Des Philosophen von Sanssouci sämtliche Werke: Band 12, Supplement 1 [Reprint 2022 ed.] 9783112672846, 9783112672839


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German Pages 305 [604] Year 1791

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Table of contents :
Vorbericht
Inhaltsanzeige
I. Aufsäze fast durchgängig satyrischen Inhalts
1. Schreiben einr- Berliner Akademisten an em Mitglied der Pariser Akademie
2. Schreiben des Kardinals Richelieu an den König von Preussen
3. Schreiben eines Sekretärs vom Grafen Rauniz an einen Sekretär des Gtosen Robenzl
4. Glükwünschungsschreiben von dem Prinzen de Goubise an den Marschall Daun ,u dem vom Papste erhaltnen Degen
5. Schreiben der Marquise de Pompadour an die Rönigiir von Ungarn
6. Schreiben de- Feldmarschalls Leop. Grafen von Daun
7- Leichenpredigt auf Herrn I. M. Reinhardt
8. Schreiben eines Schweizers an einem Venerianifchen Nobile
9. Schreiben eines preussischen Officiers an einen seiner Freunde in Berlin
10 Schreiben eines Oestreichi«chen Feidpakerö an den Pater Superior des FranziskanerklosterS zu Frankfurt am Main
11. Schreiben des Papstes RIe, mens XIV. an den Osman THola
12 Schreiben des Signor Nico, lini an den Signor Lrancoli, ni, Prokurator zu St Marco
II. Aufsäze philosophischen und politischen Inhalts
1 Vorrede zu dem Auszüge aus dem Bayrischen Diktionnar
2 Projekt zum Teutschen Für, sten Bunde
III. Aufsäze in dramatischer Form
1 Die Schule der Wett. Lust, spiel in drei Akten vom Herrn Satyrikus
2 Tantalus im Prozes. Komödie
3) Ludwig xv. in den Eylisaischen Feldern. Ein Drama
IV. Grössere und kleinere Poesien
1 Das Palladium
2. Ueber die Freiheit
3. Die Choiseullade
4. Kleinere Poesien
Berichtigungen
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Des Philosophen von Sanssouci sämtliche Werke: Band 12, Supplement 1 [Reprint 2022 ed.]
 9783112672846, 9783112672839

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Deß

Philosophen von Sanssouci sämtliche

SB c r f t. Zwölfter Band.

Neuübersezt.

Erstes Supplement. Mit Erlaubn»- der hohen Obern.

Trier, bei Cykiacur, Maria, Crescentius, Wiltphitt

dem Jüngern. 1791.

^luS gewissen triftigen Ursachen konnten die Herren Decker und Voß in Berlin die Werke König Friedrichs II. nicht ganz lie­ fern. Um diese allen Interessenten sehr misfällige Lükke auSjufüllen, traten die Erben des gar famosen Herr Peter Hammer in Köln auf und publicirten vier Supplement­ bände, worin sie freilich ein wenig juviel zu­ sammengerast haben. Herr Arnold Wewer wird sich höchst wahrscheinlich mit den obge­ nannten beiden Berlinern in gleichem Fall befinden und den Philosophen von S a n S-S o u c i, den er in seinem Verlage an's Licht stellt, nicht beendigen können. Daher habe ich mich daran gemacht, allen denen,

IV

V o r b e r i ch t.

welchen daran liegt, diese Schriften vollstän­ dig zu verschaffen, und mich dicht an jene Sammlung angeschloffen, die, nach sorgfäl­ tig unternommener Berechnung, nicht mehr als noch zwei Theile enthalten kann; eine Berechnung, die in der Folge durch ein Zei»ungSaverttssement des belobten Herrn We­ wer bestätigt wurde. Die Thurneisersche Ausgabe ist bet dem vorliegenden Bande zum Grunde gelegt und nur durch einige Stükke aus der Köllner Compilation bereichert worden, nemlich durch Lettre d'un Secretaire du Comte de Kau­ nitz, lettre de Filicitation du Prince Soubi­ se, lettre d'un Suisse ä un noble Venetien, d'un ossicier

Prusten und

Lottis XV aux

champs elisies. Ich besize in einzelnen Abdrük-

ken: Lettred'unacademicien, du Cardinal Ri­ chelieu, de la Marquise de Pompadour,

du Marechal Leopold Comte de Daun, d'utt Aumonier £5* du Pape Clement XIV, Ö*

Panegyrique du Sieur Jacques Mathieu Rein­

hard und Epitre d Msr. Gottsched; mit allen

Urbrigen hat mir, wie schon erwähnt, der

Vorbeeicht.

vbbelobte Schweizersche Sammler ans geholfen. Bei den Poesien, wovon ichauH einen besondern Abdruk habe veranstalten

lassen, bin ,ch nur einigemal meine Zuflucht zum Nachbar Kölln er zu nemen genötigt

gewesen. Zu einem vielleicht bald folgenden Bande habe ich mir noch hinlangenden Stof aufgehoben. Daß dieser Band kein Nachdruk der Teut­

schen Ausgabe von veterHanimer's Erben, sondern ganz neu übersezt worden ist, davon kann der flüchtigste Blik bei der Gegenemanderbaltnng belehren.

Ich habe zu dem Ge­

schäft des TranSlatirens sehr tüchtige Man­

ner, z. V. bei dem Palladium den Herrn

Magister Masius, gebraucht; und ich schmeichle mir, daß das Publikum mit deren Bemühungen eben so zufrieden j sein wird,

als mit meiner Achtsamkeit, einen Druk und ein Format zu besorgen, die mit jene» der vorhergehenden Bände aufs genauste über­

einstimmen ; sogar die darinnen angenomme­ ne Orto-oder vielmehr Kakographie hat man beobachtet.

VI

V o r b e r i ch t.

Man erlaube mir nun noch ein Paar Worte von mir selbst zu sprechen. Ich bitt ein junger Anfänger, der gern die Aufmerk­ samkeit und Gewogenheit deü Publici auf sich ziehen möchte, das ihn nicht ungünstig auf­ genommen hat, t»te er zum erstenmal als Autor erschien.*- Die kehre, die ich in der untengenannten Schrift mit so vieler Kraft vorgetragen habe, werde ich fürohin in Aus­ übung fezen und von den vorzüglichsten Schriften, die bei den Sächsischen Herren Buchhändlern herauskommen, gar nette Abforuiungen liefern. An Schönheit des Druks und des Papieres sollen sie deut vorliegenden Theile des Philosophen nicht im geringsten nachstehen und der Preis demvhugeachtet äus*) In der jedermänniglich sonnenklar einleuchtenden Vertheidigung des B ü ch e r n » ch d r ii k t, die ich unter demNamen Siegmund, Baltbasar Ohleutropp herauSgegeben habe. Herr von Schirach kann versichert sei«, daß der Titel keine Un­ wahrheit enthält und daß die von ihm (im November 1790 seines Journals) angeführte Ausgabe wirklich die fünfte Auflage ist.

Vorbericht.

VII

ferst wohlfeil sein; auch bürge ich dafür, daß keine den Sinn verderbende Drukfehler dar­ innen Vorkommen werden, worüber man fich in de« bisherigen Arbeiten meiner College» so sehr scandalistrt hat. Den Anfang meiner Sammlung, die den Titel führen wird: Vaterländisch« Klas­ siker unter den Prosaisten will ich, mit deS Herrn vonThümmel's Reisen durch die mittägliche Provinzen Frankreichs machen. Dem Wunsche sehr Vieler gemas werde ich dieselben auf eine weit geringere Anzahl Bogen beschränken, ohne daß meine Ausgabe an Eleganz hinter jener deS Herrn Göschen zurükbleiben soll; besonder­ werden die Type» viel geschmakvoller gewählt sein. Die Nachbildung der Kupfer ist ei­ nem aufblühenden Kunstgenie übertragen wor­ den , das bei einer vom Chiragra stark gelähm­ ten Hand immer noch gartz gute Arbeiten an­ fertigt. In der Folge werde ich durch da­ neuste schönlitterarische Product des Herrn George Forster in Mainz und ähnliche

*4

VIII

V o r ö e r i ch t.

gewichtige Kernschnften meinen Verlag zu he«

den bedacht sein.

Mag meinetwegen Herr Müller in Jzehoe, den Herr Flick in der Schwetj vor et-

welchen Jahren tobt schlug und der demohngeachtet noch immer als Schriftsteller und

alö Mensch herumspukt, über den glanzen­ den Fortgang meinet Anstalt sich todt ärgern. WaS verliert die Welk eben gros an ihm?

Humoristische Schriftsteller, wie er, die bei einer schönen,

classisch - genaue» Dictton

mit einer guten Dosis Phantasie, Menschen­

kenntnis und DarstelluNgSkraft in einem ho­

hen Grade verbinden und unter dem Vehikel des

Romans auf Sittenverbefferung und

HerzenSveredlung eifrig hinarbeiten — sol­ che Schriftsteller trist man ja Gottlob! in unsrem Teutschlande vollauf an, zumal in

den Gegenden, wo ich wohne. Herr Müller verdient übrigens ein Schiksal, wie ich ihm

zuvor angewunschen habe, um so mehr, da er an dem frühzeitigen Verlust meines theu­

ren, ehevorigen Principals,

des wakkern

V o r b e r i ch L.

IX

Herrn Schmieder, Schuld ist, der nebst dem Herrn Tobias Göbhardt (bei dem

ich auch

der

conditivnirt

habe)

die

Teutschen Nachdrukker war.

Krone Erstrrr

hatte gar fnsch und wohlgemuht die Dtatribe gegen sich'im Emmerich abdrukken lassen,

ohne davon die mindesten Unannemlichkei-

ten für seinen Cörper zu verspüren,- allein in jedem Cranzchen und in allen Gesellschaf­ ten, wohin er kam, regneten seitdem Schran«

bereien und Nekkercien auf ihn, die sich um

den vorerwähnten ehrenrührigen Müller­ scheu Aufsaz drehten. Dies kürzte die ruhm­

vollen Tage des würdigen Mannes, der, in der Nacht vom. aasten znm 29sten März die­

ses Jahres, von einem Schtagfius getroffen, in der Blüte seines Alters, zur tiefstenKran-

kung aller patriotisch - und ökonomisch Ge» smnten, den Geist aufgab.

Leicht fei ihm

die Erde, welche, nach der Versicherung von

Manchen, die Flüche so vieler (angeblich) Bestvhlnen drükken werden.

Zum Schlus mus ich noch erklären: daß

die im abgewlchnen Jahre im Intellgienzblatt

X

Vorbericht.

befindliche Nachricht, als ob in Trier eine Bücherin» qnisttion en mignature eingeführt worden sei, grundfalsch ist. Unser allergnädigste Lan­ desherr, bei dem das Panier der Toleranz, weht*), besizt eine viel zu Helle Denkart,um einen solchen Geisiesdruk zu dulden. Seine Vergünstigung dieses nach religiösen und poli­ tischen Kezereien schmekkendenWerkö fuhrt da­ von schon einen unwiderlegbaren Beweis und es ist ganz ausgemacht, daß die Aufklärung, die in einigen nördlichen Gegenden Teutfchlandes ganz in den lezten Zügen liegt, hier mit kübnemporgehabnem Haupte rüstig da­ her schreitet. der allgemeinen Litteraturzeitung

Trier Pen 38(ten April 1791. C. M. C. wiltplutt der Jüngere.

♦) Man sehe die neuerlich heraii-gekoinmeneKur­ fürstliche Verordnung wegen Aufuame derProtestante».

A

ufsäze f. in --- 124. 9) Schreiben eines preussischen Officiers an einen seiner Freun­ de in Berlin. — — I2L — I?O. io) Schreiben eines Oestreichi«chen Feidpakerö an den Pater Su-

XII

Jnhaltöanzeige.

perior des FranziskanerklosterS zu Frankfurt am Main. 131 — 152» 11) Schreiben des Papstes RIe, mens XIV. an den Osman THola — — - — 153 — i6s. 12) Schreiben des Signor Nico, lini an den Signor Lrancoli, ni, Prokurator zu St Marco. i6i — 166.

II. Aufsäze philosophischen und politi­ schen Inhalts. 1) Vorrede zu dem Auszüge aus dem Bayrischen Diktionnar. 169 — 180. 2) Projekt zum Teutschen Für, sten Bunde. — — igi — 190.

III. Aufsäze in dramatischer Form. 1) Die Schule der Wett. Lust, spiel in drei Akten vom Herrn Satyrikus. — — 192 — 268. 2) Tantalus im ProzeS. Komödie. 269 — 318. 3) Ludwig xv. in den Eylisaischen Feldern. Ein Drama. 319 — 344. IV. Grössere und kleinere Poesien. 1) Das Palladium. — — 547 — 560. 2) Ueber die Freiheit. Epistel an den Lord Baltimore. — $61 — 572. 3) Die Choiseullade. Ein Schwank. 573 — 582. 4) Kleinere Poesien. 583 — 590.

I.

Aufsäze fast durchgängig satyrischen Inhalts,

I.

Schreiben einrBerliner Akademisten an em Mitglied der Pariser Akademie.

Mein Herr,

D-rlin, rm .... 1753.

Ä8ortstreittgkeiten hat es gegeben, so lange

Gelehrte vorhanden sind, well den Menschen frei steht, verschtedner Meinung zn sein und weil jeder triftige Gründe zur Vertheidigung der seinigen zu haben wähnt. Aber erniedrigend für den menschlichen Verstand find die durch de» Neid angeschürte Erbitterungen, die Pasquille, die bittre Schmähungen und Verläumdungen, womit klein« Geister das Andenken grosser Männer auszurotten suchen. Glauben Sie nicht, mein Herr, daß ich Beschwerden zu führen habe; mittelmässige Ta, lenke bienen zu einer festen Burg gegen die An, griff« des Neides; die Rede ist vom Herrn de Maupertuts, unserm berühmten Präsiden, ten. Seine Ueberlegenheit, sein Genie, seine tie, fen Kenntnisse, haben die Eigenliebe des Profes­ sors der Philosophie, Herrn König, empört.

Da dieser Professor nicht bis zur Höhe jenes grossen Mannes gelangen konnte, hielt er es A 3

(

6

)

schon immer für genug, wenn er ihn herabzu, würdigen Im Stande sei. Er machte unserm Präsidenten die Entdekkung des Unlversalprinci« pillinS der actionis minima streitig und bchaup, tete: Leibniz sei der Erfinder derselben. Der Herr de Maupertuts fodertel hierüber Beweie se und wollte wissen, in welchem Leibnizischew Werke Spuren dieser Entdekkung anzurreffen wären. Um nicht den Kürzern zu ziehn, brach, te Röntg in dieser kritischen Situation Frag, mente von Briefen zum Vorschein, die Leibniz geschrieben haben sollte. Dieser litterarische Prozee wurde in einer Versammlung unsrer Akademie vorgenommen, darüber entschieden und Bönig einstimmig verurtheilt. Diese Beschämung verdroe den Professor, und er war zumal darüber HLchst unwillig, daß er einem Mayn nicht hatte schaden kinnen, den ganz Europa bewundert. Nicht zufrieden, ihn mit groben Schmähungen zu überhäufen, (die lezte Zuflucht derer, die keine triftigen Gründe anzuführen haben,) rottete er sich mit Schriftstellern zusammen, die verächtlich genug waren, sich von ihm anwerben zu lassen und un, ter seiner Fahne zu streiten. Einer von diesen Eienden har unter dem Namen eine« Berliner

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7

)

Akabemisten ein schändliches Pasquill brukken lassen, worin er den Herrn de M-mpertnia so behandelt, wie et» Mensch ohne Urtheilekraft von einem Unbekannten sprechen würde, oder wie die stirnlosesten Betrüger die Tugend gemeinhin zu verlästern pflegen. Der Herr de tHaupevhtic- ist über derglei­ chen Beschuldigungen vermöge seines KarakterS, seiner Verdienste und seines Rufs viel ju sehr er­ haben, als daß er dadurch hatte sollen beleidigt werden. Er ist zu sehr Philosoph, als daß blosse Injurien seine Ruhe stiren könnten, allein wir übrige Akademisten sind genötigt, uns gegen ei, nen Rasenden aufzumachen, der und anfallen könnte; wenn gleich der Herr de Maupertuis ihm unerreichbar bleibt. Wie müssen es allen Nationen klar vor Augen legen, daß kein Sohn unter uns entartet genug ist, den Arm gegen sei, nen Vater aufzuheben, noch irgend ein Akade« mist so niedrigdenkend, ein feiles Werkzeug der Wut eines Neidsüchtlgen abzugeben.

Nein, mein Herr, wir entrichten lnSge, samt unserm Präsidenten den Tribut der De, wundrung, den man seinen Wissenschaften und

seinem Karakter schuldig ist, wir wagen es so, A 4

(

8

)

gar, Ihn uns zuzueignen, reflamken ihn von Frankreich. Schon in seinem Leben geniesst er bei unsren Ruhm, der dem Homer erst lange nach seinem Tobe ward. Die Städte Berlin und St. Malo streiten sich um die Ehre, wer von ihnen beiden sein wahrer Q5♦

D f

Approbation der Herren Bouciat und Belarmes, Licenttaten der Theologie

und Büchercensoren des Hochwürdigen Herrn Erzbischofs de Bensens. Auf Befel Sr. Hochwürben »Gnaden der Herr« Grtbischofl habe« wir die Leicheopredigt der Dia» konur Peter Mörser aus I. M. Reinhardt ge» »rüst und nicht- darin gefunden, dar de» gewöhn« licheu Meinungen und den im Schwange seienden Dourtheilen gemäs wäre. Sonach sehe« wir kein« Wahrheit in dieser Predigt, die den Druk dersel« den, dessen sie so würdig ist, verhindern könnte. Gegeben tu Philadelphia den >. Oktober 1759.

Vouriar.

Pelarmeo.

Mcinc Freunde,

2(n einem Tage der Alage» und Thränen, mit, tml unter djrsen »ns umringenden TodeSzurü, siungen, vor diesem Grabe und diesem bald in

Asche zerfallenden Leichnam, will ich mit Euch nicht von der menschlichen Grösse und Eitelkeit,

die

schnell Hinwegschwinden,

noch von der

vergänglichen Herrlichkeit dieser Welt sprechen,

sondern Euch in den Schiksalen eines Einzige« bas Loo« aller Menschen betrachten lehren.

Um

gut sterben zu können, müsst Zhr gut leben lernen.

Derjenige, der durch ein einzige« Wort di«

Erde aus dem Nicht« hervorzvg, der durch sein blosse« Wollen da« Wasser von der Erde, und

da« Licht von der Finsternis schieb, der die Thle«

re und den Menschen schuf, die« höchste und all, mächtig« Wesen, meine Brüder,

lässt sei«

Antliz leuchten über Hohe und Niedrige.

Zen«

Güter, jene Titel, jene Ehrenstellen, die bi« Menschen in diesem irdischen Leben von einander

«bsondern, machen vor demjenigen keine« Unx

(

6o

)

terschled, der sie alle gleicherweise geschaffen hat. Der Bauer ist so gut sein Werk wie der Fürst» der Mönch, wie der Bischof, der Hirt wie der Aronenträger, alle diese Stände, welche der Tod aufhebt, sind vor Golt nicht« als Sünder und Gegenstände der Barmherzigkeit. Nicht Titel, sondern ein mehr oder minder tugendhaft ter Leben bestimmen ihr Schiksal nach dieser Zeitlichkeit. Erwartet demnach von mir keine Schilderungen, welche durch die Gegenstände, die auf Stolz oder Ehrgeiz Bezug nemen, die, fen Leidenschaften schmeicheln. Im Gegentheil habe ich mir vorgesezt. Euch zu beweisen, daß man durch Massigkeit in der Armut reich, durch Mut in Arbeiten getrost, ohne Amt durch seine Verdienste dem Vakerlande nüzlich und ohne Glükögüter durch seine Tugend gro« sein kann. Mag man immerhin jenen Gözen Weihrauch streuen, die sich nur durch Lobsprüche nähren! Mögen sich feile Zungen durch Staublekken den Weg zum Glük bahnen! Mag man die Namen der Grossen der Erde, welche der Vergessenheit wert sind, darum der Unsterblichkeit weihen, weil sie hohen Standes waren. Ich meines Theils begnüge mich damit, den Eigenschaften

de-Heuen« und de« Staatsbürger«, der Liebe

(

6t

)

)u den Pflichten und einem christlichen Wandel die gebührenden Lobsprüche zu ertheilen. Fern sei von dieser heiligen Stäke jene täux schende Geschtklichkett des Dettuges, der alle nur vörhandne Farben entlehnt, um die Wahre heil damit auszuschmükken, weil man es nicht wagt, sie ganz ohne allen Anstrich zum Bor, schein zu bringen. Fern sei von mir jede studierte Wendung, die Häslichkeiten zu bemänteln dient, welche man In ihrer Blösse sehn zu lassen Scheu trägt.

Ich habe von keinem Manne zu reden, der nur auf dieser Welt zu sein glaubte, um Ihrer zu geniessen, der aus Trägheit seine Pflichten, aus Gefühllosigkeit seine Freunde und auS Selbstsucht sein Vaterland hintenansezte; so», der» von einem Bürger, dessen immer gleiche Seele ohne Straucheln den Weg der Tugend wallte. Ein lauters Opfer, unvermengt mit Schmeicheleien und kunstvollen Wendungen, bin ich dem Gedächtnis des Herrn Jakob Ma, thäus Reinhardt, ehrbaren Schumachers in dieser Stadt, schuldig. Leget, meine Freunde, hier jene nichtigen und so unbilligen Vorurtheile ab, jene Gebur»

(

62

)

(en der Weichlichkeit und des Stolzes, jene Wahnbegrtffe von Adel, Ran- und Grösse, vermöge deren man alles verachtet, was In den Augen der Welt nicht glänzend Ist, so wie alle diejrnigen, deren Herkunft sich nicht durch be, rühmte Namen und eine Reihe grosser Männer auszeichnet. Erinnert Euch, da- di« Tugend weniger in den Pailästen der Grossen als in den Hütten der Armen wohnt. Lasst Eure Ver, nunfl die Oberhand über die Täuschungen der Gewohnheit behalten und Euren gelehrigen und weisen Geist mehr nach den Sachen als den Na, men urtheilen. Ich brauche keine staubichte Chroniken von troknem Inhalt zu durchwühlen, um Euch zu sagen, wer die Aelkern und Vorältern unser« Mat hätt« Reinhardt waren. E« ist ge» nug, wenn Ihr wisst, daß er von ehrlichen Leuten geboren worden, die, weil sie glükltche Anlagen in ihm entdekten, dieselben sorgfältig ausbildeten, ihm eine einfache, aber tugendhaft te Erziehung gaben und ihm Liebe zu allen sei, neu Pflichten so wir zu seinem Vaterlande ein» flkfften. Er belohnte ihre Bemühungen und ih» re Zärtlichkeit durch seinen Gehorsam, seinen anhaltenden Flet« und «inen Hang, der ihn

(

63

)

von selbst zu allem, war fein unk löblich ist, hinzog. Von ihnen erlernte er dar Handwerk, in dem er sich nachher so hervorthat. Zeder, der seine Zuiiftgenoffen durch seine Talente übertrifr, ist ein grosser Mann und do solcher bedarf keiner Ahnen. Man kann ihn in der Rüksicht wie Melchisedek betrachten, der weder Vater noch Mutter hatte. Warum soll, ten wir gegen unsre Landsleute ungerechter sein, al« gegen die Alten, die nicht mehr vorhanden find? Sokrates und Plato find berühmt und gleichwohl kennt man ihre Abkunft nicht. Homer, dieser Vater der Dichtkunst, den, wie er nicht mehr war, die hochgespannte Bewun, derung beinahe zum Gott machte, heischte beiLei, keoleben in benen Stabten Almosen, die sich nach seinem Tode stritten, ob sie ihn hätten sehn ge, dorrn werden. Und ist es in der That nicht weit vorzüglicher, sich einen Namen zu machen, als denselben z« ererben? Haben denn jene Fa, milien, die auf ihren Adel so stolz sind, «inen eignen Stammvater gehabt? Ah! sie sind insge, sammt au« dem Dücgerstande. Irgend eln Mann von einem ausgezeichneten Verdienst durchbrach dir ihn verhüllende Dunkelheit, um sich einen Weg zu Ehrenstaff-ln zu bahnen. Die

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64

)

erlangten Titel gingen auf seine Nachkommen»

schäft über, doch nicht die Verdienste de« Er»

Werber«.

Wenn wir untersuchen, was der Ei,

geniiebe am meisten schmeichelt, so ist «S zuver­ lässig , daß derjenige, der auf seine Abkbmmlin, ge Glanz zurükstrahlt, grösser ist denn die , wel,

che denselben von ihm entlehnen.

Derjenige, meine Freunde, den wir bewei­

nen, verdankt seinen Namen nur sich selbst;

er machte ihn durch seine Talente berühmt

und durch

seine Tugenden

schäzbar.

Lasst

uns jene eitel» Begriffe von gemeinem Bür« -erstand und Adel aufgeben und in dem Leben eine« armen, aber fleissigen und nüzlichen Hand­ werker« seine Dienste zum Behuf de« gemeinen

Wesen« und seinen Wandel zu unsrer Erbauung betrachten.

Wir wollen ihm in seine Werkstäre

folgen, wo er mit angestrengtem Fleis seiner

sauern Arbeit obliegt und um seiner Brüder teil# len de« Tage« .Last und Hize erträgt.

Dann

wollen wir ihnj in den Kreis seiner Familie be­

gleiten, wo er mit allem Eifer die Pflichten de«

Hausvater«, de« Bürgers und des Christen er# füllte.

Dir« soll den Inhalt.dieser Rede aus­

machen.

Erster

(

65

)

Erster Theil. Mathäu« Reinhardt war nie müssig; er halte der Arbeit so viel, daß er sie kaum zu bt< streiten vermochte. Wenn «in geschikter Arbei» ter in Ruf kommt, dann drängt sich jedermann hinzu, um sich seiner zu bedienen. Die Mode mischt sich in'- Spiel. Leute nach der Welt, zu, mal die, welche der allgemeine Ton immer als Sklaven beherrscht, glauben ganz gegen denselben zu verstossen, wenn nicht der Liebling-arbeiter th» re« Wohnort- auch der ihrige ist. Nunmehr mu« dieser Mann seine Werkstäte vergriffern, die Zahl seiner Gesellen drei > vierfach vermehren, sorgfältig auf dieselben Acht geben, damit sein« Arbeiten der einmal davon gefassten Meinung entsprechen, denn nur durch unerhörte Mühe behauptet man sich in der vollen Blüte de- so schwer }u erhaltenden Rufs.

Die Destrebsamkeit diese- guten Bürger­ war Ursach, daß er der Morgenröte znvoreilte, um seinen Mitmenschen nüzlich zu werde«; m>d nur erst lange nach jrnen Stunden, welche die übrige Welt der Ruhe, der Unthätlgkeit und oft den Ausschwrtsungen weiht, hörte er mit selnor E

(

66

)

Arbeit auf. Ihr elenden Lasten der Erde, die Ihr Euer schuldvolles Leben in Müssiggang und Zerstreuung zubringt oder Eure» Wvh»sij In Sptelhiusern aufschlagt, um Eure Familien zu Grunde zu richten und Eurem Nächsten zum Au, stock zu dienen, die Ihr Eure Gesundheit in 938b lerei und Ausgelassenheit verschmelzt, Ihr lebt! 2hr lebt, sag' ich, und ich mue denjenigen bewei, nen, dessen unermüdete Wach > und Arbeitsam, kett nicht blos einem Privatmanne, sondern alle» seinen Landeleuten, ja selbst Fremde» erspries, llch war. Doch die christliche Liebe verbeut mir, in meinen Klagen und in meinen traurigen De, trachtungen fortzusahren. Eck kömmt nicht un4 zu Schlachtopfer des Todes zu wählen, sondern dem obersten Gebieter über das Leben und öte Schtksale der Menschen, dem Schöpfer ziemt »S über seine Geschöpfe zu verfügen und uns da, gegen mit St. Paulus auszurufen: O welch eine Tiefe des Reichthums, beide der Weisheit nnd Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich find seine Ge, richte nnd »nerforschltch seine Wege! denn wer hat des HERRN Sinn er, sännt? oder wer ist sein Ratgeber ge, wesen?

(

67

)

Lasset unü, meine Brüder, mit Unterroth fung die Wege Gottesanbeten, ohne die Grün» de seiner unaussprechlichen Ratschlüsse erforschen zu wollen und lasset uns mir voller Ergebung in seinen Wlllen ertragen, wenn er uns da schlägt, wo es am wehsten thut. Von ihm haben wir ja Allee. Sendet er uns Trübsal, so geschieht es um uns von dieser Welt loazumachen, so geschieht eö lediglich, damlt wir unser Vertrauen nicht aus seine Werke, sondern auf ihn selbst fe< zen, damit wir unser Herz nicht Überschwünge lich an die erschafnen Dinge hängen, sondern an den, der dieselben gemacht hat; und damit wir Weishelt und Mässigung erlernen, wenn wir nach und nach diejenigen fortsterben sehn, die mit un« in denselben Mauern, unter dem­ selben Dache wohnten, diejenigen, deren Ga­ ben wir bewunderten und deren grosse Eigen­ schaften wir schäzten. Allein wenn gleich Gott will, daß wir unser Herz nicht zu sehr an die Kreatur hängen, so verbietet er uns doch nicht jene Menschen zu lie­ ben, denen er Merkmale besondrer Griffe und Tugend zu geben Wohlgefallen gefunden hat. Za, mein« Freunde, ein Schuster kann zum grossen Mann geboren sein; jede« nüzltch« E »

(

68

)

Handwerk ist eben dadurch nicht unedel. Die Art, wie es getrieben wird, kann dasselbe noch erhöhen. Es ist weit verdienstvoller das Feld gut z« bestellen, gute Tücher und bequeme Schu, he zu verfertigen, als wenn man die Justiz schlecht verwaltet, dle Finanzen in Verwirrung bringt, keine Mannschaft im Krieg« anzuführen weis oder sich dvrch einen mutigern oder geschlk, tern Feind den Steg entreissen lässt. Der Stand eines Mannes, der unsern un« umgänglichen Bedürfnissen abhilft, hat nichts verwerfliches. Und was ist in der That normen» dlger al« eine Bedekkung de« Fusses? Sie sichert uns gegen ein rauhes, ungleiches Pflaster, ge, gen die Unfreundlichkeit der Witterung, gegen die Unreinllchkeir des Schmuze« und Kots. Eine schiechtgemachte Fusbedekkung empört das Auge durch ihre unangeneme Form, sie brüst den Fus und bringt durch diesen Zwang Härte«» hervor, die bei jedem Schritt, den man thut, Schmerzen erregen; sie verhindert nicht bas Eindringen des Wassers und verursacht durch die häufige Erkältung glchtlsche Schärfe, jenes grausame Uebel, das nach langen Qualen »um GrabeHführt,

(

6,

)

MathLus Reinhardt wusste alle diese Fehler zu vermeiden; seine Arbeiten hatten den Grad der Vollkommenheit erreicht, dessen sie fähig sind; er hatte durch seine Talente alle feine Zunftgenoffen und Nebenbuhler übertrof, fen; und wer sich auf eine siegreiche Art über seine Mitbewerber erhebt, ist zuverlässig ein groffer Mann. Wer mit Weisheit, Ordnung und Betriebsamkeit seine Werkstätr und sein Hauswesen regiert, der würde eben so eine Stadt, «ine Provinz und, um nichts zu ver, hehlen, ein Kinigrelch regiert haben. Za, mei, ne Freunde, der gute Bürger, den wir bewei, mit, besas Eigenschaften, die einen Thron nicht würden verunziert haben, indes daß eine Men» ge von denen, die ohne Talent und Arbeitslust einen Thron bekleiden, nur schlechte Schuster sein würden, wenn da« blinde Glük, das den Geburten vorsteht, sie nicht aus Barmherzigkett zu dem gemacht hätte, was sie sind, damit nicht diese ungeschtkte Menschen vor Hunger und Elend umkommen mögen. Ihr, deren stolzes Ohr durch die Lobsprüche auf einen geschiftet» Handwerksmann und durch die kühnen Wahrheiten beleidigt wirb, di« ich Euch vorzulragen mich erdreiste, errötet

E 3

(

70

)

nicht über meine Predigt, nicht darüber, baß man in Eurem Beisein einen fleissigen, talent, vollen Mann lobt, der ein nötiges Gewerbe trieb, sondern über jene Weichlichkeit, jenes Wohlleben, daS Euch in Pracht und Prunk versenkt und wobei Zhr Eure eignen Bedürf, Nisse und die Arbeiten nicht kennt, die zu Eurer Gemächlichkeit und zu Eurem Nuzen beitragen. Möchtet Zhr doch auf «ine Zeitlang jenes Klei, dungsstüks beraubt sein, wodurch sich das,Talent des MathäuS Reinhardt bewährte! Mit was für Unruhe, mit was für Klagen, mit was für feurigem Ungestüm würdet Zhe nicht nach sei, «em Beistand verlangen. Wie würdet Zhr nicht da« mit Lobsprüchen belegen, was Euer Stolz gegenwärtig herunterwürdigt! Ihr iwürdet ein, gesteh», daß, so grosse Herren Zhr auch sein mögt, die Grossen ohne Fusbedekkung sich in ei, «er sehr peinlichen Lage befinden.

So sind die In UeberfluS und Glük erzogne Menschen beschaffen! Sie verlangen, was sie nicht haben, werden dessen müde, wenn sie es erhalten und haben kein Gefühl für das, was sie besizen. Zezt da der Wohlstand und ein« Art Zwang, welchen diese« ehrwürdige Gottes,

(

?l

)

Haus auflegt, Euch nStlgr mich geduldig anziiht? reu, will ich Euch wider Eure» Willen lehren, was es dem erfindrischen Fleiffe kostet, nickt alle Eure Bedürfnisse, sondern wenigstens da« zu befriedigen, wovon ich so eben gesprochen habe. Um Euch hierüber zu belehren, dürfen wir nur dem äusserst fleissigen uud arbeitsamen Ma« thäuö Reinhardt In seine Werkstatt folgen. Er legte nie Hand an das Werk, ohne zuvor unter den Materialien, die er verarbeiten wolle te, die genaueste Prüfung angestellt zu haben. Das Leder zu den Absäzen, z» den Sohlen, zu dem Blatte — jedes ist von sehr verschiednee Art und die Arbeit wird oft für schlecht erklärt, wenn die dazu gehörigen Stükke nicht mitunter, scheldungskraft und Sachkenntnis gewählt wor, den sind. Er hatte seine Gerber, di« für Ihn arbeiteten und auf deren Genauigkeit er sich verlassen konnte. Damit das Publikum mit seiner Arbeit zufrieden wäre, war er so vorsich, tig, von diesem Hauptstof grosse Vorräte liegen zu lassen, um versichert zu sein, daß derselbe dauerhaft und vollkommen sek.

Vergleichet nun Euer Verhalten mit dem seinlgen und lernt di« Verschiedenheit desselben

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«insehir. MathLuS Reinhardt wählte die Mittel, die ihn ju seinem vorgesezten Zwek füh­ ren musscen und Ihr, ohn» ju erforschen, auf war Art Ihr Eure Absichten erlangen sinnt, lasst Euch von Eurer Unvorsichtigkeit und vom Ungefähr letten. Er untersuchte alle« selbst und Ihr trauet dem Ersten dem Besten, dessen über­ wiegende Geisteskraft Euch unterjocht: er beob­ achtete kluge Maasregeln, Zhr habt nie gewusst, was das heisst; er wollte in feiner Kunst zur Vollkommenheit gelangen, Zhr besizt nur Selbstgenügsamkeit und Leichtsinn. Er begnüg­ te sich nicht damit, über seine Leute die Aufsicht zu führen, er brachte ihnen seine Methode bet, gewöhnte sie an Pünktlichkeit, verwarf wa« fehlerhaft war und arbeitete selbst, nm zu glei­ cher Zeit Lehr und Beispiel zu geben. Er wollt« nicht Meister werden, aber seine grrssen Talen­ te erhoben ihn dazu. Zhr dagegen strebt nach Aemtern, ohne die Fähigkeiten dazu zu haben. Wenn Ihr sie erhaltet, verrichten Eure Unter­ bedienten die Geschäfte und Ihr begnügt Euch das Gehalt etnzustrrichrn und Eure Person zu« Schau zu geben. Beschäftigt Zhr Euch ja, so geschieht «S mit Praktiken, die dein Publi­ kum schad«.

Sonach gereiche« jene Aemter

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unb Titel nicht Euch zur Ehre, sondern'zu Eurer Schande und zur Schmach.

Ihr Halbgötter auf Erden, Ihr Gewaltl, gen, welche die Vorsicht eingesezt hat, um mit Menschlichkeit und Weisheit grosse Provinzen zu beherrschen, errötet, daß ein armer Schuster Euch beschämt und Euch Eure Pflichten lehrt, daß das Beispiel seines arbeitsamrn Lebens Euch zeigt, wa« jene Völker von Euch (obern, die Ihr giükllch machen sollt. Ihr seid von Gott nicht erhöhet worden, um unter den Gesängen Eurer Schmeichler auf dem Throne zu schlum« wem, sondern um daselbst für das Wohl von jenen Tausenden zu arbeiten, die Euch unter« morsen, aber auch Eures Gleichen sind. Ihr wurdet nicht auf eine so hohe Ehrenstaffel gesezt, um Wochen, Monate, Jahre luden Wäldem mit der unablässigen Verfolgung von wilden Thie, ren zuzubringen, die Euch fliehen und Euch mit der verächtlichen Geschiklichkeit zu brüsten, jener Geschöpfe habhaft zu werden. Eine an und für sich unschuldige Ergözlichkeit, wenn nicht Leiden, schäft sie zu Eurem täglichen Gewerbe machte. Indes daß die Landstrassen In Euren Pro« vinzen in Verfall geraten, daß Eure Städto

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mit jenen ekelhaften Gegenständen des Mitleids

und der öffentlichen Erbarmung verunreinigt sind, indes die Handlung in Euren Staaten

darnieder liegt, der Kunstfleis nicht ermuntert

und leibst die Polizei schlecht verwaltet wird, ge, wöhntZhrEure Arme zum Mord, Eure'Au,

gen zum Blut, und Euer Herz zur Fühllosigkeit.

Seid Zhr Fürsten, um wilden Thieren nachzu, jagen oder um eine menschliche Gesellschaft zu

beherrschen? Bekamt Zhr die Vernunft, nm

durch ein Leben voll wilder Zerstreuung den

Thieren ähnlich zu werden?

Empfingt Zhe

Reich und Macht, um alle Tage Eures Lebens hinweg zu schleudern?

Ach meine theuern Zuhörer, was für An,

lässe zu Schmerz und Betrübnis verursacht die, se unselige Pfllchtvergeffenheit,

die

auch den

Zwek der besten Einrichtungen zernichtet.

Wie

ehrwürdig ist MathäuS Reinhardt,

und

wie wenig Leute sieht man die Bahn folgen, welche Ehre und Stand ihnen verschreiben, zu

der das allgemeine Wohl sie beruft und die sie

aus verkehrtem Sinn vermeiden.

Diese unselt,

gen Miöbräuche sind Schuld, daß es unter den

Grossen und Fürsten Pbbel giebt.

Denn, mei,

ne Freunde, was nennen wir gros? Nicht Ge«

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Birtt, die wie Ich Euch schon bewiese» habe, dent Menschen nichts frommt. Nicht Gewalt, denn die wird nur durch den guten Gebrauch lobens, wert, den man davon macht. Nicht Reichthü, nur, denn die machen habsüchtig oder verschwen, drisch; sondern daß man die übertrist, die mit uns Eine Dahn durcheilen, daß man Schwie, rigkeiten mit vorzüglichem Giük übersteigt, sich einen Namen macht und sogar seinen Neidern selbst durch seine Verdienste Beifall abzwingt. Wer konnte sich jemals dieser Vorzüge mit mehrerm Fug rühmen? Wer sammelte in sei, nem LebenI mehr Lobsprüche ein, die freier von allem Eigennuz, folglich von aller Schmeichelet waren als der betriebsame Hanbiverker, über dessen Hintritt wir Klage führen? Ueber seine Zunftgenossen erhob er sich wie stolze Palmen sich, über andre Pflanzen erheben, die sie mit ihrem Schatten verdekken, di« sie trstiften und an ihrem Fusse verdorren sehn. Er fing an sich Kunden zu verschaffen; jedermann war mit seiner Arbeit zufrieden, er übertheuerte Nie, wanden, er war ämsig und geschikt; jeder rühmte dem Andern seine Bedienung; er wusste seinen Schuhen Schinhelten zu geben, die vor

ihm ganz unbekannt waren: er tauschte bas

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2fu$e; seine Arbeiten vereinigten jede Vollkom« »nenheit, Schönheit, Gemächlichkeit, Dauer und Undurchdringlichkeit. Sein Ruf wuchs schnell; daö Gerücht, welches von Schuhen so gut spricht wie von Gesandtschaften, Friedens, traktaten oder Siegen, wachte bald bekannt, daß «in Wunderwan», der alle von seinem Gewerk überträfe, vollkommene Schuhe verfertigte; man redet« saft von nicht« mehr als von unsrem Schuster. Seine Berühmtheit verbreitete sich auch ausserhalb seines Vaterlandes und um Alles mit einigen Worten zu sagen von seinen Kunstgenossen erhielt er Lobsprüch«; sie räumten

ihm insgesamt den Vorzug ein und schämten sich de« Geständnisse« nicht/ daß sie ihm nicht gleich kämen. Befände ich mich hier unter unbekannten Kuhtrern, so würde man mir mit Mühe und Not glauben. Daß Nebenbuhler, Mitbewerber demjenigen vollen Beifall geben, der mit ihnen nm Einen Preis ringt, ist erstaunenswürdig, um erhört, sieht einem Mirakel gleich. Aber Zhr «eine Freunde, die zahllose Versammlung, die mich Hirt und selbst in Ermanglung dieser Stadt jene Gewölbe, jene Mauren, so stumm sie auch fmd, würden mir zu Zeugen dienen und bekräft

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tlgen, was für eine Staffel des Ruhms unsre Matthäus Reinhardt erreichte. Wenn man von einer dunkeln und unbekannten Her, tunst zu einem bekannten und berühmten Namen gelangen will, hat man einen uu# ermeslichen Zwischenraum zurükznlegen. Die Schwierigkeiten vermehren sich noch, wofern man sich durch einen Zusammenflus von reitet# gen und drängenden Umständen von Jugend «uf in einer undankbaren, geringen Laufbahn be, findet. Sich dann durch diese Finsternisse her, ausjuarbetten ist die Frucht eines thätigen, utu «rmüdsamen Geistes und eines sehr überlegenen Kunstfietsse». Um sich bekannt zu machen, wird schon etwas Ungewöhnliches, ein mehr als all­ tägliche» Verdienst erfordert; wenn man aber bekannt ist, den Beifall an sich zu reissen, womit die Menschen so karg sind, zumal all» Stimmen zu seinem Besten zu vereinigen, da» gränzt an da» Wunderbare und sezt einhellig» Uebereinstimmung aller Menschen voraus. Stellt Euch nur vor, meine Freunde, bet was

für einer Meng« er sich beitete machen mufft«, und woran« nicht etwa die Menfchenzahl einer gesamten Provinz, sondern blos einer wohl» bewohnten Stadt besteht. Ihr werdet in den

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Karakteren und der Denkart so viele Mannichfal, ttgkeil antreffen, als die Narur in die Physio, gnvmien gelegt hat. Einige, die zu sehr dem Tande anhängen, gaukeln ohne nachzudenke», ohne sich Kenntnisse zu erwerben, durch das Leben; andre, mit eingeschränkten Seelenkräften begabt. Lenken nur nach den Eindrükken, die stärkere Seelen ihnen geben. Hier trift man willfährig ge Geschöpfe, die ihre Meinungen mit jeder Gesellschaft ändern, dort Starrsinnige, di« nichts überredet, überführt; von der Einen Sei« re erblikt man aufgeblasene Leute, dle mit Ge, ringschäzung auf alles herunlerbltkken und die ganze Welt ihrer unwert glauben, von der au, Lern beissende Spötter, deren nur an Tadel ge, wöhnte Lippen eben so viele Werkzeuge der Sa, tyre sind; kurz, Personen voll von einem Ge, genstande, von dem nichts sie abbringen kann; Schwelger, die sich zu Thieren herabwürdigen; Hoffärtige, die sich bewundern; Lüstlinge, die nur auf Vergnügen denken; Unwissende, di« nichts kennen und über alles entscheiden; Neid» harte, die ihren Nächsten verläumben und des, sen Leumund zerreissen. All« diese Köpfe mu« man fesseln und auf Einen Ton stimmen, die, se Menge, deren Gedanken, Neigungen und.




liefe verderbten Geschöpfe ohne Talente und Verbimste sehn sich an den Bettelstab gebracht, ohne einmal den Trost zu haben, in ihrem Un< glük bedauert zu werden. DaS ist eine für den Staat verloren gegangne Familie, von der das Vaterland nie den mindesten Nuzen zlehn wird. Das Herz ist die Quelle, aus der alle« Gute fliesst, das erste Triebrad der moralischen und bürgerlichen Tugenden des Menschen. Wie lauetr und ohne Falsch hatte es nicht unser M a, thäus Reinhardt! Er war sanft, dienstfer­ tig gegen jedermann, verträglich mit seinen Nachbaren, menschlich und mitleidig gegen feine Untergebnen. Leute seines Standes haben gemei­ niglich Zwistigkeiten mit ihren Angehörigen, Streitigkeiten mit ihren Zunftgenoffen, oder Rechtshändel wegen Kapitalien, oder andrer Dinge, allein erhalte einen so grossen Abschei» vor allem, was die Ruhe seiner Seele stiren konnte, zumal vor der Schikane, daß er, so viel er nur immer konnte, gefiiffentlich alle dem aus­ wich, was zu Streitigkeiten und Rechtshändeln

Anlas zu geben im Stande war. Ehe er vor Gerichte erschien, gab er lieber denen nach, die Fodernngen an ihn machten und sagte: man

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gewänne viel, wenn man zur rechten Zeit nachzugeben wüsste. Ein so gro»mütigeü Verfahren, eine so edle Uneigennüzlgkeit zogen ihm die Achtung der ganzen Stadt zu. Man hätte ihn unstreitig ganz zu Grunde gerichtet, wofern man Forde, rangen an ihn machen wollen. Seine Nach­ barn dachten hierzu viel zu gewissenhaft Und man fürchtete mit Recht, sein kleine» Habe zu vernichten, wenn man unrechtmässigerweise Gü­ ter von thi» verlangte, die er ganz zuverlässig seiner Ruhe würd« aufgeopfert haben.

Inzwischen schüzte ihn dieser musterhafte Wandel nicht gegen die Pfeile der Scheelsucht, gegen üble Nachrede, ja ost gegen bittre 23er# läumdungen. Zch darf nicht» verhehlen, da ich nur Liebe» und Gute» von dem Wohlseligen bekannt zu machen habe. Dieser wakre Man» brachte, wir schon oben gesagt worden, sein Leben in seiner Werkstatt zu, fest an seine beschwer, llche und ermüdende Arbeit geschmiedet. E» war daher notwendig, daß er seine Kräfte wieder zu «rsezen trachtete. Er hatt« einen schwachen Ma, gen, worüber er sich, ost beklagte. Da» bewog ihn, um sich zu stärken, täglich einige Flasche»

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Wein zu trinken, nach dem Rate des St. Pau, ins an den Ttmotheum: Brauch ein wenig Wein um deines Magens wtl» ten. Oft versagten ihm gegen Abend seine zu« sammenbrechenden Kniee den Dienst und da er unterwetlen vor. Kraftlosigkeit gefallen war, lies er sich führen, um dergleichen Fälle zu vermeiden.

Dies war hinlänglich, daß feine Feinde (denn wer hat die nicht?) fein Betragen auf das übel« ste anslegten und ihn der übertriebensten Schwel, grrei beschuldigten. Diese treulosen Geschöpfe sagten mit einem verächtlichen Wesen und" einem hinischen Lächeln: ist das der heilige Mann, das Wunder unsrer Stadt! Vermutlich verfertigt er, wenn er seinen Verstand in Wein ersäuft hat, oder wenn er vor Taumel nicht mehr stehn kann, jene Arbeiten, wodurch'er sich solchen Namen verschaffte. Man will also, daß betrunkne Schuster arbeiten? Nun, wenn da« ist, wollen wir ihn bald übertreffen und man soll sehn, ob wir nicht so viele Kunden haben werden wle er. Was that der gottselige Mann, wenn er die, se Werkzeuge der Lügen solche heillose Lästemn« gen ausgeifern hörte? Er legte ste zu den Füssen Jesu Ehristi, meine Brüder, und sagte: erdankte

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bankte denen , die ihn so demütigten. Er segne» «e seine Widersacher und flehte die göttliche Barmherzigkeit sür die an, welche ihn an», schmähten unb~ verfolgten. Er fand einen Trost darin, daß man ihn nicht besser behandelte, rote

jenen Gerechten, den heillose Juden lästerten; er trug gern das Kreuz mit dem g-ttlichen Erlö« ser, der durch den schmachvollsten Martertod seine Seele befreiet hatte von dem ewigen Ber, derben. So wusste er au« seinen Leiden Nuzen zu zieh» und sich auf Kosten seiner Feinde, die ihn unter die Füsse zu treten glaubten, ein htmm» ltfche« Siegeszeichen zu erringen, das die Bosheit der Menschen nicht zerstören kann. Site vergalt er Bise« mit Bösem; er kannte nicht da« hämN sche Vergnügen, da« verderbte Seelen in der Rache finden; da« unselige Vergnügen, Lüste, rangen und Beschimpfungen durch noch grausa­ mere Satyrea zu erwidern, welche de« Nächsten Leumund zerstetschen oder ermorden. Die Ein­ falt seine« Herzen« ging so »eit, daß er guten Rar mit Erkenntlichkeit, Bekehrungen mit Um terwerfung, Vorwürfe mjt Ruhe aaaam, und die gröbsten Beleidigungen verzieh. Wa« für «in Beispiel der Mässigung für

Euch, Zhr Grossen der Erde! Wa« für eine Lehre

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gilbt Euch da ein armer aber gottseliger Hande werk»! Ein Mann, der vielleicht der Gegen« stand Eurer stolzen Verachtung ist, mit dessen Namen Ihr Euer Gedächtnis zu beschmlzen glaubtet, wenn er demselben etnverleibt würde,— dieser Mann lehrt Euch, daß man mit seinen nächsten Nachbarn In guter Harmonie leben kann; seine Recht-kenntnis, die von der Euri, gen so abweicht, zeigt Euch, daß es Wege giebt, Händel zu vermelden, Streitigkeiten auszuwei, chen und Ruh' und Friede zu erhalten; baß ein« gewisse Seelengröss« vorhanden ist, welche die heftigen Ausbrüche der Rache zurükhält und wel, che die Barmherzigkeit sogar dahin bewegt, bittre Schmachreden und Beleidigungen zu verzeihen. Bet Euch hingegen gehn die kleinsten Zwlstigkei, ten in die heftigsten Verbitterungen, di« min, sten Streitigkeiten in blutige Kriege über; Eure Eitelkeit, die grausamer ist als die Barbarei der Tyrannen, opfert Tausende von Bürgern dem Afterruhm auf; ja, um eine« Worts willen, dessen Ausleger Ehrgeiz und Has sind, werben ganze Provinzen auügeplündert und verheert. Eure, Wut überliefert die Erde der Raubgier toll« der Thiere, die man losgeiassen hat, um sie zu verschlingen. Alle Landplagen, alle Bedräng,

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Nisse verwüste» In ihrem Gefolge die Welt und alle« die« bejammernswürdige Ungemach ent­ springt au« Euren unseligen Feindschaften. Wie weise war Mathäu« Reinhardt? Man sollte jene schönen und denkwürdigen War, te: Man gewinnt viel, wenn man zur rechten Zeit nachzuqeben weis? mit goldnen Buchstaben an den Pallästen der Könige etngraben.

Doch wo relsst mich mein zu grosser Eifer hin? Zch will diesem Enthustaemu« für da« gemeine Wesen Einhalt thun, mit Ehrerbietung einen Schleier über die Handlungen der Gewaltigen werfen, welche die Vorsehung auf die Thronen der Welt gesezt hat. Wir wollen stillschweigend die Wege anderen, deren fie sich bedient, um je# ne Staattumwälzungen etnzuletken, wodurch die Reiche erniedrigt oder erhöhet werden; und wir wollen, ohne daß wir weiter ihre unerforschli# chen Ratschlüsse zu ergründen suchen, die Pallä, ste der Grossen verlassen, worin Ehrgeiz und Hoch, mut ihren Siz aufgeschlagen haben, und nach der Hütte de« Armen zurükkehren, wo Arbeit, samkeit und Tugend wohnen. Za, meine Drü, der, wir find sicher, beide dort zu finden. G »

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Der Biedermann, der so weislich Eintracht und gutes Verständnis mit denen zu erhalten wusste, mit welchen er zu lebe« genötigt war, liebte die Gefeze und kam ihnen durch seine eben so billige als rechlschafne'Handiungen zuvor. Er scheute nicht die Obrigkeit, die den Bise, wichtern so furchtbar ist, sondern er war ihr Unterthan und gehorsam. Seine anerkannte Redlichkeit, die ihm die Herzen Aller erwarb, war Ursach, daß man ihm gemeiniglich Sachen zu verwahren gab. Das Schiksal, das auf die Eräugnisse hienleden so viel Einfius hat, fügte es, daß einige Perso, neu, die er nicht kannte, einige« Geld «nd Wa, ren von allerhand Art bet ihm niederlegten. Der Ausgang bewies, daß diese Menschen Dtebsgefindel gewesen waren, daö seinen Raub ihm zum Aufheben gegeben hatte. Wir die Obrtg, kett diese Räuber ertappte, erfuhr sie von th, nen den Ort, wo sie diese Sache» verborgen hatten und bemächtigte sich derselben. Allein unser frommer Mttbruder war al« eine zu an, bichtige Seele bekannt, daher man denn nicht einmal den Verdacht auf ihn warf, der Hehler gewesen zu sein. Die Gerechtigkeit sah ein, baß b-se Buben seine- Treuherzigkeit gemt«,

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braucht hatten und verfuhr nicht gegen ihn. Doch dieser tugendhafte Handwerker erbot, sich au« seinem Vermögen di« ganze entwandt« Sumin« zu ersezeu, wovon jene Verworfne ihm nur einen Theil gebracht hatten. Heir diesem leidigen Vorfall ward er behutsamer und ver, schwendete seine Dleuste nicht mehr an Unbe, kannte.

Er war ein gewaltiger Elfter für sein Vater, land, welches er als seine Mutter ansah, für daü «r seine Kinder erzog; und da« er, so viel ihm sein Stand erlaubte, blühend zu machen befiis, sen war. Lte« sich ein unbesonnener Fremd«« voller Selbstgenügsamkeit einfallen, von «inigen Gebräuchen und Gewohnheiten des Landes mit Hohn zu sprechen, so wäre er, der sonst so sanft und so menschlich war, im Stande gewesen, sich mit dem Unbesonnenen zu schlagen, der so in den Tag hinein entschieden hatte. Bei allen Feuersbrünsten sah man diesen wakkrrn Bürger herbei eilen und wiewohl er es nicht nötig gehabt hätte, sich daselbst einzufinden, so war er doch immer einer der Ersten. Voll M«t «rgrtf er eine Leiter und erklimmte die Oerter, wo da« Feuer am heftigsten wütete. G 3

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Dort sahe man ihn, von Flammenwogen um» ringt, dir der Wind hin und her trieb, uner­ müdet die Glut löschen, di» brennbaren Ma» tertallen, die er erreichen konnte, wegreissen und da» in Brand stehende Gebäude retten. Hatte aber da» Feuer schon zu weite Fortschritte gethan, so schüzte er die benachbarten Gebäude und diente jedermann au» tugendhaften Grundsäzen und au» dem Eifer, seinem Vakeriande nüzltch zu sein. So viele Tugenden wurden durch eine Fröm­ migkeit ohne alle Heuchelei gekrönt; er harte sein Herz Gott hingegeben und au« diesem Quell stoffen all« die verdienstlichen Handlun, gen, wovon ich. eben mit Euch geredet habe. Nte war «in . Glaube brünstiger al» der seintge. Von allen uitsern heiligen Büchern la» er die Propheten und die Offenbarung Zohannt» mir dem mehrsten Fte!» und dem gröffren Vergnü­ gen, well er, wie er sagte, davon ganz und gar nicht» verstand. Er wünschte- daß die gan, ze Religion Gehetmni« sein möchte, um seinen Glauben desto besser zu üben. Seine Vernunft wusste er bermaassen gefangen zu nemen, daß «rüber da», wa« er gelesen hatte, nie Betrach­ tungen anstellte; nicht» war für Ihü unglaublich.

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Mit was für Andachtselfer haben wir ihn

an dieser heiligen Stäke allen unsern religiösen Ceremonien, mit der Demut eines Christen, der Aufmerksamkeit eines Schälers und der Zer, knirfchung eines Wiedergebornen beiwohnen sehn;

zur Vorbereitung auf die Lehren des Evange,

liums brachte tt, in unsre Tempel einen gelehrt, gen Geist und ein gehorsames Herz mit.

Er

gab nie zu, daß man während der Predigt mit

ihm sprach, er untersagte sichsogar den Gebrauch

des Tabak«, aus Besorgnis, daß, wenn er sich schneuzte, er den Faden unsre« Muerrtcht« verlie, ren möchte.

0! wie tadelte er jene Weltkinder, die nur In die Kirchen zu kommen scheinen, um auf den Chören und in den Stühlen Pracht und Puz zur

Schau zu legen, um zu sehn und gesehn zu wer, den, die immer zerstreut und mit ihren Gedan, ken fern von der heiligen Stäke sind, wohin ist» nur au« einem Ueberrest von Achtung gegen den

Wohlstand gehn. Ihn seiner Seit« sah man nie sich rühren,

sondern unbeweglich, die Augen auf den Geist,

lichen geheftet, schien er im Vorau« in voller Ver, zukknng alle Freuden de« himmlischen Zion« zu G 4

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schmekken und sich schon hienieden In den Strömen der Wonne zu berauschen, die o&iie. Aufhören für die Gläubigen fliessen und bereu fr jezt in der Fülle der Auserwählren geniesst.

Wenn er sich dem heiligen Altare näherte, um das Brod des Leben« zu empfahen, so ge, fchah da« immer mit Furcht und einem heiligen Schauder. Hrrt, sagte er, ich bin Staub und Asche und nicht wert, daß Du unter mein Dach etngehest. Und wenn er uom Genu« bet hochwürdigen Sakraments zurükkam, fühlte er sich gestärkt als wenn ein neuer Strahl der Gnade ihn erleuchtet hätte. Dies« Frömmigkeit, dieser blinde Glaube verfchqfte ihm jene uner­ schütterliche Seelenruhe, die er bis an sein En, de jti erhalten wusste. Dis an sein Ende? Za, meine Brüder! wa« einen Anfang hat, nimmt auch «In Ende. Nur das Wesen aller Wesen Ist stets fortdaurend, immer durch sich selbst bestehend und in alle Ewig, keit unveränderlich; hingegen mu« da« Gebot, da« seit dem unseligen Fast unser« ersten Vater« im Paradiese gegeben ward, gegen seine unglüklt, che Nachkommenschaft erfüllt werden. Unser helllge Handwerker sah den Tod sich nähern.

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Eine Krankheit war der Vorbote seiner Aust-,, fung und verkündigte ihm, daß er unfern seiner

Laufbahn sei.

Er wurde zusehende! schwächer,,

sein von Leiden mitgenommener Körper neigte

sich zum Hinsturz, aber seine Seele stüzte ihn

wie eine Säule, deren feste Maste ein sinkendes Gebäude aufrecht erhält. Ersah den Tod, ohne

ihn zu fürchten, da« Leben eine« Gerechten hatte den Tod eine« Diedergebornen vorbereitet. Wie

vielfältig demütigte er sich vor seinem Schöpfer ynd beseufzke seine Unvollkommenheit! Wie oft klagte er sich nicht böser Gedanken und sogar der kleinsten Fehltritte an! Wie oft bat er nichk Gott um Verzeihung, daß er mit Arbeiten eine Zeit verderbt habe, die er dem Gebet hätte wlbx

men sollen. Der Gott der Barmherzigkeit krön«

tc sein Aiisharren und stand ihm kräftiglich bet. In den äussersten Augenblikkcn, wo die Welt,

die Freunde, die Verwandte» und die Kunst de< rer, die dem Tode jede» Fushrett seine« Leben« streitig machten, ihm nicht mehr beistehn könn,

ten, sah er den Himmel offen.

Er glaubte bet

dem Liede der Engel und der Aeitesten in der Offenbarung zugegen zu fein, die ein ewige«

Halleluja singen.

Er verga« die Welt und seine

eigenen Schmerzen; schon auf Erden sing er ay

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ein Bürget de« Himmels zu werben unb auf dem Bette feiner Qualen stimmte er sein Sie« geslied an.

Was für eine Nachricht für die beunruhigte Stadt, als gegen Mittag eine Stimme auf den öffentlichen Märkten die Trauerworte er# schallen lies: Matthäus Reinhardt stirbt! Man läuft, drängt sich hinzu; das Volk stiesst In grossen Fluten um das Haus her zusammen, man vernimmt nichts als Klagen, Seufzen, Lechzen, Schluchzen und Weinen; jedermann nimmt an diesem Verlust Theil unb der Tod es# nes einzigen Mannes wird zur Landes# trauer. Der Zoll der Betrübnis, den man seinen Verdiensten entrichtete, jene Klagen, die man seiner Tugend brachte, das Jammmergeschrei derer, die, da sie ihn verloren, nicht mehrSchu# he bekommen zu binnen glaubten; alles das, was Namen, Eitelkeit und Ruhm angeht, sind Vorstellungen, deren wir uns entschlagen müs­ sen. Zch würde fürchten, wenn ich darüber mit Euch spräche, daß die leblosen Gebeine die# seS so bescheidnen Mannes sich wieder beseelen

und zu mir sagen möchten: Wie wagst du eö so

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viele leere Worte an dieser traurigen Grabsttte vorzubringen? Wie wagst dn eS, dich bei Loblvrü, chett auf mich zn verweilen, der ich stets den klein, sten Beifall abgelehnt habe? Stehst 6u an die« ser heiligen Stelle nnr, um demStolz der Leben, den zu schmeichle» und bae Andenken meine« eitlen Rufs bet ihnen wiederzuerwekken? Sagt Vir nicht der Ort, wo du stehst und dein Amt, daß du lalle diese Eitelkeiten zu Schanden machen sollst. Statte vielmehr den« ewigen anbetung«» würdigen Wesen lauten Dank ab, daß es mich befreiet hat von jenen irdischen Gütern und in sein himmlische« Freudenreich ausgenommen. Diesen Rat, meine Drüber, wollen wir 6t# folgen. Sein Tod lehre uns, daß die flüchtige Zeit unsere Tage und unsere Zahre hinweg# schwemmt, daß wir in Kurzem insgesamt nicht« al« Staub und Asche sind, baß alsdann das stolze Grabmal, worin der Hochmut der Menschen ihre Vernichtung zu überleben glaubt und der einfache Sarg, den die Last der Erde drükt, einerlei Wohnungen sind; daß mit dem Ende de« Le# den« alle die Unterschiede de« Range« und der Geburt «ufhören, woraus die Verblendung der schwachen Adanwkindrr so viel macht.

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Ihr Ungläubigen, die Ihr,einen profanen Blik m dies Heiltgthum zu werfe» wagt, zittert.

Indem Ihr dieses Grab seht! Der Glaube des frommen Manne«, der un« so viele Thräne» gekostet h«r, diene Euch zum Muster! Entsagt

Eurer stolzen Vernunft, ,bie Euch irre führt,

»einet die Einfall des Herzens. jenes Wie»

vergeben«» an,

die ihn rettet»,

jenes

Uijen, der sich viel damit wusste. daß er nichts verstand und. dennoch glaubte.

Ihr verstoktcn Christen, die Ihr durch den. ungestümen Strom dieses Jahrhunderts,

dahin gerissen werdet,

bedenket

den

Tod

eines Biedermanns, Hör flüchtige» Versuch»»,

gen widerstand,

um jezt eines dauerhaften

ßWS zu geniessen.

Ihr, die Ihr eben die

Bahn wgndelt- die her wallte, dessen Tugend

ich Euch geschildert habe, lasset Euch sein Del, spiel anfeuern, die viele erhabene Eigenschaften erachzuahmen, die er besessen hat.

Wisset und

behaltet es in einem seine» Herzen, daß! man sich

In allen Ständen auSzeichnen kann, und daß der Gottmensch nicht unter den Reichen sich die, jenigeu erkobr, die er zu Gehülfen tn seinen heft ligen Arbeiten zu erheben geruhte, sondern, daß

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er sie anker Len Hefen des Hebräischen Volks »affuchke.

Und Du In Thränen zerfliessende Familie, trokne Deine Zähren und beflekke nicht durch zu weit getriebne Klagen die Glorie dessen, der jczr zur Rechten des Vaters zwischen dem Sohp und dem heiligen Geist sizt; befolge die Del, spiele, wovon Du ein Zeuge gewesen bist und bereite Dich durch ein heiliges und ganz christli« ches Leben vor. Ihn wiederzusehn, wenn Dein Stündlein gekommen sein wird. Was mich aniangt, meine Brüder, der Ich der traurigen Pflicht, die mir oblag, ein Genüge geleistet habe, so sollt Zhr, nachdem ich die seltensten Tugenden gepriesen, die jeder, man bekannt und offenbar waren, so sollt Zhr, sag' ich, mich an dieser State Euch nicht mehr an das Andenken derer erinnern hören, die Zhr verlieret. Weit davon ent, sernt, mein heilige», Amr dadurch zu ent, weihen, daß ich Euch erdichtete Verdienste und Herzens , Eigenschaften schilderte, will ich, in der Sphäre meines, Priesterthums ver, schloffen und den Rest meiner htnsinkenden Kräfte der Heerte widmend, die mir an,

(

HO

)

vertrauet ist, mich auf da« Geschäft ein schränken, Einige unter Euch durch die schreklichen Dro, Hungen der göttlichen "Rache zu Boden zu schmettern und die andern durch die Worte de« Friedens und der Barmherzigkeit aufzurichten, damit, wenn auch dereinst mein Stündlein kömmt, ich vor meinen Richter hintreten und ihm sagen kann: Hie, HERR, bin ich und die, so Du mir anvertrauet hast.



Schreiben «int#

Schweizers «o eint»

Venerianifchen Nobile,

Mein Herr,

®«*'

1760.

Sie verlangen von mir zu wissen, was sich Neue« In Trutschland zutrügt? Da haben Sie Sich gar Übei adressirt. Ich bekümmre mich in meiner Abgeschiedenheit von der Weit wenig um die glünzenden Srraffenrüubereien der Heuti, gen Heiden; mein stärkster Umgang ist mir den Alten und ich schränke meine Neugier auf Nach, richten aus meinem Hause, meiner Küche und meinem Garten ein. Sie fragen mich sodann, ob ich die Verschwärung so vieler Monarchen zur Untecdcükkung eines Einzigen den Gesezen der natürlichen Billigkeit für gemts halte? Die« se Frag« lässt sich um so leichter beantworten,

da meine Abgeschledenheir von der Welt mich gegen die unersütkilche Rache der Untertyrannen sichert, die unser arkne« Europa beherrschen oder vielmehr verwüsten,

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Belieben Sie Sich zu erinnern, baß ich in einem freien Staate lebe, daß ich schon längst dessen Sitten und Gewohnheiten angenommen habe, daß ich mich nicht zu einer Verkappung

meiner Gedanken herablassen und jenen am Hofe üblichen Zargon sprechen kann , wo die Aufrichtigsten nur einen schwachen Theil ihrer Gesinnungen vorschimmern und erraten lassen. Zch antworte Ihnen mit der Freiheit einer Philosophen, der in der Welt ganz unabhängig und von aller Hofnung und Furcht frei ist. Wenn man behauptet, daß Kartouche samt seiner Bande unschulbigerwetse umgebracht worden ist, so kann man ebenfalls die Absicht Ihrer Politiker entschuldigen, welche die Skaa, ren einer Fürsten, dl« ihre Habgier und ihren Neid rege machen, unter sich theilen wollen. Wenn r« aber unumgänglich nötig war — wer, an Sie nicht zweifeln werben — daß die Justiz Rartouche'n nebst seinen Rottgesellen Hinrich, ten lies, um Mord, Diebstal und Raub zu ver, hindern und die öffentliche Sicherheit wieder herzustellen, so werden Sie Sich zu dem Gr, pLndnir genötigt sehn, daß diejenigen, die in ßlänzenbr« Posten dasselbe Verbrechen verüben.

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dlefelbe Strafe verdienen. 06 eine Rotte Räu­ ber von gemeiner Herkunft einige Mordtha, ten begeht und einige Privatpersonen plün, drrt oder ob ein mir den erhabensten Namen aufgeschmükteS Bündnis sich vorgenommen hat, Europa durch Krieg jw verheeren, um einen Fürsten seiner Staaten zu berauben, der auf keine andre Unterstüzung als auf seine eigne Kräfte zählen kann — ist das nicht einerlei? Findet sich ja noch «in Unterschied, so ist e« der, baß die Handlung jener Politiker, weil sie von grösserm Belang ist, am so schreklicher wird, da die durch sie entstehenden Unglüksfälle und De, drängntffe nicht einzelne Personen und Familien, sondern ganze Nationen treffen.

Ohne Zweifel würde Rartouche, wenn er sich an der Stelle jener Leute befunden hätte, die ganz Europa gegen eine einzige Macht em, pören, sich nicht anders wie sie benommen ha, den. Wenn man seine Maasregeln mit denen von Ihren Politikern vergleicht, so findet man darin dasselbe Verhalten, den Gebrauch derftl, ben Mittel und einen gleichen Zwek. Rartouche, der sich zu schwach fühlte, grosse Räubereien zu unrernrmen, verband sich mit einer gewissen H »

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Anzahl Von Bösewichtern, mit Elende«, die tief in Schulden (testen und wie er, dem Rado und dem Galgen hundertmal entwischt waren. Ihre Minister bedienten sich der Bestechung und Kunstgriffe an allen Europäischen Höfe», um Genossen ihrer Verbrechen zu haben. Sie versichern: "daß die Prise gut sein wird:" *) versprechen andern Theil an der Deute, kurz, durch Aufregung des Ehrgeizes und EigennuzeS bringen sie endlich jene Verschwörung zu Stan« de, die für Europens Ruhe so nachthetlig ist.

Rartouche machte den Entwurf mit seiner Bande Reisende zu überfallen, die dessen nicht gewärtig waren, Häuser zu erbrechen, um st« zu plündern und die darin befindlichen Retchthü, mer mitjunemen. Die Ligue, von der Sie spre, chen, will mit aller möglichen Sicherheit die Staaten eines grossen Fürsten plündern, aus, saugen, verheeren, ja ihn , wo möglich, de, ren berauben. Dies «st sich völlig gleiche Viel

•) Dieser zierliche Ausdnik stehr i» einet nach ' St. Petersburg gesandte» Depesche de- Gr«, -sm Brühl, diei»den RechtfertigiiligSl, schiften abgedrutt ist.

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Müssiggang, schlechte Oekonornie, ungezähmm Eigennuz, kur», unselige Bergessenhrit der Tu« gend und jeder rechkschafnen Gesinnung, trl«, Len RartoucHe'n tu seinen Unrernemungen. Schliessen Sie hlerauö, daß ähnliche schlechte Handlungen dieselben Quellen haben müssen und daß sie nur aus einer beweinrnswürhtge« Verderbtheit des Herzens und einem höchst un« richtigen Degrlf vom wahren Ruhm entsprin« gen können.

Aber hier erhebt sich eine ganz andre Frage: Sind die Grossen und die Potentaten verpsiich, tet, sich in allen , ihren Handlungen streng nach den Gesezen zu richten, welche die Sicher« Heil der bürgerlichen Gesellschaft ausmachen? Oder giebt es Fälle, wo der Vortheil ihrer Staaten oder grosse politische Aussichten sie dae von loszShlrn sinnen? Fragen Sie Machtaveil'n um Rat, st werden Sie von ihm hiren, daß all« Mittel gut und rechtmässig sind, wofern sie das Inter resse und den Ehrgeiz der Fürsten befördern. So lautete die Moral der Bösewichter und diese Maxime lst um so abscheulicher, da, wenn alle

Kürsten sie in Ausübung brächten, es besser wir H s

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te in Gesellschaft der Tiger, Panther und Li,

wen zu leben, als unter Menschen, die so Han» Helten. Wollen Sie den Hugo GrotluS auf, schlagen, so werden Sie finden, daß dieser wei, se und gelehrte Zurtst für alle Menschen nur Eine Tugend und Eine Moral statusrt, well die Handlungen an und für sich selbst entweder gut oder schlecht sind und weil die Personen, die sie begehn, deren Eigenschaft und Natur nlcht ver­ ändern. Zn seinem Staaterechte breitet er sich über die verschiednen Anlässe des Krieges Mit der grifften Genauigkeit aus, würdigt sie alte nach ihren« gehörigen Wert und zeigt, worin

die rechtmässigen und die bestehn, die dies nicht sind. Da Sie Sich so lange In Teutschland auf, gehalten und jenes vortrefliche Werk ganz beson, ders studiert haben, so kann icht es überhoben fein, Ihnen diese Stellen abzuschreiben. So, nach giebt ee für alle Menschen nur Eine Tugend und Eine Gerechtigkeit, deren Vorschriften zu erfüllen in der That Niemand entübrigt sein kann. Ueberdies müssten Souveräns um so eher schlechte Handlungen vermeiden, da sie zu

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besorgen haben, daß, wenn diese Gewohnheit allgemein würde, sie durch das Recht.der Wie« derver-eltung mehr leiden würden als Privat, Personen.

Aber sagen Sie, woher kätnmt eS, daß Handlungen, die im Grunde dieselben sind, vom Publikum so verschieden ausgenommen werden? Weshalb rädert man Rartouche'n auf dem if, fentltchen Rlchtplaz und warum überhäuft man die Politiker, die nach denselben Grundsäjen gehandelt haben, mit Lobsprüchen? Da« kämmt ans einem lächerlichen Borurtheil, dem zufolge man Räubereien für ehrlos und Eroberungen für glänzende Thaten hält. Inzwischen wird Rartouche der Held eine« epischen Gedicht«, weil er sich ln seinem Fache hervorgethan hat, und wurde Alberont gelobt, .so geschah «S mehr wegen seine« Kopf« al« wegen seines Her, zens. Dieser Mann hattet» weit gehende Pka, ne, baß unser feste« Land ihm viel zu begränzt schien und daß sein unruhiger und aufrührlscher Geist noch andrer Welten zum Umsturz der un» srtgen bedurfte. Da« Publikum hat seine gros, sen Entwürfe, wodurch «S geblendet wurde, ge, lvbt, aber von Niemand lst er als Muster H 4

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««geführt worden; und zuverlässig ist der En« thusiasinuö, den seine grosse Absichten für ihn bewirkt hatten, völlig von dem Abscheu überwo« gen worden, den man gegen seinen Ehrgeiz uttb seinen Karakter hegte. Nur tugendhafte Handlungen machen dis Menschen unsterblich; Mkttingslob, Moderuf Lauern nur eine Zeitlang: er geht ihnen wie den mittelmässigen Bildsäulen, die nur Unwissenden gefallen können, allein, wenn man sie neben die Arbeiten grosser Meister stellt, ist eS damit vorbei. Unter der unzältgrn Menge von Schmeicheleien, womit man von jeher Staats« beamce überhäuft hat, unter den unzäiigen und übertrtebuen Lobsprüche«, welche die Redner und Dichter in allen Jahrhunderte« ihren Be« schüzern gezollt haben, giebt «S keinen, der an die Worte reicht, welche Kato'n auf immer Ehre machen: Dem Cäsar sind dir Görrer

Doch Karo folget dem Ponrpej. *)

Es scheint, daß die Sache des Senats mtd des berühmten Römers, der sie vertheidigte, nur

') Vittrix Mwjfl Düs ptacuit, fid viclz Cmoiü.

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(n so fern gerecht war, al« sich Rats für sie erklärte. Die« ist eine Art von Lob, wonach, wie zam Wohl der Menschheit zu wünschen wäre, alle Minister und Staatsbeamte streben sollten. Sie werden mir etnräumen, mein Zerr­ baß man, um so zu denken, bei einem glüklt« chen Naturell mit Liebe für den wahren Ruhm geboren sein, Seelrnadel und jene« Ehrgefühl hab«« mu«, weiche« in den blühenden Zeiten der Republik die reichhaltigen Quellen waren, toor/ au« jenen grosherzigen Männern wahrer Herolss muazufik-mte. Allein-sobaldchieRbsyer mit ihre» «dien Einfalk ihre Unschuld verloren, al« Sei« p io Karthago überwunden und Ma reell Kor rinth unterjocht hatte, schien e«, al« ob der Ka, raster dieser Ueberwinder sich änderte; auSg« zeichnete Tugenden wurden selten; mit den Reichthümern der Ueberwundnen kamen alle ih, re Laster nach Rom. Man musste Geld haben, um Aemter zu bekommen und da« Volk zu be, stechen. Tugendhaft zu sein reichte nicht hin, man muffte für reich gehalten werden. Eigen» uuz, diese« niedrige und schändliche Laster, warb ein beinahe allgemeine« Uebel. Der Luxus, die Liebs zu auSnemendem Aufwand, die Bee

glerde, sich durch kostbare Ekipagen und eine iek,

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kre Tafel Achtung zu erwerben, gewann die Oberhand und persönliches Interesse besiegte

die Liebe zum Vaterlande und zum wahre« Ruhm. Delk der Zeit findet man selten itt den Beratschlagungen de« Senat« Beispiele sei» ne« alten Edelmut«, und statt jener Seelen» griffe, welche diese Versammlung in den Auge» fremder Nationen so ehrwürdig gemacht hatte, war eben dieser Senat bet seinem, eifrigen Stre« hen, über den ganzen Erdboden zu herrschen, ln der Wahl der Mittel, die zu seiner Vergrös» srrung bienen könn?«", nicht mehr bedenklich. Die Wirkungen dieser Sitr7Nverdecbni« zeigten sich

in den Kriegen, welche die Römer mit Perseu«, gegen die-Aetolter, gegen Anttochu« und endlich gegen Jugurtha'rr führten.

Wa« sich da« mal in Rom zutrug, sieht zu unsrer Zeit In Europa. Die schlechten ten des Jahrhunderts sind fast allgemein. vatpersonen nemen sie in die grossen Aemter

man Site Pri« hin»

über, zu denen sie gelangen und nach eben die, fen Grundsäzen leiten sie die Angelegenheiten der Souveräns und ihre eignen. Ich glaube, mein 'Zerr, Ihnen über es#

wen Gemeinplaz genug gesagt zn haben.

Au«

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dem Briefe, den ich Ihnen zu schreiben gedach, te, ist fast eine Abhandlung geworden. Viel,

leicht finde» Sie die Vergleichung mit Rartou» che jii stark, inzwischen werden Sie doch einrLu, men müssen, daß sie richtig ist. Ich wünschte, daß alle jene ehrgeizigen und incenssirten Men» schen, alle jene Land, und Leute, Verderber wel, che unser arme« Kontinent so unbarmherzig ver, wüsten, wenigsten« einsehn lernen, daß ihre Bosheit sie in den Augen der billigen Nachwelt nicht achtenswert machen und daß der Ausspruch der künftigen Jahrhunderte nicht günstiger sein wird al« der, den Sie mich haben wagen lassen. Da« Unheil, da« diese berühmten Disewlchter verüben, reicht nicht bi« zu meiner friedlichen Hütte hin; alle jene tragische, blutige Erälrgnifi ft dienen mir zum Schauspiel. Europa ist für mich eine Zauberlaterne, ich neme an jenen Er» fcheinungen nur au« Menschlichkeit Theil. Ich wünschte, daß man jenen Mordthaten, Blut, bädern und Greueln, vor denen der Natur schaudert, ein Ende machte und bedächte, daß unser arme«, vom Tode auf so vielerlei Art um, lagerte« Geschlecht, nicht der Bosheit einiger gallsüchtiger Politiker bedarf, um seine ZerstS, rung zu beschleunigen. Kurz, ich wünscht^

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daß die Herren der Welt vernünftig «nd «sie Menschen glütiich wären.

DaS sind Visionen, werden Sie sagen, wie Plato in seiner Republik vorlegt; »der viel­ leicht denken Sie von mir, wae man vom ver, storbnenAbbL de Saint Pierre sagte: daß daß er wie «In Biedermann träume. Ich bi» Ihnen dafür sehr verbunden und will lieber wie ein Biedermann träumen als mich durch Hand, langen «ine« Dbsewichts strafbar machen.

Und so mehr den» qenug! Ich fühle, daß ich in den meinem Alker gewbhnltchen Fehler falle; Sie haben mich einmal tu Gang gebracht und ich hab« nur »u, viel geschwazk. Die« wer, den Sie mir hoffentlich In Rüksicht der Ach,

tung verteihen, mit der ich di» u. s. w.

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Schreiben eines

Preusslschen Officierr

an einen seiner Freunde in Berlin.

titeln Herr,

Miessen Sie es nur unsrer Unthätlgkeit bei, wenn Sie feit so geraumer Zelt keine Nachrich, ten von uns erhalten haben. Unsre Armee Ist tn diesem Zahre so müssig, als thätig sie In dm vorigen gewesen war. Jezt machen wir den dritten Marsch; wir haben den Ossa verlassen, um auf den Pelion zu klimmen; wofern wir nicht unser Lager auf dem Kaukasus «lernen, (innen wir nicht höher stehn. Sie haben sehr Recht, mein Herr, baß Sie der Meinung sind, die Kriegskunst könne man nicht aus Büchern lernen. Dies hat seine vollksmmne Richtigkeit; denn in den vor!« gen Jahrhunderten, diesen Zeiten der Ungeschlis, fenheit und Ignoranz, belagerte man Städte und glaubte schon viel gethan zu haben. Sehn Sie wie man in Allem weiter raffinirt, jezt be» lagert man ganze Provinzen. Die Oestreicher und Russen behaupten, eine Cirkumvallationsli, nie um Schlesien gezogen zu haben. Zn der Nacht vom elften zum zwölften hat der Mar,

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schall Daun den Laufgraben vor dieser Provinz Ssnen lassen. Seine erste Parallelle fingt von Derbergen an und erstrekt sich 6(6 nach Stein, kirchen; er hat aus dem Berge bet Marklissa et« »^Batterie von achtzig Kanonen und Laudon eine Rikoschetbatterte aus den Anhöhen von Lau, ban ausgeführt. Uns« Artilleristen schmeicheln sich zwar, daß mati sie sobald nicht wird demon, tiren können; allein ich beklage ihre Sicherheit; die guten Leutchen sind verblendet. Von Mark, lissa bl» zu Liebenthal, wo unsre Armee steht, sind nicht mehr wie drei Meste»; bedenken Sie nun selbst, was da« feindliche Geschüz für eine Wirkung thun wird.

Von unsrer Seite trift man alle zu einer nachdrükiichen Vertheidigung gewöhnlichen Vor, bereitungen; der gemeine Mann spielt Komö, die, der Officier amüsirt sich, unstreitig wird man daher bald aus dir Verfertigung von Fa, schinen und Schanzkörben bedacht lein. Ei» Genueser, ein verständiger und geschtkter Mann, hat sich anheischig gemacht, unsre Minen unter die Batterien der Femde hinzuleiten, um deren sämmtliches Geschüz in dir Lust zu sprengen. Durch seinen Fiei« hoste er e« so weit zu btlm gen, daß feine Minen im December der Jahre« 176a

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"y

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r?6o sinnen geladen werden. Da« würde hin, länglich früh fein, denn nach dem gewöhnlichen Belagerungskalkul, wenn man sich nach den ge, lehrten Berechnungen de« berühmten Vauban richtet, kommen die Oestrelcher, wenn sie a sage t,o/a»r- arbeiten, nicht eher al« Im März 1761 am Fus unser« Glacl« an, rükken sie aber mit bedekter Sappe an, so werden sich Ihre Arbei, ten bl« in den September desselben Zahre« hl», »lehn. Ausser den Soldaten, deren sich der Graf Daun bedient, sind täglich funsiehnhundert Dauern mit tret Vollendung seiner ersten Pa, ralleie beschäftigt. Mehr kann Ich Ihnen nicht sagen. Der Anfang einer Belagerung ist gemeiniglich nicht ergiebig an Neuigkeiten; aber gedulden Sie Sieh nur, mein Herr, Sie sollen beim War, ten nicht« verlieren. Sie lieben das Sonderbar re, e« ist billig, baß Ich Sie nach Ihrem Ge, schmak bediene: ich verspreche Ihnen sehr auf,

serordeutUche Vorfälle. Die Kriegskunst ist bi« zum höchsten Punkt der Vollkommenheit ge, bracht worben; man hat die Kanonen, die Der,

ge, von ab. II,

mit Einem Worte Alle« vervollkommnet, den Mauleseln an bi« -u den Panduren her, Wenn die Türenne, die Moutekukn, die Eugene aus den Einfall gerieten. In Ä

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unfern Tagen wieder aufzuerstehn, so würben sie kaum für alle Radoteurs gelten. Einig« wunderliche Köpfe, die hartnäkkigen Alterthums, Verfechter, Leute, die fest auf ihrer Meinung bleiben, werden dies vielleicht nicht einräumen, aber daran mus man sich nicht kehren. Neuheit macht das Verdienst der Moden, warum sollt« es nicht auch den Ruf der Kriegsmänner machen? Erlauben Sie, mein Herr, daß ich Sie »er# lassen und meine Pflicht erfüllen darf. Ich hab« jezt die;«««• bei dem grossen Reflexion-tubus, um die Arbeiten unsrer Feinde zu beobachten; man sollte unser Lager für ein Observatorium ansehn. Mars und Venus sind nicht mehr von den Astro, nvmen befernglast worden, als bas Oestreichsche Lager es von unsern Officleten wird. Es vergeht kein Tag, wo nicht zweihundert Sehröhre ge# gen Marklissa und Lauban gerichtet werden. Wohl den Leuten, die nichts zu beobachten haben und in deren Augen der lezk erschienen« Komet so gleichgültig ist wie die Laudon«, dl« Daune und die Fermorö. Geniessen Sie dieser Ruhe, mein Herr, in Ihrer fried­ lichen Wohnung und geruhen Sie Sich von

Zeit zu Zeit Ihres Korrespondenten bei der Ar« rnee zu erinnern. Ich habe die Ehre zu sein u. s. w.

IO,

Schreiben eines

Oefireichischen- 'Feldpaters an de»

ehrwürdigen Pater Superior

»eß

FranjiskanerklosterS zu Frankfurt am Main, worin man findet, mit was für Arglift und Geftthrde und durch welche ftrüfliche Mittel

der König von Preussen di»

Schlachten bei Liegnir und Torgau gewonnen har.

T 7 6 Q»

TVohlehrwürdiger Vater, Ew

N)ohlehrwürden

habe« vollkommen

Recht, wenn Sie Sich über die beiden Schlach, »en nicht wenig wundern, die der König von Preussen während dieses Feldzug« gewonnen hat und wodurch nicht nur alle Projekte seiner Feiude zu Grunde gerichtet worden sind, sondern die auch den Versicherungen, welch» der Wiener Hof allen Europäischen Höfen gegeben hat, te, einen lächerlichen Anstrich -u leihen scheinen. Ew. Wohlehrwürdcn ist es nicht unbe, kannt, daß jener Hof, wie der Bönig von Preussen die Belagerung von Dresden auf­ gab, um Schlesien zu befreien, zu Bersq, tlle«, Warschau und Petersburg erklä, ren lies: vor Ausgang Zuli würde gar keine Preussisch« Armee mehr vorhanden sein und

dem Könige von Preussen nicht« weiter übrig bleiben, als sich ist M a g d e b u r g elnzuschlleffen, oder"sich zu Stade etnzuschiffen, um nach Leu, don zu gehen.

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Ueberall, woOestreichische Gesandten wa, ren, führte man dieselbe Sprache, zu Madrid, znT urin, zu Neapel. Man wollte dem Pub, likum sogar die Freude machen, ihm diese grosse Neuigkeit zum voran« zu melden; man berichtete durch die Zeitungen, es sei unmöglich, daß der König von Preussen, den vier Armeen um, ringtcn, in Schlesien eindringen könnte und er müsse unumgänglich unter den vielen Feinden erliegen, die ihn umgäben. Diese vier Armeen waren dtp vom Feldmarschall Daun und die drei vrrschiednengrossen Korps der Generale La, fei, Laudon und Dek. Zu diesen vier Ar, meen hätte man noch eine fünfte können stosse« lassen, die Russische, di« bet Glogau stand.

Der König von Preussen sah recht gut ein, wie äusserst mislich die Lage war, worin er sich befand; er hatte, — dies ist ein ausgemachtes, bekanntes Faktum, — nur fünfunddreissigtausend Mann bet sich, die durch neunzigtausend Pest, reicher von allen Seiten her gedrängt wurden. Man gab zwar In allen Wiener, und Reichs, Zeitungen die Anzahl der Lezt^n weit höher an, aber, der strengen Wahrheit gemäs, hatten sie

nicht mehr als neunzigtausend Mann.

In dieser so kritischen Situation glaubte jener Fürst nicht, daß alle die Hülfsquellen, die er so ost in seinem Genie und in seiner Festmüligkeit gefunden hat, ihn aus einer solchen -Verlegen­ heit würden retten können, ec beschloß daher auf Kosten seines ewige» Heils und seiner See­ lenruhe sich aus derselben zu zieh». Wir haben zu Wien durch den Brief seines ersten Feldpre« dtgers, der von unsren Husaren aufgefangen wurde, die Fakta erfahren, die ich Ew. Wohlehrwürden vorlegen will. AuS diesem Dries nun, der an einen Pro­ fessor teS Joachimsthalischen Gymnasium« zu Berlin geschrieben ist, erhellet, baß -er Bönig in einer kleinen Stadt bei Lieg»tz ei, nen Mann antraf, den man für einen Philoso­ phen auSgab, der aber im Grund« weiter nichts war als ein gefärlicher Zauberer. Man verfi, chert sogar, daß dieser Mensch ein Mitarbeiter an der Encyclopedie sei und den Artikel Magie in diesem höllischen Buche verfertigt habe. Den Fürsten erfreute diese Entdekkung und er fragte, ungeachtet der gottseligen Ermahnungen seines Seelsorgers, dieses Werkzeug B e e l z e b u b' s um Rat. Die Antwort, die er von ihm bekam, war folgender

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Sire, ein« Macht die unbeschränkt und grösser ist denn alle menschliche Kräfte, verstattet nicht, daß Sie je# mal« den Marschall Daun überredn# den können. Er ist gegen alle Zhre Listen geborgen «nd die heftigstenAiu griffe Ihrer Armee vermögen nicht« gegen den geweihten Hut und Degen« die ihm der Qberprtester zu Rom ver# ehret Hatz, Aber es giebt ein ander« Mittel, Sich aus der Klemme zu zieh»worin Sie Sich befinde». Sobald S'e nicht mehr wider den General fechten, der unter dem Päbstltchen Hauptschmuk und Waffen unüber# windlicher ist, al« ehmals Achill unter Vulka ns Rüstung, so wird der Bristaud der Hölle Ihnen ersprleSlich sein können. Beelzebub gewährt Jh, nen den Sieg, allein dieser Oberste der Teufel gleicht den Finanziers und den Opertstinnen, für nichts thut er auch nichts. Sie müssen also dem Herkommen gemäs, ein Paktum mit ihm auf,richten, worin Sie ihm Jh, ren Leib und Ihre Seele nach Ahrem

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Lode zu eigen geben. Sie willen, Sire, daß der berühmte Marschall de Luxemburg alle die grossen Sie» ge, die er davon trug, nur einem Lhn, lichen Paktum zu verdanken hatt« und daß man ihm, mitten unter dem glänzenden Hof Ludwig'« XIV. und In diesem so gepriesnen und so philoe phische» Jahrhunderte, al« einem Zaubrer, den ProzeS macht«, warum sollten Sie Sich denn scheuen, diesen grossem Manne nachzuqhmen? Dem Rönig fiel der Vorschlag des Magiers auf. Da ihn die Furcht, die ihm vordemTeu, fei von jeher anhing, ergrif, so konnte er sich nicht entschliessen, das Paktum einzugehn, das man ihm vorschlug. Wofern es, antwortete er, kein andre- Mitteb zu siegen gäbe, als in di« Hölle zu fahren, so schiene ihm die« weit schwie« tiger, ja sogar unmöglicher al« diejenigen, de« ren er sich bisher bedient habe, um seine Felndg so oft zu schlagen.

Nun gut, erwiderte der gefärliche PHK losoph, Sie können vom Beelzebub hoch Nuzen ztehn, wenn Sie ihm I f

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zwanzig Personen geben, von denen Sie Herr sind. Wir wollen distinguiren, versezke der Bönig; verstehn Sie unter denjenl« gen, worüber ich Herr bin, meine Unterthanen, so hab' ich mich immer bestrebt, sie so zu be­ handeln, wie ein Vater seine Kinder und ich werde zuverlässig nie Einen von ihnen dem Teu­ fel Preis geben; will sich aber D reiz eb ub mir einigen fremden Mönchen begnügen, die sich in meinen Staaten befinden, so will thm zwanzig Schlesisch« Jesuiten geben. Er mag sie in der andern Welt neben Jean Chatel, Gut, gnard, Malagrida und die übrigen Zesuiteii stellen, die Könige ermordet haben.

Recht sehr gut, antwortete der Phils« soph, Beelzebub ist zufrieden, wenn nur die Unterthanen seines Reichs sich vermehren, dies mag nun gesche, hen, auf was für Art es will.

Darauf recltlrte dieser Zaubrer den Anfang des Kapitels von Locke gegen die angebörnen Ideen und bei der Ablesung dleseü so höllischen Werks erschien sofort der Teufel und sagte zum Lönige: Ich bin mitDeinem Geschenk zufrieden, geh und greif Laudon an.

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Du wirst den Sieg davon tragen, so

brav und erfahren auch dieser Gene» ral ist. Ich will Deinen Truppen Mut geben und Du sollst die sprüchwirtli» che Redensart: Sie haben sich geschla,

gen

wie die

Teufel!

buchstäblich In

Erfüllung gehn s«hn.

Ew. Hochehrwürden ist da» Welkere von

dieser verhassten Begebenheit bekannt. Der So* lüg schlug den General Laudon und trug einen

Sieg davon,

der ganz Schlesien

befreite.

Der Wtener>Hof erfuhr wenige Tage nachher durch den aufgefangnen Brief, dessen ich gegen Sie oberwärtS erwähnt habe, die Ursachen die,

ses Sieges, aber nach der schonenden und anstän, digen Art, die er immer in den Schriften beobach, tet hat, welche er gegen diesen Fürsten publiziren

lassen, begnügte er sich in die Zeilungen cinzu,

rükken: der Rönig von Preussen verdanke sei,

ncn Sieg der Nachricht, die ihm ein sicherer Of> fielet gebracht, welcher die Oestreichische Ar« mee verlassen gehabt hätte.

DieserOfficier nun

ist nie namkündig gemacht worden und man har

ihn nur immer unbestimmt bezeichnet; um ihn deutlicher anzugeben,

hätte der wiener Hof

den Teufel nennen müssen.

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Nachdem der Röntg von Preussen durch den von der Hölle erhairnen Beistand so grossen Vortheil erhalten hakte, war er darauf bedacht, den Magier, der ihm denselben verschaft, in seine Dienste zu zieh». Da er wusste, daß die Philosophen die Länder lieben, wo sie Las geniest sen können, was sie anständige Stube nein neu, so versicherte er diesem arge» Menschen: Wofern Sie die göttlichen und menschlichen @e# seze achten nnd neuen die Fürsten, sonne gegelt diejenigen, die deren Feinde sind, stets die Ehr, erbirtung -ussern, welche man aekrönten Hä'.ip, ttr» schuldig ist, sollen Sie nie verbrant werden, wie die Zude» in Portugal und Spanien, »och in die Zuguisstion gebracht, wie Gatt, 1 e Mn Italien, wenn Sie auch sogar behaupte, len: die Päpste hätten unterweilen nakkende Mädchen vor sich tanzen lassen, um Ihre me# lancholische Heiligkeit aufzuheitern. *)

♦) Ein Augenzeuge, der Ceremom'emneister bet Papstes Alexander VI, lässt sich über diese Päpstlichen Lustbarkeiten solgendermaaffen aus: „Derwichnen Sonntag im Monat Oktober spei, •Jten fünfzig von denen rechtlichen Franenzim, „mern, die man Kurtisane» nennt, bei „dem Duca de Dalentinoi« in seinem »Apartement auf dem Apostolischen P allaste.

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Durch Hülfe seines Magiers also verhini drrte der Lönig von Preussen, der seinen

..Nach dem Mahle fangen nnd tanzten sie, erst »angelegen, dann ganz oakkend mit den Do„mestiken und Gästen des Duca. Man feite „viele keuchter mit grossen Wachslichtern auf „die Erde und streute vor die Leuchter Kasta« »nie» hin, welche diese nakten Kurtisanen, die „auf Händen und Füssen zwischen den Leuch„lern durchgingen, ausheben.musste». „Der Papst, der Duca und dessen Schwe­ rster Lukrezia wohnten Vieser Lustbarkeit „bei. Eiibllch-legte man seibne Stoffe, kost.' „bare Fusbehörden und viele andre Geschenke „für diejenigen hin, welche die mehresten von „diesen Kurtisanen erkennen würden. Ditt „geschah in Gegenwart aller Anwesenden, die „als Richter der verliebten Zweikämpfe denen „den Preis ertheilte», die sich am ritterlichsten „gehalten hatten." Ich habe die Lateinische» Ausdrükke gemildert; hier ist das Original: „Dominica „ultima menfis Octobris in fero fecerunt coe» „nam cum Duce Valentinen!!, in Camera fua „in Palatio Apoftolico, quinquaginta meretri« „ces honeftae, Cortefianae nuncupatae, quae „poft coenatn chorearunt cum fervitoribus, „& aliis ibidem exiftentibus; primo in vefti« „bus suis, deinde nudae. Poft coenam po« „fite fuerunt candelabra communia menfae „cum candelii ardentibus, & projeäae ante

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r'4-

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Slegnuzte, den Marschall Daun Schweidnitz zu belagern und trieb ihn in die Gebirge zurük. „candelabra per terram castaneae, quas mere„trices ipfae super manibus & pedibus nudae „candelabra pertrarifeuntes colligebant, PA„PA & Duce & Lucretia forore praefeneibus „& afpicientibua: tandem expofita dona ul„tima, diploides de ferico, paria caligarum, „bireta & ai(a, pro illis, qui plures dictas me„retrices cetnelker agnofeerent: quae fuerunt „ibidem in aula publice carnaliter tractatae ar„bitrio praefentium > & dona distributa victo« „ribus.” Spccimeu hifioriae aycanae five anscdotft de vita Papae Alexandri VI, feit excerpta ex Diario Joannis Burchardi Argentinenfis , Capellai Alexandri VI, Papae Clerici, cere• moniarum Magifiri, (P. 77)

So stark auch diese Lustpartie für den Statthalter der Gottheit auf Erden scheinen mag, so werden doch alle den­ kende Leute der Meinung fein, daß ein Römi­ scher Oberpriester, der nakkende Mädchen tan,en lasst, für das menschliche Geschlecht und alle die verschiednen bürgerliche» Gesellschaf­ ten weniger gefärlich ist, als ein Papst, der die Mörder der Könige beschult, der «§ übel nimmt, daß ein Fürst Leute bestrafen will, die ihm nach dem Leben getrachtet habe», der ei­ tlen ehrwürdige» Senat insultirt, der Rebel,

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Dieser General befand sich daselbst gar übel, als der Einbruch der Nüsse» tn der Mark Brau, denburg und da« zu diesen Truppen stossende Korps Oest-retcher unter dem General Lasey den König nötigte, seinen Kurstaaten zur Hül, len durch die Finger sieht und sie gegen ihren rechtmässigen Souverän begünstigt; der, weit entfernt über einen Krieg zu seufzen, wodurch in Europa so vieles Blut vergossen wird, demselben Nahrung giebt und ihn unterhält, der den Fürsten Hohn spricht, die sich von feie per Kirche getrennt haben, der sie gegen den Christ»Katholischen Glauben erbittert und Christliche» Generale», um mjt andern Chrsi sten Krieg zu führen, eben die religiösen Uu< reescheidungszeichen giebt, welche denen ausbehalten sind, die mit de» Türke» Krieg führen. Ei» einziger Oberpriestcr der Art thut dem menschlichen Geschlechte mehr Scha­ den als alle Päpste, die bis je gelebt habe« und in den künftigen Jahrhunderten lebe» kön­ nen, wen» sie zweimal des Tages nakkende Kurtisanen tanzen, sie auf Hände» und Fiisi sen gehn und Kastanien aufheben liessen. Den heiligen Geist mus es zwar sehr befremden zir sehe», wie sein Rüstzeug und der Mund, durch den er spricht, qninqnaginta meretricei honeftas in pmii naturalibifs UM sich her springen lässtAnmerkung des Herausgebers.

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fe zu fliegen. Dadurch ,roatb denn bet Mat, schall Daun frei. Der Röntg von Preussen befand fich in Neuen, beinahe unüberwindlichen Schwlerigkei, ten; et musste mehr denn achtzig Meilen In er, staunlichet Schnelligkeit zurükiegen. Wie könn, te er dies bewerkstelligen, da ihm der Marschall DauN folgte, der ihn auf seinem ganzen Wege harseliren und ihn mit einer Armee, die viel be» trächtllcher war als die Preussische, Halt zu machen nöthigen konnte?

Der Teufel hatte an diesem Marsch, den die Preussen und Ihre Anhänger so rühmen,

ebenfalls Antheil. Deeizebüb ward von neu, em angerufen > er kam dem Röntge zur Hülfe und lies um Ihn aus diesem üblen Spiele zu zlehn, viele Legionen kleiner Teufel aus der Hölle her, aufstelgen. Zeder von ihnen ward mit einem Blasebalg versehen, sie stellten sich hinter die Soldaten und Leztere wurden von ihnen so schnell fortgetrieben, wie Schiffe, die den Wind hinter sich haben.

Dleö ist uns von Römisch , Katholischen, Apostolischen Deserteurs entdekt worden. Sie warm zu stark angeweht worden, hatten dadurch die

dk Kolik bekommen und nur mehr denn zugut eingesehen, daß diese Geschwindigkeit ein Werk des Teusele sei» Die Nachricht, daß der König von Preus­ sen sich nähere, nötigte die Russen und Oe st, reicher das Brandenburgische ju ver, lassen» Ais dieser Fürst unterwegs den Nükjug seiner Feinde erfuhr, marschirke er in Sachsen. Kaum war er daselbst, als die Reichsarme« und das Korps Wirremberger sich zum Rükzug genötigt sahen» Sie konnten schlechterdings den Schwefelgeruch nicht, aushalten, der von den Preussischen Truppen ausging. Die Ee, eueinschaft, welche sie unterwegs mit den Teufeln gehabt, die sie weggebiasen halten, gab ihrer Physiognomie so etwas Höllisches, daß die beiden Armeen, die sieben Monate lang mit der Eroberung vonSachsen zugebrachk hatten, In weniger denn fünf Tagen durch eine Hand voll kezrischer Husaren aus diesem Lande verjagt wur, den. Unstreitig waren Teufel in ihre Leiber gei fahren, daher würde ee sich für die heiligen Trup, pen der Bischöfe von Mainz, Trier, Köln und Bamberg nicht geschikt haben, sich mit ihnen IM geringsten eiNjUiaffeNt »»» sunt mistend» .setra profanii.

Ä

(

i46

)

Wäre S a t a n a 6 mit seinen Blendwerken Nicht im Spiel gewesen, wer kann glauben, daß die Preussen der Relchsexekutionsarmee nicht nur hätten widerstehn, sondern sie sogar vor sich her jagen können, wie der Wind die Wolken. Man darf nur dir Tagebücher lesen, die man während sieben Monaten in allen Zeitungen von den Thae ten dieser furchtbaren Armee bekannt gemacht hat, und man wird sehen, ob die Franzosen unter dem grossen Conde und die braven O e st, reicher unter dem Prinzen Eugen jemals glorreichere Thaten verrichtet haben. Der Nükzug der Neichsarmee und deS Korps Wirtemberger überlies Sachsen's Vertheidigung einzig und allein den Oe streik chern; diese glaubten, das unangreifbare Lager okkupiren zu müssen, das sich unter der Stadt Torgau befindet und in dem der General Hülfen mit einer Handvoll Leute, den halben Feldzug hindurch der Reichsarmee, die mehr als fünfunbdreissigtausend Mann stark war, tap, fern Widerstand gethan hatte. Die Oestreicher, die recht gut wissen, baß der König von Preussen, wiewohl er ihr Feind, der Erste ist, der ihrem Mut Gerechtigkeit wi, »erfahren, lässt, erwarteten nicht,

daß dieser


56

)

würfen der Hille, jenen verstokten Kezern, je« nrn verabscheuungswürdigen Dissidenten zu be,

freien, die man von der Erde vertilgen sollte, so wie ihre Vertheidiger, die schtsmalischen

Russen, welche die Frechheit haben, den hei, Ilgen Geist nicht so aueqehn zu lassen, wie bi»

Kirche zu entscheiden für gut gefunden hat.

Wir Haffen mit heiligem Zngrim alle diejeni,

gen, die nicht so denken wie wir.

Unstreitig

war Euer grosser Prophet in eben der Gemüt«, stimmung und er würde unsre Feinde, wenn er

sie gekannt hätte, mit starker Hand von seiner schmalen Brükke in die Tiefe de« Abgrund« hin, abgestürzt haben.

Ah! sehr werter Better, wenn wir unsern Vortheil gehirig verstehn, müssen wir,

al«

Leute von einerlei Metier, un« jezr enger al« je

verbinden, um un« durch gemeinschaftliche An, strengung unsrer Kräfte aufrecht zu erhalten und

wechselseitig unsre Machtgewait zu unterstüzen. Unsern Handen ist da« Schwert anvertraut

worden, Gotte« Sache ist unsre Sache, oder wenn Ihr wollt, unsre Sache die seinige.

E« ist pretöwürdig einen allmächtigen Gott zu rächen.

Ich, der ich sein Statthalter bin,

Ihr, der Ihr ich weis nicht was seid, wir stell

(

157

)

len ihn jeder in denen Landern vor, worüber Herkommen, Wahn und Kredit uns die Herr, sch ast gegeben haben. Wir wollen suckrn gute Muselmänner und Ihr wakre Katholiken zu sein, um unsre Kräfte gegen diejenigen zu vcrei, nigen, die une mißfallen oder die eines so lang getragnen Zochs überdrüssig sind und eS abschüt, telu wollen. Der blinde Gehorsam artet in den Geist deß Aufruhrs ans: die Frevlerin Vernunft erfrecht sich tvllkühnerweise zu untersuchen, was sie im Glauben anbeten sollte; und um das Maas des UngiükS voll zu machen, wagen es die Men­ schen für sichj selbst zu denken, statt daß sie In je, ner guten Zeit nach unsrem heiligen Gebot dachten. Ihr, edelmütiger Mufti, habt das grosse Schisma des Omar und die neuen Sekten zu bekämpfen, die gleich der Hyder, ihre immer, wlederwachsenden Häupter gegen den Koran Eu« res grossen Propheten ausstrekken. Wir haben aufrührifche Söhne, die uns »erfolgen, die uns taub gemacht haben, um sie nicht zu hören uirb stumm, uift nicht zu antworten. Wenn wir vereinigt sind, werdet Zhr unsre Exkommuni, kationen durch Eure brave Zanitscharen vollzie, hen lassen; und wir «erden unsern Bannfluch

(

158

>

von unsrem heiligen Stuhl herab gegen 6U Smartsten donnern. Wenn doch der Gott der Barmherzigkeit zum Heil ihrer Seelen, alle diejenigen aurrokten wollte, die nicht so denken wie wir, Schismatiker, Kezer, Omaristen und die Philosophen dazu, eine Sekte, die noch ärger, ungläubiger und vernünftelnder ist, alalle die übrigem Wir können nicht nmhln, Eurem grossen Propheten vollkommnen Beifall zu geben, daß er so weise gewesen ist, bet Euren M a h o m e d a» nern die heilige und gottselige Unwissenheit in allen Dingen zu erhalten. Einer unsrer Vor­ gänger, Leo X, der weniger weise und welk un­ besonnener war, beschüzte jene abscheulichen Wissenschaften, welche die Menschen aufklären NNd ihnen jenen Geist des Schwindels und der Unabhängigkeit etnfliffen, deren unselige Fort,

schrote den Altar untergraben, und uniern Thron erschüttern. Ach? möchten doch die Christen in Rüksicht auf Uilwtffenheit Musel,

männer sein! Zhr seht, lieber Vetter in Abraham, daß wir uns einander nähern; wir wünschen, un, wissend zu sein wie Ihr. Warum ollte die er, habne Pforte nicht ein drrtffig Kvncilien anne,

(

iS 9

)

Win, die mit ihrem Korane und der frommen Unwissenheit vereinigt, worin sie beharret, alle Muselmänner der unendlichen Glorie derer wür« big machen würben, die mit Abraham, .Isaak und Zakob ewige Freuden geniessen. Zch werfe mich Tag für Tag vor dein Gott Abraham'S, berauch der Eurige iss, nieder und beschwöre ihn mit Thränen und mit zer, knirschtem Herzen Euch an Geist und Herzen mit unsren Meinungen übereinstimmig zu nta, chen und zu unsrer Heerde zu versammeln; al, lein die Wege der Vorsicht sind unsern Augen verborgen; Eure Stunde ist noch nicht kommen. Bis dahin fleh' ich Gott, seinen Sohn, Zesutn

Christum und alle Heiligen an, die «nüberwind« Uchen Waffen der erhabnen Pforte zu stärken, zu segnen und zu schüzen. Schon öfnen sich meine Augen. Za ich seh«

Eure unbezwingbaren Zanitscharen über di« Schismatiker, Kezer und Hyperboräische Legionen triumpbiren. So säubert denn das S a r m a t i s ch e Zion von jenen Moabiter« und Amalekttern, die er verunreinigen: sezt unsre heiligen Bischöfe wieder auf ihre verlassne Stüh«

le; und rächet im Namen Mahornet'ö den

( heiligen Peter,

i6o

)

seine Schlüssel und seine

Kirche.

O Mufti, bester Mufti, den «S jemals im Ottvmanischen Reiche gegeben, wir dan, ken Euch nochmal« für Euer Fetfa, dar Euren jejigen Krieg heiligt, indem Zhr den grossen Bann gegen alle Eure Feinde blizr, die auch die Feinde der Kirche sind. Verlasset Euch auf Unsre Unfehlbarkeit wegen der glüklichen Erfol, ge, die wir Euch vorhersagen und beruhigt Euch bei der sichern Hofnung, daß der Himmel die Wahrheit unsrer Versprechungen an Euren Fein, den durch schrekitcke Wirkungen bestätigen wird. Wir geben Euch, lieber Vetter in Abraham

(den wir in Unserm väterlichen Schoo« tragen) den Apostolischen Segen. Rom, den 4ten August, im ersten Zahrr unsers Papstthums.

Schreiben des

Signor Nicolini an den

Signor Francolink/ Prokurator von St. Marco.

Au-

dem

Italienischen.

Köln

1771«

L

Seit unsrer Ankunft in Konstantinopel

haben mir uns einem Paar ziemlich unangene, mer Scenen ausgesezt gesehn. Die Ast alt, sch en Truppen, welche durch diese Hauptstadt gehn, um sich nach der Donau zu begeben, empören sich öftere: und bet dieser Art von Ausstande haben zumal Fremde alle nur er, sinnlichen üblen Behandlungen zu erwarten. Die Regierung hak nicht Macht genug, die ungestüme Wut dieser wilden Völker zu bändi, gen und es kostet mehrmals dem das Leben, der das Unglük har, ihnen zu begegnen. Dieser Tage schtkte mich unter Ambassadeur wegen eines gewissen Auftrags an den Drago, man der Pforte. Nachdem ich von Geschäften gesprochen hatte, kam die Unterredung unver, merkt auf die Beschimpfungen und mutwilligen Behandlungen, denen die Fremden in K o n st a n, tinopel auegesezt sind. Das würd« Ihnen weniger sonderbar vor, kommen, antwortete der Dragoman auf mei> ne Beschwerden, wenn Sie wüssten, was zu der Erbitterung Anlas gegeben hat, die da« Volk an den Tag legt. Zederman ist überzeugt, L r

(

164

)

daß wir auf Antrieb eines mächtigen Europä, tfdien Königs mit den Moskowitern Krieg führen. Man sagt sich in'S Ohr, daß dieser König beträchtliche Summen den Gliedern des Dtvan's gegeben habe, um diesen leidigen Krieg zu beschleunigen. Der gemeine Mann, der alle Fremde für Leute von dieser Nation hält, die nach seiner Behauptung Schuld an dem Um glük ist, das uns betroffen har: will jus) an ih, nen wegen der glükltchen Erfolge der Mosko, witer rachen. Gleichergestalt läuft ein dumpfes Gerücht, daß sich sogar der Papst in unsre Angelegenheiten mische, daß er das Feuer mit an, blasen helfe und daß er an den Muftt der er, habnen Pforte geschrieben habe, damit er uns zu unsern kriegerischen Expeditionen aufmuntere. Das ist nicht möglich! versezte ich. Ist es wohl im geringsten wahrscheinlich, daß sich der heilige Stuhl mit dem ersten Oberprtester der M u h a m e d a n i sch e n Sekte in Korrespondenz einlaffen werde? Sie wissen, daß die Päpste von jeher den Türken die Ehre angethan ha, den, sie aus's herzlichste zu hassen. Ein so ein, gewurzelter Has löscht nicht so geschwind aus: und überdies ist Ihnen ja wohl bekannt, wie sehr schwierig der Römische Hof In dem

(

i65

)

ist, was man bas Puntiu» nennt und wie ängst, Ud) er über das In seinen Korreipondcuzen üb, llche Ceremonie! wacht? Wie sollt' es also mög­ lich sein, daß ein Papst die alten Gebräuche so sehr verachtete und die unendliche Kluft über, spränge, welche zwischen der weitgehenden Ver, achtung, die alle Päpste gegen die Muselmanen «n den Tag gelegt haben und einer freundschast, lichen Korrespondenz unter so btsharmontrende» Personen befestigt ist? Die Souveräns erwiderte er, wissen den Mantel nach jedem Winde zu hängen. Sobald es auf ihr Interesse ankömmt, biegen sich di« Formalitäten nach ihrer Wiükühr und nach alle dem, was sich während der siebzehn Jahrhun, decke zugetragen hat, von denen wir eine ausführ, llche Geschichte haben, mu« ein weiser Mann leine Eräugnis für unmöglich halten. Um aber unserm Streit mit Eins ein Ende zu machen, will ich Ihnen gestehndaß ich da« Schreiben des Papste», von dem die Rede ist, in Händen habe und ich kann Ihnen dasselbe sogar zeigen. Ich ball ihn, mir diese Gefälligkeit zu erwei, sen. Er las es mir vor und erlaubte mit sogar eine Abschrift davon zu nernen. Id) war, wäh, $eiiO. daß deir Dragoman las, wie aus den

23

(

»66

)

Wolken gefallen und brauchte sogar ein« gerau, nie Zeit, um mich von meiner Bestürzung zu erholen. Hierbei send' .ich Ihnen dies sonderbar« Schreiben, das Ihrer ganzen Aufmerksamkeit wert ist; jezr zivetfl' ich an nicht» mehr. Ich stehe nicht dafür, daß nicht noch dereinst der heilige Vater sich beschneiden lässt und den Gläubigen andeutet, eben daö zu thun. Da, durch bekämen wir denn zu den sieben Sakra, menten, die wir wirklich haben, noch das achte. Zwar ist Jesu« Christ»» beschult, ten worden, indes würd' es hart sein, wenn man In unserm Alter diese Operation mit uns vornemen wollte. Doch Scherz bet Sette! Ich überlasse es Ihnen, der sich so gut darauf ver« steht, Reflexionen über die« Päpstliche Schrei, ben zu machen; zugleich bitt' ich Sie da» Zu, trauen, da« ich in Ihre Verschwiegenheit gesezt habe, nicht zu intsbrauchen. Ich bin mit der aufrichktgsten Freundschaft,

Mein Herr, Konstantinopel, »en iL August irO.

Ihr ganz ergebner und gehorsamer Dien«

Nicolini.

II.

A u fsä z e philosophischen «nd

politischen Inhalts.

I. Vorrede iu

dem Auszuge

au» dem Baltischen Diktionnär.

9Dlan bietet dem Publikum diesen Auszug des

Daylischen Dikrtonnärs an und schmeichelt sich einer günstigen Aufname. Hauptsächlich hat man darauf Bedacht genommen, die philo, sophischen Artikel jenes Werks zu sammeln, die unserm Bayle vorzüglich gelungen sind und man wagt, ungeachtet der Vorurkheile der Schule und der Eigenliebe der jezklebenden Schrifkstel, ler, die Behauptung: daß dieser Mann durch seine Stärke ln der Dialektik alles übertroffen hat, wa« die Alten und die Neuern In diesem Fache geliefert haben. Man vergleiche seine Werke mit denen, die uns von Cicero über die Natur der Götter übrig sind und mit dessen Tuskulanen. Freilich findet man Im Römischen Redner denselben Hang zum Scepricismus, mehr Beredsamkeit und mehr Eleganz und Korrektheit Im Styl, dahingegen unterscheidet

(

172

)

sich Bayle durch einen mathematischer« Geist, wiewohl er In der Mathematik nicht stark be, wandert Ist. Seine Räsonnemens sind bündiger und schärfer; er geht grade auf die Sache los, ohne sich, wie Cicero lu den vorangeführten Werken unkerwetlen thut, mit Scharmuziren abzngeben. Dergleichen wir unsern Bayle mit seinen Zeitgenossen, Kartesiue, Leibniz,wiewohl sie ichöpfrische Geister waren, oder mit Mair lebra ii ck e, so wagen wir den Ausspruch, daß er diesen berühmten Männern überlegen war, nicht daß er neue Wahrheiten entdekt hätte, sonder» well

Mein Herr, hier ist der Zud', und zwar Ein Mauschel, ganz so wie er sein mu«.

Er bringt Brillanten und Schmierlagden —

Rabiner tont. Adieu dann bis auf's Wiedersehn.

(

-97

)

Rrifpilt tbei-Seite, indem er mir seinem Herrn «bgek,t-> Der war Euch' tüchtig angeführt.

Siebenter

A«stritt.

Rabiner, (allem.)

Ze nun, da sinnt’ ich wohl dabei Ein schönes Fädchen Seide spinnen, Kann aber auch kapores gehn. Und doch in» Grunde fürcht' ich mich Zu reisen — denn vielleicht ist alles. Was er mir sagte, blauer Dunst. Zch will es meinem Vater doch Erst sogen thun. Ha! welch ein Glük, Da kommt er ja so eben her.

Achter Auftritt. Ismael.

Rabin«.

Rabinet. Erlaubt mir Vater, doß ich Euch Bei etwas hier zu Rate zieh. Zch bitte, überlegt es doch. Wie fang' tch'S wohl in einer Sache an. Die offenbar mir guten Schmu verspricht? (zeigt ihm den Wechsel) Mein Schade, denk' ich, soll's nicht sein,

r s

(

*98

)

Ismael Das Ist denn bot für ein Papier? Rabiner.

Ein Wechsel, dm der Hofpoet, Der nur den Tinen Diener hat. Mir eingehändigt. Nun der Mann Wird, denk' ich, doch wohl ehrlich sein. Man zohlt mir dann auf diese Schrift Ein achtzehnt-usenb Thqjer an«. Vierhundert hod' ich von dem Herrn Auf Abschlag schon vorausgekriegt. Ich reise mit der Sicherheit Schon morgen früh nach Dresden ad. Doch wünscht' ich Euren Rat zuvor. Ismael. Mein Sohn! ich wai« nicht, aber ach! Ich fürchte viel. Ja — wie gesagt.

Hierunter stekt für Dich und mich Ein sehr gefärlicher Betrug. Erwäg e« wohl, mehr sag' Ich nicht. La«, eh' Du reisest, ja zuvor Den Wechsel untersuchen. Denn Die Wahrheit Dir zu sogen, fürcht' Ich sehr, daß e« ein falscher ist. Rabinet.

Da« sogt Ihr, Baker? N«in, der Her»

(

299

)

Scheint mir ein ehrlicher Golm. Sein Diener kam auf sein Gehet« Und rief mich zu ihm. Nun, sogt selbst, Was könne' ich anders thun, als gehn? Zch zeigt' ihm meine Edelstein, Besorgte keine Prellerei, Da er ein grauster Dichter und Der König ihm gewogen ist. Er nam fle zu sich — nun, und ich? Zch macht' auch nicht Sperenzien Sie ihm zu lasten, wie er mir Den Wechsel gab, und da er wohl Ein braver Man» ist, zweist' ich nicht. Die ausgestellte Summe auch Noch zu erhalten. Ismael. Sieh doch nur Da sind ja Stellen auSgekrazt. Ein andermal, mein Söhnchen, sperr' Die Augen auf und gieb fein Acht, Denn unter Rosen stehen stets Die Dornen vor! Der Wechsel ist Ja lauter Krizkraz, kurz und gut Er kommt mir gar nicht koscher vor. Rabinet. Ast wei geschrieen! Freilich nam

(

300

)

Ach diesen Zettel blindlings an. Zch trag' ihn augenblikö zurük. Der Himmel steh mir Armen bei Und sei m|r gnädig! Hot man je Noch griff« Ungerechtigkeit Und ärgeren Betrug gesehn! Ismael. Das thu mein Sohst! Zch geh anheim. Nun suche Dich, so viel Du kannst, Mil Ehren au« dem Spiel zu zieh»» Neunter Auftritt.

Rrispin. Radinet. Rabinet. Krlspin, ich bin kapores. Sehr, Da hob' ich einen Bvk gemacht! Doch ist e« möglich, daß Sein Herr Vielleicht kein gute« Ange hat. Zwar hält man sonst ihn für gescheit(zeigt ihm den Wechsel)

Wer nur mit halbem Dlikke sieht. Bemerkt, daß dieser Wechsel falsch Und nicht nach dem Akkorde ist, Den Unsereins mit ihm gemacht. Rrispin. Verteufelt! arme« Mauschelchen,

(

SOI

)

Bei meiner Seel! Du jammerst mich. Versäume keine Zeit und thu Noch heute, wa« Du immer kannst. Denn, wenn der Wechsel, wie Ihr sagt,

Nicht koscher ist, behaus ich Euch. Mein Herr ist mir zu gut bekannt. Er streitet und schwört alles ab Und so gewinnt er den Prozes. Dann lässt er, weil er Euch gar hoch Am Brette steht, den Mauschel flugS Beim Oehrchen nemen und in's Loch Ihn schmeissen. Glaubt es auf mein Wort, Go geht's l Entweder läugnet er Euch ab, der Wechsel sei nicht falsch. Wenn nicht, so schiebt er'« gar auf Euch Und spricht: Ihr habt ihn umgetauscht. Rabiner. O solche Kniffe bin ich nicht Zu machen fähig, nein, doz« Hob' ich ein viel zu redlich Herz. Ich mag nicht« weiter von dem Herrn Al« einen andern Wechsel — Geh Er doch Und sag' e« ihm; ich wart« hier.

(

302

)

Zehnter Auftritt. Rabiner, (allein) Za, oft sind die Poeten wohl Gar seine Zeisige, jedoch Mil diesem fürcht' ich nicht»; wa« recht Und wohr ist, ehrt und lobet Gott. So halt ich'» auch und dabei bleibt'». Nimmt er den Wechsel nicht zurük Und giebt er die Brillanten nicht Zum wenigsten mir wieder rau», So knüpft mich an den ersten Daum, Wenn ich nicht gleich |um König geh Und alle» söge — Wollen seh», Wer dann von beiden Recht behält! Er Hot ja meinen Kram, do« kann Er gar nicht iäugnen. Was nun die Vierhundert Tholer aubetrist, Die geb' ich herzlich gern zurük. Und tunte meine Steine mit. So werde ich bald völlig frei Von allen diesen Sorgen sein. Doch sieh, da kommt er ja der Herr-

(

303

)

Elfter Auftritt. Angoule > tour.

Lrispin (h«rn«ch) Vie Wacht.

Angoule, tour. Was ist das für ein Murren? Ha! Warum selb Ihr nicht abgereist? Was duld' ich diesen Juden noch? Den Schelm, der mich so angeführt

Und für vierhundert Thaler mir Unechte Edelsteine gab.

Xobinet,

Ihr Wechsel ist nicht koscher, Herr, Ist falsch — ich bring« ihn zurük. Zugleich die boote Summe von

Vierhundert Thälern, die Str mir Gegeben.

Angoule, tout. Woche, greift den

Schelm,

Der selbst de« König« Residenz Durch Schurkenstreiche ungestraft

Verlezet.

Sperrt mir alsobald

Den niederträchk'gen Burschen ein. Daß Sonn und Mond ihn nicht bescheint! Auf, Pakt ihn ohne Gnade an.

Trollt er nicht augenbltklich ab.

Rabinet. Schon gut, Ich geh. Den ganzen Streich — Der Herr hat greulich mich geschecht — Will Ich dem König melden thun. Er ist ein grauster, weiser Fürst, Und wird mir schon in diesem Fall Mein Recht verschaffen — Augoulo-wut. Wache, haltet ihn! Nicht von der Stelle lasst Ihn mir! Zur Obrigkeit mit diesem Schuft! Ha! nemt ihm diesen Ring, er ist Mein Eigenthum. Der Schurke hat Zhn mir gemaust, bet meiner Ehr! Ein hoher Schwur! — 3t, daß Du doch Das Fieber kriegst für alle Deine Spizbübereien, o Du Dieb! Rabiner (ZurWache, die ihm den Ring nemen teil!.) Zhr Herren, schaut! der Ring ist mein. Lasst mich doch einmal nur zum Wort! Sechs ganzer Zohre trag' ich ihn. Zn Prag, ivo ich vor diesem war. Hob' ich ihn mir gekauft. Wie kann Sagt selbst, der Ring wohl seine sein? Und auf den Fall, Zhr Herren, fehlt Ts mit mit Nichten an Beweis.

Entweder gebt die Steine, die

Er mir zurükhäir oder schaut Ich gehe strak« zum König« Und sage ihm den ganzen Kram. «A.)

Zwölfter Auftritt. Ängouk/tout.

Rrispin.

Die wache.

Angoule i tont louche.

Nur gemach! den Streit Beendet ja Ihr Schlüssel gleich.

Mein Herr, ich habe Vollmacht hier So zu verfahren, den Proze« Ganz abzuthun.

Angoule tout.

Ich geb' ihn nicht. Abime 1 louche. Recht jedem, dem da» Recht gebührt! Grippe «partout c,u Angoule-tout.)

Gehorsam, Herr! der Fürst befiehlt! Avaloire kgnift ihn un» nimt ihm Ken Schlüssel aus

der Nun marsch! und weiter nicht geschwazt t U 5

(

314

)

Angoule- tout.

Wie, mit Gewalt? O Räuber! ach Meln Sak! Abymri louche. Man sehe alles durch

Und vlsitlre ganz genau.

Nun fort und haltet Euch nicht auf.

Siebzehnter Auftritt. Abime > louche.

Dr-ulefin. Abime

Angoule > tout.

Boudiner.

louche

Rabiner.

Lrispin.

Zu Angoule-tout)

Indessen sezen Sie Sich nur.

Mein Herr. RrispM (bei Seite.)

Ich fürchte , daß der arme Sak

Ain schlimmsten bei der Sache fährt.

AngOUle, tOUt C ficft fejent.)

Ha! darf man wider Völkerrecht

Verfahren? Abime-louche (tut «d> au So will «e der Fürst, Und lhm gehorchen ist uns Pflicht,

Und was er thut, das glauben Sie, Ist immer recht und gut.

Erlässt

Nie einen Gauner unbestraft!

Angoule i tont. Ein Jude wagt es, und verklagt Mich vor Gericht — ein Jude darf

Mein Gegner sein, spielt mir den Streich? Ha! Prügel wär' der Schurke wert!

Rabinet. Fürwohr! die Schuld »egt nicht an mir. Ich will nichts, als wos mir gehört.

Und die Gerechtigkeit stimmt «in. Abime i louche. Schweigt nun!

da kommen sie zurük.

Achtzehnter Auftritt.

Grippe < partout. Avaloire «ragen beide de» Mammon im Gar.) Angoule-rour Lrispin. Rabiner. Branlefin. Doudiner. Abime-louche. Grippe / partout. (feit den Sak ans die Erde)

Hu! ist der Sak doch schwer. Ich bin Ganz athemioö —

Avaloire. ( fw dar andre Ende nie»«)

Verteufelt schwer! Abime < louche lieber noch als Morgen früh Mus Valory In unserm Lager sein. Ein Heiliger befal mir's; es gescheh' Sein Wille, wie im Himmel, so bei uns Zm Lager. Alle Helden riefen nun: Fürwahr! Prinz Rarl hat Recht, die Frage»«? Zst ganz entschieden, nur daS »»omo-io? Bleibt noch im Streit,' auf was für Art und wie Benimmt man sich bei diesem Abenteu'r?

Drauf waldek: dieses Herz voll Heldenmut Hört Eure Wünsche und erbietet sich Zu dieser hohe» That — Za, wenn Ihr wollt Entführ' ich heute »och den Valory Dort jenem kühnen, sieggewohnten Heer Und reiss ihn aus des Lagers Mittelpunkt, AuS feinem Zelte selbst, beim Trommelschlag. Zhr übertreffet, edeimüt'ger Prinz, Mein Hoffen noch, sprach Rarl, und um Euch her Verdunkelt jeden Helden Euer Mut! Aa s

(

378

)

Doch nun begann bei diesen tapfern Herrn Im Ton der Kunstverständigen ein Streit, Man sand bei jedem Punkt so viel zu tadeln.

Blieb steif und fest bei seiner eignen Meinung, Und dekte hundert Schwierigkeiten auf;

Sah überall das blizeschwangere Gewölk und ahnete das Uebel wohl,

Allein zu helfen wusste keiner sich. Zedoch Prinz Sari, stets an Entwürfen reich, Dersezte: Nun, zweihundert flüchtige

Husaren von dem Ungacvolke sind

Zu dieser That mehr als genug, gebt Acht

Sie brechen durch zum Ruhm Theresiien 6 Und bringen uns den dikken Valery. Von allen dem versteh' ich nicht ein Wort,

Erwiderte Wallis, will man etwa gar

Sern Kurzwell mit mir treiben? Habe doch Wohl eher manches grosse Korps geführt! Zweihundert Mann sind nicht genug für mich. Das wäre so ein Werk für St. Andre. Saint Andre ^Daniel, Friedrich, Freiherr von), auk>

einem reichSritterschastlrchen Geschlechte, hatte in den

Schlachten bei Mol wir, in welchen er verwundet

(

379

)

Verleihung, gnäd'ger Herr, für mich wohl

nicht.

Warf dieser ein, doch Ihr, Nadasti, könnt Als Haupt der Ungarn es erproberz — auf? Und zeichnet Euch durch kühne Thaten aus!

Nicht so, sprach der Pannoniet und strich Sich seinen langen, schwarzen Knebelbart,

wurde und bei GrosjägerSdorf, welcher er als Freiwilliger bei der Russischen Armee beigewohnt har­ te, sich besonders hervorgethan. Er starb als Kaiserli­ cher Generälstldreugmeister im Jahre 1775 in einem Al­ ter vyn dreiundsechzig Jahren.

A. des Hebers. Nadasti, richtiger Nadasdi, (Fran- Graf von). Eilt gebsrner Ungar. Durch den Uebergang über den Rhein, den er am ersten Juli 1743 bewerkstelligte, durch die Eroberung von Schweidniz, und mehrere glüklrch ausgefübrte Unternemungen machte er sich um daS HauS Oestreich verdient. Maria Theresia be­ lohnte seine Treue unter andern dadurch, daß sie ihm hie 1703 vom Kaiser Leopold eingezogne Güter seiner GroSvaters wiedergeben lieS, der an der Empörung der miSvergnügten Ungarn Theil genomnren batte. Unser Nadasdt starb den fünfzehnten Mai 1783 alS Kaiserlicher Generalfeldmarschatl, Vannus von Kroa, tien, Groskceuz des M a r i e - T h e r e si e n - OrdenS, im fünfundsievzigsten Jahre zu WaraSdin.

A. des Hebers.

(

38o

)

Zch lass« dielen Strau« von Heri«n gern Und ohne Neid dem jungen Der sofft. Rar! sah, wle jeder sich der Last entjvg Und schlau sie auf des Andern Schuller warf: Noch heute miK, versezt er, jene Thar Vollzogen fein. Ich übertrag' e« bann Euch, Dersoffl, bereitet Euch zum Kampfs Sogleich folgt unsre ganze Heldenschaar.

Doch St. Ignon, berauscht von gestern, spricht: Brot, lieber Rarl, mache den Soldaten, Brot? Ein leerer Magen taugt zum Streiten nicht, Prinz, lass' uns speisen, so will es Homer.

Man musste essen, da half nichts dafür; Dem ganzen Heere hungerte gar bas. Man stopfte sich die weiten Bakken voll. Und jeder Bissen, halb vom Zahn zernagt, Trieb auf der Reise seine» Nachbar fort. Mit vollem Bauch und einer Flut von Wein Zog nun der Haufe zum Scharmüzel aus. Zweihundert Mann Husaren sprengte» rasch Auf Nossen schneller als der Wind, verstärkt

(

38i

)

Durch einen Tartarschwarm, mit lermendem Trommetenschalle aus dem Lager fort.

Sprich, treuer Leser, soll ich Dir das Volk Und leinen grausen Name» nennen, dar

Dem Feinde da die kekke Stirne bot? Uhlanen heisst man sie gemeiniglich.

Wie man erzählt, ist junges Menschenfleisch

Ihr liebstes Mahl, ihr Anblik schaudervoll. Und kahl ihr Haupt und nakkend Arm und

Brust, Die Nase stumpf, bar Auge sprühet Wut; Kurz Menschen, die Natur dazu erschuf

Entsezen einzuhauchen, ihre Faust Führt einen langen, scharfgesptzten Speer

Und ihr Geschrei kreischt schreklich durch die Lust. Von welkem schon gewahrt der Brennen

Wacht, Die immer munter lauscht, der Feinde Zqg

Und sieht das Gras von ihrem Nos zertreten.

Gleich rapportlrt man es dem General Und bittet um Sukkure in dieser Not.

Er kam «üb sah das Feld mit Austrlern Umher bebest — ein Ungar besertirt: Fürwahran diesem Tage geht es so

Nicht ab, begann er zu dem Brennenheer, Der gute Rarl will sich die Freiheit nemen Euch einen Franzi sch en Ambassadeur, Der sich in Eurem Lager Hallen soll. Zu rauben. Merkt es! Ein Parteigänger Führt diesen Haufen an. — Er sprach's und ging.

Auf diese Mähre de- Husaren rükt Der prin; sogleich mit einem starken Trupp Dragoner und mit leichter Reiterei Dem Feind entgegen, der sich ihnen naht. Besonders zeichnet unter diesen sich Der Haufe aus, den Chasot, jener Held, Chasot (Fran^oiS Zsaac Graf de) aus der Nor­

mandie gebürtig.

Wie Friedrich, dessen steter Ge­

sellschafter er in Rheinsberg gewesen war, auf den

Thron kam, gab er ihm ein ZiigercorpS, mit dem er 1740 den ersten Feldzug machte.

Bei Hohenfriedeberg

that er sich cdd Major beim Daireutschen Dragonerre»

giinenc sehr hervor. Zn der Folge erhielt er auf Empfel des Kölligs die Kommandantenstelle in Lüvek

und fein«? zwei Söhne wurden mit Auszeichnung bei der Preussischen Armee angestellt. Noch einige Zahre

vor

Friedriche

Ableben besuchte

Chasot

seinen

Freund in Potsdam und ward von ihm mit al­ len Aeusserungen der wärmsten

Zuneigung

aufge«

nomm-'U.

A. des Ucberf.

(

383

)

Der unbewegt Gefahren trozet, führt.

Es waren alte Krieger, allesamt Der Schlachten kundig, die vereinzelt nun Zm Felde sthwirmten, schneller rote ein Dliz

Sich wieder auf den Stuf des Kommandeure

Vereinten, festgeschloffen voller Wut

Den. Feind anfielen, der so mutig war Und Einmal ihrer harrte — jeder Streich Bon ihrem Säbel brachte sichern Tod.

Nur langsam nahen beide Theile sich Und alles, was Gefchiklichkeit und List, Erfindung und Verschlagenheit vermag

Wird klug auf jeder Seite angewandt.

Der Brenne merkt,

daß ihn der Ungar

nekt. Und dieser sah vereitelt feinen Plan.

Am Abhang zweier Hügel breitete

Des Königs Lager sich auf einer Ebne aus. So wie der fürchterliche Löwe sich

In feiner Schrekkenshöhie sicher birgt, So lag hier manche tapfre Legion, Hielt ihren gieren Durst nach Blut zurük. Und harrte still im Lager ihres Feindes,

Sah ruhig feit« Schaaren näher zieh'».

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384

)

Rechts ragte ein Gebirge hoch empor,

Der linke Flügel zog sich durch das Feld

Und schlos sich a» den Strand der Elbe an. Zn diesem Lager, überall geschüzt

Und jugangelo«, gefüllt mit Kriegern, die Dem kühnen Austrier -ein Schrekken waren,

Befahreteder Brenne nichts für sich. Doch In der Ebne schwärmte Dersossr

Und kündete umher die Gegend ans,

Betrog mit leeren Hofnungc» sein Herz Und dachte noch auf einen neue» Plan. Lhasöt rükt vor und Devsdffr, der längst

Aus ihn gehalten, wendet rasch sein Ros,

Giebt ihm die Spornen, und sprengt auf ihn »u. Ich bin, ries er, der tapfre Dersoffi,

Zn meinem Vaterland gehören mir

Mehr als zweihundert Kühe, überdies Hab' ich dem Feinde manchen Federbusch Und manchen Gaul geraubt — Wie heissest Du?

Mein Desahrere. D e sa h r en in der alten Sprache für defürchten,

A. des Uebels.

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m

)

Mein Nam ist Lhasot, sprach der Andre drauf. Und braver ficht kein Eedensohn, al« ich. Wohl wehr al« hundert Scheffel Aepfel hat Mein lieber Vater In der Normandie, Von daher stamm' ich au« dem Lande Caux. Komm, lass' un« kämpfen vor der ganzen Welt, Und wer den kühnsten Mut Im Streite zeigt, Behalte von uns Oberhand und Ruhm. Der Ungar drükt den Karabiner ab. Und pfeifend streicht die Kugel durch die Luft. Ha, Du beschleunigst Deinen Sturz, ruft null Zchm Lhasot zu, und führt zu gleicher Zeit Nach seinem Rükgrad einen Hieb, doch sieh Er fehlt und trift ihn mit der Fläche nur.

Dee Ungar kehrt sich um und haut von Wut Mit seinem Säbel auf den Gegner ein; Ll-asot parkt, doch trift er seinen Gaul, Der stolpernd auf die Erde niedersinkt Und wie ein Donnerschlag stürzt jener hin. Da denkt der Ungar seinen Feind zn fah'n,

Die« sieht der brave Ranch und jagt ihn fort. Der tapfre Lhasot km noch gut davon,

Db

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386

)

Nur hatt' er sich beim Fall den Daum ver« staucht.

Drauf steigt er wieder auf ein Polnisch RoS. Mit Falkenblik lauscht der pannonier Auf alles und beordert einen Trupp, Der um der Brennen Lager rechter Hand Zm schnellsten Flug sich heimlich schlagen soll. Zu gleicher Zeil verbirgt er seinen Plan Und scharmuzirt und nekt nach seiner Art, Damit sein Volk, das in den Rükken bricht. Den dikken Gallier entführen kann.

Der Preusse, der dies wusste, hatte auch Sich hier schon zum Empfange angeschikt.

Der güte Rarl und seine Austrlek Steh'n in der Fern mit langen Perfektiven Und schau'n dem Streit der braven Krieger zu, Und wähnten Valory im Ge-ste schon Mit starken Ketten angethan zu seh'». Der kühne Brenne stürzt nun überall Auf seinen Feind mit festgeschlvssnem Glied. Er weicht, der Ungar sieht's, und ruft und schreit:

Auf! sammelt.Euch, Husaren! herzu mir!

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387

)

Doch der Verwirrung Schrekken war zu

gros, Der Preussen fürchterlicher Säbel trof Vom Blute der U h l a n e n — schrrklich war

Da« Morden, überall, wohin man sah,

Erbltkte man Entsezen nur und Graus. Hier abgeriss'ne Glieder, Todte dort Und Sterbende bedekten weit das Feld. Mit raschem Zagen floh der Feind davon.

Um seines Siegers Gnmme zu entgehn. O Muse sprich, wie stralte «Lhasot da,

Als mancher Kopf durch ihn vom Rumpfe flog, Al« er Uhlanen zu Gerippen schuf. Und flüchtige Husaren hier voll Kraft

Zerspaltete, dort andere durchstach, Und seine scharfe Fuchtel weidlich schwang, Und so den zitternden, bestürzten Feind

Mit wildem Ungestüm zu Paaren trieb?

Wie Jupiter mit feinem Donnerkeil Dewafner, abgebildet wird, so trat

Der tapfre Lhasot den Uhlan im Staub.

Als Larl und seine Prinzen seine Helden Den gieren Anlauf ihrer Feinde sah'n,

Entschlossen sie sich klüglich auch zur Flucht. Bb a

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)

So springt der scheue Hase voller Angst, Wenn er des Windspiels lautes Klaffen höre, Aus seinem Lager schneller wie «in Dltz, Und jagt mit raschem Sprunge durch die Flur. Boll heisser Gier verfolgt der leichte Hund Zm schnellsten Lauf da« aufgeschrekte Wild, Doch kriecht der Fliehende ln ein Gebüsch, Zst er geborgen und umsonst zermüht Sein Feind sich den Gesicherten zu fah'n. Uhlanen und Husaren Schwarm Vor Schrekken, so entronn er seinem Feind, Dee kühnen Lhasot's mörderischer Faust, Gefürchteter als des Aletben Hand. Sie fluchen ihre« Schiksals Widrigkeit, Und schliessen sich in ihrem Lager ein. So

bebte! der

Zweiter Gesang O Freunde! hütet Euch vor Lästerung; Kein Gift ist tSdtlicher als bittrer Spott! Wer ohne Reu' an seinem Nächsten nagt. Kriegt seinen Lohn dafür, wird Morgen schon. Wenn ihn de« Nachbar« scharfer Stachel rijt. Nicht an da« Lachen mehr gedenken — Doch Am ärgsten treibt e« jeu Skrtbentenhrer; Mit zügelloser Frechheit wählen sie Zum Ziele Ihre« Wize«, den Apoll Nur allzusehr begünstigt, Themata, Die ganz zur Blasphemie geschaffen sind.

Zch hüte mich vor solchen Uebermut, Da tausend Dinge mir zum Scherzen Stof Gewähren Würbe nicht die Frömmlerschaar, Die UngiükevLgel, ihr Gescho« auf mich Von allen Seiten schleudern voller Grtmin? Nein, Meine Führerin ist die Natur. Schin ist die Holde, braucht der Schminke nicht; Doll edler Einfachheit und rein wie Gold. Sie bannt den Aberglauben fern von sich, Bb?

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39°

)

Und haucht dem Herzen jedes Sterblichen Verehrung für da« höchste Wesen ein. Lehrt uns Anbetung, und ihr reiner Quell Ist Liebe »um Erhabnen und zu uns. Doch In der Weit giebt's ein gewisses Volk Don Träumern und von Geistersehern, die Mit gellendem Geplärr auf ihrer Kanzel Sich Gitter formen ganz nach ihrem Bilde; Die grausam, wild und Racheschnaubend sind. Und jeden Sterblichen von schön'rcm Stof Verdammen und mit unbegrenzter Qual Zhn ewig auf dem Roste schmoren lassen. Die ganze Schaar der Dunse sammeln sie Zu ihrer Fahne, alles Auserkohrne, Und wohlrrwählke Lieblinge des Himmels. St. Petrus öfnet nur für sie das Thor, Führt sie ins h-ochgelobre Paradeis. Wie, Freunde, dulden wir den freche« Schimpf? Das heisst der Wahrheit und Vernunft getrvztz, Wenn man die Edelsten der Sterblichen Verdammt — Nein! rächen mus sich nun der Wi»

An diesen dummen Feinden der Vernunft.

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3?i

)

Dock, trauter Leser, bilde Dir 'nicht ein. Wenn Du mich kekken Tritt« die Hobe Burg De« soiintchten Olvmps erklettern siebst. Daß die« der wahre Himmel sei, von dein Zch ein Gemälde Dir eiitwerfen will. Von jenem da, den Irrthum und Betrug Und mancher Träumer Eigen»»« erschuf. Lässt traun! sich schon ein Wörtchen sschwazrn und, Versteht mich wohl, nur den besinge ich.

Da« Wirren jene« rasenden Geschlecht« Da« auf der Fläche dieser Erde kriecht. Sein Hader, Zank und seine Thätlichkeiten^ Sein Vortheil, seine Kriege und Prozesse, Kurz jede Wonne, jeder. UnglükSschlag, Dl« seiner warten, alle« wirb Im Rat Der Seeligen vorhergesehn und durch Den ganzen Himmelshof genau, bestimmt. Nun horchet: jene Wuterfüllte Schaarrn, Die sich mit wahr« Ritter Amadiü Zn einen» Winkel unser« kleinen Ball« Gar wakker rauften, zogen ganz den Dijk Der Heiligen im Paradie« auf sich; k '.e waren schier da« einzige Gespräch, Und bald schlug jeder sich zu einem Theil. Db 4

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39»

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Blr, sagt«» Einige, sind Oesterrelchsch. Nein, sprach man dprt, wir stehn den Preus» sen bei.

Denn jede Sanktitit, die Gallien

Gezeuget hatt«, war mit Fug und Recht Bell warmen Eifer« für dle Allianz; Doch alle Heilig«, die Wien und Brünn Verehrte, hielten e« mit unserm Varl.

St« trugen unter ihrer Glorie

Zum Zeichen «In« grünliche Kokarde, Ein Band von gleicher Farbe schmükr di« Stole, Verdorben war die ganze Himm»I«w«lt.

Bor Alter« blieb man noch der Regel treu. Und sang voll Andacht sein Halleluja;

Wer «inen Eulensplegelstretch beging, Wer bei dem Singen au« dem Psalter schielt».

Der kriegte einen tüchtigen Produkt; Da war e« auch noch wahre Monarchie.

Doch, al« dem guten, ewigen Papa

Dle Haare grauten, lie« er ganz und gar Die liebe Polizei zu Grund« gehn. Und nun entstand «In geistlich Regiment,

Zu einem Hof« ward da« Parabel«, Da hrrrschten Ränke und Kabalrnsucht,

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393

)

Um keusche Schwestern buhlten Heilig», Und kurz, men trieb ein skandalöse« Wesen; Za selbst der Hölle Zwietracht sah man hier, Er war ein schauerlicher Aufenthalt, Und wie es mit dem ew'gen Vater säst Zur Neige ging, da suchte man gar klug Sich anzuvettern, wo es möglich war. Der eine macht ein Testament und theilt Den Lotterbrüdern eines reichen Klosters Sein gan-es Habe zu — der andre zieht Den Beutel, und entrükt die Seele so Den harten Qualen unbegrenzter Pein. Da war nicht einer, der es nicht verstand Die Ifächrrwut des Himmels zu berükken. So sehr der Richter jedes Laster hasst. Denn wenn der Tod herbei geschlichen kommt Und einen armen Wicht beim Kragen fasst, Gelobt er schnell sich seinem Schuzvatron, Bekreuzet sich und »nacht dem Satanä« Ein Hokuspokus vor und führt ihn an. Man bringt den Heiligen von Renonimü Gelübde; beichtet einem Jesuiten, Lässt an geweihtem Wasser es nicht fehlen Und dann erhält man mit der lezten Oelunz Und mit der Messe seinen gültige»» Pb r

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)

Und sichern Pas nach Acheron'« Gestad. Der Schuzpatron, dem sich der Sterbend» Z« eigen gab, verbleibt im Paradies, Damit sein Ansehn nicht gekümmert wird. Sein Gönner, der ihn mächtiglich vertritt. Und da nun schon ein jeder Heiliger Von Olime Zeiten her In unsrer Welt Ein schönes Häuflein von Klienten sich Gehalten hat, so denkt nut einmal selbst Wie viel erbärmliches Geschmeisse dort Sich In der Himmelsburg befinden mus.

Was nun die grossen Heiligen betrift. So sind sie sammt und sonders Gaunerpak, Das frech sich selbst Orakel fchmiedetr, Und Wunder voller Schelmereien that, Die jeder auf des Himmele Rechnung schrieb. Der Kirche lächerliche Heiligkeit Kanonifiret durch ein Beeve sie — Und fertig war die ganze Sanktltät. So sah's am Himmrlshofe aus — es war Ein Mengsel komischer Misbräuche, der Dem reine» Menschensinne unverdaulich Und unsrer Welt fürwahr unglaublich ist. Gedenkt Euch einen Trupp Kanoniker Und Pfaffen, Prediger, wie Kraut und Rüben,

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Mit Mönchsgestalten tausendfacher Akt Vermischt, in einen engen KretS gedrängt. Und nun, wenn's möglich ist, so stellt Euch noch. Hoch auf die.obern Logen htnplacirt, Den Chor der Engel vor, die Cherubim, Erzengel, Seraphim und Thronen, die Damit sie bessce Triller schlagen möchten, Al- Kinder schon kombadisiret waren.

Und endlich denkt Euch in der Mitte noch Den alten Herrn Papa und um ihn her Die werte himmlische Familie. Zu seiner Rechten sizt der Eingeborn« Denebst der Königin vom Paradies; Sie hatte wie bekannt ein Kind gezeugt, Und doch behielt sie ihre Zungfrauschaft.

Es ist doch ewig Schade, lieben Freund», Daß dieser alte Brauch zu unsrer Zeit Ganz in Vergessenheit geraten ist. Auch stralten in dem lichten Kämmerlein Die vier Propheten grösster Art, dabei Das Duzend winzig» und ausserdem

Noch mancher Schwarm beschnittener Hebräer, Dir, wie Planeten, herrlich funkelten.

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Willkommen lieber Luther und Kalvtn! Auch Zhr, o Wunder! seid im Paradies, Und zwar so nett behoset und bewammst. Nun, um so besser ist er ja sür un«. Daß man auch Kezern einen Piaz vergönnt. Noch viel Schismatiker'sind dort — gewlt Hat Aberglauben sie dahin versezt. Auch sah' ich Mekka'« grossen Heiligen; So führet denn sein Glaube auch dorthin? Indes, daß Ihr Horaz und Tulltus Und Du Homer, Virgil und Sokrates, Und Seneka in ew'grn Flammen schmort?

Denn besser soll das Reich des Luzifers Die Hille, wie man sagt, bevölkert sein; Da« Liebenswürdigste, das diese Welt Nur trug, brennt dort im tiefsten Schwefelpful; Die ganze schine Schöpfung wird von ihm. Das würdige und weise Alterthum, Die Enkelschaft und wir dazu verschlukt. Denn jene« Fcimmlerhäuflein übergab Dle arme Menschheit bosheikSvoll Der hillischon und grausen Majestät; So daß fürwahr nach diesem Urtheilsspruch, Der beides ungerecht und grausam ist,

Dem lieben Herrgott gar nicht« übrig bleibt.

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)

Uhb wenn man ihn den Weltenbilbner glaubt, So schuf er dennoch dieses schöne Werk Nicht für sich selbst, nur für Beelzebub.

Doch lassen wir dem unfruchtbaren Tro« Von Lehren, ihr System, ihr Thorenioo«! Wir kehren nun nach dieser Plauderet Zu unserm Gegenstand zurük! — So hört Denn, liebe Leser, wa« an diesem Hof, Der Euch von mir geschildert ward, geschah. Der Himmelrpotentat bemerk« längst Wie unter seinem Hofgefindel sich Der Geist der Unruh nährte, und geriet Auf die Besorgnis, daß wohl «in Komplot, Lin höllisches Gespinnst im Werke sei. Da« war nun leider! so wa« neue« nicht. Einst ward der Engel, Luzifer genannt, Der Erzrebelle in dem Himmelreich Hinabgeschleudert in die Finsternis. Nun wisst Zhr wohl, wa« gestern schon geschah. Kann heute auch geschehn. Drum Ist es ja Recht klug gethan, das Fünkchen, das man schwach Schon gliMmen sieht, zu löschen, eh' e« noch

Zur Hellen Flamme wütend um sich greift.

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)

So machte es der cw'ge Bönig auch Und bog voll Weisheit diesem Uebel vor.

Rasch galloppirt Erzengel Michael,

Der in Geschäften von Belange stet«

Sich als Kurier gebrauchen lies, davon. Und führt das HlmmclSvolk zur Audienz.

Di« blauen Ritter standen ihm zunächst.

Dem grossen Könige, des zitternd Haupt Di« Krone trug und der mit ernstem Schritt,

Den ungeheuren Thron bestieg, von dem

Er seine Machtgebote schleuderte. Von Silber Gold und Bronze war der Sij,

Ihn schmiedete in seiner Höllenesse Beelzebub mit fürchterlicher Klau. Er hatte seines Aufruhrs Abenteur

Und feinen Untergang darein gegraben. Daß jedem Heiligen fein fchreklich Loos

Ein warnend Beispiel sei, nicht der Kabale,

Nicht der Empörung Herz und Qhr zu leth'n. Auch hier fehlt eö, so gut wie auf der Welt Bei Hof, an flatterhaften Schranzen nicht;

Boll Selbstgenügsamkeit stoizirten da Die neugebaknen Heiligen herum

Und die Apostel und die. Mänirer.

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)

Die- Dilklein achtete nicht sehr den Thron, Das Priester # und das Mönchs > Gesindel spielten Die Petltmaiters in dem Paradeis! Pfuti rufen sie, welch ein abscheulich Werk Ist dteser Thron! — Di« ganze Btlderschrist Dlelbt uns ein Rätsel — mag das Träumer, Volk Sich an der Inschrift melden, mögen sich Die weisen Herrn Pedanten drob erfreun.

Der Himmelsdolmetsch trat nunmehr hinzu, Paust' beiden Bakke» auf und schmetterte M«t der Drommete durch den grossen Saal. Das bringt so dort dle Etiquette mit Und deutet an, daß Ihre Majestät

will, und daß Schwarm Der Heiligen sei» Oehrchen spizen soll. Der König

sprechen

der

Wird Euch, Ihr Herren, jene wichtige. So hub der gute, alt« Vater an, Und ernste Sache kund, von der allhiee Die Rede ist, so glaub' td> ganz gewts. Hab' ich nicht nötig. Euren hohen Mut Gewaltig anzuspornen; nie vernamt Ihr, oder wenigstens doch selten nur.

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4oö

)

Don grösserem Belange eine Mähr. Fürwahr l verschwiege sie Euch auch metft Mund, Ha! selbst erhöbe sie die Stimme bann. Und bittrer Borwurf strömte über Euch Die Zhr der Pflichten erste schändetet. —

Hier blieb Gottvater stekken, kam gar arg Zn'« Stottern und fand leider nur zu sehr, Wie schwach ihm Zunge und Gedächtnis sei» St. Augustin bemerkt es in der Fern Und spricht zu ihm: Du, dieses SterngewilbS Erhabner König! thöret die Erinnerung Aus iangstenteilten Zeiten mich nicht ganz -*• Als ich noch weiland selbst ein Rhetor war. Und zwar, eh' ich mein Erzbistum bekam —» So wollt' ich schwören, HL«' ich Wort zu Wort Dir ganze Rede, die Zhr hielt, gewusst. Auf Eurem Miste wuchs sie warlich ! nicht, Zhr habet den Demosthenes geritten. Das ist nicht fein, mein König, ist nicht schön. Daß Zhr verlegnes Gut als neu verkauft.

Der liebe Herrgott, über den Verweis Betreten, spricht: die Schuld liegt nicht an mir. Daß ich Euch da aus dem Konzepte kam. Schott

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)

Scho« graut mein Haupt und in bet grössten Not Fehlt mir bea höchsten Wesens schän'rer Spro«, Mein jüng'rer Sohn, bet liebe Heii'ge Geist. Ji» solchen Fällen rannt* er mir in s Ohr, Wenn es nicht stiessen wollte, aber nun Ist er verreiset, um, wie man erzählt. Dem Vatikan ip seinem Pomp unb Sau« Zn affistiren unb manch Wunderwerk Dabei zu thun- Denn Seine Sanklirät Kanonisier in seiner grossen Kirche Zezt eben einen neuen Heiligen, Den keiner von Euch, wie Zhr ba selb, kennt. Man zog ihn aus dem Grabe als Skelet; Unb biefer Namenlose wird nunmehr Nach langem Todesschlaf der Katakombe Entrissen unb erhält ein Futteral Von schin'rerPrachk unb endlich taust man Ihn, Bald wird er nun der Wunder viele thun, Unb jeder Tempel In der Christenheit. Beul seinem Bilde eine Blende bar, Dor dem, auf beide Knie hingestürzt. Man bald den Schwächling und de« Laster« Freund Und reiche Thoren sieht. Ein Hohrs Fest Wird dann zu feiner Ehre angesezt. Co

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402

)

Hedoch, ich lenke wiederum zuM Ziel! Nun, liebe Kinder, deklamir' ich schlecht.

So schreibt dies meiner schweren Zunge zu;

Das Hauptwerk ist, wenn Ihr mich nur versteht. Vernemt e« dann: ik dieser Königsburg,

Worin ich schon so lange rrsidirt, Theil' ich allein dem menschlichen GeschmeiDen Kelch der Wonne und der Leiden au-. Gefüllt au- jenen beiden grossen Tonnen.

Und wenn sich Mir das Schiksal widersezt

Und mich mit seinem Skiavenjoch bedroht, Dann bändiget e- meine Allgewalt, Und es empstndt, daß Ich nur König bin. Euch, meine Söhne, meine Heiligen,

Euch, werteste Apostel, traüt' ich doch

Mehr Klugheit als dem ThorenhaufeN zu.

Doch rok? Ihr wagt es kek im Paradies Vor meinen Augen hier, empirungevoll

Die Stirne zu erheben? Zedem wird Es sein Gewissen sagen — Wollt da selbst De- Weltsystems Regierer fein — Gesteht,

Wofür wär' ich denn wohl im Himmel da?

Noch gestern sah' ich durch mein Perspektiv,

Auf jenem winzigen Planeten dort.

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403

)

Zwei Völker, die mit »»gezähmter Wut

Gar grimmig um ein Sandkorn haderten;

Und siehe da, straks seid Zhr in Aüarm Und gleich liegt Ihr Euch alle in den Haaren» Man nimmt Partie, und jeder denkt zu siegen Und zieht für sich an seinem Seile nur.

Mit stierem Diik, den Zwietracht angestammt.

Will jeder schüzrn oder Schaden thun. Ich rat' Euch Gutes — bringt mich nicht In Zorn!

Erregt Zhr meine Galle, so entschlief? Zch mich und jage Euch ans meinem Reich, Zerschmettre Euch mit fürchterlichem Dliz, Verbanne Euch und trete Euch zu Staub.

Jedoch für diesmal sei es Euch geschenkt, Nur merkt, daß ich in diesen friedlichen

Gefilden Eure ungerechten Ränke Nicht dulden mag — ich will dasMenschenloo«

Schon ordnen, so iuk mlr's behagen wird.

Es hät sich keiner nölig drein zu mischen;

Dort jenem summenden Hornissenschwarm Gebieten, heissen Und befelen wir

Zu schweigen und sich ruhig zu verhalte» l

Er sprach's und Angst durchbebt die Heiligen. Zur Erde ist ihrjjstarrer Dltk gesenkt; Cc a

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Zhr schlotternd Knie und 6k gefaltne Hand, Zhr tkfgekrümmter Rükken kündiget Da« Schrekken vor dem bösen Donner an. Und sie verfluchen heimlich ihr Geschtk.

So dumpfe Tobtenstille herrscht« nun, Daß man die plauderhaften Heiligen Für stumm, bezaubert oder In den Schlaf Gewiegt, gehalten hätte — doch gleichwie Ein jede« Ding auch seine Grenzen Hal, Begann, sobald die Furcht «in wenig nur Vorüber war, die alle Plauderei. . St. DoromäuS öfnet nun den Mund. Verzeihe, grosser König, hub er an. Daß einer der Unsterblichen es wagt Vor Dir zu reden — Oesterreich'« Armee, Mein Nam«, Opferdienst und jeglicher Altar, Den man mir weihte, wird an diesem Tag Zn Staub vertilgt, willst Du die Frevler nicht, Zn deren Busen Wut und Rache glüht.

Mit Grimm zerschmettern. Sire, erhöre mich! Da hat er Recht, versezt ein Andrer drauf, (Es war St. Nepomuk) so wollt Zhr denn Daß unsere Domänen, wie bei Euch C« leider geht, ein Raub de« Zufall« sind?

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)

Der Oestreichee ehrt meine Tugenden, Kein Heiliger, so groS auch ihre Zahl, Empfing der Bilder und der Opfer je So viel, als mir da« Böhmerland allein Schon weihte. Ha! dort unten weis man gut Wie viel man meinem Namen schuldig ist. R-ls'l einmal hin, Ihr findet überall Auf allen Strassen und auf jeder Brükke Mein Abbild. — Wehe da dem Wanderer, Der ohne Gru« bei mir vorüber zieht. Doch wenn da« glaubenslose Hundevolk, Da« mit genauer Not noch Dich verehrt. Wenn, sag' ich, einst der Preussen siegend

Heer Den guten Rarl verjagt, wer Teufel wird Dann noch mein Fest begehn, mir Weihrauch streun? Und Zhr, mein König, nemt Euch selbst in Acht; (Die Sache geht Euch ganz vorzüglich an.) Zuerst bin ich das Opfer ihrer Wut, Man bannt mich einsam in die Blende hin; Dann wird des Preussen Frevelsinn gestählt. Und frech, nachdem er mich zu Boden stles, Kommt, glaubt es mir, die Reihe auch an Euch. Ec 3

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Noch hatt' er seine Rede nicht geendet, AIs voller Wut St. Wenzeelau« rief: So schweig einmal Du Schwäzer ohne Zunge§,

Du chrenloser Räuber nieiuer Staaten.

Zch war allein einst dieses Reichs Patron, Als Du Dich, feiger Schurke, unterßngst-

Mir nachzuLffen, und von ZLenzeSlaus Des Grosse» Thaten einen Nachtrag gabst.

Und nun al« eine neue Heiligkeit

Dich In mein Erbe drängtest

da verlies.

Man meinen Altar und verehrte Dich.

Dies Hirt mit sichtbarer Erschütterung

Der sanfte Zesus ynd sein holder Mund

Begann: Ha! wcrrzeslau», bist Du blind? Zhr Herren Heiligen pakt insgesammt Mit Euren Thaten ein — Zhr plündertet

Auf meinem Grund und Boden Euren Ruhm; Ihr gieren Schmeichler eines FrLmmlervolks,

Bevor Zhr Wunderthäter wurdet, da

Dog nur vor mir der Sterbliche sein Knie; Der-Neubekehrte huldigte nur mir.

Nun aber sieht man nichts als Heilige ; Mit tiefverstekter List behaupten sie

Dey Plaz, und rauben mix den Dienst der Welt.

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4°7

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Voll Sanftmut sprach der iaute Herr Papa: Mein lieber Sohn, «reiste Dich doch nicht! Du weisst ja selbst, im Anfang hatte: ich

Des grossen Weltalls Regiment allein. Bet Deiner Ankunft auf dem Erdenball

Hing Dir das schwärmerische VL! klein an. Dem jeder Wechsel von Natur behagt, Und trug Dir meine alte Herrschaft auf,

Zch litt' es gern, weil ich Dich zärtlich liebte. Doch fern sei jede Bitterkeit und Streit!

Lasst sehen, welchem dieser Völker wir Zm KciegeLkampfe unsern Schuz verleih'«».

Dies ist mit Einem Wort der Gegenstand Worüber Zhr deliberiren sollt; Dann fass' ich meine Resolution.

Schnell stürzen sich Lutherus und Calvin Dein Könige zu Füssen, bitten ihn

Um seine Hülfe für das Brennenvolk. Frau Genoveva und die ganze Schaar

Don Frankreich'« Heiligen stehn ihnen bei Und unterstüze» kräftig ihr Gesuch.

Drauf trat, mit jedem zaubervollen Reiz, Mil jeder süssen Lokkung angethan,

Das schönste, herrlichste Geschöpf hinzu, St. Hedwig.

Nimmer sah das Parabcis

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)

Et» gleiche« Mädchen; ehrfurchtsvoll naht sie Sich ihrem Könige — ihr Anstand war Doll Sittsamkeit« dem grossen blaut« Aug' Entstralke fromme, heisse Glaubensgivt, Kurz, ihr« Schöne war des Himmel« wert« Ihr Rosenmund gab, wenn er sprach, Geseze, War im Begrif auch hier den Zwist zu schlichten, Vertief Bohemien erschütterte. Mil edler, ofner Miene naht sie sich Dem Vater, sinkt zu seinen Füssen hin. Mit einer Hand umfesselt sie sein Knie, Die andre streichelt sanft sei» bärtig Kinn, Und nun begann sie voller Anmut so; Wei Dir strht meine ganze Hosnung, Herr, Du hattest schon mit meiner zarten Jugend Erbarmen, löstest mich von Menschen sch wäch^ Ich war schon heilig beim entschlafene« Genial, £> steh mir bei, daß meine Lieben Durch enge Freundschaftsbande mir verknüpft, In dieser SeegenSzett sich Deiner Gunst Erfreu'« — Zwar beten sie sehr sparsam nur Zu diesen Heiligen allein ihr Herz Durchströmet heiss« LtrbeSglirt zu Dir.

Die Preussen sind mir Freund« und Dm «andren

(

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)

ltnb ihre Könige mein schönster Spro«. Ach dulde nimmer, daß ein solcher Wicht

Von Heiligen sie hudeln darf. Beschirme sie mit Deinen Fittigen!

Dir, König, weiht sich Deine Hedwig ganz. Sie sprach's und ging ihn weidlich um de» Bart: Nie sah man noch mit höherm Zauberglanz

Ein Weib so schmeichelnd und so demutsvoll. Da überschlich den guten streit Papa

Ein süsser Wonnenrausch — „Du willst es so,

„Ich mur

vermag Dir nicht zu widerstehn;

„Und selbst der wilde Tyger Ly bien'S

„Wär nimmer Deinen holden Birten taub." So schmunzelte der Pater. —.In der Fern

Bemerkt Maria dies; die gute Dame Gerät in Unruh, und von Eifersucht

Gemartert, möchte sie zu dem Gespräch Auch gern ein Wörtchen mischen. — Jeberman

Sah ihren Kampf, da sprach der Bönig so; Mein Herzchen glaube mir, ich würde Dick-

Welt heisser lieben, märst Du nicht so oft

Der Scheelsucht Raub und braustest stürmisch auf,

Cc f

(

),

4io

Menn mir's behagt mit meinen Heiliglnnen Zu vlaudern. — Fürder möcht' es nötig fehl/

Daß Du Dich artiger betragen lernst.

Nun wandt' er stch zu Genoveve'n, sprach; Ntm hin mein fürchterliches Schwert, womit

Nach meinem göttlichen Befehle einst Der Nacherengel die Philister schlug; Begünstige damit der Prenssen Arm

Die meiner schönen Tochter Söhne sind.

Du, liebe Hedwig, sprich, gebiete nur Dnn Schrksal, stürze immerhin das Heer

Der kühnen Oestreich er und schütte Ruhm Auf Deine glükliche Familie. Dies Lezte sprach er mit verstärkter Stimme

Und Erd' und Himmel zitterten davon, Und seine Töne stärker als der Donner Durchbebten die betäubten Heilten.

Der Engel rief:

Des Königs Majestät

Entlasst Euch nun — und jeder Heilige

Geht alsobald in seine Monarchie Und liegt dort treulich seinen Pffichten ob.

Wie wenn der Polen unruhvoller Sinn

Den Reichstag Erodno's. stürmisch unter­

bricht




Dem Drennenstamm erhabnen Ruhm und Glük, Und Ungemach dem kühnen Au steter?

Dl« Holde,hatte weder Rast, noch Ruh, Deratrte mit Genoveve'n sich, Und al« nun beider Plan ln Ordnung war. So legren beide Schinrn Hand an's Werk.

Nun war die zahlenlose Assemblee Schon aus dem Thore de« Olymps passlrt^ Und hatte jenen welken Raum der Luft Durchstrichen: auf de« Winde« Fittig zog Nach Frankreich jener und nach Oestreich der. Und jeder schlürfte süssen Weihrauchsduft Del seiner Rükkehr in die Blende ein.



Dritter

Gesang

Hienieden ist doch nichts als Wohl und Weh; Zn Unsern Tagen frönt die blinde Göttin

So oft des Buben und des Schurke» Haupt. Nicht selten sah' ich die gepries'ne Tugend

Der Sterblichen, in Dürftigkeit gestürzt

Und jeder Schmähsucht

Raub,

im Kerker

schmachten.

Wenn Dich des Schiksais herbe Wut verfolgt So sei Pompejus oder Scipio,

Set Cäsar selbst — Du kämpfst zwar eine Zeit

Und wehrest mutig seinen Angrif ab. Doch unterliegst Du, war Dein Sturz ver,

hängt. O lieben Freunde, wenn Zhr

mir

nicht

glaubt.

So leset dies und traun! Ihr stimmt mir bei, Vernemt Zhr unsers d'Argers Abenreu'r.

Stets schwebt der schrekltchsten Verschwörung

Bild, Die schaudervolle That vor meinem Geist

Und Thränen presst mir die Crlnnrung aus.

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419

)

So horcht denn auf: da« Heer der Austrier Sah seinen ganzen Plan vereitelt, war Nun völlig mutlos und bestürzt. Der gute Rarlmann hört, wie man ihn schraubt. Mit beissendem und hämischen Gesicht Schärft seinen bittern Wtz Held Stein an ihm, Und martert ihn durch ewige Bonmot«: Und seine Nekkereien drangen bald. Wie es zu gehen pflegt, von Mund zu Mund.

Und da« Gerücht beeiferte sich schnell Die Mähr Im ganzen Erdkreis auszubreiten» Die« Ungeheuer scheint zwar anfangs klein. Doch schneller, al« die Augenwimper zukt. Schiesst es zu ungeheurer Grösse auf, Berührt mit seinem Riesenhaupt den Himmel, Indem sein Fu« im Höllenabgrund steht. Im schnellsten Flug erlauscht die« Wunderthier Wa« jeder Sterbliche beginnt und spricht. Und unter jeder Feder, welch' Mirakel! Sind immer wachsam Auge, Mund und Ohr. Zm Nu streift e« vom Osten bi« zum West, Und spendet Wahrheit, breitet Träume au«, Geheimnisse und Lügen, wie r« so Dem unverschämten Plaudermaul behagt. Dd a

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420

)

Die« boSheitövvlle Monstrum hatte auch Zn beiden Lagern alle» ausgekramt. Und Hohngelächter tönte überall. Der gute Rarl seufzt tief in seiner Brust. S» inus ich denn dem grausamsten Geschik Hienieden unterliegen, bricht er aus, Zch, aller Heiligen ergebner Knecht? Doch Rolowrat schleicht näher zu ihm, spricht: Prinz! frevle nicht mit diesem Vorwurf. Miss Wer Trübsal duldet in der argen Welt, Empfäht de« Himmels Krone dort dafür! Wen hier dir« Jammerthal von sich verbannt. Erhält dereinst das Paradies zum Lohn. Wir müssen Feuer, Schwert und Anfechtung Ertragen, müssen unser Fleisch kastei'»; Und leerten wir den ganzen Leibenskelch So sind wir doch der Seeiigkeit nicht wert. Mit Unmut hört der brave Rosiere Den sanften, gutgesinnten Plaudrer an. Zhr schwazet, spricht er, wie ein Kapuziner, Da Zhr als Mann und Krieger sprechen sollt.

Las nicht, mein Prinz, Dein angeschafnes Feuer Erlöschen, reize Deinen hohen Mut

Und tilgt vor dem Abendrot de» Schimpf, Und räche Deine Ehre und den Himmel.

Bei diesen Worten fühlt der gute Rarl Mit neuer Hofnung sich belebt und spricht: Auf! löschen wir nun diesen Schandflek aut! Doch müssen wir dabei piano gehn!

Gleich schmiedet man im Lager einen Plan Und plaudert viel darüber, endlich trägt Man die Entführung dem Franqulni auf. Zhm ward die Ehre der Eutwikkelimg, Und alle« rüstet sich zur grossen That.

Auf seiner Brükke jauchzt St. tZepomuE Und wähnt schon fest, daß er der Sieger fei. Doch Hedwig lacht mit Fug und Recht datob, Wei« alle«, wa« sie davon glauben soll. Und spottet über ihren dummen Plan. Zur lieben Genoveva eilte sie Franquini (Oberst von) Generaladjuranr deS Prinzen

Karl

von Lothringen, ein geborner Zrattener.

Beim Angris von Genua ward er den vierzehnten Mai 1747 von eiyer Srjikkugel gerödrer. 3n den Feld­ zügen von 174? bis 1747 harre er sich den Ruhm eine-

Suren Parteigängers erworben und war- ein besondre»

Liebling des gedachten Prinzen,

A. de» Uebers. Dd 3

(

4-r

)

Und raunte ihr mit kurzen Worten zu: Nie sprach ich Dir Französisch, Schwesterchen, Drum süccht' ich mich vor Schützern gar zu sehr Und möchte nicht mit meinem Teutsch »Fran« zösisch Dee Marquis Dienerschaft zum Spotte dienen. Nimm Du daher die Sorge über Dich Und meld' ihm, daß Franquini, der Barbar, Zhm fürchterliches Unylük zubereitet Und daß er sich im Lager wohlverschanzt Za klug und vorsicht-voll verhalten soll.

Nun sucht die göttliche Beschüzerin Der Stadt Pari« den dlkken Marquis auf. Verwandelt augenbljklich die Gestalt, Nimmt ihre« Lande« Tracht und Sitte an. Und formt sich gänzlich nach der Mode um. Stellt Euch hie Reize de« Adonis vor Undnemtdazu Apolls'« schlanken Wuchs, Sein blondes, langes Haar, so habtZhr sie. Ein Feueraugs, eine lose Miene, Ein schalkisch Lächeln schmükte ihren Kopf, Der nach Pariser Kunst gekräuselt war. Die grosse Schleife unter ihrem Kinn, Da» schöngewebte Spizeohemde und

Manschetten nach der neusten Art gemacht.

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4 23

)

Zhr weisser Strumpf, der bl« zur Lende schliche Ihr kleiner Schul) mit rotem Absaz dran,

Zhr Kleid mit breiten Tressen übersä't.

Die« akle« hob die schöne Bildung sehr.

Mit seinem d'Argel promenirke just

Der dikke Marquis an der Eibe Strand. Miss', sprach sie, "valory, ich liebe Dich, So sehr Du auch pon Dirn' zu Dirne läufst,

Dein Leichtsinn macht n?tr für Dein Schiksal bange.

Und sieh, drum kam ich selbst zu Dir herab.

Um einen guten Rat Dir zu ertheilen. Du scherzest ohne Zweifel, kleiner Milchbart, Du willst mir raten? Geh, du Jungfernknechr,

Magst wohl ein Liebeöbriefchen schreiben können!

Versezt der Marquis stolz und ahnet nicht«. Doch sie entgegnet: Denke, war Du willst Nur wisse: stehst Du nicht auf Deiner Hut, Sv stielt man diese Nacht Dich au« dem Bett ;

Schon längst ersann der Feind Dir einen Streich Worüber Du nicht wenig staunen wirst.

Doch Dalory treibt seinen Scherz damit: „Wie weisst Du denn di« Zukunft so genau?

Dd 4

(

424

)

«Mich rauben? —• Möchte wohl den Schäker sehn, «Der kalten Blutt sich an mich wagen will! «Geh, binde nur Dein Märchen andern auf« — Schnell offenbarte sich die Glorie vor ihm. Die «Zellige nam einen Körper an. So fein, so zart, wie ein subtiler Dunst.

Der gute d'Arget ist darob erstaunt Und unbeweglich steht der Marquis da; Dor Schrek und Angst wird er beinah zu Stein. Doch sammelt er noch jedes Restchm Kraft, Und ächzt, wie einer, den der Bannfluch brüktr Belehre uns, Du schöner Himmelsspuhk, Wer bist Du? Engel ober Teufel? — sprich! Wie ist Dein Name, wenn es Dir beliebt?

Sogleich versezt die gute Heiliger Erkenne, dtkker Marquis, ffienoveve’n, Zch kam Dich zu erretten, lieber Sohn, Don der abscheulichsten Verschwörung, dir

Sich ein Erzschelm von Heiligen ersann. Und Valery sinkt nieder, kreuzet sich Und schlägt an seine Brust: Auf Dich, ruft er# Unsterbliche, sez' ich mriutzanz Vertraun t

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)

Und dreimal will er ihre Kniee umfassen. Doch jedesmal entweicht ihm das Phantom. Die heilige fliegt schneller, al« ein Dlkz Davon und jene ungemeff'ne Bahn Scheint feurig von dem Glanz, der ihr entströmt; Hin langer stralender und Heller Streif Bezeichnet in den Lüften ihren Pfad.

So fleht man oben an dem Firmament Den wohlgeschwanzten Stern, der die Pla­ neten An seiner länglichtrnnden Bahn begrüfft. Das grosse Hlmmelsfeld erleuchten Und reissend sich des Astronomen Gukker Und feinem Forscherbltk entzieh'». Dem scheuen Pöbel bringt dies Phänomen Di« unglüksschwangre Pest, den Krieg, Za selbst de« Weltalls jähen Umsturz, die Der Astrolog genau vorhergesehn. Auf gleicher Weise lag vor Angst und Furcht Ai« unsre Heilige verschwunden war. Der dikke Marquis in Betäubung da. Doch d'Arget steht ihm treulich bet und bringt

Zhn wieder auf die Deine, preist zugleich Dd f

( 4-6 ) Die glüklicbe Erscheinung mächtig'an, Und nun beraten Beide weislich sich: ,,Was 4rlt zu thun? Zu unsrer Sicherheit

»Verändern wir die Wohnung augenbllks." Ein kleiner Flekken lag dem Lager nah. Ein Oct, der gar nicht in Betrachtung kam.

Und doch bestimmt, dereinst berühmt zu sein»

O Jarvmirz, so schlecht zum VerS gebaut,

Wir werd' ich Deinen übelkltngenden

Fatalen Namen wohl mit manchem Flik Zn meinem Liede hier gebrauchen können?

Wie Deine alte, wüste Mauern malen, llnh jenes Abenteuer sonder Gleichen^

Da man die dikke Marquwschaft gewiS In Fesseln einzuschmieden glaubte? Nun, Ytelory macht' einen Schtld' sch e n Stretch,

Quartirre sich in diesem Flekken ein;

Doch theilte man aus grosser Zärtlichkeit Zhm einen Haufen tapfrer Krieger zu.

Mit wacher Hut beschirmten sie das Thor, Daß dies Palladium gesichert set.

O Melsterstük^er Klugheit und der Vorsicht!

Wa6 denk'st Du, Leser, wohl? — Der Mar/ quitt lies

(

42?

)

Dle Vorderthüre wohl behüten und

Vergas dle Htnterpforte ganz und gar.

Ha! diese Unversicht erleichterte Den Anschlag seines Raubes nur zu sehr.

Vernemer nun, daß unter diesem Dach Verraterei ihr schändlich Wesen trieb.

Gedungen wurde dieser Hütte Wirt Vom Held Franquini, jenem ttngethürris Das seine Rolle spielt wie ein Achill. Fehlt mir Bernlni's Metsterplnsek auch§

So mach' ick dennoch, lieber Leser, Dir Won dem Palais, der raucherichen Ducht,

Wo jenes dikken Marquis Abenreu'v Sich zutrug, eine leichte Schilderung.

Stell' Dir ein russiges Gebäude vor. Das nicht die mindeste Verzierung hat.

Und traun! hier athmete kein Ambraduft; Zm ganzen Hause waren nur zwei Zimmer,

Dem guten d "Arget ward das vordere. Die hintre Kammer nam der Marquis selbst. Die Nacht begann, in's Nest kriechtValory,

Wle eine Ratte schnarcht der dlkke Herr, Und neben ihm ruht d'Arget, sein Gerrernr,

Und in Geschäften seine rechte Hand,

(

428

)

Zn Morpheus welchem Ärm, nachdem er erst

Noch seinen Rosenkranz geendet hat. Da stieg mit rötlichtem Gesicht Dom Himmel Stephan, sein Patron, herab. Und stellte sich zu seinem Haupt an's Bette; Der gute Gauch lag schon Im ersten Schlaf,

Du schnarchst ja, rief er, Söhnchen, «In Vieh, Da Dich zu fah'n, Franquini näher eilt. Geleitet von dem Schelm De«lzeb.ub.

wie

D'Arget erwacht, sein ganzer Leichnam bebt. Doch da er niemand sieht, so schläft er fort. Sogleich erscheint aus'« neue ihm der Spuhk Und wiederholt die Mähr von Wort zu Wort. Befürchte, schliesst er, nahe Sklaverei! Schon brummt die Glokke Zwei nach Mit» ternacht. Als schnell ein fürchterlicher Lerm entsteht. Und der Pandur, voll Durst nach Raub, di« Thür

Erbricht und so in d'Arget's Zimmer stürzt. Zn der Gefahr behielt der arme Wicht Doch Fassung g'nug, zum Heil für Gallien,

(

42Y

}

Und da er sich fm Schlag gefangen sah, So ruft er ihnen ganz pathetisch -u: Wen suchet Ihr? —„Wir suchen den Marquis „Und spüren Eurer feinen Politik, »Dem Silberzeug und Euren Möbeln nach/'

Zch bin der Abgesandte Gallien'«, Dersezt darauf der kluge Sekretär, Nemt diesen Sak voll neuer Louisd'or.

Nun plünderte der Haufe'alle« au«, Und machte flink da« ganze Zimmer rein. Doch keiner, war es Glüksfall oder ward Zhr spähend Falkenauge hier getäuscht, Gisig in da« dichlbenachbarte Gemach. Die« schrekliche Getümmel drang zum Ohr De« dikken Marquio, plizltch wacht er auf; Verloren war er ohne M, ktung nun Wenn nicht in diesem grausen Auaenblik Dom hohen Himmelszelt die heilige Zu seinem Schuz herabgestlegen wär. Wild sprang er au« dem Bette, schrie dabet Dor Schrekken auf und wollte nakkend sich Zn einer Stellung, die nicht züchtig war.

Den Händen seiner Räuber überliefern.

(

43ö

)

Die gute Heilige denkt eben noch An ihre göttlichreine Zungftauschaft, Verbirgt ihr schönes Antliz mit dem Fächer

Und blinzt verstolen durch die Stäbe durch. (Kein Alter schüzr das Weib für Buleret)

Bet der Gefahr thut sie ein Wunderwerk,

Versenkt den ungestümen, rasenden

Marquis in einen festen Todtenschlaf. Indessen schleppte diese grausame

Danditenschaar, die in der Bucht das Wild Ertappt zu haben glaubte, d'Argct fort, Zn einem Zustand, wie er aus der Hand

Der Bildnerin Natur entsprang und wähnt

Durch diesen Ptnselstreich sich Im Besiz Des schönen Preussischen Palladiums»

St. Hedwig fliegt indes zur Wache, rufu Herr Korporal, ach! eilt und steht uns bei!

Geschwind befolget Eure Schuldigkeit Und jagt den wilden Räuber fern von hier!

Indem Nun der Barbaren Haufe schnell

Dm armen d'Arget durch den Garten schleppt, Und immer plündernd seinen Raub vermehrt, Schikt unser Korporal ihm einen Regen

Von mörderischen Kugeln tapfer nach.

(

431

)

Der Nüsse tidtet auf der Bärenjagd

Nie eine gleiche Zahl, wie Zaromirz Pandurenseelen in der SchrekkenSuacht

Geradenwegs zum Teufel fahren sah.

Du armer d'Ärget, bist der Feinde Raub, Und Deine Freunde schiessen noch auf Dich.

Wer schüjie da mit seinem Helscrarm

Dich wohl In dieser schreslichen Gefahr Wer barg Dich unter seinen Fitligen?

Set ruhig, lieber Leser l Sieh, schon steigt St. Stephan eilig nieder vom Olymp,

Des guten d'Argets schüzender Patron.

Indem der Tod von allen Seiten würgt, Dient ihm der edle Heilige zum Schild Und wehrt ihm rechts und links die Kugeln ab.

Franquini bleibt Indes bei seinem Wahn;

Flieht schnell davon

und Freude schwellt sein

Herz. Schon wünscht er sich zur eitlen Ehre Glük, Die ihm ob seiner Deute werden wird. Gleich rasch trabt d'Arget barsus nebenher,

Versinkt bis an die Knie in den Kot Und bebt vor Frost, zerrt wunderlich den Mund

Und mancher Dorn zerrizt den blossen Fus.

(

432

)

Mit ganzer Seele flucht der arm» Schelm

Auf da« Geschtk, da« so mit Menschen spielt. Schon halt' er trabend mehr al« eine Meile Zn steter Lästerung zurükgelegt, Al« schwachen Schimmer« nun der Tag begann Und unser Trupp zu jenem Lager flies. Wo da« Quartier Franquim's war.

Der bis» Dube spielt den HSfllchen Und spricht zu d'Arget: Herr Ambassadeur, Mich schmerzt Zhr Unfall, der, ich mu« gestehn. Sich von mir Glüklichen allein entspann. Und daß Sie barfu«, ohne Kleid und Wagen Die Reise machen mussten, ist fürwahr! Ein kletrie« Ungemach, Herr Vrttotj». Jedoch zum Trost für diesen bittern Schmerz, Zur Linderung für Zhren ersten Schrek, Geniessen Sie von diesen Schüsseln hier. Die gestern Zhre, heut die Meinen sind.

Und al« sie Beide sich verständigten. Geschah die«, wie Zhr selbst Euch denken könn^ Nicht« weniger al« zur Zufrledenhelt. Denn ohne Umschweif that der edle Mann Sogleich ihm da« Geständnis, wer er sei. Doch wie ihm d'Arget jene« Quiproquo Von

(

433

)

Von feinein Unfall auseinander fezt,

So rührc den Austrier beinah der Schlag. „Wie? immer noch bei Helden eine Null? ,,Ha! so entreisset dieser lose Hund „Von Franzmann mir durch meinen falschen Grif

„Auf immer heute jeden hohen Glan;

„Von einer herrlichen und schweren That?

„Wer Du auch bist, unseeiiger Betrüger, „Du Räuber meines schönsten Heldenruhm-,

„Bezahle meinen Unverstand und stirb."

Er spricht'- und zieht da- lange Morbgewehr, Und schwingt «S dreimal über seinen Kopf

Und wütend will der Unmensch schon Mit eins das Haupt ihm vor die Füsse legen.

Ein alter Ungar hält ihn sanft zurük r

„Gemach, Franquini, Du vergisst Dich hier. „Nach unsrer Pflicht wird jeder, den wir fah'n, „In Rarl's de« Guten Lager abgeführt.

„Vorzüglich schone diese« Manne«, der

„Uns manch Geheimnis offenbaren kann."

Er sprach'«; Franquini, zwar nach hartem

Kampf, Besiegt sich und stekt seinen Säbel ein. Ee

(

)

434

Nun, lieber Leser, möchtest Du wohl gern

Von mir erfahren, ob der Ungar nicht

Gar eine Heilige gewesen sei. Die unter diesem Schnurbart sich verbarg. Wie Zhr schon oft in diesem Buche saht.

Doch mu« ich ohne Rükhalt Euch gesteh'». Daß ich eö diesmal nicht enträtseln kann,

Denn westlich schweiget über diesen Punkt Mein Chroniker und ginge man zurük

Bst auf Tu rp in en selbst, so fände sich Zn diesem Labyrinth« doch kein Licht.

Glaubt, was Ihr wollt, es thut zur Sache

nicht?.

Fraiiquini ändert alsybald den Ton Und dieser wilde Löwe wird So biegsam und so sanft, als wie el»; Schaf;

Brummt manche leidliche Entschuldigung Sogar sehr traulich dem Pariser zu. Nun führet sie der Weg in einen Wald

Der dtkbel-ubc und undurchdringlich war;

Nie brach her biizende und holde Sccal Der Sonne ei« in diese Finsternis.

Und in dem schanerlichsten.D.unkel ragt

Ein Felsen hoch hervor, ihn schatteten

Typreffen bichtverwachsen, fürchterlich Thut eine Kluft In seinem Schove sich auf; Man glaubt das Thor der Hille selbst zu sehn.

DIeS war Franquini's Residenz, Hier feine Schrekkentbucht — ein Krieger, schwärm Strömt auS der Höle seinen Brüdern zu.

„Hal guten Tag! sieh da, wie ging e< Euch? „Habt Zhr geplündert? war die Deute gut? »Wird uns denn auch ein Theil von Eurem Raub?« Man herzet sich, erzählt und räsonlrt Viel von Franqmm's grosser Heldenthat. Und als sie unsern d'Arget nakkenb sahn. Schrie alles auf r Ha! seht einmal den Schäker! Auf Ehre, Freund, man hat Dich flink bedient! Verbargst Du noch ein Goldstük? Zmmer gieb Es her; uns schlaue Füchse täuschst Dü nicht!.

Descheiden schweigt der gute d'Arget still. Zerrissen — blutig waren seine Füsse, Und alle seine Glieder schier verrenkt; Zum Himmel wendet et sekn Aug' und trimmt Die Mine eines Supplikanten an.

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436

)

Franquini spricht: Hier dieser gute Bursch Zst mein Gefangner, führt ihn in die HLle. Pflegt sein und gebt ihm einen Labetrunk!

Sogleich vollzog man eifrig den Befehl, Denn Held Lranquitii liebt das Zaudern nicht, Und von zwei grossen, ältlichen Panduren Wird d'Arget in der HLle Grund geführt.

Gedenkt Euch nun ein schwarzes, dunkles

Loch, Wohin noch nie des Tages Schimmer drang; Auch sah beim Eintritt d'Arget keinen Seich.

Nun kam ein ungeheu'r Gewölbe, wo Zwei Lämpchen zitternd ihm ihr bleiches Licht

Zuflimmerten; er tappt den Führern nach. Ein langer Gang führt durch den Felsen fort

Und leitet zu der Räuber Lagerstatt; Hier duften Dünste stinkend wie die Pest.

Durch Zufall hat die launische Natur

Mit jedem Schauer diesen Ort erfüllt. Der jene grause Straffenräuber birgt.

Zulezt trat er in eine Grotte ein.

Zhm folgt Franquin' uiib ruft: Man säur bre ihn! Zwei Bauerschönen eilen schnell herbei,

Von denen jede einen Eimrr trägt.

(

437

)

Ergreifen d^Arget, waschen, striegeln ihn.

Und parfümiren ihn von Kopf zu FuS. Gebt ihm ein Kleid! sezt nun FariquinL zu; Äran läuft und rennt; Mätressen, Konkubinen

Durchkramen alle Beure in dem Kelter, Die eine reichte ihm ein feines Hemd, Dem Mecheln seine Krause einst gewebt. Und daö man einem Preussen abgerupft.

Die -weite presst ihm drauf ein Schüchlein an,

Das weiland einem kleinern FuS gehört. Die dritte hüllt ihn in ein Kleid, das viel

Zu lang und weit für seinen Leichnam war. (Zranquini hatt' es einst am Rhein erschnappt)

Und um das Werk zu krönen, drükt man noch 2hm tief tn'S Antliz einen grossen Hut, Da sah er Euch wie ein Bramarbas aus-

Lranquin' beginnt: Mich hungert und mich

durstet;

Auf! lasst uns essen, Zhr Holunken Ihr! Wichst eine lekkre Mahlzeit auf! — Sogleich

Erscheinen sogenannte Jungfern, die Die Tafeln ordnen und mit langen Kerzen Don Wachs besezen, einst des Altars Schmuk, Den sich Franqrnni zugeeignet hat.

Ee 3

(

438

)

Man stellte schönes Tischgeräte auf,

Das der Pandur dem dtkken Marquis stahl; Und h'Arget spricht: Dies silberne Geschirr Hat zu Paris Germain geformt. Recht gut!

Rust jener/ desto grösser ist fein Wert! Und vierzig auserlesene Gerichte Desezen nun den Tisch In einem Kreis.

Hier feiste Hammel, dort geraubte Hüner. Die ganze Gegend musste zinsbar fein; Verarme Dihm'fche Dauer ward so gut

Geplündert, wie des Feindes Unterthan. Auf fremde Kosten lebten sie hier hoch. Und mästeten vom Kriegeeunglük sich.

Run brachte man den schäumenden Cham«

pagner, Der bald in jedem Glase sprudelte

Und Port a Port und gclblichten Tokaier,

Eins wie das andere, gestolnes Gut;

Und leert die vollen Glaser Schlag auf Schlag Und nun ertönet laute Prahlerei,

Doch d'Arget sizt in sich versenkt und Isst Don diesem Diebcsmal, womit man ihn

Bewirtete, mit sichtlichem Verbrus, Geniesst nicht mehr, als er zum Lebe« braucht.

(

439

)

Drauf, aks es spat ward, kamen ihre NM phett; Man herzt und küsset und berauschet sie Zwar nicht mit Hiebe, aber doch mit Wein.

O wetten Freunde, wie vermag ich wohl Euch ihre wüste Freuden treu zu schildern? —Glaübt nichts daß eine solche 'Liebe je Die Wonne jenes Zartgefühles kennet! Denkt alles Euch, wozu die Trunkenheit Den thierischen Pandut eiitflsiMmen kann. Hier sah man manches Mädchen, tiefgebeugt Mit Jugend und mit jedem Miß geschmükk. Das jruanquin' und dem kühnen Räubervolk Durch Nervenkraft und taufend Drohungen In dieser Höle schändlich unterlag. Selbst in der Freudenfülle Augenblik Entwand sich noch ihr unschuldsvotler Mund Und Thränen rollten aus dem schönen Äug' Und Seufzer schwellten ihren Dusen auf. Ihr ängstlich Klagen hätte wohl den Panther Drn wilden Tiger selbst besänftiget.

Allein die böse Buben, deren HeH Zu sehr verhärtet wat, volfführteü doch Mit gleicher Unbefangenheit Süs Werk. Ee 4

(

440

):

Man sollte Bei dem grausen Anbltk sagen. Daß Teufel hier die Engel schändeten. Gesättiget an den bekannten Freuden, Trieb diese- thierische und wild? Volk. Die gröbste Schwelgerei; sie brachten nun. Auf falschem Weg, der Venu- Opfer dar. Berauschten in verbotner Liebe sich. Doch müde endlich dieser losen Greuel (Zu früh kehrt man von diesem Mtsbranch um) Durchzechten sie die ganze lange Nacht. Dor allen zeichnet sich Franquini au-. Und so beschlo« sich diese Schmauserei.

Al« ganz von Kält' erstarrt ein Schwarm Panduren Rapport von einem fchinen Fange bringt. Man hatte au« den nächsten Gegenden Der Schaafe und der Lämmer viel geraubt; Kapellenkerzen, Hüner, Schweine und De« Pfarrherr- liebe« Jüngferchen dazu. Auch eine Amtmann-tochter schön und rein. Don den Dukaten sagten sie kein Wort. Der Eigennuz — da« ist nun wohl nicht« neue«,

Macht den Panduren selbst zum Stehlen klug.

c

441

)

Sogleich erfolgt die Theilung, undFranquini Beginnt: Die Mädchen, Freunde, sind für uns, Und den Panduren überlassen wir Die Kühe, Schweine und den Drantewein.

Laut brüllt der Hause und die Grotte tönt

Don dem Geschrei; der dumpfe Widerhall Summt jn der Höle das Getöse nach;

Sie xusen insgesammt: wir schlafen nicht! Und der Pandur würgt feiste Schweine ab Und theilt sie dann in gleiche Stükke, sucht

€?fd) Holz, nimmt einen Nagel und entlokt Dem harten Kieselstein durch manchen Schlag Lautknitternd helle Funken, lodernd zündt

Der Schwefel nun die Leuchte an.

Sogleich

Entflammt daö Hol-, man bratet sich das Fletsch Und übergiesst es mit geschmolznem Fett,

Nimmt dann die Keulen und den Nükken ein

Und. schmaust, In’6 Gras gestrekt, nach Her,

zenölust So wie der Sänger Ilion’s uns sagt; Ein jeder war bei seinem Theil vergnügt.

Dem barschen Franqrrm' führt man mm

den Trupp Der süssen, schönen, muntern Dirnen vor,

Wovon der Wicht ein grosser Liebling war. Le s

(

44z

)

Hub (tt der Mitte dieser rauhen Krieger

Erscheint mit jedem Zauber angethan Eln junges, liebes, reizendes Geschöpf.

Nein, jene Schöne, die dem MenelauS

Entführt ward, deren Rattb ganz Astett

Zn Waffen brachte, die dem PriamuS

So manche heisse, bittre Stunde schuf, Kam dlesem holden Mädchen nimmer gleich»

Auch war sie nicht wie Zhr, Ihr Fürstentöchter.

Zwar zaubernd, wenn Zhr in der Hoheit prunkt Dock die Zbr jede Anmut, jeden Reiz

Verliert, wenn Zhr entblösst vom reichen Schmnk Und von Kleinodien Euch bltkken lasst,

Womit Zhr Eure wahre Züge nur verstekt. Sie trat nun unter dieses wilde Volk

Und Thränen stürzten ihrer Warrg' herab-. Zm Schlafe rtsman dieses holde Kind

Don ihrer theuren Mutter Seite weg, Zn einem Kleide, dessen simpler Schmuk

Nicht sehr die Gaben der Natur erhob. Zwar ihr Gewand war rein, doch einfach nur; Schwer engt ihr Mieder einen Dusen ein.

Der sanft in erster Blüte stieg unb' sank.

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443

)

Und der dem Lauschenden zwei wogende Und süsse Hügel sehen lies, die halb Dle abgerollte Lokke neidisch barg;

Der Lilie Glanz, der Rose Glut umzog 2hr Antliz, funkelnd war ihr Schlehenaug, Beredt jedweder Stral, der ihm entffoS,

Ein halber Vogen kreiste oben hin;

Und dann ein Mund, dersüs zum Küssen lud.

Und öfnete die runde Purpurltppe Die Liebe oder K o m u 6 feiner Scherz, So schwellte und entzükte jede Brust

Der Silberglcmz von ihrem weissen Zahn. Nun denke Dir noch einer Göttin Wuchs, Der Venus Jugend, der Cochois Fu6,

Der EochoiS fiuß. So wie man in ver vertraulichen Sprechart einen runden Kopf, der einen starken An­ strich von geistvoller Bonhomie und Jovialität har, 'täten Doktor - Luther > Kopf nennt, so hies man ru der Zeit, da dies Gedicht verfertigt wurde, ein lehr fein und nett gebildetes Fttschen einen CochvisFns, wiewohl dieser in der that- einzig war» Erst Viele Dekaden nach dem Abgang der Pestrerin dessel­ ben vom Berliner Opernrhearer, bei dem sie stchalS erste Tänzerin angestellr befand, bewundene man eine ähnliche ausgezeichnete Schönheit an der jungem DeSVlaee S (Solodänzerinauf dem mehrerwähnrenThea­ ter) diezulertmitHerm Oüport^ Mitglied derKönigl. Map eile, verglicht war und die den vierten Jänner 1791 narhM^rMklichen Entbindung im sechsundzwanr

(

444

*)

So hast Du jenes holden Mädchens'Bild, Das den Banditen In die HäUde fiel. Mit einem Blik voll hoh-r Majestät Trat sie in dieser Buben Mitte ein; Doch jene Wilde ohne Menschlichkeit Erhaschten brünstig Ihre Beute schon. Atz sich FranquLni so verneinen lies:

Nicht so betrübt! hübsch lustig, liebes Kind! Lasst uns -ie traurende Gefangene Durch Liebe trösten--doch, was mich betrift, Zch habe schon genug, mut? mir zum Troz Diesmal bescheiden sein. Dir, d'Arget, soll, zigsten Jahre ihres Atters am Faulffeber verstarb; einer

Künstlerin, welche wegen ihres LalentS, ihrer Grazie,

ihrer Sittsamkeit und andrer liebenswürdigen Eigenichaften den Beifall des HofeS und dicWertschürlMg deS Publikums in hohem Grade genoß. Doch auf unsre @0/ chois wieder zurük!

Der MarguiS d'Argens heura-

tere dieselbe mir der Bewilligung fernes königlichen

Freundes,

der diesem

Frauenzimmer

wegen ihrer

mannichfachen Talente und deS Zaubers in ihrem Um­

gänge sehr gewogen war.

Meines Wissens lebt diese

Dame, deren körperlichen Reize von ihren geistigen weit übertroffen wurden, noch in der Provence,

von den dorr anqesehnen Verwandten ihres Mannes und allen Nachbaren, hohen und geringen, äusserst geschürt.

A. de- Uebrrsi

(

445

)

(Sieh! was Panduren, Edelmut vermag)

Dies liebe Mädchen sein. — Nun geh und brich Mit Wollust ihre junge Rose ab. Und d'Arget fühlt den alten Adam schon. Da dringt die« Angstgeschret zu seinem Ohr:

»Gerechter Gott! bin ich denn In der HHlle,?" Za- Liebliche, in dieser Mördergrufl

Zst F'ranqnin' ärger noch, al« Luzifer.

»Erbarme Dich, o guter milder Mann,

„Doch meiner Zugend, meine« Ungemachs!"

So ächzt die Arme und sinkt vor ihm hin. „Ich bin verlobt, mein künftiger Gemahl

„Vermag e« nicht mir kräftig beizustehn, „O, la« Dich, Edler! meine Tugend rühren!" Sie sprach'« und heisse Thränen überströmen Die Zauberreize ihre« Angesicht«.

Franquini ruft: Nun so bekröne man Den jungen Bräutigam schon in vorau«!

Auf! giesse einen schmukken Franzmann frisch Zn diese herrliche und blanke Form!

Der gute d'Arget präludixt nunmehr.

Und brennt dabei in Hellen Flammen auf;

Doch eben da er Im Begriffe war.

(

446

)

Den süssen Wonnebecher auszuschlütfen.

Erschien Ihm schnell sein göttlicher Patron.

Sogleich erschlaft ihm jede Muskelkraft, Pl»,mps! (lest er seinen Degen wieder ein

Und flucht St. Stephan heimlich In den Dark».

So rekl an einem Pfui die Schnekke oft

De» kleinen Kopf aus ihrem Häuschen vor. Kriecht gern

bei

warmen Sonnenschein im Schlamm;

Allein sobald sie ein Geräusch vernimmt,

Zieht sie geschwind die steifen Hörner ein Und schrumpfet in ein Klümpchen schier zusam,

men. So bändigte des Edelmuts Gefühl

Zm t>’2lvget jenes Dämons Bosheit, den Man in der feinen Welt Kupido nennt;

Den Moses in dem geschwäzreichen Buch Zur Schlange macht, von welcher leider Gottes! Frau Eva'« Lüsternheitjuviel genoS.

Der gut» d'Arget, kälter als ein EIS, Raunt seiner Schönen zu: Du armes Kind!

Ha! Deine Tugend macht mein Mitleid warm.

El» Greuel ist mlr'S Dich zu schänden — mit»

Bon mir befürchte fernerhin kein Leid,

(

447

)

VIelnsthr bezahl' ich Deine Ranzion.

Er spricht'«, nimmt Ihre Hand und tristet sie.

Franquim merkt, daß d'2lrget kälter wird, Und ruft: Wie? macht man es in FrankreIch so

Mit Mädchen? Nun, wenn kommst 2)u denn »um Ziel? ,„Ach! unser traurige« Geschik, mein Herr,

„Steht, edier Krieger, gan» In Deiner Hand.

„Soll dieser Engel, der mit Eikkerrelj > „Mit jeder wundervollen Anmut stralt,

„Soll der an diesen Ungiükeort der Brunst

„De« ersten Wüstling« überlassen sein, „Der sie umschlingt? Nein, edler Mann,

„New, ehre doch ihr Alker, Ihre Tugend „Unb gieb Ihr Ihre Freiheit wieder."

Geh, armer Franjuiann, bete Dein Bree

vier, Versezt Fraiiquini spottend, heut zu Tag Ist Madchennokjucht emgeführter Brauch. Und doch, entgegnet jener demutsvoll Und halb zerstreut — mir fällt ein Mittel ein,

Bist Du vielleicht ein Freund vom Gold, nun

so

Bezahl' ich Dir mit schönem baaren Gold Die Freiheit dieses himmlischen Gestirns.

Der Handel mißbehagt dem Räuber nicht. Es sei, spricht er darauf, wenn Du mir giebst So viel, daß ich damit zufrieden bin. Dann mag dies spröde Ding samt ihrer Tugend Zu ihrem Bräutigam nach Hause gehn.

So warst Du doch, verfluchter Eigennuz Einmal den Sterblichen ersprteölich, denn Du rettetest aus des Barbaren Hand Unangetastet in der Mördergruft Die schöne liebenswürdige Aurora

Vier-

Vierter Gefa ng. Wohl ist es gros'ber Lugend Freund zu sein. Allein in unserm argen Säkuium

Sei bübisch, lasterhaft, sei nur zugleich Auch

liebenswürdig,

kömmst Du

durch t>le

Welt.

Der gute d'Arget war zu seinem Giük Da« eine, wie da« andre.

Wa« nunmehr

Lranqnini'n anbetrist, von Schwelge» makk

(Denn wühnt nicht, daß «in raubender Pandur Nur immer kriegt und stet« der Wollust fröhnt.

Nicht« troknel schneller, al« die Liebe au«)

Aranquitti, sag' ich, pfleget seiner Ruh Den ganzen Lag und sammelt neue Kraft;

Erloschen war der Leidenschaften Wut;

Er schlendert fort, sucht unsern armen Gauch Zn seinem Bette auf und spricht, wie folgt:

Mich treibt die lieb« Langeweile her Zu Dir — mag heute nicht zum Loch htnaurk

6« regnet ganz gewaltig, weisst Du wa«, Berichte mir Dem Leben, Deine Fata Und Deine Thaten-, Laß ich für-den Ian-

Ls

(

45«

)

Doch etwas habe, Zhr Franzosen sollt Gar wunderltebitchr Erzähler sein.

Und d'Argek spricht aus diese Schmeichelei: „Unendlich schäzbar wäre mir da« Elük,

„Könnt' ich Franquini amüsicen— Zwar

„Viel ist an meinem Lebenslauf nicht dran, „Doch einfach, prunklos klingt er wenigstens.,,

„MeinUnglükSstrrn, der immer mich verfolgt, „Lies mich, o Herr, von einer Herzogin

„Entsprossen werden, und mein Vater war

„Ein Unbekannter, dem verborg'ne Glut

„Den Dusen meiner Mutter öfnete.

„Als eine unerlaubte Liebesfrucht „Zog man mich fern von meinen Aeltern auf. „Um früh mein Herz zu bilden, ris man mich

„Von jenen biedern Menschen fort und wies

„Dem aufgeblühten Knaben seinen Plaz

„In einem Zesuiterkloster an. „Hier sollt' ich unter den berühmtesten „Doktoren meine Studien vollenden.

„Ein Dämon, der mein Unglük stiftete, „Lies dort mich harte Prüfungen bestehn!

„Man fand, daß meine Bildung nicht ganz

„schlecht, „Mein Geist voll Feuer sei — Ein üppiger

(

45*

)

„Professor that gar freundlich gegen mich, „Zog mich In seine Zelle, wagte da „Ein Anerbieten, da« so schändlich «ar, „Daß ich mit ernster Stirn' entgegneter „Geh, scheuelich Ungeheuer, Du empörst Durch Deine geile Wünsche die Natur! „Geh, suche in Vergessenheit dem Lohn „Der viehischen Begierden zu entgehn!“

„Bald tls ein andrer eben so mich fort. >,Jch stie« ihn von mir, und *-et patte rin» „Doch endlich überfiel mich solcher Schwarm, „Daß mir im Kloster keine Freistatt blieb, „Und ich, der zarte, schwache Knabe noch, „Von Furcht und Schrckken eingeschüchtert ward/' „Wie- lasest Du die Weltgeschichte nie? „Da siehst Du Helden mächtiglich berühmt, „Versezt ein andrer, die bald handelnd und „Bald leidend in den Armen ihrer süssen „Und gern bereiten Freunde sich erlabten.

„So liebte einst den Sohn de« Klinl a«, „Der Weiseste der Griechen, Sokrates, „Der doch, so wahr ich bin, nicht schmuzig war. «Nur dies verband Euryalu« und Nisus. Ff-

(

453

)

„Noch hundert andre sühn' ich Dir wohl an.

„Auch jener Cäsar soll, wie man rrjählt, „Zugleich der Gälte jeder Römerin

„Und jede« Römer« Fran gewesen sein.

„Doch schlage den Svekon nur etwa«

nach „Und sich, wie man von den Cäsaren spricht l „Zhin nach gehörten sie In die« Register, „Und dienten insgesamt dem schönen Gott

„Von Lampsaka« — und gnüget Dir noch „nicht „Da« Beispiel der Profanen, dringen wir „Mit Waffe« ans der Bibel in Dich ein.

„Was glaubst Dü wohl, -daß St. Zohan» nes that,

„Als ihn nun S“ auf da« Bette warf? „Merkst Du es nicht, er war fein Ganymed?

„Um allen diesen Gründen mehr Gewicht

„Zugeden, führ' ich noch Don Sanchez am „Lies n«r den nmnundzwanzigstrn Artikel „Von jenem göttlichen Traktate, den

„Er von der Heurat schrieb, da findest Du, „Daß Drin Verstand, ein Neuling nur, bei

ihm „Roch lange in vir Schuir gehen mu«.K

( „Gleich

454

)

schrie brr gante

Haufe: er fas

»B-cht'„Und plbjlich stürzte», weis der Teufel wie * „Dir bösen Sodomsbrände über mich.

„Und nm i.m Hause Friede» zu erhalten, „Ward ich gezwungen minder streng zu sein.

»Ich Armer diente ihnen nun zum Pfühl, „Sobald ein Paterchen in Brunst gerier, „Gebraucht er mich zu seinem Lastthter straks.

„So stürzte man mein tugendhafte» Herz „Selbst wider Willen in den Abgrund hin. „Zum Laster, wie zur Tugend zwingt „Uns bad Geschik tu dieser stürm'schen Welk.

„Ich konnte meinem Schtksai nicht entgeh»; „Doch warf ich meine Wetberrolle ab,

„Entfloh der Schul« des Zgnattu», „Und rettete bet guter Zeit mich einst

,,Zu einem Sohn der Guadenkrästigkeit. „Ich ward sonach, an meinen Schändern mich

»Zu rächen, nun ein Zansenist." „Doch Schule, Sitten und Tyrann«» traf

»Ich hier, nur unter anderer Gestalt!

»St. Augustin, Paskal, Arnaud, cole

Mtirt« ui«» ohn' Uitterlas und Zwrk.

Ff?

„DKS waren denn die Helden der Partei; „Enthusiasmus rts dir Frömmler fort „Und (jette neue Wunder für sie aus. „Aus ihren Gräberti hüpften lahtne Thoren „Und Kluge stellten diese Possen an. „Man träumt Orakel und exorciflrt „Dis noch zulezk der weife Ludewtg „Das Wunderthun dem P a r 1 s *) ganz verbot.* „Was mich betraf, ich sah die Schurkerei „Der Kirche und der frommen Buben au, „Die Eigennuz entzweite, und befchlos „Mit ihrem Kram mich gar nicht zu befasse«; „Und da ich für die grosse Welt Gefchmak „In meinem Busen fühlte, stellt' ich mir „Auf diesem schwärmenden und lottern Pfad „Ein giüklicheS Prognostikon voraus. „So floh ich denn die Heuchlerbrut und ging „Zum Sybaritenvölklein in Paris, „Das liebenswürdig, zauberisch und sanft ,,Beständig lacht und singt und immer ruht („Denn in Parts hat jedermann den Staar.) „Wie wenn die wilde Flut de» Ocean»

»)

MdL Par!«. 3L des Herausgebers,

c

456

)

„Gethürmte Wogen nach dem Strande wälzt/ „So braust hie ungezählte Wenge dieses Volks „Gleich einem schnellen Strome durch dleStadt „Und schwärmet absichtslos die Strassen durch.

„ParisHängt mehr als Einer Göttin an; „Die erste aller ist Galanterie; „Die Dame Neuheit thronet neben ihr. „Dies sind dir Götter meines Vaterlands: „Und nimmst Du noch die Modesucht dazu, „So haft Du den Katalogns komplet, „Und kennst Gefe;e, Kodex, Gottesdienst, „Wonach hier alles abgeurtheilt wird.

„Stets war ich dieser feinen Sltle treu, „Ward das Model von jedem Schmetterling, „Und brachte es durch Müh und Kunst so weit, „Daß ich vollkommen einem Schönling glich." Das, brummt Franquini, kann wohl mög­ lich sein; Doch sage mir, verwünschter sohn. Du lebtest in Parts wohl auf gut Glük? „Sieln, sprach d'Arget, ich machte Gassen­ hauer, „Und schrieb Romane, die das Gänsevolk schwachen Stvkpariser gern bezahlt, Fs 4

(

456

}

„UttS iitrnier saufe« wird , so langt es >,3« Ludwig'- grosser Scaby noch Thore«

giebt.

»$rft sudelte ich U Princefli stnsbie, „Und kurz darauf lei Lijoux indiscrets,

„5) en Acajen, ein unverständlich Buch, „Auch wagt' ich über Kazeu eine Schrift,

„Und warf vom Gm-yis ein Paar Züge hin, i}Le paysan*) erhob wich bis zum Himmel,

„r.a paysanw erhielt beinah Statüenl „Doch kam bei alledem nicht viel heraus:

„Schöngeisterei lies meine Küche leer, „Ich fürchtete St. Amand'S Hungertod;

«Doch diesmal hielt noch meineir Untergang

„Das Kind der Habsucht die Erfindung ab; „Ich dachte nach und sieh.» ersann PanrinS-—« „Sranquini ruft;

Weich ein barbarisch Wort!

„Und macht dabei ein grämliche« Gesicht.

„Es sind, entgegne» d'Prget, Gliederpuppen, „Ich male Pir di« kpetschüche Figur ; Hierunter kaun (a gut tet «umtgekinnmeae Land,

mann und dessen weibliches Seitenstük von Mari« yanii als die beiden Romane gleiches Samens vom MeyaNer M o a h y -verstnridey werden.

A. de» Uehe«ß>

(

457

)

„Mas fchneidt von Pappe ihre Glieder aus, „Und reiht sie sämtlich einem Faden an. „Wenn man nun zieht, so schlenker« sie umher, „Und springen, ist poffirlich anzuschaun! „DaS Höchste, was die menschliche Vernunft „Nur je erdachte, bleibt doch ein Pantln! „Du kannst zum Dolmetsch ihn sehr gutgebram „chen; „Bei Damen bringt er Liebsgeschichten am „Bescheidne Flammen und ein furchtsam Herz „Verschaffen sich durch diese Puppe Luft. „Und Stadt und Hof beeiferten sich nun „Die herrliche Erfindung zu beehren;

„Sie machte in dem Zahr Epoche aus; „Ich nam für dieses grosse Meisterstük „An hnndettzwanzigtausend Franken ein." „Nun kam mir auch die Lust zu reifen an; „Nichts bildet junge Leute mehr als die«. „Auch war ich müde nicht« »16 Frauzenvolk „Zch wünschte fremde Menschenart zu sehn. „Ich ging deumach in s freie Belgien. „Hier traf ich lauter bitte, plumpe Burschen „Mit wahren Kontrebandtgesichten an; „Kaum glaubt' ich unter Menschen noch zu sein, „Sie glichen wenigsten« den Franzen nicht. Fff

(

458

)

»Gedenke Dir ein kaltes Schnekkenvoik,

»Das, wie ein Wafferchier, auf Fluten webt,

„Zum mindesten so träge, rote ein Fisch, »Zn einer Stunde kaum 'zwei Worte taük. -'-Ich sammle mich, so gut es immer geht,

„Und frage sie mit sanftem ernsten Blik: „Waü treibt Zhr denn zn Eurem Unterhalt?"

„Wir melken unsre Heerden, sprachen ste, „Verkaufen Käs' und Pfeff'r insgesammt;

„AIs Krämer sind wir so ein wenig diebisch;

»-Fast ganz Europa zollet uns Tribut „Und wir verstehen meisterlich die Kunst

,,Tö fein zu rupfen und zu schröpfen."

„Wie, fragt' ich weiter, werdet Zhr re» gleit?“ —

” "Tyrannen unterdrükien uns vordem „ ;>Doch wir ersäuften ihre Grauiamkeit

■„ „Zn unserm Blute — aus den Trümmern

„ „stand

„ „Die Freiheit auf, und nun von Königen „ „Und von Monarchen frei, die schaudernd wir

„ „Nur nennen können, »amen ihren Plaz

>, „Mit gleicher Strenge dretssig Herrscher ein.

„ »So stehst Du, daß der Belgier, wiewohl

(

459

)

,, „Er frei sich wähnt, doch nie vermögen wird, „ „Die Skavenkette zu zerbrechen.

Wir

F „Republikaner sind der Schurken Raub;

,» „Statt Eines, herrschen tausend über uns )> „Und dennoch glaubt die ganze Welt uns frei.” ’

„Der Dikste unter diesen Bürgern lud „Mich in sein Haus — mit gleicher Artigkeit

„Nam ich dqs Anerbieten willig au; „Doch kaum gewahrt mich eine Magd, so fasst „Sie mich auf ihren breiten Nükken, und „Zerrt mich gemächlich'nach der Strasse zu.

„Bis an die Thüre ging der tolle Zug; „Hier fiel sie unbarmherzig auf mich los

„Und säuberte und wusch mich ziemlich plump

„Mit einem grossen Eimer Wasser ab.

„Was soll das heissen? fragt' ich sie hierauf. „Das ist so eine Höflichkeit, versezte sie, „Die bei Euch Fremden allzu nötig ist,

„Uni Reinlichkeit im Hause zu erhalten.

„Hierauf lässt man mich in die Küche gehn. „Seit dreissig Jahren, glühte hier kein Brand. «Dies ist wohl, fragt' ich sie, der Speisesaal?

(

4öo

)

" "Das sprecht Zhr, Himmel, welche W ». „fierung!

„ „Nein, diese Oerter sind nicht zum Gebrauch,

„ „Und wir bewohne» diese Zimmer nie. „ „Um sie zu schölten, kriechen wir gar gern „ „In unsre Keller, nur die Reinlichkeit >, „DeS Hauses Göttin herrschet hier allein."" „Da überfiel mich eine Wut zu lachen „Die zu verheimlichen nicht möglich war.

„Mein bitter Bürger, der Satyre Feind,

»Spricht trotten:

die Franzosen sind

sehr

„läpp sch!" „O Die belieben nur zu scherzen, sage

„Ich drauf.

Sogleich geriet der fette Mann

„In Grimm und warf die Treppe mich hinab. „Ein Schwarm von Dienern und von Mägden

„folgt „Mir mit dem schallendsten Gelächter nach

„Und schrie mir tausend Artigteite« zu,

„DIS man mich ganz au» dem Gesicht verlor. „Verlassen, rief ich, wollen wir die« Land

„Auf immer und nach England'» Küsten ziehrU „Und mein« Herrn Gefährten stimmten ein; „Sie hatten hier kein günstiger Geschik

r

46 r

)

„Hel diesem groben plumpen Volk gehabt.

,.Auf! lasst uns lieber zu dem Satan gehn! „So tiefen alle grimmig auf dies Land. „Noch selben Tags nam uns ein grosses Schif

»Das schwere Lasten über Meere trug, .»An Word; man windet rasch die Anker a»f,

».Und schäumend führt die graue See uns fort. ..Der Segel schwoll, wir furchten durch die Flut

.»Und rasch schwang der Matrose seinen Arm

„Nach dem Signal, daü der Pilot ihm gab. ».Mit freundschaftlichem Hauche schnellte uns

»Ein Südwind über das gebahnte Meer; ..Die Passagiere zechten froh beim Mahl „Und keinem ähnele das Ungemach.

„Doch plbzlich drehte stch der Wind und ttlefr „Geschwärzte Wolken pfeifend über uns;

..Der Himmel brauste und die Nacht umzog „Mik dunklen Fittigen das Firmament.

»,!Pald öfnete sich tief de» Meeresgrund

„Und ris in feinen Rachen unser Schif, »Bald trug es eine Welle hoch empor

„Zum Himmel und der Donner rollte wild; ».Gezakte Dlize zündeten umher

„D>e Luft.

Da knikt der Sturm den Mast,

„Mit wütendem Getts stürzt er herab;

(

4Ö2

)

„Zn Slükken brich! bas Steuer, ach! und raubt

„Dem zitternden Matrosen allen Mut.

„So schwammen wir ein Raub des wilbert „Sturms,

--Als schnell ein fürchterlicher Knall erscholl. „Auf eine tiefverstekte Klippe flies

„Da« lekke Schis, von allen Setten drang „Da« Wasser in die Spalten und die Wogen

„Zerschellten es in tausend Trümmer schnell.

„Da ächzten meine Kameraden viel

„Gelübde zu tem Himmel auf und ich „Sprach meinen Schuzpatron um Beistand an.

„St. Stephan hörte mein Gebet und gab

„Mir ein zerbrochnes Ruder in der Angst.

,Hür diesmal zieh' ich Dich aus dieser Rot, „So sprach der liebe Heilige zu mir, „Und zwar, weil Du mein Namensvetter bist.

„Auf diesem Trumme reite glüklich fort; „Zum Segel njnun den alten Mantel an

„Und meine Glorie, Freund d'Arget, sei „Zu Deiner Leitung Dir rin sichrer Stern;

„Zum Steuer nimm Dein flinkes Hlntertheil."

(

463

)

„Ach lieber Heiliger, verseif ich drauf, „Hier ist doch traun! zum Scherzen nicht viel Zctc; „Mehr Hülfe bikf ich, weniger Satyre. „So schwamm ich nun in diesem Aufzug „fort, „Und schier verlor mein Leichnam alle Kraft; „Oft Überschwemmte mich de« Meere« Flut; „Zch schlukte wider Willen bittre« Salz, „Und war aus'» neue einem Schtsbruch »ah, „Als eine Woge mich zum Ufer trieb. „Unfern erblikte ich de» holden Strand, j,Dä strengt' ich jede schlaffe Zierve an, „Und schwamm so glüklich nach Britannien, „O heil dem Mann, der einen Hafen findt!

Za, ruft Franquini, ewig Schade wir'« Um Dich gewesen, loser Schwäzer Du! Dein Heil'ger hätt' ein gute« Werk gethan Wenn er Dich hätt' ersaufen lassen — Doch Fahr immer fort — „Verschlungen von dem „Meer „Sind alle meine Freunde worden — nie „O Himmel! wird sie diese« Auge sehn. „Vielleicht hat mancher Hering sie zernagt — „Sie starben ohne Beichte, sind verdammt!


«< 4dj gekokt „Und brachte ihm zwei gross« Kerzen dar.

„Nun da ich auf das trokne Erdreich trat „Begann ich so: Die Doggen Engellands „Bewohnen boch fürwahr ein schönes Gau! „Jedoch, was zaudre ich am Ufer hier? „Nach London hin, wer Britten schön will! »Ich that'« und sah' noch an demselben Tag „Die Stadt und präsrntirte mich bei Hof. »Stolz nennt der Britt« seinen König nur „Das Haupt des Volks — Er lies mich gnädig »vor „Und sprach sodann zu einem Offizier: ,-Zeigt diesem Franzen doch mein Arsenal!"

„Ich dachte mtr's mit Waffen angefüllt; „Doch sieh, statt dieser KriegSgeräte fand „Ich Stiefeln aufgesiellt und einen Hut.

„Da sprach mein Führern ivelch -ein herlicher „Und schöner Gegenstand I Den Stiefel trug „Mein Held bet Malptaquer und diesen Sporn ,,Hatt' er aus HaiL«uard's Gefilden, «U „Er seiner Garde Führer «ar ~ doch dicht »Euch

(

465

)

„Euch ellimal um und staunet dieses an. „Dies ist das Schwert, da« unser seS (Friedrich, SeVaMach Wunibald Traf »u Waldburg) Senerallieurenaiit, 3m Haber eines Regiments iu FuS (deS jezigen Braun, fchen) Ritter des schwarten Adler, und deS Johanni» rer * Ordens, destgnirter Komthur auf Lagow und AmtShaupnnann zu Plettenberg. Den vierten Juni 1745 blieb er in der Schlacht bet D oheufriedberg im sechzigsten Jahre seines Alters, nachdem ec in der Schlacht bei Molwir und in der Aktion bei Lesch war verwundet worden. Er zeichnete sich nicht nur durch einen ansehnlichen Wuchs, Ser sechs Fuberrug und durch eine Galanter^,' die ganz im echten Rirrerstyle war, aus, sondern war auch ein tapfrer und einstchtSvoller General und ein vortrcfiicher Ge­ sellschafter ; er besä- die heiterste Laune, die grösste Popularität und ein sehr gefühlvolles Herr, v A. des Ueberf. Degen in der alten Sprache ein tapfrer Mann.

(

544

)

Schwingt über unsern Truchs sein Würger» schwert. Und säbelt ihm die Deittide durch. Da« Blut entsptubelt, noch will er sich helfen; Da sinkt er wie ein Donnerschlag herab Und sinnt erstaunt, wie er -ur Erde kam. Die Sprache fehlt ihm, jede« Glied erbebt Und jukc, sein Auge trüb' undfinster dekt Der nahe Tod mit seinen Schatten zu. Da« schwellet hoch die Brust de« waldck's auf: „Wer von Euch allen nimmt den Vorschlag an „Und hat nach diesem Streiche noch die Stirn, „Mit wir zu kämpfen? Vor dann, wer e« wagt! „Zch will ihn züchtigen, wie diesen Truchs."

Held Rotenburg betritt dir Schranken nun, Prinz, ruft er, reuen wird Dich dieser Schritt! SBiff4 Deltoi'le.

Sü nennt der Sßuhbant den starken, beina­

he dreiekkigen, unten spizen, oben breiten Schulter­

muskel,

Hier

welcher den Oberarm emporruheben

und in

dient.

der Folge verhöhnt der Dichter sehr

glttklich die wirklich barbiermässigen Wundenbeschrei-

düngen Homer'- und Virgil's.

A. des Ucberf.

(

545

)

Miss' Deiner Rede frecher Uebermut

Bringt heute Unglük auf Dein Haupt. Truchs Gefallen — ha! Ich lebe, hab« Herr.

Ist

Lvaldek wird über diese Drohung rot. Ruft wütend ausr Komm bann und la« uns sehn!

Was Starke mit verwLgnem Sinn vereint Was Mut und Fechtkunst und Geschiklichkeit Nur je vermögen, wandten beide an.

Wie wenn bet seiner Feste Feier Rom Zm Cirkus grosse Thirrgekampfe gab. Wo Stiere, Tieger, Löwen «oller Wut Mit gierer Klau und weiten Nachen sich Zerrissen und einander mordeten. So standen beide tapfre Krieger da. Zhr Auge glüht und jeder naht voll Grimm Sich seinem Feind und beugt ihm klüglich au«.

Schwingt seinen Flamberg kreisend in der Luft, Klam»er» in ter alten Sprache «in hellgianient>«6 Schwer«.

A. des Nebers. Mm

(

546

)

Stürzt plözllch dann aus seinen Gegner los Führt tausend Streiche zornig gegen ihn, Fängt jeden Schlag mit seiner Klinge auf. Da steigt die Wut und Beide sprengen an, Und nun beginnt der Kampf auf Stos und Hieb. Gleich einer Mauer dekt ihr Küra« sie; Da« Eisen seufzet unter jedem Schlag Und Funken sprühen au« dem harten Stahl, Noch schüzet er vor jedem Toderstreich.

DochRotenburg mehr frisch Und wachsamer Und kältern Blut« greift Seine Durchlaucht an, Führt einen schweren Streich auf ihn und bringt Zhm eine tiefe Wund' im Biceps bei.

Da sank der Arm, den rvaldek^ schon zum Streit Erhob, und ihm entfiel da« Mordgewehr; Bestürzung füllte nun de« Melden Herz, Al« er sein fürchterliche« Schwert verlor

/Rictyt, »«t imtiföpflee Armmukkel.

M; des Uebers.

(

547

)

Und trüb und finster und mit wilder Wut Kehrt er nach seinem Heere langsam um.

Wie, wenn ein Läwe, den der N-ger jagt, Vom Pfeil verwundet, trägen Schritt« entweicht Und recht« und link« mit seinem Schweife schlägt. Den Feind noch anbllkt und voll Kühnheit brüllt. So zog sich Walbet? unbesiegt zurÜk; Sein Auge droht und furchtbar murrt sein Mund. Man pflegt dl» Wunde und bedauert ihn Und,hemmt den Ausflu« seines Heldenblut«. Znbrssen rükte St. Ignon hervor, Und Lhasot folgt dem Beispiel Rotenburg'«. Der Austrier pralt hohe Heldenthat, Lhasot sprengt näher zu, betrachtet Ihn Auf einen Augenblik, zieht dann den Säbel Und feiet sich In seinem Sattel fest.

St. Ignon ruft r Sogleich ermord' ich Dich, Sprich hurtig Dein Gebeklein zum Ralvin! Doch Lhasot sagt: Du bist dem Ende nah, Drum rasch i Befiel Dich noch Marten'« Schuz. Und plözllch griffen sich die Melden an, Doch war der Kampf von sehr verschiedner Art, Mm »

(

548

)

Denn St.Ignon, ein Prahler felg und schwach. Zieht au» und Lhasot, der vor Lachen bersten will, Gezt nach und spaltet fein Trapezium, So daß der Hieb bis zu dem Kinne drang. St. 5gnon macht ein gräölicheS Geschrei; Der nahe Felsen fängt e< auf und schilt Ein klagend Echo wiederum zurük. Er brüllt als zöge man das Fell ihm ab.

Noch hing er schwankend auf dem RoS, er fiel Und fürchterlich «rkrachte laut das Feld; Betäubt und röchelnd und Mir Zukkungen Haucht er mit Strömen Bluts die Seele aus.

Indes sprüht Luther seiner Reiterei Und seinen Helden neues Feuer ein. Geht graben Weges auf die Feinde io«. Sie fiohn und liessen ihnen Feld und Sieg; Den tapfern Brennen blieb de« Kampfe« Ruhm. Trapezium, der tischförmige Muskel, 6ee itit

Vewegung der Schulter diene. A. des Hebers.

(

549

)

Doch Lobkowiz, der noch M KriegSgeschlk Zu ändern wünscht, kämpft brav, so langte kann, Und mit Ihm streiten Stein und d'Aremberg; Auch litten unter ihrer grausen Faust Noch Lamas und Schwerin den Heldentod.

St. Nepomuk hat einen Stretch im Sinn, Doch Doktor Luther, der e8 gleich gewahrt. Schiesst ihm die Bakken durch und durch: Und die blessirte Heiligkeit kehrt um Und zerrt und hängt den Mund, denn er verlor Zum zweiten Mal ein ziemlich grosses Stük Von seiner werken Zunge. Seit der Zeit Spricht dieser Heilige kein Wörtchen mehr.

Doch nun verwundet er, um sich zu rächen. An einem Flek, den Luzifer ihm wies. Den armen Martin, wo der Küra« sich Den Hosen anschmiegt. Traun! ein übles DinFür einen Mönch, der Zunge zeugen will.

Der Reformator kreischt erbärmlich auf. Schwerin, der berühmte FeldmarschaN, von dem. im. 7ten Bande dieser Werke S. 354 und folgenden mehre­ re Auskunft ru finden ist,

A. des Uebers. Mm;

(

550

)

Nun möchtest Du, mein froher Leser, tvohj Gern wissen, was die grossen Heiligen Für Blut in ihren Adern haben? — Sieh D« bljttre ich im Mi Ikon, dieser spricht; Es ist ein Saft, der In das Weisse fällt.

Gleich trabten die verwundten Heiligen Davon und Rotenburg eilt nach der Schaar

Des Lobkowiz, der noch voll Mutes stritt Und schneidet ihm Leschikt den Rükzug ab. Doch dieser strengt die kezten KrLfte an. Folgt seinem Herzen, bas Gefahren höhnt, Bricht durch die Schaar und bahnt sich einen Weg

§u seinem Heer und lacht des Todes GrimmUnd wie ein Dlijschkag wirft der Drenne

sich Auf feinen Feind, tat Staub ihn zu vernichten. Doch Lobkowiz und seine kühne Helden Entschliessen sich nach hartem Kamps zur Flucht, Und Stegbekrönt stand nun der Preusse da. Held Rotenburg, der jene Fliehende Aus manchem Pfad verfolgt, bringt viele Hoh-

V?i dfesciy Stretfzug, al« Gefangne ein.

(

351

)

Nunmehr beginnt da» schreklichste Gefecht Des FuSvolkS mit der grössten Wut. Die Brennen hatten ihr Palladium Mit einem Nelterhaufen fest umringt. Der Lothringer, der vor dem Blutbad bebt, Nimmt noch zuvor die Absolution, Von allen Heiken hebt dar Morden an Und Haufe gegen Haufe sprühet nun Mit schrekiichem Gebrüll ein Feuermeer. Die Luft, geschwärzt vom Dampf und dikken Rauch, Verdoppelte da« Greuliche der Schlacht. Durch die« Gewölk stralt der Kanonen Bliz Und wie ein Hturm rauscht da« Musketenfeuer Und schaarenivelse flog der Kugelschwarm Mit Zische« durch die Luft, utid mordete Mit gleicher Wut den Unterthan und Fürsten U»d opfert, was er trist, dem Tode auf.

Zhrfielet, Albrecht'« edle Spröslinge,

Ihr schönen Früchte eines Fürsienstamm«» Albrecht'S SpröSlinge, diePrinze Friedrich und F r i e d r i ch W i l b e l m, zweiter und dritter Sohn deS Markgrafen.Albrecht Friedrich von Branden-

Mm 4

(

552

)

Ach Du dem Brennen theurer Wilhelm sankst,

bürg, Bruders des ersten König- von Preusse». Prmr Friedrich, Markgraf von Brandenburg, Ritter des schwarzen Adler- und Johanniter - Ordens, Oberster des Markgraf Karlschen Regiments ru Fuin Preussischen Diensten, auch Oberster und Chef ei­ nes Infanterieregiments in Diensten der Generalstaaren, blieb in der Schlacht bei Molwir den zehnten April 1741 durch einige Flintenschüsse auf dem Plaz» al- er auf dem rechten Flügel unweit dem Könige focht. 1731 gaben ihm die Generalstaaten das Regt? ment, welches fein Vater gehabt hatte und 1740 rief ihn Friedrich der Einzige in seine Dienste, een* Derlust ward wegen seiner Tapferkeit und andern rühm­ lichen Eigenschaften sehr bedauert. Friedrich Wil­ helm, Prinz von Preussen, Markgraf von Brandern bürg, Generalmajor und Kommandör der Garde ru. Fuß, Ritter deS schwarzen Adler - und Johanniter - Or­ dens wurde den achtundzwanzigsten März 1715 geboren. Er wohnte den Feldzügen am Rhein 1734 alS Frei­ williger bei und gab 1741 in der Schlacht bei Mol­ wir, so wie bei mehrern Gelegenheiten Beweise sei­ nes Heldenmuts. Er kommandirce (den rwölften Sep­ tember 1744) alS Generalmajor dü Jour in den Lauf­ graben vor Prag, als ihn ein feindlicher Kanonenfchus unfern dem Könige rödrere, in der Vlüre seineLebens, im neunundrwamigsten Jahre seines Alters. Ec war dem Dichter so wert, daß er gleich darguf noch einmal besonders auf ihn rurükkommr.

A» des lieber^

(

553

)

Und Du Düreig«, braver Varenne Du!

Wie viele Helden fanden hier ihr Grab! So welkt die hunderlfarbigen

Und süssen Blumen scholl Im ersten Lenz Der heissen Mittagssonne Mördrrstral. Da« Brennen,Heer verdoppelt nun im

Streit Sein fürchterliche« Feuer voller Grimm;

Da« Fuevolk füllt im Augenblik sein Rohr.

Dü Reiae, (Gabriel, Gideon, d'Aremar). AuS einem Französischen Reformieren Geschlechte, daS wegen der Aufhebung M EdiktS aus seinem Vaterlands geflohen war und sich in den Preussischen Landen niedergelas­ sen hatte. Er siarb den irren Januar 1741 an einem Fliutenschus in den Kopf, den er bei Richtung einer Kanone gegen Ottmachau empfangen hatte, den drit­ ten Tag nach erhaitner Wunde im dreiundvierrigstsn Jahre.

A. des Uebers, Varenne (Albert, Friederich) Flttgeladjurant des Kö­ nigs, ein braver Soldat, der 1757 in Böhmen auf dem Pla» blieb. Sein Vater, der Marquis Frie­ drich Wilhelm de Varenne, der als Oberster und Chef eines Infanterieregiments den isten Nov» 1744 ru Prag am hirigen Fieber starb, war einet her würdigsten Officiere,

A. des Ueders. Mm $

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)

So trennt des schwarzen Aetna'ö Esse nicht Und selbst die Hille nährt nicht solche Glut. Da beissen viel her Feinde in da« Gras; Die Rotten ihrer Glieder werden licht. Auf ihrem Antliz malt der Schrek sich ab, Dor Zittern schiessen sie hoch in die Lust. Und eine Kugel, die im Bogen stieg. Traf Genoveve'n auf der Eiche, und Verwundet an der Ferse sie sehr hart. Die ^eilige erhebt ein gro« Geschrei Eilt in'« gebenedeite Paradie«

Iurük und Meinet da ihr Leiden au«.

DI« Lust »seufzt und braust vom stete» Donner; Der scheue Austrter schwärmt ganz bestürzt, Doll Unordnung, um seine Fahnen her; Die Blüte seiner Helden war verwelkt.

Da« .Brennen, Heer sieht die Verwlr, rung, stürzt Mit aufgepflanztem Dajonet hinzu; Und da« Getümmel wächst und wer nur kann, (Eilt, wie «in zitternd Reh im Sprunge fort.

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S5S

)

Wie eine Heerde in der Ebne sich Zerstreut und athemlos dem Wolf entflieht Der wütend sie mit gletem Schlund verfolgt.

So floh nunmehr das Heer des guten Rarl», Geschüchtert durch die drohende Gefahr» Der tapfre Dessau feite Ihnen nach Und ungeheuer rvar die Mezelung, AI« nun die Schlacht geendet war, da stellt Der Brenne allgemach die Ordnung her, Und aus der Sieger langen Reihen scholl Ein freudenvoller Zubel laut empor. Ein schreklicheö Geschwirr durchtbnt, vermischt Mit Kriegsdrommetenton, die weite üuft.

Nun macht man einen Plan zur Wechse­ lung Der Kriegsgefangenen: ein Austrier Soll gegen d'Arget ausgeliefert werden. Ma» stellt dem guten Rar! die Sache vor Uyd dieser stimmt, zahm wie ein Hämmchen, ein. So ward dem Brennen / Heer fein d'Arget wieder. Man führte ihn in'«, Lager im Triumph

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)

Der Lothringer versichert noch anbei Daß er von nun an gänzlich seinem Plan Auf ihr Palladium entsagen will.

Dies kleine Wörtchen tilgte allen Ha«; Und Einigkeit und Frieden krönte nun Borusslen mit immer gröfferm Glük. Scho» trieb der Tod, der grause Sohn der Zett, Den leichten Schattenschwarm zusammen, dee Don jedem Theil an diesen Ufern fiel. Und führte dieses Volk dem Himmel zu. Bet jedem Marsche schwoll der Haufen an Durch jenen Beitrag, den die Erde noch Zufällig lieferte, der ganz und gar De« Knochenmann« Erwartung übertraf, Regenten, Unterthanen und Soldaten Minister, Priester, Könige und Weise Marschirten nakkend, wie Natur sie schuf Und klagten ihre« Hchiksale Härte an. Sie folgten all« ihrem grausen Führer, Der sie zu Gotte« Throne tranSportirt. Dort hält man über sie Revüe und trift Manch unbekannte« Antliz unter ihnen. Und manchen dessen wild Gesicht benarbt, Al« wie mit Bilderschrift bezeichnet war.

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)

Der Vater lies sich nun die Liste reichen Von diesem fahlen, trüben Todtenheer, Auf welcher lhr Karakrer, ihr Geschlk Und ihr Gewerbe wohlverzrichnet stand. Er ging nun einen nach dem andern durch, Rief jeglichen bet seinem Namen auf.

Der war ein König — Sßlrb verdammt! spricht er. Und dies ein Mönch -—„Auch der zum Tartarus!" Da spricht sein Sohn: Ach liebes Väterchen Warum verstossen Sie dir edlen Männer? Doch er versezk: Sie taugen nicht« für uns; Gewöhnlich sind die Könige voll Herrschsucht, Sie könnten uns nach unsrer Krone stehn, Di« lasterhaften Tagediebe, die!

Von Mönchen wimmelt'S ja in unsrer Burg. Sieh nur, wie jene Schufte dort sich bläh'n. Und mancher Papst, von unsern Heiligen Behext, schikt noch der Schurken viele her. Drauf stellt man ihm die Kriegesmänner voc Die ihren Tod im Schlachtgewühl« fanden. Der Röntg spricht: Kommt näher, Freunde, kommt Für Euch Ist noch im Paradiese Plüj.

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)

KLunt' traulich Euch In tintm Winkelchen Don Eurem Kempf und Eurem Ruhm tre zählen. Mein Sohn, Ich neme dieses ganze Heer Zu Gnaden an, denn Ihre Seelen sind Nicht boshaft und nicht schwarz. Geht, speie set sie Und reichet ihnen einen Labclrunk. Und um die Grillen zu vertreiben, soll Ein lüstern Ding von einer Heiligen Zu ihrem Dienste sein. ( Und dieses Loos Traf Magdalene'») Ha! die Bursche sind Mir zehnmal lieber, als die Frömmlerbrur. Gieb Achtung, diese Helden werden hier Zn Friede leben ohne Zank und Streit.

Wer geht dort unten? Wer Ist die Figur? ""Lock, grosser Kinig, neunter sich und bringt „„Dir seine tiefste Huldigung"" -— „So, so, „Was ist da» für »in Mann? — Was treibt er denn?" Und Lock versezt: Mein Leben weihte Ich Den wahren Lehren ernster, hoher WeisheitGing meinen eignen Pfad; Analogie, Verbunden mit Erfahrung, gründeten.

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)

Ältr meine Kenntnis über die Natur. Zch war de« Aberglauben« Feind, verwarf

Die Herrschermachl von Euren Heiligen. Mein Herj ist rein, und wa« Religion

Bktrist, so bleibt die meinige sehr weit

Von jener de« Porphyriu« entfernt» Ich trat den Zrcthum unter meinen Fus, Doch war lch immer jenem reinen Dienst Getreu, den man dem Schöpfer schuldig ist,

Und stet« verehrt' lch ihn mit fromme» Eifer.

Auf Meine Ehr! der Philosoph hat Recht, Begann der Bönig, die Kabale soll Ein Ende haben! Fort demnach mit Euch,

Zhr Heiligen, die Zhr Euch zum Skandal

Betragt! Noch heute soll mein Himmelrhau« Von Eurer Afterbrut gereinigt sein.

Geht Zhr Verfluchten, die Zhr Euch erfrecht Dem Herrn de« Donner« auf dem Erdenrund

Sein Recht zu rauben! Geht hinweg von mir, Zhr diese« Weltall« grosse Heiligen,

Und bratet in der Glut de« Tartarus! Lork bleibe hier und kb« ungekrLnkt

Und staune meine hehre Allmacht an.

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S6o

)

S» reinigte der g u te Vater bald Dctt Himmel von der lasterhaften Schaar Zagt Heilige und treibt Sophisten fort, Und stellt dafür an den verlaff'nen Plai Das edle Volk der biederen Deisten. Sie fchaun das Angesicht des Ewigen; Zu feiner Rechten stnd sie all gestellt. O Freunde! dies ist alsch mein Wunsch für Euch Und für mich selbst! Amen, es soll geschehn!

2.

Ueber die Freiheit.

Epistel a«

Lord Baltimore.

Der Geist der Freiheit, der in England thront, Den London ehrt, D e r l i n mit Abscheu flieht. Den Wahrheit wappnet mit gestillter Kraft, Auf daß er Trug und Irrthum niederschlägt: Ha! dieser edle Geist, der Euch erwärmt. Ist Eures grossen Fortschritt« Seel' und Quell. Der Themse Fürstin schmachtete gewis (Zezt hebt sie frei von Tirannet da« Haupt!) Im Joch der Vorurthelle ohne ihn. Asyl der Kunst, Minerven« Heiltgthum! Entweihte Deine Mauern Ignoranz, So sah man einen Claude, *) einen Mont, geron") *) Priester m Charenron, der viel über die Streitigkeit ren wegen der göttlichen Gnade geschrieben hat.

A. des Herausgebers, **) Ein sehr berühmter Zansenist, der zu Paris in Haft genommen wurde, weil er dem.Königs eine sehr freie Bittschrift eingereicht hatte.

A. des Herausgebers, Nn »

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564

)

Statt jene- Welsen Locke's, statt De» göttlichen und grossen Newton'« blüh'tk Zn allen den berühmten Säkulen, Den schönen Mustern unser« kühnsten Streben«, De« Gelsteswachsthum« himmlische Epochen, Erhob der Welse ungefeffelt sich Zum Thron der Wahrheit mit dem kühnsten Schwung. Der Künste Wiege, jenes G r ä e l t n, Der ei ste Boden, wo die Weisheit keimte. Wo man, im Dunkel tappend, Wahrheit suchte, Zog mütterlich erhabne Freiheit auf Und Held und Redner ging aus ihrem SchooS. Der Weisen Chor saö unter ihrem Schirm Und machte sich de« Namen« würdiger. Man schäzte Wiz und Geist; ganz Griechen, land Ermannte sich und wagt' e«, dachte kühn Und jeder schöpfte au« der Wahrheit Quell. Die Herrschermacht und dieser Geist entwich Nun von Athen nach Rom, und bildete Für Latium der grossen Seelen viel. Ein Tulltu« erschien, der Unschuld Stab, Der mit dem Donner der Beredsamkeit Den Unterbrükker In den Abgrund schlug;

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56S

)

Ein Geist, der kühn auf feinem Tuskulum Verjährten Wahn und Vorurkhelle rüg re. Sie zweifelnd prüfte und mit Mut verwarf. Der feste Kato, jener Stoiker Und Meister seine« Dolchs, der unversihnt Dem edeimüt'gen Cäsar Feindschaft schwor. Und Du, des Pin du« Richter, hehrer Geist, Des Afterglaubens Allbezwmger, Du Unsterblicher Lukrez, dem Wahrheit selbst Zur Leuchte ihre Fakkel übergab, Du rissest kühn dem wilden Fanatismus Die Binde ab, und unter Deinem Fu« Lag zitternd und erblasst der schiele Wahn Und hüllte sich in grause Finsternis. Zhr danktet, edle Manen, jeden Sieg Der Freiheit, dir nicht Euren Enkeln ward. Zezt huldigt sklavisch seinen Herrschern Rom, Sank von C ä sa r e n bis zur Priesterschast. Ein wollustvoller oder frecher Papst Lenkt Gotte« Sache von dem Vatikan, Lässt seine« heiligen Anathema'« Ergrimmte Donner krachen und vermengt Den Himmel mit der Erde, wenn eö frommt. Zu seiner Sette flzen eitler Stolz Wahn, Aberglaube, Ränkesucht,

Nn 3

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566

)

Derschmizter Geiz und micht'ger Elgeniiuz, Der Glaube und die htntergangne Welt Sind ihren Machlgeborrn Unterthan. Die Inquisition, dies Tribunal Der Wut, leiht ihnen sein verruchtes Schwert, Verdammt die Unschuld frech und kalten Bluts Und richtet thöricht die Gedanken selbst. Der Schriterhaufe ist allein der Lohn Erhabner Geisteswerke, er verzehrt Den Autor und dle Gründe auf Einmal. Und doch verehrt Europa knechtischblind De« Papstes Bullen, nennt sich seine Kirche; Und seine« harren Zepter« Allgewalt Erkennen hundert Könige und Völker; Zn Fesseln schlägt sie dieser Furchtbare, Ein Sklave wird der freie Mann durch ihn. Siehst Du die Scheiterhaufen in Madrid? Dort wird der arme Sterbliche mit Pomp Au« heisser Gotteölieb' der Flamme Raub. Hörst Du der wütenden Doktoren in Part« Nuzlose« und ergrimmte« Wortgezänk? Der Fanatlemu« ruft die ganze Schaar Der Thoren auf und füllt die Frimmlingt Mit Eifer gegen jeden Denker an. De« Franzen freier Geist, der kühne Mut

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Des Redners welken unter Minchsdruk hin. Der Teutsche, Sklave seine« Priesters, folgt Blind Augustine« und Jgnazen nach. Sein armer Kaiser, in Pannonien Geschlagen, flieht den Gott des wilden Kriegs Und fleht dafür Marie'« an und harrt Auf Wunder und den Schuz der Heiligen, Indes der Divan seiner Plane lacht, Und weil sein Mond des Kreuzes Zeichen.schlug. Hoch über Jesum Mahomet erhebt. DochRom's Gesezegebende Prälaten Sind noch die einzigen Tyrannen nicht. Die Königen und Völkern furchtbar droh'«. Mit minderm Prunk und mindrer Grösse fühlt Der Kalvinismus ihre Allgewalt. Der fromme, demutsvolle Heuchlerbllk Birgt Ehrsucht, Stolz und eitlen Uebermut. Einst stiegen ste aus niederm Staub hervor, Zhr Mut erschütterte S t. Peter'« Thron, Der Haufe wuchs, bi« endlich ihre Schaar Dem Joch des Rim'sch en Bischof« sich entzog.' Verfolgt von allen Seiten, achteten Sie nicht de« Kerkers, klagten ihrem Gott De« «nterdrükten Glauben« Kümmernis. Nn 4

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568

)

Doch bald verloren sie den Duldungsgetff Und wurden andern, was man ihnen war;

Ergriffen frech die Waffen ihre» Feinds Und Wut und linruh tobte in der Druff. Ihr grimmiges Pastorenheer verhöhnt

Gesunden Menschenstnn und dreht sich schlau

Beweise, wie sein Vortheil sie erheischt. Zu Barbarismen suchen sie Emphasen, Und dies verwirrt noch mehr ihr Schulgezänk,

Hüllt ihre Sprüche ganz in Dunkelheit.

Dem neuen Schwarm scheint jede neue Mele nung

Ein billiges Vergeltungsrecht zu droh'n.

An Schlangenbrut, an Ungeheuern ist Das wilde Afrika nicht fruchtbarer, Als jene rohe Schaar an neuen Sekten,

Voll Galle allesamt, nach Rache heis. Und sich zu morden alle gieren Dursts.

O grauser Fanatismus, Du nur bist Die Gottheit, die allein ihr Herz erfüllt.

Die ihren HaS, sich zu vernichten, regt. Hä! welch' rin Retterarm entri« Euch noch Dem tiefen Abgrund, den Ihr selbst Euch grubt? Ihr hättet, wie die kühnen Erdensöhne,

Die aus des Ungeheuer-Zähnen wuchsen

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569

)

Und mit erhlzter Wut in'« Würgerschwert Sich warfen, Euch durch grausen Krieg vertilgt. Sind da« die Christen, deren Lehr« un« So sanft, so liebenswert, so mild. So seegensvoü Europa preist? — Ein Mee» Vergoff'nen Blut« Besiegter Nebenbuhler Hob sie allein zu dieser grossen Macht. Oft ward der Mann, dem Gottesläugner gleich. Durch st« verfolgt, der frei zu denken wagte. Der Aberglaube stürzte in den Kerker Der Inquisition den Galilät. Er lehrte dir Gestalt de« Erdenrund«; Sein tiefer Wissen war Verbrechen nur. Und Bayle, den ein eifemder Prälat*) Verfolgt, entgeht kaum ihrer wilden Wut. So wird die Freiheit, der Natur Geschenk, Zu Genf verflucht, am Tiberstrom verdammt. Und so bestraft den Menschen, den Gott selbst Zum Dtnken schuf, die Kirche, weil er denkt.

Gemeiner Menschensinn ist hier und dort Und überall geschüchtert und verpönt. Und athmet kaum: un« fesseln immer noch *) 3lltitu.

Nn x

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570

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Die scheuen Vorurtheile der Erziehung, Gewissensangst und Furcht und Zweifelsuchtt Der Glaube, mit dem Schwerte in der Hand, Wirst dtkke Schleier über unser Aug', Damit es keinen Stral de« Licht« gewahrt. Die Ignoranz führt uns mit Finsternis Dem blinden Glauben und'Gehorsam zu. Umsonst zieht sich der Geist in sich zurük Und späht nach Kräften zu dem kühnsten Flug» Wie an der Kette Drat der Zeisig liegt. De« Fittig nie in hohen Lüsten schlug. Der nicht die Kraft der leichten Schwingen kennt; Indes der freie Adler hoch sich hebt Und, raschen Schwunges von dem Strand ent» f-rnt. Mit schnellen Zügen durch die Wolken dringt Und sich am Himmel neue Pfade bahnt. O dreimal seel'ge« Land, wo Wahrheit, Geist Und edle Künste durch die Freiheit blüh'n! 0 Zauberflur, der wärmsten Achtung wert, • Wann werd' ich Deine Ufer, schimmerndes Und würdige« Dritannia, erseh'n? Du weises Volk, des reger Fiet» zugleich

Talent und jede Tugend neu beseelt!

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Ha! Dritten, Zhr lasst Griechenland und Rom Welt hinter Euch zurük — und Eure Welsen Sind dergesammtenMrnschheitschönsterSchmuk» Des Chaos Nacht erhellt uns Euer Geist, Dekt der Natur geheimste Schleier auf. Des Weltalls gründlicher Berechner Newton Entrl« der Dildnerhand den Schöpfungsplan, Enthüllte jede tlefverstekte Feder, Die sich im grossen, ungemess'nen Raum Dem Dltk des kühnen Spähers sonst verbarg. Der weise Locke, stets vor Täuschung bang. Dringt an der Hand des Zwelsels zu der Wahre heit. Du endlich, Mylord, dessen weiser Geist Noch Deinen Rang und Deine Ahnen adelt. Der Du dem Trieb nach Kenntnis kühn genügst. Selbst alles prüfst, mit elg'nen Augen siehst; Du, dem der Weisen Wohnung Tempel lst, Du hohes Muster für Tuiskon's Sohn! Du fliehst von hier, nimmst unsre Herzen mit. Und wandelst Rosen in Cypreffen um. ' Wann werd' ich unser ödes Vaterland

Die graue Barbarei verscheuchen sehn?

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Wann beut e< jeder nicht geschälten Kunst Ein süs Asyl und schliesst sie an die Druff, Wärmt lhre Schöpferkraft mit Mutterlieb Und lässt aus ihr entspriessen Geist and Wij? Wann giebt'« den schönen Künsten ihren Ruhm Und sie dem Leben wiederum jurük? Berlin

1739.

3Die Choiseullade.

€iji Schwank.

^Zhr ungereimte, brollichte Politiker, Fanatische Befolget Eurer Plane k Shr rühmt Euch, daß Ihr eine Kunst beflzt, Ha! eine Kunst, wert des Emp'rikerS, Und preist Euch, komische Propheten, kek Für Nebenbuhler des Geschtkkes an. Was wirkten die Schimären allzumal, Die das barokke Köpfchen üusgehekt? Nichts als Geräusch und ungemess'ne Not Und EureHofnung täuschte der Erfolg. Wer glaubt es? — Euer herrliches Gebäu Zerstört mit Einem Wink das Flatterglük.

Und dennoch rechnet Zhr Euch schier Die Schwindsucht an den Hals, nach Eurem Ä)»aa6 Die Schwere zu bestimmen, die fortan Die Sucht nach Ehre und die Herrschermacht Der Könige trn Gleichgewicht erhalten soll. Ein solcher Thor ist unverbesserlich! Gott gab ihm-einen tnfallibeln Geist,

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576

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Und seines Stolzes greultche Verblendung Wle seiner Schmeichler niedre Schändlichkeit Bereden ihn, Gewirbelt zu erspähn Auf jedem Zrrweg der Vermutungskun-.

Zwar ist er von Gescheiterten umringt; Doch wird er btum nicht klüger, als zuvor. Dean jeder närrische Gewiffensrat Glaubt In der grossen Lotterie, Wo man um Staaten und Provinzen spielt. Wo Zufall nur der Fürsten Schiksal lenkt. Das grosse Loo« ganz ausgemacht zu zieh«.

Was für Minister sonderbarer Art Sah ich! Der ein« stand al« Schulfuchs da Und schwazte, wie ein rüstiger Pedant; Der Andre stolzer ahmt' Tyrannen nach Und schnitt mir ein so mürrisches Gesicht, Daß ich beinah erstarrte, und ein Dritter Kriecht wie ein schlauer Hbfling voller List. Doch glaubten diese Atlasse den Ball Der Erde glüklich an den beiden Polen Auf ihren schwachen Schultern fortzutragen, Zu lenken, zu regieren ihn, sowie Es ihrem falschen, schiefen Geist behagt.

Dock

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577

)

Dock Cholseul, Minister Petit» Mäitrr,

Al« ich die Bühne Dich betreten Wie hab' Ich da gelacht! Du kamst so hüpfend So petulant, dabei so ränkevoll, (Da« ist denn Deine Art) und führtest nun Rasch im Galopp da« arme Gallien Dom Plutu« au« de« Ueberstusse« Schoo« Geradeweg« dem Hospitale zu. Du freust mich recht mit Deiner Gaukelei» Zch lachte weht noch herzlicher darob. Bewirkten Deine Narrenstreiche nut

So viele Leiden nicht den Sterblichen.

Ich wei« nicht, weich' ein feindliche« Gestirn Dir Deinen Kopf mit solcher Unruh füllt; Du häufest rastlo« immer Plan ans Plan Und brauchst, wen» Du so eben Muffe hast. Die Welt zum Spielwerk Deiner Schändlichkeit«

Wohlan! noch einen guten S k ap t n «.Streich! EIN neuer Lazst, artig und gewandt, Ein Tänzersprung, eia Dubenstükchen noch, Und steh! Du wirst de« Allerchristltchsten, So wie Ptpin einst, Major domn« fein. Bemerkt doch, wie er schon die Fänge strekt

Und Avignon dem heil'gen Vater stielt. 0o

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So wir ein Kater, ob er gleich Respekt $iir Kohlen hat, doch die Kastanien Vom Heerde sich geschikt zu holen weis, So schonet * * Britannien Und schleicht behutsam seinem Ziele nach, Braucht im gelrg'nen Augenbltk Gewalt; Und wie der Diiz erschnappt er Korsika. Durch dieses Giük von gestern angefrischt. Will nun der gnäd'gr Herr noch weiter gehn, Dewafnet Spahi sich und Zanitschar; Der Schwede unterstüzt durch ihn den Traum Und so soll nun der brave Muselmann Den Sieggewohnten Russen wakkrr klopfen. Doch eine Feder springt in diesem Werk Und plöziich stürzt das ganze Planchen rin. Durch neue Ranke tröstet er sich bald. Doch soll der Dritte, fein Herr Nachbar, denn So ganz bei seinem Werk vergessen sein? Und sollt' er müssig vor der Bühne stehn? Hal ich erwarte einen Pagenstreich.

Still, ohne daß ein Christenmensch eS weis Schikr er nach. Schottland grosse Summen ab.

Man nimmt sie zu W e st m ü n st e r In Empfang;

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Er wird gewiS, von seinem Kops geführt, Ostindien'« Gesellschaft bald zerrütten. So boshaft war doch traun! kein Pavian. Und Da, o Genf, der Kalvinisten Rom, Entschleiertest Du uns doch alles nur, Wie dort Dein dummes Volk in Deinen Mau» ern Schier unversehens zum Rebellen ward. Wie Lhoifeul den Schwtndelgetst gefä't Und in der Fern dies Wunder ausgeführt. Und wie dann Ferney's Schloeherr, um Dich zu zerrütten, seine Bosheit ganz Zn Kosten sezt» und den Damm von Versoy Und dessen Wall, den die Hyperbel schuf, Dir präsentirtt, und mit Schrekkrn Dich Zn Furcht und Zittern zu versezen suchte. Um Deine Protestanten »Heerben zu zerstreu'n.

Auch von mir selbst könnt' ich ein Liedchen singen. Und Neufchatel göb schon rin Thema her. Und Ment wäre wohl ein Kommentar dazu; Authentische Versprechen könnt' ich zeigen. So falsch, als trügltch und verräterisch, Oo 2

C

580

)

Doch lieber nicht« davon! und! herzliche Verachtung sei stet« seiner Werke Lohn­ lind glaubt Zhr denn, wenn er Kabalen macht, Komplotte schmiedet, baß der Ällzerrütter

Nur Eine frohe Stunde zum Genusse hat? Haj welche. Unruh stürmt in seiner Brust! Wie schwillt sie bei dem kleinsten Lermen an! Zu Boden sinkt er bei dem Wort Exil; Bald giebt ihm seine« König« Gnade Mut; Sv schwankt er, iüt der Fürstenhulb gewts. Und immer wogt fein Geist und neigt sich bald ZurHvfnung, bald zur Martervollen Furcht. Geh! frage die Erfahrnen, Lhöiseul: Sie sagen Dir e« besser, al« mein Lied, Daß Dir da« Glük zu folgen müde sei. Noch hast Du nur zwei Augenbltkke Zelt Zu leben, bann wirst Du de« Wurme« Raub. Sieh, alle« schwindet, alle« welket hin; Die« ist de« Fürsten und de«Bettler« Loo«, Wa« braucht man noch ist diesem kürzen Raum Mit ungeheuern Planen sich zux>uälen?

Wie? wird denn nun dem Weltverheeree Glük! DesaS e« Nez, al«er die Fronde hegte?

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581

)

Nein, lieber folgt' ich jenem Zeno nach, Studirte Mark-Aurel'n und Sokrates, Al« daß ich diesem wilden Herostrat, Dem Gegenstand de« Abscheu'« und de« Fluch'«, Ze gleichen sollte. Ob mich wohl der Drang Zu glänzen sehr bestürmt, so heisst dies doch Eich selbst beschimpfen, um berühmt zu sein.

Lasst besser nüzen uns di» Spanne Zeit, Mit weit geringern Kosten findt man Elük; Es zeigt'sich, beut sich dar und ladet uu« Selbst ein, zu schmekken seine Götterhulb. Fürwahr! im Schoos der Grösse liegt es nicht, Wo Scheelsucht thront und leichter Unbestand, Zn seinem Herzen trift e« jeder selbst. Heil dem, der fern von diesem? Haufen lebt Und seine Wünsche zu beschränken weis, Der jede Freude, doch mit Maa« geniesst! Zhm fliesst sein Lebt» sanft und eben hin; Fehlt ihm der Schimmer der Semiramis, Kann er sich keine« prächr'gen Traum« erfreu'», So nagt ihn auch kein Vorwurf, keine Reu', Er lebt mit wahren Freunden still und froh. O schöne Tag«! holde Einsamkeit;

Wo süsse Freundschaft Standeegleichheit macht, 0» ;

( 582 ) Zn Dir reugt, fern von jedem Sklavenjoch, Die Freiheit manches herrliche Bonmot. Nun, lieben Freunde, leitete dochl stets Zn diesem Siz der Trunkenheit und Thoren, Die Weisheit Eure Schritte, Euern Plan. Lernt Sieger jeder süssen Weichlichkeit, So wie der Lokkung jedes Dünkels fein. Zhr alle müsse ja «inst dort unten hin Euch trollen, wo schon Kato und Emil Trajan und Cicero und Maro weilt. Der Stolze stürzt fich mit Geräusch hinab. Damit sein Name noch dabei ertbnt, Doch vorwurfslos und ohne Prunk und Lerm Mus sanft der Weis« zu den Schatten gehn.

Kleinere Poesien. Epistel an

Gottsched. Nicht mit einer vollen, reichen Seegenshand

Theilte uns der Himmel seine Gaben ju; Diel versagt' er, wenig gab er uns;

Aast ward jedem Volk in gleichem Maas Seine Gunst.

Dem Franzen froher,leichter Sinn

Und dem Dritten tiefes Denken, so erhielt

Dieser das, wonach umsonst der andre seufzt. Doch die Eigenliebe, die bet sich

Rosen statt der Disteln nur rrblikt,

Zieht die Gabe, die «ns selbst gehbrt.

Dem Talente unser« Nachbars vor.

Sparta war des Mutes Siz, ln dem M a v o r« sich berühmte Helden zog. Da indes der Künste sanfter Reiz

Oo 4

(

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)

Zn Athen so lieblich athmete. Unsern braven Teutschen ward nunmehr Zene« Sparta'« alter Kriegeeruhm; Ha! wie preist un« die Geschichte nicht Ihre viel«, hohe Thaten an. Aber wenn ste durch Gefahren auch §u dem Tempel der Unsterblichkeit Sich die Pfade brachen, so verwelkt Zede Blume doch in ihrer Hand, Die da« Haupt der Sieger« keinen feff. Auf dann! Sachsen « Schwan, entrel« mit Kraft Die« Talent der kargenden Natur, Mtldre mühsam jenen harten Ton Einer rauhen Sprache — Seze dann Durch ein Lied, da« Deine Muse singt Zu den Helbenlorbeern, die der Teutsch« bricht, Noch den schönste« Lorbeer de« Apoll'«, ktipiiz, 1756.

Epistel ««meinen rheu re«

Guhm.

D« der Weisheit zaubervoller Lehrer! Welcher Dämon reisst dich aus der stillen Flur, Lässt Dich neue Himmelsstriche suchen, Zm beeisten, trüben Seykhtrn An den fernen Grenzen Ast en's? Zst'S der ungestalte Mangel, der Einst de« F l a k k u « Leier stimmte, Unb ihm jene Girtersprache lehrte. Der in seinem Lied voll Harmonie Noch die ganze Welt Pewundrung zollt? Pope und Bojar«werden Dich, Der da« hetl'ge Band der Freundschaft Um zwei mächk'ge Fürsten schlingt, Sehr bewundern, doch wenn Deine« Geiste« Tief« Wei-Heit Dir auch jede Ehre, Alle Güter dieser Erd« brächt«. Einen hochberühmten Namen noch dazu. Laut besungen von dem Zeitungrblatt, Wa« hilft alle«, wenn Du mit Verlust Der Gesundheit, halb erstarrt vom Frost, Zn den kalten Gegenden da« Meer So s

Norde'ns sich ln Eis verwandeln siehst? Wenn die trügerische Seite nur Dieser Unternemung Dich bezaubert, ach! Seh' ich nichte al» ihre Schrekntffe; Sche vor der Zett die glänzende Laufbahn Deiner schönen Tage enden. Und den Tod mit mörderlicher Hand, Seine grause Strenge an Dir übend, Unbeugsam bet meinen Thränen, taub Gegen meine Bitten, Dich voll Wut Zn den Abgrund stürzen. Wirst Du mir Dann noch sagen, ob Dein Geist, so wert Der Unsterblichkeit, noch immer lebt. Wenn er auch die Hülle von sich warf, Ob er über jeden Irrthum siegt? Wer wird, wenn ich unbelohnt Dir treu Bleibe, diese frohe Nachricht Dir Hinkerbrtngen -r- meine Thränen troknen? N cht'ge Grösse, täuschender Betrug! Glaube mir, verla« die Politik Heute noch und folge gern dem Ruf Zenes weisen Lehrers Zultan'S: Zieh den Freund dem grössten Fürsten vor! Und fei wieder Metaphysiker. RheinSber-

-en rSsten November 17-6,

Friedrich

Epigramme. Zum Kranken ward ein Mörder htngerufen, Er bringt ihn um, was zu vermuten war; Doch was gerate sich keiner träumen lässt, Zst das: der Arzt starb stelbst davon vor Schrek.

3^ Dresden sprach ein windiger Franzos: Acht Tage noch und August macht Dani'rott! Hast Du den Staat? tust ihm ein andrer zu, Was böse ist, thut unser König nie. Sein schmuziger Lakai, fein Page thun'S.

Ein alter Krieger kehrte aus dem Feld Zu feiner treuen Ehefrau zurük. Die, weiss so einsam ihr im Bette war. Zum Zeitvertretb ein Püppchen sich verschalle. Der Alte lermt darob im Hau« umher, Doch seine Zuno weist ihn bald zurecht. Was zanken wir um nichts und wieder nichts?

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588

)

Da Du voll Wut die Welt entvilkern halfst, WareS nicht recht, baß ich Rekruten schuf?.

E n Mann, der eben nicht der schlauste war, Schrie: Freunde, ach l ich bin entehrt, Mein Weib, da« garst'g» Laster da»! Har -um Aktion mich gemacht. Mit ernster Mine spricht sein Freund t Geh, nimm ein wenig Niesewurz! Ein Hahnrei sein, da» geht noch an Hub Du verdientest wohl noch mehr; Doch sag' in aller Welt, wo hast Du Deine Ehre hinplacirt?

Ein weiblich Ungeheur, die Geissel ihre» Manu», War seine Plage von der Hochzeit an Dlö ju dem Tag, an dem sie seeltg starb. Der Wittwer schreit und heult Verzweiflung», voll. Drin Ngchbar spricht Freund, Deine Thriney sind Ganz ohne Grund vergossen — Ach! ich weine nur.

Schlichst er aus Furcht, sie lebt mir wiederauf!

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589 )

§ln Türkischer Ambassadeur

Kam von dem Grossultan nach Wien, Dem feinsten Hofe in der Welt, Und gab (ich glaube aus Versehn)

Theresie'n ein Schwert, Dem Ka isr r eine Kunkel.

Grabschrift auf

Voltaire. Aier liegt der Herr von Arouet,

Der wohl der ärgste Gauner warStet« schlau lies dieser schöne Geist Nie seinen Vortheil aus der Acht ; Selbst, da er in die Unterwelt Zu Acheron'S Gestade stieg. Stritt er fich um das Fährgeld noch, Und tkteb'ö so arg, daß Charon wild Ihm einen Austritt /-ms /