweht J . G. JACOBI 2,165.

3) dazu bucht SANDERS wb. 2, 2, H60C als technischen atisdruck in der maierei: färben verspülen = verflöszen, ineinander flieszen, Übergehn lassen, verschmelzen (vgl. verspülung). 4) refl. sich spülend auflösen: die welle verspült sioh zu s c h ä u m ; und auf dem weichen bett des dünenstrandes verspülen sich die klaren blauen wellen, wie müde kämpfer, die nach ruh' verlangen WILH. MÜLLER ged. 273.

VERSPULGEN, verb., zu spulgen, pflegen th. 10, 2, 226. verspulgen hat perfectiven sinn: aufhören zu pflegen, eine gewohnheit ablegen; angeführt im mhd. wb. 2, 2,553B und LEXER hdwb. 3, 247 nach FRISCH 2, 312»: dieses ist von allen brüdern und gemeinden in der ganzen weit verworfen und verspulgt, displicere non probatum esse ebd.; do ward verspulcht trew und warheyt ALBRECHT v . HALBERSTADT bei WICKRAM 7, 17, 245

FROMMANN zeitschr. 6, 20 führt verspilgen ,vermissen' an.

dazu

die

Balte.

atilautsform

VERSPÜLUNG, f . , subst. zu verspülen 2 CAMPE, im anschlusz an verspülen 3 als technischer ausdruck in der. maierei: n u n bearbeitet m a n sie (die platte beim kupferstich) von neuem mit der nadel und höhlt das fehlende, oder die s a n f t e m töne und verspülungen nach . . ; dasz der künstler . . mit leichterer m ü h e und weniger Zeita u f w a n d , jene feinern töne und verspülungen . . da durch hervorbringen k a n n SULZER theorie 4. schönen künste 2, 453

96

1507

VERSPUNDEN

VERSPUNDEN, VERSPÜNDEN, verb., von spund (th. 10, 2, 230) abgeleitet, form. die ältere form verspanten, entsprechend mhd. spunt(es), erscheint bis ins 16. jh., obd. noch heute erhalten: schwäb. verspante 11 , mit rfem spunten verschlieszen F I S C H E R 2, 1351. mhd. tob. 2, 2, 654* und L E X E R hdwb. 3, 247 setzen verspünden als grundform an; thatsächlich aber weisen die mhd. belege die umlautlose form auf, so auch: verspanten, verschoppen, obstruere, obturare, opilari vocab. v. 1482 i i linere, bestreichen o. klaiben o. verspuntten als die vasz D I E F E N B A C H gloss. 831*. verspunden, spunden (ein fasz), een vat (ton) verbommen, bommen ..; •t toestoppen met een bom of stopzel KRAMER niderhochteutsch. dict. 247". daneben kommt die form versponten vor: bestreichen o. kleyben o. verspontten DIEFENBACH gloss. 331"; du wirst mir zwö'lff lägel des besten siessesten weins einfüllen, und die wol versponten a S C H A I D E N R A I S S E R Odyssea (1537) 8 . an anderer stelle verspünden: ich muste unter zweien bösen das beste erwelen, steig in die tonne, und liesz mich verspünden KRÜGER Ciawert 68 neudr. häufiger ist, besonders in jüngerer spräche, die umgelautete form: verspünden, operculare S C H O T T E L 64711; verspünden, zuspünden, turare K R A M E R ital. dict. 2, 898b; ich verspünde, operculo S T E I N B A C H 2 , 650; verspünden oder zuspünden, obturare

orificium

dolii

FRISCH 2, 812"; ADELUNG; CAMPE;

3l3 b hat verspünden neben verspinden, operculare. dieses verspinden ist wohl durch entrundung aus verspünden entstanden, so auch im schles.: der gärte pracht den beumen ist geraubet, und alles obst zum reinsten abgeklaubet. ' was dauren kan wirdt in ein fasz verspindt, daa ander sich gedörrt in kästen lindt SCHMELLER.

K I R S C H 2,

W . SCHERFFER ged. (1652) 496.

doch ist die grenze zwischen verspünden und verspinden (sp. 1429) nicht genau zu ziehen, da spund ,Splint' auch eine mundartliche ablautsform zu spint (spind) ist ( F A L K TORP etym. wb. 1126). zur bedeutung vgl. unten I 2B. die neuesten wb. verzeichnen theils verspunden (PAUL 591", F I S C H E R ) , theils verspünden ( P A U L 516°, H E Y N E ) . thatsächlich werden beide in der Umgangs- und handwerksprache nebeneinander gebraucht, in der neueren literatur überwiegt verspünden. ungewöhnlich ist ein prät. verspundte bei T I E C K : hätt' ich ihn mir einmal so allein im keller, . . ich verspundte ihn in das grosze oxhoftfasz Schriften 3, 53. S C H M E L L E R 2 2 , 678 belegt aus

KONRAD VON MEGENBERO f . 66* ein

1508

VERSPUNDUNG

starkes

part.

prät.: als der wein sucht (sich luft zu machen) aus einem veichten köpflin das do verspunden ist; statt dessen in Pfeiffers ausgabe 108, 28: reht sam der wein seugt a u j ainem viehteinne väglein und da verspunt ist. bedeutung und gebrauch. I. das Stammwort bildet spund, verschluszzapfen in einer Öffnung (th. 10, 2, 231). 1) vermittelst eines spundes .. verschlieszen, zuspünden ADELUNG.

a) ein fasz wol verspünden; ein wol verspündet fasz it. dict. 2, 9 8 8 " ; C A M P E ; ein fasz verspünden, sowohl vermittelst des spundes, als auch des eingespündeten bodens A D E L U N G ; die gefäsze verspünden, vasa operculare S T E I N B A C H 2, 650; man verspundet das fasz K A R M A R S C H - H E E R E N techn. wb. 3, 168; man soll das pulver in güten gehaben und wol verspunten fassen führen F R O N S P E R G E H bei F I S C H E R schwäb. wb. 2, 1851; unser curiosus . . liesz die fäszlein verspündet in den keller tragen medizin. maulaffe (1719) 295; das fasz lag wohl verspundet . . im keller H . K U R Z 10, 129; alsbald verspundet man das gefäsz und läszt den qualm ein paar tage darin sein wesen treiben S T E U B drei sommer in Tirol 2, 235. KRAMER

b) von anderen gegenständen, bei denen eine Öffnung verschlossen wird: wie man in hatte in einen sarck gelegt und er noch unverspündet gewesen L U T H E R tischreden 440»; so er (der schwarzspecht) wahrnimmt, dasz das nest wohl verspündet sei, wird er mit ängstlichem

geschrei um den bäum schwirren MusÄus Volksmärchen 2, 106;

und zu Marie, die den ofen verspundete, sprach sie gebietend . . . J. H. Voss ged. 2, 282. c) bildlich, den mund stopfen: was ists, dasz andern sie geschwind anhülfflich ist zu weib und kind, und keinmal sich mit sich abfindt, der hohn-zusprecher mund verspindt W . SCHERFFER ged. (1652) 389;

so gieb, dasz mit dem spunde der beschämung der lUgenmund des leugners sei verspündet!

F . RÜCKERT 11, 451.

2) mittels eines spundes in einem behälter einschlieszen (vgl. versperren II A 1 sp. 1402). der behälter wird bisweilen mit in und dat. oder acc. näher bezeichnet. a) in einem fasse verschlieszen, verwahren: mehl verspünden, einfüllen W E B E R terminol. wb. 6 1 6 » ; wein: der propf, womit in voller jugendkraft held Bacchus seinen rebensaft versplindete, blieb unbeweglich stecken KRETSCHMANN (1784) 6, 313. einen körper oder menschen: meister Peter habe . . den cörper in ein fasz verspündet H A P P E L akad. roman (1690) 649; der scharffrichter . . hette in im keller durch die mauer herauszer gehauen, denselben in ein fasz verspündet und in die see führen lassen H E N N E N B E R G E R preusz. landtaffel (1595) 126; d a j si in vorspunten in eime v a j j e und fürten in üg der stat heimlichen in einen walt d. mystiker l, 103, 24 Pfeiffer; ,we uns, wir han gesundet!' so werden si verspundet, und verbunden Wirt ir sehn 3 dort mit ungewiter grog TILO v . KUI.M 5998

Kochendörffer.

b) in einem bäume einschlieszen, eine art Zaubermittel (vgl. verspinden 11 sp. 1429): sie stochert sich mit einem splitter von einem sarge oder sonst einem andern höltzgen, welches sie in die rinde eines grünen baumes verspünden lasset d. Vernunft, tadlerinnen (1725) 1, 327; sie . . nach dem astloche eines feigenbaumes zu tragen, worin sie durch einen vorgestopften pflock verspündet wurde I M M E R M A N N 2, 83. in einer grübe festhalten: man soll nicht errathen, dasz es aus der grübe aufstieg, in welcher ich den könig Enzian verspündete 1, 29. c) bildlich, im herzen verschlieszen: (ob ick) verloukene myne sunde und sy gar in mir verspunde, in dem herzen min verdage oder velschlich mich ir entsage md. paraphrase des buches Hiob 11878 Karsten. II. im folgenden liegt spund in der bedeutung ,zapfenstück eines balkens, brett mit falz am rande' zugrunde (th. 10, 2, 232); rand am holze mit fuge (falz) oder nut WEIGAND-HIRT 2, 937; ein aus mehreren zusammengespündeten theüen bestehendes werk ADELUNG, daraus ergeben sich die einzelnen Verwendungen. 1) in der spräche der zimmerleute: bretter, planken verspunden, sie durch einen falz, eine nuthe ineinander fügend verbinden S A N D E R S wb. 3, 1161»; beim bau der orgel: diese cancellen (der windlade) werden alle mit einander . . am untern theil fest verspündet M A T T H E S O N vollkomm, capellmeister (1739) 460. 2) mit etwas, das man zusammenspündet, mit spundwerk versehen und dadurch verwahren; eine wand mit brettern verspünden C A M P E , im bergbau: strecken, schachte verspünden, in denselben eine verdämmung aus holz oder mauerwetk anbringen, um die zudringenden wasser abzuhalten VEITH bergwb. 538; das ort war bis zur Inbetriebsetzung der . . . dampfkunst . . durch eine mauer verspundet gewesen . .; absperren der baue von dem durchschlagspunkte durch sicher haltbare dämme oder verspünden ebd. in übertragener Verwendung: essigaale . ., denen die essighaut die luft verspündet J E A N P A U L briefw. 76; ich habe rezeptinität ihr anliegen in mein herz aufzunehmen und zu bewahren, es ist rund um wohl verspündet, und rinnt nicht aus, wie ein durchlöchert fasz M U S A E U S physiogn. reisen 4, 88. VERSPUNDUNG,

VERSPÜNDUNG,

f.,

vorigen verb.; in der umgelauteten form

subst.

zum

bei KRÄMER

1509

1510

VERSPUREN-VERSPÜREN

VERSPÜREN

it. dict. 2, 988 B , ADELUNG, CAMPE; ohne umlaut bei VEITH bergwb. 538. L) die handlung des verspundens, verspundens (zu verspunden II l ) : verspundung . . von zwei breitem, die nebeneinandergefügt werden sollen, wird das eine auf der hohen kante mit einer .. nute versehen, das andere brett wird von beiden Seiten so breit und tief abgesetzt, dasz in der mitte der höhen kante so viel holz (spund) stehen bleibt, wie zur ausfüllung der nute im andern brett erforderlich, ist. beide bretter werden, nun ineinander getrieben und in dieser weise verbunden, der gewöhnliche dielenfuszboden ist so gearbeitet KREGENOWSAMEL gerätkunde s. 2) die Vorrichtung (zu verspunden II 2): die verspundungen, die uns schon manche pumpe erspart hatten, wurden abgeworfen VEITH bergwb. 538. 1 VERSPÜREN, verl., s. verspüren. 2 V E R S P U R E N , VERSPÜREN, verb., s. versporen. V E R S P Ü R E N , verb., verstärktes spüren (th. 10, 2, 243/.). eine umlauttose form ist auch bei dem einfachen verb. nachzuweisen (sp. 248). dazu die form versporn ,investi-

a) empfindungen: ich verspüre eine hitze, eine mattigkeit in meinen gliedern KRAMER it. dict. 2, 899»; ich kan keine kälte verspüren, frigus non deprehendo; er verspürt einen abgang seiner kräfte STEINBACH 2, 651; hunger, durst verspüren HEYNE wb.; schmerz verspüren, abnorm empfinden auf der haut HÖFLER krankheitsnamen 669"; sofern sie auch einen fleck oder mackel im gesicht verspürten, so giengen sie . . und säuberten sich ALBERTINUS hirnschleiffer (1664) 68; dasz ich so etwas wie ein ameisenlaufen über den rücken verspürte bei der standhaften erklärung des fräuleins EBNER-ESCHEN-

gare'

DIEFENBACH gloss.

306°;

DIEFENBACH-WÜLCKER

567, bei letzterem neben verspüren, der Jägersprache entstammendes verspüren ,verfolgen, der spur nachgehen' bei FRISCHBIER preusz. wb. 2, 358B aber scheint mit bewuszter anlehnung an spur neu geprägt zu sein. obd. findet sich ein durch entrundung des vocals entstandenes verspiren: es hat sich . . die ungehorsamb genuegsamb verspieren und erfahren lassen österr. weisthümer 1, 105, 18; darbei kain ehr, sondern ain unehr verspiret wirt tirol. weisthümer 2, 345, 24; Schwab, verspüre», -spiren, -spairen (mit secundärer Verschiebung) FISCHER 2, 1351; uff dasz wir aber desz feinds truz nur gnuog zue verspeyren quelle ebd.;

köln.

v e r s p ö r e HONIG 194 B .

BRAUN (1793) wb. 285"

schreibt verspüren, ich habe es verspürt; be- et ver-, it. nachspüren, perscrutari, disquirere, curd studioque conquirere; verspüren, judicare, conjicere, sentire STIELER 210S; verspüren quasi er spüren KRAMER it. dict. 2,899"; verspüren, spüren, vermercken . ., gewaar worden hochniderteutsch. dict. 247b; ich verspüre, percipio, sentio, obscrvo

STEINBACH 2, 651; ADELUNG; CAMPE,

scliwäb.

wird das wort besonders gebraucht in negativem, Zusammenhang oder wo von einem minimum von spüren die rede sein soll FISCHER 2, 1351. auch nordisch: dän. forsperge, norw. forspyrja, aber in anderem sinne (vgl. 5); schwed. förspörja wie deutsch, die beeinflussung ist unverkennbar. fries. forspoar, op het spoor komen van DIJKSTRA 1, 419B. von einzelnen stellen in obd. weisthümern abgesehen findet sich das wort nicht vor dem 17. jh. 1) verspüren bedeutet von hause aus ,eine spur entdecken und aufnehmen, wittern': wie steht's denn mit dem fuchs, den sie verspürt haben wollen H. BÖHLAU altweim. geschickten 15; wie, wenn die wache gans was feindliches verspüret, erschrickt . .

BESSER 1, 68;

wer sagt's dem hund, wer dem kinde, dasz sie sogleich verspüren, w a s sie liebt und duldet? MALER MÜLLER 2, 92. auch an folgenden stellen kann noch von einem wittern der spur die rede sein; selten von personen: ich sah's, er suchte mich, so bald er mich verspürte W E I S S E trauerspiele 1, 228; Bruno kommet nirgends hin, da nicht leute zu verspüren, die ihn grüszen

GROB versuchgabe (1678)58;

ohne sein fatales costüm hätte ich nie (in ihm) den St. Simonisten verspürt BÜCHNER Schriften 242. häufiger mit sächlichem object: welche ihr vermögen im auge hatten und sich schnell anderswohin richteten, wenn sie ein paar hundert gülden mehr"verspürten G. KELLER 2, 47; weil er an mir etwas absonderliches verspürt haben mag, so setzte er sich zu mir HAUFF 2, 63; die civilisation . . glauben sie nach ihrem unpatriotischen wahne schon in frau E m m a s küche zu verspüren STEUB drei sommer in Tirol 2, 112. 2) allgemein, ,mit den sinnen wahrnehmen': aus gewissen spuren erkennen .. wo es besonders von der erkenntnisz durch die sinne gebraucht wird ADELUNG. diese Wahrnehmungen Vierden entweder am eignen körper oder doch mittels des eignen körpers gemacht.

B A C H 4, 170;

so groszen schmerzen kan kein saugend lamm empfinden, . . . als wir damahls verspürt

KÖNIG ged. (1745) 61:

auch ich hab' manchen aipdruck schon verspürt SCHNITZLER grün,

kakadu

29;

. . . verspürten kalten sehweisz und glut

2,141; doch verspürt' er . . sonderbaren drüsenreiz JEAN PAUL 20, 6; dasz ich sogleich einen fxeberanfall verspürte GÖTHE 44, 101 Weim.; die beiden verspürten hunger POLENZ Büttnerbauer 3, 365 ; so verspürte die alte mutter noch nicht die geringste müdigkeit und schlaflust, so wenig als ihre kinder G. KELLER 4, 27; als er den liebesherold kaum erblickte, verspürt' er gleich zum wandern neue kraft R Ü C K E R T 3,177. mit abhängigem satz: wie er aber verspürdte, dasz ihm ein starck kopffwehe ahnkam E. CH. V. ORLEANS briefe 4, 269. übertragen: manche feine zunge wollte in der berühmten zankszene der beiden königlichen häupter (Desdemona war Elisabeth) einen kleinen ansäuerlichen beischmack unzarter persönlichkeit verspüren E. T. A. GEIBEL

H O F F M A N N 4, 26.

b) gefühle, Stimmungen: ich verspüre liebe, rachsucht in mir CAMPE ; wenn ich hier störrig bleibe, so verfluchen mich alle geschöpfe, die j e m a l s vater- und muttergefühl verspüri haben FREYTAG 2, 258; herr Faulbelz klagt, er sei verdrossen und erschlagen, und disz verspür er stäts vor trüben regentagen GROB versuchgabe (1678) 13; menschenhasz? nein davon verspürt' ich bei'm heutigen stücke keine regung, jedoch reue, die hab' ich gefühlt GÖTHE 5, 244 Weim.; in der ersten kirchen wurde die demut, gegen dem neugebornen himmels könige also verspüret, dasz man die gantze christnacht, auf der erden auszgestreckt liegend, . . zubracht BUTSCHKY Pathmos (1677) 51; nachdem ich in mir die liebe gegen gott allzu kaltsinnig oder vielmehr erstorben verspüret LOHENSTEIN Arminius (1689) 1, 661"; da eine wäre lust und liebe zum friede allerseits verspüret würde CHEMNITZ schwed. krieg (1653) 2, 29; seitdem ich mich von der hergebrachten art der naturforschung losreiszen und . . in den geistigen regionen der Wissenschaft umherschweben muszte, habe ich selten hier- oder dorthin einen zug verspürt GÖTHE IV 15, 117 Weim.; so ist es natürlich, dasz . . weiber einen . . drang nach festlichkeiten verspüren HIPPEL kreuz- u. querzüge l, 146; der daher eine grosze begierde verspürte, den kranken kennen zu lernen IMMERMANN 1, 74; diese Zufriedenheit . . , welche ich bey mir verspürt, als ich den ersten bogen aus der druckerey bekam RABENER l, 156; wo die freyheit ihren thron hingesetzet hat, da wird . . Zufriedenheit herrschen, das volk wird in dem herzen eine art von erhabenheit verspühren ZIMMERMANN V. d. nationalstolze 183. mit abhängigem satz: war' lang nit so harb auf dich, hätt' ich's nit verspürt, wie d' mir abgehst ANZENGRUBER 6, 135. c) einfiüsse von auszen an sich erfahren: ich verspüre noch keine Wirkung von der arzenei CAMPE ; dasz ein jeder leser den' nutzen davon haben möge welchen sie bei sich verspüret d. vernünft. tadlerinnen (1725) 1, 276; nachdem wir . . bereits die guten folgen dieses einsamen aufenthaltes verspüren GÖTHE IV 21, 228 Weim.; j a er hätte noch kein gröszeres merckmal aufgebürdeter dienstbarkeit verspüret, als jetzigen zweifei an einem sieghaften ausschlage LOHEN STEIN Arminius (1689) l, 25";

95*

1511

1512

VERSPÜREN

VERSPÜREN

m a s z e n ich . . keinen mangel verspüren konte GRIMMELSHAUSEN 2, 42, 22 Keller; in den engeren kreisen unseres hauses . . w a r d diese neue epoche . . merklich verspürt ARNDT werke l, 67; selbst die sonst fremden ideen so unzugänglichen Briten verspürten den zauber der demokratischen ideen Frankreichs TREITSCHKE deutsche geschickte 4, 3. auf unbelebtes übertragen: Staat, dessen schiff- u n d m a s c h i n e n b a u den einflusz der alexandrinischen mathematik zu ihrem f r o m m e n verspürten MOMMSEN röm. geschichte 1, 665. gewöhnlich wird die Wahrnehmung durch den tastsinn vermittelt: als durch das Ungeschick einiger leute der tanz ins stocken geriet und H u l d a hart an mich gedrückt wurde, verspürte sie meine klopfenden pulse, legte die h a n d an meine brüst . . und sagte G, KELLER 8, 89; bis m a n in die w a d e n die erschütterungen verspürte LICHTENBERG briefe l, 136; a m dienstag morgens . . hat m a n hier eine kleine erderschütterung verspürt FORSTER 8, 55; w e n n er n u r a u c h etwas v o n d e m drehen . . der erdkugel verspüren könnte! HEBEL 2, 12; wftrmestrahlen, . . w e l c h e auf dem ganzen erdkreis verspürt worden sind JUSTI Winckelmann l, 51;

j e m a n d e s gewogenheit, liebe, freundschaft verspüren A D E L U N G ; eines mägtehens liebe, eines fürsten gewogenheit verspüren, pereipere STEINBACH 2, 651 ; so will ich euch dieses ketgen sohencken, darausz ihr . . meine liebe verspüren möget schausp. engl, comöd. 278, 18 Creizenach; gleichwie w i r n u n d a r a b seinen uns zutragenden w o h l w i l l e n sattsamlich verspüren L E I B N I Z 1, 273; seine barmherzige Vorsorge in allen stucken ganz sonderbar verspüren SCHNABEL Felsenburg (1731) i. « 8 ;

die endliche ruhe wird nur verspürt, sobald der pol den pol berührt GÖTHB 2, 217 Weim.;

in dieszer (weit) aber verspürt m a n n u r die boszheit v o n boszen menschen E. CH. V. ORLEANS briefe L, 55; doch aber damit ilir meine treu verspühren möget CHR. W E I S E erznarre)i 129 neudr.; H ü h n c h e n verspürte endlich teilnähme f ü r seine wiszbegierde SEIDEL Leberecht Hühnchen 100. mit abhängigem satz: ich h a b e es satts a m verspühret, dasz sein gemüthe durch meine anmuth so sehr, als der leib v e r w u n d e t sey ZIEGLER Banise (1689) 158.

auch mich hat einst, wenn an beglänzten bäumen das frische blatt des frtthlings hauch verspürt, dein götterarm hinweggeführt J. G. JACOBI 4, 240; weg die fesseln! deines geistes hab' ich einen hauch verspürt U H L A N D ged.

1, 218.

mit abhängigem satz: jeder buhlt und freyt nach lobe; mancher aber hat verspürt, dasz er für die schöne Rahel blinde Lea heim geführt

L O G A U 361.

die vermittelung durch, das gehör ist selten A D E L U N G ; doch CAMPE : hörest du etwas ? ich verspüre noch nichts; d a die thiere gar wenige Veränderungen in ihrer stimme h a b e n . . hingegen m a n bey ihnen keine förmliche thone verspüret CHR. W O L F F vernünft. gedanken von gott 1, § 869;

als man m den w&ldern ein rauschen verspürte LICHTWER äsop. fabdn (1748) 25; da kam der herr geschlichen, dasz man ihn kaum verspürt GÖTHE 38, 498 Weira. s) beobachten, merken, erkennen, zuweilen auch von der erkenntnisz vermittelst des Verstandes ADELUNG, solche Wahrnehmungen werden selten an der eignen person vorgenommen: einen ganz besondern beruf glaubte der durchlauchtige erzieher zu verspüren, Deutschland seine genies, dieses knorrige volk, gerade zu ziehen SCHUBART briefe l, 286; vielleicht w e r d ich einmal ein haderlump, dazu verspür ich noch die meiste innere vocation u n d beruf HOLTE I ere. Schriften 15, 82; aber dieser unmuth ist n u r eine ähnlichkeit m i t dem seligen don Quixote, die ich schon als kind an m i r verspürte FOUQUE gefühle, bieder l , 75; in solcher absieht h a b e ich n u n die gute gäbe, die galanterie zu befördern, so ich bey mir verspüret, allezeit zu erwecken gesucht d. vernünft tadlerinnen (1725) 2, 116. gewöhnlich werden die beobachtungen an der Umgebung gemacht: Europa . . . . will die hohen gaben, so man an dir verspürt in harten marmor graben N E U K I R C H ged.

(1744) 187.

a ) empfindungen und Eigenschaften beobachten: etwas verspüren a n j e m a n d , scorgere . . qualche cosa in uno KRAMER it. dict. 2, 899*; die redlichkeit an einem diener verspüren; er verspürt a n dem knaben eine grosze Verschlagenheit STEINBACH 2, 651; v o n einer heftigen bewegung, w e l c h e . . bey verliebten pfleget verspüret zu w e r d e n NEUKIRCH ged. 285 anm.; derohalben sasz sie eine weile mit niedergeschlagenen äugen gantz unbew e g l i c h , auszer, dasz m a n einige wangenab-rollende thränen verspüren konte ZIEGLER Banise (1689) 126; in ihrem antlitz ward mehr huld als zorn verspürt J. E . SCHLEGEL 4 , 1 6 ;

ob er schon sterblicher dich sterbliche geliebet, so wird nichts sterbliche doch an beyder treu verspühret N E U M A R K lustwald

(1657) 1, 300;

ich weis, dasz Balazin gnug widerstand verspüret d. Schaubühne 4,383 Gottsched ; also wird des franenzimmers art und neigung bald verspührt, denn die äugen offenbaren, was es in dem Schilde führt GROB vermchgabe

(1678) 21;

mein kindl was zweiffeiet du'an meiner redlichkeit? die ihres gleichen doch in deiner brüst verspüret G Ü N T H E R ged.

56?;

man thut gezwungen wol, wenn man den ernst verspührt, was man freywillig sol A. GRVHIUS trauerspiele 187; so will er es (das leben) den todten wieder geben, bey denen er noch mehr empfìndlichkeit verspürt P I E T S C H 411 ;

b ) dinge und Verhältnisse beobachten, erkennen, erfahren: Simplex ins Mare del Zur wird geführet, da er sehr selzame Sachen verspühret GRIMMELSHAUSEN Simpl. 2, 4,12 Kurz. bisweilen ist noch eine art sinnlicher Wahrnehmung neben der verstandesmäszigen fühlbar: obgleich die Zulassung gottes zuweilen verspüret w i r d PRÄTORIUS Blocksberg (1668) 423; dasz ich — mit Sterbelagern vertraut — die n ä h e der auflösung verspürte FOUQUÉ gefühle, bilder 1, 18; w i e ein frauenzimmer i h m die binden v o n den w u n d e n auf gemacht . . und, n a c h d e m sie d a r a n eine übermäszige geschwulst und j u c k e n verspüret, gemeldet hätte LOHENSTEIN Arminius 1, 506; sobald gott nur ein einige mackel der sünden an i m ( L u e i f e r ) verspürte, ist er geschwindt ausz d e m himmel geworffen w o r d e n ALBERTINUS Luciferi, 29; Talemon verspürte des printzen irrthum, jedoch wolte er sich n a c h art kluger hofe-leute nicht allzu geschwinde blosz geben ZIEGLER Banise (1689) 206; alle gefängnisse und alle galgen i n Scheschian w a r e n angefüllt, aber m a n verspürte keine a b n a h m e des Übels W I E L A N D (1795) 7, 92 (goldn. Spiegel 2, 8). schon in den ältesten belegen in diesem, sinne: darbei kain ehr, sondern ain unehr verspüret w i r t tirol. weisthümer 2, 345, 24; dieweil biszhero . . gar schlechter gehorsam vrrspirt 66, 7; darmit kein hinlässigkeit verspührt noch ichtzit a n der arbeit v e r s ä u m e t w e r d e schwäb. quelle v. 1655 bei FISCHER 2, 1351 ; von dem wird mehr verdienst, und gröszre kernst verspühret H E R A U S ged.

140;

mein abgott, Sophonisb'! achl ich sol dich verlieren? was sol ich für gewinn für den Verlust verspüren? L O H E N S T E I N Sop/umisbe

4, 378 (1689, ». 69).

mit abhängigem satz: damit die herren fürsten . . verspüren mögen, ob mit den 40000 gülden obbesehriebener Palm; maszen verfahren . . "worden acta .publica 1, 6 darausz ich verspürete w e r sie w ä r e n MOSCHEROSCH Philander

(1650) 1,177;

was dame sei, und denn was dama wird verspüret, dasz jene hömer macht, und diese hörner führet L O G A U 24;

wandle nur ins feld hinaus, schau doch, wie da wird verspühret, wie so prächtig gott der herr manches grasz und blume ziehret N E U M A R K lustwald (1657) 2,18;

doch weil nachmals er verspüret, es nit wider ihn gemeint. . . SPEE trviznacMigatt

(1649) 245.

VERSPÜREN

VERSPÜRUNG-VERSPÜRZEN

mit beziehung auf einen vorhergehenden satz: wenn er mich wirklich einstmals nicht gemocht hat, jetzt verspürt man davon nichts mehr EBNER-ESCHENBACH 4, 410. mit infin.: dasz du mich nur heirathen wolltest, wenn du etwa bei mir auch was zu brechen und zu beiszen verspürtest TIECK 3, 280. das part. prät. ist nur in älterer spräche üblich: derer hierunter verspürten groszen miszbräuche Eisenacher stadtrecht v. 1648 (thür. gesch.-quellen 9, 119); zu bezeugung seiner freuden wegen verspürter ankunft das friedens SCHOTTEL friedens sieg 77 neudr.; meines verspürten fleiszes und Ordnung wegen SCHNABEL Felsenburg 20, 18. 4) auffassen in bestimmter art: jeder bauer verspürte den tag wie einen handschlag auf das versprechen einer guten ernte RAABE Schiidderump l, 40. 5) einzelne Wendungen. a) zu v e r s p ü r e n s e i n : wie sie (die bäume) taglich von stund und stund auffschieszen, und sich erhöhen, ist nicht leichtlich zu verspüren HARSDÖRFFER gesprechspiele (1641) l, o V I I a ; als . . keine menschenseele zu verspüren war, fiel dem Bläse das herz in die hosen MÖRIKE 6, 169 Sesse; ich hörte, obgleich kaum ein lüftchen zu verspüren war, das ruhige sausen in den nadeln STIFTER 5L, 30; inmaszen solches (perschreiben und verdrucken) . . auch bey den druckereyen, und heraus kommenden Schriften, zuverspüren ist GUEINTZ rechtschreibung (ts36) xiiij®; der „furor teutonicus" war in den kundgebur.^en . . zu verspüren BENNIGSEN nat.-lib. partei 57. b) e t w a s v e r s p ü r e n l a s s e n , eine alte formet: miszfälligkeit verspühren lassen KRAMER it. diel. 1, 331b; wann dieselbe bei solicher ihrer gewalttragerei in ain so anderen ainichen unfleisz oder saumbsal erzaigen und verspiren lassen wurden tirol. weisthümer 2,121, 22. sinnliche Wahrnehmung: im lande Ponto . . lassen (fische) ihre lebendige bewegung nicht eher verspüren, als wenn sie über dem feuer im kessel" gekocht werden PRÄTORIUS Anthropodemus (1666) 1, 70; welche (weine) ihre würckungen gleich oben im kopff verspüren lieszen GRIMMELSHAUSEN Simpl. 82 Kögel, übertragen: ich versichere mich seiner freundschafft und gewogenheit, die er jederzeit verspüren lassen gegen seinen verpflichten diener HARSDÖRFFER secretarius (1656) l, Bb V*; wenn man die geringste partialität dabei verspüren lässet LEIBNIZ 1,166; derlei gelüste liesz herr Findeklee bisweilen des sonntags verspüren HOLTEI erz. Schriften 21, 9 ; allein wenn er sein zartes frauchen liebt, so wird er auch — ich kenn' ihn — seinen zorn und seine launen sie verspttren lassen

sich herr Jones in einer art von noth, welche manchem meiner leser lächerlich genug vorkommen mag BODE Thomas Jones (1786) 5, 89; haben sie es noch nie erfahren, dasz man sich nie frischer, heiterer, elastischer verspürt, als wenn ein warmer oder lauer regen bis auf die haut gegangen? JEAN PAUL 55, 108. abnorm ist die rection mit dem aec. c. inf., offenbar dem englischen vorbilde entlehnt: leichtfertig zu sein verspüre ich sie schausp. engl, comöd. 299,16 Creizenach. ein part. präs. in passivem sinne (vgl. WILMANNS gramm. 8, § 58, 3) belegt GRIMM gramm. 4, 66 für die ältere spräche: bei verspürender besserung; in der neueren gesucht alterthilmelnd: ich . . habe aufgeführt sein sonst fürheriges gutes leben, seine grosze jugend und dabei verspürenden Unverstand HANDEL-MAZZETTI Jesse u. Maria 2, 213. v e r s p ü r e r , m., verspurer, -spirer, -sporer, explorator DIEFENBACH gloss. 218°. zur form vgl. verspüren. — v e r s p ü r l i c h , adj., was zu spüren ist; heute ungebräuchlich: verspürlich, scorgevole, percetticibile, sensibüe v. mercklicli; kaum verspürlich seyn, esser' appena percettibile, sentirsi appena; unverspürlich KRÄMER it. dict. 2,899A.

1513

BAUERNFELD 4, 210;

lasz verspürn dein vaterhertz, welches* auch empfindet schmertz mang, kirchenlied 1, 349 Fischer-Tümpel. mit abhängigem satz: er . . liesz verspüren, er hoffte das vergnügen, seinen ehemaligen freund wieder zu sehen HALLER

Usong

(1771) 135.

c) s i c h v e r s p ü r e n l a s s e n ist eine alte Wendung zur Umschreibung des passivs: es hat sich auch biszhoro bei etlichen Unterthannen . . die ungehorsamb genuegsamb verspieren und erfahren lassen österr. weisthümer 1,105,18. ginnliehe Wahrnehmung: kaum läszt sich ein geräusch verspüren HAGEDORN poä. werke 2, 212, 4;

meines vaters entschlusz war sogleich gefaszt, als die ersten Zuckungen des wieder erwachenden lebens sich verspüren lieszen IMMERMANN 6,170; bis völlige besserung seiner wunde sich verspüren liesze ZIEGLER Banise (1689) 19; einmal . . liesz sich ein . . defizit in meinen religionskenntnissen verspüren HOLTEI vierzig jähre l, 11. jetzt ungebräuchlich von wesen: wann die sag der alten wahr ist, dasz die jenige ins ewige leben kommen, deren geister sich bey ihren lebzeiten verspühren lassen GRIMMELSHAUSEN 2, 375, 8 Keller, mit angabe dessen, wodurch man sich bemerkbar macht: es ist zu beklagen, dasz mancher almodischer Neidhart . . sich noch täglich in seiner deuteley verspühren lässet NEUMARK palmbäum (1668) 102. 6) vereinzelt ist eine reflexive wendung (zu 2): als beyde herrn für die maskerade ausgerüstet waren . ., % erspürte

1514

VERSPÜRUNG, f . , subst. zu verspüren: Wahrnehmung, empfindung; verspürung, scorgimento, ascorgimento, sentimento

K R A M E R it. dict.

2, 899*; A D E L U N G ; CAMPE,

zu

2B:

ist diese empfindung eine verspürung einer neigung LEIBNIZ 2, 323. zu 2°: diese verspürung des holzmangels vermochte die obrigkeit . . einzuschränken ZSCHOKKE 2, 21. zu 3': zumahlen auch andern örtern . . dieses landes die verspürung der königlichen angebornen höchsten clementz einzupflantzen CHEMNITZ schwed. krieg (1648) 1, 441. VERSPÜRZELN, verb., vom folgenden (s. d.) abgeleitet, nur älter buir.-österr.: er wird gegayselt wem und verspüerczelt, flagellabitur et conspuetur Sanzenon. US, f . 100 bei SCHMELLER 2 2, 686. tirol. verspurzeln ohne umlaut: das ist gottes angesicht von himlreych: secht an, wie gar jamerleych ist er erezogn und verspurczlt gar under seinen augn khlar tiroler passionsp. 516 Wackernell (die änderung in verspruczlt ebd. ist nicht nöthig). VERSPÜRZEN,

VERSPIRZEN,

verb.,

nur

obd.;

ver-

spirzen geht auf die wurzel *spi- zurück in der form *spirizzen (für *spiwizzen nach KLUGE wb. 7433b). verspürzen und (ohne umlaut) verspurzen weisen auf die wurzel *spu- (vgl. mhd. spiuwen, spuwen, spugen, spucken) hin, die etwa in der grundform "spurizzen anzusetzen wäre, daneben stehen verspeizen, verspeuzen, verspützen (s. d.), aus *spiwizzen entstanden, über die Verwechslung von verspürzen und versprützen s. unter verspritzen (sp. 1498). mhd. verspirzen wb. 2, 2, 514"; LEXER hdtob. 3, 245; nachtr. 393. das wort ist veraltet und stets auf obd. gebiet beschränkt geblieben: Schwab. verspurzen, verspürzen, verspeien, anspeien, zum ze'.chtn der Verachtung F ISCHER 2,1351; bair. verspürzen, verspürzeln, verspeien, durch anspucken spott und Verachtung an den tag legen SCKMELLER22, 686; österr. verspirzen, verspürzen MARETA Volkssprache 61. in der bedeutung folgt es verspeien. l) jem. anspeien, von der passion Christi gebraucht (vgl. verspeien B l sp. 1382): mhd. deu juden wurden in verspirzen KURZMANN speculum 219"; sie schluogen und verspürzten in Orazer brevier 150»; der juden mund verspirzten sein gesicht H Ä T Z L E R I N liederbuch 303 (nr. 83, 57); sy. . fürchtend min antlit nit zü verspurtzen (var. versprützen) historienbibeln 538 Merzdorf; und sy antwurten in den heiden: und sy verspirtzent in und geiselent in, und werden in verspotten und werden in verspürezen (var. verspützen) und werden in geyszlen und werden in tötten erste d. bibel 1,161, 8 Kurrelmeyer (vgl. cod. Tepl. l, 60); und verspirezten (var. verspuwen, bespirtzten) in 1,184,22; sy begunden in verspurtzen (älter bespirtzen) und bedecken sein antlitz bibel v. 1475 ff., Marc. 14, 65, vgl. FISCHER 2, 1351; des menschens sun wirt dem volck übergeben, verppott und verspürtzt BERTHOLD V. CHIEM-

1515

VERSREIHE-VERSSTROPHE

VERSPUTEN - VERSPÜTZEN

SEE theologey 111; m a n verspottet, verspeyet und verspirtzet in quelle v. 1605 bei MARETA 6l b ; da er verspott, gefangen, gegeyselt, verspürzt und gekreutziget war quelle v. 1582 ebd. 62". 2) das anspeien als sinnbildliches zeichen verächtlicher behandlung (vgl. verspeien B 2 sp. 1383): sie verachtet in gar . do er aber merket, d a j er von ir so gar verspurczet w a s , fiel er vor groszem laid in tötliche krankhait STAINIIÖWEL Äsop 326; welche auch als ketzer verspürtzt seind S. FRANCK chronica (1531) 363lj; verspeyet und verspürtzet die apostel und ihre nachkommen v. 1600 bei MARETA 61.

quelle

3) mit Verachtung von sich weisen, verschmähen, werfen (vgl. verspeien B 4 sp. 1384). a) personen. der dativ der person schauung des speiens fest:

ver-

hält noch die an-

Cleopatra sich köstlich zieret und Octavianum hofieret, ob sie in auch inn lieb möcht stUrtzen. er aber thet ir schön verspürtzen H. SACHS 2, 298, 4

Keller.

s c h m ä c h l i c h i n d i e g e f e n c k n u s S . F R A N C K chronica (1531) 29»; ach lieber gott hilff du allein, das mich mein feind nicht stürtzen, das leiden Christi mus mir nur sein, das ich sie mög verspürtzen (he. versprtttzen) Ambraser liederbuch 243,14 Bergmann.

b) dinge: dag ich ain schmerlaib hab verachtet, ainen ganczen schwynin bachen hab ich verspurczet STAINHÖWEL Äsop 216; aber Octavianus verspurczet ir unraines gemüt de claris mulieribus 267; Poris, ir man, verspurczet das mortlich fürnemen der frowen 232; als ob sie in den offnen hüsern gewonet . . haben, das doch von wyplicher ere wol ist ze verspürczen 286. part. prät., ,verwerflich': so syn müter durch so verspürczte werk des vatters mit der tochter geboren wäre 270. — v c i s p ü r z u n g , f., anspeiung; zu verspürzenl: solchen spot hat nach mals der herr gelitten in seiner spcetlichen krcenung mit verpindung und verspürtzung seines heyligen in.

VERSPUTEN, verb., vgl. sput, fortgang, beschleunigung, eile; sputen, mit einer thätigkeit eilen th. 10, 2, 253. das wort ist ndd., das compositum äuszerst selten, mnld. verspoeden trans.: bespoedigen, verhaasten; bevorderen; reflex. haast maken, voortmaken VERDAM handwb. 637b. dazu mnd. vorspode, vorspöt, n. (f.) glücklicher fortgang, glück, erfolg, gedeihen; vorspodich, glücklich, erfolgreich, gedeihlich SCHILLER-LÜBBEN 5, 455b. unklar aber ist, vrie STIELER 2075 dazu kommt, versputen zu verspaten, verspäten zu stellen mit der bedeutung ,retardare, serd venire, post festum accedere'. es mag wohl ein irrthum vorliegen. V E R S P Ü T Z E N , verb., wie verspeuzen auf eine form *spiwizzen, *spiuwezen zurückgehend, wie verspirzen, verspürzen, verspeizen, verspeuzen ist es nur obd. und Übt noch im elsäss., während das früher im östlichen theile des obd. hämische verspirzen, verspürzen veraltet ist. neben verspützen stehen die formen v e r s p ü r e n , verspitzen, verspötzen. elsäss. verspützen, versputzen durch spucken beflecken; mit eurem rauchen verspitze-n-ihr d ganz

stub!

M A R T I N - L I E N H A R T 2, 555».

zu

der

u-urzel

*spu- gehört auch das etwas abweichende Schweiz, verspudern, anspucken STALDER 2, 388; ndl. verspuiten, verspritzen,

spritzend

verbrauchen

SICHERER-AKVELD

man büte dich hoch oder nider oder

m a n v e r s p ö z z e d i c h S E U S E 443,15.

VERSREIHE, f., reihe, zeile in gebundener rede: während der scene . in welcher die parteien gegen einander mit langen und kurzen versreihen fochten FREYTAG 14, 141.

VERSRELIQUIE, f., rest, bruchtheil eines verses: doch braucht es Seneca . . scherzhaft von einem einhelfenden Sklaven, der die versreliquien im munde seines herrn a u f g r e i f t B Ö T T I G E R kl. Schriften

(1887) 3, 242

anm.

VERSRHYTHMUS, m„ versmasz, verstakt: vom fehlen des auftaktes unterscheidet die taktumstellung sieh dadurch, dasz die silbenzahl und auch der versrhythmus mit ausnähme des umgestellten taktes sich wie im gewöhnlichen verse verhalten SCHIPPER metrik in PAULS grundrisz 187. scherzhaft: drum muszt da heut bei tafel, statt an versrhythmen, mit deinem bruder dich erfreun an ernsthaftem indogermanischen sprachvergleichungsgrundsätzen GEIBEL ged. 2 , 1 1 3 .

sonst mit accusativobject: Hieremiam, der im riet, er solt nit auff den künig zü Egypten verhoffen . . sonder auff . . den lebendigen gott, den verspürtzt er, und warff in

a n t l i t z B E R T H O L D V. C H I E M S E E theologey

den mystikern:

1516

1190 1 .

in älterer spräche wie die verwandten worte von der passion Christi gebraucht (vgl. verspeien B l sp. 1382; verspürzen l ) : und werden in verspotten und werden in verspützen (var. verspürczen) und werden in geyszlen Marc. 10, 34 in der ersten d. bibel 1, 161 Kurrelmeyer; und sülent in verspitzen und sülent in geiselen Baseler bibel (zeitschr. f . d. Wortforschung 2, 167); gedenck wie syn heiliges blütt über syn geschwullen verspötzet antlit ab ran d. ewigen wiszheit betbüchlin (1618) 121 b . schon mhr*. bei

V E R S S A T Z , m., ein aus mehrern Zeilen bestehender vers in einem gedieht, das gesetz (strophe) CAMPE, von ihm grundsätzlich zur Verdeutschung von strophe vorgeschlagen verdeutsch.-wb. 621; den schein der künstlichkeit dadurch zu nehmen, dasz er parallele verssätze durch unregelmäszig gestellte verse unterbricht FREYTAG 14, 28«. VERSSCHARTEKE, f., zu scharteke (th. 8, 2285), wertloses gedieht: nein! keine sUsze versskarteke, konfekt und obst, bringt ihr aus seiner apotheke provisor Robst GOTTER ged. (1787) 1 , 1 5 2 .

VERSSCHEMA, n., versform: wenn eine tonlose silbe eines Wortes nach dem versschema trägerin des rhythmischen accentes sein müszte SCHIPPER metrik in PAULS grundrisz 186; die oben vorgeführten versschemata geben die äuszeren sprachlichen formen der verse SIEVERS ebd. 24. V E R S S C H L U S Z , m., ausgang eines verses: übrigens dürften sich ihr wenige stellen so gut einräumen, als der ausgang des hexameters oder ähnliche versschlüsse GARVE deutscher Versbau 131; die dreisilbigen (wörter) . . . setzt Otfried zwar nur selten an den versschlusz LACHMANN kl. Schriften 397; doch selbst bei der grösztcn freiheit bleibt in der regel der versschlusz an das ende eines wortes gebunden PAUL metrik, grundrisz 43. VERSSCHMUCK, m.: neben alliteration verwenden auch die ags. dichter bisweilen . . den reim als verss c h m u c k S I E V E R S in P A U L S grundriß 33. V E R S S C H N I T T , m„ von CAMPE verdeutsch.-wb.

zum ersatz für caesur vorgeschlagen. V E R S S C H R E I B E R , m„ poüta, ein s c h r e i b e r CORVINUS fons lat'u.itatis V E R S S E N K U N G , f., die Senkung

poet,

(1646) 349. im verse,

202"

ein

vers-

der

nicht

betonte takttheil, thesis. VERSSILBE, f., silbe im verse: von selbst verschluckt sich die erste verssylbe am wenigsten HERDER 4, 302. V E R S S P I E L , n., spiel in versen, in gebundener rede: den anfang machte das reizende versspiel „die groszmama"

H O L T E I erz.

Schriften

26, 27.

V E R S S P R A C H E , f., die sprachliche behandlung des verses: nur müszte man die verssprache nicht in der derben manier des Hans Sachs, sondern in der feineren der Goethischen farcen behandeln monatsschrift Jjücherwurm' (märz 1911) 8. V E R S S T E L L E , f.:

d a s s c h w a n k e n z w i s c h e n ein- u n d

mehrsilbiger Senkung (das übrigens nur an bestimmten v e r s s t e l l e n g e s t a t t e t ist) S I E V E R S metrik

in P A U L S

grund-

risz 12. V E R S S T I M P F E R , -STIMPFLER, m., ein poetischer stümper, versifex; mit entrundung des vocals und hochdeutschem lautstande aus stümper entwickelt, dem auch ein älteres stümpler zur seite steht vgl. KLUGE wb.7 450 B : kommet nun ein versstimpfer darüber, so möchte er vielleicht besagten inhalt also verfassen HARSDÖRFPER poet. trichter (1647) 1,11 neben versstimpfler (1650) 1,12. V E R S S T R O P H E , f., regelmäßig wiederkehrender abschnitt eines gedichts: wogegen eine . . vierzeilige vers-

1517 strophe

VERSTÄBEN - VERSTÄDTEN

VERSSUCHT-VERSTABEN für

einen

arientheil . . . genügte

R. WAGNER

10, 186.

V E R S S U C H T , f., die sucht in versen zu sprechen oder zu schreiben CAMPE; versesucht, die mit dem triebe, in versen sich auszudrücken, verbundene geistige anomalie HÖFLER krankheitsnamen 717B. V E R S S Y S T E M , n., versform: die veranlassung zur einführung solcher freierer verssysteme ging v o n der musik aus P A U L grundrisz L, 134 (metrik). vgl. versschema. V E R S T A A T E N , verb., im anschlusz an staat 3 ¡aufwand, gepränge, pomp' (th. 10, 2, 276) geprägt, in volksthümlicher spräche: viel geld für staat, kleidung, putz ausgeben, verschwenden ALBRECHT Leipziger mundart 231* ; SANDERS

wb.

2, 2, H 6 2 B .

V E R S T A A T L I C H E N , verb., in den Wörterbüchern noch nicht verzeichnet, überhaupt erst seit der zweiten hälfte des 19. :jh. zu belegen; eine einfache denominativlnldung vom adj. staatlich (zu staat 5, th. 10, 2, 280), wie sich die adj. auf -lieh überhaupt nur mit der Vorsilbe ver- verbinden W I L M A N N S grammß 2, § 128, 2. es wird trans. gebraucht und bedeutet ,staatlich machen, dein Staate einverleiben, der Staatsverwaltung unterstellen', von privaten Unternehmungen, vgl. dazu: gegen (die neubildung) Verstaatlichung . . ist nichts stichhaltiges einzuwenden .. man könnte ja vielleicht kürzer verstaatung sagen wollen; aber dies würde doch die Umwandlung in einen staat bedeuten, nicht in etwas staatliches zeitschr. d. d. Sprachvereins 21, 241. erst vereinzelt literarisch zu belegen: Salander verfolgte den mittelweg, die fühlung mit d e m gesellschaftlichen umsturz abzulehnen, dagegen die zustände durch das verstaatlichen aller möglichen dinge in den bisherigen formen zu erleichtern und zu verbessern G. KELLER 8 , 205. danach ist gebildet verstadtlichen, verstädtischen (s. d.). V E R S T A A T L I C H U N G , f., das dazu gebildete substantiv.: die Übertragung von wirtschaftlichen Unternehmungen an den Staat, sie kann erfolgen im finanziellen interesse (tabakmonopol), oder weil die Unternehmung in staatshänden am vollständigsten ihren zweck im dienst der gesammtheit erfüllt (eisenbahn, post, telegraph) MEYER konversationslex. 6 20, 109b; die Verstaatlichung der eisenbahnen BITTER hdub. d. preusz. Verwaltung 2, 717"; Österreich, staatsub. 2 l, 720; der abgaben l, 17; der Staatsschuld 4, 429; es ist unzweifelhaft, dasz die Verstaatlichung der wichtigsten bahnlinien des staats . . durchaus wünschenswerth ist MOLTKE 7, 36; nachdem M a y bach im märz 1879 handelsminister geworden, begann Preuszen die Verstaatlichung seiner eisenbahnen i m lande BENNIGSEN nat.-lib. partei 133; ein zwist im eigenen hause . . entspann sich, der einen grundgedanken der reform v o n 1808 berührte: die Verstaatlichung des haushalts der einzelnen heeresteile MEINECKE leben Boyens 2, 186; „Verstaatlichung aller g ü t e r ! " schreit der socialdcmokrat ROSEGOER II 11, 65. V E R S T A B E L N , verb., wie verstabern intensivbildung zu verstaben (s. d.): Schweiz, ferstable, erstarren; 's w a r ain w i e der ander ferhungred oder for kelti ferstabled SEILER Basel H3 a . denselben sinn hat bair. verstageln (vgl. stagen 3, th. 10, 2, 538): Jas pin und mit

ich an des paumes ast vestigüch genabelt auch ser versta^elt j a m e r und ungetröstet

cod. germ. Mon. 714, f. 195 bei SCIIMELLER 2 2, 740. V E R S T A B E N , verb., erstarren; vgl. staben .steif, starr sein' th. 10, 2, 362, mit dem subst. stab zusammenhängend, schoii ahd. firstabön, obrigere, obstipere GRAFF Sprachschatz 6, 613; ich ferstabon, firstabön, obstipio, obrigeo STEINMEYER-SIEVERS gloss. 3, 282, 63; ich ferstabun 249, 44; daneben ferstai>än: ich ferstaben, verstabe, obstipeo ebd.; mhd. verstaben wb. 2, 2, 595b: dich eren, frowe, beten tuot verstabten munt, verzagten muot, das kalte bluot des herzen hitzen suo;e (lehrt starren mund beten) zeitschr. J. d. alterthum 4, 520; SCHMELLEK 2 2, 718. part./>berhess. verstabt, starr, verblüfft CRECELIUS 878; er w a r sir verstabt Sann verhaszt, sagte jemand aus

1518

der gegend von Grünberg vor dem dortigen gericht von einem, dem eine Vorladung zu seiner groszen Überraschung zukam ebd. verstaben ist nur hochdeutsch; aber verwandt ist ndd. verstaaven, verstaben, verlechen, verlechzen, vertrocknen, in dauben verfallen (nur von holzgefäszen) KRAMER niderhochteutsch. dict. 456"; ostfries. ferstafen, part. ferstafd, steif, starr: hS is gans ferstafd (ferstafd) und f e r l a m d TEN DOORNKAAT KOOLMAN 3, 295a. Weiterbildungen von verstaben sind verstabeln, verstabern (s. d.). V E R S T A B E N , verb., zu stab I I 11 e f (th. 10, 2, 836), Verzierung in der baukunst und an geschützen. verstäben, mit Stäben versehen, besonders in der Säulenordnung, mit dem unter dem nahmen des stabes bekannten zierrathe ADELUNG; in der Säulenordnung und in der geschützkunst CAMPE ; verstäben, eine säule, fr. orner de rüdentures, engl, to chamfer a column B E I L technol. wb. 1, 629; verstäbt, von canälirungen gesagt, die durch schmale, lange Stäbe . . ausgefüllt sind MÜLLER-MOTHES archäol. wb. 2, 963".

TEN

DOORNKAAT

KOOLMAN

ostfries.

wb.

1, 466/. bringt auch einen übertragenen gebrauch: ferstäfen, fest machen oder bekräftigen: h6 hed sin w o r d ferstäfd (umlautlose form). V E R S T A B E R N , V E R S T A W E R N , verb., intensivbildung zu verstaben (s. d.), niederalemannisch und rheinfränkisch. 1) elsäss. verstaberen (auch farst&wara), besonders im part., vor kälte erstarren M A R T I N - L I E N H A R T 2, 567b. 2) das part. bedeutet elsäss. hauptsächlich ,in angst versetzt', von verschüchterten kindern ebd.; verlegen, verblüfft: in dem ich nun, w i e Stotzen Hänsels kuhe, also verstabert stunde MOSCHEROSCII Philander (1650) 1, 50; so . . ein frembde person sie anredet, (die kinder) bald da verstabert stehen insomnis cura 85 neudr. ebenso lothring.: de kinner sin ganz verstawert FOLLMANN 154"; rheinhess. verstabert, verivirrt, verlegen, dann vor schrecken erstarrt, wie versteinert' KEHREIN l, 431; PFITZER 283; alles gafft sich verstawert (verblüfft) a h FIRMENICII Völkerstimmen 2, 11, 60. 3) lothring. verstawern zeigt den sinn ,vertreiben eigentlich wohl auch ,in venvirrung, aufregung bringen': wart, ich w e r d dich glich verstawere! FOLLMANN 154*. V E R S T Ä B U N G , f., subst. zu verstäben. 1) die handlung, da man etwas verstäbet; ohne mehrzahl CAMPE, in der baukunst: an der Säulenordnung mit Stäben verzieren und solche am gehörigen ort anb bringen JACOBSSON technol. wb. 4, 531 . 2) die stäbe selbst, womit man etwas versiehet CAMPE, ADELUNG, a ) baukunst: verstäbung, fr. rudenture, engl, gutteruork, chamfering B E I L technol. wb. 1, 629. b ) an den geschützen: verstäbung, reiffen, astragales, sind zierrathen, welche sich an denen canons befinden, sie bestehen aus einem halb-runden stabe, und einem oder mehr riemchen FÄSCII (1735) 261*; es dienen diese glieder nicht nur zur zierde, sondern auch zur Verstärkung JACOBSSON 4, 532"; die verstäbungen in den böden, brücken und am köpfe der kanonen heiszen friese, die am zweiten bruche mittelfriese, die am stosze bodenfriese ADF.LUNO, CAMPE. HOYER tob. d. artillerie (1804) hat verstäbung stat* verstäbung, doch ist wohl ein wiederholter druckfehler anzunehmen: bodenfriesen . . bestanden bei dem alten gescliüz aus mehreren versttibungen und Verzierungen l, 138: zulezt werden die friesen und verstübungen durch umgelegte eiserne reifen erhalten, und so wie die schildzapfen angeschweiszt 2, 168. VERSTÄDTEN, VERSTÄDTELN, VERSTÄDTERN,

verb..

junge denominativbildungen zu stadt, städtel, städter, noch nicht lexicalisch gebucht, sich verstädten, zur stadt werden: das dorf, der flecken verstädtet sich ROSEGGER I I 11, 117. verstädteln, verstädtern werden intrans. gebraucht, ,in städtischer art sich verfeinern', mit spöttischem oder tadelndem nebensinn: viele rheinische dörfer begannen mitten in der feudalen zeit schon zu verstädteln R I E H L deutsche arbeit 77; in Rheinhessen . . . eine fast durchgängig aus den schranken des alten bauernthums herausgerissene, verfeinerte und verstädtelte

VERSTÄDTISCHEN -VERSTÄHLEN

VERSTÄHLERN-VERSTAKEN

bevölkerung, in Oberhessen noch vielfach der alte in sich abgeschlossene bauernschlag naturgesch. d. d. Volkes l, 244; so verstädtert ist das volk, dasz die spräche keinen natürlichen ausdruck für den begriff der landschaft mehr besitzt Schles. zeitung v. 13. juli 19X0 (nr. 481). hierzu hat man auch ein unschönes subst. V e r s t ä d t e r u n g geprägt (zeitschr. d. d. sprachvereins 21, 24l), das dann ,die mehr oder minder bewuszte angleichung der bevölkerung mancher fabrikbezirke auf dem lande an städtische geicohnheiten' bezeichnen würde (definition von K. BÜCHEFO.

durare d' acciaio; gestählt, verstählt, accialato KRAMER it. dict. 2, 903°; stählen, ein eisenes Werkzeug, instrumento ferreo adem chalybeam accudere; verstählen id. FRISCH 2, 315°; vorne mit stahl versehen, wofür oft auch nur stählen üblich ist; eine axt, ein messer, eine klinge verstählen ADELUNG; an demjenigen theile, welcher besonders gebraucht wird, mit stahl versehen, überziehen CAMPE; verstählen eines eisens, der axt, des amboszes JACOBSSON technol. wb. i, 532"; verstählen heiszt die schneidenden eisernen Werkzeuge durch angeschwciszten (vorgelegten) stahl, den man nachher härtet, zu einem grösseren widerstände geschickt machen HOYER wb. d. artiUerie suppl. 465; auch stahl mit stahl, und eisen mit stahl wird eben so oft durch schweiszen vereinigt PRECHTL techn. encyklop. 13, 64; (die axt) musz gut verstählt und geschliffen seyn HOYER 29. der Scherenschleifer sagt: ich schleifte nicht allein, ich kann auch wohl verstählen BESSER 2, 761. ohne umlaut: die messer sind in der regel verstahlt THAER rat. landwirtschaft 3, 17.

1519

VERSTÄDTISCHEN, VERSTADTLICHEN, verb., ebenfalls erst vereinzelt gebraucht, das eine ist zum adj. städtisch, das andre frei nach dem, muster von verstaatlichen gebildet worden; bedeutung und gebrauch sind verschieden. verstädtischen, intrans. und reflex., ,städtisch werden, städtischen Charakter annehmen': die früher wilde gegend hat sich verstädtischt; die Ortschaft und ihre bewohner sind verstädtischt. verstadtlichen, trans., ,in städtischen besitz, in städtische Verwaltung übernehmen": die straszenbahn soll verstadtlicht werden vgl. SANDERS ergänz, -wb. 502°; ebd. auch mit umlaut verstädtlichen. VERSTÄDTISCHUNG, V E R S T A A T L I C H U N G , f., üblicher als die dazu gehörigen verba; in der bedeutung wie diese gesondert: verstadtlichung bezeichnet nach dem muster von Verstaatlichung den Übergang, die übernähme einer einrichtung in städtischen besitz oder städtische Verwaltung, verstädtischung die annahme städtischen anstrichs und städtischer formen, die presse gebraucht diese neübildungen in dem angeführten sinne: nachdem in den letzten jähren mehrfach verhand lungen wegen Übernahme der linien dieser bahn in städtische Verwaltung stattgefunden hatten, sollen jetzt besprechungen im gange sein, die eine verstadtlichung dieser straszenbahn zum ziele haben Schles. zeitung v. ¡¡5. märz 1911 (nr. 816); ebenso verhält es sich mit der „verstädtischung" und „Industrialisierung" des landes ebd. v. i.januar 1911 (nr. L). anders gebraucht K. BÜCHER verstadtlichung: am frühesten durchgeführt wurde dieser merkwürdige prozesz der verstadtlichung bei den Hellenen; sie haben dafür ein eignes wort, synoikismos, die zusammensiedelung entstehung der Volkswirtschaft6 863; in allen diesen ländern häuft sich die bevölkerung immer mehr an einzelnen punkten an. aber man wird den Vorgang, der sich hier abspielt, doch nur sehr ungenau bezeichnen, wenn man von einer Urbanisierung, einer verstadtlichung der kulturmenschheit redet 376. V E R S T Ä H L B A R , adj., was verstählt (s. d.) werden kann: verstählbar, fr. acierable, engl, acierable BLASCHKE wb. d. elektrotechnik 134. VERSTAHLEN, ndd. verb. zu stahl ,grundlage, stütze' (th. 10, 2, 555): in Osterstade ist staal eine . . terrasse an der auszenseite des deiches, die den fusz desselben schützt. mai\ bringt sie besonders dann an, wenn das Vorland sehr niedrig ist, und nennt das den deich verstalen brem. wb. 6, 334. vgl. auch das folgende. VERSTÄHLEN, verb., weiches eisen auf der Oberfläche in stähl verwandeln MEYER konvers. lex. 6 20, 109. 1) es ist zuerst auf ndd. boden ohne umlaut bezeugt: mnd. vorstalen, verstahlen LÜBBEN -WALTHER hdwb. 524b; brem. verstalen, verstohlen wb. 6, 334; mnld. verstaelt, met staal beslagen; gescherpt, scherp; verstalen, van staal voorzien, met staal bekleeden VERDAM hdwb. 637b; staelen, verstaelen het yser, indurare ferrum chalybe KILIAN (1599) 519b, 604b; verstaalen, verstohlen, stählen; een wel verstaalt byl, mes, ein wol verstähltes beihl, messer KRAMER nider-hochteutsch. dict 455b; noch nid. verstalen, verstaald. ostfries. ferstälen, verstohlen, mit stahl überziehen oder belegen; de bilhamer mut neis ferstäld worden TEN DOORNKAAT KOOLMAN L, 467»; mit umlaut helgoläni. farsteal, verstohlen SIEBS 2l8b. dän. forstaale ist dem mnd. entlehnt. auf hd. boden erscheint verstählen fast stets in umgelauteter form: mhd. verstehelen LEXER hdwb. 3, 249; durchstälen et verstalen STIELER 2117, in übertragener bedeutung (s. 2); stählen, verstählen, accialare, temprare,

1520

2) die übertragene Verwendung ,stählen, stärken, festigen', beim einfachen verb. (th. 10, 2, 566) uns ganz geläufig, tritt bei verstählen nur vereinzelt auf: mhd. da; e r s ¡ solde meheln und die konschaft verstehein mit worten solher kraft OTTOKAR reimchronik 75 508; durchstälen et verstälen, metaph. indurare, obdurare, confirmare STIELER 2117; uneigentlich verhärten, sein herz verstählen CAMPE; mnld. verstalen, verstärken, het gemoed tegen verleidigen wapenen VERDAM hdwb. 637B; ndl. hy is gansch verstaalt, heeft een verstaalt hert, hat ein verstähltes, hartes, ein eisen- oder stahlhartes herz KRAMER nider-hochteutsch. dict. 455b; verstalen, flg. verhärten, unempfindlich machen; dazu die abstractbildung verstaaldheid, härte, hartherzigkeit SICHERERAKVELD 1190"; und Stoa mag auch noch so sehr ihr volck beschreyn, als könte dessen muth in allen feste seyn und wider jedem pfeil den harten sinn verstählen GÜNTHER ged. 821; ihr männer, deren hertz ein starckes feuer führt, wenn Cypripor die glut durch seinen zunder mehret, wenn sein erhitzter pfeil die kalte brüst anrührt, und den verstählten sinn in leichte asche kehret ged. v. HOFFMANNSWALDAU U. and. 3,106 Neukirch; o lasse dein herz meines nicht verstählen! zu hart ja würd' es, seufzer drein zu graben! des Hehns der liebe hätt' ich nimmer acht, wenn stählern dein herz meines hart gemacht FREILIGRATH 6, 203. 3) in stahl gekleidet, gepanzert: wie gottes donner und hagelwetter braust' er mit seinem heer, neu und blank verstählt, aus dem hinterhalt uns entgegen BÜRGER L, 288 anm. (Macbeth 1, 2). — v e r s t ä h l e r , m.: aus-, be- et verstäler (mas chalybefirmans, muniens, instruens, ferrum indurans) STIELER 2117. VERSTÄHLERN, verb., seltene nebenform zu verstählen, wohl vom adj. stählern abgeleitet: unmögliche arbeit . . dem löwen die klauen verstälern TREUER d. Dädalus (1675) 1, I I I ; ob er (der teufel) gleich ihren leib habe fest gemacht und verstählert WIDMANN Faust 702 Keller. v e r s t ä h l e r u n g , f., subst. dazu. VERSTÄHLÜNG, f . L) handlung des verstählens (verstählen l ) ADELUNG; CAMPE; BLASCHKE wb. d. elektrotechnik 134. ohne umlaut verstahlung: die messer sind in der regel verstahlt, da sie eine grosze friktion erleiden, so musz die verstahlung öfter erneuert werden THAER rat. landwirtschaft s, 17; er hält wenigstens drey andere pflüge aus, und erfordert, auszer der verstahlung des schaares, überall keine reparationen beschreibung der ackergeräthe 1, 38. 2) zustand des verstähltseins, härte, unempfindlichkeit, roheit (verstählen 2): verstälung, saevitia, crudelitas, immanitas, pertinacia, contumacia STIELER 2117; CAMPE; eben so erfordere es eine verstählung des herzens, um es gegen den eindruck der gottheit auszuhalten ABBT L, 87. VERSTAKEN, verb., mit staken ,pfähl, stange' (th. 10, 2, 586) zusammengesetzt, L) in Esthland: verstaken, mit

1521

VERSTAKT -VERSTALTUNG

atalcen, staket versehn SALLMANN 78*. 2) wohl .stakenartig, pfahldürr, spindeldürr': dörr und verstackt rindfleisch (hart und zäh) quelle bei SANDERS ergänz.-wb. 508*. VERSTAKT, m., versmasz, versform: im verstakte der alten war bei so bewandten Verhältnissen der unterschied zwischen hebung und Senkung . . bedeutungslos, und blosz auf wollautsgesetzen beruhend GARVE deutscher verstau 6. VERSTALLEN, verb. I. vom subst. stall (th. 10, 2, 694) abgeleitet. 1) in einen anderen stall überführen, den stall wechseln lassen: verstallen, trastaüare, mettere in altra stalla; das -rieh verstaUen, trastallare il bestiame, mutarlo di stalla KRAMER it. dict. 2, 904°; aus dem ndl. übernommen, wo ver -composita dieser bedeutung überaus häufig sind: verstallen, ttmstallen, in einen andern stall bringen SICHERER-AKVELD 1190*. von hier aus auch in das friesische eingedrungen: forstälje, verstallen, (hetvee) van den eenen stal naar den anderen o/verbrengen DIJKSTRA 1, 419b; ferstallen, verstdllen, umstallen, umsetzen TEN DOORNKAAT KOOLMAN 1, 467». 2) obd. das stallgeld entrichten, wie versteuern gebildet: mercedem pro stabulo solvere STIELER 2118; stall zu Straszburg, wo die herren dreyer auf einbringung des stallgeldes zu sehen haben . . verstallen, ist da so viel als zu Nürnberg Verlosungen FRISCH 2, 816*; was. ist ein überflössiger und prächtiger hauszraht anders als ein heimlicher dieb, der nichts nutzet, täglich abnimmet, und viel zu verstallen kostet? DANNHAWER catechismus milch (1657) 2, 386. II. zu stallen gehörig (th. 10, 2, 616), vom harnen der pferde gebraucht, ob dieses mit dem Worte stall zusam menhängt, ist zweifelhaft. FALK-TORP norw.-dän. etym. wb. 1147 bringt es mit der bedeutung .tröpfeln' der wurzel *stel- ,steif stehen, stehen bleiben, steif werden' zusammen (gr. azalau), axaXä£o>). 1) den harn verhalten: (stallen, mingere) verstallen autern häc significatione est, urinam inhibere, remorari, reprimere STIELER 2118. 2) modern mundartlich obd., harnend verunreinigen:: schwäb. verstallen, durch stallen verunreinigen; das pferd verstallt den boden; düngen FISCHER 2, 1852. VERSTALTEN, verb., obd. bildung. 1) umgestalten, verändern, schwäb. verstalte11 FISCHER 2, 1852; die gestalt verändern Basler wb. v. 1675 bei CAMPE ; schon 1537 belegt bei DASYPODIUS B B8*: personatus, verbutzet, -staltet (vermummt, verkleidet); transfiguro, in aliam figuram verto, verstalten, in ein andere gestalt verenderen CALEPINUS 1481*; dazu Ovids verstaltungen, metamorphosen («. d.); wie der bösz tüffel in ein engel des liechts, und die unwarheit in schin der warheit transformieret und verstaltet MURNER a. d. adel 8 neudr.; als mich eine zaubererin . . , wie ihr dann sehet, in den Irenian verwandelte und verstaltete BIRKEN Margenis (1679) 190. 2) meistens nimmt es den sinn an ,zum nachtheil umgestalten, verunstalten, entstellen': HEYSE hdwb. 2, 2, 1624; luxemburg. verstalt, verunstaltet, unkenntlich gemacht wb. (1906) 467*. trans.: ihr trachtet mir umbsonst die Wahrheit zu verstalten übers, v. Corneille, Borace (Prag 1690) LB y 8531; der Feldberg hat ein groszen wald umb sich, der ist gar sehr verstalt, dann niemand ist, der sein verschont ALBERUS ¿top (1590) 143. reflex.: die schönen häupter verstalteten sich zu bläulichen fischköpfen BRONNER Schriften (1794) 1, 85. bair. vergestalten in demselben sinne SCHMELLER \ 784. VERSTALTNIS, f., altes subst. zu verstalten 2, ,entstellung, emiedrigung': eya, biderve man, erbarme noch din selber und kere wider zü dime schepphere und halt dich under sinen schatten und geliche dich siner vorstaltnisse die er hatte ame crüce altd. pred. 1, 84, 25 Schönbach. VERSTALTUNG, f., zu verstalten l, .Umgestaltung, Verwandlung': dasz solche mutwillig gesuchte deutungen . . eben so wenig dem Homero geträumt haben, als XII.

V E R S T A M M E L N - VERSTAMMEN

1522

dem Ovidio inn seinen verstaltungen FISCHART Qarg. 24 neudr. (metamorphosen)', . . ich sie beide nicht gekennet: maszen das der prinzessin eine . . grosze Verstattung brachte, wann sie auf ihrem haupte den gewönlichen schmuck nicht hatte A. U. v. BRAUNSCHWEIG Octavia (1677) 1, 844. VERSTAMMELN, verb., zu stammeln (th. 10, 2, 649), mit der zunge anstoszen, in der rede stocken und die worte wiederholen, das wort gehört zu der wurzel *stam,einhalten' KLUGE wb.1 489*. die Vorsilbe scheint den sinn zu verstärken: die speisz hab ich für mich gesamlet. an diesem wort der grill verstandet, zog ab und lied von hunger zwang H. SACHS 5, 78, 27 Ketter. schon stammeln nimmt dann die allgemeine bedeutung an: etwas unvollkommen machen; die zeit verstammeln, mit unnützen Sachen hinbringen: so ward denn eine werthe zeit vertrödelt und verstammelt DROSTE-HÜLSHOFF 1,170. VERSTAMMEN, verb., niederdeutsches wort. I. zu stamm II l (th. 10, 2, 685) in eigentlichem sinne, intrans. gebildet wie versteinen, Verstecken, so in Osnabrück verstammen: wenn bei dürrer zeit das getreidekurz bleibt, so ist es verstammet, weil nämlich alsdann der stamm oder der unterste schusz zu dick wird und das getreide nicht in die höhe schieszt. wenn kinder nicht gut fortwachsen, braucht man dies wort ebenfalls STRODTMANN 261. in der umgegend von Osnabrück sagt man noch heute verstamen (mit langem vocal) von pflanzen und thieren, die aus irgend einer Ursache im wachsthum zurückgeblieben sind; auf menschen wird der ausdruck kaum angewendet. II. zu der bildlichen Verwendung von stamm II 8 (sp. S3» ff) und stammen 8 (sp. 653) gehört das in der älteren nhd. rechtsprache übliche verstammen ,vererben, sich vererben' in trans. und intrans. Verwendung, mit stamm wird der eigentliche inhaber eines lehn- oder erbgutes bezeichnet, welcher für die dieses besitze» mitgenieszenden den zins oder die erbpa ht an den lehnsherm auszählt (sp. 638). verstammen SCHOTTEL 647B; FRISCH 2, 317*; HALTAUS 1898; CAMPE. 1) trans. auf seinen stamm fortpflanzen, übertragen CAMPE; transferre iure sanguinis et naturali successione; die lehne werden von dem vater auff die söhne . . verstammet mecklenburg. lehnsrecht bei HALTAUS 1898; der hohe stat, durch list und practiken aufgeführt, . . wird selten . . auf den andern, geschweige dritten erben verstammet BUTSCHKY Pathmos (1677) 211. 2) intrans.: redire, transferri; das erb ist wieder auf des testatoris söhn verstammet und gefallen FRISCH 2, 317"; das dorf Albersroda, so sein seel. vater . . an sich gebracht, und durch dessen (absterben) solches ohnlängst an ihn verstammet und verfället, zum rechten mann-lehen gnädiglich gereichet anhalt. quelle v. 1702 bei HALTAUS 1898; dasz . . der verstorbenen antheil auf die nächsten . . lehensträger . . verstammen soll mecklenburg. erbvergleieh (Rostock 1755) beilage 28; das, so einer unter ihnen ohne erben abgehn würde, des verstorbenen land an den anderen verstammete MICRÄLIUS Pommerland 3, 373; hernachmahls . . sind ihnen von sothanes reichs löblichen königen bisz auff gegenwärtige stunde all solche mit der faust erworbene, ererbete und verstammete privilegia bekräftiget und sie darbey gelassen OLEARIUS pers. reisebeschreib. (1696) 52B. 3) auf andere objecte übertragen, trans.: gerade so verfuhr der Deutsche mit den von seinen vorfahren auf ihn verstammten germanischen eigennamen WIARDA bei CAMPE ; auf welche (majestät) von dero herrn vatern, nebenst so viel königreich- und landen, auch der teutsche krieg, und die väterliche tugenden, glückseligkeit und glori, eintzig und allein verstammet seynd CHEMNITZ schwed. krieg. (1648) widmung 5. 4) daneben scheint das part. verstammt in demselben sinne wie verschwestert, ein alter ausdruck der rechtsprache (sp. 1213), gebraucht worden zu sein, ,ein erbgut,

96

1524

VERSTAMPFEN-VERSTAND

VERSTAND

in dem der stamm erloschen ist': demnach die vers t a m m e t e fürstliche grafschaft an das . . hausz Sachszen kommen weimar.quelle v. 1661 bei DIEFENBACH-WÜLCKER 567. — v e r s t a m m u n g , / . , CAMPE; ZU v e r s t a m m e n II: die Übertragung, der Übergang von lehen in der stammfolge. VERSTAMPFEN, verb., in verschiedenen bedeutungen lebendig, aber wenig zu belegen, bisweilen erscheint die mittel- und ndd. form verstampen. nur trans. gebraucht. 1) als ha.-type in resultativer anschauung. a) statt des üblicheren zerstampfen, .stampfend zerkleinern': gewürz im mörser verstampfen; schwäb. verstampfen FISCHER 2, 1858; ostfries. ferstampen TEN

638*. in der folgenden zeit ist es auch auf obd. boden zuhause. verstant, verstand DIEFENBACH gloss. 298", 485'; STIE-

1523

D O O R N K A A T KOOLMAN l , 467"; ndl. v e r s t a m p e n ; i n m ö r -

sern den quarz zu verstampfen EBERS schwestern 77. b) durch stampfen verbrauchen, alle machen: allen zucker, pfeffer . . , einen ganzen scheffel kartoffeln f ü r die schweine verstampfen CAMPE. c) durch stampfen verderben; die beete, die mit kresse ausgesäeten buchstaben mit den füszen verstampfen

LER 2132; K R A M E R it. dict. 2, 941; M A A L E R 432*; A L B E R U S 54 B ; D A S Y P O D I U S (1537) E i i i j » , F f f i i j a ; C A L E P I N U S 746*; SCHÖNSLEDER L C S D , 4"°; D E N T Z L E R 313 B , 313*; A P I N U S 293; F R I S C H 2, 319"; K I L I A N (1599) 604 B ; K R A M E R niderhochteutsch. dict. 455°, hoch-niderteutsch. 247 B ; A D E L U N G ; CAMPE; WEIGAND-HIRT; KLUGE; P A D L ; HEYNE, mund-

artlich allgemein, wenn auch in vielen wb. nicht besonders aufgeführt: elsäss. lothring. verstand wie schriftsprachlich M A R T I N - L I E N H A R T 2 , 603*;

FOLLMANN

154»;

Schweiz.

SEILER 113; bair. SCHMELLER2 2, 767; oberhess. feaädänd SCHÖNER Eschenrod 64; Meiningen SPIESS 269; Leipzig A L B R E C H T 231»; Waldeck B A U E R - C O L L I T Z 3 1 B ; SCHAMBACH 267"; Altmark D A N N E I L 240*; S C H Ü T Z E 4, 307; Pommern D Ä H N E R T 527* B ;

Güttingen Solstein Preuszen

in abweichender form

farstauk

FRISCHBIER 2, 442b.

L E I H E N E R Cronenberger

wb. 36A.

ahd. steht die form -stantida neben -standida, wie im verb. -stantan neben -standan; mhd. verstant, gen. Verso hab' ich nicht umsonst mich um den kram erhitzt standes. eine sächliche nebenform ist selten: durch den 60 manch papier befleckt, so manch papier beschmitzt, so manchen kiel verstampfft (durch eifriges verseschreiben) frasz werden die gütter verschwendet, dasz verstand GÜNTHER ged. (1735) 1098. verrückt ALBERTINUS hirnschleiffer (1664) 2. von verstand als einem abstractum pflegt die mehrzaM nicht ged) übertragen; unterdrücken, ersticken: bildet zu werden, doch geschieht es bisweilen scherzhaft: die lieb ist auch verstimmt, verstummt, verstampt, zerrissen, die liebes-lieder sind in klag und leid verkehrt das seind schöne n a m m e n mit einem zimlichen verWIEDEMANN Mst.-poet. g^fangemcha/ten (1689) juniuz 11;stand abgefertiget, es m ä c h t ein sau lachen, solcher die ihre finger beschädiget h a b e n , verstampfen den doctorischen verständt PARACELSUS opera (1616) L, 303 B ; schmerz mit ihren füszen HEINSE 2, 256. h a t die schrifft schier so viel verständt (auslegungen) und köpft alsz Ieser FRANCK bei FISCHER schwäb. wb. 2) als iam-type nach dem muster von versperren: 2, 1353; stampfend verschlieszen, festmachen, zustampfen; mhd. b verstempfen mhd. wb. 2, 2, 567 ; LEXER hdwb. 3, 251; die verstand ist zweierlei: der ein ist angeboren . . . erst zu erwerben ist der andre, zu ersparen . . . fugen zwischen den steinen werden m i t erde v e r s t a m p f t ; der zwei verstände kann ein mann entbehren keinen, läszt m a n . . ein mauseloch unverstopft und unverstampft und erst ein ganzer wirds, wo beide sich vereinen CAMPE;

GOTTHELF

Uli

der knecht

2, 1*6.

v e r s t a m p f u n g , f.. CAMPE, die handlung des verstampfens in den verschiedenen bedeutungen des verbs. VERS-TAND, m., scherzhafte bildung: lasz uns treiben mit verstand prosaspiel und verstand RÜCKERT 11, 225.

VERSTAND, m., altes Verbalsubstantiv., in der bedeutung an verstehen I (s. d.) angelehnt, ebensowenig wie bei dem verb. fühlen wir bei dem subst. die innere beziehung zwischen stand und verstand heraus; ein Wortspiel damit muthet äuszerlich an: im stand sein stand zn wählen, ist verstand TIECK 1,176. intellectum a stände denominant, Oermani verstand, Angli unterst®nding, Sveei förstand, Belgae verstand, etiamsi coneipi haud ita fädle possit, quid demum illud sit, quod situs Hie corporis cum actu inteUigendi commune habeat, aut quae ratio moverit antiquos, ut intellectum status vocabulo insignirent WÄCHTER gloss. germ. (1727) 818. form. die im ahd. üblichen formen sind die abstractbildungen farstantida, furistentida, firstantnissi, ferstandnissida nach GRAFF spraqhsehatz 6, 608/.; ingenium, furistentida, list STEINMETER-SIEVERS gloss. 2, 220, 62; sententiarum, furistentidono SM, 62; sensum, ferstendida, ferstentida 502, 48 ; 523, 21; after eocouuelihhes huuialihii edo farstantida, secundum uniuseuiusque qualitatem vel intMigentiam Benedictinerregel l, 39 Hattemer; über das nebeneinander von furi-, fer-, fir- vgl. verstehen allg. theil. nur bei ISIDOR taucht ein m. firstand im nom. sing, auf: gheigt druhtines endi firstand endi chidhanc, spiritus domini, sapienüa(e) et intellectus 40, 5 (über den auslaut d statt t 41 anm. Hench). auch mhd. ist verstant neben verstandenheit, verstantnisse selten und in etwas abweichender bedeutung belegt LEXER hdwb. 3, 249. dagegen ist das wort im mnd. verbreitet und verzweigt 9CHILLER-LÜBBEN wb. 5, 461*, von hier aus in die nordischen sprachen übergegangen, aus dem ndl. ins ostfries. TEN DOOHNKAAT KOOLMAN l, 467b; mndl. VERDAM hdwb.

RÜCKERT weiah. d. Brahmanen

2,129.

eine umlautlose form ist nur bei dem Deutsch-Dänen BAGGESEN

bezeugt:

ich sasz in meines daseyns enger kammer, nachsinnend der gemttther hohen tiefen und der verstand' und der vemünfte jammer poet. werke 8, 207; und jeder sey (mir wäre das ein spott) den lebenden verniinften und verstanden und sinnen, die auf selbigen vorhanden, ein halb begreiflicher, und halb sichtbarer go tt 4, 39. bedeutung und gebrauch. A. entwicklung des begriffs. L) im mhd. wird verstand als Inbegriff geistiger fähigkeiten und bethätigungen theils durch verstantnisse, theils durch Vernunft (vernunst) ersetzt LEXER hdwb. 3 , 249; 190); im mnd. und mnld. dagegen tritt es an häufigkeit des gebrauchs und Vieldeutigkeit hervor, in den älteren nhd. wb. wird verstand definiert als: pereeptio animi, comprehensio sensus, captus mentis; ingenium, intellectus, inteUigentia, animus, mens; ratio, iudicium, acies seu acumen ingenii, prudentia; seientia, cognitio, sententia. danach bezeichnet verstand die fähigkeit, äuszere eindrücke aufzunehmen toie zu verarbeiten; die urtheilskraft und schärfe des geistes; die fähigkeit, gaben und kenntnisse anzuwenden: ist also inbegriff theoretischer und praktischer fähigkeiten, selten ist ein hinweis auf das gefühlsieben: senso, sentimento KRAMER it. dict. 2, 941*. intellectus . . nobilissima animae rationalis pars quae et mens et intelligentia dicitur, qua praeditus homo, unus caeteris antecellit animantibus, cuiusque opera res incorporeas et ab omni materia seiunetas notiones atque-formas solus apprehendit, germ. der verstand CALEPINUS (1598) 746*. deutsche Umschreibungen für verstand sind: empfindtligkeit MAALER 432*; begreiffung des gemüts DASYPODIUS E i i i j * ; begreiffung, vernunfft CALEPINUS 288B; 416*; die verstehung KRAMER it. dict. 2, 941*; köpf, geist, sinn, Vern u n f t 941B; hirn im köpf, Vernunft hoch-niderteutsch. dict. 247*b; sinn, verständnusz, meynung DENTZLER 313*; etwas zu begreiffen, beurtheilung, erfindung, vernunfft FRISCH 2, 819*. im 18. jh. macht sich daneben das verlangen nach schärferer definition bemerkbar: die kraft

1525

1526

VERSTAND

VERSTAND

der vernünftigen seelen, nach welcher sie zuforderst sich in sich selbst, und dann die dinge auszer ihr . . betrachtet, und was an einem jeden wahres zu befinden, . . erkennt JABLONSKI lex. d. künste u. wiss. (1721) 815»; verstand ist überhaupt eine fähigkeit zu empfinden (I) und zu gedenken allg. haushalt.-lex. (1749) 3, 561. ADELUNG scheidet: das vermögen, die fähigkeit, einen andern zu verstehen; das vermögen zu erkennen, so dasz es auch die sinne und einbildungskraft mit unter sich begreift; das vermögen, deutliche begriffe zu haben, in den beiden ersten fällen spricht er den thieren auch verstand zu, im dritten ab. verstand und Vernunft scheidet er, ,ob gleich beide im gemeinen leben häufig mit einander verwechselt werden: verstand ist das vermögen zu deutlichen Vorstellungen oder allgemeiner erkenntnis, von welchem die Vernunft nur ein höherer grad ist', nämlich als ,das vermögen, den Zusammenhang mehrerer dinge einzusehen, zu urtheilen und zu schlieszen' (1101). CAMPE übernimmt die gliederung für verstand, indem er den zweiten und dritten fall durch zusätze erweitert: ,das vermögen zu erkennen, Vorstellungen zu haben; das vermögen deutliche begriffe zu haben und zu verbinden, das vermögen zu denken', verstand ist das vermögen, begriffe zu bilden und auf die Wirklichkeit anzuwenden HÜBNER zeitungslex. (1824) 4,803'. diese definitionen gründen sich auf die philosophie der aufklärungszeit. 2) die theologisch-theosophische speculation der mystiker kennt nur Verständnis dafür (s. d. A 2). a) die spräche des 17. jh. entfernt sich bisweilen beträchtlich von der späteren definition: in dieser weit gehet nichts über den menschen, im menschen nichts über die seele, in der seele nichts herrlicheres als die vernunfft, in der vernunfft nichts stattlicheres als der verstand, im verstand nichts künstlicheres als die Weisheit SCHUPP Schriften (1663) 563; der verstand des menschen bestehet vornehmlich aus zweierley kräfften, denen der Sinnlichkeiten und der vernunfft; durch jene begreifen wir die einzelnen dinge, durch diese betrachten wir derselben Übereinstimmung und unterscheid mit oder von andern dingen und was sie also mit andern gemeinsam haben THOMASIUS versuch v. wesen d. geistes 2; gleichwie nun in einer persona naturali oder menschlichen leibe sich die spiritus, das blut und die glieder finden, also ist in der persona civili ein perpetuum consilium, welches den verstand.. repräsentirt, von nöthen LEIBNIZ l, 156; unter der logik oder denk-kunst verstehe ich die kunst, den verstand zu gebrauchen, also nicht allein, was fürgestellt, zu beurtheilen, sondern auch, was verborgen ist, zu erfinden 376. CHR. WOLFF wird für das 18. jh. bestimmend: das vermögen das mögliche deutlich vorzustellen ist der verstand vernünft. gedanken v. gott, weit l, § 277; das vermögen, undeutlich eine sache vorzustellen, sind die sinnen und einbildungskrafft: denn wenn wir in dem, was sie vorstellen, deutlichkeit suchen, so äuszert sich der verstand 2, § 90; wir haben dreyerley würckungen des Verstandes, die begriffe, die urtheile und die schlüsse 1, § 849; der verstand ist die kraft unserer seele, sich ein ding deutlich vorzustellen, derselbe hat wiederum drey besondre kräfte, nachdem er sich entweder einzelne begriffe, oder sätze, oder schlüsse deutlich vorstellet, diese letztere kraft wird insbesondere die Vernunft genennet, vermöge welcher wir den Zusammenhang der Wahrheiten einsehen GOTTSCHED erste gründe d. ges. weltweisheit 1, § 17; der verstand ist ein vermögen der seelen, sich die sachen deutlich vorzustellen, und gründlich davon zu urtheilen BREITINGER crit. diclitkunst 2, 104. KANT schafft die grundlage der heute geltenden anschauung. nach ihm ist der verstand: das vermögen, Vorstellungen selbst hervorzubringen (3, 75 akad. ausg.), zu urteilen (86), der erkenntnisz durch begriffe (85), der begriffe (5, 190), der regeln im gegensatz zur Vernunft als dem vermögen der principien (3, 238). er ist aber kein vermögen der anschauung (85), sondern vermag nur den gegenständ sinnlicher anschauung zu denken (71>): alle unsere erkenntnisz hebt von den sinnen an, geht von da zum verstände und endigt bey der Vernunft 287. KANT bedient sich des wortes in einem wei-

teren und engeren sinne: der verstand im weiteren um schlieszt den verstand im engeren sinne als das vermögen der begriffe, die urtheilskraft als vermögen des urtheilens und die Vernunft als das vermögen des sehlieszens, von denen der erste dem er kenntnisvermögen bz. der natur gesetze gibt vgl. FALCKENBERG gesch. d. neueren phüosfi 296; was der verstand a priori als gesetz für die natur . . vorschreibt KANT 5, 167; die alles vereinende natur, . . der alles trennende verstand SCHILLER 10, 288; sobald der mensch angefangen hat, seinen verstand zu brauchen und die erscheinungen umher nach Ursachen und zwecken zu verknüpfen, so dringt die Vernunft, ihrem begriffe gemäsz, auf eine absolute Verknüpfung und auf einen unbedingten grund 362; (die) Ordnung der ideen, so wie sie der verstand bildet HERDER I, 193; der verstand läszt sich als die durch Vernunft fixierte einbildungskraft, oder als die durch einbildungskraft mit objecten versehene Vernunft beschreiben, der verstand ist ein ruhendes, unthätiges vermögen des gemüths, der blosze behälter des durch die einbildungskraft hervorgebrachten, und des durch die Vernunft bestimmten FICHTE L, 233; verstand ist das vermögen der gedanken F. SCHLEGEL im Athenäum 2, 25; der unmündige verstand erhebt sich durch den begriff des paares wie durch eine stufe zu dem allgemeinen der Vielheit A. W. SCHLEGEL ebd. L, 10; die nächste Wahrheit des wahrnehmens ist, dasz der gegenständ vielmehr erscheinung und seine reflexion-in-sich ein dagegen für sich seiendes inneres und allgemeines ist. das bewusztsein dieses gegenständes ist der verstand HEGEL encyclopädie § 422; das subjektive korrelat der materie . . . ist der verstand SCHOPENHAUER L, 43; die unmittelbare erkenntnis des Verhältnisses von Ursache und Wirkung . . ; verstand ist denken des allgemeinen und des besonderen in ihrer trennung und beziehung . . der verstand weisz das so getrennte blosz zu beziehen und nicht, das'unterschiedne in der innern und höchsten einheit zu fassen, dies thut die Vernunft; Vernunft ist aber nicht ohne verstand möglich, denn nur im unterschiedenen ist die einheit herzustellen VISCHER ästhetik 2, 110; verstand ist die fähigkeit des menschen, seine gedanken nach der beschaffenheit des gedachten zu verknüpfen HERBART Psychologie3 175; die eigenschaft, die gegenstände und ihre beziehungen durch begriffe zu denken WUNDT system d. philos.'2 148. b) EISLER definiert vom heutigen Standpunkt aus verstand folgendermaszen: im weiteren sinn die denkkraft, der intellect, die intelligenz gegenüber der Sinnlichkeit; im engeren, gegenüber der Vernunft, die einheit, fähigkeit des geistigen erfassens, des (richtigen) begreifens (abstrahierens) und urtheilens, kurz des beziehend-vergleichenden, analysierenden denkens, sowie des verstehens, d. h. des wissens um die bedeutung der worte und begriffe philos. wbß 3, 1668; während der verstand sich an den gegebenen inhalt der anschauung und er fahrung hält, um daraus begriffe und gesetze zu abstrahieren, sucht die Vernunft diese begriffe und gesetze zu einem in sich abgeschlossenen, systematisch geordneten ganzen der erkenntnis zu verknüpfen MEYER konvers.-lexß 20, 91; der verstand zerlegt und gliedert das einheitliche anschauungsbild und hebt einzelne bestandtheile und beziehungen daraus hervor, indem er sie in die form des begriffs bringt. . (es) ist nur der stoff der anschauung gegeben, ihre form aber im verstände begründet 109/. c) in der von der philosophie beeinfluszten spracht des 18. jh. erscheint verstand mit einer reihe stehender beiworte. er wird gesteigert zum r e i n e n v e r s t ä n d e : wenn sich in das deutliche erkenntnisz unsers Verstandes nichts undeutliches mehr einmischet, dann heiszt dieses ein reiner verstand GOTTSCHED gründe d. ges. weltweish. l, § 481; die grundsätze des reinen Verstandes . . enthalten nichts als gleichsam nur das reine Schema zur möglichen erfahrung KANT 4,156 akad. ausg. ihm, steht der n a t ü r l i c h e , g e m e i n e , g u t e , g e s u n d e m e n s c h e n v e r s t a n d gegenüber; bisweilen schon in älterer spräche: der natürlich verstand unnd neigung so ein yeder mensch hat MAALER 432"; dasz die wackerster

96*

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VERSTAND

VERSTAND

k ö p f e . . m i t i h r e m n a t ü r l i c h e n v e r s t ä n d e genug z u r e c h t k o m m e n LEIBNIZ 1, 880; w e r dieser b o d e n l o s e n w e i t itzige b e s c h a f f e n h e i t m i t g e s u n d e m v e r s t ä n d e a n s i h e t m u s b e k e n n e n BUTSCHKY Pathmos (1677) einführ.):( 3"; weil fiii die D e u t s c h e n e i n e . . . p r o s a d e s g u t e n Vers t a n d e s o h n s t r e i t i g die b e s t e i s t H E R D E R I , 179; n i c h t also d e m a u g e des g e m e i n e n g u t e n Verstandes u n t e r u n s k e u n b a r , n i c h t also n a t i o n a l 3, 413; u m deswillen i s t sie (die angewandte logik) . . lediglich e i n k a t h a r t i k o n d e s g e m e i n e n Verstandes K A N T 3, 76; d a s z d a h e r u n t e r d e m n a m e n d e s g e s u n d e n Verstandes k e i n a n d e r e s , als e b e n dieses v e r m ö g e n (die urtheilskraft) gemeint wird 8, 169; g e s u n d e r v e r s t a n d : e i n e n i c h t s e h r tiefsinnige, a b e r d o c h richtige V e r n u n f t , die sich a n d e n g e w ö h n l i e h e n g e g e n s t ä n d e n d e r m e n s c h l i c h e n k e n n t n i s s e geübt h a t S A R V E Sammlung einiger abh. l , 8 4 ; er i s t d u r c h gängig ein p h i l o s o p h d e s g e s u n d e n V e r s t a n d e s HERDER 1, 79; der g e s u n d e v e r s t a n d , wie ihn jeder von der natur nicht verwahrloset mensch hat, auch der g e m e i n e m e n s c h e n v e r s t a n d CAMPE; g e s u n d e r v e r s t a n d (,bon sens') ist die natürliche (schon ohne besondere ausbüdung wirksame) auffassungsund beurtheilungskraft, das normale, aber unmethodische, daher auch leicht fehlgehende denken EISLER philos. wbfi 3, 1668; g e s u n d e r m e n s c h e n v e r s t a n d vgl. th. 6, 8072. durch erziehung und bildung kann er verfeinert werden: e i n e m i s z h e i r a t s c h i e n s e i n e m aufg e k l ä r t e n v e r s t ä n d e n u n e i n . . . u n v e r z e i h l i c h e s verb r e c h e n LENZ Schriften 8, 160; ein e r l e u c h t e t e r v e r s t a n d h i n g e g e n v e r e d e l t a u c h die g e s i n n u n g e n SCHILLER 4, 31; die a l l g e m e i n e n r e s u l t a t e , die j e d e m gebildeten v e r s t ä n d e i n t e r e s s e einflöszen HUMBOLDT kosmos l , ss;

w e i l e s e b e n s o viel k r a f t des Wissens, d e s Verstandes, des begriffs b r a u c h t , u m es z u vertheidigen als es z u b e s t r e i t e n G Ö T H E I V 9, 18 Weim. in älterer spräche ist die Verbindung verstand und w i t z besonders beliebt, wo w i t z (als abstractbildung zu w i s s e n ) ursprünglich nicht verschieden von v e r s t a n d ist (LEXER hdwb. S, 955), aber besonders die im finden sich äuszernde geistesschärfe bezeichnet: (es) k a n d a k e i n k r a l l t n o c h m a c h t , k e i n w i t z e n o c h v e r s t a n d sein, d a m i t w i r zur gerechtickeit u n d leben u n s k ü n d t e n schicken edder t r a c h t e n LUTHER 26,503 Weim.; m i r (sind) d e n n f a s t witz, v e r s t a n d t u n d alle k r ä f f t e b e n o m m e n engl, comed. u. traged. (1624) S I I I b ; d u r c h e u e r f r e s s e n u n d s a u f f e n a b e r v e r d e r b e t i h r w i t z u n d v e r s t a n d HAPPEL acad. roman (1690) 211; w i t z u n d v e r s t a n d w a r b e i d e n a l t e n D e u t s c h e n eins HERDER 15, 128; diesz ist der rühm, der dir gebührt, den dein verstand und witz dir bringet

ihr gereinigter verstand liebt nur wohlgerathne Sachen

GOTTSCHED ged.

8) häufig erscheint v e r s t a n d mit anderen theils ähnlichen, theils gegensätzlichen sinnes

(1751) 256.

fähigkeiten zusammen.

a) mit inteUeetuellen fäkigkeiten und bethätigungen. über die berührung mit V e r n u n f t vgl. 3 b ; alle, die m i t d e r schrillt y h i e n m u t w i l l e n t r e y b e n , m a c h e n sie t z u s c h ä n d e n , t z i h e n sie äuff m e n s c h l i c h e n v o r s t a n d u n d f ü r e n d e n olgotzen, die v o r n u n f f t , h y n e z u L U T H E R I O 1 , 1, 888 Weim. ; ein tilltapp, war Götze genandt, ein tötsch an vemunfft nnd verstandt H. SACHS 9, 420, 24 Keller; was erst, nachdem iahrtausende verflossen, die alternde Vernunft erfand, lag im Symbol des schönen und des groszen voraus geoffenbart dem kindischen verstand S C H I L L E R 6, 266, 4 5 .

scherzhaft: V e r n u n f t v e r h ä l t sich z u m v e r s t ä n d e , w i e ein k o c h b u c h z u einer p a s t e t e BÖRNE 6, 60. den thieren wird im allgemeinen v e r s t a n d , aber nicht V e r n u n f t zuerkannt: e i n volck, d a s ein t h i e r l i c h v o r s t a n d h e t u n d n i t gottis geist i n y h m r e g i r n l e s t LUTHER 7, 579 Weim.; d a s Säugetier b e s i t z t . . v e r s t a n d BREHM thierleben3 l , 20. bisweilen, aber wird den thieren im entgegengesetzten sinne, wie v f i r n u n f t zugesprochen (SCHILLER Teil 1, L), so vers t a n d abgesprochen: habt ihr nicht mehr nachsinnens, a l s die d u m m e n t h i e r e , die J u p i t e r alles Verstandes ber a u b t ? MALER MÜLLER I, 137; d a d a s z e i t w o r t unbes t i m m t e r i s t a l s da^ hauptwort., d a s der g e b r a u c h z u r b e s t i m m t h e i t eines t e r m i n u s fixiert, so k a n n m a n v o m t h i e r e a u s s a g e n , es v e r s t e h e , a b e r n i c h t , es h a b e vers t a n d VISCHER ästheük 2, 111; g e d ä c h t n i s i s t d i r e k t e r sinn, v e r s t a n d i n d i r e k t e r s i n n NOVALIS 3, 350; der geist d e r w e i s z h e i t n n d d e s Verstandes K R A M E R it. dict. 2,94i b ; u n d h a t in e r f ü l l e t m i t d e m geist gottes, m i t Weisheit u n d v e r s t a n d u n d e r k e n t n i s 2 Mos. 31, 3; (das wird) dir geben zu allen sachen waren verstände und weiszheit H . SACHS 1 9 , 2 6 , 1 2

Götze;

wanns war ist, so ists je ein wunder, wo im der grosz verstand besunder und das schön urtheil doch herkumn FISCHART nachtrab v. 2842 Kurz; freund! das sind die groszen geister, deren einsieht und verstand dir und mir das herz entwandt GOTTSCHED ged.

(1761) 2 0 7 ;

GOTTSCHED ged.

(1751) 1 5 3 ;

verleih mir, groszer gott, den witz und auch verstand A R N I M 13, 34. daneben erfährt w i t z im 18. jh. den einflusz des franz. e s p r i t , der in den zeitschriftentiteln b e l u s t i g u n g e n des Verstandes u n d witzes ( L e i p z i g 1741 ff.), n e u e b e y t r ä g e z u m v e r g n ü g e n d e s Verstandes u n d w i t z e s (Bremen 1744 f f . ) zum ausdruck kommt, und wird zur bezeichnung der in unerwarteten Verknüpfungen erfinderischen geistesthätigkeit verwendet: v o n e i n e m d i c h t e r . ., d e r es m e h r a l s irgend ein a n d e r e r v e r s t e h t , t i e f s i n n i g e n v e r s t a n d m i t witz a u f z u h e i t e r n L E S S I N O 9, 2 0 6 ; witz und verstand, der wagt zu wenig, und jener zu viel — in der nilchtemheit muthig, fromm in der Wahrheit zu seyn, war dem genie nur verliehn xenien (1796) 26, nr. 232 Schmidt-Suphan. g e n i e , g e n i u s als schöpferische fähigkeit gegenüber dem, verstände: verstand und genie. wiederholen kann jener was ist, er kann es verbessern, neue naturen pflanzt in die natur das genie ebd. nr. 227; genius, witz und verstand find' ich in dir!

SCHUB ART ged. 2, 17;

w e r geld h a t , h a t genie u n d v e r s t a n d M A L E R M Ü L L E R 2, 41. geist: (Jesus) ward starck im geist und im verstand R I N G W A L T evangelia

(1581) E 7

dann im sinne des franz. e s p r i t höherer grad von vers t a n d , gewandtere fähigkeit zu denken und zu urtheilen: i n d e m diese (die nordländer) j e n e n (den Südländern) h e r z u n d g e m ü t , j e n e diesen geist u n d v e r s t a n d a b , s p r a c h e n G. K E L L E R 2,162. v e r s t a n d synonym mit k o p f h i r n , s i n n e : v e r s t a n d (hirn i m köpf) h a b e n , k l u g seyn K R A M E R hoch-niderteutsch. dict. 247 b ; v e r s t a n d soll d e n köpf regieren W A N D E R sprichw. 4, 1597; w e l c h e b e i d e V e r r i c h t u n g e n . . eines g a n t z e n m a n s h i r n u n d v e r s t a n d e r f o r d e r e n M O S C H E R O S C H insomnis cura 12 neudr.; was t h u t ein voller m ä n s c h , d e r s e i n e r s i n n e u n d Verstands n i c h t k a n g e b r a u c h e n ? 61; bey d e n e n so h ö c h e r s Vers t a n d s u n d k l ü g e r s i n n e n seind X Y L A N D E R Polyb. (1574) vorr. Sb; verstandt sampt h i m und sinnen, gedancken, hertz und mut (hat sie verloren) S P B E trutznaeMigatt

(1649) 5 8 , 1 6 , 2 ;

es trägt verstand und rechter sinn mit wenig kunst sich selber vor GÖTHE 14, 84 Weim. (Faust

I).

b) v e r s t a n d den äuszerungen des gefühlsund trieblebens gegenübergestellt; so der p h a n t a s i e als schöpferischem vermögen: w e n n . . die e i n b i l d u n g s k r a f t (als v e r m ö g e n der a n s c h a u u n g e n a priori) z u m v e r s t ä n d e (als v e r m ö g e n der begriffe) d u r c h eine gegebene Vorstellung u n a b s i c h t l i c h i n e i n s t i m m u n g v e r s e t z t . . w i r d K A N T 5, 190 akad. ausg.; dieser v e r s t a n d i s t n i c h t n u r verträglich mit d e m glauben und dem enthusiasmus, er ist vielmehr seine erste lebensbedingnng; das v o m v e r s t a n d v e r l a s s e n e gefühl, der genius, der die Ordnung v e r s c h m ä h t , m u s z i n e i n s a m e n Seufzern . . v e r k ü m m e r n 3 J U L I A N S C H M I D T gesch. d. d. lit. 3, 177; s e l b s t i n d e n a u s s c h w e i f u n g e n d e i n e r e i n b i l d u n g s k r a f t e n t d e c k t sioh

1529

VERSTAND

VERSTAND

eine natürliche richtigkeit des Verstandes WIELAND Agathon (1766) 2, 67; indem hier die luxurierende einbildungskraft die mühsamen Pflanzungen des Verstandes verwüstet SCHILLER 10, 289; begeisterung ohne verstand ist unnütz und gefährlich NOVALIS 4, 166; der verstand leuchtete über den trümmern des gemüts HÖLDERLIN dichiung. 2, 90, 83; so oft ich nicht einem lichthellen erhabenen verstände und einer reinen sanften seele alles mittheilen konnte, was ich dachte und was ich empfand ZIMMERMANN einsamkeit 8, 8. die thätigkeiten vertauschend: mein gefühl urtheilte bereits richtiger als mein verstand K. L. v. HALLER restaur. d. staatswiss. (1816) 1,VII; sie empfand gleichsam mit dem verstände SCHUBART Üben 1, 108; in der gröszten Unbefangenheit und unbewusztheit lag ein so tiefer gründlicher verstand des gefühls SCHLEIERMACHER Weihnachtsfeier 12 Mulert. mit h e r z und h a n d als inbegriff des gefühlsund thätigen lebens zusammen: wenig verstand, leere nand WANDER sprichw. 4, 1602; besser haben keine hand als ein hertz und nicht verstand

LOGAU 277;

ein weiser und gerechter herr, der mit den Vorzügen des herzens alle gaben des Verstandes vereinigte HALLER Usong (1771) 18; herz und verstand sollen nie nebeneinander gehen PÜCKLER briefwechsel l, 891; takt ist der verstand des herzens GUTZKOW ritter 8, ML; denn was sind alle laster, als irrthümer des Verstandes, die das herz in ausübung bringt? CRAMER nord. aufseher (1758) 1, 48; wer es einmal so weit gebracht hat, seinen verstand auf Unkosten des herzens zu verfeinern SCHILLER 2, 9; ein mann, der . . die gefühle des herzens an dem kalten lichte des Verstandes versengt hat KLINGER 8,128; ein solches herz zehrt durch seine gluth den verstand auf 182. w i l l e : das; nichts mehr zur glückseligkeit diene, als die erleuchtung des Verstandes und Übung des willens, allezeit nach dem verstände zu wirken LEIBNIZ L, 42$; ich liege kranck, beyd an verstand und willen NEUKIRCH ged. (1744) 70; wo guter will«, kräftig durch verstand, und thätigkeit, vielfältige, zur hand GÖTHE 15», 14, 81 Weim. (Faust II 1). S i n n l i c h k e i t , n e i g u n g e n , l e i d e n s c h a f t e n : die undeutlichen empfindungen haben an sich . ., dasz sie uns . . von erkänntnisz des Verstandes zur Sinnlichkeit des leibes führen LEIBNIZ 2, 88; indem ihnen nicht nur diejenigen (Vorzüge) in das gesicht fallen, so sich den sinnen empfindlich machen, . . sondern daneben noch alle übrigen, die ihren grund in dem verstände haben BODMER v. d. wunderbaren 6 vorr.; der verstand begrenzt die Sinnlichkeit, ohne darum sein eigenes feld zu erweitern KANT 8, 281 akad. ausg.; dasz der trieb mit leidenschaft und verstand das gute zu wirken . . in dir noch immer lebt UND thätig ist GÖTHE IV 29, 313 Weim.; es musz aber solcher instinet von dem verstände regieret und sonderlich mäszigkeit dabey gehalten werden LEIBNIZ 2, 88; wenn sie die verderbten und hefftigen neigungen an statt des Verstandes in sich herrschen lassen d. vernünft. tadlerinnen (1725) l, 24; aber die weit gehört nicht dem verstände, sondern der leidenschaft MOMMSEN rSm. geschickte 5, 268. c) verstand mit praktischen fähigkeiten und gaben zusammengestellt; so mit kunst als ,wissen, Wissenschaft, können, durch Übung gewonnener fertigkeit': vom verstand und kunst leben KRAMER it. dict. 2, 941«; der war ein meister im ertz, vol Weisheit, verstand und kunst zu erbeiten allerley ertzwerk l kön. 7, 14; das sich D. Carlstad nicht darff hie groszes Verstands odder kunst rhümen LUTHER 18, 148 Weim.; der han sprach: mein verstand und kunst macht mich frölich, ich riech schön weter S. FRANCK sprichw. (i54l) l, I29 b ; alle diese äffen unnd meerkatzen . ., welche dem menschen in Sprach, verstand unnd geschicklichkeit nicht nachfolgen können FISCHART bienenkorb (1588) 162«;

1530

mit einer ohne welcher (Venne) gunst du hassen kanst verstand und kunst, und was zur wissenschafft gehöret OPITZ poeterei 51 neudr.; kunst und verstand bewert den man EYERING proverb. 1,176. verstand und tugend: als wer sich, weil der lenz der jungen jähre blühet, mit tagend, mit verstand' und mancher kunst versiehet FLEMING d. ged. 1,117 Lappenberg; verstand und tugend herrscht, der Völker Wohlfahrt blühet, Europa weis von keiner quaal GOTTSCHED ged. (1751) 13; das yhnen gott gnade und verstand geben wolle, wol und fridlich zu regiren LUTHER 26, 209 Weim.; gott gebe mir . . gedult und verstand MOSCHEROSCH insomnis cura 28 neudr. d) verstand mit nickt geistigen gaben und äuszeren gittern genannt: der verstand fart mitt dem güt darvon, wöllicher das sein verleürt der kumpt auch umb seine sinn, sensus et consilium fugiunt cum re MAALER 482*; ich hab euch begnadet mit groszer kunst, mit sonderlichem verstand und mit güttern uberschüttet AGRICOLA musica 6 Eitner; wo ich in eurem verstand, vermögen und wesen were HERTZOG schildwache L T ; von allen menschen lebt fast keiner auf der weit, dem sein verstand nicht wohl-, sein stand nicht miszgefällt BROCKES bei LIPPERHEIDS npruchw. 937»; dir haben stamm, gemahl, natur und edle sinnen, durch die geburt, durch wähl, durch liebreitz, durch verstand, die äpfel dreyer reich'.. auf erden zuerkant HERAUS ged. (1721) 84; adel ohne verstand, ist wie ein weisze wandt MOSCHEROSCH Philander (1650) 2, 421; wo wenig verstand, da grosz glück S. FRANCK sprüehw. (1545) 1, 12b; ye weniger verstand, ye mehr glück (1541) 2, 44"; WANDER sprichw. 4,1599; viel verstand hat wenig glück 1601; glück ist über verstand KRAMER it. dict. 2, 941c; mehr glück als verstand GÖTHE III 6, 20 Weim. ; du hast mehr glück als verstand ARNIM 15, 196; du hast mehr glück als Ferdinand, verbreitete scherzhafte Verdrehung; ostfries. hS hed mgr glük as ferstand TEN DOORNKAAT KOOLMAN 1, 467b; wo der verstand aufhört, fängt das glück an WANDER 4, 1603; (er) aber verlor in diesem abenteuer seinen verstand und gewann das glück, das öfters den unverständigen hold ist G. KELLER 5, 36. B. gebrauch von verstand als geistiger fähigkeit. l) in concreter anschauung: das organ des verstehens. der verstand wird unter verschiedenen bildem dargestellt. a) räumlich: weil dein gehirn leer von verstand, so soltu auch heute nichts essen schausp. engl. com. 120, 25 Creizenach; für das hirn, den köpf (vgl. verstandeskasten): mit verstand fassen, intellectu consequi SCHÖNSLEDER K k k 8 A ; in verstand fassen, verston, intellectu consequi MAALER 432*; dasz . . . in dero verstandt kein platz noch stat verlassen, da raht ruid vernunfft regieren möchten Amadis 1, 17 Keller; es ward finster in meinem verstände GELLERT 4, 263; da dunkelt' es . . um seinen verstand KÖRNER 2,132; er . . hing den köpf, wie vor den verstand geschlagen ZAHN helden des alltags 84; schwäb. der hat e' n loch im verstand FISCHER 2, 1852; weihe unsers geistes kräfte, salbe, salbe den verstand SCHUBART ged. 1,106. scherzhaft wird der verstand in diesem sinne in beziekung zu den, angrenzenden körpertheilen, gebracht: lange haare, kurzen verstand SCHELLHORN sprichw. (1797) 42; noch ehe sein verstand erwacht, stutzt sich der schüler seine haare PFEFFEL poet. versuche 3,160; der hat verstand trotz seiner langen ohren MÖRIKE 1, 219; verstand ohne zunge sieht aus wie ein aummer junge WANDER sprichw, 4,1601; der verstand sitzt im köpfe, nicht im barte 1597; schwäb. dem reicht sein v. nit über die nase hinaus; wo kein bart ist, ist auch kein T . ; der beweist, dasz er mehr

1531

1532

VERSTAND

VERSTAND

lungen als v. h a t ; dem wachst der v. über's haar h'naus, er wird kahl FISCHER 2, 1352; preusz. er h a t sich den v. abschneiden lassen, die haare FRISCHBIER sprichw. 2, 189. das gebiet, die grenze des Verstandes: wir haben j e t z t das land des reinen Verstandes nicht allein durchreiset . ., sondern es auch durchmessen KANT 4, 155 akad. ausg.; wenn er (der verstand) die gränzen seines gebiets . . unaufhörlich überschreitet und sich in wahn und blendwerke verirrt 156; ob die Vorstellungen . . in den sinnen, oder dem verstände ihren ursprung haben 5, 23; ich möchte j e d e m , der etwas tüchtiges werden will, anraten, die unangenehmen gedanken fortzudenken, bis sie im verstände eine lösung finden GRILLPARZER 19, 153; was nur im verstand bestehet KRAMER it. dict. 2, 941 c ; das ist über meinen verstand, über menschenverstand ebd. ; excedit captum nostrum, es ist über unsern

u. sagen d. Eifler Volkes 1,178. auch in anderen körpertheilm als dem köpf: wer keinen verstand im köpfe hat, der habe ihn in den füszen KRAMER it. dict. 2, 941 b ; die den verstand nicht im hertzen haben, haben ine

verstandt

DASYPODIUS

(1537) E i i i j » ;

(das)

sei ü b e r

sei-

nen verstand und wissen AYRER proc. .juris (1600) 205; der verstand des menschen ist äuszerst beschränkt SCHILLER

b)

I , 158.

dinglich:

O s c u s ist a n gelde r e i c h , darff u m s o n s t w a s w e n i g sorgen a u s z e r , dasz e r guten r a t h und verstand m u s z s o n s t w o borgen LOGAU 4 0 0 ; v e r g e b e n s w a i f n e t dich dein s c h ö p f e r m i t v e r s t ä n d e G I S E K E poet. werke (1767) 5 ; w o f e r n die weise seel k a n aus dem k e r c k e r dringen . . und durch die lüfte g e h n , gefidert m i t verstand A . GRYPHIUS Leo 1, 1, 77 (22 Palm);

aber hier wil mir das wasser des Verstandes schier die mühlräder des gehirnes nicht mehr treiben P. Squenz 9 neudr.; weil die liebe gleichsam der Wetzstein ist, an dem sie ihren subtilen verstand scheriTen OPITZ poeterei 15 neudr.; wohl dem, welcher seine klugheit in dem sarge suchet, und das gold seines Verstandes auff den probierstein der sterbligkeit streichet ZIEGLER Banise (1689) 133; dasz sie doch alle der Batteux holte! und ihren verstand weit droben im Ariostischen monde in tausend fläschchen vertheilte BÜRGER l , 319 (s. verstandesfläschchen) ; ich presse meinen natürlichen verstand, aber der ist vertrocknet und hat nicht ein biszchen saft mehr NOVALIS 2,14; wenn Zensoren aus büchern den verstand wegnehmen, musz ihnen ein unwiderstehlicher diebssinn angeboren sein BÖRNE 5, 103; dem alten manne ist sein verstand zu schwer geworden, und er kann ihn nicht mehr aus der scheide bringen 2, 181 ; er hat seinen verstand in der tasche, mit eingepackt WANDER sprichw. 4, 1604; die wurtzel des Verstandes verfaulet nicht weish. Sai. 3,15 ; also auch kanst du die urti gottes nach deinem wurmstichigen verstand nit ergründen

A U R A H A M A S T . C L A R A Judas

(1686) 1, 2 6 6 ;

er hat viel verstand, aber der meiste ist WANDER

sprichw.

schimmelig

4, 1605;

b e y m m e n s c h e n m u s v e r s t a n d und w i t z erfroren s e y n , w e r s e i n verderben s i e h t , und stürtzt s i c h s e l b s t h i n e i n TSCHERNING Judith (1646) D i i j b ;

E

lötzlich w a r d ich e h s t a n d s l ü s t e r n ; atte i c h den k ö p f v e r l o r e n ? oder w a r in deiner n ä h e der v e r s t a n d m i r n u r erfroren ? H . HEINE 2, 38.

als speise: die mutter war unzufrieden, dasz die nicht entweder mehr verstand, oder mehr zu oder beides zusammen erhielten G. KELLER 4, ist ein ertznarr, . . der allen verstand gefressen will

MALER M Ü L L E R

1, 2 5 4 ;

du erinnerst dich

kinder essen, 14; er haben

mit

ver-

L,

104.

gnügen des gastmahls, wo du den verstand mit löffei (1) gefressen

hast

sprichwörtlich v.

mit

löffeln

BETTINA

verbreitet:

gefressen

V. A R N I M

schwäb.

dies

buch

der meint, er habe den

FISCHER

2 , 1352;

LEIIIENER

Gronenberg 36»; WANDER 4, 1605. ähnlich: einen verstand kann man niemand eingieszen; eine hand voll verstand ist besser als eine wanne voll gold FISCHER 2, 1352; als eine metze voll gold WANDER 4,1598; preusz. o herr, verleih' verstand, alle dàg e motz voll! FRISCHBIER sprichw. 2, 189. als kleidung: er wächst aus dem verstand heraus WANDER 4, 1605; die weiber haben lange röck', aber einen kurzen verstand SCHMITZ sitten

g e w ö h n l i c h a u f ! d e r z u n g e n H E N I S C H bei W A N D E R 4 , 1 5 9 8 ;

die mehr kunst und vorstand in einem har haben, dan du an leyp und seel LUTHER 7, 262 Weim.; wer den verstand in fingern hat, der kann ihn nicht im köpfe haben STOPPE Parnasz

(1735) 2 6 6 ;

diese haben wahrlich verstand in den fingern KLUTGER 6, 8 9 ;

er h a t

kopp

MEYER

verstand

bis in die

fingerspitzen

WANDEK

4, 1605; in den hörnern, in der kniescheibe 1603; Berlin: der hat mehr verstand in' kleenen finger wie du in' 128»,

BRENDICKE

189»;

schwäb.

der

hat

keinen T . (im leib); der hat den v. im elle n bogen; mehr v. im kleinen finger (zehe n ) als der selbe i m ganzen hirn

(leib) F I S C H E R

c) die redensart bilde der gehenden fehlt

noch

bei

2, 1352.

der verstand steht still ist wohl und stockenden, uhr übertragen,

ADELUNG

und

CAMPE,

ist

aber

seit

vom sie der

classischen periode belegt und dann besonders mundartlich verbreitet: mein verstand steht still SCHILLER 3, 429 (kabale 3, 2); mich wandelt in meiner jetzigen läge eine art Stupor an und ich finde den trivialen ausdruck: der verstand steht mir still, trefflich, um die läge meines geistes auszudrücken GÖTHE IV 10, 85 Weim.; so steht uns, wenn wir uns denken sollen, wie Jesus auf den beiden thieren zugleich geritten sei . ., der verstand still D. F. STRAUSS 4, 259; wo das bedürfnis zur menschheit spricht und der verstand still zu stöh'n anfangen möchte POCCI komödienbüchlein 191. elsäss. dis begriff i nit, do steht merr der verstand still MARTIN-LIENH A R T 2, 6 0 3 » ;

schicäb.

FISCHER

2, 1 3 5 2 ;

henneberg.

der

verstand bleibt einem dabei stehen SPIESS 269; preusz. dabei kann einem der verstand sill stehen! FRISCHBIER sprichw. 2, 189; Berlin: da schteht mir der verschtand stille BRENDICKE 189»; Waldeck: de ferstant blif m«i B stän BAUER-COLLITZ 31 . oft wird der verstand als ein der bewegung fähiges wesen dargestellt: sein verstand geht auf stelzen, ist spazieren gegangen WANDER 4,1605; offt ist eines verstand nicht daheim LEHMANN ebd.; als ob der verstand nur hier zu hause wäre!

L E S S I N G 3, 75 ( N a t h a n 3 , 1 , 0 4 ) ;

oftmals lehnt sich der verstand hin an meines herzens pforte

HOFFMANN V. F A L L E R S L E B E N 1, 3 7 ;

dasz sein herz und seine einbildungskraft sich eben so sehr diesem vorschlage näherten, als sein verstand und seine Vernunft sich davon entfernten GÖTHE 22, 83 Weim,; die musik? nun j a , dem herzen war sie wohlgefällig, und der verstand kommt, wie gewöhnlich, zu spät hinten drein BÖRNE 2, 31; der menschliche verstand hat vielleicht nie einen weitern Aug gewagt und zum theil glücklich vollendet HERDER 13, 13; der verstand ist der wegleiter des blinden willens KRAMER it. dict. 2, 941B; aber ihr (der liebe) ist der scharfsehende verstand zum führer gegeben SCHILLER l, 61; Grimm, der kerl ist unsinnig, er macht gestus wie beim sankt Veits-tanz. Schufterle, sein verstand geht im ring herum, ich glaub', er m a c h t verse 2, 37 ( r ä u b e r 1, 2); wenn die göttliche weiszheit durch so seltzame zufalle unsern im finstem tappenden verstand nicht erleuchtete LOHENSTEIN Arminius l, 79»; des im absurden wandelnden Verstandes MOMMSEN röm. geschickte l, 168; aber was kann euren verstand besser auff den rechten weg bringen GRYPHIUS Horribil. 43 neudr.; der verstand des armen betörten geschöpfs hatte das gleichgewicht verloren MÖRIKE 3, 58; dasz der verstand hier einen weg in's holz finden kann GÖTHE IV

27, 150

Weim.;

ich kenne schon dein leid, und mein verstand verlieret alle richtung

I 9, 253 ( R o m e o 1539).

d) als verstand WANDER verstandt

leidendes und handelndes wesen: offt ligt der in arrest in andern Sachen LEHMANN bei 4, 1600; mit freyer vernunfft und ungefangenem LUTHER 11, 278 Weim.; ich sähe den verstand

1533

VERSTAND

in einem finsteren käffig eingeschlossen und gefangen MOSCHEROSCH Philander (1650) l, 158; dasz es nicht leicht seyn werde, den verstand eines menschen zu zu fangen, dessen herz . . sowohl befestiget schien WIELAND Agathon (1766) 2, 76; und jagten ihren feind verstand durch geists-liktoren ans dem land AYRENHOFF 5, 21, 7; die barbarey risz alles ein, was einsieht und verstand in langer zeit gezimmert GOTTSCHED ged. (1750) 10; ich bin jetzt ex professo demens and werde dafür salarirt, dasz ich meinen verstand quittirt TIECK 1, 341; nun ist zu wünschen, dasz auch der Teutschen verstand nicht weniger obsiegen und den preis erhalten möge LEIBNIZ l, 419; miszgeburten, die die überfeine kultur des Verstandes m i t der letzten aufwallung der wollust zeugt KLINGER werke 3,128; die poesie heilt die wunden, die der verstand schlägt NOVALIS 3, 5; gutte bücher . . seyn das brodt unseres Verstandes BUTSCHKY Pathmos (1677) einführ. ) : ( 8"; w o ich . . so v i e l nahrung f ü r meinen verstand, und eben so v i e l für mein herz genossen hatte MILLER briefwechsel l , 6. e) als redendes, vernünftiges, mit freiem willen begabtes wesen dargestellt: möge der verstand es schelten, wenn das herz ench nnr gepocht PLATEN 1,146; der ungebundene freie verstand sprach ihn los; sein gefühl, seine religion, alle gewohnten begriffe erklärten ihn für einen Verbrecher GÖTHE 23, 270 Weim.; so w i l l ich in ihrem namen noch ein wort zu eurem verstände sprechen und versuchen, ob der köpf begreifen will, was nicht jeder zum herzen reden darf ARNDT an s. I. Deutschen 2, 47; m a n zieht blos seinen eigenen verstand zu rathe ARCHENHOLZ England u. Italien l, 1,3; wobei unser verstand uns geradezu seine dienste versagt D. F. STRAUSS 6, 9; solche fälle, w o unser verstand nicht auf der Seite der handelnden person ist SCHILLER 10, 13; der politische verstand gebot . . auch j e t z t sich zu fügen MOMMSEN röm. gesch. 2,27; die besorglichen anmaszungen des Verstandes KANT 6, 167 akad. ausg.; dort präsidirte verstand, hier witz, systeme, phraseologie GENTZ 4, 287; der verstand in höherm sinn ist es, der, in seine alten rechte eingesetzt, die weltordnung, soweit sie aus den fugen gerückt ist, wieder einrichten soll JULIAN SCHMIDT gesch. d. d. lit.3 3, 177. von der erkennenden, beziehenden, sondernden thätigkeit: die natur . . ist nicht kleiner, . . w e n n sie durch menschlichen verstand begriffen . . möchte werden HEYDEN Plinius (1565) S l ; alles was dein verstand zu fassen . . versucht BETTINA V. ARNIM frühlingskranz 38; diese anmerkung . . gehört für einen verstand, der den verschiedenen grund untersuchen und mit einander vergleichen kann LESSING 8, 61; den Zusammenhang zu entdecken, blieb dem verstände überlassen H. MEYER gesch. d. bild. künste (1824) 2, 133; anschauender verstand GÖTHE III 6, 106 Weim.; eben dadurch fand der zerlegende sinnliche verstand einen Spielraum für seine thätigkeit STEFFENS was ich erlebte l , 259; die rohe kritik des ungeschulten Verstandes drängte die freien gemeinden von einem nein zum andern TREITSCHKE deutsche geschichte 5, 860;

VERSTAND

1534

dank euch, Griechen, dasz ihr, was der verstand vereint, gewaltsam trent KLOPSTOCK oden 2, 34, 1. f ) nach menschlichem Vorbild wird gott und natur, vereinzelt auch gänzlich unbelebtem ein verstand beigelegt: es ist demnach der verstand gottes eine deutliche Vorstellung alles dessen, was möglich ist, zugleich oder auf einmahl, folgends ist der verstand gottes unendlich CHR. WOLFF vernünft. gedanken v. gott L, § 955; alle wesen hängen aus einer Ursache zusammen, welche der verstand gottes ist KANT L, 294 akad. ausg.; grosz und sehr stark ist unser herr; seines Verstandes ist gar keine zahl HERDER 12, 90; im ewigen verstand der göttlichen natur schwebt ein unendlich bild der ganzen creatur, von allen schatten frei WIELAND 1, 34 (v. 764) a.'cad. ausg. ; wenn man solche gedichte liest und hört, so fühlt m a n einen innern verstand der natur sich bewegen NOVALIS 4, 10; es w a r eine tiefe Waldeinsamkeit, nur ein fuchs sasz ruhig auf seinem baue unter den alten knorrigen Stämmen und schaute sich klug u m : es war der verstand des waldes AUERBACH dorfgeschichten 3, 91. g) der verstand wird mit dem träger identificiert: der genius . ., der in seiner art ein höherer verstand ist HERDER 22, 149; so jemand . . nicht zur einsieht jener elemente aller erkenntnisz kommt, so . . ist er . . gar kein eigner verstand, sondern nur ein anhang zu fremdem verstände; es mangelt ihm immerfort ein geistiges sinnesorgan FICHTE anweisung z. seel. leben (1806) 34. in ndd. mundarten gebräuchlich: ein altkluges kind heiszt in Waldeck « n al e n ferstant BAUER-COLLITZ 3l b , in Pommern de olle verstand DÄHNERT 527; preusz. er ist lauter verstand: v o m kleinen zeh bis i m halse gurgelt es ihm schon, nur im köpf hat er nichts FRISCHBIER sprichw. 2, 189; er ist lauter verstand WANDER 4, 1605. 2) die gesamtheit, der besitz der geistigen kräfte, das beisammensein der geistigen fähigkeiten, die besinnung, besonnenheit. a) wider zu verstand kommen, resipere DASYPODIUS (1537) F f f i i j d ; zum verstand widerumb kommen, resipiscere, ad bonam mentem converti, ad se, ad mentem redire SCHÖNSLEDER (1647) L H " ; zum verstand wider komen, ad bonam, mentem converti, ad se redire, ad mentem redire DENTZLER 313»; zu verstand, zu seinem verstände kommen KRAM ER it. dict. 2, 941°; des koenigs kind in der wiegen hat nit sondere freyd noch trauern für aines pauern kind, bis es zum verstand kumbt BERTHOLD V. CHIEMSEE 197 Reithmeyer; wenn die söhne zum verstände k o m m e n , dürffen sie nicht als kinder tractiret werden WEISE comödienprobe (1696) 52; {die besinnung) in eylen mir geschwande . . . da gund ich mich erholen, kam wider zu verstandt SPEE trutznachtigall (1649) 53,18;

an dem grabe des bischofs geschahen wunder: rasende kamen zu verstand RANKE l, 163; das mährchen von Christus ist Ursache, dasz die weit noch 10 000 j ä h r e stehen kann und niemand recht zu verstand k o m m t GÖTHE IV 9, 18 Weim. mit attributivem, zusatz: du kommst nun alle sachte zu bessern verstände CHR. REUTER Schelmuffsky 1 2 ; w i e ich ein wenig zu jähren hier liegt der stille grnnd, den ganz im stoff versteckt, und meinem verstände bin kommen SCHWEINICHF.N 6 der forschende verstand, durch manchen schlusz entdeckt Österley. das Verhältnis zioischen alter und verstand ist WIELAND 1,105 akad. awg. ; sprichwörtlich festgehalten: verstand kommt nicht vor ein plan, ihr mitgetheilt den jähren, k o m m t mit den jähren WANDER 4, 1597, vom grafen, wird bedacht nnd reif erwogen; entscheidend soll hier richten der verstand 1600; KIRCHHOFER Schweiz, sprichw. 194; FISCHER 2,1352; DROSTE-HÜLSHOFF 2, 229; FOLLMANN 154»; LEIHENER 36»; TEN DOORNKAAT KOOLMAN l, 467B; verstand kommt mit den jähren, j e älter bilden wohl kann der verstand, doch der tote kann nicht beseelen, j e dümmer FRISCHBIER preusz. sprichw. 2, 189; kommt aus dem lebendigen qaillt alles lebendige nur xenien (1796) 25, nr. 218 Schmtdt-Suphan. erst mit drei kreuzen, nimmt sich zeit WANDER 4, 1597; verstand und bart kommen erst mit den jähren 1601; der verstandesthätigkeit nach geltendem sprachbrauch nicht allein wie? kommt auch wol verstand noch vor den jähren? zukommend: ged. v. HOFFMANNSWALDAU U. and. 2, 65 Neukirch ; was giebt nicht ferner der verstand für auserlesne Sittenkinder . . , die noch etliche jähre auf die ankunft des lehren? Verstandes zu warten haben STOPPE Parnasz (1735) 524; GOTTSCHED ged. (1751) 169;

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VERSTAND

VERSTAND

einem, so noch nicht in gedachter männer alter und verstand erwachsen FISCHART Eulenspiegel 12 Hauffen; er war minorenn an verstand oder an jähren GÖTHE 8, 55 Weirn. zu verstände bringen wie zu verstände kommen gebräuchlich: bisz er in widerumb zu seinem verstand bracht Amadis l, 59 Keller; dieser zug machte Faust so wahnsinnig, dasz der teufel allen seinen witz brauchte, UM ihn zu verstand zu bringen KLINGER werke 3, 247; die (aufrührer) bringt kee landrath und kee Verwalter zu verstände G. HAUPTMANN weher 108; in diese burschen ist kein verstand zu bringen HAUFF l, 184. statt des allgemein üblichen Vernunft annehmen gelegentlich auch verstand annehmen: ich hoffte, du würdest noch verstand annehmen, mensch ZAHN frauen von Tanna 296.

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deines Verstandes beraubt schausp. engl. com. HO, 23 Creizenach; um seinen verstand kommen seyn KRAMER it. dict. 2, 941 B ; er ist vom verstand gekommen, mens cum destituit FRISCH 2, 319»; vom verstände kommen ADELUNG, CAMPE; Cronenberg: fam farstä'n. af, irrsinnig LEIHENER 36"; man meynet, dasz sie gänzlich von ihrem verstände ist schausp. engl. com. 160, 8 Creizenach; schon im februar schrieb m a n sich in Schweden, der könig solle v o m verstände sein DAHLMANN gesch. v. Dänemark 3, 312; zeigt Weisheit sich in thörichtem gewande, so kommt der dumme leichtlich von verstände F . SCHLEGEL im Athenäum 3, 2 ;

(es) verging dem jungen erben fast der verstand ARNIM l, 264; seinen verstand verlohren haben KRAMER it. dict. 2, 941B; seinen gesunden verstand verlieren ADE-

b) allgemein üblich bei verstände sein: daher schieben L U N G , C A M P E ; schwäb. F I S C H E R 2, 1352; u n d w a r u m i s t sie es auff ein hohes alter, darinnen er nicht mehr bey er toll? — darum, dasz er seinen verstand verloren verstand gewesen wäre ARNOLD kirchen- u. ketzerhistorie schausp. engl. com. 159, 30 Creizenach; er habe den ver(1699) 149"; die schwarze sprach wie eine tolle, und stand verloren KANT 5, 36 dkad. ausg.; o du ewige güte! sprach doch auch, als wäre sie bei verstand LUDWIG er hat den verstand verloren SCHILLER 2, 177 (räuber 2, 369. in älterer Sprache gewöhnlich mit entsprechendem, 5, l). mit präpos. zusatz: wer über gewisse dinge den attribut: noch bey gutem verstände seyn KRAMER it. verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren dict. 2, 94lb; dasz ihrer viel, und zwar nüchtern bey LESSING 2, 434 (Emilia 4, 7); wer keinen verstand hat, gutem verstände, gegen ein gewisses . . geld so gar der kann keinen verlieren WANDER 4, 1602; m a n sucht ihre eigene freyheit auffgesetzt . . hätten LOHENSTEIN den verstand gern da, wo man ihn verloren 1599; hast Arminius 1, 87*; ist sie noch bey sinnen und gutem du denn allen verstand verloren? MEYR erzählungen a. verstand? MALER MÜLLER L, 280; ob . . der herr testad. Ries l, 61. tor und die frau testatricin sich bei gesundem ver3) der dem, einzelnen verliehene grad von geistigen stände befinden? HIPPEL kreuz- und querzüge L, 28; fähigkeiten, geistesschärfe, einsieht, umsieht, Überlegung, 6einen völligen verstand haben KRAMER it. dict. 2, 941°; urfheiZ. auf diesem gebiet berührt sich in der lebenden doch behielt er seinen menschlichen verstand Volksspräche verstand mit Verständnis (A l, B 2). in der Verbuch v. geh. Siegfried 78 neudr.; wer dabei den verbindung mit objectivem genetiv bevorzugen wir Verständstand behalten will, der musz einen weniger geordneten nis; mit subjectivem hält sich verstand, besonders in köpf haben IMMERMANN I, 22; Zusammensetzungen: bauern-, bürger-, menschenverstand; die eine (wespe)flognur ^uf den rand, dem beschränkten unterthanenverstand wird scherzhaß trank, stärkte sich, behielt verstand ein beschränkter regierungs- und ein unbeschränkter R A M L E R fabettese 3, 236; herrenverstand gegenübergestellt LADENDORF schlagwb. aber hört, herr hertzog, wo ist euer verstand ? schausp. 23f., zeitschr. f. d. wortforsch. 8, 3. engl. com. 76, 16 Creizenach. für seinen eigenen, für eines anderen verstand fürchten; wenn die aufregung so weiter geht, so fürchte ich für meinen verstand; „komm, meine liebste tochter", sagte frau von G., die für ihren verstand zu fürchten anfing H. v. KLEIST 3, 271; die arme . . ist . . in eine melancholie versunken, dasz man allgemein für ihren verstand fürchtet DROSTE-HÜLSHOFF briefe 106. c) einem seinen (den) verstand benehmen KRAMER it. dict. 2, 941°; also . . die leüt so gar verblendt, so gar des rechten verstandts entsetzt werden NAS antipap. (1567) I vorr. a III A ; dasz das ihr armes mädchen vollends um das biszchen verstand bringen würde, was ihr noch übrig gelassen BODE Yorick (1768) 2, 136; ich fürchtete, dasz die lebhafte anregung des tages mich um den verstand bringe ARNIM 3, 382; die ereignisse unsrer tage hätten mich längst um den verstand — aber vorher um etwas noch kostbareres gebracht KLINGER werke 8, 288. daneben den verstand zerrütten, verwirren: dasz . . der greuwel sein verstandt verrücket S. FRANCK bei FISCHER 2, 1352; mein plan war es schon vom winter her, ihnen mit ihr den verstand zu zerrütten STIFTER 1, 79; das viele leid ihres lebens hatte ihr vielleicht den verstand verschüttelt ZAHN frauen von Tanno Iis. elsäss. er verschloft der verstand, er schläft viel und lange MARTIN-LIENHART 2, 603'; man musz den verstand versoffen haben J. G. JACOBI 4, 178; drey stunden nach der predigt fand man Trojens sämtlichen verstand im rebensaft ertrunken

a) nach dem grade der fähigkeit, des Verständnisses abgestuft: hebes, obtusus, piger, tardus, acumine carens . . stumpf! . . . toll, eines langsamen Verstands CALEPINUS 641'; ruditas, disciplinarum rerumque imperitia, grobheit des verstandts, unkönnenheit, unerfahrung 1278»; gotthicum ingenium, crassa vel pmguis Minerva, obtusitas ingenii, grober verstandt ALBERUS 17*; grober und doller verstand, Stupor cordis MAALER 432»; eines groben, schlechten Verstands seyn DENTZLER SI2 B ; von schlechtem, geringen verstand KRAMER it. dict. 2, 941 b ° ; grober verstandt hält bestandt LEHMANN bei W A N D E R 4 , 1 5 9 8 ;

denn mein verstand ist viel zn grob

R I N G W A L T chrUtl. Warnung (1588) B V I B ;

dieweil war ist, dasz man den frauen so gar vil gute nicht soll zu trauen, dann sie seind eines schwachen verstandts AYRER dramen 336, 31 Keller; ich glaube, dein verstand ist blöde LICHTWER ätop. fabeln (1748) 7 6 ;

mit meinem einfeltigen unnd geringem verstand GUARINONIUS grewel (1610) 3; ich verstehe jetzo ziemlich alles, was ich mit meinem eingeschränckten verstände schwerlich würde errathen haben GÖTHE IV l, 123 Weirn. prädicabiver gebrauch mit präpos. ist nicht mehr üblich: damit mich nit ertappen gleich, die etwas grob seind am verstand griech. dramen 2, 9 Dähnhardt;

1,104;

ich wurde . . am verstand untüchtig und stumpf! GRIMMELSHAUSEN 4, 516, 4 Keller; konnte dieses kind nicht thöricht seyn am verstände? RAUMER Hohenstaufen S, 113; Demosthenes war dumm von verstand HAPPEL dkad. roman (1690) 390.

als Hühnchen eine kleine komische rede hielt, lachte er sich fast um verstand und besinnung SEIDEL Leberecht Hühnchen 53. sems (des) Verstands beraubet, mente captus SCHÖNSL E D E R K k k 8 4 ; D E N T Z L E R 313"; ich glaub, du bist

einen göttlichen unnd hohen verstand haben, ingenio divino esse MAALER 432»; guts Verstands, hohen verstand haben SCHÖNSLEDER K k k 8 4 ; einen guten, hohen verstand haben DENTZLER 312 B ; ein scharffer, spitzfindiger, scharfsinniger, fertiger, vortrefflicher, groszer

BLUMAUER ged. (1782) 197.

reflexi man säuft sich von verstand blosz auf ihr wohlergehn Z A C H A R I A E poet.

Schriften

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und wo man eine brill' erfand, durch die man sehn kann mit verstand

verstand; ein mann von hohen, sehr guten, herrlichen I verstand KRÄMER it. diet. S , 9 4 l ° ; von vielem, groszom verstände CAMPE ; ostfrìes. HÉ hed 'n göd ferstand, man 't sit. w a t

d è p T E N D O O R N K A A T K O O L M A N L, 4 6 7 B ; w i e

die fassur.gskraft, das treffsichere und reife urtheil wird betont: die nicht ein wunderlich schnellen verstand haben LUTHER 26, 237 Weim. ; mit j e n e m jedesmal richtig treffenden verstände . . begabt, der weibern dieser art stets eigen E. T. A . HOPPMANN 14, 155; achtung . ., die man dem hellen verstände, der reifen Wissenschaft Petrarca's erwies HERDER 17, 240; er besasz einen frühreifen verstand KELLER l , 143. ein guter verstand mutz abwägen, ohne vorschnell und voreingenommen zu sein : eine Verbindung . . , die der ruhigste verstand nur eingeleitet zu haben schien GÖTHE 23, 19 Weim.; in Wiederholung aller gründe des nüchternen Verstandes MÖRIKE S, 83; ach was ! bei kühlem verstände . . kann man der sache . . 'ne gute seite abgewinnen G. HAUPTMANN weber 83; nachdem nun der Juncker mit gutem verstand schlaffen gegangen GRIMMELSHAUSEN 2, 343, 18 Keller; wofern w i r unsere räncke mit nicht besserem verstand anfangen schausp. engl, com. 121, 12 Creizenach; (er) hat sich mit grosem verstand aus der sache gezogen GÖTHE I I I l, 201 Weim.; ihr auge blickte nicht liebe, aber hellen verstand und gebot verständig zu reden 50, 246 (Herrn, u. Dorath. 7, 52). b) die. natürliche fähigkeit des Verstandes läszt sich durch bildung steigern: so w i l ich doch noch eia m a l die selbigen text nach einander handeln, unsern verstand zu stercken LUTHER 26, 448 Weim.; man sol sich befleiszigen, den verstand zu nehren BIRKEN osti, lorbeerhäyn (1657) 4; dadurch zugleich die sprachen erlernet, die ausrede wolklingend gebildet, . . der verstand gescherfet . . wird SCHOTTEL friedens sieg 12 neudr.; er leerte einen ganzen senftopf, weil er gehört hatte, dieses gewürz schärfe den verstand IMMERMANN l, 73; erstlich bemühe man sich täglich, seinen verstand mehr und mehr auszuklären GOTTSCHED weltweisheìt i, § 162; die philosophische Wahrheit, die auf die erleuchtung des Verstandes zielet BREITINGER crit. dichtkunst 1, 110; ind e m aus dem schoosze des ackerbaues alle künste, . . die aufklärung des Verstandes . . hervorgestiegen sind M. J. SCHMIDT gesch. d. Deutschen (1778) l, 21; wer also seinen verstand, seinen schönen geschmack und seinen körper ausgebildet hatte HERDER l, 304. c) tritt verstand ohne attribuì auf, so ist meist ei?i hoher grad von Verständnis, verstand in gutem sinne, darunter zu denken: ein mann von verstand; welcher mann von verstand und geschmacke . . hat die unpartheylichkeit. . angewandt LAVATER physiogn fragm. l , 17 ; ein schriftsteiler von verstand hat nie einen censor von verstand zu fürchten BÖRNE 2, 68. bis heutigen tags ist geläufig: etwas m i t , ohne verstand thun; das ist wider allen verstand, questo è contra ogni ragione KRAM ER it. dict. 2, 941°; alles mit verstand thun, far ogni cosa con discretione, con senso, con prudenza, con discernimento 941b; er redet nicht ohne verstand, non sine incute loquitur FRISCH 2, 313"; etwas mit verstände lesen, machen, einrichten; ohne verstand reden CAMPE;

gott ist ein köng ubr alle land, derhalb lobsingt im mit verstand H . SACHS 18, 197, 16

Götze;

da3 ich mein seel fein mit verstand befehl in deine hende RINGWALT handbüchlin (1586) D 3 b ; erkaufe mit verstand des gegners advocat (1744) 124;

ein vveib, das mit verstand kan geben und ersparen RACHEL satyr. ged. 38 neudr.; XII.

R Ü C K E R T 3, 52;

sondern auch der Weisheit lehren musz man mit vergnügen hören, dasz dies mit verstand geschah, war herr lehrer Lämpel da

(er)

nun . . manigfaltige schwere züg . . m i t sigrcicher Überwindung, auch höchst begabtem verstandt geführet FRONSPERGER krieaskuch (1578) L, a 2"; mein subtiler verstand könte seine subtile Unterweisungen nicht fassen GRIMMELSHAUSEN Simpl. 12 Kögel, ungewöhnlich: ihr verstand ist liebenswürdig L A ROCHE Sternheim L, 96.

N E U K I R C H ged.

1538

VERSTAND

VERSTAND

BUSCH Max

u. Moritz

23;

Thisbe . . redet durch das loch mit verstand GRYPHIUS Squenz 21 neudr.; der graf steht zunächst der nichte, die übrigen gruppiren sich mit verstand GÖTHE 17, 200 Weim. (Grosz-Cophta 3, 9); die eine (fiasche wein) hat uns schon besonders gut geschmeckt, die andere wollen wir mit destomehr verstand trinken I V 21, 238. die wendung etwas mit verstand zu sich nehmen ist weit verbreitet, obwohl in diesem falle nach heutigem sprachbrauch Verständnis sinngemäszer wäre: schwäb. des muszt mit v. esse", bei einer besonders feinen speise; der wein will mit v. getrunken sein; eine gute cigarre mit v . rauchen FISCHER 2, 1353; Leipzig: die Zigarren musz ener mit verstände rochen ALBRECHT 231"; Berlin: aber die roochen se mit verstand MEYER 128*. hirten sind sie gar on verstand H . SACHS 1, 253, 23

KelWr;

da6z der Pythagoras und die druyden solches ausz einer uhralten traditdon behalten haben, aber ohne verstände PRÄTORIUS Anthropodemus (1666) 1, 10; diese spiele, obgleich ohne verstand unternommen . . waren doch nicht ohne nutzen für uns GÖTHE 21, 41 Weim,.; obgleich er ihn (den wein) . . ohne verstand getrunken hatte KURZ 2, 81. mit anderen subst. zusammen: das alle solche gebett, welche allein mit dem munde gewirckt . . werden, ohn glauben und verstandt, so gar nicht erhört werden NIORINUS von zäuberern (1592) 114; ich hab eüch etlich mahl in euerer einfalt reden hören, und sagen: ich will . . ein amptmann werden, o wie freylich ohn bedacht und verstand MOSCHEROSCH insomnis cura 43 neudr. einzelne Wendungen: er hat dabei wenig verstand gezeigt

CAMPE;

eeigt man verstand, so ist auch das nicht recht GÖTHE 5, 59

er hat den himmel ausgespannt, aus seinem munde kömmt verstand, und Weisheit ist sein göttlich hauchen

Weim.;

H A G E D O R N poet. werke (1771) 1, 5 ;

so führ ihn weg! er redet nicht verstand H O F M A N N S T H A L ged. u. kl. dramen

261;

's fehlt ihm nichts als der verstand, und den kriegt man auf reisen B A U E R N F E L D 3, 26;

gib mirP verstand aus bei deiner höh . GERHARD Fischer-Tümpel 3, 371»; der himmel reichte dir so ansehn als verstand K Ö N I G ged. (1745) 2 ;

das ist's ja, was den menschen zieret, und dazu ward ihm der verstand, dasz er im innern herzen spUret, was er erschafft mit seiner hand

S C H I L L E B 11, 305;

die herren könnten ihm gestohlen werden, er habe ihnen mehr verstand zugetraut POLENZ Grebbenhäger 2, 199; war es nicht verstand, dasz man ihn mit eisern zangen auf die w e i t ziehen muszte? dasz er sobald unrath merkte? — war es nicht verstand, dasz er die erste gelegenheit ergriff, sich wieder davon zu machen? LESSING 18, 259 (briefe); der papst habe gesagt: ämter kann man ihnen geben, aber nicht verstand und betragen GÖTHE 43, 164 Weim.; w e m gott ein amt giebt, dem giebt er auch den verstand RABENER 4, 35; sprichwörtlich FISCHER 2, 1352; mit dem amt kommt der verstand; ss gibt uns gott wohl den verstand, doch jeder nehm' ihn selbst zur hand ebd.; w e m gott ein a m t giebt, dem giebt e r , wenn nicht verstand, doch eine frau JEAN PAUL 7,287; keyn verstand haben, carere iudicio DASYPODIUS (1537) F f f i i j d ; ohne verstand seyn; wer keinen verstand hat, der schaden ist sein KRAMER it. dict. 2, 94LB; lothring. du solisch verstand han , sollst verständig sein FOLLMANN 154"; verstand haben ist edler denn silber spr. Sal. 16,16;

97

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VERSTAND

VERSTAND

wenn ein mensch in der wirde ist, und hat keinen verstand, so feret er davon w i e ein vieh psalm 49, 21; keinen verstand nit haben, grad w i e ein unvernünftig thier sein MAALER 432*; wer aber verstand h a t , hilft sich bald aus jeder Verlegenheit KNIGGE roman meines lebens (1781) 2, l l ; ihr seid ein kluger mann, und sollt es nicht dulden, und sollt den verstand für uns haben SCHILLER 3, 58 (JFiesko 2, 8); ich war eines tages an der tafel eines königlichen ministers, der verstand für ein dutzend hat GÖTHE 45, 12 Weim. weiter verbreitet, so in Berlin: der hat verschtand vor z w e e BRENDICKE 189*.

nebst diesem dienten ihnen die glossen sehr zum verstände dieser gesetze M. J. SCHMIDT gesch. d. Deutschen (1778) l, 307; vielmehr bedaure ich einen j e d e n , der unter einer zu groszen last v o n buchstaben daherkriecht und nie selbst zum verstände der Wahrheit k o m m t HERDER 11, 96; das buch hätte sich vergröszert: ich fürchte aber nicht der innere verstand dessen, was hier vorgetragen ist 18, 66; einige wichtige punkte, die zum verstand und zur berichtigung des ganzen werks durchaus nöthig sind STILLING 3, 5; eine anmerkung beizufügen, die ich zum verstände des folgenden für unentbehrlich halte KANT 1, 28 akad. ausg. auszergewöhnlich ist ein genetiv der person: die gottis wort grundtlicher vernemen künden, denn ich, die einen verstand gottis finden an dem ort, da ich-nichts finden mag LUTHER 18, 455 Weim. den verstand eines dinges haben, geben:

4) anwendung der fähigleeit im einzelnen falle: einsieht in, kenntnis, Verständnis von etwas (vgl. sich verstehen auf etwas B 3); häufig in der heutigen spräche durch Verständnis (B 3) ersetzt. a) die zu einem vorübergehenden ztaecke nSthige Zähigkeit: all seinn verstand und witz auffbieten etwas zuersinnen SCHÖNSLEDER K k k 8 a ; Verstands gnug haben zu etwas KRAMER it. dict. 2, 9 4 1 g e w ö h n l i c h mit infinitiv: sie können den verstand nicht haben, die schrifft zu leren, noch das recht und gerechtigkeit zu predigen Jes. Sir. 38, 88; weise menner, denen der herr Weisheit und verstand gegeben hatte, zu wissen 2 Mos. 86, 1; der einzige, der den verstand hatte zu sehen, w i e v i e l vortheil sich aus diesem umstände ziehen lasse WIELAND Agathen (1766) 2, 206; sie hatte den verstand, mich liebenswürdig zu finden, darf ich ihr vorwerfen, dasz sie nicht den verstand hat, ihre neigung zu mir zu verbergen? BAUERNFELD 4, 18; verstand empfingen wir, uns mündig selbst im ird'ßchen element zurecht zu finden GÖTHE 10, 286 Weim. (natürl. tochter 2, 1) ; er hat verstand; er weisz zu leben; spielt put schach LESSING 8, 62 (Nathan 2, 2, 276). b ) auf einem, gebiet urtheilsfähig sein, der jüngsten spräche gehört die Verbindung mit adjeetivischem attribut an: er übertraf ihn w e i t an politischem verstände HERDER 23, 49; seine inneren einrichtungen zeugen v o n praktischem verstand RANKE 2 14, 42; der ganze apparat kriegerischer zurüstung . . zeigt, dasz der kriegerische verstand es hier m i t seinem schwierigsten problem zu thun hatte NITZSCH d. Studien (1879) 81. in Zusammensetzungen, die wir heute als scherzhafte bildungen auffassen, hält sich verstand vereinzelt statt Verständnis: er hat keinen bierverstand, weinverstand ALBRECHT Leipzin 231°; er hat keenen kartenverstand, pferdeverstand MEYER Berlin 128% BRENDICKE 189"; keinen cigarrenverstand u. ähnl. alt: das er . . uns seinen färben verstand dörffen fürmalen, als ob er der tyrannen einer wer FISCHART Oarg. (1590) 231. c) das verständnisvolle erfassen einer sache. mit dem 18. jh. veraltet ist die Verbindung mit genetiv: verstand, wüssen unnd erfarnusz aller dingen damit yetz die w ä l t umbgadt, sensus communis MAALER 432"; magia, weiszheit und verstand heimlicher und verborgner dingen CALEPINUS 856B; theologia, verstand oder wissenheit der geschrillt gottes 1463b; wollen Sodoma und Gomorra uns noch beschuldigen, das w y r uns den verstandt der schrifft alleyn anmaszen? LUTHER 8, 515 Weim.; w i e ein predicant und docter heiliger geschrift gelert sin sol, nemlicli dasz er das salz hab, den rechten verstand der geschrift sat. u. pasquiüe 3, 22 Schade (kurz dahinter: verstentnus gütlicher geschrift); was frucht und nutz der verstand der werck gottes m i t sich bringe FRANCK weltbuch (1534) vorr. 8; so mögen wir dardurch lychtiglich zu verstandt der selbigen unser höchsten gnaden komen CRONBERG 19 neudr.; dieweil sie j e den verstand gutes und böses haben, und nichts böses beschrieben w i r d , dasz nicht von inen herkompt, und es selbst bösz erkennen FISCHART Garg. 6 neudr.; 's feuwers Ordnung und des gstirns verstandt THURNEISSER alehymia (1583) 6; hab ich . . durch gegenwärtige vorrede solches erörtern, und hiemit zu besserem verstand derselbigen, und ihres Ursprungs, dir anlasz geben wollen MOSCHEROSCH Philander (1650) 2, L;

sag mir durch gott: was ist das bett (gebet), do eyner keyn verstandt nit hett? MURNER tchelmenzunft 22 neudr., fürwar, sagt Eulenspiegel drauff, ir wiszt den kauff und auch den lauff und habt der Sachen ein verstandt FISCHART Eulempiegel 347 Hauffen; darumb wir meister sindt genant, das wir dir geben ein verstandt dyns heils MURNER narrenbeschwörung 11 neudr.; de ogen gewen einen vorstandt eines dinges, dat me syner gewisz ys AGRICOLA bei WEIGAND synonym, wb. nr. 2144; wenn alle commentarien, so in griechischer und lateinischer spräche über die gantze bibel gemacht sind . . m i t groszen fleisz durchlesen werden, so geben sie doch allesambt nicht so viel lichtes und Verstandes dem christlichen leser, als die klare und gar herrliche dollmetschung Lutheri QUENSTED eChica (1678) 35. vom verstehen einer fremden spräche (vgl. verstehen I B 2 a ) : der in der bibel belesen, und des lateins ein verstand hat, der müsz j h a bekennen NAS antipap. (1567) II D V I B ; diser nunnen arbeit ist jetz, in unbekannter lateinischer spraach zu chor singen unnd läsen: das geschiht mehr mit eyfer dann mit verstand desz lateins STUMPF Schwytzerchron. (1606) 418»; den Teütschen di Verstands lateinischer sprach mangeln SCHWARTZENBERG teutsch Cicero (1535) 21", bisweilen ist der objective genetiv zu ergänzen: dem leser zum verstand anleitung . . geben XYLANDER Polyb. (1574) vorr. 6. mit attribut: diszen grund hab ich mit den buchstaben A. B. vortzeychnet umb klares Vorstands willen LUTHER 6, 290 Weim.; merck aber zü luterem verstand ZWINGLI v. freiheit d. speisen 6 neudr.; zu eim leichtern verstand PARACELSUS opera 2, 358; also hat zü mehrer nachrichtung unnd Verstands mich für güt angesehen STUMPF Schwytzerchron. 2*; parenthesis, ein eynsatz: da man ein sprach oder ein gantze meynung in ein red hineyn setzt wegen besseren Verstands CALEPINUS 1025'. selten ist der gebrauch in passivem sinne, ,das erfasztwerden': dan solche wort seind gleichwol nur durch den gebrauch einverleibet, und haben den verstand bey allen GUEINTZ rechtschreibung (1666) 15; gemeiniglich aber leidet der verstand, bey ungemeiner länge eines satzes, eben sowol sein theil, als das gehör MATTHESON capellmeister (1739) 23 vorr. auszergewöhnlich ist auch ein subjectiver genetiv bei activem sinne von verstand: dardurch zween, die einander dorin verstehen, in jeder sprach, ohn verstandt anderer zuhörender personen (ob sie gleich dieselbige hauptsprach auch können) reden mögen (ohne dasz andere die worte verstehen) THURNEISSER onomasticum (1583) bei KLUGE rotwelsch l l l . verstand v o n etwas haben, haver' inielligenza, intendimento di gualche cosa, v. verstehen sich KRAMER it. dict. 2, 94l b ; keinen verstand von etwas haben ADELUNG; in ndd. mundarten, Waldeck: hei hiet kenen ferstant derfan BAUER-COLLITZ 81'; Güttingen: dä hest du keinen verstand von SCHAMBACH 267'; Holstein: he hett dar keenen verstand vun SCHÜTZE 4, 307; das man von beiden ein rechten Unterricht, und gewissen ver-

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stand habe, und behalte, wie weit der glaabe und die || liebe oder die werck gehen LUTHER 6, 54» Jen.; mann musz solche Sachen reden, davon sie einen verstand haben WEISE comödienprobe (1696) 238; der bürger einer freien reichsstadt hat einen verstand vom regieren I BETTINA v. ARNIM dies buch 1, 121. verstand in etwas: aber der gott . . gab inen kunst und verstand in allerley schrillt und Weisheit, Daniel aber gab er verstand in allen gesichten und treumen Dan. 1, 17; von sonderlicher weiszheit und verstand in himlischen und irrdischen dingen MATHESIUS Sarepta (1571) VIII 1 ; dann ich schem mich, das die knaben mehr Verstands, denn ich, drinn haben AGRICOLA musica 136 Eitner; verstand in deinem recht, bestand auff deinem weeg verleyh mir, deine gnad unnd wunder zu vermehren WECKHERLIN ged. 1, 378, .27 Fischer. d) mit etwas umzugehen wissen, eine fertigiceit auszuüben verstehen; die grenze nach c) hin ist nicht durchweg einzuhalten: nun find hie alle augenblick, und übe auch selber manches stück, das ich in meim verstand nicht han, noch mit vernunfft ausrechnen kan HAYNECCIUS Pfriem. 32 neudr. (v. 769). gewöhnlich mit object. genetiv: von underscheidt, verstandt und rechten gebrauch der stück und kugeln FRONSPERGER kriegsbuch (1575) 128 erkenntnus und verstandt vielerley . . künsten THURNEISSER alchymia (1583) vorr.; dat soden dinge dem rade weren swarliken to vorlatende, wente se des neyn vorstant en hedden d. städtechron. 16, 305, 29; ein solcher hauszvatter . . der sich auff das feldbauwerck versteh, . . dann welcher sein kein verstand hat SEBIZ feldhau (1579) 35;

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heute eine derartige Jloskel der ansprüchig bescheidenen' in gebrauch', so in Holstein: na minem dummen verstände SCHÜTZE 4, 307; Waldeck: nä meinem dumen f«rstand®, nach meiner unmaszgeblichen meinung BAUERCOLLITZ 31b; ohne attribut in Eschenrod: nöx mäim feasdänd, nach meinem verstand, was ich davon verstehe SCHÖNER 64; den baten si inen den werden fürsten, nach dem es in an der sprach feelet, zu empfahen, das durch den haubtman nach seinem verstant mit hübschen schonen worten verpracht wurde W . v. SCHAUMBURG 178 Keller; das lasz ich also ein yeden (n)ach seinem verstandt urteylen WICKRAM 1, 18, 35 Holte, mit attributivem zusatz: darumb so wil ich euch ihren lauff . . nach meinem verstandt, der leyder klein und schwach ist, anzeigen buch der liebe (1587) 285°; derwegen habe ich diese Unterweisung, nach meinem geringen verstände, . . entworffen BARTH weiberspiegel (1565) B I B ; bit euch darumb, ihr wölt von seiner lieb ablassen und euch halten nach euerem züchtigen verstand und güten sitten SCHUMANN nacMbüchlein 103 Balte \ eine schwester von 15 jähren . . tröstete mich, nach ihrem kindlichen verstand ZEND. A ZENDORIIS winternächte (1682) 191; gleich wie ein armer mensch, ausz indischem verstand, vermeinet, horchend zu des aberglaobens lehren, ein schön gemahltes bild, als seines £aists hayland, mit bitten, opfern, lob und anderni dienst zu ehren WECKHERLIN ged. 1, 467,1 Fischer.

5) die besondere, je nach den umständen verschiedene art der auffassung eines geistigen inhalts. subjective und objective beziehung sind hier zu scheiden: subjectiv bezeichnet der verstand eines Wortes ,die auffassung, auslegung', die ihm der redner und Schriftsteller oder der des baus ich kein verstandt noch hab H. SACHS fastnachtsp. 1,108 neudr. ; hörer und leser gibt, objectiv ,den sinn, die bedeutung', die dem wort im allgemeinen gebrauch innewohnt, man sondern musz (der honig) zuvor von gewissen apoteckern, gebraucht es . . von der rede und den worten, diejenige die dessen guten verstand haben, bereyt werden FISCHVorstellung, denjenigen begriff zu bezeichnen, welche durch ART bienenkorb (1586) 240B; ob sy wol bynen haben, die worte oder durch eine rede erweckt werden soll ADEwissen sy doch das wachsz . . nicht zübrauchen . . des LUNG, CAMPE, dem 18. jh. üt dieser gebrauch noch gab ich yn ein verstand, und macht yn etlich kertzen durchaus geläufig; von schriftsteilem des 19. nimmt ihn FRANCK weltbuch (1534) 217». nur HANKE in alterthilmelnder, seinen quellen entlehnter v e r s t a n d v o n , a u f , i n e t w a s : die dritte (musispräche auf. heute wird dieser verstand völlig durch com) nennen sie organicam, die begreiffet die lehre unnd sinn ersetzt, und die beiden begriffe werden untereinander den verstandt vom underscheidt der töne SPANGENBERG so geschieden, dasz verstand nur eine reihe von gedanken T;. d. musica 34 Keller; und Vorstellungen bedeutet, die durch mehrere zeichen ausgedrückt werden, sinn aber auch einen einzelnen beals ein Pfeiffer wolt fischen galm und hett gar kein verstandt davon griff bezeichnet EBERHARD-LYON syn. hdwb. nr. 242; sinn WALDIS Esop 3, 49 (2, 46 TUtmann); zeigt das an, was man in seinem bewusztsein mit dem das sind Studentenkniffe, die stecken dir im köpf, vom geäuszerten zeichen verbindet WEIGAND syn. wb. nr. 302. holzhacken hast du keinen verstand GRIMM märchen mnd. vorstant, sinn, bedeutung eines worts, einer rede (1812) 2, 72; Ulenspiegel begund fast zü sieden, die magt LÜBBEN-WALTHER hdwb. 525»; nhd. verstand, meinung underweiszt in, dan sie mer Verstands het daruff dan eines dings . . ein wort das zween verstand hat, amer FISCHART Eulenspiegel 74 Hauffen; wann es nun bigue positum verbum MAALER 482»; die 6chrifft nach solches selber machen könte, käm es ihm auch inn dem geheimen und himmlischen verstand auslegen; den dem zu gutem, das er ein verstand darauff bekäm SEBIZ rechten, wahren, klaren, natürlichen, eigentlichen verfeidbau (1579) 38; denen, so auff dem gesang ein verstand von einem spruch erforschen; der buchstäbliche, standt haben FORSTER t. liedlein 3 neudr.; damit ihr der sittliche, figürliche verstand; einen text in einem sehen sollet, dasz ich . . in artem aratoriam verstand andern verstand nehmen; etwas im unrechten verstand habe GRYPHIUS Sorribil. 47 neudr.; Palladio, der . . noch verstehen; diese worte haben einen besondern, einen vieles ganzer sah, . . und mit seinem groszen verstände doppelten verstand KRAMER it. dict. 2, 941»; den innerin Zeichnungen herstellte GÖTHE IV 8, 67 Weim. lichen verstand suchen, und das auszwendige fahren lassen, medullam inquirere relicto cortice DENTZLER S12B; e) in dem sinn von Verständnis A 3 ,sinn, neigung, verstand, der sinn der worte, significatio, sensus verempfänglichkeit für etwas': sselig ist, der verstand hat hörtem; der buchstäbliche, sensus litteralis FRISCH 2, 319»; über den armen und dürftigen, zuo peeser zeit wird in der wahre verstand, die Übereinstimmung der Vorstelgot erledigen BERTHOLD V. CHIEMSEE 527; wenn ihm lungen mit dem endzwecke der rede; der eigentliche, un(Göthe) jemand verstand über musik beibringen kann, mittelbare verstand, wortverstand, welcher durch das so bin ich's als aussprach Beethovens angeführt bei wort und dessen laut hervorgebracht wird, zum unterBETTINA V. ARNIM briefwechsel m. e. kinde 860 Reclam; schiede von dem mittelbaren oder figürlichen, welchen das mädel kann unser glicke sein, wenn du blosz fer die mit dem worte bezeichnete Sache wirket ADELUNG ; der so was a verschtand hätt'st G. HAUPTMANN biberpelz l l . richtige, unrichtige verstand CAMPE. f ) nach meinem verstände, ,so gut ich's kann und ioeisz': ut captus est puerorum, nach dem die kind vera) die subjective auffassuv-g, auslegung, meinung: stand haben DASYSOJDIUS (i587) Eiiij»; nach meinem ob ein schuster nicht verstehet, was mit Venus meint ein verstände, pro meo captu, de meo sensu judico FRISCH Römer, wird er fast noch minder wissen, was ein Deutscher mit 2, 319»; nach meinem wenigen, schlechten verstände, Lustinne secondo il poco mio sapere, secondo me, al mio vedere für verstand und deutung führt KRAMER it. dict. 2, 941B. in ndd. mundarten ist noch LOGAU 370.

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mit adject. attribut: widderumb soll man nit auff den geystlichen vorstand (der bibeV) fallen, es zwinge denn die nodt LUTHER lO1, l, 563 Weira.; wa wir doctor Luther . . etwas zü gelegt hetten, das nit seiner meinung wer oder seins güten Verstands . . sich basz zü erkleren, das solche deolaration bei christlichem verstand mög bleiben MURNER a. d. adel 66 neudr.; dann die hailig schrifft nit im büchstaben oder phrasibus leyt, sondern im orthodoxischen verstand NAS antipap. (1667) 2, E II»; nur das heilige evangelium und bewährte Schrift nach rechtem christlichen verstand solle man lehren HANKE 2, 41; dem sprechenden helfen seine gebärden und der ton der stimme den wahren verstand bestimmen HERDER L, 193; der herr Verfasser gebe dem schlusz des . . synodi einen härteren verstand, als dessen inhalt mit sich bringet LEIBNIZ 2, 246; die vielleicht aus der vorigen epistel mochten eynen unrechten verstand genomen haben LUTHER 14, 14, 22 Weim.; BO plasen sie (die pfaffen) die Vergebung der Sünden in die ohren: geben die absolution mit eim kreutz, und legen auft disen verstand die vorgerürte wort Christi ausz FISCHART bienenkorb (1588) 168»; also haben auch die gelehrten in dem namen dises flueses beynahe ein yeder einen sondern verstand STUMPF Schwytzerchron. 4l9 b ; ich habe gefunden, dasz sehr geübte ausleger . . einen ganz anderen verstand damit verbinden J . E. SCHLEGEL s, 441; Sprüche und redarten der h. schrift . . , die nie einmal einen ähnlichen verstand leiden HERDER 1, ^5; der unkenntliche casus, an dem .welche' einen doppelten entgegengesetzten verstand leidet ADELUNG lehrgebäude 2, 363.

neudr.; diesen verstand soll es auch haben mit denen in specie verschriebenen Sorten acta publica 4, 244 Palm; weiter aber so ein statt allein fest erbauet ist oder wirdt, ausz dem verstandt mag solche befestigung zweierley gestalt haben FRONSPERGER kriegsbuch (1573) 2, E 1 ' ; drum raten ich usz minem verstand, dasz si allbed den schaden hand Jastnachtsp. 845, 20 Keller; min tag ich nit kein rüchers land durchzogen hab, usz mim verstand RUFF Etter Heini v. 412; er meinet aber meines Verstands, eben das jüngste gericht gottes LUTHER 6, 62B Jen.; so wolt es auch meines Verstands die nothdurfft erfordern BERLICHINGEN 21 Bieling. demonstrativpron. mit abhängigem satz: ich weisz aber mein gnädigen herren des Verstands, dasz er mich an dem ort wol beschirmen werd WICKRAM 1, 142, 8 ; wo ist der verstandt erwachsen, dasz hitz, kelte, feuchte, trockne, sollen die kranckheit m a c h e n ? und sollen auch heilen? PARACELSUS Schriften 1, 211 A. ungewöhnlich mit präpos.: wann ich darauf hab eurn verstand, alsdann will ich weiter zuhand euch meines willen berichten MAXIMILIAN Teuerdank 292, 47. b) der objective sinn, die bedeutung. ohne bestimmendes attribut: von seinen verteutschungen sagt er (Luther): der gute verstand Bey ihm lieber, als der zänckische büchstaben ZINKGREF apophthegm. (1626) 253; ich finde keinen verstand in der rede; ein wort ohne verstand ADELUNG; in dem worte ist kein verstand CAMPE; ich . . wüste mehr nicht, als . . einen mächtigen häufen lateinischer verse und Sentenzen ohne verstand Leipziger aventurier (1756) 1, 50; ich finde diese rede voll verstand, wiewohl mich Griechenland nicht auferzogen SCHILLER 6,142 (Phöniz.); sprecht doch nicht worte ohne verstand ARNIM 6, 227; der psalm ist sehr kurtz an den Worten, nit klar verstendtlich allen orten, doch im verstand sehr hoch und gTosz, darff einer kurtz einfeltigen glosz H. SACHS 18, 24 GÖFEE; wo das gotts wort ingat, ein verstand dem einfältigen es lat N. MANUEL Barbali 1346 Bäehtold; der verstand in der rede an sich selbsten giebet, was das wort eigentlich bedeutet GUEINTZ rechtschreibung (1666) 16; das Sprichwort tregt den verstand auff dem ruck, wann man wil sagen, es sei gethon, ausz, und verspilt FRANCK sprüchw. (1541)2,21"; aber zum glücke ist dieser stein von schlechter arbeit, und mit einer griechischscheinenden schrift vollgefüllt, die keinen verstand m a c h t (keinen sinn ergibt) LESSING 11, 46; die fernere frage: was dieses ding an sich sey, h a t weiter keinen verstand KANT 8, 153 äkad. ausg.; denn obsehon der mann noch immer hustete, so kam doch verstand hinein LUDWIG 2, 46; verstehen sie das gleich auf den ersten augenblick, oder müssen sie den verstand erst durch gegeneinanderhaltung der Sätze s u c h e n ? LENZ 2, 329; es sind fehler stehen geblieben, welche allen verstand verderben LESSING 17, 386; diese dunckele worte konten dem könige noch keinen verstand eröfnen, weswegen er denn begierigst nachforschte: wie? ZIEGLER Banise (1689) 103; wenn wir unsern freunden . . zuerst den sinn des buchstabens erklären, und ihnen den verstand eröffnen GÖTHE 22, 181 Weim. (vgl. Verständnis B la).

mit genetiv des objecto: i m rechten verstand und gebrauch der Worte LEIBNIZ I , 452; widderumb einen rechtenn vorstand gutter werck aufftzurichten LUTHER 6, 437 Weim,.; weyl bey andern . . gelehrten . . ein anderer und warhaffterer verstand dises namens zulinden ist STUMPF Schwytzerchron. 289"; (er hat) einen andern verstant der geschrift gegeben AVENTINUS bair. chron. 2, 460; falls j e m a h l s über den verstand eines gesetzes, oder die anwendung desselben in einem besondern falle, ein billiger zweifei entstehen sollte, so kommt zwar dem könige das recht der auslegung oder erklärung zu WIELAND (1794) 7, 222; darzu auch nicht mächtig bin euer liebe mit gegenliebe zu belohnen, indem der verstand derselbigen mir noch nicht bekandt schausp. engl. com. 99, 24 Creizenach. mit präpos. v o n : '(wenn) ich . . sonst nichts guts geleret noch gethan hette, denn das ich das weltliche regiment oder oberkeit, so erleucht und gezieret habe, . . weil sie . . wol wissen, das solcher verstand von weltlicher oberkeit, unter dem bapstum . . h a t müssen sich drücken und tretten lassen LUTHER 6, 8 B Jen. mit genetiv des subjects: über das gotswort begert man nit zü richten, aber über die auslegung und mancherlei'verstand der prediger ist ain richter ze haben d. städtechron. 23, 375, 11; darauf gezymbt nyemandts heylige schrifft annders zeversteen noch auszzelegen, dann nach verstand und auslegung jhener lerer so die kirch annymbt BF.RTHOLD V. CHIEMSEE 106; der eitern verstand ist der seinige HIPPEL lebensläufe 1, 123. mit pronom. attribut: up sinen verstand het hei recht, nach seiner meinung, wie er die Sache ansieht A SCHAMBACH Göttingen 267 ; und wollten alles gnauw auszecken, nach irem verstand alles strecken FISCHART d. gelehrt, d. verkehrt. 341 Kurz (v. 339); ich hab in dem nit sondre witz, doch wil ich sagen mein verstandt: verraten ist gantz deutsche landt HUTTEN opera 3, 63 Söcking; auf euer begehr in der . . Rachen ist kürzlich das unser verstand LUTHER briefe 3, 2G6; vielleicht würde mir die freche gegenlieb mit der zeit nur zu einem spott gereichen, indeme zwischen meinem und eurem verstand ein groszer unterscheid ist schausp. engl. com. 99, 35 Creizenach ; zwar die narren lachten darüber, und gaben also ihren verstand an den tag WEISE erznarren 25

mit attribut. bestimmung: denn der text mus j a einerley und einfeltig sein und einen einigen gewissen verstand haben LUTHER 26, 262 Weim.; so wir doch in unser confession das wort sacrificium mit fleiß gemeidet haben, umb ungewiszes Verstands willen MELANCHTHON corp. doctr. Christ. (1560) 207; und was dergleichen wunderbarlichen grillen seyn, darausz wenig gründlicher teutscher verstand zunemen SPANGENBERG dichtungen 5; denen (schreiben), weil sie, wegen damahliger leuffte Unsicherheit, mit Ziffern geschrieben gewesen, einen

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frembden seltzamen verstand angedichtet CHEMNITZ schwed. krieg (1618) l, 7; die fügung der Wörter giebt oft alten Wörtern einen neuen verstand GOTTSCHED erit. iHchtkunst 15;

bedeutung und verstand h a b e mit den Worten Christi MOSCHEROSCH insomnis cura 115 neudr.; die Vorwörter werden ihrem gebrauche und verstände n a c h getheilet in absonderliche und unabsönderliche . . {letztere) entpfangen gleichsam ihren verstand und krafft von dem beygesetzten worte SCHOTTEL sprachkunst 48«.

die worte, lieber, haben oft mancherlei verstand V o s s ged. 5, 57; alle zeilen, alle worte, zeigten himmlischen verstand BRGCKKS ird. vergnügen 4, 22; die Wörter, die einen heidnischen verstand h a b e n können, die aber der dichter . . sattsam geheiliget hatte LESSING 8, 58; dass es einen ganz schielenden verstand macht, w e n n sie . . übersetzen 8, 213; d a w i r v o n kennern versichert worden, dasz der geheime verstand desselben (discurses) den buchstäblichen an Wichtigkeit noch weit übertreffe W I E L A N D Agathon (1766) 2, 77; d a von j e h e r in äuszern und innern k ä m p f e n seine . . w a f f e der grundtext (des neuen testaments) gewesen w a r , dessen wörtlicher verstand, so gab er seine zweifei unter den Wortlaut gefangen RANKE 8, 58. mit attribut. genetiv: (coniunctiones) disiunctivae machen verwandt, die wort, doch nicht deren verstandt GILHUSIUS grammat. (1597) 132; der babst veracht der schrifft verstandt H. SACHS 22,133, 30 Götze; gieng und fragt einen weysen mann, desz traumbs verstandt zu zeygen an 17, 234, 8 Keller-Götze; das der gantzen schrifft vorstannd ist undergangen, und wir eytel fabelln und mehrlin d a f ü r gelertt haben L U THER 7, 341 Weim.; aus dises vers verstand ist nu der gantz psalm leycht 15, 370; morale, das ist, der verstandt dieser fabel ALBERUS fabeln 22 neudr.; w i e dann . . selbige leute unterweilen gantze Wörter geendert und damit des liedes rechten verstand verdrucket h a b e n Königsberg, dichterkreis 219 neudr.; dhn verdolmetscht und in seiner muttersprach verstand nicht gebracht SOHLE Don Kichote (1648) 7; weil . . auch offt der verstandt des französischen darinne sehr falsch ausgedrücket ist LESSING 17, 21; das w ä r e noch der einzige verstand, den das ,propter imaginern' haben könnte 11, 308; m a n musz aber auch den verstand ihrer Worte recht einsehen GOTTSCHED iceltioeisheit 1, §200; das ist des spruches verstand deutsche Schaubühne 2, 219; ein Newton übersteigt das ziel erschaffner geister . . . und öfnet den verstand der ewigen gesäzen (später geändert in: und schlägt die tafeln auf der ewigen gesetze) HALLER ged. 307 Hirzel (5, 55); goldener staub, noch fassest du nicht des gesetzes ganzen verstand, denn es steht zwar in der halle nicht geschrieben, allein es fordert's also der heilige sinn KLOPSTOCK oden 2, 48, 6. auch in der composition: studiren heiszt freilich zuerst den wortverstand erforschen HERDER 1, 286. die Verbindung sinn und verstand hat sich {besonders negativ) lebendig erhalten: das du ( L u t h e r ) aber die heilig geschrifft bruchest, anders d a n der sin und der verstand lautet M U R N E R a. d. adel 16 neudr.; der klang ist allein d a , aber kein synn noch verstand L U T H E R 341, 383, 7 Weim.; so sind auch viele anlagen v o n gebäuden . . voller verstand und sinn GÖTHE I V 10, 360 Weim.; das nenn' ich 'nen satz m i t 'nem köpf von sinn und verstand RAABE hungerpastor 1, 11; die ouverture, welche . . ohne sinn und verstand abgesprudelt w u r d e E. T. A. HOFFMANN 1,17. schles.: da is doch kee sinn und kee verstand o nich drinne G. HAUPTMANN weber 89; mecklenburg.: dor is noch sinn orer verstand in ndd. correspondenzbl. 14, 20A, allgemein üblich: er redet, liest, handelt ohne sinn und verstand; sein ganzes treiben ist ohne sinn und verstand; in dieses m a c h w e r k ist beim besten willen kein sinn und verstand hineinzubringen; das lob' ich mir, das hat doch wenigstens sinn und verstand. verstand mit ähnlichen ausdrücken zusammengestellt: d a ist m a n c h m a l w e d e r verstand noch rechte gliederordnung {im gedieht) NEUMARK lustwald (1657) Zuschrift 3; ausz diesem ißt leicht zu verstehen, w a s es für eine

c) eine art adverbialen ausdrucks, in der verstand ebenso objectiv als ,sinn, bedeutung' wie subjectiv als ,auffassung, auslegung' verstanden Vierden kann, lebt bis ins 19. jh. hinein und ist im 18. auszerordentlich häufig, so bei LESSING, K A N T , SCHILLER, am häufigsten bei HERDER, doch schon von GÖTHE gemieden {s. unten), mit denwnstrativpronomen: in d e m verstände ,in dieser beziehung, in jenem sinne'; früher auch mit: m a n m a g s aber unser predigt oder tauffe nennen, doch m i t dem verstand, das nicht durch unser thun eine taufle oder gottes w o r t w e r d e L U T H E R 6, 99" Jen.; weisz und rein w a r er inwendig in dem verstand, weil er so gar nicht recht wuszte, w a s nicht zu wissen ist ABRAHAM A S. CLARA 1, 56 Strigl; also m ö e h t m a n in diesem verstand nicht ubel sagen, das die sibende zahl für ein unendliche zahl genommen werde FISCHART bienenkorb (1588) 182b; in dem verstände, w i e ihr es n e h m e t , ist es falsch STRANITZKY ollapatrida 207,9 Wien, neudr. ; nachdem diese redens-art bereits bey allen gescheuten völekern in E u r o p a in solchem verstände gebrauchet w i r d d. vernünft. tadlerinnen (1725) 1, 83; deutsche rechtsaltertiiümer heiszen sie in dem verstand, w i e ich die grammatik eine deutsche genannt h a b e J. GRIMM rechtsalterthümer4 1, V I I I . im 18. jh. mit attribut: ein w o r t in einem andern verstände nehmen ADELUNG; zweyzeitigkeit . . h a t die deutsche spräche, in dem gewönlichen verstände, n u r selten KLOPSTOCK (1823) 12, 336; es w ä r e thöricht, das w o r t ,latro' . . in dem jezt üblichen verstände zu nehm e n ABBT 2, 10; Richard also erweckt eben so wenig schrecken, als mitleid: w e d e r schrecken in d e m gemiszbrauchten verstände, für die plötzliche Überraschung des mitleids, noch in dem eigentlichen verstände des Aristoteles, für heilsame furcht, dasz uns ein ähnliches Unglück treffen könne LESSING 10, 118; die kunst zu leben . . ist auf ganz andre begriffe von d e m , w a s i n sittlichem verstände schön und gut ist, gebaut W I E LAND (1794) 1, 146 {Agathon 3, 4); w e n d e ich aber diese begriffe auf einen gegenständ überhaupt (im transscendentalen verstände) an K A N T 4, 180 akad. ausg.; die natur ist ein buch, ein brief, eine fabel (im philosophischen verstände) HAMANN 1, 508; daher die Griechen . . im physischen verstände den aussprach des H o r a z verdienen HERDER 1,188; dasz .comitatus' d a m a l s ein a m t bedeutet, und noch nicht in geographischem verstand genommen w u r d e M. J. SCHMIDT gesch. d. Deutschen (1778) 1, 304; so ist er ein ehrist, ganz i m altchristlichen verstände SCHUBART briefe 2, 205; so wird .'in ungewöhnlich groszes und dickes buch, i m verächtlichen so w o h l als komischen verstände, ein Wälzer genannt ADELUNG versuch 5, 56 {noch im letzten bände des 1ob. 1801 ständig); aber nun ist der schmutzige begriff so allgemein, dasz es j e d e m verarget werden würde, der es i m guten, aber längst verdrängten verstände gebrauchen wollte K I N DERLING reinigkeit (1795) 22; o sie ist ein engel in allem verstände KLINGER werke 3, 166. am längsten hält sich der ausdruck in Verbindung mit einem allgemeinen begriff, am liebsten im Superlativ: in weiterem, in engerem verstände, in vorzüglichem verstände CAMPE ; sie ist abscheulich erber, erber im eigentlichen verstände GÖTHE I V 1, 138 Weim.; ihr seid ein träumer im eigentlichsten verstände GRILLPARZER 6, 241 ; w a s ist nationalschaubühne im eigentlichsten verstände? SCHILLER 8, 598; gehört allzuviel güte, leutseeligkeit, und grosze freygebigkeit im engsten verstand zur tugend ? 1, 61; im strengsten verstände w a r das volck souverain 9, 169; diese descriptive darstellung, die m a n als geschichts- und gesellsohaftskunde im weitesten verstände bezeichnen k a n n DILTHEY einl. i. d. geisteswissenschaften (1883) 1, 49.

1547

1548

VERSTAND

VERSTAND

d) im 18. jh. erhält verstand bisweilen gradezu die bedeutung ,satzganzes, periode', offenbar soviel von einem satze, wie erforderlich ist, um einen sinn zu ergeben oder den sinn dbzuschlieszen. lexicalisch ist dieser gebrauch nicht nachzuweisen, die Sätze drängen sich hinzu: bei keinem wort steht der verstand stille: die rede läufft; so wird der periode HERDER 2, 839; m a n kann gar keinen grund finden, warum der sezzer manchmahl mitten im verstände die Zeilen abgesetzt . . hat NICOLAI schön, •tviss. 39 Ellinger; dasz m a n nicht so jambisiren darf, dasz sich immer mit einem oder zwei versen der verstand endige BÜRGER 1,140 b Bohtz; so mag in dieser gattung von gedichten allezeit mit den vier ersten Zeilen, der erste verstand aus seyn d. vernünft. tadlerinnen (1725) 2, 206; Marie {schreibend), wir wissen nicht, womit die gütigkeit nur verdient haben . . ists so recht? Charlotte, so lies doch bis der verstand aus ist LENZ 1, 259. gehört die folgende stelle auch hierher? was kann präceptormäszigers gesagt werden? ich sehe Horaz, wie einen schulknaben über sein thema arbeiten, und den lehrer daneben: gut! gnug! der verstand ist aus: z u m thema wird nichts mehr erfodert HERDER 3, 346.

bei DIEFENBACH-WÜLCKER 5«8; {der kaiser) führte den ständen zu gemüthe, wie heilsam die herstellung eines einhelligen christlichen Verstandes {in den religionsstreitigkeiten) sein würde RANKE 4, 199. so nimmt verstand gradezu die bedeutung ,bündnis' an.

C. verstand in anderem sinne gebraucht. L) als .einverständnis, einvernehmen' geht es auf das reflex. sich verstehen mit einem (I B 2 f) zurück, worauf schon HALT AUS 1898 hinweist, hängt also mit verstand als der ,fähigkeit zu verstehen' in weiterem sinne zusammen {vgl. Verständnis C 1 a). dieser gebrauch ist vom 15.—17. jh. zu belegen, dann durch Verständnis, in jüngster zeit durch das eindeutige einverständnis {th. 3, 336/.)

ersetzt

worden,

mnd.

SCHILLER-LÜBBEN

5, 4 6 1 " ;

mnld. VERDAM hdwb. 638°; nid. durch verstandhouding ersetzt, mhd. LEXER hdwb. 3, 249 {während verstand A und B fehlt)-, nhd. bucht es M A A L E R und SCHÖNSLEDER (1647). S T I E L E R , F R I S C H , A D E L U N G , CAMPE kennen es nicht

mehr. DENTZLER (1716) umschreibt es durch das geläufigere Verständnis 313"; HALTAUS 1898 bemerkt: verstand item verständnus, sensus concors et amicus, consensus, conspiratio, conventio, unio, foedus . . utebantur olim magis in bonam quam mala/m partem. in der literatur ist es schon im 17. jh. nur ganz vereinzelt nächzuweisen und im 18. anscheinend erloschen, bis es RANKE {vgl. B 5, Verständnis C L) im 19. aus seinen quellen ebenso vereinzelt wieder aufnimmt, doch lebt es hie und da noch landschaftlich: bair. guten verstand haben, in gutem vernehmen stehen mit einander SCHMELLER 2 2, 767; Cronenberg: op l'a.m fsrät&'u zin, einer meinung sein LEIHENER 63*; es hat auch etliche j a r hernach der verstand oder ain angenomner guter will zwuschen baiden keiser . . noch geweret Zimmerische chron. L, 501,15; sie beweisen genug hierinn, dasz sie mit den juden, weder inn weiszem noch in schwartzem (in gutem noch bösem) a y n i g e n v e r s t a n d h a b e n F I S C H A R T bienenkorb

(1586) I 7 0 B ;

sonder k a u m eins oder z w e i land haben zusammen ein verstand zutragen, das beiden gleichs verwant SEBIZ feldbau (1579) 1 9 ; denn er Unfalo meinung wist und het mit im seinen verstand, dann sie regierten in dem land MAXIMILIAN Teuerdank 162, 69.

mit attribut: in gleichmäszigem verstand mit jem. stehen FISCHER 2, 1333; drey ding seind schon leid, der fürsten einigkeit, des völckes rechter vorstandt . . HUTTEN opera 4, 267 Böcking; wo se von godes genaden yn einen gesunden, rechten verstandt by uns wedder gebracht sin ROTMANN restitution i neudr.; und darauf mit ihren mitständen des reichs . . in ruhe, fried, einigkeit, gleichem verstand, und ohngeferbtem vertrauen leben quelle v. 1613 bei HALTAUS 1898; ehe die streitige religion durch christliche freundliche und friedliche wege, zu christlichem verstände und vergleichung gebracht würde Hildesheimer quelle v. 1555 ebd.; als die fünff lender . . Sachen, das sich etlich stet vereindten in ein burgerschafft, . . die dan ein cristlichen verstand mit einander hatten Basler chron. 1, 99, 8; disser unser christlicher verstand (d. i. der schmalkaldische bund) quelle v. 1531

2) die bedeutung,Vereinbarung, Verabredung, abmachung' geht auf die Wendung sich verstehen zu etwas ( I B 2 f e) zurück. a) Verabredung, vertrag {ohne spitze gegen einen dritten): verstand, Vereinbarung einis mit dem anderen, coitio; ein verstand mit einem machen, ad rem aliquam coire MAALER 432"; verstand mit eim, coitio, praevaricatio; coitio facta est, sie haben einen verstand mit einander SCHÖNSLEDER L l l * ; also das, . . ehe die stund des marckts angeht, verstand, geding und pact . . gemacht werden schwäb. quelle v. 1561 bei FISCHER 2, 1353; dasz die beiden könige deszhalben persönlich sollen zusammenkommen. etliche achtens dafür, der verstand sey schon zwischen ihnen beschlossen BUCER bei MELANCHTHON opera 8, 776 'Bretschneider ; es ist ein junger gsell vorhandt, der batt mitt mir gmacht ein verstandt Schweiz, echauep. d. 16. jh. 2, 283 Bächtold; die seufftzer, die so mancherhand durch abgeredeten verstand die botschafft brachten von dem hertzen Königsberg. dichterkreiB 16 neudr.; wir haben mit dem tod einen bund, und mit der hellen einen verstand gemacht, wenn eine flut daher gehet, wird sie uns nicht treffen Jes. 28, 15; das euer bund mit dem tode los werde, und euer verstand mit der hellen nicht bestehe 28; die spötter, welche in desz todes bund und im verstand mit der hüllen noch sicher blieben WIDMANN Faust 118 Keller. b) gegen einen dritten gerichtete Vereinbarung, abmachung, einverständnis, com/plott: mnd. niemandt van unsz sali . . mit keinem uthlendischen potentaten einige contract., bündnusz edder verstandt maken und uprichten livl. quelle bei SCHILLER-LÜBBEN 5, 461*; nid. heymelick verstand, coitio, actio arcana et factiosa, arcanum foedus, clandestinum

foedus,

conspiratio

K I L I A N (1599) 604";

met

den vyand verstand houuen, mit dem feind verständnus haben (in verständnus stehen) KRAMER nider-hochteutsch. dict. 466*; nhd. heimlicher verstand mit der gegen parthey, praevaricatio; mit dem kläger ein verstand machen MAALER 4326; heimlichen verstand mit dem feind haben, colludere, coire cum hoste DENTZLER 313*; machten die Saffoier ein haymlichen verstand mit denen von Gransen, und überfielen die eydgefnossen bey nacht FRANCK chron. Germaniae (1538) 214; do gegen kamen ghen Basel die von Straszburg . ., machten ein verstand wider den hertzogen

von

Burgund

MÜNSTER

cosmogr.

(1550)

58;

w e m auch nit gemaynt, eynigen verstandt oder veraynigung . . wyder kay. mt. nit zu machen noch inzugeen staatspap. z. gesch. Karls V. 259 Lanz; als ob er den schmalkaldischen Stenden favorisiert und in etlichen pratiken und verstandt mit inen solt gestanden sein Zimm. chron. 4, 357, 19; (er) hatte den heimlichen verstandt und bei beredungk mit der stadt, das die stadt von ihme ihrer freiheit durch zusagung woll versichert war d. städtechron. 27,44, 26; who es die meynung hette, die bauren möchten ein verstand mit der statt W . haben BERLICHINOEN 316 Bieling; argwon . ., als hätten die Christen zu Constantinopel ein heimlichen verstand mit dem papst zu Rom DANNHAWER catechismusmilch (1657) L, 608; da . . sprachen etlich, die im nit hold waren, er het ein verstand mit den feinden es ist ein angelegte sach PAULI schimpf 172 Österley; Demetrius und Procopius, welche in heimlichen verstände mit der königin stattjungfer GRYPHIUS trauersp. 146 Palm, über etwas: (der feind) der mit diesem feldtflüchtigen hier über, . . die losung zu erfahren, ein verstandt gehabt K I R C H H O P F mil.

disciplina

(1602) 243.

ob die folgende stelle hierher zu ziehen ist, bleibt zweifelhaft; das späte erscheinen spricht dagegen: wer hätte erwartet, dasz m a n das mitleiden eines reisenden . . so kühn ausdeuten, dasz m a n geheimen verstand darin

1549

VERSTÄNDCHEN-VERSTANDENHEIT

VERSTANDARBEIT

suchen . . dürfte? {.geheimes einverständnis' oder ,geheimen sinn'} vgl. B 6b) SONNENFELS Schriften (1788) 2, 282. vgl. Verständnis C, Verständigung 3, weiterhin auch versprechnis S, Versprechung 3, versprach 3. 3) ,mittheilung, bescheid, erklärung'; vgl. einem etwas zu verstehen geben (verstehen B l f , Verständigung i, Verständnis C 3); hat gemaine stat den königlichen räthn volmechtigen gwalt gegeben und compromittirt, an zweifl der sachen verstand gehabt, wie es gericht sol werden d. städtechron. 15, 80, 33; da haben unsere herren hie z& Augspurg . . unter den gemainen mann ein besundern verstandt ausgeen lassen 29, 45, 17; (sie) wöllent von einander nit ziehen, bisz sie ein verstant von fürstlicher durchlaucht haben bauemkrieg 1, 457 Baumann -, mit dem verstand zohe der güt frumb man wider heim FREY gartengesellschaft 70, 10; aber mit der file der gesatz, da halt ich es warlich mit dii (Luther), das vil da sein gebotten, dag beser wer sie weren ab, und gib dir des ein verstand MURNER a. d. adel 12 neudr.; herrrichtet-,hab ich dem than statt, wie man mir dann empfohlen hat, und nachdem sy verdienend hand? desz bgär ich von (Ich ein verstand H. R. MANUEL weinspiel v. 4077 neudr.; „ich bit euch jüd leicht mir zil hand bargelt auff bürgen oder pfand." „was eüch gebtlrt gebt mir verstand" SCHWARTZENBERG teutech Cicero (1635) 122T; der gybt mir desz auch ein verstandt, das dyser keyser söll mit flysz füren ein wopen rot und wysz GENGENBACH 87 Qödeke; darumb darf man an mengem ort, dasz man erlütrung geb und verstand, wie die lerer das geschriben hand N. MANUEL Bariali v. 99T Sächtold; ich hab verstandt veniumen gnueg, wie wir unser reich mtlgen erfüllen Tirol, passionep. 430 Wackerneil; von allem, was Guklides schreibet, . . . bekamst du gründlichen verstand ROMPLER v . LÖWENHALT reimgetichte

(1647) 69;

rede doch, dasz man verstand deines groszen schmertzen kriegt HOFFMANNSWALDAU getr. Schäfer 115; in dem nechsten blatt oben bist herab gewyszen ein verstandt zü nemen was idus, none, und kaiende seyent GERSDORFF wundarzney (1517) XVIII l b . mnd. in vorstant krigen, nemen SCHILLER-LÜBBEN 5, 46la; do sprak de hertege: nym in vorstant (beherzige, begreife)! du bist nicht erlosz lüb. thron. 2, 394. frühnhd. mir zu verstand, so dasz es mir mitgefheilt wird, zu meiner kenntnis gelangt: noch keynerley geschenck oder gab, wenig oder vil, durch mich selbs nemen, oder durch andere, mir zu verstandt zu nemen verschaffen, oder nemen lassen des hl. röm. reAchs Ordnungen (Worms 1536) 98*. 4) ganz vereinzelt findet es sich in der bedeutung .schütz' an verstehen II angelehnt (vgl. versprach 4): dasz . . die gemeinde S. sich in verstand, schütz und schirm der bauern begeben solle Schwab, quelle von 1525 bei F I S C H E R 2, 1363.

VERSTAND ARBEIT, f.. s. verstandesarbeit. in den mit verstand als erstem gliede zusammengesetzten warten weist die ältere periode die der eigentlichen compositum zugehörige form verstand- auf die im 18. jh. im allgemeinen in die form Verstandes- übergeht, ist das zweite glied ein subst., so kann das compositionsverhältnis in der regel genetivisch aufgefaszt werden, und insofern hat die jüngere form ihre berechtigung. ist das zweite glied ein adj., so ist jenes mit wenigen ausnahmen (vgl. verstandes-beraubt) nicht der fall; aber auch hier hat die analogie übergegriffen und die form verstand- heute völlig verdrängt (vgl. WILMANNS gramm. 2, § 391/.). um so mehr fallt es auf, wenn STIFTER gegen diesen brauch verstand-klügelei (s. u.) einerseits, verstandes-los und verstandes-voll anderseits schreibt, während sonst die Schriftsteller vom 17.—19. jh. verstand-los und verstandvoll aufweisen. das 16.—17. jh. componiert verstand- mit subst. und adj. und zwar: FISCHART verstand-jahr, verstand-reich; HARSEÖRFFER verstand-arbeit, -kraft, -lehrer, -liebe, -wort;

1550

verstand-mächtig, -reich; NEUMARK verstand-übung, verstand-reich; andere quellen verstand-mangel, -Übung; verstand-gemäsz, -schwach, nur S. v. BIRKEN bildet schon verstandes-gaben, -macht (1657), doch augenscheinlich unter dem einflusz des metrums (s. d.). dann gebraucht LEIBNIZ frei verstandes-übung, L i s c o w verstandes-kräfte. von der form Verstandes- in der compositionsfuge weicht HERDER ab mit verstand-kraft (lmal) neben verstandes-kraft (7), verstand-mann (2) neben verstandes-mann (4), verstand-register, -verwirrer, -wort (je 1). im übrigen zeigt er für die Verstandesbildungen von allen Schriftstellern die gröszte Vorliebe und hat viele neuprägungen vorgenommen, wenn J. PAUL verstand-losigkeit, CAMPE verstand-kraut schreibt, so liegt im einen falle die anlehnung an das adj., im anderen an die im volksmunde lebende form vor. die spräche der grammatiker, der philosophen, der romantiker um die wende des jh. verwendet nur die jüngere form, vorübergehend breitet sich eine solche mit Unterdrückung des genetivvocals, vereinzelt schon im 17. jh. belegt (verstandswürkung bei HARSDÖRFFER, -raub bei DANNHAWER), in der classischen .periode aus. so schreibt HERDER verstands-pforte, -thor (neben verstandes-thor); SCHILLER verstands-kräfte; GÖTHE verstands-form, -mensch, -motiv, -sinn, -weg (neben verstandes-bildung, -blitz, -cultur, -fähigkeit, -gährung, -gebrauch, -klarheit, -Vernunft), die letzten belege dieser ort liegen von G. FORSTER (verstands-organ) und D. F. STRAUSS (verstands-kraft) vor. bis heute besteht in einzelnen mundarten verstands-kasten (i. d.). die form verstand- hält sich länger in der compositionsfuge bei adj. zweitem gliede: bei HERDER durchweg verstand-los, -reich, -voll, ebenso bei CAMPE, bei HIPPEL erscheint noch eine solche neubildung in verstand-flink. GÖTHE schwankt zwischen verstand-los, verstands-gemäsz, verstandes-reich. das 19. jh. componiert grundsätzlich auch hier verstarfdes-kalt, -klar, -kühl, -leer, -reif, -scharf, -stolz und anscheinend auch verstandesmäszig. im folgenden sind die einzelnen bildungen derart angeordnet, dasz die substantiva ohne ausnehme und die dazu gehörigen alten wie auch sämtliche jüngeren adjectivbildungen unter dem Stichwort Verstandes-, die alten vereinzelten adjectivbildungen unter verstand- angesetzt sind. Verstands- ist stets unter Verstandes- zu suchen. VERSTÄNDCHEN, n., deminutivform zu verstand. scherzhaft gebraucht: zwar bist du etwas rauh, und grimmig graul doch hast du, wie ich merk', ein artiges verständchen! BAGGESEN 4, 144.

VERSTANDEN, s. verstehen. VERSTANDENHEIT, f., aus dem part. prät. von ver stehen und dem suffix -heit zusammengesetztes subst. wie Verlegenheit, Verworfenheit u. a., in frühnhd. zeit verschollen. vgl. GRIMM gramm. 2, 693; WILMANNS 2, §292, L. es wird dann durch verstand ersetzt, das mhd. noch nicht ;Verständigkeit, einsieht' bedeuten kann; mhd. wb. 2, 2, 589'; LEXER hdwb. 3, 249; wa lendet eins gelazsenen menschen verstandenheit? SEUSE 342, 4; dag wir ze vihe worden sin mit vichlicher begirde und -Tiit süntlichen siten unde mit ungewiggener verstandenheit, als ein vich, dag sines h6rren niht erkennet DAVID v. AUGSBURG 3*3, 14 Pfeiffer; ob du dich an fügenden und an verstandenhait und an senften sitten iht gebessert oder geergret hast St. Georgener prediger 335, 37 Bieder; unz dax ir (der eeele) got die wlsheit git in der verstandenheit, von der sie sich ein teil verstet, wie man in der wären minne mit solher liebe umbegSt in geistlichem sinne LAMPRECHT V. REGENSBURG tochter Syon 490;

dem leibe da$ auge lieht zu treit der sele liht ist verstandenheit

HUGO V. TRIMBERG renner

aber der mit dem willen anc wan der gevelt vil pas der verstandenhait

10921;

VINTLER blume der tugend 7466;

ob du hettest recht verstandenhait, du soltest dir laussen sein laid söllich uner an junckfräuen zfi began Friedrich von Schwaben 2047 Jelinek;

1551

VERSTÄNDER - VERSTANDESAUFGABE

VERSTANDESAUFKLÄRUNG—BERECHNUNG

so bewegen uns euer verstandenheit, dasz wir das für gnug achten, so wir gesagt haben PARACELSUS opera l, 123°. VERSTÄNDER, m., seltenes subst. zu verstand, dem ein mhd. seitenstück fehlt: legisperitus, eyn recht-verstender DIEFENBACH gloss. 323" (vgl. rechts-verständig). einer, der gut versteht: der künig auch ein güter verstender was, der frauen verporgen tugent rede . . gar w o l v e r n o m e n h e t ARIGO 41, 12 Keller.

belegt Schweiz, wohl versteht,

STALDER

verständer für eine person, vgl. verständler.

VERSTANDESABWESENHEIT,

f.,

2, 391

welche etvias

geistesabwesenheit,

verriicktheit: der wirt, der . . . ein wenig schelm war and wohl einigen verdacht über die verstandesabwesenheit seines gastes haben mochte, wurde j e t z t völlig davon überzeugt, da er diese reden hörte TIECK Don Quichotte 1, 3 (Meyers volksb. 1, 38). VERSTANDESABZÄUNUNG, / . , geistige sonderung: die religion soll . . die menschen, welche durch . . tausend hindernisse, leidenschaften, verstandesabzäunungen und formen getrennt sind, wieder in eine gottesfamilie . . . vereinen GOLTZ jugendleben 3, 412. V E R S T A N D E S Ä H N L I C H K E I T , f.,

die dem

menschlichen

verstände ähnliche geistige fähigkeit: j e mehr das geschöpf an willkühr und verstandesähnlichkeit wachsen soll: desto grösser und hirnreicher wird der köpf HERDER 13, 105. VERSTANDESALLGEMEINHEIT, f., sertsus communis: wenn ein mensch sich über etwas nicht auf die natur und den begriff der sache oder wenigstens auf gründe — die verstandesallgemeinheit — sondern auf sein gefühl beruft HEGEL 7 2 , 310. VERSTANDESANLAGE, f., geistige begabung: die im unterrichte gezeigte angeborene verstandesanlage bestimmt die stelle, die jeder im reiche einnimmt FICHTE 4, 455. VERSTANDESANSCHAUUNG,

- A N S I C H T , f . . mit

der

sondernden und begriffebildenden ihätigkeit des Verstandes geübte anschauung: der hohe künstler habe sie auch wirklich so gemeint, wenn nicht in klarer verstandesanschauung, doch gewisz im innern, ahnenden gefühle FOUÜUE gefühle, bilder l, 176; daher kommen die beiden verstandesansichten, die wir . . den formalismus und den materialismus nennen können SOLOER Schriften 2, 85. VERSTANDESANTHEIL, m„ Verstandes-, nicht gefühlsmäszige theilnahme: wenn er über die thränen der armen Sünderin (an der . . der fromme vater . . blosz verstandesantheil nahm) predigen sollte HIPPEL kreuz- u. querzüge 1, 305. VERSTANDESARBEIT, f., verstandesmäszige im gegensatz zur phantas-ie- und gefühlsmäszigen oder auch zur körperlichen arbeit: in werken schwerer verstandesarbeit JUSTI Winckelmann 1, 153. im 17. jh. herrscht die ältere form der eigentlichen composition: dieser ambtsdienst ist über alle andre verstand- und handarbeit HARSDÖRFFER secretarius

(1656) 2, 229; s o w o l kopff- u n d v e r -

stand- als leib arbeit GUARINONIUS greuel

(1610) 1286.

VERSTANDESART, f., nach sinnesart gebildet; verstandesanlage: wer sieh diesen Übergang in ein ganz anderes capitel gefallen Iäszt, . . der ist freilich von einer sinnes- und verstandesart, die es auch mit dem künftigen so genau nicht nehmen wird GÖTHE II 2, 251 Weim. die art der thätigkeit des Verstandes, die fähigkeit schlüsse zu ziehen: anerkennung - des Zusammenhanges zwischen Ursache und Wirkung, welche nicht andere als von verstandesart seyn kann HERDER -21,158. V E R S T A N D E S A U F F A S S U N G , f.,

verstandesmäszige

an-

schauung: (in Preuszen war unter Friedrich dem groszen) die weltweisheit auf dem throne, die nüchternste verstandesauffassung und der thatkräftigste Vollzug der politischen dinge BERNHARDT waldeigenthum 2, l . V E R S T A N D E S A U F G A B E , f.,

verstandesmäszig

zu

lö-

sende aufgabe: es ist daher die verstandesaufgabe seit Christus, das Christenthum genetisch, d. h. verständlich zu'machen

F I C H T E 7, 606.

1552

VERSTANDESAUFKLÄRUNG, f., das Zeitalter des rationalismus (vgl. LADENDORF schlagwb. 16): so enthüllte die deutsche verstandesaufklärung mit der einseitigen beschränktheit, in welche sie sich verrannte, den tiefsten m'angel des rationalismus: seine Unfähigkeit, den historischen erscheinungen gerecht zu werden WINDELBAND geseh. d. neueren philosophie 547. VERSTANDESAUGE, n„ seltene bildung. Verstandesmäsziges sehen: es sehe wer sie kan mit verstaades-augen an DACH ged.

849 Österley.

das organ dieses sehens• sein (des arztes) verstandsaug ist eben auch nichts weiters als menschenaug allg. d. bibliothek 42 , 83. im gegensatz zum herzensauge: wisse, dass ich mir selbst, wie j e n e r gesetzgeber, dessen söhn ein gesetz übertrat, w; rigere, verstarren DIEFENBACH gloss. 498*; verstaunen, unendtpfindtlich werden, verstarren CALEPINUS 743 b ; erstarren et verstarren STIELER 2181; erstarren, verstarren . . v. ersteifen KRAMER it. dict. 2,9LLC; KIRSCH 2,813B. in einzelnen hochdeutschen mundarten lebt es in der form des part. prät. (s. 2). mnd. vorstarren SCHILLER-LÜBBEN 5, 461*; mnld. verstaren VERDAM hdwb. 688»; verstarren, versterren, rigere, rigescere KILIAN (1599) 604B, 605"; ostfries. ferstären TEN DOORNKAAT KOOLMAN 1, 467B. in der bedeutung .starr blicken' liegt ein älteres -starn (ähd. starin) zugrunde, doch sind beide worte in form und bedeutung verwandt, ein mhd. verstorren ist von storre ,baumstumpf, klotz' herzuleiten mhd. wb. 2, 2, 646B; LEXER hdwb. 8, 253; (da) verstorrten ihnen die glieder RYFF thierbuch Alberti Magni (1545) 12. ein trans. verb. .starr machen', im mhd. als versterren belegt mhd. wb. 2, 2, 646», LEXER hdwb. 8, 252, fehlt im nhd. bis auf ausnahmen (s. 8). ostfries. taucht ein trans. ferstären ,starr machen' und ,durch starres hinsehen verderben' auf: ik w i l m l de 6gen d'r nich up ferstären TEN DOORNKAAT KOOLMAN L, 467B; STÜRENBURG 816». dazu gehört ein mnld. reflex. .zieh blind kijken' VERDAM hdwb. «88». L) der gebrauch anderer formen als des part. prät. ist selten und im 18. jh. nur einmal bei SCHILLER nachzuweise/n. a) von Sachen, Jest werden': dasz mir auch der letzte löffei voll milch im halse gleich verstarrete CHR. REUTER Schelmuffsky 89 neudr. übertragen: das wort verstarrt dir in dem munde FILIDOR geharnechte Venne 40 neudr. häufiger von den gliedern des korpers ,steif werden': so wir ein wenig alt werden, nimpt der verstandt abe, es verstarren die glid HEYDEN Plinius (1565) 67; mancher dachte, er wäre bald hinauff, so verstarrten ihm die hände, dasz er herunter portzelte WEISE erznarren 40 neudr.; sein arm verstand — er fliegt an meinen hals SCHILLER 51,134 (Karlos 1960, dann für die theaterbearbeitung geändert in erstarrt v. 2800). mnld. von den äugen: strak zijn of worden, minder scherp worden, van hei gezieht, blind worden VERDAM hdwb. 638». bei personen .steif, lahm, werden'; schlesisck: sie würden aus lauter gewohnheit gar überwildern und verstarren quelle bei WEINHOLD handschr. nachlasz W 188»; dieser Unfall nahm ihm die edelsten glieder desz leibes ein, dasz er fast stattlich verstarrte OPITZ Argenis (1644) 2, 120. b) vor Verwunderung und erstaunen gleichsam starr werden ADELUNG, CAMPE; perhorrescere, metu frangi ac debilitari STIELER 2121; das solt ihr die weit schrecken, das sie für zittern verstarrete für solchem urteil LUTHER 28, 129 Weim.; der commissarius erschrack, dasz er schir verstarrt E. CH. V. ORLEANS briefe L, 187; ein jedermann verstarrt OPITZ Trqjanerinnen 1, 248; ach ja! kind, knecht und magd, die stehen und verstarren; die schweine sehn empor; küh, kälber, ochsen, farren und alles feder-vieh hört mit verwundren draufF, wie ihre kluge frau gibt einen guten kauCT LOG AU 287; die heimlich stat verborgen, an der schönen verstarret ich. ir clarheit was so glanzes rieh, das e 3 mir zwifel brachte und ich mich selber bedachte, ob sie ein irdisch bilde wer ALTSWERT 26, 12; und laszt den geitzwanst sich vemarren am klang des golds und dran verstarren FISCHART lob der lauten v. 682; ich entsetze, ich verwundere mich und verstarre über denen sachen, die mir begegnet und begegnen GRYPHIUS lustspiele 548; etliche verstarreten über den seltzamen händel PRÄTORIUS Anthropodemus (1666) L, 335; Florindo verstarrete gantz über dieser begebenheit WEISE klügste leute (1675) 25.

1621

VERSTARRUNG - VERSTATTEN

VERSTARREN

c) in starrigkeit oder störrigkeit, Verstocktheit beharren CAMPE; w e n n sie in ihrem w ü t e n , toben und gotteslesterungen wider gott fortfahren, verharren und verstarren M A T H E S I U S Syrach (1586) S, 1 6 ' ; dasz . . die seele des menschen nicht in dem kothe i n d i s c h e r dinge . . verstarren . . solte L O H E N S T E I N Arminius l, 700 B ; wer aber ist unedler art, derselb in sclavitet verstarrt, gleich wie ein käfer in dem mist FISCHABT nachbarliche bündnusz v. 68. d) subst. infinitiv, zu l a : vom verstarren der augenliede hasenschlaff genannt B A R T I S C H augendienst (1588) 178;

bald hör ich durch die gassen ein kläglich abend-lied und weinen . . bis ein verstarren schleuszt die nassen augenlieder GRYPHIUS trauerspiele 291 (Cardenio S, 61). 8) länger hält sich die form des part. prät., als noch lebend bezeugt in Basel: ferstart, erstarrt S E I L E R 1 1 3 * und Thüringen: verstarrt H E R T E L 284. a) fest werden': der Bober flosz auch schwer, und wie gantz verstarrt (von blut und leichen) O P I T Z teuttche poemala (1629) 1 , 1 8 0 . von den gliedern, ,steif, starr, lahm,': mit gänsz . . . schmaltz das verstarret gnick bestrichen, wirt es . . weich G E S N E R - F O R E R thierbuch (1568) 2, 61 ; so machts die glieder biegen, so sie verstarret sind PARACELSUS opera L, 1078 C; wir seh'n den grimmen brand . . . mit furchtsamem gemüth' und gantz verstarrter hand L O H E N S T E I N EpiCharit

(1685) 3 ;

ja dein' äugen meine sonnen sind verloschen und zerronnen, alles ist verstarrt und kalt A N G E L U S S I L E S I U S sedenhist 8 5 neudr.; mnd. sine ogen weren om verstarret van older quelle bei

SCHILLER-LÜBBEN

5, 4 6 1 * .

b) von personen, ,starr vor angst, schreck, staunen': b rigidus, exanimatus K I R S C H 2, 8 1 3 ; aber di m a n di mit ime (Paulus) volgeten stunden verstarret hörende di stimme und ensähen nimande d. mystiker l, 7*, 9 Pfeiffer; Deucalion h a b die leuth wider lebendig . . gemacht, d a n n sie waren vor angst und sorg schier gar verstarret und erstrackt F R A N C K weltbuch (1567) 8 2 B ; dadurch die zuhörer als bald zur traurigkeit gebracht, und gleich verstarret seyn P R Ä T O R I Ü S Katzen-Veit (1665) D s T ; und danke auch vielmalen für die chronik, denn ich w a r ganz verstarrt, wie ich das grosze buch im kästen . . fand H O L T E I erz. Schriften 15, 6 ; die sorgen freye nacht, das wache morgenlicht, hat seiner klugheit macht veistarret angesehn, die Sternen sind verblichen vor solcher weisen list O P I T Z wettl. poemalc (1690) 9, 5 1 ; sobald der feind den anzug nur gemercket, da ist sein frecher muth verstarrt, wie kaltes blut DAS entsetzte Wien 8, S4 Wien, neudr. ostfries. HE stun' d'r hen, as wen he gans ferstard was T E N D O O R N K A A T K O O L M A N L, 4 6 7 B . mit präpos.: d8 sie (die apostel bei der himmelfahrt) alsS stuonden verstarret in den himel, dö k a m ein engel ECKHART 658, 11 Pfeiffer. c) stupidus . . gar vernarret und verstarret C O R V I NÜS 845. figürlich wird verstarrt in der deutschen bibel einige mal für verstockt gebraucht A D E L U N G ; ihr herz war verstarret Marc. 6, 52 (8, 17); und er . . w a s traurig ab irem verstarreten hertzen Zürich, bibel (1581) Marc. 8*. vgl. starrsinnig: der west-wind seiner hold der hat mir wol gewolt: . . . hat den verstarrten sinn erweichet und dahin A N G E L U S S I L E S I U S seelenlust 255 neudr. ; Swantopole, der tumme man, der 8 vorstockit und vorstart in ungeloubin was s6 hart Nie. v. J E R O S C H I N preutz. chron. 6876; so sind auch aller menschen kind verstockt, verstarret und erplind in wucher, geitz und tyranney H . S A C H S 1, «15, 7 Keller;

also was sie inn Ieidt verstarrt, ir äugen hatt sie uflgespart; ja sie was verstocket vii mehr, dann wann sie steinen gwesen wer

WICKRAM 8 , 1 8 0

1622

Bolte.

die bildliche Übertragung tritt besonders hervor: welche vorhin inn der blindheit giengen, als weren sie verstarret, lieszen in predigen was einem iglichen t r e u m e t L U T H E R 82, 437, 19 Weim.; aber die unentpfindlich sind, die sind abgestorben, und haben sich selbst abgessen und genagt, dasz sie gar verstarret und erkaltet sind P A R A C E L S U S opera l, 509 C . anderen sinnes ist: d a j sü also gröslichen in got worent verstart und gestecket . . so gros w a j ir wunne und ire fröide T A U L E R pred. 45, 21 Vetter; (gott) ist alse sSre dar üf forstarrit wi he di sSle zü sich gezihe und gelocke zu sinir minne E C K H A R T in der zeitschr. f . d. alterthum 15, 386, 12. 8) ganz vereinzelt findet sich ein trans, verstarren .erstarren lassen': das seltsamste . . ist, dasz Schelling's system in der form, die es etwa 1801 hatte, von Hegel festgehalten und verstarrt, eine neue und ganz unerwartete masse von anhängern durch ihn erhielt Schelling» leben in briefen 8, Iis ; und wenn ihr sie ins auge fasset, wird die goldene Weisheit euch verblenden, verstarren in bewunderung! Y A R N H A G E N an Rahel 2, 817. V E R S T A R R U N G , f . , in älterer spräche für erstarrung A D E L U N G ; C A M P E , ZU verstarren l a : torpedt, torpetudo S T I E L E R 2122; ein allgemeiner flusz, der a i f die nerven der pferde-schenckel fällt, und eine so grosze verstarrung verursachet, dasz sie nicht m e h r ihrp gewöhnliche bewegung haben C H O M E L ¡¡con. lex. 4, 339; wo die verstarrung auch kan schlaff geheiszen werden O P I T Z Trojanerinnen

1, 224.

l b : horror, rigor, Stupor K I R S C H 2, SlS b . zu 1 c, .verstockung' : doch giebt es herzen, die der dankbarkeit nicht fähig sind in thierischer verstarrung

l.-t) 27". B . in v e r s t e c k e n I kann wickeln.

sich

ein übler

nebensinn

eilt

L) verstoszen, v e r s t e c k e n , abstrudere, illatebrare DEN I ZLF.R 3 1 3 b e s o n d e r s auf ndd. boden ausgeprägt; mnd. verwerfen, bei seile schieben, verachten LiRUKN-WALTIIKU hdub. 525"; de u n g e n a n t e n krcglien dat r e y g e m e n t e , de borgermestcr w o r d e n v o r s t e k e n d.'städlechroit. Iii, 45i, 8;

1657

VERSTECKEN(S)SPIEL - VERSTECKER

VERSTECKEN

god sal doen wraken up die, de de appostelen verstaken spegel der sonden 45". vom rechten curs verschlagen: de wind vorstach Hanse in dat lant to Dytmerschen quelle

bei

SCHILLER-LÜBBEN

5,

461B;

nid.

VERDAM

hdwb. 638" ( a u c h intrans.); KRAMER nider-hochteutsch. dict. 4 5 ß , b ; FRANCK-WIJK etym. wb. 737"; Holstein. dat is ecn versteeken k r a m , eine zerrissene bekanntschaft; Verbindung, aus der man nicht klug wird SCHÜTZE 4, 198. wie weit hier etwa vorstechen und verstecken zusammengefallen sind, läszt sieh nicht entscheiden, vgl. verstechen A l e (sp. 1635). 2) veraltet hochdeutsch, aber noch bei CAMPE : das geld verstecken, es in allerlei dinge, die man kauft, stecken, d. h. dafür ausgeben und so verbrauchen, älter Schwab, 'in schulden bringen': das er sein landt, so ohne das zuvor übel versetzt, noch mehr versteckht quelle bei FISCHER 2,1356; das ainer mit schulden dermaszen beladen und versteckt wiert ebd.; dann rathe ich dir väterlich, verstecke dein geld nicht in bücher aus Schleiermachers leben 1, 97. 3) dazu gehört ein reflex.: eich verhinderen und verstecken, impedire et implicare se MAALER 432 b ; er hat sich ziemlich verstecket, facultates suas valile disjecit, distraxit, disperse et diffuse collocavit STIELF.R 2159; sich verstecken, intricari, impediri; sich in schulden verstecken, obruere se aere alieno DENTZLER 313"; sich in die bücher verstecken, involvere se libri-s KIRSCH 2, 314"; er versteckt sich mit büchern, nimios sumtus in libros facit STEINBACH; im gemeinen leben sagt man, man habe sich versteckt, wenn man mehr geld, als man bequem entbehren kann, in eine sache gesteckt hat ADELUNG; CAMPE;

HÜBNER

zeitungslex.

4, 8 0 3 1 1 ;

von

kaufleuten,

die durch versplitterung ihrer gelder auf einige zeit eine Stockung in ihrem geschäft erleiden HEINSIUS; ANTON Oberlausitz 5, 12: er hat sich versteckt, hat zuviel ausgegeben und sich dadurch in geldverlcgenhe.it gebracht; bei dem hausbau hat .jemand sich sehr versteckt, zuviel geld in das haus gesteckt; schles.: zudem so hat sich das land mit aufnehm- und aufborgung groszer ansehenlicher summen geldes . . einschulden und verstecken müszen acta publica 4, 211 Palm, heute nicht mehr üblich; für das 16.-18. jh. zu belegen: in schulden versteckt, obaera tu»; mit schulden gantz und gar versteckt, demersus aere alieno MAALER 432 B ; obaeratus, aere alieno obstrictus, mit geldschulden beladen und versteckt CALKPINUS 964"; abt Wilhelm von St. Gallen was dermaszen in schulden versteckt, dasz er nit wuszt TSCHUDI helvet. chron. 1, 190. in übertragenem sinne: ja freylieh hab ich unrecht than, das ich bin pwest jrantz frey voran, und hab mich versteckt in die che, die fengt fiii-li an mit ringst und wehe AVUEH dramen

2039

Keller;

ob ich vor meine person gern los war gewesen, wuszte ich doch kein mittel dazu, sondern muszte mich wieder und tiefer in dienst verstecken SCHWEINICHEN 130 Österley; es ist seine . . kunst, dasz er sich in Widersprüchen versteckt theater der Deutschen (1768) 13, 181. dazu das part. prät.: er sihet dich verstecket und wil dich auch also stecken lassen ynn der ehe und nicht eraus helffen darch öffentlich bekentnis, sondern dein hertz heimlich verbittern LUTHER 30 3 , 233'Weim.; denn itzt bin ich in meinem Unglück nur zu sehr versteckt STEPHANIE lustspiele 122; bei diesem betrübten ungewitter gieng denen zum sterben schon gantz versteckten Deutschen . . unvermulhet eine sonne auf LOHENSTEIN Arminius 2, 250 B . anderer art ist ein neueres reflexiv, zum ersatz für das passiv.: so entging man wenigstens der gröszten Verwirrung, lind war sicher, dasz sich nichts versteckte (falsch gesteckt, verlegt wurde.) und verlor GÖTIIE II 4, 18 Weim. C. heute nur sticken'; früher

obd. ist verstecken in der bedeutung auch mitteldeutsch:

dö wart si ouch in zorne hei/, . . , und üf sö lange clekte, unz si in Rar vorstekte N I E . V. JEROSCIIIU preusz.

chron.

'er-

14782;

1658

und di zwü helleeiriln, unküsehe und girekeit, vorsteckit gar sin tuchtikeit 2871. Basel: fersteke, durch ersticken töten; 's hett-in ferstekt, er ist erstickt S E I L E R 113*; schwäb. es versteckt einen, es will mich verstecken, zum ersticken bringen, einem den atem zurückhalten; man soll nicht leiden, dasz eine katze zu einem wiegenkind liegt, denn der katzenatem versteckt das kind F I S C H E R 2, 1356; das er lang lebte, eh ine das feyr verstört quelle ebd. 1355; Schweiz, einem ein red im halsz verstecken und frei geschweigen, orationem alieuius opprimere MAALER 432J; das ist ir art, das sy uns bhend das waar (wahre) im hals verstecken wend Schweiz, schausp. d. 16. jfui. 1,158 Bächtold. schwüb. auch reflex.: wolte sich dann der athem gar zu vast verstecken, des auch der kranck nicht schünden möchte W L R S U N G artzneybuch (1592) 166. part. prät.: versteckte pferde, kurzatmige F I S C H E R 2, 1356. D. noch lebendig, aber selten gebraucht ist verstecken, 'durch stecken verbrauchen, alle machen': alle samenbohnen veistecken, ausstecken, in die erde in kleinen entfernungen von einander stecken, damit sie wachsen; alle nadeln verstecken C A M P E , dazu ist vereinzelt obd. und ndd. verstecken, 'anders stecken, umstecken' lebendig: elsäss. men muesz die ziwle" verstecke", verpflanzen MARTIN-LIENHART 2, 582"; nid. een spelde verstecken, eine Stecknadel anders stecken K R A M E R hoch-niderteutsch. dict. 456"; S I C H E R E R - A K V E L D 1191"; ostfries. T E N D O O R N KAAT K O O L M A N

1, 4 6 7 " .

VERSTECKEN(S)SPIEL,

V E R S T E C K S P I E L , B „ ZU v e r -

stecken I D 3. ersteres litterarisch nur in übertragenem sinne belegt: hundertmal ist das versteckensspiel unserer Schriftsteller und Journalisten schon gerügt worden R o SEGGER II 11, 298; hattest du gar keine ahnung davon, Hanne, dasz man diese kurzen fünfundsiebenzig j ä h r e hindurch nur einen spasz mit dir getrieben h a b e ? du närrin, es war j a nur ein versteckensspiel R A A B E Schüdderump 2, 23; ein allegorisches bild kann auch an sich zwar dunkel, durch convenienz aber deutlich sein, wie ein weib mit dem anker, mit der wage, aber wenn das versteckensspiel dadurch wegfällt, für was noch der umweg, die maskerade? V I S C H E R ästhetik 2, 470. versteckspiel, da man sich versteckt und von einem andern suchen läszt C A M P E , ZU versteck C : meint ihr, ein eid sey ein kinderspiel, wie es das versteckspiel oder die blinde kuh ist? L E N Z Schriften 1,13; meine 5 sinnen spieleten das versteck-spiel im gantzen cörper herum, keiner aber wolte sich finden lassen (er verlor die besinnung) irrgarten der liebe (1738) 574. zur bedeutung vgl. verstecken I D 2: wie traulich es sich am mäandrischen versteckspiel seines (des stromes) pfades wohnen läszt G U T Z K O W ritter 9, 462. zu I D 3; welch' ein versteckspiel mit diesen Constitutionen, die nur dazu da sind, eine überwucherung von ehrgeiz in den dilettirenden Staatsmännern zu wecken I 5, 128; man kann diese scenen, . . dieses haschund versteckspiel komödienhaft nennen IMMERMANN 19, 147; wir träumen vor diesem bilde der geliebten einen träum, von dem unsere seele fühlt und weisz, dasz er unendlich mehr realität hat, als alle diese lumpen- und lügen Wirklichkeit, dieses schatten- und versteckspiel des todes G O L T Z jugendleben 1, 329; wozu unter uns ein versteckspiel? A L E X I S ruhe i. d. e. bürgerpflicht 2, 107. zu I D 4: das grausame neck- und versteckspiel des Schicksals seines herzens trat ihm . . wieder entgegen GUTZKOW werke 3, 438. V E R S T E C K E R , m„ zu verstecken II A 1 : beschläge der ladeten . . 2 pfanndeckel . ., zu deren befestigung bei den zwölf- und achtpfündern 4, bei den Vierpfündern aber nur 2 splinte oder verstecker (clavettes de susbandes) dienen H Ö V E R wb. d. artillerie (1804) L, 118. in den Zusammensetzungen mit versteck- als erstem gliede sind kaum stammcomposita zu erblicken, da sie jung und vorzugsweise bei ndd. Schriftstellern zu finden sind. versteckspiel (s.d.) ist sicher in beziehung zu versteck C (sp. 1641) zu setzen, wo die Übertragung aus der kriegerischen in die spräche des kinderspiels nahe liegt. —

1659

VERSTECKSPIEL - VERSTECKTHEIT

VERSTECKUNG-VERSTEHEN

v e r s t e c k b u c h s t a b e , m., Buchstabe, der den namen des autors verbergen soll: Pseudonyme sind D y m a r . . . v o n den nicht seltenen versteckbuchstaben gebe ich bei besprechung der einzelnen beiträge die m i r sicheren lösungen W E I N H O L D Boie 262. — verstecklehne, • l i e n e , f., ein eiserner nagel, oben mit einem leopfe, unten mit einem Öhre versehen, wodurch ein splint getrieben wird, welcher durch die achse des kanonengestelles geht, um damit den protzwagen zu vereinigen JACOBSSON 4, 533*;

CAMPE;

HÜBNER

zeitungslex.

4, 803".



ver-

s t e c k m i t t e l , n., mittel zur heimlichen Unterbringung von gegenständen (vgl. versteck B l ) : besonders sind aber die Strohlager und strohsäcke den gefangenen sehr willk o m m e n e versteckmittel A V E - L A L L E M A N T gaunerthum 8,117. — v e r s t e c k o r t , - p l a t z , m., zu versteck A 4 'Schlupfwinkel': dort w i r d auch mancher einen guten versteckort finden, es sind viele wirthe nicht so zaghaft, oder lassen sich täuschen und dies gern V A R N HAGEN tagebücher 5, 290; auch nachts bewegt ihn das geringste geräusch, so eilig als möglich seinen versteckplatz aufzusuchen BREHM thierleben3 l, 314; nun erst gab sie ihren versteckplatz auf FONTANE 4, 138. zu versteck B 2: eine apfelkiste, w e s h a l b mir auch bei seinem anblick diese bevorzugten versteckplätze meiner jugend wieder in erinuerung k a m e n 4, 271. eine ungewöhnliche form versteckeplatz weist auf verbale natur des ersten compositionsgliedes hin: „ v e r d a m m t , w a h r h a f t i g ! " sagte die dame, als sie n a c h ihrem versteckeplatz ging BODE Thomas Jones 6, 195. — v e r s t e c k r e i s e , f., heimliche reise: wahrscheinlich w a r das so eine improvisirte krüppelfuhre und versteckreise hinter d e m rücken des gestrengen herrn vaters GOLTZ jugendleben 1, 191. — v e r s t e c k s p r a c h e , f., geheimsprache: niedere stoffe heiszen in der E w a l d ' s c h e n verstecksprache die natürlich geschichtliche grundlage einer erzählung D . F. STRAUSS 4, 257. — v e r s t e c k s ü n d e , /., geheime Sünde: das wasser w ü r d e schwarz w e r d e n , schon v o n euren kleinen versteck-sünden, v o n der eitelkeit, der hoffart, dem frasz, der gleisnerei und spiel und trunk ALEXIS hosen des herrn v. Bredow l, 24. — v e r s t e c k t r i e b , m„ neigung zur verstecktheit (vgl. verstecken I B 8): es ist der gröszte fehler unserer tugenden, dieser verstecktrieb, diese falsche schäm und scheu vor vermeintlicher affektation und falschem pathos VISCHER altes und neues 3, 343. — v e r s t e c k w e i s e , f., art und weise, gegenstünde heimlich unterzubringen (vgl. versteck B l ) : meistens verräth sich diese versteckweise (am körper des gauners) a m geschränkten l a n g s a m e m gange AVE-LALLEMANT gaunerthum 2, 116. — v e r s t e c k w i n k e l , m., zu versteck A 4 oder B 2: ein imnkel, in welchen, man etwas oder sich z. b. beim versteckspiele versteckt CAMPE; der arme mensch k a n n bis dahin in seinem versteckwinkel erfroren sein ROSEGGER

2, 838.

nid.

verstekshaak

SICHERER-AKVELD

1191

VERSTECKSPIEL,

n„

s. verstecken(s)spiel.

V E R S T E C K T H E I T , f., gebildet mit dem part. prät. von verstecken; ungewöhnlich als ,Verborgenheit' (C 8 b ) : bei der verstecktheit des sinnes in vielen monumenten W E L CHER alte denkmäler 5, 85. üblicher in übertragenem sinne (zu I C L c ) : die eigenschaft einer person, da sie . . ihre wahren gesinnungen verbirgt; auch von einzelnen fällen, wo sich diese eigenschaft offenbaret CAMPE ; Offenheit und naivetät der thiere, i m gcgensatz der menschlichen verstecktheit SCHOPENHAUER 2, 72; das herz ist ganz voll und möchte alles geben, aber ein körnchen eigensinn oder verstecktheit i m anderen m a c h t mich m i t schmerzen s t u m m BRENTANO 8, 418; dein herz musz jauchzen froh und frei, dann musz veiotecktheit dich ersticken; erst athme herz, dann brich entzwei

2, 265;

die mäszigung und b e s o n n e n h e i t . . verlor . . ihren edlen Charakter, i n d e m sich ihr list und verstecktheit beigesellte R A U M E R Hohenstaufen 2, 456; die nächsten folgen davon sind kälte, gemütslosigkeit, verstecktheit, lüge HAUFF 8, 273; in j e d e r Stellung, w o sich gleichberechtigte . . begegnen, w e r d e n eifersucht und verstecktheit die nächste folge zuweilen unvermeidlicher reibungen

1660

sein GUTZKOW werke 6, 197; statt der anwidernden geschrobenheit und verstecktheit und dann der stummheit, w o m i t sich die übrige Versammlung hinter j e n e geschrobenheit steckte! HEGEL 16, 270; b a l d w a r e n es ausrufungen über Aenneli's verstecktheit, über F e l i x ' bosheit GOTTHELF 20, 491. V E R S T E C K U N G , / . , occultatio STIELER 2160; dimento KRAMER it. dict. 2, 926°; CAMPE.

nascon-

1) handlung des Versteckens, zu verstecken I A l : guard infante . . nennen die Spanier die mit fischbein ausgespannten reiffen-röcke . . sie h a b e n diesen n a h m e n von Verwahrung oder versteckung eines kindes, . . weil eine genuesische adelichc dame ihren 7,um tode v e r d a m m ten söhn unter einem solchen rocke aus dem gefängnisse geschleppet CHOMEL öcon. lex. 4, 1403. zu I A S : allein es sind dis . . versteckungen der w a r h e i t LOHENSTEIN Arminius 2 , 220'; als eine versteckung ihrer w a h r e n gedanken L E I B N I Z 2,121; eine kunst, durch versteckung unmittelbarer schlüsse . . unter die prämissen eines, Vernunftschlusses den schein mehrerer schluszarten . . zu erschleichen K A N T 8, 114 akad. ausg.; empfindungen . . sind n a i v , w e n n sie der unverdorbenen natur gemäsz . . ohne rückhaltung, ohne künstliche versteküng oder einkleidung, aus der fülle des herzens herausquellen SULZER theorie 3,500; zur . . versteckung dieser politischen gefährliehkeiten A R N I M 8, 27. zu verstecken II B 1 (vom banne?): d a sant Joannes also verschickt ward, freyeten sich alle weltkinder, aber von des Luthers versteckung werden sie all zornig N A S antipap. (1567) 5, 236B. vgl. nid. versteeking v a n zyn recht, versteckung, beraubung, ver&ioszung KRAMER niderhochteutsch. dict. 456B. 2) concret. zu verstecken I B 1 d, ,Schlupfwinkel': weiter fürt m a n zum j a g e n an die bluthund oder die pracken, die . . füren den j ä g e r bei des wilds läger, stand, versteckung oder holen SEBIZ feldbau (1579) 576. zu verstecken I I C (oder A 2): versteckung, schmerzhaftes stechen beim atemholen, verfangen HÖFLER krankheitsnamen 68la. V E R S T E H B A R , adj., selten statt des üblicheren verständlich; so beschaffen, dasz man es verstehen kann; nach dem nid. verstaanbaar CAMPE; so dasz w i r daher unsre m a c h t zu verstehen kennen lernen, und unsern verstand so innehalten, dasz er nach dieser norm alles verstehbare verstehe HERDER 16, 577; w a s nennt m a n sprechen? . . durch verstehbare worte seine gedanken änszern allg. d. bibliothek 103, 512; dann m a c h t er das resultat seiner nachforschungen dem gemeinen volke in einer i h m faszlichen und verstehbaren spräche kund MEISZNER skizzen (1778) L, 107; (so) sind auch viele der unverständlich scheinenden marsellischen sprüche aus gallischer zunge verstehbar J. GRIMM kl. Schriften 2, 153. — dazu das subst. v e r s t e h b a r k e i t , Verständlichkeit CAMPE. VERSTEHEN, form.

verb.

1) wie im Stammwort (th. 10, 2, 1396 ff.) stehen von vornherein zwei verba neben einander: -standen (-stantan) in starker und -stän (-st8n) in athematischer flexion, die auf die wurzel germ. stä- zurückgehen; das erstere eine dentale Weiterbildung des letzteren mit nasalinfix. im got. fehlt es. altengl. nur farstandan, -stondan BOSWORTH-TOLLER 318B; altnord. (lehnwort) forstanda (fyrirstanda) FRITZNER ordbog L , 4 6 2 B ; altsächs. farstanden Heliand 4655, 5228; mnd. nur vorstän L Ü B B E N - W A L T H E R hdwb. 524 b ; mnl. verstaen und verstanden VERDAM hdwb. 637B. ahd. ist -standan (-stantan) häufiger als -stän (-stgn). GRAFF sprachschatz 6, 602/., 593 setzt unberechtigt als normalform des präfixes einmal far-standan, das andere mal fir-sten an. thatsächlich gebrauchen die wichtigsten der ahd. Schriftsteller ihre normalformen, und zwar ISIDOR firstandan und TATIAN for-fur-stantan allein, OTFRID firstanten neben firstän, NOTKER ferstanden neben ferstän, W I L L I R A M ferstantan neben fersten, aber nicht willkürlich; vielmehr erscheint die aihetnatische form bei ihnen nur im ind. präs., part. präs., inf, seltener im imperat.,

1661

VERSTEHEN

VERSTEHEN

1662

die starke stets im conj. präs., prät., part. perf. GRAFF 6, 602ff., 593. das alemann, weist -stän, das bair. häufiger -stän auf, das fränk. schwankt. OTFRID hat in der 3. sg. präs. firstät (8, 7, 49) neben firsteit (3, 7, 63; 16, 55) ebd. § 383, 3. WLLMANNS gramm. 3, § 35, 9 f .

diese form sträuben sich die obd. schriftsteiler noch lange und zeigen im einzelnen recht abweichende formen: elsäss. versten neben dem gewähnlichen verstön: dasz im teutschen was ihre meynung wenig zuverstehen SPANGENBERO dichtungen 6 Martin;

2) während das prät. und part. prät. die thematische form festhalten, ist sie sonst sehr selten, auffällig in form und bedeutung ist ein vereinzeltes factitives verstanden neben intrans. verstän (über den e-vocalismus in der thematischen form vgl. th. 10, 2, 1403/.):

von sanet Martin der ganaz patron: gab er darinnen zuverstohn. .

des ist ouch der stein guot da; er verstendet da; bluot an der nasen oder an wunden: dar näch in kurzer stunden 6ö er in nimet in die hant, sS verstät d a ; bluot zehant

VOLMAR eteinbuch 278 Lambel.

gelegentlich wird der imperativ so gebildet, obd. wie nd.: verstand von mir mein klag und wort

HÄTZLERIN liederbuch 1, 7, IS

(daneben: diern, hör und verstä 1,1); verstaut wilcben rait ich dir geven

HAGEN Köln, chror.. v. 1491 (D. etädtechron. 18). in älteren alemann, quellen findet sieh der conj. präs., imper., seltener der indic. präs. und infi: wyter ist . . züerkonnen ob er . . das, so er redt, wol verstand RIEDERER rhetoric (1493) a f f l V ire spraaeh verwirren, das keiner des anderen spraaeh verstände Züricher bibel (1&31) l Mos. X I B ; verstand das wie ichs red MAALER 438»; disz verstand von allen dinen synnen KEISERSBERG bilgerschafft (1518) B I I I » ; darumb bericht oder straff sy scharpff (verstand allein mit Worten) ZWINGLI v. freihieit d. speisen 9 neudr.; wa ich die sach greif gröblich an, und wer unzüchtig mit den worten usz zorn hie an etlichen orten, so bit ich euch, verstanden das: wir narren jetz nit kttnnen basz

MURNER luth. narr v. 150 neudr.; von büchern hab ich groszen hört, verstand doch drvnn gar wenig wort

BRANT narrenechijf 1, 6 Zarncke;

dasz du . . nit mer betäubt werdest mit disen Worten Hiera Ruffi, als einer artzney die du nit verstandest GESNER-FORER thierbuch (1563) 26; nicht ohne widerred mag ich mein schreiben vollenden, und nicht ohne grosze anbellung deren allen, die weder mich noch mein gegentheil verstanden PARACELSUS opera l, 808 B; würt deiner keiserlichen . . majestadt in aller demietigkeit zü verstanden geben MURNER an den adel 4 neudr. bair.: ir maget vile wol verstanten, dunket ¡3 iueh nicht enplanten Vorauer ged. 348, 88 Diemer. 1. und 2. person verschieden gebildet (vgl. FISCHART th. 10, 2, 1399 oben): Peter, wann du mit dienst und solt umbgeest, da verstände ich mich nichts uf. Franz. vers t e h s t dich nichts daruf? sat. u. pasquille 8,46,9 Schade, der conj. präs. ist auch im älteren schwäb. belegt: dag er in verstände mit reht quelle bei HALTAUS 1900, FISCHER 8, 1357; das er in und sin erben verstände und veranntwurtte ebd. er lebt noch im tirol. SCHÖPF 706. nach th. 10, 2, 1403 bewahren die heutigen obd. mundarten überhaupt im conj., theilweise auch im imp. und ind. noch vielfach die thematische form. 3) in der athematischen form wechselt a- mit e-vocalismus, theils mundartlich geschieden, theils innerhalb der fiexion. im groszen ganzen gehören die a-formen dem alemann., die e-formen dem bair. an. über das ahd. s. GRAFF 6 , 593; über die Verhältnisse in der mhd. klassischen dichtung vgl. th. 10 , 8, 1406. in der nhd. Schriftsprache verhilft LUTHER dem mitteldeutschen e-vocalismus zur herrschaft, in der aus verstän zerdehnten form verstehen WILMANNS 3 1, § 157, L; gelegentlich auch verstehen geschrieben: von euch verstäh ich rechten grund, di meiner Seelen sen gesund SCHWARZENBERG Cicero (1535) 161;

(es) wärden meine . . herren dise zuschreibung in gutem verstähen BELLIN rechtschreibung (1657) ) ( v b . gegen

33.

FISCHART gebraucht durch einander den inf. verstän, versten, verston (vgl. th. 10, 8, 1416): ir habt hie oben verstahn mögen, das des Gargantz und balds färb ist gewesen weisz und plo . . dadurch er zu verstehn gab, wie ein himlische freud er seim völeklin seie Garg. 184 neudr.; ausz dieser bekandtnusz öffentlich die weltlichen forsten allzugleich wol mercken Sölten und verston, was doch wer ir religion die gelehrten v. 1173 Kurz.

im imper.: verstaht mich Garg. 70 neudr.; im ind. präs. -e-: wann ihr . . nicht alle diese noppenteurlichk e i t . . verstehet 869; vor solcher deiner narrenfart, verstehst nicht wa der weis hinfahrt glückhaft schiff v. 838 neudr.

die alemann, schriftsteiler haben im allgemeinen neben dem a- den verdunkelten o-vocalismus: verstän neben vers t ö n , so M A A L E R , A N S H E L M , TSCHUDI ; S T U M P F

nvtnmt

gelegentlich in der Schwytzerchron. (160«) 67b verstehn auf. auch die form verstöhn kommt gelegentlich vor: da bei mag mengklich verstön MURNER an den adel la neudr.; das er alles so er liszt oder hört, wol verstön und erörtern möge GESNER-FORER thierbuch (1668) 20. in demselben, werk aber findet sich verston neben verstehn: doch so findt man die sich darauff verstond40; gleich können sy nicht reden, verstehen aber die indianisch sprach wol 8. im schwäbischen wechselt verstän mit versten vgl. FISCHER 8, 1358,• SEUSE gebraucht verbal den inf. verstän, aber subst. versten 617b Bihlmeyer. vereinzelt entwicklung zu au: zühand gab er allem volk zeverstän STAINHÖWEL de claris mulieribus 838, 10. selten ist verston: wann sy ainer so lang verston liesze quelle von 1558 bei FISCHER 8, 1366; darnmb söllent unser aller erben sy allerweg verston, vertretten und versprechen v. 1370 ebd. 1367. bair. ist versten zuhause, so bei AVENTINUS ; tirol. kommt auJt verstän vor VINTLER blume der tagend v. 884 (s. unten II A 1 c). im ostfränk. erscheint auch Wechsel des vocals. H. SACHS zeigt im präs. und imper. e-vocalismus, im inf. aber ist verstahn häufiger als verstehn und verston (vgl. auch th. 10, 2, 1414). auffällig ist ein conj. verstate: d a ; alter, tut man sprechen, kumet mit vil gebrechen, macht all kraft schwach and mate, jeder bei im verstate 6,133 Keller.

ALBRECHT V. EYBE hat den inf. verstien (Schriften l, 6, 19 Herrmann) neben versteen (Spiegel der sitten A 1 •); vgl. th. 10, 8, 1417. im mitteldeutschen ist e-vocalismus häufiger als a-vocalismus, mittelfränk. aber letzterer: virstain, intelligere DIEFENBACH gloss. 302°; wayre verstayne, warandizare 638»; verstain d. städtechron. 12 v. 8338 (Köln), die herrschaft von verstehn ist im 17. jh. endgültig entschieden. 4) besonders zu betrachten sind der inf. und das part. prät. der inf. wird in älterer spräche bald ohne, bald mit dentaleinschub decliniert: zu verstene geben, specificare DIEFENBACH gloss. &45L>; auch in ein und demselben text neben einander: ze glicher wise ist es hie nach menschlichem verstenne gegen dem götlicheil wüssenne SEUSE 893, 13; wanne sü sint nach mime verstende zü der höhesten vollekomenheit die aller nehsten 474, 20; die sint rehte als rinder oder kelber zü verstonde zü disen hohen götlichen dingen TAULER 10, 30 Vetter; eben das . . . habe ich ihrer majestät kurtz zuvor unterthänigst zuverstehende gegeben RisT/rtedejauchz. Teutschland (1653) 183. da die alten einsilbigen formen die endungen nicht deutlich genug hervortreten lassen, so werden sie bisweilen nach dem munter der

1663

VERSTEHEN

mehrsilbigen aufs neue angefügt BEHAGHEL d. spräche 3 § 838, 7; so verstenen, intelligere DIEFENBACH gloss. 802c; sinen magen ze verstenen mit kämpfe schwäb. quelle bei FISCHER 2, 1357; vgl. th. 10, 2, 1461. umgekehrt begegnet eine thüring. und obd. form des inßnitivs ohne nasalen auslaut (vgl. th. 10, 2,1461): dag sü zu tirin järin kumin unde sich seibin virstS kunnen Mühlh. rechtsbuch 55 (mhd. wb. 2 , 2 , 587»); dag her ein kirchlichen lege eime der ig nicht vorste konde hl. Ludwig 47, 14 Bückert; es gibt aber samenthaft in ainen knöpf gefasset zeverstee WYLE 14, 5 Keller. das part. prät., das sonst stets vom starken verb. gebückt wird, findet sich selten vom athematischen abgeleitet: das vrtesch bl dem Rine ein riter wol verstän: der wände sine sinne an das schiene w i p

Nibelungenlied 327, 2 Lachmann;

hett ich dich nit gewiszt dahain, ich hett mich gentzlich des versten, du wärest zuo dem pfaffen gen K A U F R I N G E R 119 (bei FISCHER 2,1360);

also ich das habe vorstan Alsfelder pass. 2368; gemeinlick werdt dat olde testament Moses unde de propheten genoemet unde vorstan ROTMANN restitution 21 n eudr. es hält

sich

stellenweise

luxemb.

verstanen

auch

GANGLER

in

lebenden

mundarten:

470, v e r s t ä n wb. (1906) 467 B ;

hamb. da bün ik up verstaan, so hab' ich's SCHÜTZE

verstanden

4, 180.

5) die Vertretung in den lebenden deutschen mundarten entspricht den an älteren quellen gemachten beobachtungen. leider lassen die angaben der Wörterbücher hier meistens im stich: Schweiz, versto(h) TOBLER Appenzell 188B, SEILER Basel 113"; elsäss. fsrstö neben farsti(n), im part. prät.

mit

verstang(en)

assimilation

MARTIN - LIEN HART

2,566 B ; schwäb. verstehen (verstä) FISCHER 2,1356, 1358/.,bair. va'stfi SCHMELLER 2, 715; tirol. verstean, aber l. srj. präs. i' verstand', 2. versteas(tes) SCHÖPF 706; kämt, verstean, i ' v e r s t e a , s i ' v e r s t e a n t LEX ER 241; hess. farstpn, farstön, 2. sg. präs. farstl.e.s LEIH EN ER Cronenberg 36 b ; luxemburg. verstöen, präs. ech verstin, du verstäs, e Verität, part. prät. verstän neben verstäng; siebenbürg. v e r s t ö lux.

wb.

467B;

köln.

verston

HONIG

I9IB;

schles.

theils farstSn, theils farstin UNWERTH schles. mundart § 26; a verstiht sich a bissein ufs calender machen GRYPHIUS dornrnse 257 Palm; a verstieht seine sacheI G. HAUPTMANN Rose Bernd 69; Übermitteid. stin WEINHOLD gramm. § 353; nd. vorstahn Eilsdorf bei Halber stadt nd.jahrb. 34, 62B; götting., hamburg., holstein verstalin, aber 2. 3. sg. präs. versteist, versteit SCHAMBACH 267*,

RICHEY

285,

SCHÜTZE

4, 180;

ostfries.

ferstän,

ik

ferstä, du fersteist, prät. hä ferstun TEN DOORNKAAT KOOLMAN l, 467B; mnd. ik vorsta, he vorsteet, -staet, -steit, se vorstan; he vorstund, se vorstunden SCHILLER LÜBBEN

1664

VERSTEHEN

und keins verstund sein eigen wort GÜNTHER ged. (1735) 129;

sie verstund die gelehrten und neuern sprachen aus dem gründe anmuthige gelehrsamkeit 3, 5 Gottsched; die kinder Noah verstunden einander nicht mehr RABENER L, 151; wiewonl sie nichts von der kartenmischung verstunden WIELAND (1793) 4,99; ich verstund wort und blick GÖTIIE I V 3, 104 Weim.; weil er am meisten verstund dir zu dienen SCHILLER 1, 68; die gottheit, die sich so übel auf ihre leuta verstund 3, 419 (kabale 2 , 7 ) ; verstunden sie nun alles? PFEFFEL pros. versuche 5, 27. in der zweiten hälfte des 18. jhs. erscheint daneben verstand. WIELAND,

GÖTHE,

SCHILLER

kennen

verstund

nur

in

ihrer ersten periode. im 19. jh. erscheint diese form noch alterthiimelnd bei germanisten: eine gute altgermanische sitte, die sich gewissermaszen von selbst verstund WEINH O L D d. frauen

2, 190.

bisweilen schleicht sich das schlieszende -e der schwachen prät. ein (vgl. th. 10, 2, 1439): ir keines das ander verstünde ARIGO HO, 6 Keller; ich läse es, aber die wort oder sprach verstünde ich nicht, es waren mir eitel bömische dörfer MOSCHEROSCH Philander 262 Bobertag; dieser schäfer . . sich auf die wund-arznei w o l verstünde A. U. v. BRAUNSCIIWEIÜ

Octavia

L, 32;

als sie dieses nun verstünde lied sie auch die pfeift im munde LOGAU 520; man meldet, dasz aus dieszem gründe, der bischof, der moral verstünde, den sonnen-weiser oft den falschen freund genannt

LICHTWKR äsop. fabeln 73. eine an lehnung an das verwandte gehn liegt vor bei einem prät. verstiende (nach gieng) BEHAGHEL geschickte d. d. spräche3 § 338, 6; umb des willen macht man ain spiegelfechten vor dem volck . . das volck verstiende sich darauf (merkte es), wann man weszt w o l d. städtechron. 29, 29, 17 (Augsburg). die jüngere form des prät. verstand scheint aus dem part. eingedrungen zu sein, die abneigung gegen den gebrauch des prät., die in einem theil des Sprachgebiete zum völligen absterben führt (BEHAGHEL Zeitformen 208, WUNDERLICH satzbau 1, 220), ist bei verstehen auch in älterer zeit zti beobachten; es wird fast stets durch das part. umschrieben, häufig mit Unterdrückung des hilfszeitwortes. die art, wie bei so vielen starken verben in jüngerer zeit sich im prät. eine änderung, meist vereinfachender art, vollzog, mag hier die angleichung an das part. prät. befördert haben, daneben hat vielleicht auch die dritte ablautsreihe band — bunden einen einfiusz ausgeübt (vgl. th. 10, 2, 1442). die ältesten nachweisbaren stellen reichen in die mitte des 17. jhs. hinauf: alle andere nationen aber, derer spräche sie nicht verstanden MICRAELIUS

Pommerland

(1640) 1, 2 ;

Lingus solte für den hust brauchen loch de F a r f a r a ; disz verstand er so und so, brauchte loch de B a r b a r a

5, 459.

L O G A U 298;

6) das prät. wird stets von der starken form gebildet, der ursprünglich nur dem präsensstamm zukommende nasal ist auch in das prät. eingedrungen BRAUNE ahd. gramm.* § 346, 5. zwei alte formen bewahrt noch TATIAN : eine nicht diphthongierte forstötun 89,6 neben der diphthongierten forstuotun 104, 7. die regelrechte mhd. form ist verstuont; im Schweiz, des 16. jhs. mit übernähme des schlicszenden dentals aus dem präs.: von den dingen .., die sy aber schwarlich verstündend ZWINGLI von freiheit der speisen 42 neudr.; die sich kriegens uff dem meer und uff dem land verstundind T c i i u m helvet. chron. 1, 247. gelegentlich mit o-vocalismus: sich virstönt die nötige diet

kimig Bother 1321;

die erzte . . w o l verstonden ARIGO 21,18 Keller, die übliche spätere form verstund bewahrt selten die ursprüngliche länge (aus verstuont, verstuent): ermahnungen, die ich so wenig verstuhnd als eine katze BRÄKER l, 12; sie verstuhnden kein wort deutsch HEINSE 10, 41. gewöhnlich tritt kürzung vor folgender doppelconsonanz ein: keiser K a r l , der sich nicht auff solch ding verstunt LUTHER 19, 276 Weim. diese form herrscht bis ins 18. jh.:

der mann verstand sich nicht auf weiberseelen

WIELAND urteil den Paris v. 5;

er verstand ein setzen LESSING fühls der ehre verstanden und

wenig französisch 8, 42; nur dadurch fähig und w e r t h , erfüllten HERDER

und fing an zu überwurden sie eines gedasz sie ihren beruf 23, 44.

7) der conj. prät. ahd. ferstuonti, mhd. verstüende, wird nhd. verstünde; die alte form noch alemann.: sag, wie vil hast guldi z' Köln verzert, e du die gschrift so wol verstüend? N. MANUEL Barbali v. 548 Bächtold. mit entrundung auch alem. verstiende: sy verstienden sich basz uff küh mälken TH. PLATTER 48 Boos, auch eine umlautlose form kommt vor: der ihm aus dem catechismo, was er von seinem Christenthum verstünde, examiniret GRIMMELSHAUSEN 2, 355, 28 Keller; ich bin . . kein Ungar, sonst verstünde ich mich a m bebten auf die verba aufferendi STRANITZKY ollapatrida 8, 13. die form verstünde wird von guten Schriftstellern des 16.-19., verstände daneben von denen des 18.-19. gebraucht: wenn eyner sich auff eine spräche nicht verstünde LUTHER 18, 103, 31 Weim. ,• weil er sich auf die handlung cento pro cento so glücklich verstünde WEISE erznarren 35 neudr.;